Die Lebensrettungen Friedrichs des Zweyten im siebenjährigen Kriege und besonders der Hochverrath des Barons von Warkotsch: Aus Originalkunden dargestllt [Reprint 2022 ed.] 9783112633007

147 56 12MB

German Pages 111 [219] Year 2022

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die Lebensrettungen Friedrichs des Zweyten im siebenjährigen Kriege und besonders der Hochverrath des Barons von Warkotsch: Aus Originalkunden dargestllt [Reprint 2022 ed.]
 9783112633007

Citation preview

Die Lebensrettungen

Friedrichs des Zweyten im siebenjährigen Kriege und besonders der

Hochverrath des Barons von Warkotsch aus Originalurkunden dargestellt 6 Ott

C. D. Küster, Consiftorialrath vnd ehemaligem Staabs- Fel-predi-evt

Berlin,

in Karl Matzdorffs Buchhandlung 1792.

Die Lebensrettungen

Friedrichs des Zweyten im siebenjährigen Kriege und besonders -er

Hochverrath des Barons von Warkotsch aus Originalurkunden dargestellt.

Zhro Königliche Majestät der

verwittweten Königin

Christine von Preußen allerunterkhänigst geweihet,'

Allerdurchlauchtigste Großmächtigste Königinn,

Mergnädigste Königinn!

Stimme der unpartheyischen Wahrheit sagt: daß sich Ihro König!. Majestät durch eine vieljährige große Reihe wahrhaftig erhabenek moralischer Edelthaten die tiefste und lie­ bevollste Ehrerbietung aller Edlen erworben haben. Seit fünfzig Jahren bin ich hievon beob­ achtender Zeuge gewesen, und von Jahr zrr

Jahr ist meine innigste Ehrfurcht gewach­

sen ; denn ich habe oft mir freudigen Lobprei­

sungen Gottes gesehen: wie viel Gutes für Verstand, Religion, Herz, Sitten und Wohl-

fahrt in allen Ständen durch Mro König! Majestät hohes Beyspiel und thätige Wirkung

gegründet und befördert worden.

Nie, nie werde ich vorzüglich jener frohen

Magdeburgischen Stunden vergessen, in wel­

chen ich IhrsKönigl. Majestät währenddes Krieges als Muster der höchsten tugendvollen

Gottesverehrung und des heldenmüthigen Ver­ trauens auf Gott öffentlich beten sah, und

besonders sprechen hörte.

Auch dann, wenn Feige zitterten und Welt­ kluge bedenklich wurden, blieben Ihr» Kömgl.

Majestät, die durch Gott unerschütterlich ge­ stärkte Heldin, in ftoher Hoffnung auf die Zu­ kunft.

Und nun nahe an den Grenzen meiner Gr» denbahn sehe ich Ihk0 Königl. Majestät Hoffnungen erfüllet, ja übertroffen! Ihrs König!. Majestät fleheten in jenen lebensgefahrvollen Tagen zu Gott um die Lebenserhaltung des großen Königlichen Gemahls:

Er kam lebend, siegend und glorreich Frieden bringend aus vier großen Kriegen unverwun­ det zurück.

Ihre Königl. Majestät erbaten für Ihn langes Leben und ansgebreiteten Wohlstand des Landes:

Friedrich erstieg ein unter Königen unge­ wöhnlich hohes Alter, und sahe sterbend seine Völker hochbeglückt. Oft stiegen'mehr als mütterlich inbrünstige Wünsche für Seine Königl. Majestät unsern über Alles Geliebtesten König Friedrich

Wilhelm, und für die erhabene huldvolle Prinzessin von Oranien, Königl. Hoheit,

aus Ihro Königl. Mchestat Betkammey

zur Gottheit! Und auch die Erfüllung dieser Wünsche ist in den kürzlich verflossenen Tagen durch die ho*

hen Vermählungen zweyer huldvollen König­

lichen Prinzessinnen vergrößert.

Ihr so ganz

höchst väterlich und mütterlich zum Wohlthun

verstandvoll gestimmtes Herz wird Preußens

Ruhm, Englands und Holland- Glück er-höhen«

Ja, Ihro Königl. MajisiM erleben die Erfüllung der Friedenswünsche aller Völker Europens; denn Sie sehen durch unseres tief­

schauenden, eben so tapfern als huldreichen

Monarchen Geist, und durch sein Heer nutz hohe Bundesgenossen alle großen Machte des Europäischen Erdkreises zum wahrhaften Fri?«

Len vereint.

