Die Sachsen und Napoleon: Ein Stimmungsbild 1806-1813
 9783412212049, 9783412210809

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Roman Töppel

Die Sachsen und Napoleon

Dresdner Historische Studien Herausgeber Reiner Pommerin Redaktion Manfred Nebelin Band 8

Roman Töppel

Die Sachsen und Napoleon Ein Stimmungsbild 1806–1813

2., durchgesehene Auflage

2013 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2008 2., durchgesehene Auflage 2013 © 2008, 2013 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Druck und Bindung: Prime Rate Kft., Budapest Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Hungary ISBN 978-3-412-21080-9

Meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet.

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort des Herausgebers ...........................................................................

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Danksagung..................................................................................................... 11 Einleitung ........................................................................................................ 13 1. DIE FREMDEN IM LAND 1.1. 1.2. 1.3. 1.4.

„Franzosen“ ................................................................................... Österreicher.................................................................................... Preußen ........................................................................................... Russen .............................................................................................

26 50 60 67

2. DIE ZIVILBEVÖLKERUNG 2.1. Die Besetzung Sachsens durch die Franzosen.......................... 2.2. Der Frieden von Tilsit .................................................................. 2.3. Stimmungswandel ......................................................................... 2.4. Der Krieg gegen Österreich......................................................... 2.5. Die Kontinentalsperre auf ihrem Höhepunkt .......................... 2.6. Die Stimmungsberichte der „Geheimen Polizei“ .................... 2.7. Napoleons Feldzug gegen Russland ........................................... 2.8. Die Besetzung Sachsens durch Russen und Preußen .............. 2.9. Das Scheitern des Bündniswechsels ........................................... 2.10. Die Rückkehr der Franzosen nach Sachsen .............................. 2.11. Das Ende der napoleonischen Zeit in Sachsen ........................

78 90 96 113 121 130 145 155 180 199 207

3. DIE ARMEE 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5.

Mit Preußen gegen Napoleon – 1806 ........................................ Mit Napoleon gegen Preußen – 1807 ........................................ Mit Napoleon gegen Österreich – 1809..................................... Mit Napoleon gegen Russland – 1812 ....................................... Mit Napoleon in die Niederlage – 1813.....................................

224 230 240 257 271

Zusammenfassung ......................................................................................... 300 7

Quellen- und Literaturverzeichnis ............................................................... 310 Ortsregister...................................................................................................... 352 Personenregister ............................................................................................. 355

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VORWORT DES HERAUSGEBERS

Nur zwei Jahre nach dem Frieden von Lunéville, der im Februar 1801 den zweiten Koalitionskrieg gegen Frankreich beendet hatte, setzt der Reichsdeputationshauptschluss am 25. Februar 1803 vor allem dem geistlichen Teil der Reichsstände ein jähes Ende. Ein Jahr später errichtet Kaiser Franz II. das Kaisertum Österreich. Die Bindung an das Haus Habsburg und Österreich und somit die traditionelle Ausrichtung der sächsischen Außenpolitik an den Reichsgedanken geht somit verloren. Eine engere Anlehnung von Kursachsen an Preußen ist die Folge. Auf den Schlachtfeldern von Jena und Auerstedt erleidet daher nicht allein die preußische, sondern auch die mit ihr verbündete sächsische Armee durch Napoleon Bonaparte eine vernichtende Niederlage. Kursachsen wird vom 15. bis 24. Oktober 1806 durch französische Truppen und Verbände der Rheinbundstaaten besetzt. Am 25. Oktober marschieren Besatzungstruppen aus Bayern ein. Doch bereits im Dezember 1806 schließen Frankreich und Kursachsen den Vertrag von Posen, der das Land in den Rheinbund führt. Aus dem bisherigen sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. wird, gleichsam von Napoleons Gnaden, König Friedrich August I. von Sachsen. Der Bündniswechsel Sachsens von der Seite der Allianz auf die Seite Napoleons und die sich anschließende Einbeziehung der sächsischen Armee in die weiteren napoleonischen Kriege ist bisher nicht unter Einbeziehung der öffentlichen Meinung und Propaganda betrachtet worden. Roman Töppel sucht in seiner Arbeit die Stimmung der sächsischen Bevölkerung zu ergründen, die sich ganz unvermittelt mit verschiedenen von der Politik bestimmten Bündnispartnern Sachsens konfrontiert sah. Besonderes Augenmerk gilt der Wirkung der Königwerdung ihres Monarchen aus französischer Hand sowie dem Engagement ihres Landes an der Seite der französischen Großmacht auf die sächsische Bevölkerung. Die Konzentration der Arbeit nicht allein auf die politische Führung und die Entscheidungssituationen, sondern auf die Stimmung und Einstellung der Bevölkerung angesichts der sich so schnell wandelnden politischen Verhältnisse signalisiert den in der Geschichtswissenschaft, vor allem auch in der Militärgeschichtsschreibung, zu verzeichnenden Wandel, mehr über die Betroffenheit und die Gefühle der zu diesem Zeitpunkt 9

lebenden Menschen zu erfahren. Dass dazu auch bei der Erfassung und Auswertung von Quellen ganz neue Wege gegangen werden müssen, belegt Töppels Arbeit höchst eindrucksvoll. Wie alle übrigen, bisher in der Reihe Dresdener Historische Studien vorgelegten Bände, so verdankt auch dieser Band seine Drucklegung Sponsoren, die wissen, wie chancenlos ein Nachwuchswissenschaftler der „Generation Projekt“ bleibt, wenn seine Forschungsleistung nicht in Buchform erscheint und somit nachvollziehbar ist. Schließlich danke ich noch ganz besonders Herrn Heinz W. Pfeifer sowie dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt, welches seit seiner Gründung vor 50 Jahren stets ein großes Interesse auch an der Militärgeschichte der verschiedenen deutschen Territorien zeigt, und seinem Amtschef Herrn Oberst Dr. Hans Ehlert für die Ermöglichung der Drucklegung.

Dresden, im Sommer 2008

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Reiner Pommerin

DANKSAGUNG

Bei einem Dissertationsprojekt, das sich über mehrere Jahre erstreckt, wird die Liste von Personen, denen man in irgendeiner Weise zu Dank verpflichtet ist, zwangsläufig sehr lang. Ich möchte mich deshalb auf die wichtigsten Begleiter dieses Projekts beschränken und bitte alle um Verständnis, deren Namen ich nicht erwähnt habe. In erster Linie gilt mein Dank dem Betreuer meiner Arbeit und dem Herausgeber der Reihe Dresdner Historische Studien, Herrn Prof. Dr. Reiner Pommerin. Dieser Dank soll weit mehr sein als die obligatorische Nennung, die von jedem Doktoranden bei der Veröffentlichung seiner Arbeit erwartet wird, denn Herr Prof. Pommerin hat mir bei der Wahl meiner Themen stets freie Hand gelassen, sodass ich diese nach meinen Interessen festlegen konnte. Dies ist durchaus nicht selbstverständlich, wie ich während meiner Studienzeit von Kommilitonen erfahren musste, die von ihren Betreuern Themen vorgeschrieben bekamen oder ihre Ideen so stark ändern mussten, dass sie am Ende selbst nicht mehr vollauf mit ihren Arbeiten zufrieden waren. – Ein besonderer Dank geht auch an Herrn Prof. Dr. Karlheinz Blaschke, denn seine Vorlesungen haben mein Interesse an sächsischer Landesgeschichte erst geweckt. Für fachliche Unterstützung, Anregungen und Hinweise danke ich vor allem Frau Dr. phil. habil. Sonja Koch, Herrn Prof. Dr. Rudolf Jenak, Herrn Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Herrn Prof. Dr. Reiner Marcowitz, Herrn PD Dr. Manfred Nebelin, Frau Prof. Dr. Martina Schattkowsky und Herrn Dr. André Thieme. Für die freundliche Hilfe bei der Quellensuche danke ich Frau Marina Wuttke vom Stadtarchiv Bischofswerda, Herrn Siegfried Hoche vom Ratsarchiv Görlitz sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sächsischen Staatsarchivs – Hauptstaatsarchiv Dresden, des Dresdner Stadtarchivs und der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Herrn Horst-Hermann Süßmilch bin ich sehr dankbar, dass er mir freundlicherweise erlaubte, die privaten Tagebücher seines Vorfahren, des Stadtschreibers und späteren Bürgermeisters von Bischofswerda, einzusehen. Für die finanzielle Unterstützung bei der Drucklegung der Erstauflage dieser Arbeit danke ich dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt Pots11

dam (heute Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) und seinem vormaligen Amtschef, Herrn Oberst Dr. Hans Ehlert. Der Mühe des Korrekturlesens unterzogen sich mein Vater Joachim Töppel, meine Frau Virginie und Jörg Wolf. Dafür sei ihnen an dieser Stelle ebenfalls herzlich gedankt. – Für Ratschläge oder einfach nur fruchtbare und ermutigende Gespräche danke ich zudem meinen Freunden Sarah K. Reader und Daniel Ristau. Bedanken möchte ich mich auch bei den Lesern der Erstauflage dieses Buches. Ihr Interesse und die zahlreichen positiven Reaktionen haben dazu geführt, dass nun eine zweite Auflage erscheint. Der Böhlau-Verlag hat mir ermöglicht, Korrekturen einzuarbeiten und das Buch durch ein Orts- und Personenregister zu ergänzen. Auch dafür ein Dankeschön! Den größten Dank schulde ich meinen Eltern – deshalb ist ihnen dieses Buch gewidmet.

München, im Februar 2013

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Roman Töppel

EINLEITUNG

Als Europa am Ende des 18. Jahrhunderts von den Auswirkungen der Französischen Revolution erfasst und in eine mehr als 20 Jahre dauernde Phase von Kriegen hineingerissen wurde, regierte in Sachsen Kurfürst Friedrich August III. Er war 1750 geboren worden und hatte 1763 unter der Vormundschaft seines Onkels, des Prinzen Xaver, die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Friedrich Christian angetreten. 1768 hatte er die Regierung selbst übernommen und es geschafft, das Land aus der schweren wirtschaftlichen Krise zu führen, in die es der Siebenjährige Krieg (1756-1763) gestürzt hatte. Friedrich August war ein konservativer Herrscher. Sein späterer Generaladjutant Karl Wilhelm Ferdinand von Funck hat ihn in seinen Erinnerungen als einen scharfsinnigen, mit festem Willen und Selbstbeherrschung ausgestatteten, streng gewissenhaften Mann beschrieben, der mutig, ordnungsliebend und äußerst gerecht gewesen sei. Andererseits hat Funck aber auch Charaktereigenschaften wie Schwerfälligkeit in der Entscheidungsfindung, Skeptizismus und Fatalismus genannt.1 Diese Beschreibung deckt sich mit Charakterisierungen des Kurfürsten, die in jüngerer Zeit entstanden sind.2 Friedrich August III. entsprach den zeitgenössischen Vorstellungen eines „guten“ Regenten: Er hatte kein Verlangen nach persönlichem Ruhm oder Prachtentfaltung und war sparsam, was seinem Land nach den Zerstörungen des Siebenjährigen Krieges besonders zugute kam. Im außenpolitischen Kräftespiel der Mächte war er bemüht, Neutralität zu bewahren und im Rahmen der Verfassung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zu handeln. Dennoch geriet auch Sachsen am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Strudel der kriegerischen Ereignisse, die mit der Französischen Revolution ihren Anfang nahmen. 1806 wurde Sachsen von französischen Truppen besetzt, verbündete sich wenig später mit Frankreich und wurde von Napoleon zum Königreich erhoben. In den Jahren 1807-1813 musste die sächsische Armee an Bonapartes Feldzügen gegen Preußen, Österreich und Russland teilnehmen. Sachsen war in dieser Zeit ein wichtiges Durchmarschgebiet 1 2

Brabant, Im Banne Napoleons, S. 15, 22-24, 26 f., 33, 41 u. 58. Vgl. insbesondere Petschel, Die Persönlichkeit.

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der napoleonischen Heere. 1813 wurde das Land sogar der Hauptkriegsschauplatz der Befreiungskriege. Die vorliegende Untersuchung widmet sich den Kriegslasten, die Sachsen in den Jahren 1806-1813 zu tragen hatte, ihrer Wahrnehmung und ihrem Einfluss auf die Stimmung der sächsischen Bevölkerung und der sächsischen Armee. Im Gegensatz zu vielen älteren Untersuchungen, die als „Franzosenzeit“ in Sachsen die Jahre 1806-1815 bezeichnen, stehen im Mittelpunkt der Analyse lediglich die Jahre 1806-1813. Auf die Zeit bis zur Rückkehr des sächsischen Königs aus der preußischen Gefangenschaft im Juni 1815 wird nur ein Ausblick erfolgen. Streng genommen endete die „Franzosenzeit“ bereits 1813, mit dem Rückzug der Franzosen aus Sachsen nach der Völkerschlacht bei Leipzig. Von Ende 1813 bis Mitte 1815 war Sachsen von Russen, später von Preußen besetzt. Die Untersuchung der Stimmung in dieser Zeit und die Überprüfung der von Bernhard Lange vorliegenden Ergebnisse3 bleibt ein Desiderat der Forschung, dem künftig eine eigene Arbeit gewidmet werden muss. Geografisch beschränkt sich die vorliegende Studie auf Kursachsen bzw. das spätere Königreich Sachsen als politischer und kulturell gewachsener Einheit. Die ernestinischen Herzogtümer werden nicht berücksichtigt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte das Kurfürstentum Sachsen etwa zwei Millionen Einwohner.4 Es war in sieben Kreise gegliedert: den Wittenberger, den Thüringischen, den Meißnischen, den Leipziger, den Vogtländischen, den Neustädter und den Erzgebirgischen Kreis.5 Jeder der sieben Kreise wurde von einem Kreishauptmann verwaltet. Daneben gehörten weitere Gebiete zu Sachsen, die eine Sonderstellung mit verschiedenen, mehr oder weniger ausgedehnten Privilegien bewahrt hatten, wie z. B. die beiden Lausitzen, aber auch die Stifte Meißen, Merseburg und Naumburg-Zeitz sowie mehrere Graf- und Herrschaften. Die Kreise und die übrigen Gebiete waren wiederum in Ämter unterteilt, die jeweils einem Amtshauptmann unterstanden. Die Amtshauptleute waren Justiz-, Verwaltungs- und Steuerbeamte zugleich. An der Spitze der sächsischen Staatsverwaltung stand das Geheime Kabinett. Es war in drei Departements (Inneres, Äußeres und Militär)

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Lange, Die öffentliche Meinung, S. 114-197. Blaschke, Bevölkerungsgeschichte, S. 125; Schirmer, Der Bevölkerungsgang, S. 58. Einen guten Überblick über die Gliederung und Verfassung Sachsens zu Beginn des 19. Jahrhunderts bietet Meyer, Der sächsische Landtag, S. 1-22.

gegliedert, die je einem Kabinettsminister unterstanden.6 Die anderen Behörden des Landes waren dem Geheimen Konsilium untergeordnet, das in sieben Departements unterteilt war; diese wurden von Wirklichen Geheimen Räten oder Konferenzministern geleitet. Das Geheime Finanzkollegium, das unter persönlicher Leitung des Kurfürsten stand, verwaltete die Gelder, die nicht von der Bewilligung der Stände abhängig waren, z. B. Erträge aus Zöllen, Regalien und Akzisen. Die Grundabgaben mussten dagegen von den Ständen im Landtag bewilligt werden; ihre Regelung oblag dem Ober-Steuer-Kollegium. Die größte Stadt Sachsens war die Residenzstadt Dresden; sie zählte im Jahre 1806 etwa 55.700 Einwohner.7 Das geistige Zentrum des Landes war jedoch Leipzig, das auch die wichtigste Handelsstadt war. Deshalb wird in der vorliegenden Untersuchung den Ereignissen in Leipzig immer wieder besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Forschungsstand Die vorliegende Studie geht der Frage nach, wie sich die Stimmung der sächsischen Bevölkerung und des sächsischen Militärs in den Jahren 18061813 entwickelte und durch welche Kriegsereignisse und Kriegslasten sie besonders stark beeinflusst wurde. Obwohl die napoleonische Zeit in Sachsen vor allem in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts große Aufmerksamkeit erfuhr, liegen nur sehr wenige Arbeiten vor, die sich mit der Wahrnehmung von Kriegslasten und der Stimmung der Bevölkerung in jenen Jahren auseinandersetzen. Das Hauptinteresse der Historiker galt den politischen und militärischen Ereignissen. Anfang des 20. Jahrhunderts erschienen zwei Dissertationen über die „öffentliche Meinung“ in Sachsen in der napoleonischen Zeit. Es handelt sich um eine Arbeit von Paul Rühlmann8, die Jahre 1806-1812 betreffend, und ein daran anschließendes Werk von Bernhard Lange9, das die Jahre 1813-1815 in den Mittelpunkt der Betrachtungen rückt. Beide Darstellungen sind bis heute die einzigen umfangreichen wissenschaftlichen Arbeiten zur Thematik und verdienen noch immer, als solche gewürdigt zu werden. Es wäre ungerecht, sie aufgrund der zur Zeit ihres Erscheinens deutlich niedrigeren Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit pauschal herabzuset6 7 8 9

Vgl. ausführlich zum Geheimen Kabinett: Hahlweg, Die Grundzüge. Keyser, Deutsches Städtebuch, Bd. 2, S. 50. Rühlmann, Die öffentliche Meinung. Lange, Die öffentliche Meinung.

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zen. Allerdings weisen beide Arbeiten aus heutiger Sicht einige wesentliche Mängel auf, die eine Neubetrachtung des Untersuchungsgegenstandes unbedingt notwendig erscheinen ließen. Bereits die von beiden Autoren verwendete Begrifflichkeit „öffentliche Meinung“ wirft Fragen auf. Rühlmann und Lange haben unter dem Begriff sowohl das zusammengefasst, was auch heute noch öffentliche Meinung genannt wird, als auch die Stimmung der Bevölkerung. Auf die heute gültigen Begrifflichkeiten wird weiter unten noch näher einzugehen sein; bereits jetzt soll aber festgehalten werden, dass die geringe Trennschärfe zwischen der tatsächlichen Stimmung der Bevölkerung und der in den offiziellen und offiziösen Publikationen geäußerten öffentlichen Meinung in die Irre führen kann – und sowohl Rühlmann als auch Lange in ihren Arbeiten an mancher Stelle in die Irre geführt hat. Ein weiteres großes Manko beider Arbeiten ist ihre verhältnismäßig schmale Quellengrundlage: Besonders Rühlmann konnte oftmals nur holzschnittartig von der Haltung einiger ausgewählter Intellektueller auf die Meinung der Masse der Bevölkerung schließen, und auch Lange hat sich an manchen Stellen mit recht allgemein gehaltenen Bemerkungen begnügen müssen, ohne genauer differenzieren zu können. Die zahlreichen veröffentlichten Quellen, Memoiren und die ältere Sekundärliteratur zu Sachsen in der napoleonischen Zeit hat bislang noch niemand auch nur annähernd erschöpfend ausgewertet.10 Für die vorliegende Untersuchung wurde dies getan. Dabei muss man Rühlmann, Lange und auch allen anderen älteren Autoren zugute halten, dass es erst seit einigen Jahrzehnten umfangreiche gedruckte bibliografische Hilfsmittel, und erst seit einigen Jahren elektronische Datenbanken gibt, die jedem Wissenschaftler die Quellen- und Literatursuche erheblich erleichtern. Davon abgesehen weisen die Arbeiten von Rühlmann und Lange weitere Mängel auf. So hat Rühlmann sein Blickfeld auf die sächsische Zivilbevölkerung beschränkt und der Stimmung des sächsischen Militärs fast keine Beachtung geschenkt. Sowohl bei Rühlmann als auch bei Lange ist außerdem eine systematische Analyse der Wahrnehmung von Kriegslasten und des Verhaltens der fremden Truppen in Sachsen unterblieben. Erst eine solche ermöglicht jedoch, die tieferen Ursachen von Stimmungen und ihrem Wandel zu verstehen; sie soll deshalb in der vorliegenden Arbeit nachgeholt werden. 10

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Dazu muss angemerkt werden, dass der überwiegende Teil der gedruckten Quellen und Memoiren bereits zur Zeit der Entstehung der Arbeiten von Rühlmann und Lange vorlag.

Außerdem ist sowohl in Rühlmanns als auch in Langes Arbeit der starke Einfluss der damaligen preußenzentrierten, nationalistischen Geschichtsschreibung nicht zu verkennen. Beide Autoren konnten sich von ihren Wirkungen nicht völlig frei machen, was in manchen ihrer Argumentationen spürbar wird. Zur Stimmung der Bevölkerung in der napoleonischen Zeit liegen insgesamt nur wenige Arbeiten vor. Das gilt nicht nur für Sachsen, sondern auch für die anderen deutschen Staaten. Viele der Studien beschränken sich zudem auf die obrigkeitliche Wahrnehmung.11 In der vorliegenden Arbeit soll hingegen sowohl die Sicht „von oben“ als auch die Sicht „von unten“ untersucht werden. Dafür steht eine Vielzahl von Quellen zur Verfügung, auf die im Folgenden etwas näher eingegangen werden soll.

Quellenlage Als Primärquellen wurden hauptsächlich Tagebücher, Briefe, Memoiren, Bekanntmachungen, zeitgenössische Literatur (z. B. Reisebeschreibungen) und die Stimmungsberichte der „Geheimen Polizei“ aus den Jahren 1812 und 1813 untersucht. Letztere sind besonders für die obrigkeitliche Sicht hervorzuheben.12 Sie wurden zwar punktuell schon von Rühlmann und Lange herangezogen, und in jüngerer Zeit hat sich auch Rudolf Jenak mit ihnen beschäftigt.13 Aber eine umfassende und systematische Auswertung dieser höchst aufschlussreichen Dokumente war bislang noch nicht erfolgt – und dies, obwohl es sich um einen übersichtlichen Bestand aus dem Sächsischen Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden (HStA Dresden) handelt. Eine weitere bemerkenswerte Quelle für die obrigkeitliche Sicht ist der Nachlass des Geheimen Rats Wilhelm August von Just. Dieser war nicht nur Zeremonienmeister und als solcher für die Audienzen beim König zuständig, sondern auch ein enger Vertrauter des Grafen Camillo Marcolini, der Grauen Eminenz am Dresdner Hof. Der König betraute Just immer wieder mit diplomatischen Aufträgen, machte ihn 1812 zum Stell11

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So beispielsweise Schmidt, Das Großherzogtum Berg (Kapitel über die „öffentliche Meinung“: S. 304-342); Kandil, Sozialer Protest (ebenfalls Großherzogtum Berg); Owzar, Eine Nation (Königreich Westfalen). HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1, Loc. 1430/5; Bd. 2, Loc. 1430/6; HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087. Jenak, Der Tugendbund [Ms.].

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vertreter in den Fragen der „Geheimen Polizei“ und ernannte ihn Anfang 1813 zum Gesandten in Paris.14 Just war somit nicht nur sehr einflussreich, sondern verfügte auch über umfangreiche Informationen zum Geschehen am Hof und im Land. Sein Nachlass ist deshalb eine Fundgrube, die bisher jedoch kaum beachtet, geschweige denn ausgewertet wurde.15 Als Beispiel für eine gedruckte Quelle, in der die obrigkeitliche Sicht besonders deutlich wird, sind die veröffentlichten Briefe des Geheimen Finanzrats Joseph Friedrich von Zezschwitz hervorzuheben.16 Zezschwitz hatte eine recht hohe Stellung im Staatsdienst inne: In Zeiten der Abwesenheit des Königs gehörte er zur „Immediatkommission“, die mit den laufenden innenpolitischen Regierungsgeschäften betraut wurde. Aus dem breiten Spektrum der Memoirenliteratur können für die obrigkeitliche Sicht die Erinnerungen des Kabinettsministers der auswärtigen Verhältnisse, Friedrich Christian Ludwig Graf Senfft von Pilsach, angeführt werden.17 Diese sind allerdings stark verklärt, worauf im Laufe dieser Arbeit noch näher eingegangen wird. Als gute Ergänzungsquelle für die obrigkeitliche Sicht sind weiterhin die zeitgenössischen Bekanntmachungen der Regierung und der staatlichen Behörden zu nennen, die auf die öffentliche Ruhe und Ordnung oder auf die Kriegsereignisse Bezug nehmen. Eine große Fülle solcher Publikationen liegt im Original in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) vor.18 Ein Teil wichtiger Bekanntmachungen findet sich auch in der Literatur. Hier ist ganz besonders die Arbeit von Maximilian Poppe zu würdigen.19 Für die Sicht „von unten“ stehen zahlreiche veröffentlichte und unveröffentlichte Briefe und Tagebücher sowie Memoiren zur Verfügung. Letztere sind bekanntermaßen oftmals stark idealisiert und müssen einerseits quellenkritisch besonders genau untersucht werden.20 Andererseits macht der Einfluss der Geschichtsschreibung, der in vielen Erinnerungen 14

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Vgl. zu Just: Roman Töppel, Just, Wilhelm August Freiherr von, in: Sächsische Biografie (siehe Internetquellen); zur Organisation der „Geheimen Polizei“ vgl. Töppel, Der Staat. SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, 12 Bde., 1775-1824, Msc.Dresd.h.38. Zezschwitz, Mittheilungen. Senfft von Pilsach, Mémoires. Vgl. dazu die Rubrik „Zeitgenössische Bekanntmachungen und Flugschriften“ im Quellen- und Literaturverzeichnis dieser Arbeit. Poppe, Chronologische Uebersicht. Zu Problemen der Selbstzeugnisforschung vgl. beispielsweise Brändle, Texte.

deutlich wird, diese Quellengattung besonders interessant und untersuchungswürdig. Die Erinnerungsschriften widerspiegeln zudem ein breites Spektrum an politischen Einstellungen: Und zwar liegen sowohl Memoiren von überzeugten Anhängern der Preußen als auch der Franzosen vor – und auch Schriften von Zeitzeugen, deren Gesinnung irgendwo dazwischen anzusiedeln war. Die Entscheidung, neben den Archivalien aus dem HStA Dresden und der SLUB auch Quellenmaterial aus den Stadtarchiven in Bischofswerda, Dresden und Görlitz einzusehen, hing mit der besonderen Bedeutung zusammen, die diese drei Städte für die vorliegende Untersuchung haben. Die Stadt Bischofswerda erlangte traurige Berühmtheit, weil sie im Jahre 1813 von plündernden französischen Soldaten fast vollständig niedergebrannt wurde. Die Recherche im Stadtarchiv Bischofswerda förderte zwar nur wenig brauchbares Material zutage. Durch die freundliche Hilfe der Stadtarchivarin gelang es aber, eine der Hauptquellen zu den Ereignissen ausfindig zu machen, und zwar das heute in Privatbesitz befindliche Originaltagebuch des damaligen Stadtschreibers und späteren Bürgermeisters von Bischofswerda, Heinrich Gottlob Süßemilch. Der heutige Besitzer war bereit, dieses Dokument für die vorliegende Arbeit zur Verfügung zu stellen.21 Im Stadtarchiv Dresden fand sich mit dem Tagebuch des Dresdner Finanzsekretärs Karl August Helbig eine Quelle, der einige neue Erkenntnisse über die Sprengung der Dresdner Elbbrücke zu verdanken sind.22 Dieses Ereignis rief im März 1813 in ganz Sachsen große Empörung hervor und hatte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Stimmung der Bevölkerung. Görlitz ist für die vorliegende Untersuchung besonders interessant, weil sich in dieser Stadt und ihrer Umgebung im Jahre 1813 ständig große Truppenmassen konzentrierten. Infolgedessen hatten Görlitz und sein Umkreis außerordentlich große Kriegslasten zu tragen.23 Das im Ratsarchiv Görlitz befindliche Tagebuch des Buchhändlers Christian Gotthelf Anton erwies sich in der Tat auch als eine der besten Quellen für die Sicht „von unten“. Auf Besuche in weiteren sächsischen Archiven, die sicherlich noch eine Fülle von Material erbracht hätten, musste aus Zeitgründen verzichtet werden. 21 22 23

Süßemilch, Tagebücher, Originale im Besitz von Herrn Horst-Hermann Süßmilch, Bonn. Stadtarchiv Dresden, Helbig’s Dresdner Tagebuch, Bd. 1, Hs.Hist.Dresd.31. Vgl. ausführlich dazu: Jecht, Görlitz.

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Die Mehrheit der archivalischen Quellen, die für diese Arbeit herangezogen wurden, stammt aus dem HStA Dresden. Dieses Archiv ist nicht nur eine Fundgrube für Quellen zur Stimmung der Zivilbevölkerung, sondern auch des sächsischen Militärs. Hier muss besonders auf den Bestand „Militärgeschichtliche Sammlung“ hingewiesen werden, dessen vollständige Auswertung überaus ergiebig war.24 Die in dieser Sammlung befindlichen Tagebücher und Briefe konnten das Bild, das aus den gedruckten Quellen und Erinnerungen gewonnen wurde, ganz wesentlich ergänzen. Das gilt auch für unveröffentlichte oder nur teilweise veröffentlichte Dokumente, die sich in der SLUB befinden.25 Als wenig relevant haben sich zeitgenössische Periodika und Bildquellen (z. B. Karikaturen) erwiesen, da in ihnen lediglich die öffentliche Meinung zum Ausdruck kommt. Diese ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung, sondern die tatsächliche Stimmung der Bevölkerung. Auf die begriffliche Differenzierung zwischen „öffentlicher Meinung“ und „Stimmung“ wird noch einzugehen sein. Von der Dichte der Überlieferung her liegt der Schwerpunkt eindeutig auf dem Jahre 1813. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Sachsen 1813 Kriegsschauplatz wurde. Die Kriegsereignisse, insbesondere die Völkerschlacht bei Leipzig, haben zudem eine große Fülle von Jubiläumswerken entstehen lassen. Über die quellenmäßig weniger gut abgedeckten Jahre der napoleonischen Zeit in Sachsen, insbesondere das Jahr 1806, sind deshalb in Zukunft noch weitere Forschungen wünschenswert.

Formale Bemerkungen Die Orthografie zeitgenössischer Titel wurde im Literaturverzeichnis vom jeweiligen Original übernommen. Bei Quellenzitaten wurde sie jedoch der besseren Lesbarkeit halber modernisiert, ebenso die Interpunktion. Der Verfasser ist dabei einem Vorschlag von Johannes Schultze zur Edition von Quellen zur neueren deutschen Geschichte gefolgt.26 Obwohl sich Schultzes Richtlinien bei der Herausgabe wissenschaftlicher Quelleneditionen nicht vollständig durchsetzen konnten und stattdessen oft großer 24 25

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HStA Dresden, Militärgeschichtliche Sammlung, Bestandsnummer 11372. Neben dem bereits erwähnten Nachlass des Hofzeremonienmeisters Freiherr von Just, in dem sich auch Privatbriefe einiger sächsischer Offiziere finden, sei hier ganz besonders auf die Tagebücher von Ferdinand Heinrich August von Larisch hingewiesen (SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m). Schultze, Richtlinien, S. 3 u. 10.

Wert auch auf die originalgetreue äußere Form von Texten gelegt wird27, erscheint die orthografische Modernisierung von Quellenzitaten hier legitim. Da es sich bei der vorliegenden Arbeit weder um eine Quellenedition noch um eine sprachwissenschaftliche Untersuchung handelt, würde die Wiedergabe der damals üblichen Rechtschreibung und Interpunktion keinen Erkenntnisgewinn bringen. Eine Ausnahme bilden nur ausgefallene, mundartliche Wörter; diese wurden wie im Original geschrieben. Die Schreibweise russischer Eigennamen wurde im Quellen- und Literaturverzeichnis gemäß der Vorlage übernommen; im Textteil wurde hingegen die wissenschaftliche Transliteration beachtet. Davon ausgenommen ist lediglich Zar Alexander, bei dem als bedeutender historischer Persönlichkeit die wissenschaftliche Transliteration (Aleksandr) unüblich ist. Bei militärischen Dienstgraden hat sich der Verfasser an die seinerzeit gebräuchlichen Bezeichnungen und Schreibweisen gehalten. Die aus dem Französischen stammenden Dienstgrade Souslieutenant, Premierlieutenant und Capitaine wurden in der sächsischen Armee meist in der teilweise verdeutschten Form geschrieben: Sousleutnant, Premierleutnant und Kapitän; diese Rechtschreibung wurde in der Arbeit übernommen. Das Quellen- und Literaturverzeichnis wurde wegen der besseren Übersichtlichkeit in verhältnismäßig wenige Kategorien unterteilt. Insbesondere wurden gedruckte Quellen, Erinnerungen und zeitgenössische Literatur zusammengefasst. Eine strikte Trennung wäre nur schwer vorzunehmen gewesen, da einige Quellen mehreren Kategorien zugeordnet werden können – sie enthalten sowohl Memoiren als auch Briefe oder Tagebücher.28 Bei anderen Publikationen wie z. B. der 1815 erschienenen Schrift „Briefe aus Sachsens unglücklichster Periode“ ist hingegen nicht festzustellen, ob es sich um authentische Dokumente oder um eine offiziöse Darstellung mit erfundenen Briefen handelt.

Methodische Bemerkungen Sämtliche Tagebücher, Briefe und Memoiren sowie die Stimmungsberichte der „Geheimen Polizei“ wurden einer systematischen Analyse unterzogen und auf folgende Fragen hin untersucht: Welche Kriegslasten sind darin beschrieben? Welche Ausführungen zur Stimmung finden sich? Was 27 28

Vgl. dazu Heinemeyer, Richtlinien. Beispielsweise Scheffer, Leipzig 1813.

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wird über das Verhalten der fremden Truppen konkret ausgesagt? Bei letzterer Frage wurden jeweils alle positiven und negativen Bemerkungen über Franzosen, Österreicher, Preußen und Russen gesammelt. Gleichzeitig wurden sämtliche Begründungen für die jeweils positive oder negative Wahrnehmung herausgearbeitet. Selbstverständlich wurden die zahlreichen Aussagen nach dem Wert und der Glaubwürdigkeit der jeweiligen Quelle geordnet und gewichtet. Von vorn herein musste davon ausgegangen werden, dass eine umfassende quantitative Auswertung der Quellen ebenso notwendig sein würde wie die qualitative Analyse. Ein ausgewogenes Gesamtbild konnte nur durch die Prüfung möglichst vieler Einzelaussagen gewonnen werden, weil die Stimmung der Bevölkerung zu einem großen Teil von ganz persönlichen Erfahrungen beeinflusst wurde. Die Zugehörigkeit einer Person zu einem bestimmten Gesellschaftskreis sagt z. B. nichts über ihre politische Einstellung aus. So fanden sich unter den sächsischen Freimaurern sowohl Anhänger als auch Gegner Napoleons.29 Ebenso wenig aussagekräftig für die politische Haltung einer Person war ihr gesellschaftlicher Umgang. Der später unter dem Pseudonym Friedrich Laun als Romanschriftsteller bekannt gewordene Dresdner Beamte Friedrich August Schulze berichtet in seinen Erinnerungen, dass sich im Hause eines Professors der Dresdner Kunstakademie seinerzeit Vertreter aller politischen „Parteien“ zu Abendgesellschaften getroffen hätten; bei diesen geselligen Zusammenkünften sei aber nicht über politische Angelegenheiten gesprochen worden.30 Ähnlich sei es auch im Hause des Dresdner Appellationsrats Christian Gottfried Körner, dem Vater des berühmten Dichters Theodor Körner, gewesen: „Im [...] Körnerschen Hause trafen ebenfalls Politiker von jeder Farbnuance zusammen, ohne sich darüber laut und unpassend gegen einander auszusprechen.“31 Einer von Körners Freunden war z. B. der sächsische Offizier Johann Adolph von Thielmann, der bis 1812 zu den glühenden Verehrern Napoleons zählte.32 Obwohl diese politische Einstellung der von Körner völlig entgegengesetzt war, blieb die Freundschaft zwischen den beiden Männern bestehen.33

29 30 31 32

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Vgl. dazu beispielsweise Kranke, Freimaurerei, S. 24-32. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 206 f. Ebd., S. 206. Thielmann war bürgerlicher Herkunft, wurde aber 1812 geadelt. Dementsprechend wird der Namenszusatz „von“ in dieser Arbeit bei Erwähnungen Thielmanns vor 1812 weggelassen. Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 104.

Auch der Leipziger Buchhändler Georg Joachim Göschen war sowohl mit Anhängern der Franzosen (wie dem Dresdner Gelehrten Karl August Böttiger und dem Weimarer Schriftsteller Christoph Martin Wieland) als auch mit Gegnern Napoleons (z. B. dem Dichter Johann Gottfried Seume und Christian Gottfried Körner) befreundet.34 Als Beispiel aus dem Militär soll noch der sächsische General Heinrich Wilhelm von Zeschau angeführt werden. Ihn verband eine enge Freundschaft mit dem berühmten preußischen Reformer Gerhard von Scharnhorst.35 Diese hatte jedoch keinen Einfluss auf die politische Haltung Zeschaus und die Treue zu seinem König Friedrich August I., der bis zuletzt am Bündnis mit Napoleon gegen Preußen festhielt. Gruppenzugehörigkeit, soziale Bindungen und politische Meinung bedingten sich also nicht zwingend, sodass der vorliegenden Untersuchung eine möglichst breite empirische Basis zugrunde gelegt werden musste. Neben der systematisch-analytischen Auswertung der meist subjektiven Quellen wurden einige, für die Stimmung der Zivilbevölkerung und des Militärs wichtige politische und militärische Ereignisse sowie wirtschaftliche Entwicklungen einer historisch-kritischen Überprüfung unterzogen. Dies war notwendig, weil sich sehr rasch herausstellte, dass manche Aussagen über die Wirkung bestimmter Ereignisse oder Entwicklungen in der Sekundärliteratur nicht mit ihrer zeitgenössischen Wahrnehmung übereinstimmen.

Begriffsverwendung Paul Rühlmann, Bernhard Lange und andere Autoren älterer Arbeiten haben für die Untersuchung der Stimmung der Bevölkerung, der politischen Einstellungen der Akteure etc. meist den Begriff „öffentliche Meinung“ verwendet. Dieser ist jedoch nach modernen Definitionen für den Untersuchungsgegenstand nicht mehr anwendbar. Laut der Begriffsverwendung in der soziologischen Öffentlichkeitstheorie geht es bei der öffentlichen Meinung „nicht um Einstellungen, die jemand im Kopf hat, sondern um Meinungen, die in öffentlichen Kommunikationen, also derart geäußert werden, dass sie von einem mehr oder weniger großen Publikum wahrgenommen werden können. In einem Forumsmodell von Öffentlichkeit bezieht sich ‚öffentliche Meinung‘ also nicht auf individuelle Meinungen des Publikums, sondern auf medial vermittelte Meinungs34 35

Goschen, Das Leben Georg Joachim Göschens, Bd. 2, S. 268 u. 282 f. Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau, bes. S. 34-39.

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äußerungen der Sprecher vor einem Publikum.“36 Dementsprechend wird „Öffentlichkeit“ als „offenes Kommunikationsforum“ definiert.37 In der vorliegenden Untersuchung stehen jedoch nicht die öffentlichen Kommunikationsforen und ihre Medien (Zeitungen, Bildquellen etc.) im Vordergrund, aus der die Öffentlichkeit erwächst. Wäre die vorliegende Arbeit eine soziologische Studie über die heutige sächsische Bevölkerung, würde der Begriff „Bevölkerungsmeinung“ dem Untersuchungsgegenstand am ehesten entsprechen. Gemäß dem heutigen soziologischen Verständnis sind „öffentliche Meinung“ und „Bevölkerungsmeinung“ unterschiedliche Größen. Allerdings ist auch der Begriff „Bevölkerungsmeinung“ auf die napoleonische Zeit kaum anwendbar, da mit diesem Begriff heutzutage die demoskopisch ermittelbaren Meinungen der Bevölkerung bezeichnet werden.38 Die Meinungsforschung, die sich heute großer Beliebtheit erfreut, war zur damaligen Zeit jedoch unbekannt. Außerdem erscheint der Begriff „Bevölkerungsmeinung“ auch deshalb unangemessen, weil aus den für die Untersuchung relevanten Quellen oftmals keine sachlich geäußerten Meinungen hervorgehen, sondern Emotionen. Diese sind aber meist recht aufschlussreich. Wenn es in den Quellen z. B. heißt, die Bevölkerung sei beim Einmarsch der Franzosen 1806 verängstigt gewesen oder habe dem Zaren Alexander 1813 zugejubelt, so lässt sich dies nicht als sachliche „Meinung“ bezeichnen. In den zeitgenössischen Quellen – allen voran den Stimmungsberichten der „Geheimen Polizei“ – wird dafür der breit gefächerte Begriff „Stimmung“ verwendet, der sowohl Emotionen als auch Meinungen und politische Einstellungen umfasst. Der Ausdruck „Stimmung“ ist zwar unpräzise, erscheint für eine begriffliche Zuordnung des Untersuchungsgegenstandes aber am besten geeignet.

Anmerkungen zur Gliederung Die beiden Hauptabschnitte der Arbeit sind der Stimmung der Zivilbevölkerung und des Militärs gewidmet. Bereits vor Beginn der Untersuchung wurde davon ausgegangen, dass die sächsischen Zivilisten in der napoleonischen Zeit ganz andere Erfahrungen machten als die sächsischen Soldaten: Während die sächsische Zivilbevölkerung die napoleoni36 37 38

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Neidhardt, Öffentlichkeit, S. 26. Ebd., S. 7. Der moderne soziologische Öffentlichkeitsbegriff wurde im Wesentlichen von Jürgen Habermas geprägt (Habermas, Strukturwandel). Neidhardt, Öffentlichkeit, S. 31.

schen Kriege und Kriegslasten mehr oder weniger passiv über sich ergehen lassen musste, nahm das sächsische Militär ab 1807 aktiv an Napoleons Feldzügen teil. Infolgedessen wurde vorausgesetzt, dass sich die Stimmung in der Zivilbevölkerung anders als in der Armee entwickelte. Um die Unterschiede besser herausarbeiten zu können, wurden Zivilbevölkerung und Militär in jeweils eigenständigen Kapiteln untersucht (Kapitel 2 und 3). Bevor auf die Entwicklung der Stimmung eingegangen wird, soll zunächst dargestellt werden, wie die verschiedenen fremden Truppen in Sachsen wahrgenommen wurden – schließlich bestimmte das Verhalten der Soldaten und seine Wahrnehmung ganz wesentlich die Stimmung der Bevölkerung.

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1. DIE FREMDEN IM LAND

1.1. „Franzosen“ Ab Herbst 1806 bis Ende 18131 hielten sich ständig französische Soldaten in Sachsen auf. Diese Zeit ist in die sächsische Geschichtsschreibung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts als „Franzosenzeit“ eingegangen. Bei der Betrachtung der Erfahrungen, welche die sächsische Bevölkerung mit den Soldaten der Armee Napoleons machte, empfiehlt es sich, den Zeitraum in drei Phasen aufzuteilen: Im Oktober 1806 kamen die Franzosen als Feinde ins Land und übernahmen für einige Wochen die Verwaltung (1. Phase). Im Dezember 1806 wurde Sachsen hingegen Frankreichs Verbündeter. Aufgrund zahlreicher Truppendurchmärsche waren zwar weiterhin ständig fremde Soldaten im Land. Sachsen blieb aber 1807-1812 von Kriegshandlungen weitgehend verschont (2. Phase). Das änderte sich 1813, als Sachsen zum Hauptkriegsschauplatz in Europa wurde (3. Phase). In allen drei Phasen kamen große Teile der sächsischen Bevölkerung mit dem fremden Militär in Kontakt, und zwar nicht nur die Bewohner von Ortschaften, die direkt an den Militärstraßen lagen: Bei größeren Truppenbewegungen kam es immer zur Verteilung der Verbände auf ausgedehnte Gebiete. Zudem wurden einzelne Truppenabteilungen zur Beschaffung von Lebensmitteln und Stroh oft bis in weit abgelegene Dörfer gesandt. In einem Bericht über die Truppendurchmärsche im Thüringer Kreis im März 1812 heißt es dazu: „Der Thüringische Kreis hat durchaus in allen Teilen Durchmärsche erleiden müssen, es ist kein Amt verschont geblieben.“2 Wenn in den Quellen von „Franzosen“ die Rede ist, muss grundsätzlich die Frage gestellt werden, ob es sich tatsächlich um französische Staatsbürger oder um Soldaten aus anderen Ländern handelte. Wenige Zeitgenossen besaßen Kenntnisse über die verschiedenen Truppenteile, die Sachsen in den Jahren 1806-1813 unter französischen Fahnen durchquerten. Kamen die Einwohner mit den Soldaten z. B. durch Einquartierung in direkten Kontakt, war es immerhin möglich, eine Unterscheidung vorzunehmen. In vielen Fällen sprachen die Zeitgenossen jedoch nur von 1 2

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Die französische Garnison Wittenbergs kapitulierte sogar erst im Januar 1814. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 43.

den „Franzosen“, ganz gleich, ob es sich dabei um deutsche Rheinbundtruppen, Italiener, Portugiesen, Polen oder tatsächlich um Franzosen handelte. Im Folgenden sollen zunächst die Erfahrungen der Sachsen mit den Soldaten der französischen Armee in den letzten Monaten des Jahre 1806 untersucht werden. * Am 10. Oktober 1806, vier Tage vor den Schlachten bei Jena und Auerstedt, erließ Napoleon einen Aufruf an die Sachsen. Er behauptete darin, die Preußen hätten das Kurfürstentum Sachsen überfallen, doch er – Napoleon – komme, um das Land zu befreien.3 Und bereits am Tag nach der Niederlage der preußisch-sächsischen Armee bei Jena begannen französische Soldaten mit der Aufstellung von Grenzpfählen, die die Neutralität Sachsens verkündeten.4 Während sich das sächsische Kabinett der Illusion hingab, mit der Einstellung der Feindseligkeiten und der Rückführung der Armee den Status einer neutralen Macht erlangt zu haben, wurde rasch deutlich, dass davon keine Rede sein konnte. Denn bis zum Abschluss des Friedens von Posen am 11. Dezember 1806 wurde Sachsen von den Franzosen als besetztes Land behandelt.5 Zunächst wurde dem Kurfürstentum am 15. Oktober eine Kriegskontribution von mehr als 25 Millionen Francs auferlegt. Nach Aufteilung auf die einzelnen sächsischen Kreise ergab sich zwar vorerst nur eine Belastung von 18,6 Millionen Francs, was ca. 4,8 Millionen sächsischen Talern entsprach.6 Aber angesichts der jährlichen Staatseinkünfte Sachsens in Höhe von 8 Millionen Talern7 war dies immer noch eine gewaltige Summe. Diese Kontribution sollte nicht aus den gewöhnlichen Landeseinnahmen bezahlt werden, sondern auf dem Weg einer außerordentlichen Steuer. Eine Woche später wurde Sachsen in französische Verwaltung genommen und die kurfürstlichen Kassen mit Beschlag belegt. Durch ein Dekret des französischen Kaisers vom 23. Oktober wurde der Teil des Landes, der westlich der Elbe lag, in vier Arrondissements eingeteilt. Jeder 3 4 5 6 7

Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 20 f. Petschel, Sächsische Außenpolitik, S. 293. Vgl. ausführlich dazu: Otto, Die französische Verwaltung. Ein Taler war ca. 3,88 Francs wert (ebd., S. 29, Anm. 13). Töppel, Sachsen vor 200 Jahren, S. 227.

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dieser Bezirke wurde einem französischen Intendanten unterstellt, der die Kontributionszahlungen einzutreiben hatte und die Beschlagnahmungen leitete. Die vier Intendanten unterstanden wiederum dem Generalintendanten Pierre Antoine Graf Daru, der sich im kaiserlichen Hauptquartier aufhielt. Zur Sicherung der beiden Heerstraßen, die von Thüringen über Leipzig und Wittenberg nach Berlin und vom Vogtland über Dresden an die Oder führten, wurden an den wichtigsten Plätzen Garnisonen zurückgelassen. Die französische Verwaltung erfüllte den Zweck, alle sächsischen Einkünfte für Napoleon nutzbar zu machen. Die bisherigen Steuern und Abgaben wurden beibehalten, aber im Namen des französischen Kaisers erhoben. Die Eintreibung der Gelder oblag auch weiterhin sächsischen Beamten. Allerdings wurden diese unter Kriegsrecht dem französischen Intendanten verpflichtet. Im November erhöhten die Franzosen in allen sächsischen Kreisen ihre Forderungen für die außerordentliche Kriegskontribution, sodass sich nunmehr eine Gesamtsumme von 22,2 Millionen Francs (ca. 5,7 Millionen Taler) ergab.8 Außerdem beschlagnahmten sie das Alaunwerk Schwemsal, die Salzwerke Dürrenberg, Kösen und Artern, die Porzellanniederlage in Leipzig sowie Wälder, Floßhölzer und Holzhöfe. Hinzu kamen Requisitionen an Lebensmitteln und Verbrauchsmaterial wie Tuch und Leinwand für die französische Armee. Allein die erste derartige Forderung belastete z. B. die Stadt Leipzig mit 100.000 Talern. Gelegentlich ließen sich die französischen Beamten nach Zahlungen von Bestechungsgeldern zur Verminderung der Ansprüche bewegen.9 Viele der Requisitionen wurden indes nicht einmal zum direkten Nutzen der französischen Armee durchgeführt. Vielmehr wollten die französischen Beamten Druck auf die sächsischen Behörden ausüben, um die Zahlungen zu beschleunigen. Zynischerweise bot man den Sachsen beschlagnahmte Waren und Güter oft umgehend wieder zum Kauf an. Ebenso diente die Konfiskation der englischen Handelswaren in Leipzig zunächst nur dazu, höhere Entschädigungszahlungen zu erpressen. In Dresden und seiner Umgebung verfuhren die französischen Beamten gemäß der Weisung Napoleons, auf den Kurfürsten Rücksicht zu 8

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Zur Erhöhung der Kontribution vgl. Otto, Die französische Verwaltung, S. 29 und Beilage I sowie die davon geringfügig abweichende Aufstellung im HStA Dresden, Verschiedene Concepte vom October 1806 bis März 1807, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2761/1, Bl. 113. Vgl. z. B. Otto, Die französische Verwaltung, S. 15 f., 45-48 u. 63, Anm. 9; Kroker, Die Kriegskosten, S. 74.

nehmen10, deutlich schonender. In der Residenz selbst kamen die sächsischen Behörden mit dem französischen Intendanten kaum in Berührung. Die Meißner Porzellanmanufaktur wurde nicht beschlagnahmt. Und als der Direktor des Pariser „Musée Napoléon“ (Louvre), der in ganz Europa Gemälde konfiszieren ließ, auch der Dresdner Gemäldegalerie Werke entnehmen lassen wollte, wurde ihm dies von Napoleon untersagt.11 Laut Artikel 10 des Friedensvertrags von Posen sollten Sachsen zwar ab dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung keine neuen Kontributionen auferlegt werden12, doch mussten die bereits erhobenen Entschädigungsansprüche beglichen werden. So konnte z. B. der Rat der Stadt Leipzig die im Herbst 1806 in ganz Sachsen konfiszierten englischen Waren erst im April 1807 zurückkaufen.13 Als Preis forderten die Franzosen 6 Millionen Francs (ca. 1,5 Millionen Taler). Dass allein Leipzig für den Rückkauf aufkommen sollte, lag nicht nur daran, dass die Stadt das Handelszentrum Sachsens und besonders wohlhabend war. Der französische Stadtkommandant, General Pierre Macon, hatte bereits kurz nach der Besetzung Leipzigs im Oktober 1806 in einer Proklamation erklärt, die Stadt sei in Europa als eine Hauptniederlage englischer Waren bekannt und in dieser Hinsicht „Frankreichs gefährliche Feindin“.14 Ihre Schwächung und Ausschaltung als Handelskonkurrentin bot sich für die Franzosen geradezu an. Durch die verschiedenen Kriegslasten und die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre bedingt, ging die Menge der verkauften Waren in den Jahren 1807-1812 auf den Leipziger Messen im Vergleich zu den vorangegangenen sechs Jahren um ein Drittel zurück.15 Allerdings konnte Leipzig seine großen finanziellen Kriegslasten, die 1806-1813 immerhin eine Höhe von 2,65 Millionen Taler erreichten16, leichter verkraften als kleinere Städte oder ländliche Regionen. Zu den Summen, die in Sachsen für die allgemeine Kriegskontribution und den Rückkauf der englischen Waren aufgebracht werden mussten, 10 11 12 13 14 15 16

Correspondance de Napoléon Ier, Bd. 13, S. 388 f., Dok. 11056 (Schreiben Napoleons an Marschall Berthier vom 23.10.1806 aus Wittenberg). Savoy, Patrimoine annexé, Bd. 1, S. 140 f. Der Vertragstext ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 60 f. König, Die sächsische Baumwollenindustrie, S. 183. Die Proklamation ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 33. Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, S. 258. Kroker, Die Kriegskosten, S. 86.

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kamen allein im Zeitraum von Oktober 1806 bis Ende Mai 1807 Kosten von nahezu 11,5 Millionen Talern, die durch die Verpflegung der fremden Truppen, Lazarette, Requisitionen oder Plünderungen entstanden.17 Die hohen Kriegskosten zogen rasch Steuererhöhungen nach sich. Die Haltung der Bevölkerung gegenüber den „Franzosen“ wurde jedoch vornehmlich durch die Erlebnisse im direkten Kontakt mit den fremden Soldaten geprägt. Vielerorts machten die Einwohner beim Einmarsch der französischen Armee in Sachsen im Oktober 1806 sehr schlechte Erfahrungen.18 So berichtete ein Gemeinderichter aus Podelwitz im Leipziger Kreis in einem Schreiben an die Kreisstände, bei den Durchzügen fremder Truppen sei es trotz guter Absichten der Offiziere zu „unvermeidlichen Misshandlungen“ und Diebstählen gekommen. Was mit „Misshandlungen“ gemeint ist, lässt sich nur vermuten, denn in den zeitgenössischen Quellen über die napoleonische Zeit und in Memoiren werden alle möglichen Gewalttätigkeiten, egal ob von „Franzosen“, Österreichern, Preußen oder Russen begangen, oftmals nur als „Misshandlungen“ oder „Exzesse“ bezeichnet. Meistens ist offenbar gemeint, dass Einwohner geschlagen wurden. Allerdings können auch Vergewaltigungen damit umschrieben worden sein. In den Quellen finden sich nämlich erstaunlich wenige Aussagen über derartige Verbrechen gegen Frauen. Die Scham, solche Ausschreitungen beim Namen zu nennen und freimütig über sie zu berichten, war zu Beginn des 19. Jahrhunderts sehr groß. In anderen Berichten an die Leipziger Kreisstände über den Einmarsch der Franzosen im Herbst 1806 heißt es, einige Rittergüter und Dörfer seien „völlig ausgeplündert“ worden. Die Gemeinde Zörbig meldete, französische Husaren hätten am 18. Oktober „unter den fürchterlichsten Drohungen von Plünderung“ Geld erpresst, und drei Tage später sei beim Durchmarsch anderer Truppenteile das Rathaus, d. h. vor allem die dort verwahrten Kassen, geplündert worden. Auch viele Bürgerhäuser seien aufgebrochen und ausgeraubt worden. Der Besitzer des im Amt Delitzsch gelegenen Ritterguts Queis berichtete an die Leipziger Kreisstände, dass fünf zu seinem Rittergut gehörende Dörfer geplündert worden seien. Einer seiner Pächter in Gohlis sei zudem schwer verwundet worden. 17

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Beitrag eines Sachsen, zur Erinnerung an Franz. Feindschaft und Freundschaft, S. 423 f. Diese zeitgenössische Quelle ist zwar in stark anklagendem Ton verfasst, an den sehr genau aufgeschlüsselten Zahlen braucht jedoch nicht gezweifelt werden. Sie stimmen weitgehend mit anderen Quellen überein, z. B. mit Heinichen, SachsenKalender, S. 45. Vgl. für das Folgende die Quellensammlung von Krebs, Sächsische Kriegsnot; hier für das Jahr 1806 bes. S. 80-138 u. 217-223.

Nicht überall ließ sich die Zivilbevölkerung die Ausschreitungen ohne Widerstand gefallen: Als französische Infanteristen am 13. Oktober in Liebschwitz bei Gera die Häuser aufbrachen, die Einwohner misshandelten und Brände legten, brach ein Tumult aus, bei dem vier Soldaten getötet wurden. Zwei Tage später traf ein französisches Strafkommando ein, doch die Einwohner kamen verhältnismäßig glimpflich davon: Der Ort wurde als Rache „nur“ vollends geplündert und zerstört; Einwohner wurden nicht getötet. Nicht nur aus dem Leipziger Kreis gingen Nachrichten über Gewalttaten französischer Soldaten ein. Als z. B. das Korps des Marschalls Nicolas Jean de Dieu Soult am 10. Oktober in Plauen einrückte, kam es in der Stadt und in den umliegenden Dörfern zu schweren Ausschreitungen. Der Gemeindevorsteher des Ortes Gansgrün meldete am folgenden Tag, dass sein ganzes Dorf völlig ausgeplündert sei; Geld, Kleidungsstücke und Lebensmittel seien mitgenommen, die Frauen misshandelt und die Männer „zu Schanden geschlagen“ worden. Ein ähnlich lautender Bericht ging aus dem Dorf Pöhl ein. Und in Straßberg wurden drei Einwohner so schwer misshandelt, dass sie an ihren Verletzungen starben.19 Oftmals wurden die Probleme zwischen den fremden Truppen und der Zivilbevölkerung aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten vergrößert. Nur wenige Sachsen sprachen Französisch und nur wenige französische Soldaten Deutsch, und so blieben Missverständnisse nicht aus.20 Doch selten hielten allein die Kenntnis der Sprache und die damit verbundene Verhandlungsfähigkeit die Soldaten von Ausschreitungen ab. Das wird daran deutlich, dass sich deutsche Rheinbundtruppen im Herbst 1806 in Sachsen keinen besseren Ruf als ihre französischen Kameraden erwarben. Ein Pfarrer aus Neukirchen bei Freiberg hat berichtet, dass einige bayerische Soldaten in seinem Dorf Geld erpressten und ihre Quartierwirte schlugen, wenn sie nicht die geforderten Lebensmittel erhielten.21 Und der Dresdner Schriftsteller Gustav Nieritz schrieb in seiner Autobiografie empört über die in Dresden einmarschierten Bayern, sie hätten das ihnen gelieferte Brot verächtlich auf den Straßen zertreten. Überhaupt sei ihnen

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Neupert, Kriegsdrangsale, S. 286-288, Zitat S. 287. In Torgau soll während der Belagerung der Stadt 1813 der Schulleiter der einzige Bürger gewesen sein, der der französischen Sprache völlig mächtig war. Deshalb habe er jeden Tag auf die Kommandantur kommen und als Sprachmittler dienen müssen. So hat es zumindest dessen Sohn in seinen Memoiren behauptet (Müller, Aus den Lebenserinnerungen von Gustav Deutschmann, S. 35). Die Napoleonischen Kämpfe, H. 1, S. 4.

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nachgesagt worden, dass sie in feindlichen Ländern und auch in Sachsen schlimmer als die Franzosen gehaust hätten.22 Als besonders belastend empfand die Bevölkerung Einquartierungen.23 Da meistens keine oder nicht genügend Kasernen zur Verfügung standen, wurden die Soldaten in den Häusern der Zivilisten untergebracht. Waren die Truppenteile dafür zu groß, mussten die einfachen Soldaten oft auf freiem Feld übernachten, und lediglich die Offiziere wurden dann in Häusern einquartiert. Normalerweise waren nur die Hausbesitzer quartierpflichtig und auch unter ihnen gab es Ausnahmen: Amtspersonen blieben von einer Belegung verschont. Bei Durchmärschen großer Verbände wurden diese Regeln aber schnell durchbrochen, zumal in der kalten Jahreszeit, wenn für die Soldaten eine Übernachtung im Freien nicht in Frage kam. So wurde z. B. Ende November 1806 durch eine Verordnung des Leipziger Stadtrats auch Mietleuten die Einquartierungspflicht auferlegt.24 Die Menge und Art der Verpflegung, die der Quartierwirt für die Soldaten aufzubringen hatte, wurde durch Bekanntmachungen geregelt. Die Quartierwirte erhielten die Aufwendungen für Unterbringung und Beköstigung zwar aus den Landeskassen ersetzt, jedoch war die Höhe der Beträge für die Verpflegung nach den offiziellen Sätzen berechnet und reichte oftmals nicht aus, weil die Soldaten größere Forderungen stellten. Dabei konnte bereits die Aufbringung der normalen Verpflegungssätze schwierig sein: Laut der ersten in Leipzig von den Franzosen diesbezüglich erlassenen Regelung stand den Soldaten sowohl mittags als auch abends Suppe, Fleisch und Gemüse zu. Ende November 1806 erfolgte eine Neuregelung, durch welche die Forderungen etwas herabgesetzt wurden. Allerdings stand demnach auch weiterhin jedem Soldaten der französischen Armee jeden Tag Fleisch und Branntwein zu.25 Die Verpflegungskosten für einen Soldaten betrugen täglich etwa 18 Groschen.26 Eine Vorstellung von der Menge und Güte der Kost lässt sich gewinnen, wenn man sich einige damalige Löhne vor Augen hält: Der 22

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Nieritz, Selbstbiographie, S. 50. Demgegenüber sagte Karl Christian Friedrich Krause den Bayern und Württembergern, die im Herbst 1806 in Dresden einmarschierten, „gute Zucht“ nach (Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 33). Einen guten Einblick in die Problematik der Einquartierungen am Beispiel Leipzigs in der napoleonischen Zeit bietet: Ritzow, Einquartierung [Ms.]. Die Verordnung ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 53 f. Die beiden genannten Verpflegungsreglements sind wiedergegeben ebd., S. 32 u. 49. Ritzow, Einquartierung [Ms.], S. 12.

Tagelohn eines Spinners betrug 16-18 Groschen; die Maurer und Zimmerleute, die 1811 beim Bau der Festung Torgau halfen, erhielten 9 Groschen pro Tag. Bergbau-Lehrlinge erhielten gar nur einen Wochenlohn von 14-16 Groschen.27 Zwar lassen sich nur schwer allgemeinverbindliche Aussagen treffen, wie groß die Belastung der Zivilbevölkerung durch die Verpflegungsforderungen war, weil über den Fleischverzehr in Sachsen erst ab 1835 Statistiken vorliegen.28 Aber verschiedene Berichte lassen darauf schließen, dass die Beschaffung der geforderten Lebensmittel oft sehr schwer oder gar unmöglich war. So heißt es beispielsweise in einer Eingabe der Gemeinde Podelwitz an die Leipziger Kreisdeputation, die Einquartierungen seien von allen ertragenen Kriegslasten die „allerdrückendsten“. Die Herbeischaffung von Bier und Branntwein sei schon teuer, doch die Soldaten würden noch mit Gewalt Wein, Zucker und Kaffee fordern.29 Eine weitere Quelle ständiger Beschwerden waren die Vorspanndienste. Diese Maßregel betraf besonders die Bauern: Sie mussten ihre Pferde für Militärtransporte zur Verfügung stellen. Freilich wurden ihre Dienste vergütet. Außerdem war festgelegt, dass Vorspannpferde vom Militär höchstens für die Strecke eines Tagesmarsches beschlagnahmt werden durften.30 Viele Soldaten hielten sich jedoch nicht an diese Vorschrift: Sie schickten die Pferde entweder gar nicht oder in einem solch erschöpften Zustand zurück, dass sie nicht mehr zu gebrauchen waren oder kurz darauf verendeten. Die sog. Vorspannbauern, die für Militärtransporte ihre Wagen zur Verfügung stellen mussten, wurden oft schlecht behandelt und ihrer Gespanne beraubt.31 Dabei war die Aufbringung der nötigen Vorspanntiere bereits ohne die außergewöhnlichen Belastungen durch Diebstähle oder Misshandlungen der Bauern schwierig genug, wenn große Transporte zu bewältigen waren. Anfang November 1806 musste z. B.

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Vgl. (in der Reihenfolge der Zahlenangaben) Block, Sachsen im Zeitalter der Völkerschlacht, S. 15; Müller/Witte, Die sächsisch-preußische Festung Torgau, S. 20; Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 297 f. Teuteberg, Der Fleischverzehr, S. 69; Teuteberg/Wiegelmann, Der Wandel der Nahrungsgewohnheiten, S. 108. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 115 f.; vgl. als weitere Beispiele ebenso die Berichte auf S. 84 u. 117. Auch aus Memoiren von Zeitzeugen geht deutlich hervor, dass die Einquartierungen von der Bevölkerung als besonders große Belastung empfunden wurden (vgl. z. B. Gross, Erinnerungen, S. 15 f.). Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 179. Vgl. z. B. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 94 f. u. 125; Liebmann, Das erste Eindringen der Franzosen, S. 110.

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Meißen allein 82 Pferde für die Artillerie eines bayerischen Truppenverbandes zur Verfügung stellen.32 * Allerdings machte die sächsische Bevölkerung auch in der ersten Phase der „Franzosenzeit“ positive Erfahrungen mit den fremden Soldaten. Der erste französische Stadtkommandant von Leipzig, General Macon, machte sich durch seine Redlichkeit und sein Bemühen, allen Ausschreitungen seiner Soldaten entgegenzuwirken, bei der Bevölkerung beliebt.33 Am 12. November 1806 erließ der französische Generalstabschef, Marschall Louis-Alexandre Berthier, einen Befehl, der ein strenges Vorgehen gegen plündernde Nachzügler, sog. Marodeure, vorschrieb.34 General Jean Gaspard Pascal Réné, der dem früh verstorbenen General Macon als Stadtkommandant von Leipzig nachgefolgt war, ließ diesen Befehl bekannt machen und hielt sich daran. Er verbot Forderungen, die über die vereinbarten Verpflegungsrationen hinausgingen und ließ eine Art Sicherheitspolizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bilden.35 Rénés Maßnahmen zeigten Wirkung, sodass die Leipziger trotz aller wirtschaftlichen Schäden zumindest mit der Disziplin der französischen Truppen zufrieden sein konnten. Der Buchhändler Georg Joachim Göschen schrieb am 10. Dezember 1806 an einen Dresdner Freund: „Wir leben hier ohne Gewalttaten, und die nie aufhörenden durchmarschierenden Truppen halten Ordnung und Manneszucht.“36 Den guten Ruf, den Macon und Réné bei den Leipzigern genossen, konnte auch der französische Stadtkommandant von Dresden, Oberstleutnant Auxonne-Marie-Thédose de Thiard, bei den dortigen Bürgern erwerben. Der später unter dem Namen Friedrich Laun als Romanschriftsteller bekannt gewordene Dresdner Beamte Friedrich August Schulze schrieb in seinen Erinnerungen, die Stadt sei dem umsichtigen und redlichen Thiard keinen geringen Dank schuldig.37 Über die 1806 in seinem Haus einquartierten Franzosen schrieb der bekannte Dresdner Arzt Carl Gustav Carus in seinen Memoiren: „Eine 32 33 34 35 36 37

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Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 179. Heinichen, Sachsen-Kalender, S. 39; Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 186 f. Der Befehl ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 45 f. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 9 f. Gerhardt, Karl August Böttiger, S. 191; vgl. auch Gross, Erinnerungen, S. 13. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 111; vgl. auch Nieritz, Selbstbiographie, S. 51 u. Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 160 u. 164.

gewisse Bildung war fast allgemein sichtbar, liegt doch eine Art von Politur schon im Blute der Franzosen; und gerade dadurch wurde am Ende auch das Lästige dieses Verkehrs [der Einquartierung] nicht in dem Maße fühlbar, als ich es später noch, unter ähnlichen Verhältnissen, mit Deutschen oder Russen zu erfahren die widerwärtige Gelegenheit haben musste.“38 Zusammenfassend lässt sich für die Phase der französischen Verwaltung in Sachsen in den letzten Monaten des Jahres 1806 feststellen, dass Napoleon zwar bemüht war, den Kurfürsten nicht zu brüskieren und zumindest dem Schein nach Milde walten zu lassen. Auf wirtschaftliche Schäden wurde dennoch keine Rücksicht genommen, und das Verhalten vieler Soldaten der französischen Armee widerlegte die Propaganda von Neutralität oder Befreiung von Preußen. * Mit der Unterzeichnung des Friedens von Posen im Dezember 1806 trat Sachsen dem Rheinbund bei und wurde Frankreichs Verbündeter. Die Zeit der französischen Verwaltung endete und französische Truppen betraten das Land von nun an offiziell als Freunde. Für das zum Königreich erhobene Sachsen begann eine sechs Jahre dauernde Zeit verhältnismäßiger Ruhe, ein Zustand des Friedens im Inneren, der nur von den Einmärschen der Österreicher und dem Durchzug des Schillschen Freikorps im Jahre 1809 unterbrochen wurde. Dennoch hatte die sächsische Bevölkerung auch in dieser zweiten, „ruhigen“ Phase große Lasten zu tragen. Sachsen hatte als Rheinbundmitglied nicht nur ein Truppenkontingent zu stellen und zu unterhalten, sondern war aufgrund seiner zentralen Lage in Europa auch eines der wichtigsten Durchmarschgebiete der napoleonischen Armeen. Wie viele Truppen Sachsen durchquerten, vermittelt ein Blick in die Leipziger Chronik. Die Stadt war nämlich ein wichtiger Knotenpunkt, über den zunächst drei, ab 1807 sogar fünf Militärstraßen führten.39 Am 27. März 1807 erfolgte der Durchmarsch eines französischen Regiments, am 14. April kamen thüringische Truppen durch die Stadt, am 7. Mai wurde ein italienisches Regiment einquartiert, zwei Wochen später folgten weitere italienische Truppen. Am 10. Juni trafen Kurmainzer Soldaten in der Stadt ein, fünf Tage später folgten Bayern, am 22. Juni Italiener. Am 4. und 5. Juli wurden französische Truppen einquartiert, am 11. Juli Bayern und am 15. August wieder Fran38 39

Carus, Lebenserinnerungen, Bd. 1, S. 58. Ritzow, Einquartierung [Ms.], S. 4.

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zosen.40 Der Leipziger Kreis musste von Juni bis September 1807 ca. 22.000 Pferde für Militärtransporte zur Verfügung stellen, was einen finanziellen Aufwand von mehr als 160.000 Talern bedeutete.41 Im November und Dezember 1807 erlebten Leipzig und auch alle anderen Ortschaften Sachsens, die an den Militärstraßen lagen, fast täglich Durchmärsche oder Einquartierungen von Franzosen, Bayern, Badenern, Hessen, Weimarer und Gothaer Verbänden, Württembergern, Nassauern, Italienern und Polen.42 Das Zusammentreffen all dieser Truppen in Sachsen war die Folge des Friedens von Tilsit, der die Rückkehr der französischen Armeekorps aus Ostpreußen, Polen und Schlesien ermöglichte. Zwar sind in den Quellen über die Jahre 1807-1812 bei weitem nicht so viele schlechte Erfahrungen der Bevölkerung mit den fremden Soldaten überliefert wie über den Herbst 1806, Übergriffe blieben jedoch nicht aus. Aus Meißen wurde beispielsweise berichtet, dass während der ständigen Einquartierungen im Jahre 1807 in der Stadt einige der rangniederen Soldaten Offiziersverpflegung verlangten und ihren Forderungen mit Wutausbrüchen Geltung zu verschaffen suchten; die Einwohner klagten über Steinwürfe, Säbel- und Peitschenhiebe, Zertrümmerung von Türen, Fenstern und Öfen, und schließlich Diebstähle.43 Auch in dem für Sachsen recht ruhigen Jahr 1808 kam es zu Beschwerden über durchmarschierende französische Truppen. Aus mehreren Orten des Leipziger Kreises und aus Dresden liegen Berichte über Diebstähle und Misshandlungen vor.44 Als im Sommer 1809 Rheinbundtruppen unter dem Kommando des westfälischen Königs Jérôme Bonaparte nach Sachsen kamen, um die eingedrungenen Österreicher und „Braunschweiger“45 zu vertreiben, 40 41 42 43 44 45

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 124-158. Füßler, Leipzig 1813, S. 29 u. 44. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 168-176. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 182-185. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 150 f., 176 f., 179 u. 188-190; Peschel/Wildenow, Theodor Körner, Bd. 1, S. 164 f. Der Begriff „Braunschweiger“ wird in dieser Arbeit in Anführungszeichen verwendet, weil in das Korps des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig „ohne Rücksicht auf Heimat und Herkommen alle sich meldenden [und] als geeignet erscheinenden Personen eingestellt wurden, sodass dieses so bunt zusammengewürfelte […] Offizierkorps Männer aus aller Herren Länder und aus allen Ständen in sich vereinigte.“ (Ehrenkrook, Die Offiziere der „schwarzen Schar“, Sp. 173). Im Unterschied zu den Heeren anderer Staaten, auf die diese Aussage auch zutrifft, dienten viele (namentlich preußische) Soldaten nur vorübergehend bei den „Braunschweigern“ und traten nach Beendigung des Feldzugs von 1809 wieder in ihre früheren Dienstverhältnisse zurück.

waren die Klagen über das Verhalten der Verbündeten mancherorts größer als über das der Gegner. Besonders holländische Soldaten erwarben sich einen schlechten Ruf.46 Die größten Belastungen entstanden jedoch im Frühjahr 1812, als Napoleon seine Große Armee für den Russlandfeldzug aufmarschieren ließ. Mehr als 612.000 Soldaten, davon 210.000 Franzosen, wurden für den Angriff versammelt.47 Große Truppenmengen durchquerten Sachsen und mussten verpflegt oder zeitweilig einquartiert werden. Allein der Leipziger Kreis hatte von Mitte März bis Mitte Mai 1812 einen Einquartierungsaufwand von mehr als 156.000 Talern.48 Die Erfahrungen mit den Soldaten waren – wie immer – unterschiedlich, und die Quellen verdeutlichen, dass pauschale Urteile über die Kontingente der verschiedenen Staaten nicht getroffen werden können. So beklagte der Kreishauptmann des Vogtländischen Kreises, George Friedrich von Watzdorf, in einem Bericht vom 3. April 1812 das schlechte Betragen namentlich der bayerischen Truppen in seinem Kreis.49 Der Oberamtshauptmann der Oberlausitz, Ernst Carl Gotthelf von Kiesenwetter, schrieb zwei Wochen später dagegen über die Erfahrungen in seinem Amtsbereich: „Die Bayern verdienen vor allen andern das Lob der Ordnung und der Humanität.“50 Über die Durchmärsche französischer und westfälischer Verbände durch den Thüringer Kreis berichtete der zuständige Gendarmeriedirektor, einzelne Truppenteile, wie das 7. (französische) Kürassierregiment und auch die Schweizer Verbände, hätten keinen Anlass zur Klage gegeben. Aber das 4. (französische) und das 18. (französische) LinienInfanterie-Regiment seien durch „Rohheit und Exzesse“ aufgefallen.51 Und über den Durchmarsch württembergischer Regimenter durch Naumburg und Zeitz heißt es in einem Bericht vom 1. April 1812, einerseits hätten sich einige Abteilungen dieser Truppen „musterhaft und gut“ verhalten. Andererseits hätten sich mehrere Offiziere und einfache Soldaten so 46

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Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 281; Gross, Erinnerungen, S. 33-37; Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 44; Petersdorf, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 93; Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 203 u. 220; Brabant, Im Banne Napoleons, S. 386. Donath/Markov, Kampf um Freiheit, S. 208. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 99. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 175. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 165. Ebd., Bl. 45.

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„tadelhaft und ganz unter aller Würde des Soldaten“ benommen, wie es nicht einmal die Franzosen 1806 als Feinde getan hätten.52 Aus Crossen bei Zeitz berichtete ein Gendarm, dass mehrere namentlich genannte Einwohner, u. a. der Bürgermeister, bestohlen, andere verprügelt worden seien.53 Aus Neustadt an der Orla klagte der Justizamtmann August Heinrich Frank seinem Schwager, dem Dresdner Hofzeremonienmeister Wilhelm August von Just, am 6. April in einem Privatbrief über die großen Lasten, die der Neustädter Kreis von den durchmarschierenden Truppen zu erdulden habe. Auch Frank schrieb, besonders die Württemberger würden sich „Unordnungen und Bedrückungen“ erlauben.54 Einige Tage später erhielt der Hofzeremonienmeister einen weiteren Brief mit Beschwerden über durchmarschierende Truppen: Diesmal berichtete ihm sein Vetter, der sächsische Major Friedrich August von Just, aus Sorau in der Niederlausitz, dass sich die durchziehende westfälische Armee so verhalte, als befinde sie sich nicht im verbündeten Land, sondern bereits an der russischen Grenze. Der Major schrieb weiter, äußerlich sei die westfälische Armee eine der schönsten Armeen, aber von ihrem Betragen her die schlechteste, die er kennengelernt habe. Just schloss seine Beschwerde mit den Worten, dass nur aus wenigen Dorfschaften keine Klagen laut würden; „abscheuliche Niederträchtigkeiten“ hätten sich zugetragen, die ins Unglaubliche gehen würden.55 Über die italienische Division des Generals Dominique Pino beschwerte sich dagegen der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter in seinem Bericht vom 16. April: Die italienischen Soldaten würden mehr Quartiere und weit mehr Transportfuhren fordern, als sie tatsächlich benötigten. Schließlich würden sie sich dann nur die besten Unterkünfte heraussuchen und einen Teil der Transportgespanne zurückschicken, wenn sich die Bauern loskauften.56 Neben solchen Belastungen und den Diebstählen und Misshandlungen, über die mancherorts geklagt wurde, kam es in einigen Ortschaften auch zu schlimmeren Gewalttätigkeiten: In einem Bericht des Gendarmeriedirektors des Wittenberger Kreises vom 30. April heißt es, bei Herz52 53 54 55 56

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Ebd., Bl. 117 f. Ebd., Bl. 119 f., vgl. auch den Bericht auf Bl. 121-124; darin finden sich Klagen über Misshandlungen und Diebstähle in anderen Orten bei Zeitz. SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 8, Dok. 54, unpag. Ebd., Dok. 57, unpag., 15.4.1812. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 165 f.

berg sei ein Bote erschossen worden und bei Schlieben „ward ein Kind erdrückt, indem man den Vater misshandelte.“57 Andere Orte, wie z. B. Meißen, blieben dagegen trotz starker Einquartierung von Ausschreitungen völlig verschont.58 Aus allen Gegenden wurde in den Berichten aber einhellig zum Ausdruck gebracht, dass die fremden Truppen, egal welcher Nationalität, sehr anspruchsvoll waren und sich nicht an die geltenden Verpflegungssätze hielten. Dabei waren die von der Königlich Sächsischen Landeskommission am 7. März 1812 erlassenen Tagessätze sehr hoch: Jeder einfache Soldat hatte morgens Anspruch auf ein halbes Pfund Brot und ein Glas Branntwein, mittags auf eine Suppe, Fleisch mit Gemüse, eine Kanne Bier, ein Glas Branntwein sowie ein Pfund Brot und Butter. Abends erhielt er nochmals Suppe, Gemüse, ein halbes Pfund Brot und ein Glas Branntwein. Offiziere erhielten sogar zweimal am Tag Fleischgerichte, dazu Käse, Wein, Warmbier oder Likör.59 Viele Soldaten waren jedoch nicht willens, sich an die vorgeschriebenen Rationen zu halten, weil das sächsische Regulativ „nicht von den fremden Behörden dieser Truppen sanktioniert“ war, wie Kiesenwetter in seinem Bericht vom 16. April schrieb.60 Der Gendarmeriedirektor des Wittenberger Kreises, Friedrich Wilhelm Curt von Leipziger, der seit Mitte März 1812 als Kreisdeputierter mit dem Durchmarsch der fremden Truppen beschäftigt war, schrieb am 30. April in einem Bericht: „Ohnerachtet aus unsern in allen Etappen-Örtern errichteten Magazinen die nötigen Rationen tagtäglich in der besten Qualität verabreicht wurden, begnügte man sich nicht. Solange nur ein Korn oder ein Halm auf den Böden oder in den Scheunen war, wurde genommen. Man verwüstete mehr, als man verbrauchte. In den wohlhabendsten Dörfern, welche bequartiert waren, fehlt es an Futter und an Saat, in vielen auch an Brot. Man hat aus Mangel an ersteren schon Häuser abdecken müssen. Wie mit den Lebensmitteln umgegangen wurde, lässt sich kaum sagen. Die, welche mit Beispiel vorangehen sollten, schwelgten selbst. Es musste alles geschafft werden, was man wünschte, solange man konnte, o. der Wirt war den größten Misshandlungen ausgesetzt.“61 Angesichts solcher Berichte kann nicht verwundern, dass die Vergütung, welche die Quartierwirte für die Verpflegung der Soldaten aus der 57 58 59 60 61

Ebd., Bl. 29. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 253. Ebd., S. 249, Anm. 23; Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 381 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 166. Ebd., Bl. 29.

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Landeskasse erhielten, oft nicht ausreichte, um den Aufwand auch nur annähernd zu decken.62 * Neben den vielen Klagen über die Belastungen, die die durchmarschierenden Soldaten im Frühjahr 1812 verursachten, finden sich in einigen Quellen auch lobende Worte über französische Soldaten und deren Verbündete. Der Leipziger Oberpostamtsdirektor August Dörrien schrieb am 23. März über die gerade durch Leipzig ziehenden Truppen: „Man hat alle Ursache, mit dem Benehmen des Marschalls [Ney] gegen die Stadt zufrieden zu sein. Überhaupt hört man bis jetzt wenig Klagen über das Verhalten der Truppen. Heute haben wir unter andern ein Regiment Portugiesen, welches sich durch gute Bekleidung, Haltung und Aufführung auszeichnet.“63 Auch der französische Kaiser zeigte sich gegenüber Einwohnern bisweilen freundlich und gnädig, z. B. in Reichenbach in der Oberlausitz, ebenso in Bautzen. Dort schenkte er dem Apotheker, bei dem er im Quartier lag, 600 Francs in Gold.64 Das waren umgerechnet 154 Taler – eine ansehnliche Summe: Gustav Nieritz berichtet in seinen Erinnerungen, sein Vater habe als Lehrer in Dresden 200 Taler pro Jahr verdient.65 Dennoch bleibt festzustellen, dass Sachsen trotz des Friedens von Posen und des Bündnisses mit Frankreich in den Jahren 1807-1812 große Kriegslasten zu tragen hatte. Besonders die durchziehenden Soldaten der napoleonischen Armee gaben zu vielen Klagen Anlass. Das schlechte Verhalten musste umso mehr Erbitterung hervorrufen, als es sich bei diesen Truppen nun offiziell um Freunde handelte. * Die eigentliche Leidenszeit Sachsens in der napoleonischen Ära begann 1813. Gegenüber den Ereignissen und Lasten dieses Jahres mussten die 62

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So wurde es z. B. aus Meißen berichtet (Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 269 f.). Zur Höhe der Vergütungen vgl. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 379-381. SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 8, Dok. 47, unpag. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 173. Nieritz, Selbstbiographie, S. 81. Angaben zu damaligen Löhnen finden sich auch in: Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel; Watzdorf, Geschichte des Geschlechtes von Watzdorf; Block, Sachsen im Zeitalter der Völkerschlacht.

Bedrückungen der Jahre 1806-1812 beinahe gering erscheinen. Denn nun kam der Krieg ins Land – Sachsen wurde der Schauplatz einiger der größten Schlachten der Befreiungskriege. Zu den bereits bekannten Beschwernissen wie Durchmärschen, Einquartierungen, Vorspanndiensten, Beschlagnahmungen, Ablieferung von Lebensmitteln etc. kamen Lasten, die es in den vorangegangenen Jahren nicht oder zumindest nicht in diesem Ausmaß gegeben hatte, nämlich Zerstörungen durch Kampfhandlungen und Lazarette mit Tausenden von Verwundeten und Kranken. Im März 1813 mussten die Franzosen Sachsen zeitweilig räumen. Russische und preußische Truppen besetzten das Land. Am 2. Mai errang Napoleon jedoch in der Schlacht bei Lützen einen Sieg, durch den er Sachsen wieder unter französische Kontrolle brachte. Am 20. und 21. Mai folgten die französischen Siege bei Bautzen und Wurschen, die die russischen und preußischen Truppen zum Rückzug nach Schlesien zwangen. In zahlreichen Quellen wird berichtet, dass sich die „Franzosen“ ab dem Frühjahr 1813, nach ihrer Rückkehr, in Sachsen nicht mehr wie Verbündete verhielten, sondern wie Feinde. Bereits am 22. Mai sah sich das Geheime Konsilium veranlasst, den König von den vielfältigen Klagen der Bevölkerung über Plünderungen, Verwüstungen und Misshandlungen durch französische Truppen zu unterrichten und ihm nahezulegen, Napoleon um Abhilfe zu bitten.66 Im Mai 1813 plünderten französische Soldaten z. B. einige Dörfer bei Meißen und verlangten von der Stadt an einem Tag die Stellung von 1.500 Schanzarbeitern – eine völlig überzogene Forderung. Tatsächlich konnten nur 30 Personen geschickt werden.67 In der Umgebung von Görlitz plünderten im Mai 1813 vor allem italienische Soldaten, wobei in manchen Dörfern die Kirchen nicht verschont blieben.68 Einige Orte Sachsens, z. B. Hochkirch in der Oberlausitz und Limbach bei Wilsdruff, wurden derart heimgesucht, dass die Einwohner flohen und sich in Wäldern versteckten.69 Auch von Rheinbundtruppen,

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HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 4: May, Loc. 2510/5, Bl. 261 (wiedergegeben in: Jenak, Sachsen, der Rheinbund und die Exekution, S. 153); vgl. auch Bl. 135 u. 217 f. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 360-364. Jecht, Görlitz, S. 54 f.; vgl. dazu Görlitz im Jahr 1813, S. 216 u. 220 sowie Ratsarchiv Görlitz, Diarium Consulare, Bd. 1812-1813, unpag., Einträge Nr. 3680 u. 3681, 1.6.1813. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 25; Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 291; Die Napoleonischen Kämpfe, H. 7, S. 25.

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namentlich zwei württembergischen Husarenregimentern, sind in der Umgebung von Görlitz Plünderungen überliefert.70 Auf dem Görlitzer Nikolaifriedhof kam es im Juni 1813 zu einer makabren Ausschweifung: Einige französische oder italienische Soldaten schändeten auf der Suche nach Schmuck die Gräber und machten sich einen Spaß daraus, den Leichen die Köpfe abzuschneiden und auf ihre Bajonette zu stecken. Ein französischer Offizier beendete schließlich diese Orgie der Verrohung und stellte eine Wache auf dem Friedhof auf.71 Neben den Diebstählen und Plünderungen, über die aus zahlreichen Orten berichtet wurde, wobei neben französischen Soldaten besonders häufig von Italienern und Württembergern die Rede ist, kam es auch im Frühjahr und Sommer 1813 wieder zu noch weitaus schlimmeren Übergriffen: Anfang Mai erschlug ein italienischer Soldat in Sora bei Wilsdruff einen Gutsbesitzer, „weil er kein Brot mehr zu schaffen vermochte.“72 Im selben Monat wurde in Neudorf bei Görlitz ein Bauer von einem italienischen Soldaten erschossen, als er auf seinem seit mehreren Wochen verlassenen Gut nach dem Rechten sehen wollte; in Markersdorf bei Görlitz erschlug ein „Franzose“ einen Einwohner, weil dieser, wie es heißt, nicht gleich den Schlüssel zu einer verschlossenen Kammer habe finden können, in welcher der Soldat offenbar Wertsachen vermutete.73 Der Dresdner Maler Wilhelm von Kügelgen berichtet in seinen Erinnerungen von einem Zwischenfall, bei dem zwei französische Grenadiere einen sächsischen Soldaten erschlugen, weil dieser sie davon abhalten wollte, ein Mädchen zu vergewaltigen.74 Auf dem Gut Schmochtitz bei Bautzen fanden italienische Soldaten im Juni versteckte Waffen und misshandelten den Schlossverwalter daraufhin so sehr, dass er wenig später starb.75 Ebenfalls im Juni 1813 wurde in Langenau bei Görlitz (heute Dłużyna in Polen) bei einer „Ravage“ durch französische Soldaten eine Frau erschossen.76 Im Juli wurde bei Schönbrunn in der Oberlausitz (heute Studniska in Polen) ein Bauer erschlagen, ein anderer Zivilist bei 70 71

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Jecht, Görlitz, S. 54-64. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 106; Flössel, Erinnerungen, S. 37 f. u. 43; vgl. auch Maaß, Wanderungen, Bd. 1, S. 104 f.; Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 290 f.; Jecht, Görlitz, S. 65 f. Die Napoleonischen Kämpfe, H. 7, S. 25. Flössel, Erinnerungen, S. 59 f.; Maaß, Wanderungen, Bd. 2, S. 47. Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 155 f. Aretz, Memoiren der Gräfin Kielmannsegge, S. 177. Ratsarchiv Görlitz, Diarium Consulare, Bd. 1812-1813, unpag., Eintrag Nr. 3763, 5.6.1813.

Hennersdorf (heute Jędrzychowice in Polen) erschossen.77 Im selben Monat wurden in Dresden zwei französische Soldaten hingerichtet, weil sie einen Bauern erstochen hatten.78 Meistens werden die Täter allerdings so ungestraft davongekommen sein wie bei folgendem Verbrechen, das der Stadtschreiber von Bischofswerda am 12. September 1813 in seinem Tagebuch festhielt: „Der Bauer Gottlieb Gnauk ist heute von einigen Soldaten schwer blessiert worden. Man hat ihm die Kühe nehmen wollen, ein Soldat sticht ihn in den Hals. Er ist bald darauf gestorben. Wir verfolgten die Mörder vergebens, ein französ. General wollte nicht viel davon wissen.“79 Abgesehen von solchen extremen Exzessen waren bereits die „normalen“ Kriegslasten für die Bevölkerung gravierend genug und zogen oft bittere Not nach sich. In Wittenberg, das in aller Eile zur Festung ausgebaut werden sollte, machte sich der französische Stadtkommandant, General Jean François Cornu Lapoype, sehr unbeliebt. Beklagt wurden nicht nur große Einquartierungslasten, sondern auch das aus militärischen Gründen Anfang April 1813 befohlene Abbrennen der Vorstädte. Laut den Erinnerungen des Wittenberger Bibliothekars Johann Maaß gingen französische Soldaten bei der Vertreibung der Einwohner aus den zur Zerstörung vorgesehenen Häusern derart rücksichtslos vor, dass sich ihre polnischen Bundesgenossen, die zur gleichen Zeit in der Stadt einquartiert waren, für ihre Waffenbrüder schämten und ihren Abscheu laut äußerten.80 In Leipzig war General Jean Toussaint Arrighi de Casanova, der Herzog von Padua, besonders verhasst, weil er „gegen die Stadt ebenso missgünstig 77 78 79

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Jecht, Görlitz, S. 72. Taggesell, Tagebuch, S. 127. Süßemilch, Tagebücher, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 19, S. 75. In der veröffentlichten Fassung heißt es: „Man hat ihm die Kühe nehmen wollen, er wehrt sich, ein Soldat sticht ihn in den Hals.“ (Der Einschub „er wehrt sich“ steht nicht im Original.) – Die Liste solcher Vorfälle ließe sich leicht fortsetzen. Um nur zwei weitere Beispiele zu nennen: Ende August 1813 wurde in Königshain in der Oberlausitz ein Richter namens Daniel Flex von einem „Franzosen“ erschossen, als er plündernde Soldaten um die Rückgabe des geraubten Viehs bat (Pohl, Heimatbuch des Kreises Rothenburg, S. 345). Ebenfalls im August 1813 erschossen „Franzosen“ eine Magd aus Oberseifersdorf in der Oberlausitz (Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 300). Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 19-27; vgl. auch Bernhardt, Wittenberg vor funfzig [sic!] Jahren, S. 8. Maaß hat an anderer Stelle das „musterhafte“ Verhalten der polnischen Soldaten in Wittenberg gelobt (Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 60).

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gestimmt“ gewesen sei, „als der Stadtkommandant, der Brigadegeneral Bertrand, sich human und wohlwollend zeigte.“81 Und aus Dresden ist überliefert, dass französische Soldaten in den Straßen Handel mit geraubten Habseligkeiten trieben.82 Eine große Belastung stellte nach wie vor die Verpflegung der Truppen dar. Weil es deshalb immer wieder zu Klagen der Bevölkerung und Auseinandersetzungen zwischen Soldaten und ihren Quartierwirten kam, wurde im kaiserlich-französischen Hauptquartier Mitte Juni 1813 eine neue Verordnung erlassen, die den Einwohnern Erleichterung bringen und die Rationen einschränken sollte.83 Das führte jedoch mancherorts zu neuen Spannungen, weil viele Soldaten mit der neuen Regelung unzufrieden und nicht bereit waren, ihre Forderungen zu vermindern.84 Im Sommer 1813 hatte besonders die Oberlausitz zu leiden, weil dort große französische Truppenkontingente versammelt waren.85 Das königliche Geheime Konsilium kam in einem Vortrag zu dem Schluss, dass die „unerschwingliche[n] Requisitionen an Lebensmitteln“ sowie an Vorspannpferden und Wagen die Kräfte der Oberlausitz völlig übersteigen würden.86 * Die Lasten und Bedrückungen, die Sachsens Einwohner zu ertragen hatten, erlebten jedoch noch einmal eine Steigerung, als sich die Franzosen im Herbst 1813 endgültig aus Sachsen zurückzogen. Das Land war bereits stark in Mitleidenschaft gezogen und konnte nicht mehr genügend Lebensmittel bereitstellen, sodass der Hunger viele Soldaten zu Gewalttätigkeiten trieb. Zur Auflösung von Moral und Disziplin trugen außerdem die wiederholten Niederlagen und die z. T. offen zutage tretende feindselige Haltung vieler Sachsen bei. Infolgedessen kam es immer häufiger zu mutwilligen, sinnlosen Zerstörungen. In einem Erfahrungsbericht aus der Oberlausitz vom Oktober 1813 heißt es: „Wo bis dahin der wilde feindliche Kosak nur gezehrt hatte, da raubte und zerstörte der befreundete Franzos. Kein Ort, 81 82 83 84 85 86

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Gross, Erinnerungen, S. 70, vgl. auch S. 72. Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 72. Die Verordnung ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 106 f. So wurde es z. B. aus Görlitz berichtet (Jecht, Görlitz, S. 73 f.). Eine Skizze mit der Truppenverteilung findet sich in: Friedrich, Die Kämpfe an der Sächsisch-Böhmischen Grenze, Skizze 1. HStA Dresden, Geheimes Kabinett 10026, Kriegssachen, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 2-4.

an welchem eine Abteilung sich nur einige Zeit verweilen konnte, ist unverwüstet geblieben. Was sich an Effekten von irgendeinem Wert in den Wohnungen vorfand, wurde genommen, gleichviel ob es für den Soldaten eben brauchbar war oder nicht. […] Die nicht transportablen Gerätschaften, welche nach unserer Lebensweise zum Bedürfnis der Bewohner zu rechnen sind, zerschlug und vernichtete der zügellose Übermut.“87 In Görlitz wurde vor allem über das 10. (französische) Husarenregiment geklagt, dessen Soldaten Anfang September in den Vorstädten und den umliegenden Dörfern plünderten, die Wohnungen verwüsteten und offenbar einige Frauen vergewaltigten.88 Auch mehrere Fälle von Totschlag sind aus der Zeit nach dem Ende des Waffenstillstands im August 1813 aus der Oberlausitz überliefert.89 Doch nicht nur dort, sondern überall in Sachsen kam es im Herbst 1813 zu massiven Ausschreitungen durch Soldaten von Napoleons Armee. Sowohl die zeitgenössischen Quellen als auch die Memoiren sind voll von Berichten über Plünderungen und Zerstörungen. So heißt es beispielsweise in dem Tagebuch des Dorflehrers Carl Heinrich Pögner, am 13. Oktober seien württembergische und bayerische Soldaten in seinen Heimatort Schönefeld bei Leipzig gekommen und hätten geplündert. Am folgenden Tag hätten französische Soldaten, namentlich von der kaiserlichen Garde, dasselbe getan. Fassungslos schrieb Pögner: „Auch die ärmsten Dorfbewohner waren nicht frei von dergleichen Unerhörlichkeiten. Es wurden Türen eingeschlagen, Fenster zerbrochen, Meubles zerschlagen, um nach Befinden herauszuholen. Fast würde ich nicht glauben, dass der Freund so etwas, so eine schreckliche Sünde begehen könnte, wenn ich sie nicht mit meinen Augen gesehen hätte.“90 Einige Offiziere bemühten sich zwar ernsthaft um die Aufrechterhaltung der Disziplin ihrer Soldaten und die Verhinderung von Übergriffen. So stellte z. B. ein westfälischer Kommandeur Anfang September in mehreren Dörfern des Meißner Kreises Schutzwachen, sog. Sauvegarden, auf, die in Neudörfchen einen plündernden Soldaten sofort erschossen,

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Ebd., Bl. 151 f.; vgl. auch den Bericht über den Meißner Kreis auf Bl. 30-37, in dem es ebenfalls heißt, französische Truppen hätten sich in mehreren Orten schlechter verhalten als die Feinde. Flössel, Erinnerungen, S. 73 f.; Jecht, Görlitz, S. 114-118 u. 126 f. Soldaten desselben Verbandes erlaubten sich auch in anderen Orten Ausschreitungen, z. B. in Zodel nördlich von Görlitz (Maaß, Wanderungen, Bd. 3, S. 29). Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 142; Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 54-56; Jecht, Görlitz, S. 90. Pögner, Tagebuch, H. 44, S. 177; vgl. zum Vortag H. 43, S. 173 f.

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als er sich widersetzte.91 Viele Truppenführer waren jedoch nicht bereit, auf die Leiden der Zivilbevölkerung Rücksicht zu nehmen. Das belegen die Tagebuchaufzeichnungen des württembergischen Leutnants Christian von Martens. Anfang Oktober befand sich seine Einheit im Verband des IV. Armeekorps bei Torgau. Martens verglich die Truppenkonzentration mit einem Heuschreckenschwarm, „der alles verwüstet, wo er sich niederlässt.“92 Über die Ausplünderung dreier von den Einwohnern verlassener Dörfer schrieb er: „Ein Unterschied zwischen Feindes- und befreundetem Land ist nicht mehr zu finden, die ungeheure Anhäufung der Menschenmassen bringt das mit sich, Schonung kann beim besten Willen nicht mehr stattfinden, würde man anders handeln, so ginge man völlig zu Grunde.“93 Dabei zeigte Martens’ Einheit offenbar noch eine bessere Disziplin als andere Verbände von Napoleons Armee. Martens schrieb über ein Gespräch mit einem italienischen Regimentskommandeur, dieser habe die Haltung der Württemberger gelobt und eingestanden, solche Ordnung könne er beim besten Willen nicht einhalten, denn seine Soldaten seien zu sehr dem Zurückbleiben und der Plünderungssucht ergeben.94 * Trotz aller Klagen über das Verhalten der französischen Soldaten und ihrer Verbündeten und trotz aller widrigen Umstände, die mitunter zur völligen Auflösung von Disziplin und Rücksicht auf Zivilisten führten, finden sich auch im Jahr 1813 Beispiele anständigen Verhaltens in den Quellen. Der französische General Jean Louis Reynier, der im Russlandfeldzug das sächsische Armeekorps befehligt hatte, war nicht nur bei seinen Soldaten sehr beliebt. Als er sich im Frühjahr 1813 in Dresden

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Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 4, 1897, S. 132. Solche Maßnahmen hatten jedoch nur begrenzen Erfolg. Die Plünderungen in und um Meißen nahmen schließlich so überhand, dass der französische General Joseph Graf Souham, zu dessen Korps die Täter gehörten, am 1.10.1813 einen Armeebefehl erlassen musste, in dem er Soldaten, die sich Ausschreitungen erlaubten, sofortige Verhaftung und Bestrafung androhte (ebd., S. 148, Anm. 58; vgl. dazu das Schreiben Napoleons an Marschall Berthier vom 3.10.1813, wiedergegeben in: Correspondance de Napoléon Ier, Bd. 26, S. 285, Dok. 20684). Martens, Vor fünfzig Jahren, Bd. 2, S. 126. Ebd., S. 133. Ebd., S. 122.

aufhielt, zeigte er sich umsichtig, obwohl in der Stadt ein antifranzösischer Tumult ausbrach, der sich z. T. direkt gegen ihn richtete.95 Der Herzog von Reggio, Marschall Nicolas-Charles Oudinot, zog am 8. Mai 1813 in Chemnitz ein. Er verbot nicht nur die Einquartierung von Soldaten in der Stadt, sondern sagte den Einwohnern auch Ruhe und Disziplin seiner Truppen zu – und hielt sein Versprechen.96 Über den Vizekönig von Italien, Eugène de Beauharnais, und seine „edle und menschenfreundliche Weise“ finden sich in Berichten aus Wittenberg, Leipzig und Dresden lobende Worte.97 Andere ranghohe Offiziere, über die in verschiedenen Quellen Positives ausgesagt wird, waren z. B. der Kommandant von Torgau, General Louis de Narbonne, der Stadtkommandant von Dresden, Graf Antoine Henri Durosnel, weiterhin General Nicolas Joseph Maison, die Marschälle Michel Ney, Laurent de Gouvion Saint-Cyr und Joachim Murat sowie die polnischen Fürsten Józef Poniatowski und Antoni Sułkowski. Als Dresden im Herbst 1813 belagert wurde und in der Stadt großer Mangel an Brennmaterial und Lebensmitteln herrschte, wurde der Generalintendant der französischen Armee, Graf Guillaume Mathieu Dumas, von den Einwohnern zunächst gefürchtet. Er soll erklärt haben, dass eher alle Dresdner Bürger zu Leichen werden müssten, ehe ein französischer Soldat vor Hunger umkommen dürfte, und ließ immer wieder Requisitionen und sogar Hausdurchsuchungen nach verborgenen Lebensmitteln durchführen.98 Dies waren jedoch nur Drohgebärden. Der Geheime Finanzrat Joseph Friedrich von Zezschwitz, ein Mitglied der „Immediatkommission“, die für den abwesenden König die Regierungsgeschäfte führte, bezeichnete Dumas in einem Privatbrief als gerecht; mit seiner Hilfe habe manche Willkür abgewendet werden können. Er schrieb wei-

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Auf den Tumult wegen der geplanten Sprengung der Elbbrücke wird in Kapitel 2.8. dieser Arbeit eingegangen werden. Positive Urteile über Reynier finden sich u. a. in: Sachsen Verwüstung durch die Franzosen, S. 53 f.; Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 218; Zezschwitz, Mittheilungen, S. 205; Segnitz, Briefe, S. 184. Auch in Görlitz, wo Reynier im Juni 1813 einzog, machte er sich beliebt (Flössel, Erinnerungen, S. 43). Uhle, Chemnitz, S. 121. Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 12; Bernhardt, Wittenberg vor funfzig [sic!] Jahren, S. 4; Gross, Erinnerungen, S. 49; Taggesell, Tagebuch, S. 104 (hier das obige Zitat). Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 167.

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ter: „Die Franzosen sind vor Hunger gestorben, die Bürger haben keinen eigentlichen Mangel gelitten.“99 Der Geheime Finanzrat George August Ernst Freiherr von Manteuffel, der die Belagerung Dresdens ebenfalls als Mitglied der „Immediatkommission“ erlebte, schrieb kurz nach den Ereignissen an den Kabinettsminister Detlev Graf von Einsiedel, die Franzosen seien als die Urheber des Unglücks von den Dresdnern zwar gehasst worden, aber die Kommandeure Marschall Gouvion Saint-Cyr, Graf Durosnel und Graf Dumas würden allgemeine Achtung genießen: „Wären an ihrer Stelle andre bekannte Hitzköpfe gewesen, so war [sic!] die Stadt verloren.“100 Leipzig hatte während der gesamten „Franzosenzeit“ das Glück, wohlwollende Kommandanten zu haben, denn auch über General Antoine Joseph Bertrand, der 1813 die Befehlsgewalt hatte, finden sich in den Quellen viele positive Bemerkungen. Der Leipziger Schriftsteller Friedrich Rochlitz vermerkte am 25. September 1813 in seinem Tagebuch: „General Bertrand, unser Kommandant, erweiset sich auch jetzt noch als den einsichtsvollen, gemäßigten, humanen Mann, den er uns stets gezeigt; aber was kann, was darf er – ich will gar nicht sagen, gegen, sondern nur über die mit eisernem Griffel tief und scharf in Stein gerissene Kreislinie des Systems?“101 – Fünf Tage später schrieb der Leipziger Kaufmann Johann Carl Meissner in sein Tagebuch, Bertrand sei „ein großer Segen für die Stadt.“102 Ein Leipziger Theologiestudent hat folgende Szene festgehalten: Als Bertrand nach dem Einzug der Preußen und Russen in Leipzig dem Zaren auf dem Marktplatz als Zeichen der Kapitulation seinen Degen überreichen wollte, klopfte ihm Alexander I. freundlich auf die Schulter. Er gab ihm die Waffe zurück und die Leipziger, die auf dem Platz versammelt waren, jubelten, „denn sie liebte[n] den Mann, der sich so treu und fest erwiesen.“103 Und der Leipziger Beamte Johann Carl Gross schrieb in seinen Erinnerungen, Bertrand habe ihm später erzählt, dass sich bei seiner Gefangen-

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 327. Eine erschütternde Schilderung der Hungersnot unter den französischen Soldaten in Dresden findet sich in: Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 177-179. HStA Dresden, Ministerial-Schreiben an verschiedene Personen, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 952/13, Bl. 37 (Schreiben vom 13.11.1813), vgl. auch Bl. 17 (Manteuffel an den Geheimen Rat Hans Ernst von Globig, ebenfalls 13.11.1813). Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 11, vgl. auch S. 73. Scheffer, Leipzig 1813, S. 55. In Leipzig während der Völkerschlacht, S. 147.

nahme mehrere ihm völlig unbekannte Leipziger für ihn verwendet und um Schonung gebeten hätten.104 Auch mit einfachen Soldaten und rangniederen Offizieren machte die sächsische Bevölkerung 1813 einige positive Erfahrungen. Als französische Verbände unter dem Kommando des Marschalls Ney nach der Schlacht bei Lützen Anfang Mai Leipzig wieder besetzten, hielten sich die Einwohner in ihren verschlossenen Häusern versteckt, weil sie Plünderungen befürchteten. Es kam jedoch anders: Mehrere Trupps Soldaten zogen durch die Straßen und riefen den Bürgern zu, sie brauchten keine Angst zu haben, die Franzosen würden nicht plündern, was dann auch der Wahrheit entsprach.105 In Görlitz brach Ende August 1813 während eines Durchmarsches französischer Truppen durch die Unachtsamkeit einiger Soldaten ein Brand aus. Sieben Häuser wurden zerstört und weitere beschädigt, doch der Schaden wäre wohl noch größer gewesen, wenn die Soldaten nicht beim Löschen geholfen hätten. Überdies ließ Napoleon, der kurz zuvor selbst noch in der Stadt gewesen war, den durch das Feuer Geschädigten 1.500 Taler auszahlen.106 Der Reichenbacher Diakon Kober schrieb in seinen Erinnerungen, dass beim Rückzug der Franzosen Anfang September 1813 einige Soldaten in seiner Wohnung plünderten. Ein französischer Offizier, den er um Hilfe bat, vertrieb die Täter mit roher Gewalt: Er schoss auf sie und hieb mit seinem Degen auf sie ein. Auch in den folgenden Wochen erhielt Kober immer wieder Hilfe von französischen Soldaten, besonders von Offizieren, gegen Plünderungen und Übergriffe.107 Solche Erfahrungen waren Lichtblicke in dem für die sächsische Bevölkerung im Allgemeinen sehr dunklen Jahr 1813, das vor allem Belastungen, Leid und Zerstörung brachte. Es waren Lichtblicke, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die „Franzosen“ 1813 aufgrund des Verhaltens vieler Soldaten von der Mehrheit der Bevölkerung als Feinde Sachsens angesehen wurden.

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Gross, Erinnerungen, S. 116. Das muss sogar der völlig einseitig antifranzösische Geschichtsschreiber Ludwig Hußell zugeben (Hußell, Leipzigs Geschichte seit dem Einmarsch der Verbündeten, S. 81); vgl. auch Gross, Erinnerungen, S. 60 sowie, als paralleles Beispiel für Dresden, Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 144. Jecht, Görlitz, S. 87; vgl. auch Flössel, Erinnerungen, S. 57. Kober, Die kriegerischen Ereignisse, H. 11, S. 174 f.; H. 12, S. 188 f.; H. 31, S. 492 u. 495.

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Viele Soldaten der französischen Armee hatten bereits bei ihrem ersten Einmarsch in Sachsen im Herbst 1806 ein Verhalten gezeigt, das nicht dazu geeignet war, in der Bevölkerung Sympathien zu wecken. Deutsche Rheinbundtruppen hatten sich dabei oft keinen besseren Ruf erworben als ihre französischen Kameraden oder ihre Verbündeten aus anderen Ländern. Auch nach Sachsens Beitritt zum Rheinbund machte die Bevölkerung bei Kontakten mit durchziehenden oder einquartierten Soldaten von Napoleons Armee viele negative Erfahrungen, besonders 1813. Dabei handelte es sich bei den Soldaten der französischen Armee um Verbündete, von denen eigentlich eine bessere Disziplin zu erwarten gewesen wäre. Im Folgenden soll ein Blick auf das Verhalten österreichischer Soldaten geworfen werden, die Sachsen im Gegensatz zu den „Franzosen“ nach 1806 als Feinde betraten.

1.2. Österreicher Mit österreichischen Soldaten kam die sächsische Bevölkerung im Laufe der napoleonischen Zeit zweimal in Berührung: 1809 und 1813. In beiden Fällen betraten die Truppen Sachsen als Feinde – zumindest aus der Sicht der sächsischen Regierung. Die Bemühungen der Österreicher waren allerdings darauf gerichtet, sich nicht als Gegner, sondern als Freunde Sachsens darzustellen und die Bevölkerung für den Kampf gegen Napoleon und für die „gerechte Sache“, wie es in Proklamationen hieß108, zu gewinnen. * Als im Frühjahr 1809 der Krieg zwischen Österreich und Frankreich ausbrach, schien es zunächst nicht, als ob Sachsen einen Einfall fremder Truppen zu befürchten hätte. Der Hauptteil der sächsischen Armee verließ Mitte April Sachsen, um im Verband des IX. Armeekorps unter Befehl des Marschalls Jean-Baptiste Bernadotte an den Kämpfen in Österreich teilzunehmen. Nach dem Abmarsch des Korps waren in Sachsen an mobilen Truppen zunächst nur noch 1.300 Soldaten mit 200 Pferden und 4 Kanonen verfügbar. Diese wurden dem Kommando von Oberst Johann

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Vgl. z. B. Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 53.

Adolph Thielmann, einem Generaladjutanten des Königs, unterstellt.109 Zusätzlich wurden zur Verteidigung des Landes die im Herzogtum Warschau stehenden sächsischen Truppen nach Sachsen zurückbeordert. Dabei handelte es sich um ca. 3.000 Mann unter dem Befehl des Generalmajors Ludwig Ferdinand Freiherr von Dyherrn. Ende Mai stieß Dyherrn bei Dresden zu Thielmanns Einheiten und übernahm den Oberbefehl über das vereinigte Truppenkorps. Allerdings behielt Thielmann recht große Handlungsfreiheit, da er das besondere Vertrauen des Königs genoss. Dyherrn hatte Befehl, die Grenzen zu decken und dem Feind nur im Falle eines Einmarsches in Sachsen entgegenzugehen. In Nordböhmen, an der Grenze zu Sachsen, versammelten die Österreicher zwar ein 6.800 Mann starkes Korps; der Befehlshaber, General Carl Friedrich Am Ende, hatte jedoch lediglich den Auftrag, die in Sachsen verbliebenen Truppen zu beobachten und böhmisches Gebiet vor gegnerischen Streifzügen zu schützen. Gemäß dieser Ausgangslage und den erteilten Befehlen wäre Sachsen 1809 vielleicht von kriegerischen Handlungen verschont geblieben, wenn nicht auf beiden Seiten ehrgeizige Kommandeure gestanden hätten, die den Ereignissen eine von der jeweiligen Führung ungewollte Dynamik verliehen: Auf österreichischer Seite Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig, auf sächsischer Seite Oberst Thielmann. Der Vater des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig, Herzog Karl Wilhelm, hatte in der Schlacht bei Auerstedt im Oktober 1806 als Oberbefehlshaber der preußischen Armee gegen Napoleon gekämpft und war tödlich verwundet worden. 1807 hatte Napoleon das Herzogtum Braunschweig in das neu geschaffene Königreich Westfalen eingegliedert. Um wieder in den Besitz seines Erblandes zu gelangen, schloss Friedrich Wilhelm im März 1809 einen Bündnisvertrag mit den Habsburgern. Er verpflichtete sich, ein Korps von 2.000 Mann aufzustellen und am Feldzug gegen Napoleon teilzunehmen. Dafür wurde er als souveräner Alliierter anerkannt. Im Mai versammelte sich sein Freikorps in Nordböhmen und unternahm eigenmächtig einige Vorstöße auf sächsisches Gebiet. Am 21. Mai besetzten die „Braunschweiger“ Zittau. Dort ließ der Herzog eine 109

Der König hatte vier Generaladjutanten, sie sich normalerweise im Dienst wöchentlich abwechselten (Brabant, Im Banne Napoleons, S. 192). Zu den militärischen Ereignissen in Sachsen während des Krieges von 1809 vgl. v. a. Heyde, Der Feldzug des Herzoglich-Braunschweigschen Korps; Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 45-95; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, bes. S. 75-103; Larisch, Das Kriegsjahr 1809, S. 101-118.

