Die Schrift des Eneas Silvius Piccolomini 8821008266, 9788821008269

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Die Schrift des Eneas Silvius Piccolomini
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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

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STUDI E TESTI 441

Martin Wagendorfer

DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

CITTÀ DEL VATICANO B I B L I O T E C A A P O S T O L I C A V AT I C A NA 2008

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Descrizione bibliografica in www.vaticanlibrary.vatlib.it

–––––– Proprietà letteraria riservata © Biblioteca Apostolica Vaticana, 2008 ISBN 978-88-210-0862-9

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VORWORT Die Entstehung dieses Buches war nur möglich, weil das Rom-Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften dem Verfasser einen längeren Aufenthalt in der Ewigen Stadt gestattete, vor allem aber durch die Hilfe von Freunden, Kollegen und Lehrern, die hier nicht alle genannt werden können: Unentbehrlich war in Rom die Hilfe von Frau Univ.-Doz. Dr. Christine Grafinger (Biblioteca Apostolica Vaticana) und Dr. Rainer Murauer (Österreichisches Kulturforum in Rom); anregend und hilfreich waren die Gespräche mit Frau Univ.-Prof. Dr. Claudia Märtl (Ludwig-Maximilians-Universität München), die dem Verfasser einige Wochen im Vatikan während der Recherchen zu ihrer Piccolomini-Biographie Gesellschaft leistete, ihn immer wieder mit ihrem Wissen um abgelegenste Details verblüffte und in selbstloser Weise Digitalaufnahmen von Originalbriefen und Hinweise auf Autographen zur Verfügung stellte. Auch Ass.-Prof. Dr. Christoph Egger (Universität Wien), der an der Konkretisierung des Forschungsvorhabens einen nicht geringen Anteil hatte, Univ.-Prof. Dr. Franz Fuchs (Universität Würzburg) sowie meinen Kollegen an der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Frau Dr. Christine Glaßner, Dr. Maria Stieglecker, Dr. Alois Haidinger und Dr. Franz Lackner, gebührt Dank für Hilfestellungen und wichtige Hinweise. Dr. Andreas Gottsmann (Österreichisches Kulturforum Rom) hat durch seine Kontakte Recherchen in italienischen Archiven ebenso erleichtert wie Frau Mag. Sylvia Kriz, Dr. Stefan Sienell in liebenswürdiger Weise die Nachforschungen im Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ermöglicht. Frau Mag. Sandra Hodeçek und Dr. Roman Zehetmayer haben das Manuskript in gewohnt verläßlicher Weise gelesen und mit fruchtbarer Kritik begleitet. Daß dieses Buch überhaupt zustande gekommen ist, verdanke ich meinem Doktorvater Univ.-Prof. Dr. Winfried Stelzer, der mich in meinem Interesse für Paläographie ohne Unterlaß bestärkt, die Entstehung des Buches von Wien aus wohlwollend verfolgt und es in jeder Hinsicht, auch unter nicht unerheblichen Opfern an Zeit, gefördert hat. Aus verlagstechnischen Gründen konnten leider weniger Abbildungen aufgenommen werden, als dies ursprünglich beabsichtigt war. Auch mußte ihre Größe dem Format der Reihe angepaßt werden. Es war somit unumgänglich, fast alle Bilder zu verkleinern. Qualität und Format der Bilder konnten vom Autor nicht beeinflußt werden. Dem Vice Prefetto der Biblioteca Apostolica Vaticana, Herrn Dott. Ambrogio Piazzoni, ge-

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VORWORT

bührt für seine unermüdlichen Bemühungen um die Abbildungen ebenso der Dank des Autors wie der Biblioteca Apostolica Vaticana für die Aufnahme des Bandes in die Reihe der Studi e Testi. Das Manuskript wurde Ende 2004 abgeschlossen. Danach erschienene Literatur konnte nicht mehr aufgenommen werden. Wien, am 11. November 2004.

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EINLEITUNG Aus dem an interessanten Persönlichkeiten nicht armen 15. Jahrhundert haben nur wenige Menschen „die Nachwelt durch ihre eigenen Werke, Aufzeichnungen und Briefe so gut über sich orientiert wie Enea Silvio Piccolomini, und kaum ein Lebensweg läßt sich vor dem Pontifikat so gut verfolgen wie der Pius’ II.“1. Von kaum einem anderen Frühhumanisten2 und sicher von keinem Papst vor Pius II. sind aber auch so viele und, was ihre Funktion, Intention und Textgenos betrifft, so unterschiedliche autographe Zeugnisse3 auf uns gekommen wie von Eneas Silvius de Pi(c)c(h)olominibus4. Trotzdem ist bisher kein Versuch unternommen worden, sich einen Überblick über die erhaltenen eigenhändigen Zeugnisse des Sienesen zu verschaffen, geschweige denn auf dieser Basis eine paläographische Untersuchung seiner Handschrift zu versuchen5. Die einschlägigen Hinweise in der Sekundärliteratur zu Piccolomini gehen nicht über mehr oder weniger allgemein gehaltene, oft auch

1 DIENER, Weg von Basel nach Rom, S. 516, cfr. auch HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 102: „…die am besten dokumentierbare Person des Jahrhunderts.“ 2 Cfr. etwa die Zusammenstellung der autographen Zeugnisse von Francesco Petrarca, Giovanni Boccaccio, Coluccio Salutati, Poggio Bracciolini, Niccolò Niccoli, Bartolomeo Aragazzi, Sozomeno von Pistoia und Giorgio Antonio Vespucci bei DE LA MARE, Handwriting. 3 Zum Thema „Autographen“ allgemein cfr. den Sammelband von CHIESA, PINELLI, Gli autografi medievali sowie die Bemerkungen bei PETRUCCI, Minuta. 4 „Eneas Silvius“ ist jene Namensform, die Piccolomini in seinen Originalbriefen von Beginn an verwendet, cfr. die Abbildungen der frühen Briefe im Abbildungsteil und die entsprechenden Drucke bei WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 8, 9, 11 usw. Zu korrigieren ist somit die Ansicht von LHOTSKY, Quellenkunde, S. 392, auf die sich auch noch WAGENDORFER, Studien, S. 9 stützt, die heute zu verwendende Namensform sei „Aeneas“. Noch in den spätesten erhaltenen autographen Zeugnissen unterschreibt Papst Pius II. schlicht mit „E“. Cfr. unten Abschnitt 9. Zu den seltenen Ausnahmen cfr. unten Abschnitt 6 und 10 (bezeichnenderweise beide in Rubriken zu nachfolgenden Gedichten Piccolominis). Was den Nachnamen betrifft, so schwankt die Schreibung zwischen „de Picholominibus“, „de Picolominibus“ sowie (seltener) „Picholominus“; cfr. die frühen Briefe im Abbildungsteil. Nur im ersten autographen Beleg seines Namens, der Titelrubrik von Chig. J VII 252, verwendet der Sienese die Form „de Piccolominibus“, cfr. unten Abschnitt 4. 5 Untauglich ist der einzige in diese Richtung tendierende, allerdings nicht paläographische, sondern graphologische Versuch: ROSSI-LECERF, Luci e ombre.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

stark reduzierende Urteile hinaus6, wobei oft im selben Atemzug auf die Notwendigkeit einer solchen Untersuchung hingewiesen wird7. Mit anderen Worten: Es handelt sich um ein unbestrittenes Desiderat der Forschung, dessen Behebung nicht nur wichtige paläographische Aufschlüsse für die Frühzeit, Entwicklung und Rezeption der Humanistenschrift liefern kann, sondern auch neue Erkenntnisse, was Biographie und Persönlichkeit Piccolominis angeht, sowie neue Ergebnisse bezüglich der Einordnung und Datierung seiner Werke oder von ihm angelegter Handschriften und Konzepte verspricht. Dabei sind die Voraussetzungen für eine fundierte Schriftanalyse nur in wenigen Fällen so günstig wie hier. Das liegt einerseits an der breiten zeitlichen Streuung der Autographa, die „von der Vorlesungsmitschrift der Sieneser Studienjahre bis zur gichtigen Schrift des früh gealterten Papstes“8 reichen9; andererseits an dem Umstand, daß einen erklecklichen Anteil davon Originalbriefe Piccolominis ausmachen – und diese naturgemäß den Vorteil haben, auf den Tag genau datiert zu sein. Die folgende Untersuchung verfolgt somit mehrere Ziele. Zum einen ging es zunächst um die Identifizierung, Zusammenstellung und – in möglichst großem Umfang – Dokumentation der heute noch vorhandenen eigenhändigen Zeugnisse des Sienesen in Abbildungen. Auf diesem Weg sollen nicht nur irrige Zuschreibungen von Autographen an Piccolomini beseitigt und unsichere oder umstrittene Identifizierungen geklärt werden; Zweck der Abbildungen ist es auch, in Hinkunft die Identifizierung und Zuschreibung noch unbekannter oder noch nicht mit Piccolomini in Zusammenhang gebrachter Zeugnisse zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern. So genießen seine bisher in der Forschung kaum rezipierten Schriftarten wie die Kursive der Studentenzeit, seine frühe Glossenschrift, von der noch keine einzige Abbildung zu existieren scheint, sowie seine Buchschrift bei weitem nicht jenen Bekanntheits6 Etwa HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 129 („individuell aufgeladene humanistische Kursive“), STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 391 („Kanzleikursive älteren Stils“). Gern wird auch relativ unreflektiert von einem „Alterszug“ (cfr. KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 25) oder von einem „aspetto del periodo della virilità“ (AVESANI, Un codice, S. 163 Anm. 10) gesprochen, ohne diese Termini auch nur annähernd zeitlich zu definieren. 7 HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 129; ROSSI-LECERF, Luci e ombre, S. 420-421 („Si desiderebbe, per fare un esempio chiarificante, uno studio simile a quello di Armando Petrucci sulla scrittura del Petrarca [...]. Purtroppo non esiste un’analisi simile per la scrittura del Piccolomini”). 8 HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 129 Anm. 106. 9 Also von 1426/27 bis ins letzte Pontifikatsjahr 1464.

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1. EINLEITUNG

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grad, wie es bei seiner humanistischen Kursive offensichtlich der Fall ist10. Weiters kann die Untersuchung in singulärer Weise die Entwicklung einer Schrift im Spannungsfeld zwischen konservativen (gotischen) und modernen (humanistischen) Tendenzen11 in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts verfolgen12. An einem Einzelfall läßt sich hier nicht nur die Entwicklung einer individuellen (anfangs noch konservativer geprägten, später humanistischen) Kursive, die in der Forschung bisher gegenüber der humanistischen Buchschrift vernachlässigt wurde, nachvollziehen; auch die bewußte Verwendung verschiedener Schriftarten und Schriftniveaus je nach Zweck und Intention eines Textes kann deutlich gemacht werden. Nach den zuletzt überwiegend auf den Schriftvergleich einer großen Anzahl von nur dem Namen nach bekannten oder überhaupt anonymen (Kanzlei-) Schreibern abgestellten Studien zur Entwicklung der humanistischen Dokumentarschrift13 kehrt die Arbeit mit der Untersuchung der Schrift einer Einzelperson über einen viel längeren Zeitraum hinweg auf einen Weg zurück, der etwa schon von Armando Petrucci für Petrarca14 und in gewisser Weise auch von Berthold L. Ullman15 eingeschlagen worden ist. Es steht zu hoffen, daß durch weitere begrenzte Teiluntersuchungen dieser Art letztlich ein besseres Gesamtbild der humanistischen Schrift zu gewinnen sein wird, als dies bisher der Fall ist16. Schließlich bot die Analyse der Schriftentwicklung die Voraussetzung dafür, sämtliche nicht datierten Autographen in diese Entwicklung so 10 Cfr. oben Anm. 6. Daß auch auf diesem Gebiet noch Neuentdeckungen möglich sind, zeigt die Identifizierung von eigenhändigen Korrekturen Piccolominis in einer Teilabschrift seiner „Historia Austrialis“ (Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III, ms. V G 9), cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 53-56. Nicht zugänglich war mir Mostra di documenti, edizioni e cimeli dei secoli XV-XVI di Enea Silvio Piccolomini, Catalogo (Siena, 1-31 maggio 1965), a cura di A. LUSINI, Siena 1965. 11 Die Paläographie befindet sich hier in der Lage, diesbezügliche Entwicklungen zeitlich und örtlich gelegentlich präziser festmachen zu können als beispielsweise die Kunstgeschichte, cfr. GOMBRICH, From the Revival of Letters, S. 101. 12 Daß sich auch Piccolomini selbst dieser Differenzierung bewußt war, zeigt seine Reflexion über gotische und humanistische Schrift im Erziehungsbrief an Ladislaus Postumus von 1450, cfr. unten Abschnitt 11. 13 Cfr. unten Anm. 80. 14 PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca. 15 ULLMAN, The Origin; cfr. auch die kurze Arbeit KRISTELLER, Some Original Letters (zu

Marsilio Ficino), SCARCIA PIACENTINI, Angelo Decembrio sowie CAMPANA, Scritture di umanisti und DE LA MARE, Bartolomeo Sanvito. 16 Cfr. die entsprechenden methodischen Bemerkungen für die gotische Schrift von FRENZ, Gotische Gebrauchsschriften, S. 32.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

genau wie möglich einzuordnen beziehungsweise die Chronologie umstrittener Stücke zu präzisieren17. Auf diese Weise konnten auf Basis von paläographischen, kodikologischen und bisher nicht beachteten textimmanenten Kriterien zahlreiche Texte chronologisch exakter eingeordnet und somit auch neue Erkenntnisse für das literarische Œuvre Piccolominis respektive für seine Bibliothek gewonnen werden. Abschließend darf jedoch auch nicht verschwiegen werden, was dieses Buch nicht sein kann, nicht sein will und auch nicht ist: Erstens: Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller erhaltenen autographen Stücke Piccolominis. Der schon angesprochene Umstand, daß die Originalschreiben des Sienesen einen Gutteil seiner bekannten eigenhändigen Zeugnisse ausmachen, ist zwar für die paläographische Analyse aus oben genannten Gründen von unschätzbarem Vorteil, birgt aber gleichzeitig das Problem, daß viele Stükke über den Handel, Auktionen oder auch durch Entwendungen in (des öfteren auch private) Empfängerarchive gelangten18, was eine systematische Erfassung durch einen einzelnen19 beinahe unmöglich macht. Erschwerend kommt noch hinzu, daß Rudolf Wolkan20 nach dem Erscheinen des ersten Halbbandes von Band 3 der Briefe Piccolominis (endend mit 1. Juni 145421) die Weiterführung der Edition im Jahre 1921 zurücklegte22. Die schon von Ceserani 196423 beklagte fehlende Fortsetzung ist 17 Cfr. dazu die programmatischen Bemerkungen bei POWITZ, Was vermag Paläogra-

phie? 18 Zur Problematik CLOUGH, Chancery Letter-files, S. 124 und die allgemeinen Bemerkungen zur Autographenjagd, besonders im 19. Jahrhundert, bei HAUSMANN, Individualschriften, S. 268-269. 19 Nicht zugänglich war mir der von Johannes Helmrath (Berlin) angelegte Handschriftenzensus. 20 Die älteren Drucke bei CLOUGH, The Cult of Antiquity, S. 50-51. 21 Eine ausgewogene Beurteilung der Edition Wolkans bei BORONKAI, Ein verloren ge-

glaubter Teil, S. 101: „Das Werk ist eine bedeutende Etappe in der Enea Silvio PiccolominiForschung. Dies ist in erster Linie in historischer Hinsicht zu verstehen: sein Hauptverdienst besteht in der Erforschung und Sammlung des Materials sowie seiner chronologischen Festlegung. Vom philologischen Gesichtspunkt aus können wir ihm – obwohl sich seine Ausgabe auf Handschriften stützt und kritisch zu sein scheint – nicht so viel Lob spenden. Seine Wichtigkeit ist trotz allem nicht zu leugnen.“ Allerdings wurden auch bezüglich der Verläßlichkeit der chronologischen Einordnung der Briefe berechtigte Zweifel angemeldet, cfr. die zahlreichen Korrekturen bei GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 424-448. Relativ unkritisch HUFNAGEL, Der Briefwechsel (mit einigen Korrekturen zur Edition Wolkans); zum mangelhaften Similienapparat Wolkans cfr. die exemplarische Analyse bei HAUSMANN, Enea Silvio Piccolomini „Poeta“, S. 443-446. 22 Der diesbezügliche Brief vom 25. Jänner 1921 an den Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Oswald Redlich, liegt unter der Signatur Allgemeine

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1. EINLEITUNG

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so bis heute ein Desiderat geblieben24: Gerda Koller, die an der Kommission zur Schaffung einer Geschichte Österreichs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter Alphons Lhotsky die Fertigstellung übernommen und schon entsprechende Reisen in Archive und Bibliotheken Italiens unternommen hatte25, legte nach dem Tod Lhotskys den Akten, Nr. 148/1921 im Archiv der ÖAW in Wien. Der Brief ist für die Geschichte des Projekts und dessen Umstände aufschlußreich und soll deswegen hier wiedergegeben werden: „Hochverehrter Herr Hofrat! Gestatten Sie, dass ich Ihnen heute eine Mitteilung mache, die mir nicht leicht fällt, zu der ich mich aber doch entschliessen muss: ich sehe mich gezwungen, meine Arbeit an der Herausgabe des Briefwechsels des Eneas Silvius einzustellen. Darf ich Sie bitten, auch die Begründung meines Schrittes zu hören? Ich habe mich seit dem Jahr 1899 über Anraten der Professoren Sickel, Hartel, und Minor eingehend mit der Geschichte des Humanismus beschäftigt, ohne dabei jedoch das Gebiet der neueren deutschen Literaturgeschichte zu vernachlässigen; Beweis dafür meine seit dieser Zeit erschienenen Schriften (sic). Wenn ich auf den Humanismus stärkeres Gewicht legte, so geschah es über Anraten der genannten Herrn (sic), die der festen Ueberzeugung Ausdruck gaben, meine Arbeiten über den Humanismus und namentlich meine Ausgabe des Briefwechsels des Eneas Silvius würden mir die Erreichung einer akademischen Laufbahn bald möglich machen. In dieser Hoffnung habe ich mich nach zwanzigjähriger Arbeit getäuscht gesehen. Meine Jahre und die heutigen Zeitverhältnisse, die mich nötigen, an einen Nebenerwerb zu denken, gestatten es mir nicht mehr, meine freie Zeit vergeblichen Arbeiten zu opfern. Ich muss deshalb, so leid es mir tut, meine Arbeit, an der ich mit grosser Liebe hänge, fallen lassen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass Sie, sehr verehrter Herr Hofrat, meine Gründe begreiflich finden werden. Ich danke Ihnen als Praesidenten der Akademie der Wissenschaften für die Freundlichkeit, mit der Sie meiner Ausgabe des Briefwechsels des Eneas Silvius Aufnahme in die Fontes rerum Austriacarum gewährt haben und bleibe mit dem Ausdrucke meiner vorzüglichen Hochachtung Ihr ergebener R. Wolkan.“ Dem Schreiben liegt ein handschriftlicher Entwurf Oswald Redlichs vom 17. Februar 1921 für die Antwort an Wolkan bei, in dem – offensichtlich erfolglos – versucht wird, diesen von seinem Entschluß abzubringen. 23 CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 271, der gleichzeitig auch die Schwierigkeit des Unternehmens betont: „Urgente, ma di esecuzione estremamente ardua e complessa, è la raccolta di tutte le epistole del Piccolomini, portando così a compimento il lavoro del Wolkan.“ 24 Zu Plänen einer Briefedition vor Wolkan cfr. VOIGT, Die Briefe, S. 326-327. 25 Koller übernahm die Aufgabe 1963, cfr. Almanach der ÖAW für das Jahr 1963, S. 335.

Auf zwei Italienreisen in den Jahren 1963 (Perugia, Bologna, Florenz, Modena, Rom) und 1965 (Rom, Siena, cfr. Almanach der ÖAW für das Jahr 1964, S. 206 und Almanach der ÖAW für das Jahr 1966, S. 221) überprüfte sie die Hinweise Wolkans, die dieser andeutungsweise und oft ohne die Angabe von genauen Signaturen im Vorwort zu Band III,1 des Briefwechsels und in WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius gegeben hatte. Kollers Materialien (Signatur der beiden Schachteln: „Aeneas Silvio I/II“) befinden sich zusammen mit dem erst jüngst wieder aufgefundenen Teil des Nachlasses von Rudolf Wolkan unter der Signatur „Teilnachlaß Rudolf Wolkan“ im Archiv der ÖAW in Wien und wurden für die vorliegende Studie überprüft; es ergaben sich jedoch daraus keine über die Angaben von Wolkan hinausgehenden Hinweise auf autographe Originalschreiben. Gleiches gilt für die Materialien im Nachlaß Wolkans, der laut Almanach der ÖAW für das Jahr 1963, S. 335 durch Leo Santifaller und Hans Kramer anläßlich der Wiederaufnahme des Projekts durch Koller von der

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Auftrag 1969 zurück26, womit gerade die an Briefen so reiche Kardinalatszeit von keiner modernen Edition abgedeckt wird27. Leider ist auch dem schon 1905 an anderem Ort erschienenen Bericht Wolkans über seine Archivreise28 nicht immer eindeutig zu entnehmen, ob es sich bei den erwähnten, von Wolkan nicht mehr edierten Stücken um Originalbriefe handelt29; noch unpräziser und zum Großteil nicht auf AutopAkademie übernommen worden war und in dem sich heute auch Materialien Kollers finden. 26 Cfr. Almanach der ÖAW für das Jahr 1969, S. 259. 27 Die Briefe aus dem Kardinalat wurden von Fabio Forner in seiner ungedruckten Dis-

sertation (Per un’edizione delle lettere di Enea Silvio Piccolomini scritte durante il cardinalato, Università di Messina 2002) gesammelt und ediert. Ihm ist für seine Hinweise auf die Autographen in Siena und Modena zu danken; leider konnte ich keinen Einblick in seine Dissertation nehmen. Der Autor versicherte mir allerdings, daß er für die Kardinalatszeit Piccolominis von keinen weiteren Originalbriefen Kenntnis besitzt. 28 WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius. 29 Zu den eigenhändigen und nicht eigenhändigen Originalschreiben cfr. unten Kapitel

8; zu Laurenziana, Plut. 90 sup. 44 und Plut. 90 sup. 47 die folgende Anmerkung. Nicht mehr aufgefunden werden konnte der von WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 364 genannte, aber nicht explizit als Original angesprochene (und deswegen wahrscheinlich auch nicht autographe) Brief aus dem Jahr 1454 im Archivio di Stato von Lucca (der Verfasser ist Dr. Giorgio Tori für seine leider erfolglosen Recherchen zu Dank verpflichtet, der nur den schon von WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 276 gedruckten Brief der Stadt Lucca an den Sienesen vom 29. April 1454 ausfindig machen konnte: Lucca, Archivio di Stato, Fondo Anziani al tempo della Libertà 532, III numerazione, fol. 131v. Auch eine von Dr. Tori veranlaßte Suche im Archivio Arcivescovile blieb ergebnislos). Desgleichen konnte ich die von Wolkan erwähnten Briefe aus der Autographensammlung von Damiano Muoni (WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 365-366) und jenes Schreiben, das sich „im Besitze des Advokaten Azzolini in Rom“ (WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 355) befunden haben soll, nicht eruieren. Ebensowenig aufzufinden waren trotz intensiver Nachforschungen von Herrn Giovanni Grazioli, für die ihm herzlich gedankt sei, die laut Wolkan in der Biblioteca Comunale von Belluno liegenden Briefe. Keine Originalbriefe liegen entgegen den Vermutungen von Wolkan im Kapitelarchiv in Bologna (cfr. WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 365, der dort keinen Zugang hatte), wie mir freundlicherweise Herr Dr. Fabio Forner mitteilt. Kein Originalschreiben ist auch der Brief vom 2. Oktober 1451 im Archivio di Stato in Florenz, cfr. WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 14. Als verloren dürfen im übrigen auch jene Autographen der Nürnberger Stadtbibliothek gelten, die noch VON MURR, Beschreibung der vornehmsten Merkwuerdigkeiten, S. 99 erwähnt hat, cfr. KRISTELLER, Iter Italicum 3, S. 664. Nicht eruieren konnte ich den derzeitigen Aufbewahrungsort des (wohl autographen) Briefes vom 27. April 1450 an Wilhelm von Stein (Inc. Quo die venerunt littere), der 1903 bei Sotheby, Wilkinson und Hodge versteigert wurde, da laut Auskunft von Frau Mag. Monika Wiltschnigg (Sotheby’s Österreich) diesbezüglich keine Aufzeichnungen mehr vorhanden sind. Der Hinweis auf das Schreiben in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 28 (1903), S. 760. Der bei VOIGT, Die Briefe, S. 420-422 genannte und gedruckte Brief vom 12. April 1458 aus dem „Geh. Archiv zu Königsberg“, dessen Schlußteil autograph sein soll, ist heute laut Mitteilung des Staatsarchivs Kaliningrad dort nicht mehr vorhanden.

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1. EINLEITUNG

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sie beruhend sind die Angaben von Mitchell30. Da es einem einzelnen zeitlich und finanziell unmöglich ist, sämtliche öffentlichen und privaten Archive und Bibliotheken sowie auch in Frage kommende Auktionskataloge systematisch zu überprüfen31, ist hier mit weiteren Funden in Zukunft noch zu rechnen – vor allem dann, wenn die Edition der Briefe jemals wieder aufgenommen werden sollte32. Aus denselben Gründen 30 MITCHELL, The Laurels, S. 293: „Unpublished letters, some of them autograph, are to be found in the libraries of the British Museum, the Vatican, Siena (Archivio di Stato), Florence (Bibl. Naz., Riccardiana, and Laurenziana: esp. Cod. 90.44), Milan (Bibl. Ambrosiana and Trivulziana), also in Basel and at Prague [...] I have only been able to consult those in the British Museum and a number of others in Italian libraries. It does not seem likely that those remaining unpublished contain material of outstanding importance.” (auch hier ist übrigens bezeichnend, daß der paläographische Wert solcher eigenhändiger Schreiben unberücksichtigt bleibt). Zu den autographen Originalschreiben aus der Ambrosiana in Mailand, dem Archivio di Stato in Siena und dem British Museum cfr. unten Kapitel 8. Keinesfalls haben wir es bei der Signatur Florenz, Biblioteca Laurenziana 90.44 (= Plut. 90 sup. 44) mit Originalen zu tun, wie schon WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 364 angibt (das gleiche gilt für Laurenziana, Plut. 90 sup. 47, cfr. ebendort), der durch die Materialien Gerda Kollers (Archiv der ÖAW, Aeneas Silvio II, 2. Zettelkasten) bestätigt wird; die Angabe Mitchells, die 277 Anm. 30 in Zusammenhang mit dieser Handschrift ausdrücklich von „autograph epistle“ spricht, stützt sich dabei möglicherweise auf PICCOLOMINI, De codicibus, S. 12, der Laurenziana, Plut. 90 sup. 44 und auch Gadd. XLVIII für autograph hielt („autographi“). Beide Angaben hat nach Wolkan (respektive Gerda Koller) auch STRNAD, Studia piccolomineana, S. 376 Anm. 270 falsifiziert (zu Gadd. XLVIII cfr. schon PICOTTI, L’ „Effimerium curiale“, S. 227-229). In der Trivulziana in Mailand hatte WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 366 nur einen an Eneas gerichteten Brief gefunden. Zu Prag cfr. WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 367 (nicht autograph). Bei den Briefen in der Riccardiana, Florenz, dürfte sich Mitchell auf die Signaturen 407 (cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 24, nicht autograph) und 671, 834, 913, 924 (cfr. auch WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 364) sowie 1221/4 beziehen, die keine Originalschreiben enthalten, wie aus den Materialien Gerda Kollers hervorgeht (Archiv der ÖAW, Aeneas Silvio II, 2. Zettelkasten), gleiches gilt für sämtliche von Koller in der Biblioteca Nazionale von Florenz überprüften Brieftexte. In der UB Basel liegt laut freundlicher Auskunft von Herrn Prof. Martin Steinmann mit Ausnahme des unten Kapitel 8 genannten Briefs in Volgare vom 24. Dezember 1455 kein weiteres Originalschreiben; cfr. auch STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 391: „Seine (Piccolominis, Anm.) Hand in den Akten (des Baseler Konzils, Anm.) nachzuweisen, ist bisher nicht gelungen.“ Die von Steinmann dort angedeutete Überlegung, ein Einzelblatt einer Handschrift aus dem Besitz des Johannes von Ragusa mit Auszügen aus zwei Hieronymus-Briefen (UB Basel E I 9 fol. 377r, Abb. 9 bei Steinmann) könne eventuell von Piccolomini geschrieben sein, widerlegt ein Vergleich mit den Briefen aus den Konzilsjahren sehr schnell, cfr. unten Kapitel 5. 31 Zu dieser Problematik cfr. auch die entsprechenden Bemerkungen von WEINIG, Ae-

neam suscipite, S. 79, generell die Überlieferung der Werke Piccolominis und ihre Erfassung betreffend. 32 Insgesamt dürften über 1000 Briefe Piccolominis erhalten sein, cfr. MUSUMECI,

L’epistolario, S. 375 und BERNETTI, Il latino, S. 21; HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 118 Anm. 67 kündigt einen „Gesamtüberblick über die Epistularüberlieferung“ an.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

war es selbstredend auch unmöglich, alle von Piccolomini während seines Pontifikats ausgestellte Urkunden auf eigenhändige Einträge wie Unterschrift oder andere Zusätze zu überprüfen. Da sich diese in der Regel im Archiv des Empfängers befinden, begnügt sich die Studie auch hier mit der Analyse zweier Beispiele, die stellvertretend für wohl vorhandene, aber in der Literatur noch kaum oder nicht bekannte Zeugnisse stehen sollen33. Eine gravierende Änderung der paläographischen Ergebnisse ist durch derartige Neufunde praktisch auszuschließen, da es sich um Autographen aus der päpstlichen Periode (1458 bis 1464) handelt34, aus der sich ohnehin zahlreiche Zeugnisse erhalten haben und in der Piccolomini nur mehr in seiner gewohnten humanistischen Kursive schreibt. Zweitens: Das Buch ist keine Geschichte der Piccolomini-Bibliothek. Hier gilt ähnliches wie im Falle der Originalbriefe: Durch die im Laufe der Jahrhunderte eingetretene Zerstreuung der Handschriften35, die sich heute in den verschiedensten Bibliotheken befinden36, wäre die Autopsie jeder einzelnen Handschrift, die sich im Besitz Piccolominis befand und 33 Cfr. unten Kapitel 9. Für autographe Abzeichnungen des Papstes von Suppliken cfr. LICHACEV, Písmo, Tafel XVII (aus dem Privatbesitz Lichacevs, cfr. LICHACEV, Písmo, S. 152; eigenhändig sind die Worte fiat ut petitur e sowie fiat e); ähnlich eine Supplik in der Biblioteca Comunale Ariostea von Ferrara, Autografi raccolta Cittadella 2282 (Hinweis bei KRISTELLER, Iter Italicum 1, S. 62; der KRISTELLER, Iter Italicum 6, S. 92 gegebene Hinweis (Pius II.) auf Autographa in der Biblioteca Estense von Modena führt ins Leere: Dort existiert in der Autografoteca Campori (neben vier Autographen eines Enea Silvio Piccolomini aus dem 18. Jahrhundert) unter der Signatur „Pius PP. II“ nur ein nicht eigenhändiges Breve vom 30. Juli 1463. 34 Cfr. etwa die Hinweise bei PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 45 Anm. 1 (auf die eigenhändige Unterschrift des Papstes auf der für Siena ausgestellten Belehnungsbulle mit Radicofani vom 18. April 1459) oder PAGANO, Schedario Baumgarten IV, Nr. 7528. Eine systematische Suche nach Hinweisen dieser Art in Archivbehelfen beziehungsweise in der Sekundärliteratur wurde aus den oben genannten Gründen ebensowenig unternommen, wie jeder dieser Angaben nachgegangen wurde. 35 Cfr. dazu unten Kapitel 10. 36 Cfr. neben den Angaben bei STRNAD, Studia piccolomineana, passim etwa die Hin-

weise bei WRIGHT, Manuscripts of Italian Provenance, S. 465-467 und 480 (Harley 2677, 2683, 2731, 2768, 3976, jeweils ohne Hinweis auf autographe Marginalien) und FAYE, BOND, Supplement, S. 73 auf Yale, University Library, Thomas E. Marston, ms. 75 („with arms of Pius II“, also wohl einst zur Bibliothek Piccolominis gehörend). Bei systematischer Suche etwa bei KRISTELLER, Iter Italicum ließen sich diese Hinweise leicht vermehren. Cfr. auch die von Sir Kenelm Digby mit dem Vermerk „Hunc librum habui ex bibliotheca quam Pius 2us (sic!) Pontifex Maximus Sienis fundavit. K. D.“ versehenen Handschriften der Digby-Sammlung in der Bodleiana bei MACRAY, Catalogus codicum manuscriptorum (Nr. 130, 135, 141, 224, 231; dazu auch MITCHELL, The Laurels, S. 186 sowie STRNAD, Studia piccolomineana, S. 372-373).

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1. EINLEITUNG

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die somit Marginalien von seiner Hand aufweisen könnte, in Anbetracht der finanziellen und zeitlichen Ressourcen, mit welchen der Verfasser das Auslangen finden mußte, unmöglich gewesen – und dies selbst dann, wenn die Geschichte beziehungsweise Rekonstruktion der Piccolomini-Bibliothek schon geschrieben und nicht in ersten, vielversprechenden Ansätzen steckengeblieben wäre37. Auch diese Vorgangsweise schien jedoch aus pragmatischen Überlegungen insofern zu rechtfertigen zu sein, als sich auf diesem Gebiet kaum über die vorliegenden Ergebnisse hinausreichende Erkenntnisse hätten gewinnen lassen: Fast alle der bisher aus der Bibliothek Piccolominis bekannten Handschriften wurden vom Sienesen erst ab dem Kardinalat erworben oder in seinem Auftrag angelegt, sodaß sich bisher fast ausschließlich Marginalien in seiner späten Kursive festmachen ließen38. Darüber hinaus konnten bei der Überprüfung der von Strnad zusammengestellten, einst zur Piccolomini-Bibliothek gehörenden Codices aus der Biblioteca Apostolica Vaticana und der Biblioteca Comunale in Siena nicht nur keine weiteren als die ohnehin schon bekannten eigenhändigen Marginalien identifiziert werden, sondern es war sogar notwendig, einige Zuweisungen Strnads beziehungsweise Wolkans zu falsifizieren. Weitere, durchaus mögliche Identifizierungen von Randglossen hätten somit in der Relation zum notwendigen finanziellen und zeitlichen Aufwand nur bescheidene Ergebnisse gezeitigt, was den paläographischen Aspekt betrifft. Die weitere Erforschung von Schicksal und Bestand der Bibliothek der Piccolomini muß indes ohnehin einem anderen Buch vorbehalten bleiben. Drittens: Ausgeklammert wurde auch das Problemfeld der Orthographie, welche selbstredend ein eminent wichtiger Indikator für humanistische Tendenzen ist. Sie muß einer separaten Studie vorbehalten bleiben, die vom Verfasser vorbereitet wird39.

37 Grundlegend die Arbeiten von PICCOLOMINI, De codicibus sowie STRNAD, Studia

piccolomineana; ergänzend dazu cfr. die bei CUGNONI, Opera inedita, S. 17-22 gedruckten Inventare sowie AVESANI, Per la biblioteca, S. 79-81. Schon PICCOLOMINI, De codicibus, S. 13 Anm. 2. vermerkte resignierend: „Investigationem hanc laboriosissimam, quae ne satis certis quidem finibus circumscribitur, neque absolvi, neque etiamsi otium abundaverit, unquam me absoluturum puto.“ 38 Cfr. unten Kapitel 10, auch mit den zu verzeichnenden Ausnahmen. 39 Die Orthographie Piccolominis wurde noch nie systematisch analysiert. PIZZANI, La

sezione ortografica beschäftigt sich nur mit den theoretischen Äußerungen des Sienesen in seinem Erziehungstraktat an Ladislaus; cfr. auch VOLLMANN, Latinitas, S. 46 (besonders Anm. 2).

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2.

ZUR ENTSTEHUNG DER HUMANISTISCHEN SCHRIFT1 Wie viele andere Bestrebungen der humanistischen Bewegung finden auch die Bemühungen um eine Schriftreform erstmals bei Francesco Petrarca deutlichen Ausdruck2. Petrarca kritisierte 1366 in einem in der einschlägigen Literatur vielzitierten Brief an Giovanni Boccaccio die zu seiner Zeit in Italien übliche gotische Rotunda, die eher das Werk von Malern als von Schreibern sei und dem Leser äußerste Anstrengung abverlange. Er forderte statt dessen eine saubere, klare Schrift3. Dieses

1 Angesichts der ausgezeichneten, zum Teil auch aktuellen Zusammenfassungen des Themas kann hier eine kurze Skizze genügen. Neben den weiterführenden bibliographischen Angaben bei BOYLE, Paleografia latina medievale, S. 199-206 cfr. die Überblicke von FRENZ, Humanistische Schrift; PETRUCCI, Breve storia, S. 162-182; BISCHOFF, Paläographie, S. 195-201; CENCETTI, Lineamenti, S. 259-328; zuletzt FOERSTER, FRENZ, Abriß, S. 257-269; dazu HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 302-309; FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 333-338 (jeweils mit weiterer Literatur). Die grundlegende und bahnbrechende Monographie ist noch immer ULLMAN, The Origin (natürlich durch die neueren Erkenntnisse zu modifizieren); die wenigen zuvor erschienenen kürzeren Arbeiten (MORISON, Early Humanistic Script, THOMAS, What Is the Origin, HESSEL, Entstehung der Renaissanceschriften) sind durch ihn überholt. Verwiesen wird im folgenden vor allem auf die Standardwerke zum Thema, während kleinere Studien leicht den Bibliographien der genannten Überblicke entnommen werden können. 2 Cfr. BATTELLI, Lezioni, S. 225. Das Standwerk zur Schrift Petrarcas ist noch immer PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca; als Überblick cfr. auch die Zusammenfassung PETRUCCI, Libro e scrittura in Francesco Petrarca und DE LA MARE, Handwriting, S. 1-16. Zu einem früheren Experimentieren, allerdings mit karolingischen Einzelformen, nicht das Gesamtbild der Schrift betreffend, cfr. BILLANOVICH, Alle origini (Padua um 1261, Lovato Lovati); dazu auch PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca, S. 36 („isolato tentativo – rimasto senza pratiche conseguenze“). 3 PETRARCA, Epistolae familiares (ed. ROSSI), 23, 19, 8: Quas tu olim illius manu scriptas, prestante Deo, aspicies, non vaga quidem ac luxurianti littera – qualis est scriptorum seu verius pictorum nostri temporis, longe oculos mulcens, prope autem afficiens ac fatigans, quasi ad aliud quam ad legendum sit inventa, et non, ut grammaticorum princeps ait, litera quasi „legitera“ dicta sit –, sed alia quadam castigata et clara seque ultro oculis ingerente, in qua nichil orthographum, nichil omnino grammatice artis omissum dicas. Weitere einschlägige Äußerungen Petrarcas bei PAGNIN, Della scrittura padovana 178 sowie PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca, S. 60-69, der darauf hinweist, daß sich die Kritik Petrarcas nicht gegen das gesamte gotische Schriftsystem richtete, sondern vor allem gegen die Gelehrtenschriften.

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2. ZUR ENTSTEHUNG DER HUMANISTISCHEN SCHRIFT

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Bestreben nach besserer Lesbarkeit4, das sich mit dem ausgeprägten ästhetischen Empfinden der Humanisten5 und ihrem Drang zur Imitatio alles Antiken6, oder doch zumindest Alten7 und „Vor-Gotischen“8, paarte und erst auf diese Weise wirkliche Durchschlagskraft gewann9, führte bei Petrarca nicht nur zur angesprochenen theoretischen Kritik an der damals verwendeten Schrift, sondern auch zum Versuch, diese Kritik in der Praxis umzusetzen. Dabei gelang es ihm und seinen Epigonen (wie 4 Ähnliche Äußerungen wie jene des damals 62jährigen Petrarca sind später auch vom alten Coluccio Salutati bezeugt, cfr. ULLMAN, The Origin, S. 13-15 mit der pointierten Zuspitzung: „So we may say that presbyopia started the reform of handwriting. Thanks to the improvement of eyeglasses in modern times, we determine our need for them and their strength by the ability to read the telephone book. In 1400 it was easier to change handwriting than to change glasses.” Stark wird dieser Aspekt auch betont von PÄCHT, Notes and Observations, S. 184. 5 Betont besonders von PAGNIN, Annotazione, S. 284; PETRUCCI, Anticamente moderni, S. 24 und DE LA MARE, The First Ten Years, S. 89-90; cfr. FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 334 und zuletzt FOERSTER, FRENZ, Abriß, S. 256. 6 STEINMANN, Lateinische Schrift zwischen Mittelalter und Humanismus, S. 198 hat etwa darauf hingewiesen, daß sich Erasmus des öfteren nicht mit einer Feder, sondern einem antiken Calamus als Schreibwerkzeug darstellen ließ. 7 Widerlegt ist die früher manchmal geäußerte Ansicht, daß die Humanisten jene Handschriften des 11./12. Jahrhunderts, die ihnen als Vorlage für ihre Schriftreform dienten und deren Schrift sie als „littera antiqua“ bezeichneten, tatsächlich für antik gehalten hätten. Ein Humanist vom Schlage Coluccio Salutatis hätte sonst keine Handschrift der Briefe Abaelards in dieser Schrift verlangen können (Interim te rogatum velim, quod epistulas Petri Abaialardi, si non habes, inquiri facias et ex tuis vel repertis studeas meo nomine quanto correctius poterit exemplari. Sed si de antiqua littera haberi possent, libentius acciperem; nulle quidem littere sunt meis oculis gratiores, zitiert bei HESSEL, Entstehung der Renaissanceschriften, S. 8). Überdies wurde die Bezeichnung „antiqua“ seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Abgrenzung zur „littera moderna“, das heißt der zeitgenössischen (gotischen) Schrift, für karolingische Handschriften verwendet, cfr. ORLANDELLI, „Littera nova“, S. 5 und passim; STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 382; CASAMASSIMA, Per una storia delle dottrine paleografiche, S. 539-540 (mit Belegen); zuletzt ZIMMERHACKL, Entwicklung der humanistischen Dokumentarschrift, S. 322. Das schließt jedoch nicht aus, daß die Humanisten (oder einige von ihnen) an eine durchgehende Schriftkontinuität seit der Antike glaubten und die Vorstellung hatten, daß auch die Alten in dieser oder zumindest einer ähnlichen Schrift geschrieben hätten. Zu dieser Frage CASAMASSIMA, Per una storia delle dottrine paleografiche, S. 537, RIZZO, Lessico filologico, S. 115-116 und zuletzt RIZZO, Gli umanisti, S. 226-227. 8 Auf ein Experiment mit Elementen der Beneventana wies ULLMAN, Pontano’s Handwriting hin; allgemein cfr. STEINMANN, Lateinische Schrift zwischen Mittelalter und Humanismus, S. 196-197. 9 Dazu kommt noch die Vorstellung, zu einem humanistisch gebildeten Mann gehöre auch die entsprechende Schrift, cfr. CAMPANA, Scritture di umanisti, S. 234-235; STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 379 und zuletzt ZIMMERHACKL, Entwicklung der humanistischen Dokumentarschrift, S. 325-326.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

etwa Giovanni Boccaccio10), die sich eng an seiner Schrift orientierten11, trotz aller Bemühungen nicht, den gotischen Grundcharakter ihrer Schrift abzulegen12, und auch Coluccio Salutati erreichte mit seinen Experimenten13 nicht jene Vollendung der Schrift, die wir heute als humanistische Minuskel bezeichnen. Dies blieb Poggio Bracciolini vorbehalten14, der die Vorstellungen Salutatis von der neuen Schrift wie kein anderer durch die Nachahmung der karolingischen Minuskel15 vor allem des 11. und 12. Jahrhunderts16 umzusetzen vermochte17 und auf diesem Wege zum eigentlichen „Erfinder“ der „littera antiqua“ avancierte18. Diese Minuskel, die voll ausgeprägt19 und chronologisch gesichert erstmals in einer wohl 1402/03 unter den Augen Coluccio Salutatis20 entstandenen Handschrift Poggios nachweisbar sein dürfte21, zeigt als typi10 Cfr. DE LA MARE, Handwriting, S. 17-29. 11 Cfr. PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca, S. 88; PETRUCCI, Anticamente mo-

derni, S. 26. 12 GUMBERT, Italienische Schrift, S. 65-66. Sie wird deswegen in der Regel als „Semigotica“ bezeichnet. Zu diesem Begriff, den Cencetti für diese Schrift eingebürgert hat (cfr. PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca, S. 106), SUPINO MARTINI, Per la storia della „Semigotica“, cfr. auch HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 303; PETRUCCI, La scrittura di Francesco Petrarca, S. 72. 13 PETRUCCI, Anticamente moderni, S. 29: „Un ponte verso tentativi più radicali sulla strada della rinascita della minuscola carolina.“ 14 Zu ihm DE LA MARE, Handwriting, S. 62-84. 15 Ebenso geht der Buchschmuck humanistischer Handschriften auf Codices des 12.

Jahrhunderts zurück, cfr. PÄCHT, Notes and Observations. 16 Cfr. PETRUCCI, „L’antiche e le moderne carte“, S. 5. Dagegen scheint sich etwa Ciriaco von Ancona an etwas älteren Exemplaren der karolingischen Minuskel orientiert zu haben. Zu ihm und seinen zum Teil recht ausgefallenen Experimenten FAVA, La scrittura libraria di Ciriaco d’Ancona. 17 PETRUCCI, Anticamente moderni, S. 29: „La minuscola carolina, che per il Petrarca

aveva rappresentato soltanto un ideale punto di riferimento, quasi il lontano modello cui avvicinare la scrittura del suo tempo, divenne per Poggio, con l’abolizione di ogni divario cronologico, una scrittura viva, anzi l’unica scrittura degna di essere adoperata in campo librario, nello stesso aspetto che le avevano conferito gli scribi di tre o quattro secoli prima.“ 18 ULLMAN, The Origin, S. 21-57. Zum Begriff „littera antiqua“ cfr. RIZZO, Lessico filologico, S. 117-122. 19 Salutati selbst experimentierte bereits mit ähnlichen Formen, brachte sie aber nicht zu derartiger Perfektion wie Poggio, cfr. ULLMAN, The Origin, S. 17-18; zu weiteren Versuchen ROSS, Salutati’s Defeated Candidate und DE LA MARE, The First Ten Years. 20 Zu ihm und seiner Schrift DE LA MARE, Handwriting, S. 30-43 sowie WITT, Coluccio Salutati und PETRUCCI, Protocollo notarile. 21 Florenz, Laurenz. Strozz. 96, cfr. ULLMAN, The Origin, Abb. 13/14. Frühere Ansätze diskutiert bei DE LA MARE, THOMSON, Poggio’s Earliest Manuscript? (Venedig, Marc. lat. XII

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2. ZUR ENTSTEHUNG DER HUMANISTISCHEN SCHRIFT

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sche Charakteristika22 das Meiden gotischer Merkmale wie Bogenverbindungen, Brechungen, Schaftverdickungen, Schlingenbildungen und der zahlreichen Kürzungen23; an Einzelformen sind charakteristisch gerades d (anstelle der gotischen unzialen Variante)24, langes Schluß-s (gotisch rund), Minuskelform des r (anstelle der gotischen runden Form in Gestalt einer 2), & statt der tironischen Kürzung in Form einer 7, ctLigatur, auffallendes g mit ausgeprägter unterer Schlinge sowie unziales a; dazu tritt noch das Bestreben nach Klarheit im allgemeinen Eindruck und klassischer Orthographie25. Während die humanistische Minuskel in ihrer Entstehung und ihrer weiteren Entwicklung26 und Diffusion27, wenigstens was Florenz betrifft, verhältnismäßig gut aufgearbeitet ist28, bestehen in der Erforschung der 80, um 1400/02, möglicherweise von Poggio) und BILLANOVICH, Alle origini (Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 903, kopiert 1397 wahrscheinlich vom jungen Poggio); cfr. auch DE LA MARE, The First Ten Years, S. 93, die ebendort auch die Rolle Niccolis bei der Entstehung der humanistischen Minuskel stärker betont sehen will; ähnlich DE ROBERTIS, Nuovi autografi. 22 Guter Überblick bei FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 335-336 und DE LA MARE, The First Ten Years, S. 91. 23 Geschrieben werden nicht mehr Worte, sondern Buchstaben, cfr. HEINEMEYER, Studien, S. 134; FRENZ, Humanistische Schrift, S. 551. 24 Der häufig verwendete Terminus „Minuskel-d“ ist etwas mißverständlich, da gerades d nicht nur in der karolingischen Minuskel geschrieben wurde, cfr. STEINMANN, Vom D, S. 297. Dort auch ein guter Überblick über die Geschichte dieses Buchstabens. 25 Also etwa mihi statt michi, nihil statt nichil; Gebrauch von ae oder wenigstens e-caudata anstelle von e usw. 26 Um 1430 ist sie als übliche Schrift für literarische Texte in Florenz etabliert, allerdings auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt; in den 1440er Jahren setzt starke Kommerzialisierung und damit starkes Anwachsen der Produktion ein, cfr. DE LA MARE, New Research, S. 398. 27 Zu diesem Begriff HELMRATH, Diffusion. Cfr. PETRUCCI, Breve storia, S. 179-182 (dort auch weitere Literatur zu Neapel, Mailand, Cesena, Pavia etc.). 1410 scheint die Minuskel außerhalb von Florenz noch nicht nachweisbar zu sein. Die ersten Belege stammen aus Venedig (1412/13); Guarino dürfte spätestens 1414 eine entwickelte „littera antiqua“ geschrieben haben, cfr. DE LA MARE, The First Ten Years, S. 106; zur Diffusion der Schrift auch STEINMANN, Von der Übernahme, S. 52; PAGNIN, Della scrittura padovana; ZANICHELLI, Miniatura a Mantova; BARILE, Littera antiqua; BARONE, Notizia della scrittura umanistica; FERRARI, La „littera antiqua“ à Milan und das monumentale Werk DE MARINIS, La biblioteca napoletana. 28 ULLMAN, The Origin, S. 79-134; HUNT, Humanistic Script; WARDROP, Script of Humanism; ULLMAN, More Humanistic Manuscripts; ALEXANDER, DE LA MARE, Italian Manuscripts; DE LA MARE, Handwriting 1 (mehr nicht erschienen); DE LA MARE, The First Ten Years; DE LA MARE, Messer Piero Strozzi; DE LA MARE, The Florentine Scribes; zuletzt vor allem DE LA MARE, New Research. Cfr. auch CAMPANA, Scritture di umanisti (zu Antonio Costanzi, mehr nicht erschienen).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Kursive noch größere Desiderate29. So konnte Ullman zwar Niccolò Niccoli30 – gleichsam als Pendant zu Poggio – als „Erfinder“ der humanistischen Kursive festmachen31, doch handelt es sich hierbei, wie schon Herde festgehalten hat32, um „eine gut lesbare Gebrauchsschrift, keine Prachtschrift, aber auch keine Dokumentarschrift33.“ Sie zeigt im wesentlichen die gleichen wie die oben anhand der Minuskel erläuterten Merkmale34, wenn man von der hier verwendeten kursiven Form des a sowie häufigerer Verwendung des runden Schluß-s absieht35; doch scheint sich ihre Wirkung in Grenzen gehalten zu haben36. Die eigentli29 CENCETTI, Lineamenti, S. 289 („Sullo svolgimento delle scritture documentarie in Italia nel secolo XV […] in pratica non si sa quasi nulla”) ist beim Stand der heutigen Forschung nur mehr eingeschränkt gültig; allerdings hat CASAMASSIMA, Literulae latinae XXII zu Recht auf die Schwierigkeiten bei der Erforschung der Kursive hingewiesen, die viel stärker durch Formenreichtum, Traditionen und lokale Eigenheiten geprägt ist. 30 Zu diesem Exzentriker cfr. DE LA MARE, Handwriting, S. 44-61 und GOMBRICH, From the Revival of Letters. 31 Erstmals voll ausgeprägt 1423, cfr. ULLMAN, The Origin, S. 61-63 mit Abb. 29/30. Zu

vorangehenden Versuchen cfr. CASAMASSIMA, Literulae latinae, S. XXIII-XXIIII. Zur humanistischen Minuskel Niccolis cfr. auch BUTRICA, A New Fragment und DE LA MARE, Handwriting, S. 50-52. 32 HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 307. Der ursprüngliche Anwendungsbereich dieser Kursive waren schnelle, private Aufzeichnungen; um 1450/60 wird die Kursive auch zur Buchschrift in kommerziell hergestellten Büchern, cfr. DE LA MARE, New Research, S. 444-445. 33 Dokumentarschriften wurden von Ullman in seiner bahnbrechenden Studie nicht

behandelt. Zum Terminus ZIMMERHACKL, Entwicklung der humanistischen Dokumentarschrift, S. 320-321: „Dokumentarschrift wird im Gegensatz zur Buchschrift die Schrift genannt, die in Urkunden und Akten zur Anwendung kam.“ Als Gebrauchskursive verwendete Niccoli eine zwar humanistisch beeinflußte, aber dennoch gotische Kursive, cfr. DE LA MARE, Handwriting, S. 52 mit den Tafeln XIII a-c. 34 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 321 meldete zuletzt Zweifel an, ob die Kursive Niccolis überhaupt als Kursive anzusprechen sei, da viele Buchstaben oft unverbunden nebeneinander stünden. Zu dieser Problematik cfr. auch die folgende Anm. 35 FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 336 will neben der fast durchgehend zu beobachtenden Rechtsneigung zwei weitere Kriterien für die humanistische Kursive festmachen, die gelegentlich allerdings auch in der Minuskel zu beobachten sind: Die Ausbildung von kleinen Anstrichen beziehungsweise Schlingen an den Spitzen der Oberlängen von b, d, h und l sowie unter die Zeile reichende Formen von s und f. In einer späteren Definition (FRENZ, Humanistische Schrift, S. 552: „Sie (die humanistische Kursive Niccolis, Anm.) unterscheidet sich von der humanistischen Minuskel durch Rechtsneigung, kurze Unterlängen an s und f, -s im Auslaut und eine sehr große &-Ligatur“) ließ Frenz bezeichnenderweise das erste Kriterium beiseite. 36 Cfr. PETRUCCI, Breve storia, S. 175; vor einer Überschätzung ihrer Wirkung warnt auch CASAMASSIMA, Literulae latinae, S. XXVI; anders HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 329 („zweifellos der bedeutendste Typ humanistischer Schnellschrift“). Frenz wollte

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2. ZUR ENTSTEHUNG DER HUMANISTISCHEN SCHRIFT

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che humanistische kursive Gebrauchsschrift37 dürfte sich aus der gotischen (Kanzlei-) Kursive entwickelt haben, in die immer mehr humanistische Merkmale einzudringen begannen38 und die so zur humanistischen Kursive39 beziehungsweise „cancelleresca italica“ wurde40. Zwar konnten die vor allem von deutscher Seite unternommenen Anstrengungen der letzten drei Jahrzehnte bezüglich dieser humanistischen „Dokumentarschriften“ wenigstens zum Teil Licht ins Dunkel bringen41; von einer tatsächlich Klarheit schaffenden Forschungslage kann aber nicht im entferntesten die Rede sein. Gesichert scheinen allerdings folgende Punkte: Die Umformung der gotischen „minuscola corsiva“ geht im Gegensatz zum Einsetzen der humanistischen Buchminuskel nicht abrupt, sondern in einem länger dauernden Vorgang vor sich, der mit einer Klärung des allgemeinen Schriftbildes in den 1420er Jahren bezuletzt die Kursive Niccolis nur als zur Minuskel Poggios konkurrierenden Versuch (dieses wohl in Anschluß an ULLMAN, The Origin, S. 59-77; dagegen PETRUCCI, Breve storia, S. 178) verstehen, der sich – wie einige andere – nicht durchsetzte, cfr. FOERSTER, FRENZ, Abriß, S. 262. 37 Da die Kursive Niccolis mit der humanistischen Buchschrift Poggios viel enger verwandt ist als mit gleichzeitig in der Florentiner Kanzlei geschriebenen Kanzleikursiven, dürfte sie keinesfalls unter Einfluß der letzteren entstanden sein; vielmehr handelt es sich tatsächlich um eine Schöpfung Niccolis, cfr. HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 307. 38 STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 380. Bemerkenswert ist der Umstand, daß die frühen Humanisten wie Poggio als Dokumentarschriften neben ihrer humanistischen Buchhand weiterhin relativ konservative gotische Kursiven schrieben, cfr. HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 308; ZIMMERHACKL, Entwicklung der humanistischen Dokumentarschrift, S. 323-324; DE LA MARE, Handwriting, S. 72; RIZZO, Lessico filologico, S. 100 Anm. 1. 39 BATTELLI, Lezioni, S. 228 („minuscola umanistica corsiva“; problematisch dort allerdings die Charakterisierung der Einzelformen). Es handelt sich bei dieser Kursive also nicht um eine Kursivierung der Buchschrift, cfr. CAROTI, ZAMPONI, Lo scrittoio, S. 6. 40 Der Terminus wurde von CENCETTI, Lineamenti, S. 293 (CENCETTI, Paleografia latina, S. 147 meidet den von Battelli vorgeschlagenen Terminus „umanistica corsiva“, weil es sich hierbei nicht um eine kursive Form der „littera antiqua“ handle, und plädiert für „Italica“) vorgeschlagen und besonders von FRENZ, Humanistische Schrift aufgenommen, der hier im Gegensatz zu Battellis und Ullmans Dualismus eine Dreigliederung der humanistischen Schrift in Minuskel, Kursive (Niccoli-Typ) und „cancelleresca italica“ (die von der „cancelleresca italiana“, das heißt der gotischen Kanzleischrift des 14. Jahrhunderts zu scheiden ist, cfr. FRENZ, Cancelleresca und DEROLEZ, Palaeography, S. 156) vorschlägt. 41 Die Dokumentarschriften wurden für mehrere Städte beziehungsweise Höfe punktuell untersucht: für Florenz von HERDE, Schrift der Florentiner Behörden; für die Kurie von FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen; für Arezzo, Siena, Foligno und Perugia von RÜTH, Aufkommen und Verbreitung; sowie zuletzt für die Emilia Romagna (Bologna, Ferrara, Modena, Reggio Emilia) von ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

ginnt und über tendenziell, aber nicht linear zunehmende Übernahme von humanistischen Einzelformen und der damit einhergehenden Ausbildung von Hybridkursiven letztlich spätestens um die Mitte des 15. Jahrhunderts zur ausgeprägten „cancelleresca italica“42 (oder anders gesagt: zu humanistisch geprägten Kursiven) führt, die aber noch immer neben sehr konservativen gotischen und hybriden Schriften stehen43. Auch auf dem Feld der Dokumentarschriften dürfte spätestens seit den Forschungen von Herde und Frenz die Vorreiterrolle von Florenz gesichert sein: So lassen sich, wie Frenz überzeugend gezeigt hat, an der Kurie dementsprechende Tendenzen erst während ihres Aufenthaltes in der Arnostadt in den 1430er Jahren festmachen44, die des öfteren auch nach der Rückkehr in die Urbs zunächst wieder verschwinden, ehe sie sich später endgültig durchsetzen45. Weitgehend im dunkeln liegt jedoch infolge der unzureichenden Erforschung humanistischer Briefwechsel46 beziehungsweise der Ausbildung der Notariate und der humanistischen Schulen47 noch immer die Diffusion der humanistischen Dokumentarschrift beziehungsweise Kursive. Wie prekär sich die Situation in diesem Bereich derzeit darstellt, zeigt auch die in weiten Teilen noch immer ungeklärte Frage der Terminolo-

42 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 1, S. 232 und passim verwendet den Begriff „humanistische Kursive“ generell im Sinn von „humanistische Kanzleikursive“, womit er sich offenbar an den italienischen Begriff „cancelleresca“ anlehnt. 43 Cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung sowie ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen. 44 Und dies trotz des Umstandes, daß schon davor zahlreiche Humanisten als Notare an der Kurie tätig waren. Pointiert FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 2, S. 492: „Als die Kurie 1434-36 und 1438/39 nach Florenz kommt, öffnet sich auch ihre Schrift dem humanistischen Einfluß. Dieser Einfluß beginnt also, überspitzt gesprochen, in dem Augenblick, wo nicht mehr die Humanisten an die Kurie, sondern die Kurie zu den Humanisten kommt.“ 45 Zu differenzieren ist hier auch nach den verschiedenen Behörden, cfr. FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 2, S. 492. Ähnliches konnte HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 324-325 für Florenz nachweisen, wo das Eindringen humanistischer Formen vor allem in der von humanistischen Kanzlern und Notaren geprägten Kanzlei zu beobachten ist, während andere Behörden noch längere Zeit konservative gotische Kursiven bevorzugen. 46 Ein guter Querschnitt an Abbildungen ohne tiefergehende Analyse bei FORTUNA,

LUNGHETTI, Autografi. 47 Im Florentiner Studio, der Ausbildungsstätte der Notare, dürfte seit Mitte der 1420er Jahre die „neue Schrift“ berücksichtigt worden sein, cfr. ZIMMERHACKL, Entwicklung der humanistischen Dokumentarschrift, S. 325 (jedoch ohne Belege); Zimmerhackl weist ebendort darauf hin, daß auch Guarino in Ferrara die humanistische Dokumentarschrift lehrte.

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2. ZUR ENTSTEHUNG DER HUMANISTISCHEN SCHRIFT

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gie48, die oben schon angeklungen ist: Zwar ist einigermaßen präzise definiert, was man unter einer humanistischen Minuskel (beziehungsweise „littera antiqua“) zu verstehen hat49, doch ist man sich bisher über die Abgrenzung zur Kursive50 nicht ganz klar geworden51 – vielleicht auch deswegen, weil diese Definition eine Selbstverständlichkeit zu sein scheint. Noch größere Probleme ergeben sich, wenn Kursiven52 von Humanisten untersucht werden, die nicht – oder wenigstens nicht primär – im Umkreis einer Kanzlei oder Behörde geschrieben, sondern für Universitätsschriftgut oder Briefe verwendet werden53. Soll man hier tatsächlich von Dokumentarschriften oder von „cancelleresca italica“ sprechen54? Bezüglich der Kursive Piccolominis, die großteils unabhängig vom Zweck des Schriftstücks eingesetzt wird, ist dieser Terminus unbrauchbar, da er zu sehr auf die Funktion der Schrift abstellt55. Des48 Problematisiert schon von BATTELLI, Nomenclature, der dort eine Differenzierung in

Humanistica rotunda/formata, Humanistica cursiva, Humanistica cursiva currens und Humanistica cancelleresca vorschlug, die sich aber ebenfalls nicht durchgesetzt hat. 49 Cfr. oben S. 19. 50 Zu ihrer Geschichte mit guten methodischen Bemerkungen RÜCK, Ligatur und Isolie-

rung. 51 Zur problematischen Definition von Frenz cfr. oben Anm. 74. Vor allem vermißt man bei Frenz das eigentliche Charakteristikum einer Kursive, die fortlaufende Verbindung der Buchstaben. 52 Cfr. DE LA MARE, New Research, S. 395: „No satisfactory and generally accepted name has yet been found to describe the cursive versions of ‚umanistica‘, which are considered to be humanistic modification of gothic chancery scripts (which had themselves been adapted for use in books in the fourteenth century) rather than a direct modification of the formal humanistic hands. For this reason the term ‚humanistic cursive‘ (‚umanistica corsiva‘), the one most generally used, is deemed to be historically inaccurate.“ Zu den mit der zeitgenössischen Terminologie verbundenen Problemen cfr. etwa CHERUBINI, Littera fusa et velox. 53 Diese Bereiche sind bezüglich der humanistischen Schrift noch kaum untersucht. 54 CAROTI, ZAMPONI, Lo scrittoio, S. 5 bevorzugen für die Kursive von Bartolomeo Fon-

zio den Terminus „cancelleresca all’antica“ anstelle von „umanistica corsiva“; beiden Begriffen steht DE LA MARE, New Research, S. 395 (cfr. auch oben Anm. 79) eher skeptisch gegenüber. Deutlich gegen die Anwendung des Begriffs „cancelleresca“ für humanistische Schriften sprach sich jüngst auch DEROLEZ, Palaeography, S. 156 Anm. 34 aus. 55 Dies erkannte auch ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 134: Er bevorzugt zwar den Terminus „humanistische Dokumentarschrift“ und versteht darunter „eine Gebrauchs- und Geschäftsschrift […] die keine rein humanistische Kursive im Vergleich mit dem Niccoli-Typ darstellt, aber sich dem Ideal der Humanisten anzugleichen versucht und von ihm wesentliche Impulse erhält. Dabei beinhaltet der Begriff aber auch die in den Dokumenten auftauchenden Schrifttypen, die nicht immer Kursivschriften sein müssen, sondern mitunter sehr formalen Charakter besitzen und in manchen Fällen sehr nahe an eine sogenannte Buchschrift heranreichen.“ Jedoch schränkt er ebendort gleich im Anschluß ein: „Hier zeigt der Begriff der Dokumentarschrift seine Schwächen, da er im Prinzip nicht eine Schriftart charakterisiert, sondern die Schrift nach ihrem Verwendungs-

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

halb wurde in der folgenden Studie der folgende Kompromiß gewählt: Grundsätzlich wurde versucht, über die Beschreibung der einzelnen Schriftproben zu einer auch für den Leser nachvollziehbaren Einordnung derselben zu kommen. Dabei wurde bei der Abgrenzung zwischen humanistischer Minuskel und Kursive vor allem auf die vorhandene oder nicht vorhandene Verbindung der Einzelbuchstaben abgestellt, die von Frenz genannten Kriterien je nach Relevanz ebenfalls herangezogen. Da die Bezeichnung „cancelleresca italica“ oder Dokumentarschrift für eine Schrift, die nur in Ausnahmefällen56 und keinesfalls originär im Umfeld von Kanzleien oder Behörden, sondern in der Regel vor allem für Briefe und private Konzepte nachgewiesen ist, unpassend erschien, wurde für die verschiedenen Ausprägungen kursiver Schrift bei Piccolomini der Terminus „Kursive“ (im Gegensatz zur gesetzten, unverbundenen Form der Minuskel) im Sinne von Peter Rück57 gewählt, der in der bisherigen Literatur zu Piccolomini in der Regel bevorzugt wurde58 und wohl auch den Vorzug besitzt, künftige Terminologien nicht zu präjudizieren.

zweck benennt und damit über den Charakter einer Schrift noch nichts aussagt.“ Cfr. auch oben S. 20 Anm. 33. 56 Nur die erhaltenen Konzepte aus den 1440er Jahren sind tatsächlich im Rahmen ei-

ner Kanzleitätigkeit entstanden, cfr. unten Kapitel 7. 57 Zu dieser Terminologie cfr. RÜCK, Ligatur und Isolierung, S. 96; cfr. auch SCHNEIDER, Paläographie, S. 18. 58 Cfr. HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 129.

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3.

DER PROTAGONIST Eneas Silvius Piccolomini1 Geboren am 18. Oktober 1405 in Corsignano (während seines Pontifikats umbenannt in Pienza2) als erstes von insgesamt 18 Kindern einer verarmten Sieneser Adelsfamilie, wuchs Eneas Silvius in bescheidenen Verhältnissen auf, ehe er mit 18 Jahren an das Studio nach Siena ging. Ohne einen akademischen Grad zu erwerben – sein Interesse für die Humaniora überwog stets jenes für das Rechtsstudium, das ihm vor allem von der Familie nahegelegt wurde –, verließ er nach einer wohl zweijährigen, in den Quellen kaum faßbaren Tour durch Norditalien im Gefolge von Domenico Capranica Anfang 14323 die Stadt und machte sich am Konzil von Basel im Dienste mehrerer Herren vor allem aufgrund seiner rhetorischen Fähigkeiten und als prononcierter Vertreter des Konzilsgedankens schnell einen Namen. Nach zahlreichen Reisen 1 Eine ausführlichere Biographie kann angesichts der Überfülle an Literatur unterbleiben, im folgenden wird in den Fußnoten nur auf wichtige Detailstudien verwiesen. Die folgenden Literaturangaben sind vor allem als Einstiegshilfe zu verstehen. Zur ersten Orientierung cfr. die Lexikonartikel von WORSTBROCK, Piccolomini, Aeneas Silvius (VerfLex); MEUTHEN, Pius II. (TRE); ESCH, Pius II. (LexMa); HELMRATH, Pius II. (NDB); PELLEGRINI, Pio II (Enciclopedia dei Papi; mit einigen Versehen) sowie der Artikel Pius II. papa im REPERTORIUM FONTIUM HISTORIAE MEDII AEVI (fehlerhaft und nur mit entsprechender Vorsicht zu benützen), jeweils mit weiterer Literatur. An Materialfülle als Biographie noch immer unersetzt, aber tendenziös VOIGT, Enea (cfr. dazu das Urteil bei ZIPPEL, Piccolomini e il mondo germanico, S. 268); des weiteren nützlich PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 5289 (für den Pontifikat); WEISS, Aeneas Sylvius; HALLER, Pius II.; BUYKEN, Enea Silvio (mit einem guten Überblick über die divergierende Einschätzung Piccolominis je nach Perspektive der Autoren ebendort, S. 1-3); an jüngeren Arbeiten MITCHELL, The Laurels; PAPARELLI, Enea Silvio; GARIN, Ritratto di Enea Silvio Piccolomini; WIDMER, Enea Silvio sowie WIDMER, Entscheidung; UGURGIERI DELLA BERARDENGA, Pio II und VOIGT, Italienische Berichte, S. 7784. Interessante Aspekte beleuchtete jüngst auch CORBO, Pio II. Weiterführende Literatur zuletzt gut zusammengestellt bei HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari 99 und passim; für die ältere Literatur cfr. auch BERNETTI, Saggi e studi, S. 195-199. An Sammel- und Kongreßbänden sind hervorzuheben ATTI DEL CONVEGNO STORICO PICCOLOMINIANO; MAFFEI, Enea Silvio; ROTONDI SECCHI TARUGI, Pio II sowie zuletzt VON MARTELS, VANDERJAGT, Pius II. 2 Cfr. das erschöpfende, allerdings nicht unumstrittene Opus von PIEPER, Pienza; zu-

letzt MÄRTL, Wohnen in Pienza sowie CHIRONI, Pius II and the Formation (jeweils mit weiterer Literatur). 3 Dieses Datum wurde überzeugend fixiert von NARDI, Enea Silvio, S. 202.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

(etwa zum Friedenskongreß nach Arras, nach Schottland etc.) und der Dichterkrönung am 27. Juli 1442 trat der inzwischen zum Sekretär des Gegenpapstes Felix V. avancierte Piccolomini noch im selben Jahre in die Kanzlei des römisch-deutschen Königs und nachmaligen Kaisers Friedrich III. ein4, für den er nicht nur in italienischen Fragen bald unentbehrlich werden sollte. So war der Sienese entscheidend an der Aufgabe der Neutralität durch das Reich und der Obödienzerklärung an Eugen IV. beteiligt, übernahm zwei Gesandtschaften nach Mailand während der dortigen Krise nach dem Aussterben der Visconti in männlicher Linie und bereitete Friedrich auch den Boden für dessen Krönungs- und Vermählungsreise 1452 nach Rom, während der er ebenfalls eine Schlüsselrolle spielte5. Den eigentlichen Aufstieg leitet aber sein Entschluß für die geistliche Laufbahn ein6: 1447 zum Priester geweiht, wird er noch im gleichen Jahr Bischof von Triest und 1450 auf das Bistum Siena transferiert. Nachdem er 1455 von der Obödienzerklärung Friedrichs an den neuen Papst Calixt III. nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt war, erlangte er im Dezember 1456 den Kardinalat und wurde in einem von ihm selbst7 in den „Commentarii“ packend beschriebenen Konklave nach dem Tod Calixts 1458 zum Papst gewählt. Programmatisch fiel seine Namenswahl mit der bekannten Anspielung an Vergils „pius Aeneas“ aus8: Tatsächlich wirkte er in der Nachwelt nicht zuletzt durch sein reichhaltiges Œuvre verschiedenster Textgattungen als Humanist9: Unzählige Briefe stehen hier neben – in vielen Fällen gar nicht strikt trennbaren10 – historischen, geographischen, biographischen und autobiographischen Schriften; daneben verfaßte er auch zahlreiche Dichtungen, eine Komödie, eine Liebesnovelle und eine Vielzahl von 4 Cfr. dazu vor allem DIENER, Weg von Basel nach Rom; LHOTSKY, Aeneas Silvius und Österreich sowie HEINIG, Kaiser Friedrich III., S. 530-531 und 737-739. 5 Cfr. LAZZERONI, Il viaggio di Federico III, passim, QUIRIN, König Friedrich III. in Siena, S. 73 sowie zuletzt WAGENDORFER, Der Blick des Humanisten (im Druck). 6 Zu seinen Pfründen cfr. den guten Überblick BROSIUS, Die Pfründen des Enea Silvio Piccolomini. 7 ILARDI, Crosses and Carets, S. 1140 Anm. 44: „unique in the annals of papal elections“, dort S. 1139-1142 auch Näheres über die Umstände des Konklaves. 8 Cfr. etwa WASNER, Piccolominibriefe, S. 201. Dagegen sieht REINHARD, Papa Pius, S. 261-262 darin eine Anspielung auf Papst Pius I. Beides muß sich jedoch nicht unbedingt ausschließen, cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 295. Zu Piccolominis Vorliebe für die „Aeneis“ Vergils cfr. SEEBER, Enea Vergilianus. 9 Unbefriedigend ist noch immer der Editionsstand beziehungsweise die Aufarbeitung

der Überlieferung seiner Werke und ihrer verschiedenen Redaktionen, cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 640 und CASELLA, Recenti studi, S. 473-474. 10 Cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 640.

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3. DER PROTAGONIST — ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

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Traktaten und wurde durch seinen langjährigen Aufenthalt nördlich der Alpen zum „Apostel des Humanismus in Deutschland“11. Sein Pontifikat war geprägt von den intensiven Bemühungen um einen Kreuzzug gegen die Türken12, die 1453 Byzanz eingenommen hatten und unaufhaltsam auf dem Vormarsch schienen13. Nach vergeblichen Verhandlungen auf dem deswegen einberufenen Kongreß von Mantua 1459/6014 beschloß er letztlich, sich selbst an die Spitze eines solchen Türkenkrieges zu stellen. Der Tod kam dem schon seit Jahren von der Gicht, Rheumatismus und Arthritis geplagten Papst in der Nacht vom 14. auf den 15. August 1464 in Ancona zuvor.

11 VOIGT, Enea 2, S. 351. 12 Cfr. zuletzt HELMRATH, Pius II. und die Türken (mit umfangreichen Literaturanga-

ben). 13 Zu den häufig unterschätzten Bemühungen um eine Kirchenreform cfr. HAUBST, Der Reformentwurf. 14 Cfr. zuletzt den Sammelband CALZONA, FIORE, TENENTI, VASOLI, Il sogno di Pio II.

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4.

DIE SCHRIFT DES STUDENTEN Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J VII 252 Über Kindheit und Jugend und damit auch über den Bildungsgang Piccolominis geben die Quellen nur spärlich Auskunft1. Glaubt man einem Brief des Freundes, Verwandten und Studienkollegen Piccolominis, Goro Lolli2, erhielt der junge Eneas seinen ersten Unterricht bei einem gewissen Priester Petrus3 und seinem eigenen Vater Silvius4, ehe er als Achtzehnjähriger nach Siena zur Halbschwester seines Vaters, Bartolomea, der Mutter des genannten Goro Lolli5, übersiedelte6, um das dortige Studium7 zu besuchen: Exinde cum diu apud patrem quèuis officia ruris obisset, annos iam duodeuiginti natus in urbem migravit, exceptusque apud necessarios, qui bonae frugis adolescentem minime relinquendum existimabant, audire grammaticos cèpit. Deinde poetas et oratores auide sectatus, postremo ad ius civile se contulit, so der spätere Papst in 1 Cfr. VOIGT, Enea 1, S. 6-18; cfr. auch BUYKEN, Enea Silvio, S. 5-15. 2 Zu ihm cfr. DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria, S. 56 (mit der Literatur Anm. 155),

weiterführende Literaturangaben auch in AMMANNATI PICCOLOMINI, Lettere (ed. CHERUBINI), S. 592 Anm. 1. 3 Beim ersten Besuch Piccolominis in Corsignano als Papst soll er den alten Petrus wiedergetroffen haben, cfr. die folgende Anmerkung. 4 Der Brief Lollis gedruckt in Commentarii (Francofurti 1614; dort undatiert; er dürfte gegen Ende des Jahres 1464 anzusetzen sein, cfr. AMMANNATI PICCOLOMINI, Lettere (ed. CHERUBINI), S. 594), S. 492-495, hier S. 494: Erat patri Silvio pro dignitate familiae tenue patrimonium, quia posthumus erat, et plurima tutorum incuria perierant. Unde cum honestam in urbe vitam trahere non posset, Corsiniam, ubi cum uxore et liberis fere omnia ruris munia obibat, se continebat. Prima litterarum elementa Aeneas a Petro quodam Sacerdote didicit. Hunc tu senem podagrosum ad Pii Pont. pedes provolutum paucos post dies quam Pontificatum adierat, vidisti. Didicit et nonnulla Grammaticae initia a Silvio, qui eius rei non omnino erat expers. Zu dem Schreiben auch DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria, S. 56-57. 5 Cfr. MITCHELL, The Laurels, S. 40; PAPARELLI, Enea Silvio, S. 22. 6 Commentarii (Francofurti 1614), S. 494: Igitur octavum ac decimum aetatis suae an-

num agens, Senas petiit, ubi a Nicolao Lollio optimae indolis adolescens exceptus est. Erat enim Nicolao nupta Bartholomaea Aeneae amita, matre tantum cum Silvio communi. Nam pater ex Tholomeorum familia fuit. 7 Einen ersten Kontakt zum Sieneser Studium könnte der junge Piccolomini schon 1420 gehabt haben, als Lehrer und Studenten vor der in der Stadt grassierenden Pest vorübergehend ihr Ausweichquartier in Corsignano aufschlugen, cfr. MITCHELL, The Laurels, S. 36-39 sowie ZDEKAUER, Lo studio, S. 40-41 und 156-159.

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4. DIE SCHRIFT DES STUDENTEN

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seinen „Commentarii“8. Zu seinen Lehrern9 gehörten dort neben den wenig bekannten Iohannes Aretinus, Mathias Lupius und Iohannes Spoletanus10, die den jungen Eneas kaum beeindruckt haben dürften11, vor allem der nur wenig ältere Mariano Sozzini12, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte13, und der bekannte Jurist Antonio Roselli14 aus Arezzo15, der seit 142316 am Sieneser Studio lehrte17. Dem Rechtsstudium18 wandte sich nun auch Piccolomini zu19.

8 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 31. 9 Dazu VOIGT, Enea 1, S. 8; KISCH, Enea Silvio, S. 33-40; cfr. auch FIORAVANTI, Alcuni

aspetti, S. 142-143 mit Anm. 2. 10 Zu weiteren cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 36 und 42; über die Rechtsprofessoren KISCH, Enea Silvio, S. 33-40. Weitere Literatur zu den genannten Lehrern bietet AVESANI, Una fonte, S. 3-4 Anm. 11 und S. 7 (Aggiunta alla N. 11). 11 Diese Namen nennt Lolli in dem oben zitierten Brief und setzt Commentarii (Francofurti 1614), S. 494 hinzu: Ab iis et poetas et oratores nonnullos audivit, quia publica mercede conducti adolescentes docebant: sed parum ab his hausit praeter grammaticam […] Ciceronem, Maronem, Titum Livium et alios Latinae linguae principes habuit praeceptores. 12 Zu seinem Verhältnis zu Piccolomini cfr. GILMORE, Pius II and Mariano Sozzini; weitere Literatur bei MINNUCCI, KOŠUTA, Lo studio di Siena, S. 287-288. Das Standardwerk zur Biographie: NARDI, Mariano Sozzini, zum Geburtsdatum (1397) dort, S. 1-2. Eneas widmete seinem Lehrer auch eine kurze Biographie: De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 41-42. Weitere Äußerungen über Sozzini zusammengestellt bei PAPARELLI, Enea Silvio, S. 23. 13 Cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 395: Eum nanque, dum Senis essem, unice dilexi, nec diminutus est amor, quamvis separatus sit (Juli 1444). Piccolomini versuchte 1443/44 auch, Sozzini eine Professur an der Universität Wien zu verschaffen, cfr. KISCH, Enea Silvio, S. 37 sowie SATTA MEUCCI, Per un’interpretazione. Die Schwester Sozzinis, Ladia, wurde die Ehefrau Ugo Benzis, Vater des späteren Leibarztes Pius’, Sozino Benzi, cfr. NARDI, Mariano Sozzini, S. 3 und 11 sowie (ausführlich auch zu Ugo und Sozino Benzi sowie deren Verhältnis zu Piccolomini) DILLON BUSSI, Un bibliofilo. 14 Zu ihm als Überblick PRÜGL, Roselli; weiters BELLONI, Professori giuristi, S. 143-149 (mit ausführlichen weiteren Literaturangaben), MINNUCCI, KOŠUTA, Lo studio di Siena, S. 224-225 und zuletzt WEITZ, Traktat, S. 7-30 (biographische Daten). Cfr. auch WALTHER, Regnum magis assimilatur sowie MEUTHEN, Antonio Rosellis Gutachten. 15 Cfr. Eneas in De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 30: Antonius de Rosellis [...], qui preceptor meus Senis fuit; nam sub eo jus ciuile audivi sowie oben Anm. 14. Kurz erwähnt er Roselli auch in einem Brief an Barnaba/Barnabeo aus Siena: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 1 (cfr. dort auch Anm. 1 zum Adressaten). 16 MINNUCCI, KOŠUTA, Lo studio di Siena, S. 224-225; MINNUCCI, Professori e scolari giu-

risti, S. 114; NARDI, Mariano Sozzini, S. 10 Anm. 39 (mit Beleg); anders WEITZ, Traktat, S. 11 mit Anm. 36. 17 Zum Einfluß Rosellis auf Piccolomini, besonders in „De ortu et auctoritate“, cfr.

KALLEN, Aeneas Silvius, S. 28. 18 Als Überblick zum Rechtsstudium in Siena cfr. MINNUCCI, Professori e scolari giuristi sowie NARDI, Umanesimo e cultura giuridica.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Den Vorlesungen Antonio Rosellis verdanken wir das einzige Schriftzeugnis Piccolominis, das sich vor den frühesten Briefen aus den 1430er Jahren erhalten hat. Es handelt sich um Chig. J VII 252 der Biblioteca Apostolica Vaticana, eine Handschrift, die Piccolomini, wie er selbst am Beginn des Textes fol. 1r in roter Tinte und humanistischer Minuskel angibt, 1426/27 unter Roselli in Siena angelegt hat: Recollecte michi Enee Silvii (sic!) de Piccolominibus Senarum domo vetustissima et urbis prius amplissime Rome20 sub domino Antonio Rosello clarissimo iuris utriusque doctore Aretine domus antique Roizellorum, dum Senis legeret in famoso studio, anno Domini M°CCCC°XXVII°, incepte tamen anni precedentis duodecimo Calendas Novembris. Si quid tamen minus luculentum, minus rectum aut absurdum compertum fuerit, omnes oratos volo non illi, sed mihi tribuendum esse, qui aut male perceperim aut non recte scripturis dicta consignaverim21.

Der Papiercodex, auf den schon Wolkan hinwies22, umfaßt, wenn man von den im Zuge der Neubindung des 17. Jahrhunderts (den grünen 19 Goro Lolli in dem oben erwähnten Brief Commentarii (Francofurti 1614), S. 495: Contulit se ad ius civile, cuius studium tum maxime Senis florebat, in quo eum publice, et acerrime disputantem vidi: cum tamen nunquam poetas et oratores deseruerit. Sein Studienkollege Aliotti hat Piccolomini auch ungewöhnliche Fähigkeiten im Studium des Zivilrechts attestiert: Memini ego in Senensi gymnasio integrum lustrum contrivisse, ab anno scilicet post natum Christum vigesimoquinto usque ad trigesimum supra millesimum quadringentesimum; quo tempore Aeneam de Piccolominis cognovi. Is tunc scholasticus erat et ab omnibus sine controversia habitus iuris civilis peritissimus, quem pro singulari eruditione adhuc scholasticum memini munus plerumque atque officium implesse doctoris publicitusque iura et leges docuisse, nescio an publica mercede conductum an potius loco doctoris absentis forte suffectum (ALIOTTI, Epistolae et opuscula 2, 349-350; Claudia Märtl stellte mir freundlicherweise das lateinische Zitat zur Verfügung; der Hinweis auf Aliotti, jedoch nur mit italienischer Übersetzung der Stelle bei PAPARELLI, Enea Silvio, S. 22 Anm. 15). Zu Aliotti DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria, S. 76-77. 20 Zur genealogischen Konstruktion einer römischen Abstammung der Piccolomini cfr.

UGURGIERI DELLA BERARDENGA, Pio II, S. 11-14 sowie jüngst MUCCIARELLI, Sulle origini. 21 Chig. J VII 252 fol. 1r (ABBILDUNG 4a). Die Seite abgebildet auch bei STRNAD, Studia piccolomineana (Tafel 3 nach S. 390); Transkriptionen bei STRNAD, Studia piccolomineana, S. 305 Anm. 40 und BELLONI, Professori giuristi 146 (dort mit horrenden Verlesungen, welche zum Teil auch von WEITZ, Traktat, S. 11 übernommen wurden). 22 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. XII-XIII (die dortige Transkription der Rubrik ebenfalls mit einigen Versehen). Die Handschrift ist mit jener identisch, die in dem von CUGNONI, Opera inedita, S. 18 gedruckten Verzeichnis der Chigiana unter „Antonio Roselli de Matrimonio scripta ab Aenea Sylvio 1427“ firmiert. Zur Handschrift auch STRNAD, Studia piccolomineana, S. 305 und WEITZ, Traktat, S. 11. Die bei KISCH, Enea Silvio, S. 34 Anm. 3 (cfr. auch STRNAD, Der „Jurist“, S. 295) angekündigte Untersuchung zur Handschrift von Liotta scheint nicht verwirklicht worden zu sein. Fraglich ist, ob die von WOLKAN,

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4. DIE SCHRIFT DES STUDENTEN

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Einband ziert am Rücken das Wappen der Chigi) hinzugefügten Papierschmutzblättern absieht, 166 Folia23. Der Text enthält Vorlesungen Rosellis zu einigen Abschnitten der Digesten24, wobei Piccolomini die einzelnen Initia, auf die dann der Kommentar folgt, durch Majuskelbuchstaben25, den Beginn der Hauptabschnitte durch besonders auffällig gestaltete Rubriken hervorhob. So umfaßt der erste Teil Soluto matrimonio26, der unterhalb des oben zitierten Titels der Handschrift mit der rotschwarzen Rubrik Antonius Ro(selli). Rubrica: Soluto matrimonio eingeleitet wird, die Folia 1r-69v27; mit einer großen, etwas ungeschickt ausgeführten T-Initiale beginnt der zweite Abschnitt (fol. 70r28-79v29); mit einer durch rote Zierstriche hervorgehobenen, mit gewöhnlicher Tinte geschriebenen Rubrik folgt fol. 79v De liberis et postumis heredibus instiBriefwechsel II (FRA II/67), S. XIII erwähnte, heute im Besitz der Biblioteca comunale in Trient befindliche Hs. 611 W mit „De monarchia“ Rosellis ebenfalls aus dem Besitz Piccolominis stammt, wie das wohl basierend auf Wolkan in der späteren Literatur behauptet wird (STRNAD, Studia piccolomineana, S. 305 Anm. 40 mit allerdings etwas unklarer Formulierung; auch die von Strnad ebendort angeführten angeblichen Randglossen Hinderbachs dürften nicht vom Trienter Bischof stammen, wie mir Frau Prof. Daniela Rando freundlicherweise mitteilt; der Codex scheint weder bei RANDO, Dai margini, S. 547-549 noch im Verzeichnis der Handschriften aus dem Besitz Hinderbachs bei LEONARDELLI, „Pro bibliotheca erigenda“, S. 31 auf. Auf der Angabe Strnads fußt auch SCHMIDINGER, Romana regia potestas, S. 21; vorsichtiger bezüglich der Randglossen Hinderbachs STRNAD, Wie Johannes Hinderbach, S. 404 Anm. 88). Jedenfalls lassen sich keine Marginalien von der Hand Piccolominis in dem Codex nachweisen (mein Dank geht an Dr. Gustav Pfeifer [Bozen], Dr. Silvano Groff und Frau Prof. Daniela Rando [beide Trient], die mir bei den diesbezüglichen Recherchen behilflich waren). 23 Die folgenden Zitate richten sich nach der modernen gedruckten Foliierung in der rechten unteren Ecke der Blätter. 24 Dig. 24,3 und Teile von Dig. 28, cfr. BELLONI, Professori giuristi, S. 145, die allerdings nicht anmerkt, daß Roselli dabei einen Kommentar von Bartolomeo da Saliceto vorgetragen oder zumindest verarbeitet zu haben scheint, denn Piccolomini vermerkte am Ende der Mitschrift fol. 160v: Omnia supra scripta sunt de verbo ad verbum in lectura eximii legum doctoris domini Bartolomei de Saliceto Bononiensis super l. I C(odicis) Si mulier secundo nupserit. (C. 5.10.1). Roselli war 1407 in Bologna von Bartolomeo da Saliceto promoviert worden, cfr. BELLONI, Professori giuristi, S. 143. Zu Bartolomeo cfr. ORLANDELLI, Bartolomeo da Saliceto; WEIMAR, Bartolomeus de Saliceto und BELLONI, Professori giuristi, S. 161167 sowie jüngst CONETTI, Bartholomaeus de Saliceto (jeweils mit weiterer Literatur und den Drucken beziehungsweise der handschriftlichen Überlieferung der Werke Bartolomeos; darunter auch eine Repetitio zu „Soluto matrimonio“). 25 Cfr. dazu unten S. 45-48. 26 Dig. 24,3. 27 Fol. 69v: Explicit liber soluto matrimonio in Majuskelbuchstaben. 28 Incipit liber vigesimus octavus digestorum seu pandectarum. De testamentis ordinan-

dis. Dig. 28,1. 29 Explicit titulus de testamentis et qui.

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32

DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

tuendis vel exheredandis30; ebenso setzt der vierte Teil De iniusto irrito ructo (!) testamento31 fol. 100v ein (betont durch eine hauptsächlich in Rot ausgeführte Randleiste auf der gegenüberliegenden Seite); eine Initiale weist wieder auf den Anfang von De his que in testamento delentur32 fol. 107r hin; desgleichen bei den übrigen noch folgenden Abschnitten De vulgari et pupillari substitutione (fol. 109r)33, De conditionibus institutionum (fol. 140r)34, De iure deliberandi (fol. 146v)35 und De heredibus instituendis (fol. 148v)36. Der Text der Mitschrift endet fol. 160v37, da die folgenden Blätter38 inhaltlich in den Abschnitt Soluto matrimonio gehören. Dies geht zunächst daraus hervor, daß Piccolomini fast alle Recto-Seiten rechts oben mit dem entsprechenden Abschnittstitel39 versah und fol. 161r und 162r soluto matrimonio aufweisen. Desgleichen legt das die Numerierung einzelner Abschnitte von der Hand Piccolominis nahe: Nach Nummer 29 (fol. 37v) springt die Numerierung sofort auf 33 (fol. 39r). Die fehlenden Nummern 30 bis 32 finden sich aber im hinten angebundenen Abschnitt40. Auch inhaltlich wird klar, daß der hinten angefügte Text zwischen zwei Initia von fol. 38v einzufügen ist41: Fol. 38v folgt auf Si mulier in con(dicione)42 unmittelbar Si exeredato ma(rito)43; das Initium von fol.

30 Dig. 28,3; dieser Teil reicht bis fol. 100v und endet ohne eigenes Explicit. 31 Dig. 28,3; der Abschnitt endet erneut ohne Explicit fol. 107r. 32 Dig. 28,4; reicht bis fol. 109r. 33 Dig. 28,6; die Initiale allerdings erst am Beginn des ersten Initiums Heredes aut insti(tuti), dazu wird die Überschrift dieses Teils, der bis fol. 140r (Explicit de vulgari et pupillari substitutione) reicht, wieder durch die schon bekannten roten Zierstriche hervorgehoben. 34 Dig. 28,7; reicht bis fol. 146r (Explicit de conditionibus institutionum). 35 Dig. 28,8; reicht bis fol. 148v. 36 Dig. 28,5; endet fol. 160v. 37 Zum darauf folgenden Text in Volgare auf dieser Seite cfr. unten S. 40-41. 38 Fol. 161r-165r umfaßt das Initium Si constante ma(trimonio) (Dig. 28,3,24); es folgt

noch eine arbor consanguinitatis (fol. 165v, der Schrift nach zu schließen, die mit jener des Haupttextes identisch ist, wurde sie von Piccolomini selbst angefügt, cfr. unten S. 37); fol. 166r ist leer, während fol. 166v von anderer Hand ein Inhaltsverzeichnis und Federproben aufweist. 39 Cfr. unten S. 42. 40 30: fol. 161r; 31: fol. 161v; 32: fol. 162v. 41 Darauf deutet wohl auch ein an den Rand gesetztes Kreuz nach dem Initium Si exe-

redato ma(rito) (fol. 38v). 42 Dig. 24,3,22,12. 43 Dig. 24,3,24,1.

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161r Si constante ma(trimonio)44 liegt im Digestentext genau dazwischen. Der Irrtum, der nicht auf falscher Bindung von Lagen beruht – der fehlende Text müßte, wie oben gesagt, inmitten von fol. 38v eingeschoben werden – dürfte wohl auf Piccolomini selbst zurückgehen, der vielleicht versehentlich beim Initium Si constante ma(trimonio) eine neue Lage begann, später aber wieder auf der ursprünglich begonnenen Seite fortsetzte. In der Handschrift begegnen mehrere Stellen, an denen Eneas die letzte Seite einer Lage nicht mehr füllte und auf einer neuen begann45 oder (irrtümlich oder vielleicht zunächst auch gewollt, um später etwas nachzutragen) eine oder mehrere Seiten freiließ und erst auf einer späteren den Text fortsetzte46. Wohl kaum jemand, der mit der späteren humanistischen Kursive47 Piccolominis vertraut ist, würde hinter der Schrift des Haupttextes die Hand des jungen Sienesen vermuten, wenn das nicht ausdrücklich durch die Titelrubrik der Handschrift bezeugt würde48. Eneas bedient sich hier 44 Dig. 24,3,24. 45 Cfr. fol. 66v/67r, hier ausdrücklich mit dem Vermerk nil deest. 46 So etwa fol. 7v (der Text setzt wieder auf fol. 8v ein); fol. 84r (85r). 47 Cfr. unten besonders Abschnitt 7 und passim. 48 Neben der Hand Piccolominis lassen sich, abgesehen von den Glossen (dazu cfr. un-

ten Anm. 228), wohl noch fünf weitere Hände festmachen, die nicht sehr umfangreiche Passagen des Haupttextes schrieben. Hand A (fol. 62v (zwei Zeilen), 74r-75v, 76v, 77v-78r, 79r-80v): Graue Tinte; weniger kursiv als die Hand Piccolominis mit dominierendem Mittelband und kantigerem Aussehen; hält den rechten Rand kaum ein; häufig 3er-förmiges Schluß-m; konsequent wird rundes d, das sich oft weit aufrichtet, Minuskel-r und gerades Schluß-s, das oben häufig fast rechtwinklig abgebogen ist und den eckigen Charakter der Schrift verstärkt, verwendet; s und f gehen kaum unter die Zeile; g zeigt meist sehr kleine obere und raumgreifendere, offene untere Schlinge; der Bogen des h häufig sehr eckig; sehr eckig auch die -rum-Kürzung. Hand B (fol. 62r/v): Dunkle Tinte; etwas kursiver und stärker gekürzt als Hand A; g mit offener unterer Schlinge, die waagrecht extrem weit nach links verläuft; konsequent gerades Schluß-s; s ähnlich wie bei Hand A oben häufig fast rechtwinkelig geknickt, aber weiter unter die Zeile (genauso f); d rund, aber häufig stark aufgerichtet; ziemlich konsequent 3er-Form beim Schluß-m und gerades r. Hand C (fol. 51r): Neigt zu stärkerer Schlingenbildung als alle übrigen Hände, vor allem bei d; schreibt weit über den rechten Rand hinaus; d konsequent rund; stark variierendes Schluß-s in Form eines griechischen gamma (g) oder einer 6; überwiegend rundes r; kein Schluß-m in 3er-Form; g unregelmäßig, meist mit sehr kleiner oberer Schlinge und offener unterer. Hand D (fol. 78r79r): Braun-graue Tinte; kursiver und stärker gekürzt als die Hand Piccolominis und alle anderen Hände; relativ kompliziert gebautes g mit offener, manchmal auch geschlossener unterer Schlinge, die weit nach links geht; gerades r; Schluß-m in 3er-Form; rundes d mit relativ großem Bauch und zum Teil Schlinge an der Oberlänge; Schluß-s gerade oder in Form einer hochovalen 6; stark verwundenes h. Hand E (fol. 95r-96v): Insgesamt weniger kursiv als die Hand Piccolominis, mit mehr Abstand zwischen den Buchstaben und dominierendem Mittelband, dennoch mit unklarem Schriftbild; konsequent rundes d, Schluß-m

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einer Kursive, die, was Eindruck und einige Einzelformen betrifft, humanistischen Einschlag aufweist, aber auch von gotischen Elementen geprägt ist. Der Gesamteindruck schwankt zwar, was auf die Tagesverfassung des Schreibers, das je nach zu bewältigendem Text unterschiedliche Schreibtempo und auf die nicht immer gleichmäßig geschnittene Feder und unterschiedliche Tinte zurückzuführen sein dürfte (zahlreiche Neuansätze sind erkennbar)49; doch lassen sich folgende Grundcharakteristika festmachen: Schlingenbildung an den Oberlängen sowie Bogenverbindungen werden vermieden, Schwellschäfte sind ebensowenig vorhanden wie starker Kontrast von Haar- und Schattenstrichen (mit Ausnahme von s/f). Großteils ist das Schriftbild sehr hell und gestochen scharf, besonders dort, wo Piccolomini mit sehr feiner Feder am Werk war50 – es sind gerade jene Passagen, die, vergleicht man sie mit seiner von der Gicht geprägten Altersschrift, einen Verfall offenbar werden lassen, den man noch heute nur mit Erschütterung zur Kenntnis nehmen kann. In anderen Teilen51 scheint die aufrechte, leicht rechtsgeneigte Schrift weniger sorgfältig, etwas flüchtiger, auch gröber zu sein. Zur schlechten Lesbarkeit tragen vor allem die zahlreichen Kürzungen bei – ein unhumanistisches Element, dem wir in Piccolominis Handschrift nie wieder begegnen werden, das in diesem Falle allerdings auch durch das

in 3er-Form und charakteristisches Schluß-s in leicht schräg liegender 6er-Form, dessen obere Schlinge manchmal geschlossen ist und dann einem brezelförmigen s nahekommt; kleines, einfaches g, das kaum in die Unterlänge geht; gerades r überwiegt. Wahrscheinlich überließ Piccolomini für die betreffenden Passagen sein Exemplar dem einen oder anderen Kollegen, um es weiterzuführen. Daß hier offensichtlich reger Austausch der Manuskripte herrschte, zeigt auch eine kleine Randnotiz zum Text von anderer Hand (fol. 50v, rechts: nota pulcer casus). Piccolomini bemerkte dazu gleich unterhalb (nachdem er se tu cogno gestrichen hatte): Quel pazzo di misser Jacomo da Lucca non sapendo altrimenti gramatica disse „nota pulcer casus“. Im übrigen dürfte Piccolomini im Laufe der Vorlesungen nicht immer ganz bei der Sache gewesen sein: Fol. 140r strich er in der 5. Zeile von unten die Notiz amor mio bello sozzo pazzo, zwei Zeilen später dann Non posso piu pensare nele tue bellezze donna che mi fai morire et non posso da te avere alcuno riposo; sempre ti fuggi dagli occhi miei come se io fussi tuo grand’ inimicho. Sind diese Zeilen auf seine angebliche, von Sigismondo Tizio überlieferte unglückliche Liebe zur verheirateten Angela Acherisi zu beziehen? Cfr. BUYKEN, Enea Silvio, S. 10, PAPARELLI, Enea Silvio, S. 22 sowie CORSO, Il Panormita in Siena, S. 152-54. 49 Tendenziell wird die Schrift nach den ersten nicht besonders ästhetisch wirkenden

Blättern ausgewogener, ist vielleicht auch mit mehr Sorgfalt, oft mit dünnerer Feder geschrieben, als das noch am Beginn der Fall ist, ohne daß sich tatsächlich eine lineare Entwicklung festmachen ließe. Immer wieder wechseln sehr zierlich und fein geschriebene Abschnitte mit solchen, wo die Schrift flüchtiger, größer und unausgewogener erscheint. 50 Cfr. etwa fol. 82r. 51 Etwa fol. 15r oder auch auf dem Titelblatt.

