Die Mitwirkung von Ausländern an der politischen Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland durch Gewährung des Wahlrechts, insbesondere des Kommunalwahlrechts [1 ed.] 9783428451791, 9783428051793

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Die Mitwirkung von Ausländern an der politischen Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland durch Gewährung des Wahlrechts, insbesondere des Kommunalwahlrechts [1 ed.]
 9783428451791, 9783428051793

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 422

Die Mitwirkung von Ausländern an der politischen Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland durch Gewährung des Wahlrechts, insbesondere des Kommunalwahlrechts

Von

Dietmar Breer

Duncker & Humblot · Berlin

DIETMAR

BREER

Die Mitwirkung von Ausländern an der politischen Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland durch Gewährung des Wahlrechts, insbesondere des Kommunalwahlrechts

Schriften zum ö f f e n t l i c h e n Band 422

Hecht

Die M i t w i r k u n g von Ausländern an der politischen Willensbildung i n der Bundesrepublik Deutschland durch Gewähr un g des Wahlrechts, insbesondere des Kommunalwahlrechts

Von

Dr. Dietmar Breer

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

D 6 Alle Rechte vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 05179 3

Meinen Eltern

Vorwort Das geltende Recht behält das Wahlrecht zu den Vertretungskörperschaften des Bundes, der Länder und der Kommunen den deutschen Staatsangehörigen vor. Die Einführung eines Wahlrechts für Ausländer — zumindest i m kommunalen Bereich — zählt demgegenüber seit Jahren zu den Forderungen der Interessenvertreter der i n der Bundesrepublik lebenden Ausländer. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Ausländerwahlrechts ist, wie die Diskussionen auf dem 53. Deutschen Juristentag 1980 i n Berlin gezeigt haben, bisher keineswegs eindeutig beantwortet. So wurde i n der ausländerrechtlichen Abteilung des Juristentages bei 140 Ja- gegen 162 Nein-Stimmen nur knapp ein Antrag abgelehnt, wonach keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestehen, der ausländischen Wohnbevölkerung das Kommunalwahlrecht einzuräumen. Eine Mehrheit von 156 zu 152 Stimmen fand dagegen der folgende Antrag: „Der Deutsche Juristentag fordert die Landesgesetzgeber auf, den länger i n der Bundesrepublik ansässigen Ausländern das Wahlrecht zu den kommunalen Vertretungsorganen durch Gesetzesänderung, gegebenenfalls durch Verfassungsänderung, einzuräumen, um den Verfassungsgrundsatz der Demokratie zu verwirklichen, der den Beherrschten eine M i t w i r k u n g an der Herrschaft zusichert. Der Bundesgesetzgeber ist aufgerufen, durch Verfassungsänderung verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen." Die Formulierung dieser Anträge und die knappen Abstimmungsergebnisse spiegeln deutlich die unterschiedlichen Rechtsauffassungen über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer wieder. I n der vorliegenden Untersuchung stellt der Verfasser die hierzu vorgetragenen Argumente zusammen und versucht darüber hinaus, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer m i t neuen Argumenten zu begründen, sowie die Möglichkeiten einer praxisgerechten Durchführung aufzuzeigen. Dabei werden auch solche Kriterien entwickelt, die das Wahlrecht auf den Kreis der Ausländer beschränken, die dergestalt i n das politische, wirtschaftliche und soziale Gefüge der Bundesrepublik eingegliedert sind, daß sie ihr Wahlrecht bewußt ausüben können. Die Arbeit hat i m Wintersemester 1981/82 dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als

Vorwort

8

Dissertation vorgelegen. Die Arbeiten am Manuskript wurden i m Spätsommer 1981 abgeschlossen. Spätere Veröffentlichungen konnten daher nur noch vereinzelt berücksichtigt werden. Für die Unterstützung bei der Anfertigung dieser Arbeit habe ich i n besonderer Weise Herrn Prof. Dr. Schmidt-Jortzig zu danken, der m i r durch wertvolle Anregungen ebenso wie durch kritische Fragen den Weg zu einem erfolgreichen Abschluß der Untersuchung nicht unerheblich zu ebnen half. Mein Dank gilt schließlich auch Herrn Prof. Dr. Broermann für seine Bereitschaft, die Arbeit i n die „Schriftenreihe zum öffentlichen Recht" aufzunehmen. Lemgo, i m Frühjahr 1982 Dietmar Breer

Inhaltsverzeichnis 1. T e i l Die Ausländerproblematik in der Bundesrepublik Deutschland § 1 Steigender A n t e i l der Ausländer an der Wohnbevölkerung u n d zunehmende Verweildauer

19

§2

Die Bundesrepublik als Einwanderungsland

22

1. Der Begriff „Einwanderungsland"

22

2. Rechtliche Stellung der eingewanderten Ausländer

23

a) Aufenthaltsrecht

23

b) Arbeits- u n d Sozialrecht

25

c) Konsequenzen

26

2. T e i l Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer unter der gegenwärtigen Gesetzeslage §3

Nicht-Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten

29

§4

Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten

30

1. Kommunale Koordinierungskreise

30

2. Kommunale Ausländerbeiräte

31

3. Ausländerparlamente

...

32

4. Mitgliedschaft i n Ratsausschüssen

33

5. Sonderstatus f ü r ausländische Ratsmitglieder

34

6. Uberregionale Partizipationsmöglichkeiten

35

7. Kritische Würdigung 8. Zusammenfassung

*

37 37

10

Inhaltsverzeichnis 3. T e i l Einbürgerung als Voraussetzung einer Teilnahme an der staatlichen Willensbildung

§5

§6

Einbürgerung nach dem geltenden Recht

39

1. Ermessenseinbürgerung

39

2. Ehegatteneinbürgerung

41

Erleichterte Einbürgerung für eingewanderte Ausländer

41

1. Änderungsvorschläge

41

2. Annahme des Einbürgerungsangebotes

43

3. Zusammenfassung

45

4. T e i l Wahlrecht für Ausländer als Verfassungsgebot §7

§8

Wahlgrundsätze des A r t . 38 Abs. 1 Satz 1 GG

47

1. Allgemeinheit der W a h l

47

a) Grammatische Auslegung

47

b) Teleologische u n d systematische Auslegung

48

c) Historische Auslegung

49

d) Genetische Auslegung

50

e) Zwischenergebnis

51

2. Gleichheit der W a h l

51

3. Ergebnis

51

Wahlrecht aufgrund weiterer Verfassungsnormen

52

1. A r t . 3 Abs. 1 u n d 3 GG

52

2. A r t . 1 GG

53

3. A r t . 5 Abs. 1 GG

54

4. Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG)

56

5. Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 1 GG)

57

6. Zusammenfassung

58

Inhaltsverzeichnis

11

5. T e i l Verfassungsrechtliches Verbot einer Beteiligung der Ausländer an den Bundes- und Landtags wählen §9

Wahlrecht zum Bundestag

60

1. Der Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG

61

a) Begriffsweite des Volksbegriffs

61

b) Der soziologische Volksbegriff

62

c) V o l k als staatsrechtlicher Begriff

63

2. V o l k = Gesamtheit der deutschen Staatsbürger

63

a) Tradition der europäischen Nationalstaaten

64

b) Das Staatsvolk als Träger der Demokratie

66

c) V o l k als „deutsches V o l k " aa) Untersuchung nach dem Regelungsgehalt der N o r m bb) Zweck der Unterscheidung cc) Unzulässigkeit eines Umkehrschlusses

66 67 68 68

d) Fazit

69

3. V o l k = Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland

70

a) V o l k als geistige Gemeinschaft

70

b) V o l k als Lebens- u n d Schicksalsgemeinschaft

70

c) Bedeutungswandel des Volksbegriffes

71

4. Wahlrecht f ü r Nicht-Deutsche

72

5. Bedeutungsverlust der Staatsbürgerschaft

73

6. Zusammenfassung

74

§ 10 Wahlrecht der Ausländer zu den Landtagen

75

§11 Ausländerwahlrecht auf europäischer Ebene

76

§12 Rechtliche Möglichkeiten einer Verfassungsänderung

77

6. T e i l Kommunalwahlrecht für Ausländer §13 Kommunale Gebietskörperschaften u n d Staatsgewalt 1. Die Auffassung von Sasse I Kempen

78 79

a) Ursprung der kommunalen Selbstverwaltung

79

b) Selbstverwaltung als Grundrecht

79

c) Entwicklung des Selbstverwaltungsrechts nach 1919

80

d) Schlußfolgerungen

81

nsverzeichnis

12

2. K r i t i k an der Auffassung von Sasse I Kempen

82

a) Überwindung des Dualismus von Staat-Gesellschaft

82

b) Selbstverwaltung als institutionelle Garantie

82

c) Zusammenfassung

83

3. Originäre Hoheitsgewalt

83

a) Begründung einer originären Hoheitsgewalt

83

b) Verleihung der Hoheitsrechte durch den Staat

84

c) Die Einheit der Staatsgewalt

85

d) „Ursprüngliche Gebietskörperschaften"

86

e) Zusammenfassung

87

4. Zwischenergebnis § 14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung 1. Grundlagen

87 88 88

a) Unmittelbare Staatsverwaltung

89

b) Mittelbare Staatsverwaltung

89

c) Selbstverwaltung

90

d) Selbstverwaltung durch Körperschaften des öffentlichen Rechts

91

2. Legitimation durch das V o l k a) Legitimation allein durch das V o l k i n den Kreisen u n d Gemeinden aa) Rückgriff auf den Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG bb) Der Begriff der „ T e i l v ö l k e r "

92 92 93 93

b) Legitimation durch das Staatsvolk 95 aa) B u n d u n d Länder als Staaten . 95 bb) Zweigliedriger Staatsaufbau 95 cc) Unterscheidungsmerkmale zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften u n d dem Staat 97 (1) Kommunale Vertretungskörperschaft als Exekutivorgan 97 (2) Selbstverwaltung i m Rahmen der staatlichen Gesetze 97 (a) Der staatliche Errichtungsakt 98 (b) Eingeschränkte Geschäftsordnungsautonomie 98 (c) Begrenzung des kommunalen Handlungsrahmens.. 99 (aa) Finanzhoheit 100 (bb) Personalhoheit 101 (cc) Planungshoheit 101 (d) Die Staatsaufsicht

102

(e) Kommunale Rechtsetzungsbefugnis

104

c) Zusammenfassung 3. Die staatliche Legitimation

104 105

Inhaltsverzeichnis 4. Die körperschaftliche Legitimation

13 106

a) Kreise u n d Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts 107 b) Legitimation durch das V o l k der Gebietskörperschaft als Ausfluß des Selbstverwaltungsrechts 107 5. Zweifache Legitimation

108

§ 15 Die zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem . . . . 109 1. A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG

109

a) Das Demokratieprinzip

110

b) Demokratie u n d Selbstverwaltung

110

aa) Kommunale Selbstverwaltung

110

(1) ö r t l i c h e Gemeinschaft als Grundlage 111 (2) Pflichtenstatus der Gemeindebürger 112 (3) Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung 113 bb) Andere Selbstverwaltungskörperschaften (1) Zulässigkeit eines Vergleichs (2) Akademische Selbstverwaltung (3) Berufliche Selbstverwaltung

114 114 116 117

c) Zusammenfassung

118

2. A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG

118

a) Der Volksbegriff i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG

119

b) Das Homogenitätsgebot

120

c) Auslegungsmöglichkeiten des Volksbegriffes i n A r t . 28 GG . . 122 §16 Weitere Bedenken

123

1. Verfassungsrecht der Länder

123

2. Völkerrechtliche Bedenken

123

3. Mehrfaches Stimmrecht

124

4. Unentrinnbarkeit

125

5. Beschränkung des Wahlrechts auf Staatsbürger als allgemeiner Rechtsgrundsatz 126 a) A u f staatlicher Ebene

126

b) A u f kommunaler Ebene

127

aa) Schweden

127

bb) Dänemark

127

cc) Niederlande

128

dd) Frankreich

128

14

nsverzeichnis ee) Schweiz ff) Großbritannien gg) I r l a n d

129 130 131

c) Zusammenfassung

131

6. Besonderheiten der Stadtstaaten

131

a) Bremen

132

b) (West-) B e r l i n

133

c) H a m b u r g

134

d) Zusammenfassung

134

§17 Ungelöste Probleme bei Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer 135 1. Aktives u n d passives Wahlrecht

135

2. Notwendige Aufenthaltsdauer i n Deutschland

136

a) K r i t e r i e n

136

b) Eigener Lösungsvorschlag

137

3. Weitere Differenzierungsversuche

138

4. Politische Betätigung der Ausländer i n der Bundesrepublik

. . . . 140

a) Die Beschränkungen des § 6 Abs. 2 u n d 3 A u s l G

140

b) Mitwirkungsmöglichkeiten i n deutschen Parteien

141

§18 Rechtspolitische Tragweite eines Kommunalwahlrechts für Ausländer 143 1. Kommunale Fremd- u n d Selbstverwaltung

143

a) Auftragsangelegenheiten

144

b) Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung

145

c) Selbstverwaltungsaufgaben

146

d) A n t e i l der Fremdverwaltung an der kommunalen tungstätigkeit

Verwal-

146

2. Kommunalwahlrecht für Ausländer ein „leerer symbolischer A k t " ? 147 3. Z u r Notwendigkeit einer Verfassungsänderung

148

Zusammenfassung

151

Anhang

157

Literaturverzeichnis

165

Abkürzungsverzeichnis a. Α. Abg. ABl. Abschn. AEVO AFG AfK AS AufenthG/EWG AuslG BBauG BGBl. Β G H Z (E)

= = = = = = = = = = = = =

BK BRatDrs. B V e r f G (E)

=

B V e r w G (E)

=

BWahlG DemoGde DGO DJT DÖV DrS DST DVB1. EG EGVO epd Erl. ESVGH EUGH EWG f. ff. FN franz. GdeTg GemO, GO GG GKWG

=

=

= = = = = =

= = = = = = =

= = = = = = = = = =

anderer Auffassung Abgeordneter Amtsblatt Abschnitt Arbeitserlaubnisverordnung Arbeitsförderungsgesetz A r c h i v f ü r Kommunalwissenschaften Amtliche Sammlung Aufenthaltsgesetz/EWG Ausländergesetz Bundesbaugesetz Bundesgesetzblatt (Entscheidungssammlung des) Bundesgerichtshofs i n Zivilsachen Bonner Kommentar Drucksache des Bundesrates (Entscheidungssammlung des) Bundesverfassungsgerichts (Entscheidungssammlung des) Bundesverwaltungsgerichts Bundeswahlgesetz Die demokratische Gemeinde (Zeitschrift) Deutsche Gemeindeordnung Deutscher Juristentag Die öffentliche V e r w a l t u n g (Zeitschrift) Drucksache Deutscher Städtetag Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Europäische Gemeinschaften Verordnung der Europäischen Gemeinschaften Evangelischer Pressedienst Erläuterung Entscheidungssammlung des (hessischen) Staatsgerichtshofes Europäischer Gerichtshof Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Fußnote französisch Gemeindetag (Zeitschrift) Gemeindeordnung Grundgesetz Wahlgesetz f ü r die Gemeinde- u n d Kreisvertretungen i n Schleswig-Holstein

16 GMBl. GVB1. GWG HdBdStR HdKWP h. M. HRR V w R JöR n F JR Jura JuS JZ KomPolBl. KWahlG NW KWG

KomWGBad-Württ. LDruckS LO LPVG LWahlG NW M A G S (NW) M/D/H/S MS m. w . N. NJW O V G (E) ParlRat PuZ Rdnr. RhPfVBl. RuStAG StAngRegG 2. StAngRegG StenoB StenoProt. st. Rspr. StTg Verf. VerfGH NW VersammlG VGH VR

Abkürzungsverzeichnis Gemeinsames Ministerialblatt Gesetz- u n d Verordnungsblatt Gemeindewahlgesetz Handbuch des deutschen Staatsrechts Handbuch der kommunalen Wissenschaft u n d Praxis herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, neue Folge Juristische Rundschau (Zeitschrift) Zeitschrift f ü r die juristische Ausbildung Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kommunalpolitische Blätter (Zeitschrift) Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen Landesgesetz über die Wahlen zu den kommunalen Vertretungsorganen (Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein) Kommunalwahlgesetz Baden-Württemberg Landtagsdrucksache Landkreisordnung Landespersonalvertretungsgesetz Landeswahlgesetz Nordrhein-Westfalen M i n i s t e r i u m f ü r Arbeit, Gesundheit u n d Soziales (des Landes Nordrhein-Westfalen) Maunz / D ü r i g / Herzog / Scholz, Kommentar zum Grundgesetz Münster m i t weiteren Nachweisen Neue juristische Wochenschrift (Zeitschrift) (Entscheidungen) der Oberverwaltungsgerichte M ü n ster u n d Lüneburg Parlamentarischer Rat Aus P o l i t i k u n d Zeitgeschichte, Beilage aus der Zeitschrift „Das Parlament" Randnummer Rheinland-pfälzisches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Reichs- u n d Staatsangehörigengesetz Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit Zweites Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit stenographische Berichte stenographische Protokolle ständige Rechtsprechung Der Städtetag (Zeitschrift) Verfasser Verfassungsgerichtshof für das L a n d NordrheinWestfalen Versammlungsgesetz Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof Verwaltungsrundschau (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis W WDStRL

= =

WahlG WRV ZParl ZAR

= = = =

17

Verwaltungsverordnung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Wahlgesetz Weimarer Reichsverfassung Zeitschrift für Parlamentsrecht Zeitschrift f ü r Ausländerrecht u n d Ausländerpolitik

Erster

Teil

Die Ausländerproblematik in der Bundesrepublik Deutschland E i n e U n t e r s u c h u n g , d i e sich m i t d e r sozialen, k u l t u r e l l e n oder r e c h t l i c h e n S i t u a t i o n d e r A u s l ä n d e r 1 i n der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d b e faßt, k a n n n i c h t a n e i n e r E n t w i c k l u n g d e r l e t z t e n J a h r e v o r b e i g e h e n , d i e e i n e n W a n d e l s o w o h l i m V e r h a l t e n d e r A u s l ä n d e r als auch i n d e r öffentlichen M e i n u n g hierzulande erkennen läßt. § 1 Steigender A n t e i l der Ausländer an der Wohnbevölkerung und zunehmende V e r w e i l d a u e r N o c h v o r e i n e m J a h r z e h n t w a r es durchaus ü b l i c h , die A u s l ä n d e r p r o b l e m a t i k als e i n v o r ü b e r g e h e n d e s P r o b l e m zu betrachten, das seine Schärfe v o r a l l e m d u r c h d i e große Z a h l u n d d i e K o n z e n t r a t i o n d e r A u s l ä n d e r a u f einzelne R e g i o n e n f a n d 2 . I m M i t t e l p u n k t d e r Ü b e r l e g u n g e n s t a n d also d i e q u a n t i t a t i v e D i m e n s i o n des A u s l ä n d e r p r o b l e m s 3 . D a m a n n u r v o n e i n e m v o r ü b e r g e h e n d e n A u f e n t h a l t d e r ausländischen A r b e i t n e h m e r i n der Bundesrepublik ausging4 — was durch den Begriff „ G a s t a r b e i t e r " auch sprachlich d e u t l i c h z u m A u s d r u c k k o m m t — e r 1 Der Begriff des Ausländers w i r d i n dieser Untersuchung definiert w i e i n § 1 Abs. 2 AuslG: „Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher i m Sinne des A r t . 116 Abs. 1 GG ist". 2 Die Z a h l der Ausländer überschritt i n der Bundesrepublik 1970 die 2 - M i l lionengrenze, erreichte i m Jahr 1973 m i t 3,9 Millionen einen ersten Höhepunkt, sank dann leicht ab, u m bis heute wieder auf ca. 4,5 M i l l i o n e n anzusteigen. Unter den Ausländern sind die T ü r k e n m i t 33 % am stärksten vertreten; es folgen Jugoslawen (15 %), Italiener (14 %), Griechen (7 %), Asiaten (5 %), Spanier (4 %). Vgl. Statistisches Jahrbuch 1980, S. 66; sowie i n N J W 1981, Heft 3 S. V I I I . Geringfügig abweichende Daten enthalten die „Ausländer-Daten" des Bundesministeriums für Arbeit u n d Sozialordnung, Bonn 1980. Die Ausländerdichte ist besonders i n einigen Großstädten recht hoch. Beträchtlich über dem Bundesdurchschnitt von 6,8 % liegen die Ausländerquoten bspw. i n F r a n k f u r t (20 %), Offenbach (19 %), Stuttgart u n d München (17 %). Demgegenüber liegt der Ausländeranteil i n anderen Gebieten n u r bei 3 % (Oldenburg) bzw. 4 % (Münster, Koblenz, Würzburg, Regensburg) ; vgl. auch Kühn, Memorandum, S. 9. Besondere Beachtung verdient jedoch die Tatsache, daß der Ausländeranteil i n einigen Stadtvierteln noch erheblich höher liegt: ζ. B. Berlin-Kreuzberg (25,3 °/o), Salzgitter- Watenstedt (73,9 Vo), Hamburg-St. Pauli (26,2%); vgl. Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 280; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 17. 3 Sasse / Kempen, PuZ 8/74, S. 4. 4 L e i t l i n i e n der Ausländerpolitik NW, S. 16.

2*

20

1. Teil: Die Ausländerproblematik i n der Bundesrepublik

schien es müßig, über die Probleme nachzudenken, die aus einem langen oder gar dauerndem Verbleib dieser Menschen i n Deutschland entstehen könnten. Angesichts der oft wiederholten Bekundungen der Betroffenen, alsbald i n ihre Herkunftsländer zurückkehren zu wollen, lag es näher, die Probleme kurzfristig und zumeist provisorisch vornehmlich unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten zu lösen 5 . Diese, wie sich bald zeigen sollte, allzu sorglose Einstellung ist zwischenzeitlich von der Wirklichkeit widerlegt worden. Trotz der Diskussion von Rotationsmodellen®, Heimkehrprämien 7 und einer Rechtsprechung, die die Versagung von Aufenthaltsberechtigungen trotz oder gerade wegen eines langjährigen Aufenthaltes i m Bundesgebiet m i t der Begründung, die Bundesrepublik sei kein Einwanderungsland 8 bestätigte, ist die durchschnittliche Verweildauer ständig gestiegen und beträgt bei einer nicht unerheblichen Zahl bereits 10 und mehr Jahre 9 . M i t dem auch heute noch oft geäußerten Wunsch, i n die Herkunftsländer zurückkehren zu wollen, kontrastiert der Nachzug zahlreicher Familienangehöriger. Insbesondere für die Familien, deren Kinder i n Deutschland aufgewachsen sind, hier die Schulen besucht haben und oft besser Deutsch als die Sprache ihrer Eltern beherrschen 10 , erscheint zudem eine Rückkehr nicht oder n u r u m den Preis einer erneuten Familientrennung vorstellbar. Dementsprechend ist der Wille zum weiteren Verbleib in der Bundesrepublik unter den Ausländern recht hoch 11 , 5 Franz, Aufenthaltsrechtliche Stellung, S. 54; Kühn, Memorandum, S. 2; Rose, JR 1973, 223; Zapf, S. 194; Rittstieg, Wahlrecht, S. 1; L e i t l i n i e n der Ausländerpolitik N W „ S. 16; Kohl i n Landstagsdrucksache 7/1981 des L a n d tages Rheinland-Pfalz, S. 1 ; Albrecht, Sitzungsbericht L, S. 10. 6 Das Rotationsprinzip geht davon aus, daß ausländische Arbeitnehmer sich n u r f ü r einige Jahre (ca. 3) i n der Bundesrepublik aufhalten, u m dann i n i h r Herkunftsland zurückzukehren u n d anderen Ausländern Platz zu machen. Dadurch sollen ein Familiennachzug u n d die f ü r den deutschen Staat entstehenden Eingliederungskosten vermieden u n d eine ständige Nie-* derlassung der Ausländer verhindert werden. Vgl. i m einzelnen: Rose, JR 1973, 224; Schmiese, KomPolBl. 1974, 1007; Rittstieg, Ausländerrecht, S. 61. 7 Eick i n Frankfurter Allgemeine Zeitung v o m 23.03.1976, Nr. 70, S. 1; Stingi i n Frankfurter Rundschau v o m 06.06.1979, Nr. 129, S. 5; Späth i n Stuttgarter Zeitung v o m 20.04.1979, Nr. 91, S. 5; Bentz, Das Rathaus 1980, 68 ff. 8 B V e r w G E 42, 148, 154; B V e r w G E 38, 90, 93; B V e r w G E 35, 45, 51 f.; B V e r w G i n D Ö V 1979, 374; B V e r w G i n D Ö V 1973, 414; V G H München i n N J W 70, 1012. 9 1979 befanden sich 34 % der Ausländer weniger als 6 Jahre, 28 % z w i schen 6 u n d 10 Jahren u n d 38 % mehr als 10 Jahre i n der Bundesrepublik. Vgl. Statistisches Jahrbuch 1981, S. 66. 10 So w i r d aus den Volkshochschulen berichtet, daß zunehmend junge Ausländer Fremdsprachenkurse besuchen, u m so ihre „Muttersprache" richtig zu erlernen. 11 Nach den Ergebnissen des Forschungsverbundes „Probleme der Ausländerbeschäftigung" (S. 62) beabsichtigen unter Berücksichtigung der bereits i n Deutschland verbrachten Zeit 71 % der Befragten insgesamt 10 Jahre i n Deutschland zu verbringen; 31 % haben an 14, 20 % an 15—20 sowie

§ 1 Steigender Ausländeranteil u n d zunehmende Verweildauer

21

zumal die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen i n ihren Herkunftsländern, die sie zu einer Arbeitssuche i m Ausland veranlaßt haben, zwischenzeitlich keineswegs behoben sind. M i t zunehmender Verweildauer i m Ausland w i r d es ihnen zunehmend schwerer, sich sozial, familiär, wirtschaftlich und kulturell i n ihren Herkunftsländern wieder zu integrieren („Reintegration"), so daß der Rückkehrwille m i t steigender Aufenthaltsdauer sinkt. Der Anwerbestopp i m Jahre 197312 bildet i n der Zuwanderung der Ausländer eine deutliche Zäsur und führte i n Verbindung m i t der w i r t schaftlichen Rezession i n den folgenden Jahren zunächst zu einem leichten Rückgang der Ausländerzahl i n der Bundesrepublik. Da aber Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften die Einreise und der Aufenthalt i n der Bundesrepublik zum Zweck der Arbeitsaufnahme nicht verweigert werden kann 1 3 sowie aufgrund des Nachzuges weiterer Ausländer unter dem Aspekt der Familienzusammenführung und des gegenüber der deutschen Bevölkerung höheren Geburtenüberschusses 14 n i m m t der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik weiter zu 15 . Die derzeitige Ausgangslage w i r d dazu führen, daß der Anteil der ausländischen Jugendlichen i m Alter von 15 bis 18 Jahren an der Gesamtbevölkerung dieser Altersgruppe i m Jahre 1995 annähernd 20 °/o betragen w i r d (heute 7 °/o). Rechtliche Möglichkeiten, die Zahl der i n Deutschland lebenden Staatsbürger aus Mitgliedsstaaten der EG spürbar zu reduzieren, bestehen angesichts der ihnen garantierten Freizügigkeit kaum und dies erscheint auch politisch nicht durchführbar 16 . weitere 20 % an 20 u n d mehr Jahre gedacht. Demnach ist davon auszugehen, daß mindestens 40 % dieser Ausländer auf Dauer i n der Bundesrepublik bleiben werden. Vgl. auch Kühn, Memorandum, S. 8 f.; Rittstieg, Wahlrecht, S. 5 f. 12 Vgl. dazu i m einzelnen Franz, DVB1. 1974, 350 ff. 13 Grundlegend A r t . 3c; 48; 52; 59 EG-Vertrag; A u f e n t h G / E W G i n der Fassung v o m 7.2.80 (BGBl. I, 113). Z u r V e r w i r k l i c h u n g der Einreise- u n d Aufenthaltsfreiheit hat die Gemeinschaft durchweg Richtlinien erlassen. Maßgebend sind: — Richtlinie Nr. 64/220 E W G zur Aufhebung f ü r Staatsangehörige der M i t gliedsstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung u n d des Dienstleistungsverkehrs v o m 25. 2. 64 (ABl. S. 845), — Richtlinie Nr. 68/360 E W G zur Aufhebung der Reise u n d Aufenthaltsbeschränkungen f ü r Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten u n d ihrer F a m i lienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft v o m 15.10. 68 (ABl. 257, S. 13), — Richtlinie Nr. 64/221 E W G zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise u n d den Aufenthalt von Ausländern, sowie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit v o m 25. 2. 64 (ABl. S. 850). 14 Vgl. dazu i m einzelnen: Forschungsverbünd „Probleme der Ausländerbeschäftigung", S. 14; K ü h n , Memorandum, Anlage 4a, S. 7; Zuleeg, J Z 1980, 425; Statistisches Jahrbuch 1981, S. 67. 15 Vgl. auch L e i t l i n i e n der Ausländerpolitik N W , S.22; Statistisches A m t der Stadt Gelsenkirchen, S. 58 f.

1. T e i l : Die Ausländerproblematik i n der Bundesrepublik

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§ 2 Die Bundesrepublik als Einwanderungsland Angesichts dieser Entwicklung w i r d die Bundesrepublik Deutschland zunehmend als ein „Einwanderungsland" bezeichnet 17 . 1. Der Begriff

„Einwanderungsland"

U m Mißverständnissen vorzubeugen, bedarf der Begriff des Einwanderungslandes einer Präzisierung. Unter einem Einwanderungsland i m Sinne des Staatsangehörigenrechts versteht man ein Land, dessen Polit i k darauf gerichtet ist, durch gezielte Einbürgerung von Ausländern das Staatsvolk zu vergrößern. Äußere Anzeichen hierfür sind festgelegte Einwanderungskontingente sowie eine Auswahl unter den Einwanderungswilligen. I n diesem Sinne ist die Bundesrepublik kein Einwanderungsland; insoweit entspricht auch die Maxime der Einbürgerungsrichtlinien („Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland") der Wirklichkeit 1 8 .

16

Die E n t w i c k l u n g des Ausländeranteils i n der Bundesrepublik v e r d e u t licht die folgende Tabelle: Jahr

Gesamt (Tsd.)

v. H. der Wohnbevölkerung

sozialversicherungspflichtige Beschäftigte (Tsd.)

1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980

1924,2 2381,1 2976,5 3438,7 3526,6 3966,2 4127,4 4089,6 3948,3 3948,3 3981,1 4143,8 4453,0

3,2 3,9 4,9 5,6 5,7 6,4 6,7 6,6 6,4 6,4 6,5 6,6 6,7

1089,8 1501,4 1948,9 2240,7 2352,3 2595,0 2286,6 2038,7 1920,8 1869,4 1864,1 1933,7 2071,7

Quelle: statistisches Bundesamt in Statistisches Jahrbuch 1981, S. 66, 105. 17 Kanein § 2 A n m . 2; Kues, DemoGde 1980, 594; Rolvering, S. 98; KevenHörster, Partizipation, S.335; Rittstieg, N J W 1972, 2155; ders., Wahlrecht, S.8; Zuleeg, DVB1. 1974, 347; ders., J Z 1980, 425; ders., JuS 1980, 621; Franz, l i b e r a l 1980, 100 ff.; ders., M i t b e s t i m m u n g , S. 67; Schönherr, KomPolBl. 1973, 159; Tomuschat, N J W 1980, 1074; Sasse ! Kempen, S. 26; Henkel, S. 99; v o n einem „faktischen Einwanderungsland" sprechen ausdrücklich: Kühn, Memorandum, S.3; Albrecht, Sitzungsbericht L , S. 15; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 25; a. Α . : Stellungnahme der Bund-Länder-Kommission 1977 u n t e r P u n k t B l ; Einbürgerungsrichtlinien 1978, abgedruckt Gmbl. 1978, S. 16, u n t e r P u n k t 2.3. 18 Vgl. dazu Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 28; Schwerdtfeger, Diskussionsbeitrag z u m 53. D J T , Sitzungsbericht L , S. 104.

§ 2 Die Bundesrepublik als Einwanderungsland

23

Daneben kann der Begriff Einwanderungsland aber auch i n einem aufenthaltsrechtlichen Sinne verstanden werden, der den Zielort einer Niederlassung für längere Zeit ohne den Verzicht auf eine spätere Rückkehr beschreibt. Diese Auslegung hat sich das Bundesverwaltungsgericht zu eigen gemacht, das nach ständiger Rechtsprechung unter einer Einwanderung den Zuzug von Staatsfremden zum Zwecke der Niederlassung für eine gewisse Dauer versteht 19 . Für nicht erforderlich hält das Gericht, daß der Einwanderer beabsichtigt, für immer i m Ausland zu bleiben. Ungeachtet seiner Hoffnung oder Absicht, später wieder i n das Herkunftsland zurückkehren zu können, w i r d alleine darauf abgestellt, daß die Niederlassung i m fremden Staat für eine längere Zeit erfolgt 2 0 oder, wie es an anderer Stelle heißt, eine gewisse Dauerhaftigkeit hat 2 1 . Nach dieser Definition des Bundesverwaltungsgerichts w i r d man zumindest die Ausländer, die sich seit mehreren Jahren i n der Bundesrepublik aufhalten und keine konkreten Rückkehrabsichten haben, als Einwanderer bezeichnen müssen 22 . Von vielen w i r d der Begriff Einwanderungsland allerdings weniger als Rechtsbegriff benutzt, sondern vielmehr zur Beschreibung eines i n den vergangenen Jahren faktisch eingetretenen Zustandes. Die Bundesrepublik ist daher als „faktisches Einwanderungsland" bezeichnet worden 23 . 2. Rechtliche Stellung der eingewanderten Ausländer

Die Entwicklung vom ausländischen Arbeitnehmer auf Zeit zum Einwanderer spiegelt sich i n der Rechtsentwicklung des letzten Jahrzehnts wieder, i n der ihre Rechtsposition i m zunehmenden Maße der der Deutschen angenähert wurde. a) Aufenthaltsrecht A u f dem Gebiet des Aufenthaltsrechts, das den einzelnen Ausländer am unmittelbarsten betrifft, sind bereits durch den EG-Vertrag 2 4 sowie entsprechende Abkommen m i t den Entsendeländern 25 wichtige Mark19

B V e r w G E 36, 45, 51 f.; E 38, 90, 92. B V e r w G E 38, 90, 92; zustimmend Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 22. 21 B V e r w G E 36, 45, 51 f.; Soder, S. 3 f.; Bleckmann, Völkerrecht, S. 346. 22 So Zuleeg, J Z 1980, 425. 23 So vornehmlich auf dem 53. D J T ; vgl. Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 25; Albrecht, Sitzungsbericht L , S. 15; sowie die Diskussionsbeiträge von Nordmann, Sitzungsbericht L , S. 51 ; Hahnzog, Sitzungsbericht L , S. 53 u n d Müller, Sitzungsbericht L , S. 56. 24 Grundlegend sind die A r t . 3c, 48, 52, 59 EG-Vertrag, vgl. dazu E u G H i n N J W 1981, 507; siehe auch oben Fn. 13. 25 Vgl. beispielsweise den deutsch-spanischen Niederlassungsvertrag (BGBl. I I , 1972, S. 1041); deutsch-griechischer Niederlassungsvertrag (BGBl. 20

24

1. Teil: Die Ausländerproblematik i n der Bundesrepublik

steine gesetzt worden. Da nach der Neufassung der Richtlinie zum Ausländergesetz vom 7. J u l i 197828 eine Aufenthaltsberechtigung bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen „ i n der Regel" erteilt werden soll, ist eine Ausweisung der seit längerer Zeit i n der Bundesrepublik lebenden Ausländer nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 AuslG möglich. Die aufenthaltsrechtliche Position des Ausländers w i r d entscheidend von der Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes i n der Bundesrepublik bestimmt. I m Gegensatz zu der oben zitierten Rechtsprechung w i r k t sich ein längerer Aufenthalt i m Bundesgebiet heute nicht mehr rechtsgefährdend aus, sondern festigt vielmehr die Rechtsposition des Ausländers. Nach einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 27 können Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht mehr ohne gewichtige Gründe, insbesondere nicht m i t dem Hinweis darauf, daß die Bundesrepublik kein Einwanderungsland sei, abgelehnt werden 28 , wenn die Aufenthaltserlaubnis zuvor wiederholt routinemäßig und ohne Einschränkung erteilt worden ist und der Ausländer auf die Zulassung seines weiteren Aufenthaltes i m Bundesgebiet vertrauen durfte. A u f diese Weise leistet der Grundsatz des Vertrauensschutzes einen bedeutenden Beitrag zur Absicherung des aufenthaltsrechtlichen Status der Ausländer 29 . Dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit haben die Ausländerbehörden dadurch Rechnung zu tragen, daß sie bei einer Ausweisung oder NichtVerlängerung der Aufenthaltserlaubnis berücksichtigen müssen, daß bei einem längeren Aufenthalt i n der Bundesrepublik eine wirtschaftliche und soziale Integration stattfindet, die eine Rückkehr i n das Herkunftsland erschwert 30 . Die ausländerrechtliche Maßnahme muß damit i m Zusammenhang m i t einer bereits vollzogenen Integration i n die deutsche Gesellschaft gesehen werden, denn je länger sich ein Ausländer i n Deutschland aufgehalten und dadurch den Kontakt zu seinem Herkunftsland verloren hat, u m so mehr ist er darauf angewiesen, seine Persönlichkeit gerade i n Deutschland zu entfalten. Auch aus diesem Grunde müssen m i t zunehmender Aufenthaltsdauer die Gründe, die eine Ausweisung rechtfertigen können, an Gewicht zunehmen. Schwerdtfeger 31 führt diesen letztlich auf A r t . 2 Abs. 1 GG beruhenden Gedanken dahingehend weiter, daß der Ausländer nach einem I I , 1962, S. 1505); deutsch-italienischer Freundschafts-, Handels- u n d Schifffahrtsvertrag. 26 BGBl. I, 1978, S. 368; abgedruckt bei Kanein, Ausländergesetz. 27 BVerfGE 49, 168, 185 ff.; vgl. auch O V G MS i n N J W 1979, 508. 28 Vgl. B V e r w G i n DVB1. 1980, 750 ff. 29 Vgl. dazu auch Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 29. 80 B V e r w G E 59, 104, 109. 81 Gutachten A, S. 32.

§ 2 Die Bundesrepublik als Einwanderungsland

25

rechtmäßigen Aufenthalt von 15 Jahren oder als K i n d zweiter oder dritter Generation eine materielle Verfassungsposition erreicht hat, welche auch i m Bereich der „Deutschen-Grundrechte" der Grundrechtsposition eines deutschen Staatsbürgers entspricht oder doch sehr nahe kommt und damit eine Ausweisung i n den meisten Fällen ausschließt 32 . Nach Auffassung der Rechtsprechung kann sich ein Aufenthaltsrecht für Ausländer schließlich als Reflex aus der Regelung des A r t . 6 ergeben 33 . Nach nunmehr gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist nicht nur i n den Fällen, i n denen ein oder mehrere Familienmitglieder Deutsche sind 34 , sondern unter gewissen Umständen auch i n rein ausländischen Familien 3 5 der grundgesetzlich garantierte Schutz von Ehe und Familie zu beachten, der i n vielen Fällen höher einzustufen ist als das staatliche Interesse an einer Ausweisung. Wenn auch der 53. DJT zu Recht gefordert hat, die Maßstäbe für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sowie für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung durch Parlamentsgesetz festzulegen, um das Ermessen der Verwaltung zu begrenzen 36 , so bleibt gleichwohl schon jetzt festzuhalten, daß der aufenthaltsrechtliche Status der Ausländer i n den vergangenen Jahren zunehmend sicherer geworden ist und der sich abzeichnende Daueraufenthalt eines bedeutenden Teiles der ausländischen Bevölkerung damit durch das geltende Recht gestützt wird 3 7 . b) Arbeits- und Sozialrecht Hinsichtlich des Arbeits- und Sozialrechts ist die rechtliche Gleichstellung zwischen deutschen und ausländischen Arbeitnehmern, die eine Arbeitserlaubnis besitzen 38 , praktisch erreicht worden 3 9 . So räumt etwa 32 I m Ergebnis ebenso Bleckmann, DVB1. 1980, 695; a. A . Emmerig, S i t zungsbericht L, S. 32, der sich gegen jede A u t o m a t i k wendet, nach der Ausländer, die sich eine bestimmte Zeit i n der Bundesrepublik rechtmäßig aufhalten, allein dadurch den Deutschen verfassungsrechtlich gleichgestellt werden. 33 B V e r w G i n N J W 1980, 2658 u n d N J W 1981, 1171, 1172; vgl. auch Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 33; Huber, B., N J W 1981, 1869. 34 BVerfGE 49, 168, 185 f.; B V e r w G E 56, 246, 250 ff.; E 51, 386, 396 ff.; B V e r w G i n DVB1. 1980, 750 ff.; vgl. auch Rittstieg, Wahlrecht, S. 8. 35 B V e r w G i n DVB1. 1980, 752 ff. 36 Siehe Beschlüsse des 53. DJT, Ziff. 1 Sitzungsbericht L , S. 287. 37 I m Ergebnis so auch Bleckmann, DVB1. 1980, 695; Rittstieg, Wahlrecht, S. 7; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 27; auf verbleibende Schwachstellen weist Zuleeg, JZ 1980, 427 f., hin. 38 EG-Angehörige bedürfen nach A r t . 1—6 EGVO Nr. 1612/68 v o m 15.10. 1968 (ABl. Nr. 295/12) keiner besonderen Arbeitserlaubnis zur Arbeitsaufnahme. 39 So Zapf, S. 196; Knemeyer, S. 126; Franz, Aufenthaltsrechtliche Stellung, S. 39; L e i t l i n i e n der Landesregierung N W S. 42; zu der arbeits- u n d sozialrechtlichen Situation der türkischen Arbeitnehmer, vgl. önen, passim.

26

1. Teil: Die Ausländerproblematik i n der Bundesrepublik

das BetrVG von 1972 ebenso wie das Bundespersonalvertretungsgesetz von 1973 und die entsprechenden Landespersonalvertretungsgesetze 40 den Ausländern das aktive wie passive Wahlrecht zu den Betriebs- und Personalräten ein. Zu den Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherung haben sie das aktive Wahlrecht 41 . Schwierigkeiten können sich für Arbeitnehmer, die nicht aus Mitgliedsländern der EG stammen, daraus ergeben, daß sie einer Arbeitserlaubnis bedürfen 42 . Die vor dem Anwerbestopp i m Jahre 1973 eingereisten Ausländer erfüllen zum überwiegenden Teil bereits die Voraussetzungen für die Erteilung der „besonderen Arbeitserlaubnis" (fünfjährige ununterbrochene unselbständige Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik), aufgrund derer sie den deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt sind. Die neuere Rechtsprechung w i r k t zudem darauf hin, daß auch eine selbständige Tätigkeit zumindest den Ausländern gestattet wird, die schon länger i n der Bundesrepublik leben und sich den hiesigen Verhältnissen angepaßt haben 43 . c) Konsequenzen Trotz der aufgezeigten Entwicklung erscheint die Bezeichnung der Bundesrepublik als Einwanderungsland nicht unproblematisch, da dadurch insbesondere i m Ausland dem fatalen Eindruck Vorschub geleistet werden könnte, daß eine Einwanderung i n die Bundesrepublik Deutschland politisch erwünscht sei. Der Begriff des Einwanderungslandes ist jedoch — wenn auch die Bundesrepublik auf den ersten Blick m i t den klassischen Einwanderungsländern wie Kanada, den Vereinigten Staaten von Amerika oder Australien wenig gemein hat — gleichw o h l geeignet, den bis heute noch nicht abgeschlossenen Vorgang einer europäischen Binnenwanderung der letzten Jahre zu bezeichnen 44 . Jedenfalls w i r d diese Bezeichnung den gegenwärtigen Verhältnissen weit eher gerecht, als hielte man an dem m i t dem traditionellen Fremdenbegriff gekoppelten Begriff des „Gastlandes" fest 45 , wonach sich 40 § 14 Abs. 1 hamb. L P V G ; § 10 Abs. 1 hess. L P V G ; § 10 Abs. 1 nds. L P V G ; § 10 Abs. 1 rh-pf. L P V G ; § 8 Abs. 1 schl-hol. L P V G ; §§ 10, 11 L P V G NW. 41 Lamers, S. 90 f. 42 §§ 19 A F G (BGBl. 1979, I , 1189); 1, 2 A E V O (BGBl. 1978, I, S. 1531). 43 B V e r w G E 56, 254, 268; B V e r w G i n D Ö V 1979, 374. 44 Hierbei handelt es sich zudem nicht u m einen historisch einmaligen Vorgang. So ist etwa die Aufnahme der Hugenotten durch Friedrich W. I aufgrund des Edikts von Potsdam v o m 29.10.1685 zu nennen, die dazu führte, daß fast jeder vierte Berliner Einwohner i n dieser Zeit Hugenotte w a r (Grawert, S. 66). Z u erwähnen ist auch die Zuwanderung zahlreicher Polen i n das Ruhrgebiet zu Beginn dieses Jahrhunderts (vgl. Tomuschat, Pol. Rechte, S. 80) sowie die Aussiedler, die derzeit aus Osteuropa i n die Bundesrepublik kommen. Hierbei handelt es sich u m frühere Formen einer europäischen Binnenwanderung, i n deren Verlaufe die Zuwanderer i m übrigen stets nach u n d nach alle Bürgerrechte erhielten (vgl. Körte, S. 23). 45 So aber etwa Doehring, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 32 (1973), S. 136.

§ 2 Die Bundesrepublik als Einwanderungsland

27

der Ausländer zumeist anläßlich einer Reise oder aus anderen Gründen nur kurzfristig und vereinzelt als Gast i m Ausland aufhält 4 6 . Es soll allerdings auch nicht verschwiegen werden, daß sich hinter der Diskussion um den Begriff des Einwanderungslandes die Frage nach den weiteren politischen Handlungsmaximen verbirgt. Eine Ausländerpolitik, die die Bundesrepublik nicht als Einwanderungsland sieht, muß davon ausgehen, daß die Ausländer irgendwann in ihr Herkunftsland zurückkehren. Für ihren Aufenthalt i m Bundesgebiet wäre daher nur ein angemessener Gaststatus erforderlich. Geht man allerdings davon aus, daß ein beträchtlicher Teil der Ausländer auf Dauer i n der Bundesrepublik bleiben w i r d und sieht man die Bundesrepublik daher als Einwanderungsland, so müssen Maßnahmen für eine Integration dieser Einwanderer i n die Gesellschaft der Bundesrepublik getroffen werden 47 . Die gegenwärtige offizielle Ausländerpolitik der Bundesregierung ist i m Umbruch begriffen 48 . Unter dem Eindruck des Kühn-Memorandums, i n dem die Bundesrepublik i m übrigen erstmals auch von offizieller Seite als Einwanderungsland bezeichnet worden ist, gab die Bundesregierung ihre bisher strikt ablehnende Haltung auf und formulierte i n ihren Beschlüssen zur Weiterentwicklung der Ausländerpolitik vom 19. März 1980 nunmehr: „Ob der Aufenthalt i n der Bundesrepublik und die Integration i n unser gesellschaftliches Leben i m Einzelfall i n die Einwanderung münden, muß der Ausländer selbst entscheiden. Die Ausländerpolitik sollte lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Entschluß erleichtern, nicht jedoch ein solches Ziel vorgeben" 49 . Notwendig w i r d damit die Erstellung von Konzepten zur Integration 5 0 dieser Einwanderer, die nicht nur Lösungsansätze für die brennenden sozialen und kulturellen Probleme der Ausländer enthalten, sondern auch den Weg zu einer Rechtsangleichung weisen sollten, wonach sich die Einwanderer vom Status des Ausländers h i n auf den Status eines deutschen Staatsbürgers bewegen können, denn das überaus schwierige Unterfangen einer gesellschaftlichen Integration kann nur bei einer vollen rechtlichen Gleichstellung gelingen. 46 So etwa Kewenig, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 32 (1973), 107; Böckenförde, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 32 (1973), 134. 47 Vgl. hierzu Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 23; ders., Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 104. 48 Zuleeg, JuS 1980, 621. Die Notwendigkeit einer Novellierung des A u s länderrechts betont auch Baum, Z A R 1981, 7. 49 Beschlüsse der Bundesregierung, S. 4. 50 Der Begriff der Integration ist ebenfalls stark umstritten, w i e die Diskussionen auf dem 53. D J T (Sitzungsbericht L, S. 58 ff.) u n d auf der Tagung des DST 1980 i n Bochum (Ausi. Mitbürger, S. 237 ff.) zeigen.

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1. Teil: Die Ausländerproblematik i n der Bundesrepublik

Als eine „unabdingbare Voraussetzung" 51 hierfür sehen zahlreiche Ausländer und eine wachsende Zahl von Deutschen die Möglichkeit einer Teilnahme der Ausländer am demokratischen Willensbildungsprozeß an, denn fehlende politische Partizipationsmöglichkeiten schließen die Verwirklichung einer rechtlichen Gleichstellung aus und erschweren die soziokulturelle Integration 5 2 .

51 52

v. Löhneysen, Kevenhörster,

D Ö V 1981, 331. Partizipation, S. 303; Vink,

Informationsdienst 1/81, 92.

Zweiter

Teil

Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer unter der gegenwärtigen Gesetzeslage § 3 Nicht-Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten Eine M i t w i r k u n g der Ausländer am Prozeß der politischen Willensbildung i m vorstaatlichen Raum ist i n vielfacher Weise möglich. Die Berechtigung der Ausländer, i n informeller Form an der Staatswillensbildung durch politische Meinungsäußerung teilzunehmen, w i r d heute ernsthaft nicht mehr i n Frage gestellt 1 , so daß ein Aufriß der wichtigsten Grundlagen hier ausreichen mag. Die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit steht den Ausländern grundsätzlich i n gleicher Weise wie den deutschen Staatsbürgern zu, da A r t . 5 Abs. 1 GG als Menschenrecht ausgestaltet ist 2 . Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 8 und 9 GG) garantiert die Verfassung zwar ausdrücklich nur den deutschen Staatsbürgern, doch genießen die Ausländer einen grundrechtlichen Schutz über A r t . 2 Abs. 1 GG und A r t . 3 GG 3 . Auch unterscheidet das Versammlungsgesetz dementsprechend nicht zwischen Ausländern und Deutschen (§ 1 VersammG), während das Vereinsgesetz Ausländervereine zwar zuläßt, jedoch erweiterte Eingriffsnormen enthält (§14 f.). Während auf dem Gebiet der öffentlichen Meinungsbildung die Ausländer den Inländern weitgehend gleichgestellt sind, bleibt ihnen eine unmittelbare Einflußnahme auf die Staatswillensbildung durch eine Teilnahme an politischen Wahlen versagt, da die Wahlgesetze des Bundes (§ 12 Abs. 1 BWahlG) und der Länder 4 das aktive und passive Wahlrecht auf deutsche Staatsbürger beschränken. Auch i n allen deutschen Kommunalwahlgesetzen sind die Ausländer von der Teilnahme an den Kommunalwahlen ausgeschlossen5. 1 Vgl. dazu i m einzelnen u. a. Dolde, Ausländer, passim; Heuer, passim; Klinkhardt, DVB1. 1965, 467 ff.; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 116 ff. 2 Heute ganz h. M.: Herzog i n M / D / H / S , A r t . 5 A n m . 16, 143; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 16 A n m . 31; v. Mangoldt / Klein, A r t . 5 A n m . I I 5; Zuleeg, DÖV 1973, 369; Dolde, Ausländer, S. 92 ff.; a. A. früher Tomuschat, Politische Betätigung, S. 57 ff., der die Teilnahme der Ausländer an der Willensbildung ausklammern w i l l . 3 Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 119 f. 4 F ü r N W vgl. § 1 Ziff. 1 L W a h l G NW.

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2. Teil: Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer

Unerwähnt bleiben darf allerdings nicht, daß es auf kommunaler Ebene zahlreiche Partizipationsmöglichkeiten wie „Bürgerantrag", „Bürgerversammlungen"® oder Eingaben an die Gemeindevertretung gibt, die den ausländischen Einwohnern in gleicher Weise wie den deutschen Bürgern offenstehen. Da nach Art. 28 Abs. 1 GG auch auf kommunaler Ebene das Prinzip der repräsentativen Demokratie nicht i n Frage gestellt werden darf, können diese Mitwirkungsmöglichkeiten lediglich Informations- und Anhörungsrechte enthalten 7 . Bei den plebizitären Entscheidungen, die verschiedene deutsche Gemeindeordnungen als Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid kennen 8 , sind die Ausländer aufgrund ihrer fehlenden Wahlberechtigung bei den Kommunalwahlen wiederum ausgeschlossen. § 4 Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten Um den i n Deutschland auf Dauer lebenden Ausländern gleichwohl eine institutionalisierte Form der M i t w i r k u n g an politischen Entscheidungen einzuräumen, werden unterschiedliche Partizipationsmöglichkeiten auf einer Ebene unterhalb des Wahlrechts erörtert. Eine angemessene Form der Ausländermitwirkung sehen viele i n der Bildung beratender Gremien unter Beteiligung der Ausländer auf den verschiedensten staatlichen Ebenen 9 . 1. Kommunale Koordinierungskreise

Dementsprechend sind i n vielen Städten und Gemeinden sogenannte „Koordinierungskreise für Ausländerfragen" entstanden, unter denen ständige Gesprächskreise zu verstehen sind, i n denen m i t Ausländer5 §§ 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 28 Abs. 1 bad-württ. GO; A r t . 1 Abs. 1, A r t . 16 bay. GWG; §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1, 42 brem. W a h l G ; §§ 1, 6 Abs. 1 des Gesetzes über die W a h l zu den Bezirks Versammlungen in Hamburg; §§ 30 Abs. 1 lit. a., 32 Abs. 1 hess. GO; §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 Ziff. 3 nds. GO; §§ 7, 12 Abs. 1 K W a h l G N W ; §§ 1, 5 Abs. 1 rh-pf. K W a h l G ; §§ 12 Abs. 1, 16 Abs. 1 saarl. K W a h l G ; §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 schl-hol. G K W G . 6 Der Begriff des „Bürgers" w i r d hier v o m Gesetzgeber unscharf und nicht als Rechtsbegriff benutzt. Da die genannten Mitwirkungsrechte auch Nicht-Bürgern zustehen, wäre es richtiger von „Einwohnerversammlung" oder „Einwohnerantrag" zu sprechen. Z u r Unterscheidung zwischen „ E i n wohner" u n d „Bürger" vgl. etwa § 6 GO NW. 7 Typisch insoweit etwa § 2a BBauG; vgl. auch Maurer, § 23 Rdnr. 11. 8 Vgl. §§ 20b, 21 b a d - w ü r t t . GO; § 8b nw. GO; §§ 22a nds. GO; § 17 rh-pf. GO; § 20a saarl. KSVG. 9 Thesen des Arbeitskreises I V des Deutschen Städtetages i n „Ausländische Mitbürger", S. 200; Zapf, S. 209; L e i t l i n i e n der Landesregierung NW, S. 18; Schickedanz, GdeTg 1974, 333; Rehn, S.41; Bähr, S.216; Beschlüsse des 53. DJT, Ziff. 7, Sitzungsbericht L , S. 289; Emmerig, Sitzungsbericht L, S. 41.

