Die Parteiautonomie im internationalen und interlokalen Vertragsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika [1 ed.]
 9783428461882, 9783428061884

Citation preview

RAINER MAGOLD

Die Parteiautonomie im internationalen und interlokalen Vertragsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika

Schriften zum Internationalen Recht Band 38

Die Parteiautonomie im internationalen und interlokalen Vertragsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika

Von

Dr. Rain er Magold

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Magold, Rainer: Die Parteiautonomie im internationalen und interlokalen Vertragsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika I von Rainer Magold. - Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 38) ISBN 3-428-06188-8 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

@ 1987 Dunelter & Humblot GmbH, Berlin 41

Gedruckt 1987 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlln 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06188-8

Vorwort Dieses Buch widme ich meinen Eltern als Ausdruck meiner Dankbarkeit für ihre stete Unterstützung und Sorge. Für seine fortwährende Gespräclis- und Hilfsbereitschaft und seine wertvollen Anregungen und Hinweise bin ich meinem Doktorvater an der Universität Mannheim, Herrn Professor E. Lorenz, zu Dank verpflichtet. Die Arbeit, deren Grundlagen ich schon während eines Studienaufenthaltes in den Jahren 1981/82 an der Tulane University in New Orleans erarbeiten konnte, entstand im wesentlichen in den Jahren 1984/85; Rechtsprechung und Literatur sind im bis zur Mitte des Jahres 1985 verfügbaren Umfange berücksichtigt. Für Ihre freundliche und sachkundige Hilfe bei deren Beschaffung und Sichtung habe ich den Angestellten der Bibliothek der New York University Law School und insbesondere den Damen und Herren des Max-Planck-lnstitutes für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg zu danken. Mein Dank gilt schließlich der Dr. Kurt Hamann-Stiftung an der Universität Mannheim, deren mit der Verleihung des Dr. Kurt Hamann-Preises verbundene Zuwendung als wesentlicher Druckkostenzuschuß das Erscheinen der Arbeit ermöglichte. Frankfurt, im Januar 1987

Rainer M agold

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Bemerkungen zum Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfassung und Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis der Verfassung zum Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Due Process . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Full Faith and Credit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bemerkungen zum Gerichtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Recht in den Bundesgerichten im Fall der "diversity of citizenship"Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Materielles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Prozeßrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Interlokales und internationales Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 26 26 28 32 38 38

§ 2 Das Vertragsstatut- Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kontinentaleuropa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinigte Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ursprünge im englischen Recht..... . ... . ................ .. . . ... 2. Frühe amerikanische Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Einfluß Storys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Frühe Rechtsprechung des Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vested Rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Überwindung der "vested rights doctrine" in der Lehre . . . . . . . . . . . . . 7. Die Rechtslage um die Jahrhundertmitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gliedstaatenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Einschränkungen der Parteiautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 3 Abkehr vom traditionellen Ansatz: Vertragsschwerpunkt und Gemeininteressen .

39 39 40 42 44 49 49 54 54

55

57 61 63 68 75 75 78 78 80

I. W. H. Barbet v. Hughes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. J. Fuld : "Center of gravity", "grouping of contacts" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. J. Traynor: "lnterest analysis" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85 85 86 91

§ 4 Die Neuerer im amerikanischen IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kollisionsrechtliche Neuansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. David Cavers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. "Principles of preference" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Cavers zur Rechtswahl ............. ... .. ... .... .. . . : . . . . . . . .

94 94 94 97

94

8

Inhaltsverzeichnis 2. Brainerd Currie a. "Govemmental interests" ............... ... .......... . .. .. . . b. Currie zur Rechtswahl .................... . .......... ...... . 3. Von Mehren/Trautmann .......... . ....... ... . ......... .. . . ... . a. "Functional approach" ................. . . .. .......... . ..... . b. Von Mehren/Trautmann zur Rechtswahl ..... .. ........ . .. . .. . 4. Robert Leflar ...... . . . ................ . . .. .. .......... .. .. . . . a. "Choice-influencing considerations" .................... .... .. . b. Leflar zur Rechtswahl .................... . ........... ..... . 5. Albert A. Ehrenzweig ............................. .. ...... . .. . a. Grundlagen . . . .... ... .... . ... ... .. . .. .. . . . ... . . ... .. . .... . b. Systemüberblick . . . . .. ...... . ..... . . .. . .. . .... . ....... ... . . c. "Data" .......... .... .. . ....... . .. . .................. .. .. . d. "True rules" ....... .... ................................ . .. . e. Lex fori ........... . . ............. .. . . ................. .. . ( "A proper law in a proper forum" ..... . . . . . ........ . ..... . . . . g. Kritik ............. .. .......... . .. .. .. .. ................. . h. Ehrenzweig zur Rechtswahl ..... . . . . .. ........ . ..... . ...... . II. Problemstellen der Neuansätze .......... .... ......... . . .. . . ...... . 1. "Policies" ..... . ........ . . .. . .......... .. . . ....... . .. ... . .... . 2. "Interests" ............... . ... . ......... . .................... . 3. Das maßgebliche "interest": Forumrecht oder Interessenahwägung .. . 4. "Falsche" und "echte Konflikte" ...... . . .. ..................... . 5. Rechtssicherheit - Einzelfallgerechtigkeit ... ............. . ..... . .

98 98

105 107 107

112 114 114 124 128 128

129

130 133 135 141 143

147 151 151

154

161 165 166 III. "A Comeback of Rules?" ... . . . .. . . . . . . . .. . . . . . .... .. . . .. . ....... . 170 1. Unsicherheit der Gerichte ....... . . . . ... . . ...... . ..... ........ . 170 2. Internationalprivatrechtliche Interessen .. . . .. ............ . . ..... . 3. "Simplicity" .......................... . . ... ............ . ..... . 4. Tendenz zur (Kollisions-)Normbildung .... .. . .. .. . .............. .

IV. Die Vertragsanknüpfung im "approach" ..... . . .. .. . .......... . ..... . 1. Die methodischen Gemeinsamkeiten .... . . .. ................... . 2. Die "policies" vertragsrechtlicher Sachnormen .. ..... . . . .... . .... . 3. "Interests" im Vertragsrecht .. . . .... . .. .. . . .. ...... ... . . . . .. .. . . 4. Die Parteiinteressen .... . .... ...... . ...... .. . ........ . . . ...... . 5. Depe~age ................. . ... . ........ . . . . . . ......... . ..... . V. Die Parteiautonomie im "approach" ... . ...... .. . . .......... .... ... .

171

173 173 178 178

178 180 181 183

185

§ 5 Die Parteiautonomie in der modernen Kollisionsrechtspraxis der U. S. A. . .... .

188

I. Die Regelung im U. C. C . ... . ... .. ... . .... . . . . . ...... . . .. . . . ..... . II. Das Restatement (Second) . . . .. .. .. ..... . . . .. . . . . ... . . . . .. .. . . . .. . 1. Standort und Methode ......... . . . ...... .... ................. . 2. Die Grundregel des § 188 ... .. ... . ....... ... .......... . . . . .... . 3. Einzelne "issues" ............ . . .. ........ . .. . . . . ........ . .... . 4. Parteiautonomie : § 187 .... .. ........ . ..... . ............ . . . ... . a. Grundsatz .. . . ......... . ... . ... .. .. . . ... . . . .. . ... . . ...... . b. Einschränkungen . . . .... . .......... . .. . . . ....... . .. . . . . . .. . aa. Auslandsbezug ......... . .. ....... . .. ... .. . . . . . . . ..... .

188 195 195

202 206 207 207 210 210

Inhaltsverzeichnis

9

bb. Vernünftiger Grund für die Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. "Fundamental policy" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Der Sonderfall des Wuchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsanknüpfung und Parteiautonomie in den beiden führenden Jurisdiktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Kalifornien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Die Anknüpfung im Falle fehlender Rechtswahl . . . . . . . . . . . . bb. Parteiautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Die Anknüpfung im Falle fehlender Rechtswahl . . . . . . . . . . . . bb. Parteiautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anknüpfungsmethoden für Verträge ohne Rechtswahlklausel . . . . 3. Parteiautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Ausreichende Beziehung zum gewählten Recht . . . . . . . . . . . . cc. Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Staatliche Rechtsanwendungsinteressen: "Public policy", "governmental interests" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee. Verfassungsrechtliche Restriktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff. Lex validitatis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Reichweite des Vertragsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Zustandekommen und Wirksamkeit des Verweisungsvertrages . . . . e. Zeitpunkt der Rechtswahl; "Versteinerung" des gewählten Rechts . 4. Besondere Problembereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. "Adhäsionsverträge" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Wucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Internationale, interlokale Vertragsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einzelne Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

210 211 215 216 219

Schluß..... .. ........ . . . ... . ..... . ...... .. ... . . . ......... . . ... . ... ....

327

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

329

Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

347

219 219 219 223 230 230 236 245 251 251 257 257 259 267 268 278 284 287 290 294 295 295 302 313 316

Abkürzungsverzeichnis A.(2d)

Atlantic Reporter (Second Series)

A.B.A.J.

American Bar Association Journal

A.C.C.

West's Annotated California Codes

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

A.D.

Appellate Division

Ala.

Alabama

Alas.

Alaska

Am.J.Comp.L.

American Journal of Comparative Law

Am.J.Leg.Hist. American Journal of Legal History Am.Jur.

American Jurist and Law Magezine

Am.L.Rev.

American Law Review

Am.U.L.Rev.

American University Law Review

Anm.

Anmerkung

App.Cas.

Appeal Cases, English Law Reports

App.Ct.

Appellate Court, Appeals Court (Mass.)

Ariz.

Arizona

Ariz.L.Rev.

Arizona Law Review

Ark.

Arkansas

Ass.

Association

Bay

Bay's Reports (S.C.)

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

Bin.

Binney's Reports (Pennsylvania)

Bky. (D.)

United States Bankruptcy Court (District of ...)

Bost.U.L.Rev.

Boston University Law Review

B.R.

Bankruptcy Reporter

Brln.L.Rev.

Brooklyn Law Review

Br.Parl.Cas.

Brown Parliamentary Cases (England)

Abkürzungsverzeichnis BT-Drs.

Bundestags-Drucksache

Buff.L.Rev.

Buffalo Law Review

Burr.

Burrow's English King's Bench Reports

Ca.

California

Cai.Rep.

Caines' Reports

Cal.C.C.

Califomia Civil Code

Cal.Con.

Constitution of the State of California

Cal.Law.

California Lawyer

Cal.L.Rev.

California Law Review

Cal.Rptr.

California Reporter

Can.B.Rev.

Canadian Bar Review

Can.Yb.lnt.L.

Canadian Yearbook of International Law

C.C.

Circuit Court

CC

C6digo Civil

CCI

Codice Civile Italiano

C.D.

United States District Court of the Central District of ...

C.Ga.Ann.

Code of Georgia Annotated

Ch.

Chapter

Chi.~K.L.Rev.

Chicago-Kent Law Review

Ch.J.

Chief Justice

Cir.

Circuit Court of Appeals of the ... Circuit

Civ.Stat.Tex. Ann.

Vernon's Civil Statutes of the State of Texas Annotated

Clunet

Journal du Droit International

Col.

Colorado

Col.J.Transn.L. Colurnbia Journal of Transnational Law Col.L.Rev.

Colurnbia Law Review

Col.Rev.Stat.

Colorado Revised Statutes

comm.

comment

conc.

concurring (opinion)

Conn.

Connecticut

Corn.L.Q.

Comell Law Quarterly

Corn.L.Rev.

Comell Law Review

Corp.

Corporation

11

12

Abkürzungsverzeichnis

Cowp.

Cowper's English King's Bench Reports

Ct.App.

Court of Appeal(s)

Ct.Civ.App.

Court of Civil Appeals

Ct.Spec.App.

Court of Special Appeals

Cty.

County

D.

United States District Court of the District of ...

Dall.

Dallas' Reports

D.C.

District of Columbia

D.C.Cir.

Court of Appeals, District of Columbia

D.Ct.

(State) District Court

D.Ct.App.

District Court of Appeal

Den.L.J.

Denver Law Journal

ders./dies.

derselbefdieselbe(n)

Dis.

District

diss.

dissenting (opinion)

Duke L.J.

Duke Law Journal

Duq.L.Rev.

Duquesne Law Review

E.D.

United States District Court of the Eastern District of ...

EG

Europäische Gemeinschaft

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Eng.Rep.

English Reports

Eq.Cas.Abr.

English Equity Cases Abridged

F.(2d)

Federal Reporter (Second Series)

Fed.Cas.

Federal Cases (U.S.)

Fla.

Florida

Fla.Stat.Ann.

West's Florida Statutes Annotated

Fn.

(Meine) Fußnote

F.R.C.P.

Federal Rules of Civil Procerlure

F.R.D.

Federal Rules Decisions

FS

Festschrift, -gabe

F.Supp.

Federal Supplement

Abkürzungsverzeichnis Geo.L.J.

13

Georgetown Law Journal

G.O.L.

General Obligations Law (New York)

Gonz.L.Rev.

Gonzaga Law Review

GS

Gedächtnisschrift

Harv.Int.L.J.

Harvard International Law Journal

Harv.L.Rev.

Harvard Law Review

Hast.L.J.

Hastings Law Journal

Haw.

Hawaii

H.J.Int.L.

Houston Journal of International Law

Hofstra L.Rev. Hofstra Law Review How.

Howard, U.S.

Ia.

Iowa

Ia.C.Ann.

Iowa Code Annotated

Ia.L.Rev.

Iowa Law Review

Id.

Idaho

I.E.C.L.

International Encyclopedia of Comparative Law

Ill.L.Rev.

Illinois Law Review

Inc.

Incorporated

Ind.

Indiana

Int.Comp.L.Q.

Internationaland Comparative Law Quarterly

Int.Law.

International Lawyer

Iowa

Iowa Reports

IPR

Internationalesj-lokales' Privatrecht

IPRax

Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

IPRG

Gesetz über das Internationale Privatrecht

J.

Justice, Judge

Jb.Int.Rverk.

Jahrbuch für den Internationalen Rechtsverkehr, München 1912/13

Jh.Jb.

Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts

J.Leg.Ed.

Journal of Legal Education

Johns.

Johnson's Reports (N.Y.)

Johns.Cas.

Johnson's Cases (New York)

Johns.Ch.Rep.

Johnson's Chancery Reports (N.Y.)

14

Abkürzungsverzeichnis

Kan.

Kansas

Kan.Stat.Ann.

Kansas Statutes Annotated

Kap.

Kapitel

Kir.

Kirby's Reports (Superior Court Conn.) (1789)

Kir.Supp.

Supplement to Kirby's Reports (1933)

Ky.

Kentucky

Ky.L.J.

Kentucky Law Journal

La.

Louisiana

La.C.C.

Louisiana Civil Code

La.L.Rev.

Louisiana Law Review

L.& Cont.Prob. Law and Contemporary Problems L.Ed.

Lawyer's Edition Supreme Court Reports

Loy.L.A.L.Rev. Loyola of Los Angeles Law Review L.P.R.A.

Laws of Puerto Rico Annotated

Ltd.

Limited

Marq.L.Rev.

Marquette Law Review

Mart., N.S.

Martin's Reports, New Series

Mass.

Massachusetts, Massachusetts Reports

Mass.L.Q.

Massachusetts Law Quarterly

McKinney's

McKinney's Consolidated Laws of New York Annotated

Md.

Maryland

M.D.

United States District Court of the Middle District of ...

Me.

Maine

Mercer L.Rev.

Mercer Law Review

Miami L.Q.

Miami Law Quarterly

Mich.

Michigan

Mich.L.Rev.

Michigan Law Review

Minn.L.Rev.

Minnesota Law Review

Mo.

Missouri

Mo.B.J.

Missouri Bar Journal

Mo.L.Rev.

Missouri Law Review

Mon.

Montana

Abkürzungsverzeichnis Nass.Cty.

Nassau County (New York)

N.C.

North Carolina

N.C.J.Int.L. Comm. Reg.

15

North Carolina Journal of International Law and Commerce Regulation

N.C.L.Rev.

North Carolina Law Review

N.D.

United States District Court of the Northern District of ...

N.Dak.

North Dakota

N.E.(2d)

North Eastern Reporter (Second Series)

Neb.

Nebraska

Nev.

Nevada

N.H.

New Hampshire

N.J.

New Jersey

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

N.M.

New Mexiko

No.

Nummer

N.W.(2d)

North Western Reporter (Second Series)

Nw.U.L.Rev.

North Western University Law Review

N.Y.

New York

N.Y.C.B.Ass. Rec.

The Record of. the Association of the Bar of the City of New York

N.Y.C.Ct.

City Court of the City of New York

N.Y.C.P.L.R.

New York Civil Practice Law and Rules

N.Y.C.Surr.Ct. Surrogate's Court, New York County N.Y.Cty.

New York County

N.Y.Cty.Civ.Ct. Civil Court of the City of New York, New York County N.Y.L.F.

New York Ll1W Forum

N.Y.S.(2d)

New York Supplement (Second Series)

N.Y.U.L.Rev.

New York University Law Review

Oh.

Ohio

Oh.St.L.J.

Ohio State Law Journal

Okl.

Oklahoma

Okla.L.Rev.

Oklahoma Law Review

Ore.

Oregon

Ore.L.Rev.

Oregon Law Review

16

Abkürzungsverzeichnis

P.(2d)

Pacific Reporter (Second Series)

Pa.

Pennsylvania

Pac.L.J.

Pacific Law Journal

Pet.

Peters' Reports (U.S.)

Phila.Co.

Court of Philadelphia

P.R.

Puerto Rico

Prac.Law.

Practical Lawyer

P.R.L.A.

Puerto Rican Laws Annotated

P.S.A.

Purdon's Pennsylvania Statutes Annotated

RabelsZ

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von Ernst Rabe!

R.C.W.A.

Revised Code of Washington Annotated

Rec.

Recueil des Cours de l'Academie de Droit International

Rest.

Restatement of the Law of Conflict of Laws, American Law Institute, 1934

Rest.2d

Restatement of the Law Second, Conflict of Laws, American Law Institute (23.Mai 1969), St. Paul1971 (Bd. 1: §§ 1-221; Bd. 2: §§ 222End; Bd. 3,4: Appendix).

Rev.crit.

Revue critique de droit international prive

Rev.Dt.Int. Legisl. Comp. Revue de Droit International et de Legislation Comparee Rev. Trim.Dt. Europ.

Revue Trimestrielle de Droit Europeen

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

R.I.

Rhode Island

R.I.G.L.A.

Rhode Island General Laws Annotated

Rn.

Randnummer

Rocky Mt.L. Rev.

Rocky Mountains Law Review

Rutg.Cam.L.J.

Rutgers Camden Law Journal

Rutg.L.Rev.

Rutgers Law Review.

s.

section (auch: §)

Salk.

Salkeld's English King's Bench Reports

S.C.

South Carolina

Abkürzungsverzeichnis Schw.Jb.Int.R.

Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht

S.C.L.Rev.

South Carolina Law Review

S.Ct.

Supreme Court Reporter

S.D.

United States District Court of the Southem District of ...

S.Dak.

South Dakota

S.Dak.Cod.L.

South Dakota Codified Laws

S.Dak.S.L.

South Dakota Session Laws

S.E.(2d)

Southeastem Reporter (Second Series)

17

S.F.L.Rev.

San Francisco Law Review

Shaw & Mac

Shaw & Maclean's Cases decided in the Hause ofLords on Appeal from the Courts of Scotland

So.(2d)

Southem Reporter (Second Series)

Southw.L.J.

Southwestem Law Journal

Stan.L.Rev.

Stanford Law Review

Stat.

Statute(s) (at Large, U.S.)

St.Louis U.L.J. St. Louis University Law Journal Suff.Cty.

Suffalk County (New York)

Sup.Ct.

Supreme Court (eines Einzelstaates)

Sup.Ct.App.

Supreme Court of Appeals

Sup.Ct.Err.

Supreme Court of Errors

Sup.Ct.Rev.

Supreme Court Review

Super.Ct.

Superior Court

Sup.Jud.Ct.

Supreme Judicial Court

Supp(l).

Supplement

S.W.(2d)

South Western Reporter (Second Series)

Syr.L.Rev.

Syracuse Law Review

Tenn.

Tennessee

Tenn.C.Ann.

Tennessee Code Annotated

Tenn.L.Rev.

Tennessee Law Review

Tex.

Texas

Tex.Int.L.J.

Texas International Law Journal

Tex.L.Rev.

Texas Law Review

Tit.

Title

Tul.L.Rev.

Tulane Law Review

2 Magold

18

Abkürzungsverzeichnis

U.C.C.

Uniform Commercial Code

U.C.C.R.S.

U.C.C. Reporting Service

U.C.D .L.Rev.

University of California at Davis Law Review

U.Chi.L.Rev.

University of Chicago Law Review

U.C.L.A.L.Rev. University of California at Los Angeles Law Review U.Col.L.Rev.

University of Colorado Law Review

U.Ill.L.F.

University of Illinois Law Forum

U.Ill.L.Rev.

University of Illinois Law Review

U.L.A.

Uniform Laws Annotated, Band 1, St. Paul, Minn. 1976

U.Pa.L.Rev.

University of Pennsylvania Law Review

U.Pitt.L.Rev.

University of Pittsburgh Law Review

u.s.

United States Supreme Court (Reports)

U.S.C.(A.)

United States Code (Annotated)

Ut.

Utah

Ut.L.Rev.

Utah Law Review

Va.

Virginia

Va.J.Int.L.

Virginia Journal of International Law

Va.L.Rev.

Virginia Law Review

Vand.L.Rev.

Vanderbilt Law Review

Vt.

Vermont

Vt.L.Rev.

Vermont Law Review

Wall.

Wallace's Reports (U.S.)

Wash.

Washington

Washb.L.J.

Washburn Law Journal

Wash.U.L.Q.

Washington University Law Quarterly

W.Bl.

Sir William Blackstone's English King's Bench Reports

W.Cty.Ct.