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Genos des Textes und eventuell auch durch die Situation (Zeitdruck?), in der er kopiert wurde, bedingt ist. Was die Einzelformen betrifft, wird man als humanistischen Einfluß vor allem das (leicht rechtsgeneigte, häufig aber ziemlich aufrecht stehende und in der Oberlänge oft nach rechts ausgreifende52) gerade Schluß-s (das bis auf wenige Ausnahmen53 verwendet wird), werten dürfen; der Balken des t durchschneidet in der Regel sehr deutlich den Schaft und läßt so kaum Verwechslungsgefahr mit dem c aufkommen; g weist eine sehr häufig recht kleine obere Schlinge auf, während aus der unteren, die seinen Eindruck dominiert, der nächste Buchstabe meist herausgezogen wird. Dagegen bestehen m/n/u häufig noch aus einer Zackenlinie und sind schwer zu unterscheiden, wobei zuweilen der Versuch erkennbar ist, stärker zu differenzieren54; erschwerend kommt hier auch das Fehlen von I-Punkten oder -Strichen hinzu. Anlautendes u wird (ohne Differenzierung nach dem Lautwert) häufig in Form des gotischen v mit mäßig ausgreifendem Anstrich von links wiedergegeben55, daneben findet sich aber auch anlautende u-Form. Fast konsequent verwendet der Sienese auch rundes d, das aber oft zweiphasig geschrieben und zu steilem d wird, indem sein Schaft zum Teil stark in die Senkrechte wandert56; selten läßt sich auch gerades d beobachten57. Konsequent werden die zweiteilige, zuweilen dem c stark ähnelnde gotische Form des e ohne deutliche Ausbildung des Kopfes und die tironische Kürzung für et (7) verwendet, die humanistische &-Ligatur ist ebensowenig zu beobachten wie ae oder e-caudata; -ct- wird nur insofern ligiert, als der Balken des t direkt aus dem c herausgezogen wird, während st-Ligatur ziemlich konsequent angewendet wird58, obwohl manchmal die Oberlänge des s durch ihren Bogen nach rechts über dem t zu stehen kommt, dieses jedoch neu angesetzt wird59. Für Schluß-m erscheint relativ oft, wenn nicht Kürzung vorliegt, die senkrechte 3er-Form, die ziemlich weit unter 52 Cfr. fol. 1r Zeile 8 von unten (titulus). 53 Cfr. etwa fol. 59v (ABBILDUNG 4b) Zeile 4 von unten (latos). 54 Cfr. fol. 1r Zeile 5 des Haupttextes (continua). 55 Cfr. fol. 1r Zeile 7 von unten (unde, videntur). 56 Cfr. fol. 1r letzte Zeile; zu dieser Terminologie cfr. die Abbildung bei STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 437. 57 Cfr. fol. 59v (Zeile 7 von unten diceret) oder fol. 1r (Zeile 1 des Haupttextes damna-

tur; also bezeichnenderweise gleich nach der Rubrik. Zu diesem Phänomen cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 396). 58 Fol. 59v Zeile 8 (constet) etc. 59 Fol. 59v Zeile 9 (statutum).

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die Zeile gezogen wird60. Am stärksten schwankt r, das Piccolomini in der geraden61, sehr häufig aber auch in der gotischen 2er-Form62 verwendet. Charakteristisch (auch noch für die später zu behandelnde humanistische Kursive Piccolominis) sind die kursive Form des a mit großteils extrem kleinem Bauch, sodaß häufig beinahe ein an der Unterseite offenes Dreieck entsteht63, sowie vor allem die „Verdoppelungen“ der Langschäfte bei b, h und l, die sich aus Ansätzen von links bzw. aus mitgeschriebenen Luftlinien beim Herausziehen aus dem davorstehenden Buchstaben entwickeln64. Ähnliche Verdoppelungen sind weniger häufig auch an den Unterlängen von p und q festzustellen, wenn die Luftlinien bei stark kursiver Schreibweise mitgeschrieben oder zumindest angedeutet werden65. Ebenfalls charakteristisch für Piccolomini bis in seine spätesten Notizblätter66 ist der am oberen Rand fast jeder Seite67 angebrachte Vermerk Iesus (hier praktisch immer in der mit Kürzungsstrich gekürzten Form yhus68). Hiervon abweichend ist in Chig. J VII 252 zu verzeichnen In nomine domini amen69 und Iesus Christus70. Liniierung läßt sich nirgends erkennen; der rechte Rand ist jedoch recht konsequent eingehalten. Insgesamt wird man also von einer – in ihrer Kursivität und Strichdicke changierenden – „hybriden Kursive“71 sprechen können, die sich

60 Cfr. fol. 59v Zeile 27 (interdictum) und mehrfach. 61 So fast ausschließlich auf (dem in dieser Beziehung nicht repräsentativen) Blatt 1r

(auch hier dürfte die Konzentration von humanistischen Buchstaben in sorgfältiger geschriebenen Textpassagen oder am Anfang von Texten, die etwa auch von RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, passim, mehrfach in den Sieneser Dokumentarschriften festgestellt werden konnte, der Grund für diesen statistischen Ausreißer sein). 62 Nicht nur nach Rundungen wie b, o etc., sondern auch t, f oder sogar häufig am

Wortanfang, cfr. fol. 59v. 63 Cfr. fol. 1r Zeile 7 des Haupttextes (furtiva) oder Zeile 7 von unten (remota). 64 Cfr. fol. 1r Zeile 11 des Haupttextes (male) und Zeile 6 von unten (duobus) etc. 65 Cfr. fol. 1r Zeile 11 des Haupttextes (quantum, qualiter). 66 Darauf wird im folgenden nicht mehr eigens hingewiesen. 67 Das Fehlen des Vermerks von fol. 5r bis fol. 89r und auf einzelnen anderen Seiten könnte unter Umständen auf nachträgliche Beschneidung der Handschrift zurückgehen: Fol. 4r etwa ist nur mehr die Hälfte des Wortes sichtbar. 68 Fol. 98v fügte eine andere Hand in grauer Tinte Christus noster deus hinzu. 69 Fol. 1r. 70 Fol. 2r. 71 Damit sollen die zwei wesentlichen Merkmale – der fortlaufende Charakter und die Stellung der Schrift zwischen traditionellem und humanistischem Typ – der Schrift erfaßt

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in wenigen Einzelformen und im Gesamteindruck humanistisch beeinflußt zeigt, deren gotische Prägung aber unverkennbar ist. Sie dürfte sich, soweit dies anhand der derzeit zugänglichen Abbildungen feststellbar ist, vom Typ her durchaus im Rahmen jener Schriften bewegen72, derer man sich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts für derartige Rechtshandschriften beziehungsweise generell im universitären Milieu bediente73. Wie stark die Anzahl der Kürzungen und die allgemeinen Kriterien den Gesamteindruck einer Schrift verändern können, zeigt die von Piccolomini fol. 165v gezeichnete arbor consanguinitatis74: Bei praktisch unverändertem (konsequent gerades Schluß-s, rundes d, zur Dreiecksform tendierendes a mit großteils sehr schmalem Bauch, einfaches g, ausschließlich tironische Kürzung für et), zum Teil sogar „gotischerem“ (rundes r ist gegenüber der Minuskelform in der Überzahl75) Buchstabenbestand wirkt die Schrift hier viel humanistischer als im Haupttext der Handschrift. Das hat allerdings auch damit zu tun, daß durch das eingeschränkte Vokabular (pater, mater, (pro-/ab-) avus/avia, matertera, avunculus, fratris, sororis, vor allem aber (pro-/ab-) nepos/neptis) gerade das humanistische Element – das noch dazu sehr markante gerade (Schluß-) s – zum Zug kommt, während die potentiellen gotischen (nur zweimal rundes d; nie eine Endung auf -um) Formen mit Ausnahme des runden r keine Wirkung entfalten können.

werden, ohne die Definition zu sehr einzuengen (cfr. oben Abschnitt 2). Auch die Literatur bietet zu derartigen Schriften bisher kaum brauchbare Terminologien, cfr. S. 20 Anm. 29. 72 Damit soll nicht auf den Grad der Modernität oder Traditionalität der Schrift Bezug genommen werden. 73 Cfr. etwa BISTONI GRILLI CICILIONI, Catalogo, Tav. LXXXV (1448, Repetitiones des Bartolomeo de Saliceto); DI CESARE, Catalogo, Tav. LXXXV (1444, Benedictus de Benedictis, Super secundo libro Decretalium pars I); Manoscritti datati 5, Tav. XXII (datiert 1407, Johannes Buridanus, Quaestiones super libros de anima secundum tertiam lecturam; mit ganz ähnlicher Charakteristik der Rubriken); Manoscritti datati 7, Tav. XXXI (1452, Andreas Barbatius, Commentaria super secundum librum Decretalium). Die Problematik der Terminologie wird anhand des ersten Beispiels (die Schrift der beiden letzten wird nach dem Usus der Reihe überhaupt nicht bezeichnet) deutlich, wenn die Herausgeberin sie als „corsiva personale con influenze dell’italica, dal ductus rapido“ bezeichnet (BISTONI GRILLI CICILIONI, Catalogo, 97); DI CESARE, Catalogo, 82 bezeichnet die Schrift von Tav. LXXXV als „scrittura di tipo semigotico con influenze della scrittura documentaria“, was wohl letztlich ebenfalls auf „hybrid“ hinausläuft. 74 ABBILDUNG 4c. Zu diesen Darstellungen cfr. SCHADT, Die Darstellungen der Arbores

Consanguinitatis. 75 Minuskel-r wird dagegen zum Teil gerade dort verwendet, wo man gotisches r erwarten würde, etwa zweimal nach o in soror.

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Ein völlig anderes Bild zeigt die in roter Tinte ausgeführte Titelrubrik der Handschrift76. Piccolomini bedient sich hier einer – sowohl was Gesamteindruck als auch was die Einzelformen angeht – beinahe reinen humanistischen Minuskel, die aber in ihrer Ausführung noch etwas Unsicherheit zu verraten scheint. Es liegen sowohl die charakteristischen allgemeinen Merkmale der „littera antiqua“ (Schaftverdickungen sind ebenso wie Schlingenbildung und Bogenverbindungen zurückgedrängt, Abkürzungen gemieden; insgesamt ist das Erscheinungsbild sehr klar, die Schrift durch sorgfältige Trennung der Buchstaben sehr gut lesbar) als auch die kanonischen Einzelformen in fast reiner Form vor: Ausschließlich gerades d; (allerdings nur teilweise) die humanistische, geschlossene Form des e, gelegentlich mit am Wortende als feinem Haarstrich herausragender Zunge; bei weitem überwiegendes langes Schlußs; die Minuskel-Form des a77, das einen (im Vergleich zur eben besprochenen Kursive und auch zur späteren humanistischen Kursive Piccolominis) sehr deutlichen Bauch aufweist; rundes r ist völlig eliminiert; g zeigt eine etwas künstliche „dreistöckige“78 Form: An die obere Schlinge schließt in der rechten Hälfte ein leicht nach rechts geneigter Verbindungsstrich an, an dem die untere, geschlossene Schlinge hängt. Auffallend artifiziell sind auch f und langes s gebaut, die nicht in die Unterlänge reichen: Auf einer kurzen waagrechten Basis steht ein etwa die Höhe des Mittelbandes einnehmender Schaft, auf den die feinere, stark nach rechts oben reichende und in einem feinen Haarstrich endende Oberlänge fast aufgesetzt erscheint. Der letzte Schaft des Schluß-m steht konsequent auf der Zeile. Zum Teil sind an den oberen Enden der Langschäfte von l, d, b leichte Ansätze von links zu beobachten, wie das auch in der Kursive der Fall war; hier gibt es allerdings kaum entwickelte echte „Verdoppelungen“79. Die Kurzschäfte von m, n, i weisen in der Regel an den unteren Enden einen Knick nach rechts auf. Anlautendes u liegt in beiden Formen (u und v) vor; et erscheint nur einmal und wird ausgeschrieben. Als Versalien kommen kapitales A, epsilon-förmiges E und die übliche R- und S-Form vor, wobei das S stark linksgeneigt ist und in die Waagrechte abzugleiten scheint. Konservative Einflüsse sind eventuell im (erst ab Zeile 6) dreimal begegnenden runden Schluß-s, dem zeitweilig einem gotischen ähnelnden, 76 Fol. 1r. 77 Zur Terminologie cfr. die Abbildung bei STEINMANN, Die humanistische Schrift und

die Anfänge, S. 437. 78 Zur Terminologie cfr. FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 347. 79 Cfr. etwa Zeile 1 (de).

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zweiteiligen e80 und den gebrochenen Kurzschäften des Mittelbandes zu sehen; auch die humanistische ct-Ligatur taucht nicht auf (c wird einfach in den Querbalken des t verlängert). Die Orthographie entspricht nicht humanistischen Maßstäben: Konsequent steht e für ae (ae-Ligatur oder e-caudata scheinen nicht auf); mihi wird, wenn ausgeschrieben, als michi wiedergegeben81. Seiner mangelnden Orthographiekenntnisse war sich Piccolomini allerdings sehr wohl bewußt und hat sie noch viel später auch offen einbekannt82. Insgesamt wirkt die Schrift noch unsicher; die einzelnen Buchstaben stehen nicht gleichmäßig auf der Zeile, sondern schweben häufig darüber oder reichen darunter; auch das bezeichnenderweise erst gegen Textende einsetzende Vorkommen von rundem Schluß-s könnte wie das sehr inkonsequent angewandte humanistische e mit langer Zunge darauf hindeuten, daß Piccolomini Mühe hatte83, die Schrift selbst auf so beschränktem Raum durchzuhalten84. Leider ist die Titelrubrik nicht genau datierbar, könnte aber sehr wohl ins in der Rubrik angegebene Jahr 1427 fallen85. Daß sie erst nach dem darauf folgenden Haupttext von Folio 1r geschrieben ist, geht nicht nur aus dem Text der Rubrik, sondern auch aus der Gestaltung der Seite hervor: Die folgende überdimensionale, aus roten und schwarzen Buchstaben zusammengesetzte Überschrift86 Antonius Ro(selli) scheint vor allem den Zweck zu haben, überschüssigen Platz auszufüllen. Der Sienese hat in Chig. J VII 252 nicht nur in der Eingangsrubrik die eben analysierte humanistische Minuskel (beziehungsweise eine sehr 80 Etwa Zeile 1 (de). 81 Andererseits wird die Jahreszahl 1427 in römischen Zahlzeichen angegeben. 82 In einem Brief an Niccolò Lisci vom 29. März 1454, cfr. WOLKAN, Briefwechsel III,1

(FRA II/68), Nr. 270. Dazu auch VOLLMANN, Latinitas, S. 46. 83 Dafür könnte auch der Umstand sprechen, daß die Rubrik grammatikalisch insofern nicht einwandfrei ist, als es Silvio anstelle von Silvii heißen müßte, worauf bisher noch in keiner Transkription aufmerksam gemacht wurde. Möglicherweise ist dieser Fehler auf die außergewöhnlichen Konzentrationsanstrengung zurückzuführen, die Piccolomini für das Schreiben der noch ungewohnten Schrift aufwenden mußte. 84 Ein ähnlicher Fall (für rundes d) aufgezeigt von FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 2, S. 440. Allerdings schreibt Piccolomini auch in seiner Kursive fast durchgehend gerades Schluß-s, cfr. oben. 85 Da Piccolomini auch im Text kurze Passagen in einer ähnlichen Minuskel schrieb, ist nicht daran zu zweifeln, daß er diese Schrift zum Zeitpunkt der Anlage des Textes durchaus beherrschte, cfr. dazu das Folgende. 86 Hier liegen allerdings vor allem gotisch geprägte (Minuskel-) Buchstaben vor, die einfach stark vergrößert wurden: So ein sehr eckiges a, dessen oberer Schaft stark eingerollt ist und in Richtung Bauch tendiert, und ein v mit Ansatz von links oben als u in Antonius.

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ähnliche Schrift) verwendet, sondern auch noch an zwei anderen Stellen, die zunächst frei geblieben waren: 1) Am Ende von Blatt 124r, wo ein etwa zwei Zeilen umfassender Raum frei blieb, weil Eneas erst auf der Rückseite des Blattes einen neuen Abschnitt begann87, trug er wohl ebenfalls nachträglich folgende zwei Zeilen ein, die sowohl grammatikalisch als auch im Versmaß hinken88: Sis letus ipse puer quem quamvis morte labentem Eneas edidit/vita ducat studiisque regit civilibus artem sancta tuam. Die Schrift gleicht jener der Eingangsrubrik von fol. 1r fast exakt: Eine humanistische Minuskel mit wenig Kürzungen, klarer Schriftgestaltung und ohne Bogenverbindungen; an Einzelformen begegnen auch hier das konsequent verwendete gerade d, gerades Schluß-s (auch hier mit einer Ausnahme: studiis); das relativ bauchige a in Minuskel-Form; dreistöckiges g mit allerdings etwas größerer unterer Schlinge89; das konsequent verwendete gerade r; der letzte Schaft des Schluß-m steht durchwegs auf der Zeile; das lange s hat dasselbe artifizielle Aussehen wie in der Titelrubrik der Handschrift; die Schäfte des Mittelbandes sind an den unteren Enden fast durchwegs nach rechts umgeknickt. 2) Am ursprünglichen Textende der Mitschrift90 blieben zunächst etwa vier Fünftel der letzten Seite frei. Piccolomini trug hier, erneut in der uns schon bekannten humanistischen Minuskel, einen Text in Volgare ein, der 32 Zeilen umfaßt und durch das Ende der Seite möglicherweise unterbrochen wird91; ursprünglich könnten also noch weitere Blätter mit 87 Rechts durch die Zählung 1011 verdeutlicht. 88 ABBILDUNG 4d. Möglicherweise ist Eneas edidit auch als „Überschrift“ voranzustellen,

worauf mich freundlicherweise Dr. Franz Lackner (Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters der ÖAW, Wien) aufmerksam macht; es scheint jedenfalls von Piccolomini erst nachträglich eingefügt worden zu sein. Zu metrischen Unsicherheiten Piccolominis in der „Cinthia“ cfr. PAPARELLI, Enea Silvio Piccolomini poeta d’amore, S. 255; kritische Urteile von Zeitgenossen bezüglich der Metrik des Sienesen bringt MARIOTTI, La corrispondenza, S. 207 Anm. 31; dort S. 205-207 auch eine ausgezeichnete Analyse einer versteckten Kritik des Ianus Pannonius in der metrischen Korrespondenz mit Eneas. Zu Pannonius cfr. STUPPERICH, Janus Pannonius (mit der weiteren Literatur). 89 Möglicherweise dadurch bedingt, daß es in der untersten Zeile vorkommt und nach unten hin viel Platz ist. 90 Fol. 160v (ABBILDUNG 4e), Ende eines Quinio; cfr. dazu oben. 91 Eine Interpunktion, die im übrigen Volgare-Text an Satzenden konsequent ange-

wandt wird, ist nicht zu erkennen. Andererseits spricht das Fehlen des sonst in der Handschrift regelmäßig gesetzten Reklamanten für ein reguläres Textende. Der Text, bei dem es sich um eine Episode aus der Troilus-und-Cressida-Geschichte handelt, konnte von mir noch nicht identifiziert werden; für sachdienliche Hinweise danke ich Univ.-Prof. Michael Metzeltin und ao. Prof. Alfred Noe (beide Institut für Romanistik der Universität Wien).

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der Fortsetzung des Textes vorhanden gewesen sein. Die humanistische Minuskel präsentiert sich hier vor allem im oberen Bereich etwas kleiner als bisher beobachtet, die Zeilen erscheinen gedrängter; auch die Buchstaben selbst sind enger aneinandergerückt, sodaß es an einigen Stellen zu Überlappungen (ähnlich wie in der frühgotischen Schrift) kommt92. Am Gesamteindruck der Schrift hat sich sonst aber wenig geändert, auch die Einzelformen sind weitgehend dieselben: Konsequent gerades d; viele bauchige a, zum Teil aber auch sehr schmale Formen, die zum in der Kursive beobachteten Dreieck tendieren; dreistöckiges g mit dem leicht nach rechts geneigten Verbindungsbalken und zum Teil größerer, ovaler unterer Schlinge; abgesehen von wenigen Ausnahmen93 konsequent gerades, oben sehr sorgfältig geschlossenes r ohne Spaltung; einige e zeigen, vor allem am Wortende, einen feinen Haarstrich als Zunge, andere sind wieder einem gotischen zweiteiligen e ähnlich; die Oberlängen von d, h, b, l zeigen kleine Ansätze von links unten, die hier vor allem bei d zu kleinen Schleifen führen können; auch im italienischen Text fehlt die humanistische ct-Ligatur. Etwas weniger artifiziell sind f und das lange s gestaltet (Schluß-s liegt nicht vor), die noch immer den feineren, zum Teil stark nach rechts gezogenen Oberteil auf einem breiteren geraden Schaft aufweisen, den waagrechten Basisstrich jedoch meist vermissen lassen. Neu ist die hier erstmal auftauchende &-Ligatur94, es überwiegt aber die tironische Kürzung bzw. die ausgeschriebene Variante. Insgesamt wirkt die Schrift flüssiger als dies bei der Titelrubrik des Codex der Fall ist, so als sei sie dem Schreiber schon besser vertraut; andererseits ist sie auch weniger artifiziell als jene. Weiters taucht die Schrift, jetzt allerdings meist auf etwas niedrigerem Niveau, noch an mehreren Randbereichen der Handschrift auf: Piccolomini tendiert an einigen Stellen dazu, die ersten Worte eines neuen Abschnitts95 auf diese Weise hervorzuheben96, verwendet sie in EinzelZur mittelalterlichen Troja-Dichtung (mit weiterer Literatur) MEHL, Trojadichtung, S. 10361037. 92 Etwa bei pp in troppo, cfr. fol. 160v Zeile 10 und 17 des volkssprachlichen Textes. 93 2er-Form in Zeile 11 (degli altri) und 6 (vere). 94 Etwa Zeile 1 und 4 des italienischen Textes. Diese Ligatur ist umso auffälliger, als sie

unter den erhaltenen Autographen Piccolominis erst wieder in den 1440er Jahren nachweisbar ist (innerhalb eines Wortes allerdings schon in einem Brief vom 18. Dezember 1432, cfr. Abschnitt 5). Ist hier möglicherweise mit Einfluß der Vorlage zu rechnen? 95 Ein ähnliches Phänomen läßt sich am Beginn vieler seiner Originalbriefe festmachen, cfr. unten Abschnitt 8.2 passim und RÜTH, Aufkommen und Verbreitung, passim. 96 Das äußert sich zum Teil nur im gesetzteren Charakter der Schrift, indem sorgfältig auf die Trennung der Buchstaben geachtet wird (cfr. etwa fol. 52r Mitte: vir patronus), teil-

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fällen auch für die Angabe des Kapitels, die er ziemlich regelmäßig rechts oben auf den Recto-Seiten, meist allerdings in der Kursive des Haupttextes notierte97. So findet sich der Eintrag gleich fol. 1r in Minuskelform98, ebenso etwa fol. 154r99, 119r, wo er auf die rechte obere und untere Ecke der Seite aufgeteilt ist100, oder 107r. In einer zwar noch immer gesetzten, aber deutlichen Hang zur Kursive zeigenden Mittelform zwischen Minuskel und Kursive erscheint die Notiz etwa fol. 21r101 und 23r102. Diese Kapitelangaben scheinen gleichzeitig mit dem Text in die Handschrift eingetragen worden zu sein, jedenfalls erscheint der Eintrag fol. 117r in derselben grauen, in diesem Codex von Piccolomini sonst nicht verwendeten Tinte, mit der der Haupttext von etwa der Mitte von fol. 116v bis fast zum Ende von 117r geschrieben ist. Zum Teil dürften die Einträge aber auch später von anderer Hand ergänzt worden sein103. Ein weiteres Element, in dem die humanistische Minuskel der Titelrubrik auf etwas niedrigerem Niveau zur Anwendung kommt, sind einzelne Marginalien. Fol. 1v und 2r begegnen vier Glossen104, die die weweise aber auch in den Einzelformen, die jenen der humanistischen Minuskel Piccolominis entsprechen: In der ersten Zeile von fol. 158v etwa zeigen die ersten fünf bis sechs (quero quid si testator dicat relinquo) Worte gesetzteren Charakter, dazu gerades d und r sowie die uns schon bekannte typische s-Form der Minuskel (auf der Zeile, mit kleinem waagrechten Basisstrich), ehe die Schrift spätestens in der Mitte der Zeile (uxorem) wieder in die Kursive übergegangen ist. Fol. 116r (letzter Abschnitt) weisen die ersten beiden Zeilen neben der Initienrubrik sorgfältigere Trennung der Buchstaben, dazu gerades d, gerades r, s und auf der Zeile stehendes (oder nur leicht darunter reichendes) f auf. Cfr. auch fol. 94v (Zeile 6). 97 Cfr. oben. Zum Teil fielen diese Kapitelangaben vielleicht auch einer späteren Beschneidung der Handschrift zum Opfer, die etwa fol. 4r am nur mehr zur Hälfte vorhandenen Iesus am oberen Rand gut erkennbar ist. 98 Hier ausnahmsweise mit roter Tinte, also wohl gleichzeitig mit der Titelrubrik der Handschrift eingetragen. 99 Mit dem typischen dreistöckigen g, aber rundem d; ähnlich fol. 128r, 139r, 143r

(dort versehentlich als falscher Kapiteltitel angegeben und von späterer Hand verbessert). 100 Auffallend ist hier die Verwendung eines Majuskel-R in vulgari, g erscheint dreistöckig, aber weniger gebaut; s in der typischen Form der Titelrubrik der Handschrift mit waagrechtem Basisstrich. 101 Mit dem typischen langen s mit feinerem Bogen nach rechts, aber ohne Basisstrich; leichter Hang zur Kursivierung in matrimonio. 102 Erneut das typische lange s, diesmal mit Basisstrich, aber unter die Zeile reichend; dazu rundes r in der wieder zur Kursivierung neigenden Form matrimonio. Ganz ähnlich auch fol. 162r. 103 Cfr. etwa fol. 84r oder 87r. Ob die Kapitelangaben an diesen Stellen gar nicht vorhanden waren oder späterer Beschneidung zum Opfer fielen, ist unklar. 104 Sie sollten offensichtlich den Text übersichtlicher machen und die Auffindung einzelner Fragen dem Leser erleichtern (etwa: Nota quomodo fundi dicantur diversi). Alle

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sentlichen oben besprochenen Merkmale der Schrift zeigen: Die typischen Formen von s und f105; gerades Schluß-s106; gerades d (mit einer Ausnahme); teilweise Knick der unteren Enden der Kurzschäfte nach rechts; leichte Ansätze von links bei den Langschäften, die bei d vereinzelt zu Schlingenbildung führen. Das etwas geringere Niveau zeigt sich an der generell etwas flüchtigeren Ausführung der Buchstaben107, an der einfacheren Form des g108 und wohl auch an der größeren Anzahl von Kürzungen, die jedoch auch durch den geringeren zur Verfügung stehenden Raum bedingt ist109. Piccolomini scheint sehr bald von dieser Art der Glossierung in der sehr aufwendigen Minuskel abgekommen zu sein; jedenfalls verschwinden die Marginalien in der „littera antiqua“ nach fol. 2r abrupt; nur vereinzelt findet man auch später noch derartige Randnotizen, die aber im Buchstabenbestand mehr oder weniger Einfluß der kursiven Formen zeigen: So sind in den beiden obersten Marginalien von fol. 10r die uns schon bekannten Formen von s und f (zum Teil mit waagrechtem Basisstrich) zu beobachten; dazu die Ansätze von links bei den Oberlängen mit teilweiser Schlingenbildung110; gerades d überwiegt (gelegentlich mit verdicktem oberen Ende des Schaftes), konsequent wird gerades Schluß-s verwendet; Einflüsse der Kursive zeigen sich aber im einfacheren g111, in der häufigen Verwendung der 3er-Form für Schluß-m und im runden r, das mehrmals, aber weniger häufig als die gerade Form aufscheint; m und n sind kursiver geschrieben und weisen nur zum Teil die Umknickung der unteren Schaftenden auf; e zeigt nur selten am Wortende eine lange Zunge in Form eines Haarstrichs112. Die dritte Randnotiz auf dieser Seite zeigt sehr schön den Übergang von der

sind durch ein Kapitelzeichen hervorgehoben (verdicktes C mit einem oder zwei senkrechten Verstärkungslinien innen). Ob die Eintragungen etwa gleichzeitig mit dem Text erfolgten, ist kaum festzustellen: Die Tinte scheint nicht mit jener des Haupttextes identisch zu sein. 105 Hier ohne waagrechten Basisstrich, statt dessen zum Teil leicht unter die Zeile ge-

hend. 106 Hier ganz konsequent. 107 m und n sind zum Teil linksgeneigt. 108 Mit direkt an der oberen angesetzter, größerer unterer Schlinge, nicht dreistöckig. 109 Im übrigen zeigt sich hier erneut die Unsicherheit Piccolominis, was die Orthogra-

phie anbelangt. Man vergleiche die Formen apellatione, quommodo. 110 Hier nicht nur bei d, sondern auch bei l. 111 Zum Teil noch einfacher als oben bei den Marginalien fol. 1v/2r. 112 Cfr. filie, interrogative.

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am Beginn113 noch relativ wenig kursiv geprägten Minuskel zu einer etwas flüchtigeren Schreibweise, die dann auch in der letzten Marginalie von fol. 10r beibehalten wird. Sehr hochstehend sind auch die drei Randanmerkungen fol. 110v114 sowie je eine weitere fol. 118v, 121r und 141v115, wobei für die drei letztgenannten ein etwa gleichzeitiger Eintrag mit dem Haupttext wahrscheinlich ist, wie aus der gleichfarbigen Tinte erhellt. Schwer einzuschätzen ist, ob die Marginalie Memmia recta peto116 autograph ist: Hier taucht erstmals humanistische ct-Ligatur auf; jedoch zeigt die Tinte, die nicht jene des Haupttextes ist, daß es sich keinesfalls um einen gleichzeitigen Eintrag handelt. Neben späteren Einträgen von anderen Händen117 liegen in der Handschrift weitere autographe Marginalien Piccolominis vor, die in der hybriden Kursive des Haupttextes118 oder aber in einer Schrift gehalten sind, die eine Mischform seiner Minuskel und Kursive darstellt: Die Randnotiz fol. 127v beispielsweise läßt zwar eindeutiges Bemühen um deutliche Trennung der Buchstaben voneinander erkennen und weist relativ wenig Kürzungen, überwiegend gerades d und Minuskel-r sowie auf der Zeile stehendes (oder nur leicht darunter reichendes) s/f auf; doch finden sich auch r in 2er-Form, rundes d und Schluß-m in 3erForm; eine ähnliche Tendenz wird bei der Marginalie fol. 128r sichtbar: Wille zur Trennung der Buchstaben, konsequent gerades r; daneben aber rundes d; einfaches g, aus dessen Schlinge der nächste Buchstabe herausgezogen wird, dazu deutliche Verdoppelung eines l durch deutlichen Zug zur Kursivierung an dieser Stelle.

113 Zeile 1 und Beginn Zeile 2 (nota utrum valeat dictum testis), ab qui interrogatus wird die Schrift flüchtiger. 114 Zum Teil durch die Beschädigung des Blattes am Rand verstümmelt. Die drei Notizen zeigen die typische Form von s und f (mit kleinem oder ohne Basisstrich), konsequent gerades Schluß-s und gerades d, Ansätze der Langschäfte von links, ausschließlich gerades r, tironische et-Kürzung, sehr bauchiges a; aber etwas einfacheres g. 115 In allen drei Fällen mit sehr deutlicher Trennung der Buchstaben, den typischen Formen von s/f, konsequent geradem d, geradem Schluß-s und geradem r; m und n weisen jedoch kaum Schaftumknickungen auf; g kommt in diesen kurzen Texten nicht vor. 116 Fol. 119r. Dagegen spricht auch die für Piccolomini ungewöhnliche Form des Ma-

juskel-M. 117 Cfr. fol. 80r/v, 110r, 151r und andere. 118 Cfr. fol. 106v: Sehr flüchtiges Schluß-m in der 3er-Form (wenn nicht gekürzt), run-

des d, s/f reichen unter die Zeile, Verdoppelungen (vor allem bei l) durch das Mitschreiben der Luftschwünge; undifferenzierte Zackenlinien für m/n/u/i; in diesem Beispiel ausschließlich gerades Minuskel-r.

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Die meisten dieser autographen Randnotizen, die fast immer zur Hervorhebung bestimmter Textpassagen dienen, sind in derselben Tinte wie der Haupttext geschrieben, dürften also unmittelbar im Zuge des Schreibens des Textes oder zumindest nicht viel später entstanden sein. Für ausschließlich zeitnahe Glossierung spricht auch, daß die hier vorliegende hybride Kursive in Handschriften Piccolominis auch für Glossen nie wieder nachweisbar ist, für die er später fast ausschließlich seine humanistische Kursive verwendet119. Diese ist jedoch in Chig. J VII 252 nirgends festzumachen. Seine später nicht immer sehr freundliche Einstellung gegenüber der Jurisprudenz120 könnte auch dazu beigetragen haben, daß er die Handschrift zwar aufbewahrte, sich aber nie mehr näher mit ihr auseinandersetzte. Ein sehr buntes Bild zeigen auch die Majuskelbuchstaben, die Piccolomini für die Angabe der Initien121 verwendete. Daß diese wenigstens zum Teil erst nach dem Schreiben des Haupttextes eingetragen wurden, geht daraus hervor, daß sie von Eneas häufig122 in der Kursive des Haupttextes klein am linken Rand des Blattes vorgeschrieben wurden123; auch in den anderen Fällen dürfte es sich aber so verhalten haben, da die Initia häufig mitten im Wort abbrechen, weil kein ausreichender Platz mehr vorhanden war124. Großteils verwendete der Sienese für die Majuskeln einfach vergrößerte Minuskelbuchstaben, die er in ein Zweilinienschema preßte, so gut es ging. Wir erkennen relativ eckiges gotisches A125; Minuskel-B, dessen Schaft die übrigen Buchstaben kaum überragt; ebenfalls ziemlich kantiges unziales D, dessen Oberlänge fast waagrecht liegt, daneben aber auch seltener gerades D126; Minuskel-E mit geschlossener Öse, dessen Zunge zum Teil nach rechts herausragt127, ab fol. 28v aber auch die ver-

119 Cfr. unten Abschnitt 6. 120 SIMONETTA, Rinascimento segreto, S. 71; ESCH, Herrschaftspraxis, S. 118; anders

KISCH, Enea Silvio, passim. 121 Sowie für die wenigen Rubriken der einzelnen Kapitel, cfr. oben S. 31-32. 122 Fol. 36r-37r, 40r-51v, 102r-105r etc. 123 Fol. 44r vergaß Piccolomini überhaupt auf den Eintrag in Majuskeln, hier scheint nur die Notiz am linken Rand auf. 124 Cfr. fol. 152v (Sed si cum pri; heredes institui). 125 Fol. 50r mit so stark eingebogenem oberen Anstrich, daß sich eine geschlossene

Schlinge ergibt. 126 Cfr. fol. 79v (zweimal, Kapitelrubrik; in unmittelbarer Nähe auch mehrmals die unziale Form), 97r, 146v (mehrfach). 127 Cfr. fol. 5r, 37v.

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größerte Form eines griechischen Epsilon (e)128 und vereinzelt die unziale Variante129; I erscheint an den Schaftenden, ähnlich wie die Schäfte von M/N, relativ stark geknickt; unziales H reicht mit der Kralle leicht unter die Zeile und weist eine kaum entwickelte Oberlänge auf; L erscheint in vergrößerter Minuskelform und überragt die übrigen Buchstaben nur wenig; M wird (wie N) ebenfalls einfach aus der Minuskel übernommen, sogar die senkrechte 3er-Form taucht am Wortende auf130; P hat eine ähnlich eckige Gestalt wie A und B und geht kaum in die Unterlänge; Q erscheint in der Kapitalis-Form (mit langem, geschwungenem, fast waagrechtem Abstrich nach rechts), selten aber auch als unzialer Buchstabe131; die Minuskel-Form des T wird einfach vergrößert; ungelenk wirkt X, das, aus einem fast senkrechten dickeren und einem im Mittelteil feinen, schräg kreuzenden Strich zusammengesetzt, sich der 8er-Form nähert132; sehr rund gehalten, zuweilen aber oben abgeflacht ist das C133. Am vielfältigsten sind die Erscheinungsformen des G (neben einem Minuskel-G, das aber völlig ins Zweiliniensystem eingegliedert wird134, erscheint es auch leicht in die Unterlänge gehend135, in stark eingerollter 6er-Form136 oder als weiter unter die Zeile reichendes, dreistöckiges G ähnlich wie in der humanistischen Minuskel Piccolominis137) und des U/V (in der Regel wird Minuskel-U undifferenziert für beide Lautwerte gebraucht; daneben erscheint auch vergrößertes gotisches Anfangs-V138, auf den Kopf gestelltes A139 und kapitales V140); O erscheint manchmal sehr rund141, andernorts aber auch stark oval oder elliptisch142. 128 Cfr. dazu unten Abschnitt 5 zu den Briefunterschriften. 129 Fol. 36v, als Initiale fol. 30r. 130 Cfr. fol. 9v, 25r, 27r etc. 131 Cfr. fol. 154v; meistens, wenn Kürzung vorliegt (cfr. fol. 150r/v). 132 Cfr. fol. 27r, v.a. fol. 47v. 133 Cfr. fol. 69v. 134 Kaum als g zu erkennen in der 8er-Form fol. 28v durch die geschlossene untere

Schlinge. 135 Fol. 70r (Titelrubrik). 136 Ab fol. 48v einige Male. 137 Fol. 132r, 140r etc. 138 Fol. 99r; 106r auch im Wort. 139 Fol. 51r (zweimal). 140 Fol. 73r, 116v, 117r (dort leicht gebogen). 141 Cfr. fol. 69r. 142 Cfr. fol. 69v.

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Neben diesen aus der Minuskel oder Unziale genommenen Formen scheinen auch Kapitalbuchstaben auf: Neben den ziemlich konsequent und überwiegend gebrauchten Kapitalis-Formen von F143 (häufig aber mit geschwungenem oberen Balken144; daneben auch145 in der Form der humanistischen Minuskel der Titelrubrik der Handschrift146), Q147, R148 und S (sehr häufig stark schrägliegend, daneben auch langes S149 großteils am Wortende oder bei der Kombination -st-, das mehr oder weniger jenem in der humanistischen Minuskel der Titelrubrik gleicht150) hat der Sienese auch bei anderen Buchstaben vereinzelt mit kapitalen Formen experimentiert: So erscheinen fol. 116v und 117v drei in der Ausführung etwas unsicher wirkende Rubriken, die fast ausschließlich in Kapitalis gehalten sind: A151, zweimal B (nur hier; daneben aber auch das typische vergrößerte, eckige Minuskel-b), dreimal E152, L, M153, N154, zweimal T, V155. Dazu kommt die einmal auch an anderer Stelle aufscheinende Kapitalis-Form von H156. S erscheint einmal stark nach links geneigt. Dort, wo der Haupttext von anderer Hand geschrieben ist157, scheinen die Initienrubriken fast durchwegs später von Piccolomini selbst einge143 Etwa fol. 13r, 50r. 144 Cfr. fol. 15r, 22r etc. 145 Cfr. fol. 30r. 146 Cfr. oben S. 38. 147 Cfr. oben S. 46. 148 Meist mit Anstrich von links und geschwungenem beziehungsweise geknicktem un-

teren Bogen, cfr. fol. 1r. Eine Ausnahme stellt das Minuskel-r in der aber auch von Größe und Gestaltung her völlig aus dem Rahmen fallenden Hauptrubrik Antonius Ro(selli) fol. 1r dar. 149 Fol. 30r (Wortende), 70r (Wortende und im Wortinneren bei st-Kombination), 70v (st-Kombination), 140r (Doppel-s) etc. 150 Cfr. oben S. 38 (feiner Haarstrich als Oberteil auf relativ dickem Basisschaft). 151 Davor schon fol. 42r. 152 So auch fol. 151v und 75v, dort alle drei E-Formen (Minuskel-e, Epsilon-e und die kapitale Form) in einem Wort (Haupttext hier von anderer Hand, die Initienrubrik, wie die übrigen Formen der Majuskeln zeigen, stammt aber unzweifelhaft von Piccolomini selbst, auch in anderer Tinte als der Haupttext). 153 Mit leicht schräggestellten äußeren Schäften; schon fol. 40v taucht M mit noch stärker schräggestellten Schäften auf, um den Platz auszufüllen; fol. 50v eine Form mit kaum entwickelten Mittelschäften. 154 Einmal in herkömmlicher Kapitalis-Form, einmal in NT-Ligatur und einmal mit leicht geschwungenem Balken. 155 Leicht geschwungen, s.o. 156 Fol. 73r. 157 Cfr. oben S. 33 Anm. 48.

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tragen worden zu sein, wie aus dem Schriftbild bzw. den verwendeten Buchstabenformen der Majuskeln und der in der Regel andersfarbigen Tinte erhellt158; fraglich in dieser Hinsicht ist nur die Initienrubrik Uno contextu fol. 76v: Sie ist in derselben grauen Tinte wie der Haupttext (Hand A) geschrieben und zeigt in der Ausführung der Majuskeln159 wie den Buchstabenformen erhebliche Unterschiede zu den Rubriken Piccolominis: Es überwiegt der Eindruck der Kapitalis durch die Formen T, E, V, allerdings liegt auch vergrößertes Minuskel-N bzw. Minuskel-U (einmal) vor; X weist eine von Piccolominis üblicher Behandlung des Buchstabens160 stark abweichende; elegantere Gestalt auf161. Die KapitalisFormen, vor allem das T, zeigen dabei an den Strichenden auffällige Knöpfchen – genauso wie die Majuskeln der drei oben erwähnten Rubriken fol. 116v/117r. Diese sind der Hand Piccolominis allerdings kaum abzusprechen162, sie wirken auch viel ungelenker als die Rubrik fol. 76v. Vielleicht dienten ihm die dortigen Majuskeln oder andere ihm vorliegende Beispiele von Hand A als Vorbild, das er nachzuahmen versuchte. Als Initialen, die Eneas in den Kapitelrubriken und im Anfangsteil der Handschrift163 bei den Initienrubriken (links vom linken Rand des Haupttextes) einsetzte, sind unziales E, unziales G in nicht geschlossener 6er-Form, eine ziemlich artifizielle, fast unziale Form des M mit stark geschwungenen Außenschäften164, unziales H, kapitales T (mit weit heruntergezogenen Balkenenden) und die auch sonst in den Rubriken üblichen kapitalen Formen von Q, R und S zu verzeichnen. Insgesamt können wir jedenfalls festhalten, daß auch in den (Initien-) Rubriken zum Teil humanistischer Einfluß zu greifen ist. Im Haupttext selbst verwendet Piccolomini, abgesehen vom häufig vorkommenden, unter die Zeile reichenden I (für item) und kapitalem N (dieses häufig bei nota), relativ selten Versalien: Q (mit relativ waagrecht liegendem Abstrich nach rechts), R und S in der kapitalen Form; für A, das allerdings auch in der kapitalen Variante vorkommt, F, H und P wird einfach die Minuskel-Form vergrößert; E erscheint (wie D) in unzialer Gestalt oder in Form eines griechischen Epsilon, U/V sowohl in gotischer als auch kapitaler (mit leicht gebogenem linken Schaft) Gestalt. 158 Cfr. fol. 51r, 78r etc. 159 Die Buchstaben wirken feiner, mehr gebaut. 160 Cfr. oben S. 46. 161 Zwei sich leicht überschneidende, gegenläufige Halbkreise. 162 Cfr. das auch in den übrigen Rubriken aufscheinende vergrößerte Minuskel-b. 163 Die Initialen verschwinden dort nach fol. 32r fast völlig. 164 Fol. 27r.

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Bemerkenswert in der Studentenmitschrift ist auch die Gestaltung der Reklamanten, die wir in so variantenreicher Form sonst in keiner Handschrift Piccolominis antreffen165. Sämtliche Reklamanten stehen in der Mitte des unteren Blattrandes, doch weisen sie vielfältige Formen auf, was ihre Schrift und Ausgestaltung angeht. Häufig liegt die auch für den Haupttext verwendete hybride Kursive vor166, andernorts eine der Titelrubrik ähnliche humanistische Minuskel167, oder – am häufigsten – zwischen diesen beiden Extremen liegende Formen168; daneben läßt sich in zwei Fällen auch eine fast gemalte Schrift mit rundem s (auch im Anlaut), e mit sehr künstlich aufgesetztem Haarstrich am Ende des Wortes und Majuskel-R beobachten169. Die graphische Ausgestaltung reicht von einem schmucklosen170 oder in gezackten Linien ausgeführten171 Rechteck als Umrahmung über vier in Kreuzform um den Reklamanten172 oder das Viereck173 herum angeordnete Wellenlinien bis zu einer mit spitzer Feder fein ausgeführten Zeichnung, die wohl die Vorstellung eines auf einem kunstvollen Ständer angebrachten Schildes (mit dem Reklamanten) evozieren soll174. Wie ist nun die Schrift Piccolominis in die zu dieser Zeit gerade stattfindende Entwicklung von der gotischen hin zur humanistischen Schrift einzuordnen? Die humanistische Schrift ist für Siena nicht in dem Maße erforscht, wie das etwa für Florenz der Fall ist175, doch hat Martin Rüth in seiner Studie über Aufkommen und Verbreitung der humanistischen Kanzleikursive neben den diesbezüglichen Zeugnissen in Foligno, Perugia und Arezzo auch die Schrift in verschiedenen Quellenserien der Sie165 Cfr. aber unten Abschnitt 6 zu Chig. H IV 135. 166 Cfr. etwa fol. 34v, 44v, 54v, 64v, 98v; oft etwas größer als der Haupttext. 167 Cfr. fol. 150v (gerades d, langes Schluß-s in der typischen Form, nach rechts umge-

bogene untere Enden der Kurzschäfte). 168 Etwa fol. 130v (das s in der typischen Minuskelform Piccolominis, aber insgesamt flüchtiger geschrieben), 120v (typische s-Form, gerades r, gerades d; aber sehr schmales a, dazu weniger sorgfältig geschrieben), 110v (typische f-Form, bauchiges a; deutlich getrennte Buchstaben; aber rundes d und gegen Ende hin flüchtiger) etc. 169 Cfr. fol. 12v, ähnlich, aber etwas flüssiger fol. 88v. 170 Cfr. fol. 12v, 44v, 66v, 76v. 171 Cfr. fol. 63v (irrtümlich ein Blatt zu früh eingetragen), 64v, 88v; leicht variiert

(Wellenlinien) fol. 130v und 150v. 172 Cfr. fol. 24v, 34v, 54v, 98v, 110v. 173 Cfr. fol. 140v. 174 Cfr. fol. 120v. 175 Cfr. oben S. 19 Anm. 28.

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neser Administration untersucht. Sieht man nun zunächst davon ab, daß es sich hier um zwei völlig verschiedene Milieus handelt, und vergleicht Piccolominis Kursive in Chig. J VII 252 mangels besseren Vergleichsmaterials mit den von Rüth analysierten Schriften der 1420er und 1430er Jahre, so erscheint sie, zumindest was die Einzelformen betrifft176, ungewöhnlich modern: In den „Deliberazioni del concistoro“ konnte Rüth in dieser Periode fast ausnahmslos Hände mit Schaftschlaufen177 und noch keine geraden d, sondern nur Hybridformen ausmachen178; in den 1420er Jahren schreiben nur drei Hände (alle gegen Ende des Jahrzehnts) langes Schluß-s, das sich überdies von der Form des langen s im Wortinneren unterscheidet und nie konsequent gebraucht wird179; in den 1430er Jahren ist diese Gestalt des auslautenden s bei jener jetzt schon stark angestiegenen Anzahl an Schreibern, von denen sie verwendet wird, noch immer in der Minderheit gegenüber hybriden und runden Formen180; gerades r wird zwar von mehreren Händen schon in den 1420er Jahren geschrieben, besitzt aber dort Ausnahmecharakter und ist noch stark in der Minderheit gegenüber der runden Gestalt181. Die „Copialettere del concistoro“, die in der Regel vom Cancellarius geschrieben werden, zeigen im besagten Zeitraum zwar stark zurückgedrängte Bildung von Schlaufen, Minuskel-d erscheint erstmals jedoch erst nach 1442182, langes Schluß-s vereinzelt erst in den 1430er Jahren183; gerade r-Formen treten nur ganz vereinzelt auf184. Was die Serie der „Deliberazioni del consiglio generale“ betrifft185, so überwiegen hier im dritten und vierten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts noch die Hände mit Schaftschlaufen, gerades d erscheint erst (und auch dann nur vereinzelt) nach 1447; gerades Schluß-s wird nur von drei

176 Leider sind der Publikation Rüths nur wenige Abbildungen beigegeben, die im übrigen nur Ausschnitte der betreffenden Seite zeigen, sodaß ein Bild vom Gesamteindruck der Schrift nur mit Abstrichen zu gewinnen ist. 177 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 178 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 179 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 180 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S.

316.

181 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 182 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 183 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 184 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S.

317.

317 und 320. 318. 321. 342. 341. 341.

185 Die „Deliberazioni“ und die „Copialettere di balia“ setzen erst 1455 ein und sind

somit für einen Vergleich ungeeignet.

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Händen mit einem Anteil von über 50 Prozent eingesetzt186; auch gerades r ist noch kaum vertreten187. Ebenso konservativ sind die Hände der Serie „Curia campaio e danno dato“188: In den Jahren 1420 bis 1425 zeigen sich noch häufig Schaftschlaufen; langes Schluß-s ist erst ab 1437 nachweisbar189. Allerdings findet sich hier auch der erste Schreiber (1420) in dem von Rüth ausgewerteten Material, der zumindest vereinzelt gerades d schreibt190. Dieser bleibt jedoch ein Einzelfall: Die nächste Hand mit geradem d ist in dieser Serie erst wieder 1432 nachweisbar191. Die Serie der „Deliberazioni della biccherna“ setzt erst 1428 ein, die meisten ihrer Schreiber zeigen jedoch auch zu diesem Zeitpunkt noch häufig Schaftschlaufen; gerades d findet sich bis 1450 nie, langes Schluß-s nur vereinzelt ab 1429192. Fassen wir zusammen: In sämtlichen Reihen gibt es frühestens gegen Ende des dritten Jahrzehnts des 15. Jahrhunderts, und auch dann nur vereinzelt, langes Schluß-s; gerades d taucht, sieht man von der Ausnahme von 1420 ab, ebenso wie gerades r erst in den 1440ern inkonsequent auf; die Schriften sind großteils noch geprägt von Schaftschlaufen193. Mit anderen Worten: Piccolominis Kursive, welche die Bildung von Schaftschlaufen fast völlig zurückdrängt, praktisch konsequent gerades Schluß-s, häufig verwendetes gerades r und vereinzelt gerades d aufweist, ist diesen Schriften in fast allen für die humanistische Schrift charakteristischen Einzelformen voraus194. Zwar wäre es verlockend, hier schon den künftigen Humanisten am Werk zu sehen, der auch in 186 Eine Hand schreibt allerdings ausschließlich die gerade Form und sogar humanistisches g, allerdings nur rundes d, cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 367. 187 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 365-367. 188 Eine zivilrechtliche Behörde, cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 378. 189 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 379-381. 190 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 191 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 192 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 193 RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S.

379. 380. 387-388. 397-398.

194 Selbst im Vergleich zu den von Herde untersuchten Dokumentarschriften in Flo-

renz wird man Piccolominis Schrift als verhältnismäßig modern einstufen dürfen. Diese Schriften zeigen in der Regel in den ersten zwei bis drei Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts eine allgemeine Klärung des Schriftbildes, die man als humanistischen Einfluß werten kann, während humanistische Einzelformen (sieht man von einer Ausnahme ab) seit etwa 1425, dichter erst in den 1430er Jahren eindringen, cfr. HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 318-320.

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der Schrift seiner Umgebung um humanistische Neuerungen voraus ist, doch scheint es sich nicht um einen individuellen modernen Zug nur seiner Person gehandelt zu haben: Wie die fünf anderen im Haupttext der Studentenmitschrift faßbaren Hände195 zeigen, lag Piccolominis hybride Kursive wohl im Rahmen dessen, was damals in seiner Umgebung geschrieben wurde: Eine durchaus humanistisch beeinflußte, allerdings stark durch traditionelle Elemente geprägte Kursive, die man wohl am besten als „hybrid“ bezeichnen wird196. Daß bei diesbezüglichen Einschätzungen Vorsicht am Platze ist, zeigt ein kurzer Blick auf die oben genannten Beispiele ähnlichen Schrifttyps aus vergleichbarem Milieu197: So macht die Hand der Repetitiones des Bartolomeo da Saliceto einen viel konservativeren Eindruck als jene Piccolominis, obwohl sie auf 1448 datiert ist198, während die aus dem Jahr 1407 stammende Hand in Florenz, Biblioteca Nazionale, Conv. Soppr. A. V. 1365 etwa durchgehend gerades Schluß-s, daneben aber auch ausgeprägte Tendenz zur Schlingenbildung zeigt199. Inwiefern aber tatsächlich im Umkreis der Sieneser Universität geschriebene Schriften modernere, das heißt humanistischere Züge an den Tag legen, als das bei den von Rüth analysierten Dokumentarschriften im engeren Sinne der Fall ist, kann auf Basis der bisher zur humanistischen Schrift angestellten Untersuchungen nicht entschieden werden, da Universitätsschriftgut für diese Zeit noch nicht systematisch untersucht worden ist. Daß, zumindest was Siena betrifft, humanistische Einflüsse zunächst und vor allem über die Universität wirksam wurden, erscheint jedoch durchaus denkbar200, wenn man berücksichtigt, daß eben Lehrende wie Mariano Sozzini dem Humanismus gegenüber durch-

195 Cfr. oben S. 37 Anm. 73. 196 FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen, passim. 197 Cfr. oben S. 35 Anm. 75. 198 BISTONI GRILLI CICILIONI, Catalogo, Tav. LXXXV. Auch die Einzelformen wie rundes Schluß-s, stark überwiegend r in 2er-Form, Schlaufenbildung bei rundem d etc. sind konservativer. 199 Manoscritti datati 5, Tav. XXII. 200 RUBINSTEIN, Political Ideas in Sienese Art, S. 189-207 weist auf die humanistischen

Einflüsse im Programm der Fresken von Taddeo di Bartolo in der Anticapella im Palazzo Pubblico von Siena hin, für das neben Ser Cristoforo di Andrea Pietro de’ Pecci verantwortlich war – auch er ein Lehrer Piccolominis, cfr. NARDI, Mariano Sozzini, S. 14-15 (Anm. 63 mit weiterer Literatur). Nardi zeigt sich ebendort allerdings skeptisch, was die Vermittlung humanistischen Gedankenguts durch Sozzini an Piccolomini betrifft.

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aus aufgeschlossen waren201 und Piccolomini gerade von diesem Zug seines Lehrers202 besonders fasziniert war203. Vielleicht ist gerade in der Schrift Sozzinis auch die entscheidende Anregung für die Schriftgestaltung Piccolominis festzumachen204: So schrieb Sozzini205, wie aus einigen leicht zugänglichen Schriftproben hervorgeht206, ebenfalls konsequent gerades Schluß-s, rundes und gerades r; sehr klar vom c geschiedenes t, dessen Balken den Schaft wie beim Sienesen deutlich durchschneidet; a zeigt die stark kursive, zum Dreieck tendierende Gestalt; ebenso fehlt bei Sozzini wie in der Studentenmitschrift ct-Ligatur; &Ligatur findet man allerdings neben der tironischen Kürzung und der ausgeschriebenen Variante. Abweichend von Piccolomini liegt bei Sozzini allerdings fast durchgehend gerades d (mit wenigen Hybridformen als Ausnahme) sowie ein humanistischeres g vor. Somit ist in der Stu201 Sozzini war 1421 seinem Schwager Ugo Benzi (cfr. oben Anm. 124) nach Florenz gefolgt und hatte etwa mit Leonardo Bruni Freundschaft geschlossen, cfr. NARDI, Mariano Sozzini, S. 12 und 54 mit Anm. 9. 202 Bezeichnend ist die Legende, die (tatsächlich erst 100 Jahre danach gegründete) Accademia degli Intronati sei von Sozzini zusammen mit Piccolomini gegründet worden, cfr. NARDI, Mariano Sozzini, S. 16 Anm. 71. 203 In seiner – allerdings etwas ironisch anmutenden (cfr. IARIA, Tra Basilea e Vienna, S. 3: „un pizzico di ironia“) – Laudatio auf Sozzini im Begleitschreiben an Kaspar Schlick zu seiner Liebesnovelle bezeugt Piccolomini ausdrücklich, daß er die Schrift seines Lehrers besonders bewunderte: Nichil emendatius est, nichil lucidius quam sua manu scripti codices, cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 394 (etwa Juli 1444). Cfr. auch die folgende Stelle in der Sozzini-Vita in De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 40-41: Pinxit scripsitque manu propria admodum pulcre. CI,

204 Eine ähnliche Beeinflussung (durch die Schrift Landolfo Colonnas) konnte PETRUCLa scrittura di Francesco Petrarca, S. 39 für die Glossenschrift Petrarcas festmachen.

205 Sozzini hat sich ähnlich wie Piccolomini (cfr. unten Abschnitt 11) auch über die Ideale der angestrebten Schrift geäußert, cfr. PETRUCCI, „L’antiche e le moderne carte“, S. 7. 206 Leider scheinen sämtliche eigenhändigen Schreiben Sozzinis erst aus den 1450er beziehungsweise 1460er Jahren zu stammen und lassen nicht erkennen, wie die Schrift in den 1420er Jahren ausgesehen hat. Cfr. GILMORE, Pius II and Mariano Sozzini, S. 188 mit Anm. 8 (die angegebenen Signaturen zum Teil irrig); es handelt sich um Florenz, Archivio di Stato, Fondo mediceo avanti il Principato, filza 7, Nr. 61 (5. Mai 1461) und 62 (24. September 1459) sowie filza 9, Nr. 331 (27. Dezember 1458), abrufbar unter www.archiviodi stato.firenze.it/Map/index.html (freundlicher Hinweis Claudia Märtl). Druck dieser Texte bei NARDI, Mariano Sozzini, Appendice I, Nr. 47, 45 und 44. Nicht gesehen habe ich das anscheinend autographe Schreiben vom 8. Oktober 1457 (Archivio del Capitolo metropolitano di Siena, Diplomatico 1457 ottobre 8, Druck: NARDI, Mariano Sozzini, Appendice I, Nr. 43), doch liegt es zeitlich nur unwesentlich vor den übrigen Autographen. MECACCI, Lo studio e i suoi codici, S. 26 gibt zur dort abgebildeten autographen Unterschrift Sozzinis (Abbildung VII) leider kein Datum an; sollte es sich um ein frühes eigenhändiges Zeugnis handeln, so hätte Sozzini schon damals die oben erwähnten Einzelformen geschrieben.

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dentenmitschrift Piccolominis keine einzige humanistische Einzelform bezeugt, die nicht auch Sozzini geschrieben hätte. Das Fehlen früher Sozzini-Autographen aus den 1420er Jahren macht allerdings eine fundiertere Bewertung dieses Verhältnisses unmöglich. Zu einer ausgewogeneren Einschätzung des Problems könnte nur eine gezielte Untersuchung universitären Schrifttums des 15. Jahrhunderts (nicht nur in Siena) beitragen207. Noch weniger Grundlagen, auf welchen eine solide Bewertung fußen könnte, finden wir vor, was die Minuskel des Sienesen betrifft, die zumindest in der Titelrubrik und in einigen anderen hervorgehobenen Passagen noch viel deutlichere humanistische Züge zeigt als seine Kursive: Zwar ist die humanistische Minuskel der Titelrubrik am Beginn und des Abschnitts in Volgare am Ende des Textes ebensowenig näher datierbar wie auch keinerlei weitere Autographa Piccolominis aus den 1420er Jahren existieren, die Vergleichsmaterial beibringen könnten. Da der Sienese jedoch die Minuskel auch in den wohl gleichzeitig mit dem Haupttext entstandenen Kapitelangaben am rechten oberen Rand der Seiten sowie vereinzelt in kurzen Passagen des Haupttextes selbst verwendet208, kann man davon ausgehen, daß er auch diese Schrift zum Zeitpunkt der Anlage der Handschrift praktizierte und es sich nicht um eine spätere Entwicklung handelt. Ob, von wem und in welchem Ausmaß beziehungsweise in wie reiner Form eine derartige Minuskel damals in Siena geschrieben wurde, ist den bisherigen Studien zur humanistischen Minuskel, die sich fast alle auf Florentiner Schreiber konzentrieren209, nicht zu entnehmen. Jedenfalls scheint die „littera antiqua“ 1410 abgesehen von Florenz noch nirgendwo geschrieben worden zu sein; die ersten Zeugnisse außerhalb der Arnostadt stammen nach derzeitigem Stand aus Venedig und aus den Jahren 1412/13, spätestens 1414 scheint Guarino eine bereits voll entwickelte Form zu schreiben210; bedenkt man die geo207 Keine mit der Kursive Piccolominis vergleichbaren Schriftspecimina bietet der schöne Band ASCHERI, Lo studio e i testi, dessen Abbildungen vor allem gehobenere Schriften repräsentieren. 208 Cfr. oben S. 42. 209 Cfr. oben S. 19 Anm. 28. 210 DE LA MARE, The First Ten Years, S. 106-107. Daß man sich im Zuge der enormen

Nachfrage nach Werken von Leonardo Bruni häufig an Niccoli und Ambrogio Traversari wandte, die beide vehemente Verfechter der neuen Schrift waren, könnte auch wesentlich zur Diffusion der „littera antiqua“ in dieser Phase beigetragen haben, cfr. ALEXANDER, DE LA MARE, Italian Manuscripts, S. XXV; cfr. auch SCARCIA PIACENTINI, Angelo Decembrio, S. 263, die die Lehrtätigkeit Guarinos in Venedig, Verona und Ferrara als wichtigen Diffusionsfaktor ansieht.

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graphische Nähe zu Florenz, ist eine etwa gleichzeitige oder nicht wesentlich spätere Rezeption in Siena durchaus vorstellbar211; somit wäre auch die Minuskel Piccolominis etwa in das übliche Schriftspektrum der Zeit einzuordnen. Für fundierte Aussagen bedürfte es auch hier einer systematischen Aufarbeitung der von Sieneser Schreibern angefertigten Codices. Was die Gestaltung der Majuskeln betrifft, so erhellt zwar aus dem Experimentieren mit Kapitalis-Formen in den Initienrubriken, das möglicherweise durch eine Initienrubrik von Hand A ausgelöst oder zumindest beeinflußt wurde212, in jedem Falle das ausgeprägte Interesse Piccolominis an humanistischen Formen, doch dürften diese Formen nicht überdurchschnittlich innovativ sein: Für Sieneser Kursivschriften liegt zwar keine systematische Analyse von Majuskelformen vor213; vergleicht man jedoch die von Piccolomini verwendeten Einzelformen mit der Verwendung von Majuskeln in der Emilia Romagna, die von Horst Zimmerhackl untersucht wurde214, so zeigen sich auch hier durchaus parallellaufende Tendenzen, so etwa die durchgehende Verwendung von kapitalem R215, die vor allem in den Versalien innerhalb des Textes noch länger dominierenden vergrößerten Minuskel-Formen des P und F216, die ebendort fast durchgehend gemiedene Kapitalis-Form von I, an deren Stelle

211 Wie RUBINSTEIN, Political Ideas in Sienese Art, S. 204 gezeigt hat, lassen sich etwa

im Programm der Fresken der Anticapella im Palazzo Pubblico Sienas deutliche humanistische Einflüsse festmachen, die unter Umständen mit der Gesandtschaft des Pietro de’ Pecci nach Florenz 1413 zu tun haben könnten, cfr. oben Anm. 200. Pietro könnte damals auch in Kontakt zu Leonardo Bruni gekommen sein, der schon 1407 und 1408 im Gefolge von Papst Gregor XII. in Siena weilte und später in Briefkontakt mit mehreren Sienesen stand, cfr. FIORAVANTI, Alcuni aspetti, S. 125. 212 Cfr. oben. Kapitale Majuskelformen wendet Piccolomini in der Handschrift vereinzelt schon vor der fraglichen Rubrik von Hand A an, cfr. oben. 213 Martin Rüth schloß sie in seiner Arbeit zur humanistischen Kanzleikursive in Siena dezidiert aus, cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 1, S. 223-224. 214 Ein solcher Vergleich erscheint abgesehen von der Tatsache, daß sonst kaum Vergleichsmaterial aufgearbeitet wurde, auch deswegen vertretbar, weil die Entwicklung der humanistischen Kanzleikursive in der Emilia Romagna im wesentlichen jener in den von Rüth untersuchten Städten, also auch der Sienas, entspricht, cfr. ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 318. Allerdings gilt auch hier die schon oben genannte Einschränkung, daß es sich bei der Mitschrift Piccolominis um kein Verwaltungsschriftgut handelt. 215 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 284-285. 216 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 274-275.

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häufig I-Longa zum Zug kommt217, sowie die stark variierende Gestaltung von E in der Minuskel-, Kapitalis- und Epsilon-Form218. Im Unterschied zu den von Zimmerhackl gewonnenen Ergebnissen gebraucht Piccolomini allerdings H, M und L in der kapitalen Form nur vereinzelt, während die betreffenden Buchstaben in der Emilia Romagna in der Auszeichnungsschrift ausschließlich in dieser Gestalt verwendet werden219; ebenso vermißt man bei ihm kapital gestaltetes D, das in den Kanzleikursiven der Emilia Romagna durchaus üblich ist220. Dort ist anscheinend auch konsequent kapital gestaltetes G und nicht die vom Sienesen praktisch durchgehend verwendete vergrößerte Minuskel-Form zu finden221. Auffallend ist, daß Zimmerhackl die von Piccolomini konsequent verwendete vergrößerter Minuskel-Form des B und jene des teilweise von ihm gebrauchten vergrößerten Minuskel-S überhaupt nicht nachweisen kann222; auch die gotische Gestaltung von A dürfte bei weitem über jene in den Vergleichsbeispielen hinausgehen, wo häufig die Kapitalis-Form zu registrieren ist223. In bestimmten Bereichen sind die Einzelformen in der Studentenmitschrift Piccolominis also sogar konservativer, als das in etwa gleichzeitigen humanistischen Kanzleikursiven der Emilia Romagna der Fall ist. Interessant wird es nun sein, zu beobachten, ob die bald nach der Anlage von Chig. J VII 252 anzusetzende Abwesenheit Piccolominis von Siena eine greifbare Veränderung in seiner Schrift nach sich zieht. Wir berühren nun einen Lebensabschnitt des Humanisten, der von einem seiner Biographen nicht zu Unrecht als „un periodo della sua vita piuttosto misterioso e controverso“ bezeichnet worden ist224 und eine Reihe 217 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 277-278. 218 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 273. Epsilon-förmiges E

ist allerdings in den von Zimmerhackl untersuchten Händen die Ausnahme, während sie vom Sienesen sehr gern gebraucht wird, cfr. unten passim. Desgleichen ist laut Zimmerhackl (jedenfalls in den Auszeichnungsschriften) die Minuskel-Form in der Minderheit, während sie Piccolomini häufiger als die übrigen Formen gebraucht. 219 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 276 und 278-280. 220 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 271-272. 221 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 275. 222 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 269-270 und 285-286. 223 ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 267-269. 224 UGURGIERI DELLA BERARDENGA, Pio II, S. 46, ähnlich PAPARELLI, Enea Silvio, S. 26

(„Questo è uno dei punti più intricati e più oscuri della sua biografia“) und zuletzt PINI, „Non tam studiorum mater“, S. 190 („una fitta coltre nebbiosa“). Die Frage ist bisher in der Literatur (nicht nur zu Piccolomini, cfr. DAVIES, Florence and its University, S. 92) noch unzureichend diskutiert oder zum Teil überhaupt unreflektiert behandelt worden (cfr.

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von Problemen aufwirft, zumal sich der Sienese in auffälliger Weise darüber ausgeschwiegen hat. Halten wir uns zunächst an die Zeugnisse, die er uns selbst überliefert, so stehen nur ein Aufenthalt in Padua und einer in Ferrara225, der allerdings nur nonnullis diebus gedauert haben soll, außer Frage226: In einem Brief an Giovanni Aurispa, der mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Ende 1431 zu datieren ist227, bedankt sich der Sienese in überschwenglicher Weise für die Aufnahme, die ihm Aurispa in Ferrara gewährt hat: Nam cum e Patavo redirem Senas subsisteremque Ferrarie nonnullis diebus, tantum in te urbanitatis esse cognovi, tantum caritatis ac benivolentie in omnes etiam infimos, ut opiner te nullum fore benigniorem facilioremque, nam et me voluisti inter amicos tuos connumerare. Dagegen behauptete Francesco Filelfo, der im April 1429 nach Florenz gekommen war228, nach dem Tode Piccolominis in einem Brief an Papst Paul II., Piccolomini sei letztlich doch nur durch seine Rhetorik Papst geworden – und diese Rhetorik habe er bei ihm, Filelfo, gelernt229. In einem einige Monate später verfaßten, diesmal an Lodrisio Crivelli230 gerichteten Brief behauptete Filelfo, Eneas habe bei ihm als Familiare gewohnt und sei auf seine Empfehlung hin als Sekretär des Bischofs von Novara nach Mailand gekommen231. Demgemäß müßte WIDMER, Enea Silvio, S. 16; VOIGT, Enea 1, S. 16-18; BUYKEN, Enea Silvio, S. 13-14; BAYER, Historia Friderici III., S. 7; BOULTING, Aeneas Silvius, S. 13-14; nicht durch Quellen gestützt auch PELLEGRINI, Pio II, S. 663: „…nel 1429 si recò a Firenze, per udire le lezioni di greco [!] di Francesco Filelfo; vi conobbe anche Leonardo Bruni, Poggio e altri celebri umanisti, da lui assai ammirati. Dopo due anni in quella città, rientrò in patria…“. 225 Dort wird Piccolomini auch Guarino da Verona kennengelernt haben; cfr. den berührenden Nachruf auf Guarino in den Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 250. 226 Cfr. auch De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 42: Hunc (Iohannem de Imola, Anm.)

Imole vidi in domo sua, cum Patauium irem nec vidisse voluissem. 227 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 2 mit Anm. a zur Datierung. 228 Cfr. VITI, Filelfo, S. 615; VOIGT, Enea 1, S. 16. 229 FILELFO, Epistole, fol. 156v (15. September 1464): Didicerat a nobis ille, quo tempore Florentiae docebamus, et poeticam et oratoriam, quae ipsa res quantum ei ad assequendum summum pontificatum conduxerit, non est difficile iudicatu. Quid enim aliud prae se ferebat egregium? Nam a philosophiae praeceptis semper abhorruit. Consueverat semper et cum esset episcopus et cum gereret cardinalem, me in litteris suis patrem appellare. Sciebat, quantum desyderium me teneret Romanae curiae. Haec ignorabat usw. Cfr. auch den Brief vom 23. August 1464 an Kardinal Ludovico Trevisan (FILELFO, Epistole, fol. 155r: […] Pio pontifice […] quia auditor meus fuerat) und DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria, S. 45-48. 230 Zu ihm cfr. DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria passim sowie SMITH, Lodrisio Cri-

velli. 231 FILELFO, Epistole, fol. 177r/v (1. August 1465): Et rogas: Quo pacto quove tempore Pius pontifex discipulus noster fuerit? Accipe censor egregie. Anno a natali christiano millesi-

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man vor der Reise nach Padua und Ferrara noch einen zweijährigen Aufenthalt in Florenz mit Studium bei Filelfo annehmen, der in die Jahre 1429 bis 1431 gefallen wäre232. Gegen diese Annahme sprechen allerdings gewichtige Gründe. Zunächst macht das Schweigen Piccolominis über diese Florenz-Episode nachdenklich, zumal es gerade für einen jungen, enthusiastischen Humanisten wie ihn ohne Zweifel ein einschneidendes Erlebnis gewesen wäre: Es ist undenkbar, daß er während eines zweijährigen Unterrichts bei Filelfo nicht auch in intensiven Kontakt zum Florentiner Humanistenkreis gekommen wäre; fast ebenso unwahrscheinlich ist es, wie schon Mitchell und Ugurgieri della Berardenga betont haben, daß zwei Jahre Unterricht bei Filelfo keine deutlichere Spuren in den Griechischkenntnissen Piccolominis hinterlassen hätten233. Darüber hinaus hat sich nach dem Tod Piccolominis sein engster Umkreis vehement gegen die Aussagen Filelfos gewehrt. Gerade Goro Lolli, Verwandter und enger Freund des Sienesen, verwahrte sich mo quadringentesimo vigesimo nono, cum Florentiae docerem, eo ad nos venit Aeneas Silvius ex patria in urbe Sena meque adiit permodeste et comiter. Suum discendi desyderium non dissimulanter declaravit mihique rem suam non apposite minus quam verecunde commendavit. Excepi illum perhumane et ea benignitate, qua soleo illos omnis, qui mihi videntur digni, qui amentur. Fuit apud me domi circiter menses duos sumque eius consuetudine non mediocriter delectatus. Erat enim et ingenio facili et urbanis moribus et mihi prope aequalis, quantum scilicet ex ore ipso atque aspectu iudicari poterat. [...] Placuit deinde Aeneae aliquid studiis suis subsidii comparare. Erant enim tempestate illa Aeneae pertenues fortunae et quibus se pater Silvius extenuari haud patiebatur. Itaque mea opera Lodovicus Siculus eques auratus et adolescens cum pecuniosus tum etiam liberalis, qui non multo antea ex Urbe Mesana, ad nos discendi gratia solverat excepit eum apud sese cum mercede annua aureum quadraginta, apud quem assidue nos publice privatimque audiens egit circiter annos duos nec inde prius decessit, quam pestilentiae morbus Florentiam vaehementer corripuisset. Tum enim perterritus periculi magnitudine ac facundiae laudibus iam insignis concessit in Galliam Cisalpinam, Ticinum primo, mox Mediolanum, ubi opera sigerii Galerani Senensis mensarii et apud omnes gratiosi perbenigne susceptus est, a Nouariensi episcopo Bartholomaeo, cuius frater Scaramucia, magnae dignitatis vir apud nobilissimum illum Philippum Mariam ducem auctoritate valebat unus omnium maxime. Zur Kritik des Briefs MITCHELL, The Laurels, S. 57, DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria, S. 47-54 und PAPARELLI, Enea Silvio, S. 27 Anm. 24. 232 Im Februar 1432 schreibt Eneas bereits während seiner Reise als Sekretär Domenico Capranicas aus Genua, cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 4. Einen Aufenthalt in Florenz von 1429 bis 1431 vertritt auch VOIGT, Enea 1, S. 17. 233 MITCHELL, The Laurels, S. 57; UGURGIERI DELLA BERARDENGA, Pio II, S. 46 mit Anm. 13. Unbemerkt blieben bisher die wohl einzigen erhaltenen autographen griechischen Wörter in der Iuvenal-Abschrift in Chig. H IV 135 fol. 27v, 49v und 60r (Iuv. 6,195, 9,37 und 11,27), die kein besonders schmeichelhaftes Zeugnis für die Griechischkenntnisse des Sienesen ablegen. Zwar könnten hier die zum Teil bis ins Unkenntliche verderbten Lesarten schon auf die Vorlage zurückgehen, doch deuten die ebenfalls von der Hand Piccolominis stammenden, interlinear eingefügten Übersetzungen der einzelnen Wörter auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Lektüre einfachster griechischer Ausdrücke hin.

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in einer an Iacopo Ammannati gerichteten Replik auf den Brief Filelfos entschieden dagegen, daß sein Studienkollege zu dieser Zeit Florenz besucht habe: Filelfo sei ein Lügner, wenn er sich als Rhetoriklehrer Piccolominis brüste234, der damals Florenz höchstens auf der Durchreise besucht habe235. Allerdings ist auch der Brief Lollis nicht ganz für bare Münze zu nehmen236: So erwähnt er mit keinem Wort die durch den oben zitierten Brief Piccolominis gesicherte Norditalienreise237, sondern läßt den Sienesen sein Rechtsstudium in Siena unterbrechen und sofort mit Capranica nach Basel reisen; auch sonst nimmt es Lolli in dem Schreiben mit den Fakten nicht immer ganz genau, etwa wenn er Piccolominis Abschied vom Hof des Kaisers erst mit der Verleihung des roten Hutes ansetzt238. Vollends undurchschaubar wird die Sachlage, wenn Filelfo schon in einem für Eneas ausgestellten Empfehlungsschreiben des Jahres 1431 von den besagten zwei Jahren spricht, die Piccolomini

234 Commentarii (Francofurti 1614), S. 493: Cum audax ille mentitor in illa epistola plura contra Pium commentus sit, non puduit avarum dicere, et auri cumulatorem: et quo eloquentie ac doctrinae gloriam, quam in eo summam fuisse non inficiari poterat, sibi petulanti quadam mentiendi licentia arroget, auditorem suum fuisse, a quo et rhetoricam artem et poeticam Florentiae didicisse, dum ibi Eugenius Pontifex esset, affirmare non erubescit et preceptori suo Philelpho minus, quam par erat, gratum extitisse [...]. Hanc tantam, et tanti nominis claritatem cum obscurare non posset audax ille mentitor, se tanti discipuli praeceptorum (sic!) falso asserit et Pium praeceptori suo ingratum, quem Poeticam, et Rhetoricam Florentiae, dum ibi esset Eugenius, docuit. 235 Commentarii (Francofurti 1614), S. 494: Intelliges profecto tum nunquam Florentiae vidisse Philelphum nec Eugenium, quod nec Florentiam ipsam, nisi cum viator illam pertransierit. Ganz am Ende des Briefes (495) behauptet Lolli dann sogar, Piccolomini habe erst als Gesandter Friedrichs Florenz erstmals gesehen: Quam manifeste ille mentitus sit ostendi, cum Pius, postquam primum patria propria egressus est, Florentiam nisi legatus Caesaris Romam versus missus nunquam viderit, et nisi multis post annis, quam Philelphus Florentia exul Senam venit, quae nec diu mores illius toleravit. 236 Wie schon PAPARELLI, Enea Silvio, S. 27 Anm. 24 betont hat („Il contenuto della lettera è sospetto per il suo carattere apologetico“), ist auch der Brief Lollis stark tendenziös: Commentarii (Francofurti 1614), S. 495: Haec percurri, ne tanti discipuli gloriam Philelpho tribuendam falso censeres, et simul, ut a reatu ingratitudinis Pium iuste defendam. Cfr. auch den in der vorangehenden Anmerkung aufgezeigten Widerspruch. 237 Commentarii (Francofurti 1614), S. 495: Ita quintum ac vigesimum aetatis suae an-

num exegit. Inter haec gravi inter Senenses et Florentinos bello exorto studia litterarum cesserunt armis, et Aeneas prae inopia coactus eas deserere videbatur. Forte advenit Dominicus Capranicus, magni animi vir, Basileam petens, ut in generali synodo dignitatem cardinalatus vendicaret. Bezeichnend ist auch das diesbezügliche Schweigen der beiden Biographen Piccolominis, Campanos und Platinas, cfr. Vite di Pio II (ed. ZIMOLO), S. 8 und 94. 238 Commentarii (Francofurti 1614), S. 495: Imperatoris curiam non ante deseruit, quam ad Cardinalatum promotus fuit.

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bei ihm studiert habe239. Da Filelfo erst 1434 nach Siena kam, als sich Eneas bereits beim Baseler Konzil befand, muß ihn dieser wohl doch in Florenz kennengelernt haben240. Mit einem Wort: Man sieht in der Sache nicht recht klar241. Am ehesten wird man wohl von einem nur kurzen oder einigen sporadischen Aufenthalten Piccolominis ausgehen, die aber kaum zu einem echten Lehrer-Schüler Verhältnis zwischen den beiden Humanisten geführt haben dürften242. Kann hier möglicherweise auch die Paläographie ein Scherflein zur weiteren Klärung der Frage beitragen? Anders gefragt: Wäre es nicht sehr wahrscheinlich, daß, hätte Piccolomini tatsächlich zwei Jahre lang in Florenz in der engsten Umgebung Filelfos verbracht, auch in seiner Schrift Spuren dieses Aufenthalts im Sinne einer zunehmend humanistischen Tendenz zu greifen wären? Und könnte umgekehrt der Umstand, daß die Schrift keine wesentlichen Veränderungen zumindest im Bestand der Einzelformen aufweist, nicht ein Indiz dafür sein, daß das Verhältnis zu den Florentiner Humanisten nicht so eng war, wie von Filelfo behauptet? Zur weiteren Klärung dieser Fragen ist es notwendig, die chronologisch auf die Studentenmitschrift folgenden autographen Zeugnisse einer näheren Prüfung zu unterziehen.

239 FILELFO, Epistole, fol. 10r/v (5. November 1431, an Nicolao Arcimboldo): Qui meas tibi litteras reddidit, iuvenis est Senensis Aeneas Sylvius nomine, honesta natus familia mihique carissimus, non solum quod annos duos meus auditor fuit, sed etiam quod ad ingenii acrimoniam dicendique leporem attinet, moribus est et urbanis et cultis. Cupiditate autem ductus visendi Mediolani ad vos venit. Quid multis? Hominem tibi tanto studio commendo, ut maiore nequeam. Quicquid in hunc vel officii vel opis contuleris, in meipsum collatum existimabo. Sollte Filelfo den Brief nachträglich manipuliert haben? Auch hier ist eine moderne Briefedition ein dringendes Desiderat. 240 PAPARELLI, Enea Silvio, S. 27 Anm. 24. Dafür spricht auch ein Brief Filelfos an Pic-

colomini vom 28. März 1439: Qualis quantosque invidentie estus Florentie paterer, presens ipse olim coramque vidisti, cfr. WOLKAN, Briefwechsel 1,1 (FRA II/61), S. 97. 241 PAPARELLI, Enea Silvio, S. 26-27: „Non essendo stato fino ad oggi possibile porre nei

giusti termini la questione dei suoi rapporti col Filelfo, questo scorcio di vita può solo essere ricostruito con una certa approssimazione.“ Am ehesten dürfte es sich um ein sehr lokkeres Verhältnis zwischen Filelfo und Piccolomini gehandelt haben, wofür auch Paparelli eintritt. 242 Cfr. auch MITCHELL, The Laurels, S. 57.

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VOM KONZIL VON BASEL BIS ZUM EINTRITT IN DIE KANZLEI FRIEDRICHS Die Briefe der 1430er Jahre Die nach der Studentenmitschrift des Jahres 1426/27 frühesten erhaltenen Autographen Piccolominis sind Originalbriefe der 1430er Jahre, die sich heute zum überwiegenden Teil in der Biblioteca Apostolica Vaticana befinden. Vat. lat. 12504 enthält – neben den hier interessierenden elf Originalbriefen an die Stadt Siena – ab fol. 17r aus dem Jahre 1784 stammende Abschriften weiterer Briefe Piccolominis (und seines Neffen Francesco Todeschini-Piccolomini)1. Dies erhellt aus der den Abschriften vorangehenden kurzen Notiz Epistole Aenee Silvii Piccolomini Senensis, qui dein fuit episcopus Senensis, cardinalis ac pontifex maximus Pius II., ab anno 1431 ad 1457. Exscribi curavi ex autographis servatis in archivio familie de Piccolominibus, quod Franciscus M. Piccolomini2 bone memorie archiepiscopus Pirgensis olim episcopus Pientinus Rome habebat, mense Feb. anno 1784. XI de dictis epistolis tempore concilii Basileensis ac de rebus concilii scripte ne ad manus extraneas pervenirent, probante summo pontifice Pio VI recondite sunt in secretiori tabulario pontif. Vaticano3. Tatsächlich war das Auswahlkriterium, nach dem die gleich zu besprechenden elf Brieforiginale „in Sicherheit“ gebracht wurden, der das Konzil von Basel betreffende Inhalt. In den auf die Originale folgenden Abschriften des 18. Jahrhunderts finden sich mit zwei Ausnahmen nur mehr Briefe aus den 1450er Jahren; die beiden früheren Stücke4 befassen sich nicht mit dem Konzil.

1 Die Dokumente befanden sich früher im Archivio Segreto Vaticano (Armario XV, 47), wo sie Wolkan für seine Edition benützte. Zu Todeschini-Piccolomini, dem späteren Papst Pius III., cfr. STRNAD, Francesco Todeschini-Piccolomini und DAHM, Pius III. sowie GANZER, Pius III. (jeweils mit weiterer Literatur). 2 Francesco Maria Piccolomini (1695-1784, cfr. RITZLER, SEFRIN, Hierarchia catholica 6,

S. 333 und 338) war 1764 nach Rom ins Exil gegangen, cfr. CHIRONI, L’archivio diocesano di Pienza, S. 26. 3 Vat. lat. 12504 fol. 16r. 4 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 4 und 17.

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Die elf Originalbriefe zeigen ebenso wie die auch in die 1430er Jahre gehörigen Einzelexemplare5 aus Siena, Triest und der British Library in London paläographisch ein äußerst heterogenes Erscheinungsbild und verdienen deswegen besondere Aufmerksamkeit. Auch Umfang und Format der Schreiben sind völlig unterschiedlich; gemeinsam ist ihnen lediglich der Beschreibstoff (Papier) und das Fehlen jeglicher Spuren von Liniierung6. Die Briefe werden im folgenden chronologisch gereiht und einzeln untersucht7. Brief vom 28. Februar 1432 aus Genua an Tommaso Docci (Siena, Archivio di Stato, Diplomatico D. Ciaccheri, 1431, febbraio 28, Busta n. 6) 8. Der erste überhaupt im Original erhaltene Brief9 Piccolominis ist im Gegensatz zu der Mehrzahl der folgenden Briefe aus den 1430er Jahren nicht an die Stadt Siena, sondern an eine Einzelperson gerichtet10; vom 5 Nicht autograph ist, wie schon WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 26 angab

und auch der Vermerk Copia am oberen Rand des Schreibens zeigt, der Brief vom 11. Jänner 1438 aus Basel über die bevorstehende Absetzung des Papstes. Er liegt heute unter der Signatur Concistoro 1942, 8 im Archivio di Stato in Siena. 6 Die Schrift der auf der Rückseite der jeweiligen Schreiben angebrachten Adressen ist ebenfalls autograph und entspricht, sofern sie heute noch lesbar ist, in der Regel dem jeweiligen Niveau der Schrift des Briefes selbst. 7 Nicht mehr auffindbar sind laut Padre Matteo im Konvent S. Giovanni in Capestrano die beiden von Wolkan dort eingesehenen und als autograph bezeichneten Briefe aus Basel an Francesco Pizolpasso vom 29. Oktober 1439 (Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 31 mit der Angabe Kloster Capestrano, Codex XIX fol. 46) und 6. November 1439 (Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 33 mit der Angabe Kloster Capestrano, Codex XIX fol. 46). Da sich die Briefe nach Wolkan offensichtlich in einer Handschrift und auf demselben Blatt befanden, ist ohnehin fraglich, ob es sich dabei tatsächlich um Originalschreiben handelt, zumal Wolkan mehrmals falsche Zuschreibungen vornahm (cfr. unten passim). Zu Pizolpasso cfr. die Literatur unten S. 94 Anm. 190. 8 ABBILDUNG 5a. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 4. Eine Abschrift des Briefes in Vat. lat. 12504 fol. 17r-18v unter den 1784 angelegten Kopien einiger Schreiben (cfr. oben S. 61). Abbildung bei LICHACEV, Písmo, Tafel XIX; die Unterschrift im Facsimile in Archivio di Stato di Siena, Le sale della mostra, S. 33 Nr. 82. Das Schreiben, dessen Datierung keine Jahresangabe enthält, wird im entsprechenden Faszikel des Archivio di Stato von Siena unter 1431 eingeordnet, gehört aber, wie schon Wolkan richtig erkannte, ins Jahr 1432, da Piccolomini darin von der Seereise von Piombino nach Genua auf dem Weg nach Basel berichtet, die in das genannte Jahr fällt, cfr. VOIGT, Enea 1, S. 22 mit Anm. 1. 9 Cfr. NARDI, Enea Silvio, S. 199. 10 Tommaso Docci, Podestà von Piombino. Die irrige Angabe bei WOLKAN, Briefwechsel

I,1 (FRA II/61), Nr. 4, es handle sich um Tommaso della Gazzaia, wurde von der gesamten

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Inhalt her handelt es sich eindeutig um einen Privatbrief, der am Ende zwei Zeilen in Volgare enthält. Auch hier wird wieder jenes Phänomen greifbar, das wir schon beim genealogischen Stammbaum in der Studentenmitschrift beobachten konnten: Auf den ersten Blick wirkt die Schrift hier klarer, wohl auch „humanistischer“ als der Haupttext der Studentenmitschrift; analysiert man jedoch die Einzelformen, so sind praktische keine Unterschiede zu der dort verwendeten hybriden Kursive auszumachen: Piccolomini setzt hier konsequent gerades Schluß-s und tironische et-Kürzung ein; fast ebenso konsequent erscheint rundes d, das sich allerdings meist stark aufrichtet und selten Übergangsformen zum geraden d zeigt, indem nach dem Schreiben des Bauches der Schaft des Buchstabens zwar neu angesetzt wird, aber noch immer Linksneigung aufweist – der Buchstabe wird also „zweiphasig“ geschrieben, steht aber noch in unzialer Tradition11. Schluß-m erscheint, wenn es nicht, wie fast immer, gekürzt wird, in der 3er-Form; durchgehend sehr schmal ist das kursive a, das zur Dreiecksform neigt; humanistische ct-Ligatur scheint nicht auf (der Balken des t wird aus dem c verlängert); u und v in gotischer Form werden im Anlaut undifferenziert gebraucht; neben geradem Minuskel-r findet man ab Zeile 4 häufig auch die 2er-Form; i/m/n/u/v werden kaum differenziert und oft in Zackenlinie geschrieben, was zusammen mit dem weitgehenden Fehlen von I-Punkten bzw. -Strichen zu teils erheblichen Problemen beim Lesen führt; s und f zeigen im allgemeinen weniger Kontrast zwischen dem Schattenstrich des unteren und dem feineren Haarstrich des Oberteils, als dies in Chig. J VII 252 der Fall ist, und gehen deutlich unter die Zeile, ebenso i am Wortende in der Kombination -ii/mi/ni/vi wie auch bei -ri12. Desgleichen finden sich auch hier die leichten Ansätze von links und nicht übermäßig stark ausgeprägten Verdoppelungen beim Mitschreiben der Luftlinien. Besonderes Interesse verdient der Buchstabe g: Er erscheint zunächst als dreistöckiges g, das wir schon aus der Minuskel der Studentenmitschrift kennen (hier allerdings mit sehr kleiner oberer und mehr in die Länge gezogener, ovalerer unterer Schlinge) und dem wir in den nächsten Briefen fast in identischer Form wiederbegegnen werden. Ab Zeile 7 wird – mit einer

folgenden Sekundärliteratur kritiklos übernommen und erst von NARDI, Enea Silvio, 200202 richtiggestellt (dort auch weitere Informationen zur Person dieses Sieneser Notars und Juristen). 11 Cfr. Zeile 13 (domino) und Zeile 18 (domino). Zu dieser Hybridform des d cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 1, S. 234. 12 Ganz extrem in die Unterlänge in Zeile 11 (mari).

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Ausnahme13 – dieses sehr artifizielle, humanistische g von der einfachen kursiven Form völlig abgelöst, die erstmals in Zeile 4 auftaucht. Auch die Majuskelformen zeigen sich im wesentlichen unverändert: E schreibt Piccolomini ausschließlich in der Epsilon-Form; als vergrößerte Minuskeln erscheinen P, N und M; M aber auch in der kapitalen Form (ebenso A, R und V, letzteres mit leicht verlängertem Ansatz von links) mit schräggestellten Außenschäften (als Initiale am Beginn des Briefs). Wiederum ist das – für Piccolomini so bisher nicht belegte – G14 am auffallendsten: Die grundsätzlich kapitale Form zeigt in der Unterlänge eine nach links ausgreifende, geschlossene Schlinge. Es bleibt also Folgendes festzuhalten: Der dem Brief unmittelbar vorangehende Aufenthalt Piccolominis in Florenz beziehungsweise Norditalien hat sich zumindest in den Einzelformen dieses Schreibens praktisch nicht niedergeschlagen. Bis auf das – auch unorganisch wirkende – Eindringen des dreistöckigen g15 im Anfangsteil des Briefes und der ungewöhnlichen Majuskelform desselben Buchstabens entspricht der Buchstabenbestand fast völlig jenem der Studentenmitschrift von 1426/27. Der trotzdem insgesamt klarere, auch „humanistischer“ wirkende Gesamteindruck dürfte vor allem auf die bei weitem geringere Anzahl an Kürzungen zurückgehen. Ob man diesbezüglich allerdings von einer bewußten ästhetischen Entscheidung sprechen kann und so vielleicht doch stärkerer humanistischer Einfluß greifbar wäre, ist fraglich. Das Textgenos von Chig. J VII 252 impliziert von Haus aus eine größere Zahl von Kürzungen als dies bei einem Brief der Fall ist, bei dessen Abfassung Piccolomini wohl auch unter weniger Zeitdruck stand. Ein völlig anderes Bild zeigt allerdings der erste erhaltene Brief an die Stadt Siena.

13 In Zeile 4 von unten (ego) zeigt das g auch dreistöckige Form, allerdings wirkt hier

die untere Schlinge merkwürdig ungelenk und aufgeblasen; fast so, als hätte sich der Schreiber nach beinahe schon fertiger kursiver Form doch noch für dreistöckiges g entschieden. 14 Zeile 5 (galeam). 15 Somit ist auch diese Einzelform in der Schrift Piccolominis ein sehr früher Beleg

verglichen mit den von Rüth untersuchten Sieneser Kursivhänden, wo in den 1430er Jahren nur ganz vereinzelt humanistische g-Formen auftauchen, cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 2, S. 319, 341 sowie 380.

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Brief vom 1. November 1432 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 3) 16. Im chronologisch ersten Brief des Konvoluts in Vat. lat. 12504, dessen Schrift unter den erhaltenen Briefen zweifellos das höchste Niveau besitzt, bedient sich Piccolomini einer humanistischen Minuskel, die schon größere Vertrautheit mit der Schrift zeigt, als dies noch in Chig. J VII 252 (zumindest in der Titelrubrik der Handschrift) der Fall ist. Die Schrift wirkt flüssiger und weniger artifiziell als die Titelrubrik in der Studentenmitschrift, hält dabei aber den Kanon der humanistischen Minuskel strenger ein: So schreibt Piccolomini auch hier ausnahmslos gerades d17, r in Minuskelform und überwiegend gerades Schluß-s, der Anteil der runden Form ist nun aber bei weitem geringer18. Ausgeprägter als in der Minuskel in Chig. J VII 252 ist das humanistische dreistöckige g, das sehr weit in die Unterlänge reicht und dessen Verbindungsbalken zwischen den beiden Schlingen wie im vorhergehenden Brief aus Genua beinahe senkrecht verläuft, nur einmal liegt einfaches g mit offener unterer Schlinge vor19; et wird konsequent ausgeschrieben; e zeigt vor allem am Wortende fallweise eine deutliche Zunge20, e-caudata bzw. aeLigatur kommt ebensowenig vor wie humanistische ct-Ligatur (der Oberteil des c geht direkt in den Balken des t über); f und gerades s zeigen eine weniger artifizielle Form, als das in der Minuskel in Chig. J VII 252 der Fall war: Der Kontrast zwischen dem dickeren senkrechten Schaft und dem feinen Haarstrich des Bogens ist fast verschwunden, kaum einmal findet man waagrechten Basisstrich, manchmal statt dessen ein kleines Knöpfchen, häufig tendieren die beiden Buchstaben dazu, leicht unter die Zeile zu reichen, und ziehen in der Oberlänge auch nicht übermäßig weit nach rechts, wie das noch in Chig. J VII 252 zu beobachten war. In der Kombination -ii geht das zweite i, auch im Wortinneren, konsequent in die Unterlänge, nicht jedoch in den Kombinationen -mi/ni/vi am Wortende. Das zwischen der kursiven21 und der Minuskel-Form22 changierende a23 ist auch hier relativ bauchig, kann aber

16 ABBILDUNG 5b. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 8. 17 Unziales d wird nur als Versalie verwendet. 18 Es begegnet nur drei Mal (Zeile 3 res; Zeile 7 iudicibus; Zeile 14 is). 19 In der vorletzten Zeile des Haupttextes (digna). 20 Cfr. Zeile 3 (ignorare). 21 Cfr. etwa Zeile 15 (petebat) mit sehr schmalem Bauch. 22 Cfr. Zeile 1 (ac, singularissimi).

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zuweilen sehr schmale Gestalt annehmen; der letzte Schaft des Schluß-m bleibt auf der Zeile (die 3er-Form kommt nirgends vor); die unteren Enden der Schäfte von m/n/i biegen zum Teil, aber weitem nicht konsequent nach rechts um, sondern enden häufig gerade, was wohl auf das etwas schnellere Schreiben und den allgemein flüssigeren Ductus24 der Schrift zurückzuführen sein dürfte. Die schon in Chig. J VII 252 beobachteten Ansätze der Oberlängen von links sind auch hier (vor allem beim geraden d) vorhanden, echte Verdoppelungen jedoch selten, vielmehr führen die Ansätze zu Schaftverdickungen an den oberen Enden bzw. zur Bildung von kleinen, länglichen Schlingen. Einen leicht kursiven Eindruck erzeugen die Kürzungsstriche, die zum Teil aus dem darunterliegenden Buchstaben herausgezogen sind25 und auch sonst häufig dynamisch gebogen erscheinen. Generell werden die einzelnen Buchstaben nicht so deutlich getrennt wie in der Titelrubrik und im volkssprachlichen Eintrag in Chig. J VII 252; auch dominiert, wenn man vom stark in die Unterlänge gehenden g absieht, stärker das Mittelband. Das alles trägt insgesamt zu einem sehr geschlossenen Schriftbild bei. Was die Majuskelformen betrifft, so finden wir stärkere Tendenzen zu Kapitalis-Formen, als das in den Initienrubriken in der Studentenmitschrift noch der Fall war: Zwar verwendet Piccolomini auch im vorliegenden Brief gemischt die kapitale26 und die Epsilon-Form27 des E, unziales (bzw. an einer Stelle besonders auffallendes eckiges gotisches28) D29 sowie gotisches anlautendes V; jedoch liegen bei A, L (in sehr charakteristischer Form mit Ansatz des Schaftes von links; der Balken wird direkt aus dem Schaft gezogen, sodaß am Kreuzungspunkt eine kleine

23 Zur Terminologie die Abbildung bei STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 437. 24 Der Begriff wird in der Forschung nicht einheitlich gebraucht, cfr. KOTTJE, Duktus. Ich verwende ihn im folgenden im Sinne von CENCETTI, Lineamenti, S. 52: „Il ductus ha riguardo alla rapidità del tracciato e può essere corsivo quando il tracciato è rapido, posato (o diritto) quando i tratti più che scritti sono – direi quasi – disegnati. […] Il tratteggio rapido (corsivo) porta facilmente a trascuratezza e irregolarità nell’esecuzione dei segni, quello posato a precisione e regolarità.“ 25 Cfr. etwa Zeile 2 (iocundum). 26 Cfr. Zeile 4 (et) und 6 (est). 27 Cfr. Zeile 9 (Episcoporum). 28 Cfr. Zeile 1 (dedi). 29 Etwa Zeile 3 des Haupttextes von unten (denique).

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Schlinge entsteht30), M, Q, und R durchgehend die Formen der Kapitalis vor; als vergrößerte Minuskel erscheint noch die Form des P31. Insgesamt haben wir es also mit einer sehr hochstehenden, sich mit ganz wenigen Ausnahmen am Formenkanon der „littera antiqua“ orientierenden humanistischen Minuskel zu tun, deren Niveau Piccolomini zumindest in den Briefen nicht wieder erreicht hat. Ausgeprägtes Formwollen wird im ganzen Schriftbild wie an den Einzelformen deutlich; daß ganz wenige Einzelformen (einfaches g, drei Mal rundes Schluß-s, -ii mit verlängertem zweitem i) aus der offensichtlich angestrebten Einheitlichkeit herausfallen, mindert den niveauvollen Gesamteindruck der Schrift nicht, zeigt aber, daß Piccolomini gehörige Disziplin aufwenden mußte, um die Schrift konsequent durchzuhalten. Der gravierende Unterschied zur Schrift des vorangehenden Privatbriefes resultiert ohne Zweifel aus den unterschiedlichen Adressaten beziehungsweise der unterschiedlichen Funktion der beiden Schreiben: Handelte es sich zuvor bei der Schilderung der Seereise nach Genua um einen rein privaten, mit gewissem literarischen Anspruch verbundenen Bericht, muß sich Piccolomini hier als Berichterstatter vom Konzil von Basel für die Stadt Siena erst profilieren. Aufschlußreich ist für uns der Beginn des Briefes: Dedi sepe litteras magnificis dominationibus vestris rerum, que hic agerentur, plenissimas ratus id gratum duci atque iocundum apud dominos meos nec ab ea sententia sum hodie alienus, sive quod utile censeo dominationibus vestris magnificis has res non ignorare, seu quod letitie iudicem vobis esse, si que conditio quive status sit intelligatis huius sacri Basiliensis concilii32. Es handelt sich also nicht um den ersten Bericht, den Eneas aus Basel nach Siena sandte; das etwas indignierte dedi sepe litteras könnte darauf hindeuten, daß sich die Reaktionen aus der Toskana in Grenzen hielten, falls überhaupt Antwort erfolgte. Deutlich spürbar ist jedenfalls der Legitimationsdruck, den Piccolomini aufgrund seiner zunächst offensichtlich auf eigene Faust erfolgten Berichterstattung und unbedeutenden Stellung verspürte33. Seinen Anspruch, verläßlicher und wichtiger Berichterstatter für seine Heimatstadt aus Basel zu sein, wollte der Sienese wohl auch durch die Schrift seiner Schreiben untermauern34. Anders ist der 30 Cfr. Zeile 6 (legatus). 31 Cfr. Zeile 8 (patriarca). 32 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 12. 33 Cfr. BUYKEN, Enea Silvio, S. 21. 34 Auf einen ähnlichen Fall (der Wiener Bürger Johannes Rehwein wollte in einem

Brief an die Baseler wohl ebenfalls mit humanistischer Schrift Eindruck machen) weist STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 394 hin.