§ 4 Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten

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fragen befaßte Stellen und Organisationen (Verwaltung, Verbände der freien Wohlfahrtspflege, Kirchen, Tarifvertragsparteien) m i t örtlichen Ausländergruppen zusammenkommen 10 . Diese Koordinierungskreise dienen i n erster Linie der Abstimmung der Betreuungsmaßnahmen für ausländische Arbeitnehmer auf lokaler Ebene sowie der notwendigen gegenseitigen Information. Da ihre Betreuung und Organisation durch die Gemeindeverwaltungen den einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung zugerechnet werden, stehen sie unter der Leitung des Hauptverwaltungsbeamten, so daß i n der Regel dieser oder ein leitender Mitarbeiter der Kommunalverwaltung die Geschäfte des Koordinierungskreises führt. Wer zu den Besprechungen des Kreises entsandt wird, bleibt den beteiligten Organisationen überlassen 11 . Die Bezeichnung „Koordinierungskreis" weist bereits deutlich auf Vorteile und Schwächen dieser Einrichtung hin. Zwar vermögen die Koordinierungskreise bei der gegenseitigen Information, der Diskussion aktueller Probleme und der Abstimmung von Betreuungsaktivitäten gute Dienste zu leisten, doch mangelt es ihnen aufgrund einer fehlenden institutionellen Verankerung an einer eigenen Sachkompetenz zur Entscheidung und Durchsetzung eigener Initiativen 1 2 . Somit hängt die Effizienz der Arbeit der Koordinierungskreise, die allzuoft bereits durch eine große Anzahl und heterogene Zusammensetzung der Mitglieder beeinträchtigt w i r d 1 3 , sowohl entscheidend von der Fähigkeit der Mitglieder, sich zu einigen und i m politischen Raum Gehör zu verschaffen, als auch von der Bereitschaft der jeweiligen Entscheidungsgremien ab, auf die Anregungen des Koordinierungskreises einzugehen 14 . 2. Kommunale Ausländerbeiräte

Die Bestrebungen gehen heute allgemein dahin, i n den Kreisen und Gemeinden „Ausländerbeiräte" einzurichten 15 . Diesen Ausländerbeiräten gehört ein fester Kreis von Persönlichkeiten an, der aufgrund seiner besonderen Sachkunde i n Ausländerfragen die Kommunalverwaltung beraten soll. Die Mitglieder der Beiräte werden ebenfalls von 10

Z u r Entstehung der Koordinierungskreise vgl. i m einzelnen KevenHörster, Partizipation, S. 317 ff. 11 Weitere Einzelheiten s. bei Lamers, S. 74 f.; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 112 f.; Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 13 ff. 12 Henkel, S. 96; Kevenhörster, Partizipation, S. 321. 18 Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 17; ders., Partizipation, S. 321. 14 Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 113; Zapf, S. 208. 15 Empfehlung der Landesregierung N W i n L e i t l i n i e n der Landesregierung N W ; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 113.

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2. Teil: Partizipationsmöglichkeiten f ü r Ausländer

den beteiligten Organisationen und Stellen (einschließlich der Ausländer) i n den Beirat entsandt 18 . Haben die Ausländerbeiräte aufgrund ihres weitreichenden Beratungsauftrages und der festen Mitgliedschaft schon eine Aufwertung gegenüber den Koordinierungskreisen erfahren, so könnte eine weitere Verfestigung der Mitwirkungsrechte der Ausländer durch die Errichtung von Ratsausschüssen für Ausländerfragen erreicht werden. Hierbei handelt es sich u m ein von der Gemeindevertretung selbst gebildetes Gremium, dessen Aufgabe darin besteht, die Gemeindevertretung bei der Entscheidung der Fragen zu beraten, die die Ausländer betreffen 17 . 3. Ausländerparlamente

I n verschiedenen Gemeinden 18 sind sogenannte „Ausländerparlamente" gebildet worden, u m zumindest auf Gemeindeebene ein Repräsentationsorgan für die ausländischen Einwohner zu schaffen. Den Ausländerparlamenten kann i n der Gemeindeorganisation eine Stellung eingeräumt werden, die der der kommunalen Ausschüsse nahe kommt. Z u ihren Aufgaben zählt insbesondere die Stellungnahme zu den i m Rat und den Ausschüssen behandelten Fragen, sofern sie die Ausländer betreffen. I h r Mitwirkungsrecht ist teilweise i n der Hauptsatzung verbindlich festgelegt worden 1 9 . Während die Ausländerparlamente nach einer Auffassung 20 i n Gemeinden m i t starkem ausländischem Bevölkerungsanteil als ein gangbarer Weg zur Verringerung des Integrationsdefizites angesehen werden, äußern andere 21 sich eher skeptisch. I n 16

Vgl. auch den Beitrag „Ausländerbeiräte, Theorie, Praxis u n d politische Problematik" i n Loccumer Protokolle 14/79, S. 61 ff., i n dem Mitglieder der Ausländerbeiräte ihre Erfahrungen aufzeigen; sowie die Berichte von Fischer-Brühl u n d Kluttig i n Informationsdienst 1981, 80 ff., über die A r b e i t der Ausländerbeiräte i n den Städten Nürnberg u n d Waiblingen. Näheren Aufschluß über Aufgabenstellung u n d Zusammensetzung der Ausländerbeiräte ergeben sich aus den Richtlinien, die die jeweiligen Stadträte zur B i l d u n g der Beiräte beschließen. Die entsprechenden Richtlinien der Städte Gelsenkirchen, H a m m u n d Hannover (einschließlich der Richtlinien über die Benennung der ausländischen Vertreter) sind als Anlage beigefügt. 17 Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 113. 18 ζ. B. Troisdorf, Offenbach, Wolfsburg, Wiesloch, Walldorf, Mosbach. 19 „Die Ausschüsse des Stadtrates sind verpflichtet, bei der Behandlung von Ausländerfragen eine gewählte, v o m Stadtrat anerkannte Vertretung der Ausländer i n der Stadt Troisdorf zu hören". — Aus der Hauptsatzung der Stadt Troisdorf zitiert nach Gerhardus / Dederichs i n Z P a r l 5/1974, S. 33 ff. (37 ff.); ebenso Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 19; weitere Einzelheiten zu dem Experiment der Ausländerparlamente s. bei Dederichs, Städte- u n d Gemeinderat, 1975, 332. 20 Zapf, S. 209; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 282; Kehn, S. 41. 21 Knemeyer, S. 138; Henkel, S. 111; Sasse I Kempen, S. 4 f.; v. Münch, DVB1. 1980, 44; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 112; Lamers, S. 73; Franz, Deutsch lernen 4/79, S. 64; Kevenhörster, Partizipation, S. 328 f.; Rittstieg, Wahlrecht, S. 18.

§ 4 Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten

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einigen Fällen kam es nicht zu der erwünschten reibungslosen Zusammenarbeit zwischen dem Ausländerparlament und anderen Gemeindeorganen 22 . U m dem vorzubeugen, hatte etwa die Stadt Troisdorf durch eine Änderung ihrer Hauptsatzung dem Ausländerrat das Recht eingeräumt, zu den Fragen Stellung zu nehmen, die die ausländische Bevölkerung betreffen. Obwohl von diesem „Anhörungsrecht" mehrmals Gebrauch gemacht wurde, stellte das Ausländerparlament Troisdorf nach etwas mehr als 2 Jahren seine Tätigkeit wieder ein. Unter anderem hatte sich gezeigt, daß viele Anliegen der Ausländer vor allem i m sozialen Bereich, auch durch einen unmittelbaren Kontakt m i t der Stadtverwaltung erledigt werden konnten 23 . Schwerdtfeger 24 führt das Scheitern des Troisdorfer Ausländerparlaments m i t darauf zurück, daß die greifbaren Erfolge i n keinem angemessenem Verhältnis zum organisatorischen Aufwand und der Erwartungshaltung stand, die durch das Wahlverfahren bei den Ausländern geweckt wurde 2 5 . Ein ungelöstes Problem blieb auch der Kontakt zwischen den gewählten Ausländervertretern und ihren Wählern, da es an einem ausreichenden Informationsfluß fehlte. Insbesondere konnten auch Querverbindungen und Querinformationen zwischen Ausländern verschiedener Nationalitäten kaum hergestellt werden 26 . 4. Mitgliedschaft in Ratsausschüssen

Neben der Einrichtung eines speziell für Ausländerfragen zuständigen Gremiums geht ein anderer Ansatz dahin, Ausländer als Mitglieder i n die Ausschüsse der Gemeinden zuzuwählen. Die M i t w i r k u n g von Ausländern i n den beratenden kommunalen Ausschüssen ermöglichen heute schon die Gemeindeordnungen der Länder Baden-Württembergs 27 und Niedersachsens 28 dadurch, daß dort jeder „Einwohner" (Ba-Wü.) bzw. jede „andere Person" (Nds.) Ausschußmitglied sein kann, wobei allerdings darauf hingewiesen werden muß, daß dort nur die Ratsmitglieder i n den beschließenden Ausschüssen Stimmrecht haben 29 . 22

Lamers, S. 73. I n der schleswig-holsteinischen Gemeinde Glinde mußte eine N e u w a h l f ü r das Ausländerparlament abgesagt werden, da sich f ü r 9 Sitze n u r 4 Bewerber fanden. Zit. nach Bergedorfer Zeitung v o m 28,10.1978 Nr. 252, S. 21; w o die Wahlen zu den Ausländerparlamenten stattfanden, blieb die W a h l beteiligung i m allgemeinen sehr gering. Vgl. Kues, DemoGde 1980, 595 f.; Kevenhörster, Partizipation, S. 322. 24 Gutachten A , S. 112. 25 Ebenso Kevenhörster, Partizipation, S. 327. 26 Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 20 f. 27 §§ 40 Abs. 1 Satz 4, 41 Abs. 1 Satz 3 GO; §§ 35 Abs. 1 Satz 4; 36 Abs. 1 Satz 3 LO. 28 § 51 Abs. 7 GO u n d § 44 Abs. 4 LO. 29 § 51 Abs. 7 Satz 3 nds. GO; b a d - w ü r t t . GO. 23

3 Breer

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2. Teil: Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer

Bei einem solchen Modell eröffnen sich auch für diejenigen, die den Ausländern aus verfassungsrechtlichen Bedenken grundsätzlich keine Mitentscheidungsrechte einräumen wollen noch Partizipationsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene. Die Ausschüsse auf Gemeinde- und Kreisebene haben nur dann Entscheidungsbefugnisse, wenn dieses durch Gesetz geregelt ist 3 0 . I n diesen Fällen bleibt eine Mitarbeit der Ausländer i n den Ausschüssen möglich, wenn die Stimmberechtigung wie i n Niedersachsen und Baden-Württemberg auf die Ratsmitglieder beschränkt wird. Durch ihre Mitarbeit könnten die Ausländer zwar ihren Einfluß auf die Willensbildung des Ausschusses geltend machen, die Entscheidungsbefugnis verbleibt jedoch allein bei den (deutschen) Ratsherren. Die Verwirklichung dieser Idee setzt i n den meisten Bundesländern allerdings eine entsprechende Änderung i n den Kreis- und Gemeindeordnungen voraus, da nach dem geltenden Recht außer i n Niedersachsen und Baden-Württemberg nur „sachkundige Bürger" M i t glieder i n den Ausschüssen sein können 31 . Unberührt von diesen Überlegungen bleibt die heute schon bestehende und häufig genutzte 32 Möglichkeit der Ausschüsse wie der Gemeindeund Kreisvertretungen, Sachverständige zur Beratung einzelner Angelegenheiten ohne Stimmrecht heranzuziehen 33 . Ferner steht es den Kommunen auch frei, sich durch eine satzungs- oder geschäftsordnungsmäßige Selbstbindung der Auswahl dieser Sachverständigen durch andere dazu autorisierte Instanzen — etwa den schon genannten Koordinierungskreisen oder Ausländerbeiräten — zu unterwerfen 3 4 . 5. Sonderstatus für ausländische Ratsmitglieder

I n diesem Zusammenhang bedarf der Vorschlag v. Münchs 35 der Erwähnung, der, um einerseits den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Ausländerwahlrecht und andererseits der politischen Forderung nach einer Beteiligung der Ausländer gerecht zu werden, anregt, zwar die Wahl von Ausländern durch Ausländer i n die Vertretungskörperschaften zuzulassen, ihnen dort aber kein Stimmrecht einzuräumen. 30 I n N W haben der H a u p t - u n d Finanzausschuß sowie der Ausschuß f ü r Angelegenheiten der zivilen Verteidigung gem. §§ 41, 41a der GO eigene Entscheidungsbefugnisse. 31 § 42 Abs. 3 nw. GO; § 72 Abs. 2 hess. GO; § 44 Abs. 1 rh-pf. GO; § 50 Abs. 1 saarl. K S V G ; § 46 Abs. 3 schl-hol. GO. 32 Fischer, KomPolBl. 1971, 980; Schickedanz, GdeTg 1974, 597. 33 Wolff / Bachof I I § 87 I d; L e i t l i n i e n der Landesregierung N W i n M A G S , S. 43. — Nach § 28 des hamb. BezirksVG k a n n jede F r a k t i o n pro Ausschuß einen Ausländer benennen, der m i t beratender Stimme an den Sitzungen des Ausschusses teilnehmen kann. 34 So Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 283. 35 DVB1. 1980, 43 ff.

§ 4 Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten

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v. Münch zeigt damit eine Lösungsmöglichkeit auf, die an die Stellung der Berliner Abgeordneten i m Deutschen Bundestag angelehnt ist. Dabei sollte der A n t e i l der Ausländer i n den kommunalen Vertretungskörperschaften ihrem Bevölkerungsanteil i n den jeweiligen Gebietskörperschaften entsprechen. Z u den Wahlen könnten die Parteien nach dem Vorschlag v. Münchs getrennte Listen m i t deutschen und ausländischen Kandidaten vorlegen; entsprechend getrennt müßten Deutsche und Ausländer dann wählen. Da bei der Verwirklichung dieses Vorschlages die Ausländer unmittelbar i n die kommunalen Entscheidungsgremien integriert wären, würde ein solches Modell die Mitwirkungsmöglichkeiten der Ausländer i n der Tat erheblich verbessern, zumal es einen Schritt über eine M i t w i r k u n g nur i n den Ausschüssen hinausgeht. Gegen eine solche Lösung wie auch gegen eine M i t w i r k u n g der Ausländer i n den beratenden Ausschüssen wären allerdings Bedenken unter dem Gesichtspunkt vorstellbar, daß die Ausländer durch ihre ständige Mitarbeit i n den Entscheidungsgremien einen zu großen Einfluß auf deren Meinungsbildung auch ohne die Teilnahme an den A b stimmungen und Wahlen erhalten. Daß einer Mitberatung bei der Willensbildung auch ohne Stimmrecht bereits ein bedeutender Einfluß zugerechnet wird, belegt die Regelung i n § 23 Abs. 4 Satz 1 GONW, wo durch ein Verlassen des Beratungsraumes durch diejenigen, die von einer Ratsentscheidung betroffen sein könnten, sichergestellt werden soll, daß sie sich jeder Einwirkung auf die Beratung enthalten 36 . Darüber hinaus muß auch hier betont werden, daß ohne eine entsprechende Änderung der Gemeindeordnungen dieses Experiment nicht verwirklicht werden könnte. 6. Überregionale Partizipationsmöglichkeiten

Außer i n den Kommunen bestehen Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer auch auf Landes- und Bundesebene. So wurde beispielsweise i n Nordrhein-Westfalen i m Dezember 1971 ein „Landesbeirat für ausländische Arbeitnehmer" 3 7 , jetzt „Landesbeirat für Ausländerpolitik und Ausländerarbeit" 3 8 eingerichtet, dessen Aufgabe in der Beratung der Landesregierung i n allen Fragen der Ausländerbeschäftigung und ihrer Folgewirkungen besteht. Zu den stimmberechtigten Mitgliedern zählen ausländische Arbeitnehmer, Kommunalpolitiker und Vertreter der Landtagsfraktionen, sowie als nicht stimmberechtigte Mitglieder Vertreter des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. 36 37 38

3*

Vgl. Kottenberg / Rehn § 23 A n m . V 2 . Maßnahmen zur Eingliederung, M A G S N W , S. 24. L e i t l i n i e n der Landesregierung, M A G S N W , S. 77.

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2. Teil: Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer

Daneben besteht ein Koordinierungskreis „Ausländerpolitik und Ausländerarbeit", zu dessen Aufgaben die Koordination der Ausländerarbeit öffentlicher und freier Träger, der Informations- und Erfahr rungsaustausch und die Verklammerung der Landespolitik m i t der kommunalen Ausländerarbeit unter Einbeziehung der Mittelinstanz gehören 39 . Entsprechend dieser Aufgabenstellung ist der Kreis der Mitglieder sehr umfangreich: — Angehörige der Landesregierung, — der Betreuungsverbände, — der kommunalen Spitzenverbände, — der Tarifvertragsparteien, — Vertreter der Regierungspräsidenten, — des Landesbeirats (nicht-stimmberechtigt) 40 . Schließlich sind auf regionaler Ebene bei den Regierungspräsidenten Ausländerbeiräte gebildet worden, die die Regierungspräsidenten i n Fragen der Ausländerarbeit beraten, sowie Aufgaben der Koordination und Information wahrnehmen sollen. Mitglieder dieser Beiräte sind Vertreter der kommunalen Ausländerbeiräte sowie (nicht-stimmberechtigt) die zuständigen Dezernenten der Bezirksregierung 41 . A u f Bundesebene besteht seit 1965 der Koordinierungskreis „Ausländische Arbeitnehmer" beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der nach eigener Einschätzung ebenfalls ein „Beratungsgremium" ist 42 . I n i h m sind vertreten: — die Tarifvertragsparteien, — die Kirchen, — Verbände der freien Wohlfahrtspflege, — die Bundesvereinigung der kommunalen, Spitzenverbände, — die Bundesanstalt für Arbeit, — Vertreter der Länder, — die Fraktionen des Bundestages und — die beteiligten Bundesressorts. 89 Vgl. dazu i m einzelnen: L e i t l i n i e n der Landesregierung, M A G S NW, 'S. 77. 40 Diesem nordrhein-westfälischen Koordinierungskreis „Ausländerpolitik u n d Ausländerarbeit" entspricht i n F u n k t i o n u n d Zusammensetzung i n H a m b u r g i n etwa der Verwaltungsausschuß „Ausländische Arbeitnehmer". Vgl. dazu Bürgerschaftsdrucksache 8/1990 sowie Rittstieg, Wahlrecht, S. 17. 41 Vgl. L e i t l i n i e n der Landesregierung, M A G S N W , S. 77. 42 Koordinierungskreis, S. 2.

§ 4 Institutionelle Partizipationsmöglichkeiten

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7. Kritische Würdigung

Kritisch ist zu allen diesen Institutionen anzumerken, daß über sie eine repräsentative Vertretung der Ausländer nicht erfolgt. Das zeigt sich darin, daß Ausländer i n den Gremien, i n denen über ihre Probleme diskutiert wird, entweder gar nicht vertreten sind (z.B. Koordinierungskreis „Ausländische Arbeitnehmer") 4 3 , oder daß die ausländischen Mitglieder nicht gewählt, sondern durch deutsche Organisationen (Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Kirchen) benannt werden (ζ. B. Landesbeirat NW). Daraus ergeben sich Legitimitätsprobleme, da oft unklar ist, welcher der delegierten ausländischen Arbeitnehmer als berufener Sprecher seiner Landsleute anzusehen ist. Zudem treten vielfach die Sozialbetreuer, die zumeist Angestellte der Wohlfahrtsverbände sind und damit auch deren Interessen wahrzunehmen haben, als Sprecher der Ausländer auf. Wie auf kommunaler Ebene fehlt es auch auf Landes- und Bundesebene an der für die Durchsetzung der i n den Gremien gefaßten Beschlüssen notwendigen Integration in die politischen Entscheidungsprozesse44. Die Umschreibung der diesen Gremien gestellten Aufgaben macht darüber hinaus deutlich, daß die Koordination der Ausländerarbeit sowie die gegenseitige Information weit vor der Durchsetzung ausländerspezifischer Interessen steht. Infolgedessen kann es auch nicht verwundern, daß vor allem die Behörden auf allen Ebenen, die auch die inhaltliche Arbeit in den Gremien durch die Erarbeitung von Vorlagen und Entwürfen weitgehend steuern 45 , die Arbeit dieser Institutionen positiv bewerten, während sie von denen kritisiert wird, die die Probleme der Ausländer aus nächster Nähe kennen: den Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften und nicht zuletzt den Ausländern selbst 46 . 8. Zusammenfassung

Zusammenfassend kann zu den Überlegungen, den Ausländern auf kommunaler Ebene Partizipationsmöglichkeiten außer dem Kommunalwahlrecht einzuräumen, festgehalten werden: Die dargestellten Modelle 43 Kevenhörster, Partizipation, S. 301, spricht daher w o h l zu Recht davon, daß die Interessen der Ausländer durch Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände u n d Kirchen „paternalistisch" wahrgenommen werden. Ä h n l i c h Rittstieg, Wahlrecht, S. 17, 44 So k a n n das Ergebnis einer von Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S.38ff., durchgeführten Untersuchung nicht überraschen, wonach n u r ein kleiner T e i l der i n diesen Gremien erarbeiteten Anregungen aufgegriffen u n d weiter verfolgt wurde. 45 Vgl. dazu Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 25 f.; ders., Partizipation, S. 322. 46 Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 29; Lamers, S. 81.

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2. T e i l : Partizipationsmöglichkeiten für Ausländer

können ungeachtet positiver Erfahrungen i m Einzelfall lediglich als Ersatzlösungen angesehen werden für den Fall, daß man das Kommunalwahlrecht für Ausländer aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht einführen könnte 4 7 . Immerhin sind dadurch Institutionen geschaffen worden, i n denen die Probleme der Ausländer diskutiert werden und i n denen zumindest teilweise die Ausländer auch selbst präsent sind. Alle diese Modelle entsprechen i n ihrer Rechtsqualität aber nicht einem Wahlrecht und können daher allenfalls als eine Vorstufe zu einem kommunalen Wahlrecht der Ausländer angesehen werden 4 8 .

47

V o n einer Ersatzlösung sprechen: Kühn, Memorandum, S. 46; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 112; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 283; Milde, KomPolBl. 1979, 966; Hasinger, KomPolBl. 1979, 622; Schönherr, KomPolBl. 1973, 160; Forschungsverbund, S. 24; als gescheitert werden diese Experimente angesehen von Kues, DemoGde 1980, 594; sehr kritisch auch Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 21, 64 f.; Sasse ! Kempen, S. 6. 48 So auch das „Aktionsprogramm zugunsten der Wanderarbeitnehmer u n d ihrer Familien" der Kommission der Europäischen Gemeinschaften v o m 18.12.1974, S. 23; Lamers, S. 82.

Dritter Teil

Einbürgerung als Voraussetzung einer Teilnahme an der staatlichen Willensbildung Vielfach ist darauf hingewiesen worden, daß die rechtlich schwierige Problematik einer Beteiligung der Ausländer an dem demokratischen Willensbildungsprozeß insbesondere i n Form des Wahlrechts systemkonformer durch eine großzügige Einbürgerungspraxis gelöst werden könnte 1 . Dieser Vorschlag vermag auf den ersten Blick durchaus zu überzeugen. Da die Ausländer durch die Einbürgerung deutsche Staatsbürger werden, fallen alle sie benachteiligenden rechtlichen Schranken. Umso erstaunlicher ist es, daß zwar viele Ausländer mittlerweile die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen, aber bisher keine Einbürgerungsanträge gestellt haben 2 . Die Gründe hierfür sind i m einzelnen bisher nicht untersucht worden, so daß man weitgehend auf Vermutungen angewiesen bleibt. Ein wesentlicher Grund dürfte aber auf jeden Fall i n der gegenwärtigen Verwaltungspraxis liegen, die durch eine restriktive Rechtsprechung gestützt wird. § 5 Einbürgerung nach dem geltenden Recht 1. Ermessenseinbürgerung Der Regelfall ist die sogenannte „Ermessenseinbürgerung" nach § 8 RuStAG. Danach sind Voraussetzungen für die Einbürgerung eines eingewanderten Ausländers, daß er — nach den Gesetzen seiner bisherigen Heimat unbeschränkt geschäftsfähig ist oder nach dem deutschen Recht unbeschränkt geschäftsfähig 1 So z.B. Bantzer v o r dem DST i n Bochum 1980, Ausi. Mitbürger, S. 20; Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 31; v. Mutius, Gutachten E, S. 212; Dürig, Diskussionsbeitrag W D S t R L 32 (1973), S. 116; Kevenhörster, Partizipation, S. 315, 341; Henkel, S. 107; Bundeskanzler Schmidt i n seiner Regierungserklärung v o m 24. 11. 1980, auszugsweise abgedruckt i n Informationsdienst 1/81, 9. 2 Die Gesamtzahl der jährlichen Einbürgerungen liegt etwa bei 10 000 (bei 4,5 M i l l . Ausländern); vgl. Kühn, Memorandum, S. 42. V o n 130 000 t ü r kischen Staatsangehörigen, die länger als 10 Jahre i n der Bundesrepublik waren, haben 1978 lediglich 312 ( = 0,3 %) die deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erworben; vgl. Weiterentwicklung der Ausländerpolit i k , S. 21; vgl. auch Stüwe, Informationsdienst 1/81, 18 f.

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3. Teil: Einbürgerung als Voraussetzung

sein würde oder der Antrag i n entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 RuStAG von einem gesetzlichen Vertreter oder m i t dessen Zustimmung gestellt wird, — er einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat, — an dem Ort seiner Niederlassung eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat und — an diesem Orte sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Diese gesetzlichen Voraussetzungen werden durch die Einbürgerungsrichtlinien als verwaltungsinterne Anweisungen 3 weiter eingeengt, die folgende Anforderungen enthalten: — die Hinwendung zu Deutschland und die Kenntnis seiner staatlichen Ordnung (Punkt 3.1 der Richtlinien), — die Beherrschung der deutschen Sprache i n Wort und Schrift (Punkt 3.1.1), — ein langfristiges Einleben, d. h. i n der Regel ein mindestens 10-jähriger Aufenthalt i n Deutschland (Punkt 3.2), — eine einwandfreie Lebensführung (Punkt 3.3). Zur Uberprüfung dieser Voraussetzungen nehmen die Einbürgerungsbehörden Ermittlungen vor, zu denen u. a. auch Besuche i n der Nachbarschaft des Antragstellers sowie an seiner Arbeitsstätte gehören 4 . Zahlreiche Antragsteller empfinden dieses Verfahren zur Überprüfung ihrer Persönlichkeit als erniedrigend und stellen sich i h m daher erst gar nicht. Stellt die Einbürgerungsbehörde bei ihren Uberprüfungen fest, daß sämtliche Voraussetzungen für eine Einbürgerung vorliegen, so liegt es gleichwohl noch i n ihrem Ermessen, den Antrag abzulehnen. Bei der Ausübung dieses Ermessens ist alleine darauf abzustellen, ob ein öffentliches Interesse an einer Einbürgerung besteht 5 . Die persönlichen Wünsche und wirtschaftlichen Interessen des Bewerbers sind demgegenüber m i t Rücksicht auf die den hier ansässigen Ausländern bereits gewährten Rechte und Freiheiten nicht ausschlaggebend®. Ein solches öffentliches Interesse w i r d dann zu bejahen sein, wenn der Bewerber nach seinen 3

Siehe GMB1. 1978, S. 16 ff. Vgl. hierzu etwa den Bericht von R. Oltmann i m Zeitmagazin (Nr. 39, S. 6 ff.) v o m 21.9.1979, w o dieses Uberprüfungsverfahren aus j o u r n a l i s t i scher Sicht dargestellt w i r d . 5 So P u n k t 2.2 der Richtlinien u n d die ständige Rspr.: B V e r w G i n N J W 1975, 2157; B V e r w G E 4, 298, 301, E 6, 186, 187 f.; HessVGH i n E S V G H 26, 181, 182 f.; V G H B a d - W ü r t t . i n DVB1. 1977, 109. 8 St. Rspr. des B V e r w G ; B V e r w G E 49, 44, 46; B V e r w G bei Buchholz 130, § 8 R u S t A G Nr. 6; zuletzt B V e r w G i n B a y V B l . 1980, 727; nach Grabitz, S. 11, erhält die Einbürgerung damit nahezu den Charakter eines Gnadenaktes. 4

§ 6 Erleichterte Einbürgerung

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persönlichen Verhältnissen einen „wertvollen Bevölkerungszuwachs" darstellt und seine Einbürgerung nach allgemein politischen, w i r t schaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten erwünscht ist. Als entscheidender Hemmschuh für eine Einbürgerung größeren Stils erweist sich aber letztlich die unter Punkt 2.3 der Einbürgerungsrichtlinien aufgestellte und bereits oben erwähnte Maxime, daß die Bundesrepub l i k kein Einwanderungsland ist. Die Einbürgerung w i r d damit zur Ausnahme und die Abweisung des Antrages zur Regel. Das Ermessen der Einbürgerungsbehörden w i r d so zu Ungunsten der Bewerber gebunden, da bei dem Eingang einer großen Anzahl gleichgelagerter Fälle — etwa von ausländischen Arbeitnehmern — i m Regelfall nur eine A b lehnung i n Betracht kommen kann, soll nicht die Nicht-EinwanderungsMaxime der Einbürgerungsrichtlinien unterlaufen werden. Angesichts des ungewissen Ausgangs des Einbürgerungsverfahrens und der Uberprüfungsmethoden der Ausländerbehörden w i r d so verständlich, w a r u m nur wenige ausländische Arbeitnehmer einen Einbürgerungsantrag stellen. 2. Ehegatteneinbürgerung

Wesentlich einfacher ist dagegen das Einbürgerungsverfahren, wenn einer der Ehegatten Deutscher ist, da i n diesen Fällen eine Einbürgerung erfolgen soll 7. Da ein ,soll· nach den Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts für die Verwaltungsbehörden einem ,muß' entspricht, sofern nicht gravierende Gründe entgegenstehen 8 und zudem das Ermessen i m Lichte des A r t . 6 Abs. 1 GG auszuüben ist, kann eine Einbürgerung hier nur i n atypischen Fällen verweigert werden 9 .

§ 6 Erleichterte Einbürgerung für eingewanderte Ausländer 1. Änderungsvorschläge

Das Land Nordrhein-Westfalen hat einen Gesetzentwurf i m Bundesrat eingebracht 10 , durch den die Einbûrgérung der Auslander der sogenannten zweiten und dritten Generation 11 vereinfacht werden soll. Nach 7

§ 9 RuStAG. Vgl. Wolff /Bachof I § 31 I I b. 9 Vgl. Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 123 f. — A u f die Einbürgerung der sogenannten privilegierten* Ausländer soll hier wegen ihrer zahlenmäßig geringen Bedeutung nicht eingegangen werden. Siehe dazu Schwerdtfeger, S. 124 f. 10 BRat-Drucks. 52/80. 11 Unter der ersten Ausländergeneration versteht man allgemein die erwachsenen Ausländer, die als Arbeitnehmer angeworben w u r d e n u n d sich noch i n der Bundesrepublik befinden. 8

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3. Teil: Einbürgerung als Voraussetzung

diesem Gesetzentwurf soll gestützt auf eine Empfehlung des Europarates vom 30. 9. 197612 ein »Viertes Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit 4 beschlossen werden, dessen § 1 Abs. 1 wie folgt lauten soll: „ E i n Ausländer, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist auf seinen Antrag einzubürgern, wenn er 1. seit Vollendung des 12. Lebensjahres rechtmäßig seinen dauernden Aufenthalt i m Inland hat und sich darüber hinaus vorher insgesamt mindestens 2 Jahre hier aufgehalten hat, 2. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert, sofern nicht der Heimatstaat die Entlassung durchweg verwehrt oder die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und 3. den Antrag vor Vollendung des 21. Lebensjahres stellt, es sei denn, daß er rechtskräftig zu Freiheits- oder Jugendstrafe von insgesamt einem Jahr oder mehr verurteilt worden ist." Einen Erfolg hatte diese Gesetzesinitiative allerdings nicht, da die Bundesratsmehrheit i n Ubereinstimmung m i t den Innenministern der Länder 1 3 beschlossen hat, den Entwurf nicht in den Bundestag einzubringen. Nach dem Scheitern dieses von ihr unterstützten Gesetzentwurfes strebt die Bundesregierung nunmehr an 14 , i m Einvernehmen m i t den Bundesländern die Einbürgerungsrichtlinien so zu ändern, daß dem angesprochenen Personenkreis möglichst rasch der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft unter den Bedingungen des nordrheinwestfälischen Entwurfes ermöglicht wird 1 5 . Abgesehen davon, daß ein solches Einvernehmen der Länder nach dem Scheitern der Gesetzesvorlage kaum mehr herstellbar scheint, beständen gegen eine solche Lösung auch verfassungsrechtliche Bedenken. Eine solche Änderung der Einbürgerungsrichtlinien könnte eine Erweiterung des Staatsvolkes zur Folge haben und stellt damit einen staatskonstituierenden A k t dar, dessen Vornahme allein dem Parlament und nicht der Exekutive obliegt 16 . Als zweite Ausländergeneration werden die Jugendlichen bezeichnet, die i m schulpflichtigen A l t e r oder später von der ersten Generation i n die B u n desrepublik nachgeholt wurden. Z u r dritten Ausländergeneration zählen die K i n d e r der Ausländer, die i n der Bundesrepublik geboren u n d aufgewachsen sind oder doch zumindest vor Beginn der Schulpflicht nachgezogen sind. So auch Emmerig, Sitzungsprotokoll L, S. 28. 12 Empfehlung Nr. 841, Bericht des Ausschusses f ü r Bevölkerung u n d Flüchtlinge; Dokument 4205 v o m 13. 9.1978. 13 Siehe K ü h n , Memorandum, S. 42. 14 Siehe Bericht der F A Z v o m 12.11. 81 über die Sitzung des Bundeskabinetts v o m Vortage. 15 Beschlüsse der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Ausländerpolitik, i n : Informationsdienst Ausländerrecht, 1980, 216, 220.

§ 6 Erleichterte Einbürgerung

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Wegen der weitreichenden Folgen bei der vorgesehenen Erleichterung der Einbürgerung handelt es sich bei letzterer zudem um eine grundlegende und wesentliche Entscheidung, die nach dem heutigen Verständnis des demokratischen Prinzips unmittelbar von den Volksvertretern und nicht von Organen der Exekutive getroffen werden muß 17 . Dementsprechend sind Einbürgerungsfragen, die einen größeren Personenkreis betrafen, unter der Geltung des Grundgesetzes bisher auch stets durch Gesetz geregelt worden 1 8 . Verfassungsrechtlich unzulässig wäre auch eine ungefragte generelle Einbürgerung bestimmter Ausländergruppen oder die Erzeugung eines solchen Druckes auf sie, daß die Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft nicht mehr auf einem freien Entschluß beruht, denn i n einem solchen Vorgehen könnte ein Verstoß gegen A r t . 1 Abs. 1 GG gesehen werden, wonach die Würde des Menschen, zu der auch die nationale, kulturelle und religiöse Identität zählt, unverletzlich ist. A r t . 1 Abs. 1 GG garantiert somit den Ausländern die Freiheit, über die Beibehaltung ihrer bisherigen oder die Beantragung einer neuen Staatsangehörigkeit frei zu bestimmen 19 . 2. Annahme des Einbürgerungsangebotes

Aber auch bei einem Erfolg der Gesetzesinitiative wären keineswegs alle Probleme gelöst, wenn auch nicht verkannt werden darf, daß ein Anspruch auf Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft i m Einzelfall durchaus zur Lösung mancher Probleme der jungen Ausländer beizutragen vermag. So w i r d etwa bei der Berufswahl das Spektrum der Berufe u m zahlreiche Tätigkeiten i m öffentlichen Dienst erweitert, die nach geltendem Recht eine Verbeamtung und damit gem. A r t . 33 Abs. 2 und 5 GG die Innehabung der deutschen Staatsbürgerschaft voraussetzen 20 . Trotz dieser Vorteile erscheint es zweifelhaft, ob von dem Einbürgerungsangebot i m größeren Umfang Gebrauch gemacht wird. 16 Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 128; Emmerig, Sitzungsbericht L, S. 42; so auch der Beschluß des 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 287: „ A u s l ä n derpolitische Grundentscheidungen gehören i n den Verantwortungsbereich des Parlaments." Vgl. aber auch Zuleeg, JZ 1980, 426. 17 Z u der sog. „Wesentlichkeitstheorie" vgl. die umfangreiche Rechtsprechung des BVerfG: E 34, 165, 192; E 41, 251, 259, E 45, 400, 417 ff.; E 47, 46, 78 f.; einschränkend E 49, 90, 124 ff.; sowie Kisker, N J W 1977, 1317 ff.; Oppermann, Gutachten C, S. 48 ff.; Simon, Diskussionsbeitrag 51. D J T 1976, Sitzungsbericht M, S. 108; Roellecke, N J W 1978, 1777 f. 18 Vgl. etwa das 1. u n d 2. StAngRegG. Wegen ihrer weitreichenden Bedeutung hätten nach der Auffassung von Bahr, S. 207, daher bereits die Novellierung der Verwaltungsvorschriften zum A u s l G u n d die A E V O i m Jahre 1978 einer parlamentarischen Beschlußfassung bedurft. 19 So auch Emmerig, Sitzungsbericht L, S. 30. 20 Erinnert sei hier an die Versuche des Berliner Senats m i t der Einstellung türkischer Polizeibediensteter; Das Rathaus 1980, 102. Das L B G N W

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3. Teil: Einbürgerung als Voraussetzung

Problematisch ist zunächst, daß nicht Ausländern jeden Alters ein Einbürgerungsanspruch eingeräumt wird, sondern dieser auf eine kleine Gruppe beschränkt bleibt. Durch die Begrenzung auf die Jugendlichen zwischen dem 18. und 21. Lebensjahr bleibt der weitaus größte Teil der Ausländer von der geplanten Neuregelung ausgeschlossen. Die meisten Ausländer fühlen sich auch nach einem mehrjährigen Aufenthalt i n Deutschland noch als Angehörige ihres Volkes, also als Türken, Griechen oder Italiener o. a.. Da die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft m i t dem Verlust ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft verknüpft ist, w i r d der Wechsel der Staatsbürgerschaft von ihnen vielfach als ein Bruch m i t der eigenen Herkunft, verbunden m i t der A u f gabe eines Teiles der eigenen Identität aufgefaßt 21 . Da sich zahlreiche Ausländer zudem die potentielle Möglichkeit einer Rückkehr i n ihr Herkunftsland — etwa nach Erreichen der Rentenberechtigung 22 — offenhalten wollen, w i r d den betroffenen Jugendlichen i n den Familien oft von einem Wechsel der Staatsbürgerschaft abgeraten werden 23 . Entschließt der Jugendliche sich dennoch zu diesem Schritt, so t r i t t der höchst unerwünschte Zustand ein, daß i n einer Familie verschiedene Staatsangehörigkeiten vorhanden sind 24 . Dieses bringt die Gefahr von Rechtsunsicherheiten i m Bereich des internationalen Privatrechts (Ehe-, Unterhalts-, Namens- und Erbrecht) und von Konflikten zwischen der Familienbindung und den Pflichten gegenüber dem Staat m i t sich, so daß auch die Einbürgerungsrichtlinien eine einheitliche Staatsangehörigkeit i n den Familien als erstrebenswert bezeichnen 25 . Ein weiterer Grund für die wohl auch künftig nur geringe Zahl von Einbürgerungsanträgen ausländischer Arbeitnehmer dürfte schließlich darin liegen, daß ein Wechsel der Staatsbürgerschaft für die überwiegende Zahl der Ausländer nur geringe Vorteile m i t sich bringt. Da die Einbürgerung zumindest nach der gegenwärtigen Rechtslage einen mindestens 10-jährigen Inlandsaufenthalt voraussetzt, kann ein Einbürläßt i n § 6 Abs. 3 Ausnahmen von dem Erfordernis der deutschen Staatsbürgerschaft „bei einem dringenden dienstlichen Bedürfnis" zu. 21 Tomuschat, Pol. Rechte, S. 100, spricht daher gar von einem „bekenntnishaften Charakter" des Einbürgerungsantrages. Ä h n l i c h Rittstieg, Wahlrecht, S. 11, 58; Vink, Informationsdienst 1/81, 91. Folgerichtig setzt daher die Landesregierung N W die Assimilation, also die weitgehende Aufgabe nationaler Identität u n d k u l t u r e l l e r Eigenständigkeit, f ü r eine Einbürger u n g voraus; so i n L e i t l i n i e n der Ausländerpolitik N W , S. 17. 22 Kues, DemoGde 1980, 596; Rittstieg, Wahlrecht, S. 11; ders., Perspektiven, S. 62; Bleckmann, DVB1. 1980, 697. 23 Kues, DemoGde 1980, 596; Vink, Informationsdienst 1/81, 92, weisen zu Recht auf drohende familiäre Spannungen hin. 24 Vgl. BVerfGE 37, 217, 246; Makarov, S.217; differenzierend O V G MS i n N J W 1981, 1920; Zuleeg, N J W 1981, 1878 f. 25 Einbürgerungsrichtlinien P u n k t 4.1.

§ 6 Erleichterte Einbürgerung

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gerungsantrag erst zu einem Zeitpunkt gestellt werden, an dem die Ausländer einen weitgehend gesicherten Aufenthaltsstatus besitzen 28 und i n ihren beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten den deutschen A r beitnehmern gleichstehen 27 . Infolgedessen sieht Bleckmann 28, der die dauernd i m Bundesgebiet lebenden Ausländer aufgrund der ihnen hier gewährten umfangreichen Rechte bereits als „Deutsche i m Sinne des Aufenthaltsortes oder des Wohnsitzes" bezeichnet, keine Notwendigkeit für eine Erweiterung der Einbürgerung 29 . Neben einem geringen Rechtszuwachs hinsichtlich ihres Aufenthaltsstatus können die Ausländer durch eine Einbürgerung lediglich politische Rechte erlangen. Da durch eine Einbürgerung allein die Integrationsprobleme der Ausländer i m gesellschaftlichen, k u l t u rellen und sozialen Bereich nicht gelöst werden, w i r d der Wechsel der Staatsbürgerschaft als ein zu großer Preis für die Erlangung der politischen Rechte angesehen30. Ein Ansteigen der Einbürgerungsanträge i m großen Maße wäre damit allenfalls dann zu erwarten, wenn man den Ausländern die Möglichkeit einräumte, deutsche Staatsbürger zu werden und gleichzeitig ihre alte Staatsangehörigkeit beizubehalten. Hierzu ist die Bundesregierung wegen der damit aufgeworfenen Frage der Doppelstaatsangehörigkeit zu Recht nicht bereit 31 . Außer acht bleiben soll schließlich nicht, daß von einer Einbürgerung i n die Bundesrepublik i m großen Stil auch die Staaten betroffen sind, die auf diese Weise qualifizierte Arbeitskräfte verlieren. Da dieses von ihnen als eine Abwerbung ihres Intelligenzpotentials angesehen werden kann, stehen einer forcierten Einbürgerungspolitik auch außenpolitische Bedenken entgegen 32 . 3. Zusammenfassung

Zuvörderst ist festzustellen, daß die Möglichkeit, die Fragen einer Partizipation der Einwanderer an der politischen Willensbildung durch deren Einbürgerung zu lösen vor allem i m Hinblick auf die erste Aus26 Die Aufenthaltsberechtigung, die zu einem räumlich u n d zeitlich u n begrenztem Aufenthalt i m Bundesgebiet berechtigt, k a n n nach 5 Jahren u n d w i r d i n der Regel nach 8 Jahren erteilt; § 8 A u s l G m i t der zugehörigen W. 27 Vgl. § 2 AEVO. 28 DVB1. 1980, 694. 29 Vgl. dazu auch die Diskussion auf der Tagung des DST 1980 i n Bochum, Ausi. Mitbürger, S. 218 ff., insbesondere m i t den Stellungnahmen der A u s länder. 30 Kues, DemoGde 1980, 596. 31 Vgl. Weiterentwicklung der Ausländerpolitik = Informationsbrief A u s länderrecht 1980, S. 216, 221 f. 32 Vgl. Emmerig, Sitzungsprotokoll L , S. 42; Ministerpräsident Kohl i n Beantwortung einer großen Anfrage der F r a k t i o n der C D U zur „Situation der auslândischèn Arbeitnehmer i n Rheinland-Pfalz"; LDrucks. 7/1781, S . U .

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. T e i l : Einbürgerung als Voraussetzung

ländergeneration, weit überschätzt w i r d 3 3 . Angesichts des tatsächlichen Verhaltens der eingewanderten ausländischen Arbeitnehmer erscheint die vor allem von offizieller Seite vertretene Rechtsauffassung 34 , das Recht zur Teilnahme am Willensbildungsprozeß des Staates und seiner Gliederungen setze die deutsche Staatsbürgerschaft voraus, die von den Einwanderern auf Antrag erworben werden könne, geeignet ist, die notwendige politische Diskussion dieser Frage zu verhindern 3 5 . Entsprechend dem Verhalten der eingewanderten Ausländer soll die Möglichkeit einer Einbürgerung i n der folgenden Untersuchung daher zurücktreten. Stattdessen soll geprüft werden, ob das Grundgesetz nicht vielmehr eine M i t w i r k u n g dieser Einwohner der Bundesrepublik am staatlichen Willensprozeß erfordert oder ihr zumindest nicht entgegensteht.

33 So auch Emmerig, Sitzungsprotokoll L, S. 41; Kues, DemoGde 1980, 596; Zuleeg, J Z 1980, 426 f. 34 So etwa Ministerpräsident Kohl i m rh-pf. Landtag, Drucks. 7/1981. K o ordinierungskreis beim Bundesminister für Arbeit u n d Sozialordnung, S. 47; Beschluß des Gesamtvorstandes der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände v o m 8. 9.1980; Milde, KomPolBl. 1979, 966. 85 So auch v. Münch, DVB1. 1980, 44; Sasse ! Kempen, S. 4 f.

Vierter

Teil

Wahlrecht für Ausländer als Verfassungsgebot I n Rechtsprechung und Literatur ist i n jüngster Zeit die Frage diskutiert worden, ob das Grundgesetz die Einräumung eines Wahlrechts nicht zumindest für die Ausländer fordert, die sich bereits längere Zeit i n Deutschland aufhalten und sich i n das gesellschaftliche und politische Leben der Bundesrepublik integriert haben 1 . § 7 Wahlgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG Ein Ansatzpunkt für eine solche Annahme könnten die Wahlrechtsgrundsätze i n A r t . 38 Abs. 1 Satz 1 GG sein, die nach A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für die Wahlen zu den Volksvertretungen i n den Ländern, Kreisen und Gemeinden verbindlich sind 2 . Danach haben alle Wahlen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim zu sein. 1. Allgemeinheit der Wahl

Durch die i n § 12 Abs. 1 BWahlG vorgenommene Beschränkung des (aktiven) Wahlrechts auf Deutsche i. S. d. A r t . 116 Abs. 1 GG könnte der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verletzt sein 8 . Die Auslegung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl unter der Fragestellung, ob damit auch eine Aussage über die Möglichkeit einer Teilnahme der Ausländer an den staatlichen Wahlen getroffen wird, erweist sich als schwierig. a) Grammatische

Auslegung

Die aus dem Wort „allgemein" allzuleicht herleitbare Annahme, daß unterschiedslos jedermann, der i m Wahlgebiet lebt, wahlberechtigt sein 1 Zuleeg, DÖV 1973, 370; DVB1. 1974, 347; Rolvering, S. 111; Kues, DemoGde 1980, 594; B a y V G H i n BayVBl. 1980, 656. V G Hannover i n DVB1. 1981, 1110 ff. 2 BVerfGE 35, 81, 98; BVerfGE 29, 154, 163; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38 Rdnr. 33. 3 So Kues y DemoGde 1980, 594; u n k l a r dagegen Rolvering (S. 111), der die Zulässigkeit des (kommunalen) Wahlrechts f ü r Ausländer aus dem allgemeinen Gleichheitssatz herleiten w i l l .

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4. Teil: Wahlrecht für Ausländer als Verfassungsgebot

müsse, erweist sich schnell als unzutreffend, denn den geltenden Wahlgesetzen ist zu entnehmen, daß der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl keineswegs gebietet, unterschiedslos allen Bewohnern eines Wahlgebietes das Wahlrecht einzuräumen. Einschränkungen der Wahlberechtigung, wie etwa durch ein Mindestwahlalter, einen Mindestaufenthalt i m Wahlbezirk oder durch den Ausschluß Entmündigter, sind allgemein üblich 4 und erscheinen zur Sicherung einer demokratischen Anforderungen genügenden W a h l auch erforderlich und zulässig 5 . Bei den genannten Einschränkungen handelt es sich stets u m individuelle Mindestanforderungen, die für eine vernunfts- und gewissensmäßige Wahlentscheidung notwendig erscheinen und die grundsätzlich jedermann erfüllen kann 6 . Der Ausschluß der Ausländer vom Wahlrecht w i r d durch persönliche Mindestanforderungen dieser A r t jedoch nicht gedeckt, da nicht der einzelne Ausländer wegen einer persönlichen Wahlunmündigkeit, sondern die ganze Bevölkerungsgruppe der Ausländer a priori ausgeschlossen wird. Ungeachtet seiner persönlichen Verhältnisse hat derjenige, der seine ausländische Staatsbürgerschaft nicht aufgibt, keine Aussicht je zur Wahl zugelassen zu werden. Demnach kann anhand der grammatischen Auslegung keine eindeutige Aussage getroffen werden, ob der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ein Wahlrecht für Ausländer erfordert. b) Teleologische und systematische

Auslegung

Bei der Frage nach dem Sinn und Zweck des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl führt eine i n Rechtsprechung und Literatur 7 ständig wiederholte Formulierung weiter, wonach dieser Grundsatz den unberechtigten Ausschluß von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl verbietet. Dadurch, daß dieser Wahlrechtsgrundsatz auf staatlicher Ebene ausschließlich auf Staatsbürger bezogen wird, w i r d deutlich, daß er eine grundlegende Bestimmung des Kreises der Wahlberechtigten derart, wer zum Wahlvolk zählt, bereits voraussetzt. Er verbietet Differenzierungen, die nicht auf einem sachlichen Grund beruhen, somit nur innerhalb eines bereits vorgegebenen Wahlvolkes. 4

NW.

Vgl. dazu etwa §§ 12 Abs. 1; 13 B W a h l G ; § 1 L W a h l G N W ; § 8 K W a h l G

5 Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38 Rdnr. 40f.; Schreiber, § 1 Rdnr. 7; Seifert, § 1 Rdnr. 6; Stern, Staatsrecht I, S. 238; Hesse, S. 59 f.; Grabitz, S. 32; BVerfGE 36, 139, 141; BVerfGE 28, 220, 225. — Differenzierungen i n diesem Bereich bedürfen stets eines besonderen rechtfertigen Grundes. Vgl. B V e r f G i n N J W 1981, 2047; BVerfGE 41, 399, 413; E 34, 81, 99; E 13, 243, 247; E 12, 73, 77. 6 Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38 Rdnr. 39; v. Mangoldt / Klein, A r t . 38 A n m . I I I 2 c; Schreiber, § 1 Rdnr. 7; Spies, S. 8. 7 BVerfGE 36, 139, 141; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38 Rdnr. 9; SchmidtBleibtreu / Klein, A r t . 38 Rdnr. 5; Seifert, S. 41; Rinck, S. 686; Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 3a.

§ 7 Wahlgrundsätze des A r t . 38 Abs. 1 Satz 1 GG

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Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung i n der systematischen Auslegung. I n den Wahlrechtsgrundsätzen, wie sie i n A r t . 38 Abs. 1 GG für den Bund und i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG für die Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften niedergelegt sind, soll lediglich eine Aussage darüber getroffen werden, nach welchen Grundsätzen das Wahlverfahren durchzuführen ist. Die weitergehende Aussage, wer Träger des Staates und damit als Staatsbürger an der staatlichen W i l lensbildung zu beteiligen ist, bleibt anderen Grundgesetznormen wie etwa A r t . 20 Abs. 2 GG vorbehalten, zu denen die Wahlrechtsgrundsätze i n keiner unmittelbaren Beziehung stehen. Da der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl somit lediglich eine Ungleichbehandlung innerhalb des Wahlvolkes verbietet, aber nicht das Wahlvolk selbst definiert, erweist er sich auch als ungeeignet, ein Wahlrecht für Ausländer zu begründen, solange diese nicht als Staatsbürger anerkannt sind. c) Historische Auslegung Daß aus diesem Wahlrechtsgrundsatz kein Anspruch auf ein Wahlrecht für Ausländer hergeleitet werden kann, bestätigt die ergänzend herangezogene historische Auslegung 8 . Der Wahlrechtsgrundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist i n Deutschland i m wesentlichen aus den demokratischen Bewegungen der Jahre 1830 und 1848 entstanden. Er richtete sich zunächst gegen die insbesondere i m 19. Jahrhundert betriebene Einschränkung des Kreises der Wahlberechtigten auf wohlhabende und gebildete Bürger 9 . Der Durchbruch zum allgemeinen Wahlrecht gelang i m Revolutionsjähr 1848, wo es zunächst i n den Beschlüssen des sogenannten Vorparlaments vom 1. 4. 184810 und sodann i m Reichswahlgesetz vom 12. 4. 184911 niedergelegt wurde. I n der Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26. 7. 186712 fand der Grundsatz der allgemeinen Wahl erstmals Eingang i n eine deutsche Verfassung 18 . A l l e r dings blieb hier das Wahlrecht auf die Männer beschränkt und wurde erst durch A r t . 17 und 20 der Weimarer Reichsverfassung auch den Frauen eingeräumt.

8 Z u r Bedeutung der historischen u n d genetischen Auslegung s. BVerfGE 11, 126, 130; aber auch E 35, 263, 278 f. 9 Braunias, Bd. I I , S. 91 f. 10 „Die Wahlberechtigung u n d Wählbarkeit darf nicht eingeschränkt w e r den durch einen Wahlcensus, durch Bevorrechtigung einer Religion, durch W a h l nach bestimmten Ständen. Jeder volljährige selbständige Staatsangehörige ist wahlberechtigt u n d wählbar". Z i t i e r t nach Hub er, Dokumente, Bd. I, S. 272. 11 RGBl. S. 79, A r t . I u n d I I . 12 Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, 1867, S. 2. 13 Rinck, DVB1. 1958, 221 F N 4.

4 Breer

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4. Teil: Wahlrecht für Ausländer als Verfassungsgebot

Solange der Wahlrechtsgrundsatz der allgemeinen Wahl i n Deutschland besteht, beschränkte er sich doch stets auf die deutschen Staatsbürger 14 . Auch die ständige Ausweitung des Kreises der Wahlberechtigten unter der Prämisse der Allgemeinheit der Wahl (Abhängige, Soldaten, Frauen) betraf stets nur die Staatsangehörigen. Ansätze für eine Ausweitung des Wahlrechts auch auf Ausländer sind nirgendwo erkennbar. d) Genetische Auslegung Einer solchen Diskussion hätte es allerdings bedurft, wenn das Wahlrecht auch auf Ausländer ausgedehnt werden sollte, da dieses i m Gegensatz zu der jetzigen Regelung einen Bruch m i t der nationalstaatlichen Tradition bedeutet hätte, nach der der Grundsatz der allgemeinen Wahl nur auf die Staatsangehörigen Anwendung findet 1 5 . Die an der Erstellung des Grundgesetzes beteiligten Abgeordneten gingen stattdessen übereinstimmend davon aus, daß nur Deutsche wahlberechtigt sein sollten, so daß eine eingehende Diskussion dieser Fragen nicht stattfand 18 . Es sind auch keinerlei Anzeichen dafür ersichtlich, daß der Verfassungsgeber 1949 von der überkommenen Regelung abweichen wollte, zumal der 1. Deutsche Bundestag, dem nach A r t . 38 Abs. 3 GG der Erlaß eines (ersten) Wahlgesetzes vorbehalten blieb, m i t der Regelung des § 12 BWahlG wieder auf die traditionelle Beschränkung des Wahlrechts auf deutsche Staatsbürger zurückgriff. Dabei befand er sich nicht nur i m Einklang m i t der deutschen Staatsrechtstradition, son14 Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8a; Ruland, JuS 1975, 10 m. w. N.; Birkenheier, Wahlrecht, S. 19; A r t . 1, § 1, A r t . 2, § 1 des Reichswahlgesetzes v o m 12.4.1849 (RGBl. S. 79); § 2 des Wahlgesetzes für den Reichstag des N o r d deutschen Bundes v o m 15.10.1866 (Gesetzessammlung f ü r die Preußischen Staaten, S. 623); § 1 Wahlgesetz f ü r den Reichstag des Norddeutschen B u n des v o m 31.5.1869 (BGBl, des Norddeutschen Bundes, S. 145); §§ 2, 5 der Verfassung des Deutschen Reiches v o m 16.4.1871 (RGBl. S. 64); A r t . 17 W R V ; § 1 Reichswahlgesetz v o m 27. 4. 1920 (RGBl. S. 627); f ü r die einzelnen Landeswahlgesetze vgl. die umfangreichen Nachweise bei Spies, S. 18 f., F N 14-16, 18; zur geschichtlichen E n t w i c k l u n g des allgemeinen Wahlrechts vgl. auch Rinck, S. 681 ff. 15 Lamers, S. 26; Spies, S. 15 m . w . N . ; Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8a. 16 So auch Dolde, Ausländer, S. 72; ders., D Ö V 1973, 372; Ruland, JuS 1975, 10; Sennewald, V R 1981, 78; differenzierter: Birkenheier, Wahlrecht, S. 24.— Die Frage des Ausländerwahlrechts w u r d e während der Beratungen des GG n u r einmal an anderer Stelle indirekt angeschnitten. E i n Vorschlag des allgemeinen Redaktionsausschusses ging dahin, den heutigen A r t . 3 Abs. 1 GG nicht als Menschen- sondern als Deutschenrecht auszugestalten. Dieses wurde damit begründet, daß der Ausländer dem Inländer ζ. B. hinsichtlich der Wahlen nicht gleichgestellt werden könne. Der Abg. Dr. v. Mangoldt wies demgegenüber auf die Bestimmungen der Verfassung hin, i n denen ausdrücklich eine Beschränkung auf Deutsche vorgenommen werde u n d führte hinsichtlich des Wahlrechts aus: „Der besondere A r t i k e l etwa über das Wahlrecht (gemeint ist der heutige A r t . 38 Abs. 1 GG, der Verf.) n i m m t diese notwendige Beschränkung vor". Pari. Rat, StenoProtokoll des H a u p t ausschusses, S. 538; i n JÖR N F 1 (1951), S. 71.