Westchester County Court, New York

W.D.

United States District Court of the Western District of ...

Wheat.

Wheaton's Reports (U.S.)

Wis.

Wisconsin

Wis.L.Rev.

Wisconsin Law Review

Wm.&M.L. Rev.

William and Mary Law Review

W.R.C.A.

West's Washington Revised Code Annotated

Abkürzungsverzeichnis W.Va.

West Virginia

W.Va.L.Q.

West Virginia Law Quarterly (ab Bd. 52 (1949): W.Va.L.Rev.)

W.Va.L.Rev.

West Virginia Law Review

Yale L.J.

Yale Law Journal

Yeat.

Yeates' Reports (Pa.)

Z.f.Rvgl.

Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Österreich)

ZGB

Zivilgesetzbuch

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft

19

Einleitung In den Vereinigten Staaten von Amerika entspricht es langer Tradition 1 und "standard practice" 2 , das Kollisionsrecht der Schuldverträge als "the most complex and most confused area of choice-of-law problems" zu bezeichnen 3 . Die bereits aufgrunddes breiten Spektrums vertraglicher Regelungsgegenstände und möglicher Rechtsprobleme schwierige Anknüpfung4 wird in den einzelnen Gliedstaaten - und häufig auch innerhalb derer von Gerichtsentscheidung zu Gerichtsentscheidung - nach unterschiedlichen Grundsätzen vorgenommen; ein "chaotischer" Rechtszustand ist die Folge 5 • Durch die in neuerer Zeit im Zuge "moderner Strömungen" aufgetauchten Schwerpunktformeln und sachnormanalytischen Methoden mehrten sich die Unsicherheiten und Unwägbarkeiten6. Gerade im Bereich des Vertragsrechts, in welchem die Parteien die gegenseitigen Rechtsbeziehungen planend gestalten, besteht aber ein besonderes Bedürfnis nach Rechtssicherheit und damit Vorhersehbarkeit der kollisionsrechtlichen Entscheidung7 • Verträge, die hinsichtlich wirtschaftlich bedeutender mehrstaatlicher Transaktionen geschlossen wurden und amerikanischen Gerichten zur Beurteilung vorliegen, enthalten aus diesem Grunde regelmäßig 8 Klauseln, die das Recht eines bestimmten Staates als ftir den Vertrag verbindlich bezeichnen 9 • Wird eine solche "choice-of-law provision" (auch "governing law clause") anerkannt und damit den Parteien eines mehr als nur einen Staat berührenden Vertrages die Möglichkeit eingeräumt, das anwendbare Recht autonom 10 , also unter Ausschluß auch der zwingenden Normen eines "an sich anwendbaren Wirkungsstatuts"11 zu bestimmen 12 , so können die Vertragsparteien ihre BeziehunBeale, 23 Harv.L.Rev. 1 (1909). S. dazu u. zu§ 2 Fn. 133. Sedler, 72 Col.L.Rev. 279. 3 Weintraub, Commentary, S. 348. Vgl. Rest.2d, Ch. 8, Introductory Note, S. 557; Weitnauer, S. 21, Biom, 17 Can.Yb.Int.L. 206; Leflar, American Conflicts Law, S. 295. 4 S. dazu Rest.2d, a.a.O. (Fn. 3). 5 Reese, 16 Col.J.Transn.L. 17f.; Leflar, American Conflicts Law, S. 295-297. 6 Vgl. Gruson, 18 Col.J.Transn.L. 323. 7 lbid. S. auch Reese, 16 Col.J.Transn.L. 17. 8 Vgl. Weintraub, Commentary, S. 360 ("ubiquitous boiler plate"). 9 S. nur Lowe, 12 Harv.Int.L.J. 2. 10 Zur Terminologie vgl. Neuhaus, Grundbegriffe, S. 251f. 11 Gamillscheg, Dumoulin, S. 111. 12 S. dazu EhrenzweigfJayme, S. 15. 1

2

22

Einleitung

gen auf dem Fundament einer ihnen bekannten Rechtsordnung regeln, ohne daß ihre Erwartungen durch die Anwendung eines von ihnen nicht für maßgeblich gehaltenen Rechts enttäuscht werden könnten. Die Verweisungsfreiheit gewährleistet einerseits also "eertainty and predictability" 13 , schaltet andererseits aber die "Rechtsanwendungsinteressen" derjenigen Staaten aus, die mit dem Vertragsverhältnis zwar möglicherweise gewichtige Bezugspunkte aufweisen, von den Parteien aber nicht zum Vertragsstatut gekürt wurden. Die im modernen Kollisionsrecht der U .S.A. zu beobachtende Betonung von "governmental interests" und "state policies" legt daher zumindest vordergründig eine deutliche Beschränkung der kollisionsrechtlichen Maßgeblichkeit des Parteiwillens nahe 14; sie lenkt aber jedenfalls den Blick auf seine Funktion und Bedeutung für die Anknüpfung von Verträgen sowie- geht man von grundsätzlicher Geltung der Parteiautonomie aus- auf Methodik und Umfang der (möglicherweise) erforderlichen Einschränkungen. Mit der vorliegenden Arbeit soll versucht werden, Grund und Grenzen der Verweisungsfreiheit in einem Rechtssystem aufzuzeigen, dessen internationales bzw. interlokales Privatrecht wie das keines anderen Staates von gegensätzlichen Grundströmungen und -tendenzen gekennzeichnet ist und dessen mehr als fünfzig Teilrechtsordnungen als "immense laboratories of daily experience" 15 außerordentlich umfangreiches kollisionsrechtliches Anschauungsmaterial liefern, welches bisweilen freilich klare Prinzipien der Materie zu ersticken droht 16 •

Rest.2d § 187, comm. e, S. 565. Einige Autoren wollen einer ausdrücklichen Rechtswahl nur mehr den Stellenwert eines untergeordneten Elementes anderweitiger Bestimmung des Vertragsstatutes einräumen. Vgl. Bauerfeld, 82 Col.L.Rev. 1677ff.; Weintraub, 46 Ia.L.Rev. 721. 15 Ehrenzweig, 124 Rec. 255. 16 "In Conflict of Laws, the wildemess grows wilder, faster than the axes of discriminating men can keep it under control." J. Traynor, zit. bei Ehrenzweig, Treatise, S. VII. 13

14

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem I. Bemerkungen zum Rechtssystem Die Vereinigten Staaten von Amerika zeichnen sich durch eine Rechts- und Verwaltungsstruktur aus, die man zu den kompliziertesten der Welt rechnen muß und deren Vielzahl von ihm großenteils unvertrauten systematischen Problemstellen und entsprechenden Bewältigungsmechanismen dem europäischen Betrachter allenthalben ins Auge fällt, dem Amerikaner selbst allerdings oftmals gar nicht bewußt ist 1 • Die bundesstaatliche Struktur der Vereinigten Staaten ist daraufbin ausgerichtet, die Eigenverantwortung und Selbständigkeit der Regierungen, Gesetzgebungsorgane und Gerichte der Einzelstaaten weitgehend zu bewahren. Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes beschränkt sich auf die in der Verfassung enumerativ aufgeführten Gebiete 2 • Mit Ausnahme der durch Art. 1 Abs. 103 der amerikanischen Bundesverfassung den Einzelstaaten ausdrücklich 1 "The United States ... has perhaps the most complicated legal structure that hasever been devised and made effective in man's effort to govem hirnself ... Only an American who has grown up in the system and come to think of it as a part of the order of nature, can fail to see how intricate it is." E. Griswold, Law and Lawyers in the United States 3, S. 64 (1964). 2 Art. 1 Abs. 8. Es sind dies die Steuer- und Zollgewalt im Hinblick auf die Bezahlung der Schulden und die Ausgaben für die Verteidigung und das Allgemeinwohl (Nr. 1), die Aufnahme staatlicher Anleihen (Nr. 2), die Regelung des Handels mit dem Ausland und zwischen den Einzelstaaten - die sog. "commerce"-Klausel - (Nr. 3), das Recht der Naturalisierung und das Konkursrecht (Nr. 4), das Geld-, Münz- und Währungswesen sowie die Regelung der Maße und Gewichte (Nr. 5), die Bestrafung von Geldfälschern (Nr. 6), das Postwesen (Nr. 7), das Patent- und Urheberrecht (Nr. 8), die Einrichtung von unteren Bundesgerichten (Nr. 9), die Bestrafung von auf hoher See begangenen Verbrechen und Verbrechen gegen das Völkerrecht (Nr. 10), die Bereiche der Außenpolitik und der Landesverteidigung (Nrn. 11-17), und schließlich die Gesetzgebungsgewalt für Maßnahmen, die erforderlich und angemessen sind, um der Zuständigkeit des Bundes auf den vorgenannten Gebieten Wirkung zu verleihen (Nr. 18; sog. "necessary and proper clause": " ... to make all Laws which shall be necessary and proper for carrying into Execution the foregoing Powers"). Zur Gesetzgebungsgewalt des Bundes gehört ferner insbesondere das Seerecht; diese Gesetzgebungszuständigkeit ist systemwidrig in Art. 3 (Abs. 2), der die Befugnisse der rechtsprechenden Gewalt regelnden Verfassungsvorschrift, aufgeführt. 3 S. insbesondere Nr. 1: "No State shall enter into any Treaty, Alliance, or Confederation; grant Letters of Marque and Reprisal; Coin Money; emit Bills of Credit; make any Thing but gold and silver Coin a Tender in Payment of Debts; pass any Bill of Attainder, ex post facto Law, o~ Law impairing the Obligation ofContracts, or grant any Title ofNobility."

24

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

vorenthaltenen Gebiete bleibt in allen anderen Rechtsbereichen, so insbesondere im Bereich des Privatrechts, den Staaten im Rahmen der Verfassung freie Hand belassen, wie das im Jahre 1791 der Verfassung angefügte Zehnte Amendment ausdrücklich klarstellt: "The powers not delegated to the United States by the Constitution, nor prohibited by it to the States, are reserved to the States respectively, or to the people."

Auch die dem Bund zugewiesenen Kompetenzen sind nicht notwendig ausschließlich. Es ist daher durchaus möglich, daß auf einem Rechtsgebiet bundesstaatliche Regelungen neben einzelstaatlichen Normen bestehen und für die Lösung ein- und desselben Rechtsfalles sowohl Bundes- als auch einzelstaatliches Recht zur Anwendung kommen, allerdings nur insoweit, als letzteres nicht mit ersterem kollidiert oder das Rechtsgebiet durch eine "stillschweigende Regelung" des Bundesparlamentes der Gesetzgebungskompetenz der Gliedstaaten entzogen wurde4 .Zwischen den konkurrierenden Rechtssystemen lassen sich im Recht der Vereinigten Staaten drei Hauptkonfliktfälle erkennen. Zum einen erfordert die Koordinierung der einzelstaatlichen Gesetze untereinander eine funktionierende Abstimmung der Vielzahl "intranationaler" Kollisionsrechtsfälle, d.h. solcher zwischen den Gliedstaaten 5 ; dieser Situation stehen die internationalen Kollisionsrechtsfälle strukturell gleich 6 • Darüberhinaus führt das föderale System der U .S.A. nicht nur zu Konflikten zwischen den einzelstaatlichen Rechtsordnungen, sondern auch zum Aufeinanderprallen des Rechts der Einzelbestandteile und desjenigen des Gesamtstaats. Das deutliche Anschwellen bundesrechtlicher Regelungen 7 verschafft derartigen "vertikalen" Konflikten 8 stetig zunehmenden Nährboden. Schließlich findet sich im Gegensatz zu den meisten anderen bundesstaatlich strukturierten Staaten eine weitere Besonderheit im Rechtssystem der Vereinigten Staaten: Die Gerichte der Einzelstaaten konkurrieren mit den neben ihnen bestehenden bundesstaatliehen Gerichten, welche in Kollisionsrechtsfällen zwar in aller Regel das (Kollisions-) Recht desjenigen Einzelstaats anwenden, auf dessen Territorium sie sich befinden9 , in prozessualen Fragen aber eigenen Regeln folgen 10 • Im Lichte des Verlangens eines wirtschaftlich eng verflochtenen Binnenmarktes nach größtmöglicher Einheitlichkeit der Rechtsgrundlagen hat das Bundesrecht dem Recht der Einzelstaaten zunehmend ursprünglich diesem vorbehalte4 Vgl. Jones v. Rath Packing Co., 430 U.S. 519 (1977); De Canas v. Bica, 424 U.S. 351 (1976). 5 V gl. Ehrenzweig, Treatise, S. 17f. 6 S.u. zu Fn. 154-169. 7 S.u. zu Fn. 11-15. 8 Der plastische Begriff des "vertical choice" wurde von von Mehren und Trautmann eingeführt. S. von Mehren/Trautmann, S. 995, 1038-1041. 9 S. dazu u. zu F n. 135-153. 10 Vgl. Cheatham/Maier, 22 Vand.L.Rev. 28; u. zu Fn. 126-134.

I. Bemerkungen zum Rechtssystem

25

ne Domänen abgewonnen. Als Vehikel hierzu dienten aus allgemeinen verfassungsrechtlichen Überlegungen hergeleitete Grundsätze 11 und insbesondere die in Art. 1 Abs. 8, Nr. 3 bzw. 18 der Verfassung niedergelegten "interstate commerce"- und "necessary and proper"-Klauseln 12 , deren zweite vom Supreme Court zur Grundlage der Lehre von den "implied powers" gemacht wurde 13 und deren erste sich als Gegenstand eines der eindrucksvollsten Beispiele der Verfassungsrechtsgestaltung durch das höchste Gericht der Vereinigten Staaten zu der bei weitem bedeutendsten Grundlage für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Privatrechts herausgebildet hat 14 . Die "commerce"Klausel weist dem Bundesparlament allerdings keine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit zu; solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen (auch keinen stillschweigenden) Gebrauch macht, bleiben die Gliedstaaten zum Erlaß von Gesetzen befugt 15 • Das Kollisionsrecht blieb von der expansiven Entwicklung des Bundesrechts nicht unberührt. Das Auftauchen von materiellem Bundesrecht führte in den betroffenen Rechtsgebieten zum Erlöschen des interlokalen Kollisionsrechts und damit zum fast völligen Versiegen einschlägiger und der Rechtsfortbildung dienlicher Judikatur. Schwierige Probleme tauchen dann auf, wenn (neuentstandenes) Bundesrecht nur zu einem teilweisen Ausschluß des entsprechenden einzelstaatlichen Rechts führt mit der Folge, daß verschiedene Aspekte eines Rechtsfalles unterschiedlichem Recht unterworfen sind und daher teilweise weiterhin von einzelstaatlichem Kollisionsrecht regiert werden 16 • Die für die Expansion des bundesstaatliehen Rechts vorgebrachten Argumente und Gedanken könnten in gleicher Weise für eine Expansion bundesstaatli11 Etwa "need ofthe Federation tobe protected against differing and burdensome State law", D'Oench, Duhme & Co. v. Federal Deposit lnsurance Corp., 315 U.S. 447,457-462 (1942); "need for uniform national rules for questions of special importance", Wallis v. Pan American Petroleum Corp., 384 U .S. 63, 68-72 (1966). 12 S.o. Fn. 2. 13 McCulloch v. Maryland, 17 U.S. (4 Wheat.) 316 (1819). 14 S. Gibbons v. Ogden, 22 U.S. (9 Wheat.) 1 (1824); Houston, East & West Texas Railway v. U.S., 234 U.S. 342 (1914); National Labor Relations Board v. Jones & Laughlin Steel Corp., 301 U.S. 1 (1937); U.S. v. Darby, 312 U.S. 100 (1941); Wickard v. Filburn, 317 U .S. 111 (1942); Heart of Atlanta Motel, lnc. v. U .S., 379 U .S. 241 (1964); Perez v. U.S., 402 U.S. 146 (1971). Einschränkend und ausdrücklich gegen die bundesfreundliche Entscheidung Maryland v. Wirtz, 392 U.S. 183 (1967), aber National League of Cities v. Usery, 426 U.S. 833 (1976). In der Literatur findet sich sogar eine (allerdings ohne Widerhall gebliebene) Stimme, die "among the several States" als "among the people of the several States" verstanden wissen und solchermaßen die "commerce"Klausel auf Handel jeglicher Art anwenden will. Crosskey, Ch. 3, S. 50-83. 15 Art. 6 Nr. 2 der Bundesverfassung ("Supremacy Clause"). Cooley v. Board of Wardens ofthe Port ofPhiladelphia, 53 U.S. (12 How.) 299 (1851). Vgl. auch Gibbons v. Ogden, o. Fn. 14; Bibb v. Navajo Freight Lines, Inc., 359 U.S. 520 (1959); Great Atlantic & Pacific Tea Co., Inc. v. Cottrell, 424 U.S. 366 (1976). 16 Vgl. Bank of America National Trust & Savings Ass. v. Parnell, 352 U.S. 29 (1956).

26

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

chen Kollisionsrechts fruchtbar gemacht werden 17 • Von Verfassungs wegen steht dem nichts entgegen 18 • Gleichwohl wird eine Entwicklung in diese Richtung in absehbarer Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit nicht stattfinden 19 , das Kollisionsrecht weitgehend eine Domäne der Einzelstaaten bleiben 20 • Die Gründe hierfür mögen zu einem (kleinen) Teil in der derzeitigen politischen Tendenz zur Stärkung der "states' rights" zu suchen sein 21 ; sie haben mehrheitlich aber Wurzeln mehr statischer Natur und liegen in der "Fairness und Weisheit" 22 , mit denen die Gerichte der Gliedstaaten sich bislang auf dem Gebiet des Kollisionsrechts bewegten, in der Zurückhaltung des Supreme Court, sein Zuständigkeitsfeld zu erweitern 23 , sowie im vorsichtigen Manövrieren des Congress und der Verfassungsrichter auf einem bis vor kurzem noch weitgehend unerforschten Rechtsgebiet, dessen Konturen zudem angesichts der in den letzten Jahrzehnten vorgetragenen "revolutionierenden" Ideen und neuartigen Ansätze in manchen Bereichen bestenfalls schemenhaft auszumachen sind24 • II. Verfassung und Kollisionsrecht 1. Das Verhältnis der Verfassung zum Kollisionsrecht 25

Eine Schaffung bundesstaatliehen Kollisionsrechts stellt nach Meinung mancher Kritiker freilich die Rechtsprechung des Supreme Court zu den in den Bereich des Kollisionsrechts hineinragenden Verfassungsvorschriften, insbesondere zu den Due Process-und Full Faith and Credit-Klauseln 26 der amerikani17 Hay, Introduction, S. 138. Vgl. auch von Mehren(frautrnann, S. 1218. Horowitz, 14 U.C.L.A.L.Rev. 1191ff., ist (ebenso wie Baxter, 16 Stan. L. Rev. 22) der Auffassung, ein Bundeskollisionsrecht sei wünschenswert, da kein Einzelstaat Autonomie genießen sollte, einen Konflikt seines Rechts mit demjenigen eines anderen Staates selbst zu entscheiden (S. 1194). S. auch Cheatharn, 6 Vand.L. Rev. 587f.; Traynor, 37 Tex.L.Rev. 675: "There will rernain the inevitable problern in a federal systern that recurringly cornpeting state interests in a conflicts case rnay have to be evaluated in the light of the national interest in interstate harrnony. It is the classic political problern of weighing, adjusting, and harrnonizing diverse cornrnunity values which is ultirnately the responsibility of Congress." 18 Vgl. Prebble, 58 Com.L.Rev. 482. 19 Hay, Unification, S. 291; ders., RabelsZ 35, 489; Cheatharn/Maier, 22 Vand. L.Rev. 61; Horowitz, 14 U.C.L.A.L.Rev. 1209; Traynor, 37 Tex.L.Rev. 675. 20 Vgl. dazu u. zu Fn. 154. 21 Vgl. zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Anwendung eigenen Rechts durch die Einzelstaaten ("legislative jurisdiction") u. zu Fn. 65. 22 Cox, 50 Marq.L.Rev. 592. 23 Vgl. GoodrichfScoles, S. 22. 24 Cheatharn/Maier, S. 61; Traynor, 25 Int.Cornp.L.Q. 155. 25 S. dazu Rheinstein, FS für Rabe!, S. 539fT. 26 S. dazu u. 2., 3. Text der Klauseln in Fn. 41, 68.

li. Verfassung und Kollisionsrecht

27

sehen Bundesverfassung dar 27 • Im Kleide von verfassungsrechtlichen Entscheidungen werde hierbei de facto ein nationales Kollisionsrecht zu schaffen der Versuch unternommen 28 • Die deutliche Einwirkung des Verfassungsrechts auf das Kollisionsrecht ist eine für amerikanische Verfassungsrechtsverhältnisse junge Erscheinung. Noch im Jahre 1916 ordnete der Supreme Court die falsche Anwendung von Kollisionsrecht als eine Frage ausschließlich des einzelstaatlichen Rechts ein 29 , mit der Folge, daß eine Verfassungsrechtsverletzung nur dann angenommen werden konnte, wenn dem einzelstaatlichen Kollisionsrecht Willkür angetan worden war. Schon zwei Jahre später allerdings wurde die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtswahl unter Zugrundelegung nur des jeweiligen gliedstaatliehen Kollisionsrechts in einem Minderheitsvotum J.Brandeis' in Frage gestellt30 • Die Tendenzwende wurde mit den Entscheidungen Mutual Life Insurance Co. v. Liebing3 I, Seeman v. Philadelphia Warehause Co. 32 und Horne Insurance Co. v. Dick33 vollzogen. Nunmehr erfolgte die Kollisionsrechtskontrolle des Supreme Court im Zuge einer Prüfung der zur Auswahl stehenden Sachnormen anhand von Kriterien wie solchen des Vertrauensschutzes, des räumlichen Schwerpunktes, des Rechtsanwendungswillens oder der Einzelfallgerechtigkeit, mithin also mittels eines vom Verfassungsgericht selbst vorgenommenen Ausgleichs von Allgemein- und Individualinteressen34 • In dieser Prüfung mögen die Interessen des Gliedstaates oder der Zweck des betreffenden Rechtssatzes eine vielleicht sogar bedeutende Rolle spielen, müssen sich aber jedenfalls an anderen Kriterien von Verfassungsrang messen lassen. Auf der anderen Seite soll das Verfassungsrecht nur einen Rahmen vorzeichnen, innerhalb dessen den Gliedstaaten kollisionsrechtliche Bewegungsfreiheit ver27 Von geringerer Bedeutung sind die Privileges and lmmunities (Art. 4 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 S. 2 des Vierzehnten Amendments)- und Equal Profeetion (Abs. 1 S. 2 des Vierzehnten Amendments)-Klauseln. S. dazu CurriejSchreter, 69 Yale L.J. 1323 fT. , dies., 28 U.Chi.L.Rev. 1fT.; Leflar, American Conflicts Law, S. 7; von Mehren/Trautmann, s. 1243. 28 Ehrenzweig, Treatise, S. 29 m.w.N. 29 "A mistaken application of the doctrines of the conflict of laws ... jis j ... purely a question oflocal common law." Kryger v. Wilson, 242 U .S. 171, 176 (1916). Currie ist allerdings der (Minder-) Auffassung, der Supreme Court sei bei dieser Entscheidung nicht davon ausgegangen, die Verfassung gebiete eine solche Entscheidung. 26 U .Chi.L.Rev. 74. Beale schreibt noch 1935 (Beale, Treatise, Bd. 1, S. 277): "The effect of the Constitution of the United States on the power of a State to create legal rights is not apart ofthe Conflict of Laws." Vgl. aber auch Cheatham, 22 Rocky Mt.L.Rev. 109fT. 30 New York Life lnsurance Co. v. Dodge, 246 U.S. 357 (1918). 31 259 u.s. 209 (1922). 32 274 u.s. 403 (1927). 33 281 u.s. 397 (1930). 34 Anschauliche Beispiele hierfür sind die Fälle Pink v. A.A.A. Highway Express Co., 314 U .S. 201 (1941), Hughes v. Fetter, 341 U .S. 609 (1951), Carrol v. Lanza, 349 U.S. 408 (1955), und Allstate lnsurance Co. v. Hague, 449 U.S. 302 (1981).