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Proklamation „An meine Landsleute!“ drucken, in der er alle Deutschen zur Teilnahme am Kampf gegen Napoleon aufrief.110 Oberst Thielmann reagierte auf die Provokationen der „Braunschweiger“ nicht nur mit deren Vertreibung von sächsischem Gebiet, sondern führte eigenmächtig Streifzüge nach Böhmen durch. Zwar lässt sich aus den vorliegenden Quellen nicht eindeutig klären, ob allein Thielmanns Maßnahmen die Österreicher veranlassten, mit dem Korps des Generals Carl Friedrich Am Ende in Sachsen einzurücken, oder ob der Einmarsch ohnehin erfolgt wäre, „um die – durch den am 22. Mai bei Aspern über den Kaiser Napoleon erfochtenen Sieg – hervorgebrachte Sensation zu befördern“, wie es in dem entsprechenden Befehl heißt.111 Die Österreicher machten sich Thielmanns Aktionen aber auf jeden Fall für ihre Propaganda zunutze. In einer an die Sachsen gerichteten Proklamation vom 9. Juni verkündeten sie: Kaiser Franz habe nicht beabsichtigt, seine Truppen in das Königreich Sachsen eindringen zu lassen, aber die Streifzüge in Böhmen könnten nicht ungeahndet bleiben. Es folgten allerdings keine Drohungen gegen die Einwohner, sondern der Aufruf, sich dem Kampf für Deutschlands Freiheit anzuschließen.112 Am 9. Juni traten sowohl des Korps des Generals Am Ende, das auf 10.000 Mann verstärkt worden war, als auch der Herzog von Braunschweig mit seinem Freikorps den Vormarsch auf sächsisches Territorium an. General Am Ende erließ an seine Truppen einen Befehl, in dem er „die Aufrechterhaltung der strengsten Manneszucht“ gebot. Er drohte, jede Plünderung, Brandstiftung, Misshandlung sächsischer Einwohner und andere Exzesse „ohne Gnade nach der Strenge der Kriegsgesetze“ standrechtlich zu

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Die Proklamation ist wiedergegeben in: Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 80 f. Ebd., S. 83. Sächsische Zeitgenossen gaben Thielmann die Schuld am Einmarsch der Österreicher in Sachsen, vgl. z. B. Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 172 f. u. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 195. Auch Thielmanns spätere ehrgeizige Maßnahmen, z. B. sein erfolgloser Angriff zur Wiedereroberung Dresdens in der Nacht vom 11. zum 12.6.1809, stießen auf heftige Kritik. Christian Gottfried Körner schrieb zwei Tage nach dieser Aktion an seinen Sohn, sowohl die österreichischen Truppen als auch der größte Teil der Dresdner Bürgerschaft sei äußerst erbittert auf Thielmann, weil der Angriff für die Stadt sehr schlimme Folgen hätte haben können (Baxa, Adam Müllers Lebenszeugnisse, Bd. 1, S. 476). Der Aufruf ist wiedergegeben in: Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 52-54 sowie Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 84-86. Ein Originalexemplar findet sich in der SLUB unter der Signatur Hist.Sax.C.395, misc. 46.

bestrafen und machte seine Offiziere für das Verhalten ihrer Untergebenen verantwortlich.113 Die regulären österreichischen Soldaten legten tatsächlich ein Verhalten an den Tag, das in den vorliegenden Quellen fast ausnahmslos gelobt wird. In Meißen hoben sie z. B. eine Requisition von Pferden, die die „Braunschweiger“ gefordert hatten, auf und schickten die Besitzer mit ihren Tieren nach Hause.114 Und als sich in Dresden unter der Bevölkerung das Gerücht verbreitete, die Stadt solle geplündert werden, ließ der von den Österreichern eingesetzte Stadtkommandant, Anton Isidor Fürst von Lobkowitz, durch den Stadtrat bekannt machen, dass jede Ausschweifung der Soldaten mit dem Tode bestraft würde.115 Christian Gottfried Körner schrieb am 14. Juni 1809 an seinen Sohn Theodor, die Österreicher seien in Dresden „äußerst friedlich und ordentlich“ eingezogen. Als Einquartierung habe er einen Offizier von der Landwehr und 18 Mann österreichische Infanterie erhalten: „Ihr Betragen ist zur Zeit sehr gut.“116 Friedrich Laun schrieb in seinen Erinnerungen, die in Dresden einquartierten Soldaten hätten sich bald mit ihren Wirtsleuten angefreundet, und General Am Ende habe unter seinen Truppen eine Disziplin gehalten, „mit der die Einwohner zufrieden sein konnten.“117 Auch die böhmische Landwehr, die neben den regulären österreichischen Verbänden in Dresden einzog, verhielt sich laut Gustav Nieritz „musterhaft und nicht wie Feinde.“118 Das hat auch der Geheime Finanzrat von Zezschwitz bestätigt. Kurz nach der Besetzung Dresdens schrieb er: „Wir leben hier ungeachtet der starken Besatzung mit Österreichern, Böhmischer Landwehr, Hessen und Braunschweigern sehr ruhig; die Truppen halten gute Mannszucht.“119 Selbst in einer 1810 veröffentlichten Schrift von Johann Maaß heißt es über den österreichischen Einzug in Dresden, den er selbst erlebt hatte: 113

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Der Befehl ist wiedergegeben in: Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 54 f. u. Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 86 f. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 200. Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 737; vgl. auch SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 3, Msc.Dresd.d.81, Teilband 1809, Bl. 15. Baxa, Adam Müllers Lebenszeugnisse, Bd. 1, S. 475. Das Original dieses Briefes ist noch erhalten (Stadtarchiv Dresden, Nachlass der Familie Körner, 16.1.2., Kö III. 76). Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 169. Nieritz, Selbstbiographie, S. 84. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 110.

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„Dieser Einmarsch war in der größten Ordnung und Ruhe erfolgt, so wie man es auch von Truppen erwarten konnte, die unter dem Kommando eines so menschenfreundlichen Befehlshabers standen.“120 Zwar ließ General Am Ende die königlichen Kassengelder und die Waren im Zeughaus und in den Vorratshäusern beschlagnahmen; Privateigentum wurde jedoch nicht angerührt.121 Auch in Leipzig, das Am Endes Truppen am 22. Juni besetzten, verfuhren die Soldaten mit Schonung und nahmen nur geringe Konfiskationen vor.122 Als sich die Österreicher Ende Juni vorübergehend aus Sachsen zurückziehen mussten, weil überlegene westfälische Verbände unter dem Befehl von König Jérôme im Anmarsch waren, richtete der Rat der Stadt Dresden ein Dankschreiben an den österreichischen Intendanten, Joseph von Beierweck. Dieser war für die Verpflegung der Soldaten zuständig gewesen und wurde für seine „reinste und uneigennützigste Humanität“ gewürdigt.123 Die Menge der zu verpflegenden Truppen war keineswegs gering gewesen: Am Tag des Einmarsches waren in Dresden insgesamt 12.950 Mann mit ca. 200 Offizieren registriert worden. An den folgenden Tagen hatte der Durchschnitt bei 6.000 Mann gelegen. Zur Verpflegung für die Soldaten waren noch größere Mengen Futter gekommen, die für die Armeepferde aufgebracht werden mussten.124 Zwei Wochen später stießen Am Endes Truppen erneut vor und besetzten Dresden zum zweiten Mal. Wieder wurde Fürst Lobkowitz als Stadtkommandant eingesetzt. Die zweite Besetzung dauerte bis zum 21. Juli 1809. Dann zogen sich die Österreicher aufgrund des zwischen Frankreich und Österreich abgeschlossenen Waffenstillstands endgültig zurück. Kurz vor dem Abmarsch begab sich einer der beiden Bürgermeister Dresdens zu General Am Ende und Fürst Lobkowitz und bedankte sich im Namen des Magistrats für die gute Disziplin und die Genügsamkeit ihrer Truppen, gegen die nicht eine einzige Klage eingegangen sei.125 Der Geheime Finanzrat von Zezschwitz, der anstelle des verhafteten Geheimrats Carl Friedrich von Brand zeitweilig die Geschäfte des Polizeidirektors übernommen hatte, schrieb am selben Tag in einem Privatbrief: „Das vortreffliche Benehmen der österreichischen Behörden [..] erleichterte die Geschäfte. 120 121 122 123 124 125

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Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 179, vgl. auch S. 181 u. 191. Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 60 f. Eine Auflistung der in Dresden erhobenen Requisitionen findet sich in: Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 59. Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, S. 415 f. Das Schreiben ist wiedergegeben in: Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 74 f. Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 58 f. Ebd., S. 53.

Besonders der österreichische Stadtkommandant Fürst Lobkowitz ist ein gebildeter, wohlmeinender Mann.“126 * Im Gegensatz zu den regulären österreichischen Soldaten und der böhmischen Landwehr, denen fast durchweg gute Disziplin und Schonung der Bevölkerung bescheinigt wurden, erwarb sich das Freikorps des Herzogs von Braunschweig bald einen schlechten Ruf. Der Herzog war bei der Rekrutierung seiner Soldaten nicht wählerisch, und so schlossen sich ihm neben Militärs, die zuvor in anderen Diensten gestanden hatten, auch viele zweifelhafte Personen an. Zezschwitz schrieb von „viel liederliche[m] Gesindel“, das sich von den „Braunschweigern“ habe anwerben lassen.127 In Dresden wurden z. B. 27 Strafgefangene, teilweise Schwerverbrecher, vom Festungsbau befreit und in das Freikorps aufgenommen.128 Gustav Nieritz hat in seiner Autobiografie einen derjenigen, die sich als Freiwillige meldeten, beim Namen genannt: einen gewissen Matzek, einen stadtbekannten Dieb, bei dem alle Strafen zu keiner Besserung geführt hatten.129 In allen größeren Orten stellten die „Braunschweiger“ hohe Kontributionsforderungen. In Dresden verlangte der Herzog 20.000 Taler, von denen 5.000 tatsächlich aufgebracht wurden. In Chemnitz wurden 100.000 Taler verlangt und 6.110 Taler bezahlt. In Wilsdruff erpressten die „Braunschweiger“ 12.000 Taler. Neben Bargeld wurden namentlich in Meißen große Mengen an Pferden, Ausrüstungsgegenständen für Infanteristen und Naturalien verlangt. Die Stadt musste durch das Eingreifen der regulären österreichischen Soldaten letztlich zwar nur einen Teil der Forderungen erfüllen, hatte aber bis Ende Juni dennoch Ausgaben von mehr als 16.000 Talern. Der Gesamtverlust von etwa 208.000 Talern, der dem sächsischen Staat durch den Einmarsch der Österreicher 1809 entstand, dürfte zum größten Teil 126 127

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 114; vgl. auch S. 112. Ebd., S. 110. Laut Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 198 f., Anm. 86, sollen sich in Dresden etwa 300 und in Meißen mehr als 100 Freiwillige gemeldet haben; laut Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 65, meldeten sich insgesamt nur 300 Personen. Bei Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 81 u. 91, findet sich die Angabe, in Meißen hätten sich 300 Mann „zweifelhaften Aussehens“ anwerben lassen, in Zittau dagegen nur zwei Mann. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 198 f., Anm. 86. Nieritz, Selbstbiographie, S. 63 f.

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durch die Kontributionsforderungen der „Braunschweiger“ entstanden sein.130 Schlimmer als diese materiellen Belastungen war jedoch das Verhalten der Angehörigen des Freikorps. Der Herzog hatte große Schwierigkeiten, die Disziplin unter seinen Soldaten aufrecht zu erhalten.131 In mehreren Orten kam es zu Ausschreitungen, besonders in der Umgebung von Wilsdruff, nachdem es dort am 12. Juni zu einem Gefecht mit den Sachsen unter Thielmann gekommen war. Ein Husar steckte ein Gut in Brand, weil ihm der Einlass verweigert wurde. In Birkenhain erschossen drei Soldaten den Richter und Kirchenvorsteher des Ortes, weil er ihnen die Herausgabe von Geld verweigerte und sich der Plünderung der Kirche widersetzte. Dieselben Husaren raubten in Limbach u. a. den Pastor aus und versuchten, einen Knecht zu erschießen, der zwei Pferde in Sicherheit bringen wollte.132 Über weitere Ausschreitungen bei Wilsdruff hat ein Angehöriger des Freikorps selbst berichtet: „Den Bauern, die ihre Häuser verschlossen hatten, schlug man die Türen und Fenster ein und nahm dann im Hause, was nur fortzuschaffen war. Wenn jemand Widerstand leisten wollte, wurde er jämmerlich geprügelt, und namentlich hatten die Weibsleute durch die rohen Burschen viel zu leiden.“133 Was mit der letzten Bemerkung gemeint ist, lässt sich leicht erraten: nämlich Vergewaltigungen. Die Einwohner wandten sich wegen der Ausschreitungen an den Herzog von Braunschweig, der sich in Wilsdruff aufhielt. Dieser war um das gesamte Ansehen seiner Truppen besorgt und ließ deshalb die drei Husaren, die den Birkenhainer Richter ermordet hatten, feststellen und erschießen. Etwa 20 andere Soldaten, die geplündert hatten, wurden entwaffnet, verprügelt und aus dem Korps ausgestoßen.134 Der Ruf des Verbandes war aber dadurch nicht zu retten, zumal es

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Zahlen nach: Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 61-64 (für Dresden); Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 97 (für Chemnitz); Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 59 u. 97 (für Wilsdruff und Gesamtsumme); Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 205 (für Meißen). Vgl. dazu besonders die Aussagen des preußischen Generals Friedrich Ludwig von Wachholtz, der 1809 als Leutnant am Zug der „Braunschweiger“ durch Sachsen teilnahm (Vechelde, Aus dem Tagebuche des Generals, S. 220-235). Die Napoleonischen Kämpfe, H. 3, S. 12-14. Lüders, Kriegsfahrten, S. 28. Vechelde, Aus dem Tagebuche des Generals, S. 246 f.; Lüders, Kriegsfahrten, S. 28 f.; Die Napoleonischen Kämpfe, H. 3, S. 13 f.

auch in anderen Orten zu Ausschreitungen kam, z. B. in Eutritzsch, Grimma und Leipzig.135 Die Disziplinlosigkeit der „Braunschweiger“ empörte nicht nur die Sachsen, sondern auch General Am Ende. In einem Bericht an seinen Vorgesetzten, General Johann Sigismund Graf von Riesch, beschwerte er sich über die „schreckliche[n] Unordnungen“, die von den „Braunschweigern“ und „Hessen“ verübt worden seien und bat um die Trennung seiner Truppen von „diesen exzessiven Alliierten“.136 Mit „Hessen“ war eine Abteilung Freiwilliger gemeint, die der Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel angeworben hatte. Dieser hatte wie der Herzog von Braunschweig sein Land an das von Napoleon gebildete Königreich Westfalen verloren und sich den Österreichern angeschlossen. Weil der hessische Verband zu klein war, um selbstständig zu operieren, schloss er sich dem Freikorps des Herzogs von Braunschweig an. Wenn in den sächsischen Quellen von „Braunschweigern“ die Rede ist, dürften auch meistens die „Hessen“ inbegriffen sein, da sie nicht gesondert genannt werden, aber mit den „Braunschweigern“ zusammen kämpften. Der Bericht Am Endes belegt, dass es auch in dieser Freiwilligeneinheit offensichtlich große Disziplinschwierigkeiten gab. Allerdings war der Herzog von Braunschweig zumindest bemüht, die Ordnung unter seinen Soldaten aufrecht zu erhalten. In Meißen gewährte er z. B. der Porzellanmanufaktur eine Schutzwache, um sie vor Plünderungen zu bewahren.137 In Leipzig konnten seine Offiziere einige Übergriffe verhindern, und der Herzog sprach sich einer Abordnung der Stadt gegenüber unwillig darüber aus, dass er nach seinem Einzug mehrere anonyme Briefe erhalten habe, in denen Bürger, die den Franzosen angeblich wohl gesonnen oder sehr reich waren, denunziert worden seien.138 Als das Dresdner „Morgenblatt“, das von dem Dresdner Hofrat und Gelehrten Karl August Böttiger beeinflusst wurde, den Herzog von Braunschweig als „Räuberhauptmann“ bezeichnete, protestierte der mit 135

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Krebs, Aus der Vergangenheit von Eutritzsch, S. 136; Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 202 u. 217; Gross, Erinnerungen, S. 30 u. 40. Auch aus der Oberlausitz sind Übergriffe durch „Braunschweiger“ überliefert (Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 249-251). Die Ausschreitungen der „Braunschweiger“ in Sachsen veranlassten das Geheime Konsilium sogar, sich mit der Bitte um Schonung des Landes direkt an den österreichischen Kaiser zu wenden (vgl. dazu Weber, Eine Episode). Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 58. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 195 f., Anm. 83. Gross, Erinnerungen, S. 28-40; vgl. auch: Erzählung der merkwürdigsten Vorfälle des 26. Juli; Der 26ste Julius.

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Böttiger befreundete Buchhändler Georg Joachim Göschen. Anfang Oktober 1809 schrieb er an Böttiger: „Sie haben sich an dem Braunschweiger versündigt.“ Im Biwak bei Grimma, berichtete Göschen, habe der Herzog das ihm gereichte Essen dreifach bezahlt, und seine Soldaten hätten sich in der Gegend weder Misshandlungen zuschulden kommen lassen noch Holz für ihr Lager requiriert, obwohl sie auf freiem Feld der Kälte ausgesetzt gewesen seien: „Das tun keine bewaffneten Räuber.“139 Solche Stimmen blieben jedoch in der Minderheit, und den schlechten Ruf, den sich das Freikorps durch seine Ausschreitungen bei vielen Sachsen erworben hatte, wurde es nicht mehr los. * In den vorliegenden Berichten über das Jahr 1813 finden sich erstaunlich wenige Aussagen über das Verhalten österreichischer Soldaten. Dabei kam die sächsische Bevölkerung bereits kurz nach der Kriegserklärung der Habsburgermonarchie an Frankreich im August 1813 mit großen österreichischen Kontingenten in Berührung. Allein an der Schlacht bei Dresden am 26. und 27. August nahmen ca. 100.000 Österreicher teil, an der Völkerschlacht bei Leipzig sogar mehr als 120.000.140 Die wenigen Aussagen verdeutlichen, dass die Erfahrungen unterschiedlich waren. Der Annaberger Archidiakon Johann Friedrich Hübschmann schrieb über den Durchmarsch österreichischer Einheiten durch seine Heimatstadt Ende August 1813, bei den Einwohnern habe sich aufgrund der großen Menge der Soldaten zunächst Furcht verbreitet. Diese sei aber unbegründet gewesen, denn die Soldaten hätten sich „menschenfreundlich“ benommen.141 Vor Meißen und in der Stadt selbst kam es dagegen zu Diebstählen und Plünderungen.142 Auch in der Umgebung von Zittau machte die Bevölkerung Anfang September 1813 keine guten Erfahrungen mit den Österreichern. In Poritsch misshandelten einige Soldaten auf der Suche nach Branntwein einen Rittergutsbesitzer und drohten, ihn zu erschießen, woraufhin er nach Zittau floh und sich erst eine Woche später wieder auf sein Gut wagte. In einem anderen Dorf wurde der Ortspfarrer von österreichischen Soldaten ausgeraubt und ebenfalls misshandelt.143 In Zittau 139 140 141 142 143

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Zitate nach Goschen, Das Leben Georg Joachim Göschens, Bd. 2, S. 272 f. Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 444 f. u. 466 f. Hübschmann, Was haben wir in Annaberg, S. 75. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 4, 1897, S. 121-123, Anm. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 64 u. 69.

selbst verhielten sich die Soldaten anscheinend diszipliniert, denn als General Adam Adalbert Graf von Neipperg die Stadt am 10. September verließ, dankte der Rat ihm schriftlich für seine schonenden Maßregeln und bot ihm als Geschenk Wein und Damast an.144 In die Gegend von Chemnitz zogen Ende August 1813 Verbände des Generals Joseph von Mesko. Sie stellten hohe Requisitionsforderungen, denen sie mit der Androhung von Plünderung Nachdruck verliehen. In der Stadt selbst verhielten sich die Soldaten diszipliniert. Dagegen kam es in den Vorstädten und in der Nähe der Biwaks zu Ausschreitungen: Weil nicht genügend Holz für die Wachfeuer vorhanden war, holten sich die Soldaten gewaltsam Brennmaterialien aus den umliegenden Häusern und Gärten. Als daraufhin aus Chemnitz Holz geliefert wurde und sogar Hütten für die Soldaten gebaut wurden, beruhigte sich die Lage bis zum Abmarsch von Meskos Truppen. Anfang Oktober traf der Oberbefehlshaber der verbündeten Truppen, der österreichische Feldmarschall Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg, in Chemnitz ein. Erneut kam es in der Umgebung der Stadt zu großen Truppenkonzentrationen, und nun wiederholte sich die Situation von Ende August: In der Stadt hielten die Soldaten gute Disziplin, in der Umgegend wurde geplündert. Allerdings waren an diesen Ausschweifungen nicht nur österreichische, sondern auch russische Soldaten beteiligt, namentlich Kosaken. Am 13. Oktober rückte in Chemnitz das I. Korps des Feldzeugmeisters Hieronymus Graf von Colloredo-Mannsfeld ein. Dieser Heerführer war den Bürgern nicht so gut gesonnen wie Schwarzenberg: Er behandelte die Ratsdeputation schroff, ließ weitreichende Requisitionen vornehmen, und die Häuser wurden mit durchschnittlich 30-40 Soldaten belegt. Auch viele seiner Offiziere waren nicht um Linderung der Lasten bemüht, sondern zeigten sich barsch im Umgang mit den Quartierleuten. Als schließlich Ende Oktober das IV. Korps des Generals Johann Graf von Klenau in Chemnitz einzog, kam es aufgrund des Mangels an Holz und Lebensmitteln wieder zu Ausschreitungen.145 Auffällig ist, dass sich viele Klagen über Plünderer gegen ungarische Soldaten richteten.146 Hierbei mag, ähnlich wie bei Franzosen oder Italienern, das Verständigungsproblem zu Missverständnissen geführt haben. 144 145 146

Ebd., S. 73; vgl. auch S. 96. Uhle, Chemnitz, S. 126-144. Vgl. neben den bereits genannten Darstellungen z. B. Schlosser, Erlebnisse, S. 113118; Voigt, Liebertwolkwitz, S. 13; Thomas, Erlebnisse, H. 3, S. 118.

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Darüber hinaus erschien Sachsen den ungarischen Soldaten trotz aller Kriegslasten und Zerstörungen immer noch als wohlhabendes Land. Dagegen gehörte Ungarn zu den ärmeren Teilen des österreichischen Kaiserreichs, und die ungarischen Soldaten neigten wohl auch deshalb eher zu Ausschweifungen als ihre Kameraden aus dem Kernland der Habsburgermonarchie. Auch auf andere Ethnien des Habsburgerreichs trifft dieses Phänomen möglicherweise zu. So schrieb die Pastorentochter Auguste Vater aus Seifertshain bei Leipzig, die österreichischen Soldaten hätten sich in ihrem Heimatort gefällig und bescheiden verhalten. Sie hätten die Einwohner aber gewarnt, sich vor kroatischen Soldaten in Acht zu nehmen, weil diese sehr raubsüchtig seien.147 Da Auguste Vater mit den Kroaten aber keine persönlichen Erfahrungen machte und in diesem Fall nur die Aussagen Dritter wiedergab, könnte es sich auch um ein bloßes Stereotyp handeln.148 Auguste Vater, deren Bericht eine der eindrucksvollsten Schilderungen der Tage der Leipziger Schlacht aus ziviler Sicht ist, machte mit österreichischen Soldaten ausschließlich gute Erfahrungen. Einige Offiziere halfen der Familie beim Zusammenpacken und Abtransport der Habseligkeiten aus ihrem durch Kampfhandlungen bedrohten Heimatdorf. Andere teilten ihre Lebensmittel mit dem Pastor, da er ihnen als Quartierwirt selbst nichts mehr anbieten konnte.149 Sicherlich war das die Erfahrung einer einzelnen Familie, die nicht generalisiert werden kann – einige Beispiele für Ausschreitungen wurden oben genannt. Dass sich in den vorliegenden Quellen jedoch insgesamt verhältnismäßig wenige Aussagen über die Disziplin österreichischer Truppen finden, spricht dafür, dass ihr Verhalten deutlich besser war als das vieler „Franzosen“ – und auch vieler Russen, worauf weiter unten eingegangen wird.

1.3. Preußen Mit preußischen Soldaten kam die sächsische Bevölkerung in den Jahren 1806-1813 mehrmals in Berührung: Im Herbst 1806 durchzog die preußi147

148 149

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Vater, Was wir erlebten, S. 11 f. Kroatische Soldaten hatten sich bereits im Siebenjährigen Krieg in Sachsen einen besonders schlechten Ruf erworben, obwohl sie Verbündete waren (vgl. z. B. Haenel/Kalkschmidt, Das alte Dresden, S. 38). Zur Stereotypenforschung vgl. z. B. Hahn, Stereotyp; ders., Historische Stereotypenforschung. Vater, Was wir erlebten, S. 8-33.

sche Armee das Land, um gemeinsam mit sächsischen Truppen Napoleons Heer in Thüringen zum Kampf zu stellen. Johann Maaß, der im September 1806 den Durchzug preußischer Verbände unter dem Kommando des Generals Friedrich Adolf Graf von Kalkreuth durch Wittenberg erlebte, beschrieb das Verhalten der Soldaten als „musterhaft“ und den Kommandeur als „menschenfreundlich“.150 Was einigen Zeitgenossen jedoch unangenehm auffiel, war der Hochmut, der viele Preußen in ihrem Glauben an einen leichten Sieg über Napoleon erfüllte.151 Als sich die Verbände an der Grenze des Thüringer Kreises und auf thüringischem Gebiet zur Schlacht formierten, kam es infolge der großen Truppenkonzentration zu Quartier- und Lebensmittelmangel, was eine Verschlechterung der Stimmung und der Disziplin zur Folge hatte. Ein preußischer Soldat erinnerte sich später, dass seine Kameraden in ihren Quartieren „wie die Raben“ stahlen.152 In Auerstedt brachen preußische Soldaten die Scheunen auf und verbrauchten alle darin befindlichen Vorräte.153 Derartige Vorfälle beschränkten sich aber auf die Randgebiete des Thüringer Kreises und auf Thüringen selbst und blieben zudem zeitlich eng begrenzt, denn nach den Niederlagen vom 14. Oktober löste sich die preußische Armee völlig auf. Erneut durchzogen preußische Soldaten Sachsen, diesmal auf der Flucht vor der siegreichen Armee Napoleons. Das einzige vorliegende Zeugnis über das Verhalten der Truppen nach der Niederlage stammt erneut von Johann Maaß. Er hatte im Oktober 1806 seine Heimatstadt verlassen, um den Wittenberger Kreis, die Lausitzen und einen Teil des Meißner Kreises zu durchwandern. Er traf unterwegs versprengte preußische Soldaten, die sich anständig betrugen.154 Der Durchmarsch der preußischen Armee im Herbst 1806 blieb für die sächsische Bevölkerung ebenso eine Episode von geringem Belang wie der Zug des Schillschen Freikorps durch den Norden des Wittenberger Kreises im Frühjahr 1809.155 Beide Ereignisse finden in zeitgenössischen Darstellungen kaum Erwähnung.

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Maaß, Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, S. 3 f. Nieritz, Selbstbiographie, S. 48 f.; Kügelgen, Helene Marie von Kügelgen, S. 185. Lüders, Kriegsfahrten, S. 10. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 75. Maaß, Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, S. 24 f. Schills Soldaten verhielten sich laut Johann Maaß gegenüber der Bevölkerung korrekt (Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 137 f.).

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Nach den Niederlagen bei Jena und Auerstedt verschlechterte sich das sächsisch-preußische Verhältnis drastisch. Zwar konnte die Trennung des sächsischen Korps von der preußischen Armee und das Ausscheiden Sachsens aus dem Krieg gegen Napoleon nicht als Feindseligkeit gegen Preußen betrachtet werden, denn der preußische Gesandte hatte dem sächsischen Außenminister Johann Adolf Graf von Loß selbst geraten, durch einen schnellen Vertrag mit Napoleon die Neutralität des Kurfürstentums zu erreichen.156 Die diplomatischen Schritte, die Sachsen zur Erlangung des Friedens ging, mussten in Preußen jedoch große Verbitterung hervorrufen: Außenminister Loß und der Kriegsminister Wilhelm von Low, beide propreußisch, wurden abgesetzt – Loß auf Wunsch Napoleons, Low auf Betreiben des Oberkammerherrn Friedrich Wilhelm August Carl von Bose. Dieser zeigte sich als sächsischer Unterhändler in Posen eifrig bemüht, die Gunst des französischen Kaisers zu gewinnen und wurde nach dem Abschluss des Friedensvertrags der Nachfolger von Loß als Außenminister.157 Sachsen verpflichtete sich im Frieden von Posen zur Teilnahme am Krieg gegen Preußen und stellte ein Hilfskorps, das bereits im Frühjahr 1807 an der Belagerung von Danzig teilnahm. Der Cottbuser Kreis, eine preußische Enklave auf sächsischem Territorium, fiel an Sachsen.158 Obwohl der Staat der Wettiner für diese Erwerbung ein gleichwertiges Gebiet an das Königreich Westfalen abtreten musste, erschien es vielen Zeitgenossen so, als ob Sachsen auf Kosten Preußens als Gewinner aus dem folgenschweren Krieg von 1806/07 hervorgehen würde, zumal Napoleon den sächsischen König auch zum Regenten des neu geschaffenen Herzogtums Warschau ernannte. Sowohl wegen der ehemaligen preußischen Territorien in diesem Herzogtum als auch über zwei in der Niederlausitz gelegene Güter des Johanniterordens geriet Sachsen mit Preußen bald in Rechtsstreitigkeiten, die sich lange hinzogen und das Verhältnis zwischen den beiden Staaten weiter anspannten.159 Schließlich erschienen in Sachsen ab Ende 1806 antipreußische Schriften160, und die Einnahme Danzigs und der Sieg bei Friedland wurden in Dresden durch 156 157 158 159 160

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Schmidt, Sachsens Politik, S. 53. Vgl. ausführlich dazu: Schiemann, Zur Geschichte des Posener Friedens; Schmidt, Sachsens Politik. Vgl. ausführlich dazu: Krestin, Cottbus. Vgl. dazu Pölitz, Die Regierung Friedrich Augusts, Bd. 2, S. 54-56; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 18-25. Beispielsweise: Antwort auf das Manifest des Königs von Preußen. Darin heißt es, Sachsen sei von Preußen überfallen worden (S. 29).

Salutschüsse und Dankgottesdienste gefeiert.161 Solche Maßnahmen mussten in Preußen Groll wecken, und so verwundert nicht, dass es in einem geheimen Bericht des Gendarmeriedirektors des Wittenberger Kreises vom 29. Februar 1812 über die Stimmung in Preußen heißt, „der mittlere und niedere Stand“ äußere viel Erbitterung „gegen die französische und sächsische Nation“.162 Wenig später hatte der preußische König jedoch die Gelegenheit, sich zu überzeugen, dass nur der sächsische Hof gegenüber Napoleon rücksichtslos unterwürfig war, nicht aber die Bevölkerung. Während des Fürstentreffens im Mai 1812, zu dem Friedrich Wilhelm III. mit seinem Außenminister Karl August von Hardenberg anreiste, behandelte er den sächsischen König zunächst demonstrativ kalt und verbat sich alle Ehrenbezeugungen.163 Seine Haltung änderte sich im Verlaufe des Fürstentreffens, und zwar nicht nur, weil ihm Friedrich August I. mit großer Höflichkeit entgegenkam, sondern weil die sächsische Bevölkerung ihm, wo immer er sich öffentlich zeigte, spontane Sympathiebekundungen entgegenbrachte. Einige Wochen später bemerkte der Dresdner Polizeidirektor Brand in einem geheimen Stimmungsbericht: „Höchst auffallend, fast unglaublich ist [..] der Eindruck, welchen die hiesige Aufnahme Sr. Majestät des Königs von Preußen hervor gebracht hat. Alle preußische [sic!] Untertanen ohne Unterschied der Stände und Parteien haben ihre Gesinnungen gegen die Sachsen gänzlich geändert, sprechen jetzt von ihnen mit der größten Achtung und sagen laut, dass sie mit Ungeduld auf Gelegenheiten warten, ihre Dankbarkeit und Anhänglichkeit auszudrücken.“164 Vielleicht ist dieser Stimmungsumschwung ein Grund dafür, warum die Sachsen mit den 1813 in ihr Land eindringenden preußischen Soldaten größtenteils gute Erfahrungen machten – trotz der Verbitterung, die sich nach 1806 in Preußen gegen den ehemaligen Verbündeten angestaut hatte. Ausschlaggebend dürfte aber gewesen sein, dass die Preußen bemüht waren, Sachsen erneut als Verbündeten im Kampf gegen Napoleon zu gewinnen. General August Neidhardt von Gneisenau schrieb am 19. März

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Lindau, Geschichte der Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 731. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 2, Loc. 1430/6, Bl. 17. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 3, Msc.Dresd.d.81, Teilband 1812, Bl. 19; Stadtarchiv Dresden, Helbig’s Dresdner Tagebuch, Bd. 1, Hs.Hist.Dresd.31, Bl. 63; Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 108 f.; Waldmüller, Aus den Memoiren, S. 61. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 2, Loc. 1430/6, Bl. 333 f.

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1813, dies solle durch gute Manneszucht erreicht werden.165 Fünf Tage später teilte Gneisenau dem Außenminister Hardenberg mit, er habe die preußischen Prinzen gebeten, in Dresden Bälle zu geben und dazu den höheren Bürgerstand und den Adel der Stadt einzuladen. Außerdem sollten sich die Prinzen nicht im Residenzschloss, sondern in Privathäusern einquartieren, um einerseits den aus der Stadt geflohenen König nicht zu beleidigen und andererseits durch höfliches Betragen die Herzen der Dresdner zu gewinnen.166 Am 23. März 1813 erließ der Kommandeur der sog. Schlesischen Armee, General Gebhard Leberecht Fürst von Blücher, einen Aufruf an seine Truppen. Darin heißt es, die Preußen würden die sächsische Grenze als Befreier überschreiten und die Soldaten sollten die sächsische Bevölkerung dementsprechend als Freunde und künftige Bundesgenossen betrachten.167 General Gerhard von Scharnhorst äußerte wenige Tage später den Gedanken, man müsse die Sachsen nicht nur deshalb gut behandeln, weil sie noch von den schlechten Erfahrungen mit den Preußen im Siebenjährigen Krieg geprägt seien – ein Gedanke, der in zeitgenössischen sächsischen Quellen erstaunlicherweise fast überhaupt nicht auftaucht. Scharnhorst glaubte auch, dass die Behandlung Sachsens großen Einfluss auf die übrigen deutschen Staaten haben werde.168 Unmittelbar nach dem Einzug der Preußen in Dresden wurde auf Scharnhorsts Veranlassung ein Armeebefehl veröffentlicht, laut dem die Truppen nicht auf sächsische Soldaten schießen und sie stattdessen gut behandeln sollten.169 Am 3. April zog das preußische Hauptquartier in Chemnitz ein. Auch dort wurde ein Ball gegeben, und die Prinzen und Offiziere gaben sich volksnah und taktvoll. Als am nächsten Tag in der Stadt ein Brand ausbrach, halfen preußische Soldaten bei den Löscharbeiten.170 Zahlreiche weitere Zeugnisse liegen über gute Disziplin preußischer Truppen in Sachsen vor. Helene Marie von Kügelgen, die Mutter des bekannten Dresdner Malers Wilhelm von Kügelgen, vermerkte am 25. März 1813 in ihrem Tagebuch, die Preußen seien „anspruchslos, bescheiden und fromm“.171 Joseph Friedrich von Zezschwitz, der im Frühjahr 1813 der 165 166 167 168 169 170 171

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Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 526. Ebd., S. 537. Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 49 f.; vgl. auch Blüchers Aufruf an seine Soldaten vom 24.4.1813, ebd., S. 76. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 545. Ebd., S. 552. Uhle, Chemnitz, S. 113 f. Kügelgen, Helene Marie von Kügelgen, S. 185.

„Immediatkommission“ angehörte, schrieb am 7. April in einem Privatbrief, die preußische Armee habe sich bei ihrem Durchmarsch „vortrefflich“ benommen und durch ihren „herrlichen edlen Sinn“ wahre Begeisterung erweckt.172 Detlev Graf von Einsiedel, der Kreishauptmann und Gendarmeriedirektor des Meißner Kreises, schrieb am folgenden Tag: „Das Benehmen der Preußen kann nicht genug gerühmt werden“.173 Und in einem undatierten Bericht aus der Oberlausitz, der sich in den Akten des Geheimen Konsiliums findet, heißt es: „Die preußischen Regimenter, aus gesitteten Individuen zusammengesetzt und von gebildeten Männern befehligt, durchzogen das Land mit einer Ordnung, mit einer Bescheidenheit und mit einer Genügsamkeit, welche sie sogar vor unsern eigenen Landestruppen auf das Vorteilhafteste auszeichneten.“174 * Das Auftreten der Preußen änderte sich jedoch im weiteren Verlauf des Jahres 1813. Bereits im April, während seines Aufenthalts in Dresden, äußerte König Friedrich Wilhelm III. in einem Gespräch mit Zezschwitz, er sei als Freund nach Sachsen gekommen, hätte durch die Haltung des sächsischen Königs jedoch die Hoffnung aufgegeben, Sachsen als Freundesland betrachten zu können.175 Napoleons Siege bei Lützen und Bautzen hatten zur Folge, dass Friedrich August I. Napoleons Bundesgenosse blieb – und mit ihm sein Land. Beim Rückzug der Verbündeten aus Sachsen im Mai 1813 kam es auch durch preußische Soldaten zu Plünderungen und zu mutwilligen Zerstörungen, die oft darauf abzielten, dem nachrückenden Gegner so wenig wie möglich Brauchbares zu hinterlassen.176

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 289 f., Anm. Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 24. HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 148. Diese Urteile ließen sich leicht durch weitere entsprechende Aussagen ergänzen. So schrieb z. B. der Görlitzer Buchhändler Anton am 8.4.1813 in sein Tagebuch, die Preußen würden sich im Gegensatz zu den Franzosen und den Russen „musterhaft“ aufführen (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 23). Zezschwitz, Mittheilungen, S. 245. Bericht des Oberamtshauptmanns von Kiesenwetter über die Kriegsereignisse in der Oberlausitz während der ersten Hälfte des Jahres 1813, auszugsweise wiedergegeben in: Hartstock/Kunze, Die Lausitz, S. 283-288, hier S. 284; vgl. auch den Bericht Kiesenwetters vom 21.5.1813, wiedergegeben in: Jenak, Sachsen, der Rheinbund und die Exekution, S. 154-169, hier S. 159 u. 167.

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Als die Preußen nach dem Waffenstillstand vom Sommer 1813 erneut nach Sachsen vorrückten, nahmen sie deutlich weniger Rücksicht auf die Bevölkerung als im Frühjahr, besonders bei Kontributions- und Requisitionsforderungen. Am 4. September verlangte Blücher von der Oberlausitz eine Beitreibung von 300.000 Talern. Etwa 100.000 Taler sollten allein von Görlitz aufgebracht werden, das sich gezwungen sah, seinen Bürgern eine unverzinsliche Zwangsanleihe aufzuerlegen. Als sich viele Bürger weigerten, die Anleihe zu zeichnen, drohte Blücher mit Plünderung. Trotzdem konnten schließlich nur ca. 30.000 Taler aufgebracht werden. Zwei Wochen später wurde von der Oberlausitz u. a. die Beschaffung von 500.000 Ellen Tuch innerhalb von drei Tagen und von der Stadt Görlitz im Besonderen die Lieferung von 1.200 Pfund Tee gefordert. Blücher drohte, bei Nichterfüllung letzterer Forderung den Bürgermeister verhaften und ins russische Feldlager bringen zu lassen.177 Einige preußische Soldaten erlaubten sich auch Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung. Der Landwirt Johann Christian Frost, ein Augenzeuge der Schlacht bei Dresden, berichtet in seinen Aufzeichnungen, preußische Soldaten hätten im Großen Garten einen Torwärter namens Merkert getötet, weil er sich weigerte, ihnen seinen Keller aufzuschließen, in dem sie nach Branntwein suchen wollten.178 Anfang September 1813 wurde das Gut Kieslingswalde bei Görlitz von preußischen Soldaten geplündert.179 Und in Görlitz selbst stahlen einrückende preußische Soldaten aus Kaufmannsläden Tabak und Brot, weshalb die Einwohner die Geschäfte und Häuser verriegelten. Daraufhin gerieten die Soldaten in Zorn: „Manche schlugen mit den Kolben an die verschlossenen Haustüren, schimpften, nannten uns Franzosenfreunde.“180 In den Tagen der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 kam es ebenfalls zu Übergriffen: Studenten aus Breslau, Frankfurt an der Oder und Halle, die zu einem Freikorps gehörten, stahlen im Haus des Pfarrers der Ortschaft Plaußig Bücher und Getreide. Und in Leipzig plünderten preußische Truppen das Haus des Buchhändlers Friedrich Hofmeister, obwohl er an die Soldaten Lebensmittel verteilt hatte.181 177 178 179 180

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Flössel, Erinnerungen, S. 69-83; Jecht, Görlitz, S. 130-138; vgl. auch Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 80 u. 83. Frost, Dresdens schrecklichste Augusttage, S. 398. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 73. Flössel, Erinnerungen, S. 66. Das schlechte Verhalten preußischer Soldaten in Görlitz Anfang September 1813 wird durch die Aufzeichnungen des Buchhändlers Anton bestätigt (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 158-161). Naumann, Die Völkerschlacht, S. 208 u. 380 f.

Ende Oktober wurde in Görlitz ein preußischer Jäger verhaftet, weil er in dem nahe gelegenen Penzighammer einen Bauern ermordet und dessen Gespann verkauft hatte.182 Solche Verbrechen blieben allerdings Ausnahmen. Im Allgemeinen war das Verhalten der Preußen gegenüber den Sachsen auch im Herbst 1813 gut, und oftmals wurde die Bevölkerung von preußischen Soldaten vor Übergriffen ihrer russischen Verbündeten geschützt.183 Caroline Oldenbourg, die Frau eines Leipziger Kaufmanns, schrieb nach der Völkerschlacht an ihre Mutter: „Die Vorstädte haben sehr gelitten, mitunter haben auch die Russen geplündert, doch die Mehrzahl tat es nicht, einzelne solche sind bei jeder Armee, exemplarisch ist das Betragen der Preußen und Schweden.“184

1.4. Russen Die ersten russischen Militärs, die im Frühjahr 1813 Sachsen betraten, waren Kosaken unter dem Kommando von Oberst Victor von Prendel. Der Oberst, ein gebürtiger Südtiroler, gab sich zwar gelegentlich recht brutal und scheinbar rücksichtslos gegenüber der Bevölkerung.185 In Wirklichkeit achtete er jedoch auf strenge Disziplin. Am 6. März 1813 rückte sein Verband in Görlitz ein. Die Einwohner hatten aus Furcht vor Plünderungen alle Läden geschlossen, fassten jedoch bald Zutrauen, als sie merkten, dass die Truppen gute Manneszucht hielten. Zwar ließ der Oberst die königlichen Kassen beschlagnahmen, dem Privateigentum 182 183

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Flössel, Erinnerungen, S. 87. Vgl. z. B. Kober, Die kriegerischen Ereignisse, H. 13, S. 202, H. 14, S. 222, H. 15, S. 233, H. 34, S. 540-543; Flössel, Erinnerungen, S. 67 f.; Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 79; Naumann, Die Völkerschlacht, S. 373; Carus, Lebenserinnerungen, Bd. 1, S. 112. Bericht einer Leipzigerin, S. 116. Über das Verhalten schwedischer Soldaten in Sachsen liegt neben dieser Bemerkung nur ein weiteres zeitgenössisches Zeugnis vor, und zwar von Friedrich Rochlitz. Dieser spricht sich ebenfalls sehr lobend über deren Disziplin aus (Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 77 f.). So erwiderte er einmal auf die Bitte, Dresden zu schonen, er werde „nur ein wenig sengen und brennen und plündern“ (Zezschwitz, Mittheilungen, S. 216 f., Anm.). Als Prendel am 1.3.1813 in Lauban (heute Lubań in Polen) einrückte, drohte er, wenn jemand aus der Stadt seine Anwesenheit verrate, werde er Lauban „an allen Ecken in Brand stecken“ lassen (Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 31). Und als er wenige Tage später Görlitz besetzte und die (falsche) Nachricht erhielt, der Bürgermeister habe einen Boten nach Dresden geschickt, der die Ankunft der Kosaken melden solle, kündigte er an: „Er würde den Abgesandten herausbringen und ihm die Kugel vorm [sic!] Kopf geben lassen.“ (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 1).

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sicherte er jedoch seinen Schutz zu. Zwei Kosaken, die einer Bäuerin 10 Groschen gestohlen hatten, ließ Prendel öffentlich auspeitschen.186 Einige Tage später erreichten Prendels Kosaken Bautzen und hielten wie in Görlitz gute Disziplin. Einzelne Zwischenfälle blieben zwar auch hier nicht aus, doch ließ der Oberst die Täter hart bestrafen: Zwei Kosaken, die ein Haus geplündert hatten, wurden mit je 101 Stockschlägen gemaßregelt.187 Eine Woche darauf rückte der Reiterverband in Dresden ein. Auch hier ergab sich zur Bevölkerung rasch ein gutes Verhältnis. Der Philosoph Karl Christian Friedrich Krause schilderte in einem Brief an seinen Vater seine erste Begegnung mit Prendels Truppen folgendermaßen: „Sonnabends am 20. früh kam das erste Kosaken-Pikett bis vor unsere Fenster [nach Dresden] herein, und schon diesen Tag lernten wir diese furchtbaren Soldaten kennen. Sie waren sehr freundlich gegen jedermann, den sie unbewaffnet fanden, aber grenzenlos kühn gegen die einzelnen Piketts der Franzosen. Ich habe selbst die ersten Hereinkommenden begegnet [sic!] und gesprochen. […] Montags abends kam ein Pikett Kosaken vor unsere [sic!] Fenster zu stehen: ich musste sie bequartieren, weil der Hausmann, in Abwesenheit des Wirtes, sich nicht damit befassen wollte. Sie waren äußerst genügsam und mild in ihrem Betragen, wiederholten ihren Küchzettel von Sauerkraut, Kartoffel, Grütz, Zwiebel, Fisch (Hering) und Bier hundertmal mit derselben Geduld und begnügten sich mit Kartoffel, Grütz, Brot, Bier, weil bei der Sperrung der Stadt nichts weiter zu haben war.“188 Der Geheime Finanzrat von Zezschwitz, der als Mitglied der „Immediatkommission“ mit den russischen Offizieren in Dresden verhandelte, schrieb Ende März an einen befreundeten Offizier, Prendel verdiene uneingeschränkte Dankbarkeit. Er sei nicht nur achtenswert und halte strenge Ordnung, sondern zeige immer wieder Ehrfurcht vor dem sächsischen König und „Liebe für das Land“. Zezschwitz sprach sich in diesem und weiteren Briefen auch voller Hochachtung über den russischen General Ferdinand Freiherr von Wintzingerode aus, weil er in Sachsen sehr 186 187

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Jecht, Görlitz, S. 13 u. 28; vgl. dazu Flössel, Erinnerungen, S. 12. Bericht des Oberamtshauptmanns von Kiesenwetter vom 25.3.1813, auszugsweise wiedergegeben in: Hartstock/Kunze, Die Lausitz, S. 277 f. Aus Bischofswerda ist ebenfalls überliefert, dass sich Prendels Kosaken vorbildlich verhielten (Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 12.3.-21.3.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 17, S. 66). Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 329. Ähnlich positiv haben sich auch andere Augenzeugen geäußert, beispielsweise Wilhelm Adolf Lindau (Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 24 f.), Gustav Nieritz (ders., Selbstbiographie, S. 116), Wilhelm von Kügelgen (ders., Jugenderinnerungen, S. 123-128) und Richard Freiherr von Friesen (ders., Erinnerungen, Bd. 1, S. 4).

mildernd wirke.189 Wintzingerode hatte dem Dresdner Stadtrat versichert, er werde dafür Sorge tragen, dass Handel und Gewerbe durch die Einquartierung seiner Soldaten keinen Schaden nähmen. In Leipzig verhinderte er wenig später eine Beschlagnahmung und öffentliche Versteigerung französischer Handelswaren.190 Auch in anderen Städten Sachsens waren die ersten Erfahrungen der Bevölkerung mit den Russen positiv: In Meißen rückten, von vielen Schaulustigen begleitet, Ulanen ein, die sich tadellos verhielten. Auch die später durch die Stadt ziehenden russischen Verbände boten keinen Anlass zur Klage. Gleiches berichten die Pfarrer der bei Leipzig gelegenen Ortschaften Gautzsch und Plaußig in ihren Erinnerungen. Und in einem Stimmungsbericht des Gendarmeriedirektors des Leipziger Kreises, Carl Ludwig August Graf von Hohenthal, vom 13. März 1813 findet sich die Bemerkung: „Die R[ussen] haben sich in Jüterbog und umliegender Gegend sehr gut betragen.“191 * Viele Ortschaften mussten hingegen bald die bittere Erfahrung machen, dass die Disziplin der Truppen von der Strenge der Offiziere abhängig war und sich auflöste, wenn die Vorgesetzten keinen Wert darauf legten oder selbst mit schlechtem Beispiel vorangingen. Chemnitz hatte am 1. April den Einzug der Kosaken des Obersten Prendel und die gute Manneszucht dieses Verbandes erlebt. Drei Wochen später zogen jedoch andere Einheiten, wiederum Kosaken und außerdem Kalmücken, durch die Stadt. Diesmal kam es zu barschen Auftritten der Soldaten und zu Misshelligkeiten aufgrund des Verständigungsproblems.192 In Görlitz hatte die Bevölkerung Anfang März zunächst sehr gute Erfahrungen mit den Russen gemacht. Auch die Truppen, die nach Prendels Kosaken in die Stadt zogen, hielten Disziplin. Ab Mitte des Monats kam

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 226, vgl. auch S. 228 u. 246. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 21 f.; vgl. dazu Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 11 u. 22 f., ferner Gross, Erinnerungen, S. 55. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 340, 342, Anm. 13 u. 348; Naumann, Die Völkerschlacht, S. 181 u. 194; HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. (hier das Zitat). Uhle, Chemnitz, S. 112-115.

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es in der Umgebung der Stadt aufgrund von Lebensmittelmangel und Verständigungsschwierigkeiten allerdings zu ersten Ausschreitungen.193 Am 5. April zogen Verbände des Generals Emmanuel de Saint-Priest in die Stadt und hielten sich eine Woche lang in Görlitz und seiner Umgebung auf. In dieser Zeit hatte die Bevölkerung besonders stark zu leiden. Der Görlitzer Buchhändler Christian Gotthelf Anton notierte am 9. April in sein Tagebuch: „Sie [die Russen] erlauben sich alle Büberei, weil sie sehen, dass es ihre Offiziere nicht anders machen und ihnen also durch die Finger gesehen wird. Hierzu kommt noch der stinkendste Müßiggang, denn es wird nicht die geringste militärische Übung mit ihnen vorgenommen. Wie die Kerls früh aufstehen, so sind sie fertig, drehen [sic!] sich mit unerträglichem Müßiggang herum; fressen und saufen und verüben Exzesse. […] Jedem von ihnen wollte ich es unter die Augen sagen: Du wirst von den Franzosen geschlagen; und wenn die ganze Armee so beschaffen sein sollte, wie es diese Avantgarde ist, da ist wenig Hoffnung zu einem glücklichen Ausgang, da helfen auch alle schönen Proklamationen nichts. Der Deutsche muss dem Russen abgeneigt werden.“194 Am 12. April zogen Saint-Priests Soldaten ab und wurden durch das nachfolgende Korps des Generals Michail Graf Miloradovič abgelöst. Diese Truppen zeigten sich in Görlitz diszipliniert und halfen der Bevölkerung z. B. eifrig beim Löschen eines Brandes in der Stadt. Doch auf dem Weitermarsch nach Westen waren Miloradovičs Offiziere trotz harter Strafen nicht mehr in der Lage, die Manneszucht im Korps aufrecht zu erhalten, und so begingen auch diese Truppen Ausschreitungen, namentlich in der Umgebung von Dresden.195 Immer wieder verleitete der Hunger in den vom Krieg bereits heimgesuchten Gegenden die russischen Soldaten zu Plünderungen. Am 19. März schrieb Gneisenau an den Staatskanzler von Hardenberg, die Russen würden in Schlesien Exzesse verüben, weil Lebensmittelmangel herrsche.196 Wenn russische Truppen in solchen Fällen schon im verbündeten

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Flössel, Erinnerungen, S. 16 f.; Jecht, Görlitz, S. 30-37. Der Görlitzer Buchhändler Christian Gotthelf Anton hat am 18.3.1813 in seinem Tagebuch zum ersten Mal Exzesse russischer Soldaten erwähnt (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 7). Ebd., Bl. 25. Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 45-47; Taggesell, Tagebuch, S. 87. Über Miloradovič selbst heißt es in einem Bericht aus Meißen, seine Humanität sei einhellig gelobt worden (Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 350 f.). Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 527.

Land keine Rücksicht mehr auf die Bevölkerung nahmen, was hatte Sachsen als Verbündeter Napoleons dann zu erwarten? Doch es blieb nicht bei Plünderungen. In Görlitz und anderen Orten kam es auch zu Vergewaltigungen.197 Diebstähle waren an der Tagesordnung, und besonders die Kosaken schienen oft als selbstverständlich anzusehen, dass die Bevölkerung ihr Eigentum mit ihnen teilen solle.198 In einer 1820 geschriebenen, einseitig franzosenfreundlichen Erinnerungsschrift über die Ereignisse in Dresden heißt es über die Diebstähle russischer Militärs geradezu schadenfroh: „Doch schon fing das Feuer des Enthusiasmus etwas zu erkalten an, als mehrere, die das Glück gehabt hatten, den Befreiern auf offner Landstraße zu begegnen, von Uhr und Geldbeutel befreit oder entstiefelt, ganz still und einsilbig in die Stadt einzogen und den eifrigen Bewunderern der nordischen Gäste, wenigstens im freien Felde, die Lust benahmen, die Wonne des Anschauens zu genießen.“199 * Als sich die Verbündeten nach der Schlacht bei Lützen aus Sachsen zurückziehen mussten, verschärfte sich das Problem mangelnder Disziplin vieler russischer Truppenteile. Ein wesentlicher Grund dürfte, wie bei den Preußen, auch hier die enttäuschte Hoffnung auf einen Anschluss Sachsens an die antinapoleonische Koalition gewesen sein. Dies wird durch einen Bericht aus der Oberlausitz bestätigt, der im Herbst 1813 für das Geheime Konsilium verfasst wurde.200 Darin heißt es, von Anfang an hätten die russischen Soldaten für die sächsische Bevölkerung eine große Last dargestellt. Ihr Verbrauch, besonders an Branntwein und Hafer, habe alle Berechnungen des höchstmöglichen Bedarfs überstiegen und oft mehr als das dreifache der eigentlichen Erfordernisse betragen. Marschordnungen und Marschstraßen seien den sächsischen Behörden nicht mitgeteilt und die Einquartierungen nicht mit ihnen geregelt worden. Statt dessen hätten sich die Soldaten ihre Quartiere nach Belieben gesucht und folglich keine Vorkehrungen zu ihrer Aufnahme gefunden. Über den Umgang der russischen Soldaten mit der Zivilbevölkerung heißt es sarkas197 198 199 200

Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 20-25; Pflugk-Harttung, Briefe des Generals Neidhardt von Gneisenau, S. 66. Vgl. z. B. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 351. Civilis, Bilder des Kriegs, S. 15. Die Schrift erschien zwar erst 1831 im Druck, war aber bereits 1820 verfasst worden (ebd., S. 102). HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 148-154.

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tisch: „Das übrige Betragen der Truppen mochte nach Landesbegriffen wohl untadelig sein, denn es wurde nicht geraubt, und alle Differenzen wegen nicht augenblicklich erfüllter Forderungen, wegen Unkunde der Sprache, sowie überhaupt alle Missverständnisse schlichtete sofort in Güte das Nationalinstrument, die Peitsche.“201 Die Bemerkung, dass nicht geraubt wurde, wird in dem Bericht an anderer Stelle noch einmal bekräftigt: Das Habe der Einwohner sei zunächst nicht gestohlen oder zerstört worden, die Felder seien nicht verwüstet und das „Spannvieh“, wenn auch oft nach langer Dienstleistung, zurückgeschickt worden. Allerdings kann mit der Bemerkung nur Raub im großen Stil, d. h. willkürliche Requisitionen, gemeint sein, denn es wurde bereits erwähnt, dass Diebstähle durch einzelne Soldaten, vor allem Kosaken, an der Tagesordnung waren.202 Das bestätigen nicht nur sächsische Quellen. Gneisenau schrieb am 26. März 1813 aus der Umgebung von Görlitz an seine Frau, dass er seinem Sohn Geld für eine Uniform gegeben habe. Allerdings sei er nicht sicher, ob es ihm die Kosaken nicht wieder abnehmen würden: „Diese hausen hier nicht säuberlich. Sie leeren Kisten und Kasten, füllen aber wieder aus, wo sie nicht sollten, nämlich, sie notzüchtigen.“203 In dem Bericht an das Geheime Konsilium wurde die Lage im März und April 1813 offenbar etwas verharmlost, um den Unterschied deutlicher zu machen, der sich nach der Schlacht bei Lützen im Verhalten der russischen Truppen gezeigt habe. Nunmehr sei der Armee bekannt gemacht worden, dass Sachsen an französischer Seite verbleibe und folglich als Feindesland zu betrachten sei. Nach der Schlacht hätten die Soldaten auf der Suche nach Nahrung die Häuser der Landbevölkerung durchsucht und den Bewohnern den letzten Rest des eigenen Bedarfs genommen, da eine ordnungsgemäße Verpflegung aus Magazinen nicht mehr möglich gewesen sei. Das „Spannvieh“ sei mitgenommen und nicht mehr zurückgeschickt, das Getreide abgehauen und die Einwohner der Willkür der Soldaten preisgegeben worden.204 Viele andere Quellen bestätigen, dass russische Soldaten auf dem Rückzug nach der Schlacht bei Lützen im Mai 1813 tatsächlich schonungslos mit der Bevölkerung umgingen. In Görlitz requirierten russische 201 202

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Ebd., Bl. 149. Im Eingangsjournal des Görlitzer Bürgermeisters heißt es z. B. am 6.4.1813: „Die Fleischerburschen Paul Gfr. Schuhmann und Johann Gottfried Hubrig zeigen an, dass sie gestern vor den äußeren Toren von Kosaken restl. beraubt und geschlagen worden sind.“ (Ratsarchiv Görlitz, Diarium Consulare, Bd. 1812-1813, unpag., Eintrag Nr. 3217). Pflugk-Harttung, Briefe des Generals Neidhardt von Gneisenau, S. 66. HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 150 f.

Kavalleristen zahlreiche Gespanne unter Gewaltanwendung gegen die Besitzer; der Bürgermeister wurde verhaftet, weil die Vorbereitungen zur Zerstörung der Neißebrücke nicht schnell genug voranschritten. Die Vorstädte wurden geplündert, wobei es besonders hart jene Hausbesitzer traf, die geflohen waren: ihre Häuser wurden aufgebrochen und verwüstet.205 In Tanneberg bei Wilsdruff misshandelten russische Soldaten den Pfarrer, und im Nachbarort Neukirchen fanden die Einwohner, die vor plündernden Russen geflohen waren, nach ihrer Rückkehr die Inneneinrichtung ihrer Häuser zerstört vor.206 Aus vielen anderen Orten liegen ebenfalls Berichte über Plünderungen durch sich zurückziehende Russen, vor allem Kosaken, vor. Es kam jedoch auch zu schlimmeren Übergriffen: Am 15. Mai töteten russische Soldaten in Gotschdorf bei Königsbrück einen Knecht, vier Tage später in Königsbrück eine Fuhrmannswitwe.207 Ein Bauer aus Klein Düben bei Muskau, der sich weigerte, sein Vieh für Vorspanndienste zur Verfügung zu stellen, wurde von Kosaken so sehr misshandelt, dass er an den Folgen seiner Verletzungen starb.208 * Als russische Verbände nach dem Waffenstillstand vom Sommer 1813 erneut nach Sachsen vordrangen, musste die Bevölkerung wieder viele Übergriffe erdulden. Besonders die Kosaken wurden von der Bevölkerung bald als regelrechte Landplage angesehen. Offenbar spielte bei ihnen, wie bei den ungarischen Soldaten, auf die bereits an anderer Stelle hingewiesen wurde, das Wohlstandsproblem eine große Rolle: Neben Nahrungsmitteln raubten sie vornehmlich Kleidungsstücke, und zwar nicht nur von der sächsischen Bevölkerung, sondern auch von gefangenen gegnerischen Soldaten und verwundeten Kameraden.209 Gneisenau schrieb darüber verbittert, es empöre ihn zu sehen, dass die eigenen Verwundeten durch „unsere Freunde“ ausgeplündert würden.210

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Flössel, Erinnerungen, S. 30; Jecht, Görlitz, S. 44 f. u. 51. Auch die Vorstädte von Löbau wurden von russischen Soldaten völlig ausgeplündert (Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 277). Die Napoleonischen Kämpfe, H. 6, S. 24 u. H. 7, S. 25. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 17 f. Aisch, Gablenz, S. 34. Vgl. z. B. Krug, Krug’s Lebensreise, S. 157 f.; Ahlemann, Der Leipziger Todtengräber, S. 6; In Leipzig während der Völkerschlacht, S. 150. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 638.

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Aus unzähligen sächsischen Orten wurde im Herbst 1813 über Plünderungen berichtet. In Görlitz kam es im September wie bereits im April auch zu Vergewaltigungen.211 Und in Kottmarsdorf bei Löbau wurde im selben Monat der Schulmeister erstochen, weil die russischen Soldaten sein Läuten für einen Toten als Sturmläuten interpretiert hatten.212 Doch auch ohne solche extremen Übergriffe und die schon üblichen Diebstähle wurden die russischen Soldaten von der Bevölkerung als große Last empfunden. Grund war vor allem der hohe Verbrauch an Lebensmitteln und die Anwendung roher Gewalt, wenn die entsprechenden Ansprüche nicht erfüllt wurden. Die sächsische Bevölkerung hatte bereits die französischen Forderungen stets als sehr hoch und belastend angesehen, weil sich die Soldaten oft nicht an die vorgeschriebenen Rationen gehalten hatten. Außerdem hatten besonders die Offiziere eine hohe Qualität der Speisen verlangt. Österreicher, Preußen und Russen hatten nach ihren Einmärschen in Sachsen ebenfalls Verpflegungsreglements veröffentlicht. Diese standen den französischen Regulativen von der Menge der geforderten Lebensmittel her kaum nach.213 Während sich in den vorliegenden Quellen jedoch fast keine Klagen über zu hohe Forderungen österreichischer und preußischer Soldaten finden, wurden die Ansprüche der Russen oft als belastender beschrieben als die der Franzosen. Das lag wohl in erster Linie daran, dass auch viele russische Soldaten weit mehr verlangten, als ihnen laut Regulativ zustand. Ein sächsischer Offizier, der den Einmarsch der Russen in Wurzen erlebte, schrieb in seinen Erinnerungen: „Ein Russe aß soviel wie zwei, und trank soviel Branntwein wie acht Franzosen.“214 Diese Bemerkungen sind sicherlich überzogen, doch viele Zeitgenossen sahen den Lebensmittelverbrauch der Russen mit ähnlicher Bitterkeit und drückten sich in ihren Erinnerungen, Briefen oder Tagebüchern noch drastischer aus. Ein Dorfpfarrer aus der Gegend von Jena schrieb in seinen Memoiren über die im Herbst 1813 bei ihm einquartierten russischen Soldaten: „Eine unmenschliche Gefräßigkeit, Trunkenheit, abscheuliche Unreinlichkeit und Ungeziefer machten diese russischen Gäste zu einer unerträglichen Last“.215

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Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 185; Flössel, Erinnerungen, S. 67-79; Jecht, Görlitz, S. 103-135. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 93. Vgl. z. B. Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 58 (Österreicher) und Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 68 f. (Preußen und Russen). Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 352. Schlosser, Erlebnisse, S. 132.

Solche Aussagen dürfen allerdings nicht verallgemeinert werden, denn wie bereits im Frühjahr war auch im Herbst 1813 der Wille der Vorgesetzten, Disziplin zu halten, ausschlaggebend für die Erfahrungen der Bevölkerung mit russischen Soldaten. So boten die Truppen, die Ende September durch Zittau zogen, z. B. die Regimenter des Generals Levin August Gottlieb Graf von Bennigsen, der Bevölkerung nur wenig Grund zur Klage. Selbst die überall gefürchteten Kosaken hielten dort strenge Disziplin. Allerdings wandten die Offiziere zur Aufrechterhaltung der Ordnung unter ihren Soldaten drakonische Strafen an: Ein Soldat, der einige Pflaumen gestohlen hatte, wurde so hart geprügelt, dass er an seinen Verletzungen starb. Und einige Kosaken, die Anfang Oktober in Hennersdorf bei Görlitz Exzesse begangen hatten, wurden mit 150 Stockhieben auf die Fußsohlen bestraft.216 Der russische General Alexandre Louis Andrault de Langeron stellte der Ortschaft Reichenbach in der Oberlausitz eine Schutzwache zur Verfügung, und General Matvej Ivanovič Graf Platov, der Anführer eines Kosakenverbandes, versuchte ebenfalls, Ausschreitungen seiner Soldaten zu verhindern.217 Trotz harter Strafen und ernsthafter Bemühungen vieler Offiziere ließen sich Exzesse aber nicht verhindern. Einige Gründe für die vielerorts beklagte schlechte Disziplin wurden genannt: Armut, Unkenntnis der Sprache und sicherlich auch der Sitten und Gebräuche des Landes im Allgemeinen sowie ab Mai 1813 Erbitterung darüber, dass Sachsen sich nicht vom Bündnis mit Napoleon löste. In dem bereits erwähnten zeitgenössischen Bericht aus der Oberlausitz an das Geheime Konsilium heißt es, dass sich die Franzosen in Sachsen schlechter als die Russen aufgeführt hätten218 – eine Erfahrung, die ein großer Teil der Bevölkerung geteilt haben dürfte. Allerdings gab es auch Fälle, in denen die Einwohner die Franzosen (mittlerweile) als das kleinere Übel betrachteten. Als Dresden im Herbst 1813 von österreichischen und russischen Truppen belagert wurde, mussten die Bewohner der umliegenden Orte von russischen Soldaten viele Misshandlungen erdulden; und als die französische Garnison am 17. Oktober einen Ausfall wagte und einige Dörfer zeitweilig besetzte, zogen sich deren Bewohner mit den Franzosen 216 217 218

Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 81-114; Flössel, Erinnerungen, S. 84; vgl. auch Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 324. Kober, Die kriegerischen Ereignisse, H. 13, S. 203 f.; Vater, Was wir erlebten, S. 20 u. 25; Naumann, Die Völkerschlacht, S. 184 f. HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 151 f.

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in die belagerte Festung zurück, um sich vor den Übergriffen in Sicherheit zu bringen.219 * Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die fremden Truppen, die sich in den Jahren 1806-1813 in Sachsen aufhielten, grundsätzlich eine große Belastung darstellten, egal, ob es sich um Verbündete oder Gegner handelte. Alle Seiten nahmen Requisitionen vor und verlangten Vorspanndienste sowie die Einquartierung und Verpflegung der Soldaten. Selbst beim besten Willen der Kommandeure, gute Disziplin unter den Truppen aufrecht zu erhalten, kam es durch alle Seiten zu Plünderungen und Misshandlungen der Bevölkerung. Politischer Wille der jeweiligen Führung, Sachsen als Verbündeten zu gewinnen, konnte wie im Falle Preußens im Frühjahr 1813 deutlich positive Auswirkungen auf das Verhalten der Soldaten haben. War das Bemühen aber nicht ernsthaft genug oder die Grunddisziplin der Truppen ohnehin schlecht, bewirkten auch strenge Maßregeln einzelner Kommandeure letztendlich wenig. Besonders 1813, als Sachsen Kriegsschauplatz wurde, hatte die Bevölkerung unter militärisch notwendigen zusätzlichen Belastungen wie z. B. der Zerstörung von Vorstädten in Festungsbereichen oder von Brücken zu leiden. Hinzu kam die völlige Auflösung der Disziplin geschlagener Verbände, die auf der Flucht vor dem Gegner oft alle Hemmungen gegenüber der Bevölkerung ablegten. Wie einige Beispiele (Stadtkommandanten) deutlich gemacht haben, hatte die Landbevölkerung weitaus mehr unter Plünderungen und Misshandlungen zu leiden als die Einwohner größerer Städte. In letzteren fanden sich immer Offiziere und Aufsichtsbehörden, die z. B. Marodeuren und selbstständig requirierenden Truppenteilen Einhalt gebieten konnten. Die städtischen Behörden und die Konzentration von Bildungsbürgertum (Sprachkenntnisse) erleichterten außerdem die Verhandlungen mit den fremden Soldaten. Warum verhielten sich Österreicher und Preußen in Sachsen deutlich besser als Franzosen und Russen? Antworten auf diese Frage sind sicherlich in der gemeinsamen Sprache und Identität, in der Nachbarschaft der Staaten und in den freundschaftlichen politischen Beziehungen in den Jahren vor 1806 zu finden. 1809 kam es zu größeren Ausschreitungen der „Braunschweiger“. Das lag einerseits am Rekrutierungsprinzip des Her219

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Taggesell, Tagebuch, S. 161.

zogs von Braunschweig. Bei einigen Freiwilligen handelte es sich um freigelassene Straftäter, die das Disziplinarproblem offensichtlich deutlich verschärften. Andererseits zeigten solche enthusiastischen Freiwilligenverbände oft keinerlei Verständnis für die mangelnde Unterstützung ihrer Sache durch die Sachsen. Bei einigen österreichischen und den russischen Verbänden, die 1813 in Sachsen eindrangen, kam das Armutsproblem hinzu. Obwohl Sachsen selbst stark unter den Kriegslasten gelitten hatte, betrachteten Ungarn, Kosaken und Soldaten anderer Ethnien das Land als wohlhabend. Und dieser Reichtum erzeugte bei vielen Soldaten offenbar Neid und Verbitterung.

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2. DIE ZIVILBEVÖLKERUNG

2.1. Die Besetzung Sachsens durch die Franzosen Bereits fünfzehn Jahre nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges hatten sich Preußen und Sachsen zu einem Bündnis gegen die ehrgeizige Hausmachtpolitik des habsburgischen Kaisers Joseph II. zusammengeschlossen. Im Bayerischen Erbfolgekrieg von 1778/79 betraten preußische Truppen sächsisches Territorium als Verbündete. Ferdinand von Funck, ein Generaladjutant des sächsischen Königs Friedrich August I., schrieb in seinen Erinnerungen, dieser Krieg sei für Sachsen sehr wichtig gewesen, weil er die alte Feindschaft gegenüber Preußen völlig getilgt und an ihre Stelle aufrichtige „Anhänglichkeit“ gesetzt habe.1 Der gleichen Ansicht war auch der Hofzeremonienmeister Wilhelm August Freiherr von Just – ein einflussreicher Beamter, der vom sächsischen König immer wieder mit diplomatischen Aufgaben betraut wurde. 1807 äußerte Just in einer Denkschrift über die politischen Verhältnisse rückblickend, Preußen sei seit dem Frieden von Teschen 1779 Sachsens Verbündeter gewesen und Sachsen habe Preußen als seinen Beschützer („amie protectrice“) angesehen.2 Diese Aussagen sind besonders bemerkenswert, weil sowohl Funck als auch Just zu den Sympathisanten Frankreichs am sächsischen Hof zählten und ihnen keine preußenfreundliche Voreingenommenheit unterstellt werden kann.3 Im ersten Koalitionskrieg gegen Napoleon (1792-1797) wurde das sächsische Truppenkontingent auf Wunsch des Kurfürsten Friedrich August III. preußischem Kommando unterstellt. Bis zum Ausscheiden Preußens aus dem Krieg im Jahre 1795 (Frieden von Basel) lehnte sich

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Brabant, Im Banne Napoleons, S. 47 f. HStA Dresden, Aufsätze über die politischen Verhältnisse des K. Sachsen 1807 und 1811, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3251, Bl. 1. Vgl. zu Funck und Just: Roman Töppel, Funck (Funcke), Karl Wilhelm Ferdinand von, in: Sächsische Biografie (siehe Internetquellen); ders., Just, Wilhelm August Freiherr von, in: ebd.

Sachsen eng an Preußen an, und im folgenden Jahr erklärte es seinen Beitritt zum norddeutschen, d. h. preußischen Neutralitätssystem.4 * Das Verhältnis Sachsens zu Frankreich war demgegenüber gespannt. Die Revolution von 1789 hatte für einige Jahre die diplomatischen Verbindungen zwischen Sachsen und Frankreich unterbrochen. Erst nach dem Frieden von Lunéville, der 1801 von Kaiser Franz II. im Namen des gesamten Reiches abgeschlossen wurde, ernannte der sächsische Kurfürst auf französisches Drängen hin einen Gesandten für den Pariser Hof.5 Die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen hatte zwar zur Folge, dass das sächsische Kabinett 1804 die Selbsterhebung Napoleons zum Kaiser anerkannte; aber an der Tatsache, dass Bonaparte nur als Emporkömmling angesehen wurde, änderte sich wenig, und der französische Gesandte wurde am Dresdner Hof mit Geringschätzung behandelt.6 Das Gerücht, Napoleon wolle für den Prinzen Jérôme um die Hand der Prinzessin Augusta anhalten, wurde mit Beunruhigung aufgenommen.7 Karl von Nostitz, der Adjutant des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen, schrieb in seinen Erinnerungen, Dresden sei vor den Schlachten bei Jena und Auerstedt ein Zufluchtsort für „politische Märtyrer“ gewesen, die vor den Franzosen geflohen waren.8 Und Ferdinand von Funck behauptete in seinen Memoiren, die Haltung des sächsischen Hofes sei 1806 so entschieden antifranzösisch und preußenfreundlich gewesen, dass allein der Vorschlag zu einer gütlichen Einigung mit Napoleon als verwerflich gegolten und den Ausschluss von Vertrauen und Beförderung nach sich gezogen hätte.9 Dies ist sicherlich übertrieben; die angesprochene preußenfreundliche Haltung am Hof lässt sich indessen nicht leugnen. Sie hatte ihre stärksten Vertreter in Außenminister Graf von Loß und 4 5 6 7 8 9

Zur sächsischen Außenpolitik zwischen 1763 und 1806 vgl. Petschel, Sächsische Außenpolitik. Vgl. ausführlich dazu: Wächtler, Chursachsen. Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 3; Rühlmann, Die öffentliche Meinung, S. 32 f. Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 17. Nostitz, Leben und Briefwechsel, S. 91. Funck, Fragment aus den handschriftlichen Memoiren, S. 370. Funck nahm den Kurfürsten aus diesen Bemerkungen aus, da er dessen Haltung nicht gekannt habe. In einer anderen Quelle heißt es, Friedrich August III. und die kurfürstliche Familie hätten im Gegensatz zur übrigen höheren Gesellschaft den französischen Gesandten wohlwollend behandelt (Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 3).

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Kriegsminister von Low. Der preußische Unterhändler Friedrich Wilhelm Graf von Götzen, der sich im Sommer 1806 in Dresden aufhielt, um das Bündnis mit Sachsen abzuschließen, konnte demgemäß nach Berlin berichten, dass die Stimmung am Hof für Preußen günstig sei.10 In den diplomatischen Verhandlungen des Jahres 1806 beteuerten Friedrich August III. und Friedrich Wilhelm III. immer wieder ihre gegenseitige Freundschaft und Treue, und die in der älteren Literatur aufgestellte Behauptung, Sachsens habe sich im Herbst 1806 nur widerwillig an Preußen angeschlossen oder sei von Preußen sogar zum Bündnis gegen Frankreich gezwungen worden11, ist durch die Arbeit von Dorit Petschel über die Außenpolitik Friedrich Augusts III./I. überzeugend widerlegt worden.12 Die alte Feindschaft zwischen Sachsen und Preußen war jedoch nicht nur im Kabinett, sondern auch in der Bevölkerung überwunden. Die gelegentlich in der Literatur geäußerte Behauptung, die Preußen seien 1806 in Sachsen wenig beliebt gewesen13, hält einer Überprüfung nicht stand. Auch die Bemerkung des Oberkammerherrn Johann Georg Friedrich Freiherr von Friesen, die Sachsen hätten den Preußen selbst 1813 die Leiden des Siebenjährigen Krieges noch nicht verziehen gehabt14, muss als nachträgliche Verzerrung angesehen werden. Der Dresdner Beamte Friedrich August Schulze schrieb über die Stimmung in der Residenz im Herbst 1806, die „öffentliche Meinung“ sei zwar gespalten gewesen, denn ein Teil der Bevölkerung habe sich Sorgen gemacht, dass die Allianz mit Preußen große Gefahr für Sachsen in sich berge, falls Frankreich siegen würde. Aber die Mehrheit habe das Bündnis mit Preußen gegen Napoleon als notwendig angesehen und sei optimistisch gewesen.15 In Leipzig dachten die Einwohner ähnlich. Das geht aus mehreren Briefen des Publizisten Siegfried August Mahlmann hervor. Er schrieb, die Stimmung unter dem Volk sei die beste, und die sächsischen Truppen hätten viel Mut und würden sich freuen, mit den Preußen zu kämpfen. Mahlmann war selbst Befürworter eines Krieges gegen Frankreich und wünschte sich, „der Teufel bräche los und es gäbe tüchtige Schläge“. Dennoch 10 11 12 13 14 15

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Witzleben, Die Verhandlungen, S. 68. So z. B. Bonnefons, Un allié, bes. S. 172 f.; Blaschke, Sachsen zwischen den Reformen, S. 14; Jäckel, Im Banne Preußens, S. 120. Petschel, Sächsische Außenpolitik, S. 272-290, bes. S. 289. So z. B. Opitz, Sachsen und die sächsische Frage, S. 233. Friesen, Sachsen in den ersten Monaten, H. 76, Sp. 1936. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 101 f.

zweifelte er an einem Sieg über Napoleon, da er wenig Vertrauen auf Preußen hatte.16 Mit diesen Bedenken gehörte er jedoch zu einer Minderheit. Der Leipziger Professor Karl Friedrich Burdach zählte zu jenen deutschen Intellektuellen, die Napoleons Aufstieg zunächst bewundert hatten. In seinen Erinnerungen schrieb er, bis 1805 habe er sich mit manchem seiner Freunde lebhaft für den französischen Kaiser interessiert, da dieser die Revolution von ihren Flecken gereinigt habe und ihre „Segnungen“ verbreiten wollte. In seinen Siegen habe das Genie über das „in törichter Einbildung aufgeblähte Herkommen“ und der Fortschritt über das Veraltete triumphiert. In Napoleons Armee habe der Geist der Freiheit geherrscht und Burdach habe alle Maßregeln des Kaisers als notwendig zum Heil der Welt betrachtet. Der Feldzug von 1805, die Erhebung Bayerns und Württembergs zu Königreichen und die Bildung des Rheinbundes hätten ihm jedoch die Augen geöffnet. Nunmehr habe er „hinter der Maske des Weltverbesserers den herrschsüchtigen Despoten“ erkannt. Infolgedessen seien in seinem Freundeskreis die Aufrüstung Preußens gegen Napoleon und die Teilnahme Sachsens im Herbst 1806 mit Enthusiasmus begrüßt und die Kriegserklärung an Frankreich voller Hoffnung aufgenommen worden.17 Der Leipziger Beamte Johann Carl Gross schrieb über diese Ereignisse, die Leipziger Bevölkerung sei von Vertrauen in die Tapferkeit der preußischen und sächsischen Truppen erfüllt gewesen und habe den Nachrichten über das erste Zusammentreffen mit den Franzosen begierig entgegengesehen.18 Umso schockierender mussten die ersten Meldungen von den Niederlagen der preußischen und sächsischen Truppen auf die Bevölkerung wirken. Am 10. Oktober wurden die Preußen bei Saalfeld geschlagen, und bereits zwei Tage später verbreitete sich in Dresden das Gerücht, die Franzosen würden auf die Residenz vorrücken. Unter den Einwohnern herrschte daraufhin panischer Schrecken.19 Der Hof begann sich bereits auf die Abreise nach Schlesien vorzubereiten, außerdem wurden Vorkehrungen für den Abtransport von Staatsschätzen, Waffen und Munition getroffen. Am 13. Oktober wurden die ersten 54 Wagen mit Geldern aus den Staatskassen in Richtung Oberlausitz abgeschickt. Am folgenden Tag konnten die Dresdner laut den Tagebuchaufzeichnungen des Brandversi16 17 18 19

Richter, Siegfried August Mahlmann, S. 46 f., Zitat S. 46. Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 182 f. Gross, Erinnerungen, S. 5. Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 7.

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cherungskalkulators Heinrich Benjamin Röber an stillen, abgelegenen Orten angeblich den Geschützdonner der Schlachten von Jena und Auerstedt vernehmen, indem sie die Ohren an den Boden pressten. Das Geräusch habe bis spät abends angedauert und „eine allgemeine Bangigkeit“ verursacht. Weitere 64 Wagen, u. a. mit den Schätzen des Grünen Gewölbes und der Silberkammer, fuhren daraufhin Richtung Oberlausitz, um nötigenfalls rasch nach Schlesien weitergeschickt werden zu können.20 Der Geheime Finanzrat von Zezschwitz beschrieb die Stimmung in Dresden am 16. Oktober in einem Brief an seine Frau: Allgemeine Verwirrung und Furcht vor der nahenden Gefahr hätten zunächst alles in Bewegung gesetzt. Später hätten jedoch Gerüchte mit Siegesnachrichten zu allgemeinem Jubel geführt. In der Bevölkerung habe sich auch herumgesprochen, dass die Franzosen angeblich schreckliche Verwüstungen anrichten würden.21 Erst am folgenden Tag, dem 17. Oktober, erlangten die Einwohner der weiter vom Kriegsschauplatz entfernt liegenden Orte wie Leipzig, Dresden und Wittenberg Gewissheit von der preußisch-sächsischen Niederlage bei Jena und Auerstedt. Gustav Nieritz beschreibt in seinen Erinnerungen, wie diese Nachricht in seiner Familie aufgenommen wurde: „Händeringend und in wahrer Todesangst wankte mein Vater in unsrer Wohnstube umher. Im Geiste sah er bereits die Feinde da, die Seinen gemisshandelt, sein Eigentum geplündert, Brand, Mord und alle sonstigen Gräuel des Kriegs dazu. Mehr Mut bewies meine Mutter, deren tröstender Zuspruch aber vergeblich war.“22 Selbst in dem ansonsten recht emotionslos verfassten Tagebuch Röbers kommt diese Angst zum Ausdruck. Röber notierte, alles sei bestürzt gewesen und die Einwohner der Vorstädte hätten ihre besten Habseligkeiten in die Stadt hereingebracht.23 Am selben Tag äußerte auch der Geheime Finanzrat von Zezschwitz in einem Brief seine Erschütterung über die Niederlage und forderte seine Angehörigen auf, beim Herannahen der Franzosen nach Breslau zu flüchten.24 – Als sich in Dresden herumgesprochen hatte, dass der Kurfürst nach Schlesien abreisen wolle, 20 21 22 23

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SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 2, Msc.Dresd.d.80, Teilband 1806, Bl. 10. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 79. Nieritz, Selbstbiographie, S. 49. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 2, Msc.Dresd.d.80, Teilband 1806, Bl. 10 f. Röber hat die Verbreitung der Nachricht von der Niederlage auf den 16.10.1806 datiert, was insofern unrichtig erschient, als in allen anderen vorliegenden Quellen der 17.10.1806 genannt wird. Vgl. dazu auch Stadtarchiv Dresden, Helbig’s Dresdner Tagebuch, Bd. 1, Hs.Hist.Dresd.31, Bl. 8. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 81.

versammelten sich zahlreiche Menschen – angeblich Tausende – vor dem Schloss, um Friedrich August III. zu bewegen, in der Residenz zu verbleiben.25 Auch in anderen sächsischen Städten griff nach Bekanntwerden der Niederlage Furcht um sich. Der Wittenberger Bibliothekar Johann Maaß berichtet in einer seiner zeitgenössischen Schriften: „Die Stimmung, in der sich die Einwohner Wittenbergs befanden, war äußerst traurig; man sah nichts als zerstörte Gesichter und der Verzweiflung ähnliche Menschen. Viele brachten ihre besten Sachen in Sicherheit.“26 Etliche Einwohner Wittenbergs, darunter auch Maaß, flohen vor den herannahenden Franzosen aus der Stadt.27 Die Mehrzahl der Wittenberger und der Sachsen überhaupt blieb aber zu Hause und wartete den Einmarsch der französischen Armee vor Ort ab. Die Reaktionen der Bevölkerung auf die fremden, feindlichen Soldaten fielen dabei unterschiedlich aus. Ein Zeitzeuge, der sich als Knabe von zwölf Jahren wohl noch nicht des Ernstes der Lage bewusst war, schrieb rückblickend, er habe sich auf die Ankunft der Franzosen gefreut, da er viel über ihre Taten gehört gehabt habe.28 Auch Carl Gustav Carus, der den Einmarsch der Franzosen in Leipzig als Student erlebte, beschrieb die Soldaten in seinen Memoiren voller Bewunderung.29 Die meisten Einwohner hatten jedoch Angst. Johann Daniel Merbach, ein Leipziger Aktuar, schrieb von „Todesangst“, „totaler Auflösung aller Geschäftsordnung“ und „völligem Durcheinander“.30 Demgegenüber empfand Karl Friedrich Burdach laut seinen Erinnerungen vor allem Wut auf die Franzosen, die er in Leipzig einmarschieren sah.31 Der Zorn einiger Einwohner konnte sogar in Gewaltakte münden. Ein Augenzeuge berichtet, in seine Heimatstadt seien zuerst nur 20 französische Soldaten gekommen, und einige Bewohner hätten bereits Gewehre geholt, um sie zu erschießen. Dies sei aber durch andere, besonnene 25

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Taggesell, Tagebuch, S. 8; Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 727. Über die Panikstimmung am sächsischen Hof hat der Kammerpage Carl Anton Philipp von Dziembowski berichtet (Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 9 f.). Maaß, Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, S. 13. Ebd., S. 13-15. Liebmann, Das erste Eindringen der Franzosen, S. 109. Carus, Lebenserinnerungen, Bd. 1, S. 57 f. Merbach, Aus dem Leben, S. 92; vgl. auch Gross, Erinnerungen, S. 9 u. Nieritz, Selbstbiographie, S. 51. Auch in Meißen herrschte Angst unter der Bevölkerung (Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 176 f.). Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 185.

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Bürger verhindert worden, die darauf hinwiesen, dass eine derartige Tat die Rache der nachfolgenden Truppen provozieren würde.32 Ferdinand von Funck hat in seinen Erinnerungen diese feindselige Haltung vieler Sachsen gegen die Franzosen bestätigt. Funck hatte als Major an der Schlacht bei Jena teilgenommen und war leicht verwundet in Gefangenschaft geraten. Am Tag nach der Schlacht ließ sich Napoleon die gefangenen sächsischen Offiziere vorstellen und erklärte ihnen in einer Ansprache, er wolle Sachsen nicht als feindliches Land behandeln, wenn der Kurfürst den Rest seiner Truppen von der preußischen Armee trenne und als Zeichen der Unterwerfung in der Residenz verbleibe. Napoleon ließ die sächsischen Offiziere nach der Ansprache auf das Ehrenwort, nie wieder gegen Frankreich zu kämpfen, frei.33 Funck bot sich dem Kaiser daraufhin als Kurier an, der dieses Angebot dem Kurfürsten übermitteln könne, und brach noch am selben Tag von Jena nach Dresden auf. Unterwegs, heißt es in seinen Erinnerungen, sei er immer wieder für einen Franzosen gehalten worden, und Bauern hätten versucht, ihn zu erschießen.34 Funck kam am 17. Oktober in Dresden an. Erst kurz zuvor am selben Tag hatte sich die Nachricht von der Niederlage bei Jena und Auerstedt in der Stadt verbreitet und der Hof war gerade dabei, seine Flucht nach Schlesien vorzubereiten. Napoleons Botschaft, die Funck dem Kurfürsten überbrachte, rief Erleichterung hervor. Friedrich August III. entschloss sich sofort zum Verbleiben in Dresden und zur Aufnahme von Friedensverhandlungen mit Bonaparte. Diese Entscheidung sprach sich bei den Dresdnern rasch herum und wurde mit großer Freude aufgenommen.35 Als sich der Kurfürst einige Tage später anlässlich eines Opernbesuchs in der Öffentlichkeit zeigte, wurde er von seinen Untertanen überschwänglich begrüßt. Der Dresdner Beamte Friedrich August Schulze war Zeuge dieses Auftritts: „Das Schauspielhaus war gedrängt voll Menschen. Man hatte nicht erwarten können, ihn endlich wieder zu sehen. Die Freudenlaute und Dankesergüsse, mit denen er empfangen wurde, wollten kein Ende nehmen.“36 32 33 34 35

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Liebmann, Das erste Eindringen der Franzosen, S. 109. Der Ort des Geschehens wird in der Quelle leider nicht genannt. Die Eidesleistung der sächsischen Offiziere mit den Namen der Unterzeichner ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 26-28. Funck, Fragment aus den handschriftlichen Memoiren, S. 368. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 2, Msc.Dresd.d.80, Teilband 1806, Bl. 11; Taggesell, Tagebuch, S. 8; Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 109-111; Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 728. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 111.

Am selben Tag, dem 22. Oktober 1806, schrieb der Philosoph Karl Christian Friedrich Krause aus Dresden an seinen Vater, er sei auf die Nachricht von den Siegen der Franzosen hin in der ängstlichsten Besorgnis wegen einer möglichen Belagerung Dresdens gewesen. Voller Erleichterung über die Wendung der Ereignisse fuhr er fort: „Ich glaube aus Gründen, die ich hier mit Fleiß nicht auseinandersetzen will, dass dieser Ausgang im Ganzen für Kursachsen höchst erfreulich [ist], und bedauere nur die traurige Niederlage eines Teils der braven sächsischen Armee.“37 Auch Johann Maaß, der vor der anrückenden französischen Armee aus Wittenberg geflohen war und sich auf dem Weg nach Schlesien befand, erfuhr am 22. Oktober von Napoleons Neutralitätsangebot an den Kurfürsten. Er bemerkte: „Hierüber musste sich jeder Vaterlandsfreund freuen.“38 Einige Sachsen, wie z. B. der Leipziger Kaufmann Ferdinand Dufour, waren von der vermeintlichen „herablassenden Güte“ des französischen Kaisers so beeindruckt, dass sie bald zu seinen begeisterten Anhängern zählten. Dufour, ein Hugenotte, gehörte zu einer Deputation Leipziger Kaufleute, die Napoleon im Herbst 1806 in Berlin aufsuchte, um die Freigabe der in Leipzig beschlagnahmten englischen Handelswaren zu erwirken. Am 6. November fand die Audienz statt. Zwei Tage später schrieb Dufour an seine Frau: „Die Versicherungen über seine Nachsicht und seine hohe Protektion haben uns über die Maßen mit Freude erfüllt.“39 Im selben Brief nannte er den französischen Kaiser den „Großen Napoleon“ und den „Helden des Jahrhunderts“.40 Ähnlich dachte Karl Christian Friedrich Krause. Dieser liberale Freimaurer dürfte zeitweilig zu Napoleons größten Verehrern gezählt haben. Am 8. November 1806 schrieb er an seinen Vater: „Gebe Gott, dass die Franzosen siegen. Sonst wären wir hier mit unglücklich.“41 Zuversichtlich schrieb er weiter, er glaube an ihren Sieg, da sie vom „größten Feldherrn“ geführt würden. Im nächsten Brief an seinen Vater, vom 3. Dezember 1806, brachte Krause noch einmal seine Überzeugung zum Ausdruck, dass vom Erfolg der französischen Waffen auch „das noch mögliche Glück Sachsens“ abhänge. In weiteren Briefen beschrieb er sogar die französische Kontri-

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Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 159. Maaß, Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, S. 15. Zitat nach Middell, Hugenotten in Leipzig, S. 183. Ebd., S. 182. Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 160.

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butionsforderung an Sachsen als erträglich und die Beschlagnahmung der englischen Waren als vorteilhaft für Sachsens „Gewerbefleiß“.42 Walter Fellmann hat behauptet, die Sachsen hätten sich überraschend napoleonfreundlich gezeigt. Kaum noch jemand habe mit Preußen sympathisiert, im Gegenteil: Vorwürfe seien laut geworden, Preußen sei an allem Schuld, denn es habe Sachsen in den Krieg verstrickt.43 Fellmann hat allerdings außer Acht gelassen, dass sich die angesprochenen Vorwürfe gegen Preußen lediglich in offiziellen Bekanntmachungen finden, die von französischer Propaganda beeinflusst waren.44 Die Masse der Bevölkerung dachte jedoch anders und war keineswegs antipreußisch gesinnt. Das verdeutlicht die Behandlung der kriegsgefangenen preußischen Soldaten, die Sachsen in den Tagen nach der Niederlage bei Jena und Auerstedt durchquerten. Ferdinand von Funck schrieb, sie seien überall gastfreundlich und mit tätiger Unterstützung aufgenommen worden.45 Diese Aussage wird durch mehrere andere Zeitzeugen bestätigt. In den Erinnerungen von Gustav Nieritz heißt es, dass sich sowohl vornehme Dresdner Bürger als auch solche aus den unteren Schichten eifrig bemühten, die in der Stadt untergebrachten preußischen Gefangenen mit Kleidern, Geld und Nahrungsmitteln zu versorgen.46 Gleiches haben Karl Preusker und Karl Friedrich Burdach über den Umgang der Leipziger mit den dort untergebrachten Gefangenen des Blücherschen Korps bemerkt.47 Viele Einwohner, schrieb Burdach, hätten ihnen Lebensmittel und Kleidung gebracht, ihre Tapferkeit gelobt und ihnen Mut zugesprochen. Einige Leipziger seien sogar so weit gegangen, einzelnen Gefangenen zur Flucht zu verhelfen. Demgegenüber seien jene preußischen Soldaten, die sich von Napoleon anwerben ließen, und die Rheinbundtruppen verachtet worden. Derartige Berichte finden sich nicht nur in der Memoirenliteratur, sondern auch in zeitgenössischen Quellen. So wird die gute Behandlung der preußischen Gefangenen durch die Einwohner Leipzigs in einer 1807 anonym erschienenen Schrift ebenfalls bestätigt. Auch darin ist von Geldund Lebensmittelgeschenken die Rede.48 Und die Aussage von Karl Friedrich Burdach, einige Leipziger hätten gefangenen Preußen zur Flucht verholfen, wird durch ein offizielles Dokument bekräftigt: Am 11. De42 43 44 45 46 47 48

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Ebd., S. 163-165. Fellmann, Sachsens Könige, S. 22. Beispielsweise in der Schrift: Antwort auf das Manifest des Königs von Preußen. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 135. Nieritz, Selbstbiographie, S. 52. Preusker, Lebensbild, S. 33; Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 187. Leipzig, seit dem Einmarsch der Franzosen, S. 55 f.

zember 1806 erließ der Leipziger Rat eine Bekanntmachung, in der jedem Einwohner, der einem vom französischen Militär gefangenen oder in französischen Dienst angeworbenen Soldaten zur „Desertion“ behilflich sei, die Todesstrafe angedroht wurde. Als Begünstigung der Flucht wurde ausdrücklich die Unterstützung in Form von Geld oder Kleidungsstücken genannt.49 Die Veröffentlichung eines so strengen Verbots lässt darauf schließen, dass derartige Fälle vorgekommen sein müssen. Dass die Bevölkerung zur selben Zeit auf den baldigen Abschluss eines Friedensvertrags zwischen Sachsen und Frankreich hoffte, stellt zu der nach wie vor preußenfreundlichen Stimmung keinen Widerspruch dar. Die Zivilbevölkerung sehnte sich selbstverständlich in erster Linie nach Frieden, Ruhe und Sicherheit. Und die Ende Oktober 1806 überall in Sachsen verkündete Neutralität war noch keineswegs förmlich von Napoleon anerkannt, wie das sächsische Kabinett und viele Einwohner glaubten.50 Die Maßnahmen der französischen Verwaltung, die zahlreichen Requisitionen und die schlechte Disziplin vieler französischer Soldaten führten rasch zur Ernüchterung. Welchen Groll die Einwohner mancher Ortschaften gegen die französischen Soldaten hegten, die sich wie in einem feindlichen Land aufführten, belegt die Tatsache, dass es mehrfach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen plündernden oder requirierenden Soldaten und Dorfbewohnern kam.51 Auch über die großen Einquartierungslasten wurden viele Klagen laut.52 Der Wunsch nach einem förmlichen Abschluss des Friedens war angesichts solcher Erfahrungen nur allzu verständlich. Der Geheime Finanzrat von Zezschwitz schrieb am 4. Dezember 1806 in einem Privatbrief: „Gott Lob! Man hofft in wenigen Tagen mit Gewissheit auf Abschluss des Friedens zwischen uns und Frankreich. Der jetzige Mittelzustand ist sehr verderblich.“53 * Am 11. Dezember 1806 schlossen Frankreich und Sachsen den Frieden von Posen. Neun Tage später ritt ein Herold in Begleitung von 8 Hof49 50 51

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 59. Vgl. z. B. Maaß, Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, S. 39 f. Beispielsweise in Eckmannsdorf bei Jüterbog: Dort jagten Bauern eine französische Abteilung aus dem Ort und verwundeten einige Soldaten (Otto, Die französische Verwaltung, S. 24, Anm. 43). Vgl. z. B. Merbach, Aus dem Leben, S. 92 f. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 89.

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trompetern, einem Pauker und 6 Reitknechten durch Dresden und verkündete unter dem Donner von 124 Kanonenschüssen, dass der sächsische Kürfürst die Königswürde angenommen habe.54 Bereits am nächsten Tag wurde den Dresdnern allerdings die nüchterne Wirklichkeit der politischen Verhältnisse vor Augen geführt. Der 21. Dezember war ein Sonntag, und in der Stadt wurde ein Dankfest für den Frieden von Posen veranstaltet. Als die Feierlichkeiten gerade ihren Höhepunkt erreichten, trafen unerwartet drei württembergische Regimenter zur Einquartierung in der Stadt ein. Noch am selben Tag mussten mehrere Wagen mit Geldern zur Bezahlung der von Napoleon verlangten Kontribution in das Hauptquartier des Kaisers abgeschickt werden.55 Das offizielle Friedensfest fand am 1. Januar 1807 statt. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stand die Annahme der Königswürde durch Friedrich August III./I. Am 8. Februar folgte noch ein kirchliches Dankfest. Zu beiden Gelegenheiten wurden die Städte mit Inschriften geschmückt und nachts erleuchtet, was seinerzeit nur bei außerordentlich festlichen Anlässen geschah. Die teils recht pompösen offiziellen Feierlichkeiten sagen indes wenig über die wahre Stimmung der Bevölkerung aus. In den Memoiren einiger Zeitgenossen finden sich Bemerkungen, die den in amtlichen Beschreibungen ausgedrückten Jubel relativieren: Karl Friedrich Burdach schrieb, die Stimmung der Leipziger vor der Feier am Neujahrstag 1807 ließe sich daraus ablesen, dass in dem von der Universität herausgegebenen Programm angemahnt wurde, niemand der Eingeladenen, der seinen König redlich liebe, solle ohne triftigen Grund fernbleiben.56 Und der Dresdner Beamte Friedrich August Schulze behauptete, die Erhebung Sachsens zum Königreich habe „keinen lebendigen Eindruck hervorgebracht“.57 Will man in diesen Bemerkungen nicht nur nachträgliche antifranzösische Verklärung erblicken, kann man durchaus Gründe finden, die die Euphorie der Bevölkerung gedämpft haben mögen: Erstens war noch kein allgemeiner Frieden abgeschlossen. Der Krieg zwischen Frankreich und seinen Verbündeten einerseits und Preußen und Russland andererseits ging weiter, und Sachsen musste daran nun sogar als Verbündeter Napoleons teilnehmen und ein Truppenkorps zur Verfügung stellen. Zweitens erfolgte die Erhebung Sachsens zum Königreich durch die Gnade Napoleons, der zumindest am sächsischen Hof als Emporkömm54 55 56 57

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 64. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 2, Msc.Dresd.d.80, Teilband 1806, Bl. 23-25. Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 187 f. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 118.

ling angesehen wurde. Drittens hatte das Bündnis mit den Franzosen nicht gerade verheißungsvoll begonnen. Viele Sachsen hatten schlechte Erfahrungen mit Soldaten der napoleonischen Armee gemacht und erlebt, dass ihr Land trotz verkündeter Neutralität als feindlicher Staat behandelt und ausgebeutet wurde.58 Ferdinand von Funck hat in seinen Memoiren behauptet, die ganze sächsische Bevölkerung sei nach dem Abschluss des Friedens von Posen unzufrieden gewesen; sie habe die Wiederherstellung des Wohlstands, der vor dem Ausbruch des Krieges geherrscht habe, erwartet und sich in dieser Hoffnung enttäuscht gesehen. Jede „Unbequemlichkeit“ habe sie dem veränderten politischen System und dem Bündnis mit Napoleon zugeschrieben. Viele Klagen seien laut geworden und alle Gemäßigten seien als Franzosenfreunde angefeindet worden.59 Auch wenn Funcks Erinnerungen tendenziös sind und viele Übertreibungen enthalten, kann diesen Aussagen ein Wahrheitsgehalt nicht abgesprochen werden. Andere Quellen bestätigen die von Funck beschriebene Haltung der Bevölkerung. So berichtet der Annaberger Archidiakon Johann Friedrich Hübschmann in einer Erinnerungsschrift, dass die Stimmung der Einwohner Annabergs nach dem Frieden von Posen wegen der „Verdienstlosigkeit“ schlecht gewesen sei: Spitzen und Bänder, die in der Stadt hergestellt wurden, hätten wegen der Kriegsunruhen nicht versandt werden können. Viele Meister hätten ihre Lehrlinge wegen mangelnder Aufträge entlassen müssen. Zu den Preiserhöhungen für Kaffee und Zucker, die die Kontinentalsperre nach sich zog, seien noch Abgaben an die Kreisdeputation zum Ausgleich der Kriegsschäden gekommen. Außerdem habe die Bevölkerung die Aufstellung des sächsischen Truppenkorps zur Teilnahme am Krieg gegen Preußen und Russland beklagt. Nicht nur sei die Ausrüstung dieses Verbandes sehr teuer gewesen, sondern die Einwohner hätten sich auch Sorgen um die bei Danzig eingesetzten Soldaten gemacht.60 Tatsächlich setzte sich die sächsische Armee seit ihrer ersten Aufstellung im Jahre 1682 zum größten Teil immer aus gebür-

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Demgegenüber machte die im Friedensvertrag von Posen festgelegte rechtliche Gleichstellung der Katholiken mit den Lutheranern offenbar keinen Eindruck auf die Bevölkerung. Rudolf Kötzschke und Hellmut Kretzschmar haben zwar betont, dass Sachsen damit seinen „besonderen Rang als protestantische Vormacht“ verlor (Kötzschke/Kretzschmar, Sächsische Geschichte, Bd. 2, S. 117). In den untersuchten zeitgenössischen Quellen finden sich aber keine Reaktionen auf diese Bestimmung. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 138 f. Hübschmann, Was haben wir in Annaberg, S. 14-16.

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tigen Sachsen zusammen61, was die Anteilnahme und Sorge der Bevölkerung umso verständlicher macht.

2.2. Der Frieden von Tilsit Einen Stimmungsumschwung brachte der im Juli 1807 abgeschlossene Frieden von Tilsit, der den Krieg zwischen Frankreich und seinen Verbündeten einerseits, sowie Preußen und Russland andererseits, beendete. Hübschmann schrieb über die Stimmung in Annaberg, in die „bekümmerten Herzen“ der Einwohner sei wieder etwas mehr Zufriedenheit gekehrt und sie hätten sich eine völlige Ruhe für ganz Europa versprochen.62 Ähnliche Bemerkungen finden sich in den Erinnerungen von Friedrich August Schulze: Die Nachricht vom Abschluss des Friedens habe auf die „Volksmasse“ einen überaus günstigen Eindruck gemacht. Die Bevölkerung habe sich ganz der Freude hingegeben, und einige Bürger hätten in dem Vertrag sogar „die Fabel von einem ewigen Frieden“ verwirklicht gesehen.63 Minna Körner, die Mutter Theodor Körners, brachte am 14. Juli 1807 in einem Brief die Freude zum Ausdruck, die die meisten Sachsen über die Nachricht vom Abschluss des Friedens von Tilsit empfunden haben dürften: „Nur ein paar Worte der Freude, […] heute war der glückliche Tag, der so lang ersehnte, der uns den allgemeinen Frieden brachte. Jeden Tag seit dem 23. Juni sahen wir der erwünschten Nachricht entgegen. Seit zwei Stunden sind neun Kuriere gekommen, die alle ausgerüstet mit der beglückenden Nachricht waren. […] Genug: es ist Friede! Welcher Segen für Millionen Menschen.“64 Ihre Schwester Dora Stock schrieb einige Wochen später, die Angehörigen ihrer Familie seien „freudetrunken“ über die Nachricht des Friedens gewesen.65 Demgegenüber erscheint die in einer älteren Darstellung geäußerte Behauptung, der Abschluss des Friedens von Tilsit habe „auch Wittenberg mit tiefer Trauer“ erfüllt66, als völlig unglaubwürdig. Sie entspringt sicherlich nachträglicher antifranzösischer, deutsch-nationaler Verklärung. Allerdings ist auch die in einer jüngeren Arbeit geäußerte Überzeugung, der Napoleonkult im Sommer 1807 sei durch Ereignisse wie die Erhebung Sachsens zum Königreich, die Angliederung des Cottbuser Kreises an 61 62 63 64 65 66

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Rahne, Zur sächsischen Militärgeschichte, S. 236 f. Hübschmann, Was haben wir in Annaberg, S. 15. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 139 u. 160. Zitat nach Peschel/Wildenow, Theodor Körner, Bd. 1, S. 144. Weber, Briefe der Familie Körner, Bd. 15, H. 9, S. 467. So Beyschlag, Karl Immanuel Nitzsch, S. 35.

Sachsen und die Einsetzung Friedrich Augusts I. als Herrscher im Herzogtum Warschau hervorgerufen worden67, nicht einleuchtend. Die Übernahme des Cottbuser Kreises dürfte, soweit sie der sächsischen Bevölkerung nicht gleichgültig war, eher negative Gefühle erzeugt haben, denn es handelte sich dabei nicht etwa um ein Geschenk Napoleons: Sachsen musste im Gegenzug ein gleichwertiges Gebiet an das neu geschaffene Königreich Westfalen abtreten.68 Außerdem hatte der Cottbuser Kreis bisher zu Preußen gehört, und die Mehrheit der Sachsen war keineswegs von „heimlicher Genugtuung“ über die preußische Niederlage erfüllt, wie in einer jüngeren Stadtgeschichte Dresdens behauptet wird.69 Die Einsetzung Friedrich Augusts I. als Herzog von Warschau war in Sachsen unpopulär, denn die Bevölkerung wollte ihren Regenten und ihr Geld nicht mit den Einwohnern eines fremden Landes teilen.70 Auch aus politischen Gründen dürfte dieser Schritt wenig Sympathien hervorgerufen haben, schließlich hatte der sächsische Herrscher bereits 1791 die ihm angebotene polnische Krone abgelehnt, um nicht zwischen die Mühlsteine der Großmächte zu geraten, die Polen als ihr Interessenfeld betrachteten.71 Ein sächsischer Offizier bemerkte in einem Brief an den Dresdner Hofzeremonienmeister Ende Dezember 1807 treffend, Polen sei und bleibe für Sachsen ein „unseliges Geschenk“.72 * Die Euphorie, die sich nach dem Abschluss des Friedens von Tilsit im Sommer 1807 in Sachsen verbreitete, war in Wirklichkeit nur dem Ende

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So Schäfer, Kleine illustrierte Geschichte Sachsen, S. 127. Zu den Verhandlungen über die Gebietsabtretungen vgl. Jenak, Ursachen und Hintergründe. Jäckel, Im Banne Preußens, S. 121. So Friedrich Christian Ludwig Senfft von Pilsach, der Gesandte in Paris (1806-1809) und sächsische Außenminister (1809-1813), und Ferdinand von Funck in ihren Erinnerungen (Senfft von Pilsach, Mémoires, S. 110 f. u. 193; Brabant, Im Banne Napoleons, S. 260; ders., In Russland und in Sachsen, S. 249 f.). Prinzessin Amalie schrieb in ihr Tagebuch, ihr Vater, Prinz Maximilian, sei erschrocken, als ihn Napoleon von der Entscheidung unterrichtete, Friedrich August I. das Herzogtum Warschau zu übergeben (Waldmüller, Aus den Memoiren, S. 48). Vgl. dazu Petschel, Sächsische Außenpolitik, S. 121-143. Major Johann Adolph Thielmann an den Freiherrn von Just, Warschau, 29.12.1807 (SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 2, Dok. 85, unpag.).

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des Krieges samt seinen Lasten und Leiden geschuldet.73 Das wurde sehr deutlich, als Napoleon Mitte Juli 1807 auf seiner Rückreise von Polen nach Frankreich Sachsen besuchte, um das erste Mal seinen neuen Verbündeten, König Friedrich August I., persönlich zu treffen. In allen sächsischen Städten, die er durchquerte, wurde er mit großem Jubel empfangen, wobei die Inschriften, mit denen die Häuser geschmückt waren, ihn größtenteils als „Friedensbringer“ priesen.74 Der Wittenberger Bibliothekar Johann Maaß, der im Herbst 1806 vor den Franzosen aus seiner Heimatstadt geflüchtet war, befand sich im Juli 1807 in Lauenstein nahe der sächsisch-böhmischen Grenze. Als er von der bevorstehenden Ankunft Napoleons in Dresden erfuhr, beschloss er, diesem Ereignis vor seiner Rückkehr nach Wittenberg beizuwohnen. Voller überschwänglicher Begeisterung schilderte Maaß später die Einfahrt des Kaisers in die Residenz am 17. Juli und die Jubelrufe der Bevölkerung.75 Gustav Nieritz behauptete in seiner Autobiografie, die Gräueltaten der französischen Revolution, die ihm als Kind geschildert worden seien, sowie die demütigenden Siege der Franzosen und ihre Ausschreitungen hätten ihn zu einem Franzosenhasser gemacht. Dennoch habe er kaum erwarten können, Napoleon persönlich zu sehen. Die Beleuchtung Dresdens zu Ehren des französischen Kaisers sei die glanzvollste gewesen, die er in seinem Leben erblickt habe. In der Stadt, vor allem auf der Elbbrücke, habe sich eine so große Menschenmenge versammelt, dass Nieritz und seine Eltern befürchteten, zu Tode gequetscht zu werden.76 Dora Stock schrieb, aus allen Ständen seien Menschen zusammengeströmt, um Napoleon zu sehen, und es habe eine „eigene fröhliche Stimmung“ 73

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Dies kommt besonders deutlich in einem Brief von Dora Stock, geschrieben am 7.8.1807, zum Ausdruck (Weber, Briefe der Familie Körner, Bd. 15, H. 9, S. 467); vgl. auch den Brief Minna Körners vom 14.7.1807 (Peschel/Wildenow, Theodor Körner, Bd. 1, S. 144). Neben den zahlreichen kleinen Schriften, die kurz nach diesem Ereignis erschienen und die Beleuchtung und Ausschmückung der Städte beschreiben (z. B. Brück, Beschreibung; Die Beleuchtungsfeyer am Friedensfeste; Feyerlichkeiten vor und bey Napoleons I. Abreise von Dresden) vgl. u. a. Leipzig, seit dem Einmarsch der Franzosen, S. 155-162; Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 139 f. u. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 182. Maaß, Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, S. 26 f. u. 48 f.; vgl. dazu SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 2, Msc.Dresd.d.80, Teilband 1807, Bl. 12-14; Taggesell, Tagebuch, S. 15 u. Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 732. Nieritz, Selbstbiographie, S. 64-66.

geherrscht.77 Und der Napoleonverehrer Karl Christian Friedrich Krause bemerkte über den Besuch des Kaisers in Dresden in einem Brief an seinen Vater: „Nie hat mich der Anblick eines Menschen so ergriffen und entzückt, als der dieses größten Helden. […] Sein bloßer Anblick hat die Menge für ihn gewonnen und in Enthusiasmus gesetzt.“78 Auch am Dresdner Hof herrschte Begeisterung. Ferdinand von Funck, zu dieser Zeit Oberst und Generaladjutant des Königs, schrieb in seinen Erinnerungen, Prinz Maximilian sei „selig“ gewesen, dass er Napoleon seine Kinder vorstellen durfte; ihre freundliche Aufnahme durch den Kaiser habe ihn tief gerührt.79 In Leipzig bereitete sich die Bevölkerung ebenfalls darauf vor, Napoleon einen überwältigenden Empfang zu bereiten, und dies, obwohl die Stimmung der Einwohner grundsätzlich antifranzösischer gewesen sein dürfte als in den anderen Landesteilen. Schließlich wurde die Stadt, deren Handel durch die Maßnahmen der französischen Verwaltung und die Kontinentalsperre bereits spürbar geschädigt worden war, auch steuerlich besonders stark belastet.80 Dennoch schlossen sich die Leipziger dem allgemeinen Freudentaumel an und hofften, Napoleon würde der Stadt auf seiner Reise nach Frankreich einen Besuch abstatten.81 Tatsächlich durchquerte der Kaiser die Vorstädte Leipzigs, allerdings am frühen Morgen und in so großer Eile, dass seine Ankunft fast unbemerkt blieb und die aufwendigen Vorbereitungen zu seinem Empfang umsonst getroffen waren.82 Neben dem ehrlich gemeinten Jubel für Napoleon, der echter Freude über den Frieden entsprang, kam es auch zu Ergebenheitsgesten, die entweder als offizielle Propaganda oder als bloße Anbiederung angesehen werden müssen. Das extremste Beispiel lieferte die Leipziger Universität: Um „Napoleon dem Unsterblichen“ ein „bleibendes Denkmal ihrer Verehrung“ zu setzen, beauftragte sie zwei Astronomieprofessoren, ein Sternbild nach Napoleon zu benennen. In der veröffentlichten Erklärung hieß es ab77 78 79

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Weber, Briefe der Familie Körner, Bd. 15, H. 9, S. 467, Brief vom 7.8.1807. Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 174, Brief vom 29.7.1807. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 254; vgl. dazu Kretzschmar, Lebenserinnerungen des Königs Johann von Sachsen, S. 41 f., ferner die Erinnerungen von Johann Anton Heink, der zu dieser Zeit Bediensteter des Grafen Marcolini war (Heink, Denkwürdige Momente, S. 8 f.). Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 35 u. 38. Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 188. Daraufhin erschienen in Leipzig anonyme Spottgedichte, z. B. Mercator Heavtontimorumenos; Meine Reise unter die Siebenschläfer.

