Die literarische Einheit des Johannesevangeliums: Der gegenwärtige Stand der einschlägigen Forschungen 9783666539046, 3727805420, 3525539045, 9783525539040

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Die literarische Einheit des Johannesevangeliums: Der gegenwärtige Stand der einschlägigen Forschungen
 9783666539046, 3727805420, 3525539045, 9783525539040

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ΝΤΟΑ 5 Ruckstuhl · Die literarische Einheit des Johannesevangeliums

NOVUM TESTAMENTUM ET ORBIS ANTIQUUS (ΝΤΟΑ) Im Auftrag des Biblischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz Herausgegeben von Max Küchler in Zusammenarbeit mit Gerd Theissen

Zum Autor: Eugen Ruckstuhl, 1914 geboren, studierte in Luzern und Freiburg (Schweiz) Theologie, wo er 1946 mit der vorliegenden Arbeit das Doktorat erwarb. Anschließend studierte er am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom und machte dort das Lizentiat der Bibelwissenschaft. Zurückgekehrt, war er im Bistum Basel als Pfarrverweser tätig. 1950 wurde er an der Theologischen Fakultät Luzern Professor für Einleitung und Exegese des Neuen Testaments. Dreimal war er Rektor der Fakultät. 1974 hielt er am Ökumenischen Institut in Tantur (Jerusalem) ein wissenschaftliches Gastseminar über die Auferstehung Jesu. 1980 wurde er emeritiert, arbeitet aber immer noch in der wissenschaftlichen Forschung.

Die wichtigsten Veröffentlichungen

sind:

Die Chronologie des Letzten Mahles und des Leidens Jesu (BiBe 4), Luzern 1963. Die Auferstehung Jesu Christi, Luzern-München 1968 (mit J. Pfammatter). Die johanneische Menschensohnforschung 1957-1969 (ThBe 1), Zürich 1972. Jésus a-t-il enseigné l'indissolubilité du mariage? (Year Book 1973/74 Tantur), Jerusalem 1974. Zur Aussage und Botschaft von Johannes 21 (FS H. Schürmann), Leipzig 1978. Neue und alte Überlegungen zu den Abendmahlsworten Jesu (SNTU 5), Linz 1981. Jesus als Gottessohn im Spiegel des markinischen Taufberichts (FS E. Schweizer), Göttingen 1983. Kritische Arbeit am Johannesprolog (FS B. Reicke), Macon 1984. Der Jakobusbrief / 1.-3. Johannesbrief (NEB 17/19), Würzburg 1985. Zur Chronologie der Leidensgeschichte I/II (SNTU 10/11), Linz 1985/86. Der Jünger, den Jesus liebte (SNTU 11), Linz 1986.

NOVUM TESTAMENTUM ET ORBIS ANTIQUUS

5

Eugen Ruckstuhl

Die literarische Einheit des Johannesevangeliums Der gegenwärtige Stand der einschlägigen Forschungen Mit einem Vorwort von Martin Hengel Im Anhang: Liste der johanneischen Stilmerkmale mit allen Belegstellen aus dem johanneischen Schrifttum Sprache und Stil im johanneischen Schrifttum Die Frage ihrer Einheit und Einheitlichkeit

UNIVERSITÄTSVERLAG FREIBURG SCHWEIZ VANDENHOECK & RUPRECHT GÖTTINGEN 1987

Die Erstausgabe erschien in den Studia Friburgensia NF 3, Freiburg CH, 1951.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Ruckstuhl,

Eugen:

Die literarische Einheit des Johannesevangeliums : d. gegenwärtige Stand d. einschlägigen Forschungen ; im Anh. : Liste d. johanneischen Stilmerkmale mit allen Belegstellen aus d. johanneischen Schrifttum ; Sprache u. Stil im johanneischen Schrifttum /Eugen Ruckstuhl. Mit e. Vorw. von Martin Hengel. - Freiburg, Schweiz : Univ.-Verl. ; Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht, 1988 (Novum testamentum et orbis antiquus ; 5) ISBN 3 - 5 2 5 - 5 3 9 0 4 - 5 (Vandenhoeck u. Ruprecht) ISBN 3 - 7 2 7 8 - 0 5 4 2 - 0 (Univ.-Verl.) NE: GT

Veröffentlicht mit Unterstützung des Hochschulrates der Universität Freiburg Schweiz © 1987 by Universitätsverlag Freiburg Schweiz Paulusdruckerei Freiburg Schweiz ISBN 3 - 7 2 7 8 - 0 5 4 2 - 0 (Universitätsverlag) ISBN 3 - 5 2 5 - 5 3 9 0 4 - 5 (Vandenhoeck & Ruprecht)

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort zum Neudruck (Martin H E N G E L ) Vorwort (Eugen R U C K S T U H L ) Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis Nachtrag: Ausgewählte einschlägige Literatur seit 1950

IX

XV XIX XXI XXVI

Einleitung

1

1. HAUPTTEIL Die literarkritische Aufteilung des Johannesevangeliums durch Rudolf Bultmann

20

A. Darstellung 1. Grundlinien 2. Die Aufteilung der Reden 3. Die Aufteilung der Erzählungen 4. Der Anteil des Redaktors Exkurs zur Exegese Bultmanns

20 20 22 28 32 34

B. Kritik I. Zur Aufteilung der Redestücke 1. Allgemeines a. Das Kriterium des Rhythmus 43 — b. Das Kriterium der Erläuterungstechnik 54 - c. Das Kriterium der Aporien 56 — d. Das Kriterium der Stilmerkmale 59 2. Der Prolog und seine Aufteilung auf die Offenbarungsreden und den Evangelisten a. Die literarkritischen Aufstellungen Bultmanns 63 — b. Kritik 67 - Exkurs I. Die Untersuchungen zur Form des Prologes von Gächter 86 — Exkurs II. Zur Einteilung und Gesamtauffassung des Prologes 88

38 38 38

63

VI II. Zur Aufteilung der Erzählungen 1. Allgemeines 2. Kritik von Einzelanalysen Bultmanns a. Jh 1,35-51:111 - b. 4,1-42:113 - c. 6,1-26:117 d. 13,1-20:122 - e. 13,21-30:125 - f. Passion und Ostern 126

98 98 111

III. Zu den Stücken des Redaktors a. Kapitel 21 des Evangeliums 134 - b. 1,19-34:149 c. Eschatologische Zusätze 159 - d. Sakramentale Zusätze 169 - e. Weitere Zusätze 175

134

2. HAUPTTEIL Das stilkritische Verfahren Eduard Schweizers

180

A. Darstellung des Vorgehens von Schweizer 1. Der Ausgangspunkt 2. Das Verknüpfungsverfahren 3. Das Verteilungsverfahren 4. Die Nachprüfung vorgelegter Schichtenscheidungen 5. Glossen

182 182 183 185 186 188

B. Die Anwendung durch Schweizer. Ergänzungen 190 1. Die Liste der johanneischen Eigentümlichkeiten 190 a. Allgemeines 1 9 0 - b . Kritik einzelner Merkmale 1 9 3 - c . Kritik der Ergänzungen von Jeremias und Menoud 197 - d. Weitere Eigentümlichkeiten 198 - e. Die neue Liste 202 2. Die Tabellen zum Verknüpfungsverfahren 205 a. Allgemeines 205 - Tabelle 1: 208 f - Tabelle 2: 210 - b. Erklärungen zum Verständnis der Tabellen 211 — c. Das Ergebnis 211 3. Die Nachprüfung der Scheidungen Bultmanns 212 a. Erklärungen zur Tabelle 212 -Tabelle 213f — b. Das Ergebnis 215 4. Zur Verteilung der Eigentümlichkeiten. Zusammenfassung der Ergebnisse 216 3. HAUPTTEIL Auseinandersetzung mit Joachim Jeremias über die Echtheit von Jh 6,51b-58

220

A. Stilkennzeichen eines Herausgebers des Evangeliums?

220

B. Nachweis der Echtheit von Jh 6,51b-58 1. Das johanneische Gepräge des Abschnittes 2. Das Fehlen von Anzeichen einer fremden Hand

243 243 262

VII C. Auswertung des Ergebnisses

267

I. Verzeichnis der Schriftstellen II. Autorenverzeichnis

273 283

III. Sachverzeichnis

285 ANHANG

Liste der johanneischen Stilmerkmale mit allen Belegstellen aus dem johanneischen Schrifttum

291

Sprache und Stil im johanneischen Schrifttum. Die Frage ihrer Einheit und Einheitlichkeit (Neubearbeitung und deutsche Übersetzung von: Johannine Language and Style. The Question of their Unity : B E T L , 44, 1977, 125-147)

304

VORWORT ZUM NEUDRUCK

Die Johannesforschung erlebte in den letzten Jahrzehnten eine besondere Blütezeit, und der Elan, sich um die Erhellung des Corpus Johanneum, der rätselhaftesten Schriftensammlung innerhalb der frühchristlichen Literatur, zu bemühen, hat bis heute nicht abgenommen, das Gegenteil ist der Fall: Die Flut johanneischer Untersuchungen nimmt noch weiter zu. Wenn man die Menge der Titel, die sich seit dem 2. Weltkrieg mit dem Evangelium und den drei Briefen befaßt haben, anhand der üblichen Bibliographien überschlägt, wird die Zahl 4000 noch zu gering sein. Sie ist auf jeden Fall unüberschaubar geworden, und es fällt immer schwerer, die Spreu vom Weizen zu sondern. Die Schwierigkeiten der Johannesexegese schrecken durchaus nicht ab: Gerade da, wo die Geheimnisse fast undurchdringlich zu sein scheinen, wächst die Hypothesenfreudigkeit und damit die Versuchung, das vielleicht noch gerade Mögliche als das überaus Wahrscheinliche auszugeben. Man vergißt im Eifer der Entdeckerfreude und des Wohlgefallens an den eigenen Konstruktionen, daß sich Gleichungen mit mehreren Unbekannten — und das Corpus Johanneum hat besonders viele — nicht lösen lassen; bestenfalls können wir hier «Annäherungsversuche» vornehmen. Um so mehr gilt es, auf jene — leider relativ seltenen — Arbeiten zurückzugreifen und auf ihnen aufzubauen, die klare, eindeutige — und in ihrer Eindeutigkeit letztlich unanfechtbare — Beobachtungen und Ergebnisse enthalten. Dies gilt vor allem, wenn solche Arbeiten einem herrschenden Modetrend der Forschung eher zuwiderlaufen und eben dadurch zu neuem Nachdenken und zu nochmaliger Prüfung verbreiteter Hypothesen zwingen. Eine solche Arbeit war — und ist — die 1951 erschienene Monographie von E U G E N R U C K S T U H L , Die literarische Einheit des Johannesevangeliums. Sie ist seit langer Zeit vergriffen und wurde im Gegensatz zu der älteren, ebenfalls verdienstvollen Untersuchung von E. S C H W E I Z E R , Ego Eimi (Frlant 56, 1939; 2. Aufl. 1965), deren stilkritische Untersuchungen sie in überaus gründlicher Weise weiter-