28

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

bleibt35 . Schon aufgrund der geringen Zahl kollisionsrechtlicher Fälle, die den Supreme Court erreichen, erscheint die Schaffung eines praktikablen "Verfassungskollisionsrechts" nicht möglich. So haben die Versuche, insbesondere im Rahmen der Full Faith and Credit-Klausel eine "Verfassungskollisionsnorm" für bestimmte Einzelfälle zu bilden 36 , für die betroffenen Rechtsmaterien keine auch nur annähernd alle denkbaren Einzelfälle abdeckende Kollisionsnorm geschaffen 37 und konnten darüberhinaus auch deswegen keinen Erfolg verzeichnen38, weil das Verfassungsgericht in manchen Fällen zwar durch das erzielte Ergebnis vermuten ließ, welche Kriterien es der Entscheidung zugrundegelegt hatte 39 , sich aber davor hütete, eine klare Kollisionsnorm in Verfassungsrang zu erheben - und ihr damit bundesweite Geltung zu verschaffen - , sondern in den Entscheidungsgründen lediglich auf die betroffene Verfassungsnorm Bezug nahm40 •

2. Due Process Die Due Process-Klausel41 ist namentlich durch die beiden tragenden Entscheidungen zur internationalen bzw. interlokalen Zuständigkeit in das Rampenlicht der den privatrechtliehen Bereich betreffenden juristischen Diskussion getreten42 , deren erste den persönlichen ("in personam"), die zweite den 35 "Our sole function is to determine whether the ... fcfourt's choice of its own substantive law ... exceeded federal constitutionallimitations." Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 307. 36 Fälle, die die Anwendung der "wrongful death statutes" der Einzelstaaten betrafen: Hughes v. Fetter, o. Fn. 34; First National Bank of Chicago v. United Airlines, Inc., 342 U.S. 396 (1952). S. dazu Reese, 19 U.Chi.L.Rev. 339ff. Fälle, die das Vertragsstatut bei genossenschaftlichen Sterbegeldversicherungen betrafen: Sovereign Camp, Woodmen of World v. Bolin, 305 U.S. 66 (1938); Order ofUnited Commercial Travellers v. Wolfe, 331 U.S. 586 (1947). Vgl. dazu Carnahan, § 28. 37 Zum Beispiel betrafen Hughes v. Fetter und First National Bank of Chicago v. United Airlines, Inc. (o. Fn. 36) Fälle, deren einzelne Elemente sichjeweils in nur einem Staat- Wisconsin bzw. Illinois- befanden. Liegen die Elemente eines Falles in mehreren Staaten verstreut, so kann die in den beiden Entscheidungen aufgestellte Regel nicht mehr angewendet werden. 38 Es fehlte hingegen nicht an Kritik. S. z.B. Jackson, 45 Coi.L.Rev. 16: "lt is difficult to point to any field in which the Court has more completely demonstrated or more candidly confessed the Iack of guiding standards of a legal character than in trying to determine what choice of law is required by the Constitution." 39 So war z.B. in den Sterbegeldversicherungsfällen (s. o. Fn. 36) das maßgebende Kriterium der Organisationsort der Versicherungsgenossenschaft. 40 Vgl. Ehrenzweig, Treatise, S. 33. 41 " ••. nor shall any State deprive any person oflife, liberty, or property, without due process oflaw" (Fünftes Amendment in der Bill ofRights und Vierzehntes Amertdment, Absatz 1). 42 International Shoe Co. v. State of Washington, 326 U.S. 310 (1945); Shaffer v. Heitner, 433 U .S. 186 (1977). Vgl. dazu Silberman, 53 N.Y.U.L.Rev. 33ff.

II. Verfassung und Kollisionsrecht

29

dinglichen ("in rem") Flügel des bis dahin "leading case" Pennoyer v. Neff43 eingerissen hatte und die bis dahin geltenden verhältnismäßig klaren, jedoch vielfach als unbefriedigend empfundenen Grundsätze44 durch eine flexible "Minimalkontaktregelung" ersetzte. Danach erfordert die bei der Zuständigkeitsentscheidung zu beachtende Due Process-Klausel, daß Rechtsverhältnis oder Parteien gewisse Mindestberührpunkte mit dem sich für zuständig erklärenden Staat aufweisen, sodaß die Durchführung eines Gerichtsverfahrens nicht als eine Verletzung althergebrachter Fairness- und Gerechtigkeitsbegriffe und dem Betroffenen gegenüber als unzumutbar erscheint45 • Auch für den Bereich des Kollisionsrechts im engeren Sinne ("choice oflaw")4(j ist die Formel "fair play and substantial justice" zumindest Ausgangspunkt einer Betra~htung unter Due Process-Gesichtspunkten47 • Die Anwendung eines fremden oder des eigenen Rechts durch einen Staat verstößt dann gegen das Gebot des Due Process, wenn sie "unvernünftig" (unreasonable) 48 , sichtlich inadäquat49 , d.h. wenn sie willkürlich oder grundlegend unfair 5° ist. Auf dieser Grundlage hat der Supreme Court die Erfordernisse für eine verfassungsmäßige Rechtsanwendungsentscheidung aufgestellt. 94 u.s. 714 (1878). E fvery State possesses exclusive jurisdiction and sovereignty over persons and property within its territory"; " ... no State can exercise direct jurisdiction and authority over persons or property without its territory". 0. Fn. 43, S. 722. 45 "/ D fue process requires only that in order to subject a defendant to a judgement ... he have certain minimum contacts with it suchthat the maintenance of the suit does not offend traditional notions of fair play and substantial justice." International Shoe Co. v. State of Washington, o. Fn. 42, S. 316f. Vgl. auch World Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286, 291f. (1980); Rush v. Savchuk, 444 U.S. 320, 327 (1980); Helicopteros Nacionales de Colombia, S.A. v. Hall, 104 S.Ct. 1868, 1872 (1984). 46 Für den amerikanischen Juristen umfaßt der Begriff "conflict of laws" gemeinhin neben dem die Rechtsanwendungsfrage regelnden (hier: privatrechtlichen) Kollisionsrecht ("choice oflaw") die Bereiche der internationalenf-lokalen Zuständigkeit ("judicial jurisdiction") und der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen und solcher der Gliedstaaten. Vgl. Rest.2d § 2, comm. a, S. 2f.; Weintraub, Commentarv. 43

44 "/

s.

1.

Vgl. Leflar, 28 L.& Cont.Prob. 706; Martin, 61 Corn.L.Rev. 185. Kirgis, 62 Corn.L.Rev. 95-97, weist zutreffend daraufhin, daß die Due Process-Klausel neben dem Fairnessgebot auch ein Element der Kompetenzverteilung ("power element") beinhalte. Vgl. dazu auch New York Life Insurance Co. v. Dodge, 38 S.Ct. 337, 339-341 (1918); World Wide Volkswagen Co. v. Woodson, o. Fn. 45. Martin, 78 Mich.L.Rev. 872ff., schlägt vor, den mit International Shoe Co. zur Grundlage der Zuständigkeitsprüfung gewordenen Minimalkontakt-Test unverändert für die Bestimmung der verfassungsrechtlichen Grenzen der kollisionsrechtlichen Autonomie der Einzelstaaten zu verwenden. Dagegen wendet sich aber ausdrücklich der Supreme Court. Vgl. Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 320, Anm. 3 (Stevens, conc.). 48 Vgl. Leflar, American Conflicts Law, S. 120-122. 49 "conspicuously inadequate". Goodrich, S. 22. 50 Allstate lnsurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 308; Alaska Packers Association v. Industrial Accident Conimission, 294 U.S. 532, 542 (1935). 47

30

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

In den ersten (versicherungsrechtlichen) Fällen, in denen das Gericht eine Kontrolle der kollisionsrechtlichen Entscheidungen der Einzelstaaten vermittels der Due Process-Klausel vornahm, schien es die Anwendung eines bestimmten Rechts für verfassungsrechtlich geboten zu erachten 51 • Schon bald aber gingen die Verfassungsrichter dazu über, die Interessen der betroffenen, d.h. derjenigen Staaten, zu denen das streitige Rechtsverhältnis irgendeinen Bezug aufwies, gegeneinander abzuwägen und die Anwendung des Forumrechts durch ein Gericht unter dem Gesichtspunkt des Due Process dann unbeanstandet zu lassen, wenn der Gerichtsstaat an der Anwendung seines Rechts ein .,legitimes Interesse" hatte 52 , beziehungsweise ihm ein Recht zur Anwendung seiner Gesetze abzusprechen, wenn ein solches Interesse mangels entsprechender Berührpunkte nicht festzustellen war 53 • Dabei ließen einige der Entscheidungen vermuten, daß das Vorliegen des die Anwendung des Forumrechts rechtfertigenden staatlichen Rechtsanwendungsinteresses nur in den Fällen angenommen werden könne, in denen die Interessen des Gliedstaates diejenigen eines anderen .,interessierten" Staates überwiegen 54. Die aus anderen und den nachfolgenden Entscheidungen herauszudestillierende Formel, der Gerichtsstaat müsse mit dem betroffenen Rechtsverhältnis einen Kontakt aufweisen, der die Anwendung seines Rechts als vernünftig erscheinen lasse 5 5 , legte aber eine deutlich weniger weitgehende Verfassungskontrolle nahe. Schließlich wurde das Erfordernis der Interessenahwägung aufgegeben 56 • Das oberste Bundesgericht übernahm gleichwohl nicht die von mehreren Autoren vorgeschlagene - positive- Formulierung vom Erfordernis einer "vernünftigen" Kollisionsrechtsentscheidung 57 • Es bezeichnete vielmehr seine Aufgabe als Wächteramt über die Rechtsanwendungsentscheidung der Gerichte der Glied51 New York Life Insurance Co. v. Dodge, o. Fn. 47; Mutual Life Insurance Co. ofNew York v. Liebing, o. Fn. 31; Hartford Accident & lndemnity Co. v. Delta & Pine Land Co., 292 U.S. 143 (1934) (Ort des Vertragsabschlusses). 52 Carrol v. Lanza, 349 U.S. 408,413 (1955). Vgl. auch Alaska Packers Association v. Industrial Accident Commission, o. Fn. 50, S. 549f.; Hoopeston Canning Co. v. Cullen, 318 u.s. 313, 320f. (1943). 53 Horne lnsurance Co. v. Dick, 218 U.S. 397 (1930); John Hancock Mutual Life Insurance Co. v. Yates, 299 U.S. 178 (1936) (ein Fu/1 Faith and Credit-Fall). 54 Vgl. Alaska Packers Ass. v. Industrial Ace. Comm., o. Fn. 50, S. 549f.; Hoopeston Canning Co. v. Cullen, o. Fn. 52; Hartford Accident & Indemnity Co. v. Delta & Pine Land Co., o. Fn. 51, S. 150. 55 " ••• contact with the transaction sufficient to make the application of the flaw I reasonable." Weintraub, 44 la.L.Rev. 456. Vgl. auch Horne Insurance Co. v. Dick, o. Fn. 53; Pacific Employers lnsurance Co. v. Industrial Accident Commission, 306 U.S. 493 (1939); Cardillo v. Mutual Life Insurance Co., 330 U.S. 469 (1947); Overton, 22 Ore.L.Rev. 170. 56 In Carrol v. Lanza, o. Fn. 52. Vgl. Allstate lnsurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 308, Fn. 11. 57 Weintraub, 44 Ia.L.Rev. 455; Leflar, American Conflicts Law, S. 120-122.

li. Verfassung und Kollisionsrecht

31

staaten, welche (nur) dann als "willkürlich und grundlegend unfair" aufzuheben sei, wenn der Staat nicht dadurch ein "Interesse" am betroffenen Rechtsverhältnis habe, daß er einen oder mehrere nennenswerte Berührpunkte mit ihm vorweisen könne 58 • Besteht aber ein solcher interessebegründender Berührpunkt, so ist die Anwendung des Forum- bzw. eines anderen Rechtes durch den Gerichtsstaat (zwar möglicherweise falsch, aber doch) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, und zwar auch dann, wenn andere Staaten ebenfalls und möglicherweise gar mehr oder schwerwiegendere Bezugspunkte zu dem betroffenen Rechtsverhältnis aufweisen 59 • Das Gebot des Due Process im Kollisionsrecht verpflichtet die Gerichte, bei der Bestimmung des anzuwendenden Rechts zweierlei Interessen gebührend zu berücksichtigen 60 • Die Anwendung des durch den Forumstaat bestimmten Rechts muß zunächst den Parteien zumutbar, d.h. ihnen gegenüber "fair" sein. Dabei zwingt das Verbot einer unfairen Behandlung61 die Gerichte, die Erwartungshaltung der Parteien und deren Berechtigung zu untersuchen. Eine krasse Verkennung der berechtigten Erwartungen der Parteien kann zur Verfassungswidrigkeit der Rechtswahl führen 62 • Neben dem Fairnessgebot enthält die Due Process-Kontrolle aber auch ein föderales Ordnungselement beziehungsweise - im internationalen Bereich ein Element internationaler Kompetenzzuweisung 63 • Auch eine im Hinblick auf die Erwartungshaltung der Parteien "faire" Rechtsanwendung wäre nämlich dann verfassungswidrig, weil willkürlich, wenn der Staat, dessen Recht zur Anwendung gebracht werden soll, an der Anwendung seines Rechts deshalb kein legitimes Interesse haben kann, weil er keinerlei Berührpunkte mit dem im Streit befindlichen Rechtsverhältnis vorweisen kann 64 • 58 "/ F jor a State's substantive law to be selected in a constitutionally permissible manner, that State must have a significant contact or significant aggregation of contacts, creating state interests, such that choice of its law is neither arbitrary nor fundamentally unfair." Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 312f. Vgl. auch Clay v. Sun Insurance Office, Ltd., 377 U.S. 179, 183 (1964). 59 "/ Af set of facts giving rise to a lawsuit may justify, in constitutional terms, application of the law of more than one jurisdiction.... As a result, the forum State may have to select one law from among the laws of several jurisdictions having some contact with the controversy." Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 307f. In der gleichen Entscheidung bemerkt J. Stevens (conc.): "Although I regard the Minnesota court's decision to apply forum law as unsound as a matter of conflicts law, ... I concur in the ... judgement. It is not this Court's function to establish and impose upon state courts a federal choice-of-law rule ... Our authority may be exercised in the choice-of-law area only to prevent a violation ofthe Full Faith and Credit and the Due Process Clause." S. 332f. 60 Zum Ganzen Reese, 78 Col.L.Rev. 1595-1607. 61 Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 308 ("fundamentally unfair"). 62 Vgl. Weintraub, 44 Ia.L.Rev. 457. S. dazu u. zu§ 5 Fn. 688. 63 "/N jeeds of the interstate or international system". Reese, 78 Col.L.Rev. 1594. S. auch Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 320 (Stevens, conc.). Dagegen Hay, 34 Mercer L.Rev. 712f.

32

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

Die Tragweite der Kontrolle unter diesem Gesichtspunkt ist kaum abzuschätzen. Die in den letzten Jahrzehnten geübte Praxis des Supreme Court beläßt den Einzelstaaten weitgehende Freiheit in der Bestimmung des anwendbaren Rechts 65 und scheint interlokalen oder internationalen Ordnungsgesichtspunkten wenig Bedeutung beizumessen 66 • Der im obersten Bundesgericht im Vordringen befindliche "interessenanalytische" Ansatz könnte aber auch dazu führen, ein ausreichendes einzelstaatliches Rechtsanwendungsinteresse nur zu bejahen, wenn durch die Anwendung der einschlägigen (Sach-)Norm ein bedeutender Rechtszweck des betreffenden Staates nennenswert gefördert wird 67 . Die in einem solchen Postulat anklingenden ordnungspolitischen Gesichtspunkte könnten zu einer Schmälerung des kollisionsrechtlichen Ermessensspielraumes der Einzelstaaten führen.

3. Fuß Faith and Credit Die Väter der amerikanischen Verfassung haben die Fu/1 Faith and CreditKlausel68 als eines derjenigen Instrumente geschaffen, die der für ein einheitliches Staatengebilde gefahrlichen, weil aufsplitterungsträchtigen, Vielzahl selbständiger Rechtssysteme einen Mindestrahmen an nationaler Einheit vorgeben 64 Einen solchen Fall betrifft Horne lnsurance Co. v. Dick, o. Fn. 53. Vgl. auch J. Powell (diss.) in Allstate lnsurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 334-336. S. auch Reese, 78 Col.L.Rev. 1591ff.; Currie, 26 U.Chi.L.Rev. 10f. 65 Vgl. Granoff, 81 Col.L.Rev. 1134ff.; Leflar, 81 Coi.L.Rev. 1083. Die nach Kenntnis des Verfassers jüngste Entscheidung des Supreme Court, durch die eine die Anwendung von Forumrecht festlegende Entscheidung eines Gliedstaates aufgehoben wurde, datiert aus dem Jahre 1936 (John Hancock Mutual Life Insurance Co. v. Yates, o. Fn. 53). Vgl. auch McCiuney v. Jos. Schlitz Brewing Co., 649 F. 2d 578, 586 (8th Cir. 1981). 66 S. z.B. J. Stevens (conc.) in Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 326: "The forum State's interest in the fair and efficient administration ofjustice is ... sufficient ... to attach a presumption of validity to a forum State's decision to apply its own law to a dispute over which it has jurisdiction." 67 "A contact, or a pattem of contacts, satisfies the Constitution when it protects the litigants from being unfairly surprised ifthe forum State applies its own law, and when the application of the forum's law reasonably can be understood to further a legitimate public policy of the forum State." Minderheitsmeinung der Richter Powell, Burger und Rehnquist in Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 336, die ihre abweichende Meinung darauf stützen, daß die Mehrheitsentscheidung lediglich rein tatsächliche Berührpunkte berücksichtigt und so die weitaus bedeutenderen Gründe übersehe, welche in früheren Entscheidungen des Gerichts zu der Forderung nach vernünftigen und von einem öffentlichen Interesse getragenen Berührpunkten geführt hätten. S. 340 f. Vgl. auch o. Fn. 60 und 449 U.S. 308 m. Anm. 11. 68 "Full Faith and Credit shall be given in each State to the public Acts, Records, and judicial Proceedings of every other State. And the Congress may by general Laws prescribe the Manner in which such Acts, Records, and Proceedings shall be proved, and the Effect thereof." Art. 4 Abs. 1 der Verfassung.