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schließend: „Unsere Universität wird von jetzt an […] die in und zwischen dem Gürtel und Schwert des Orion liegenden Sterne als Napoleons-Sterne anerkennen, und rechnet dabei auf den Beitritt mehrerer Akademien und Astronomen des In- und Auslandes.“83 Eine dazu angefertigte Sternkarte sollte Napoleon in Leipzig persönlich übergeben werden. Da dieses Vorhaben scheiterte, schickte die Universität die Karte zusammen mit einem Huldigungsschreiben nach Paris. * Auch die Popularität des sächsischen Königs erreichte im Sommer 1807, nach dem Abschluss des Friedens von Tilsit, einen Höhepunkt. Schließlich hatte seine Politik Sachsen vor einer Demütigung, wie sie dem preußischen Nachbarn in Tilsit zugefügt worden war, bewahrt – so musste es den Zeitgenossen zumindest erscheinen. Dora Stock schrieb über die Tage des Napoleonbesuchs in Dresden: „Unser König nimmt sich vortrefflich; durchaus rechtschaffen wie immer und ohne Falsch. Möchten alle folgenden Ereignisse immer sich mit seinen strengen Grundsätzen und mit der Güte seines Herzens vereinigen lassen.“84 Die Verehrung, die Friedrich August I. in Sachsen genoss, reichte weit vor die napoleonische Zeit zurück. Sie hing sicherlich weniger mit den Sparmaßnahmen und den weitsichtigen Reformen zusammen, die er als junger Kurfürst hatte durchführen lassen, um die Folgen des verheerenden Siebenjährigen Krieges zu überwinden und den Wohlstand des Landes wiederherzustellen. Vielmehr dürften seine fortschrittlichen Maßnahmen auf sozialem Gebiet ausschlaggebend gewesen sein: So hatte er z. B. die Folter abgeschafft, ebenso die Todesstrafe bei Eigentumsdelikten; eine Pockenschutzimpfung war eingeführt, das Armenschulwesen sowie die Armenfürsorge ausgebaut und eine Brandversicherung geschaffen worden.85 Das Vertrauen der Untertanen in ihren Kurfürsten war sehr deutlich während des sächsischen Bauernaufstands von 1790 zutage getreten.86 Auslöser der Unruhen war die schlechte Ernte des Jahres 1789 und eine Dürre im folgenden Jahr gewesen, was Preissteigerungen, Futtermangel und erzwungene Schlachtungen von Vieh zur Folge gehabt hatte. Die den 83 84 85 86

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 153 f. Weber, Briefe der Familie Körner, Bd. 15, H. 9, S. 467 f. Albert, Die Albertinischen Wettiner, S. 18; Fellmann, Sachsens Könige, S. 16. Die folgenden Ausführungen stützen sich v. a. auf Wagner, Der sächsische Bauernaufstand, ferner Hoyer, Die Ideen der Französischen Revolution.

Gutsherren geschuldeten Dienste und Abgaben, die bereits in den Jahren zuvor Anlass zu vielen Rechtsstreitigkeiten vor dem kurfürstlichen Appellationsgericht gegeben hatten, mussten in der Notzeit große Erbitterung unter den Bauern hervorrufen. Nachrichten über die Revolution in Frankreich und Unruhen in den österreichischen Niederlanden und Böhmen hatten konfliktverschärfend gewirkt. Durch Zeitungen, Flugschriften, Broschüren und Traktate waren die sächsischen Bauern über diese Vorgänge informiert worden. Zwar konnte ein großer Teil der Bauern nicht lesen87, an öffentlichen Orten wie den Dorfschenken waren diese Schriften jedoch von lesekundigen Personen vorgetragen worden. Die Obrigkeit hatte demgegenüber insbesondere die Pfarrer und die Schulmeister dazu angehalten, beruhigend auf die Bauern einzuwirken. Interessant ist an den sächsischen Bauernunruhen für das Thema dieser Arbeit vor allem die Tatsache, dass sich die Klagen der Bauern nicht gegen den Kurfürsten gerichtet hatten, im Gegenteil: Sie waren davon ausgegangen, dass Friedrich August auf ihrer Seite stehen würde, aber von schlechten Beratern umgeben sei, die ihm die Not der Landbevölkerung verheimlichen würden. Folgerichtig hatte der Seiler Christian Benjamin Geißler aus Liebstadt, der wohl bekannteste der Aufrührer, in seinen Schriften die „Befreiung“ des Kurfürsten als Kernstück einer erfolgreichen Revolution gefordert. Die Niederwerfung der Aufstände war durch die Milde des Kurfürsten innerhalb weniger Wochen ohne größere militärische Zusammenstöße und Menschenverluste gelungen. Friedrich August hatte befohlen, den „billigen und gerechten Klagen“ der Bauern Gehör zu schenken und ihre Beschwerden soweit wie möglich abzustellen. Grundlegende Reformen waren danach zwar nicht durchgeführt worden, das Entgegenkommen des Kurfürsten auf juristischem Wege hatte jedoch eine erneute Zuspitzung der sozialen Gegensätze verhindert. Selbst als Sachsen unter den napoleonischen Kriegen zu leiden hatte, die Hochstimmung des Sommers 1807 längst vergessen war und sich Ernüchterung und Verbitterung angesichts der nicht aufhörenden Kriegslasten breit machten, blieb König Friedrich August I. für die meisten seiner Untertanen der „gute Vater“88 seines Volkes. Der Leipziger Buch87

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Nach älteren Schätzungen lag die Lesefähigkeit in Deutschland um 1800 bei 25 %, nach neueren Schätzungen muss diese Zahl jedoch nach oben korrigiert werden (Greiling, Der Neustädter Kreisbote, S. 31). So der sächsische Offizier Otto Freiherr von Odeleben in seinen Erinnerungen (Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 74).

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händler Georg Joachim Göschen schrieb im November 1808 an einen Dresdner Freund, trotz aller Leiden der Zeit bete das Volk seinen König an.89 Noch im Frühjahr 1813, als Sachsen selbst zum Kriegsschauplatz wurde, betonte der Geheime Finanzrat von Zezschwitz in einem Brief die „alles überwiegende Liebe der Sachsen zu ihrem angestammten König“90; und der Freiherr vom Stein, der Friedrich August I. als einen der treuesten Verbündeten Napoleons verachtete und gern eine Entfremdung zwischen ihm und seinen Untertanen gesehen hätte, musste resignierend schreiben, die große Masse der Sachsen sei ihrem König ergeben und hänge an ihm „wie ein Pudel an seinem Besitzer“.91 Nicht nur in apologetischen Geschichtswerken und Memoiren, sondern auch in zeitgenössischen Briefen und Tagebüchern sowie in geheimen Stimmungsberichten finden sich zahlreiche weitere Aussagen, die die Verehrung der Sachsen für ihren König zum Ausdruck bringen.92 Friedrich August I., den Zeitgenossen bereits zu seinen Lebzeiten „den Gerechten“ nannten93, genoss bei vielen seiner Untertanen tatsächlich große Popularität, und die Hochstimmung des Sommers 1807 hat sicherlich zu ihrer Festigung beigetragen.

2.3. Stimmungswandel Die Euphorie des Sommers 1807 wich bald der Ernüchterung. Die Hoffnung auf einen dauerhaften europäischen Frieden erfüllte sich nicht. Im November 1807 marschierten französische Truppen in Portugal ein, drei Monate später ließ Napoleon Rom besetzen. Im März 1808 rückten mehr als 30.000 französische Soldaten zur Unterstützung Dänemarks gegen Schweden in Holstein ein. Noch im selben Monat erfolgte der Einzug der Franzosen in Madrid, woraufhin sich die dortige Bevölkerung zum Aufstand gegen die Fremdherrschaft erhob. Im Juni 1808 brachen auch in 89 90 91 92 93

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Gerhardt, Karl August Böttiger, S. 211. Einige Wochen später bezeichnete Göschen den König in einem weiteren Brief als „Schutzgott unsres Vaterlandes“ (ebd., S. 213). Zezschwitz, Mittheilungen, S. 222. Hubatsch, Freiherr vom Stein, Bd. 4, S. 85 f. Im Original: „[…] le Saxon est attaché à son maître comme un barbet […]“. Auf die Berichte der „Geheimen Polizei“ wird im Kapitel 2.6. dieser Arbeit noch näher eingegangen werden. Vgl. z. B. Beherzigungen für meine Mitbürger; Ihrem geliebten Könige; Maaß, Das Glück.

Portugal Aufstände gegen Napoleon aus, und im folgenden Monat schlossen Spanien und Portugal ein Verteidigungsbündnis. Von diesen Ereignissen wurde die sächsische Bevölkerung zwar wenig berührt, denn das Königreich Sachsen musste im Gegensatz zu vielen anderen Rheinbundstaaten keine Truppen auf die Iberische Halbinsel entsenden. Doch auch in Mitteleuropa wuchs die Gefahr eines erneuten Kriegsausbruchs: Am 30. Juli 1808 erfolgte wegen österreichischer Kriegsrüstungen und Truppenbewegungen eine offizielle französische Kriegsdrohung gegen die Habsburgermonarchie; zwei Wochen später wurde die sächsische Armee mobil gemacht. In den folgenden Wochen erlebten die Sachsen wieder Durchmärsche größerer militärischer Verbände.94 Zwar konnte der Ausbruch von Feindseligkeiten durch das Einlenken der Österreicher vorerst abgewendet werden und die Kriegsgefahr schien zunächst noch einmal gebannt. Die außenpolitische Lage war aber nicht der einzige Grund einer deutlichen Verschlechterung der Stimmung in Sachsen in den Monaten nach dem Frieden von Tilsit. Besonders die finanziellen Belastungen sorgten für beträchtlichen Unmut unter der Bevölkerung. Ein großer Teil des Geldes, das in den Monaten nach dem Abschluss des Friedens von Tilsit aufgebracht werden musste, wurde zur Tilgung von Kriegslasten benötigt, die noch aus den Herbstmonaten des Jahres 1806 stammten. Auch die Bezahlung der von den Franzosen nach der Besetzung des Landes geforderten Kontributionen zog sich noch über viele Monate hin. Hinzu kamen weitere Belastungen, insbesondere die Truppendurchmärsche samt Einquartierungen und Transportdiensten. Außerdem wurden neue Lazarette angelegt, z. B. im September 1807 in Pegau.95 Die Kosten, die Sachsen für dergleichen Militärbedürfnisse in der Zeit von Juni 1807 bis Dezember 1808 entstanden, betrugen mehr als vier Millionen Taler.96 Im März 1808 musste Sachsen als Ausgleich für die Überlassung des Cottbuser Kreises einen Teil des Mansfelder Gebietes, Gommern, Elbenau, Ranis, einen Teil der Grafschaft Barby, Treffurt und Dorla an das Königreich Westfalen abtreten. Wegen „verspäteter Abtretung“ musste Friedrich August I. zusätzlich noch 200.000 Francs (ca. 52.000 Taler) an

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 211-214. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 24 f. Beitrag eines Sachsen, zur Erinnerung an Franz. Feindschaft und Freundschaft, S. 424.

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den König von Westfalen bezahlen und ihm die Einkünfte der abgetretenen Landesteile, die seit Beginn des Jahres angefallen waren, überlassen.97 Im Mai 1808 verkaufte Napoleon dem Herzog von Warschau – also Friedrich August I. – die Schuldforderungen für den preußischen Privatbesitz in Polen. Es handelte sich dabei um Hypotheken, die preußische Untertanen vor 1807 beim Staat auf ihr Eigentum im preußischen Teil Polens aufgenommen hatten. Im Frieden von Tilsit verlor Preußen nicht nur seine Gebiete in Polen, sondern musste auch die Schuldforderungen Napoleon überlassen. Als der französische Kaiser den ehemals preußischen Teil Polens dem neu geschaffenen Herzogtum Warschau einverleibte, übertrug er Friedrich August I. zwar die Regentschaft, nicht jedoch die Hypotheken, aus denen er rasch Kapital zu schlagen hoffte. Die Eintreibung des Geldes zog sich aber in die Länge und stieß auf Schwierigkeiten, sodass sich Napoleon schließlich entschied, die Hypotheken für 20 Millionen Francs (ca. 5,2 Millionen Taler) an Friedrich August I. zu verkaufen. Die Bezahlung dieser Summe aus dem polnischen Staatshaushalt erwies sich jedoch in absehbarer Zeit als unmöglich, denn 1808 überstieg allein der Militäretat des Herzogtums die gesamten Jahreseinnahmen.98 Friedrich August I. war zwar bemüht, den sächsischen Staatshaushalt streng vom polnischen zu trennen. Unter der sächsischen Bevölkerung verbreitete sich aber bald das Gerücht, beträchtliche sächsische Gelder würden zur Unterstützung nach Polen fließen.99 Die großen finanziellen Belastungen konnten nicht lange ohne Folgen für die Bevölkerung bleiben. Bereits am 1. Juli 1807 musste das besonders stark verschuldete Leipzig eine Anleihe von 2,75 Millionen Talern aufnehmen und sein gesamtes Vermögen als Sicherheit einsetzen.100 Im folgenden Monat wurden zur Entlastung der Hausbesitzer die Mieter an den Einquartierungskosten beteiligt. Im November 1807 folgte eine Steuererhöhung. Die gesteigerten Einnahmen reichten aber zur Deckung der Staatsschulden nicht aus: Im Januar 1808 musste der sächsische König bei einem Leipziger Handelshaus eine Anleihe über 1,5 Millionen Taler aufnehmen. Im folgenden Monat ließ Friedrich August I. einen außerordentlichen Beitrag zur Vergütung der Kriegslasten einziehen. Die Gelder 97

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Pölitz, Die Regierung Friedrich Augusts, Bd. 2, S. 22; Gretschel/Bülau, Geschichte des Sächsischen Volkes, Bd. 3, S. 370; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 13. Ebd., S. 21-23. Senfft von Pilsach, Mémoires, S. 110 f. Das Gerücht war, wie Senfft einräumen muss, nicht unbegründet, denn Sachsen gewährte Polen tatsächlich Vorschüsse. Alle folgenden Angaben nach Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1.

wurden an die mittlerweile eingerichtete „Peräquationskasse“, eine Ausgleichskasse zum Ersatz von Kriegsschäden, abgeführt. Bereits im Mai 1808 wurden die Steuern noch einmal erhöht, und zwei Monate später musste Leipzig dem begüterten Teil seiner Bürger (Kapitalbesitzern, Kaufleuten, Grundeigentümern) eine Zwangsanleihe auferlegen, um endlich die Schulden tilgen zu können, die durch den Rückkauf der beschlagnahmten englischen Handelswaren entstanden waren. Im August 1808, unmittelbar vor Beginn größerer Truppenbewegungen durch Sachsen, ließ der König die Vergütung der Einquartierungskosten herabsetzen. Im folgenden Monat wurde ein zweites Dekret zu einem Beitrag für die „Peräquationskasse“ veröffentlicht. Trotz all dieser Maßnahmen stieg die Schuldenlast Sachsens weiter: 1807 lag die Summe aller Kapitalschulden des Königreichs bei fast 15 Millionen Talern, bis 1810 stieg sie auf 18,3 Millionen Taler an.101 Ein weiterer Grund für die rasche Verschlechterung der Stimmung war der Niedergang der sächsischen Wirtschaft durch Napoleons Schutzzollpolitik und die Kontinentalsperre. – Die Auswirkungen der Kontinentalsperre auf Sachsens Industrie und Handel sind in der Literatur oft positiv beschrieben worden. So hat z. B. Alfred Dietrich behauptet, die sächsische Wirtschaft habe sich in den Jahren zwischen 1806 und 1812 „außerordentlich günstig“ entwickelt; durch den Wegfall der englischen Konkurrenz sei Sachsen neben der Schweiz zum Hauptlieferanten von Baumwollwaren für das gesamte Festland geworden: „Die Jahre bis 1812 wurden die glücklichste Zeit für die junge sächsische Textilindustrie. Entsprechend gedieh auch der Handel. Wenn auch auf der Leipziger Messe die Engländer fehlten, so kamen doch in noch größerer Zahl Händler und Käufer aus Ost- und Südeuropa.“102 Laut Rudolf Forberger seien die sächsischen Gewerbebetriebe ohne Weiteres in der Lage gewesen, für die Absatzgebiete, die durch die Handelssperre verloren gingen, Ersatz auf dem bisherigen englischen Festlandsmarkt und den Märkten im Osten und Südosten Europas zu finden. Die Folge davon sei eine Ausdehnung der gewerblichen Produktion in Sachsen gewesen, von der alle Betriebsformen hätten profitieren können.103 101

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Däbritz, Die Staatsschulden Sachsens, S. 94 f. 1816 wurde eine Summe von mehr als 23 Mio. Talern erreicht. Preußen, das 1815 einen großen Teil der sächsischen Gebiete erhielt, übernahm etwa 6,2 Mio. Taler der Schuldenlast. Dennoch lag die Höhe der Schulden 1821 noch bei mehr als 17 Mio. Talern. Dietrich, Geschichte des Freistaates Sachsen, Bd. 2, S. 19. Forberger, Die Manufaktur in Sachsen, S. 301.

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In einer Studie von Charles Schmidt über das Großherzogtum Berg heißt es, Napoleons Schutzzollsystem habe diesen Staat ruiniert, während das übrige Deutschland – also auch Sachsen – der Kontinentalsperre fast völlig entgangen sei.104 Und Reinhard Köpping schreibt, Sachsen habe insgesamt gesehen zu den „durch die Kontinentalsperre geförderten Ländern“ gehört.105 – In den zeitgenössischen Quellen finden sich dagegen viele Klagen über den Niedergang von Sachsens Industrie und Handel.106 Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?

Die Auswirkungen der Kontinentalsperre Wenn man die Auswirkungen der Kontinentalsperre auf Sachsen untersuchen will, muss zwangsläufig die Textilindustrie im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, denn diese war der wichtigste Industriezweig Sachsens. Innerhalb der Textilindustrie hatte die Baumwollwarenerzeugung wiederum die größte Bedeutung. Das traditionelle Zentrum der sächsischen Baumwollindustrie war das Vogtland; dazu kamen im 18. Jahrhundert noch Chemnitz und im 19. Jahrhundert die Oberlausitz.107 Die Verhängung der Kontinentalsperre hatte für die sächsische Textilindustrie zunächst den Vorteil, dass englische Baumwollwaren nicht mehr in den von Napoleon beherrschten Teil Europas eingeführt werden durften. Dadurch stieg die Nachfrage nach sächsischen Erzeugnissen, wovon vor allem die sächsischen Garnspinnereien profitierten: Die sächsische Baumwollindustrie war nämlich bislang auf die Einfuhr englischer Garne angewiesen, und die Notwendigkeit, sie durch einheimische Garne zu ersetzen, führte zu einem regelrechten Wettkampf um die Errichtung von Maschinenspinnereien, der außerdem durch König Friedrich August I. mittels Staatsprämien gefördert wurde.108 Dies war zweifellos eine positive Folge der Kontinentalsperre. Allerdings zeigten sich sofort auch negative Auswirkungen: Erstens fiel England als Abnehmer von sächsischen Textilprodukten weg, worunter 104 105 106

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Schmidt, Das Großherzogtum Berg, S. 341. Köpping, Sachsen gegen Napoleon, S. 22. Selbst in der 1811 erschienenen Schrift „Ansichten der neuesten Französischen und Sächsischen Handelsverhältnisse“, die der Verherrlichung von Napoleons Kampf gegen England diente, kam der Autor nicht umhin zuzugeben, dass die Kontinentalsperre ungünstig für Sachsen sei (Reyer, Ansichten, S. 70 f.). Gutmann, Die Entwicklung der sächsischen Baumwollweberei, S. 11 f. u. 35. Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 153 f.; Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 93.

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besonders der Handel mit Leinwanderzeugnissen aus der Oberlausitz litt.109 Zweitens konnten die sächsischen Spinnereien trotz ihres zahlenmäßigen Aufschwungs und der Verbesserung der Garnqualität die englischen Garne bei weitem nicht ersetzen.110 Nur eine vogtländische Spinnerei war überhaupt in der Lage, Garne herzustellen, die an den englischen Qualitätsstandard heranreichten.111 Die sächsische Baumwollindustrie blieb somit auf die Einfuhr englischer Garne angewiesen, und der Schmuggelhandel mit diesen Erzeugnissen musste von der sächsischen Regierung praktisch geduldet werden. Bis zur Verschärfung der Kontinentalsperre in den Jahren 1810/11 wurden die Preise für englisches Garn auf den Leipziger Messen öffentlich notiert und die Garne zum Kauf angeboten, obwohl der Handel mit englischen Waren offiziell verboten war.112 Die sächsische Baumwollindustrie als wichtigster sächsischer Gewerbezweig musste also trotz der Kontinentalsperre weiterhin regelmäßig mit den unentbehrlichen englischen Garnen versorgt werden. Wenn dies – zumindest bis 1811 – gelang113, was sind dann die Ursachen für den in zeitgenössischen Quellen schon vor diesem Jahr immer wieder beklagten Niedergang der Textilindustrie? Drei Hauptgründe lassen sich anführen: erstens die Sperrung von Absatzmärkten. Ein wichtiger Handelspartner Sachsens war beispielsweise Italien. Sächsische Leinwandwaren, Tuche und Wollzeuge waren schon im 16. Jahrhundert dorthin ausgeführt worden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte der Export sächsischer Erzeugnisse nach Italien beständig zugenommen und zwischen 1790 und 1805 seinen Höhepunkt erreicht. In dieser Zeit wurden ca. 20 % aller sächsischen Exportwaren nach Italien ausgeführt. Nach der Verhängung der Kontinentalsperre hätte sich der Handel Sachsens nach Italien noch günstiger entwickeln können, weil mit der Ausschließung Englands einer der wichtigsten Konkurrenten wegfiel. Allerdings wurde zur selben Zeit sowohl im Königreich Italien als auch in den italienischen Gebieten, die Napoleon Frankreich anschloss, mit einer drastischen Schutzzollpolitik zugunsten Frankreichs 109 110 111 112

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König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 189. Otto, Die französische Verwaltung, S. 67 f. Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 97. Meerwein, Die Entwicklung der Chemnitzer bezw. Sächsischen Baumwollspinnerei, S. 22 f. Allerdings stiegen die Preise für englische Garne während der Kontinentalsperre im Vergleich zu „gewöhnlichen Zeiten“ um durchschnittlich 41-49 % an (König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 215). Das hat Albin König in seiner umfassenden Arbeit über die sächsische Baumwollindustrie festgestellt (König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 211-217).

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begonnen. Dadurch kam die Ausfuhr sächsischer Baumwollwaren, Wollzeuge und anderer Textiliensorten fast völlig zum Erliegen, und der Gesamtumfang des Exports von Sachsen nach Italien ging erheblich zurück.114 Auch für den Export nach Übersee brach eine schwere Zeit an. So waren z. B. in den für den Handel günstigen Jahren vor der Kontinentalsperre 50-70 % der gesamten Leinwandausfuhr aus der Oberlausitz nach Lateinamerika gegangen. Auch Woll- und Baumwollwaren, Spitzen, Bleche, Holzwaren und andere Güter waren dorthin verkauft worden. Der Anteil des Exports nach Lateinamerika hatte, gemessen an der gesamten Warenausfuhr Sachsens, bei etwa 20 % gelegen. Die Masse der Handelsgüter war über Spanien nach Südamerika gelangt. Der Ausbruch von Revolution und Krieg in Spanien brachte den sächsischen Handel nach Lateinamerika 1808 völlig zum Erliegen. Das hatte beträchtliche Verluste und den Zusammenbruch vieler Oberlausitzer Handelshäuser zur Folge.115 Auch in anderen Teilen Sachsens, z. B. im Vogtland, mussten einige bedeutende Geschäftsleute Konkurs anmelden.116 Lediglich diejenigen Händler, die sich traditionell auf den Vertrieb französischer und italienischer Waren konzentrierten, wie z. B. die Leipziger Handelshäuser Dufour und Rousset, zogen aus der Kontinentalsperre beständig großen Gewinn.117 * Der zweite Grund für den Niedergang der sächsischen Textilindustrie während der Kontinentalsperre war der ständige Kriegszustand, in dem sich Europa in der napoleonischen Zeit befand. Selbst solche Geschäftsleute, die noch einträgliche Absatzgebiete bedienen konnten, unterlagen den politischen und kriegerischen Ereignissen, und so blieb ein wirtschaftlicher Aufschwung meist nur von kurzer Dauer. Nicht nur am bereits erwähnten Handel nach Lateinamerika über Spanien wird deutlich, dass Kriege und Verluste von Absatzmärkten oft zusammenhingen; weitere 114 115

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Meinert, Handelsbeziehungen, S. 51-84. Ludwig, Der Handel, S. 26-45, 155-157 u. 208. Über den Niedergang der Oberlausitzer Leinwandmanufakturen während der Kontinentalsperre berichtet ausführlich Westernhagen, Leinwandmanufaktur, S. 69-89. Hauptgrund des Rückgangs war die Abschnürung des Exports nach Lateinamerika (ebd., S. 88 f.). Beispielsweise die Kaufleute Haußner und Morell in Plauen (Schrader, Zwischen Trikolore und Zarenadler, S. 30). Kroker, Handelsgeschichte, S. 216.

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Beispiele lassen sich anführen: 1807, als der russisch-englische Feldzug gegen die Pforte eröffnet wurde, ging der Orient als ein wichtiges Absatzgebiet für sächsische Textilerzeugnisse zeitweilig verloren. 1808 hatte der Krieg Russlands und der Türkei gegen England zur Folge, dass der Preis für Rohbaumwolle stieg, die aus der Levante geliefert wurde. Und als sich Anfang 1809 der Krieg Frankreichs gegen Österreich abzeichnete, hatte die absehbare Sperrung der Handelswege nach Südosten negative Auswirkungen auf den Handel mit Griechenland und der Türkei.118 Der Verlust von Absatzgebieten konnte dabei nicht, wie Rudolf Forberger behauptet hat, ohne Weiteres kompensiert werden. 1807 hofften die sächsischen Händler beispielsweise, die Geschäfte mit Polen würden die Absatzrückgänge ausgleichen, die sich durch die Sperrung Italiens und der Levante abzeichneten, aber diese Erwartungen erfüllten sich nicht. Auch 1809 rechneten die sächsischen Kaufleute, trotz des bevorstehenden Krieges mit Österreich, auf gute Geschäfte mit polnischen und russischen Händlern. Doch der Einfall österreichischer Truppen in das Herzogtum Warschau zerstörte diese Hoffnungen.119 Die Abhängigkeit des Handels von außenpolitischen Verhältnissen widerspiegelt sich sehr deutlich in den Berichten der Leipziger Kommerziendeputation über den Verlauf der dreimal im Jahr stattfindenden Leipziger Messen.120 Beispielsweise wurde Anfang 1807 nur ein Jahrmarkt anstelle einer Messe abgehalten, und zwar aufgrund der Kriegsereignisse, der Beschlagnahmung der englischen Waren und der damit verbundenen Stockung in Handel und Gewerbe. Die Ostermesse von 1807 wurde in dem Bericht der Leipziger Kommerziendeputation sogar als „traurigste und ödeste“ Ostermesse bezeichnet, deren man sich überhaupt erinnern könne. Die Herbstmesse desselben Jahres wurde dagegen von zahlreichen ausländischen Händlern besucht, denn mittlerweile war der Frieden von Tilsit abgeschlossen worden. Die Messen in der ersten Hälfte des Jahres 1808 fielen wieder nur mäßig aus, weil es an englischem Garn mangelte und die einheimischen Spinnereien wie erwähnt nicht imstande waren, den Bedarf zu decken. Zudem waren die Herstellungskosten für sächsische Baumwollerzeugnisse so hoch, dass viele ausländische Händler von den Preisen abgeschreckt wurden. Noch schlechter verlief die Herbstmesse 1808, und zwar vor allem deshalb, weil Österreich aufrüstete und ein baldiger Kriegsausbruch bevorzustehen schien. Die Neujahrsmesse von 1809 fiel 118 119 120

Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 149, 152 u. 156. Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 103 f. Vgl. für das Folgende: Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, S. 409-415.

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dagegen unerwartet gut aus, denn die Kriegsgefahr war durch das österreichische Einlenken scheinbar gebannt. Doch die Ernüchterung folgte im Frühjahr 1809 mit dem Ausbruch des Krieges zwischen Österreich und Frankreich. * Der dritte Grund für den Rückgang der sächsischen Textilerzeugung lag in der ausländischen Konkurrenz. Die Kontinentalsperre hatte keineswegs zur Folge, dass die sächsischen Textilhändler nun ohne Weiteres die Märkte übernehmen konnten, die vorher von England bedient worden waren. Denn Napoleon ging es vor allem darum, die französische Wirtschaft zu stärken. Dabei wurde keine Rücksicht auf die Interessen verbündeter Staaten genommen.121 Die Abschottung Frankreichs und Italiens durch Napoleons protektionistische Handelspolitik zwang insbesondere Schweizer Baumwollwarenhändler, die bisher vornehmlich diese Länder beliefert hatten, zur Suche nach anderen Märkten. Infolgedessen traten sie in zunehmendem Maße als Konkurrenten der sächsischen Geschäftsleute auf den Leipziger Messen in Erscheinung. Beim Handel mit Musselinen konnten die sächsischen Kaufleute der Schweizer Konkurrenz bald nicht mehr standhalten. Da die Arbeitslöhne in der Schweiz z. T. nur halb so hoch waren wie in Sachsen, konnten die Schweizer es sich leisten, ihre Musseline auf den Messen zu Preisen anzubieten, mit denen die sächsischen Händler schlichtweg nicht mithalten konnten.122 Der Niedergang dieses Zweigs der Textilindustrie traf Sachsen hart, denn Musseline zählten zu den wichtigsten sächsischen Erzeugnissen.123 *

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Um nur ein Beispiel zu nennen: Im Juni 1808 wurde zwischen Frankreich und dem Königreich Italien ein Handelsvertrag geschlossen, der den französischen Waren Vorzugszölle bei der Einfuhr gewährte; danach musste für französische Waren nur noch die Hälfte der sonst üblichen Sätze gezahlt werden. Alle Einfuhren, die nicht aus Frankreich kamen, waren somit von vornherein im Nachteil (Meinert, Handelsbeziehungen, S. 298). Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 156 u. 161; König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 267 u. 286; Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 110. Im Vogtland, dem traditionellen Zentrum der sächsischen Baumwollindustrie, war Musselin das Haupterzeugnis (Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 216).

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Diese drei Ursachen – der Verlust von Absatzmärkten, die ständigen Kriege und die ausländische Konkurrenz – hatten zur Folge, dass die sächsische Textilindustrie während der Kontinentalsperre insgesamt gesehen einen Niedergang erlebte. Die einzige Blütephase, von der vorrangig die Baumwollindustrie profitieren konnte, trat ab 1809 ein.124 Diese Blütephase lässt sich hauptsächlich durch zwei Faktoren erklären. Erstens gelangten über die Ostseehäfen wieder große Mengen englischen Garns und amerikanischer Baumwolle nach Sachsen, wodurch sich die Herstellung verbilligte und die sächsischen Erzeugnisse wieder konkurrenzfähiger wurden.125 Zweitens hatte das Ende des Krieges zwischen Österreich und Frankreich zur Folge, dass die Handelswege nach Osten und Südosten wieder offen standen. Besonders der Absatz nach Griechenland und in den Orient erlebte einen derartigen Aufschwung, dass nicht genügend Waren hergestellt werden konnten, um die Nachfrage zu decken. Diese Blütephase dauerte jedoch nur kurz: Bereits 1811 wurde die sächsische Textilindustrie von der Verschärfung der Kontinentalsperre hart getroffen, und der Ausbruch des Krieges zwischen Russland und der Türkei Anfang 1811 hatte erneut den Zusammenbruch des Levantehandels zur Folge. Im selben Jahr traten die Schweizer Händler auf den Messen als erdrückende Konkurrenz in Erscheinung. Der Niedergang hielt bis zum Ende der napoleonischen Zeit in Sachsen an. Nunmehr waren sogar die Garnspinnereien betroffen, die seit 1806 einen stetigen Aufschwung genommen hatten. In einer 1811 anonym erschienenen Schrift wurde deshalb sogar der Vorschlag gemacht, die Zahl der Fabriken zu vermindern.126 Als Begründung gab der Verfasser einen kurzen Überblick über die herrschende Krise des sächsischen Handels: Den sächsischen Tuchen sei u. a. der Eingang nach Russland, Frankreich und Italien versperrt. Leinenwaren dürften zwar z. T. noch nach Italien eingeführt werden, doch sei die Warensteuer so hoch wie der Preis der Erzeugnisse selbst. Dieselbe Erfahrung hätten auch die Geschäftsleute gemacht, die mit Baumwollwaren und Spitzen handeln würden. Der Krieg, die Unterbrechung der Handelsrouten und die Kontinentalsperre hätten den sächsischen Leinen- und Wollwaren den Weg nach Spanien, Portugal, England und Amerika verschlossen. Sollte das neue Handelssystem noch lange 124 125

126

Vgl. für das Folgende: Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 158-165 u. Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 106-112. Hintergrund war die Aufhebung des seit 1807 bestehenden Handelsverbots der USA mit dem europäischen Festland (Drottboom, Wirtschaftsgeographische Betrachtungen, S. 16 u. 22). Ansicht einiger Hauptzweige der Industrie und des Handels von Sachsen, S. 68.

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fortdauern und Napoleon den sächsischen Händlern nicht bald die gleichen Rechte einräumen wie seinen Untertanen, würde es den Färbereien und Baumwollmanufakturen in Kürze an den nötigen Materialien fehlen. Dieser Mangel würde die Preise so sehr erhöhen, dass nur noch wenige Waren abgesetzt werden könnten.127 – Mit den mangelnden Materialien waren vor allem die englischen Garne gemeint, deren Fehlen seit der Verschärfung der Kontinentalsperre 1810/11 spürbar wurde. * Zweifellos gab es auch Industriezweige, die nicht unter der Kontinentalsperre litten oder sogar von ihr profitierten. An erster Stelle muss hier noch einmal die Baumwollspinnerei genannt werden. Georg Meerwein ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kontinentalsperre die Entwicklung der Baumwollspinnerei Sachsens, namentlich im Erzgebirgischen Kreis mit Chemnitz als Zentrum, intensiv vorangetrieben und ihr Aufblühen vielerorts überhaupt erst ermöglicht habe. In den wenigen Jahren der Kontinentalsperre sei ein Grundstock für die Zukunft gelegt worden, der sich fest genug zeigen sollte, den schwierigsten Existenzkämpfen standzuhalten.128 Diese Entwicklung lässt sich an einigen Zahlen verdeutlichen: Im Herbst 1806 hatte Chemnitz 11.467 Einwohner; davon waren nur 37 Spinnereiarbeiter. Sechs Jahre später hatte sich die Einwohnerzahl auf 13.742 erhöht; die Zahl der Spinnereiarbeiter in der Stadt war auf 1.519 gestiegen. Im gesamten Erzgebirgischen Kreis gab es im Herbst 1806 nur 272 Spinnereiarbeiter; sechs Jahre später hatte sich ihre Zahl auf 3.162 erhöht.129 Die sächsische Kattunindustrie, die in Chemnitz ihren Hauptsitz hatte, nahm durch die Kontinentalsperre ebenfalls einen Aufschwung.130 Allerdings begannen sich die Textilhersteller auch in anderen Gebieten Sachsens verstärkt auf Kattune zu konzentrieren, um wirtschaftlich überleben zu können. Die Oberlausitz war z. B. besonders hart vom Zusammen127

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Ebd., S. 68 f. Weiter heißt es: „Der Geldmangel, welcher auf dem ganzen Kontinente täglich mehr um sich greift, die Zerstörung des Handels-Standes, und der hierdurch veranlasste allgemeine Misskredit, kann keine andere als die traurigste Folge für unsere Fabriken haben.“ Meerwein, Die Entwicklung der Chemnitzer bezw. Sächsischen Baumwollspinnerei, S. 23, 33 u. 36; vgl. auch Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 93 u. 99. Meerwein, Die Entwicklung der Chemnitzer bezw. Sächsischen Baumwollspinnerei, S. 33 f. Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 194-196; König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 277-284.

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bruch der Leinenweberei betroffen, während das Vogtland vor allem die Folgen des Rückgangs der Herstellung von Musselinen zu spüren bekam. Durch die Fabrikation von Kattunen konnten die arbeitslos gewordenen Weber mitunter Ersatz für ihre bisherigen Erwerbszweige finden.131 Allerdings sollte diese Entwicklung nicht überschätzt werden, denn namentlich im Vogtland blieb der Umfang der Kattunherstellung von geringer Bedeutung.132 Baumwollspinnerei, Kattunweberei und Kattundruck waren außerdem die einzigen Zweige der sächsischen Textilindustrie, die von Napoleons Handelspolitik nachhaltig profitieren konnten.133 Für alle anderen Bereiche bedeutete die Zeit der Kontinentalsperre insgesamt gesehen einen Niedergang. Was der Verfall großer Teile der sächsischen Textilindustrie während der Kontinentalsperre für die Bevölkerung konkret bedeutete, kann am Beispiel der Oberlausitzer Ortschaft Großschönau verdeutlicht werden.134 Dort wurde traditionell Leinendamast hergestellt. Obwohl Großschönau rechtlich gesehen nur ein Dorf war, zählte der Ort mehrere Tausend Einwohner.135 In den Jahren 1801-1805 erlebte die Damastmanufaktur eine Blütephase; der Absatz war so gut, dass nicht einmal genügend Waren geliefert werden konnten, um die Nachfrage zu befriedigen. Dadurch kam so viel Geld in Umlauf, dass die Großschönauer selbst eine allgemeine große Teuerung im Jahre 1805 weitaus weniger drückend empfanden als die Bewohner anderer Gegenden. Die Zeit der Kontinentalsperre brachte jedoch einen völligen Umsturz dieser Verhältnisse: Durch den Zusammenbruch des Handelsverkehrs, insbesondere des Überseehandels im Jahre 1808, wurden viele Großschönauer Damastweber arbeitslos. Im August 1809 standen bereits 340 Webstühle still, bis 1811 stieg die Zahl auf 620 an. Von 251 Meistern konnten nur noch 16 ihre Gesellen notdürftig beschäftigen und gerade einmal 120 Webstühle in Betrieb halten. Um den arbeitslosen Einwohnern Unterstützung zu gewähren, griff der Zittauer Rat zu einem Mittel, das man heutzutage als „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ bezeichnen würde: Er schenkte der Gemeinde Groß131 132 133 134 135

Ebd., S. 283. Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 112. König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 267. Vgl. für das Folgende: Richter, Geschichtlich-statistische Darstellung, S. 312-314 u. 440. Für die napoleonische Zeit liegen leider keine Einwohnerzahlen vor. Allerdings wohnten in dem Ort (einschließlich Neuschönau) bereits im Jahre 1699 1.772 Einwohner; 1834 war ihre Zahl auf 5.022 gestiegen, und das, obwohl während der napoleonischen Zeit Teile der arbeitsfähigen Bevölkerung abgewandert waren (ebd., S. 94).

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schönau 400 Taler mit der Auflage, dafür Arbeiter zur Ausbesserung einer Straße einzusetzen. Weitere 200 Taler wurden als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt. Jeder Arbeiter bekam täglich 5 Groschen Lohn, durfte aber nur eine Woche arbeiten, damit alle Bedürftigen die Möglichkeit des Lohnerwerbs erhielten. Außerdem schenkte die Zittauer Kaufmannschaft den Damastwebergesellen im Herbst 1809 die Summe von 200 Talern. Diese Maßnahmen genügten aber bei weitem nicht, die um sich greifende Not zu lindern. Deshalb suchten viele Großschönauer in Böhmen und Schlesien Arbeit. Andere gingen 1811/12 nach Torgau, um beim Festungsbau zu helfen. 1812 wurde eine neue „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ durchgeführt: Auf Bitten von Großschönauer Webern hin ließ der Zittauer Rat eine Spinnanstalt errichten und den nötigen Flachs zur Verfügung stellen. Für das fertige Garn wurden die Spinner vom Zittauer Rat entlohnt. Die Spinnanstalt diente ausschließlich dem Zweck, die arbeitslosen Weber nützlich zu beschäftigen und ihnen einen Verdienst zu ermöglichen; der Verkauf des Garns deckte nämlich nicht einmal die zur Unterhaltung der Anstalt aufgewendeten Kosten. Erwähnenswert ist, dass die Baumwollweberei in der Oberlausitz wohl auch ohne die Kontinentalsperre und die Folgen von Napoleons expansiver Politik die Leinenweberei abgelöst hätte. Am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts fielen nämlich die Preise für Rohbaumwolle erheblich. Dadurch wurde die Herstellung von Baumwollwaren einträglicher als die von Leinenwaren. Die Kontinentalsperre und der Zusammenbruch des Überseehandels beschleunigten diesen Prozess aber noch: Durch den Wegfall der Absatzgebiete für Leinenerzeugnisse stellten sich viele Oberlausitzer Textilhersteller nun zwangsläufig auf Baumwollwaren um.136 Allerdings wurde diese auf längere Sicht förderliche Entwicklung von den Zeitgenossen nicht wahrgenommen und noch weniger als positiv empfunden, zumal auch die Baumwollindustrie mit Ausnahme von Kattunweberei und -druck unter der Kontinentalsperre keinen Aufschwung erlebte.137 136 137

Gutmann, Die Entwicklung der sächsischen Baumwollweberei, S. 33 f.; Richter, Geschichtlich-statistische Darstellung, S. 317. In der bereits weiter oben angesprochenen anonymen Schrift von 1811 heißt es über die Lage der Baumwollhersteller: „Für den Augenblick ist wohl wenig oder nichts für unsere Baumwollenfabrikanten zu tun. Es kann uns daher nur die Hoffnung beleben, dass Napoleon sich vielleicht bald dieser großen Klasse nützlicher Staatsbürger mitleidsvoll annehmen werde, um den ihnen drohenden Untergang abzuwenden; und dass es seinem unerschöpflichen Genie gelingen werde, an die Stelle der jetzt gewählten Mittel andere gegen Englands Handel aufzufinden, die denselben

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Langfristig gesehen hatte die Kontinentalsperre auch die positive Folge, dass durch den Aufschwung der Maschinenspinnereien eine völlige Umwälzung der bisherigen Industrieverhältnisse eingeleitet wurde: nämlich von der Manufaktur- und Hausindustrie zur Fabrikindustrie der modernen Zeit.138 Auch diese Entwicklung konnte von den Zeitgenossen indes nicht erkannt werden. Die Wahrnehmung der Bevölkerung wurde beherrscht vom Niedergang der sächsischen Industrie und des Handels und von der wirtschaftlichen Not – und diese Wahrnehmung war letztendlich ausschlaggebend für die Stimmung. * Der Groll vieler Sachsen über den wirtschaftlichen Niedergang und die großen steuerlichen Belastungen richtete sich nicht nur gegen die Franzosen, sondern auch gegen diejenigen Teile der eigenen Bevölkerung, unter denen aufgrund der Kriegslasten verstärkt Egoismus und sogar Gewinnsucht um sich griffen. Einige Bittsteller, die sich an die königlichen Behörden wandten, um Linderung oder Ausgleich erlittener Kriegsschäden zu erlangen, übertrieben z. B. die ihnen entstandenen Schäden, um entsprechend höhere Vergütung zu erhalten. So hatte beispielsweise ein Rittergutspächter aus Liebschwitz (südlich von Gera) im November 1806 angegeben, durch die einmarschierenden Franzosen sei ihm ein Schaden von mehr als 1.300 Talern zugefügt worden. Eine genaue Überprüfung durch die Leipziger Kreisdeputation, die erst im September 1807 abgeschlossen wurde, wies ihm jedoch falsche Behauptungen und Übertreibungen nach.139 In einigen Städten, namentlich in Leipzig, kam es auch zu Betrügereien mit „Quartierbillets“. Diese bescheinigten ihrem Besitzer, dass er Soldaten in seinem Haus beherbergte und entsprechenden Anspruch auf Vergütung hatte. Im August und im November 1807 musste der Leipziger Rat Bekanntmachungen erlassen, in denen der Kauf von „Quartierbillets“ nachdrücklich verboten und Betrügern neben einer strengen Bestrafung auch künftig doppelte oder dreifache Einquartierung angedroht wurde.140 Der illegale Erwerb und Gebrauch dieser Bescheinigungen hatte nicht nur die

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Zweck herbeiführen, ohne doch, wie jene, so vielen Tausenden nützlicher Bürger zu schaden.“ (Ansicht einiger Hauptzweige der Industrie und des Handels von Sachsen, S. 107). Bein, Die Industrie, Bd. 2, S. 154; Rätzer, Die Baumwollwarenmanufaktur, S. 93. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 134-138; vgl. ferner S. 37 u. 88 f. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 157 f. u. 170 f.

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Verschonung von Belegung und unrechtmäßige Vergütung zur Folge, sondern auch entsprechend größere Einquartierungslasten für die ehrlichen Quartierwirte. Denn beim Auftreten großer Truppenmengen standen die scheinbar schon belegten Quartiere nicht zur Verfügung, und die Soldaten mussten in umso größerer Zahl auf die anderen Häuser verteilt werden. Die meisten Klagen über eigene Landsleute richteten sich allerdings gegen diejenigen, die trotz der großen Kriegslasten nicht bereit waren, auf ihre althergebrachten Privilegien zu verzichten. So bestand z. B. die Leipziger Universität selbst in den Phasen besonders großer Einquartierungslast in der Stadt auf ihrem Recht, von jeglicher Unterbringung von Militär in ihren Gebäuden verschont zu bleiben.141 Ebenso weigerten sich viele der traditionell von Steuern befreiten adligen Rittergutsbesitzer, namentlich im Leipziger Kreis, freiwillig einen Teil der Kriegslasten mitzutragen. Das führte rasch zu einer „widrigen Stimmung unter allen steuerbaren Untertanen“, wie es in einem Bericht an die Leipziger Kreisdeputation vom August 1807 heißt.142 * Die Euphorie des Sommers 1807 und die Hoffnung auf einen dauerhaften europäischen Frieden und das Ende der Kriegslasten waren also sehr schnell vergangen. Und die oben angesprochenen Klagen über Betrüger und Egoisten unter der eigenen Bevölkerung sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Hauptschuld an der Krise des Landes den Franzosen zugeschrieben wurde. Der Niedergang des Handels, die Truppendurchmärsche samt Einquartierungs- und Transportlasten, die Entsendung sächsischer Soldaten zu Kriegshandlungen in fremde Länder, all das waren Folgen der napoleonischen Politik. Außerdem rief das Verhalten der fremden Soldaten in Sachsen immer wieder Groll hervor. Am 27. August 1807 musste der französische Gesandte am Dresdner Hof einen Aufruf erlassen, durch den alle französischen Soldaten, die Sachsen durchquerten, aufgefordert wurden, sich nach der vom Landesherrn festgesetzten Ordnung zu richten. In der Bekanntmachung hieß es weiter, die Militärs sollten sich daran erinnern, dass Sachsen nicht nur mit Frankreich verbündet sei, sondern sein König vom

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Ritzow, Einquartierung [Ms.], S. 15-22. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 133; vgl. dazu S. 8 f., 25-31, 81, 90 u. 131 f.

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französischen Kaiser auch persönlich geschätzt werde.143 Drei Wochen später musste der französische Kommandant von Ober- und Niederschlesien, Marschall Edouard Mortier, einen ähnlichen Befehl erlassen. Darin heißt es, dass Klagen über schlechtes Verhalten von verwundeten oder kranken Soldaten, die von Schlesien aus über sächsisches Gebiet transportiert worden waren, eingegangen seien: „Wenn daher in Zukunft dergleichen Militärpersonen, durch gegen sächs. Soldaten oder Bürger verübte Misshandlungen oder durch andere Exzesse, wie bereits verschiedentlich angezeigt worden, zu neuen Klagen Anlass geben, so werden selbige arretiert und zu ihrer Bestrafung nach Maßgabe der von ihnen begangenen Verbrechen nach Breslau abgeführt werden.“144 Dass es trotz solcher Befehle und der Bemühungen vieler Offiziere um gute Disziplin zu zahlreichen Ausschreitungen kam, darüber wurde bereits weiter oben berichtet (Kapitel 1.1.). Um der Bevölkerung zumindest guten Willen zu zeigen, wurde die Bestrafung von Soldaten, die sich Verbrechen schuldig gemacht hatten, z. T. öffentlich verkündet oder sogar vor den Augen der Bevölkerung vorgenommen. Im Dezember 1807 wurden z. B. zwei Soldaten eines italienischen Infanterieregiments durch den Divisionsgeneral Dominique Pino zum Tode verurteilt, weil sie in Trebitz bei Wittenberg zwei Bauern getötet hatten. Das Protokoll über das Verfahren wurde in französischer und deutscher Sprache an die Stadttore Leipzigs, wo sich die Division mittlerweile aufhielt, angeschlagen, und die beiden Soldaten wurden öffentlich hingerichtet.145 Bei der Menge von Soldaten, die Sachsen in der napoleonischen Zeit durchquerten, konnten Übergriffe nicht ausbleiben. Die Bevölkerung war aber immer weniger gewillt, schlechtes Verhalten hinzunehmen und griff gelegentlich zur Selbsthilfe. Bereits im Herbst 1806 hatten plündernde Soldaten den Zorn mancher Einwohner zu spüren bekommen. Mit zunehmender Kriegsdauer und den nicht enden wollenden Kriegslasten reagierte die Bevölkerung aber auch auf geringere Provokationen gereizt. Beispielsweise kam es im Oktober 1808 in Torgau zwischen französischen Jägern (Chasseurs) und einigen Einwohnern zu einem Handgemenge, das offenbar durch dreistes Verhalten der Soldaten provoziert worden war. Die Einwohner, denen einige sächsische Soldaten beistanden, verletzten einen französischen Offizier und vier weitere Jäger schwer. Der französische Marschall Louis Nicolas Davout verlangte zwar eine Untersuchung

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 161. Ebd., S. 164. Ebd., S. 173 f.

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dieses Zwischenfalls; der damit beauftragte sächsische Offizier konnte ihn aber von der Schuld der französischen Jäger überzeugen.146 Über einen ähnlichen Vorfall, der sich anscheinend Ende 1808 in Leipzig ereignete, hat Karl Friedrich Burdach in seinen Erinnerungen berichtet: Ein französischer Oberst, der mit einem Schlitten durch die Stadt fuhr, schlug einen Auflader mit seiner Peitsche, weil dieser nicht schnell genug den Weg frei machte. Der Auflader und sein Gehilfe verprügelten daraufhin den Oberst. Der Vorfall, schrieb Burdach, sei ungeahndet geblieben, weil die Franzosen sich gescheut hätten, das Volk aufzubringen.147 Die in einer jüngeren Arbeit geäußerte Überzeugung, die sächsischen Adligen, die führenden Kaufleute und das Leipziger Bürgertum seien nach 1807 von Frankophilie erfüllt gewesen, und erst nach Napoleons Niederlage in Russland sei in Leipzig ein deutlicher Stimmungsumschwung zu bemerken gewesen148, erscheint angesichts der Enttäuschung über den Fortgang des Krieges, die anhaltenden Kriegslasten und den Niedergang von Handel und Gewerbe nicht glaubwürdig. Dass gerade die Leipziger Bürger franzosenfreundlich gewesen sein sollen, ist umso unwahrscheinlicher, als sie doch besonders stark belastet wurden. Beispielsweise mussten die Leipziger Kaufleute als Beitrag zur „Peräquationskasse“ die doppelte bis dreifache Summe abführen wie Kaufleute mit gleichem Einkommen aus anderen Städten.149 In einem Bericht des Leipziger Rates aus dem Jahre 1808 heißt es, die Gelder zur Vergütung des Kriegsaufwandes würden bei weitem nicht ausreichen; die Klagen der Einwohner über die fortwährenden Kriegslasten, die Verspätung der zugesicherten Entschädigung und die zugleich verlangten außerordentlichen Geldabgaben seien deshalb vollauf gerechtfertigt. Das Beispiel der benachbarten Kreise, wo die Einquartierungskosten pünktlich bezahlt würden, mache den Leipzigern die bedrückende eigene Lage besonders fühlbar, und der Leipziger Rat glaube, nur die Zuteilung einer hinreichenden Unterstützung würde zur Besserung der Stimmung unter den Einwohnern führen.150 Zweifellos gab es in Leipzig wie in ganz Sachsen auch nach 1807 noch zahlreiche frankophile Bürger. Diejenigen Kaufleute, deren Geschäfte von 146 147 148 149 150

Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 10; Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 70 f. Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 195. So Schulz, Heinrich Gottlieb Tzschirner, S. 193 f.; ähnlich auch Groß, Von Moskau nach Leipzig, S. 20. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 35. Ebd., S. 38.

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den zeitweiligen Blütephasen der Textilindustrie profitierten, werden sicherlich dazugehört haben. Einige Personen, die während der napoleonischen Zeit zu den Anhängern der Franzosen zählten, werden in zeitgenössischen Quellen und Erinnerungen erwähnt oder haben sich in ihren Memoiren selbst dazu bekannt. In Leipzig zählten dazu einige Ärzte, Gelehrte, Kaufleute und Schauspieler. Interessanterweise soll auch der Buchhändler Traugott Friedrich Gottlieb Märker zu den Franzosenfreunden gezählt haben – trotz des Niedergangs des Buchhandels.151 Der Wittenberger Theologe Karl Immanuel Nitzsch schrieb in einem Erinnerungsblatt für seinen Bruder, nur einige wenige hätten nach 1807 für den Rheinbund und die neue Weltmonarchie geschwärmt. Sie seien jedoch durch die „häuslichen und staatlichen Drangsale“ schnell von dieser „Krankheit“ geheilt worden.152 Diese Bemerkung ist übertrieben, denn selbst 1813 fanden sich in Sachsen noch Anhänger des französischen Kaisers.153 Der Napoleonkult des Sommers 1807 war jedoch angesichts der anhaltenden Kriegslasten rasch vergessen. Ganz deutlich zeigte sich der Stimmungswandel im Frühjahr 1809, als sich Österreich gegen Napoleon erhob. Darauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.

2.4. Der Krieg gegen Österreich Österreich begann den Krieg gegen Napoleon und dessen Verbündete im Frühjahr 1809 neben den militärischen Operationen auch mit einer massiven Propagandakampagne. Die zahlreichen Flugschriften sollten nicht nur dazu dienen, die eigenen Untertanen zu mobilisieren, sondern auch Anhänger in den anderen deutschen Staaten zu gewinnen. Bewusst wurde immer wieder herausgestellt, dass der Kampf nicht allein für österreichische Interessen, sondern zur Befreiung Deutschlands und ganz Europas geführt werde. In einem weit verbreiteten Aufruf des Erzherzogs Karl „An die deutsche Nation“, der von Friedrich Schlegel verfasst worden war, hieß es, die österreichischen Heere würden die Grenze nicht als Eroberer überschreiten, sondern um für Deutschlands „Unabhängigkeit und National151

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Der Niedergang des sächsischen Buchhandels kommt sehr deutlich in den Briefen des Leipziger Buchhändlers Georg Joachim Göschen an seinen Dresdner Freund Karl August Böttiger zum Ausdruck (Gerhardt, Karl August Böttiger, S. 189-278); vgl. dazu Goschen, Das Leben Georg Joachim Göschens, S. 282. Die Namen einiger Leipziger Anhänger Napoleons finden sich beispielsweise in: Füßler, Leipzig 1813, S. 63. Beyschlag, Karl Immanuel Nitzsch, S. 35. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 119 f. u. 126.

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ehre“ zu kämpfen. „Unsere Sache ist die Sache Deutschlands“, hieß es weiter, und „Wirkt mit zu Eurer Rettung!“154 In Österreich wurden derartige Aufrufe durch die Seelsorger, durch Amts- und Gemeindevorsteher und Landwehroffiziere verbreitet. In den zeitweilig von österreichischen Truppen eingenommenen „feindlichen“ Städten und Dörfern wurden sie an die Mauern angeschlagen oder als Flugblätter verteilt, und die Behörden mussten mitunter bei der Verbreitung helfen.155 Auch in Sachsen, das zunächst von Kriegshandlungen verschont blieb, fanden solche Schriften offenbar Verbreitung. Karl Friedrich Burdach schrieb in seinen Erinnerungen, er habe die Proklamationen des Erzherzogs Karl im Frühjahr 1809 begeistert gelesen.156 Antifranzösisch gesinnte Sachsen, die diese Schriften in Umlauf gebracht haben könnten, gab es zweifellos. Die Stimmung war in Teilen der Bevölkerung mittlerweile deutlich gegen die bestehenden Verhältnisse gerichtet, und einige prominente Bürger machten gar kein Hehl aus ihrer Haltung. Der thüringische Offizier Otto August Rühle von Lilienstern schrieb Ende Februar 1809 aus Dresden an seine Schwester, er habe die beiden Maler Gerhard von Kügelgen und Caspar David Friedrich getroffen und in ihnen „Achtung einflößende deutsch gesinnte Männer“ gefunden.157 Kügelgens Sohn Wilhelm bezeichnete den Krieg von 1809 in seinen Erinnerungen als den wohl populärsten, den Österreich jemals geführt habe. Auch in Sachsen habe man sich über die Erfolge des „Feindes“ gefreut und der „gerechten Sache“, für die die Österreicher kämpften, die wärmste Teilnahme entgegengebracht.158 Dass solche Aussagen durchaus ernst zu nehmen sind, wird durch andere Quellen bestätigt. Der Hamburger Verleger Friedrich Perthes schrieb im April 1809 aus Leipzig an seine Frau: „Lieb ist mir, […] dass ich hierher gekommen bin. Es ist kaum zu glauben, wie einstimmig die Menschen sind; so eins wie jetzt war Deutschland nie.“159 Anfang Mai 1809 beklagte sich der französische Botschaftssekretär Pierre Edouard Lefebvre bei dem Königlichen Generaladjutanten, Oberst Thielmann, über die Stimmung der Einwohner Zittaus. Lefebvre erhielt aus der Stadt Berichte von einem Kundschafter, der behauptete, die 154 155 156 157 158 159

Hammer, Oesterreichs Propaganda, S. 38-40 u. 83 f. Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 259 f. Hammer, Oesterreichs Propaganda, S. 41 u. 83. Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 196. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 1, S. 42. Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 65. Zitat nach Perthes, Friedrich Perthes Leben, S. 200.

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Haltung der Bürger sei so franzosenfeindlich, dass er seines Lebens kaum noch sicher sei. Falsche, für die französische Seite nachteilige Gerüchte würden öffentlich verbreitet, und ein Kaufmann namens Meusel habe sich besonders sträflich geäußert. Eine später vorgenommene Untersuchung durch die Oberamtsregierung in Bautzen konnte oder wollte den Zittauern allerdings kein strafbares Benehmen nachweisen. Thielmann nahm die Berichte indes ernst, schrieb dem Kaufmann einen Brief, in dem er ihn verwarnte, und erklärte in einem Bericht, dass sich auch in Dresden angesehene Personen höchst unbesonnene Äußerungen erlaubten.160 Die Leipziger Universität ermahnte ihre Studenten am 22. Mai 1809 zur Ruhe und „Enthaltung von allen unbefugten Urteilen“. Eine Woche später untersagte der Leipziger Stadtrat alle politischen Gespräche, was jedoch offenbar wenig Erfolg hatte: Bereits am 8. Juni musste das Verbot erneut veröffentlicht werden. In dem Aufruf heißt es, dem ruhigen Bürger stehe nicht zu, gegen die Maßregeln der Regierung Partei zu nehmen.161 Der sächsische König hatte sich Ende April in einer Proklamation demonstrativ hinter Napoleon gestellt und Österreichs „ungerechten Überfall“ mit scharfen Worten verurteilt.162 Diese Äußerungen entsprachen Friedrich Augusts tatsächlicher Gesinnung; schon Anfang 1809 hatte er vor seinem Schwager, dem Prinzen Anton, Napoleons Haltung gegenüber Österreich verteidigt und geäußert, der österreichische Kaiser sei schlecht beraten, denn Napoleon wolle nur das allgemeine Wohl Europas.163 Nicht alle Angehörigen der Königsfamilie teilten diese Überzeugung, was leicht verständlich ist, denn schließlich waren die Wettiner mit den Habsburgern verschwägert.164 Die damals 15-jährige Prinzessin Amalie schrieb am 25. April 1809 in ihr Tagebuch: „Nachricht eines Sieges der Franzosen über die Österreicher. Meine Verzweiflung!“165 Die offiziellen Treuebekundungen zu Napoleon konnten bei der Masse der Bevölkerung allenfalls Unmut erwecken. Als Ende April die ersten Nachrichten über Erfolge der Franzosen in Leipzig eintrafen, riefen sie Bestürzung hervor.166 Friedrich August I. hielt sich zu dieser Zeit in der Messestadt auf. Während einer Illumination, die zu Ehren der französi160 161 162 163 164 165 166

Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 20-22 u. 183. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 257, 264 u. 270 f. Die Proklamation ist wiedergegeben ebd., S. 249 f. Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 33, S. 571. Die Gemahlin des Prinzen Anton war die Schwester des österreichischen Kaisers Franz I. Zitat nach Waldmüller, Aus den Memoiren, S. 49. Perthes, Friedrich Perthes Leben, S. 200.

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schen Siege angeordnet worden war, wurde angeblich sogar eine Fensterscheibe in der Wohnung des Königs eingeworfen.167 Die Dresdner Behörden hatten nach der Abreise Friedrich Augusts I. aus der Residenz Mühe, Ruhe und Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten. Manche Dresdner konnten ihre Freude über den Kriegsausbruch und über die vermeintlich unmittelbar bevorstehende Ankunft der Österreicher kaum verbergen.168 Einige Einwohner stahlen Baumaterial, das zur Befestigung der Stadt verwendet werden sollte, rissen die Palisaden ein und verzögerten den Abtransport von Geschützen.169 Die Bemerkung Wilhelm von Kügelgens, in Dresden seien die Österreicher mit „ungeheuchelter Feindesliebe“ empfangen worden, und ganz besonders populär sei der Herzog von Braunschweig gewesen170, ist jedoch zumindest teilweise ein Produkt nachträglicher Verklärung. Den Herzog und seine Husaren umleuchtete nämlich in Sachsen nicht „ganz vorzugsweise der Nimbus patriotischer Opferfreudigkeit“, wie Kügelgen behauptet hat, sondern viele Sachsen hatten Angst vor den „Braunschweigern“. Der preußische Leutnant Friedrich Ludwig von Wachholtz, der sich 1809 dem Freikorps des Herzogs angeschlossen hatte, schrieb in seinen Erinnerungen, den „Braunschweigern“ sei in Sachsen der Ruf vorausgegangen, sie würden alles verheeren und plündern. Die Vorurteile seien durch die Furcht einflößenden schwarzen Uniformen mit den an den Tschakos befestigten Totenköpfen noch weiter genährt worden. Als der Herzog von Braunschweig am 21. Mai 1809 das erste Mal die sächsische Grenze überschritt und in Zittau einrückte, seien die Einwohner der Stadt von Angst und Schrecken erfüllt gewesen.171 Ein anderer Soldat des braunschweigischen Korps bestätigte diese Beobachtungen: Die Zittauer seien „furchtbar scheu“ gewesen, weil sie glaubten, die „Braunschweiger“ seien eine Räuberbande, die nicht vor Mord und Totschlag zurückschrecke.172 – Wie weiter oben bereits gezeigt wurde, waren diese Vorurteile gar nicht so abwegig und wurden mancherorts durch Ausschreitungen der „Braunschweiger“ bestätigt (Kapitel 1.2.).

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So Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 196. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 1, S. 121; Brabant, Im Banne Napoleons, S. 343. Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 26-28; Brabant, Im Banne Napoleons, S. 343. Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 65. Vechelde, Aus dem Tagebuche des Generals, S. 206. Lüders, Kriegsfahrten, S. 20 f.

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Zwar entwickelte sich zwischen den Zittauern und den „Braunschweigern“ bald ein entspanntes Verhältnis, weil der Herzog seine Truppen zu dieser Zeit noch gut unter Kontrolle hatte und strenge Disziplin hielt. In anderen Teilen Sachsens blieb die Furcht vor den „Braunschweigern“ indes bestehen. Als das Freikorps am 11. Juni 1809 in Dresden einrückte, waren die meisten Einwohner zunächst bestürzt und versteckten sich in ihren Häusern, weil sie Plünderungen befürchteten.173 Wenig später folgten österreichische Soldaten unter dem Befehl des Generals Am Ende. Vor ihm hatten die Dresdner keine Angst, und so vollzog sich sein Einzug in die Stadt nach seinen eigenen Worten „unter lautem Freudengeschrei aller Einwohner“.174 Als die „Braunschweiger“ am 14. Juni in Meißen einmarschierten, waren die Bürger entsetzt, und die Soldaten forderten vergeblich ein Vivat für ihren Herzog.175 Das Verhalten der Meißner ist leicht verständlich, denn in den Tagen zuvor hatten sich einige „Braunschweiger“ namentlich in Wilsdruff schwere Ausschreitungen erlaubt. Wie bereits weiter oben festgestellt wurde, verbesserte sich der schlechte Ruf des Freikorps auch in der Folgezeit nicht mehr, da es in anderen Orten ebenso zu Übergriffen kam. Als die „Braunschweiger“ nach Abschluss des Waffenstillstands zwischen Österreich und Frankreich durch Borna zogen, herrschte auch dort große Angst vor ihnen.176 Das schlechte Verhalten der „Braunschweiger“ kam den Anhängern der Franzosen entgegen; sie konnten sich darüber freuen, dass viele Sympathien, die die Österreicher bei den Sachsen besaßen, zerstört wurden. Der Napoleonverehrer Karl Christian Friedrich Krause schrieb Anfang Juli 1809 aus Dresden an seinen Vater: „Die öffentliche, zum Teil irregeleitete Meinung der hiesigen Einwohner ist im letzten Monate sehr berichtigt worden. Es heißt auch hier: mit Schaden wird man klug.“177 * 173 174 175

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Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 736; Lüders, Kriegsfahrten, S. 27. Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 56. Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 195, Anm. 83. Die von einem Angehörigen des Korps gemachte Aussage, in Meißen sei das Freikorps freundlich aufgenommen worden, kann sich demnach erst auf die folgenden Tage beziehen, in denen die Einwohner ihre Furcht überwunden hatten (Lüders, Kriegsfahrten, S. 29). Ebd., S. 33 f. Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 203.

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Doch trotz der Ausschreitungen der „Braunschweiger“ sympathisierten viele Sachsen weiterhin mit den „Feinden“, was auch dem sächsischen König nicht verborgen blieb. Am 18. Juni 1809 erließ Friedrich August I. einen Aufruf, in dem er seine Untertanen zu Treue, Ruhe und Ordnung ermahnte. Darin heißt es, ihm sei nicht unbekannt geblieben, dass es in Sachsen noch einige „teils Schwache und Verführte, teils aber auch Boshafte“ gebe, die an den Regierungsgrundsätzen des Königs Kritik übten oder ihnen sogar zuwider handelten. Der König befahl daher den Behörden, eine verschärfte Aufmerksamkeit auf alle zu richten, bei denen eine solche Gesinnung zu vermuten sei. Besonders genannt wurden diejenigen Untertanen, die sich durch „unziemliche Äußerungen“ oder ordnungswidrige Handlungen strafbar machten, ebenso die Verbreiter von besorgniserregenden Gerüchten.178 Dennoch muss bezweifelt werden, dass die Treue der Sachsen zu ihrem König durch die Ereignisse des Krieges von 1809 nachhaltig in Frage gestellt wurde, wie Burdach in seinen Erinnerungen behauptet hat.179 Erstens dürfte den wenigsten Sachsen bewusst gewesen sein, dass Friedrich August I. die in den Proklamationen verkündeten Regierungsgrundsätze tatsächlich aus innerer Überzeugung vertrat. Der Aufruf vom 18. Juni 1809 war in Frankfurt am Main erlassen worden, wohin sich der Hof inzwischen begeben hatte. Dieser Aufenthaltsort, das Zentrum des Rheinbundes, musste umso mehr den Eindruck erwecken, der König stehe unter unmittelbarem französischem Einfluss und handle unter Zwang. Der Geheime Finanzrat von Zezschwitz schrieb im Juni 1809: „Es ist ein höchst drückendes Gefühl, den König und die Armee, welche für fremdes Interesse kämpfen muss, das Land verlassen zu sehen. Das ist das berühmte Protektorat Napoleons.“180 Wenn ein Regierungsbeamter wie Zezschwitz dieser Überzeugung war, was musste dann erst der einfache Bürger denken? Zweitens kam es zwar zwischen der sächsischen Bevölkerung und vor allem den österreichischen Soldaten rasch zu Verbrüderungsszenen, und die Österreicher wurden erneut wie befreundete Truppen empfangen, als sie Sachsen nach einem vorübergehenden Rückzug im Juli 1809 zum zweiten Mal besetzten.181 Aber ein Konflikt zwischen Sympathie für die 178 179 180 181

Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 283285. Burdach, Blicke ins Leben, Bd. 4, S. 197. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 110. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 169; Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 79 u. 90 f.; Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 53 f. Der französische Gesandte Jean-

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„Feinde“ auf der einen Seite und Treue zum Landesherrn auf der anderen ist nicht zu verkennen. Der preußische Offizier Carl von Martens, der bereits vor dem Ausbruch des Krieges von Schlesien nach Dresden geschickt worden war, um für eine Erhebung gegen Napoleon zu werben, schrieb in seinen Erinnerungen, dass an Enthusiasmus in Sachsen nicht zu denken gewesen sei. Nur einzelne, der „deutschen Sache“ ergebene Männer hätten sich bereit erklärt, den Preußen tätig in die Hände zu arbeiten, falls sich diese am Krieg gegen die Franzosen beteiligen würden. Enttäuscht fasste Martens zusammen, der Zweck seiner Reise sei völlig verfehlt gewesen, und er habe die Überzeugung gewonnen, die Preußen könnten auf die Sachsen gar nicht rechnen.182 Dass sich die Österreicher der schwierigen Gewissenslage vieler Sachsen bewusst waren und sie respektierten, belegt eine Bekanntmachung des österreichischen Stadtkommandanten Dresdens, Fürst von Lobkowitz, vom 12. Juni 1809. Lobkowitz sprach darin von der „ruhigen Willfährigkeit“, mit der die Dresdner ihre „deutsche[n] Brüder und ehemalige[n] Alliierte[n]“ empfangen hätten, ohne ihrem Landesherrn untreu zu werden.183 Die Bemerkung des französischen Autors Marc de Germiny, die Loyalität der Sachsen zu ihrem König sei trotz der Abneigung gegen die Franzosen und Friedrich Augusts I. napoleontreue Politik ungebrochen geblieben184, lässt sich demnach bestätigen. Als sich die Österreicher und „Braunschweiger“ vor sächsischen und westfälischen Truppen aus Sachsen zurückziehen mussten, wurde das von den Sachsen empfundene Dilemma, dass eigentlich Freunde gegen Freunde, nämlich Österreicher gegen sächsische Landsleute kämpften, erneut deutlich. Die sächsischen Truppen wurden bei ihrem Einzug in Leipzig und Dresden mit großem Jubel empfangen – genauso wie zuvor die Österreicher. Die Soldaten fanden ein solches Verhalten befremdlich. In Leipzig äußerte ein sächsischer Dragoner seinen Unwillen mit den Wor-

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François Baron de Bourgoing beschrieb die Stimmung in Dresden als „Sinnentaumel“ („esprit de vertige“), Bonnefons, Un allié, S. 290. Martens, Denkwürdigkeiten, S. 86 f. Martens war im Auftrag des Grafen von Götzen nach Dresden geschickt worden. Dieser hoffte wie viele andere einflussreiche Preußen, Friedrich Wilhelm III. würde sich am Krieg gegen Frankreich beteiligen. Die Bekanntmachung ist wiedergegeben in: Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 88 f. u. Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 39 f. Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 33, S. 576.

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ten: „Was soll denn das heißen? Gestern haben sie den Braunschweigern Vivat gerufen, und heute uns; das ist ja miserabel!“185 Der Beifall für die eigenen Truppen war zweifellos ungeheuchelt, und zwar nicht nur wegen der selbstverständlichen Vorliebe, die die Sachsen für ihre Landsleute empfanden, sondern auch wegen der Beendigung des Kriegszustandes, der mit der Rückeroberung des Landes einherging. Zudem hatten sich die „Braunschweiger“ durch ihre Ausschreitungen und hohen Kontributionsforderungen vielerorts unbeliebt gemacht, und die Bevölkerung war froh, diese Gäste wieder los zu sein. In einer der zeitgenössischen Reisebeschreibungen von Johann Maaß heißt es, die Einwohner von Lichtenhain und Schandau seien erbittert über die „Braunschweiger“ gewesen, „weil sie so viel aus Dresden mitgeschleppt hätten“. Mit Genugtuung habe die Bevölkerung erwartet, dass die sächsischen Truppen ihnen die Beute wieder abnehmen würden.186 Die Österreicher hatten sich im Gegensatz zu den „Braunschweigern“ zwar mit weitgehender Schonung im Land bewegt, aber auch sie hatten Requisitionen vorgenommen.187 Die Masse der Bevölkerung wird ihren Abzug demnach kaum bedauert haben. Die Kehrseite der Medaille zeigte sich allerdings bald: Die Truppen des Königs Jérôme von Westfalen belasteten die Einwohner durch ihre enormen Ansprüche auf Verpflegung und Vorspanndienste und durch einzelne Ausschreitungen z. T. stärker, als es Österreicher und „Braunschweiger“ getan hatten.188 Jérôme selbst machte sich durch seinen verschwenderischen Lebensstil nicht nur bei seinen eigenen Untertanen, sondern auch bei den Sachsen verhasst. Während seines Aufenthalts in Dresden erzählten sich die Leute das Gerücht, er nehme täglich ein Weinbad, wodurch die Abneigung gegen ihn verständlicherweise noch weiter vergrößert wurde.189 – Sicherlich entsprach dieses Gerücht nicht der Wahrheit, aber es ist bezeichnend für die Wahrnehmung durch die Bevölkerung.

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Gross, Erinnerungen, S. 33. Zum Empfang der sächsischen Truppen in Dresden vgl. Taggesell, Tagebuch, S. 28; Am Ende, Feldmarschall-Lieutenant, S. 76; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 97. Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 258 f. Eine Aufstellung der von den Österreichern im Juni 1809 in Dresden geforderten Lieferungen findet sich in: Friesen, Dresden im Kriegsjahre 1809, S. 59. Maaß, Meine Fußreisen, Bd. 1, S. 281; Gross, Erinnerungen, S. 33-37; Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 203 u. 220; Brabant, Im Banne Napoleons, S. 386. Nieritz, Selbstbiographie, S. 84.

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Als beispielhaft für den Stimmungswandel, der sich zwischen 1807 und 1809 in Sachsen vollzogen hatte, kann das Schicksal des Kaufmannslehrlings Friedrich Staps angeführt werden. Staps war der Sohn eines Naumburger Predigers. Wie viele deutsche Jugendliche schwärmte er zunächst für den französischen Kaiser. 1806 begann er seine Lehre in Erfurt. Dort erlebte er Napoleon während des Fürstentreffens von 1808. Obwohl sich die Stimmung in Sachsen bereits deutlich gewandelt hatte, zählte Staps zu dieser Zeit noch immer zu den Bewunderern Bonapartes. Seine Haltung änderte sich, als ihm klar wurde, dass Napoleon Europa nicht den erhofften dauerhaften Frieden bringen würde. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen Österreich und Frankreich im Frühjahr 1809 berichtete Staps in Briefen an seine Eltern voller Freude über die anfänglichen Erfolge der Österreicher. Als sich das Blatt jedoch gewendet hatte und Napoleons Siege die Habsburger im Sommer 1809 zum Abschluss des Waffenstillstands in Znaim genötigt hatten, entschloss sich Staps, nach Österreich zu reisen, um Napoleon zu ermorden. Zu dieser Zeit war er 17 Jahre alt. Staps war bereit, sein eigenes Leben bei dem Versuch zu opfern. Während einer Parade in Schönbrunn am 12. Oktober 1809 wollte er Napoleon mit einem Messer töten. Er näherte sich dem Kaiser aber zu auffällig und wurde verhaftet. Über seine Motive ist in der Literatur gestritten worden. Einige Autoren haben ihm Geistesschwäche nachgesagt, andere Schwärmerei und Todessehnsucht. Im Verhör, das Napoleon selbst durchführte, erklärte Staps, er habe den Versuch aus der Überzeugung gewagt, seinem Vaterland und Europa damit den größten Dienst zu erweisen. Ein Gnadenangebot des Kaisers schlug er aus. Staps wurde von einem Militärgericht zum Tode verurteilt und am 16. Oktober 1809 erschossen.190

2.5. Die Kontinentalsperre auf ihrem Höhepunkt Im Sommer und Herbst 1810 erreichte der Handelskrieg Napoleons gegen England seinen Höhepunkt. Das Dekret von Trianon, das im August 1810 erlassen wurde, belastete sämtliche Kolonialwaren mit einem Zoll von bis zu 50 % ihres Wertes. Ausgenommen waren davon nur französische Kolonialwaren. Zwei Monate später erließ Napoleon das 190

Zu Staps und dem Attentatsversuch vgl. Friedrich Staps, Erschossen zu Schönbrunn; Friedrich Staps, Ein Beitrag zur Lehre vom Tyrannenmord; Borkowsky, Das Schönbrunner Attentat; Bitterauf, Friedrich Stapß; Pohanka, Attentate in Österreich, S. 1326.

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Dekret von Fontainebleau, das die öffentliche Verbrennung aller englischen Waren anordnete. Gegen den weit verbreiteten Schleichhandel wurde nunmehr verschärft vorgegangen. Im Dezember 1810 annektierten die Franzosen die Handelsstädte Hamburg, Lübeck und Bremen sowie einige norddeutsche Fürstentümer.191 Außerdem wurden die bisher recht nachlässig gehandhabten Einfuhrverbote nach Italien verschärft. Der Transithandel durch das Königreich Italien mit Waren, die dort selbst verboten waren, aber in anderen italienischen Gebieten verkauft werden durften, musste Ende 1810 ebenfalls eingestellt werden.192 In der jüngeren Forschung ist die Meinung geäußert worden, dass die Verschärfung der Kontinentalsperre nicht allein dem Kampf gegen England diente; Napoleon habe vielmehr immer neue expansive Maßnahmen ergreifen müssen, um der Wirtschaftskrise, in die Frankreich ab 1809 geraten war, wirksam begegnen zu können. Mit seinem Vorgehen gegen den Schleichhandel habe Napoleon nicht vorrangig England schwächen, sondern Frankreich auf Kosten der anderen europäischen Staaten bereichern wollen.193 Diese These überzeugt, zumal das Dekret von Trianon französischen Händlern einen begrenzten Handel mit England erlaubte und die Briten ab Januar 1812 unter französischer Lizenz sogar Handel in Europa treiben durften, wobei sie den Großteil ihres Gewinns allerdings an Frankreich abzutreten hatten.194 Nachweislich wurde der Handel in den Rheinbundstaaten und damit auch in Sachsen durch die Dekrete von Trianon und Fontainebleau zeitweise schwer geschädigt.195 Zwar bestand das Verbot, mit englischen Waren zu handeln, schon seit 1806. Bislang war es aber nicht zielstrebig durchgesetzt worden, und große Mengen englischer Produkte waren weiterhin ins Land geflossen. Wie bereits weiter oben festgestellt wurde (Kapitel 2.3.), war Sachsens wichtigster Wirtschaftszweig, die Baumwollindustrie, auf die Einfuhr englischer Garne sogar angewiesen, denn diese waren von besonders hoher Qualität und machten die daraus gefertigten sächsischen Produkte erst konkurrenzfähig. Trotz der Kontinentalsperre war die Einfuhr englischer Garne bis 1810 beständig aufrechterhalten worden. Dabei spielte Hamburg eine Schlüsselrolle: Ein Großteil der Einfuhr aus England wurde in dieser norddeutschen Hansestadt abgewi191 192 193 194 195

Diese Maßnahmen verletzten die Souveränität rechtsrheinischer Gebiete und stellten somit einen Bruch der Rheinbundakte dar. Meinert, Handelsbeziehungen, S. 300. So Schroeder, The Transformation, S. 398-404. Ebd., S. 403 f. Vgl. für das Folgende: König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 166-247.

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ckelt. Andere Wege des Schleichhandels führten über Holland, Triest, Fiume, Helgoland, Oldenburg, Preußen und Schweden. Der wichtigste Handelsplatz Sachsens war Leipzig. Seit 1809 hatte sich die Messestadt aufgrund ihrer geografischen Lage und der günstigen Zufuhrverhältnisse sogar zum Dreh- und Angelpunkt des gesamten Kolonialwarenhandels auf dem europäischen Festland entwickelt. Von dieser zentralen Position profitierte auch die sächsische Wirtschaft, denn die begehrten englischen Produkte und Kolonialwaren zogen viele ausländische Händler an, was günstige Rückwirkungen auf den Absatz sächsischer Erzeugnisse hatte.196 Mit den Dekreten von Trianon und Fontainebleau wurden demnach nicht nur solche Händler geschädigt, die englische Produkte und Kolonialwaren vertrieben. In Sachsen begann die Umsetzung der von Napoleon in Trianon erlassenen Bestimmungen am 1. Oktober 1810. An diesem Tag erschien eine Bekanntmachung, in der Friedrich August I. alle Handelsverbindungen mit England und dessen Kolonien verbot und bei Zuwiderhandlung mit der Beschlagnahmung der entsprechenden Handelsgüter drohte. Alle Kolonialwaren, die durch Konfiskation in den Handel gelangten, sollten beim Eingang nach Sachsen nach dem von Napoleon in Trianon festgeschriebenen Satz besteuert werden. Am 29. Oktober wurde die Besteuerung durch einen weiteren Erlass auf bereits eingeführte Kolonialwaren sowie Speditions-, Kommissions- und Transitgüter ausgedehnt.197 Zur Durchführung der Besteuerung trafen am selben Tag drei königliche Kommissare in Leipzig ein. Unmittelbar nach ihrer Ankunft wurden die Stadttore geschlossen und keine Händler mehr aus Leipzig gelassen. Nur ein Stadttor blieb für einfahrende Wagen geöffnet. Mittels Proklamation wurde der Transport von Handelswaren innerhalb der Stadt untersagt; Patrouillen überwachten die Einhaltung des Verbots. Die Warenlager wurden versiegelt, einige sogar durch Militärwachen besetzt. Am folgenden Tag wurden alle Geschäftsleute und Spediteure aufgefordert, binnen vier Tagen sämtliche englischen Fabrik- und Manufakturwaren sowie Kolonialwaren anzuzeigen. Kaufleute, die sich diesen Anordnungen widersetzten und den Besitz englischer Fabrik- und Manufakturwaren verschwiegen, sollten mit der Beschlagnahme ihrer gesamten Warenvorräte bestraft werden; handelte es sich bei den Waren, die nicht ordnungsgemäß 196

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Vgl. dazu auch die Berichte der Leipziger Kommerziendeputation über die Leipziger Messen von 1807-1810, wiedergegeben in: Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, S. 409-421. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 330-332.

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angezeigt wurden, um Kolonialwaren oder andere aus dem Handel mit England stammende Produkte, sollten lediglich diese Erzeugnisse konfisziert werden, die anderen Warenvorräte aber unangetastet bleiben. Die angedrohten Strafen für Händler waren dabei noch milder als die für Käufer: Letztere sollten nicht nur die Ware verlieren, sondern noch deren Wert sowie die dafür anfallende Steuer als Strafe bezahlen.198 Ähnliche Maßnahmen wurden auch in anderen wichtigen sächsischen Handelsstädten wie Dresden, Naumburg und Chemnitz durchgeführt. In der Sekundärliteratur haben die Maßregeln der königlichen Kommissare für Verwirrung gesorgt. Aus der Darstellung von Paul Rühlmann gewinnt der Leser den Eindruck, als sei die Registrierung der englischen Waren Ende Oktober 1810 mit dem Zweck erfolgt, die Güter anschließend zu verbrennen.199 Demgegenüber hat Ernst Hasse die Verbrennung englischer Waren in Leipzig in Frage gestellt und dabei auf eine Bekanntmachung der königlichen Kommission vom 3. Dezember 1810 verwiesen, der zufolge die zeitweilige Beschlagnahme der englischen Waren wieder aufgehoben worden sei.200 Beide Sichtweisen sind jedoch falsch, denn die Autoren haben übersehen, dass die Dekrete zwischen „englischen Fabrikund Manufakturwaren“ und „Kolonial- oder andere[n] aus dem englischen Handel herrührenden Waren“201 unterschieden. In einer Bekanntmachung der königlichen Kommission vom 14. November wurde die ungleiche Behandlung dieser Warensorten gemäß den Dekreten von Trianon und Fontainebleau deutlich: Englische Fabrik- und Manufakturerzeugnisse – also im englischen Mutterland gefertigte Produkte – waren (endgültig) beschlagnahmt worden. Kolonialwaren und sonstige aus dem Handel mit England stammende Produkte waren jedoch nur „mit Sequester belegt“, d. h. zum Zweck ihrer Prüfung und Registrierung zeitweilig beschlagnahmt worden.202 Die Bekanntmachung der königlichen Kommission vom 3. Dezember 1810, die Ernst Hasse als Beleg dafür angesehen hat, dass in Leipzig keine englischen Waren verbrannt worden seien, ist bei genauer Betrachtung ein weiteres Zeugnis für diese Unterscheidung: Sie beginnt mit den Worten, dass nunmehr die Aufzeichnung der „unter Sequester gelegten Kolonial- und sonst aus dem englischen Handel herrührenden Waren, sowie die Durchsicht der Handelsbücher“ beendet sei. Weiter heißt es, dass diese Waren nach Bezah198 199 200 201 202

Ebd., S. 332 f. Rühlmann, Die öffentliche Meinung, S. 112. Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, S. 162. Hasse wurde wegen dieser Bemerkung bereits von Ernst Kroker kritisiert (Kroker, Handelsgeschichte, S. 214). Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 332 f. Ebd., S. 335.

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lung der vorgesehenen Steuer wieder zur Verfügung der Eigentümer frei gegeben würden.203 Die englischen Fabrik- und Manufakturwaren sind in der Bekanntmachung dagegen nicht erwähnt. Sie wurden am 12. Dezember in Gegenwart der königlichen Kommissare und der Abgeordneten des Leipziger Rates „unter militärischer Bedeckung und vor einer zahlreich versammelten Menge Volks“ verbrannt.204 Die verschärften Maßnahmen gegen den Schleichhandel entfachten unter den betroffenen Kolonialwarenhändlern und Textilfabrikanten einen Sturm der Entrüstung und hatten zahlreiche Bittschriften zur Aufhebung des Dekrets von Trianon zur Folge.205 Selbst die Mitglieder der königlichen Kommission, die nach Leipzig geschickt worden waren, um die Beschlagnahmungen und später die Verbrennungen zu leiten, übten heftige Kritik an diesen Maßnahmen. Einer der Kommissare, der Geheime Finanzrat Thomas von Wagner, schrieb Mitte Dezember 1810, das System der Warensteuern würde den sächsischen Bedürfnissen völlig zuwiderlaufen und nicht lange Bestand haben.206 Und der Geheime Finanzrat von Zezschwitz, der ebenfalls der Kommission angehörte, schrieb an seine Frau, das Herz blute ihm, die Leipziger Händler so belasten zu müssen. Der gesamte sächsische Wohlstand könne „durch Sinken Leipzigs, des Herzens unseres Staatskörpers, durch Stockung in dem herrlichen, blühenden Schwung unserer Fabriken“ vernichtet werden.207 Die Besetzung der norddeutschen Handelsstädte im Dezember 1810 kommentierte Zezschwitz mit den Worten: „Dies ist der letzte Stoß für den Handel und den Wohlstand des Landes.“208 Besondere Empörung rief indes die Verbrennung der englischen Fabrik- und Manufakturwaren hervor. Bereits am 10. November hatte der Leipziger Oberpostamtsdirektor August Dörrien in einem Brief an den Dresdner Hofzeremonienmeister Freiherr von Just vor einer solchen Maßnahme gewarnt: „Die Stimmung des hiesigen Publikums ist überhaupt traurig, weil man die Industrie gelähmt und verfolgt sieht und weil man sich nicht verbergen kann, dass die Folgen der jetzigen heftigen Erschütterung sich nicht bloß auf die, welche es unmittelbar trifft, sondern auf den Handel überhaupt, mithin auf den Wohlstand 203 204 205 206 207 208

Die Bekanntmachung ist wiedergegeben ebd., S. 337 f. Ebd., S. 339. Stieda, Die Kontinentalsperre in Sachsen, S. 137. SLUB, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Bd. 216 (4°), Dok. 19, unpag. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 120 u. 122. Ebd., S. 125. Auch der Geheime Finanzrat Moritz Haubold von Schönberg, der 1811 als königlicher Kommissar nach Leipzig geschickt wurde, beklagte den Niedergang des Handels (ebd., S. 126 f.).

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des Landes, der auf Handel und Manufakturen hauptsächlich gegründet ist, und auf die herrschaftlichen Einkünfte erstrecken werden. Sollte es vollends zu dem Verbrennen der vorgefundenen Manufakturwaren kommen: so würde die Erbitterung noch größer werden, weil es immer etwas Empörendes hat, wenn Mutwille oder Übermut sich an etwas vergreift, das menschlicher Scharfsinn und Fleiß hervorgebracht, und das in seiner Art eine gewisse Vollkommenheit erlangt hat.“209 Vier Wochen später wurde trotz solcher Warnungen mit der Verbrennung der Waren begonnen, und zwar zunächst am 8. Dezember 1810 in Chemnitz; darauf folgte Leipzig. Dort wurden an vier Tagen im Dezember Waren mit einem geschätzten Gesamtwert von 100.000 Talern vernichtet. In Naumburg, Dresden und Pirna wurden ebenfalls englische Güter verbrannt.210 Für den Leipziger Studenten Ernst Christoph August von der Sahla, einen fanatischen Napoleonhasser, soll das Erlebnis der Warenverbrennung in Leipzig der letzte Anlass gewesen sein, seinen schon länger gehegten Plan, den französischen Kaiser zu ermorden, in die Tat umzusetzen.211 Er scheiterte allerdings wie bereits zwei Jahre vor ihm Staps.212 Ob Sahlas antifranzösische Haltung durch Predigten des populären Dresdner Oberhofpredigers Franz Volkmar Reinhard begründet wurde, wie er in einem Verhör gesagt haben soll, lässt sich nicht belegen. Reinhard galt tatsächlich als erbitterter Gegner Frankreichs.213 Seine Predigten erschienen ständig im Druck und wurden in ganz Sachsen gelesen.214 Dass Reinhard offen zu politischen Fragen Stellung genommen habe, wie Paul Rühlmann behaup-

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SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 6, Dok. 99, unpag. Zur Datierung der Verbrennungen und dem geschätzten Warenwert vgl. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 335-340 u. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 121. Allerdings begannen die ersten Verbrennungen in Leipzig nicht, wie im letztgenannten Werk angegeben, am 12.10. (oder 12.11., so Poppe), sondern am 12.12.1810 (vgl. dazu auch Gross, Erinnerungen, S. 43). Zur Vernichtung der englischen Fabrikate in Dresden vgl. Stieda, Die Kontinentalsperre in Dresden, S. 15-19 u. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 3, Msc.Dresd.d.81, Teilband 1810, Bl. 8. Rühlmann, Die öffentliche Meinung, S. 112 f. Vgl. zu Sahla und Staps: Roman Töppel, Sahla, Ernst Christoph August von der, in: Sächsische Biografie (siehe Internetquellen); ders., Staps (Stapss, Stapß), Friedrich, in: ebd. Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 4. Vgl. z. B. die Tagebucheintragungen des Leipziger Kaufmanns Johann Carl Meissner vom 2.2.1813 u. 3.10.1813 (Scheffer, Leipzig 1813, S. 19 f. u. 56).

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tet hat, ist jedoch zumindest aus den gedruckten Fassungen seiner Predigten nicht ersichtlich.215 Sahla bildete genau wie Friedrich Staps in seiner konsequenten Haltung eine Ausnahme. Dennoch ist seine Tat bezeichnend für die Erbitterung, die Napoleons Politik auch in Sachsen hervorrief. Die rigorose Umsetzung der Dekrete von Trianon und Fontainebleau hatte unmittelbare Folgen für den sächsischen Handel. Das zeigte sich deutlich auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1811. In einem Bericht der Kommerziendeputation heißt es, die Beschlagnahmung und hohe Besteuerung der Kolonialprodukte und die Vernichtung der englischen Fabrikwaren habe an den vornehmsten Handelsplätzen Frankreichs, Hollands, Deutschlands und der Schweiz zahlreiche Bankrotte verursacht, den gesamten Kontinentalhandel erschüttert und den bereits vorher spürbaren Geldmangel und Diskredit im höchsten Grade gesteigert.216 Der Leipziger Oberpostamtsdirektor Dörrien, der den einflussreichen Dresdner Hofzeremonienmeister Freiherr von Just regelmäßig über neueste Ereignisse und Entwicklungen in der Messestadt informierte, schrieb Mitte Mai 1811 über die Frühjahrsmesse, sie sei bis zum Zahltag schlecht geblieben.217 Die Maßnahmen der Regierung gegen den Schleichhandel waren indes noch längst nicht beendet. Am 13. Mai 1811 traf erneut ein königlicher Kommissar in Leipzig ein, um gegen den Handel mit verbotenen Waren vorzugehen. Mehrere Kaufleute, die noch englische Waren besaßen, wurden verhaftet.218 Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass englische Güter mit preußischen Zertifikaten importiert worden waren. 215

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Rühlmann, Die öffentliche Meinung, S. 73; vgl. dazu beispielsweise Hacker, Predigten. Ein Verzeichnis der Werke Reinhards findet sich in: Martin, Die Bedeutung des Theologen Franz Volkmar Reinhard, Beilage 1. Martin belegt seine Behauptung, Reinhard habe als guter Patriot in Napoleon den Hauptstaatsfeind gesehen (ebd., S. 94), leider mit keinem zeitgenössischen Quellennachweis oder Hinweis auf eine konkrete Predigt. Überliefert sind lediglich einige Privatbriefe, in denen Reinhard das Schicksal Sachsens beklagt (Pölitz, D. Franz Volkmar Reinhard, Bd. 1, S. 179 u. Bd. 2, S. 246 f. u. 249). Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, S. 421. SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 7, Dok. 22, unpag. Auch in Dörriens folgenden Briefen an Just kommt immer wieder der Niedergang des Handels zum Ausdruck. So schrieb er z. B. am 10.9.1811: „Die bevorstehende Messe [Herbstmesse] kann nicht anders als sehr schlecht ausfallen. Der Verkehr mit Hamburg ist beinahe vernichtet.“ (ebd., Dok. 47, unpag.) und am 24.1.1812: „Der hiesige Handel ist ohne Zweifel sehr im Sinken.“ (ebd., Bd. 8, Dok. 13, unpag.). Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 347; HStA Dresden, Acta, die den Leipziger Kaufleuten angeschuldigte Theilnahme an dem unerlaubten Handel mit England [...] betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1396/5, Bl. 161-165.

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Infolgedessen wurde Ende Mai die Einfuhr brandenburgischer und schlesischer Baumwollwaren und Garne verboten. Am 31. Mai 1811 wurden in Leipzig noch einmal Waren im Wert von ca. 30.000 Talern verbrannt.219 Im „Magazin für die Handlung und Handelsgesetzgebung Frankreichs und der Bundesstaaten“, das seit 1811 regelmäßig über die wichtigsten Handelsereignisse in den Rheinbundstaaten berichtete, heißt es über die zweite Verbrennung englischer Waren in Leipzig: „Am 31. Mai wurden die von der außerordentlichen Kommission beim Spediteur Küster und in einigen jüdischen Handlungen gefundenen englischen Manufakturwaren, drei große Wagen voll, öffentlich verbrannt. Man schätzte ihren Wert auf 50.000 Taler. Noch nie herrschte hier [in Leipzig] eine solche Stockung und Mutlosigkeit in allen Geschäften. Die Folgen der fast ganz fehlgeschlagenen Messe zeigen sich sowohl hier als im übrigen Lande immer deutlicher.“220 * Zu dem sichtbaren Niedergang des sächsischen Handels kamen im Jahre 1811 noch weitere Entwicklungen, die Sachsen belasteten und sich entsprechend auf die Stimmung der Bevölkerung auswirkten. Der Krieg Napoleons gegen Russland zeichnete sich ab. Sachsen war davon insofern unmittelbar betroffen, als starke Rekrutierungen für das Militär erfolgten. Am 15. Juni erging ein königlicher Befehl zur Stellung der gesamten dienstfähigen Mannschaft im Alter von 18 bis 25 Jahren zwecks anschließender Auslosung. Die jungen Männer, die sich dem Stellungsbefehl widersetzten, sollten sofort an das nächste Regiment von Rekruten abgeliefert oder, im Falle ihrer Dienstuntauglichkeit, mit Gefängnishaft oder einer Geldbuße bestraft werden. Die bei dieser Gelegenheit ausgelosten

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König, Die Sächsische Baumwollenindustrie, S. 245; Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 349. Der bei Poppe genannte Gesamtwert der verbrannten Waren (50.000 Taler) ist zu hoch. Das Verzeichnis der zur Verbrennung vorgesehenen Erzeugnisse umfasst Bestände im Wert von 42.352 Talern und 5 Groschen (HStA Dresden, Acta, die den Leipziger Kaufleuten angeschuldigte Theilnahme an dem unerlaubten Handel mit England [...] betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1396/5, Bl. 124-127). Allerdings wurden 3.700 Pfund des darin aufgeführten Baumwollgarns im Wert von 12.333 Talern und 8 Groschen schließlich nicht verbrannt; die Kaufleute, denen dieser Bestand gehörte, konnten dafür noch gültige Zertifikate nachweisen (ebd., Bl. 387 f.). Magazin für die Handlung, Jg. 2, 1811, H. 4/5, S. 470.

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Rekruten erhielten Ende August 1811 ihren Gestellungsbefehl. In Leipzig betraf das 65 junge Männer.221 Auch finanziell wurde die Bevölkerung weiter belastet. Am 11. Juli 1811 erging ein neues königliches Dekret zu einem Beitrag für die „Peräquationskasse“ – die Ausgleichskasse zur Vergütung von Kriegsschäden. Zwei Tage später wurde ein neues Verpflegungsreglement veröffentlicht, das die Vergütung erheblich herabsetzte: Nach der Norm von 1807 war beispielsweise die Unterbringung und Verpflegung eines Generals mit 8 Talern pro Tag ausgeglichen worden. 1808 war dieser Satz bereits auf 6 Taler gesenkt worden, während er nun, im Jahre 1811, nur noch 5 Taler betrug. Für jeden Unteroffizier, einfachen Soldaten und Kriegsgefangenen war 1807 eine Summe von täglich 16 Groschen bezahlt worden. Durch das neue Reglement wurde der Betrag auf 10 Groschen gesenkt; die Unterbringung und Verpflegung Kriegsgefangener wurden sogar nur noch mit 4 Groschen vergütet. Für die Erfrischung („Rafraîchissement“) durchziehender Truppen ohne deren Unterbringung war bis 1811 ebenfalls ein Ausgleich gezahlt worden – nach dem Satz von 1807 z. B. für einen Unteroffizier 5 Groschen und 4 Pfennige. 1808 war der Betrag auf 4 Groschen gesenkt worden. Nach dem Erlass von 1811 sollten diese Dienste künftig überhaupt nicht mehr vergütet werden.222 Die finanzielle Belastung und Verschuldung Leipzigs kam in einer Bekanntmachung des Stadtrats vom 20. November 1811 deutlich zum Ausdruck: Darin wurden die Bürger, die im Kriege von 1809 an gegnerische oder verbündete Truppen Lebensmittel oder Wertsachen geliefert hatten, ohne bisher dafür entschädigt worden zu sein, aufgefordert, ihre Ansprüche bis zum Ende des Monats geltend zu machen. Allerdings sollten nur solche Lieferungen vergütet werden, die „auf Erfordern der Obrigkeit“ erfolgt waren. War dies nicht der Fall und hatten z. B. Soldaten Lieferungen erzwungen oder waren Verluste durch Plünderungen entstanden, hatten die Geschädigten keinen Anspruch auf Ausgleich.223 *

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222

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Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 349 f. u. 357. Anfang Februar 1812 erfolgte eine weitere Rekrutenaushebung, wobei Leipzig 40 Mann zu stellen hatte (ebd., S. 376 f.). Vgl. dazu ebd., S. 177 (1807), S. 211 (1808) u. S. 354-356 (1811). Anfang März 1812, unmittelbar vor Beginn der französischen Truppenbewegungen zum Aufmarsch gegen Russland, wurde die Vergütung noch einmal herabgesetzt (ebd., S. 379-382). Die Bekanntmachung ist wiedergegeben ebd., S. 360.

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Die negativen Auswirkungen der Politik Napoleons auf Sachsen erfüllten inzwischen einige hohe königliche Beamte mit der Sorge, die Bevölkerung könne anfällig für politische Umsturzpläne werden. 1812 wurde deshalb mit der Überwachung der Stimmung in Sachsen begonnen. Diese Maßnahmen trugen den Namen „Geheime Polizei“. Die Überwachungsberichte geben einen guten Einblick, wie die Stimmung der Bevölkerung von der Regierung wahrgenommen wurde. Deshalb soll darauf im Folgenden näher eingegangen werden.

2.6. Die Stimmungsberichte der „Geheimen Polizei“ Der unmittelbare Anlass, in Sachsen mit einer geheimen Überwachung der Stimmung zu beginnen, war der sich bereits 1811 abzeichnende Krieg Napoleons gegen Russland.224 Das sächsische Kabinett befürchtete, die Preußen würden auf der Seite des Zaren stehen und insgeheim eine Volkserhebung nicht nur im eigenen Land, sondern auch in den Nachbarstaaten vorbereiten. Im Herbst 1811 wurde deshalb auf Veranlassung des Geheimrats Freiherr von Just und des Obersten Friedrich Karl Gustav von Langenau mit der Überwachung Landesfremder begonnen.225 Da sich die Bespitzelung zunächst ausschließlich auf fremde, vor allem preußische Offiziere beschränken sollte und als Militärangelegenheit betrachtet wurde, erhielt zunächst der Chef des sächsischen Generalstabs, Generalmajor Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff, vom König den Befehl zur Organisation der Überwachung. Gersdorff sah die Kontrolle Landesfremder jedoch als völlig ungenügende Maßnahme für die Sicherheit Sachsens an und drängte darauf, auch die eigene Bevölkerung zu überwachen. In einer darauf abzielenden Denkschrift für den König schrieb er: „Der Staat muss sich in den Besitz der Geheimnisse seiner Untertanen setzen.“226 Dazu sei strenge Aufmerksamkeit die unerlässliche Pflicht der Regierung, und eine durch sie geleitete geheime Polizei müsse das Palladium des Staates werden. Gersdorff regte an, die Leitung der ihm vorschwebenden umfassenden Überwachung dem Kabinettsminister der auswärtigen Verhältnisse, Friedrich Christian Ludwig 224 225

226

Vgl. ausführlich für das Folgende: Töppel, Der Staat. Just und Langenau waren Vertraute des Kabinettsministers der auswärtigen Verhältnisse, Friedrich Christian Ludwig Senfft von Pilsach, der gleichzeitig der Chef jeglicher Angelegenheiten war, die die innere Sicherheit Sachsens betrafen, darunter auch der politischen Zensur. HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag.

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Graf Senfft von Pilsach, zu übertragen. Im Januar 1812 ging der König auf den Vorschlag ein und beauftragte seinen Außenminister mit der „Organisation und [..] Leitung einer allgemeinen Überwachung der Gegenstände Hoher Polizei, die einen Bezug auf die Außenpolitik haben.“227 Senfft übertrug die Durchführung der Überwachung in den einzelnen Landeskreisen in erster Linie den Gendarmeriedirektoren, daneben aber auch anderen hohen Beamten wie z. B. dem Leipziger Oberpostamtsdirektor August Dörrien. Der Freiherr von Just wurde Senffts Stellvertreter in den Angelegenheiten der „Geheimen Polizei“. Die Überwachung war und blieb allerdings informell organisiert und kann nicht mit einer Geheimpolizei im modernen Sinn verglichen werden. Die von Senfft mit der „Geheimen Polizei“ betrauten Beamten wählten ihre Spione, die die eigentliche Spitzeltätigkeit versahen, selbst und nach eigenem Ermessen aus. So berichtete beispielsweise der Oberamtshauptmann der Oberlausitz, Ernst Carl Gotthelf von Kiesenwetter, am 1. März 1812, der Zittauer Bürgermeister und Beamte aus Lauban (heute Lubań in Polen) und Görlitz hätten versprochen, ihm Nachrichten zu liefern.228 Und der Leipziger Polizeiamtschef Johann August Otto Gehler schrieb am 15. März, dass er seine Hilfskräfte sogar auf eigene Rechnung angestellt habe.229 Obwohl in den Instruktionen für die Überwachung auch die Kontrolle der eigenen Bevölkerung gefordert wurde, blieb das Hauptaugenmerk zunächst auf landesfremde Offiziere gerichtet. Im Mittelpunkt des Interesses stand der sog. „Tugendverein“. Dieser preußische Verein, auch „Tugendbund“ oder „Deutscher Bund“ genannt230, war 1808 von franzosenfeindlichen preußischen Beamten und Offizieren gegründet worden. Die Mitglieder hatten sich zur Wahrung und Pflege von Vaterlandsliebe, Treue zum preußischen König, Religiosität, Humanität, Mut und anderen Tugenden verpflichtet, um Preußen nach der Demütigung des Friedens von Tilsit zumindest moralisch wieder aufzurichten. Obwohl die Satzung des Vereins vorschrieb, die Mitglieder hätten sich aller Einwirkung auf 227

228 229 230

Zitat aus dem Dankschreiben Senffts, im Original: „Votre Majesté a daigné me témoigner Son intention de me confier l’organisation & la direction d’une surveillance générale sur les objets de Haute Police qui ont quelque rapport avec la politique extérieure.“ (HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag.). HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 148. Ebd., Bl. 370. In der Literatur ist die Bezeichnung „Tugendbund“ die gebräuchlichste. Da in den zeitgenössischen Quellen jedoch fast immer vom „Tugendverein“ die Rede ist, wird im Folgenden meist diese Benennung verwendet.

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Politik, Staatsverfassung und bürgerliche Behörden zu enthalten, war der Bund rasch in den Verdacht geraten, politischen Einfluss zu suchen. Die Teilnahme des preußischen Majors Ferdinand von Schill und des westfälischen Rittmeisters Ludwig Wilhelm von Dörnberg an der Erhebung gegen Napoleon im Frühjahr 1809 hatte dem „Tugendverein“ vollends den Ruf eingetragen, ein Hort politischer Aufrührer zu sein. Sowohl Schill als auch Dörnberg waren in den Listen des „Tugendvereins“ als Mitglieder geführt worden. Im Dezember 1809 hatte der preußische König die Auflösung des Vereins befohlen. Allerdings war diese in aller Stille und ohne Aufsehen vollzogen worden, um das Ansehen der Mitglieder, bei denen es sich zu einem großen Teil um Staatsbeamte und Offiziere handelte, zu wahren.231 Die Zensurbehörden hatten die Anweisung erhalten, keine Schriften und Äußerungen über die Angelegenheit zum Druck gelangen zu lassen. Den ehemaligen Mitgliedern sollte kein Schaden entstehen. Und genau diese Geheimhaltung sollte sich später als verhängnisvoll erweisen: Denn obwohl der Verein sich im Januar 1810 tatsächlich aufgelöst hatte, verbreiteten sich in den folgenden Jahren Gerüchte über sein weiteres Fortbestehen und seine geheimen Umtriebe. Alle Gegner einer politischen Annäherung zwischen Preußen und Frankreich und vor allem diejenigen preußischen Beamten und Offiziere, die aus Protest gegen das Bündnis Friedrich Wilhelms III. mit Napoleon im Frühjahr 1812 den preußischen Dienst verließen, gerieten in den Verdacht, Mitglieder oder Anhänger des vermeintlich immer noch existierenden „Tugendvereins“ zu sein. * Ende Januar 1812 erteilte der Minister Senfft den Beamten, die mit der „Geheimen Polizei“ beauftragt wurden, Instruktionen für die Überwachung. Er schrieb, es sei von höchster Wichtigkeit, der Gefahr vorzubeugen, dass „die innern oder äußern Verhältnisse des Staats […] kompromittiert werden könnten“. Zu dieser Gefahr zählte Senfft Handlungen Fremder, die sich in Sachsen sicher glaubten, „Verirrungen“ königlich sächsischer Untertanen und unvorsichtige Äußerungen, die im Ausland, womit vor allem Frankreich gemeint war, Verdacht erregen könnten. Schließlich nannte er „eine zum Nachteil des Gemeingeistes sich hier und da verbreitende ungünstige Stimmung der Gemüter“, der ebenfalls entgegengearbeitet werden müsse. Beson231

Eine Liste aller Mitglieder des „Tugendvereins“ mit Stand vom 1.8.1809 findet sich in: Lehmann, Der Tugendbund, S. 197-224.

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dere Aufmerksamkeit sei auf aktive oder verabschiedete preußische, hessische und hannoverische Offiziere zu richten. Ihre Verbindungen untereinander und zur sächsischen Bevölkerung seien zu überwachen, ebenso ihr Briefwechsel. Weiterhin sollten die Beamten Zusammenkünfte an öffentlichen Orten beobachten und auf die dabei geäußerten Meinungen über politische Gegenstände achtgeben. Auch verdächtige private Treffen, geheime Gesellschaften aller Art, politische Gerüchte, die sich in Sachsen und in den Nachbarstaaten verbreiteten, Druckschriften, Flugblätter, Aufsätze in Journalen und „Artikel in Wochenblättern und Zeitungen des In- und Auslandes, wenn selbige in politischer Beziehung Sensation machen können“, Briefwechsel mit dem Ausland überhaupt, der Ankauf von Pulver und Gewehren und schließlich die Stimmung der sächsischen Bevölkerung sollten fortan einer Kontrolle unterzogen werden.232 Zu den dringendsten Regierungsbedürfnissen gehöre jedoch, der Verbreitung des „Tugendvereins“, dieses „Übels“, wie Senfft sich ausdrückte, vorzubeugen und den geheimen Mitgliedern dieser Gesellschaft nachzuspüren.233 Senfft sah den Verein als besonders gefährlich an, weil er befürchtete, seine vermeintlichen Mitglieder würden auf einen revolutionären Umsturz der Regierungsverhältnisse hinarbeiten. Bereits wenige Tage nach Senffts Weisung an die Beamten trafen die ersten Stimmungsberichte aus verschiedenen Teilen Sachsens ein. Aus ihnen und den Meldungen der folgenden Monate lassen sich insgesamt vier für die Fragestellungen dieser Arbeit interessante Tendenzen ablesen.

Erstens: Kein Einfluss des „Tugendvereins“ Fast alle Berichterstatter beteuerten, dass der „Tugendverein“ in Sachsen keine Anhänger habe. Am 28. Januar 1812 berichtete z. B. der Kommissionsrat Friedrich August Schlosser aus Cottbus, dass ein Einfluss dieses Bundes in der Stadt nicht zu fürchten sei. Er musste zwar einräumen, dass die Einwohner des Cottbuser Kreises, der erst 1807 unter sächsische Herrschaft gekommen war, im Allgemeinen noch dem König von Preußen anhängen würden. Schlosser zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Herzen der Cottbuser noch für Sachsen gewonnen werden könnten – eine

232 233

HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 108-110. Ebd., Bl. 39.

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Hoffung, die sich nicht erfüllen konnte, da der Cottbuser Kreis bereits im folgenden Jahr wieder von Preußen in Besitz genommen wurde.234 Die ruhige Stimmung der Bevölkerung des Kreises trotz der fortdauernden Verbundenheit mit Preußen begründete Schlosser damit, dass die wirtschaftliche und politische Lage in Preußen durch den Frieden von Tilsit viel drückender sei als in Sachsen. Die Mehrzahl der Bewohner des Cottbuser Kreises sei sich dieser vorteilhaften Situation bewusst und könne sich glücklich preisen, zu Sachsen zu gehören.235 Auch in der Folgezeit blieb die Stimmung im Cottbuser Kreis ruhig; von einem Einfluss des vermeintlich noch existierenden „Tugendvereins“ konnte Schlosser nichts berichten. Dabei wäre gerade dieser Kreis aufgrund der erwähnten Verbundenheit seiner Einwohner mit Preußen besonders anfällig für Intrigen preußischer Aufrührer gewesen. Über die Stimmung in den anderen Teilen Sachsens gingen ebenso beruhigende Nachrichten ein. So heißt es in einem Schreiben aus dem Neustädter Kreis von Anfang Februar 1812, vom „Tugendverein“ sei „nicht die mindeste Spur zu entdecken“.236 Im gleichen Sinne lauteten die Berichte aus dem Stift Naumburg, aus Merseburg, Wittenberg und aus den beiden Lausitzen.237 Der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter berichtete aus Bautzen, dass es in der Oberlausitz keine Anhänger des „Tugendvereins“ gebe; dieser sei kaum dem Namen nach bekannt. Die Untertanen seien mit ihrem eigenen Fortkommen viel zu beschäftigt und von der Übermacht Frankreichs durch eigene Erfahrung überzeugt, als dass sie an fremden „Verbindungsplänen“ Anteil nehmen würden. Nur unerfahrenen und „zu jeder Art von Enthusiasmus neigenden Jünglingen von etwa 18 bis 25 Jahren“ traue Kiesenwetter Empfänglichkeit für solche „schwärmerische[n] und unausführbare[n] Ideen“ zu, wie sie der „Tugendverein“ verkörpere. Aus diesem Grunde seien das Militär, die Universitäten und die höheren Schulen am ehesten anfällig für solche Strömungen.238

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Über die kurze Periode des Cottbuser Kreises unter sächsischer Herrschaft vgl. Krestin, Cottbus. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 215 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 183. Ebd., Bl. 167, 204-207 u. 214; HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 13, 67, 103 f., 183 u. 185. Ebd., Bl. 142.