§ 7 Wahlgrundsätze des A r t . 38 Abs. 1 Satz 1 GG

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dern auch m i t der Regelung i n nahezu allen anderen Staaten der Welt, die ebenfalls nur ein Wahlrecht für Staatsangehörige kennen 17 . e) Zwischenergebnis So geht zu Recht die ganz herrschende Meinung heute davon aus, daß der Grundsatz der allgemeinen Wahl einen gleichen Zugang zum Wahlakt nur für deutsche Staatsbürger garantiert und eine Verpflichtung, das Wahlrecht auch Ausländern einzuräumen, hieraus nicht hergeleitet werden kann 1 8 . % Gleichheit der Wahl

Aus dem Wahlrechtsgrundsatz der Gleichheit der Wahl können, wie ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung zeigt 19 , für oder gegen ein Ausländerwahlrecht schon deswegen keine Schlüsse gezogen werden, da dieser Grundsatz nur die konkrete Ausübung des Wahlrechts betrifft. Der Grundsatz der Wahlgleichheit sagt dagegen nichts über den Kreis der Wahlberechtigten aus, da die Zulassung zur Wahl anhand des Merkmals der Allgemeinheit abschließend geregelt w i r d 2 0 . 3. Ergebnis

Als Ergebnis ist demnach festzuhalten, daß aus den Wahlrechtsgrundsätzen nicht hergeleitet werden kann, daß das Grundgesetz ein Wahlrecht für Ausländer fordert 2 1 .

17

Vgl. Doehring, W D S t R L 32 (1973), 33. Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38 Rdnr. 34ff.; Badura i n B K , Anhang zu A r t . 38 Rdnr. 3; v. Mangoldt / Klein, A r t . 38 A n m . I I I 2c; Schreiber, § 1 Rdnr. 7; Seifert § 1 Rdnr. 6; Spies, S. 15; Stern, Staatsrecht I, § 10, I I 3a; Lamers, S. 25 f.; Scholz, Jura 1980, 584; Rinck, DVB1. 1958, 221; a. A. Kues, DemoGde 1980, 594. Das Bundesverfassungsgericht hat i n verschiedenen E n t scheidungen den Kreis der Wahlberechtigten m i t den „Staatsbürgern" u m schrieben: BVerfGE 6, 84, 91; E 8, 51, 69; E 14, 121, 132; E 41, 1, 11 f. 19 Vgl. i m einzelnen Lamers, S. 26 f. 20 BVerfGE 1, 208, 224 ff.; E 13, 243, 246 f.; E 15, 165, 167; E 34, 81, 100; zur formellen Gleichheit vgl. BVerfGE 48, 64, 81; E 41, 399, 413; E 12, 10, 27; E 11, 351; 364; Badura i n B K , Anh. z. A r t . 38 A n m . 3; Hesse, S. 60; Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 3a. 21 Ebenso Lamers, S. 29; Schreiber, S. 101; Birkenheier, Wahlrecht, S. 14.— Aus diesem Ergebnis k a n n allerdings auch nicht der Gegenschluß gezogen werden, A r t . 38 Abs. 1 GG verbiete ein Wahlrecht f ü r Ausländer, denn i m Gegensatz etwa zu A r t . 17 W R V t r i f f t A r t . 38 Abs. 1 GG insoweit keine A u s sage. Vgl. dazu auch Hasenritter, VR, 1981, 16. 18

4*

52

4. Teil: Wahlrecht für Ausländer als Verfassungsgebot § 8 Wahlrecht aufgrund weiterer Verfassungsnormen 1. Art. 3 Abs. 1 und 3 G G

Bei den Wahlrechtsgrundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl handelt es sich u m Anwendungsfälle des allgemeinen Gleichheitssatzes22. Als speziellere Ausprägungen des Gleichheitssatzes gehen sie der allgemeinen Norm des A r t . 3 Abs. 1 GG vor. Das bei der Auslegung der Wahlrechtsgrundsätze gewonnene Ergebnis steht nicht i m Gegensatz zu A r t . 3 Abs. 3 GG, wonach niemand wegen seiner Heimat und Herkunft benachteiligt werden darf, denn die Staatsangehörigkeit w i r d nach der ganz herrschenden Auffassung i n Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich als ein sachgerechtes und damit zulässiges Unterscheidungskriterium angesehen23. „Heimat" und „Herkunft" sind nicht identisch m i t Staatsangehörigkeit, da die Heimat an die örtliche Herkunft, die Staatsangehörigkeit aber an eine besondere rechtliche Zuordnung des Ausländers zu einem bestimmten Staatswesen anknüpft 2 4 . Zwar steht es dem Gesetzgeber frei, Deutsche und Ausländer gleich zu behandeln und regelmäßig w i r d dieses i n Erfüllung des Verfassungsgebotes des A r t . 3 Abs. 1 GG auch praktiziert, doch zeigt bereits die i n den A r t i k e l n 8; 9 Abs. 1; 11; 12; 16 Abs. 2; 19 Abs. 3 und 33 GG vorgenommene Unterscheidung, daß eine Gleichbehandlung von Ausländern und Deutschen keineswegs zwingend vorgeschrieben ist 2 5 . Eine Differenzierung zwischen ausländischen und deutschen Staatsbürgern hinsichtlich des Wahlrechts verstieße allerdings dann gegen den Gleichheitssatz, wenn ein sachlicher Grund hierfür nicht ersichtlich wäre 2 6 . Ein solcher sachlicher Grund ist primär darin zu sehen, daß die Ausländer nicht i n völlig gleicher Weise von den Entscheidungen der Parlamente betroffen sind wie die deutschen Staatsbürger 27 . Ein gra22

Vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung des B V e r f G bei Leibholz f Rinck, A r t . 38 Rdnr. 2; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38 Rdnr. 49 m . w . N.; Badura i n B K ; Anh. zu A r t . 38 = BWahlG, Rdnr. 9; Rinck, S. 685 m. w . N. 23 BVerfGE 30, 409, 412 f.; E 18, 441, 452; E 23, 288, 313 f.; B V e r w G E 22, 66, 69 f.; Ipsen, Grundrechte, Bd. I I 1954, S. 111 ff.; 134; Doehring, W D S t R L 32 (1973), S. 41 f.; Isensee, W D S t R L 32 (1973), S.73ff.; v. Mangoldt ί Klein, A r t . 3 A n m . V 2a; Wernicke i n B K , A r t . 3 A n m . I I 3; Ruppel, S. 40; Dolde, Ausländer, S. 55 m. w . N . ; Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8a; Dürig i n M / D / H / S , A r t . 3 I I I Rdnr. 80. a. A . Zuleeg, D Ö V 1973, 363 f.; w o h l auch Β GHZ i n N J W 1981, 518; differenzierend auch Kewenig, W D S t R L 32 (1973), Diskussionsbeitrag, S. 100. 24 v. Mangoldt ί Klein, A r t . 3 A n m . V 2a; B V e r w G E 22, 66, 69 f. m . w . N.; Sachs, N J W 1981, 1133; BVerfGE 51, 1, 30; u n k l a r demgegenüber V G H a n nover i n DVB1. 1981, 1111. 25 BVerfGE 41, 1, 11 f.; E 36, 139, 141; E 28, 220, 225; Dolde, Ausländer, S. 55. 26 Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8a; BVerfGE 3, 225, 240; BVerfGE 52, 264, 273; V G Hannover i n DVB1. 1981, S. 1110 ff.

§ 8 Wahlrecht aufgrund weiterer Verfassungsnormen

53

vierender Unterschied ergibt sich daraus, daß die Ausländer zwar i n gleicher Weise wie die deutschen Staatsangehörigen der Gebietshoheit des Aufenthaltsstaates unterworfen sind, sie zudem aber der Personalhoheit ihrer Herkunftsländer unterstehen. Dieser Unterschied findet seinen deutlichsten Ausdruck i n der Wehrpflicht. Während alle deutschen Männer gem. A r t . 12a Abs. 1 GG einer Dienstpflicht (Wehr- oder Zivildienst) unterliegen, t r i f f t diese Pflicht Ausländer nicht. Ihnen obliegt vielmehr regelmäßig eine entsprechende Dienstpflicht i n ihrem Herkunftsland 2 8 . Weniger beachtet als das vieldiskutierte Beispiel der Wehrpflicht ist die Pflicht des Staatsbürgers zur Übernahme von Ehrenämtern (ζ. B. Schöffenamt, § 31 GVG; das Beisitzeramt i m Wahl vorstand, § 9 Abs. 2 BWahlG). Der Gedanke, daß die Ausländer i n gleicher Weise wie die Deutschen ihren finanziellen Beitrag zur Finanzierung der Staatsaufgaben durch ihre Steuerzahlungen leisten, reicht demgegenüber nicht aus 29 . Da Ausländer und Deutsche damit letztlich nicht dem gleichen Pflichtenstatus unterliegen, begründet A r t . 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch der Ausländer auf Teilnahme an den Wahlen zu den parlamentarischen Gremien des Staates 80 . 2. Art. 1 G G

Zweifelhaft erscheint, ob aus A r t . 1 Abs. 1 und 2 GG ein Wahlrecht für Ausländer hergeleitet werden kann. Nach dem dem Grundgesetz zugrundeliegenden Menschenbild w i r d der Mensch als ein politisch handelndes Wesen gesehen, dessen Würde sich auch i n der Mitgestaltung der politisch-sozialen Verhältnisse seiner Umwelt entfaltet 31 . So hat das Bundesverfassungsgericht in zahl27 Henkel, S. 9; Ruland, JuS 1975, 12; Birkenheier, Wahlrecht, S. 61; dieses räumt auch Hasenritter, VR 1981, 15, ein. 28 Die Befreiung von der Dienstpflicht der Ausländer i m Aufenthaltsstaat beruht auf einer allgemeinen Übung des Völkerrechts. Vgl. Verdross, S. 369. Das von Zuleeg (DVB1. 1974, 348; ders., J Z 1980, 430) gegen die Wehrpflicht vorgebrachte Argument, auch die Frauen träfe die Wehrpflicht nicht, so daß sie folglich auch kein Wahlrecht haben dürften, vermag nicht zu überzeugen, da diese unterschiedliche Behandlung ihren guten G r u n d i m U n t e r schied der Geschlechter findet, aber nicht w i e der Pflichtenkreis der A u s länder von der Staatsangehörigkeit beeinflußt ist. I m übrigen besteht i m Verteidigungsfall sehr w o h l die Möglichkeit, auch Frauen dienstzuverpflichten gem. A r t . 12a, Abs. 4 GG. Ä h n l i c h Birkenheier, Wahlrecht, S. 65; Ruland, JuS 1975, 11. 29 Hasenritter, V R 1981, 15, bezweifelt allerdings, ob dieses Ergebnis auch f ü r die kommunale Ebene richtig sei. Vgl. dazu §§ 20 ff. GO NW. So aber schon die Forderung bei der amerikanischen Revolution: „No taxation w i t h o u t representation!". 30 I n w i e w e i t auf kommunaler Ebene etwas anderes gilt, mag hier dahinstehen. 31 Rolv ering, S. 6; Dolde, Ausländer, S. 62.

54

4. Teil: Wahlrecht f ü r Ausländer als Verfassungsgebot

reichen Entscheidungen 32 betont, daß es nicht genügt, wenn sich eine Obrigkeit noch so gut bemüht, für das Wohl der Untertanen zu sorgen, sondern daß der einzelne vielmehr i n möglichst weitem Umfang verantwortlich an den Entscheidungen der Gesamtheit m i t w i r k e n soll. Der völlige Ausschluß von gesellschaftlichen Mitgestaltungsmöglichkeiten würde dazu führen, daß der einzelne zum bloßen Objekt der Staatsgewalt herabgewürdigt und damit gegen seine Menschenwürde verstoßen würde 3 3 . Da die Menschenwürde den Ausländern zweifellos i n gleicher Weise zukommt wie den deutschen Staatsbürgern, erfordert A r t . 1 GG für die i n Deutschland auf Dauer lebenden Ausländer eine zumindest potentielle Einflußnahme auf die Maßnahmen des Staatsapparates, sofern sie i n die Gesellschaft integriert sind 34 . Damit steht die Forderung nach einer Beteiligung der eingewanderten Ausländer am politischen Leben i n Ubereinstimmung m i t A r t . 1 GG, jedoch kann daraus allein noch kein unmittelbarer Anspruch auf ein Wahlrecht zu den gesetzgebenden Körperschaften hergeleitet werden 3 5 , denn politische M i t w i r k u n g ist auch i n anderen Formen, etwa durch die freie politische Meinungsäußerung, die Mitarbeit i n gesellschaftlichen Gruppen wie auch i n kommunalen Ausländerbeiräten oder anderen beratenden Gremien, möglich 36 . Bleckmann 37 kritisiert zudem diesen Argumentationsansatz zu Recht, wenn er darauf hinweist, daß vielen Ausländern bei einem dauernden Aufenthalt i n der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit verbleibt, ihre staatsbürgerlichen Rechte i n ihrem Herkunftsland wahrzunehmen und sich dort an den Wahlen zu beteiligen. Damit behalten sie zugleich die Möglichkeit, sich als politische Wesen zu entfalten. 3. Art. 5 Abs. 1 G G

Ein Wahlrecht für Ausländer könnte sich möglicherweise ferner aus dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) ergeben. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist, daß dieses Grundrecht jedermann zusteht 38 und i n der Stimmabgabe bei einer Wahl eine Meinungsäußerung gesehen werden könnte. 32 BVerfGE 5, 85, 204 f.; E 7, 198, 205; E 9, 89, 95; E 27, 1, 6; E 28, 314, 323; B V e r f G i n DÖV 1971, 554, 555 f. 33 Vgl. dazu Zippelius i n B K , A r t . 1 Rdnr. 6; Rolvering , S. 119; Dolde, A u s länder, S. 65 m. w. N. 34 Dolde, Ausländer, S. 6; Zuleeg, DVB1. 1974, 347. 35 So offenbar aber Zuleeg, DVB1.1974, 347. 38 Zutreffend insoweit Dolde, Ausländer, S. 75; Bleckmann, Völkerrecht, S. 45; vgl. auch H. H. Klein, S. 167. 37 Bleckmann, Völkerrecht, S. 355; ebenso Wehser, S. 175. 38 Herzog i n M / D / H / S , A r t . 5 Rdnr. 16; v. Münch i n v. Münch, GGKommentar, A r t . 5 Rdnr. 2.

§ 8 Wahlrecht aufgrund weiterer Verfassungsnormen

55

Die rechtstechnisch an sich vorrangige Frage, ob die geheime Stimmabgabe bei einer Wahl überhaupt unter den Begriff der Meinungsäußerung subsumiert werden kann 3 0 , mag dahingestellt bleiben, da schon aus anderen Gründen aus der Freiheit der politischen Meinungsäußerung kein Anspruch auf die Teilnahme an politischen Wahlen hergeleitet werden kann. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck menschlicher Persönlichkeit eines der vornehmsten Menschenrechte und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend 40 . I n i h m w i r d heute nicht mehr nur ein gegen den Staat gerichtetes Freiheitsrecht gesehen, sondern das Grundrecht der freien Meinungsäußerung garantiert darüber hinaus jedermann, Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen zu können und w i r d so zu einem Mitwirkungsrecht am geistigen, sozialen und politischen Leben und damit letztlich auch an der politischen Willensbildung des Volkes 41 . Gleichwohl verbleiben zwischen dem so beschriebenen Recht der freien Meinungsäußerung und dem Wahlrecht deutliche Unterschiede, öffentliche Meinungs- und politische Willensbildung sind primär als Erscheinungen des gesellschaftlich-politischen Bereichs i m Vorfeld der durch den Wahlakt vollzogenen staatlichen Willensbildung aufzufassen, während demgegenüber das Wahlrecht als ein Teilhaberecht an der Ausübung der Staatsgewalt 42 unmittelbar die Bildung des staatlichen Willens betrifft. Diese Unterscheidung zwischen der politischen und der staatlichen Willensbildung des Volkes spiegelt sich i m Grundgesetz wieder. So wirken nach A r t . 21 Abs. 1 GG die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mit, während die staatliche Willensbildung nach A r t . 20 Abs. 2 GG ausschließlich durch das Volk selbst erfolgt. Daraus w i r d ersichtlich, daß die Meinungsfreiheit und das Wahlrecht zwei verschiedenen verfassungsrechtlichen Kategorien angehören. Während das Wahlrecht — manifestiert i m Wahlakt — staatskonstituierend w i r k t , setzt das Grundrecht der Meinungsfreiheit einen bereits konstituierten Staat voraus. Aus A r t . 5 Abs. 1 GG kann m i t h i n ein politisches Teilhaberecht i m Sinne des Wahlrechts nicht hergeleitet werden.

89

Ablehnend BVerfGE 8, 104, 115 u n d B a y V G H i n BayVBl. 1980, 656. St. Rspr. des B V e r f G E 7, 198, 208; E 12, 113, 125; E 20, 56, 97; E 33, 1, 15; E 42, 133, 139 f. 41 Herzog i n M / D / H / S , A r t . 5 Rdnr. 3; υ. Münch i n v. Münch, G G - K o m mentar, A r t . 5 Rdnr. 12; Ridder, Grundrechte I I , S. 249 ff.; Hesse, S. 123. 42 Herzog i n M / D / H / S , A r t . 5 Rdnr. 3; v. Münch i n v. Münch, G G - K o m mentar, A r t . 5 Rdnr. 12; Ridder, Grundrechte I I , S. 249 ff.; Hesse, S. 123. 40

56

4. T e i l : Wahlrecht für Ausländer als Verfassungsgebot

A n dieser grundlegenden Aussage ändert sich auch dann nichts, wenn man der Meinungsfreiheit einen „partizipatorischen Aspekt" beimißt 4 3 und damit jedem potentiellen Träger dieses Grundrechtes einen mittelbaren Anteil an der Ausübung der Staatsgewalt einräumt 4 4 . Bei der Meinungsäußerung kann es sich stets nur u m eine Partizipation i m Vorfeld der eigentlichen Staatswillensbildung handeln, da das Volk unmittelbar nur über den Wahlakt den staatlichen Willen beeinflussen kann. Die über die Meinungsfreiheit garantierte Beeinflussung der politischen Meinungsbildung des Volkes und die staatlichen Dezisionsprozesse bleiben rechtlich streng voneinander getrennt, wenn auch i n praxi eine gewisse Wechselwirkung kaum geleugnet werden kann. Da ein Rückgriff auf A r t . 5 Abs. 1 GG wegen seiner i n den gesellschaftlich-politischen Bereich zielenden Schutzrichtung i m staatsorganschaftlichen Bereich demnach nicht möglich ist 4 5 , kann aus diesem Grundrecht kein Anspruch auf die Teilnahme an den Wahlen hergeleitet werden. M i t dieser Begründung hat der BayVGH 4 6 i m wesentlichen das Begehren einer jugoslawischen Staatsangehörigen zurückgewiesen, i n das Wählerverzeichnis für die bayerische Landtagswahl aufgenommen zu werden. 4. Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG)

Einen ganz anderen Weg hatte zunächst Zuleeg 47 eingeschlagen, der ein verfassungsrechtliches Gebot des Wahlrechts für Ausländer aus dem Sozialstaatsprinzip herzuleiten versuchte. Er ging davon aus, daß die Benachteiligung der Ausländer, wie sie vor allem i m sozialen Bereich besteht, letztlich nur dadurch überwunden werden könne, daß den Ausländern das Wahlrecht zu allen Gesetzgebungskörperschaften eingeräumt werde 48 . Zuleeg untermauerte seine These m i t einem vergleichenden Hinweis auf die Auswüchse der kapitalistischen Klassengesellschaft i m 19. Jahrhundert. Wie diese nur überwunden werden konnten, w e i l die Arbeiterschaft das Wahlrecht erhielt, so könnten i n gleicher Weise durch das Wahlrecht gesteigerte Einflußmöglichkeiten der Ausländer dazu beitragen, die vielfältigen Benachteiligungen dieser 48

Ridder, Grundrechte I I , S. 249 ff.; Sasse / Kempen, S. 9 m. w . N. Vgl. dazu Sasse / Kempen, ebd. 45 Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 5 Rdnr. 1. 46 I n DVB1.1980, 656. 47 I n DÖV 1973, 370; ders., DVB1. 1974, 347; ders., W D S t R L 32 (1973) Diskussionsbeitrag, S. 112. 48 Damit steht Zuleeg i n einer Reihe m i t Autoren, die das Sozialstaatsprinzip m i t unterschiedlichen Begründungen als Legitimationsquelle einer Demokratisierung der Gesellschaft i n Anspruch genommen haben. Vgl. z.B. W. Abendroth, S. 127 f.; Ridder, Verfassungsrechtl. Stellung, S. 16 ff. 44

§ 8 Wahlrecht aufgrund weiterer Verfassungsnormen

57

Bevölkerungsgruppe allmählich abzubauen, wie dieses einem Sozialstaat angemessen erscheine4®. I n neuester Zeit hat Zuleeg den Versuch, aus dem Sozialstaatsprinzip einen Anspruch der Ausländer auf Einräumung des Wahlrechts herzuleiten, jedoch wieder aufgegeben 50 . Da die Sozialstaatsklausel in A r t . 20 Abs. 1 GG nur das Staatsziel der Herstellung sozialer Gerechtigkeit formuliert 5 1 , stellt es i n der Tat eine Überdehnung dieses Grundsatzes dar, wenn daraus auch politische Teilhaberechte hergeleitet werden. Der von Zuleeg früher vertretenen Auffassung ist daher i n Lit. und Rspr. zu Recht widersprochen worden 5 2 . 5. Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 1 GG)

Aus der Prämisse, daß die eingewanderten Ausländer von den Entscheidungen der deutschen Staatsorgane i n gleicher Weise betroffen seien wie die deutschen Staatsbürger, ist unter Hinweis auf eine Identität von Regierenden und Regierten ein Teilnahmerecht der Ausländer an den politischen Wahlen aus dem Demokratiegebot hergeleitet worden 53 . So gehört es i n der Tat zum Wesen der modernen Demokratie, daß der Kreis der Wahlberechtigten — die Aktivbürgerschaft — möglichst weit gefaßt wird, u m den Gedanken der Volkssouveränität als einer Herrschaft des ganzen Volkes zu verwirklichen. Einen Ausschluß vom Wahlrecht rechtfertigen daher i n der Regel nur Wahlünmündigkeit, Geisteskrankheit und Wahlunwürdigkeit aufgrund strafrechtlicher Vorschriften 54 . Dieser vor allem von Zuleeg vertretenen Auffassung, die damit die Staatsangehörigkeit als ein zulässiges Unterscheidungskriterium verneint, ist zunächst entgegenzuhalten, daß bereits ihre Prämisse der gleichen Betroffenheit von Deutschen und Ausländern von den Entscheidungen der staatlichen Organe nicht zutrifft, wie schon oben dargelegt wurde 5 5 . Darüber hinaus liegt dieser Aussage eine petitio principii zugrunde, denn das Prinzip der Demokratie setzt bereits die Existenz eines „de49 Zuleeg, epd-Dokumentation 4/80, S. 11 f.; ders., JuS 1980, 626; ähnlich Vink, Informationsdienst 1/81, S. 94. 50 Zuleeg, JuS 1980, 626. 51 Vgl. BVerfGE 22, 180, 204. 52 Scholz, Jura, 1980, 584; V G Hannover, DVB1. 1981, 1112. 53 So insbesondere Zuleeg, JuS 1980, 626; ders., DVB1. 1974, 347; ders., D Ö V 1973, 370; ders., Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsprotokoll L , S. 152 f.; Vink, Informationsdienst 1/81, S. 91; vgl. auch Beschlüsse des 53. DJT, Ziff. 7, Sitzungsbericht L , S. 289. 54 So v. d. Heydte, S. 355. 55 s. o. § 8.1.

58

4. Teil: Wahlrecht f ü r Ausländer als Verfassungsgebot

mos" voraus, so daß der Schluß von dem demokratischen Prinzip auf den Umfang des „demos" verfehlt ist. Schließlich erscheint auch die von Carl Schmitt?* entwickelte und von Zuleeg übernommene These der Identität von Regierenden und Regierten nach der i m demokratischen Staat „Befehlende und Gehorchende" identisch sind, i m Kern nicht zutreffend, da diese Annahme der Realität der repräsentativen Demokratie nicht gerecht wird. I n den modernen Staatswesen der Gegenwart vollzieht sich die Ausübung der Staatsgewalt nach Regeln, die auf die realen Bedingungen einer pluralistischen Gesellschaft zugeschnitten sind. Dieses bedingt die Existenz besonderer Organe der Leitung und Willensbildung, die zwar einer Legitimation durch das Volk bedürfen, von diesem jedoch deutlich abgesetzt sind und von der Bevölkerung als „Obrigkeit" empfunden werden. Das idealtypische B i l d einer Identität von Regierenden und Regierten paßt höchstens für die Staatsform der unmittelbaren Demokratie, wie sie heute nur noch i n Teilen Jder Schweiz praktiziert wird 5 7 . Eine Identität von Regierenden und Regierten setzt ferner voraus, daß sich die Selbstregierenden untereinander stets einig werden 58 . I n einer funktionierenden Demokratie bildet sich eine Mehrheit und eine Minderheit, wobei die aus den Wahlen hervorgegangene Mehrheit ihre Vorstellungen auch gegen den Willen der Minderheit durchsetzen kann. Zumindest die oftmals keineswegs unbedeutende Minderheit w i r d ihre Vorstellungen i m Handeln der Mehrheit häufig kaum wiederfinden und den Satz der Identität von Regierenden und Regierten daher als Hohn empfinden müssen 59 . Damit w i r d keineswegs geleugnet, daß die M i t glieder eines Staatsvolkes politisch gleichberechtigt sind und über die gleichen Chancen verfügen müssen, ihre Vorstellungen gemäß den Regeln der Verfassung zur Geltung zu bringen. Dieses w i r d für das Wahlverfahren durch die demokratischen Wahlrechtsgrundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl garantiert, die jedoch nicht — wie oben dargestellt 80 — zwingend ein Wahlergebnis für alle Einwohner eines Staatsgebietes fordern und eine Beschränkung auf Staatsbürger zulassen. Aus dem Demokratiegebot kann daher ein Wahlrecht für Ausländer ebenfalls nicht hergeleitet werden. 6. Zusammenfassung

Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, daß das Grundgesetz die Teilnahme von Ausländern an den Wahlen zu den Volks56

Verfassungslehre, S. 234 f. Wie hier: Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20, Abschn. I I Rdnr. 20; Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2 b. 58 So Stern, Staatsrecht I , § 18 I I 6 c m. w . N. 59 Grundsätzlich vgl. Hesse, S. 54 f. 57

eo

§7.

§ 8 Wahlrecht aufgrund weiterer Verfassungsnormen

59

Vertretungen auch dann nicht zwingend vorschreibt, wenn diese auf Dauer i n der Bundesrepublik leben. Das Grundgesetz steht insoweit i n Übereinstimmung m i t allen anderen Verfassungen der Welt. Versuche aus einzelnen Verfassungsnormen ein zwingendes Gebot herzuleiten, den eingewanderten Ausländern ein Wahlrecht einzuräumen, haben i n der Literatur daher auch kein positives Echo gefunden 81 .

β1

Zutreffend Schwerdtfeger,

Gutachten A, S. 110.

Fünfter Teil

Verfassungsrechtliches Verbot einer Beteiligung der Ausländer an den Bundes- und Landtagswahlen Aus dem i m vorhergehenden Kapitel gewonnenen Ergebnis, daß das Grundgesetz eine Beteiligung der eingewanderten Ausländer an den Wahlen nicht gebietet, kann nicht ohne weiteres der Umkehrschluß gezogen werden, daß es eine solche Beteiligung der Ausländer am staatlichen Willensbildungsprozeß grundsätzlich ausschließt. Da das Grundgesetz nicht wie andere Verfassungen 1 eine ausdrückliche Beschränkung des Wahlrechts auf Staatsangehörige enthält, ist vielmehr i m einzelnen zu untersuchen, ob sich ein solches Verbot mittelbar aus einzelnen Verfassungsnormen entnehmen läßt. § 9 Wahlrecht zum Bundestag Die weitestgehende Forderung geht dahin, den eingewanderten ausländischen Arbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen ein Teilnahmerecht an den Bundestagswahlen einzuräumen. Zur Begründung w i r d darauf verwiesen, daß der Bund auf zahlreichen Gebieten, insbesondere aber auf dem Gebiet des Ausländerrechts, die alleinige Gesetzgebungskompetenz hat 2 ; eine nachhaltige Beeinflussung der Gesetzgebung i m Sinne der Ausländer sei daher vor allem durch ihre M i t w i r k u n g an den Bundestagswahlen zu erreichen 8 . Eine Beschränkung des Bundestagswahlrechts auf deutsche Staatsangehörige könnte i n erster Linie aus A r t . 20 Abs. 2 GG hergeleitet werden. Danach geht alle Staatsgewalt vom Volke aus und w i r d vom Volk i n Wahlen und Abstimmungen ausgeübt, d. h. daß die Ausübung jeder Form der Staatsgewalt auf das Volk zurückführbar sein muß 4 . Die Ausübung der Staatsgewalt erfolgt durch demokratisch legitimierte Staatsorgane, die ihre Legitimation aufgrund periodisch stattfindender Wahlen des Volkes erhalten 6 . 1 Vgl. A r t . 3 Abs. 4 der franz. Verfassung; T i t e l I V A r t . 48 Abs. 1 ital. V e r fassung; A r t . 26 Abs. 1 Bundesverfassung Österreich, w o von dem „Bundesv o l k " gesprochen w i r d . 2 A r t . 73 Ziff. 2 u n d 3 GG. 8 Zapf, S. 204 f. 4 BVerfGE 49, 89, 124 ff.; E 47, 253, 272; E 44, 125, 138; Stern, Staatsrecht I , § 36 I V 2a.

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

61

Der Volksbegriff des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 G G

Für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Ausländerwahlrechts gewinnt damit die Frage wie der Begriff des ,Volkes 4 i n A r t . 20 Abs. 2 GG auszulegen ist zentrale Bedeutung. Können auch die Ausländer als Mitglieder dieses Volkes angesehen werden, so steht ihrer Teilnahme an den Wahlen nichts i m Wege, da sie dann wie die deutschen Staatsbürger Träger der Staatsgewalt wären. Ergibt die Auslegung des Volksbegriffes jedoch, daß der Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 GG nur die deutschen Staatsbürger umfaßt, so folgt daraus zugleich der Ausschluß der Ausländer von den Wahlen zum Bundestag, denn der Wille des so definierten Volkes und die aus seiner Wahlentscheidung folgende Legitimation des staatlichen Handelns würden verfälscht, wenn auch Personen an den Wahlen teilnehmen, die nicht zum Volk zu zählen sind®. a) Begriffsweite

des Volksbegriffs

Welchen besonderen Schwierigkeiten die Auslegung des Volksbegriffes i n A r t . 20 Abs. 2 GG unterliegt, w i r d deutlich, wenn man den vieldeutigen Sprachgebrauch des Wortes „ V o l k " untersucht 7 . Dieser Begriff w i r d nicht nur i n der Umgangssprache m i t den mannigfachsten Bedeutungsinhalten gebraucht, sondern auch die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen benutzen keinen einheitlichen Volksbegriff. So verwenden die Ethnologie, die Soziologie, die Historik und nicht zuletzt auch die Staatsrechtswissenschaft jeweils einen eigenen Volksbegriff, der von dem der anderen Wissenschaftsdisziplinen durchaus verschieden ist 8 . Das Wort ,Volk' entstammt dem althochdeutschen ,folc', mittelhochdeutsch ,volc' oder ,volk'. Es bedeutet allgemein ,Leute', ,Schar', ,Menge', auch ,Heereshaufe' oder ,Heeresabteilung' 9 . Neumann 10 hat neben diese ursprünglichen Wortbedeutungen noch sieben weitere, heute gebräuchliche Bedeutungen gestellt: — Volk =

Bevölkerung

— Volk = Volksstamm (völkerkundlicher Volksbegriff) — Volk = niedere Schicht der Bevölkerung — Volk = Inbegriff der Regierten i m Gegensatz zu den Regierenden

5 β

376. 7

Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 168. Birkenheier, Wahlrecht, S. 21; Ruland, JuS 1975, 11; Behrend,

Ebenso Stern, Staatsrecht I I , § 25 I 2. Kimminich, S. 29; Liermann, S. 7. 9 Liermann, S. 8. 10 S. 32 ff. 8

D Ö V 1973,

62

5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen

— Volk = Gesamtheit der Staatsangehörigen (staatsrechtlicher Volksbegriff) — Volk = Gesamtheit der Wahlberechtigten (Aktivbürgerschaft) — Volk = Nation, verstanden als K u l t u r - oder Staatsnation (soziologischer Volksbegriff) 11 . Angesichts dieser Vielzahl möglicher Bedeutungsinhalte des Volksbegriffes ist zunächst die Frage zu stellen, ob sich das Grundgesetz für einen dieser Bedeutungsinhalte entschieden und diesen dann konsequent beibehalten hat. Die naheliegende Annahme, daß i n das Grundgesetz allein der staatsrechtliche Volksbegriff Eingang gefunden habe, erweist sich als unzutreffend, da an verschiedenen Stellen insbesondere der soziologische Volksbegriff sichtbar wird. b) Der soziologische Volksbegriff Als Volk i m soziologischen Sinn w i r d eine Gesamtheit von Menschen bezeichnet, die sich durch ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl verbunden fühlt, das auf gemeinsamer Abstammung und Sprache, gemeinsamem kulturellem Erbe oder politischer Schicksalsgemeinschaft beruhen kann 1 2 . I n diesem soziologischen Sinn ist der Volksbegriff i m Grundgesetz i n der Präambel, i n A r t . 56 13 und A r t . 116 Abs. I 1 4 zu verstehen, da dort das Schwergewicht des Volksbegriffes auf der Betonung der Gemeinschaft aller Deutschen i m ethnischen Sinne unabhängig von ihrer augenblicklichen Zuordnung zu den Staaten liegt, die bei Schaffung des Grundgesetzes noch auf nicht absehbaren Kriegsfolgen beruhte. Zur Bestimmung des Volkes i n A r t . 20 Abs. 2 GG ist allerdings der soziologische Volksbegriff nicht brauchbar, da er an irrationale Größen wie Zusammengehörigkeitsgefühl und Schicksalsgemeinschaft anknüpft, die sich einer exakten juristischen Subsumtion entziehen. Auch zeigt die deutsche Geschichte, daß sehr wohl ein Volk i n verschiedenen Staaten leben kann.

11 v. Held unterscheidet gar 9 verschiedene Bedeutungen des Wortes ,Volk'. (Zitiert bei Stern, Staatsrecht I I , § 25 I 2). — Nicht weniger schillernd als der Volksbegriff ist letztlich der Begriff der »Nation 4 , f ü r den Pan, S. 43, eine achtfache Bedeutung fand. Vgl. auch Stern, Staatsrecht I I , § 25 I 2 b. 12 Zippelius, S. 71; ähnlich Stern, Staatsrecht I I , § 25 I 2a. 13 Ebenso Liermann, S. 32, f ü r die entsprechenden Normen der Weimarer Reichsverfassung. 14 Birkenheier, Wahlrecht, S. 26 f., spricht i n diesem Zusammenhang von einem kultursoziologischen Sinn.

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

c) Volk als staatsrechtlicher

63

Begriff

Aber auch an den Stellen, an denen der Volksbegriff eindeutig einen staatsrechtlichen Inhalt hat, werden Mehrdeutigkeiten sichtbar, wie dieses exemplarisch am Beispiel des A r t . 20 Abs. 2 GG nachgewiesen werden kann. Während i n Satz 1 dieser Norm das Volk abstrakt als Träger der Staatsgewalt bezeichnet w i r d (Prinzip der Volkssouveränität i m Sinne einer Staatsbürgerschaft des Volkes) 15 spricht Satz 2 die konkrete Ausübung der Staatsgewalt an, die jedoch nur durch die wahlberechtigten Volksmitglieder — die sogenannte Aktivbürgerschaft 1 ® — erfolgt 17 . Der Volksbegriff i n Satz 2 umfaßt damit nur einen Teil des i n Satz 1 bezeichneten Volkes. Als Zwischenergebnis kann damit festgehalten werden, daß es den Volksbegriff des Grundgesetzes nicht gibt 1 8 , sondern daß vielmehr der Volksbegriff i n jedem Einzelfall auf seine Bedeutung h i n untersucht werden muß 1 9 . 2. Volk = Gesamtheit der deutschen Staatsbürger

Die weitaus überwiegende Zahl der Autoren geht unter Zugrundelegung des staatsrechtlichen Volksbegriffes heute davon aus, daß unter dem ,Volk' i n A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Gesamtheit aller (deutschen) Staatsangehörigen zu verstehen sei 20 . Die Konsequenz dieser Auffassung ist, daß das Wahlrecht zum Bundestag auf deutsche Staatsbürger beschränkt bleiben muß 2 1 . 15

v. Mangoldt/Klein, A r t . 20 A n m . V 4c; Sennewald, VR, 1981, 78 F N 12. Auch als ,Staatsbürgervolk' (Heller, S. 163) oder ,Organvolk' (Liermann, S. 101) bezeichnet. 17 Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28 Rdnr. 49; Lamers, S. 33; Schnapp i n v. Münch, GG-Kommentar, A r t . 20 Rdnr. 31; Sasse / Kempen, S. 19; Kriele, W D S t R L 29 (1970), 60; v. Löhney sen, D Ö V 1981, 529 f.; a. A . Leyendecker, DÖV 1981, 528. 18 So auch v. Mangoldt / Klein, A r t . 20 A n m . V 4d; Wernicke i n B K , A r t . 20, Erl. I I 2b; Lamers, S. 33; Henkel, S. 100. 19 So auch Hasenritter, VR 1981, 14 f.; Sasse ! Kempen, S. 8. 20 v. Mangoldt / Klein, A r t . 20 A n m . V 4c; Herzog i n M / D / H / S, A r t . 20 I I Rdnr. 10 f.; Wernicke i n B K , A r t . 20, Erl. I I 2b; Hamann ! Lenz, A r t . 20 A n m . Β 5; Behrend, D Ö V 1973, 376; Ruland, JuS 1975, 10; Henkel, S. 100; Schwerdtfeger, Gutachten A, S. 107; Bleckmann, Völkerrecht, S. 354; Lamers, S. 34 f.; Birkenheier, Wahlrecht, S. 23; ders., epd-Dokumentation 4/80, S. 16; Stern, Staatsrecht I, § 8 I 4b; Scholz, Jura 1980, 584; Peters, Entwicklungen, S. 117; Bahr, S. 215; Dolde, D Ö V 1973, 372; Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 31, 39; Hess. Landesregierung i n LDruckS 7/3394, S. 1; Schl.-Hol. Landtag, Beschluß v o m 14.12.1979, abgedruckt bei Rittstieg, Wahlrecht, S. 23 f.; Bescheid der Petition (600)-8-lll-20816 durch den Petitionsausschuß des Dt. Bundestages, abgedruckt i n Loccumer Protokolle, S. 154; Sennewald, V R 1981, 77 ff. 21 Neben den i n F N 20 genannten auch Isensee, W D S t R L 32 (1973), S. 49; Roters i n v. Münch GG-Kommentar, A r t . 28 Rdnr. 22; v. Mutius, Gutachten E, S. 212; Birkenheier, Wahlrecht, S. 103 ff.; Lamers, S. 56 ff. 18

64

5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen

a) Tradition

der europäischen

Nationalstaaten

Diese Auffassung erscheint den meisten der Autoren so evident, daß eine nähere Begründung i n der Regel nicht erfolgt. Allenfalls w i r d darauf verwiesen, daß das Grundgesetz insoweit i n der Tradition der europäischen Nationalstaaten stehe 22 . Tatsächlich blieb eine Beteiligung des Volkes am staatlichen Willensbildungsprozeß, soweit sie nach der französischen Revolution i n Europa möglich wurde, stets auf die Staatsangehörigen beschränkt. Erste Ansätze zur Regelung einer Staatsbürgerschaft enthält die französische Revolutions Verfassung von 1791, die i n Titel II, A r t . 2—6 23 die Rechtsstellung des „citoyen français" und in Titel ΙΠ, Kap. I, Abschnitt II, A r t . 2 des „citoyen actif" regelt 24 und die Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Rechte auf die Franzosen begrenzt. Allerdings gehen die französischen Verfassungen von 1791 und 1793 noch nicht von einer geschlossenen Staatsgemeinschaft aus 25 , da der Erwerb des Status eines ,citoyen actif' ohne Schwierigkeiten möglich und letztlich nur vom Willen des Fremden abhängig war 2 8 . Angesichts der Problemlosigkeit der Einbürgerung w i r d deutlich, daß die Begrenzung der staatsbürgerlichen Rechte eher eine Ordnungsfunktion bezweckte 27 als einen dauernden Ausschluß der Fremden von den staatsbürgerlichen Rechten. Diese Regelung entspricht damit der i m Anfangsstadium der Revolution herrschenden liberal-demokratischen Theorie, wonach unter der Gleichheit die Gleichheit aller Menschen verstanden wurde. Eine grundlegende Änderung trat i m Zuge der bald darauf einsetzenden Revolutionskriege ein, die Hand i n Hand ging m i t einer radikalen Nationalisierung der Politik i n Europa 28 . I n der anbrechenden national-demokratischen Phase entwickelte sich aus der abstrakten 22 Grabitz, S. 25 ff.; Ermacora, 1. Tb. S. 440; Schwerdtfeger, Gutachten A, S. 107; Zuleeg, DVB1. 1974, 349; Birkenheier, epd-Dokumentation 4/80, S. 14; Franz, deutsch lernen, Heft 3/79, S. 61; Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8a; Emmerig, Sitzungsbericht L, S. 31. Bereits lange vor der Existenz des G r u n d gesetzes wurde das Staatsvolk i n der deutschen Verfassungsgeschichte als die Summe aller Staatsangehörigen definiert: Laun, S. 244; G. Jellinek, S. 406; Anschütz, A n m . 2 zu A r t . 1 WRV. 23 Franz, Texte, S. 310, 312. 24 Franz, Texte, S. 316. 25 Grabitz, S. 38; Rittstieg, Wahlrecht, S. 51. 26 T i t e l I I A r t . 3 der Verfassung von 1791 lautet etwa (zitiert nach Franz, Texte, S. 313): „Diejenigen, die außerhalb des Königreiches von fremden Eltern geboren w u r d e n u n d i n Frankreich wohnen, werden nach einer u n unterbrochenen Niederlassung von 5 Jahren i m Königreich Bürger, w e n n sie außerdem Grundbesitz erworben oder eine Französin geheiratet oder auch einen landwirtschaftlichen Gewerbebetrieb eingerichtet u n d den Bürgereid geleistet haben"; Bülck, S. 794 f. 27 So Grabitz, S. 37. 28 So versteht Preußen schon wenig später seinen K a m p f gegen Napoleon als einen nationalen Befreiungskrieg. Vgl. auch Grabitz, S. 40.

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

65

Gleichheit aller Individuen die konkrete Gleichheit der Angehörigen derselben Nation 2 9 . Aus dem Territorialbürger wurde der Staatsbürger 30 . Die Entwicklung i m übrigen Europa folgt dem französischen Vorbild i n der Identifizierung des Staatsvolkes m i t der Summe der Staatsangehörigen. Dabei wurde die Entwicklung i n Deutschland besonders durch das , Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Eigenschaft als preuzischer Unterthan sowie über den E i n t r i t t i n den fremden Staatsdienst' 31 geprägt, das zum Muster der späteren Staatsangehörigkeitsgesetze wurde 3 2 . Das deutsche Volk konnte allerdings erst m i t der Verfassung von 1871 zum Staatsvolk des deutschen Reiches werden, da es zuvor i n zahlreiche deutsche Kleinstaaten aufgesplittert war 3 3 . I n der nationalstaatlichen Tradition steht erkennbar auch die Weimarer Reichsverfassung. Während es i n A r t . 1 Abs. 2 WRV heißt, daß alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, erfolgt eine klarstellende Präzisierung i n A r t . 17 Satz 2 WRV, wo bestimmt ist, daß die Volksvertretung von allen reichsdeutschen Männern und Frauen gewählt wird. Dementsprechend wurde der Volksbegriff des A r t . 1 Abs. 2 WRV von der staatsrechtlichen Literatur übereinstimmend definiert als die Gesamtheit der Staatsangehörigen, die verfassungsmäßig berufen sind, mittelbar an der Bildung des Staatswillens teilzunehmen 34 . Angesichts dieser Entwicklung i n Deutschland sollte man allerdings nicht übersehen, daß i n zahlreichen Ländern Europas bis i n das 20. Jahrhundert das Wahlrecht an andere Kriterien gebunden war. Unter dem Einfluß der englischen Verfassung wurde insbesondere der Grundbesitz i m Wahlbezirk oder die Steuerleistung als Voraussetzung für das Wahlrecht angesehen35. 29

Vgl. Grabitz, S. 41 m. w. N. Bülck, S. 797 f.; Grawert, S. 78 ff. 31 GS 1843, S. 15. 32 Grabitz, S. 41. 33 Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2a. 34 C. Satorius, HdBDStR I, S. 281; ähnlich: Anschütz, A n m . 2 zu A r t . 1 W R V : „Die Gesamtheit aller politisch vollberechtigten Deutschen"; W. Jellinek, S. 44: „Die Gesamtheit der Reichstagswähler"; Thoma, HdBDStR I S. 187: „Die Aktivbürgerschaft des allgemeinen u n d gleichen W a h l - u n d Stimmrechts". 35 Rittstieg, Wahlrecht, S. 51. Interessanterweise w u r d e i n den Verfassungsdebatten der englischen Revolution von 1647 das Wahlrecht der G r u n d besitzer m i t dem Argument verteidigt, daß alle Nichtgrundbesitzer nicht dauernd an das englische Königreich gebunden seien u n d es jederzeit v e r lassen könnten. Heute w i r d i n ähnlicher Weise gegen ein Wahlrecht f ü r Ausländer eingewandt, daß diese i m Gegensatz zu den Deutschen jederzeit den Staat verlassen könnten u n d nicht unentrinnbar auf diesen angewiesen seien. Siehe unten § 16. 4. 30

5 Breer

66

5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen

Dieser historische Rückblick belegt die Annahme, daß das Grundgesetz i n der Tradition der europäischen Nationalstaaten stehend eine M i t w i r k u n g an der staatlichen Willensbildung den deutschen Staatsangehörigen vorbehält und damit der Volksbegriff i n A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG m i t der „Gesamtheit aller deutschen Staatsbürger" zutreffend umschrieben ist. b) Das Staatsvolk als Träger der Demokratie Darüber hinaus können auch aus der demokratischen Regierungsform, wie sie das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vorschreibt, Ansätze für eine entsprechende Auslegung gewonnen werden. I n der parlamentarischen Demokratie muß gem. A r t . 20 Abs. 2 GG die Ausübung aller Staatsgewalt auf das Volk zurückgeführt werden können, wodurch das Volk zum alleinigen Inhaber des obersten staatlichen Bestimmungsrechts wird, das es i n Wahlen und Abstimmungen ausübt. Da Inhaber dieses staatlichen Bestimmungsrechts nur ein eindeutig bestimmbarer Entscheidungsträger sein kann, bedarf es einer klaren Umschreibung des Entscheidungskörpers ,Volk' 3 e . Hierzu erscheint das K r i t e r i u m der Staatsbürgerschaft i n besonderer Weise geeignet, da durch den Rückgriff auf die Staatsbürgerschaft — ohne daß es eines aufwendigen Verfahrens bedürfte — sichergestellt wird, daß der Kreis der Stimmberechtigten weitestgehend m i t den der Staatsgewalt Unterworfenen übereinstimmt. Die Notwendigkeit dieser Übereinstimmung w i r d als eine Folge des Grundsatzes der demokratischen Egalität gesehen, wonach gleicher Einfluß auf die Staatsgewalt nur denjenigen zustehen darf, die dieser Staatsgewalt i n gleicher Weise ausgeliefert sind 37 . Wie bereits oben nachgewiesen wurde 3 8 , bestehen i m Pflichtenstatus zwischen einem Ausländer und einem Deutschen beträchtliche Unterschiede, so daß auch aus diesem Grund die Auslegung des Volksbegriffes i n A r t . 20 Abs. 2 S. 1 GG als Gesamtheit aller deutscher Staatsangehöriger naheliegt. c) Volk als „deutsches Volk" Vereinzelt ist die Beschränkung des Volksbegriffes i n A r t . 20 Abs. 2 GG auf deutsche Staatsangehörige schließlich damit begründet worden, daß das Grundgesetz an einigen Stellen 39 ausdrücklich von dem d e u t schen Volk' spreche. Wenn der Verfassungsgeber den Begriff ,Volk' ver38

So auch Birkenheier, Wahlrecht, S. 60. Ruland, JuS 1975, 12; Henkel, S. 9; Sennewald, heier, Wahlrecht, S. 61. 37

38 39

§ 8. 1. Präambel; A r t . 1 Abs. 2; A r t . 56; A r t . 146.

V R 1981, 78; Birken·

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

67

wende, meine er stets dieses »deutsche Volk 4 4 0 und der Kreis der Volkszugehörigen werde folglich durch A r t . 116 Abs. 1 GG definiert 4 1 . aa) Untersuchung nach dem Regelungsgehalt der Norm Die Annahme, daß m i t ,Volk' stets das deutsche Volk gemeint sei, w e i l es an einigen Stellen des Grundgesetzes ausdrücklich so bezeichnet wird, vermag kaum zu überzeugen. Diese Argumentation läßt außer acht, daß die terminologische Unterscheidung zwischen ,Volk' und »Deutschem Volk' vom Verfassungsgeber bewußt getroffen ist und sowohl aus dem Regelungsgehalt der jeweiligen Verfassungsnormen wie aus der historischen Situation bei der Entstehung des Grundgesetzes erklärt werden kann 4 2 . So zielt die Präambel i n ihrem Regelungsgehalt auf die Überwindung der drohenden Teilung der deutschen Nation und die Wiederherstellung der staatlichen Einheit. Adressat der Forderung nach staatlicher Einheit konnte i n dieser historischen Situation nur das gesamte deutsche Volk als ethnische Gruppe sein. Über eine eventuelle Integration von Nichtdeutschen i n das staatliche Gemeinwesen, die zudem bei der Entstehung des Grundgesetzes gar nicht zur Diskussion stand, w i l l die Präambel nichts aussagen48. Zudem verbietet es sich, aus der Präambel Rückschlüsse auf die Auslegung des Volksbegriffes i n A r t . 20 Abs. 2 GG zu ziehen, w e i l die deutsche Nation i n der Präambel als Subj e k t der Verfassungsgebung angesprochen wird, während in A r t . 20 Abs. 2 GG das Volk als Organ des verfaßten demokratischen Staates bezeichnet wird 4 4 . Ebensowenig kann der i n A r t . 1 Abs. 2 GG und A r t . 56 GG benutzte Begriff des „deutschen Volkes" für einen solchen verallgemeinernden Schluß herangezogen werden. Während A r t . 56 GG, der lediglich die Eidesformel für den Bundespräsidenten festlegt, einen eigenständigen, verfassungsrechtlich erheblichen Inhalt nicht hat 4 5 , postuliert A r t . 1 Abs. 2 den Willen der Deutschen, als einer i m Bewußtsein der Völker abgrenzbaren ethnischen Gruppe, an der Verwirklichung der Menschenrechte mitzuwirken 4 8 . Demgegenüber liegt der Regelungsgehalt des A r t . 20 Abs. 2 GG i n der Ableitung und Legitimation der Staatsgewalt, die nach dem Grund40 Emmerig, Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht L , S. 160; Scholz, Jura 1980, 585; Rolvering, S. 77. 41 So v. Katte, S. 26. 42 Vgl. auch Franz, deutsch lernen, Heft 3/79, S. 65. 43 Hasenritter, V R 1981, 15. 44 Vgl. Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2a; Schmidt-Jortzig, PuZ 38/79, S. 5. 45 υ. Münch, GG-Kommentar, A r t . 56, Rdnr. 2. 46 v. Münch, GG-Kommentar, A r t . 1, Rdnr. 30; Hasenritter, VR, 1981, 15. 5*

68

5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen

gesetz nur vom. Volk und nicht von anderen denkbaren Autoritäten (Gott, Monarch, Besatzungsmächte) ausgeht 47 . So zentral die Bedeutung des A r t . 20 Abs. 2 GG für die Grundordnung der Bundesrepublik unbestreitbar ist, so soll hierdurch jedoch allein die Idee der Volksherrschaft verbindlich vorgegeben, aber keine Aussage über die Bestimmung des Kreises der Volkszugehörigen getroffen werden 48 , denn die Volksherrschaft setzt bereits die Existenz eines bestimmten Volkes voraus. bb) Zweck der Unterscheidung Z u der Differenzierung zwischen dem „deutschen V o l k " und dem „ V o l k " haben den Verfassungsgeber vielmehr andere Überlegungen bewogen, die ihren Grund i n der bundesstaatlichen Gliederung der Bundesrepublik haben. Da sich der Regelungsgehalt des A r t . 20 Abs. 2 GG über Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG auch auf die Länder erstreckt, w i r d durch die Benutzung des neutralen Begriffes „ V o l k " einer denkbaren K o l l i sion zwischen der Staatsgewalt des Bundes, die vom gesamten deutschen Volk herrührt, und der Staatsgewalt der Länder, die auf dem Volk i n den Ländern beruht, vermieden 49 . Zugleich w i r d auf diese Weise dem Mißverständnis entgegengewirkt, daß sich die Staatsgewalt der Bundesländer nicht originär von dem Volk in den Ländern ableite, sondern von dem gesamten deutschen Volk und damit nur eine vom Bund abgeleitete Staatsgewalt sei 50 . cc) Unzulässigkeit eines Umkehrschlusses Die vom Verfassungsgeber vorgegebene Unterscheidung zwischen dem „deutschen V o l k " und „ V o l k " legt i m Wege des argumentum e contrario den Schluß nahe, daß nur bei der Benutzung des Begriffes „deutsches V o l k " die deutschen Staatsbürger gemeint seien, während der Volksbegriff ohne den Zusatz „deutsch" diese Beschränkung auf die deutschen Staatsbürger gerade nicht enthalte 51 . Dieser Schluß überzeugt jedoch nicht, da — wie soeben gezeigt wurde — die Unterscheidung zwischen den Begriffen „ V o l k " und 47 So greift das GG eine Formulierung der Weimarer Reichsverfassung auf, durch die bewußt die A b k e h r v o m monarchischen Staat ausgedrückt werden sollte. 48 Z u m Zweck des A r t . 20 Abs. 2 GG vgl. die Ausführungen des Abg. C. Schmid , auf dessen I n i t i a t i v e die Formulierung des A r t . 20 Abs. 2 G G wesentlich zurückgeht, v o r dem Grundsatzausschuß i n JÖR N F Bd. 1, S. 198 f. 49 Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20, Abschn. I I , Rdnr. 101; ders., Abschn. I V , Rdnr. 54; v. Mangoldt / Klein, A r t . 20, A n m . V 4 e ; Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2 c. 60 So unzutreffend aber Hamann / Lenz, A r t . 20, A n m . Β 5; Zinn, S. 294, 296. 51 So aber E. Küchenhoff, Disskussionsbeitrag, 53. DJT, Sitzungsbericht L , S. 100, 145.