li. Verfassung und Kollisionsrecht

33

sollten69 • Mit der Forderung, einjeder Staat der amerikanischen Union müsse die "public acts, records and judicial proceedings" der anderen anerkennen, hoffte man, ein System "kooperativen Föderalismus'" 70 zu schaffen, welches Raum für einzelstaatliche Initiative und Eigenheiten zu belassen vermochte, ohne dafür das notwendige Maß an Koordination zu opfern 71 • In ihrem kollisionsrechtlich bedeutsamen Kern enthält die Klausel zunächst eine Rechtskraftbestimmung 72 • Die Gerichte jedes Gliedstaates sind verpflichtet, den Gerichtsentscheidungen anderer Staaten weitgehend dieselbe Wirkung zwischen den Parteien einzuräumen wie im Entscheidungsstaat 73 • Die eigentliche Einbruchstelle des Verfassungsrechts in das Kollisionsrecht hält die Full Faith and Credit-K1ause1 aber mit der Pflicht zur Anerkennung außerstaatlicher "public acts" bereit. Während das Bundesparlament von der im zweiten Satz der KlauseF4 vorgesehenen Implementierungsmöglichkeit nur spärlichen und von der auf diesem Wege erreichbaren Möglichkeit der Schaffung eines Bundeskollisionsrechts keinen Gebrauch machte 75 , hat sich der Supreme Court zum Begriff der "public acts" mehrfach geäußert76 • Das oberste Bundesgericht hat dabei69 " ••• one of the provisions incorporated into the Constitution by its framers for the purpose of transforming an aggregation of independent, Sovereign states into a nation." Sherrer v. Sherrer, 334 U.S. 343, 355 (1948). 70 Nevada v. Hall, 440 U.S. 410, 424, Anm. 24 (1979). 71 Vgl. Leflar, American Conflicts Law, S. 143. 72 Vgl. dazu ReesefJohnson, 49 Col.L.Rev. 153ff. 73 Ein Urteil genießt nur dann Full Faith and Credit, wenn es endgültig und vollstreckbar ist, das aussprechende Gericht nach verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten seine Zuständigkeit annehmen durfte (s. z.B. Grover & Baker Sewing Mach. Co. v. Radcliffe, 137 U.S. 287, 294 (1890)) und der Klagegrund nicht Straf-("penal")charakter hatte (Wisconsin v. Pelican Insurance Co., 8 S.Ct. 1370, 1374 [1888]); letzterem Erfordernis dürfte heute allerdings kaum noch Gewicht beizumessen sein. Vgl. Paulsen, 42 Ia.L.Rev. 202ff. Vorbehaltlich einer entsprechenden einzelstaatlichen oder bundesstaatliehen Regelung bedeutet Schutz durch die Klausel nicht, daß ein in einem Einzelstaat ergangenes Gerichtsurteil in einem anderen ohne weiteres vollstreckt werden müßte. Sie verlangt lediglich, daß jeder Staat auf außerstaatliche Gerichtsentscheidungen gegründete Klagen zulassen muß, wenn sein eigenes Rechtssystem entsprechende Klagen zuläßt, und daß er solche Entscheidungen gegenüber Ansprüchen, die sich erneut auf den schon Gegenstand der außerstaatlichen Entscheidung gewesenen Grund stützen, als Verteidigung anerkennen muß. Dem Forumstaat bleibt es aber überlassen, sein eigenes Prozeßrecht anzuwenden, worunter in den Vereinigten Staaten auch Verjährungsvorschriften rechnen können. Vgl. Wells v. Simonds Abrasive Co., 345 U.S. 514 (1953); T.L. James & Co., Inc. v. Montgomery, 308 So.2d 481 (La.Ct.App. 1975). Vgl. aber auch Guaranty Trust Co. v. York, 326 U.S. 99 (1945); Hanna v. Plumer, 380 U.S. 460 (11)_65). 74 S.o. Fn. 68. 75 Vgl. Cavers, 131 Rec. 110. 76 Z.B. Bradford Electric Light Co. v. Clapper, 286 U.S. 145, 154(1932); John Hancock Mutual Life Insurance Co. v. Yates, 299 U.S. 178, 183 (1936); Hughes v. Fetter, 341 U.S. 609, 611 (1951): "/T/he Illinois statute is a 'public act' within the provision of Art. IV,§ 1 that 'Full Faith and Credit shall be given in each State to the Public Acts ... of every other

3 Magold

34

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

im Widerspruch zu der Ausdeutung des Begriffes durch die verfassungsgebende Versammlung ("constitutional convention") am 29. August 178777 - eindeutig zu verstehen gegeben, daß unter einem "public act" auch und insbesondere ein gesetzgeberischer Akt eines Einzelstaates verstanden werden kann 78 • Mit diesem Sprungbrett des ,,full faith and credit to statutes" 79 katapultierte sich das Gericht mitten in den Bereich des Kollisionsrechts. Eine unbeschränkte Anwendung des Grundsatzes müßte bedeuten, den gesamten Bereich des Kollisionsrechts in den Rang einer verfassungsrechtlichen Rechtsmaterie zu erheben, da in jedem zu entscheidenden Fall, der Berührpunkte mit zwei oder mehr Staaten aufweist, eine verfassungsrechtliche Entscheidung darüber getroffen werden müßte, welches der zulässigerweise Anerkennung erheischenden Rechte im einzelnen vorzugswürdig ist80 • Erschien jedoch die Vermutung, das Kollisionsrecht sei auf dem Wege, eine Domäne des Verfassungsrechts zu werden, in den dreißiger Jahren noch durchaus realistisch8 1, so hat sich der Supreme Court in jüngerer Zeit in eine mehr überwachende, auf den Ausgleich deutlicher Fehlanwendungen eines Rechts im Einzelfall bedachte Position zurückgezogen 82 und überläßt somit weitgehend den Einzelstaaten die rechtsState'". So auch schon Langmaid, 24 Ill.L.Rev. 383fT. (1929). Vgl. Leflar, 28 L.& Cont.Prob. 709f.; Weintraub, 44 la.L.Rev. 469. Ehrenzweig, Treatise, S. 29-33, spricht sich gegen ein solches Verständnis des Fu/1 Faith and Credit-Gebotes aus und weist daraufhin, daß der Supreme Court damit weniger eine verfassungsrechtliche Kollisionsregel aufgestellt als vielmehr zumeist negativ über die Zulässigkeit einer bestimmten Rechtswahl im Einzelfall entschieden habe. 77 " • •• supposed the meaning tobethat judgements in one state should be the ground of actions in other states, and that acts of the legislatures should be included (as they sometimes serve the like purpose as act. [gemeint war wahrscheinlich ,judgements". S. Nadelmann, 56 Mich.L.Rev. 72. Meine Anm.] for the sake of acts of insolvency etc.)". Madisons's Notes, Farrand, S. 447. Im Original ist die in Klammern gesetzte Passage durchgestrichen. Mit "public acts" bzw. "acts oflegislatures" (so im Text des am 6. August 1787 der verfassungsgebenden Versammlung unterbreiteten Verfassungsentwurfs. Farrand, S. 176fT.) waren somit solche Akte der gesetzgebenden Organe gemeint, die nicht Gesetzgebungsqualität, sondern die Natur einer Gerichtsentscheidung aufwiesen. Beispielsweise wurden im Jahre 1787 in vielen Einzelstaaten Konkurs- und auch Scheidungsverfahren nicht von den Gerichten, sondern von der Legislative durchgeführt. Vgl. zum Ganzen Nadelmann, 56 Mich.L.Rev. 53fT. 78 S.o. Fn. 76. Dariiberhinaus kann davon ausgegangen werden, daß solange jedenfalls ein dem entgegenstehendes Urteil des Supreme Court nicht ergangen ist- auch das Richterrecht eines Gliedstaates Fu/1 Faith and Credit genießt. S. dazu Leflar, 28 L.& Cont.Prob. 711, Anm. 23. 79 S. hierzu noch Jackson, 45 Col.L.Rev. 1fT.; Reese, 19 U.Chi.L.Rev. 339fT. 80 Vgl. Reese, 19 U.Chi.L.Rev. 340. 81 Dodd, 39 Harv.L.Rev. 533fT.; Ross, 15 Minn.L.Rev. 161fT. Vgl. z.B. Hartford Accident & Indemnity Co. v. Delta & Pine Land Co., 292 U .S. 143 (1934). 82 "Where more than one state has a sufficiently substantial contact with the activity in question, the forum state, by analysis of the interests possessed by the states involved, could constitutionally apply to the decision of the case the law of one or another state having such an interest in the multistate activity." Richards v. United States, 369 U .S. 1, 15

li. Verfassung und Kollisionsrecht

35

schöpferische Initiative im Kollisionsrecht 83 • Im Jahre 1932 hatte J. Brandeis in Bradford Electric Light Co. v. Clapper 84 gefordert, ein Staat müsse den Gesetzen eines anderen Staates Full Faith and Credit gewähren, wenn ein Widerspruch dieser mit seinen eigenen fundamentalen Rechtsgrundsätzen ("obnoxious to the public policy") 85 nicht festzustellen sei. Durch J. Stone, der den in Bradford aufgestellten Grundsatz nicht gebilligt hatte 86 , wurde dieser "obnoxiousness"Test schon drei Jahre später entscheidend modifiziert 87 • Ein Gericht eines Einzelstaates, so Stone, könne legitimerweise die Anwendung fremden Rechts grundsätzlich schon dann als eine Verletzung seiner fundamentalen Rechtsgrundsätze zurückweisen, wenn der Staat die Rechtsfrage divergierend eigenständig geregelt habe. In solch einem Fall sei der Forumstaat prima facie berechtigt, sein eigenes Recht anzuwenden und könne nur dann zur Anwendung fremden Rechts verpflichtet werden, wenn ein überwiegendes Rechtsanwendungsinteresse des anderen Staates dargetan werde88 • In der weiteren Entwicklung schwand die Bedeutung des "obnoxiousness"-Begriffes ebenso dahin wie diejenige der Interessenabwägung. Das Schwergewicht wurde vielmehr zunehmend auf die Frage verlagert, ob der ForuJllstaat überhaupt ein legitimes Interesse oder einen nennenswerten Berührpunkt mit dem zu entscheideneo Fall vorweisen könne; eine bejahende Antwort schloß sodann eo ipso die Anwendbarkeit der Full Faith and Credit-Klausel als Gebot zur Anwendung eines (1962). "/T /he / Full Faith and Credit/ Clause should not invalidate a state court's choice of forum law unless that choice threatens the federal interest in national unity by unjustifiably infringing upon the Iegitimale interests of another State." Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 34, S. 323 (Stevens, conc.). S. Currie, Selected Essays, S. 238-241. Müller-Freienfels, 45 U.Chi.L.Rev. 598f. Vgl. auch o. zu Fn. 35-40. 83 S.u. Fn. 94. Vgl. Juenger, 14 U .C.D.L.Rev. 907fT.; v. Mehren/Trautmann, 10Hofstra L.Rev. 38; Hay, 34 Mercer L.Rev. 717-722. 84 286 U.S. 145 (1932). 85 Ibid., S. 161. 86 In einer "concurring opinion" hatte J. Stone deutlich gemacht, daß er keinen Raum für Full Faith and Credit sehe, wenn der Forumstaat ein gerechtfertigtes Interesse an der Anwendung seines eigenen Rechts habe. Ibid., S. 164. 87 Alaska Packers Association v. Industrial Accident Commission, o. Fn. 50. 88 Ibid., S. 547f.: "A rigid and Iitera! enforcement of the Full Faith and Credit Clause, without regard to the statute of the forum, would Iead to the absurd result that, whereever the conflict arises, the statute of each state must be enforced in the courts of the other, but cannot be in its own.... / R jights claimed under one statute prevail only by denying effect to the other..../T /he conflict is tobe resolved ... by appraising the governmental interests of eachjurisdiction, and turning the scale of decision according to their weight ... Prima facie every state is entitled to enforce in its own courts its own statutes, lawfully enacted. One who challenges that right, because of the force given to a conflicting statute of another state by the Full Faith and Credit Clause, assumes the burden of showing upon some rational basis, that of the conflicting interests involved those of the foreign state are superior to those of the forum." Vgl. auch Nevada v. Hall, 440 U.S. 410, 422 (1979): "/T /he Full Faith and Credit Clause does not require a State to apply another State's law in violation of its own legitimate public policy."

36

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

fremden Rechtssatzes aus 89 • Damit verschmolzen die Gebote des Due Process und des Full Faith and Credit 90 • Heute trifft der Supreme Court, mit Blick sicherlich auch auf die in der Vergangenheit bisweilen entstandene Verwirrung 91 , ausdrücklich keine Entscheidung mehr zwischen den (sich aus den beiden Klauseln ergebenden) an die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtswahl zu stellenden Anforderungen 92 • In beiden Fällen erkennt das Gericht eine einzelstaatliche Rechtsanwendungsentscheidung an, wenn ausreichende Berührpunkte mit den Parteien und dem Rechtsverhältnis sie weder als willkürlich noch als grundlegend unfair erscheinen lassen 93 . Im Hinblick auf die Frage, wann ein Berührpunkt als ausreichend anzusehen ist, wird dabei ein durchaus großzügiger Bewertungsmaßstab angelegt, der zu der berechtigten Bemerkung Anlaß gegeben hat, der Supreme Court vertrete- politisch betrachtet- eine "states' rights" -Theorie im Bereich des Kollisionsrechts 94 • In der Literatur wird die Gleichbehandlung der beiden Verfassungsvorschriften überwiegend kritisiert 95 • Die Kritiker weisen insbesondere darauf hin, daß die Rechtsnatur der Vorschriften eine Aufteilung in zwei Entscheidungskategorien zuläßt, deren eine positiv, die andere negativ formuliert wird: Die Due Process-Klausel verbietet einem Staat, sein Recht auf einen Fall anzuwenden, wenn ihre Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Auf der anderen Seite gebietet Art.4 Abs.1 der Verfassung die Wahl desjenigen Rechts, dem im konkreten Fall

89 Vgl. Pacific Employers Insurance Co. v. Industrial Accident Commission, 306 U.S. 493 (1939); Cardillo v. Mutual Life Insurance Co., 330 U.S. 469 (1947); Carrol v. Lanza, 349 u.s. 408 (1955). 90 Vgl. Weintraub, 44 Ia.L.Rev. 473f. In den Sterbeversicherungsfällen hielt der Supreme Court bis 1947 ausdrücklich daran fest, daß die Full Faith and Credit-Klausel es aus Gründen der Vorhersehbarkeit und der Gleichbehandlung gebiete, bei Streitigkeiten zwischen einem Gegenseitigkeitsverein und seinen Mitgliedern dessen " Heimatrecht" anzuwenden. Order ofUnited Commercial Travellers v. Wolfe, 331 U.S. 586, 592 (1947). 91 So wurde z.B. in John Hancock Mutual Life Insurance Co. v. Yates, 299 U.S. 178 (1936), die auf das Gebot des Full Faith and Credit gestützte Entscheidung mit Hilfe der Präzedenzentscheidung Horne Insurance Co. v. Dick (218 U.S. 397 [1930]), einem eindeutigen Due Process-Fall, begründet. 92 Clay v. Sun Insurance Office, Ltd., 377 U.S. 179, 181 (1964); Nevada v. Hall, 440 U.S. 410, 424 (1979); Allstate Insurance Co. v. Hague, 449 U.S. 302, 308, Anm. 10 (1981). 93 S.o. Fn. 60 und Text. 94 Leflar, 28 L.& Cont.Prob. 706. S. auch ders., 10 Hofstra L.Rev. 203ff.; ders., 81 Col.L.Rev. 1086. 95 Vgl. Weintraub, 44 Ia.L.Rev. 490f.; Kirgis, 62 Corn.L.Rev. 150. Reese, 78 Col.L.Rev. 1589ff., und Leflar, 28 L.& Cont.Prob. 708, halten Due Process ftir die richtige verfassungsrechtliche Basis, während Martin, 61 Corn.L.Rev. 209f., Fu/1 Faith and Credit als allein tauglichen Kontrollmechanismus betrachtet. Vgl. auch J. Stevens (conc.) in Allstate Ins. Co. v. Hague, 449 U.S. 321f.; Posnak, 34 Mercer L.Rev. 751-760; Hay, 34 Mercer L.Rev. 712-717.

II. Verfassung und Kollisionsrecht

37

Fu/1 Faith and Credit gewährt werden muß 96 und schließt damit andere Entscheidungsmöglichkeiten aus 97 • Die Full Faith and Credit-Klausel ist damit ein weitaus tauglicheres Instrument zur höchstrichterlichen Schaffung engumrissener verfassungsunmittelbarer Kollionsnormen 98 , dessen sich der Supreme Court durch seine derzeitige zurückhaltende Rechtsprechung keinesfalls begeben hat und das im derzeitigen Zustand verfassungsrechtlicher Aufbereitung jederzeit geeignete Grundlage für einen Vorstoß des Gerichts in weite Bereiche des Kollisionsrechts hinein sein könnte 99 • Allerdings kann dies nicht für den Bereich des internationalen Kollisionsrechts gelten. Fälle mit Auslandsberührung können, da "Staat" im Sinne der Full Faith and Credit-Klausel nur eine der bundesstaatliehen Komponenten der Vereinigten Staaten, nicht aber ein ausländischer Staat sein kann, in verfassungsrechtlicher Hinsicht nur mittels des Due Process-Gebotes kontrolliert werden 100 •

Wenngleich zudem den beiden Verfassungsvorschriften teilweise unterschiedliche Interessen zugrundeliegen 101 , so wird doch die Entscheidungspraxis des Gerichts nur in seltenen Fällen von der Präferenz der kombinierten oder der getrennten Betrachtungsweise ausschlaggebend beeinflußt werden 102 • Wendet nämlich ein Staat ohne hinreichenden Grund sein eigenes Recht an, so stellt dies zumeist ebenso eine Verweigerung von "fair play and substantial justice", also von Due Process, dar wie eine Nichterfüllung der Verpflichtung, den "public acts" eines fremden Staates Fu/1 Faith and Credit zu gewähren. Die Frage, auf welche Verfassungsnorm Bezug genommen wird, ist daher in der weitaus Vgl. Reese, 19 U.Chi.L.Rev. 342. Die Unterscheidung gewinnt dann praktische Bedeutung, wenn nicht nach Due Process-Gesichtspunkten ohnehin nur eines der in Frage kommenden "interessierten" Rechte anwendbar wäre. Vgl. Reese, 78 Col.L.Rev. 1589f. 98 Vgl. Weintraub, 44 Ia.L.Rev. 490f. Für den Fall des Heimfallrechts ("escheat") hat der Supreme Court mit Hilfe der Full Faith and Credit-Klausel eine Kollisionsnorm geschaffen. S. Texas v. New Jersey, 379 U.S. 674, 680f. (1965); Pennsylvania v. New York, 407 u.s. 206, 212-215 (1972). 99 Vgl. Reese, 78 Col.L.Rev. 1590, dessen Prognose indes, eine weitere Schaffung von Kollisionsnormen durch den Supreme Court sei in naher Zukunft zu erwarten, aus den oben (zu Fn. 21-24) genannten Gründen und angesichts der Entscheidung Allstate Insurance Co. v. Hague, 449 U.S. 302 (1981), wenig realistisch erscheint. 100 Z. B. Horne Insurance Co. v. Dick, 218 U.S. 397 (1930). Vgl. von Mehren/Trautmann, S. 1243. Martin, 61 Com.L.Rev. 199f., will die bei der Rechtsanwendungskontrolle seiner Meinung nach ausschließlich anwendbare Full Faith and CreditKlausel (de lege ferenda) auch für Fälle mit Auslandsberührung fruchtbar machen. In internationalen Fällen anwendbar ist auch die Equal Protection (o. Fn. 27)-, nicht aber die Privileges and lmmunities-K!ause! (ibid.) der amerikanischen Bundesverfassung. 101 S. Weintraub, 44 Ia.L.Rev. 490f.; J. Stevens (conc.) in Allstate Insurance Co. v. Hague, o. Fn. 99, S. 322-331. 102 So stellt die sich dem Mehrheitsvotum anschließende getrennt wertende "concurring opinion" J. Stevens' in Allstate Ins. Co. v. Hague (o. Fn. 99) eher noch geringere Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit der Rechtswahl als die "kombinierte" Vorgehensweise der Mehrheit. 96 97

38

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

überwiegenden Mehrzahl der Fälle gegenüber der Gewichtung der einzelnen betroffenen Interessen und Berührpunkte ein deutlich untergeordneter Teil der verfassungsrechtlichen Kontrolle 103 •

111. Bemerkungen zum Gerichtssystem 1. Zuständigkeit

Das Gerichtssystem der Vereinigten Staaten besteht aus zwei Pfeilern. Die der Einzelstaaten und Teilrechtsgebiete 105 einerseits und diejenige des Bundes andererseits stehen sich als jeweils vollständiges System in einer Weise gegenüber, die häufig zu konkurrierenden Zuständigkeiten führt 106 • Gerichtshierarchien 1 ~

Die Gerichte der Einzelstaaten sind sachlich allgemein zuständig mit Ausnahme derjenigen Bereiche, in denen eine ausschließliche Zuständigkeit der Bundesgerichte besteht 107 • Diese Zuständigkeit erstreckt sich auch auf Fälle, in denen Bundesrecht zur Anwendung kommt; bei der Entscheidung sind die Richter der Einzelstaaten hierbei allerdings an bundesrichterliches Präjudizienzrecht gebunden 108 • Die Zuständigkeit der- neben dem Supreme Court -103 Bundesgerichte (91 District Courts 109 , 12 Courts of Appeals 110 ) 111 kann sich ergeben aus der 103 Vgl. von MehrenfTrautmann, S. 1242; Shreve, 66 Minn.L.Rev. 346. In Allstate kommt dies deutlich dadurch zum Ausdruck, daß die Entscheidung, sich der Mehr- oder der (starken) Minderheit anzuschließen, ausschließlich mit der Gewichtung der betroffenen Interessen bzw. Berührpunkte fallen mußte. S. insbes. S. 332. 104 Die Gerichtssysteme der Einzelstaaten sind in der Regel dreigliedrig, bisweilen auch zweigliedrig aufgebaut. Die Bezeichnung ist uneinheitlich (z.B. District Court, Superior Court, Circuil Court in der ersten, Supreme Court, Supreme Judicial Court, Court ofAppeal in der letzten Instanz); in einigen Staaten gibt es in der Eingangsinstanz Gerichte mit speziellen Zuständigkeiten (z.B. Family Courts, Probate Courts) und in der Hierarchie den erstinstanzliehen Gerichten untergeordnete Gerichte mit begrenztem Aufgabenbereich (z.B. Traffic Courts, Sma/1 Claims Courts). S. dazu Farnsworth, S. 35-37; Hay, Introduction, S. 37f.; Mishkin/Morris, S. 3f. 105 District of Columbia, Commonwealth of Puerto Rico, Guam, AmerikanischSamoa, amerikanische Virgin lslands, Kanalzone Panama, übrige Pazifikinseln. Auch Stammesrecht kann als Teilrechtsordnung anerkannt werden. S. (zum Recht des Navajostammes in New Mexico) Jim v. CIT Financial Services Corp., 533 P.2d 751,752 (N.M.Sup.Ct. 1975). 106 S. z.B. Fryer/Orentlicher, S. 586. 107 Vgl. nur Mishkin/Morris, S. 3. tos Hay, Introduction, S. 40. 109 In jedem Staat befinden sich zwischen einem und vier (New York, Kalifornien, Texas) Districts. S. 28 U.S.C.A. §§ 81-131. Die gesetzlich festgelegte Zahl der Richter beträgt für die Gesamtheit der District Courts 507; die Zahl der Richter pro District schwankt zwischen einem und siebenundzwanzig (Southern District of New York). 28 u.s.c. § 133.