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Wechsel der Schrift im Vergleich zum vorhergehenden Schreiben wohl kaum interpretierbar. Brief vom 11. November 1432 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 4) 35. Der nur wenige Tage nach dem gerade besprochenen verfaßte, schmale und relativ eng beschriebene Brief aus Basel macht einen etwas flüchtigeren, auch leicht kursiveren Eindruck als der vorhergehende, obwohl der Kanon der „littera antiqua“ hier mindestens genauso strikt eingehalten wird, und scheint auch mit dünnerer Feder geschrieben worden zu sein. Piccolomini verwendet in diesem Brief konsequent r in der Minuskelform (das in wenigen Fällen stark gespalten erscheint36), gerades Schluß-s und beinahe ausschließlich gerades d37; wir erkennen die dreistöckige, weit in die Unterlänge reichende und etwas künstlich wirkende Form des g (auch hier mit einer Ausnahme38) wieder; der letzte Schaft des Schluß-m steht auf der Zeile, zwei Mal ist allerdings gegen Ende des Textes die 3er-Form39 zu beobachten; e weist häufig Ähnlichkeit zum c auf und entbehrt der herausragenden Zunge; et wird konsequent ausgeschrieben, es fehlen e-caudata, ae- und humanistische ctLigatur40. Zum flüchtigeren Eindruck tragen die generell weniger konsequent durchgeführte Trennung der Buchstaben41, die hier deutlich unter die Zeile reichenden Formen von f und s mit geradem Ende in der Unterlänge und die im vorangehenden Brief schon beobachteten, aus dem letzten Buchstaben herausgezogenen Kürzungsstriche42 bei, die des öfteren zu beobachten sind; auch die dort noch fallweise vorhandenen Um35 ABBILDUNG 5c. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 9. 36 Cfr. Zeile 9 (decretum). 37 Die runde Variante ist auf zwei Fälle zurückgedrängt, die noch dazu stark in die

Senkrechte tendieren und die Form eines steilen d annehmen: Letzte (die) und vorletzte (differtur, durch ein Loch im Papier schwer zu erkennen) Zeile des Haupttextes von unten. 38 Zeile 6 (magnopere) liegt einfaches, offenes g vor, aus dessen Schlinge (wie durch den stellenweise vorhandenen feinen Haarstrich erkennbar ist) der Anfangsbuchstabe des nächsten Wortes gezogen wird. 39 Vorletzte Zeile des Haupttextes (omnium mandatorum). 40 Wenig humanistisch zum Teil auch die Orthographie: Man beachte nactivitate, pro-

numptiata! 41 Gut zu erkennen etwa beim h, aus dessen Kralle der nächste Buchstabe herausgezogen wird, cfr. Zeile 10 (hic). 42 Cfr. Zeile 3 des Haupttextes von unten (eorum).

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knickungen der unteren Schaftenden von i/m/n sind verschwunden oder dienen dazu, zum nächsten Buchstaben überzuleiten; a tendiert stärker zur kursiven Variante und durch den häufig sehr schmalen Bauch zum Teil zur unten offenen Dreiecksform. Konsequent wird das zweite i in -ii unter die Zeile gezogen, jetzt aber vereinzelt auch das i am Wortende bei Kombinationen wie -mi oder -vi43. Das Mittelband dominiert etwas weniger als im Brief vom 1. November; die stärkere Kursivierung und das damit verbundene Mitschreiben von Luftlinien führt zu schon recht deutlichen Verdoppelungen44 bei den Langschäften, an denen durch deutliche Ansätze von links zum Teil auch wenig entwickelte Schlingenbildung zu erkennen ist45. Als Majuskelformen begegnen die uns schon bekannten KapitalisFormen von A, Q, R und M46, daneben jetzt auch ein stark der Kapitalis nahekommendes, aus drei Strichen zusammengesetztes D47; aus dem unteren Ende des an sich kapitalen T48 wird der nächste Buchstabe gezogen, sodaß eine der Unziale ähnliche Form entsteht; V weist die schon beobachtete gotische Form auf, doch verringert sich zusehends der Anstrich von links, womit zunehmend Annäherung an die Kapitalis-Form erzielt wird. Für P und N werden, wie schon in den Initienrubriken von Chig. J VII 252, einfach die Minuskelformen vergrößert; E liegt ausschließlich in der Epsilon-Form vor. Insgesamt ist also auch hier wie im vorhergehenden Brief ein starkes Bestreben zu erkennen, den Formenkanon der „littera antiqua“ einzuhalten. Der etwas kursivere Eindruck der Schrift ist nur zum geringeren Teil (s/f unter Zeile; ebenso fallweise i am Wortende bei Kombinationen wie -mi/vi etc.) auf Einzelformen als auf die generell flüchtigere Ausführung zurückzuführen. Da es sich beim Inhalt des Briefes genauso wie im Falle des zuvor behandelten um einen rein sachlichen Bericht über die Ereignisse in Basel handelt, wird man den Grund für die etwas weniger sorgfältige Gestaltung wohl weniger in einer bewußten Entscheidung des Schreibers suchen; möglicherweise spielte hier einfach der Zeitdruck 43 Cfr. Zeile 9 (summi) und Zeile 3 des Haupttextes von unten (brevi). 44 Cfr. Ende Zeile 4 (ambassiatores). 45 Cfr. am Beginn von Zeile 4 (paululum distulit). 46 Am Beginn des Briefes in singulärer Gestalt mit keilförmiger Einbuchtung des waagrechten Mittelschaftes; die übliche Form auf der Rückseite des Briefes am Beginn der Adresse. Zu dieser Form cfr. ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 280. 47 Ende Zeile 8 (declaratum). 48 Zeile 8 (tesaurarium).

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eine entscheidende Rolle. Dafür könnten auch die äußeren Merkmale des Briefes – ein ungleichmäßig zurechtgeschnittener, relativ schmaler Papierstreifen, die Unterschrift Piccolominis steigt nach rechts hin an – sprechen. Insgesamt fügt sich der Brief damit aber auch in die Tendenz der folgenden Briefe ein, die fast durchgehend zunehmende Kursivierung erkennen lassen. Brief vom 18. Dezember 1432 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 2) 49. Der angesprochene Zug zur Kursivierung tritt in diesem Brief nochmals hinter sorgfältigere Buchstabentrennung zurück, doch setzt nun die Aufweichung des Formenkanons der humanistischen Minuskel ein. Piccolomini schreibt hier zwar mehrheitlich gerades Schluß-s, doch machen die runden, nach Majuskel-Muster gestalteten Formen des Buchstabens am Wortende fast 20 Prozent aus. Umgekehrtes Verhältnis finden wir bereits beim d: Gerades d hat nur mehr einen Anteil von etwa 15 Prozent und verschwindet nach der Dominanz in der ersten Zeile, wo keine einzige runde Form zu finden ist, fast völlig50. Die Oberlänge des runden d geht in der Regel stark in die Senkrechte, sodaß man fast durchwegs von steilem d sprechen kann. Konsequent wird weiterhin die Minuskel-Form des r angewandt, das in einigen Fällen starke Spaltung aufweist; g präsentiert sich in der uns aus den beiden vorhergehenden Briefen schon bekannten etwas exzentrischen dreistöckigen Form mit oft senkrechter Unterlänge und geschlossener unterer Schlinge, weist aber größere Varianzbreite auf: So zeigt sich etwa eine Form mit unten offener, waagrecht nach links verlaufender Schlinge51 oder eine einfachere, bei der aus der Schlinge der nächste Buchstabe herausgezogen wird52. Konsequent ausgeschrieben wird et, jedoch liegt (jetzt innerhalb eines Wortes53) der erste Beleg für &-Ligatur seit dem „Ausreißer“ im volkssprachlichen Text der Studentenmitschrift bei Piccolomini vor. Die humanistische ct-Ligatur sowie ae-Ligatur bzw. e-caudata kommen nicht vor. Der Schaft des Schluß-m steht konsequent auf der Zeile, die unteren Enden der Kurzschäfte von i/m/n zeigen häufiger Umknickun49 ABBILDUNG 5d. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 10. 50 Zu diesem Phänomen cfr. etwa RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 1, S. 234-235. 51 Cfr. Zeile 4 des Haupttextes von unten (Eugenii). 52 Cfr. Zeile 6 von unten (Anglie). 53 Zeile 16 (voluisset).

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gen nach rechts, als das im vorhergehenden Brief der Fall war; der Bauch des – jetzt fast durchwegs in kursiver Form vorliegenden – a ist fast durchgehend gut ausgeprägt; e zeigt, vor allem am Beginn des Textes, (auch im Wortinneren) manchmal verlängerte Zunge; das letzte i reicht in der Kombination -ii-, häufig, aber nicht konsequent auch am Wortende in der Kombination -mi/ni/ui unter die Zeile; weit unter die Zeile gehen f und langes s, deren Oberlängen stark eingebogen erscheinen, sodaß es zum Teil zu Schlingenbildung kommt54. Die Anstriche von links bei den Oberlängen kommen im Gesamtbild der Schrift aufgrund des relativ seltenen geraden d weniger zur Geltung als in den bisher behandelten Briefen; auch kommt es durch die geringe Kursivierung kaum zu Verdoppelungen der Langschäfte. Daß die Schrift trotz großteils sorgfältig durchgeführter Trennung der Buchstaben einen bei weitem nicht so kompakten und hochstehenden Eindruck macht wie die Minuskel im Brief vom 1. November 1432, liegt wohl einerseits an dem nicht so konsequent eingehaltenen Kanon der Einzelformen (vor allem Schluß-s, d), die auch das Gesamtbild einer Schrift stark beeinflussen können55, und der stärkeren Betonung der Ober-, aber vor allem der Unterlängen (g, f, s); andererseits vielleicht auch an einem gewissen Hang zur Verspieltheit, der in der Schrift zum Ausdruck kommt: Neben den uns schon bekannten, auch hier des öfteren auftauchenden Kürzungsstrichen, die aus dem darunterliegenden Buchstaben gezogen werden56, zeigen sich bei Piccolomini bisher nicht bezeugte Kürzungen in Form einer gewellten waagrechten Linie (~)57, die zuweilen auch zu Schlingenbildung neigt. Auffallend und diesen verspielten Charakter verstärkend ist das neben u ohne Differenzierung nach dem Lautwert auftretende v im Anlaut, das fast durchgehend langen, geschwungenen Anstrich von links zeigt58; auch die stark schwankenden Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben tragen zum weniger geschlossenen, unruhigeren Gesamteindruck bei. Als Majuskeln begegnen die schon bekannten Kapitalis-Formen von L, M, Q59, R und S; während A hier ausschließlich in einer Form, die dem griechischen l ähnelt60, vorkommt. E liegt in der unzialen61 und 54 Cfr. vorletzte Zeile des Haupttextes von unten (ulterius). 55 Cfr. FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 338. 56 Als sehr schönes Beispiel cfr. Zeile 5 des Haupttextes von unten (Bohemorum). 57 Zum Teil ebenfalls aus dem Buchstaben gezogen (mehrere Beispiele in Zeile 2 bis 4). 58 Etwa Zeile 13 (universitatis); besonders stark entwickelt auch am Beginn der letzten

Zeile. 59 Mit sehr langem Abstrich nach rechts, cfr. Zeile 18 (quindecim). 60 Cfr. etwa Zeile 8 (Ameria).

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epsilon-förmigen62, nicht jedoch in Kapitalis-Form vor. Auffällig sind das zwar grundsätzlich Kapitalis-Form aufweisende, aber stark geschwungene D63 und das bisher so bei Piccolomini noch nicht belegte kapitale B, das einen nur angedeuteten oberen Bauch besitzt64. Zusammenfassend wird man die Schrift also als durchaus ambitionierte, etwas verspielte und unruhiger wirkende humanistische Minuskel kennzeichnen, die vom (verglichen mit den übrigen Briefen) relativ geringen Grad ihrer Kursivierung her dem ersten erhaltenen eigenhändigen Originalschreiben Piccolominis im Konvolut Vat. lat. 12504 näherkommt als der vorangehende Brief vom Martinstag des Jahres 1432; was die Einzelformen betrifft, so zeigt sich der Brief jedoch enger mit der Schrift der nun folgenden Schreiben verwandt, die – auch durch ihre zunehmende Kursivierung bedingt – keinen derart strikten Formenkanon mehr aufweisen wie die ersten beiden Briefe. Ob man hinter dem in römischen Zahlzeichen ausgeführten Jahresangabe des Datums, das Piccolomini in den Briefen der 1430er Jahre fast ausnahmslos65 in arabischen Ziffern angibt, einen besonderen humanistischen Anspruch sehen darf, ist fraglich, zumal eben der bevorzugte Einsatz von rundem d dieser Tendenz widersprechen würde. Vielmehr könnte es sich hier um eine rein ästhetisch bedingte Entscheidung handeln, da mit den mehr Platz einnehmenden römischen Zahlen der restliche Raum der letzten Zeile besser aufzufüllen war und eine einheitliche Justierung des rechten Randes ermöglicht wurde. Brief vom 13. Mai 1433 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 5) 66. Die Schrift dieses Briefes ist insofern bemerkenswert, als sie trotz relativ deutlicher Trennung der Buchstaben67, die etwa dem Niveau des vorhergehenden Briefes entspricht, in den Einzelformen neue, zum Teil stark unhumanistische Züge zeigt. Rundes Schluß-s hat die Oberhand 61 Cfr. die letzte Zeile des Haupttextes. 62 Cfr. Beginn der Zeile 6 (eam). 63 Ähnlich wie im vorhergehenden Brief; cfr. Zeile 11 (demum). 64 Cfr. Zeile 9 (Basileam). 65 In römischen Zahlzeichen auch im Brief aus Basel vom 6. November 1439, cfr. unten

S. 90-91. Auch dort füllt das Datum auf diese Weise genau die letzte Zeile aus. 66 ABBILDUNG 5e. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 11. 67 Zuweilen werden die Buchstaben allerdings eng aneinandergerückt, sodaß es sogar

zu Bogenverbindungen kommt (vor allem in der Kombination da/de).

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über die gerade Form68 gewonnen69; die eigentliche Überraschung ist aber, daß gerades d völlig eliminiert erscheint und nur mehr rundes, wenn auch meist stark aufgerichtet und stark in die Oberlänge gehend, verwendet wird. Dazu kommt auch die bisher in den Briefen nicht zu beobachtende tironische Kürzung für et, die fast gleich oft wie die ausgeschriebene Form vorliegt, während &-Ligatur ebenso wie e-caudata bzw. ae-Ligatur fehlen; erstmals begegnet allerdings die humanistische ctLigatur70. Neu ist auch die Form des g mit offener, hakenförmiger unterer Schlinge, die weit in die Unterlänge reicht; ab Zeile 4 erscheint aber auch einfaches, unten offenes71 oder über die untere Schlinge mit dem nächsten Buchstaben verbundenes72 g. Der letzte Schaft des Schluß-m steht regelmäßig auf der Zeile, ist dabei jedoch häufig stark nach links eingebogen73; einmal begegnet auch Schluß-m in 3er-Form74, das im letzten Brief von Piccolomini gemieden wurde; ähnlich verhält es sich mit der einmal erscheinenden runden 2er-Form des r, das nur einmal75 neben der sonst konsequent verwendeten Minuskel-Form erscheint. Am Wortende reicht i in den schon bekannten Kombinationen häufig, im Fall von -ii konsequent unter die Zeile. Die unteren Enden der Kurzschäfte knicken zum Teil (vorwiegend wenn der nächste Buchstabe gleich angeschlossen wird) nach rechts um, enden aber großteils gerade; s und f reichen nur leicht unter die Zeile; e weist durchgehend keine Zunge auf. Verdoppelungen der Langschäfte sind aufgrund des zurückgedrängten kursiven Charakters der Schrift kaum zu beobachten, die Ansätze von links nicht sehr ausgeprägt. Was die Kürzungsstriche angeht, so treffen wir nur vereinzelt die uns aus dem letzten Brief bekannte 68 Die Akzentverlagerung ist schön zu sehen in der Unterschrift (Filius et servus Eneas Silvius de Picolominibus, mit einer Ausnahme nur rundes Schluß-s) verglichen mit dem Brief vom 1. November 1432 (Fidelissimus servitor Eneas Silvius de Picholominibus Senensis), wo ausschließlich gerades Schluß-s vorliegt. 69 Verhältnis 3:2. Interessant ist, daß in Zeile 8 des Haupttextes von unten Piccolomini zunächst sentietis mit rundem s strich, um noch reliqua omitto einzuschieben. Als er dann mit sentietis fortsetzt, beendet er es mit langem s. Mit ziemlicher Sicherheit liegt hier also keine tatsächlich bewußte Gestaltung vor. 70 Zeile 9 des Haupttextes von unten (electorum); ein Ansatz dazu wohl auch in Zeile 7 (perfecta). 71 Cfr. Zeile 6 des Haupttextes von unten (Anglicos). 72 Cfr. Zeile 14 (Borgundi). 73 Cfr. Zeile 1 (quam). 74 Cfr. Zeile 6 (summum). 75 Vorletzte Zeile (das erste r in vestrorum), wohl auch beeinflußt von der -orum-Kürzung des Wortes.

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geschwungene Variante (~); es überwiegt die für Piccolomini typische längere gerade oder kürzere, leicht gewölbte Form, die hier nur selten aus dem Buchstaben herausgezogen wird76. An Majuskeln begegnen ausschließlich schon bekannte Formen (kapitales A, M, S, R; N in vergrößerter Minuskelform); auffällig ist vielleicht, daß E ausschließlich in der unzialen, nicht in Epsilon-Form vorkommt. Der Brief unterscheidet sich von den vorangehenden insofern substantiell, als die zu registrierenden Unterschiede der Schrift nicht so sehr im Ductus liegen (hier bemüht sich Piccolomini sogar stärker als in manch anderem, Kursivierung zurückzudrängen) als vielmehr im offensichtlich bewußten Experimentieren mit zum Teil neuen oder längere Zeit nicht gebrauchten Einzelformen (tironisches et, hakenförmiges g, humanistische ct-Ligatur); auffällig sind auch das bewußte Zurückdrängen einzelner humanistischer Formen wie des geraden d und Schluß-s und das vereinzelte Eindringen anderer gotischer Elemente (Schluß-m in 3er-Form, rundes r). Brief vom 24. Juni 1433 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 6) 77 Der nur sechs Zeilen Haupttext umfassende, auf einem schmalen Papierstreifen geschriebene Brief entspricht in den Einzelformen ziemlich genau dem vorangehenden: Piccolomini schreibt ausschließlich rundes d; rundes Schluß-s dringt massiv ein78. Der letzte Schaft des Schluß-m biegt stark nach links um und geht dabei zum Teil leicht unter die Zeile, die 3er-Form liegt hier allerdings ebensowenig vor wie rundes r und die tironische Kürzung von et, das durchgehend ausgeschrieben wird. Auslautendes i geht auch hier bei -ii konsequent, allerdings nie in der Kombination -mi unter die Zeile. Ähnlichkeiten zur hakenförmigen Variante des vorhergehenden Briefes zeigt auch das g, allerdings setzt hier die untere, offene Schlinge meist fast am Oberteil des g an, sodaß eigentlich eine zweistöckige Form mit weit nach links ausgreifender, offener unterer Schlinge entsteht. Eine etwas merkwürdige Form weist die zwei Mal vorkommende ct-Kombination auf, bei der zwar der Schaft des t überwölbt ist, diese Überwölbung aber nicht vom oberen Ende des c, sondern 76 Drittletzte Zeile des Haupttextes (eum). 77 ABBILDUNG 5f. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 12. 78 Verhältnis 1:1; das gerade Schluß-s mit einer Ausnahme ausschließlich in der Unter-

schrift Piccolominis.

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vom Fuß desselben bzw. des t auszugehen scheint79. Gerades s und f gehen auch in diesem Brief leicht unter die Zeile, die Kurzschäfte von i/m/n zeigen kaum mehr Knicke nach rechts an ihren Enden. Die Majuskelformen stimmen mit den schon bekannten überein; auch hier liegt E nur in der unzialen Variante vor. Der Buchstabenbestand entspricht also ziemlich genau jenem des vorhergehenden Briefes. Der Unterschied im allgemeinen Eindruck geht eher auf die etwas flüchtigere Ausführung zurück, die gut mit dem Inhalt des Briefes, bei dem es sich um kurze, fast notizenartige Nachrichten an die Stadt Siena handelt, korrespondiert80. Brief vom 2. August 1433 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 7) 81 Die Schrift dieses Briefes zeigt die schon aus den beiden vorhergehenden bekannten Einzelformen: Ausschließlich rundes d (fast durchwegs in der zweiphasig geschriebenen Hybridform), überwiegend rundes Schluß-s82, einmal tironische Kürzung83 für et bei vier ausgeschriebenen 79 Cfr. Zeile 2 (indicto) und vorletzte Zeile des Haupttextes (recommincto, sic!), cfr. dazu unten passim. 80 Kaum zu entscheiden ist, ob die Unterzeichnung E. de Picolominibus eines chronologisch hierher gehörenden Empfehlungsschreibens des Baseler Konzils für zwei Gesandte nach Siena autograph ist, auf das mich Claudia Märtl freundlicherweise aufmerksam machte: Siena, Archivio di Stato, Diplomatico, Archivio delle riformagioni, c. 1244 (1433, luglio 27). Die Schrift ist stark stilisiert (artifizielles E zwischen den auch sonst oft zu beobachtenden zwei Punkten, die allerdings gelegentlich auch bei nicht autographer Unterschrift vorliegen; sonst für Piccolomini nicht bezeugte Schlinge am unteren Ende des p) und, wenn autograph, wohl stark an die Schrift des Haupttextes angepaßt. Auffallend ist die Verwendung von rundem d in de mit deutlicher Bogenverbindung, die aber unter Umständen für Eigenhändigkeit sprechen könnte: In sämtlichen Briefen bis 1432 verwendet der Sienese im de seiner Unterschrift gerades d; gerade 1433 beobachtet man aber an derselben Stelle rundes d mit enger Aneinanderrückung an das folgende e. Dagegen unterschrieb Piccolomini keinen einzigen seiner Briefe aus den 1430er Jahren mit der Abkürzung E, sondern schrieb seinen Namen, meist in Form von Eneas Silvius, konsequent aus. Was den Inhalt des Schreibens betrifft, ein Empfehlungsschreiben des Baseler Konzils für Gesandte an Siena, würde wohl nur Eigenhändigkeit Sinn ergeben; paläographisch ist kaum eine Entscheidung zu treffen, da die Textprobe zu wenig umfangreich ist und zu wenige „Leitfossilien“ enthält. Sicher autograph ist hingegen die Unterschrift Eneas auf dem Schreiben München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, HU Freising 1441 IX 18 (18. September 1441, Felix V. an den Bischof von Freising, Nicodemo della Scala), auf das mich freundlicherweise Herr Prof. Franz Fuchs aufmerksam macht. 81 ABBILDUNG 5g. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 13. 82 Verhältnis etwa 3:1.

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Formen; gerades s und f gehen leicht, nur vereinzelt auch stärker unter die Zeile; g mit offener, hakenförmiger unterer Schlinge mit der Tendenz, sehr weit oben anzusetzen84; der letzte Schaft des Schluß-m ist stark nach links eingebogen, die schon im vorangehenden Brief bemerkbare Tendenz, auch unter die Zeile zu gehen, verstärkt; die Anwendung von humanistischer ct-Ligatur hat sich jetzt voll durchgesetzt und ist die einzige Form, in der die Kombination -ct- behandelt wird85; Schluß-m in 3er-Form kommt nur einmal86, rundes r überhaupt nicht vor. Auffallend ist die sonst bei Piccolomini nicht vorkommende Verwendung von gotischem Anfangs-v an einer Stelle auch im Wort87. An Majuskeln kommen nur die schon bekannten Formen vor88, E ausschließlich in der unzialen Form. Die Buchstaben sind zum Teil sehr eng zusammengerückt, was zuweilen (vor allem bei den Kombinationen da/de, pp) zu Bogenverbindungen führt; insgesamt ähnelt die Schrift stark jener des Schreibens vom 13. Mai 1433; sie ist vielleicht noch etwas weniger gesetzt als im vorhergehenden Brief, was sich auch in stellenweise sehr deutlichen Verdoppelungen der Langschäfte89 äußert. Piccolomini hat also hier die in den Briefen des Jahres 1433 aufkommenden Tendenzen beibehalten und zum Teil verstärkt (konsequente Verwendung der humanistischen ct-Ligatur), die Schrift jedoch, vielleicht auch bedingt durch Tagesverfassung oder Zeitdruck, in etwas kursiverer Form verwendet. Dennoch wird man alles in allem noch von einer humanistischen Minuskel sprechen können, der die runden, stark die Diagonale betonenden d-Formen mehr Spannung verleihen: Die Schrift ist sehr aufrecht und zeigt nur geringe Rechtsneigung, großteils sind die Buchstaben unverbunden; in jenen Fällen, in denen Buchstabenverbindung vorzuliegen scheint, wird 83 Zeile 9. 84 Daneben auch einfachere, unten offene (cfr. Zeile 4 des Haupttextes von unten)

Formen und eine unnatürlich aussehende Variante mit geschlossener Schlinge (letzte Zeile des Haupttextes). 85 Dabei wird in Zeile 3 des Haupttextes von unten (factorum) die Verbindung zur Spitze des t aus dem unteren Ende des c durch Mitschreiben der Luftlinie gezogen. Diese Eigenheit bewahrt Piccolomini in seiner Kursive (wenn nicht eine „gesprengte“ Form vorliegt, in der c nicht mit t verbunden ist, dessen Schaft aber einen deutlichen Anstrich von links zeigt, cfr. unten passim. Vom System her ähnlich, aber in extremerer Ausformung bei Niccoli, cfr. DE LA MARE, Handwriting, S. 51) bis an sein Lebensende. 86 Zeile 4 des Haupttextes von unten (gekürztes ipsum). 87 Zeile 8 (Eugenio); als Anlaut wird v neben u unabhängig vom Lautwert eingesetzt. 88 Auffallend B mit deutlichem Ansatz des Schaftes von links und (wie schon oben be-

obachtet) nur kleinem oberen Bauch (letzte Zeile des Haupttextes: Basilea); F in vergrößerter Minuskelform, cfr. Zeile 14 (Florentissime). 89 Fast nur bei l, cfr. letzte Zeile des Haupttextes (mehrfach).

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der folgende, knapp an den vorhergehenden gerückte Buchstabe meist dennoch neu angesetzt. Ein ähnliches Bild zeigt auch die Schrift des folgenden, heute in London liegenden Briefes. Brief vom 17. November 1433 (mit Nachtrag vom 5. Dezember) aus Mailand an die Stadt Siena (London, British Library 90, Add. 21517 fol. 2) 91 Dem Schreiben wurde von Piccolomini am 5. Dezember 1433 ein Nachtrag hinzugefügt, dessen Schrift keinerlei Abweichungen zum eigentlichen Brief davor zeigt. Die Einzelformen stimmen im wesentlichen mit dem Brief vom 2. August 1433 überein: Ausnahmslos rundes d; überwiegend rundes Schluß-s92; et wird meist ausgeschrieben, liegt aber auch in Form der tironischen Kürzung, nie als humanistische &-Ligatur vor; der letzte Schaft des Schluß-m reicht leicht unter die Zeile und ist nach links eingebogen, nur selten (zweimal) und ausschließlich in Verbindung mit Kürzungen erscheint die 3er-Form93; s und f gehen leicht unter die Zeile; ähnlich variabel wie im vorangehenden Schreiben ist die Form des g (meist mit hakenförmiger, offener unterer, daneben einmal auch mit sehr flacher, waagrecht liegender, geschlossener Schlinge; selten einfacheres, unten offenes g). Im Unterschied zu dem genannten Brief verwendet Piccolomini hier häufig die 2er-Form des r94. Völlig durchgesetzt hat sich auch hier die humanistische ct-Ligatur, allerdings erscheint selten eine „gesprengte“ Form, in welcher der weit in die Oberlänge reichende Schaft des t zwar mit deutlichem Anstrich von links unten angesetzt wird, dieser Anstrich aber nicht aus dem c kommt. Diese Form werden wir später noch häufiger antreffen. Die Majuskelformen 90 Nicht autograph sind die anderen beiden Briefe Piccolominis in diesem Konvolut: Fol. 5 (Rom, 29. Jänner 1457, an die Stadt Siena) und fol. 6 (Viterbo, 5. Juni 1458, an die Stadt Siena). Zu den nicht eigenhändigen Originalbriefen cfr. unten Abschnitt 8.2. 91 Ohne Abbildung. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 14. MITCHELL, The Laurels, S. 277 Anm. 29 ist vom autographen Charakter des Briefes, über den nach einem Vergleich mit zeitnahen Schriftproben überhaupt kein Zweifel bestehen kann, nicht völlig überzeugt („It is not absolutely established that the earliest letter [in der British Library, Anm.] is autograph, but the probability is very strong that the explanation given is the true one“). Daß sich die Anmerkung 29 bei Mitchell auf diesen Brief bezieht, geht aus ihrem Inhalt klar hervor, es liegt ein drucktechnisches Versehen vor, aus dem sich auch die irrige Angabe der Signatur erklärt, cfr. unten S. 148 Anm. 78. 92 Verhältnis auch hier etwa 3:1 zur geraden Variante. 93 Beide Male in der gekürzten Form von omnium. 94 Meist nach a, e und o, aber auch nach b.

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sind die schon bekannten: Kapitales A (daneben einige Male in der lForm95), L (mit sehr deutlichem Ansatzstrich von links unten und zum Teil gewölbtem Schaft), M, R, S, T; I zeigt am unteren Schaftende eine Schlinge, aus welcher der Buchstabe herausgezogen wird, B den schon früher beobachteten nur angedeuteten, hier manchmal ganz fehlenden oberen Bauch; F, P und N liegen in vergrößerter Minuskelform vor, E in der unzialen und, in der Unterschriftszeile, in der epsilon-förmigen Variante. Der allgemeine Eindruck kommt ebenfalls dem Schreiben vom 2. August 1433 sehr nahe, zeigt aber noch größere Ähnlichkeiten mit jenem vom 13. Mai desselben Jahres. Insgesamt können wir festhalten, daß die Briefe aus dem Jahr 1433 das geschlossenste Bild innerhalb der Schreiben aus den 1430ern abgeben: Sowohl die Einzelformen als auch der Gesamteindruck stimmen hier weitgehend überein. Brief vom 1. Juli 1434 aus Mailand an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 8-9) 96 Es handelt sich um den ersten erhaltenen Brief Piccolominis, bei dem der Terminus „Kursive“ im eigentlichen Sinne gerechtfertigt zu sein scheint. Wenn auch, vor allem am Beginn des Briefes, die Buchstaben noch vereinzelt mehr oder weniger abgesetzt geschrieben werden, so setzt sich mit zunehmender Dauer immer mehr die Tendenz durch, fast alle Buchstaben aneinander anzubinden, und erreicht auf der letzten Seite des Briefs auch im allgemeinen Eindruck der Schrift ihren Höhepunkt durch sehr weit links beginnende Ansätze von anlautendem v und zum Teil fast wild gezogene Kürzungsstriche. Interessant ist der Befund der Einzelformen: Piccolomini verwendet im Unterschied zu den Briefen des Jahres 1433 beinahe ausnahmslos gerades Schluß-s97; unziales d beziehungsweise die zweiphasig geschriebene hybride Variante überwiegen, doch ist auch die gerade Form gut vertreten98; g zeigt am Beginn kleine obere, größere untere Schlinge, die relativ weit nach links reicht und aus der der nächste Buchstabe herausgezogen wird; diese Form wird aber schon ab dem ersten Drittel der ersten Seite durch eine einfa95 Cfr. oben S. 71 Anm. 60. 96 ABBILDUNG 5h. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 15. 97 Ganz wenige Ausnahmen, etwa fol. 8r (ohne Abbildung) Zeile 3 (is) und Zeile 7

(Ende) von unten (deinceps). 98 Verhältnis etwa 2:1.

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chere, typisch kursive Variante mit kleinerer unterer Schlinge, die ebenfalls zum nächsten Buchstaben überleitet, ersetzt; et wird meist mit dem tironischen Zeichen gekürzt, daneben auch ausgeschrieben (&-Ligatur liegt nirgends vor); für r bevorzugt Piccolomini das an sich in den Briefen übliche gerade r, doch taucht auch einige Male die 2er-Form auf99; noch seltener kommt 3er-Form beim Schluß-m zur Anwendung100, während in der Regel der letzte Schaft dieses Buchstabens am Wortende konsequent unter die Zeile und relativ weit nach links gezogen wird; ebenso konsequent unter die Zeile geht i am Wortende in der Kombination -ii, nicht immer bei auslautendem -mi/ni/vi. Äußerst vielfältig zeigt sich die Art, wie die Kombination -ct- behandelt wird: Es überwiegt bei weitem die humanistische ct-Ligatur101, doch treten vereinzelt auch eine gesprengte102 Form und eine Variante, in der zwar der Oberteil des c in den Balken des t übergeht, der Schaft des t aber trotzdem weit in die Oberlänge geht und Ansatz von links bzw. leichte Schlingenbildung zeigt103, auf. Das kursive a neigt durch schmalen Bauch häufig zur unten offenen Dreiecksform, die wir aus der Studentenmitschrift Piccolominis schon kennen; s und f gehen weit unter die Zeile, wobei aus dem Mitschreiben der Luftlinien häufig verdoppelte Schäfte resultieren104; die unteren Enden der Kurzschäfte enden ohne Knick. Wenig geändert hat sich an den Majuskel-Formen: E kommt ausschließlich in der unzialen Form vor, die übrigen Buchstaben (kapitales B mit Anstrich von links, kapitales T, R; vergrößerte Minuskelform des N) sind uns aus den früheren Briefen bekannt. Auffallend und nicht ohne Einfluß auf den allgemeinen Eindruck der Schrift sind das Q mit weit nach rechts ausgreifendem Abstrich, das zum Teil extrem weit nach links reichende V105 und das exzentrische, meist in Form des griechischen l vorliegende A106, das bei kursiverer Schreibweise unten zur Schlingenbildung neigt 107.

99 Häufig, aber nicht konsequent in der Verbindung -ari; auch bei -ori, -iri. 100 Cfr. etwa letzte Zeile fol. 8v (archiepiscopum). 101 Des öfteren wieder mit dem aus dem Unterteil des c gezogenen Verbindungsstriches

zur Spitze des t, der oft nur als feiner, kaum erkennbarer Haarstrich ausgeführt ist, cfr. letzte Zeile (facta). 102 Fol. 8v (ohne Abbildung) Zeile 12 (subducta). 103 Fol. 8v Zeile 13 (subiecte), Zeile 22 (sancti). 104 Cfr. fol. 9r Zeile 7 (affirmabat). 105 Cfr. fol. 9r Zeile 9 oder 11. 106 Cfr. fol. 8v Zeile 11 und 22. 107 Cfr. fol. 9r Zeile 4 (Albiganensis).

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Hauptsächlich geprägt wird der Eindruck der Schrift durch die deutlichen Ober- und Unterlängen, die immer größer werdenden Zwischenräume zwischen den Wörtern, die zahlreicheren Kürzungen, die, vor allem gegen Ende des Textes, ausufernden Kürzungsstriche, die zu einem guten Teil aus den Buchstaben herausgezogen werden und zur Schlingenbildung108 neigen, und durch die viel Raum einnehmenden Abund Anstriche der Majuskeln109 sowie durch die zunehmende Kursivierung. Diese äußert sich im Mitschreiben der Luftlinien (gut zu sehen an der unter die Zeile reichenden Kralle des h, aus der in einer deutlichen Schlinge der nächste Buchstabe herausgezogen wird110; dieselbe Erscheinung beim Bauch des p111) und in Folge dessen auch in der häufig auftretenden und – auch bei sonst weniger betroffenen Buchstaben112 – ausgeprägten Verdoppelung der Langschäfte113. Vergleicht man die Kursive mit jener in der Studentenmitschrift Piccolominis, so wird deutlich, daß zumindest der Schlußteil des Briefes ein zwar nicht „gotischeres“, so doch zumindest weniger klares, unruhigeres Schriftbild zeigt. Die Schrift in Chig. J VII 252 zeigt starke Ähnlichkeiten in der Behandlung von d und Schluß-s, weist jedoch durch den häufigeren Einsatz von rundem r und Schluß-m in 3er-Form, der sich auch im Schriftbild niederschlägt, sowie durch die zahlreichen Kürzungen, die das Lesen mehr erschweren als der unruhige Charakter im Schreiben aus Mailand, der eher das Schriftbild allgemein, weniger das Lesen an sich beeinflußt, sicher gotischeren Einschlag auf als jene im Brief. Tatsache ist jedenfalls, daß die Schrift Piccolominis, zumindest in den bisher bekannten Autographen weder vor- noch nachher ein derart hinund herwogendes, am Ende des Briefes fast wildes Schriftbild zeigt wie in diesem Schreiben. Er liegt damit zwar in der Entwicklung, die im Corpus der an die Stadt Siena gerichteten Briefe der 1430er Jahre im großen und ganzen von einer anfänglich noch sehr deutlichen humanistischen Minuskel zu immer kursiveren Formen geht, doch hebt er sich innerhalb dieser allgemeinen Tendenz durch den unruhigen Gesamtein108 Häufig die -er-Kürzung, cfr. fol. 9r Zeile 6 (preterea); Schlingenbildung des öfteren auch am Schaft des runden d, cfr. fol. 9r Zeile 4 (cardinali). 109 Besonders deutlich fol. 9r. 110 Cfr. fol 9r Ende Zeile 3 (huic). 111 Cfr. fol. 9r Zeile 4 (episcopus). 112 Etwa bei langem s und f, wo die Verdoppelung zuvor weniger zu beobachten war

und hier manchmal auch zur Schaftverdickung führt, cfr. fol. 9r Zeile 4 (curatores). 113 Cfr. die Verdoppelungen bei l/ll (fol. 9r Zeile 1, solum), b (fol. 8r letzte Zeile, subito); dieselbe Erscheinung auch an der Unterlänge des q, cfr. fol. 9r Zeile 7 (quoque).

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druck der Schrift, der vor allem auf die Anzahl und Gestaltung der Kürzungen zurückgeht, von allen anderen Schreiben ab114. Ähnlich, wie das Claudia Märtl in anderem Zusammenhang bei einem stark durch Streichungen gekennzeichneten Fragment in der Altersschrift Piccolominis gezeigt hat115, dürfte dabei die psychische Verfassung des Autors beziehungsweise der damit in Zusammenhang stehende Inhalt des Briefes eine entscheidende Rolle gespielt haben: Im Anfangsteil des Briefes, der fast ein Drittel des gesamten Textes ausmacht, verteidigt sich nämlich der Sienese erbittert gegen ihm zu Ohren gekommene Vorwürfe, er schicke seiner Heimat falsche und erlogene Informationen aus Basel. Daß die Schrift gerade am Beginn des Textes noch relativ sorgfältig wirkt und gerade gegen Ende hin, wo es um Neuigkeiten vom Konzil geht, immer kursiver wird, muß nicht gegen diese Interpretation der Schrift sprechen, sondern ist auch durch zunehmend nachlassende Disziplin, wie das häufig in längeren Texten zu beobachten ist, erklärbar. Auch Zeitdruck könnte neben dem noch immer nicht verrauchten Ärger über die Anschuldigungen eine Rolle gespielt haben: Das einzige Mal in den erhaltenen frühen autographen Originalbriefen der 1430er Jahre an Siena116 verzichtet Piccolomini in der Unterschrift auf das gewohnte de Piccolominibus und unterschriebt nur mit: Servulus vester Eneas Silvius. Dennoch weist die Schrift schon auf jene Form der humanistischen Kursive voraus, die sich ab den folgenden Briefen verfestigen und zur typischen Gebrauchsschrift Piccolominis werden wird. Brief zwischen dem 7. und 13. März 1435 aus Florenz an die Stadt Siena (Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 1) 117 mit Beilage vom 14. März 1435 (Vat. lat. 12504 fol. 10) 118 Das Hauptschreiben, das als einziger Originalbrief (wohl aus Platzgründen; der Text endet unmittelbar am unteren Rand der Seite und läßt 114 Leider besitzen wir aus unmittelbarer zeitlicher Nähe keine weiteren Autographa des Sienesen. Der nächste erhaltene Originalbrief datiert erst aus dem März 1435, der unmittelbar vorhergehende vom Ende des Jahres 1433. 115 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 116 Nur scheinbar trifft das auch auf das Schreiben vom 14. März 1435 aus Florenz zu:

Hier handelt es sich nur um eine Beilage zu einem Brief, den Piccolomini in gewohnter Weise unterzeichnet hat. Cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 18 und das Folgende. 117 ABBILDUNG 5i. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 17. 118 Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 18.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

kaum noch Platz für die Unterschriftszeile) keine Datierung aufweist, wird von Zembrino119 (ohne Jahresangabe) fälschlich auf den 23. März datiert. Wie jedoch schon Wolkan erkannte120, handelt es sich bei dem Vermerk 23 Martii am äußersten unteren Ende des Briefes nicht um die Datierung Piccolominis121, sondern um einen – so Wolkan – „Kanzleivermerk“, der auch auf anderen Briefen des Sienesen aufscheint und angibt, wann der Brief in Siena verlesen wurde: Meist geht dem Datum nämlich ein gekürztes „ps“ (presentata) voraus122. Das tatsächliche Datum des Briefes ergibt sich, wie schon Wolkan richtig sah, aus dem im Brief selbst erwähnten 6. des Monats123 und der vom 14. März 1435 datierten Beilage124, in der Piccolomini angibt, den Brief erst jetzt abzuschicken, weil er bis dato keinen Boten gefunden habe. Die Schrift des Sienesen zeigt nach den stärker gesetzt geschriebenen Briefen des Jahres 1433 und dem stark kursivierten und vom Schriftbild her sehr unklar wirkenden Schreiben aus Mailand hier125, mit Ausnahme kleinerer Abweichungen, zumindest in Grundzügen jene Form, deren sich Piccolomini später für seine Konzepte, aber auch seine Briefe fast ausnahmslos bedienen wird. Obwohl die Einzelformen gar nicht übermäßig stark von jenen in dem oben analysierten extrem kursiviert wirkenden Mailänder Schreiben abweichen, zum Teil sogar weniger stark humanistisch geprägt sind, ist der allgemeine Eindruck des Schriftbildes ein völlig anderer, und man wird wohl nicht zögern, die Schrift als humanistische Kursive einzustufen.

119 ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 66. 120 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 39, Anm. 1. 121 Diesen Eindruck erweckt auch die Abschrift des Briefes aus dem Jahr 1784 in Vat.

lat. 12504 (hier fol. 19r). 122 Cfr. Vat. lat. 12504 fol. 11r. 123 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 39: Dominus Faventinus 6. huius mensis

die Lugo opido insigni scalas admovit usw. Jahr und Monat sind aus dem Inhalt des Briefes erschließbar, in dem Eneas von seiner Rückkehr nach Florenz spricht. Wolkan hält auch den 14. März noch für möglich; doch wird dieses Datum durch die Formulierung Retinui has litteras usque in presentem diem, quia nullum inveni ad dominationes vestras venientem ausgeschlossen. Sie läßt eher auf einen schon mehrere Tage vor der Beilage anzusetzenden Abfassungszeitpunkt schließen, der somit mehr gegen den 7. März hin gerückt werden muß. 124 Diese liegt heute getrennt vom eigentlichen Brief im Vatikan, während von letzte-

rem, weil er inhaltlich nichts mit dem Konzil von Basel zu tun hatte, 1784 nur eine Abschrift angefertigt wurde (Vat. lat. 12504 fol. 19r-20r). 125 Am besten zu sehen in der Beilage.

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Piccolomini schreibt hier wie im Mailänder Brief fast ausschließlich gerades Schluß-s126, aber konsequent rundes d127; g erscheint mit einer Ausnahme128 in der später für ihn typischen kursiven Form mit mittelgroßer, nicht besonders weit in die Unterlänge reichender unterer Schlinge, aus der hier fast durchwegs der nächste Buchstabe herausgezogen wird. Der letzte Schaft des Schluß-m geht in die Unterlänge (ebenso wie das Schluß-i in den Kombinationen -ii/ri/ni/mi am Wortende129) und biegt dabei stark (des öfteren in sehr eckiger Form) nach links um; fast völlig eliminiert sind Schluß-m in der 3er-Form130 und, mit einigen Ausnahmen, rundes r; s und f gehen deutlich unter die Zeile und biegen am oberen Ende stark um131; anlautendes u/v erscheint durchwegs als u132. Die unteren Enden der Kurzschäfte von i/m/n werden nicht mehr geknickt und sehr flüssig geschrieben; e weist nirgends mehr verlängerte Zunge auf; et wird ausschließlich mit der tironischen Kürzung wiedergegeben; die Kombination -ct- erscheint großteils in einer Form, die nicht immer eine Entscheidung darüber zuläßt, ob der Aufstrich zur Oberlänge des t häufig sehr nah am Kreuzungspunkt von Schaft und Balken zu stehen kommt oder überhaupt vom unteren Ende des c ausgeht; sie bewirkt aber in jedem Fall, daß des öfteren eine Schlinge entsteht. Daneben registrieren wir auch das stark in die Oberlänge gehende, mit Anstrich von links ansetzende t mit dem aus dem Oberteil des c verlängerten Balken, das wir schon in dem stark kursivierten Brief beobachten konnten133. I-Striche, die häufig zu Punkten werden, sind nur inkonsequent gesetzt. An Majuskeln begegnen wir den schon bekannten Kapitalis-Formen von M, R und T134, dem hier ausschließlich so gebrauchten unzialen E und den vergrößerten Minuskelformen von H und F (mit zur Schlinge geschlossenem Oberteil). Auffällig ist das an sich wie üblich

126 Die runde Form in Zeile 21 (supplicans) und 22 (is) des Haupttextes von unten; in der Beilage in der Unterschrift Eneas. 127 Das wird sich später in seiner Kursive noch ändern. 128 Gleich im ersten Wort (magnifici) mit hakenförmiger, offener Schlinge. 129 Zum Teil auch bei -ri. 130 Eine Ausnahme in Zeile 21 (gekürztes summum). 131 Das führt hier zum Teil sogar zur Schlingenbildung, cfr. Zeile 2 (reversus). 132 In den wenigen abweichenden Fällen – etwa Zeile 11 (Ursinum) – ist das anlau-

tende v wohl als Versalie einzustufen. 133 Besonders deutlich: Beilage Zeile 5 (facturum). 134 Mit leichtem Hang zur unzialen Form, wenn der nächste Buchstabe direkt aus dem

Schaft verlängert wird, cfr. die letzte Zeile des Haupttextes (tantum).

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gebrauchte Majuskel-S, das durch das Schließen der unteren Schlinge manchmal 6er-Form annimmt und an vergrößertes Schluß-s erinnert. Der Allgemeineindruck der Schrift ist kursiv, wenn auch nicht so stark, wie das in dem vorangehenden Brief der Fall ist: Zwar scheinen durchaus mitgeschriebene Luftlinien135 und zum Teil auch Verdoppelungen der Langschäfte (besonders bei l136) auf, auch die Kürzungsstriche werden des öfteren durch Mitschreiben der Luftlinie aus dem betreffenden Buchstaben herausgezogen; doch sind diese Erscheinungen wie auch die Anzahl der Kürzungen wesentlich weniger zahlreich als in dem Schreiben aus Mailand. Dies führt zu einem viel übersichtlicheren, wohl auch humanistischen Vorstellungen von Klarheit besser entsprechenden Schriftbild. Ausschlaggebend dafür ist auch, daß die Buchstaben hier bei weitem nicht so eng aneinandergerückt sind wie in den anderen Stücken und der Abstand sowohl zwischen den einzelnen Wörtern als auch Zeilen wesentlich größer ist. Daraus resultiert ein viel luftigeres Schriftbild, als das bisher der Fall war. Ob es Zufall ist, daß genau dieser Brief, in dem Piccolomini zumindest in den Grundzügen zu seiner später für einen Großteil seiner Konzepte und Briefe verwendeten humanistischen Kursive fand, in Florenz abgefaßt wurde, muß offenbleiben, solange nicht weitere Briefe aus der näheren zeitlichen Umgebung oder frühere Briefe in eben dieser Schrift bekannt werden. Es ist durchaus vorstellbar, daß er, nach seinem ersten Florenzaufenthalt 1429/31 während seines Studiums, erneut mit humanistischen Anregungen bezüglich der Schrift konfrontiert wurde und diese auch in seiner persönlichen Korrespondenz umsetzte137. Andererseits kann es sich ein weiteres Mal um ein Experimentieren mit bestimmten Schriftformen handeln, wie es in der ersten Hälfte der 1430er Jahre mehrmals der Fall war. Dafür könnte auch sprechen, daß die nun folgenden Briefe zunächst keine Weiterentwicklung dieser Schrift in humanistischem Sinne zeigen, sondern zum Teil wieder Formen aufweisen, mit denen Piccolomini schon zuvor experimentiert hat.

135 Ganz stark etwa in Zeile 11 (plerosque). Charakteristisch in diesem Schreiben ist vor allem die bis zu Schlingenbildung führende eingerollte Oberlänge beim unzialen d, cfr. vorletzte Zeile des Haupttextes (damno). 136 Besonders ausgeprägt in Zeile 2 (nullas). 137 Man müßte dann vor allem Einfluß von allgemeinen ästhetischen Prinzipien wie

Klarheit, gute Lesbarkeit annehmen; wie gezeigt, sind die Einzelformen zum Teil durchaus konservativ und bedeuten – in humanistischem Sinne – in einigen Bereichen sogar einen Rückschritt im Vergleich zu dem von Piccolomini davor geschriebenen Schrifttypen.

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Brief vom 9. April 1436 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 11) 138 Die Schrift dieses Briefes zeigt, was den allgemeinen Eindruck betrifft, vor allem in seinem Schlußteil größere Ähnlichkeit mit dem stark kursivierten Schreiben aus Mailand als der humanistischen Kursive des vorhergehenden Stückes; weicht jedoch in den Einzelformen zum Teil erheblich ab. Erstmals überwiegt hier in einer Kursive Piccolominis gerades d bei weitem139, andererseits ist aber rundes Schluß-s häufiger als gerades140 und nimmt nun erstmals jene Gestalt an, die von Piccolomini in seiner Kursive auch in Zukunft gern verwendet werden wird: durch das Schließen des unteren Bogens entsteht eine 6er-Form, die zum Teil aus dem vorangehenden Buchstaben herausgezogen wird und manchmal auch leicht in die Unterlänge geht141; wenn auch der Oberteil des s geschlossen wird, nimmt der Buchstabe in einigen Fällen auch die Gestalt einer schiefen 8 an142; r erscheint mit ganz wenigen Ausnahmen nur in der Minuskel-Form; der letzte Schaft des Schluß-m reicht, nach links eingebogen, (zum Teil sehr weit) unter die Zeile, während die senkrechte 3er-Form fast zur Gänze eliminiert ist. Weiterhin fehlt &-Ligatur, dagegen wird die tironische Kürzung neben der ausgeschriebenen Form des et häufig angewendet; weitergeführt sind auch die jetzt konsequent verwendete humanistische ct-Ligatur und das einfache, unten offene g der humanistischen Kursive des vorhergehenden Schreibens, aus dessen unterer Schlinge des öfteren der nächste Buchstabe herausgezogen wird. Unter die Zeile gehendes i erscheint regelmäßig in der Kombination -ii(auch im Wortinneren) und am Wortende sehr häufig bei -ni/mi/vi/ri; s und f gehen deutlich unter die Zeile. An Majuskeln kommen nur die uns schon bekannten Varianten (E ausschließlich in unzialer Form, S unter anderem in der 6er-Form mit geschlossenem Unterteil) vor. Der kursive und gegenüber dem vorhergehenden Stück in humanistischer Kursive unklarere, unruhigere Eindruck ist bedingt durch die wie in dem Mailänder Brief zum Teil weit von links her ansetzenden Versalien143, von weit ausschwingenden144, auch häufig aus dem Buchstaben 138 ABBILDUNG 5j. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 20. 139 Verhältnis zu rundem d etwa 5:1. 140 Verhältnis etwa 2:1. 141 Cfr. fol. 11r Zeile 11 (quales). 142 Cfr. fol. 11r Zeile 11 von unten (omnes). 143 Vor allem P (cfr. fol. 11r Zeile 12 von unten) und V (cfr. fol. 11v (ohne Abbildung)

Zeile 5). 144 Vor allem bei pro und quod/que (cfr. fol. 11v Zeile 2 des Haupttextes von unten).

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selbst herausgezogenen Kürzungsstrichen mit Tendenz zur Schlingenbildung, durch stellenweise sehr starke Schaftverdoppelungen145 und durch das zum Teil stärkere Ausgreifen der Unter- und Oberlängen. Brief vom 6. August 1436 aus Basel an die Stadt Siena (Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1936, 97) 146 Piccolomini kehrt in diesem Schreiben, das unter den Originalen der 1430er Jahre den größten Umfang hat, im wesentlichen wieder zu jenem Schriftbild einer humanistischen Kursive zurück, das wir in dem Brief mit Beilage aus Florenz beobachten konnten: Im Gegensatz zum vorhergehenden Brief ist gerades d zur Gänze eliminiert (allerdings erscheinen zahlreiche Übergangsformen in dem Sinne, daß der Schaft ganz deutlich eigens angesetzt und aus ihm häufig auch der nächste Buchstabe herausgezogen wird147); gerades Schluß-s überwiegt etwa im Verhältnis 2:1 gegenüber rundem; et wird ausgeschrieben oder erscheint (häufiger) in Form der tironischen Kürzung; durchgehend scheint humanistische ctLigatur auf (daneben auch die Form mit dem von links unten ansetzenden Schaft des t und vom c her durchgezogenen Balken148); g ist durchgehend einfach und kursiv und über die untere Schlinge meist mit dem nächsten Buchstaben verbunden; der letzte Schaft des Schluß-m geht deutlich und häufig exzentrisch eckig geknickt nach links unter die Zeile, 3er-Form149 scheint ebenso selten auf wie rundes r150, allerdings noch häufiger, als das dann in der ausgereiften Kursive ab den 1440er Jahren der Fall sein wird; s und f reichen deutlich in die Unterlänge, desgleichen i in der Junktur -ii und -vi, nicht immer in der Kombination -ni beziehungsweise -vi, selten bei -ri; auffallend ist, daß auch der Schlußschaft des auslautenden n zum Teil unter die Zeile gezogen wird; e liegt in der zweiteiligen Form vor und ist c zuweilen sehr ähnlich, der Bauch des a meist sehr schmal. Die Einzelformen entsprechen damit wie der Gesamteindruck fast völlig jenen des Schreibens mit Beilage aus Florenz; mit der Verwendung von rundem neben dem dominierenden geraden 145 Auch bei s/f, cfr. fol. 11r Zeile 20 (facto) und Zeile 27 (se). 146 Ohne Abbildung. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 21. 147 Cfr. Zeile 20 (deceptus; die folgenden Angaben, beziehen sich, wenn nicht anders

vermerkt, jeweils auf die erste Seite des Briefs). Cfr. RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 1, S. 234. 148 Etwa Zeile 6 (instructus). 149 Zehn Mal, fast immer in gekürzten Worten (omnium, dominum etc.). 150 Sieben Mal, durchwegs nach -or und -er.

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Schluß-s ist ein weiteres Charakteristikum jener humanistischen Kursive erreicht, die Eneas für Briefe und Konzepte ab den 1440ern konstant verwenden wird151. Die Schrift wirkt insgesamt sehr zierlich, klein; bis Seite 4 sind die Zeilen eng aneinandergerückt152. Stärker als in den 1440er und vor allem 1450er Jahren ist noch die Tendenz zur Schlingenbildung: Die Kürzungsstriche werden zum Teil recht wild aus den entsprechenden Buchstaben herausgezogen und rollen so stark ein, daß eine Schlinge entsteht153, oder werden weit nach rechts gezogen154. Die starke Kursivität zeigt sich vor allem an den Schlingen an der Kralle des h beim Herausziehen des nächsten Buchstabens und an den deutlichen Verdoppelungen der Langschäfte155. Die Majuskeln zeigen großteils die schon bekannten Formen: Kapitales A, L (mit zum Teil deutlicher Schlinge am Kreuzungspunkt zwischen Schaft und Balken), M, Q und T; kapitales N überwiegt jetzt gegenüber der vergrößerten Minuskelform, in der auch F erscheint; wie schon im Brief aus Florenz fällt die unten geschlossene Majuskel des S auf, die damit wie vergrößertes rundes 6er-Schluß-s wirkt; neu ist eine etwas verkrüppelt aussehende Form des M, dessen rechter Schaft in die Unterlänge reicht, während der linke stark eingerollt ist156. E erscheint durchgehend in der unzialen, nur einmal (Unterschriftszeile) in der EpsilonForm. Brief vom 25. Oktober 1436 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 12-13) 157 Nach mehreren Schreiben, die eindeutig kursiven Charakter haben, zeigt dieser Brief erstmals wieder stärkere Tendenz zu einer gesetzteren, klareren Minuskelform (ohne daß man allerdings tatsächlich von einer Minuskel sprechen könnte), doch entsprechen die Einzelformen, im Gegensatz zu den ersten erhaltenen Briefen in humanistischer Minuskel, nicht dem Kanon der „littera antiqua“: Piccolomini schreibt hier ausschließlich rundes d (manchmal in der hybriden Form zweiphasig ge151 Cfr. unten Abschnitt 7. 152 Seite 5 wird durch den Text nicht mehr völlig ausgefüllt. 153 Cfr. Zeile 7 von unten (vestris). 154 Cfr. Zeile 12 (consilium). 155 Cfr. Zeile 5 von unten (aliquid). 156 Cfr. Zeile 9 und Zeile 7 von unten (jeweils Zeilenende). 157 ABBILDUNG 5k. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 22.

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schrieben) mit ausgeprägter Oberlänge und überwiegend rundes Schlußs158 (mit häufig geschlossener unterer Schlinge, also in 6er-Form, stellenweise liegt durch das Offenbleiben des unteren Teils des Buchstabens, der leicht in die Unterlänge reicht, erstmals auch die an eine nach rechts geneigte 5 erinnernde s-Form vor, die vor allem ab den 1450er Jahren an Terrain gewinnen wird); die tironische Kürzung von et überwiegt stark die ausgeschriebene Form bei noch immer fehlender &-Ligatur. Die Kombination -ct- changiert zwischen der eindeutig humanistischen Ligatur159 und der schon bekannten Variante, bei der der Balken des t aus dem c gezogen, der Schaft des t aber mit deutlichem Ansatz von links angesetzt wird160. Die 3er-Form des Schluß-m ist zwar eliminiert, ganz selten begegnet jedoch noch die runde 2er-Form des r161; g zeigt deutliche Entwicklung von einer komplizierteren, hakenförmigen Form mit offener unterer Schlinge162 am Beginn des Textes zu einer kursiveren, einfacheren Variante mit meist sehr kleiner oberer und wenig in die Unterlänge reichender, sich in den nächsten Buchstaben fortsetzender unterer Schlinge163, für kursiven Einschlag sorgen auch die deutlich unter die Zeile gehenden s und f. Dagegen tragen die zwar manchmal aus dem darunterliegenden Buchstaben gezogenen, aber durchwegs sehr kurzen und Schlingenbildung vermeidenden Kürzungsstriche und die relativ geringe Zahl an Kürzungen zu einem klaren, weniger kursiven Schriftbild bei; ein Indiz für die gesetztere Form der Kursive ist auch darin zu sehen, daß kaum Verdoppelungen der Langschäfte (bestenfalls leichte Ansätze von links) zu sehen sind, das Mitschreiben von Luftlinien, sieht man von der unteren Schlinge des g und der Kralle des h ab, überhaupt fast zur Gänze unterbleibt. An Majuskeln ist neben den schon bekannten Formen – E erneut nur in der unzialen Variante, sieht man von einem epsilon-förmigen E in der Unterschriftszeile164 ab – wieder kapitales N zu verzeichnen165; die Majuskeln sind zum Teil auffällig klein gehalten166. Insgesamt sorgt der geringe Abstand der Buchstaben und Wörter voneinander für ein sehr geschlossenes Schriftbild, das sich stark von 158 Verhältnis zur geraden Form etwa 5:1. 159 Cfr. fol. 12r Zeile 12 (dictum). 160 Cfr. fol. 12r Zeile 6 (expectatio). 161 Cfr. fol. 12r Zeile 1 (tabellarium). 162 Cfr. fol. 12 r Zeile 1 (magnifici) und Zeile 2 (legato). 163 Cfr. fol. 12r Zeile 4 von unten (Grecis, Grecos, nicht auf der Abbildung). 164 Fol. 13r: E(arundem). 165 Cfr. fol. 12r Zeile 12 (nunc). 166 Cfr. fol. 12r Zeile 15 (tum).

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jenem der vorangehenden und folgenden, stärker kursiven Schreiben unterscheidet. Hier könnte auch der Inhalt des Briefes eine beträchtliche Rolle gespielt haben: Es handelt sich nicht um einen Bericht von den Ereignissen am Konzil, wie das bisher mit einer Ausnahme167 der Fall war; vielmehr mahnt Piccolomini die Stadt Siena, dem Konzil Geldmittel zu bewilligen, um zum Konzilsort bestimmt zu werden. Gut möglich, daß auch die äußere Form des Schreibens die Stadt günstig stimmen sollte. Brief vom 11. Dezember 1436 aus Basel an die Stadt Siena (Vat. lat. 12504 fol. 14) 168 Das letzte, am Rande des Blattes stark in Mitleidenschaft gezogene Schreiben des Konvoluts in Vat. lat. 12504 zeigt wieder leicht kursivere Formen als der vorangehende Brief und nimmt tendenziell die Entwicklung zu jener Form der Kursive wieder auf, die Piccolomini im langen Brief aus Basel vom 6. August 1436 praktiziert hat und die ab den 1440er Jahren zu seiner bevorzugten Schrift für Konzepte und Briefe werden wird, ohne das dann typische Erscheinungsbild ganz zu erreichen. Die Einzelformen entsprechen im wesentlichen jenen des genannten Schreibens: Rundes Schluß-s (meist in 6er-Form) ist allerdings häufiger als gerades169; durchgehend liegt rundes d vor, allerdings häufig in der zweiphasig geschriebenen, geneigten Hybridform170; et erscheint ausschließlich als tironische Kürzung; nicht immer eindeutig ist der Umgang mit der Kombination -ct-: Neben der humanistischen Ligatur171 scheint auch wieder jene Form vorzuliegen, in der der Balken des t aus dem c entwickelt wird und sonst keine Verbindung vorliegt172; manchmal verschmilzt aber auch der Aufstrich vom c zum Oberteil des t derart mit dessen Schaft, daß eine genaue Trennung der beiden Varianten schwierig ist173. Die üblichen Formen zeigen das kursive a (mit meist schmalem Bauch) und g (kursiv, einfach, aus der unteren Schlinge wird 167 Rechtfertigung gegen die Anschuldigung, Unwahrheiten berichtet zu haben, cfr. oben zum Brief vom 1. Juli 1434 aus Mailand. 168 ABBILDUNG 5l. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 23. 169 Verhältnis etwa 3:2. 170 Cfr. oben Anm. 167. Eine stark aufgerichtete, nahe an gerades d herankommende Form Zeile 15/16 (cardinalis). 171 Cfr. Zeile 3 des Haupttextes von unten (affectus). 172 Cfr. Zeile 7 (electam). 173 Cfr. Zeile 15 (electionem) und 16 (sancti).

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meist der folgende Buchstabe entwickelt); vereinzelt erscheinen rundes r174 und 3er-Schluß-m175; gerades r ist zum Teil deutlich gespalten. Die Majuskeln zeigen keine Neuerungen (E ausschließlich in unzialer Form). Ausgreifendere Schlingenbildung wie im Brief vom 6. August 1436 ist zurückgedrängt, taucht vereinzelt aber noch auf176; daraus und aus der überhaupt geringeren Zahl von Kürzungen resultiert ein klarerer allgemeiner Eindruck. Auch die Verdoppelungen der Langschäfte scheinen hier weniger ausgeprägt zu sein. Abgesehen von den kleinen Differenzen in den Einzelformen, die den Unterschied zu Piccolominis ab den 1440ern praktizierten Kursive ausmachen, ist der etwas andere Gesamteindruck auch auf den weniger starken kursiven Ductus des vorliegenden Schreibens zurückzuführen. Brief vom 6. November 1439 aus Basel an die Stadt Siena (Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1944, 20) 177 In der zweiten Hälfte der 1430er Jahre scheint sich die Kursive Piccolominis wenigstens vom Gesamteindruck her stabilisiert178 und jenes Aussehen erreicht zu haben, das sie im wesentlichen auch in den 1440ern kennzeichnen wird. Der nach einem Abstand von drei Jahren nächste im Original erhaltene Brief, in dem der Sienese seine Heimatstadt von der Papstwahl Felix’ V. in Basel in Kenntnis setzt, ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Werfen wir einen Blick zurück auf die ersten beiden erhaltenen Briefe aus Basel an die Stadt Siena, so sticht zum einen der viel formlosere Charakter des Schreibens ins Auge: Es ist offensichtlich, daß sich der Sienese mittlerweile als Berichterstatter für seine Heimatstadt profiliert hatte und keinen besonderen Wert mehr auf äußere Formen legen mußte. Zum anderen ist der kontroversielle Befund bei der Analyse der Einzelformen von Interesse: Es ist der einzige Brief Piccolominis, in dem ausschließlich sowohl rundes d (gelegentlich in der zweiphasigen Form mit schräg liegendem Schaft) als auch rundes Schluß-s (meist in 6er-Form mit gelegentlich geschlossener oberer Schlinge) verwendet wird. Diese konservative „gotische“ Tendenz (dazu 174 Immer nach a. 175 In gekürztem enim, cfr. Zeile 6. 176 Cfr. Zeile 18 (Senensis). 177 Abbildung des Schreibens bei WIDMER, Enea Silvio, Tafel 3 nach S. 32. Druck:

WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 32. 178 Das Schreiben zeigt, was seinen Gesamteindruck betrifft, kaum Unterschiede zu jenen vom 11. Dezember 1436 beziehungsweise vom März 1435 aus Florenz.

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kommt noch die Behandlung von et, das ausgeschrieben oder in der Mehrzahl der Fälle durch die tironische Kürzung wiedergegeben wird), wird konterkariert durch das Fehlen von rundem r und Schluß-m in der 3er-Form; auch -ct- erscheint, wie mittlerweile gewohnt, fast durchgehend in der ligierten Form179, wobei die Verbindung zur Spitze des t in der Regel von der Unterseite des c her durchgezogen wird180. Die Form des g ist einfach und kursiv; die untere Schlinge wird fast immer in den folgenden Buchstaben verlängert, dasselbe gilt für die Kralle des h. Auch die Kürzungsstriche tragen durch ihr zum Teil ausgeprägtes Einrollen oder Schlingenbildung zum kursiven Erscheinungsbild der Schrift bei. Dem formlosen, wenig sorgfältig erscheinenden Eindruck entspricht auch die Behandlung der Versalien: Neben den auch sonst praktizierten Kapitalis-Formen von A, B, L (mit deutlicher Schlinge am Kreuzungspunkt von Balken und Schaft181), Q und S erscheinen (neben dem in dieser Gestaltung bei Piccolomini üblichen N) auch A182 und T183 in Form von vergrößerten Minuskelbuchstaben. Sollte es sich bei dem Fehlen von geradem d und Schluß-s beziehungsweise rundem r und Schluß-m in der 3er-Form nicht um einen durch den geringen Umfang des Briefes bedingten statistischen „Ausreißer“ handeln, was nicht völlig auszuschließen ist, wird man auch hier noch eine gewisse Unsicherheit, zumindest ein Suchen des Schreibers nach den geeigneten Einzelformen unterstellen dürfen. In den 1440er Jahren wird sich in der voll ausgeprägten Kursive Piccolominis eine Mischung von rundem und geradem Schluß-s beziehungsweise d durchsetzen, während rundes r und Schluß-m in der 3er-Form immer rarer werden und so wie im vorliegenden Brief praktisch ganz von der Bildfläche verschwinden. Zusammenfassung Die eigenhändigen Briefe der 1430er Jahre zeigen also trotz ihres insgesamt sehr bunten Bildes, was Gesamteindruck und Einzelformen betrifft, zwei deutliche Tendenzen. Zunächst geht Piccolomini auch in den Briefen an seine Heimatstadt von der anfänglich gebrauchten hochste179 Eine Ausnahme nur in Zeile 4 (electus). 180 Cfr. Zeile 7 (sancti). 181 Cfr. Laurentii in der Unterschrift. 182 Cfr. Zeile 6 (archiepiscopus). 183 Tridentinus in der letzten Zeile der Unterschrift.

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henden humanistischen Minuskel ab und verwendet eine immer mehr in Richtung Kursive tendierende Schrift, die er, wie das frühe Beispiel seines Briefes an Tommaso Docci lehrt, in Privatbriefen schon davor gebraucht hat. Dies hat sicher auch mit seiner zunehmend an Prestige gewinnenden Stellung beim Baseler Konzil zu tun: Als erstklassiger Berichterstatter war er für Siena bald so unentbehrlich, daß er bezüglich der Form seiner Schreiben nicht mehr allzu viel Rücksicht nehmen mußte. Zum anderen ist auch unverkennbar, daß die sich tendenziell gegen Ende der 1430er Jahre in den kursiv geschriebenen Briefen – die Schreiben in Minuskel haben von Haus aus fast ausschließlich humanistische Prägung – die humanistischen Einzelformen durchsetzen. Zwar schwankt der Anteil der beiden Hauptleitfossilien stark184, doch ist beim Rest der Einzelformen die Tendenz unverkennbar: So verschwindet das 3er-förmige Schluß-m, das in der Studentenmitschrift relativ häufig und auch bis 1436 noch einige Male zu finden war, fast ganz; 1433 dringt humanistische ct-Ligatur in die Schrift ein und wird fortan auch fast konsequent verwendet; die runde Gestalt des r, die in der Minuskel Piccolominis ohnehin nicht mehr verwendet wurde, büßt auch an Bedeutung ein und ist 1439 überhaupt verschwunden. Die in einer kursiven Schrift Piccolominis bis dahin noch nicht verwendete &-Ligatur taucht 1433 einmal innerhalb eines Wortes auf, wird allerdings erst wieder in den 1440er Jahren, dann aber auch isoliert, zum fixen Bestandteil der Kursive, auch wenn die tironische Kürzung nie ganz verschwindet. Somit scheinen die Jahre in Basel bei weitem stärkeren Einfluß auf die Schrift Piccolominis gehabt zu haben als sein (zum Teil fragwürdiger) zweijähriger Aufenthalt in Florenz und Norditalien. Maßstab kann in dieser Frage nicht die Minuskel sein, die der Sienese schon in seiner Studentenmitschrift in einer fast reinen Form beherrschte und die nur mehr in Nuancen humanistischer wird; vielmehr ist das Augenmerk auf seine Kursive zu richten. Vergleicht man den ersten erhaltenen autographen Brief Piccolominis überhaupt (1432) mit jenen am Ende der 1430er Jahre, so zeigt sich nicht nur eine deutliche Klärung des Schriftbildes im Laufe der Zeit, sondern auch ein geringer werdender Anteil an konserva184 Der Anteil von geradem d erreicht gerade Mitte der 1430er Jahre seinen Höhepunkt

und geht dann wieder zurück, was aber auch mit dem stark unterschiedlichen Grad an Kursivität zu tun haben kann (bevorzugt verwendet wird dann oft eine Hybridform des d, die deutlich zur runden Gestalt tendiert); die Form des verwendeten Schluß-s zeigt starke Schwankungsbreiten, wobei aber stets beide Formen präsent sind. Beide Charakteristika werden für die Kursive Piccolominis bis ans Ende seines Lebens typisch sein, cfr. unten passim.

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tiven Einzelformen wie des runden r oder der 3er-Form des Schluß-m, die im Brief von 1432 noch gut vertreten waren; dagegen setzen humanistische Formen wie ct- und &-Ligatur erst 1433 ein. Dies gilt für eine einzige Form nicht: Gerades Schluß-s verwendet Piccolomini 1432 im Brief an Tommaso Docci so konsequent wie danach nur mehr selten – doch gerade diese Form hatte er bereits in seiner hybriden Kursive der Studentenmitschrift praktisch konsequent verwendet. Deutlich wird – bei aller Vorsicht, die bei dem zum Teil geringen Sample der Schriftproben geboten scheint – aber auch eine Tatsache: Die angesprochene Tendenz ist zwar unbestreitbar, verläuft aber, sieht man von der Verwendung der ct-Ligatur ab, die 1433 fast schlagartig einsetzt, bei kaum einer Form linear: Stark sind die Schwankungen nicht nur bei der Verwendung der beiden Formen von d und Schluß-s; auch &Ligatur taucht nur kurz auf, um dann erst in den 1440er Jahren zum Standardbestandteil der Schrift zu werden; die hakenförmige Form des g, die Piccolomini in etwas sorgfältiger geschriebenen Briefen noch bis weit in die 1450er Jahre schreiben wird, wird ebenfalls immer wieder durch die einfache kursive Form ersetzt; auch mit einer etwas kursiveren Hakenform wird teilweise experimentiert. Bemerkenswert ist immerhin, daß auch diese g-Formen wie die ct-Ligatur erstmals 1433 auftauchen. Die Schrift der 1430er Jahre ist also nicht nur geprägt durch das Zunehmen humanistischer Einflüsse im Schriftbild, sondern auch durch starke Schwankungen in den Einzelformen, was (wie teilweise vielleicht auch das stark unterschiedliche Niveau der Schreiben) auf eine gewisse Unsicherheit und auf ein etliche Jahre dauerndes Experimentieren Piccolominis mit diversen Einzelformen hindeuten könnte. In der zweiten Hälfte der 1430er Jahre, spätestens aber in den 1440ern (mit der endgültigen Aufnahme von humanistischer &-Ligatur in den Kanon der Einzelformen) hat der Sienese dann zu jener Kursive gefunden, die er bis an sein Lebensende mit nur geringfügigen Modifikationen schreiben wird. Der Grund für dieses starke Oszillieren der Schrift zwischen konservativeren und humanistischen Formen könnte durchaus im Ambiente des Konzils zu suchen sein: Eneas sah hier möglicherweise zum ersten Mal tatsächlich gotische Schriften, die nördlich der Alpen Usus waren – vielleicht ist auch so das starke Übergewicht an rundem Schluß-s in einigen Briefen ab 1433 zu erklären, während in der Kursive der Studentenmitschrift und auch im ersten Brief der 1430er Jahre an Tommaso Docci diese Form noch nicht nachweisbar ist. Daß andererseits auch reichlich Gelegenheit zum Kontakt mit Humanisten und mit humanistischer

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Schrift bestand185, braucht nicht eigens betont zu werden – auch wenn die humanistische Schrift während des Konzils nicht Fuß gefaßt hat, wie Martin Steinmann nachweisen konnte186. Zwar hat Johannes Helmrath darauf hingewiesen, daß Humanismus und die Humanisten auf dem Konzil nur Randerscheinungen darstellten, daß aber gerade das Konzil ein ungemein wichtiger „Multiplikator“ für humanistische Ideen war187. So gab es einerseits reichliche, bisher noch viel zu wenig erforschte persönliche Beziehungen der Humanisten188; andererseits ist auch die Rolle Basels als Büchermarkt unbestritten189. Eine solche „Schnittstelle“, sowohl in persönlicher Hinsicht als auch in bezug auf humanistische Bücher, war etwa der Mailänder Erzbischof Francesco Pizolpasso190 – und gerade zu Pizolpasso hatte Piccolomini nicht nur gut belegten brieflichen191 und persönlichen Kontakt192; zuletzt konnte von Simona Iaria auch wahrscheinlich gemacht werden, daß Eneas viele humanistische Texte, aus welchen Reminiszenzen in seinen Werken der Baseler Zeit und der frühen 1440er Jahre zu finden sind, aus Handschriften des Mailänder Erzbischofs kennengelernt hatte193. Daß sich der Sienese aber keineswegs mit Gebrauchskursiven begnügt hat, wie in der Literatur 185 Ein anderes Beispiel für offensichtlich durch einschlägige Kontakte beeinflußte Einzelformen konnte BISCHOFF, Ein Reichenbacher Codex, S. 66 Anm. 11 aufzeigen: Der spätere Prior von Tegernsee, Magister Johannes Keck, legt in Folge seiner Anwesenheit am Baseler Konzil (ab 1441) das gotische flachgedeckte g ab und ersetzt es im Laufe des Jahres 1442 durch die italienische runde Form, nachdem er schon vor seiner Ankunft in Basel seine ursprüngliche deutsche gotische Kursive von den Schlingen und Schnörkel befreit hatte. 186 Cfr. STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 393. 187 HELMRATH, Basler Konzil, S. 174. 188 HELMRATH, Basler Konzil, S. 166-167 weist auf den interessanten Widerspruch in

der Forschung hin, daß den Humanisten zwar selten tatsächliches Interesse an Basel zugebilligt wird, daß aber andererseits besonders Voigt und Zippel das Konzil als Ausgangspunkt für das Wirken des Humanismus im Reich ansahen. Zum Verhältnis zwischen dem Konzil und den Humanisten cfr. auch HELMRATH, Die italienischen Humanisten. 189 HELMRATH, Basler Konzil, S. 173-175 mit der weiteren Literatur. 190 Zu Pizolpasso cfr. PAREDI, La biblioteca del Pizolpasso, S. 3-65 und die wichtigen Er-

gänzungen von FUBINI, Tra umanesimo e concili sowie die Vita von Bartolomeo Capra in Piccolominis De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 44-45. Weitere Literatur bei ZIPPEL, Piccolomini e il mondo germanico, S. 270 Anm. 8 sowie bei IARIA, Tra Basilea e Vienna, S. 8 Anm. 33. 191 Cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. Nr. 29, 31, 33, 41 und 46. 192 Cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 45: …ita tamen me dilexit, ut singulis fere

diebus in suam me mensam vocaret; cfr. auch das Epitaph Piccolominis auf Pizolpasso: Carmina (ed. VAN HECK), S. 88. 193 IARIA, Tra Basilea e Vienna, passim.

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5. DIE BRIEFE DER 1430ER JAHRE

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behauptet wird194, sondern durchaus auch längere Texte in schöner humanistischer Buchschrift anfertigte, was in der Forschung bisher noch kaum rezipiert wurde, zeigt die folgende Handschrift.

194 Cfr. STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 390: „Für Schönschreibkünste im Besonderen blieb ihm daneben keine Zeit, und es fehlte ihm wohl auch die rechte Lust dazu, war er doch seinem Wesen nach ein geselliger und tätiger Mann, Politiker und Publizist, doch weder ein stiller Gelehrter noch ein fingerfertiger Virtuose. So mag er für die Kalligraphie Verständnis gehabt habe wie für alles Schöne, ohne aber diese Kunst selber zu üben oder leidenschaftlich daran interessiert zu sein.“

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6.

DIE BUCH- UND GLOSSENSCHRIFT Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. H IV 135 Die Handschrift1, die zu den interessantesten2, gleichzeitig aber auch umstrittensten Zeugnissen der Schrift Piccolominis gehört, besteht aus zwei kodikologischen Einheiten. Der erste Teil3 enthält die Satiren Iuvenals4 mit zahlreichen Rand- und Interlinearglossen (beides unbestritten von der Hand des Sienesen), der zweite5 die „Cinthia“ und die „Egloga“ Piccolominis6. Das Textfragment auf dem hinteren Pergamentschmutzblatt, das der Handschrift heute nur mehr lose beiliegt, erwähnt eine in Florenz ausgestellte Urkunde Eugens IV. aus dem Jahr 14407 und liefert damit einen terminus post quem für die Bindung der beiden Einheiten, die eventuell schon geschehen sein könnte, bevor die Handschrift in den Besitz von Piccolominis Neffen Francesco Todeschini-Piccolomini gelangte: Dieser versah jedenfalls den Iuvenal-Teil mit weiteren Glossen8 und notierte dazu auf dem erwähnten pergamentenen Schmutzblatt die Erklärungen zu drei Wörtern aus Iuvenal9. Der Buchrücken zeigt zwar das Wappen der Chigi, doch handelt es sich dabei um die Restaurierung eines älteren Einbandes. a) Anders als über die zweite Hälfte der Handschrift ist sich die Forschung grundsätzlich über den autographen Charakter des Haupttextes 1 Zur Handschrift PELLEGRIN, Les manuscrits classiques 1, S. 297; cfr. auch AVESANI, Poesie latine, S. 5. 2 Es handelt sich um das einzige Kleinformat unter den autographen Handschriften Piccolominis (ca. 19,5 x 13,5/14,5 cm). 3 Fol. 1r-83v (Text bis 83r). 4 Satire 1-14, 16, 15. 5 Fol. 84r-103v (Text bis 102v). 6 Druck: Carmina (ed. VAN HECK), S. 1-46 (betreffend die Edition van Hecks, vor allem

dessen Similienapparat und Kommentar, cfr. aber die Bemerkungen von ALBANESE, „Civitas Veneris“, S. 136: „Un vero e proprio commento resta ancora da fare.“) und (mit italienischer Prosa-Übersetzung) bei ARIATTA, L’isola di San Giulio, S. 264-272. Zu den Dichtungen Piccolominis cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 646-647; weitere Literatur auch bei AVESANI, Poesie latine, S. 20 Anm. 40 und passim. 7 Möglicherweise auch 1443, cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 9. 8 Cfr. fol. 5v, 6v etc. AVESANI, Poesie latine, S. 9. 9 Text der Anmerkungen bei AVESANI, Poesie latine, S. 9 Anm. 17.

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6. DIE BUCH- UND GLOSSENSCHRIFT

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als auch der Glossen des ersten Teils einig10. Problematisch ist jedoch die Datierung, da selbstredend weder der Iuvenal-Text noch die Glossen, die wenigstens zum Teil aus dem Kommentar des Pseudo-Cornutus stammen dürften11, Datierungshilfen enthalten, wie das bei den Carmina der Fall ist12. Avesani identifizierte das Wasserzeichen des Iuvenal-Teils mit Briquet 659213. Diese Identifizierung ist insofern wenig hilfreich, als das Wasserzeichen tatsächlich nicht genau mit Briquet 6592 übereinstimmt; ähnliche Varianten davon sind überdies laut Briquet über einen relativ großen Zeitraum hinweg belegt14. Kurz nach dem Aufsatz Avesanis zu den Dichtungen Piccolominis erschien der entsprechende Band von Gerhard Piccards monumentalem Wasserzeichen-Werk, der allerdings auch keine exakte Datierung und Lokalisierung zuläßt: Das Wasserzeichen (eine achtblättrige Blume), das durch das Format der Handschrift meist ungünstig im Falz zu liegen kommt und schwer aufzunehmen ist15, entspricht am ehesten der Nummer 80916 (ähnlich auch 81717) bei Piccard, zeigt aber auch davon kleine Abweichungen; vereinzelt18 scheint auch eine zweite, leicht differierende achtblättrige Blume vorzukommen, die ebenfalls mit keinem der bei Piccard abgebildeten Beispiele identifiziert werden kann19, aber etwa in denselben örtlichen und zeitlichen Umkreis weisen dürfte. Die Bestimmung des Wasserzeichens trägt also nichts zur Datierung des Iuvenal-Textes bei; selbst bei genauerer Identifizierung wäre allerdings nur ein terminus post quem gewonnen, da Piccolomini auch noch Jahre später auf dem entsprechenden Papier hätte schreiben können. Damit bleibt nur die paläographische Analyse der Schrift, um eventuell nähere Anhaltspunkte gewinnen zu können. Bei der Schrift des Haupttextes20 handelt es sich um eine humanisti10 Cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 6; implizit auch Carmina (ed. VAN HECK), S. XV. 11 Cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 5 sowie PELLEGRIN, Les manuscrits classiques 1, S. 297

mit Verweis auf KRISTELLER, Catalogus translationum et commentariorum I, S. 185. 12 Cfr. das Folgende. 13 AVESANI, Poesie latine, S. 5 mit Anm. 10. 14 BRIQUET, Les filigranes I, S. 373 (zu Nr. 6592): Bergamo 1430, ähnliche Varianten

Mailand 1434, Palermo 1434, Lucca 1440, Bergamo 1442. 15 Am besten zu sehen fol. 13, 27 und 79. 16 PICCARD, Wasserzeichen Blatt – Blume – Baum, Nr. 809: Como 1429. 17 PICCARD, Wasserzeichen Blatt – Blume – Baum, Nr. 817: Como 1428. 18 Cfr. fol. 44. 19 Entfernt ähnlich PICCARD, Wasserzeichen Blatt – Blume – Baum, Nr. 814 (Pavia, Piacenza 1423/24). 20 Zur Glossenschrift cfr. unten S. 103-105.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

sche Minuskel21, die aber stärkere kursive Züge als jene im zweiten Teil der Handschrift22 und am Beginn der Studentenmitschrift aufweist, sodaß sie in der Literatur auch als „écriture humanistique semi-cursive“ bezeichnet worden ist23. Schon Avesani hat auf ein interessantes Phänomen aufmerksam gemacht24: Auf den ersten sieben Blättern schreibt Piccolomini fast ohne Ausnahme gerades d25, während ab fol. 8r nur mehr die runde Variante, meist in stark aufgerichteter Form und zweiphasig geschrieben, vorkommt. Ähnliche Tendenz zeigt die Verwendung des Schluß-s: Bis fol. 7v begegnet ausschließlich die gerade Variante; mit der ersten Zeile von fol. 8r26 setzt rundes Schluß-s ein, das sich aber nicht so stark durchsetzt wie rundes d: Schon auf derselben Seite27 begegnet zweimal, im folgenden Text wieder häufiger die gerade Form. Diese „Wasserscheide“ zwischen fol. 7 und 8 zeigt deutlich, daß Piccolomini hier mit zwei verschiedenen „Schattierungen“ der humanistischen Minuskel experimentiert hat: Zunächst (wie in der Minuskel der Studentenmitschrift28) mit einer fast rein humanistisch geprägten Form mit geradem d und geradem Schluß-s; dann mit einer Minuskel, die von ihrem allgemeinen Eindruck her wenig Unterschiede zeigt, aber „gotischeren“ Einzelformen den Vorzug gibt. Daß es ihm gelungen ist, im ersten Abschnitt gerades Schluß-s, im zweiten rundes d konsequent durchzuhalten, während ihm umgekehrt am Beginn einige runde d „pas21 Diese Bezeichnung dürfte insofern berechtigt sein, als die meisten Buchstaben sich zwar berühren, nur in den seltensten Fällen aber tatsächlich aus dem vorangehenden entwickelt, sondern meist mit Neuansatz nur angebunden werden. Allerdings läßt die Schrift leichte Rechtsneigung erkennen, was neben der Unterlänge von f und langem s in der Terminologie von Frenz für die Einordnung als Kursive sprechen würde, cfr. oben Kapitel 2. Zweifellos handelt es sich um einen Grenzfall zwischen kursive Tendenz zeigender humanistischer Minuskel und auf hohem Niveau stehender humanistischer Buchkursive. 22 AVESANI, Poesie latine, S. 6: „La scrittura è una umanistica libraria, che nella prima sezione presenta un andamento corsiveggiante e qualche elemento gotico assente nella seconda, dove l’aspetto è posato e il modulo leggermente più ampio che nella prima.“ 23 PELLEGRIN, Les manuscrits classiques 1, S. 297. Passender wäre vielleicht die bei ALEXANDER, DE LA MARE, Italian Manuscripts, S. XXVI vorgeschlagene Einordnung „rapid calligraphic“. 24 AVESANI, Poesie latine, S. 6. 25 Nicht ausschließlich, wie AVESANI, Poesie latine, S. 6 angibt: Rundes d kommt nicht

nur einmal am Versanfang, offensichtlich als Versalie gedacht, vor (fol. 4v Zeile 4; zu den Majuskeln cfr. das Folgende), sondern auch ganz selten im Text selbst, so etwa fol. 4v Zeile 9 (gleich zweimal: dicas, unde) oder fol. 6v Zeile 8 (illud). 26 ABBILDUNG 6a. 27 Fol. 8r (ABBILDUNG 6a) Zeile 16 (Fabricius) und Zeile 17 (Cannis). 28 Cfr. oben Kapitel 4.

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6. DIE BUCH- UND GLOSSENSCHRIFT

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sierten“ bzw. im zweiten Abschnitt gerades Schluß-s durchaus häufig neben der runden Variante vorkommt, könnte durch seine oben analysierte „hybride“ Gebrauchsschrift beziehungsweise auch seine Glossenschrift29 bedingt sein, die beide praktisch durchgehend rundes d und gerades Schluß-s zeigen. Beim Experimentieren mit „reinen“ Varianten drangen dann stellenweise, manchmal auch stärker Elemente seiner Gebrauchsschrift ein. Um eine solche konservative Form handelt es sich auch bei der tironischen Kürzung von et, die auch im ersten, „humanistischeren“ Teil30 (neben der häufigeren ausgeschriebenen Variante; humanistische &-Ligatur fehlt) aufscheint, und bei dem nur vereinzelt vorkommenden Schluß-m in 3er-Form31; dasselbe gilt für (noch selteneres) rundes r32. Eindeutig humanistisch geprägt und ins Auge stechend ist dagegen die „dreistöckige“ Form des g, wie sie auch in der Titelrubrik von Chig. J VII 25233 und, noch ähnlicher, in den ersten erhaltenen Briefen an die Balia von Siena vorkommt34: Die obere und (meist geschlossene) untere Schlinge werden durch einen fast senkrechten, gelegentlich leicht nach rechts geneigten Abstrich verbunden35, wobei die untere Schlinge stark länglich-ovale Form36 annehmen kann. Schon früh macht sich hier allerdings auch stärker kursivierende Tendenz bemerkbar: Die untere Schlinge bleibt offen (und wirkt manchmal auch eckiger37). Mit fortschreitendem Text nimmt diese Form immer mehr zu, dabei wird des öfteren auch der nächste Buchstabe gleich aus der – dann runderen – Schlinge des g herausgezogen; daneben erscheint vereinzelt ein g mit „hakenförmiger“ Unterlänge38 (auf einen mehr oder weniger senkrechten, kurzen Abstrich von der oberen Schlinge folgt die offene untere), das in den Briefen des Jahres 1433 erstmals begegnet. Humanistische ctund ae-Ligatur fehlen ebenso wie e-caudata39; der letzte Schaft des 29 Cfr. unten S. 103-105. 30 Fol. 2r Zeile 11. 31 Fol. 3r Zeile 11 (enim), fol. 6r vorletzte (canentem) und letzte Zeile (enim) etc. Meist in Verbindung mit Kürzungen, bevorzugt bei enim (cfr. auch unten passim). 32 Cfr. fol. 79r Zeile 4 (castrorum, allerdings vielleicht beeinflußt durch die sonst übliche Kürzung der Endung -orum). 33 Cfr. oben Kapitel 4. 34 Cfr. oben Kapitel 5. 35 Cfr. fol. 1r (ABBILDUNG 6b) Zeile 1 (ego). 36 Cfr. fol. 1r Zeile 7 (magis). 37 Fol. 1r Zeile 5 (margine). 38 Cfr. fol. 43r Zeile 14 (effigies). 39 Genauso in der Minuskel der Studentenmitschrift.

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Schluß-m bleibt konsequent auf der Zeile, s und f reichen meist leicht darunter und zeigen am unteren Ende häufig ein Knöpfchen; e hat anders als in der Minuskel von Chig. J VII 252 keine verlängerte Zunge; wie dort sind die Enden der Kurzschäfte von i/m/n am Beginn häufig nach rechts umgeknickt40, diese Erscheinung nimmt aber gegen Ende des Textes bei zunehmend kursiverem Ductus ab. Charakteristisch sind die Ansätze von links bei den Langschäften und bei p; bei den Langschäften von l, b, h entstehen häufig die schon bekannten „Verdoppelungen“, wenn die Feder kaum abgesetzt wird. Was die Versalien der Versanfänge betrifft41, so finden wir die uns schon bekannten Kapitalis-Formen von A (daneben auch häufig die lForm, die wir schon in den Briefen beobachten konnten), B (mit verkümmertem oberen Bauch), H, L (mit Ansatz von links und kleiner Schlingenbildung am Schnittpunkt zwischen Schaft und Balken), M, N42, Q und T (daneben aber auch einmal eine unziale Variante43); E begegnet in den schon bekannten drei verschiedenen Formen: Unzial44, epsilon-förmig45 und kapital; daneben beginnt Piccolomini die Verse aber auch häufig mit (zum Teil vergrößerten) Minuskelformen: So mit a, b, geradem und rundem d, e, h, m, n (häufig vergrößert), p (häufig vergrößert) und t. Große Varianz zeigt G, das in kapitaler (zum Teil unten mit Knick nach links) und in Minuskelform (sowohl humanistisch dreistöckig als auch kursiv) vorkommt. In den übrigen autographen Handschriften Piccolominis nicht belegt ist der Schlußeintrag46 Laus Deo finito libro47 et gratia semper agenda est – allerdings besitzen wir von seiner Hand, abgesehen vom Sonderfall Chig. J VII 252, keine anderen Codices, in denen der Sienese vollständige Texte eingetragen hat, deren Verfasser nicht er selbst ist48. Ähnlich variabel wie in der Studentenmitschrift ist die Gestaltung der Reklamanten: Sie stehen wie in Chig. J VII 252 grundsätzlich in der Mitte des un-

40 Cfr. oben Kapitel 5 zu den Briefen der frühen 1430er. 41 Rubriken liegen im Iuvenal-Text keine vor. 42 Zum Teil mit geschwungenem schrägen Balken, ähnlich wie in der zweiten Einheit der Handschrift, cfr. das Folgende. 43 Fol. 19r Zeile 8 von unten. 44 Ab fol. 10r. 45 Bis fol. 10r. 46 Fol. 83r. 47 Korrigiert aus ligro. 48 Cfr. unten Abschnitt 8.

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teren Blattrandes und zeigen entweder überhaupt keine Dekoration49, werden von je zwei Punkten und Zeichen in Form einer gewellten Linie (~) flankiert50 oder von einem Rechteck eingerahmt 51. Die Datierung des Iuvenal-Textes wird insofern nicht unerheblich erschwert, als Chig. H IV 135 in mehrerer Hinsicht ein Unikum unter den autographen Handschriften Piccolominis darstellt: Weder existieren andere Codices, in die der Sienese eigenhändig Texte in gebundener Sprache eintrug52, noch haben sich außerhalb der Briefe (beziehungsweise der kurzen Passagen in Chig. J VII 252) Autographen in humanistischer Minuskel von ihm erhalten. Die erste Einheit der Handschrift ist, abgesehen von der frühen Studentenmitschrift, die aber ein völlig anderes Genos darstellt, außerdem das einzige erhaltene eigenhändige Beispiel für die vollständige Abschrift eines nicht von Piccolomini selbst stammenden Textes53. Obwohl wir wissen, daß sich Eneas aus Geldmangel viele Handschriften selbst kopierte oder exzerpierte54, haben sich nur wenige Handschriften aus seinem Besitz – weder Autographa noch andere Exemplare – vor seinem Pontifikat erhalten55. Dies könnte auch mit der Plünderung seines Hauses zusammenhängen56, der auch er als neu gewählter Papst nicht entging. Somit bleibt für eine Einordnung der Schrift eigentlich nur die Gegenüberstellung mit den – zum Teil ebenfalls in humanistischer Minuskel geschriebenen – Briefen Piccolominis, die zwar durch ihren „offiziellen“ Charakter eine völlig andere Inten49 Fol. 20v. 50 Fol. 40v. 51 Fol. 60v. 52 Zu dem Entwurf seines eigenen Epitaphs cfr. unten S. 219 Anm. 288, dabei handelt

es sich aber nur um ein (noch dazu sehr spätes) Konzept. Dazu kommt noch der in die 1450er Jahre zu setzende Eintrag eines von ihm selbst verfaßten Gedichtes in der Berliner Martial-Handschrift, cfr. unten Abschnitt 10. 53 Erhalten sind außerdem noch Exzerpte aus Quintilian und Orosius, dazu ein Blatt aus einem sicher umfangreicheren Johann von Viktring-Text, cfr. unten Abschnitt 8.4. 54 VOIGT, Enea 2, S. 256. Commentarii (Francofurti 1614), S. 494 heißt es im oben

schon mehrfach zitierten Brief von Goro Lolli: Domi erat studium suum, ubi libris ab amicis sibi commodatis die noctuque vigilans utebatur, tanta diligentia, ut vix somno et cibo indulgeret. Tribus hebdomadae diebus non coenabat, et saepe studiis vehementer intentus, ne interrumperetur, cibo abstinuit. Erat enim sui natura famis et vigiliarum tolerantissimus. Accedebat aviditas discendi, et inopia urgebat, ne nimia incommoditate librorum dominos afficeret, diligentiam maiorem cumulans, ex libris plurima excerpsit. 55 Jedenfalls sind noch kaum welche identifiziert. Avesani konnte aufgrund von auto-

graphen Marginalien eine Otto von Freising-Handschrift aus dem Besitz des Sienesen festmachen, cfr. AVESANI, Un codice und unten Abschnitt 10. 56 Cfr. VOIGT, Enea 3, S. 11-12; AVESANI, Poesie latine, S. 10.

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tion57 und Funktion haben als die für privaten Gebrauch angefertigte Abschrift der Satiren Iuvenals; dennoch kann ein solcher Vergleich unter Umständen wichtige Aufschlüsse liefern. So könnte das Fehlen der humanistischen ct-Ligatur in dieser durchaus hochstehenden, vor allem auf den ersten sieben Folia auch in den Einzelformen humanistischen Anspruch erhebenden Minuskel darauf hindeuten, daß die Iuvenal-Abschrift, wie auch das Wasserzeichen nahelegt, tatsächlich am Beginn der 1430er Jahre entstanden ist58: Abgesehen von der zeitlich nicht einzuordnenden und möglicherweise gar nicht autographen Randnotiz in Chig. J VII 25259 taucht die Ligatur in den datierten Autographen60 erst in einem Brief an die Balia von Siena vom 13. Mai 1433 auf und setzt sich noch im gleichen Jahr in den Briefen Piccolominis durch61. In demselben Brief begegnen wir übrigens auch erstmals dem hakenförmigen g, das im Iuvenal-Text neben dem häufigeren dreistöckigen verwendet wird; letzteres wiederum gebraucht Piccolomini abgesehen von wenigen Stellen in der Studentenmitschrift nur in den Briefen von 1432/3362; auch nicht mehr im an sich auf höherem graphischen Niveau stehenden zweiten Teil von Chig. H IV 13563. Die Gestaltung der Reklamanten, die große Ähnlichkeit mit jener in Chig. J VII 252 zeigt und später in den Autographen Piccolominis so nie wieder zu beobachten sein wird, könnte auf zeitliche Nähe zur Studentenmitschrift hindeuten, während die Kennzeichnung einzelner Verse mit einer geraden, immer wieder durch gewellt-gezackte Abschnitte unterbrochenen Linie64, wie sie in derselben Form ebenfalls häufig in Chig. J VII 252 zu finden ist65, von Piccolomini auch noch Anfang der 1450er Jahre in Vat. lat. 3887 praktiziert wurde66 und somit keinen Anhaltspunkt bietet. Daß unter den Majuskeln im Iuvenal-Teil bereits die Kapitalis-Form von N zu finden ist, die in den Briefen erst 1436 erstmals belegt ist, muß nicht gegen den bisherigen Befund sprechen, da der Sienese schon in 57 Cfr. oben Abschnitt 5 zu den ersten beiden Briefen an die Balia von Siena. 58 AVESANI, Poesie latine, S. 8 will die Iuvenal-Abschrift ohne nähere Begründung etwa

in dieselbe Zeit wie den zweiten Teil der Handschrift setzen. 59 Cfr. oben S. 44. 60 Zur ct-Ligatur in den Glossen cfr. unten S. 104. 61 Cfr. oben Abschnitt 5. 62 Cfr. oben Abschnitt 5. 63 Cfr. unten Abschnitt 6b. 64 Cfr. Chig. H IV 135 fol. 9r/v, 10r, 11v, 12r/v, 18r etc. 65 Cfr. etwa fol. 1r. 66 Cfr. unten Abschnitt 8.1.