Alle diese GebetSerhörungen, alle Preußens Thron hocherhebenden und Völker beglücken­

den Begebenheiten hätten nicht erfolgen kön­ nen, wenn Gott nicht Friedrichs des Großen Lebensretter gewesen wäre,

Die nachstehenden Bogen enthalten einen

schwachen Schattenriß einiger ewig -entwür­ digen wichtigen Ereignisse, auf welche kein

Geschichtfor'scher und Gottesverehrer ohne hohe

Dankgefühle zurückblicket, -ln- -a man mich höchsten Ortes anfgefor-ert hat, zur Ehre der göttlichen Vorse­ hung einige Hauptbegebsnheiten -es sieben­

jährigen Krieges als Augenzeuge zu beschrei­ ben, so unterwinde ich mich, diese geringe Arbeit einiger Nebenstunden zu Ihro Köyigl,

Majestät Füßen zu legen.

Die vieljährige

höchste Gnade, welche Ihro Kömgl, Majestät für mich, als treuen Unterthan, gehegt haben, erfüllet mich mit -er ehrfurchtsvollen NN- frg-

Vorrede Um dieser Geschichtssünde vorzukommen, ist nur ein Mittel. Dieses bestehet darin: daß Freun­

de der Vaterlandshistvrie fortfahren, einzelne er­ hebliche Thaten und Lebensbegebenheiten des Kö­

nigs, welche noch im Dunkeln, oder doch im Ne­

bel stehen, aufzuklären.*).

Und diese Aufhellung

wird dadurch am besten bewürket werden, daß die noch lebende Männer, welche denkende und richtig­

sehende Lebensgefährten des Königs gewesen sind,

entweder selbst, oder durch eine gute Feder, wich­ tige Stücke der Specialgeschichte des großen Man­

nes ohne Wortprunk niederschreiben;

ihre Ge­

schichte andern noch lebenden Zeitgenossen des Kö­ nigs zur Hinsicht, Erweiterung und Berichtigung

mittheilen, und dann erst, mit Anführung ihrer Autenticität, drucken lassen; oder an die Berlin-

sche Akademie der Wissenschaften, als einen zu un­ tersuchenden Peytrag, in das Archiv dsr vatex-

*) Ein Unbekannter hat unter dem ^tarnen eines preu»

ß.scheu FeldprrdigerL kürzlich Berichtigungen über

manches Irrige in den Briefen eines preußischen Of« siciers gegeben, und das ganze zweite Stück des rüsten

Bandes der Allgemeine» Deutschen Bibliothek (1791) giebt viel lesenswürdige Erweiterungen und Zurecht­ weisungen zu des Herrn Ritters von Zimmermanns

Fragmenten über Friedrich den Großen.

Vorrede. ländischen kritischen Geschichtskunde niederlegen.

Der alles Gute so gern befördernde erleuchtete hohe Chef, wird gewiß gern veranstalten, daß wichtige historische Fakta,

näher untersuchet, und das

Wahre mit dem Stempel der Zuverlässigkeit be­

drucket werde. Zur Niederfchreibung der nachstehenden Bogen bin ich ganz unerwartet aufgefordert worden. —

Denn, da ich in dem Bruchstücke des Banlpagnelebens eines preußischen Feldpredigers

des Hochverraths gedacht hatte; über diese Dar­ stellung aber Aufklärungen und Berichtigungen ver­ langt wurden; so sahe ich mich gedrungen; zu den ersten und stchrrsten Quellen einer zuverlässigen Ge-

schichtserzählungzurückzugehen. Diese find: theils noch lebend e Augenzeugen, theils unwidersprechliche

Handschriften. Daß und wie ich diese zwey histori­ schen Führer gewissenhaft gebraucht habe, wird der

Leser im nachstehenden sehen.

Ich stnde mich befriedigt, wenn man das gü­ tige Urtheil spricht: daß ich einen geringen Stein zum Tempel der zvahrhaften Geschichte des großen

Königs mühsam herbeygetragen habe.