III. Bemerkungen zum Gerichtssystem

39

bundesrechtlichen Natur der im Streit befindlichen Rechtsgrundlage ("federal question cases") 112 oder aus dem Umstand, daß die Parteien des Rechtsstreits in verschiedenen Bundesstaaten oder im Ausland domiziliert sind 113 ("diversity of citizenship") 114 • Im letzteren Fall besteht das Erfordernis eines Mindeststreitwerts von zehntausend Dollar 115 •

2. Das Recht in den Bundesgerichten

im Fall der "diversity of citizenship"-Zuständigkeit

a. Materielles Recht

Im Bereich der "diversity"-Zuständigkeit der Bundesgerichte, in dem die konkurrierend zuständigen Gliedstaatengerichte selbstverständlich grundsätzlich eigenes materielles und Prozeßrecht anwenden, ergaben sich seit jeher Probleme im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Zuständigkeitsbereiches von Bundes- und Einzelstaatenrecht. Die im Jahre 1789 im sogenannten "Rules ofDecision Act" aufgestellte Regel, "the Laws ofthe several states, except where /federallaw/ shall otherwise require or provide, shall be regarded as rules of decision in trials at common law in the courts ofthe United States in cases where they apply", 116 wurde von J. Story in der Entscheidung Swift v. Tyson 117 dahingehend interpretiert, daß Recht ("law") im Sinne der Vorschrift nur die Gesetze, das Gewohnheitsrecht und die "Rechte an Dingen mit fester örtlicher Verankerung" 118 seien, mithin das Richterrecht 110 S. 28 U.S.C. § 41. 132 Richter verteilen sich auf die zwölf Circuits der Courts of Appeals, die mit vier (First Circuit) bis zu dreiundzwanzig (Ninth Circuit) Richtern besetzt sind. S. 28 U.S.C. § 44. m Das bundesgerichtliche System der U.S.A. ist trotz einiger in den vergangenen Jahren erfolgter Korrekturen reformbedürftig. Hauptursache ist die Überlastung der Bundesgerichte, die u.a. auf die zunehmende Prozeßwilligkeit, das starke Anschwellen bundesrechtlicher Regelungen, die inflationsbedingte Entwertung der 10.000 DollarStreitwertgrenze und auf die wachsende Anzahl der Sachverhalte unter der .,diversity"Zuständigkeit zurückgeht. S. dazu Wright, 42 Tex.L.Rev. 949fT.; Carrington, 82 Harv.L.Rev. 542ff.; Judd, 60 A.B.A.J. 938ff. 112 Vgl. Wright, The Law of Federal Courts, S. 63-68. 113 .,Domicil(e)" erfordert eine auf animus manendi gegründete tatsächliche und permanente Wohnsitznahme. Vgl. Stine v. Moore, 213 F.2d 446, 448 (5th Cir. 1954). 114 S. dazu Wright, o. Fn. 112, S. 85-121. 115 28 U.S.C. § 1332. In ,,federal question"-Fällen war dieses Erfordernis durch eine Vielzahl von gesetzlichen Ausnahmeregelungen fast vollständig aufgehoben worden (s. Wright, Fn. 112, S. 123-126) und wurde am 1. Dezember 1980 schließlich gestrichen. Vgl. 28 u.s.c. § 1331. 116 Judiciary Act vom 24. September 1789, eh. 20, § 34, 1 Stat. 92 Uetzt 28 U.S.C. § 1652). 117 41 U.S. (16 Pet.) 1 (1842). 118 .,/R/ights and titles to things having a permanent locality." Ibid., S. 18.

40

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

eines Gliedstaates diesem Begriff nicht unterfalle 119 und entsprechende Rechtsfragen mithilfe des allgemeinen Rechts ("generallaw") gelöst werden müßten 120 • In der Folge entschieden die Bundesgerichtetrotz wachsender Kritik an dieser RegeP21 über nahezu ein Jahrhundert hinweg in Fragen "allgemeinen Rechts" die ihnen über die "diversity"-Zuständigkeit zugewiesenen Rechtsfälle ohne Berücksichtigung des jeweiligen einzelstaatlichen Richterrechts aufgrund allgemeinen Bundes(richter-)rechts. Diese Möglichkeit zur Rechtsetzung in von Verfassungs wegen dem Bund unzugänglichen Gebieten 122 wurde den Bundesgerichten erst 1938 durch eine der bedeutendsten Entscheidungen der amerikanischen Rechtsgeschichte 123 abgeschnitten. In Erie R . Co. v. Tompkins 11A setzte der Supreme Court die in Swift v. Tyson aufgestellte Doktrin außer Kraft und erklärte, ein "allgemeines Bundesrecht" gebe es nicht; die Bundesgerichte seien vielmehr gehalten, das Richterrecht ebenso wie das sonstige Recht desjenigen Staates anzuwenden, auf dessen Territorium sie sich befinden 125 • b. Prozeßrecht

Ebenfalls im Jahre 1938 erfolgte im Bereich des Prozeßrechts eine bedeutende Reform. Die in diesem Jahr in Kraft getretenen Federal Ru/es of Civil Procedure 126 lösten eine anachronistische Regelung ab, die den Bundesgerichten vorschrieb, im Bereich der "actions at law" einzelstaatlichen Regeln zu folgen, es 119 Story bemühte zur Begründung seiner Entscheidung eine im angloamerikanischen Rechtskreis ungewöhnliche Überlegung, indem er bemerkte, Entscheidungen eines Gerichts seien im Wortsinne nicht Recht, sondern legten Zeugnis von bestehendem Recht: "In the ordinary use of language it will hardly be contended that the decisions of courts constitute laws. They are, at most, only evidence of what the laws are, and are not of themselves laws." Swift v. Tyson, o. Fn. 117, S. 18. 120 Ibid., S. 19. 121 Vgl. Frankfurter, 13 Com.L.Rev. 524-530; Fordham, 7 N.C.L.Rev. 423fT.; Dobie, 16 Va.L.Rev. 225fT. 122 Schon 1928 hatte eine starke Minderheit in Black & White Taxicab Co. v. Brown and Yellow Taxicab Co., 276 U.S. 518 (1928), die in Swift v. Tyson aufgestellte Regel als verfassungswidrige Kompetenzüberschreitung durch die Bundesgerichte gebrandmarkt (S. 532-536). 123 J. Black, Address, 13 Mo.B.J. 173, 174(1942): " ... one ofthemost important casesat law in American legal history." 124 304 u.s. 64 (1938). 125 "There is no federal generat common law. Congress has no power to declare substantive rules of common law applicable in a state whether they be local in their nature or 'general', be they commerciallaw or a part of the law of torts. And no clause in the Constitution purports to confer such apower upon the federal courts." 304 U .S. 78. " / I /n applying the I Swift v. Tyson I doctrine this Court and the lower courts have invaded rights which in our opinion are reserved by the Constitution to the several states." 304 U .S. 80. 126 Der Supreme Court billigte das Gesetzesvorhaben im Dezember 1937 mit kleinen Änderungen (302 U.S. 783 (1937}), das in dieser Form, da das Bundesparlament untätig blieb, am 16. September 1938 in Kraft trat.

111. Bemerkungen zum Gerichtssystem

41

ihnen aber gestattete, im klassischen "equity"-Bereich ihr eigenes Prozeßrecht zu entwickeln 127 .Die Koexistenz bundesstaatliehen Prozeßrechts und einzelstaatlichen materiellen Rechts führte zu Abgrenzungsproblemen, die auch heute keineswegs ausgestanden sind. Insbesondere die traditionelle Qualifizierung der Verjährungsregeln als prozeßrechtlich 128 bereitete den Bundesgerichten Kopfzerbrechen, da sie ohne weiteres zur Anwendung der bundesrechtlichen Verjährungsvorschriften (nach denen z.B. die Verjährung mit Klageeinreichung unterbrochen wird 129 , während hingegen viele einzelstaatliche Gesetze dies erst mit der - gemeinsam mit der Ladung erfolgenden - Zustellung an den Beklagten gelten lassen 130) gegenüber den einzelstaatlichen Anspruchsgrundlagen hätte führen müssen. Die vom Supreme Court zunächst angewandte Formel, die Qualifizierung als prozeß- oder materiellrechtlich müsse im Geiste von Erie R. Co. v. Tompkins in "diversity"-Fällen dann unbeachtlich sein, wenn das unter Anwendung von Bundesprozeßrecht erzielte Ergebnis vor einem Bundesgericht wesentlich von demjenigen abwiche, zu welchem ein "eine Straße weiter" befindliches konkurrierend zuständiges Gericht eines Einzelstaates (unter Anwendung selbstverständlich seines eigenen Prozeßrechts) gelangte ("outcome determinative test")l31 , konnte, wie die Gerichte bald feststellten, kein "Talisman" für diejenigen sein, denen im konkreten Fall die einzelstaatliche Verjährungsregel zustatten käme 132 . Da jede unterschiedliche Verjährungsregelung zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen kann und somit "outcome-determinative" ist, liefen in Streitfällen die bundesstaatliehen Regelungen leer. Aber auch die Besinnung auf das Erfordernis eines praktikablen und einheitlichen Prozeßrechts in den Bundesgerichten vermochte zwar andere Ergebnisse zu rechtfertigen 133 , lieferte jedoch keine positiven Kriterien für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der konkurrierenden Vorschriften. Ob der in jüngster Zeit Vgl. dazu Wright, Fn. 112, S. 289-291. Vgl. Weintraub, Commentary, S. 59, und die dort in Anm. 45 aufgeführten Entscheidungen. Die Full Faith and Credit-K1ause1 verpflichtet einen Staat, welcher einen auf fremdes Recht gegründeten Anspruch grundsätzlich anerkennt, nicht dazu, auch die entsprechende fremde Verjährungsregel anzuwenden. Wells v. Simonds Abrasive Co., 345 U.S. 514 (1953). S.o. Fn. 73. 129 F .R .C.P. Rule 3. 130 Z.B. Oklahoma Stat., Tit. 12, § 97 (1971). 131 "It is ... immaterial whether statutes of Iimitation are characterized either as 'substantive' or 'procedural' in State Court opinions . ... JF for the same transaction the accident of a suit by a nonresident Iitigant in a federal court instead of in a State court a block away, should not Iead to a substantially different result." Guaranty Trust Co. of New York v. York, 326 U .S. 99, 109 (1945). Vgl. auch Ragan v. Merchants Transfer and Warehouse Co., 337 U.S. 530 (1949). 132 Hanna v. Plumer, 380 U.S. 460, 467 (1965). 133 Byrd v. Blue Ridge Rural Electric Cooperative, Inc., 356 U .S. 525 (1958); Hanna v. Plumer, o. Fn. 132. 127 128

42

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

angestellte Vergleich der Normzwecke und der Vorzug der einzelstaatlichen Regelung für den Fall, daß hierbei kein "direkter Konflikt" mit der bundesrechtlichen Norm festgestellt werden kann 134, der Rechtssicherheit auf diesem Gebiet wird förderlich sein können, bleibt abzuwarten. c. Kollisionsrecht

Für das Kollisionsrecht stellte sich nach Erie R. Co. v. Tompkins die Frage, ob das an die Bundesgerichte gerichtete Gebot, außer in verfassungsrechtlichen und in durch Bundesgesetze geregelten Gebieten das Recht des jeweiligen Gliedstaates anzuwenden 135 , auch für das Kollisionsrecht der Gliedstaaten gelten solle. Hatte dies der Supreme Court im Jahre der Brie-Entscheidung noch offengelassen136, so erstreckte er deren Wirkung drei Jahre später ausdrücklich auf den kollisionsrechtlichen Bereich. In Klaxon Co. v. Stentor Electric Mfg. Co., /nc. 137 führte J. Reed für das Gericht aus, die von den Bundesgerichten augewandten Kollisionsregeln müßten denjenigen des korrespondierenden einzelstaatlichen Gerichts entsprechen, da andernfalls der rein zufallige Umstand der "diversity of citizenship" zum konstanten Störfaktor für die erstrebte übereinstimmende Rechtsprechung gleichgeordneter Gerichte würde 138 • Ob diese Regel freilich in praxi den in Erie aufgestellten Prinzipien und insbesondere dem Streben nach Rechtsgleichheit gerecht wird, wird von vielen bezweifelt 139 . Die Bundesgerichte könnten, wäre es ihnen gestattet, ein eigenes Kollisionsrecht zu schaffen, einheitliche Regeln entwickeln, die nicht oder in weitaus geringerem Maße die sonst naheliegende Gefahr in sich bärgen, durch willkürliche Ausgestaltung Bürger des Forumstaates bevorzugt zu behandeln 140 . Die gewachsene Beliebtheit "interessenanalytischer" Kollisionsrechtsmethoden in den Gerichten der Einzelstaaten vergrößert diese Gefahr. Insbesondere Currie hat mehrfach 134 Walkerv. Armco Stee1Corp.,446 U.S. 740(1980). Vgl. zumGanzenauch Wellborn, 55 Tenn.L.Rev. 371fT.; Ely, 87 Harv.L.Rev. 693fT. 135 Erie R. Co. v. Tompkins, o. Fn. 124, S. 78. 136 Ruhlin v. New York Life Insurance Co., 304 U.S. 202, 208, Anm. 2 (1938). 137 313 u.s. 487 (1941). 138 Ibid., S. 496: "The conflict oflaws rules to be applied by the federal courtl s 1... must conform to those prevailing in ... state courts. Otherwise the accident of diversity of citizenship would constantly disturb equal administration of justice in coordinate state and federal courts sitting side by side ... Any other ruling would do violence to the principle of uniformity within a state upon which the I Erie R. Co. v I Tompkins decision is based." Vgl. auch Griffin v. McCoach, 313 U.S. 498, 503 (1941). 139 Hart, 54 Coi.L.Rev. 489fT.; Baxter, 16 Stan.L.Rev. 1fT.; Horowitz, 14 U.C.L.A.L.Rev. 1191ff.; Hili, 53 Nw.U .L.Rev. 427fT. 140 Hili, 53 Nw.U.L.Rev. 544. Cavers ist der Ansicht, die Bundesgerichte wären gar nicht in der Lage, ein praktikables einheitliches Kollisionsrecht zu entwickeln, da der Supreme Court die außerordentlich zahlreichen Entscheidungen der zwölf Courts of Appeals gar nicht zu verarbeiten vermöchte, ohne seine Funktion als Hüter der Bundesverfassung in Frage zu stellen. Process, S. 221 mit Anm. 40.

III. Bemerkungen zum Gerichtssystem

43

darauf hingewiesen, daß die Gliedstaaten dazu neigen, die eigenen "state interests" als schwerer betroffen und die eigenen Rechtssätze als gerechter und anwendungswürdiger als diejenigen anderer Staaten einzuschätzen 141 • Darüberhinaus hat die Verbreitung und Ausdehnung der sogenannten "long arm statutes" 142 in vielen Fällen dem Kläger die Möglichkeit gegeben, unter mehreren zuständigen ein Forum zu wählen, womit sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß das angegangene Gericht dem Kläger günstige Kollisionsnormen zur Anwendung bringen wird. Trotz der vorgebrachten Bedenken 143 sprechen gewichtige Gründe - so soll u.a. die Reichweite des Rechts eines Einzelstaates nicht von der kollisionsrechtlichen Entscheidung eines "federal judge" abhängen, die Gefahr des "forum shopping" zwischen Bundes- und Einzelstaatsgerichten vermieden werden für die Beibehaltung des in Klaxon aufgestellten Grundsatzes 144 , die das oberste Bundesgericht dazu bewogen haben, seine Entscheidung mit Nachdruck zu bestätigen 145 • Die gegenwärtige Praxis der Bundesgerichte muß daher von der unveränderten Geltung der Klaxon- Regel ausgehen 146 • Die Bundesgerichte sind damit, außer im Bereich ihrer "federal question"- und insbesondere der seerechtliehen Zuständigkeit, innerhalb dessen ihnen die Möglichkeit zur Schaffung eigenständiger Kollisionsnormen verbleibt 147 , gehalten, den Präjudizien einzelstaatlicher Gerichte zu folgen. Das bedeutet auch, daß eine von einer einzelstaatlichen Kollisionsnorm abweichende Entscheidung eines Bundesgerichts, die vor 1941 ergangen ist, ebenso wie eine spätere Entscheidung, die einer inzwischen einzelstaatlicherseits geänderten Regel nicht mehr entspricht, in "diversity"-Fällen keinerlei Bindungswirkung genießt. Die Rechtsquellen des

Z.B. Currie, 26 U.Chi.L.Rev. 11. "Long arm statutes" geben einem Staat aufgrund bestimmter Berührpunkte (z.B. wirtschaftlicher Betätigung im Staatsgebiet) Zuständigkeit auch über nicht innerhalb seines Territoriums befindliche Personen bzw. Körperschaften. S. z.B. N.Y.C.P.L.R. § 302. Vgl. Ehrenzweig, 50 Ore.L.Rev. 103fT. 143 Vgl. dazu noch Meador, 49 Va.L.Rev. 1082ff.; Weintraub, 39 Ind.L.J. 228fT. 144 Vgl. nur Cavers, 28 L.& Cont.Prob. 732ff. 145 Day and Zimmerman v. Challoner, 423 U.S. 3, 4 (1975). Vgl. auch Angel v. Bullington, 330 U.S. 183, 198 (1947) (J. Reed, diss.); Van Dusen v. Barrack, 376 U.S. 612, 637f. (1964). 146 In Lester v. Aetna Life lnsurance Co., 433 F.2d 884 (1970), hatte der Court of Appeals des Fünften Circuit - entgegen der in Louisiana geltenden Regel - aufgrund einer bundesrechtlichen Kollisionsregel die Anwendung einer "interessenanalytischen" Methode vorgeschrieben. Mit Day and Zimmerman, Inc. v. Challoner (o. Fn. 145) dürfte diese Entscheidung obsolet geworden sein. 147 Die Klaxon-Regel ist nicht anwendbar, da die Zuständigkeit der Bundesgerichte hier nicht auf "diversity of citizenship", sondern auf Art. 3 Abs. 2 der Bundesverfassung beruht. S. z.B. Siegelmann v. Cunard White Star, Ltd., 221 F.2d 189, 192 (2d Cir. 1955); Frickev. Isbrandtsen Co.,Inc., 151 F.Supp. 465,466,Anm.1 (S.D.N.Y.1957); Pisacanev. Italia Societa Per Azioni Di Navigazione, 219 F.Supp. 424, 425 (S.D.N.Y. 1963). 141

142

44

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

Kollisionsrechts sind somit ganz überwiegend im Richterrecht und den Gesetzen 148 der Einzelstaaten zu suchen 149 . Freilich führte im vertragsrechtliehen Bereich der - durch die häufig gegebene Möglichkeit, über die "diversity"-Zuständigkeit ein Bundesgericht anzurufen, bewirkte - Umstand, daß die weitaus überwiegende Zahl der kollisionsrechtlichen Entscheidungen in den District Courts und Circuit Courts of Appeals getroffen werden 150 , zu einer starken faktischen Bedeutung der bundesgerichtliehen dicta. In Rechtsordnungen, deren auf alten Präjudizien beruhende Kollisionsnormen längere Zeit unbestätigt geblieben waren, finden Bundesgerichte "mutmaßliche" oder "zeitgemäße" Regeln 151 und übernehmen bisweilen die Initiative bei der Überwindung etablierter Kollisionsnormen 152 ; ihrer reichen kollisionsrechtlichen Erfahrung und Autorität haben die Gerichte vieler Einzelstaaten oft wenig entgegenzusetzen 153 • Liegt die Entscheidung über eine richterrechtliche Kollisionsnorm letztlich bei den Gerichten der Einzelstaaten, so spielen daher gleichwohl die Entscheidungen der Bundesgerichte für die Bestimmung der einzelstaatlichen Kollisionsregel eine bedeutende Rolle.