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Der Gendarmeriedirektor des Stifts Naumburg, Hanns Rudolph von Lichtenhayn, äußerte sogar die Überzeugung, dass in Deutschland schon deshalb keine revolutionären Bünde die Massen aufbringen könnten, weil die Deutschen viel zu sehr an ihrem Hab und Gut hingen.239 Einen ähnlichen Gedanken brachte der Landeshauptmann der Niederlausitz, Herrmann Carl von Uffel in sarkastischer Form zum Ausdruck: Ob die Einwohner aus voller Überzeugung oder aus Schwärmerei dem jetzigen politischen System Sachsens anhängen würden, sei gleichgültig, denn die Mehrheit der Bevölkerung würde sich nie von dem hohen Sinn der Politik leiten lassen, sondern nur von ihrem Egoismus. Es sei ausreichend, wenn die Untertanen nur in jeder Hinsicht das Glück fühlen würden, das zu erreichen der Zweck der höheren Staatsgewalt sei. Die Niederlausitz würde dieses Glück nun fühlen. Allgemein herrsche Zufriedenheit, dem vormaligen, oftmals deutlich spürbaren Druck Preußens enthoben zu sein. Jeder Versuch, die Einwohner irre zu leiten, würde ohne Folgen bleiben.240 Die in Uffels Schreiben deutlich werdende antipreußische Haltung findet sich interessanterweise auch in den Berichten anderer Beamter. So schrieb der Amtsinspektor Karl Friedrich Stünzner – ebenfalls aus der Niederlausitz – von einer allgemeinen Antipathie gegen Preußen. Weder das „verderbliche“ preußische System noch der „Tugendverein“, der bisher in der Niederlausitz völlig unbekannt sei, würden deshalb in dieser Provinz Einfluss gewinnen können.241 Der Justizamtmann Friedrich August Lauhn behauptete in einem Bericht aus dem Amt Weißenfels im Thüringer Kreis sogar, „die Stimme des Publikums“ sei seit den Jahren 1805 und 1806 gegen alles gerichtet, was aus den preußischen Staaten komme.242 Offensichtlich handelte es sich bei solchen Aussagen nur um antipreußische Polemik, die dem aktuellen politischen Geschehen entsprungen war und in der Furcht begründet lag, Preußen könne in dem bevorstehenden Krieg auf russischer Seite stehen und Sachsen bedrohen. Das zeigt sich ganz deutlich an einem Bericht des Amtsinspektors Stünzner, der Anfang Februar von einer allgemeinen Abneigung gegen Preußen gesprochen hatte. Ende April 1812 schrieb er, das Bündnis Preußens mit Napoleon habe in der Niederlausitz eine „sehr erwünschte Stimmung“ hervorge239 240 241 242

Ebd., Bl. 113. Ebd., Bl. 185 f. Ebd., Bl. 106. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 226 f.

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bracht. Diese Allianz sei für die Provinz von den glücklichsten Folgen, da sie alle Sorgen entferne, die im Falle einer Gegnerschaft mit Preußen nur zu begründet gewesen seien.243 Einen weiteren Beleg dafür, dass es keine tief greifende Abneigung gegen Preußen gab, liefert ein Bericht des Dresdner Polizeidirektors Carl Friedrich von Brand vom 15. Februar 1812. Zu dieser Zeit herrschte noch die Furcht vor einem Krieg zwischen Sachsen und Preußen. Dennoch bemerkte Brand mehrmals, dass die Einwohner Dresdens ihr Bedauern für Preußen zum Ausdruck gebracht hätten, wenn die Meinung geäußert wurde, der Aufmarsch der napoleonischen Armee richte sich gegen diesen Staat.244 Von einem Einfluss des „Tugendvereins“ konnte jedoch auch Brand nichts berichten. Die Meldungen, die Anfang 1812 über die Stimmung im Thüringer Kreis bei Senfft eingingen, waren widersprüchlich: Der Gendarmeriedirektor des Kreises, Ferdinand Heinrich von Helldorf, berichtete am 15. Februar, dass sich in fast allen Städten auch unter der „niedern Klasse der Einwohner“ Gesellschaften unter vielerlei Namen bilden würden, die sich schwer beobachten ließen, im Falle eines Aufstands aber sehr gefährlich werden könnten.245 Helldorf ging nicht näher darauf ein, um was für Gesellschaften es sich handelte und ob Einflüsse des vermeintlich noch existierenden „Tugendvereins“ erkennbar seien. Offenbar war das nicht der Fall, denn einen Monat später berichteten sowohl der Amtshauptmann Adolph Samson von Burkersroda als auch der Justizamtmann Lauhn aus dem Thüringer Kreis, sie hätten keine Spuren des „Tugendvereins“ entdecken können.246 Der einzige Berichterstatter, der behauptete, der „Tugendverein“ stelle für Sachsen eine unmittelbare Gefahr dar, war der Gendarmeriedirektor des Leipziger Kreises, Carl Ludwig August Graf von Hohenthal. Am 1. Februar schrieb er an Senfft, er habe seine Aufmerksamkeit in Ermangelung von Hilfsmitteln bisher zwar auf Leipzig beschränken müssen, sei aber davon überzeugt, dass der „Tugendverein“ unter allen Ständen in Sachsen viel geheime Unterstützung finde.247 Allerdings wurde schnell 243 244 245 246 247

HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 108. Ebd., Bl. 303. Ebd., Bl. 33. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 165; vgl. auch Bl. 210 u. 226 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 74.

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deutlich, warum Hohenthal als einziger ein so düsteres Bild zeichnete: In seinen folgenden Schreiben drängte er den Minister Senfft, den Polizeiapparat unter seiner – Hohenthals – Führung zu verstärken und im Gegenzug von seinen Verpflichtungen als Amtshauptmann entbunden zu werden. Bis zum September 1812 bemühte sich Hohenthal darum und verfasste entsprechend alarmierende Berichte über den Einfluss des „Tugendvereins“. Als Senfft jedoch nicht auf Hohenthals Drängen einging, verlor dieser sehr schnell sein Interesse für die „Geheime Polizei“. In einer Denkschrift des Freiherrn von Just vom Herbst 1812 heißt es, Hohenthal sei als Berichterstatter der „Geheimen Polizei“ nicht wie bisher aktiv, sondern lasse Abneigung und Trägheit verspüren, weil man seinen Ansprüchen, als förmlicher Polizeidirektor angestellt zu werden, nicht habe nachgeben können.248 Hohenthals Berichten über den vermeintlich großen Einfluss des „Tugendvereins“ in Sachsen wurde kein großes Gewicht beigemessen, denn Hohenthals ehrgeizige Ziele waren leicht durchschaubar. Der Leipziger Oberpostamtsdirektor Dörrien schrieb Ende Februar 1812 an Just, er müsse durch neuere Erfahrungen sein Urteil über Hohenthal bestätigen: Dieser würde mit der Begierde, sich geltend zu machen, eine unruhige Tätigkeit verbinden, dabei jedoch oft auf leere, ungeprüfte Gerüchte hin handeln.249 Wenige Tage nach diesem Schreiben verfasste Dörrien einen eigenen Bericht über die Stimmung in Leipzig. Darin heißt es, Dörrien lebe seit nunmehr 40 Jahren in der Messestadt und habe genügend Gelegenheit gehabt, die allgemeine Stimmung der Bevölkerung zu beobachten. Wenn ein solcher Verein wie der „Tugendbund“ sich bemühen sollte, in Sachsen Anhänger zu gewinnen, so würden diese Versuche ohne Erfolg bleiben, denn der Sachse sei seinem Landesherrn und seiner Verfassung sehr treu ergeben. Höchstens einzelne „Schwärmer“, die es beim Reden bewenden ließen und weder Mut noch Kraft zum Handeln hätten, könnten vielleicht für die Sache des „Tugendvereins“ gewonnen werden. Dörrien schrieb weiter: „Wenn man uns wegen Konspiration in Verdachte hat: so mag dieses wohl von halb unterrichteten Kundschaftern herrühren, die von einer table d’hôte [= Stammtisch] zur andern gehen und die Urteile, die sie da von Kaufmannsdienern, Studenten und Fremden hören, weiter berichten und dadurch die Stadt in den Ruf bringen, es herrsche hier ein Geist der Empörung gegen das herrschende System.“250 248 249 250

HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 8, Dok. 20, unpag. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 63.

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Ähnlich sah der Leipziger Polizeiamtschef Gehler die Stimmung in der Stadt. Anfang März 1812 schrieb er, Leipzig sei bisher kein Ort gewesen, wo Revolutionäre Empfänglichkeit für ihre Lehren gefunden hätten.251 Am 5. März 1812 zog der Freiherr von Just in einer Denkschrift für den Minister Senfft eine erste Bilanz der bisherigen Ergebnisse der „Geheimen Polizei“. Auch aus diesem Dokument geht hervor, dass Hohenthals Meldungen keine große Bedeutung beigemessen wurde. Just schrieb, von keiner Seite her hätten die eingegangenen Stimmungsberichte die Befürchtung genährt, dass der „Tugendverein“ beim Ausbruch eines Krieges in Sachsen Anhänger finden würde, die dem Staat gefährlich werden könnten. Die Berichterstatter würden die begüterte und arbeitsame „Volksklasse“ für zu ruhig und der Regierung zu ergeben halten, als dass sie von „schwindelndem Enthusiasmus“ hingerissen werden könnte.252

Zweitens: Treue zum König Die zweite Tendenz in den Stimmungsberichten hängt unmittelbar mit der ersten zusammen und wurde von den Berichterstattern oft als Begründung für die Überzeugung angeführt, dass der „Tugendverein“ in Sachsen keine Anhänger finden würde: Es handelt sich um die in allen Berichten zum Ausdruck kommende Überzeugung von der Treue der Sachsen zu ihrem König Friedrich August I. Der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter schrieb z. B. in einem längeren Bericht Anfang Februar 1812, der Gedanke, sich an eine Partei anzuschließen, die nicht von der Regierung anerkannt werde, komme bei den sächsischen Untertanen nicht auf, denn sie würden ihren „allgemein verehrten König“ über alles lieben und ihm in redlicher Treue gehorchen. Diese „treue Anhänglichkeit“ sei auch durch die großen Kriegslasten nicht gesunken, und alle etwaigen Versuche, die Sachsen zum Ungehorsam gegen ihren Landesherrn anzustiften, verdienten eher Verachtung als Besorgnis oder strenge Gegenmaßnahmen.253 Der Kreishauptmann und Gendarmeriedirektor des Vogtländischen Kreises, George Friedrich von Watzdorf, meldete Mitte Februar, „die

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Ebd., Bl. 367 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 10 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 143 f. u. 146.

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Herzen aller hiesigen Untertanen“ seien „von den treuesten Gesinnungen gegen das Gouvernement erfüllt.“254 In einem Schreiben aus dem Neustädter Kreis wurde von „unbegrenzte[m] Zutrauen“ aller Stände zum sächsischen König berichtet: „Sie betrachten fortwährend Ihro Majestät als ihren Schutzengel bei allen drohenden Gefahren.“255 Gleiches meldeten die Beamten aus dem Thüringer, dem Wittenberger und dem Leipziger Kreis sowie aus dem Stift Naumburg.256 Auch die Stimmungsberichte der folgenden Monate enthielten immer wieder dergleichen Äußerungen. So schrieb z. B. Kiesenwetter Anfang März 1812: „Von allen Seiten erhalte ich Nachrichten und überzeugende Beweise von der treuen Anhänglichkeit der Untertanen an ihren allgemein geliebten Regenten.“257 Nur die Einwohner des Cottbuser Kreises waren nach wie vor ihrem alten Herrscher, dem preußischen König Friedrich Wilhelm III., ergeben. Der Amtsinspektor Stünzner berichtete Ende April 1812, dass die Cottbuser Freimaurerloge die Geburtstagsfeier für den sächsischen König auf den 3. August verlegt habe, um zur gleichen Zeit den preußischen König ehren zu können.258 Dessen ungeachtet bereitete die Haltung der Cottbuser den sächsischen Beamten keine Sorgen. Der mit der Berichterstattung über diesen Kreis beauftragte Kommissionsrat Schlosser versicherte immer wieder, dass die Stimmung unverändert ruhig sei.259 * Auf die Verehrung, die Friedrich August I. bei seinen Untertanen in der Tat genoss, wurde bereits weiter oben hingewiesen (Kapitel 2.2.). Großen Einfluss hatten darauf zweifellos die Pfarrer. Bezeichnenderweise war Friedrich Augusts Beiname „der Gerechte“ bereits 1799 von dem bekannten Oberhofprediger Reinhard benutzt worden.260

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HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 172. Ebd., Bl. 181 f. Ebd., Bl. 210 (Thüringen) u. 215 (Wittenberg); HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 110 (Naumburg-Zeitz) u. 359 (Leipzig). Ebd., Bl. 149. Ebd., Bl. 108. Der preußische König hatte am 3.8. Geburtstag, der sächsische am 23.12. Auf den 3.8. fiel allerdings auch der Namenstag Friedrich Augusts I. Vgl. den recht umfangreichen Bestand an Berichten Schlossers (ebd., Bl. 214-284). Becker, Friedrich August, S. II (!).

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Doch nicht nur die einflussreichen Geistlichen in der Residenz oder den größeren Städten, sondern auch die Prediger in kleinen Ortschaften riefen ihre Gemeinden unermüdlich auf, ihren Landesvater „in treuer Anhänglichkeit“ zu lieben.261 Die Pfarrer schilderten ihren Gemeinden die politischen Maßnahmen Friedrich Augusts als notwendig und den Zeitumständen geschuldet, oder begleiteten sie mit Beifall, wenn es sich um scheinbare Erfolge wie den Abschluss des Friedens von Posen handelte.262 In den Zeiten, die von großen Belastungen geprägt waren, bemühten sich die Pfarrer umso mehr, die Treue der Untertanen zum König zu fördern. So beantwortete beispielsweise der Leipziger Prediger Heinrich Gottlieb Kreußler in einer im Oktober 1812 gehaltenen Predigt die selbst gestellte Frage, wie bessere Zeiten herbeigeführt werden könnten, u. a. mit folgender Aufforderung: „Endlich müssen wir auch, um bessere Zeiten herbeizuführen, allen, auch selbst den beschwerlichen Verordnungen der Obrigkeit um Gottes willen untertan sein.“263 Kreußler sprach weiter von den mannigfaltigen Annehmlichkeiten und Lebensgenüssen, deren sich die Bürger in einem mit Güte und Weisheit regierten Land wie Sachsen im Frieden erfreuen könnten; allerdings müssten auch die Beschwerden und Unannehmlichkeiten hingenommen werden, die der Krieg oder „andere unglückliche Zeitumstände“ mit sich brächten. Unzufriedene Klagen, Ungehorsam und Widerspenstigkeit würden die bedrückte Lage des Untertanen nicht verbessern, sondern verschlechtern; folglich sei ein „gehorsameres und vernünftigeres Betragen“ der richtige Weg, bessere Zeiten herbeizuführen.264 Solche Ermahnungen dürften keineswegs vergeblich gewesen sein, und die sächsische Bevölkerung wird viele politische Maßnahmen Friedrich Augusts I. tatsächlich als notwendig angesehen haben, zumal sie sich scheinbar immer wieder als richtig herausstellten. Der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter schrieb Anfang Februar 1812 aus der Oberlausitz, die Bevölkerung bleibe fest davon überzeugt, dass der Beitritt zum Rheinbund die einzig mögliche Maßregel zur Rettung Sachsens gewesen sei und

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So z. B. der Diakon Christian Gotthold Kreyßig aus Wolkenstein in seiner Predigt zum Namenstag Friedrich Augusts am 3.8.1806, die 1807 im Druck erschien (Kreyßig, Predigt). So beispielsweise der Wittenberger Archidiakon Johann Christoph Erdmann in seiner am 8.2.1807 gehaltenen Predigt (Erdmann, Dankpredigt). Kreußler, Wie können wir bessere Zeiten herbeyführen, S. 28. Ebd., S. 30 f.

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ihre Folgen mit ausdauernder Standhaftigkeit getragen werden müssten.265 Im September 1812, nach dem Beginn des Krieges gegen Russland, schrieb Kiesenwetter, die Bevölkerung der Oberlausitz sehe ein, dass die gegenwärtige Lage eine unvermeidliche Folge unabänderlicher großer Begebenheiten sei, denen keine menschliche Gewalt widerstehen könne.266 Allerdings lässt sich vermuten, dass diese Treuebekundungen auch einer Erwartungshaltung geschuldet waren und angesichts der nicht wegzuleugnenden Unzufriedenheit der Bevölkerung ein gewisses Wunschdenken eine Rolle spielte. Denn nach allen Beteuerungen, dass das Volk die außenpolitischen Maßnahmen Friedrich Augusts I. gutheiße, kam Kiesenwetter in seinem Stimmungsbericht von Anfang Februar 1812 schließlich doch nicht umhin zuzugeben, dass es zumindest „unter dem gebildeten Teile des Publici“ manchen gebe, der seine Unzufriedenheit mit dem vom König angenommenen politischen System nicht ganz verbergen könne. Daneben sprach Kiesenwetter auch den Unwillen über die Vorrechte des Adels und die Befreiung der Rittergüter und der geistlichen Anwesen von Abgaben an – eine Missstimmung, die „vorzüglich unter Advokaten und solchen Subjekten, die aus dem Mittel der letztern sich zu Ämtern erhoben haben“, zu finden sei.267 * Der Unmut gegen die eigene Regierung hielt sich zu dieser Zeit jedoch in Grenzen, denn trotz aller Lasten konnte die Bevölkerung ihr eigenes Los immer noch als vorteilhaft ansehen, wenn sie ihre Lage z. B. mit der Situation verglich, in der sich Preußen befand. Dieser Staat konnte gleichzeitig als Beispiel dafür hingestellt werden, wie es einer Macht ergehen konnte, die sich gegen Napoleon stellte. Der französische Kaiser hatte bislang noch keine entscheidende Niederlage hinnehmen müssen; vor diesem Hintergrund musste die Politik Friedrich Augusts I. den meisten Sachsen als richtig und weitsichtig erscheinen. Trotz aller Einsicht in die vermeintliche Notwendigkeit des Bündnisses mit Napoleon empfand die Mehrheit der Bevölkerung im Jahre 1812 keine Sympathien mehr für die Franzosen. Auch das geht deutlich aus den Berichten der „Geheimen Polizei“ hervor. Es widerspiegelt sich in den 265 266 267

HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 144. Ebd., Bl. 179. Ebd., Bl. 145.

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Klagen über den Niedergang des Wohlstands Sachsens und über das schlechte Verhalten der durchziehenden fremden Truppen.

Drittens: Niedergang des Wohlstands In seinem bereits mehrfach erwähnten ausführlichen Bericht von Anfang Februar 1812 widmete sich Kiesenwetter besonders der Verschlechterung der Stimmung in der Oberlausitz und schilderte als Hauptgrund den „von allen Seiten gehemmten Handel“. Er schrieb, in Sachsen hänge die Stimmung der Masse der Bevölkerung fast ausschließlich davon ab, in welcher Lage sich der „Nahrungsstand“ des Landes befinde, ob sich viel oder wenig Geld unter Privatpersonen im Umlauf befinde und ob es dem Untertanen leicht oder schwer falle, durch Ackerbau, Handel und alle Arten von erlaubtem Gewerbe einen gewissen Grad von Wohlstand zu erlangen. Gehe man von diesem Gesichtspunkt aus, dürfe man sich nicht wundern, dass sich der „lebhafte und glänzende Frohsinn“, der noch vor wenigen Jahren geherrscht habe, unter den gegenwärtigen Zeitverhältnissen in stillen Unmut und kärgliche Sparsamkeit verwandelt habe. Durch den Niedergang des Handels sänken die sächsischen Waren nicht nur im Kaufwert, sondern fänden auch größtenteils gar keinen Absatz. Die bedeutendsten Handelshäuser würden ihre Geschäfte einstellen. Diejenigen Kaufleute, die ohne Rücksicht auf den „Druck der Zeiten“ den Handel fortsetzten, würden sich selbst und ihren Gläubigern finanzielle Verluste zufügen; zahlreiche Konkurse seien die Folge. Auch der Wert der Grundstücke sei durch hohe Zinsen und Abgaben stark gesunken. Dieser Notstand würde von der Bevölkerung umso härter empfunden und beklagt, als er der „höchsten Stufe von Wohlhabenheit“, auf der sich Sachsen bis 1806 befunden habe, unmittelbar gefolgt sei. Kiesenwetter beeilte sich hinzuzufügen, dass der Unmut nur „gegen die Härte des Schicksals“ gerichtet sei und keineswegs gegen die Maßnahmen der Regierung.268 Nicht nur in den Briefen Kiesenwetters aus der Oberlausitz, sondern auch in den Stimmungsberichten aus den anderen Teilen Sachsens finden sich entsprechende Klagen über den Niedergang des Wohlstands. Der Gendarmeriedirektor des Neustädter Kreises, Ehrhardt Friedrich Freiherr von und zu Mannßbach, schrieb Anfang März 1812, die Klagen über die vielen neuen Abgaben bei gleichzeitig gehemmtem Handelsverkehr und

268

Ebd., Bl. 143 f.

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Verdienst würden immer allgemeiner.269 Der Leipziger Polizeiamtschef Gehler zeigte sich sogar besorgt, dass sich die Einwohner der Stadt angesichts der fortdauernden Störung des Handels und der hierdurch herbeigeführten „Nahrlosigkeit“ in Zukunft doch solchen revolutionären Strömungen, wie sie der „Tugendverein“ verkörpere, zuwenden könnten; denn manchen sonst geschäftigen Leipziger habe die Not bereits zum verzweifelten Müßiggänger gemacht.270 Die meisten anderen Berichterstatter sahen die Sicherheit Sachsens allerdings nicht bedroht, sondern beteuerten in ihren Schreiben immer wieder, dass die Bevölkerung nicht der eigenen Regierung die Schuld gebe. So heißt es in einem Schreiben des Kreishauptmanns des Vogtländischen Kreises, die Klagen über die vermehrten Abgaben und die Stockungen in Handel und Gewerbe seien zwar allgemein, allerdings würde man anerkennen, dass die Regierung Linderung schaffe.271 Der Gendarmeriedirektor des Wittenberger Kreises, Friedrich Wilhelm Curt von Leipziger, drückte sich noch optimistischer aus: „Man hört ja wohl Klagen im Allgemeinen über die jetzigen zum Teil drückenden Verhältnisse, allein jeder preist sich glücklich, unter diesen Umständen ein Sachse zu sein, und die Liebe und Anhänglichkeit an unseren Monarchen kennt keine Grenzen.“272 Der Gendarmeriedirektor des Thüringer Kreises berichtete ebenfalls von Klagen über viele Abgaben und Kosten. Aber auch er versicherte, dass sich bei der „niedern Volksklasse“ keine nachteilige Meinung gegen den König und den Staat ausspreche. Allerdings würden die Lasten als Folgen des französischen Einflusses angesehen, und von „Anhänglichkeit“ der sächsischen Bevölkerung an die französische Nation könne folglich nicht die Rede sein.273 * Nach dem Beginn starker Truppenbewegungen zum Aufmarsch für Napoleons Russlandfeldzug traten die Klagen über große Einquartie269 270 271 272 273

HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 184. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 367 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/5, Bl. 173. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 13. Ebd., Bl. 33.

im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, im Jahr 1812 betreffend, Bd. 1, im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2,

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rungslasten in den Vordergrund. Sachsen war davon ab März 1812 betroffen, und einige Berichte der „Geheimen Polizei“ deuten die Folgen für die Stimmung der Bevölkerung an. So schrieb der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter Anfang April 1812 aus der Oberlausitz, die Einquartierungslasten würden neben den ohnehin schon vermehrten Abgaben und bestehenden Beschränkungen des Handels tief empfunden, allerdings würde das „unbegrenzte Vertrauen“ in den König tröstend und beruhigend wirken.274 Viel drastischer schilderte der Polizeiamtschef Gehler die Lage in einem zur selben Zeit verfassten Bericht aus Leipzig: Es lasse sich mit Grund vermuten, dass eine nicht unbeträchtliche Anzahl der Einwohner durch die unerschwinglichen Einquartierungslasten ruiniert und selbst früher wohlhabende Bürger in die „Klasse der Dürftigen“ gestürzt worden seien. Eine längere Dauer dieser bedrängten Lage würde der Mehrzahl der Leipziger den Untergang bringen und vielleicht den Namen der Stadt für geraume Zeit aus dem Verzeichnis der wohlhabenden Handelsplätze löschen.275

Viertens: Schlechtes Verhalten der „Franzosen“ Außer den genannten, recht allgemein gehaltenen Klagen über die Einquartierungslasten enthalten die Berichte der „Geheimen Polizei“ auch zahlreiche Einzelheiten zu den Belastungen durch die fremden Truppen – darunter viele Beispiele für Disziplinlosigkeiten und Ausschreitungen. Darauf wurde bereits im ersten Kapitel dieser Arbeit ausführlich eingegangen. An dieser Stelle genügt der Hinweis, dass einige Berichterstatter sich Gedanken über die Folgen des schlechten Verhaltens für die Stimmung der Bevölkerung machten. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Gendarmeriedirektors des Wittenberger Kreises vom 30. April 1812. Darin heißt es, die Bevölkerung habe zwar bisher die jetzigen drückenden Verhältnisse gefühlt, aber im Stillen geduldet. Die Erinnerung an die unglücklichen Jahre 1806 und 1807 sei erloschen gewesen. Aber leider hätten das Ungestüm der fremden Truppen, ihre Ungenügsamkeit in Bezug auf Verpflegung und Furage und ihre an den Einwohnern verübten Misshandlungen die alte Erbitterung wieder erweckt, genährt und aufs Höchste gesteigert. Am Schluss des Berichts 274 275

Ebd., Bl. 153; vgl. auch Bl. 164. Ebd., Bl. 375.

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heißt es: „Demohngeachtet fürchte ich von dieser veränderten Stimmung zur Zeit nichts. Das ruhige Blut der Sachsen kühlt sich, wenn es auch einmal aufwallt, bald ab. Sollten aber diese sieggewohnten Armeen einmal besiegt und zerstreut zurückkommen, dann fürchte ich – alles.“276 * Neben diesen vier Haupttendenzen – der Berichterstattung über den „Tugendverein“, den Beteuerungen der Treue zum König, den Klagen über den Niedergang des Wohlstands und das schlechte Verhalten der fremden Truppen – finden sich in den Berichten der „Geheimen Polizei“ vom Frühjahr 1812 auch Bemerkungen über die Haltung der Sachsen zu dem bevorstehenden Krieg Napoleons gegen Russland. Die Anlegung neuer Militärmagazine, die Aushebung von Rekruten und die starken Truppenbewegungen waren deutliche Anzeichen für die kommenden großen Ereignisse. Wie die Bevölkerung darauf reagierte, soll im Folgenden beleuchtet werden.

2.7. Napoleons Feldzug gegen Russland Am 15. Februar 1812 erging an die sächsische Armee der offizielle Befehl zur Mobilmachung und zur Teilnahme an Napoleons Aufmarsch gegen Russland im Rahmen des VII. Armeekorps der Großen Armee.277 Der Befehl kam für die Soldaten sicherlich nicht überraschend, denn schon seit dem Herbst des vorangegangenen Jahres hatten die sächsischen Regimenter nach und nach ihre Garnisonen verlassen und waren auf dem rechten Elbufer zusammengezogen worden, um ihre Ausbildung zu vollenden.278 Anfang Februar 1812 waren zudem neue Rekrutenaushebungen erfolgt.279 Der Bevölkerung war klar, dass es sich diesmal nicht um die gelegentlich vorkommenden kurzen Ausmärsche für Truppenschauen handelte, sondern um einen kriegerischen Aufmarsch. Der Soldat Johann Gotthelf Jacob, dessen Regiment am 10. Februar 1812 aus Dresden abrückte, schrieb in seinen Erinnerungen, dass zahlreiche Einwohner die Soldaten 276 277 278 279

Ebd., Bl. 28-30, Zitat Bl. 30. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 188. Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 79. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 376 f.

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bei ihrem Auszug begleitet hätten. Anders als bei einem Abmarsch in ein Feldlager sei diesmal aber kein Jubel laut geworden, sondern es habe eine wehmütige Stimmung geherrscht.280 Diese Aussage wird durch einen geheimen Bericht des Dresdner Polizeidirektors Brand vom 15. Februar 1812 bestätigt. Darin heißt es, der Abmarsch der Truppen habe beim Publikum eine „unangenehme Empfindung“ erregt.281 Die Aussage Jacobs, die Bevölkerung habe bereits das Verhängnisvolle dieses Marsches geahnt, ist allerdings eine nachträgliche Fehlinterpretation; denn wie bereits weiter oben berichtet wurde, glaubte die Öffentlichkeit zu dieser Zeit noch, Napoleons Armeen würden gegen Preußen aufmarschieren. Zudem war die Masse der Bevölkerung von der Unbesiegbarkeit des französischen Kaisers als Feldherr überzeugt. Der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter brachte dies Anfang März 1812 mit den Worten zum Ausdruck: „Unstreitig hat man sich an die Idee gewöhnt, dass die Partei, an deren Spitze Napoleon steht, allemal siegen müsse.“282 Dennoch herrschte verständlicherweise Besorgnis. Laut Jacobs Erinnerungen waren viele Soldaten seines Regiments mit den Bewohnern Dresdens verwandt oder befreundet; manche Familie habe sogar ihren Ernährer ins Feld ziehen sehen.283 Außerdem brachte jeder Feldzug neue materielle Belastungen. Allerdings tröstete sich die Bevölkerung bis zum Frühjahr 1812 mit der Hoffnung, dass der Ausbruch von Kriegshandlungen noch abgewendet werden könne. So berichtete der Gendarmeriedirektor des Wittenberger Kreises Ende Februar, dass sich das Gerücht verbreitet habe, in Potsdam würde ein allgemeiner Friedenskongress abgehalten. Diese Neuigkeit habe unter der Bevölkerung Freude erregt.284 Noch während des Fürstentreffens im Mai 1812 verbreiteten sich Gerüchte, der Zar komme entweder selbst oder schicke einen hohen Vertreter zu Friedensverhandlungen nach Dresden.285 Umso größer war die Ernüchterung, als sich zeigte, dass alle Friedenshoffnungen vergeblich 280 281 282 283

284 285

Jacob, Lebenslauf, S. 23. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 303. Ebd., Bl. 149. Jacob, Lebenslauf, S. 23. Einen Einblick in die Sorgen einer Dresdnerin um ihren Mann, der im Frühjahr 1812 in Polen stand, bieten die im HStA Dresden aufbewahrten Briefe an den Proviantoffizier Johann Gottfried Gärtner (HStA Dresden, Privatbriefe an den Proviantoffizier Gärtner, 1812, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 17). HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 18. Ebd., Bl. 326.

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gewesen waren. Die Bemerkung Wilhelm von Kügelgens, angesichts des sich abzeichnenden Krieges habe „bitterster Franzosenhass“ geherrscht286, erscheint vor diesem Hintergrund nicht übertrieben. Wie sehr sich die Haltung der Sachsen gegenüber Napoleon seit der Euphorie von 1807 mittlerweile verändert hatte, zeigte sich anlässlich des Dresdner Fürstentreffens im Mai 1812. Während die Dresdner den Kaiser 1807 voller Enthusiasmus als Friedensbringer willkommen geheißen hatten, mussten die Behörden dieses Mal Befehle erlassen, um die Bevölkerung zu Jubelrufen für Napoleon zu bewegen.287 Die Reserviertheit der Dresdner gegenüber dem französischen Kaiser musste umso peinlicher auffallen, als der König von Preußen mit spontaner Begeisterung begrüßt wurde.288 Der Gegensatz zur Behandlung Napoleons war so offensichtlich, dass der Polizeidirektor Brand glaubte, in einem geheimen Stimmungsbericht an den Minister Senfft die Haltung der Dresdner rechtfertigen zu müssen. Er schrieb, die Freude, mit der Napoleon vom Dresdner Publikum empfangen worden sei, wäre wohl ungleich größer gewesen, wenn er sich gleich nach seiner Ankunft in der Öffentlichkeit gezeigt hätte. Seine Zurückgezogenheit hätten die Einwohner aber als Beweis eines unverdienten Misstrauens gewertet und sich gekränkt gefühlt.289 Bemerkenswert erscheinen Brands Ausführungen über die Reaktionen der Dresdner auf die Anwesenheit der anderen Monarchen: In der Kaiserin der Franzosen, Marie-Louise von Österreich, habe man mit großer Teilnahme nur die liebende Gattin und Mutter erblickt, die sich bald auf lange Zeit von ihrem Gemahl trennen müsse und den Ausdruck ihrer Gefühle mühsam bekämpft habe. Der Besuch des österreichischen Kaisers habe anscheinend wenig Aufmerksamkeit erregt, dagegen sei seiner Gemahlin große Ehrfurcht und Bewunderung entgegengebracht worden. Die Anwesenheit des Großherzogs von Würzburg und der Königin von Westfalen sei dagegen kaum oder gar nicht beachtet worden. Die „ganz vorzügliche Teilnahme und Lebhaftigkeit“, mit der Friedrich Wilhelm III. und der preußische Kronprinz behandelt wurden, versuchte Brand zunächst zu bagatellisieren, indem er schrieb, dass sie wahrscheinlich bloß auf eine gutmütige Art der ehemaligen Größe Preußens, der verstorbenen preußischen Königin und der „vorausgesetzte[n] Abneigung Sr. Majestät des Königs 286 287 288 289

Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 103. Welck, Napoleons Aufenthalt in Dresden, S. 132. Nieritz, Selbstbiographie, S. 104; Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 109-111; Kretzschmar, Lebenserinnerungen des Königs Johann von Sachsen, S. 42 f. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 327.

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selbst, hier in Dresden zu erscheinen“, gegolten habe – womit Brands Bericht einen weiteren Beleg liefert, dass von einer grundsätzlichen preußenfeindlichen Stimmung in Sachsen keine Rede sein konnte. Schließlich musste der Polizeidirektor jedoch zugeben, dass der Jubel der Dresdner für Friedrich Wilhelm III. weit über eine gut gemeinte Geste des Trostes hinausgegangen war: „Die Herablassung und Freude, mit welcher derselbe diese, wie man glaubt, nicht erwartete Aufnahme zu erwidern schien, hat aber auch nachher großen Eindruck gemacht. Man will sogar unter dem freudigen Zurufe, mit welchem er von dem unter den Fenstern versammelten Volke bewillkommnet worden, die Worte eines Einzelnen, – Es lebe das alte Haus Preußen! – gehört haben: es ist mir jedoch nicht möglich gewesen, deshalb zur Gewissheit zu gelangen.“290 Als der preußische König auf der Rückreise von Dresden in Meißen eine Rast einlegte, bereiteten ihm die Einwohner einen spontanen festlichen Empfang. Sie beleuchteten die Häuser und ließen Musikkapellen aufspielen. Auf Transparente hatten sie u. a. geschrieben: „Höchster, gib nach Deiner Güte Preußen Glück und Sachsen Friede!“ und „Der Sorgen finstre Nacht entweicht, wo sich der schwarze Adler zeigt.“291 Dieses Ereignis war so bemerkenswert, dass es noch in einer Denkschrift des Freiherrn von Just vom Herbst 1812 über die „Geheime Polizei“ erwähnt wurde – und zwar als ein Vorfall, der die Aufmerksamkeit des französischen Gesandten auf sich gezogen habe, weil er auf eine antinapoleonische „Umstimmung“ der sächsischen Bevölkerung hindeute.292 Tatsächlich war eine solche „Umstimmung“ offenkundig. Doch erscheint bemerkenswert, dass sie dem französischen Gesandten erst jetzt auffiel. Wie weiter oben beschrieben wurde, hatte der Stimmungswandel bereits unmittelbar nach der Euphorie des Sommers 1807 eingesetzt (Kapitel 2.3.). Während des Krieges gegen Österreich 1809 war er sehr deutlich zutage getreten. Die spontanen Sympathiebekundungen der Dresdner und Meißner für den preußischen König sind zudem ein weiterer Beleg dafür, dass die Grundhaltung vieler Sachsen trotz aller Propaganda und der tatsächlichen politischen Entfremdung zwischen Sachsen und Preußen weiterhin preußenfreundlich war. Die festlichen Empfänge für Napoleon, z. B. bei seiner

290 291 292

Ebd., Bl. 327 f. Zitate nach Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 3, 1894, S. 263 f.; vgl. dazu auch Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 109. HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Zur Datierung dieser Denkschrift vgl. Töppel, Der Staat, S. 205 f.

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Reise durch die Oberlausitz Ende Mai 1812293, sind demgegenüber für die Stimmung der Bevölkerung ebenso wenig aussagekräftig wie die Beleuchtung der großen Städte nach dem französischen Sieg vor Moskau im September 1812; in beiden Fällen wurden die Festlichkeiten von den sächsischen Behörden angeordnet.294 * Die Stimmung der Bevölkerung sowohl unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges gegen Russland als auch nach dem Beginn der Kämpfe wird in den Quellen recht einheitlich beschrieben: Der Gendarmeriedirektor des Stifts Naumburg berichtete Mitte Juni 1812, überall herrsche eine „ungewöhnliche, tiefe Stille“, die wahrscheinlich auf eine „ängstliche Erwartung“ der kommenden Ereignisse zurückzuführen sei.295 Im September 1812 hatte sich nichts an dieser Stimmung geändert, und der Berichterstatter schilderte sie mit denselben Worten wie drei Monate zuvor.296 Der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter stellte im September 1812 fest, dass die Unterhaltungen über die kriegerischen Begebenheiten weniger lebhaft als in allen vorigen Kriegen seien. Man spreche über Zeitungsnachrichten und teile sich die von der Armee eintreffenden Privatbriefe mit, ohne „Parteigeist“ zu verraten. Kiesenwetter schrieb, dies sei darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung im Gegensatz zu früheren Feldzügen weniger Vertrauen in die Fähigkeiten der Feinde habe; fast niemand glaube, Napoleon könne von den Russen besiegt werden. Diese Aussagen müssen jedoch als geradezu naiv bezeichnet werden. Der Hauptgrund des scheinbar geringeren Interesses an den Kriegsereignissen lag unzweifelhaft im Verbot, über den Feldzug in Russland Ge293

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Vgl. dazu den Bericht Kiesenwetters vom 1.6.1812; HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 173. Die Aussage von Gustav Nieritz (ders., Selbstbiographie, S. 107), nach der Einnahme Moskaus sei in Dresden eine „unbefohlene“ Illumination veranstaltet worden, ist nicht richtig. Die Beleuchtung Dresdens und Leipzigs wurde auf ausdrücklichen Befehl des sächsischen Königs durchgeführt (Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 409 f.). HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 129; vgl. auch den Bericht des Oberamtshauptmanns von Kiesenwetter vom 1.4.1812, in dem es heißt, das Publikum sorge sich wegen des bevorstehenden Krieges; ebd., Bl. 153. Ebd., Bl. 135; vgl. auch Jecht, Görlitz, S. 20. Dort heißt es, die Bevölkerung habe „in ängstlicher Spannung“ die Ereignisse auf dem fernen Kriegsschauplatz erwartet.

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rüchte zu verbreiten. Dieses Verbot wurde sehr ernst genommen, wie der Fall eines Leipziger Angestellten namens Opitz belegt. Dieser wurde im August 1812 angezeigt, weil er angeblich Nachrichten über Niederlagen der napoleonischen Armee und über russische Siege verbreitet hatte. Eine Untersuchung ergab, dass Opitz ein zwar harmloser, aber geschwätziger Mann war, der aus Wichtigtuerei tatsächlich Neuigkeiten über den Krieg in Russland verbreitet hatte. Er wurde verwarnt, und im Wiederholungsfall wurde ihm strenge Ahndung angedroht.297 Trotz des Verbots ließ sich die Verbreitung von Nachrichten über den wahren Verlauf des Russlandfeldzugs aber nicht verhindern. Anfang November 1812 berichtete der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter nach Dresden, in der Oberlausitz seien Gerüchte über die katastrophale Lage der Großen Armee im Umlauf. Kiesenwetter beeilte sich hinzuzufügen, die Stimmung sei dennoch ruhig und der „Tugendverein“ habe sicherlich nach wie vor keine Anhänger in der hiesigen Gegend.298 * Doch wie reagierte die sächsische Bevölkerung auf die Nachrichten von Napoleons Niederlage, die trotz des Verbots nach Sachsen drangen? Glaubt man den älteren Darstellungen und den Aussagen einiger Memoirenschreiber, wurde die Nachricht über den Rückzug der Franzosen aus Russland in Sachsen mit unverhohlener Freude aufgenommen.299 Das trifft für Teile der Bevölkerung zweifellos zu und findet in zeitgenössischen Quellen Bestätigung. So schrieb der Redakteur der Leipziger Zeitung, Siegfried August Mahlmann, am 23. Dezember 1812 an seinen Freund Karl August Böttiger in Dresden: „Ich preise Gott, dass ich die Offenbarung seiner Gerechtigkeit erlebe und den Beweis, dass er noch der alte Zeus Kronion ist, der die Übermütigen züchtigt. Wehe, dass soviel Unschuldige mit dem großen Verbrecher fallen!“300 Und der Görlitzer Bürgermeister Samuel August Sohr

297

298 299 300

HStA Dresden, Acta, verschiedene Anbringen der Kaiserlich Französischen Gesandtschaft und anderer Französischer Behörden betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 3: 1811-1812, Loc. 2507/4, Bl. 154 u. 178-184. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 181 f. Beispielsweise Nieritz, Selbstbiographie, S. 110; Rühlmann, Die öffentliche Meinung, S. 116-119; Lange, Die öffentliche Meinung, S. 3. SLUB, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Bd. 122 (4°), Dok. 57, unpag.

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berichtete seinem Sohn eine Woche später, das Triumphieren der Feinde Frankreichs, zu denen er selbst nicht gehöre, sei „über Beschreibung groß“.301 Wenn man allerdings nur derartige Aussagen zu Rate zieht, erhält man ein verklärtes Bild, das auf einseitiger Auswahl der Quellen beruht. Paul Rühlmann hat diesen Fehler begangen und als Belege ausschließlich solche Memoiren und Berichte der „Geheimen Polizei“ angeführt, in denen die Freude der Bevölkerung über die Niederlage Napoleons zum Ausdruck kommt. Die Jugenderinnerungen Kügelgens, die Rühlmann zitiert, sind jedoch keinesfalls repräsentativ für die Stimmung in Sachsen, da Kügelgens Mutter in Livland geboren worden war und sich als Russin fühlte.302 Bei den geheimen Stimmungsberichten hat Rühlmann auf ein Schreiben des Grafen von Hohenthal zurückgegriffen, der als einziger Berichterstatter der „Geheimen Polizei“ eine unmittelbare Bedrohung Sachsens durch den „Tugendverein“ sah. Wie bereits weiter oben erwähnt, waren Hohenthals Berichte aber so offensichtlich übertrieben, dass sie schon seinerzeit nicht ernst genommen wurden. Eine unvoreingenommene Prüfung der Quellen ergibt ein differenzierteres Bild. So berichtete der Leipziger Polizeiamtschef Gehler am 1. Oktober 1812: Die Nachricht, Moskau sei von den Russen angezündet und völlig zerstört worden, habe unter den Leipziger Händlern allgemein Schrecken verbreitet und sich nachteilig auf die Herbstmesse ausgewirkt, „weil kein Handelshaus von einiger Bedeutung vorhanden ist, welches nicht durch einen solchen Schlag mittel- oder unmittelbar getroffen wird.“303 Der Dresdner Polizeidirektor Brand meldete dem Minister Senfft Mitte November 1812, dass sich in der Öffentlichkeit seit den Nachrichten über den Einbruch des Winters in Russland und den Rückzug Napoleons die Klagen über die Lage des sächsischen Militärs mehren würden.304 Diese Aussage deckt sich mit den Erinnerungen des Prinzen und späteren Königs Johann, der die Ereignisse des Jahres 1812 als zehnjähriger Knabe in Dresden erlebte. Er schrieb, er habe lebhaften Anteil an den Kämpfen der sächsischen Truppen in Russland genommen und sei traurig über ihre Niederlagen gewesen. Über die Verluste der sächsischen Kavallerie sei 301 302

303 304

Görlitz im Jahr 1813, S. 203. Kügelgen, Helene Marie von Kügelgen, S. 2. In ihrem Tagebuch sprach sie von den Russen als ihren Landsleuten (ebd., S. 179), und die Besetzung Dresdens durch russische Truppen im März 1813 kommentierte sie mit den Worten: „Das Vaterland kommt zu mir!“ (ebd., S. 184). HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 411. Ebd., Bl. 353.

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„man“ sehr betrübt gewesen, weil in dem Regiment „Garde du Corps“ viele „Söhne der ersten Familien der Residenz“ gedient hätten.305 Es liegt auf der Hand, dass nicht nur der Hof und die Dresdner Oberschicht so dachten, sondern viele Sachsen, deren Angehörige für Napoleon in Russland kämpften. Mahlmann, der noch Ende Dezember euphorische Freude über Napoleons Niederlage ausgedrückt hatte, schrieb seinem Freund Böttiger zwei Wochen später: „Es übersteigt allen Glauben, was für Elend die Armee ausgestanden hat. Wir werden in diesem Jahre unerhörte Dinge erleben, denn dieser Verl[ust] ist nicht zu ersetzen, und wer die Menschheit liebt, dem muss das Herz bluten.“306 Neben die Sorge um die Soldaten trat auch die Befürchtung, Sachsen könne durch den Rückzug Napoleons zum Kriegsschauplatz werden. Ein Torgauer Finanzbeamter schrieb Ende Dezember 1812 in einem Privatbrief, er halte das Unglück der Großen Armee zwar für ein Gerücht und vertraue auf Napoleons Feldherrntalent und die Tapferkeit seiner Armee. „Aber wenn nur ein Zehnteil wahr ist von dem Verluste bei dem wohl klüglich erwählten, aber höchst schwierigen Rückzuge, was werden für unser armes Vaterland die Folgen sein?“307 Besondere Aufmerksamkeit verdient ein Stimmungsbericht des Leipziger Polizeiamtschefs Gehler vom 29. November 1812, weil in ihm der Zwiespalt zwischen Furcht und Hoffnung recht gut zum Ausdruck kommt.308 Gehler bemerkte zunächst, die bisherigen Kriegsereignisse hätten in Leipzig, wie in ganz Deutschland, allgemeines Aufsehen erregt, und die Verbreitung von entsprechenden Nachrichten ließe sich nicht verhindern. Die jüngsten politischen Ereignisse hätten einen so fühlbaren Einfluss auf den Wohlstand, das Glück und die Ruhe der Einwohner gehabt, dass das Interesse an deren ferneren Verlauf allgemein sei. In den letzten Tagen hätten die gesellschaftlichen Unterhaltungen ausschließlich den Krieg in Russland zum Thema gehabt. Die Volksmenge würde sich lauter als gewöhnlich äußern, und sie sei denen, die der „gemeine Mann“ als Urheber seines gestörten Wohlstands betrachte, freilich nicht wohl gesonnen. Von vielen würden deshalb Nachrichten von russischen Erfolgen gegen 305 306 307

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Kretzschmar, Lebenserinnerungen des Königs Johann von Sachsen, S. 43. SLUB, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Bd. 122 (4°), Dok. 58, unpag. Zitat nach Frenzel, Vergilbte Papiere, S. 68. Drei Wochen später schrieb er: „Ich leugne nicht, dass mich mein guter Mut, den ich lange, länger als die meisten, bewahrt hatte, zu verlassen beginnt. Es ist ein trauriges Leben, alle drei oder vier Jahre um seinen Wohlstand und um seine Existenz bangen zu müssen.“ (ebd., S. 83). HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 418-420.

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die Franzosen nicht ungern aufgenommen und leicht geglaubt. Allerdings zweifle niemand dran, dass Napoleons Genie auch aus der schwierigsten Lage noch einen ruhmreichen Ausweg finden würde und dass folglich für Sachsen von den Russen nichts zu befürchten sei. Die meisten Leipziger würden sich von einer Beschränkung des französischen Kriegsglücks aber eine schnellere Rettung aus den herrschenden drückenden Verhältnissen erhoffen. Diese Bemerkungen machen deutlich, dass sich viele Leipziger – und gleich ihnen wohl auch viele Einwohner aus den anderen Teilen des Landes – keineswegs einen Vormarsch der Russen nach Sachsen wünschten. Vielmehr hoffte die Bevölkerung, der französische Kaiser würde sich durch die Siege der Russen zu einem Friedensschluss bewegen lassen. Gehler schrieb weiter, in Leipzig würden sich gerade mehrere französische und westfälische Kundschafter aufhalten, deshalb habe er in allen Gasthäusern und Cafés politische Gespräche verbieten lassen und bereits mehrere Personen wegen „ungesitteter Äußerungen“ bestraft. Weitere Maßnahmen dieser Art halte er jedoch nicht für ratsam, da sie nur allzu großes Aufsehen erregen und unnötigerweise Furcht verbreiten würden. Ohnehin wäre der „gemeine Mann“ weder durch Belehrungen noch durch Verordnungen von dem „höhern, allgemein wohltätig[en] Zwecke“ der französischen Regierung zu überzeugen, da er in deren Verfügungen nur die unmittelbare Ursache seines zerstörten Wohlstands und häuslichen Glücks erblicke.309 Ebenso wenig lasse sich in Leipzig das lebhafte Interesse der Einwohner an den Kriegsereignissen und die Verbreitung von entsprechenden Neuigkeiten verhindern; denn die Stadt stehe durch Literatur und Handel mit der ganzen Welt in Verbindung, zähle unter ihre Einwohner viele junge, „leicht zu exaltierende Leute“ und sei zudem ein Ort, an dem sich ständig viele Fremde aufhielten. Den Eindruck, Leipzig sei besonders franzosenfeindlich, versuchte Gehler mit der Bemerkung zu relativieren, er selbst und andere Sachkundige hätten bemerkt, dass die Volksstimmung in anderen großen Städten Deutschlands – selbst in Dresden – viel antifranzösischer als in Leipzig sei. Abgesehen von dem Bezug auf Dresden ist diese Bemerkung allerdings wenig aussagekräftig, denn niemand konnte ernsthaft bezweifeln, dass die Stimmung in dem von Napoleon immer wieder gedemütigten Preußen 309

Die Veröffentlichung des 29. Bulletins der Großen Armee, in dem Napoleon die Niederlage in Russland zugab, erregte so große Sensation, dass sich Gehler schließlich doch gezwungen sah, alle politischen Gespräche zu verbieten (ebd., Bl. 423; vgl. dazu Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 433).

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franzosenfeindlicher als in Sachsen war. Leipzig hatte aber von allen sächsischen Städten die größten Kriegslasten zu tragen; es liegt auf der Hand, dass ihre Bürger der französischen Herrschaft abgeneigter waren als ihre Landsleute in anderen sächsischen Städten. In Gehlers Bericht wird dies am Ende deutlich: Er schrieb, ohne eine außerordentliche äußere Veranlassung seien gewiss keine „in Handlungen ausbrechende Wirkungen“ dieser „Volksstimmung“ zu befürchten. Aber: „Ein solcher Anlass könnte allenfalls von ungebührlichen Anmaßungen fremder Truppen bei ihren Durchmärschen zu besorgen sein. Vorfälle der Art, wie [sie] sich vor einigen Tagen in Weißenfels zugetragen haben, wobei sogar dem dasigen Etappenkommandanten Gewalt angetan worden ist, würden in Leipzig, wo es bei der größeren Volksmenge dermalen an Mitteln gebricht, der Gewalt, Gewalt entgegenzusetzen, ohne Zweifel von ernsthaftern Folgen sein.“310 Trotz dieser eindeutigen, antifranzösischen Stimmung wünschten sich in Sachsen zu dieser Zeit wohl nur wenige eine vollständige Niederlage der Franzosen. Die Sorge um das eigene Hab und Gut wog schwerer als die politische Gesinnung. Das verdeutlicht ein Bericht Gehlers von Anfang Januar 1813. Darin heißt es, die voreilige Furcht vor der Annäherung feindlicher Truppen würde jetzt durch die Besorgnisse verdrängt, welche die bevorstehenden neuen Lieferungen, Werbungen, Durchmärsche und Abgaben aller Art erregen würden. Auch vor der Verbreitung ansteckender Krankheiten durch die Lazarette habe die Bevölkerung große Angst.311 Die sächsische Bevölkerung befand sich demnach in einem Dilemma: Ein Sieg der Franzosen bedeutete die Aufrechterhaltung der napoleonischen Herrschaft und neue Lasten. Zwar gab es in Sachsen auch Ende 1812 noch immer Anhänger Napoleons312, der Mehrheit der Bevölkerung waren die französischen Verbündeten mittlerweile jedoch verhasst. Eine französische Niederlage würde Sachsen dagegen dem Vormarsch der russischen Truppen öffnen. Dies war zwar der schnellste Weg zur Beendigung der französischen Herrschaft; viele Sachsen befürchteten jedoch, durch den Krieg im eigenen Land ihr Eigentum zu verlieren – entweder durch Kampfhandlungen oder Plünderungen. Zudem wirkte die Vorstellung einer Begegnung mit den russischen Soldaten für viele Einwohner bedrohlich. Wenn, wie es Gehlers Berichte andeuten, selbst die 310 311 312

HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 420. Ebd., Bl. 423 f. Das hat z. B. der Görlitzer Lehrer Flössel in seinen Erinnerungen bestätigt (Flössel, Erinnerungen, S. 7).

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weltoffenen Leipziger vor den Russen Angst hatten, wie groß muss dann die Furcht unter der Bevölkerung in den Teilen Sachsens gewesen sein, die gewöhnlich kaum mit Fremden in Berührung kamen? Welche absonderlichen Vorstellungen sich die Landbevölkerung mancherorts von den Russen machte, verdeutlicht ein Bericht aus Tanneberg bei Meißen: „Denen bei ihrer ersten Annäherung auf der rechten Elbseite schwärmenden Kosaken ging unter vielen Landleuten der hiesigen Umgegend der Schauder erregende Ruf voraus, dass die Wildesten ihrer Horden, zu sechs und sechs Mann, an Ketten geschlossen sich befänden und gleich wütenden Tieren, um sich auf den Gegner zu stürzen, losgelassen würden. Ja, übermütiger Vorwitz hatte die zu erwartenden wilden Fremdlinge, zum Schrecken der Kleingläubigsten, mit Vogelschnäbeln, statt der Lippen, und mit tief liegenden kleinen Gansaugen ausgestattet. Eine nähere Bekanntschaft mit solchen Gästen konnte allerdings nicht wünschenswert sein.“313 Angesichts solcher Vorstellungen und der Sorgen um die eigenen Soldaten, die an der Seite der Franzosen kämpften, wird deutlich, dass viele Sachsen die Nachricht von Napoleons Niederlage in Russland mit gemischten Gefühlen aufnahmen. Eine Ausnahme bildeten lediglich die Einwohner des Cottbuser Kreises, die sich von einem russischen Sieg die Rückkehr ihrer Enklave unter preußische Herrschaft erhofften und diese Gesinnung deutlich zu erkennen gaben.314

2.8. Die Besetzung Sachsens durch Russen und Preußen Am 3. Dezember 1812 erließ Napoleon das berühmte 29. Bulletin der Großen Armee, in dem er die Niederlage seiner Truppen in Russland bekannt gab.315 Zwei Tage später übergab er den Oberbefehl über die geschlagenen Reste seines Heeres dem König von Neapel und reiste nach Paris ab. Noch bevor die Bekanntmachung der Niederlage in Sachsen veröffentlicht wurde, traf der Kaiser selbst ein: Am 14. Dezember erreichte er Dresden und setzte nach kurzer Rast und einer Unterredung mit dem sächsischen König seine Fahrt über Leipzig und Frankfurt am Main nach Paris fort. Inzwischen drangen russische Verbände unaufhaltsam nach Westen vor. Am 21. Januar 1813 erließ Friedrich August I. als Herzog von 313 314

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Sachsens Kirchengalerie, Bd. 1, S. 88 f. (= Lieferung 22 u. 23, Juni u. Juli 1836). Vgl. bes. den Bericht des Kommissionsrats Schlosser vom 30.12.1812 (HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 284). Das Bulletin ist in deutscher Übersetzung wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 419-423.

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Warschau einen Aufruf an die Polen, in dem er sie zum Kampf gegen die Russen und für die „gerechte und heilige Sache“ aufrief.316 Wem das Ausmaß von Napoleons Niederlage und vom katastrophalen Zustand der Großen Armee zu dieser Zeit noch nicht deutlich geworden war, dem mussten alle Zweifel an den Nachrichten spätestens im Februar 1813 verfliegen, als die ersten Soldaten des geschlagenen Heeres in Sachsen ankamen – in Lumpen gehüllt, halb verhungert und krank. Mancher Schlitten, so heißt es in der Leipziger Chronik, trug in drei Personen drei Regimenter.317 Nur wenige Sachsen reagierten auf die Nachricht, die russischen Truppen würden sich den sächsischen Grenzen nähern, mit solcher Freude, wie sie später in einigen Memoiren zum Ausdruck gebracht wurde.318 In den meisten Quellen steht ein ganz anderes Gefühl im Vordergrund: Angst! So heißt es z. B. in einem Dresdner Tagebuch, das Jahr 1813 habe „unter den bängsten Erwartungen“ und mit der Furcht begonnen, Sachsen könne zum Kriegsschauplatz werden.319 In Wittenberg herrschte Bestürzung, als sich das Gerücht verbreitete, die Russen hätten Berlin besetzt und würden bald vor den Toren der eigenen Stadt erscheinen; die Bewohner der Vorstädte und der umliegenden Dörfer brachten ihre wertvollsten Güter zur Sicherheit in die Innenstadt.320 Auch in Görlitz verbreitete die Nachricht, die Russen würden sich der Stadt nähern, „Furcht und Schrecken“, und aus Angst vor Plünderungen vergruben oder vermauerten einige Einwohner ihre Güter.321 In Chemnitz ließ der Stadtrat im März 1813 angesichts der drohenden Kriegsgefahr die öffentlichen Kassen im Rathaus einmauern – eine Vorsichtsmaßnahme, die auch in anderen Städten durchgeführt wurde.322

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Ebd., Bd. 2, S. 12. Ebd., S. 23. So z. B. in: Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 120 u. Nieritz, Selbstbiographie, S. 115. Nieritz musste allerdings zugeben, dass sich in die Freude über das Nahen der „Befreier vom französischen Joch“ die „Furcht vor den ungebildeten Horden von Europas äußerster Grenze“ gemischt habe (ebd.). Taggesell, Tagebuch, S. 64; vgl. auch die Briefe des Dresdner Finanzbeamten Wilhelm Adolph Segniz [sic!], in denen die Angst vor den Russen deutlich zum Ausdruck kommt (Segnitz, Briefe, S. 182). Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 7, vgl. auch S. 5. Flössel, Erinnerungen, S. 10 f. Uhle, Chemnitz, S. 111. In Wilsdruff ließ ein Steuereinnehmer die Akzisengelder zusammen mit 170 Ellen Kattun einmauern (Die Napoleonischen Kämpfe, H. 6, S. 21).

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Selbst in dem besonders franzosenfeindlichen Leipzig wartete die Mehrheit der Bevölkerung keineswegs sehnsüchtig auf die Russen, wie es manche Darstellung glauben lassen will.323 Der Leipziger Polizeiamtschef Gehler berichtete am 17. Februar 1813, die „russische Partei“ habe in der Messestadt zwar viele heimliche Anhänger, die vom Glück der russischen Waffen die Befreiung des Handels, wiederkehrende Nahrung und die Erlösung von einem „vermeintlich“ harten Druck erwarteten. Zugleich sei die Bevölkerung aber in ängstlicher Sorge um ihre Sicherheit und Ruhe. Die Annäherung des „Kriegstheaters“ mit all seinen furchtbaren Wirkungen, die allgemeine Bewaffnung in Preußen und andere sich täglich verbreitende Schreckensnachrichten böten reichlich Stoff für Klagen und Befürchtungen aller Art.324 Zu den Schreckensbotschaften zählten u. a. die Befehle zur Einrichtung von Lazaretten, die an viele Orte ergingen. Gefürchtet waren die Hospitäler nicht nur wegen der damit verbundenen Kosten, sondern vor allem wegen der Seuchengefahr. So traten in Leipzig bereits Ende Januar 1813 die ersten Fälle von Typhus auf.325 Mitte Februar 1813 wurden die Leipziger Lazarette nach Weißenfels verlegt, und im selben Monat gab der Leipziger Stadtrat umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ansteckung mit Typhus bekannt.326 Dennoch breitete sich das „Nervenfieber“, wie der Typhus in den zeitgenössischen Quellen meist genannt wird, rasch weiter aus: Ende März 1813 meldete der Leipziger Polizeiamtschef Gehler nach Dresden, dass in Leipzig täglich 10 bis 12 Personen an Typhus stürben.327 In allen Ortschaften, in denen Lazarette eingerichtet wurden, verbreitete sich der Typhus innerhalb kurzer Zeit unter der Bevölkerung. Über die Ausbreitung dieser Krankheit in Görlitz heißt es in einem Privatbrief von Anfang März 1813: „Ich will weiter in meinen Relationen fortfahren, welche nur noch darin bestehen, dass eine solche Menge Menschen in Görlitz sterben, dass man das Elend nicht genug schildern kann. In der Nacht vom 6. zum 7. [März 1813] sind allein 14 Menschen gestorben, und so soll es immer fortgehen. Eben wird erzählt, die Russen hätten sich, aus Furcht vor die [sic!] Epidemie, in die umliegenden Dörfer einquartiert.“328 323 324 325 326 327 328

So beispielsweise Gross, Erinnerungen, S. 49 f. HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Scheffer, Leipzig 1813, S. 19. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 26-31. HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Ebd. Dabei handelt es sich um einen Auszug aus einem Brief von Henriette von Burgsdorff aus Herrnhut an ihren Bruder, den Dresdner Hof- und Justizrat Ludwig

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In Wittenberg starben im März 1813 aufgrund der Ausbreitung von Typhus 50 Einwohner; die normale Sterblichkeit lag demgegenüber bei monatlich 20 bis 30 Personen.329 In Torgau starben im selben Monat wöchentlich ca. 30 Personen.330 Am schlimmsten betroffen waren diejenigen Ortschaften, in denen kranke Soldaten in Privathäuser einquartiert wurden, weil es keine oder nicht genügend Lazarette gab, wie z. B. in Bischofswerda; innerhalb kurzer Zeit starben dort mehr als 40 Einwohner am Typhus. Im Nachbarort Goldbach starben 1813 mit einer Ausnahme alle Quartierwirte.331 Trotz der Angst vor ansteckenden Krankheiten und der grundsätzlichen Abneigung, die die meisten Sachsen mittlerweile gegenüber den Franzosen empfanden, wurden die aus Russland zurückkehrenden Soldaten mit großem Mitleid von der sächsischen Bevölkerung aufgenommen, und zwar nicht nur die Reste des sächsischen Korps. Die untersuchten Quellen sprechen sich hierin übereinstimmend aus. Als im Februar 1813 die ersten Verwundeten und Kranken die Zittauer Lazarette bezogen, nahmen die Einwohner tätigen Anteil an ihrem Schicksal und spendeten Kleidung und Verbandsmaterial.332 Auch in anderen Städten wurden derartige Sammlungen durchgeführt, z. B. in Annaberg, wo die Einwohner nach den Worten des dortigen Diakons „ergriffen vom Mitleid über dem [sic!] erbärmlichen Zustand“ der 500 Verwundeten gewesen seien, die Anfang März in der Stadt ankamen.333 Aus Leipzig berichtete der Polizeiamtschef Gehler am 17. Februar 1813: „Mit der edelsten Humanität sind die hiesigen Einwohner unablässig beschäftigt, die von der großen Armee zurückkehrenden Unglücklichen zu verpflegen u. auf alle Weise zu unterstützen. Jedermann sucht diesen Hilfsbedürftigen, durch möglichste Ausstattung mit den fehlenden Bedürfnissen, ihr hartes Schicksal zu erleichtern, ohne

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Christoph von Burgsdorff, den dieser einem Schreiben an den Minister Senfft vom 12.3.1813 anfügte. Vgl. dazu die Briefe des Görlitzer Bürgermeisters Sohr an seinen Sohn von Ende Februar bis Ende März 1813 (Görlitz im Jahr 1813, S. 207-210). Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 20. Diese Zahl enthält die in der Stadt einquartierten sächsischen Soldaten (Frenzel, Vergilbte Papiere, S. 85). Im Mai 1813 erhöhte sich die Opferzahl auf 80 pro Woche (ebd., S. 91 f.). Mittag, Chronik, S. 445. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 2 u. 7. Hübschmann, Was haben wir in Annaberg, S. 55 f. Ähnliche Aussagen des Mitleids finden sich z. B. auch in Quellen aus Görlitz (Flössel, Erinnerungen, S. 10) und Wittenberg (Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 4 f.).

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im Geringsten auf Verschiedenheit der Meinungen oder der Parteien Rücksicht zu nehmen.“334 Selbst Gustav Nieritz, der in seinen Erinnerungen schrieb, es sei eine Genugtuung gewesen, die einst so hochmütigen Soldaten der Großen Armee gedemütigt und als unterwürfige Bettler in Dresden zu sehen, kam nicht umhin, Mitleid zum Ausdruck zu bringen.335 * Die zahlreichen Beweise der Menschlichkeit, die gegenüber den kranken und verwundeten französischen Soldaten überliefert sind, können indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Hass auf die napoleonische Herrschaft in Sachsen zur gleichen Zeit seinen Höhepunkt erreichte. Anfang März 1813 berichtete der preußische Legationsrat Peter Johann Lautier aus Dresden, die Masse der Einwohner werde von Tag zu Tag franzosenfeindlicher.336 Ein aus heutiger Sicht vielleicht nebensächlich erscheinendes Ereignis trug wesentlich dazu bei, die antifranzösische Stimmung noch zu verstärken – und zwar die Sprengung der Dresdner Elbbrücke.337 Am 7. März 1813 zogen die Reste des VII. französischen Armeekorps, das zum größten Teil aus Sachsen bestanden hatte, in Dresden ein. Der Kommandeur, General Jean Louis Reynier, gab unmittelbar nach seiner Ankunft den Befehl, die z. T. bereits abgetragenen Festungswerke sofort wieder instand zu setzen, was unter der Bevölkerung großen Unmut erregte.338 Als französische Soldaten zwei Tage später begannen, einen

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HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Nieritz, Selbstbiographie, S. 110 f. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 14. Vgl. dazu v. a. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 4, Msc.Dresd.d.82, Teilband 1813, Bl. 916; Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 8-21; Aster, Schilderung der Kriegsereignisse, S. 18-32; Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 750-755; Buchholz, Die Sprengung; Brabant, In und um Dresden, S. 41-79; Lange, Die öffentliche Meinung, S. 12-16. Die Berichte der „Immediatkommission“ an den sächsischen König und weitere Originaldokumente über die Brückensprengung finden sich verstreut in den Akten Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: bis mit 16. Mart., Loc. 2510/2 u. Bd. 2: vom 17.-31. Mart., Loc. 2510/3 im HStA Dresden. Der Dresdner Beamte Friedrich August Schulze schrieb in seinen Erinnerungen, die Anstalten zur schleunigen Wiederbefestigung der Stadt hätten „die Stimmung der untern Klassen“ gegen die französische Besatzung immer sichtbarer verbittert (Laun, Memoi-

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Pfeiler der Elbbrücke auszuschachten, um eine Sprengladung einzubauen, wurde die Erbitterung der Dresdner noch größer. Am folgenden Tag, dem 10. März, entlud sich der Zorn schließlich in Gewalttätigkeiten: Am Nachmittag sammelten sich zahlreiche Menschen um die Baustelle auf der Brücke und behinderten die Soldaten bei der Arbeit. Als der französische Ingenieuroffizier, dem die Aufsicht oblag, seinen Degen zog, wurden einige der Bürger gegen ihn handgreiflich und warfen seine Habseligkeiten zusammen mit den Werkzeugen in die Elbe. Anschließend schütteten sie die bereits ausgehobene Grube auf der Brücke wieder zu.339 Damit war der Tumult keineswegs beendet, denn die Stimmung war durch dieses Ereignis erst recht angeheizt worden. Der sächsische Premierleutnant Ferdinand Heinrich August von Larisch, der an den Vorbereitungen zur Brückensprengung beteiligt war, berichtet in seinem Tagebuch, dass französische Soldaten nunmehr überall Kränkungen seitens des Publikums erdulden mussten. Larisch wurde selbst Zeuge eines solchen Vorfalls: „Abends komme ich durch das Georgentor [und] begegne 2en franz[ösischen] Off[i]z[ieren]; Hunderte folgen ihnen mit unvernünftigem Geschrei. Einer wendet sich an mich mit den Äußerungen: on nous veut tuer, on nous veut massacrer [man will uns töten, man will uns niedermetzeln] p.p. Ich begleite sie durch das Tor bis in den Schutz der aufmarschierten Neu Zastrower Kavallerie.“340 Auf wiederholtes Drängen der „Immediatkommission“ gab Reynier zur selben Zeit den Befehl, Kavallerie durch Dresden patrouillieren zu lassen. Außerdem wurde eine Bekanntmachung gedruckt, in der den Anführern des Aufruhrs die Todesstrafe angedroht wurde. Offenbar hielt Reynier diese Maßnahmen für ausreichend, um die Ruhe in der Stadt wiederherzustellen, denn noch während der Tumult im Gange war, ließ er die Minierarbeiten an der Brücke fortsetzen. Das empfanden die Bürger als Provokation. Noch einmal versammelte sich eine Volksmenge auf der Brücke und vertrieb mit einem Steinhagel die Soldaten, die die Arbeit

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ren, Bd. 2, S. 217). Vgl. dazu auch Civilis, Bilder des Kriegs, S. 2 u. Lindau, Geschichte der Königlichen Haupt- und Residenzstadt, Bd. 2, S. 750. Bereits am Vormittag des 10.3.1813 war es auf der Brücke zu einer Schlägerei zwischen Sachsen und Franzosen gekommen. Diese war allerdings durch einen betrunkenen französischen Soldaten ausgelöst worden (SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 4, Msc.Dresd.d.82, Teilband 1813, Bl. 9; Buchholz, Die Sprengung, S. 145). SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 2, Bl. 99; sinngemäß gleich, aber mit verändertem Wortlaut veröffentlicht in: Larisch, Oberst von Larisch, S. 81.

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ausführten.341 Danach zog ein Teil der Bürger vor das Brühlsche Palais, in dem Reynier Quartier genommen hatte, und warf unter Rufen wie „Fort mit den Franzosen!“, „Reynier heraus! Jagt ihn hinaus, zur Stadt hinaus!“ und „Hinaus mit den Franzosen!“, „Fort mit den Spitzbuben!“, „Sachsen soll leben!“, „Es lebe Kaiser Alexander!“ die Fensterscheiben ein.342 Erst als sächsische Infanterie mit gefälltem Bajonett gegen die Aufrührer vorrückte, konnte der Tumult beendet werden. Um eine erneute Störung der Arbeiten zu verhindern, wurde eine Artilleriebatterie, deren Geschütze mit Kartätschen geladen waren, auf der Brücke aufgefahren, und eine Kavallerieeinheit wurde zum Patrouillendienst in den Straßen eingesetzt.343 Für letztere Aufgabe wählte Reynier laut den Erinnerungen des Grenadiers Johann Gottlob Leutritz eine bayerische Einheit aus – möglicherweise vertraute er seinen sächsischen Soldaten nicht mehr richtig, weil diese, wie es in einem Polizeibericht heißt, „ganz auffallend auf Seiten der Exzedenten gewesen“ waren.344 Viele Augenzeugen, die über den Brückentumult vom 10. März 1813 berichtet haben, distanzierten sich im Nachhinein von den Aufrührern. Einige Soldaten wie der Premierleutnant von Larisch bedauerten, dass ausgerechnet der bei den sächsischen Truppen so beliebte General Reynier das Opfer eines antifranzösischen Ausbruchs geworden war.345 Selbst einige Dresdner Bürger sprachen sich kritisch über die Ereignisse aus, bezeichneten die Aufrührer als „Pöbel“ und vermittelten dadurch den Eindruck, als habe es sich um einen Krawall einiger weniger, sozial 341

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So erinnert sich zumindest der sächsische Grenadier Johann Gottlob Leutritz, der an der Auflösung des Tumults beteiligt war (Die Napoleonischen Kämpfe, H. 5, S. 19). Obwohl Leutritz’ Darstellung Unrichtigkeiten und Übertreibungen enthält (z. B. wurde der französische Ingenieur-Offizier nicht in die Elbe geworfen; einige Mitglieder der Bürgergarde konnten das verhindern), scheint seine Schilderung vom Ende des Aufruhrs zutreffend zu sein. Die anderen Quellen sind an dieser Stelle erstaunlich vage und z. T. widersprüchlich. Zitate nach Buchholz, Die Sprengung, S. 147 u. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 14. Die Napoleonischen Kämpfe, H. 5, S. 19; vgl. dazu auch HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt C, S. 207 f. Allerdings enthält auch Vollborns Darstellung Unrichtigkeiten und Übertreibungen. Bericht des Hof- und Justizrates Ludwig Christoph von Burgsdorff an Senfft, 12.3.1813, HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Burgsdorff vermerkte weiter, Reynier seien „im Mittelpunkt seiner Truppen ruhig die Fenster eingeworfen“ worden. SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 2, Bl. 100 f. In der veröffentlichten Version wurde dieser Absatz nur sinngemäß zusammengefasst (Larisch, Oberst von Larisch, S. 81).

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niedrig stehender Bürger gehandelt.346 Dies ist jedoch unzutreffend: Von dem Zornesausbruch wurden in Wirklichkeit weitaus mehr Bürger aus verschiedenen Ständen ergriffen, als es manche Berichterstatter im Nachhinein glauben lassen wollten. Der Hof- und Justizrat Ludwig Christoph von Burgsdorff, den Senfft mittlerweile zu seinem Stellvertreter in den Fragen der „Geheimen Polizei“ gemacht hatte, berichtete zwei Tage nach dem Tumult, dass sozial hochstehende Personen, selbst königliche Diener ersten Standes, den „Pöbel“ aufgereizt und ermuntert hätten.347 Besondere Aufmerksamkeit hatte ein Kammerherr erregt. Bereits am ersten Tag der Vorbereitung zur Brückensprengung, als die Soldaten mit dem Ausheben des Schachts für die Sprengladung begannen, hatte er gerufen: „Schmeißt die Hunde tot!“. Als es am 10. März zum offenen Aufruhr kam, hatte sich derselbe Beamte in betrunkenem Zustand unter die aufgebrachte Menge gemischt und „den Pöbel unaufhörlich instigiert“. Wenig später konnte Burgsdorff in Erfahrung bringen, dass es sich bei diesem Beamten um den Geheimen Finanzrat Leopold von Loeben gehandelt hatte.348 Auch andere Männer von hoher sozialer Stellung, wie der Kreisdirektor Friedrich von Kleist aus Jüterbog und der Maler Gerhard von Kügelgen, hatten sich unter die Aufständischen gemischt.349 Der Dresdner Finanzsekretär Karl August Helbig notierte in sein Tagebuch, an dem Tumult habe „eine bedeutende Menge der Bürger und Einwohner“ teilgenommen.350 Am Tag nach dem Brückentumult wurden 15 Beteiligte verhaftet. Fünf davon wurden auf die Festung Königstein gebracht, darunter ein Advokat und ein Galanteriehändler.351 Auch dies verdeutlicht, dass es sich bei den 346

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Beispielsweise Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 11 f.; Civilis, Bilder des Kriegs, S. 8; Segnitz, Briefe, S. 184 (darin sind die Ereignisse falsch datiert). Die Darstellung von Buchholz (ders., Die Sprengung) ist widersprüchlich: Einerseits ist er von einem wirklichen Aufstand mit breiter Resonanz ausgegangen (ebd., S. 147), andererseits hat er den Tumult „Unfug“ und eine „Rebellion des Pöbels“ genannt (ebd., S. 148). HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Ebd. Loeben trat später in preußische Dienste (Zezschwitz, Mittheilungen, S. 257). Brabant, In und um Dresden, S. 48; Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 121. Kleist hielt sich möglicherweise wegen des gerade stattfindenden Jahrmarkts in Dresden auf. Stadtarchiv Dresden, Helbig’s Dresdner Tagebuch, Bd. 1, Hs.Hist.Dresd.31, Bl. 69. Bülau, Der Königstein, S. 282. Der genannte Advokat Karl August Petzsch diente Burgsdorff sogar als Agent der „Geheimen Polizei“. Er schrieb dem Hofrat unmittelbar nach seiner Verhaftung einen verzweifelten Brief, in dem er seine Unschuld beteuerte und erklärte, er sei aufgrund eines Missverständnisses verhaftet worden. Burgsdorff scheint Petzsch jedoch keinen Glauben geschenkt zu haben, denn er äußerte sich in seinem Bericht an Senfft vom 12.3.1813 abfällig über ihn (HStA Dres-

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Beteiligten am Aufruhr vom 10. März keineswegs nur um „Pöbel“ gehandelt hatte.352 * Am 13. März ließ Reynier den Belagerungszustand über Dresden verhängen, da sich russische Einheiten der Stadt näherten. Am selben Tag traf Marschall Louis Nicolas Davout in Dresden ein, dem in ganz Sachsen der Ruf vorauseilte, besonders energisch und rücksichtslos zu handeln. Er übernahm das Kommando über die in Dresden stehenden Truppen, und unter seiner Aufsicht wurden die Minierarbeiten zur Sprengung der Elbbrücke fortgesetzt. Am 19. März wurde schließlich ein Pfeiler der Brücke gesprengt. Dabei zeigte sich, dass die französischen Soldaten und die sächsischen Bergleute, die für die Minierarbeiten herangezogen worden waren, äußert fachmännisch gearbeitet hatten: Die von der Bevölkerung befürchtete Zerstörung umliegender Gebäude trat nicht ein. Außer dem gesprengten Pfeiler und den zwei eingestürzten Bögen wies selbst die Brücke keine weiteren Beschädigungen auf. Der sächsische Premierleutnant von Larisch, der an den Vorbereitungen zur Sprengung beteiligt gewesen war, notierte am 19. März in sein Tagebuch, der Knall der Explosion sei wider Erwarten gering gewesen; keine einzige Fensterscheibe und nicht einmal die Laternen auf der Brücke seien zu Bruch gegangen.353 Die Nachricht von der Sprengung verbreitete sich rasch in ganz Sachsen und rief überall Empörung hervor.354 Dabei griff eine Verklärung des Bauwerks um sich, die für den heutigen Betrachter kaum noch verständlich ist. Die Brücke wurde beinahe zu einem Nationalsymbol hochstilisiert. Der Brandversicherungskalkulator Heinrich Benjamin Röber nannte sie in seinem Tagebuch die „Zierde Dresdens“, der sächsische Kapitän Franz von Dressler gar die „schönste Brücke Europas“.355 Der Görlitzer Lehrer Karl

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den, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag.; der Brief von Petzsch liegt dem Schreiben Burgsdorffs bei.). Einige Tage nach den Ereignissen erhielt der Görlitzer Buchhändler Anton einen Brief aus Dresden, in dem über den Aufruhr berichtet wurde. Darin hieß es zwar u. a.: „Der Pöbel hat sich die größten Exzesse erlaubt“; gleichzeitig war aber von einem „ungeheure[n] Volksaufstand“ und von „Volkswut“ die Rede (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 4). Larisch, Oberst von Larisch, S. 83. Bereits wenige Tage nach der Brückensprengung wurden Kupferstiche mit der Ansicht des (teilweise) zerstörten Bauwerks verbreitet (Segnitz, Briefe, S. 187). SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 4, Msc.Dresd.d.82, Teilband 1813, Bl. 16; Dressler von Scharfenstein, Tagebuch der Begebenheiten in Dresden, S. 4.

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Rudolph August Flössel bezeichnete sie als „das schönste sächsische Kunstwerk“.356 Eine Leipzigerin schrieb, nachdem sie aus Dresden einen Brief mit der Nachricht der Brückensprengung erhalten hatte: „Ach unsere schöne Dresdener Brücke! Gestern als ich ihn las, erweckte er eine zitternde Bewegung in meinem Blute und erfüllte mich mit einem Ingrimm, den ich lange nicht gefühlt habe. Dieser Davoust [sic!]! Möchten alle seine Besitzungen in Frankreich von den Russen ein ähnliches Schicksal haben!“357 Aus Torgau meldete der Festungskommandant Generalleutnant von Thielmann dem König, dass die Sprengung der Dresdner Brücke großen Eindruck auf die Torgauer gemacht und eine Stimmung bewirkt habe, „welche in Schranken zu halten, eben so viel Bestimmtheit als Delicatesse“ erfordern würde.358 Auch König Friedrich August I. war über die Brückensprengung entrüstet, und dies umso mehr, als er selbst versucht hatte, sie zu verhindern. Zwischen dem 11. und dem 15. März hatte er Prinz Eugène de Beauharnais, den Vizekönig von Italien, der das Kommando über die in Sachsen stehenden französischen Truppen führte, sowie General Reynier und Marschall Davout schriftlich gebeten, die Brücke zu schonen. Von allen hatte er beruhigende Antworten und die Versicherung erhalten, das Bauwerk würde nur im Augenblick höchster Gefahr gesprengt werden.359 Ein solcher schien den Beobachtern am 19. März, dem Tag der Sprengung, jedoch keineswegs gekommen. Am folgenden Tag schrieb der Minister Senfft an den Freiherrn von Just, der mittlerweile sächsischer Gesandter in Paris war, der König sei empört über das unverzeihliche Vorgehen, dass man sich ihm gegenüber erlaubt habe. Der Hof sei voller Trauer über die schöne Brücke, die die „Zierde und höchste Freude“ der Hauptstadt gewesen sei.360 *

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Flössel, Erinnerungen, S. 14. Eckardt, Briefe, S. 162. Sowohl in den zeitgenössischen Quellen als auch in den Memoiren finden sich zahlreiche weitere solcher Aussagen (vgl. z. B. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 16; Maaß, Wanderungen, Bd. 1, S. 27 f.; Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 121; Nieritz, Selbstbiographie, S. 114). Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 96; vgl. auch S. 100. Brabant, In und um Dresden, S. 63. SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd.h.38, Bd. 9, Dok. 94, unpag. Im Original: „Le roi est justement indigné du procédé impardonnable qu’on s’est permis vis à vis de lui, & nous portons tous le deuil de ce beau pont qui faisoit la gloire & les délices de la capitale.“

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Die verbündeten Russen und Preußen nutzten den Zorn der Sachsen über die Brückensprengung und die Symbolkraft des Bauwerks für ihre antifranzösische Propaganda. In einem Aufruf des Generals Blücher an die Sachsen vom 23. März 1813 heißt es: „Schon hat der Vandalismus der Euch unterdrückenden Fremdlinge Euer schönstes Monument der Baukunst, die Brücke zu Dresden, unnötig und mutwillig zerstört.“361 Die Proklamation war von Blüchers Generalquartiermeister, dem General Neidhardt von Gneisenau, verfasst worden. Gneisenau hielt die Brückensprengung tatsächlich für militärisch nutzlos.362 In seinen Augen hatten sich die Franzosen damit außerdem einen schlechten Dienst erwiesen; denn, so schrieb Gneisenau am 24. März 1813 optimistisch an den Staatskanzler Hardenberg, dieses Verfahren würde den sächsischen König mehr als alle Vernunftgründe dazu bewegen, sich den Verbündeten anzuschließen.363 Einige Tage später erließ der russische Oberst Friedrich Karl Freiherr von Tettenborn einen Aufruf an die sächsischen Truppen, worin diese zum Überlaufen auf die russische Seite aufgerufen wurden. Auch darin wurde auf die Brückensprengung Bezug genommen.364 Tettenborn unterstellte Davout, er habe die Brücke gesprengt, um sich an den Dresdnern für den antifranzösischen Aufruhr vom 10. März zu rächen. Dieser Gedanke fand sowohl bei den Zeitgenossen als auch in der Literatur weite Verbreitung. Die Behauptung ging keineswegs auf die Propaganda der Verbündeten zurück, sondern auf Davout selbst: Einige Tage vor der Brückensprengung war er in Wurzen mit dem sächsischen Generalleutnant von Funck zusammengetroffen und hatte ihm erklärt, er wolle die Dresdner für den Aufruhr und ihre propreußische Gesinnung mit der Zerstörung der Brücke bestrafen.365 Als Davout am 13. März in Dresden einzog, hatte sich diese Behauptung unter den Einwohnern bereits als Gerücht verbreitet.366 Einhergehend mit dieser Aussage taucht in der Literatur immer wieder die Ansicht auf, Reynier habe die Brücke zunächst gar nicht sprengen 361 362 363 364 365 366

Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 50. Das belegen seine Briefe vom 27.3.1813 an Hardenberg und vom 4.4.1813 an Ernst Graf von Münster (Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 541 u. 551). Ebd., S. 534. Der Aufruf ist wiedergegeben in: Lange, Die öffentliche Meinung, S. 17 f. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 254. Vgl. den Bericht Burgsdorffs an den Freiherrn von Manteuffel vom 13.3.1813 (HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag.). Der Berichterstatter fügte hinzu: „Ich habe es für ratsam gefunden, nicht zu widersprechen. Diese Furcht ist recht heilsam.“

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wollen, sondern nur zum Schein minieren lassen, um den Verbündeten jeglichen Versuch ihrer Inbesitznahme aussichtslos erscheinen zu lassen; die Minenkästen habe er angeblich mit Sand füllen lassen.367 Die Quelle dieser Annahme ist Reynier selbst: Am 11. März 1813 hatte er dem Freiherrn von Manteuffel als Vertreter der „Immediatkommission“ versprochen, „nur in der bevorstehenden Nacht von 11 Uhr an, auf der Brücke eine Vorrichtung machen zu lassen, die aber nicht dazu dienen soll, den Bogen zu sprengen, sondern bloß ihn [Reynier] in militärischer Hinsicht zu rechtfertigen, dem Volke zu zeigen, dass es seinen Willen nicht haben darf u. den [sic!] Russen glauben zu machen, dass ihnen hier der Übergang erschwert sei“.368 Der Zweck dieses Versprechens liegt auf der Hand: Es ging Reynier darum, die „Immediatkommission“ und das Volk zu beruhigen, um allen weiteren Störungen der Minierarbeiten entgegenzuwirken. In Wirklichkeit beabsichtigte er jedoch von Anfang an, die Brücke sprengen zu lassen, denn er hatte vom Vizekönig von Italien bereits vor seiner Ankunft in Dresden den Befehl dazu erhalten.369 Gegenüber der Dresdner „Immediatkommission“ hatte er diese Maßnahme noch am 10. März mit der militärischen Notwendigkeit begründet. Er hatte dabei den durchaus einleuchtenden Gedanken geäußert, dass die Zerstörung der Brücke Dresden zugute komme: Würde sie gesprengt, hätten die Verbündeten keinen Grund mehr, den Elbübergang an dieser Stelle zu suchen; würde sie dagegen nicht gesprengt, käme es vielleicht sogar zu Kämpfen in der Stadt, und die Kosten zur Wiederherstellung des gesprengten Teils der Brücke würden im Gegensatz zu dem Aufwand, der bei Zerstörungen durch Gefechte oder Plünderungen entstehen würde, gering ausfallen.370 Reyniers Versprechen vom 11. März gegenüber Manteuffel muss als Zwecklüge angesehen werden, denn auch die weit verbreitete Behauptung, die Minenkästen seien zunächst mit Sand gefüllt gewesen, ist falsch. Das belegt das Tagebuch des Premierleutnants von Larisch, der an den Vorbereitungen zur Sprengung beteiligt war. Darin ist keine Rede von einem Sandkasten, sondern von einer „Maschine“, die später, als die Ausschach367

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So beispielsweise Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 93-96, Anm.; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 114 f.; Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 254. HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: bis mit 16. Mart., Loc. 2510/2, Bl. 169. Brabant, In und um Dresden, S. 42. Ebd., S. 45 f. Das Originalschreiben Reyniers an die „Immediatkommission“ befindet sich im HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: bis mit 16. Mart., Loc. 2510/2, Bl. 178 f.

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tungsarbeiten voranschritten, durch zwei Minenkästen ersetzt wurde.371 Der Dresdner Polizeidirektor Brand notierte am 11. März in ein Tagebuch, das er im Auftrag Senffts über die Ereignisse in Dresden führte: „In der künftigen Nacht wird ein Kasten mit ungefähr 1 Ztr. Pulver in die Brückenpfeiler eingesenkt werden. Alles ist ruhig.“372 Die Sprengung der Brücke war also bereits beschlossen, bevor Marschall Davout in Dresden ankam.373 Sie sollte aus militärischen Gründen erfolgen. Durch den Brückentumult und das von Davout geäußerte Rachemotiv bekam sie allerdings eine von den Franzosen nicht vorhergesehene politische Dimension und Symbolkraft. Selbst Napoleon missbilligte schließlich die Zerstörung des Bauwerks – allerdings erst im Nachhinein und sicherlich in Reaktion auf die Empörung, die sie am sächsischen Hof hervorgerufen hatte.374 Die Frage, ob dieser Akt militärisch gerechtfertigt war oder nicht, soll hier nicht erörtert werden. Ihre Beantwortung muss den Militärhistorikern, die sich mit der Operationsgeschichte der Befreiungskriege beschäftigen, überlassen bleiben. Sowohl von den meisten Zeitgenossen als auch in der Sekundärliteratur wurde zwar immer wieder die Nutzlosigkeit dieser Maßnahme betont.375 Der Vizekönig von Italien, Reynier und Davout waren aber von der militärischen Notwendigkeit überzeugt.376 Außerdem sei noch angemerkt, dass die Zerstörung von Brücken eine in allen Kriegen bei Rückzügen übliche taktische Maßnahme war. Bei den Kämpfen in Sachsen im Jahre 1813 wurde sie von beiden Seiten gleichermaßen ange-

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SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 2, Bl. 96 f. In der veröffentlichten Version wurde das Wort „Maschine“ durch „Sprengkasten“ ersetzt (Larisch, Oberst von Larisch, S. 81). HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: bis mit 16. Mart., Loc. 2510/2, Bl. 133. Dieser Ansicht ist auch Buchholz, Die Sprengung, S. 144 f. Vgl. dazu Brabant, In und um Dresden, S. 76-79. Der Kabinettsminister Camillo Graf Marcolini schrieb Ende März 1813 an Just: „Die Dresdner Brücke ist gesprengt – die Meißner Brücke ist abgebrannt – ohne dass sich ein [feindliches] Armeekorps gezeigt hat. Das ist unverständlich.“ (HStA Dresden, Correspondance de Monsieur le Comte Marcolini, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3251/17, undatiert, unpag. Im Original „Le pont de Dresde est sauté – celui de Meißen brulé – sans que un corps d’armée se soit présenté – c’est incompréhensible.“). Auch Ferdinand von Funck, ein Anhänger der Franzosen, kritisierte die Brückensprengung in seinen Erinnerungen (Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 253; vgl. auch S. 255). Zu Davouts entsprechenden Äußerungen vgl. Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 117 u. Brabant, In und um Dresden, S. 64.

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wandt.377 Dass Davout die Brücke in erster Linie aus militärischen Gründen und nicht als Racheakt an den Dresdnern sprengen ließ, belegt zudem das Schicksal der Meißner Elbbrücke, die der Marschall bereits am 12. März hatte vollständig zerstören lassen; dabei konnte von einem Rachemotiv keine Rede sein.378 * Die Sprengung der Dresdner Brücke und die sich darüber verbreitenden Gerüchte, die durch die Propaganda der Verbündeten noch verstärkt wurden, führten zweifellos zu einer weiteren Steigerung des Widerwillens, den die meisten Sachsen mittlerweile gegenüber den Franzosen empfanden. Die Bemerkung von Gustav Nieritz, nach der Brückensprengung habe man die ohnehin tief verhassten Franzosen verwünscht379, ist trotz mancher nachträglicher Verklärung vollauf glaubwürdig. Generalmajor Friedrich Karl Gustav von Langenau, ein Generaladjutant des sächsischen Königs, schrieb am 21. März 1813 aus Plauen an den Geheimen Legationsrat Friedrich Ludwig Breuer: „Das Benehmen des Marschalls F[ürst] v[on] Eckmühl [= Davout] in Dresden hat den Hass des Volkes gegen die Franzosen bedeutend vermehrt und selbst die nicht sehr günstige Stimmung der Truppen um vieles verschlimmert.“380 Disziplinlosigkeiten und Ausschreitungen französischer Soldaten trugen ein Übriges dazu bei, dass die meisten Sachsen das Ende der napoleonischen Herrschaft ersehnten. Carl Gustav Carus, dessen Darstellung von einseitiger Parteinahme gegen die Franzosen weit entfernt ist, bemerkte in seinen Erinnerungen, im Frühjahr 1813 sei in Leipzig Unruhe, Aufregung und Hass gegen die Franzosen auf eine Höhe gestiegen, „die keinen mehr in 377

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Anfang Juli 1813 befahl der sächsische König den Beamten von Nossen, Rochlitz, Colditz, Leisnig, Grimma, Borna, Pegau, Leipzig, Weißenfels und Freiberg, die „vom Feinde vernichteten und beschädigten Brücken, zwischen Lützen und hier [Dresden] und zwischen Jena und hier“ rasch zu reparieren. Diese Anweisung ging auf einen Befehl Napoleons zurück. Ausdrücklich wurde die Wiederherstellung der Brücken auf allen Haupt- und Nebenstraßen, besonders über die Freiberger und Zwickauer Mulde, die Elster, Zschopau, Saale und Unstrut gefordert (HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 6: Julius 1813, Loc. 2403/4, Bl. 26-33). Brabant, In und um Dresden, S. 59 f. Die Zerstörung der beiden Brücken brachte Davout in Sachsen den Spottnamen „Herzog von Zweibrücken“ ein (vgl. u. a. Flössel, Erinnerungen, S. 14). Nieritz, Selbstbiographie, S. 114. HStA Dresden, Papiere aus dem Besitz des Geheimen Legationsrats Breuer, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2645/1: 1804-1829, unpag.

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seinem gewöhnlichen Leben unangefochten lassen konnte“.381 In den Briefen einer Leipziger Familie von Ende März 1813 werden die Franzosen gar als „Ungeziefer, die unser Land verwüsten“, bezeichnet.382 Der sächsische Premierleutnant von Larisch, dessen Einheit in jenen Tagen von Dresden nach Torgau abmarschierte, berichtet in seinem Tagebuch, der Inspektor der Ortschaft Jahnishausen habe infolge des schlechten Benehmens einer starken französischen Einquartierung seine politischen Ansichten radikal verändert.383 Schließlich sei als Beispiel noch der Philosoph Karl Christian Friedrich Krause angeführt. Seine Briefe aus den Jahren 1806-1812 weisen ihn als einen begeisterten Verehrer des französischen Kaisers aus. Noch Ende Januar 1813 hatte er sich einen Sieg der französischen Truppen gewünscht.384 In den folgenden Monaten kehrte sich seine Gesinnung jedoch ins Gegenteil um. Bereits Ende März/Anfang April 1813 schrieb er voller Bewunderung über die Preußen und sprach die Hoffnung aus, dass es Napoleon nicht gelingen werde, die Verbündeten zu besiegen.385 * Hatte auf die Nachrichten von der Niederlage der Franzosen in Russland 1812 und vom Vormarsch der Russen auf die sächsische Grenze Anfang 1813 noch Angst vorgeherrscht, so setzte sich ab dem Frühjahr 1813 immer stärker die Hoffnung auf die Befreiung von den Franzosen durch. Die Furcht vor den sich nähernden russischen Heeren wich bei vielen Sachsen einer gewissen Neugier. Dabei spielte eine wesentliche Rolle, dass die Russen und die im März 1813 offiziell in den Krieg gegen Napoleon eingreifenden Preußen einen Propagandafeldzug begannen, um die Sachsen für sich zu gewinnen. Bereits am 6. März erließ der russische General 381

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Carus, Lebenserinnerungen, Bd. 1, S. 101. Diese Gefühle hinderten Carus allerdings nicht daran, als Betreuer eines französischen Lazaretts so vorbildlich für die Verwundeten und Kranken zu sorgen, dass er später von Napoleon III. das Kreuz der Ehrenlegion erhielt (ebd., S. 110). Eckardt, Briefe, S. 162. Weiter heißt es z. B.: „Es ist himmelschreiend, wie diese schändliche Nation noch mit uns armen Sachsen umgeht.“ und „Schändlich haben sie [die Franzosen] an uns gehandelt. Nur den Vizekönig für seine Person nehme ich aus. Dieser ist ein guter Mensch.“ (ebd.). Larisch, Oberst von Larisch, S. 85, Eintrag vom 23.3.1813. Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 321. Ebd., S. 331 f. Im Herbst 1813 schrieb Krause an seinen Vater, ihn beseele jetzt „eine ganz andersartige Hoffnung für die öffentlichen Angelegenheiten“ als in den Jahren zuvor, und die Völkerschlacht bei Leipzig nannte er „die für Deutschland glücklich gewonnene Schlacht“ (ebd., S. 358 f.).

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Konstantin von Benkendorf einen Aufruf, in dem es hieß, die Russen kämen, um Deutschland zu befreien. Die Proklamation war direkt an die Sachsen gerichtet und schloss mit den Worten: „Gott segne Euren König und sein gutes Volk!“386 Am 23. März erließ Blücher einen Aufruf an seine Truppen, in dem er sie aufforderte, die Sachsen als Freunde und künftige Bundesgenossen zu behandeln. Am selben Tag erschienen sowohl Blüchers bereits erwähnter Aufruf an Sachsens Einwohner, in dem auf die Brückensprengung Bezug genommen wurde, als auch ein Aufruf des russischen Generals Ludwig Adolph Peter Graf zu Sayn-Wittgenstein, der sich ebenfalls unmittelbar an die sächsische Bevölkerung richtete. Sayn-Wittgenstein beschwor sogar den Geist des Sachsenherzogs Widukind und seine Auflehnung gegen Karl den Großen im 8. Jahrhundert, um die Sachsen zum Kampf gegen Napoleon und für die „heilige, gerechte Sache“ zu bewegen. Weitere derartige Aufrufe folgten, z. B. am 25. März durch Marschall Michail Fürst Kutuzov, den Oberbefehlshaber der russisch-preußischen Armee, sowie am 30. März noch einmal durch Sayn-Wittgenstein.387 Den freundschaftlichen Worten der Proklamationen folgten auch Taten. Bei mehreren Gelegenheiten wurden z. B. gefangene sächsische Soldaten wieder freigelassen.388 Zudem waren nicht nur preußische, sondern auch russische Kommandeure zumindest in den ersten Wochen nach dem Überschreiten der sächsischen Grenze eifrig bemüht, unter ihren Soldaten strenge Disziplin zu halten und der Bevölkerung zu zeigen, dass sie wirklich als Freunde und Befreier kämen. Einen bezeichnenden Zwischenfall hat der Dresdner Polizeidirektor Brand am 15. März 1813 in seinem Tagebuch festgehalten: „Unter den vielen Beweisen der Schonung und Achtung, mit welcher die Sachsen von den Russen behandelt werden, scheint der vorzüglich auffallend zu sein, dass mehrere Fässer Branntwein, welche von Triestewitz nach Torgau geschafft werden sollten, von den Russen aber angehalten und bereits abgeladen worden waren, von ihnen auf die Versicherung, dass sie für die sächsischen Truppen in Torgau und nicht für Franzosen bestimmt wären, sogleich frei gelassen und sogar von den Russen selbst wieder aufgeladen worden sind.“389

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Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 33. Ebd., S. 49-56. Vgl. z. B. Gretschel/Bülau, Geschichte des Sächsischen Volkes, Bd. 3, S. 464 u. Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 113. HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: bis mit 16. Mart., Loc. 2510/2, Bl. 138.

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Überall in Sachsen verbreiteten sich bald Nachrichten über das gute Verhalten der „Feinde“.390 Die Bevölkerung reagierte darauf mit großer Erleichterung: Anfang März 1813 konnte der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter aus Bautzen berichten, das „große Publikum“ fürchte sich nicht vor den Russen, da ihnen der Ruf guter Disziplin und allgemeiner Schonung des Landes vorausgehe.391 – Vielerorts wurden die russischen Soldaten schließlich mit großem Jubel empfangen.392 Allerdings ist Vorsicht vor der z. T. sehr einseitigen und stark verklärenden Memoirenliteratur geboten. Euphorische Schilderungen, wie sie sich beispielsweise in den Jugenderinnerungen Kügelgens oder der kurz nach den Ereignissen niedergeschriebenen, tendenziösen Schrift von Ludwig Hußell finden393, sind keineswegs als repräsentativ anzusehen, auch wenn sie in manchen unkritischen Darstellungen so hingestellt werden.394 Zwar lassen die vorliegenden Quellen keinen Zweifel daran, dass viele Sachsen unverhohlene Freude über die Ankunft der Verbündeten zum Ausdruck brachten. So heißt es selbst in der völlig einseitig antirussischen Darstellung des Dresdner Finanzprokurators Christian Friedrich Brachmann über den Einzug russischer Truppen in die Dresdner Altstadt: „Nie sahe man fremde Krieger mit solchem Jubel empfangen.“395 Die Furcht vor den Russen hatte sich aber mittlerweile keineswegs in bedingungslose Zuneigung verwandelt. Viele Sachsen dürften weiterhin ein gewisses Unbehagen empfunden haben, wie es in den Erinnerungen von Gustav Nieritz zum Ausdruck kommt. Dieser empfand beim Anblick der ersten russischen Soldaten ein „Gemisch aus Neugierde, Furcht und Freude.“396 390

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Vgl. z. B. den Eintrag im Tagebuch des Dresdner Polizeidirektors Brand vom 25.2.1813 (ebd., Bl. 65; vgl. auch Bl. 122 u. 184), weiterhin Dressler von Scharfenstein, Tagebuch der Begebenheiten in Dresden, S. 7; Görlitz im Jahr 1813, S. 206 f.; Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 325 f.; Hartstock/Kunze, Die Lausitz, S. 277. HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Kiesenwetters Schreiben liegt einem Bericht des Hof- und Justizrats Ludwig Christoph von Burgsdorff an den Minister Senfft vom 10.3.1813 bei. Vgl. z. B. Taggesell, Tagebuch, S. 78-81; Eckardt, Briefe, S. 162 f.; Segnitz, Briefe, S. 186; Hartstock/Kunze, Die Lausitz, S. 277; Scheffer, Leipzig 1813, S. 24. Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 120-130; Hußell, Leipzigs Geschichte seit dem Einmarsch der Verbündeten, S. 19 f. Als jüngeres Beispiel sei hier die populärwissenschaftliche Arbeit „Napoleon in Sachsen – Episoden, Berichte, Zeitzeugnisse“ von Gustav Niemetz genannt, in dessen eng begrenzter Literaturauswahl die Jugenderinnerungen von Kügelgen einen herausragenden Platz einnehmen. Civilis, Bilder des Kriegs, S. 13 f. Nieritz, Selbstbiographie, S. 116.

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Aufschlussreich ist auch die Schilderung des Görlitzer Lehrers Flössel, der berichtet, die Einwohner hätten aufgeatmet, als die ersten in Görlitz einmarschierten Russen gute Manneszucht hielten: „Die Freude über die Ankunft der Russen war ziemlich allgemein, nicht aus Liebe zu ihnen, sondern aus Hass gegen die Franzosen. Ich kann es nicht leugnen, dass ich mich auch freute.“397 – Russische Quellen bestätigen sowohl den großen Jubel, mit dem die Truppen des Zaren namentlich in Dresden empfangen wurden, als auch das von Vorurteilen genährte Misstrauen vieler Sachsen.398 * Bernhard Lange hat in seiner Dissertation über die „öffentliche Meinung“ in Sachsen behauptet, die Sachsen hätten die Russen freundlicher empfangen als die Preußen, denn gegen diese habe eine „gewisse Missstimmung“ geherrscht.399 Als Begründung hat er drei Gesichtspunkte angeführt: Erstens habe man in Armeekreisen den Eindruck gehabt, 1806 von Preußen verraten worden zu sein. Einen Beweis für diese Behauptung ist Lange schuldig geblieben; er dürfte auch schwer zu erbringen sein, denn in den zeitgenössischen Berichten über die Stimmung im sächsischen Militär im Jahre 1813 findet sich dieser Gedanke nicht. Zweitens hat Lange behauptet, dass die Erinnerung an die Verwüstung Sachsens durch die Armee Friedrichs II. im Siebenjährigen Krieg noch nicht erloschen gewesen sei. Als einzigen Beleg für diese Aussage hat er einen Brief des preußischen Generals Scharnhorst angeführt, der in dieser Arbeit an anderer Stelle schon erwähnt wurde (Kapitel 1.3.).400 Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass auch dieser Gedanke in den zeitgenössischen sächsischen Überlieferungen fast überhaupt nicht auftaucht.401 In vielen Quellen kommt im Gegenteil eine unverhohlene Sympathie für Preußen zum Ausdruck. Der Geheime Finanzrat von Zezschwitz, der sich für eine Lösung des Bündnisses mit Napoleon und einen Anschluss an Österreich aussprach, schrieb im Februar 1813 an den 397 398 399 400

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Flössel, Erinnerungen, S. 13. Vgl. dazu Hexelschneider, Kulturelle Begegnungen, S. 122-131 u. 135 f. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 32. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 545. Die entsprechende Stelle lautet: „Die Sachsen sind noch zum Teil in dem Geiste ihrer unglücklichen Periode in und nach dem 7jährigen Kriege, wir müssen sie belehren und väterlich behandeln, und nicht erbittern. Die Verfahrungsart mit Sachsen wird einen großen Einfluss auf die übrigen Völker Deutschlands haben.“ Eines der wenigen Beispiele ist ein Brief Karl Christian Friedrich Krauses an seinen Vater vom 1.4.1813 (Hohlfeld/Wünsche, Der Briefwechsel, S. 332).

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Minister Senfft, dass eine Besetzung Sachsens durch Preußen nicht wünschenswert sein könne, weil die preußische Denkweise und Verfahrensart viel anziehender und dem sächsischen Wesen entsprechender sei als die österreichische; die „Stimme des Volks“ würde sich dann in einer Weise aussprechen, die bei einem erneuten Wechsel des Glücks für Sachsen nachteilig sei.402 Mit anderen Worten: Zezschwitz befürchtete bei einer Besetzung Sachsens durch Preußen eine entschieden preußenfreundliche Haltung der sächsischen Bevölkerung. Dies hätte jedoch zur Folge, dass Sachsen nach einer erneuten preußischen Niederlage von den Franzosen umso feindlicher behandelt würde. In einer Denkschrift schlug Zezschwitz sogar vor, preußenfreundliche Volksbewegungen durch die Anwesenheit sächsischer und österreichischer Truppen zu unterbinden.403 Scharnhorsts Bemerkung muss außerdem im Zusammenhang gesehen werden, weil sie einen bestimmten Zweck verfolgte. Mittlerweile war es in Sachsen nämlich zu ersten Ausschreitungen, namentlich durch Kosaken, gekommen. Die Armee Blüchers hatte den Cottbuser Kreis besetzt und ihn ohne vorherige Absprache mit dem preußischen Kabinett wieder für preußischen Besitz erklärt. Sie hatte große Requisitionen, besonders an Kleidung, durchgeführt. Und Blüchers aufrührerische Proklamationen an die Sachsen mussten den streng konservativen sächsischen Hof empören. Der Verfasser der Aufrufe, Blüchers Generalquartiermeister Gneisenau, wurde sowohl vom Staatskanzler Hardenberg als auch von Scharnhorst dafür gerügt.404 Die preußische Führung wollte zu dieser Zeit die Sachsen noch immer als Verbündete im Kampf gegen Napoleon gewinnen; sie befürchtete, dass der erhoffte Seitenwechsel Sachsens durch ein allzu rücksichtsloses Auftreten von Blüchers Armee gefährdet werden könne. In Scharnhorsts missbilligendem Brief an Gneisenau diente die Erinnerung an die Leiden Sachsens im Siebenjährigen Krieg daher vor allem als Mahnung zu einem schonenderen Vorgehen. Als dritte Begründung für eine vermeintliche Missstimmung der Sachsen gegen die Preußen hat Lange die Proklamationen Blüchers und Artikel in russischen und preußischen Zeitungen genannt, in denen sich die Verfasser abfällig über den sächsischen König äußerten. Zwar bemühten sich die Verbündeten, ihre Aufrufe zum Kampf gegen Napoleon in Sach-

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 193. Ebd., S. 196. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 541-557.

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sen rasch und weit zu verbreiten.405 Und tatsächlich war der sächsische Hof über die aufrührerische Sprache dieser Schriften empört.406 Allerdings ist zu bezweifeln, dass diese Proklamationen von der Bevölkerung so negativ aufgenommen wurden wie am Hof. Der Leipziger Kaufmann Johann Carl Meissner notierte am 2. April 1813 in sein Tagebuch: „Proklamation Blüchers, die uns Freunde abends sehr begeisterte.“407 Selbst wenn man die Bemerkung von Gustav Nieritz, die Aufrufe hätten geholfen, das „Feuer der Empörung“ anzufachen408, als nachträgliche Verklärung betrachtet, bleibt die Frage, warum die sächsische Bevölkerung, namentlich über den Aufruf Blüchers vom 23. März 1813, verärgert gewesen sein soll? Das Volk konnte nicht wissen, dass die Aussage, „Euer Landesherr ist in fremder Gewalt; die Freiheit des Entschlusses ist ihm genommen“409, an welcher das sächsische Kabinett besonderen Anstoß nahm, nicht der Wahrheit entsprach. Diese Behauptung musste in den Augen der meisten Sachsen, die sich nach einem Ende der napoleonischen Herrschaft sehnten, zudem eher für als gegen den König sprechen. Die Artikel in preußischen und russischen Zeitungen, in denen sich Autoren wie August von Kotzebue Ausfälle gegen den sächsischen König erlaubten410, dürften den meisten Sachsen dagegen völlig unbekannt geblieben sein. Auch die Inbesitznahme des Cottbuser Kreises durch Blüchers Truppen, die Friedrich August I. als Beleidigung empfand, wird bei der Masse 405

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So berichtete z. B. der Hof- und Justizrat von Burgsdorff am 23.4.1813 an den Minister Senfft, der sich zu dieser Zeit mit dem Hof auf dem Weg nach Prag befand: „Ew. Exzellenz werden in Prag unbezweifelt von den unzähligen Flugschriften, mit den [sic!] wir hier jeden Tag regaliert werden, ebenfalls Kenntnis erhalten. Nach meinem geringen Ermessen verdient unter allen nur die beiliegende die Aufmerksamkeit des Gouvernements. Sie ist von dem bekannten Arndt und spricht ihre Tendenz deutlich aus. Der Verfasser war einige Tage hier im Gefolge des Herrn von Stein, ist aber wieder fort.“ (HStA Dresden, Miscellanea, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3065/6, Bl. 8). Als Beilage (Bl. 15) ist Arndts Schrift „Zwei Worte über die Entstehung und Bestimmung der Teutschen Legion“ (o. O. 1813) angefügt. Vgl. z. B. die Entgegnung des Freiherrn von Just auf eine Proklamation des russischen Generals Michel Barclay de Tolly (SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd. h.38, Bd. 9, Dok. 52, unpag.), weiterhin den Brief des Ministers Senfft an den Geheimen Finanzrat von Zezschwitz vom 4.4.1813 sowie dessen Brief an den russischen General Miloradovič vom 30.3.1813 (Zezschwitz, Mittheilungen, S. 227 u. 232 f.). Zezschwitz behauptete darin, durch Blüchers Proklamation habe sich die Haltung der Sachsen gegenüber den Verbündeten in negativer Weise geändert. Scheffer, Leipzig 1813, S. 24. Nieritz, Selbstbiographie, S. 111. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 51. Vgl. dazu Lange, Die öffentliche Meinung, S. 32 f.

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der sächsischen Bevölkerung auf wenig Teilnahme gestoßen sein. Es war kein Geheimnis, dass sich die Cottbuser nach wie vor als Preußen fühlten und die Ankunft der verbündeten Truppen sehnsüchtig erwarteten. So berichtete der Kommissionsrat Schlosser Anfang März 1813, die Bevölkerung des Cottbuser Kreises wiege sich in der Hoffnung, dass bald wieder die preußischen Wappen angeschlagen würden. Ein anderer Beamter meldete wenig später, in Cottbus seien bereits einige Bauern mit der preußischen Kokarde geschmückt zum Markt gekommen, und die Ortspolizei habe dies anscheinend nicht einmal anstößig gefunden.411 Für eine Missstimmung der sächsischen Bevölkerung gegen Preußen lassen sich in den zeitgenössischen sächsischen Quellen keine stichhaltigen Belege finden. Bernhard Langes Aussage, die preußischen Truppen seien von den Sachsen weniger freundlich empfangen worden, geht auf eine entsprechende Behauptung in den Memoiren des russischen Offiziers Aleksandr Michajlovskij-Danilevskij zurück, der den Einmarsch in Sachsen als Adjutant des Fürsten Kutuzov erlebte.412 Die von MichajlovskijDanilevskij angeführte Begründung, Blücher habe sich durch seine Proklamationen unbeliebt gemacht, legt allerdings die Vermutung nahe, dass seine Wahrnehmung der Stimmung vor allem durch die „Immediatkommission“ geprägt wurde. Die sächsischen Regierungsvertreter protestierten nämlich sowohl bei russischen als auch preußischen Offizieren gegen Blüchers Aufruf.413 Die Masse der Bevölkerung begrüßte die einmarschierenden preußischen Truppen jedoch genauso freundlich wie die russischen. Sowohl aus sächsischen als auch preußischen Quellen geht der Enthusiasmus hervor, der den preußischen Soldaten überall in Sachsen entgegengebracht wurde. Gneisenau berichtete am 24. März 1813 an Hardenberg: „Wir sind hier in Sachsen gut und freundlich aufgenommen worden.“414 Anfang April schrieb er dem Staatskanzler die aufschlussreichen Bemerkungen: „Einige Mitglieder der Regierung zu Dresden und einige Personen des Hofs ausgenommen, scheinen die Einwohner Sachsens für unsere Absichten gestimmt zu sein und nehmen uns allerwärts gut auf. Man sucht sich mit Begierde unsere und die russischen Proklamationen zu verschaffen, und ich habe solche schon mehrmals müssen abdrucken lassen.“415 411

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HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag., Schreiben Burgsdorffs an Senfft vom 3.3.1813 (darin der Bericht Schlossers) u. Schreiben von Carl Herrmann aus Sorau vom 16.3.1813 an Senfft. Michailofsky-Danilefsky, Denkwürdigkeiten, S. 44. Vgl. z. B. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 221-238. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 537. Ebd., S. 554.