Verden­

ken wird matt es mir nicht; wenn ich oft mit gro­ ßer Warme von seinen Thaten spreche; denn da

ich einer der Lehrer des Heldenheres gewesen, wel»

Vorrede

ches er selbst an führte, so war eS sehr natürlich, daß meine ganze Seele mit Achtung und Liebe für ihn befeuert wurde.*) Er war einer von den gro« ssen Männern, welche in mancher Rücksicht ge­ winnen, wenn man ihre Geisieskräfte und Thaten in der Nähe siehet. Er war zwar nicht von gro­ ßen Mängeln frei;, aber feine Feinde vergrößerten solche. Und wenn man sie unpartheiisch in der Nahe sahe, so verkleinerten sie sich. Daß ich auch als innigst überzeugter Gottes­ verehrer spreche, bedarf, wie ich hoffe, keine Ver­ theidigung; denn jeder rechtschaffene Landesbe­ wohner, hat nur zwey Hauptgegenstände seiner ehrerbietigsten Liebe: Gott im Himmel; — und den schätzenswürdigen Landesherrn auf Erden.— Jenen kann man allezeit vertheidigen, weilerohn­ fehlbar ist; und diesem muß man das Wort immer da reden, wo es mit Beystimmung der Wahrheit möglich ist. Da diese Bogen auch von jungen Preußischen Officirren werden gelesen werden, so ist manche historische und moralische Bemerkung mit einge•) Ich war als Reformirtrr Staabspredigrr im Gefolge des heldcnmüthige» und menschenfreundlichen Mark-

-raff Larls, oder im Hauptquartier des lieben Kö

nigS, der huldreich für mich dachte.

webt, welche sie mit dem Geiste des alten preußi­

schen Heeres bekannt machet; und Originale zu den Copien darstellet, welche sie zu werden wünschen. Militairische edle Kadettenlehrer, welche, wie

billig, das Denksystem ihrer künftigen Helden, früh zu edlen Thaten lenken und anfeuern wollen; wer»

den hier Stoff und Wink zu manchen wichtigen Er­ munterungen und Warnungen finden.

Dürfte ich

etwas rathen und um etwas bitten, so würde eS

dieses seyn: Daß fie es für die Veteranen ihrer Zöglinge zu einer philosophischen, historischen und retorischen

Uebung machen, die richtigen Begriffe von Frie­

drichs militairischer Seelengröße, — Seelen­ starke, — die daraus entstehende Tapferkeit, — Standhaftigkeit und Erhabenheit im Denken, Handeln und Leiden entwickeln. '

Denn wenn sie jeden dieser gefundenen Begriffe

mit einem Belag aus der Lebensgeschichte des gro­

ßen Mannes erweisen; so werden sich ihre Einsich­ ten aufklären, berichtigen und ruhmwürdige Nach­

ahmungstriebe befeuert werden.

Sind diese denkenden, forschenden und schrift­ lichen Kadettenübungen auch anfangs sehr Unvoll­

kommen; so wird mancher edle Jüngling diese im Kadettenhause angefangene Uebung auf den künft

Vorrede tigen Stuffen seines Ossicierstandes vervollkomm­

nen und diese Begriffe in sich personificiren. Friedrichs Geistesfahigkeiten und die Stand­ punkte in seine» Wirkungskreisen/ waren weit über

das Gemeine erhöhet *). spiellose Erhabenheit.

Er besaß eine fast bey­

Zum Gipfel seiner Höhe

hianzüklimmen, hat kein Officier Beruf.

Aber

es giebt gewisse Staffeln der Erhabenheit, zu wel­

chen sich jeder brave Kadett, Officier und Feldherr hinaufkämpfen kann und muß. Dann wird er das, was er seyn soll; des Heeres Ruhm und des Lan­

des Schutz.

•) Es wird dem Leser Vergnügen machen, die von einer Meisterhand gestochene schöne Titelvianette zu sehen. Es ist das frappant ähnliche Bild des Königs vor dem Eintritt in di« siebenjährige Kampfbahn. Bey allen Veränderungen, welche ferne Phisiognomic durch Alter und durch die Mannigfaltigkeit seiner Lebensdegebenheiten gelitten bat, behielten doch immer sei ne Stirn, Augen und Mund ihre hervorstechende hohe Schönheit.

Inhalt

Erster Abschnitt. 6) Seite. «Jvnrje allgemeine Uebersicht der Gefahren, in welchen sich der preußische Staat und das Leben des Königs im siebenjährigen Kriege befunden haben -i.

Zweiter Abschnitt Darstellung der Gefahren, in welchen sich der König in den vier Monaten August, September, Oktober und November bis zur Entdeckung der Warkotschen Verrätherey 1761 befand 3»,

Dritter Abschnitt. Seite» Ursprung, Fortgang und die durch eine hö­

here Hand plötzlich vereitelte Verratherey des^Parvn von Warkotsch aus der ge­ richtlich attestirien Aussage des Heege-

gemeisters Herrn Kappel.

-

»

43.

Vierter Abschnitt. Aktenmäßiger Bericht und Gutachten, wel­

ches vom Breslau'schen hohen Ober-Amt

unmittelbar an den König erstattet worden

76.