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

69

„deutsches V o l k " allein i n dem Regelungsgehalt der jeweiligen Norm begründet liegt, ohne daß Anhaltspunkte dafür ersichtlich wären, daß der Verfassungsgeber durch diese Unterscheidung ausländische Staatsangehörige i n den Volksbegriff m i t aufnehmen wollte 5 2 . Zudem mußte durch die Wahl eines neutralen Volksbegriffes der Tatsache Rechnung getragen werden, daß es den deutschen Staatsbürgern i n den ehemaligen deutschen Ostgebieten und i n der DDR nicht möglich ist, an den Wahlen i n der Bundesrepublik teilzunehmen. Da m i t h i n von ihnen i n der Bundesrepublik keine Staatsgewalt ausgeht 53 , erscheint es zweifelhaft, ob sie zum Volk i m Sinne des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG gezählt werden können 54 . Nicht zuletzt aus diesen Überlegungen w i r d deutlich, daß A r t . 20 Abs. 2 GG m i t dem Rang eines allgemeinen Verfassungsprinzips ausgestattet ist, das allerdings für eine eindeutige Auslegung i m Einzelfall nur bedingt tauglich ist 5 5 . Die verbindliche Bestimmung, wer an der staatlichen Willensbildung durch die Teilnahme an den Wahlen m i t wirken kann, bleibt so letztlich spezielleren Regeln, etwa denen des Wahlrechts, vorbehalten. Der insoweit einschlägige A r t . 38 Abs. 1 GG enthält aber i m Gegensatz etwa zu A r t . 17 WRV keine Beschränkung auf Deutsche. Ein Ansatz zu einer weitergehenden Interpretation würde sich allenfalls dann ergeben, wenn — wie etwa i n der österreichischen Bundesverfassung an vergleichbarer Stelle — der Begriff ,Bundesvolk 4 benützt würde. d) Fazit Folgt man der herrschenden Meinung i n der Auslegung des Volksbegriffes, die eine Einbeziehung der Ausländer i n das ,Volk' des A r t . 20 Abs. 2 GG ausschließt, so kommt eine Teilnahme an den Bundestagswahlen für Ausländer aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht i n Betracht. Von den Befürwortern einer Zulässigkeit des Ausländerwahlrechts w i r d daher vor allem diese Auslegung des Volksbegriffes i n Frage gestellt und versucht, den Nachweis zu erbringen, daß das Grundgesetz zwischen dem deutschen Volk als Träger der verfassungsgebenden Gewalt und dem Volk i m Sinne des A r t . 20 Abs. 2 GG als Legitimationsquelle der Staatsgewalt unterscheidet 56 .

62

I m Ergebnis ebenso Birkenheier, Wahlrecht, S. 30 f. Zutreffend v. Löhneysen, D Ö V 1981, 530. 54 Nach BVerfGE 5, 2, 6 ist der Bundestag das Repräsentationsorgan der i m Geltungsbereich des Grundgesetzes lebenden Bevölkerung. Vgl. auch V. Mangoldt / Klein, A r t . 38, A n m . I V 3; Birkenheier, Wahlrecht, S. 31. 65 Ebenso Rittstieg, Wahlrecht, S. 59 f. 56 Rittstieg, Wahlrecht, S. 32. 53

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5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen 3. Volk = Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland

Da es an einer gesetzlichen Definition des Volksbegriffes fehlt 5 7 , ist der Versuch unternommen worden, zum Volk neben den Staatsangehörigen auch die Ausländer zu zählen, die sich auf Dauer i m Staatsgebiet niedergelassen haben 58 . a) Volk als geistige Gemeinschaft Die Ausführungen Hans Liermanns 59, der bereits i n den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts anregte, nicht nur diejenigen, die als Staatsbürger registriert sind, sondern alle die, die derart i n geistiger Gemeinschaft stehen, daß sie einen Staat als ihren Staat betrachten, m i t zum Staatsvolk zu zählen, haben bis heute nur wenig von ihrer Aktualität eingebüßt, auch wenn sie kaum eine staatsrechtliche Relevanz erlangt haben. Nach Liermanns Auffassung gehört der Bürger, der seiner Staatsangehörigkeit nach Ausländer ist, aber i n Deutschland lebt, vielleicht dort geboren ist und sich ganz auf das deutsche Staatswesen eingestellt hat, gleichwohl zum deutschen Staatsvolk, mag er auch den formalen Wechsel der Staatsangehörigkeit nicht vollzogen haben. b) Volk als Lebens- und Schicksalsgemeinschaft I n gleicher Weise ist der Schweizer Aubert 80 zu verstehen, wenn er darauf hinweist, daß die Einwanderer ebenso zur menschlichen Substanz des Gemeinwesens ,Staat' zählen, wie die „Inhaber von Staatsangehörigkeitsausweisen" . Wilhelm 81 weist ebenso wie Zuleeg 82 darauf hin, daß viele Ausländer i h r Schicksal m i t dem des deutschen Volkes durch ihre auf Dauer gerichtete Ansiedlung verbunden haben. Deutlich werde diese Schicksalsgemeinschaft besonders auf dem Arbeitsmarkt, wo die ausländischen Arbeitnehmer meist noch unmittelbarer als ihre deutschen Kollegen vom ,auf und ab' der wirtschaftlichen Konjunktur betroffen werden. Zuleeg begründet seine Auffassung vom Volk als „Lebens- und Schicksalsgemeinschaft" aus dem Sinngehalt der Demokratie, wonach dem Einzelnen, wenn er schon nicht selbst bestimmen kann, zumindest die Einwirkungen auf die allgemein verbindlichen Entscheidungen — i n der repräsentativen Demokratie durch die Wahl der Entscheidungsträ57

Sasse / Kempen, S. 8. So etwa Zuleeg, DVB1. 1974, 347 ff.; Wilhelm, S. 60; zweifelnd Rolvering, S. 77. 59 S. 48 f. 80 S. 215 ff. 81 DemoGde 1975, 17. 82 D Ö V 1973, 349. 58

DemoGde 1975, 17; Thieme,

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

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ger — zu sichern sind. Eine so verstandene Demokratie habe ihre Wurzel i n der Würde des Menschen, die nach A r t . 1 Abs. 1 GG auch dem Ausländer zukomme. Somit gebiete es der Menschenwürdegehalt des Demokratieprinzips, die Ausländer an den für sie maßgeblichen Entscheidungsprozessen zu beteiligen 83 . c) Bedeutungswandel

des Volksbegriffes

Wilhelm 64 stützt seine weite Auslegung des Volksbegriffes darüber hinaus auf die seit Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgten soziologischen Veränderungen i n der Bundesrepublik. Zwar geht auch er davon aus, daß der parlamentarische Rat, dem i m übrigen nur Deutsche angehörten, m i t dem Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 GG nur Deutsche erfassen wollte, jedoch w i r f t Wilhelm die Frage auf, welche Entscheidung der Parlamentarische Rat getroffen hätte, wenn bereits damals bedacht worden wäre, daß — wie dieses heute der Fall ist — nahezu 7 °/o der Wohnbevölkerung der Bundesrepublik eine ausländische Staatsangehörigkeit hat. Ausgehend von diesem Ansatzpunkt erscheint es Wilhelm gerechtfertigt, den Volksbegriff heute angesichts einer völlig veränderten Situation auf der Grundlage einer interpretativen Weiterentwicklung anders auszulegen, als ihn die Verfassungsväter verstanden haben mögen 65 . Diesem Ansatz ist zuzugeben, daß es bei der Auslegung der Verfassungsnormen nicht i n allen Fällen geboten ist, an der Entstehungsgeschichte der Verfassung sowie an den Vorstellungen und Motivationen des Verfassungsgebers festzuhalten 66 . Vielmehr können neue Einsichten und eine Weiterentwicklung der Verfassungswirklichkeit zu Interpretationsergebnissen führen, die von den Vorstellungen des Verfassungsgebers abweichen 67 . Schon i n seiner frühen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht 68 darauf hingewiesen, daß eine Verfassungsbestimmung einen Bedeutungswandel erfahren kann, wenn neue vom Verfassungsgeber nicht vorausgesehene Tatbestände auftauchen oder auch bereits bekannte Tatbestände durch ihre Einordnung i n neuer Beziehung oder Bedeutung erscheinen 69 . 63 I m Ergebnis ähnlich die Diskussionsbeiträge von H. Meyer, Kewenig u n d Tomuschat i n W D S t R L 32 (1973), S. 107 ff.; 120 ff.; 136 f. 64 Wilhelm, DemoGde 1975, 17. 05 Ä h n l i c h Hasenritter, V R 1981, 15; Rittstieg, Wahlrecht, S.45ff. ββ So ausdrücklich BVerfGE 45, 187, 227. 67 Larenz, S. 338; Maunz, Staatsrecht, S. 44. 68 BVerfGE 2, 380, 401; E 7, 342, 351. 69 Z u der damit angeschnittenen komplexen Problematik der Verfassungsw a n d l u n g vgl. i m einzelnen die umfangreichen Darstellungen bei Hesse, Grenzen, S. 123 ff.; Krüger, Verfassungswandlung, S. 151 ff.; Laband, W a n d lungen, passim; Larenz, S. 338; Maunz, Staatsrecht, S. 45.

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5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen

Davon ausgehend, daß der Wesensgehalt des i n A r t . 20 Abs. 2 GG niedergelegten Prinzips der Volkssouveränität nicht angetastet werden dürfe, betont Sennewald 70, daß die Grundsätze der Verfassungsnormen dann nicht „berührt" werden, wenn ihnen i m allgemeinen Rechnung getragen w i r d und sie nur für einen Sonderfall entsprechend ihrer Eigenart aus „evident sachgerechten Gründen" modifiziert werden. Eine solche Modifizierung des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG, die eine Teilnahme von Ausländern an den Wahlen zuließe, erscheine durchaus möglich, da dem Wortlaut des A r t . 20 Abs. 2 GG nicht zu entnehmen sei, daß die Monopolisierung der staatsbürgerlichen Rechte bei den deutschen Staatsangehörigen zum unabänderlichen Kerngehalt dieser Norm gehöre 71 . Wenn auch die Anregungen Wilhelms, Hasenritters und Sennewalds die Problematik einer modifizierenden Auslegung des A r t . 20 Abs. 2 GG keineswegs erschöpfend darstellen, so läßt die Problematisierung doch erkennen, daß hier ein Ansatzpunkt für eine weitere Auslegung des Volksbegriffes liegen könnte. 4. Wahlrecht für Nicht-Deutsche

Die teilweise recht pauschal aufgestellte Behauptung, wahlberechtigt könnten nur deutsche Staatsangehörige sein 72 , erscheint i n dieser Form kaum haltbar, da sie i m Gegensatz zur gesetzlichen Regelung i m Bundeswahlgesetz steht. Wahlberechtigt sind bei der Wahl zum deutschen Bundestag nach § 12 Abs. 1 BWahlG alle Deutschen 73 . Z u r Bestimmung des Begriffes der Deutschen verweist das BWahlG auf A r t . 116 Abs. 1 GG, wonach Deutscher ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt oder (!) als deutscher Volkszugehöriger oder dessen Ehegatte oder Abkömmling i n dem Gebiete des deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. 12. 1937 Aufnahme gefunden hat. Bereits aus dem Wortlaut des A r t . 116 Abs. 1 GG ergibt sich unzweifelhaft, daß der Kreis der „Deutschen" wie er i n diesem A r t i k e l beschrieben ist, weit über die deutschen Staatsangehörigen hinausweist 74 . Bestätigt w i r d dies durch das 1. StAngRegG, wo i n den §§ 6 ff die Staatsangehörigkeitsverhältnisse der Personen, die aufgrund des A r t . 116 Abs. 1 GG Deutsche sind, ohne die deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen, geregelt sind. Selbst das BWahlG unterscheidet i n § 15 Abs. 2 Ziff. 3 bei der Festlegung des passiven Wahl70

V R 1981, 82. Ä h n l i c h Behrend, D Ö V 1973, 377. 72 Statt vieler Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8a; vgl. auch § 9 F N 20. 73 Die Wahlgesetze der Länder enthalten f ü r die Wahlen zu den L a n d tagen inhaltsgleiche Regelungen; vgl. ζ. Β . § 1 nw. LWahlG. 74 Siehe Schreiber, § 1 Rdnr. 9; Grabitz, S. 25 f. 71

§ 9 Wahlrecht zum Bundestag

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rechts zwischen den deutschen Staatsbürgern und den Deutschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Hierdurch w i r d deutlich, daß die Staatsbürgerschaft nicht i n allen Fällen das entscheidende K r i t e r i u m für die Einräumung des Wahlrechts ist 75 , so daß Zweifel an der Aussage, A r t . 20 Abs. 2 GG enthalte einen streng staatsrechtlichen Volksbegriff, nicht ohne Grund sind. Der naheliegende Einwand, daß die Definition des „Deutschen" i n A r t . 116 Abs. 1 GG wesentlich von der besonderen Situation Deutschlands nach dem Ende des 2. Weltkrieges beeinflußt sei 76 , ist nicht ohne Berechtigung, vermag jedoch nicht darüber hinwegzutäuschen, daß der Grundsatz, wahlberechtigt seien nur Staatsbürger, an dieser Stelle durchbrochen wird. Angesichts der seit Jahren großen Zahl von Aussiedlern aus Osteuropa t r i f f t diese Regelung nicht nur Einzelfälle, sondern auch heute, mehr als 30 Jahre nach der Schaffung des Grundgesetzes, noch eine beträchtliche Personengruppe 77 . Zugleich zeigt sich, daß es fehlerhaft wäre, bei der Definition des Volksbegriffes ethnische Bindungen zu bemühen 78 , da es dann kein Wahlrecht für eingebürgerte Ausländer geben dürfte, w e i l diese als ethnisch Fremde trotz Einbürgerung nicht zum deutschen Volk gezählt werden könnten. 5. Bedeutungsverlust der Staatsbürgerschaft

Ob die Auslegung des Volksbegriffes des A r t . 20 Abs. 2 GG i m Sinne der oben aufgezeigten herrschenden Meinung angesichts einer wenn auch langsam voranschreitenden Integration Europas für die Zukunft noch Gültigkeit beanspruchen darf, kann bezweifelt werden, denn durch sie verliert die Staatsbürgerschaft mehr und mehr an Bedeutung 7 9 und w i r d durch eine inter- und supranationale Organisationsbürgerschaft überlagert 80 . Die Einführung eines äußerlich einheitlichen Passes für die Bürger i n den EG-Mitgliedsstaaten bringt dies optisch zum Ausdruck, vermag aber gleichwohl nicht darüber hinwegzutäuschen, daß es eine europäische Staatsbürgerschaft (noch) nicht gibt.

75 Hier w i r d eine bemerkenswerte Differenzierung i n der Durchführung des Fremdenrechts deutlich: Es gibt Staatsfremde, die die Privilegien des A r t . 116 Abs. 1 GG genießen u n d solche, die nicht i m Besitz dieser Vorzugsstellung sind. Vgl. Menzel i n B K , A r t . 116 S. 5; Maunz i n M / D / H / S, A r t . 116, Rdnr. 2. 7β So ζ. B. Schweinach / Simader, § 12, Rdnr. 2. 77 Der Frage, i n w i e w e i t die Mitglieder dieser Personengruppe die deutsche Staatsbürgerschaft oder zumindest einen Anspruch auf sie haben, soll hier nicht weiter nachgegangen werden. 78 So aber Leyendecker, D Ö V 1981, 528. 79 So auch Sennewald, V R 1981, 79. 80 So Bülck, S. 800 ff.

5. Teil: Verbot der Beteiligung an Bundes- und Landtagswahlen

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M i t dem Ziel die Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten zu integrieren, ist die EG i n erster Linie ein wirtschaftlicher Zusammenschluß, die zwar den „Marktbürger" 8 1 hervorgebracht hat, für diesen bis heute aber politische Rechte nicht bereit hält 8 2 . Bleckmann 83 weist darauf hin, daß die direkt gewählten Abgeordneten des europäischen Parlaments schon heute gesamteuropäische Interessen wahrzunehmen haben. Man werde daher w o h l nicht mehr lange an dem einst von De Gaulle geprägten Prinzip des Europas der Völker festhalten können, wonach die deutschen Abgeordneten des Europaparlaments allein als Vertreter des deutschen Volks nur von Deutschen gewählt werden könnten. Es sei — so Bleckmann — vielmehr abzusehen, daß allmählich die Idee eines europäischen Mandats Anerkennung finde 8 4 und den Zwang zur Gewährung des aktiven und passiven Wahlrechts für Ausländer m i t sich bringe. I m Zuge dieser Entwicklung bedürfe es einer veränderten Auslegung der nationalen Verfassungen i m Lichte des Europarechts. 6. Zusammenfassung

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die Auslegung des Volksbegriffes i n A r t . 20 Abs. 2 GG keineswegs mehr unumstritten ist. Ob die vorwiegend aus dem soziologischen Bereich stammenden Argumente für eine weite Auslegung des Volksbegriffes letztlich überzeugen, erscheint allerdings nicht sicher. Ihnen ist nicht nur entgegenzuhalten, daß der Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG ein juristisch geprägter Begriff und damit der soziologischen Auslegung nur beschränkt zugänglich ist, sondern auch, daß die nicht der Personalhoheit des Staates unterworfenen Ausländer auf staatlicher Ebene letztlich nicht i n gleicher Weise von den Entscheidungen der Regierungen und Parlamente betroffen sind wie die deutschen Staatsbürger 85 . Der Versuch einer endgültigen Klärung der Auslegung des Volksbegriffes kann und soll i m Rahmen dieser Untersuchung nicht unternommen werden, denn auch wenn man zu einer weiten Auslegung des Volksbegriffes gelangen würde, so bliebe dieses Ergebnis angreifbar und hätte wohl kaum eine Chance, sich gegen die i n der staatsrechtlichen Tradition verwurzelte Auslegung durchzusetzen. Für eine klare Beantwortung der Frage, ob den Ausländern ein Wahlrecht insbesondere zu den kommunalen Vertretungskörperschaften eingeräumt wer81 82 83 84 85

Ipsen, N J W 1964, 340; Grabitz, S. 88 ff. Böcker, StTg 1980, 230. DVB1 1980, 696 f. Grabitz, DVB1. 1977, 786. Siehe i m einzelnen schon oben § 8. 1.

§10 Wahlrecht der Ausländer zu den Landtagen

75

den kann, wäre zudem damit nichts gewonnen. I n Übereinstimmung m i t der herrschenden Auffassung soll daher i m folgenden davon ausgegangen werden, daß der Volksbegriff i n A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Summe aller deutschen Staatsbürger umfaßt. Als Zwischenergebnis kann zugleich festgehalten werden, daß ein Wahlrecht für Ausländer zum Bundestag aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich ist. § 10 Wahlrecht der Ausländer zu den Landtagen

Ein Wahlrecht der Ausländer zu den Landtagen ist ausgehend von der herrschenden Meinung m i t dem geltenden Verfassungsrecht ebenfalls nicht vereinbar. Dabei mag dahinstehen, ob sich dies bereits aus dem Homogenitätsgebot des A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt 86 , oder ob der Begriff ,Volk' i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG ebenso wie i n A r t . 20 Abs. 2 GG als »deutsches Volk' auszulegen ist 8 7 . Entscheidend ist vielmehr, daß die Ausländer bei einer Teilnahme an den Landtagswahlen ebenfalls Einfluß auf die Ausübung der Staatsgewalt erlangen. Gemäß Art. 50 GG w i r k e n die Länder durch den Bundesrat bei der Gesetzgebung des Bundes mit. Diese M i t w i r k u n g am Gesetzgebungsverfahren ist i n A r t . 76 ff. GG institutionalisiert, wonach dem Bundesrat entscheidende Mitwirkungsmöglichkeiten an der Gesetzgebung des Bundes eingeräumt werden. Da der Bundesrat aus Mitgliedern der Regierungen der Länder (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GG) besteht, w i r d durch die Landtagswahlen nicht nur über die Mehrheit i n den Landesparlamenten und den sich daraus ergebenden Regierungen, sondern mittelbar auch über die Zusammensetzung des Bundesrates entschieden. Die daraus folgende mediatisierte Einflußnahme auf die staatliche Gesetzgebung durch Ausländer ist geeignet, den Grundsatz, daß alle Staatsgewalt vom deutschen Volke ausgeht, i n Frage zu stellen 88 . Angesichts dieses für alle Bundesländer i n gleicher Weise zutreffenden Ergebnisses bedarf es keiner näheren Erörterung, daß einzelne Landesverfassungen 89 das Landtagswahlrecht ausdrücklich den deutschen Staatsbürgern vorbehalten 90 , so daß die Einführung eines Landtagswahlrechtes für Ausländer eine Verfassungsänderung notwendig machen würde. 8β

So Birkenheier, Wahlrecht, S. 100; Scholz, Jura 1980, 587. So Lamers, S. 49; Sasse / Kempen, S. 19. 88 Lamers, S. 50; Scholz, Jura 1980, 587. 89 Bayern A r t . 14; Baden-Württemberg A r t . 26, Abs. 1; B e r l i n A r t . 2, Abs. 1; Bremen A r t . 69, Abs. 1; 76; 78; Hessen A r t . 73, Abs. 1; 75, Abs. 3; Niedersachsen A r t . 4, Abs. 2; Rheinland-Pfalz A r t . 75, Abs. 2; 76, Abs. 2; 80, Abs. 2; Saarland A r t . 66, 68, Abs. 2. 90 I m Ergebnis ebenso v. Löhneysen, D Ö V 1981, 332. 87

76

5. T e i l : Verbot der Beteiligung an Bundes- u n d Landtagswahlen § 11 Ausländerwahlrecht auf europäischer Ebene

Verschiedentlich w i r d angeregt, die Problematik des Ausländerwahlrechts i m Rahmen der Europäischen Gemeinschaft i n allen Mitgliedsstaaten gleichzeitig und einheitlich so zu regeln, daß die Gegenseitigkeit garantiert ist 91 . Da aus dem EG-Recht unmittelbar keine politischen Rechte für die Marktbürger hergeleitet werden können, soll durch eine entsprechende Kompetenzübertragung auf die EG offenbar der Versuch gemacht werden, die i n der Bundesrepublik bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken zu umgehen. Rechtlicher Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist A r t . 24 Abs. 1 GG, wonach es möglich ist, Hoheitsrechte durch einfaches Bundesgesetz auf zwischenstaatliche Einrichtungen zu übertragen. Nach dieser Verfassungsnorm ist der Gesetzgeber ermächtigt, ohne die Mehrheiten nach A r t . 79 Abs. 2 GG berücksichtigen zu müssen, eine materielle Änderung der Verfassung dadurch i n die Wege zu leiten, daß der Staat m i t der Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen auf ein Stück seiner Souveränität, nämlich auf die Ausschließlichkeit staatlicher Hoheitsgewalt i m Innern, verzichtet 92 . A r t i k e l 24 GG gibt dem Gesetzgeber allerdings keineswegs das Recht, grenzenlos Kompetenzen an zwischenstaatliche Einrichtungen, zu denen auch die Europäischen Gemeinschaften zählen 93 , abzutreten. Vielmehr muß A r t . 24 GG wie jede Verfassungsnorm i m Kontext der Gesamtverfassung verstanden und ausgelegt werden. A r t i k e l 24 GG eröffnet daher nicht den Weg, die Grundstruktur der Verfassung ohne das Verfahren einer Verfassungsänderung — soweit dieses wegen des Vorbehaltes des A r t . 79 Abs. 3 GG überhaupt möglich wäre — zu ändern 94 . Die Einräumung des Wahlrechts an ausländische Staatsangehörige geht über die einfache Übertragung der Ausübung hoheitlicher Gewalt hinaus, da zumindest nach der Auffassung der oben 95 skizzierten h. M. der grundlegende Verfassungsgrundsatz, daß alle Staatsgewalt vom deutschen Staatsvolk ausgeht, i n Frage gestellt würde. Unberücksichtigt blieb bei den auf eine europäische Lösung abzielenden Überlegungen bisher auch, daß eine Regelung hinsichtlich der Landtags- und Kommunalwahlen i n die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fällt, so 91 Empfehlungen des 53. DJT, Ziff. 7, Sitzungsbericht L, S. 289; L e i t l i n i e n der Ausländerpolitik N W S. 18, 43; pari. Staatssekretär des I n n e r n Dorn i n sten. Β . des Bundestages 6/6891; f ü r die CDU: Hasinger i n epd-Dokumentat i o n 4/80, S. 50 ff.; Schickedanz, GdeTG 1974, 332. 92 Maunz i n M / D / H / S , A r t . 24, Rdnr. 5; Rojahn i n v. Münch, G G - K o m mentar, A r t . 24, Rdnr. 17. 93 Vgl. BVerfGE 37, 271, 278. 94 BVerfGE 37, 271, 279; Maunz i n M / D / H / S , Art.24, Rdnr. 17. 95 s. o. § 9. 2.

§ 12 Rechtliche Möglichkeiten einer Verfassungsänderung

77

daß man insoweit durch ein Bundesgesetz, das die Hoheitsrechte nach A r t . 24 GG auf die EG überträgt, kaum zum Ziele gelangen könnte. So erweist sich die Hoffnung auf eine gesamteuropäische Lösung als schwer realisierbar, womit allerdings kein Urteil über die politisch möglicherweise opportune Möglichkeit gefällt ist, ein Ausländerwahlrecht zunächst nur den Angehörigen der Staaten einzuräumen, die ihrerseits deutschen Staatsangehörigen das Wahlrecht einräumen 98 . § 12 Rechtliche Möglichkeiten einer Verfassungsänderung

Ob das verfassungsrechtliche Verbot der Teilnahme von Ausländern an den Bundes- und Landtagswahlen durch eine Verfassungsänderung aufgehoben werden kann, ist i n der Literatur umstritten. Eine breite Auffassung hält eine entsprechende Verfassungsänderung für unzulässig, w e i l es zu den tragenden Prinzipien der Verfassung gehöre, daß alle Staatsgewalt vom (deutschen) Staatsvolk ausgehe. Einer Verfassungsänderung stehe daher Art. 79 Abs. 3 GG entgegen 97 . Die Gegenmeinung stellt demgegenüber darauf ab, daß der Kerngehalt des Art. 20 Abs. 2 GG die Wahrung der demokratischen Grundordnung des Staates sei, nicht aber die Monopolisierung staatsbürgerlicher Rechte bei den deutschen Staatsangehörigen. Die Teilnahme der Ausländer an den Wahlen stelle nur eine Weiterentwicklung der herkömmlichen Ausprägung des demokratischen Prinzips dar, die eine Anpassung an eine vom Verfassungsgeber bei Erlaß des Grundgesetzes nicht vorhergesehene Änderung der Lebensverhältnisse und Anschauungen bedeute 98 . Welche dieser Auffassungen i m Ergebnis zutrifft, mag dahinstehen, da die vorliegende Untersuchung sich auf die Möglichkeiten einer Teilnahme der Ausländer an der staatlichen Willensbildung unter der Geltung der gegenwärtigen Verfassung beschränken soll.

96

Vgl. zu diesem Problemkreis auch Rittstieg, Wahlrecht, S. 28. Vgl. i m einzelnen: Isensee, W D S t R L 32 (1973), S. 92 ff.; Böcker, StTg 1980, 230; Lamers, S. 45 f.; Birkenheier, Wahlrecht, S. 91; v. Löhneysen, D Ö V 1981, 331; Scholz, Jura 1980, 586 (allerdings beschränkt auf das aktive W a h l recht, da er ein passives Wahlrecht f ü r Ausländer für verfassungsrechtlich unbedenklich hält). 98 Vgl. i m einzelnen: Behrend, D Ö V 1973, 377; Henkel, S. 107. 97

Sechster Teil

Kommunalwahlrecht für Ausländer Tragendes Argument der Ablehnung eines Wahlrechts für Ausländer auf Bundes- und Landesebene ist, daß alle Staatsgewalt vom (deutschen) Staatsvolk ausgehen müsse. Ein Kommunalwahlrecht für Ausländer wäre daher aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig, wenn die Ausländer durch ihre Stimmabgabe bei den Kommunalwahlen an der Staatswillensbildung m i t w i r k e n und bestimmenden Einfluß auf die Ausübung der Staatsgewalt nehmen. Ob dies der Fall ist, kann nur durch eine Analyse der Stellung der kommunalen Selbstverwaltung i m Verfassungsgefüge des Grundgesetzes sowie anhand einer Funktionsbestimmung der kommunalen Selbstverwaltung i n Staat und Gesellschaft erfolgen. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Legitimation hoheitlichen Handelns auf kommunaler Ebene zu richten 1 . § 13 K o m m u n a l e Gebietskörperschaften u n d Staatsgewalt

Gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Teilnahme der ausländischen Gemeindeeinwohner an den Kommunalwahlen beständen unter dem Gesichtspunkt des A r t . 20 Abs. 2 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn Kreise und Gemeinden, zumindest soweit 1 Gegen die Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts f ü r Ausländer unter der gegenwärtigen Verfassungslage sprechen sich aus: Birkenheier, Wahlrecht, S. 128; ders., Diskussionsbeitrag zum 53. DJT, Sitzungsbericht L , S. 95 ff.; ders., epd-Dokumentation 4/80, S. 14 ff.; Lamers, S. 56 f.; Behrend, D Ö V 1973, 377; Böcker, StTg 1980, 228 ff.; Scholz, Jura 1980, 583 ff.; Sennewald, VR 1981, 77 ff.; Bahr, S. 201 ff.; v. Mutius, Gutachten E, S. 212; Isensee, W D S t R L 32 (1973), S.49; Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 39 f. Die Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechtes w i r d dagegen bejaht von: Rittstieg, Wahlrecht, S. 71; Hasenritter, V R 1981, 16 f.; Henkel, Z P a r l 1974; Bd. 5 S. 113; Kues, DemoGde 1980, 594 ff.; v. Löhneysen, D Ö V 1981, 332 f., 5291; Sasse ! Kempen, S. 4 ff.; Schlegelberger, StTg 1974, 597 ff. (beschränkt auf das aktive Wahlrecht); Schmiese, KomPolBl. 1974, 1007 f.; Wilhelm, DemoGde 1975, 16 ff.; Zuleeg, J Z 1980, 429 ff.; ders., D Ö V 1973, 369 f.; ders., DVB1. 1974, 347 f.; Dolde, Ausländer, S.78; Franz, liberal 1980, 100 ff.; ders. Loccumer Protokolle 14/79, S. 16 ff.; Schwerdtfeger, Gutachten A, S. 110 f.; Kühn, Memorandum, S. 44. F ü r die Bundestagsparteien nehmen Hasinger (CDU), Halberstadt (SPD), Lewental (FDP) u n d Beckstein (CSU) i n der epd-Dokumentation 4/80, S. 48 ff. Stellung unter Bezugnahme auf die jeweilige Beschlußlage der Partei.

§13 Kommunale Gebietskörperschaften u n d Staatsgewalt

79

sie Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen, keine staatliche Hoheitsgewalt ausüben. Diese Auffassung ist i n jüngster Zeit m i t unterschiedlichen Begründungen vertreten worden. 1. Die Auffassung von Sasse / Kempen

Eine besonders von Sasse / Kempen vertretene Auffassung geht davon aus, daß die Gemeinden, soweit sie Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen, als eine „institutionalisierte Form gesellschaftlicher Selbstorganisation" anzusehen sind 2 , die i m Kern auf autonomer demokratischer Legitimation durch die örtliche Gemeinschaft beruhen und damit prinzipiell unabhängig von der Legitimation staatlicher Organe durch das Volk bestehen. Zur Begründung ihrer Auffassung greifen Sasse/Kempen auf die Entstehungsgeschichte der kommunalen Selbstverwaltung zurück. a) Ursprung

der kommunalen

Selbstverwaltung

Die moderne Ausformung der kommunalen Selbstverwaltung hat ihren Ursprung i n der preußischen Städteordnung des Freiherrn vom Stein vom 19. November 18083, durch die i m absolutistischen Staat dem Bürgertum auf dem Gebiet des Gemeinderechts erstmals die Möglichkeit einer begrenzten politischen M i t w i r k u n g eingeräumt wurde. Primäres Ziel der Reformen des Freiherrn v. Stein war es, das aufstrebende Bürgertum durch eine Übertragung von Mitverantwortung auf einem begrenzten Bereich i n den monarchischen Staat zu integrieren 4 . A n die Stelle einer strikten Trennung i m Sinne eines Dualismus von Staat und Gesellschaft trat dadurch eine Wechselbeziehung zwischen Staat und Gesellschaft, wobei die gemeindliche Selbstverwaltung dem gesellschaftlichen Bereich zugeordnet wurde 5 . b) Selbstverwaltung

als Grundrecht

I n einer Phase, i n der das Bürgertum die gemeindliche Selbstverwaltung als die i h m gemäße Organisationsform betrachtete und ent2

236. 8

Sasse ! Kempen,

S. 16; ähnlich Salzwedel,

W D S t R L 22 (1963), S. 232 f.,

Vgl. dazu i m einzelnen: Forsthoff, Lehrbuch, S. 524 ff., S. 471; Pagenkopf, S. 41; Maurer, § 23, Rdnr. 4 — zur Geschichte der kommunalen Selbstv e r w a l t u n g vgl. Wolff /Bachof I I , § 80 I I I ; Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20 I I Rdnr. 21; Stern, Lage der kommunalen Selbstverwaltung, S. 474; v. Unruh, DVB1. 1981, 719 ff.; ders., Kommunale Selbstverwaltung, S. 391 ff. 4 Becker, Grundrechte I V , S. 682; Sasse ! Kempen, S. 16; Wolff / Bachof I I , § 80 I. 5 Grundlegend Böckenförde, S. 12 ff., 15; Forsthoff, Krise, S. 10 ff.; Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20, Rdnr. 22; Lorenz v. Stein, S. 127 ff.; Lamers, S. 61.

80

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

schieden gegen den Machtanspruch des monarchischen Staates stellte®, wurde zurückgehend auf einen Impuls der badischen Liberalen das Recht der kommunalen Selbstverwaltung zunehmend als ein gegen den Staat gerichtetes Grundrecht betrachtet 7 . I n den deutschen Verfassungen der Jahre 1848/49 ist das Grundrecht der Gemeindefreiheit als negatives Statussymbol gegen den Staat gerichtet, dessen Übergriffe abgewehrt werden sollen, um die Entfaltung der kommunalen Freiheit zu sichern 8 . Diese Entwicklung fand ihren Höhepunkt und Abschluß zugleich i n der Weimarer Reichsverfassung, wo das Recht der kommunalen Selbstverwaltung i n A r t . 127 WRV seinen Platz i m Grundrechtsteil der Verfassung neben der Versammlungs- (Art. 123 WRV) und Vereinigungsfreiheit (Art. 124 WRV) fand 9 » 10 . c) Entwicklung

des Selbstverwaltungsrechts

nach 1919

Obwohl Sasse / Kempen erkennen, daß m i t dem Untergang der Monarchie nach dem Ende des 1. Weltkrieges das V o l k zur einzigen Legitimationsquelle staatlichen Handelns und damit eine Unterscheidung des gesellschaftlichen vom staatlichen Bereich hinfällig wurde, betonen sie das Weiterbestehen des gesellschaftlichen Charakters der Selbstverwaltung und werten ihn als einen Ausdruck historischer Kontinuität 1 1 . Unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 12 legen sie dar, daß sich auch der Verfassungsgeber nach 1945 wiederum für eine Kontinuität hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung entschieden habe. I n A r t . 28 Abs. 2 8 Forsthoff, Lehrbuch, S. 477 m. w. N.; insbesonder A r t . 184 der F r a n k furter Reichsverfassung spiegelt die A b w e h r h a l t u n g der kommunalen Selbstverwaltung gegen den Staat wider. 7 Die Proklamation von Grundrechten der Gemeinden geht auf n a t u r rechtliche Vorstellungen zurück, die insbesondere i n Frankreich entwickelt u n d dann i n der belgischen Verfassung von 1831 (Art. 31 u n d 108) v e r w i r k licht wurden. Becker, Grundrechte I V , S. 683 f. 8 A r t . 184 R V 1849 lautet: Jede Gemeinde hat als Grundrecht ihrer V e r fassung a) die W a h l ihrer Vorsteher u n d Vertreter, b) die selbständige V e r w a l t u n g ihrer Gemeindeangelegenheiten m i t E i n schluß der Ortspolizei unter gesetzlicher Oberaufsicht des Staates, c) die Veröffentlichung des Gemeindehaushalts, d) Öffentlichkeit der Verhandlungen als Regel. (Diese Verfassung ist allerdings nie i n K r a f t getreten). 9 So auch i n A r t . 49 Verf. Rh-Pf. sowie ähnlich i n A r t . 11 Abs. 2 Satz 1 Verf. Bay. (ursprünglich). 10 Die Grundrechstqualität des Selbstverwaltungsrechts ist u.a. vertreten worden von: Krüger, S. 865 m . w . N . ; Hefter, S. 379 ff., 731 ff.; Helfritz, A n m . 4 zu A r t . 127 W R V ; vgl. hierzu auch die umfangreiche Darstellung bei υ. Mangold ! Klein, A r t . 28 A n m . I V 19; B a y V e r f G H AS 2, 162 ff. 11 S. 17. 12 BVerfGE 1, 167, 174 f.

§ 13 Kommunale Gebietskörperschaften u n d Staatsgewalt

81

GG werde deutlich, daß die kommunale Selbstverwaltung nun institutionell garantiert sei und damit das „prinzipiell gesellschaftliche Mandat eines politischen Formprinzips" erhalte. d) Schlußfolgerungen Daraus ziehen Sasse / Kempen den Schluß, daß die gewählten Gemeindeorgane nicht nur als Teile der staatlichen Verwaltung tätig werden 13 , sondern als autonome Einheiten, die eine von der staatlichen Legitimation unabhängige Legitimationsquelle besitzen. Als Beleg für diese These führen sie an, daß das Grundgesetz bei der Normierung der politischen Strukturprinzipien von einer „politischen Dreiteilung" i n Bund, Länder und Gemeinden ausgehe (so der II. Abschnitt des GG), während es verwaltungsorganisatorisch nur eine Bundes- und eine Landesverwaltung vorsehe (so der V I I I . Abschnitt des GG). Auch könnten bloße Verwaltungsgliederungen i m staatlichen Exekutivbereich gegenüber den höheren Instanzen kaum m i t so umfassenden Rechten ausgestattet sein, wie dieses bei den Kommunen der Fall sei. Den Widerspruch, der sich daraus ergibt, daß Sasse / Kempen die Gemeinden einerseits völlig aus dem staatlichen Verwaltungsaufbau herausnehmen, andererseits aber einräumen müssen, daß die Gemeinden auch staatliche Aufgaben wahrnehmen, versuchen sie damit aufzufangen, daß sie von einem „Doppelaspekt" 14 der kommunalen Tätigkeit sprechen. Wenn es angesichts der vielfältigen Aufgaben der Kommunen heute schwieriger geworden sei, die gemeindlichen Tätigkeiten dem staatlichen oder dem kommunalen Aufgabenkreis exakt zuzuordnen, so schlage sich dieser Doppelaspekt kommunalen Handelns gleichw o h l i n der Legitimation des gemeindlichen Handelns nieder: Soweit die Kommunen Selbstverwaltungsangelegenheiten besorgen, erhalten sie ihre Legitimation aus den Kommunalwahlen, also unmittelbar durch die Gemeindeangehörigen, soweit sie aber staatliche Gesetze unter der Fachaufsicht des Staates ausführen, nehmen sie an der Legitimation des Staates teil und stützen sich damit unmittelbar auf das Staatsvolk als Legitimationsquelle. Sasse/Kempen entwickeln so einen Dualismus der politischen Legitimationsquellen und prägen den Begriff des „Doppelaspekts kommunaler Legitimation". Aus dieser „Legitimationstrennung" folgern sie sodann, daß der Kommunalwähler keine Staatsgewalt ausübe, da er m i t seiner Stimme nur Einfluß auf die Selbstverwaltungsangelegenheiten der Kommunen ausübe.

13 S. 17; i n ähnlicher Weise greift Salzwedel, W D S t R L 22 (1963), S. 222 ff., 255 ff., auf den Gedanken der gesellschaftlichen Selbstverwaltung zurück. 14 S. 18.

6 Breer

82

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer 2. K r i t i k an der Auffassung von Sasse / Kempen

Diese Auffassung erscheint, obgleich sie i n der Literatur eine weite Beachtung gefunden hat 1 5 , nur schwer vertretbar. a) Überwindung

des Dualismus von Staat — Gesellschaft

Zunächst ist Sasse ! Kempen entgegenzuhalten, daß der von ihnen i n den Vordergrund gestellte Dualismus von Staat und Gesellschaft eine Erscheinungsform des 19. Jahrhunderts ist, die m i t dem Untergang der Monarchie, die i m Obrigkeitsstaat erst das Nebeneinander von Staat und Gesellschaft ermöglichte, überwunden ist1®. b) Selbstverwaltung

als institutionelle

Garantie

Zwar t r i f f t es zu, daß die kommunale Selbstverwaltung i n der Weimarer Reichsverfassung ihren Platz i m Grundrechtsteil dieser Verfassung gefunden hat, doch erkannten Verfassungsrechtsprechung und Staatsrechtslehre der Weimarer Zeit schon bald, daß die Institutsgarantien selbständig neben den Grundrechten stehen und betonten die institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung 17 . A n diese Auslegung des A r t . 127 WRV und nicht wie Sasse / Kempen meinen an die Idee eines staatsgerichteten Grundrechtes knüpft die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 18 an, wenn sie die historische Kontinuität der kommunalen Selbstverwaltung betont 19 . Aus der Stellung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie i m II. Abschnitt des Grundgesetzes („der Bund und die Länder") und nicht i m Grundrechtsteil w i r d zudem deutlich sichtbar, daß allein diese Auslegung dem Willen des Verfassungsgebers entspricht 20 . 15 Wilhelm, DemoGde 1975, 16; Zapf, S. 202; kritisch Lamers, S. 68; Birkenheier, Wahlrecht, S. 113 f., 122; Sennewald, V R 1981, 77; Scholz, Jura 1980, 588; Schickedanz, GdeTg 1974, 332; Böcker, StTg 1980, 229. 16 I m einzelnen: Böckenförde, Unterscheidung, S. 11; Forsthoff, Lehrbuch, S. 527; Scheuner, A f K 1 (1962), S. 151; ders., A f K 12 (1973), S . 5 f . ; Gönnenwein, S. 60; Leibholz / Rinck, A r t . 28, Rdnr. 13; Herzog i n M / D / H / S, A r t . 20, Rdnr. 23; Stern, Staatsrecht I, § 12 I I l a ; Becker, Grundrechte I V , S. 686 f.; Schmidt-Jortzig, DVB1. 1978, 796; ders., Einrichtungsgarantien, S. 14, F N 7; Scholz, Jura 1980, 568; Brüchner, S. 126; Stern, Lage der komm. SV., S. 476; Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 177 f., bezeichnet die Zurückversetzung der Selbstverwaltung i n die Nähe des freien Vereinswesens als eine i m demokratischen Staat absolut unzeitgemäße u n d s t r u k t u r w i d r i g e Absurdität. 17 S t G H i n Lammers I Simons, Bd. I , S. 366 f., 385 ff., Bd. I I , S. 99 ff.; 141 ff.; Schmitt, Verfassungslehre, S. 170, 173; Anschütz, S. 583 F N 1; Stern i n B K , A r t . 28, Rdnr. 70 m . w . N . ; Scheuner, A f K 12 (1973), 4 f.; Forsthoff, Lehrbuch, S. 529; Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien, S. 67. 18 BVerfGE 1, 167, 174 ff. 19 Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 67; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 38; Becker, H d k W P I, S. 142.

§ 13 Kommunale Gebietskörperschaften und Staatsgewalt

83

Schließlich darf nicht übersehen werden, daß die von Sasse / Kempen vertretene Auffassung i m Gegensatz zur heute ganz herrschenden Meinung steht, die die kommunale Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung ansieht 21 , nach der die Kreise und Gemeinden Staatsgewalt i m weiteren Sinne ausüben 22 . c) Zusammenfassung Insgesamt muß somit festgestellt werden, daß der Ansatz von Sasse / Kempen nicht geeignet ist, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer nachzuweisen, da entgegen ihrer Auffassung die Kreise und Gemeinden als Gliederungen der Länder Staatsgewalt i m weiteren Sinn ausüben. 3. Originäre Hoheitsgewalt

Nach anderer Auffassung üben die Kommunen schon deswegen keine staatliche Hoheitsgewalt aus, da sie über eine eigene ursprüngliche, nicht vom Staat abgeleitete Hoheitsgewalt verfügen 23 . a) Begründung

einer originären

Hoheitsgewalt

Diese Meinung findet ihren Ursprung letztlich i n der Idee des „pouvoir municipal", die der Abg. Thouret i n einer Rede vor der französischen Nationalversammlung 1789 als eine eigene die kommunale Gemeinschaft legitimierende K r a f t neben die klassische Staatsgewalt des Staatsvolkes stellte 24 . Dieser Gedanke, der i n die belgische Verfassung von 1831 Eingang fand 25 , wurde i n Deutschland zunächst von v. Rotteck 26 und dann von O. Gierke 27 und Preuss 28 aufgegriffen, die die Ge20 Maunz i n M / D / H / S, A r t . 28, Rdnr. 45; Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 67 f.; Leibholz / Rinck, A r t . 28, Rdnr. 2; Forsthoff, Lehrbuch, S. 529. Heute w i r d das Selbstverwaltungsrecht von der ganz herrschenden Meinung nicht mehr als Grundrecht angesehen: Maunz i n M / D / H / S , A r t . 19, Rdnr. 38 m. w. N.; υ. Mangoldt / Klein, A r t . 28, A m . I V , l a ; Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 68 ff.; v. Mutius, Gutachten E, S. 26; BVerfGE 2, 329, 332. 21 Statt vieler: Maunz i n M / D / H / S , A r t . 19, Rdnr. 38; Forsthoff, Lehrbuch, S. 478 f.; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 149 m. w . N. 22 BVerfGE 8, 122, 132; E 38, 258, 270; Schmidt-Jortzig, DVB1. 1980, 4. 28 Vgl. dazu Pagenkopf, Einführung, S. 222 ff.; Dürig, J Z 1953, 198; Lauscher, S. 9 m. w. N.; V e r f G H Rh-Pf. i n RhPfVBl. 1948, 221. 24 Brückner, S. 57; Nawiasky / Leusser / Gerner / Schweiger / Zacher, A r t . 10, Rdnr. 1; Bender, S. 107 ff.; Stern, Lage der kommunalen Selbstverw., S. 474, 476. 25 A r t . 31; Les intérêts exclusivements communaux et provinciaux sont réglés par les conseils communaux où provinciaux d'après les principes établis par la constitution. 26 Staatsrecht, Bd. I I I , S. 32. 27 Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. I, S. 759. 28 Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften, S. 260.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

meinde als politische und genossenschaftliche Einheit auffaßten, der eine eigene originäre öffentliche Gewalt zukomme 29 . I n der Folge begründete man diese Auffassung damit, daß die kommunale Selbstverwaltung aus dem Naturrecht 3 0 oder dem naturrechtlich begründeten Subsidiaritätsprinzip 31 folge. Darüber hinaus wurde darauf verwiesen, daß die Institution der Städte und Gemeinden historisch oftmals viel älter als die Staaten seien 32 . I n jüngster Zeit wurde angeführt, daß sich die originäre Hoheitsgewalt der kommunalen Gebietskörperschaften besonders deutlich nach dem Ende des 2. Weltkrieges gezeigt habe, denn während die staatliche Hoheitsgewalt durch die Kapitulation vom 8. Mai 1945 erloschen sei, hätten die Gemeinden und Gemeindeverbände als intakte hoheitlich handelnde Verwaltungseinrichtungen fortbestanden. Von ihnen aus habe sich dann der Neuaufbau des Staates vollzogen 33 . Dieses habe i n der bayerischen Verfassung 34 und i n der bayerischen Gemeindeordnung 3 5 seinen Niederschlag gefunden, wo die Gemeinden ausdrücklich als „ursprüngliche Gebietskörperschaften" bezeichnet worden seien. b) Verleihung

der Hoheitsrechte

durch den Staat

Der Auffassung, daß die Gemeinden eine originäre Hoheitsgewalt besitzen, kann indes nicht gefolgt werden. Vielen ihrer Vertreter unterläuft bei der Begründung ihrer Meinung der Fehler, daß sie allein aus soziologischen Momenten Schlüsse auf die rechtliche Existenz der Gemeinden ziehen3® und nicht zwischen der tatsächlichen und der rechtlichen Existenz der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften unterscheiden 37 . Es kann zwar nicht bestritten werden, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände als gewachsene Personenverbände historisch gesehen über eine vorstaatliche Wurzel verfügen 38 und auch bei der Entstehung der Bundesrepublik bereits bestanden, doch konnten sie den Status einer m i t Hoheitsrechten ausgestatteten juristischen Person erst durch die vom Staat gesetzte Rechtsordnung erhalten 39 . Eine solche 29

Brückner, S. 57. Bender, S. 73; Jobst, B a y V B l . 1960, 201; Linckelmann, D Ö V 1959, 564; Arndt, DVB1. 1951, 299; Süst erkenn / Schaf er, A r t . 49, A n m . 2. 31 G. Küchenhoff i n B a y V B l . 1958, 65; ders., Kommunalrecht, S. 6 f.; Zuhorn / Hoppe, S. 44 f. 32 So schon G. Jellinek, Staatslehre, S. 64; Köttgen, Gemeinde, S. 27. 33 Lauscher, S. 11. 34 A r t . 11 Abs. 2 bay. Verf. 35 A r t . 1 bay. GemO. 36 Brückner, S. 58. 37 Ebenso Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 135. 38 Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 70. 39 Brückner, S. 58; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 135. 30

§13 Kommunale Gebietskörperschaften u n d Staatsgewalt

85

Anerkennung als Träger hoheitlicher Gewalt ergibt sich für die Gemeinden aus staatlichen Normen auf verschiedenen Ebenen, wobei die fundamentalen Merkmale und Garantien der kommunalen Selbstverwaltung unmittelbar i m Grundgesetz und i n den Verfassungen der Länder niedergelegt sind 40 . c) Die Einheit der Staatsgewalt Die Notwendigkeit einer Legitimation der kommunalen Gebietskörperschaften zu hoheitlichem Handeln durch den Staat ergibt sich zudem aus dem Grundsatz der Einheit der Staatsgewalt, der i n A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthalten ist 41 . Daß A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG eine einheitliche Staatsgewalt voraussetzt, kann anhand der Entstehungsgeschichte dieser Norm aufgezeigt werden. I n seiner 11. Sitzung legte der „Gundsat zausschuß" am 14.10. 1948 einen Entwurf des A r t . 21, den späteren A r t . 20 GG, vor, i n dessen Abs. 3 es hieß: „ I n Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung w i r d die einheitliche Staatsgewalt für jeden dieser Bereiche getrennt und durch besondere Organe ausgeübt 42 . Der Vorsitzende des Grundsatzausschusses, der Abg. ν . Mangoldt (CDU), begründete diese Formulierung damit, daß dadurch der Theorie widersprochen werden sollte, daß durch die Gewaltenteilungslehre eine Aufteilung der einheitlichen Staatsgewalt erfolge 43 . Diese Formel der einheitlichen Staatsgewalt fehlte erstmals in der vom „Allgemeinen Redaktionsausschuß" vorgelegten Fassung vom 16.11.1948 44 . Gegen das Votum v. Mangoldts übernahm der „Hauptausschuß" die Formulierung des „Allgemeinen Redaktionsausschusses" nachdem der Abg. Zinn (SPD) festgestellt hatte, daß der „Allgemeine Redaktionsausschuß" die Worte „alle Staatsgewalt" i n Abs. 2 dieses Artikels aufgenommen und auf die Weise die Einheitlichkeit der Gewalt i n erkennbarer Weise zum Ausdruck gebracht habe 45 . Wenn auch i n dieser Diskussion die Gefährdung der Einheit der Staatsgewalt durch die Gewaltenteilung i m Vordergrund stand, so kann ihr gleichwohl entnommen werden, daß der Verfassungsgeber dieses Prinzip i n A r t . 20 GG verankert sieht und welch hohen Wert er i h m beimißt. 40

Vgl. dazu i m einzelnen Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 143 f.; ders., D Ö V 1981, 394. 41 Stern, Staatsrecht I I , § 36 I V b ; v. Mangoldt l Klein, A r t . 20, A n m . I I 1. 42 Vgl. Protokoll DrS 198, S. 1. 43 StenoProt. S. 7; JÖR N F Bd. 1, S. 196. 44 DrS 279. 45 StenoProt. der Hauptausschußsitzung, S. 46 u. 47; JÖR N F Bd. 1, S. 200,

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t f ü r Ausländer

Durch dieses Gebot der Einheit der Staatsgewalt w i r d keineswegs nur die Unteilbarkeit der Staatsgewalt zwischen den Gewalten festgelegt, sondern auch, daß es neben der vom Staatsvolk ausgehenden Staatsgewalt keine weiteren staatlichen Autorisierungsinstanzen geben kann4®. Die Notwendigkeit eines „Monopols hoheitlicher Funktionen und Macht" 4 7 ist offensichtlich, da ansonsten nicht gewährleistet wäre, daß der Bürger nicht unterschiedlichen und sich widersprechenden Weisungen staatlicher Autorisierungsinstanzen ausgesetzt ist. Bildhaft w i r d diese Unerläßlichkeit der Einheit von Staat und Staatsgew a l t durch den Satz, daß es keinen „Staat i m Staate" geben dürfe 48 , zum Ausdruck gebracht 49 » 50 . Da somit alle hoheitliche Gewalt nur staatliche Gewalt sein kann, w i r d zugleich dem „pouvoir municipal" als eigenständigem Teil der Staatsgewalt eine deutliche Absage erteilt 5 1 . d) „Ursprüngliche

Gebietskörperschaften"

A n diesem Ergebnis vermag auch die Bezeichnung der Gemeinden als „ursprüngliche Gebietskörperschaften" i n der bayerischen Verfassung (Art. 11 Abs. 2 und 3) und der bayerischen Gemeindeordnung (Art. 1) nichts zu ändern 52 . Man w i r d diesen Normen daher eher gerecht, wenn man sie weniger als eine rechtstheoretische Aussage des Verfassungsgebers, sondern vielmehr als einen Hinweis und ein Bekenntnis zu dem soziologischen Entstehungstatbestand der Gemeinden versteht 53 . 46

v. Mangoldt / Klein, A r t . 20, A n m . V 4 b. Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 136; ders., DVB1. 1980, 2; ders., DVB1. 1978, 796; Forsthoff, Lehrbuch, S. 523. 48 So Krüger, S. 851 m. w . N. auch m i t historischen Bezügen. 49 Vgl. schon v. Seydel, S. 5: „ Z w e i höchste W i l l e n heben einander auf, verneinen sich gegenseitig, sind darum begrifflich unmöglich". Stern, Staatsrecht I I , § 36 I V 2; Zippelius, S. 60; Schunck I DeClerk, S. 22; Krüger, S. 866; Schmitt, S. 173. 50 Da der Bundesstaat auf einer doppelten Staatlichkeit des Bundes u n d der Länder beruht (Stern, Staatsrecht I, § 18 I 3 b ; Staatsrecht I I , § 25 I I 2 b), verfügen B u n d u n d Länder jeweils über eine eigene Staatsgewalt, wobei sich die Staatsgewalt der Länder nicht von der des Bundes ableitet, so daß sich i m Verhältnis B u n d — Länder das Problem der Einheit der Staatsgewalt nicht stellt (Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20 Abschn. I I , Rdnr. 101; Schmidt-Bleib treu / Klein, A r t . 20, Rdnr. 4; v. Mangoldt / Klein, A r t . 20 A n m . I I I 3 a). 51 Stern, Staatsrecht I, § 12 I I 1 a; Staatsrecht I I , § 36 I V 2; Maunz i n M / D / H / S, A r t . 28, Rdnr. 50. 52 Ä h n l i c h w i e i n Bayern auch die zwischenzeitlich geänderten bzw. aufgehobenen Verfassungen von Württemberg-Hohenzollern v o m 18.5.1947 (GVB1. 1947, 1) i n A r t . 84 Abs. 1; vorläufige Verfassung der Hansestadt Hamburg v o m 15.4.1946 (GVB1. 1946, 51) i n A r t . 2 Abs. 1; Landessatzung von Schleswig-Holstein v o m 13.12.1949 (GVB1. 1950, 3) i n A r t . 2. 53 So auch Schilling, BayVBl. 1965, 115; Brückner, S. 60; Weber, Staatsu n d Selbstverwaltung, S. 53; nach Mayer, S. 332, handelt es sich bei diesen Normen zudem u m eine Rezeption schweizerischer Rechtsvorstellungen. 47