χ führte, nicht wieder aufgelegt. Von allen neutestamentlichen Schriften haben das 4. Evangelium und der 1. Johannesbrief im Verhältnis zum Umfang den kleinsten Wortschatz und einen sehr auffälligen, einheitlichen Stil. Hinzu kommt bei allen sachlichen theologischen Differenzen innerhalb beider Schriften ein relativ einheitlicher religionsgeschichtlicher Gesamtrahmen, dessen Herkunft freilich nach wie vor heiß umstritten ist. Auf der anderen Seite enthalten das Evangelium, aber auch der 1. Brief zahlreiche Brüche und Unstimmigkeiten, die seit den grundlegenden Untersuchungen von E. SCHWARTZ und J. W E L L H A U S E N auf verschiedene Quellen, Autoren und Redaktoren zurückgeführt werden. Eine wirkliche Einigkeit in den vielfältigen Versuchen, diesen Tatbestand befriedigend zu erklären, ist freilich bis heute nicht erzielt worden, und wer es unternimmt, das Rätsel des Corpus Johanneum vornehmlich auf literarkritische Weise zu lösen, der muß sich mit der auffallenden Einheitlichkeit von Stil und Gedankenwelt auseinandersetzen. Schon der glänzende RGG-Artikel von W. BOUSSET (1. Aufl. 1911, Bd. I I I Sp. 616), der selbst der literarkritischen Arbeit im Evangelium durchaus aufgeschlossen gegenüberstand, mahnt hier auf eine heute noch gültige Weise zur Vorsicht: «Man erhält den Eindruck, daß vielleicht neben unserer Evangelienerzählung eine ganze Reihe von predigtartigen Stücken und fragmentarischen Entwürfen vorhanden gewesen sei, die erst später mit dieser zusammengearbeitet wurden. Dabei bliebe es möglich, daß auch diese einzelnen Stücke aus der Feder des Verfassers selber stammen. Denn theologische Unterschiede, die uns durchaus zwingen, verschiedene Verfasser anzunehmen, sind innerhalb der einzelnen Stücke kaum nachzuweisen. Es ist aber immerhin auch möglich, daß verschiedene Hände an der Schrift gearbeitet haben. Namentlich für diejenigen, welche einen verschiedenen Verf(asser) für Ev(angelium) und I Johannesbrief annehmen, erhebt sich die Frage, ob nicht vielleicht der Verf(asser) des Briefes das Ev(angelium) überarbeitet habe. Es scheint sogar manchmal so, als wenn eine ganze Schule an unserem Ev(angelium) gearbeitet hätte ; aber etwas Sicheres und Bestimmtes wird sich hier kaum noch ausmachen lassen. »

Die von Schweizer und Ruckstuhl in eindrücklicher Weise herausgearbeitete stilistische Einheitlichkeit des Evangeliums verleiht der von Bousset eingeräumten Möglichkeit eines — maßgeblichen — Verfassers zusätzliches Gewicht. Denn auch wenn man — wie es heute gerne geschieht — das Evangelium als Werk einer ganzen Schule betrachtet, so muß doch hinter dem so auffallenden Stil und der eigenwilligen Spra-

XI che ein prägendes Schulhaupt gestanden haben. Amorphe Kollektive sind weder sprachschöpferisch, noch kann man eindrückliche theologische Entwürfe von ihnen erwarten. Darum liegt es nahe, das Haupt der johanneischen Schule und den Schöpfer der Schulsprache mit dem in Joh 21,24 geheimnisvoll und allzu knapp hervortretenden Autor des Evangeliums zu identifizieren, dessen Werk dann von den Schülern herausgegeben wurde. Die streng philologisch argumentierende Studie von Ruckstuhl hat zwar manchen Widerspruch erfahren, sie ist jedoch nie wirklich widerlegt worden. Darum haben wir auch heute noch allen Grund, auf ihre Argumente zu hören. Der Nachdruck dieses wertvollen Arbeitsinstruments war schon längst fällig. Um so mehr ist es zu begrüßen, daß es jetzt in ergänzter Form wieder zu Verfügung steht. 1.7.87

MARTIN HENGEL

MATRI PULCHRAE DILECTIONIS

VORWORT

Meine ursprüngliche Absicht war es, die von der radikalen Bibelkritik sozusagen einstimmig verneinte Frage neu aufzugreifen, ob der geschichtliche Jesus johanneisch gesprochen habe. Ich erkannte bald, daß die Lösung dieser Frage mindestens sehr schwierig, wenn nicht unmöglich sei. Es wurde mir aber auch klar, daß nur eingehende stilund literarkritische Untersuchungen am johanneischen Stoff über den heutigen Stand der Frage hinausführen wie auch das johanneische Rätsel an sich einer allseitigen Lösung näherbringen könnten. So kam ich dazu, mich solchen Untersuchungen zu widmen, und wenn ich schließlich meine Arbeit auf den in der Uberschrift genannten Gegenstand eingrenzte, so blieb es doch mein letztes Ziel, Stil- und Literarkritik am vierten Evangelium als solche zu üben, damit aber einen Ausgangspunkt für eine Gesamterfassung der johanneischen Frage zu schaffen. Ich versuchte auch, einige allgemeingültige Regeln der Stillane! Literarkritik zu erarbeiten, nahm ich doch mit Erstaunen wahr, daß solche bis jetzt, wenigstens für einschlägige Untersuchungen am Johannesevangelium, nur spärlich und mangelhaft formuliert und angewendet worden waren und daß gerade deswegen die johanneische Literarkritik manchmal merkwürdige Irrwege ging. Ich gestehe indessen gerne, daß ich hier die stilkritischen Untersuchungen Dr. Eduard Schweizers, die er 1939 in seinem «Ego Eimi» veröffentlichte, ausnehmen muß. Ihnen verdanke ich nicht nur einige Anregungen, sondern stete Führung und Wegleitung. Ich möchte an dieser Stelle Dr. Schweizer auch danken für die persönliche Unterstützung, die er meiner Arbeit zuteil werden ließ, vornehmlich für die gütige Überlassung seiner Vorarbeiten zu den erwähnten Untersuchungen. Ebenso danke ich meinem verehrten Lehrer F.-M. Braun O. P. für die verständnisvolle Teilnahme, mit der er meinen Fortschritt förderte. Ich danke ferner Stiftspropst Dr. F. A. Herzog für seine wertvollen Anregungen, dann Dr. O. Cullmann und Dr. Ph.-H. Menoud und allen, die mir irgendwie ihre Unterstützung schenkten. Besonderer

XVI Dank gebührt endlich der Kommission der Studia Friburgensia für die Aufnahme der vorliegenden Arbeit in ihre Sammlung. Möge diese Arbeit ein Wegweiser und ein fernes Wegstück zum tiefern Verständnis des pneumatischen Evangeliums werden und möge man ihr als einer Erstlingsfrucht gütige Nachsicht schenken ! Luzern, an Weihnachten 1950 EUGEN

RUCKSTUHL

ZUM NEUDRUCK

Der Neudruck dieses Werkes entspricht dem Wunsch von Fachkollegen, die der Überzeugung sind, sein Erscheinen am Anfang der fünfziger Jahre habe zusammen mit dem quellenkritischen Teil der Untersuchung von Eduard Schweizer über die religionsgeschichtliche Herkunft der johanneischen Bildreden (Ego Eimi) eine Wende der johanneischen Litera rkritik im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus eingeleitet. Wir schlossen damals zwar die Möglichkeit, den Werdegang und die Struktur des vierten Evangeliums durch die Annahme von Quellen aufzulichten, keineswegs aus, hielten aber die Versuche, es auf verschiedene Hände aufzuteilen, für aussichtslos. Der Schreibende wies das auch für die literarkritischen Maßnahmen des denkwürdigen Johanneskommentars von Rudolf Bultmann nach, der ein Ereignis war und Geschichte machte. Die Ergebnisse unserer Arbeit dürften auch mitverantwortlich sein für mehrere brauchbare Versuche der letzten Jahrzehnte, die Entwicklungsgeschichte des vierten Evangeliums und allenfalls des gesamten johanneischen Schrifttums — die Johannesoffenbarung ausgenommen — in den Rahmen und Horizont eines einzigen Verfasserlebens einzuzeichnen. Es ist selbstverständlich, daß die genannte Wende auch Gegner fand. Sie knüpften fast ausnahmslos an die von uns erarbeitete Liste der johanneischen Stilmerkmale an, übersahen aber andere wichtige Ergebnisse und Einzelnachweise des vorliegenden Werkes. Sie verkannten zudem, daß wir die genannte Liste nicht als das letzte Wort zur Sache verstanden, aber ihren Ansatz für richtig und entwicklungsfähig

XVII hielten. Widrige Umstände hinderten den Schreibenden lange daran, an dieser Entwicklung zu arbeiten. Er hat aber anhand von zahlreichen umfangreichen Stichproben seit langem einen Vergleich aller in unserer Liste aufgeführten Stilmerkmale mit dem zeitgenössischen hellenistischen Schrifttum durchgeführt. Dieser Vergleich bestätigt die Güte und Durchschlagskraft dieser Merkmale im Zusammenhang unserer stilkritischen Verfahren im großen und ganzen erstaunlich. Das Ergebnis dieses Vergleichs soll so bald als möglich im einzelnen veröffentlicht werden. Es wäre anderseits auch notwendig, die Umschreibungen und Abgrenzungen für die Aufnahme eines Stilmerkmals in unsere Liste weiter zu klären und vor allem in einer einzigen Arbeit zusammenzufassen; denn das vorliegende Werk setzt vielfach voraus, daß man auch die Untersuchungen von Schweizer nachschlägt. Wenn man mich dennoch drängte, zunächst einmal den Neudruck an die Hand zu nehmen, so geschah das vor allem deswegen, weil die erste Auflage schon lange vergriffen war und manche Forscher und Studenten das Werk als Arbeitsgrundlage und Nachschlagehilfe gerne auch selbst erworben hätten. Dem Neudruck wurde ein Verzeichnis ausgewählter einschlägiger Literatur seit 1950 und als erster Anhang eine Liste der johanneischen Stilmerkmale mit allen Belegstellen aus dem Evangelium und den Johannesbriefen hinzugefügt. Ein zweiter Anhang stellt die Übersetzung des Aufsatzes: Johannine Language and Style. The Question of their Unity, aus: M. D E J O N G E (Hg), L'évangile de Jean. Sources, rédaction, théologie. (Betl 44), Leuven 1977, 125-147, dar. Das Bild des Verfassers, das der Neudruck — der ersten Auflage entsprechend — vermittelt, sollte niemanden veranlassen, darin den Schreibenden von heute zu erkennen. Die Geschichte der Forschung wie auch die Geschichte der Welt und der Kirchen ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Wenn der Verfasser einst in jugendlichem Feuereifer etwas zu kräftig in die Kerbe hieb und ökumenisches Denken damals noch recht ungewohnt war, so wird man ihm das heute gewiß verzeihen. Wer seine neueren Arbeiten kennt, weiß, daß sich sein Denken und sein Bild nicht unerheblich gewandelt und entwickelt haben. An dieser Stelle danke ich dem Universitätsverlag Freiburg und dem Herausgeber der neuen Reihe wissenschaftlicher Monographien (Novum Testamentum et Orbis Antiquus), Dr. Max Küchler, ganz herzlich für den Neudruck meiner Untersuchung von 1951 und ihre

XVIII Aufnahme in diese Reihe. Dr. Küchler hat sich durch seinen persönlichen Arbeitseinsatz um die Neuherausgabe besonders verdient gemacht. Ich danke ebenso herzlich auch den Fachkollegen, die diesen Neudruck schon lange gewünscht haben. Luzern, an Pfingsten 1987 E U G E N RUCKSTUHL

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

a. Biblische Bücher AT: NT:

Makk = Makkabäer; Jb = Job; Spr = Sprüche; Weish = Weisheit; Sir = Sirach ; Bar = Baruch. Mt Mk Lk Jh AG Rm Kr Gl Eph Php Kl Ths Tm Tt Phm Hb Jk Pt Jh Jd GO.

b. Zeitschriften, Lexika, Sammelwerke AAS ChrW DTh Exp FRL HThR JBL JThSt RB RGG RHE RHPh RThPh ThB ThR VD ZKTh ZNTW ICC

Acta Apostolicae Sedis Die Christliche Welt Divus Thomas The Expositor Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Harvard Theological Review Journal of Biblical Literature Journal of Theological Studies Revue Biblique Die Religion in Geschichte und Gegenwart Revue d'Histoire Ecclésiastique Revue d'Histoire et de Philosophie religieuses Revue de Théologie et de Philosophie Theologische Blätter Theologische Rundschau Verbum Domini Zeitschrift für katholische Theologie Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft The International Critical Commentary on the Holy Scriptures of the Old and New Testament

Romae Marburg Freiburg i. Ue. London Göttingen Cambridge (Mass). Philadelphia London Paris Tübingen Louvain Strasbourg Lausanne Leipzig Tübingen Romae Innsbruck Gießen

Edinburgh

XX c. Andere Abkürzungen aaO Anm atlich B. bzw dh dsAr ebd Ev Evglist f Hg hsg J. jh Jhbr Jhev JsChr κτλ mE nChr NF Nr NT ntlich OR Par S syn u ua uä uam usw Vf vgl zB Zshg zSt

am angegebenen Ort Anmerkung alttestamentlich Bultmann beziehungsweise das heißt dieser Arbeit ebenda Evangelium Evangelist folgend Herausgeber herausgegeben Jeremias johanneisch Johannesbriefe Johannesevangelium Jesus Christus και τα λοιπά meines Erachtens nach Christus Neue Folge Nummer Neues Testament neutestamentlich Offenbarungsreden Parallele(n) Seite synoptisch und und anderes, andere; unter anderem(n) und ähnlich, ähnliche(s) und andere(s) mehr und so weiter Verfasser vergleiche zum Beispiel Zusammenhang zur Stelle

Weitere Abkürzungen werden im Literaturverzeichnis angegeben.