IV. Interlokales und internationales Kollisionsrecht Die weitaus überwiegende Mehrzahl der Fälle, die in der amerikanischen Gerichtspraxis (zumeist) mit Hilfe der einzelstaatlichen Kollisionsnormen gelöst werden, betreffen zwischen den Rechtsordnungen der Einzelstaaten, also auf nationaler Ebene, auftretende Konflikte ("interstate conflicts"). Das Präjudizien- und Gesetzesrecht der Staaten wurde daher überwiegend mit Blick auf nationale Konfliktsituationen geschaffen. 148 Im gleichen Maße, wie das Privatrecht ganz überwiegend eine Domäne der Gliedstaaten ist, kommt im Bereich der privatrechliehen Kollisionen den gliedstaatliehen Legislativen weitgehend die Gesetzgebungszuständigkeit zu. CheathamfMaier, 22 Vand.L.Rev. 42. Vgl. auch Westbrook, 40 Mo.L.Rev. 443; Jackson, 45 Col.L.Rev. 19f. 149 Vgl. Cheatham/Maier, S. 41-66. 150 Vgl. General Telephone Co. ofthe Southeast v. Trimm, 706 F.2d 1117, 1121 (11th Cir. 1983): "The very nature of cases involving contracts executed or tobe performed in one or more states often involve parties in a position to invoke a federal court's diversity jurisdiction.... Thus ... it appears less likely that resolution of the issue will reach the Georgia Supreme Court, the court that is the proper forum for its resolution". 151 Vgl. Dr. Franklin Perkins School v. Freeman, 741 F.2d 1503, 1515, Anm. 19 (7th Cir. 1984); Barnes Group, Inc. v. C & C Products, Inc., 716 F.2d 1023, 1028f. (4th Cir. 1983); Southern International Sales Co. v. Potter & Brumfield Div., 410 F.Supp. 1339, 1342 (S.D.N.Y. 1976). 152 Vgl. Biom, 17 Can.Yb.Int.L. 237; Mühl, S. 20f. mitAnm. 57. 153 Nur selten trifft ein derartiger Vorstoß auf den Widerstand der einzelstaatlichen Gerichte. Vgl. z.B. aber Hayes v. Irwin, 541 F.Supp. 397, 414(N.D .Ga. 1982)mit Wallace v. Harrison, 304 S.E.2d 487, 488, und General Electric Credit Corp. v. Horne Indemnity Corp., 309 S.E.2d 152, 157 (beide Ga.Ct.App. 1983)

IV. Interlokales und internationales Kollisionsrecht

45

Kollisionsrechtliche Fälle mit Auslandsbezug nötigen die Gerichte aber häufig zur Auseinandersetzung mit Überlegungen oder Problemen, die im "interstate" Kontext nicht oder jedenfalls in veränderter Form auftauchen. So weisen die Interessen der internationalen Gemeinschaft und der Gedanke der comitas zwar- insbesondere in den klassischen Bereichen des Privatrechts Parallelen mit bundesstaatliehen Belangen aufl 54; indes stellt ihre Berücksichtigung an den mit der in jahrhundertelanger Rechtsentwicklung fortgebildeten Binnenstruktur vertrauten Richter gänzlich andere Anforderungen. "Governmental interests" eines ausländischen Staates werden sich häufig schroffer von denjenigen des Forums abheben als in der vergleichbaren interregionalen Situation; die Unterschiede der gesetzgebensehen Zwecke der Forumregel und der ausländischen Rechtsnorm sind oft bedeutender als die zwischen einzelstaatlichen Regelungen bestehenden Differenzen 155 • Probleme ergeben sich ferner bei der Anknüpfung anhand amerikanischer Rechtsbegriffe, die im Auslandsstaat kein Gegenstück haben (z.B. "domicile") 156 • Auch sind einige der die Rechtswahl durch die Einzelstaaten überwachenden Kontrollmechanismen der Verfassung in internationalen Fällen nicht anwendbar 157 . Die Schwierigkeiten bei der Feststellung ausländischer Sachverhalte und mehr noch bei der Kenntnisnahme von fremdem Recht und seiner Anwendung haben, gepaart mit der auch in Binnenfällen zu beobachtenden Überzeugung von der Überlegenheit des Forumrechts, die Gerichte dazu veranlaßt, hohe, bisweilen unüberwindliche Hürden im Hinblick auf den Nachweis von Auslandsrecht für sich auf ausländische Rechtsnormen berufende Kläger zu errichten 158 • Dieser "horneward trend" 159 setzt sich - aus denselben Gründen - bisweilen im Bereich der eigentlichen kollisionsrechtlichen Entscheidung fort 160 • Vgl. Reese, 78 Col.L.Rev. 1587ff., 1607f. Leflar, American Conflicts Law, S. 8; Scoles, 54 Cal.L.Rev. 1602. 156 Vgl. Leflar, Fn. 155; Ehrenzweig, 41 Minn.L.Rev. 724. S. auch o. Fn. 113. ts? Die Full Faith and Credit-Klausel (o. Fn. 68) erfaßt nur Gliedstaaten der amerikanischen Union. Die Privileges and Immunities-Klausel (s.o. Fn. 27) schützt nur amerikanische Staatsbürger. Den Schutz der Equal Profeetion-Klausel (s.o. Fn. 27) genießen zwar grundsätzlich auch Ausländer; die Vorschrift findetjedoch Anwendung nur auf Personen, die sich "within the jurisdiction" eines Einzelstaates befinden. tss Auch die 1966 eingeführte Regelung in Rule 44.1 F.R.C.P. (28 U.S.C.A.), die eine Loslösung von der traditionellen common /aw-Regel, derzufolge ausländisches Recht wie eine Tatsache bewiesen werden muß, signalisierte, änderte diese Situation nicht. S. Leflar, American Conflicts Law, S. 9:" American courts I are/ less likely to apply the foreign law and more likely to figure out some plausible reason for applying familiar rules of local law." Vgl. Walton v. Arabian American Oil Co., 233 F .2d 541 (2d Cir. 1956); Byrne v. Cooper, 523 P.2d 1216 (Wash.Ct.App. 1974); Loebig v. Larucci, 572 F.2d 81 (2d Cir. 1978). S. auch Couch v. Mobil Oil Corp., 327 F.Supp. 897, 903 (S.D.Tex. 1971): "In the interest of effective justice this court should not apply Libyan law, for the complexities of interpretating the laws of a country that is in political upheaval and unrest is tenuous at best. The efficient aids of F.R.C.P. 44.1 are oflittle assistance in such a case." Vgl. aber auch Frummer v. Hilton Hotels International, Inc., 304 N.Y.S.2d 335,344 (N.Y.Sup.Ct. 1969). S. auch Schlesinger, 59 Corn.L.Rev. 1ff. 159 Hay, RabelsZ 35, 490, der auch von "'stay at home' trend" spricht. 154

tss

46

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

Trotz aller dieser Umstände ist die von Ehrenzweig mit Nachdruck vorgetragene Forderung, ein gesondertes Kollisionsrecht für internationale Sachverhalte zu schaffen 161 , nahezu ohne Widerhall geblieben 162 • Die amerikanischen Gerichte wenden in beiden Fällen dieselben Kollisionsnormen bzw. Methoden an 163 • Diese Praxis mag in der historischen Entwicklung des amerikanischen Rechts fußen, ist aber losgelöst hiervon mit der Erwägung zu rechtfertigen, daß eine aufgrund eines internationalen Sachverhalts ausgearbeitete Kollisionsnorm oder Methode keineswegs befriedigendere Lösungen für internationale Fälle bereithält als eine aufgrund interlokaler Sachverhalte erarbeitete RegeP 64 • Die unterschiedlichen Aspekte eines internationalen Rechtsfalles mögen namentlich in Anbetracht des im nationalen Zusammenhang stärker ausgeprägten Gemeinschaftsgefühls bei sachlich gleichgelagerten Umständen bisweilen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen 165 • Diese Gefahr ist dort umso größer, wo die Gerichte, einer der im Vordringen befindlichen "modernen Strömungen" folgend, das anzuwendende Recht mittels einer Methode bestimmen, welche auf die - durch die Berücksichtigung von Berührpunkten und einzelstaatlichen "Interessen" ermittelte bedeutsamste Beziehung ("most significant relationship")l 66 des Rechtsverhältnisses zu einer Rechtsordnung abstellen. Dabei können zwar die im internationalen Kontext unterschiedlich zu gewichtenden Faktoren weitgehender gewürdigt werden als im Rahmen einer (vielleicht zu starren) Kollisionsnorm 167 • Die Möglichkeit der mehr oder minder 160 Hay, ibid.; Scoles, 54 Cal.L.Rev. 1612. In der "Heimwärtsbewegung" ist auch der Hauptgrund für die Beliebtheit des von Leflar entwickelten "better law approach" (s. dazu u. zu Fn. 221-265) zu sehen, der- jedenfalls in der Anwendung durch die Gerichte- auch bei Vorliegen eines sonst überwiegend in einem anderen Gliedstaat oder im Ausland liegenden Schwerpunktes die Anwendung von Forumrecht gestattet. Vgl. Clark v. Clark, 222 A.2d 205 (Sup.ct.N.H. 1966); Mitchell v. Craft, 211 So. 2d 509 (Miss.Sup.Ct. 1968); Tieman v. Westext Transport, Inc., 205 F.Supp. 1256 (D.R.I. 1969); Allstate Insurance Co. v. Hague, 289 N.W.2d 43 (Minn.Sup.Ct. 1978). 161 Ehrenzweig, 41 Minn.L.Rev. 717fT.; Treatise, S.16-21. Ehrenzweig schuf konsequenterweise zwei Standardwerke: A Treatise on the Conflict ofLaws (1962) und Private International Law (1967). Kritik bei Prebble, 58 Com.L.Rev. 486-491. 162 Insbesondere Ehrenzweigs Erwartung, das Restatement (Second) werde seiner Forderung entsprechen (41 Minn.L.Rev. 717), ist unerfüllt geblieben. S. Rest.2d § 10 (u. Fn. 169). 163 So ausdrücklich z.B. Untersteiner v. Untersteiner, 650 P.2d 256, 259 (Wash. Ct.App. 1982). Vgl. die Untersuchungen von Scoles, 54 Cal.L.Rev. 1610-1622, und Hay, RabelsZ 35, 451-489; Prebble, 58 Com.L.Rev. 486, 490f. Führende Kollisionsrechtsfälle, denen ein internationaler Sachverhalt zugrundelag, waren z.B. Horne lnsurance Co. v. Dick, 218 U.S. 397 (1930);Auten v. Auten, 124N.E.2d 99(N.Y.Ct.App.1954); Babcockv. Jackson, 191 N.E.2d 279 (N.Y.Ct.App. 1963). 164 Leflar, American Conflicts Law, S. 9. 165 Vgl. von Mehren/Trautmann, S. 4. 166 Vgl. Rest.2d § 145 (Delikt); § 188 (Vertrag). 167 Vgl. Scoles, 54 Cal.L.Rev. 1600, der allerdings vereinfachender- und unzutreffenderweise davon ausgeht, lediglich eine solche flexible Methode tauge als einheitliches

IV. Interlokales und internationales Kollisionsrecht

47

unbehelligten freien Abwägung einzelner Faktoren vergrößert aber auch die Gefahr willkürlichen Provinzialismus' 168 . Die augewandte Kollisionsnorm oder Methode bleibt jedoch, in "interstate" wie in internationalen Fällen, dasselbe Ordnungs- oder Abwägungsinstrument, welches in beiden Situationen gleichermaßen einsatzfahig ist und zu einem befriedigenden Resultat führt, wenn die Verteilung auf die Waagschalen der Bedeutung der jeweiligen Faktoren entsprechend korrekt ("fair") und ohne allzustarke Befrachtung mit nationalem oder einzelstaatlichem Ballast erfolgt 169 . Eine Überbewertung der Belange des Forumstaates liegt naturgemäß in Rechtsgebieten nahe, die von starken öffentlichen Interessen durchdrungen sind. Im Bereich des Kollisionsrechts der Schuldverträge, aus welchem wohl die Mehrzahl aller internationalprivatrechtliehen Fälle vor amerikanische Gerichte gelangt 170 , treffen diese häufig auch hinsichtlich der Bewertung einzelner Faktoren keine Unterscheidung zwischen interlokalen und internationalen Sachverhalten 171 • Die hier geltenden Präferenzkriterien wie "presumption of validity" 172 oder "protection of the expectations of the parties" 173 sind nicht Ausdruck eines unmittelbaren öffentlichen Anliegens und entsprechender starker "governmental interests", sondern im wesentlichen die- ggf. unter der Rubrik der Staatsinteressen geführten - Belange des privaten Rechtsverkehrs174. Wie dieser sind die Kriterien "international", d.h. sie stimmen weltweit weitgehend überein und sind daher für den Richter auch in Auslandsfallen regelmäßig mühelos nachvollziehbar 175 . Im Bereich des Vertragsrechts wird dem Grundsatz der Gleichbehandlung interlokaler und internationaler Kollisionsrechtsfalle daher auch in der Praxis Instrument zur Lösung interlokaler und internationaler Fälle. Die Kritik an der zur Stützung dieser These beispielshalber angeführten (zu starren) Kollisionsnorm träfe jedoch in gleicher Weise für Binnenfälle zu. 168 Hay, RabelsZ 35, 490. 169 Vgl. von MehrenfTrautmann, S. 4; Cavers, 131 Rec. 120; Prebble, 58 Corn.L.Rev. 486-491. S. auch Rest.2d§ 10: "(Interstate and International Conflict ofLaws) The rules in the Restatement of this Subject apply to cases with elements in one or more States of the United States and are generally applicable to cases with elements in one or more foreign nations. There may, however, be factors in a particular international case which call for a result different from that which would be reached in an interstate case." 110 S. Hay, RabelsZ 35, 457. 171 Vgl. Scoles, 54 Cal.L.Rev. 1619-1622; Hay, RabelsZ 35, 458-460. 172 Vgl. Ehrenzweig/Jayme, S. 16f. 173 Vgl. Reese, 16 Col.J.Transn.L. 21. 174 Vgl. Scoles, 54 Cal.L.Rev. 1622. m Diese Überlegung trägt zum Verständnis der geschichtlichen Entwicklung der modernen Prinzipien des Kollisionsrechts der Schuldverträge in den Vereinigten Staaten bei, in deren Verlauf die in internationalen Fällen (in Europa) erarbeiteten Prinzipien in das amerikanischeRecht gelangten. Vgl. Rabe), Conflict ofLaws, Bd. 2, 2. Aufl., S. 365ff.; Ehrenzweig, Treatise, S. 460f.; Levin, 46 Geo.L.J. 272f.

48

§ 1 Das Kollisionsrecht im amerikanischen Rechtssystem

am weitestgehenden Rechnung getragen 176 , wenngleich nicht alle im Binnenbereich erarbeiteten Grundsätze bedenkenlos auf internationale Sachverhalte übertragen werden können.

176

Vgl. die Studien Hays und Scoles' (o.Fn. 163), passim.

§ 2 Das Vertragsstatut -

Geschichte

I. Kontinentaleuropa Nach der Überwindung des personalen Kollisionsrechts beschieden sich Kanonisten und Legisten zunächst mit der strikten Anwendung der Iex fori 1 • Das Ende der Iex fori-Epoche am Ende des zwölften Jahrhunderts 2 und die Entstehung des modernen Kollisionsrechts 3 wurde eingeleitet mit den auf der Überzeugung "statuta non ligant nisi subditos" 4 beruhenden "tastenden und unsicheren Versuchen" 5 der Besinnung auf die Eigenart der Rechtsverhältnisse im Bereich des Vertragsrechts, welche (zunächst) Kanonisten 6 und (später) Legisten 7 dazu bewog,- wohl unter dem Einfluß des gemeinrechtlichenforuin contractus 8 - sich für die Geltung der Gesetze des Vertragsortes zu entscheiden. Diese (allseitige) Kollisionsnorm 9 konnte mit dem Ergebnis angewandt werden, daß auch Fremde, i.e. "non subditi", durch das Recht des Vertragsabschlußortes gebunden wurden. Das wurde etwa von Baldus damit begründet, daß derjenige, der an einem Ort, an dem er weder geboren sei noch Wohnsitz habe, einen Vertrag schließe, durch den Vertragsschluß "subditus" des an diesem Orte geltenden Rechtes werde 10 • Wenngleich schon sehr früh Einwände gegen die uneingeschränkte Anwendung der Iex contractus laut wurden 11 , so galt die Regel doch weitgehend bis in 1 S. Neumeyer, S. 57-65, 126-129; E. Lorenz, Dotalstatut, S. 2f. Ob sich darüberhinaus jedes Gericht in jedem Fall auch für zuständig hielt (so Kegel, IPR, S. 94) erscheint dagegen "sehr zweifelhaft". S. E. Lorenz, a.a.O., S. 2. 2 Vgl. dazu Neumeyer, S. 72ff.; Meijers, 49 Rec. 594ff. E. Lorenz, Dotalstatut, S. 4ff. 3 Vgl. E. Lorenz, Dotalstatut, S. t3ff. 4 Ibid., S. 9ff. s Neumeyer, S. 83. 6 Johannes Faventinus (möglicherweise) und Bernardus Papiensis im späten zwölften Jahrhundert. S. dazu Neumeyer, S. 135. 7 Die ersten Schritte wurden von Jacobus Balduini (gest. 1235. Er unterschied im Hinblick auf die Rechtsanwendungsfrage als erster zwischen formellem und materiellem Recht. Vgl. Neumeyer, S. 85-88; E. Lorenz, Dotalstatut, S. 13 und Anm. 66) und Ubertus de Bobio (erwähnt seit 1214; gest. vor 1245) unternommen. 8 Neumeyer, S. 84. 9 Dazu weitergehend E. Lorenz, Struktur, S. 26f. 10 " .• • sufficit quod sit subditus ... ratione contractus." Fundstelle und vollständiger Wortlaut bei E. Lorenz, Dotalstatut, S. 15. 11 Schon eine von Innocentius Quartus im Jahre 1245 erwähnte Auffassung ("dicunt quidam, quia monitus vel sciens debuit servare, si vero nescivit, non tenetur". Zit. bei

4 Magold

50

§ 2 Das Vertragsstatut - Geschichte

das neunzehnte- in den Vereinigten Staaten gar bis in das zwanzigste 12 Jahrhundert hinein.

-

Die "Statutisten" begründeten die Geltung der Verweisungsnorm zwar häufig mit der freiwilligen Unterwerfung der Parteien unter das von der Regel bezeichnete Gesetz 13 • Aber selbst Dumoulin 1\ der von vielen als Vater des modernen kollisionsrechtlichen Prinzips der Parteiautonomie angesehen wird 15 , wollte mit der Verweisung auf die Intentionen der Parteien nicht diesen die Freiheit der Rechtswahl einräumen 16 , sondern lediglich die aufgrundobjektiver Kriterien gefundene Kollisionsnorm plausibel erscheinen lassen 17 • Gleichwohl liegt die Geburtsstunde der Parteiautonomie nicht, wie von vielen angenommen 18 , in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Ungehindert durch "die grundsätzliche Fragestellung der Statutenlehrer" 19 hatte sich vielmehr die Verweisungsfreiheit schon sehr früh bei Kanonisten und Legisten Bahn gebrochen 20 • Der kollisionsrechtlichen Ausprägung des Grundsatzes stand Neumeyer, S. 119) will die Iex loci contractus einschränkend nur dann anwenden, wenn der fremde Verkäufer dieses Recht gekannt hatte (das Schulbeispieljener Zeit betraf den Fall, daß der Käufer einem Dritten zur Herausgabe der Kaufsache und infolgedessen der Verkäufer dem Käufer- je nach anwendbarem Recht bisweilen in mehrfacher Höhe des Kaufpreises- zum Ersatz verpflichtet war). Vgl. Neumeyer, S. 137. 12 Vgl. u. zu Fn. 131-176. 13 Gamillscheg, Dumoulin, S. 112; Wicki, S. 13; Vischer, Internationales Vertragsrecht, S. 29f. So zog schon Bartholomäus von Salicet (1330-1412) die Iex contractus dem Recht des Erfüllungsortes vor, weil die Parteien des Vertragsverhältnisses diesen nicht gekannt haben mochten (Lainei, S. 119f.). S. auch Salicet zit. bei Gamillscheg, a.a.O., S. 113: "cives omnes etiamsi in condendo hanc Iegern non interfuerunt, finguntur tarnen huic legi consensisse." Rochus Curtius (gest. 1495) erklärt die Anwendung der Iex contractus mit der stillschweigenden Zustimmung der Parteien. Laine I, S. 205. Vgl. auch Gamillscheg, a.a.O., BatifTol, Conflits, S. 22. 14 (1500 -1566). 15 So z.B. Loussouarn/Bourel, S. 90; P. Mayer, S. 47; Wicki, S. 18; Moser, S. 134f.; Cheshire/North, S. 21. Vgl. auch Raape/Stunn, S. 407; BatifToljLagarde, S. 231; Gamillscheg, Dumoulin, S. 110f., Anm. 1. 16 Das hat Gamillscheg, Dumoulin, S. 110-121, aufgezeigt. Dagegen allerdings Wicki, S. 14fT., insbes. S. 17f. 17 Dumoulin begründete die von ihm mittels objektiver Kriterien bestimmte Kollisionsnorm mit der im Gebiet des Vertragsrechts durch die Berücksichtigung des Parteiwillens aufgelockerten Strenge des Gesetzes. S. Gamillscheg, Dumoulin, S. 115-121; insbes. 116, 121. Vgl. auch Batiffol, Conflits, S. 22f. 18 Z.B. Gamillscheg, Dumoulin, S. 256; Vischer, Internationales Vertragsrecht, s. 30-32. 19 - die nach Ansicht (z.B.) Vischers (Internationales Vertragsrecht, S. 30) der Anerkennung der eigentlichen kollisionsrechtlichen Parteiautonomie entgegenstand. 20 E. Lorenz hat das überzeugend nachgewiesen (Dotalstatut, S. 118fT.) Wo die Rechtswahl zugelassen wurde, mußte sie ausdrücklich und unmißverständlich erklärt worden sein; eine stillschweigende oder gar "hypothetische Rechtswahl" wurde also nicht anerkannt (E. Lorenz, Dotalstatut, S. 130). Auch haben die die Parteiautonomie befürwortenden Gelehrten höchstwahrscheinlich die Rechtswahl nicht als aliud gegenüber