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Chig. J VII 252 vereinzelt mit dieser Variante experimentiert hat67: Überdies ist der Textumfang der Briefe und damit auch die Menge der vorkommenden Majuskeln allgemein, im besonderen aber jene des Buchstaben N, derart gering, daß sich daraus kaum verläßliche Indizien gewinnen lassen, zumal auch im Iuvenal-Teil die vergrößerte MinuskelForm des N deutlich überwiegt. Die Glossenschrift Die Glossen, die anfänglich die Randzonen der Handschrift mehr oder weniger gut füllen, ab fol. 8v aber zunehmend den Charakter von Worterklärungen als Interlinearglossen annehmen, geben inhaltlich ebensowenig wie der Iuvenal-Text selbst Anhaltspunkte für den Zeitpunkt ihrer Niederschrift, der klarerweise nach der Kopie des Haupttextes liegen muß. Links vom Text wurde von Piccolomini auffallend viel Platz gelassen68, was darauf hindeuten könnte, daß er von Beginn an die Absicht hatte, den Text zu glossieren, und daß die Kopie der Glossen unter Umständen kurz nach der des Haupttextes erfolgte; allerdings ist auch der linke Rand neben dem Text der „Carmina“ im zweiten Teil von Chig. H IV 135 fast ebenso breit; hier war Glossierung aber von Beginn an auszuschließen. Eneas schreibt hier eine sehr kleine Kursive, die in den Einzelformen große Ähnlichkeiten mit der Kursive der Studentenmitschrift aufweist: Konsequent gerades Schluß-s und einfaches, kursives g, aus dessen unterer Schlinge meist der nächste Buchstabe herausgezogen wird; humanistische &-Ligatur scheint nicht auf, die tironische Kürzung für et überwiegt aufgrund des eingeschränkten Raums stark gegenüber der ausgeschriebenen Form; s und f gehen deutlich unter die Zeile und biegen in der Oberlänge stark, manchmal bis zur Schlingenbildung ein. Zwar scheint am Beginn einige Male gerades d auf69, dieses geht jedoch schon in den ersten Zeilen in eine nach links geneigte Hybridform zu rundem d über, ehe diese Variante so wie in Chig. J VII 252 praktisch ganz vorherrscht (mit immer wieder auftauchenden Übergangsformen). Schlußm ist wie in der Studentenmitschrift größtenteils gekürzt, andernfalls erscheint meist die 3er-Form; dagegen ist das runde r zwar nicht völlig eliminiert, wird aber bei weitem nicht mehr so häufig verwendet; die 67 Cfr. oben Abschnitt 4. 68 Allerdings schwankt der Freiraum stark zwischen ca. 3 und 5 cm. 69 Cfr. fol. 1r oben; einige Beispiele auch fol. 2r oben.

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kursive Form des a zeigt größtenteils einen recht schmalen Bauch; i geht am Wortende in den Kombinationen -ii/mi/ni/vi regelmäßig unter die Zeile. Relativ undifferenziert70, weil als Zackenlinie gestaltet, sind noch immer i/m/n/u/v; durch das weitgehende Fehlen von I-Punkten oder Strichen bereiten entsprechende Buchstabenkombinationen zum Teil erhebliche Schwierigkeiten beim Lesen; e erscheint ohne Zunge in der gotischen zweiteiligen Form, bleibt aber ebenso wie t, dessen Balken konsequent neu angesetzt und nicht aus dem Schaft herausgezogen wird, in der Regel von c gut unterscheidbar. Die Kursive ist insgesamt weniger gekürzt, als dies in der Studentenmitschrift der Fall ist und man es bei Glossen annehmen sollte, obgleich der beschränkte Raum natürlich zu Ökonomie zwang. Vor allem daraus (und auf das weitgehende Fehlen der runden r-Form) dürfte auch der klarere, humanistischere Eindruck gegenüber der Kursive in Chig. J VII 252 resultieren. Höchst interessant und aufschlußreich für die zeitliche Einordnung der Glossen ist der Umgang mit der Kombination -ct-, die auch hier als „Leitfossil“ dienen kann: Am Beginn vermißt man wie im gesamten Haupttext die humanistische ct-Ligatur völlig, ehe sie erstmals fol. 19v auftaucht und dann mit wenigen Ausnahmen durchgehend bis zum Ende des Textes verwendet wird71. Damit liegt eine zeitliche Einordnung der Glossen zwischen dem noch ohne die Ligatur auskommenden Haupttext und dem ersten Auftauchen der Ligatur in den Briefen (1433), ja mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Entstehung im Jahre 1433 nahe72: Jedenfalls wird man die Glossen keinesfalls danach ansetzen, da ab diesem Jahr die ct-Ligatur zumindest in den erhaltenen Autographen Piccolominis wenn nicht immer konsequent gebraucht wird, so doch nicht mehr verschwindet und immer mit deutlichem Überhang vorherrscht73. Zu dem bisher gewonnenen Ergebnis paßt auch die Analyse der Majuskelformen: Neben den Kapitalis-Formen (mit den für Piccolomini typischen individuellen Ausgestaltungen) von A, C, L (mit Tendenz zur Schlingenbildung am Schnittpunkt zwischen Schaft und Balken), Q und S liegen häufig ein70 Etwas differenzierter am Anfang des Textes, was gemeinsam mit der Verwendung von geradem d wohl den am Beginn noch höheren Formanspruch dokumentiert; cfr. fol. 1r. Zu ähnlichen Phänomenen in Chig. J VII 252 und den Originalbriefen cfr. oben Abschnitt 4 und 5 sowie RÜTH, Aufkommen und Verbreitung, passim. 71 Fol. 19v wird der Verbindungsstrich zur Spitze des t noch vom oberen Teil des c herausgezogen, während dies in den folgenden Beispielen durch Mitschreiben der Luftlinie vom unteren Ende des c her geschieht. 72 Die auch innerhalb der Glossen unterschiedliche Tinte (cfr. fol. 1r) könnte unter Umständen ein Indiz dafür sein, daß sie über eine längere Zeitspanne hin eingetragen wurden. 73 Cfr. oben zu den Briefen Abschnitt 5 und unten passim.

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fach vergrößerte Minuskelformen vor, so bei A, F, M, N, P und T; D erscheint in der unzialen Form; V zeigt den üblichen Anstrich von links. Damit entspricht der Kanon der Majuskeln mit den noch stark vertretenen Minuskelformen etwa jenem des Iuvenal-Textes, während in den Briefen der zweiten Hälfte der 1430er Jahre beziehungsweise im zweiten Teil von Chig. H IV 13574 letztere immer mehr zurückgedrängt werden. Allerdings ist auch hier ein Vergleich nur bedingt möglich, da sich Glossen schon per se weniger für den Einsatz von wuchtigen Kapitalis-Formen eigneten als der Text von Dichtungen wie jener der „Carmina“. Insgesamt wird man die Entstehung des ersten Teils von Chig. H IV 135 dennoch zwischen der Anlage der Studentenmitschrift 1426/27 und den Briefen von 1433, wahrscheinlich sogar ins Jahr 1433 setzen dürfen. b) Nun zur zweiten Einheit des Bandes. Einigkeit besteht grundsätzlich über ihre Datierung, für die die Titelrubriken der „Cinthia“ und der „Egloga“75 (Aeneae Silvii Senensis Cinthia incipit feliciter bzw. Incipit Egloga Aeneae prefati collocutores Vegius Silvius76) aufschlußreich sind. Da nur schwer vorstellbar ist, daß Piccolomini (auch in einer späteren Abschrift eines Textes, der vor 1442 entstanden ist) nach seiner Dichterkrönung in Frankfurt am 27. Juli 1442 gerade für Werke in gebundener Sprache nicht den Titel poeta führte, den er sonst ab diesem Tag gebraucht77, ist als terminus ante quem dieses Datum anzunehmen78. Aus 74 Cfr. im folgenden Abschnitt 6b. 75 Ob dieser Teil von Chig. H IV 135 mit jener Carmina-Handschrift identisch ist, die

Piccolomini verliehen hatte und um deren Rückgabe er in zwei Briefen an Giovanni Campisio – WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 498-499 (21. Mai 1445): Si Jacobus Calvus Cinthiam meam rescripsit, precor, ut illam ad me cures mitti sibique vice mea cum Petro Noxetano salutes dicas, und WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 6 (4. Jänner 1446) – bittet, ist insofern fraglich, als Eneas in den beiden Briefen nur von der „Cinthia“, nicht von der „Egloga“ spricht, die aber in Chig. H IV 135 unmittelbar und ohne erkennbaren Neuansatz an die „Cinthia“ anschließt. Völlig unwahrscheinlich ist, daß es sich hierbei, wie van Heck will, um das einzige Exemplar des Textes handelte. Zumindest eine provisorische Reinschrift oder ein Konzept, von dem der Text in der schönen Minuskel in Chig. H IV 135 kopiert wurde, muß vorhanden gewesen sein. Zu diesen Fragen cfr. Carmina (ed. VAN HECK), S. XV. 76 Korrigiert aus Sivius, cfr. unten S. 108. Bemerkenswert ist hier die vom sonstigen Usus Piccolominis abweichende Orthographie Aeneae (ebenso wie in der Berliner MartialHandschrift, cfr. unten Abschnitt 10), die wohl auf das eng an klassische Vorbilder angelehnte Genos des Textes zurückzuführen sein wird. 77 Daß er (wahrscheinlich zwischen 1447 und 1452) in der Briefsammlung Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J VI 208 (zur Handschrift cfr. unten Kapitel 10) in einer Reihe von Briefen das Epitheton poeta aus dem Absender strich, wie WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XVII gezeigt hat, hat für die Gedichtsammlung in Chig. H IV 135, die er darüber hinaus wohl vor allem für den eigenen Gebrauch anlegte, wohl wenig zu bedeuten. 78 AVESANI, Poesie latine, S. 7; Carmina (ed. VAN HECK), S. XIII.

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dem Inhalt der „Cinthia“ ergeben sich weitere Präzisierungen. Vers 20 (Barbariem docuit me Basilea prius) in Carmen X79 setzt Piccolominis Aufenthalt in Basel voraus und kann unmöglich vor 1432 entstanden sein80; in Carmen XV auf Biagio Assereto81 spielt Vers 582 auf die Schlacht von Ponza (5. August 143583) an und spricht von der Begeisterung Maffeo Vegios, die auch Eneas dazu gebracht habe, Assereto als Mäzen der Künste zu preisen (Carmen XV, 51-54)84. Da Piccolomini von seinen Missionen in Arras und Schottland erst 1436 nach Italien zurückkehrte85, wird allgemein 1436 als terminus post quem für die Vollendung der „Cinthia“ angenommen86. Nicht relevant ist für uns die Abfassungszeit der „Egloga“, die mit großer Wahrscheinlichkeit vor dem 6. Juni 1434 anzusetzen ist87, da sie in unserer Handschrift unmittelbar auf das Explicit der „Cinthia“ folgt und somit erst nach deren Vollendung eingetragen worden sein kann. Die Abschrift der „Cinthia“ und „Egloga“ in Chig. H IV 135 ist also mit ziemlicher Sicherheit zwischen der zweiten Hälfte des Jahres 1436 und der ersten Hälfte 1442 anzusetzen. Umstritten ist die Einordnung des Wasserzeichens. Avesani identifiziert es mit Briquet 7529 (Mailand 1427, Variante Sion 1428/29)88, während van 79 Carmina (ed. VAN HECK), S. 16. Der Vers könnte im übrigen unter Umständen darauf hindeuten, daß Piccolomini in Basel Deutsch lernte. Zu den Deutschkenntnissen des Sienesen cfr. HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 132 und MÄRTL, Liberalitas, S. 247 Anm. 25 sowie die im Kommentar van Hecks zum genannten Vers angeführten Belegstellen. 80 AVESANI, Poesie latine, S. 7; Carmina (ed. VAN HECK), S. XII-XIII; schon gesehen von BACA, Propertian Elements, S. 221. 81 Zu ihm BALBI, Assereto und AVESANI, Poesie latine, S. 8 mit Anm. 13. 82 Carmina (ed. VAN HECK), S. 24. 83 AVESANI, Poesie latine, S. 7. 84 Carmina (ed. VAN HECK), S. 24. 85 Spätestens am 9. April 1436 war Piccolomini nach siebenmonatiger Abwesenheit

wieder in Basel eingetroffen, wie aus dem Brief mit dem betreffenden Datum erhellt: Mirabitur forsitan ex vobis aliquis, quod iam multis exactis mensibus litterarum nihil miseram, sed fui iam septem mensibus extra terrarum orbem in regno Scocie, quo me dominus meus, cardinalis Sancte Crucis, transmiserat, quo ex loco nec scribendi facultas erat, nec opus erat scribere, cum nihil ibi ageretur ad vestram rem publicam pertinens. nunc vero ad concilium reversus invenio aliqua fieri, que vestras dominationes non ignorare permaxime interest (WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 20, hier S. 41). 86 AVESANI, Poesie latine, S. 8; Carmina (ed. VAN HECK), S. XIII. Anders GALAND-

HALLYN, Pie II, S. 105 (zwischen 1431 und 1435, basierend auf BACA, Propertian Elements, S. 226); gänzlich in die Irre führende Angaben bei HAUSMANN, Enea Silvio Piccolomini „Poeta“, S. 452 (ohne Belege). 87 Cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 8 mit Anm. 13; Carmina (ed. VAN HECK), S. 38-39. 88 AVESANI, Poesie latine, S. 5. Avesani konnte wohl den knapp vorher erschienenen 9.

Band von Piccard noch nicht zur Datierung des Wasserzeichens heranziehen.

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Heck für eine Datierung um 1440 eintritt89. Es kann überhaupt kein Zweifel darüber bestehen, daß die von van Heck angeführten Beispiele dem Wasserzeichen (zwei gekreuzten Beilen) am nächsten kommen; allerdings ist ebensowenig zu bestreiten, daß es sich keinesfalls um völlige Übereinstimmung handelt: In ihrem unteren Teil entsprechen die beiden Beile im zweiten Teil von Chig. H IV 135 eher der Nummer 31990 bei Piccard; die obere Partie zeigt größere Ähnlichkeiten zu Nummer 31891. Diese beiden Wasserzeichen (beziehungsweise die gesamte Gruppe der gekreuzten Beile)92 ließen sich räumlich und zeitlich gut mit der Entstehungszeit der Abschrift vereinbaren, sind jedoch für eine genauere Einordnung, als wir sie ohnehin durch die Datierung der „Cinthia“ gewonnen haben, nutzlos93. Während der Iuvenal-Teil der Handschrift allgemein als Autograph Piccolominis anerkannt wird, besteht in der Frage, ob es sich auch in der zweiten Einheit von Chig. H IV 135 um die Hand des Sienesen handelt, weniger Einigkeit. Avesani, der für Eigenhändigkeit auch des zweiten Teils des Codex eintritt, argumentiert dabei vor allem mit der gleichen kodikologischen Gestaltung der beiden Einheiten94. Dies ist insofern wenig stichhaltig, als die ersten drei Lagen des ersten ebenso wie die einzige Lage des zweiten Teils zwar aus je zehn Doppelblättern bestehen, die erste Einheit aber von einer Zwölferlage abgeschlossen wird. Auch die Seitengestaltung unterscheidet sich erheblich: Findet sich im Iuvenal-Teil (wie bei Eneas üblich) keine Liniierung, sind im zweiten Teil inklusive des letzten, unbeschriebenen Blattes durchgehend der linke und – aufgrund der unterschiedlichen Verslänge meist nicht eingehaltene – rechte Rand ebenso liniiert wie die einzelnen Zeilen; Piccolomini beginnt mit dem Text jeweils unterhalb der ersten Zeilenliniierung der Seite. Dagegen lehnt van Heck95 die Identifizierung des zweiten Teils der Handschrift mit der Hand des Sienesen strikt ab, da dieser selbst in der 89 Carmina (ed. VAN HECK), S. XV nach PICCARD, Wasserzeichen Werkzeug und Waffen, Nr. 319. 90 PICCARD, Wasserzeichen Werkzeug und Waffen, Nr. 319: Süddeutschland 1440 (Datum erschlossen). 91 PICCARD, Wasserzeichen Werkzeug und Waffen, Nr. 318: Meran (Tirol) 1440. 92 PICCARD, Wasserzeichen Werkzeug und Waffen, Nr. 315-320: Alle Norditalien oder

Süddeutschland, 1427-1440. 93 Cfr. etwa SCHNEIDER, Paläographie, S. 114. 94 AVESANI, Poesie latine, S. 6. 95 Carmina (ed. VAN HECK), S. XV.

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Rubrik zur „Egloga“ wohl kaum Aeneae prefati geschrieben und im folgenden zunächst das L in Silvius nicht vergessen hätte. Auch diese Argumentation scheint nicht zwingend zu sein: Einerseits wird nicht wirklich klar, warum prefati gegen Einhändigkeit spricht (für Silvii Senensis wie in der Rubrik zur „Cinthia“ wäre kein ausreichender Platz mehr in der Zeile gewesen96); andererseits ist auch das Auslassen eines Buchstabens in einer artifiziellen und langsam geschriebenen Schrift wie der Majuskel der Rubrik nichts Ungewöhnliches, wenn der Schreiber seinem Text gedanklich schon voraus ist, zumal wenn es sich wie hier um das Ende der Rubrik handelt. Auch die wenigen Schreibfehler im Text selbst, die laut van Heck einem Schreiber, der seinen eigenen Text schreibt, nur schwerlich unterlaufen seien97, müssen nicht gegen Eigenhändigkeit sprechen: Insgesamt sind es nur sehr wenige Versehen, die beim Kopieren eines Textes in humanistischer Minuskel, die per se schon hohe Konzentration erfordert, wohl durchaus möglich sind, zumal dann, wenn der Kopist den Text ohnehin schon kennt und deswegen vielleicht auch weniger aufmerksam ist. Bezeichnend für die bisherige Forschung ist jedenfalls, daß der paläographische Ansatz eines Schriftvergleichs mit anderen Schriftzeugnissen Piccolominis, der in der Frage am naheliegendsten erscheinen muß und den meisten Erfolg verspricht, bisher noch kaum verfolgt wurde. Allein Avesani verglich einige Einzelformen mit der Schrift des Iuvenal-Teils und kam zu dem Schluß98: „Questi elementi considerati singolarmente e nel loro insieme e l’aspetto generale che ne deriva consentono di identificare la scrittura con quella di Enea Silvio Piccolomini tra la giovinezza e la maturità, e ciò benché essa presenti qui taluni aspetti, dei quali non si conoscono finora altre testimonianze.“ Abgesehen von der relativ vagen Angaben „maturità“ und „giovinezza“, die ebensowenig näher definiert werden wie die „aspetti, dei quali non si conoscono finora altre testimonianze“99, führt Avesani in der entsprechenden Anmerkung100 nur Abbildungen der Glossenschrift bzw. der Kursive Piccolominis an; gerade diese sind aber für einen Vergleich mit der huma-

96 Im Explicit zur „Egloga“ (fol. 102v) scheint diese Junktur wieder auf: Egloga Aeneae Silvii Senensis explicit. 97 Carmina (ed. VAN HECK), S. XV. 98 AVESANI, Poesie latine, S. 6. 99 Cfr. dazu das Folgende. 100 AVESANI, Poesie latine, S. 6 Anm. 11.

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nistischen Minuskel im zweiten Teil von Chig. H IV 135 wenig geeignet101. Werfen wir also einen Blick auf die Schrift und versuchen wir, durch Gegenüberstellung mit den uns schon bekannten Beispielen der humanistischen Minuskel (Studentenmitschrift, Briefe) Piccolominis oder jener der humanistischen Minuskel wenigstens nahestehenden Briefe der 1430er Jahre, die auch zeitlich durchaus gewisse Nähe beanspruchen können, zu einer Lösung zu kommen. Der Kopist dieser zweiten Einheit von Chig. H IV 135 bedient sich einer Schrift, die man ohne zu zögern als humanistische Minuskel charakterisieren wird102, auch wenn gerades Schluß-s zwar überwiegt, daneben aber die runde Gestalt (in der Form des Majuskel-s) bis zum Textende häufig gebraucht wird; dagegen erscheint ausschließlich gerades d. Durchgehend wird humanistische ct-Ligatur verwendet, und zwar in exakt jenen Varianten, die wir bisher schon kennengelernt haben: Am häufigsten die gewöhnliche Form, deren Verbindung zur Spitze des t des öfteren durch Mitschreiben der Luftlinie aus dem unteren Ende des c gezogen wird und dann häufig zu einer Art Schlingenbildung tendiert, weil sie nah am Kreuzungspunkt zwischen Schaft und Balken des t vorbeizieht103; daneben aber auch die gesprengte Ligatur104 und schließlich jene Variante, bei der der Schaft des t aus dem c herausgezogen wird, die erhöhte Oberlänge des t aber mit Anstrich von links angesetzt wird105. Das g mit hakenförmiger, offener unterer Schlinge, das Avesani im Iuvenal-Teil nicht fand und wohl zu jenen Formen rechnet, „dei quali non si conoscono finora altre testimonianze“, zeigt jenes Aussehen, das wir schon in mehreren Briefen beobachten konnten106. Ebenso bekannt ist uns die Form des e mit der zuweilen nach rechts verlängerten Zunge107. Konsequent ausgeschrieben wird et108, rundes r ist so wie in die Unterlänge verlängertes i am Wortende oder in der Kombination -ii- völlig 101 Cfr. SCHNEIDER, Paläographie, S. 99. 102 Cfr. auch AVESANI, Poesie latine („umanistica libraria“), S. 6. Die Buchstaben sind

größtenteils deutlich voneinander abgesetzt oder zumindest mit deutlichem Neuansatz geschrieben. 103 Cfr. oben S. 83. 104 Fol. 90v Zeile 1 (tecto); cfr. oben S. 79. 105 Cfr. fol. 100r (ABBILDUNG 6c) Zeile 4 von unten (vectus). 106 Cfr. oben Abschnitt 5. Im Brief vom 2. August 1433 (Vat. lat. 12504 fol. 7) mit dem-

selben von der oberen Schlinge ausgehenden Verbindungsbalken zum nächsten Buchstaben. 107 Fol. 84r Zeile 2 (abs te), Zeile 5 (duce); cfr. oben Abschnitt 5. 108 Cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 6.

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eliminiert; ganz selten erscheint Schluß-m in 3er-Form109; s und f (ohne Basisstrich) stehen an sich auf der Zeile, reichen aber manchmal auch leicht darunter; a changiert zwischen der kursiven und der MinuskelForm und ist in der Regel relativ bauchig; anlautendes u/v erscheint manchmal in der gotischen Form mit gemäßigt weit nach links reichendem Anstrich110. Die Enden der Kurzschäfte von i/m/n sind fast durchgehend nach rechts geknickt; die oberen Enden der Langschäfte zeigen die typischen Ansätze von links, die des öfteren, etwa beim langen d, zu Schlingenbildung oder verdickten Ansätzen führen111; vor allem gegen Ende des Textes nehmen auch die Verdoppelungen durch selteneres Absetzen bei den Luftschwüngen zu112. Bemerkenswert ist, daß dieses Phänomen hier auch beim u wirksam wird, da sich der Abstrich zum nächsten Buchstaben hin nicht mit dem zweiten Schaft des u deckt, sondern leicht seitlich davon zu stehen kommt – eine ähnliche, wenn auch nicht so ausgeprägte Form kann man in dem schon erwähnten Brief vom 2. August 1433 beobachten. Die Kürzungsstriche – der Text ist insgesamt wenig gekürzt – zeigen die oben schon beschriebene Form einer Wellenlinie (~), werden aber gegen Ende der Handschrift gerader, wobei sie sogar in dieser sehr gesetzten Schrift die Tendenz zeigen, aus dem entsprechenden Buchstaben herausgezogen zu werden. Wie aus dem Gesagten schon deutlich geworden ist, kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß es sich hier um die Hand Piccolominis handelt: Fast alle Einzelformen sind aus seinen bisher analysierten Zeugnissen bekannt, auch der Gesamteindruck der Schrift läßt sich damit durchaus vereinbaren113. Das tatsächlich einzige neue Element, das bei Eneas auch später nur in Ausnahmefällen zu beobachten sein wird114, ist die – im Sinne des klassischen Latein – fast immer „korrekte“, aber nur inkonsequente Verwendung von e-caudata115. Ob es sich dabei um ein zumindest in den erhaltenen Autographen davor nicht belegbares Experimentieren mit dieser Form handelt oder ob auch das gehobene Genos 109 Etwa fol. 87r (omnem); fol. 88r (ipsum, in einer gekürzten Form, ähnlich wie oben S. 76 Anm. 86). 110 Cfr. fol. 100v Zeile 6 (vatem). 111 Cfr. oben S. 66. 112 Zum Teil wird auch aus der Kralle des h unter Mitschreiben des Luftstriches der nächste Buchstabe herausgezogen – cfr. fol. 101r Zeile 2 von unten (mihi) –, wie wir es schon oben beobachtet haben. 113 So schon AVESANI, Poesie latine, S. 6. 114 Zu einigen Randglossen und einem Briefkonzept cfr. unten Abschnitt 10, dazu

kommt das wahrscheinlich autographe Gedicht in clm. 12725, cfr. Abschnitt 6.1. 115 In den Formen von Caesar, -aris sowie Aeneas wird daneben auch -ae- verwendet.

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des Textes – es handelt sich, abgesehen von einem metrischen Entwurf116, einem Blatt in clm. 12725 sowie einem von ihm eingetragenen Gedicht in seiner Martial-Handschrift117 und dem Iuvenal-Teil von Chig. H IV 135, um das einzige eigenhändige Zeugnis Piccolominis, das Dichtung enthält – eine Rolle spielt, muß offen bleiben118. Gegen letztere Hypothese könnte sprechen, daß sich auch im Iuvenal-Teil keine e-caudata findet; allerdings zeigt die Schrift dort etwas kursivere Gestaltung119 und nicht jenes Formwollen, das im zweiten Teil deutlich durchschimmert. Daß es sich dennoch um die Hand Piccolominis handelt, zeigen vor allem auch die verwendeten Majuskelformen: Wir begegnen erneut den drei verschiedenen Formen des E120 (durchgehend die KapitalisForm; unziales E am Beginn; die Epsilon-Form ab fol. 89r); N kommt ausschließlich121 in der kapitalen Form vor, häufig allerdings in einer Variante mit abgestuftem Mittelschaft, die wir ähnlich auch im IuvenalTeil der Handschrift122 und einmal in Chig. J VII 252 beobachten konnten123; S neigt sich in der Regel sehr stark nach links (auch diese Form ist in der Studentenmitschrift belegt124) und zeigt in der Mitte ebenso wie I ein Knöpfchen oder einen kurzen, normal zum Buchstaben liegenden kurzen Strich125; bekannt ist uns auch schon das Q mit relativ langem Abstrich nach rechts, am Wortanfang das kapitale, aber asymmetrisch nach links ausgreifende V sowie das F mit geschwungenem oberen Balken; D zeigt mit dem normal auf dem Basisstrich stehenden Schaft und dem Ausgreifen der Rundung nach links oben eine ähnliche Form wie jene, die auch schon in den Briefen zu beobachten war126. Neu sind die kapitale Form des G, dessen Schaft auf der Zeile steht, während sie 116 Cfr. unten S. 219 Anm. 288. 117 Cfr. unten Abschnitt 6.1 und 10. 118 Cfr. dazu auch unten Abschnitt 7 zu den Konzepten der Privatbriefe 1449/50. 119 Cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 6. 120 Allerdings „un uso peraltro non raro nella scrittura umanistica di quel tempo“, cfr. AVESANI, Poesie latine, S. 6. 121 Daß die Kapitalis-Form in den Briefen erstmals 1436 belegt ist, könnte gut zu dieser Entwicklung passen. Allerdings hat Piccolomini schon in der Studentenmitschrift mit dieser Variante experimentiert, cfr. oben Abschnitt 4 und die nächste Anmerkung. 122 Cfr. oben Abschnitt 6a. 123 Cfr. oben Abschnitt 4. 124 Cfr. Chig. J VII 252 fol. 116v. 125 Diese Eigenheit taucht nur hier auf, ist aber auch von Zimmerhackl des öfteren

nachgewiesen worden, cfr. ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 277278. 126 Cfr. oben Abschnitt 5 (Brief vom 1. Jänner 1433 und 24. Juni 1433).

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von der etwa in der Mitte des Schriftbandes ansetzenden Rundung nicht berührt wird, und – neben dem schon in den Briefen von Piccolomini praktizierten herkömmlichen kapitalen M mit leicht schräggestellten Außenschäften – eine sehr artifizielle Form, bei der von einem waagrechten Verbindungsbalken zwischen den beiden äußeren Schäften ein zu diesen paralleler senkrechter Kurzschaft bis auf die Zeile reicht127. Auch hier gibt es allerdings einen noch nicht ausgereiften „Vorläufer“: Im Brief vom 11. November 1432 zeigt die M-Initiale am Beginn einen ebenfalls waagrechten Balken zwischen den Außenschäften, von dem aber ein Keil und kein Schaft bis fast auf die Zeile geführt wird. A liegt durchgehend in der Kapitalis-, nie in der l-Form vor; auch P128 zeigt wie B129 neben der häufigeren vergrößerten Minuskel-Form130 (meist an den Versanfängen) die kapitale Variante (in den Rubriken). Selten finden sich an den Versanfängen auch ganz normale oder kaum vergrößerte Minuskelformen, wie sie im Text selbst vorkommen, so etwa H, P, gerades D und F. Ob diese Formen von Piccolomini absichtlich verwendet wurden oder ob er nur einige Male versäumte, am Versanfang Majuskelbuchstaben zu setzen, geht aus den betreffenden Stellen nicht eindeutig hervor. Als Fazit können wir also festhalten, daß sich Piccolomini bei der Kopie seiner eigenen Carmina einer humanistischen Minuskel mit deutlichem Formanspruch bediente. Daß die Schrift bezüglich einzelner humanistischer Einzelformen nicht jene Konsequenz zeigt, wie das die frühen der erhaltenen Briefe tun (konsequent gerades d und (nahezu) konsequent langes Schluß-s, dazu humanistisches dreistöckiges g in den Briefen vom 1. und 11. November 1432, zum Teil auch in jenem vom 18. Dezember 1432), könnte damit zusammenhängen, daß es sich eben nur um eine Kopie für den privaten Gebrauch handelte, die den gehobenen Ansprüchen des Textgenos (Dichtung) entsprechen mußte, nicht jedoch auf Außenwirkung bedacht war. Auch was die Majuskeln betrifft, zeigt Piccolomini deutlich die mit Schrift und Inhalt des Haupttextes korrespondierende Tendenz, kapitale Formen zu bevorzugen131, ohne allerdings unziale oder vergrößerte Minuskelformen, deren er sich in seiner 127 Zu dieser Form ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 80 so-

wie STEINMANN, Lateinische Schrift zwischen Mittelalter und Humanismus, S. 194. 128 Vergrößerte Minuskel-Form etwa fol. 98v; Kapitalis fol. 97r (Rubrik). 129 Vergrößerte Minuskel-Form fol. 99r Zeile 4 von unten; Kapitalis-Form fol. 97r

(Rubrik). 130 Cfr. oben S. 48 und 55. 131 Völlig eliminiert ist l-förmiges A.

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Studentenmitschrift noch fast konsequent, in den Briefen bei bestimmten Buchstaben noch immer ausschließlich oder zumindest überwiegend bediente132, völlig zu eliminieren. 6.1. Exkurs: München, Bayerische Staatsbibliothek, clm. 12725 fol. 91r Zeitlich etwas später anzusetzen, aber inhaltlich gut hierher passend, soll an dieser Stelle noch ein weiteres Gedicht Piccolominis analysiert werden. Die aus dem Augustinerchorherrenstift Ranshofen133 in die Münchener Staatsbibliothek gekommene Handschrift clm. 12725134 enthält neben diversen anderen kleineren Texten135 fol. 39r-193v136 eine Sammlung von Briefen, die der Sienese entweder selbst verfaßte, konzipierte oder die an ihn gerichtet sind. Sie dürfte in den Jahren 1443 bis 1446 im Umkreis des Eneas entstanden sein: Den Beginn macht fol. 39r ein Brief aus dem Frühjahr 1443137, womit der terminus post quem für die Anlage der Handschrift gegeben ist. Nach einigen älteren, offensichtlich später nachgetragenen Briefen aus den Jahren 1431 und 1432 folgen ab fol. 42r in zunächst fast durchwegs chronologischer, später wieder etwas durcheinandergeratener Reihenfolge138 weitere Schreiben, die 1443 oder in den folgenden Jahren verfaßt wurden. Der chronologisch letzte Brief des Sienesen in der Sammlung139 stammt aus dem März

132 N, P, E. 133 Alte Signatur auf dem Buchrücken: Ransh. 125, cfr. auch GENZSCH, Die Anlage der

ältesten Sammlung, S. 373. 134 Zur Handschrift HALM, Catalogus, S. 89; davor schon VOIGT, Die Briefe, S. 331; cfr. auch WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. IX-XIV und vor allem GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 372-418 (mit zahlreichen Abbildungen, aber nicht immer ganz schlüssiger Argumentation). 135 Einzelne Briefe Senecas, Epigramme Piccolominis (Carmina (ed. VAN HECK), Nr.

133-135 und 29), Sinnsprüche antiker Philosophen, Materialien aus der Kanzlei Friedrichs, ältere Urkunden etc., cfr. HALM, Catalogus, S. 89. 136 Dieser Teil der Handschrift weist eine fol. 39r (Beginn einer neuen Lage) mit 1 be-

ginnende und bis fol. 192r reichende, wohl zeitgenössische Foliierung auf. Fol. 196r beginnt eine neue Lage. Die Lagen vor und nach der Briefsammlung sind also wahrscheinlich erst später hinzugekommen. 137 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 55, dort auf Mitte Mai gesetzt; GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 387 und 430 plädiert für Mitte April. 138 Cfr. dazu WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. X. 139 Der letzte Brief in der Handschrift, der Eneas als Absender aufweist, umfaßt die

Folia 192r-193v und ist auf den 23. Dezember 1442 datiert: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 42, allerdings finden sich davor schon viele Stücke, die mit der Kanzlei bezie-

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

1446140. Der Schreiber des größten Teils der Sammlung, die nicht zur Gänze von einer Hand geschrieben ist141, muß sich, da er die Briefe Piccolominis zumindest halbwegs laufend eintrug, in der Umgebung desselben befunden haben und wurde von Wolkan mit Ludwig Scheyter, Schreiber der königlichen Kanzlei, identifiziert142. Mitten unter Briefabschriften aus dem Mai 1444, die dort chronologisch in ziemlich konsequenter Reihenfolge und folglich wohl relativ zeitnah eingetragen wurden143, findet sich fol. 91r, unmittelbar vor dem auf der Rückseite desselben Blattes beginnenden „De curialium miseriis“144 Piccolominis vom 30. November 1444, ein Gedicht mit dem Titel Ludovicus Scheyter ad Vrsulam sui cordis furem145. Die Seite wurde in der Literatur seit Wolkan146 einhellig der Hand Piccolominis zugewiesen147. Dies verwundert insofern, als man bezüglich des zweiten Teils von Chig. H IV 135 stets Zweifel an einer solchen Zuschreibung hatte, die Schrift in clm. 12725 aber zumindest in den Einzelformen starke Parallelen zur humanistischen Minuskel der „Cinthia“ und „Ecloga“ aufweist148. So erscheint hier

hungsweise der Korrespondenz Friedrichs im allgemeinen, nicht aber mit Piccolomini im besonderen in Zusammenhang stehen. 140 Der mit Ex Wienna II Kl. Ianuarii 1446 datierte Brief fol. 189r-191r – WOLKAN,

Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 7 – ist, wie schon GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 441 (cfr. auch STRNAD, Der Mann, S. 260) nachgewiesen hat, auf den 31. Dezember 1445 zu setzen, damit ist nicht dieser Brief der jüngste der Sammlung, wie WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XI angibt, sondern WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 8 (26. März 1446); anders noch WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 368: „Der Kodex enthält ungefähr 250 Briefe, von denen keiner über das Jahr 1445 hinausreicht“. 141 GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 374-379 konnte neben der Haupt-

hand neun weitere Hände festmachen. 142 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XII. Zu Scheyter cfr. GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 449-457 (mit Abbildung seines Wappens 465 und einem Verzeichnis der autographen Zeugnisse Scheyters) und HEINIG, Kaiser Friedrich III., S. 735 (mit der weiteren Literatur in Anm. 681). 143 Möglicherweise Ende 1444, cfr. GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 414

(mit allerdings fragwürdiger paläographischer Begründung). 144 Cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 643-644. 145 ABBILDUNG 6d. Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XI; Abbildung:

Carmina (ed. VAN HECK), Tab. 6. 146 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XI. 147 Cfr. GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 377 und Carmina (ed. VAN

HECK), S. 63 und Tab. 6. 148 Was den Gesamteindruck betrifft, so steht die Schrift im Münchener Codex auf keinem ganz so hohen Niveau; es kommt jenem des Briefes vom 13. Mai 1433 (Vat. lat. 12504 fol. 5, cfr. oben S. 72-74) nahe. Beide Schriften sind wohl als humanistische Minuskel anzusprechen, da die Buchstaben nur vereinzelt aus den vorhergehenden tatsächlich heraus-

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6. DIE BUCH- UND GLOSSENSCHRIFT

115

ebenso wie in Chig. H IV 135 konsequent gerades d; rundes Schluß-s wird sogar noch mehr zurückgedrängt149; die einzige auf der Seite auftauchende ct-Ligatur hat ebenfalls eine von Piccolomini zwar nicht bevorzugte, aber gelegentlich angewandte Form, sie weist deutliche Sprengung auf150; e hat am Wortende häufig eine lange Zunge; die ur-Kürzung151 entspricht ebenso völlig dem Usus des Sienesen wie die – hier allerdings oft kaum merkbaren – Ansätze von links bei den Langschäften und die daraus gelegentlich resultierenden Schaftverdickungen. Gleiches gilt für die Majuskelformen von N (mit gewelltem Schrägbalken wie häufig in Chig. H IV 135, allerdings dort ohne das deutliche Einbiegen des zweiten Schaftes nach links), Q, A, L (mit leicht gebogenem Schaft) und des ziemlich in die Waagrechte gehenden S (jedoch ohne die in Chig. H IV 135 häufige knotenförmige Verdickung in der Mitte des Buchstabens). Andererseits gibt es durchaus auch Elemente, die für die Hand Piccolominis eher ungewöhnlich sind. So entspricht das g zwar fast durchwegs der vom Sienesen im zweiten Teil von Chig. H IV 135 verwendeten hakenförmigen Form152, zeigt aber auch verkrüppelte Gestalt153, die man bisher in den Autographen vergeblich gesucht hat154; auch die dreimal und dabei immer richtig, aber insgesamt inkonsequent verwendete ecaudata ist für Piccolomini nicht unbedingt typisch, kommt aber gerade in der „Cinthia“ und „Egloga“ vor. Dort nicht angewandt, aber aus anderen eigenhändigen Zeugnissen bekannt, wenn auch nicht sehr häufig155, ist die hier zweimal aufscheinende humanistische &-Ligatur im Wort, deren Gestalt mit der von Piccolomini üblicherweise praktizierten übereinstimmt. Untypisch für den Sienesen ist der einmal verwendete nach rechts ansteigende, dann aber in einem Haken nach unten auslaufende

gezogen sind; häufig kann man deutliche Zwischenräume zwischen den einzelnen Buchstaben beobachten, cfr. Zeile 1 (mihi, sunt). 149 Nur eines kommt im Text vor, Zeile 6 von unten (puellas). 150 Zeile 6 von unten (cunctas). 151 Cfr. Zeile 4 von unten (labitur). 152 Ebenso im Brief vom 13. Mai 1433, cfr. oben Abschnitt 5. 153 Cfr. Zeile 7 des Haupttextes (ignem). 154 Eine ähnliche Form erst in einem Brief der Kardinalatszeit, in dem in Berlin,

Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, ms. lat. oct. 6 eingetragenen Gedicht (cfr. unten Abschnitt 10) und aus der Zeit des Pontifikats in der Rota einer Urkunde (cfr. unten Abschnitt 9). 155 Cfr. oben Abschnitt 5 (zum Brief vom 18. Dezember 1432) und unten Abschnitt 10 (zur Martial-Handschrift Piccolominis).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Kürzungsstrich156. Wir haben es also mit einer Seite zu tun, die zum Teil für Piccolomini zwar belegte, aber von ihm nie besonders ausgiebig gepflegte Einzelformen enthält. Nicht zuletzt aufgrund des Gesamteindrucks wird man allerdings kaum daran zweifeln können, daß es sich um die Hand des Sienesen handelt. Wenn man das Blatt für autograph hält, führt in jedem Fall auch kein Weg daran vorbei, den zweiten Teil von Chig. H IV 135 ebenfalls der Hand des Sienesen zuzuweisen, da sich für viele Erscheinungen gerade (und oft nur) dort Parallelen finden lassen.

156 Zeile 6 des Haupttextes (animum).

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7.

DIE 1440ER JAHRE Die ausgebildete humanistische Kursive Nach diesem ausführlicheren Seitenblick auf die einzige autographe Handschrift Piccolominis, die durchgehend in humanistischer Minuskel geschrieben ist, gilt es jetzt, den Blick wieder auf seine Kursive zu richten. Nach den letzten erhaltenen Schreiben aus dem Jahre 14391 ist eine größere Lücke in der Überlieferung der Originalbriefe des Sienesen zu konstatieren: Die nächsten erhaltenen2 datieren vom 1. Juli 14453 beziehungsweise 20. Mai 1447, danach setzt dichtere Überlieferung erst wieder am Beginn der 1450er Jahre ein4, etwa gleichzeitig übrigens mit den ersten Zeugnissen von autographen Kopien seiner eigenen Werke, die eine etwas sorgfältiger ausgeführte, „gesetztere“ Variante seiner Schrift 1 Cfr. oben Abschnitt 5. 2 Von WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), Nr. 161 irrig als autographes Schreiben be-

zeichnet ist der Brief an Johann Lauterbach vom 13. November 1444 in Reg. lat. 387 (fol. 172). 3 Archiv der Tiroler Franziskanerprovinz Schwaz, U 95. Das jüngst von P. Oliver Ruggenthaler OFM im Nachlaß des Franziskaners P. Justin Kaltprunner (1631-1691) aufgefundene Schreiben wurde mir erst nach Abschluß des Manuskripts bekannt (freundlicher Hinweis Johannes Helmrath). Es fügt sich in paläographischer Hinsicht nahtlos in die unten zu besprechenden Konzepte der Mitte der 1440er Jahre ein. Näheres zu Inhalt und Provenienz des Briefes wird in Bälde aus einer kritischen Edition des Briefes zu erfahren sein, die Johannes Helmrath und P. Oliver Ruggenthaler dem Verfasser angekündigt haben. Dieser ist P. Ruggenthaler für die Übermittlung einer Digitalaufnahme zu Dank verpflichtet. 4 Überprüft man die Adressaten seiner Briefe in diesem Zeitraum in der Edition Wol-

kans, so wird klar, warum die Überlieferungschance zumindest dieser, in seine Briefsammlungen aufgenommenen Schreiben sehr gering war: Es handelt sich fast durchwegs um an Privat- oder zumindest Einzelpersonen gerichtete Briefe, die somit nur auf Umwegen, wenn überhaupt, in das Archiv einer Institution gelangten und so erhalten blieben. Bezeichnend ist, daß das eine der beiden Originalschreiben aus den 1440ern (wie auch die vier nächsten chronologisch folgenden aus dem Jahre 1451 an das Domkapitel von Triest, zweimal an das Domkapitel von Siena und an die Stadt Siena) eben nicht an eine Einzelperson, sondern eine Institution, das Domkapitel von Triest, gerichtet ist. Daß Piccolomini nach seinem Eintritt in die Kanzlei des römisch-deutschen Königs erst wieder 1451 an die Stadt Siena schrieb, ist ziemlich unwahrscheinlich (cfr. auch WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 363), war doch der Sienese mit Sicherheit ein erstklassiger Informant, auch was die Italienpolitik Friedrichs anging. Hier dürfte wohl erneut mit einigen Verlusten, möglicherweise wieder das Archivio della Consorteria Piccolomini betreffend, zu rechnen sein, cfr. unten S. 144 Anm. 47 und ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 16-17.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

zeigen. Die 1440er Jahre erweisen sich somit in der Biographie des Sienesen seit dem frühesten eigenhändigen Zeugnis des Studenten (1426/27) als jenes Jahrzehnt, aus dem sich die bei weitem wenigsten Autographen erhalten haben5, die noch dazu sehr unregelmäßig verteilt sind und so – im Gegensatz zu den fast über das gesamte vierte Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts hin überlieferten frühen Briefe – nur eine punktuelle Analyse möglich machen. Nichtsdestoweniger verdienen diese Zeugnisse aus zwei Gründen besonderes Interesse: Sieht man von den eben erwähnten Schreiben des Jahres 1445 und 1447 ab, begegnen uns nämlich in dieser Dekade durchwegs und zum ersten Mal keine mehr oder weniger sorgfältig ausgeführten Schriftstücke, die als Endfassung des jeweiligen Textes gedacht waren, sondern deren Vorstufen: Konzepte also, die Piccolomini entweder in der Kanzlei Friedrichs oder für seine Privatbriefe nur zu eigener Verwendung entwarf und die erstmals seine humanistische Kursive in jener Form zeigen, die sich aufgrund seiner Gichtbeschwerden ab den 1450er Jahren im Schriftzug, aber nicht mehr in den Einzelformen ändern wird. Deswegen erschien es angebracht, die dekadische Gliederung zunächst beizubehalten, zumal sie wenigstens am Beginn auch mit einem biographischen Einschnitt korrespondiert: Piccolomini wechselte Ende 1442 mit dem Einverständnis Felix’ V., dessen Sekretär er seit spätestens Anfang April 1440 war6, in die Kanzlei des römisch-deutschen Königs7; die ersten aus dieser Tätigkeit entsprungenen, noch erhaltenen Konzepte von seiner Hand, heute ohne Ausnahme im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv liegend, setzen schon unmittelbar nach seinem Dienstantritt, nämlich im Frühjahr 1443, ein. Die Konzepte aus der Kanzlei Friedrichs Es handelt sich um insgesamt acht Konzepte, deren sechs in die Monate von Mai bis Juli 1443 fallen; Nummer sieben und acht datieren ins Jahr 1447. Von diesen acht Entwürfen, die von Wolkan ohne Ausnahme in seiner Edition berücksichtigt, aber nur mit der Angabe „k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien“ ohne genaue Signatur gedruckt wurden, 5 Verloren ist auch ein von Sigismondo Tizio erwähntes Notizbuch Piccolominis, das er während seines Dienstes unter Friedrich III. geführt haben soll, cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 6 DIENER, Weg von Basel nach Rom, S. 518. 7 Cfr. LHOTSKY, Aeneas Silvius und Österreich, S. 34; DIENER, Weg von Basel nach Rom,

S. 521.

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7. DIE 1440ER JAHRE

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konnten drei Stücke im heutigen Bestand des Archivs nicht mehr identifiziert werden8. Damit bleiben für die paläographische Analyse die Konzepte für die Briefe Kaspar Schlicks an den Bischof von Großwardein, Iohannes de Dominis9, und Kardinal Giuliano Cesarini10 sowie für den Brief König Friedrichs an König Wladislaw von Polen11 aus dem Jahr 1443; ins Jahr 1447 datiert das Konzept für den Bericht an Friedrich über die Gesandtschaft in Mailand12. Vor allem die chronologisch ersten vier Konzepte sind durch ihre zeitliche Nähe paläographisch derart eng miteinander verwandt, daß eine Einzelanalyse der Stücke unterbleiben kann. Im folgenden wird vom chronologisch ersten erhaltenen Konzept ausgegangen, auf kleinere Abweichungen in den übrigen Dokumenten kurz hingewiesen. Reizvoll in den Konzepten des Jahres 1443 ist auch der Vergleich mit der Korrekturhand Kaspar Schlicks13. In der direkten Gegenüberstellung auf engstem Raum wird die Klarheit und gute Lesbarkeit, aber auch die Eleganz der Schrift des Humanisten erst richtig deutlich. Im Konzept für den Brief Kaspar Schlicks an den Bischof von Großwardein14 erscheint die humanistische Kursive Piccolominis erstmals fast idealtypisch in jener Form, in der er sie die folgenden zwei Jahrzehnte hindurch praktizieren wird. Auffallend sind im Schriftbild der deutliche Abstand der Wörter voneinander, der der Schrift Klarheit und 8 WOLKAN, Briefwechsel I,2 (FRA II/62), Nr. VIII (König Friedrich an den Erzbischof von Gran, ca. 10. Mai 1443) und Nr. XXV (König Friedrich an Kardinal Giuliano Cesarini, etwa Ende Juli 1443) sowie II (FRA II/67), Nr. 20 (Eneas Silvius an den Herzog Ludwig von Savoyen, Oktober 1447). Da noch fünf weitere, sehr zeitnahe Konzepte erhalten sind, ändert dieses Defizit nichts am paläographischen Befund. Mein aufrichtiger Dank für die diesbezüglichen, leider fruchtlosen Recherchen geht an Herrn Mag. Gerhard Gonsa und Herrn Dir. Hon.-Prof. HR Dr. Leopold Auer (beide HHStA, Wien). 9 HHStA, Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (1443-1449), fol. 35r/v. Druck: WOLKAN,

Briefwechsel I,2 (FRA II/62), Nr. XV, ca. Anfang Juni 1443.

10 Zwei Schreiben: HHStA, Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (1443-1449), fol.

33r/v, Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,2 (FRA II/62), Nr. XXI (Anfang Juli 1443); HHStA, Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (1443-1449), fol. 34r/v, Druck: WOLKAN, Briefwechsel I,2 (FRA II/62), Nr. XXVIII (etwa Ende Juli 1443). 11 HHStA, Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (1443-1449), fol. 36r/v, Druck: WOLKAN,

Briefwechsel I,2 (FRA II/62), Nr. XXVII (Ende Juli 1443). Cfr. dazu auch HUFNAGEL, Der Briefwechsel, S. 330-331, der dort den deutschen Entwurf Schlicks für den Brief ediert. 12 HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1447 IX 1, 1448, fol. 1r-7v. Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Anhang b (Ende 1447). 13 Darauf aufmerksam gemacht hat schon WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S.

XIII. 14 HHStA, Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (1443-1449), fol. 35r/v (ABBILDUNG

7a).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Luftigkeit verleiht; dazu kommt in diesem speziellen Fall noch die extrem dünne Feder, aus der ein sehr feiner, eleganter Strich resultiert, den man sonst nur selten beim Sienesen antrifft – schon die folgenden Konzepte zeigen deutlich größere Strichdicke – und der besonders stark mit der dicken, ungelenk geführten Feder seiner Altersschrift kontrastiert15. Neu ist die häufigere Verwendung der humanistischen &-Ligatur16, die jetzt endgültig das Repertoire an Einzelformen in Piccolominis Kursive vollendet. Sie kommt in diesem Konzept mehr als doppelt so häufig wie die tironische Kürzung vor, kann ihr gegenüber aber auch in die Minderheit geraten17: So weist das Konzept für den Brief Schlicks an Kardinal Cesarini von Anfang Juli 1443 neben der ausgeschriebenen Variante des et ausschließlich tironische Kürzung auf – vielleicht ein Indiz, daß Piccolomini mit dem neuen Element noch nicht ganz vertraut war. Sehr konstante und zum Teil schon bisher in der Kursive Piccolominis beobachtete Elemente sind das kursive, zuweilen mit nur sehr schmalem Bauch ausgestattete a, das zur Form eines unten offenen Dreiecks tendiert18, das einfache kursive g, dessen untere Schlinge entweder offen ist19 oder mit feinem Haarstrich gleich zum nächsten Buchstaben überleitet20, die leicht unter die Zeile reichenden langes s und f, deren Oberlängen stark eingebogen sind und des öfteren zur Schlingenbildung neigen können21, schließlich das t, dessen Balken nie aus dem Schaft herausgezogen, sondern konsequent getrennt angesetzt wird. Das Verhältnis bei den Varianten der beiden „Schlüsselbuchstaben“ der humanistischen Schrift schwankt in den Kanzlei-Konzepten der 1440er Jahre leicht: Üblicherweise überwiegt, wie im vorliegenden Beispiel, rundes d gegenüber geradem22, doch wird in einem Fall23 gerades d überhaupt gemieden. Gerade im letztgenannten Konzept, aber auch in den übrigen ist dabei häufig ein Mittelding zwischen gerader und runder Form zu beobachten, das zwar deutlich nach links geneigten Schaft zeigt; dieser wird jedoch nicht aus der Rundung des d in einem Zuge entwickelt, sondern, wie 15 Cfr. unten Abschnitt 9. 16 Zu den vereinzelten früheren Vorkommen (auch im Wort) cfr. Abschnitt 4 und 5. 17 So im Konzept des Briefs König Friedrichs an König Wladislaw von Polen: Verhält-

nis etwa 2:3. 18 Cfr. fol. 35r Zeile 2 (suavia). 19 Cfr. fol. 35r Zeile 3 (gaudio). 20 Cfr. fol. 35r Zeile 2 (cognitu) und Zeile 9 von unten (regis). 21 Cfr. fol. 35r Ende Zeile 1 (modestus). 22 Verhältnis etwa 2:1. 23 Brief Schlicks an Kardinal Cesarini von Anfang Juli 1443.

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7. DIE 1440ER JAHRE

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beim geraden d, neu angesetzt; häufig wird daraus auch gleich der nächste Buchstabe herausgezogen24; zuweilen überwiegt überhaupt diese zweiteilige Variante. Ähnlich ist der Umgang Piccolominis mit geradem und rundem Schluß-s: Praktisch immer überwiegt gerades s, nur selten wird aber die runde Form so zurückgedrängt wie im vorliegenden Beispiel, wo es sich auf der ersten Seite nur zweimal findet25; dabei erscheint die runde Variante praktisch nicht mehr in der Majuskel-, sondern fast ausschließlich in der 6er-Form, wobei auch der Oberteil häufig starke Tendenz zeigt, sich einzurollen; vereinzelt erscheint auch eine Gestalt, die durch das Offenbleiben des unteren Teils des s, das meist leicht in die Unterlänge reicht, entfernt an eine 5 erinnert und sich später noch mehr durchsetzen wird. Humanistische ct-Ligatur hat sich völlig durchgesetzt und neigt durch den nahe am Kreuzungspunkt zwischen Schaft und Balken des t vorbeiziehenden Verbindungsstrich, der meist aus der Unterseite des c herausgezogen wird, zur Oberlänge des t häufig zur Schlingenbildung26; gelegentlich deckt sich der Aufstrich vom c dabei völlig mit dem Schaft des t27. Nur mehr sehr vereinzelt tauchen rundes r28 und 3er-Schluß-m29 auf oder verschwinden oft zur Gänze; der letzte Schaft des Schluß-m geht deutlich, aber nicht immer30 unter die Zeile und biegt nach links um31; ebenso unter die Zeile geht die Kralle des h, aus der häufig in Form einer kleinen Schlinge der nächste Buchstabe entwickelt wird32. Konsequent in die Unterlänge reicht auch das i in den auslautenden Kombinationen -ii/mi/ni/vi, zum Teil auch bei -ri. Nur inkonsequent angewendet sind (die rechtsgeneigten) I-Striche bzw. I-Punkte, was bei Kombinationen von vi/ni/mi etc. zuweilen zu Leseschwierigkeiten führt; gut geschieden sind allerdings in der Regel u/v und n. Anlautendes u/v wird häufig nicht nach dem Lautwert differenziert33, es überwiegt die gotisch aussehende Form des von links her ansetzenden v. Kürzungen werden von Piccolomini in nur bescheidenem 24 Cfr. fol. 35r Zeile 4 (denudarunt). 25 Fol. 35r Zeile 22 (benignissimus/beneficiis). 26 Cfr. fol. 35r letzte Zeile (facti). 27 So fol. 35r Zeile 10 (recta). 28 Im vorliegenden Beispiel gar nicht; sonst gelegentlich nach o und a. 29 In allen Kanzleikonzepten nur in der enim-Kürzung: Cfr. fol. 35r Zeile 5 und Zeile 13

(in Zeile 18 dürfte nur Platznot im Zuge einer Korrektur den Ausschlag gegeben haben). 30 Cfr. fol. 35r Zeile 13 (iam). 31 Cfr. fol. 35r Zeile 4 (laudem). 32 Cfr. fol. 35r Zeile 5 (reprehendo). 33 Cfr. fol. 35r Zeile 9 (velle), 14 (ulcus).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Ausmaß eingesetzt; dies ist umso auffallender, als es sich hier um Konzepte und keine endgültigen Fassungen der Texte handelt. Gerade hier ist vielleicht das humanistische Ideal der Klarheit und guten Lesbarkeit am deutlichsten zu greifen. Die Kürzungsstriche sind dabei meist kurz und stark gebogen; neigen des öfteren, vor allem, wenn sie aus dem Buchstaben darunter herausgezogen werden, zu Schlingenbildung34. Unseren bisherigen Beobachtungen entsprechen weiters die hier nur mäßig ausgeprägten Ansätze von links an den Langschäften35 (mit fallweiser Schlingenbildung beim langen d36) sowie die durch kursivierende Schreibweise deutlichen Verdoppelungen derselben, die am öftesten in der Kombination -ll- ins Auge stechen37, aber auch ausgehend von e oder p bei folgendem langen Schaft auftreten38. An Majuskeln treten E in unzialer39 und kapitaler40 Variante auf, während die Epsilon-Form verschwunden ist; grundsätzlich unzial ist auch das (etwas eckige) D41; schon bekannt sind uns die kapitalen Formen von A, Q (mit langem Abstrich nach rechts), L (mit Ansatzstrich von links und Neigung zur Schlingenbildung am Schnittpunkt zwischen Schaft und Balken), R und S, das jetzt aber häufig mit geschlossener unterer Schlinge, also eigentlich in vergrößerter Form des runden Schluß-s, erscheint. Vergrößerte Minuskelform haben, wie schon des öfteren oben beobachtet, H, N (in den Konzepten des Jahres 1443 ist allerdings auch die kapitale Form belegt) und P; V erscheint in der gotischen Form mit deutlichem Anstrich von links. Kaum Unterschiede zu den Konzepten des Jahres 1443 zeigt der Entwurf für den Bericht über die Gesandtschaft nach Mailand vom Ende des Jahres 144742. Der im Vergleich zum ersten Konzept für den Brief Schlicks an den Bischof von Großwardein etwas gröbere, vielleicht auch plumpere Eindruck, der aber über die Eleganz der Schrift insgesamt nicht hinwegtäuschen kann, dürfte vor allem auf die hier verwendete etwas stumpfere Feder zurückzuführen sein, während die Einzelformen 34 Cfr. fol. 35r Zeile 4 (vestreque). 35 Cfr. fol. 35r Zeile 3 (rebus). 36 Cfr. fol. 35r Zeile 12 (ad laudem). 37 Cfr. fol. 35r Zeile 3 (illis). 38 Cfr. fol. 35r Zeile 3 (pluribus) und 6 (debetis) von unten. 39 Fol. 35r Zeile 4. 40 Fol. 35r Zeile 9. 41 Fol. 35r Zeile 6 von unten. 42 Ohne Abbildung. HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1447 IX 1, 1448, fol. 1r-7v.

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7. DIE 1440ER JAHRE

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im Prinzip konstant geblieben sind und der nun schon gewohnten Kursive Piccolominis entsprechen: Rundes d überwiegt gegenüber der Minuskelform43, dagegen gerades Schluß-s (mit Tendenz zur Schlingenbildung wie bei f) gegenüber rundem44, wobei letzteres vor allem in der schon bekannten 6er-Form vorliegt. Mehrmals taucht hier allerdings eine Variante der runden Form auf, die eine geschlossene obere, hingegen offene untere Schlinge des s zeigt45 und die in den Konzepten des Jahres 1443 nicht zu beobachten war. Starken Überhang weist die tironische Kürzung von et gegenüber der humanistischen &-Ligatur auf46; Schluß-m in der 3er-Form erscheint nur extrem selten und ausschließlich in der enimKürzung47, nicht viel häufiger begegnet rundes r48. Der Text ist nur sehr wenig gekürzt; auch die Kürzungsstriche zeigen, von wenigen Ausnahmen abgesehen49, geringere Neigung zur Schlingenbildung. Diese Tendenz wird sich in den nächsten Beispielen der Kursive Piccolominis weiter verfestigen.

Der Brief vom 20. Mai 1447 aus Graz an das Domkapitel von Triest (Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 48, Nr. 150) In dem ersten der drei unter der Signatur Ms. II 48 zusammengefaßten Originalbriefe Piccolominis51 teilt der Sienese dem Kapitel von Triest 43 Verhältnis etwa 5:1; auch hier erscheinen häufig die bekannten Übergangsformen. 44 Verhältnis etwa 4:1. 45 Cfr. fol. 1r Zeile 11 (oculos) und 9 (Gibellinos) von unten. 46 Verhältnis etwa 10:1. 47 Einmal im Zuge einer Korrektur von dies zu diem. 48 Meist in der Kombination -or. 49 Cfr. etwa fol. 1r Zeile 13 (tempestate). 50 ABBILDUNG 7b. Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 15. 51 Zum zweiten, auch an das Domkapitel gerichteten autographen Brief aus Poggibonsi

vom 16. Jänner 1451 (Ms. II 48 Nr. 3), cfr. unten S. 156. Nicht von Piccolominis, sondern einer gotischen Hand stammt, wie schon ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 69 erkannt hat, die Nr. 2 des Konvoluts, ein Schreiben des Sienesen an das Kapitel vom 8. Oktober 1449. Es handelt sich um den ersten Beleg für einen Originalbrief Piccolominis, der nicht von ihm selbst geschrieben wurde (und in diesem Falle auch nicht unterzeichnet ist). Diese Schreiben werden sich vor allem in der zweiten Hälfte der 1450er Jahre noch häufen. Die drei Briefe in Ms. II 48 scheinen im Gegensatz zu jenen in Ms. II 44 (cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 66) nicht aus dem Archivio della Consorteria Piccolomini über Domenico Rossetti in die Biblioteca Civica von Triest gekommen zu sein (cfr. unten S. 144 Anm. 47), da sie im Unterschied zu jenen keine älteren Archivspuren zeigen, cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 14; zudem sind alle drei nicht an die Stadt Siena, sondern an

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

seine Ernennung zum Bischof von Triest mit. Paläographisch besonders relevant ist das Schreiben aus zwei Gründen: Es handelt sich, wie oben schon erwähnt, um das erste erhaltene autographe Schreiben des Sienesen seit dem Ende der 1430er Jahre, andererseits auch um das erste erhaltene „offizielle“, an eine Institution gerichtete, das nicht an die Stadt Siena geht. Es wird also interessant sein, zu beobachten, ob Piccolomini der besonderen Intention des Schreibens auch im Schriftbild Rechnung trägt und wie sich der Brief in seine Schriftentwicklung einordnen läßt. Überraschenderweise fügt sich der Brief fast nahtlos in die zuletzt erläuterte Entwicklung der humanistischen Kursive Piccolominis ein und zeigt keinen Versuch, den offiziellen Inhalt des Briefes auch in der Schrift zum Ausdruck zu bringen, wie das etwa bei den ersten Briefen aus Basel an die Stadt Siena der Fall ist52. Piccolomini schreibt hier zwar ausschließlich rundes d mit den bekannten, zweiteiligen Übergangsformen zur geraden Form53; sonst stimmen die Einzelformen aber völlig mit den Usancen seiner Kursive überein: Langes Schluß-s überwiegt gegenüber rundem54, das jetzt ausschließlich in der 6er-Form vorkommt; s und f gehen leicht unter die Zeile und neigen manchmal zur Schlingenbildung an der Oberlänge55; et wird ausschließlich in Form der tironischen Kürzung verwendet56; humanistische ct-Ligatur wird mit einer Ausnahme57 konsequent angewandt; g erscheint in der einfachen kursiven Form mit offener unterer oder zum nächsten Buchstaben hin verlängerter Schlinge; a hat meist einen sehr schmalen Bauch; auslautendes -i nach i, n oder v wird unter die Zeile verlängert; rundes r ist ebenso eliminiert wie, mit einer Ausnahme (enim in gekürzter Form58) 3er-förmiges Schluß-m; der letzte Schaft des Schluß-m reicht unter die Zeile und knickt entweder fast waagrecht59

das Domkapitel in Triest gerichtet. Möglicherweise handelt es sich um jene Schreiben, die sich früher im Kapitelarchiv befunden haben sollen und die schon Wolkan dort vergeblich gesucht hat, cfr. WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 355. 52 Cfr. oben Abschnitt 5. 53 Cfr. Zeile 4 (regendi). 54 Verhältnis ca. 2:1. 55 Cfr. Zeile 6 (faveatis). 56 Ob es sich hier um eine gewollte Erscheinung oder Zufall aufgrund des sehr kurzen

Textes handelt, ist nicht zu entscheiden. 57 Electus in der Unterschrift Piccolominis: Dort die uns schon bekannte Form mit aus dem c verlängertem Balken und weit in die Oberlänge reichendem Schaft des t. 58 Zeile 4. 59 Cfr. Zeile 2 (omnium).

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7. DIE 1440ER JAHRE

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oder schräg nach unten links60 um. Kürzungen liegen insgesamt wenige vor; die Kürzungsstriche zeigen vereinzelt noch Tendenz zur Schlingenbildung, wenn sie aus dem darunterliegenden Buchstaben, vor allem e, entwickelt werden61, sind aber im Normalfall kurz und nach oben gewölbt. Der vielleicht um die Spur weniger kursive Ductus als in den zuvor analysierten Konzepten äußert sich in den kaum auftauchenden Ansätzen von links und nur spärlich vorhandenen Verdoppelungen der Langschäfte. Auch die Majuskelbuchstaben entsprechen jenen der Konzepte: E in unzialer62, H in vergrößerter Minuskelform; gotisches V mit Ansatz von links; die üblichen kapitalen Formen von G, R und (zur Waagrechte tendierendem63) S, wobei auch hier schon überwiegend die vergrößerte 6er-Variante zu finden ist 64. Insgesamt ergibt sich also ein doch etwas überraschender Befund: Trotz der Intention des Briefes als offizielles Schreiben an das Domkapitel in Triest verwendete Piccolomini seine übliche humanistische Kursive, die er in praktisch derselben Form (belegt auch durch ein nur wenig später zu datierendes Konzept) in der Kanzlei für Textentwürfe verwendete und mit der auch die anspruchslose Form und das Format des Beschreibstoffes (ein kleiner Papierzettel in Querformat) korrespondiert. Nicht nur die Einzelformen, auch Ductus und äußeres Erscheinungsbild entsprechen fast völlig dem ebenfalls 1447 entstandenen Entwurf für den Bericht über die Mailänder Mission. Wir werden auch in den folgenden, besonders in den 1450ern dicht überlieferten Briefen Piccolominis (abgesehen von einem selten vorkommenden, etwas gehobeneren Typ65) keine andere Schrift als die besagte humanistische Kursive mehr finden. Die Vielfalt an Schriften, die noch für das vierte Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts typisch war, ist spätestens im Jahrzehnt darauf zu Ende.

60 Cfr. Zeile 2 (scientem). 61 Cfr. Zeile 5 (habere) und vor allem 7 (potero). 62 Mit Tendenz zur Kapitalis-Form in der Unterschrift (Eneas). 63 Cfr. Zeile 1 (sicut). 64 Cfr. Zeile 4 (scio). 65 Cfr. unten Abschnitt 8.4.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Das Konzept von „De viris illustribus“ in Vat. lat. 3887 (fol. 39r-89r)66 Mit Ausnahme des Inhaltsverzeichnisses zu „De viris illustribus“ von einer Hand des wohl späteren 16. Jahrhunderts67 auf dem unfoliierten pergamentenen Schmutzblatt68 nach fol. 92 am Ende der Handschrift, mit dem Piccolomini den Codex wohl selbst versehen hat69, enthält Vat. lat. 3887 ausschließlich Autographa des Sienesen: Auf die zweite Fassung seiner Schilderung des Konzils von Basel70 und „De viris illustribus“71 folgen einige Entwürfe für Briefe aus dem Jahre 1449 beziehungsweise für den Erziehungsbrief an Ladislaus72. „De viris illustribus“ ist in der in Vat. lat. 3887 vorliegenden Form, die 43 Viten umfaßt, nur verstümmelt überliefert: Der Text setzt fol. 39r erst am Ende einer Vita ein, der neun weitere vorangegangen sein dürften, wie aus dem Inhaltsverzeichnis, das von Piccolomini fol. 92v eigenhändig eingetragen wurde73, erhellt; dort scheinen 13 weitere Titel von Viten auf, von welchen keine Spuren erhalten sind. Aus einem Brief Piccolominis an Giacomo de Castro Romano vom 28. November 144474 über den Tod von Niccolò Piccinino geht hervor, daß Piccolomini spätestens

66 Druck: De viris illustribus (ed. VAN HECK). Zur Handschrift ebendort, S. VI-VII. Zur Edition van Hecks cfr. BIANCA, Pio II (insbesondere Anm. 9). 67 Von dieser Hand stammt auch die Foliierung des Codex; der Verlust des Anfangsteils des Textes ist in jedem Fall vor der Foliierung eingetreten, cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. X-XI, der die Hand ins 17. Jahrhundert setzt. Der heutige einfache Einband trägt das von der Tiara gekrönte Wappen Pius’ VI., stammt also aus dem 18. Jahrhundert. 68 Cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), Tab. 5. 69 Cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), X. Es handelt sich um das Fragment einer lit-

tera clausa Nikolaus’ V. für Piccolomini vom 8. September 1452; damit ist ein terminus post quem für die Bindung der Handschrift gegeben, cfr. DIENER, Fridericus dux, S. 192. 70 Fol. 1r-38r beziehungsweise 38v, cfr. dazu unten Abschnitt 8.1. 71 Zu diesem Text cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 656, SCHMOLINSKY, Biographie und

Zeitgeschichte (dort auch Bemerkungen zum Genos); VITI, Osservazioni und die Einleitung „Ad lectorem“ in De viris illustribus (ed. VAN HECK). Zum verwickelten Schicksal des Textes cfr. DIENER, Fridericus Dux, S. 185-191. 72 Cfr. unten S. 132. 73 Cfr. unten S. 131. 74 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. 452 (Nr. 165): Cui et nunc epitaphium ede-

rem, nisi quod nunc librum de viris illustribus evi nostro (sic) compono, in quo et ipsum suo loco sepeliam et tumulum meliorem diuturnioremque faciam quam dux Mediolani construxisse sibi dicatur. Die Vita Piccininos in De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 8-12. Der Brief bezeugt somit auch den Titel des Werkes, der aufgrund des Textausfalls am Beginn nicht erhalten ist. Ebenso bezeichnet Eneas das Werk in einem Brief an den Bischof Johann von Eichstätt: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 163 (Nr. 43).

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ab diesem Jahr an dem Werk arbeitete75; ein weiterer Brief vom 23. Juli 1450 bezeugt die Absicht Piccolominis, auch Albrecht von Brandenburg in dem Werk eine Vita zu widmen76, die allerdings weder als solche noch im autographen Inhaltsverzeichnis bezeugt ist. Das Werk blieb also mit ziemlicher Sicherheit unvollendet77; die letzten chronologischen inhaltlichen Bezüge scheinen ins Jahr 1449 zu weisen78. Damit ist allerdings für die Datierung der Abschrift in Vat. lat. 3887 wenig gewonnen: Wie schon van Heck erkannt hat, handelt es sich weder um das ursprüngliche Konzept des Textes, der dafür viel zu wenige Streichungen und Korrekturen aufweist79, noch um eine Endfassung, wie aus zahlreichen Anakoluthen im Text, freigelassenen Stellen für Eigennamen und einigen Marginalien hervorgeht80. Jedoch erlauben die auf „De viris illustribus“ folgenden, selbst genau datierten oder durch die dazugehörigen Briefe datierbaren Konzepte eine präzisere Einordnung der Abschrift, als bisher angenommen wurde81. Einen ersten terminus ante quem für die Kopie des Textes in Vat. lat. 3887 liefert der nach dem Textende von „De viris illustribus“ fol. 89r auf der Rückseite desselben Blattes folgende, auf den 9. Februar 1450 datierte Entwurf eines Briefes an Ulrich von Rosenberg82; noch genauere Eingrenzungen erlauben aber die darauf folgenden Briefkonzepte. Zwar ist der Zustand der Handschrift in ihrem Schlußteil extrem schlecht83, sodaß die genaue Rekonstruktion der letzten Lage schwierig ist, doch kann man mit Sicherheit festhalten, daß es sich bei fol. 90 um das Gegenblatt zu fol. 79 handelt; das heute lose in der Handschrift lie75 Die Stelle wurde in De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. X übersehen, wo als terminus post quem für den Beginn des Werkes 1445 angenommen wird (irrig dort auch der an den Jahreswechsel 1441/42 statt auf Ende 1442 gesetzte Eintritt des Sienesen in die Kanzlei Friedrichs, cfr. dazu VOIGT, Enea 1, S. 272 und DIENER, Weg von Basel nach Rom, S. 520521), cfr. aber schon WEISS, Aeneas Sylvius, S. 57 Anm. 2 und SCHMOLINSKY, Biographie und Zeitgeschichte, S. 80. 76 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 163 (Nr. 43): Ego illi inter viros illustres nostri temporis, de quibus modo tractatum cudo, non infimum locum servavi atque idcirco silendum inpresentiarum decrevi. 77 Daß sich Piccolomini auch viel später noch mit dem Text beschäftigt hat, zeigen die Marginalien in seiner Altersschrift, die stellenweise auftauchen, cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. IX mit Tab. 4 und unten S. 131. 78 Cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. IX; anders DIENER, Fridericus dux, S. 194. 79 Cfr. unten Abschnitt 8 zu den Konzepten der „Historia Austrialis“. 80 Cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. IX. 81 Ein diesbezüglicher Hinweis nur bei BIANCA, Pio II, S. 26. 82 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 39. 83 Lose beziehungsweise nachträglich im Falz auf schmalen Papierstreifen zusammengeklebte Blätter erschweren die kodikologische Analyse.

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gende Blatt 91 ist mit großer Wahrscheinlichkeit das Gegenblatt zu dem heute ebenfalls losen fol. 78. Da sich fol. 90v ein Konzept vom 29. November 1449, fol. 91r deren drei vom 26. November 1449 befinden84, muß der Text von „De viris illustribus“ vor dem 26.85, sicher aber vor dem 29. November des betreffenden Jahres kopiert worden sein; auf die leeren Seiten am Ende der letzten Lage trug Piccolomini wohl wenig später die erwähnten Konzepte ein: Der Ductus dieser Konzepte (auch jenes vom Februar 1450) unterscheidet sich kaum von jenem am Ende von „De viris illustribus“. Piccolomini schreibt hier seine uns schon bekannte humanistische Kursive, die allerdings, da es sich um einen längeren Text handelt, der nicht in einem Zug durchgeschrieben werden konnte, im Schriftzug zum Teil deutliche Unterschiede zeigt, die aus äußeren Umständen wie Tagesverfassung, andere Feder oder Tinte, vielleicht auch Zeitdruck bei der Kopie einiger Passagen resultieren. Der Text beginnt fol. 39r in einer nicht besonders sorgfältig, aber zierlich und mit feiner Feder geschriebenen Kursive, wird jedoch schon fol. 40r flüchtiger, der Strich dicker. Diese Entwicklung, die sich auch in größerem Zeilen- und Wortabstand manifestiert, erreicht fol. 52v ihren Höhepunkt; in der Vita von Cosimo dem Älteren, die mit deutlichem Neuansatz beginnt, macht die Schrift wieder einen feineren, eleganteren Eindruck, der beinahe das Niveau des Beginns erreicht, ehe wieder Tendenz zu größerer Flüchtigkeit einsetzt. Dieses Schwanken wiederholt sich im folgenden Text noch mehrere Male. Des öfteren hat man auch den Eindruck, daß gerade am Beginn der Viten86 größeres Formwollen sichtbar wird87 und die Schrift etwas gesetzter wirkt. Mit diesem Schwanken des Ductus der Schrift korrespondiert auch die leichte Varianz der Einzelformen, die grundsätzlich im Rahmen dessen bleiben, was bisher als typisch für die Kursive Piccolominis erarbeitet wurde88: Sowohl was Schluß-s, als auch was die Form des d betrifft,

84 Cfr. dazu unten S. 132. 85 So schon DIENER, Fridericus dux, S. 193. 86 So etwa fol. 73v (Vita Karls VII. von Frankreich). 87 Auch in den Einzelformen: Gerade hier tritt gerades d meist gehäuft auf. Cfr. dazu auch die Bemerkungen zur Studentenmitschrift Chig. J VII 252 und zu den Briefen oben Abschnitt 4 und 5 passim. 88 Im folgenden wird die Schrift großteils anhand zweier willkürlich ausgewählter Seiten analysiert, die als repräsentativ für die etwas sorgfältigere (fol. 39r, der Beginn des überlieferten Textes, ohne Abbildung) beziehungsweise die flüchtiger geschriebene (fol. 50r, ohne Abbildung) Form der Kursive gelten können.

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finden wir beide Varianten89 der Buchstaben, wobei in den sorgfältiger geschriebenen Passagen langes Schluß-s und gerades d90 deutlich überwiegen, während in den flüchtigeren Abschnitten langes Schluß-s zwar weiterhin vorherrscht, die gerade Form des d aber deutlich gegenüber der runden ins Hintertreffen gerät und stellenweise fast ganz verschwindet91. Dabei zeigt die runde Variante vorwiegend die schon bekannte 6erForm; etwa gegen Mitte des Textes taucht aber auch das schiefliegende, unten offene „Majuskel“-s auf, das einer rechtsgeneigten, mitunter leicht unter die Zeile reichenden 5 ähnelt92, früher schon vereinzelt zu beobachten war und sich in der Kursive Piccolominis weiter durchsetzen wird93. Ähnlich verhält es sich mit der Behandlung von et: Hier dominiert am Beginn des Textes die humanistische &-Ligatur, während in den weniger sorgfältigen Teilen die tironische Kürzung die Überhand gewinnt. Die Kombination -ct- erscheint in den schon bekannten beiden Formen: Entweder als humanistische ct-Ligatur, in der der Verbindungsstrich zur Spitze des t vom unteren Ende des c her durchgezogen wird und die, weil dieser Aufstrich meist nahe am Kreuzungspunkt zwischen Schaft und Balken des t zu stehen kommt, häufig zur Schlingenbildung neigt, oder mit mehr oder weniger weit in die Oberlänge reichendem Schaft des t, der aber keine Verbindung mit dem c aufweist, das in den Balken des t verlängert wird94. Durchgehend wird Schluß-m in der 3er-Form gemieden und taucht offenbar, wie oben schon mehrfach beobachtet, nur mehr in der enim-Kürzung auf95; desgleichen erscheint rundes r bis auf wenige Ausnahmen fast ganz eliminiert. Die übliche einfache kursive Form mit kleiner oberer und unten offener Schlinge, aus der jedoch auch der nächste Buchstabe herausgezogen werden kann, weist das g auf; a zeigt den bekannten sehr schmalen 89 Natürlich mit den schon bekannten Zwischenformen. 90 Fol. 39r wird gerades d noch ausschließlich gebraucht; die runde Form setzt ab der

dritten Zeile von fol. 39v ein. 91 Cfr. fol. 50r. 92 Cfr. fol. 50r Zeile 15 (transmissos). 93 Diese Gestaltung des Schluß-s ist in den Originalbriefen der 1430er Jahre nur ganz

selten zu beobachten, wo fast durchgehend die unten geschlossene 6er-Form oder die aufrecht auf der Zeile stehende oder selten leicht darunter reichende (dann aber mit am unteren Ende gut gerundetem Bogen und nicht in der späteren 5er-Gestalt, cfr. Vat. lat. 12504 fol. 5r) Majuskel-Variante des runden s vorliegt. 94 Nicht immer ist klar zu entscheiden, welche Form vorliegt: Zuweilen deckt sich der

Aufstrich zum oberen Ende des t vom c her fast genau mit dem Balken des t, sodaß eine Festlegung kaum möglich ist. 95 Fol. 50r Zeile 12.

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Bauch; i wird in den Kombinationen -mi, -ni, -vi (hier nicht immer konsequent) und -ii (hier auch im Wortinneren), seltener bei -ri unter die Zeile gezogen, desgleichen Schluß-m, dessen letzter Schaft dabei stark nach links umknickt, sowie langes s und f. Verdoppelungen der Langschäfte und Ansätze derselben von links sind generell, auch im flüchtiger geschriebenen Teil, wenig ausgeprägt; der Text ist insgesamt in nur geringem Maße gekürzt; die Kürzungsstriche tendieren, wenn sie aus dem darunterliegenden Buchstaben herausgezogen werden, zu Schlingenbildung oder rollen wenigstens stark ein. Auch die Majuskeln entsprechen den bisher in der Kursive Piccolominis beobachteten Usancen: Kapitalis-Form von A, B (mit der typischen Verkümmerung des oberen Bauches), G, L (mit leicht geschwungenem Schaft und Neigung zur Schlingenbildung am Schnittpunkt zwischen Schaft und Balken), M, Q, R und T; vergrößerte Minuskelbuchstaben bei F und P; gotisches V. Bemerkenswert ist das Auftauchen von kapitalem N (zum Teil auch mit geschwungenem Schrägbalken96) neben der überwiegend gebrauchten vergrößerten Minuskelform und das Fehlen der Epsilon-Form des E, das überwiegend als Unzial-, selten als Kapitalbuchstabe vorkommt. S erscheint sowohl in der üblichen Kapitalis-Variante als auch mit geschlossenem Unterteil in Form des 6er-Schluß-s. An äußeren, nicht unmittelbar die Schrift betreffenden Merkmalen der Handschrift sind zwei Punkte bemerkenswert: Zum einen treffen wir an einer Stelle97 auf die Hervorhebung einer Textpassage am Rand durch eine abwechselnd gerade und gewellt-gezackte Linie, die sich seit der Studentenmitschrift aus den 1420ern nicht verändert hat98; zum anderen taucht in „De viris illustribus“ erstmals jene bisher für Piccolomini nicht bezeugte Gestaltung der Reklamanten auf, die der Sienese ab jetzt konsequent verwenden wird: Die betreffenden Wörter werden ohne jeglichen Schmuck und in der Kursive des Haupttextes am unteren Rand entweder in die Mitte99 oder die rechte Hälfte100 der Seite gesetzt. Insgesamt handelt es sich, vor allem in den sorgfältig und mit feiner Feder geschriebenen Passagen, um eine überaus elegante, auch im Verhältnis von Mittelband und Ober- beziehungsweise Unterlängen sehr ausgewogene Kursive, die sich im Ductus und allgemeinen Erscheinungsbild kaum von den Kanzleikonzepten der 1440er Jahre unterschei96 Cfr. fol. 41v; dazu oben S. 115. 97 Fol. 65v. 98 Cfr. oben Abschnitt 4. 99 Fol. 50v, 76v. 100 Fol. 60v.

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det. Gerade die etwas flüchtiger geschriebenen Passagen zeigen etwa große Ähnlichkeit mit dem Konzept für das Schreiben König Friedrichs an König Wladislaw von Polen von 1443101, während der mit feiner Feder geschriebene Anfangsteil von „De viris illustribus“ vor allem dort, wo der Schriftzug ein wenig flüchtiger wird, an den Entwurf für den Brief Kaspar Schlicks an den Bischof von Großwardein erinnert102. Ohne nähere Datierung der Stücke könnte man in diesen Fällen wohl kaum entscheiden, welchem der zeitliche Vorrang zukommt. Als bemerkenswertes Faktum ergibt sich daraus auch, daß Piccolominis Kursive jetzt nicht mehr nur auf (Brief-) Konzepte und Briefe beschränkt ist, sondern auch als Schrift für Konzepte und eine Art provisorischer Reinschrift seiner literarischen Werke dient, die er offensichtlich noch weiterbearbeiten wollte. Dieselbe Schrift (in ihrer flüchtigeren Variante) verwendete er auch für am Rand notierte Nachträge, die, nach Farbe der Tinte und allgemeinem Eindruck der Schrift zu schließen, fast durchwegs als zeitgleiche oder zumindest zeitnahe Ergänzungen gelten dürfen. Zweifellos seiner späteren Schrift103 ist hingegen die Marginalie fol. 86r104 zuzuordnen; auch der längere Nachtrag fol. 83r105 scheint schon die Folgen beginnender Gicht zu verraten106 und einige Zeit später hinzugekommen zu sein. Ebenso erst nach Abschluß des Textes von „De viris illustribus“ muß Piccolomini das Inhaltsverzeichnis eingetragen haben, das fol. 92v um den Entwurf für den Erziehungsbrief an Ladislaus, der Ende 1449 anzusetzen ist, gruppiert ist107. Wann genau dies geschah, läßt sich nicht präzise eingrenzen: Keinesfalls ist die Schrift seiner späten Kardinalatszeit oder seinem Pontifikat zuzuordnen, dafür ist sie noch zu zierlich und zu rund; die Kurzschäfte von m, n und u sind noch gut verbunden und gerundet, r noch relativ wenig gespalten. Damit ergibt sich eine Datierung wohl in die erste Hälfte der 1450er Jahre; es ist ohnehin wahrscheinlich, daß die Anlage des Inhaltsverzeichnisses bald nach dem Abschluß des Textes erfolgte.

101 Cfr. oben S. 119 Anm. 11. 102 Ebenfalls 1443, cfr. oben S. 119 Anm. 9. 103 Cfr. De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. IX mit Tab. 4. 104 De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 102, Anmerkung zu Zeile 21. 105 Nicht registriert in De viris illustribus (ed. VAN HECK), S. 95. 106 Cfr. unten Abschnitt 8. 107 ABBILDUNG 7c.

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Die Konzepte für die Privatbriefe 1449/50 In Vat. lat. 3887 folgt auf „De viris illustribus“ eine Reihe von großteils nur wenige Zeilen umfassenden Konzepten für Privatbriefe Piccolominis, die aufgrund ihrer zeitlichen Nähe (alle datieren aus den Jahren 1449 und 1450) und ihrem Vorkommen in ein und demselben Überlieferungsumfeld hier gemeinsam behandelt werden sollen. In chronologischer Reihenfolge handelt es sich um Entwürfe für Briefe an Francesco Filelfo (Wiener Neustadt, 26. November 1449)108, Niccolò degli Arcimboldi (Wiener Neustadt, 26. November 1449)109, Bartolomeo Regna (Wiener Neustadt, 26. November 1449)110 und an einen ungenannten Kardinal (Wiener Neustadt, 29. November 1449)111. Dazu kommen drei Anläufe zu einem Schreiben an die Stadt Mailand (um den 10. Dezember 1449)112, ein Entwurf für einen Brief an Ulrich von Rosenberg (Wiener Neustadt, 9. Februar 1450)113 sowie ein vorbereitendes Konzept114 für den Brieftraktat115 „De educatione liberorum“ an Ladislaus Postumus, der auf Februar 1450 datiert wird116. Der Entwurf folgt auf jenen des Schreibens an Bartolomeo Regna und wird durch den dreifachen Anlauf für den Brief an die Stadt Mailand unterbrochen; man wird ihn somit auch noch ins Jahr 1449 setzen müssen117. 108 Vat. lat. 3887 fol. 91r; Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 32, das Konzept dort S. 94 Anm. 1. 109 Vat. lat. 3887 fol. 91r; Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 33, das Konzept dort S. 95 Anm. 1. 110 Vat. lat. 3887 fol. 91r; Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 34, das Konzept dort S. 96 Anm. 5. 111 Vat. lat. 3887 fol. 90v; Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 35 (nur das Konzept erhalten). 112 Vat. lat. 3887 fol. 91v; Druck sämtlicher Konzepte: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 37. 113 Vat. lat. 3887 fol. 89v; Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 39. 114 Eigentlich handelt es sich um Exzerpte aus Quintilian, cfr. das Folgende. 115 Zu diesem Begriff und dem literarischen Genos cfr. BUCK, Humanistische Bildung,

S. 395. 116 Vat. lat. 3887 fol. 91v-92v. Druck des Brieftraktats unter anderem bei WOLKAN,

Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 40 und zuletzt mit englischer Übersetzung bei KALLENDORF, Humanist Educational Treatises, S. 126-259. Der Entwurf ist noch ungedruckt. Zum Traktat cfr. auch WORSTBROCK, Piccolomini, S. 642-643 und PIZZANI, Discipline letterarie. 117 Diese Datierung wird auch durch eine Notiz von Johannes Hinderbach zum Erziehungstraktat in Trient, Biblioteca Comunale, ms. 109 W bestätigt, der dort fol. 1r vermerkte: Scripsit hoc opus anno domini millesimo quadringentesimo quadragesimo nono in Novacivitate Austrie, cfr. STRNAD, Wie Johannes Hinderbach, S. 389 Anm. 32.

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Es handelt sich also um die ersten erhaltenen Konzepte Piccolominis, die tatsächlich nur zum eigenen Gebrauch, nicht im Rahmen seiner Kanzleitätigkeit entstanden sind, die niemand anderer als er selbst zu Gesicht bekommen haben wird118 und zu denen sich auch die Originalbriefe nicht erhalten haben119. Der Sienese verwendet auch hier durchgehend seine uns inzwischen bestens bekannte humanistische Kursive mit den typischen Eigenheiten, die an dieser Stelle nicht mehr wiederholt werden müssen; doch zeigen die verschiedenen Entwürfe durchaus unterschiedliches Niveau, was die Sorgfalt der Schrift betrifft. Am flüchtigsten geschrieben und deshalb stellenweise auch nur mit größeren Schwierigkeiten zu lesen sind die drei Anläufe für den Brief an die Stadt Mailand sowie der Entwurf für den Erziehungsbrief an Ladislaus120, während die drei Konzepte vom 26. November 1449 auf fol. 91r und jenes für den Brief an Ulrich von Rosenberg (beginnend mit sehr sorgfältiger Ausführung in den ersten Zeilen, dann etwas flüchtiger, aber durchaus vergleichbar mit der Kursive am kurz davor befindlichen Ende von „De viris illustribus“) das höchste Niveau aufweisen121; etwa dazwischen ist der Entwurf für den Brief an den ungenannten Kardinal (eher tendierend zu der Flüchtigkeit des Konzepts für den Erzieherbrief) anzusiedeln. Eine lineare chronologische Tendenz scheidet damit aus; gerade die Schrift der frühesten und spätesten Texte zeigt Ähnlichkeiten im Grad ihrer Ausführung. Zunächst scheint es, als könnte die Funktion der Texte einen Einfluß auf die Schrift ausgeübt haben: Beim vorbereitenden Konzept für den Erziehungsbrief an Ladislaus handelt es sich nämlich nicht um einen freien Entwurf im eigentlichen Sinne des Wortes, wie das beim Rest der Texte, den Briefkonzepten, der Fall ist, sondern um nichts anderes als ein Exzerpt der „Institutiones“ Quintilians, aus denen sich Piccolomini einzelne Sätze meist wörtlich notierte, also 118 Einzig der Brief an die Stadt Mailand betrifft keine Privatangelegenheit; die Stellung dieser drei Anläufe mitten im Entwurf für den Erziehungsbrief ist jedoch ein sicheres Indiz dafür, daß es sich auch hier um eine ausschließlich für eigene Zwecke bestimmte Aufzeichnung handelte. 119 Cfr. auch unten Abschnitt 8. 120 Dies äußert sich vor allem in der stellenweise nicht mehr vorhandenen Differenzie-

rung von i/m/n/v (verschärft durch fast völliges Fehlen von I-Strichen oder -Punkten), die häufig nur als Zackenlinie erscheinen, und an der fast durchgehend dem c sehr ähnlichen Form des e. Insgesamt ist die Schrift hier größtenteils auch kleiner als etwa auf fol. 91r, nicht aber stärker gekürzt. 121 Deutliche Differenzierung zwischen i/m/n/v, e ist von c besser geschieden und weist am Wortende (bevorzugt am Ende der Zeile) vereinzelt verlängerte Zunge auf (cfr. fol. 91r Zeile 7 und 6 von unten); einmal (fol. 91r Zeile 4 von unten) erscheint sogar die sonst bei Piccolomini sehr seltene und in Konzepten völlig unübliche e-caudata.

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um eine teilweise Abschrift einer Vorlage. Allerdings zeigen auch die den Quintilian-Teil unterbrechenden drei Anläufe für den Brief an die Stadt Mailand etwa dasselbe Aussehen, sodaß hier wohl andere Kriterien wie Tagesverfassung und wohl vor allem Zeitdruck die entscheidende Rolle spielten122. Unleugbar ist jedoch, daß der mehr oder weniger flüchtige Schriftzug wenigstens zum Teil mit den Einzelformen der Buchstaben korrespondiert: In den drei Anläufen zum Schreiben an die Stadt Mailand findet sich kein einziges, im Konzept für das Schreiben an den ungenannten Kardinal123 wie im Quintilian-Exzerpt nur ganz vereinzelt gerades d124; während die drei Konzepte vom 26. November 1449 überwiegend die gerade Form zeigen125. Nur der ebenfalls auf höherem Niveau stehende Entwurf für den Brief an Ulrich von Rosenberg zeigt mit überwiegend rundem d gegenläufige Tendenz. Ähnlich ist die Lage, was die Verwendung der humanistischen &-Ligatur angeht: Sie taucht neben der tironischen Kürzung zumindest vereinzelt in den Entwürfen von fol. 91v sowie 89v auf; im Quintilian-Teil, den Konzepten für den Brief an den nicht namentlich genannten Kardinal sowie jenen für das Schreiben an die Stadt Mailand ist sie zugunsten der tironischen Kürzung völlig eliminiert. Nur bedingt entspricht die Verwendung von Schluß-s diesem Befund: Zwar überwiegt (bei etwa ausgewogenem Verhältnis fol. 89v und 90v) fol. 91r die lange Form deutlich, während sie in den drei Anläufen für das Schreiben an die Stadt Mailand in der Minderzahl ist; doch zeigt gerade das am flüchtigsten geschriebene Quintilian-Exzerpt fast ausschließlich die lange Variante126. Inwiefern hier tatsächlich bewußte Entscheidungen des Schreibers eine Rolle spielen, wie diese eventuell mit vorhandenem Zeitdruck korrelieren oder ob es sich einfach um normale Schwankungsbreiten handelt, ist beim nur geringen Umfang der betreffenden Beispiele, die keine Ermittlung einer größeren statistischen Probe erlauben, nur schwer zu entscheiden; sicher wird auch hier der allgemeine Eindruck von den Einzelformen mitbestimmt127. Die grundsätzliche Tendenz, daß bei flüchtigerer Ausführung konservativere 122 Darauf könnte vor allem das Faktum hindeuten, daß sich die drei Entwürfe für den Brief an die Stadt Mailand in das Quintilian-Exzerpt eingeschoben finden. 123 Hier nur in der ersten Zeile, wie auch häufig in den Originalbriefen selbst die erste Zeile sorgfältiger ausgeführt ist. 124 Häufig ist in diesen beiden Texten jedoch die schon bekannte Übergangsform des

zwar zweiteilig geschriebenen, aber mit stark linksgeneigtem Schaft versehenen d zu finden. 125 Ausschließlich sogar im letzten Entwurf von fol. 91r (Brief an Bartolomeo Regna). 126 Die runde Variante dort zum Teil in der oben beschriebenen 5er-Form. 127 Cfr. FRENZ, Eindringen humanistischer Schriftformen 1, S. 338.

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7. DIE 1440ER JAHRE

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Formen überwiegen, dürfte aber nur schwer abzustreiten sein, zumal am Beginn der 1450er Jahre wieder gehobenere Konzepte Piccolominis erhalten sind, die ganz ähnliche Beobachtungen anhand der Einzelformen ermöglichen.

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8.

DIE 1450ER JAHRE Von der Ernennung zum Bischof von Siena bis zum Pontifikat Die Fünfzigerjahre des 15. Jahrhunderts sind jenes Jahrzehnt, aus dem sich die meisten eigenhändigen Zeugnisse Piccolominis erhalten haben. Ein minutiöseres Mitverfolgen der Schriftentwicklung als bisher ist auch deswegen möglich, weil, insbesondere aus der Zeit nach der endgültigen Rückkehr des Sienesen aus Österreich nach Italien im Mai 1455, autographe Originalbriefe in bemerkenswerter Dichte überliefert sind, die für die paläographische Analyse durch ihre genaue Datierbarkeit selbstredend von besonderem Wert sind. Gleichzeitig liegen auch einige Konzepte beziehungsweise private Reinschriften vor, die man zeitlich sehr präzise einordnen kann. Die folgenden Untersuchungen der Schrift stützen sich deswegen hauptsächlich auf diese Dokumente, während für andere, inhaltlich zum Teil viel wichtigere Autographen auf Basis der gewonnenen Ergebnisse oft nur eine bessere chronologische Einordnung versucht werden kann. Die Auswahl der folgenden Autographen – und um eine solche handelt es sich ab jetzt endgültig, da ihre Anzahl ab Anfang der 1450er Jahre stark zunimmt – erfolgte also in der Regel weniger nach ihrer Bedeutung im Œuvre Piccolominis als nach der Möglichkeit, sie chronologisch möglichst präzise einordnen zu können. Somit treten hier die Briefe in den Vordergrund, in denen sich noch eine weitere Entwicklung genauer mitverfolgen läßt, als das in den übrigen Autographen der Fall ist: Ab Mitte der 1450er Jahre bezeugen einschlägige Äußerungen Piccolominis zunehmend sein Leiden unter der Gicht1. Die autographen Originalbriefe erlauben nun nicht nur durch ihre auf den Tag präzise Datierung eine feinere Analyse der Veränderungen, die in seiner Schrift greifbar werden, sondern sprechen oft selbst von Gichtanfällen des Autors, während solche privaten Aussagen in historiographischen Werken oder Traktaten selbstredend kaum vorkommen oder auf die Praefationes beschränkt sind und somit die zeitliche 1 Die Krankheit wurde später auf seine nach überstandenem Seesturm mit bloßen Füßen unternommene Wallfahrt zu einer Marienkirche in Schottland zurückgeführt, cfr. VOIGT, Enea 1, S. 92, BOULTING, Aeneas Silvius, S. 60. Ein Anonymus sah darin freilich ein Zeichen der Sünden des Papstes, cfr. DE VINCENTIIS, Battaglie di memoria, S. 76.

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Eingrenzung viel schwieriger ist. Auch ein anderes Phänomen könnte mit dem zunehmenden Gichtleiden des Humanisten zusammenhängen: Ein relativ großer Prozentsatz der erhaltenen Originalbriefe Piccolominis vor allem aus der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ist nicht mehr autograph, sondern von anderen Händen geschrieben, wobei der Sienese nur in den wenigsten Fällen seine eigene Unterschrift eigenhändig hinzusetzte. Möglicherweise bereitete ihm das Schreiben in dieser Zeit phasenweise schon größere Probleme; andererseits wird man auch damit zu rechnen haben, daß spätestens ab dem Kardinalat für ihn verstärkt die Möglichkeit bestand, auch Schreiber für die Mundierung solcher Briefe einzusetzen, denen er den Text diktierte2 oder vielleicht auch konzipierte: Leider haben sich zu den Originalbriefen von anderer Hand aus dieser Periode keine autographen Konzepte erhalten, sodaß unsicher bleibt, wie in diesen Fällen genau vorgegangen wurde. Umgekehrt gibt es auch keine erhaltenen Originalschreiben zu den oben erwähnten autographen Briefentwürfen in Vat. lat. 38873. 8.1. Das Privatexemplar der Zweitfassung von Piccolominis „Commentarius“ über das Baseler Konzil (1451) Ehe näher auf die Briefe eingegangen werden kann, muß noch kurz ein Sonderfall unter den Autographen der 1450er Jahre erwähnt werden, der auch chronologisch gut an diese Stelle unserer Abhandlung paßt. Im ersten Teil4 von Vat. lat. 3887 befindet sich, wie oben schon kurz angedeutet, die einzige erhaltene Überlieferung eines undatierten, an Kardinal Juan Carvajal5 gerichteten Schreibens6, in dem Piccolomini, wie er in 2 Ein ähnlicher Fall (Marsilio Ficino) wurde aufgezeigt von KRISTELLER, Some Original

Letters, S. 8. Auch bei Ficino muß nicht jeder Originalbrief notwendigerweise autograph sein. 3 Cfr. oben Abschnitt 7. 4 Fol. 1r-38r. 5 Zum engen und vertrauten Verhältnis zwischen Piccolomini und dem Spanier, der auch Adressat anderer längerer Abhandlungen des Sienesen wie beispielsweise des „Dialogus de somnio“ ist, cfr. SCAFI, Enea Silvio Piccolomini e Juan de Carvajal (dort S. 665 auch weitere Literatur zu Carvajal) sowie MEUTHEN, Ein „deutscher“ Freundeskreis, passim. Weitere Literatur zu Carvajal auch bei STRNAD, Der Mann, S. 270 Anm. 65 und MEUTHEN, Carvajal. 6 Druck: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 44. Es handelt sich nicht um eine „Widmungsepistel“ vor dem Beginn des Textes, wie WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. XIV angibt und wie sie etwa für die 2. Redaktion der „Historia Austrialis“ oder die „Historia Bohemica“ vorliegt; vielmehr erhellt aus der Anrede, daß die ganze Abhandlung als Brief

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der Praefatio selbst sagt, einen de rebus Basilee vel stante vel dissoluto concilio gestis brevem commentariolum geben will7. Es handelt sich um die zweite Abhandlung dieser Art, die der Sienese verfaßte8: Schon 1439/40 war eine, in seiner Sicht der Dinge natürlich diametral entgegengesetzte Schrift9 „De gestis concilii Basiliensis commentariorum libri II“ entstanden10. Wolkan datiert die zweite Fassung der Schrift ins Jahr 1450 und bezeichnet sie als „Originalkonzept“ Piccolominis11; beide Angaben scheinen jedoch problematisch zu sein: Zwar nennt sich Eneas in der Anrede an Carvajal episcopus Tergestinus, doch erwähnt er am Ende der Schrift den Tod des früheren Gegenpapstes Felix V., Amadeus von Savoyen12 – dieser starb aber, wie Wolkan selbst im Kommentar angibt, erst am 7. Jänner 1451, zu welchem Zeitpunkt Piccolomini schon Bischof von Siena war13. Außerdem zeigt der Text in seiner ersten Hälfte kaum Korrekturen (erst gegen Mitte in Form von Marginalien) und eine Schrift, die man in ihrer sorgfältigen Ausführung und Buchstabentrennung fast als etwas nachlässigere humanistische Minuskel14 bezeichnen könnte. Dies äußert sich auch in den Einzelformen: Piccolomini schreibt zumindest anfangs konsequent gerades d; die runde Form dringt erst ab fol. 14v und zunächst nur vereinzelt ein. Desgleichen wird et zunächst nur mit der humanistischen &-Ligatur15 wiedergegeben und die tironigedacht ist. Eben darum nahm sie Wolkan ja auch in die Edition des Briefwechsels auf. Zu den Entwürfen zu einer Neufassung der Praefatio fol. 38v cfr. unten S. 141. 7 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 164. 8 Dazu kommt auch noch der „Libellus dialogorum de generalis concilii authoritate et

gestis Basiliensium“ vom November 1440 (Druck: KOLLÁR, Analecta II, S. 685-790), cfr. dazu WORSTBROCK, Piccolomini, S. 647-648 und zuletzt IARIA, Diffusione e ricezione. 9 Cfr. De gestis concilii (ed. HAY, SMITH), S. XXIX; WORSTBROCK, Piccolomini, S. 655656; zu Tendenz und Quellenwert BIRCK, Enea Silvio als Geschichtsschreiber sowie CHRISTIANSON, Aeneas Sylvius Piccolomini and the Historiography. 10 Druck: De gestis concilii (ed. HAY, SMITH). 11 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 164; in der Datierung folgt ihm praktisch die

gesamte weitere Literatur, cfr. De gestis concilii (ed. HAY, SMITH), S. XXIX und jüngst MONTECALVO, The New Landesgeschichte, S. 56 Anm. 4. 12 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 228: Amedeus autem elapso iubileo intra dies XII, ut aiunt, mortem obiit et unionem confirmavit. 13 Dies wurde schon gesehen von BIRCK, Enea Silvio als Geschichtsschreiber, S. 589.