LITERATURVERZEICHNIS

Die Klammerabkürzungen werden für die Literaturhinweise in Text und Anmerkungen verwendet.

Ε. Α., Johannine Vocabulary. London 1905 (bis § 1885). Johannine Grammar. London 1906 (ab § 1886; beide Werke werden nach §§ angeführt). A B E L F . - M . O . P., Grammaire du Grec biblique suivie d'un choix de papyrus. Etudes Bibliques. Paris 2 1927. (GrecB) A L L O E.-B. O.P., Aspects nouveaux du problème johannique à propos d'un commentaire récent de l'Apocalypse. RB 37 (1928) 37-62; 198-220; 512528. L'Apocalypse. Etudes Bibliques. Paris 4 1933. (Ape) B A C O N B.W., The Gospel of the Hellenists. Edited by C. H. Kraeling. New York 1933 (Gospel) B A U E R W., Johannesevangelium und Johannesbriefe. ThR NF 1 (1929) 135160. Das Johannesevangelium. Handbuch zum Neuen Testament hsg von H. Lietzmann 6. Tübingen 3 1933. (Jhev) Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur. Berlin 3 1937. (WNT) B E R N A R D J. H . , A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to St. John. Edited by M. Neile. ICC 28. 1928. B L A S S E, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch bearbeitet von A. Debrunner. Göttingen 6 1931. (GrNT) BOISMARD M.-E., Le chapitre XXI de Saint Jean. RB 54 (1947) 473-501. BOUSSET W., Ist das vierte Evangelium eine literarische Einheit? ThR 1909. 1-12; 39-64. Johannesevangelium. RGG 1 III. 608-636. B R A U N F.-M. O.P., Où en est le problème de Jésus? Bruxelles-Paris 1932. (Problème) Le Lavement des pieds et la Réponse de Jésus à saint Pierre. RB 44 (1935) 22-33. BROMBOSZCZ T . , Die Einheit des Johannes-Evangeliums. Katowice 1 9 2 7 . (Einheit) BROOKE A. E., A Critical and Exegetical Commentary on the Johannine Epistles. ICC 39. 1912. (Ep) B R O O M E E.C., The sources of the Fourth Gospel. JBL 63 (1944) 107-121. ABBOTT

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SCHWARTZ

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XXVI

NACHTRAG

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EINLEITUNG

Wie zu allen Zeiten der Kirchengeschichte Irrtum und Glaubensspaltungen letztlich den Absichten Gottes und der Entfaltung der göttlichen Wahrheit dienen mußten, so hat auch die freie Bibelkritik des letzten und dieses Jahrhunderts die katholische Wissenschaft zu lebendiger Auseinandersetzung und wirksamer Abwehr, damit aber auch zu tieferem Eindringen in Gehalt und Gestalt der Heiligen Bücher gezwungen. Es dürfte eine Pflicht der christlichen Gerechtigkeit sein, überdies anzuerkennen, daß die andersgläubige Wissenschaft auch manche sachliche Schwierigkeit in den biblischen Schriften aufspürte, die man zuvor nicht gesehen hatte, und daß nicht wenige ihrer Vertreter, ausgerüstet mit glänzenden Vorkenntnissen, in redlichem Ringen um den wahren Sinn der Offenbarung, das allgemeine Wachstum des Schriftverständnisses gefördert haben. Es wäre nicht klug, an ihrem Werk achtlos vorüberzugehen und von ihnen nichts als auflösende Zersetzung zu erwarten, ganz abgesehen davon, daß sich die Arbeit in manchen Hilfsfächern der Auslegung hüben und drüben seit langem nur glücklich ergänzt hat 1 . E s gibt heute auch in der Tat kaum katholische Bibelkommentare von wissenschaftlichem Gewicht, deren Vf nicht eine gründliche Kenntnis des einschlägigen nichtkatholischen Schrifttums verraten. Freilich darf unsere Auslegung nie den Standpunkt, den uns die Treue zur ganzen und einen göttlichen Wahrheit anweist, verlassen und wird darum der analogia fidei als Quelle der Schrifterklärung einen grundsätzlich weitern Spielraum zugestehen als die Andersgläubigen, aber sie wird von ihnen hie und da lernen können, die menschliche Eigenart eines Heiligen Vf und seiner Schrift deutlicher zu erkennen und sich damit eine andere Quelle der Erklärung zugänglicher zu machen 2 . 1 Vgl das Rundschreiben L E O S X I I I . « Providentissimus Deus » vom 18. Nov. 1893. EnchBibl 98; ferner das Apostolische Schreiben desselben « Vigilantiae » vom 30. Okt. 1902 ebd 134 f. 2 Die Kirche hat als amtliche Deuterin des Wortes Gottes verhältnismäßig nur wenige biblische Einzelstellen verpflichtend ausgelegt, und auch die Glaubens-

2

Einleitung

So dürfte es nicht trügerische Meinung sein, von einer Untersuchung protestantischer kritischer Arbeiten zum Jhev nicht nur eine Festigung überlieferter katholischer Anschauungen, sondern auch ein reiferes Verständnis dieses Ev zu erwarten und zudem zu hoffen, im Laufe der Untersuchung unter weniger edlem Stoff manches Korn der

Überlieferung gibt uns nicht weit darüber hinaus eindeutigen Aufschluß über den Sinn der Heiligen Schrift (vgl das Rundschreiben Pius' X I I . « Divino afflante Spiritu » vom 30. Sept. 1943). Deswegen sind wir zu ihrer Erklärung meistens auf andere Quellen angewiesen. Da uns nun die Heiligen Bücher in irdischer Hülle, als menschliche Gestaltungen und menschliche Schrifterzeugnisse vorliegen, haben wir die Aufgabe, auf ihre Eigenart als solche in der Erklärung die notwendige Rücksicht zu nehmen. Diese Eigenart hängt nicht nur vom Stoff einer Schrift und ihrem Zweck, sondern auch von ihrer literarischen Gattung und Form und damit auch von der eigentümlichen Veranlagung und Bildung des Schriftstellers ab. Ohne alle diese Umstände zu kennen, kann man manchmal kein abschließendes und einigermaßen sicheres Urteil über den genauen Sinn einer Stelle, zumal einer dunklen, abgeben. Die biblische Wissenschaft hat nun gerade in den letzten Jahrzehnten wertvolle Untersuchungen geliefert, um die Eigenart der einzelnen biblischen Schriften als menschlicher Erzeugnisse herauszuarbeiten. Das Ohr der Ausleger ist darum heute hellhöriger für den eigenen Klang, der das Wort eines Heiligen Schriftstellers von dem eines andern unterscheidet. Leider wurden von protestantischen Forschern dann manchmal die verschiedenen biblischen Bücher gegeneinander ausgespielt, als ob sie in ihrer Verschiedenheit einander widersprächen. Das aber ist eine innere Unmöglichkeit, da der göttliche Geist, der auctor principalis der Heiligen Schrift, sich nicht selber widersprechen kann. Trotz der vorhandenen Unterschiede machen die einzelnen Bücher das eine Wort Gottes aus. Deswegen kann seinen Auslegern das Recht nicht abgesprochen werden, zur Erklärung einer einzelnen biblischen Schrift auch die andern Schriften heranzuziehen, und zwar nicht nur als religionsgeschichtliche und literarische Parallelerscheinungen, sondern eben als Werke des einen göttlichen Geistes. Wer diesen Grundsatz anerkennt, der findet es ganz in Ordnung, wenn man etwa versucht, die Übereinstimmung der Botschaft des Jhev mit derjenigen der syn E v nachzuweisen. Die katholische Bibelwissenschaft geht aber folgerichtig noch einen Schritt weiter, indem sie die volle Offenbarung zu einer Quelle der Schrifterklärung und des Schriftverständnisses macht, das heißt nicht nur die ganze Heilige Schrift, sondern auch die Glaubensüberlieferung als solche und alles, was die Kirche aus diesen Glaubensquellen geschöpft und als Glaubensgut vorgelegt hat. Wir lesen also die Heilige Schrift mit den Augen des Glaubens und im Lichte, unter der Führung unseres Glaubens. In der Mehrzahl der Fälle wird diese Führung die einer regula externa, einer Grenznorm, sein, häufig auch der Veranschaulichung und Verdeutlichung dienen ; selten wird sie die genaue Einzelerklärung bieten können. Das dürfte die Rolle der analogia fidei in der Bibelauslegung sein. Der katholische Ausleger mag allerdings der Gefahr nicht immer entgehen, sich von dieser analogia zu weit führen zu lassen und in Heilige Texte etwas hineinzulesen, was nicht darin enthalten ist. Gerade darum ist es unumgänglich, jede biblische Schrift zunächst aus ihrer Eigenart und Umwelt zu erklären. — Vgl zum Ganzen « Providentissimus Deus » passim. EnchBibl 94 ; 96 ; 109 f ; « Divino afflante Spiritu» 314-319; 310.

3

Einleitung

Wahrheit, vielleicht sogar die eine und andere wesentliche Erkenntnis zur Lösung der jh Frage zu finden. Von einer jh Frage zu reden, ist nicht ungerechtfertigt. Jeder, der unsere Ev liest und kennt, empfindet die ganz andere Art, die das vierte von den übrigen drei unterscheidet Schon der erste Satz des Prologes zum vierten Ev tönt dem, der mit den syn vertraut ist, seltsam entgegen, und dieser Eindruck verstärkt sich, wenn er weiterliest. Es hebt sich der Schleier von einer neuen, fremden Welt. Keines der früheren Ev hatte vom Logos geredet noch vom vorzeitlichen Sein und Wirken des Messias noch vom Licht, das vergeblich in die Finsternis hineinschien. Soll dieser Prolog wirklich Einleitung zu einem geschichtlichen Werk, zu einem Leben Jesu sein, oder vielleicht zu einer gewaltigen symbolischen Dichtung ? Was der Prolog andeutet, das entrollt sich nachher vor allem in den Reden des Ev. Der syn Christus war ein schlichter einfacher Volksredner gewesen und sein Wort voll Kraft, satter Farbe und Erdgeruch. Der Christus des Jhev trägt allgemeine, unanschauliche, erdentrückte hohe Lehren vor, die niemand versteht, nicht einmal der Kreis der Nächsten. Jener hatte die Botschaft von Gott, dem Vater aller Menschen, der Gerechten und der Sünder, die Botschaft vom Reiche Gottes, von der Parusie, vom Gericht am Jüngsten Tage verkündet und zu einem vollkommenen sittlichen Tugendleben gemahnt. Dieser predigt von seiner göttlichen Sendung, von der Einheit mit seinem Vater, von seinem Richteramt in der Gegenwart, von seinem Gegensatz zur Welt. Wer ewiges Leben haben will, um so ins Gottesreich einzugehen, muß wiedergeboren werden, an ihn glauben und die Mitgläubigen lieben. Der Gegensatz wird nicht geringer, wenn wir die Erzählungen der syn und des vierten Ev vergleichen. Nach jenen hatte Jesus, wie es zunächst scheinen mag, etwa ein Jahr unter dem galiläischen Volke gewirkt, um erst in der letzten Woche vor seinem Leiden erstmals nach Jerusalem zu kommen. Nach dem Jhev wirkt er über drei Jahre lang, kommt gleich anfänglich nach Jerusalem und nachher mindestens noch dreimal, und was er lehrt und tut, spielt sich meistens hier in der Hauptstadt oder in Judäa ab. Aber er heilt keinen einzigen Aussätzigen, und nie treibt er Dämonen aus. Wenn der syn Christus Wunder wirken 1

Gute Zusammenstellungen der Unterschiede bieten WREDE, Charakter 4-9 ;

TOBAC, R H E

1926,

327-329 ; JÜLICHER-FASCHER,

Einleitung

374-379 ;

407-414.