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Der preußische Leutnant Wilhelm von Rahden schrieb in seinen Erinnerungen, die Sachsen hätten die Preußen mit offenen Armen empfangen, und Blüchers Vorrücken von Breslau über Dresden bis in die Gegend von Leipzig habe einem Triumphzug geglichen.416 Und der preußische Rittmeister Friedrich August von Colomb, der im Frühjahr 1813 mit seinem Verband in Sachsen mehrere Streifzüge gegen die Franzosen unternahm, berichtete: „Die Landes-Einwohner interessierten sich überall mit wenig Ausnahmen auf das Lebhafteste für uns, leisteten Vorschub, wo sie konnten, gaben mir Nachrichten und freuten sich mit uns über jedes gelungene Unternehmen.“417 Die preußenfreundliche Haltung der meisten Sachsen änderte sich weder durch die Proklamationen Blüchers noch durch die großen Lasten, die der General den sächsischen Einwohnern auferlegte.418 Als sich die „Immediatkommission“ bei Blücher beschwerte, dass seine Requisitionsforderungen zu hoch seien, wies der General die Klagen zurück und verbat sich den „unziemenden Ton“ der Dresdner Beamten. Blüchers Antwortschreiben musste sogar in der Zeitung abgedruckt werden und preußische Soldaten überwachten den Druck und die Verteilung der Blätter.419 Der Dresdner Geschichtsschreiber Wilhelm Adolf Lindau hat behauptet, dieses Schreiben Blüchers habe einen für Preußen nachteiligen Eindruck in Sachsen hinterlassen. Diese Auffassung muss angesichts der Tagebuchaufzeichnungen des Görlitzer Buchhändlers Anton jedoch relativiert werden. Anton vermerkte am 5. April 1813: „Blücher steht in Dresden. In No. 74 des Dresdener Anzeigers hat er sein Antwortschreiben an die Immediat-Kommission abdrucken lassen, das zwar sehr human abgefasst ist, worin er aber doch der ImmediatKommission einige wahrscheinlich sehr wohl verdiente Pillen zu verdauen gibt.“420 Selbst Blüchers hohe Requisitionsforderungen stießen keineswegs überall auf Unverständnis oder Unwillen. Das belegt ein Schreiben des Leipziger Senators Karl August Gruner von Anfang April 1813 an den sächsischen Oberst Dietrich von Miltitz, der sich den Verbündeten als Marschkommissar zur Verfügung gestellt hatte. Gruner bezog sich auf 416 417 418

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Rahden, Wanderungen, Bd. 1, S. 66. Colomb, Aus dem Tagebuche, S. 73. Eine der Städte, die besonders unter den Requisitionsforderungen der Armee Blüchers zu leiden hatte, war Görlitz; vgl. Jecht, Görlitz, S. 32 f. und dazu v. a. den Brief des Görlitzer Bürgermeisters Samuel August Sohr vom 5.4.1813 an seinen Sohn (Görlitz im Jahr 1813, S. 210 f.). Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 36-38 u. 213 f., hier ist Blüchers Schreiben wiedergegeben. Das Original befindet sich im HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 3: April, Loc. 2510/4, Bl. 21. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 20.

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eine Geldforderung, die Blücher der Stadt Leipzig zum Unterhalt seiner Truppen gestellt hatte und schrieb, er werde versuchen, die Summe noch am selben Tag zu beschaffen, um dem General zu zeigen, dass es nicht an gutem Willen fehle. Denn einen Mann wie Blücher, „der so viel Rechtlichkeit und Edelmut zeigt, der mit so großem Enthusiasmus für uns alle ficht, den muss man in seinem wichtigen Beruf unterstützen und ihm Freude machen, wo man kann.“421 Sogar die Ausschreitungen russischer Soldaten im März und April 1813 konnten die grundsätzliche Sympathie der Sachsen für die Verbündeten zunächst nicht erschüttern. Das zeigte sich an dem Jubel, mit dem Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. Ende April 1813 überall in Sachsen empfangen wurden. Über die Ankunft des Zaren in Görlitz am 20. April 1813 notierte der Lehrer Flössel begeistert in sein Tagebuch: „Alles Volk jubelte hoch und laut fortwährend: Vivat Alexander! wie ich es noch niemals hörte. Gott gebe ihm Sieg!“422 Der Görlitzer Bürgermeister Samuel August Sohr schrieb noch am selben Tag in einem Brief an seinen Sohn, Alexander I. sei zwar nur wenige Minuten in der Stadt gewesen, habe in dieser kurzen Zeit aber die Herzen aller Einwohner erobert.423 Und der Buchhändler Anton, der noch wenige Tage vorher in seinem Tagebuch voller Abscheu über die Exzesse russischer Soldaten berichtet hatte, beschrieb den Zaren in überschwänglichen Worten und fügte hinzu, um seinetwillen würden die Bürger nun gern wieder etwas erdulden.424 Zwei Tage später traf Alexander I. in Bautzen ein, und laut den Erinnerungen Michajlovskij-Danilevskijs, der sich in seinem Gefolge befand, wurde er von den dortigen Einwohnern mit besonders herzlichem und lautem Jubel empfangen. Die Straßen seien so sehr mit Menschen angefüllt gewesen, dass der Wagen des Zaren kaum habe durchfahren können.425 Eine Abordnung von Bürgern überreichte dem Ehrengast ein Gedicht, das ganz offen den Gesinnungswandel der Sachsen gegenüber 421 422 423 424 425

Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 15. Flössel, Erinnerungen, S. 18. Görlitz im Jahr 1813, S. 212. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 34 f. Michailofsky-Danilefsky, Denkwürdigkeiten, S. 56 f. Ein Bericht des Oberamtshauptmanns von Kiesenwetter vom 25.4.1813 über den Einzug der verbündeten Monarchen in der Oberlausitz bestätigt den großen Jubel für den Zaren namentlich in Lauban (heute Lubań in Polen), Görlitz und Bautzen (HStA Dresden, Miscellanea, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3065/6, Bl. 24-27). Kiesenwetter war in Bautzen selbst Zeuge der Ankunft Alexanders I.; er schrieb, der Zar sei „von einer unzählbaren Menge Volks, die ihm Vivat! zurufte“, umgeben gewesen (ebd., Bl. 24).

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den Russen zum Ausdruck brachte, auf den bereits weiter oben hingewiesen wurde. Eine Strophe lautete: „Als die Heere näher drangen, waren wir von Furcht umfangen. Doch Dein huldreich großes Wort drängte die Besorgnis fort.“426 Auch der König von Preußen wurde von den Sachsen mit Begeisterung empfangen. Allerdings hatte Friedrich Wilhelm III. nicht die Gabe, sich wie Alexander I. durch einnehmendes Verhalten beim Publikum beliebt zu machen. Er wirkte auf viele Augenzeugen kühl oder gar abweisend und büßte dadurch mancherorts an Sympathie ein. In Görlitz stieg er nicht einmal aus seinem Wagen, um die Ehrenbezeigungen der versammelten Bürger entgegenzunehmen. Über die ungestümen Freudenbekundungen der Menge, die sich an seine Kutsche drängte, zeigte er sich verärgert und wies die Honoratioren geringschätzig zurück.427 Durch Bischofswerda fuhr er ohne anzuhalten – „in übler Laune“, wie der Stadtschreiber in sein Tagebuch notierte.428 Der Buchhändler Anton schrieb nach der Durchreise Friedrich Wilhelms III. enttäuscht in sein Tagebuch, der Preußenkönig habe in Görlitz „durch dieses unkluge Betragen“ alles Vertrauen verloren, und er werde es in ganz Sachsen und in ganz Deutschland verlieren, wenn er andernorts ebenso auftrete. Damit werde er aber sich selbst und der „guten Sache“ am meisten schaden.429 * Der Bautzener Chronist Carl Wilcke hat behauptet, in seiner Heimatstadt sei der Jubel des Volkes für Friedrich Wilhelm III. gänzlich unterblieben. Als Begründung hat er die Ansicht geäußert, die Bautzener seien entweder durch die Freudenbezeugungen für den Zaren übersättigt gewesen oder hätten für den Preußenkönig weniger Sympathie empfunden, weil sich die

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Zitat nach Wilcke, Bautzen, Nr. 12, S. 91. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 37 f.; vgl. auch Flössel, Erinnerungen, S. 20 u. Görlitz im Jahr 1813, S. 213. Süßemilch, Tagebücher, Eintrag vom 23.4.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 17, S. 67. Ein weiteres Beispiel ist die Stadt Penig, durch die Friedrich Wilhelm III. am 1.5.1813 fuhr. Der dortige Amtsaktuar Carl Wilhelm Wimmer notierte in sein Tagebuch, der König sei verstimmt gewesen und haben von den Ehrenbezeigungen, die ihm die Peniger Schützen auf dem Markt leisten wollten, nichts wissen wollen (Lange, Poniatowskis Kampf, S. 83). Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 38.

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preußischen Soldaten durch „stolzes und barsches Auftreten [..] wenig Freunde erworben“ hätten.430 Wilckes Darstellung ist jedoch aus mehreren Gründen unglaubwürdig: Zum einen ist der Autor parteiisch und bringt an vielen Stellen seines Aufsatzes ganz offen seine Sympathie für die Franzosen und seine Abneigung gegen die Preußen zum Ausdruck.431 Zum anderen liegt über die Ankunft des preußischen Königs in Bautzen ein Bericht des Oberamtshauptmanns von Kiesenwetter vor. Darin ist keine Rede von vermeintlichen Vorurteilen der Bevölkerung gegen die Preußen. Kiesenwetter berichtet allerdings, dass die Ankunft Friedrich Wilhelms III. von den Bautzenern nicht sofort bemerkt wurde, weil sein Wagen – wohl versehentlich – in die Marschkolonne eines russischen Kürassierregiments geraten war: „Er war ziemlich nahe an der Stadt, als man endlich das Glockengeläute und die Trompeten und Pauken von dem Rats-Turme vernahm. Sodann wurde ihm verschiedentlich ein lautes Vivat oder Hurra vom Volke zugerufen.“432 – Also jubelten die Bautzener Friedrich Wilhelm III. laut Kiesenwetter doch zu. Wilckes Darstellung widerspricht zudem sämtlichen Quellen, die aus anderen Städten über den Empfang des preußischen Königs und des Zaren vorliegen. So berichtete der Hof- und Justizrat von Burgsdorff an den Minister Senfft über die Ankunft der beiden Monarchen in Dresden: „Hier [am Brühlschen Palais] sowohl als auf dem ganzen zurückgelegten Weg wurden Sie mit einem ununterbrochenen lauten und einstimmigen Jubel-Geschrei empfangen. […] Spät noch brachten die Bürger dem Kaiser und dann dem König ein Vivat unter Anstimmung des Gesanges God save the King. Der König von Preußen bedankte sich mit dem Ausdruck: Es leben die braven Sachsen!“433 Einige Tage später reiste der preußische König durch Chemnitz und wurde „mit fortdauerndem Jubel des Volkes“ begrüßt.434 Wilckes Bericht über die Ankunft Friedrich Wilhelms III. in Bautzen muss demnach als ein typisches Beispiel für die nachträgliche antipreußische Verzerrung angesehen werden, die sich in der sächsischen Ge430 431 432 433

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Wilcke, Bautzen, Nr. 12, S. 91. Ebd., Nr. 14, S. 106 u. Nr. 15, S. 114 f. HStA Dresden, Miscellanea, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3065/6, Bl. 26. Ebd., Bl. 12-14. Als Beilagen finden sich zwei gedruckte Lobhymnen der Bürger Dresdens für Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. (ebd., Bl. 18 f.). Die Begeisterung der Dresdner für die beiden Monarchen wird durch viele andere Augenzeugen bestätigt; vgl. z. B. Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 53 f.; Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 223 f.; Taggesell, Tagebuch, S. 98; Nieritz, Selbstbiographie, S. 117 f.; Steinecke, E.T.A. Hoffmann, Bd. 1, S. 272. Uhle, Chemnitz, S. 116.

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schichtsschreibung über die napoleonische Zeit gelegentlich findet. Wenn Friedrich Wilhelm III. mancherorts tatsächlich weniger herzlich gefeiert wurde als Alexander I., so lag das nicht etwa daran, dass er von vornherein weniger beliebt gewesen wäre oder sich seine Soldaten schlechter verhalten hätten als ihre russischen Kameraden, sondern dass er durch sein barsches Verhalten vor Ort viele Sympathien verlor.

2.9. Das Scheitern des Bündniswechsels Die Verbündeten wurden in Sachsen wie geschildert mit großen Sympathien empfangen. Die Freude über die Befreiung von den Franzosen wurde selbst durch erste Ausschreitungen russischer Soldaten zunächst wenig getrübt. Warum nahmen jedoch so wenige Sachsen aktiven Anteil am Kampf gegen die Franzosen? In der Literatur wird diese Frage immer wieder mit Argumenten beantwortet, die entweder einer Überprüfung nicht standhalten oder die Stimmung in Sachsen im Frühjahr 1813 allzu sehr pauschalisieren. Paul Rühlmann hat z. B. behauptet, die Wegnahme des Cottbuser Kreises und die radikale Sprache der Proklamationen hätten das „korrekte“ Denken des sächsischen Volkes schwer verletzt; infolgedessen habe sich die „öffentliche Meinung“ stärker Österreich zugewandt.435 Diese Argumentation ist jedoch nicht richtig. Wie bereits weiter oben festgestellt wurde, nahm lediglich das sächsische Kabinett Anstoß an den genannten Maßnahmen Blüchers. Von der Haltung der Regierung auf die Meinung der Masse der Bevölkerung schließen zu wollen, führt besonders bei der Untersuchung der Stimmung in Sachsen im Frühjahr 1813 in die Irre. Genauso abwegig wie Rühlmanns Aussage ist die Behauptung von Günther Jäckel, die Mehrzahl der sächsischen Untertanen habe sich der Sache der Befreiung ebenso verweigert wie König Friedrich August I.436 Zwar schlossen sich nur wenige Sachsen als Soldaten dem Kampf gegen die Franzosen an; die Masse der Bevölkerung sympathisierte aber mit den Preußen und Russen und hoffte, der König würde sich vom Bündnis mit Napoleon lösen. Insofern kann von einer Verweigerungshaltung nicht gesprochen werden. Jäckel zitiert in diesem Zusammenhang Johann Wolfgang von Goethe, dessen Haltung jedoch keine Rückschlüsse auf die Stimmung der Sachsen zulässt. Goethe war kein Sachse, und darüber 435 436

Rühlmann, Die öffentliche Meinung, S. 120. Jäckel, Im Banne Preußens, S. 123 f.

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hinaus gehörte er zu der Gruppe deutscher Intellektueller, die Napoleon durch persönliche Gunstbeweise völlig in seinen Bann gezogen hatte. Im Frühjahr 1813 stellte Goethe mit seiner nach wie vor franzosenfreundlichen Gesinnung eher eine Ausnahme dar.437 Jäckel steht mit seiner generalisierenden Beschreibung der Stimmung in Sachsen nicht allein. Hans Block äußerte sich in ähnlicher Weise bereits in seiner populärwissenschaftlichen Darstellung, die zum 100-jährigen Jubiläum der Völkerschlacht erschien: Die sächsische Bevölkerung sei zwar den Franzosen längst abgeneigt gewesen, habe das Kontinentalsystem verflucht und sich über die Kriegslasten geärgert; beim Murren sei es jedoch geblieben, ein fester, entschlossener Wille habe sich nicht herauskristallisiert. Als Sachsen von den Verbündeten besetzt wurde, habe es kein energisches Drängen nach einem Anschluss an diese und keinen Opfermut wie in Preußen gegeben, sondern lediglich einige „platonische Kundgebungen für die ‚gute Sache‘“.438 Trotz seiner recht polemischen Aussagen gegen die sächsische Bevölkerung („Versagen der Masse“) hat Block zumindest versucht zu erklären, warum sich Sachsen nicht wie Preußen439 gegen die Franzosen erhob: Neben der rücksichtsloseren Behandlung Preußens durch Napoleon hat er die preußischen Reformen genannt, weiterhin die allgemeine Wehrpflicht sowie den außenpolitischen Aspekt, Preußen habe durch die Zerschlagung der französischen Herrschaft nur gewinnen können, während Sachsen ein erneutes Übergewicht Preußens habe fürchten müssen. Die letzten beiden Punkte lassen sich sicherlich in Frage stellen, denn erstens bestand in Sachsen nicht, wie Block geschrieben hat, nach wie vor das Werbesystem; die sächsischen Behörden waren längst dazu übergegangen, die wehrfähigen jungen Männer auszulosen. Außerdem ist zweifelhaft, ob die allgemeine Wehrpflicht an sich bereits die antifranzösische Stimmung verstärkt hätte, denn schließlich mussten die Soldaten mit oder ohne Wehrpflicht für Napoleon kämpfen, solange sich Friedrich August I. nicht von ihm lossagte. Der Gedanke, Sachsen müsse nach einem Sieg 437

438 439

Jäckels Argumentation ist zudem widersprüchlich, heißt es doch wenig später, die Straßen Dresdens seien von „Teutonismus“ und „blindem Franzosenhass“ voll gewesen (ebd.). Zu Goethes Haltung vgl. Koch, Die Befreiungskriege, S. 33-37, 362 u. 398. Block, Sachsen im Zeitalter der Völkerschlacht, S. 62. Dabei ist anzumerken, dass die zu Blocks Zeit noch herrschende Vorstellung von der in Preußen vermeintlich allgemeinen Begeisterung und Opferwilligkeit für den Kampf gegen Napoleon längst nicht mehr haltbar ist. In Wirklichkeit war die Bereitschaft der preußischen Bevölkerung zur aktiven Beteiligung am Krieg recht gering (Akaltin, Die Befreiungskriege, S. 37-40).

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über Napoleon ein erneutes preußisches Übergewicht fürchten, wird im Kabinett eine Rolle gespielt haben440; auf die Stimmung der Bevölkerung hat er aber sicherlich keinen Einfluss gehabt. Ein anderes Argument Blocks ist viel wesentlicher – und zwar das erst wenig ausgeprägte deutsche Nationalgefühl und die starke Verbundenheit mit der angestammten Dynastie. Hierin liegt in der Tat der Schlüssel zum Verständnis des Verhaltens der sächsischen Bevölkerung im Frühjahr 1813. Die Stimmung in Sachsen war nicht weniger antifranzösisch als in Preußen – das bemerkten sowohl „ausländische“ Beobachter wie der bayerische Gesandte am sächsischen Hof, Christian Hubert von Pfeffel441, als auch Mitglieder der „Immediatkommission“ wie der Geheime Finanzrat von Zezschwitz. Dieser schrieb in einem Memorandum für den Minister Senfft, in Preußen gehe ein allgemeiner Enthusiasmus durch alle Klassen des Volkes, von dem die Regierung mit oder gegen ihren Willen fortgerissen werde. „Verlässt unser König das Land und wird kein Gegenmittel ergriffen, so wird das sächsische Volk diese Tendenz teilen.“442 Weitere derartige Aussagen von anderen Zeitzeugen ließen sich ohne Weiteres ergänzen – einige Beispiele wurden bereits weiter oben angeführt (Kapitel 2.8.). Friedrich August I. wurde von der Mehrheit der Sachsen nach wie vor verehrt, und seine Haltung war der Grund, dass sich die Masse der Bevölkerung trotz der gärenden Stimmung weiterhin ruhig verhielt. Zezschwitz brachte dies in einem Brief an den Freiherrn vom Stein mit den Worten zum Ausdruck, das Volk werde gemäß den Wünschen des Königs handeln, und wenn Preußen das sächsische Volk auf seiner Seite haben wolle, müsse es sich um seinen König bemühen.443 An Senfft schrieb Zezschwitz: „Der Sinn, den das Volk hier darlegt, ist herrlich. Innige Liebe zum König

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Tatsächlich hoffte Außenminister Senfft noch im Frühjahr 1813, Preußen mit Hilfe Österreichs entscheidend schwächen und für Sachsen Gebietsgewinne aushandeln zu können (Oncken, Oesterreich und Preußen, Bd. 2, S. 259 u. 262). Buchholz, Die Sprengung, S. 149. Eine ähnliche Aussage liegt auch vom österreichischen Gesandten vor (Oncken, Oesterreich und Preußen, Bd. 2, S. 281). Zezschwitz, Mittheilungen, S. 194. In derselben Denkschrift heißt es weiter unten: „Auch ist eine dem französischen System sehr ungünstige Stimmung des Volks unleugbare Tatsache, und eine dieser Stimmung entsprechende Handelsweise sehr zu vermuten.“ (ebd., S. 195 f.). Leider ist das Datum der Denkschrift nicht vermerkt. Ebd., S. 236 f. Das Datum des Schreibens ist nicht vermerkt. Diese Haltung der Bevölkerung hat auch der Dresdner Beamte Schulze in seinen Erinnerungen bestätigt (Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 220).

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und, bei tiefem innern Gefühl der Abneigung gegen Frankreich, Sinn für Ordnung und regelmäßige Handlungsweise.“444 Bestätigt wird diese Gesinnung durch einen Brief des Inspekteurs der Fürstenschule St. Afra, Oberst Dietrich von Miltitz. Dieser zählte zu den glühendsten Anhängern Preußens und setzte sich im Frühjahr 1813 voller Enthusiasmus für eine Teilnahme Sachsens am Kampf gegen Napoleon ein. Anfang April 1813 schrieb er dem russischen General Wintzingerode, er würde sich ihm am liebsten sofort unterstellen, um für Deutschlands Freiheit zu fechten; allein seine Pflicht gegenüber seinem Vaterland Sachsen hindere ihn daran.445 Der Freiherr vom Stein hatte gehofft, die Sachsen gegen den Willen ihres Königs zum Krieg gegen Frankreich mobilisieren zu können. Am 11. April 1813 schrieb er enttäuscht an den russischen Diplomaten Karl Robert von Nesselrode: „Die große Masse des Volkes ist dem König von Sachsen ergeben und wünscht seine Rückkehr [...]“.446 * Doch wie verhielt sich Friedrich August I. angesichts der politischen und militärischen Ereignisse im Frühjahr 1813? Zunächst gab es keine Anzeichen dafür, dass seine Treue zu Napoleon wanken könnte. Der Freiherr von Just, den der König im Januar 1813 als neuen sächsischen Gesandten nach Paris schickte, erklärte der Gräfin Auguste Charlotte von Kielmannsegge kurz nach seiner Ankunft: „Der König von Sachsen will, dass die dem Kaiser Napoleon gewidmete Anhänglichkeit unerschütterlich sei. Er hat das Abendmahl darauf genommen, sich nie von ihm zu trennen. Bleiben Sie Frankreich ergeben, jede andere Gesinnung wäre Ihnen nachteilig“.447 Im Februar 1813 bot Kaiser Franz I. von Österreich dem sächsischen König an, sich in die habsburgischen Lande zu begeben. Am 3. März wurde dieses Angebot noch einmal formell wiederholt, und zwar in einem Brief, den der österreichische Gesandte Paul Anton Fürst Esterhazy nach Plauen brachte, wohin sich der sächsische Hof mittlerweile begeben hatte. 444 445

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 239. Auch hier ist das Datum des Schreibens leider nicht vermerkt. Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 17. Miltitz bot sich den Verbündeten allerdings als Vermittler an; später trat er in preußische Dienste (Peters, General Dietrich von Miltitz; Schmidt, Dietrich von Miltitz). Hubatsch, Freiherr vom Stein, Bd. 4, S. 86. Im Original: „La grande masse du peuple est dévouée au Roi de Saxe et désire son retour […].“ Aretz, Memoiren der Gräfin Kielmannsegge, S. 153.

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Der österreichische Staatskanzler Klemens Wenzel Graf von Metternich wirkte zur gleichen Zeit auf den sächsischen Gesandten in Wien, Karl Friedrich Ludwig von Watzdorf, im Sinne einer Annäherung Sachsens an Österreich ein. Doch Friedrich August I. war zu dieser Zeit noch nicht bereit, sich von Napoleon zu trennen.448 Der Chef des sächsischen Generalstabs, Generalleutnant von Gersdorff, bezeichnete seinen König im März 1813 als einen der wenigen Freunde, die Napoleon in Sachsen noch verblieben seien.449 Gleichwohl bemühten sich auch Friedrich Augusts Berater mittlerweile sehr stark, den König zu einer Abkehr vom Bündnis mit Napoleon zu bewegen. Die bisherige franzosenfreundliche Politik hatte auch am Hof kaum noch Anhänger.450 Ferdinand von Funck hat in seinen Erinnerungen sogar behauptet, eine „französische Partei“ habe es zu dieser Zeit in ganz Sachsen nicht mehr gegeben.451 Er schrieb dies nicht etwa mit Genugtuung, sondern mit Bedauern, denn er selbst blieb bis zum Schluss ein Bewunderer Napoleons und beschimpfte die prominentesten Anhänger Preußens in Sachsen als „Schwachköpfe“ und „scheinheilige Betrüger“.452 Heute lässt sich nur noch schwer feststellen, wer in Sachsen im Frühjahr 1813 überhaupt noch ein Parteigänger der Franzosen war. Zwar existieren Aussagen in der Literatur und sogar Listen, die offenbar mit Hilfe von Denunzianten durch die Verbündeten erstellt wurden.453 Allerdings sind diese Angaben mit großer Vorsicht zu betrachten und oftmals nachweislich falsch. So behauptete Funck in seinen Erinnerungen, der Geheime Finanzrat von Zezschwitz habe Anfang 1813 zu den Anhängern der Franzosen gehört.454 Funck beabsichtigte mit dieser Aussage keineswegs, Zezschwitz in ein schlechtes Licht zu rücken; im Gegenteil: Der Geheime Rat gehört zu den wenigen Personen, die Funck in seinen Erinnerungen nicht mit Kritik überschüttet, sondern lobend erwähnt hat. Er schrieb, Zezschwitz sei „ein trefflicher Kopf“.455 Zezschwitz’ Briefe beweisen

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Johann Georg, Herzog zu Sachsen, Karl von Watzdorf, S. 17 f. Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 40, S. 215, Anm. 2. Das hatte auch Napoleon erkannt. Anfang Januar 1813 sagte er zur Gräfin von Kielmannsegge, der sächsische Adel sei nicht wie sein König, sondern ein „wahres Wespennest“ (Aretz, Memoiren der Gräfin Kielmannsegge, S. 150). Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 265. Ebd., S. 317-323. Vgl. dazu Lange, Die öffentliche Meinung, S. 119 f. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 57 u. 257. Ebd., S. 56.

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aber, dass er nie ein Bewunderer Napoleons gewesen war und im Frühjahr 1813 sogar zu den entschiedensten Gegnern Frankreichs zählte.456 Andere Beamte, die vor 1813 zu Recht als überzeugte Franzosenfreunde gegolten hatten, waren von ihren früheren Ansichten mittlerweile abgerückt oder gaben dies zumindest vor. Einer von ihnen war der Geheime Finanzrat George August Ernst Freiherr von Manteuffel, der sich auch auf einer der Listen von (vermeintlichen) Anhängern Napoleons findet und wegen dieser Gesinnung später des Landes verwiesen wurde.457 Am 23. April 1813 schrieb er dem Minister Senfft allerdings einen Brief, in dem er seine Freude über das Bündnis mit Österreich zum Ausdruck brachte, das wenige Tage zuvor abgeschlossen worden war.458 Noch am selben Tag verfasste er ein weiteres Schreiben an Senfft, in dem er die Abneigung gegen Frankreich in die Worte fasste: „Frankreich hat sich durch das unglückliche Kontinental-System jedermann im Staate zum Feinde gemacht, durch die stolze Behandlung der alliierten Armeen, Offiziere u. Gemeine wider sich aufgebracht, durch die gänzliche Indisziplin ihrer [sic!] Truppen die Nationen empört u. durch die letzte unglückliche u. unvorsichtige Kampagne alles Vertrauen verloren.“459 Ein weiteres Beispiel ist der Chef des sächsischen Generalstabs, Generalleutnant von Gersdorff, den der französische Historiker Marc de Germiny als einen der am meisten von der französischen Sache begeisterten Sachsen beschrieben hat.460 Gersdorffs Äußerungen aus den ersten Monaten des Jahres 1813 sind jedoch so widersprüchlich, dass sich seine wahre Gesinnung in dieser Zeit nicht mehr feststellen lässt. Im Januar 1813 schlug Gersdorff vor, die Festung Torgau zu räumen und die sächsischen Truppen auf das linke Elbufer zurückzuziehen, um den Vormarsch der Russen und Preußen nicht zu behindern.461 Eine solche Maßnahme hätte jedoch einen Verrat am Bündnis mit Napoleon bedeutet. Dieser wollte den Vormarsch der Russen und Preußen in Sachsen aufhalten; die Festung Torgau betrachtete er als einen der wichtigsten Eckpfeiler zur Verteidigung der Elblinie. Ende März 1813 bezeichnete sich Gersdorff hingegen als einen der wenigen Freunde, die Napoleon in Sachsen noch habe.462 Aber einen 456 457 458 459 460 461 462

Zezschwitz, Mittheilungen, S. 194-297. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 119 u. 126. HStA Dresden, Miscellanea, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3065/6, Bl. 44. Ebd., Bl. 80. Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 33, S. 585. Brief Senffts an Just vom 21.1.1813, SLUB, Nachlass Wilhelm von Just, Msc.Dresd. h.38, Bd. 9, Dok. 71, unpag. Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 40, S. 215, Anm. 2.

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Monat später, am 29. April 1813, brachte er in einem Brief an den Kommandanten der Festung Königstein, Generalleutnant Heinrich Wilhelm von Zeschau, seine Freude über Sachsens politischen Anschluss an Österreich zum Ausdruck. Er schrieb u. a.: „Unsere Handlungen beweisen, wie wir die deutsche Sache nicht fallen lassen wollen.“463 Nur wenige Parteigänger Frankreichs lassen sich auch im Jahre 1813 noch eindeutig als solche nachweisen. Der namhafteste Vertreter der „französischen Partei“ war wohl der Kabinettsminister Camillo Graf Marcolini, einer der engsten Vertrauten des sächsischen Königs. Am 15. März 1813 schrieb er dem Freiherrn von Just mit Bezug auf Napoleon: „All unsere Hoffnungen liegen auf dem großen Mann, der Deutschland immer gerettet hat.“464 Zwar zeigte sich auch Marcolini über die Sprengung der Dresdner Elbbrücke empört; nichtsdestotrotz äußerte er in einem Brief vom 2. Juni 1813 an Just noch einmal den Wunsch, dass die Franzosen die Russen und Preußen schlügen.465 Auch der Zeremonienmeister Freiherr von Just, der Anfang 1813 als Gesandter nach Paris geschickt worden war, gehörte bis zuletzt zu den Anhängern eines engen Anschlusses Sachsens an Napoleon.466 * Die zweite „Partei“ bildeten diejenigen Beamten, die sich im Frühjahr 1813 für einen Anschluss Sachsens an die verbündeten Russen und Preußen aussprachen. Sie hatte am Hof zwar nur wenige namhafte Anhänger, fand aber in der sächsischen Bevölkerung den stärksten Rückhalt. Zu dieser „Partei“ zählten der Geheime Finanzrat Leopold von Loeben, der bereits während des Dresdner Brückentumults durch seine antifranzösischen Äußerungen aufgefallen war und später in preußische Dienste trat, weiterhin der Geheime Finanzrat Julius Wilhelm von Oppel und der Geheime Rat Moritz Haubold von Schönberg.467 Als die Franzosen Ende 463 464

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Zitat nach Körner, Sachsen im Jahre der Völkerschlacht, unpag. [S. 2]. HStA Dresden, Correspondance de Monsieur le Comte Marcolini, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3251/17, unpag. Im Original: „Nos espérances sont tous fondées sur le grand homme qui a toujours sauvé l’Allemagne.“ Ebd., unpag. Ô-Bÿrn, Camillo Graf Marcolini, S. 110; Haebler, Neue Beiträge, S. 98. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 254 u. 257-259; Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 39 u. 64; Oppell, Die Stellung des sächsischen Adels, S. 341; Schmidt, Gräfin Auguste Charlotte von Kielmannsegge, S. 234; ders., Zur sächsischen Politik, S. 28.

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1813 Sachsen endgültig räumten und das „General-Gouvernement der Hohen Verbündeten Mächte“ die Verwaltung des Landes übernahm, stellten sich Oppel und Schönberg dem Freiherrn vom Stein als Mitarbeiter zur Verfügung; Schönberg wurde eines der drei Kommissionsmitglieder der Zentralsteuerkreditkasse. Nach der Teilung Sachsens und der Rückkehr Friedrich Augusts I. in sein verkleinertes Königreich im Jahre 1815 trat Schönberg in preußische Dienste und wurde Regierungspräsident von Merseburg, später sogar Oberpräsident von Pommern.468 Oppel zählte bereits seit 1806 zu den entschiedenen Gegnern eines Bündnisses zwischen Sachsen und Frankreich. Der Freiherr vom Stein stellte ihn Ende 1813 an die Spitze der sächsischen Finanzverwaltung. Als auf dem Wiener Kongress über das Schicksal Sachsens verhandelt wurde, gehörte Oppel zu der Minderheit von Sachsen, die einen territorialen Anschluss des Landes an Preußen wünschten. Später ersuchte er um Aufnahme in den preußischen Staatsdienst; dieser Bitte wurde jedoch nicht entsprochen. Erst 1828 erlangte Oppel wieder eine einflussreiche Stellung – allerdings nicht im Königreich Sachsen, sondern im Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha. Bis zu seinem Tod im Februar 1832 war er dort Finanzminister und Kammerpräsident.469 Loeben, Oppel und Schönberg hatten im Frühjahr 1813 allerdings keinen Einfluss auf den sächsischen König. Alle drei gehörten nicht zum engeren Beraterkreis von Friedrich August I., was sich schon daran zeigt, dass sie nicht mit dem Hof nach Plauen abreisten, sondern in Dresden blieben. Einer der wenigen Sachsen, die versuchten, auf ihren König im Sinne eines Anschlusses an die Russen und Preußen direkten Einfluss zu nehmen, war kein Hofbeamter, sondern ein Offizier, nämlich Oberst Carl Adolf von Carlowitz. Zusammen mit mehreren anderen sächsischen Militärs hatte er sich den Verbündeten zur Verfügung gestellt und wurde Ende April 1813 vom Zaren Alexander I. nach Prag geschickt, wohin sich der sächsische Hof mittlerweile begeben hatte. Diese Mission war allerdings vergeblich, denn Friedrich August I. lehnte ein Zusammengehen mit den Russen und Preußen ab. Enttäuscht trat Carlowitz später zunächst in russische, dann in preußische Dienste.470 468 469 470

Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 211 u. 245; Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 133, Anm. 95. Vgl. zu Oppel: Roman Töppel, Oppel, Julius Wilhelm von, in: Sächsische Biografie (siehe Internetquellen). Vgl. zu Carlowitz: Roman Töppel, Carlowitz, Carl Adolf von, in: ebd.

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In der Literatur wurde gelegentlich die Auffassung vertreten, der sächsische König habe sich im Frühjahr 1813 nicht an die verbündeten Russen und Preußen anschließen können, weil diese im Vertrag von Kalisch vom 28. Februar 1813 bereits über die spätere Einverleibung Sachsens in Preußen übereingekommen seien.471 Dieses Argument ist jedoch abwegig. Zwar hatte Zar Alexander I. in Kalisch tatsächlich vorgeschlagen, Preußen solle Sachsen als Entschädigung für seine ehemaligen Gebiete in Polen erhalten; verbindliche Absprachen darüber waren jedoch (noch) nicht getroffen worden.472 Selbst wenn bereits in Kalisch die Einverleibung Sachsens durch Preußen beschlossen worden wäre, hätte in Sachsen schwerlich jemand Kenntnis von solchen geheimen Verhandlungsgegenständen haben können. Falls solche Informationen durch Spitzel oder abgefangene Briefe dem sächsischen Kabinett doch bekannt geworden wären, gäbe es dafür mittlerweile sicherlich Quellenbelege. Bisher hat jedoch kein Autor ein entsprechendes Dokument anführen können. In den zeitgenössischen sächsischen Quellen, die für diese Arbeit herangezogen wurden, taucht der Gedanke, in Kalisch sei die Einverleibung Sachsens in Preußen beschlossen worden und deshalb sei ein Bündnis mit den Russen und Preußen unmöglich, jedenfalls nicht auf. Dass für Friedrich August I. kein Bündnis mit den Russen und Preußen in Frage kam, hatte drei andere Gründe. Erstens war dem sächsischen König klar, dass Zar Alexander I. Polen als sein Einflussgebiet betrachtete und keine Rücksicht auf den jüngsten politischen Status des Herzogtums Warschau nehmen würde. Friedrich August I. war aber nicht bereit, ohne Weiteres auf das Herzogtum Warschau zu verzichten. Er sah es zumindest als Verhandlungsgegenstand an, mit dessen Hilfe er glaubte, Entschädigungsforderungen geltend machen zu können.473 Das Vordringen der Russen betrachtete er folglich als Bedrohung der außenpolitischen Interessen Sachsens. Am 31. Januar 1813 erließ Friedrich August I. sogar einen Aufruf an die Polen und forderte sie mit einem Appell an den polnischen Nationalgeist zum Widerstand gegen die vorrückenden Russen

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So z. B. Schmidt, Reichsfreiherr vom Stein, S. 88 u. Frenzel, Vergilbte Papiere, S. 83. Vgl. ausführlich zu den Verhandlungen in Kalisch: Oncken, Oesterreich und Preußen, Bd. 1, S. 234-283. Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 127 f.; Oncken, Oesterreich und Preußen, Bd. 2, S. 250-273; Johann Georg, Herzog zu Sachsen, König Friedrich August der Gerechte, S. 59 f.

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auf – eine Maßnahme, die den Zaren verärgerte und in Sachsen kritisiert wurde.474 Der zweite Grund für Friedrich Augusts Zurückhaltung gegenüber den Verbündeten war die radikale Sprache der russischen und preußischen Proklamationen und die Wiederinbesitznahme des Cottbuser Kreises durch Preußen, ohne dass Verhandlungen in Aussicht gestellt wurden. Aus preußischer Sicht war diese Haltung gewiss verständlich, aus sächsischer jedoch nicht, denn Sachsen hatte den Cottbuser Kreis von Napoleon nicht als Geschenk erhalten, sondern ein gleichwertiges Gebiet an das Königreich Westfalen abtreten müssen. Der dritte Grund war schließlich die Angst Friedrich Augusts I. vor revolutionären Volksbewegungen, die durch die Freiwilligenmeldungen in Preußen neue Nahrung erhielt. Für das sächsische Kabinett sah es so aus, als habe der preußische König die Kontrolle über seine Untertanen verloren und würde vom Enthusiasmus seines Volkes mitgerissen, ob er wolle oder nicht. Zusammen mit den radikalen Aufrufen von Gneisenau und Ernst Moritz Arndt musste sich für den streng konservativen sächsischen König ein bedrohliches revolutionäres Bild ergeben.475 Die Furcht, auch in Sachsen könne sich dieser vermeintlich revolutionäre Geist verbreiten, versuchte der Gendarmeriedirektor des Leipziger Kreises, Graf von Hohenthal, für seine ehrgeizigen Ziele auszunutzen. Wie erwähnt hatte Hohenthal bereits im Jahr zuvor den Einfluss des angeblich noch existierenden „Tugendvereins“ in Sachsen maßlos übertrieben (Kapitel 2.6.). Ende März 1813 schrieb er an den Kabinettsminister Senfft, er sei besorgt, dass nach der Besetzung Leipzigs durch fremde Truppen die Stadt zum „Zentralpunkt einer Revolution“ werden könne. „Gelehrte, Advokaten, Buchhändler, Kaufleute, selbst Personen höheren Standes sind von dem Revolutions-Schwindel ergriffen.“476

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Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 103 f.; Zezschwitz, Mittheilungen, S. 191-193. Die Angst des sächsischen Hofes vor revolutionären Volksbewegungen kommt u. a. in den Briefen des Geheimen Finanzrats von Zezschwitz sehr deutlich zum Ausdruck (ebd., bes. S. 194-196). HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag., Schreiben vom 26.3.1813. Wie bereits ein Jahr zuvor waren die Berichte auch diesmal nicht selbstlos, denn Hohenthal wünschte sich mehr Einfluss. Vgl. dazu auch den Brief vom 13.3.1813, in dem Hohenthal seinen Mangel an exekutiver Gewalt bei seiner hohen Verantwortlichkeit in Bezug auf die Verpflegung französischer Truppen beklagt; vgl. ebenfalls den Brief vom 25.3.1813, in dem Hohenthal schreibt, er könne seine Funktionen als Amtshauptmann nach seiner Abberufung aus Leipzig erst wieder

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Zwar wurden Hohenthals Berichte nicht allzu ernst genommen, da er bereits für seine Übertreibungen bekannt war.477 Die Furcht des sächsischen Kabinetts vor revolutionären Volksbewegungen war jedoch unverkennbar. Vor diesem Hintergrund kam für Friedrich August I. ein Bündnis mit Preußen, das diese radikalen Strömungen begünstigte, nicht in Frage. * Um die politischen Handlungen des sächsischen Königs im Frühjahr 1813 zu verstehen, ist es nötig, sich die dritte „Partei“ am sächsischen Hof näher anzusehen. Es handelte sich dabei um Beamte und Offiziere, die zu einer Trennung von Napoleon und zu einem Anschluss an Österreich rieten. Zu dieser Gruppe gehörten der Kabinettsminister Graf Senfft von Pilsach, der Geheime Finanzrat von Zezschwitz und der Generalmajor Friedrich Karl Gustav von Langenau – ein Generaladjutant des Königs und Vertrauter des Grafen Senfft. Diese drei Personen standen im Frühjahr 1813 in engem Kontakt zueinander. Senfft und Langenau reisten zudem mit dem Hof aus Dresden ab, sodass Senfft als Außenminister weiterhin direkten Einfluss auf Friedrich August I. ausüben konnte. Zezschwitz hatte sich bereits Mitte Februar 1813 gegenüber Senfft für ein Zusammengehen mit Österreich ausgesprochen. Er hatte sogar vorgeschlagen, Sachsen durch österreichische Truppen besetzen zu lassen, um „dem Eindringen der Russen und Preußen ein Ziel [zu] setzen“.478 Senffts Standpunkt war zu dieser Zeit noch nicht klar. Zwar hat er sich in seinen Memoiren nachträglich als antifranzösischen sächsischen Patrioten hingestellt, der bereits frühzeitig auf eine Lösung des Bündnisses mit Napoleon gedrängt habe.479 Bei kritischer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass er erst zum Gegner Frankreichs wurde, als er von Napoleons Niederlage überzeugt war.480 Ein Brief Senffts an Zezschwitz belegt, dass er sich selbst

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wahrnehmen, wenn ihm der König ein „bedeutendes äußeres Zeichen Höchstdero Vertrauens u. Gnade“ und ein „auf die Geschäfte Bezug habendes Commissoriale“ geben würde (ebd.). Burgsdorff berichtete am 22.3.1813 an Senfft: „Herr Minister [Hohenthal war Konferenzminister im Geheimen Konsilium] Graf von Hohenthal hat abermals das Publikum durch die ungegründete Nachricht: dass die Franzosen die Magazine wegbrennen wollten, in großen Alarm gesetzt.“ (ebd.). Zezschwitz, Mittheilungen, S. 193; vgl. auch S. 195 u. 198-200. Senfft von Pilsach, Mémoires, S. 196, 198, 205 u. 209. Vgl. dazu Oncken, Oesterreich und Preußen, Bd. 2, S. 236-252 u. Hegner, Die politische Rolle des Grafen Senfft. Hegners Arbeit wurde von Bewunderern Senffts

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Anfang April 1813 noch alle Möglichkeiten offen hielt. In diesem Schreiben (vom 4. April 1813) beklagte er sich zunächst über die Proklamationen der Verbündeten; er schrieb, eine direkte Annäherung an die Russen und Preußen sei nicht möglich, solange keine ehrenhaften Verhandlungen angeboten würden. Dann brachte er sein Vertrauen auf Österreich zum Ausdruck, äußerte sich aber nicht grundsätzlich gegen ein Bündnis mit Frankreich: „Frankreich ist stets eine große und ist noch eine furchtbare Macht; aber wir sind Deutsche, und nur wenn sie den letztern Charakter aufgegeben hat und in den von 1648 und 1748 zurückgetreten ist, können wir frei daran denken, deren Alliierte zu sein.“481 Die entscheidenden Triebfedern eines Anschlusses an Österreich waren Zezschwitz und Langenau. Anfang März 1813 beschwor Zezschwitz den Kabinettsminister Senfft in einer Denkschrift, sich von Napoleon loszusagen. Er schrieb, die Allianz mit Frankreich sei kein Bündnis, sondern eine Gefangenschaft. Gleichzeitig machte er jedoch deutlich, dass er einen Anschluss an die Russen und Preußen ablehne. Sachsens außenpolitische Haltung stellte sich Zezschwitz folgendermaßen vor: „Dem Krieg wird ein Ende gemacht werden, wenn Österreich, Bayern und Sachsen vereint auftreten und den Russen Krieg diesseits der Oder oder Räumung – den Franzosen Krieg diesseits des Rheins oder Räumung anbieten.“482 Auch Langenau war der Ansicht, dass für Sachsen nur ein Bündnis mit den Habsburgern in Frage komme. Am 4. April 1813 schrieb er an Zezschwitz, Österreich handle mit Klugheit und Mäßigung; es habe Sachsen Vorschläge unterbreitet, die Langenaus Erwartungen übertroffen hätten.483 Zezschwitz und Langenau konnten Senfft überzeugen, auf den König in diesem Sinne Einfluss zu nehmen – und Senfft hatte schließlich Er-

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kritisiert (z. B. Reinherz, Graf Friedrich Christian Ludwig Senfft von Pilsach, S. 34, Anm. 47; Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 29 u. 35; ders., Gräfin Auguste Charlotte von Kielmannsegge, S. 232). Sie beruht zwar tatsächlich auf einer dürftigen Quellengrundlage und enthält viele Mutmaßungen, der grundsätzliche Vorwurf der Unaufrichtigkeit der Memoiren des Kabinettsministers lässt sich aber an vielen Beispielen bestätigen (vgl. z. B. Töppel, Der Staat, S. 192 f.). Der Freiherr von Just sagte im Januar 1813 zur Gräfin Kielmannsegge: „Graf Senfft ist falsch gegen alle. Aber man muss es ihn nicht merken lassen, dass man ihn durchschaut, denn seine Gemahlin ist, wie Sie wissen, schlau und rachsüchtig. Senfft hat mich nach Paris gesandt, der König aber hat mir Instruktionen erteilt.“ (Aretz, Memoiren der Gräfin Kielmannsegge, S. 153 f.). Zezschwitz, Mittheilungen, S. 231-234, Zitat S. 232 f. Ebd., S. 201 u. 203, Zitat S. 203. Ebd., S. 230.

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folg.484 Dabei kam ihm vor allem die Sprengung der Dresdner Elbbrücke entgegen. Friedrich August I. war über diese Maßnahme so aufgebracht, dass er umgehend einen Offizier mit einem Beschwerdebrief zu Napoleon schickte. Darin kündigte er an, er werde die sächsischen Truppen zu ihrer Reorganisation bei Torgau konzentrieren. Am nächsten Tag, dem 21. März 1813, erhielt Generalleutnant Erdmann von Lecoq tatsächlich den Befehl, die sächsischen Truppen von den französischen zu trennen und mit ihnen nach Torgau abzumarschieren.485 Dies war eine bemerkenswerte Entscheidung, denn Friedrich August I. hatte seine mobilen Truppen bisher bedingungslos Napoleons Oberbefehl anvertraut und ihnen seit 1806 keine eigenmächtigen Befehle mehr erteilt. Am 28. März reiste der sächsische Hof aus Plauen ab, um den vorrückenden Russen und Preußen weiter auszuweichen. Entgegen Napoleons Vorschlägen, sich nach Mainz oder Straßburg zu begeben, wählte Friedrich August I. Regensburg als neuen Zufluchtsort aus. Hier war der sächsische König einerseits frei von direkten französischen Einflussnahmeversuchen, denn Bayern bemühte sich zu dieser Zeit genauso wie Sachsen, das Bündnis mit Napoleon zu lösen.486 Andererseits konnten von Regensburg aus die Verhandlungen mit den Habsburgern ungestört weiterlaufen, ohne einen offenen Bruch mit Napoleon zu riskieren – schließlich war Bayern offiziell nach wie vor Mitglied des Rheinbundes. Eine Abreise des sächsischen Hofes nach Prag, wie sie der österreichische Kaiser vorgeschlagen hatte, wollte Friedrich August I. zunächst nicht riskieren, weil sich Österreich zu offensichtlich auf einen Bündniswechsel vorbereitete.487 484

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Die intensiven Bemühungen Senffts um den Kurswechsel der Außenpolitik Friedrich August I. im Sinne einer Hinwendung zu Österreich und die großen Schwierigkeiten, den König zu überzeugen, kommen sehr deutlich in den Briefen Langenaus an Zezschwitz vom März und April 1813 zum Ausdruck (ebd., S. 210 f., 224 f., 230, 235 u. 242). Aufschlussreich ist außerdem ein Brief Senffts an Zezschwitz vom 30.4.1813; darin heißt es: „Wir konnten wahrlich weder um des Königs noch um der Sache willen schneller noch kräftiger handeln.“ (ebd., S. 253). Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 119 f.; Gretschel/Bülau, Geschichte des Sächsischen Volkes, Bd. 3, S. 454. Unmittelbar nach der Ankunft Friedrich Augusts I. in Regensburg überbrachte der bayerische Gesandte im Namen seines Kabinetts sogar den Vorschlag zu einem bilateralen Garantie- und Beistandsabkommen zwischen Bayern und Sachsen (Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 128-130). Langenau schrieb am 27.3.1813 aus Plauen an Zezschwitz: „Ginge der König nach Frankreich, so bräche er mit sich und seinem Volke; geht er nach Böhmen, so bricht er mit Frankreich. Ersteres billigt kein rechtlicher Mensch; letzteres kann nur dann geschehen, wenn die russisch-

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Der Erfolg der Unterhandlungen mit Österreich stärkte jedoch das Selbstvertrauen des sächsischen Hofes und veranlasste Friedrich August I. schließlich zu einer Haltung gegenüber Napoleon, die dieser als Provokation auffassen musste. Am 16. April 1813 traf der österreichische Gesandte Fürst Esterhazy in Regensburg ein und überbrachte dem sächsischen König den Vorschlag zu einer geheimen Konvention zwischen Sachsen und Österreich. Am nächsten Tag wurde der Vertragsentwurf redigiert und der Legationsrat Breuer mit den nötigen Vollmachten für einen endgültigen Vertragsabschluß nach Wien geschickt. Am 19. April teilte Friedrich August I. dem französischen Kaiser seinen Entschluss mit, sich nach Prag zu begeben. Am selben Tag befahl er dem Kommandanten von Torgau, Generalleutnant von Thielmann, die Unabhängigkeit dieser für die Militäroperationen wichtigsten sächsischen Festung gegen jedermann zu bewahren. Torgau sollte nur auf königlichen Befehl und mit dem Einverständnis des Kaisers von Österreich für fremde Truppen geöffnet werden. Am 20. April gelangte der geheime Bündnisvertrag in Wien zum Abschluss.488 Inzwischen hatte Napoleon Friedrich August I. wiederholt aufgefordert, die sächsische Kavallerie mit der französischen Armee zu vereinigen. Am 24. April 1813, als sich der Hof bereits auf dem Weg nach Prag befand, überbrachte ein Adjutant Bonapartes dem sächsischen König erneut einen entsprechenden Brief des Kaisers. Doch auch dieses Mal lehnte Friedrich August I. ab.489 Am 28. April, einen Tag nach dem Eintreffen des Hofes in Prag, schickte der sächsische König den Generalmajor von Langenau nach Wien, um die gemeinsamen militärischen Maßregeln zu vereinbaren.490 Zwei Tage später schrieb der Minister Senfft an Zezschwitz: „Von Frankreich sind wir unwiderruflich geschieden.“491 * Die sächsische Bevölkerung glaubte indes, dass die Annäherung des Königs an Österreich den Auftakt zu einem Bündnis mit den Russen und Preußen bilde; die Öffentlichkeit verkannte die Tatsache, dass sich die Allianz mit Kaiser Franz I. indirekt gegen die Verbündeten richtete. So

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preußische Armee das Vertrauen vollkommen rechtfertigt, welches man auf sie setzt.“ (Zezschwitz, Mittheilungen, S. 225). Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 144 u. 151. Ebd., S. 153 f. u. 347 f. Gretschel/Bülau, Geschichte des Sächsischen Volkes, Bd. 3, S. 458. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 253.

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verbreitete sich am 11. April in der Festungsstadt Wittenberg das Gerücht, zwischen Sachsen und den Verbündeten sei eine Neutralitätskonvention abgeschlossen worden. Wenig später trafen ein russischer und ein preußischer Parlamentär ein; sie verkündeten die Nachricht, Sachsen würde dem Bündnis zwischen Preußen und Russland bald beitreten, und der Festungskommandant von Torgau, Generalleutnant von Thielmann, sei bereits dabei, die Verbündeten bei der Belagerung Wittenbergs zu unterstützen. Diese Nachrichten wurden von den Wittenbergern mit Freude und Erleichterung aufgenommen.492 Am 23. April 1813 berichtete die „Immediatkommission“ an den König: „Die Nachricht, dass Ihro Königl. Majestät in Verfolg eines mit dem Kaiserl. Österreichischen Hofe getroffenen vertraulichen Einverständnisses, Sich nach Prag begeben haben, ist von Allen höchstdero getreuen Untertanen mit sichtbarer Freude aufgenommen worden.“493 Der Schriftsteller Friedrich Rochlitz schrieb dazu rückblickend in sein Tagebuch: „Sein [Friedrich Augusts] Aufenthalt in Prag, eben in Prag, im Schutz des mächtigen, redlichen, uns wohlwollenden Franz, und dabei nahe genug unsern Grenzen – war der lichteste Punkt für die Hoffnungen des Volkes.“494 Wenige Tage nach dem Bekanntwerden der Reise des Königs nach Prag sprach sich Oberst von Miltitz in einem Brief an den Freiherrn vom Stein für eine Volksbewaffnung in Sachsen aus. Miltitz erklärte, eine solche sei der Wunsch des großen und „bessern Teiles“ der sächsischen Bevölkerung.495 Tatsächlich meldeten sich in jenen Wochen eine ganze Reihe junger Sachsen freiwillig zum Dienst in der preußischen Armee. Der berühmte Theodor Körner war kein Einzelfall. So traten auch einer der Söhne des Leipziger Buchhändlers Göschen und der Sohn des Görlitzer Buchhändlers Anton in das Lützower Freikorps ein; und selbst die Angehörigen einiger hoher sächsischer Staatsbeamter beteiligten sich am

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Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 30 u. 39. Der zweite Teil der Nachricht stimmte: Thielmann unterstützte die Verbündeten bei der Belagerung Wittenbergs, indem er ihnen einen Plan der Festung und zwei Fähren lieferte (Oberreit, Beitrag zur Biographie, S. 11 u. 23; Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 108; Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 162). HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 3: April, Loc. 2510/4, Bl. 59. Eine ähnliche Bemerkung findet sich in einem Bericht des Hof- und Justizrats von Burgsdorff an Senfft vom 21.4.1813 (HStA Dresden, Miscellanea, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3065/6, Bl. 10). Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 25. Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 31.

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Kampf gegen Frankreich, z. B. zwei Söhne des Oberkammerherrn von Friesen und der älteste Sohn des Gesandten von Watzdorf.496 Im Gegensatz zu Körner und Anton, die sehr stolz auf die Entscheidung ihrer Söhne waren, in preußischen Dienst zu treten, war Watzdorf von diesem Entschluss seines Sohnes schmerzlich berührt. Anton Jakob Karl von Watzdorf war bis zum Frühjahr 1813 Major in der sächsischen Armee gewesen und hatte seinen Abschied genommen, um gegen Napoleon zu kämpfen. Er fiel als Brigadekommandeur in der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815.497 Insgesamt blieben diejenigen Sachsen, die sich gegen den Willen ihres Königs den Verbündeten anschlossen, allerdings eine Minderheit.498 * Inzwischen traten Ereignisse ein, die die völlige Wendung des im März und April eingeschlagenen außenpolitischen Kurses des sächsischen Kabinetts zur Folge hatten. Am 2. Mai 1813 besiegte Napoleon die Verbündeten in der Schlacht bei Lützen, woraufhin sich diese bis in die Oberlausitz zurückzogen. Erst vier Tage nach der Schlacht erhielt der sächsische König in Prag die Kunde vom Sieg der Franzosen. Diese Nachricht löste bei ihm Bestürzung und einen sofortigen Gesinnungswandel aus. Dem französischen Gesandten Jean-Charles Baron de Serra, der noch wenige Tage zuvor vergeblich die Vereinigung der sächsischen Kavallerie mit der französischen Armee und die Öffnung der Festung Torgau gefordert hatte, ließ Friedrich August I. nun mitteilen, dass er in sämtliche Forderungen des französischen Kaisers einwillige. Außerdem richtete er ein Schreiben an Napoleon, in dem er seine völlige Unterwerfung bekundete und zum Sieg bei Lützen gratulierte.499 Am 8. Mai 1813 rückten französische Truppen wieder in Dresden ein, und noch am selben 496

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Gerhardt, Karl August Böttiger, S. 267-272; Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 54; Friesen, Sachsen in den ersten Monaten, H. 76, Sp. 1935; Johann Georg, Herzog zu Sachsen, Karl von Watzdorf, S. 20. Watzdorf, Geschichte des Geschlechtes von Watzdorf, S. 223-229. In das Lützower Freikorps sollen laut Hans Adolf von Oppell 500 sächsische Freiwillige eingetreten sein (Oppell, Die Stellung des sächsischen Adels, S. 341). Die Angabe von Hans Joachim Neidhardt, allein in Dresden hätten sich 500 Freiwillige zu den Lützower Jägern gemeldet (Neidhardt, Die Maler, S. 27), erscheint demgegenüber unglaubwürdig hoch. Das Schreiben ist auf Französisch wiedergegeben in: Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 349 f., Dok. 17, auf Deutsch in: Kircheisen, Fürstenbriefe, S. 203 f.

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Tag richtete Napoleon ein Ultimatum an den sächsischen König, in dem er ihn aufforderte, seinen Verpflichtungen als Mitglied des Rheinbundes nachzukommen.500 Napoleon wiederholte auch seine Forderungen nach Öffnung der Festung Torgau und nach Vereinigung der sächsischen Truppen mit der französischen Armee. Bei Nichterfüllung drohte er, Friedrich August als Verräter zu betrachten.501 Sofort nach Erhalt des Ultimatums erließ der sächsische König die entsprechenden Befehle und richtete ein weiteres Schreiben an Napoleon, in dem er beteuerte, er betrachte sich nach wie vor als Mitglied des Rheinbundes; den geheimen Bündnisvertrag mit Österreich leugnete er ab.502 Am 10. Mai reiste der Hof nach Dresden ab. Graf Senfft und Generalmajor von Langenau waren nicht mehr dabei: Beide schieden aus dem sächsischen Staatsdienst aus und stellten sich den Österreichern zur Verfügung.503 Senffts Nachfolger als Außenminister wurde der Geheime Rat Detlev Graf von Einsiedel. Die Enttäuschung der sächsischen Bevölkerung darüber, dass sich Friedrich August I. nicht den Verbündeten anschloss, war so groß, dass es zum ersten Mal in der bis dahin fünfundvierzigjährigen Regierungszeit dieses Herrschers zu einer nachhaltigen Vertrauenskrise zwischen ihm und seinen Untertanen kam. Nicht nur die verbündeten Russen und Preußen hatten in den Wochen nach der Abreise des Hofes aus Dresden ungeduldig auf eine Erklärung Friedrich Augusts I. gegen Napoleon gewartet, sondern auch die Mehrheit der Sachsen. Ein anonymes Flugblatt mit dem Titel „Bitte an Sachsens König, von einem sächsischen Vaterlandsfreunde“ beginnt mit der Feststellung, die Sachsen würden ihren Herrscher lieben und verehren, weil er sie, soweit es in seinen Kräften stehe, zu einem glücklichen Volk gemacht habe. Dass der König sich aus Dresden fortbegeben habe, um weiter an dem „Bündnis [festzuhalten], auf welchem der Fluch des Himmels“ laste, erfülle das Volk jedoch mit Trauer. Die Zeit sei gekommen, das „schimpfliche Joch abzuschütteln“: „Darum bitten wir Dich, verehrter Herrscher, geliebter Vater! kehre zurück zu Deinem Volke, zu Deinen Kindern, und gib ihnen das Schwert in die Hand, Dich und Deinen Thron zu schützen, ihre und 500

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Napoleon brachte gegenüber der Dresdner „Immediatkommission“ seinen Zorn über den sächsischen König deutlich zum Ausdruck. Vgl. dazu den aufschlussreichen Bericht des Oberkammerherrn von Friesen (Friesen, Napoleon in Dresden). Correspondance de Napoléon Ier, Bd. 25, S. 278 f., Dok. 19984 (Schreiben Napoleons an General Caulaincourt vom 8.5.1813 aus Dresden). Das Schreiben ist auf Französisch wiedergegeben in: Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 350, Dok. 18, auf Deutsch in: Kircheisen, Fürstenbriefe, S. 205. Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 166-169.

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ihrer Enkel Freiheit zu erkämpfen! […] Kehre zurück, Friedrich August, und sei wieder unser Vater und Führer! Mit Dir wollen wir leben und sterben!“504 Die Flugschrift stammte vom Rektor der Leipziger Universität, Professor Wilhelm Traugott Krug, und wurde sogar in der Zeitung abgedruckt.505 Der Text dürfte vielen Sachsen aus dem Herzen gesprochen haben; zahlreiche Quellen bestätigen die von Krug zum Ausdruck gebrachte Stimmung. Generalleutnant von Thielmann hatte den Kabinettsminister Senfft in einem Brief vom 14. April 1813 beschworen, auf den König im Sinne eines Zusammengehens mit Preußen einzuwirken. Thielmann hatte geschrieben, dass ein Zaudern die Nation und den König in „unauslöschlichen Widerspruch“ bringen würde.506 Diese Behauptung war keineswegs aus der Luft gegriffen, wie das Tagebuch des Görlitzer Buchhändlers Anton belegt: Am 10. April hatte Anton durch preußische Offiziere die „hocherfreuliche Nachricht“ erhalten, der sächsische König reise von Plauen aus nicht nach Regensburg, sondern begebe sich wieder nach Dresden; außerdem habe sich Thielmann mit den Preußen vereinigt, und diese seien in Torgau eingerückt. Als Anton am nächsten Tag erfuhr, dass diese Nachrichten falsch waren, schrieb er verbittert: „Torgau ist nicht von den Preußen besetzt, und der König ist in Regensburg und bleibt starrköpfig an seinem Napoleon hängen und setzt sich in Gefahr, um Reich und Krone zu kommen und das Land (das nicht ihm gehört, sondern von dem er nur aus Gottes Gnaden Verwalter und oberster Staatsdiener ist) aufs Unverantwortlichste ins Unglück zu stürzen.“507 Der Hof- und Justizrat von Burgsdorff berichtete dem Minister Senfft am 2. Mai 1813 über die Rückkehr des Obersten von Carlowitz nach Dresden. Carlowitz war wie bereits erwähnt am 25. April vom Zaren Alexander nach Prag geschickt worden, um den sächsischen König noch einmal zum Anschluss an die Verbündeten aufzufordern. Am 1. Mai traf er wieder in Dresden ein und überbrachte ein Schreiben Friedrich Augusts, in dem dieser sein Bündnis mit Österreich ankündigte. Von einer Allianz mit Preußen und Russland war darin keine Rede; im Gegenteil: Der sächsische König sprach die Hoffnung aus, die Verbündeten würden jede feindliche Handlung gegen Sachsen einstellen und den Cottbuser

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SLUB, Hist.Sax.C.395, misc. 58. Krug ließ noch einen „Aufruf an Sachsens streitbare Jugend“ zum Kampf gegen Napoleon und ein antifranzösisches Gedicht in der Leipziger Zeitung abdrucken (Krug, Krug’s Lebensreise, S. 140-146). Der Brief ist wiedergegeben in: Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 143, Anm. 1. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 27.

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Kreis wieder an Sachsen übergeben.508 Burgsdorff schrieb in seinem Bericht, Carlowitz’ Ankunft sei von vielen Dresdnern mit großer Ungeduld erwartet worden. Die Einwohner hätten gehofft, der Oberst werde eine öffentliche Erklärung des sächsischen Königs über seinen Beitritt zum russisch-preußischen Bündnis mitbringen. „Es wurde nicht gut geheißen, wenn man daran zweifeln wollte, und nachdem nun die Zweifler Recht behalten haben, fallen manche Äußerungen der Ungeduld und Missbilligung.“509 Die gleiche Stimmung bemerkte der sächsische Generalmajor Johann Justus Vieth von Golßenau, als er auf Veranlassung des Freiherrn vom Stein Anfang Mai 1813 in die Oberlausitz reiste, um die Nachricht vom vermeintlichen Sieg der Verbündeten in der Schlacht bei Lützen zu verbreiten. „Die erwünschteste Stimmung und ein brennender Eifer für eine Bewaffnung und für das Abwerfen des französischen Joches sprachen sich überall aus“, berichtet Vieth von Golßenau in seinen Erinnerungen über die Reaktion der Bevölkerung auf die (falsche) Siegesbotschaft.510 Als wenige Tage später klar wurde, dass Napoleon die Schlacht gewonnen hatte und der sächsische König sein Bündnis mit ihm nicht lösen würde, bemerkte Vieth von Golßenau eine „üble Stimmung“, die durch die irrige Meinung genährt wurde, Friedrich Augusts Handlungen seien durch „blinde persönliche Liebe“ zu Napoleon geleitet. Vieth von Golßenau lehnte eine Rückkehr in das von den Franzosen besetzte Dresden ab und stellte sich stattdessen den Verbündeten zur Verfügung. Obwohl er aufgrund dieser Haltung nach der Teilung Sachsens und der Rückkehr Friedrich Augusts I. in sein verkleinertes Königreich mit Missachtung behandelt wurde und deswegen um seine Entlassung bat, fand er in seinen Erinnerungen keine schlechten Worte über den König. Im Gegenteil: Darin bezeichnete er Friedrich August I. als einen der „tugendhaftesten, frömmsten und gewissenhaftesten Männer“.511 In den Briefen des Geheimen Finanzrats von Zezschwitz kommt derselbe Konflikt zwischen Treue zum König und Hass auf die Franzosen zum Ausdruck. Aus Zezschwitz’ Briefen spricht einerseits immer wieder die große Verehrung seines Königs. Aus dieser machte Zezschwitz auch gegenüber den preußischen und russischen Offizieren, mit denen er als Mitglied der „Immediatkommission“ in Dresden verhandelte, kein Hehl. 508 509 510 511

Das Schreiben ist wiedergegeben in: Gretschel/Bülau, Geschichte des Sächsischen Volkes, Bd. 3, S. 457 f. HStA Dresden, Miscellanea, Bd. 1, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3065/6, Bl. 44. Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 126. Ebd., S. 126 f.

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Andererseits schrieb er in einem Brief an den Minister Senfft, dass die Grenze seiner Dienstpflicht in dem Moment erreicht sei, in dem sich die Franzosen „physisch oder moralisch“ des Königs bemächtigen würden; wenn sich Friedrich August I. wieder den Franzosen unterwerfe, dürfe und könne Zezschwitz ihm nicht länger dienen.512 Die Treue zum König überwog bei Zezschwitz schließlich die Abneigung gegen die Franzosen und er verblieb trotzdem im sächsischen Staatsdienst.513 Über Friedrich Augusts Festhalten am Bündnis mit Napoleon war er jedoch erschüttert, und gleich ihm viele seiner Landsleute. Der Wittenberger Prediger Karl Immanuel Nitzsch stellte die Stimmung der meisten Sachsen im Mai 1813 sicherlich richtig dar, als er rückblickend schrieb: „Die Hoffnung auf den Tag der Freiheit war sehr herabgestimmt; die Pietät gegen den Landesherrn hatte nicht aufgehört, war jedoch durch seine erneute Allianz mit Frankreich schwer getroffen.“514

2.10. Die Rückkehr der Franzosen nach Sachsen Über die Stimmung in Sachsen nach der Schlacht bei Lützen sprechen sich alle vorliegenden Quellen einhellig aus: Es herrschte große Angst vor der Rückkehr der Franzosen. Bereits am 3. Mai 1813 hatte sich durch das ganze Land die Nachricht verbreitet, dass am Vortag in der Nähe von Leipzig eine gewaltige Schlacht stattgefunden hatte.515 Über ihren Ausgang ließen die Verbündeten die sächsische Bevölkerung zunächst im Unklaren; überall behaupteten russische und preußische Soldaten, Napoleon sei geschlagen worden.516 In Dresden beruhigte der preußische König per-

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 239. Allerdings schrieb er im Sommer 1813 in einem Privatbrief, die jetzigen politischen Beziehungen (d. h. die erneute Allianz mit Frankreich) würden ihn „anekeln“ (ebd., S. 297). Vgl. zu Zezschwitz auch Roman Töppel, Zezschwitz, Joseph Friedrich von, in: Sächsische Biografie (siehe Internetquellen). Nitzsch, Ein Stück Wittenberger Geschichte, S. 7. Auch Ferdinand von Funck hat diese Stimmung bestätigt (Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 251 f.). Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 45 f. Vgl. z. B. Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 5.5. u. 7.5.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 17, S. 67; Uhle, Chemnitz, S. 117 f.; Thomas, Erlebnisse, H. 2, S. 68.

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sönlich einige verängstigte Bürger mit den Worten: „Seid ruhig, Kinder! Wir haben einen schönen Sieg erfochten. Es wird noch alles gut werden.“517 Am 6. Mai machten die Verbündeten allerdings öffentlich bekannt, dass ihr Rückzug unvermeidlich sei.518 Die Bevölkerung reagierte bestürzt. Manche glaubten, die Franzosen würden sich für die offene Sympathie rächen, die die Sachsen in den vorangegangenen Wochen für die Verbündeten gezeigt hatten.519 In Dresden und wohl auch in anderen Orten versteckten die Bürger in aller Eile die zahlreichen antifranzösischen Flugschriften und Spottbilder, mit denen die Türen und Fenster der Kaufläden bedeckt gewesen waren; einige Einwohner flüchteten nach Böhmen.520 Vor dem Hintergrund des „panische[n] Schrecken[s]“521, den die Nachricht von der Rückkehr der Franzosen unter der Bevölkerung auslöste, ist ein anderes Phänomen verständlich, das bei einigen Zeitzeugen und Historikern auf Unverständnis gestoßen ist – und zwar die Tatsache, dass Napoleon von einigen Einwohnern mit Jubel empfangen wurde, als er wieder in Dresden einrückte. Gustav Nieritz schrieb darüber in seinen Erinnerungen verächtlich: „Solche Schmeichler, Heuchler, Zweiächsler und Mantelhänger nach dem Winde erzieht der Krieg!“522 Ferdi Akaltin hat aus diesem Verhalten geschlossen, die Sachsen hätten entweder ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Napoleon gehabt oder seien eine sehr „wetterwendische“ Bevölkerung gewesen.523 Er hat jedoch die große Furcht vor Racheakten außer Acht gelassen, die einige Bürger zu solchen Unterwerfungsgesten veranlasste.524 Dabei war diese Angst keineswegs 517 518

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Nieritz, Selbstbiographie, S. 120; vgl. dazu Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 58. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 43 f. Auch in Dresden wurde am 6.5.1813 der wahre Ausgang der Schlacht bekannt gegeben (Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 60). So z. B. Flössel, Erinnerungen, S. 22. Die Angst wurde durch das sich mancherorts verbreitende Gerücht, die Russen würden beim Rückzug alles verwüsten, noch vergrößert (vgl. z. B. Flössel, Erinnerungen, S. 23; Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 11; Uhle, Chemnitz, S. 119). Tagebuch des Dresdner Polizeidirektors Brand, 7.5.1813 (HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 4: May, Loc. 2510/5, Bl. 77); Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 63. So Civilis, Bilder des Kriegs, S. 20. Nieritz, Selbstbiographie, S. 125. Akaltin, Die Befreiungskriege, S. 44, Anm. 88. So berichtet z. B. der Dresdner Ratsherr Johann Daniel Merbach in seinen Erinnerungen, dass die Rückkehr der Franzosen nach Dresden und die Rückkehr des Königs aus Prag an der Seite Napoleons am 12.5.1813 „erschütternde und beängstigende Ereignisse

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unbegründet. Die Franzosen waren sich der feindseligen Haltung der Sachsen bewusst. Bei der Räumung Dresdens Ende März waren die abziehenden Soldaten von einigen Einwohnern sogar beschimpft worden.525 Anlässlich der Rückkehr des sächsischen Königs nach Dresden hielt Napoleon eine Ansprache an die Ratsabgeordneten, in der er öffentlich erklärte, er wisse, dass in Dresden ein schlechter Geist („mauvais esprit“) herrsche.526 Die Angst der sächsischen Bevölkerung vor französischen Strafmaßnahmen war im Mai 1813 so groß, dass die Einwohner plündernden Soldaten Racheabsichten unterstellten, auch wenn es sich nur um spontane Akte der Willkür handelte. Das bekannteste Opfer eines solchen vermeintlichen Racheaktes der Franzosen in Sachsen wurde die kleine Stadt Bischofswerda. Der Ort liegt etwa 25 km östlich von Dresden und zählte 1813 ca. 1.800 Einwohner. Die Zerstörung von Bischofswerda hat eine Vorgeschichte, die zum besseren Verständnis der sich später verbreitenden Gerüchte kurz erwähnt werden muss: Anfang April 1813 traf der preußische Rittmeister Georg Baron von Burstini in Bischofswerda ein. Burstini sammelte für das Lützower Freikorps Spenden und leitete später in Dresden eine Werbeanstalt für diesen Freiwilligenverband.527 Die Einwohner Bischofswerdas beteiligten sich zwar nur unwillig an den Sammlungen, und Burstini beklagte sich anfangs sogar, in dem Ort sei nur wenig Patriotismus zu finden.528 Dennoch ließ er wenige Tage später eine Bekanntmachung drucken, in der er dem „wohllöblichen Magistrat und den biedern Bürgern von Bischofswerda“ für die freundschaftliche Aufnahme in der Stadt und die bereitwillige Unterstützung bei der Ausrüstung von Freiwilligen seinen

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und Szenen“ gewesen seien; der Dresdner Stadtrat habe sich „im angstvollsten Zustande“ befunden (Merbach, Aus dem Leben, S. 97). Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 29 f. Vgl. z. B. Laun, Memoiren, Bd. 2, S. 228 f. Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 43. Dabei mag eine Rolle gespielt haben, dass die Einwohner nicht sicher waren, ob Burstini tatsächlich war, was er zu sein vorgab. Der Stadtschreiber Süßemilch hielt am 6.4.1813 in seinem Tagebuch die Ankunft des „angebl[ichen] Rittmeister[s] Baron v. Postini [sic!]“ fest. (Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 6.-8.4.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 18, S. 66, jedoch nur unvollständig wiedergegeben. Der Originaleintrag vom 7.4. fehlt völlig, Teile davon wurden unter dem 6.4. abgedruckt.)

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„wärmsten und aufrichtigsten Dank“ übermittelte.529 Am 10. April wurde dieser Text sogar im „Dresdner Anzeiger“ abgedruckt. Als die Verbündeten sich am 12. Mai 1813 vor den anrückenden Franzosen aus Bischofswerda zurückzogen, hatten viele Bürger, darunter alle Mitglieder des Stadtrats, den Ort bereits verlassen. Grund waren die zahllosen Plünderungen und Misshandlungen, die sich vor allem russische Soldaten in der Stadt und ihrer Umgebung erlaubt hatten.530 Die aus Bischofswerda abziehenden Russen leisteten den nachdrängenden Franzosen hinhaltenden Widerstand. In unmittelbarer Nähe der Stadt kam es zu einem Artilleriegefecht zwischen russischen und französischen Batterien, wobei mehrere Kanonenkugeln in die Stadt fielen und einige Gebäude in Brand setzten. Im Gegensatz zu den Aussagen in manchen Quellen brannte die Stadt jedoch nicht durch den Beschuss nieder.531 In Wirklichkeit gingen nur wenige Gebäude infolge des Artilleriefeuers in Flammen auf und es bestand keine Gefahr für die übrige Stadt.532 Dies änderte sich allerdings, als die französischen Truppen unter dem Befehl des Marschalls Jacques Macdonald in die Stadt einrückten. Macdonald war verärgert, dass alle Ratsmitglieder aus der Stadt geflohen waren und niemand Lebensmittel für seine Soldaten bereitgestellt hatte. Ein Steuereinnehmer wandte sich an den Marschall mit der Bitte um Schonung der Stadt und erinnerte ihn daran, dass der sächsische König mit Napoleon verbündet sei, worauf Macdonald entgegnete: „Der König ist gut; aber die Untertanen sind Spitzbuben.“533 Der Marschall erteilte seinen Adjutanten den Befehl, die Häuser aufzubrechen und nach Lebensmitteln zu suchen. In den folgenden Stunden war Bischofswerda plündernden französischen Soldaten preisgegeben. Doch das Schlimmste folgte noch: Am Abend brach in mehreren Häusern Feuer aus, das sich 529 530

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Ein Originalexemplar der Bekanntmachung befindet sich in der SLUB unter der Signatur H.univ.B.80, misc. 90. Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 8.-12.5.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 18, S. 69. So z. B. der Bautzener Bischof Franz Georg Lock am 12.5.1813 fälschlicherweise in seinem Tagebuch (Tagebuchnotizen des Bischofs F.G. Lock, S. 242 f.); so auch Civilis, Bilder des Kriegs, S. 30 u. 35. Ein französischer Autor hat sogar behauptet, Bischofswerda sei in Brand geraten, weil die Russen ihre Magazine angezündet hätten (Unbekannte Thatsachen aus dem Feldzuge, Sp. 588). Vgl. den Bericht des Bürgermeisters von Bischofswerda an den sächsischen König vom 21.5.1813, wiedergeben in: Jenak, Sachsen, der Rheinbund und die Exekution, S. 171-173, hier S. 171; vgl. auch Mittag, Chronik, S. 454 u. 458. Zitat nach ebd., S. 455.

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innerhalb weniger Stunden über die ganze Stadt ausbreitete. Offensichtlich war es durch einige der Plünderer gelegt worden, die in der Dunkelheit mit brennenden Kerzen alle Häuser durchsuchten. Die Soldaten hatten in der Stadt zwar kaum Lebensmittel gefunden, dafür aber in der örtlichen Brauerei ein großes Bierlager, und durch den reichlichen Alkoholgenuss waren viele Soldaten äußerst unvorsichtig geworden.534 Am nächsten Tag war die Stadt fast vollständig niedergebrannt. Von den 333 Wohnhäusern waren 330 zerstört, außerdem zwei Kirchen und alle öffentlichen Gebäude.535 Die Kunde von der Einäscherung Bischofswerdas sprach sich rasch in ganz Sachsen herum und rief überall Empörung hervor.536 Gleichzeitig verbreitete sich das Gerücht, es habe sich um einen französischen Racheakt gehandelt, weil die Einwohner Anfang April 1813 das Lützower Freikorps unterstützt hatten. Wie bereits erwähnt, war die Danksagung des preußischen Rittmeisters von Burstini für die Unterstützung der Lützower sogar in der Zeitung abgedruckt gewesen. Ein französischer Racheakt schien demnach auf der Hand zu liegen. Am 16. Mai erklärte ein französischer Soldat dem Stadtschreiber von Bischofswerda, Heinrich Gottlob Süßemilch, der Ort sei auf Befehl Napoleons angezündet worden, und so werde es allen Ortschaften ergehen, deren Einwohner sich gegenüber den Franzosen schlecht verhalten hätten.537 Zehn Tage später hielt sich Süßemilch in Dresden auf, um Unterstützung für die Einwohner Bischofswerdas zu erbitten. Graf Marcolini gewährte ihm eine Audienz und machte ihm Vorwürfe wegen der Bekanntmachung Burstinis. Als Süßemilch Ende Juni erneut nach Dresden fuhr, hörte er von einem französischen Offizier noch einmal die Behaup-

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Bartonietz, Bischofswerda, S. 25 f. Mittag, Chronik, S. 459. Bereits am 13.5.1813 erzählten sich die Einwohner von Zittau, der Bürgermeister von Bischofswerda sei vor dem französischen Kommandeur auf die Knie gefallen, um die Schonung der Stadt zu erflehen (Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 11). In Wirklichkeit war der Bürgermeister schon am 11.5.1813 aus der Stadt geflohen (Süßemilch, Tagebücher, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 18, S. 69). Im Original: „[…] was allen Orten widerfahre, qui ont mal fait contre les François.“ (Süßemilch, Tagebücher, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 18, S. 70).

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tung, Bischofswerda sei wegen „revolutionärer Gesinnung“ niedergebrannt worden.538 Diese Ansicht war damals weit verbreitet und findet sich auch in zeitgenössischen Erinnerungsschriften.539 Sie ist jedoch nicht überzeugend. Wenn Bischofswerda tatsächlich vorsätzlich und auf Befehl niedergebrannt worden wäre, warum hätten dann, wie berichtet wird, einige französische Soldaten den Einwohnern beim Löschen helfen sollen?540 Und warum hätte Napoleon der Stadt schließlich 100.000 Francs (ca. 26.000 Taler) Unterstützung zugesagt, wenn es sich um einen Racheakt gehandelt hätte?541 Mitte August 1813 traf Süßemilch einen französischen Offizier, der den Stadtbrand als Augenzeuge erlebt hatte. Dieser berichtete, Marschall Macdonald habe Bischofswerda seinen Soldaten aus Zorn darüber preisgegeben, dass er nichts zu Essen gefunden habe. Diese Version erscheint glaubhaft; demnach handelte es sich also um eine spontane Willkürhandlung und keinen geplanten Racheakt. Einige Wochen später erfuhr Süßemilch von einem weiteren Augenzeugen, dass es sich bei den Tätern um Soldaten des 27. Linieninfanterieregiments, und zwar um Elsässer und Italiener, gehandelt habe.542 * Die Zerstörung Bischofswerdas hat eine auffällige Gemeinsamkeit mit der Sprengung der Dresdner Elbbrücke: Beide Ereignisse erhielten durch die Verbreitung von Gerüchten über vermeintliche Rachemotive große Sym538

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Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 16.5. u. 27.6.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 18, S. 70 u. Nr. 19, S. 73. Beispielsweise in: Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 44. Mittag, Chronik, S. 457; Bartonietz, Bischofswerda, S. 26. Nach langen Verhandlungen erhielt der als Unterhändler nach Dresden geschickte Stadtschreiber Süßemilch am 25.6.1813 die Nachricht, dass Napoleon zwar nicht die gewünschten 370.000 Francs (ca. 95.000 Taler), aber immerhin 100.000 Francs Unterstützung genehmigt habe (Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 14.6., 16.6. u. 25.6.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 18, S. 71 u. Nr. 19, S. 73). Tatsächlich erhielt die Stadt aus Frankreich insgesamt 75.000 Francs (ca. 19.000 Taler) Unterstützung (Mittag, Chronik, S. 472). Süßemilch, Tagebücher, Einträge vom 12.8. u. 12.9.1813, unpag., Originale in Privatbesitz; auszugsweise abgedruckt in: Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch [sic!]; hier Nr. 19, S. 73 u. 75.

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bolkraft. Für die Untersuchung der Stimmung in Sachsen ist letztendlich nebensächlich, dass es sich in beiden Fällen offensichtlich nicht um Strafmaßnahmen gehandelt hat. Entscheidend ist die zeitgenössische Wahrnehmung als Racheakt, die sich in den seinerzeit umlaufenden Gerüchten widerspiegelt. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Zorn durch solche Nachrichten weiter angefacht wurde. Die Aussage Wilhelm von Kügelgens, man habe die Franzosen nach ihrer Rückkehr im Mai 1813 wie den Tod gehasst und ihnen alles zugetraut543, ist trotz der Voreingenommenheit des Dresdner Malers vollauf glaubwürdig. Selbst Freunde und Bewunderer der Franzosen wie Ferdinand von Funck konnten ihre Augen vor den zahllosen Ausschreitungen und der immer negativeren Wahrnehmung der französischen Truppen durch die sächsische Bevölkerung nicht länger verschließen.544 Der zunehmende Widerwille der Sachsen gegen die Franzosen und den Krieg im Allgemeinen wird an der auffälligen Häufung von Verweigerungen und Auflehnungen im Frühjahr und Sommer 1813 deutlich. So versuchten z. B. immer mehr junge Männer dem Militärdienst zu entgehen. Der Leipziger Polizeiamtschef Gehler hatte bereits am 1. Februar 1813 an den Minister Senfft gemeldet, dass die Rekrutierung neuer Soldaten auf Schwierigkeiten stoße. Wegen der großen Verluste in den Schlachten versuche sich jeder der Musterung zu entziehen. Und die Bevölkerung sei aus Mitleid immer bereit, die dienstpflichtigen jungen Männer vor den Behörden zu verbergen. „Alles dies erschwert das Geschäft der Behörden ungemein, zumal da es bei der Abwesenheit des Militärs an Mitteln gebricht, die jungen Leute, welche sich nicht freiwillig stellen, in Masse aufgreifen und allgemeine Maßregeln, in einer so volkreichen Stadt wie Leipzig, gegen eine vielleicht Partei nehmende überlegene Volksmenge durchsetzen zu können.“545 Gehler berichtete weiter, dass sich von 1.400 gestellungspflichtigen Leipzigern trotz wiederholter Aufforderungen nur 180 Personen zur Musterung eingefunden hätten. Auch in anderen Städten entzogen sich zahlreiche junge Männer dem Militärdienst; die Behörden mussten immer häufiger Anzeigen mit Vorladungen in die Zeitungen setzen lassen.546 Am 25. Juni 1813 erließ Fried543 544

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Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 156. Funck schrieb in seinen Erinnerungen, der Hass gegen die Franzosen sei wohlverdient gewesen (Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 264, vgl. auch S. 283). Und der sonst ebenso einseitig für die Franzosen eingenommene Christian Friedrich Brachmann bemerkte, die französischen Soldaten seien von vielen als Werkzeuge „unersättlichen Ehrgeizes und Kriegslust“ verabscheut worden (Civilis, Bilder des Kriegs, S. 41). HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 53 f.

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rich August I. zudem eine Bekanntmachung, in der er alle sächsischen Untertanen, die sich in feindlichen, vor allem preußischen Kriegsdiensten befanden, zur Rückkehr nach Sachsen innerhalb von sechs Wochen aufforderte. Denjenigen, die sich weigerten oder die Frist nicht einhielten, wurde die Beschlagnahmung ihres Vermögens angedroht.547 Die Flucht vor dem Militärdienst oder gar der Eintritt in die Armee des Gegners sind nicht die einzigen Beispiele für die zunehmend widersetzliche Haltung vieler Sachsen im Frühjahr und Sommer 1813: Zur gleichen Zeit mehrten sich die Fälle, in denen Bauern sich weigerten, für die französische Armee Fuhrdienste zu leisten, und gelegentlich kam es auch zu Übergriffen auf Soldaten.548 * Angesichts der erneuten Siege Napoleons im Mai 1813 schien ein Ende der französischen Herrschaft in weite Ferne gerückt. Enttäuschung und Kriegsmüdigkeit breiteten sich aus, und als Napoleon im Juni 1813 mit den Verbündeten einen Waffenstillstand schloss, war die Hoffnung auf einen Frieden bei vielen Sachsen für einige Wochen größer als der Hass auf den französischen Kaiser. Der Torgauer Senator Carl Gottfried Niese schrieb Mitte Juli 1813 an einen Freund die bezeichnenden Worte: „Gott gebe nur Frieden, er sei, wie er wolle. Unser Vaterland hat zuviel gelitten.“549 Bereits am 1. Juni 1813, noch vor dem Abschluss des Waffenstillstands, hatte Bonaparte in den Zeitungen ein Projekt zu einem allgemeinen Friedenskongress veröffentlichen lassen.550 Am 8. Juni hielt sich Napoleon in Görlitz auf und versicherte dem dortigen Magistrat, er sei darauf bedacht, Europa einen dauerhaften Frieden zu verschaffen.551 547 548

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Die Bekanntmachung ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 116 f. Vgl. zur Verweigerung von Fuhrdiensten z. B. Krebs, Sächsische Kriegsnot, S. 231, 233 u. 235; Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 24; Füßler, Leipzig 1813, S. 51. Zu Übergriffen auf Soldaten der französischen Armee vgl. z. B. Stadtarchiv Bischofswerda, Sammlung „Chronik“, 361.21, K-R, Schlagwort „Napoleon“, Dokument M 337; Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 106; Maaß, Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs, S. 53; Korschelt, Kriegsereignisse der Oberlausitz, S. 298 f. (hier polnische Soldaten); Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 252; Hartstock/Kunze, Die Lausitz, S. 285. Zitat nach Frenzel, Vergilbte Papiere, S. 102. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 96. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 101; vgl. auch Lange, Die öffentliche Meinung, S. 52.

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Auch in Dresden, wo er in den folgenden Wochen sein Hauptquartier aufschlug, ließ er diese Nachricht verbreiten. Sein sächsischer Begleitoffizier, Oberstleutnant Otto von Odeleben, berichtet in seinen Erinnerungen: „Man versicherte allgemein im französischen Hauptquartier, dass am Frieden stark gearbeitet werde.“552 Ferdinand von Funck schrieb in seinen Memoiren, seit dem Abschluss des Waffenstillstands sei die sächsische Bevölkerung mit Napoleon versöhnt gewesen, weil sie geglaubt habe, er würde gewiss Frieden schließen.553 Diese Aussage ist überspitzt, aber es kann nicht geleugnet werden, dass es Napoleon im Sommer 1813 tatsächlich gelang, einige Sympathien in Sachsen zurückzugewinnen.554 Umso größer war jedoch die Enttäuschung, als der anberaumte Friedenskongress in Prag ergebnislos aufgelöst wurde und die Kampfhandlungen Mitte August 1813 weitergingen. Als Napoleon am 18. August wieder in Görlitz eintraf, bemerkte der Buchhändler Anton, dass die übliche Festbeleuchtung der Stadt diesmal sehr schlecht ausgefallen war. Anton notierte dazu: „Die Menschen haben’s satt.“555

2.11. Das Ende der napoleonischen Zeit in Sachsen Schon wenige Tage nach dem Ende des Waffenstillstands bekam Sachsen die ganze Grausamkeit des Krieges von Neuem zu spüren: Am 26. und 27. August 1813 wurde die Umgebung von Dresden der Schauplatz einer äußerst blutigen Schlacht. Etwa 200.000 Österreicher, Preußen und Russen kämpften gegen ca. 155.000 Mann unter Napoleons Kommando. Mehr als 20.000 Soldaten beider Seiten wurden getötet oder verwundet, ungefähr 13.000 österreichische Soldaten gerieten in Gefangenschaft.556 Noch eine Woche nach dem Ende der Kämpfe lagen zahlreiche Gefallene in den Vorstädten und auf den Feldern; das Geheime Konsilium musste dem Dresdner Stadtrat schließlich die Anweisung erteilen, die toten Menschen und die Pferdekadaver endlich zu begraben, weil der Anblick „wi-

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Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 242. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 299 f. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 52. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 132. Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 444 f. Ausführliche Beschreibungen der Schlacht finden sich in: Aster, Schilderung der Kriegsereignisse, S. 168330 u. Brabant, In und um Dresden, S. 253-352.

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derwärtig“ sei und die „Ausdünstungen“ der Leichen die Gesundheit der Einwohner in Gefahr bringen würden.557 Zu den normalen Einquartierungslasten, die auch in der Zeit des Waffenstillstands nicht aufgehört hatten, kamen nun wieder außerordentliche Erfordernisse: Beispielsweise mussten alle protestantischen Kirchen Dresdens, sofern sie nicht bereits als Magazine dienten, zu Lazaretten hergerichtet werden.558 Auch in anderen Städten mussten öffentliche Gebäude in Hospitäler umgewandelt werden, in Meißen z. B. der Dom, das Gewandhaus und die Franziskanerkirche.559 Lazarette aber trugen zur Verbreitung ansteckender Krankheiten wie Ruhr, Typhus und Pocken bei. Allein in Meißen, einer Stadt mit ca. 4.400 Einwohnern, starben 1813 ca. 240 Personen an Typhus.560 In anderen Städten griffen die Seuchen noch schlimmer um sich: In Dresden starben im Jahre 1813 insgesamt 5.552 Bürger, weit mehr als doppelt so viele wie in den Jahren zuvor. In Görlitz wurden 913 Personen beerdigt – fast dreimal so viele wie 1812. Und in Leipzig stieg die Sterblichkeit in den letzten beiden Monaten des Jahres 1813 auf das Vierfache der Vormonate: Von den insgesamt 3.499 Beerdigungen fielen allein 1.528 auf den November und den Dezember.561 Die größte Angst hatte die Bevölkerung allerdings, wenn unmittelbare Kampfhandlungen bevorstanden. In solchen Fällen kam es immer wieder vor, dass der Hass auf die Franzosen hinter die Furcht vor der Zerstörung der eigenen Güter zurücktrat. Als die Verbündeten Ende August 1813 auf Dresden vorrückten, war die Angst vor einem Sturm auf die Stadt so groß, dass sich viele Einwohner freuten, als Napoleon mit seiner Armee zur Verteidigung der Residenz eintraf – nicht etwa aus Sympathie für den Kaiser, sondern aus Überzeugung, dass es seinem überlegenen Feldherrntalent gelingen würde, die Kämpfe von der Stadt fernzuhalten.562 Die 557 558 559 560 561 562

HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 8. Ebd., Bl. 18. Ende August gab es in Dresden 24 Spitäler (Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 127, Anm.). Markus, Meißen während der Napoleonischen Kriege, Bd. 4, 1897, S. 152 f. Ebd., S. 160, Anm. 92. Dresden: Taggesell, Tagebuch, S. 227; Görlitz: Jecht, Görlitz, S. 25 f. u. 140 f.; Leipzig: Heinichen, Sachsen-Kalender, S. 40, 42 u. 46; Kroker, Die Kriegskosten, S. 85. Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 103 f. u. 117 f.; Civilis, Bilder des Kriegs, S. 50-54 u. 59, Anm. 2; Taggesell, Tagebuch, S. 135-139 u. 141; Richter, Lebenserinnerungen, S. 20 f.; Reike, Napoleon in Dresden, S. 59 f. Nicht alle Dresdner freuten sich über die Ankunft Napoleons und seinen Sieg vor Dresden. Agnes von Zezschwitz (eine gebürtige Schlesierin), die Frau des Geheimen Finanzrates Joseph Friedrich von Zezschwitz, schrieb am 25.8.1813 in ihr Tagebuch: „Zwischen dem Schießen, das von beiden

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gleiche Angst der Bevölkerung vor Kämpfen in den eigenen Heimatorten ist auch aus anderen Städten überliefert. Als z. B. die Einwohner Annabergs vom Vordringen der Österreicher nach Sachsen erfuhren und sich daraufhin große Furcht vor Kampfhandlungen verbreitete, beruhigten einige ältere Personen ihre Mitbürger mit der Versicherung, dass es unmöglich sei, in der dortigen Gebirgsgegend mit schwerem Geschütz zu operieren.563 Gelegentlich mischte sich in die Furcht vor Zerstörungen durch Kampfhandlungen die Angst vor der Rückkehr russischer Soldaten, denn auch mit ihnen hatte die Bevölkerung, wie bereits berichtet (Kapitel 1.4.), im Frühjahr vielerorts sehr schlechte Erfahrungen gemacht.564 * Über die Erbitterung der sächsischen Bevölkerung angesichts dieser erneuten Kriegslasten schrieb Ferdinand von Funck in seinen Erinnerungen: „Aller Zorn fiel nun auf Napoleon, der, wie man gewiss glaubte, den Frieden nicht hatte schließen wollen. […] Alle glaubten, es käme nur darauf an, die Franzosen zu vertreiben. Überall gärte es, und alles war bereit, emporzulodern, sobald nur ein entscheidender Schlag gefallen wäre.“565 Diese Stimmung lässt sich durch andere Quellen bestätigen. So schrieb der württembergische Oberst Joseph Ignaz Graf von Beroldingen am 22. September 1813 an seinen König, die Stimmung in ganz Sachsen sei auf das Höchste gespannt; die Bevölkerung könne den gänzlichen Untergang der französischen Armee kaum erwarten.566

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Ufern der Elbe hertönte, hörte man den Klang der Trommeln, und leider hatten wir richtig geahnt, es war der Kaiser Napoleon.“ (Zezschwitz, Mittheilungen, S. 302; vgl. auch die weiteren Bemerkungen, die ihre Enttäuschung über den Sieg der Franzosen zum Ausdruck bringen, ebd., S. 303-306). König Johann von Sachsen berichtet in seinen Erinnerungen, dass seine Schwester Amalie auf die Nachricht von Napoleons Sieg vor Dresden hin ausgerufen habe: „Nous sommes perdus.“ („Wir sind verloren.“), Kretzschmar, Lebenserinnerungen des Königs Johann von Sachsen, S. 48. Hübschmann, Was haben wir in Annaberg, S. 74. Dergleichen Ängste sind auch aus Görlitz (Jecht, Görlitz, S. 101), Leipzig (Naumann, Die Völkerschlacht, S. 366; Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 41 f.) und Zittau (Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 62) überliefert. Über die Furcht vor den Russen vgl. beispielsweise ebd., S. 61 f. u. 84 f. sowie Taggesell, Tagebuch, S. 147. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 306 u. 323. Schmidt, Aus der Zeit der Freiheitskriege, S. 42.

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Wie sehr sich der Zeitgeist in Sachsen mittlerweile gewandelt hatte, verdeutlicht das Beispiel des Dresdner Hofrats und Gelehrten Karl August Böttiger: Noch 1812, nach dem Beginn von Napoleons Feldzug gegen Russland, hatte Böttiger eine ganz im französischen Sinne gehaltene pathetische Schrift verfasst, die mit einem Lobgesang auf die Teilnahme des sächsischen Heeres am „Kampfe für Europas Ruhe und Unabhängigkeit“ beginnt.567 Sicherlich zu Böttigers Glück erschien diese unverhohlene Anbiederung an Napoleons Politik nicht im Druck, denn viele Zeitgenossen hielten den Gelehrten ohnehin für einen Anhänger der Franzosen und hätten ihm seinen späteren Gesinnungswandel wohl umso weniger geglaubt.568 Dass Böttiger nie ein Gegner Napoleons gewesen war, musste selbst sein Sohn zugeben. In einer kurz nach dem Tod des Hofrats verfassten Biografie schrieb er, Böttiger sei zwar kein überzeugter „Napoleonist“ gewesen, habe aber die Klugheit in seinen Äußerungen zu Rate gezogen und „das Dämonisch-Große“ im französischen Kaiser anerkannt.569 Doch ganz gleich, ob Böttiger bis 1812 ein Anhänger Napoleons gewesen war oder nur ein Opportunist – 1813 war von seiner früheren Parteinahme für die Franzosen keine Rede mehr. Im Herbst 1813 verfasste er ein Tagebuch, das offenbar zur späteren Veröffentlichung bestimmt war. Es enthält unzählige Klagen über Plünderungen und Ausschreitungen der französischen Armee. Böttiger notierte beispielsweise am 18. September: „Zur Raubsucht des Hungers, zur Zerstörungswut eines rohtrotzigen, ungezogenen, gänzlich verwilderten Volksgemüts, deren Spuren man überall sieht, wo franz. Herrn ihre Adler pflanzten, gesellt sich trotziger Ungehorsam gegen die Anführer, Gleichgültigkeit, ja Geringschätzung des sogenannten militärischen Ehrenpunktes, selbst Feigheit im Angesichte des Feindes.“570 Fünf Tage später berichtete Böttiger, dass sich die Bauern in der Umgebung von Dresden immer wieder gegen Plünderer zur Wehr setzen und dabei nicht selten ihr Leben verlie567

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Das Manuskript mit dem Titel „Erinnerungen und Ansichten eines Sachsen beim jetzigen Krieg“ befindet sich im HStA Dresden unter der Signatur Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2645/6. Der Einband trägt den Titel „Böttigers Gedanken über den Krieg 1812“, außerdem den Vermerk: „auf Befehl des damaligen Kabinetts-Ministers, Grafen von Senfft, geschrieben, im Jahre 1812, vom Hofrat Böttiger“. Die Angabe „auf Befehl“ erscheint jedoch nicht glaubwürdig. Die Schrift befand sich wohl eher bei Senfft, weil dieser für alle Zensurfragen zuständig war und die Druckgenehmigung erteilen sollte. Vgl. dazu Hexelschneider, Kulturelle Begegnungen, S. 178 f. Böttiger, Karl August Böttiger, S. 68. SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 3.

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ren würden; allerdings würden auch einzelne erschlagene französische Soldaten gefunden.571 Das Gleiche hatte der Görlitzer Buchhändler Anton schon Anfang September 1813 in sein Tagebuch geschrieben: Einwohner von Ortschaften, die von Plünderern heimgesucht würden, gingen hin und wieder mit Knüppeln auf die Soldaten los.572 Ein solcher Vorfall ereignete sich z. B. am 7. September 1813 in Braunsdorf bei Wilsdruff. Französische Soldaten wollten eine Kuh beschlagnahmen, woraufhin sich die Einwohner wehrten und die Kavalleristen aus ihrem Dorf verjagten. Einer der Braunsdorfer bezahlte diesen Widerstand jedoch mit seinem Leben: Er wurde von einem der Soldaten erschossen.573 Eine ähnliche Szene spielte sich in dem Dorf Liebethal nördlich von Pirna ab: Hier wurde ein Trupp polnischer Soldaten von den Einwohnern angegriffen, als er versuchte, Vieh zu requirieren. Das Handgemenge endete mit dem Tod von zwei polnischen Soldaten und einem der Einwohner Liebethals.574 In anderen Quellen aus dem Sommer und Herbst 1813 wird vermehrt über offene Sympathiebekundungen für die Verbündeten und Beleidigungen französischer Soldaten berichtet – ein untrügliches Zeichen, dass der Hass auf die Franzosen und der Zorn über deren Ausschreitungen zunehmend die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen des Militärs überwogen. Als am 17. Juni in Leipzig ein Parlamentär des Lützower Freikorps eintraf, versammelte sich trotz Verbot eine Menschenmenge und begrüßte den Soldaten mit Hurrarufen.575 Die französische Wache, die die Ansammlung auflösen wollte, wurde beschimpft und sogar tätlich angegriffen. Obwohl eine Untersuchungskommission zu dem Ergebnis kam, es habe sich bei den Unruhestiftern nur um „einige schon bekannte und verächtliche Menschen aus dem Pöbel gehandelt“ und obwohl 17 Personen verhaftet und zu Gefängnisund Zuchthausstrafen verurteilt wurden, erlegten die Franzosen der Stadt eine Strafe von 80.000 Talern Kontribution auf und verhängten am 20. Juni den Belagerungszustand über Leipzig. Der Leipziger Kaufmann Johann Carl Meissner notierte dazu in sein Tagebuch: „Leipzig ist in Belage-

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Ebd., S. 25. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 1, Varia 233, Bl. 172. Die Napoleonischen Kämpfe, H. 9, S. 33. Liebmann, Das 1813te Jahr, S. 16-20. Vgl. für das Folgende: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 108-146; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 184 f.; Gross, Erinnerungen, S. 73-77; Krug, Krug’s Lebensreise, S. 147.

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rungszustand erklärt, zur Strafe für die unzweideutig deutsche Gesinnung der Bevölkerung, die sich im Lauf der letzten Zeit ausgesprochen.“576 Am 25. Juni 1813 erteilte der französische Stadtkommandant, General Bertrand, den Bürgern unter Androhung der Todesstrafe den Befehl, sämtliche Gewehre abzuliefern. Am folgenden Tag musste die Leipziger Universität auf Veranlassung Bertrands ihre Studenten nachdrücklich auffordern, sich aller politischen Äußerungen, Beleidigungen französischer Soldaten und jeglicher Teilnahme an etwaigen Volksbewegungen zu enthalten. Erst am 16. Juli 1813 wurde der Belagerungszustand Leipzigs wieder aufgehoben. Die Angst der Franzosen und der sächsischen Regierung vor dem Ausbruch von Aufständen in der Messestadt blieb jedoch bestehen. Am 17. Juli erging ein königlicher Befehl, durch den die Jurisdiktion in Leipzig zentralisiert wurde: Die bislang bestehenden eigenständigen Gerichtsbarkeiten des Kreisamts, der Universität und des Stadtrats wurden aufgehoben. Fortan lag die gesamte Leipziger Polizeigerichtsbarkeit in den Händen des Polizeiamts und die gesamte Kriminalgerichtsbarkeit in den Händen eines Kriminalgerichts. Am 29. August ließ das Leipziger Polizeiamt schließlich sogar Gespräche von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit verbieten. In Dresden musste der Stadtrat auf Veranlassung des französischen Kommandanten, Graf Antoine Henri Durosnel, am 1. November 1813 eine Bekanntmachung erlassen, in der die Bevölkerung zur Ruhe ermahnt wurde. Mehrere Einwohner, so heißt es darin, hätten sich beleidigende Äußerungen und Tätlichkeiten gegen französische Soldaten erlaubt, und derartige Vorkommnisse würden künftig mit dem Tode bestraft.577 Die Tagebuchaufzeichnungen des württembergischen Leutnants Christian von Martens bestätigen, dass den Soldaten der französischen Armee in Sachsen immer häufiger offene Antipathie entgegenschlug. Am 12. September äußerte z. B. ein Torgauer Kaufmann ganz unverhohlen seine Abneigung gegen Napoleon mit den Worten: „Ich weiß, dass nun alle gegen ihn sind, Preußen, Russen, Österreicher und Schweden, aber da hilft alles nichts, diesen Erbfeind kann nur der liebe Gott mit seiner ganzen Engelschar überwältigen.“578 Und Anfang Oktober bemerkte Martens, dass der Unmut der Bevölkerung auch gegen die württembergischen Soldaten so groß war, dass sie nur 576 577 578

Scheffer, Leipzig 1813, S. 37, Eintrag vom 23.6.1813. Die Bekanntmachung ist wiedergegeben in: Darstellung der Ereignisse in Dresden, S. 263 u. Taggesell, Tagebuch, S. 177 f. Martens, Vor fünfzig Jahren, Bd. 2, S. 93 f.

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noch mit Gewalt erlangen konnten, was ihnen die Einwohner früher freiwillig überlassen hatten.579 Gefangene Soldaten der Verbündeten versorgte die Bevölkerung dagegen bereitwillig mit Lebensmitteln – mitunter vor den Augen der französischen Soldaten.580 * Sicherlich wird es selbst Ende 1813 in Sachsen noch Anhänger der Franzosen gegeben haben.581 Ihre Zahl dürfte jedoch sehr gering gewesen sein, denn die meisten Einwohner hatten in irgendeiner Form unter Napoleon und seinen Soldaten gelitten. Der sächsische König war sich der Unzufriedenheit der Bevölkerung längst bewusst. Das belegen seine wiederholten Aufrufe zur Treue. Am 27. September ermahnte er seine Untertanen, sich nicht von den Proklamationen feindlicher Befehlshaber beeinflussen zu lassen. Jede Begünstigung der Absichten und Pläne des Feindes oder Teilnahme an seinen Unternehmungen würde mit „unnachsichtlicher Strenge“ bestraft werden.582 Solche Aufrufe konnten allerdings keine Wirkung zeigen, denn die Bevölkerung glaubte ohnehin, der König befinde sich in der Gewalt der Franzosen und könne sich den Anordnungen Napoleons nicht widersetzen.583 Dieser Eindruck musste sich noch verstärken, als Friedrich August I. dem französischen Kaiser auf dessen Wunsch hin Anfang Oktober 1813 nach Leipzig folgte – begleitet von sächsischen, polnischen und französischen Soldaten.584 Am 14. Oktober erreichte der König Leipzig und wurde Zeuge der Völkerschlacht.

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Ebd., S. 121. Vgl. z. B. Flössel, Erinnerungen, S. 60; Naumann, Aus dem Jahre 1813, S. 10-12; Beyschlag, Karl Immanuel Nitzsch, S. 69. Allerdings werden es nicht mehr „viele“ gewesen sein, wie Heinz Füßler behauptet hat (Füßler, Leipzig 1813, S. 63 f., vgl. auch S. 71). Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 159 f. Ein gedrucktes Original und die handschriftlichen Entwürfe befinden sich im HStA Dresden, Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6, Bl. 96-101. So empfand es z. B. der damals 17-jährige Leipziger Gymnasiast Friedrich Salomon Lucius (Naumann, Aus dem Jahre 1813, S. 7; vgl. auch Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 24 f.). Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 211. Prinzessin Amalie schrieb in ihr Tagebuch, die Königin sei in Wut geraten, als sie erfuhr, dass Napoleon den König mit nach Leipzig nehmen wolle (Waldmüller, Aus den Memoiren, S. 90).

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In dieser größten und blutigsten Schlacht der Befreiungskriege standen Napoleon 203.000 Soldaten mit 740 Geschützen zur Verfügung. Die Verbündeten – Österreicher, Preußen, Russen und Schweden – verfügten dagegen über 362.000 Mann und 1.460 Geschütze.585 Die Schlacht begann am 16. Oktober. Zunächst konnten die französischen Truppen taktische Erfolge erringen, und am frühen Nachmittag des ersten Schlachttages verkündeten französische Soldaten in der Stadt bereits ihren Sieg. Auf Befehl Napoleons wurden in Leipzig die Glocken geläutet, und der sächsische König ließ abends einen Dankgottesdienst abhalten.586 Friedrich August I. hoffte tatsächlich auf einen Sieg Napoleons; zu seinem Kammerpagen, Carl Anton Philipp von Dziembowski, sagte er am folgenden Tag: „Wir können ruhig schlafen. Napoleon hat die Alliierten in den Händen, morgen sind die Feinde vernichtet.“587 Die Leipziger Bevölkerung war über die voreiligen Siegesnachrichten bestürzt.588 Der Schreck hielt allerdings nicht lange an, denn schon bald wurde klar, dass die Freude der Franzosen verfrüht gewesen war und die Schlacht mit unverminderter Härte weiterging. Als die Reste der französischen Armee sich am 19. Oktober schließlich geschlagen aus Leipzig zurückzogen und die ersten preußischen Soldaten in die Stadt eindrangen, gerieten die Einwohner in einen regelrechten Freudentaumel. Ein Leipziger Student schrieb darüber am 23. Oktober in einem Brief an seine Angehörigen: „Euch das Jubelgeschrei und Hurrarufen der Einwohner Leipzigs zu schildern, welches so laut zum Himmel stieg, dass man darüber nicht einen Schuss mehr von der immer noch fortdauernden Kanonade hörte, bin ich nicht im Stande. Die Äußerungen der allgemeinen Wonne hierüber brachen in ein wahres Toben aus.“589 Über den wenig später erfolgten Einzug der verbündeten Monarchen schrieb ein Leipziger Kaufmann: „Es war ein höchst ergreifender Moment, als der Kaiser von Russland, der König von Preußen und der Kronprinz von Schweden auf dem Markt mit vielem Gefolge ankam[en]. Das Vivatrufen und Jubeln wollte kein Ende nehmen, jeder umarmte seinen Nachbar[n] in heftiger Bewegung; Blumen flogen

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Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 464 u. 470. Dass der Befehl zum Läuten der Glocken von Napoleon stammte, hat dessen sächsischer Begleitoffizier Otto von Odeleben berichtet (Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 339). Andere Augenzeugen haben geschrieben, General Bertrand habe den Befehl erteilt (Naumann, Die Völkerschlacht, S. 384). Zitat nach Schmidt, Carl Adolf von Carlowitz und Ferdinand von Funck, S. 138. Friedrich, Kurzweilige und wahrhafte Beschreibung, S. 7; In Leipzig während der Völkerschlacht, S. 113; Döhler, Ein Brief, S. 459; Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 33-37. Döhler, Ein Brief, S. 462.

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aus den Fenstern herab und Tücher wehten aus allen Häusern und von allen Dächern, die bis auf die Spitzen hinaus mit Menschen besetzt waren.“590 Zahlreiche andere Leipziger haben den Jubel beim Einzug der Verbündeten in die Stadt bestätigt.591 Und auch von preußischen und russischen Augenzeugen liegen Berichte vor, die die Aussagen in den sächsischen Quellen bekräftigen. General Gneisenau, der zusammen mit Blücher als einer der ersten preußischen Offiziere in Leipzig einritt, schrieb noch am 19. Oktober an seine Frau, er und seine Kameraden seien von den Einwohnern mit Freudengeschrei empfangen worden.592 Ein anderer Offizier aus Blüchers Stab, Major Karl von Wedel, vermerkte in seinen Erinnerungen, aus vielen Fenstern hätten ihnen Leipziger Damen Blumen zugeworfen.593 Ludwig Freiherr von Wolzogen, der den Einmarsch in Leipzig als russischer Offizier erlebte, berichtet in seinen Memoiren, dass aus allen Kellern die halbverhungerten Einwohner auf die Straße gestürzt seien und Gott auf den Knien für ihre Rettung gedankt hätten.594 Und Ernst Moritz Arndt, der nach der Schlacht noch zwei Monate in Leipzig blieb und somit mehr als nur den ersten Freudentaumel der Einwohner erlebte, hielt in seinen Erinnerungen fest, dass die meisten Leipziger trotz des Elends und Grauens, das im Herbst 1813 in der Stadt herrschte, mit den Verbündeten aufrichtig die Freude über den Sieg geteilt hätten.595 * Napoleons Niederlage bei Leipzig bedeutete das Ende seiner Herrschaft in Sachsen. Überall im Land wurde die Nachricht mit großer Freude aufgenommen. Der Görlitzer Lehrer Flössel schrieb eine Woche nach der Schlacht in sein Tagebuch: „Alles ist in diesen Tagen trunken vor Freude über den Sieg, den die verbündeten Armeen am 18. Oktober bei Leipzig errungen haben.“596 Und der Hofrat Böttiger, der wie erwähnt noch ein Jahr zuvor die 590 591

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Naumann, Die Völkerschlacht, S. 368 f. Vgl. z. B. Friedrich, Kurzweilige und wahrhafte Beschreibung, S. 14; Leipziger Chronik während der Drangsale, S. 74; Naumann, Die Völkerschlacht, S. 354; Weber, Detlev Graf von Einsiedel, S. 88; Naumann, Aus dem Jahre 1813, S. 16; In Leipzig während der Völkerschlacht, S. 144-146; Rochlitz, Tage der Gefahr, S. 59; Scheffer, Leipzig 1813, S. 67. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 2, S. 473, vgl. auch S. 474. Troeger, Lebenserinnerungen des Generalleutnants, Bd. 2, S. 109. Wolzogen, Memoiren, S. 231. Zur Zeit der Völkerschlacht war Wolzogen russischer Offizier; später wechselte er in preußische Dienste. Arndt, Erinnerungen, S. 306. Flössel, Erinnerungen, S. 88.