§13 Kommunale Gebietskörperschaften u n d Staatsgewalt

87

e) Zusammenfassung Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, daß es eine ursprüngliche oder originäre Hoheitsgewalt der Gemeinden nicht geben kann. Vielmehr ist deutlich geworden, daß sich die Existenz der Gemeinden und Gemeindeverbände als Hoheitsträger von der Staatsgewalt des Staates ableitet 54 . Die These der Einheit aller Staatsgewalt findet ihre notwendige Ergänzung darin, daß die Kompetenz zur Erledigung öffentlicher A u f gaben grundsätzlich beim Staat liegt, dem es allerdings freisteht, einzelne Aufgabenbereiche zur eigenverantwortlichen Erledigung auf Selbstverwaltungsträger zu übertragen. Die Selbstverwaltungskörperschaften üben damit grundsätzlich zumindest mittelbar staatliche Gew a l t aus 55 . U m ihnen die Möglichkeit hoheitlichen Handelns zu geben, muß den Selbstverwaltungskörperschaften die Zuständigkeit dazu durch den Staat eingeräumt werden. Die Selbstverwaltungskörperschaften werden dadurch zu „lizenzierten Trägern einer öffentlichen Funktion" 5 ®, und die Selbstverwaltung erscheint als ein verselbständigter Ausfluß staatlicher Gewalt 5 7 . 4. Zwischenergebnis

Aus diesen Überlegungen kann für den weiteren Gang der Untersuchung als wichtiges Zwischenergebnis festgehalten werden, daß es eine eigene bzw. ursprüngliche Hoheitsgewalt der kommunalen Gebietskörperschaften nicht gibt. Da die Selbstverwaltung i n allen ihren Formen eine staatliche und demgemäß vom Staat zu verantwortende Schöpfung ist 58 , erfordert A r t . 20 Abs. 2 GG eine ununterbrochene Legitimationskette, die von den hoheitlich handelnden Organen der Selbstverwaltungskörperschaften auf das (ganze) Staatsvolk hinführt 5 9 . Dabei genügt es, daß sich die Legitimation mittelbar auf das Staatsvolk als alleinigen Träger aller Staatsgewalt zurückführen läßt®0. 54 Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28 Rdnr. 50; v. Mangoldt / Klein, A r t . 28 A n m . 3; Rudolf i n Erichsen / Martens, S. 413; Wolff / Bachof, I I § 84 I I c; Forsthoff, Lehrbuch, S. 485; ders., öffentliche Körperschaft, S. 10; v. Mutius, Gutachten E, S. 29; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 135 m.w.N.; ders., DVB1. 1978, 796; Schmitt, S. 273; Scheuner, A f K 12 (1973), 5; Gierke, Genossenschaftsrecht I I I , S. 642; G. Jellinek, S. 644; BVerfGE 8, 122, 132; O V G MS i n OVGE 14, 276, 288 f. 55 BVerfGE 38, 258, 270; E 8, 122, 132; ν. Löhneysen, D Ö V 1981, 332; Böcker, StTg 1980, 229; a. A . f ü r den Selbstverwaltungsbereich w o h l Hasenritter, V R 1981, 16. 56 So Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 137; ders., DVB1. 1980, 2. 57 Mayer, S. 333; v. Löhneysen, D Ö V 1981, 332. 58 Schmidt-Jortzig, DVB1. 1978, 796. 59 Vgl. BVerfGE 38, 258, 270 f.; E 44, 125, 138; E 47, 253, 275. 60 Vgl. dazu Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2 b.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer § 14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung

Die weiteren Überlegungen haben davon auszugehen, daß die kommunalen Gebietskörperschaften — wenn auch nur mittelbar — Staatsgewalt ausüben. Nach allgemeiner Meinung w i r d aus der Feststellung, daß die Gemeinden mittelbare Staatsgewalt ausüben, der Schluß gezogen, daß ein Kommunalwahlrecht für Ausländer verfassungsrechtlich nicht zulässig sei, da gemäß A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG alle Staatsgewalt vom (deutschen) Volk ausgehe®1. Von den Vertretern dieser Auffassung ist bisher jedoch nicht der Frage nachgegangen worden, ob sich abweichend von den Ergebnissen auf staatliche Ebene nicht Besonderheiten daraus ergeben, daß die mittelbare Staatsverwaltung durch rechtlich selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts wahrgenommen werden. So fehlt insbesondere eine Darstellung, die die Legitimation der hoheitlich handelnden kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften aufzeigt, die zwar einerseits i n den staatlichen Aufbau der Länder eingegliedert sind und von diesen i n vielfältiger Weise beeinflußt werden, deren Vertretungsorgane aber andererseits von dem Volk i n den Kreisen und Gemeinden i n allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen bestimmt werden. Diesen Fragen soll i m folgenden nachgegangen werden, wobei zur Verdeutlichung der rechtlichen Grundlagen zunächst eine Darstellung der Grundlinien der Selbstverwaltung i n der Rechtsordnung der Bundesrepublik erforderlich wird. 1. Grundlagen

Nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik steht es dem Bundesgesetzgeber unter Berücksichtigung der A r t . 83, 86 ff. GG sowie den Landesgesetzgebern grundsätzlich frei, öffentliche Aufgaben unmittelbar durch staatliche Behörden oder mittelbar durch selbständige Rechtssubjekte wahrnehmen zu lassen, also staatliche Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung auf Selbstverwaltungseinrichtungen zu übertragen® 2. Dieses findet seinen Niederschlag nicht nur i n A r t . 28, i n dem die Verfassung die Existenz der kommunalen Selbstverwaltung garantiert, sondern auch i n A r t . 87 Abs. 2 und 3 GG, durch den der Verfassungsgeber deutlich macht, daß der Staat entsprechend 91

Vgl. dazu die Nachweise i n § 9 F N 20. Aus dem Verfassungsrecht ergibt sich n u r eine sehr begrenzte Anzahl von Aufgaben, die v o m Staat selbst erfüllt werden müssen, w i e etwa Außenpolitik, Verteidigung, Steuern, Polizei. H. H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 179; Scheuner i n Festschrift f ü r Peters, S. 815; Becker, G r u n d rechte, S. 689; st. Rspr. BVerfGE 33, 125, 156 f.; E 22, 180, 204; E 15, 253, 242; E 10, 89, 102, 109. w

§ 14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung

der bisherigen Tradition Aufgaben auf nicht-staatliche rechtliche Körperschaften übertragen kann. a) Unmittelbare

89

öffentlich-

Staatsverwaltung

Die unmittelbare Staatsverwaltung w i r d durch Bundes- oder Landesbehörden ausgeübt, für die eine zumeist dreistufige Gliederung i n Ober-, Mittel- und Unterbehörden kennzeichnend ist 6 3 . I n diesem Verwaltungsaufbau kommt den nachgeordneten Einheiten zwar eine eigene Entscheidungszuständigkeit zu, doch unterliegen sie dabei dem Weisungsrecht der übergeordneten Behörde. A u f diese Weise w i r d eine Konzentration des Weisungsrechts an der höchsten Stelle der Hierarchie erreicht, was eine notwendige Voraussetzung für einheitliche Entscheidungen i m gesamten Bundes- bzw. Landesgebiet ist. Bezeichnend für diese Form der linearen Verwaltung ist, daß ihre Sachkompetenz auf ortsübergreifende, großmaßstabliche und generelle A u f gabenstellungen zugeschnitten ist, die Modifikationen wegen individueller oder lokaler Besonderheiten kaum erlauben 64 . b) Mittelbare

Staatsverwaltung

Zahlreiche öffentliche Aufgaben werden daneben i m Wege der m i t telbaren Staatsverwaltung wahrgenommen. Als mittelbare Staatsverwaltung bezeichnet man die Erfüllung öffentlicher Verwaltungsaufgaben nicht durch den Staat selbst, sondern durch rechtlich selbständige Organisationen, denen ihre Aufgaben vom Staat zur eigenen Erledigung übertragen oder überlassen worden sind 65 . Bei der mittelbaren Staatsverwaltung handelt es sich u m öffentliche Verwaltung außerhalb des staatlichen Instanzenzuges, die den staatlichen Organen nicht unmittelbar dienstlich nachgeordnet ist und nur der Aufsicht, nicht aber dem Weisungsrecht des Staates untersteht 66 . Durch eine so entstehende Vielzahl von Verwaltungsträgern w i r d die öffentliche Verwaltung i n Verwaltungseinheiten überschaubarer Größe gegliedert, so daß unter Berücksichtigung örtlicher 'Besonderheiten sachgerechter und oft schneller und billiger gehandelt und damit die Effizienz der Verwaltung gesteigert werden kann 6 7 . Darüber 63 Vgl. dazu i m einzelnen: Forsthoff, Lehrbuch, S. 459 ff»; Maurer, § 22, Rdnr. 17 ff.; Wolff / Bachof, I I § 77 I a 2; ders., I I § 82 I (dreistufiger Behördenaufbau). 64 Schmidt-Jortzig, DVB1. 1980, 4. e5 Maurer, § 23, Rdnr. 1; Forsthoff, Lehrbüch, S. 471; Weber, Anstalten, S. 20 ff.; ders., Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 24; zur Entstehung des Begriffes der mittelbaren Staatsverwaltung vgl. Lenhard, S. 3 ff. 66 Forsthoff, Lehrbuch, S. 478. 67 v. Mutius, Gutachten E, S. 30; H.H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 175; BVerfGE 33, 125, 156 f. m. w. N.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

hinaus soll die mittelbare Staatsverwaltung zu einer Aktivierung des Interesses der Betroffenen führen und dadurch sowohl neue Impulse für die Erledigung öffentlicher Aufgaben wecken als auch eine Erhöhung des der Verwaltung entgegengebrachten Vertrauens bewirken 6 8 . Der mittelbaren Staatsverwaltung kommt schließlich eine staatspolitisch-demokratische Funktion zu, denn sie w i r k t gewaltenhemmend, da neben der horizontalen noch eine vertikale Gewaltenteilung geschaffen wird 6 9 . Ihre demokratische Funktion w i r d durch das Element des Minderheitenschutzes ergänzt, da Gruppen, die i m Gesamtstaat i n der Minderheit sind, auf lokaler Ebene durchaus mehrheitsfähig sein können 70 . Nach langem Streit i n der Vergangenheit steht heute außer Frage, daß die kommunale Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung anzusehen ist 7 1 und die Kreise und Gemeinden mittelbar Staatsgewalt ausüben. c) Selbstverwaltung Unter Selbstverwaltung versteht die Rechtslehre die eigenverantwortliche, fachweisungsfreie Erfüllung zugewiesener oder überlassener eigener öffentlicher Aufgaben durch i n den Staat eingegliederte rechtsfähige öffentliche Verbände m i t eigenen gewählten Organen und eigenen Finanzmitteln unter der Rechtsaufsicht des Staates 72 . Der Selbstverwaltungsbegriff steht dem Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung sehr nahe. Nach Forsthoff 3 sind diese Begriffe gar weitgehend deckungsgleich, wobei der Akzent bei der mittelbaren Staatsverwaltung mehr auf der Abhängigkeit vom Staat und bei der Selbstverwaltung mehr auf dem Eigenleben des Trägers liegt. Das Selbstverwaltungsprinzip, das stets eng m i t der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung verbunden war, hat sich i m Laufe der Jahre von dem politischen Postulat des frühen 19. Jahrhunderts inzwischen 68 H. H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 184; Scheuner, A f K 12 (1973), 10. 69 Wolff / Bachof, I I § 84 I V b ; Salzwedel, W D S t R L 22 (1963), S.232; Schmidt-Jortzig, D Ö V 1981, 394; Leibholz, DVB1. 1973, 715. 70 Z u den V o r - u n d Nachteilen der mittelbaren Staatsverwaltung vgl. auch Wolff / Bachof, I I § 77 I b. 71 Wolff / Bachhof, I I § 75 I a 2; Forsthoff, Lehrbuch, S.524; Köttgen, H d K W P I, S. 217; Scheuner, A f K 1 (1962), S. 157; Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 31; v. Mutius, Gutachten E, S. 28; Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20 I V , Rdnr. 129; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 149; Emmerig, Sitzungsbericht L, S. 40; a. A . Becker, H d K W P I, S. 119 f.; Gönnenwein, S. 63; Linkelmann, D Ö V 1959, 568; Lamers, S. 66. 72 Wolff / Bachof, I I § 84 I V b; ders., I I § 77 I b ; Becker, Grundrechte, S. 696; Stern, Staatsrecht I, § 12 I 5; Weber, S. 49 f.; Pagenkopf, S. 44; Köttgen, H d K W P , I, S. 217; Becker, H d K W P I , S. 121; Mayer, S. 328; Schröder, S. 337 f. m. w . N.; BVerfGE 15, 66, 72; E 10, 102, 108; E 8, 122, 134; E 6, 19, 25. 73 Lehrbuch, S. 478.

§ 14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung

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zu einem tragenden politischen Prinzip und zu einem wesentlichen Element der modernen Demokratie entwickelt, das als kommunale Selbstverwaltung i n den Verfassungen des Bundes und der Länder seine institutionelle Garantie gefunden hat 7 4 . Für die Selbstverwaltung wesentliche Kriterien sind demnach, daß rechtlich selbständige Rechtssubjekte eigene Entscheidungsspielräume haben. Die Selbstverwaltungsträger sind i m Gegensatz zu den Organen der unmittelbaren Staatsverwaltung nicht dem Weisungsrecht einer übergeordneten Stelle unterworfen. Die Sachbehandlung der i n ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Aufgaben obliegt allein den Selbstverwaltungsträgern, wobei diese zwar an die bestehenden Gesetze gebunden sind, andererseits aber allein die (politische) Verantwortung für ihre Maßnahmen tragen 75 . Es handelt sich hierbei um eine mittelbare, dezentralisierte Verwaltung 7 8 , die von den Selbstverwaltungseinrichtungen als „dezentrale Zentren selbständiger Initiative und autonomer Entscheidung" wahrgenommen wird 7 7 . d) Selbstverwaltung durch Körperschaften des öffentlichen Rechts Der Gedanke einer eigenverantwortlichen Selbstverwaltung erfordert, daß diese Angelegenheiten von Behörden wahrgenommen werden, die außerhalb des staatlichen Instanzenzuges stehen und i n ihrer Willensbildung von der des Staates unabhängig sind 78 . Diese Kriterien erfüllt die Körperschaft des öffentlichen Rechts 79 in besonderer Weise, da sie über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt und ihre Willensbildung allein durch die Mitglieder erfolgt. Da die Gemeinden und Gemeindeverbände als rechtsfähige Einheiten i n Art. 28 Abs. 2 GG garantiert werden, sind sie nur i n der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts i n der Lage, der Selbstverwaltungsgarantie gerecht zu werden 80 » 81 . 74 Mayer, S. 327; zur geschichtlichen E n t w i c k l u n g der Selbstverwaltung vgl. i m einzelnen Forsthoff, Lehrbuch, S. 523 ff.; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 45; Stern i n B K , A r t . 28, Rdnr. 78 ff.; Köttgen i n H d K W P I, S. 229. 75 Wolff / Bachof I I , § 77 I b ; Becker, Grundrechte, S. 699; Gönnenwein, S. 38. 7β Becker, H d K W P I, S. 121; Mayer, S. 328. 77 Scheuner, A f K 12 (1973), 6, 9. 78 Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 146. 79 Diese w i r d definiert als eine mitgliedschaftlich verfaßte u n d unabhängig v o m Wechsel der Mitglieder bestehende Organisation, die ihre I n d i v i dualität als Rechtssubjekt einem Hoheitsakt verdankt. Wolff / Bachof, I I § 84 I I b ; Rudolf i n Erichsen / Martens, § 56 I I 2 a; Forsthoff, Lehrbuch, S. 491. 80 Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 81; Forsthoff, öffentliche Körperschaft, S. 102 ff.; ders., Lehrbuch, S.529; Wolf / Bachof, I I § 84 I V b 3; Becker,

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6. Teil: K o m m u n a l Wahlrecht für Ausländer 2. Legitimation durch das Volk

Da die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften mittelbar Staatsgewalt ausüben, bedürfen sie, u m dem Gebot des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG gerecht zu werden, einer Legitimation durch das Volk. a) Legitimation allein durch das Volk in den Kreisen und Gemeinden Diese notwendige Legitimation könnte sich aus dem Willen des i n der Körperschaft zusammengeschlossenen Verbandsvolkes ergeben, der i n den Wahlen zu den Vertretungsorganen der Körperschaften seinen Niederschlag findet. Konkretisiert auf die kommunale Selbstverwaltung bedeutet dies, daß Kreise und Gemeinden aus dem i n den Kommunalwahlen zum Ausdruck gebrachten Willen des Kreis- und Gemeindevolkes ihre Legitimation zu hoheitlichem Handeln erhalten könnten. Es ist allerdings die Frage zu stellen, ob eine Wahl allein durch das Volk i n den Kreisen und Gemeinden als Legitimationsbasis ausreicht oder ob nicht vielmehr aus A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Forderung abgeleitet werden muß, daß hoheitliches Handeln der Selbstverwaltungskörperschaften letztlich auch einer Legitimation durch das gesamte Staatsvolk bedarf. Aufgrund der Forderung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG, nach der alle Staatsgewalt, also auch die mittelbare, vom Volke auszugehen habe, könnte eine Legitimation allein durch das Volk der kommunalen Gebietskörperschaft nur dann als ausreichend angesehen werden, wenn dieses Gebietsvolk an die Stelle des Staatsvolkes t r i t t und zumindest für einen territorial begrenzten Bereich über die gleiche „Legitimationskraft" verfügt wie das Staatsvolk. Diese Annahme setzt konsequent weitergedacht insoweit eine gleiche Rechtsqualität des Staatsvolkes und des Volkes i n den Kreisen und Gemeinden voraus, da nur von zwei rechtlich gleichwertigen Legitimationsquellen . eine gleiche Legitimationskraft ausgehen kann 8 2 .

H d K W P I, S. 122; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 145; Maunz (in M / D / H / S, A r t . 28, Rdnr. 54) stellt demgegenüber mehr auf die Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung i n Deutschland ab, obwohl die Gemeinden stets als Gebietskörperschaften angesehen wurden. Speziell für die kommunale Selbstverwaltung auch Gönnenwein, S. 32 f. 81 Eine Selbstverwaltung durch Anstalten empfiehlt sich demgegenüber, w e n n durch die Ausgliederung spezieller Verwaltungsfunktionen die optimale Erbringung einer Verwaltungsleistung angestrebt w i r d , ohne daß dabei eine besondere Berücksichtigung der politischen Verhältnisse geboten ist (vgl. Wolff / Bachof, I I § 84 I c). 82 Vgl. dazu Scheuner, A f K 1 (1962), 158; Lamers, S. 59.

§14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung

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aa) Rückgriff auf den Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG Nach einer weit verbreiteten Auffassung erhalten die kommunalen Gebietskörperschaften ihre Legitimation ausschließlich durch die Kommunalwahlen. Diese Auffassung sucht ihre Stütze i m Wortlaut des A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach das Volk i n den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muß. Der Volksbegriff w i r d danach i n seinem Kern i n Übereinstimmung m i t dem Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG gesehen83. Bereits aus der engen sprachlichen Verbindung („das Volk i n den Ländern, Kreisen und Gemeinden") werde deutlich, daß zwischen den genannten Völkern ein „zwingender und untrennbarer Zusammenhang" bestehe, wobei der Volksbegriff, der sich ebenso auf die Länder, wie auf die kommunalen Gebietskörperschaften beziehe, seine Substanz aus der Staatsqualität der Länder erhalte 84 . bb) Der Begriff der „Teilvölker" Gleichwohl erweist sich eine Unterscheidung des i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG gebrauchten Volksbegriffes von dem des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG als notwendig, da das Staatsvolk als ganzes bereits durch die Parlamente des Bundes und der Länder vertreten w i r d und nicht durch die einzelnen Vertretungen i n den kommunalen Gebietskörperschaften erneut vertreten werden kann. Da sich die Kreise aus den Gebieten der kreisangehörigen Gemeinden und die Länder aus den Gebieten der Kreise und der kreisfreien Städte gleich konzentrischen Kreisen zusammensetzen, liegt der Schluß nahe, daß i n den verschiedenen Gebietskörperschaften stets das qualitativ gleiche Volk, jedoch jeweils i n einer anderen territorialen quantitativen Zusammensetzung erfaßt werde, ohne daß Unterschiede hinsichtlich der Rechtsqualität erkennbar würden 8 5 . Die Vertretungsorgane der kommunalen Gebietskörperschaften werden dementsprechend als Vertretungen der Teile des Staatsvolkes ge** Behrendt, DÖV 1973, 376; Böcker, StTg 1980, 229; Henkel, S. 102; Dolde, Politische Rechte, S. 75; Knemeyer, S. 129; Schickedanz, GdeTg 1974, 331 f.; Tomuschat, Politische Betätigung, S. 57; v. Mutius, Gutachten E, S. 212; Sennewald, VR 1981, 77 f.; Emmerig, Sitzungsbericht L, S. 39; Roters i n v. Münch, A r t . 28, Rdnr. 22, Doehring, W D S t R L 32 (1973), 96; Leisner, Diskussionsbeitrag W D S t R L 32 (1973), 131; Lamers, S. 56; Ruland, JuS 1975, 9 f.; Birkenheier, Wahlrecht, S. 118; Stern, Staatsrecht I , § 19 I 3 b; O V G Hamburg i n DVB1. 1979, 360, 361. 84 Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 39 f.; Birkenheier, Wahlrecht, S. 116; Stern, Staatsrecht I, § 19 I 3 b. 85 Birkenheier, Wahlrecht, S. 118 — ähnlich Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2 c, F N 108 a m i t Hinweis auf BVerfGE 47, 253, 272.

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sehen, die zu diesen Gebieten etwa durch den Wohnsitz i n besonderer Beziehung stehen. Folgerichtig spricht Herzog 86 von „Teilvölkern" des gesamten Staatsvolkes und legt unter Hinweis auf die Körperschaften der kommunalen und berufsständischen Selbstverwaltung dar, daß es unter der Geltung des Grundgesetzes neben dem Staatsvolk noch kleinere Quellen demokratischer Legitimation gibt 8 7 . Obwohl diese Teiloder Verbandsvölker lediglich einen Ausschnitt aus dem gesamten Staatsvolk darstellen, w i r d ihre Legitimationskraft für ihren Bereich als der des Staatsvolkes ebenbürtig erachtet. Die den Gemeinderat und den Kreistag konstituierende K r a f t sei dieselbe wie bei den Parlamenten: das Volk, wenn auch als Kreis- und Gemeindevolk fraktioniert 8 8 . I n ähnlicher Weise weist Scheuner 89 ausdrücklich darauf hin, daß i m demokratischen Gemeinwesen kein qualitativer Unterschied mehr zwischen Gemeinde und Staat hinsichtlich ihrer demokratischen Legitimation besteht. I n die gleiche Richtung weisend muß wohl auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 90 interpretiert werden, nach der die Organe der Gemeinden und Kreise einer Legitimation bedürfen, die sich auf die Gesamtheit der Gemeindebürger als dem Volk, von dem alle Staatsgewalt ausgeht, zurückführen läßt 91 . Nahtlos an diese Rechtsprechung schließt sich schließlich die Position ν . Unruhs 92 an, wonach sich aus der Gemeinsamkeit der Legitimation ihrer Organe und Organwalter eine prinzipielle Gleichstellung der kommunalen Vertretungskörperschaften m i t den vom Staatsvolk gewählten Volksvertretungen ergibt. Faßt man diese Aussagen pointiert zusammen, so kommt man zu dem Ergebnis, daß die kommunalen Vertretungskörperschaften ausgestattet m i t der gleichen Legitimationskraft prinzipiell gleichrangig neben die Parlamente des Bundes und der Länder treten und damit i n der Gemeinschaft der Gemeindebürger allein die Legitimationsquelle für das hoheitliche Handeln der Gemeinden zu sehen ist 93 » 94 . Die kommunalen 86 Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20, Rdnr. 56; ders. f Staatslehre, S. 220ff.; i h m folgend Schmitt Glaeser, W D S t R L 31 (1973), 218. 87 Ebenso Brohm, W D S t R L 30 (1972), 269, F N 68, der allerdings die V e r wendung des Begriffes „Verbandsvolk" vorschlägt, da dieser Gedanke auf alle Selbstverwaltungskörperschaften zutreffe. 88 Schröder, S. 330, 332 („Das Substrat der staatlichen Volksvertretung — das V o l k — ist m i t dem Substrat der Teil Volksvertretungen — dem Kreis- bzw. Gemeindevolk — identisch"). Mißverständlich auch Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Staatsverwaltung, S. 75 f.; Sennewald, V R 1981, 81. 89 A f K 12 (1973), 6. 90 Insbesondere BVerfGE 47, 253, 272 sowie E 38, 258, 271. 91 Ä h n l i c h O V G MS i n DÖV 1979, 62; Sennewald, V R 1981, 80. 92 DVB1. 1980, 903.

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Vertretungskörperschaften beanspruchen folglich — wenn auch nur für ihr Gebiet — dasselbe Recht der allgemeinen Vertretung des Volkes, das nach der Verfassung dem Parlament für das ganze Staatsgebiet und für alle Staatsangehörigen zukommt. b) Legitimation

durch das Staatsvolk

Eine solche Gleichstellung des Volkes i n den Ländern, Kreisen und Gemeinden, die lediglich eine territoriale Differenzierung akzeptiert, kann nur dann zutreffen, wenn der Volksbegriff i n Hinblick auf die genannten Körperschaften, abgesehen von dem territorialen Aspekt, dieselben Merkmale aufweist. Eine genauere Betrachtung verdeutlicht jedoch, daß zwischen den Ländern und den kommunalen Gebietskörperschaften tiefgreifende rechtliche Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche Auslegung des Volksbegriffes notwendig machen. aa) Bund und Länder als Staaten Der Bund und die Länder sind Staaten i m Sinne des Völkerrechts 95 , bei denen die Existenz eines Staatsvolkes nach der klassischen Definition des Staates 98 als ein essentielles Merkmal des Staates vorhanden sein muß. Kreise und Gemeinden sind demgegenüber i n den Staat eingegliederte selbständige Gemeinwesen 97 , denen eine Staatsqualität unzweifelhaft nicht zukommt 9 8 . bb) Zweigliedriger Staatsaufbau A l l e i n diese Auffassung w i r d der vom Grundgesetz vorgesehenen staatlichen Ordnung gerecht, wonach — wie dem II. und V I I I . A b 93 So offenbar auch Lamers, S. 68; es k a n n dann nicht mehr verwundern, w e n n i m zunehmenden Maße i n Rspr. u n d L i t . Begriffe des Parlamentsrechts auf die kommunalen Vertretungskörperschaften übertragen werden. So etwa: O V G Lüneburg, OVGE 2, 225, 227; E 3, 223, 225; Schröder, S. 27 m. w . N. 94 Diese Auffassung erinnert an Preuß, Handbuch der Politik, S. 268, nach dessen Meinung Staat u n d Stadt wesensgleich sind. 95 Unstreitig, vgl. statt vieler Stern, Staatsrecht I , § 19 I 3 b ; I I I 2; Herzog i n M / D / H / S, A r t . 20 I V , Rdnr. 15 ff. 98 Vgl. Herzog, Staatslehre, S. 85. 97 Nach allgemeiner Auffassung handelt es sich bei den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften u m Glieder der Länder: Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 84; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 70; Gönnenwein, S. 172; Scheuner, A f K 12 (1973), 11; v. Unruh, DÖV 1974, 650; Stern, D Ö V 1974, 518; Lamers, S.60; B V e r w G E 44, 351, 364; B V e r w G i n JZ 1975, 370; O V G MS i n DÖV 1979, 62; O V G MS i n OVGE 33, 282, 283. 98 Becker, Grundrechte, 699 f.; Stern, Staatsrecht I, § 12 I I 2 b ; ders., D Ö V 1975, 518; O V G MS i n D Ö V 1979, 62. So ist auch Schwerdtfeger zu verstehen, w e n n er von nichtstaatlichen Einrichtungen spricht. Staat u n d kommunale Gebietskörperschaften sind damit nicht wesensgleich.

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schnitt des Grundgesetzes entnommen werden kann — lediglich eine staatliche Zweiteilung i n Bund und Ländern vorgesehen ist". Die politische Verantwortlichkeit der kommunalen Gebietskörperschaften, die sich nicht zuletzt i n den Kommunalwahlen widerspiegelt, bleibt von der verwaltungsmäßigen Eingliederung der Kommunen i n die Länder allerdings unberührt und kann ihrerseits Anlaß dazu geben, von einer politischen Drei- oder gar Vierteilung unter Einbeziehung der kommunalen Ebene zu sprechen 100 . Die so beschriebene Eingliederung der kommunalen Gebietskörperschaften i n den Staatsaufbau ist m i t der Ansicht unvereinbar, daß die Rechtsqualität der Legitimation durch das Staatsvolk auf gesamtstaatlicher Ebene m i t der durch das Kreis- und Gemeindevolk auf kommunaler Ebene identisch sei. Bereits ihrem Wesen nach umfaßt die auf das Staatsvolk zurückgehende Legitimation auch die i n das Staatswesen eingeordneten Glieder. Wäre dieses nicht der Fall, so würde die Einheit der Staatsgewalt als ein wesentliches Merkmal des demokratisch strukturierten Staates i n Frage gestellt, da es dann innerhalb des Staates weitere Autorisierungsinstanzen gäbe 101 . Der K o n f l i k t zwischen diesen Autorisierungsinstanzen innerhalb des Staates wäre vorprogrammiert, wenn es neben dem Staat noch die unabhängig von i h m legitimierten Hoheitsträger Kreis und Gemeinde gäbe. Ausgehend vom Grundsatz der Einheit aller Staatsgewalt kann diese nur ungeteilt vom gesamten Staatsvolk und nicht von einem körperschaftlich reduzierten Teilvolk ausgehen 102 . Ungeachtet des insoweit mißverständlichen Wortlautes des A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG gibt es das Volk einer Selbstverwaltungskörperschaft i m Sinne eines Staatsvolkes nicht 1 0 3 . Da die Selbstverwaltungseinrichtungen vielmehr i n den staatlichen Aufbau eingebettet sind, können die Selbstverwaltungskörperschaften, auch wenn sie wie die kommunalen Gebietskörperschaften über Organisationsstrukturen verfügen, die denen des Staates ähnlich sind, i m ver99 F ü r diese Annahme spricht die Überschrift des I I . Abschnittes ebenso w i e die Finanzverfassung, nach welcher die Einnahmen u n d Ausgaben der kommunalen Gebietskörperschaften i m Sinne des Finanzausgleichs solche der Länder sind (Art. 106, Abs. 7 GG sowie A r t . 79 Abs. 3 GG). Vgl. dazu i m einzelnen Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 79; Roters i n v. Münch A r t . 28, Rdnr. 7; Schmidt-Bleibtreu ί Klein, A r t . 20, Rdnr. 3; Hamann i n H a m a n n / L e n z , A r t . 28 Erl. A 2; ν. Mangoldt / Klein, A r t . 28 Erl. V 1; Gönnenwein, S. 247, F N 6; Schmidt-Jortzig, DVB1. 1980, 2; BVerfGE 6, 340, 364. 100 Vgl. Stern i n B K A r t . 28, Rdnr. 78; Pagenkopf, Kommunalrecht, S. 60; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 142. 101 Vgl. oben § 13. 3. c). 102 Schmitt, S. 273; Forsthoff, Lehrbuch, S. 536 f.; Stern, Staatsrecht I, § 25 I I 2 c; Klein, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 29 (1971), 121 f.; SchmidtJortzig, DVB1. 1980, 2; ders., DVB1. 1978, 796; Mayer, S. 333; Freudenberg, S.159. 103 H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 177, F N 64.

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fassungsrechtlichen Sinne keine autonomen Demokratien i m Kleinen sein 104 . So ist die kommunale Selbstverwaltung kein regional begrenzter Unterfall demokratischer Staatsgestaltung 105 . cc) Unterscheidungsmerkmale zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften und dem Staat Die Andersartigkeit der rechtlichen Ausgestaltung des Bundes und der Länder als Staaten einerseits und der kommunalen Gebietskörperschaften andererseits kann i n mehrfacher Hinsicht verdeutlicht werden, wobei eine weitgehende Abhängigkeit der kommunalen Selbstverwaltung von den staatlichen Vorgaben sichtbar wird, die ebenfalls den qualitativen Unterschied deutlich macht. (1) Kommunale körperschaft

Vertretungsals Exekutivorgan

Die i n den staatlichen Aufbau der Länder integrierten Selbstverwaltungskörperschaften gehören i n ihrer Gesamtheit der Exekutive an 1 0 6 . Obwohl es sich beim Gemeinderat um ein direkt gewähltes kollegiales Organ handelt, liegt seine Funktion trotz einer begrenzten Rechtssetzungsbefugnis der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften allein in der Verwaltung der Gemeinde 107 . I m Gegensatz zu den staatlichen Parlamenten ist der Grundsatz der Gewaltentrennung auf die kommunalen Vertretungskörperschaften nicht anwendbar 108 . Auch besteht für die Gemeindevertreter, i m Gegensatz zu den Parlamentariern des Bundes und der Länder, kein Immunitäts- und Indemnitätsschutz 109 . (2) Selbstverwaltung im Rahmen der staatlichen Gesetze Die Einbindung der Selbstverwaltungskörperschaften i n das staatliche Gefüge w i r d dadurch unterstrichen, daß das Selbstverwaltungs104 H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 185; Schmitt Glaeser, W D S t R L 31 (1973), 217; Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Staatsverwaltung, S. 74 f.; Lamers, S. 68. 105 Forsthoff, Lehrbuch, S. 536. 106 Ganz h. M.: vgl. statt vieler: Wolff / Bachof I I , § 85 I I a 1; Forsthoff, Lehrbuch, S. 536; Stern i n B K , A r t . 28, Rdnr. 105; Röttgen, H d K W P I, S. 185; Rauball / Rauball, Erl. 6 zu § 30 GO N W ; Gönnenwein, S. 143; st. Rspr.: BVerfGE 2, 1, 76; E 3, 41, 45; E 7, 155, 167; B V e r w G E 3, 127, 129; OVG MS, OVGE 9, 84, 89; 12, 177, 187; 26, 225, 229; i n D Ö V 1979, 62. 107 BVerfGE 2, 1, 76; E 7, 155, 167; unzutreffend dagegen E 32, 346, 361; vgl. dazu die ablehnende Stellungnahme von M eng er, HRR V w R D 4 (A 1), insbesondere S. 3 f. 108 So ausdrücklich v. Löhneysen, Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 146; Schröder, S. 438 m. w. N.; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 153; V e r f G H N W i n OVGE 9, 74, 89. 109 Rauball / Rauball, Erl. 6 zu § 30 GO N W ; eine Ausnahme macht hier Bayern: A r t . 51 Abs. 2 bay. GO.

7 Breer

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recht nur i m Rahmen der Gesetze besteht 110 , deren Ausgestaltung allein i n der Hand der vom Staatsvolk gewählten Parlamente liegt 1 1 1 . Diese können damit, soweit es die institutionelle Garantie zuläßt, durch einfaches Gesetz sowohl über die individuelle Existenz als auch den W i r kungskreis und die Zuständigkeit der Selbstverwaltungsträger bestimmen. (a) Der staatliche Errichtungsakt So bedürfen die Selbstverwaltungseinrichtungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts eines staatlichen Errichtungsaktes 112 , durch den die innere Grundstruktur der Körperschaften sowie ihre Finanzierung geregelt und ihnen zugleich die Zuständigkeit, auf einem genau bezeichneten Gebiet hoheitlich tätig zu werden, übertragen wird 1 1 3 . Die Notwendigkeit eines Errichtungsgesetzes macht deutlich, daß die Entscheidung über Existenz und Aufgabenbereich der einzelnen Selbstverwaltungskörperschaft allein beim staatlichen Gesetzgeber als dem vom Staatsvolk unmittelbar legitimierten Willensbildungsorgan liegt. (b) Eingeschränkte Geschäftsordnungsautonomie Da die Gemeindeordnungen regelmäßig detaillierte Regelungen über die Bildung und die Arbeitsweise der kommunalen Ausschüsse 114, über das Beschluß- und Wahlverfahren 1 1 5 sowie einen Mindestinhalt der Geschäftsordnung 116 enthalten, kommt dem Gemeinderat keine Ge110

So der eindeutige Wortlaut des A r t . 28 Abs. 2 GG; vgl. auch Pagenkopf, S. 4; v. Mutius, Gutachten E, S.37ff.; V e r f G H N W i n OVGE 9, 74, 83. 111 Vgl. Forsthoff, Lehrbuch, S. 539; dabei sind Gesetze nicht n u r f ö r m liche Gesetze, sondern auch Rechtsverordnungen, die aufgrund gesetzlicher Ermächtigung ergangen sind. So O V G MS i n OVGE 33, 282, 283; E 11, 201, 205; v. Mutius, Gutachten E, S. 38. 112 Wolff /Bachof I I , § 84 b 1; Forsthoff, Lehrbuch, S.492; Weber, S.52ff.; ausführlich dazu: Rasch, DVB1. 1970, 765 ff.; B V e r w G E 10, 89, 101; O V G MS, OVGE 14, 276, 288. 113 „Der Staat hat die Gemeinden verfaßt u n d sie m i t Organen versehen", so BVerfGE 18, 122, 132. I m Umkehrschluß k a n n aus der Berechtigung zur Errichtung der Selbstverwaltungskörperschaften auch das Recht zu ihrer individuellen Auflösung gefolgert werden. Die kommunale Neugliederung i n den Ländern der Bundesrepublik hat deutlich gezeigt, daß das G r u n d gesetz keine Garantie f ü r die Existenz des einzelnen Kreises bzw. der einzelnen Gemeinde enthält, sondern lediglich die I n s t i t u t i o n der kommunalen Selbstverwaltung garantiert. Vgl. hierzu Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 24; Roters i n v. Münch, A r t . 28, Rdnr. 31; Stern, Staatsrecht I, § 4 I I 3 g; Pagenkopf, S. 57 f.; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 86; zur Rechtsprechung des B V e r f G siehe die umfangreichen Nachweise bei Leibholz / Rinck, A r t . 28 A n m . 12; V e r f G H N W i n OVGE 25, 310, 313 f. u n d E 26, 270, 272. 114 § 42 GO N W ; vgl. auch Lüders, S. 22 ff. 115 §§ 35, 37 GO NW. 116 § 31 Abs. 2 GO NW.

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schäftsordnungsautonomie i m parlamentarischen Sinne zu, die getragen w i r d von dem Gedanken der von anderen staatlichen Gewalten unabhängigen Selbstkonstituierung der Volksrepräsentation 117 . Als eine begrenzte Geschäftsordnungsautonomie bleibt der kommunalen Vertretungskörperschaft lediglich ein gewisser Spielraum zur Anpassung der vorgegebenen gesetzlichen Vorschriften an die Besonderheiten der jeweiligen Gemeinde 118 . Die Regelung der Willensbildung der Gemeindeorgane durch die Gemeindeordnungen w i r d als Bestandteil der überkommenen gesetzlichen Einschränkungen der gemeindlichen Selbstverwaltung angesehen 119 . Schröder 120 erklärt die i m Vergleich zum Parlamentsrecht viel stärkere Beschneidung der Gestaltungsfreiheit des Geschäftsordnungsgebers Rat gerade aus der besonderen Lage der Gemeinden i m Verhältnis zum Staat. (c) Begrenzung des kommunalen Handlungsrahmens Da die Ausgestaltung der Rechtsordnung durch die Parlamente erfolgt, kann durch eine entsprechende Gesetzgebung der für die Selbstverwaltungskörperschaften verbleibende Handlungsrahmen so beschränkt werden, daß Entscheidungen, die der staatlichen Ordnung zuwiderlaufen, unmöglich werden 1 2 1 » 1 2 2 . Erwähnenswert ist etwa die Möglichkeit des Staates, eine bisher freie Selbstverwaltungsaufgabe zu einer Pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe zu machen oder gar einen eigenen staatlichen Wirkungskreis zu schaffen. Die Eingrenzung der kommunalen Handlungsfreiheit durch die staatliche Gesetzgebung findet zwar ihre Grenze i n A r t . 28 Abs. 2 GG, wonach Eingriffe i n den Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts verfassungsrechtlich unzulässig sind, doch werden gerade in diesem Bereich die Grenzen der kommunalen Handlungsfreiheit sichtbar, wie die folgenden Beispiele exemplarisch belegen 123 . 117

Z u r Geschäftsordnungsautonomie vgl. i m einzelnen Schröder, S. 201 f. Schröder, S. 428. 119 Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 127; Gönnenwein, S. 50; Schröder, S. 429. 120 S. 429. 121 Wolff /Bachof I I , § 86 V I I I d; v. Mutins, Gutachten E, S.37ff. 122 Innerhalb der geltenden Rechtsordnung braucht das W i r k e n der Selbstverwaltungsorgane dagegen keineswegs m i t den „Zielen der Staatsführung" übereinzustimmen. Vgl. Gönnenwein, S. 39; Stern i n B K , A r t . 28, Rdnr. 94; Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Staatsverwaltung, S. 75; Macher, S. 141. Dieses w a r i m nationalsozialistischen Staat gänzlich anders, w o mittels der Staatsaufsicht die Übereinstimmung des Handelns der Selbstverwaltungsträger m i t den politischen Zielen der Staatsführung sichergestellt wurde. Vgl. Merk I, S. 446 f.; sowie § 1 Abs. 2 DGO „ I h r (der Gemeinden) W i r k e n muß i m Einklang m i t den Zielen der Staatsführung stehen". 123 Z u m Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung zählen insbesondere die kommunale Personal-, Finanz-, Satzungs-, Organisations- u n d Planungshoheit. Vgl. Stern, Staatsrecht I, § 12 I I 3 d; ders. i n B K , A r t . 28, 118

7*

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(aa) Finanzhoheit Die Finanzhoheit garantiert den Selbstverwaltungskörperschaften das Recht zu einer eigenverantwortlichen Gestaltung der Einnahmeund Ausgabenwirtschaft i m Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens 124 . Das kommunale Haushaltswesen w i r d allerdings durch die Gemeindeordnung und die Gemeindehaushaltsverordnung streng geregelt und setzt der Entscheidungsfreiheit der Gemeinden bei der Erstellung des Haushaltsplanes enge Grenzen. Weitere Beschränkungen ergeben sich aus dem Stabilitätsgesetz 125 , wonach die Gemeinden bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen haben12®. Zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung m i t Zustimmung des Bundesrates u. a. auch m i t Wirkung für die Gemeinden und Gemeindeverbände anordnen, daß die Beschaffung von Geldmitteln i m Wege des Kredits beschränkt w i r d 1 2 7 . Von diesem Recht ist beispielsweise für das Haushaltsjahr 1973 durch die sogenannte „Schuldendeckelverordnung" 128 Gebrauch gemacht worden 1 2 9 . Rechtlich kaum faßbar, i n ihrer praktischen Auswirkung dagegen kaum zu überschätzen, sind die gezielt eingesetzten Finanzzuweisungen des Staates an die Kommunen, die vielfach als „goldener Zügel" bezeichnet werden. Durch die Bezuschussung insbesondere solcher Projekte, die der staatlichen Planung entsprechen, w i r d ein Verhalten der meist zuweisungsabhängigen Selbstverwaltungskörperschaften erreicht, das dem staatlichen Willen weitgehend entspricht 130 . Rdnr. 126 ff.; ders., Lage der kommunalen Selbstverwaltung, S. 481; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 31; Roters i n v. Münch, A r t . 28, Rdnr. 56 f.; v. Münch, Gutachten E, S. 43; st. Rspr. des BVerfGE: 1, 167, 175; E 26, 172, 180; E 38, 258, 278. Nach dem V e r f G H N W (in OVGE 9, 74, 82; E 10, 282, 284) geht der Sinn der Selbstverwaltungsgarantie dahin, daß die »essentialia* der Selbstverwaltung gewährleistet sind, während die ,accidentalia' der gesetzlichen Regelung vorbehalten bleiben. Ebenso Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 123; ders., Lage der kommunalen Selbstverwaltung, S. 482. 124 Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 99; ders., Staatsrecht I, §12 I I I 3 c; v. Mutius, Gutachten E, S. 115 ff.; ausführlich: Wixforth passim; BVerfGE 26, 228, 244; V e r f G H N W i n OVGE 11, 149, 150 ff. 125 Gesetz zur Förderung der Stabilität u n d des Wachstums der Wirtschaft v o m 8. 6.1967 (BGBl. I I I 707-3). 126 § 16 Abs. 1 StabilitätsG i. V. m. § 1 StabilitätsG. 127 § 19 StabilitätsG. 128 Verordnung über die Grenzen der Kreditaufnahme durch Bund, L ä n der, Gemeinden u n d Gemeindeverbände i m Haushaltsjahr 1973 v o m 1. 6.1973. 129

Vgl. i m einzelnen v. Mutius, Gutachten E, S. 34. Vgl. dazu auch Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Staatsverwaltung, S. 77; Macher, S. 96 ff. 130

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(bb) Personalhoheit Weitreichenden Beschränkungen unterliegen die kommunalen Gebietskörperschaften i m Bereich der Personalhoheit, der insbesondere die Befugnis zur Auswahl, Anstellung und Beförderung der Bediensteten umfaßt 1 3 1 . Wegen der Rahmengesetzgebung des Bundes und die diesen Rahmen ausfüllenden Ländervorschriften i m Beamtenrecht verbleibt den Gemeinden bei der Gestaltung des Rechtsverhältnisses zu ihren Beamten kaum ein Spielraum. Darüber hinaus w i r d die Einstellung und Beförderung der Beamten und Angestellten durch Laufbahnverordnungen, Stellenobergrenzenverordnungen 132 und Eingruppierungsverordnungen weiter eingeengt 133 . Als besonders schwerwiegend erscheinen die gesetzlichen Eingriffe, die das Recht der freien Auswahl der Kommunen unter den Stellenbewerbern beschränken und den Selbstverwaltungskörperschaften dam i t Dienstkräfte oktroyieren. Als Beispiel sei hier auf die §§ 11—18 des Gesetzes zu A r t . 131 GG 1 3 4 hingewiesen, die nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Personalhoheit der Kommunen zwar „empfindlich verkürzen" aber gleichwohl noch als verfassungsgemäß angesehen werden 1 3 5 . Eine ähnlich weitreichende Einschränkung enthält § 128 BRRG, der eine Übernahmepflicht bei der Auflösung oder Umbildung von Körperschaften vorsieht, die insbesondere i m Rahmen der kommunalen Neugliederung Bedeutung erlangte 138 . (cc) Planungshoheit Deutlichen Einschränkungen unterliegt schließlich auch die Planungshoheit der Kommunen 1 3 7 , die i n ein Planungssystem eingebettet ist, das sich über Landes- und Regionalplanung bis zur Bauleitplanung auf örtlicher Ebene erstreckt. Da die kommunale Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BBauG an die überörtliche Planung anzupassen ist, w i r d sie dadurch weitgehend vorgeformt und bereits in eine bestimmte Richtung gedrängt 138 . Schließlich setzen zahlreiche gesetzliche Vorgaben, von 131 Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 97; ders., Staatsrecht I, § 12 I I I 3 c; v. Mutius, Gutachten E, 133 ff.; Brückner, S. 174 ff.; Ipsen, DÖV 1955, 225 ff.; vgl. auch die umfangreiche Rechtsprechung zur kommunalen Personalhoheit des B u n desverfassungsgerichts, die W. Weber i n „Bundesverfassungsgericht u n d Grundgesetz", Band I I , S. 335 ff. wiedergibt; V e r f G H N W i n OVGE 9, 74, 82; E 10, 282, 284 ff. 132 Vgl. dazu ν . Mutius / Schock, DVB1. 1981, 1077 ff. 133 Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 147 ff.; Pappermann, DVB1. 1981, 1042. 134 Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter A r t . 131 GG fallenden Personen i. d. F. v o m 13.10.1965; BGBl. I, 1686. iss BVerfGE 1, 167, 178 f. ΐ3β v g l . z u m ganzen auch Macher, S. 105 ff. 137 138

Vgl. dazu Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 100; v. Mutius, Vgl. i m einzelnen: Macher, S. 109 ff.

Gutachten E, 110 ff.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

denen nur das Bundesbaugesetz, das Städtebauförderungsgesetz sowie die Landesbauordnungen erwähnt seien, dem kommunalen Willen bei der Gestaltung des Stadtbildes enge Grenzen 139 . Dieser knappe Aufriß der staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf das kommunale Geschehen macht deutlich, daß die kommunale Selbstverwaltung als ein Element der mittelbaren Staatsverwaltung dem Staat untergeordnet ist und damit Gefangene der staatlichen Legeslative bleibt 1 4 0 , da eigenverantwortliche Entscheidungen nur i m Rahmen der vorgegebenen Gesetze möglich sind. Zugleich w i r d ein grundlegender Unterschied zwischen Staat und Gemeinde sichtbar, da der Staat i m Gegensatz zu den kommunalen Gebietskörperschaften i n der Entfaltung seiner Tätigkeit nicht durch eine über ihm stehende Gewalt gebunden w i r d 1 4 1 . (d) Die Staatsaufsicht Die Einbindung der Selbstverwaltung in das gesamtstaatliche Gefüge w i r d durch das Institut der Staatsaufsicht ergänzt 142 . Die Notwendigkeit einer Staatsaufsicht folgt aus der unverzichtbaren Verantwortung des Staates für die rechtmäßige Handhabung jeder öffentlichen Gewalt i n seinem Hoheitsbereich 143 und ist ein notwendiges Korrelat der eigenen Entscheidungsbefugnis der Selbstverwaltungskörperschaften. Die Überlassung von Entscheidungsfreiheiten an die den Weisungen des Staates nicht unterworfenen Selbstverwaltungskörperschaften ist dem Staat wegen der Bindung aller staatlichen Gewaltausübung an Gesetz und Recht, wie sie sich aus A r t . 20 Abs. 3 GG ergibt, nur möglich, wenn er die Einhaltung der Rechtsordnung i m Wege der Staatsaufsicht überwachen und gegebenenfalls durchsetzen kann. Nur auf diese Weise ist gesichert, daß der Wille des Staatsvolkes als letztem Legitimationsgeber aller hoheitlichen Gewalt zur Geltung kommt 1 4 4 . Die Bedeutung der Staatsaufsicht liegt dabei weniger i n der Beanstandung einzelner Entscheidungen, sondern sie bewirkt allein durch 139

Zusammenfassend Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 104. So Salzwedel, W D S t R L 22 (1963), 232; V e r f G H N W i n OVGE 9, 74, 83. 141 Vgl. dazu auch Pagenkopf, S. 40. 142 Dazu Salzwedel, W D S t R L 22 (1963), 206 ff.; Weber, Kommunalaufsicht, S. 19 ff.; Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 130 ff.; Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Staatsverwaltung, S. 76; Gönnenwein, S. 172 ff.; Wolff / Bachof I I , § 77 I I m.w.N. 143 Schröder, S. 343; H. H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 180 ff.; Salzwedel, W D S t R L 22 (1963), 227; Wolff / Bachof I I , § 86 I X . 144 Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 123 ff.; Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 131; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 149 f.; H.H. Klein, Demokratie u n d Selbstverwaltung, S. 180 ff.; BVerfGE 6, 104, 118; B V e r w G E 2, 329, 334. 140

§ 14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung

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ihre Existenz, daß i m Vorfeld umstrittener Entscheidungen deren Rechtmäßigkeit durch eigene Fachleute oder oft auch i m Zusammenwirken m i t der Aufsichtsbehörde (Beratung) kritisch überprüft wird. Wenn auch i m Rahmen der kommunalen Rechtssetzung eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde i m Regelfall nicht erforderlich ist, so haben die Gemeinden doch i n einigen Fällen — insbesonders bei Satzungen von weitreichender Bedeutung — 1 4 5 diese Satzung vor ihrem Inkrafttreten der Aufsichtsbehörde vorzulegen, die damit eine antizipierte Rechtskontrolle ausübt 146 . Das Institut der Staatsaufsicht veranschaulicht aber nicht nur die Einbindung der Selbstverwaltungskörperschaften i n das staatliche Gefüge, sondern läßt darüber hinaus eine Wertung hinsichtlich der Stellung der Vertretungskörperschaften i n den Selbstverwaltungseinrichtungen gegenüber denen des Staates zu. Eine derartige Aufsicht verträgt sich nicht m i t der Ansicht, die kommunalen Vertretungskörperschaften seien gleichrangige repräsentative Vertretungen eines Teiles des Staatsvolkes, von dem alle Staatsgewalt ausgeht, denn jede A u f sicht stellt die Souveränität eines Organs i n Frage und weist es als letztlich abhängig aus. A u f kommunaler Ebene w i r d dieses besonders deutlich i n dem Recht der staatlichen Aufsichtsbehörden, die gemeindliche „Volksvertretung" aufzulösen 147 , während demgegenüber der Gemeindevertretung selbst kein Selbstauflösungsrecht wie den Parlamenten zukommt 1 4 8 . Auch das aufsichtsbehördliche Recht, rechtswidrige Beschlüsse des Rates zu beanstanden und aufzuheben oder zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen der Gemeinde eigene Entscheidungen zu treffen 1 4 9 , oder gar einen staatlichen Beauftragten („Staatskommissar") einzusetzen 150 , zeigen, daß von einer Unabhängigkeit des Rates i m parlamentarischen Sinne nicht die Rede sein kann 1 5 1 . Damit macht das Instrument der Staatsaufsicht einen gravierenden Unterschied zwischen den souveränen Parlamenten und den kommunalen Vertretungskörperschaften deutlich und läßt klar ein Stufen145

Vgl. etwa §§ 66 Abs. 5 (Haushalt), 72 (Kreditaufnahme), 96 (wirtschaftliche Unternehmen) GO N W sowie §§ 6, 11 B B a u G (Bauleitpläne). 146 Mehr i m tatsächlichen als i m rechtlichen Bereich ist die Erwägung anzusiedeln, daß die Selbstverwaltungskörperschaften i n der Regel ein k o n fliktfreies Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden anstreben, auf deren Z u sammenarbeit sie angewiesen sind. Es besteht daher leidht die Neigung, K o n f l i k t e zu vermeiden u n d den Vorstellungen der Aufsichtsbehörde nachzukommen; Wolff / Bachof I I , § 77 d; Galette , S. 37—62. 147 Vgl. stellvertretend f ü r alle Bundesländer n u r § 111 GO NW. 148 Gönnenwein, S. 193; Becker, H d K W P Bd. I, S. 171. 149 Vgl. § 109 GO NW. 150 Vgl. § 110 GO NW. 151 Schröder, S. 421.