4

Einleitung

soll, müssen die Leute erst vertrauend an ihn glauben ; im vierten Ev aber soll das Wunder den Glauben gerade erzeugen. Dort sind die Wunder vor allem Wohltaten, hier will Jesus mit ihnen seine göttliche Sendung erweisen. Unverständlich scheint es, daß die Synoptiker nichts wissen von der Auferweckung des Lazarus, trotzdem sie nach dem vierten Ev das entschlossene Vorgehen der Juden zur Gefangennahme und Hinrichtung Jesu veranlaßt hat. Ebenso seltsam ist es, daß sie die Fußwaschung nicht erwähnen, Jh aber seinerseits die Einsetzung der Eucharistie übergeht 1 . An solche und ähnliche Gegensätze und scheinbare Widersprüche hielt sich nun die Kritik, als sie die Sonde an das vierte Ev ansetzte 2, und erklärte, es sei, wenn das Leben Jesu nach den Synoptikern Glauben verdiene, unmöglich, daß dann auch das Leben Jesu des Jhev geschichtlich sei ; an der Glaubwürdigkeit der Synoptiker aber wurde im allgemeinen zunächst noch nicht gezweifelt. Es schien darum klar, daß sie jenem abgesprochen werden müsse, es also nicht von einem Augenzeugen und Apostel geschrieben sein konnte ; die Überlieferung von 1 Die Unterschiede zwischen J h und den Synoptikern erscheinen milder und versöhnlich, sobald man, ohne etwas zu übergehen, alle Aussagen der Texte p r ü f t und nirgends vorschnell verallgemeinert, sondern jeden Einzelfall untersucht und mit den Parallelen vergleicht. Man hat ferner darauf zu achten, was für ein Ziel die Evglisten mit ihrer Darstellung anstreben, daß sie nicht vollständig sein wollen, daß J h die syn Berichte voraussetzt uam. Auf diesem Wege kommt man zu einer zufriedenstellenden, wenn auch nicht vollständigen Lösung der Frage. Eine solche wäre nur möglich, wenn wir aus neuen Quellen die Wirksamkeit Jesu und die Geschichte der Ausbreitung des Christentums im ersten Jahrhundert genauer kennen lernen und die Anfänge der östlichen Gnosis und ihre Zusammenhänge mit dem Jhev verfolgen könnten. — Vgl die Lösung von LAGRANGE, E v c x x x i v -

CLXXII ; d a z u

TOBAC, R H E

1926,

331-336.

2

Es folgt hier als Einleitung in den Gegenstand dieser Arbeit eine kurze Übersicht über die Geschichte der radikalen Kritik am Jhev. Da diese Geschichte schon mehrmals geschrieben wurde, zeichnet der Abriß eher die gedankliche Entwicklung der kritischen Zersetzung und sucht möglichst rasch engern Anschluß an unsern Gegenstand. Namen und Verweise werden nur ausnahmsweise gegeben und erst da, wo dieser Gegenstand ins Blickfeld rückt. — Zur Geschichte der g e n a n n t e n K r i t i k v g l M E Y E R , T h R 1 8 9 9 ; 1 9 0 6 ( 3 8 1 - 3 9 7 ) ; BOUSSEX, T h R 1 9 0 9 ; OVERBECK, J h e v 1 - 1 2 2 ; MOFFAT, I n t r o d u c t i o n 5 5 0 - 5 6 3 ; CLEMEN, E n t s t e h u n g 1 - 4 7 ; LOISY, E v 1 8 - 3 9 ; GOGUEL, I n t r o d u c t i o n 1 4 - 8 0 ; LAGRANGE, R B 1 9 2 4 ; TOBAC, R H E 1 9 2 6 ; ALLO, R B 1 9 2 8 ; BAUER, T h R 1 9 2 9 ; BROMBOSZCZ, E i n h e i t 9 - 2 0 ; HOWARD, C r i t i c i s m 3 3 - 1 0 5 ; 1 0 9 - 1 7 7 ; JÜLICHER-FASCHER, E i n l e i t u n g 3 7 9 - 3 8 3 ;

MENOUD, Recherches. — Der erste vereinzelte Angriff auf das E v erfolgte nicht aus der Fragestellung Jh-Synoptiker heraus, sondern aus der : Jhev-Apokalypse. Jene Frage t r a t in den Vordergrund einer allgemeinen Auseinandersetzung, als C. TH. BRETSCHNEIDER seine « Probabilia de evangelii et epistolarum Joannis Apostoli indole et origine» vorlegte (1820).

Einleitung

5

seinem Ursprung und Vf mußte unzuverlässig und falsch sein. So hieb die Kritik den gordischen Knoten entzwei, ohne zu überlegen, daß sie damit nur neue Rätsel schuf. Es erhob sich nämlich jetzt die Frage, wie es dann komme, daß gerade im vierten Ev, nicht aber in den andern, der Vf eindringlich für die Wahrheit seiner Worte Zeugnis ablege 1 , sich ausdrücklich als Augenzeugen ausgebe 2 , daß am Schluß des E v andere im gleichen Sinne für ihn bürgen und daß endlich die Überlieferung eben nur den Apostel Johannes als Vf des E v kenne und nenne. — Dank dieser Tatsachen fand das E v auch in den protestantischen Reihen immer wieder scharfe Gegner der Kritik und Verteidiger seines apostolischen Ursprungs wie seiner geschichtlichen Glaubwürdigkeit. Andere leugneten diese teilweise, gaben aber zu, daß das E v aus dem Schülerkreis um den Apostel Johannes hervorgegangen sei und mindestens persönliche Erinnerungen dieses mitenthalte. Andere aber suchten das einstimmige Zeugnis der Überlieferung durch mehr oder weniger sorgfältige Untersuchungen möglichst als unzuverlässig zu erweisen, zu entkräften und die Zeugnisstellen des E v anders zu deuten, als sie dem klaren Wortsinn nach gedeutet werden konnten. So war es dann möglich, die Entstehung des E v so weit ins zweite Jahrhundert hinein zu verlegen, als es nötig schien, um seine Geschichtlichkeit entwerten und sein Gedankengut aus Zeitströmungen und späterer Entwicklung ableiten zu können. Später fand man neue Wege, um den Tatsachen auszuweichen. Man glaubte, der Vf des E v sei so eigenartig veranlagt gewesen, daß er zwischen Dichtung und Wahrheit, zwischen Gesichten und Geschichte nicht zu unterscheiden vermocht habe ; man könne darum, wenn er nicht der Apostel selber gewesen sei, annehmen, daß er tatsächlich der Meinung gelebt habe, Augenzeuge, ja der apostolische Lieblingsjünger gewesen zu sein. Andere erklärten das ganze E v als symbolische Dichtung ; alle Erzählungen seien allegorisch gedacht ; der Lieblingsjünger sei das Bild des idealen Jüngers Jesu. Erst das später angefügte 1 Eine Ausnahme macht L u k a s im Prolog ; aber seine Worte machen einen erheblich nüchterneren Eindruck als die Zeugenaussagen J h 1,14 ; 19,35 ; 20,30 f. 2 Vgl 1 J h 1,1-5. Diese Stelle ist der unerschütterliche Rückhalt für die Annahme, daß unser E v von einem Augenzeugen geschrieben ist. Sie s p o t t e t jeder nicht buchstäblichen Auslegung und kann vom Zeugnis des Ε ν nicht getrennt werden. Die Kritik suchte darüber hinwegzukommen, indem sie teils den ersten J h b r nicht vom Vf des E v geschrieben sein ließ oder von offener Fälschung redete. — Vgl zu den j h Zeugenstellen und zur F r a g e der Augenzeugenschaft d e s Vf den vorzüglichen Aufsatz von TORM, Z N T W 1931.

6

Einleitung

Kapitel 21 und die interpolierte Stelle 19,35 hätten ihn als geschichtliche Gestalt aufgefaßt und mit dem Vf des Ev gleichgesetzt. Das sei entweder fromme Selbsttäuschung der Urheber oder aber absichtliche Fälschung gewesen, um dem E v das nötige Ansehen zu geben und es auf diese Weise in die Kirche einzuführen. Die Fälschung habe denn auch ihr Ziel erreicht, die auf sie gestützte Überlieferung aber teile notwendig ihre Haltlosigkeit. — Andere endlich wiesen darauf hin, daß der Vf des E v tatsächlich nicht die Absicht gehabt habe, Geschichte zu schreiben und das wirkliche Leben Jesu von Nazareth zu schildern. Das zeige Anlage und Art des E v wie auch die Zielangabe des Vf (20,30 f). Es handle sich in Wirklichkeit um eine Apologie des Christentums und der Kirche vor der griechischen Welt. Der Vf schreibe auch als Dogmatiker und Theologe ^ Die Erzählungen des E v seien farblos und blaß und hätten nur den Zweck, als Hintergrund der Reden zu dienen und gelegentlich ihren Inhalt bildlich darzustellen. Noch ein Weg war im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts von der Kritik eingeschlagen worden, um die Überlieferung von der Entstehung des Jhev zu erklären, ohne rückständig und altmodisch zu erscheinen. Man hatte sich nämlich überzeugen lassen, daß auch die syn E v geschichtlich nicht durchaus ernst zu nehmen seien. Vor allem wurden ihre Wunderberichte verworfen, aber auch sonst fand man nach dem Vorgang von Strauß manche « mythischen » Elemente darin. So kam man dazu, die drei ersten E v nur noch als Sammlungen mehr oder weniger ausgeschmückter volkstümlicher Geschichten aufzufassen. Für Mk und Lk wies die Kritik darauf hin, daß ihr Zeugnis auch nach der Überlieferung nur mittelbar sei ; dem Mtev aber wurde der apostolische Ursprung einfach aberkannt. Es schien nun aber einigen Kritikern, daß man dafür im vierten Ev, wenigstens teilweise, mit apostolischer Vfschaft rechnen dürfe. Die einen hielten die Reden für ursprünglich und die Erzählungen für nachträglich zugefügt ; denn die hohe Geistigkeit dieser Reden zog « ein spekulativ gestimmtes Zeitalter » 2 (das 1 Die Annahme, daß ein Schriftsteller mit apologetischen oder dogmatischen oder kerygmatischen Absichten nicht geschichtstreu erzählen könne, ist im Laufe der Zeit wie durch Überlieferung unter den radikalen Kritikern (wenigstens deutscher und französischer Zunge) zu einem kaum je erörterten Axiom geworden. Auch heute wird an ihm durchweg festgehalten. Ein ähnliches « kritisches » Axiom läßt keine erzählte Tatsache mit einem symbolischen Sinn als geschichtliche Tatsache gelten. 2

BOUSSET,

ThR

1909,

2.