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Teilnahme Sachsens an Napoleons Russlandfeldzug verherrlicht hatte, bezeichnete den Sieg der Verbündeten bei Leipzig nunmehr sogar als „ein anbetungswürdiges Gottesurteil“.597 Zwar war noch nicht ganz Sachsen befreit, denn die französische Garnison Dresdens übergab die Stadt erst am 11. November 1813, Torgau blieb noch bis zum 26. Dezember 1813 eingeschlossen, und die Belagerung Wittenbergs zog sich sogar noch bis zum 13. Januar 1814 hin.598 Es war jedoch absehbar, dass die letzten französischen Soldaten bald das Land verlassen würden. An eine Rückkehr Napoleons glaubte niemand ernsthaft, selbst Friedrich August I. hatte bei seiner letzten Unterredung mit dem französischen Kaiser dessen Vorschlag abgelehnt, mit ihm Leipzig zu verlassen.599 Das Interesse am Schicksal des Königs trat bei vielen angesichts der Freude über den Sieg der Verbündeten und die Befreiung des Landes von den Franzosen zunächst in den Hintergrund. Zahlreiche Sachsen folgten den Aufrufen der Verbündeten und meldeten sich freiwillig zum Kampf gegen Napoleon. Allein in das „Banner der freiwilligen Sachsen“, ein Freikorps, das von dem aus sächsischen in russische Dienste übergetretenen Generalmajor Carl Adolf von Carlowitz geführt wurde, traten mehr als 2.200 Freiwillige ein.600 Andere meldeten sich zur Landwehr oder beteiligten sich zumindest mit Spenden an der Ausrüstung von Soldaten.601 Selbst sozial hochstehende und prominente Bürger wie der Leipzi597 598 599

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SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc. Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 195. Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 478, 484 f. u. 489. Der badische Militärarzt Wilhelm Meier erlebte Napoleons letzten Besuch bei Friedrich August I. am 19.10.1813 als Augenzeuge. In seinen Erinnerungen schrieb er darüber: „Zehn Uhr war vorüber: da fand ein merkwürdiger Auftritt statt: Napoleon, in der Absicht, den König von Sachsen zu sprechen, in die Stadt gekommen, begab sich in die Wohnung desselben am Markte und schlug ihm vor, ihn nach Weißenfels zu begleiten; der König aber lehnte den Vorschlag ab, er wollte sein Land nicht verlassen. – Nach ziemlich langer Unterredung mit dem Könige nahm Napoleon Abschied: im Weggehen zu den Umstehenden mit den Worten: Votre Roi sera neutre! [Euer König wird neutral sein!] – Er ritt hierauf mit zahlreichem Gefolge, den König von Neapel zur Seite, über den Marktplatz, wo unser Militär präsentierte, hart an uns vorbei.“ (Meier, Erinnerungen, S. 112 f.). Schmidt, Siebeneichen, S. 330. Die Liste der Freiwilligen umfasste sogar mehr als 3.600 Namen (Steinberg, Der Banner). Allerdings stammten nicht alle aus dem Königreich Sachsen; zudem wurden nicht alle einberufen. Vgl. z. B. Jecht, Görlitz, S. 151 f. Zur Landwehr meldeten sich beispielsweise einer der Söhne des Wittenberger Generalsuperintendenten Karl Ludwig Nitzsch und der älteste Sohn des Leipziger Buchhändlers Göschen (Beyschlag, Karl Immanuel Nitzsch, S. 65 f.; Gerhardt, Karl August Böttiger, S. 267-272). Wie bereits weiter oben erwähnt,

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ger Theologieprofessor und Superintendent Heinrich Gottlieb Tzschirner und der Philosophieprofessor Wilhelm Traugott Krug rückten ins Feld: Tzschirner als Feldpropst und Krug als Reitender Jäger im „Banner der freiwilligen Sachsen“.602 Krug schrieb in seinen Erinnerungen dazu: „Das durch den französischen Druck aufgeregte Vaterlandsgefühl, die allgemeine Begeisterung für Deutschlands Freiheit riss mich fort.“603 Das gesamtdeutsche Nationalgefühl, das in diesem Zitat zum Ausdruck kommt, dürfte allerdings nur bei wenigen Sachsen so stark gewesen sein wie bei Krug. Dieser hatte, obgleich gebürtiger Sachse, 1801-1809 in Preußen gelebt, war Mitglied des „Tugendvereins“ gewesen und fühlte sich laut eigener Aussage als „Preuße von ganzem Herzen“.604 Die preußische Kriegspropaganda, die auf die Entfesselung der deutsch-nationalen Kräfte gerichtet war, wird bei Krug dementsprechend auf viel fruchtbareren Boden gefallen sein als bei den meisten Sachsen, die unter dem Begriff „Vaterland“ vor allem ihr Königreich verstanden. Schließlich hatte Krug selbst in seiner bereits erwähnten Flugschrift „Bitte an Sachsens König, von einem sächsischen Vaterlandsfreunde“ im Frühjahr 1813 die Begriffe „Vaterland“ und „Volk“ auf Sachsen und nicht auf Deutschland bezogen. Der sächsische General August Wilhelm Friedrich von Leyßer schrieb im Rückblick über das Verhältnis der sächsischen Soldaten zu ihrem Vaterland zur Zeit des Russlandfeldzugs von 1812: „Doch war von keiner deutschen Sache, dies kann ich versichern, damals die Rede, das Deutschtum, welches hernachmals als Palladium unserer Gegner und Reizmittel für die Völker so eminente Dienste leistete, war unserer Armee zu jener Zeit noch eine unbekannte Größe, nur Sachsens Wohl, seine Größe, sein Gedeihen und sein Gewicht war für uns als echte Sachsen der Zentralpunkt des heiligsten Interesses, alle unsere Wünsche und Pläne hatten nur dieses Ziel.“605 Diese Aussage lässt sich mit Sicherheit auch auf den Großteil der sächsischen Zivilbevölkerung übertragen.

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diente Göschens zweitältester Sohn bereits seit dem Frühjahr 1813 bei den Lützower Jägern. Ein weiterer Freiwilliger war der Landsyndikus Christian Gottlob von Houwald. Seine Meldung zum „Banner der freiwilligen Sachsen“ wurde allerdings von der Landesdeputation der Niederlausitz verhindert, indem sie ihm die Freistellung vom Dienst verweigerte. Daraufhin meldete sich Houwald als Freiwilliger zur Landwehr; doch erneut konnten die Landstände seine Einberufung verhindern (Houwald, Zwischen Königstreue und Vaterlandsliebe, S. 88 u. 90). Schulz, Heinrich Gottlieb Tzschirner, S. 197-199; Krug, Krug’s Lebensreise, S. 162. Ebd. Ebd., S. 114 f. Meerheimb, Briefe, H. 10, S. 75.

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In den meisten zeitgenössischen sächsischen Quellen wird als Motiv des Kampfes 1813/14 nur die „gute Sache“ genannt, womit der Kampf gegen die Franzosen und für die Befreiung des Vaterlandes gemeint war – ganz gleich, ob dieses Vaterland Deutschland oder Sachsen hieß. Und am Enthusiasmus vieler Sachsen zur Teilnahme an diesem Kampf kann nicht gezweifelt werden. So berichtete der Gendarmeriedirektor Georg Friedrich August von Carlowitz aus Chemnitz mehrfach über den Eifer der Bevölkerung und rühmte den guten Willen der eingezogenen Mannschaften. Ende April 1814 schrieb er, die Begeisterung sei so stark und allgemein verbreitet, dass diejenigen, die nicht aus innerer Überzeugung für die „gute Sache“ seien, wenigstens Interesse heucheln würden, um nicht dem Spott und der Verachtung anheim zu fallen.606 Allerdings muss das in älteren Darstellungen manchmal recht einseitig gezeichnete Bild des Elans hier relativiert werden, denn bei weitem nicht alle wehrfähigen Sachsen waren bereit, sich zum Kriegsdienst zu stellen.607 So blieben beispielsweise in Zittau die preußischen Werbeversuche erfolglos, und in Niesky revoltierten die Bauern sogar gegen ihre Einberufung zur Landwehr.608 Der mit der Aufstellung der Landwehr beauftragte General Vieth von Golßenau schrieb Anfang März 1814 an die Dresdner Regierungsbehörde: „Von Seiten der Zentral-Ausschüsse derer Kreise gehen wiederholt Beschwerden ein, dass fortwährend eine große Anzahl landwehrpflichtiger Mannschaft in die benachbarten Staaten austreten, um der Einstellung in der [sic!] Landwehr zu entgehen.“609 * Die weitere Entwicklung der Stimmung bis zur Rückkehr Friedrich Augusts I. nach Sachsen gehört nicht mehr zum eigentlichen Thema dieser Arbeit und soll deshalb hier nur kurz skizziert werden. Krug hat in seinen Erinnerungen behauptet, die Gefangennahme des „verehrte[n] und geliebte[n] 606 607 608 609

Lange, Die öffentliche Meinung, S. 102 f. So ist z. B. Bernhard Langes entsprechende Schilderung völlig unkritisch und verklärend (Lange, Die öffentliche Meinung, S. 96-104). Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 106 f.; Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 80 f.; Görlitz im Jahr 1813, S. 245. HStA Dresden, Acta, die Sächs. Deserteurs […] betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1093/6, unpag., Schreiben vom 7.3.1814. Dennoch lobte Vieth von Golßenau in seinen Erinnerungen den Eifer, mit dem sich die Bevölkerung an der Landesbewaffnung und am Kampf gegen Napoleon beteiligte (Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 142-144).

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Monarch[en]“ habe alle sächsischen Patrioten geschmerzt, und viele Freiwillige hätten sich in der Hoffnung gemeldet, dem König und der Integrität Sachsens zu dienen.610 Dieses Motiv, das auch Ferdinand von Funck genannt hat611, ist sicherlich eine nachträgliche Konstruktion, zumal Krug selbst angegeben hat, sich aus allgemeiner Begeisterung für Deutschlands Freiheit zum Dienst im „Banner der freiwilligen Sachsen“ gemeldet zu haben, und nicht, um dem König zu helfen.612 Die vermeintliche große Anteilnahme der Sachsen am Schicksal ihres Königs im Herbst 1813 wird durch einige zeitgenössische Quellen deutlich relativiert. Caroline Oldenbourg, die Frau eines seinerzeit bekannten Leipziger Kaufmanns, schrieb am 24. Oktober 1813 an ihre Mutter: „Unser König, der sich den Alliierten verdächtig gemacht hat, ist kriegsgefangen nach einer Festung abgeführt, die Liebe seiner Untertanen ist durch sein Benehmen in dieser Zeit sehr erkaltet.“613 Im Tagebuch des Hofrats Böttiger findet sich eine ähnliche Bemerkung. Mitte Dezember 1813 notierte er, dass die Dresdner gegenwärtig ganz anders als sonst über Friedrich August I. dächten: Die vormals „so innig und unzweideutig sich aussprechende Liebe zum König“ sei „sehr herabgestimmt und erkältet“.614 Das anonym erschienene Tagebuch „Leipziger Chronik während der Drangsale und Schrecknisse des im Sommer 1813 erneuerten Kriegs“ ist ein weiteres Zeugnis dafür, dass die Sympathie für die Verbündeten und deren Kampf für „Deutschlands Freiheit und Unabhängigkeit“ das Interesse am Schicksal des Königs zunächst völlig überwog. Von der Gefangennahme Friedrich Augusts I. ist darin gar keine Rede. Der Verfasser hat lediglich vermerkt, dass der König seinen Aufenthalt einstweilen in den preußischen Staaten genommen habe.615 Auch Wilhelm Friedrich, ein Augenzeuge der Völkerschlacht, äußerte in seinen unmittelbar nach den Ereignissen verfassten Briefen an einen Vetter Kritik an der franzosenfreundlichen Haltung des sächsischen Königs. Außerdem schrieb er, dass er nichts dagegen habe, wenn Sachsen

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615

Krug, Krug’s Lebensreise, S. 161. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 342. Krug, Krug’s Lebensreise, S. 162. Bericht einer Leipzigerin über die Völkerschlacht, S. 116 f. SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 408. Das genaue Datum des Eintrages ist nicht vermerkt. Leipziger Chronik während der Drangsale, S. 86 (Zitat) u. 96.

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an Preußen falle.616 Dass diese Briefe 1814 in Leipzig veröffentlicht wurden, ist ebenfalls ein beredtes Zeugnis für den seinerzeit herrschenden Zeitgeist. Die Stimmung der Bevölkerung änderte sich jedoch im Laufe des Jahres 1814, und zwar nicht zuletzt durch die ungeschickte Vorgehensweise der Russen und Preußen. Nach dem Sieg über Napoleon in der Völkerschlacht war Sachsen zu einem „Generalgouvernement“ erklärt und dessen Verwaltung dem russischen General Nikolaj Repnin-Volkonskij übertragen worden.617 Dieser versuchte von Anfang an, das Land auf einen territorialen Anschluss an Preußen vorzubereiten.618 Er ließ z. B. die übliche Fürbitte für Friedrich August I. und das sächsische Königshaus aus dem Kirchengebet streichen – eine Verordnung, die auf den Widerstand vieler Geistlicher stieß und oftmals einfach übergangen wurde. Eine andere Maßnahme war die Verschärfung der Zensur, um alle sächsisch-königstreuen Äußerungen in der Publizistik zu unterbinden. Sogar das Berliner Polizeiministerium schaltete sich in die Zensur sächsischer Veröffentlichungen ein. Schriften, die sich für eine Rückkehr Friedrich Augusts I. aussprachen, wurden ebenso verboten wie die zahlreichen Petitionen zugunsten des Königs, die von den Landständen aus allen Teilen Sachsen verfasst wurden.619 Derartige Maßregeln sowie die Gefangenhaltung Friedrich Augusts I. auch über Napoleons scheinbar endgültige Niederlage im Frühjahr 1814 616 617

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619

Friedrich, Kurzweilige und wahrhafte Beschreibung, S. 50 f. Vgl. ausführlich dazu: Plathner, Behördenorganisation. Überblicke über das „Generalgouvernement“ mit weiteren Literaturhinweisen bieten Schubert, Sachsen als Generalgouvernement; Hexelschneider, Kulturelle Begegnungen, S. 138-152; Ulbricht, Instandbesetzt. Speziell zu Dresden und Leipzig unter dem „Generalgouvernement“ vgl. Klemm, Dresden unter dem russisch-preussischen General-Gouvernement u. Orzschig, Das russische General-Gouvernement in Leipzig. Vgl. für das Folgende, soweit nicht anders angegeben: Lange, Die öffentliche Meinung, S. 105-197. Langes Argumentation ist nicht immer überzeugend; Kritik dazu findet sich bereits bei Kohlschmidt, Die Sächsische Frage, S. 8-46. Weitere Forschungen zur Stimmung in Sachsen unter dem „Generalgouvernement“ wären deshalb sehr wünschenswert. Vgl. z. B. Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 269 f. Die ersten derartigen Bittschriften wurden bereits im Herbst 1813 verfasst. Der Görlitzer Buchhändler Anton notierte z. B. am 17.11.1813 in sein Tagebuch: „Die Ober- und NiederLausitzischen Stände schicken eine Deputation an den König von Preußen, um sich mit einer Bitte für unsern König zu verwenden.“ (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 63). Zu den Bemühungen der Niederlausitzer Stände um eine Rückkehr König Friedrich Augusts I. nach Sachsen vgl. Lehmann, Die Haltung der Niederlausitzer Stände.

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hinaus empörten selbst solche Sachsen, denen das Schicksal ihres Königs in den ersten Wochen und Monaten nach der Völkerschlacht gleichgültig gewesen war. So schrieb Gustav Nieritz in seinen Erinnerungen, die Gefangenschaft des Königs und das „Aussaugen“ Sachsens durch Repnin und seine Mitarbeiter hätten seine bisherige Vorliebe für die Verbündeten erheblich verringert.620 Und der Hofrat Böttiger, der Ende 1813 in seinem Tagebuch ganz im Sinne des Zeitgeistes die kritische Sichtweise auf Friedrich August I. übernommen hatte, fand im Laufe des Jahres 1814 wieder lobende Worte über seinen König und wünschte seine Rückkehr.621 Am 3. August 1814 feierten trotz Verbot durch die russischen Behörden in Dresden zahlreiche Menschen den Namenstag ihres Königs.622 Zur Verschlechterung der Stimmung trug ebenfalls das recht undisziplinierte Verhalten vieler russischer Soldaten bei. Immer wieder kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sachsen und Russen. Als Beispiel kann hier Zittau angeführt werden: Anfang Oktober 1813 verprügelten dort zwei Handwerker einen Kosaken, weil er versucht hatte, Wagenschmiere zu entwenden. Drei Wochen später kam es in der Stadt erneut zu einer Schlägerei zwischen einigen Einwohnern und russischem Militär; diesmal hatten die Soldaten versucht, einem Bauern das Fuhrwerk zu stehlen.623 Repnin bemühte sich zwar mit Nachdruck um die Aufrechterhaltung der Ordnung, wurde der Disziplinlosigkeiten aber nicht Herr. In großer Zahl fielen Diebstähle und selbst Überfälle auf offener Straße vor. In Dresden brachen russische Soldaten in das Naturalienkabinett im Zwinger ein und zerstörten auf der Suche nach Alkohol die mit Spiritus gefüllten Gläser. In der Kaiserkapelle in der Dresdner Neustadt demolierten russische Soldaten das Orgelwerk und gossen aus dem Zinn der Pfeifen Flintenkugeln. Aus der Kirche der Dresdner Reformierten stahlen sie Tuch, das zur Bespannung des Gestühls vorgesehen war.624 Die disziplinäre Lage verbesserte sich, als die Preußen die Verwaltung des „Generalgouvernements“ übernahmen. Außerdem erwarben sie sich 620 621

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624

Nieritz, Selbstbiographie, S. 164 f. SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 234, 408 u. 413; Hexelschneider, Kulturelle Begegnungen, S. 181-185. SLUB, Röber, Tagebuch, Bd. 4, Msc.Dresd.d.82, Teilband 1814, Bl. 26. Tobias, Beiträge zur Geschichte, Bd. 1, S. 98 u. 108 f. Auch in der Folgezeit kam es in Zittau immer wieder zu Spannungen zwischen den Einwohnern und russischen Soldaten (ebd., z. B. S. 110-112). Klemm, Chronik der Königlich Sächsischen Residenzstadt, Bd. 2, S. 645.

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durch die volle Auszahlung der bislang gekürzten oder gestrichenen Pensionen und Gehälter anfänglich Sympathien. Die Kehrseite der Medaille war jedoch, dass Zensur und polizeiliche Überwachung von den Preußen noch rigoroser gehandhabt wurden, um der immer stärkeren Flut königstreuer Schriften Herr zu werden. Nicht nur für die Verbreitung solcher Publikationen, sondern selbst für ihre Lektüre wurden hohe Strafen angedroht.625 Als sich Ende 1814 das Gerücht verbreitete, auf dem Wiener Kongress sei die Entscheidung gefallen, dass Sachsen endgültig von Preußen einverleibt werden solle, verstärkten die Anhänger Friedrich Augusts I. noch einmal ihre Bemühungen für den König. Erneut wurden Unterschriftensammlungen für Petitionen durchgeführt.626 Der stets gut informierte Görlitzer Buchhändler Anton, der selbst einen territorialen Anschluss des Landes an Preußen wünschte, schrieb am 4. November 1814 in sein Tagebuch: „In Dresden sollen 2 Parteien sein und es soll sehr stürmisch zugehen, die Partei für unsern König soll die stärkste sein.“627 Im Januar 1815 drangen die ersten Gerüchte nach Sachsen, dass das Land geteilt werden solle. Diese Lösung der sächsischen Frage wurde selbst von den Mitgliedern der „preußischen Partei“ im Land als die schlechteste aller möglichen Varianten angesehen.628 Die Erbitterung auf Preußen war so groß, dass bei vielen Sachsen nunmehr sogar der bisher vorherrschende Hass auf die Franzosen in den Hintergrund trat. So ver625

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Zu den zahlreichen Schriften für und wider den sächsischen König, die in den Jahren 1814 und 1815 verbreitet wurden, vgl. v. a. Troska, Die Publizistik. Im Tagebuch Antons finden sich dazu u. a. folgende Bemerkungen: 1.11.1814: „Es ist auch wieder eine Schrift verboten worden, unter dem Titel: Suum cuique, die für unsern König spricht.“; 2.12.1814: „Zwei kleine Schriften für Sachsen und seinen König, die erst erschienen sind, sind beide jede bei 100 Taler Strafe verboten worden.“; 16.12.1814: „Der Appellationsrat Fleik in Dresden ist arretiert und seines Amtes mit halber Pension entsetzt worden. Er hat sich einer Subskription für eine Schrift zum Besten unsers Königs auf dem Wiener Kongress zu einer Zeit unterzogen, wo schon alles zu spät war. Bereits 1000 Personen hatten sich unterschrieben.“ (Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 163, 169 u. 171). Interessanterweise wurde in vielen königstreuen Schriften Zar Alexander I. zum Schutze Sachsens aufgefordert und als Wohltäter hingestellt. Offensichtlich war sich die sächsische Öffentlichkeit nicht bewusst, dass gerade er den Preußen als Ersatz für deren Gebietsverluste in Polen die Einverleibung Sachsens angeboten hatte (Oncken, Oesterreich und Preußen, Bd. 1, S. 245). General Neidhardt von Gneisenau schrieb am 4.12.1813 an den Grafen Münster: „Der Kaiser Alexander will ganz Polen behalten und aus Rache gegen den König von Sachsen dessen Länder uns geben.“ (Pertz, Das Leben des Feldmarschalls, Bd. 3, S. 567). Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 165. Vgl. dazu beispielsweise Kohlschmidt, Die Sächsische Frage, S. 32 f.

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merkte Anton am 28. Januar 1815 in seinem Tagebuch, dass in Bautzen eine „Saufgesellschaft“ auf das Wohl Napoleons getrunken habe.629 Zu dieser Zeit konnte Anton einen solchen Zwischenfall noch als „dumme[n] Streich“ abtun. Als sich die Nachrichten über die geplante Teilung Sachsen jedoch verdichteten, notierte er: „In Sachsen glüht ein stilles Feuer der Unruhe, das vielleicht bald fürchterlich ausbrechen kann. Es werden anonyme Briefe umhergeschickt, um Aufruhr zu erregen.“630 * Die Preußen nahmen bei ihren Plänen zur Einverleibung wenigstens eines Teils von Sachsen weder Rücksicht auf die Stimmung der sächsischen Bevölkerung noch auf alte Zusammenhänge, Traditionen oder Einrichtungen des Landes.631 Von den ca. 35.000 km2 seiner Gesamtfläche musste Sachsen schließlich ca. 20.000 km2 (57,5 %) an Preußen abtreten; von seinen 2.047.000 Einwohnern 864.000 (42,2 %).632 Nachdem der sächsische König angesichts der ausweglosen politischen Verhältnisse dem Druck der Wiener Kongressmächte nachgegeben und in die Teilung seines Landes eingewilligt hatte, konnte diese von den Preußen ohne nennenswerte Widerstände der Bevölkerung vollzogen werden. Die Einwohner der abgetretenen Gebiete fanden sich mit der Teilung dann auch innerhalb recht kurzer Zeit ab, weil es ihnen unter preußischer Herrschaft wirtschaftlich besser ging als zuvor.633 Im restlichen Sachsen beruhigten sich die Gemüter dagegen nicht so schnell; hier sollte der Groll gegen Preußen noch lange anhalten.

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Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 172 f. Ebd., Bl. 179, Eintrag vom 3.3.1815. Vgl. dazu Dietrich, Die Eingliederung. Ebd., S. 259. Huth, Das Verhalten, S. 48 f.

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3. DIE ARMEE

3.1. Mit Preußen gegen Napoleon – 1806 Im Herbst 1806 verbündete sich Sachsen mit Preußen gegen Frankreich. Die Einzelheiten der Verhandlungen, die zum Abschluss der preußischsächsischen Allianz führten, sind in der Literatur bereits ausführlich geschildert worden.1 Sie müssen deshalb hier nicht noch einmal dargelegt werden. Bereits weiter oben wurde darauf hingewiesen, dass die oftmals vorgebrachte Behauptung, Sachsen habe sich nur widerwillig zum Bündnis mit Preußen entschlossen oder sei von Preußen sogar dazu gezwungen worden, nicht den historischen Tatsachen entspricht (Kapitel 2.1.). Eine kurze Chronologie der wichtigsten Entscheidungen des sächsischen Kabinetts auf dem Weg zum Bündnis mit Preußen soll dies noch einmal verdeutlichen. Am 26. August 1806 traf der preußische Unterhändler Friedrich Wilhelm Graf von Götzen in Dresden ein. Er überbrachte dem sächsischen Kurfürsten ein Schreiben Friedrich Wilhelms III., worin dieser um den Abschluss eines Allianzvertrags bat. Am 4. September erhielt der sächsische Gesandte in Berlin, Karl Heinrich Wilhelm Graf von Görtz, die förmliche Vollmacht zum Abschluss eines Defensivbündnisses mit Preußen. Görtz legte einen umfassenden Entwurf vor, auf den das preußische Kabinett zunächst nicht weiter einging. Stattdessen ersuchte Friedrich Wilhelm III. den sächsischen Kurfürsten um das Durchmarschrecht für die preußischen Truppen, die in Schlesien standen. Obwohl die Verhandlungen noch zu keinem für Sachsen befriedigenden Abschluss gekommen waren, genehmigte Kurfürst Friedrich August III. am 12. September den Einmarsch der preußischen Truppen in Sachsen und gab den Befehl zur Mobilmachung der sächsischen Armee. Am 20. September erteilte er seine Zustimmung zur Militärkonvention mit Preußen. Am 1. Oktober unterstellte er seine mobilen Truppen schließlich bedingungslos dem preußischen Oberbefehl, und zwar auch für den Fall grenzüberschreitender Operationen. Es handelte sich um

1

Vgl. dazu v. a. Witzleben, Die Verhandlungen u. Petschel, Sächsische Außenpolitik, S. 273-290.

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insgesamt 21.953 sächsische Soldaten, die Preußen zur Verfügung gestellt wurden.2 Ferdinand von Funck schrieb in seinen Erinnerungen dazu treffend: „Wir waren ganz und gar nicht bloß ,gezwungen‘ Gegner Napoleons gewesen, wir hatten es sehr aufrichtig mit unserer Feindschaft gemeint.“3 Diese Ansicht äußerte rückblickend auch ein anderer sächsischer Offizier: Generalmajor Friedrich Karl Gustav von Langenau. Als Generaladjutant des sächsischen Königs schrieb er im April 1813, Sachsen sei dem Bündnis gegen Frankreich 1806 aus freiem Willen beigetreten.4 Die preußenfreundliche Stimmung, die – wie weiter oben beschrieben – im Herbst 1806 in der sächsischen Bevölkerung vorherrschte, fand sich auch in der sächsischen Armee wieder. Der Freiherr von Just schrieb rückblickend in einem Aufsatz über die politischen Verhältnisse Sachsens, die Armee sei 1806 vom Kriegsminister bis herab zum letzten Soldaten propreußisch gesinnt gewesen.5 Das Vertrauen in die preußische Armee wurde jedoch bald auf eine harte Probe gestellt. Noch vor dem Beginn der Kampfhandlungen sank die Moral der preußischen Truppen aufgrund schlechter Logistik auf einen Tiefpunkt. Der preußische Leutnant Karl von Wedel hat in seinen Erinnerungen darüber berichtet: In Auerstedt brachen preußische Soldaten die Scheunen und Ställe auf und schlachteten das Vieh „auf kannibalische Weise“. Die Soldaten drangen auch in die Häuser ein und raubten Kisten und Schränke, um Holz für ihre Wachfeuer zu gewinnen. „Genug, alle Gewalttätigkeiten wurden schon, ehe ein Schuss gefallen war, unter den eigenen Augen des Königs von der hungernden, an allen Bedürfnissen Mangel leidenden Armee begangen, und ich habe die Überzeugung, hätte der Feind Nachricht von unsrer Unordnung gehabt und uns nur mit 10.000 Mann überfallen, die ganze Armee wäre auseinander gelaufen.“6 Der Moralverfall betraf nicht nur den Teil der preußischen Armee, der bei Auerstedt konzentriert war, sondern auch die bei Jena stehenden Truppen. Hier traten in den Tagen vor der Schlacht ebenfalls chaotische Zustände ein. Die Preußen nahmen bei der Versorgung infolgedessen

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Gülich, Die Sächsische Armee, S. 68. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 147. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 243. Weber, Zur Geschichte Sachsens, S. 3. Troeger, Lebenserinnerungen des Generalleutnants, Bd. 1, S. 36 f.

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keine Rücksicht auf ihre sächsischen Bundesgenossen und verdrängten diese sogar aus ihren Quartieren.7 Die offensichtliche Planungsschwäche der preußischen Führung hatte dementsprechend auch auf die Moral der sächsischen Soldaten negative Rückwirkungen. Der Fähnrich Ferdinand Heinrich August von Larisch vom Regiment „Prinz Friedrich August“ berichtete am 10. Oktober 1806 in seinem Tagebuch über ein Gespräch mit einem Premierleutnant vom Generalquartiermeisterstab: Der Premierleutnant habe sich dabei über die „Planlosigkeit“ der Operationen ausgelassen und einen ungünstigen Ausgang des Feldzugs vorausgesagt.8 Zu dieser Zeit hatten die sächsischen Truppen bereits erste, hohe Verluste erlitten: In den Gefechten bei Saalburg, Schleiz und Saalfeld am 8., 9. und 10. Oktober waren fast 200 sächsische Soldaten gefallen – unter ihnen sogar zwei Regimentskommandeure. Hunderte Soldaten waren verwundet worden oder in Gefangenschaft geraten.9 Die Pechsträhne riss nicht ab: Am 11. Oktober wurde in Jena infolge eines falschen Alarms Material und Proviant zerstört, um es nicht dem Gegner in die Hände fallen zu lassen. In der um sich greifenden Panik ließen die Fuhrleute des Trosses ihre Wagen einfach stehen und gaben sie der Plünderung preis. Dadurch litten die Soldaten in den folgenden Tagen nicht nur unter Verpflegungsmangel, sondern auch unter Nässe und Kälte – mit den Wagen waren nämlich die Zelte verloren gegangen.10 Trotz dieser widrigen Umstände und der schlechten Moral kämpften einige sächsische Verbände in der Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806 mit großer Tapferkeit. Dies geht nicht nur aus sächsischen Quellen hervor, sondern auch aus preußischen und französischen. Der preußische Offizier Otto August Rühle von Lilienstern lobte in seinem bereits 1807 erschienenen Bericht vor allem die sächsische Kavallerie und das von Oberstleutnant Julius Heinrich aus dem Winckel kommandierte Grenadierbataillon. Letzteres habe „mit einer ruhmwürdigen Standhaftigkeit und Ordnung seinen alten Platz behauptet.“11 Die sächsische Infanterie habe noch 7

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Rühle von Lilienstern, Bericht eines Augenzeugen, S. 38 f., 45 f. u. 97-99; Montbé, Die Chursächsischen Truppen, Bd. 1, S. 56-58; Erlebnisse, Waffen- und Heldenthaten sächsischer Krieger im Feldzuge 1806, Nr. 1, S. 1. Larisch, Oberst von Larisch, S. 10. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 69; vgl. dazu Bichler, Napoleons Krieg, S. 27-52. HStA Dresden, Kriegstagebücher und Rapporte, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 78, Bl. 28 f.; Montbé, Die Chursächsischen Truppen, Bd. 1, S. 211-220; Larisch, Oberst von Larisch, S. 11. Rühle von Lilienstern, Bericht eines Augenzeugen, S. 142; vgl. auch S. 148 f.

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fest gestanden, als bereits der Rückzug angeordnet gewesen sei und sich die Reste der preußischen Einheiten in Panik auflösten.12 Diese Bemerkungen werden durch die Erinnerungen eines anderen preußischen Soldaten bestätigt: „In der Nähe eines Gehöftes stand ein sächsisches Grenadier-Bataillon und feuerten [sic!] so regelmäßig wie auf dem Exerzierplatze […]. Sie standen aber wie die Mauern, obgleich ringsumher schon viele davonliefen und schrien, dass wir umgangen wären.“13 Auch Napoleon und seine Generäle zeigten sich beeindruckt von der Tapferkeit der sächsischen Truppen bei Jena.14 Nach der Schlacht ließ sich der französische Kaiser einige gefangene sächsische Offiziere vorstellen. In einem Gespräch mit dem Major Ferdinand von Funck äußerte Napoleon seine Verwunderung darüber, dass die Sachsen mit solcher Verbissenheit gekämpft hatten; sie hätten seinen Truppen größere Verluste zugefügt als die Preußen.15 Auf dem Rückzug lösten sich jedoch der Zusammenhalt und die Disziplin der sächsischen Verbände völlig auf. Oft versuchten kleine Gruppen von Versprengten auf eigene Faust, sich nach Sachsen durchzuschlagen.16 Unter den Soldaten, die in geschlossenen Verbänden von Offizieren in Richtung Magdeburg zurückgeführt wurden, entstand sogar offener Aufruhr. Die Ursache war „die überall verbreitete Sage, dass Sachsen und das Vaterland [von den Franzosen] verheert werden sollte, wenn die Truppen sich mit den königl[ich] preuß[ischen] wieder vereinigten“.17 Ein anderes Gerücht besagte, die Offiziere hätten ihre Soldaten an die Preußen verkauft, und in Magdeburg müssten sie für diese Garnisonsdienst leisten.18 *

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Ebd., S. 151 f. Lüders, Kriegsfahrten, S. 13; vgl. dazu auch Marwitz, Jena 1806, S. 73. Germiny, Frédéric-August, Bd. 33, S. 550. Funck, Fragment aus den handschriftlichen Memoiren, S. 360 f. Das haben z. B. der Soldat Christian Friedrich Frenzel vom Regiment „Prinz Maximilian“ und der Grenadier Johann Gottlob Leutritz berichtet (Mittheilungen eines alten Soldaten an einen Offizier, Nr. 16, S. 124; Die Napoleonischen Kämpfe, H. 1, S. 2-4). HStA Dresden, Kriegstagebücher und Rapporte, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 78, Bl. 22, Bericht des Kapitäns Carl Hieronymus von Bose an den Oberstleutnant Friedrich Curt Alexander von Metzsch vom 10.11.1806; vgl. auch Bl. 17, 21 u. 52 f. Ebd., Bl. 21 f.; Montbé, Die Chursächsischen Truppen, Bd. 2, S. 168 f.; Larisch, Oberst von Larisch, S. 15; Die Napoleonischen Kämpfe, H. 1, S. 2-4.

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Napoleon begann in der Zwischenzeit mit einer Propagandakampagne, die nicht nur darauf abzielte, den sächsischen Kurfürsten, sondern auch dessen Armee für sich zu gewinnen. Bereits am 10. Oktober hatte er einen Aufruf „an die Völker Sachsens“ verbreiten lassen, in dem er behauptete, die Preußen hätten Sachsen überfallen, er – Napoleon – sei jedoch gekommen, um Sachsen zu befreien.19 Am Tag nach den Schlachten von Jena und Auerstedt hielt der französische Kaiser vor den gefangenen sächsischen Offizieren eine Ansprache. Dabei erklärte er erneut, er sei gekommen, um Sachsen vom Einfluss Preußens zu befreien. Den sächsischen Kürfürsten werde er beschützen und als Freund behandeln, wenn dieser ihm beweise, dass er nicht sein persönlicher Feind sei. Napoleon verkündete, er könne in drei oder vier Tagen in Dresden sein. Wenn Friedrich August III. seine Residenz nicht verlasse und Napoleon erwarte, werde er ihn als Freund ansehen. Verlasse der Kurfürst aber Dresden, werde Napoleon dies als feindlichen Akt betrachten und die sächsische Dynastie auslöschen.20 Noch am selben Tag ließ Napoleon die sächsischen Offiziere und 6.000 gefangene Soldaten frei. Die Offiziere hatten zuvor geschworen, nie wieder gegen den französischen Kaiser und seine Verbündeten die Waffen zu ergreifen.21 Napoleon ließ den Offizieren für ihre Rückkehr in die Heimat sogar noch 200 Goldstücke Reisegeld auszahlen.22 Dass eine solch milde Behandlung auf viele ihre Wirkung nicht verfehlt haben wird, liegt auf der Hand. Major von Funck bot sich dem französischen Kaiser auch umgehend als Kurier an, um Napoleons Angebot nach Dresden zu bringen. * Nicht nur Napoleons propagandistische Bemühungen verdeutlichten den besiegten sächsischen Soldaten, dass der französische Kaiser den Kurfürsten Friedrich August III. und seine Armee als Alliierte gewinnen wollte. Auch das Verhalten mancher französischer Offiziere war erstaunlich großzügig. Dies geht eindrucksvoll aus dem Tagebuch des Fähnrichs von 19 20 21

22

Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 20 f. Funck, Fragment aus den handschriftlichen Memoiren, S. 366. Die Eidesformel mit den Namen der Offiziere, die sie unterschrieben, ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 26-28. Zur Freilassung der Kriegsgefangenen vgl. auch HStA Dresden, Kriegstagebücher und Rapporte, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 78, Bl. 8 u. 16. Funck, Fragment aus den handschriftlichen Memoiren, S. 366.

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Larisch hervor. Larisch gehörte nicht zu denen, die bei Jena in Gefangenschaft geraten waren. Er hatte sich mit seiner Einheit dem Rückzug in Richtung Magdeburg anschließen können. Am 25. Oktober hielt er sich in Gommern auf und bemerkte das „exakte Benehmen“ der einrückenden französischen Soldaten gegenüber den sächsischen Offizieren. Am Abend wurde Larisch von einem französischen General sogar zum Essen eingeladen und „höchst artig, gesellig und zuvorkommend“ behandelt.23 Ähnliche Erfahrungen machten einige Soldaten des Grenadierbataillons „von Lecoq“, die sich unter dem Kommando des Kapitäns Balthasar Erdmann von Mühlen nach Wittenberg zurückzogen. Als sie dort am 23. Oktober ankamen, war die Stadt bereits von den Franzosen besetzt. „Wir nahmen demohngeachtet Quartier, welches uns sehr bereitwillig gegeben wurde [...].“24 Am nächsten Tag erhielten die Soldaten vom französischen Gouverneur Wittenbergs Pässe und konnten in ihre Heimatgarnisonen zurückkehren.25 Allerdings fiel nicht allen französischen Soldaten die Umstellung gegenüber den Sachsen so leicht. In einem anonymen Bericht heißt es, französische Soldaten hätten gefangene sächsische Kanoniere und preußische Feldjäger getötet, weil diese den Franzosen angeblich besonders hohe Verluste zugefügt hatten.26 Ferdinand von Funck machte eine ähnliche Erfahrung: In seinen Aufzeichnungen berichtet er, dass die Gefangenen auf dem Marsch nach Jena von vorbeiziehenden französischen Soldaten beschossen und misshandelt wurden.27 Als die sächsischen Soldaten in ihre Heimat zurückkehrten, wurden sie außerdem Zeugen der Verheerungen, die die einrückenden Franzosen mancherorts angerichtet hatten. In einem Erlebnisbericht heißt es dazu: „Alle Flecken und Dörfer waren wie ausgestorben und weit und breit die entsetzlichste Verwüstung. Ich sah viele erbärmliche Hütten, wo man das ärmlichste Nachtlager und das armseligste Hausgerät nicht verschont, sondern alles zertrümmert hatte.“28

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Larisch, Oberst von Larisch, S. 17 f. HStA Dresden, Kriegstagebücher und Rapporte, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 78, Bl. 53. Ebd., Bl. 53 f. Erlebnisse, Waffen- und Heldenthaten sächsischer Krieger im Feldzuge 1806, Nr. 1, S. 4. Funck, Fragment aus den handschriftlichen Memoiren, S. 361. Erlebnisse, Waffen- und Heldenthaten sächsischer Krieger im Feldzuge 1806, Nr. 2, S. 5; vgl. auch HStA Dresden, Kriegstagebücher und Rapporte, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 78, Bl. 16 u. Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau, S. 22.

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Noch hatte Napoleon die sächsische Armee moralisch nicht für sich gewonnen. Das zeigen sehr deutlich die Ereignisse zu Beginn des Jahres 1807, beim Marsch der sächsischen Truppen zum Kampf gegen ihren ehemaligen Verbündeten Preußen.

3.2. Mit Napoleon gegen Preußen – 1807 Mit dem Abschluss des Friedens von Posen im Dezember 1806 verpflichtete sich Sachsen als neues Mitglied des Rheinbundes, Napoleon zum Kampf gegen Preußen ein Truppenkorps von 6.000 Mann zur Verfügung zu stellen.29 Anfang Februar 1807 marschierte dieses Korps unter der Führung des Generalleutnants Georg Friedrich August von Polenz in Richtung Danzig ab, um an der Belagerung dieser preußischen Festung teilzunehmen. Die Angaben über die tatsächliche Stärke des mobilen sächsischen Truppenverbandes schwanken in der Literatur sehr stark: Genannt werden Zahlen zwischen 2.910 und 6.000 Mann.30 In Wirklichkeit bestand das Korps aus 6.566 Mann. Dies geht aus einer Aufstellung im Tagebuch des Sousleutnants Friedrich Christian Moritz hervor, einem Adjutanten im Generalstab des Korps.31 Die Moral der sächsischen Soldaten war zunächst äußerst schlecht. Bereits kurz nach dem Aufbruch des Korps kam es zu ersten Desertionen. Auf dem Marsch durch Polen häuften sich die Fälle von Fahnenflucht, und als die Soldaten am 24. Februar 1807 bei Posen über die Warthe gehen sollten, brach in mehreren Infanteriebataillonen ein offener Tumult aus. Viele Soldaten widersetzten sich ihren Offizieren und weigerten sich, den Marsch fortzusetzen.32 Zum Ausbruch der Meuterei trugen offenbar verschiedene Gründe bei. Laut Ferdinand von Funck herrschte in der sächsischen Armee Anfang 1807 nach wie vor eine antifranzösische Stimmung: „Man hörte in der Armee 29 30 31

32

Vgl. Artikel 9 des Friedenstraktats. Der Vertragstext ist vollständig wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 60 f. Vgl. dazu (mit Literaturangaben) Postel, Unter Napoleon, S. 10, Anm. 8. Ebd., S. 86-88. Bestätigt wird diese Zahl durch eine nach Akten des HStA Dresden angefertigte Aufstellung von Rainer Wächtler (ders., Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 51). Diese stimmt fast auf den Mann genau mit der Aufstellung im Tagebuch des Sousleutnants Moritz überein. Die im Feldzugsjournal des Korps befindliche Aufstellung (HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 64) ist dagegen unvollständig. Ebd., S. 73-88; Postel, Unter Napoleon, S. 21.

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nichts als Seufzen und Jammern über das Bündnis mit den Franzosen, von denen alles Elend und Unglück herkommen sollte, und man wünschte die gute alte Zeit zurück, wo wir mit Preußen verbunden gewesen waren, gleich als ob die Preußen uns jene gute Zeit gebracht hätten.“33 Selbst die Offiziere, vom Generalmajor Johann Adolph von Oebschelwitz, dem Kommandeur der 1. Infanteriebrigade, bis zum „letzten Kapitän“, hätten in Gegenwart ihrer Untergebenen offen ihren Missmut über das Bündnis mit den Franzosen geäußert. Wer eine andere Meinung vertreten habe, sei als „Franzosenfreund“ ausgegrenzt worden. Zur Rebellion seien die sächsischen Soldaten schließlich von den propreußisch gesinnten Bürgern Posens angestachelt worden.34 Die Aussage, dass die Truppe nach wie vor preußenfreundlich eingestellt gewesen sei, findet sich auch im Feldzugsjournal des mobilen sächsischen Korps. Geführt wurde das Kriegstagebuch von Kapitän Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff, dem Adjutanten des Generals von Polenz.35 Gersdorff wurde nach der Ankunft des Korps vor Danzig von General Henri Gratien Bertrand, einem Adjutanten Napoleons, gefragt, warum unter den sächsischen Soldaten eine so schlechte Stimmung herrsche: „Der Hauptmann von Gersdorff benutzte diese Gelegenheit, mit Freimütigkeit die Lage der Dinge zu schildern, und den General hauptsächlich darauf aufmerksam zu machen, dass Sr. Majestät [dem Kaiser Napoleon] Truppen angenehmer sein müssten, die ihre Gesinnung nicht mit leichtsinniger Schnelligkeit wechselten. Noch vor wenig [sic!] Monaten mit den Preußen eng verbunden, mit ihnen längst bekannt, zum Teil verwandt, finde sich der Übergang von einem Verhältnis zum andern nur mit Mühe und langsam.“36 Auch Funcks Aussage, die Soldaten seien durch die propreußisch gesinnten Einwohner Posens aufgewiegelt worden, findet im Feldzugsjournal des sächsischen Korps ihre Bestätigung. Darin werden noch andere Gründe genannt, die zum Ausbruch der Meuterei geführt hätten: lange Märsche ohne Rasttage, schlechte Verpflegung und zuviel Branntwein.37 Laut dem Tagebuch des Furiers Carl Gottfried Grohmann vom Kavallerieregiment „Prinz Johann“ begründeten die Grenadiere des Bataillons „von Süßmilch“ ihre Unzufriedenheit damit, dass sie nicht die vorgeschriebene Verpflegung erhalten hätten. Außerdem sei ihr Marsch nur bis 33 34 35 36 37

Brabant, Im Banne Napoleons, S. 206. Ebd., S. 137 f. u. 206. Am 28.3.1807 wurde Gersdorff zum Major befördert (Stamm- und Rang-Liste 1807, S. 95). HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 95 f., Eintrag vom 7.3.1807. Ebd., S. 84 f., Eintrag vom 24.2.1807.

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Posen bestimmt gewesen.38 In einer weiteren Quelle heißt es, die Meuterei sei ausgebrochen, weil sich unter den Soldaten das Gerücht verbreitet habe, die Sachsen seien verkauft worden und sollten in Danzig eingeschifft werden.39 Diese Behauptung hörte auch Marschall François Joseph Lefebvre, dessen X. Armeekorps die sächsischen Truppen während der Belagerung Danzigs unterstellt wurden. In einer Ansprache an das Grenadierbataillon des Oberstleutnants Franz von Cerrini, das besonders viele Soldaten durch Desertion verloren hatte, trat er dem Gerücht mit sarkastischen Worten entgegen. Laut den Aufzeichnungen des Sousleutnants Christian Siegmund Plötz sagte der Marschall „mit seiner starken Stimme und in schlechtem Deutsch“: „Ah i wees schon, ihr globt, seid verkoft, der Teufel wird euch kofen, ich nit, ihr könn sich Alle zum Teufel gehen, die Herren Offizier bleiben doch bei mir, nit wahr?“40 Die Meuterei innerhalb des sächsischen Korps zog sich über drei Tage hin. War die Disziplin durch das beherzte Einschreiten der Offiziere in einem Truppenteil wieder hergestellt, brach der Aufruhr in einem anderen Verband aus: am 24. Februar zuerst beim Grenadierbataillon „von Süßmilch“, dann beim Infanterieregiment „Prinz Anton“. Am folgenden Tag hatten sich die Soldaten dieser Verbände beruhigt, dafür zeigten sich die Angehörigen des Regiments „Bevilaqua“ aufsässig gegenüber ihren Vorgesetzten. Am 26. Februar schien sich die Lage entspannt zu haben; der Marsch wurde fortgesetzt. Doch nun begannen die Soldaten des Infanterieregiments „Sänger“ zu meutern; ein Teil der Soldaten kehrte um und marschierte unter Missachtung jeglicher Disziplin zurück. Offiziere, die sich den Aufrührern nähern wollten, wurden durch Warnschüsse vertrieben. Einige der Soldaten kehrten im Laufe des Tages zwar freiwillig wieder zu ihrem Regiment zurück, ca. 100 Soldaten beharrten jedoch weiterhin darauf, nach Sachsen zurückmarschieren zu wollen. Allerdings traf diese Gruppe schließlich auf die nachfolgenden sächsischen Verbände unter dem Kommando des Generalmajors Rudolf Friedrich Christian von Glaffey. Der General ließ als Drohung ein Grenadierbataillon, zwei Schwadronen Kavallerie und zwei Kanonen gegen die Aufrührer vorrücken, woraufhin diese einlenkten und sich bereit erklärten, zu ihrem

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Rachel, Zur Belagerung von Danzig, S. 122. Schneider, Feldzugsbriefe, S. 397, Anm. 1. HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 7 f. Weiter heißt es: „Hierauf grüßte er die Offiziere freundlich und ritt fort.“

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Regiment zurückzukehren.41 Damit war die Meuterei innerhalb des Korps beendet. Zu einem offenen Aufruhr kam es nicht mehr. Die Stimmung unter den Soldaten blieb jedoch auf dem weiteren Marsch nach Danzig äußerst gespannt. Das belegen die Aufzeichnungen im Feldzugsjournal des Korps von Ende Februar und Anfang März 1807: Immer wieder kommt darin die Angst zum Ausdruck, dass sich Szenen wie die in Posen wiederholen könnten.42 In einer später entstandenen Erinnerungsschrift bekräftigte Gersdorff seine Eintragungen in das Kriegstagebuch vom Frühjahr 1807 noch einmal: Er schrieb über den Marsch nach Danzig, das gesamte sächsische Truppenkorps habe „alle Beispiele der Verdorbenheit“ geliefert. Bereits nach dem Überschreiten der sächsischen Grenze sei es zu einer „nie erhörte[n] Desertion“ gekommen, „und unbeschreiblicher Missmut, endloses Murren und eine Nachlässigkeit im Dienst, die alle Begriffe überstieg“, hätten Generalleutnant von Polenz fast zur Verzweiflung gebracht.43 Die Zahl der Fahnenflüchtigen war in der Tat enorm, und im Gegensatz zu Gersdorffs nachträglicher Aussage hatten die Desertionen nicht erst nach dem Überschreiten der sächsischen Grenze begonnen. Bereits am 5. Februar waren 36 Soldaten des Infanterieregiments „Prinz Maximilian“ geflohen; zu dieser Zeit stand der Verband noch im Raum Dresden.44 Nachdem das Korps Sachsen verlassen hatte, stieg die Zahl der Fahnenflüchtigen jedoch beträchtlich an; nunmehr verging kaum ein Tag, an dem nicht große Gruppen von Soldaten desertierten. Allein in der Nacht zum 18. Februar 1807 begingen vom Grenadierbataillon des Oberstleutnants Cerrini 80 Soldaten Fahnenflucht.45 Bis Anfang März 1807 desertierten insgesamt 620 Soldaten, das waren fast 10 % des mobilen sächsischen Korps.46

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HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 84-91; HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 3 f. HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 91 u. 96 f., Einträge vom 27.2., 8.3. u. 10.3.1807. HStA Dresden, Gersdorff, Meine Verhältnisse zu König, Armee und Vaterland, Personennachlass Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff, 12684, Nr. 87, unpag. HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 73. HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 2. HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 95, Eintrag vom 7.3.1807.

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Grundsätzlich stand auf Fahnenflucht in den Armeen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts die Todesstrafe. In der Praxis wurde diese jedoch recht selten vollstreckt. Stattdessen wurden Deserteure meist zu „Gassenlaufen“, besser bekannt unter dem Namen „Spießrutenlaufen“, verurteilt.47 Auch über die Deserteure des sächsischen Truppenkorps wurde diese Strafe verhängt: Am 19. Mai 1807 erging an das Generalkriegsgerichtskollegium der Befehl Friedrich Augusts I., dass diejenigen Deserteure, die gruppenweise oder bereits zum wiederholten Male geflohen waren, mit sechzehnmaligem „Gassenlaufen“ durch je 200 Soldaten mit Spießruten bestraft werden sollten. Die übrigen, einzeln geflohenen Deserteure sollten mit zwölfmaligem oder, bei mildernden Umständen, zehnmaligem „Gassenlaufen“ bestraft werden. Vor der Vollstreckung des Urteils sollte den Soldaten erklärt werden, sie hätten dies als Gnadenakt zu betrachten.48 Einerseits konnte ein zehn- bis sechzehnmaliges „Gassenlaufen“ in der Tat als Entgegenkommen betrachtet werden, wenn man es mit dem Strafkatalog der preußischen Armee verglich: Dort wurde Fahnenflucht mit bis zu 36-maligem „Gassenlaufen“ geahndet, sofern nicht gleich die Todesstrafe verhängt wurde.49 Andererseits hatte ein mehrmaliges „Spießrutenlaufen“ nicht selten nachhaltige körperliche Schäden oder sogar den Tod des Delinquenten zur Folge.50 Insofern lässt sich darüber streiten, ob es als Milde des Königs angesehen werden kann, dass die Deserteure „nur“ mit „Gassenlaufen“ bestraft wurden. Allerdings wäre es bei der großen Zahl der Fahnenflüchtigen ohnehin kaum möglich gewesen, in allen Fällen die Todesstrafe zu verhängen, da somit auf einen Schlag ein Zehntel des gesamten mobilen Truppenkorps ausgelöscht worden wäre. * Napoleon zog aus der offensichtlichen Unzuverlässigkeit seiner neuen Alliierten die Konsequenz, dass er das sächsische Truppenkorps bei der Belagerung Danzigs nicht geschlossen einsetzte. Die sächsischen Infanterieregimenter wurden auf zwei französische Divisionen aufgeteilt. Der 47 48 49 50

Vgl. dazu Sikora, Disziplin, S. 127-141 u. Kroll, Soldaten, S. 506. HStA Dresden, Acta, die Sächs. Deserteurs […] betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1093/6, unpag. Sikora, Disziplin, S. 127. Ein „Gassenlaufen“ zweier sächsischer Soldaten, das mit deren Tod endete, erwähnt Christian Friedrich Frenzel in seinen Erinnerungen (HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 61).

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bisherige Befehlshaber der sächsischen Truppen, Generalleutnant von Polenz, erhielt als Ausgleich das Kommando über eine neu zusammengestellte Kavalleriedivision, die sich aus sächsischen, badischen, französischen und polnischen Einheiten zusammensetzte.51 Während der Kämpfe vor Danzig änderte sich die Stimmung unter den sächsischen Truppen grundlegend. Größere Disziplinschwierigkeiten traten nicht mehr auf. Der Unmut über das Bündnis mit den Franzosen wich einem gewissen Stolz, Teil der Armee Napoleons zu sein. Dieses Phänomen lässt sich nicht einfach mit der angeblich guten Verpflegung erklären, wie es Ferdinand von Funck getan hat.52 In Wirklichkeit litten die Truppen nämlich zeitweise unter großem Lebensmittelmangel.53 Die wahre Ursache des Stimmungswandels lag in der Anerkennung, die Napoleon und seine Offiziere den sächsischen Soldaten bei jeder Gelegenheit entgegenbrachten, und in der Vorbildwirkung des französischen Kaisers als Feldherr. Über die Auflösung der Disziplin der sächsischen Truppen auf dem Marsch durch Polen ging Napoleon ohne Vorwürfe hinweg. Funck wollte die Meuterei bei Posen entschuldigen, als er sich im Frühjahr 1807 als sächsischer Verbindungsoffizier im Hauptquartier des französischen Kaisers aufhielt. Daraufhin sagte ihm Napoleon verständnisvoll, die Truppen seien verführt worden. Damit war die Sache für den Kaiser abgetan.54 Bereits am 24. März 1807 informierte Napoleon den sächsischen König, dass er dem Kommandeur des Grenadierbataillons „von Süßmilch“ für seine Tapferkeit das Legionärskreuz der Ehrenlegion verliehen habe. Außerdem habe er drei weitere Offiziere und drei einfache Soldaten, die von ihren Kommandeuren bestimmt werden sollten, ebenfalls zur Auszeichnung vorgesehen.55 Tatsächlich erhielten mit Wirkung vom 24. März 1807 neben dem Bataillonskommandeur, Major Friedrich Lebrecht von

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Gülich, Die Sächsische Armee, S. 85. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 217 f. HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 143, 188 u. 201, Einträge vom 23.4.1807, 7.6.1807 u. 22.6.1807; HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 13; HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 6, 15 u. 39; Schneider, Feldzugsbriefe, S. 394-396; Postel, Unter Napoleon, S. 37 f. u. 51-54. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 218 f. Der Orden der Ehrenlegion wurde in fünf Graden verliehen: 1. Legionärskreuz (später Ritterkreuz), 2. Offizierskreuz, 3. Kommandeurskreuz, 4. Kreuz für Großoffiziere, 5. Großkreuz.

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Süßmilch, schließlich vier Offiziere, ein Unteroffizier und ein Musketier das Legionärskreuz der Ehrenlegion.56 Die Verleihung dieser begehrten Auszeichnung an Unteroffiziere und einfache Soldaten musste auf die Sachsen eine besonders gewinnende Wirkung haben. Eine Gleichstellung von Offizieren und „Gemeinen“ bei Ordensverleihungen, wie sie in Napoleons Armee üblich war, hatte es in Sachsen bis dahin noch nicht gegeben. Die höchste sächsische Tapferkeitsauszeichnung, der „Militär-St. Heinrichs-Orden“, war nur für Offiziere bestimmt und seit seiner Stiftung im Jahre 1736 überhaupt verhältnismäßig selten verliehen worden.57 Aber nicht nur bei den „Gemeinen“, sondern auch bei den Offizieren hatte der Orden der Ehrenlegion ein Ansehen, das sich kaum überbewerten lässt. So schrieb der Sousleutnant Johann Friedrich Gottlob Schneider vom Regiment „Prinz Anton“ Anfang Mai 1807 in einem Privatbrief, er habe vor Freude geweint, als er zum Legionärskreuz der Ehrenlegion vorgeschlagen wurde.58 Napoleon nutzte das große Prestige des Ordens nicht nur, um verdiente Soldaten auszuzeichnen, sondern auch, um sie für bevorstehende Kämpfe zu motivieren oder Streit zu schlichten. Sousleutnant Moritz hat in seinem Tagebuch einen solchen Vorfall überliefert: Als der französische General Jean Adam Schramm einige sächsische Offiziere beleidigte und diese eine offizielle Beschwerde einreichten, schlichtete Napoleon die Angelegenheit, indem er zweien der geschmähten Offiziere das Legionärskreuz der Ehrenlegion verlieh.59 Gleichzeitig sparten sowohl Napoleon als auch die französischen Kommandeure nicht mit Lob, wenn sie die Soldaten anspornen wollten oder mit den Leistungen der Truppe zufrieden waren. Als sich in der Schlacht bei Friedland (14. Juni 1807) das Kürassierregiment „König“ besonders auszeichnete, sprach Napoleon dem Regimentskommandeur, Oberstleutnant Theodor Gottlieb von Petrikowsky, persönlich seine Anerkennung für die Tapferkeit des Reiterverbandes aus. Am Tag nach der Schlacht rief Napoleon dem versammelten Regiment während einer

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Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 52-64. Richter, Der Königlich Sächsische Militär-St. Heinrichs-Orden, S. 11-39. Für Unteroffiziere und Mannschaften gab es in Sachsen seit 1796 eine gesonderte Auszeichnung, die „Militär-Verdienstmedaille“. Schneider, Feldzugsbriefe, S. 396. Schneider erhielt den Orden am 3.6.1807 (Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 71 f.). Postel, Unter Napoleon, S. 45-47.

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Truppenschau zu: „Bravo, bravo, Kürassiere, ich bin sehr zufrieden mit Euch!“60 Einige Tage später verlieh der Kaiser Petrikowsky das Offizierskreuz und einem Dutzend weiteren Soldaten des Regiments Legionärskreuze der Ehrenlegion. Die Auszeichnungen überreichte Napoleon persönlich. Außerdem versprach er Petrikowsky 20.000 Francs (ca. 5.200 Taler) für die Neubeschaffung von Pferden. Gerührt schrieb Petrikowsky an seine Frau: „Ich küsste ihn [sic!] die Hand und er entließ mich sehr gnädig. Der Johannistag [24. Juni] wird, solange ich lebe, mir merkwürdig bleiben.“61 Marschall Joachim Murat lobte während einer Truppenschau ebenfalls die sächsischen Kavallerieverbände. Und Marschall Lefebvre drückte seine Zufriedenheit mit dem sächsischen Truppenkorps nicht nur mehrmals in Tagesbefehlen aus, sondern beschenkte bei verschiedenen Gelegenheiten sächsische Grenadiere großzügig mit Geld.62 Auch General Schramm, dem einige sächsische Truppenteile unterstellt waren, erließ nach der Kapitulation Danzigs einen anerkennenden Tagesbefehl. Darin sprach er von den „großen Sachsen“ als „meisterhafte[n] Mitstreiter[n]“, die sich „durch ihre Tapferkeit und den Gehorsam, welchen sie ihren braven und tapferen Offiziers erwiesen haben“, ausgezeichnet hätten.63 Dass solche Worte bisweilen nur der Motivierung der Truppe dienen sollten und nicht allzu ernst gemeint waren, zeigt sich daran, dass derselbe General wenig später seine sächsischen Soldaten beschimpfte: „Gott habe ihn gestraft, dass er diese sächsischen Hunde, Spitzbuben und Kanaillen kommandieren müsse. Die Sachsen seien lauter Hunde, verfluchte Rotzjungen, Spitzbuben, Sauhunde und Kanaillen!“64 Die Taktik, der Truppe Lob und Anerkennung entgegenzubringen, um sie zu motivieren, wurde von Napoleon und vielen seiner Offiziere während aller Feldzüge mit großer Geschicklichkeit angewandt. Ob die Leistungen der Soldaten wirklich beeindruckend waren, spielte dabei häufig 60

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HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 197; HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 43. Im Original: „Bravo, bravo, Cuirassiers, je suis fort content de vous“ (in beiden Quellen fast gleichlautend). Bartcky, Ein alter vergilbter Soldatenbrief, S. 18; vgl. dazu HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 43 f. u. Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 83-85. HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 113, 130 u. 185, Einträge vom 28.3.1807, 14.4.1807 u. 29.5.1807; HStA Dresden, Plötz, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37, S. 28; Rachel, Zur Belagerung von Danzig, S. 125 f. Postel, Unter Napoleon, S. 44. Ebd., S. 46.

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nur eine untergeordnete Rolle. Sousleutnant Otto Wilhelm Karl Röder von Bomsdorff, ein Angehöriger des Kavallerieregiments „Prinz Albrecht“, hat diese Vorgehensweise in einem Brief sehr treffend beschrieben: „Der General en Chef Grouchy65 hat unsre Brigade vor einigen Tagen gemustert und jedem Regiment besonders viel Verbindliches gesagt. Dies ist eine Politik aller französischen Heerführer, durch gütige Freundlichkeit, durch verführerische Aussichten in die Zukunft und durch ein von ihnen sogar manchmal angenommenes Erstaunen über die Gewandtheit und den trefflichen Zustand einer Truppe, diese und ihren Geist, d. i. ihr Offizierkorps, für sich einzunehmen und auf sie einen Eindruck zu machen, dessen Zweck späterhin nicht diesen, sondern einzig dem rechnenden Führer zu Gunsten kommt.“66 Diese Bemerkungen schrieb Röder zwar erst im April 1812, vor dem Feldzug gegen Russland; sie lassen sich jedoch ohne Weiteres auf alle anderen Jahre übertragen. * Doch nicht nur Lob und Anerkennung durch den Kaiser und seine Offiziere, sondern auch die Vorbildwirkung Napoleons und der französischen Armee trugen 1807 zum Stimmungswandel unter den sächsischen Truppen bei. Immer wieder erlebten die Soldaten, wie Bonaparte persönlich die Verbände führte und motivierte. Major von Gersdorff notierte am 9. Juni 1807, nach der Überquerung des Flusses Passarge in Ostpreußen, in das Kriegstagebuch des sächsischen Korps: „Es war ein schöner majestätischer Anblick, den Kaiser an der Spitze seiner Armee über den Fluss gehen zu sehen.“67 Sousleutnant Moritz wurde Zeuge, wie Napoleon am folgenden Tag die Bewegungen und Gefechte bei Heilsberg (heute Lidzbark Warmiński in Polen) leitete. In seinem Tagebuch beschrieb er ihn mit einem deutlich bewundernden Unterton.68 Und Oberstleutnant Petrikowsky schrieb nach der Schlacht bei Friedland voller Begeisterung an seine Frau: „Der Kaiser ist bei uns so wie gewöhnlich immer der Erste und wenn es losgeht im stärksten Feuer.“69 Major Johann Adolph Thielmann, damals Stabschef des Generals von Polenz, hatte bereits im April 1807 an seine Frau geschrieben: „Könnte man die Lage der Sache vergessen, dann wäre es eine Lust, mit den Franzosen zu dienen. 65 66 67 68 69

General Emmanuel de Grouchy, kommandierte 1812 das III. Kavalleriekorps der Großen Armee. Röder von Bomsdorff, Mittheilungen, Bd. 1, S. 10. HStA Dresden, Gersdorff, Journal, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 188. Postel, Unter Napoleon, S. 58 f. Bartcky, Ein alter vergilbter Soldatenbrief, S. 18.

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Bessere Soldaten gibt es nicht. Man behandelt uns vortrefflich.“70 Die von Thielmann erwähnte „vortreffliche“ Behandlung der Sachsen durch französische Soldaten ist bemerkenswert; sie kommt auch in anderen Quellen zum Ausdruck. Christian Friedrich Frenzel, ein „gemeiner“ Soldat vom Infanterieregiment „Prinz Maximilian“ berichtet in seinen Erinnerungen, dass eine französische Einheit während der Belagerung Danzigs einmal Kaffee, Zucker und Rum an die sächsischen Soldaten abgab, weil diese kaum noch Lebensmittel hatten.71 Als Sousleutnant Moritz sich das Biwak eines französischen Infanterieregiments ansehen wollte, fand er in einem französischen Major „einen artigen gefälligen Mann, welcher mir alles erklärte und das ganze Lager zeigte.“72 Nachdem Moritz verwundet worden war, wurde er von französischen Soldaten überall rücksichtsvoll behandelt.73 Andere sächsische Offiziere machten ähnliche Erfahrungen. Sousleutnant Schneider vom Regiment „Prinz Anton“ schrieb im Januar 1808 aus Warschau an einen Freund: „Überhaupt vertragen sich die Franzosen mit niemanden [sic!] besser wie mit uns, täglich fallen Exzesse mit den Polen vor, nie unter Sachsen und Franzosen.“74 Besonders lobte Schneider den französischen Marschall Davout: Dieser sei einer der vorzüglichsten Männer, die er kenne; Davout habe die sächsischen Soldaten „sehr lieb“.75 Auch Ferdinand von Funck hielt sich nach dem Ende des Feldzugs in Warschau auf. In seinen Erinnerungen bemerkte auch er, dass die französischen Offiziere die sächsischen stets mit großer Achtung behandelten.76 Durch diese Wertschätzung mussten die Franzosen bei den Sachsen viele Sympathien gewinnen – gerade im Militär, wo Ehrbegriffe eine besonders große Bedeutung hatten. Die anfängliche Ablehnung des Bündnisses und der Widerwille zum Kampf gegen den ehemaligen Verbündeten Preußen waren bald vergessen. Wiederholte Anerkennungen durch Napoleon und seine Offiziere, Auszeichnungen und schließlich die Gleichbehandlung mit den französischen Soldaten führten rasch dazu, dass sich die sächsischen Soldaten mit ihrer neuen Rolle abfanden und sogar stolz darauf

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Zitat nach Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 59. HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 8. Postel, Unter Napoleon, S. 51. Ebd., S. 64, 67 u. 71. Schneider, Feldzugsbriefe, S. 400. Ebd. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 298.

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waren, zur Großen Armee des scheinbar unüberwindlichen Kaisers zu gehören.

3.3. Mit Napoleon gegen Österreich – 1809 Der nächste Kampfeinsatz der sächsischen Armee erfolgte im Krieg gegen Österreich 1809: 16.300 sächsische Soldaten nahmen im Verband des französischen IX. Armeekorps unter dem Kommando des Marschalls Jean Baptiste Bernadotte, Prinz von Pontecorvo, am Feldzug gegen die Habsburgermonarchie teil.77 Wie bereits weiter oben beschrieben wurde, war die sächsische Bevölkerung im Jahre 1809 nicht den Franzosen, sondern den Österreichern zugeneigt (Kapitel 2.4.). Diese Stimmung fand auch im Militär ihren Niederschlag: Hier waren die Meinungen über den Feldzug zumindest geteilt. Der Generalintendant des sächsischen Truppenkorps, Major Karl Friedrich Ludwig von Watzdorf, schrieb im Frühjahr 1809: „Die Idee eines solchen Krieges muss notwendig jedem Sachsen drückend werden.“78 Einige Soldaten machten aus ihrem Unwillen, gegen die Österreicher zu kämpfen, kein Hehl. Der sächsische Landpfarrer Ludwig Wilhelm Gottlob Schlosser berichtet in seinen Memoiren, er habe im Frühjahr 1809 acht sächsische Offiziere im Quartier gehabt, die nicht die geringste Lust gezeigt hätten, ihre Waffen gegen die Österreicher zu gebrauchen: „Sie äußerten das so unverhohlen, dass wir uns im Stillen wunderten.“79 Der Dichter Heinrich von Kleist schrieb am 20. April 1809 aus Dresden, die Moral der sächsischen Truppen sei so schlecht, dass es kaum möglich wäre, sie zum Kampf über die Grenze zu schicken.80 Und Wilhelm von Kügelgen hat in seinen Erinnerungen überliefert, dass ein Freund und Bediensteter der Familie, der als Garde-Grenadier an den Kämpfen in Österreich teilnahm, später behauptete, er habe nur mit großer Abneigung für die Franzosen gekämpft.81 Die Gründe für die schlechte Moral gehen aus den vorliegenden Quellen nicht eindeutig hervor. War es erwachendes Nationalgefühl? Waren es Skrupel, gerade gegen die Österreicher zu kämpfen, die Sachsen nie un77 78 79 80 81

Gülich, Die Sächsische Armee, S. 91 f. Zitat nach Johann Georg, Herzog zu Sachsen, Karl von Watzdorf, S. 4. Schlosser, Erlebnisse, S. 57. Streller, Heinrich von Kleist, Bd. 4, S. 420. Kügelgen, Jugenderinnerungen, S. 66.

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mittelbar bedroht hatten? Oder war es einfach Opportunismus gegenüber der bereits merklich antifranzösischen Stimmung der Bevölkerung, die manche Soldaten zu solchen Äußerungen veranlasste? Einen Grund für die schlechte Kampfmoral hat Ferdinand von Funck in seinen Erinnerungen mehrfach hervorgehoben, und zwar die in der sächsischen Armee immer noch bestehende „Kompaniewirtschaft“.82 Die Kompaniechefs erhielten für die Unterhaltung ihrer Einheiten einen festen Betrag zugewiesen, der auch den Sold für die einzelnen Männer umfasste. Beurlaubten die Kompaniechefs ihre Soldaten, konnten sie die Verpflegungsgelder der Beurlaubten einbehalten. Über die eingesparten Beträge mussten sie keine Rechenschaft ablegen; sie konnten sie zu ihrer persönlichen Bereicherung verwenden. Allerdings waren die festen Gehälter der Kompaniechefs so gering, dass ihnen mitunter nichts anderes übrig blieb, als von dieser Quelle des zusätzlichen Gelderwerbs Gebrauch zu machen.83 Der Gewinn, der sich mit der „Kompaniewirtschaft“ erzielen ließ, war hoch. In einer Übersicht über die Gehälter der sächsischen Armee von 1809 heißt es: „Ein Regiments-Inhaber, Oberst, Oberstleutnant u. 5 Capitains in jedem Regiment haben Kompanien, von denen jede nach Abzug aller Ausgaben dem Kompaniechef jährlich 4000 f [Floren = Gulden] erträgt.“84 4.000 Gulden hatten nach dem Konventions-Münzfuß, der in Sachsen von 1763-1838 galt, den Wert von 2.000 Talern.85 Das war eine beachtliche Summe. Wie bereits weiter oben erwähnt, verdiente der Vater des Dresdner Schriftstellers Gustav Nieritz als Lehrer nur 200 Taler pro Jahr.86 Das System der „Kompaniewirtschaft“ funktionierte jedoch nur in Friedenszeiten; im Falle einer Mobilmachung waren die KompanieInhaber gezwungen, ihrem Landesherrn die volle Stärke ihrer Einheiten zur Verfügung zu stellen. Damit fiel die Möglichkeit der Beurlaubung als zusätzliche Geldquelle weg. Dass hier ein großes Problem für die Moral 82 83 84

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Brabant, Im Banne Napoleons, S. 374 f., 391 f. u. 400 f. Zur „Kompaniewirtschaft“ vgl. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 30-34. HStA Dresden, Verschiedene auf die Zeitereignisse und politischen Verhältnisse bezügliche Papiere 1809. Aus dem Nachlass des Geheimen Kabinettsrats Breuer, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2645/3, unpag. Die Aufstellung der Gehälter in Gulden und Kreuzern („f“ und „Xr“) ist offensichtlich erfolgt, um Vergleiche der Besoldung in verschiedenen Armeen zu erleichtern. In derselben Akte befinden sich Übersichten der Gehälter im bayerischen, französischen, österreichischen und russischen Militär – sämtlich in Gulden und Kreuzern (ebd., unpag.). Haupt, Sächsische Münzkunde, Textband, S. 172-174 u. 182. Nieritz, Selbstbiographie, S. 81.

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der Armee lag, wurde während des Feldzugs gegen Österreich deutlich. Funck berichtet in seinen Erinnerungen, der Stabschef der 2. Sächsischen Division, Oberstleutnant Friedrich Karl Gustav von Langenau, habe sich bei ihm persönlich über den „schlechten Geist“ beklagt, der beim mobilen sächsischen Truppenkorps geherrscht habe. Die schlechte Moral sei durch die „alten Stabsoffiziere und Kapitäns, die nur von der Beurlaubung lebten“, und deren offene, „den Mut des gemeinen Soldaten niederschlagende Klagen“ vergrößert worden.87 Ein bezeichnendes Beispiel für diese schlechte Stimmung findet sich in den Briefen des sächsischen Offiziers Joseph Franz Freiherr von Rohrscheidt vom leichten Kavallerieregiment „Prinz Clemens“.88 Rohrscheidt erlebte den Feldzug gegen Österreich als Rittmeister (Capitaine) und wurde nach Abschluss der Kampfhandlungen zum Major befördert. Über diese Rangerhöhung war er keineswegs erfreut. An einen befreundeten Offizier schrieb er am 12. August 1809, er sei des Soldatenstandes so überdrüssig, dass er ihn am liebsten sofort verlassen würde. „Mein Plan – der leider durch mein Major Avancement sehr vereitelt wird – ging auf eine Zivilversorgung, um nicht ein pensionierter Müßiggänger zu sein; manche [Zivilstelle] war passend für mich als Capit[aine], wenig, fast gar keine als Stabsoffizier. [...] Durch die Belastungen über meine Lage – Schulden zu haben, diese beim besten Willen nicht bezahlen zu können, denn die Komp[anie] hat mir wenig geholfen, als Major kann ich kaum subsistieren [fortbestehen], bezahlen gar nichts und nun die neuerlichen Unfälle dazu, die mir wieder neue Schäden machen.“89 Mit den Unfällen, die Rohrscheidt ansprach, meinte er vor allem den Verlust seines Pferdes in der Schlacht bei Wagram; das Tier war durch eine Kanonenkugel getötet worden. Dazu klagte er seinem Freund weiter: „Subalternoffiz[iere], so Pferde verloren haben vor dem Feind, haben Entschädigung erhalten, allein Komp[anie]-Inhaber und Stabsoffiz[iere] erhalten keine; zwar hat mich unser Zezschwitz veranlasst, ein Memorial einzugeben; ich rechne aber auf nichts, denn der König hat im Grunde jetzt Ausgaben genug.“90 Die Klagen der Kompanie-Inhaber und Stabsoffiziere werden umso verständlicher, wenn man bedenkt, dass die sächsischen Truppen seit mehreren Jahren kaum noch zur Ruhe gekommen waren. Bereits im 87 88

89 90

Brabant, Im Banne Napoleons, S. 400. Es gab sowohl ein Infanterieregiment „Prinz Clemens“ als auch ein leichtes Kavallerieregiment („Chevauxlegers“) mit diesem Namen (Gülich, Die Sächsische Armee, S. 91). HStA Dresden, Briefe des Majors im Regimente „Clemens Chevauxlegers“, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 16, unpag. Ebd.

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Oktober 1805 hatte Sachsen zur Deckung der Grenzen des Obersächsischen Reichskreises an der Seite Preußens ein Korps von 18.000 Soldaten aufgestellt. Diese Truppen waren erst im Februar 1806 wieder demobilisiert worden.91 Im September 1806 hatte Kurfürst Friedrich August III. seine Truppen erneut mobil gemacht, und unmittelbar nach der Niederlage bei Jena hatten die sächsischen Truppen gegen Preußen aufmarschieren müssen. Nach dem Frieden von Tilsit im Sommer 1807 wurden die sächsischen Verbände außerdem nicht gleich nach Sachsen zurückgeschickt, sondern verblieben fast ein Jahr in Polen.92 So kehrte z. B. das I. Bataillon des Infanterieregiments „Bevilaqua“ erst Mitte Juni 1808 in seine Heimatgarnison Leipzig zurück; das II. Bataillon des Infanterieregiments „Prinz Maximilian“ kam sogar erst im Juli 1808 wieder in Dresden an.93 „Kaum waren wir in unserm Standquartier, als schon wieder Vorkehrung getroffen [wurde] zu einem neuen Feldzug“, schrieb Christian Friedrich Frenzel, ein Angehöriger des Regiments „Prinz Maximilian“ in seinen Erinnerungen.94 In der Tat wurde die sächsische Armee bereits am 13. August 1808 aufgrund des scheinbar kurz bevorstehenden Krieges gegen Österreich wieder mobil gemacht.95 Ende September 1808 ordnete Napoleon zwar noch einmal die Demobilisierung der Rheinbundtruppen an, aber bereits im März 1809 musste die sächsische Armee wieder auf Kriegsfuß gesetzt werden, und der Krieg gegen Österreich brach im folgenden Monat tatsächlich aus. Die Kompaniechefs hatten also immer seltener Gelegenheit, Teile ihrer Einheiten zu beurlauben und am System der „Kompaniewirtschaft“ zu verdienen. Traten gar hohe Ausfälle ein wie in den Feldzügen von 1806, 1807 und 1809, konnte aus der in Friedenszeiten recht lukrativen „Kompaniewirtschaft“ schnell ein Verlustgeschäft werden. Folglich liegt auf der Hand, dass die Stimmung gerade unter den Kompaniechefs im Frühjahr 1809 schlecht war. Ebenso selbstverständlich erscheint, dass sich diese unwillige Haltung gelegentlich auch auf die Untergebenen übertrug. *

91 92 93 94 95

Gretschel/Bülau, Geschichte des Sächsischen Volkes, Bd. 3, S. 318; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 2, S. 620; Petschel, Sächsische Außenpolitik, S. 264 f. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 85 f. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 199; HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 19. Ebd. Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 1, S. 210.

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Allerdings war bei weitem nicht das ganze sächsische Offizierkorps so demotiviert wie die Kompaniechefs und die älteren Stabsoffiziere. Unter den jüngeren, ehrgeizigen Offizieren herrschten gute Moral und Einsatzwilligkeit vor. Auf den Fall des Obersten Johann Adolph Thielmann, der eigenmächtige Vorstöße nach Böhmen durchführte, ist bereits weiter oben hingewiesen worden (Kapitel 1.2.). Thielmann war 1806 noch Rittmeister gewesen und im folgenden Jahr zum Major befördert worden. Im März 1809 avancierte er zum Oberstleutnant und bereits sechs Wochen später zum Oberst. Zu dieser Zeit war er 43 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Obersten der sächsischen Armee lag hingegen bei etwa 60 Jahren.96 Die Einsatzfreudigkeit der jüngeren sächsischen Offiziere kommt jedoch nicht nur im Verhalten Thielmanns zum Ausdruck, sondern ist auch durch die Aufzeichnungen des Majors Otto August Rühle von Lilienstern überliefert. Dieser war ursprünglich preußischer Offizier gewesen und hatte im Herbst 1806 als solcher am Feldzug gegen Napoleon teilgenommen. 1807 war er in den Dienst des Herzogs Karl August von SachsenWeimar-Eisenach getreten, der ihm die Betreuung seines zweiten Sohnes, des Prinzen Bernhard, anvertraut hatte. Rühle von Lilienstern und der Prinz nahmen 1809 als Gäste des mobilen sächsischen Truppenkorps am Feldzug gegen Österreich teil und konnten sich ein unmittelbares Bild von der Stimmung der sächsischen Soldaten machen. Rühle von Lilienstern berichtete über seine Erlebnisse ausführlich in Briefen an seine Schwester. Am 13. April 1809 beschrieb er aus Dresden zunächst seinen Gesamteindruck der Stimmung in Sachsen angesichts des Krieges: Dem friedliebenden sächsischen Monarchen und seinem im Ganzen kriegsscheuen Volk stehe ein „Haufen junger kriegslustiger Offiziere [gegenüber], welche teils ernsthafte Erfahrung, teils eine Gelegenheit begehren, in dem Treibhause des französischen Einflusses schneller die höchsten Ehrenstellen zu erklimmen, als es im Schneckengange des Friedens zu geschehen pflegt“.97 Einer dieser ehrgeizigen Offiziere war Ferdinand von Funck, der sich darüber ärgerte, dass er als Generaladjutant des Königs nicht am Feldzug teilnehmen durfte. Über die Zeit unmittelbar vor Ausbruch der Feindseligkeiten schrieb er später: „Mein gegenwärtig nächster Wunsch war, bei der 96

97

Gülich, Die Sächsische Armee, S. 173. Im Juli 1809 wurde Thielmann zum Generalmajor befördert, im Februar 1810 zum Generalleutnant. Vgl. zu Thielmann u. a.: Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie; Bülau, General Thielmann; ders., Noch einmal über General Thielmann; Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann; Haebler, Neue Beiträge. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 1, S. 105.

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mobilen Armee angestellt zu sein, und da die Stellen der Generäle bereits besetzt waren, würde ich mich nicht geweigert haben, als Chef eines Generalstabes mitzugehen.“98 Der König lehnte diesen Wunsch jedoch ab und Funck musste in Sachsen zurückbleiben. Doch selbst unter den Offizieren, die im Verband des französischen IX. Armeekorps nach Österreich abmarschierten, gab es einige, die es gar nicht erwarten konnten, endlich an den Kampfhandlungen teilnehmen zu können. Einer von ihnen war Sousleutnant von Larisch vom Regiment „Prinz Friedrich August“. Larisch war so motiviert, dass er trotz einer Gelbsuchterkrankung, gegen ärztlichen Rat, seiner Einheit folgte. Als er schließlich wieder zu seinem Regiment stieß, stellte er erleichtert fest, dass er noch keine Kampfhandlung verpasst hatte.99 Das erste größere Gefecht mit Beteiligung sächsischer Truppen fand am 17. Mai 1809 bei Linz statt. Sieben sächsische Soldaten fielen, 74 wurden verwundet und sieben weitere gerieten in Gefangenschaft.100 Danach folgte eine Phase verhältnismäßiger Ruhe, und Rühle von Lilienstern berichtete seiner Schwester am 30. Mai aus Linz: „Unsere Offiziere sind ganz unzufrieden, dass die Kampagne beendet werden soll, ohne dass sie Anteil an irgendeiner großen Schlacht genommen.“101. Doch auch unter den weniger motivierten sächsischen Soldaten änderte sich die Stimmung nach dem Beginn der Kampfhandlungen. Vor allem die ersten Verluste in den eigenen Reihen führten zur Erbitterung auf den Gegner und fachten den Kampfgeist an – ein Phänomen, das sich zu allen Zeiten und in allen Kriegen beobachten lässt. Die sächsischen Truppen hatten ihr erstes kleineres Scharmützel am 30. April 1809 bei Adorf an der sächsisch-böhmischen Grenze zu bestehen.102 Dabei traten die ersten Verluste ein. Rühle von Lilienstern schrieb nach dieser Feindberührung an seine Schwester, auf beiden Seiten habe sich die Motivation der Truppe nun geändert. Erst jetzt sei der wahre Kriegszustand eröffnet und „alle freundschaftliche Gesinnung, die im gemeinen Mann gegen seine so nahen Nachbarn und alten Bundesverwandten [die Österreicher] wohl noch hie und da statt gefunden 98 99 100

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Brabant, Im Banne Napoleons, S. 336, vgl. auch S. 390. Larisch, Oberst von Larisch, S. 24 f. Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 305. Davon im Einzelnen abweichende Zahlen finden sich in: Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 104. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 63. HStA Dresden, Auszug aus dem [...] Journal während des Feldzuges in Oesterreich, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 84, unpag.; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 24.

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und sich in voreiligen Reden geäußert haben mochte, [scheine] wie mit einem Schlage vertilgt und wie aus dem Herzen verwischt“ zu sein.103 Auch auf österreichischer Seite war die Erbitterung über die eigenen Verluste groß. Bei Linz verloren die Österreicher am 17. Mai fast 900 Soldaten: mindestens 49 wurden getötet, der Rest verwundet oder gefangen genommen.104 Zwei Tage nach dem Gefecht bei Linz wurde ein sächsischer Offizier, der als Parlamentär zu den österreichischen Truppen gehen sollte, von diesen mit einem Kugelhagel empfangen. „Dies sei der Dank für den 17. [Mai]“, ließen die österreichischen Soldaten die Sachsen wissen.105 Nach solchen Erlebnissen unmittelbarer Bedrohung spielte es für viele Soldaten keine Rolle mehr, wer der Gegner war. Es konnte sich genauso gut um einen ehemaligen Verbündeten oder sogar um eigene Truppen handeln, die mit entsprechender Erbitterung bekämpft wurden. Sousleutnant von Larisch hat in seinem Tagebuch eine Episode überliefert, die das verdeutlicht: Während der Schlacht bei Wagram am 5. Juli 1809 wurde Larischs Einheit aus Wagram beschossen. Ein Soldat erwiderte das Feuer, und als er darauf hingewiesen wurde, dass in Wagram sächsische Truppen stünden und er auf die eigenen Kameraden feuere, entgegnete er: „Gleichviel, wer auf mich schießt, ist mein Feind!“106 Von dieser Erbitterung blieb auch die österreichische Zivilbevölkerung nicht verschont. In der Nacht vom 31. Mai zum 1. Juni 1809 versuchten österreichische Truppen, die Stadt Amstetten im Handstreich zurückzuerobern.107 In Amstetten hatte Marschall Bernadotte sein Hauptquartier. Dennoch war die Bewachung des Ortes nachlässig, und die französischen und sächsischen Soldaten wurden von dem Überfall völlig überrascht. Im Laufe des Gefechts gewannen sie die Oberhand und wehrten den österreichischen Angriff ab. Trotz dieses Erfolges waren die Soldaten verärgert. Sie verdächtigten die Bevölkerung Amstettens und die Bewohner der umliegenden Dörfer, den österreichischen Überfall erst ermöglicht zu haben: Angeblich hatten die Einwohner den Truppen Kähne zur Überquerung der Donau geliefert und außerdem die Gewehre der sächsischen Infanterie und die Pferde der Kavallerie versteckt. Als sich unter den Soldaten noch herumsprach, dass einige ihrer Kameraden ermordet unter 103 104 105 106 107

Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 1, S. 187 f. Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 305. Larisch, Oberst von Larisch, S. 29. Ebd., S. 36. Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 35 f.

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Heu- und Misthaufen und sogar in Backöfen gefunden worden waren, kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf die Bevölkerung: Mehrere Dörfer in der Umgebung von Amstetten wurden geplündert und in Brand gesteckt.108 – Rühle von Lilienstern, der Amstetten kurz nach dem misslungenen österreichischen Handstreich durchquerte, schrieb am 2. Juni 1809 an seine Schwester: „Die kleinen finstern Wohnungen waren größtenteils ausgeplündert, der ärmliche Hausrat zerschlagen.“109 Ob die Bürger von Amstetten und die Bewohner der umliegenden Orte den österreichischen Soldaten bei ihrem Überfall wirklich geholfen haben, wird aus den vorliegenden Quellen nicht deutlich. Denkbar ist es durchaus, zumal Franzosen und Sachsen für sie Feinde waren, die sich durch ihr Auftreten im Land keine Sympathien erwarben. Die napoleonische Armee führte nämlich grundsätzlich keine Zelte für ihre Soldaten mit sich. Dadurch sollte der Tross klein und beweglich gehalten werden.110 Konnten die Soldaten nicht in Bürgerquartieren untergebracht werden, mussten sie sich in der näheren Umgebung ihrer Biwaks Material zum Bau von Unterkünften besorgen, um sich vor der Kälte und den Witterungseinflüssen zu schützen. Das bedeutete in der Praxis nichts anderes, als dass umliegende Ortschaften oft rücksichtslos ausgeplündert wurden. Rühle von Lilienstern berichtete seiner Schwester darüber am 25. Mai 1809 aus Linz: „Du musst Dir aber übrigens nicht einbilden, dass die Truppen in solchen Biwaks auf der bloßen Erde und unter freiem Himmel liegen. Aus Brettern, Strauchwerk, ausgehobenen Türen, abgedeckten Dächern usw. sind ganze Reihen von Baracken erbaut, die jedem Wetter trotzen, und drinnen mit reichlichem Lagerstroh versehen sind. In manchen findest Du Türen, Fenster, ja selbst Wanduhren, und vorn am Frontispiz sind sie mit allerlei Schilden und Zierraten ausgeputzt. Anfangs wussten unsere Sachsen nicht recht damit umzugehen, aber seit der Marschall seine Unzufriedenheit über die schlechte Barackierung bezeigte, stehen sie den Franzosen kaum in der Virtuosität nach. Wie aber sehen dagegen die umliegenden Wohnungen aus! Verbrannt, zerschlagen, zerstört, als ob seit Jahrzehnten darinnen kein lebendiger Mensch gehaust hätte.“111

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HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 20 (Frenzel nennt den Ort fälschlicherweise „Arnberg“ oder „Amberg“); Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 89 f.; Kummer, Erinnerungen, S. 6 f.; Larisch, Oberst von Larisch, S. 29 f. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 82. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 63. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 48 f.; vgl. auch HStA Dresden, Zeschau, Tagebuch, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 85, S. 25.

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Auch bei der Beschaffung von Verpflegung gingen die Soldaten oft rücksichtslos vor. Der sächsische Grenadier Johann Gottlob Leutritz berichtet in seinen Erinnerungen, dass seine Kameraden und er nach dem Einrücken in Linz den Befehl erhielten, sich selbst einzuquartieren. Leutritz und ein anderer Soldat drangen daraufhin einfach in ein Linzer Bürgerhaus ein, schoben die Bewohner zur Seite und nahmen sich an Verpflegung, was sie gerade vorfanden.112 Die Rücksichtslosigkeit gegen die österreichische Zivilbevölkerung mag noch dadurch vergrößert worden sein, dass sich unter den sächsischen Truppen Ende Juni 1809 die Nachricht vom Einmarsch der Österreicher und „Braunschweiger“ in Sachsen verbreitete. Begleitet wurde diese Neuigkeit von übertrieben Gerüchten über Plünderungen und Brandschatzungen der Österreicher in Sachsen, was unter den sächsischen Soldaten große Erbitterung hervorrief.113 * Angesichts des schonungslosen Verhaltens mancher Soldaten ist verständlich, dass sich die Bevölkerung gelegentlich wehrte. Ein Soldat des Regiments „Prinz Anton“ hat in seinen Erinnerungen eine solche Begebenheit überliefert: Einige Bauern überfielen ein sächsisches Kommando, das Lebensmittel beschaffen sollte, und erschlugen die meisten Soldaten. Sechs Bauern, die an dem Überfall beteiligt waren, wurden später gefangen genommen und erschossen.114 Über einen ähnlichen oder denselben Vorfall hat auch Christian Friedrich Frenzel vom Regiment „Prinz Maximilian“ in seinen Erinnerungen berichtet. Laut Frenzel überfielen bewaffnete Bauern in einem Dorf in der Steiermark ein sächsisches Kommando und töteten zehn Soldaten. Nur ein Mann, der sich tot stellte, habe entkommen und von dem Vorfall berichten können. Marschall Bernadotte habe daraufhin ein Bataillon in das Dorf geschickt, das zehn bewaffnete Bauern verhaftet habe. Nach einer Kriegsgerichtsverhandlung seien fünf davon sofort erschossen worden, die anderen fünf seien nach je 200 Stockschlägen gestorben.115 112 113 114 115

Die Napoleonischen Kämpfe, H. 2, S. 5; vgl. auch HStA Dresden, Schneider, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 14 f. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 221 f. Buhle, Erinnerungen, S. 6. HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 21 f.; vgl. dazu auch Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 189 u. 191 f. u. Larisch, Oberst von Larisch, S. 30. Darin ist von vier erschosse-

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Aus solchen Vorfällen entwickelte sich die bekannte Gewaltspirale, die in allen kriegerischen Auseinandersetzungen zu finden ist. Darauf muss hier nicht näher eingegangen werden. An dieser Stelle genügt der Befund, dass sowohl die Verluste in den Gefechten als auch die zunehmend feindseligere Haltung der österreichischen Bevölkerung – und auch der österreichischen Soldaten – die Abneigung vieler sächsischer Soldaten gegen den Kampf in Österreich beseitigte. Einen weiteren Motivationsschub erhielten die sächsischen Soldaten durch ihre ersten Siege. Sowohl im Zivilleben als auch im Militär wirkt Erfolg immer anspornend. Der Feldzug von 1809 bildete darin keine Ausnahme. Rühle von Lilienstern schrieb drei Tage nach dem siegreichen Gefecht bei Linz vom 17. Mai an seine Schwester: „Alles war voller Frohsinn und im lebhaftesten Gespräche über die nächste Zukunft oder Vergangenheit.“116 Der wohl wichtigste Grund für die gute Moral, die sich im sächsischen Truppenkorps nach dem Beginn des Feldzugs verbreitete, war jedoch die Vorbildwirkung Marschall Bernadottes, Prinz von Pontecorvo, unter dessen Befehl die sächsischen Truppen vereinigt waren. Bernadotte verstand es wie kaum ein anderer Kommandeur, die Sympathien seiner Untergebenen zu erwerben. Dies war auch sein erklärtes Ziel: Gegenüber Ferdinand von Funck äußerte Bernadotte, ihm liege alles daran, „die Liebe und das Zutrauen“ der sächsischen Armee zu gewinnen.117 Dabei beschränkte sich Bernadotte keineswegs auf die sächsischen Offiziere: Vor dem Beginn des Feldzugs gegen Österreich traf der Marschall auf eine Gruppe einfacher Soldaten vom Regiment „Prinz Anton“, die gerade mit neuem Schuhwerk ausgestattet wurden. Bernadotte erkundigte sich bei den Soldaten, ob sie mit den Schuhen zufrieden seien. Dann schenkte er ihnen Geld und forderte sie auf, damit auf seine Gesundheit zu trinken: „Es wurde dafür Wein gekauft und bei Tanzmusik an diesem Abend dem Prinzen ein Lebehoch gebracht. So suchte sich dieser General [sic!] bei den Sachsen auf jede Art und Weise in Gunst zu setzen.“118 Nach einem Übungsmanöver drückte Bernadotte seine Zufriedenheit mit der Truppe aus, indem er jedem Soldaten eine halbe Flasche Wein zuweisen ließ.119 In Altenburg verschaffte der Marschall seinem Korps

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nen Bauern die Rede. In allen beschriebenen Fällen hat es sich wohl um dasselbe Ereignis gehandelt. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 2, S. 8. Brabant, Im Banne Napoleons, S. 340. Erlebnisse eines sächsischen Unteroffiziers, Nr. 5, S. 17. HStA Dresden, Bose, Tagebücher und Briefe, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 86, unpag., Tagebucheintrag vom 15.6.1809.

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eine Sonderzuteilung von 3.000 Flaschen Branntwein. Und als der Rat der Stadt Straubing die sächsischen Soldaten vor der Stadt biwakieren lassen wollte, setzte Bernadotte mit Nachdruck die Einquartierung in Bürgerhäusern durch.120 Angesichts solcher Fürsorge verwundert nicht, dass Bernadotte von seinen Soldaten bald „angebetet“ wurde.121 Bei aller Gefälligkeit gegenüber seinen Untergebenen achtete der Prinz von Pontecorvo dennoch auf strenge Disziplin. Er entließ beispielsweise einen Offizier, der bei der Beschaffung von Lebensmitteln in dem österreichischen Ort Wels Exzesse verübt hatte, unehrenhaft aus der Armee. Die beteiligten Mannschaften erhielten Arreststrafen. Da Ausschreitungen besonders im Offizierkorps als ehrwidrig angesehen wurden, stieg Bernadottes Ansehen durch diese strengen Maßnahmen noch höher.122 Während des Gefechts bei Linz am 17. Mai 1809 setzte sich Bernadotte an die Spitze seiner Truppen und feuerte die angreifenden Soldaten mit dem Zuruf an: „Erinnert Euch, dass Ihr Sachsen seid! Es lebe der König von Sachsen!“123 Zwei Tage nach dem Gefecht schrieb Bernadottes Adjutant, Premierleutnant Adolph von Zezschwitz, seinem Bruder, dem Geheimen Finanzrat Joseph Friedrich von Zezschwitz, der Marschall sei „entzückt“ über das Betragen der Truppen, und die sächsischen Soldaten seien glücklich über den Erfolg. „Wir befinden uns trotz der starken Märsche sehr wohl, da unser guter Prinz für die Verpflegung der Truppen alles Mögliche tut und durch seine zuvorkommende, freundschaftliche Art alle Tage die Herzen mehr gewinnt.“124 Die gleichen Szenen wie bei Linz wiederholten sich in der Entscheidungsschlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli 1809: Auch hier wurde der Enthusiasmus der sächsischen Soldaten durch persönliche Aufmunterungen und Anerkennungen Bernadottes angespornt. Zudem erlebten die sächsischen Soldaten in dieser Schlacht erneut Napoleon als Feldherr. Wie bereits im Feldzug von 1807 wirkten Ansprachen und Gunstbeweise des Kaisers – oder auch dessen bloße Anwesenheit – auf die Soldaten beson-

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Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 1, S. 144 u. 219. So Ferdinand von Funck (Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 13). Der sächsische Artillerie-Premierleutnant August Kummer, der den Vorfall überliefert hat, lobt Bernadotte ausdrücklich für seine strengen Maßnahmen gegen Disziplinarverstöße (Kummer, Erinnerungen, S. 7). Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 31; vgl. dazu Zezschwitz, Mittheilungen, S. 108 f. u. Larisch, Oberst von Larisch, S. 26. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 109.

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ders motivierend.125 Major von Rohrscheidt vom leichten Kavallerieregiment „Prinz Clemens“ schrieb Mitte August 1809 an einen befreundeten Offizier, er habe Napoleon am zweiten Tag der Schlacht bei Wagram persönlich erlebt. Trotz des feindlichen Feuers habe der Kaiser eine Ruhe ausgestrahlt, als befinde er sich auf einem Spazierritt. Stolz notierte Rohrscheidt: „Ihn hier gesehen zu haben, ist mir unendl[ich viel] wert.“126 * Nach der Schlacht bei Wagram erließ Marschall Bernadotte einen Tagesbefehl an die sächsischen Truppen, über den in der militärgeschichtlichen Literatur viel diskutiert worden ist.127 Der Marschall behauptete darin, die sächsischen Truppen hätten am 5. Juli das Zentrum der feindlichen Armee durchbrochen, seien nach Wagram vorgedrungen und hätten „mitten unter den österreichischen Linien biwakiert.“ Dies war weit übertrieben: Die sächsischen Truppen hatten weder das Zentrum der feindlichen Armee durchbrochen noch Wagram halten können, um dort zu biwakieren.128 Napoleon war über Bernadottes Tagesbefehl und den Anteil, den der Prinz von Pontecorvo seinen Truppen – und damit sich selbst – am Sieg bei Wagram zuwies, äußerst aufgebracht. Er erließ einen Gegenbefehl, in dem er betonte, der Erfolg in der Schlacht sei ausschließlich den französischen Truppen, nicht den fremden Verbänden seiner Armee, zu verdanken. Napoleon behauptete, Wagram sei am 5. Juli überhaupt nicht eingenommen worden und die sächsischen Truppen hätten sich als erste vom Schlachtfeld zurückgezogen.129

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Vgl. zu Bernadotte und Napoleon bei Wagram aus sächsischer Sicht z. B. HStA Dresden, Schneider, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 18 f., 21 u. 39 f.; Pilzecker, Scenen aus dem Feldzuge, Nr. 233, S. 1111; Buhle, Erinnerungen, S. 11-13; Larisch, Oberst von Larisch, S. 36; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 50 f. u. 61. HStA Dresden, Briefe des Majors im Regimente „Clemens Chevauxlegers“, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 16, Brief vom 12.8.1809, unpag. Der Tagesbefehl ist wiedergegeben in: Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 62 f. Über den Anteil der sächsischen Truppen in der Schlacht bei Wagram vgl. v. a. Treitschke, Die königl. sächsischen Truppen; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 47-62; Werlhof, Bernadotte; Gill, With Eagles, S. 294-304. Der Befehl ist wiedergegeben in: Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 63 f.

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Auch diese Aussagen entsprachen nicht der Wahrheit. Wagram war am 5. Juli in der Tat von sächsischen Truppen vorübergehend erobert worden. Die Sachsen hatten sich auch nicht als erste zurückgezogen, sondern erst, nachdem sie Wagram mehrere Stunden lang unter hohen Verlusten gehalten hatten. Die Tatsache, dass die Sachsen Wagram schließlich doch räumen mussten, haben weder die Teilnehmer der Schlacht noch die sächsischen Militärgeschichtsschreiber geleugnet. Major von Rohrscheidt schrieb Mitte August 1809 in dem bereits weiter oben erwähnten Brief wahrheitsgemäß, die Sachsen hätten den Ort nicht halten können, „teils weil wir zu schwach waren, teils wegen der Hitze, da das ganze Dorf in Flammen stand, teils weil aus Missverständnis und im Finstern auch eine unserer Brigaden auf unsere eigenen Leute schoss.“130 Dass die sächsischen Verbände bei Wagram trotzdem sehr tapfer gekämpft hatten, belegen einerseits die hohen Verlustzahlen: Mindestens 590 sächsische Soldaten waren gefallen, etwa 3.600 waren verwundet oder wurden vermisst. Damit war ein Drittel aller sächsischen Soldaten, die an der Schlacht teilgenommen hatten, getötet, verwundet oder gefangen genommen worden.131 Andererseits waren sächsische Truppenteile während und nach der Schlacht von mehreren französischen Kommandeuren für ihre Tapferkeit gelobt worden – darunter auch von Napoleon.132 Nach dem Abschluss der Kämpfe hatte Bernadotte gegenüber dem Kommandeur einer sächsischen Infanteriebrigade, Generalmajor Heinrich Wilhelm von Zeschau, sogar geäußert: „Sagen Sie Ihren Soldaten, dass ich äußerst zufrieden mit ihnen bin. Sie haben sich verhalten wie alte kampferprobte Truppen, wie Franzosen und sogar besser. Ich schwöre Ihnen mit Tränen in den Augen, dass ich heute lieber ein sächsischer als ein französischer Infanterist wäre.“133

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HStA Dresden, Briefe des Majors im Regimente „Clemens Chevauxlegers“, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 16, Brief vom 12.8.1809, unpag. Vgl. die z. T. unterschiedlichen Angaben in: Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 38; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 62 u. 104; Gill, With Eagles, S. 304; Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 320. HStA Dresden, Schneider, Erinnerungen, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82, S. 31 f.; Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 50 f., 57 u. 61; Werlhof, Bernadotte, S. 19-26; Senfft von Pilsach, Mémoires, S. 86. HStA Dresden, Zeschau, Tagebuch, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 85, S. 46. Im Original: „Dites à vos soldats, que je suis extrêmement content d’eux; ils se sont comportés

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Den Gegenbefehl Napoleons, der Bernadotte und den sächsischen Truppen Unfähigkeit und Feigheit vorwarf, bekamen die Soldaten nie zu sehen. Napoleon ließ ihn nur seinen Marschällen zugehen.134 Wäre er bekannt geworden, hätte er sicherlich zu einer ernsten Vertrauenskrise geführt. Allerdings wollte Napoleon mit diesem Befehl weniger die sächsischen Truppen herabsetzen, als seine Autorität gegenüber Bernadotte demonstrieren. Wenige Tage nach der Schlacht bei Wagram entzog Napoleon ihm das Kommando über das IX. Armeekorps und löste dieses auf. Die sächsischen Truppen unterstellte er General Jean Louis Reynier. Rühle von Lilienstern schrieb am 10. Juli 1809 aus Wien an seine Schwester: „Die Bestürzung und Betrübnis über dies ganz unerwartete Ereignis ist [sic!] sehr groß und ungeteilt. Offiziere und Soldaten hatten den Prinzen ungemein lieb gewonnen, weil er sie stets liebreich behandelt und für sie bei jeder Gelegenheit eine solche Sorgfalt bewiesen hatte, als ob er selbst ein Sachse wäre und kein höheres Interesse kennte, als ihre Wohlfahrt.“135 Bernadottes Adjutant Adolph von Zezschwitz schrieb am 21. Juli 1809 an seine Eltern, der Verlust des Prinzen sei unersetzlich.136 Der Kommandeur der 1. Division des aufgelösten IX. Armeekorps, Generalleutnant Joachim Friedrich Gotthelf von Zezschwitz, meldete dem sächsischen König, die Truppen seien untröstlich über die Ablösung Bernadottes; ein schwererer Schlag hätte sie nicht treffen können.137 Und der Stabschef der 1. Division, Oberst Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff, äußerte sogar, Napoleon sei für die sächsischen Truppen zwar immer noch der große Feldherr; aber die Franzosen würden ihnen nicht mehr wie wahre Freunde erscheinen. Bernadotte sei für die sächsischen Soldaten alles, und jeder Soldat würde sich für ihn töten lassen.138 Gersdorffs Bemerkung, die Franzosen würden den sächsischen Soldaten nicht mehr wie Freunde erscheinen, mag zunächst verwirren. Allerdings wird sie vor dem Hintergrund verständlich, dass sich unter den

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comme de vieilles troupes aguerries – comme des François et même mieux. Je vous le jure, les larmes aux yeux, qu’aujourd’hui j’aimerois mieux être infanteriste saxon, que françois.“ Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 63. Rühle von Lilienstern, Reise mit der Armee, Bd. 3, S. 65. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 115. Exner, Die Antheilnahme der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Oesterreich, S. 65. Zitat nach Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 33, S. 579. Im Original: „Napoléon est toujours pour les Saxons le grand homme de la guerre; ils sont prêts à manœuvrer sous son commandement. Mais les Français ne leur semblent plus des amis véritables. Bernadotte est tout pour les Saxons. Quel est le soldat qui ne se ferait tuer pour lui?“

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Soldaten das Gerücht verbreitete, die sächsischen Truppen seien bei Wagram von den Franzosen absichtlich „verheizt“ worden und hätten deshalb so hohe Verluste erlitten.139 Major von Rohrscheidt vom leichten Kavallerieregiment „Prinz Clemens“ trat solchen Gerüchten in einem Brief an einen befreundeten Offizier entschieden entgegen: „Es ist wahr, wir haben Fatiguen [Anstrengungen] genug gehabt, haben gut und brav gefochten, aber – wir haben nie Mangel und Not gehabt (ausgenommen die Pferde) und wer sagt, dass Napoleon uns mehr exponiert habe als seine Truppen, der lügts [sic!].“140 Nachhaltige Wirkungen solcher Gerüchte lassen sich aus den vorliegenden Quellen nicht entnehmen. Die von Gersdorff hervorgehobene Verehrung Bernadottes durch die sächsischen Soldaten wurde demgegenüber noch vier Jahre später deutlich. Zu dieser Zeit kämpfte Bernadotte als Kronprinz von Schweden auf der Seite der Russen und Preußen gegen Napoleon. In der Nacht vom 22. zum 23. September 1813 desertierte bei Oranienbaum Major Heinrich von Bünau vom sächsischen Infanterieregiment „König“ mitsamt seinem Bataillon zu den Schweden. Einige Tage später richtete der Major einen Aufruf an alle sächsischen Soldaten, die in den Kämpfen der vorangegangenen Wochen versprengt worden waren oder Fahnenflucht begangen hatten. Bünau erinnerte seine Landsleute daran, dass sie den Kronprinzen von Schweden einst als ihren Heerführer verehrt hatten. Die „freudigste Anhänglichkeit und Dankbarkeit“ habe die Soldaten damals an den Prinzen von Pontecorvo gefesselt. Nun wolle derselbe Heerführer ihnen „einen schönern Zweck, ein edleres Ziel anweisen“ – womit der Kampf gegen Napoleon gemeint war.141 * Zu einer Krise im Verhältnis zwischen der sächsischen Armee und ihren französischen Verbündeten kam es durch den Feldzug in Österreich nicht. Weder die hohen Verluste bei Wagram und die damit verbundenen Gerüchte noch die Absetzung Bernadottes konnten die Stimmung der sächsischen Soldaten längerfristig zuungunsten Napoleons beeinflussen. Die Behauptung des französischen Historikers Marc de Germiny, nach der Absetzung Bernadottes habe sich die sächsische Armee vom „Tugend139 140 141

Bitterauf, Friedrich Stapß, H. 31, S. 213. HStA Dresden, Briefe des Majors im Regimente „Clemens Chevauxlegers“, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 16, Brief vom 22.9.1809, unpag. Der Aufruf ist wiedergegeben in: Lange, Die öffentliche Meinung, S. 67 f.; Zitate S. 68.

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bund“ gewinnen lassen142, ist abwegig. In Wirklichkeit hatte der „Tugendbund“ selbst in Preußen keinen nennenswerten Einfluss.143 In Sachsen war er den meisten selbst dem Namen nach unbekannt, wie der Oberamtshauptmann von Kiesenwetter in einem geheimen Stimmungsbericht Anfang 1812 feststellte.144 Von einem Einfluss der Mitglieder des „Tugendbundes“ auf die sächsische Armee findet sich in den vorliegenden sächsischen Quellen dementsprechend keine Spur. Längerfristig gesehen stärkte der Feldzug gegen Österreich die Bindung der sächsischen Armee an Napoleon, und zwar nicht nur wegen der zahlreichen Auszeichnungen, die der Kaiser 1809 an sächsische Soldaten verlieh.145 Ein wesentlicherer Grund war die im Jahre 1810 beginnende Reform der sächsischen Armee nach französischem Vorbild. Der Feldzug in Österreich hatte die Mängel der noch ganz im Sinne des Ancien Régime organisierten sächsischen Armee deutlich zutage treten lassen. Die hohen Verluste in der Schlacht bei Wagram waren zu einem großen Teil auf die völlig unzureichende Gefechtsausbildung zurückzuführen.146 Die Infanteriewaffen waren veraltet, die Truppe insgesamt wenig beweglich und manövrierfähig. Die zerstreute Fechtart der Franzosen, durch die viele unnötige Verluste vermieden wurden, hatte sich im sächsischen Heer noch nicht durchgesetzt.147 Doch nicht nur im Hinblick auf diese taktischen Gesichtspunkte war die sächsische Armee 1809 völlig veraltet. Auf das System der „Kompaniewirtschaft“ und seine negativen Auswirkungen auf die Moral der Truppe wurde bereits weiter oben hingewiesen. Folgerichtig wurde die „Kompaniewirtschaft“ im Zuge der Armeereform abgeschafft und ausreichende Gehälter für alle Offiziere festgesetzt. Weitere Reformpunkte waren die Schaffung eines Generalstabs, die Gliederung der Verbände in Divisionen, die Aufstellung leichter Infanterie und Jägereinheiten, die Anschaffung neuer Geschütztypen für die Artillerie, die Neuorganisation des Ingenieurkorps, die radikale Verjüngung des Offizierkorps durch Pensionierungen vieler alter und untauglicher Offiziere, die Abschaffung des Werbesystems und seine Ersetzung durch die Konskription, die Reform des Militärjustizwesens (Abschaffung 142 143 144

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Germiny, Frédéric-August, Bd. 33, S. 579. Vgl. dazu Töppel, Der Staat, S. 196-199. HStA Dresden, Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Bd. 2, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1430/6, Bl. 142. Vgl. dazu auch Kapitel 2.6. dieser Arbeit. Vgl. dazu Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 87-114. Gill, With Eagles, S. 301. Werlhof, Bernadotte, S. 16.

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des Stocks), die Einführung verbesserter Handfeuerwaffen, Seitengewehre und Bajonette und schließlich die Ausstattung der Truppe mit neuen Feldzeichen und zweckmäßigeren Uniformen. Außerdem wurde die Felddienstausbildung verbessert und die bislang vorherrschende „Lineartaktik“ nach französischem Vorbild durch die „Kolonnentaktik“ ergänzt.148 All diese Maßnahmen führten zu einer Hebung des Selbstvertrauens sowohl der Offiziere als auch der Unteroffiziere und Mannschaften. Als die Reform mit dem Beginn des Feldzugs gegen Russland ihren Abschluss fand, brauchte die sächsische Armee qualitativ den Vergleich mit dem großen französischen Vorbild nicht mehr scheuen. Durch die Aufhebung des Prinzips der „Anciennität“, d. h. der Beförderung nach dem Dienstalter, und seine Ersetzung durch das Leistungsprinzip, erhielten viele junge Offiziere Aufstiegschancen, die bislang undenkbar gewesen wären. Deutlich wird das an Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff: 1809 noch Oberst und Stabschef einer Division, wurde der 44-jährige Offizier 1810 als Generalmajor zum ersten Chef des Königlich Sächsischen Generalstabs ernannt. Zwar ging die Initiative zur Reform der sächsischen Armee offenbar nicht von Napoleon aus, wie Wolfgang Gülich in seiner Studie behauptet hat.149 Die treibenden Kräfte waren sächsische Offiziere, allen voran Gersdorff, der eine Erneuerung der Armee schon Anfang 1807 angeregt hatte.150 Napoleon hatte Anfang September 1809 bei Generalleutnant von Zezschwitz lediglich angefragt, ob nach dem Abschluss des Friedens eine Reorganisation der sächsischen Armee nach französischem Vorbild geplant sei.151 Damit hatte er den Bemühungen der reformwilligen sächsischen Offiziere aber neuen Antrieb verliehen. Zudem wäre die Reform ohne Napoleon, ohne das Vorbild der französischen Armee und ohne den Feldzug von 1809 kaum denkbar gewesen. Insofern verdankten die jungen Offiziere ihre neuen Aufstiegschancen letztlich dem französischen Kaiser.

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Vgl. ausführlich dazu: Gülich, Die Sächsische Armee, S. 100-185; vgl. außerdem Schuster/Francke, Geschichte der Sächsischen Armee, S. 293-314, ferner (zusammenfassend) Werlhof, Die Reorganisation; Ruhland, Militärpolitik, S. 57-64; Köpping, Sachsen gegen Napoleon, S. 23-25 u. S. 35, Anm. 37. Zur Veränderung der Uniformierung vgl. auch Müller/Vetters/Göschel, Im Dienste Sachsens, S. 147-302. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 105. Einen Quellenbeleg liefert Gülich dazu leider nicht. Ebd., S. 101 f. Werlhof, Bernadotte, S. 26.