I. Kontinentaleuropa

51

dogmatisch nichts im Wege, da die "Statutenlehre" ein Gefüge allseitiger Kollisionsnormen - ergänzt durch den "Allgemeinen Teil" der aus den Sachnormen ("statuta") gewonnenen statutentheoretischen Regeln - ausgebildet hatte 21 und daher nicht "nur zu einseitigen Kollisionen gelangen konnte" 22 • Es bedurfte daher auch nicht der "Überwindung der Statutentheorie" 23 durch von Wächter 24 und insbesondere Savignys berühmte Frage nach dem Sitz der Rechtsverhältnisse 25 , um den Weg für die subjektive Anknüpfung nach dem Parteiwillen freizulegen 26 • Einen Anstoß für die klare Ausprägung und breite Anerkennung des modernen Prinzips der Parteiautonomie im neunzehnten Jahrhundert gab, im Zusammenwirken mit der weitgehenden Anerkennung der Privatautonomie im Bereich der nationalen Rechtsordnungen, die rasche Ausweitung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs auf liberaler Grundlage 27 , in dessen Interesse den auf die Gebote der Vorhersehbarkeit, Rechtssicherheit, Praktikabilität und Flexibilität ausgerichteten Anliegen der Parteien vorrangige Bedeutung eingeräumt wurden. Schon in den mit dem Westfälischen Frieden 1648 unabhängig gewordenen Niederlanden- Antwerpen war eine Drehscheibe des Welthandels gewordenhatten sich insbesondere Huber 28 und Johannes Voet 29 auf der Grundlage nach comitas zugelassener Anwendung fremden Rechts 30 für eine weitergehende Berücksichtigung der Vorstellungen der Parteien ausgesprochen 31 , ohne freilich den im Rahmen des dispositiven Rechts möglichen sachrechtliehen Vereinbarungen begriffen (ibid., S. 130f.) 21 Dazu eingehendE. Lorenz, Struktur, S. 26-40. 22 Vischer, Internationales Vertragsrecht, S. 30. 23 S. statt vieler nur Kegel, IPR, S. 107. Vgl. dazu E. Lorenz, Struktur, S. 22-24, 41-48. 24 "Über die Collision der Privatrechtsgesetze verschiedener Staaten", AcP 24 (1841), 230ff.; 25 (1842), 1ff., 161ff., 361ff. 25 "... daß bei jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet aufgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist, (worin dasselbe seinen Sitz hat)". System des heutigen Römischen Rechts, Bd. VIII, 1849, S. 108. 26 So aber z.B. Vischer, Internationales Vertragsrecht, S. 30. Weder Savigny noch von Wächter sprechen sich für die Verweisungsfreiheit aus. Savigny rechtfertigte vielmehr ähnlich wie viele "Statutisten" (s.o. Fn. 13. Vgl. E. Lorenz, Struktur, S. 53) - die Anwendung der Erfüllungsortregel mit der freiwilligen Unterwerfung der Parteien. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts VIII, S. 203, 206. 27 Vischer, Internationales Vertragsrecht, S. 31f.; Pak, S. 6, 12f. 28 (1636-1694). 29 (1647 -1714). 30 Vgl. Kegel, IPR, S. 102f.; Laine II, S. 96; Nussbaum, Grundzüge, S. 12f. 31 Huber, De conflictu legum in diversis imperiis (Praelectiones, Bd. 2, lib. 1, tit. 3, S. 34 /1711/) § 10: "Verum tarnen non ita praecise respiciendus est Jocus, in quo contractus est initus, ut si partes alium in contrahendo Jocum respexerint, ille non potius sit

52

§ 2 Das Vertragsstatut -

Geschichte

einen entscheidenden dogmatischen Schritt hin zur subjektiven Anknüpfung zu tun 32 • Im Zuge der zunehmenden Internationalisierung des Warenverkehrs wurde der infolge der völlig umstrittenen Handhabung der statutentheoretischen Sätze desolate Zustand des kollisionsrechtlichen Instrumentariums 33 unerträglich. In dieser Situation öffnete Mancini mit der auf seiner Nationalitätsprämisse fußenden Forderung, der Gerichtsstaat müsse dem nationalen Privatrecht eines Fremden grundsätzlich Geltung verschaffen, es sei denn, dieses stünde im Widerspruch zum ordre public des Forums34, dem Kollisionsrecht des neunzehnten Jahrhunderts den Weg zur Verweisungsfreiheit35 • Mancini teilte das Privatrecht in "partie necessaire" (z.B. Fragen des Personalstatus, des Familienrechts) und "partie volontaire" (z.B. Vermögensrechte, Verträge) 36 , die beide ihre Schranken lediglich im öffentlichen Recht und ordre public des Gerichtsstaates fänden 37 • Vorbehaltlich dieser Grenzen könnten im Bereich der "partie volontaire" die Parteien ihr Rechtsverhältnis ihrem Heimatrecht oder einer anderen Rechtsordnung unterwerfen 38 • Im Jahre 1865 tauchte mit dem italienischen Codice Civile, auf dessen Ausarbeitung Mancini entscheideneo Einfluß genommen hatte 39 , die erste ausdrückliche Anerkennung der Verweisungsfreiheit auf40 • Die bisweilen noch unklar formulierte und mißverstandene Doktrin fand zunächst- insbesondere im französischen Rechtskreis 41 - Zustimmung42 , wurde aber später (um die

considerandus." Vgl. Laine, li, S. 96ff., 99ff. (Johannes Voet); Gutzwiller, Geschichte, S. 147ff. Zum Einfluß Hubers auf das angloamerikanische Recht s.u. zu Fn. 57f. 32 Vgl. Wicki, S. 24f. 33 E. Lorenz, Struktur, S. 47. 34 Mancini, Della Nazionalita (1851). S. auch ders., Clunet t (1874), 296. 35 Vgl. Gutzwiller, IPR, S. 370. 36 Mancini, Clunet t , 294f. 37 Ibid., S. 296. 38 Ibid., S. 295: "Dans Ia sphere de ces rapports ("partie volontaire". Meine Anm.) l'individu peut se conformer a sa loi nationale s'ille veut; il peut meme, lorsqu'il s'agit de ces faits qui ne touchent point a !'ordre public conformer ses actes a des regles autres que celles ecrites dans !es lois nationales .... I Les parties I peuvent meme se soumettre aux regles ecrites dans !es lois des pays etrangers. ... Pourquoi doit-on laisser a l'individu etranger Ia faculte de se soumettre aux regles ecrites dans !es lois des pays etrangers? Parce qu'on doit respecter sa liberte en tant qu'elle est inoffensive, et que !'Etat n'a d'ailleurs aucun interet a en empecher I'exercice." 39 S. dazu Nolde, Rev.crit. 22 (1927), 371f.; Jayme, Mancini, S. 7f. 40 Art. 9, Abs. 2, S. 2 der "disposizioni preliminari": "La sostanza e gli effetti delle obbligazioni si reputano regolati dalla !egge del luogo in cui gli atti furono fatti, e, se i contraenti stranieri appartengono ad una stessa nazione, dalla loro !egge nazionale. E salva in ogni caso Ia dimostrazione di una diversa volonta." Vgl. heute Art. 25 disp.prel. des CCI von 1942. 41 S. Neumann, S. 22ff. 42 Wicki, S. 35-39.

I. Kontinentaleuropa

53

Jahrhundertwende), unter Berufung auf das Argument, die vertragliche Rechtswahl könne eine Rechtsordnung schon deswegen nicht als verbindlich bezeichnen, weil die Vereinbarung ohne vorherige Bestimmung desjenigen Rechts, welches ihr Wirkung verleihe, ein rechtliches nullum sei, in der Lehre weitgehend abgelehnt43 • In Kontrast hierzu standen die Entscheidungen der Gerichte, die seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts den Parteien eines Schuldvertrages die Möglichkeit einräumten, sich auch über zwingende gesetzliche Normen durch einen wirksamen kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag hinwegzusetzen44 • Später wurde diese Entwicklung von der Lehre nachvollzogen45 • Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird die Parteiautonomie in Europa nahezu einmütig anerkannt46 • Sie ist heute ihrem Grundsatz nach der ganz eindeutig bevorzugte Anknüpfungspunkt47 , der auch in den modernen interna43 Vornehmlich die französische Doktrin (Pillet, Arminjon, Caleb, Niboyet) wandte sich nun- und bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein- nahezu einhellig gegen das Prinzip der Parteiautonomie. S. Niboyet, 16 Rec. 5ff.; Caleb, Essai sur le principe de l'autonomie de la volonte en droit international prive (1927); auch noch (allerdings de lege ferenda) Delaume, Rev.crit. 39 (1950), 321ff. Vgl. Batiffol, Aspects, S. 65 mit Anm. 2; Wicki, S. 41-47; Pak, S. 7. Auch in Deutschland sprach sich die Lehre zunächst überwiegend gegen die kollisionsrechtliche Verweisungsfreiheit aus, unter Berufung insbesondere auf den rechtslogischen Einwand, eine Rechtsordnung müsse bereits über die Vereinbarung herrschen, damit diese überhaupt rechtliche Wirkung entfalten könne. S. von Bar, Theorie, S. 4; ders., Lehrbuch, S. 107; Lewald, S. 199-207; auch Frankenstein, s. 158ff. 44 Z.B. RGZ 108, 241, 243; 120, 70, 72; anders noch RGZ 44, 300, 301f.; 74, 171, 173, wo lediglich .,materiellrechtliche Verweisungsfreiheit" anerkannt wurde. S. auch die Übersicht bei Haudek, S. 46ff. Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Meinung angeschlossen. BGHZ 1, 109, 112. In Frankreich wird die Parteiautonomie in umfassendem Sinne von den Gerichten anerkannt seit einer Entscheidung der Chambre Civile der Cour de Cassation vom 5. Dezember 1910 (Clunet 39 (1912), 1156-1158): " ... que Ia loi applicable aux contrats, soit en ce qui concerne leur formation, soit quant a leurs effets et conditions, est celle que !es parties ont adoptee" (S. 1157). 45 Zu den ersten Vertretern in Deutschland zählen Neubecker, Jb.Int.Rverk. 1912/13, S. 81-83; Rabe!, RabelsZ 1 (1927), 41f.; G. Mayer, NiemZ 44 (1931), 103fT.; Melchior, S. 498-531 (1932). Vgl. Neumann, S. 19,22 (1930). Frankreich: Lerebours-Pigeonniere, Droit International Prive, 1. Aufl. 1928, nachgew. bei Batiffol, Conflits, S. 13f.; Kayser, Clunet 58 (1931), 32ff.; Planiol/Ripert, S. 37f.; und - allerdings auf objektivistischer Grundlage, welche den Parteiwillen mittelbar maßgeben läßt- Batiffol, Conflits, passim; s. auch ders., Z.f.Rvgl. 1 (1960), 53ff. 46 S. Wicki, S. 86ff. 47 Vgl. StaudingerjFirsching, Kommentar zum BGB, Teil 2B, Internationales Schuldrecht I (1978), vor Art. 12. Länderübersicht, Rz. 20ff. Ausdrücklich normiert ist die Parteiautonomie aber in wenigen westeuropäischen Rechtsordnungen (nämlich in Griechenland [Art. 25 ZGB], Italien [Art. 25 disp. prel. CCI; vgl. o. Fn. 49], Österreich [§ 35, Abs. 1 IPRG], Portugal [Art. 41, Abs.1 CC], Spanien [Art. 10, Nr. 5, Abs. 1 tit. prel. CC]). S. auch den deutschen Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des IPR, BT-Drs. 10/504 (20.10.1983), Art. 27, S. 12 Getzt Art. 27 EGBGB), sowie zum schweizerischen Regierungsentwurf (Bundesblatt 1983 I Nr. 4, S. 263ff.) von Overbeck, IPRax 3(1983), 51f.

54

§ 2 Das Vertragsstatut -

Geschichte

tionalen Verträgen- so im EG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.198048 - zu finden ist49 •

II. Vereinigte Staaten von Amerika 1. Ursprünge im englischen Recbt

Mangels entsprechender Voraussetzungen fanden die Lehren der italienischen und französischen Statutenlehrer in die Rechtsprechung Englands keinen Eingang. Hatte das Aufblühen der oberitalienischen Stadtstaaten zu einer der Entwicklung des kollisionsrechtlichen Gedankens förderlichen bedeutenden Interaktion auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene geführt, so blieb Englands wirtschaftliche Struktur auch nach der normannischen Invasion weitgehend von der Landwirtschaft bestimmt. Zudem hatte die von der Krone betriebene Zentralisierung der Rechtspflege in der Curia Regis schon bald zur Folge, daß es angesichtsdes weitverbreiteten Common Law kaum noch Konflikte zwischen den zuvor zahlreichen lokalen Gewohnheitsrechten gab 50 • Erst die Juristen des siebzehnten Jahrhunderts scheinen die Frage nach der Anwendbarkeit ausländischen Rechts "entdeckt" zu haben 51 • Seit Beginn des achtzehnten Jahrhunderts ist den Common Law-Gerichten die Anwendung ausländischen Rechts und gleichzeitig die Anknüpfung von Verträgen an deren Abschlußort nicht mehr fremd 52 • Im Verlauf des achtzehnten Jahrhunderts gewann die niederländische Schule entscheidenden Einfluß in der englischen wie später in der amerikanischen Doktrin. Die in jener Zeit - in England ebenso wie in den jungen amerikanischen Staaten- herrschende Vorstellung von der allumfassenden territorrialen Souveränität des Gesetzgebers konnte die zunehmend notwendige Anwendung fremder Rechtssätze nur damit erklären, daß ein im Interesse der Völkergemeinschaft erfolgendes "freundliches Entgegenkommen" des heimischen Souveräns - comitas gentium - die Anwendung ausländischen Rechts in bestimmten Situationen gestatte. Die holländische comitas-Lehre war daher für die Staaten 48 (Amtsblatt der EG Nr. L 266/1 vom 9.10.1980) Art. 3. S. dazu Firsching, IPRax 1, 39ff.; Gaudemet-Tallon, Rev.Trim.Dt.Europ. 17, 215ff.; Lagarde, 22 Va.J.Int.L. 91 ; Weitnauer, 189ff. Kritisch Juenger, RabelsZ 46, 63ff. 49 S. noch Haager Abkommen über das auf internationale Käufe beweglicher Sachen anwendbare Recht vom 15.6.1955 (Art. 2). Vgl. auch Einheitliches Gesetz über den internationalen Kaufbeweglicher Sachen vom 1.7.1964 (für die Bundesrepublik in Kraft seit dem 16.4.1974; BGB!. II, 146, I, 358), Art. 3. so Vgl. W. Lorenz, S. 21f. 51 Ibid., S. 26f. 52 Dugannon v. Hacket (1702), Eq.Cas.Abr. 289, 21 Eng.Rep. 1051; Foubert v. Tourst (1703), 1 Br.Parl.Cas. 129, 1 Eng.Rep. 464; Smith v. Browne (1706), 2 Salk. 665. Vgl. W. Lorenz, S. 28f., Nussbaum, Grundzüge, S. 14f.

II. Vereinigte Staaten von Amerika

55

des angloamerikanischen Rechtskreises ein maßgeschneidertes kollisionsrechtliches Instrument 53 , dessen Bedeutung sich auch heute noch nicht erschöpft hat 54. Die Einführung des Gedankengutes der niederländischen Schule in die angloamerikanische Doktrin ist zu einem großen Teil auf den Einfluß Lord Mansfields zurückzuführen 55 • In einem obiter dieturn im Fall Robinson v. Bland (1760) 56 , in dem die Rechtswirksamkeit einer zwischen Engländern in Frankreich entstandenen Spielschuld - wirksam nach französischem, nichtig nach englischem Recht- im Streit stand, stützte Lord Mansfield seine Entscheidung auf den von Huber im Hinblick auf die "Iex contraxisse" aufgestellten Satz 57 : "The Transaction is entered into with an express View to the Law of Another Country, as the Rute by which it is to be governed. " 58

Dieses dieturn Lord Mansfields wird häufig als ein klares Bekenntnis zur Verweisungsfreiheit verstanden 59 • Trotz der wohlbegründeten Zweifel an dieser Auffassung60 und der eingeschränkten Präzedenzkraft der Entscheidung61 hatte jedenfalls der Versuch, von der starren Anknüpfung an die Iex /oci ( eontr-)aetus abzuweichen, für das angloamerikanische Kollisionsrecht im allgemeinen und die Entwicklung des Vertragsstatuts im besonderen bahnbrechende Bedeutung62. 2. Frühe amerikaDisehe Äußerungen

Auch in den amerikanischen Staaten, wo die Entscheidungen Lord Mansfields ebenso aufmerksam verfolgt wurden wie in England, wurde die BezugnahW. Lorenz, S. 31f.; Nussbaum, Grundzüge, S. 15f. S. Ehrenzweig, 103 U.Pa.L.Rev. 135-138; Cheatham, 58 Harv.L.Rev. 374; Nussbaum, Grundzüge, S. 16. 55 Lord Mansfield war sicherlich nicht der erste, der in England Kenntnis von den Lehren der Holländer nahm. S. Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 266, Anm. 24. W. Lorenz, S. 30, Anm. 34, weist auf die damals engen Verbindungen der Niederlande mit Schottland hin. Auf das Einfließen des niederländischen Gedankenguts über Schottland deutet auch der Umstand hin, daß im Falle Robinson v. Bland der Anwalt Alexander Wedderburn, der in Schottland geborene und erzogene spätere Lord Loughborough (Lordkanzler 1791), sich auf die Schriften Johannes Voets, Hubers u.a. berufen hatte (1 W.Bl. 234, 257). 56 1 W.Bl. 234, 256; 2 Burr. 1077; 97 Eng. Rep. 717. 57 S.o. Fn. 31. 58 2 Burr. 1077; 1078f., 97 Eng.Rep. 717,718 (1760). In Holman v. Johnson (1 Cowp. 341, 344, 98 Eng.Rep. 1120, 1121 [1775]), einem weiteren Kollisionsrechtsfall im Bereich des Vertragsrechts, bezog sich Lord Mansfield wiederum auf Huber. 59 S. z.B. Yntema, 1 N.Y.L.F. 49; Levin, 46 Geo.L.J. 242f.; Ehrenzweig, 59 Col.L.Rev. 983. 60 W. Lorenz, S. 31, 59f. 61 Das Mehrheitsvotum beruhte auf der Überzeugung "qui eligit iudicem eligit ius", nicht auf der kollisionsrechtlichen Überlegung Lord Mansfields. 2 Burr. 1081 , 1084. 62 Beale, 23 Harv.L.Rev. 206; Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 266; W. Lorenz, S. 31. 53

54

56

§ 2 Das Vertragsstatut-Geschichte

me auf Robinson v. Bland zum Standardbestandteil kollisionsrechtlicher Entscheidungen63. Im Jahre 1797 fand Hubers "Oe conflictu legum" in englischer Übersetzung als Anmerkung zu einem vor dem Supreme Court verhandeltennie entschiedenen - Fall 64 , in welchem der Anwalt einer der Parteien und Herausgeber der "Court Reports", Alexander J. Dallas, sein Plädoyer auf Hubers Thesen gestützt hatte, den Weg in dessen Entscheidungssammlung65 und wurde dadurch jedermann zugänglich. Die Lehren des Holländers wurden in der Folge zu einer Art "Präjudiz" 66 , das bei nahezu allen kollisionsrechtlichen Entscheidungen Beachtung fand 67 und von Chancellor Kent im Jahre 1820 als "everywhere received as containing a doctrine of universal law" bezeichnet wurde 68 • In der ersten in den U.S.A. veröffentlichten umfassenden Schrift zum Kollisionsrecht, Livermores "Dissertations" 69 , einer Reaktion auf die Entscheidung im Fall Sau/ v. His Creditors 10 , in dem sich Livermore heftig engagiert hatte 71 , wird die comitas- Lehre wegen ihrer Unbestimmtheit scharf angegriffen 72 • Wenn auch diese Kritik nicht auf fruchtbaren Boden fiel, so erfüllte sich doch die Hoffnung Livermores, die wissenschaftliche Diskussion für die Problematik der Gesetzeskollisionen zu interessieren 73 und mit seinem Werk somit einen Beitrag zur Schaffung von "fixed and correct principles" 74 für die Bewältigung kollisionsrechtlicher Fragestellungen geleistet zu haben. In der zweiten Auflage seiner im Jahre 1832 erschienenen "Commentaries on American Law" beurteilte Kent die "Dissertations" Livermores, die aufgrund 63 So wurdedie Entscheidung schon zitiert in James v. Allen, 1 Dall. 188, 189 (Phila.Co. 1796); Brinley v. Avery, Kir. 25, Kir.Supp. 22, 23 (Conn. Super. Ct. 1786); Miller v. Hall, 1 Dall. 229, 230 (Sup.Ct.Pa. 1788). 64 Emory v. Grenough, 3 Dall. 369 (U.S. 1797). 6s 3 Dall. 370-377 (1797). 66 Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 269. 67 S. z.B. Van Schaick v. Edwards, 2 Johns.Cas. 355, 363f.; Nash v. Tupper, 1 Cai.Rep. 402, 413 (1803) (beide New York); Pearsall v. Dwight, 2 Mass. 84, 90 (Mass. 1806); Desesbats v. Berquier, 1 Bin. 336, 347 (Pa. 1808). Auch Story nahm in seiner ersten kollisionsrechtlichen Entscheidung als Richter am Supreme Court Bezug auf Hubers Schrift. Van Reimsdyk v. Kane, 28 Fed.Cas. 1062, 1063, No. 16871 (1812). 68 Holmes v. Remsen, 4 Johns.Ch.Rep. 460, 469 (N.Y. 1820). Eine allerdings wenig beachtete Kritik an der häufigen Bezugnahme der Gerichte auf Hubers Lehren findet sich bei Sullivan, The History of Land Titles in Massachusetts (1801), S. 352ff. 69 Dissertations on the questions which arise from the contrariety ofthe positive laws of different states and nations (New Orleans 1828). 70 5 Mart., N.S., 569 (La.Sup.Ct. 1827). 71 Vgl. dazu Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 269. 72 Livermore, o. Fn. 69, S. 26fT., 171fT. 73 Livermore, ibid., S. 20. Vgl. auch Yntema, 1 N.Y.L.F. 49. Eine zustimmende Buchbesprechung fand sich in 1 Am.Jur. 132 (1829), deren nicht genannter Verfasser eine frühe "locallaw"-Theorie vertrat (S. 140). 74 Livermore, o. Fn. 69, S. 15.