Einleitung

7

Schleiermachers und Ritschis) nicht wenig an. Andere Kritiker entschieden sich eher für die Ursprünglichkeit der Erzählungen, lehnten aber außer den Reden doch auch gewisse Wundererzählungen ab. So entstanden die literarischen Teilungsversuche zum Jhev, und trotzdem man ihnen ziemlich allgemein heftigen Widerstand entgegensetzte, gewöhnte man sich allmählich daran, wenigstens mit ihrem Dasein zu rechnen. Diese Teilungsversuche verdienten nun kaum den Namen Literarkritik im eigentlichen Sinne. Denn Literarkritik muß von literarischen Tatsachen ausgehen und vorwiegend mit sprachlich-stilistischen Mitteln arbeiten. Die Wurzel dieser Teilungen aber waren « dogmatische » Überzeugungen und apologetische Absichten x. Das ließe sich zwar grundsätzlich rechtfertigen, vorausgesetzt, es handle sich um vernünftige Überzeugungen und Absichten. Aber die Aufgabe bliebe, die Frage auch nach literarischen Gesichtspunkten zu prüfen ; dazu waren jedoch hier nur dürftige Ansätze vorhanden. Erst in den Jahren 1907/08, mehr als hundert Jahre nach dem ersten Teilungsversuch, unterzogen sich zwei Gelehrte erstmals jener Aufgabe. Es waren die Göttinger Philologen JULIUS WELLHAUSEN und EDUARD SCHWARTZ. Zwar waren auch ihre Untersuchungen nicht sprachlich-stilistisch durchgeführt, aber sie setzten doch wenigstens da ein, wo der Text als solcher Unstimmigkeiten der Form, des Aufbaus, des gedanklichen Zusammenhangs aufwies oder aufzuweisen schien. Diese Art des Vorgehens prägte die Arbeit beider Gelehrten so sehr, daß Schwartz seine Veröffentlichungen überschreiben konnte « Aporten im vierten Evangelium » und das Wort vom « Anstoß » in der Literarkritik zum Jhev ein geflügeltes Wort wurde. Beiden Arbeiten war dann gemeinsam, daß sie nicht mit Quellen rechneten, die der Evglist zum einheitlichen Werk verwoben hätte, sondern mit einer sogenannten Grundschrift, das heißt mit einem ursprünglichen Εν, das durch « Redaktoren » und « Interpolatoren » überarbeitet, erweitert und um seine ursprüngliche Form und Anlage gebracht worden sein sollte. Diese Annahme hatte Wellhausen veranlaßt, seine erste Schrift zur Frage « Erweiterungen und Änderungen im vierten Evangelium » zu nennen 2 . Im Anschluß an die Kritik der beiden Göttinger entspann sich eine lebhafte und heftige Auseinandersetzung um die literarische Aufspaltung 1

BOUSSET a a O

1-7.

Die zweite wichtigere Schrift Wellhausens zur Sache hieß : « Das Evangelium Johannis ». 2

8

Einleitung

des Jhev. Tatsächlich verschob sich das ganze Schwergewicht der kritischen Arbeit zum E v von der Frage nach seiner Echtheit und Glaubwürdigkeit hierher, und es erschien im folgenden Jahrzehnt auf protestantischer Seite kaum eine längere Arbeit oder ein Aufsatz über das vierte Ev, ohne das literarkritische Problem wenigstens zu streifen. Auch jene, die es ablehnten, auf den Spuren von Wellhausen und Schwartz zu wandeln, fanden doch da und dort im E v Glossen, kleinere Zusätze, Nachträge. Dieser Erfolg — soweit von einem solchen geredet werden kann — war nicht dem Ansehen, das die genannten Gelehrten schon vorher genossen hatten, zuzuschreiben, sondern vornehmlich jener Tatsache, die sie (nach Bretschneider) erstmals wieder ganz scharf und deutlich hervorgehoben hatten : daß unser E v wirklich « Anstöße » enthält, das heißt Unebenheiten des Zusammenhangs und des Aufbaus, die man mit Nähten und Rissen zu vergleichen geneigt ist. Das kann nicht geleugnet werden, auch wenn Wellhausen und Schwartz weit mehr Flickwerk vor sich zu haben glaubten, als es tatsächlich der Fall war. Es seien von diesen schon manchmal zusammengestellten Rissen nur zwei erwähnt : 1) 14,30 f lesen wir : « Ich werde nicht mehr viel mit euch reden . . . Auf ! laßt uns von dannen gehen ! » Dann folgen die langen Reden der Kapitel 15-17, und erst in 18,1 wird, wie es scheint, an 14,31 angeknüpft. — 2) 20,30 f ist klar der Abschluß des Ev. Trotzdem wird nochmals ein Kapitel mit μετά ταΰτα an das vorausgehende angeschlossen. Solche und ähnliche Erscheinungen sind nun verschiedenen Erklärungen zugänglich und jedenfalls trotz unsern Göttingern nicht unvereinbar mit der Abfassung des E v durch einen einzigen Vf. Das geht schon daraus hervor, daß zwar manche Wissenschaftler den Versuchen jener zustimmten oder durch sie angeregt eigene Versuche anderer Art zur Aufspaltung des E v machten, daß aber die Ansicht, das E v sei einheitlich, von Anfang an entschiedene Verteidiger fand und nach und nach die Stimmen fast aller Fachleute auf sich vereinigte. Sie ließen sich von der Erwägung leiten, daß trotz jener Unebenheiten das E v eine gedankliche, bauliche, sprachlich-stilistische Einheit bildet, wie sie keinem der andern E v eignet. Wellhausen selber hatte seltsamerweise in seiner zweiten Schrift zur Frage 1 das Geständnis gemacht, daß, geschichtlich gesehen, das Jhev eine Einheit darstelle. Auch BOUSSET, 1

E v 119 ; 111 f ; 117.

Einleitung

9

der den literarkritischen Arbeiten von Wellhausen und Schwartz sehr gewogen war, gab zu, daß das ganze Buch vom religionsgeschichtlichen Standpunkt aus eine unteilbare Einheit sei 1 . THOMPSON, der eine Redequelle und eine Erzählungsquelle unterscheiden zu können glaubte, schrieb : « But this much is clear at the outset — that we are not dealing with a compilation of source of the crude kind found elsewhere, but with a book which has been thoroughly edited, and whose unity is at least as remarkable as its diversity. » 2 Zum Nachweis der sprachlichstilistischen Einheit des Ev könnte das eine argumentum ex silentio genügen, daß bis in die neueste Zeit kaum ein Literarkritiker, der die einheitliche Vfschaft des Ev anfocht, einen ernsten Versuch machte, Sprache und Stil seiner Teilstücke eingehend und im einzelnen zu prüfen und auf diesem Wege die Mehrheit der Vf nachzuweisen. Das ist ein klares Zugeständnis, daß dies nicht möglich ist und daß damit zwingende Gründe fehlen, mehrere Vf oder Quellen anzunehmen. Arbeiten, die auf die geradezu ungewöhnliche Einheit von Sprache und Stil des Ev hinwiesen, gab es hingegen schon vor Schwartz und Wellhausen 3. Unter diesen Umständen war es ganz natürlich, daß, nachdem einmal die Frage nach der Einzahl oder Mehrzahl der Vf in aller Schärfe gestellt worden war, nicht nur die Einzahl immer mehr Anhänger gewann, sondern daß auch die Vertreter der Mehrzahl die Form, in der sie ihre Ansicht vortrugen, immer mehr milderten, bis schließlich, von seltenen Ausnahmen abgesehen, von manchen kaum mehr gesagt werden konnte, auf welche Seite sie sich eigentlich schlugen. Schon Schwartz hatte darauf verzichtet, die Grundschrift des Ε ν wiederherzustellen, und vom Versuch Wellhausens in dieser Richtung schrieb Bousset : « Mein Eindruck ist in der Tat der, daß die Zeit zu einer solchen Zusammenfassung der Resultate, wie W. sie a. a. O. gibt, noch lange nicht gekommen ist, vielleicht niemals kommt. » 4 Bald aber gab man den Gedanken an eine eigentliche Grundschrift, die einer einschneidenden redaktionellen Bearbeitung zum Opfer gefallen wäre, überhaupt auf, rechnete nur noch mit verhältnismäßig wenigen Eingriffen 1

RGG 1 617. Exp 1915. II 516. — Zu vergleichen sind noch die Urteile von WEISS, Urchristentum 612 ; MEYER, Ursprung I. 315 f ; 321 f ; GOGUEL, Introduction 79 ; 8

FEINE, E i n l e i t u n g 99 ; DIBELIUS, R G G 2 3 5 4 - 3 5 6 ; JÜLICHER-FASCHER, 3 8 2 f. 3

In Frage kommen : Johannine Vocabulary und Johannine Grammar von

ABBOXT ; v g l e t w a 4

Einleitung

1892.

ThR 1909, 42.

Einleitung

10

des Redaktors, dafür aber mit einem für das uns vorliegende Werk verantwortlichen Evglisten, um jetzt die Quellen, die er verwendet haben sollte, herauszuschälen. Das könne allerdings, erklärten einige, nur in groben Zügen geschehen ; die Verarbeitung, die den Quellen zuteil geworden sei, mache es unmöglich, sie im einzelnen wiederherzustellen. Doch glaubte man immer noch, man könne wenigstens zeigen, daß der Vf vor allem eine oder zwei Quellenschriften verwendet habe, die im ganzen Ev immer wieder greifbar wären. BAUER aber, der überzeugt ist, das Ev sei, trotzdem es von einem und demselben Vf stamme, weitgehend von schriftlichen Quellen abhängig, gibt am Ende seines Kommentars der Ansicht Ausdruck, es sei ein vergebliches Unterfangen, im Jhev eine zusammenhängende Quellenschrift ermitteln zu wollen. Es sei im Gegenteil, wenn man die Freiheit erwäge, mit der der Evglist vorgeformten Stoff nutze, « wenig glaubhaft, daß er sich auf weite Strecken hin der Führung einer 'Grundschrift' (dasselbe gilt nach Bauer von einer Quellenschrift) sollte anvertraut haben. » 1 Ähnlich äußert sich DIBELIUS, empfindet aber die literarische Einheitlichkeit des Ev noch stärker als Bauer 2. Wie seinerzeit im protestantischen Räume vor der literarkritischen Frage die Frage nach dem Ursprung und dem Geschichtswert des Jhev eher in den Hintergrund gerückt war, so trat um die Mitte der Zwanzigerjahre jene vor der Frage nach der inhaltlichen Tragweite und dem echten Sinn der jh Gedankenwelt und ihrer Wertzeichen, vor allem der Ego-eimi-Worte, zurück. Man zog jetzt zu ihrer Erklärung in einem bis dahin ungekannten Maße die Zeugnisse der religionsgeschichtlichen Umwelt des Ev heran, und Walter Bauer konnte es sich in der zweiten Auflage seines Jh-Kommentars leisten, sozusagen nur mit religionsgeschichtlichen Parallelen zu arbeiten, ohne mit einem Mangel an Nach-

249 f ; vgl T h R 1929, 138. Vgl RGG 3 5 4 - 3 5 6 ; H T h R 1927, 169. — 1927 erschien in Katowice das Buch von TEOFIL BROMBOSZCZ : Die Einheit des Johannesevangeliums, das sich auf katholischer Seite erstmals ausführlich und gründlich mit den Teilungsversuchen zu unserm E v auseinandersetzt. Bromboszcz weist dessen literarische Einheitlichkeit aus seinem überall klar angestrebten einheitlichen Zweck (23-55), aus der Einheit zwischen Erzählung, Rede und Reflexion (56-69), aus dem einheitlichen Aufbau (70-75) und Sprachcharakter (76-106) überzeugend nach, um dann die kritischen Aussetzungen im Gang durch das ganze E v einzeln zu prüfen. Leider ist dieses Buch von bleibendem W e r t sehr wenig verbreitet und ebenso wenig beachtet worden, auf katholischer wie vor allem auf protestantischer Seite. 1