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3.4. Mit Napoleon gegen Russland – 1812 Der neue Geist, der mit der Reorganisation in die sächsische Armee einzog, zeigte sich sehr deutlich im Russlandfeldzug.152 Von einer Missstimmung in Teilen des Offizierkorps wie vor dem Feldzug gegen Österreich konnte nun keine Rede mehr sein. Nach der Abschaffung der „Kompaniewirtschaft“, der Aufgabe des Prinzips der „Anciennität“ und den anderen Reformmaßnahmen stand nunmehr ein leistungsfähiges, verhältnismäßig junges Offizierkorps zur Verfügung, das geradezu darauf brannte, sich im Kampf zu beweisen und Ruhm zu erwerben. Alle vorliegenden Quellen sprechen sich hierzu übereinstimmend aus. Oberstleutnant Adolph von Zezschwitz, der im Krieg gegen Österreich dem Marschall Bernadotte als Adjutant gedient hatte, war mittlerweile zum Stabschef der 2. Sächsischen Division im VII. französischen Armeekorps aufgestiegen. Am 26. Juni 1812 schrieb er seinem Bruder, er wolle unbedingt am Feldzug gegen Russland teilnehmen und beweisen, dass seine raschen Beförderungen gerechtfertigt gewesen seien.153 Dieser Kampfeseifer geht auch aus seinem Tagebuch hervor.154 Sousleutnant Eduard Franz von Wolffersdorff vom Infanterieregiment „Prinz Clemens“ schrieb über den Marsch seiner Einheit nach Schlesien, die Truppen jeder Gattung seien „von dem besten Geiste beseelt“ gewesen und hätten „zu den schönsten Hoffnungen“ berechtigt.155 Ein anderer Offizier bemerkte dazu, die Armee sei nie in einem besseren Zustand gewesen als im Frühjahr 1812. Das Material, die Bewaffnung und die Bekleidung seien sehr gut gewesen und ein „herrlicher nach Taten dürstender Geist“ habe unter den Soldaten geherrscht. Das Vertrauen auf Napoleon und die unter ihm bereits erzielten Erfolge hätten selbst den jüngsten Rekruten angespornt.156 Premierleutnant Franz Ludwig August Meerheim schrieb in seinen recht pathetisch verfassten Erinnerungen, sein Regiment „ZastrowKürassiere“ sei besonders ruhmbegierig gewesen, denn es hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, die „beneidete ehrenreiche Blutweihe“ zu empfangen. Dementsprechend seien die Soldaten beim Aufbruch zum Kampf gegen Russland in Euphorie geraten: „Unverstellte Freude blickte vom ersten 152 153 154 155 156

Zur Gliederung und Stärke der sächsischen Verbände vor dem Russlandfeldzug vgl. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 186-197. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 160 f. und 165. Ebd., S. 163-165. Zitate nach Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 23. Erinnerungen aus der russischen Gefangenschaft, S. 1 f.

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Marschtage an aus jeder Miene, und lauter Jubel ertönte fortwährend im lang gedehnten Zuge der Geharnischten.“157 Meerheim sollte später zu seinem erhofften Ruhm gelangen: Für seinen Einsatz in der Schlacht bei Borodino wurde er in die Ehrenlegion aufgenommen.158 Ferdinand von Funck hatte nach seiner jahrelangen Verwendung als Generaladjutant endlich sein lang ersehntes Feldkommando erhalten. In Russland befehligte er eine Kavalleriedivision. In seinen Erinnerungen bestätigte auch er, dass die sächsischen Soldaten vor dem Feldzug „von dem besten Geist beseelt“ gewesen seien.159 Der Drang, unbedingt am Feldzug teilnehmen zu wollen, kommt auch im Tagebuch des Sousleutnants Karl von Wolf vom Kavallerieregiment „Prinz Johann“ zum Ausdruck. Der Verband sollte ursprünglich nicht am Russlandfeldzug teilnehmen, was große Enttäuschung unter den jungen Offizieren hervorrief. Umso größer war die Freude, als das Regiment im Februar 1812 seinen Marschbefehl erhielt.160 Immer wieder betonte Wolf, dass gerade die jungen Offiziere besonders motiviert gewesen seien. Wehmütig zurückblickend schrieb Wolf voller Stolz auf die eigene Truppe: „Was würde das Regiment, in welchem sich durchgängig ein guter Geist aussprach, wohl geleistet haben, wenn die Umstände günstiger gewesen wären […].“161 Als letztes Beispiel für die hohe Motivation des sächsischen Offizierkorps soll noch Sousleutnant Wilhelm Ludwig Leissnig angeführt werden. Der gebürtige Sachse hatte zeitweilig in preußischen Diensten gestanden; als Artillerieoffizier hatte er 1807 gegen die Franzosen gekämpft. Nach dem Frieden von Tilsit musste die preußische Armee auf Befehl Napoleons radikal verkleinert werden; ruhmreiche Einsätze schienen nach der verheerenden Niederlage in weite Ferne gerückt. Leissnig sah für sich beim preußischen Militär deshalb keine Zukunft: Der „heiße Wunsch, vielleicht noch bei einem ununterbrochen tätigen Militär […] ein Glück machen zu können“ veranlasste ihn, seinen Abschied aus der preußischen Armee zu nehmen. Unmittelbar nach seiner Entlassung Anfang 1812 trat der Leutnant in die sächsische Armee ein und wurde dem Kavallerieregiment „Prinz Albrecht“ zugeteilt. Das Regiment befand sich bereits auf dem Weg nach Osten, und Leissnig ritt ihm sofort eiligst nach, um den Feldzug gegen Russland nicht zu verpassen. Die Aussicht, „einen Marsch durch 157 158 159 160 161

Meerheim, Erlebnisse eines Veteranen, S. 3. Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 124 f. Funck, Erinnerungen aus dem Feldzuge, S. 5; vgl. auch S. 10. Wolf, Der Feldzug, Jg. 5, 1905/06, H. 1/2, S. 37 u. 39. Ebd., S. 38.

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Europa bis an die östliche Grenze Asiens anzutreten“ und die Überzeugung, einen glänzenden Sieg erringen zu können, bezeichnete Leissnig in seinen Erinnerungen als die „schönen Auspizien einer erwünschten glücklichen Zukunft“.162 Der persönliche Ehrgeiz mancher Offiziere war offensichtlich wesentlich größer als irgendwelche Bedenken politischer oder nationaler Art. Das verdeutlicht nicht nur das Beispiel Leissnigs und das betraf keineswegs nur das preußische oder sächsische Heer. Adolph von Zezschwitz hat ein bezeichnendes Beispiel aus der österreichischen Armee festgehalten: „Den 21. [Juli 1812] gegen Morgen marschierte das ganze österreichische Korps mit Ausnahme der noch zurückgebliebenen Avantgarde durch. [...] Den Beschluss machte eine wunderschöne Brigade ungarischer Grenadiers, welche der brave General Fürst Aloys [sic!] Liechtenstein anführte. Ihn, den erklärten Feind Frankreichs, der noch vergangenes Jahr in Teplitz mir so oft gesagt hatte, es sei ihm unbegreiflich, wie man mit den Franzosen fechten könne, hier zu sehen, verwunderte mich höchlich und ich konnte es ihm auch nicht verschweigen. Er antwortete mir lachend: ,Was will man halt machen, wenn man gern in Krieg geht und es keinen andern gibt?‘“163 Die hohe Motivation, die vor dem Russlandfeldzug in der sächsischen Armee herrschte, beschränkte sich nicht nur auf das Offizierkorps. Unteroffizier Theodor Goethe vom Husarenregiment schrieb in seinen Erinnerungen, unter den Soldaten habe zu Beginn des Feldzugs im Allgemeinen „freudiger Mut“ geherrscht.164 Und Feldwebel Friedrich Vollborn vom Infanterieregiment „Prinz Clemens“ beschrieb die Stimmung in seiner Einheit vor der ersten Feindberührung Ende Juli 1812 folgendermaßen: „Ein ausgezeichnet guter Geist war unter den Truppen; alles freute sich, mit dem Feinde endlich einmal anbinden zu können.“165 * Die gute Stimmung unter den sächsischen Soldaten wurde allerdings rasch gedämpft. Die Moral der Soldaten war sehr stark von der Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse abhängig, und zwar in erster Linie von der Versorgung mit Verpflegung. Oberst August Wilhelm Friedrich von Leyßer, der Kommandeur des Kavallerieregiments „Garde du Corps“, 162 163 164 165

Leissnig, Märsche, Bd. 1, S. 1-3. Zezschwitz, Mittheilungen, S. 166. Goethe, Aus dem Leben, S. 86. HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt C, S. 54.

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drückte dies folgendermaßen aus: „Wohl unter allen Erdensöhnen ist der Soldat am meisten zu raschen Übergängen in seiner Gemütsstimmung geneigt. Treten Hunger und Strapazen ein, so wird des frühern Wohllebens während des Feldzuges nicht mehr gedacht, er sehnt sich nach seiner Garnison […].“166 Unterkünfte, ausreichend Schlaf, Wärme (Wachfeuer) und Tabak spielten neben der Verpflegung ebenfalls eine bedeutende Rolle.167 An all diesen Bedürfnissen herrschte bald großer Mangel. Schon auf dem Marsch durch Polen, also noch vor dem eigentlichen Beginn des Feldzugs, stand nicht mehr genügend Verpflegung zur Verfügung. Da in der Armee Napoleons der Grundsatz galt, dass sich die Truppe aus dem Land selbst versorgen müsse, waren die Lebensmittel in den Durchmarschgebieten Polens rasch verbraucht. Die russische Taktik, dem Feind möglichst wenig Verwendbares zu hinterlassen, trug ein Übriges dazu bei, dass bald großer Mangel herrschte. Kälte, Hunger, Müdigkeit und Läuse wurden für die Soldaten alltägliche Plagen.168 Angesichts dieser Strapazen erstaunt nicht, dass sich die Disziplin der Truppe immer wieder lockerte. Ein anonymer sächsischer Autor hat in einem 1902 erschienenen Aufsatz behauptet, im Russlandfeldzug habe sich in deutlicher Form die sittliche Haltung der vermeintlich besonders tugendhaften sächsischen Soldaten gezeigt.169 Eine solch verklärende Ansicht hat auch Ferdinand von Funck in seinen Erinnerungen geäußert.170 Die Wirklichkeit war indes anders: Aus fast allen vorliegenden Aufzeichnungen sächsischer Soldaten geht hervor, dass die sittlichen Bande rasch vergessen waren, wenn es um die leiblichen Bedürfnisse der Soldaten ging. Sousleutnant Röder von Bomsdorff vom Kavallerieregiment „Prinz Albrecht“ schrieb über die Erbeutung einer Viehherde durch die eigenen Truppen im Juli 1812: „Der Gewinnst [sic!] einer Schlacht hätte nicht mehr erfreuen können; so wahr ist es, dass die Entwürfe und Wünsche der Menschen sich im Höchsten und Geringsten nach dem nächsten Bedürfnis modifizieren, und derjenige, welcher noch heute mit dem glühendsten Ehrgefühl den Ruhm sucht, vielleicht am andern Tage einen Trunk Wasser als seinen größten Zweck betrachtet.“171 166 167 168

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Meerheimb, Briefe, H. 9, S. 65. Vgl. z. B. Goethe, Aus dem Leben, S. 81 f., 88 f., 126 u. 132. Vgl. z. B. Stadtarchiv Bischofswerda, Sammlung „Chronik“, 361.21, K-R, Schlagwort „Napoleon“, Abschrift des Briefes eines Rammenauers, Teilnehmer am Feldzuge Napoleons 1812 gegen Russland, vom 15.3.1813; Goethe, Aus dem Leben, S. 134-137. Die sittliche Bedeutung der Haltung sächsischer Krieger. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 51. Röder von Bomsdorff, Mittheilungen, Bd. 1, S. 107.

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Der herrschende Lebensmittelmangel führte dazu, dass auf die Zivilbevölkerung Polens und Russlands keine Rücksicht genommen wurde. Bereits Ende April 1812 hatte Röder von Bomsdorff aus Polen berichtet, dass „mit Gewalt und Willkür“ Lieferungen von den Gutsbesitzern verlangt würden.172 Anfang Juli schrieb er, die Märsche würden ununterbrochen fortgesetzt; in den Dörfern würde nur gehalten, um die Pferde zu füttern, zu requirieren und zu plündern. Im September erhielt Röder von Bomsdorff das Kommando über eine Einheit aus Kranken, die in ein rückwärtiges Kavalleriedepot marschieren sollte. Es handelte sich um französische, sächsische und bayerische Soldaten. Die Disziplin dieses Verbandes war äußerst schlecht. Röder selbst sprach von einer „Horde“. Einige Soldaten plünderten und ermordeten zwei Bauern. Röder stand diesen Exzessen machtlos gegenüber. Laut seiner Aussage hielten die bayerischen Soldaten noch die beste Disziplin.173 Sousleutnant von Wolffersdorff vom Infanterieregiment „Prinz Clemens“ bezeichnete den Befehl, dass sich die Truppe selbst verpflegen solle, als „eine bedenkliche Maßregel für die Disziplin der Truppen.“174 Auch Wolffersdorff berichtet in seinen Erinnerungen von gewaltsamen Requisitionen und Ausschweifungen, die nicht zu vermeiden gewesen seien.175 Zwar erließen sowohl französische als auch sächsische Offiziere Verbote gegen Plünderungen und willkürliche Requisitionen, und immer wieder wurden Plünderer hingerichtet.176 Solche Maßnahmen halfen aber wenig. Feldwebel Vollborn vom Infanterieregiment „Prinz Clemens“ schrieb nach dem Einrücken seiner Einheit in die weißrussische Stadt Volkovysk im November 1812: „Die Tagesbefehle vom 9. November [Verbot von Plünderungen] waren verklungen und weder Oberen noch Untergebenen kamen sie jetzt in den Sinn. Es wurde geholt, wo nur irgend etwas zu bekommen war und so ereignete sich dann auch in meiner Menage das Hinzubringen eines lebendes Schweines und einiger Mäßchen Erdbirnen.“177

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Ebd., S. 9. Ebd., S. 83 u. Bd. 2, S. 31-34. Zitat nach Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 29. Ebd., S. 166 f. Vgl. z. B. Röder von Bomsdorff, Mittheilungen, Bd. 1, S. 32; Leissnig, Märsche, Bd. 1, S. 163 f.; Erinnerungen aus der russischen Gefangenschaft, S. 18 f.; Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 3; Larisch, Oberst von Larisch, S. 49; Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 57-59. HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt C, S. 127; vgl. auch S. 133 f.

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Premierleutnant Meerheim vom Regiment „Zastrow-Kürassiere“ schrieb ebenfalls, dass die Truppe die Plünderungsverbote nicht befolgt habe. Überall seien weiterhin „willkürliche Erpressungen“ vorgekommen, die immer mehr zugenommen hätten, je stärker sich die Bevölkerung dagegen aufgelehnt habe.178 Angesichts der Rücksichtslosigkeit, die auch in sächsischen Selbstzeugnissen immer wieder eingeräumt wird179, erstaunt nicht, dass die Haltung der polnischen und russischen Bevölkerung gegenüber den fremden Soldaten zunehmend feindseliger wurde. Die bereits erwähnte Gewaltspirale lässt sich in den Quellen über den Feldzug in Russland noch viel deutlicher aufzeigen. Hier nahmen die Vergeltungsmaßnahmen der Landesbewohner weit brutalere Formen an als in Österreich. Premierleutnant Meerheim berichtet in seinen Erinnerungen, dass mehrere Requisitionskommandos der sächsischen Kavallerie überfallen wurden und Fuhrwerke samt Mannschaften spurlos verloren gingen. Im altrussischen Gebiet sei die Lage besonders gefährlich gewesen: Hier sei sogar die kämpfende Truppe von bewaffneten Bauern angegriffen worden. Zurückbleibende Soldaten seien „auf die schrecklichste Weise ermordet“ worden. Ein in Mokraja westlich von Brjansk gelegenes Lazarett sei von russischen Bauern überfallen und die Insassen getötet worden. Auf der Straße nach Smolensk hätten die Landesbewohner zudem immer wieder Soldaten angegriffen und „haarsträubende“ Grausamkeiten verübt. Auch in Moskau sei es zu Überfällen gekommen.180 Bestätigt werden diese Aussagen durch die Aufzeichnungen des Sousleutnants Wilhelm August von Burkersroda vom Kavallerieregiment „Garde du Corps“. Auch er schrieb, zurückgebliebene Soldaten seien von Bauern überfallen und ermordet worden. Ein bewaffneter Bauerntrupp habe einmal sogar die Vorhut des Regiments „Garde du Corps“ angegriffen. Burkersroda selbst sei als Führer eines Requisitionskommandos einmal von russischen Bauern verfolgt worden und habe sich und seine Beute nur retten können, weil Verstärkung eintraf. Andere Offiziere, die Requisitionskommandos führten, hätten nicht so viel Glück gehabt. Burkersroda nennt einen Leutnant Mörner und einen Leutnant von Wie178 179

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Meerheim, Erlebnisse eines Veteranen, S. 35 f.; vgl. auch S. 43 f., 47 f. u. 60 f. Vgl. neben dem bereits Genannten z. B. Leissnig, Märsche, Bd. 1, S. 142 f.; Erinnerungen aus der russischen Gefangenschaft, S. 10 u. 19; Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 17; Larisch, Oberst von Larisch, S. 53; Wolf, Der Feldzug, Jg. 5, 1905/06, H. 3, S. 64 u. H. 5, S. 114; Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 25, 27 f., 51, 73-77, 100, 104, 109 f., 117 u. 169. Meerheim, Erlebnisse eines Veteranen, S. 60-66, 116, 124 u. 126 f.

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tersheim, die von solchen Kommandos nicht zurückgekehrt seien. In Moskau habe Burkersroda noch einmal die Flucht vor bewaffneten Einwohnern ergreifen müssen. Und als russische Soldaten Mitte Oktober 1812 den Tross der sächsischen Kavallerie erbeuteten, seien fast alle dort befindlichen Kranken und Verwundeten erschossen worden.181 Berichte über Grausamkeiten finden sich auch in den Aufzeichnungen anderer sächsischer Soldaten. In den tagebuchartigen Erinnerungen des Feldwebels Vollborn heißt es, Ende November habe seine Einheit in einem Wald zwei Angehörige des sächsischen Grenadierbataillons „Anger“ gefunden, deren Herzen herausgerissen gewesen seien.182 Und Sousleutnant Röder von Bomsdorff schrieb, er habe in einem verlassenen russischen Dorf einmal drei tote portugiesische Soldaten gefunden, die von den Einwohnern offenbar beim Plündern überrascht und grausam ermordet worden waren: Die drei Soldaten seien an Türen genagelt und ihre Geschlechtsteile abgeschnitten gewesen.183 Trotz dieser Brutalisierung des Krieges, trotz der hohen Ausfälle durch Krankheiten und Erschöpfung184 und trotz aller Mangelerscheinungen blieb die Moral der sächsischen Armee während des Russlandfeldzugs verhältnismäßig lange intakt. Dies lag vor allem daran, dass die Siegeszuversicht zunächst ungebrochen war – selbst nach den ersten militärischen Rückschlägen. Die erste Niederlage erlitten die sächsischen Truppen am 27. Juli 1812: Bei Kobrin in Weißrussland geriet die gesamte Infanteriebrigade des Generalmajors Heinrich Christian Magnus von Klengel mit mehr als 3.000 Mann nach einem Gefecht gegen eine dreifache russische Übermacht in Gefangenschaft.185 Sousleutnant von Wolffersdorff schrieb dazu, der Verlust so vieler Kameraden habe zwar einen „tiefen und unangenehmen Eindruck“ auf die Truppe gemacht, habe aber gleichzeitig die Kampfmoral angefacht. Die Soldaten hätten nunmehr vor Begierde gebrannt, diese Niederlage sobald wie möglich zu rächen.186 Und Ferdinand von Funck bemerkte, dass das Vertrauen der Soldaten des VII. Armeekorps in ihren 181 182 183 184

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Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 6 f., 16, 24 u. 26. HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt C, S. 142. Röder von Bomsdorff, Mittheilungen, Bd. 2, S. 38 f. Laut den Aufzeichnungen Vollborns starben am 9.7.1812 allein 19 Soldaten des Infanterieregiments „Prinz Clemens“ an Erschöpfung (HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt C, S. 47). Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 382 f. Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 84.

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Kommandeur, den General Reynier, trotz des Verlustes der Brigade „Klengel“ unerschüttert blieb.187 Besonders deutlich zeigten sich die Siegeszuversicht und die hohe Kampfmoral in der Schlacht bei Borodino am 7. September 1812. Alle vorliegenden Berichte von Schlachtteilnehmern sprechen sich einhellig darüber aus, dass die Soldaten in eine kaum vorstellbare Euphorie gerieten, weil sie glaubten, diese Schlacht bringe die Entscheidung im Russlandfeldzug. Sousleutnant Leissnig vom Kavallerieregiment „Prinz Albrecht“ schrieb darüber: „Die Stimmung der Leute war unverbesserlich gut, denn jeder glaubte durch den Gewinn der angekündigten Schlacht den Frieden zu erkämpfen, und so zugleich die Rückkehr ins Vaterland zu erringen […].“188 Premierleutnant Meerheim vom Regiment „Zastrow-Kürassiere“ bezeichnete den Tag der Schlacht bei Borodino in seinen Erinnerungen gar als den „größten Festtag“.189 Laut seiner Darstellung wollten sogar kranke Soldaten, die eigentlich nicht dienstfähig waren, unbedingt an der Schlacht teilnehmen.190 Diese Aussagen werden durch die Aufzeichnungen mehrerer anderer Augenzeugen bestätigt.191 Angefacht wurde der Kampfeseifer noch zusätzlich durch die Vorbildwirkung französischer Kommandeure wie des Königs Joachim Murat, der selbst an vorderster Front an den Kämpfen teilnahm.192 Mit „erbitterter Wut“ (Meerheim) und „Leidenschaft“ (Leyßer) kämpfend, konnte die sächsische Kavallerie bei Borodino einen entscheidenden Beitrag zum Sieg leisten.193 Bemerkenswert erscheint die Verklärung dieser Schlacht in der Memoirenliteratur und der sächsischen Militärgeschichtsschreibung. Das politische Bündnis Sachsens mit Frankreich wurde nach 1815 nicht mehr gerühmt194 – der Nimbus der militärischen Siege blieb dagegen unangetastet. Wilhelm Ludwig Leissnig schrieb über die Schlacht 187 188 189 190 191 192 193

194

Funck, Erinnerungen aus dem Feldzuge, S. 69; Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 71 u. 109. Leissnig, Märsche, Bd. 1, S. 406. Meerheim, Erlebnisse eines Veteranen, S. 69. Ebd., S. 70 u. 77 f. Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 7 f.; Meerheimb, Briefe, H. 13, S. 98; vgl. auch Flüchtige Skizze der Schlacht bei Moszaisk, S. 158. Meerheim, Erlebnisse eines Veteranen, S. 82 u. 96. Vgl. dazu Zemtsov, The Battle. Dieser Aufsatz ist besonders aufschlussreich, weil er sich mit den unterschiedlichen Meinungen in der Literatur zum Anteil der sächsischen Kavallerie am Sieg bei Borodino auseinandersetzt. Auf dieses Phänomen hat Jens Eschert in seiner Magisterarbeit am Beispiel der Jubiläen hingewiesen (Eschert, Friedrich August I., S. 54-58). Zu den Jubelfeiern ausführlich vgl. Mergen, Monarchiejubiläen.

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bei Borodino voller Pathos: „Heilig seien die Gebeine derer, die hier für Ruhm, Ehre und Heldentugend fielen, und sich fern vom Vaterlande ein Mausoleum errichteten, das unsere späten Nachkommen noch der Nachahmung würdig in der Geschichte aufbewahrt finden werden.“195 Selbst Offiziere, die nach 1812 in preußische Dienste übertraten, wie Wilhelm August von Burkersroda, beschrieben in ihren Erinnerungen noch voller Stolz die Leistungen der sächsischen Armee im Russlandfeldzug.196 Doch nicht nur in den Selbstzeugnissen sächsischer Soldaten kommt das ungeschmälerte Ansehen der militärischen Siege zum Ausdruck. Auch die Zivilbevölkerung war stolz auf die Erfolge der sächsischen Armee in Russland. Selbst der deutsch-national gesinnte Christian Gottfried Körner berichtete seinem Sohn Theodor Ende Februar 1813 voller Hingabe über die Tapferkeit der sächsischen Truppen in Russland, wie sie ihm von Heimkehrern geschildert worden war.197 * Bis in den Oktober 1812 hinein blieb die Stimmung der Truppe verhältnismäßig gut. Die bei Borodino in Gefangenschaft geratenen sächsischen Soldaten zweifelten nicht daran, dass sie bald wieder frei kämen, weil Russland Frieden anbieten würde.198 Sousleutnant von Burkersroda schrieb rückblickend über die Stimmung Anfang Oktober 1812: „So groß auch unsere Not an Futter und Lebensmitteln war, so tröstete sich jetzt alles mit der Aussicht auf einen baldigen Waffenstillstand.“199 Noch Ende Oktober 1812 schrieb Oberstleutnant Georg Carl von Bose, der zu dieser Zeit die Reste des Infanterieregiments „von Niesemeuschel“ kommandierte, es sei erstaunlich, dass die Soldaten trotz der Kälte und der schlechten Bekleidung noch immer recht guter Stimmung seien.200 *

195 196 197 198 199 200

Leissnig, Märsche, Bd. 1, S. 447. Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 38. Stadtarchiv Dresden, Nachlass der Familie Körner, 16.1.2., Kö III. 145, unpag., Abschrift eines Briefes vom 22.2.1813. Meerheimb, Briefe, H. 23, S. 180. Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 23. Brief vom 31.10.1812 an seinen Bruder (HStA Dresden, Bose, Tagebücher und Briefe, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 86, unpag.).

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Einige sächsische Verbände hatten Anfang Oktober 1812 noch nicht an den Kämpfen teilgenommen – so beispielsweise das Kavallerieregiment „Prinz Johann“, das dem IX. Armeekorps zugeteilt war. Das Korps bildete eine operative Reserve für die französische Hauptarmee und überschritt erst im September 1812 die Memel. Anfang Oktober erreichte es den Raum von Smolensk.201 Aus dem Tagebuch des Sousleutnants Karl von Wolf vom Kavallerieregiment „Prinz Johann“ geht hervor, dass die Soldaten selbst zu dieser Zeit ihre erste Feindberührung kaum erwarten konnten und befürchteten, der Feldzug könne zu Ende gehen, ohne dass sie im Kampf gestanden hätten.202 Am 3. November 1812, nach der ersten Plänkelei mit russischen Husaren und Kosaken, schrieb Wolf in sein Tagebuch, er sei stolz, einer der ersten Offiziere seines Regiments zu sein, die dem Feind gegenüber gestanden hätten.203 Die Soldaten hingegen, die bereits seit Beginn des Feldzugs an den Kämpfen teilgenommen hatten, sehnten nach der Einnahme von Moskau im September 1812 den Frieden und die Rückkehr in ihre Heimat herbei.204 Kapitän Wolf Ludwig von Schlegel vom 1. leichten Infanterieregiment schrieb im Oktober 1812 in einem Privatbrief: „Gebe Gott, dass wir es bald überstanden haben!“205 Die Hoffnung Napoleons und seiner Soldaten, dass Zar Alexander I. nach dem Fall von Moskau Frieden schließen würde, erfüllte sich bekanntlich nicht. Stattdessen musste sich die Große Armee aus Russland zurückziehen. Die eintretende Kälte hatte bei dem gravierenden Mangel an Lebensmitteln, Kleidung und Unterkünften verheerende Ausfälle zur Folge.206 Laut den Erinnerungen von Ferdinand von Funck gaben die Offiziere Ende Oktober 1812 die Hoffnung auf, dass der Krieg noch im selben Jahr beendet würde. Bemerkenswerterweise herrschte unter den einfachen Soldaten laut Funck noch eine bessere Stimmung: „Nur die Gemeinen glaubten noch an den Frieden, wenigstens zu Weihnachten, und waren daher bei allem Elend noch guten Muts.“207 201 202 203 204 205

206 207

Gülich, Die Sächsische Armee, S. 211 f. Wolf, Der Feldzug, Jg. 5, 1905/06, H. 7, S. 167; H. 8, S. 182. Ebd., H. 9, S. 214. Leissnig, Märsche, Bd. 1, S. 525 f. Metzsch-Reichenbach, Briefe, S. 107; vgl. auch den Brief des Oberstleutnants Georg Carl von Bose vom 17.9.1812 an seinen Bruder (HStA Dresden, Bose, Tagebücher und Briefe, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 86, unpag.). Vgl. dazu beispielsweise Erlebnisse eines sächsischen Unteroffiziers, Nr. 5, S. 18 sowie Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 176 u. 187 f. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 164.

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Spätestens mit dem Erreichen der Beresina Ende November 1812 hörten der Zusammenhalt und die Disziplin unter den Soldaten jedoch auf. Der Übergang über den Fluss vollzog sich in völligem Chaos. Sousleutnant von Burkersroda schrieb darüber: „Kein militärisches Ansehen bestand mehr, alle Rücksicht hatte aufgehört, jeder dachte nur an sich und zeigte sich in seiner wahren Gestalt; es war ein Bild des großen Zusammentreffens an den Pforten der Unterwelt!“208 Als die Reste der sächsischen Verbände im Januar 1813 wieder in ihrer Heimat ankamen, waren von mehr als 28.000 Mann, die am Feldzug teilgenommen hatten, nur noch wenige am Leben. Besonders hoch waren die Verluste der Kavallerieregimenter, die im Verband des III. und IV. Armeekorps am Marsch nach Moskau teilgenommen hatten: Von den 1.322 Soldaten der Regimenter „Garde du Corps“ und „ZastrowKürassiere“ überlebten nur etwa 70 den Feldzug; von den 628 Reitern des Regiments „Prinz Albrecht“ kehrten nicht einmal 30 zurück.209 Die Masse der sächsischen Armee kam noch verhältnismäßig glimpflich davon. Das VII. Armeekorps des Generals Reynier, in dem fast 20.000 sächsische Soldaten vereinigt waren, hatte nicht am Vorstoß auf Moskau teilgenommen. Es hatte an der rechten Flanke der Hauptarmee gestanden und war nur bis nach Weißrussland marschiert. Durch Krankheiten und Gefechte hatte es zwar auch schwere Verluste erlitten, allerdings bei weitem nicht in dem Maße wie die französische Hauptarmee.210 Reynier hatte sich bei seinen Soldaten großes Ansehen erworben. Durch geschickte Rückzugsbewegungen hatte er sein Korps Ende September 1812 aus einer scheinbar aussichtslosen taktischen Lage gerettet. Als seine Truppen am 1. Oktober den Bug in Richtung Westen überschritten, ließen die erleichterten Männer den General mit lauten Jubelrufen hochleben – ein bemerkenswerter Freudenausbruch für eine Rückzugsoperation.211 Sousleutnant von Wolffersdorff kommentierte diese Geste der Dankbarkeit mit der Bemerkung, die Soldaten hätten gefühlt, aus welcher Gefahr Reynier sie gerettet habe.212 Und noch im März 1813 208 209 210

211 212

Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 50. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 210 f. Zusammenfassend zu den Einsätzen des VII. Armeekorps 1812/13 vgl. ebd., S. 195208. Ausführlich beschrieben ist die Teilnahme der sächsischen Armee am Russlandfeldzug bei Exner, Der Antheil der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Rußland 1812. So empfand es auch Premierleutnant von Larisch vom Regiment „Prinz Friedrich August“ (Larisch, Oberst von Larisch, S. 53). Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 139.

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notierte Premierleutnant von Larisch in sein Tagebuch, es sei nicht Reyniers Schuld, dass so wenige Soldaten des VII. Armeekorps aus dem Russlandfeldzug wiedergekommen seien; im Gegenteil: Lediglich seiner Führung sei zu verdanken, dass überhaupt noch ein Teil der Truppen zurückgekehrt sei. „Folglich hat er, so lange man eine Verwandtschaft der Nation mit der Armee annimmt, nur den ausgezeichnetsten Dank der Nation verdient.“213 Die Verluste der sächsischen Armee in Russland sind bis heute nicht ausreichend untersucht worden. Wolfgang Gülich hat sie in seiner Studie auf 22.000-25.000 Soldaten geschätzt.214 Diese Zahlen dürften der Wirklichkeit am nächsten kommen. Die in älteren Darstellungen mit 20.000 Mann angegeben Verluste sind demgegenüber zu niedrig angesetzt, da sie auf der Annahme beruhen, die Gesamtausgangsstärke der sächsischen Armee für den Russlandfeldzug habe bei nur 21.000-26.000 Mann gelegen.215 Wie Gülich jedoch nachgewiesen hat, lag die Gesamtausgangsstärke bei etwa 27.000 Soldaten. Dazu kamen noch Verstärkungen in Form von Personalersatz.216 Insgesamt nahmen folglich mindestens 28.000 sächsische Soldaten am Russlandfeldzug teil; nur ca. 5.000 von ihnen überlebten. Bereits auf dem Rückzug im Herbst 1812 verbreitete sich eine deutlich antifranzösische Stimmung in der sächsischen Armee. Die Soldaten begannen, die französische Führung nicht nur für die Niederlage in Russland verantwortlich zu machen, sondern auch für den schlechten Zustand der Truppe. Sousleutnant Karl von Wolf vom Kavallerieregiment „Prinz Johann“ schrieb bereits am 10. Oktober 1812 in sein Tagebuch, die geringe Fürsorge und Unfähigkeit des Führers der leichten Kavalleriebrigade des IX. Armeekorps, General François Louis Fournier-Sarlovèse, hätten 213

214 215

216

SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 2, Bl. 101, Nachtrag zum 10.3.1813. Diese Bemerkungen sind in der veröffentlichten Fassung des Tagebuchs (Larisch, Oberst von Larisch) nicht wiedergegeben. Vgl. zur Verehrung Reyniers auch die Bemerkungen in Funck, Erinnerungen aus dem Feldzuge, S. VI (Einleitung) u. S. 96 sowie Holtzendorff, Berichtigung der Schrift, S. 8 f., 19 u. 30 f. Kritische Bemerkungen zu Reynier finden sich dagegen in: Zezschwitz, Mittheilungen, S. 175 f.; Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 214 f. u. 221; Brabant, In Russland und in Sachsen, z. B. S. 28-33 u. 44 f. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 220. Vgl. z. B. Hauthal, Geschichte der sächsischen Armee, S. 21; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 103; Block, Sachsen im Zeitalter der Völkerschlacht, S. 57; Kleßmann, Napoleons Rußlandfeldzug, S. 29; Fellmann, Sachsens Könige, S. 32; Buder, Die Kgl. Sächs. Armee, S. 44. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 191 f., 204, 206 u. 216. Zum Personalersatz vgl. auch Larisch, Oberst von Larisch, S. 65.

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den Keim zur Zerrüttung der Truppen gelegt. Seine rücksichtslose Art habe ihn bei den sächsischen Soldaten bald verhasst gemacht.217 Einige Einträge in Wolfs Tagebuch sind offensichtlich erst aus der späteren Rückschau verfasst oder ergänzt worden – so auch eine Passage, die sich sich unter dem 17. November 1812 findet. Darin heißt es, General Fournier-Sarlovèse habe alles getan, um die Truppen „durch unnötige Plackereien vollends der Auflösung näher zu bringen“, anstatt sie zu schonen und zweckmäßig einzusetzen: „Auch die gemeinen Soldaten waren gegen den fremden Führer wie gegen alle Franzosen aufgebracht. Diese, nicht die Deutschen, sengten und brannten, und selten verging ein Tag, wo die von ihnen verlassenen Biwaks nicht in Flammen aufloderten.“218 Wie bereits weiter oben angesprochen wurde, verhielten sich die sächsischen Soldaten gegenüber der polnischen und russischen Zivilbevölkerung in Wirklichkeit nicht rücksichtsvoller als ihre französischen Kameraden. Die nachträgliche Verzerrung, die aus Wolfs Zeilen spricht, ist jedoch typisch für die Sicht auf die Franzosen, die sich bereits Ende 1812 unter den sächsischen Soldaten durchzusetzen begann. Hatten die Soldaten in den siegreichen Feldzügen allenthalben lobenswerte Eigenschaften ihrer französischen Waffenbrüder wie Tapferkeit und Organisationstalent hervorgehoben, setzte sich mit der sich abzeichnenden Niederlage eine größtenteils negative Sichtweise durch. Nunmehr hatte jeder etwas auszusetzen: Premierleutnant Meerheim schrieb über die französischen Verwaltungsbehörden, sie seien an dem Verpflegungsmangel schuld gewesen, der bereits im Frühjahr 1812 in Polen geherrscht habe: In „schändlich betrügerischem Gelüste“ seien sie bemüht gewesen, „die bedrückten Einwohner vampirgleich auszupressen, nicht zur Beförderung des Wohles der darbenden Armee, sondern um sich selbst zu bereichern.“219 Bereits nach dem Einmarsch in Moskau sei zudem die Kameradschaft zwischen den sächsischen und französischen Truppen einer deutlichen Parteilichkeit gewichen: Überall hätten sich die französischen Garden als Herren der noch in Moskau übrig gebliebenen Vorräte gefühlt. Die sächsischen Soldaten hätten von ihnen nur durch Bezahlung oder Gewalt etwas erlangen können.220 Sousleutnant Röder von Bomsdorff kritisierte demgegenüber die Vernachlässigung des Lazarettwesens; er schrieb, vor dem Anblick dessen, 217 218 219 220

Wolf, Der Feldzug, Jg. 5, 1905/06, H. 7, S. 166 f.; vgl. dazu H. 9, S. 215 u. 219 sowie H. 10, S. 312 f. u. 319. Ebd., H. 10, S. 312 f. Meerheim, Erlebnisse eines Veteranen, S. 11. Ebd., S. 125.

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was die Franzosen Lazarette nennen würden, müsste selbst der gefühlloseste Mensch zurückschaudern.221 Sousleutnant von Burkersroda behauptete in seinen Erinnerungen, General Horace François Bastien Sébastiani, der die Reste des III. und IV. Kavalleriekorps führte, habe sich nicht um seine Soldaten gekümmert.222 In Smolensk hätten die Angehörigen der französischen Garde auf dem Rückzug die Vorräte vernichtet, obwohl vor der Stadt hungernde Soldaten gelegen hätten. Um Brennholz sei es sogar zu Schlägereien gekommen. Als sächsische Offiziere im Dezember 1812 in einer Ortschaft ihr Quartier nicht für französische Gardesoldaten räumen wollten, hätten die Franzosen die Unterkunft kurzerhand angezündet, wobei die sächsischen Soldaten beinahe verbrannt wären.223 Besonderen Anstoß nahmen die Soldaten an der Division des französischen Generals Pierre François Joseph Durutte, die ab Herbst 1812 mit den sächsischen Verbänden zusammen kämpfte. Diese Division setzte sich aus Strafregimentern zusammen224, deren Disziplin anscheinend äußerst schlecht war. Ferdinand von Funck schrieb von einer „Räuberbande“ und vom „Auswurf der französischen Armee“, der überall geplündert, gebrandschatzt und vergewaltigt habe. Zwischen den Angehörigen der Division Durutte und den sächsischen Soldaten sei es ständig zu Konflikten und tätlichen Auseinandersetzungen gekommen.225 Sousleutnant von Wolffersdorff teilte Funcks Meinung. Für ihn stellte die „meist aus Kriegsgefangenen, Konskribierten, Ausreißern und Verbrechern“ bestehende Division Durutte eine „wenig beliebte Musterkarte aller europäischen Nationen“ dar.226 Diese teils tatsächlich vorhandenen, teils erst durch nachträgliche Verzerrung wahrgenommenen Konflikte zwischen den sächsischen und französischen Soldaten wurden durch die ausbleibenden Erfolge und die mangelnde Anerkennung seitens der französischen Führung weiter verschärft. Das geht sehr eindrucksvoll aus dem Tagebuch des Sousleutnants Karl von Wolf hervor. Wie bereits erwähnt, findet sich in Wolfs Tagebuch unter dem 17. November 1812 der Eintrag, die Soldaten seiner Einheit 221 222 223 224 225

226

Röder von Bomsdorff, Mittheilungen, Bd. 2, S. 6 f. Burkersroda, Die Sachsen in Russland, S. 50. Burkersroda hat ihn fälschlich „General Bastiani“ genannt. Ebd., S. 37 u. 63 f. Bleibtreu, Ein Lied, S. 29. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 167-173; vgl. dazu (bestätigend) Holtzendorff, Berichtigung der Schrift, S. 99 f. u. Die Teilnahme des sächsischen Heeres am Feldzuge gegen Rußland, S. 29-31. Baumgarten-Crusius, Die Sachsen, S. 170.

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seien gegen alle Franzosen aufgebracht. Einige Tage später trat diese Abneigung jedoch in den Hintergrund: Am 25. November verbreitete sich unter den Soldaten die Nachricht, Napoleon komme zu einer Revue. Daraufhin bereiteten sich die Männer voller Eifer auf die Truppenbesichtigung vor, um trotz der widrigen Umstände vorteilhaft zu erscheinen: „Die angesagte Revue erschien vielen Offizieren sehr erwünscht, da sie hoffen durften, dem Regiment als Belohnung geleisteter Dienste durch die Freigiebigkeit des Kaisers mehrere Kreuze der Ehrenlegion zu verschaffen, und es verlautete sogar, dass eine Liste der zu Empfehlenden vorbereitet sei.“227 Die Truppenschau fand jedoch nicht statt, und am nächsten Tag notierte Wolf erneut in sein Tagebuch, dass in seinem Regiment eine allgemeine Erbitterung gegen die Franzosen herrsche.228 Als die ersten verwundeten und kranken Soldaten im Februar 1813 sächsischen Boden erreichten, zeigte sich deutlich, dass die einseitig antifranzösische Wahrnehmung des Russlandfeldzugs bereits weit verbreitet war. Der Görlitzer Lehrer Flössel berichtet in seinen Erinnerungen: „Das Elend dieser Leute war unbeschreiblich, die Verwünschungen gegen den letzten Feldzug, wo die deutschen Truppen besonders schlecht von den französischen behandelt wurden, sehr laut und heftig.“229

3.5. Mit Napoleon in die Niederlage – 1813 Am 10. März 1813 schrieb der Hof- und Justizrat Ludwig Christoph von Burgsdorff dem Minister Senfft, das Verhältnis zwischen dem sächsischen und dem französischen Militär sei äußerst schlecht. Burgsdorff legte seinem Schreiben einen Brief des Oberamtshauptmanns von Kiesenwetter aus Bautzen bei. Kiesenwetter berichtete darin, sächsische Soldaten würden die Franzosen beschimpfen und sogar verprügeln. Burgsdorff vermerkte dazu: „[W]as Herr von Kiesenwetter aus Budissin [Bautzen] schreibt, bestätigt sich auch hier täglich. Auch mögen die Unterhaltungen der hiesigen Einwohner mit den Sachsen geeignet sein, diesen Hass noch mehr anzufachen.“230 Um den Groll weiter anzuschüren, bedurfte es jedoch nicht erst der Unterhaltungen zwischen der Zivilbevölkerung und den sächsischen 227 228 229 230

Wolf, Der Feldzug, Jg. 5, 1905/06, H. 10, S. 320. Ebd., S. 323. Flössel, Erinnerungen, S. 10. HStA Dresden, Geheime Polizei, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087, unpag. Dass französische Soldaten von Sachsen beleidigt wurden, bestätigt Dressler von Scharfenstein, Darstellung der Begebenheiten in Torgau, S. 16 f.

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Soldaten und den dabei laut werdenden Klagen der Einwohner über die „Franzosen“. Die Soldaten konnten sich bald selbst davon überzeugen, wie rücksichtslos ihre Verbündeten in Sachsen gegenüber der Bevölkerung vorgingen. Hatten die sächsischen Soldaten ein derartiges Verhalten in Österreich, Polen und Russland oftmals toleriert und sich z. T. selbst an Ausschreitungen beteiligt, handelte es sich nun um die eigene Heimat, um Landsleute und Angehörige. Generalleutnant von Thielmann, der Kommandant der Festung Torgau, beschwerte sich am 12. März 1813 in einem Brief an den Marschall Davout über die schlechte Disziplin der französischen Soldaten, die sich nachteilig auf den Geist der Nation („l’esprit de la nation“) auswirke.231 In einer Meldung an den König stellte Thielmann dem tadelnswerten Verhalten der verbündeten Franzosen das gute Betragen des Feindes gegenüber. Er schrieb, die schlechte Disziplin der Franzosen habe einen sichtbaren Einfluss auf die Stimmung der Bevölkerung; es glimme ein Feuer unter der Asche, das zwar leicht zu unterdrücken sei, das aber ebenso nur der geringsten Veranlassung bedürfe, um in eine helle Flamme auszubrechen. Dazu könnte das gute Betragen des Feindes das meiste beitragen.232 Die zahllosen Ausschreitungen empörten nicht nur jene Soldaten, die bereits voreingenommen aus dem Russlandfeldzug heimkehrten, sondern auch solche, die immer noch zu den Anhängern der Franzosen gehörten, wie z. B. Ferdinand von Funck. Dieser wurde selbst mehrfach Zeuge von Plünderungen durch französische Soldaten, u. a. in Weißig bei Dresden.233 Über eine Reise von Dresden nach Bautzen Ende Mai 1813 schrieb er in seinen Erinnerungen: „Die Stadt [Bautzen] hatte an Gebäuden nicht gelitten, aber fürchterlich war die Verwüstung der Gegend. Sie begann schon hinter dem Weißen Hirsch. In keinem Dorfe war mehr ein Mensch oder etwas Lebendiges zu sehen; alle Türen, alle Fenster eingeschlagen, aller Hausrat lag zerbrochen umher, die aufgeschlagenen Kisten standen in den Höfen, Federn zerrissener Betten flogen umher. Kein Halm Heu oder Stroh war übrig. Das unglückliche, einst so wohlhabende Städtchen Bischofswerda mit Kirchen und Türmen von Grund aus abgebrannt; drei Häuser, außerhalb der Stadt gelegen und verlassen und natürlich rein ausgeplündert, waren stehen geblieben. Fragte man einen Einwohner, dem man im Walde begegnete, wer gebrannt und geplündert hätte, so schob er es auf beide Teile, doch war mit Recht der

231 232 233

Der Brief ist wiedergegeben in: Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 219 f. Ebd., S. 91 f. Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 294.

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Unwillen gegen die Franzosen größer, weil sie als Freunde sich die fürchterlichsten Ausschweifungen erlaubt hatten.“234 * Die Stimmung in der sächsischen Armee passte sich im Frühjahr 1813 an die Stimmung der Zivilbevölkerung an: Ein großer Teil der Soldaten empfand Abneigung gegen die Franzosen und wünschte ein Ende des Bündnisses. Nur noch wenige bekannten sich zu ihrer früheren Verehrung des französischen Kaisers und seiner Armee. Der Chef des sächsischen Generalstabs, Generalleutnant von Gersdorff, schrieb am 21. März 1813, außer König Friedrich August I. seien nur noch Generalmajor Heinrich Adolph von Gablenz, Generalleutnant Heinrich Wilhelm von Zeschau und er selbst (Gersdorff) Freunde Napoleons. Alle anderen seien gegen den Kaiser.235 Auf den Konflikt zwischen Hass auf die Franzosen und Treue zum König wurde bereits bei der Beschreibung der Stimmung der Zivilbevölkerung im Jahre 1813 hingewiesen (Kapitel 2.9.). Auch im sächsischen Militär zeigte sich dieses Dilemma sehr deutlich. Die bekannteste und am häufigsten beschriebene Szene, die diesen Konflikt veranschaulicht, ereignete sich auf der Festung Torgau am 27. April 1813. Der Festungskommandant, Generalleutnant von Thielmann, hatte an diesem Tag Geburtstag und seine Offiziere veranstalteten für ihn ein Festessen. Dazu erschienen die Stabsoffiziere, die Adjutanten und von jedem Bataillon der jeweils dienstälteste Offizier jedes Ranges.236 Thielmann hatte sich in den vorangegangenen Wochen über den Befehl des Königs hinweggesetzt, die Festung Torgau streng neutral zu halten. Er hatte Kontakt mit den Preußen und Russen aufgenommen, preußische Offiziere in Torgau empfangen und die Verbündeten durch die Überlassung zweier Fähren und eines Plans von Wittenberg bei der Belagerung Wittenbergs unterstützt.237 Thielmann war offensichtlich fest davon überzeugt, dass sich Friedrich August I. in Kürze den Verbündeten anschließen würde. 234

235 236 237

Ebd., S. 287; vgl. auch S. 255 f., 278, 281 f., 294, 299 u. 308. Ähnliche Klagen finden sich auch in anderen Erinnerungsschriften sächsischer Soldaten, vgl. z. B. Buhle, Erinnerungen, S. 91 u. Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 31 f., 41, 86, 207 u. 224-226. Germiny, Frédéric-Auguste, Bd. 40, S. 215, Anm. 2. Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 205-207. Oberreit, Beitrag zur Biographie, S. 11 u. 23; Holtzendorff, Beiträge zu der Biographie, S. 108; Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, S. 162.

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Zu seinem Geburtstagsessen erschien Thielmann nun ohne seine französischen und westfälischen Auszeichnungen, sagte sich in seinen Trinksprüchen von Frankreich los und versuchte, seine Offiziere in diesem Sinne zu beeinflussen. Generalmajor Carl Ludwig Sahrer von Sahr, der Kommandeur einer Infanteriebrigade, fiel Thielmann mit der Bemerkung ins Wort, dass einzig der Wille des Königs für das Verhalten des Militärs ausschlaggebend sei. Das Fest endete mit einem Eklat: Ein Teil der Offiziere unterstützte den Standpunkt des Generals Sahrer von Sahr und war nicht bereit, gegen den Willen des Königs für die Verbündeten Partei zu ergreifen.238 Andere Offiziere, wie der Kommandeur des leichten Infanterieregiments „Sahrer von Sahr“, Oberst Karl August von Bose, empfanden die Situation als peinlich und versuchten, den Streit zu schlichten – allerdings vergeblich.239 Bose notierte wenig später in sein Tagebuch: „Ich ging nach beendigtem Dinée [sic!] nach Haus und jammerte im Stillen über die traurige Lage, in welcher sich meine Waffenbrüder mit mir befinden.“240 Am folgenden Tag übergab Sahrer von Sahr Thielmann ein Rechtfertigungsschreiben, in dem er seine Haltung folgendermaßen darstellte: „Nie habe ich für die Franzosen gern und aus freiem Willen gefochten, ich wünsche wie jeder Deutsche, dass es nie wieder geschehen möge, und, dass ich vielmehr, mit meines Königs Befehl, die Waffen gegen sie führen könnte. Sollte aber unser König anders befehlen, so werde ich treu denen Pflichten gegen meinen Herrn, auch mit Frankreich als für die Sache meines Königs fechten.“241 Diese Erklärung ließ Sahrer von Sahr auch unter den Offizieren der Festung Torgau verbreiten.242 Ob der General tatsächlich nie gern und aus freiem Willen für die Franzosen gefochten hatte, muss dahingestellt bleiben. Immerhin hatte ihn Napoleon im Dezember 1812 zum Mitglied der Ehrenlegion ernannt.243 Wesentlich interessanter ist die Loyalität gegenüber dem König, die in seinen Zeilen zum Ausdruck kommt. In der Tat dachten die meis238

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240 241 242 243

Allerdings hatte auch Thielmann etliche Anhänger unter den Offizieren in Torgau. Das belegen die Aufzeichnungen des Kapitäns Franz von Dressler (ders., Darstellung der Begebenheiten in Torgau, S. 10, 12 u. 15); vgl. dazu auch HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 5. Tagebuch des Obersten von Bose, HStA Dresden, Ideen über die Verteidigung Dresdens 1808, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 91, unpag., Eintrag vom 27.4.1813. Ebd. Handschriftliche Erklärung Sahrer von Sahrs vom 28.4.1813, ebd. (Die Textstelle „mit meines Königs Befehl“ ist im Original unterstrichen.) Tagebuch des Obersten von Bose, ebd., Eintrag vom 28.4.1813; Larisch, Oberst von Larisch, S. 90, Tagebucheintrag vom 30.4.1813. Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 131.

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ten Offiziere ähnlich und hielten Friedrich August I. im Frühjahr 1813 trotz aller Abneigung gegen das Bündnis mit den Franzosen die Treue. So schrieb beispielsweise Premierleutnant Ferdinand Heinrich August von Larisch unter dem Eindruck des Brückentumults vom 10. März 1813 in Dresden in sein Tagebuch: „Denke ein jeder, was er wolle; es gehört nur Liebe zur Ordnung und Feindschaft gegen alle Unordnung dazu, um jenes Benehmen höchst sträflich zu finden. So lange der König von Sachsen seiner Verbindung getreu bleibt, wie er das laut bekennet, so bleibt nur eine Handlungsweise legitim; nimmt er ein entgegengesetztes Interesse an, so wird es in demselben Augenblicke die entgegengesetzte. Bis dahin aber bleibt die Handlung, den Offizier einer alliierten Armee ins Wasser werfen zu wollen, weil er bei einer streng militärischen Maßregel, wozu er kommandiert ist, seine Schuldigkeit tut, – unerhört und fast ohne Beispiel.“244 Allerdings wurde die Treue zum König durch dessen Verharren an Napoleons Seite auf eine harte Probe gestellt. Einige Offiziere quittierten nach der Rückkehr der Franzosen im Mai 1813 ihren Dienst und stellten sich den Verbündeten zur Verfügung.245 Dabei ist nicht immer klar, welches Motiv einem solchen Seitenwechsel tatsächlich zugrunde lag. Bei vielen wird der Hass auf die Franzosen ausschlaggebend gewesen sein. Allerdings gab es auch Offiziere, die in die Dienste der Verbündeten traten, weil sie vor allem an ihre Karriere dachten und auch künftig auf der Gewinnerseite stehen wollten. Dieser Beweggrund spielte bei Thielmann wohl die entscheidende Rolle.246 Dass für manche Offiziere eine erfolgreiche Laufbahn wichtiger war als die Bindung an den Landesherrn, belegen auch die Memoiren von Ferdinand von Funck. – Funck, der in Sachsen immerhin als einer der treuesten Anhänger Napoleons galt, behauptete in seinen Erinnerungen, er habe sich eine Zeit lang mit dem Gedanken getragen, in russische Dienste zu treten, da er glaubte, in Sachsen keine Anstellung mehr zu finden.247 * Am 3. Juni 1813 schrieb der Geheime Finanzrat Joseph Friedrich von Zezschwitz an den mittlerweile in österreichische Dienste getretenen 244 245 246 247

SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 2, Bl. 101. Nach preußischen Angaben sollen mehr als 80 Offiziere den sächsischen Dienst verlassen haben (Lange, Die öffentliche Meinung, S. 47). Vgl. dazu den kritischen Beitrag von Konrad Haebler (ders., Neue Beiträge, bes. S. 140-147). Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 230.

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ehemaligen sächsischen Außenminister, Graf Senfft von Pilsach: „Was die Militärangelegenheiten betrifft, so ist es unnötig, sich darüber zu verbreiten, welche Stimmung in der Armee die herrschende ist, mit welchem Widerwillen dieselbe dem Kampf gegen Preußen und Russen entgegengeht.“248 Diese schlechte Stimmung trat nach dem Ende des Waffenstillstands vom Sommer 1813 besonders deutlich zutage; sie kommt in den Aufzeichnungen vieler sächsischer Soldaten zum Ausdruck, wobei die Empörung über die Ausschreitungen der „Franzosen“ oft im Vordergrund steht.249 Kapitän Franz von Dressler vom Regiment „Leibgrenadiergarde“ berichtet in seinen Erinnerungen, dass die sächsischen Soldaten, die im Verband des VII. Armeekorps am Vorstoß in Richtung Berlin teilnahmen, unverhohlen äußerten, sie würden am liebsten zum Gegner überlaufen.250 Vor diesem Hintergrund scheint der von französischen Autoren immer wieder geäußerte Vorwurf, die sächsischen Soldaten hätten sich in den Schlachten von Großbeeren (23. August 1813) und Dennewitz (6. September 1813) nicht besonders hartnäckig geschlagen, zumindest teilweise berechtigt zu sein.251 Diese Kritik wurde von sächsischen Memoirenschreibern und Historikern zwar stets vehement zurückgewiesen und die Tapferkeit der Sachsen immer wieder hervorgehoben.252 Allerdings ist auffällig, dass sich in diesen Schlachten erstaunlich viele sächsische Soldaten gefangen nehmen ließen – verhältnismäßig weitaus mehr als Franzosen, deren Verluste an Gefallenen und Verwundeten (im Verhältnis) auch deutlich höher waren.253 Der von französischer Seite geäußerte Vorwurf genereller Feigheit ist zweifellos unangebracht, denn einige sächsische Einheiten kämpften bei Großbeeren und Dennewitz nachweislich sehr tapfer – 1.632 sächsische 248 249

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Zezschwitz, Mittheilungen, S. 276; vgl auch Welck, Auszüge aus den Papieren, S. 128. Vgl. z. B. Dressler von Scharfenstein, Bericht eines Augenzeugen, S. 8 f.; ders., Tagebuch meiner Reise, S. 12-15 u. 21 f.; Seyfert, Die Völkerschlacht, S. 206; ders., Der Übergang, S. 98 f.; Larisch, Oberst von Larisch, S. 121; Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 314 u. 364. Allerdings führten sich auch sächsische Soldaten im eigenen Land bisweilen schlecht auf, z. B. Anfang August 1813 in Bautzen (Wilcke, Bautzen, Nr. 15, S. 113; Arras, Kriegsdrangsale der Stadt Bautzen, S. 203). Dressler von Scharfenstein, Bericht eines Augenzeugen, S. 13. Vgl. zu dieser Diskussion die zwar sehr polemischen, jedoch völlig gegen den seinerzeit herrschenden nationalistischen Zeitgeist geschriebenen, bemerkenswerten Beiträge von Carl Bleibtreu (ders., Ein Lied, bes. S. 28-33). Vgl. z. B. Cerrini, Die Feldzüge, S. 218-233 u. 254-266; Odeleben, Sachsen und seine Krieger, S. 151-158 u. 172-180; Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 192-196 u. 204-207. Bleibtreu, Ein Lied, S. 29-31; vgl. dazu auch Smith, The Greenhill Napoleonic Wars Data Book, S. 440 f. u. 450 f.

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Soldaten wurden in den beiden Schlachten getötet oder verwundet.254 Allerdings kann wohl auch keine Rede davon sein, dass erst die Kritik des Marschalls Ney an den sächsischen Divisionen nach der Niederlage bei Dennewitz „das letzte Band, durch welches die Sachsen sich noch an Napoleons Schicksal gebunden glaubten“, zerrissen habe.255 In Wirklichkeit war die Stimmung innerhalb der sächsischen Armee schon vor der Veröffentlichung von Neys Bericht äußerst schlecht. Premierleutnant von Larisch hat folgende – bezeichnende – Begebenheit festgehalten, die sich unmittelbar nach der Schlacht von Dennewitz zutrug: „Betrübend war die Erscheinung, einen übrigens braven, höheren Offizier, Major von T., in übertriebenem Eifer für das Deutschtum laut seine Freude über den Sieg des Feindes ausdrücken zu hören.“256 Zwar sank die Moral in der sächsischen Armee letztendlich erst im September und Oktober 1813 auf ihren Tiefpunkt; nunmehr häuften sich Krankmeldungen und Desertionen.257 Die Ursache dafür lag aber sicherlich nicht in der „Entrüstung der Sachsen über die Beschuldigung Neys“.258 Der Schlachtbericht des Marschalls Ney, der den sächsischen Truppen die Schuld an der Niederlage bei Dennewitz zuschrieb, erschien erst am 29. September 1813 in der Leipziger Zeitung.259 Viele sächsische Soldaten werden den Bericht damals gar nicht zur Kenntnis genommen haben. Der wahre Grund ist vor allem darin zu suchen, dass die in rascher Folge verlorenen Schlachten bei Großbeeren und Dennewitz die militärisch-strategische Lage Napoleons drastisch verschlechterten; der weitere Kampf für die mittlerweile ohnehin unbeliebten Franzosen erschien nun immer sinnloser. Die allgemeine Kriegsmüdigkeit und schlechte Moral angesichts der ausweglosen militärischen Situation kommt recht deutlich in den Aufzeichnungen des Sousleutnants Vollborn vom Infanterieregiment „Prinz Clemens“ zum Ausdruck: Im September 1813, so Vollborn, 254 255

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Bleibtreu, Ein Lied, S. 29 f. u. 33. So Funck, Erinnerungen aus dem Feldzuge, S. 214; vgl. auch Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 229 u. 315 f. Zu Neys Bericht mit der Kritik an den Sachsen vgl. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 65 f. u. Bleibtreu, Ein Lied, S. 45 f. Larisch, Oberst von Larisch, S. 115. Hierbei handelt es sich um eine der von Larisch nachträglich ergänzten Passagen, die sich nicht im Originaltagebuch (SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3) finden. Vgl. z. B. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 16; HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 50 f.; SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 409; Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 316. So Lange, Die öffentliche Meinung, S. 65. Leipziger Zeitung, Nr. 187, 29.9.1813, S. 2030 f.

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sei den Soldaten klar geworden, „dass sich [..] mit Riesenschritten alles dem Untergange näherte. Witterung, fortwährendes Hin- und Hermarschieren von Torgau bis Dessau, um das linke Elbufer zu verteidigen; Mangel an Brot, übrigen Lebensmitteln u. Schuhwerk; stete Abnahme der Streitkräfte diesseits, fortwährender Zudrang zu den Waffen jenseits; hierseits, ausgesogene Provinzen u. abgetragene, ruinierte Ortschaften, die Kartoffelfelder umgewühlt u. verdorben; jenseitig, ziemlich geregelte Verpflegung u. geschonte Provinzen im Rücken; in unserm Rücken Waffenunglück und Unzufriedenheit; kurz alles verband sich zu unserm Unglück u. wies auf eine baldige Auflösung des Ganzen.“260 Marschall Ney schätzte die Situation sehr realistisch ein, als er am 10. September 1813 an den französischen Generalstabschef schrieb, der Geist der sächsischen Armee sei äußerst schlecht und es sei nicht zu bezweifeln, dass die sächsischen Truppen bei der ersten Gelegenheit ihre Waffen gegen die Franzosen kehren würden.261 Zwei Wochen später bewahrheitete sich Neys Voraussage: In der Nacht vom 22. zum 23. September 1813 lief Major Heinrich von Bünau vom Infanterieregiment „König“ mitsamt seinem Bataillon zu den Verbündeten über. Es handelte sich neben dem Kommandeur um 8 Offiziere und 360 Unteroffiziere und Mannschaften. Das Bataillon befand sich in dieser Nacht auf Vorposten und seine Desertion riss eine Lücke in die sächsischen Linien.262 Die Folge davon war, dass eine ahnungslose Reiterabteilung von 50 Mann, die zur Aufklärung eingesetzt war, von Kosaken überrascht und gefangen genommen wurde.263 Der sächsische Artillerie-Premierleutnant August Kummer berichtet in seinen Erinnerungen, dass die Fahnenflucht Bünaus und seines Bataillons einen verschiedenartigen Eindruck auf die übrigen sächsischen Soldaten gemacht habe. Der größte Teil habe diese Handlung als „infamen Verrat“ betrachtet, denn dadurch sei das sächsische Lager beinahe die ganze Nacht bloßgestellt und einem möglichen gegnerischen Überfall preisgegeben gewesen. Einige Soldaten wären jedoch gern Bünaus Beispiel gefolgt, „da wir allerdings große Ursache hatten, mit der französischen Wirtschaft unzufrieden zu sein, weil die Franzosen sich in Sachsen betrugen, als wären sie in Feindesland.“264 Unmittelbar nach der Fahnenflucht Bünaus versammelte der Kommandeur der noch übrigen mobilen sächsischen Truppen, Generalleutnant 260 261 262 263 264

HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 46 f. Sauzey, Les Allemands, Bd. 3, S. 217. Lange, Die öffentliche Meinung, S. 66 f. Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 206. Kummer, Erinnerungen, S. 24 f.

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von Zeschau, seine Offiziere und ließ sich von ihnen noch einmal durch Handschlag die Treue zum König geloben.265 Einige Tage später wurde auf Befehl des sächsischen Königs ein Kriegsgericht eingesetzt, das den Major von Bünau und die Deserteure seines Bataillons für vogelfrei erklärte und ihr Vermögen einziehen ließ.266 Dabei entbehrt es im Nachhinein nicht einer gewissen Ironie, dass der Vorsitzende des Gerichts ausgerechnet ein Offizier war, der zwei Wochen danach selbst seine Infanteriebrigade zu den Verbündeten überführte und später in preußische Dienste trat: Oberst Friedrich August Wilhelm von Brause.267 Die Desertion Bünaus veranlasste Friedrich August I. auch zu einem Aufruf an seine Soldaten.268 Diese Proklamation verdeutlicht, dass dem König die schlechte Stimmung in der Armee längst bekannt war. „In dem letzten Jahre“, heißt es darin, „habe ich inzwischen Erfahrungen gemacht, die mein Herz mit dem bittersten Kummer erfüllen müssen. Einzelne sind wider meinen Willen und ohne meine Erlaubnis aus der Armee getreten, ja nur neuerlich hat der Major von Bünau mit seinem Bataillon den ihm anvertrauten Posten verlassen, und seine Untergebenen zum Feinde übergeführt.“ Friedrich August erinnerte seine Soldaten noch einmal an ihren Treueid und forderte sie auf, fest zu ihrem König und zu ihrer Fahne zu stehen. Bemerkenswert erscheint, dass in dem Aufruf vom Bündnis mit den Franzosen keine Rede ist. Stattdessen berücksichtigte der König, dass seine Soldaten durch die fortdauernde Allianz mit Napoleon offensichtlich zunehmend in Gewissensnöte gerieten. Anders lässt sich folgender Satz kaum erklären: „Ein strenges Pflichtgefühl wird euch über alles erheben, was euch in Erfüllung eurer Schuldigkeit je wanken machen könnte.“ Und in einem beinahe bittenden Ton heißt es weiter: „Ich rechne auf euch, ich hoffe, dass ihr die spätern Jahre eures Landesherrn nicht trüben werdet.“ *

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Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau, S. 47; Larisch, Oberst von Larisch, S. 117; vgl. dazu auch HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 46. Holtzendorff, Geschichte der königlich sächsischen leichten Infanterie, S. 143, Anm. Bünau trat 1815 in preußische Dienste (Barthold/Verlohren, Stammregister, S. 163). Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 168 f. Proklamation vom 26.9.1813, Original in: SLUB, H.univ.B.80.f, Proclamationen 18121813, misc. 120. Bei Poppe (ders., Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 158 f.) ist dieser Aufruf leider fehlerhaft wiedergegeben.

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Marschall Ney nahm die Fahnenflucht Bünaus zum Anlass, den französischen Generalstabschef Berthier noch einmal auf die schlechte Stimmung unter den sächsischen Truppen hinzuweisen. Am 24. September 1813 schrieb er, ein äußerst schlechter Geist („le plus mauvais esprit“) herrsche sowohl unter den sächsischen Offizieren als auch unter den einfachen Soldaten, seitdem bekannt sei, dass der Kronprinz von Schweden, Marschall Bernadotte, aus sächsischen Deserteuren und Kriegsgefangenen eine Legion zum Kampf gegen Napoleon aufstelle.269 Die letztere Bemerkung nahm Bezug auf eine Propagandakampagne, die die Verbündeten nach dem Ende des Waffenstillstands starteten und bei der auch die vermeintliche Errichtung einer antifranzösischen „sächsischen Legion“ eine Rolle spielte. Bereits im Frühjahr 1813 hatten Russen und Preußen versucht, die Sachsen für den Kampf gegen Napoleon zu gewinnen. Im September 1813 erneuerten sie diese Versuche. Nunmehr schlossen sich sowohl der ehemalige französische Marschall Bernadotte, der mittlerweile gegen Napoleon kämpfte, als auch sächsische Überläufer diesen Bemühungen an. Am 6. September, unmittelbar nach der Schlacht bei Dennewitz, richteten die Preußen einen Aufruf an die sächsischen Soldaten, in dem diese zum Kampf „für Deutschlands Wohlfahrt“ aufgefordert wurden.270 Am folgenden Tag forderte der preußische General Friedrich Wilhelm von Bülow die bei Dennewitz in Gefangenschaft geratenen sächsischen Offiziere auf, in das Heer der Verbündeten einzutreten.271 Am 8. September folgte eine weitere Proklamation, diesmal von dem mittlerweile in russische Dienste getretenen ehemaligen sächsischen General von Thielmann. Darin wurden die Einwohner Sachsens aufgerufen, die russischen und mit ihnen verbündeten Soldaten als Freunde zu empfangen.272 Am 10. September erließ Bernadotte als Kronprinz Karl Johann von Schweden eine Bekanntmachung, in der er den Sachsen verkündete, der Kampf seiner Armee diene der Wiederherstellung des gestörten Wohlstands Sachsens und der Selbständigkeit Deutschlands.273 Am 25. September richtete General von Bülow ein Schreiben an den sächsischen General von Zeschau und forderte ihn auf, mit seinen Truppen zu den Preußen überzu269 270 271 272 273

Sauzey, Les Allemands, Bd. 3, S. 219. Der Aufruf ist wiedergegeben in: Lange, Die öffentliche Meinung, S. 63-65. Ebd., S. 63. Die Proklamation ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 150 f. Die Bekanntmachung ist wiedergegeben ebd., S. 151 f.

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laufen.274 Und am 28. September erließ der fünf Tage zuvor mit seinem Bataillon desertierte Major von Bünau einen Aufruf an diejenigen sächsischen Soldaten, die seit der Schlacht bei Dennewitz versprengt worden waren oder Fahnenflucht begangen hatten und sich nun in den Wäldern versteckten. Bünau forderte sie auf, in die „sächsische Legion“ einzutreten, die unter dem Schutz des Kronprinzen von Schweden gebildet worden sei.275 Wie solche Proklamationen die sächsischen Truppen erreichten, geht aus den Aufzeichnungen des Sousleutnants Friedrich Vollborn vom Infanterieregiment „Prinz Clemens“ hervor: „Die feindlichen Vorposten standen jenseits der Elbe, hatten einige Infanteristen übergesetzt und ein Paket gedruckter Proklamationen an die sächsischen Truppen auf das diesseitige Ufer der Elbe niedergelegt. Wir wurden zum Abfalle von der französischen Armee und zum Bündnisse mit den Alliierten darinnen aufgefordert.“276 Der sächsische König war über die Propaganda der Verbündeten immerhin so beunruhigt, dass er am 27. September 1813 einen Aufruf an seine Untertanen erließ und sie aufforderte, sich nicht von den Proklamationen der feindlichen Befehlshaber irreleiten zu lassen.277 Demgegenüber lässt sich schwer abschätzen, welche Wirkung die Aufrufe der Verbündeten bei den sächsischen Soldaten erzielten. Die Moral unter den noch übrigen Truppen war ohnehin so schlecht und die Stimmung so antifranzösisch, dass es kaum der Proklamationen bedurfte, um die Soldaten zu überzeugen, dass sie auf der falschen Seite stünden. Sowohl einfache Soldaten als auch Offiziere des sächsischen Truppenkorps äußerten in den Tagen vor der Völkerschlacht bei Leipzig ganz offen, dass sie bei der erstbesten Gelegenheit zum Feind übergehen würden.278 Diese Gelegenheit sahen einige Offiziere ausgerechnet dann gekommen, als die Völkerschlacht bei Leipzig schon mehrere Tage tobte und der Sieg sich den vereinigten österreichischen, preußischen, russischen und schwedischen Truppen zuneigte: Am 18. Oktober 1813 gingen mehrere sächsische Kommandeure zu den Verbündeten über – und mit ihnen ein 274 275 276 277 278

Lange, Die öffentliche Meinung, S. 70 f. Der Aufruf ist wiedergegeben ebd., S. 67 f. HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 45. Der Aufruf ist wiedergegeben in: Poppe, Chronologische Uebersicht, Bd. 2, S. 159 f. SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc.Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 409; HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 83; Brabant, In Russland und in Sachsen, S. 328 u. 331; vgl. ferner auch Pögner, Tagebuch, H. 44, S. 178.

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großer Teil der noch übrigen sächsischen Truppen. Dies hat auf französischer Seite verständlicherweise erhebliche Erbitterung hervorgerufen. Auf sächsischer Seite wurde das Ereignis teils aus Rechtfertigungszwang, teils vor dem Hintergrund der späteren deutsch-nationalen Geschichtsschreibung so verklärt, dass es heute nur noch schwer möglich ist, die genauen Umstände dieser Fahnenflucht zu rekonstruieren. Die Widersprüchlichkeiten beginnen schon bei der unmittelbaren Vorgeschichte: Am 9. Oktober 1813 versammelte Napoleon bei Eilenburg das VII. Armeekorps und hielt eine kurze Ansprache, die besonders an die sächsischen Soldaten dieses Korps gerichtet war.279 Der Kaiser behauptete, er habe keinen Frieden geschlossen, weil der Gegner verlangt habe, seine Grenzen bis an die Elbe ausdehnen zu können. Der sächsische König habe Napoleon seine Armee zur Verfügung gestellt, und wer seinem König nicht treu sein wolle, solle gehen. Die Rede wurde vom Adjutanten Napoleons, General Armand de Caulaincourt, simultan übersetzt, allerdings in gebrochenem Deutsch und z. T. sinnwidrig.280 Damit enden jedoch die Übereinstimmungen in den sächsischen Quellen. Bereits über die Reaktion der sächsischen Soldaten auf die Ansprache Napoleons finden sich widersprüchliche Aussagen. Laut Darstellung vieler Autoren sei es zum Eklat gekommen, weil die sächsischen Soldaten dem Kaiser den obligatorischen Gruß in Form des Zurufs „Es lebe der Kaiser!“ („Vive l’Empereur!“) verweigert hätten, was dessen Unmut erregt habe.281 Diese Aussage findet sich auch im Tagebuch des Premierleutnants von Larisch – allerdings nur in der später ergänzten und veröffentlichten Version, nicht im Original.282 Napoleons sächsischer Begleitoffizier, Oberstleutnant Otto von Odeleben, berichtet in seinen Erinnerungen zwar, dass die Ansprache Napoleons keine Wirkung gehabt und sich stattdessen der Unmut auf den Gesichtern vieler Soldaten gezeigt habe. Die Verweigerung des Grußes 279 280

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Die anscheinend authentischste Version der Ansprache ist wiedergegeben in: Holtzendorff, Geschichte der königlich sächsischen leichten Infanterie, Beilage 27, S. 347. Vgl. dazu beispielsweise SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 53; HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 52; Kummer, Erinnerungen, S. 25 f. So z. B. HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 76; Sporschil, Geschichte der Völkerschlacht, S. 137, Anm.; Buhle, Erinnerungen, S. 98; Naumann, Zum 19. October 1864, S. 12; Dittrich, Die sächsischen Truppen, S. 5; Seyfert, Die Völkerschlacht, S. 205; Körner, Sachsen im Jahre der Völkerschlacht, [S. 2]. Vgl. Larisch, Oberst von Larisch, S. 120 u. SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 52, Eintrag vom 9.10.1813.

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hat Odeleben aber nicht erwähnt.283 Auch in den Aufzeichnungen der beiden Artillerie-Offiziere Friedrich Gottlieb Probsthayn und August Kummer findet sich keine Bemerkung über den vermeintlichen Eklat.284 In den Erinnerungen des Sousleutnants Vollborn heißt es sogar: „Nach Beendigung dieser Anrede erscholl ein weithin tönendes Vive l’Empereur, wobei die gezogenen Säbel – denn so standen wir vor dem Kaiser – geschwungen wurden.“285 Von der angeblichen Verweigerung des Grußes durch die sächsischen Soldaten ist auch bei Vollborn keine Rede. Laut dem Tagebuch des damaligen Stabskapitäns Gustav von Nostitz brachten die sächsischen Soldaten dem französischen Kaiser nach seiner Ansprache zwar den obligatorischen Gruß, allerdings erst auf Bitten der Offiziere und mit ironischem Gemurmel.286 Nach einer weiteren Version war es sogar General Reynier, der Kommandeur des VII. Armeekorps selbst, der die sächsischen Soldaten durch einen Stabsoffizier „beschwören“ ließ, Napoleon ein Lebehoch zu bringen, das indessen schwach ausgefallen sei.287 Offensichtlich handelt es sich bei der angeblichen Verweigerung des Grußes um eine nachträgliche Konstruktion der Memoiren- und Geschichtsschreiber. Denn ganz gleich, wie schlecht die Moral und wie groß die antifranzösische Stimmung unter den sächsischen Soldaten auch gewesen sein mag – ein offener Eklat, wie er in vielen sächsischen Darstellungen beschrieben wird, ist kaum vorstellbar. Carl Bleibtreu hat zu Recht darauf verwiesen, dass Napoleon in einem solchen Fall die sächsischen Truppen wohl nicht mehr in die vorderste Linie gestellt hätte, wie er es einige Tage später tat.288 Noch verwirrender als die Aussagen zu Napoleons Ansprache sind die Darstellungen zum Übergang der sächsischen Truppen zu den Verbündeten am 18. Oktober 1813. Die Motive, die hierzu in den Memoiren und Geschichtswerken genannt werden, entspringen offenkundig fast durchweg nachträglicher Idealisierung. So heißt es in den Erinnerungen von August Kummer, die sächsischen Soldaten hätten mit diesem Schritt

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Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 321-323. HStA Dresden, Probsthayn, Tagebuch aus der Campagne, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 93, Bl. 9; Kummer, Erinnerungen, S. 25 f. HStA Dresden, Vollborn, Erlebtes, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83, Abschnitt D, S. 55. Walz, Sachsenland war abgebrannt, S. 155. Redlich, Clemens Franziscus Xaverius von Cerrini di Monte Varchi, S. 33. Bleibtreu, Ein Lied, S. 35.

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Sachsens Integrität und den sächsischen König retten wollen.289 In einer anderen Darstellung ist von Heimatliebe, nationalen Gefühlen und der Treue zum König, der als Gefangener Napoleons angesehen worden sei, die Rede.290 Johann Sporschil hat in seiner „Geschichte der Völkerschlacht bei Leipzig“ den Übergang der Sachsen sogar als Verdienst an Deutschland, an Sachsen und am König hingestellt. Jeder Einzelne habe sich damals zuerst als Deutscher und dann erst als Sachse gefühlt.291 Diese Aussage ist jedoch abwegig, und zwar nicht nur, weil der sächsische König damals fest zu Napoleon stand und sich somit ein Verdienst an Deutschland und ein Verdienst am König ausschlossen, sondern auch, weil sich die meisten Sachsen zuerst als Sachsen fühlten und das deutsch-nationale Denken noch nicht weit verbreitet war. Darauf wurde weiter oben bereits hingewiesen (Kapitel 2.11.). Sporschil bildet mit seiner starken Betonung eines deutsch-nationalen Motivs allerdings eher eine Ausnahme. Viel häufiger wird als Triebfeder für den Übergang am 18. Oktober 1813 die auf Sachsen bezogene „Vaterlandsliebe“ genannt.292 Selbst in einer jüngeren Arbeit zur sächsischen Geschichte heißt es ohne Differenzierung, die Sachsen seien zu den Verbündeten übergegangen, „um aus der unvermeidlichen Katastrophe die Selbständigkeit des Landes zu retten.“293 Ein anderes Bild zeichnen indes die zeitnahen Quellen, die noch nicht durch nachträgliche Verklärung entstellt sind.294 Sie zeigen, dass den meisten Soldaten und Offizieren solche weitreichenden politischen Motive wie die Rettung der Integrität Sachsens fern lagen, als sie am 18. Oktober 1813 zu den Verbündeten desertierten. Im Folgenden soll etwas näher auf die Ereignisse eingegangen werden, um aufzuzeigen, welche Beweggründe die Soldaten wirklich zum Übergang veranlassten. * 289 290 291 292 293 294

Kummer, Erinnerungen, S. 34. Seyfert, Der Übergang, S. 96-100. Sporschil, Geschichte der Völkerschlacht, S. 144. So Christian Friedrich Frenzel in seinen Erinnerungen (HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 80). Kaemmel, Sächsische Geschichte, S. 116. Besonders aufschlussreich sind die Aufzeichnungen des Generalleutnants von Zeschau und das Originaltagebuch des Premierleutnants von Larisch (Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau; SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd. d.70m, Bd. 3).

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Generalleutnant von Zeschau hatte vom sächsischen König am 20. September 1813 das Kommando über die gesamten Reste der mobilen sächsischen Truppen erhalten. Aufgrund ihrer geringen Stärke wurden sie in einer Division zusammengefasst, die aus einer leichten Kavalleriebrigade, zwei Infanteriebrigaden und vier Batterien Artillerie bestand. Die Kavalleriebrigade kommandierte Oberst Adam Friedrich August von Lindenau, eine der Infanteriebrigaden unterstand Generalmajor Xaver Reinhold Gustav von Ryssel, die zweite Oberst Friedrich August Wilhelm von Brause; Kommandeur der gesamten Artillerie war Oberstleutnant Gustav Ludwig Ferdinand Raabe.295 Am Morgen des 18. Oktobers 1813, dem dritten Tag der Völkerschlacht, bezog die sächsische Division zunächst geschlossen bei Heiterblick östlich von Leipzig Stellung. Nach einiger Zeit erhielt Generalleutnant von Zeschau jedoch den Befehl, mit der Masse seiner Truppen eine Position weiter südlich, und zwar bei Paunsdorf, zu beziehen. Bei Heiterblick verblieben die Kavalleriebrigade, das leichte Infanteriebataillon „Sahrer von Sahr“ und die 1. Batterie der Reitenden Artillerie. Vor diesen Truppenteilen vollzog sich im Laufe des Vormittags ein Aufmarsch überlegener russischer Reiterverbände. Die taktische Lage erschien aussichtslos und die sächsischen Kavalleristen schlugen ihrem Kommandeur Oberst von Lindenau vor, zum Feind überzugehen. Lindenau lehnte dies jedoch ab. Daraufhin schickte ein Stabsoffizier der Kavalleriebrigade, Major Friedrich von Fabrice, einen Boten an Generalleutnant von Zeschau. Fabrice, der dabei offenbar aus eigener Initiative handelte, ließ Zeschau über die chancenlose Situation der Brigade und über deren Vorhaben, zum Feind überzulaufen, unterrichten. Zugleich ließ er den Generalleutnant bitten, den sächsischen König um die Genehmigung zu ersuchen, seine Truppen von den französischen zu trennen und damit der absehbaren Desertion der Kavallerie zuvorzukommen. Zeschau lehnte jedoch ab, eine solche Bitte dem König zu übermitteln.296 Als sich die russische Reiterei zum Angriff gegen die sächsische Kavalleriebrigade zu formieren begann, beschloss Oberst von Lindenau, dem gegnerischen Vorstoß durch eine eigene Attacke zuvorzukommen. Dabei ignorierte er offensichtlich nicht nur die schlechte Moral seiner Truppe, sondern auch die Überlegenheit des Gegners. Der Angriff schlug fehl und die sächsische Kavalleriebrigade wurde von der russischen Reiterei weit 295 296

Zur Gliederung der Verbände und ihrem taktischen Einsatz am 18.10.1813 vgl. bes. Aster, Die Gefechte und Schlachten, Bd. 2, S. 119-160. Ebd., Bd. 2, S. 121 u. 123.

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zurückgetrieben. Als sich die Brigade wieder gesammelt hatte, ging sie sofort erneut vor, diesmal jedoch nicht, um anzugreifen, sondern um zu desertieren – dies jedoch ohne ihren Kommandeur Oberst von Lindenau.297 Wenig später lief auch das bei Heiterblick stehende leichte Infanteriebataillon „Sahrer von Sahr“ zu den Russen über; im Gegensatz zur Kavallerie wurde es dabei jedoch von seinem Kommandeur, Major Adolph Carl Ludwig von Selmnitz, angeführt. Nach dem Bericht eines Angehörigen des Bataillons wurden die Soldaten gefragt, ob sie bereit seien, zu den Verbündeten überzugehen. Nachdem sie diese Frage bejaht hatten, gaben sie einigen Kosaken ihre Absicht zu erkennen und ließen sich von diesen hinter die gegnerischen Linien geleiten. Unmittelbar nach ihrem Übertritt zu den Verbündeten erklärten sie sich bereit, am Kampf gegen die Franzosen teilzunehmen, doch dazu kam es im Laufe der Schlacht nicht mehr.298 Generalleutnant von Zeschau erreichte die Nachricht vom Übergang seiner Kavallerie und des leichten Infanteriebataillons am frühen Nachmittag. Zu dieser Zeit standen die übrigen sächsischen Verbände bei Paunsdorf selbst im Gefecht mit österreichischen Truppen. Auch hier war der Gegner seit dem Morgen zunehmend stärker geworden. In dieser Situation beschlossen die Kommandeure der beiden Infanteriebrigaden, ebenfalls zum Gegner überzugehen. Allerdings waren sich Generalmajor von Ryssel und Oberst von Brause offensichtlich darüber klar, dass Generalleutnant von Zeschau einen solchen Schritt niemals gutheißen, geschweige denn genehmigen würde. Zeschau hatte die sächsischen Truppen noch am Vortag in einer Rede zur Treue gegenüber dem König aufgefordert.299 Außerdem hatte er schon die Bitte des Majors von Fabrice abgelehnt, den König um die Genehmigung zur Trennung der sächsischen Soldaten von der französischen Armee zu ersuchen. Dennoch wiederholten die Brigadekommandeure gegenüber Generalleutnant von Zeschau noch einmal die von Fabrice vergeblich vorgebrachte Bitte: einen Kurier zum König zu schicken und ihn zur Zurücknahme seiner Truppen nach Leipzig zu ersuchen, „um sich an die Person des Königs anzuschließen und 297 298

299

Insgesamt gingen 32 Offiziere und 652 Unteroffiziere und Mannschaften der Kavalleriebrigade zu den Russen über (Larraß, Zur Beurteilung, S. 406). Bericht des Korporals Johann Gottfried Döbritz, wiedergegeben in: Naumann, Die Völkerschlacht, S. 257-259; vgl. dazu auch die Aussagen des Leinenwebermeisters Christian Gottfried Birnbaum, der den Übergang des Bataillons zu den Russen beobachtete (wiedergegeben ebd., S. 253-256). Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau, S. 50.

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solche schützen zu dürfen.“300 Da Zeschau nunmehr der Ernst der Lage klar geworden war, ließ er sich tatsächlich zu diesem Schritt überreden und schickte den Stabskapitän Gustav von Nostitz als Boten zu Friedrich August I. nach Leipzig. Allerdings wollten die Brigadekommandeure mit ihrer Anfrage beim König offenbar nur Zeit gewinnen, um die Truppen und den Gegner auf die geplante Fahnenflucht vorzubereiten. Der Übergang war in Wirklichkeit offensichtlich bereits beschlossen, als Nostitz nach Leipzig geschickt wurde. Dafür spricht die Tatsache, dass die Brigadekommandeure ihre Untergebenen bewusst falsch informierten. Laut den Tagebuchaufzeichnungen des Premierleutnants von Larisch verbreiteten sie die Nachricht, Generalleutnant von Zeschau habe den Stabskapitän von Nostitz nach Leipzig geschickt, um den König zu fragen, ob er sich seinen Truppen anvertrauen und mit ihnen zu den Verbündeten übergehen wolle.301 Dies wird auch durch die Tagebuchaufzeichnungen des Hofrats Böttiger bestätigt. Mitte Dezember 1813 notierte Böttiger, ein Stabsoffizier habe ihm erzählt, der König sei im Namen des Offizierkorps gebeten worden, „sich in die Mitte seiner Truppen und mit ihnen auf die Seite der Alliierten u. Deutschen zu begeben“.302 Selbst Stabskapitän von Nostitz behauptete später in einer Rechtfertigungsschrift, er habe den Auftrag erhalten, den König zu bitten, sich zu seinen Truppen zu begeben und von den Franzosen zu trennen.303 Diese Aussage ist jedoch absurd, denn einerseits hatte Friedrich August I. bislang treu zu Napoleon gehalten und es bestand kein Grund zu der Annahme, dass sich dies nun ändern würde. Andererseits war unvorstellbar, dass der König, der sich bisher noch nie bei seinen Truppen im Felde aufgehalten hatte, die relative Sicherheit, die ihm Leipzig bot, verlassen würde, um sich – mitten in der Schlacht – zu seinen Soldaten zu begeben und mit ihnen zu den Verbündeten überzulaufen. So abwegig die angebliche Nachricht an den König auch erscheint, sie verfehlte ihre Wirkung auf die Truppen nicht. Ryssel und die anderen Kommandeure ließen sie offensichtlich verbreiten, weil sie nicht sicher 300 301

302 303

Zitat nach ebd., S. 53. SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 54. In der veröffentlichten Version des Tagebuchs (Larisch, Oberst von Larisch, S. 122) ist diese Stelle mit verändertem Wortlaut wiedergegeben und dadurch in der Aussage nicht so eindeutig wie der Originaleintrag. SLUB, Kriegsbegebenheiten vor Dresden 1813, Nachlass Karl August Böttiger, Msc. Dresd.h.37, Vermischtes 4°, Bd. 15, S. 409. Seyfert, Der Übergang, S. 90.

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sein konnten, wie viele Offiziere die Treue zum König noch immer höher stellten als das Verlangen, sich von den Franzosen zu lösen. Die Behauptung, Stabskapitän von Nostitz sei zum König geschickt worden, „ihn zu fragen, ob er sich seinen Truppen anvertrauen und mit ihnen gehen wolle“304, klang gerade so, als sei der Übergang schon von Generalleutnant von Zeschau genehmigt und als warte die Truppe nur noch auf die Entscheidung, ob der König mitkomme oder nicht. Demgemäß berichtet Kapitän Probsthayn in seinen Aufzeichnungen, dass alles zum Übergang bereitgestanden habe, als Nostitz mit dem Antwortschreiben des Königs zurückgekommen sei.305 Dieses Schreiben war allerdings eindeutig. Es lautete: „Ich habe stets Vertrauen in meine Truppen gesetzt und tue es in dem gegenwärtigen Augenblick mehr als jemals. Die Anhänglichkeit an meine Person können mir solche nur durch Erfüllung ihrer Pflichten beweisen, und ich bin von Ihnen [Zeschau] gewärtig, dass Sie alles anwenden werden, um selbige dazu anzuhalten.“306 Als Zeschau dem Generalmajor von Ryssel den Inhalt des Schreibens mitteilte und ihm erklärte, dass er entschlossen sei, den Willen des Königs zu befolgen, „äußerte sich Generalmajor von Ryssel über die Grenzlinie der Pflichten gegen Souverän und Vaterland.“307 Dieser Satz ist besonders aufschlussreich, denn er widerlegt sehr deutlich die weiter oben erwähnte Behauptung der Memoiren- und Geschichtsschreiber, dass die sächsischen Truppen zum Feind übergegangen seien, um damit ihrem König und der Integrität Sachsens zu dienen. Auch die Tatsache, dass die beiden Brigadekommandeure von Ryssel und von Brause später ihre Karriere in preußischen Diensten fortsetzten, unterstreicht, dass sie nicht zu den Verbündeten übergingen, um ihrem König zu helfen.308 In Wirklichkeit handelten Ryssel, Brause und viele der Offiziere, die am 18. Oktober zu den Verbündeten desertierten, aus reinem Selbsterhaltungstrieb in einer aussichtslosen militärischen Lage. Ihre Untergebenen ließen sie dabei völlig im 304 305 306 307 308

SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 54. HStA Dresden, Probsthayn, Tagebuch aus der Campagne, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 93, Bl. 14 f. Zitat nach Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau, S. 53 f. Zitat nach ebd., S. 54. Vgl. zu Ryssel: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 30, S. 65 f. Der hier genannte Vorname „Anton Friedrich Karl“ ist jedoch falsch. Laut Barthold/Verlohren, Stammregister, S. 444 f. handelte es sich bei Oberstleutnant (seit Juli 1813: Oberst) Anton Friedrich Karl von Ryssel um den Bruder des Generalmajors. Beide traten 1815 in preußische Dienste; vgl. dazu auch Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 99 f. u. 164 f.; vgl. zu Brause: ebd., S. 168 f. u. Barthold/Verlohren, Stammregister, S. 150.

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Unklaren. So wurden die Unteroffiziere und Mannschaften über den geplanten Übergang gar nicht informiert.309 Doch auch den meisten Offizieren blieb der Inhalt des Antwortschreibens des Königs unbekannt. Ryssel behauptete beispielsweise gegenüber dem Kommandeur der Artillerie, Oberstleutnant Raabe, das Schreiben Friedrich Augusts I. sei „in ganz zweideutigen Ausdrücken“ gehalten. Wenig später, als sich Ryssel selbst zum Übergang anschickte, ließ er Raabe nur noch mitteilen, dass „die allgemeinen Verhältnisse“ so wären, „dass es bei dem gefassten Entschlusse bleiben müsse und dass die Infanterie übergehen würde.“310 Angesichts der militärisch aussichtslosen Lage entschloss sich Raabe, dem Beispiel Ryssels zu folgen und die sächsische Artillerie zu den Verbündeten überzuführen. Dass er damit gegen die Regeln des militärischen Gehorsams – sowohl gegenüber seinem König als auch seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem General von Zeschau – verstieß, war ihm bewusst. Laut seinen eigenen Worten stritt seine „innere Stimme wider die Rechtmäßigkeit dieses Unternehmens“.311 Andere Offiziere erfuhren noch weniger als Raabe und sahen sich mit einer völlig unklaren Befehlslage konfrontiert. Als Generalmajor von Ryssel mit dem Ruf: „Jetzt Leute, ist der Augenblick gekommen!“ das Kommando zum Übergang gab, wussten manche Offiziere nicht einmal, was damit gemeint war. Im Tagebuch des Premierleutnants von Larisch heißt es dazu: „Wir fast alle glaubten also, es würde in Folge höhern Befehls gegen den Feind avanciert.“312 Später notierte Larisch, seine Kameraden und er hätten in dieser Situation wie ein verlassener Haufen dagestanden und nicht gewusst, was Recht und Unrecht ist.313 *

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Aster, Die Gefechte und Schlachten, Bd. 2, S. 130. Diese Aussage wird durch die Aufzeichnungen des Artilleristen Friedrich August Wilhelm Böhme und des Infanteristen Christian Friedrich Frenzel bestätigt (Naumann, Die Völkerschlacht, S. 323 f.; HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 83). So Raabe in seinem späteren Rechtfertigungsschreiben, zitiert in: Larraß, Zur Beurteilung, S. 396 f. Zitat nach ebd., S. 396. SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 54. Bezeichnenderweise fehlt diese Stelle in der veröffentlichten Version (Larisch, Oberst von Larisch). Ebd., Bl. 57, Eintrag vom 19.10.1813. Auch dieser Eintrag findet sich nur im Originaltagebuch.

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Als Generalleutnant von Zeschau die Infanteriebrigaden und die Artillerie ohne seinen Befehl vorrücken sah, ritt er zu Generalmajor von Ryssel und stellte ihn zur Rede. Ryssel gab unumwunden zu, dass er mit den Truppen zum Gegner übergehen wolle. Nach einem kurzen Streit enthob Zeschau Ryssel seines Kommandos und eilte von Einheit zu Einheit, um die Fahnenflucht aufzuhalten – doch nur wenige Offiziere gehorchten seinen Befehlen. Eine der Einheiten, die ihren Vormarsch auf Zeschaus energisches Eingreifen hin stoppten, war das aus den Resten des Regiments „Prinz Friedrich August“ gebildete gleichnamige Bataillon, dem Premierleutnant von Larisch angehörte. Larischs Tagebuch ist ein äußerst aufschlussreiches Dokument, und zwar nicht nur für die militärischen Begebenheiten, sondern auch für die nachträgliche Verklärung der Ereignisse: Im Gegensatz zu den Aufzeichnungen aus den vorangegangenen Feldzügen, bei denen die veröffentlichte Version des Tagebuchs zumindest sinngemäß weitgehend mit dem Original übereinstimmt, weichen die Eintragungen zum 18. Oktober in der Druckfassung an einigen Stellen deutlich von denen im Originaltagebuch ab. So heißt es in der veröffentlichten Version, das Bataillon „Prinz Friedrich August“ sei schließlich von russischer Kavallerie abgeschnitten worden und in Gefangenschaft geraten.314 Diese Aussage findet sich auch in militärgeschichtlichen Arbeiten über die Völkerschlacht bei Leipzig.315 Larischs Originaltagebuch enthält jedoch einen Eintrag, der ein anderes Licht auf die Ereignisse beim Bataillon „Prinz Friedrich August“ wirft: „Fast mit allen Off[i]z[ieren] des Btl. [Bataillons] bemühten wir uns, eine Front wiederherzustellen, was auch zum Teil gelang, aber wegen des fortdauernden Kugel- und Granatenfeuers der Kosakenumgebung und besonders wegen der dazu kommenden unerwarteten Erscheinung, nämlich eines heftigen Feuers mit Brandraketen, nicht von Dauer sein konnte. Unter diesen gedrängten politischen und physischen Verhältnissen (ohne die mindeste Aussicht, für irgend einen Zweck noch etwas leisten zu können und selbst ohne die Aussicht, durch die enge Öffnung rechts hinter uns am Sumpfe retirieren [sich zurückziehen] zu können) blieb uns der einzige und letzte Entschluss, uns zu ergeben und das geschah. Die Ausführung wurde leichter, als man glauben konnte, da uns die Kosaken und alle Parteien durch die vorangegangenen, uns unbekannten Begebenheiten, für Übergänger hielten

314 315

Larisch, Oberst von Larisch, S. 123 f. Beispielsweise Aster, Die Gefechte und Schlachten, Bd. 2, S. 151 u. Larraß, Zur Beurteilung, S. 397.

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und [uns] selbst nicht einmal die Gewehre (womit ungefähr die Hälfte unserer Mannschaften versehen war) und die Fahnen nahmen.“316 Der Tagebucheintrag verdeutlicht, dass die Einheit nicht einfach in russische Gefangenschaft geriet, sondern vorsätzlich den Kampf einstellte und sich gefangen gab – und zwar wegen der aussichtslos erscheinenden militärischen Lage. Dieses Motiv war nicht nur beim Bataillon „Prinz Friedrich August“ ausschlaggebend; auch bei den Einheiten, die sich nicht gefangen gaben, sondern desertierten, spielte die militärische Lage die entscheidende Rolle. Hinzu kam der Hass auf die Franzosen, der sich schon seit längerer Zeit angestaut hatte. Viele sächsische Soldaten erklärten sich nach ihrem Übergang zu den Verbündeten sogleich bereit, gegen die Franzosen weiterzukämpfen. Das bestätigen nicht nur sächsische, sondern auch preußische und russische Quellen.317 Die Erbitterung gegen die Franzosen wurde noch dadurch vergrößert, dass französische Artillerie das Feuer auf die sächsischen Einheiten eröffnete, die zu den Verbündeten überliefen.318 Die Russen und Preußen setzten allerdings nur eine sächsische Reitende Batterie gegen die Franzosen ein, die laut den Tagebuchaufzeichnungen des Kapitäns Probsthayn mit zwei Kanonen und einer Haubitze noch den ganzen Abend des 18. Oktobers auf die Franzosen feuerte.319 Die übrigen übergelaufenen und gefangenen sächsischen Soldaten wurden hinter die Schlachtlinie geschickt und kamen am 18. und 19. Oktober 1813 nicht mehr zum Einsatz. Die Angaben zur zahlenmäßigen Stärke der übergegangenen sächsischen Truppen schwanken in der Literatur zwischen 1.800 und 30.000 Soldaten.320 Nach der wohl gründlichsten Untersuchung handelte es sich um 135 Offiziere, 3.898 Unteroffiziere und Mannschaften sowie 19 Ge316 317

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319

320

SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 55. HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 84; Michailofsky-Danilefsky, Denkwürdigkeiten, S. 211; Naumann, Die Völkerschlacht, S. 258 f.; Bernhardi, Denkwürdigkeiten aus dem Leben, Bd. 3, S. 527; Troeger, Lebenserinnerungen des Generalleutnants, Bd. 2, S. 106. HStA Dresden, Probsthayn, Tagebuch aus der Campagne, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 93, Bl. 15; HStA Dresden, Frenzel, Lebenslauf, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel, 12676, Nr. 1, Bl. 84; Aster, Die Gefechte und Schlachten, Bd. 2, S. 156; Troeger, Lebenserinnerungen des Generalleutnants, Bd. 2, S. 106. HStA Dresden, Probsthayn, Tagebuch vom Capitain Probsthayn, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 92, Bl. 15; HStA Dresden, Probsthayn, Tagebuch aus der Campagne, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 93, Bl. 15. Vgl. dazu Köpping, Sachsen gegen Napoleon, S. 46.

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schütze.321 Von französischen Autoren wurden die Zahlen zuweilen wesentlich höher angesetzt, um damit Napoleons Behauptung zu untermauern, die Franzosen hätten die Schlacht bei Leipzig wegen des „Verrats“ der Sachsen verloren.322 Sächsische Autoren haben dagegen bestritten, dass die Desertion den Ausgang der Schlacht beeinflusst habe.323 In der Literatur über die Völkerschlacht bei Leipzig finden sich dazu verschiedene Ansichten. So hat Carl Bleibtreu die ältere französische Lesart übernommen und dem Ereignis einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Schlacht zugeschrieben.324 Und auch David Chandler hat in seiner 1967 erschienenen militärgeschichtlichen Studie über Napoleons Feldzüge betont, dass die Desertion der Sachsen eine Lücke in Napoleons Linien gerissen habe.325 Dagegen haben beispielsweise Jonathan Riley und Reinhard Köpping hervorgehoben, dass der Übergang für den Verlauf der Schlacht bedeutungslos gewesen sei.326 Dieser Überzeugung hat sich – in Bezug auf die taktische Lage – auch der französische Historiker Michel Espagne angeschlossen. Espagne hat jedoch betont, dass der Symbolcharakter des Übergangs der Sachsen groß gewesen sei.327 Es soll nicht Aufgabe dieser Arbeit sein, an der Diskussion über die taktischen Auswirkungen des Übergangs der Sachsen teilzunehmen. Für das Hauptaugenmerk der Untersuchung, die Stimmung und Motivation der sächsischen Soldaten, ist diese operationsgeschichtliche Frage nebensächlich. An dieser Stelle soll lediglich angemerkt werden, dass der Übergang in Anbetracht der militärisch aussichtslosen Lage und der Erbitterung auf die Franzosen menschlich verständlich erscheint, aber aus der damaligen militärischen Rechtslage und der Gehorsamspflicht gegenüber dem Monarchen und dem Generalleutnant von Zeschau nicht zu rechtfertigen ist. Es handelte sich um nichts anderes als eine Fahnenflucht. In allen Armeen der damaligen Zeit galt Desertion als eines der unwürdigsten Vergehen, das in der Regel hart bestraft wurde.328 Die nach321 322

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Larraß, Zur Beurteilung, S. 391 u. 404-406. Vgl. die entsprechenden Behauptungen im Bulletin der Großen Armee vom 24.10.1813, auf Französisch wiedergegeben in: Correspondance de Napoléon Ier, Bd. 26, S. 374-379, Dok. 20830, auf Deutsch in: Goetz, Napoleon, S. 378-385. So schrieb z. B. August Kummer in seinen Erinnerungen, der Übergang der Sachsen habe „nicht den geringsten Eindruck auf den Verlust der Schlacht gehabt“ (Kummer, Erinnerungen, S. 34); vgl. auch Odeleben, Napoleons Feldzug, S. 46 f. Bleibtreu, Ein Lied, S. 15. Chandler, The Campaigns, S. 934. Riley, Napoleon, S. 188; Köpping, Sachsen gegen Napoleon, S. 46. Espagne, Le creuset allemand, S. 205. Vgl. dazu Sikora, Disziplin, S. 127-148, bes. S. 128.

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trägliche Verklärung dieses Schrittes im Sinne einer königstreuen Handlung entsprang wohl vor allem dem Bewusstsein über die Unehrenhaftigkeit dieser offenen Gehorsamsverweigerung. Diese wog bei Ryssel und Brause umso schwerer, als sie ihre Untergebenen über den Willen des Königs im Unklaren gelassen hatten. Viele Soldaten wussten nicht, dass der Übergang den Wünschen ihres Königs völlig entgegengesetzt war. Sie glaubten, im Sinne ihres Monarchen gehandelt zu haben; dementsprechend fand bei ihnen die Legende von der Rettung der Integrität Sachsens fruchtbaren Nährboden. Das Pflichtgefühl gegenüber dem König, das bei vielen Soldaten noch vorhanden war oder sich zumindest im Zuge der Beruhigung der Gemüter nach dem geglückten Übergang wieder einstellte, trat recht schnell deutlich zutage. So bestanden die Offiziere des Bataillons „Prinz Friedrich August“ darauf, als Gefangene angesehen zu werden und lehnten entschieden ab, als Überläufer zu gelten.329 Als die Soldaten des Bataillons zusammen mit anderen gefangenen Sachsen am 20. Oktober 1813 nach Leipzig gebracht wurden, begegnete ihnen auf dem Marsch ein preußischer Offizier. Dieser „erlaubte sich […] über die Person unseres Königs einen niedrigen und plebigen [plebejischen] Ausfall, indem er sagte: ‚speiet ihm ins Gesicht, er hat es von euch verdient‘. Hauptmann [Gustav Adolf Wilhelm] von Glaßer, der die Worte deutlich gehört hatte, antwortete sofort im Gefühle vollster Entrüstung angemessen darauf und selbst die Leute erhoben ein Gemurmel des Unwillens über jene absichtliche Beleidigung.“330 Doch nicht nur diejenigen Offiziere, die sich mit dem Bataillon „Prinz Friedrich August“ in Gefangenschaft begeben hatten, sondern auch viele der Überläufer lehnten den Eintritt in preußische Dienste ab und zogen vor, weiterhin dem König von Sachsen zu dienen. Der wohl prominenteste von ihnen war Oberstleutnant Raabe, der Kommandeur der sächsischen Artillerie. Raabe richtete später ein Rechtfertigungsschreiben an Friedrich August I., worin er betonte, dass ihm mehrfach der Übertritt in fremde Dienste angeboten worden sei, er dies jedoch „selbst in den schwierigsten Momenten unserer National-Existenz“ abgelehnt habe.331 Der sächsische König verzieh Raabe und ernannte ihn 1815 zum Oberst und Kommandeur des Artilleriekorps.332 329 330 331 332

SLUB, Larisch, Tagebuchaufzeichnungen, Msc.Dresd.d.70m, Bd. 3, Bl. 55-57. Ebd., Bl. 57; vgl. auch Larisch, Oberst von Larisch, S. 126 (hier mit teilweise verändertem Wortlaut). Das Schreiben ist wiedergegeben in: Larraß, Zur Beurteilung, S. 396 f. Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 111.

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Dass sich viele der Überläufer im Nachhinein für ihre Desertion schämten, kommt auch in einem Erinnerungsbericht des Sousleutnants Eduard Franz von Wolffersdorff deutlich zum Ausdruck. Seine Empfindungen beschrieb er mit den Worten: „Es war der Gedanke, gegen den Willen unseres Königs unsere eigene Politik gemacht zu haben! Möge die innere Stimme auch in den hintersten Winkel des Herzens zurückgedrängt worden sein und die Stimme zum leisesten Flüstern sich verlieren, es kommt eine Stunde der Erhebung, und sie dringt wieder hervor und donnert uns ins Ohr: ‚der gute Zweck heiliget nicht unreine Mittel!‘“333 Angesichts des Gewissenskonflikts, in dem sich viele Offiziere nach ihrer Fahnenflucht befanden, und angesichts der immer noch (oder wieder) zutage tretenden Königstreue erstaunt nicht, dass Generalmajor von Ryssel den österreichischen Kaiser bat, die sächsischen Truppen erst dann gegen die Franzosen einzusetzen, wenn sich Friedrich August I. für die „deutsche Sache“ erklärt habe.334 Am Tag nach dem Übergang sollen die Überläufer sogar einen Generalstabsoffizier nach Leipzig geschickt haben, der dem König die Treue und Ergebenheit seiner Truppen versichern sollte. Da sich Friedrich August I. jedoch bereits in Gefangenschaft befand, habe sich der Offizier seines Auftrags nicht mehr entledigen können.335 Mit Treue zum König hatte der Übergang in Wirklichkeit jedoch nichts zu tun. Die einzigen, die tatsächlich im Sinne Friedrich Augusts I. handelten, waren die Offiziere und Soldaten, die sich der kollektiven Fahnenflucht widersetzten, allen voran Generalleutnant von Zeschau. Dieser führte die restlichen sächsischen Truppen, die nicht zu den Verbündeten übergelaufen waren oder sich gefangen gegeben hatten, mit Genehmigung des Generals Reynier nach Leipzig zurück. Laut Zeschaus Aufzeichnungen handelte es sich noch um 710 Soldaten.336 Friedrich August I. ernannte Zeschau als Dank für seine Treue zu seinem Generaladjutanten; das Kommando über die restlichen Truppen gab er an einen Stabsoffizier ab. Zeschau folgte seinem König in die preußische Kriegsgefangenschaft. Im Jahre 1815, nach der Rückkehr Friedrich Augusts I. in sein verkleinertes Königreich, wurde Zeschau mit hohen militärischen Ämtern betraut und 333 334 335 336

Wolffersdorffs Bericht ist wiedergegeben in: Naumann, Zum 19. October 1864, S. 631, Zitat S. 23. Aster, Die Gefechte und Schlachten, Bd. 2, S. 156. So Wolffersdorff in seinem Erinnerungsbericht, wiedergegeben in: Naumann, Zum 19. October 1864, S. 6-31, hier S. 26. Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau, S. 57.

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mit der höchsten sächsischen Tapferkeitsauszeichnung, dem Großkreuz des Militär-St. Heinrichs-Ordens, beliehen.337 * Die gesamten Reste der sächsischen Armee wurden nach der Gefangennahme ihres Königs unter dem Kommando des Generalmajors von Ryssel gesammelt und zunächst an der Seite preußischer Truppen bei der Belagerung der Festung Torgau eingesetzt, die von den Franzosen noch bis Ende Dezember 1813 gehalten wurde.338 Bereits im November 1813 wurden die sächsischen Truppen jedoch bei Merseburg versammelt, um neu organisiert zu werden. Der weitere Einsatz der sächsischen Armee geht über den Rahmen dieser Arbeit hinaus und soll deshalb nicht geschildert werden.339 Hier genügt der Hinweis, dass sich die sächsischen Soldaten trotz der Gefangennahme ihres Königs ohne größere Schwierigkeiten dem Oberkommando der Verbündeten unterstellten und am Kampf gegen Napoleon teilnahmen. Wie bei der sächsischen Zivilbevölkerung trat auch im Militär das Interesse am Schicksal des Königs zunächst zurück; im Vordergrund stand der Kampf gegen die Franzosen. Allerdings änderte sich diese Haltung – parallel zu der bereits geschilderten Stimmung der Zivilbevölkerung – als Friedrich August I. immer länger in Gefangenschaft gehalten wurde und damit die Ungewissheit über das Schicksal Sachsens wuchs. Als auf dem Wiener Kongress im März 1815 die Teilung Sachsens beschlossen wurde, befahl der preußische König, diese mit der Teilung der Armee einzuleiten: Diejenigen sächsischen Soldaten, deren Heimatgebiete zur Abtretung an Preußen vorgesehen waren, sollten automatisch in die preußische Armee übernommen werden. Nur die Offiziere hatten das

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Vgl. zu Zeschau: Erinnerungen an Heinrich Wilhelm v. Zeschau; Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 45, S. 103-105; Richter, Der Königlich Sächsische Militär-St. Heinrichs-Orden, S. 53; Wächtler, Die Königlich Sächsischen Mitglieder der Ehrenlegion, S. 106-110. Vgl. zur Belagerung von Torgau aus sächsischer (ziviler) Sicht: Bürger, Nachrichten über die Blockade; aus französischer Sicht: Augoyat, Relation de la défense de Torgau; aus preußischer Sicht: Vogel, Die Belagerungen (In dem Exemplar des Buches, das unter der Signatur H.Sax.H.1837 in der SLUB aufbewahrt wird, finden sich einige handschriftliche Bemerkungen Vogels zum Einsatz der sächsischen Truppen vor Torgau.); vgl. außerdem Linkner/Niedersen, Napoleon in Torgau. Vgl. dazu Schuster/Francke, Geschichte der Sächsischen Armee, S. 368-393 u. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 235-248.

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Recht, sich zu entscheiden, ob sie in sächsischen Diensten verbleiben oder in die preußische Armee eintreten wollten. Dieser übereilte Teilungsbefehl rief unter den sächsischen Soldaten großen Unmut hervor: Noch hatte Friedrich August I. trotz massiven Drucks der Kongressmächte weder sein Einverständnis zur Teilung seines Landes noch zur Teilung seiner Armee gegeben und die Soldaten, die künftig Preußen werden sollten, noch nicht von ihrem Treueid entbunden.340 Als Generalfeldmarschall von Blücher den Befehl des preußischen Königs trotz aller Proteste der sächsischen Offiziere und trotz aller Bedenken auch von preußischen Militärs durchführen wollte, brach unter den bei Lüttich versammelten sächsischen Truppen ein offener Aufruhr aus.341 Zur Strafe ließ Blücher die sächsischen Grenadierbataillone, die sich an der Meuterei beteiligt hatten, entwaffnen, die Fahne des sächsischen Garderegiments verbrennen und sieben Rädelsführer erschießen. Danach wurden alle sächsischen Verbände in rückwärtige Gebiete verlegt. Später, als der sächsische König sein Einverständnis zur Teilung seines Landes gegeben hatte, wurde die Trennung der in die preußische Armee tretenden Mannschaften von ihren in sächsischen Diensten verbleibenden Kameraden ohne Schwierigkeiten vollzogen. Die Offiziere des mobilen sächsischen Korps mussten Anfang Juni 1815 endgültig wählen, ob sie Sachsen bleiben oder Preußen werden wollten. Ihre Entscheidungen verdeutlichen, dass die Treue zum König bei den meisten von ihnen (wieder) im Vordergrund stand: So erklärten sich die Offiziere des 1. Provisorischen Linien-Infanterieregiments einstimmig dafür, in sächsischen Diensten zu verbleiben; ebenso entschieden sich alle Offiziere des 1. Bataillons des 3. Provisorischen Linien-Infanterieregiments, der Reitenden Artilleriebrigade und des Ingenieurkorps. Vom 2. Provisorischen Linien-Infanterieregiment traten 11 Offiziere in die preußische Armee über, 41 verblieben dagegen in sächsischen Diensten. Vom 2. Leichten Infanterieregiment entschieden sich 8 Offiziere für und 32 gegen den Übertritt zu den Preußen. Vom Kürassierregiment traten 4 Offiziere und 1 Chirurg in preußische Dienste, 35 Offiziere und 3 Chirurgen blieben hingegen Angehörige der sächsischen Armee. Vom

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Erst am 30.4.1815 gab der sächsische König dem Druck der Großmächte nach und willigte in die Teilung seines Landes ein (Böttiger/Flathe, Geschichte des Kurstaates, Bd. 3, S. 324). Vgl. ausführlich dazu: Kunze, Die Sachsen sind Besien; zusammenfassend: Lange, Die öffentliche Meinung, S. 187-195 u. Gülich, Die Sächsische Armee, S. 242-247.