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6. Teil: K o m m u n a l Wahlrecht für Ausländer

Verhältnis zwischen Kreis- und Gemeindevertretungen und den Länderparlamenten erkennen 152 . (e) Kommunale Rechtsetzungsbefugnis Dieser Befund w i r d durch die kommunale Rechtsetzungsbefugnis, die verschiedentlich als wesentliches Element der kommunalen Selbstverwaltung bezeichnet worden ist 1 5 3 , nicht in Frage gestellt; denn während das staatliche Gesetzgebungsrecht Ausfluß eines originären Hoheitsrechtes ist und die Parlamente m i t h i n frei sind, i m Rahmen ihrer Kompetenz jede beliebige Frage zu regeln 154 , beruht die kommunale Rechtsetzungsbefugnis wie alle kommunalen Hoheitsrechte auf einer abgeleiteten Gewalt und bedarf der aus A r t . 28 Abs. 2 GG folgenden staatlichen Ermächtigung. Zu Recht spricht Badura 155 daher von einer Delegation von Rechtsetzungsmacht von der Legislative auf nichtstaatliche Verwaltungsträger 15 ®. Fehlt diese staatliche Ermächtigungsgrundlage oder geht die kommunale Rechtsetzung darüber hinaus, so ist die beschlossene Norm rechtswidrig und kann vom Staat i m Wege der Rechtsaufsicht beseitigt werden 1 5 7 . Damit w i r d deutlich, daß die Beschlüsse der kommunalen Vertretungskörperschaften i n ihrer Bedeutung nicht an die Gesetzgebungsakte i n den Landtagen heranreichen 158 . c) Zusammenfassung Faßt man die vorstehenden Abschnitte zusammen, so können wesentliche Ergebnisse festgehalten werden: Die kommunalen Gebietskörperschaften sind i n den Verwaltungsaufbau der Länder eingegliederte dezentrale Zentren eigener Entscheidungsbildung, deren Recht zu hoheitlichem Handeln dem Grunde und dem Umfang nach auf einer gesetzlichen Ermächtigung des staatlichen Gesetzgebers beruht. Die Einhaltung der staatlichen Rechtsordnung w i r d durch das Instrument der Staatsaufsicht sichergestellt. Die sich aus der rechtlichen Qualifikation der Länder und der kommunalen Gebietskörperschaften ergebenden Unterschiede treffen i n gleicher Weise auf ihre Vertretungskörperschaften zu. Die Länder verfügen als Staaten über Parlamente, also Volksvertretungen i m eigentlichen 152

So auch Schröder, S. 419. Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 105; Forsthoff, Lehrbuch, S. 531, Brückner, S. 148; BVerfGE 12, 319, 325. 154 Herzog i n M / D / H / S, A r t . 20, Abschn. I I , Rdnr. 84. 155 D Ö V 1963, 563. 158 Zustimmend Menger, HRR V w R D 4 (A 1), S. 5; siehe auch Forsthoff, Lehrbuch, S. 478 f.; Gönnenwein, S. 143 ff.; v. Mutius, Gutachten E, S. 23. 157 Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 108; Forsthoff, Lehrbuch, S. 551. 158 So auch BVerfGE 3, 41, 45. 153

§ 14 Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung

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Sinne, die als Legislativorgane die vom Staatsvolk ausgehende Legitimation den unterstaatlichen Einrichtungen vermitteln. Demgegenüber haben die von dem Volk i n den Kreisen und Gemeinden gewählten kommunalen Vertretungskörperschaften keine eigene Legislativgewalt, sondern sind i n ihrer Gänze vielmehr Teil der Exekutive der Länder. Es ist daher auch verfehlt, bei den Vertretungskörperschaften der Selbstverwaltungseinrichtungen von Parlamenten zu sprechen 159 . Z w i schen den Parlamenten und den (kommunalen) Vertretungskörperschaften besteht m i t h i n ein qualitativer Unterschied 160 . Diese Unterschiede i n der rechtlichen Qualifikation der Vertretungskörperschaften haben ihren Ursprung letztlich i n der unterschiedlichen Legitimationskraft der wählenden „Völker". Während das Staatsvolk i n seiner Willensbildung völlig frei ist, kann der Wille des kommunalen Volkes sich lediglich i n dem ihm vom Staatsvolk gesetzten Grenzen entfalten. Die so deutlich werdende Stufung des staatlichen Aufbaus bringt es m i t sich, daß die Wahlen zu den Parlamenten und den kommunalen Vertretungskörperschaften nicht als gleichwertig anerkannt werden können 161 . Dementsprechend ist auch die Gemeindebürgerschaft nicht weniger oder mehr als die Staatsbürgerschaft, sondern ein hiervon verschiedener Mitgliedsstatus i n einer autonomen Körperschaft 162 . 3. Die staatliche Legitimation

Aus der Einbindung der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften i n den staatlichen Aufbau der Länder und daraus, daß sie zumindest mittelbar staatliche Gewalt ausüben, können weitere für das Ergebnis der Untersuchung bedeutsame Schlüsse gezogen werden. Der Grundsatz der Einheit aller Staatsgewalt läßt i m Staat nur eine Legitimationsquelle für hoheitliches Handeln zu 1 6 3 . Da die Ausübung aller hoheitlichen Gewalt gem. A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG einer Legitimation durch das Volk bedarf, kann auch die Legitimation des hoheitlichen Handelns der Selbstverwaltungskörperschaften ebenso wie die der staatlichen Organe nur einheitlich vom Staatsvolk hergeleitet werden. Dieses Ergebnis w i r d durch die Erkenntnis gestützt, daß es nach heute einhelliger Auffassung einen „pouvoir municipal" der Gemeinden nicht gibt 1 6 4 . Auch der i n die gleiche Richtung weisende Ver159 Forsthoff, Lehrbuch, S. 536; Rauball I Raub all, § 7 Erl. 2; O V G MS i n Kottenberg / Steffens, Nr. 1 zu § 7. 160 Die mannigfachen Unterschiede nach Bedeutung, Aufgabe u n d Größe zwischen den Parlamenten u n d den kommunalen Vertretungskörperschaften betont schon das Bundesverwaltungsgericht i n DVB1. 1971, 512, 513. 181 So auch ν . Löhneysen, D Ö V 1981, 530; a. A. offenbar Sennewald, VR 1981, 82. 162 Sasse / Kempen, S. 21. 183 Vgl. i m einzelnen oben § 13. 3. c).

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

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such einer Fraktionierung des Staatsvolkes i n Teilvölker führt nicht zu einem befriedigendem Ergebnis, da die konsequente Anwendung des Grundsatzes der Einheit aller Staatsgewalt der Auffassung entgegensteht, daß diese Teilvölker über die gleiche Legitimationskraft wie das Staatsvolk verfügen. Die Selbstverwaltungskörperschaften müssen daher ihre Legitimation zu hoheitlichem Handeln durch eine ununterbrochene Legitimationskette nachweisen, die letztlich auf das Staatsvolk hinführt 1 6 5 . Das zentrale Glied dieser Legitimationskette sind die oben bereits beschriebenen — regelmäßig i n Gesetzesform gefaßten — staatlichen Errichtungsakte 166 , durch die die Körperschaften des öffentlichen Rechts geschaffen und ihnen bestimmte Aufgaben zu eigenverantwortlicher Wahrnehmung zugewiesen werden. A n die Stelle dieser Errichtungsgesetze t r i t t bei den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, die i n der Regel auf eine längere historische Existenz als der Staat zurückblicken können, die Verfassungsnorm des A r t . 28 Abs. 2 GG. Durch diese Norm, die i n ähnlicher Form i n den Verfassungen der Länder wiederholt wird, ist das Recht der Gemeinden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft i m Rahmen der Gesetze i n eigener Verantwortung als Hoheitsträger zu regeln, garantiert. Neben diese generelle Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln treten zahlreiche spezialgesetzliche Vorschriften, die das Recht der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften i m einzelnen regeln (insbesondere Kreisund Gemeindeordnungen) und ihnen darüber hinaus die Ermächtigung zu einem konkreten Handeln einräumen (ζ. B. die Kommunalabgabengesetze)167. U m hoheitlich handeln zu können, bedürfen die Selbstverwaltungskörperschaften einer vom Staatsvolk als Ganzes ausgehende Legitimation, die i m folgenden als „staatliche Legitimation" bezeichnet werden soll. 4. Die körperschaftliche Legitimation

Es wäre allerdings verfehlt, die Legitimation der kommunalen Gebietskörperschaften allein vom Staatsvolk herzuleiten. Vielmehr macht gerade A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG deutlich, daß eine weitere Legitimationsquelle für das Handeln dieser Körperschaften das Volk i n den Kreisen und Gemeinden ist. Der erstmals von Sasse / Kempen aufgezeigte Ansatz einer zweifachen Legitimation weist damit letztlich doch i n die richtige Richtung. 164 165 1ββ 167

s. o. Vgl. s. ο. Vgl.

§ 13. 3. d). auch Herzog i n M / D / H / S, A r t . 20, Abschn. I I , Rdnr. 54. § 14. 2. b) cc) (2) (a). Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 143 f.; ders., D Ö V 1981, 394.

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a) Kreise und Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts Die Notwendigkeit einer Legitimation durch das Volk der Gebietskörperschaften ergibt sich zum einen aus der rechtlichen Konstruktion der Selbstverwaltungseinrichtungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, denn ein wesentliches Merkmal der Körperschaft liegt darin, daß ihre Mitglieder als Träger der Körperschaft berechtigt sind, sowohl an der Selbstverwirklichung als auch an der Erreichung des Zwecks der Körperschaft maßgeblich mitzuwirken 1 6 8 . Die typisch körperschaftliche Kompetenzverteilung läßt sich anhand der Arbeitsweise der kommunalen Organe gut nachweisen. So liegen die führenden und kontrollierenden Verwaltungsfunktionen bei der Gemeindevertretung als dem körperschaftlichen Repräsentativorgan, während die Vorbereitung der Beschlüsse der Gemeindevertretung und ihre Durchführung dem Gemeindevorsteher (Gemeindedirektor, Bürgermeister) oder Gemeindevorstand (Magistrat) als dem Körperschaftsvorstand ebenso obliegen, wie die Erledigung der einfachen Geschäfte der laufenden Verwaltung 1 6 9 . Konkretisiert heißt dies, daß die Willensbildung der kommunalen Gebietskörperschaften durch das Volk i n den Kreisen und Gemeinden erfolgt, wodurch der Mitgliederkreis der jeweiligen Gebietskörperschaft umschrieben w i r d 1 7 0 . Diese auf die Mitglieder der Gebietskörperschaft zurückgehende Legitimation soll als „körperschaftliche Legitimation" bezeichnet werden. b) Legitimation durch das Volk der Gebietskörperschaft als Ausfluß des Selbstverwaltungsrechts Zum anderen ergibt sich die Notwendigkeit einer Legitimation der Gebietskörperschaften durch das Volk i n den Kreisen und Gemeinden unmittelbar aus der i n A r t . 28 Abs. 2 GG niedergelegten Selbstverwaltungsgarantie, da die Idee der Selbstverwaltung erfordert, daß die Selbstverwaltungsangelegenheiten von Körperschaften wahrgenommen werden, die außerhalb des staatlichen Instanzenzuges stehen und i n ihrer Willensbildung von der des Staates unabhängig sind 171 . Der Sinn der Selbstverwaltung w i r d vor allem i n der Aktivierung der gesellschaftlichen Kräfte gesehen, denen die Regelung der sie betreffenden Angelegenheiten zu eigenverantwortlicher Wahrnehmung 1β8 1ββ 170 171

Wolff / Bachof I I , § 84 I I a 2. Schröder, S. 438 f.; Wolff / Bachof I I , § 87 I I b. Wolff ! Bachof I I , § 84 I I I d 1. Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 146.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

überlassen wird, da die jeweils Betroffenen i n einem von ihnen überschaubaren Bereich oft sachkundiger als die staatliche Verwaltung urteilen können 172 . Kommunale Selbstverwaltung, wie sie i n A r t . 28 Abs. 2 Satz 1 GG niedergelegt ist, bedeutet dementsprechend ihrem „Wesen und ihrer Intention nach Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten, die die i n der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat m i t dem Ziel zusammenschließt, das Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu wahren" 1 7 3 . Die Mitglieder der Selbstverwaltungskörperschaften können diese vom Staat i n sie gesetzte Aufgabe nur erfüllen, wenn ihnen ein qualifiziertes Mitentscheidungsrecht i n ihren eigenen A n gelegenheiten eingeräumt wird. Hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung hat der Verfassungsgeber zur Sicherstellung einer M i t w i r k u n g der Bürger, die demokratischen Ansprüchen genügt, in A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG nicht nur festgelegt, daß das V o l k in den Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muß, sondern auch, daß diese wie die Parlamente aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sein müssen. 5. Zweifache Legitimation

Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, daß zu dem auf das Staatsvolk zurückführenden Legitimationsstrang ein zweiter hinzutritt, der auf das kommunale Verbandsvolk hinführt. Dieser t r i f f t — bildlich gesehen — „ v o n unten" m i t dem „von oben" kommenden Strang der staatlichen Legitimation zusammen und verstärkt diesen. Da sowohl das Fehlen der staatlichen als auch der verbandlichen Legitimation zu einem Mangel an dem für ein hoheitliches Handeln der Gebietskörperschaft notwendigen Legitimation führt, ist m i t h i n festzustellen, daß die Selbstverwaltungsorgane einer doppelten Legitimation bedürfen 174 . Da das durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG vorgeschriebene Legitimationsverfahren hinsichtlich der verbandlichen Legitimation dem staatlichen Wahlverfahren i n den entscheidenden Grundzügen entspricht, ist die Legitimationsdichte der kommunalen Vertretungskörperschaft 172 So BVerfGE 33, 125, 156. its BVerfGE 11, 266, 275 f. 174 Der Gedanke verschiedener Legitimationsquellen findet sich — allerdings i n einem anderen Zusammenhang — bereits bei Sasse / Kempen, S. 17 sowie bei Schmitt Glaeser, W D S t R L 22 (1963), 217; ähnlich auch Scheuner, A f K 12 (1973), 6, der von einer zusätzlichen örtlichen Legitimation der Gemeinden spricht, bei der es sich u m eine selbständige demokratische L e g i t i mierung handele; Scheuner, S. 30.

§ 15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

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durchaus m i t der der Parlamente vergleichbar. Damit bietet sich zugleich ein Schlüssel für ein besseres Verständnis der oben zitierten Stimmen an 17 5 , die die Gleichartigkeit der Legitimation der kommunalen Vertretungskörperschaften und der Parlamente betonen. Aus der Gleichartigkeit des Legitimationsverfahrens kann in der Tat der Schluß gezogen werden, daß insoweit eine gleiche Legitimationsdichte gegeben ist. § 15 D i e zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

I m folgenden ist nunmehr zu untersuchen, welche rechtlichen Auswirkungen sich aus der so beschriebenen zweifachen Legitimation der kommunalen Selbstverwaltungsorgane hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Möglichkeit einer Teilnahme von ausländischen Gemeindeeinwohnern an den Kommunalwahlen ergeben. Vorab ist festzuhalten, daß auch bei einer Beteiligung der Ausländer an den Kommunalwahlen der Legitimationsstrang, der auf das (deutsche) Staatsvolk hinzielt und aufgrund dessen die kommunalen Gebietskörperschaften ihre staatliche Legitimation erhalten, unangetastet bleibt. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß diese staatliche Legitimation die Selbstverwaltungsorgane nur mittelbar erreicht, während die Gemeindebürger als Mitglieder unmittelbar auf die Willensbildung ihrer Selbstverwaltungskörperschaft einwirken. 1. A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 G G

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Grundsatz des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG, daß alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen habe, neben der Herleitung einer staatlichen Legitimation für das hoheitliche Handeln der Selbstverwaltungskörperschaften auch einen Ausschluß der Ausländer von der Willensbildung auf der Ebene der Selbstverwaltungskörperschaften gebietet, u m jeden denkbaren Einfluß der Ausländer auf die Ausübung der Staatsgewalt auszuschließen. Ob A r t . 20 Abs. 2 GG diese Auslegung erfordert, muß bezweifelt werden. A r t . 20 Abs. 2 GG w i r d als eine „Staatsfundamentalnorm" bezeichnet 176 , durch die das Prinzip der Volksherrschaft für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich vorgegeben w i r d und die auch i m Wege einer Verfassungsänderung nicht geändert werden kann (vgl. Art. 79 Abs. 3 GG). Diese i n der Tradition des A r t . 1 WRV stehende Verfassungsnorm ist als eine bewußte Abkehr von historischen Vor175 176

§ 14. 2. a) aa). Herzog i n M / D / H / S, A r t . 20, Abschn. I, Rdnr. 7.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t f ü r Ausländer

Stellungen anzusehen, wonach die Legitimation zu hoheitlichem Handeln auf eine von Gottes Gnaden regierenden Monarchen zurückgeführt wurde 1 7 7 . a) Das Demokratieprinzip Das Prinzip der Volksherrschaft erfordert nicht, daß das Volk zu jeder Frage durch Abstimmungen unmittelbar Stellung nimmt. I n der repräsentativen Demokratie, wie sie für den modernen Staat kennzeichnend ist, manifestiert sich die Volksherrschaft vielmehr i n der Prärogative der Parlamente. Kern der demokratischen Legitimation ist die regelmäßig wiederkehrende Wahl zu den gesetzgebenden Körperschaften, durch die die Legitimität aller anderen Staatsorgane durch eine ununterbrochene Legitimationskette vermittelt wird 1 7 8 . Damit kann A r t . 20 Abs. 2 GG als zentrale Aussage entnommen werden, daß dem hier niedergelegten demokratischen Prinzip genügt ist, wenn Herrschaftsgewalt und Herrschaftsausübung auf das Volk zurückgeführt werden kann, also durch das Volk legitimiert ist 1 7 9 . b) Demokratie

und Selbstverwaltung

Die den Selbstverwaltungsorganen durch eine ununterbrochene Legitimationskette vermittelte staatliche Legitimation kann auch durch ein von staatlichen Weisungen freies Handeln der Selbstverwaltungskörperschaften nicht i n Frage gestellt werden, da sich Selbstverwaltung stets nur i m Rahmen der Gesetze vollzieht. So behält der Staat die Möglichkeit, den Wirkungskreis der Selbstverwaltungseinrichtungen jederzeit zu bestimmen, und die Einhaltung seiner gesetzlichen Vorgaben kann er i m Wege der Staatsaufsicht überwachen. Schließlich muß die Übertragung bestimmter Aufgaben zur eigenen Erledigung auf die Selbstverwaltungskörperschaften als eine bewußte Entscheidung des Verfassungs- und Gesetzgebers angesehen werden, die zugleich einen Verzicht auf eine eigene Entscheidungskompetenz des Staates auf diesen Gebieten beinhaltet. aa) Kommunale Selbstverwaltung Es zählt zu den wesentlichen Merkmalen der Selbstverwaltung, daß öffentliche Aufgaben von vom Staat weisungsunabhängigen Körperschaften wahrgenommen werden, deren Organe von den jeweiligen 177 Z u r historischen E n t w i c k l u n g der Idee der Volkssouveränität vgl. i m einzelnen: Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20, Abschn. I I , Rdnr. 34ff.; Stern I I , § 25 I I 2 b; v. d. Heydte, S. 345; Kriele, Staatslehre, S. 224 ff. 178 Stern, Staatsrecht I I , § 25 I I 2 b; Kriele, Staatslehre, S. 63; BVerfGE 47, 253, 275; E 38, 258, 270 ff. 179 Stern, Staatsrecht I , § 18 I I 5 b.

§ 15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

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Verbandsvölkern gewählt werden. Diese umfassen zwar stets einen Teil des Staatsvolkes, sind aber aufgrund ihrer Zusammensetzung keineswegs für das ganze Staatsvolk repräsentativ. Die Entscheidungskompetenz des Verbandsvolkes w i r d unterstrichen durch den Inhalt des Selbstverwaltungsrechts, wie ihn die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgearbeitet hat 1 8 0 . Durch die Einrichtung der Selbstverwaltung macht sich der Gesetzgeber die Sachkunde der Betroffenen zunutze und erreicht so eine Verringerung des Abstandes zwischen Normgeber und Normadressat. Zugleich entlastet er sich davon, sachliche und örtliche Verschiedenheiten berücksichtigen zu müssen, die für i h n meist nur schwer erkennbar sind und auf die er deshalb meist nicht rasch genug reagieren kann 1 8 1 . (1) örtliche

Gemeinschaft als Grundlage

Bereits die Definition des Selbstverwaltungsrechts deutet an, daß der ausländischen Wohnbevölkerung der Kreise und Gemeinden ein Mitentscheidungsrecht i n örtlichen Angelegenheiten langfristig nicht vorenthalten werden kann, wenn an dem Selbstverwaltungsgedanken festgehalten werden soll. Die Idee der eigenverantwortlichen Regelung örtlicher Angelegenheiten durch die Betroffenen beruht nicht zuletzt auf dem Gedanken der nachbarschaftlichen Solidarität 1 8 2 sowie der gemeinschaftlichen Selbsthilfe und weist damit auf die genossenschaftlichen Wurzeln der kommunalen Selbstverwaltung zurück 183 . Diese ursprünglichen Ideen der kommunalen Selbstverwaltung sind auch heute noch lebendig 184 . Soweit die Uberschaubarkeit der örtlichen Gemeinschaft durch die Gebietsreform des vergangenen Jahrzehnts in Frage gestellt wurde, w i r d heute bereits eine Gegenbewegung m i t dem Ziel sichtbar, die kommunale Selbstverwaltung auf der Orts- und Bezirksebene zu stärken 185 . Die sich i n der Selbstverwaltungsidee verkörpernde Aufforderung zur eigenverantwortlichen Erledigung der die örtliche Gemeinschaft betreffenden Probleme kann nicht auf die deutschen Gemeindebürger beschränkt bleiben, da nachbarschaftlich solidarisches Handeln und gemeinschaftliche Selbsthilfe in einer Gemeinschaft nur gedeihen können, wenn Rechte und Pflichten i n gleicher Weise verteilt sind. 180 BVerfGE 11, 266, 275 f.; E 12, 319, 325; vgl. auch schon § 14. 4. b). lei BVerfGE 33, 125, 156 f. 182

So Pagenkopf, S. 2; Forsthoff, Lehrbuch, S. 536. Schmidt-Jortzig, PuZ 38/79, S. 5; ders., DVB1. 1980, 3; vgl. auch B a y V e r f G H i n DVB1. 1978, 806 ff. 184 Schleberger, StTg 1974, 599; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 62; Maurer, § 23, Rdnr. 5. 185 Vgl. vor allem v. Mutius, Gutachten E, S. 162 f. 183

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t f ü r Ausländer

(2) Pflichtenstatus

der Gemeindebürger

Während auf staatlicher Ebene ein Unterschied i m Pflichtenstatus zwischen den Ausländern und den deutschen Staatsbürgern nachgewiesen werden konnte 1 8 6 , kann es einen solchen Unterschied auf kommunaler Ebene schon aus theoretischen Erwägungen nicht geben 187 . Für die Zugehörigkeit zum kommunalen Verbandsvolk ist allein der Wohnsitz i m Gemeinde-/Kreisgebiet entscheidend, da sich die M i t gliedschaft i n einer Gebietskörperschaft aus dem Wohnsitz i m Gebiet der Körperschaft ergibt. Diese Anknüpfung an den Wohnsitz korrespondiert m i t der Gebietshoheit der kommunalen Körperschaften, die sich nur auf das jeweilige Kreis- bzw. Gemeindegebiet erstreckt und m i t der Personalhoheit des Staates nicht vergleichbar ist. Dementsprechend w i r d grundsätzlich jeder, der i n dem Gebiet der Gebietskörperschaften lebt, von ihrer Regelungskompetenz ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit erfaßt. Die Zugehörigkeit zum kommunalen Verbandsvolk richtet sich demnach nach anderen Kriterien als die Zugehörigkeit zum Staatsvolk, die den Besitz einer entsprechenden Staatsbürgerschaft voraussetzt 188 . Diese theoretische Überlegung w i r d durch die Regelungen i n den Gemeindeordnungen der Länder bestätigt. Neben der Pflicht zur Entrichtung der Gemeindesteuern enthalten diese noch die Pflicht zur Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit und eines Ehrenamtes 189 . Während zu ehrenamtlichen Tätigkeiten alle Gemeindeeinwohner — m i t h i n auch die ausländischen Einwohner — herangezogen werden können, bleibt die Ausübung eines Ehrenamtes den Bürgern vorbehalten. Der sich hier scheinbar auftuende unterschiedliche Pflichtenstatus löst sich allerdings auf, sobald die ausländischen Gemeindeeinwohner das Wahlrecht und damit die gemeindlichen Bürgerrechte erhalten und ist daher als Gegenargument nicht geeignet. M i t Recht betont Forsthoff lö°, daß man dem Einwohner, der zu den Gemeindelasten beiträgt, die Aktivrechte der Gemeindebürgerschaft nur für eine begrenzte Zeit vorenthalten kann. Nach einer angemessenen Phase der Integration i n die Gemeinde können ausländische Gemeindeeinwohner auch kaum mehr als Verbandsfremde bezeichnet und bei ihrer Teilnahme an der kommunalen Willensbildung nicht mehr von einer Fremdbestimmung durch Außenstehende gesprochen werden 1 9 1 . 186

s. o. § 8. 1. Ruland, JuS 1975, 12; Tomuschat, Diskussionsbeitrag, W D S t R L (1973), 121; Scholz, Jura 1980, 590, Hasenritter, VR 1981, 15. 188 Schieber ger t S t T G 1974, 598. 189 Vgl. etwa § 20 N W GO. 190 Lehrbuch, S. 541. 187

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§ 15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

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(3) Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung Für die Vergangenheit mag der Ausschluß der ausländischen Einwohner von der kommunalen Willensbildung vertretbar gewesen sein. Uber einen langen Zeitraum lag der A n t e i l der ausländischen Wohnbevölkerung i n vielen Teilen der Bundesrepublik deutlich unter 3 °/o. Dieses änderte sich erst allmählich als Folge der Anwerbung der ausländischen Arbeitskräfte. Da diese zunächst nur für eine begrenzte Zeit i n der Bundesrepublik bleiben wollten und auch die deutsche Sprache i n aller Regel nur unzureichend beherrschten, erwuchs aus ihrem Zuzug unmittelbar noch kein akutes Bedürfnis zur Änderung der bestehenden Rechtslage. Die Notwendigkeit einer Änderung zeichnet sich nunmehr jedoch m i t einer nicht mehr zu übersehenden Deutlichkeit ab, wenn an dem System der kommunalen Selbstverwaltung festgehalten werden soll. Bereits heute beträgt der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung i n zahlreichen Orten zwischen 10 und 20 °/o192. Aufgrund der i m Vergleich zu deutschen Familien größeren Kinderzahl sowie des Nachzuges weiterer Ausländer ist vorausberechenbar, daß der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung i n vielen Städten schon bald die 30 °/o-Marke erreichen und i n einigen Bezirken deutlich übersteigen w i r d 1 9 3 . Dabei w i r d es sich i n der Mehrzahl u m solche ausländischen Staatsangehörigen handeln, die i n Deutschland geboren und aufgewachsen sind, das deutsche Schulsystem m i t mehr oder weniger Erfolg durchlaufen haben und an deren Rückauswanderung in das Herkunftsland ihrer Eltern nicht mehr zu denken ist. Da eine Einbürgerungswelle aus den oben aufgezeigten Gründen nicht zu erwarten ist, bliebe dieser beträchtliche Teil der Wohnbevölkerung auf Dauer von den kommunalen Mitwirkungsrechten ausgeschlossen, wenn an der bestehenden Rechtslage festgehalten wird. Somit drängt sich die Frage auf, ob es m i t dem Selbstverwaltungsprinzip überhaupt noch vereinbar ist, wenn ein so großer Teil der Betroffenen auf Dauer von den Mitentscheidungsrechten auf kommunaler Ebene ausgeschlossen bleibt. Tragende Gründe, die als Sinn und Zweck der Selbstverwaltung stets genannt werden, w i e Aktivierung der Betroffenen für die eigenen Angelegenheiten, Nutzbarmachung ihrer Sachkunde und Verringerung des Abstandes zwischen Normgeber und Normadressat, werden hinfällig, wenn ein zu großer Teil 191 So aber Isensee, W D S t R L 32 (1973), 93; Tomuschat, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 32 (1973), 121. 192 Vgl. oben § 1. 193 v g l . dazu beispielsweise die Prognosen des statistischen Amtes der Stadt Gelsenkirchen, S. 58, 59.

8 Breer

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

der Betroffenen über Mitwirkungsrechte nicht verfügt. Das verfassungsrechtlich vorgegebene Selbstverwaltungsrecht behält m i t anderen Worten nur dann seine Funktionsfähigkeit, wenn der Kreis der Betroffenen weitestgehend m i t dem Kreis derer, die eigenverantwortliche Entscheidungen treffen können, identisch ist. Somit kann angesichts der akuten Lage i n der Bundesrepublik aus dem Selbstverwaltungsrecht unmittelbar die rechtliche Notwendigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer hergeleitet werden. bb) Andere Selbstverwaltungskörperschaften Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung bei einem Vergleich der kommunalen Selbstverwaltung m i t anderen Zweigen der Selbstverwaltung, insbesondere der beruflichen und akademischen Selbstverwaltung 1 9 4 · 1 9 5 . (1) Zulässigkeit

eines Vergleichs

Ein solcher Vergleich der kommunalen m i t der beruflichen oder akademischen Selbstverwaltung ist durchaus zulässig, wenn auch nicht verkannt werden darf, daß es zwischen ihnen einige Unterschiede gibt 1 0 6 . Der auffälligste äußerliche Unterschied liegt wohl darin, daß es sich bei den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften um Gebietskörperschaften handelt, die Mitgliedschaft also an den Wohnsitz i m Gebiet der Körperschaft anknüpft und damit gleichermaßen alle Einwohner dieses Gebietes trifft, während die Mitgliedschaft sonst selektiv etwa an die Ausübung eines bestimmten Berufes angebunden ist 1 9 7 . Daraus ergibt sich ein Unterschied i n der Mitgliederstruktur der einzelnen Körperschaften, da die Gebietskörperschaften nicht nur A n gehörige einer bestimmten Gruppe, sondern alle Einwohner eines Gebietes umfaßt. Ein größerer Repräsentationswert der Gebietskörperschaften gegenüber den übrigen Selbstverwaltungskörperschaften i n Hinblick auf den Willen des gesamten Staatsvolkes kann daraus allerdings nicht hergeleitet werden, da die Bürger eines oberbayerischen Kirchspiels ebensowenig den Willen des Staatsvolkes repräsen194 Gemäß § 16 Abs. 1 Selbstverwaltungsgesetz (i. d. F. v o m 23.8.1967, BGBl. I, 917; geändert am 7.8.1973, BGBl. I, 957) besitzen die ausländischen Staatsbürger auch i n der Sozialversicherung ein aktives Wahlrecht. 195 Die Selbstverwaltung der freien Berufe, des Handwerks u n d der I n dustrie werden hier unter dem Begriff der „beruflichen Selbstverwaltung" zusammengefaßt. 196 y g i i m einzelnen dazu auch Pagenkopf, S. 24, Schröder, S. 335. 197 Entsprechend den Anknüpfungspunkten f ü r die Mitgliedschaft i n der Körperschaft unterscheidet m a n zwischen Gebiets-, Real-, Personal- u n d Kollegialkörperschaften. Vgl. Wolff / Bachof I I , § 84 I I I d; Rudolf i n Erichsen / Martens, § 56 I I 2 a.

§ 15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

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tieren wie die Einwohner einer rheinischen Großstadt, die Studentenschaft einer Universität oder die Ärzteschaft eines Kammerbezirks. Allerdings genießt allein die Einrichtung der kommunalen Selbstverwaltung aufgrund der grundgesetzunmittelbaren Instituierung i n A r t . 28 Abs. 2 GG den Schutz der Verfassung, während die übrigen Selbstverwaltungseinrichtungen zur Disposition des (einfachen) Gesetzgebers stehen 198 . Die aufgezeigten Unterschiede sind jedoch keineswegs so gravierend, daß eine vergleichende Betrachtung Gefahr liefe, ein falsches B i l d zu vermitteln. So liegt die grundlegende Ubereinstimmung zwischen den verschiedenen Formen der Selbstverwaltung zunächst darin, daß die kommunalen Gebietskörperschaften wie die Körperschaften der beruflichen und akademischen Selbstverwaltung hoheitlich handelnde Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung sind. Von daher macht es rechtlich keinen Unterschied, ob ein Verwaltungsakt — deutlichstes Symbol der Ausübung hoheitlicher Gewalt — von einer Gemeinde, einer Universität (ζ. B. Prüfungsentscheidungen) oder von einer Handwerkskammer erlassen wird. Um die für die mittelbare Staatsverwaltung kennzeichnende Unabhängigkeit von staatlichen Weisungen zu gewährleisten, besitzen sie übereinstimmend die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Daraus ergibt sich, daß ihre Mitglieder i m Wege der Zwangsmitgliedschaft zusammengeschlossen werden, wobei zwischen der A n knüpfung an den Wohnort oder an den Beruf kein durchgreifender Unterschied besteht, denn genausowenig wie es den Einwohnern einer Gemeinde möglich ist, sich der Mitgliedschaft i n dieser Gemeinde zu entziehen, kann sich der Student einer Mitgliedschaft i n der Studentenschaft, der Unternehmer i n der Industrie- und Handelskammer oder der A n w a l t i n der Anwaltskammer entziehen, ohne Wohnort, Studium, Gewerbe oder Beruf aufgeben zu müssen. Diese grundlegenden Übereinstimmungen machen deutlich, daß zwischen der kommunalen Selbstverwaltung und anderen Selbstverwaltungsformen hinsichtlich ihrer rechtlichen Konstruktion, wie auch ihrer Stellung i m Staatsaufbau als Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung keine Unterschiede bestehen, die eine grundsätzlich andere rechtliche Beurteilung rechtfertigten. Dieses mag seinen Ursprung darin haben, daß sich die verschiedenen Formen der Selbstverwaltung weitgehend nach dem Vorbild der kommunalen Selbstverwaltung entwickelt haben 199 und i n den Lehrbüchern auch heute oft noch Selbstverwaltung weitgehend m i t kommunaler Selbstverwaltung gleichge198 199



Wolff ί Bachof I I , § 86 V I I I . So Forsthoff, Lehrbuch, S. 471.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

setzt und den übrigen Zweigen der Selbstverwaltung nur ein Platz am Rande eingeräumt w i r d 2 0 0 . (2) Akademische

Selbstverwaltung

I n der akademischen Selbstverwaltung w i r d seit je her nicht zwischen deutschen und ausländischen Universitätsmitgliedern unterschieden, so daß die M i t w i r k u n g ausländischer Wissenschaftler und Studenten an den Entscheidungen i n der Universität seit langem üblich ist 2 0 1 · 2 0 2 . Dabei beschränkt sich diese M i t w i r k u n g keineswegs auf den Bereich der Forschung und Lehre, für den ein Mitwirkungsrecht aus A r t . 5 Abs. 3 GG hergeleitet werden kann 2 0 3 , sondern bezieht den gesamten Bereich der Universitätsverwaltung m i t ein. Da ausländische Studenten und Wissenschaftler wahlberechtigt zu allen Gremien der Universität sind, gewinnen sie Einfluß auf die Bestellung der Rektoren, Dekane und des Universitätskanzlers. Deren Tätigkeit kann dem unmittelbaren Bereich von Forschung und Lehre nur beschränkt zugerechnet werden, da sie überwiegend i n der Wissenschaftsverwaltung tätig sind 204 . Entsprechendes gilt für die Studentenschaft, die i n einigen Bundesländern eine rechtsfähige Gliedkörperschaft der Hochschule bildet und zu deren Aufgaben u. a. gehören: — die Interessenwahrnehmung aller Studenten, — die Wahrnehmung hochschulpolitischer Belange, — die Wahrnehmung fachlicher, wirtschaftlicher, tureller Belange der Studenten,

sozialer und k u l -

— die Förderung des Studentensports, — die Pflege überörtlicher gen 205 .

und internationaler

Studentenbeziehun-

200 So etwa i m Forsthoff sehen Lehrbuch, S. 470 ff. u n d Rudolf i n Erichsen/Martens, § 57 I I 2; I I I ; zutreffend auch Schröder, S. 458 f.; Fröhler / Oberndorfer, S. 33 f. 201 Röttgen, Universitätsrecht, S. 161 f.; Thieme, S. 334; Lamers, S. 84; Dolde, Ausländer, S. 85. 202 Z u r Verdeutlichung des Umfanges der Teilnahme der ausländischen Studenten sei darauf hingewiesen, daß i m Jahre 1979 56 600 ausländische Studenten i n der Bundesrepublik studierten (Statistisches Jahrbuch, S. 339). 203 So BVerfGE 35, 79, 116. 204 Vgl. etwa §§ 19, 27, 47 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes N W v o m 20.11.1979 (GV N W S. 926 — WissHG N W —). 205 Vgl. § 71 WissHG NW.

§ 15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

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Diese Aufgabenumschreibung verdeutlicht i n besonderer Weise, daß die Studentenschaft, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bildet, kaum auf dem Bereich von Forschung und Lehre tätig w i r d 2 0 6 . Daraus w i r d zugleich verständlich, daß das gegen eine Vergleichbarkeit der kommunalen m i t der akademischen Selbstverwaltung oft vorgebrachte Argument, A r t . 5 Abs. 3 GG gebiete i n Forschung und Lehre eine M i t w i r k u n g der ausländischen Universitätsmitglieder 2 0 7 , nicht zu überzeugen vermag 208 . Unterstellt man gleichwohl die Richtigkeit dieses Einwurfes, so fällt ins Auge, daß durch i h n die eigentlich zentrale Frage des Ausländereinflusses auf die Ausübung der Staatsgewalt nicht beantwortet wird. Dazu bedürfte es dann nämlich einer Erörterung, i n welchem Verhältnis Art. 5 Abs. 3 GG und A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG stehen und gegebenenfalls w a r u m A r t . 5 Abs. 3 GG der Fundamentalnorm des A r t . 20 Abs. 2 GG vorgehen soll. Vielmehr liegt der Gegenschluß nahe, daß das Grundgesetz bereits die M i t w i r k u n g von Ausländern i n bestimmten Selbstverwaltungseinrichtungen voraussetzte, zumal diese M i t w i r k u n g bereits bei der Entstehung des Grundgesetzes seit geraumer Zeit bestand. (3) Berufliche

Selbstverwaltung

I n gleicher Weise wie für die akademische Selbstverwaltung ist für die berufliche Selbstverwaltung festzustellen, daß die ausländischen Mitglieder an der Willensbildung i n den Körperschaften beteiligt sind. So kennt weder eine der Kammern, i n denen die freien Berufe zusammengefaßt sind 209 , noch kennen die Industrie- und Handelskammern oder die Handwerkskammern eine Beschränkung des Wahlrechts zu den Organen dieser Körperschaft auf ihre deutschen Mitglieder. Da die berufsständischen Kammern über weitgehende Eingriffsrechte i n die Rechte ihrer Mitglieder verfügen (ζ. B. Ehrengerichte), würde ein Ausschluß der ausländischen Mitglieder von allen Mitwirkungsrechten auch verfassungsrechtliche Bedenken i n Hinblick auf den Gleichheitssatz hervorrufen.

206

Lamers, S. 86; Schmitt Glaeser, Studentenschaften, S. 14 ff. So schon Isensee, W D S t R L 33 (1972), 97. 208 Strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen kommunaler u n d akademischer Selbstverwaltung sehen Stier-Somlo, AöR 54 (1928), 373; Kluge, S. 251; Süsterhenn / Schäfer, A r t . 39 A n m . 2 a; a. A . Röttgen, Grundrechte Bd. I I , S. 327; Schröder, S. 459 m. w. N. 209 Vgl. etwa § 11 nw. Architektengesetz (vom 4.12.1969, GV N W S.888); § 8 nw. Heilberufsgesetz (vom 30. 7.1975, G V N W S. 520); § 64 Bundesrechtsanwaltsordnung (vom 1.8.1959, B G B l . I S. 565); §§ 63, 70, 96, 97 Handwerksordnung (vom 5.12.1965, BGBl. 1966 I S. 1). 207

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6. Teil: K o m m u n a l Wahlrecht für Ausländer

Wie das Beispiel des Landwirtschaftskammergesetzes N W 2 1 0 zeigt, erfolgt die Einräumung des Wahlrechts für ausländische Mitglieder keineswegs rein gewohnheitsmäßig, denn in § 5 dieses Gesetzes bleibt das Wahlrecht auf die deutschen Staatsbürger und die Staatsbürger der Vertragsstaaten i m Sinne des Europäischen Niederlassungsabkommens 211 beschränkt. Diese vom Gesetzgeber m i t Bedacht vorgenommene Abstufung zeigt, daß er i n der M i t w i r k u n g von Ausländern in hoheitlich handelnden Körperschaften des öffentlichen Rechts augenscheinlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken sieht. Auch anderweitig sind solche Bedenken in Hinblick auf die Wahlberechtigung der Ausländer zu den Gremien der beruflichen Selbstverwaltung nicht geäußert worden. c)

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, daß der körperschaftlichen Selbstverwaltung eine M i t w i r k u n g der ausländischen Verbandsmitglieder keineswegs fremd ist. Obgleich bestehende Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Selbstverwaltungskörperschaften nicht geleugnet werden sollen, handelt es sich bei ihnen doch insgesamt um Einrichtungen, die hoheitlich handelnd mittelbare Staatsgewalt ausüben. Neben der vom Staat abgeleiteten Legitimation werden ihre Selbstverwaltungsorgane durch die Wahlen ihres Verbandsvolkes legitimiert. Die gesetzlich vorgesehene M i t w i r k u n g der ausländischen Mitglieder des Verbandsvolkes ist bisher soweit ersichtlich unter dem Gesichtspunkt des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich noch nicht beanstandet worden. Damit liegt der Schluß nahe, daß aus A r t . 20 Abs. 2 GG keine durchgreifenden Bedenken gegen ein Kommunalwahlrecht für Ausländer hergeleitet werden kann, zumal die Selbstverwaltungsidee voraussetzt, daß möglichst alle Betroffenen an den Entscheidungen der örtlichen Angelegenheiten beteiligt werden. 2. A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 G G

Eine Beteiligung der ausländischen Gemeindeeinwohner an den Wahlen zu den Selbstverwaltungsorganen der Kreise und Gemeinden könnte allerdings gegen A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, wonach das Volk i n den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muß, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sein muß.

210 211

V o m 11. 2.1949, GS N W S. 706. V o m 13.12.1955 (BGBl. I I , 1959 S. 998).

§15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

a) Der Volksbegriff

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in Art 28 Abs. 1 Satz 2 GG

Der Streit entzündet sich auch hier i n besonderer Weise an dem Begriff des „Volkes". Eine in der Literatur weit verbreitete Auffassung geht davon aus 212 , daß der Volksbegriff i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG inhaltlich m i t dem des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG übereinstimme und daher nur die deutschen Staatsangehörigen umfasse. Dieses w i r d einmal damit begründet, daß das Grundgesetz nur einen einheitlichen Volksbegriff verwende 213 . Andere weisen auf die enge sprachliche Verbindung des Volksbegriffes zu den Ländern, Kreisen und Gemeinden i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG hin. Bereits daraus werde deutlich, daß der Volksbegriff nicht hinsichtlich jeder dieser Körperschaften einen anderen Inhalt haben könne. Vielmehr erhalte der Volksbegriff seine inhaltliche Substanz aus der (Staats-)Rechtsqualität der Länder. Da das gesamte Staatsvolk jedoch nicht durch die Vertretungsorgane der zahlreichen kommunalen Körperschaften erneut vertreten werden könne, stimmten die Volksbegriffe i n diesen A r t i k e l n nicht völlig überein. Vielmehr enthalte A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG eine „territoriale Differenzierung" des Volksbegriffes 214 . Die genannten Gründe vermögen jedoch kaum zu überzeugen. Bereits oben 215 wurde i m einzelnen nachgewiesen, daß das Grundgesetz einen festen Volksbegriff nicht kennt und der Inhalt des Volksbegriffes stets neu definiert werden muß. Daß dabei eine differenzierte Auslegung des Volksbegriffes sogar innerhalb einer einzigen Norm notwendig werden kann, hat die Auslegung des A r t . 20 Abs. 2 GG gezeigt 210 . Nach dem bisherigen Stand der Untersuchung kann schon jetzt festgestellt werden, daß es verfehlt erscheint, die Substanz des Volksbegriffes i n A r t . 28 Abs. 1 GG allein aus der Rechtsqualität der Länder herzuleiten. Da es sich bei Kreisen und Gemeinden um Selbstverwaltungskörperschaften handelt, die i n den staatlichen Aufbau der Länder eingegliedert sind, besitzen sie eine andere Rechtsqualität als die Länder. Dementsprechend besteht ein qualitativer Unterschied zwischen dem Volk der Selbstverwaltungskörperschaften und dem Staatsvolk, denn während vom letzteren allein alle Staatsgewalt ausgeht, werden durch das Volk i n den Kreisen und Gemeinden allein die Organe der Körperschaften legitimiert 2 1 7 . 212 Stern, Staatsrecht I, § 19 I 3 b ; I I I 2; Lamers, S. 56; Birkenheier, Wahlrecht, S. 116 f.; Leyendecker, D Ö V 1981, 528; Böcker, StTg 1980, 229. 213 Leyendecker, D Ö V 1981, 528. 214 Vgl. zum Vorstehenden insbesondere Birkenheier, Wahlrecht, S. 117. 215 s. o. § 9. 2. 216 s. o. § 9. 1. c).

120

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

b) Das Homogenitätsgebot Ein anderes Ergebnis erfordert auch nicht das i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG niedergelegte Homogenitätsgebot 218 . Dem Vorbild der deutschen Reichsverfassung vom 28. 3.1849 (§§ 186, 187), der Weimarer Reichsverfassung (Art. 17), der Verfassung der Schweiz (Art. 6) und der USA (Art. 4 sect. I V ) 2 1 9 folgend, bezweckt das Homogenitätsgebot die Sicherstellung eines Mindestmaßes an Übereinstimmung zwischen dem Bund und den Ländern hinsichtlich ihrer verfassungsrechtlichen Grundsätze, wobei Homogenität keineswegs mit Konformität oder Uniformität gleichgesetzt werden darf 2 2 0 . U m die angestrebte Homogenität herzustellen, w i r d i n Satz 1 des A r t . 28 Abs. 1 GG festgelegt, daß die verfassungsmäßige Ordnung i n den Ländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates, wie sie i n A r t . 20 Abs. 1 GG für den Bund vorgegeben sind, entsprechen muß. Der folgende Satz 2 enthält als eigenständige Aussage für die Länder nur die Regelung des Wahlverfahrens zu den Länderparlamenten. Die Formulierung, daß „das Volk eine Vertretung haben müsse", hat für sie demgegenüber keinen eigenständigen Aussagewert, da sich die Notwendigkeit einer Volksvertretung hinsichtlich der Länder bereits zwingend aus dem i n Satz 1 niedergelegtem Demokratieprinzip ergibt 2 2 1 . Durch die Aufnahme der Wörter „Kreise und Gemeinden" i n der Spätphase der Beratungen dieser Norm hat der Verfassungsgeber die Wahlrechtsgrundsätze auch für die Wahlen zu den kommunalen Vertretungskörperschaften verbindlich vorgegeben und so eine Homogenität des Wahlverfahrens bei allen politischen Wahlen geschaffen 222 . Dem Satz 2 kann damit i n Hinblick auf die kommunalen Gebietskörperschaften lediglich entnommen werden, daß auch i n ihnen das „ V o l k " i m Wege einer repräsentativen Demokratie an der Willensbildung zu 217 So auch v. Löhneysen, D Ö V 1981, 322; ders., D Ö V 1981, 530; vgl. auch Sasse / Kempen, S. 21. 218 Dem Homogenitätsgebot messen dagegen entscheidende Bedeutung bei: Birkenheier, Wahlrecht, S. 119; ders., Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 143; Sitzungsbericht N, S. 158; Isensee, W D S t R L 32 (1973), 96; Lamers, S. 58 f. 219 Sämtliche Verfassungstexte sind abgedruckt bei Werner, S. 14 ff. 220 Stern, B K , A r t . 28, Rdnr. 8, 14; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 28, Rdnr. 17; v. Mangoldt / Klein, A r t . 28 A n m . I I I . 221 So auch Herzog i n M / D / H / S , A r t . 20, Abschn. I I , Rdnr. 101; Roters i n v. Münch, A r t . 28, Rdnr. 21. 222 Zutreffend Werner, S. 67; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 28, Rdnr. 6; vgl. auch Sennewald, V R 1981, 77; Stern, Lage der kommunalen Selbstverwaltung, S. 478; auch bei den K o m m u n a l w a h l e n handelt es sich u m p o l i t i sche Wahlen. Vgl. BVerfGE 6, 104, 114.

§ 15 Zweifache Legitimation als verfassungsrechtliches Problem

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beteiligen ist, wobei die vorgegebenen Wahlrechtsgrundsätze zu beachten sind. Nach dem Wortlaut des A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG fordert das Homogenitätsprinzip, daß die verfassungsmäßige Ordnung i n den Ländern der des Bundes entsprechen muß. Diesem „Entsprechensgebot" w i r d u. a. dadurch Rechnung getragen, daß die einzelnen Landesvölker m i t der gleichen Rechtsqualität wie das Bundesvolk ausgestattet und wie dieses Träger der Staatsgewalt sind. Die von Birkenheier 223 offenbar angestrebte Ausweitung des Homogenitätsprinzips auf die unterstaatlichen Gebietskörperschaften verbietet sich jedoch, da Kreise und Gemeinden nicht w i e Bund und Länder originäre Träger der Staatsgewalt sind, sondern Staatsgewalt nur mittelbar aufgrund eines abgeleiteten Rechts ausüben. Nach alledem erscheint es verfehlt, aus A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG den Gedanken einer „Homogenität der Träger der Demokratie" gerade auch i n Hinblick auf die kommunalen Gebietskörperschaften herleiten zu wollen 2 2 4 . Gegen eine solche Auffassung spricht letztlich entscheidend die Tatsache, daß das Staatsvolk als Träger der Länder und das Volk i n den Gebietskörperschaften als Träger der Kreise und Gemeinden nicht wesensgleich sind. Angesichts der aufgezeigten qualitativen Unterschiede scheidet eine Homogenität insoweit bereits von vornherein aus. Folgt man der Auffassung Birkenheiers, so wäre die Tragweite des Satzes 2 für die Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften unterschiedlich. Während diese Bestimmung — w i e festgestellt — für die Länder nur eine eigenständige Aussage zum Wahlverfahren enthält, leitet Birkenheier weitgehende Aussagen über das Staatsvolk als Träger der Demokratie i n den Kreisen und Gemeinden daraus her. Angesichts der Tatsache, daß die Kreise und Gemeinden erst i n der Schlußphase der Beratungen auf Veranlassung des Allgemeinen Redaktionsausschusses i n den Regelungsgehalt dieser Norm aufgenommen wurden 2 2 5 , muß bezweifelt werden, ob der Verfassungsgeber eine solch weitgehende Regelung ohne eingehende Beratung treffen wollte, die zudem m i t grundlegenden Forderungen der allgemeinen Staatslehre (wie etwa Einheit der Staatsgewalt; Unterscheidung zwischen staatlichen und unterstaatlichen Einrichtungen) nur schwer zu vereinbaren ist. Für die Annahme, daß der Verfassungsgeber eine einheitliche Regelung des Wahlverfahrens treffen und den Grundsatz der repräsentativen Demokratie auch auf der Ebene der kommunalen Gebietskör223 224 225

Siehe soeben F N 218. So aber Birkenheier, Wahlrecht, S. 119. Siehe JöR N F Bd. 1, S. 252.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

perschaften verankern wollte, sprechen demgegenüber gute Gründe. Bereits i n A r t . 29 des Herrenchiemseer Entwurfs 2 2 6 befindet sich eine Bestimmung des Wahlverfahrens für die Länder, ergänzt um den Zusatz: „ . . . dabei muß gesichert sein, daß sich mindestens zwei voneinander unabhängige Parteien m i t eigenen Programmen und Kandidaten bewerben". Aus dem darstellenden Teil zum Herrenchiemseer Entw u r f 2 2 7 w i r d deutlich, daß dem Wahlrecht eine besondere Bedeutung zur Verwirklichung der repräsentativen Demokratie besonders i m Hinblick darauf beigemessen wurde, daß sich i n den sowjetisch besetzten Ländern bereits faktisch ein Einparteiensystem etablierte. Durch die einheitliche Regelung der Wahlrechtsgrundsätze bei allen politischen Wahlen hoffte der Verfassungsgeber diesen Entwicklungen entgegenzutreten und die repräsentative Demokratie zu sichern. Dafür, daß i n erster Linie eine Homogenität der Wahlrechtsgrundsätze angestrebt wurde, ist schließlich anzuführen, daß die für die Wahlen zum Bundestag aufgestellten Wahlrechtsgrundsätze des A r t . 38 Abs. 1 Satz 1 GG wohl kaum zufällig wörtlich m i t denen i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG übereinstimmen 228 . Es ist daher Schwerdtfeger 229 zu folgen, wenn er feststellt, daß man über den Regelungsgehalt dieses Satzes hinausgeht, wenn man glaubt, ihm eine Begrenzung des Kreises der Wahlberechtigten entnehmen zu können. c) Auslegungsmöglichkeiten des Volksbegriffes in Art. 28 GG Z u Recht w i r d darauf hingewiesen 230 , daß es sprachlicher Logik widerspräche, wenn man den einheitlich für Länder, Kreise und Gemeinden verwandten Volksbegriff für jede dieser Körperschaften einen anderen Inhalt beimißt. Dieses Problem t r i t t jedoch nur auf, wenn man wie die genannten Autoren dem Volksbegriff i n Hinblick auf die Länder die gleiche Bedeutung gibt wie für den Bund i n A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Unterläßt man diese Übertragung des Volksbegriffes, wofür die oben aufgestellte Maxime spricht 231 , daß der Volksbegriff stets neu zu definieren sei, so bleibt der Weg für eine eigenständige Auslegung des Volksbegriffes i n A r t . 28 Abs. 1 GG frei, die allen dort genannten Körperschaften gerecht werden kann. Eine Auslegung i m Sinne von „Bevölkerung" 2 3 2 oder als „Verbandsvolk" 2 3 3 entspricht dem oben skiz226

Siehe JÖR N F Bd. I, S. 244 f. JÖR N F Bd. I , S. 245 f. 228 I m Ergebnis zutreffend Sasse / Kempen, S. 16. 229 Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 157. 230 Birkenheier, Wahlrecht, S. 117; Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 39. 231 s. o. § 9. 1. c). 232 So hält Emmerig eine Änderung des GG f ü r denkbar, i n der der Begriff „ V o l k " durch „Bevölkerung" ersetzt w i r d ; Sitzungsbericht L , S. 40. 227

§16 Weitere Bedenken

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zierten Inhalt des A r t . 28 Abs. 1 GG, ohne ihn m i t weiterreichenden Aussagen zu belasten. Aus A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG lassen sich damit letztlich ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegen ein Kommunalwahlrecht für Ausländer herleiten, da diese auch zur „Bevölkerung" oder zum „Verbandsvolk" zu zählen sind. § 16 Weitere Bedenken

Gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer werden neben den i m einzelnen erörterten verfassungsrechtlichen Einwänden noch eine Reihe weiterer Bedenken erhoben. 1. Verfassungsrecht der Länder

Aus dem Verfassungsrecht der Bundesländer können, m i t Ausnahme der Länder Bayern und Rheinland-Pfalz, keine neuen Argumente für oder gegen ein kommunales Wahlrecht für Ausländer gewonnen werden. Während dem Grundgesetz eine Beschränkung der Wahlberechtigung auf die deutschen Staatsbürger nur mittelbar entnommen werden kann, beschränken zahlreiche Verfassungen der Länder das Landtagswahlrecht ausdrücklich auf Deutsche i m Sinne des A r t . 116 Abs. 1 GG 2 3 4 . Aus den Verfassungen der Länder Bayern und Rheinland-Pfalz ergibt sich zudem, daß auch zu den Kommunalwahlen allein deutsche Staatsbürger zugelassen sind 235 , während die Verfassungen der übrigen Bundesländer eine solche Beschränkung nicht ausdrücklich enthalten 236 . 2. Völkerrechtliche Bedenken

Völkerrechtliche Bedenken gegen die Einräumung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer bestehen nicht. Obwohl Doehring 237 i n der Einräumung des Wahlrechts für Ausländer ein nicht völkerrechtsfreundliches Verhalten sieht, könnten ernsthafte rechtliche Bedenken erst dann angemeldet werden, wenn in die Personalhoheit eines ande233 So Schwerdtfeger, Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 157, unter Hinweis darauf, daß die i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten E i n richtungen rechtlich als Körperschaften zu qualifizieren sind. 234 A r t . 26 Abs. 1 b a d - w ü r t t . Verf.; A r t . 14 bay. Verf.; A r t . 73 hess. Verf.; A r t . 76 rh-pf. Verf.; A r t . 69 Abs. 1, 76, 78 brem. Verf.; A r t . 4 Abs. 2 nds. Verf.; A r t . 66, 68 Abs. 2 saarl. Verf. 235 A r t . 12 Abs. 1 bay. Verf.; A r t . 50 Abs. 1 rh-pf. Verf. 236 Rittstieg, Wahlrecht, S. 34. 237 W D S t R L 32 (1973), 35; skeptisch auch v. Katte, S. 91.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

ren Staates eingegriffen und das Schutz- und Treueverhältnis des Ausländers zu seinem Herkunftsland belastet wird. Die Personalhoheit der Herkunftsländer w i r d durch eine Teilnahme der Ausländer an den Kommunalwahlen allerdings nicht i n Frage gestellt, da das Herkunftsland sein Zugriffsrecht auf seine Staatsbürger dadurch nicht einbüßt 238 . Durch eine Teilnahme an den Kommunalwahlen kann ein ausländischer Staatsbürger auch kaum i n Loyalitätskonflikte zu seinem Herkunftsland geraten 239 , und einer „fürchterlichen Zerreißprobe" ausgesetzt sein 240 , da die kommunalen Vertretungen kein allgemeinpolitisches Mandat haben, sondern nur i m Rahmen des ihnen zugewiesenen Aufgabenbereichs tätig werden dürfen 241 » 2 4 2 . 3. Mehrfaches Stimmrecht

Ebensowenig kann darin ein schwerwiegendes Problem gesehen werden, daß durch ein kommunales Ausländerwahlrecht eine Stimmabgabe für die Ausländer sowohl bei den Kommunalwahlen i n der Bundesrepublik als auch i n dem Herkunftsland möglich würde, also die Möglichkeit einer zweifachen Stimmabgabe bestände 243 . I n den meisten Staaten verlieren die Wahlberechtigten bei ihrem Wegzug nach Deutschland ihr kommunales Wahlrecht i m Heimatstaat, da dieses regelmäßig an den Wohnsitz i n der jeweiligen Gemeinde geknüpft ist. Soweit dieses i m Einzelfall nicht der Fall sein sollte, obliegt es allein den Herkunftsländern der Ausländer dafür Sorge zu tragen, daß ihre ausgewanderten Staatsbürger nicht länger von einem ihnen nur noch formal zustehenden Wahlrecht Gebrauch machen können. Dieses hindert jedoch die Bundesrepublik nicht bei der Ausgestaltung des Wahlrechts zu den unterstaatlichen Einrichtungen 244 . Für die Bundesrepublik, i n der das Kommunalwahlrecht einen bereits seit längerer Zeit bestehenden Wohnsitz i n der Gemeinde vor288 Ebenso Schleberger, StTg 1974, 599; anderes w ü r d e f ü r die von vielen geforderte Einbürgerung der Ausländer gelten, da dadurch den Herkunftsländern Staatsbürger i m nennenswerten Ausmaß gänzlich entzogen würden. 239 So aber Doehring, W D S t R L 32 (1973), 20; Ruland, JuS 1975, 13; a. A. w i e hier Rittstieg, Kommunalwahlrecht, S. 68. 240 Dürig, Diskussionsbeitrag W D S t R L 32 (1973), 116. 241 Vgl. BVerfGE 8, 122, 133 ff. 242 Daß dieses auf staatlicher Ebene allerdings durchaus anders sein kann, zeigt Quaritsch, Diskussionsbeitrag, 53. DJT, Sitzungsbericht L, S. 136 ff. auf. 243 So aber Doehring, W D S t R L 32 (1973), 34 f.; Birkenheier, Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht N, S. 159; vgl. auch die Beschlüsse des 53. DJT, Ziff. 7 c, Sitzungsbericht L , S. 289. 244 Vgl. zur Problematik u n d eventuellen Lösungsmöglichkeiten i m einzelnen Lamers, S. 148 ff.