2

Einleitung

11

frage rechnen zu müssen. Im Gegenteil ! Das Buch erlebte nur acht Jahre später die dritte Auflage, für einen Kommentar jedenfalls ein nicht allzuhäufiges Ereignis. Schon um die Jahrhundertwende waren Versuche gemacht worden, das Jhev in die religionsgeschichtliche Umwelt hineinzustellen und so seine Entstehung und seinen Lehrgehalt verständlich zu machen. Diese Umwelt sollte, der Überlieferung vom ephesinischen Ursprung des Ev entsprechend, der Kreis der hellenistischen Mysterienreligionen gewesen sein. Diese Ansicht hielt das Feld bis zu den Zwanzigerjahren. Im Anschluß an die manichäischen Quellen und in deutscher Übersetzung zugänglich gewordene mandäische Schriften schrieb damals R E I T Z E N S T E I N eine Arbeit über « Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung » und sein Buch über « Das Iranische Erlösungsmysterium ». Hier zog er die Umrisse, nach denen das urchristliche Schrifttum von vorchristlicher orientalischer Gnosis bzw Mythologie abhängig sein sollte 1 . Aus diesen Aufstellungen zogen in den folgenden Jahren Walter Bauer und R U D O L F B U L T M A N N die Folgerungen für die Auslegung des vierten Ev, während die Auseinandersetzung über die Anfänge der orientalischen Gnosis und ihrer Literatur und über das Verhältnis beider zum Urchristentum und seiner Literatur immer lebhaftere Formen annahm und weit über den engen Kreis der eigentlichen Fachleute hinaus Wellen schlug. Es lag das einerseits daran, daß die Ursprünglichkeit und Erhabenheit des Christentums mehr denn je in Frage zu stehen schien, anderseits daran, daß manche nun endlich den Schlüssel gefunden zu haben glaubten, der das Rätsel um die Entstehung des Jhev und das Rätsel dessen, was es im Unterschied zu den syn Ev letztlich sagen wollte, voll und ganz erschließen konnte. Man darf ruhig gestehen, daß die Früchte dieser Auseinandersetzung teilweise recht erfreuliche waren, nicht nur, weil man erkannte, wie hoch das Jhev über aller gnostischen Mythologie steht und wie rein es den christlichen Offenbarungsgedanken verkündet, sondern auch, weil der Streit das Verständnis der Eigenart der jh Botschaft förderte wie keine der früheren Auseinandersetzungen über das Ev. Die literarkritische Arbeit ruhte indessen auch in dieser Zeit nicht ganz, und trotzdem man sich, wie oben gesagt wurde, zur Frage der Aufspaltung des Ev im allgemeinen immer vorsichtiger äußerte, wurde doch gelegentlich auch das Wiegemesser wieder gehandhabt. Auch neue 1

Vgl auch Reitzensteins Aufsatz ZNTW 1921.

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Einleitung

Wege wurden eingeschlagen, um die verschiedenen Hände, die am E v gearbeitet hätten, nachzuweisen. So veröffentlichte 1933 W. H. RANEY eine Schrift, die auf Grund einer gewissen Verwandtschaft des E v mit orientalischer Hymnenliteratur mündlichen Überlieferungsstoff und diesen ausdeutende Prosahymnen voneinander schied. Mehr Aufsehen machten die « schallanalytischen » Untersuchungen von E . SIEVERS und JOH. JEREMIAS ; sie wurden allerdings allgemein abgelehnt. Nach ihnen wäre das E v aus zwei Quellen- und zwei Redaktorenschichten zusammengefügt. Ebenfalls 1933 erschien das Werk « The Gospel of the Hellenists » von W. B A C O N , worin der Vf ua auch seine schon 1 9 0 0 und 1 9 1 0 vorgetragene Ansicht von der literarischen Aufteilung unseres Ev neu darlegte, allerdings in etwas veränderter Gestalt. Während Bacon früher drei Hände unterschieden hatte, nämlich das Zeugnis des Lieblingsjüngers, das Werk des Presbyters, der die kleinen Jhbr verfaßt hatte, und die Zusätze und Nachträge eines Bearbeiters schrieb er jetzt das ganze ursprüngliche Ε ν dem Presbyter zu. Der literarische Werdegang des Ev wäre nach Bacon 2 folgender gewesen : Der Presbyter hatte ursprünglich eine Reihe von Predigtvorträgen zu den Festen verfaßt, die der Ablauf des jüdischen Jahres enthielt. Diese Vorträge waren freie Entfaltungen von Gegenständen, die aus der Predigt Jesu stammten. Jeder Vortrag wurde eingeleitet mit der Erzählung eines Wunderzeichens Jesu, das zum jeweiligen Fest und der darauf abgestimmten Predigt paßte. So hätte die Erzählung von der Brotvermehrung die Rede über das Himmelsbrot eingeleitet, die dem Fest der ungesäuerten Brote entsprach. Die verschiedenen so gearteten Predigten waren zunächst voneinander unabhängig, wurden dann aber vom Vf gesammelt und später zu einer Geschichte des Lebens Jesu erweitert, deren Hauptanhaltspunkte, wie es diese Sammlung nahelegte, die Reisen Jesu zu den jüdischen Festen in Jerusalem bildeten. Zu diesem Leben Jesu verwendete der Presbyter vor allem die Überlieferungen der christlichen Gemeinde in Jerusalem, die dem Glauben der kleinasiatischen Kirchen zugrunde lagen, verschmähte aber auch die syn Angaben über Wort und Werk Jesu nicht. Aus dem ihm zur Verfügung stehenden Stoff wählte er aus, was ihm paßte, und baute sein Ev auf, indem er diesen nach der Art der rabbinischen Schrifterklärung . Um diese Statistik würdigen zu können, ist darauf zu achten, daß die zwei Züge sich ausschließlich im jh Erzählungsgut (EG) finden. Ferner ist darauf zu achten, daß in der ersten Zahl vor dem / die zweite Zahl nach dem / mitenthalten ist. Wenn wir

« Siehe FORTNA, 215-216. " Für «fangen» finden wir neutestamentlich ζωγρέω, αλιεύω, άγρεύω; für «ergreifen, verhaften» συλλαμβάνω und αρπάζω; vgl besonders Jh 6,15. 56 Siehe FORTNA, 216. Für a. finde ich die Stellen: 1,40. 4 4 ; 2,6; 3,1. 2 3 ; 4,6. (46); 5,2. 5. 9c; 6,4. 10; 7,2; 9,14; 11,1. 38. 55; 12,20; 13,23; 18,18. 2 5 a ; 19, 19. 23. 41 ; 21,18. Für b. sind zu zählen: 11,2. 18; 18,10. 14. 28. 4 0 ; 19,14.

322 also wissen wollen, wie viele Vorkommen auf J h E G - S Q entfallen, müssen wir die zweite Zahl abzählen. Für a. ergibt sich dann: 8(8)/— /16(17), für b. : 1 /—/(>. Aber damit ist die Verteilungsdichte noch nicht ermittelt. Dazu müssen wir den Umfang von SQ und J h E G - S Q vergleichen, soweit das annäherungsweise möglich ist. Es ergibt sich dann zwischen diesen beiden Erzählungskörpern ein Verhältnis von etwa 1,5 (SQ) zu 1 (JhEG-SQ), deutlicher greifbar: von 3 zu 2. Um die Verteilungsdichte zu bestimmen, sind die Zahlen so zu verändern, daß sie auf den gleichen Umfang auf beiden Seiten zutreffen. Die Zahlen für die Verteilungsdichte für a.lauten dann: (8 + 5,3=) 13,3/— /16(17), für b.: (1 + 2 = ) 3 / - / 6 . Das heißt, die Verteilungsdichte der Vorkommen für a. ist auf der Seite von J h E G - S Q nicht viel kleiner als auf der Seite von SQ, macht aber für b. auf der Seite von J h E G - S Q nur die Hälfte der Dichte in SQ aus. c. ώς mit einem Zahlwort. Die Zahlen Fortnas: 8/—/7(8). Auch dieser Zug findet sich nur in Erzählungsstücken. In solchen erwarten wir auch konkrete Zeit-, Orts- und Abstandsangaben. So ist dieser Zug stark an den Inhalt von SQ gebunden. d. Verb in der Einzahl bei doppeltem Subjekt. Die Zahlen lauten : 1 5 ( 1 8 ) / - / 7 57. e. ούν nach einem Befehl. Die Zahlen lauten: 1 2 / - / 8 58. Auch dieser Zug ist jh ausschließlich im Erzählungsgut zu finden. f. εις (δύο) έκ; 18,17. 25 gehören nicht hierher. Die Zahlen lauten: 1 3 ( 1 4 ) / - / 7 ( 1 0 ) , 9 . Jh-SQ hat 4(7) Fälle 6 0 . Es gibt auch analoge Fälle ohne έκ; sie finden sich ausschließlich in S Q : Jh(12,4); 18,22; 19,34. Das heißt, daß der Zug eher mit dem Inhalt von SQ zusammenhängt. g. Nomen + έκ (= aus der Mitte einer Personengruppe oder Sachgruppe). Die fraglichen Stellen sind: 3,1; 4,7; 6 , 1 1 . 1 3 ; 18,3.3. 4,7 scheidet aus, weil έκ της Σαμαρείας zweifellos den Ursprung oder den Ort bedeutet, woher die Frau kommt. Ebenso sind die beiden Vorkommen in 18,3 auszuschalten; denn die Diener sind nicht Glieder der

" 1,35. 4 5 ; 2,2. 12; 3,22; 4, (2). 12. 36. (37). 5 3 ; 6,24; 9 , 3 ; 12,22; (15,5); 18,1. 15; 19,26; 20,3. 58 1,39; 6,10. 13; 9,7. 11. 2 5 ; 11,41; 12,28; 13,30; 19,32. 3 8 ; 21,6. 59 1,35. 40 ; 6,8. 70.71; 7,50; 11,49; 12,2. (4); 13,21. 2 3 ; 18,26; 2 0 , 2 4 ; 21,2. 60 FORTNA schreibt mehr oder weniger deutlich auch Jh 6,70. 71 SQ zu; siehe 238.

323 beiden hier genannten Gruppen, wie Andreas einer von den Zwölf war. Das έκ bedeutet hier die Gruppen, von denen Judas die Diener zugewiesen erhielt. Auch die Beispiele in 6,11.13 sind nicht über alle Zweifel erhaben; ich setze sie daher in Klammern. Meine Zahlen lauten deswegen: 1(3)/—/1(3). h. ραββί (ουνί): 9 / - / 4 ( 5 ) . i. έρχεσθε και όψεσύε. Die Vorkommen, die FORTNA zählt, sind: 1,39.46; 4,29; 11,34. Aber der Wortlaut der Beispiele ist nicht einheitlich. Der Sprachgebrauch ist auch mehr durch den Inhalt als durch den Stil bestimmt. 4,29 sollte ausgeschieden werden. Meine Zahlen sind: 3/-/3. j. εχειν mit Zeitbestimmung. Die Zahlen sind: 5(6)/—/3. k. όνομα αύτφ. Die Wendung wird gebraucht: 1,6; 3,1; 18,10. Um die Bedeutsamkeit dieses Zuges zu erkennen, muß man darauf achten, daß in Jh keine anderen Fälle vorkommen, in denen Namen mit irgendeiner Formel verknüpft werden, während in den Synoptikern verschiedene Formeln vorkommen, um dem Leser Namen vorzustellen 6 1 . In Jh werden Personen in vielen Fällen nur mit ihrem Namen erwähnt, ohne einleitende Formel. Unsere 3 Fälle sind also Ausnahmen. Überdies war es eher ein gewaltsames Vorgehen von FORTNA, die Formel in 3,1 zu tilgen und sie in 19,39-42 zu verpflanzen, wo sie als Einleitung eines Quellenabschnitts dient. Meine Zahlen lauten deswegen: 3 / - / 2 . Ein Überblick über die Wendungen und Sprachgewohnheiten, die FORTNA für seinen letzten Versuch, dem Stil der Quelle ein Gesicht aufzusetzen, hinterläßt den starken Eindruck eines mageren Erfolgs. Fast alle erwähnten Eigentümlichkeiten sind auf beide Schichten des Evangeliums verteilt oder aus inhaltlichen Gründen auf die Quelle beschränkt. Im zweiten Fall prägen sie zwar die Quelle, weisen aber nicht auf einen anderen Verfasser hin als den Evangelisten. Der Stil der Zeichenquelle : ein Bleichgesicht Wir haben das Ende des Weges erreicht, auf dem wir unter FORTNAS Führung die stilistische Farbe und Prägung seiner Quelle

61 Mt 27,32 usw (ονόματι Σίμωνα); Lk 1,5 usw (τό όνομα αυτής); Lk 1,27 usw (φ όνομα Ιωσήφ); Lk 19,2 usw (άνήρ ονόματι καλούμενος Ζακχαίος). Außerdem vgl Ofifjh 8,11 (τό όνομα τσΰ αστέρος λέγεται ó "Αψινύος) ; 9,11 (δνωμα εχει Άπολλϋων).