Eneas war bereits am 23. September 1450 auf den Bischofssitz Siena transferiert worden, cfr. STRNAD, Der Mann, S. 265 Anm. 43. 14 Buchstabentrennung ist nicht durchgeführt, aber doch sichtlich angestrebt; s und f

gehen unter die Zeile. 15 Manchmal auch im Wort für die Endung -et, wo die Kürzung von Piccolomini sonst kaum verwendet wird, cfr. oben Anm. 719.

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sche Kürzung ganz gemieden; gerades Schluß-s drängt die runde Variante zwar nicht völlig zurück, ist aber deutlich in der Überzahl; letztere zeigt fast durchgehend die oben schon erwähnte 5er-Form des leicht in die Unterlänge reichenden, oben und unten offenen, rechtsgeneigten Majuskel-s. Untrügliches Zeichen für den gesetzteren Charakter der Schrift sind die zum Teil nach rechts umgeknickten unteren Enden der Kurzschäfte16, die kompliziertere Form des g mit der hakenförmigen, zum Teil geschlossenen17 Unterlänge18, die wir in ähnlicher Gestaltung schon in den Briefen gehobeneren Niveaus der 1430er kennengelernt haben, und das am Wortende großteils eine verlängerte Zunge aufweisende e19, das auch in anderer Stellung des öfteren eine Öse bildet20. Der letzte Schaft des Schluß-m bleibt im Gegensatz zum Usus in der Kursive Piccolominis auf der Zeile (die 3er-Form ist auch hier auf die enim-Kürzung beschränkt, desgleichen gemieden wird rundes r), ebenso das Schluß-i in den Kombinationen -mi/ni/vi; nur -ii zeigt verlängertes i (auch im Wortinneren). Bauchig wie sonst selten bei Piccolomini ist hier größtenteils das a, das aber die kursive Form beibehält; die Kombination -ct- wird deutlich in der Form der humanistischen Ligatur behandelt, wobei im Gegensatz zu kursiveren Autographen Piccolominis der Verbindungsstrich zur Spitze des t häufiger vom oberen Ende des c angesetzt wird21; sie neigt aber auch hier durch den zuweilen nahe am Schaft des t liegenden Ansatzpunkt zur Schlingenbildung22. Die Schrift zeigt insgesamt sehr gesetzten Ductus und deutliche Differenzierung bei den Buchstaben i/m/n/u; die üblichen Ansätze der Langschäfte von links (mit Neigung zur Schlingenbildung bei langem d23) sind deutlich zu sehen, Schaftverdoppelungen jedoch sehr selten24, da Kursivierung konsequent zurückgedrängt wird: So weist auch die unter die Zeile reichende Kralle des h, aus der in der Kursive fast regelmäßig der nächste Buchstabe herausgezogen wird, keine Schlinge auf; im allgemeinen sind die Buchstaben zwar zum Teil eng aneinandergerückt, tatsächliche Ligaturen zwi16 Cfr. fol. 1r (ABBILDUNG 8a) Zeile 2 (domino). 17 Cfr. fol. 1r Zeile 12 (gestis). 18 Cfr. fol. 1r Zeile 3 (Tergestinus). 19 Cfr. fol. 1r Zeile 4 (que). 20 Cfr. fol. 1r Zeile 4 (nemo). 21 Cfr. fol. 1r Zeile 2 (doctissimo); von unten her angesetzt fol. 1r Zeile 10 (nactus). 22 Cfr. fol. 1r Zeile 1 (sacrosancte). 23 Cfr. fol. 1r Zeile 8 (eiusdem). 24 Besonders deutlich wird das in der Kombination -ll-, die sonst prädestiniert für die

Schaftverdoppelung ist, cfr. fol. 1r Zeile 10 (pauxillum).

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schen den Buchstaben aber seltener, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Das gehobene Niveau der Schrift wird besonders an den Majuskelformen deutlich: Neben den auch sonst von Piccolomini verwendeten Kapitalis-Formen von A, B (mit dem typischen, nur angedeuteten oberen Bauch), G, L, M, Q (hier mit elegantem geschwungenen anstelle des sonst üblichen geraden Abstrichs), R und S dominiert hier zumindest am Anfang auch die kapitale Variante des N gegenüber der sonst häufiger verwendeten Minuskelform25 (dabei reicht der zweite Schaft weit unter die Zeile; vereinzelt findet sich auch die Form mit dem geschwungenen Schrägbalken26); auf der ersten Seite erscheint auch kapitales E (später auch kapitales F), das aber sehr bald von der üblichen unzialen Form27 abgelöst wird. Artifizielleres Aussehen als sonst zeigt auch V, das sich stärker der kapitalen Form (mit jetzt stärker geknicktem Anstrich von links) annähert. Die ohnehin wenigen Kürzungsstriche zeigen neben einer an den beiden Enden geschwungenen Variante, die wir schon in einigen Briefen der 1430er Jahre beobachten konnten28, meist sehr gerade, waagrechte Form und werden fast nie aus dem darunterliegenden Buchstaben herausgezogen. Ausschließlich in diesem ersten, niveauvoller geschriebenen Teil des Textes, in dem auch der rechte Rand von Piccolomini disziplinierter eingehalten wird, finden wir bis einschließlich fol. 15v die bekannten Randmarkierungen mit einer geraden, von wellenartigen Abschnitten unterbrochenen Linie und seine Zeigehände29; dazu notierte er sich am Rand die im Text vorkommenden Eigennamen: Auch für diese Marginalien verwendete er zunächst die sehr hochstehende Schrift des Haupttextes, ehe sie sich deren sinkendem Niveau anpaßt. Für die Reklamanten, durchwegs in der rechten Hälfte des unteren Randes der Seiten positioniert, verwendet der Sienese hingegen von Beginn an die Kursive des zweiten Textteils, was unter Umständen für nachträglichen Eintrag sprechen könnte. Insgesamt wird man also in diesem ersten Teil kaum mit Wolkan von einem „Originalkonzept“ Piccolominis sprechen können – dafür liegen viel zu selten Streichungen im Text selbst und Korrekturen an den Rändern vor30 –, vielmehr handelt es sich zweifellos wieder um eine Art (provisorischer?) Rein25 Cfr. fol. 1r Zeile 6 und weitere. 26 Cfr. oben S. 115 und 130. 27 Ganz selten ist das epsilon-förmige E. 28 Cfr. oben Abschnitt 5. 29 Cfr. fol. 1r. 30 Die erste tatsächliche Korrektur (abgesehen von den oben schon erwähnten, zur

Orientierung notierten Eigennamen) ist fol. 13v zu registrieren.

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schrift, die sich der Sienese wohl für den privaten Gebrauch anlegte. Allerdings verändert die Schrift ziemlich genau ab der Mitte des Textes ihren Charakter und geht zur üblichen Kursive Piccolominis über; auch hier ist allerdings fraglich, ob man in diesem Bereich von „Originalkonzept“ sprechen kann: Zwar tauchen mehr und mehr Streichungen im Text auf, sie erreichen aber keinesfalls jenes Ausmaß, das wir etwa in den Konzepten zur „Historia Austrialis“ oder auch in Chig. J VII 25131 an mehreren Stellen beobachten können; desgleichen sind auch Korrekturen am Rand nur sehr spärlich vorhanden. Möglicherweise entschloß sich Piccolomini während der Abschrift seines tatsächlichen Originalkonzepts, den Text ohnehin noch einmal überarbeiten zu wollen32, und ging dann immer mehr zu einer flüchtiger geschriebenen Kursive über, um schneller voranzukommen. Für diese Theorie könnte eine weitere Beobachtungen sprechen: Auf das Ende des Textes (fol. 38r) folgen auf der Rückseite desselben Blattes drei Entwürfe für eine überarbeitete Fassung der Praefatio, die sicher nach der Kopie des Haupttextes entstanden sind: Dies geht nicht nur daraus hervor, daß sich die Entwürfe am Ende des Textes und gleichzeitig der letzten Lage befinden und so schwerlich vor dem Text selbst eingetragen werden konnten, sondern auch aus der nunmehrigen Selbstbezeichnung des Sienesen im ersten dieser drei Entwürfe als episcopus Senensis – dies paßt hervorragend zur Erwähnung des Todes von Amadeus von Savoyen am Ende des Textes, der erst ins Jahr 1451 und damit in die Amtszeit Piccolominis als Bischof von Siena fiel33. Eine weitere Präzisierung ergibt sich aus einer Passage des dritten Entwurfs zur Praefatio auf fol. 38v, die sich folgendermaßen an Carvajal richtet: Nunc ex Apulia reversus pauxillumque ocii nactus id solum tibi dicavi; scripsi, que iussisti. Damit kann nur die Mission des Sienesen bei König Alfons von Neapel bezüglich der Heirat König Friedrichs mit Eleonore von Portugal gemeint sein34, von der Eneas 31 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) und unten Abschnitt 9 zu Chig. J VII 251. 32 Dafür könnte auch das gegen Ende des sorgfältiger geschriebenen ersten Teils abbre-

chende Hervorheben der Eigennamen durch entsprechende Vermerke am Rand und das Verschwinden der Textmarkierungen sprechen, cfr. oben. 33 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. XIV registrierte zwar die Konzepte am Ende

des Textes, deren Edition er für Band III seiner Edition ankündigte, doch entging ihm offenbar die Selbstbezeichnung Piccolominis als Bischof von Siena. 34 Cfr. VOIGT, Enea 2, S. 17-18. Der nächste Aufenthalt in „Apulia“, wie Kampanien hier

bezeichnet wird, fällt erst ins Jahr 1456 (cfr. VOIGT, Enea 2, S. 187 mit Anm. 3), da Piccolomini die Reise Friedrichs zu Alfons von Neapel (cfr. RYDER, Alfonso, S. 349-357) nach der Kaiserkrönung in Rom nicht mitmachte, cfr. VOIGT, Enea 2, S. 52 und jüngst WAGENDORFER, Der Blick des Humanisten (im Druck).

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1451 zurückkehrte: Vom 16. Jänner 1451 datiert noch ein Brief aus Poggibonsi an das Triester Domkapitel35; spätestens am 24. Mai 1451 befand sich Piccolomini wieder in Wien, von wo er Kardinal Zbigniew Olesnicki eine Sammlung seiner Laienbriefe übersandte36. Die Entwürfe zur Praefatio sind damit in das Frühjahr 1451 zu setzen. Der Sienese begann den Text des Kommentars somit noch als Bischof von Triest, arbeitete aber zumindest am Jahresanfang 1451 noch immer daran. Die in Vat. lat. 3887 vorliegende Abschrift ist also, wenn man die Existenz eines Konzepts als Vorlage voraussetzt, keinesfalls vor dem Tod von Amadeus von Savoyen entstanden, war aber vor den drei neuen Anläufen zur Praefatio abgeschlossen. Damit ergibt sich eine Datierung der Kopie in Vat. lat. 3887 auf das Frühjahr 1451. Die zweite Hälfte des Textes zeigt nun im Vergleich zum ersten Teil einen völlig veränderten Schriftcharakter. Der Bruch zwischen den beiden Teilen ist ziemlich eindeutig auf den Folia 19v und 20r auszumachen: Schreibt Piccolomini fol. 19r noch die zierliche, sehr kleine und noch immer sorgfältige Schrift der ersten Hälfte des Textes (wenn auch schon flüchtiger als am Textbeginn und mit kursiveren Zügen37), so wird der Ductus fol. 19v schon viel kursiver und erreicht fol. 20r (möglicherweise auch aufgrund einer dickeren Feder, jedenfalls wirken die Buchstaben jetzt viel klobiger als die sehr grazilen, eleganten Formen bis fol. 19r) das übliche Aussehen von Piccolominis Kursive, die er auch für Konzepte verwendet38. Dies äußert sich in der jetzt weniger deutlichen Scheidung von i/m/n/v in einschlägigen Buchstabenkombinationen, im vermehrten Mitschreiben von Luftlinien durch kursivere Schreibweise, durch die daraus resultierenden, jetzt häufiger auftretenden Schaftverdoppelungen39 und das nun öfter zu beobachtende Herausziehen der Kürzungsstriche aus dem Buchstaben darunter40 mit damit verbundener Tendenz zur Schlingenbildung.

35 Triest, Biblioteca civica, Ms. Picc. II 48, Nr. 3. Nicht gedruckt bei Wolkan. Regest: Documenti raccolti, Anno 1451 (ohne Paginierung); cfr. dazu unten S. 156. 36 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 4. 37 Etwa Schlingenbildung an der Kralle des h durch Herausziehen des nächsten Buch-

stabens; einfachere, kursive, nicht mehr hakenförmige Form des g etc. Cfr. dazu das Folgende. 38 Allerdings zeigt der zweite Teil des Textes ähnlich wie das Schriftbild in „De viris il-

lustribus“ (cfr. oben Abschnitt 7) einige weniger flüchtig geschriebene Seiten (etwa fol. 23r25r), erreicht jedoch nie das Niveau des ersten Abschnitts. 39 Cfr. fol. 38r (ABBILDUNG 8b) Zeile 4 (concilium). 40 Cfr. fol. 38r Zeile 4 und 3 von unten (novem, in).

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Es ist ungemein interessant, zu beobachten, wie dieser Wechsel im Schriftbild und im Ductus mit jenem bestimmter Einzelformen korrespondiert, der zum Teil schon dem Bruch im allgemeinen Eindruck der Schrift vorausgeht: So finden sich die ersten Beispiele für rundes d bereits fol. 14v; gegen Ende des Textes ist diese Variante fast völlig vorherrschend41. Desgleichen die Überhand gewinnt nun die runde42 über die lange Form des Schluß-s sowie die tironische et-Kürzung über die humanistische &-Ligatur. Die kompliziertere Form des g mit hakenförmiger unterer Schlinge, die schon am Ende des ersten Teils häufig durch die einfachere, kursive Form des Buchstabens ersetzt wurde, verschwindet nun zur Gänze; e mit verlängerter Zunge ist auch am Zeilenende kaum mehr zu finden43; s und f gehen stärker unter die Zeile, die Enden der Kurzschäfte werden nun nicht mehr umgebogen, sondern enden spitz; i am Wortende wird ebenso wie der letzte Schaft von auslautendem m nun auch in den Kombinationen –mi/ni/vi ziemlich konsequent, zum Teil auch bei -ri44 unter die Zeile gezogen45. Dieselbe Entwicklung zeigen die Majuskelformen: Am Ende des Textes sind die Kapitalis-Formen von E, F und N der üblichen unzialen (E) beziehungsweise der vergrößerten Minuskelform (F, N) gewichen; S kommt auch in der unten geschlossenen Variante vor, die an vergrößertes 6er-Schluß-s erinnert; Q zeigt wieder den aus der Kursive gewohnten einfachen, geraden Abstrich nach rechts; V die übliche gotische Form mit Anstrich von links. Der Text zeigt uns also in sehr eindringlicher Weise, wie sich Änderungen in der Intention des Verfassers und unter Umständen auch Zeitdruck nicht nur auf den Ductus und den allgemeinen Eindruck, sondern auch auf den Typ der verwendeten Schrift auswirken können. Piccolomini bedient sich hier im ersten Textteil zum letzten Mal für einen längeren Text einer gehobeneren Schrift; ab 1451 liegen mit verschwindend geringen Ausnahmen46 nur mehr Zeugnisse seiner humanistischen Kursive vor, die er ab nun für sämtliche Genera und Funktionen von Texten (Konzepte, Originalbriefe, Dichtungen,) verwenden wird. Unser Hauptaugenmerk muß also nun der Entwicklung seiner Kursive gelten.

41 Cfr. fol. 38r. 42 Häufiger in der 6er-Form, aber auch die unter die Zeile reichende 5er-Gestalt kommt

vor, cfr. fol. 38r. 43 So noch fol. 38r Zeile 8 von unten (patre). 44 Fol. 38r Zeile 6 (exoriri). 45 Fol. 38r Zeile 2 sogar bei Nicolai. 46 Cfr. unten Abschnitt 8.3 und 8.4.

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8.2. Die Briefe der 1450er Jahre Wie oben schon angedeutet, ist die gerade für die 1450er Jahre ungemein dichte Überlieferung von Originalschreiben ein reicher Fundus für die paläographische Analyse der Schrift Piccolominis, wenngleich viele der Briefe nicht von seiner eigenen Hand stammen: Von den in der Biblioteca Civica in Triest unter der Signatur Ms. Picc. II 44 („Autografi di Enea Silvio Piccolomini“)47 liegenden 55 Originalbriefen48 sind nur 47 Die Briefe, die unter dieser Signatur zusammengefaßt sind, bildeten ursprünglich

einen Teil der Piccolomini-Bibliothek, die der Triester Advokat Domenico Rossetti (17741842, zu diesem passionierten Petrarca- und Piccolomini-Liebhaber cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 9 mit der weiteren Literatur in Anm. 1) in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zusammengetragen und in seinem Testament der Biblioteca Civica in Triest vermacht hatte (zu dieser Sammlung cfr. WEINIG, Aeneam suscipite, S. 122). Rossetti gibt auf dem Umschlag zweier heute in der Österreichischen Nationalbibliothek liegenden Briefe von Eneas und Francesco Todeschini-Piccolomini an, 1821 seien ihm von einem „letterato Senese“ etwa 110 Autographen von Eneas, dessen Neffen Francesco und anderer illustrer Persönlichkeiten überlassen worden: „Gli originali delle presenti due lettere facevano parte di una raccolta di circa 110 autografi di Pio II, di Pio III e di qualche altro personaggio meno illustre, diretti alla comunità di Siena. Essi debbono essere stati trafugati all’archivio (sic) di quella città, ove vennero per ultimo in mano di un rivendugliolo, da cui nel Gennajo del 1819 li comperò un letterato senese, il quale a me li cedette nel 1821 raccolti in un volume. L’autografia della prima fu riconosciuta dal bibliotecario e da altro dotto di Siena, e si conferma pienamente col confronto non solo di tutte le 50 e più lettere di Pio II contenute in quel volume, ma eziandio di una che di lui trovai qui in Trieste presso la patrizia famiglia de’ Leo (Rossetti scheint auch diesen Brief in seinen Besitz gebracht zu haben, jedenfalls befand sich ein heute verschollener, glücklicherweise aber mehrfach gedruckter und abgebildeter Brief an Antonio de Leo nachweislich in seiner Sammlung, cfr. unten S. 146 Anm. 64), ad un individuo della quale era stata scritta da quello mentre era ancora segretario cesareo. Della lettera di Pio III non posso con eguale certezza garantire l’autenticità, sebbene nulla v’abbia che dia motiva a dubitarne. Il che da me si certifica colla presente scritta e sottoscritta di mia mano, raffermandolo col sigillo proprio (da me pure posseduto) di Pio II e con quello di mia famiglia. Trieste ai 10 di Settembre del 1830. D. Domenico Rossetti Nobile di Scander, avvocato, patrizio e procuratore della fedelissima città di Trieste.“ (Österreichische Nationalbibliothek, Handschriften-, Autographen- und Nachlaß-Sammlung 40/36-2/3. Ein ähnliches Dokument mit denselben Zahlengaben bezüglich der Autographen dürfte sich im 19. Jahrhundert auch in der Sammlung Rossettis in der Biblioteca Civica von Triest befunden haben, worauf schon Francesco De Fiori in Documenti Raccolti, S. 23 hinwies. Aus dem ebendort zu findenden Hinweis auf den Briefwechsel Rossettis wird zu schließen sein, daß die beiden Briefe 40/36-2/3 im Gegensatz zu 40/36-1, der über Bartolomeo Gamba in die Hofbibliothek gekommen sein dürfte (cfr. unten S. 146 Anm. 61), von Rossetti der Wiener Hofbibliothek – wohl anläßlich der Einrichtung einer Autographensammlung (cfr. unten S. 146 Anm. 61) – überlassen wurden). Wahrscheinlich stammten diese Dokumente aus dem Archivio della Consorteria Piccolomini, das ab Anfang des 19. Jahrhunderts regelrecht geplündert und zu Geld gemacht wurde, cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 16-17, WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 355 sowie PICCOLOMINI, Alcuni documenti inediti, S. 17 Anm. 32 und 33. In der Sammlung des von Rossetti ge-

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die Nummern 1 (7./13. März 143549), 2 (23. Dezember 145150), 7 (27. Oktober 145551), 8 (29. Oktober 1455), 9 (8. November 1455), 11 (16. November 1455), 12 (18. November 1455), 13 (23. November 1455), 14 (25. November 1455), 15 (8. Dezember 1455), 24 (29. Februar 1456), 30 (19. Jänner 1457), 34 (29. Jänner 145752), 39 (21. Februar 1457), 41 (8. März 1457), 42 (12. März 145753) und 54 (29. Dezember 1457) autograph; entgegen den Angaben von Zembrino, die sich hier offensichtlich von dem Umstand täuschen ließ, daß in den betreffenden Schreiben auch die Unterschrift von derselben Hand wie der Haupttext geschrieben ist54, sind die Nummern 5, 6, 16-18a, 20, 22, 26-29, 31-33, 35, 37, 39b, 43, 4755, 52 und 55-59 von anderen Händen geschrieben56, nicht autograph sind weiters die Nummern 36, 44 und 45. Autographe Unterschrift weisen, wie Zembrino richtig angibt57, die Nummern 3 (31. Oktober 1454), 4 (1. Jänner 1455), 38 (17. Februar 1457), 40 (21. Februar. 1457) und 43

nannten „dotto di Siena“ hatte anscheinend RUMOHR, Italienische Forschungen 2, S. 177 die Briefe noch gesehen, cfr. die folgende Anmerkung. 48 Paginierung des 19. Jahrhunderts; es fehlen die Nummern 10, 19, 21, 23, 46 und 50; doppelt gezählt sind die Nummern 18 und 39, cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 65-66 und WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 355, wo Wolkan auch von der vergeblichen Suche nach zwei bei Rumohr erwähnten eigenhändigen Briefen Piccolominis aus der Sammlung Rossettis berichtet (17. Oktober 1455 und 24. Jänner 1457), die tatsächlich verschollen sein dürften. RUMOHR, Italienische Forschungen 2, S. 177: „Wir finden, daß er als Prälat (Aus einem Originalbriefe des Aeneas Silvii, vom 17. October 1455) sich anschickt, seine Villa (!) in Corsignano zu besuchen, als (Aus einem Briefe, d. d. Rom 24. Januar 1457. Beide befinden sich in einer Briefsammlung, welche ich in Siena benutzt habe, die aber kürzlich an Hrn. Rosetti zu Triest verkauft worden ist) Cardinal bemüht ist, der Gemeine (sic) gleichen Namens den Erlaß von Steuern auszuwirken.“ 49 Cfr. oben Abschnitt 5, nicht datiert von ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 66. 50 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 16. Wolkans Briefausgabe reicht

nur bis zum 1. Juni 1454; alle Schreiben späteren Datums sind bei ihm also nicht gedruckt; darauf wird im folgenden nicht mehr eigens hingewiesen. 51 Abbildung bei ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 104 (Fig. 24). 52 Beilage zu dem nicht autographen Schreiben dieses Datums (Nr. 33). 53 Abbildung bei ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 105 (Fig. 25). 54 Auf diesen Umstand ist offensichtlich auch die Aufnahme einer sicher nicht eigen-

händigen Unterschrift Piccolominis aus seiner Kardinalatszeit unter die Autographen von Päpsten bei PALERMO, Isografia, Tav. XXXV, 1 zurückzuführen: Die Gestalt des d und die Kürzung von Senensis sind völlig untypisch für Piccolomini. 55 Hier gut zu überprüfen anhand der Abbildung bei ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 106 (Fig. 26), die den Brief für autograph hält. 56 Der Großteil davon aus der Zeit des Kardinalats Piccolominis, cfr. unten S. 166. 57 ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 66.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

(28. März 1457) auf; wohl kaum autograph58 ist die Datumszeile (ohne Unterschrift) von Nummer 25 (4. Jänner 1457). Dazu kommen noch der Brief Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 48, Nr. 359 (16. Jänner 145160) und aus anderen Archiven und Bibliotheken folgende eigenhändigen Originalschreiben: Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Handschriften-, Autographen- und Nachlaß-Sammlung 40/36-1 (21. Dezember 145561), Mailand, Biblioteca Ambrosiana Z 219 sup., 9222 (27. Jänner 145262) und 9224 (3. Mai 145463); Facsimile di lettera del Papa Pio II bei Kandler, Pel fausto ingresso64 (1. Oktober 58 So ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 66. 59 Cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 69 (dort irrig datiert 13. Jänner 1451).

Zu dem unter derselben Signatur liegenden Brief vom 20. Mai 1447 (Nummer 1) cfr. oben Abschnitt 7; nicht autograph ist die Nummer 2. 60 Fehlt in der Ausgabe Wolkans, Regest: Documenti raccolti, Anno 1451 (ohne Paginie-

rung). 61 Die beiden unter der Signatur 40/36-1 und 40/36-2 in der Österreichischen Nationalbibliothek liegenden Originalbriefe (bei 40/36-3 handelt es sich um ein Schreiben von Francesco Todeschini-Piccolomini) befanden sich im Besitz von Domenico Rossetti (cfr. dazu oben S. 144 Anm. 47), der auf den beiden Umschlägen mit seinem Siegel für ihren eigenhändigen Charakter bürgt (der allerdings nur in einem Fall gegeben ist, cfr. das Folgende) und auf jenem von 40/36-1 angibt, den Brief Bartolomeo Gamba zum Geschenk zu machen (darauf dürfte sich auch der von De Fiori in Documenti raccolti, S. 23 erwähnte Hinweis im Briefwechsel Rossettis beziehen, er habe Autographen Piccolominis neben der Wiener Hofbibliothek auch der Marciana in Venedig überlassen): „La qui annessa lettera di Enea Silvio Piccolomini, scritta da Roma ai 16 di Dicembre del 1455, fu quest’oggi da me staccata da una serie di altre sessanta lettere dello stesso Enea Silvio, indi Papa Pio II, onde farne dono all’amico mio, Signor Bartolommeo Gamba da Venezia. Dichiaro poi ad un tempo che, per quanto possa aversi certezza dell’autografia di consimili antichi scritti, questa è al pari delle altre suaccennate il genuino autografo di quell’illustre pontefice, siccome genuino ed originale è il sigillo che di lui posseggo, con cui ho fermato questo autografo al foglio presente. Dichiaro altresì che tutta la mentovata collezione di autografi fu da me acquistata in Siena, e derivammi dagli archivi di codesta città. Di ciò tutto faccia fede la presente, tutta scritta e sottoscritta di mia propria mano, e munita del mio sigillo gentilizio. Trieste ai 3 di Ottobre del 1827. D. D. Rossetti.“ Laut Auskunft der Nationalbibliothek (Dr. Andreas Fingernagel sei an dieser Stelle für seine Unterstützung gedankt) gelangte das Schreiben mit der Sammlung des genannten Bartolomeo Gamba in die Wiener Hofbibliothek: Im Zuge der Bemühungen um die Schaffung einer Autographensammlung durch den damaligen Präfekten der Bibliothek, Moriz Graf von Dietrichstein-Proskau-Leslie, wurde 1840 unter anderem auch die Autographen-Sammlung Gambas, des „Vice-Bibliothekars“ der Bibliothek von San Marco in Venedig, angekauft (cfr. STUMMVOLL, Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek 1, S. 393). Tatsächlich findet sich an der Innenseite des Umschlags von 40/361 auch eine eigenhändige Notiz Gambas, die auf den zitierten Text Rosettis Bezug nimmt. 62 An Sceva de Curte, Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 18. 63 An Sceva de Curte, Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 277. 64 Ohne Paginierung und mit dem Kommentar: „L’originale si conserva nella Raccolta

delle cose del Piccolomini fatta dal benemerito Dr. Domenico de Rossetti, ora per ultima

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145365); Mailand, Archivio di Stato, Autografi Arcivescovi di Siena (datiert 8. Oktober 145366; autograph nur der Nachtrag am Ende des Briefes); Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1977, 33 (3. Mai 145467), 65 (21. Juni 1454); Concistoro 1981, 58 (25. November 1454); Concistoro 1983, 75 (25. November 145568); Concistoro 1985, 82 (19. August 1455); Concistoro 1986, 30 (3. November 1455), 32 (5. November 1455), 39 (10. (?) November 145569), 42 (20. November 1455), 53 (27. November 1455), 56 (30. November 1455), 57 (2. Dezember 1455), 60 (4. Dezember 1455), 63 (9. Dezember 1455), 66 (17. Dezember 1455), 69 (26. Dezember 1455), 70 (28. Dezember 145570), 78 (28. Dezember 145571); Concistoro 1987, 39 (23. Mai 1456); Concistoro 1991, 79 (6. Februar 1457); Balia 489, 32 (12. November 1455), 59 (24. Dezember 145572) sowie die beiden eigenhändigen Schlußzeilen und die Unterschrift in Concistoro 1991, 78 (12. volontà di questi passata alla civica biblioteca“; schon Wolkan kannte diesen Brief nicht mehr im Original, sondern nur aus dem Facsimile; cfr. auch SZOMBATHELY, Pio II e Trieste, S. 46 („ora irreperibile“), dort nach S. 10 ebenfalls eine Abbildung. 1864 lag der Brief offensichtlich noch in der Biblioteca civica, cfr. Documenti raccolti, Anno 1453 (ohne Paginierung), mit Druck des Briefs. 65 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 164 und SZOMBATHELY, Pio II e Trieste, S. 45-46. 66 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 180, cfr. auch die dortigen Bemerkungen Wolkans zum Datum des Briefs, in dem die Krönung von Ladislaus Postumus zum König von Böhmen (28. Oktober 1453) erwähnt wird. Wolkan, der nur einen Teilabdruck des Briefes bietet (inseriert ist nicht, wie von Wolkan angegeben, Brief Nr. 170, sondern Nr. 172) datiert den Brief aus diesem Grund auf den 8. November 1453. 67 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 278. 68 Es handelt sich eigentlich um eine Briefbeilage, die Piccolomini mit Ex Roma ipsa

die sancte Katerine 1455 datierte. Da die hl. Katherina von Siena erst von Pius selbst kanonisiert wurde, kann man das Schreiben wohl kaum auf den 30. April 1455 setzen (auf das Fest dieser Heiligen zielt wohl der Vermerk 1455 29 Aprile von jüngerer Hand auf der Rückseite des Briefes, woraus auch die Einordnung in den betreffenden Concistoro-Faszikel resultiert); vielmehr muß es sich um das Fest der hl. Katherina von Alexandrien handeln. Der Brief war also mit großer Wahrscheinlichkeit eine Beilage zu Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 14. Diese Datierung wurde offensichtlich auch von Gerda Koller für wahrscheinlicher gehalten, cfr. ihre Angabe Rom, 25. Nov. (?) 1455 auf der entsprechenden Karteikarte im Archiv der ÖAW, Aeneas Silvio II, 1. Zettelkasten. 69 Durch geringen Textverlust am rechten Rand des Blattes ist von der Tagesdatierung

nur mehr die erste Hälfte eines X sichtbar). 70 Datiert Ex Roma die XXVIII in nocte ad horam sextam 1455; aus inhaltlichen Gründen und der Einordnung im entsprechenden Faszikel scheint die Datierung in den Dezember gesichert; so auch Gerda Koller auf der entsprechenden Karteikarte im Archiv der ÖAW, Aeneas Silvio II, 1. Zettelkasten. 71 Hora XVI, cfr. die vorangehende Anmerkung. 72 Cfr. dazu auch unten S. 164 Anm. 174.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Februar 1457); Universitätsbibliothek Basel, Autographen-Sammlung Geigy-Hagenbach Nr. 2456 (24. Dezember 145573); Parma, Biblioteca Palatina, cart. Lucca I Suppl. N 261 (2. Dezember 1455)74; London, British Library, Add. 12101, 1. Brief75 (1. März 1456). Der von Wolkan76 erwähnte, ebenfalls autographe Brief aus der königlichen Bibliothek in Berlin (Sammlung Radowitz 1193, 9. November 1455) liegt heute unter der Signatur Berol. Autographensammlung, Pius II., Nr. 17707 in der Biblioteka Jagielloñska in Krakau. Eigenhändige Unterschrift weisen das Schreiben vom 12. Mai 1457 im Archivio di Stato in Modena (Carteggio Principi Esteri, Roma, 1407/152) sowie jenes vom 1. Februar 1458 in der Biblioteca Ambrosiana (Z 219 sup., 9229), auf. Nicht autograph sind neben den oben77 schon erwähnten beiden Schreiben in London, British Library, Add. 2151778 die in Siena, Archivio Arcivescovile, Capitolo dei canonici, serie segretaria, cartella N° 1/III, quaderno N° 2 liegenden Originalbriefe vom 1. Juli 145179 und 8. Juli 145780 (nicht mehr vorhanden ist heute dort der auf dem Umschlag des betreffenden Heftes verzeichnete81 und noch Wolkan bekannte Brief

73 Abgebildet bei CHARAVAY, Inventaire des autographes, ser. XI/XII, 5 (Nr. 2432); LICHACEV,

Písmo, S. 159; GEIGY-HAGENBACH, Album, S. 41 und zuletzt bei ROSSI-LECERF, Luci e ombre, Tav. XLIV (im Archivio di Stato in Siena liegt unter der Signatur Balia 458,59 eine alte Fotografie des Schreibens). Nicht eruieren konnte ich den bei CHARAVAY, Inventaire des autographes ser. V/VIII, 156 (Nr. 1318) angeführten Brief Piccolominis aus Rom vom 15. Jänner 1456 („à un administrateur de la ville de Sienne“). 74 Cfr. ROSSI-LECERF, Luci e ombre, S. 419 und WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 365; (stark verkleinerte) Abbildung bei MITCHELL, The Laurels (Tafel nach S. 268). 75 Ohne Folioangabe. 76 WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 355. 77 Cfr. oben S. 77 Anm. 90. 78 Fol. 5 (29. 1. 1457) und fol. 6 (5.6. 1458), beide an die Stadt Siena. Die Briefe werden von MITCHELL, The Laurels 116 irrig als autograph bezeichnet (die zu den beiden Briefen aus der British Library gehörige Signatur ist dort aufgrund eines drucktechnischen Versehens unter der Endnote 30 und nicht 31, wie im Text angegeben, zu finden, cfr. oben S. 77 Anm. 91. Schon von WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 364 und später von STRNAD, Studia piccolomineana, S. 276 Anm. 273 widerlegt wurde die von PICCOLOMINI, De codicibus, S. 12 vertretene und in der genannten Anmerkung von Mitchell möglicherweise von ihm übernommene Behauptung, Codex 90,44 der Laurenziana (= Plut. 90 sup. 44) in Florenz sei ebenfalls ein Autograph des Sienesen). 79 Alte Signatur: T II N° 30; Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 8. 80 Alte Signatur T II N° 43. 81 Diese Inventarisierung geht auf den Beginn des 20. Jahrhunderts zurück, wie mir

freundlicherweise vom Archivio Arcivescovile in Siena mitgeteilt wurde.

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vom 9. Juli 145182), ebensowenig die folgenden Originalschreiben: Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Z 219 sup. 9227-9231 (10. Juni 1457, 1. Juli 1457, 1. Februar 1458, 10. März 1458 und 7. April 145883); Archivio Borromeo, Isola Bella, Acquisizioni Diverse, Roma 6 maggio 1457 (6. Mai 145784); St. Petersburg, Historisches Institut der russischen Akademie der Wissenschaften 44/25 (25. Juli 145885); Forlì, Biblioteca Classica „Aurelio Saffi“, Fondo Piancastelli, Sezione „Autografi dal XII al XVIII secolo“, aut. 1728a (15. Jänner 145686); Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Handschriften-, Autographen und Nachlaß-Sammlung 40/362 (22. Juli 145787), T–ebonˆ, Státní Oblastní Archiv, Historica T–ebonˆ, Nr. 1682 (11. Oktober 1453)88; Benediktinerstift Göttweig, Stiftsarchiv U 1407 (145489), Florenz, Archivio di Stato, Fondo Mediceo Avanti il Principato, Filza 17, Nr. 171 (13. Mai 145890), (29. November 145791); Siena, Archivio dell’ Opera della Metropolitana 60 (1862), c. 13 (29. November 145792) und die fünf im Archivio di Stato in Modena unter der Signatur A.S.E. Carteggio Principi Esteri, Roma, 1407/152 liegenden Originalbriefe (27. Jänner 1457, 12. Mai 145793, 12. Juni 1457, 30. Juli 1457 und 29. Mai 1458) sowie jene Schreiben im Archivio di Stato von Siena, die im 82 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 10. Cfr. WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 364: „Drei Briefe des Eneas aus den Jahren 1451 und 1456 (!) besitzt im Original das Kapitelarchiv in Siena“. 83 Freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Fabio Forner. 84 Hinweis bei SIMONETTA, Rinascimento segreto, S. 77 Anm. 55 (für die Zusendung ei-

ner Digitalaufnahme dieses und des folgenden Briefes bin ich dem Autor zu Dank verpflichtet). 85 Hinweis bei SIMONETTA, Rinascimento segreto, S. 77 Anm. 55 (dort fälschlich als autograph bezeichnet). 86 Der Hinweis bei KRISTELLER, Iter Italicum 1, S. 234. Nicht autograph ist auch ein in derselben Sammlung unter der Signatur 1728b liegendes Breve Pius’ aus dem Jahr 1460. 87 Cfr. oben S. 146 Anm. 61. 88 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 167. 89 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 210 (die unpräzise Datierung be-

dingt durch die starke Verstümmelung des Briefes). 90 Erwähnt schon von WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 365 und abgebildet bei FORTUNA, LUNGHETTI, Autografi, Tav. XXV, dort irrig als autograph bezeichnet. Nicht autograph ist auch das im gleichen Fondo (Filza 163, Nr. 14) liegende Schreiben des Papstes an Piero de’ Medici anläßlich des Todes seines Vaters Cosimo aus Ancona vom 8. August 1464 (Druck, allerdings nach einer Handschrift der Laurenziana: PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 752-753). 91 Freundlicher Hinweis Claudia Märtl. 92 Freundlicher Hinweis Claudia Märtl. 93 Mit eigenhändiger Unterschrift, cfr. oben S. 148.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

dortigen Index unter Piccolomini geführt werden: Concistoro 1985, 93 (10. 9. 1455); Concistoro 1986, 31 (4. November 1455); Concistoro 1987, 18 (4. Mai 1456), 29 (12. Mai 1456), 36 (18. Mai 1456); Concistoro 1990, 83 (laut Findbuch des Archivs 12. September 145694); Concistoro 1991, 11 (2. März 1457), 19 (1. Juni 1457), 80 (23. Februar 145795), 82 (23. Februar 1457); Concistoro 1992, 24 (11. Juni 1458), 25 (11. Juni 1458), 27 (zwei Stücke: 5. Juni und 18. Juni 1458); sowie Balia 490, 17 (20. April 145696). Trotz der irreführenden Angabe „autograph letter in Latin“ ist auch der in einem Auktionskatalog des Jahres 196297 abgebildete, bei Clough98 erwähnte und heute in Harvard99 liegende Brief vom 10. November 1457 nicht eigenhändig geschrieben. In den genannten eigenhändigen Schreiben verwendet Piccolomini fast ausschließlich100 seine uns jetzt schon vertraute Kursive, die natürlich je nach Tagesverfassung, äußeren Umständen wie Zeitdruck und ähnlichem leichte Unterschiede im Ductus, das heißt vor allem im Grad der Kursivierung zeigt. Neue Einzelformen an Buchstaben kommen nicht mehr hinzu, sehr wohl ändert sich allerdings zum Teil die Art ihrer Ausführung. Nicht unmaßgeblich dürfte dabei – unter Umständen neben der Alterssichtigkeit in Piccolominis päpstlicher Periode, die allerdings schlecht in den Quellen dokumentiert ist101 – vor allem ein äußerer Faktor mitgespielt haben, der letztlich zu der erschütternden Gestalt von Piccolominis Altersschrift geführt hat: Die Gicht102. Diese tückische 94 Auf dem Brief selbst weder Datum noch Unterschrift; es könnte sich hier möglicherweise um gar keinen Brief Piccolominis handeln. 95 Ein Brief mehrerer Kardinäle, dessen Unterfertigung nicht mehr vollständig lesbar

ist: In der ersten Zeile ist nur mehr ein unziales E lesbar (vielleicht für Eneas?). 96 Brief der sienesischen Gesandten in Neapel, unter ihnen Eneas. 97 WITTEN, Important Books, S. 50-51 (Item 39). 98 CLOUGH, Chancery Letter-files, S. 125 Anm. 31. 99 Harvard University, Houghton Library, ms. lat. 298. Cfr. D’ACCONE, The Civic Muse, S. 195 mit Anm. 25 (die Kenntnis des derzeitigen Aufbewahrungsortes verdanke ich Claudia Märtl). 100 Cfr. dazu unten S. 169-171. 101 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) und unten Abschnitt 9. 102 Inwiefern es sich vielleicht (auch) um Arthritis beziehungsweise Rheuma handelte,

ist den entsprechenden Belegen nur schwer zu entnehmen und müßte noch von MedizinHistorikern untersucht werden (cfr. auch ZDEKAUER, Un consulto medico, S. 103 Anm. 1: „Debbo alla cortesia di un valente collega medico la osservazione, che dal descrivere delle varie manifestazioni morbose si induce, che l’artrite o meglio poliartrite non fosse che una delle localizzazioni del processo morboso, che affligeva Pio II, cioè la gotta viscerale ed articolare“). Piccolomini selbst verwendet zwar durchwegs den Terminus podagra, wie aus den im folgenden zitierten Passagen zu ersehen ist; EIS, Erhard Knabs Gichtregimen, S. 91

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Krankheit, die sich vor allem in der eingeschränkten Beweglichkeit der Extremitäten und durch immer wieder einsetzende Schübe äußert103, beeinflußte den gesamten Alltag Piccolominis und damit gerade für ihn, den Vielschreiber, selbstredend auch das Schreiben. Später schrieben seine Biographen Campano und Platina die Krankheit der Wallfahrt zu einer Marienkirche in Schottland zu, die er barfuß im bittersten Winter unternahm104; spürbar ausgebrochen scheint die Krankheit dann in den 1450er Jahren zu sein: In der Praefatio zur 1439/1440105 entstandenen ersten Fassung seiner „Commentarii de gestis concilii Basiliensis“ verlautet ebensowenig etwas über eventuell vorhandene Beschwerden106 wie knapp zehn Jahre später in einem Brief aus Baden von Anfang 1449107 an den Bischof von Chiemsee, Silvester Pflieger108, in dem er sich auf dessen schlechten Gesundheitszustand, unter anderem auf dessen podagra, bezieht und ihn darüber hinwegzutrösten versucht109: Aiunt illum tui curandi causa domi remoratum. rursus quero, quid tibi nam obsit. referunt podagram te laborare, vetusto suetoque morbo. duplex tunc me angit meror, nam et amico egerrime careo et te doleo morbis dolere. sed quid dicam? nihil est in hac vita ex omni parte beatum, immo nihil est non miserum, quod hominis est. quot sunt egritudines nostrum excedentes corpus, quot animum cruciant cure! nemini bene est, nisi cuius est cum deo konnte allerdings an einem fast gleichzeitigen Beispiel zeigen, daß man zumindest im spätmittelalterlichen Deutschland kaum zwischen Arthritis und Gicht unterscheiden konnte (so wurden podagra, artetica und Zipperlein synonym gebraucht). Andererseits scheinen das schubweise Auftreten und die ebenfalls belegten gleichzeitigen Nierenprobleme doch auf die Gicht hinzuweisen (cfr. PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, S. 599). 103 PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, S. 598. 104 Vite di Pio II (ed. ZIMOLO), S. 11 (Hac in insula votis solvendis quae inter fluctum

estus Virgini Matri nuncupaverat, inicium eius morbi contraxit qui dolore articulorum permansit ad vitae exitum, glacie decem milibus passuum nudis pedibus ad phanum usque calcata ut redire in oppidum non aliter quam lectica potuerit; cfr. auch die dort Anm. 2 zitierte Stelle aus Sigismondo Tizio mit ähnlichem Wortlaut) und S. 97 (Unde nec mihi nec cuipiam mirum videri debet si, ingravescente iam aetate, qua omnis morbi vis corporibus humanis ingruit, laborare coeperit, cum tot labores, tot peregrinationes adierit, tot calores, tot frigora a tenera aetate usque ad senectam perpessus sit). 105 De gestis concilii (ed. HAY, SMITH), S. XXVIII. 106 De gestis concilii (ed. HAY, SMITH), S. 4: Sanum habere corpus et mentem integram

non minus pauperi datur quam diviti. Haec si teneam, nil ultra exposco. „Frui paratis et valido mihi“ maximus atque optimus Deus donet, „et, precor, integra cum mente, nec turpem senectam degere nec cithara carentem“ (Horaz, Oden 1,31,17-20, Anm.). 107 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 29. 108 Zu ihm NAIMER, Pflieger mit weiterer Literatur; cfr. auch MÄRTL, Liberalitas, S. 243

mit Anm. 14. 109 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 86.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

mens iuncta. hoc igitur sani, hoc egroti curare debemus, ut cordis nostri possessor sit deus. Daß Piccolomini im Zuge seiner Argumentation mit keinem Wort auf ein eventuell vorhandenes eigenes Gichtleiden eingeht – was sehr gut in die Trosttopik gepaßt hätte – scheint zunächst ein Indiz dafür zu sein, daß er Ende der 1440er noch nicht unter der Krankheit litt. Wie wir oben gesehen haben, zeigt die Schrift in dieser Zeit tatsächlich kaum Veränderungen zu den Konzepten der frühen 1440er Jahre; noch immer ist sie zierlich und elegant. Allerdings entschuldigt sich der Sienese schon wenig später in einem Brief an Ulrich von Rosenberg vom 9. Februar 1450, quod vestram hic magnificentiam non visitavi, fecit infirmitas mea, qui pedibus laborabam110, was wohl, auch wenn nicht ausdrücklich das Wort podagra verwendet wird, auf das Gichtleiden zu beziehen ist111; inwiefern hier jedoch eine tatsächliche Gichtattacke vorlag oder diese nur als Vorwand für Piccolomini dienen mußte, ist nicht mehr zu entscheiden. Das erste unverdächtige Zeugnis über seine eigene Erkrankung dürfte wohl erst aus späterer Zeit stammen. Am 3. September 1453 schreibt der Sienese an seinen Landsmann Goro Lolli112: Litteras tuas, amantissime frater, sanus accepi, quibus egrotus respondeo. queres valitudinis genus neque ab re, adeo nullum mihi ignotum est. nulla sunt corporis aut incommoda aut pericula, que non pertulerim. febrium mille species sum expertus, tussi veluti cottidiano morbo assignatus sum. calculi passio familiaris est mihi; dolores iliorum Rome duodecim diebus me vexarunt; oculos Patavi dolui, dentes in ultima Britanie parte, quam nunc appellant Scotiam, non sine cruciatu perdidi; podagra, quocunque terrarum pergo, me sequitur. quid stomachi debilitatem aut ventris torsiones referam? nulla mihi molestia corporis non est nota. unum erat incommodum, quod nondum attigeram, urinarum profluvium ac vesice lassitudo veluti quedam paralisis. id nunc experior, non sine corrosione carnis et fluxu sanguinis. credo te cum hec audies crediturum me magno opere afflictum esse neque falleris, si ita credis. Dabei wird die Gicht nur als eine unter seinen vielen Erkrankungen genannt, auch eine gewisse Topik ist dieser Stelle wohl nicht abzusprechen. Dichter werden die Belege dann Mitte der 1450er Jahre: In seinem Bericht über den Regensburger Reichstag113 an Johann Vitéz, Bischof von Großwardein, berichtet Eneas über die Anrei110 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 102. 111 So auch Carmina (ed. VAN HECK), S. 206 (dort ist die Seitenangabe richtigzustellen). 112 WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 133, hier 238. 113 Cfr. dazu unten S. 161-162.

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se zum Reichstag 1454114: Legati ex curia cesaris ad XVI. kalendas majas tres per Alpes ad Sigismundum, Juvaviensem archiepiscopum, qui modo Salisburgensis appellatur, recta via se contulerunt. Ratisponam Georgius per Austriam petiit. Enee hoc iter incommodissimum fuit, qui cum laborare inter eundum podagra cepisset neque curru vehi posset in Alpibus neque legationem vellet negligere, inter ceteras molestias pede, qui patiebatur, ad sellam suspenso unius diei viam fecit. Wie aus den für die vorliegende Studie durchgesehenen Originalschreiben hervorgeht, dürfte die Erkrankung Piccolominis im Laufe der Zeit stetig zugenommen haben: So bezeugt eine Serie von Briefen, daß 1456 aufgrund eines heftigen Gichtanfalls offensichtlich nicht einmal an eine Reise von Rom nach Neapel zu denken war. In einem Brief aus Rom an die Balia von Siena115 vom 17. Februar 1456116 gibt Piccolomini gegenüber der Stadt an, er werde nicht zusammen mit den sienesischen Gesandten nach Neapel gehen117: Decretum est iam a summo pontifice, ut oratores regem adeant. Ego podagra premor neque e lecto surgo; quare sine nobis ire consultius esse iudico. Hier könnte sich die Erkrankung auch in der Tatsache niedergeschlagen haben, daß der Brief samt Unterschrift nicht von Piccolomini selbst geschrieben wurde. Sehr wohl von seiner Hand ist ein wenig später – Roma die ultima Februarii 1456 – verfaßtes Schreiben an die Balia, bei dem es noch immer um dieselbe Angelegenheit (Gesandte Sienas zu König Alfons von Neapel) geht. Der Brief ist bedauerlicherweise in sehr schlechtem Zustand und nur zu etwa 80 Prozent erhalten118, sodaß aus dem Anfangsteil des Textes nur folgende Fragmente lesbar sind119: Lionardus, ut cum eis ad regem irem satisfaceremque […120] impedimento

114 WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. 501. 115 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 22. 116 Der Brief ist datiert mit Ex urbe die XVII Februarii 1455, doch handelt es sich dabei ohne Zweifel um eine Datierung im calculus Florentinus. Dies geht sowohl aus den folgenden Schreiben als auch aus der Tatsache hervor, daß sich der Sienese im Februar 1455 noch in Österreich aufhielt, cfr. VOIGT, Enea 2, S. 132-141. Die von den sonstigen Usancen Piccolominis abweichende Datierungsweise (cfr. die folgenden Briefe) ist leicht dadurch erklärbar, daß der Brief von anderer Hand stammt und die Datumszeile wohl nicht ausdrücklich diktiert, sondern dem Schreiber überlassen wurde. 117 Es geht hier inhaltlich um die Friedensverhandlungen zwischen Siena und König

Alfons von Neapel, der Iacopo Piccinino in seinem Krieg gegen Siena unterstützte, cfr. RYDER, Alfonso, S. 405-407, PASTOR, Geschichte der Päpste 1, S. 690-693. 118 Die für unseren Zweck wichtige obere rechte Ecke fehlt völlig. 119 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 24. 120 Verlust der zweiten Hälfte der Zeile.

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podagra fuit. Dixi, ut precederent, quia ut primum […121] debilitas pedum. Nunc confido, quia cras iter arripiam. Es läßt sich also in Zusammenschau mit dem kurz zuvor abgefaßten Brief wenigstens erschließen, daß sich der Gichtanfall Piccolominis zumindest so weit gebessert hatte, daß er an eine Abreise nach Neapel denken durfte; damit korrespondiert auch die Tatsache, daß der Brief nun tatsächlich von der Hand des Sienesen stammt. Die Abreise verzögerte sich dennoch, wie wir aus einem weiteren Brief122 vom Tag danach an die Balia in Siena erfahren123: Et propter podagram me vexantem et propter novum imperatoris oratorem huc adventantem non potui citius iter ad regem capere; at cras infallanter adiutore Deo viam ingredior. Es handelt sich bei den zitierten Stellen nur um eine kleine Episode, die uns aber, schon vor der päpstlichen Periode124, einen kleinen Einblick in die Leidensgeschichte Piccolominis ermöglicht125. Berücksichtigt man die großen Verluste, die im Lauf der Zeit bei der Überlieferung der Originalbriefe eingetreten sind, so wird es sich nicht um einen Einzelfall gehandelt haben; zudem war es sicher nicht die Regel, daß der Sienese diese private Angelegenheit in seinen Briefen erwähnte. Das ärztliche Gutachten aus dem Jahre 1460 und die häufig auftretenden und gut belegten Gichtschübe seiner päpstlichen Periode legen Zeugnis davon ab, daß schon in den 1450ern mit erheblichen Problemen und nicht nur mit einzelnen Anfällen gerechnet werden muß. Inwiefern spiegelt nun die Schrift diese gesundheitlichen Probleme wieder und ist es überhaupt möglich, eine diesbezügliche Entwicklung nachzuvollziehen? Wie oben schon näher ausgeführt, kommt einer paläographischen Analyse die Anzahl der erhaltenen Originalschreiben, besonders aus der Mitte des Jahrzehnts beziehungsweise aus der Zeit des Kardinalats, selbstverständlich durch die Möglichkeit ihrer genauen zeitlichen Einordnung entgegen; andererseits bieten gerade die Briefe aufgrund ihres zum Teil extrem geringen Textumfanges oft nur eine schmale Basis für die Untersuchung. Bei weitem umfangreichere Schrift121 Verlust der zweiten Hälfte der Zeile. 122 Rom, 1. März 1456. 123 London, British Library, Add. 12101, 1. Brief (ohne Folioangabe). 124 Dazu cfr. unten Abschnitt 9. 125 Sollte Piccolomini die Krankheit nur als Vorwand benutzt haben, um nicht mitzu-

reisen, wie ihm das von Voigt bei anderen Gelegenheiten unterstellt wird (VOIGT, Enea 2, S. 52 und 164), so ist immerhin bezeichnend, daß man ihm die Entschuldigung offenbar ohne Zögern abnahm beziehungsweise daß er selbst das zumindest glaubte. Dagegen spricht auch, daß der erste Brief eben nicht von seiner Hand stammt.

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proben bieten die Konzepte aus der betreffenden Zeit – vor allem jene für die „Historia Austrialis“ und die „Germania“ –, die aber höchst selten genau datierbar sind. Sie bieten wohl auch „authentischeres“ Material als die Briefe, in welchen man trotz der Verwendung der Kursive zumindest das Bemühen um ein ansprechendes Schriftbild, wenn nicht sogar – natürlich durch die äußeren Bedingungen beschränktes – Formwollen vermuten darf. In der folgenden Untersuchung wird daher ein Mittelweg von exemplarisch (vor allem aus der Mitte der 1450er Jahre und aus der Zeit des Kardinalats) ausgewählten Briefen und einigen, durch inhaltliche Angaben enger eingrenzbaren Passagen aus den Konzepten gewählt, während jene Konzepte, deren zeitliche Fixierung schwierig ist und bisher auch überhaupt nicht versucht wurde, auf Basis dieser Ergebnisse eingeordnet werden sollen. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus der Natur der Krankheit Piccolominis: Aufgrund ihres schubweisen Auftretens126 ist hier einerseits von vornherein nicht mit einer linearen Entwicklung zu rechnen, deren Eigenheiten konstant zu verfolgen sind; zum anderen handelt es sich eben nicht um eine Veränderung der Einzelformen der Schrift an sich, sondern um Schattierungen in der Ausführung derselben beziehungsweise um Veränderungen des Schriftzuges127. Daß diese nicht immer ganz klar festzumachen und kategorisierbar sind, braucht ebensowenig festgehalten zu werden wie die Tatsache, daß diese Veränderungen aus einzelnen Elementen bestehen, die oft nur vereinzelt zu beobachten sind, während andere phasenweise wieder stärker in den Hintergrund treten. Nur eine Beurteilung, die die Gesamtheit dieser Erscheinungen im Blick hat und sie auch richtig zu gewichten versteht, kann hier zu befriedigenden Ergebnissen gelangen. Daß die Analyse am Ende nur eine grobe Entwicklungsskala, keine auf ein Jahr oder gar Monate eingrenzbare Datierungen von unbestimmten Stücken ermöglichen wird, versteht sich unter den genannten Umständen von selbst, soll aber trotzdem schon an dieser Stelle vorausgeschickt werden. Beginnen wir unsere Untersuchung mit dem ersten autographen Brief, der uns aus den 1450er Jahren erhalten ist. Es handelt sich um ein Empfehlungsschreiben für Piccolominis Neffen Pietro128 an das Kapitel

126 PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, S. 598. 127 Ein ähnlicher Fall wurde für Bartolomeo Sanvito aufgezeigt von DE LA MARE, Barto-

lomeo Sanvito, S. 504-505. 128 Zu ihm STRNAD, Der Mann, S. 263 Anm. 37 sowie STRNAD, Francesco TodeschiniPiccolomini, S. 113 Anm. 26.

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in Triest aus Poggibonsi vom 16. Jänner 1451129, das nur wenige Zeilen umfaßt und im wesentlichen noch immer die bekannten Einzelformen und das typische Aussehen der Kursive des Sienesen zeigt, wie sie uns aus den 1440er Jahren bekannt sind. Der zierliche und elegante Eindruck der Schrift, der trotz einer gewissen Flüchtigkeit und der damit in Zusammenhang stehenden stärkeren Kursivierung zu konstatieren ist, gehen auf eine relativ dünne Feder und eine gewandte Hand zurück und lassen noch nichts von den wenige Jahre später eintretenden gravierenden Veränderungen erahnen. Piccolomini schreibt noch immer eine relativ kleine, im Verhältnis zwischen Mittelband und Ober- beziehungsweise Unterlängen trotz einiger langer Abstriche in der letzten Zeile ausgewogene Kursive; Flüchtigkeit zeigt sich nicht nur im Ductus, sondern auch im nur sehr beschränkten Einhalten einer geraden Zeilenlinie. Die „idealtypischen“ Einzelformen seiner vollentwickelten Kursive sind anhand des genannten Briefes gut zu demonstrieren: Gerades und rundes d treten ebenso wie rundes und gerades Schluß-s gemischt, und zwar in wechselndem Verhältnis, auf, wobei die hybriden Formen, vor allem zweiphasig geschriebenes rundes d, tendenziell zunehmen (hier ist gerades d völlig eliminiert, vielleicht aber auch nur bedingt durch den äußerst geringen Umfang der Probe), wobei das runde Schluß-s 6er-, 5er(also eigentlich eine unter die Zeile reichende Majuskel-Form mit reduziertem Oberteil) oder, jetzt vermehrt, g-Form (durch das deutlichere Herausziehen der 6er-Variante aus dem Buchstaben davor) aufweisen kann; die tironische Kürzung von et überwiegt gegenüber der humanistischen &-Ligatur (die hier fehlt); -ct- erscheint meist in Ligatur mit ausgeprägter Oberlänge des t, wobei die Verbindung zwischen c und dem Oberteil des t ab jetzt, wie schon in den Briefen der 1430er Jahre beobachtet130, fast ausnahmslos vom Unterteil des c, und nicht von dessen oberem Ende ausgeht131; zum Teil liegen aber auch in ihrer Linienführung nicht klar erkennbare Varianten vor, die entweder durch Absetzen der Feder keine Verbindung zwischen c und der Spitze des t oder ein (scheinbares?) Einmünden des c in den Balken des t am Schnittpunkt mit dem Schaft aufweisen; g erscheint in der einfachen, kursiven Form mit unten offener Schlinge, aus der allerdings häufig der nächste Buch-

129 ABBILDUNG 8c. Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 48, Nr. 3, cfr. auch oben S. 141-

142. Der Brief fehlt in der Edition Wolkans; Regest: Documenti Raccolti, Anno 1451 (ohne Paginierung). 130 Cfr. oben Abschnitt 5. 131 Hier gut zu sehen in Zeile 2 (fructuum).

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stabe herausgezogen wird132; die runde Variante des r ist ebenso praktisch völlig eliminiert wie die 3er-Form des Schluß-m, letztere hält sich nur, dort aber konstant, in der enim-Kürzung: Der letzte Schaft des Schluß-m geht ebenso konsequent unter die Zeile wie i in der Kombination -ii/mi/ni/vi133, manchmal auch -ri. Deutlich unter die Zeile reichen auch langes s und f sowie die Kralle des h, aus der in der Regel der nächste Buchstabe entwickelt wird und die infolgedessen häufig Schlingenbildung aufweist134; t ist mit c nicht zu verwechseln, da der Balken konsequent neu angesetzt und nicht aus dem Schaft gezogen wird; e ist meist zweiteilig, aber dennoch gut vom c zu scheiden; am Wortende weist es des öfteren, aber nicht konsequent, eine zum Teil weit nach rechts gehende Zunge auf; i/m/n/v sind (vor allem bei etwas flüchtigerer Schreibweise) in einschlägigen Kombinationen gelegentlich nicht auf den ersten Blick eindeutig zu trennen und gleichen einer Zackenlinie135, werden aber häufiger gut differenziert136; wenig tragen dazu I-Striche beziehungsweise -Punkte bei, die nur sporadisch gesetzt werden. Die Kürzungsstriche werden häufig aus dem Buchstaben darunter herausgezogen und weisen dann auch Tendenz zur Schlingenbildung auf137; sonst erscheinen sie in der Regel als längere, eher gerade oder kürzere, konvexe Striche; generell neigt Piccolomini dazu, den Text nur wenig zu kürzen. Als Charakteristikum ist auch festzuhalten, daß die erste Zeile der Briefe oder zumindest die ersten Worte stärkeres Formwollen zeigen, das sich am etwas gesetzteren Charakter der Schrift und den entsprechenden Einzelformen (etwas kompliziertere Form des g; hoher Prozentsatz an geradem d; letzter Schaft des m auf der Zeile etc.) ablesen läßt138. An Majuskeln verwendet der Sienese in der Regel die KapitalisFormen von A, B (mit nur angedeutetem oberen Bauch), G, L (leicht gebogen und mit Tendenz zur Schlingenbildung am Kreuzungspunkt zwischen Balken und Schaft), M (selten auch vergrößerte Minuskel), Q, R, S (häufig aber auch die vergrößerte Form eines 6er-Schluß-s durch Schließen der unteren Schlinge) und T; für H, N (nur selten in der kapi132 Hier gut zu sehen in der Unterschriftszeile (gratia). 133 Cfr. erste und vorletzte/letzte Zeile des Haupttextes. 134 Cfr. etwa oben S. 80 Anm. 110. 135 Cfr. Zeile 2 (rogamus). 136 Cfr. hier Zeile 2 (factum). 137 Ob dieses im vorliegenden Schreiben völlig fehlende Merkmal schon auf die künfti-

ge Entwicklung weist, ist nicht eindeutig zu klären, da der Umfang der Schriftprobe zu gering ist. 138 Cfr. dazu RÜTH, Aufkommen und Verbreitung, passim.

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talen Variante) und P werden die Minuskelformen einfach vergrößert, ebenso für D (unzial) und V (gotisch mit Anstrich von links); am variabelsten ist E, das noch immer in der unzialen und kapitalen Variante sowie als Epsilon aufscheinen kann. Eben diese Merkmale weisen auch die weiteren erhaltenen Briefe aus demselben respektive den beiden folgenden Jahren sowie der zweite, kursiver geschriebene und oben schon analysierte Teil der Abhandlung über das Baseler Konzil, der ins Frühjahr 1451 zu setzen ist, auf139. Als nächstes Beispiel für die Entwicklung von Piccolominis Kursive bietet sich aus mehreren Gründen der Beginn der 1. Redaktion140 seiner „Historia Austrialis“ an141: Wie schon von Hans Kramer erkannt wurde142, ist der Beginn dieser Redaktion mit ziemlicher Sicherheit in den Herbst 1453 zu datieren143, wir bewegen uns also auf festem Boden, was die Datierung des Textes angeht. Zudem erlaubt der beträchtliche Umfang desselben, auch wenn wir nur die ersten Seiten als relativ genau datiert ansehen144 und in Betracht ziehen, eine besser fundierte Analyse

139 Cfr. oben Abschnitt 8.1. Klarerweise weist dieses Konzept, da über eine längere Zeitspanne geschrieben, stärkere Schwankungen, auch was Tinte und die Breite der Feder betrifft, auf. Wieviel von Tagesverfassung, Feder und Schreibgeschwindigkeit abhängt, zeigt ein Vergleich der drei Anläufe zur Praefatio fol. 38v. Die dort sehr kleine, zierliche Schrift würde man, kennt man ihre spätere Entwicklung, wohl kaum später als die mit etwas dickerer Feder geschriebenen, globiger wirkenden Passagen (cfr. etwa fol. 29r) ansetzen. Hier ist Vorsicht am Platze. 140 Die 1. Redaktion des Werkes liegt zur Gänze im autographen codex unicus cvp. 3364 vor; die weiteren Redaktionen haben sich neben abschriftlicher Überlieferung ebenfalls zum Großteil in Form eigenhändiger Konzepte (cvp. 3365-3367, geschrieben 1454 bis wahrscheinlich 1457) erhalten. 141 Zur „Historia Austrialis“ cfr. WAGENDORFER, Studien (mit der weiteren Literatur);

zuletzt, allerdings problematisch, weil zum Teil auf falschen Prämissen fußend, MONTECALVO, The New Landesgeschichte. Sowohl die Editio princeps der „Historia Austrialis“ von Johannes Heinrich Boeckler (1685) und alle darauf basierenden Drucke als auch die bisher letzte Ausgabe von Adam Kollár (1762) und die zweisprachige Ausgabe von Theodor Ilgen (1889/90) geben eine Hybridfassung des Textes wieder, die in keiner Weise der tatsächlichen Gestalt und Genese des Werkes entspricht. Eine kritische Ausgabe wird von Frau Dr. Julia Knödler und dem Verfasser vorbereitet. 142 KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 32-33. 143 Eneas spielt in der Praefatio (Druck: WAGENDORFER, Studien, S. 185-186) auf die

Niederlage der Genter bei Gavre gegen Philipp den Guten an (22. Juli 1453); wie aus zwei Briefen Piccolominis vom 25. September 1453 (WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 147 und 153) hervorgeht, muß die Nachricht davon kurz vorher am Hof des Kaisers eingetroffen sein, cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 21 Anm. 79. 144 Die Abfassung der 1. Redaktion zog sich mindestens bis ins Frühjahr 1454, cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 94. Eine (verkleinerte) Abbildung eines „Anlaufs“ für die Praefa-

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der Schrift als die oft nur wenige Zeilen, höchstens aber zwei bis drei Seiten umfassenden Originalbriefe. Schließlich stammt ziemlich genau aus der fraglichen Zeit145 jener oben schon erwähnte Brief an Goro Lolli, in dem wir mit einiger Sicherheit den ersten von Piccolomini selbst stammenden Beleg für seine Gichtanfälle festmachen können. Tatsächlich vermeint man, in der Schrift des Konzeptes schon leichte Tendenzen feststellen zu können, die für die spätere, ganz sicher von der Gicht geprägte Altersschrift des Kardinals und Papstes charakteristisch werden sollen. Die durch die Gicht wohl stark eingeschränkte Beweglichkeit der Finger scheint sich in der Altersschrift vor allem in einer Entwicklung zu manifestieren, die man am besten mit „Zerfall“ der Schrift bezeichnen könnte. Wenn sie zunehmend schwerer lesbar wird, so hat das paradoxerweise nichts mit einer zunehmenden Kursivierung zu tun, die zu einer Verunklärung des Schriftbildes führen könnte, sondern mit einer, zumindest bei bestimmten Buchstabenformen, genau entgegengesetzten Entwicklung: Die Schrift scheint vom allgemeinen Eindruck her eckiger, auch globiger und zunehmend größer zu werden, sie verliert die Zierlichkeit und Eleganz, die noch in den 1440er Jahren charakteristisch für sie waren; die einzelnen Buchstaben, vor allem die Kurzschäfte des Mittelbandes (i/m/n/u/v), neigen dazu, sich in ihre Bestandteile aufzulösen, das heißt: die Schäfte, aus welchen der betreffende Buchstabe zusammengesetzt ist, verlieren zunehmend ihre Verbindung zueinander. Zunächst werden sie nicht mehr in einem Schwung durchgezogen, wie das bisher noch fast durchgehend der Fall war, sondern stehen, zunehmend einzeln angesetzt, aber durch das enge Beieinanderstehen noch verbunden, nebeneinander; im Lauf der Zeit tendiert diese Bindung dazu, sich immer mehr aufzulösen, die Schäfte weisen oft deutlichen Abstand auf. Der Grund für diese Entwicklung ist wohl in der eingeschränkten Flexibilität der Finger zu sehen und äußert sich generell in zurückgehender Schlingenbildung. Das bisher häufig über die untere Schlinge gleich in den nächsten Buchstaben verlängerte g bleibt häufiger offen und nimmt, mit seiner zunehmend schmäler werdenden oberen Schlinge, immer mehr die Gestalt eines Neuners an; die Verbindung zum nächsten Buchstaben bildet jetzt in zunehmendem Maße ein waagrechter, von der oberen Schlinge des g ausgehender Verbindungsbalken. Eine ähnliche Entwicklung macht das h durch: Die oft weit in die Unterlänge gezogene Kralle, aus der sich fast immer unter Schlingenbildung (also Mitschreitio zur 3. Redaktion der „Historia Austrialis“ (cvp. 3366 fol. 1r, cfr. dazu WAGENDORFER, Studien, S. 91-93) in Die Österreichische Nationalbibliothek, S. 42 Abb. 37. 145 3. September 1453, cfr. oben S. 152.

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ben der Luftlinie) der folgende Buchstabe entwickelte, endet jetzt wie die Schlinge des g in der Unterlänge, der nächste Buchstabe wird neu angesetzt. Gerade diese engen, eine Wendung von fast 180° vollziehenden Schlingen scheinen Piccolomini immer mehr Mühe gemacht zu haben, weswegen sie zunehmend gemieden wurden. Eine verwandte Tendenz ist die abnehmende Schlingenbildung bei den Kürzungsstrichen: Die Nasalstriche wurden sehr häufig ebenfalls unter mehr oder minder ausgeprägter Schlingenbildung aus dem betreffenden Buchstaben, vor allem am Ende des Wortes, herausgezogen, stehen jedoch in der Altersschrift zunehmend unverbunden über dem Wort; die er-Kürzung, die des öfteren eine senkrecht aufschießende Schlinge zeigte, wird zwar noch häufig aus dem darunterliegenden Buchstaben entwickelt, diese auffallende Schlingenbildung aber zurückgedrängt. Dazu kommt eine Tendenz zur Spaltung des r und zu allgemein eckigerer Gestaltung der Buchstaben im Mittelband: o und e nähern sich zunehmend an, auch a zeigt in der bauchigeren Form häufig relativ eckige Gestalt; die Buchstaben werden insgesamt größer. Diese Erscheinungen treten in der Schrift Piccolominis erst in den 1450er Jahren und oft nur vereinzelt auf, verdichten sich dann aber immer mehr zu jener Erscheinungsform, die in der Literatur häufig als Altersschrift146 des Papstes bezeichnet wird. Im Konzept für die 1. Redaktion der „Historia Austrialis“ lassen sich diesbezügliche Tendenzen eher im allgemeinen Eindruck der Schrift erkennen als tatsächlich an Einzelformen festmachen: Die Nasalstriche werden zum Teil noch immer aus dem entsprechenden Buchstaben entwickelt und neigen dann auch zur Schlingenbildung147; fast durchgehend findet sich auch Schlingenbildung an der Kralle des h148, weniger häufig beim g149, das aber schon oft die angesprochene offene untere Schlinge und den Verbindungsstrich zum nächsten Buchstaben an der oberen aufweist150; o, e beziehungsweise a werden zunehmend undeutlicher151. Generell scheint die Schrift eckiger als in den Beispielen vom Ende der 1440er beziehungsweise Anfang der 1450er Jahre zu sein; noch

146 Cfr. KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 24; MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 147 Cfr. cvp. 3364 fol. 2v (ohne Abbildung) die Zeilen 12 (remanerent), 11 (Federicum) und 9 (heredes) von unten. 148 Cfr. fol. 2v Zeile 12 (heredibus), 10 (heredes) und 9 (heredes) von unten. 149 Cfr. fol. 2v Zeile 5 (gravi). 150 Cfr. fol. 2v letzte Zeile (regina). 151 Cfr. fol. 2v vorletzte Zeile (cogantur mit sehr spitzem o).

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kaum ausgeprägt sind die Zerfallserscheinungen der Kurzschäfte152; r ist stellenweise stark gespalten153. Wie problematisch eine Datierung der Schrift nach solchen Kriterien Anfang der 1450er Jahre aber noch ist, zeigt ein Vergleich mit dem kursiv geschriebenen zweiten Teil von „De concilio Basiliensi“ aus dem Frühjahr 1451: Vom allgemeinen Eindruck her sind nur wenig Unterschiede zu merken, manche Tendenzen sind auch dort schon spürbar. Deutlichere Anzeichen der angesprochenen Entwicklung zeigt hingegen ein weiteres Konzept, das sich relativ genau datieren läßt. In Vat. lat. 7082154 hat sich der bisher ungedruckte Entwurf155 für eine weitere Fassung (?) des Berichts über den Regensburger Reichstag156 von 1454 erhalten157, dem ein gestrichener erster Anlauf zur Praefatio vorangeht (fol. 61r). Ein Nachtrag Piccolominis am Rand von fol. 61r erlaubt eine engere zeitliche Eingrenzung: Sed dices, spricht der Sienese hier wohl Johannes Vitéz, den Bischof von Großwardein und Adressaten des Briefes in der bei Wolkan gedruckten Fassung, der hier nicht ausdrücklich genannt wird, an, quid tu modo rem veterem enarrabis? Iam duo menses elapsi sunt158. Die Schlußsitzung des Reichstags fand am 21. Mai 1454 statt159, folglich müssen wir die Entstehung dieses Konzepts auf Ende Juli/Anfang August desselben Jahres setzen. 152 Cfr. fol. 2v Zeile 8 (venit). 153 Cfr. fol. 2v Zeile 7 (perquirerent). 154 Zur Handschrift cfr. unten Abschnitt 8.4 und BERTÒLA, Un nuovo codice (mit Ver-

zeichnis der enthaltenen Texte 14-16); dazu auch MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck, mit Anm. 30 zum Wasserzeichen). 155 Auch nicht ausgewertet im entsprechenden Band der Deutschen Reichstagsakten, cfr. RTA 19,1, S. XV und 28-29. 156 Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 291. Zur Abfassungszeit cfr. RTA

19,1, S. 30. 157 Fol. 61r-94v, dazu BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 10-14 mit Paralleldruck einiger Stellen aus beiden Fassungen. Das Konzept weist zum Teil starke Abweichungen von der bei Wolkan gedruckten Fassung auf; es ist also fraglich, ob es sich, wie Bertòla will, dabei tatsächlich im eigentlichen Sinn des Wortes um den Entwurf für diese Fassung handelt. Das Verhältnis der beiden Texte müßte jedenfalls noch näher untersucht werden. 158 Damit ist die Fassung in Vat. lat. 7082 in jedem Fall als der bei Wolkan gedruckten vorangehend anzusehen, in deren Praefatio es heißt: Sed dicetis fortasse: tertio ab hinc mense conventus Ratispone cessat. Que ibi gesta sunt iam pistores, piscatores, cetarii cupedinariique omnes decantant. Cfr. WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. 493, dazu auch RTA 19,1, S. 30. 159 RTA 19,1, S. 1 und 282-306. Cfr. auch Piccolominis ersten Anlauf zur Praefatio fol. 61r: Ratisponense concilium quod imperante Federico tertio Romanorum imperatore in anno gratie millesimo quadringentessimo (sic) ac quarto et quinquagesimo exeunte Aprili mense et intrante Maio usque ad medium celebratum est, dum tibi quod initium quemque progressum

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Nach den in etwas sorgfältigerer Schrift gehaltenen ersten Zeilen des Textes160, ein Charakteristikum, das in den Autographen des öfteren zu beobachten ist161, findet Piccolomini zu seiner gewohnten Kursive, die, bedingt durch den Umfang des Textes, einige Schwankungen in Kursivität und Sorgfalt zeigt, in ihren Grundeigenschaften jedoch relativ konstant bleibt. Keinesfalls kann man dabei auch nur in Ansätzen von einer linearen Entwicklung sprechen, wie das später im Konzept der „Germania“ zumindest in Grundzügen der Fall sein wird; vielmehr kehrt der Sienese nach der etwas größeren, auch kursiver geschriebenen Schrift im Mittelteil des Textes zu den kleineren, eleganteren, auch mit etwas mehr Sorgfalt geschriebenen Formen des Anfangs zurück. Vergleicht man die Schrift mit dem Schlußteil von „De concilio Basiliensi“ vom Beginn der 1450er Jahre, so scheint auf den ersten Blick und vom Gesamteindruck her kaum ein Unterschied auszumachen zu sein; unterzieht man jedoch die Einzelformen einer näheren Analyse, zeigen sich doch beträchtliche Differenzen. Am deutlichsten ist die Zurückdrängung von Schlingenbildung: Die Nasalstriche werden hier nur mehr sehr vereinzelt162 aus den Buchstaben herausgezogen; auch werfen sich er-Kürzungen nicht mehr zu den oben noch vereinzelt beobachteten senkrecht aufragenden Schlingen auf; die aus Kurzschäften zusammengesetzten Einzelformen zeigen stellenweise schon stärkere Tendenz zum Zerfall163; die Kralle des h weist durchaus noch Schlingenbildung auf164, stark zurückgedrängt erscheint diese allerdings bereits beim g165; o zeigt sich an einigen Stellen sehr deutlich aus zwei Einzelstrichen zusammengesetzt166 oder ziemlich deformiert und ist dann nur schwer von e oder a zu unterscheiden167; nicht durchgehend, aber immer häufiger tritt stark gespaltenes r auf168.

habuerit ad verum refero, non tuo tantum, sed aliorum ut arbitror multorum desiderio morem gero. 160 So vor allem der Anlauf zur Praefatio. Abbildung: BERTÒLA, Un nuovo codice, Tav.

V. 161 Cfr. oben Abschnitt 4 und 5 passim. 162 Cfr. fol. 67r (ABBILDUNG 8d) Zeile 10 von unten (concurrentes). 163 Cfr. fol. 67r Zeile 9 (minime) und 3 (quievit) von unten sowie die letzte Zeile

(Constantinopolim). 164 Cfr. fol. 67r Zeile 7 von unten. 165 Gut sichtbar noch fol. 67r drittletzte (aggrediendum) und letzte Zeile (Grecorum). 166 Cfr. fol. 67r Zeile 5 (conscribunt) und 6 (honori). 167 Cfr. fol. 67r Zeile 11 von unten (Hungaros). 168 Cfr. fol. 67r Zeile 4 (litteras).

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Sehr aufschlußreich für die immer stärker wirksam werdenden Einflüsse der Gicht können aber nicht nur längere Texte wie die genannten Konzepte, sondern auch sehr kurze Textproben sein, wie sie etwa die Unterschrift Piccolominis auf Originalbriefen, deren Haupttext von anderer Hand stammt, darstellt169. Für Mitte der 1450er Jahre liegen zwei solcher Unterschriften vor: Zum einen auf einem Schreiben vom 31. Oktober 1454170, also nur kurze Zeit nach dem Konzept für „De dieta Ratisponensi“; zum anderen auf einem Brief vom 1. Jänner 1455171. Beide Textzeilen zeigen die schon weiter ausgreifende, größere, etwas klobigere Schrift Piccolominis, die für diese Periode typisch, hier allerdings mit ungewöhnlich spitzer Feder geschrieben ist; die untere Schlinge des g bleibt offen, im zweiten Beispiel wird der nächste Buchstabe mit dem waagrechten Verbindungsstrich an die obere Schlinge angebunden. Deutlich wird vor allem im früheren Schreiben der Zerfall der aus Kurzschäften zusammengesetzten Buchstaben in einzelne Striche172 und die eckigere Gestaltung der betreffenden Buchstaben; ziemlich geschlossen ist dagegen noch das r. Im späteren Beispiel zeigt sich durch den starken Kontrast zwischen Haar- und Schattenstrichen (erstere verschwinden dabei zum Teil fast) ein ähnlicher Zerfall auch beim Schluß-s von sedis in 5er-Form, das beinahe aus zwei getrennten Strichen zu bestehen scheint. Auch in diesen beiden Fällen kann man zwar die bekannten Tendenzen grundsätzlich an (jeweils anderen) Einzelformen festmachen und würde die Schrift sicher nicht mehr an den Anfang der 1450er Jahre setzen; eine chronologische Reihung innerhalb der beiden Beispiele wäre allerdings ohne die zur Verfügung stehende Datierungsmöglichkeit durch die Briefdaten kaum möglich. Inwiefern eventuelle Gichtanfälle dafür verantwortlich waren, daß Eneas die Mundierung der Briefe an andere Schreiber delegierte und nur seine Unterschrift daruntersetzte, ist heute nicht mehr zu entscheiden, zumal aus zeitlicher Nähe nur ein (autographer) Originalbrief erhalten ist173; daß seine Unterschriften in

169 Zur Unterschrift auf Urkunden und Rechnungen im Pontifikat cfr. unten Abschnitt 9. 170 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 3. Ohne Abbildung. 171 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 4. Ohne Abbildung. 172 Cfr. Eneas, aber vor allem imperialis. 173 Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1981, 58 (25. November 1454). Dieses Schreiben zeigt sehr kontrollierten Ductus und ist mit relativ großer Sorgfalt geschrieben; dennoch sind die einschlägigen Merkmale der späteren Schrift des Sienesen wie offenes g, keine Schlinge an der Kralle des h, frei schwebende Kürzungsstriche etc. stark ausgeprägt. Unsicher ist die Datierung des dem ersten Schreiben am zeitlich nächsten stehenden, heute

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

beiden Fällen deutliche Einflüsse der Krankheit verraten, ist aber kaum zu leugnen. In selbst für die 1450er Jahre ungewöhnlicher Dichte haben sich autographe Briefe von Ende Oktober bis Ende Dezember 1455 erhalten174. Davon stehen einige Schreiben auf etwas höherem kalligraphischen Niveau und werden unten gesondert behandelt175; der Rest bietet einen noch immer derart reichen Fundus für die Analyse der Kursive Piccolominis, daß wir uns hier nur mit Schlaglichtern auf ausgewählte Schreiben begnügen müssen. Starken Schriftverfall neben wohl auch flüchtigerer Ausführung zeigen dabei die ersten drei Briefe dieser Gruppe, hier analysiert anhand des chronologisch frühesten Briefes aus Viterbo vom 27. Oktober 1455176: Piccolominis Schrift, mit noch dünner Feder geschrieben, greift hier stark in die Ober- und Unterlänge aus und wirkt relativ eckig; die untere Schlinge des g ist konsequent offen und bleibt ohne Verbindung zum folgenden Buchstaben, der statt dessen von der oberen Schlinge her mittels waagrechtem Strich angebunden wird, die obere Schlinge wird zunehmend kleiner, der Buchstabe tendiert immer stärker zur 9er-Form. Ebenso vergeblich sucht man die Schlingenbildung an der Kralle des h; die Kürzungsstriche sind in der Regel relativ lang und gerade, nur in einem Fall177 aus dem Buchstaben darunter gezogen; r erscheint zum Teil stark gespalten178. Der Zerfall der Kurzschäfte179 ist dagegen ebenso nur stellenweise sichtbar wie jener des 5er-

in Göttweig liegenden und nur fragmentarisch erhaltenen Briefes – cfr. WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 210 –, der aber nicht autograph ist. 174 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 7 (27. Oktober 1455), 8 (29. Oktober 1455), 9 (8. November 1455), 11 (16. November 1455), 12 (18. November 1455), 13 (23. November 1455), 14 (25. November 1455), 15 (8. Dezember 1455); Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1986, 30 (3. November 1455), 32 (5. November 1455), 39 (7. November 1455), 42 (20. November 1455), 53 (27. November 1455), 56 (30. November 1455), 57 (2. Dezember 1455), 60 (4. Dezember 1455), 63 (9. Dezember 1455), 66 (17. Dezember 1455), 69 (26. Dezember 1455), 70 (28. Dezember 1455), 78 (28. Dezember 1455); Concistoro 1983, 75 (25. November 1455, Beilage zu Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 14); Balia 489, 32 (12. November 1455) und 59 (24. Dezember 1455); dazu Parma, Biblioteca Palatina, cart. Lucca I Suppl. N 261 (2. Dezember 1455), Krakau, Biblioteka Jagielloñska, Berol. Autogr. sammlung, Pius II., Nr. 17707; Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Handschriften-, Autographen- und Nachlaß-Sammlung 40/36-1 sowie Universitätsbibliothek Basel, Autographen-Sammlung Geigy-Hagenbach Nr. 2456 (24. Dezember 1455). 175 Cfr. unten S. 169-171. 176 ABBILDUNG 8e. Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 7. 177 Cfr. Zeile 7 von unten (regem). 178 Cfr. Zeile 3 von unten (oratorem). 179 Cfr. Zeile 6 von unten (animo).

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Schluß-s180. Ganz ähnliches Aussehen zeigen die beiden nur wenig später geschriebenen Briefe aus der Biblioteca Civica in Triest vom 29. Oktober und 8. November 1455, sodaß man in dieser Phase beinahe eine gewisse Stabilisierung der Schrift festzustellen meint. Daß die Schriftentwicklung nicht immer linear verlaufen muß, zeigen jedoch die beiden nur wenig später geschriebenen Briefe vom 18. und 25. November 1455 (analysiert anhand des letzteren181): Beide Briefe zeigen kaum Zerfallserscheinungen bei den Kurzschäften; die Kürzungsstriche werden des öfteren aus dem darunterliegenden Buchstaben entwickelt182; Schlingenbildung trifft man auch an der Kralle des h an183; nur selten wird allerdings die untere Schlinge des g zum nächsten Buchstaben verlängert184; stark deformiert ist auch hier stellenweise das o185. Trotz allem wirkt die Schrift etwas runder und flüssiger als jene der ersten Dreiergruppe; vielleicht trägt dazu auch weniger flüchtige Schreibweise bei; jedenfalls vermeint man hier geringere Auswirkungen der Gicht zu verspüren. Anders ist das wieder bei einem der letzten der aus dem Jahr 1455 erhaltenen Briefe vom 24. Dezember186, der auch aus anderen Gründen interessant ist: Es handelt sich nämlich um das einzige autographe Originalschreiben187 und um einen der wenigen Texte des Sienesen in Volgare überhaupt, der sich erhalten hat188. Von Interesse ist in diesem Fall somit auch, ob sich die Sprache des Briefes in irgendeiner Weise auf die

180 Cfr. Zeile 5 (suos). 181 ABBILDUNG 8f. Triest, Biblioteca Civica, Ms. Picc. II 44, Nr. 14. 182 Cfr. fol. 1r Zeile 7 von unten; besonders bemerkenswert die steil aufragende er-

Schlinge (iterum). 183 Cfr. fol. 1r Zeile 4 (extrahi). 184 Auf der Verso-Seite des Briefes, ohne Abbildung. 185 Cfr. fol. 1r Zeile 9 (post). 186 ABBILDUNG 8g. Universitätsbibliothek Basel, Autographen-Sammlung Geigy-Hagenbach, Nr. 2456. 187 Das Schreiben wurde von SIMONETTA, Rinascimento segreto, S. 77 Anm. 55 überse-

hen; ebenso die zwei Zeilen in Volgare im Brief vom 28. Februar 1432, cfr. oben Abschnitt 5. Der von Simonetta ebendort genannte, heute in St. Petersburg liegende Brief in Volgare ist nicht autograph, cfr. oben S. 149. 188 Cfr. auch zur Studentenmitschrift Chig. J VII 252 oben Abschnitt 4. MUSUMECI, L’epistolario, S. 374, der den heute in Basel liegenden Brief nicht kannte, gibt die Zahl der Briefe in Volgare mit zwei an, doch sind auch noch einige andere, nicht eigenhändige Originalbriefe in Volgare verfaßt.

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Schrift auswirkt189. Diesbezüglich fällt die Antwort negativ aus: Eneas schreibt auch hier seine gewohnte Kursive mit den typischen Einzelformen190: Daß konsequent rundes d verwendet wird und die gerade Form völlig eliminiert ist, könnte eine bewußte Entscheidung sein (die allerdings manchmal auch in lateinischen Autographen des Sienesen zu konstatieren ist191), aber auch am geringen Textumfang liegen; ebenso in lateinischen Texten greifbar ist zuweilen die hier vorliegende ausschließliche Verwendung der tironischen Kürzung für et; Schluß-s kommt nur in der Unterschrift Piccolominis vor, dort ebenfalls ausschließlich die runde Form. Die wenigen vorkommenden h werden mit dem folgenden Buchstaben unter Schlingenbildung an der Kralle verbunden192; g wird teils aus der unteren Schlinge mit dem nächsten Buchstaben ligiert, teils bleibt diese aber auch offen; ähnliche Tendenz zeigen die Kürzungsstriche, die selten aus dem betreffenden Buchstaben entwickelt werden193. Zerfallserscheinungen an den Kurzschäften sind kaum festzustellen, allerdings wirken die entsprechenden Buchstaben ziemlich eckig. Insgesamt steht die Schrift dieses Schreibens jener der ersten Dreiergruppe aus dem Jahr 1455 sicher näher als der der beiden dazwischenliegenden Briefe und zeigt so die Schwankungsbreite, die durch Tagesverfassung, wohl aber auch durch sorgfältigere Ausführung einzelner Stücke möglich ist. Werfen wir nun noch einen Blick auf die Schreiben aus der Kardinalatszeit Piccolominis. Wie aus der im oben zusammengestellten Liste der autographen beziehungsweise nicht autographen Originalschreiben ersichtlich ist, nehmen nun die nicht eigenhändig von Piccolomini ins Reine gebrachten Briefe stark zu. Dennoch ist auch für diese Zeit die Überlieferungslage noch ausnehmend gut, insbesondere für den Beginn des Jahres 1457, aus dem hier weitere drei Beispiele herausgegriffen werden sollen, anhand derer mehrere wichtige Punkte deutlich werden. Zum einen zeigen sie, wie oben schon angedeutet, daß aus der zunehmenden Gicht nicht unbedingt eine lineare Schriftentwicklung resultieren muß. Die angesprochenen Briefe, die nur wenig mehr als einen Mo189 So verwendete Niccolò Niccoli für die wenigen bekannten Briefe in Volgare eine andere Kursive als etwa in seinen Glossen, cfr. FOFFANO, Niccoli, S. 122; CASAMASSIMA, Literulae latinae, S. XIII; DE LA MARE, Handwriting, S. 52 mit den Abbildungen Tafel XIII a-c. 190 Ein ähnlicher Befund bei HERDE, Schrift der Florentiner Behörden, S. 322 für die

Register der Staatsbriefe in Florenz, wo die humanistische Kanzleikursive ohne Unterschied sowohl für lateinische als auch italienische Texte gebraucht wird. 191 Cfr. oben Abschnitt 5 zum Brief vom 6. November 1439 an die Stadt Siena. 192 Cfr. Zeile 4 (chi). 193 Cfr. Zeile 4 von unten (non).

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nat auseinanderliegen, zeigen – selbstverständlich im vorgegebenen Rahmen der Kursive Piccolominis – ein heterogenes Bild, was den allgemeinen Eindruck der Stücke angeht. Dies kann natürlich unter anderem mit der Tagesverfassung und dem Gesundheitszustand Piccolominis zusammenhängen. Andererseits wird anhand der drei Beispiele deutlich, wie sich Schreibsituation, Zeitdruck und möglicherweise auch emotionaler Streß auf das Schriftbild auswirken können. Das erste hier zu untersuchende Schreiben vom 19. Jänner 1457194 macht einen überraschend klaren und geschlossenen Eindruck, sodaß man es ohne entsprechende Datierung wohl kaum erst nach dem oben erwähnten Brief aus Viterbo vom 27. Oktober 1455 ansetzen würde: Die Schrift ist relativ klein und regelmäßig, das Mittelband dominiert, die Abstände der Zeilen und der einzelnen Wörter sind für die späten 1450er Jahre verhältnismäßig gering. Zwar sind typische Merkmale der späteren Kursive Piccolominis durchaus ausgeprägt – die Kürzungsstriche stehen konsequent isoliert über der Zeile; aus der unteren Schlinge des g wird nie, aus der Kralle des h selten195 der nächste Buchstabe entwickelt; r ist allerdings nur selten stärker gespalten196 –, sie schlagen jedoch im Erscheinungsbild der Schrift nicht so durch, wie man das erwarten sollte und wie es etwa im Brief aus Viterbo der Fall war. Dies hat ohne Zweifel auch mit dem generell etwas gehobeneren Niveau der Schrift zu tun: Piccolomini bemühte sich in diesem Fall sichtlich um ein ausgewogenes, gut lesbares Schriftbild, was sich vor allem bei der über weite Strecken sehr guten Differenzierung von m, n und u/v mit zum Teil noch guten Rundungen zeigt; aber auch die Einzelformen, die nicht unbedingt auf gehobeneres Niveau der Schrift schließen lassen, tragen ihren Teil zu dem Eindruck bei: So überwiegt bei weitem unziales d gegenüber geradem, doch zeigt es in der Regel noch schöne Rundungen, während die zweiteilige Form stärker zurückgedrängt, und, wenn vorhanden, ohne größeren Abstand zwischen den Strichen geschrieben ist; auch rundes Schluß-s, gegenüber welchem die gerade Form deutlich in der Minderzahl ist, zeigt, wenn es in der 5er-Variante vorliegt, nicht jene Zerfallserscheinungen, wie sie noch im Brief aus Viterbo festzustellen waren. Bei genauerem Hinsehen werden allerdings auch in diesem Schriftbeispiel Spuren des Zerfalls deutlich: Besonders im Mittelband scheinen sich m, n und u/v häufig in die Einzelschäfte aufzulösen, die dann des öfteren nur mehr als senkrechte Parallelen nebeneinanderstehen. Vielleicht ist 194 Ohne Abbildung. Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II, 44, Nr. 30. 195 Cfr. Zeile 9 (hoc). 196 Cfr. Zeile 10 (videretur, audiverunt).

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diesbezüglich aber auch das generell gesetztere Niveau der Schrift mitverantwortlich. Ein ganz anderes Erscheinungsbild zeigt die nur wenige Tage später geschriebene Beilage197 zu einem nicht autographen Brief vom 29. Jänner 1457. Die viel formlosere Gestaltung äußert sich nicht nur an der kaum hervorgehobenen Initiale am Beginn des Textes (magnifici) und dem kleinen, rechteckigen Zettel, der als Beschreibstoff verwendet wurde, sondern auch an den Einzelformen: Zwar ist langes Schluß-s, wenn auch weit weniger häufig als die runde Form, vertreten; völlig eliminiert sind aber die humanistische &-Ligatur und gerades d. Deutlich ist der im Vergleich zum vorhergehenden Schreiben viel kursivere Ductus, der unter Umständen aus der Zeitnot einer noch rasch hingeworfenen Beilage resultieren kann, vielleicht aber auch durch emotionale Komponenten beeinflußt ist: Die verärgerte Notiz Scripsimus vobis pluries et de his et de aliis rebus; miramur, quod nobis nihil rescripseritis rechts unten erinnert beinahe an den jungen, gerade erst in Basel seine Lorbeeren verdienenden Piccolomini, der aus eigener Initiative die Berichterstattung an seine Heimatstadt in Angriff genommen und anfangs keine Antwort erhalten hatte198 – nur hat er es jetzt nicht mehr nötig, mit der Schrift seiner Depeschen Eindruck zu schinden; zu wichtig war er schon für Siena geworden. Trotz der angesprochenen stärkeren Kursivierung sind die dazu gegenläufigen Tendenzen seiner späteren Kursive nur zu deutlich: Die Kürzungsstriche sind isoliert, die untere Schlinge des g immer offen; aus der Kralle des h wird nur in Ausnahmefällen (so etwa bezeichnenderweise in der zitierten Notiz) der nächste Buchstabe entwickelt199. Vor allem ist jetzt aber der Abstand zwischen den Zeilen und Wörtern, auch zum Teil der Buchstaben um einiges größer geworden, die Unterlängen sind viel ausgeprägter als im letzten Brief, weniger stark hingegen die Spaltung des r und die Zerfallserscheinungen bei m, n und u/v. Es ist durchaus möglich, daß Piccolomini auch seine Gelenkserkrankung wieder mehr zu schaffen machte, als dies wenige Tage zuvor der Fall gewesen war. Ob man darauf allerdings auch den Umstand zurückführen kann, daß der eigentliche Brief nicht von seiner Hand stammt, ist fraglich: Der Text der Beilage scheint eher darauf schließen 197 Ohne Abbildung. Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II, 44, Nr. 34. Es handelt sich um eine mit dem Vermerk datum ut in litteris versehene Beilage zu Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II 44, Nr. 33 (29. Jänner 1457), wie aus dem Inhalt der beiden Briefe erhellt; dem entspricht auch die heutige Einordnung im betreffenden Faszikel. 198 Cfr. oben Abschnitt 5 zum Brief vom 1. November 1432. 199 Letzte Zeile (nihil).

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zu lassen, daß er die hier behandelte vertrauliche Angelegenheit lieber persönlich zu Papier brachte. Vielleicht spielte aber auch beides eine Rolle. Als letztes Beispiel aus der reichen Überlieferung der Originalbriefe vor der Zeit des Pontifikats soll an dieser Stelle noch kurz das Schreiben vom 21. Februar 1457200 behandelt werden, weil es fast idealtypisch das Erscheinungsbild des Großteils der Autographen vor dem Einsetzen der tatsächlich erschütternden „Altersschrift“ wiedergibt. Die Schrift gleicht in hohem Maße jener im Brief aus Viterbo vom 27. Oktober 1455 und ist ein Beispiel dafür, wie die Schrift der Briefe Mitte der 1450er Jahre, den oben angedeuteten „Ausreißern“ in die eine oder andere Richtung zum Trotz, über längere Zeit relativ einheitlich bleiben kann und die typischen Alterserscheinungen nur graduelle Unterschiede zeigen. Auch dieser Brief ist wie jener aus Viterbo mit relativ dünner Feder geschrieben, die Abstände zwischen den Zeilen und Wörtern werden größer, auch die deutlich ausgeprägten Unterlängen beeinflussen den allgemeinen Eindruck der Schrift erheblich. Bezeichnend für die Mitte der 1450er Jahre ist der Befund der Einzelformen, der zum Teil noch manch kursivierende Tendenz (wie die an einigen Stellen noch aus den Buchstaben herausgezogenen oder zumindest an deren Enden angesetzten, oft stark geschwungenen Kürzungsstriche201, das nur selten stark gespaltene r und relativ wenig Zerfallserscheinungen bei den Buchstaben des Mittelbandes202) zeigt; andererseits aber auch Elemente birgt, die im Pontifikat beinahe zur Norm werden (wie die fast durchwegs isolierte Stellung von g und h, ohne eine Verbindung mit dem nächsten Buchstaben einzugehen). Ehe aber tatsächlich die päpstliche Periode Piccolominis in den Blick genommen werden kann, gilt es noch, einige besonders interessante autographe Zeugnisse der 1450er Jahre zu untersuchen. Als Appendix zu dem bisher über die Originalschreiben Gesagten muß der Vollständigkeit halber noch auf eine kleine Anzahl von Briefen hingewiesen werden, die sich von der großen Mehrheit der Schreiben nicht nur durch den Gesamteindruck, sondern auch durch bestimmte bevorzugte Einzelformen abheben. Es handelt sich um sechs Briefe, die alle an die Stadt Siena gerichtet sind und vom 3. November 1455203, 7.

200 Ohne Abbildung. Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II 44, Nr. 39. 201 Cfr. etwa Zeile 6 (in). 202 Relativ stark Zeile 5 des Haupttextes von unten (vivit). 203 Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1986, 30.