§16 Weitere Bedenken

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aussetzt, ergeben sich hieraus ebensowenig Probleme wie aus der Tatsache, daß nach der Novelle zum Reichs- und Staatsangehörigengesetz von 1974245 die Kinder deutscher Mütter und ausländischer Väter häufig zwei Staatsbürgerschaften haben und m i t h i n auch potentielle Wähler in zwei Staaten sind 246 . 4. Unentrinnbarkeit

Unter dem Stichwort „Unentrinnbarkeit" w i r d vorgetragen, daß das Volk als Träger der Staatsgewalt durch die personale Dauerbeziehung der Staatsangehörigkeit und nicht durch die — einer dauernden Fluktuation unterworfenen — Gebietszugehörigkeit konstituiert werde. Es liege ferner i n der Konsequenz der Absolutheit des Egalitätspostulats, daß der gleiche Einfluß auf die Staatsgewalt nur denjenigen zustehen dürfe, die dieser Staatsgewalt i n gleicher Weise unentrinnbar ausgesetzt sind. Die soziale Gemeinschaft des Staates verlöre ihren Sinn, wenn sie zur Zufalls- und Opportunitätsgemeinschaft werde. Die Demokratie müsse Schaden nehmen, wenn der Demos die Folgen der eigenen Entscheidung nicht tragen müsse, weil der Fremde den Staat i n der Krise verlassen könnte, der Deutsche aber nicht 2 4 7 . Die Teilhabe der Staatsangehörigen an der Selbstbestimmung des Staatsverbandes sei Ausgleich für eine lebenslange, unentrinnbare A n gewiesenheit auf den Verband. Diese Angewiesenheit halte die Bürger zudem zu einem verantwortungsvollen, am Gemeinwohl orientierten Gebrauch der demokratischen Rechte an 2 4 8 . Diese Argumentation vermag hinsichtlich des Kommunalwahlrechts allerdings kaum zu überzeugen, denn die immer wieder bemühte Ausreisefreiheit als Ausländerprivileg erweist sich bei näherem Hinsehen als eine Rechtsposition, die sich von der des Inländers kaum unterscheidet 249 . A u f kommunaler Ebene ergibt sich i n der heutigen Zeit durch Zuund Abwanderungen, die besonders bei dem aktiven Teil der Bevölkerung ausgeprägt ist 2 5 0 , eine dauernde Fluktuation unter den Ge245

BGBl. 1974, I, 3714. So auch Rittstieg, Wahlrecht, S. 57. 247 Doehring ausdrücklich auch f ü r die kommunale Ebene: W D S t R L 32 (1973) S. 34 f.; Birkenheier, Wahlrecht, S. 61; Tomuschat, Pol. Betätigung, S. 60; Leisner, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 32 (1973), 130 f.; Behrend, DÖV 1973, 376; Böcker, Städtetag 1980, 229; Henkel, S. 101; Ruland, JuS 1975, 9 f.; Stern, Staatsrecht I, § 10 I I 8 a. 248 Sennewald, V R 1981, 78; Isensee, W D S t R L 32 (1973), 92 f.; insbesondere i m Hinblick auf die K o m m u n a l w a h l e n ders., S. 93 F N 111. 249 Ebenso Schleberger, StTg 1974, 598. 250 Vgl. Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 48 ff. 246

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

meindebürgern, ohne daß deshalb der Sinn der örtlichen Gemeinschaft grundlegend i n Frage gestellt würde. So stellt die Formel der Unentrinnbarkeit zumindest auf kommunaler Ebene „ein Stück Juristenmetaphysik" dar, das m i t den rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmt 2 5 1 . Schon der i n diesem Zusammenhang gebrauchte Begriff des „Transitbürgers" 2 5 2 zeigt, daß dieses Argument wohl bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt, wie er für ausländische Studenten, Botschaftsangehörige oder Angehörige der ausländischen Streitkräfte typisch ist, erwägenswert scheint, allerdings angesichts der Einwanderung der letzten Jahre zunehmend an Überzeugungskraft verliert. 5. Beschränkung des Wahlrechts auf Staatsbürger als allgemeiner Rechtsgrundsatz

a) Auf staatlicher

Ebene

Insbesondere i n der älteren Literatur wurde darauf hingewiesen, daß es einem allgemeinen Rechtsgrundsatz entspreche, daß das Wahlrecht grundsätzlich den Staatsbürgern vorbehalten bleibe 253 . Noch heute werde den Ausländern i n keinem Staat der Welt ein Wahlrecht zu den nationalen Parlamenten eingeräumt 254 . Allerdings gab es zu verschiedenen Zeiten Verfassungen, nach denen auch Ausländern das Wahlrecht zustand. Erwähnt seien hier etwa die sowjetische Verfassung von 1918 (Art. 20) 255 , das österreichische Bundesverfassungsgesetz von 1920 (Art. 26) 256 oder die Verfassungen in Einzelstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika 2 5 7 sowie die Verfassung von Uruguay (Art. 78) 258 . Hierbei handelt es sich jedoch um Verfassungen, die heute nicht mehr i n Kraft sind und auch nur aus einer besonderen geschichtlichen Situation heraus verstanden werden können 259 . 251

Rittstieg, Kommunalwahlrecht, S. 57; w i e hier auch Leisner, W D S t R L 32 (1973), Diskussionsbeitrag, S. 109. 252 Isensee, W D S t R L 32 (1973), 93. 253 Doehring, W D S t R L 32 (1973), S.48; ders., D Ö V 1973, 740. 254 Doehring, W D S t R L 32 (1973), S. 33. 255 Einzelheiten hierzu bei Birkenheier, Wahlrecht, S. 71 ff.; Isensee, W D S t R L 32 (1973), S. 92 F N 108. 256 Siehe i m einzelnen υ. Frisch, S. 355 f. 257 Insbesondere i n den neu entstandenen Staaten des Westens wurde hinsichtlich des Wahlrechts nicht auf die amerikanische Staatsbürgerschaft abgestellt. Die Gewährung des Wahlrechts wurde stattdessen als Argument für die A n w e r b u n g von Siedlern benutzt; v. Katte, S. 148 f.; v. Frisch, S. 355 m. w. N. 258 Peaslee, Constitutions of Nations Vol. I V 2, S. 1219; Schickedanz, GdeTg 1974, 332. Danach sind Ausländer nach 15 Jahren Aufenthalt wahlberechtigt, sofern sie ehrbare Bürger sind.

§16 Weitere Bedenken

127

Demnach kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, daß i n allen Staaten der Welt das Wahlrecht zu den staatlichen Parlamenten den jeweiligen Staatsbürgern vorbehalten bleibt. b) Auf kommunaler

Ebene

Wesentlich andere Ergebnisse erbringt allerdings ein Vergleich hinsichtlich der Regelung des Kommunalwahlrechts i n den europäischen Nachbarstaaten 260 . aa) Schweden Aufgrund einer Gesetzesänderung aus dem Jahre 1975 haben Ausländer nach einem dreijährigen berechtigten Aufenthalt i n Schweden das Recht, an den Kommunalwahlen teilzunehmen 261 . Nachdem 1976 eine erste Kommunalwahl unter Beteiligung der Ausländer durchgeführt wurde, liegen heute bereits erste Erfahrungen vor. Diese sind für die Bundesrepublik auch deswegen von besonderem Interesse, weil der Ausländeranteil von gut 5 °/o i n Schweden den Ausländeranteil in der Bundesrepublik fast erreicht. Der Anteil der Ausländer an den stimmberechtigten Wählern betrug 3,5 °/o262. Von den ausländischen Wahlberechtigten machten allerdings nur ca. 60 °/o von ihrem Wahlrecht Gebrauch, während die Wahlbeteiligung der Schweden bei ca. 90 °/o lag 2 0 3 . Die Stimmen der ausländischen Wähler entfielen zu fast 100 °/o auf die politischen Parteien, die auch i m schwedischen Reichstag vertreten sind, wobei allerdings die „Linksparteien" den größeren Teil erhielten. Dieses entspricht angesichts der Tatsache, daß es sich bei den ausländischen Wählern fast ausschließlich um Arbeitnehmer handelt, jedoch einem durchaus normalen Wahl verhalten. bb) Dänemark Dänemark ist i m Jahre 1981 dem schwedischen Beispiel gefolgt und hat ebenfalls den Ausländern, die sich mehr als 3 Jahre berechtigt i m Lande aufhielten, das Kommunalwahlrecht eingeräumt. Bei den Kommunalwahlen am 17. November 1981 sind damit erstmalig rund 50 000 Ausländer wahlberechtigt 264 .

259 260 261 262 263 264

So auch Birkenheier, Wahlrecht, S. 71 ff. Vgl. hierzu auch Kues, DemoGde 1980, 596, F N 14. Vgl. zum folgenden Hammar i n epd-Dokumentation 4/80, S. 29 ff. Hammar, S. 33. Hammar, S. 31. Tychsen, das Rathaus, 1982, 2 ff.

128

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

cc) Niederlande A r t i k e l 152 Abs. 1 der Niederländischen Verfassung 265 regelt die Wahl zum Gemeinderat. Danach sind zur Zeit nur niederländische Staatsbürger zum Gemeinderat wahlberechtigt. Eine Änderung der Verfassung m i t dem Ziel, auch den Ausländern das Kommunalwahlrecht einzuräumen, steht jedoch bevor. Eine entsprechende Vorlage ist 1976 in das niederländische Parlament eingebracht und dort i m A p r i l 1979 m i t den Stimmen der Sozialisten, der Christdemokraten und der Liberalen angenommen worden. Z u m weiteren Verfahren schreibt die niederländische Verfassung noch die Annahme durch die erste Kammer — vergleichbar etwa dem Bundesrat — sowie eine Vs-Mehrheit i n beiden Kammern nach der ersten Neuwahl des Parlaments vor, die i m Mai 1981 erfolgt ist. Da sich die drei großen politischen Parteien i m Parlament bereits für die Verfassungsänderung ausgesprochen haben, werden besondere Schwierigkeiten i n bezug auf diese Gesetzesvorlage nicht mehr erwartet 2 6 6 . Neben der Verfassungsänderung ist dann allerdings noch eine Änderung der Wahlgesetze notwendig, i n der u. a. die Dauer eines ununterbrochenen Aufenthaltes i n den Niederlanden vor Erlangung des Wahlrechts geregelt werden muß. Gleichwohl w i r d erwartet, daß die Ausländer bereits 1982 erstmals an den Gemeinderatswahlen teilnehmen können. dd) Frankreich Überlegungen zur Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer werden nach der Regierungsübernahme durch die sozialistische Partei auch i n Frankreich, wo ca. 4,1 Millionen Ausländer leben, verstärkt angestellt. Das Wahlmanifest der sozialistischen Partei vom 24.1.1981 enthielt unter der Rubrik „Neue Rechte für Einwanderer" die Forderung, Ausländern das Wahlrecht bei den Kommunalwahlen nach fünfjährigem Aufenthalt auf französischem Territorium einzuräumen. Die Einführung des Kommunalwahlrechts für Ausländer setzt eine Änderung des A r t . 3 der französischen Verfassung voraus, nach dem alle volljährigen französischen Staatsbürger beiderlei Geschlechts wahlberechtigt sind, die i m Besitz ihrer bürgerlichen und staatsrechtlichen Rechte sind. Eine Verfassungsänderung ist entweder durch einen Volksentscheid oder durch eine Vs-Mehrheit i m Kongreß (einer gemeinsamen Sitzung der Mitglieder von Parlament und Senat) möglich. Angesichts 265 Grondwet voor hat K o n i n k r y k der Nederlanden v o m 24. 8.1815 (Staatsblad 1815, S. 45) i n der Bekanntmachung v o m 17.4.1972 (Staatsblad 1972, S. 193). 286 So Kruyt, epd-Dokumentation 4/80, S. 39.

§16 Weitere Bedenken

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der Mehrheit der sozialistischen Partei i n diesen Gremien halten Regierungsmitglieder ein Kommunalwahlrecht für Ausländer schon für 1983 für möglich 267 . ee) Schweiz Von allen europäischen Ländern ist die Schweiz am stärksten m i t den Problemen der ausländischen Arbeitnehmer konfrontiert, da die Ausländer mehr als 15 °/o der Wohnbevölkerung ausmachen, wobei die Saisonarbeiter noch nicht einmal berücksichtigt sind 2 6 8 . Die politischen Rechte wurden i n der Schweiz stets als unmittelbarer Ausfluß der Staatsangehörigkeit angesehen. Dementsprechend sind die Ausländer von der Staatswillensbildung grundsätzlich ausgeschlossen 269 . Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es lediglich in einigen Kantonen bei der Wahl der Gemeindevertretungen. I m Kanton Neuenburg besitzen Ausländer das aktive Wahlrecht i n Gemeindesachen nach fünfjährigem Aufenthalt i m Kanton und einem einjährigen Wohnsitz i n der Gemeinde 270 . Von ihrem Wahlrecht machen die Ausländer dort nur wenig Gebrauch. Ihre Wahlbeteiligung liegt nur zwischen 30 % und 45 °/o. Dieses hat seinen Grund darin, daß in Neuenburg, einem sehr kleinen Kanton, das meiste auf kantonaler Ebene entschieden wird, so daß für die Gemeinden nur ein sehr kleiner Entscheidungsraum verbleibt 2 7 1 . Darüber hinaus kann i m Kanton Freiburg ein i n der Gemeinde steuerpflichtiger und i m Kanton wohnhafter Ausländer sich durch einen Schweizer Bürger i n der Versammlung der Steuerpflichtigen, welche über die Steuererhebung und bedeutende Gemeindeausgaben beschließt, vertreten lassen 272 . Schließlich besitzen i m Kanton Thurgau die niedergelassenen Ausländer, die einer Korporation angehören, das Stimmrecht i n den A n gelegenheiten dieser Korporation 2 7 3 . Insgesamt muß aber gesagt werden, daß es sich hierbei um Ausnahmeregelungen handelt, die für die Schweiz keineswegs typisch; sind 274 . Vielmehr zeigt der Ausgang des Referendums zur Rechtsstel267

Vgl. Frankfurter Rundschau v o m 13. 8.1981. Ryter, epd-Dokumentation 4/80, S. 44. 269 v g l A r t . 74, 89, 121 Bundesverfassung der Schweiz.

268

270 A r t . 3 de la l o i des 1916 sur l'exercice des droits politiques; vgl. Moser, S. 350; Ryter, epd-Dokumentation 4/80, S. 44. 271 Ryter, S. 44. 272 Moser, S. 350. 273 § 7 Abs. 2 Kantons Verfassung; § 1 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Stimmberechtigungen. 274 Ryter, S. 44.

9 Breer

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

lung der Ausländer vom Frühjahr 1981, daß eine Ausweitung der Rechte der Ausländer, insbesondere i m politischen Bereich, von der Mehrheit der Bevölkerung keineswegs begrüßt wird. ff) Großbritannien Streng genommen kennt die britische Rechtsordnung ein Kommunalwahlrecht für Ausländer nur i n einem sehr begrenzten Rahmen, denn wahlberechtigt sind neben den britischen Staatsbürgern lediglich die Bürger der Republik Irland 2 7 5 . Gleichwohl w i r d nahezu allen Einwanderern i n das britische Königreich die Möglichkeit der Teilnahme an den staatlichen und kommunalen Wahlen eröffnet. Dieses ergibt sich aus dem weiten britischen Staatsangehörigkeitsbegriff, der historisch bedingt über den anderer Staaten erheblich hinausgeht und zahlreiche Angehörige der ehemaligen Kolonien mitumf aßt 276 . Diese bleiben britische Untertanen auch dann, wenn sie i n Ubersee geboren sind und ihr Heimatland unabhängig geworden ist 2 7 7 . Da nach Großbritannien nahezu ausschließlich Bürger der ehemaligen Kolonien einwandern 278 , kommen diese, nachdem sie sich an einem Ort fest niedergelassen haben, i n den Genuß aller politischen Rechte. Demzufolge sind ζ. B. Einwanderer aus Jamaika, Zypern, Nigeria, Pakistan usw. berechtigt, nach ihrer Niederlassung i n Großbritannien an den Kommunalwahlen teilzunehmen. 275 The Representation of the People Act, 1949 i n der Fassung von 1969, Part. I 2; Lamers, S. 115. 276 I n den Beitritts Verhandlungen zur E G ist der Begriff des britischen Staatsbürgers wie folgt gefaßt worden: „ I n bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien u n d N o r d i r l a n d ist unter den Begriffen „Staatsangehörige", „Staatsangehörige von M i t gliedsstaaten" oder „Staatsangehörige v o n Mitgliedsstaaten u n d überseeischen Ländern u n d Gebieten" folgendes zu verstehen: a) Personen, die Bürger des Vereinigten Königreiches u n d der Kolonien sind oder die britische Untertanen sind, ohne diese Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes oder Gebiets der Commonwealth zu besitzen, u n d die i m einen w i e i m anderen F a l l das A u f e n t haltsrecht i m Vereinigten Königreich besitzen u n d aufgrund dieser T a t sache von der Einwanderungskontrolle des Vereinigten Königreiches befreit sind; b) Personen, die Bürger des Vereinigten Königreiches u n d der Kolonien sind, w e i l sie i n Gibraltar geboren oder i n das Personenstandsregister eingetragen oder naturalisiert w u r d e n oder deren Vater i n Gibraltar geboren oder i n das Personenstandsregister eingetragen oder n a t u r a l i siert wurde." Z i t i e r t nach „Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, Dokumente, 1973, S. 1479. 277 Power, epd-Dokumentation 4/80, S. 41. 278 Kevenhörster, Partizipation, S. 338.

§16 Weitere Bedenken

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Hinzu kommt, daß Großbritannien ebenso wie etwa die USA zu den Staaten gehört, die ihrem Staatsangehörigkeitsrecht das ius soli zugrundelegen. Dadurch werden alle auf britischem Boden Geborenen automatisch zu britischen Staatsbürgern, so daß zumindest die Kinder nicht-britischer Einwanderer die vollen politischen Hechte i m Vereinigten Königreich erhalten. gg) Irland I n Irland w i r d die Staatsbürgerschaft weder für das aktive noch für das passive Wahlrecht vorausgesetzt. Vielmehr muß man als Wähler zum Gemeinderat dauernd i n dem betreffenden Gebiet wohnen oder durch einen Mietvertrag oder unter Berufung auf sein Eigentum nachweisen, daß man seit sechs Monaten i m Wahlgebiet wohnhaft ist 2 7 9 . Ein noch bis 1974 bestehendes Verbot für Ausländer, sich i n die kommunalen Körperschaften wählen zu lassen, ist inzwischen aufgehoben worden, so daß nun auch das passive Wahlrecht gewährleistet ist 2 8 0 . I n den übrigen Ländern Europas besteht für Ausländer nicht die Möglichkeit, an kommunalen oder staatlichen Wahlen teilzunehmen. c) Zusammenfassung Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß auch heute i n der überwiegenden Zahl der Staaten das Wahlrecht auf kommunaler Ebene noch den Staatsbürgern vorbehalten bleibt. Allerdings zeigen die dargestellten Beispiele, daß es einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, daß das Kommunalwahlrecht nur den Staatsbürgern zusteht, i n Europa nicht (mehr) gibt 2 8 1 . Vielmehr belegen die Gesetzesänderungen i n Schweden, Dänemark und den Niederlanden, sowie die Diskussion i n anderen Ländern wie etwa Belgien oder der Bundesrepublik Deutschland, daß angesichts der europäischen Binnenwanderung überkommene national-staatliche Positionen überprüft werden und zunehmend die Bereitschaft wächst, staatsrechtliche Traditionen zugunsten der Einwanderer aufzugeben. 6. Besonderheiten der Stadtstaaten

Besondere Probleme entstehen bei der eventuellen Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer i n den Stadtstaaten (West-) Berlin, Bremen und Hamburg, die sich aus den Verfassungen dieser Länder 279 Electoral A c t 1963, No. 19 i n The Acts of the Oireachtas 1963, Vol.1; D u b l i n 1963; vgl. auch Lamers, S. 116 f., 120. 280 Lamers, S. 125 f. 281 I m Ergebnis ebenso Kues, DemoGde, 1980, 596.

9*

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6. T e i l : K o m m u n a l a h l r e c h t f ü r Ausländer

ergeben 282 . Eine Beteiligung der Ausländer an den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus bzw. zu den Bürgerschaften der Hansestädte ist nach den bisherigen Ausführungen ausgeschlossen, da es sich bei ihnen nicht u m kommunale Vertretungskörperschaften, sondern um Landesparlamente handelt, die als Landesgesetzgeber tätig werden, Sitz und Stimme i m Bundesrat haben und damit Einfluß auf die Bundesgesetzgebung nehmen können. Trotz ihrer gemeinsamen Bezeichnung als Stadtstaaten, unterscheidet sich die innere Struktur der Städte Berlin, Bremen und Hamburg doch so wesentlich, daß hinsichtlich der Frage, inwieweit bei ihnen ein Kommunalwahlrecht für Ausländer eingeführt werden kann, eine differenzierte Betrachtung notwendig wird. a) Bremen Die wenigsten Unterschiede zu den Flächenstaaten der Bundesrepublik weist i n kommunalrechtlicher Sicht die innere Struktur des Landes Bremen auf, wo zwischen den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven sowie dem Land Bremen zu unterscheiden ist. Gemäß A r t . 143, 144 BremVerf sind die Städte Bremen und Bremerhaven zwei selbständige Gemeinden, denen das Recht auf kommunale Selbstverwaltung ausdrücklich garantiert wird. Hinsichtlich der Stadt Bremerhaven besteht gegenüber anderen Gemeinden des Bundesgebietes kein grundlegender Unterschied, da die Stadt eine eigene Gemeindeverfassung besitzt, die die Bildung einer Stadtverordnetenversammlung, gewählt von den Bürgern der Stadt, vorsieht. Kommunales Repräsentationsorgan der Stadt Bremen ist gem. Art. 148 BremVerf die Stadtbürgerschaft. Hierbei handelt es sich u m die von den stadtbremischen Wählern i n die Bürgerschaft gewählten Vertreter. Daraus folgt, daß die Wahl eines Großteils der Abgeordneten des Landes Bremen m i t der Wahl der kommunalen Mandatsträger identisch ist. Eine Beteiligung der Ausländer an diesen Wahlen scheidet damit aus. Allerdings ist die Verwaltung der Stadtgemeinde Bremen teilweise auf 14 Ortsämter und 4 Ämter für Bezirksangelegenheiten dekonzentriert, denen von der Stadtbürgerschaft gewählte Beiräte, die aus sachkundigen Bürgern bestehen, zugeordnet sind. Die Möglichkeit einer Beteiligung der Ausländer am kommunalen Entscheidungsprozeß bestände i n der Zuwahl der Ausländer i n diese Beiräte.

282 Darauf wies z.B. auch Denzer, Diskussionsbeitrag zum 53. DJT, S i t zungsbericht L , S. 156 h i n ; vgl. auch Rittstieg, Wahlrecht, S. 36 ff.

§16 Weitere Bedenken

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b) (West-)Berlin 283

Nach § 1 A Z G werden i n Berlin staatliche und gemeindliche Tätigkeiten nicht getrennt. Durch diese eindeutige Aussage w i r d festgelegt, daß es i n Berlin eine kommunale Selbstverwaltung i m eigentlichen Sinne nicht geben kann. I n einem gewissen Gegensatz hierzu steht allerdings die Ausgestaltung der Rechtsstellung der zwölf westberliner Bezirke, die nach A r t . 50 Abs. 2 VerfBln nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung an der Verwaltung zu beteiligen sind. Dementsprechend verfügen die Bezirke über eine als Organ der bezirklichen Selbstverwaltung bezeichnete 284 , von den Bürgern des Bezirks gewählte Bezirksversammlung 285 und ein aus dem Bezirksbürgermeister und sechs Bezirksstadträten bestehendes Bezirksamt (§ 34 BVG) 2 8 8 . Die Bezirke nehmen bezirkseigene und ihnen übertragene Vorbehaltsaufgaben wahr (§ 3 BVG) und haben das Recht, Bezirkshaushaltspläne aufzustellen (§ 4 BVG) 2 8 7 . A l l dieses macht deutlich, daß die Stellung der Berliner Bezirke denen der bundesdeutschen Gemeinden angenähert ist, jedoch fehlt ihnen i m Gegensatz zu den Gemeinden eine eigene Rechtspersönlichkeit 2 8 8 . Damit liegt die Überlegung nahe, daß den ausländischen Bewohnern Berlins ein Teilnahmerecht an den Wahlen zu den Bezirksversammlungen eingeräumt werden könnte. Dem stände A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG schon deshalb nicht entgegen, da diese Norm Gebietskörperschaften m i t eigener Rechtspersönlichkeit voraussetzt. I h r könnte allenfalls entnommen werden, daß das Wahlverfahren zu den Bezirksversammlungen den i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG niedergelegten Wahlgrundsätzen entsprechen muß. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. 2.1978 zu der nordrhein-westfälischen Bezirksverfassung 289 , i n dem das Gericht deutlich macht, daß die Grundsätze des A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG auch für die unselbständigen Untergliederungen der Gemeinden Geltung beanspruchen, ist auf die Bezirke der Stadtstaaten nicht übertragbar, da diese keine Untergliederungen selbständiger Gemeinden, sondern Einheiten einer Einheitsverwaltung der Stadtstaaten sind, die eine Trennung zwischen Landes- und Kommunalverwaltung nicht vorsieht. 283 Gesetz über die Zuständigkeiten i n der t u n g — Allgemeines Zuständigkeitsgesetz — v. 284 A r t . 56 bin. Verf. 285 A r t . 53, 54 bin. Verf. 286 Bezirksverwaltungsgesetz v o m 30.1.1958 GVB1. S. 1169. 287 Z u r Berliner Bezirks Verwaltung vgl. i m 288 Siehe § 2 Abs. 1 BVG. 289 BVerfGE 47, 253, 272.

allgemeinen Berliner V e r w a l 2.10.1958, GVB1. S. 947.

i n der Fassung v o m 5.7.1971; einzelnen Machalet,

S. 42 ff.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

Angesichts der hohen Ausländerdichte i n Berlin sprechen zahlreiche Gründe für eine Beteiligung der Ausländer an den Entscheidungsprozessen auf der Bezirksebene. Eine entsprechende Forderung ist auch von der Berliner SPD i m Wahlkampf zum Abgeordnetenhaus i m Jahre 1981 erhoben worden. c) Hamburg I n der Freien und Hansestadt Hamburg w i r d der Grundsatz, daß staatliche und gemeindliche Tätigkeiten nicht getrennt werden 2 0 0 , am konsequentesten verwirklicht. Obgleich Hamburg wie Berlin die Einrichtung der Bezirksverwaltung kennt, unterscheiden sich diese doch i m erheblichen Umfang. So obliegt den sieben Hamburger Bezirken lediglich die selbständige Erfüllung übertragener Aufgaben, während sie über bezirkseigene Aufgaben wie die Berliner Bezirke nicht verfügen. Die Bezirksversammlung ist damit i n Hamburg nicht wie i n Berlin Organ der Selbstverwaltungseinheit Bezirk, sondern lediglich ein Verwaltungsausschuß 291 . Dementsprechend kann A r t . 28 Abs. 2 GG auf die Hamburger Bezirke noch weniger Anwendung finden als dies i n Berlin der Fall ist 2 9 2 , so daß i n Hamburg von einem Kommunalwahlrecht auch auf Bezirksebene kaumi gesprochen werden kann 2 9 3 . d) Zusammenfassung Zusammenfassend kann i m Hinblick auf die besondere Rechtsstellung der Stadtstaaten festgehalten werden, daß es aufgrund der weitgehend fehlenden Trennung von Kommunal- und Landesverwaltung eine Beteiligung der Ausländer an den Wahlen zur Bürgerschaft bzw. zum Abgeordnetenhaus nicht geben kann. Da aber A r t . 28 Abs. 1 Satz 1 GG auf der Bezirksebene keine unmittelbare Anwendung findet, können für Hamburg und Berlin aus dieser Norm Bedenken gegen ein Wahlrecht für Ausländer zu den Bezirksversammlungen nicht hergeleitet werden. Damit bietet es sich für diese Städte i n besonderer Weise an, den Versuch eines „Kommunalwahlrechts" für Ausländer zu unternehmen. Während sich für die Stadt Bremerhaven keine Unterschiede zu anderen deutschen Gemeinden auftuen, wäre ein Wahlrecht für die i n der Stadt Bremen lebenden Ausländer verfassungsrechtlich nur mög290

A r t . 4 Abs. 1 hamb. Verf. Lange, S. 69. 292 Ipsen, Verfassung, S. 401; Lange, S. 69; a. A . w o h l Rittstieg, Wahlrecht, S. 39 ff. 293 Z u r Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts f ü r Ausländer i n H a m burg vgl. i m einzelnen Rittstieg, Wahlrecht, S. 36 ff. 291

§17 Ungelöste Probleme eines Kommunalwahlrechts für Ausländer

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lieh, wenn die Wahl der Landes- und Kommunalvertreter i n zwei verschiedenen Wahlakten, die durchaus zu einem Wahlgang verbunden werden könnten, erfolgt. Hierzu bedarf es allerdings zunächst einer Änderung der bremischen Verfassung. § 17 Ungelöste Probleme bei Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer Kann die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer m i t h i n positiv beantwortet werden, so schließen sich daran unmittelbar weitere Fragen an, die die einzelnen Modalitäten eines Ausländerwahlrechts betreffen. 1. Aktives u n d passives Wahlrecht

So ist zunächst zu klären, ob das Wahlrecht der Ausländer auf die Stimmabgabe beschränkt bleiben soll oder ob ihnen auch die Wählbarkeit zu den kommunalen Vertretungskörperschaften eingeräumt werden kann. Schleberger 294 t r i t t für eine Beschränkung auf das aktive Wahlrecht ein, um eine Homogenität der Zusammensetzung i n den verschiedenen Vertretungskörperschaften auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu gewährleisten 295 . Ein solcher Ausschluß des passiven Wahlrechts erschiene allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt, der über eine angestrebte Homogenität hinausgeht, da dem aktiven Wahlrecht grundsätzlich das Recht entspricht, sich zur Wahl zu stellen 298 . Einen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf das aktive Wahlrecht könnte sich daraus ergeben, daß die Gemeindevertreter m i t A u f gaben betraut sind, die allein von deutschen Staatsbürgern wahrgenommen werden können, w e i l sie etwa die Beamteneigenschaft, die den Deutschen vorbehalten bleibt, voraussetzen. Ein Uberblick über die Gemeindeordnungen der Bundesländer ergibt, daß nur i n wenigen Einzelfällen Gemeindevertreter zu Beamten ernannt werden. Die gravierensten Fälle treten dabei i n der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung auf, wo der Bürgermeister als Leiter der Gemeindeverwaltung aus dem Kreis der Gemeindevertreter gewählt w i r d 2 9 7 . Solche Einzelfälle rechtfertigen jedoch nicht den Ausschluß der ausländischen Einwohner vom passiven Wahlrecht, da durch weniger 294 295 296 297

StTg 1974, 599. Vgl. auch Kevenhörster, Ausländische Arbeitnehmer, S. 67. Rolvering, S. 108. §§ 42 Abs. 1, 48 b a d - w ü r t t . GO.

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6. T e i l : K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

einschneidende Maßnahmen — wie etwa die Aufnahme der Voraussetzung in die Gemeindeordnungen, daß zum Bürgermeister nur deutsche Staatsangehörige gewählt werden können — Abhilfe geschaffen werden kann. 2. Notwendige Aufenthaltsdauer in Deutschland

Viel Mühe ist auf die Ermittlung einer angemessenen Aufenthaltsdauer verwandt worden, nach der die ausländischen Gemeindeeinwohner die Wahlberechtigung erhalten können. Die Spanne der Vorschläge reicht dabei von 2 bis 10 Jahren 2 9 8 . Die Festlegung der Aufenthaltsdauer i n Deutschland, die der Erlangung des Wahlrechts vorausgehen muß, sollte jedoch nicht von subjektiven Schätzungen abhängig gemacht werden, wann der Ausländer soweit i n das politische Leben der Bundesrepublik eingegliedert ist, daß eine Teilnahme an den Kommunalwahlen angemessen erscheint. Stattdessen sollten die folgenden Überlegungen Berücksichtigung finden: a) Kriterien Da das Wahlrecht seinem Wesen nach auch eine Kontrolle der Gewählten sicherstellen soll, setzt es voraus, daß die Wähler über das politische und soziale Leben des staatlichen Gemeinwesens ausreichend informiert sind 299 , was eine hinreichende Beherrschung der deutschen Sprache voraussetzt 300 . Erst bei Sprachkenntnissen, die eine Teilnahme am Kommunikationsprozeß ermöglichen und damit ein Zugehen der deutschen Politiker auf die Ausländer — etwa i m Wahlkampf — zuläßt, erscheint eine Wahlentscheidung möglich, die auf einer eigenständigen Willensbildung beruht. Müßte sich der ausländische Wähler dagegen mangels hinreichender Deutschkenntnisse auf das Gespräch m i t seinen Landsleuten und auf Publikationen i n seiner Muttersprache beschränken, so droht die Gefahr einer einseitigen Beeinflussung, die m i t dem Wesen einer demokratischen Wahl nur schwer vereinbar wäre. Da die Schwierigkeiten der Erlernung der deutschen Sprache nicht unterschätzt werden dürfen, zumal wenn sie neben einer beruflichen Tätigkeit erfolgt, erscheint m i r eine Aufenthaltsdauer von nur 3 oder 5 Jahren i m Regelfall als deutlich zu gering. 298 Europa-Union Hessen i n Frankfurter Rundschau v o m 6. 5.1970 (2 Jahre); Henkel, S. 115; Wilhelm, DemoGde 1975, 18 (3 Jahre; so auch die Regel u n g i n Schweden u n d Dänemark); Zuleeg, D Ö V 1973, 370; Dolde, S. 78; Rolvering, S. 111; Tomuschat, Pol. Rechte, S. 99; Koschnick, S. 54; Sennewald, V R 1981, 84 (5 Jahre); Kevenhörster, Ausi. Arbeitnehmer, S. 68 (10 Jahre). 299 Henkel, S. 114. 500 Vgl. dazu Wilhelm, DemoGde 1975, 18; Lamers, S. 146; Henkel, S. 114; Kues, DemoGde 1980, 597; Sennewald, V R 1981, 84 w i l l demgegenüber diesen Gesichtspunkt vernachlässigen.

§ 17 Ungelöste Probleme eines Kommunalwahlrechts für Ausländer

137

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Wähler über einen gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status verfügen müssen, da es sonst nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Ausländerbehörden der Versuchung erliegen, mißliebigen ausländischen Wählern oder Abgeordneten die Aufenthaltserlaubnis nicht zu verlängern. Die sich daraus ergebende Unsicherheit der ausländischen Abgeordneten ist m i t dem verfassungsrechtlichen Gebot der Unabhängigkeit des Abgeordneten nicht vereinbar 301 . b) Eigener

Lösungsvorschlag

Aus diesem Grund bietet es sich an, das Kommunalwahlrecht an die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung anzubinden, die den Ausländern einen zeitlich und räumlich unbeschränkten Aufenthalt i m Bundesgebiet ermöglichen und die Zulässigkeit einer Ausweisung einschränkt 302 . Die Aufenthaltsberechtigung kann den Ausländern erteilt werden, die sich seit mindestens 5 Jahren i n der Bundesrepublik aufhalten und sich i n das wirtschaftliche und soziale Leben eingefügt haben 303 . Für die Anknüpfung an die Aufenthaltsberechtigung spricht eine Reihe guter Argumente. Zwar verlangt das Ausländergesetz nur einen Mindestaufenthalt von 5 Jahren, doch ist der Verwaltungsvorschrift zu § 8 AuslG zu entnehmen, daß die Aufenthaltsberechtigung i n der Regel erst nach 8 Jahren zu erteilen ist 3 0 4 . Daneben w i r d gefordert und vor Erteilung der Aufenthaltsberechtigung überprüft, daß die wirtschaftliche Existenz des Ausländers gesichert ist, wozu insbesondere die Innehabung der unbeschränkten Arbeitserlaubnis nach § 2 AEVO zählt, sowie daß seine Lebensführung m i t der rechtlichen und sozialen Ordnung der Bundesrepublik i m Einklang steht 305 . Dieses setzt u. a. eine ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache voraus. Die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung darf somit erst nach einer gewissen Integration des Ausländers, die auch zumindest ungefähre Kenntnisse des Staatsaufbaus und der politischen Gegebenheiten i n der Bundesrepublik Deutschland m i t sich bringt, erteilt werden. Sie kann angesichts der Tatsache, daß sie häufig zu einem dauernden Verbleib des Berechtigten i n der Bundesrepublik führt, als eine Vorstufe der Einbürgerung angesehen werden 3 0 6 . 301 Vgl. zu diesem Problem auch V i n k , Informationsdienst 1/81, S. 94; Birkenheier, Diskussionsbeitrag 53. DJT, Sitzungsbericht N, S. 158; Lamers, S. 82. 302 § 11 Abs. 1 AuslG. 303 § 8 Abs. 1 A u s l G ; über eine Aufenthaltsberechtigung verfügten 1980 ca. 18 000 Ausländer; vgl. auch Kues, DemoGde 1980, 597. 304 Ziff. 4 a A u s l G V w V zu § 8 AuslG. 305 v g i # dazu i m einzelnen die Grundsätze f ü r die Erteilung der A u f e n t haltsberechtigung Ziff. 2.4., 2.7 ff.; abgedruckt bei Kanein zu § 8 AuslG.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

Die Anknüpfung an die Aufenthaltsberechtigung ist auch aus verwaltungstechnischer Sicht empfehlenswert. Da diese Berechtigung in den Paß des Ausländers gestempelt wird 3 0 7 , kann anhand des Passes jederzeit die Wahlberechtigung des Ausländers problemlos überprüft werden. Zur Erstellung des Wählerverzeichnisses bedarf es lediglich einer internen Nachricht vom Ausländeramt an das Wahlamt. Dieses Verfahren läßt den Ausländer über sein Wahlrecht nicht i m Unklaren und vermeidet zudem weitgehend jeden Streit um die Wahlberechtigung, da diese i m Rahmen der Erteilung der Aufenthaltsberechtigung automatisch m i t verliehen würde 3 0 8 . Damit käme der Aufenthaltsberechtigung eine gegenüber heute gesteigerte Bedeutung zu, da sie den Ausländer dann i n entscheidenden Dingen dem deutschen Staatsbürger gleichstellt, so daß dann i n der Tat von „Deutschen i m Sinne des Aufenthalts- und Wahlrechts" gesprochen werden könnte 3 0 9 . Dieses wäre für alle die Ausländer ein erstrebenswerter rechtlicher Status, die zwar auf Dauer i n Deutschland bleiben, die deutsche Staatsbürgerschaft aber aus verschiedenen Gründen nicht annehmen wollen. 3. Weitere Differenzierungsversuche

Neben der Differenzierung nach der Verweildauer erscheinen i m Hinblick auf das Kommunalrecht weitere Differenzierungen zwischen einzelnen Ausländergruppen, etwa nach ihrem Herkunftsland, problematisch. Verschiedentlich ist der Vorschlag unterbreitet worden, die Teilnahmeberechtigung an den Kommunalwahlen zunächst auf die Angehörigen der Staaten der EG zu beschränken 310 . Diese Sonderstellung könnte aus dem weitgehend gesicherten Aufenthaltsstatus dieser Ausländergruppe ebenso hergeleitet werden, wie aus der Tatsache, daß die Länder der EG wie die Bundesrepublik Deutschland freiheitlich demokratische Verfassungen m i t funktionierenden parlamentarischrepräsentativen Demokratien besitzen und deren Bürger bereits i n der Handhabung der demokratischen Regeln ausreichend geübt sind 311 . 308 Die Voraussetzungen f ü r die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung werden i n der Regel von Ausländern, deren Aufenthalt i n der Bundesrepub l i k seinem Zweck nach begrenzt ist (ζ. B. Botschaftsangehörige, Studenten) nicht erfüllt, so daß diese Ausländer, denen es regelmäßig an einer existentiellen Beziehung zu ihrer jeweiligen Wohngemeinde fehlt, das K o m m u n a l wahlrecht nicht erlangen können. Vgl. auch Kues, DemoGde 1980, 597. 307 A u s l G V w V zu § 8 a A u s l G Ziff. 5. 308 Vgl. hierzu Rittstieg, Wahlrecht, S. 26; Koschnick, S. 54. 309 Vgl. Bleckmann, DVB1. 1980, 694 f.; Rittstieg, Wahlrecht, S. 58. 310 Sasse ! Kempen, S. 29; Oppermann, Diskussionsbeitrag W D S t R L 32 (1973), 138; Henkel, S. 104 f.; Franz, liberal, S. 110.

§ 17 Ungelöste Probleme eines Kommunalwahlrechts f ü r Ausländer

139

Schließlich darf nicht übersehen werden, daß die EG-Bürger bereits heute über ein Wahlrecht zu einem gemeinsamen Europäischen Parlament verfügen. Gleichwohl begegnet eine solche Bevorzugung der EG-Bürger denken, denn ihrem Wesen nach ist die Europäische Gemeinschaft heute noch ein Zusammenschluß auf wirtschaftlicher Basis, der tische Rechte für die Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten nicht mittelt 3 1 2 .

Beauch poliver-

Zudem würde auf diese Weise eine privilegierte Gruppe von Ausländern geschaffen, die über ein Wahlrecht verfügt. Dies birgt nicht nur die Gefahr von Mißgunst und Unfrieden seitens der Nichtprivilegierten in sich, sondern erscheint auch aus juristischer Sicht nicht problemlos. Solche Bedenken könnten sich vor allem aus dem Gleichheitsgebot des A r t . 3 Abs. 1 GG ergeben, wonach eine Ungleichbehandlung der Ausländer nur bei Vorliegen sachlicher Gründe zulässig ist. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob allein die Zugehörigkeit zur EG als ein solcher Grund ausreicht. Eine Beschränkung des Wahlrechts auf bestimmte Ausländergruppen wäre zudem systemfremd, da das Kommunalwahlrecht für die ausländischen Gemeindeeinwohner nicht zuletzt m i t ihrer gleichen Betroffenheit i m Verhältnis zu den deutschen Staatsbürgern begründet wurde. Eine Differenzierung zwischen einzelnen Ausländern wäre daher kaum nachvollziehbar, zumal aus deutscher Sicht die verbleibenden Unterschiede zwischen den verschiedenen Ausländergruppen geringer erscheinen als die Unterschiede zur deutschen Bevölkerung. Schließlich spricht gegen eine solche Beschränkung, daß derzeit nur etwa ein Viertel der Ausländer i n der Bundesrepublik aus dem EG-Bereich stammt und man so dem allgemeinen Problem des Kommunalwahlrechts für Ausländer nur wenig näher käme 313 . Rechtlich und politisch vertretbar wäre demgegenüber eine Beschränkung des Kommunalwahlrechts auf die Staatsangehörigen der Staaten, die ihrerseits den deutschen Staatsbürgern das Kommunalwahlrecht einräumen. Hierbei handelt es sich u m eine vom Völkerrecht durchaus gebilligte Praxis, m i t der die Gegenseitigkeit bei der Gewährung nationaler Rechte an die eigenen Staatsbürger sichergestellt werden soll.

311 312 313

So insbesondere Schmiese, KomPolBl. 1974, 1009. s. o. § 9. 5. m. w . N. Siehe Kues, DemoGde 1980, 597.

140

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer 4. Politische Betätigung der Ausländer i n der Bundesrepublik

Soll den ausländischen Gemeindeeinwohnern das Recht eingeräumt werden, an den Wahlen zu den kommunalen Vertretungskörperschaften teilzunehmen, so muß auch die bereits wiederholt erörterte Frage der politischen Betätigung der Ausländer 3 1 4 neu gestellt werden 3 1 5 . Grundsätzlich w i r d den Ausländern eine politische Betätigung i n der Bundesrepublik nicht verwehrt. Das grundgesetzlich garantierte Recht der Meinungsfreiheit steht ihnen ebenso zu wie das Recht der Versammlungsfreiheit (§ 1 VersammlG) oder das Recht, Vereine zu gründen. Da es sich hierbei aber u m sogenannte „Deutschenrechte" handelt, sind Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit für die Ausländer nicht durch das Grundgesetz geschützt und können daher durch einfaches Gesetz eingeschränkt werden 3 1 6 . a) Die Beschränkungen

des § 6 Abs. 2 und 3 AuslG

So stehen die politischen Betätigungsrechte der Ausländer unter dem Vorbehalt des § 6 Abs. 2 und 3 AuslG. A n der Notwendigkeit einer Norm, die die Möglichkeit einer Begrenzung der politischen Rechte der Ausländer einräumt, kann es keinen Zweifel geben, denn eine uneingeschränkte und uneinschränkbare politische Betätigung der Ausländer, etwa gegen die Regierung ihres Heimatlandes, kann nicht nur die Beziehungen der Bundesrepublik zu diesem Staat empfindlich stören, sondern darüber hinaus dazu führen, daß politische Auseinandersetzungen aus den Heimatländern der Ausländer verstärkt i n die Bundesrepublik „importiert" werden 3 1 7 . Dementsprechend ist die politische Betätigung der Ausländer i n den meisten Staaten mehr oder weniger stark eingeschränkt 318 . Gleichwohl w i r f t § 6 Abs. 2 AuslG i n seiner jetzigen Verfassung manche Fragen auf, und seine Verfassungsmäßigkeit ist wiederholt in Frage gestellt worden 3 1 9 . Dieses w i r d damit begründet, daß die im 314 Vgl. dazu i m einzelnen Dolde, Pol. Rechte der Ausländer i n der B u n desrepublik, passim; Heuer, Pol. Betätigung von Ausländern, passim; RolV ering, Rechtsgarantien f ü r eine politische Betätigung von Ausländern i n der Bundesrepublik Deutschland, passim; Tomuschat, Z u r politischen Betätigung des Ausländers i n der Bundesrepublik Deutschland, passim; Jörg, DVB1. 1965, 471; Klinkhardt, DVB1. 1965, 467; Schwerdtfeger, Gutachten A , S. 116 ff. 315 Darauf weisen auch Kevenhörster, Ausländische Arbeitnehmer, S. 67; Schmiese, KomPolBl. 1974, 1009; Schönherr, KomPolBl. 1973, 160 hin. 316 Vgl. dazu Rolvering, S. 72; Dolde, Rechtsgarantien, S. 92 ff.; Tomuschat, Pol. Betätigung, S. 50 ff.; Β ehrend, D Ö V 1973, 378. 317 Vgl. Kanein, § 6 A n m . 2. 318 Vgl. Grabitz, S. 49 ff. 319 Tomuschat, Pol. Betätigung, S. 51 ff.; Dolde, Rechtsgarantien, S. 186 ff.; Isensee, W D S t R L 32 (1973), 100; umfangreiche Nachweise bei Kanein, § 6 A n m . 6.

§17 Ungelöste Probleme eines Kommunalwahlrechts für Ausländer

141

A r t . 5 Abs. 2 GG garantierte Meinungsfreiheit nur durch ein „allgemeines Gesetz" eingeschränkt werden dürfe. § 6 Abs. 2 AuslG enthalte jedoch keine allgemeine, sondern eine ausländerspezifische Regelung. Zudem erlaube es der Wortlaut der Vorschrift, gezielt einzelne Meinungsäußerungen zu unterbinden, da die Möglichkeit des Eingreifens allein m i t der Formel „Beeinträchtigung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland" nicht hinreichend genau umschrieben sei 320 . U m die verfassungsrechtlichen Bedenken zu umgehen, legt die Rechtsprechung § 6 Abs. 2 AuslG verfassungskonform dahingehend aus, daß staatliche Eingriffe auf kollektive Meinungsäußerungen beschränkt bleiben müssen 321 . M i t einem Recht der Ausländer an politischen Wahlen teilnehmen zu können, wäre aber auch eine solche Auslegung des § 6 Abs. 2 AuslG kaum vereinbar 3 2 2 . Hier zeigt sich deutlich eines der Probleme, die sich daraus ergeben, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung des Ausländergesetzes das B i l d eines ausländischen Gastes vor Augen hatte, von dem eine Zurückhaltung hinsichtlich der inneren Angelegenheiten des Staates erwartet werden konnte 3 2 3 . So wenig wie die eingewanderten Ausländer weiterhin als vorübergehend anwesende Gäste angesehen werden können, so wenig paßt für sie heute die Vorschrift des § 6 Abs. 2 AuslG. Bei der angestrebten Neufassung des Ausländergesetzes müßte daher eine Unterscheidung zwischen den eingewanderten Neubürgern und den sich nur vorübergehend i m Bundesgebiet aufhaltenden Ausländern deutlich zum Ausdruck gebracht werden 3 2 4 . b) Mitwirkungsmöglichkeiten

in deutschen Parteien

Einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf die Frage der M i t w i r kungsmöglichkeiten der Ausländer i n den deutschen Parteien. Die Parteien können das für einen Wahlausgang vielleicht entscheidende Wählerreservoir der ausländischen Einwohner nur dann für sich erschließen, wenn sie den Ausländern konkrete Mitwirkungsrechte einräumen und ausländische Kandidaten aufstellen. Damit w i r d deutlich, daß sich das kommunale Wahlrecht und die Öffnung der deutschen 320 Nach Tomuschat, Pol. Rechte, S. 83 hat der Gesetzgeber bewußt diese offene Formulierung gewählt, u m den Verwaltungsbehörden ein möglichst schmiegsames u n d vielseitig verwendbares Instrumentarium an die Hand zu geben. 321 O V G MS i n D Ö V 1977, 345 m . w . N . ; Schwerdtfeger, Gutachten A, S. 117 f. 322 So auch Rolvering, S. 87. 323 v g l . Begründung des Innenausschusses zum Ausländergesetz i n B T D r S I V , 3013, S. 3 ff. 324 So auch Zuleeg, J Z 1980, 428; Kanein, § 6 A n m . 1 hält die jetzige Fassung des A r t . 6 Abs. 2 A u s l G ebenfalls f ü r unpraktikabel.