324 entdecken sollten. Haben wir sie entdeckt? FORTNA hatte gehofft, nachweisen zu können, daß diese Quelle stilistisch nicht neutral sei, sondern dank ihrer Stileigentümlichkeiten ein deutliches Gepräge habe und vom Stil des Evangelisten und seiner Bearbeitung klar absteche. Wenn ich die möglichen mehrfach verwendeten Züge, die ausschließlich in SQ vorkommen, auszähle, komme ich auf 8 oder 9, davon mit 32 oder 35 Vorkommen

62 .

Keiner dieser Züge ist so stark, daß er mit

erheblicher Wahrscheinlichkeit auf einen vom Evangelisten unterschiedenen Verfasser schließen läßt. Ich versuchte dennoch, einige dieser Züge nach dem Verknüpfungsverfahren zu vernetzen, konnte aber nur 2 davon zweimal miteinander verbinden und zweimal mit je einem anderen Zug. Ein eigentliches Verknüpfungsnetz aller 8 oder 9 genannten Züge ist unerstellbar. Die 35 erwähnten Vorkommen sind über alle Kapitel, die nach FORTNA Quellenstoff aufweisen, verteilt mit Ausnahme der Kapitel 5 und 13; aber ihre Verteilung ist außerordentlich dünn. Auch von daher wird man im Fall der SQ von einer Quelle ohne eigentümlichen Stil außer den Stilfarben des Evangelisten reden müssen. D e n n o c h ist zuzugeben, daß die jh Farben des Zeichen-Evangeliums FORTNAS auch nicht sehr kräftig sind. Wie läßt sich erklären, daß, wenn unser Evangelist eine Zeichenquelle oder sogar ein Zeichen-Evangelium

als

Grundlage seiner Erzählungen verwendet hat, dieser Stoff weder unmißverständliche Anzeichen eines vorjh Eigenlebens aufweist noch kraftvoll

in

die jh

Gedankenwelt

und Stilgestaltung

einverleibt

wurde ?

Johanneischer

Erzählstil?

Aber haben wir auf diese Weise die Frage richtig gestellt? K ö n n e n wir uns nicht vorstellen, daß die jh Gedankenwelt und Ausdrucksgestalt mehr als eine Raumtiefe hatte? Wenn der Verfasser des Evangeliums mit einer Art Jesusüberlieferung vertraut war, wie das der Fall gewesen sein dürfte, sei sie mündlich oder schriftlich oder in beiden Gestalten vorhanden gewesen, war es dann nötig, daß er sie ganz mit seinem theologischen Denken durchdrang und verwandelte? War es nicht möglich, daß er sie unter verschiedenen geschichtlichen Voraus-

62 Σύν, έκαστος, εύύέως, κραυγάζειν, Nomen + έκ (gemacht von), ώς mit Zahlwort, Nomen + έκ (aus heraus), έρχεσθε και όψεσϋε, (όνομα αύτό)).

325 Setzungen und auf verschiedenen Entwicklungsstufen auch auf verschiedene Art und Weise mit seiner Gedankenwelt verband? Es ist doch durchaus denkbar, daß er diese — sagen wir einmal — jh Jesusüberlieferung etwa in seiner missionarischen Verkündigung oder in der Unterweisung seiner Gemeinden so weiterreichte, daß er seine tiefsten theologischen Absichten hier nicht oder nur andeutungsweise preisgab, aber dennoch in einer persönlichen Weise die Dinge sah und aussagte, sie auf einen Brennpunkt ausrichtete, ihren Stoff auswählte, die Erzählstrukturen und den Gang der Handlung baute und so sich selbst in dieser Uberlieferung ausdrückte. Unter diesen Umständen wäre es erklärlich, daß er nicht nur den Stoff, den Fortna für seine Zeichenquelle aussonderte, sondern auch das noch verbleibende Erzählungsgut und die seine Reden in den Gang der Erzählung verwebenden und mit ihnen verknüpfenden Wendungen und Sätze in einem Stil gestaltete, der sein eigener war, der aber nicht die Dichte und Erhabenheit seiner Jesusreden und anderer Redestücke erreichte. Synoptischer und jobanneischer Erzählstil Solche Überlegungen werden auch angeregt und gestützt durch einen begrenzten Vergleich zwischen jh und syn Erzählstil, einen Vergleich, den ich erstmals in meiner Dissertation im Hinblick auf B. Quellenscheidungen anstellte 63 , hier aber auf eine Überprüfung der Zeichenquelle FORTNAS zugeschnitten habe. Ich habe 8 stilistische Züge ausgewählt, von denen 7 Einleitungen zu syn und jh Reden darstellen. Die 4 ersten Züge zeichnen Hauptsätze aus, die wörtliche Redestücke einleiten, ohne οτι, geformt mit λέγει, φησίν oder analogen Verben in irgendeiner Zeitform der dritten Person Indikativ. 1. Hier geht das Verb dem Subjekt entweder voraus (erste Zahl) oder folgt ihm nach (zweite Zahl). Unabhängiges ό δέ (ή δέ usw.) und Sätze, die ein Partizip enthalten, das mit dem Subjekt verbunden ist, sind ausgeschlossen, ausgenommen das Partizip λέγων (λέγοντες). Die Klammerzahlen drücken das Verhältnis der ersten Zahl zur zweiten aus. Die Zahlen lauten : 6 4

" S i e h e vl.ND, 100-104. 64 Mehrere jh Zahlangaben dieser und der oben folgenden Nummern unterscheiden sich von den Zahlen im vl.ND, 102-104, weil jetzt die entsprechenden Fälle des ganzen Jhev gezählt wurden, während in meiner Dissertation nur die Fälle aus dem jh Erzählgut

326 Mt Mk Lk Jh-SQ SQ

47/31 18/19 58/25 137/9 40/5

(1,5) (0,62) (2,3) (15,2) (8)

2. Der zweite Zug prägt die gleichen Beispiele wie unter Nr. 1, sofern diese asyndetisch sind, und schließt auch die asyndetischen Parallelen ein, die kein ausdrückliches Subjekt haben. Die erste Zahl in den Klammern zeigt die Zahl der Fälle in SQ an, erhöht im Verhältnis zur Größe des entsprechenden Evangeliums. Die zweite Klammerzahl zeigt an, wie vielmal die entsprechende Dichte der Fälle in SQ die Zahl der Fälle im fraglichen Evangelium enthält 6 5 . Mt Mk Lk Jh-SQ SQ

38 4 4 109 43

(251 (163 (284 (159

= = = =

6,6 Mt) 41 Mk) 71 Lk) 1,46 Jh-SQ)

3. Der dritte Zug findet sich in Hauptsätzen, wie sie oben umschrieben wurden, in denen 1 oder mehrere Partizipien, ausgenommen λέγων (λέγοντες), mit dem Verb und dem Subjekt verbunden sind, ob dieses ausdrücklich genannt ist oder nicht. Die erste Zahl in Klammern erhöht die Zahl für SQ gemäß der Größe des entsprechenden Evangeliums, während die letzte Klammerzahl angibt, wie vielmal die erhöhte Zahl für SQ in der Zahl des fraglichen Evangeliums enthalten ist. Mt 120 (23 120 = 5,2 SQ) Mk 69 (15 69 = 4,6 SQ) Lk 105 (26 105 = 4 SQ) Jh-SQ 14 (14,8 14 = 0,95 SQ) SQ 4 aufgeführt sind, aus dem Bultmann seine Quellen ausgeschieden hatte. Siehe v l . N D , 1 0 1 mit A n m 2. " A l l e n Klammerzahlen, die in dieser Synopse folgen, liegen die Zahlen für die W ö r t e r zugrunde, die jedes Evangelium enthält. Aus diesen Zahlen ergeben sich die folgenden Formeln: Umfang Mt = 5,84 SQ Umfang Mk = 3,8 SQ Umfang Lk = 6,6 SQ Umfang Jh = 4 , 7 SQ Umfang J h - S Q = 3,7 SQ

327 4. An vierter Stelle folgen jene Fälle von Redeeinleitungen, wo das selbständige Subjekt ό δέ (ή δέ usw.) den Satz beginnt. Die Klammerzahlen haben den gleichen Sinn wie unter 3. Die Zahlen lauten: Mt Mk Lk Jh-SQ SQ

46 27 53 7 3

(17,5 (11 (20 (11

46 27 53 7

= = = =

2,6 SQ) 2,45 SQ) 2,65 SQ) 0,64 SQ)

5. Der fünfte Zug ist unser Stilmerkmal άπεκρίύη και ειπεν. Es wird hier aufgenommen, insofern es die Reihe der Redeeinleitungen weiterführt und die Richtung unterstreicht, die wir bis jetzt beobachtet haben. Die Klammerzahlen haben den gleichen Sinn wie unter 2. Die Zahlen lauten: Mt Mk Lk Jh-SQ SQ

0 1 2 25 5

(29) (19 = 19 Mk) (33 = 16,5 Lk) (18,5 = 0,74 Jh-SQ)

6. άπεκρίύη (άποκρίνεται und Mehrzahlformen) ist der sechste Zug dieser Reihe. Hier werden aber außer den asyndetischen auch die syndetischen Vorkommen gezählt. Ebenso werden nicht nur die Redeeinleitungen, die das Subjekt ausdrücklich erwähnen, sondern auch jene, in deren Verbalaussage es eingeschlossen ist, gerechnet. Die Klammerzahlen sind wie unter 5. zu verstehen. Mt Mk Lk Jh-SQ SQ

0 3 2 31 10

(58) (38 = 12,7 Mk) (66 = 33 Lk) (37 = 1,2 Jh-SQ)

7. Hier werden die Zahlen der ausschließlich syn Wendung άποκριϋείς ειπεν (in allen vorkommenden Verbindungen) aufgeführt. Mt Mk Lk Jh

46 15 38 0

328 8. Ausschließlich syn ist auch die nicht zu den Redeeinleitungen gehörende Wendung άρχομαι ποιεΐν τι. Die Zahlen lauten : Mt Mk Lk Jh

12 26 27 1

Das Gesamtergebnis ist klar. In jeder der 8 untersuchten Wendungen klaffen die syn und die jh Zahlen weit auseinander. Unverkennbar stehen SQ und Jh-SQ immer auf der gleichen Seite ; ihre Zahlen und Verhältnisse stehen den syn schroff gegenüber. Der Unterschied zwischen SQ und Jh-SQ überschreitet aber nie die zu erwartende Abweichung. Dieses Ergebnis ist vielsagend, obschon der Vergleich begrenzt war. Es gibt kaum einen Grund zu denken, ein ausgedehnter Vergleich könnte ein anderes Ergebnis bringen 6 6 , vor allem auch, weil der Zahlenspiegel unserer jh Stilmerkmale überall ähnliche Verhältnisse zwischen Jh und den Synoptikern aufzeigt. So können wir sagen, daß Sprache und Stil des jh Erzählgutes durchgehend gleich geprägt sind, deutlich anders als Sprache und Stil der syn Erzählungen. Darum liegt die Folgerung nahe, daß die jh Erzählungen durch die gestaltende Hand eines einzigen Verfassers gegangen sind, der den ihm zur Verfügung stehenden Uberlieferungsstoff umgeformt hat, ohne allen jh Erzählabschnitten seinen Stempel gleich stark aufzudrücken. B. Der Beitrag Willem Niçois Die Deutung der Tatsachen, die wir bis jetzt erwogen haben, mag etwas verschwommen und blaß erscheinen, was, wie wir gesehen haben, seine guten Gründe hat. Vielleicht kann das Folgende die vorhandenen blassen Farben ein wenig verstärken, wenn ich an die jh Quellenkritik anknüpfe, die Willem Nicol in seiner wertvollen Dissertation über die Frage der Überlieferung und Bearbeitung der Semeia im vierten Evangelium vorgelegt hat 6 7 . Ähnlich wie FORTNA versucht N I C O L das Dasein einer Zeichenquelle im vierten Evangelium nachzuweisen, indem er auf Kriterien 60 67

Ich hoffe, später einen umfassenderen Vergleich d u r c h f ü h r e n zu können. Siehe in diesem Aufsatz A n m 9.