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November 1455204, 16. November 1455205, 23. November 1455206, 8. Dezember 1455207 und 29. Dezember 1457208 datieren. Ihnen gemeinsam ist eine niveauvolle, gehobenere Schrift, die man zumindest in dem ein oder anderen Fall beinahe als humanistische Minuskel ansprechen könnte209: Die Buchstaben sind nur zum Teil verbunden, die Schrift glänzt durch sorgfältige Ausführung; das Mittelband dominiert, da die Unter- und Oberlängen kaum ausgeprägt sind. Auffallend und vom Rest der Originalschreiben abstechend ist das hier durchgehend oder zumindest am Anfang der Briefe verwendete kompliziertere g210, in der Regel wird konsequent (oder nur durchbrochen von ganz wenigen Beispielen der runden Form) gerades d und humanistische &-Ligatur verwendet; häufig überwiegt allerdings rundes Schluß-s gegenüber der geraden Form. Gerade im hier besprochenen Beispiel aus dem Jahre 1457 wird die Disziplin deutlich, die Piccolomini für eine solche Seite aufgewendet haben muß: Bei unbefangener Betrachtung und Kenntnis seiner gleichzeitigen Kursive scheint es kaum zu glauben, daß das Stück erst aus dem Kardinalat datiert. Nur der Zerfall von m, n und u/v in Einzelschäfte211 läßt erahnen, daß es sich hier um ein nur knapp vor dem Pontifikat geschriebenes Schriftbeispiel handelt. Ob der enge zeitliche Rahmen, in dem die betreffenden Schreiben überliefert sind, auf Überlieferungszufall beruht oder tatsächlich davor keine Briefe in dieser etwas gehobeneren Schrift existieren, ist nicht zu entscheiden. Daß sich sämtliche Schreiben an die Stadt Siena richten, kann sehr wohl durch die Überlieferungssituation bedingt sein: Originalbriefe des Sienesen an Einzelpersonen haben sich auch aus dieser Zeit kaum erhalten. Da sich die genannten Briefe inhaltlich nicht von den übrigen, in der gewohnten, oft sehr formlosen Kursive212 Piccolominis gehaltenen Schreiben unterscheiden, wird man das Motiv für den Einsatz der niveauvolleren Schrift weniger in einer be204 Siena, Archivio di Stato, Concistoro 1986, 39. 205 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II 44, Nr. 11. 206 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II 44, Nr. 13. 207 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomoni II 44, Nr. 15. 208 Triest, Biblioteca Civica, Ms. Piccolomini II 44, Nr. 54. 209 Im folgenden analysiert anhand des Schreibens vom

29. Dezember 1457

(ABBILDUNG 8h). 210 Sehr oft mit hakenförmiger unterer Schlinge – cfr. Zeile 4 (Taglacoziis) –, die im

Lauf des Textes allerdings des öfteren dazu tendiert, sich immer mehr der kursiven Form anzupassen, cfr. Zeile 7 des Haupttextes von unten (intelligitis). 211 Cfr. Zeile 6 (mehrfach). 212 Cfr. oben Abschnitt 7.

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stimmten Intention des Autors als vielmehr in der jeweiligen Situation bei der Abfassung suchen müssen. Hier gab vielleicht tatsächlich nur genügend vorhandene Zeit oder Lust an der schönen Gestaltung eines Briefes den Ausschlag. Auf ein ähnliches Phänomen stoßen wir auch in der folgenden, zeitlich vorangehenden Handschrift, die sich Piccolomini unbestrittenermaßen primär für seinen eigenen Gebrauch anlegte. 8.3. Die Briefsammlung in cvp. 3389213 In der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien liegt mit der Briefsammlung in cvp. 3389 nicht nur aus inhaltlicher, sondern auch aus paläographischer Sicht eine der interessantesten Quellen für die Biographie und die Schrift Piccolominis. Der Codex214 besteht insgesamt aus drei Teilen. Die Folia 1r-38r enthalten Albrechts von Bonstetten 1479 verfaßte Beschreibung der Schweiz215, wodurch ein terminus post quem für die Bindung der Handschrift gegeben ist216; darauf folgen die „Epistola ad Mahumetem“ Piccolominis (fol. 40r-79v)217 und fol. 80r193v die hier interessierende Sammlung von 186 Briefen des Sienesen218, die eine alte Foliierung (fol. 3-116) aufweist219 und nicht vollständig erhalten ist: Abgesehen von der heute von der ursprünglichen Foliierung und Lagenzählung abweichenden Bindung fehlen am ursprüngli213 Zur Handschrift vor allem WEISS, Aeneas Sylvius, S. 88-98; VOIGT, Die Briefe, S. 332; WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. V-X. 214 WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. V schloß aus Randglossen, die er mit der Hand des späteren Bischofs von Trient, Johannes Hinderbachs, identifizierte, daß sich die Handschrift im Besitz Hinderbachs befunden habe. Allerdings finden sich solche Glossen, so sie überhaupt Hinderbach zuzuweisen sind, was fraglich erscheint – der Codex wird weder im Verzeichnis der Handschriften aus dem Besitz Hinderbachs bei LEONARDELLI, „Pro bibliotheca erigenda“, S. 31-32 noch von der besten Kennerin der Autographen Hinderbachs erwähnt, cfr. RANDO, Dai margini, S. 549 –, nur in den ersten beiden kodikologischen Einheiten, nicht jedoch im letzten Abschnitt, der die Briefe Piccolominis enthält. Zu Hinderbachs Verhältnis zum Humanismus, cfr. CORTESI, Il vescovo Johannes Hinderbach; allgemein auch STRNAD, Hinderbach; STRNAD, Obedienz-Ansprache, S. 130-146; RANDO, Dai margini (jeweils mit weiterer Literatur). 215 Dazu FUEGLISTER, Albrecht von Bonstetten, hier besonders S. 177. 216 WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. V vermutete, die Bindung sei noch von

Johannes Hinderbach veranlaßt worden, cfr. oben Anm. 214. 217 Zu diesem Text cfr. unten Abschnitt 9. 218 WEISS, Aeneas Sylvius, S. 88, der ebendort S. 103-275 die zu seiner Zeit noch unge-

druckten Briefe der Sammlung (149) edierte. 219 Falsch eingebunden ist die 10er-Lage mit der alten Foliierung 97-116, die fol. 3 der alten Foliierung vorangeht.

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chen Beginn, wie schon Weiss anhand der Quaternionenzählung zeigen konnte220, zwei Lagen und die ersten beiden Blätter der dritten Lage; fol. 99v (alt 116v) weist unten noch den Reklamanten eximie auf, was darauf hindeutet, daß auch am Ende der Handschrift mindestens eine Lage verloren gegangen ist221. Neben der Hand des Humanisten, der den größten Teil der Briefe selbst schrieb, lassen sich noch weitere Schreiber nachweisen222. Es handelt sich bei der Briefsammlung nicht, wie in der Forschung anfangs angenommen wurde223, um ein Konzeptbuch, in dem Piccolomini seine Briefe entwarf; vielmehr liegt eine nach der tatsächlichen Konzeption der Briefe angelegte Sammlung vor, die vom Sienesen ähnlich wie in Chig. J VI 208224 vor allem stilistisch überarbeitet wurde225 und Briefe vom 6. April 1453 bis 10. Februar 1454 umfaßt226. Wir wissen somit nicht, wann die Handschrift tatsächlich abgeschlossen wurde; allerdings legen die zahlreichen Neuansätze und die verschiedenen Hände ohnehin einen zeitnahen Eintrag der jeweiligen Schreiben nahe. Die Tatsache, daß Briefe desselben Datums gelegentlich von verschiedenen Händen (oder von der Hand Piccolominis, aber mit deutlichem Neuansatz)227, andererseits aber auch mehrere Briefe verschiedenen Datums von derselben Hand und ohne erkennbaren Neuansatz geschrieben sind228, dürfte auf einen zwar laufenden, aber willkürlich durchgeführten Eintrag der Briefe schließen lassen.

220 WEISS, Aeneas Sylvius, S. 98. 221 WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. VI. Ähnlich wie das auch bei der

„Historia Austrialis“ der Fall ist (cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 17), wurden offensichtlich unfertige Texte oder einzelne Lagen von Piccolomini verborgt, wodurch es leicht zu derartigen Lagenverlusten kommen konnte. In cvp. 3389 trägt fol. 124r den (nicht von der Hand Piccolominis stammenden) Vermerk Item magister Nicolaus de Weyssenburga habet tertium et quartum sexternos in Wienna, cfr. WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. VI-VII und WEISS, Aeneas Sylvius, S. 96 (mit Anm. 1 zu Nicolaus de Weyssenburga). 222 Genaues Verzeichnis bei WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. VII. 223 Cfr. VOIGT, Die Briefe, S. 332; erste Relativierung bei WEISS, Aeneas Sylvius, S. 88. 224 Cfr. unten Kapitel 10. 225 WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. VII-X. Oft weisen Randnotizen (cfr. auch

unten Abschnitt 10 zu Chig. J VI 208) wie dimitte hanc darauf hin, daß der betreffende Brief bei der endgültigen Mundierung der Sammlung ausgelassen werden sollte, cfr. WEISS, Aeneas Sylvius, S. 90. 226 WEISS, Aeneas Sylvius, S. 88. Fol. 80v/81r trug Piccolomini ein Gebet (Oratio ad summum Deum) ein (Druck: WEISS, Aeneas Sylvius, S. 274-275). 227 Cfr. etwa cvp. 3389 fol. 82v-86r (ausnahmslos Briefe vom 1. Jänner 1454). 228 Cfr. cvp. 3389 fol. 119v/120r (Briefe vom 22. und 25. April 1453).

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Aus den eben genannten Gründen ist die Handschrift weniger für die Schriftentwicklung des Sienesen interessant229, von der die genauer datierten und über eine größere Zeitspanne verteilten Originalbriefe der 1450er Jahre besseres Zeugnis ablegen; dagegen spiegeln die Einträge mit ihren zahlreichen Neuansätzen sehr gut die gesamte Bandbreite der Kursive Piccolominis wieder. Das Spektrum reicht von einer ziemlich sorglos und flüchtig geschriebenen Kursive mit zum Teil wilden Streichungen230, wie sie in Teilen der etwa gleichzeitigen Konzepte für die „Historia Austrialis“ zu beobachten ist, über eine ruhigere, mit mehr Sorgfalt ausgeführte Variante231 bis zu einer beinahe „gesetzten“ Schrift, die wohl schon als humanistische Minuskel zu bezeichnen ist und die hier im Hinblick auf die gleich folgende Analyse des undatierten Exzerpts aus dem „Liber certarum historiarum“ Johanns von Viktring kurz näher untersucht werden soll. Die ausgeprägteste Variante findet sich in der Abschrift eines Briefs an Giovanni Campisio vom 5. Mai 1453232. Die Schrift Piccolominis ist hier sorgfältig ausgeführt (allerdings steigen die Zeilen nach rechts an) und sehr klein, Unter- und Oberlängen sind nur mäßig ausgeprägt, vom Gesamteindruck her dominiert das Mittelband. Zum Großteil stehen die einzelnen Buchstaben wie in der humanistischen Minuskel unverbunden nebeneinander (Verdoppelungen der Langschäfte sind völlig eliminiert, nur leichte Ansätze von links vorhanden; die untere Schlinge des g und die Kralle des h enden offen, ohne mit dem nächsten Buchstaben eine Verbindung einzugehen), allerdings gehen s und f unter die Zeile, auch liegt Rechtsneigung der Schrift vor. In den Einzelformen spiegelt sich das gehobene Niveau der Schrift: Eneas schreibt fast ausschließlich233 gerades d und langes Schluß-s234, was in seiner gewöhnlichen Kursive praktisch nie vorkommt. Ausgeglichen ist das Verhältnis zwischen humanistischer &-Ligatur und tironischer Kürzung (bei allerdings nur zwei vorkommenden Beispielen); rundes r und Schluß-m in 3er-Form fehlen. Bemerkenswert ist, daß der Sienese eine 229 Sie soll im folgenden auch beiseite gelassen und anhand der autographen Originalbriefe dargelegt werden. Tendenziell sind die späteren, also Ende 1453 und 1454 datierten Texte in einer etwas größeren Kursive geschrieben, die auch mehr Abstand zwischen den einzelnen Wörtern und den Zeilen aufweist. Dieser Befund korreliert mit jenem, der aus den Briefen zu gewinnen ist. 230 Cfr. cvp. 3389 fol. 81v. 231 Cfr. cvp. 3389 fol. 82r. 232 Fol. 109r/v. Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 81. 233 Rundes d fol. 109r (ohne Abbildung) Zeile 2 von unten (domino), dort aber wohl als

Versalie. Zwei runde Formen folgen fol. 109v. 234 Die runde Variante etwa fol. 109r letzte Zeile (quos).

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derart hochstehende Schrift für die Kopie von Briefen verwendet, die eigentlich nur eine Art von Zwischenredaktion vor der eigentlichen Reinschrift der Sammlung darstellt. Hier hat die gehobene Variante also keine auf den Adressaten zielende Funktion, wie das bei den frühen Briefen der 1430er Jahren an die Stadt Siena der Fall war, sondern scheint einzig von der Laune Piccolominis beziehungsweise der ihm zur Verfügung stehenden Zeit abhängig gewesen zu sein. 8.4. Die Exzerpte und Fragmente der 1450er Jahre in Vat. lat. 7082 Vat. lat 7082235 enthält nach späteren, zum Großteil aus der päpstlichen Periode stammenden Konzepten236 zu einer Erstfassung der „Epistola ad Mahumetem“ von der Hand Piccolominis und Agostino Patrizis237 und dem oben schon erwähnten Konzept des Berichts über den Regensburger Reichstag 1454238 einige Textstücke, die nicht nur paläographisch mehr als „scarso interesse“239 beanspruchen dürfen, sondern auch für die Arbeitsweise und die Quellenbenützung Piccolominis hervorragendes Anschauungsmaterial bieten. Die heute 100 Folia umfassende Handschrift bestand ursprünglich, wie aus einer Foliierung des 15. Jahrhunderts hervorgeht, aus mindestens 402 Blättern. Die teilweise nicht mit der Foliierung übereinstimmenden Reklamanten zeigen, daß schon damals Teile der Handschrift falsch eingebunden waren. Im 17. Jh. wurde durch eine neue, den tatsächlichen Textverhältnissen entsprechende Foliierung versucht, Ordnung in die Handschrift zu bringen, doch bestand der Codex schon damals nur mehr aus den heute vorhandenen Blättern240. 1934 wurde er von Maria Bertòla neu gebunden und mit einer Stempelfoliierung241 in der rechten unteren Ecke der Blätter versehen; Bertòla rekonstruierte dabei auch die richtige Reihenfolge der Lagen242.

235 Ein Verzeichnis der enthaltenen Texte bei BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 14-16. 236 Fol. 1r-60v; zu diesen Konzepten cfr. unten Abschnitt 9. 237 Zu ihm cfr. HACK, Patrizi (mit der weiteren Literatur) sowie AVESANI, Per la biblioteca, S. 3-28. 238 Fol. 61r-94v. 239 So zum Inhalt BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 5. 240 BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 3-4. 241 Die Zitate richten sich im folgenden nach dieser Foliierung. 242 Allerdings mit einem kleinen Versehen am Ende der Handschrift, cfr. das Folgende.

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Die angesprochenen kurzen autographen Texte am Ende des Codex umfassen zunächst zwei Einzelblätter (fol. 95r/v und 99r/v) mit Exzerpten aus der „Historia adversus paganos“ des Orosius, die gleichzeitig auch eine Kritik der entsprechenden Stellen durch Piccolomini bieten243 und in der Mitte von fol. 99r244 enden. Folgt man dem Text, müßte bei richtiger Bindung auf fol. 95, ohne von den beiden gleich zu behandelnden Texten unterbrochen zu werden, fol. 99 folgen. Bertòla gelang es zwar nicht, den Text als „Historia adversus paganos“ zu identifizieren245, sie erkannte aber anscheinend nachträglich246 die Zusammengehörigkeit der Blätter und stellte mit Bleistift die entsprechende Foliierung her. Nach dem ersten Teil des Orosius-Exzerpts folgt mit fol. 96 ein an fol. 99 angeklebtes Einzelblatt mit dem wohl interessantesten Text des Konvoluts: Es handelt sich um das bisher noch nicht identifizierte247 Fragment eines Exzerpts aus dem „Liber certarum historiarum“ Johanns von Viktring248. Das Doppelblatt 97/98 schließlich enthält Exzerpte aus der Chronik des Eusebius in der Hieronymus-Übersetzung249 zur römischen und griechischen Frühgeschichte. Abgeschlossen wird die Handschrift durch das an fol. 95 angeklebte Einzelblatt 100, das neben einigen Zeilen 243 Eine Edition dieses höchst interessanten Textes wäre lohnend. 244 Der Text auf der Rückseite des Blattes müßte vor jenem auf der Recto-Seite zu ste-

hen kommen; das Blatt wurde also (schon zum Zeitpunkt der Foliierung des 15. Jahrhunderts, wie aus derselben fol. 99r erhellt) seitenverkehrt eingebunden. 245 BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 16: „ff. 95-96v (ant. numer. 142, 146). Riassunto da un’opera di storia romana antica, libri I-VII.” 246 Jedenfalls gibt sie in ihrem Inhaltsverzeichnis der Handschrift die Bleistiftfoliierung an, cfr. BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 16. 247 BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 16: „Compilazione storica per annali”. 248 Eine Edition des Textes und seine Einordnung in die überaus komplizierte Überlie-

ferung des „Liber“ Johanns künftig bei WAGENDORFER, Ein Exzerpt (im Druck). Ob ursprünglich noch mehr vom Text dieser Redaktion des „Liber certarum historiarum“ in dem Konvolut vorhanden war, kann weder ausgeschlossen noch nachgewiesen werden. Von der alten Foliierung sind am oberen Rand des Blattes nur mehr zwei Schäfte sichtbar, die keinen Schluß auf die alte Blattnummer zulassen. Wenn BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 16 tatsächlich noch die Foliierung „143“ sah (diese Angabe also möglicherweise einer Beschneidung des Codex im Zuge der Restaurierung unter Bertòla selbst zum Opfer fiel) bedeutet dies – da auf dem vorhergehenden Blatt „142“ und auf den folgenden beiden mit der Eusebius-Hieronymus-Chronik die Reste von „144“ und eindeutig „145“ zu lesen sind –, daß zumindest zum Zeitpunkt der alten Foliierung nur das auch heute noch existierende Einzelblatt vorhanden war oder dieses eine Blatt irrtümlich getrennt vom Rest des Textes eingebunden wurde. Daß Piccolomini mit Sicherheit mehr als diese kurze Passage aus Johann von Viktring kannte, geht daraus hervor, daß er an zwei Stellen seiner „Historia Austrialis“ nachweislich den „Liber“ des Kärntner Abtes benützte, cfr. die folgenden Ausführungen. 249 BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 16: „Tavola di storia romana e greca“.

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von der Hand Patrizis autographe geographische Notizen enthält, die aber durch den Schriftcharakter eindeutig in die Zeit des Pontifikats weisen und uns hier nicht weiter beschäftigen müssen250. Insgesamt handelt es sich bei dem Codex also um eine Art Notizen-, Konzepten- und Quellen-Konvolut; es ist sehr wahrscheinlich, daß – zum Teil wohl auch lose vorliegende – Blätter Piccolominis nach dem Tod des Sienesen, vielleicht auch noch von ihm selbst, zusammengebunden wurden. Für vielleicht lange Zeit nur lose Zusammenlegung der Einheiten könnte der schon früh eingetretene massive Blattverlust sprechen. Da die erwähnten Konzepte beziehungsweise das Fragment des „Liber certarum historiarum“ im Text selbst keine Anhaltspunkte für eine Datierung bieten, besteht die aussichtsreichste Möglichkeit zu einer solchen in der paläographischen beziehungsweise kodikologischen Analyse der Texte. Das Exzerpt aus dem „Liber certarum historiarum“ Johanns von Viktring (fol. 96r/v) Das Fragment ist insofern von besonderem Interesse, da es sich, wie aus dem hohen Niveau der Schrift und der sauberen Gestaltung der ganzen Seite hervorgeht, um kein Konzept oder einen als Arbeitsunterlage gedachten Auszug, sondern um ein sehr sorgfältig kopiertes Exzerpt aus der Chronik Johanns handelt. Die Schrift ist sehr klein, zierlich und von fast gesetztem Charakter251, auch wenn die einzelnen Buchstaben zum Teil verbunden sind. Ungewöhnlich für Eneas ist die ausschließliche Verwendung von geradem Schluß-s; dagegen verwendet er konsequent die tironische Kürzung für et, während die humanistische &-Ligatur zur Gänze ebenso eliminiert ist wie gerades d, allerdings liegen bei diesem Buchstaben ziemlich viele Hybridformen vor, die eine eindeutige Zuordnung nicht immer leicht machen252: Häufig erscheint die zwar zweiteilig geschriebene, aber durch die Schieflage des Schaftes unziales Aussehen annehmende Variante253, ebenso die sehr steile (manchmal zweiteilig,

250 Cfr. dazu unten Kapitel 9. 251 Besonders ausgeprägt ist die weniger kursive Schreibweise an den Kapitelanfängen. 252 Auf diese Schwierigkeit hat etwa auch RÜTH, Aufkommen und Verbreitung 1, S. 234

hingewiesen. 253 Cfr. fol. 96r (ABBILDUNG 8i) Zeile 1 (quodam).

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manchmal unzial geschriebene254) Form, deren oberes Schaftende aber einen deutlichen Knick nach links aufweist; sie wird man in einigen Fällen eventuell auch als gerades d ansprechen können. Die Kombination -ct- erscheint in der uns mittlerweile schon vertrauten Ligatur, in welcher die Verbindung zur Spitze des t aus dem unteren Ende des c entwickelt wird255, aber auch in „gesprengter“ Form256; das kursive, einfache g ist konsequent unten offen, ebensowenig ligiert h durch Schlingenbildung an der Kralle mit dem nächsten Buchstaben. Die 3er-Form des Schluß-m kommt wie üblich nur in der enim-Kürzung vor257; s und f gehen deutlich unter die Zeile, insgesamt dominiert aber merklich das Mittelband. An Majuskeln liegen die üblichen Kapitalis-Formen von A, G, L, R und S vor; auffallend und bezeichnend für das gehobenere Niveau der Schrift ist sonst seltenes kapitales F258, häufiger ist aber auch hier die (ebenso wie bei N) vergrößerte Minuskel-Form. E erscheint ausschließlich in der unzialen Variante, die sich allerdings des öfteren durch eckigere Ausführung der kapitalen annähert. Neu (also möglicherweise von der Vorlage beeinflußt) ist unziales M in den Jahresangaben mit römischen Zahlzeichen. Der gesetztere Charakter der Schrift äußert sich auch in stark reduzierter Schlingenbildung; so werden die Nasalstriche nie aus dem entsprechenden Buchstaben entwickelt, sie bleiben überhaupt durchgehend sehr kurz und unauffällig. Schwierig ist nun die chronologische Einordnung des Blattes: Wie seit Hans Kramers Studie zur „Historia Austrialis“ bekannt ist259, hat Eneas für zwei Passagen im sogenannten Staufer-Exkurs260 dieses Werkes nachweislich Johann von Viktring verwendet261. Zwar gehört der Exkurs erst der 3., nach der endgültigen Rückkehr Piccolominis nach Italien (Mai 1455) entstandenen Redaktion der „Historia Austrialis“ an, doch kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Sienese den Text des

254 Cfr. für beide Varianten in unmittelbarer Nähe fol. 96r Zeile 7 von unten (vidit,

duos). 255 Cfr. fol. 96r Zeile 22 (actionem). 256 Cfr. fol. 96r Zeile 4 von unten (fructum, ähnlich auch intactam). 257 Fol. 96v (ohne Abbildung). 258 Cfr. fol. 96r Zeile 2 von unten (filios). 259 KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 57. Cfr. auch STELZER

im Vorwort zu BASSI, KAMPTNER, Studien zur Geschichtsschreibung, S. 10 und WAGENStudien, S. 126-129.

DORFER,

260 Zu diesem Exkurs WAGENDORFER, Studien, S. 101-142 mit Quellenanalyse. 261 Zu Johann von Viktring cfr. DOPSCH, Johann von Viktring; HILLENBRAND, Johann

von Viktring sowie LHOTSKY, Quellenkunde, S. 292-307 (jeweils mit weiterer Literatur).

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„Liber certarum historiarum“262 in Österreich kennengelernt und sich dort auch jene Abschrift angefertigt haben wird, aus der das vorliegende Einzelblatt stammt. Wir haben also den Rest einer jener kaum auf uns gekommenen oder noch nicht identifizierten Handschriften vor uns, die der Sienese vor dem Pontifikat besaß, deren schmucklose Ausführung eine Identifizierung aber enorm erschwert, wenn nicht, wie in diesem Falle, ein Autograph oder zumindest autographe Marginalien vorliegen263. Die Kleinheit und Zierlichkeit der Schrift bestätigt diesen terminus ante quem: Ab Mitte der 1450er Jahre scheint eine derart feine, kontrolliert geschriebene Schrift durch die bekannten krankheitsbedingten Veränderungen kaum mehr möglich gewesen zu sein, jedenfalls gibt es keine erhaltenen Zeugnisse dafür. Schwieriger ist die Fixierung eines terminus post quem. Da kaum zu entscheiden ist, ob sich in der Zurückdrängung der Schlingenbildung bei den Nasalstrichen, bei g und h die gesetztere Schreibweise oder eine Auswirkung verminderter Flexibilität der Finger manifestiert, ist eine Einordnung äußerst problematisch. Die Schrift ist vom allgemeinen Erscheinungsbild her jenen Passagen in cvp. 3389 sehr ähnlich, die in derselben gehobenen Variante geschrieben264 und 1453/54 anzusetzen sind; allerdings sind dort die Kurzschäfte von m/n/u noch besser gerundet. Die Tatsache, daß sich die Buchstaben des Mittelbandes im Exzerpt zusehends in eine Reihe von mehr oder weniger verbundenen, parallelen Schäften auflösen265, vielleicht auch der etwas eckigere Charakter gerade dieser Buchstaben könnten jedoch auf eine Datierung eher zur Mitte der 1450er Jahre hin sprechen, zumal auch die letzten Seiten des 1454 entstandenen Entwurfes von „De dieta Ratisponensi“ kurz davor starke Ähnlichkeiten mit der Schrift des Fragments zeigen: Auch hier findet man gegen Ende des Textes zunehmend Tendenzen zu Zerfallserscheinungen der Kurzschäfte; der allgemeine Eindruck der beiden Texte ist durch das sorgfältigere Niveau des Fragments aber schwer vergleichbar.

262 Zur Überlieferung SCHNEIDER, Studien II; KLEBEL, Zu den Fassungen sowie jüngst ein guter Überblick bei STELZER, WALLNIG, Neufund, S. 145-146. Cfr. auch WAGENDORFER, Studien, S. 127. 263 Cfr. AVESANI, Un codice, S. 166. 264 Etwa fol. 109r/v, cfr. oben Abschnitt 8.3. Dort sind die „Leitfossilien“ der Einzel-

formen jedoch exakt gegengleich verwendet (praktisch durchwegs gerades d und rundes Schluß-s). 265 Cfr. fol. 96r Zeile 1. Auch hier ist allerdings zu bedenken, daß dieses Phänomen ge-

rade in den sorgfältiger und gesetzter geschriebenen Anfangszeilen der Kapitel ins Auge sticht.

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Für eine Datierung um 1454/55 könnten noch zwei weitere Details sprechen: Im gesamten Konvolut von Vat. lat. 7082 gibt es zum einen keinen Text, der früher als das Konzept für „De dieta Ratisponensi“ (etwa August 1454) zu datieren wäre; andererseits weist dieses Konzept genau dasselbe Wasserzeichen wie das Fragment sowie die beiden Exzerpte aus Orosius und der Hieronymus-Chronik auf. Das Wasserzeichen, eine Waage, läßt sich mit keinem der bei Piccard abgebildeten Beispiele identifizieren 266. Das Exzerpt aus der „Historia adversus paganos“ des Orosius (fol. 95r/v und fol. 99r/v) Die Schrift dieses Exzerpts zeigt in den Einzelformen starke Ähnlichkeit zu jener des Fragments aus Johann von Viktring: Neben den üblichen Majuskel-Formen schreibt Piccolomini auch hier konsequent rundes d267; rundes Schluß-s ist zwar nicht völlig eliminiert, aber stark in der Minderzahl; konsequent wird auch tironische Kürzung, nie humanistische &-Ligatur verwendet; Schluß-m in 3er-Form kommt zweimal in der enim-Kürzung, einmal ausnahmsweise auch außerhalb davon vor268; die Nasalstriche, die nicht mehr aus dem Buchstaben entwickelt werden, sind in der Regel kurz und unauffällig; sowohl die untere Schlinge des g als auch die Kralle des h werden nur selten mit dem nächsten Buchstaben verbunden. Auch vom Gesamteindruck her steht die äußerst kleine Schrift in ihrem vielleicht (zumindest abschnittsweise) etwas kursiveren Ductus jener des Johann von Viktring-Fragments nahe, zeigt zu ihr sicher größere Ähnlichkeiten als zum Schlußteil des in der Handschrift vorangehenden, kursiveren Konzepts von „De dieta Ratisponensi“: Auch hier zeigen sich in den betreffenden Buchstaben des Mittelbands starke Tendenzen zum Zerfall in die Kurzschäfte, die zum Teil tatsächlich nur mehr als unverbundene senkrechte Parallelen nebeneinanderstehen269; auch hier ist allerdings einschränkend sorgfältigere und gesetztere Schreibweise an den Kapitelanfängen zu konstatieren. Da auch das Wasserzeichen mit jenem des Fragments und des Entwurfs zu „De dieta Ra-

266 Cfr. PICCARD, Wasserzeichen Waage. Dort am ähnlichsten, aber nicht zielführend, die

Nummer V, 289 (Aachen 1486). 267 Allerdings wieder häufig mit den erwähnten Übergangsformen, cfr. fol. 95v (ohne Abbildung) Zeile 7 von unten (peditum). 268 Cfr. fol. 95v Zeile 5 von unten (veterum). 269 Cfr. fol. 95v Zeile 2 (fluvium).

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tisponensi“ identisch ist, wird man die Entstehung des Orosius-Exzerpts etwa in die gleiche Zeit wie jene des Fragments setzen. Das Exzerpt aus der Chronik des Hieronymus (fol. 97r-98v) Es handelt sich um das am flüchtigsten geschriebene Stück der Dreiergruppe. Obwohl ihre Einzelformen nur wenig von jenen der beiden vorangehenden Texte abweichen, macht die Schrift auf dem Doppelblatt einen ganz anderen Eindruck als diese. Piccolomini schreibt auch hier überwiegend gerades Schluß-s und fast ausschließlich rundes d mit den bekannten Übergangsformen270; humanistische &-Ligatur kommt auch hier nicht vor; -ct- zeigt die üblichen Formen (die Verbindung zum t wird von der Unterseite des c her angesetzt); Schluß-m in der 3er-Form ist ganz eliminiert. Die Kürzungsstriche sind kurz und werden nur in Einzelfällen271 aus den zugehörigen Buchstaben entwickelt. Daß die Schrift trotz ihres kursiveren und viel flüchtigeren Ductus starke Zurückdrängung von Schlingenbildung (die untere Schlinge des g bleibt konsequent offen, h wird nur in Ausnahmefällen272 mit dem folgenden Buchstaben ligiert) und die typischen Zerfallserscheinungen bei den Kurzschäften zeigt273, spricht wie das mit jenem der beiden anderen Stücke übereinstimmende Wasserzeichen für den oben für das OrosiusExzerpt und das Johann von Viktring-Fragment vorgeschlagenen Datierungsansatz; die geringe Größe und in Details auch noch Feinheit der Schrift läßt wohl kaum eine Einordnung in die zweite Hälfte der 1450er Jahre zu. Somit hätte Piccolomini die Texte des mit dem Entwurf für „De dieta Ratisponensi“ beginnenden zweiten Teils der Handschrift (mit Ausnahme des Einzelblattes ganz am Ende des Codex) 1455 aus Österreich mit nach Italien genommen, wo sie später entweder noch während seines Pontifikats von ihm selbst oder nach seinem Tod mit dem angesprochenen Einzelblatt und dem von ihm selbst und Agostino Patrizi geschriebenen ersten Teil der heutigen Handschrift vereinigt wurden.

270 Cfr. fol. 97r (ABBILDUNG 8j) Zeile 5 von unten (dicti). 271 Cfr. fol. 97r Zeile 10 von unten (Laurentia). 272 Cfr. fol. 97r Zeile 9 der rechten Spalte (Pythagoras, nicht abgebildet). 273 Ganz deutlich fol. 97r Zeile 13 von unten (viva).

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8.5. Das Konzept der „Germania“ in Vat. lat. 3886274 Es handelt sich hierbei um eines der letzten datierbaren autographen Zeugnisse des Sienesen vor seinem Pontifikat. Die Papierhandschrift275 Vat. lat. 3886 enthält ausschließlich diesen Traktat276, der 102 Folia umfaßt. Die zahlreichen Streichungen und Marginalien können überhaupt keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß es sich um das Konzept Piccolominis handelt. Mit Ausnahme eines Blattes ist der gesamte Entwurf autograph: Fol. 58 ist von anderer Hand277 geschrieben und ersetzt ein möglicherweise stark schadhaftes und deswegen herausgetrenntes Blatt mit dem originalen autographen Konzept, dessen Schriftreste noch am Falz, an dem das neue Einzelblatt angeklebt wurde, zu erkennen sind. Dem eigentlichen Traktat, der in die Form eines Schreibens an den Kanzler des Mainzer Erzbischofs Dieter, Martin Mayer, gekleidet und am Ende auf den 1. Februar 1458 datiert ist, geht ein ebenfalls von der Hand Piccolominis geschriebener Brief Mayers vom 31. August 1457 voraus, auf den der Traktat selbst zu antworten vorgibt. Dieser Brief Mayers scheint ebenfalls ein Elaborat Piccolominis, vielleicht ein Auszug aus einem verlorenen Brief des Kanzlers278, zu sein279. Für die paläographische Untersuchung ist entscheidend, daß der eigentliche Traktat fol. 2r ohne erkennbaren Neuansatz an den Brief Mayers anschließt. Somit wird die Anlage des in Vat. lat. 3886 vorliegenden Konzepts ins Jahr 1458, der Beginn eventuell noch in die letzten Monate des vorhergehenden Jahres fallen280. Im 22. Kapitel des 2. Buches281 erwähnt Piccolomini jedenfalls den Tod des Ladislaus Postumus, den crudelissima lues VIII. Kal. Decembris anno superiore apud Pragam Bohemie metropolim imma274 Druck: Germania (ed. SCHMIDT). Cfr. dazu auch WORSTBROCK, Piccolomini, S. 651654; MUHLACK, Geschichtswissenschaft, S. 202-207 und passim; VOIGT, Italienische Berichte, S. 127-147; zuletzt HELMRATH, Umprägung, S. 342-344. 275 Nicht Pergament, wie Germania (ed. SCHMIDT), S. 1 irrig angibt. 276 Die Bezeichnung des Traktats, der im Autograph keinen Titel hat, geht nicht auf

Piccolomini zurück, cfr. SCHMIDT, Deutschland, S. 8-9. 277 Es dürfte sich um die Hand von Iacopo Gherardi da Volterra handeln, cfr. Germania (ed. SCHMIDT), S. 2. 278 Nur der Antwortbrief des Sienesen vom 8. August 1457 hat sich, leider nicht im Original, erhalten. Zu diesen Fragen cfr. Germania (ed. SCHMIDT), S. 4 und SCHMIDT, Deutschland, S. 10 mit Anm. 32. 279 Dafür spricht auch die Datumszeile: Martin Mayer selbst hätte wohl kaum von Aschaffenburg als Haschaffenburga gesprochen. 280 Cfr. SCHMIDT, Deutschland, S. 9: „Herbst und Winter 1457/58“. 281 Nicht II, 27, wie Germania (ed. SCHMIDT), S. 4 Anm. 4 angibt.

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tura et acerbissima morte preripuit. Diese Passage schrieb der Sienese somit mit Sicherheit erst 1458. Die Schrift des Konzepts ist die gewohnte Kursive Piccolominis, doch zeigt sie schon erschütternde Anzeichen des Verfalls. Spätestens hier wird man in jedem Fall von der Altersschrift des Humanisten sprechen können282. Die Schrift präsentiert sich schon am Beginn des Konzepts enorm groß und mit weiten Abständen zwischen den Wörtern, zum Teil aber auch zwischen den Buchstaben. Extrem ausgeprägt sind die Oberlängen (die stark eingebogen sind, aber selten die Schlinge tatsächlich schließen) und die Unterlängen von s und f. Konsequent offen ist jetzt die untere Schlinge des g, der folgende Buchstabe wird wie bei h praktisch immer neu angesetzt. Nur ganz selten werden auch die Nasalstriche aus dem betreffenden Buchstaben entwickelt; die Kürzungsstriche sind nun zum Teil sehr langgestreckt283. Auffallend ist vor allem die Tendenz, die Zunge des Schluß-e extrem zu verlängern284; früher schon angedeutet, aber jetzt viel häufiger ist die schmale Schlinge an der Unterlänge von s und f, die durch Mitschreiben der Luftlinie entsteht. Desgleichen zeigt gerades d an der Oberlänge häufig schmale Schlingenbildung. Kaum tritt am Beginn des Textes noch die Deformation von o auf, allerdings zeigt es schon an der einen oder anderen Stelle die Tendenz, aus zwei Strichen zusammengesetzt und so stellenweise dem e ähnlich zu werden285. Der Zerfall der aus Kurzschäften zusammengesetzten Buchstaben hat noch nicht voll eingesetzt, deutet sich aber an einzelnen Stellen schon an286. In kaum einem anderen autographen Text Piccolominis kann man den immer akuter werdenden Schriftverfall und -zerfall so gut beobachten wie in dieser Handschrift287. Deutlich mehr Zerfall der Kurzschäfte zeigt etwa schon fol. 15r: Fast in jeder Zeile lösen sich hier m, n und u respektive v in ihre Einzelbestandteile auf und bestehen oft nur aus pa282 ROZMÁN, Forschungen, S. 16-17 sieht ebenfalls in dieser Periode (1457) eine deutliche Verschlechterung im Schriftbild Piccolominis, will dabei allerdings einen starken „Bruch“ in der Entwicklung annehmen, der bei vergleichender Analyse der diesbezüglichen Zeugnisse aber nicht festzumachen ist. 283 Cfr. fol. 1r (ABBILDUNG 8k). Zeile 8 (apostolicam). 284 Cfr. fol. 1r Zeile 13 (mehrfach). 285 Cfr. fol. 1r Zeile 12 (antecessoris, nationem). 286 Cfr. fol. 1r Zeile 5 (in). 287 Die Zusätze und Korrekturen am Rand des Textes dürften, wie aus Tintenfarbe und Ductus hervorgeht, etwa gleichzeitig zum Haupttext anzusetzen sein; deutlich wird der Kontrast zu den Marginalien vor allem im vorderen, vom Zerfall der Schrift noch etwas weniger erfaßten Textabschnitt, cfr. etwa fol. 4r.

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8. DIE 1450ER JAHRE

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rallelen senkrechten Strichen288. Die Kürzungsstriche reichen des öfteren über das gesamte Wort289; ins Auge sticht erneut die meist plumpe, stark verlängerte Zunge des Schluß-e. Diese Verfallserscheinungen nehmen konstant zu; die Schrift wird immer ungelenker; deutlich wird das etwa an der Spaltung des r, die am Beginn des Textes zwar stellenweise schon relativ stark ist, dazwischen aber immer wieder zurückgeht, während sie gegen Textende hin fast konsequent auftaucht. Ab fol. 54v verwendet Piccolomini nun auch eine dickere Feder; der Gesamteindruck der Schrift erreicht dadurch jenen Zustand, der für die Schrift seines Pontifikats typisch sein wird; abgesehen von der zum Teil extremen Strichdicke wird ihr Aussehen auch von stark unterschiedlicher Intensität der Tinte geprägt, die innerhalb von einzelnen Zeilen, ja sogar Worten stark wechseln kann290.

288 Extrem entwickelt fol. 15r Zeile 14 (potuit ut). 289 Cfr. fol. 15r (ABBILDUNG 8l) Zeile 5 von unten (ecclesiam). 290 Cfr. fol. 99r.

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9.

DIE LETZTEN JAHRE Der Pontifikat (1458-1464) Naturgemäß geht die Anzahl der autographen Zeugnisse in der päpstlichen Periode des Humanisten gegenüber jener aus den 1450er Jahren zurück, allerdings nicht so stark, wie man das aufgrund des zeitaufwendigen Amtes zunächst erwarten würde. Daß für den Sienesen das Schreiben noch immer ein „Lebenselexier“ darstellte1, bezeugen nicht nur die während seines Pontifikats entstandenen Werke, sondern auch seine einschlägigen Äußerungen: So rechtfertigt sich Pius in der Praefatio der „Asia“, er praktiziere seine schriftstellerischen Aktivitäten auf Kosten seines Schlafbedürfnisses, vernachlässige darüber aber nicht die Amtsgeschäfte2. Tatsächlich berichtet Giovanni Antonio Campano in seiner Gedächtnisrede auf Pius, dieser habe seine eigenhändigen Aufzeichnungen mit Hilfe eines Holzbretts im Bett sitzend getätigt 3. Geringe Konsequenzen für die paläographische Analyse hat das nunmehrige gänzliche Verschwinden von eigenhändigen Abschriften von Texten anderer Autoren, für die Pius jetzt eine Reihe von herrlich ausgestatteten Prunkhandschriften anlegen oder ankaufen ließ4 und nicht mehr selbst zur Feder greifen mußte, wie das in seiner Jugendzeit und noch in den 1450er Jahren der Fall gewesen war5. Diese nicht von ihm selbst verfaßten Texte sind schon in der Zeit vor dem Pontifikat sehr rar und bieten durch die nur annäherungsweise Datierbarkeit in der Regel keine wirklich entscheidenden Anhaltspunkte für die Schriftentwicklung6. Empfindlicher trifft uns hingegen der fast vollständige Ausfall von eigenhändigen Briefen ab dem Beginn des Pontifikats. Wie Dieter Brosius schon angemerkt hat, scheint der private Briefwechsel mit Freunden 1 So MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 2 PICCOLOMINI, Opera omnia, S. 281: Sed nostrum senium sua quiete privavimus, ut ea

memoriae mandaremus, quae digna cognitu nostra pertulit aetas, cum brevi veterum recensione. Nocturni sunt hi labores usw. Cfr. auch CESERANI, Note sull’attività, S. 104-105 und zuletzt MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 117. 3 Cfr. MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 118. 4 Cfr. PICCOLOMINI, De codicibus; STRNAD, Studia piccolomineana, S. 313-331; RUYSSCHAERT,

Miniaturistes, passim.

5 Cfr. oben etwa Abschnitt 6. 6 Cfr. oben Abschnitt 6.

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9. DIE LETZTEN JAHRE – DER PONTIFIKAT (1458-1464)

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und Vertrauten „mit dem Tag der Wahl zum Papst abzubrechen. Was danach an Briefen an diesen Empfängerkreis bekannt ist, ist ausschließlich in die Form des Breves oder der Littera clausa gekleidet und also von den Sekretären konzipiert worden“7. Das ging so weit, daß sogar der Briefwechsel mit Piccolominis Neffen über die Sekretäre abgewickelt wurde. Tatsächlich haben sich laut Brosius weder Spuren eines unmittelbaren Eingreifens des Papstes in die Formulierung solcher Breven erhalten noch läßt sich eigenhändige Abzeichnung nachweisen8. Ob hier einfach mit Verlusten der entsprechenden Entwürfe zu rechnen ist oder Pius diese Breven seinen Sekretären diktierte, ist heute nicht mehr zu entscheiden. Aus einem Breve an Antonio Todeschini-Piccolomini, den Herzog von Amalfi, wissen wir immerhin, daß zumindest eine Cedula, die einem solchen Breve beigelegt war, von der Hand des Papstes stammte9. Allerdings gibt es neben den Breven und Litterae clausae ein weiteres Genos an Schreiben, das man mit Brosius als „persönliche Briefe des Papstes“ bezeichnen könnte10. Diese Texte, die schon in Abschriften beziehungsweise frühen Drucken mit der Bezeichnung epistola von den Breven und Litterae clausae unterschieden werden, gehen auf den Papst selbst zurück. Daß einige dieser Briefe mit Sicherheit auch eigenhändig von Piccolomini geschrieben wurden11, erhellt aus der Tatsache, daß in den handschriftlich überlieferten Sammlungen solcher privaten Briefe häufig der Zusatz manu propria beziehungsweise scriptum (oder datum et scriptum) manu propria in der Datumsformel aufscheint12. Während 7 BROSIUS, Breven und Briefe, S. 210. 8 Diese ist etwa für Martin V. belegt, cfr. BROSIUS, Breven und Briefe, S. 210-211 und

FINK, Untersuchungen, S. 84. 9 Pius an Antonio: Vidimus que ad cedulam manu propria scriptam per tuas litteras respondisti; das Breve im Archivio Segreto Vaticano Arm. 39.9 fol. 249v, zitiert bei BROSIUS, Breven und Briefe, S. 211; wie Brosius richtig anmerkt, zeigt die Stelle wohl auch, daß das Breve selbst nicht eigenhändig geschrieben war. Übersehen wurde von Brosius jedoch der Hinweis bei LICHACEV, Písmo, S. 43 auf ein Breve datum apud Petriolum et manu propria scriptum nonis Octobribus 1462 (Druck: PASTOR, Ungedruckte Akten, S. 172-173, Nr. 134, cfr. unten S. 206 Anm. 166). 10 BROSIUS, Breven und Briefe, S. 210-213. 11 Der Papst wollte damit bestimmte, ihm besonders wichtige Anliegen noch nachdrücklicher vertreten. Aus diesem Grund ist die Anzahl dieser eigenhändigen Briefe auch relativ gering, um den Ausnahmecharakter solcher Briefe zu wahren, cfr. BROSIUS, Breven und Briefe, S. 216 mit einigen Empfängern eigenhändiger Briefe. 12 BROSIUS, Breven und Briefe, S. 214-215. Besonders interessant auch in unserem Zusammenhang ist der in zwei Fällen aufscheinende Zusatz et raptim, der auf die – schnelle und wohl nicht sehr ansehnliche – Schrift der Briefe zielt (zu raptim cfr. auch RIZZO, Lessico filologico, S. 136-137).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

noch Brosius kein Originalexemplar eines solchen autographen Briefes nachweisen konnte13, gelang es Claudia Märtl, den einzigen bisher bekannten derartigen Brief ausfindig zu machen14. Im Zuge der Recherchen für die vorliegende Studie konnte ein weiteres Exemplar im Archivio di Stato von Siena identifiziert werden 15. Neben nur wenig Text umfassenden Autographen des Papstes auf Urkunden oder Rechnungen, die trotz ihres geringen Umfangs für die paläographische Analyse aufgrund ihrer genauen Datierbarkeit gewissen Wert besitzen16, findet sich die Hauptmasse der erhaltenen eigenhändigen Zeugnisse aber in zwei heute in der Biblioteca Apostolica Vaticana liegenden Handschriften: Bei Chig. J VII 25117 handelt es sich um ein Konvolut von ursprünglich wohl zum Großteil selbständigen Faszikeln18 von verschiedenen

13 Er fand lediglich zwei Abschriften eines Briefes an den Herzog von Urbino und eine

eines Schreibens an den Dogen von Venedig, cfr. BROSIUS, Breven und Briefe, S. 216. 14 Gerichtet an Francesco Sforza (26. Februar 1461): Mailand, Archivio di Stato, Carteggio Sforzesco, Roma, 50, cfr. MÄRTL, Kardinal Jean Jouffroy, S. 123 mit Anm. 14 und unten S. 203. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) wies des weiteren auf einen heute anscheinend verlorenen autographen Originalbrief des Papstes an den burgundischen Herzog hin, den der Sekretär von Kardinal Ammannati Piccolomini nach dessen Tod an die Stadt Siena übersandte: Epistola que sequitur tota est scripta manu Pii Picolominei summi pontificis eius nominis II formata ingenio suo et ad ducem Burgundorum hac prime compositionis papiro transmissa. Detulit eam celebris theologie profexor (!) Laurentius Roverella presul Ferrariensis lectamque duci dimisso eius exemplo retulit Romam. Hanc ab ipso Pio dono accepit amplissimus pater cardinalis Papiensis concivisque vester preclarissimus. Eandem ego post obitum suum inter ipsius scripta reperi. Qum a nullo tam egregium (!) monimenta equius quam a Senensibus servari censeam, dono item do Senensi rei publicae. ... Ego qui Papiensi ab epistolis sum famulatus et multos annos secretorum suorum particeps fui que dico de missa et relata epistola narrantem illum intellexi. Credo quoque si mors eum tam repente non occupasset hoc ipsum mandatum fuisse ... (Vat. lat. 3912, fol. 86r-v). Wie Märtl ebendort angemerkt hat, zeigt die Stelle in bezeichnender Weise, welches Interesse schon damals an Autographen des Papstes bestand. Cfr. auch CHERUBINI, Motivazioni culturali e ideologiche, S. 190 mit Anm. 17. Das Schreiben ist im Archivio di Stato von Siena nicht aufzufinden, wie bereits Cherubini ebendort anmerkte. Zu einem weiteren manu propria geschriebenen, aber nicht erhaltenen Brief das Papstes (an Eleonore von Portugal) unten S. 188 Anm. 26. 15 Brief an die Stadt Siena vom 4. Jänner 1461. Siena, Archivio di Stato, Balia 496, 17. Nicht autograph (und auch nicht mit autographer Unterschrift versehen) ist Siena, Archivio di Stato, Concistoro 2448, 1458-novembre-4 (eine Notula des Papstes an Siena), cfr. Archivio di Stato di Siena, Le sale della mostra 14, Nr. 32 (dort fälschlich eingeordnet unter „Bolle e documenti con sottoscrizioni di papi e di cardinali diventati poi papi“). 16 Cfr. unten passim. 17 Zur Handschrift cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 76-77, BROSIUS, Breven und Briefe,

S. 219-223 sowie MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Die Abschnitte von

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9. DIE LETZTEN JAHRE – DER PONTIFIKAT (1458-1464)

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Händen, die in dieser Form erst unter Fabio Chigi (Alexander VII.) zusammengebunden worden sein dürften19, jedenfalls trägt der Buchrükken das Chigi-Wappen. Nach Konzepten und Reinschriften von Briefen, Reden, Dichtungen und Traktaten des Sienesen von mehreren Händen im ersten Teil der Handschrift20 begegnet als erstes Autograph das Konzept für die Retraktationsbulle „In minoribus agentes“ an die Kölner Universität und deren Rektor vom 26. April 1463 (fol. 226r-235v)21. Auf weitere, nicht eigenhändige Entwürfe von Briefen an König Ludwig XI. von Frankreich (fol. 237r/v)22 und an Herzog Philipp von Burgund (fol. 238r-239v)23 sowie der Enzyklika „Profecturos adversus“ (fol. 238v239v)24 folgt ein eigenhändiges, stark abweichendes und gestrichenes Konzept für den eben genannten Brief an König Ludwig von Frankreich (fol. 240r)25. Nach drei weiteren Seiten von anderer Hand26 enthält die der Hand Piccolominis wurden schon von CUGNONI, Opera inedita, S. 15 registriert („Opera varia, quarum (sic) nonnulla autographa“). 18 So schon AVESANI, Per la biblioteca, S. 76, der auch darauf hinwies, daß die Folia

197-202 und 223-224 Spuren von Wurmbefall zeigen, auf den angrenzenden Blättern aber keine Spur davon zu finden ist. Eine gemeinsame ältere Einheit scheinen allerdings schon die Folia 203-222 und 237-242 gebildet zu haben, wie die ältere Foliierung dieser Blätter lehrt. 19 AVESANI, Per la biblioteca 76. 20 Einiges davon von der Hand Agostino Patrizis oder von ihm revidiert, cfr. AVESANI,

Per la biblioteca, S. 77; dazu auch HAUBST, Der Reformentwurf (S. 203-204 die Edition des Konzepts in Chig. J VII 251) sowie BROSIUS, Breven und Briefe, S. 219-221, der am Rand eines Entwurfs zu einer „bulla declaratoria“ mit der Zurückweisung der Appellation des Mainzer Erzbischofs (fol. 65r-82v) einige eigenhändige Korrekturen des Papstes festmachen konnte (cfr. fol. 67r, 71r, 76v, 79v, 81v; der Entwurf der Bulle ist auf den 1. Februar 1461 datiert, somit sind die Randglossen wohl fast gleichzeitig oder kurz danach anzusetzen); eine von Brosius ebenfalls als autograph eingestufte Korrektur am Rand von fol. 198r (recusasse statt recusarunt im Text) dürfte nicht vom Papst stammen; dasselbe gilt für die Kopfzeile IESUS in Kapitalis fol. 65r. 21 Druck: FEA, Pius II., S. 148-164. 22 Druck der Reinschrift des Briefes (Chig. J VII 251 fol. 129r-131v) bei CUGNONI, Opera

inedita, S. 135-137 (6. Oktober 1463; der Entwurf stark abweichend). 23 Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 138 (dort Anm. 1 ebenso irrig als autograph be-

zeichnet wie ein Entwurf desselben Schreibens fol. 197r, der auf IIII° Idus Iunias MCCCCLXIIII anno sexto datiert ist; eine (nicht eigenhändige) Reinschrift des Briefes fol. 133r/v), cfr. BROSIUS, Breven und Briefe, S. 221. 24 Cfr. BROSIUS, Breven und Briefe, S. 220. 25 Abbildung: BERNETTI, Saggi e studi Tav. III (nach S. 34; irrig die dortige Angabe fol.

240v, wie auch aus der am rechten oberen Seitenrand sichtbaren Foliierung hervorgeht). Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 26 Fol. 240v auf dem Kopf stehend einige Zeilen Patrizis zur Legation Kardinal Bessarions im Reich sowie zwei Verse aus dem Autoepitaph Piccolominis, cfr. MÄRTL, Wie

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Handschrift nur mehr Autographa: Zunächst ein in den „Commentarii“27 verarbeiteter Entwurf zur Geschichte Venedigs (fol. 243r-254v)28, dann ein Konzept für die ebenfalls in den „Commentarii“29 verarbeitete Rede an sechs Kardinäle über den Türkenfeldzug (fol. 255r-258r)30, ein Gedicht an die Jungfrau Maria (fol. 259r)31, Exzerpte aus den HieronymusEpisteln 108 und 66 (fol. 260r-264v), ein Entwurf für eine Episode aus den „Commentarii“32, einen Skandal an der Kurie betreffend (fol. 265r266v)33, ein Entwurf für eine Bulle vom 1. September 1460 (fol. 269r)34, ein Konzept für die Antwort an die Gesandten von René von Anjou (fol. 271r-277r)35 sowie ein Entwurf für die im Oktober 1460 gehaltene Rede an die Römer im Zuge der Rückkehr des Papstes in die Urbs (fol. 278r281v)36. Es handelt sich also um „Überreste der Arbeitsmaterialien des Papstes, die ursprünglich wohl als lose Lagen aufbewahrt und nachträglich

schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) und BERNETTI, Ricerche e problemi, S. 47; fol. 241r/v eine Abschrift des ermahnenden Briefs des Papstes an Kaiser Friedrich III. bezüglich der mangelhaften Behandlung der Kaiserin Eleonore vom 30. Jänner 1464 (Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 139, cfr. auch oben die Einleitung zu diesem Abschnitt); die dortige Anmerkung 1 „authographa“ ist irrig und dürfte zu einem Gutteil aus dem Schluß des Briefes gesponnen sein: Sed vicit omnia caritas egramque manum vel invitam coegit assumere calamum. Leider hat sich der Originalbrief dazu nicht erhalten; es ist jedenfalls einer der wenigen eigenhändigen Briefe des Sienesen aus der päpstlichen Zeit, von denen wir Nachricht haben, cfr. oben S. 184-185 und MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) mit Anm. 13. Dazu auch BROSIUS, Breven und Briefe, S. 221 und FUCHS, Exequien, S. 449 mit Anm. 6. 27 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 163-173. 28 Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 166-178. Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Ge-

schichte? (im Druck), dort auch eine ausführliche Quellenanalyse. 29 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 244-248. 30 Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 158-161. Cfr. HELMRATH, Pius II. und die Türken,

S. 122 mit Anm. 147 sowie MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 31 Druck: Carmina (ed. VAN HECK), Nr. 103 mit der Abbildung der Seite auf Tav. 8. 32 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 208-213. 33 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck), dort auch eine Edition

des Entwurfs. 34 Cfr. MEUTHEN, Die letzten Jahre, S. 61-62 und 208-209 (Teilabdruck des Entwurfs S. 209; freundlicher Hinweis Claudia Märtl). 35 Druck dieser Responsio bei PICCOLOMINI, Orationes (ed. MANSI) 2, S. 158-165 (ex

Lucensi codice). Incipit: De regno Sicilie. 36 Druck der Rede (mit zum Teil schlechterem Text) bei PICCOLOMINI, Orationes (ed. MANSI) 2, S. 128-134. Die Rede wurde von Piccolomini in stark veränderter Form auch in die „Commentarii“ aufgenommen: Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 244-248; cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck).

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9. DIE LETZTEN JAHRE – DER PONTIFIKAT (1458-1464)

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zusammengebunden wurden, ohne daß eine chronologische oder sachliche Ordnung erkennbar wäre“, wie Märtl treffend angemerkt hat37. Gleiches gilt für den zweiten hier in Frage kommenden Codex, den schon oben erwähnten Vat. lat. 708238. Diese Handschrift enthält fol. 6r28v ein lückenhaftes autographes Konzept39 für die „Epistola ad Mahumetem“40, dem einige, von der Hand Piccolominis (fol. 1r/v, zwei Zeilen fol. 2v sowie 13 Zeilen fol. 3v) wie Patrizis (zwei Zeilen fol. 2r, fol. 3r, fünf Zeilen fol. 3v sowie fol. 4r-5v) stammende Konzepte vorangehen, die eine Übergangsphase vom Entwurf zur Endfassung der Epistel darstellen41. Darauf folgen ein autographer, noch unedierter42 Entwurf des Sienesen über Timur Leng (fol. 29r und zwei Zeilen fol. 29v)43, und, nach einigen Blättern von der Hand Patrizis (fol. 29v-46v)44, einige autographe, ebenfalls noch unedierte Fragmente über Spanien (fol. 47r-48v)45 und über die Könige Zyperns aus dem Geschlecht der Lusignan46 mit einer Bemerkung über das Auftauchen einer vulkanischen Insel bei Paros (fol. 49r/v und 51r)47 sowie ein weiterer Entwurf über Zypern (fol. 37 MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Daß solche Arbeitsmaterialien

des Papstes noch nach seinem Tod im Umkreis seiner Nepoten kursierten, bezeugt ein Brief Iacopo Ammannatis aus dem Sommer 1471 (oder 1469) an Iacopo Gherardi da Volterra: AMMANNATI PICCOLOMINI, Lettere (ed. CHERUBINI) 2, S. 1398 (Nr. 464, zur Datierung S. 1397 Anm. 1): Venerunt etiam ad manus hodie post scriptam et obsignatam epistolam nonnulla annotata per Pium. Opinor quod illa esset relaturus in commentarios suos. Mitto ea ad te etiam ut rescribantur: sed custodi ut pupillam oculi. Rome cum erimus rememora, et vale. Cfr. CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 282 (mit mittlerweile überholter Datierung). 38 Cfr. oben Abschnitt 8.4 sowie BERTÒLA, Un nuovo codice passim und MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 39 Druck: GAETA, Sulla „Lettera a Maometto“, S. 195-227; cfr. auch GAETA, Alcune osser-

vazioni. 40 Jetzt zu benützen in der Ausgabe von GLEI, KÖHLER; ergänzend heranzuziehen, vor allem was den Sach- und Similienapparat, aber auch die Varianten des im folgenden behandelten autographen Entwurfs betrifft, ist die italienisch-lateinische Ausgabe von D’ASCIA, cfr. ORTH, Rezension. 41 Cfr. Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 87-97. 42 Merkwürdigerweise nur ein Teilabdruck in Europa (ed. VAN HECK), S. 65, obwohl

auch die nicht gedruckten Teile Parallelen zu der betreffenden Stelle in der „Europa“ aufweisen. 43 Incipit: Tamerlanes gregarius inter orientales Scithas miles. 44 Von BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 5 und 15 als Exzerpte aus Flavio Biondo identifi-

ziert. 45 Incipit: Hispaniam que prime coluerint gentes. 46 Incipit: Ianus de Lusignano Ierusalem Cypri et Armenie rex. 47 Cfr. BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 15 und MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte?

(im Druck): „Autographer Abschnitt [...] der einen ersten Kern des 97. Kapitels der 1461

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

50r/v)48. Weitere von Patrizi geschriebene Blätter (fol. 51v-60v)49 bilden den Abschluß des ersten Teils der Handschrift, deren zweiter von den oben schon analysierten autographen Teilen der vorpäpstlichen Periode (Entwurf zum Bericht über den Regensburger Reichstag, Exzerpte aus Orosius, Fragment aus dem „Liber certarum historiarum“ Johanns von Viktring, Exzerpt aus der Hieronymus/Eusebius-Chronik) gebildet wird50. Das letzte Blatt der Handschrift enthält nach einigen Zeilen Patrizis nochmals zehn autographe Zeilen in der typischen Altersschrift des Papstes mit geographischen Bemerkungen (fol. 100r)51. Im Gegensatz zu den bisher behandelten Schriftzeugnissen zeigen die Autographen aus der päpstlichen Periode ausschließlich die typische humanistische Kursive Piccolominis und setzen so eine Tendenz fort, die sich bereits in den 1450er Jahren abgezeichnet hat. Schon aus diesem Jahrzehnt liegen nur mehr wenige Belege für eine gehobenere Form der Kursive beziehungsweise die humanistische Minuskel des Sienesen vor52. Das Hauptinteresse der paläographischen Analyse kann also für diese letzte Lebensperiode Piccolominis endgültig nicht mehr in der Untersuchung verschiedener Schrifttypen, deren sich der Sienese bediente, und deren Funktion bestehen, sondern muß sich in erster Linie mit den Veränderungen der Kursive auseinandersetzen, die ohne Zweifel stark von den Auswirkungen der Gicht geprägt sind. Die Zeugnisse für das Gichtleiden des Papstes nehmen jetzt an Häufigkeit zu: Knapp vor der Besteigung des päpstlichen Stuhls spricht der Sienese davon in der Praefatio zu seiner „Europa“53; dazu kommt eine Reihe von Belegen in den „Commentarii“ des Papstes54, die auch in Gesandtenberichten bestäverfaßten „Asia“ darstellt, das Pius für die Commentarii (VII c. 6) seinem Sekretär diktierte“, mit Verweis auf Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 334. Die Bemerkung über die Insel gedruckt bei MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Sie wurde von Piccolomini in das erste Buch der „Commentarii“ aufgenommen: Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 77. 48 Incipit: Mare quod ab Egipto; verarbeitet in der „Asia“, cfr. PICCOLOMINI, Opera omnia, S. 376. 49 Fragmente über Europa und Ägypten, cfr. BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 15 sowie CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 60-64 mit Abdruck des Textes von fol. 51v-52v. 50 Cfr. oben Abschnitt 8.4. 51 Incipit: Philadelphia in Lydia est hodie habitata. Cfr. BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 16. 52 Cfr. oben Abschnitt 8.3 und 8.4. 53 Datiert auf den 29. März 1458; Europa (ed. VAN HECK), S. 25: Podagrantem me nuper et artheticis doloribus, ut soleo, laborantem librarius quidam theutonicus adiit usw.; die dort von van Heck beigebrachten Parallelstellen sind wohl nur als Auswahl aufzufassen. 54 Cfr. Carmina (ed. VAN HECK), S. 206 (dort bezieht sich die Angabe 329,23 nicht auf die Briefedition Wolkans, sondern die Edition der „Commentarii“ van Hecks).

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tigt werden55; höchst aufschlußreich sind aber vor allem zwei Texte aus dieser Zeit, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Zunächst ein von Pius während des zwischen Minoriten der Observanz und Dominikanern 1462 wieder ausgebrochenen Streits um das Blut Christi56 selbst verfaßtes Gedicht „Contra podagram“, das einmal mehr zeigt, wie der Sienese Details aus fast allen Lebensbereichen in literarische Elaborate umgemünzt hat57; zum anderen ein höchst interessantes, noch ungedrucktes ärztliches consilium58, das von Maestro Bartolo di Tura59 unterzeichnet und auf 1460 datiert ist60. Nach der allgemeinen Diagnose des Gesundheitszustandes des Papstes und insbesondere seiner Glieder, die auch die häufig mit der Gicht einhergehenden Nierensteine erwähnt61 und eine Art von Arthritis feststellt62, erteilt der sienesische Arzt seinem Landsmann Ratschläge in punkto Ernährung63, rät zu häufigem Aufenthalt in 55 Cfr. MÄRTL, Kardinal Jean Jouffroy, S. 124. 1461 nahmen die Gelenkschmerzen solche Ausmaße an, daß dem Papst beim Ostersegen der Arm geführt werden mußte; zu Pfingsten 1460 führte ein Zwischenfall mit einem unter dem hölzernen Gerüst des Papstthrons versteckten Kind zu einer mehrtätigen erzwungenen Bettruhe des Papstes, wie jeweils Bartolomeo Bonatto an Barbara Gonzaga berichtete, cfr. MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 125126. 56 Cfr. VOIGT, Enea 3, S. 591-593 und PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 197-198. 57 Druck: Carmina (ed. VAN HECK), Nr. 132: Si sacer est sanguis Christi de corpore

fusus/et dignus latria, dira podagra fuge!/at si membra diu possessa relinquere nefas,/urgeat at saltem flamma dolorque minus. 58 ZDEKAUER, Un consulto medico paraphrasiert das Gutachten; kaum über Zdekauer

hinausgehend: CORNACCHIA, Le malattie. Zur Geschichte der Textgattung solcher consilia cfr. UIBLEIN, Beziehungen der Wiener Medizin, S. 156 (mit weiterer Literatur), der ebendort S. 161-178 ein aus dem Jahre 1444 stammendes Gutachten des Stadtarztes von Udine, Jeremias de Simeonibus, für Herzog Albrecht VI. von Österreich abdruckt, das ebenfalls Gelenkschmerzen behandelt. 59 Zu ihm PRUNAI, Bandini (mit weiterer Literatur). Ratschläge zur Bekämpfung der Schmerzen erhielt Pius auch von Giovanni Matteo de Ferrariis in dessen dem Papst gewidmeten Avicenna-Übersetzung, cfr. MITCHELL, The Laurels, S. 68. 60 Vat. lat. 4440 fol. 1r -5v. 61 Cfr. PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, S. 598. 62 Et lapides fiunt in renibus; nec non ex catarro iuncturarum dolores fiunt cum parvo

temporis intervallo quietis, et maxime pedum, ex materia flematica diformi in substantia, cum admissione colere cytrine, mandantibus cerebro et epate, in tantum quod motus progressivus ablatus est et fuit mensibus pluribus ob debilitatem nervorum potius quam ligamentorum, propter materiam grossam in concavitatibus iuncturarum et tempore longo inclusam; cfr. ZDEKAUER, Un consulto medico, S. 102-103. Bezeichnend für die literarische Technik Piccolominis ist es, daß in seinen Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 206 (quia nimis humidum eius cerebrum videretur) sogar dieses Gutachten (est enim cerebri mala complexio frigida et humida) anklingt, wie MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 131 Anm. 60 zeigen konnte. 63 Der Arzt rät zu harntreibenden Mitteln, gut fermentiertem und wenig gesalzenem Brot, zu Granatapfelsaft, wenig Fisch und Hammelfleisch, statt dessen zu viel Geflügel; ab-

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den Bädern der Umgebung Sienas64 und gibt detaillierte Anweisungen zur Durchführung der dortigen Kuren65. Dies alles zeigt, wie die Krankheit zu einem bestimmenden Faktor in den letzten Jahren des Papstes wurde und wie sie ihn zunehmend auch am Schreiben hinderte, sodaß er in seinem letzten Lebensjahr kaum mehr selbst zur Feder gegriffen zu haben scheint, wie er Ende Jänner 1464, also wenige Monate vor seinem Tod, in einem Brief an Friedrich III., in dem er die Entfremdung des Kaisers von seiner Gattin beklagt, beteuert66: Nisi te totis precordiis diligeremus, minime hunc laborem subiissemus, qui iam pridem, arcteticis impediti doloribus, scribere abstinuimus67. Sed vicit omnia caritas, egramque manum vel invitam coegit asumere calamum. Tu, si nos amas, nec prodigus es tui decoris, et animae tuae bene consultum vis, facito ne frustra scripserimus. Möglicherweise läßt sich der am Beginn des Jahres 1461 vermerkte Ankauf von penne grosse da scrivare, den Märtl in den Haushaltsrechnungen nachweisen konnte68, auch auf die zunehmend eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der Extremitäten des Papstes zurückführen; mit einiger Wahrscheinlichkeit dürfte in diesem Punkt aber auch zunehmende Sehschwäche Piccolominis eine Rolle spielen, für den wohl auch Lesesteine beziehungsweise Brillengläser erworben wurden69. Es wird also interessant sein zu beobachten, ob sich diese zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Papstes auch im geraten wird vom Konsum von Wein und frischen Früchten. Cfr. ZDEKAUER, Un consulto medico, S. 103-104. Daß sich diese Ratschläge durchaus in den Einkäufen des Majordomus widerspiegeln, konnte MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 130-131 zeigen. Eine Auswertung der kurialen Küchenrechnungen (ebenfalls zum Teil unter dem Aspekt des schlechten päpstlichen Gesundheitszustandes) bei MÄRTL, Humanistische Kochkunst, S. 61-67. 64 Mit genauer Analyse des Wassers in Macereto, Petriolo und Caldanelle: ZDEKAUER, Un consulto medico, S. 104-105. Zu den tatsächlichen Aufenthalten des Papstes in diesen Bädern cfr. BROSIUS, Das Itinerar Papst Pius’ II., S. 428-431; zu den Bädern des Sieneser Umlands im späten Mittelalter zuletzt auch BOISSEUIL, Le thermalisme. 65 Cfr. ZDEKAUER, Un consulto medico, S. 105, der S. 106 auf ein ebenfalls Arthritis betreffendes Gutachten für Bernardino von Siena in derselben Handschrift hinweist. 66 Der Brief in Chig. J VII 251 fol. 241r, aber nicht autograph, wie CUGNONI, Opera inedita, S. 139 irrig angibt, der ebendort das Schreiben auch abdruckt. Cfr. auch MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) und oben S. 188 Anm. 26. 67 Tatsächlich haben sich aus dem letzten Lebensjahr des Papstes – er starb in der

Nacht vom 14. auf den 15. August 1464 in Ancona – praktisch keine Autographen erhalten; das letzte genau einzuordnende Zeugnis ist eine kurze Abzeichnung in einem Rechnungsbuch (31. März 1464), cfr. unten S. 209 Anm. 197. 68 MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 69 Cfr. MÜNTZ, Les arts à la cour des papes, S. 316, zitiert von MÄRTL, Wie schreibt ein

Papst Geschichte? (im Druck).

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Schriftbild der aus der Zeit des Pontifikats erhaltenen Autographen spiegelt und eine diesbezügliche Entwicklung erkennbar ist. Wie oben schon angesprochen worden ist, bedeutet der fast vollständige Ausfall von erhaltenen Originalbriefen einen schweren Verlust für die paläographische Analyse und erschwert diese in nicht zu unterschätzendem Ausmaß; allerdings lassen sich mehr Texte chronologisch verhältnismäßig genau einordnen, als man das auf den ersten Blick erwarten würde, und ermöglichen so nichtsdestoweniger einen Überblick über die letzten sechs Lebensjahre Piccolominis. Im folgenden werden deshalb wie schon im vorangegangenen Kapitel vor allem gut datierbare Schriftproben analysiert, auch wenn diese oft nur geringen Umfang haben. Beim ersten erhaltenen autographen Text70 aus der Zeit des Pontifikats, der sich auch genau datieren läßt, handelt es sich um einen Zusatz auf einer an die Stadt Siena gerichteten Littera vom 25. November 145871, der kurz nach der Ausstellung derselben von Pius angebracht wurde, wie aus dem Ende des Zusatzes (datum ut supra) hervorgeht72. Überraschend ist zunächst, daß sich der Papst hier trotz der höchst qualitätvoll ausgeführten Schrift des Stückes selbst seiner üblichen humanistischen Kursive bedient, noch dazu in einer ziemlich flüchtigen Variante, die kaum Unterschiede zu manchen seiner Konzepte erkennen läßt. Wie Märtl schon in Zusammenhang mit der einfachen Form der autographen persönlichen Briefe des Papstes aufgezeigt hat, wird jedenfalls auch hier die Absicht des Papstes darin gelegen haben, seine Botschaft nachdrücklich zu verstärken73; trotz allem verblüfft die ziemlich sorglose Gestaltung der Passage, die sich auch in der Abwärtsneigung der Zeilen in der zweiten Hälfte des Textes und der (vielleicht erst nachträglich?) links an den Rand gesetzten Intitulatio Pius episcopus servus servorum Dei äußert.

70 Druck: PICCOLOMINI, Alcuni documenti inediti, S. 19 Anm. 1; cfr. auch PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 43 und 755. 71 Cfr. Archivio di Stato di Siena, Le sale della mostra, S. 9 (Nr. 20). Inhaltlich geht es um die reintegratio der Adeligen in die Regierung Sienas. Cfr. POLVERINI FOSI, „La comune, dolcissima patria“, PERTICI, Il viaggio del papa, VOIGT, Enea 3, S. 557-561, PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 42-45 sowie PICCOLOMINI, Alcuni documenti inediti, S. 18-19. 72 ABBILDUNG 9a. Siena, Archivio di Stato, Diplom. Riformagioni 1458, novembre 25.

Abgebildet schon bei LICHACEV, Písmo, Tafel XX und XXI, Archivio di Stato di Siena, Le sale della mostra, Tavola X sowie bei ROSSI-LECERF, Luci e ombre, Tav. XLVII und XLVIII. 73 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck), BROSIUS, Breven und Brie-

fe, S. 216 und zu derselben Funktion eigenhändiger Subscriptio in den Paulus-Briefen GANZ, Mind in Character, S. 284.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Die Schrift des Sienesen ähnelt stark den letzten Passagen des „Germania“-Entwurfs74: Er bedient sich hier einer etwas dickeren Feder als in den Briefen der 1450er Jahre und den meisten Teilen des „Germania“Konzepts; der Abstand zwischen den Zeilen und Wörtern ist relativ groß; die untere Schlinge des g bleibt konsequent offen und nimmt dadurch immer mehr die Gestalt einer 9 an; gelegentlich wird der darauf folgende Buchstabe aus dem oberen Teil des Buchstabens herausgezogen75; desgleichen wird auch die Schlingenbildung an der Kralle des h gemieden und der folgende Buchstabe neu angesetzt; e am Wortende weist häufig, aber nicht konsequent eine zum Teil sehr klobige Zunge auf, die manchmal nach oben aufgebogen wird76; die Nasalstriche schweben jetzt schon fast konsequent frei über dem Wort und zeigen kaum mehr Verbindung zu demselben77. Die Unterlängen von s und f, aber auch von q und p sind enorm stark ausgeprägt; auffallend ist vor allem die zum Teil deutliche Schlingenbildung an der Unterlänge des s durch das Mitschreiben von Luftlinien78. Der Zerfall der Kurzschäfte ist stellenweise merkbar79, aber nicht übermäßig ausgeprägt; ähnlich ist o wie rundes d80 fast durchgehend noch gut gerundet. Der Zerfall der Buchstaben in Einzellinien ist zwar stärker als in den Anfangspassagen des „Germania“-Konzepts, dort aber am Ende des Textes sicher deutlicher ausgeprägt als auf der chronologisch um mehr als ein halbes Jahr späteren Urkunde. Dennoch würde man den Zusatz auf der Urkunde vom allgemeinen Eindruck her wohl keinesfalls vor das „Germania“-Konzept setzen; das dürfte vor allem am generell etwas eckigeren, ungelenkeren Aussehen des Zusatzes liegen81, als das selbst in den späteren Teilen von Vat. lat. 3886 der Fall ist. Die nächste chronologisch exakt fixierbare Schriftprobe ist von nur geringem Umfang, soll aber auch deswegen hier behandelt werden, weil sie exemplarisch für die Unterschrift des Papstes auf Bullen stehen kann. Auf der heute im Archivio di Stato in Siena liegenden Konsistorialbulle82 74 Cfr. oben Abschnitt 8.5. 75 Zeile 2 (octuaginta). 76 Cfr. Zeile 3 von unten (ratione, morte). 77 So noch Zeile 10 (civitatem). 78 Cfr. letzte Zeile (adversus). 79 Cfr. Zeile 5 (in una). 80 Stellenweise zeigt die in zwei Zügen geschriebene Form des runden d schon erhebli-

chen Abstand zwischen den beiden Linien, cfr. Zeile 3 (prudentes). 81 Cfr. Zeile 1 (consulendum). 82 Cfr. Archivio di Stato di Siena, Le sale della mostra, S. 14 (Nr. 33).

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vom 18. April 1459 für die Stadt Siena83 sind sowohl die Unterschrift als auch der Text innerhalb der Rota autograph. Der Sienese bedient sich auch in diesem feierlichen Kontext mit nur geringfügigen Modifikationen in den Einzelformen seiner üblichen Kursive, die im Vergleich zum eigenhändigen Zusatz auf der Littera von 1458 aber weniger flüchtig und kursiv wirkt; zum Teil werden die Buchstaben deutlicher voneinander abgesetzt. Was die Einzelformen betrifft, so finden wir die bekannten Elemente vor; als Zugeständnisse an den Kontext darf man das etwas kompliziertere g in Ego werten, das sich deutlich von der üblicherweise vom Sienesen verwendeten einfachen kursiven Form unterscheidet84; e hat gelegentlich auch im Wort eine verlängerte Zunge (jedoch auch am Wortende nicht konsequent)85 und zeigt oft eine sonst für Piccolomini ungewöhnliche Öse. Neu ist auch das Kürzungszeichen in der Papa-Kürzung innerhalb der Rota. Der Zerfall der Schrift in Einzelstriche ist zum Teil recht deutlich86, jedoch nur auf wenige Buchstaben beschränkt, während man oft noch schöne Rundungen, etwa bei n und u, beobachten kann87. Insgesamt kann auch dieser kurze Text den Charakter der Altersschrift Piccolominis nicht verbergen, was aber in erster Linie auf die ungelenke Ausführung mancher Buchstaben zurückzuführen ist, die man gelegentlich zu verspüren meint88. Eine chronologische Einordnung wäre in diesem Falle ohne das angegebene Datum der Bulle wohl kaum möglich, zumal sich Pius hier zweifellos um zumindest halbwegs dem Rahmen entsprechende Ästhetik bemüht hat. Bessere Voraussetzungen für eine paläographische Analyse aufgrund seines größeren Umfangs bietet das in Chig. J VII 251 (fol. 265r-266v) enthaltene Konzept89 zu einer Episode aus dem Frühjahr 146090, das Piccolomini später in seinen „Commentarii“91 verarbeitet hat. Graf Jo83 ABBILDUNG 9b. Siena, Archivio di Stato, Diplom. Riformagioni 1459, aprile 18. 84 In dieser Form ist es nur in clm. 12575 nachweisbar, falls das dortige Gedicht tat-

sächlich autograph sein sollte. 85 Cfr. ecclesie in der Unterschrift. 86 Cfr. d in deus und u in tui. 87 Cfr. sanctus in der Rota unten. 88 Cfr. das r in Petrus und das s in Paulus. 89 Druck: MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 90 Cfr. dazu den kurzen Überblick bei MEUTHEN, Die letzten Jahre, S. 62-63 sowie

MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck) mit weiterer Literatur, darunter besonders SAMARAN, La maison d’Armagnac, S. 133-138. Zuletzt auch VON MARTELS, The Fruit of Love, S. 243-245. 91 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 208-213.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

hann V. von Armagnac hatte sich von zwei kurialen Beamten, Ambrosius von Cambrai und Johann von Volterra, mittels einer Bullenfälschung eine Dispens Calixts III. für die Ehe mit seiner Schwester Isabella ausstellen lassen. Als die beiden den Grafen zu erpressen versuchten, begab sich Johann V. an die Kurie und deckte vor Pius die Sache auf, was ebendort zu einem beträchtlichen Skandal führte. Piccolomini schildert nun in dem erhaltenen Konzept das Eintreffen Johanns an der Kurie und dessen Geständnis sowie die Ergreifung der beiden Übeltäter. Dem folgt eine stark moralisierende, an Johann gerichtete Rede in einer Audienz vor anwesenden Kardinälen, Bischöfen und Kurialen. Nun ist durch die „Commentarii“ und durch Parallelquellen nicht nur das Eintreffen Johanns an der sich in den Bädern von Macereto aufhaltenden Kurie im Mai 1460 und die Verhaftung des Bischofs Ambrosius von Alet ebenfalls noch im Mai desselben Jahres gut eingrenzbar; Claudia Märtl konnte auch durch den Hinweis auf ein am Beginn des Konzeptes fol. 265r eingeritztes hodie zeigen92, daß die Niederschrift des Konzepts etwa zeitgleich mit den damaligen Ereignissen erfolgt sein dürfte93. Der Entwurf ist folglich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Ende Mai, eventuell Juni 1460 zu datieren94. Die Schrift weist im wesentlichen dieselben Charakteristika wie jene des autographen Zusatzes in der Littera für Siena vom 25. November 1458 auf: Ins Auge stechen zunächst der große Abstand zwischen den Worten und Zeilen und der jetzt noch dickere Strich der Feder; ähnlich wie in den hinteren Passagen des Entwurfs für die „Germania“ schwankt auch hier die Tintenintensität sehr stark, sodaß eine spätere Hand die blasseren Teile des Textes nachziehen zu müssen glaubte95. Die Kürzungsstriche werden nie mehr aus dem darunterliegenden Buchstaben herausgezogen, nun wird sogar die -er-Kürzung durchwegs neu angesetzt; g ist unten konsequent offen, der nächste Buchstabe wird häufig durch einen weit in den Oberteil des g hineinreichenden, ungelenk wirkenden Verbindungsstrich angeknüpft; an der 92 Cfr. ABBILDUNG 9c. 93 MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck), dort auch eine Auswertung für

die Arbeitstechnik Piccolominis vor dem Hintergrund der Endfassung der Episode in den „Commentarii“. 94 Der Text befindet sich auf einem Binio, dessen letzte zwei Blätter (267 und 268) leer sind. Das Wasserzeichen entspricht jenem der nächsten Lage, die auch die chronologisch wenig später anzusetzenden Konzepte der Rede an die Gesandten von René von Anjou und einer Bulle enthält (cfr. die folgenden Erörterungen). Die kodikologische Ordnung entspricht hier also auch dem chronologischen Befund. 95 Daraus resultiert das kompliziertere g fol. 265r (ABBILDUNG 9c) Zeile 4 (Borgundie) sowie das nach unten umgebogene Ende der Zunge des e in duce in derselben Zeile.

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Kralle des h wird Schlingenbildung konsequent vermieden und der folgende Buchstabe nie herausgezogen. Trotz des durchgehend kursiven Eindrucks ist bei näherem Hinsehen der Zerfall der Buchstaben in einzelne Striche schon sehr stark; dies trifft in diesem Fall aber weniger m/n/u, die meist als – mehr oder weniger abgerundete – Zackenlinie geschrieben und zum Teil auch noch gut differenziert werden, als vielmehr das o, das dem e stellenweise sehr ähnlich wird und somit erhebliche Leseprobleme verursacht96, sowie das e selbst, das am Wortende zwar häufig eine – eher plumpe und nach oben aufgebogene – Zunge aufweist, im Wort selbst, gelegentlich auch im Auslaut97 aber oft zu zwei Strichen zerfällt. Zum Teil noch gut gerundet ist das runde d, es überwiegt jedoch die aus zwei Strichen zusammengesetzte Hybridform, deren zwei Teile auch leicht auseinanderzudriften beginnen98; eine ähnliche Tendenz ist auch bei b99 sowie ab und zu bei g100 feststellbar; r ist in der Regel nicht übermäßig stark gespalten. Insgesamt bewegt sich die Schrift etwa in dem Rahmen, den wir in den bisherigen Beispielen aus der päpstlichen Periode kennengelernt haben; jedoch scheint der im autographen Zusatz zur Littera aus dem Jahr 1458 teilweise noch erkennbare Schwung jetzt ganz abhanden gekommen zu sein; kaum zu sehen sind auch mitgeschriebene Luftlinien und die daraus resultierenden Verdoppelungen der Langschäfte, die oft auf Ansätze von links reduziert sind. Auf chronologisch festem, aber wieder nicht auf den Tag genau zu fixierendem Boden stehen wir beim autographen Bullenentwurf in Chig. J VII 251 (fol. 269r)101. Das Konzept ist zwar undatiert, läßt sich aber aufgrund von Parallelzeugnissen gut eingrenzen. Der südfranzösische Vicomte Jehan von Uzès102 war Anfang des Jahres 1460 in einen Inquisitionsprozeß verwickelt worden, da er angeblich behauptete, quod anima est sanguis103. Nachdem Pius (wohl im Sommer 1460) sämtliche Urteile 96 Cfr. etwa fol. 265r Zeile 4 (Borgundie), deswegen wohl auch von späterer Hand nachgezogen. 97 Cfr. fol. 265r Zeile 12 (inquisitione). 98 Cfr. fol. 265r Zeile 5 (dicens). 99 Cfr. fol. 265r Zeile 8 (obligatas). 100 Cfr. fol. 265r Zeile 5 von unten (ageret). 101 Ohne Abbildung. Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 337 (nach S. 371 ein Facsimile

der Seite). 102 Zu seiner Person MEUTHEN, Die letzten Jahre, S. 208 Anm. 1. 103 Chig. J VII 251 fol. 269r (CUGNONI, Opera inedita, S. 337); zu den Ereignissen

MEUTHEN, Die letzten Jahre, S. 61-62 und 208-209.

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des päpstlichen Inquisitors Michael von Morello annulliert hatte, liefen neue Anklagen gegen den Vicomte ein, sodaß ihn der Papst mittels Bulle vom 1. September 1460104 erneut vor Nikolaus von Kues, der mit der Untersuchung betraut worden war, zitierte. Der in Chig. J VII 251 vorliegende Bullenentwurf weicht insofern davon ab, als es hier um keine Neuzitierung geht, sondern nur verlangt wird, Jehan solle während des Sonntagsgottesdienstes öffentlich seiner angeblichen Lehre abschwören. Pius kam dann von dieser Entscheidung ab und entschloß sich doch zu einer Neuzitierung des Angeklagten. Es handelt sich folglich um einen Entwurf, der vor den 1. September 1460, also etwa in den Sommer desselben Jahres zu setzen sein wird105 und damit in umittelbarer zeitlicher Nähe zu dem im folgenden zu behandelnden Konzept entstanden ist. Diesem Ansatz entspricht auch der kodikologische Befund: Der Quaternio fol. 269-276, dem fol. 277 als Einzelblatt angeklebt ist, umfaßt zunächst den Bullenentwurf (fol. 269r), ehe nach drei leeren Seiten (fol. 269v-270v) das Konzept für die Rede an die Gesandten Renés von Anjou folgt, die mit einiger Wahrscheinlichkeit Ende Juli 1460 anzusetzen ist. Der Bullenentwurf, der also wohl vor Ende Juli zu rücken sein wird, zeigt sehr gut, daß eine von der zunehmenden Gicht geprägte, kontinuierliche Schriftentwicklung für die Zeit des Pontifikats nur in einer grundsätzlichen Tendenz vorliegt, daß sie aber, betrachtet man punktuell einzelne autographe Zeugnisse dieser Periode, immer wieder durchbrochen wird. Die Ursache dieser zwar konstanten, aber in Wellenform verlaufenden Entwicklung dürfte mit der Tagesverfassung allgemein, dem unterschiedlichen Zeitdruck beim Abfassen der jeweiligen Texte, vielleicht auch der Schreibsituation106, vor allem aber mit den unterschiedlich stark und unregelmäßig einsetzenden Gichtattacken selbst zu tun haben. Anders ist es kaum erklärbar, daß das Bullenkonzept dem eigenhändigen Zusatz zur Littera von 1458 viel näherkommt als dem kurze Zeit davor entstandenen Entwurf über den Fälschungsskandal an der Kurie und dem etwa gleichzeitig anzusetzenden für die Antwort an die Gesandten Renés. Die Schrift Piccolominis ist hier wieder flüssiger, zumindest im unteren Teil der Seite auch enger geschrieben, der Abstand zwischen den Zeilen und Wörtern bei weitem geringer als im vorangehenden Beispiel; die Tintenintensität vor allem im oberen Abschnitt sehr gleichmäßig; auch die verwendete Feder nicht übermäßig breit. Der kursive Zug ist wieder verstärkt, wir beobachten zum nächsten 104 Teilabdruck bei MEUTHEN, Die letzten Jahre, S. 208-209 Anm. 3. 105 Cfr. MEUTHEN, Die letzten Jahre, S. 209. 106 Cfr. oben S. 184.

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Buchstaben durchgezogene untere Schlinge des g107; dasselbe gilt mehrmals für die Kralle des h108; die Kürzungsstriche werden wieder häufiger aus den Buchstaben selbst entwickelt und zeigen mehr Schwung, als das im letzten Schriftbeispiel der Fall war109. Zeichen für stärkere Kursivität sind die häufiger auftauchenden Verdoppelungen und mitgeschriebenen Luftlinien110, während der Zerfall der Buchstaben stärker zurückgedrängt ist: m/n/i sind in der Regel gut durchlaufend geschrieben und zum Teil deutlich differenziert, auch rundes d ist ebenso wie o meist gut gerundet111, r relativ konstant leicht bis mittelmäßig gespalten. Vor allem vor der Folie des chronologisch etwa gleichzeitig anzusetzenden folgenden Schriftbeispiels würde man dieses Konzept wohl um einiges früher ansetzen. Das Konzept für die Antwort an die Gesandten von René von Anjou bezüglich der neapolitanischen Frage112 stellt eines der krassesten Beispiele für die Altersschrift Piccolominis dar. Die von Mansi ventilierte Datierung auf 1462113 wurde schon von Voigt widerlegt, der als Zeitpunkt für die Rede Anfang Juni 1460 veranschlagte114. Die Angabe Ad ea tantum nunc responsuri sumus, que vos, oratores carissimi in Christo filii nostri Renati regis illustris, coram nobis proposuistis, cum proximis diebus valitudinis recuperande causa apud balneas Petriolenses ageremus liefert uns als terminus post quem den 26. Juni 1460: Aus dem von Dieter Brosius erstellten Itinerar des Papstes geht hervor, daß sich dieser dreimal in Petriolo aufhielt. Nicht in Frage kommt in unserem Zusammenhang der Aufenthalt des Jahres 1464115; textimmanente Kriterien spre-

107 Fol. 269r (ohne Abbildung) Zeile 6 (igitur). 108 Cfr. fol. 269r Zeile 8 (hereticus), 9 (cohertione). 109 Cfr. fol. 269r Zeile 8 (hereticus) und die -ur-Kürzungen in der letzten (reperitur) und vorletzten (capiatur/plectatur) Zeile. 110 Auffällig vor allem bei b, cfr. fol. 269r Zeile 3 von unten (ab, ubicumque). 111 Cfr. fol. 269r Zeile 6 von unten. 112 Chig. J VII 251 fol. 271r-277r. Druck dieser „Responsio“ bei PICCOLOMINI, Orationes (ed. MANSI) 2, S. 158-165. Fol. 277r schließen sich noch einige metrische Versuche (wohl ein Grabepigramm Calixt III. betreffend, cfr. BERNETTI, Ricerche e problemi, S. 50) an, die sich im Schriftcharakter (vor allem durch die verwendete dünnere Feder) doch deutlich vom Konzept der Rede abheben, also nicht unmittelbar nach diesem entstanden sein dürften. 113 PICCOLOMINI, Orationes (ed. MANSI) 2, S. 157: „Acta sunt haec anno 1462.” 114 VOIGT, Enea 3, S. 144 mit Anm. 1; cfr. auch PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 84. 115 Cfr. BROSIUS, Das Itinerar Papst Pius’ II., S. 431. Zu diesem Zeitpunkt war die Nea-

pel-Frage entschieden, cfr. PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 97.

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chen deutlich gegen den Aufenthalt Anfang November 1462116, aber für jenen vom 7.117 bis 26. Juni 1460118. Selbst wenn es sich nicht um den Entwurf für die tatsächlich gehaltene, sondern für eine literarisch überarbeitete Form der Rede handelt, wird man ihn nicht viel später als die tatsächlichen Ereignisse anzusetzen haben119. Die Schrift ähnelt dem zuvor analysierten Konzept aus dem Frühjahr 1460, ist aber mit noch breiterer Feder geschrieben, sodaß die Buchstaben beinahe zu zerfließen scheinen. Die Schrift und die Zeilenabstände sind noch ein wenig größer geworden, hinzu kommt jetzt auch die stark wechselnde Intensität der Tinte, die das Schriftbild noch unruhiger macht. Die Kürzungsstriche haben in der Regel keine Verbindung zu den Buchstaben mehr und tendieren dazu, länger und gerader zu werden; aus g und h wird an keiner einzigen Stelle der nächste Buchstabe herausgezogen; stellenweise stark ist der Zerfall von m/n/u in Einzelschäfte120; relativ gut gerundet sind noch o und das runde d; r ist großteils noch kaum gespalten. Ins Auge sticht das bisher von Piccolomini seltener verwendete kapitale N als Versalie (mit extrem weit in die Unterlänge reichendem zweiten Schaft)121, das neben der noch immer häufigeren vergrößerten MinuskelForm122 vorkommt. In diesem Falle könnten die Parallelquellen unter Umständen eine Erklärung für den extremen Zerfall der Schrift liefern: Tatsächlich hatte der Papst nämlich im Juni 1460 mit einer schweren Gichtattacke zu kämpfen, wie aus einem Gesandtenbericht Bartolomeo Bonattos an Barbara Gonzaga vom 3. Juni 1460 und aus den „Commen116 Cfr. BROSIUS, Das Itinerar Papst Pius’ II., S. 430; dazu auch CASANOVA, Un anno della vita privata, S. 22. 117 BROSIUS, Das Itinerar Papst Pius’ II., S. 428. 118 Ein weiteres Indiz für diese Datierung könnte auch der Umstand sein, daß Pius in

dem Entwurf in Chig. J VII 251 cum proximis diebus valitudinis recuperande causa apud balneas Petriolenses ageremus schreibt, während in der endgültigen, sonst praktisch unveränderten Fassung apud balneas Macereti zu lesen ist (cfr. PICCOLOMINI, Orationes (ed. MANSI) 2, S. 158; interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß in Chig. J VIII 284 fol. 132v Macereti auf Rasur steht; wohl ein untrügliches Zeichen für eine Korrektur des ursprünglichen, vom Entwurf übernommenen Textes; zu derartigen Rasuren cfr. auch WAGENDORFER, Studien, S. 42-50 und 98-100). 1460, nicht aber 1462 hatte der Papst knapp zuvor die Bäder von Macereto aufgesucht (cfr. BROSIUS, Das Itinerar Papst Pius’ II., S. 428 oder etwa auch die Ortsangaben der betreffenden Briefe bei RATTI, Quarantadue lettere originali, S. 269-272); aus diesem Umstand dürfte die hier eingetretene Verwirrung zu erklären sein. 119 Cfr. dazu auch oben den kodikologischen Befund. 120 Cfr. fol. 275r (ABBILDUNG 9d) Zeile 6 (nulla novitate). 121 Cfr. fol. 275r Zeile 4 (neque). 122 Cfr. fol. 275r Zeile 8 (neque).

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tarii“ des Papstes hervorgeht: Ein Kind hatte sich am Pfingstsamstag dieses Jahres in Siena unter dem hölzernen Gerüst des Papstthrons versteckt und war mit dem Kopf an das Brett gestoßen, auf dem der Papst seine Füße hatte, was diesen zu einem nicht sehr päpstlichen Fluch veranlaßte123. Die darauffolgende Bettruhe des Sienesen wurde von Bonatto auf diesen Zwischenfall zurückgeführt124, während Piccolomini selbst in den „Commentarii“125 den Transport aus Macereto dafür verantwortlich machte126. Ein ähnliches Schriftbild zeigt der Entwurf für die im Oktober 1460 gehaltene Rede an die Römer anläßlich der Rückkehr des Papstes in die Ewige Stadt127, der nur wenige Blätter später in derselben Handschrift auf einer gesonderten Lage folgt128. Pius hat diese Rede in veränderter Fassung auch in die „Commentarii“ aufgenommen129, doch deckt sich das Konzept fast zur Gänze mit der bei Mansi gedruckten Rede130, womit die Datierung auf Herbst 1460 gesichert sein dürfte131. Ins Auge springen sofort der enorm dicke Strich der Feder, der die Buchstaben fast zerfließen läßt, und die beinahe von Wort zu Wort sich ändernde Tintenintensität. Die Kralle des h und die untere Schlinge des g bleiben ausnahmslos offen, der folgende Buchstabe wird neu angesetzt, nach g wird er durch einen waagrechten Strich an den Oberteil des g angebunden132. Auch die Kürzungsstriche haben keine Verbindung zum entsprechenden Buchstaben mehr, sie neigen auch öfter zu längerer, gerader 123 „Via col malanno!“ Die Episode analysiert von MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 126. 124 Die Zitate aus dem Bericht Bonattos bei MÄRTL, Alltag an der Kurie, S. 126 Anm. 49. 125 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 206. 126 Pius hatte sich vom 29. April bis 30. Mai 1460 in Macereto aufgehalten, cfr. BROSIUS,

Das Itinerar Papst Pius’ II., S. 428.

127 Cfr. PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 88. 128 Chig. J VII 251 fol. 278r-281v. Piccolomini hat nur die ersten vier Blätter des Ternio

fol. 278-283 beschrieben. 129 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 244-248. Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Der Entwurf weicht stark von der in den „Commentarii“ vorliegenden Rede ab. 130 PICCOLOMINI, Orationes (ed. MANSI) 2, S. 128-134. BERTALOT, Initia Humanistica Latina II/1, Nr. 7478. 131 Zu der gebotenen Vorsicht betreffend gehaltener und edierter Reden Piccolominis

cfr. HELMRATH, Pius II. und die Türken, S. 86. Sollte es sich in diesem Falle um eine Überarbeitung der tatsächlich gehaltenen Rede und kein vorbereitendes Konzept handeln, worauf unter Umständen die geringe Anzahl an Streichungen hinweisen könnte, wird der Text dennoch nicht sehr lang nach der tatsächlichen Rede entstanden sein. 132 Cfr. fol. 278r (ABBILDUNG 9e) Zeile 2 (magna).

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Form. Der Abstand zwischen den Zeilen und Buchstaben ist nicht übermäßig groß; ganz extreme Formen nimmt jedoch der Zerfall der Buchstaben an: Er betrifft nicht nur die Buchstaben im Mittelband wie m/n/u, die stellenweise nur mehr aus parallelen senkrechten Strichen bestehen133, sondern auch d, das immer häufiger in der zweiteiligen Form auftaucht134, und b135. Durch den zweiteiligen Aufbau und Zerfall des o nähert sich dieser Buchstabe gelegentlich stark dem Aussehen des e an und umgekehrt136, auch a zerfällt zusehends137. Gerades d weist häufig eine deutliche, durch den dicken Strich noch auffälligere Schlinge an der Oberlänge auf138, während sonst mitgeschriebene Luftlinien kaum zu beobachten sind; häufig besteht Doppel-l, das üblicherweise am prädestiniertesten für Verdoppelungen ist, nur aus zwei parallelen Geraden139. Auffallend ist erneut, daß sich N in der Kapitalis-Form als Versalie gegen die bisher häufiger praktizierte vergrößerte Minuskelgestalt durchzusetzen beginnt, wobei der zweite Schaft extrem weit in die Unterlänge reicht und unten eingebogen wird140. Über alle vier Blätter hinweg betrachtet scheinen die Zerfallserscheinungen jedoch mit Fortdauer des Textes nachzulassen, die Schrift wird etwas flüssiger, gelegentlich kann man etwa Schlingenbildung bei der Kralle des h beobachten. Es scheint fast so, als sei Piccolomini nach anfänglichen Schwierigkeiten erst im Laufe des Textes wieder flüssiger ins Schreiben gekommen. Mit dem bisher nicht bekannten persönlichen Originalschreiben des Papstes an die Stadt Siena vom 4. Jänner 1461141 kehren wir wieder auf völlig gesichertes chronologisches Terrain zurück. Die Schrift gleicht vom ersten Eindruck und der Strichstärke her stark dem Entwurf für die Bulle vom Sommer 1460. Allerdings ist hier der Abstand zwischen den Zeilen und Wörtern größer, der Zug zur Kursivierung zurückgedrängt, was aber auch an der unterschiedlichen Funktion der beiden Texte liegen kann und seinen Grund nicht in der Verfassung des Schreibers ha133 Cfr. fol. 278r Zeile 8 (quia). 134 Cfr. fol. 278r Zeile 5 (iudicibus). 135 Cfr. fol. 278r letzte Zeile (bellandi). 136 Cfr. fol. 278r Zeile 12 (opes). 137 Cfr. fol. 278r Zeile 2 (causa). 138 Cfr. fol. 278r Zeile 7 (fideles). 139 Cfr. fol. 278r vorletzte (bellum) und letzte (bellandi) Zeile. 140 Cfr. fol. 278r Zeile 4 von unten (necessarium). 141 Ohne Abbildung. Siena, Archivio di Stato, Balia 496, 17. Die Datumszeile ist auf-

grund des Ausfransens des Papiers nur mehr teilweise zu erkennen; das Datum wird aber auch durch einen Archivvermerk auf der Rückseite bestätigt.