142

6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

Parteien für die ausländischen Wähler gegenseitig bedingen 325 . Darüber hinaus kann gerade durch die Einbindung der ausländischen Kandidaten i n das deutsche Parteiensystem ihre politische Integration entscheidend gefördert werden 3 2 6 . Bereits heute lassen die „etablierten" deutschen Parteien, m i t Ausnahme der CSU, eine Mitgliedschaft von Ausländern zu 3 2 7 , doch ist i h r Anteil an der Mitgliederzahl nach wie vor sehr gering 328 . Die M i t wirkungsmöglichkeiten der Ausländer i n den deutschen Parteien sind allerdings begrenzt. Da die Aufstellung der Kandidaten durch die Parteien bereits als integrierter Teil des Wahlverfahrens anzusehen ist 3 2 9 , können die Ausländer i n dem Kandidatenauswahlverfahren für Bundes« und Landtagswahlen nicht mitwirken 3 3 0 . Darüber hinaus werden weitergehende grundsätzliche Bedenken gegen eine M i t w i r k u n g von ausländischen Mitgliedern i n den deutschen Parteien erhoben, da diese durch ihre ständige Mitarbeit am Parteigeschehen auch i n den Fällen, i n denen sie wie bei der Auswahl der Wahlkandidaten kein Stimmrecht haben, entscheidenden informellen Einfluß ausüben könnten 3 3 1 . Diese Bedenken überzeugen allerdings kaum, da das Grundgesetz die Mitgliedschaft i n den Parteien nicht den deutschen Staatsbürgern vorbehalten hat 3 3 2 und die Ausländer ausweislich der Regelung des A r t . 5 Abs. 1 GG durchaus berechtigt sind, an der Willensbildung des Volkes teilzunehmen. Dieses Recht muß ihnen auch innerhalb der Parteien zugestanden werden. Da sie an der Kandidatenauswahl nicht unmittelbar teilnehmen, stellt sich ihre eventuelle Einflußnahme allenfalls als eine Meinungsäußerung dar, die den Rahmen des A r t . 5 Abs. 2 GG nicht überschreitet. Die Integration der politisch interessierten Ausländer i n die deutschen Parteien erscheint zudem am ehesten dazu beizutragen, die Bildung unerwünschter Na325

Kevenhörster, Ausländische Arbeitnehmer, S. 68. Rittstieg, Wahlrecht, S. 30; Kevenhörster, Partizipation, S. 345. Eine verstärkte Einbeziehung der Ausländer i n die A r b e i t der deutschen Parteien fordert ζ. B. auch Hasinger, KomPolBl. 1979, 622. 327 SPD: § 2 des Organisationsstatuts v o m 18.12.1971, zuletzt geändert am 15.11.1975; CDU: § 4 des Statuts v o m 27. 4.1960, zuletzt geändert am 7. 3.1977; F D P : § 2 der Bundessatzung v o m 30.1.1968, zuletzt geändert am 19.11. 1976; CSU: § 3 der Satzung v o m 24. 9.1977. 328 Siehe auch v. Katte, S. 17; Henkel, S. 92 m. w. N.; vgl. dazu auch den Bericht i m Spiegel, Heft 51, v o m 21.12.1981, S. 43 ff. 329 §§ 21 Abs. 1 Ziff. 2 u n d 4; 27 Abs. 5 B W a h l G ; zum Ganzen auch Schreiber, BundeswahlG, § 21, Rdnr. 6; Maunz i n M / D / H / S , A r t . 38, Rdnr. 38; Henkel, S.91f.; v. Katte, S.63; BVerfGE 4, 375, 387. 330 Schwerdtfeger, Gutachten A, S. 122. 331 So v. Katte, S. 68; Isensee, W D S t R L 32 (1973), 99. 332 Vgl. A r t . 21 GG. 326

§18 Rechtspolitische Tragweite

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tionalitätenlisten bei den Wahlen zu verhindern. Durch die Aufstellung solcher Nationalitätenlisten droht nicht nur die Übertragung des politischen Kampfes aus den Herkunftsländern i n die Bundesrepublik 333 , sondern auch eine weitere Abkapselung der ausländischen Einwohner statt der erwünschten Integration 3 3 4 . Einer Aufstellung von Nationalitätenlisten kann weiter entgegengehalten werden, daß aufgrund der Verteilung der Ausländer i m Regelfall keine der nationalen Gruppen stark genug sein wird, u m die 5%-Hürde zu überwinden 3 3 5 . Sollte dieses i n Einzelfällen gleichwohl gelingen, so wäre eine solche Nationalitätenliste kaum koalitionsfähig, so daß der politische Einfluß dieser Ausländergruppe i n beiden Fällen sehr klein bliebe 336 . Auch der Zusammenschluß der Ausländer aller oder mehrerer Nationalitäten zu einer „Ausländerpartei" erscheint angesichts der unterschiedlichen kulturellen, religiösen und politischen Herkunft der Ausländer kaum realistisch 337 . Die Errichtung einer Ausländerpartei w i r d schließlich durch § 2 Abs. 3 Ziff. 1 PartG verhindert, wonach eine Gruppierung ihre Privilegien als Partei verliert, wenn ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihres Vorstandes mehrheitlich Ausländer sind. § 18 Rechtspolitische Tragweite eines Kommunalwahlrechts für Ausländer Die Tragweite einer rechtspolitischen Entscheidung für ein Kommunalwahlrecht für Ausländer w i r d am ehesten deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, wie weit das Handeln der Gemeindeverwaltungen durch die Kommunalwahlen beeinflußt wird. Dabei ist vorab festzuhalten, daß sich der Entscheidungsfreiraum der aus den Kommunalwahlen hervorgegangenen Gemeindevertretung ihrem Wesen nach nur auf die gemeindlichen Selbstverwaltungsaufgaben beschränken kann. 1. Kommunale Fremd- und Selbstverwaltung

Die naheliegende Annahme, daß es sich bei den von den kommunalen Selbstverwaltungseinrichtungen wahrgenommenen Aufgaben überwiegend um Selbstverwaltungsaufgaben handelt, t r i f f t nicht zu. 333

So schon Milde, KomPolBl. 1979, 966; Schönherr, KomPolBl. 1973, 160. A u f diese Gefahr weisen Zapf, S. 209; u n d Kevenhörster, Ausländische Arbeitnehmer, S. 67; ders., Partizipation, S. 346, ausdrücklich hin. 335 Ebenso Vink, Informationsdienst 1/81, S. 94. 336 Die entsprechenden Erfahrungen i n Schweden sind bei Rittstieg, W a h l recht, S. 29, dargestellt. 337 Henkel, S. 113; Sasse / Kempen, S. 31; Dürig, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 32 (1973), 117. 334

144

6. Teil: K o m m u n a l Wahlrecht für Ausländer

Eine differenzierte Betrachtung der kommunalen Verwaltungstätigkeit führt vielmehr zu dem Ergebnis, daß ein großer Teil der Verwaltungstätigkeit i n der Erledigung solcher Aufgaben besteht, die der Bund und die Länder auf die Gemeinden und Kreise übertragen haben. Damit ist das auf kommunaler Ebene bestehende Nebeneinander von Fremd- und Selbstverwaltungsangelegenheiten angesprochen. a) Auftragsangelegenheiten I m Rahmen der traditionell als Auftragsverwaltung bezeichneten Fremdverwaltung sind staatliche Aufgaben überörtlicher Natur von den Gemeinden zu erfüllen, die ihnen zur Erledigung unter begrenzter Weisungsbefugnis der staatlichen Aufsichtsbehörden übertragen worden sind 338 . Zwar stellen die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die zur Durchführung dieser Aufgaben erforderlichen Einrichtungen und Dienstkräfte zur Verfügung 3 3 9 , haben letztlich jedoch keine eigene Entscheidungsgewalt, da staatliche Behörden die Rechts- und Fachaufsicht ausüben und damit Weisungen allgemeiner A r t als auch für den Einzelfall ausgeben können. A n der fachlichen Lenkungsbefugnis des Staates kann m i t h i n kein Zweifel aufkommen. Durch die Zuweisung staatlicher Aufgaben an die Kommunen erspart sich der Staat die Einrichtung eigener staatlicher Unterbehörden. Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Hoheitsrechte der Gemeinden hat der Staat zwar weder auf die Organisation der kommunalen Behörden noch auf die Auswahl des sachbearbeitenden Personals irgendeinen Einfluß, jedoch können anhand von Weisungen die endgültigen Arbeitsergebnisse durch die staatlichen Organe bestimmt werden 3 4 0 . Die für die Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben erforderlichen Mittel stellt der Staat durch Finanzzuweisungen oder Zweckzuwendungen zur Verfügung, soweit die Verwaltungstätigkeit nicht durch das Gebührenaufkommen finanziert werden kann 3 4 1 . Der Frage, wie weit diese M i t t e l tatsächlich zur Deckung der anfallenden Verwaltungskosten ausreichen, soll hier nicht näher nachgegangen werden 3 4 2 . Auch wenn sich der Staat der kommunalen Behörden zur Erledigung seiner Aufgaben bedient, so fungieren die Kommunen in fachlicher 338 Maurer, § 23, Rdnr. 14; Wolff / Bachof I I , § 84 I V b 6; § 85 I c; § 87 I I d; § 8 6 X ; Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Selbstverwaltung, S. 73 f.; Schmidt-Jortzig, D Ö V 1981, 393 ff. 339 Wolff / Bachof I I , § 86 X a. 340 v g l . dazu i m einzelnen: Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 190; ders., D Ö V 1981, 394. 341

Wolff / Bachof I I , § 86 X d. Siehe auch: Schmidt-Jortzig / Maskwit, JuS 1980, 641 ff.; SchmidtJortzig, Organisationshoheit, S. 192 F N 113 m. w . Ν . ; ders., DÖV 1981, 400 f. 342

§ 18 Rechtspolitische Tragweite

145

(d. h. inhaltlich-sachlicher) Hinsicht wie eine nachgeordnete Behörde der Staatsverwaltung 343 . Der unmittelbare Einfluß der Gemeindevertretungen und damit auch der Einfluß der i n sie gewählten Ausländer auf diese Entscheidungsprozesse bleibt daher letztlich gering. b) Pflichtaufgaben

zur Erfüllung

nach Weisung

Während die Auftragsverwaltung früher i n ganz Deutschland üblich war 3 4 4 , besteht sie heute nur noch i n den Ländern Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland 345 . I n Anlehnung an die §§ 2 und 106 des Weinheimer Entwurfes einer einheitlichen deutschen Gemeindeordnung 346 haben die Länder Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein die kommunale Auftragsverwaltung abgeschafft. U m den eigenen Entscheidungsspielraum der Gemeinden zu erweitern, setzten sie an ihre Stelle die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Wie bereits die häufig benutzte Bezeichnung „Weisungsaufgaben" deutlich macht, bleiben auch i n diesen Bundesländern fachaufsichtliche Weisungsrechte bestehen. Sie sind i m Gegensatz zur ehemaligen Auftragsverwaltung allerdings nicht mehr unbeschränkt, sondern werden durch spezielle Regelungen i n den Ubertragungsgesetzen begrenzt 347 . Aufgrund dieser Reform gewinnen die Kommunen nur scheinbar einen größeren Entscheidungsfreiraum. I n der täglichen Praxis können die Kommunen regelmäßig i n den zwar arbeitsintensiven, i n ihren Auswirkungen auf das Gemeinwesen allerdings zumeist wenig bedeutsamen Routineangelegenheiten frei entscheiden, müssen jedoch m i t staatlichen Eingriffen und Weisungen bei weitreichenden und grundsätzlichen Entscheidungen rechnen. Insoweit ergeben sich dann keine grundsätzlichen Unterschiede zu der Auftragsverwaltung. Insbesondere i n den Fällen, i n denen der Betroffene m i t den Entscheidungen nicht einverstanden ist und Widerspruch einlegt, zeigen sich deutlich die Grenzen der kommunalen Entscheidungsfreiheit. Die Entscheidung über den Widerspruch und damit den Bestand der getroffenen Regelung t r i f f t letztlich stets eine staatliche Behörde 348 , die 343

Becker, K o m m u n a l v e r w a l t u n g u n d Selbstverwaltung, S. 74. Vgl. § 2 Abs. 3 DGO. 345 A r t . 8 Abs. 1, 2; A r t . 9 bay. GO; § 5 nds. GO; § 2 Abs. 2 rh-pf. GO; § 6 saarl. KSVG. 346 § 3 Abs. 2 des Entwurfes; erarbeitet am 2./3. 7.1948 v o n der Landesinnenministerkonferenz i n Zusammenarbeit m i t den kommunalen Spitzenverbänden; abgedruckt bei Markuli, S. 163 ff. 347 Z u r Problematik vgl. i m einzelnen Schmidt-Jortzig, D Ö V 1981, 393 ff. 348 Dies gilt auch, w e n n der Kreis Widerspruchsbehörde ist, da der Oberkreisdirektor dann als untere staatliche Verwaltungsbehörde handelt. Vgl. etwa §§ 47 ff. nw. K r O . 344

10 Breer

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

bei ihrer Entscheidung nicht nur die Rechtmäßigkeit des kommunalen Handelns, sondern auch dessen Zweckmäßigkeit überprüft 3 4 9 . Die rechtliche Qualifikation der Pflichtaufgaben nach Weisung war lange Zeit umstritten 3 5 0 . Da die Entscheidungsgewalt letztlich jedoch bei staatlichen Organen verbleibt, geht die h. M. heute zu Recht davon aus, daß es sich bei den Weisungsaufgaben u m staatliche Verwaltung und nicht um kommunale Selbstverwaltung handelt 3 5 1 . Dementsprechend gering bleibt der Einfluß der kommunalen Vertretungskörperschaft auf die hier anfallenden Entscheidungen, die nach staatlichen Richtlinien zu treffen sind. c) Selbstverwaltungsaufgaben Selbstverwaltungsangelegenheiten sind demgegenüber die eigenen Angelegenheiten der Gemeinden, die sich aus der örtlichen Gemeinschaft ergeben oder sich auf diese beziehen 352 . Die Wahrnehmung eines Teils der örtlichen Angelegenheiten ist den Gemeinden durch Gesetz aufgegeben — die sogenannten Pflichtaufgaben — 3 5 3 , während alle anderen örtlichen Aufgaben von den Kommunen nach ihrer Finanz- und Verwaltungskraft („Leistungsfähigkeit") wahrgenommen werden können, aber nicht wahrgenommen werden müssen — sog. freiwillige A u f gaben 354 . N u r i n dem Bereich der zuletztgenannten Selbstverwaltungsaufgaben können die Kommunen frei entscheiden. A u f diesen Gebieten könnten damit auch die Ausländer durch eine Teilnahme an den Kommunalwahlen Einfluß auf die Gestaltung kommunaler Entscheidungen gewinnen. d) Anteil der Fremdverwaltung an der kommunalen Verwaltungstätigkeit Anzumerken ist allerdings, daß der Anteil der Fremdverwaltung den der kommunalen Selbstverwaltung bei weitem übersteigt. Hierzu liegen zwar keine neueren Untersuchungen vor, doch dürfte sich der Anteil von 80 bis 90 % von Pflicht- bzw. Auftragsangelegenheiten an den kommunalen Aufgaben, der vor zwanzig Jahren bereits genannt 349

Vgl. § 68 Abs. 1 V w G O . Wolff /Bachof I I , § 86 I b 1; Gönnenwein, S. 105 ff.; Rietdorf, DVB1. 1958, 344; Becker, H d K W P I, S. 137 ff.; Stern i n B K , A r t . 28, Rdnr. 143 m. w. N.; B V e r w G E 19, 121, 123; a. A . O V G MS i n DVB1. 1958, 903 f. 351 Vgl. etwa Wolff / Bachof I I , § 86 I b ; Maurer, § 23, Rdnr. 16; SchmidtJortzig, Organisationshoheit, S. 128; Scheuner i n A f K (12) 1973, S. 12 f. 352 Maurer, § 23, Rdnr. 13. 353 Dazu gehören ζ. B. die Unterhaltung der G r u n d - u n d Hauptschulen, die Bauleitplanung. 354 ζ. B. Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser, Sportanlagen, kulturelle E i n richtungen w i e Theater, Bibliotheken, Museen. 350

§ 18 Rechtspolitische Tragweite

147

wurde 3 5 5 , zwischenzeitlich eher erhöht als verringert haben 356 . So w i r ken sich allein 7 5 % aller Bundesgesetze i n irgendeiner Form auf die Kommunalverwaltung aus 357 . Bei Berücksichtigung dieses hohen Anteils der Fremdverwaltung, auf dessen Ergebnisse die kommunalen Behörden nur begrenzten Einfluß haben 358 , bleibt für die eigentlichen Selbstverwaltungsaufgaben und damit für einen eigenen Entscheidungsbereich der Kreise und Gemeinden nur ein begrenzter Raum, zumal durch staatlichen Gesetzesperfektionismus, überregionale Planungsdaten und einen schrumpfenden finanziellen Dispositionsrahmen die Gemeinden eine weitere Einengung ihres eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgabenbereiches erfahren 359 . 2. Kommunalwahlrecht für Ausländer ein „leerer symbolischer Akt"?

Angesichts der somit notwendigerweise beschränkten Tragweite kommunaler Entscheidungen bliebe der Einfluß der Ausländer auf die Gestaltung ihres Lebensraumes, trotz der Möglichkeit an den Kommunalwahlen teilzunehmen, letztlich gering. Da zudem die Kompetenz zur Regelung des Ausländerrechts beim Bund liegt 3 6 0 und durchgreifende Änderungen allenfalls bei ihrer Teilnahme an den Bundestagswahlen zu erwarten wären, ist die Forderung nach einem Kommunalwahlrecht für Ausländer als „leerer symbolischer A k t " 3 6 1 und als „Wahlrecht minderer Qualität" 3 6 2 bezeichnet worden. Man greift allerdings entschieden zu kurz und verkennt die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten, wenn man die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung allein an einer möglichen Einflußnahme auf die staatliche Gesetzgebung mißt, da damit wesentliche Aspekte der Selbstverwaltung vernachlässigt werden. Vielfach als „Schule der Demokratie" und „ M i t t l e r zum Staat" bezeichnet 363 , beinhaltet die 355 Haack i n D Ö V 1961, 781; Bericht der Sachverständigenkommission zur VerwaltungsVereinfachung beim Bundesminister des Inneren, Bonn, 1960, S. 79. 35β v g l . V m Mutius, Gutachten E, S. 66; ebenso Schmidt-Jortzig, DÖV 1981, 397 m. w. N. 357 Κ . T. Bleek, StTg 1952, 175; Stern, Staatsrecht I, § 12 I I 3 d; Möcklinghoff, StGdeBd. 1978, 341; Macher, S. 89 m. w. N.; Schmidt-Jortzig, Organisationshoheit, S. 187 F N 95; ders., DVB1. 1977, 802; Wimmer, 53. DJT, Sitzungsbericht N, S. 32 ff.; Pappermann, DVB1. 1981, 1041. 358 A m ehesten k a n n noch Einfluß über die Organisation des Verwaltungsablaufes u n d die A u s w a h l der Bearbeiter genommen werden. 359 Vgl. Schmidt-Jortzig, DVB1. 1978, 797; Scheuner, A f K 12 (1973), 24. 360 A r t . 74 Ziff. 4 GG. 361 Zapf, S. 208. 362 Vgl. Böcker, StTG 1980, 228. 363 Vgl. für viele Knemeyer, Diskussionsbeitrag W D S t R L 36 (1978), 394.

10*

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6. T e i l : K o m m u n a l Wahlrecht für Ausländer

Institution der kommunalen Selbstverwaltung ein hohes Integrationspotential, das i n besonderer Weise für die Integration der ausländischen Neubürger i n das deutsche Staatswesen fruchtbar gemacht werden könnte 3 6 4 . Durch die Existenz einer m i t eigenen Regelungsbefugnissen ausgestatteten Verwaltung auf lokaler Ebene kann ein sporadisch aufkommendes, meist auf einer konkreten Betroffenheit beruhendes Interesse an öffentlichen Belangen, aufgefangen werden. Der oft nur zaghafte, manchmal aber auch spontane Mitwirkungsimpuls kann hier i n ein Engagement für das Gemeinwesen umgesetzt und so nahezu unmerklich i n eine konkrete Bejahung der Staatsordnung überführt werden 3 6 5 . Für eine Integration der Ausländer i n das politische Leben der Bundesrepublik bietet sich die kommunale Selbstverwaltung auch deshalb an, w e i l es sich u m die sach- und personennächste Verwaltungsebene handelt, die damit am ehesten überschaubar ist 3 6 6 . Schließlich werden die Ausländer durch Entscheidungen auf kommunaler Ebene unmittelbar betroffen. Als Beispiele seien nur die Bereiche Wohnen, Schule, Jugendpflege und Sozialhilfe genannt. Darüber hinaus sind die Kreise und kreisfreien Städte gem. § 20 Abs. 3 AuslG Träger der über Aufenthaltsfragen entscheidenden Ausländerbehörden. Dabei ist die potentielle Möglichkeit auf den kommunalen Entscheidungsprozeß einzuwirken wahrscheinlich höher als die tatsächliche M i t arbeit einzuschätzen, da schon dadurch den ausländischen Einwohnern das Gefühl des Ausgeschlossenseins von allen politischen Entscheidungen und damit auch das Gefühl, fremden Entscheidungen ausgeliefert zu sein, genommen wird. 3. Z u r Notwendigkeit einer Verfassungsänderung

Der 53. DJT hat für den Fall, daß ein Kommunalwahlrecht für Ausländer als m i t der Verfassung grundsätzlich vereinbar angesehen werden kann, angeregt, dieses durch eine Ergänzung des Verfassungstextes deutlich zu machen, um verfassungsrechtliche Zweifel insoweit für die Zukunft auszuräumen 367 . I n Vollzug dieser Anregung schlägt Sennewald 368 vor, A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG wie folgt zu ergänzen: 364

Z u m Integrationswert der kommunalen Selbstverwaltung vgl. Pfaff, V e r w A 70 (1979), S. 16 u n d 22 m . w . N . i n F N 101; Schröder, S. 331; Macher, S. 77 f.; Schmidt-Jortzig, DVB1. 1980, 7; Rittstieg, Wahlrecht, S. 20 f.; v. Mutius, Gutachten E, S. 208 f.; skeptisch Schleberger, StTg 1974, 599. 365 Vgl. Schmidt-Jortzig, DVB1. 1980, 7; Mayer, Staatsverwaltung u n d Selbstverwaltung, S. 328, betont zu Recht, daß die kommunale Selbstverwalt u n g ein wesentliches Element der Verbindung von Staat u n d Gesellschaft darstellt. 3ββ Koschnick, S. 53. 367 Siehe etwa Beschluß 7 b; Sitzungsbericht L, S. 289.

§18 Rechtspolitische Tragweite

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„ i n den Gemeinden gehören zum Volke auch solche Personen, die nicht Deutsche i m Sinne dieses Grundgesetzes sind und die i m Bundesgebiet seit mindestens . . . Jahren seßhaft sind." Bedenken gegen diesen Vorschlag ergeben sich aus Gründen der Gesetzessystematik, denn A r t . 20 Abs. 2 GG, i n dem das Prinzip der Volksherrschaft festgelegt ist, bezieht sich zunächst nur auf den Bund. Bedeutung für die unterstaatlichen Einrichtungen wie Kreise und Gemeinden gewinnt diese Norm erst über A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Somit würde der Regelungsrahmen des A r t . 20 Abs. 2 GG gesprengt, wenn dort auch Regelungen für die Gemeindeebene getroffen werden. Da sich die verfassungsrechtlichen Regeln für das Kommunalwahlrecht allein aus A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben, wäre vielmehr hier der richtige Ort für eine eventuelle Grundgesetzänderung. Dementsprechend schlägt v. Mutius 369 folgende Ergänzung des A r t . 28 Abs. 1 GG vor: „Auch Nichtdeutschen kann unter bestimmten durch Landesrecht festgesetzten Voraussetzungen das Wahlrecht zu Vertretungen i n den Gemeinden und Kreisen gewährt werden." Aus der Sicht v. Mutius' erscheint diese Ergänzung des Grundgesetzes bei Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer notwendig, da er unter der geltenden Fassung des Grundgesetzes den Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG überträgt, was eine Beschränkung des Kommunalwahlrechts auf deutsche Staatsbürger m i t sich bringt. Geht man demgegenüber von der hier vertretenen Auffassung aus, daß zwischen dem Staatsvolk und dem Volk i n den kommunalen Gebietskörperschaften ein qualitativer Unterschied besteht, der es verbietet den Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG zu übertragen, so erübrigt sich letztlich jede Änderung des Grundgesetzes. Wenn auch eine Ersetzung des Begriffes „ V o l k " durch „Bevölkerung" 3 7 0 oder „Verbandsvolk" 3 7 1 i n A r t . 28 Abs. 1 GG nicht schaden würde, erscheint es doch angebracht, den ausgewogenen Verfassungstext so lange nicht zu ändern, wie es ohne advokatische Winkelzüge möglich ist, i h m eine Auslegung zu geben, die den akuten Bedürfnissen entspricht.

368 389 370 371

V R 1981, 84. Gutachten E, S. 212. Dies regt Emmerig, Sitzungsbericht L , S. 40, an. Z u diesem Begriff tendiert Schwerdtfeger, Sitzungsbericht L , S. 157 f.

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6. Teil: K o m m u n a l a h l r e c h t für Ausländer

Sollte eine Einführung des Kommunalwahlrechts für Ausländer von den zuständigen Landespolitikern i n Angriff genommen werden, so bedürfte es dazu, m i t Ausnahme der Länder Bayern (vgl. Art. 12 Abs. 1 VerfBay) und Rheinland-Pfalz (Art. 50 Abs. 1 VerfRh-Pf), lediglich einer Änderung der Kommunalwahlgesetze. Damit ist die Einführung des Kommunalwahlrechts für Ausländer in den einzelnen Bundesländern durch einfaches Gesetz möglich.

Zusammenfassung Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung können wie folgt zusammengefaßt werden: Derzeit leben ca. 4,5 Millionen Ausländer i m Bundesgebiet, ihr A n teil an der Gesamtwohnbevölkerung beträgt 6,8 °/o. Bereits 1979 hielten sich 32 0/o mehr als 10 Jahre und weitere 35 °/o zwischen 6 und 10 Jahren i n der Bundesrepublik auf. Es muß nach dem bisherigen Verhalten der Ausländer davon ausgegangen werden, daß etwa 40 °/o dieser Ausländer auf Dauer hier bleiben werden. Für sie ist die Bundesrepublik faktisch zu einem Einwanderungsland geworden. I h r rechtlicher Status ist i n den vergangenen Jahren stetig verbessert worden. Insbesondere auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts bestehen zwischen den Ausländern aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften und deutschen Staatsbürgern kaum mehr Unterschiede. Hinsichtlich des Aufenthaltsrechts ist ihre Stellung ebenfalls verbessert worden, kann aber für die Gruppe der nicht den Mitgliedsstaaten der EG angehörenden Ausländer noch nicht als voll befriedigend angesehen werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit hier die Anregungen des 53. Deutschen Juristentages eine weitere Verfestigung ihres Aufenthaltsstatus bewirken werden. Eine Einbürgerung großen Ausmaßes der Ausländer, die auf Dauer bleiben wollen, sowie ihrer hier geborenen oder aufgewachsenen K i n der ist auch bei der angestrebten Änderung der Einbürgerungsvoraussetzungen sowie einer Vereinfachung des Verfahrens nicht zu erwarten, da der durch die Einbürgerung erzielte rechtliche Zugewinn für die Ausländer zu klein ist, um den emotionsbeladenen Schritt des Wechsels der Staatsbürgerschaft zu rechtfertigen. I m Vorfeld des Wahlrechts w i r d den Ausländern insbesondere auf kommunaler Ebene durch Ausländerbeiräte und Ausländerparlamente die Möglichkeit eingeräumt, auf die politischen Entscheidungen Einfluß zu nehmen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, daß die Einflußnahme über diese Gremien auf die kommunalpolitischen Entscheidungen äußerst begrenzt ist. Sie werden daher vor allem von den Ausländern selbst als unzureichend angesehen. Das Grundgesetz schreibt ein Wahlrecht für Ausländer nicht zwingend vor. Ein solcher Anspruch kann weder aus den allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen des A r t . 38 Abs. 1 GG noch aus dem Menschenrechts-

152

Zusammenfassung

gebot des A r t . 1 Abs. 1 GG, dem Sozialstaats- oder dem Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 1 GG) hergeleitet werden. Ein Ausländerwahlrecht zu den staatlichen Parlamenten w i r d vielmehr von der weitaus herrschenden Meinung mit der Begründung abgelehnt, daß der Volksbegriff des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG nur die Angehörigen des deutschen Volkes umfasse. Zudem entspreche eine solche Beschränkung der Verfassungstradition und stehe i m Einklang m i t der Praxis i n allen anderen Staaten der Welt. Schließlich würden die Ausländer nicht i n gleicher Weise von den Entscheidungen der Parlamente betroffen wie Deutsche, so daß auch der Gedanke der demokratischen Egalität eine Einräumung des Wahlrechts an diese verbiete. Obgleich diese Auffassung i n jüngster Zeit nicht unumstritten geblieben ist, muß doch i n Übereinstimmung m i t der herrschenden Meinung davon ausgegangen werden, daß den Ausländern ein Wahlrecht zum Bundestag und den Landtagen der Länder nicht eingeräumt werden kann. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Kommunalwahlrecht für Ausländer verfassungsrechtlich zulässig ist, muß von dem staatsrechtlichen Grundsatz der Einheit aller Staatsgewalt ausgegangen werden, der besagt, daß es i m demokratischen Staat nur eine Legitimationsquelle geben darf, auf die die Legitimation für alles hoheitliche Handeln rückführbar sein muß. Dieser Ansatz schließt sowohl aus, die Gemeinden als eine institutionalisierte Form gesellschaftlicher Selbstverwaltung anzusehen wie auch die Annahme, die Kommunen verfügten über eine eigene „ursprüngliche" Hoheitsgewalt. Richtigerweise ist kommunale Selbstverwaltung vielmehr als mittelbare Staatsverwaltung anzusehen. Die Kreise und Gemeinden werden durch die Übertragung hoheitlicher Funktionen durch den Staat zu lizensierten Trägern hoheitlicher Verwaltung. Die von ihnen mittelbar ausgeübte Staatsgewalt w i r d damit durch das Staatsvolk legitimiert. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ergibt sich die notwendige Legitimation zu hoheitlichem Handeln nicht allein aus dem Willen des Volkes i n den kommunalen Gebietskörperschaften, wie es in den Kommunalwahlen seinen Ausdruck findet, denn die kommunalen „Teilvölker" unterscheiden sich in ihrer Rechtsqualität deutlich von der des Staatsvolkes. Diese Unterschiede, die über eine quantitative Begrenzung, wie sie der Terminus „territoriale Differenzierung" zum Ausdruck bringt, deutlich hinausgehen, ergeben sich aus der Eingliederung der Selbstverwaltungskörperschaften als unterstaatliche Einrichtungen i n den staatlichen Aufbau. Die i n ihrer Gesamtheit der Exekutive zuzurechnende Selbstverwaltung besteht, wie es A r t . 28 Abs. 2 GG für die kommunale Selbstverwaltung aufzeigt, nur i m Rahmen der staatlichen Gesetze. Dieses

Zusammenfassung

w i r d nicht nur dadurch deutlich, daß die Selbstverwaltungskörperschaften durch einen staatlichen A k t errichtet werden, sondern vielmehr auch dadurch, daß ihnen bestimmte Aufgabenbereiche zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung vom Staat durch Gesetz übertragen werden. Durch seine Rechtsaufsicht stellt der Staat sicher, daß die Selbstverwaltungskörperschaften die von ihm vorgegebene Rechtsordnung beachten. Dieser Einfügung i n den Bereich der Exekutive widerspricht das Recht zur kommunalen Rechtsetzung nicht, denn auch diese bedarf zu ihrer Rechtmäßigkeit einer staatlichen Ermächtigung. Die Eingliederung i n den Staatsaufbau verdeutlicht, daß das Gebietsvolk der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften qualitativ nicht dem souveränen Staatsvolk gleichsteht und die Gemeindebürgerschaft ein von der Staatsbürgerschaft durchaus verschiedener Mitgliederstatus i n einer unterstaatlichen Körperschaft ist. Da die Kreise und Gemeinden mittelbare Staatsgewalt ausüben und gem. A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, bedürfen die Organe der kommunalen Gebietskörperschaften zu ihrem hoheitlichen Handeln einer entsprechenden Legitimation. Diese (staatliche) Legitimation ergibt sich aus den Parlamentsgesetzen, durch die die Körperschaften errichtet und ihnen bestimmte Aufgabenbereiche übertragen wurden. Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften können zudem auf A r t . 28 Abs. 2 GG und die entsprechenden Normen der Landesverfassungen verweisen, die neben der Garantie der Institution der kommunalen Selbstverwaltung auch eine Legitimation für i h r hoheitliches Handeln enthalten. Zu dieser staatlichen Legitimation t r i t t eine zweite — hier als körperschaftliche bezeichnete — Legitimation hinzu, deren Notwendigkeit sich aus der rechtlichen Konstruktion der Kreise und Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts ergibt. Ein wesentliches Merkmal der Körperschaften liegt gerade darin, daß ihre Mitglieder als Träger der Körperschaft berechtigt sind, an ihrer Willensbildung m i t zuwirken. Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit dieser auch i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Legitimation auch aus dem Grundgedanken der Selbstverwaltung, wonach die Betroffenen selbst über die sie unmittelbar berührenden Angelegenheiten entscheiden sollen. Damit sind die kommunalen Selbstverwaltungsorgane zu ihrem hoheitlichen Handeln i n zweifacher Weise durch das Staatsvolk und durch das Verbandsvolk legitimiert. Die vom Verbandsvolk ausgehende Legitimation t r i f f t — bildlich gesehen — von unten auf die von oben kommende Legitimation des Staatsvolkes. Daraus ergibt sich für die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Kommunal Wahlrechts für Ausländer folgendes: Da die

154

Zusammenfassung

staatliche Legitimation von einer Teilnahme der Ausländer an den Kommunalwahlen unberührt bleibt, schließt A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG ihre Teilnahme an diesen Wahlen nicht aus. Ein Vergleich m i t den Einrichtungen der akademischen und beruflichen Selbstverwaltung zeigt zudem, daß die ausländischen Mitglieder dort an vergleichbaren Wahlen zu den Körperschaftsorganen teilnehmen, ohne daß hiergegen bisher verfassungsrechtliche Bedenken laut geworden sind. Auch aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG können überzeugende Einwände gegen ein Kommunalwahlrecht für Ausländer nicht hergeleitet werden. Der i n der Literatur weit verbreiteten Auffassung, daß der i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG verwandte Volksbegriff m i t dem des A r t . 20 Abs. 2 Satz 1 GG identisch sei, ist entgegenzuhalten, daß es einen festen, einer solchen Übertragung fähigen Volksbegriff i m Grundgesetz nicht gibt, sondern der Volksbegriff aufgrund seiner zahlreichen möglichen Bedeutungsinhalte stets neu definiert werden muß. Darüber hinaus haben die Untersuchungen ergeben, daß das Volk in den Kreisen und Gemeinden als die Summe der Mitglieder einer Körperschaft nicht m i t dem souveränen Staatsvolk qualitativ übereinstimmt und sich auch von daher eine Übertragung des Volksbegriffes verbietet. Auch das Homogenitätsgebot des A r t . 28 Abs. 1 GG vermag nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Angesichts der qualitativen Unterschiede des Staatsvolkes und des Volkes i n den Kreisen und Gemeinden erscheint es verfehlt, von einer „Homogenität der Träger der Demokratie" zu sprechen. Vielmehr kann dieser Norm i m Hinblick auf die kommunalen Gebietskörperschaften lediglich entnommen werden, daß auf kommunaler Ebene das „ V o l k " i m Wege einer repräsentativen Demokratie an der Willensbildung der Körperschaft zu beteiligen ist, wobei die vorgegebenen Wahlrechtsgrundsätze des A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachten sind. Eine Auslegung des Volksbegriffes i n A r t . 28 Abs. 1 Satz 2 GG i m Sinne von „Bevölkerung" oder „Verbandsvolk" w i r d daher der eigentlichen Aussage dieses Artikels am ehesten gerecht. Während die Verfassungen der Länder Bayern und Rheinland-Pfalz das Kommunalwahlrecht ausdrücklich auf die deutschen Staatsangehörigen beschränken, kann den Verfassungen der übrigen Bundesländer eine entsprechende Beschränkung nicht entnommen werden. Ein Vergleich m i t den Rechtsordnungen anderer europäischer Staaten zeigt, daß es einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, daß das Recht an politischen Wahlen teilzunehmen nur den jeweiligen Staatsangehörigen vorbehalten bleibt, nicht gibt. Zwar gibt es grundsätzlich kein Wahlrecht von Ausländern zu den staatlichen Parlamenten, doch wurde ein Kommunalwahlrecht für Ausländer i n Schweden u n d Däne-

Zusammenfassung

mark bereits eingeführt und steht i n den Niederlanden kurz von seiner Verwirklichung. I m begrenzten Umfang gibt es ein Wahlrecht für NichtStaatsbürger auch i n der Schweiz, Großbritannien und Irland. Besonderheiten bestehen i n den Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie i n Berlin, da dort die Landes- und die Kommunalverwaltung nicht getrennt sind. Möglichkeiten für die Einführung eines „Kommunalwahlrechts" bestehen dort gleichwohl auf der Ebene der Bezirke. Bestehen demnach keine durchgreifenden Bedenken gegen die verfassungsmäßige Zulässigkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer, so sind Gründe zur Beschränkung auf ein aktives Wahlrecht nicht ersichtlich, denn grundsätzlich entspricht dem aktiven Wahlrecht auch das Recht, sich zur Wahl zu stellen (passives Wahlrecht). Auch eine Beschränkung des Wahlrechts auf Bürger der Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaften erscheint nicht sachgerecht, da dadurch eine privilegierte Gruppe von Ausländern geschaffen würde, während die Frage des Ausländerwahlrechts für den überwiegenden Teil der Ausländer ungelöst bliebe. Vertretbar erscheint demgegenüber eine Beschränkung auf die Staatsangehörigen der Staaten, die ihrerseits den deutschen Staatsbürgern ein Wahlrecht einräumen. Die Berechtigung, an den Kommunalwahlen teilzunehmen, sollte für Ausländer an die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung anknüpfen, die zum zeitlich und räumlich unbegrenzten Aufenthalt i n der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Sie ist an die Integration i n das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben gebunden und setzt gewisse Mindestkenntnisse der deutschen Sprache voraus. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen soll die Aufenthaltsberechtigung nach einem berechtigten Aufenthalt von 8 Jahren i m Bundesgebiet auf Antrag erteilt werden. Da sie i n den Paß des Ausländers eingestellt wird, bietet sie sich auch aus verwaltungstechnischen Gründen an, da die Feststellung der Wahlberechtigung der Ausländer dann nicht m i t weiterem Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Die Möglichkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer erfordert die Möglichkeit einer freien politischen Betätigung der wahlberechtigten Ausländer. Da diese ζ. Z. durch den § 6 Abs. 2 AuslG noch zu sehr begrenzt wird, bedarf es ggfs. einer Anpassung dieser Norm. Die M i t gliedschaft i n den politischen Parteien ist den Ausländern weitgehend möglich. Die Parteien können eine wirksame Hilfe zur politischen Integration der Ausländer sein und dazu beitragen, die Bildung von unerwünschten Nationalitätenlisten zu unterbinden. Für die politische Tragweite einer Teilnahme der Ausländer an den Kommunalwahlen ist wichtig zu wissen, daß weitgehend freie Entscheidungen von den Kommunen nur i n den reinen Selbstverwaltungs-

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Zusammenfassung

angelegenheiten getroffen werden können. Dadurch schrumpft der Bereich, i n dem sich die Wahlentscheidungen der Ausländer unmittelbar auswirken, sehr zusammen, zumal viele der sie betreffenden Angelegenheiten letztlich auf bundes- und landesrechtlichen Gesetzen beruhen. Die politischen Wirkungen eines Kommunalwahlrechts für Ausländer beschränken sich allerdings nicht allein auf die Umsetzung politischer Ziele auf kommunaler Ebene. Vielmehr enthält die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Integrationspotential, das durch das Kommunalwahlrecht i n besonderer Weise für die gesellschaftliche und politische Integration der ausländischen Mitbürger i n das deutsche Staatswesen fruchtbar gemacht werden kann und dazu beizutragen i n der Lage ist, den Ausländern das Gefühl des völligen Ausgeschlossenseins zu nehmen. Da die vorliegende Untersuchung gezeigt hat, daß die Möglichkeit eines Kommunalwahlrechts für Ausländer bereits unter der gegenwärtigen Fassung des Grundgesetzes besteht, erübrigt sich eine Änderung des Verfassungstextes. Trotz einer entsprechenden Anregung des 53. Deutschen Juristentages sollte daher von einer Änderung des Verfassungstextes abgesehen werden, zumal jede Änderung der Verfassung die Entstehung weiterer Unklarheiten befürchten läßt. Die Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer ist damit durch eine Änderung der Kommunalwahlgesetze der Länder möglich. Ausnahmen bilden lediglich die Länder Bayern und Rheinland-Pfalz, wo es auch einer Änderung der Landesverfassung bedarf, sowie die Stadtstaaten, auf deren Besonderheiten hingewiesen wurde.

Anhang Richtlinien für einen Ausländerbeirat der Stadt Gelsenkirchen Präambel Die gesellschaftliche Eingliederung der ausländischen M i t b ü r g e r ist eine vordringlich zu lösende Aufgabe. Da die unmittelbare Beteiligung der ausländischen M i t b ü r g e r an der K o m m u n a l w a h l nach geltendem Recht ausgeschlossen ist, soll als ein Schritt einer demokratischen I n i t i a t i v e ein Ausländerbeirat zur Beteiligung der ausländischen Mitbürger am k o m m u n a l politischen Geschehen gebildet werden. § 1

Aufgaben

des Beirates

Die Stadt Gelsenkirchen bildet i m Interesse guter menschlicher Beziehungen u n d zur Lösung der besonderen Probleme der i m Stadtgebiet wohnenden ausländischen Mitbürger einen Ausländerbeirat. E r soll m i t w i r k e n an der Verbesserung der Lebensqualität der ausländischen Mitbürger. Innerhalb seines Aufgabenbereichs hat der Ausländerbeirat Ideen zu entwickeln, Anregungen entgegenzunehmen, zu beraten u n d dem Rat der Stadt u n d seinen Ausschüssen sowie den bestehenden kommunalen Sonderausschüssen u n d dem Oberstadtdirektor Empfehlungen zuzuleiten. § 2

Zusammensetzung

des Beirates

Der Beirat setzt sich paritätisch zusammen. I h m gehören sieben glieder des Rates der Stadt u n d sieben ausländische M i t b ü r g e r an.

Mit-

Die ausländischen Mitbürger sind w i e folgt vertreten: 2 Türken 1 Jugoslawe 1 Italiener 1 Spanier 1 Grieche 1 Vertreter einer sonstigen Nation, der die Interessen der Gruppen vertritt, die n u r i n kleinerer Anzahl i n Gelsenkirchen wohnhaft sind.

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Anhang § 3

Besetzung des Beirates (1) Die Mitglieder des Beirates u n d ihre Stellvertreter werden v o m Rat der Stadt gewählt. (2) Die Benennung der ausländischen Beiratsmitglieder erfolgt j e Nation durch Wahlmänner bzw. Wahlfrauen, die durch die am 18.12.1975 (Stichtag) bestehenden ausländischen Vereinigungen i n einer Mitgliederversammlung gewählt werden. Jeder dieser Vereinigungen stehen fünf Wahlmänner bzw. Wahlfrauen zu. Das siebente ausländische Beiratsmitglied, das die Interessen der G r u p pen vertreten soll, die n u r i n kleinerer Anzahl i n Gelsenkirchen w o h n haft sind, w i r d v o m Deutschen Gewerkschaftsbund benannt. F ü r jedes ordentliche M i t g l i e d des Beirates aus dem Kreis der ausländischen Mitbürger sind i n F o r m einer Reserveliste mehrere, mindestens sechs Personen zu benennen. Bei Ausscheiden oder Verhinderung eines ordentlichen Beiratsmitgliedes regelt sich die Nachfolge oder Vertretung i n der durch die Reserveliste festgelegten Reihenfolge. § 4

Wahl, Wahlzeit,

Wählbarkeit

(1) A u f die W a h l der Wahlmänner und Wahlfrauen soll durch öffentlichen A u f r u f (Presse u n d Aushänge) hingewiesen werden. Der A u f r u f soll neben Deutsch i n folgenden Sprachen erscheinen: Türkisch, serbo-kroatisch, italienisch, spanisch u n d griechisch. (2) F ü r die Wahlverfahren g i l t der Grundsatz der geheimen Wahl. (3) Die Wahlperiode soll der des Rates der Stadt entsprechen. (4) Voraussetzung f ü r das aktive u n d passive Wahlrecht ist, daß die ausländischen M i t b ü r g e r das 18. Lebensjahr vollendet haben u n d mindestens ein Jahr ununterbrochen i n Gelsenkirchen wohnhaft sind. Die ausländischen Beiratsmitglieder sollen der deutschen Sprache mächtig sein. § 5

Vorsitz Der Beirat w ä h l t aus seiner M i t t e den Vorsitzenden u n d seinen Stellvertreter. § 6

Verfahren A u f das Verfahren findet die Geschäftsordnung für den Rat der Stadt Gelsenkirchen, seine Ausschüsse u n d die Bezirksvertretungen i n der jeweils geltenden Fassung sinngemäß Anwendung.

Anhang

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§ 7 Z u r konstituierenden Sitzung des Ausländerbeirates w i r d v o m Oberbürgermeister eingeladen. Der Oberbürgermeister leitet die W a h l des V o r sitzenden u n d f ü h r t i h n i n sein A m t ein.

Richtlinien über die Bildung eines Ausländerbeirates in der Stadt Hamm U m einer Lösung der vielfältigen Probleme bei der sozialen Betreuung bzw. Integration der ausländischen Mitbürger näherzukommen, ist es erforderlich, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich bei der Gestaltung ihrer L e bensverhältnisse selbst beteiligen zu können. Die nachstehenden Richtlinien sollen eine solche Beteiligungsmöglichkeit schaffen.

1. Ausländerbeirat Die Stadt H a m m bildet i n der Zusammensetzung gem. Ziffer 3 einen Ausländerbeirat für die i m Stadtgebiet lebenden Einwohner fremder Nationalitäten.

2. Aufgaben 2.1. Der Ausländerbeirat k a n n alle gemeindlichen Fragen behandeln, die die soziale Betreuung bzw. Integration der ausländischen Mitbürger unmittelbar betreffen. 2.2. Der Ausländerbeirat soll A k t i v i t ä t e n fördern, die der Betreuung u n d Eingliederung dienen u n d zur Koordinierung entsprechender Maßnahmen beitragen. 2.3. Einzelfälle werden nicht beraten; sie können aber Anlaß f ü r sätzliche Erörterungen sein.

grund-

2.4. Der Ausländerbeirat k a n n i m Rahmen seiner Aufgaben gegenüber dem Rat u n d den Fachausschüssen, soweit diese nach der Zuständigkeitsordnung entscheidungsbefugt sind, Empfehlungen aussprechen. 2.5. Vor Entscheidungen, die insbesondere die ausländischen Mitbürger betreffen, soll, soweit die I n i t i a t i v e dazu nicht v o m Ausländerbeirat ausgegangen ist, dieser gehört werden.

3. Zusammensetzung 3.1. F ü r je angefangene 2000 Einwohner einer m i t mindestens 100 E i n w o h nern i n H a m m vertretenen Nationalität k a n n einer dieser Nation angehörender Vertreter i n den Ausländerbeirat entsandt werden; er muß das 18. Lebensjahr vollendet haben. Asylbewerber bleiben unberücksichtigt. 3.2. I n den Ausländerbeirat w i r d gemäß der Sitzverteilung i m Rat eine der Z a h l der Ausländervertreter entsprechende Anzahl von Ratsvertretern durch den Rat berufen. 3.3. Als Mitglieder des Ausländerbeirates entsenden je einen Vertreter — Arbeiterwohlfahrt — Caritas-Verband

Anhang

160 — — — — —

der Deutsche Gewerkschaftsbund der Arbeitgeberverband die ev. Kirche die kath. Kirche das Arbeitsamt

Weitere Fachleute können bei Bedarf zu den Sitzungen beratend hinzugezogen werden.

4. Benennung der Ausländervertreter 4.1. Mangels landesgesetzlicher Regelungen scheidet eine W a h l der Ausländervertreter nach üblichen Wahlprinzipien aus. 4.2. Die i m Ausländerbeirat tätigen Ausländervertreter sollen von den V e r bänden der freien Wohlfahrtspflege, die eine Betreuung bestimmter nationaler Gruppen übernommen haben, benannt werden, die von ihren Landsleuten i n Vereinsvorstände oder Betriebsräte oder als Sprecher sonstiger Gruppierungen gewählt worden sind. 4.3. Die Berufung i n den Ausländerbeirat erfolgt durch den Hauptausschuß, der auch den Vorsitzenden u n d seinen Stellvertreter bestimmt. 4.4. Die Ausländervertreter sollen der deutschen Sprache so mächtig sein, daß sie den Verhandlungen folgen u n d sich daran beteiligen können.

5. Tätigkeitszeit Die Tätigkeitszeit des Ausländerbeirates entspricht der jeweiligen W a h l periode des Rates.

6. Inkrafttreten Diese Richtlinien treten a m Ol. 04.1979 i n K r a f t .

Richtlinien für einen Ausländerbeirat in der Stadt Hannover in der vom Rat in seiner Sitzung am 16. Mai 1974 beschlossenen Fassung § 1

Zusammensetzung

des Ausländerbeirats

Die Stadt Hannover bildet zur besseren Lösung der besonderen Probleme der i m Stadtgebiet wohnenden ausländischen Arbeitnehmer u n d ihrer A n gehörigen einen Ausländerbeirat. I m Ausländerbeirat sind die 5 stärksten Nationen vertreten (ζ. Z. Griechen, Italiener, Jugoslawen, Spanier u n d Türken). Die Mitglieder des Beirats werden auf Vorschlag der deutschen Betreuerorganisationen für ausländische Mitbürger auf die Dauer von einem Jahr berufen. Der Ausländerbeirat besteht aus 20 Personen. Davon werden 5 Mitglieder (je Nation 1 Person) von den Betreuungsorganisationen Arbeiterwohlfahrt,

Anhang

161

Caritasverband, Diakonisches Werk/Innere Mission, weitere 5 Mitglieder von den Kirchen- u n d Glaubensgemeinschaften benannt; der Deutsche Gewerkschaftsbund entsendet je Nation 2 Vertreter. Die i n den Beirat zu entsendenden Vertreter müssen das 21. Lebensjahr haben u n d i n der Stadt Hannover mindestens 1 Jahr ununterbrochen gemeldet sein. Vgl. auch die Richtlinie v o m 03. 03.1977. § 2

Aufgaben Der Beirat hat die Aufgabe, i n Zusammenarbeit m i t der Stadtverwaltung, die direkte W a h l eines Beirats durch die ausländischen M i t b ü r g e r vorzubereiten. Er soll weiter Vorschläge machen, Empfehlungen u n d Anregungen geben sowie Stellungnahmen zu allgemeinen u n d speziellen Fragen der von i h m vertretenen Personen erarbeiten. Er soll die Ratsausschüsse beraten. Daneben soll der Beirat Bildungs-, kulturelle u n d soziale Veranstaltungen des i n § 1 Abs. 1 genannten Personenkreises anregen u n d fördern. § 3

Rechte Die einzelnen Arbeitsergebnisse des Beirates sollen dem Oberstadtdirektor v o m Vorstand (§ 5) oder von dessen Vorsitzendem mitgeteilt u n d begründet werden. Der Oberstadtdirektor teilt den Sachverhalt dem zuständigen A u s schußvorsitzenden des Rates m i t u n d gibt i h n dem Oberbürgermeister zur Kenntnis. Der Oberstadtdirektor setzt die Angelegenheit i m Benehmen m i t dem Ausschußvorsitzenden auf eine der nächsten Tagesordnungen des Fachausschusses. Der Vorstand n i m m t auf Einladung des Ratsausschusses an der Beratung der betreffenden Tagesordnungspunkte ohne Stimmrecht teil. § 4

Konstituierende Sitzung des Ausländerbeirats, Entscheidungen, Verhandlungssprache Die konstituierende Sitzung des Ausländerbeirats w i r d v o m Oberbürgermeister eröffnet. Er leitet auch die W a h l des Vorsitzenden des Beirats. Danach finden unter der Leitung des neuen Beiratsvorsitzenden die erforderlichen Wahlen statt. Entscheidungen werden m i t der einfachen Mehrheit der erschienenen Mitglieder getroffen. Verhandlungssprache f ü r alle Sitzungen ist Deutsch.

162

Anhang § 5

Vorstand Der Beirat w ä h l t ans seiner M i t t e einen 5-köpfigen Vorstand m i t je 1 M i t glied der i m § 1 Abs. 2 genannten Nationen. Der Vorstand besteht aus 1 Vorsitzenden 3 Beisitzern u n d 1 Schriftführer § 6

Aufgaben

des Vorstandes

Der Vorstand bereitet die Sitzungen des Beirats vor u n d f ü h r t zwischen den Sitzungen des Beirats dessen Geschäfte. § 7

Arbeitsgruppen Der Ausländerbeirat k a n n f ü r einzelne Sachgebiete Arbeitsgruppen bilden. Über die Mitgliederzahl u n d die zu entsendenden Vertreter w i r d v o m Beirat m i t einfacher Mehrheit der erschienenen Mitglieder abgestimmt. Wenn der Beratungsgegenstand es erfordert, können sachverständige Personen, auch Angehörige anderer Nationen, hinzugezogen werden. § 8

Einladungen Die Einberufung zu Sitzungen des Ausländerbeirats u n d des Vorstandes erfolgt durch den Vorsitzenden. Er lädt schriftlich unter Beifügung einer Tagesordnung ein, die den Mitgliedern mindestens 7 Tage vorher zugegangen sein muß. Der Vorsitzende hat eine Sitzung des Beirats anzuberaumen, w e n n es die Mehrheit des Vorstandes oder mindestens Vs der Beiratsmitglieder unter Vorlage einer Tagesordnung verlangen. Die Einladungen zu den Sitzungen des Ausländerbeirats u n d des V o r standes u n d die Tagesordnungen werden von der Landeshauptstadt Hannover versandt. Sie sind dort mindestens 4 Tage vor dem gewünschten Z u stellungstermin einzureichen. Der Sitzungsraum w i r d von der Stadt Hannover gestellt. Die Sitzungen des Ausländerbeirats finden mindestens viermal i m Jahr statt. Sie sind i n der Regel nicht öffentlich. Der Vorstand legt die Sitzungstermine selbständig fest. § 9

Teilnahme

von Ratsmitgliedern

Der Rat der Landeshauptstadt Hannover ernennt eine Ausländerkommission aus 5 Mitgliedern des Rates und 5 namentlich benannte Vertreter. Sie

Anhang

163

sollen verschiedenen m i t Ausländerfragen befaßten Ausschüssen angehören. Die Mitglieder der Kommission werden zu den Sitzungen des Ausländerbeirats eingeladen u n d nehmen beratend teil. 1 Kommissionsmitglied von jeder F r a k t i o n oder Gruppe n i m m t beratend an den Sitzungen des Vorstandes teil. § 10

Teilnahme

der Verwaltung

Angehörige der V e r w a l t u n g werden bei Bedarf zu den sie betreffenden Tagesordnungspunkten der Sitzungen des Ausländerbeirats, des Vorstands u n d der Kommission eingeladen. Die Einladung ist an das zuständige Dezernat zu richten. § 11

Information Jedes Beiratsmitglied erhält von allen Ausschuß- u n d Ratssitzungen Auszüge der Niederschriften über solche Tagesordnungspunkte, die sich m i t Ausländerfragen befassen. Beirat u n d Vorstand fertigen über jede Sitzung Niederschriften an u n d übersenden 1 Exemplar an die Landeshauptstadt Hannover. Diese sendet Abschriften an die Fraktionen u n d die Gruppen i m Rat, die Dezernate der V e r w a l t u n g u n d die Mitglieder des Ausländerbeirats.

Richtlinien für die Benennung der ausländischen Vertreter im Ausländerbeirat der Stadt Hannover vom 3. 3.1977 Gemäß § 2 der Richtlinien f ü r einen Ausländerbeirat i n der Stadt Hannover w i r d folgendes Verfahren zur Benennung der jeweils vier Vertreter der fünf stärksten ausländischen Nationen festgelegt: 1. A l l e ausländischen Betriebsräte u n d Vertrauensleute einer Nation treten zu einer Versammlung zusammen u n d wählen zwei Vertreter. Der Deutsche Gewerkschaftsbund k a n n bis zum Beginn der Ladungsfrist weitere Personen als Kandidaten zur W a h l vorschlagen. Höchstens einer dieser Kandidaten hat i n der Versammlung ebenfalls Stimmrecht. Während der Versammlung werden aus dem Kreis der Betriebsräte u n d Vertrauensleute weitere Kandidaten aufgestellt. Die Delegierten wählen aus dem Kreis aller Kandidaten zwei Vertreter, von denen einer Betriebsrat sein muß. 2. A l l e Vorsitzenden der ausländischen Vereine einer Nation u n d deren Vertreter sowie je zwei Vertreter der auf Stadtebene organisierten Elternausschüsse treten zu einer Versammlung zusammen und wählen aus ihrer M i t t e einen Vertreter. Dabei können n u r die Vereine berücksichtigt werden, deren Sitz Hannover ist u n d die zu Beginn des Berufungszeitraumes seit mindestens einem Jahr ins Vereinsregister eingetragen sind. Die Elternausschüsse können n u r berücksichtigt werden, soweit sie drei Monate nach Schuljahresbeginn gebildet wurden. 11*

164

Anhang

3. Der für die Betreuung der Nation zuständige Wohlfahrtsverband benennt innerhalb von vier Wochen nach Aufforderung durch die Stadt Hannover einen Vertreter. Die Ladungsfrist f ü r die Versammlungen beträgt zwei Wochen. Die L e i tung der Versammlungen übernimmt der Gesundheits-, Jugend- u n d Sozialdezernent oder ein von i h m benannter Vertreter. Die Kandidaten für die W a h l werden, soweit nichts anderes bestimmt ist, i n den Versammlungen durch Z u r u f oder eigene Meldung aufgestellt. I n den Versammlungen ist allen Kandidaten die Möglichkeit zu geben, sich der Versammlung vorzustellen. Die Vertreter werden i n geheimer W a h l gewählt. Gewählt sind die Vertreter, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen können. I n Fällen von Stimmengleichheit findet eine Stichwahl statt. Sollte aus der Gruppe 2. oder 3. kein M i t g l i e d entsandt werden können, so geht das Recht, ein w e i teres M i t g l i e d zu benennen, auf die Gruppe 1. über. Die Unterlagen u n d Wahlergebnisse sind sorgfältig aufzubewahren, daraus i m Bedarfsfall die nachrückenden Bewerber zu ermitteln.

um

Die i n den Ausländerbeirat zu entsendenden Mitglieder müssen folgende Mindestvoraussetzungen erfüllen: a) das 21. Lebensjahr vollendet haben b) seit mindestens 1 Jahr ununterbrochen m i t Hauptwohnsitz i n der Stadt Hannover gemeldet sein oder seit mindestens 1 Jahr ununterbrochen m i t Hauptwohnsitz i m Großraum Hannover gemeldet sein u n d i n der Stadt Hannover den Arbeitsplatz haben, c) die ausländische Staatsangehörigkeit besitzen d) der deutschen Sprache i n W o r t u n d Schrift mächtig sein. Die Organisation u n d Durchführung des Benennungsverfahrens obliegt der Stadt Hannover.

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