329 der Form, des Stils, der Aporien und gedanklicher Spannungen und Unausgeglichenheiten in der Darstellung zurückgreift. In Kapitel 1 seines Buches geht er von den Unterschieden des jh Erzählungsstils in den Kapiteln 4; 7; 9; 11 ; 18 und 19 des Evangeliums einerseits und in den kurzen Wundergeschichten in 2,1-11 ; 4,46-54; 5,1-9; 6,1-21 und in den erzählenden Abschnitten mit syn Parallelen anderseits aus 6 8 . Formkritische Beobachtungen erwecken den starken Eindruck, Jh habe den Stoff dieser letzeren erzählenden Abschnitte «from the same general stream of tradition from which the Synoptic Gospels grew» empfangen 6 9 . Dennoch gibt es Hinweise darauf, daß ihm auch für die Wundergeschichten der Kapitel 9 und 11 Stoff zur Verfügung stand, der in Form und Gestalt syn Wundererzählungen glich. Jedenfalls verraten, wie N I C O L annimmt, nicht nur Unausgeglichenheiten und Nähte, sondern auch stilistische Gegebenheiten, dass Jh für mehrere seiner Erzählungen, vor allem aber für seine Wundergeschichten Quellenstoff verarbeitete. Nicol unterstreicht hauptsächlich die Tatsache, auf die schon Schweizer hingewiesen hatte, daß das durchschnittliche Vorkommen jh Stilkennzeichen in den kurzen Wundererzählungen auffallend niedriger ist als im übrigen, stark jh geprägten Erzählungsgut oder in den jh Reden 7 0 . Um diesen Nachweis zu verstärken, erweiterte N I C O L unsere Liste jh Stilkennzeichen um 32 zusätzliche Nummern. Damit hat die Dichte jh Stilmerkmale und Stilzüge über das ganze Evangelium hin stark zugenommen. Es fällt auf, konnte aber erwartet werden, daß die Verteilung dieser Merkmale und Züge ihr bisheriges Gleichgewicht dennoch nicht verloren hat, sowenig wie die zuvor erwähnten kurzen Wundergeschichten deren vergleichsweise spärlichere Streuung 71 . Aus diesem Tatbestand zieht N I C O L zwei Schlüsse. Erstens, daß in den 5 von ihm besonders hervorgehobenen Wundergeschichten ein nichtjh Stil sichtbar wird, den der Evangelist aus der Überlieferung übernommen haben muß 7 2 ; und zweitens, daß er den Quellenstoff nicht mechanisch, sondern vermutlich aus seinem Gedächtnis wieder0 8 Siehe NICOL, aaO, 9-40, vor allem 15-16. - Die oben erwähnten Parallelen zu syn Stücken sind Jh 2,13-18; 12,1-8. 12-15 und verschiedene Stellen aus den Kapiteln 1821. 69

S i e h e NICOL,

15.

70

Siehe NICOL,

11.16

71

Siehe NICOL, 22-27.

72

Siehe NICOL, 26.

330 gab, und zwar unter dem Einfluß seines eigenen Stilempfindens, wie der lukanische Stil sich auch dort zeigt, wo Lk Markus oder Q folgte 73. Was den Quellenstoff in Jh 9 und 11 angeht, so spricht N I C O L dort von «Source content in Johannine wording» 7 4 . Von daher verstehen wir es, daß er es ablehnt, eine Zeichenquelle wiederherzustellen, auch wenn er von ihrem Vorhandensein und ihrem Einfluß auf die Wundergeschichten unseres Evangeliums überzeugt ist 75 . Ich kann deswegen zugeben, daß ich im großen und ganzen das Vorgehen und die Ergebnisse , die N I C O L im ersten Kapitel seines Buches vorgelegt hat, anerkenne. Er wird mir aber gewiß nicht zürnen, wenn ich einige Bemerkungen dazu mache. 1. Mehrmals hebt N I C O L im ersten Kapitel seiner Untersuchung seine Absicht hervor, auf den Angriff von Schweizer und Ruckstuhl auf die Quellenscheidungen i m j h e v zu antworten 76 . Ich bin kaum auf dem falschen Weg, wenn ich denke, N I C O L habe hier vor allem meinen Angriff auf die Annahme einer Semeia-Quelle durch Faure, die B. weiter entwickelt hat, und meine Zweifel gegenüber weiteren Quellenscheidungen im Auge gehabt 77 . Im ersten Teil dieses Aufsatzes habe ich zu meiner Haltung in dieser Frage das Nötige gesagt. Ich kann die Möglichkeit einer Semeia-Quelle nicht abstreiten, wenn ich anerkenne, daß unser Evangelist sehr wahrscheinlich mündliche und schriftliche Überlieferungen in seinem Werk verarbeitete. Dennoch bin ich nicht überzeugt, daß es je eine Zeichenquelle gab, die sieben Wundergeschichten enthielt. Bin ich im Unrecht, wenn ich vermute, daß wir nie genau wissen werden, welches die Quellen waren, die unser Evangelist verarbeitete und wie er sie verarbeitet hat? 2 . Ich stimme mit N I C O L überein, daß der Unterschied zwischen dem Erzählstil in Jh 4 ; 7 ; 9 ; 18 und 19 und dem der kurzen Wundergeschichten auffällig ist. Wird aber nicht ein Vorurteil sichtbar, wenn man sagt, der Stil der ersterwähnten Kapitel sei jh, der Stil der kurzen Wundererzählungen aber nicht? Gewiß, diese kurzen Geschichten mögen wie die syn Evangelien letztlich aus dem allgemeinen Strom der frühesten Jesusüberlieferung stammen. Ihre Form stimmt mehr oder

" Siehe Siehe 75 Siehe 76 Siehe 77 Siehe 14

NICOL, NICOL, NICOL, NICOL, vl.ND,

27. 37. 4-5. 13, 14, 16. 1 0 7 - 1 1 1 , 218-219.

331 weniger mit der Form der syn Wundergeschichten überein. Sind aber ihr Erzählstil und ihre Erzählstrukturen wirklich syn und nichtjh? Stellen sie nicht vielmehr eine andere Art von jh Stil dar? Werfen wir einmal einen Blick auf Jh 1,35-51. Sind Stil und Erzählstrukturen dieses Textes synoptikerähnlich ? Sind sie jh oder nicht jh ? Der Text ist zweifellos nicht so von jh Theologie durchdrungen wie die Kapitel 4 und 11. Er ist nicht so dramatisch wie die Kapitel 18 und 19. Aber ich bin überzeugt, daß eine gründliche Prüfung seiner Erzählstrukturen erhebliche und wichtige Entsprechungen zu den Strukturen und dem Stil der großen jh Erzählungen aufdecken würde. Sind die Erzählstrukturen in 2,1-11 und 6,1-21 nicht verwandt mit dem genannten Abschnitt in Kapitel 1 ? Ich denke : doch ! Anderseits gebe ich zu, daß die jh Prägung von 4,46-54 und noch mehr von 5,1-9 etwas dürftig ist. Insofern aber solche Texte nicht einen eigentlichen Widerspruch zu Jh darstellen, ihn nicht Lügen strafen, sollten wir vielleicht auch hier zurückhaltend sein und auf die Rede von nichtjh Stil und nichtjh Strukturen verzichten. 3 . NICOL hat unsere Liste jh Stilkennzeichen ergänzt, indem er 3 2 weitere Merkmale hinzufügte. Er war sich aber völlig klar darüber, daß die Zielsetzung unserer Liste sehr verschieden war von der Zielsetzung seines Zusatzbündels von jh Merkmalen und daß die Anforderungen an unsere Stilkennzeichen strenger sein mußten als seine. Das heißt aber, daß es nützlich ist, zwei verschiedene Listen zu unterscheiden, eine Liste jh Stilkennzeichen im strengen Sinn, und eine Liste jh Züge. Das ist die technische Unterscheidung, die ich in meiner Dissertation machte 78 . Ich habe dort auch jh Züge verwendet, wenn es galt, nach der Feststellung der literarischen Einheit des Evangeliums, einzelne Abschnitte als mehr oder weniger jh geprägte Texte zu bestimmen oder umstrittene Einzelverse der Hand des Verfassers zuzuschreiben 79 . Damit bringe ich meinen Aufsatz zu einem eher unromantischen Abschluß. Er läßt gewisse Fragen noch offen. Aber gerade so ermutigt er uns, weiterzudenken und die eigenen Stellungnahmen und Meinungen nochmals zu überprüfen.

Siehe vl.ND, 186-187, 100-104. vor allem den 3. Hauptteil des vl.ND: Auseinandersetzung mit Joachim Jeremias über die Echtheit von Jh 6,51b-58, 220-271. 78

7 'Vgl

Zum vorliegenden Buch Die vorliegende Untersuchung erschien erstmals (1951) zu einer Zeit, als der Johanneskommentar von Rudolf Bultmann für eine hochentwickelte literarkritische Aufteilung des vierten Evangeliums auf mehrere Verfasserschichten warb. Ihr gegenüber wies unser Buch nach, daß die johanneischen Redestücke von einem einheitlichen Rhythmus getragen sind, der es nicht erlaubt, sie mit Bultmann in rhythmisch geprägte Bausteine aus einer gnostischen Offenbarungsquelle und unrhythmische Erläuterungen des christlichen Evangelisten aufzuspalten. Ebensowenig scheint es möglich, die Erzählungen des Evangeliums auf vorgeformte Jesusüberlieferungen und später zugefügte Anmerkungen zu verteilen. 50 johanneische Stilkennzeichen überziehen das Evangelium zudem netzartig so, daß es als geschlossene literarische Einheit und Ganzheit erscheint. Da diese von einzelnen Forschern auch gegenwärtig wieder in Frage gestellt wird, kommt dem vorliegenden Neudruck eine große Bedeutung zu.

ISBN 3-7278-0542-0 (Universitätsverlag) ISBN 3-525-53904-5 (Vandenhoeck & Ruprecht)

NOVUM TESTAMENTUM ET ORBIS ANTIQUUS (ΝΤΟΑ) Bd. 1

MAX KÜCHLER, Schweigeiι, Schmuck und Schleier. Drei neutestamentliche Vorschriften zur Verdrängung der Frauen auf dem Hintergrund einer frauenfeindlichen Exegese des Alten Testaments im antiken Judentum. XXII-542 Seiten. 1986.

Bd. 2

MOSHE WEINFELD, The Organizational Pattern and the Penal Code of the Qumran Sect. A Comparison with Guilds and Religious Associations of the Hellenistic-Roman Period. 104 Seiten. 1986.

Bd. 3

ROBERT WENNING, Die Nabatäer - Denkmäler und Geschichte. Eine Bestandesaufnahme des archäologischen Befundes. 252 Seiten und ca. 20 Karten. 1986.

Bd. 4

RITA EGGER, Josephus Flavius und die Samaritaner. Untersuchung zur Identitätsklärung der Samaritaner. 412 Seiten. 1986.

Bd. 5

EUGEN RUCKSTUHL, Die literarische Einheit des Johannesevangeliums. Der gegenwärtige Stand der einschlägigen Forschungen. Mit einem Vorwort von Martin Hengel. 344 Seiten. 1987.

Bd. 6

MAX KÜCHLER/CHRISTOPH UEHLINGER (Hrsg.), Jerusalem, Texte - Bilder Steine. Im Namen von Mitgliedern und Freunden des Biblischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz herausgegeben... zum 100. Geburtstag von Hildi + Othmar Keel-Leu. 238 Seiten. 1987.

Eine terminologische