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Ulanenregiment traten 9 von 44 Offizieren in das preußische Heer ein, vom Husarenregiment 13 von 56.342 Bei den Offizieren, die sich zum Übertritt in preußische Dienste entschieden, spielten zudem meist familiäre Gründe eine Rolle. So schrieb Kapitän Friedrich Christian Moritz vom 2. Provisorischen Linien-Infanterieregiment als Begründung für seinen Wunsch, in die preußische Armee einzutreten: „Wenn Thüringen an Preußen abgetreten wird, so muss ich wegen Vermögen[s-] u. Familien-Verhältnissen in Kgl. Preuß. Dienste treten.“343 Premierleutnant Fürchtegott Adolph von Klinguth vom 2. Leichten Infanterieregiment vermerkte zu seinem Entschluss: „Da sowohl meine Eltern als meine übrigen Verwandten in der Niederlausitz sind und von diesen meine Existenz für die Zukunft abhängt, so trete ich deshalb in die Dienste Sr. Majestät des Königs von Preußen.“344 Sousleutnant Ernst Otto von Süßmilch vom selben Regiment ließ seine Entscheidung, in welcher Armee er künftig dienen wolle, auf der Liste mit den Erklärungen sogar noch offen und schrieb dazu, er mache seinen Entschluss davon abhängig, ob seine Geburtsstadt Kamenz künftig an Preußen falle oder sächsisch bleibe.345 Selbst von den Offizieren, deren Heimatorte an Preußen abgetreten wurden, verblieben einige in sächsischen Diensten. Einer davon war Premierleutnant Ferdinand Heinrich August von Larisch vom 2. Provisorischen Linien-Infanterieregiment. In seinem Tagebuch vermerkte er zu seinem Entschluss: „Obwohl mein Geburtsort, Gommern bei Magdeburg, mit an Preußen gefallen ist und trotz des zweifellos besseren Avancements im königlich preußischen Dienste, erkläre ich mich doch entschieden dahin, Sachse zu bleiben.“346 * Als König Friedrich August I. am 7. Juni 1815 nach fast zweijähriger Abwesenheit wieder in Dresden eintraf, fand er zwar sein Land stark verkleinert vor, aber die ihm verbleibenden Untertanen waren ihm treu ergeben. Das galt sowohl für die Zivilbevölkerung als auch für das Militär. 342

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HStA Dresden, Rangliste der Generalstabs- und Ober-Officiers, Geheimes Kriegsratskollegium 11241, Musterungslisten, Nr. 3007, unpag. Einzelne Offiziere konnten erst später befragt werden, weil sie zum Zeitpunkt der Erstellung der Listen abkommandiert waren. Ihre Entscheidungen sind hier nicht berücksichtigt. Ebd., unpag., Liste vom 10.6.1815. Ebd., unpag., Liste vom 7.6.1815. Premierleutnant Klinguth stammte aus Lübbenau in der Niederlausitz. Ebd. Larisch, Oberst von Larisch, S. 177.

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Die Erbitterung auf die Franzosen war in den Hintergrund getreten, die Entfremdung zwischen Volk und Souverän vergessen. Nunmehr richtete sich der Zorn der öffentlichen Meinung in erster Linie gegen die Preußen: Diese hatten die im Herbst 1813 in Gefangenschaft geratenen sächsischen Soldaten schlecht behandelt347, den verehrten sächsischen König, der doch (aus der Sicht vieler Sachsen) nur ein Opfer der Zeitumstände war, so lange als Gefangenen festgehalten348, die sächsischen Truppen für ihre Königstreue mit der Erschießung von sieben Grenadieren bestraft349 und schließlich das Königreich Sachsen geteilt.350 Im Frühjahr und Sommer 1815 war der Hass auf Preußen so groß, dass sogar pronapoleonische Parolen wieder salonfähig wurden – und zwar nicht nur unter der Zivilbevölkerung, worauf bereits im Kapitel 2 dieser Arbeit hingewiesen wurde, sondern auch im Militär. Als sich Mitte März unter den sächsischen Soldaten die Nachricht verbreitete, Napoleon sei wieder nach Frankreich zurückgekehrt, sollen entsprechende Äußerungen in den sächsischen Quartieren gefallen sein.351 Drei Monate später, am 12. Juni 1815, notierte der Buchhändler Christian Gotthelf Anton in sein Tagebuch über den Abmarsch sächsischer Soldaten aus Görlitz: „Die abgehenden paar Sachsen sind solche Ochsen, dass sie noch beim Fortgehen auf dem Markte ausgerufen haben: Es lebe der Kaiser Napoleon.“352 Am 29. Juni schrieb Anton: „Täglich erscheinen nun Pamphlets, Schmähschriften auf die Preußen. Dies alles geschieht unter des Königs Augen. Ob er denn diese Unbesonnenheiten genehmigt?“353

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Vgl. z. B. Die sächsischen Kriegsgefangenen in den preußischen Staaten; Die Napoleonischen Kämpfe, H. 8, S. 31 f.; Hentschel, Erlebnisse eines Sachsen. Vgl. die von dem Legationsrat und Kabinettsekretär August Wendt verfasste, anonym erschienene Schrift „Der König von Sachsen, Friedrich August, und sein Benehmen in den neuesten Zeiten“. Sie ist nur ein Beispiel für die zahlreichen Rechtfertigungsschriften, die 1814/15 für den sächsischen König verfasst wurden. Vgl. dazu die anonyme Rechtfertigungsschrift „Der Aufruhr der sächsischen Grenadiere in Lüttich“. Premierleutnant von Larisch schrieb am 13.6.1815 in sein Tagebuch: „Wie leicht hätten die unglücklichen Vorfälle von Lüttich vermieden werden können, wenn nicht damals vor anderthalb Monaten so verkehrte, durch Überstürzung so grausame, die Liebe zum angestammten Fürsten fast verhöhnende Maßregeln angewandt worden wären!“ (Larisch, Oberst von Larisch, S. 177). All diese Vorwürfe kommen besonders deutlich in der anonym erschienenen, pathetischen Schrift „Der 23ste December 1814“ zum Ausdruck. Sie wurde 1815 anlässlich des Geburtstags Friedrich Augusts I. verfasst. Vgl. dazu Lange, Die öffentliche Meinung, S. 184. Ratsarchiv Görlitz, Anton, Tagebuch, Bd. 2, Varia 234, Bl. 199. Ebd., Bl. 204.

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Ob Friedrich August I. die antipreußische öffentliche Meinung guthieß oder nicht und ob sich diese öffentliche Meinung mit der tatsächlichen Stimmung der Bevölkerung deckte, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr behandelt werden. Als bemerkenswert festzuhalten bleibt jedoch, dass die Eintracht zwischen Volk und Souverän offensichtlich wieder hergestellt war. Die Fahnenflucht großer Teile der Armee während der Völkerschlacht bei Leipzig war vergessen – sie wurde vom König auch nicht disziplinarisch verfolgt.354 Stattdessen konnten die Überläufer die Legende vom Motiv der Königstreue und Vaterlandsliebe verbreiten, ohne auf ernsthaften Widerspruch zu stoßen.355 Sachsen war in der Sicht der Zeitgenossen und der beginnenden regionalpatriotischen Geschichtsschreibung über die napoleonische Zeit vom Opfer Napoleons zum Opfer Preußens geworden. Das Bündnis mit Napoleon und die Erhebung Sachsens zum Königreich im Jahre 1806 galten nicht als sinnstiftend; in der Erinnerungskultur wurde fortan die Rückkehr Friedrich Augusts I. aus der preußischen Gefangenschaft als Beginn der Tradition des sächsischen Königtums angesehen.356

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Krug von Nidda und von Falkenstein, Zu Ferdinand von Funcks Erinnerungen, S. 54. So behauptete Oberstleutnant Raabe in seiner Rechtfertigungsschrift, „das Interesse des Königs und des Vaterlandes“ habe ihn verleitet, „vielleicht unrechte Mittel zu ergreifen“, womit sein Übergang zu den Verbündeten am 18.10.1813 gemeint war (Zitat nach Larraß, Zur Beurteilung, S. 397). Vgl. dazu Mergen, Monarchiejubiläen, S. 21 f. u. 106-108; Eschert, Friedrich August I. [Magisterarbeit], S. 57.

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ZUSAMMENFASSUNG

Alle fremden Truppen, mit denen die Sachsen in den Jahren 1806-1813 in Berührung kamen, stellten grundsätzlich eine große Belastung dar, ganz gleich, ob es sich um Verbündete oder Gegner handelte. Einquartierungen, Requisitionen und Vorspanndienste gehörten bald zum Kriegsalltag. 1813, als Sachsen der Hauptkriegsschauplatz wurde, hatte die Bevölkerung besonders stark zu leiden. Viele Ortschaften wurden durch Kampfhandlungen zerstört und Truppenverbände, die sich nach Niederlagen zurückzogen, legten oft alle Hemmungen gegenüber der Bevölkerung ab. Im Gegensatz zu älteren sächsischen Darstellungen, die bei der Schilderung der Leiden Sachsens durch die „Franzosen“ meist recht einseitig verfahren sind, wurde in dieser Arbeit der Versuch unternommen, ein differenzierteres Bild zu zeichnen. So konnte gezeigt werden, dass es in allen Phasen der „Franzosenzeit“ in Sachsen neben den zahlreichen Bedrückungen und Ausschreitungen auch Beispiele anständigen Verhaltens französischer Soldaten gab. Allerdings konnte dies die negative Wahrnehmung der „Franzosen“ durch die sächsische Bevölkerung kaum beeinflussen, da die Masse der Truppen als enorme Belastung empfunden wurde. Selbst in den verhältnismäßig ruhigen Jahren 1807-1812 kamen die Sachsen fast ununterbrochen mit den Truppen der napoleonischen Armee in Kontakt und mussten immer wieder Übergriffe erdulden. 1813 verhielten sich viele französische Soldaten schließlich so rücksichtslos und feindselig, dass sie nicht mehr als Verbündete, sondern als Feinde angesehen wurden. Die recht gute Disziplin österreichischer und preußischer Soldaten ließ die „Franzosen“ dabei in einem umso negativeren Licht erscheinen. Andererseits erlebte die Bevölkerung sehr bald, dass auch viele russische Soldaten nicht die geringste Rücksicht nahmen und sich vielerorts nicht besser verhielten als die „Franzosen“. – Neuere Untersuchungen über die süddeutschen Rheinbundstaaten haben gezeigt, dass die Einwohner Badens, Württembergs und Bayerns ähnliche Erfahrungen machen mussten.1 * 1

Vgl. dazu Planert, Wessen Krieg, S. 120 sowie dies., Der Mythos, S. 610-613.

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Die Stimmung der sächsischen Bevölkerung im Herbst 1806, vor den Schlachten bei Jena und Auerstedt, war zunächst preußenfreundlich. Die alte, aus dem Siebenjährigen Krieg herrührende Feindschaft zwischen Sachsen und Preußen war durch eine langjährige gemeinsame Bündnispolitik seit dem Ende des 18. Jahrhunderts überwunden, und zwar nicht nur im Kabinett, sondern auch im Volk. Als die preußisch-sächsische Armee im Oktober 1806 gegen Napoleon aufmarschierte, war die Siegeszuversicht in der Bevölkerung groß. Umso bestürzter reagierten die meisten Sachsen auf die Nachricht, dass Napoleon die preußisch-sächsische Armee bei Jena und Auerstedt geschlagen hatte. Die Angst vor den Franzosen wich allerdings der Erleichterung, als Napoleon dem sächsischen Kurfürsten ein Neutralitätsangebot machte. Die in der Literatur gelegentlich vorgebrachte Behauptung, die Sachsen hätten sich gleich nach den Niederlagen bei Jena und Auerstedt napoleonfreundlich gezeigt und ihre Sympathie gegenüber den Preußen rasch vergessen, ist allerdings falsch und beruht auf der einseitigen Wahrnehmung zeitgenössischer Propagandaschriften. Die Abneigung gegen die Franzosen blieb aufgrund der Kriegslasten und zahlreicher Übergriffe gegen die Bevölkerung zunächst bestehen. Selbst der Abschluss des Friedens von Posen brachte nicht das erhoffte Ende der Lasten, denn Napoleons Krieg gegen Preußen und Russland ging weiter, und die Sachsen mussten sich daran sogar als Verbündete Napoleons beteiligen. Erst der Frieden von Tilsit im Sommer 1807 bewirkte einen Stimmungsumschwung: Die scheinbare Aussicht auf einen dauerhaften europäischen Frieden und ein Ende der Kriegslasten löste für einige Wochen einen regelrechten Napoleonkult aus. Auch die Popularität des sächsischen Königs Friedrich August I. profitierte von der Euphorie des Sommers 1807: Seine vermeintlich weitsichtige und weise Politik hatte Sachsen vor einer Demütigung bewahrt, wie sie Napoleon in Tilsit Preußen zugefügt hatte. Allerdings folgte sehr rasch Ernüchterung, und zwar nicht erst nach Napoleons Niederlage in Russland, wie in der älteren Literatur behauptet wurde, sondern schon unmittelbar nach der kurzen Hochstimmung vom Sommer 1807. Die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden währte nur kurz; Napoleon führte weitere Kriege und die sächsische Bevölkerung hatte ihren Teil der Lasten zu tragen. Steuererhöhungen und zahlreiche außerordentliche Abgaben waren nur einige davon. Die sächsische Wirtschaft erlebte durch Napoleons rigorose Schutzzollpolitik und die Kontinentalsperre im Gegensatz zu den Aussagen in der älteren Literatur keinen Aufschwung, sondern einen zeitweiligen Niedergang. Verschuldung, 301

Arbeitslosigkeit und Not sowie unmittelbare schlechte Erfahrungen mit durchziehenden Truppen der französischen Armee ließen die Euphorie des Sommers 1807 rasch in Vergessenheit geraten. Davon, dass die Jahre 1806-1812 in Sachsen durch eine „überwiegend franzosenfreundliche Haltung der sächsischen Bevölkerung“2 geprägt gewesen seien, kann keine Rede sein. Der Stimmungswechsel zeigte sich sehr deutlich im Krieg gegen Österreich 1809: Während der sächsische König demonstrativ seine Treue zu Napoleon bekundete, lagen die Sympathien vieler seiner Untertanen eindeutig bei den Österreichern. Zu einer Entfremdung zwischen Volk und König kam es indes noch nicht, da nur wenige Sachsen wussten, dass Friedrich August I. aus Überzeugung zu Napoleon hielt und nicht aus Zwang. Die Jahre 1810-1813 waren von einer stetig zunehmenden antifranzösischen Stimmung in Sachsen geprägt. Grund waren die immer größeren Kriegslasten. Die Verschärfung der Kontinentalsperre in den Jahren 1810/11 hatte eine schwere Schädigung des sächsischen Handels zur Folge, und die Verbrennungen englischer Fabrik- und Manufakturwaren riefen große Empörung hervor. Steigende finanzielle Belastungen und der sich abzeichnende Krieg gegen Russland taten ein Übriges, um die Franzosen bei den Sachsen immer verhasster zu machen. Die zunehmende Unzufriedenheit erweckte bei der sächsischen Regierung Besorgnis und führte Anfang 1812 zu dem Entschluss, die Stimmung der Bevölkerung zu überwachen. Die Berichterstatter der „Geheimen Polizei“ konnten zwar keine revolutionären Strömungen in Sachsen feststellen und beteuerten in ihren Berichten, dass das sächsische Volk treu zu seinem König stehe und nicht ihm die Schuld am Niedergang des Wohlstands gebe. Die wachsende antifranzösische Stimmung blieb den Beamten, die mit der Überwachung beauftragt waren, jedoch nicht verborgen. Als sich im Spätherbst 1812 die ersten Nachrichten vom katastrophalen Zustand der Großen Armee in Sachsen verbreiteten, wurden sie dennoch keineswegs mit unverhohlener Freude aufgenommen, wie in der älteren Literatur und in einigen Memoiren behauptet wurde. Zwar empfanden es viele Sachsen tatsächlich als Genugtuung, dass Napoleon in Russland eine Niederlage erlitten hatte. Aber in die Freude mischte sich die Sorge um die sächsischen Soldaten und noch mehr die Furcht vor den Russen sowie die Angst, Sachsen könne zum Kriegsschauplatz werden.

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Groß, Von Moskau nach Leipzig, S. 20.

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Im Frühjahr 1813 wichen diese Ängste jedoch zunehmend der Hoffnung auf eine Befreiung Sachsens von den Franzosen. Die Ursache lag nicht nur darin, dass die Russen und Preußen eine umfangreiche Propagandakampagne starteten, um die Sachsen für sich zu gewinnen, sondern auch darin, dass die Aversionen gegen die Franzosen ihren Höhepunkt erreichten. Besonders die Sprengung der Dresdner Elbbrücke im März 1813 wurde zu einem Symbol für die vermeintlich sinnlose Zerstörungswut der Franzosen im verbündeten Sachsen. Die anfänglich gute Disziplin der einmarschierenden Russen und Preußen stach zudem vom Verhalten der zunehmend in Auflösung begriffenen Truppen Napoleons ab, sodass die „Feinde“ von vielen Sachsen schließlich mit großem Jubel empfangen wurden. Die Sympathie für die Verbündeten schwächte sich selbst durch die recht großen Lasten, die Sachsen auch durch russische und preußische Truppen zu tragen hatte, zunächst kaum ab. Dennoch war die Verbundenheit der Sachsen mit der angestammten Dynastie weitaus stärker als deutsch-nationale Gefühle. Letztere hatten nur bei einigen wenigen Priorität. Infolgedessen nahmen auch nur Einzelne aktiven Anteil am Kampf gegen die Franzosen. Die Masse der Bevölkerung war nicht bereit, gegen den Willen des Königs zu handeln. Und Friedrich August I. hielt auch nach Napoleons Niederlage in Russland zunächst am Bündnis mit den Franzosen fest – trotz der Bemühungen einiger Berater, ihn zu einer Abkehr von Frankreich und einer Hinwendung zu Österreich zu bewegen. Das Verhalten des französischen Militärs in Sachsen, insbesondere die scheinbar nutzlose Sprengung der Dresdner Elbbrücke, empörten jedoch auch den sächsischen König schließlich so sehr, dass er sich entschloss, ein Bündnis mit Österreich einzugehen und Sachsen in die Neutralität zu führen. Die sächsische Bevölkerung hoffte im Frühjahr 1813 indes, Friedrich August I. würde sich der antinapoleonischen Koalition der Russen und Preußen anschließen. Die Verhandlungen Friedrich Augusts I. mit Österreich wurden von vielen als Einleitung eines solchen Schrittes gedeutet. Umso größer war die Enttäuschung, als sich der sächsische König nach Napoleons Siegen im Mai 1813 wieder bedingungslos dem französischen Kaiser unterwarf. Zum ersten Mal in der bis dahin fünfundvierzigjährigen Regierungszeit Friedrich Augusts I. kam es zu einer ernsten Vertrauenskrise zwischen ihm und großen Teilen seiner Untertanen. Die Rückkehr der Franzosen verbreitete zudem Angst und Bestürzung. Vor allem die Einäscherung der Stadt Bischofswerda im Mai 1813 fachte den Zorn der Bevölkerung noch einmal an: Bischofswerda wurde gleich der Spren-

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gung der Dresdner Elbbrücke zu einem Symbol für die Rücksichtslosigkeit der Franzosen im verbündeten Sachsen. Doch angesichts der Siege der französischen Armee schien ein Ende der napoleonischen Herrschaft zunächst in weite Ferne gerückt. Als Franzosen, Russen und Preußen im Sommer 1813 einen mehrwöchigen Waffenstillstand schlossen, war die Kriegsmüdigkeit auch unter der sächsischen Bevölkerung allgegenwärtig. Die sich verbreitende Hoffnung auf den Abschluss eines Friedens währte indes nur kurz. Im August 1813 ging der Krieg mit unverminderter Härte weiter. Obwohl auch Russen und Preußen mittlerweile kaum noch Rücksicht auf die Bevölkerung nahmen und Sachsen von allen Kriegsparteien ausgeplündert wurde, rückten antifranzösische Stimmungen und die Hoffnung auf ein Ende der napoleonischen Herrschaft wieder in den Vordergrund. Nach dem Sieg der Verbündeten in der Völkerschlacht bei Leipzig verdrängte die Freude über das Ende des Krieges in Sachsen bei vielen das Interesse am Schicksal des Königs. Erst die rigorose Vorgehensweise der russischen und preußischen Besatzer führte im Laufe des Jahres 1814 wieder zu einem Umschwung der Stimmung und stärkte die Bindung der Sachsen an ihren Landesherrn. Die Teilung des Landes im Jahre 1815 empörte schließlich alle Sachsen. Der Zorn auf die Franzosen trat infolgedessen bei vielen zurück; er richtete sich nunmehr gegen Preußen. * Die antipreußische Stimmung, die im Jahre 1815 in Sachsen um sich griff, fand ihren Eingang in die regionalpatriotische sächsische Geschichtsschreibung, die Sachsen fortan nicht nur als Opfer Napoleons, sondern zugleich als Opfer Preußens hinstellte. Die sächsisch-preußische Feindschaft wurde dabei auch in die Jahre 1806-1813 zurückprojiziert. In Wirklichkeit aber konnte in Sachsen im Jahre 1806 von antipreußischer Stimmung keine Rede sein. Das zeigte sich nicht nur bei der Zivilbevölkerung, sondern auch im sächsischen Militär. Die Stimmung war deutlich antifranzösisch. Selbst der Zusammenbruch der Moral in den Schlachten bei Jena und Auerstedt und Napoleons massive Werbeversuche konnten daran zunächst wenig ändern. Anfang 1807, als Sachsen ein Truppenkorps zum Kampf gegen die Preußen bei Danzig stellen musste, offenbarte sich der Widerwille, mit den Franzosen zusammen zu kämpfen, in Meutereien und Massendesertionen. Während der Kämpfe vor Danzig änderte sich die Stimmung unter den sächsischen Soldaten jedoch grundlegend. Wiederholte Anerkennungen 304

durch Napoleon und seine Kommandeure, die unterschiedslose Verleihung der begehrten höchsten französischen Tapferkeitsauszeichnung an sächsische Soldaten aller Dienstgradgruppen, die Vorbildwirkung Napoleons als Feldherr und die achtungsvolle Gleichbehandlung mit den französischen Soldaten beseitigten die Abneigung und setzten an ihre Stelle Stolz, Teil der ruhmreichen Armee Napoleons zu sein. Dagegen zeigte sich 1809 im sächsischen Militär ein deutlicher Widerwille zum Kampf gegen die Österreicher. Diese Haltung wurde z. T. durch die merklich proösterreichische Stimmung der Zivilbevölkerung mitbestimmt. Der Hauptgrund war jedoch die Tatsache, dass die sächsische Armee in den Jahren 1805-1809 nur über kurze Phasen demobilisiert worden war. Viele Offiziere hatten somit kaum noch Gelegenheit gehabt, am System der „Kompaniewirtschaft“ zu verdienen, und ihre schlechte Moral übertrug sich offenbar auf die Untergebenen. Die Stimmung änderte sich aber nach dem Beginn der Kampfhandlungen gegen die Österreicher. Neben den ersten Siegen wirkten besonders die Vorbildwirkung und Beliebtheit des Marschalls Bernadotte motivierend auf die Truppe. Längerfristig gesehen stärkte der Feldzug gegen Österreich die Bindung des sächsischen Militärs an Napoleon, denn nach dem Ende der Kampfhandlungen wurde die Armee nach französischem Vorbild reformiert. Dies führte zu einer wesentlichen Hebung des Selbstbewusstseins der sächsischen Soldaten. Der neue Geist, der mit der Reform seinen Einzug hielt, zeigte sich im Feldzug gegen Russland. Mit Kampfeseifer, Siegeszuversicht und Selbstvertrauen nahm das sächsische Heer daran teil. Im Russlandfeldzug wurden zwei Tendenzen, die sich bereits im Kampf gegen die Österreicher 1809 gezeigt hatten, besonders deutlich: Im Gegensatz zu den nachträglichen Darstellungen von sächsischen Memoirenschreibern und Militärhistorikern neigten die sächsischen Soldaten im Felde zum einen genauso zu Plünderungen und Ausschreitungen wie ihre Kameraden aus den anderen Kontingenten der napoleonischen Armee. Zum anderen war der persönliche Ehrgeiz vieler Offiziere wesentlich größer als irgendwelche Bedenken politischer Art. Zwar wurde die gute Stimmung, die zu Beginn des Russlandfeldzugs vorherrschte, durch Verpflegungsmangel, Krankheiten, Erschöpfung und die zunehmende Brutalisierung des Krieges rasch gedämpft. Aber die Kampfmoral blieb aufgrund der Siegeszuversicht verhältnismäßig lange intakt. Erst auf dem Rückzug im Herbst 1812 brach die Moral in den Verbänden der sächsischen Armee, die am Vormarsch auf Moskau teilgenommen hatten, aufgrund der hohen Verluste zusammen. Nunmehr verbreitete sich eine deutlich antifranzösische Stimmung. Die sächsischen 305

Soldaten machten die Franzosen nicht nur für die Niederlage, sondern auch für den schlechten Zustand der Armee verantwortlich und unterstellten ihnen unkameradschaftliches und rücksichtsloses Verhalten gegenüber ihren deutschen Verbündeten. Im Zuge der Verklärung des Russlandfeldzugs im antifranzösischen Sinne verbreitete sich auch die Legende, die Franzosen seien besonders rücksichtslos mit der Zivilbevölkerung Polens und Russlands umgegangen, während sich die Sachsen weitaus schonender verhalten hätten. Ausbleibende Erfolge und mangelnde Anerkennung durch die französische Führung verschärften die Konflikte. Als Sachsen im Frühjahr 1813 zum Kriegsschauplatz wurde, nahm die Abneigung der sächsischen Soldaten gegen ihre französischen Verbündeten noch stark zu. Grund waren die zahlreichen Ausschreitungen, die sich französische Soldaten in Sachsen erlaubten. Die Stimmung in der sächsischen Armee passte sich schließlich an die Stimmung der Zivilbevölkerung an und war von zunehmender Feindseligkeit gegenüber den Franzosen und dem Wunsch nach einem Ende der Allianz mit Napoleon geprägt. Wie bei der Zivilbevölkerung war allerdings auch im Militär ein Konflikt zwischen Hass auf die Franzosen und Treue zum König unverkennbar. Bei den meisten Soldaten überwog im Frühjahr 1813 (noch) die Treue zum König. Nur wenige traten in die Dienste der Verbündeten. Die schlechte Stimmung in der sächsischen Armee und der Widerwille zum weiteren Kampf an der Seite der Franzosen traten besonders deutlich nach dem Ende des Waffenstillstands vom Sommer 1813 zutage. Im September und Oktober 1813 sank die Moral auf ihren Tiefpunkt. Schuld daran war aber im Gegensatz zu nachträglichen Äußerungen sächsischer Militärs nicht nur die Abneigung gegen die Franzosen, sondern auch die immer aussichtslosere militärisch-strategische Lage. Höhepunkt der Stimmungskrise war die kollektive Fahnenflucht des Großteils der noch übrigen mobilen sächsischen Truppen während der Völkerschlacht bei Leipzig. Zwar wurde das Ereignis von sächsischen Memoirenschreibern und Historikern in starkem Maße dahingehend verklärt, dass die Truppen zu den Verbündeten übergegangen seien, um damit ihrem König und der Integrität Sachsens zu dienen. In Wirklichkeit aber lagen den meisten Überläufern solche weitreichenden politischen Motive fern. Wie bei der sächsischen Zivilbevölkerung, so trat auch im Militär erst in den Jahren 1814 und 1815 das Interesse am Schicksal des Königs wieder in den Vordergrund. Als auf dem Wiener Kongress die Teilung Sachsens beschlossen wurde und die Preußen diese mit der Teilung der sächsischen Armee einleiten wollten, kam es zu antipreußischen Ausbrüchen und offenem Aufruhr. Die antipreußische Stimmung stärkte die 306

Bindung an den Landesherrn; die meisten Soldaten stellten die Treue zum König nun nicht mehr in Frage. * Über diese meist stark ereignisbezogenen Ergebnisse hinaus sollen einige strukturelle Grundtendenzen der napoleonischen Zeit in Sachsen noch einmal besonders herausgestellt werden. Zum einen hat die Untersuchung gezeigt, dass zwischen der Stimmung der sächsischen Zivilbevölkerung und der Stimmung im sächsischen Militär erhebliche Unterschiede bestanden. Für die Zivilbevölkerung bedeutete die „Franzosenzeit“ vor allem Kriegslasten und wirtschaftlichen Niedergang. Für die sächsische Armee begann mit den Kämpfen gegen Preußen 1807 hingegen eine Zeit der Erfolge. Dieser Unterschied in der Wahrnehmung widerspiegelt sich sehr deutlich in den Memoiren und in der sächsischen Geschichtsschreibung über die napoleonische Epoche: Während das politische Bündnis zwischen Sachsen und Frankreich nach 1813 nicht mehr gerühmt wurde und schon gar nicht als sinnstiftend galt, blieb der Glanz der militärischen Siege an Napoleons Seite ungetrübt. Doch nicht nur wegen der militärischen Erfolge konnte die sächsische Armee zumindest bis zum Beginn des Russlandfeldzugs als Nutznießer des Bündnisses mit Napoleon gelten, sondern auch wegen der in den Jahren 1810-1812 vollzogenen Heeresreform. Diese brachte den sächsischen Soldaten neues Ansehen und zahlreiche Aufstiegschancen. Im zivilen Bereich wurden hingegen keine tiefgreifenden Reformen durchgeführt. Dass Napoleons Kontinentalsperre für Sachsens Wirtschaft mit der Ablösung der Manufaktur- und Hausindustrie durch die Fabrikindustrie der modernen Zeit langfristig gesehen auch eine positive Folge hatte, konnte die Bevölkerung nicht erkennen. Erst als die militärischen Erfolge mit der Niederlage in Russland ihr Ende nahmen, besannen sich auch die Soldaten wieder auf die Lasten, die Sachsen durch den Krieg tragen musste. Hatte der Stimmungswandel der Zivilbevölkerung, hin von der Napoleoneuphorie des Sommers 1807 zum Hass auf die Franzosen, bereits ab Ende 1807 eingesetzt, vollzog er sich in der sächsischen Armee erst 1812/1813. Darüber hinaus hat die vorliegende Untersuchung gezeigt, dass in Sachsen ein ausgeprägtes regionales Bewusstsein und ein starker Territorialpatriotismus vorherrschten, welche selbst in der napoleonischen Zeit recht konstant blieben. Ein Rheinbundpatriotismus, wie er sich zumindest zeitweilig in einigen der mit Napoleon verbündeten deutschen Staaten 307

fand3, entwickelte sich in Sachsen nicht. Dies lässt sich vor allem dadurch erklären, dass in Sachsen auf zivilem Gebiet in den Jahren 1806-1813 keine nennenswerten Reformen erfolgten – im Gegensatz zu anderen Rheinbundstaaten, die Napoleon als künstliche Einheiten und Musterstaaten schuf. Andererseits wurde Sachsen nach der Niederlage gegen Frankreich im Herbst 1806 auch nicht in dem Maße gedemütigt wie andere deutsche Staaten. Das Territorium, die Dynastie und die Verfassung des Kurfürstentums Sachsen als gewachsener kultureller Einheit ließ Napoleon weitgehend unangetastet. Deshalb setzte sich auch der gesamtdeutsche Nationalismus, den Preußen und Österreich propagierten4, in Sachsen nicht durch. Erst die spätere nationalistische Geschichtsschreibung und die Schaffung des „Mythos des Befreiungskrieges“ (Horst Carl) ließen vergessen, dass traditionelle Loyalitäten zu Dynastie und Territorium im Vordergrund standen und Frankreich keineswegs das einzige Feindbild war.5 1813 geriet die Treue zum Landesherrn zwar ins Wanken, weil Friedrich August I. sich nicht der Koalition gegen Napoleon anschloss. Aber bereits nach der Niederlage des französischen Kaisers im folgenden Jahr dominierte bei vielen Sachsen wieder die Loyalität gegenüber ihrem gefangenen König. Die gelegentlich vorgebrachte Behauptung, die Befreiungskriege, insbesondere das Erlebnis der Völkerschlacht bei Leipzig, hätten in Sachsen die Bildung einer nationalen Identität gefördert6, muss demnach relativiert werden. Da Sachsen als einziger der großen deutschen Staaten als Verlierer aus den Befreiungskriegen hervorging, verstärkte sich ab 1815 der Territorialpatriotismus; infolge der Teilung des Landes durch Preußen stand nun nicht mehr das Antifranzösische, sondern das Antipreußische im Vordergrund. Dies widerspiegelt sich sehr deutlich an der älteren sächsischen Geschichtsschreibung, die Sachsen als unschuldiges Opfer im Spiel der Mächte hinstellte.7 Dabei wurde die sächsischpreußische Feindschaft in Ereignisse zurückprojiziert, bei denen sie sich in Wirklichkeit nicht nachweisen lässt. Das prägnanteste Beispiel dafür ist das angeblich von Preußen erzwungene Bündnis gegen Napoleon im Herbst 1806. 3 4 5 6 7

Vgl. dazu Schuck, Rheinbundpatriotismus. Vgl. dazu Burgdorf, Reichsnationalismus, bes. S. 183-185. Dies gilt nicht nur für Sachsen, sondern auch für andere deutschen Staaten wie Bayern und Hannover (vgl. dazu Carl, Der Mythos, bes. S. 80 f.). So Espagne, Le creuset allemand, S. 3. Vgl. dazu Töppel, Zwischen Altem Reich und Deutschem Bund.

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Die Untersuchung der Stimmung sowohl in der Zivilbevölkerung als auch im Militär sowie die Analyse der zeitgenössischen Wahrnehmung von Kriegslasten ermöglicht zugleich die kritische Untersuchung der sächsischen Geschichtsschreibung und ihrer Legendenbildung. Zu dieser weitgespannten Thematik, die in dieser Arbeit nur anhand der einschneidenden Ereignisse der Jahre 1806-1813 spotartig beleuchtet werden konnte, wären weitergehende Forschungen wünschenswert. Die vorliegende Studie soll dazu einen Anstoß geben.

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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

I. Unveröffentlichte Quellen Privatbesitz Lantzsch, Carl Gotthelf: Notitzen aus meinem Leben, Frankenberg 1845 [Ms.], Abschrift im Besitz von Herrn Horst-Hermann Süßmilch, Bonn. Süßemilch, Heinrich Gottlob: Tagebücher 1806-1813, Originale im Besitz von Herrn Horst-Hermann Süßmilch, Bonn.

Ratsarchiv Görlitz Anton, Christian Gotthelf: Christian Gotthelf Antons, Buchhändlers in Görlitz, Tagebuch über die Kriegsereignisse der Jahre 1813-1815, Abschrift von 1841, 2 Bde., Bd. 1: Varia 233; Bd. 2: Varia 234. Diarium Consulare. Eingangsjournal des regierenden Bürgermeisters, Bde. 1812-1813 u. 1813-1814, ohne Signatur.

Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden (HStA Dresden) Acta, die den Leipziger Kaufleuten angeschuldigte Theilnahme an dem unerlaubten Handel mit England und die deshalb und sonst ergriffenen Maasnehmungen betreffend, Ao. 1811-1813, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1396/5. Acta, die Sächsischen Deserteurs und deren Begnadigungs-Gesuche, ingleichen den von Zeit zu Zeit ergangenen General-Pardon betreffend, vom Jahr 1764 bis mit 1797, 1810, 1811, 1814, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 1093/6. Acta, verschiedene Anbringen der Kaiserlich Französischen Gesandtschaft und anderer Französischer Behörden betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: 1805-1808, Loc. 2463/1; Bd. 2: 1809-1810, Loc. 2499/4; Bd. 3: 1811-1812, Loc. 2507/4; Bd. 4: 1813-1818, Loc. 2509/5. Acten, die hohe geheime Polizei im Jahr 1812 betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1, Loc. 1430/5; Bd. 2, Loc. 1430/6. Aufsätze über die politischen Verhältnisse des K. Sachsen 1807 und 1811. Aus den Papieren des Baron v. Just, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3251/15. Auszug aus dem, bei dem Avant Corps unter Befehl des Herrn General Majors Baron von Gutschmid, gehaltenen Journal während des Feldzuges in Oesterreich ao. 1809, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 84.

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Bose, Georg Carl: Tagebücher und Briefe aus den Jahren 1809, 1812, 1813 u. 1814 des Capitains Georg Carl v. Bose, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 86. Böttigers Gedanken über den Krieg 1812. Erinnerungen und Ansichten eines Sachsen beim jetzigen Krieg, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2645/6. Brief des Musquetiers Gottlob Nelckenbrecher vom 20. Juli 1807, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 81 [= Original; Abschrift ebd., Nr. 80]. Briefe des Majors im Regimente „Clemens Chevauxlegers“ Joseph Franz Freiherr v. Rohrscheidt an den Major George Friedrich Bonniot aus Pressburg, August u. September 1809, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 16. Briefwechsel des Königs Friedrich August von Sachsen mit Napoleon und seiner Umgebung 1806-1813, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: Schreiben des Königs 1806-1809, Loc. 2760/10; Bd. 2: Schreiben Napoleons 1806-1808, Loc. 2760/11; Bd. 3: Schreiben des Königs 1808-1809, Loc. 2760/12; Bd. 4: Schreiben Napoleons 1809-1811, Loc. 2760/13; Bd. 5: Schreiben des Königs 1810-1811, Loc. 2760/14; Bd. 6: Schreiben Napoleons 1812-1813, Loc. 2760/15; Bd. 7: Schreiben des Königs 1812-1813, Loc. 2760/16. Correspondance de Monsieur le Comte Marcolini avec le Baron de Just à Paris. Aus den Papieren des Barons von Just, (1808), 1813, (1814), Geheimes Kabinett 10026, Loc. 3251/17. Dallwitz, Johann Carl von: Tagebücher aus den Jahren 1812-1815 und 1849 des Souslieutenants (Hauptmann) Johann Carl v. Dallwitz, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 88. Frenzel, Christian Friedrich: Lebenslauf von unserem Kamerad Christian Friedrich Frenzel aus Schlettau, Personennachlass Christian Friedrich Frenzel (1780-1864), 12676, Nr. 1. Geheime Polizei, Nachrichten über dieselbe 1812, Kriegsnachrichten 1813, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 30087. Gersdorff, Karl Friedrich Wilhelm von: Journal, geführt während des Feldzuges vom Jahre 1807 von dem Major im Regiment Albrecht Chevaux-legers und General-Adjutant von Gersdorff, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82. Gersdorff, Karl Friedrich Wilhelm von: Meine Verhältnisse zu König, Armee und Vaterland, Personennachlass Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff (1765-1829), 12684, Nr. 87. Ideen über die Verteidigung Dresdens 1808 und die Verschanzung von Praga und Modlin und Tagebücher aus dem Jahre 1813 von Karl August v. Bose, zuletzt sächs. Generalmajor und Generaladjutant, dann in preußische Dienste, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 91. Kriegssachen, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1: bis mit 16. Mart., Loc. 2510/2; Bd. 2: vom 17.-31. Mart., Loc. 2510/3; Bd. 3: April, Loc. 2510/4; Bd. 4: May, Loc. 2510/5; Bd. 5: Jun., Loc. 2510/6; Bd. 6: Julius 1813, Loc. 2403/4; Bd. 7: August 1813, Loc. 2403/5; Bd. 8: September und October 1813, ingl. ais. 1815 und 1816, Loc. 2403/6. Kriegstagebücher und Rapporte verschiedener Truppenteile, 21. September bis 1. November 1806, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 78.

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Kühne, Johann Gottlob: Tage-Buch oder Marschverzeichnis für Johann Gottlob Kühne des II. Schützen-Regiments der 7. Compagnie 1813, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 89. Leyßer, August Wilhelm Friedrich von: Tage-Buch des Königl. Sächs. Obersten, Kommandeur der Garde du Corps, Freiherr von Leyhser, die Schlacht von Mosaisk und seine Gefangenschaft betreffend, Abschrift, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 87. Ministerial-Schreiben an verschiedene Personen (Grafen Marcolini, Graf Vitzthum, pp.) vom 6. November bis 27. Dezember 1813, und Antworten derselben, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 952/13. Miscellanea, Die Kriegsgeschichte der Jahre 1813-1815 [...] betreffend, Geheimes Kabinett 10026, Bd. 1, Loc. 3065/6. Papiere aus dem Besitz des Geheimen Legationsrats Breuer, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2645/1: 1804-1829; Loc. 2645/3: Verschiedene auf die Zeitereignisse und politischen Verhältnisse bezügliche Papiere 1809; Loc. 2645/5: Aufsatz des Oberförsters Seibt, die Ereignisse in den Jahren 1811-1815 betreffend (1865); Loc. 2645/8: Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bildung im Königreich Sachsen, Anfang 19. Jahrhundert. Plötz, Christian Siegmund: Erinnerungen aus dem Feldzuge in Polen 1807, das mobile königlich sächsische Corps, vorzüglich aber das zu selbigem gehörende Grenadier-Bataillon von Cerrini betreffend. Vom damaligen Leutnant dieses Bataillons, jetzigen pensionierten Obersten Ploetz, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 37. Privatbriefe an den Proviantoffizier Gärtner, 1812, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 17. Probsthayn, Friedrich Gottlieb: Tagebuch aus der Campagne 1813, 1814 & 1815, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 93. Probsthayn, Friedrich Gottlieb: Tagebuch vom Capitain Probsthayn, der Kgl. Sächs. 2. reitenden Batterie, vom 1. Mai 1813 bis 29. Sept. 1814, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 92. Rangliste der Generalstabs- und Ober-Officiers im Februar 1815, deren Erklärungen für königl. sächs. oder preuß. Dienste, Protokolle über die Teilung d. Königl. Sächs. mobilen Corps ao. 1815, Geheimes Kriegsratskollegium 11241, Musterungslisten, Nr. 3007. Schneider, Karl August: Erinnerungen aus dem Feldzug 1809 in Oestreich vom Oberstleutnant Schneider, geschrieben im Februar 1836, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 82. Verschiedene Concepte vom October 1806 bis März 1807 bezüglich der Neutralitätsund Friedensunterhandlungen mit dem Französischen Kaiser zu Berlin und Posen v. J. 1806 und 1807, Geheimes Kabinett 10026, Loc. 2761/1. Vollborn, Friedrich: Erlebtes während der Jahre 1808/1815, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 83. Zeschau, Heinrich Wilhelm: Tagebuch des Generals von Zeschau während des Feldzuges 1809, Militärgeschichtliche Sammlung 11372, Nr. 85.

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Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Handschriftenabteilung Hohlfeld, Christoph Christian: Tagebuch der Geschichte Dresdens im neunzehnten Jahrhundert, 1801-1836, Msc.Dresd.d.71. Larisch, Ferdinand Heinrich August von: Tagebuchaufzeichnungen 1805-1818, 5 Bde., Msc.Dresd.d.70m. Nachlass Karl August Böttiger, 297 Bde., Msc.Dresd.h.37. Nachlass Wilhelm von Just, 12 Bde., 1775-1824, Msc.Dresd.h.38. Röber, Heinrich Benjamin: Tagebuch merkwürdiger Begebenheiten und Veränderungen zu Dresden, 12 Bde., 1800-1840, Msc.Dresd.d.79-90. Vogel, Johann Ludwig: Die Belagerungen von Torgau und Wittenberg 1813 und 1814, Berlin 1844, H.Sax.H.1837: Exemplar mit handschriftlicher „Berichtigung“ des Autors.

Stadtarchiv Bischofswerda Ordres etc. aus dem Kriege 1809-1814, Sammlung „Militärisches“, 7318. Sammlung „Chronik“, 361.21, K-R, Schlagwort „Napoleon“. Schriften etc. aus dem Kriege 1808-1813, Sammlung „Militärisches“, M 321.

Stadtarchiv Dresden Helbig, Karl August: Helbig’s Dresdner Tagebuch 1801-1820, 3 Bde., Hs.Hist.Dresd. 31.f. Nachlass der Familie Körner, 1679-1915, 16.1.2.

Unveröffentlichte Darstellungen Eschert, Jens: Friedrich August I. und die Völkerschlacht bei Leipzig von 1813. Ereignis und Deutung unter Berücksichtigung von Handlungsoptionen und -spielraum des sächsischen Königs, Dresden 2006 [Magisterarbeit, eingereicht am Institut für Geschichte der Technischen Universität Dresden]. Jenak, Rudolf: Carl Friedrich Wilhelm von Gersdorff und die Militär-Reform im Königreich Sachsen (1809-1813). Nach Aktenstücken aus seinem Nachlaß und anderen Archivalien beschrieben, Dresden 2003 [Ms.]. Jenak, Rudolf: Der Tugendbund und die sächsische Geheimpolizei im Jahre 1812. Eine Studie nach Akten des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden, Dresden o. J. [Ms.].

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Jenak, Rudolf: Die unerfüllten Territorialwünsche des Königreichs Sachsen vom Sommer des Jahres 1813. Eine Analyse unbekannter oder wenig bekannter sächsischer und kaiserlich-französischer Dokumente des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden, Dresden 2003 [Ms.]. Jenak, Rudolf: Sächsisch-Österreichischer Interessenabgleich im Vorfeld der Convention vom 20. April 1813 und Nachwirkungen auf die Stellung des Königreichs Sachsen zu Frankreich im Sommer und Herbst 1813. Eine Studie nach Akten des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden, Dresden 2004 [Ms.]. Jenak, Rudolf: Zeitgenössische amtliche Dokumente aus der Tätigkeit und dem Umfeld des General-Gouvernements im Königreich Sachsen (Oktober 1813-Juni 1815), Dresden o. J. [Ms.]. Ritzow, Walter: Einquartierung. Ihre Aufgabe und ihre Last, o. O., o. J. [Ms.].

II. Zeitgenössische Bekanntmachungen und Flugschriften HStA Dresden, Sa 180: Schriften aus der Regierungszeit Friedrich Augusts von Sachsen. Auswärtige Verhältnisse, 10 Bekanntmachungen [1802-1815]. SLUB, Hist.Sax.C.395: [Verschiedene Bekanntmachungen und zeitgenössische Schriften, das Kurfürstentum und Königreich Sachsen betreffend, 1764-1818]. SLUB, Hist.Sax.K.17.m: Mandate, 10 Bde., 1772-1825 [verschiedene Mandate, Bekanntmachungen, Verordnungen etc., die inneren Angelegenheiten des Kurfürstentums und Königreichs Sachsens betreffend]. SLUB, H.univ.B.80: [Verschiedene Bekanntmachungen und zeitgenössische Schriften, das Kurfürstentum und Königreich Sachsen betreffend, 1806-1814]. SLUB, H.univ.B.80.f: Proclamationen 1812-1813 [Verschiedene Bekanntmachungen und zeitgenössische Schriften, besonders die Kriegsereignisse und die Stadt Dresden betreffend].

III. Zeitgenössische Periodika1 Churfürstlich/Königlich-Sächsischer Hof- und Staats-Kalender. Leipziger Zeitung. Magazin für die Handlung und Handelsgesetzgebung Frankreichs und der Bundesstaaten. Stamm- und Rang-Liste der Chur-Sächsischen/Königlich Sächsischen Armee.

1

Die aufgeführten Titel wurden durchgängig benutzt, deshalb wird auf eine Auflistung der einzelnen Jahrgänge und Nummern verzichtet.

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IV. Gedruckte Quellen, Erinnerungen und zeitgenössische Literatur2 12. Mai 1813 auch der Schreckenstag von Schmiedefeld. Ein Augenzeugenbericht, in: Unsere Heimat, Beilage zum Sächsischen Erzähler, Jg. 18, 1938, Nr. 19 [unpag.]. 1812-1813. Sachsen, in: Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde, Jg. 29, 1901, H. 3, S. 253-258. Ahlemann, Johann Daniel: Der Leipziger Todtengräber in der Völkerschlacht. Seine Erlebnisse bei der Erstürmung Leipzigs am 19. October 1813 und die Greuel auf dem Gottesacker überhaupt, Nach einer hinterlassenen authentischen Handschrift, Nebst den Inschriften auf den Denkmälern des Johannisfriedhofes, die sich auf jene denkwürdigen Tage beziehen, Ein Gedächtnissblatt zur 50-jährigen Erinnerungsfeier, Leipzig 31863. Ankunft und Empfang Sr.K.K. Majestät Napoleons in Dresden. Eine Uebersicht der Feierlichkeiten und Feste welche dieses merkwürdige Ereigniß verherrlichten von einem Augenzeugen, Dresden 1807. Ansicht einiger Hauptzweige der Industrie und des Handels von Sachsen. Zur Berichtigung irriger Urtheile, Leipzig 1811. Antwort auf das Manifest des Königs von Preußen, Dresden 1806. Aretz, Gertrude (Hrsg.): Memoiren der Gräfin Kielmannsegge über Napoleon I., Auf Grund des Originalmanuskripts im Besitz des Grafen Guerrino zu Lynar, Dresden 1927. Aristides oder über eine gleiche Vertheilung der Reallasten und über die Aufhebung der Steuerfreiheit im Königreiche Sachsen und über die Mittel, dieselben zu erleichtern. Von einem sächsischen Patrioten bei Gelegenheit des Landtags 1811, Dresden 1811. Arndt, Ernst Moritz: Erinnerungen 1769-1815, hrsg. von Rolf Weber, Berlin (Ost) 1985. Arras, Paul (Hrsg.): Quellenbuch zur Sächsischen Geschichte. Für Schule und Haus, Bautzen 21912. Aster, Friedrich (Hrsg.): Napoleon in Dresden 1812 und 1813, in: Dresdner Geschichtsblätter, Jg. 11, 1902, H. 2, S. 85-98. Aus dem Tagebuche des Stadtschreibers Heinrich Gottlob Süßmilch. Geschrieben im Jahre 1813, in: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, 1913, Nr. 17, S. 65-67; Nr. 18, S. 69-71; Nr. 19, S. 73-76; Nr. 20, S. 79 f. Aus meinem Tagebuche. Von einem sächsischen Offizier, in: Militär-Wochenblatt, Jg. 20, 1835, H. 974, S. 5305-5307; H. 975, S. 5310-5312; H. 976, S. 5314 f.; H. 977, S. 5317-5319; Jg. 21, 1836, H. 28, S. 119-122. Bartcky, Iwan (Hrsg.): Ein alter vergilbter Soldatenbrief, in: Der Kamerad (Sächsischer Militärvereinsbund), Jg. 50, 1912, H. 28, 2. Beilage, S. 17-19. Bartonietz, Gertraud (Hrsg.): Bischofswerda während der Befreiungskriege. Der Stadtbrand vor 180 Jahren, in: Bischofswerdaer Land, H. 9, 1993, S. 24-27. Baumgarten-Crusius, Artur (Hrsg.): Die Sachsen 1812 in Rußland. Nach Tagebüchern von Mitkämpfern, Leipzig 21912. 2

Als zeitgenössische Literatur wurde solche bis einschließlich 1815 berücksichtigt.

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Baxa, Jacob (Hrsg.): Adam Müllers Lebenszeugnisse, Bd. 1, München/Paderborn/ Wien 1966. Beherzigungen für meine Mitbürger bei gegenwärtigen Zeitumständen, Dresden o. J. Beier, Karl/Dobritzsch, Alfred (Hrsg.): Tausend Jahre deutscher Vergangenheit in Quellen heimatlicher Geschichte, insbesondere Leipzigs und des Leipziger Kreises, Bd. 2, Leipzig 1911. Beitrag eines Sachsen, zur Erinnerung an Franz. Feindschaft und Freundschaft, in: Nemesis, Bd. 2, St. 4, 1814, S. 422-432. Berechnung der Requisitionen, des Lazareth- und Verpflegungs-Aufwandes, welcher dem Königreiche Sachsen durch die kriegführenden Heere verursacht worden ist. Vom 1sten Januar 1813 bis mit dem 15ten Juni 1814, o. O., o. J. Bericht einer Leipzigerin über die Völkerschlacht, in: Leipziger Kalender, Illustriertes Jahrbuch und Chronik (hrsg. von Georg Merseburger), Jg. 10, 1913, S. 115-117. Beschreibung der Feierlichkeiten bei der am 20. December 1806 erfolgten Ausrufung der Königswürde des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs, Friedrich August zu Sachsen, nebst der den folgenden Tag statt gehabten Beleuchtung der Königl. Haupt- und Residenzstadt Dresden, Dresden o. J. Beschreibung der Feierlichkeiten bey der am 5. Januar 1808 erfolgten glücklichen Rückkehr von Warschau Sr. Majestät unsers allerdurchlauchtigsten und großmächtigsten Königs Friedrich August zu Sachsen und Herzogs zu Warschau nebst der an demselben Abend stattgehabten Beleuchtung der Königl. Hauptund Residenz-Stadt Dresden, Dresden o. J. Beschreibung der Feierlichkeiten, Aufzüge, Illuminationen etc. welche bey der Reise und Rückkehr Sr. Majestät des Königs von Sachsen und Herzogs von Warschau Friedrich August von Seinen getreuen Unterthanen aus Liebe und Ehrfurcht veranstaltet worden sind, Dresden 1808. Beschreibung der Feierlichkeiten, und der Beleuchtung in Leipzig, am 25. September 1808, als am Tage der Ankunft unsers geliebten Königs, o. O., o. J. Beschreibung der Feyerlichkeiten, wodurch die Stadt Leipzig Ihrem Landesherrn zu der erlangten Königs-Würde am 1. Januar 1807 Glück wünschte. Nebst einem Anhange der merkwürdigsten Inschriften, Leipzig 1807. Beschreibung der Illumination und der übrigen Feyerlichkeiten bey der Durchreise Sr. Maj. des Königs v. Sachsen, Leipzig 1808. Bettgenhaeuser-Davignon, Adrienne (Hrsg.): Kriegsbrief einer Leipziger Mutter aus dem Jahre 1812, in: Leipziger Jahrbuch 1941 (hrsg. von Georg Merseburger), S. 179181. Bewegungen und Gefechte des Königl. Sächsischen Corps, im Feldzuge von 1812. Fragmente aus dem Tagebuche eines Officiers dieser Armee, in: Militärisches Taschenbuch, Jg. 1, 1819, S. 149-188. Bey der Ankunft Napoleon des Großen, Kaisers der Franzosen und Königs von Italien etc. etc. in Dresden am 17ten Julii 1807, o. O., o. J. Börner, Karl-Heinz (Hrsg.): Vor Leipzig 1813. Die Völkerschlacht in Augenzeugenberichten, Berlin (Ost) 1988. Brabant, Artur (Hrsg.): Im Banne Napoleons. Aus den Erinnerungen des sächsischen Generalleutnants und Generaladjutanten des Königs Ferdinand von Funck, nach der im Sächsischen Hauptstaatsarchive verwahrten Urschrift, Dresden 1928.

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Brabant, Artur (Hrsg.): In Russland und in Sachsen 1812-1815. Aus den Erinnerungen des sächsischen Generalleutnants und Generaladjutanten des Königs Ferdinand von Funck, nach der im Sächsischen Hauptstaatsarchive verwahrten Urschrift, Dresden 1930. Brief eines Sachsen an einen seiner Landsleute. Aus dem Französischen übersetzt, o. O. 1810. Brief eines sächsischen Trainsoldaten vom Russischen Feldzug 1812 in seine Großenhainer Heimat, in: Aus der Heimat, Monatsbeilage zum Großenhainer Tageblatt, Jg. 2, 1911/12, S. 23. Briefe aus Sachsens unglücklichster Periode. Ein freyer Beitrag zur wahren Geschichte dieses Zeitraumes, o. O. 1815. Brück, Carl Friedrich: Beschreibung der bey der am 22. Julii 1807 erfolgten Durchreise Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen und Königs von Italien Napoleon des Grossen in der Stadt Meissen stattgefundenen Feierlichkeiten nebst einer dazu gravierten Medaille, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen, Bd. 2, 1891, S. 90-93. Buhle, Carl (Hrsg.): Erinnerungen aus den Feldzügen von 1809 bis 1816, entlehnt aus den Papieren eines Veteranen der sächsischen Armee, Bautzen 1844. Burdach, Karl Friedrich: Blicke ins Leben, Bd. 4: Rückblick auf mein Leben, Selbstbiographie, Leipzig 1848. Burkersroda Wilhelm August von: Die Sachsen in Russland. Ein Beitrag zur Geschichte des russischen Feldzugs im Jahre 1812, besonders im Bezug auf das Schicksal der Königl. Sächsischen Truppen-Abtheilung bei der großen französischen Armee, Aus dem Nachlasse des Königlich Preussischen Majors von Burkersroda, ehemaligen Offiziers des Königlich Sächsischen Regiments Garde du Corps und Adjutanten des General Freiherr von Thielmann, Naumburg 1846. Carus, Carl Gustav: Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten. Nach der zweibändigen Originalausgabe von 1865/66 neu hrsg. von Elmar Jansen, Bd. 1, Weimar 1966. Civilis, Justus [= Christian Friedrich Brachmann]: Bilder des Kriegs, vom Jahr 1813, Leipzig 1831. Colomb, Friedrich August von: Aus dem Tagebuche des Rittmeisters v. Colomb. Streifzüge 1813 und 1814, Berlin 1854. Correspondance de Napoléon Ier. Publié par Ordre de l’empereur Napoléon III., 32 Bde., Paris 1858-1870. Darstellung der Ereignisse in Dresden, im Jahre 1813. Von einem Augenzeugen, Dresden 1816. Das erfreute Sachsen. Oder: Beschreibung der Feyerlichkeiten zu Leipzig und Dresden bey der glücklichen Zurückkunft unsers innigst geliebten Königs am 22sten und 23sten December 1809, Leipzig 1810. Das illuminirte Leipzig am 1sten Januar 1807, Leipzig o. J. Daßdorf, Carl Wilhelm: Die erste Feier des Augustus-Tages auf dem Sächsischen Königs-Throne, Dresden 1807. Dassdorf, Karl Wilhelm: Beitrag zur National-Freude. Der frohen und glücklichen Rückkehr unsers allgemein verehrten Monarchen ehrfurchtsvoll gewidmet, Dresden 1808.

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Dem Könige der Sachsen Friedrich August bey Seiner Durchreise nach Warschau in Königsbrück überreicht den 11. November 1807, Dresden o. J. Dem Vater des Vaterlandes, gesungen am drey und zwanzigsten December 1806 von den in Leipzig studirenden Jünglingen, o. O., o. J. Den braven Sachsen bei ihrem Einzuge in Dresden den 30. Juni 1809, Dresden 1809. Der 23ste December 1814, ein Traum. Der 23ste December 1815, kein Traum, o. O., o. J. Der 26ste Julius. Ein Tag der Angst für Leipzigs Bewohner, Ein Gedicht voll sanfter Winke, Warnungen und Belehrungen für Bewohner der Städte und Dörfer, o. O. 1809. Der Aufenthalt des Königs von Sachsen in Leipzig während der Schlacht bei dieser Stadt, in: Der Europäische Aufseher, Jg. 2, 1815, H. 51, Sp. 401-405. Der Aufruhr der sächsischen Grenadiere in Lüttich, Anfangs Mai 1815. Nach Ursachen und Wirkungen freimüthig skizziert, Leipzig 1815. Der König von Sachsen, Friedrich August, und sein Benehmen in den neuesten Zeiten, Leipzig 1815. Die bei der am 17. Julius 1807 erfolgten Ankunft Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen und Königs von Italien Napoleon des Großen in der Residenzstadt Dresden Statt gefundenen Feierlichkeiten, nebst der Beschreibung der Beleuchtung dieser Stadt am 18. Julius 1807, Dresden o. J. Die Beleuchtungsfeyer am Friedensfeste in der höchsten Gegenwart Napoleon des Großen in Dresden am 18. Jul. 1807. Enthält die vollständige Sammlung der schönsten Gedanken und Inschriften, Dresden 1807. Die drei hohen Festtage des Friedens und der Königswürde Sachsens, der 16te, 20ste und 21ste Dezember 1806, mit Ernst und Scherz dargestellt von einem Patrioten, Dresden 1807. Die Feierlichkeiten der Königswahl, nebst den beigefügten Friedens-Artickeln, und einer Abbildung des Königl. Sächß. Hoffourier Kühn, als Herold bei der Königswahl, o. O. 1807. Die Gefangennahme König Friedrich Augusts am 19. Oktober 1813, in: Leipziger Kalender, Illustriertes Jahrbuch und Chronik (hrsg. von Georg Merseburger), Jg. 10, 1913, S. 137-142. Die Kriegsnöte vor 125 Jahren, in: Unsere Heimat, Beilage zum Sächsischen Erzähler, Jg. 18, 1938, Nr. 20 [unpag.]. Die sächsischen Kriegsgefangenen in den preußischen Staaten. Aus eigener Erfahrung von einem sächsischen Offizier niedergeschrieben, in: Ueberlieferungen zur Geschichte unserer Zeit, gesammelt von Heinrich Zschokke, Jg. 1817, S. 600-602. Döhler, Karl (Hrsg.): Ein Brief aus dem Jahre 1813, in: Sächsische Heimatblätter, Jg. 9, 1963, H. 5, S. 458-464. Donath, Friedrich/Markov, Walter (Hrsg.): Kampf um Freiheit. Dokumente zur Zeit der nationalen Erhebung, 1789-1815, Berlin (Ost) 1954. Dresdens merkwürdigste Tage, oder Beschreibung der vorzüglichsten, prächtigsten Darstellungen der Haupt- und Residenzstadt Dresdens für die Ankunft und den Aufenthalt des großen Kaysers Napoleon, Dresden o. J.

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Dressler von Scharfenstein, Franz von: Bericht eines Augenzeugen von den Operationen des 4ten, 7ten und 12ten französischen Armeecorps, unter Anführung der Generale Bertrand, Reynier und Oudinot, von Aufkündigung des Pleischwitzer Waffenstillstandes, bis nach der Schlacht bei Jüterbock, vom 14. August bis 6. September 1813, Dresden o. J. Dressler von Scharfenstein, Franz von: Darstellung der Begebenheiten in Torgau, vor, während und nach dem Rückzuge der Franzosen aus Sachsen, in den Monathen Februar, März und April 1813. Nebst einer Übersicht der Operationen der Königl. Sächsischen Truppen, bis zum Pleischwitzer Waffenstillstand, von einem Augenzeugen, Dresden o. J. Dressler von Scharfenstein, Franz von: Tagebuch der Begebenheiten in Dresden, vom 13ten bis 27ten März 1813. Vom Einrücken des Marschall Davoust, bis zur Räumung der Stadt von den französischen und zur Ankunft der ersten russischen Truppen, Dresden o. J. Dressler von Scharfenstein, Franz von: Tagebuch meiner Reise mit dem Hauptquartier des Kaisers Napoleon von Dresden nach Löwenberg und zurück nach Dresden. Bemerkungen über die Schlacht bei Dresden, über den Minister Daru und die Führung der verschiedenen Zweige der Administration der französischen Truppen, Miscellen und Anekdoten, in: ders.: Napoleon in Dresden und auf Elba, H. 2, Dresden 1816. Eckardt, M. (Hrsg.): Briefe aus den Märztagen 1813, in: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, Nr. 41, 1904, S. 161-163. Empfindungen der treusten Bürgerliebe ihrem geliebten Könige Friedrich August dem Gerechten in tiefster Ehrfurcht dargebracht von den beiden Bürgergarden zu Dresden, Dresden 1809. Empfindungen eines treuen Sachsen bei Höchst Ihro Königlichen Majestäten froher Zurückkunft von Warschau am 5. Januar 1808, Dresden 1808. Erbstein, Karl Friedrich Wilhelm: Beschreibung der Illumination des Buchhändlers M.K.F.W. Erbstein in Meissen, die er, zur Feyer der Königswürde, auf dem Altane vor seiner Buchhandlung den 8. Februar 1807 aus reiner Liebe und Dankgefühl für seinen allgeliebten König Friedrich August den Frommen und Gerechten veranstaltet hatte, aber nachher als ein Opfer der Liebe an dem Familienfeste des Königlichen Hauses den 5. März in Verbindung mit dem 2. März 1807 in tiefster Untertänigkeit darbrachte, Dresden o. J. Erdmann, Johann Christoph: Dankpredigt über Psalm 28,9 an dem Sächsischen Königsfeste den Sonntag Estomihi 1807 in der Schloss- und Universitätskirche zu Wittenberg gehalten, Wittenberg 1807. Erinnerungen aus dem russischen Feldzuge im Jahre 1812. Nach dem Tagebuche eines sächsischen Officiers, in: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, 1884, Nr. 80, S. 473-476; Nr. 81, S. 481-484; Nr. 82, S. 489-492; Nr. 83, S. 493496. Erinnerungen aus der russischen Gefangenschaft 1812 und 1813. Von einem Königl. Sächs. Offizier, Leipzig 1837.

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Erlebnisse eines sächsischen Unteroffiziers vom Regimente „Prinz Anton“ während der Feldzüge in den Jahren 1809, 1812-1815, in: Blätter für die Geschichte der sächsischen Armee, Nr. 5, Beilage zu H. 19 des „Kamerad“, Jg. 40, 1902, S. 1720; Nr. 6, Beilage zu H. 23 des „Kamerad“, Jg. 40, 1902, S. 21 f. Erzählung der merkwürdigsten Vorfälle des 26. Juli, jenes angstvollen Tages für Leipzigs Bewohner, o. O. 1809. Feierlichkeiten und Beleuchtungen, welche bei Gelegenheit der Ankunft Sr. Majestät des Kaisers von Frankreich und Königs von Italien, Napoleon des Großen, in der Königl. Haupt- und Residenzstadt Dresden Ihm zu Ehren veranstaltet worden sind, Dresden o. J. Feyerlichkeiten und Beleuchtung in Leipzig veranlaßt durch die Annahme der Königswürde unsers Allergnädigsten Landesvaters Friedrich August Königs von Sachsen. Am 1. Januar 1807, Leipzig o. J. Feyerlichkeiten vor und bey Napoleons I. Abreise von Dresden. Nebst der Illumination am 18. July mit den Inschrifften in Gassen und Gäßchen, Häusern und Pallästen, Fortsetzung der Schrift: Napoleon der Große in Dresden, nicht in der Geisterstunde, sondern bey völliger Nüchternheit am hellen Tage geschrieben, Dresden o. J. Flössel, Karl Rudolph August: Erinnerungen an die Kriegsdrangsale der Stadt Görlitz im Jahre 1813, Görlitz 1863. Flüchtige Skizze der Schlacht bei Moszaisk, mit alleiniger Berücksichtigung der sächs. Reiterbrigade. Kurz nach der Katastrophe in die Brieftasche gezeichnet von einem Veteranen und Mitkämpfer, in: Der Kamerad (Sächsischer Militärvereinsbund), Jg. 1, 1863, H. 20, S. 158 f. Frey: Was hat das Königreich Sachsen unter der Franzosenherrschaft gelitten?, in: Neue Posaune der Zeit, H. 2, Stück 2, 1813, S. 20-23. Friedrich, Wilhelm: Kurzweilige und wahrhafte Beschreibung der Schlachten bey Leipzig und alles dessen, was sich vor- und nachher zugetragen hat. Zu Nutz und Frommen seiner lieben Landsleute schlicht und einfältig erzählt von einem Augenzeugen und mit manchen hübschen Bemerkungen, mit gar lustigen Anekdötchen und erbaulichen Gesprächen Napoleons versehen, Leipzig 1814. Friesen, Richard Freiherr von: Erinnerungen aus meinem Leben, Bd. 1, Dresden 21882. Frost, Gustav (Hrsg.): Dresdens schrecklichste Augusttage. Nach den Aufzeichnungen des Landwirthes Johann Christian Frost, der theilweise Augen- und Ohrenzeuge der Schlacht bei Dresden war, in: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, Nr. 100, 1901, S. 397 f. Funck, Ferdinand von: Erinnerungen aus dem Feldzuge des sächsischen Corps, unter dem General Grafen Reynier, im Jahre 1812. Aus den Papieren des verstorbenen Generallieutenants von Funck, Dresden/Leipzig 1829. Funck, Ferdinand von: Fragment aus den handschriftlichen Memoiren des verstorbenen Königlich Sächsischen Generallieutenants von Funck. Aus dem Monat October 1806, in: Minerva, 1833, Bd. 4, S. 359-406. Funck, Z. [= Carl Friedrich Kunz]: Erinnerungen aus meinem Leben in biographischen Denksteinen und andern Mittheilungen, Bd. 1: Aus dem Leben zweier Dichter: Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann’s und Friedrich Gottlob Wetzel’s, Leipzig 1836.

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Furcht und Hoffnung im Streite. Ein Gespräch zwischen einigen Leipziger Bürgern am Tage der Durchreise ihres geliebten Königs, o. O., o. J. Gagern, Hans Christoph Ernst Freiherr von: Mein Antheil an der Politik, Bd. 1: Unter Napoleons Herrschaft, Stuttgart/Tübingen 1823. Gerhardt, Luise (Hrsg.): Karl August Böttiger und Georg Joachim Göschen im Briefwechsel, Leipzig 1911. Gersdorff, Carl de: Deux lettres adressées au Lieutenant général Comte Gérard et au Maréchal de camp Baron Gourgaud, au sujet d’une remarque Tom. I, page 180, des Notes et Mélanges de Napoléon, Dresden 1823. Gesang beym Ausmarsch der Sächsischen Truppen nach Dreßden, Leipzig 1808. Geschichte eines armen Hausvaters bei Dresden, während der letztverflossenen angstvollen Tage im Monat August. Von ihm selbst geschrieben, zum Besten seiner Familie, Dresden 1813. Goethe, Theodor: Aus dem Leben eines sächsischen Husaren und aus dessen Feldzügen 1809, 1812 und 1813 in Polen und in Russland, Leipzig 1853. Goetz, Wolfgang (Hrsg.): Napoleon. Eine Auswahl seiner Briefe, Proklamationen und Gespräche, Berlin o. J. Görlitz im Jahr 1813. Aus der Perspective des damaligen Bürgermeisters Samuel August Sohr, in: Neues Lausitzisches Magazin, Bd. 60, 1884, S. 201-245. Grohmann, Karl Gottfried: Die Braunschweiger in Zittau. Ein historisches Gemählde als Beitrag zur Geschichte des französisch östreich’schen Kriegs im Jahre 1809, Zittau 1810. Gross, Johann Carl: Erinnerungen aus den Kriegsjahren, Leipzig 1850. Hacker, Johann Georg August (Hrsg.): Predigten über die sonn- und festtägigen Evangelien des ganzen Jahres zur häuslichen Erbauung aus D. Franz Volkmar Reinhards hinterlassenen, noch ungedruckten Predigten, 4 Teile, Sulzbach 1813. Haenel, Erich/Kalkschmidt, Eugen (Hrsg.): Das alte Dresden. Bilder und Dokumente aus zwei Jahrhunderten, Bindlach 21996. Hartstock, Erhard/Kunze, Peter (Hrsg.): Die Lausitz zwischen Französischer Revolution und Befreiungskriegen 1789-1815. Eine Quellenauswahl, Bautzen 1979. Hasse, Ernst (Hrsg.): Aus alten Papieren. Kriegserlebnisse eines sächsischen Veteranen 1802-1822, in: Der Kamerad (Sächsischer Militärvereinsbund), Jg. 43, 1905, H. 5, S. 9 f. Heink, Johann Anton: Denkwürdige Momente aus Napoleon’s Aufenthalte in Sachsen. Erlebnisse eines zweiundachtzigjährigen Kreises, Dresden 1860. Hentschel, Hans (Hrsg.): Erlebnisse eines Sachsen im Heere Napoleons vor 125 Jahren. Beiträge zur Familienchronik, in: 125 Jahre Pirnaer Anzeiger, Jubiläumsausgabe, 21.10.1934 [unpag.]. Hohlfeld, Paul/Wünsche, August (Hrsg.): Der Briefwechsel Karl Christian Friedrich Krauses zur Würdigung seines Lebens und Wirkens. Aus dem handschriftlichen Nachlasse, Bd. 1, Leipzig 1903. Holzhausen, Paul (Hrsg.): Ein Verwandter Goethes im russischen Feldzuge 1812. Aus dem Leben eines sächsischen Husaren, Berlin 1912.

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Hottenroth, Johann Edmund (Hrsg.): Woldemar Hottenroth 1802-1894. Das Leben eines Malers aus hinterlassenen Aufzeichnungen, Briefen und Tagebüchern, sowie nach alten Akten, Berichten, mündlichen Überlieferungen und persönlichen Erinnerungen, Dresden 1927. Hubatsch, Walther (Hrsg.): Freiherr vom Stein. Briefe und amtliche Schriften, bearb. von Erich Botzenhart, Bd. 4, Stuttgart 1963. Hübschmann, Johann Friedrich: Was haben wir in Annaberg seit 26 Jahren erlebt? Oder: die Denkwürdigkeiten der Jahre, von Anno 1793 bis 1819, Annaberg 1819. Hußell, Ludwig: Leipzig während der Schreckenstage der Schlacht im Monat Oktober 1813 als Beytrag zur Chronik dieser Stadt. Nebst einem authentischen Berichte über die mündlichen Unterhaltungen des Kaisers Napoleon, und das, was sich während seines Aufenthalts in dem Hause zutrug, worin er vom 14. bis 18. Oktober, eine halbe Stunde von Leipzig, sein Hauptquartier hatte, Nachdruck der Auflage Leipzig 31814, Leipzig 1988. Hußell, Ludwig: Leipzigs Geschichte seit dem Einmarsch der Verbündeten im April 1813 bis zur großen Völkerschlacht im Oktober. Als Ergänzung zu: Leipzig, während der Schreckenstage der Schlacht im Monat Oktober 1813 etc. etc., Leipzig o. J. Ihrem geliebten Könige Friedrich August dem Gerechten die treuen Bürger Seiner Residenz Dresden, o. O. o. J. In Leipzig während der Völkerschlacht, in: Grautoff, Ferdinand (Hrsg.): In Leipzig während der Völkerschlacht und anderes von der Franzosenzeit aus alten Familienpapieren, Leipzig 1913, S. 63-178. Ist Chursachsen nicht eben so gut als andere ähnliche und minder mächtige Stände Teutschlands berechtigt, sich die Königs-Würde zuzueignen? Würzburg 1806. Jäckel, Günther (Hrsg.): Dresden zur Goethezeit. Die Elbestadt von 1760 bis 1815, Berlin (Ost) 1987. Jacob, Johann Gotthelf: Lebenslauf eines alten Soldaten, welcher als siebenter Sohn eines armen Dorfschuhmachers in den Jahren von 1810 bis 1819 in der Königl. Sächs. Armee diente. Von ihm selbst geschrieben, Dresden 1844. Jacob, Roland (Hrsg.): Die Franzosen 1806 vor Zwickau, in: Das Zwickauer Heimatjournal, Jg. 6, 1998, H. 4, S. 31-33. Jenak, Rudolf (Hrsg.): Sachsen, der Rheinbund und die Exekution der Sachsen betreffenden Entscheidungen des Wiener Kongresses (1803-1816). Edition von Dokumenten des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden, Neustadt an der Aisch 2005. Kircheisen, Friedrich M. (Hrsg.): Fürstenbriefe an Napoleon I., Bd. 1: Deutsche Fürsten und Fürstinnen, Stuttgart/Berlin 1929. Kleßmann, Eckart (Hrsg.): Napoleons Rußlandfeldzug in Augenzeugenberichten, München 31982. Kober, J.K.: Die kriegerischen Ereignisse um und zu Reichenbach in der Oberlausitz, im Herbste des Jahres 1813. Ein biographisches Fragment, in: Erinnerungsblätter für gebildete Leser aus allen Ständen, Jg. 2, 1814, H. 11, S. 172-176; H. 12, S. 186191; H. 13, S. 200-205; H. 14, S. 219-222; H. 15, S. 232-237; H. 16, S. 249-252; H. 18, S. 286 f.; H. 29, S. 459-464; H. 30, S. 478-480; H. 31, S. 491-496; H. 32, S. 509-512; H. 33, S. 520-528; H. 34, S. 538-544.

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Krebs, Kurt (Hrsg.): Sächsische Kriegsnot in den Jahren 1806 bis 1815. Gesammelte Aufsätze und Urkunden aus dem Archiv der Leipziger Kreisstände, Leipzig o. J. Krestin, Steffen (Hrsg.): Cottbus in der Sachsenzeit, Cottbus 2004 (= Cottbuser Blätter, Sonderheft 2004). Kretzschmar, Hellmut (Hrsg.): Lebenserinnerungen des Königs Johann von Sachsen. Eigene Aufzeichnungen des Königs über die Jahre 1801 bis 1854, Göttingen 1958. Kreußler, Heinrich Gottlieb: Wie können wir bessere Zeiten herbeyführen? In einer am XX. Sonntage nach Trinitatis in der Nikolaikirche zu Leipzig gehaltenen Predigt schriftmäßig beantwortet, Leipzig 1812. Kreyßig, Christian Gotthold: Predigt am 9ten Trinitatissonntage 1806, dem Namenstage unsers theuersten Königs, den 3ten des Augusts in der Kirche zu Wolkenstein gehalten und auf wiederholtes Verlangen dem Drucke übergeben, Annaberg 1807. Krug, Wilhelm Traugott: Krug’s Lebensreise in sechs Stazionen von ihm selbst beschrieben. Nebst Volkmar Reinhard’s Briefen an der Verfasser, Leipzig 21842. Kügelgen, Anna/Kügelgen Emma (Hrsg.): Helene Marie von Kügelgen geb. Zoege von Manteuffel. Ein Lebensbild in Briefen, Stuttgart 91928. Kügelgen, Wilhelm von: Jugenderinnerungen eines alten Mannes, Düsseldorf/Leipzig o. J. Kummer, August: Erinnerungen aus dem Leben eines Veteranen der Königlich Sächsischen Armee, Dresden 1870. Lamentation eines beim Königl. Sächs. Corps in Pohlen stehenden Unterofficiers, in müßigen Stunden von ihm selbst verfertiget, o. O. 1808. Lange, Hermann (Hrsg.): Poniatowskis Kampf gegen die Österreicher bei Penig (7.-9. Oktober 1813). Nach Tagebuchblättern eines Augenzeugen, in: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins zu Leisnig im Königreich Sachsen, H. 14, 1912, S. 82-85. Larisch, August von (Hrsg.): Oberst von Larisch. Ein Zeit- und Lebensbild, Dresden 1888. Laun, Friedrich [= Friedrich August Schulze]: Memoiren, 3 Bde., Bunzlau 1837. Lehmann, August (Hrsg.): Der Tugendbund. Aus den hinterlassenen Papieren des Mitstifters Professor Dr. Hans Friedrich Gottlieb Lehmann, Berlin 1867. Leipzig, seit dem Einmarsch der Franzosen am 18. Oktober 1806 bis zu dem in Tilsit abgeschlossenem [sic!] Frieden und Napoleons des Ersten Durchreise. Ein kleiner Beitrag zu der Geschichte dieser Stadt, Von einem stillen Beobachter, o. O. 1807. Leipziger Chronik während der Drangsale und Schrecknisse des im Sommer 1813 erneuerten Kriegs. Nebst Schilderung der mit Sturm geschehenen Einnahme der Stadt und des Rückzugs der Franzosen, Aus dem Tagebuche eines aufmerksamen Zuschauers, Leipzig o. J. Leipzigs glücklichster Tag. Veranlasst durch die frohe Ankunft des geliebten Königs Friedrich August und des hohen Königlichen Hauses, am 9. August 1809, Nebst Beschreibung der dabey veranstalteten Feyerlichkeiten und der Illumination, o. O., o. J. Leissnig, Wilhelm Ludwig: Märsche, Kriegs-Ereignisse, Terrainbemerkungen, Gefahren und Mühseligkeiten eines Königl. Sächs. Dragoner-Officiers bei der Französischen Großen Armee auf dem Zuge nach Moskau im Jahre 1812, Bd. 1: Marsch aus der Lausitz, durch Polen, Preußen, Litthauen, bis Moskau, Budissin 1828.

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Liebmann, Gottlob: Das 1813te Jahr auch für mich und meine Gemeinde traurigen, mitunter frohen Andenkens, Berlin 1814. Liebmann: Das erste Eindringen der Franzosen in Sachsen, in: Deutsche Jugendblätter, Jg. 3, 1863, S. 109 f. Lindemann, Ferdinand Levin von: Meine Gefangenschaft in Rußland in den Jahren 1812 und 1813. Ein Blick in Rußlands Größe und Herrlichkeit, Gera 21835. Lüders, Hermann (Hrsg.): Kriegsfahrten von Jena bis Belle-Alliance. Erinnerungen eines Soldaten der englisch-deutschen Legion in Deutschland, England, Portugal, Spanien, Frankreich und den Niederlanden, Leipzig 1898. Maaß, Johann: Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg aus durch einen Theil des Wittenbergischen Kreises, die Nieder- und Oberlausitz und einen Theil des Meißnischen Kreises im Spätjahre 1806 und im Frühjahre 1807 die Sitten, Gewohnheiten, den Nahrungszweig, Handel und die Industrie der Einwohner betreffend, wie auch einige Reflexionen über die äußerst merkwürdigen politischen Begebenheiten dieses Zeitraums, Wittenberg 1808. Maaß, Johann: Bemerkungen auf einer Reise von Wittenberg nach Dresden, Pirna u.s.w. im Sommer 1807 als ein Nachtrag zu den Bemerkungen einer Reise von Wittenberg in die Ober- und Niederlausitz u.s.w. wie auch Reflexionen über die politischen Begebenheiten dieses Zeitraums, Wittenberg/Leipzig 1808. Maaß, Johann: Das Glück, ein Königlich Sächsischer Unterthan zu seyn. Eine Abhandlung zum neun und funfzigsten Geburtstage unsers geliebtesten Landesvaters, Friedrich August, Königs zu Sachsen und Herzogs zu Warschau, Wittenberg 1809. Maaß, Johann: Die schrecklichen Drangsale Wittenbergs während der Belagerung durch die königlich preußischen Truppen im Jahre 1813 und 1814, Dresden/ Leipzig 1814. Maaß, Johann: Meine Fußreisen im Jahre 1809 zur Zeit des österreichischen Krieges, 2 Bde., Wittenberg/Leipzig 1810. Maaß, Johann: Wanderungen über die verödeten Gefilde Sachsens und der Oberlausitz. Kriegsdrangsale von Görlitz und der benachbarten Städte und Dörfer, im Jahr 1813, 3 Bde., Dresden/Görlitz/Leipzig 1815-1816. Malachowski, Carl von: Erinnerungen aus dem alten Preußen. Nach einer hinterlassenen Autobiographie bearb. von D. von Malachowski, Leipzig 1897. Martens, Carl von: Denkwürdigkeiten aus dem kriegerischen und politischen Leben eines alten Offiziers. Ein Beitrag zur Geschichte der letzten vierzig Jahre, Dresden/Leipzig 1848. Martens, Christian von: Vor fünfzig Jahren, Bd. 2: Tagebuch meines Feldzuges in Sachsen 1813, Stuttgart/Oehringen 1863. Marwitz, Friedrich August Ludwig von der: Jena 1806. Aus gleichzeitigen Tagebuchaufzeichnungen, Berlin 1937. Marx, Wolf (Hrsg): Die Schlacht bei Bautzen, 20. und 21. Mai 1813. Aus den Aufzeichnungen meines Urgroßvaters J.F. Roederer, in: Oberlausitzer Heimatzeitung, Jg. 7, 1926, Nr. 18, S. 263 f. Meerheim, Richard von (Hrsg.): Erlebnisse eines Veteranen der großen Armee während des Feldzuges in Russland 1812, Dresden 1860.

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Meerheimb, R. von (Hrsg.): Briefe über den Feldzug 1812 in Russland. Geschrieben an den Ufern der Wolga von General von Leyßer, ehemaligem Kommandanten der K. Sächs. Garde du Corps, in: Der Kamerad (Sächsischer Militärvereinsbund), Jg. 1, 1863, H. 1-26. Meier, Wilhelm: Erinnerungen aus den Feldzügen 1806 bis 1815. Aus den hinterlassenen Papieren eines Militärarztes, Karlsruhe 1854. Meine Reise unter die Siebenschläfer des 19. Jahrhunderts oder: Die tollen Tage vom 20. bis 23. July 1807, in: Leipziger Kalender, Illustriertes Jahrbuch und Chronik (hrsg. von Georg Merseburger), Jg. 4, 1907, S. 44-49. Meinert, Günther (Hrsg.): Handelsbeziehungen zwischen Sachsen und Italien 17401814. Eine Quellenveröffentlichung, Weimar 1974. Merbach, Paul Alfred (Hrsg.): Aus dem Leben eines sächsischen Staatsbeamten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Johann Daniel Merbach, 1777-1861). Nach seiner handschriftlichen Selbstbiographie, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte, Bd. 36, 1915, S. 84-112. Mercator Heavtontimorumenos. Parodie des Monologs aus Schillers Jungfrau von Orleans: Die Waffen ruhn u.s.w., o. O., o. J. Metzsch-Reichenbach, C. von (Hrsg.): Briefe sächsischer Offiziere aus den Kriegsjahren 1809 und 1812, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte, Bd. 23, 1902, S. 100109. Michailofsky-Danilefsky, Alexander: Denkwürdigkeiten aus dem Kriege von 1813. Nach der zweiten Auflage des russischen Originals übersetzt, Breslau/Leipzig 1837. Mittheilungen eines alten Soldaten an einen Offizier, in: Der Kamerad (Sächsischer Militärvereinsbund), Jg. 1, 1863, H. 14, S. 107-109; H. 15, S. 117; H. 16, S. 123125. Müller, Annemarie (Hrsg.): Aus den Lebenserinnerungen von Gustav Deutschmann (1807 bis 1886), in: Kleine Schriften des Torgauer Geschichtsvereins, H. 11, 1999, S. 29-49. Nachtrag zu der Beschreibung der Feierlichkeiten bei der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers und Königs Napoleon des Großen in der Residenzstadt Dresden im Monat Julius 1807, Dresden o. J. Napoleon der Große in Dresden. Auszug aus dem Tagebuche eines Weltbürgers, geschrieben in der Geisterstunde des 18. July 1807, Dresden o. J. Napoleons Ankunft vor Leipzig am 23sten July 1807, o. O., o. J. Naumann, Robert (Hrsg.): Aus dem Jahre 1813. Mittheilungen den Mitgliedern des Vereines zur Feier des 19. Octobers in Leipzig gewidmet, Leipzig 1869. Naumann, Robert (Hrsg.): Die Völkerschlacht bei Leipzig. Nebst Nachrichten von Zeitgenossen und Augenzeugen über dieselbe, Leipzig 1863. Naumann, Robert (Hrsg.): Zum 19. October 1864. Festschrift den Mitgiedern des vor fünfzig Jahren am 19. October 1814 gegründeten Vereines zur Feier des 19. Octobers gewidmet, Leipzig 1864. Nieritz, Gustav: Selbstbiographie, Leipzig 1872. Nitzsch, Carl Immauel: Ein Stück Wittenberger Geschichte aus dem Jahre 1813 (Mai) bis 1814 (Januar). Vortrag, im evangelischen Verein am 21. März 1859 gehalten, Berlin 1859.

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ORTSREGISTER

Adorf 245 Altenburg 249 Amstetten 246, 247 Annaberg 58, 89, 90, 158, 209 Artern 28 Aspern 52 Auerstedt 27, 51, 61, 62, 79, 82, 84, 86, 225, 228, 301, 304 Barby 97 Basel 78 Bautzen 40, 41, 42, 65, 68, 115, 134, 171, 177, 178, 179, 223, 271, 272, 276 Berlin 28, 80, 85, 156, 224, 276 Birkenhain 56 Bischofswerda 19, 43, 68, 158, 178, 201, 202, 203, 204, 272, 303 Borna 117, 168 Borodino 258, 264, 265 Braunsdorf 211 Bremen 122 Breslau 66, 82, 111, 176 Brjansk 262 Chemnitz 47, 55, 56, 59, 64, 69, 100, 106, 124, 126, 156, 179, 218 Colditz 168 Cottbus 133, 175 Crossen 38 Danzig 62, 89, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 237, 239, 304 Dennewitz 276, 277, 280, 281 Dessau 278 Dorla 97 Dresden 15, 28, 31, 32, 34, 36, 40, 43, 44, 46, 47, 48, 49, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 62, 64, 65, 66, 67, 68, 70, 71, 75, 79, 80, 81, 82, 84, 85, 88, 91, 92, 93, 94, 114, 115, 116, 117, 119, 120, 124, 126, 136, 145, 146, 148, 149, 150, 151, 153, 155, 157, 159, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 172, 175, 176, 179, 181, 187, 190, 195, 196, 197, 198,

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199, 200, 201, 203, 204, 207, 208, 209, 210, 212, 216, 220, 221, 222, 224, 228, 233, 240, 243, 244, 272, 275, 297 Dürrenberg 28 Eckmannsdorf 87 Eilenburg 282 Elbenau 97 Erfurt 121 Eutritzsch 57 Fiume 123 Fontainebleau 122, 123, 124, 127 Frankfurt am Main 118, 155 Frankfurt an der Oder 66 Freiberg 31, 168 Friedland 62, 236, 238 Gansgrün 31 Gautzsch 69 Gohlis 30 Goldbach 158 Görlitz 19, 41, 42, 44, 45, 47, 49, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 74, 75, 131, 156, 157, 158, 172, 176, 177, 178, 206, 207, 208, 209, 298 Gommern 97, 229, 297 Gotschdorf 73 Grimma 57, 58, 168 Großbeeren 276, 277 Großschönau 107, 108 Halle 66 Hamburg 122, 127 Heilsberg 238 Heiterblick 285, 286 Hennersdorf 43, 75 Herzberg 38, 39 Hochkirch 41 Jahnishausen 169 Jena 27, 62, 74, 79, 82, 84, 86, 168, 225, 226, 227, 228, 229, 243, 301, 304 Jüterbog 69, 87, 162

Kalisch 188 Kamenz 297 Kieslingswalde 66 Klein Düben 73 Kobrin 263 Königsbrück 73 Königshain 43 Königstein 162, 186 Kösen 28 Kottmarsdorf 74

Naumburg 14, 37, 124, 126, 134, 135, 139, 149 Neudorf 42 Neudörfchen 45 Neukirchen (bei Freiberg) 31 Neukirchen (bei Wilsdruff) 73 Neuschönau 107 Neustadt an der Orla 38 Niesky 218 Nossen 168

Langenau 42 Lauban 67, 131, 177 Leipzig 14, 15, 20, 28, 29, 32, 34, 36, 40, 43, 45, 47, 48, 49, 54, 57, 58, 60, 66, 69, 80, 82, 83, 85, 86, 93, 94, 98, 99, 109, 111, 112, 113, 114, 115, 119, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 136, 137, 138, 139, 144, 149, 152, 153, 154, 155, 157, 158, 168, 169, 176, 177, 189, 199, 205, 208, 209, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 220, 243, 281, 285, 286, 287, 290, 292, 293, 294, 299, 304, 306, 308 Leisnig 168 Lichtenhain 120 Liebethal 211 Liebschwitz 31, 109 Liebstadt 95 Limbach 41, 56 Linz 245, 246, 247, 248, 249, 250 Löbau 73, 74 Lübbenau 297 Lübeck 122 Lüttich 296, 298 Lützen 41, 49, 65, 71, 72, 168, 195, 198, 199 Lunéville 79

Oberseifersdorf 43 Oldenburg 123 Oranienbaum 254

Madrid 96 Magdeburg 227, 229, 297 Mainz 192 Markersdorf 42 Meißen 14, 34, 36, 39, 40, 41, 46, 53, 55, 56, 57, 58, 69, 70, 83, 117, 148, 155, 167, 208 Merseburg 14, 134, 187, 295 Mokraja 262 Moskau 149, 151, 262, 263, 266, 267, 269, 305

Paris 18, 91, 94, 155, 164, 183, 186, 191 Paunsdorf 285, 286 Pegau 97, 168 Penig 178 Penzighammer 67 Pirna 126, 211 Plauen 31, 102, 168, 183, 187, 192, 197 Plaußig 66, 69 Podelwitz 30, 33 Pöhl 31 Poritsch 58 Posen 27, 29, 35, 40, 62, 87, 88, 89, 140, 230, 231, 232, 233, 235, 301 Potsdam 146 Prag 174, 187, 192, 193, 194, 195, 197, 200, 207 Queis 30 Ranis 97 Regensburg 192, 193, 197 Reichenbach 40, 75 Rochlitz 168 Rom 96 Saalburg 226 Saalfeld 81, 226 Schandau 120 Schleiz 226 Schlieben 39 Schmochtitz 42 Schönbrunn (in Österreich) 121 Schönbrunn (Studniska) 42 Schönefeld 45 Schwemsal 28

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Seifertshain 60 Smolensk 262, 266, 270 Sora 42 Sorau 38, 175 Straßberg 31 Straßburg 192 Straubing 250 Tanneberg 73, 155 Teplitz 259 Teschen 78 Tilsit 36, 90, 91, 94, 97, 98, 103, 131, 134, 243, 258, 301 Torgau 31, 33, 46, 47, 108, 111, 158, 164, 169, 170, 185, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 216, 272, 273, 274, 278, 295 Trebitz 111 Treffurt 97 Trianon 121, 122, 123, 124, 125, 127 Triest 123 Triestewitz 170 Volkovysk 261

354

Wagram 242, 246, 250, 251, 252, 253, 254, 255 Warschau 51, 62, 91, 98, 103, 156, 188, 239 Waterloo 195 Weißenfels 135, 154, 157, 168, 216 Weißig 272 Wels 250 Wien 184, 193, 253 Wilsdruff 41, 42, 55, 56, 73, 117, 156, 211 Wittenberg 26, 28, 29, 43, 47, 61, 82, 83, 85, 90, 92, 111, 134, 139, 156, 158, 194, 216, 229, 273 Wolkenstein 140 Wurschen 41 Wurzen 74, 165 Zeitz 14, 37, 38, 139 Zittau 51, 55, 58, 75, 114, 116, 203, 209, 218, 221 Znaim 121 Zodel 45 Zörbig 30

PERSONENREGISTER

Alexander I., Kaiser von Russland 21, 24, 48, 161, 177, 178, 179, 180, 187, 188, 197, 222, 266 Am Ende, Carl Friedrich 51, 52, 53, 54, 57, 117 Amalie, Prinzessin von Sachsen 91, 115, 209, 213 Anton, Christian Gotthelf 19, 65, 66, 70, 163, 176, 177, 178, 194, 195, 197, 207, 211, 220, 222, 223, 298 Anton, Prinz von Sachsen 115 Arndt, Ernst Moritz 174, 189, 215 Augusta, Prinzessin von Sachsen 79 Barclay de Tolly, Michel 174 Beauharnais, Eugène de 47, 164 Beierweck, Joseph von 54 Benkendorf, Konstantin von 170 Bennigsen, Levin August Gottlieb von 75 Bernadotte, Jean-Baptiste 50, 240, 246, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 257, 280, 305 Bernhard, Prinz von Sachsen-WeimarEisenach 244 Beroldingen, Joseph Ignaz von 209 Berthier, Louis-Alexandre 29, 34, 46, 280 Bertrand, Antoine Joseph 44, 48, 212, 214 Bertrand, Henri Gratien 231 Birnbaum, Christian Gottfried 286 Blücher, Gebhard Leberecht von 64, 66, 165, 170, 173, 174, 175, 176, 177, 180, 215, 296 Böhme, Friedrich August Wilhelm 289 Bose, Karl August von 274 Bose, Carl Hieronymus von 227 Bose, Friedrich Wilhelm August Carl von 62 Bose, Georg Carl von 265, 266 Böttiger, Karl August 23, 57, 58, 113, 150, 152, 210, 215, 219, 221, 287 Bourgoing, Jean-François de 119 Brachmann, Christian Friedrich (Pseudonym: Justus Civilis) 171, 205

Brand, Carl Friedrich von 54, 63, 136, 146, 147, 148, 151, 167, 170, 171, 200 Brause, Friedrich August Wilhelm von 279, 285, 286, 288, 293 Breuer, Friedrich Ludwig 168, 193 Bülow, Friedrich Wilhelm von 280 Bünau, Heinrich von 254, 278, 279, 280, 281 Burdach, Karl Friedrich 81, 83, 86, 88, 112, 114, 118 Burgsdorff, Henriette von 157 Burgsdorff, Ludwig Christoph von 158, 161, 162, 163, 165, 171, 174, 175, 179, 190, 194, 197, 198, 271 Burkersroda, Adolph Samson von 136 Burkersroda, Wilhelm August von 262, 263, 265, 267, 270 Burstini, Georg von 201, 203 Carlowitz, Carl Adolf von 187, 197, 198, 216 Carlowitz, Georg Friedrich August von 218 Carus, Carl Gustav 34, 83, 168, 169 Casanova, Jean Toussaint Arrighi de 43 Caulaincourt, Armand de 196, 282 Cerrini, Franz von 232, 233 Civilis, Justus (siehe Brachmann, Christian Friedrich) Colloredo-Mannsfeld, Hieronymus von 59 Colomb, Friedrich August von 176 Daru, Pierre Antoine 28 Davout, Louis Nicolas 111, 163, 164, 165, 167, 168, 239, 272 Döbritz, Johann Gottfried 286 Dörnberg, Ludwig Wilhelm von 132 Dörrien, August 40, 125, 127, 131, 137 Dressler (von Scharfenstein), Franz von 163, 271, 274, 276 Dufour, Ferdinand 85, 102 Dumas, Guillaume Mathieu 47, 48 Durosnel, Antoine Henri 47, 48, 212 Durutte, Pierre François Joseph 270

355

Dyherrn, Ludwig Ferdinand von 51 Dziembowski, Carl Anton Philipp von 83, 214 Einsiedel, Detlev von 48, 65, 196 Erdmann, Johann Christoph 140 Esterhazy, Paul Anton 183, 193 Fabrice, Friedrich von 285, 286 Flex, Daniel 43 Flössel, Karl Rudolph August 154, 163, 164, 172, 177, 215, 271 Fournier-Sarlovèse, François Louis 268, 269 Frank, August Heinrich 38 Franz II. (I.), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (Kaiser von Österreich) 52, 79, 115, 183, 193 Frenzel, Christian Friedrich 227, 234, 239, 243, 247, 248, 284, 289 Friedrich August III. (I.), Kurfürst (König) von Sachsen 13, 23, 63, 65, 78, 79, 80, 83, 84, 88, 91, 92, 94, 95, 96, 97, 98, 100, 115, 116, 118, 119, 123, 138, 139, 140, 141, 155, 164, 174, 180, 181, 182, 183, 184, 187, 188, 189, 190, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 205, 206, 213, 214, 216, 218, 219, 220, 221, 222, 224, 228, 234, 243, 273, 275, 279, 287, 289, 293, 294, 295, 296, 297, 298, 299, 301, 302, 303, 308 Friedrich Christian, Kurfürst von Sachsen 13 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 63, 65, 80, 119, 132, 139, 147, 148, 177, 178, 179, 180, 224 Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig 36, 51 Friedrich, Caspar David 114 Friedrich, Wilhelm 219 Friesen, Johann Georg Friedrich von 80, 195, 196 Friesen, Richard von 68 Frost, Johann Christian 66 Funck, Karl Wilhelm Ferdinand von 13, 78, 79, 84, 86, 89, 91, 93, 165, 167, 184, 199, 205, 207, 209, 219, 225, 227, 228, 229, 230, 231, 235, 239, 241, 242,

356

244, 245, 249, 250, 258, 260, 263, 266, 270, 272, 275 Gablenz, Heinrich Adolph von 273 Gärtner, Johann Gottfried 146 Gehler, Johann August Otto 131, 138, 143, 144, 151, 152, 153, 154, 157, 158, 205 Geißler, Christian Benjamin 95 Gersdorff, Karl Friedrich Wilhelm von 130, 184, 185, 231, 233, 238, 253, 254, 256, 273 Glaffey, Rudolf Friedrich Christian von 232 Glaßer, Gustav Adolf Wilhelm von 293 Globig, Hans Ernst von 48 Gnauk, Gottlieb 43 Gneisenau, August Neidhardt von 63, 64, 70, 72, 73, 165, 173, 175, 189, 215, 222 Goethe, Johann Wolfgang von 180, 181 Goethe, Theodor 259 Görtz, Karl Heinrich Wilhelm von 224 Göschen, Georg Joachim 23, 34, 58, 96, 113, 194, 216, 217 Götzen, Friedrich Wilhelm von 80, 119, 224 Gouvion Saint-Cyr, Laurent de 47, 48 Grohmann, Carl Gottfried 231 Gross, Johann Carl 48, 81 Grouchy, Emmanuel de 238 Gruner, Karl August 176 Hardenberg, Karl August von 63, 64, 70, 165, 173, 175 Heink, Johann Anton 93 Helbig, Karl August 19, 162 Helldorf, Ferdinand Heinrich von 136 Herrmann, Carl 175 Hofmeister, Friedrich 66 Hohenthal, Carl Ludwig August von 69, 136, 137, 151, 189, 190 Houwald, Christian Gottlob von 217 Hubrig, Johann Gottfried 72 Hübschmann, Johann Friedrich 58, 89, 90 Hußell, Ludwig 49, 171 Jacob, Johann Gotthelf 145, 146 Jérôme Bonaparte, König von Westfalen 36, 54, 79, 120 Johann, Prinz von Sachsen 151, 209

Joseph II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 78 Just, Friedrich August von 38 Just, Wilhelm August von 17, 18, 20, 38, 78, 91, 125, 127, 130, 131, 137, 138, 148, 164, 167, 174, 183, 185, 186, 191, 225 Kalkreuth, Friedrich Adolf von 61 Karl August, Herzog von SachsenWeimar-Eisenach 244 Karl Wilhelm, Herzog von Braunschweig 51 Karl, Erzherzog von Österreich 113, 114 Kielmannsegge, Auguste Charlotte von 183, 184, 191 Kiesenwetter, Ernst Carl Gotthelf von 37, 38, 39, 65, 68, 69, 131, 134, 138, 139, 140, 141, 142, 144, 146, 149, 150, 171, 177, 179, 255, 271 Kleist, Friedrich von 162 Kleist, Heinrich von 240 Klenau, Johann von 59 Klengel, Heinrich Christian Magnus von 263 Klinguth, Fürchtegott Adolph von 297 Kober, J.K. 49 Körner, Christian Gottfried 22, 23, 52, 53, 195, 265 Körner, Minna 90, 92 Körner, Theodor 22, 90, 194 Kotzebue, August von 174 Krause, Karl Christian Friedrich 32, 68, 85, 93, 117, 169, 172 Kreußler, Heinrich Gottlieb 140 Kreyßig, Christian Gotthold 140 Krug, Wilhelm Traugott 197, 217, 218, 219 Kügelgen, Gerhard von 114, 162 Kügelgen, Helene Marie von 64, 151 Kügelgen, Wilhelm von 42, 64, 68, 114, 116, 147, 151, 171, 205, 240 Kummer, August 250, 278, 283, 292 Kutuzov, Michail 170, 175 Langenau, Friedrich Karl Gustav von 130, 168, 190, 191, 192, 193, 196, 225, 242 Langeron, Alexandre Louis Andrault de 75 Lapoype, Jean François Cornu 43

Larisch, Ferdinand Heinrich August von 20, 160, 161, 163, 166, 169, 226, 229, 245, 246, 267, 268, 275, 277, 282, 284, 287, 289, 290, 297, 298 Lauhn, Friedrich August 135, 136 Laun, Friedrich (= Friedrich August Schulze) 22, 34, 53, 80, 84, 88, 90, 159, 182 Lautier, Peter Johann 159 Lecoq, Erdmann von 192 Lefebvre, François Joseph 232, 237 Lefebvre, Pierre Edouard 114 Leipziger, Friedrich Wilhelm Curt von 39, 143 Leissnig, Wilhelm Ludwig 258, 259, 264 Leutritz, Johann Gottlob 161, 227, 248 Leyßer, August Wilhelm Friedrich von 217, 259, 264 Lichtenhayn, Hanns Rudolph von 135 Liechtenstein, Alois von und zu 259 Lindau, Wilhelm Adolf 68, 176 Lindenau, Adam Friedrich August von 285, 286 Lobkowitz, Anton Isidor von 53, 54, 55, 119 Lock, Franz Georg 202 Loeben, Leopold von 162, 186, 187 Loß, Johann Adolf von 62, 79 Louis Ferdinand, Prinz von Preußen 79 Low, Wilhelm von 62, 80 Lucius, Friedrich Salomon 213 Maaß, Johann 43, 53, 61, 83, 85, 92, 120 Macdonald, Jacques 202, 204 Macon, Pierre 29, 34 Mahlmann, Siegfried August 80, 150, 152 Maison, Nicolas Joseph 47 Mannßbach, Ehrhardt Friedrich von und zu 142 Manteuffel, George August Ernst von 48, 165, 166, 185 Marcolini, Camillo 17, 93, 167, 186, 203 Marie-Louise von Österreich, Kaiserin der Franzosen 147 Märker, Traugott Friedrich Gottlieb 113 Martens, Carl von 119 Martens, Christian von 46, 212 Maximilian, Prinz von Sachsen 91, 93 Meerheim, Franz Ludwig August 257, 258, 262, 264, 269

357

Meier, Wilhelm 216 Meissner, Johann Carl 48, 126, 174, 211 Merbach, Johann Daniel 83, 200 Mesko, Joseph von 59 Metternich, Klemens Wenzel von 184 Metzsch, Friedrich Curt Alexander von 227 Michajlovskij-Danilevskij, Aleksandr 175, 177 Miloradovič, Michail 70, 174 Miltitz, Dietrich von 176, 183, 194 Moritz, Friedrich Christian 230, 236, 238, 239, 297 Mortier, Edouard 111 Mühlen, Balthasar Erdmann von 229 Münster, Ernst von 165, 222 Murat, Joachim 47, 237, 264 Napoleon I., Kaiser der Franzosen 13, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 29, 35, 37, 41, 45, 46, 49, 50, 51, 52, 57, 61, 62, 63, 65, 71, 75, 78, 79, 80, 81, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 104, 106, 107, 108, 112, 113, 115, 118, 119, 121, 122, 123, 127, 128, 130, 132, 135, 141, 143, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 167, 168, 169, 170, 172, 173, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 189, 190, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 206, 207, 208, 209, 210, 212, 213, 214, 215, 216, 218, 220, 223, 225, 227, 228, 230, 231, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 243, 244, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 260, 266, 271, 273, 274, 275, 277, 279, 280, 282, 283, 284, 287, 292, 295, 298, 299, 301, 302, 303, 304, 305, 306, 307, 308 Napoleon III., Kaiser der Franzosen 169 Narbonne, Louis de 47 Neipperg, Adam Adalbert von 59 Nesselrode, Karl Robert von 183 Ney, Michel 40, 47, 49, 277, 278, 280 Nieritz, Gustav 31, 40, 53, 55, 68, 82, 86, 92, 149, 156, 159, 168, 171, 174, 200, 221, 241 Niese, Carl Gottfried 206 Nitzsch, Karl Immanuel 113, 199 Nitzsch, Karl Ludwig 216

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Nostitz, Gustav von 283, 287, 288 Nostitz, Karl von 79 Odeleben, Otto von 95, 207, 214, 282, 283 Oebschelwitz, Johann Adolph von 231 Oldenbourg, Caroline 67, 219 Oppel, Julius Wilhelm von 186, 187 Oudinot, Nicolas-Charles 47 Perthes, Friedrich 114 Petrikowsky, Theodor Gottlieb von 236, 237, 238 Petzsch, Karl August 162, 163 Pfeffel, Christian Hubert von 182 Pino, Dominique 38, 111 Platov, Matvej Ivanovič 75 Plötz, Christian Siegmund 232 Pögner, Carl Heinrich 45 Polenz, Georg Friedrich August von 230, 231, 233, 235, 238 Poniatowski, Józef 47 Prendel, Victor von 67, 68, 69 Preusker, Karl 86 Probsthayn, Friedrich Gottlieb 283, 288, 291 Raabe, Gustav Ludwig Ferdinand 285, 289, 293, 299 Rahden, Wilhelm von 176 Reinhard, Franz Volkmar 126, 127, 139 Réné, Jean Gaspard Pascal 34 Repnin-Volkonskij, Nikolaj 220, 221 Reynier, Jean Louis 46, 47, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 166, 167, 253, 264, 267, 268, 283, 294 Riesch, Johann Sigismund von 57 Röber, Heinrich Benjamin 82, 84, 163 Rochlitz, Friedrich 48, 67, 194 Röder von Bomsdorff, Otto Wilhelm Karl 238, 260, 261, 263, 269 Rohrscheidt, Joseph Franz von 242, 251, 252, 254 Rühle von Lilienstern, Otto August 114, 226, 244, 245, 247, 248, 249, 253 Ryssel, Anton Friedrich Karl von 288 Ryssel, Xaver Reinhold Gustav von 285, 286, 287, 288, 289, 290, 293, 294, 295 Sahla, Ernst Christoph August von der 126, 127

Sahrer von Sahr, Carl Ludwig 274 Saint-Priest, Emmanuel de 70 Scharnhorst, Gerhard von 23, 64, 172, 173 Schill, Ferdinand von 61, 132 Schlegel, Friedrich 113 Schlegel, Wolf Ludwig von 266 Schlosser, Friedrich August 133, 134, 139, 155, 175 Schlosser, Ludwig Wilhelm Gottlob 240 Schneider, Johann Friedrich Gottlob 236, 239 Schönberg, Moritz Haubold von 125, 186, 187 Schramm, Jean Adam 236, 237 Schuhmann, Paul Gottfried 72 Schulze, Friedrich August (siehe Laun, Friedrich) Schwarzenberg, Karl Philipp zu 59 Sébastiani, Horace François Bastien 270 Segniz, Wilhelm Adolph 156 Selmnitz, Adolph Carl Ludwig von 286 Senfft von Pilsach, Friedrich Christian Ludwig 18, 91, 98, 130, 131, 132, 133, 136, 137, 138, 147, 151, 158, 161, 162, 164, 167, 171, 173, 174, 175, 179, 182, 185, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 196, 197, 199, 205, 210, 271, 276 Serra, Jean-Charles de 195 Seume, Johann Gottfried 23 Sohr, Samuel August 150, 158, 176, 177 Souham, Joseph 46 Soult, Nicolas Jean de Dieu 31 Staps, Friedrich 121, 126, 127 Stein, Heinrich Friedrich Karl vom und zum 96, 174, 182, 183, 187, 194, 198 Stock, Dora 90, 92, 94 Stünzner, Karl Friedrich 135, 139 Sułkowski, Antoni 47 Süßemilch, Heinrich Gottlob 19, 201, 203, 204 Süßmilch, Ernst Otto von 297 Süßmilch, Friedrich Lebrecht von 235 f. Tettenborn, Friedrich Karl von 165 Thiard, Auxonne-Marie-Thédose de 34 Thielmann, Johann Adolph (von) 22, 51, 52, 56, 91, 114, 115, 164, 193, 194, 197, 238, 239, 244, 272, 273, 274, 275, 280

Tzschirner, Heinrich Gottlieb 217 Uffel, Hermann Carl von 135 Vater, Auguste 60 Vieth von Golßenau, Johann Justus 198, 218 Vollborn, Friedrich 161, 259, 261, 263, 277, 281, 283 Wachholtz, Friedrich Ludwig von 56, 116 Wagner, Thomas von 125 Watzdorf, Anton Jakob Karl von 195 Watzdorf, George Friedrich von 37, 138 Watzdorf, Karl Friedrich Ludwig von 184, 195, 240 Wedel, Karl von 215, 225 Wendt, August 298 Wieland, Christoph Martin 23 Wilcke, Carl 178, 179 Wilhelm I., Kurfürst von Hessen-Kassel 57 Wimmer, Carl Wilhelm 178 Winckel, Julius Heinrich aus dem 226 Wintzingerode, Ferdinand von 68, 69, 183 Wolf, Karl von 258, 266, 268, 269, 270, 271 Wolffersdorff, Eduard Franz von 257, 261, 263, 267, 270, 294 Wolzogen, Ludwig von 215 Xaver, Prinz von Sachsen 13 Zeschau, Heinrich Wilhelm von 23, 186, 252, 273, 279, 280, 284, 285, 286, 287, 288, 289, 290, 292, 294, 295 Zezschwitz, Adolph von 250, 253, 257, 259 Zezschwitz, Agnes von 208 Zezschwitz, Joachim Friedrich Gotthelf von 253, 256 Zezschwitz, Joseph Friedrich von 18, 47, 53, 54, 55, 64, 65, 68, 82, 87, 96, 118, 125, 172, 173, 174, 182, 184, 189, 190, 191, 192, 193, 198, 199, 208, 250, 275

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DresDner HistoriscHe stuDien HERAUSGEGEBEN VON REINER POMMERIN EINE AUSWAHL BD. 5 | MIRKO BUSCHMANN ZWiscHen BÜnDnis unD inteGrAtion SACHSENS MILITÄRPOLITISCHER EINTRITT IN DEN NORDDEUTSCHEN BUND 1866/67 2004. 224 S. GB. ISBN 978-3-412-14403-6 BD. 6 | MANUELA BONNKE Kunst in ProDuKtion BILDENDE KUNST UND VOLKSEIGENE WIRTSCHAFT IN DER SBZ/DDR 2007. X, 496 S. 62 S/W-ABB. AUF 56 TAF. GB. | ISBN 978-3-412-35805-1 BD. 7 | SIMONE SIMPSON ZWiscHen KuLturAuFtrAG unD KÜnstLeriscHer AutonoMie DRESDNER PLASTIK DER 1950ER UND 1960ER JAHRE 2008. 352 S. MIT 131 S/W-ABB. GB. ISBN 978-3-412-20101-2 BD. 8 | ROMAN TÖPPEL Die sAcHsen unD nAPoLeon EIN STIMMUNGSBILD 1806–1813 2., DURCHGES. AUFL. 2013. 359 S. GB.

BD. 9 | ANNE-SIMONE KNÖFEL DYnAstie unD PrestiGe DIE HEIRATSPOLITIK DER WETTINER 2009. XII, 614 S. ZAHL. GRAFIKEN UND TAB. 2 FARB. KARTEN AUF VORSATZ. GB. ISBN 978-3-412-20326-9 BD. 10 | JANA FORSMANN testFALL FÜr Die „Grossen Drei“ DIE BESETZUNG IRANS DURCH BRITEN, SOWJETS UND AMERIKANER 1941–1946 2009. XVI, 321 S. 1 KARTE. GB. ISBN 978-3-412-20343-6 BD. 11 | FRIEDERIKE BAER ZWiscHen AnLeHnunG unD ABGrenZunG DIE JUGOSLAWIENPOLITIK DER DDR 1946 BIS 1968 2009. 327 S. GB. | ISBN 978-3-412-20387-0

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ISBN 978-3-412-20163-0

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