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ben muß: Konsequent offen ist die untere Schlinge des g, ebenso konsequent gemieden wird Schlingenbildung bei der Kralle des h; die Nasalstriche werden selten direkt aus dem Buchstaben heraus entwickelt142. Der Zerfall der Buchstaben ist stellenweise deutlich merkbar, hält sich aber insgesamt doch in Grenzen; zum Großteil sind m/n/u sogar deutlich differenziert; die Spaltung des r ist am Beginn noch sehr gering, nimmt aber mit laufendem Text zu. Am oberen Blattrand begegnen wir erneut der in der Rota des Breve an Siena bei Piccolomini erstmals registrierten Kürzung für papa. An der Schrift des nur wenig später verfaßten Originalbriefs an Francesco Sforza143 vom 26. Februar 1461144 läßt sich gut demonstrieren, welchen Einfluß die hier verwendete dünnere Feder auf das Schriftbild haben kann: Bei praktisch identischen Einzelformen – offenes g und h; kaum Zerfall der Buchstaben, vielmehr über weite Strecken gute Scheidung von m/n/u; auch hier nimmt die Spaltung des r im Verlauf des Textes zu; die Nasalstriche schweben durchwegs frei über dem Wort; großer Abstand zwischen Wörtern und Zeilen – macht die Kursive einen viel feineren, eleganteren Eindruck als im obigen Beispiel. Hätte man keine Datierung des Briefs, könnte man ihn aufgrund paläographischer Kriterien ebensogut an den Beginn des Pontifikats setzen. Der Entwurf für die „Epistola ad Mahumetem“145 in Vat. lat. 7082 ist neben dem eigenhändig geschriebenen Teil der „Commentarii“ in Reg. lat. 1995 der umfangreichste autographe Text, den wir von Piccolomini aus der Zeit des Pontifikats besitzen. Das eigentliche, lückenhafte Konzept für den Brief umfaßt die Folia 6r-28v146; diesem gehen einige kurze147 Konzepte voran, die eine Zwischenredaktion148 zwischen Ent142 Zeile 7 von unten (quidem). 143 Zur Beziehung Sforza – Piccolomini zuletzt SIMONETTA, Pius II and Francesco

Sforza. 144 Ohne Abbildung. Mailand, Archivio di Stato, Carteggio Sforzesco, Roma, 50. Der erste Hinweis auf den Brief bei MÄRTL, Kardinal Jean Jouffroy, S. 123 Anm. 14; cfr. auch MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 145 Weiterführende Literatur in Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 115-123 und MEUTHEN, Ein „deutscher“ Freundeskreis, S. 537 Anm. 316. 146 Druck: GAETA, Sulla „Lettera a Maometto“, S. 195-227; es dürfte sich um mechanischen Blattverlust noch vor der Foliierung der Handschrift handeln, cfr. Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 87. 147 Fol. 1r/v, zwei Zeilen fol. 2v sowie 13 Zeilen fol. 3v; von der Hand Patrizis stammen zwei Zeilen fol. 2r, fol. 3r, fünf Zeilen fol. 3v sowie fol. 4r-5v. 148 Ein ähnlich gelagerter Fall in der Entstehung der „Historia Austrialis“ Piccolominis (cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 53-56), wo der Blattverlust der Autographen ebenfalls auf

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wurf und Endfassung der Epistel darstellen149. Der Entwurf ist ebenso wie der Brief selbst zwischen Oktober und Dezember 1461 entstanden150, da in beiden Fassungen der Hinweis auf die Eroberung Sinopes und Trapezunts in ganz ähnlicher Form enthalten ist151. Der Text gibt uns aufgrund seines Umfangs Gelegenheit, das Erscheinungsbild der Schrift über eine längere fortlaufende Periode hin zu beobachten, und zeigt, wie innerhalb kürzester Zeit extreme Schwankungen im Schriftbild auftreten können. Am Beginn des Textes152 sind die Buchstaben und die Zeilenabstände noch relativ klein153, die Feder verhältnismäßig dünn; die Schrift macht einen kursiven, für diese Zeit sogar flüssigen Eindruck, der sich an einigen Stellen auch in zügig geschwungenen Kürzungsstrichen154 äußert; daneben zeigen sich zwar auch die für diese Phase typischen Zerfallserscheinungen in Einzelstriche155; dennoch sind im allgemeinen m/n/v noch in einem Zug geschrieben und meist gut differenziert, dasselbe gilt für das in der Mehrzahl der Fälle noch gut gerundete d; r ist nur stellenweise stark gespalten. Ein völlig anderes Bild bietet nur wenige Seiten später der mit deutlichem Neuansatz geschriebene Beginn auf der folgenden Lage156: Die Buchstaben und Zeilenabstände sind um vieles größer157; extrem ist die unterschiedliche Tintenintensität, die den ungemein unruhigen Eindruck der Schrift noch verstärkt. Teile des Textes sind sehr blaß und wurden von Piccolomini vielleicht auch nachträgdiese Überarbeitung zurückgehen könnte. Cfr. Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 89-90. 149 Nachweisbar ist dies mit Sicherheit für das letzte, von der Hand Patrizis stammende Fragment (fol. 4r-5v) über die menschliche Seele als Abbild der göttlichen Trinität: Piccolomini vermerkte am Rand von fol. 17r hic potest poni comparatio animae; für die übrigen, also auch autographen Fragmente konnte eine solche Einordnung wahrscheinlich gemacht werden, cfr. Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 87-97. 150 Cfr. Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 87 mit Anm. 137. 151 GAETA, Sulla „Lettera a Maometto“, S. 196: Et hoc anno vetustam urbem, Mithridatis

Eupatoris patriam, et eius tyrannum cepisti, Trapezuntem in deditionem habuisti et captivum loci imperatorem abduxisti et Johannem Cassanum bello superasti. 152 Als Beispiel (ohne Abbildung) wird hier fol. 8r und nicht die erste Seite des Entwurfs gewählt, da nach fol. 7v Textverlust eingetreten ist und kein unmittelbarer Zusammenhang mit den folgenden Seiten besteht; cfr. Epistola ad Mahumetem (ed. GLEI, KÖHLER), S. 87. 153 27 Zeilen auf fol. 8r. 154 Cfr. fol. 8r Zeile 6 von unten (imperium). 155 Cfr. fol. 8r Zeile 16 (interfici, nihil); isoliert stehen auch hier in der Regel g und h. 156 Fol. 10r. 157 Nur mehr 23 Zeilen.

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lich nachgezogen; der hier erstmals und ziemlich stark auftretende Tintenfraß dürfte darauf hindeuten, daß man sich auch in der Rezeptur der Tinte vergriffen hatte. Abgesehen von diesen äußeren Faktoren unterscheiden sich auch die Einzelformen in ihrer Ausführung deutlich von jenen nur wenige Seiten zuvor: Die Kürzungsstriche neigen vermehrt zu gerader, längerer, manchmal auch ziemlich wild gesetzter Gestalt; r ist oftmals extrem gespalten158; m/n/u sind zwar meist noch in einem Zug geschrieben, aber häufig schlecht differenziert159; dazu tritt gelegentlich schon starker Zerfall auf160, der auch bei e161 und dem jetzt weniger häufig gut gerundeten d162, vereinzelt bei r163 greifbar wird. Dieser mit sehr dicker Feder geschriebene Textabschnitt reicht etwa bis fol. 12r, ehe die Schrift wieder etwas kleiner, feiner und regelmäßiger wird, auch die Tinte zeigt ab fol. 12v zunehmend einheitlichere Intensität, bevor ab fol. 19r wieder die bekannten Schwankungen auftauchen; ab fol. 21v scheint auch die Schrift wieder eckiger, weniger regelmäßig zu werden, ehe sie mit einem deutlichen Neuansatz fol. 26v wieder anderen Charakter annimmt: Gerade hier ist gut zu sehen, wie sich die jetzt wieder dünnere Feder positiv auf das Schriftbild auswirkt: Die Schrift wirkt ähnlich wie am Beginn des Konzepts weniger klobig; stellenweise wird beinahe wieder ein Hauch der Eleganz der 1440er und 1450er Jahre spürbar. Trotz der auch hier deutlich werdenden Zerfallserscheinungen, die sich unter anderem im jetzt häufiger verwendeten zweiteiligen d zeigen164, wirkt die Schrift flüssiger, auch exakter ausgeführt. Diese Analyse zeigt deutlich, daß, wie oben anhand der beiden Konzepte aus dem Jahr 1460 schon gezeigt worden ist, eine lineare Entwicklung in der Schrift des Papstes kaum auszumachen ist; zu stark ist sie von der Tagesverfassung abhängig und in hohem Maße wohl auch durch den jeweiligen Grad seines Gelenkleidens bedingt. Deutlich zeigen das auch die kurzen Texte, die sich am Beginn von Vat. lat. 7082 erhalten haben und eine Zwischenredaktion zwischen dem Entwurf für die „Epistola ad Mahumetem“ und ihrer Endfassung darstellen, also nach dem Konzept entstanden sein müssen: Piccolominis Schrift ähnelt hier stark den Anfangs- und Schlußpassagen des Entwurfs, während sie völlig anderen Charakter hat, als 158 Cfr. fol. 10r (ABBILDUNG 9f) Zeile 9 von unten (cruciantur). 159 Cfr. fol. 10r Zeile 3 von unten (sunt). 160 Cfr. die Randkorrektur fol. 10r links! 161 Cfr. fol. 10r Zeile 5 (incertus) und 4 (preveniendus) von unten. 162 Cfr. fol. 10r vorletzte Zeile (deo). 163 Cfr. fol. 10r Zeile 14 von unten (Cartaginem). 164 Cfr. fol. 26v (ohne Abbildung) Zeile 10 von unten (Daniele).

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das in dessen Mittelteil der Fall ist. Im übrigen wird keines der jetzt noch folgenden datierbaren Zeugnisse einen derartigen Schriftverfall zeigen, wie das im Mittelteil des Konzepts zur „Epistola ad Mahumetem“ der Fall ist. Das neben der chronologisch folgenden Unterschrift des Papstes in Rechnungsbüchern165 und einem offensichtlich verschollenen Brief an Federico von Urbino166 einzige mit großer Wahrscheinlichkeit ins Jahr 1462 datierbare autographe Zeugnis167 stellt der Entwurf168 für Piccolominis Kreuzzugsrede dar, die der Sienese im März dieses Jahres hielt und in der er die Wiederaufnahme der Kreuzzugsbemühungen, die nach dem Ende des Kongresses von Mantua ins Stocken geraten waren, vor sechs Kardinälen verkündete169. Die Schrift Piccolominis ist, sieht man von den Streichungen ab und berücksichtigt das späte Entstehungsdatum sowie den Konzeptcharakter des Textes, überraschend klar und gut lesbar, die Größe der Buchstaben und Zeilenabstände sind relativ gering170, die Wörter wirken insgesamt sehr kompakt. Die Nasalstriche werden an einigen Stellen aus dem Buchstaben herausgezogen171 und wölben sich zum Teil stark nach oben172, wie wir das in den vorgehenden Zeugnissen kaum beobachten konnten; aus der unteren Schlinge des g und der Kralle des h werden zwar auch hier keine folgenden Buchsta165 Cfr. unten das Ende dieses Abschnitts. 166 Datum apud Petriolum et manu propria scriptum nonis octobribus 1462. Druck:

PASTOR, Ungedruckte Akten, S. 172 (Nr. 134) mit der Angabe „Florenz. Staatsarchiv. Original“ . Das Schreiben ist heute laut freundlicher Auskunft von Dott.ssa Rosalia Manno Tolu (Archivio di Stato Firenze) im Florentiner Staatsarchiv nicht mehr aufzufinden. Schon FRANCESCHINI, Quattordici brevi di Pio, S. 173-174 (Appendice Nr. 12) edierte den Brief nur nach kopialer Überlieferung. 167 Ohne Abbildung. 168 Chig. J VII 251 fol. 255r-258r, ein Binio, dessen letzte Seite unbeschrieben ist.

Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 158-161. Die Rede hat Piccolomini auch in den „Commentarii” verarbeitet, doch dürfte es sich bei unseren Blättern nicht um den Entwurf für diese Stelle handeln, da sie stark davon abweicht: Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 362-364. Cfr. HELMRATH, Pius II. und die Türken, S. 122 Anm. 147: „Predigthafter, weniger auf Politikanalyse orientiert ist ein anderer in Chis. J VII 251 […] autographisch überlieferter Redetext, den Pius für den gleichen oder einen sehr ähnlichen Anlaß konzipiert haben dürfte.“ 169 PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 241-242; VOIGT, Enea 3, S. 676-677; zur Situati-

on im März 1462 auch ESCH, Herrschaftspraxis, S. 123-125. 170 Zwischen 26 und 29 Zeilen pro Seite bei gleichem Format wie die Blätter mit dem Konzept zur „Epistola ad Mahumetem“. 171 Cfr. fol. 255r Zeile 5 von unten (conventum). 172 Cfr. fol. 255r Zeile 5 (conventu).

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ben herausgezogen, jedoch ist r relativ wenig gespalten und auch die Zerfallserscheinungen halten sich in Grenzen173; im Gegenteil: m/n/u sind in der Regel gut gerundet und differenziert; ebenso wird rundes d häufig sehr flüssig geschrieben, vereinzelt ist es zwar etwas eckig, zeigt aber kaum die Zerfallserscheinungen der zweiteiligen Form. Der Eindruck wird allerdings insofern etwas verfälscht, als die blasseren Stellen nachträglich – wohl von einer anderen Hand174 – nachgezogen wurden. Die Klarheit der Schrift läßt zwar gegen Textende leicht nach, dennoch überrascht der flüssige Ductus; ob damit auch das Verschwinden der zuletzt beobachteten kapitalen Versalie N mit langem zweiten Schaft zugunsten der für Piccolominis Kursive vor dem Pontifikat üblichen vergrößerten, runderen Minuskelform zusammenhängt, läßt sich kaum entscheiden175. In für diese Phase ungewohnter, noch kleinerer und sorgfältigerer Kursive, die aber deutlichere Anzeichen des Zerfalls zeigt, präsentiert sich der Entwurf zur Retraktationsbulle „In minoribus agentes“176, der von Piccolomini selbst am Textende auf den 26. April 1463 datiert ist177. Auffallend ist der relativ dünne Strich und das dominierende Mittelband, besonders s und f reichen manchmal nur wenig in die Ober- beziehungsweise Unterlänge178. Ungewöhnlich für die Kursive Piccolominis ist der meist (allerdings nicht konsequent) auf der Zeile stehende Schaft des auslautenden m. Die Kürzungsstriche zeigen Tendenz zur geraden, längeren Form und schweben durchwegs frei über den Buchstaben; r zeigt am Beginn des Textes noch weniger Spaltung, diese nimmt aber immer mehr zu. Extrem, möglicherweise auch mit dem etwas gehobeneren Niveau der Schrift, um das sich Piccolomini hier sichtlich bemühte179, zusammenhängend, ist der Zerfall der Buchstaben in Einzelstriche.

173 Am ehesten deutlich fol. 255r Zeile 4 (cum). 174 Cfr. fol. 255r Zeile 10 von unten (pergeremus mit untypischem g). 175 Auffallend ist im übrigen auch die mehrmalige Verwendung von auslautendem m in

3er-Form außerhalb der enim-Kürzung, cfr. fol. 255r Zeile 9 (omnem) und Zeile 15 (seminavimus, wo das zweite m durch gekürztes -us zu Schluß-m wurde) jeweils am Zeilenende, also wohl aufgrund der Platznot gesetzt, da ein Nasalstrich wegen der schon vorhandenen Kürzungen in beiden Wörtern nicht mehr möglich war. 176 Druck der Bulle: FEA, Pius II., S. 148-164. 177 Chig. J VII 251 fol. 226r-235v; das Konzept umfaßt exakt einen Quinio. 178 Cfr. fol. 226r (ABBILDUNG 9g) Zeile 4 (versaremur). 179 Ein Indiz dafür ist neben dem allgemeinen Eindruck der Schrift nicht nur das

schon angesprochene auslautende m, sondern auch die Tatsache, daß die tironische etKürzung gemieden und durchwegs die humanistische Ligatur verwendet wird.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Er betrifft nicht nur m/n/u180, sondern häufig auch d (das nur mehr selten gut gerundet ist und meist die zweiteilige oder eine relativ eckige, einen Knick der Oberlänge nach links aufweisende Gestalt zeigt)181, b182 und gelegentlich auch r183. Eines der letzten verhältnismäßig genau datierbaren autographen Zeugnisse des Papstes ist der Entwurf zu einem Brief an den französischen König Ludwig XI.184, der in die Zeit vor dem 6. Oktober 1463 zu setzen ist185: Die chronologische Fixierung ergibt sich aus der auf diesen Tag datierten Reinschrift186 des Briefes, die sich in derselben Handschrift findet187. Die Schrift zeigt das typische Aussehen der ausnahmsweise mit dünnerer Feder geschriebenen Alterskursive, wie wir ihr auch noch in den Marginalien der Handschriften aus der Piccolomini-Bibliothek begegnen werden. Sie zeigt zwar dieselben Merkmale wie die erschütternden Beispiele der mit dicker Feder geschriebenen Alterskursive des Papstes – die untere Schlinge des g und die Kralle des h zeigen keine Verbindung zum nächsten Buchstaben, desgleichen schweben die Nasalstriche frei über der Zeile, deutliche Anzeichen von Zerfall in die Einzelschäfte zeigen m/n/u, starke Spaltung läßt das r188 erkennen – wirkt aber viel feiner, auch wenn der eckige Charakter sich nicht leugnen läßt. Die dünne Feder führt gemeinsam mit den auch bei anderen Buchstaben wie d189, g190 oder e191 sichtbare Zerfall zu einer „Filettierung“ der Schrift, aus der zwar ein ästhetisch angenehmerer Eindruck, nicht unbedingt aber bessere Lesbarkeit resultiert.

180 Gut zu sehen fol. 226r Zeile 4 von unten (in invio et non invia ambulavimus in tenebris). 181 Cfr. fol. 226r Zeile 8 (de). 182 Cfr. fol. 226r Zeile 13 (bene). 183 Cfr. fol. 226r Zeile 6 (representare). 184 Cfr. die Abbildung bei BERNETTI, Saggi e studi, Tav. III (nach S. 34). 185 Chig. J VII 251 fol. 240r. Das Wasserzeichen, ein Kopf mit Hut, dürfte mit BRIQUET

3370 identisch sein (Florenz 1465-1467, wie BRIQUET, Les filigranes 1, S. 223 angibt, was zeitlich mit unserem Blatt allerdings nicht zu vereinbaren wäre). 186 Druck der Reinschrift: CUGNONI, Opera inedita, S. 135-137 (6. Oktober 1463; der Entwurf stark abweichend). 187 Chig. J VII 251 fol. 129r-131v. 188 Cfr. fol. 240r Zeile 2 von unten (recte, agere). 189 Fast nur mehr in der zweiteiligen Form, cfr. Zeile 8 (discipulum admones). 190 Cfr. fol. 240r Zeile 4 (dignitate). 191 Cfr. fol. 240r Zeile 3 von unten (mehrfach).

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Aus dem Pontifikat stammen schließlich auch noch einige eigenhändige Unterschriften des Papstes in Rechnungsbüchern192, die heute im Archivio di Stato di Roma liegen und die trotz ihrer Kürze deutlich den zunehmenden Verfall der Schrift Piccolominis zeigen193. Anzuführen sind Fondo Camerale I, Spese del Maggiordomo 1348 fol. 128r (31. Mai 1460194), Fondo Camerale I, Tesoreria Segreta 1288 fol. 88v (23. April 1462195) und fol. 134r (1. April 1463196) sowie Fondo Camerale I, Tesoreria Segreta 1289 fol. 130r (31. März 1464197). 9.1. Die späten undatierten Konzepte Wie aus dem oben Gesagten hervorgegangen ist, ist eine genauere chronologische Einordnung von undatierten Autographen Piccolominis, wie sie noch in den 1440ern oder 1450ern zumindest annäherungsweise machbar war, für die päpstliche Periode äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich. Ein schönes Beispiel ist der in Vat. lat. 7082198 enthaltene Entwurf über die Könige Zyperns aus dem Geschlecht der Lusignan mit einer anschließenden Bemerkung über das Auftauchen einer Insel bei Paros. Als terminus post quem für diese beiden autographen Passagen199 ergibt sich aus dem von Piccolomini für das Erscheinen der Insel genannten Datum der 13. März 1459200; da der Entwurf über Zypern 192 Zuletzt wurden diese Rechnungsbücher für die Zeit des Kongresses von Mantua

exemplarisch ausgewertet von CHAMBERS, Spese del soggiorno; cfr. auch MÄRTL, Alltag an der Kurie, passim. 193 Ich verdanke die Kenntnis dieser kurzen, aber wertvollen, weil genau datierten Au-

tographa Claudia Märtl, der hierfür herzlich gedankt sei. Künftig dazu auch MÄRTL, Zum kurialen Rechnungswesen (im Druck). 194 Et ita nos approbamus Pius manu propria E. Ein Hinweis darauf – im Gegensatz zu

den beiden folgenden Faszikeln (cfr. Repertorium Germanicum VIII/1, LVIII-LVIIII) – schon im Repertorium Germanicum VIII/1, LVII (zu SpMag 1348: „eine eigenhändige Approbation des Papstes“). 195 Laudamus et approbamus omnia supra scripta et quitamus inde Nicolaum ipsum. Pius papa IIus manu propria die XXIII Aprilis 1462. 196 Laudamus et approbamus omnia supra scripta et quittamus inde Nicolaum ipsum. Pius papa IIus manu propria die prima Aprilis 1463. 197 Laudamus et approbamus omnia supra scripta et quitamus inde Nicolaum prefatum. Pius papa IIus manu propria die ultima Martii 1464. Es handelt sich hierbei um das späteste datierte autographe Zeugnis Piccolominis. 198 Fol. 49r/v und 51r. 199 Die Notiz über die Insel folgt dem Entwurf ohne erkennbaren Neuansatz. 200 Vat. lat. 7082 fol. 51r: Iuxta Parium insulam in Egeo mari apparuit insula (es folgt

gestrichen XX) XIII martii 1459 in magna fortuna et emersit cum igne supra XL cubitos ad

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

„einen ersten Kern des 97. Kapitels der 1461 verfaßten Asia darstellt, das Pius für die Commentarii (VII c. 6) seinem Sekretär diktierte“201, dürfte er spätestens 1461 anzusetzen sein202. Vom Schriftcharakter her ähneln die knapp drei Seiten allerdings sehr stark dem Entwurf für den Brief an Ludwig XI., der in die Zeit vor dem 6. Oktober 1463 zu datieren ist203: Der Sienese verwendet auch hier eine für die Zeit seines Pontifikats untypisch dünne Feder, was zu der schon erwähnten Filettierung der Schrift führt, die in dem Entwurf für die „Asia“ noch mehr zu zerfallen scheint und noch ungelenker, eckiger wirkt als in dem Briefkonzept. Eine Analyse der Einzelformen ergibt einen zwiespältigen Befund204: Zwar ist g unten konsequent offen, r wie kaum in einem anderen Konzept Piccolominis bis ins Extrem gespalten205, o aufgrund des Zerfalls zum Teil fast unkenntlich beziehungsweise dem e oder a sehr ähnlich206 und d fast durchwegs in der zweiteiligen Form geschrieben, die allerdings nur zum Teil zum Zerfall neigt207; andererseits ist ein kursiver Zug nicht zu leugnen: Selten wird aus der Kralle des h sogar noch der nächste Buchstabe entwickelt208 und der Kürzungsstrich aus dem darunterliegenden Buchstaben gezogen209; der Zerfall von m, n und u in die Einzelschäfte hält sich in Grenzen210; s und f, aber auch p weisen relativ starke Schlingenbildung in der Unterlänge auf. Insgesamt dürfte der zu den Einzelformen wenigstens zum Teil in Widerspruch stehende allgemeine Eindruck vor allem aus der dünnen Feder und der daraus entstehenden Filettierung resultieren. Der Entwurf betreffend die Frühgeschichte Spaniens in derselben Handschrift211 dürfte aus kodikologischen wie paläographischen Grünstadii latitudinem et longitudinem; Pius hat diese Episode auch in die „Commentarii“ aufgenommen, dort aber in den Dezember 1456 gesetzt: Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 77; cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 201 MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). 202 Zur 1461 verfaßten Asia cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 658f; CASELLA, Pio II tra

geografia e storia sowie zuletzt VOLLMANN, Aeneas Silvius Piccolomini as a Historiographer. 203 Cfr. oben S. 208. 204 Ohne Abbildung. 205 Cfr. fol. 49r Zeile 2 (parata) oder letzte Zeile (uxorem). 206 Cfr. fol. 49r Zeile 4 von unten (uxore, mox). 207 Cfr. fol. 49r Zeile 4 (rediit). 208 Fol. 49r Zeile 12 (pulchro). 209 Fol. 49r Zeile 4 (preda). 210 Noch am ehesten fol. 49r Zeile 2 (magnanimus). 211 Vat. lat. 7082 fol. 47r-48v.

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9. DIE LETZTEN JAHRE – DER PONTIFIKAT (1458-1464)

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den etwa in dieselbe Zeit gehören wie der eben analysierte Entwurf für die „Asia“. Er geht diesem unmittelbar voran und nimmt die ersten beiden Blätter derselben Lage ein212, wird also nur kurze Zeit vorher entstanden sein213. Zwar sind die beiden Blätter mit etwas breiterer Feder beschrieben, was einen leicht veränderten allgemeinen Eindruck ergibt, doch stimmen die Einzelformen fast vollständig mit dem Konzept für die „Asia“ überein: Aus der Kralle des h214 (hier auch aus der Schlinge des g215) wird in seltenen Fällen ebenso der nächste Buchstabe herausgezogen wie gelegentlich die Nasalstriche aus der Zeile entwickelt werden216; r ist über weite Strecken extrem gespalten217, d überwiegend in der zweiteiligen, allerdings noch wenig zerfallenden Form geschrieben; verhältnismäßig gut verbunden, wenn auch oft schlecht differenziert, sind fast durchwegs die Einzelschäfte von m, n und u; dasselbe gilt hier auch für o, das seltener als im vorigen Schriftbeispiel zerfällt218. Das stärkere Schwanken in der Tintenintensität sowie die weniger oft auftauchenden Schlingen an den Unterlängen von f, s und p dürften auf die breitere Feder zurückzuführen sein; deutlich sind jedoch die Verdoppelungen der Langschäfte219, die auch zum kursiveren, weniger filettierten Eindruck beitragen. In derselben Lage von Vat. lat. 7082 befindet sich zwischen den beiden Blättern mit dem Entwurf über die Könige aus dem Hause Lusignan als Einzelblatt eingeklebt ein weiteres Konzept über Zypern (fol. 50r/v), das Piccolomini für eine Passage der „Commentarii“ verwertete220. Da das Blatt kein Wasserzeichen aufweist und auch keine textimmanenten chronologischen Anhaltspunkte gegeben sind, bleibt die paläographische Analyse die einzige Möglichkeit für eine genauere Einordnung des Stücks. Trotz aller diesbezüglichen Kautelen, die oben näher erörtert 212 Die betreffende Lage umfaßt die Blätter 47-60, wobei es sich bei fol. 50 und 55 um Einzelblätter handelt. 213 Piccolomini scheint den Entwurf nirgendwo verarbeitet zu haben; auch das entsprechende Kapitel in der schon 1458 verfaßten „Europa“ zeigt keine engeren Parallelen, cfr. Europa (ed. VAN HECK), S. 187-189. 214 Cfr. fol. 47r (ABBILDUNG 9h) Zeile 2 von unten (huc). 215 Cfr. fol. 47r Zeile 11 (Grecis). 216 Cfr. fol. 47r Zeile 6 (implevisse). 217 Cfr. fol. 47r Zeile 5 (tris). 218 Cfr. etwa die sehr runden Formen fol. 47r Zeile 1. 219 Cfr. fol. 47r Zeile 12 (Heracliani, Calpetani). 220 Piccolomini dürfte das Konzept auch für die „Asia“ (PICCOLOMINI, Opera omnia, S. 376) verwendet haben.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

wurden, scheint der Text etwa gleichzeitig mit dem anderen Zypern betreffenden Entwurf entstanden zu sein: Dafür spricht neben der inhaltlichen Nähe221 vor allem der Schriftbefund, der jenem des genannten zweiten Entwurfs fast völlig entspricht222: Der Text ist mit relativ dünner Feder geschrieben, allerdings tritt der Effekt der Filettierung hier weniger ein, weil das Stück einen generell leicht kursiveren Ductus zeigt. Die Einzelformen stimmen aber fast völlig mit dem zweiten Konzept überein: Die Kürzungsstriche werden in seltenen Fällen aus dem Buchstaben entwickelt223; g ist unten konsequent offen; aus der Kralle des h wird des öfteren der nächste Buchstabe herausgezogen224; d ist am Beginn noch relativ gut gerundet, nimmt dann aber immer mehr die zweiteilige Form an, die allerdings nur selten zu wirklich starkem Zerfall neigt225; ebenso wenig ausgeprägt ist der Zerfall von m, n und u in die Einzelschäfte, dagegen ist o aufgrund seines eckigen Aufbaus oft nur schwer von e zu trennen226; nur zum Teil Schlingenbildung zeigen die Unterlängen von s, f und p. Keinerlei textimmanente chronologische Anhaltspunkte bietet der bisher noch ungedruckte, (vielleicht erst von späterer Hand) durchgestrichene Entwurf über Timur Leng227 in Vat. lat. 7082 (fol. 29r und zwei Zeilen fol. 29v)228, der sich zusammen mit den unmittelbar anschließen221 Daß das Blatt, wie die zum Teil noch erkennbare ältere Foliierung lehrt (cfr.

BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 15), von Anfang an neben dem zweiten Entwurf eingebunden war, kann auch auf den Inhalt zurückzuführen sein und muß nicht zwingend für etwa gleichzeitige Entstehung sprechen. 222 Ohne Abbildung. 223 Cfr. fol. 50r Zeile 12 (quadringentorum). 224 Cfr. fol. 50r Zeile 11 von unten (Pamphilie). 225 Stark zerfallen fol. 50r Zeile 13 von unten (occidentales). 226 Cfr. fol. 50r Zeile 14 von unten (promontorium). 227 Über die Auseinandersetzung Piccolominis mit Timur cfr. MESERVE, From Samarkand to Scythia, S. 34-35, die darauf hinweist, daß vor allem Poggios „De varietate fortunae“ die Quelle des Sienesen gewesen sein dürfte. 228 Vat. lat. 7082 fol. 29r/v: Tamerlanes gregarius inter orientales Scithas miles adeo sui generis homines vi mentis et corporis agilitate superavit, ut brevi dux omnium factus per fidem sibi subiecerit Capadociam, Armeniam, Syriam, Pontum, Bitiniam et omnem quam vocamus Minorem Asiam in potestatem suam redegerit. Decies centena hominum milia in eius castris fuisse proditum est. Nec Xerses nec Darius maioribus copiis (danach gestrichen defuit) prefuit. Verum hic tanti exercitus (danach gestrichen egre) idoneus imperator, illi non satis digni, qui ordines ducerent. Soldanum Egypti bello superatum ultra Nilum repulit, Pazaite Turchorum imperatori magno prelio victo vincula indidit et quasi canem cathena (danach gestrichen liga colliga) vinctum cum cenaret astare et humi que proiicerentur esse iussit eo pro scanno usus, quando equum ascendit. Civitates plurimas diripuit atque delevit. Damascum

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den Exzerpten aus den „Dekaden“ Biondos von der Hand Patrizis229 auf einer 9er-Lage befindet (fol. 29r-46v), die ein anderes Wasserzeichen als der vorausgehende Entwurf zur „Epistola ad Mahumetem“ aufweist230. Piccolomini hat Timur Leng sowohl in der „Europa“231 als auch in der „Asia“232 einen längeren Abschnitt gewidmet; desgleichen taucht er in einer kurzen Passage der „Germania“ auf233; alle drei Stellen zeigen enge Parallelen zu dem Entwurf in Vat. lat. 7082. Kaum zu entscheiden ist, ob man den Entwurf als Vorlage für alle drei Abschnitte über Timur Leng ansehen darf: Dann hätte man als wenigstens ungefähren terminus ante quem die Abfassungszeit der „Germania“, die auf den 1. Februar 1458 datiert ist234, gewonnen. Allerdings erscheint es auch nicht ausgeschlossen, daß der Entwurf erst später, vielleicht im Zuge der Abfassung der „Europa“235 oder gar erst der „Asia“ entstand236, und Piccolomini sich eben ähnlicher Formulierungen bediente, die er in den genannten Werken schon verwendet hatte237. Aus paläographischer Sicht scheint eine Einordnung des Entwurfs vor 1458 unplausibel zu sein, da es sich ohne nobilissimam Syrie urbem primo spoliavit, postea incendit. Smyrneos prorsus evertit. Cafa urbs est Genuensium colonia non procul ab hostio Thanais sita. Hanc Tamerlanes invasurus veritus, ne opidani aurum quo abundare putabantur (danach gestrichen suffoderent) terra suffoderent, Scytas negociatores premisit, qui pretiosissimas pelles minori quam consueverant precio eis venderent, sciens aurum abscondi posse, pelles vero inventu faciles esse (danach gestrichen ad). Ac deinde bello indicto [29v] admotis urbi machinis expugnata civitate et auro et pellibus potitus est. 229 BERTÒLA, Un nuovo codice, S. 15. 230 Das Wasserzeichen, ein Turm, der sich bei Piccard nicht identifizieren läßt – am

nächsten steht ihm PICCARD, Die Turm-Wasserzeichen, I 242 (= BRIQUET 4411: Macerata 1460, Rom 1460-1465 und weitere, spätere Varianten) –, stimmt mit jenem der folgenden Lage überein, die die Entwürfe für die „Asia“ und über die spanische Frühgeschichte enthält, cfr. oben S. 210-211. 231 Europa (ed. VAN HECK), S. 65. 232 PICCOLOMINI, Opera omnia, S. 313. 233 Germania (ed. SCHMIDT), S. 68 (Kap. 30): Neque Turchi, quos hodie miramur, ex

diviti provincia emersere, cum Asiam occuparunt, sed inhospita et pauper Scithia illis patria fuit, unde et formidatissimus ille Thamerlanes erupit, qui nobis puerulis Armeniam, Capadociam, Asiam, Bithyniam, Ciliciam Syriamque vastavit et nobilissimam urbem incendit Damascum. Die Parallelstellen zur „Europa“ auch gedruckt in Europa (ed. VAN HECK), S. 65, jene aus der „Asia“ jedoch unvollständig. 234 Cfr. oben Abschnitt 8.5. 235 Zur Abfassungszeit der Europa (1458) cfr. CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S.

40-41 sowie BALDI, Enea Silvio, S. 643-649. 236 Dafür könnte das Wasserzeichen sprechen, das mit jenem der folgenden Lage, die

einen Entwurf für die „Asia“ enthält, übereinstimmt, cfr. oben S. 210. 237 Zu diesem Problemkreis Europa (ed. VAN HECK), S. 7 und MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck).

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Zweifel um die durch die bekannten Merkmale charakterisierte Altersschrift des Papstes handelt, die uns völlig ausgeprägt erstmals im Konzept für die „Germania“ begegnet; nicht auszuschließen ist allerdings eine Entstehung knapp vor dem Pontifikat, zumal Vat. lat. 7082 auch einige Konzepte enthält, die noch einige Jahre früher einzuordnen sind. Die Schrift ist relativ groß, zeigt aber noch nicht die riesigen Ausmaße mancher späterer Konzepte238. Konsequent offen ist die untere Schlinge des g, auch aus der Kralle des h wird nirgends der nächste Buchstabe entwickelt; die Nasalstriche schweben durchwegs frei über der Zeile; r ist durchgehend, aber nicht übermäßig stark gespalten; d liegt überwiegend in der zweiteiligen Form vor, die nur zum Teil zum Zerfall neigt239; gut gerundet oder wenigstens in einem Zug geschrieben sind meist auch m, n und v/u. Vergleicht man die Schrift mit jener des in Vat. lat. 7082 vorhergehenden Entwurfs für die „Epistola ad Mahumetem“ von Ende 1461, so erscheint sie hier doch feiner, klarer und lesbarer als der Großteil dieses Entwurfs, was allerdings auch auf die verwendete dünnere Feder zurückzuführen sein wird240. Eine Einordnung in die erste Hälfte des Pontifikats (oder vielleicht knapp davor) erscheint auch aus diesem Blickwinkel wahrscheinlich. Am ehesten ähnelt die Schrift dem autographen Teil der „Commentarii“ in Reg. lat. 1995, was ebenfalls mit dem erwähnten zeitlichen Ansatz korrespondieren könnte 241. Praktisch keine chronologischen Anhaltspunkte bietet das Fragment242 eines Exzerpts aus Werken Flavio Biondos243 zur Geschichte Venedigs in Chig. J VII 251 (fol. 243r-254v)244, das Pius im dritten Buch der „Commentarii“ verarbeitete245. Der Sienese behandelt in diesem Buch den Kongreß von Mantua246, doch kann das Exzerpt auch schon 238 Ohne Abbildung. 239 Cfr. fol. 29r Zeile 5 von unten (abundare). 240 Cfr. oben S. 202-203 zu den beiden Briefen des Papstes vom Beginn des Jahres 1461. 241 Cfr. unten S. 218-221. 242 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Daß es sich um ein Frag-

ment handelt, erhellt auch aus dem fol. 254v noch vorhandenen Reklamanten (recusarunt). 243 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Zu Biondo und seinen

„Decades“ DÜCHTING, Biondo; FUBINI, Biondo und zuletzt CLAVUOT, Biondos „Italia Illustrata“, S. 9-16 (jeweils mit weiterer Literatur). 244 Druck: CUGNONI, Opera inedita, S. 166-178. 245 Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 163-173. 246 September 1459 bis Jänner 1460, cfr. PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 63-78 und

zuletzt der opulente Sammelband von CALZONA, FIORE, TENENTI, VASOLI, Il sogno di Pio II mit der weiteren Literatur.

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vor diesem vermeintlichen terminus post quem entstanden sein. Der Text steht auf einer eigenen, sechs Doppelblätter umfassenden Lage; auch aus dem kodikologischen Befund ist also in diesem Fall keine Datierungshilfe zu gewinnen. Das Wasserzeichen247 der Lage entspricht jenem von fol. 240r mit dem Entwurf für den Brief an Ludwig XI., der 1463 anzusetzen ist248. Da die ersten zwölf Bücher der „Commentarii“ zum Jahresende 1463 abgeschlossen waren249, ist eine derart späte Entstehung des Exzerpts aber auszuschließen; ganz unterschiedlich ist auch der Schriftcharakter der beiden Stücke. Piccolomini verwendet im Exzerpt eine breitere Feder, auch ist die Schrift um einiges kleiner als in dem Briefentwurf. Im Gegensatz zu den gleich noch zu erörternden HieronymusExzerpten bleibt das Schriftbild ziemlich konstant und zeigt noch selten Zerfallserscheinungen bei m, n und u/v250, gelegentlich bei b251 und e252; d ist (wie o) häufig noch gut gerundet, kommt aber auch oft in der zweiteiligen Form vor, die allerdings kaum Zerfallserscheingen zeigt. Die Kürzungsstriche weisen zum Teil noch Verbindung mit dem darunterliegenden Buchstaben auf253, aus der Kralle des h, nicht jedoch aus der unteren Schlinge des g, wird in einigen Fällen der nächste Buchstabe herausgezogen254; die Spaltung des r nimmt stark schwankende Ausmaße an. Auffallend sind die schwankende Tintenintensität, die zum Nachziehen der blasseren Teile durch eine spätere Hand führte, und der ziemlich unruhige, zum Teil eckige Schriftzug. Vom allgemeinen Eindruck her ähnelt die Schrift dem auf der folgenden Lage anschließenden Entwurf für die Kreuzzugsrede255, sie erreicht aber nicht jene Ausgeglichenheit und Kompaktheit, die dieses Autograph auszeichnet. Aufgrund der genannten Charakteristika wird man die Biondo-Exzerpte wohl in die (frühere?) päpstliche Periode setzen; eine engere Eingrenzung ist aufgrund des paläographischen Befundes aber kaum möglich. 247 Cfr. oben S. 208 Anm. 185. 248 Cfr. oben S. 208. 249 Cfr. KRAMER, Untersuchungen über die „Commentarii“, S. 72. Buch 12 der „Com-

mentarii“ endet mit den Worten: Haec habuimus, quae ad annum sextum pontificatus sui nondum exactum de rebus eius scriberemus in libros digestis duodecim, quorum ultimus pridie Kalendas Ianuarias finem accepit anno ab incarnato Verbo M-o CCCC-o LXIII-o: Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 618. 250 Cfr. fol. 248r (ABBILDUNG 9i) Zeile 10 (ut) und Zeile 3 von unten (Veneti). 251 Cfr. fol. 248r Zeile 4 (Balduinus). 252 Cfr. fol. 248r Zeile 7 von unten (pacem). 253 Cfr. fol. 248r Zeile 12 (infestabant) und Zeile 7 von unten (pacem). 254 Cfr. fol. 248r Zeile 9 (Hungaros). 255 Cfr. oben S. 206-207.

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Ähnlich verhält es sich mit dem in derselben Handschrift enthaltenen Gedicht an die Jungfrau Maria (fol. 259r)256 und den Exzerpten aus den Hieronymus-Briefen 108 und 66 (fol. 260r-264v), die einen eigenen Ternio umfassen. Dabei ist das Gedicht aufgrund seiner Stellung am Lagenbeginn und der darauf folgenden Rückseite des Blattes, die leer blieb257, wohl etwas früher anzusetzen als das Exzerpt, das bis zur Mitte der letzten Seite der Lage reicht. Die Papiersorte258, die mit jenem des folgenden Binio mit dem Entwurf für die Episode um Johann von Armagnac aus dem Frühjahr 1460259 übereinstimmt, könnte unter Umständen für eine etwa gleichzeitige Entstehung sprechen; auch die Schrift des Hieronymus-Exzerpts ähnelt zumindest anfangs jener auf der folgenden Lage: Jene des Exzerpts ist zwar etwas kleiner, weist jedoch ebenfalls die schwankende Tintenintensität und zum Teil starke Blässe260 auf, sodaß auch hier eine spätere Hand bis fol. 261r viele Buchstaben, zum Teil ganze Worte nachzog. Bis fol. 262v verwendet Piccolomini eine relativ breite Feder; aus g wird selten261, aus der Kralle des h an keiner Stelle der nächste Buchstabe entwickelt, ebensowenig ein Nasalstriche aus dem darunterliegenden Buchstaben; r ist in der Regel nur mittelmäßig gespalten, der Grad der Spaltung zeigt aber eine relativ große Bandbreite262. Der Zerfall in Einzelstriche von m, n und u/v hält sich in Grenzen, ist aber gelegentlich bei o, das dadurch des öfteren kaum von e zu unterscheiden ist263, und d, das überwiegend die zweiteilige Form aufweist264, relativ stark. Auffallend ist das deutliche Überwiegen der vergrößerten Minuskelform, was die N-Versalie angeht265; auch daraus sind aber kaum chronologische Rückschlüsse zu ziehen, da auch in späteren Autographen der päpstlichen Periode wieder Minuskel-N überwiegt 266. Die betreffende Lage der Handschrift ist ein aufschlußreiches Beispiel dafür, wie sich die Schrift Piccolominis in kurzer Zeit stark verändern 256 Druck: Carmina (ed. VAN HECK), Nr. 103 mit Abbildung der Seite auf Tav. 8. 257 Fol. 259v. 258 Das Wasserzeichen, ein von einem Dreiberg getragenes Kreuz, konnte ich mit kei-

nem der bei PICCARD, Wasserzeichen Dreiberg, Teil 1 abgebildeten identifizieren. 259 Cfr. oben S. 188. 260 Cfr. fol. 262r (ABBILDUNG 9j). 261 Cfr. fol. 262r Zeile 7 von unten (gratia). 262 Cfr. fol. 262r Zeile 3 (futuram, gloriam, revelabitur). 263 Cfr. fol. 262r Zeile 6 (mortalitatem). 264 Cfr. fol. 262r Zeile 6 (donec). 265 Cfr. fol. 262r Zeile 13 (nolite, wieder mit deutlichem Zerfall des o). 266 Cfr. oben S. 207.

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kann. Ab fol. 263r, an dessen Beginn der Text mit deutlichem Neuansatz fortgesetzt wird, verwendet der Sienese eine merkbar spitzere Feder, aber auch der Ductus der Schrift ist jetzt viel flüssiger: Die Kürzungsstriche werden zum Teil aus den Buchstaben herausgezogen267 und weisen des öfteren deutliche Schlingen auf268; aus der Kralle des h wird gelegentlich der nächste Buchstabe herausgezogen269; Zerfallserscheinungen sind nur wenige270 zu sehen, d ist zum Teil noch gut gerundet, weist aber auch des öfteren die zweiteilige Form auf; r ist allerdings häufig stark gespalten. Generell stechen die zahlreichen Verdoppelungen und mitgeschriebenen Luftlinien ins Auge, woraus etwa auch Schlingenbildung an der Unterlänge des p271 resultiert. Ein völlig anderes Schriftbild zeigt dagegen das Gedicht an Maria, das kurz vor den Hieronymus-Exzerpten entstanden sein dürfte: Die Schrift ist wieder sehr groß und mit noch dickerer Feder als im Anfangsteil der Exzerpte geschrieben, was zu einem „Zerfließen“ der Buchstaben führt; g und h sind unten konsequent offen, die Kürzungsstriche schweben frei über den Buchstaben und steigen häufig nach rechts an. Zumindest stellenweise ausgeprägt ist der Zerfall von m, n und u/v in Einzelschäfte272, während sowohl d als auch o meist noch gut gerundet sind; überraschend geschlossen ist größtenteils noch das r. Aufallend ist die ausschließliche Verwendung von kapitalem N als Versalie273. Insgesamt würde man diese Seite der Lage wohl kaum als frühesten Text derselben einstufen, wie man auch den zweiten Teil der Hieronymus-Exzerpte chronologisch eher vor den ersten setzen würde. Einmal mehr zeigen diese Autographen, wie die Schrift Piccolominis sich in kürzester Zeit verändern und auch durch die unterschiedliche Strichdicke einen völlig anderen Eindruck vermitteln kann. Am schwierigsten einzuordnen, da weder durch textimmanente noch kodikologische274 Kriterien chronologisch einzuengen, ist die kurze geo-

267 Cfr. fol. 263r (ABBILDUNG 9k) Zeile 1 (mortem). 268 Cfr. fol. 263r Zeile 9 von unten (est). 269 Cfr. fol. 263r Zeile 12 (homines) und Zeile 3 von unten (habetis). 270 Cfr. fol. 263r Zeile 4 von unten (unam). 271 Cfr. fol. 263r Zeile 3 (capud). 272 Cfr. fol. 259r (ohne Abbildung) Zeile 11 (ventos, nivesque). 273 Cfr. fol. 259r Zeile 13 und Zeile 4 von unten. 274 Ich konnte das Wasserzeichen, ein Horn, dessen Aufnahme durch den zum Teil

genau darüberliegenden Stempel der Biblioteca Apostolica Vaticana erschwert wird, mit keinem der bei PICCARD, Wasserzeichen Horn abgebildeten Beispiele identifizieren.

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graphische Notiz Vat. lat. 7082 fol. 100r275. Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß es sich um die Altersschrift des Papstes handelt, wie der plumpe allgemeine Eindruck und die große Schrift lehren. Auffallend ist die extreme Spaltung des r276, andererseits wird aus der unteren Schlinge des g277 und der Kralle des h278 gelegentlich noch der nächste Buchstabe herausgezogen. Der Zerfall der Buchstaben in Einzelschäfte erreicht keine extremen Ausmaße, doch wirken die Rundungen von d279, b oder o zum Teil sehr eckig, was der Schrift auch einen ziemlich kantigen Gesamteindruck verleiht. Diese Kriterien könnten dafür sprechen, daß die Notiz nicht zu sehr gegen das Ende des Pontifikats zu rücken, sondern etwa in dessen Mitte anzusiedeln ist. Sollte die Notiz mit der 1461 entstandenen „Asia“ in Zusammenhang stehen, was ihr Inhalt nahelegen könnte280, würde dies auch für den vorgeschlagenen zeitlichen Ansatz sprechen. Der autographe Abschnitt der „Commentarii“ in Reg. lat. 1995. Die von der bisherigen Forschung vielleicht am eingehendsten untersuchte Handschrift281 mit Werken Piccolominis enthält die 13 Bücher umfassende Version der „Commentarii“282 und ist von insgesamt fünf 275 Ein eingeklebtes Einzelblatt mit sechs Zeilen von Patrizi und zehn von der Hand Piccolominis. 276 Cfr. letzte Zeile (archiepiscopus). 277 Cfr. letzte Zeile (Grecus). 278 Cfr. letzte Zeile (archiepiscopus). 279 Cfr. Zeile 1 (hodie). 280 Kurze Notizen zu kleinasiatischen Ortsnamen. 281 Cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 5 Anm. 11; KRAMER, Untersuchungen über die

„Commentarii“, S. 62-70; Commentarii (ed. VAN HECK), S. 5-9; zur Geschichte der Handschrift und des Textes der „Commentarii“ cfr. auch VAN HECK, Pius Aeneas, S. 94-97, CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 273-275 sowie (vor allem zur Editio princeps) HONEGGER CHIARI, L’edizione del 1584 dei „Commentarii“. Die „Entdeckung“ der Handschrift als „Original“ dieses wohl faszinierendsten Werkes Piccolominis wird in der Regel Ludwig von Pastor zugeschrieben (cfr. CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 272; VAN HECK, Pius Aeneas, S. 96), der im Anhang zum 2. Band seiner Geschichte der Päpste den Fund vermeldete (PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 754-756, Anhang Nr. 65: „Bei einer genauen Durchsicht der letzteren [der vatikanischen Handschriften, Anm.] im März 1883 glaube ich das teilweise von Pius II. eigenhändig geschriebene Original seiner „Denkwürdigkeiten“ in Cod. Regin. 1995 Ms. chart. fol. sec. XV. fol. 595 gefunden zu haben“), doch findet sich ein erster Hinweis schon lange vorher bei DUDÍK, Iter Romanum, S. 264, wie auch PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 756 nachträglich vermerkte; cfr. auch VIAN, Manoscritti, S. 579. 282 Innerhalb kurzer Zeit erschienen zuletzt gleich drei kritische Ausgaben von VAN HECK, TOTARO und BELLUS, BORONKAI; zu den beiden ersten Ausgaben cfr. die treffenden

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Händen geschrieben. Abgesehen von den autographen Passagen Piccolominis konnte als einzige bisher Hand A, die mit 520 Blättern den Großteil des Textes verantwortet283, identifiziert werden: Hans Kramer gelang es, sie als jene von Agostino Patrizi zu erweisen284. Pius selbst schrieb die Folia 35r-61r (der Rest der Lage blieb leer)285, zwei Lagen286, die sich durch das Wasserzeichen vom Rest der Handschrift abheben287 und eine eigene kodikologische Einheit bilden. Inhaltlich umfaßt die Passage288 die Schilderung der Reichstage von Regensburg289, Frankfurt und Wiener Neustadt, die Rückkehr Piccolominis nach Italien sowie die folgenden Ereignisse bis zum Ende des ersten Buchs mit dem Konklave 1458, womit ein terminus post quem für die Anlage dieses Teils der Handschrift gegeben ist. Daß Buch 2 und 3 der „Commentarii“ (mit der Reise nach Mantua und dem dortigen Kongreß) gleich nach dem Ende des Kongresses (Jänner 1460) verfaßt wurden, wie Kramer ohne weitere Belege behauptete290, ist nicht erwiesen und wurde von Ceserani vehement

Bemerkungen bei IJSEWIJN, Rezension. Im Erscheinen begriffen ist außerdem eine auf mehrere Bände angelegte zweisprachige Ausgabe von MESERVE und SIMONETTA. 283 Reg. lat. 1995 fol. I-XII, 1r/v, 69r-348v, 367r-595v, dazu noch Korrekturen in anderen Teilen der Handschrift; cfr. KRAMER, Untersuchungen über die „Commentarii“, S. 62-65. 284 Daneben schreiben Hand B (fol. 1r-10v), Hand C (fol. 11r-33v) sowie Hand D (349r366v), cfr. KRAMER, Untersuchungen über die „Commentarii“, S. 62-64. 285 Dies erkannte schon PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 755. 286 Ein Quaternio (und nicht Quinio, wie KRAMER, Untersuchungen über die „Commen-

tarii“, S. 63 angibt; fol. 35-42) und eine Elfer-Lage (fol. 43-64), leer blieben fol. 61v-64v. 287 Cfr. MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck). Allerdings weist der autographe Teil nicht nur die Schere als Wasserzeichen auf; zwei Blätter (fol. 37/38) am Beginn zeigen einen Dreiberg. 288 Fol. 52r enthält – ebenfalls autograph – das Autoepitaph des Sienesen (Abbildung: Commentarii (ed. VAN HECK), Tab. 11) und fällt so aus dem eigentlichen Text heraus. Das Epitaph nennt nicht Paul II., wie Kramer irrig angibt, der offenbar die Junktur paulum siste viator iter mißverstand (cfr. PETERSOHN, Erstausgaben, S. 319); seine Verwunderung (KRAMER, Untersuchungen über die „Commentarii“, S. 63: „ein langes Gedicht in einer Schrift geschrieben, deren Ähnlichkeit mit der Schrift Pius’ auf den ersten Blick überrascht“) ist unbegründet, da es sich tatsächlich um ein Autograph handelt, cfr. BERNETTI, Ricerche e problemi, S. 42-43 (mit Druck des Epitaphs), der auf die antike Tradition solcher Autoepitaphe hinweist, sowie PETERSOHN, Erstausgaben, S. 319. Wir wissen aus zeitgenössischen Quellen, daß Piccolomini in der Tat eigene Grabinschriften konzipierte (cfr. AVESANI, Epaeneticorum libri, S. 86-87), wie das zu dieser Zeit durchaus üblich war, cfr. KAJANTO, Poggio Bracciolini and Classical Epigraphy, S. 36 (zu Poggios Autoepitaph). 289 Schon PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 755 hat festgehalten, daß der autographe

Teil bezeichnenderweise mit dem Verlust Konstantinopels einsetzt, cfr. Commentarii (ed. S. 80 (I, 26).

VAN HECK),

290 Cfr. KRAMER, Untersuchungen über die „Commentarii“, S. 71.

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bestritten291, der ebenso wie Bernetti für eine Abfassung des gesamten Werkes zwischen dem Frühjahr beziehungsweise Sommer 1462 und Ende 1463 sowie gegen eine der Chronologie des heute vorliegenden Werkes folgende Anlage durch Pius eintritt292; doch müßte auch diese These noch näher untersucht werden. Auch wenn es sich, was bereits Pastor registrierte, im Gegensatz zu den ersten 33 Blättern der Handschrift, die eine Reinschrift eines Konzepts darstellen, beim autographen Teil um ein Konzept handelt, wie aus den zahlreichen Streichungen und Korrekturen hervorgeht293, ist somit eine frühere Datierung als von Bernetti und Ceserani vorgeschlagen nicht gesichert, aber auch nicht ausgeschlossen; eine engere Eingrenzung scheint allerdings auch durch den paläographischen Befund kaum möglich zu sein, vielmehr zeigt sich wieder die Schwierigkeit einer chronologischen Einordnung für Autographa aus der Zeit des Pontifikats: Vom Schriftbild her gleicht das Stück zu Beginn wohl am ehesten dem Entwurf zu Timur Leng in Vat. lat. 7082, der grosso modo in die Zeit des frühen Pontifikats (oder knapp davor) zu setzen ist294: Die Schrift Piccolominis ist hier zwar plumper als in den Briefen der Kardinalatszeit, aber nicht übermäßig groß, die Federdicke mittelmäßig, in einigen Passagen auch sehr dünn295, sodaß frappante Parallelen zu den oben analysierten, oft sehr späten Stücken296 bestehen, die vor allem durch ihre Filettierung ins Auge stechen297; andererseits schwankt in anderen Passagen die Tintenintensität erheblich298. Generell sind sehr oft Neuansätze sichtbar, was auf eine Abfassung über einen längeren Zeitraum schließen lassen könnte; die Einzelformen beziehungsweise der Schriftzug bleiben aber ziemlich konstant: Die Schrift wirkt noch relativ rund, aus g wird nie, aus h nur selten der nächste Buchstabe herausgezogen; r ist deutlicher als im Timur-LengEntwurf, aber noch nicht bis ins Extrem gespalten, die Nasalstriche 291 CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 278; cfr. auch CESERANI, Note sull’attività, S.

107. 292 BERNETTI, Ricerche e problemi, S. 32; CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 277. 293 PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 755; cfr. auch KRAMER, Untersuchungen über die

„Commentarii“, S. 71. 294 Cfr. oben. 295 Etwa nach dem Neuansatz fol. 36v, cfr. auch Commentarii (ed. VAN HECK), Tab. 4

(fol. 57r). 296 Aber auch zu den beiden Entwürfen über Zypern (insbesondere zum ersten) in Vat.

lat. 7082, die etwa in dieselbe Zeit fallen dürften, cfr. oben. Das könnte durchaus für eine Datierung ins Jahr 1462 oder 1463 sprechen. 297 Cfr. oben S. 208. 298 Etwa fol. 45r/v.

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9. DIE LETZTEN JAHRE – DER PONTIFIKAT (1458-1464)

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schweben fast durchwegs frei über der Zeile; Zerfallserscheinungen in die Einzelstriche bei m, n und u/v299 ebenso wie bei b300, o und d, das überwiegend die zweiteilige Form aufweist, sind stellenweise festzumachen, jedoch noch nicht übermäßig ausgeprägt. Letzteres gilt im übrigen auch für vier autographe Zeilen301, die Pius am Beginn des dritten Buches der „Commentarii“302 in den laufenden Text von der Hand Patrizis fol. 117r eingefügt hat303. Sollte der Papst hier das Schreiben des Textes seinem Sekretär aufgrund heftiger Gichtbeschwerden überlassen haben, ist davon in diesen vier Zeilen kaum etwas zu merken: Die Schrift unterscheidet sich praktisch nicht von der langen autographen Passage im ersten Buch, ist ebenso mit relativ dünner Feder geschrieben, vielleicht die Spur eckiger und weniger kursiv gehalten. Was die autographen Marginalien Piccolominis in der Handschrift betrifft, so sei schon an dieser Stelle auf die im nächsten Kapitel folgenden allgemeinen Bemerkungen verwiesen. Die Korrekturen Piccolominis in seiner typischen Altersschrift verteilen sich – wie seine Randmarkierungen und Zeigehände – unregelmäßig304 über große Teile der Handschrift305; allerdings sind sie am Beginn besonders häufig und nehmen gegen Ende stark ab: Die erste und eine der ausführlichsten findet sich schon fol. 2r306, die letzte dürfte fol. 496r vorliegen307. Eine auch nur annähernde chronologische Einordnung wird durch das schon angesprochene Schwanken der Schrift und den meist geringen Umfang der Marginalien praktisch unmöglich gemacht; allerdings könnte der zum Teil stark einsetzende Zerfall der Schrift darauf hindeuten, daß die Korrekturen um einiges später als der längere eigenhändige Abschnitt von Buch 1 erfolgten, was für die späteren Bücher ohnehin anzunehmen ist. 299 Cfr. fol. 35r (ABBILDUNG 9l) Zeile 8 von unten (vulgus). 300 Cfr. etwa fol. 35r Zeile 5 von unten (abolere). 301 Verum defendendè religionis propositum, quoad vires vitaque suppetant, nunquam de-

seremus, nec durum putabimus, si res petierit pro nostris ovibus animam ponere, cfr. Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 1, S. 138. 302 Es handelt sich um die Rede des Papstes am Beginn des Kongresses von Mantua; als terminus post quem ist damit der 29. September 1459 gegeben. 303 Abbildung: Commentarii (ed. VAN HECK), Tab. 6. 304 Cfr. KRAMER, Untersuchungen über die „Commentarii“, S. 69. Keine autographen

Marginalien weist etwa der von Hand C geschriebene Abschnitt (fol. 11r-33v) auf. 305 Vieles nicht ausgewiesen in Commentarii (ed. VAN HECK); cfr. die Bemerkungen von PETERSOHN, Erstausgaben, S. 319. 306 Cfr. Commentarii (ed. BELLUS, BORONKAI) 2, S. 15-16. 307 Reg. lat. 1995 fol. 496r (per mortem filii eius).

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10.

DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN Bevor die autographen Marginalien Piccolominis analysiert werden können, muß hier zunächst die überaus verwickelte Geschichte der Piccolomini-Bibliothek in den Blick genommen werden. Nach dem Tode Pius’ II. ging seine Bibliothek1 nicht, wie noch Hans Kramer annahm2, auf die beiden Neffen Giacomo und Francesco sowie an Agostino Patrizi über; vielmehr scheinen gewichtige Indizien darauf hinzudeuten3, daß alle vier überlebenden Söhne (Andrea, Antonio, Francesco und Giacomo)4 Laudomias, der Schwester von Eneas Silvius, den Bücherbesitz des Humanisten5 unter sich aufteilten, während jene Bände aus der Piccolomini-Bibliothek, die sich, wie aus dem Eignervermerk erhellt, im Besitz Agostino Patrizis befanden, eine spätere Schenkung der Erben6 darstellen dürften7. Francesco Todeschini-Piccolomini, der noch in seinem Testament in rührender Weise der Verdienste seines Onkels um seine eigene Erziehung gedachte8, initiierte in Siena9 mit der Libreria Picco1 Zu den von Pius während seines Pontifikats engagierten Kopisten und Buchmalern cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 314-325 sowie RUYSSCHAERT, Miniaturistes. 2 KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 61. 3 Cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 81. 4 Zu ihnen UGURGIERI DELLA BERARDENGA, Pio II, S. 504-545; die Rolle Giacomos und Andreas in der Sieneser Politik in der zweiten Hälfte des Quattrocento wurde jüngst auch eingehend behandelt von JENKENS, Pius II’s Nephews. 5 Zu den vom Papst für die Anschaffung von Büchern und entsprechenden Materialien ausgegebenen Summen cfr. CASANOVA, Un anno della vita privata, S. 23-26 sowie MÄRTL, Wie schreibt ein Papst Geschichte? (im Druck), Anm. 17. 6 Es handelt sich dabei fast durchwegs um schmucklose Exemplare und/oder um Texte, von denen schöne Reinschriften existieren, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 37 und unten etwa zu Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J V 172 und J VI 208 (jeweils mit autographen Marginalien des Eneas). 7 Patrizi wiederum vermachte bei seinem Tode 1495 Francesco Todeschini-Piccolomini

sämtliche griechischen sowie hundert lateinische Handschriften seiner Büchersammlung, die dann das Schicksal der Bibliothek Francescos teilten, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 33. So gelangten zumindest einige der zum Teil mit autographen Marginalien des Eneas versehenen (cfr. unten zu Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J V 172 oder Chig. H VII 219) Codices wieder an die Familie Piccolomini zurück. 8 Cfr. STRNAD, Francesco Todeschini-Piccolomini, S. 326. 9 Möglicherweise angeregt vom Beispiel Sixtus’ IV. im Vatikan, cfr. AVESANI, Per la bi-

blioteca, S. 33.

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10. DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN

223

lomini10, welche die Bibliothek der Familie aufnehmen sollte11, jenes Monument, das noch heute am eindringlichsten vom Ruhm seines Onkels kündet. Er starb jedoch, nun selbst Papst, 1503 noch vor der Vollendung der Fresken durch Pinturicchio. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings nur ein Teil der Bücher der von Francesco durch zahlreiche Akquisitionen12 vermehrten Bibliothek in Siena angekommen; der Rest der Büchersammlung befand sich noch im Palazzo Piccolomini in Rom, den Francesco ab etwa 1460 errichtet und 1476 seinen Brüdern Giacomo und Andrea mit Vorbehalt des Wohnrechts überlassen hatte13. Nun teilt sich die Geschichte der Bibliothek. Der in Siena liegende Teil erlitt schon früh schwere Verluste14, ehe der Sienese Fabio Chigi (später Alexander VII.) etwa 200 Handschriften für seine Familienbibliothek erwarb15, die er schon als junger Mann in Siena aufzubauen begonnen hatte. Die von den Erben noch vermehrte Chigi-Bibliothek wurde 1918 vom italienischen Staat gekauft und 1922 als Fondo Chigi der Biblioteca Vaticana eingegliedert16, in die letztlich auch jene Bestände, die im Palazzo Piccolomini zurückgeblieben waren, gelangten. Als Costanza Piccolomini 1582 den Palazzo den Theatinern mit der Auflage übertrug, an dieser Stelle einen Konvent und eine dem Patron Amalfis, Andreas, geweihte Kirche (S. Andrea della Valle) zu errichten17, überließ sie dem Orden 10 Der Beginn des Bauprojekts dürfte 1495 anzusetzen sein, cfr. ROETTGEN, Wandmalerei der Frührenaissance II, S. 296 (mit gutem Überblick zur Geschichte und Gestaltung der Libreria Piccolomini); ausführlicher zur Libreria und mit guten Abbildungen SETTIS, TORACCA, La Libreria Piccolomini, jeweils mit weiterer Literatur. 11 Nicht nur die eigenen Werke des Eneas, wie MÜNTZ, FABRE, La bibliothèque, S. 121 angeben, die schon von PICCOLOMINI, De codicibus, S. 3 Anm. 1 widerlegt wurden; cfr. auch KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 62. 12 So gelangten etwa Handschriften aus dem Nachlaß der Kardinäle Giovanni Andrea Bussi (gest. 1475) und Marco Barbo (gest. 1491) sowie, wie oben schon erwähnt, aus jenem von Agostino Patrizi (gest. 1495) in die Bibliothek Francescos, cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 343-348. 13 AVESANI, Per la biblioteca, S. 33. 14 Daraus resultiert die Diaspora der Handschriften Piccolominis in unzählige Biblio-

theken Europas. Cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 371-385. 15 Cfr. die Verzeichnisse bei CUGNONI, Opera inedita, S. 17-22. Keineswegs erwarb Fa-

bio Chigi aber sämtliche damals in Siena befindlichen Handschriften der Piccolomini-Bibliothek, cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 375-376. Der letzte Rest der dortigen Bestände gelangte in der Folge in die Biblioteca Comunale in Siena, cfr. CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 275. 16 AVESANI, Per la biblioteca, S. 34-35; BIGNAMI ODIER, La bibliothèque vaticane, S. 140

und 150, dort auch weitere Literatur zur Bibliothek Fabio Chigis. 17 Cfr. STRNAD, Piccolomini, S. 424. Zu S. Andrea della Valle cfr. zuletzt VIAN, Manoscritti, S. 583-587 mit der weiteren Literatur in Anm. 22.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

auch die im Palazzo befindlichen Bücher, die zwischen dem Konvent von S. Silvestro al Quirinale und S. Andrea della Valle aufgeteilt wurden. Während die Theatiner die letzteren Bestände 1696 an die Vaticana verkauften18, gelangten die Handschriften von S. Silvestro an den sienesischen Professor an der Sapienza in Rom, Francesco Tolomei, von dessen Erben sie 1705 an die Vaticana verkauft wurden. Beide Bestände wurden dem Fondo der Königin Christine von Schweden eingegliedert 19. In die Piccolomini-Bibliothek nach Siena kamen hingegen Codices aus dem Besitz Giacomos, die am Allianzwappen Piccolomini-KastilienAragón und dem damit verbundenen Eintrag IA. PIC. DE CASTELLIA ARAGONIAQUE EX BENEFICENTIA POSUIT erkennbar sind20, während zumindest einige Handschriften, die Andrea, dem oben schon genannten Neffen des Eneas, gehörten, in die Bibliothek des Zweigs der Piccolomini von Amalfi gelangten21, der von Antonio Piccolomini22, dem vierten der erwähnten Neffen und Erben der Bibliothek des Eneas, begründet worden war23. Auch diese Bibliothek gelangte durch die Schenkung Costanzas, die als Nachfahre von Innico dei Piccolomini die Erbin des sienesischen Zweigs der Familie als auch jenes der Herzöge von Amalfi war24, an die Theatiner und in der Folge in die Biblioteca Vaticana25. Vor allem die in dem nach Siena verbrachten Teil der Bibliothek eingetretenen Verluste führten dazu, daß heute die Handschriften der Piccolomini-Bibliothek in den verschiedensten Bibliotheken und Hand18 Die Theatiner behielten neben theologischen, hagiographischen und anderen Handschriften ähnlichen Inhalts des 16. und 17. Jahrhunderts auch einige wenige Codices aus dem Altbestand der Bibliothek. Dieser Bestand gelangte 1873 über verschiedene Zwischenstationen in die Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II di Roma, cfr. VIAN, Manoscritti, S. 589-590. 19 AVESANI, Per la biblioteca, S. 34; VIAN, Manoscritti, S. 578. 20 Vage bis widersprüchlich sind die Angaben der Sekundärliteratur über die Anzahl

dieser Handschriften, cfr. PICCOLOMINI, De codicibus, S. 4 („non paucos“) und AVESANI, Per la biblioteca („i suoi libri“), S. 81 Anm. 18; unbestimmt auch STRNAD, Studia piccolomineana, S. 370-371. 21 Wohl durch die Heirat von Innico dei Piccolomini, Herzog von Amalfi, mit Silvia Piccolomini, einer Nachfahrin von Andrea, cfr. VIAN, Manoscritti, S. 579 mit Anm. 8 sowie AVESANI, Per la biblioteca, S. 80. 22 Er war trotz seines nicht immer lobenswerten Lebenswandels der Lieblingsneffe des Papstes, cfr. WASNER, Piccolominibriefe, S. 201. 23 PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 98; STRNAD, Piccolomini, S. 424. 24 Cfr. VIAN, Manoscritti, S. 583; zu Costanza UGURGIERI DELLA BERARDENGA, Pio II, S.

532-534. 25 AVESANI, Per la biblioteca, S. 79 mit der weiteren Literatur; cfr. auch VIAN, Manoscritti, S. 579 mit Anm. 8 und CESERANI, Rassegna bibliografica, S. 274-275.

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10. DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN

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schriftensammlungen der Welt zu finden sind und man trotz der vorhandenen Studien, die sich mit der Piccolomini-Bibliothek selbst oder mit jener Agostino Patrizis beschäftigt haben26, von einer auch nur annähernd vollständigen Erfassung der Handschriften noch weit entfernt ist27. Aus diesen Gründen mußte sich die vorliegende Studie darauf beschränken, Hinweise der Sekundärliteratur auf autographe Randglossen zu sammeln und zu überprüfen; außerdem wurden jene Handschriften, die in der Sekundärliteratur28 als einst zur Bibliothek des Sienesen gehörig erwiesen worden waren, soweit eine Überprüfung ohne größeren Zeitaufwand möglich war, durchgesehen29; dabei ergaben sich allerdings 26 Zu nennen sind PICCOLOMINI, De codicibus; AVESANI, Per la biblioteca; STRNAD, Studia piccolomineana sowie mit Abstrichen MARUCCHI, Stemmi. Die von STRNAD, Studia piccolomineana, S. 295 (Sternnote) angekündigte große Studie zum Thema ist nie erschienen. 27 STRNAD, Studia piccolomineana, S. 348 schätzt den Umfang der Bibliothek Francescos auf etwa jenen der Bibliothek Bessarions (1468: 746 Handschriften). 28 Also im wesentlichen die bei PICCOLOMINI, De codicibus, S. 10-16 genannten Handschriften; dazu STRNAD, Studia piccolomineana, passim und MARUCCHI, Stemmi [keine autographen Marginalien enthalten sind in den dort zitierten Handschriften Nr. 22 (Chig. H V 155, wahrscheinlich nicht für Pius, sondern für Goro Lolli angelegt, cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 348 und RUYSSCHAERT, Miniaturistes, S. 263), 24 (Chig. H VII 214, nicht VI 214, wie Marucchi angibt), 33 (Chig. H VIII 259), 35 (Chig. J VI 233), 38 (Chig. L VI 205), 88 (Reg. lat. 1955), 89 (Reg. lat. 1988, aber möglicherweise für Francesco angelegt), 118 (Vat. lat. 1816), 124 (Vat. lat. 2060). Nicht in Frage kommen aufgrund ihrer Entstehungszeit oder ihrer Anlage für Francesco Todeschini-Piccolomini die Nummern 2 (Barb. lat. 63), 5 (Barb. lat. 88), 21 (Chig. H IV 128), 30 (Chig. H VIII 249), 36 (Chig. J VIII 276) und 117 (Vat. lat. 1813)]. 29 Nicht gesehen habe ich Oxford, Bodleian Library, Digby 130, 135, 141, 224 und 231 (cfr. MITCHELL, The Laurels, S. 186) und die bei PICCOLOMINI, De codicibus, S. 12 genannten Handschriften Madrid, Escorial cod. graec. 45 (R III 11, Werke des Lukian; es ist allerdings fraglich, ob die Notiz Alfonsus Castellonius D. D. ex bibliotheca Piccolomini cardinalis Senensis tatsächlich auf Eneas zu beziehen ist, der des Griechischen nicht mächtig war, cfr. CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 69; zur Handschrift auch STRNAD, Studia piccolomineana, S. 377 Anm. 276), Turin, Biblioteca Nazionale, E III 8 (cfr. CARTA, CIPOLLA, FRATI, Monumenta palaeographica, S. 48 mit Abbildung der Titelseite Tab. LXXXII); Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, ms. lat. oct. 159 (olim Philipps 25052, cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 377 Anm. 275). Wohl für Francesco (cfr. MANDARINI, I codici manoscritti, S. 340) angelegt wurde Neapel, Bibliotheca Oratoriana 220 (heute Biblioteca Governativa dei Gerolamini, cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 377 Anm. 274 mit der Richtigstellung der Signatur). Die von PICCOLOMINI, De codicibus, S. 11 angeführten Handschriften der Biblioteca comunale in Siena enthalten keine autographen Marginalien. Wie schon STRNAD, Studia piccolomineana, S. 384 Anm. 298 gezeigt hat, gehörten von den bei Piccolomini genannten Handschriften der Biblioteca comunale in Siena nur ms. F V 3, G III 11, G VI 1, I VIII 40, K V 2, K V 28, K VI 46, K VI 63, L III 6, X II 1 und X V 4 zur Piccolomini-Bibliothek; daß G III 11 autographe Randglossen enthält, wie STRNAD, Studia piccolomineana, S. 313 will, trifft wohl nicht zu (zu weiteren irrigen Zuweisungen Strnads cfr.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

keine Neufunde, was eigenhändige Einträge des Eneas betrifft; vielmehr mußten einige Angaben über bisher in der Literatur für ihn reklamierte Zeugnisse korrigiert werden. Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J VI 208 30 Die 440 Seiten31 umfassende Papierhandschrift enthält 177 Briefe von und an Piccolomini von der Hand eines einzigen Schreibers, der wohl ein ihm vorliegendes Kopialbuch mit Korrekturen des Sienesen kopierte32. Das späteste der Schreiben datiert aus dem Jahr 144633, womit ein etwa unten S. 246 Anm. 164 und 165). Dieses großformatige Missale, das durch einen Schreibervermerk fol. 7v auf 1456 datiert ist (Istud missale fecit scribere reverendissimus in Christo pater et dominus dominus Eneas de Piccolominibus cardinalis Senensis anno Domini M°CCCC°LVI) zeigt auf derselben Seite das Piccolomini-Wappen unter dem Kardinalshut, wurde also noch zu Zeiten des Kardinalats für den Sienesen angelegt und enthält Glossen von mehreren Händen, die zum Teil schwer einzuschätzen sind, weil sie sich der Schrift des Haupttextes anzupassen versuchen. Der Hand Piccolominis kommt vom allgemeinen Eindruck her nur eine einzige Randergänzung (fol. 210r: et fugiant qui oderunt eum a facie eius) nahe, deren Einzelformen (vor allem r in der 2er-Form, das der Sienese zu dieser Zeit schon lang nicht mehr verwendet) jedoch gegen diesen Befund sprechen; auch hier könnte allerdings Einfluß der gotischen Buchschrift des Haupttextes vorliegen. Von den drei bei PICCOLOMINI, De codicibus, S. 11 genannten, in der Biblioteca Civica von Triest liegenden Codices Rossettiani weisen nach Ausweis der Sekundärliteratur die Signaturen XII (heute Ms. Picc. II 25, cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 48-58; kein Hinweis auf autographe Marginalien bei AVESANI, Epaeneticorum libri, S. 17 und passim) und XVII (heute Ms. Picc. II 4, erst nach dem Tod des Eneas entstanden, cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 23-25) keine autographen Marginalien auf; Rossettianus VI (heute Ms. Picc. II 3), der das Wappen Pius’ II. und „correzioni e richiami in margine e interlineari“ enthält, dürfte nie in den Besitz des Papstes gelangt sein, cfr. ZEMBRINO, Manoscritti Piccolominei, S. 2123 mit weiterer Literatur. Schon von WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 364 und später von STRNAD, Studia piccolomineana, S. 376 Anm. 270 widerlegt wurde die Angabe „autographi“ (PICCOLOMINI, De codicibus, S. 12) für die Handschriften Plut 90 sup. 44 und Gadd. XLVIII (cfr. auch oben S. 13 Anm. 30) in der Laurenziana in Florenz, die nicht zur Piccolomini-Bibliothek gehörten. Während des zweiten Weltkriegs verlorengegangen ist der bei PICCOLOMINI, De codicibus, S. 12 genannte cod. 32 der Rubiconia Accademia dei Filopatridi in Savignano, wie schon STRNAD, Studia piccolomineana, S. 376 Anm. 273 festgestellt hat (cfr. dort auch seine Angaben zur Signatur des Codex (33) und die Richtigstellung der irrigen Ortsbezeichnung bei KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 63). 30 Zur Handschrift cfr. WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XIV-XXIII; AVESANI, Per la biblioteca, S. 59-60 und WEINIG, Aeneam suscipite, S. 84-85. 31 Der Codex, der sich einst im Besitz Agostino Patrizis befand, wie der Vermerk A. Patricii episcopi Pientini pag. 1 lehrt, ist als einziger der hier behandelten paginiert. 32 WOLKAN, Briefwechsel I,1 (FRA II/61), S. XIV. 33 Der problematische, von WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 39 Anm. 1 in den

März 1446 gesetzte Brief vom 31. Dezember 1446 (pag. 413-420) ist, wie GENZSCH, Die Anlage der ältesten Sammlung, S. 441 gezeigt hat, an Nikolaus Kreul aus Wartenberg gerichtet

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10. DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN

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terminus post quem für die Anlage der Handschrift gegeben ist. Von der Hand Piccolominis stammen der Titel der Handschrift (Incipiunt epystole seculares Enee Silvii de Picolominibus Senensis serenissimi domini Friderici Romanorum regis secretarii) sowie zahlreiche Korrekturen am Rand34, die, wie schon Wolkan gesehen hat, zwei Redaktionsstufen zuzuordnen sind, deren erste Wolkan aufgrund einer Marginalie zu Tomaso Parentucelli ins Jahr 1447 datieren zu können glaubte35: Eneas vermerkte am Rand von pag. 209: Tomas qui nunc 1447 est papa Nicolaus V factus cardinalis 1446. Allerdings sind sowohl 1447 als auch factus cardinalis 1446 mit blasserer Tinte geschrieben, also wohl nachträglich dazugekommen; überdies scheinen sie, soweit die Blässe dieser Worte eine Analyse überhaupt zuläßt, nicht von Piccolominis Hand zu stammen. Somit dürfte Wolkans Einordnung dieser ersten Redaktionsphase, der auch die schon erwähnte Überschrift der Handschrift, wie aus allgemeinem Eindruck und Tinte erhellt, zuzuordnen ist, etwas zu modifizieren sein. Piccolomini bedient sich sowohl in der Überschrift36 als auch in den Glossen einer sehr kleinen, feinen, relativ gehobenen Schrift, die man nur schwer eindeutig der humanistischen Kursive oder Minuskel zuordnen kann und der wir in ähnlicher Form in den gehobeneren Anfangspassagen des Kommentars über das Baseler Konzil in Vat. lat. 3887 (Frühjahr 1451)37, im Exzerpt aus dem „Liber certarum historiarum“ Johanns von Viktring oder stellenweise im Wiener Briefcodex cvp. 3389 begegnet sind, die alle aus der ersten Hälfte der 1450er Jahre stammen. Etwa in diesen Zeitraum wird man auch die Überschrift und die Glossen der ersten Redaktionsphase in Chig. J VI 208 setzen. Eine unter Umständen mögliche frühere Einordnung, etwa in die ausgehenden 1440er Jahre, wie sie Wolkan ventiliert hat, wird auch dadurch erschwert, daß wir aus dieser Zeit generell kaum autographe Zeugnisse Piccolominis besitzen, aber überhaupt keine vergleichbaren in dieser (cfr. auch STRNAD, Der Mann, S. 260-262 und oben Abschnitt 6.1 zu clm. 12725) und auf den 31. Dezember 1445 zu datieren (zum Thema des Briefs und dessen literarischer Tradition cfr. BRAUNGART, De Remedio Amoris, S. 19-23 und passim); damit stammt das späteste in der Handschrift enthaltene Schreiben (WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 6) aus dem März 1446. 34 So schon CUGNONI, Opera inedita, S. 13 („hac illac auctoris manu correctiones, liturae, additiones“). 35 WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 356-357; ihm folgt auch WEINIG, Aeneam

suscipite, S. 85. 36 Hier noch mehr betont durch das kompliziertere g und ausschließlich verwendetes gerades d; dagegen steht durchwegs rundes Schluß-s. 37 Cfr. oben Abschnitt 8.1.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

gehobeneren Schrift. Die zwei Zeilen umfassende Überschrift pag. 1, die unter den autographen Notizen in Chig. J VI 208 den größten Umfang besitzt, zeigt nicht nur vom allgemeinen Eindruck und der Größe der Schrift her engste Verwandtschaft mit den ersten Seiten von Vat. lat. 3887; auch die verwendeten Einzelformen – konsequent gerades d und rundes Schluß-s (dieses in 6er-Form oder auch unten offen), etwas komplizierteres, unten offenes g – könnten eine Einordnung der Rubrik und damit auch der in derselben Schrift, aber manchmal mit etwas stärkerem Zug zur Kursivierung geschriebenen Marginalien in unmittelbarer zeitlicher Nähe des genannten Textes, also etwa am Beginn der 1450er Jahre, nahelegen. Wenig zu merken ist jedenfalls in Chig. J VI 208 vom Zerfall von m, n und u in Einzelschäfte, der sich etwa im Fragment des „Liber certarum historiarum“ Johanns von Viktring in Vat. lat. 7082 schon anzudeuten scheint. Da dieses Fragment wohl aus der Mitte der 1450er Jahre stammt38, dürften die Überschrift und die Marginalien in Chig. J VI 208 in jedem Falle etwas früher entstanden sein. Aus der Formulierung der Rubrik könnten ein terminus post quem sowie ein terminus ante quem zu gewinnen sein, die etwa mit dem paläographischen Befund übereinstimmen: So legt der für Friedrich gebrauchte Titel Romanorum regis die Entstehung des Eintrags vor der Kaiserkrönung Friedrichs im März 1452 nahe39, während die Bezeichnung der Briefe als epystole seculares nur dann Sinn ergibt40, wenn der Verfasser schon Bischof41 oder wenigstens Priester42 war, womit die Rubrik und die Margi38 Cfr. oben Abschnitt 8.4. 39 Nachträglich sehe ich, daß Gerda Koller in einem maschinenschriftlichen Entwurf

„Beiträge zur Kritik der Briefe des Enea Silvio de’ Piccolomini“ mit beinahe denselben Argumenten ebenfalls gegen Wolkans Frühdatierung der Glossen eintritt, da ihrer Meinung nach die Handschrift überhaupt erst 1452/53 angelegt worden sei. Allerdings dürfte die angesprochene Bezeichnung Friedrichs (Romanorum regis) zumindest eine Anlage vor März 1452 nahelegen, bezeichnet doch Eneas Friedrich III. etwa in der „Historia Austrialis“ konsequent als Caesar oder Imperator, während rex für Alfons von Neapel und Ladislaus Postumus reserviert bleibt. Koller hält die oben besprochenen Zusätze mit blasserer Tinte für autograph, was nicht mit ihrer Datierung der Handschrift in Einklang gebracht werden könnte: Archiv der ÖAW, Aeneas Silvio I, Mappe 3, 7. 40 Tatsächlich hat Piccolomini in seinem Brief an Kardinal Zbigniew Olesnicki vom 16. Juli 1450 bereits zwei Briefsammlungen geschieden, cfr. WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. 161: Duo sunt epistolarum volumina, alterum secularium, alterum pontificalium. Seculares sunt littere, quas ante pontificatum mihi delatum conscripsi; quicquid postea scriptum est, ex pontificio nomen habet. Cum redii ex Tergesto, comperi alterum volumen absolutum secularium litterarum. Hoc correxi dignationique tue mox transmitterem, si bajulus esset fidus. 41 Cfr. die vorhergehende Anmerkung. Dem Kapitel von Triest meldete Piccolomini am 20. Mai 1447 seine Ernennung zum Bischof durch Nikolaus V. vom 19. April 1447: WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 15 (die Ernennungskurkunde ebendort Nr. 13).

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10. DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN

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nalien der ersten Redaktionsstufe zwischen frühestens der zweiten Hälfte 1447 und spätestens März 1452 eingetragen worden sein dürften. Kein Zweifel kann dagegen über die Datierung der zweiten Redaktionsphase bestehen, die sich auch durch die blassere Tinte deutlich von den früheren Korrekturen abhebt: Es handelt sich eindeutig um die Altersschrift des Sienesen, die zum Teil mit sehr dicker Feder geschrieben ist und auch die bekannten Zerfallserscheinungen bis ins Extrem zeigt43; somit ist sie wohl erst in die päpstliche Periode, mit Sicherheit nicht vor 1458 zu setzen. Innerhalb dieser Redaktionsstufe sind zahlreiche Schattierungen in der Schrift der einzelnen Korrekturen festzustellen44, die für eine Redaktion über einen längeren Zeitraum sprechen, aber auch die innerhalb kurzer Zeiträume sehr stark schwankende Schrift45 der päpstlichen Periode widerspiegeln könnten. Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 9437 46 Die schmucklose Papierhandschrift enthält auf 140 beschriebenen Blättern die „Gesta Friderici“ Ottos von Freising beziehungsweise Rahewins von einer wohl deutschen Hand etwa der 1440er oder 1450er Jahre47. Wie aus dem Eignervermerk fol. 139v erhellt48, war die Handschrift nach dem Tode Piccolominis im Besitz seiner Neffen Giacomo und Andrea; sie gelangte schließlich mit den Büchern von Andrea Molza in die Biblioteca Apostolica Vaticana, deren Präfekt Molza gewesen war49. Neben Marginalien einer deutschen und einer italienischen Hand 42 4. März 1447, cfr. MERCATI, La data, S. 364-365. 43 Cfr. den Zerfall von n und u pag. 110 oder 47. 44 Cfr. etwa die mit viel dünnerer Feder geschriebene Marginalie pag. 14 (dimitte). 45 Cfr. oben Abschnitt 9 passim. 46 Genaue Beschreibung der Handschrift bei AVESANI, Un codice, S. 161-162. Ihm kommt das Verdienst zu, die Handschrift als jene identifiziert zu haben, die Waitz irrig unter der Signatur Vat. lat. 8095 anführte, cfr. Gesta (ed. WAITZ, SIMSON), S. XXXIII. Es handelt sich um die dort unter der Sigle B1 firmierende Handschrift. Zur Handschrift zuletzt auch DEUTINGER, Rahewin, S. 42 (mit Einordnung in die Überlieferung). 47 Auch die Wasserzeichen der Handschrift stimmen mit diesem Befund überein, cfr. AVESANI, Un codice, S. 162. 48 Questo libro e di misser Jacomo et di misser Andrea Piccolomini, lu quale hanno pre-

stato a lo reverendissimo cardinale loro quisto dì V. di Ottobre 1464 (durch Francesco verbessert zu 1474), et he quinterni quattordici et carte 141, et henne facto ricord al libro memoriale di decto misser Jacomo. Rechts davon notierte Francesco Piccolomini-Todeschini: Reso per me F car. di Siena a di XXVII Novemb. 1476. 49 Cfr. AVESANI, Un codice, S. 165.

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finden sich ab fol. 11v solche Piccolominis, deren allgemeinen Eindruck schon Avesani als „aspetto del periodo della virilità: non è più piccola e non ancora grande come sarà nella vecchiaia“ einstufte50. Tatsächlich ist die Schrift Piccolominis noch relativ klein und kompakt, weist aber nicht mehr jene Eleganz und Feinheit auf, die ihr in den (früheren) 1440er Jahren noch eigen war; r ist nur stellenweise gespalten; aus der unteren Schlinge des g und der Kralle des h wird noch des öfteren der nächste Buchstabe herausgezogen; o und d sind großteils noch gut gerundet, wenngleich auch die zweiteilige Form des d vertreten ist; Zerfallserscheinungen zeigen sich noch kaum51. Mit einiger Sicherheit sind die Randglossen somit in die erste Hälfte oder Mitte der 1450er Jahre zu setzen52, was auch mit der Verwendung der „Gesta“ durch Eneas gut zusammenpassen würde: Bisher konnte deren Benützung im Opus des Sienesen nicht vor der 3. Redaktion53 der „Historia Austrialis“ nachgewiesen werden54, die der Sienese erst nach seiner Rückkehr nach Italien im Mai 1455 abfaßte55. Jedenfalls handelt es sich bei Vat. lat. 9437 mit Sicherheit um eine der wenigen Handschriften, die sich aus dem Besitz Piccolominis vor der päpstlichen Periode bisher nachweisen ließen oder überhaupt erhalten haben56. Stiftsbibliothek Melk, ms. 1799 (olim A 36 und N 13) 57 Zu den wenigen Exemplaren dieser Gruppe gehört wohl auch der erste Teil dieser Papierhandschrift, die ein Konvolut von vor allem (kir-

50 AVESANI, Un codice, S. 163. 51 Cfr. fol. 106v. 52 An einigen Stellen scheint die Schrift der Marginalien leicht veränderten Ductus und

auch mehr Zerfallserscheinungen in die Einzelschäfte zu zeigen (cfr. fol. 56v oben); ob dies auf die Tagesverfassung oder eine spätere Glossierungsphase zurückzuführen ist, läßt sich anhand der wenigen Beispiele nicht klären. 53 Zur Rezeption der „Gesta“ in der „Historia Austrialis“ WAGENDORFER, Studien, S. 104-118. 54 Cfr. SCHÜRMANN, Rezeption, S. 23. 55 Cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 93. 56 Piccolominis Bibliothek dürfte auch durch die traditionelle Plünderung seines Pala-

stes nach dem Konklave stark reduziert worden sein, cfr. AVESANI, Un codice, S. 166. ELZE, Sic transit, S. 8 Anm. 25 hat darauf hingewiesen, daß in diesem Fall der Rückkauf einiger spoliierter Gegenstände bezeugt ist. 57 Zur Handschrift cfr. STAUFER, Catalogus III, S. 1080-1085 sowie HOLZER, Die geschichtlichen Handschriften, S. 34-37.

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chen-) historischen Texten58, die von verschiedenen Händen geschrieben und erst später59 in dieser Form zusammengebunden wurden, umfaßt60. Sie enthält fol. 2r-45r den an Ladislaus61 gerichteten und in Briefform gefaßten Erziehungstraktat Piccolominis aus dem Jahr 145062, der zahlreiche Marginalien von der Hand des Sienesen aufweist63, die noch kaum Spuren des Zerfalls der Altersschrift zeigen und wohl kaum nach der Mitte der 1450er Jahre entstanden sein können. Zwar scheint das Explicit des Textes fol. 45r64 darauf hinzudeuten, daß der Text erst im Pontifikat Piccolominis angelegt wurde, doch weisen neben dem paläographischen Befund der autographen Marginalien auch die Wasserzeichen dieses Teils der Handschrift65 sowie sachliche Gründe eindeutig auf eine Entstehung zwischen 1450 und 1455: So ist es kaum vorstellbar, daß Piccolomini noch während seines Pontifikats einen so lange Zeit zurückliegenden Text wie seinen Erziehungstraktat glossierte, wo er doch offensichtlich nicht einmal Zeit fand, seine „Historia Austrialis“ fertigzustellen66; überdies ist es auch wahrscheinlicher, daß die Hand58 Darunter etwa die Kreuzzugsbulle Pius’ II., cfr. HOLZER, Die geschichtlichen Handschriften, S. 35. 59 Der (Melker) Einband dürfte etwa in das dritte Viertel oder die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zu setzen sein, wie mir freundlicherweise Frau Dr. Christine Glaßner (Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien) mitteilt. 60 Dies geht auch aus den Wasserzeichen hervor. Die Wasserzeichen des ersten, den Erziehungstraktat Piccolominis umfassenden Teils stehen in keinem Zusammenhang mit denjenigen in der übrigen Handschrift. 61 Erst jüngst wurde von PAUSCH, Imperator, S. 71 darauf hingewiesen, daß die Melker Stiftsbibliothek auffallend viele „Ladislaica“ besitzt, cfr. auch LHOTSKY, Quellenkunde, S. 356-357. 62 Gedruckt u. a. bei WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), Nr. 40 und zuletzt bei KALLENDORF, Humanist Educational Treatises, S. 126-259. 63 Ein Hinweis schon bei WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S. XIII-XIIII und 103; cfr. auch LHOTSKY, Quellenkunde, S. 396 (mit weiteren Informationen zum Traktat). 64 Explicit tractatus domini Enee episcopi Tergestini post Pii pape propria manu eius con-

scriptus ad dive memorie dominum Ladislaum tunc infantem Hungarie ac Bohemie regem ducem Austrie et Stirie etc. Der Haupttext selbst stammt nicht von der Hand Piccolominis; auch dieser Irrtum des Rubrikators könnte auf einen späteren Eintrag der Rubriken schließen lassen. 65 So etwa ein Ochsenkopf, der dem Typ PICCARD, Ochsenkopf-Wasserzeichen 3, XIII

441 (1452-1455) entspricht, dazu kommen noch WZMA AT5000-409_11 (um 1450) und AT5000-RB25/1_204 (um 1450-1452). Für die Aufnahme und Bestimmung der Wasserzeichen bin ich Frau Dr. Maria Stieglecker (Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien) zu Dank verpflichtet. 66 Cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 95.

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schrift beim endgültigen Abschied Piccolominis vom Kaiserhof im Mai 1455 in Österreich zurückblieb; andernfalls müßte man annehmen, daß sie nach seinem Tod von Italien wieder nach Melk gelangte. Da die Hand des Explicit sicher nicht den Haupttext schrieb67, jedoch mit jener der Rubriken im Text selbst identisch zu sein scheint, ist wohl für die gesamte Rubrizierung der Handschrift ein späteres Datum als für die Anlage des Textes anzunehmen. Dafür könnte auch sprechen, daß die Rubriken fast durchgehend nur den ersten Satz des jeweiligen Kapitels aufnehmen, also eine Erfassung des gesamten Inhalts vermissen lassen, und daß der Text im Explicit fälschlicherweise als Autograph Piccolominis (propria manu conscriptus) bezeichnet wird – ein Irrtum, der einem Rubrikator, der in die tatsächliche Entstehung des Textes eingebunden war, wohl kaum unterlaufen wäre. Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, ms. lat. oct. 6 68 Zu den wenigen bekannten Codices aus dem Besitz des Sienesen vor dem Pontifikat gehört auch diese, in der Piccolomini-Forschung noch nicht rezipierte Pergamenthandschrift69, die nach den in humanistischer Minuskel geschriebenen „Epigrammata“ Martials in zwölf Büchern, dem „Liber spectaculorum“ (unvollständig) sowie den „Xenia“ und „Apophoreta“ desselben Autors70 auf dem leeren Blatt 183r ein von anderer Hand in humanistischer Kursive eingetragenes Gedicht mit der Überschrift Aeneae episcopi Senensis enthält71. Schlug Rose noch sehr vorsichtig eine Identifizierung mit der Hand Piccolominis vor72, so kann bei einem Vergleich mit etwa gleichzeitigen Schriftproben kein Zweifel darin bestehen, daß sowohl die Marginalien zum Martial-Text als auch das Gedicht am Ende des Codex von der Hand des Sienesen stammen. Der Inhalt der Verse selbst läßt keine Datierung des Textes zu, doch ergibt sich

67 HOLZER, Die geschichtlichen Handschriften, S. 34 zur Schlußrubrik: „Von anderer Hand geschr.“ 68 Zur Handschrift ROSE, Verzeichniss, S. 1308-1309. 69 Ein Hinweis auf die von ROSE, Verzeichniss, S. 1309 geäußerte Vermutung, es handle

sich vielleicht um das Martial-Handexemplar Piccolominis, bei HAUSMANN, Enea Silvio Piccolomini „Poeta“, S. 459-460. 70 Cfr. ROSE, Verzeichniss, S. 1308-1309. 71 Druck: Carmina (ed. VAN HECK), S. 193 (Nr. 119). 72 ROSE, Verzeichniss, S. 1309: „…dennoch ist die Übereinstimmung nicht unmöglich.“

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aus der Überschrift73, daß sie nach der Ernennung Piccolominis zum Bischof von Siena (23. September 1450) und vor seiner Kreation zum Kardinal (18. Dezember 1456) eingetragen wurden, womit auch der paläographische Befund übereinstimmt: Es liegt die voll ausgeprägte Form der Kursive des Sienesen vor; ihrer sorgfältigen Ausführung und dem doch relativ gehobenen Niveau der Schrift entspricht die Betonung der humanistischen Elemente. So verwendet Piccolomini neben seiner typischen ct-Ligatur hier ausschließlich &-Ligatur und gerades d; einzig rundes Schluß-s überwiegt gegenüber der geraden Form deutlich. Auffallend ist neben der sonst seltenen Verwendung der &-Ligatur im Wort die Gestaltung des g: Neben einer einfachen, unten offenen Variante gegen Ende des Textes, die sich durch die eckige Gestaltung des Unterteils ebenfalls leicht von der üblicherweise verwendeten Form unterscheidet, begegnet vor allem am Beginn des Textes mehrmals hakenförmiges g, das wir sonst vor allem in Originalbriefen gehobeneren Schriftniveaus beobachten können und das wie im autographen Gedicht in clm. 12725 gelegentlich zu einer „verkrüppelten“ Form tendiert. Eine genauere chronologische Einordnung innerhalb der oben angegebenen Zeitspanne ist aufgrund des relativ gehobenen Charakters der Schrift schwierig. Zwar werden die Kürzungsstriche nie aus dem darunterliegenden Buchstaben herausgezogen, auch lassen g und h die aus dem Mitschreiben der Luftlinie resultierende Verbindung zum folgenden Buchstaben vermissen, doch liegt das auch an der bewußt „gesetzteren“ Gestaltung des Abschnitts. Demgegenüber sind die Bögen der Kurzschäfte in m/n/u/v noch sehr gut gerundet und lassen nur gelegentlich Zerfallserscheinungen ahnen; auch Verdoppelungen an den Langschäften durch Mitschreiben der Luftlinien beziehungsweise Schlingenbildung oder zumindest deutliche Ansätze von links sind fast durchgehend zu beobachten. Dies würde eher nicht für eine Spätdatierung des Eintrags sprechen, was nicht unbedingt im Widerspruch zur zweifellos italienischen Herkunft der Handschrift stehen muß. Zwar würde diese einen Erwerb durch Piccolomini nach dessen endgültiger Rückkehr nach Italien im Mai 1455 nahelegen, doch könnte er den Codex auch schon früher bei einer seiner zahlreichen Gesandtschaften oder auf anderem Wege erworben haben74. 73 Bemerkenswert ist die vom üblichen Usus Piccolominis (Eneas) abweichende, klassische Orthographie Aeneae, die nicht nur auf das gehobene literarische Genos (ein ähnlicher Fall in Chig. H IV 135, cfr. oben Abschnitt 6) zurückzuführen, sondern unter Umständen auch vom vorangehenden Martial-Text beeinflußt sein könnte. Dort wird zumindest gelegentlich ae und e-caudata verwendet. Im Gedicht selbst begegnet allerdings kein ae mehr. 74 Mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen kann man, daß Piccolomini diese Handschrift schon zu seiner Studentenzeit erwarb, als er – möglicherweise durch Vermittlung

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Auch ist nicht unbedingt ausgemacht, daß die Marginalien75 zum Martial-Text von der Hand des Sienesen etwa gleichzeitig mit dem Eintrag des Gedichts am Ende der Handschrift entstanden sind. Ihre chronologische Einordnung ist noch schwieriger als jene der Verse, da die Schrift hier großteils gesetzter ist und stark in Richtung humanistische Minuskel tendiert; aufgrund des zum Teil stark schwankenden Niveaus scheinen auch mehrere Phasen der Glossierung denkbar76. Aufgrund des allgemeinen Eindrucks der Marginalien und der Tatsache, daß zweifellos die voll ausgeprägte Form der Humanistica Piccolominis vorliegt77, wird man mit einer Datierung in die 1450er Jahre wohl kaum fehlgehen78. Bemerkenswert ist jedenfalls die Tatsache, daß sich die Randbemerkungen nicht nur auf Hervorhebung von Eigennamen oder anderer wichtiger Stellen im Text oder auf kurze sachliche Kommentare dazu beschränken, wie das sonst bei Piccolomini üblich ist, sondern auch alter-

Antonio Beccadellis – Martial kennengelernt haben dürfte (cfr. HAUSMANN, Enea Silvio Piccolomini „Poeta“, S. 459). Zwar ist die Kenntnis Martials (zu dessen Rezeption in den Gedichten Piccolominis cfr. HAUSMANN, Enea Silvio Piccolomini „Poeta“, S. 454-461; dort auch der Hinweis auf die Übersendung eines Martial-Textes an Ianus Pannonius, der Eneas darum gebeten hatte, wozu vor allem MARIOTTI, La corrispondenza zu konsultieren ist) schon in mehreren Gedichten der „Cynthia“ nachweisbar – cfr. Carmina (ed. VAN HECK), S. 228 –, eine derart schön ausgeführte Pergamenthandschrift aber war für Piccolomini damals und noch lange Zeit später mit Sicherheit nicht erschwinglich. Die Tatsache, daß das untere Ende von fol. 1 abgeschnitten ist, könnte darauf hindeuten, daß sich dort einst das Wappen des Besitzers befand (cfr. ROSE, Verzeichniss, S. 1308); doch ist durch den Verlust nicht mehr feststellbar, ob es sich um das später entfernte Piccolomini-Wappen oder um ein anderes handelte, das einen Hinweis auf einen früheren Besitzer oder den Auftraggeber der Handschrift hätte liefern können. 75 Sie setzen fol. 1v ein und werden ab fol. 37r fast schlagartig weniger. Die letzte Marginalie von Piccolominis Hand (sieht man von zwei Varianten ab, die er zu seinem eigenhändig geschriebenen Gedicht nach dem Ende des Martial-Textes notierte) befindet sich auf fol. 96v (die vereinzelt danach noch auftauchenden Randanmerkungen stammen von anderer Hand). 76 Dafür spricht auch die schwankende Strichdicke. Mir stand nur eine Mikrofilmaufnahme der Handschrift zur Verfügung; somit konnte ich nicht feststellen, ob eventuell auch unterschiedliche Tintenfarbe festzumachen ist. 77 Es überwiegt humanistische &-Ligatur gegenüber der tironischen Kürzung sowie die gerade Minuskel-Variante des d; Schluß-s liegt sowohl in langer als auch runder Form vor; eliminiert sind auslautendes m in der 3er-Form sowie gotisches rundes r; auffallend ist, daß öfter als sonst bei der Kombination ct keine Ligatur vorliegt, während die Ligatur von Piccolomini in seiner ausgeprägten Humanistica im Regelfall mit nur wenigen Ausnahmen verwendet wird. 78 Zum Teil scheint der Zerfall von m/n/u/v in Einzelschäfte stärker zu sein als im Ge-

dicht des Sienesen am Ende der Handschrift, doch kann dies bis zu einem gewissen Grad auch auf den insgesamt gesetzteren Charakter der Glossen zurückzuführen sein.