II. Vereinigte Staaten von Amerika

57

ihrer Darstellung der Lehren europäischer "Statutisten" leichten Zugang zu deren Gedankengut ermöglichten 75 , im mit "The Iex loci as to contracts" überschriebenen Abschnitt als "very creditable to his learning and vigorous spirit of inquiry" 76 • Kent bezeichnete die kollisionsrechtliche Geltung der Iex loci contractus77 als eine dem "comity"-Prinzip unterworfene Regel des Völkerrechts, die Verträgen hinsichtlich Rechtswirksamkeit, Auslegung und Bindungswirkung überall dieselbe Wirkung zuerkenne wie in demjenigen Land, in dem sie geschlossen worden waren 78 . Von der Regel der Iex loci contractus seien drei Ausnahmen zu machen, nämlich diejenige des ordre public79 , wenn es um Fragen der "remedies upon contracts" gehe 80 , und schließlich dann, wenn Vertragsabschluß- und -erfüllungsort auseinanderfallen und sich die Erwartungshaltung der Parteien hinsichtlich der Erfüllung des Vertrages auf das Recht des Erfüllungsortes gerichtet hatte; in diesem Falle sei die Iex loci solutionis anzuwenden 81 • Diese Regel Kents ist eine Umschreibung der These Hubers 82 • 3. Der Einfluß Storys

Auch Joseph Story 83 , Autor des einflußreichsten Werks zum Kollionsrecht im angloamerikanischen Rechtskreis 84 , griff die Gedanken Hubers auf8S, die er untersuchte 86 , gegen die Angriffe insbesondere Liverrnores verteidigte87 , in der S. Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 272. s. 455. 77 "/T fhe maxim is, that locus contractus regit actum, unless the intention ofthe parties to the contrary be clearly shown." S. 458. 78 lbid., s. 457f. 79 Ibid., S. 458. so Ibid., S. 462. 81 Ibid., S. 459: "But if a contract be made under one govemment, and is to be performed under another, and the parties had in view the laws of such other country in reference to the execution of the contract, the general rule isthat the contract, in respect to its construction and force, is tobe govemed by the law ofthe country or state in which it is to be executed." 82 De conflictu legum, § 10 (s.o. Fn. 31). Kent zitierte Huber ebenso wie Voet und Lord Mansfield. Vgl. auch Yntema, 1 N.Y.L.F. 50. 83 Story war Richter am Supreme Court von 1812-1845 und Dane Professor of Law in Harvard von 1829-1845. Zu seinem Leben und Werks. Pound, 48 Am.L.Rev. 676ff.; Nadelmann, 5 Am.J.Leg.Hist. 230ff.; Zweigert, ZStW 105, 590ff. Ehrenzweig, 103 U.Pa.L.Rev. 135: "American conflicts law begins with Joseph Story." 84 Commentaries on the Conflict of Laws, Boston 1834. S. dazu Lorenzen, 48 Harv.L.Rev. 15ff. 85 Vgl. dazu nur W. Lorenz, S. 32; Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 273. 86 Kap. 2 (General Maxims oflntemational Jurisprudence), S. 19-38. 87 Ibid., S. 33. 75

76

58

§ 2 Das Vertragsstatut - Geschichte

Anwendung durch die Gerichte billigte 88 , und trotz gewisser Bedenken nachdrücklich empfahl 89 • Obgleich jedoch diese Unterstützung der comitas-Theorie90 in der Rechtslehre einigen Widerhall fand 91 , war ihre Bedeutung für die Vereinigten Staaten, deren Gerichte seit langem die um die comitas gemilderte Territorialitätsdoktrin der Holländer anwendeten, nicht allzu groß 92 • Im Hinblick auf die vor den Gerichten der U .S.A. ausgetragenen fast ausschließlich nationalen Konflikte entzog die Entwicklung der Vereinigten Staaten zu einer zunehmend homogenen Nation, deren Komponenten einander zur Gewährung von Due Processund Full Faith and Credit verpflichtet waren, der "comity"Doktrin ihre historischen Grundlagen 93 • Die Bedeutung Storys gründete vielmehr darauf, daß er den bis dahin nahezu unbeachteten Fundus der zu jener Zeit mehr als fünfhundert Entscheidungen amerikanischer, englischer und schottischer Gerichte ebenso sorgfaltig auswertete wie die Lehren der führenden "Statutisten" 94 und darüberhinaus sein Werk nicht traditionell- in statuta realia, personalia, mixta·- einteilte, sondern systematisch die wichtigsten Gegenstände, wie Geschäftsfahigkeit, Ehe, Scheidung, Verträge, Eigentum, Erbrecht und Vormundschaft, darstellte95 • In dieser seither üblichen Darstellungsweise lieferte Story Richtern und Anwälten in plastischer Form dringend benötigtes Anschauungsmaterial; dies trug bedeutend zu der überwältigenden Wirkung seiner "Commentaries" bei96 • Das bei weitem umfangreichste Kapitel der "Commentaries" ist mit "Foreign Contracts" überschrieben 97 • Es enthält eine eingehende Studie der Digestenstel88 Story hieß die berühmte Entscheidung Sau! v. His Creditors (o. Fn. 70) (" ... question which touched the comity of nations and ... that comity is, and ever must be, uncertain." 5 Mart., N.S., 596) ausdrücklich gut. Commentaries, S. 29. 89 "The doctrine of Huberus would seem, therefore, to stand upon just principles; and though, from its generality, it leaves behind many grave questions as to its application, it has much to commend, in point of truth, as weil as of simplicity." S. 37. Vgl. auch Ehrenzweig, 103 U.Pa.L.Rev. 137. 90 Laine, Clunet 23 (1896), 486, spricht von einer Reproduktion der Lehren Hubers. 91 Story folgten in England Westlake und Dicey; auf dem Kontinent nahmen insbesondere Foelix, von Savigny und von Bar seine Lehren aufmerksam zur Kenntnis. 92 Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 273: "/F for the intrinsic value of the commentaries, the chapter on "Maxims" is probably the least important. The work would stand on its own without the support given to / Huber's/ doctrine." S. auch Zweigert, ZStW 105, 599. 93 Als Folge hiervon wurde die von Story vertretene Anwendung fremden Rechts aus Gründen der "comity" gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend durch die Ansicht ersetzt, ausländische Rechtssätze seien in entsprechend gelagerten Fällen nach dem Gerechtigkeitsgebot anzuwenden. Vgl. Minor, S. 5; Wharton, S. 5. So auch schon Lord Brougham in Warrender v. Warrender (1835), Shaw & Mac. 2, 154, 189, 198; 5 Eng.Rep. 1227, 1235; 6 Eng.Rep. 1239, 1254. 94 Vgl. Nadelmann, FS für Gutzwiller, S. 274; Yntema, 2 Am.J.Comp.L. 307. 95 Vgl. Lorenzen, 48 Harv.L.Rev. 18f. 96 Vgl. Zweigert, ZStW 105, 599f.

IL Vereinigte Staaten von Amerika

59

len si fundus und contraxisse, der Schriften der Statutenlehrer98 und der Rechtsprechung angloamerikanischer Gerichte. Storys daraus abgeleitete Regel geht von der grundsätzlichen Geltung der Iex loci contractus aus, die er als im Parteiinteresse stehende Regel des Völkerrechts

betrachtet99 • Ebenso wie Kent macht Story aber für den praktisch außerordentlich bedeutsamen Fall, daß Abschluß- und Erfüllungsort auseinanderfallen, eine Ausnahme; in diesem Fall will er die "dem vermutlichen Parteiwillen entsprechende" Iex loci so/utionis anwenden 100 . Der Entwicklung der Lehre von der kollisionsrechtlichen Verweisungsfreiheit war diese Formulierung nicht förderlich. Im Gegensatz zu Kent und Lord Mansfield, die das Recht des Erfüllungsorts dann für anwendbar erklärten, wenn die Parteien dieses "im Auge" ("in view") hatten 101 , kommt Story zur Anwendbarkeit der Iex /oci solutionis, weil dies der- als objektives Kriterium verstandenen 102 - "presumed intention" der Parteien entspreche. Daß, wie angeführt wird, Story die Iex loci solutionis als Mittel zur Bestimmung des anwendbaren Rechts qua Festlegung des Erfüllungsortes durch die Parteien verstanden hat 103 , istangesichtsder plausiblen Hypothese, der Hinweis auf den Parteiwillen diene lediglich der nachträglichen Rechtfertigung der Anknüpfung, durchaus unwahrscheinlich 1~, erschiene doch andernfalls die Hinzufügung des Adjektivs "presumed", das die Abwesenheit eines realen Parteiwillens voraussetzt105, unverständlich.

97 S. 193-307. In der im Jahre 1841 -vier Jahre vor Storys Tod- erschienenen zweiten Auflage umfaßte das Kapitel 283 Seiten. 98 Bartolus, Burgundus, Rodenburgh, Voet, Huber, Hert, Boullenois u.a. 99 "Generally speaking, the validity of a contract is tobe decided by the law ofthe place, where it is made, unless it is tobe performed in another country". 3. Aufl. 1846, S. 368f. 100 Ibid., S. 432: "But where the contract is, either expressly or tacitly, to be performed in any other place, there the general rule is, in conformity to the presumed intention ofthe parties, that the contract, as to its validity, nature, obligation, and interpretation, is tobe governed by the law of the place of performance. This would seem tobe a result of natural justice, and the Roman law has (as we have seen) adopted it as a maxim." Zur Stützung seiner These zitiert Story Voet, Huber, Boullenois, Lord Mansfield und Kents Werk, sowie sieben amerikanische Gerichtsentscheidungen. 101 S.o. zu Fn. 58; Fn. 81. 102 Yntema, 1 N.Y.L.F. 52. 103 So z.B. Ehrenzweig, 59 Col.L.Rev. 983; Levin, 46 Geo.L.J. 273. 1 ~ Vgl. Yntema, 1 N.Y.L.F. 51f.; Wicki, S. 63f. 105 "Presumed intent(ion)" ist hypothetischer Parteiwille, wird freilich bisweilen auch als stillschweigender Parteiwille (miß-)verstanden. S. dazu James, 36 Chi.-K.L.Rev. 35f.: "/T fhe presumed intent ofthe parties ... is literally 'presumed', or more nearly 'assumed', by a court in order to arrive at a decision which is proper in the eyes of the court but where the parties, from anything they have said or done, may not have bad any intent at all. In many cases of this character, the court 'manufactures' or 'makes' an intent for the parties in order to arrive at what the court thinks is reasonable."

60

§ 2 Das Vertragsstatut -

Geschichte

Die enorme Autorität der "Commentaries" führte dazu, daß die von Story aufgestellte Regel über ein dreiviertel Jahrhundert hinweg nicht ernsthaft angegriffen wurde 106 • Gleichzeitig rief die Unklarheit ihrer Formulierung eine kaum mehr zu übertreffende Verwirrung der Rechtslage hervor 107 • Die von Story zitierten Gerichtsentscheidungen stellten, in Anlehnung an das so verstandene dieturn Lord Mansfields, im Falle des Auseinanderfallens von Abschluß- und Erfüllungsort auf den von den Parteien bestimmten Erfüllungsort ab. So sagte der Supreme Court New Yorks in Thornpson v. Keteharn 108 : "Where a contract is made in reference to another country, in which it is tobe executed, it must be governed by the laws of the place where it is to have its effect." Im gleichen Fall stellte später Ch.J. Kent fest 109 : "The Iex loci is to govern, unless the parties had in view a different place, by the terms of the contract." 110 Die Berücksichtigung der Erwartungshaltung der Parteien wird auch in der ersten Äußerung des Supreme Court zur Vertragsanknüpfung deutlich, in der Ch.J. Marshall-in Auslegung von§ 34 Judiciary Act (1789) - bemerkte: "As construed by this court, this section is the recognition of a principle of universal law; the principle that in every forum a contract is governed by the law with a view to ,which it was made. " 111 Diese Bezugnahme auf die Parteiinteressen mag einen Anstoß zur Ausbildung der Parteiautonomie gegeben haben, Die Bezeichnung des in Anlehnung an dasjenige Lord Mansfields formulierten dieturn Marshalls als "explicit declaration of the principle of autonomy" 112 ist aber übertrieben 113 • Schon in der nachfolgenden Entscheidung 114 erklärt das Gericht, daß der Erfüllungsort maßgebe, wenn die Parteien den Vertrag im Hinblick auf einen vom Abschlußort abweichenden Erfüllungsort geschlossen hatten 115 . Die Vereinbarung der Parteien wird dabei nur daraufhin untersucht,

Vgl. Yntema, 1 N.Y.L.F. 53f. Vgl. Wicki, S. 64, Anm.110; Yntema, Autonomy, S. 688; Lorenzen,48 Harv.L.Rev. 37; Cook, 33 Yale L.J. 483; Beale, 23 Harv.L.Rev. 1f. Verglichen mit den meisten zeitgenössischen Anknüpfungen hatte die Regel Storys, insbesondere im Hinblick darauf, daß sie den Vertrag jeweils nur einem Recht unterstellte, allerdings den Vorzug relativer Klarheit und Praktikabilität. S. dazu Yntema, 1 N.Y.L.F. 52. 1os 4 Johns. 285, 288 (1809). 109 8 Johns. 189, 193 (1811), unter Hinweis auf Hubers "si partes alium in contrahendo locum respexerint" und Lord Mansfield in Robinson v. Bland. 110 Vgl. auch Powers v. Lynch, 3 Mass. 77, 79 (Mass.Sup.Jd.Ct.1807); M'Candlish v. Cruger, 2 Bay 377, 379 (S.C. 1802); Hazelhurst v. Kean, 4 Yeat. 19, 20 (Pa. 1804). 111 Wayman v. Southard, 10 Wheat. 1, 48, 6 L.Ed. 253, 264 (1825). 112 Yntema, 1 N.Y.L.F. 48. Vgl. auch Ehrenzweig, 59 Col.L.Rev. 983; Levin, 46 Geo.L.J. 275. 113 Die Bemerkung Marshalls war ein eher beiläufiges Produkt einer langwierigen Untersuchung des Judiciary Act § 34. 114 Cox v. U.S., 6 Pet. 172, 8 L.Ed. 359 (1832). 106 107

li. Vereinigte Staaten von Amerika

61

inwieweit Anhaltspunkte für einen bestimmten Erfüllungsort zu finden sind. Ist der Erfüllungsort solchermaßen bestimmt, so kommt die starre Regel der Iex loci solutionis ohne Berücksichtigung eines möglicherweise anderslautenden Parteiwillens zur Anwendung. Die Äußerungen der Gerichte jener Zeit lassen Versuche der Berücksichtigung des Parteiwillens bei der Erklärung der einen oder anderen starren Regel erkennen; sie entraten jedoch des Schrittes zu einer subjektiven Formulierung. Die Regel Storys stellte somit in der Tat eine knappe Zusammenfassung der Gerichtspraxis seiner Zeit dar. 4. Frühe Rechtsprechung des Supreme Court

In der Rechtsprechung des Supreme Court wurde die Ausbildung der Lehre von der kollisionsrechtlichen Verweisungsfreiheit dadurch erschwert, daß das Gericht zur Bestimmung des Vertragsstatuts stets in Fällen aufgerufen war, in denen eine ausdrückliche Rechtswahl der Parteien nicht vorlag und die zwingende Kollisionsnorm dem zu ihrer Rechtfertigung angeführten jeweiligen - stillschweigenden oder hypothetischen - Parteiwillen selbstverständlich entsprach. So konnten die höchsten Bundesrichter auf die vermuteten Interessen der Parteien eingehen, ohne zur Äußerung über das Gewicht einer den starren Anknüpfungen entgegenstehenden Parteivereinbarung gezwungen zu sein. In der im Jahre 1839 ergangenen Entscheidung Andrews v. Pond116 , in der die Rechtsgültigkeit eines in New York auf einen in Alabama ansässigen Schuldner gezogenen, nach dem Recht eines der Staaten wucherischen, Wechsels untersucht wurde, deutete Ch.J. Taney an, daß eine Wahl der Parteien zwischen Abschluß- und Erfüllungsort möglicherweise zulässig sei 117 • In einem weiteren Wucher("usury")-Fall 118 wandte der Supreme Court sodann die den Vertrag aufrechterhaltende Iex loci contractus gegenüber dem nach der starren Regel anwendbaren Recht des Erfüllungsortes, nach dem der Vertrag wucherisch und damit nichtig gewesen wäre, an 119 und gestand damit m "The general rule on this subject is weil settled that the law of the place where the contract is made, and not where the action is brought, is to govem in expounding and enforcing the contract unless the parties have a view to its being executed elsewhere, in which case it is tobe governed according to the law ofthe place where it is tobe executed." 6 Pet. 203, 8 L.Ed. 371. 116 38 U.S. (13 Pet.) 65 (1839). 117 "The general principle in relation to contracts made in one place tobe executed in anotheris weil settled. They aretobe governed by the law ofthe place ofperformance, and, ifthe interest allowed by the laws ofthe place ofperfonnance is higher than that permitted at the place of the contract, the parties may stipulate for the higher interest, without incurring the penalties of usury." 38 U.S. 77f. 118 Miller v. Tiffany, 68 U.S. (1 Wall.) 298 (1863). 119 Ibid., S. 310. J. Swayne zitierte zunächst die Textstelle aus Andrews v. Pond (o. Fn. 117), um fortzufahren: "The converse of this proposition is also weil settled."

62

§ 2 Das Vertragsstatut -

Geschichte

den Parteien die Wahl zwischen den Rechtsordnungen des Erfüllungs- und des Abschlußortes zu. Diese erstmalige ausdrückliche Anerkennung der Parteiautonomie verlor indes dadurch an Gewicht, daß der Fall die Gültigkeit eines Vertrages in Ansehung einer einzelstaatlichen Wucherregelung ("usury law") betraf und die Gerichte seit jeher, sofern irgend möglich, die Gültigkeit eines solchen Vertrages- als "concession to trade and commerce" 120 - aufrechterhielten 121 • Jedenfalls besann sich der Supreme Court in Scudder v. Union National Bank 122 eines anderen und erklärte, Fragen der Erfüllung des Vertrages seien nach dem Recht des Erfüllungsortes, alle anderen Fragen nach der Iex loci contractus zu lösen 123 • Die in der Entscheidung geäußerte Ansicht, "a careful examination ofthe well-considered decisions ofthis country and ofEngland will sustain these positions" 124, trug in der sieben Jahre später ergangenen Entscheidung Pritchard v. Norton 125 die Erwägungen der Richter aber bereits nicht mehr, die auf der Suche nach dem hypothetischen Parteiwillen zwar beim Erfüllungsort fündig wurden, eine eventuelle Vereinbarung der Parteien jedoch als maßgebend für die Bestimmung des Vertragsstatuts bezeichneten 126 • Nach einer weiteren Entscheidung dieses Inhalts 127 wandte sich das Gericht noch einmal der traditionellen Regel vom Erfüllungsort zu 128 , bevor es in einer Serie von Entscheidungen keine Zweifel mehr an seiner Präferenz für die kollisionsrechtliche Verweisungsfreiheit ließ 129 • Bigelow v. Bumham, 83 Iowa 120, 123, 49 N.W. 104, 105 (Ia.Sup.Ct. 1891). S. z.B. Goodrich, Conflict of Laws, 3. Aufl. 1949, S. 334; Stumberg, Conflict of Laws, 2. Aufl. 1951, S. 239. S. auch Levin, 46 Geo.L.J. 275; Ehrenzweig, 103 U.Pa.L.Rev. 142; ders., 53 Col.L.Rev. 1077f. 122 91 u.s. 406 (1875). 123 Ibid., S. 412f. 124 Ibid., S. 413. 12s 106 U.S. 124, 1 S.Ct. 102 (1882). 126 "The difference between the law of Louisiana and that of New York, presented in this case, is radical, and gives rise to the inquiry, what, according to each, are the essential elements of a valid contract, determinable only by the law of its seat ... The law we are in search of, which is to decide upon the nature, interpretation, and validity of the engagement in question, isthat which the parties have, either expressly or presumptively, incorporated into this contract as constituting its obligation." 1 S.Ct. 111f. Die Entscheidung könnte statt im Sinne eines hypothetischen ebenso im Sinne eines stillschweigenden Parteiwillens gelesen werden. 127 Liverpool & Great Western Steam Co. v. Phenix Insurance Co., 129 U.S. 397, 9 S.Ct. 469 (insbes. 476, 478) (1889). 128 Hall v. Cordell, 142 U.S. 116, 12 S.Ct. 154 (1891). Die Einstufung dieser Entscheidung in die Kategorie "Erfüllungsort" (S. z.B. Leflar, American Conflicts Law, S. 296, Anm. 5) ist fragwürdig. S. 12 S.Ct. 156: "Nothing in the case shows that the parties had in view, in respect to the execution of the contract, any other law than the law of the place ofperformance. That law, consequently, must determine the rights ofthe parties." 129 London Assurance v. Companhia de Moagens do Barreiro, 167 U.S. 149, 17 S.Ct. 785, 790 (1897): "/T fhe interpretation of the contract was intended by the parties to 120 121

li. Vereinigte Staaten von Amerika

63

Dabei blieb offen, ob die Freiheit der Parteien auch die Möglichkeit umfaßte, das Recht eines dritten, vom Erfüllungs- oder Abschlußort abweichenden Staates wirksam als auf den Vertrag anwendbar zu bestimmen; die Frage stand nie zur Entscheidung. Allerdings wäre wohl häufig, hätte den Parteien eine dritte Wahlmöglichkeit offengestanden, eine entsprechende Rechtswahl, weil mala fide erfolgt, für unzulässig erklärt worden 130 • 5. Vested Rights

Dem klaren Bekenntnis des Supreme Court zum kollisionsrechtlichen Prinzip der Parteiautonomie zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts stand eine starke Rechtszersplitterung in den Einzelstaaten gegenüber. In den Jahren 1909/1910 führte der bedeutendste Nachfolger auf Storys Lehrstuhl in Harvard, Joseph H . Beale, eine Untersuchung der zur Vertragsanknüpfung ergangenen Rechtsprechung amerikanischer Gerichte durch 131 , die er mit dem seither zur Standardeinleitung amerikanischer Schriften zum Kollisionrecht der Schuldverträge gewordenen 132 Satz "No topic of the conflict of laws is more confused than that which deals with the law applying to the validity of contracts" 133 eröffnete. Beale teilte die von ihm vorgefundenen sieben unterschiedlichen Regeln in drei Hauptkategorien ein, in deren erste (Recht des Abschlußortes) er sechs Staaten 134 , in die zweite (Erfüllungsort) sechzehn Staaten 135 und in die dritte (Verweisungsfreiheit) zwölf136 - in Wucherf