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native Lesarten zum Text angeboten werden79. Dies dürfte auf eine Kollation oder zumindest einen stellenweisen Vergleich mit einer anderen Überlieferung hindeuten. Wann und auf welchem Wege die Handschrift nach Berlin kam, liegt im dunkeln: Aus einem nur noch zum Teil sichtbaren, weil abgeschabten Vermerk am Ende der Handschrift scheint hervorzugehen80, daß sich der Codex in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch in Siena befand. Er könnte somit zu jenen Beständen gehören, die von Pius III. noch in seine Heimatstadt verbracht, dann aber (vielleicht noch vor der Erwerbung des größten Teils der Piccolomini-Bibliothek durch Fabio Chigi) in alle Winde zerstreut worden waren. Laut Auskunft der Berliner Staatsbibliothek ist über die Erwerbung der Handschrift nicht mehr bekannt, als daß sie vor 1840 in die Bibliothek gelangt ist. Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III, ms. V G 9 (anc. 32) 81 Das aus der Bibliothek der Farnese stammende, von mehreren Händen geschriebene Konvolut82 von Texten Piccolominis, seines Umkreises und anderen humanistischen Werken83 enthält fol. 117v-146v eine Vorstufe zur 3. Redaktion der „Historia Austrialis“ in Form einer „provisorischen Reinschrift“84 des Anfangsteils dieser Redaktion, die durch kleine79 So etwa fol. 32r, wo Eneas zu percutit im Text am Rande alias percussum notierte. 80 Der schon zur Zeit Roses nur mehr teilweise lesbare Vermerk (cfr. ROSE, Verzeich-

niss, S. 1308: (Pr)estatomi (a.....)o(e) Cubechi In siena nel 63 il 23 marzo, mit der Bemerkung Roses: „Schrift XVI./XVII. Jhs.“) ist heute so unleserlich, daß von seiten der Berliner Staatsbibliothek auf eine Reproduktion im mir zugesandten Mikrofilm abgesehen wurde. Wie mir Frau Dr. Renate Schipke nach einer Überprüfung mit Hilfe der Quarzlampe freundlicherweise mitteilt, stammt der Eintrag ihrer Meinung nach vermutlich vom Anfang des 17. Jahrhunderts, was sich allerdings mit dem angegebenen Datum nicht vereinbaren ließe. Jedenfalls scheint somit eine Datierung in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts, die Rose für möglich hielt, ausgeschlossen zu sein. Die Wiedergabe des Vermerks durch Rose ist laut Frau Dr. Schipke im wesentlichen zutreffend, soweit sich dies heute noch erkennen läßt. 81 Zur Handschrift FOSSIER, Palais Farnèse, S. 280-281 und WAGENDORFER, Studien, S.

53. 82 Der Einband stammt erst aus dem 17. Jahrhundert, die Handschrift dürfte aber mit

jener im Inventar der Bibliothek der Farnese von 1567 unter Dion de regno. Austriaca historia Pii pontificis et alia genannten identisch sein. 83 „De regno“ des Dion Chrysostomos in der Übersetzung von Publius Gregorius Tifer-

nas; die „Germania“ und die „Europa“ Piccolominis, Briefe seines Neffen Francesco und weitere humanistische Texte. 84 Zu diesem Begriff cfr. WAGENDORFER, Studien, S. 55.

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re autographe Zusätze und Korrekturen Piccolominis in jene Form gebracht wurde, wie sie heute in den Prunkhandschriften85 der Biblioteca Apostolica Vaticana als zwar unvollendete, aber letztgültige Version vorliegt. Da diese in den in der päpstlichen Periode angelegten beiden Prunkhandschriften als Werk des Kardinals Eneas Silvius bezeichnet wird, mußte sie in dieser Form schon vor der Papstwahl Piccolominis vorgelegen haben. Die 3. Redaktion entstand aber erst nach dem endgültigen Abschied des Sienesen aus Österreich im Mai 1455 in Italien – die entsprechenden Autographa zeigen auch schon deutliche Ansätze der Merkmale der Altersschrift86 –, somit sind die autographen Marginalien der Handschrift zwischen die zweite Jahreshälfte 1455 und die Papstwahl im August 1458 zu setzen und, berücksichtigt man auch noch die benötigte Zeit für das Anlegen der provisorischen Reinschrift, wohl eher gegen Ende dieser Periode einzuordnen. Aus der paläographischen Analyse ist eine engere Eingrenzung kaum zu gewinnen, da auch in diesem Fall die einzelnen Marginalien eine relativ starke Varianzbreite aufweisen: Würde man den autographen Zusatz fol. 131r in jedem Fall als typische Altersschrift einstufen87 und wohl kaum vor 1458 ansetzen, zeigen die vorangehenden Marginalien88 flüssigeren Ductus, sind auch kleiner und weisen nur bedingt die einschlägigen Merkmale auf89. Da kaum anzunehmen ist, daß sich die Korrektur eines verhältnismäßig kurzen Textabschnitts über längere Zeit hinzog, wird man auch hier unterschiedliche Tagesverfassung in Rechnung stellen. Erschwert wird die Analyse der Schrift auch dadurch, daß ihr Niveau erneut etwas gehobener ist und man von einer Kursive im eigentlichen Sinn – die Buchstaben sind nur zum Teil untereinander verbunden – kaum sprechen kann.

85 Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J VII 248 und J VIII 283. 86 Cfr. oben Abschnitt 8, KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S.

24-25 und WAGENDORFER, Studien, S. 20. 87 Die Buchstaben sind relativ groß, die Zunge des auslautenden e ist extrem ausgeprägt, der Zerfall in Einzelschäfte (hier sogar bei h) deutlich sichtbar; die verwendete spitze Feder führt zu dem schon bekannten Eindruck der Filettierung. 88 Etwa fol. 117v, 118r, 119r. 89 Teilweiser Zerfall in Einzelschäfte, gelegentlich stark gespaltenes r und verlängerte

Zunge bei Schluß-e.

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Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J V 172 90 Die schmucklose, 68 Blätter umfassende Pergamenthandschrift enthält den in Briefform gefaßten „In libros Antonii Panormitae de dictis et factis Alphonsi regis memorabilibus commentarius“ Piccolominis91, der auf den 22. April 1456 datiert ist92; damit ist auch ein terminus post quem für die Glossen zum Text gegeben. Daß die Handschrift das Papstwappen Piccolominis nicht aufweist, könnte auf eine Anlage vor dem Beginn des Pontifikats schließen lassen. Zeigehände und Randmarkierungen Piccolominis sind bei weitem häufiger als die Glossen selbst, die nach einer vereinzelt stehenden Marginalie fol. 2v erst ab fol. 16v dichter werden. Im Gegensatz zur Livius-Handschrift93 handelt es sich fast durchwegs um Korrekturen des Textes, die aufgrund ihres geringen Umfangs eine chronologische Einordnung noch schwieriger machen. Zum Teil finden sich die Korrekturen auch im Text selbst auf Rasur94 und sind dann noch schwerer einzustufen, da sie sich der humanistischen Minuskel des Haupttextes anzupassen versuchen. Insgesamt zeigt der Großteil der Marginalien weniger Charakteristika der Altersschrift95, als das etwa in Reg. lat. 1945 der Fall ist, was für eine Datierung vor den Beginn des Pontifikats sprechen könnte. Allerdings sind in dieser Handschrift mit Sicherheit zumindest zwei Phasen von Glossierung zu scheiden: Fast alle Marginalien sind mit derselben sehr blassen Tinte geschrieben96, die auch die Zeigehände und die Randmarkierungen auf-

90 Zur Handschrift AVESANI, Per la biblioteca, S. 37; cfr. auch STRNAD, Studia piccolomineana, S. 355 sowie KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 66. Sie stammt aus dem Besitz Agostino Patrizis, wie der Eignervermerk A. episcopi Pientini auf der Rückseite des ersten foliierten Blattes lehrt. 91 So der Titel in der Handschrift für die ergänzenden Bemerkungen des Sienesen zum Werk Antonio Beccadellis. Druck: PICCOLOMINI, Opera omnia, S. 472-499; cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 656 und zuletzt TATEO, Pio II e l’aneddotica. 92 Cfr. WORSTBROCK, Piccolomini, S. 656; in Chig. J V 172 fol. 68r (Ex Neapoli X Kln. Maias anno ab incarnatione Salvatoris Christi M°CCCCLVI). 93 Cfr. unten S. 239-240. 94 Etwa fol. 35r (amoverint). 95 So läßt sich trotz des wenig kursiven Charakters der Randnoten kaum Zerfall in die Einzelschäfte beobachten, o und d sind meist gut gerundet, letzteres selten in der zweiteiligen Form geschrieben; r ist kaum gespalten; e zeigt am Wortende zum Teil allerdings eine ausgeprägte verlängerte Zunge. 96 Cfr. etwa fol. 57v.

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weisen; dagegen hebt sich ein mit feinerer Feder und sehr klein geschriebener Eintrag auf fol. 58r auch durch dunklere Tinte ab97. Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1878 98 Die Pergamenthandschrift, die auf 29 gezählten Folia den Brief von Zbigniew Olesnicki an Piccolomini vom 10. September 145399 sowie das Schreiben des Sienesen an den Kardinal von Krakau vom 26. Oktober desselben Jahres enthält100, zeigt zwar fol. 1r am unteren Blattrand das von der Tiara gekrönte Piccolomini-Wappen101, doch könnte dieses auch nachträglich eingefügt worden sein, worauf eventuell die leichte Schieflage des Wappens und der in der übrigen Handschrift mit Ausnahme der Anfangsinitiale auf derselben Seite fehlende Schmuck deuten könnten. Tatsächlich scheinen auch die autographen, fast durchwegs Stichwörter aus dem Text wiedergebenden Glossen, die mit einer Ausnahme102 ebenso wie die Zeigehände und Randmarkierungen Piccolominis nur neben dem Text des zweiten Briefs zu finden sind, eher für eine Anlage der Handschrift noch vor dem Pontifikat zu sprechen. Ähnlich wie jene der eben behandelten Handschrift Chig. J V 172 zeigen sie noch kaum Erscheinungen der Altersschrift103. Zwar sind g und h unten konsequent offen104, Zerfallserscheinungen bei m, n und u manchmal merkbar, die Marginalien sind aber sehr klein und mit feiner Feder geschrieben und weisen noch kontrollierten Ductus auf; r zeigt nur ganz selten größere Spaltung; o und b sind ebenso wie rundes d sehr sorgfältig gerundet; gerades d überwiegt, während die hybride Form nur ganz selten vorkommt. Allerdings wird der allgemeine Eindruck möglicherweise auch 97 Außerdem taucht hier im Gegensatz zu den übrigen Marginalien auch die hybride Gestalt des d auf. 98 Cfr. PICCOLOMINI, De codicibus, S. 10 sowie DUDÍK, Iter Romanum, S. 260-261 (Nr. 54; dort eine genaue Beschreibung der Handschrift und des Textinhalts mit dem bezeichnenden Urteil „Der Styl herrlich“, aber ohne Hinweis auf die Marginalien). 99 Fol. 1r-7v. Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 137. 100 Fol. 8r-29v. Druck: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 177. 101 Daneben die beiden Stempel der Theatiner-Bibliothek von San Silvestro. Zum Pic-

colomini-Wappen cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 314 mit der dort angegebenen Literatur. 102 Fol. 5r. 103 Cfr. fol. 17r. 104 An einer Stelle (fol. 13r) erscheint sogar, wohl vom Haupttext in humanistischer

Minuskel beeinflußt, ein komplizierteres g.

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von dem gelegentlich etwas gehobeneren Niveau der Schrift, das sich in den nach rechts umgeknickten Enden der Kurzschäfte und einer etwas gebauteren Form des r äußert, verfälscht. Insgesamt wird man die Schrift, soweit dies trotz des geringen Umfangs der Einträge möglich ist, dennoch wohl etwa in die Zeit der Glossen von Reg. lat. 1945, wenn nicht sogar etwas früher, setzen. Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1945 105 Die herrliche Prunkhandschrift aus Pergament106 mit dem von der Tiara gekrönten Piccolomini-Wappen107 am unteren Rand von fol. 1r enthält die erste Dekade des Livius; die Handschrift wurde also während des Pontifikats des Sienesen angelegt. Diesem Befund entsprechen auch die Randglossen in der typischen Altersschrift, die sich ab fol. 1v ebenso wie die Randmarkierungen Piccolominis in großer Anzahl finden. Es handelt sich fast immer um im Text vorkommende Eigennamen oder Stichworte, die am Rand notiert wurden. Die Schrift ist vor allem auf den ersten Blättern relativ groß, die Tintenintensität schwankt; r ist häufig stark gespalten108; e zeigt am Wortende eine etwas plumpe, oft nach oben aufgebogene verlängerte Zunge; der Zerfall der Buchstaben in Einzelschäfte ist großteils sehr stark; o wird dem e zum Teil enorm ähnlich109, d häufig in der hybriden Form geschrieben110. Auffallend ist die sonst bei Piccolomini ganz selten111 belegte Auftreten von e-caudata112, die aber durch den Haupttext beeinflußt sein könnte, der sich häufig (allerdings nicht in diesem Fall) dieses Buchstabens bedient. Fol. 7r resultiert aus der nun verwendeten dünneren Feder der oben schon analysierte „filettierte“ Eindruck; ab fol. 8r zeigt die jetzt sehr feine Schrift kaum Merkmale der Alterserscheinungen, die erst wieder fol. 9v bis fol. 15v merkbar werden. Nach einer Unterbrechung finden sich Glossen erst wieder ab fol. 35r, ehe sie nach fol. 42r ganz verschwinden. Möglicher105 Zur Handschrift MARUCCHI, Stemmi, S. 70-71 (Nr. 87, dort auch zu dem fol. 2r eingeklebten Pergamentstreifen); cfr. auch PICCOLOMINI, De codicibus, S. 10. 106 229 gezählte Folia. 107 Rechts und unten die beiden Stempel der Theatiner-Bibliothek San Silvestro. 108 Fol. 3r (Tiber) (ABBILDUNG 10a). 109 Fol. 3r (corpore). 110 Fol. 3r (defuncti). 111 Cfr. oben Abschnitt 6. 112 Etwa fol. 2v (Ènee).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

weise ist das stark unterschiedliche Schriftbild der Marginalien auch auf mehrere Glossierungsphasen zurückzuführen. Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 2051 113 Diese Prunkhandschrift aus Pergament114 enthält Buch 11 bis 17115 der „Geographie“ Strabos in der Übersetzung von Gregorius Tifernas116, wurde von Iacopo da Fabriano ausgestattet117 und bietet von allen Handschriften die zahlreichsten Marginalien Piccolominis118. Das Kolophon am Ende des Codex119 nennt den Schreiber und das Datum der Anlage der Handschrift120: Antonius de Sartiano scripsit die XXVIII Ianuarii anno Domini M°CCCC°LX°I°. Somit ist ein terminus post quem für die Randanmerkungen des Papstes gegeben. Wie Casella zeigen konnte, handelt es sich dabei vor allem um Ergebnisse der Kollation des Textes mit der Strabo-Übersetzung Guarinos in Reg. lat. 1989 für die „Asia“ Piccolominis121, die dieser wohl im Sommer 1461 begann122, womit möglicherweise auch ein terminus ante quem für die Marginalien gegeben ist. Allerdings geht aus der Untersuchung Casellas nicht hervor, ob ein Teil der Glossen nicht auch später hinzugekommen sein könnte, zumal einige Indizien darauf hindeuten, daß Pius noch während der Abfassung der „Asia“ die beiden Übersetzungen weiterhin miteinander ver-

113 Beschreibung der Handschrift bei NOGARA, Codices Vaticani Latini, S. 431. 114 248 gezählte Folia. Eine Abbildung der Titelseite mit dem von der Tiara gekrönten

Piccolomini-Wappen bei RUYSSCHAERT, Miniaturistes, Abb. 5. 115 Die 1456 entstandene Tifernas-Übersetzung umfaßt nur diese Bücher, cfr. VOLLMANN,

Aeneas Silvius Piccolomini as a Historiographer, S. 48, CASELLA, Pio II e gli Straboni latini, S. 63 sowie SABBADINI, La traduzione guariniana, S. 8.

116 Piccolomini hat dieser Version in seiner „Asia“, für welche die „Geographie“ Strabos eine der Hauptquellen darstellt, den Vorzug gegenüber der Guarino-Übersetzung gegeben; dennoch ist fraglich, ob er gerade diese Handschrift für die ebenfalls 1461 entstandene „Asia“ benutzt hat oder den Text nicht schon vorher kannte. Zu diesem Problem cfr. CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 98-99. 117 RUYSSCHAERT, Miniaturistes, S. 248-249. 118 Schon gesehen von CASELLA, Pio II e gli Straboni latini, S. 64-65, der rund 150 auto-

graphe Anmerkungen zählt. 119 Fol. 248r. 120 Cfr. RUYSSCHAERT, Miniaturistes, S. 254 mit Anm. 50 und STRNAD, Studia piccolo-

mineana, S. 321 mit Anm. 108. 121 CASELLA, Pio II e gli Straboni latini, S. 66-67. 122 CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 44.

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10. DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN

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glich, ohne daß sich das in den Marginalien widerspiegelt123, mithin eine kontinuierliche Beschäftigung mit den beiden Texten angenommen werden darf. In jedem Fall handelt es sich um die typische Humanistenkursive des Papstes, die insbesondere gegen Ende des Textes ganz ausgeprägt die Merkmale der Altersschrift zeigt, aber auch ein schönes Beispiel für das Schwanken der Schrift und die Abhängigkeit des allgemeinen Eindrucks von der Breite der Feder in der päpstlichen Periode des Sienesen darstellt. Die auf einzelnen Seiten stark differierende Strichdicke der Schrift könnte auch auf mehrere Phasen der Glossierung hindeuten. Sehr breite Feder, die das typische Aussehen der Altersschrift des Papstes bewirkt, läßt sich besonders im Mittelteil der Handschrift feststellen124; dagegen ist in der zweiten Hälfte des Codex125 die Schrift großteils kontrollierter, weniger von den bekannten Zerfallserscheinungen geprägt und wirkt (nicht zuletzt auch durch die hier verwendete dünnere Feder) zarter und eleganter, wenngleich das eckige, zittrige Aussehen der Schrift die späte Entstehungszeit nicht verleugnen kann. Der Großteil der Marginalien nimmt quasi eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Extremen ein: Er ist ebenfalls mit etwas dünnerer Feder geschrieben, zeigt aber durch die Zerfallserscheinungen und den eckigen, zerfahrenen Schriftzug deutliche Merkmale der Altersschrift 126. Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 2050 127 Die Pergamenthandschrift enthält auf 288 numerierten Folia die ersten zehn Bücher der „Geographie“ Strabos in der Übersetzung von Guarino. Der Codex, der am unteren Rand von fol. 1r das von der Tiara gekrönte Piccolomini-Wappen neben jenem der Roverella aufweist128 und darüber hinaus keine chronologischen Anhaltspunkte für seine Anlage bietet, weist vereinzelte Marginalien129 in der hier mit dünner Feder geschriebenen Altersschrift des Sienesen auf. Daß Piccolomini diese 123 CASELLA, Pio II e gli Straboni latini, S. 70. 124 Cfr. fol. 118v, wo auch der Zerfall der Buchstaben in Einzelschäfte (vor allem bei n,

u, e und d) deutlich wird. 125 Cfr. etwa fol. 196r. 126 Cfr. fol. 118r; Abbildung: Commentarii (ed. VAN HECK), Tav. 19. 127 Beschreibung der Handschrift bei NOGARA, Codices Vaticani Latini, S. 430-431; dazu

AVESANI, Per la biblioteca, S. 81 mit Anm. 13 und STRNAD, Studia piccolomineana, S. 321 mit Anm. 109. 128 Cfr. die Bemerkungen zur folgenden Handschrift Reg. lat. 1989. 129 Fol. 234r, 235r, 286r-287v.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Handschrift tatsächlich für die Abfassung der „Germania“ benützt hat, wie Casella eine Bemerkung Sabbadinis interpretiert hat130, ist unwahrscheinlich: In diesem Fall müßte man zum einen die nachträgliche Anbringung des Wappens oder zumindest der Tiara in derselben annehmen; zum anderen entspricht der Schriftcharakter der autographen Marginalien jenem der Glossen in Reg. lat. 1989, die, wie Casella zeigen konnte131, nachweislich 1461 geschrieben wurden132. Zumindest die Randglossen sind also mit einiger Sicherheit späteren Datums. Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1989 133 Es handelt sich bei dem Pergamentcodex um den zu Vat. lat. 2050 gehörenden zweiten Band der Strabo-Übersetzung Guarinos134, der die letzten sieben Bücher des Werkes enthält. Das neben dem von der Tiara gekrönten Wappen Piccolominis fol. 1r aufscheinende Roverella-Wappen dürfte darauf hindeuten, daß die Handschrift dem Papst von einem Mitglied dieser Familie geschenkt wurde135. Diesem Befund entsprechen auch die vereinzelten autographen Marginalien Piccolominis136, die schon stark von den Merkmalen der Altersschrift geprägt sind und gut in die Zeit der Abfassung der „Asia“ (1461) passen137. Da Nicola Casella zeigen konnte, daß die autographen Randglossen großteils tatsächlich 130 SABBADINI, La traduzione guariniana, S. 6-7 bezieht sich zwar auf die Benützung der Übersetzung Guarinos durch Piccolomini in der „Germania“, nicht aber im speziellen auf unsere Handschrift. CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 98 scheint die Passage mißverstanden zu haben. 131 Cfr. die folgenden Ausführungen zu Reg. lat. 1989. 132 Der sehr eckige, zittrige Charakter der Schrift dürfte ebenfalls für diese Phase spre-

chen, cfr. fol. 287r und auch die Bemerkungen zur folgenden Handschrift. 133 Zur Handschrift MARUCCHI, Stemmi, S. 72 (Nr. 90); für weitere Beschreibungen cfr. CASELLA, Pio II e gli Straboni latini, S. 65 Anm. 7. 134 Das erhellt aus der Ausstattung, dem Format und dem Schreiber der Handschrift, der mit jenem von Vat. lat. 2050 identisch ist, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 80-81 mit Anm. 13. 135 Wahrscheinlich von Florio Roverella, dem Bruder des von Pius Ende 1461 zum

Kardinal kreierten Bartolomeo, cfr. MARUCCHI, Stemmi, S. 72 und PASTOR, Geschichte der Päpste 2, S. 482; zur Kardinalskreation vom 18. Dezember 1461 auch VOIGT, Enea 3, S. 534540 und SCHÜRMEYER, Kardinalskollegium, S. 66-73. 136 Reg. lat. 1989 fol. 33r, 62r-63r, 98r/v, 100r-102v, 103v, 104r, 105r, 106r/v, 113r, 116r. 137 Cfr. CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 45. Eine Glossierung in Zusammenhang

mit der „Asia“ wird auch durch die Marginalie fol. 45r (Ex hoc loco corrigenda est Gregorii Tifernatis traductio) nahegelegt, die von AVESANI, Per la biblioteca, S. 78 als Notiz Agostino Patrizis identifiziert worden ist. Cfr. auch das Folgende.

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auf eine – wohl im Vorfeld oder auch noch während der Abfassung der „Asia“ durchgeführte138 – Kollation mit der Tifernas-Übersetzung in dem im Jänner 1461 angelegten Vat. lat. 2051 zurückgehen, ist die Datierung der Marginalien nicht vor 1461 anzusetzen139. Die Schrift der Randnotizen ist durchwegs mit sehr dünner Feder und relativ blasser Tinte140 geschrieben und weist abgesehen von dem ziemlich eckigen und filettierten Gesamteindruck starke Spaltung des r und teilweisen Zerfall in Einzelschäfte auf141. Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. H VII 219 142 Die Papierhandschrift setzt sich aus drei kodikologischen, von verschiedenen Händen geschriebenen Einheiten143 zusammen, die möglicherweise in dieser Form erst im 17. Jahrhundert, aus dem der heutige Einband stammt, zusammengebunden wurden144. Wie schon Avesani gezeigt hat, kann nur der dritte Teil der Handschrift, der Varros „De lingua Latina“ enthält, mit Sicherheit als aus dem Besitz Agostino Patrizis145 stammend angesehen werden146, war aber ursprünglich wohl im Besitz Piccolominis, wie aus einigen autographen Marginalien des Sienesen fol. 315r147, 319r148, 323r149 und 334r150 hervorgeht151. Eine auch 138 Cfr. oben zu Vat. lat. 2051. 139 Zur Fehlinterpretation einer Bemerkung Sabbadinis bezüglich der Handschriften

mit der Guarino-Übersetzung durch Casella cfr. oben S. 242 Anm. 130. 140 Fol. 113r ist eine Marginalie fast völlig verblaßt. 141 Cfr. fol. 63r. 142 Beschreibung der Handschrift bei AVESANI, Per la biblioteca, S. 52-54. 143 Fol. 1-140 (ciceronische und pseudo-ciceronische Reden); fol. 141-270 (Gellius, „Noctes Atticae“); fol. 270bis-338 (Varro, „De lingua Latina“, in falscher Reihenfolge zusammengebunden). 144 Cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 53. 145 Das erhellt aus dem Eignervermerk Patrizis fol. 270bisr (Patricii episcopi Pientini) und seinen nur in diesem Teil der Handschrift vorhandenen Randglossen, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 54. 146 Laut einer Notiz Fabio Chigis gilt dies auch für den Gellius-Teil (cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 54); dort finden sich allerdings keine Randglossen Patrizis. 147 Lacus Curcius, mit der oben schon beschriebenen Randmarkierung Piccolominis. 148 Tempus, mit Zeigehand und Randmarkierung; nicht registriert von Avesani. 149 Concilium; erneut mit Zeigehand und Randmarkierung; Abbildung: AVESANI, Per la biblioteca, Tav. IV, d. 150 Latrones/cassabundus/carere; mit Zeigehänden und Randmarkierungen; nicht registriert von Avesani. 151 Der erste Teil der Handschrift, der sich mit ziemlicher Sicherheit nicht im Besitz

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

nur halbwegs präzise Einordnung derselben ist aufgrund ihrer geringen Anzahl und auch des geringen Umfangs der einzelnen Notizen, die meist nur ein oder zwei Wörter umfassen, ebenso denkbar schwierig wie durch das wie in Chig. J VI 208 etwas gehobenere Niveau der Schrift, die stark in Richtung humanistische Minuskel tendiert. Auf keinen Fall ist es die ab den späten 1450er Jahren zu beobachtende Altersschrift Piccolominis. Die geringe Größe der Buchstaben und ihre sorgfältige Ausführung ähnelt zwar jener der Glossen in Chig. J VI 208, doch scheinen sich bei m, n und u/v sowie beim Schluß-s in der 5er-Form die bekannten Zerfallserscheinungen in die Einzelschäfte bemerkbar zu machen, sodaß es fraglich ist, ob es sich tatsächlich um die „scrittura giovanile“152 des Sienesen handelt oder ob man die Glossen nicht doch in die 1450er Jahre setzen sollte153. Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1461 Das aus äußerst disparaten Bestandteilen154 zusammengesetzte Konvolut155 enthält in seiner letzten kodikologischen Einheit156 die „Epigrammata“157 Piccolominis von anderer Hand158, die vereinzelte auto-

Patrizis befunden hat, weist Marginalien von Francesco Todeschini-Piccolomini, jedoch keine des Eneas auf, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 54. 152 So AVESANI, Per la biblioteca, S. 54. 153 Eine Bestimmung des Wasserzeichens war durch seine durchgehende Lage im Falz der sehr fest gebundenen Handschrift nicht möglich. 154 Beschreibung (vor allem des ersten Teils der Handschrift) bei D’ONOFRIO, Materiale didattico, S. 347-350 und DE MARCO, Les manuscrits, S. 107 (zu Nr. 1934). 155 Fol. 1r-48v verschiedene Texte des 9./10. Jahrhunderts auf Pergament (cfr. D’ONOFRIO,

Materiale didattico mit Abbildungen), die folgenden Einheiten auf Papier: fol. 52r-61v ein griechischer Druck von „Contra Andronicum“ des Synesius von Kyrene (Paris 1582), der mit Glossen versehen ist, die sich auch über die vorher eingebundenen Folia 49v-51v erstrecken; fol. 62r-74r ein „De lege Salica et virili Francorum regno et imperio carmen elegiacum Philippi Valesii Francorum quondam regis invictissimi equestri statuae appensum“ (Incipit: Foemineo (am Rand: vel externo) numquam didicit diademate flecti/externi (vel foeminei) gallus nescius imperii) und andere Gedichte von derselben Hand. 156 Fol. 75r-99v, danach folgen 100r-102v Federproben von verschiedenen Händen. 157 Druck: Carmina (ed. VAN HECK), S. 47-154.

158 Cfr. Carmina (ed. VAN HECK), S. XVI (mit einer Abbildung von fol. 77r der Handschrift Tab. 2), der die Hand mit jener von Agostino Patrizi identifizieren will, was noch eingehender überprüft werden müßte, zumal auch AVESANI, Per la biblioteca, S. 83 die Handschrift nicht erwähnt.

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10. DIE AUTOGRAPHEN MARGINALIEN

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graphe Korrekturen Piccolominis zeigen159, welche ohne Ausnahme in seiner Altersschrift160 geschrieben und der päpstlichen Periode zuzuweisen sind161. Abschließend sollen noch einige irrige Zuschreibungen von vermeintlich autographen Marginalien an Eneas richtiggestellt werden. Nicht autograph, wie gerade der von Strnad bemühte genaue Handschriftenvergleich ergibt162, ist die Notiz Cave lector venenatum dogma huius scelesti opusculi et tantum, ut veris rationibus falsis fucatisque abiectis orthodoxam sequaris veritatem, legito in Chig. D VI 97 fol. 1r, dem Widmungsexemplar des „Tractatus de potestate regia et papali“ des Fra Ludovico di Strassoldo für Kaiser Sigismund163. Ebensowenig enthalten trotz entsprechender Angaben in der Sekundärliteratur die folgenden Handschriften in der Biblioteca Apostolica Vaticana eigenhändige Rand-

159 Fol. 76r, 77v-78v, 85r, 89v. Cfr. Carmina (ed. VAN HECK), S. XVI, wo auch die Korrektur von nec zu hec am Versanfang von Carmen XXII (46), 23 (Reg. lat. 1461 fol. 83r), die nur aus der Einfügung eines waagrechten Balkens besteht, Piccolomini selbst zugeschrieben wird. Da Piccolomini für die übrigen Korrekturen eine weit hellere Tinte verwendete, ist diese Zuschreibung, abgesehen von ihrer paläographischen Irrelevanz, fraglich. Dagegen dürfte von der Hand des Sienesen eine weitere, von van Heck nicht registrierte Korrektur am oberen linken Rand von fol. 75v stammen, von der nur mehr schemenhaft die Endung -sidicos (wohl ursprünglich causidicos, cfr. Carmina (ed. VAN HECK), Nr. II (26), 5) zu lesen ist. 160 Cfr. fol. 77v mit dem extrem eckigen, unkontrollierten Ductus und stark verlängerter, etwas plumper Zunge des auslautenden e; dazu stellenweise (vor allem fol. 76r) stark gespaltenes r. 161 Auch hier ist das Wasserzeichen durch seine Lage im Falz nicht ausreichend genau zu bestimmen, cfr. Carmina (ed. VAN HECK), S. XVI. Der Kopf mit Hut ist weder mit dem Wasserzeichen von Chig. J VII 251 fol. 240 identisch, noch dürfte er einem der bei Briquet abgebildeten Beispiele entsprechen. Am nähesten kommt ihm dort die Nummer 3387 (Florenz 1465, ähnliche Varianten Venedig 1464-1473, cfr. BRIQUET, Les filigranes 1, S. 224). 162 Gegen eine Identifizierung als Autograph, als welches die Notiz auch von AVESANI, Per la biblioteca, S. 14 Anm. 67 angesehen wird, sprechen neben dem Gesamteindruck vor allem die untypischen Einzelformen des g (mit weitem Ausholen der unteren Schlinge nach rechts), h (mit weit nach links reichendem Abstrich), der zweiteilig aufgebauten r, t (das gerade den bei Piccolomini fast durchgehend ganz deutlichen Neuansatz des Balkens konsequent vermissen läßt) und des anlautenden v (mit stark die Senkrechte betonendem Anstrich) sowie die zarten, extrem langen Oberlängen von l und b, die keine Ansätze von links, geschweige denn Verdoppelungen zeigen. 163 Cfr. STRNAD, Studia piccolomineana, S. 363 (dort auch alles weitere zu diesem Werk

des Minoriten) mit einer Abbildung der Notiz auf Tafel 4. Die Handschrift könnte folglich auch erst durch Francesco in die Piccolomini-Bibliothek gelangt sein.

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

notizen des Sienesen: Chig. J VII 247164, J VII 250165, J VIII 284166; Ottob. lat. 347167 und Vat. lat. 3888168. Nicht „von Eneas selbst geschrieben“169 sind Chig. J VI 211170, J VI 212171 und J VII 249172. 164 Eine schmucklose Papierhandschrift mit der „Asia“ Piccolominis. Die Randvermerke stammen nicht von Eneas, wie STRNAD, Studia piccolomineana, S. 344 mit Anm. 182 will, sondern von Francesco (cfr. schon KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 66) und Patrizi, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 75, dazu auch CASELLA, Pio II tra geografia e storia, S. 103-104 und Europa (ed. VAN HECK), S. 11 (und Tab. 3 mit einer Abbildung von fol. 38v), der die Handschrift dort allerdings beide Male irrig als Chig. J VII 257 bezeichnet. 165 Das schmucklose Papierkonvolut mit Briefen Leonardo Brunis, Reden und Bullen Piccolominis und dem „Antidotum“ Vallas enthält keine autographen Marginalien des Eneas, wie STRNAD, Studia piccolomineana, S. 344 mit Anm. 181 angibt, sondern solche Francescos; cfr. KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 66 und AVESANI, Per la biblioteca, S. 75 (dort auch eine genaue Beschreibung der Handschrift). 166 Eine Prunkhandschrift aus Pergament mit dem Papstwappen fol. 1r (zum Schmuck der Handschrift RUYSSCHAERT, Miniaturistes, S. 257 Anm. 72), die Reden Piccolominis enthält. Die Randglossen stammen nicht von Eneas, wie STRNAD, Studia piccolomineana, S. 344 Anm. 182 ventiliert hat, sondern von Francesco (so schon KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 66) und Patrizi, cfr. AVESANI, Per la biblioteca, S. 77, der über Kramer hinausgehend weitere Marginalien Francescos identifizieren konnte. 167 Nicht ganz eindeutige Angabe bei WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 361. Die Pergamenthandschrift mit dem von der Tiara gekrönten Wappen Piccolominis enthält Briefe und seinen Kommentar zu „De dictis et factis Alfonsi regis“ Beccadellis, cfr. DUDÍK, Iter Romanum, S. 285. 168 Eine schmucklose Papierhandschrift mit „De dieta Ratisponensi“ und der „Europa“ (und nicht der „Historia Austrialis“, cfr. dazu WAGENDORFER, Studien, S. 89) Piccolominis. Die irrige Angabe bei WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. 492 („Schreiberhand mit Korrekturen des Eneas“; offenbar von dort übernommen bei STRNAD, Studia piccolomineana, S. 344 mit Anm. 181) wurde schon widerlegt von AVESANI, Per la biblioteca, S. 77 (bes. mit Anm. 30; dort auch Genaueres zur Handschrift), der auf die Marginalien Agostino Patrizis und Francescos hinwies; cfr. auch MICHELINI TOCCI, Ottaviano Ubaldini, S. 119 Anm. 80 und RTA 19,1, S. 28. Dennoch taucht die Behauptung noch bei CSAPODI-GÁRDONYI, Die Bibliothek des Johannes Vitéz, S. 83-84 (Nr. 4; Abbildung 3 bei Csapodi-Gárdonyi zeigt fol. 10v der Handschrift) auf, die unter den Marginalien auch die Hand von Vitéz identifiziert und den Codex seiner Bibliothek zuordnet. 169 So WOLKAN, Die Briefe des Eneas Silvius, S. 360 über die folgenden Handschriften. 170 Eine schmucklose Papierhandschrift mit Reden Piccolominis. Die zahlreichen Mar-

ginalien stammen von der Hand Francescos, wie schon CUGNONI, Opera inedita, S. 14 („Adnotationes in margine a Pio III appositae“) vermerkte; cfr. auch KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 60 und 66. 171 Reden und der Brief über die Porcari-Verschwörung an Jacopo Valperga di Masino (WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), Nr. 59) auf Pergament. 172 Eine Papierhandschrift mit einer Sammlung von Briefen aus der Papstzeit (cfr.

BROSIUS, Breven und Briefe, S. 211-219) und Marginalien Francescos, cfr. CUGNONI, Opera inedita, S. 14 sowie KRAMER, Untersuchungen zur „Österreichischen Geschichte“, S. 65.

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11.

ZUSAMMENFASSUNG Dank der über weite Strecken hervorragenden Quellenlage konnten wir die Schrift Piccolominis von seiner frühen Studentenzeit bis in sein Todesjahr verfolgen. Im ersten erhaltenen autographen Zeugnis, einer im Zuge seines Zivilrechtsstudiums entstandenen Handschrift aus dem Jahr 1426/27, schreibt der 21jährige eine hybride Kursive, die sich bereits durchaus humanistisch beeinflußt zeigt; daneben läßt sich in derselben Handschrift auch eine recht flüssig geschriebene humanistische Minuskel nachweisen. Die 1430er Jahre, die Piccolomini auf dem Konzil von Basel sehen, sind geprägt durch vielfältige Einflüsse und verschiedene Experimente, die der Sienese sowohl in seiner Buchschrift als auch in seiner Kursive, die in diesem Jahrzehnt ausschließlich in Briefen und als Glossenschrift dokumentiert ist, praktiziert und aus welchen am Ende der 1430er Jahre nach sukzessiver Rezeption humanistischer Elemente jene für ihn typische Kursive hervorgeht, die sich in den Einzelformen bis an sein Lebensende praktisch nicht mehr ändern wird: Zwar sind in den Einzelformen zum Teil immer noch traditionelle oder hybride Elemente vorhanden, doch kann man die Schrift aufgrund ihres Gesamteindrucks und der grundsätzlichen Tendenz als humanistische Kursive einordnen. Aus den 1440er Jahren, an deren Beginn Piccolomini für über zwölf Jahre in die Kanzlei des römisch-deutschen Königs Friedrich wechselt, sind zwar die wenigsten autographen Zeugnisse des Humanisten – vor allem in Form von Kanzleikonzepten – erhalten, doch zeigen diese die vielleicht elegantesten, feinsten und flüssigsten Züge, die man an seiner Kursive beobachten kann. Der Sienese setzt diese Kursive für die verschiedensten Textgenera ein: So für die angesprochenen Kanzleikonzepte der 1440er Jahre, vor allem aber für seine Briefe, für Exzerpte und private Konzepte seiner eigenen Werke. Nur vereinzelt beziehungsweise auf kurze Textpassagen beschränkt lassen sich dabei noch Beispiele seiner humanistischen Minuskel festmachen, die aber nie mehr jenes sehr gehobene Niveau erreicht, das in den 1430er Jahren in einigen Briefen und einer Iuvenal-Abschrift noch nachweisbar war. Ab der Rückkehr Piccolominis nach Italien Mitte der 1450er Jahre, in welchem Jahrzehnt die Anzahl der erhaltenen Originalschreiben bis zu seiner Papstwahl 1458 stetig zunimmt, wird die Schrift nach dem schon seit 1450 zu beobachtenden zunehmenden Abbau des Mitschreibens der

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Luftlinien und der dadurch noch teilweise vorhandenen Schlingenbildung vor allem durch das Gichtleiden Piccolominis und seine Arthritis geprägt: Mit zunehmendem Alter kommt es zu richtiggehendem „Zerfall“ der Schrift, der sich im Auflösen der Buchstaben in Einzelstriche und in reduzierter Kursivität äußert. Vielleicht auch bedingt durch Alterssichtigkeit wird die Altersschrift des Kardinals (ab Dezember 1456) und Papstes (ab August 1458) tendenziell größer und vom Strich her dicker, da Piccolomini zunehmend breitere Federn einsetzt. Der Charakter seiner Krankheit, die sich in stark schwankenden Schüben äußert, erschwert zwar die Einordnung undatierter Konzepte, die neben nur mehr ganz wenigen datierten Briefen die Hauptmasse der autographen Zeugnisse aus dem Pontifikat ausmachen, läßt aber dennoch zunehmende Einschränkung der Flexibilität seiner Extremitäten erkennen, die schließlich dazu führte, daß Piccolomini in den letzten Monaten seines Lebens kaum mehr selbst zur Feder griff und dementsprechend wenige Zeugnisse aus seinem letzten Lebensjahr (1464) erhalten sind. Die paläographische Analyse der Handschrift Piccolominis erlaubte im Zusammenspiel mit der kodikologischen Untersuchung zahlreicher Handschriften nicht nur eine Neudatierung oder präzisere Einordnung vieler undatierter Stücke oder Marginalien und lieferte auf diesem Wege auch Beiträge zu der noch nicht geschriebenen Geschichte der Bibliothek Piccolominis; sie konnte auch am Beispiel der Schrift einer Einzelperson die zahlreichen, zum Teil von der Biographie des Schreibers abhängigen Einflüsse, welchen eine Individualschrift im Spannungsfeld zwischen konservativen gotischen und humanistischen Tendenzen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts unterliegen konnte, festmachen. Ebenso wie in seiner Sprache und seiner Orthographie hat Piccolomini auch in seiner Schrift nur selten eine wirklich „reine“ humanistische Spielart praktiziert. Er war kein humanistischer Purist und wollte das auch nicht sein1. Und so paßt die Empfehlung an Ladislaus Postumus, die er in seinem Erziehungstraktat von 1450 aussprach2, durchaus zu 1 Cfr. VOLLMANN, Latinitas, S. 47; HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 117; MARIOTTI, La corrispondenza, S. 205-207. 2 Die von ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 131 vertretene Ansicht (dasselbe gilt für STRNAD, Die Rezeption der italienischen Renaissance, S. 150), „daß Enea Silvio Piccolomini, in seinem schon genannten Tractatus de liberorum educatione forderte, daß dem Fürstensohn nur noch die littera antiqua gelehrt werden solle“, hat keinerlei Grundlage im Text des Traktats, wie aus der im folgenden abgedruckten Passage ersichtlich ist. Unklar bleibt auch, warum ZIMMERHACKL, Eindringen humanistischer Schriftformen, S. 130 meint, daß der Sienese „über die Geschichte der Schrift nicht gut informiert gewesen zu sein scheint, da er ihre Ursprünge bei den Griechen ansetzt.“ Piccolomini sieht nicht den

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11. ZUSAMMENFASSUNG

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seiner eigenen Schriftpraxis3, auch wenn im Traktat vielleicht eine gewisse Rücksichtnahme auf den Adressaten eine Rolle spielte: Ortographiam in duas dividimus partes, altera est, ut nitide, altera, ut recte scribas. in prima videndum est, ut elementa in suis caracteribus effingantur, ut neque macra sint neque corpulenta, ut, que rotunda, que quadrata, que oblonga, que retorta sunt, suam formam custodiant. et hic quoque duplex modus est, alter modernus alter antiquus; vetustarum forma litterarum legibilior est, mundior ac Grecis, a quibus originem ducit, propinquior. quemcumque modum sequi puer voluerit, in eo necessarium est, exemplum dari sibi pulcherrimum atque emendatissimum. optima nanque semper ad imitandum proponi debent. que si non possumus attingere, hoc tamen prestant, ne cum ultimis despiciamur4.

Ursprung „der Schrift“ bei den Griechen, sondern vertritt die Herkunft des lateinischen Alphabets aus griechischen Buchstaben. 3 Eine weitere Äußerung (gegenüber Niklas Wyle, wohl aus dem Juli 1452) bei WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. 100 dürfte, wie auch HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 129 vermutet, als Lob der Humanistica zu interpretieren sein: Sed attulisti et iocunditatem tuis scriptis mihi, quia vidi epistolam tuam duabus perstare partibus, quas convenit habere omnem scripturam. nam caracteres rotundi sunt et bene connexi et apta oblectare legentem sunt tota. 4 WOLKAN, Briefwechsel II (FRA II/67), S 145. Cfr. dazu auch die Schelte für Ambrogio

Spannocchi in einem Brief vom 3. Mai 1454: WOLKAN, Briefwechsel III,1 (FRA II/68), S. 475: Cinturellus, pape tabellarius, tuas litteras ad me detulit, quas rectius dixerim lituras; nescio Grece an Hebraice scripsisti, Latine quidem minime. Non intellexi unicum verbum neque penes me quisquam fuit, qui tuos characteres cognosceret. Perinde est igitur ac si nihil ad me scripsisses [...] Vale et scias me deinceps Latinas litteras, non uncinos mercatorios didicisse. Ob hier die uncinos mercatorios tatsächlich nur für „hakiges Kaufmanngekrakel“ stehen, wie HELMRATH, Vestigia Aeneae imitari, S. 129 mit Anm. 107 meint, und so einfach der Wunsch (ähnliche diesbezügliche Äußerungen bei STEINMANN, Die humanistische Schrift und die Anfänge, S. 390) nach gut lesbarer Schrift, unabhängig von ihrem sonstigen Charakter, artikuliert wird? So könnte auch insgesamt die Mercantesca gemeint sein, cfr. RIZZO, Lessico filologico, S. 143 Anm. 1. Allerdings bestand die humanistische Schriftreform gerade auch in einer Klärung des allgemeinen Schriftbildes und der Lesbarkeit.

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VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Abbildung 4a Abbildung 4b Abbildung 4c Abbildung 4d Abbildung 4e

BAV, Chig. J VII 252, fol. 1r BAV, Chig. J VII 252, fol. 59v BAV, Chig. J VII 252, fol. 165v BAV, Chig. J VII 252, fol. 124r (Detail) BAV, Chig. J VII 252, fol. 160v

Abbildung 5a Abbildung 5b Abbildung 5c Abbildung 5d Abbildung 5e Abbildung 5f Abbildung 5g Abbildung 5h Abbildung 5i Abbildung 5j Abbildung 5k Abbildung 5l

ASS, D. Ciaccheri 1431, febbraio 28 BAV, Vat. lat. 12504, fol. 3r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 4r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 2r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 5r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 6r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 7r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 9r Trieste, Biblioteca civica, Museo petrarchesco piccolomineo, Museo petrarcheseo piccolomineo, Ms. Picc. II 44, Nr. 1 BAV, Vat. lat. 12504, fol. 11r BAV, Vat. lat. 12504, fol. 12r (Detail) BAV, Vat. lat. 12504, fol. 14r

Abbildung 6a Abbildung 6b Abbildung 6c Abbildung 6d

BAV, Chig. H IV 135, fol. 8r BAV, Chig. H IV 135, fol. 1r BAV, Chig. H IV 135, fol. 100r München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 12725, fol. 91r

Abbildung 7a

Wien, HHStA, Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (14431449), fol. 35r Trieste, Biblioteca civica, Museo petrarchesco piccolomineo, Ms. Picc. II 48, Nr. 1 BAV, Vat. lat. 3887, fol. 92v

Abbildung 7b Abbildung 7c Abbildung 8a Abbildung 8b Abbildung 8c Abbildung 8d Abbildung 8e Abbildung 8f Abbildung 8g

BAV, Vat. lat. 3887, fol. 1r (Detail) BAV, Vat. lat. 3887, fol. 38r Trieste, Biblioteca civica, Museo petrarchesco piccolomineo, Ms. Picc. II 48, Nr. 3 BAV, Vat. lat. 7082, fol. 67r Trieste, Biblioteca civica, Museo petrarchesco piccolomineo, Ms. Picc. II 44, Nr. 7 Trieste, Biblioteca civica, Museo petrarchesco piccolomineo, Ms. Picc. II 44, Nr. 14 Basel, UB, Autographen-Sammlung Geigy-Hagenbach, Nr. 2456

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VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Abbildung 8h

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Abbildung 8i Abbildung 8j Abbildung 8k Abbildung 8l

Trieste, Biblioteca civica, Museo petrarchesco piccolomineo, Ms. Picc. II 44, Nr. 54 BAV, Vat. lat. 7082, fol. 96r BAV, Vat. lat. 7082, fol. 97r (Detail) BAV, Vat. lat. 3886, fol. 1r (Detail) BAV, Vat. lat. 3886, fol. 15r (Detail)

Abbildung 9a Abbildung 9b Abbildung 9c Abbildung 9d Abbildung 9e Abbildung 9f Abbildung 9g Abbildung 9h Abbildung 9i Abbildung 9j Abbildung 9k Abbildung 9l

ASS, Diplom. Riformagioni 1458, novembre 25 ASS, Diplom. Riformagioni 1459, aprile 18 (Detail) BAV, Chig. J VII 251, fol. 265r (Detail) BAV, Chig. J VII 251, fol. 275r (Detail) BAV, Chig. J VII 251, fol. 278r BAV, Vat. lat. 7082, fol. 10r (Detail) BAV, Chig. J VII 251, fol. 226r BAV, Vat. lat. 7082, fol. 47r (Detail) BAV, Chig. J VII 251, fol. 248r BAV, Chig. J VII 251, fol. 262r (Detail) BAV, Chig. J VII 251, fol. 263r BAV, Reg. lat. 1995, fol. 35r (Detail)

Abbildung 10a

BAV, Reg. lat. 1945, fol. 3r

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VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN AfD AS ASS AÖG BAV BC BSSP DA DBI FRA HHStA LexMa LThK MGH NDB MIÖG MÖIG ÖNB QFIAB RHM RTA TRE VerfLex

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BIBLIOGRAPHIE Verzeichnis der Handschriften und Konvolute mit Autographen Piccolominis Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Ms. lat. oct. 6 Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana: Chig. H IV 135 Chig. H VII 219 Chig. J V 172 Chig. J VI 208 Chig. J VII 251 Chig. J VII 252 Reg. lat. 1461 Reg. lat. 1878 Reg. lat. 1945 Reg. lat. 1989 Reg. lat. 1995 Vat. lat. 2050 Vat. lat. 2051 Vat. lat. 3886 Vat. lat. 3887 Vat. lat. 7082 Vat. lat. 9437 Melk, Stiftsbibliothek: Ms. 1799 München, Bayerische Staatsbibliothek: Clm. 12725 Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III: Ms. V G 9 Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv: Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 (1443-1449) Allgemeine Urkundenreihe 1447 XI 1, 1448 Wien, Österreichische Nationalbibliothek: Cvp. 3364 Cvp. 3365 Cvp. 3366 Cvp. 3367 Cvp. 3389

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

Verzeichnis der erhaltenen autographen Briefe 1432-02-28: Siena, AS, Diplomatico D. Ciaccheri, 1431, febbraio 28, busta n. 6 1432-11-01: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 3 1432-11-11: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 4 1432-12-18: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 2 1433-05-13: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 5 1433-06-24: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 6 1433-08-02: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 7 1433-11-17 (mit Nachtrag 1433-12-5): London, British Library, Add. 21517, fol. 2 1434-07-01: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 8-9 1435-03-7/13: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 1 1435-03-14: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 10 (Briefbeilage) 1436-04-09: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 11 1436-08-06: Siena, AS, Concistoro 1991, 97 1436-10-25: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 12-13 1436-12-11: BAV, Vat. lat. 12504, fol. 14 1439-11-06: Siena, AS, Concistoro 1944, 20 1445-07-01: Archiv der Tiroler Franziskanerprovinz Schwaz, U 95. 1447-05-20: Triest, BC, Ms. Picc. II 48, Nr. 1 1451-01-16: Triest, BC, Ms. Picc. II 48, Nr. 3 1451-12-23: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 2 1452-01-27: Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Z 219 sup., 9222 1453-10-01: Faksimile bei Kandler, Pel fausto ingresso (ohne Paginierung) 1453-10 (?)-08: Mailand, AS, Autografi Arcivescovi di Siena (autograph nur der Nachtrag) 1454-05-03: Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Z 219 sup., 9224 1454-05-03: Siena, AS, Concistoro 1977, 33 1454-06-21: Siena, AS, Concistoro 1977, 65 1454-10-31: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 3 (autographe Unterschrift) 1454-11-25: Siena, AS, Concistoro 1981, 58 1455-01-01: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 4 (autographe Unterschrift) 1455-08-19: Siena, AS, Concistoro 1985, 82 1455-10-27: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 7 1455-10-29: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 8 1455-11-03: Siena, AS, Concistoro 1986, 30 1455-11-05: Siena, AS, Concistoro 1986, 32 1455-11-07: Siena, AS, Concistoro 1986, 39 1455-11-08: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 9 1455-11-09: Krakau, Biblioteka Jagielloñska, Berol. Autogr.sammlung, Pius II., Nr. 17707 1455-11-12: Siena, AS, Balia 489, 32 1455-11-16: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 11 1455-11-18: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 12 1455-11-20: Siena, AS, Concistoro 1986, 42 1455-11-23: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 13 1455-11-25: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 14

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BIBLIOGRAPHIE

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1455-11-25: Siena, AS, Concistoro 1983, 75 (Briefbeilage) 1455-11-27: Siena, AS, Concistoro 1986, 53 1455-11-30: Siena, AS, Concistoro 1986, 56 1455-12-02: Siena, AS, Concistoro 1986, 57 1455-12-02: Parma, Biblioteca Palatina, cart. Lucca I Suppl. N 261 1455-12-04: Siena, AS, Concistoro 1986, 60 1455-12-08: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 15 1455-12-09: Siena, AS, Concistoro 1986, 63 1455-12-17: Siena, AS, Concistoro 1986, 66 1455-12-21: Wien, ÖNB, Handschriften-, Autographen- und Nachlaß-Sammlung 40/36-1 1455-12-24: Siena, AS, Balia 489, 59 1455-12-24: Basel, UB, Autographen-Sammlung Geigy-Hagenbach Nr. 2456 1455-12-26: Siena, AS, Concistoro 1986, 69 1455-12-28: Siena, AS, Concistoro 1986, 70 1455-12-28: Siena, AS, Concistoro 1986, 78 1456-02-29: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 24 1456-03-01: London, British Library, Add. 12101, 1. Brief 1456-05-23: Siena, AS, Concistoro 1987, 39 1457-01-19: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 30 1457-01-29: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 34 (Beilage zu der nicht autographen Nr. 33) 1457-02-06: Siena, AS, Concistoro 1991, 79 1457-02-12: Siena, AS, Concistoro 1991, 78 (autographe Unterschrift und Schlußzeilen) 1457-02-17: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 38 (autographe Unterschrift) 1457-02-21: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 40 (autographe Unterschrift) 1457-02-21: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 39 1457-03-08: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 41 1457-03-12: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 42 1457-03-28: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 43 (autographe Unterschrift) 1457-12-29: Triest, BC, Ms. Picc. II 44, Nr. 54 1458-02-01: Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Z 219 sup., 9229 (autographe Unterschrift) 1458-11-25: Siena, AS, Diplom. Riformagioni 1458, novembre 25 (autographer Zusatz) 1461-01-04: Siena, AS, Balia 496, 17 1461-02-26: Mailand, AS, Carteggio Sforzesco, Roma 50

Verzeichnis der benützten gedruckten Werke Piccolominis AENEAE SILVII EPISCOPI SENENSIS POSTEA PII PAPAE II. Historia rerum Friderici tertii imperatoris, ed. J. H. BOECKLER (Argentorati 1685). AENEAE SILVII PICCOLOMINI SENENSIS QUI POSTEA FUIT PIUS II. PONT. MAX. opera inedita, ed. J. CUGNONI, Roma 1883 (Nachdruck Farnborough 1968).

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DIE SCHRIFT DES ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI

AENEAS SILVIUS Germania und JAKOB WIMPFELING: „Responsa et replicae ad Eneam Silvium”, ed. A. SCHMIDT, Köln — Graz 1962. AENEAE SYLVII PICCOLOMINEI, qui post adeptum pontificatum Pius eius nomine secundus appellatus est, opera quae extant omnia, Basileae 1571 (Nachdruck Frankfurt/Main 1967). AENEAE SYLVII SENENSIS, SIVE PII PAPAE II, Historia Austriaca, ex codicibus, auctoris manu scriptis Caesareis, nunc primum edita, in A. KOLLÁR (ed.), Analecta monumentorum omnis aevi Vindobonensia 2, Vindobonae 1762, S. 1-476. AENEAS SYLVIUS PICCOLOMINUS (PIUS II), De gestis concilii Basiliensis commentariorum libri II, edited and translated by D. HAY and W. K. SMITH, Oxford 1967. Der Briefwechsel des ENEAS SILVIUS PICCOLOMINI, ed. R. WOLKAN. I. Abteilung: Briefe aus der Laienzeit 1431-1445, 1. Band: Privatbriefe, Wien 1909 (FRA II/61), 2. Band: Amtliche Briefe, Wien 1909 (FRA II/62); II. Abteilung: Briefe als Priester und als Bischof von Triest 1447-1450, Wien 1912 (FRA II/67); III. Abteilung: Briefe als Bischof von Siena, 1. Band: Bis 1. Juni 1454, Wien 1918 (FRA II/68). Die Geschichte Kaiser Friedrichs III. von AENEAS SILVIUS, übersetzt von T. ILGEN (2 Bände), Leipzig 1889-1890 (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, Zweite Gesamtausgabe, 15. Jh., 2. Bd.). ENEE SILVII PICCOLOMINEI POSTEA PII PP II De viris illustribus, ed. A. VAN HECK, Città del Vaticano 1991 (Studi e Testi, 341). ENEE SILVII PICCOLOMINEI POSTEA PII PP II Carmina, ed. A. VAN HECK, Città del Vaticano 1994 (Studi e Testi, 364). ENEE SILVII PICCOLOMINEI POSTEA PII PP II De Europa, ed. A. VAN HECK, Città del Vaticano 2001 (Studi e Testi, 398) ENEA SILVIO PICCOLOMINI, Commentarii rerum memorabilium que temporibus suis contigerunt, ed. A. VAN HECK (2 Bände), Città del Vaticano 1984 (Studi e Testi, 312/313). ENEA SILVIO PICCOLOMINI PAPA PIO II, I Commentarii, ed. L. TOTARO (2 Bände), Milano 1984. Il corano e la tiara. L’Epistola a Maometto II di ENEA SILVIO PICCOLOMINI (PAPA PIO II). Introduzione ed edizione. Prefazione di Adriano Prosperi, ed. L. D’ASCIA, Bologna 2001. PII II. P. M. OLIM AENEAE SYLVII PICCOLOMINEI SENENSIS Orationes politicae, et ecclesiasticae, quarum multas ex Mss. Codd. nunc primum eruit, reliquas hinc inde dispersas collegit, et ad Mss. Codd. recensuit argumentis, et adnotationibus exornavit, atque appendice aliarum lucubrationum ineditarum auxit J. D. MANSI (2 Bände), Lucae 1755-1757. PIUS II. PAPA, Epistola ad Mahumetem. Einleitung, kritische Edition, Übersetzung, ed. R. F. GLEI und M. KÖHLER, unter Mitwirkung von B. KOBUSCH, M. KOSSMANN, H. REUTER, K. SCHURGACZ und G. SCHWABE, Trier 2001 (Bochumer Altertumswissenschaftliches Colloquium, 50). PII SECUNDI PONTIFICIS MAX. Commentarii rerum memorabilium, quae temporibus suis contigerunt, a R. D. Ioanne Gobellino Vicario Bonnen. Iamdiu compositi,

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BIBLIOGRAPHIE

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et a R. P. D. Francisco Bandino Picolomineo Archiepiscopo Senensi ex vetusto originali recogniti. Quibus hac editione accedunt Jacobi Picolominei, cardinalis Papiensis, qui Pio pont. Coaevus et familiaris fuit, Rerum Gestarum sui temporis, et ad Pii continuationem, commentarii luculentissimi: Eiusdemque Epistolae perelegantes, rerum reconditarum plenissimae, Francofurti 1614. PII SECUNDI PONTIFICIS MAXIMI COMMENTARII, ed. I. BELLUS, I. BORONKAI (2 Bände), Budapest 1993-94. PIUS II. COMMENTARIES, VOLUME I: BOOK I-II. Edited by M. MESERVE and M. SIMONETTA, Harvard University Press 2003 (The I Tatti Renaissance Library, 12).

Andere gedruckte Quellen HIERONYMI ALIOTTI ARRETINI, Epistolae et opuscula, ed. G. M. SCARMALI (2 Bände), Arretii 1769. IACOPO AMMANNATI PICCOLOMINI, Lettere, ed. P. CHERUBINI (3 Bände), Roma 1997 (Pubblicazioni degli Archivi di Stato. Fonti, XXV). Corpus Iuris Civilis. Volumen primum: Institutiones — Digesta, ed. P. KRUEGER, T. MOMMSEN, Berolini 91902 (Editio stereotypa nona). Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich III. Fünfte Abteilung, erste Hälfte, 1453-1454, ed. H. WEIGEL, H. GRÜNEISEN, Göttingen 1969 (Deutsche Reichstagsakten 19. Band, 1. Hälfte). FRANCISCI FILELFI viri Grece et Latine eruditissimi epistolarum familiarium libri XXXVII ex eius exemplari transumpti, ex quibus ultimi XXI novissime reperti fuere et impressorie traditi officine cum privilegio, Venetiis 1502. Humanist Educational Treatises, edited and translated by C. W. KALLENDORF, Cambridge, Mass. — London 2002 (The I Tatti Renaissance Library, 5). Le vite di Pio II di GIOVANNI ANTONIO CAMPANO e BARTOLOMEO PLATINA, ed. G. C. ZIMOLO, Bologna 1964 (Rerum Italicarum Scriptores. Raccolta degli storici italiani dal cinquecento al millecinquecento, ordinata da Lodovico Antonio Muratori, nuova edizione riveduta ampliata e corretta iniziata da Giosue Carducci, Vittorio Fiorini, Tomo III, Parte III). OTTONIS ET RAHEWINI Gesta Friderici I. Imperatoris, ed. G. WAITZ, B. VON SIMSON, 3Hannover 1912 (unveränderter Nachdruck 1997; MGH Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi, 46).

Verzeichnis der verwendeten Literatur G. ALBANESE, „Civitas Veneris“. Percorsi dell’elegia umanistica intorno a Piccolomini, in G. CATANZARO, F. CANTUCCI (Hg.), Poesia umanistica latina in distici elegiaci. Atti del Convegno internazionale, Assisi 15-17 maggio 1998, Assisi 1999, S. 125-164. J. J. G. ALEXANDER, A. C. DE LA MARE, The Italian Manuscripts in the Library of Major J. R. Abbey, London 1969.

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REGISTER Register der zitierten Handschriften und Akten Basel, Universitätsbibliothek: Autographen-Sammlung GeigyHagenbach Nr. 2456 148, 164n, 165n Ms. E I 9 13n Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Ms. lat. oct. 6 101n, 105n, 111, 115n, 232-235 Ms. lat. oct. 159 (olim Philipps 25052) 225n Città del Vaticano, Archivio Segreto Vaticano: Arm. 39.9 185n — Biblioteca Apostolica Vaticana: Barb. lat. 63 225n Barb. lat. 88 225n Chig. D VI 97 245 Chig. H IV 128 225n Chig. H IV 135 58n, 96-116, 233n Chig. H V 155 225n Chig. H VII 214 225n Chig. H VII 219 222n, 243f. Chig. H VIII 249 225n Chig. H VIII 259 225n Chig. J V 172 222n, 237f. Chig. J VI 208 105n, 172, 222n, 226-229, 244 Chig. J VI 211 246 Chig. J VI 212 246 Chig. J VI 233 225n Chig. J VII 247 246 Chig. J VII 248 236n Chig. J VII 249 246 Chig. J VII 250 246 Chig. J VII 251 141, 186-189, 192n, 195-202, 206n, 207n, 208n, 214-217, 245n Chig. J VII 252 (Studentenmitschrift) 7n, 28-56, 63-66, 69, 79f., 92, 99-104, 109, 111, 128n, 130, 165n

Chig. J VII 257 246n Chig. J VIII 276 225n Chig. J VIII 283 236n Chig. J VIII 284 200n, 246 Chig. L VI 205 225n Ottob. lat. 347 246 Pal. lat. 903 19n Reg. lat. 387 117n Reg. lat. 1461 244f. Reg. lat. 1878 238f. Reg. lat. 1945 237, 239f. Reg. lat. 1955 225n Reg. lat. 1988 225n Reg. lat. 1989 240, 241n, 242f. Reg. lat. 1995 203, 214, 218-221 Vat. lat. 1813 225n Vat. lat. 1816 225n Vat. lat. 2050 241f. Vat. lat. 2051 240f., 243 Vat. lat. 2060 225n Vat. lat. 3886 181-183, 194 Vat. lat. 3887 102, 126-135, 137-143, 227f. Vat. lat. 3888 246 Vat. lat. 3912 186n Vat. lat. 4440 191n Vat. lat. 7082 161, 174-180, 189f., 203-206, 209, 210n, 211-214, 218, 220, 228 Vat. lat. 8095 229n Vat. lat. 9437 229f. Vat. lat. 12504 61, 62n, 65-90, 109n, 114n, 129n Ferrara, Biblioteca Comunale Ariostea: Autografi raccolta Cittadella 2282 14n Florenz, Archivio di Stato: Fondo mediceo Avanti il Principato, filza 7, Nr. 61 Fondo mediceo Avanti il Principato, filza 7, Nr. 62 Fondo mediceo Avanti il Principato, filza 9, Nr. 331

53n 53n 53n

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REGISTER

Fondo mediceo Avanti il Principato, filza 17, Nr. 171 Fondo mediceo Avanti il Principato, filza 163, Nr. 14

149 149n

— Biblioteca Laurenziana: Gadd. 48 13n, 226n Plut. 90 sup. 44 12n, 13n, 148n, 226n Plut. 90 sup. 47 12n, 13n Strozz. 96 18n — Biblioteca Nazionale: Conv. soppr. A. V. 1365

52

— Biblioteca Riccardiana: Ms. 407 Ms. 671 Ms. 834 Ms. 913 Ms. 924 Ms. 1221/4

13n 13n 13n 13n 13n 13n

Forlì, Biblioteca Classica „Aurelio Saffi“: Fondo Piancastelli, Sezione „Autografi dal XII al XVIII secolo“, aut. 1728a 149 Fondo Piancastelli, Sezione „Autografi dal XII al XVIII secolo“, aut. 1728b 149n Göttweig, Benediktinerstift, Stiftsarchiv: U 1407 149 Harvard, University: Houghton Library, ms. lat. 298

150n

Isola Bella, Archivio Borromeo: Acquisizioni Diverse, Roma 6 maggio 1457

149

Krakau, Biblioteka Jagielloñska: Berol. Autographensammlung, Pius II., Nr. 17707 148, 164n London, British Library: Add. 12101 Add. 21517 Harl. 2677 Harl. 2683 Harl. 2731 Harl. 2768 Harl. 3976

148, 154n 77, 148 14n 14n 14n 14n 14n

Lucca, Archivio di Stato: Fondo Anziani al tempo della Libertà 532, III numerazione Madrid, Escorial: Cod. graec. 45 (R III 11)

12n 225n

Mailand, Archivio di Stato: Autografi Arcivescovi di Siena (8 ottobre 1453) 147 Carteggio Sforzesco, Roma, 50 186n, 203n — Biblioteca Ambrosiana: Z 219 sup. Melk, Stiftsbibliothek: Ms. 1799

146, 148f. 230-232

Modena, Archivio di Stato: Carteggio Principi Esteri, Roma, 1407/152 — Biblioteca Estense: Autografoteca Campori, Pius PP. II

148f.

14n

München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv: HU Freising 1441 IX 18 75n — Bayerische Staatsbibliothek: Clm. 12725 110n, 111, 113-116, 195n, 233 Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III: Ms. V G 9 9n, 235f. — Biblioteca Governativa dei Gerolamini: Ms. 220 225n Oxford, Bodleian Library: Digby 130 Digby 135 Digby 141 Digby 224 Digby 231

14n, 225n 14n, 225n 14n, 225n 14n, 225n 14n, 225n

Parma, Biblioteca Palatina: Cart. Lucca I Suppl. N 261

148, 164n

Rom, Archivio di Stato: Fondo camerale I, Spese del Maggiordomo 1348 Fondo camerale I, Tesoreria segreta 1288

209 209

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Fondo camerale I, Tesoreria segreta 1289

209

St. Petersburg, Historisches Institut der russischen Akademie der Wissenschaften: Nr. 44/25 149, 165n Savignano, Rubiconia Accademia dei Filoparidi: Cod. 33 226n Schwaz, Archiv der Tiroler Franziskanerprovinz: U 95 117n Siena, Archivio Arcivescovile: Capitolo dei canonici, serie segretaria, cartella N° 1/III, quaderno N° 2

148

— Archivio del Capitolo metropolitano di Siena: Diplomatico 1457 ottobre 8 53n — Archivio dell’Opera della Metropolitana: 60 (1862), c. 13 149 — Archivio di Stato: Balia 458, 59 Balia 489, 32 Balia 489, 59 Balia 490, 17 Balia 496, 17 Concistoro 1936, 97 Concistoro 1942, 8 Concistoro 1944, 20 Concistoro 1977, 33 Concistoro 1977, 65 Concistoro 1981, 58 Concistoro 1983, 75 Concistoro 1985, 82 Concistoro 1985, 93 Concistoro 1986, 30 Concistoro 1986, 31 Concistoro 1986, 32 Concistoro 1986, 39 Concistoro 1986, 42 Concistoro 1986, 53 Concistoro 1986, 56 Concistoro 1986, 57 Concistoro 1986, 60 Concistoro 1986, 63 Concistoro 1986, 66

164n 147, 164n 147, 164n 150 186n, 202n 86 62n 90 147 147 147, 163n 147, 164n 147 150 147, 164n, 169n 150 147, 164n 147, 164n, 170n 147, 164n 147, 164n 147, 164n 147, 164n 147, 164n 147, 164n 147, 164n

283

Concistoro 1986, 69 147, 164n Concistoro 1986, 70 147, 164n Concistoro 1986, 78 147, 164n Concistoro 1987, 18 150 Concistoro 1987, 29 150 Concistoro 1987, 36 150 Concistoro 1987, 39 147 Concistoro 1990, 83 150 Concistoro 1991, 11 150 Concistoro 1991, 19 150 Concistoro 1991, 78 147 Concistoro 1991, 79 147 Concistoro 1991, 80 150 Concistoro 1991, 82 150 Concistoro 1992, 24 150 Concistoro 1992, 25 150 Concistoro 1992, 27 150 Concistoro 2448, 1458 — novembre —4 186n Diplom. D. Ciaccheri, 1431, febbraio 28, busta n. 6 62-64 Diplom. Riformagioni c. 1244 (1433, luglio 27) 75n Diplom. Riformagioni, 1458, novembre 25 193n Diplom. Riformagioni, 1459, aprile 18 195n — Biblioteca comunale: Ms. F V 3 Ms. G III 11 Ms. G VI 1 Ms. I VIII 40 Ms. K V 2 Ms. K V 28 Ms. K VI 46 Ms. K VI 63 Ms. L III 6 Ms. X II 1 Ms. X V 4 T–ebo~, Státní Oblastní Archiv: Historica T–ebonˆ, Nr. 1682

225n 225n 225n 225n 225n 225n 225n 225n 225n 225n 225n 149

Trient, Biblioteca Comunale: Ms. 109 W Ms. 611 W

132n 31n

Triest, Biblioteca Civica: Ms. Picc. II 3 Ms. Picc. II 4 Ms. Picc. II 25

226n 226n 226n

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284 Ms. Picc. II 44

Ms. Picc. II 48

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81, 123n, 144f., 147n, 153n, 163n, 164n, 165n, 167n, 168n, 169n, 170n 123-125, 142n, 146, 156n

Turin, Biblioteca Nazionale: Ms. E III 8

225n

Venedig, Biblioteca Marciana: Marc. lat. XII 80

18n

Wien, Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: Allgemeine Akten, Nr. 148/1921 10n, 11n Teilnachlaß Rudolf Wolkan, Aeneas Silvio I 11n, 228n Teilnachlaß Rudolf Wolkan, Aeneas Silvio II 11n, 13n, 147n

— Haus-, Hof- und Staatsarchiv: Allgemeine Urkundenreihe 1447 XI 1, 1448 119n, 120-123 Reichskanzlei, Fridericiana 1, Konv. 2 119n, 120-123 — Österreichische Nationalbibliothek: 40/36-1 144n, 146, 164n 40/36-2 144n, 146n, 149 4036-3 144n, 146n Cvp. 3364 158n, 160n Cvp. 3365 158n Cvp. 3366 158n, 159n Cvp. 3367 158n Cvp. 3389 171-174, 178, 227 Yale, University Library: Thomas E. Marston, ms. 75

14n

Ortregister (s. auch Register der zitierten Handschriften und Akten)

Aachen 179n Ägäis (Egeum mare) 209n Ägypten (Egiptus) 190n, 212n Alexandria 147n Alpen (Alpes) 27, 93, 153 Amalfi 185, 223f. Ancona 27, 149n, 192n Apulia s. Kampanien Aragón 224 Armagnac s. Johann V., Gf. v. Armenien (Armenia) 189n, 212n, 213n Arezzo 21n, 29f., 49 Arras 26, 106 Aschaffenburg 181n Asien 212n, 213n Austria s. Österreich Baden (bei Wien) 151 Basel (Basileia) 13n, 25, 59-61, 62n, 65, 6770, 72, 74f., 81, 82n, 85-87, 89f., 92, 94, 106, 124, 126, 137f., 158, 165n, 168, 227, 247 Belluno 12n Bergamo 97n

Berlin 148, 235 Bithynien (Bithynia) 212n, 213n Böhmen (Bohemia) 147n, 181, 231n Bologna 11n, 12n, 21n, 31n Bozen 31n Brandenburg 127 Britannia 152 Burgund 186n; s. auch Philipp d. Gute, Hg. v. Burgund Byzanz s. Konstantinopel Cafa 213n Caldanelle 192n Capadocia s. Kappadokien Capestrano 62n Cesena 19n Chiemsee 151 Cilicia s. Kilikien Como 97n Corsignano (Corsinia, Pienza) 25, 28n, 61, 145n Cyprus s. Zypern Damaskus 212n, 213n Deutschland 27, 107n, 151n

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Egeum mare s. Ägäis Egyptus s. Ägypten Eichstätt 126n Emilia Romagna 21n, 55f. Europa 190n Faenza (Faventia/Faventinus) s. Manfredi Ferrara 21n, 22n, 54n, 57f., 186n Florenz (Florentia) 11n, 12n, 13n, 19, 21n, 22, 49, 51n, 53n, 55, 57-60, 64, 81, 84, 86, 90n, 92, 96, 148n, 166n, 206n, 208n, 226n, 245n Foligno 21n, 49 Frankfurt 105, 219 Frankreich 128n, 187, 208 Gallia Cisalpina 58n Gavre 158n Gent 158n Genua/Genueser 58n, 62, 65, 67, 213n Göttweig, 164n Gran s. Széch, Dionysius Graz 123 Großwardein s. Dominis, Iohannes de; Vitéz, Johann Harvard 150 Haschaffenburga s. Aschaffenburg Hispania s. Spanien Hungaria s. Ungarn Jerusalem 189n Imola 57n, s. auch Iohannes da Imola Italien 11, 13n, 16, 25f., 59, 64, 92, 106, 107n, 117n, 136, 177, 180, 219, 230, 232f., 236, 247 Iuvavum s. Salzburg Kärnten 175n Kaliningrad (Königsberg) 12n Kampanien 141 Kappadokien (Capadocia) 212n, 213n Kastilien, 224 Kilikien (Cilicia) 213n Köln 187 Königsberg s. Kaliningrad Konstantinopel 27, 219n Krakau 238 Lacus Curtius 243n London 13n, 62, 77 Lucca 12n, 97n, 188n

285

Lugo (Emilia Romagna) 82n Lydien (Lydia) 190n Macerata 213n Macereto 192n, 196, 200n, 201 Mailand (Mediolanum), 13n, 19n, 26, 57, 58n, 60n, 77f., 80, 82-85, 89n, 94, 97n, 106, 119, 122, 125, 126n, 132-134 Mainz 181, 187n, s. auch Dieter v. Isenburg Mantua 27, 206, 209n, 214, 219, 221n Mediolanum s. Mailand Melk 231n, 232 Meran 107n Messina (Mesana) 58n Modena 11n, 12n, 21n Neapel (Neapolis) 19n, 141, 150n, 153f., 199, 237n Nil 212n Novacivitas s. Wr. Neustadt Novara 57, s. auch Visconti, Bartolomeo Nürnberg 12n Österreich (Austria) 26, 136, 153n, 178, 180, 191n, 231n, 232, 236 Padua (Patavium) 16n, 57f., 152 Palermo 97n Paros 189, 209 Patavium s. Padua Pavia (Papia/Ticinum) 19n, 58n, 97n, 186n Perugia 11n, 21n, 49 Petriolo 185n, 192n, 199, 200n, 206n Philadelphia 190n Piacenza 97n Pienza s. Corsignano Piombino 62n Poggibonsi 123n, 142, 156 Polen 119, 120n, 131 Pontus 212n Ponza 106 Portugal 141, 186n Prag (Praga) 13n, 181 Radicofani 14n Ranshofen 113 Regensburg (Ratispona), 152f., 161, 174, 190, 219 Reggio Emilia 21n Rom (Roma, Kurie) 11n, 12n, 21n, 22, 26, 30, 57n, 59n, 61, 77n, 141n, 146n, 147n, 148n, 152f., 154n, 186n, 188, 189n, 201, 209, 213n, 223f., 225n

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286

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S. Andrea della Valle 223f. S. Croce s. Albergati, Niccolò S. Silvestro al Quirinale 224, 238n, 239n Salzburg s. Sigismund v. Volkerstorf St. Petersburg 165n Savoyen 119n, 138, 141f. Schottland (Scocia/Scotia) 26, 106, 136n, 151f. Schweiz 171 Siena (Senae) 8, 11n, 12n, 13n, 14n, 15, 21n, 25f., 28-30, 36n, 49, 52, 54f., 58n, 5962, 63n, 64f., 67f., 70, 72, 74f., 77f., 80-82, 85-87, 89-92, 99, 102, 117n, 123n, 124, 136, 138, 141, 144n, 145n, 146n, 147n, 148n, 149n, 153f., 166n, 168-170, 174, 186, 192-196, 201-203, 222-224, 225n, 229n, 233, 235 Sinop (Sinope) 204 Sion 106 Sizilien 58n Skythien (Scythia) 213n Smyrna 213n Spanien (Hispania) 189, 210, 213n Steiermark (Stiria) 231n Syrien (Syria) 212n, 213n

Wartenberg 226n Wien (Vienna) 29n, 40n, 67n, 114n, 118, 142, 146n, 171, 172n, 231n Wr. Neustadt (Novacivitas) 132, 219

Tegernsee 94n

Zypern (Cyprus) 189, 209, 211f., 220n

Thanais 213n Ticinum s. Pavia Tirol 107n Toskana 67 Trapezunt 204 Trient 31n, 171n Triest (Tergestum), 26, 62, 117n, 123-125, 138, 142, 144, 145n, 147n, 156, 165, 226n, 228n, 231n Udine 191n Ungarn (Hungaria), 231n Urbino s. Federico v. Urbino Vatikan 13n, 15, 61, 82n Venedig 19n, 54, 146n, 186n, 188, 214, 245n Verona 54n, s. auch Guarino da Verona Vienna s. Wien Viterbo 77n, 164, 167, 169

Register der modernen Autoren Auer, Leopold 119n Avesani, Rino 97f., 101n, 106-109, 230, 243 Battelli, Giulio 21n Bernetti, Giuseppe 220 Bertòla, Maria 161n, 174f. Boeckler, Johann Heinrich 158n Briquet, Charles-Moïse 97, 106, 245n Brosius, Dieter 184-186, 187n, 199 Casella, Nicola 240, 242, 243n Cencetti, Giorgio 18n Ceserani, Remo 10, 219f. Cherubini, Paolo 186n Clough, Cecil H. 150 Csapodi-Gárdonyi, Klára 246n De Fiori, Francesco 144n

Fingernagel, Andreas 146n Forner, Fabio 12n, 149n Frenz, Thomas 20n, 22, 23n, 24, 98n Fuchs, Franz 75n Glaßner, Christine 231n Gonsa, Gerhard 119n Grazioli, Giovanni 12n Groff, Silvano 31n Hartel, Wilhelm August 11n Helmrath, Johannes 10n, 94, 117n Herde, Peter 20, 22, 51n Iaria, Simona 94 Ilgen Theodor 158n Knödler, Julia 158n Kollár, Adam Franz 158n

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Koller, Gerda 11, 12n, 13n, 147n, 228n Kramer, Hans 11n, 158, 177, 219, 222, 246n Lackner, Franz 40n Lhotsky, Alphons 11 Lichacev, Nikolai 14n Liotta, Filippo 30n Märtl, Claudia 30n, 53n, 75n, 81, 149n, 150n, 186, 188n, 189, 192f., 196, 209n Manno Tolu, Rosalia 206n Mansi, Giovanni Domenico 199, 201 Metzeltin, Michael 40n Minor, Jacob 11n Mitchell, Rosamund Jocelyne 13, 58, 77n, 148n Nardi, Paolo 52n Noe, Alfred 40n Paparelli, Gioacchino 60n Pastor, Ludwig Freiherr v. 218n, 220 Petrucci, Armando 8n, 9 Pfeifer, Gustav 31n Piccard, Gerhard 97, 106n, 107, 179, 213n Rando, Daniela 31n Redlich, Oswald 10n, 11n Rose, Valentin 232, 235n Rück, Peter 24 Rüth, Martin 49-52, 55n, 64n

287

Ruggenthaler, Oliver OFM 117n Sabbadini, Remigio 242, 243n Santifaller, Leo 11n Schipke, Renate 235n Sickel, Theodor v. 11n Simonetta, Marcello 165n Steinmann, Martin 13n, 94 Stieglecker, Maria 231n Strnad, Alfred A. 15, 31n, 225n, 245 Tori, Giorgio 12n Ugurgieri della Berardenga, Curzio 58 Ullman, Berthold L. 9, 20, 21n Van Heck, Adrian 96n, 105n, 106-108, 126n, 127, 190n, 245n Voigt, Georg 94n, 154n, 199 Waitz, Georg 229n Weiss, Anton 172 Wiltschnigg, Monika 12n Wolkan, Rudolf 10, 11n, 12, 13n, 15, 30, 31n, 62n, 82, 114, 117n, 118, 124n, 138, 140, 142n, 145n, 146n, 147n, 148, 156n, 161, 190n, 227 Zdekauer, Lodovico 191n Zembrino, Anna 82, 145 Zimmerhackl, Horst 22n, 55f., 111n Zippel, Gianni 94n

Namenregister Abaelard, Petrus 17n Acherisi, Angela 34n Aeneas 26 Albergati, Niccolò, Kard. 106n Albrecht v. Bonstetten 171 Albrecht, Mkgf. v. Brandenburg 127 Albrecht VI., Erzhzg. v. Österreich 191n Alexander VII., Papst 187, 223, 235, 243n Alfons (Alphonsus) I. (V.), Kg. v. Aragón, Sizilien und Neapel 141, 153f., 228n Aliotti, Girolamo 30n Amadeus VIII., Hzg. v. Savoyen s. Felix V. Ambrosius v. Cambrai, Bf. v. Alet 196

Ammannati Piccolomini, Iacobo, Kard. 59, 186n, 186n, 189n Ancona s. Ciriaco d’Ancona Andreas, Hl. 223 Anjou s. René v. Anjou Antonio de Leo s. Leo Antonius de Sartiano 240 Arcimboldi, Niccolò degli 60n, 132 Aragazzi, Bartolomeo 7n Aretinus s. Iohannes Aretinus Assereto, Biagio 106 Aurispa, Giovanni 57 Avicenna 191n Azzolini, Advokat 12n

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288

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Barbatius, Andreas 37n Barbo, Marco, Kard. 223n Barnabeo (Barnaba) da Siena 29n Bartholomeus, Novariensis episcopus, s. Visconti Bartolo di Tura 191 Bartolomeo da Saliceto 31n, 37n, 52 Bayezid I. (Pazaites), türk. Sultan 212n Beccadelli, Antonio (Panormita) 234n, 237, 246n Benedictis, Benedictus de 37n Benzi (Sozzini), Ladia 29n Benzi, Sozino 29n Benzi, Ugo 29n, 53n Bernardino da Siena 192n Bessarion, Iohannes, Kard. 187n, 225n Biondo, Flavio 189n, 213-215 Boccaccio, Giovanni 7n, 16, 18 Bonatto, Bartolomeo 191, 200f. Bonstetten s. Albrecht v. Bonstetten Bracciolini, Poggio 7n, 18, 19n, 20, 21n, 57n, 212n Bruni, Leonardo 53n, 54n, 55n, 57n, 246n Buridanus, Iohannes 37n Bussi, Giovanni Andrea, Kard. 223n Calixt III., Papst 26, 196, 199n Calvus, Iacobus 105n Cambrai, Ambrosius v. s. Ambrosius v. Cambrai Campano, Giovanni Antonio 59n, 151, 184 Campisio, Giovanni 105n, 173 Capra, Bartolomeo 94n Capranica, Domenico, Kard. 25, 58n, 59 Carvajal, Juan, Kard. 137f., 141 Cassanus, Iohannes 204n Castiglione (Castellonius), Alfonso 225n Castro Romano, Giacomo da s. Giacomo Cesarini, Giuliano, Kard. 119f. Chigi, Familie 30n, 31, 96, 187, 223 Chigi, Fabio s. Alexander VII. Christine, Kgin. v. Schweden 224 Christus 36, 191, 199, 237n Cicero, Marcus Tullius 29n, 243n Cinturellus, Tabellarius pape 249n Ciriaco d’Ancona 18n Colonna, Landolfo 53n Cornutus s. Pseudo-Cornutus Cosimo de’ Medici s. Medici Costanzi, Antonio 19n Cressida 40n

Cristoforo di Andrea 52n Crivelli, Lodrisio 57 Curte, Sceva de s. Sceva Cusanus s. Nikolaus v. Kues Dareios (Darius), Perserkg. 212n Dieter v. Isenburg, Ebf. v. Mainz 181, 187n Dietrichstein-Proskau-Leslie, Moriz, Gf. 146n Digby, Kenelm 14n Dion Chrysostomos 235n Docci, Tommaso 62n, 92f. Dominis, Iohannes de, Bf. v. Großwardein 119, 122, 131 Eich, Johann v. s. Johann Eleonore v. Portugal 141, 186n, 188n, 192 Erasmus v. Rotterdam 17n Eugen IV., Papst 26, 59n, 62n, 96 Eusebius v. Kaisarea, Bf. 175, 190 Fabriano, Jacopo da s. Jacopo Farnese, Familie 235 Faventinus s. Manfredi Federico v. Urbino 186n, 206 Felix V. (Amadeus VIII., Hzg. v. Savoyen), Gegenpapst 26, 75n, 90, 118, 138, 141f. Ferrariis, Giovanni Matteo de 191n Ficino, Marsilio 9n, 137n Filelfo, Francesco 57-60, 132 Fonzio, Bartolomeo 23n Freising, Otto v. s. Otto v. Freising Friedrich III. v. Habsburg, Ks. 26, 59, 61, 113n, 114n, 117n, 118f., 120n, 127n, 131, 141, 154, 158n, 161n, 188n, 192, 227f., 232, 247 Galeranus Senensis 58n Gamba, Bartolomeo 144n, 146n Gazzaia, Tommaso della s. Tommaso della Gazzaia Gellius, Aulus 243n Georg de Volkerstorf 153 Gherardi da Volterra, Iacopo 181n, 189n Giacomo da Castro Romano 126 Giovanni Matteo de Ferrariis s. Ferrariis Gonzaga, Barbara 191, 200 Gregor XII., Papst 55n Griechen 248n, 249 Guarino da Verona 19n, 22n, 54, 57n, 240242, 243n Habsburg s. Friedrich III.

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Hieronymus, Hl., Kard. 13n, 175, 179f., 188, 190, 215-217 Hinderbach, Iohannes, Bf. v. Trient 31n, 132n, 171n Horatius Flaccus, Quintus 151n Jacomo da Lucca 34n Iacopo da Fabriano 240 Iacopo Gherardi da Volterra, s. Gherardi Ianus de Lusignan s. Lusignan Ianus Pannonius 40n, 234n Jehan v. Uzès, Vicomte 197f. Jeremias de Simeonibus s. Simeonibus Imola, Iohannes da, s. Iohannes Johann V., Gf. v. Armagnac 195f., 216 Iohannes Aretinus 29 Iohannes de Dominis, Bf. v. Großwardein s. Dominis Johann v. Eich, Bf. v. Eichstätt 126n Iohannes de Imola 57n Johannes v. Ragusa 13n Iohannes Spoletanus 29 Johann v. Viktring 101n, 173, 175-177, 179f., 190, 227f. Johann v. Volterra 196 Isabella (Schwester v. Johann V. v. Armagnac) 196 Isenburg, s. Dieter v. Iuvenalis, Decimus Iunius 58n, 96f., 100n, 101-103, 105, 107-109, 111, 247 Kalixt s. Calixt Kaltprunner, Justin 117n Karl VII., Kg. v. Frankreich 128n Katherina v. Alexandria, Hl. 147n Katherina v. Siena, Hl. 147n Keck, Johannes 94n Kreul v. Wartenberg, Nikolaus 226n Kues, Nikolaus v. s. Nikolaus Ladislaus Postumus, Kg. v. Ungarn u. Böhmen 9n, 15n, 126, 131-133, 147n, 181, 228n, 231, 248 Lauterbach, Johann 117 Leo, Familie 144n Leo, Antonio de 144n Lisci, Niccolò 39n Livius, Titus 29n, 237, 239 Lodovicus Siculus eques 58n Lolli, Bartolomea s. Tolomei Lolli, Goro 28, 29n, 30n, 58f., 101n, 152, 159, 225n

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Lolli, Nicolaus 28n Lovati, Lovato 16n Lucca s. Jacomo da Ludovico di Strassoldo 245 Ludwig XI., Kg. v. Frankreich 187, 208, 210, 215 Ludwig, Hzg. v. Savoyen 119n Lukian 225n Lupius, Mathias 29 Lusignan (Familie) 189, 209, 211 Lusignan, Ianus de 189n Manfredi, Guido Antonio (Astorgio II.?) 82n Maria, Jungfrau, Hl. 151, 188, 216f. Martialis, Marcus Valerius 101n, 105n, 111, 115n, 232, 234 Martin, Hl. 72 Martin V., Papst 185n Mayer, Martin 181 Medici, Cosimo d. Ä. de’ 128, 149n Medici, Piero de’ 149n Michael v. Morello 198 Mithridates VI. Eupator, Kg. v. Pontus 204n Molza, Andrea 229 Morello, s. Michael v. Muoni, Damiano 12n Niccoli, Niccolò 7n, 19n, 20, 21n, 23n, 54n, 76n, 166n Niccolò degli Arcimboldi s. Arcimboldi Nicolaus de Weissenburga 172n Nikolaus V., Papst 126n, 227, 228n Nikolaus v. Kues, Kard. 198 Noceto, Piero da s. Piero da Noceto Olesnicki, Zbigniew, Kard. 142, 228n, 238 Orosius, Paulus 101n, 175, 179f., 190 Otto v. Freising 101n, 229 Pannonius, Ianus s. Ianus Pannonius Parentucelli, Tommaso, s. Nikolaus V. Panormita s. Beccadelli, Antonio Patrizi, Agostino, Bf. v. Pienza 174, 176, 180, 187n, 189f., 203n, 204n, 213, 218n, 219, 221f. 223n, 225, 226n, 237n, 242n, 243, 244n, 246n Paul II., Papst 57, 219n Paulus, Hl. 193n Pazaites s. Bayezid I. Pecci, Pietro de’ 52n, 55n

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Petrarca, Francesco 7n, 8n, 9, 16f., 18n, 53n, 144n Petrus, Priester (Lehrer Piccolominis) 28 Pflieger, Silvester, Bf. v. Chiemsee 151 Philipp der Gute, Hzg. v. Burgund 158n, 186n, 187 Piccinino, Jacopo 153n Piccinino, Niccolò 126 Piccolomini, Familie (Wappen, Bibliothek) 14, 15, 61, 117n, 123n, 144n, 208, 222225, 226n, 234n, 235, 238f. 240n, 241, 245n Piccolomini, Andrea 222-224, 229 Piccolomini, Antonio 185, 222, 224 Piccolomini, Costanza 223f. Piccolomini, Enea Silvio 14n Piccolomini, Francesco s. Pius III. Piccolomini, Francesco Maria, Bf. v. Pienza 61 Piccolomini, Giacomo 222-224, 229 Piccolomini, Innico 224 Piccolomini, Laudomia (Schwester des Eneas) 222 Piccolomini, Nicolaus 209n Piccolomini, Pietro 155 Piccolomini, Silvia 224n Piccolomini, Silvius (Silvio, Vater des Eneas) 28, 58n Piero de’ Medici s. Medici Piero da Noceto 105n Pietro de’ Pecci, s. Pecci, Pietro de’ Pinturicchio 223 Pistoia, Sozomeno da s. Sozomeno da Pistoia Pius I., Papst 26n Pius III., Papst (Francesco Todeschini-Piccolomini) 61, 96, 144n, 146n, 222f., 225n, 229n, 235, 244n, 245n, 246n, Pius VI., Papst 61, 126n Pizolpasso, Francesco, Ebf. v. Mailand 62n, 94 Platina, Bartolomeo 59n, 151 Poggio s. Bracciolini Porcari, Stefano 246n Pseudo-Cicero 243n Pseudo-Cornutus 97 Quintilianus, M. Fabius 101n, 132n, 133f. Ragusa, Johannes v. s. Johannes v. Ragusa Rahewin 229

Regna, Bartolomeo 132, 134n René, Hzg. v. Anjou 188, 196n, 198f. Rehwein, Johannes 67n Roselli, Familie 30 Roselli, Antonio 29-31, 39, 47n Rosenberg, Ulrich v. s. Ulrich v. Rosenberg Rossetti, Domenico 123n, 144n, 145n, 146n Roverella, Familie 241f. Roverella, Bartolomeo 242n Roverella, Florio 242n Roverella, Lorenzo, Bf. v. Ferrara 186n Rumohr, Carl Friedrich v. 145n Saliceto, Bartolomeo da s. Bartolomeo da Saliceto Salutati, Coluccio 7n, 17n, 18 Sanvito, Bartolomeo 155n Sartiano, Antonius de s. Antonius de Sartiano Scala, Nicodemo della, Bf. v. Freising 75n Scaramucia s. Visconti, Giorgio Sceva de Curte 146n Scheyter, Ludwig 114 Schlick, Kaspar 53n, 119f., 122, 131 Seneca, L. Annaeus 113n Sforza, Francesco, Hzg. v. Mailand 186n, 203 Siculus, Lodovicus s. Lodovicus Sigismund, Ks. 245 Sigismund v. Volkerstorf, Ebf. v. Salzburg 153 Simeonibus, Jeremias de 191n Sixtus IV, Papst 222n Skythen (Scythae) 189n, 212n, 213n Sozomeno da Pistoia 7n Sozzini, Ladia, s. Benzi Sozzini, Mariano 29, 52-54 Spannocchi, Ambrogio 249n Spoletanus, Iohannes s. Iohannes Spoletanus Staufer, Familie 177 Stein, Wilhelm v. 12n Strabo 240-242 Strassoldo, Ludovico di s. Ludovico di Strassoldo Synesius v. Kyrene 244n Széch, Dionysius Ebf. v. Gran 119n Taddeo di Bartolo 52n Tifernas, Gregorius 235n, 240, 242n, 243 Timur Leng (Tamerlanes) 189, 212f., 220

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Tizio, Sigismondo 34n, 118n, 151n Todeschini-Piccolomini s. Piccolomini Todeschini-Piccolomini, Francesco s. Pius III. Tolomei, Familie 28n Tolomei (Lolli), Bartolomea 28 Tolomei, Francesco 224 Tommaso della Gazzaia 62n Traversari, Ambrogio 54n Troilus 40n Tura, Bartolo di s. Bartolo di Tura Türken (Turchi) 27, 180, 212n, 213n Ulrich v. Rosenberg 127, 133f., 152 Urbino, Federico v. s. Federico v. Urbino Ursula (Geliebte Ludwig Scheyters) 114 Uzès, Jehan v. s. Jehan v. Uzès, Vicomte Valla, Lorenzo 246n Valperga di Masino, Jacopo 246n Varro, M. Terentius 243 Vegio, Maffeo 106 Vergilius Maro, Publius 26, 29n Verona, Guarino da s. Guarino da Verona Vespucci, Giorgio Antonio 7n Viktring, Johann v. s. Johann v. Viktring

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Visconti, Familie 26 Visconti, Bartolomeo (Bartholomeus), Bf. v. Novara 57, 58n Visconti, Filippo Maria (Philippus), Hzg. v. Mailand 58n, 126n Visconti, Giorgio, gen. Scaramuccia (Bruder Bartolomeos) 58n Vitéz, Johann, Bf. v. Großwardein, Ebf. v. Gran 152, 161, 246n Volkerstorf, Georg de s. Georg de Volkerstorf Volkerstorf, Sigismund de s. Sigismund de Volkerstorf Volterra, Iacopo Gherardi da s. Gherardi, Iacopo Volterra, Johann v. s. Johann v. Volterra Wartenberg, Nikolaus Kreul v. s. Kreul, Nikolaus Weissenburga, Nicolaus de s. Nicolaus de Weissenburga Wladislaw III., Kg. v. Polen und Ungarn 119, 120n, 131 Wyle, Niklas 249n Xerxes, Perserkönig 212n

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INHALTSVERZEICHNIS Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

2. Zur Entstehung der humanistischen Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

3. Der Protagonist — Eneas Silvius Piccolomini . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

4. Die Schrift des Studenten — Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. J VII 252 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

5. Vom Konzil von Basel bis zum Eintritt in die Kanzlei Friedrichs — Die Briefe der 1430er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

6. Die Buch- und Glossenschrift — Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. H IV 135 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Exkurs: München, Bayerische Staatsbibliothek, clm. 12725 fol. 91r . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113

7. Die 1440er Jahre — Die ausgebildete humanistische Kursive . . . . . . .

117

8. Die 1450er Jahre — Von der Ernennung zum Bischof von Siena bis zum Pontifikat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1. Das Privatexemplar der Zweitfassung von Piccolominis „Commentarius“ über das Baseler Konzil (1451) . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2. Die Briefe der 1450er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3. Die Briefsammlung in Wien, Österreichische Nationalbibliothek, cvp. 3389 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4. Die Exzerpte und Fragmente der 1450er Jahre in Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 7082 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5. Das Konzept der „Germania“ in Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 3886 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

136 137 144 171 174 181

9. Die letzten Jahre — Der Pontifikat (1458-1464) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1. Die späten undatierten Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184 209

10. Die autographen Marginalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222

11. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247

Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

250

Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

252

Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Handschriften und Konvolute mit Autographen Piccolominis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der erhaltenen autographen Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der benützten gedruckten Werke Piccolominis . . . . . . . Andere gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

253 253 254 255 257

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294

INHALTSVERZEICHNIS

Verzeichnis der verwendeten Literatur

......................

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register der zitierten Handschriften und Akten Ortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register der modernen Autoren . . . . . . . . . . . Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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257 281 281 284 286 287

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ABBILDUNGEN

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