Fünfter Abschnitt. Historische Erläuterungen und Zusätze

116,

I. Anmerkungen über einige Verschiedenheiten, welche sich • in den Aussagen des Heege-

meisters Kappel finden

*

-

n6.

II,

Seite.

Ob die Gefangennehmung oder Ermordung

des Königs ausführbar gewesen?

iig>

-

III. Einige nähere Umstände von dem Charakter und Ende des Verrathers

-

-

i-z.

IV.

Nachricht von der Gemahlin des Hochverräräthers Warkotsch aus Original-Doku­

menten

-

-

#

-

rzr.

V. Etwas jur Entschuldigung des Hauptmanns

von Rabenau, durch dessen. Unvorsichtig­ keit der Hochverräther entkommen ist

135.

VI. Hat sich der König dankbar gegen den Jager

und

großmüthig gegen Warkotsch be­

wiesen?



e

#



»

iz8.

Sechster Abschnitt. Erike,

Friedrich der Große, als Master eines Hel­ den, der fich nicht selbst das Leben verkürjet. ------ 145, Siebenter Abschnitt.

Jabelgedichie der Madame Karschin auf die Rettung des Königs - 177. Achter Abschnitt.

Was vor nutzreiche Wirkungen hat es bis jetzt (1791) gehabt, daß des Königs Leben ge­ rettet worden? - ,8z.

Erstet

Erster Abschnitt, Kurze allgemeine Uebersicht der Gefahren,in tbelcheü sich der preußische Staat und das Lebendes Kö­ lligs im siebenjährigen Kriege befunden haben,

Die Gefahren des Staats, §)er siebenjährige Rriegunö Friedrich der Ein­

zige werden immer für die Nachwelt ein hervor-

leuchtender Gegenstand lehrreicher Lewunde« tung bleiben DerKriegeomamr, der Länderregierer,

Bürger und Landbewohner, derGorcesverehrer, Menfchenbecbachter

und Moralist sehen

Gefahren aufsteigen,

hier zahlreiche

bekämpfen und besiegen.

Ganze Kationen ünd denkende einzelne Personen kön,

neu von diesen Kampfeldern wichtige Belehrungen

hcrnehmen
ährigeii Feldzuge, im ersten

schlesischen Rriege, rieth, bar und zwang ibn -war der wohlmeinende brave Prinz Leopold von Dessau,

daß er bey dem anscheinenden Verlust der illphrigec Schlacht den io. April 1741 seine höchste Person it|

Sicherheit setzte; aber bey der folgenden Czasiauer

oder Chatusitzer Bataille den 17. Mai 1742 zeigte er den Prinz

Leopold,

daß

er keine Lebens­

gefahr da scheue, wo sein -Heldeyberuf es er-

(

forderte.

9

)

Und die Vorsehung zeigte, dasisieihss

bewahrer könne. . Zn, zweiten schlesischen Lriege, hey der Schlacht

von Hohcnfriedberg oder Strigag, den 4. Zun. 174s. kam er in den Strich eines österreichischen Lan»4 ' nenfeners, welches die Mannschaft um und nks

den ihm rotreyweis niedcrstürzre.

Von drei Ba­

taillonen, welche ex gegen die Feuerschlünde führte,

kamen nur 360 Man mit ihm lebendig aufdie Anhöhe, wo er sie ermunterte mit hem Dajonxt die Beschützer

der Battxrje zurückzujagen.

Sie thaten es heldenmü-

lhig; aber in eben dem Augenblick wurden die fue*

hendcn Oesterreicher wieder durch die sächsische Ca-

pallcrie unterstützt.

Der König fand sich nun jm Ger

menge der hauenden Schwerdter.

Er hielt sich schon

verloren, ale der General Buddenbrock und Rorhenbürg an der Spitze der braven prcußischeu Rcuterey, und drey Basaiiipnen Zufanterie die Anhöhe heran­

stürmten, den König retteren, und er uun das Ucbrige

zur Vollendung des Sieges .thun konnte, Vier Monat pachher in der Schlacht bey Soor

den 3. September 1747, war er i|i noch größerer Le­ bensgefahr.

Denn er konnte sich gegen den mächtigen

und schnellen Angrif des unveunuthet herangcrückcen

Prinz Karl von Lochungen nicht anders rekte», als

daß er eilend unter den heftigsten Kanvnenfcucr an marfchirte.

Line stacke Viertelstunde lang ri:t

er beständig in dem Regen von Larderfchenku-

( gtln.

IO )

Ehe der eigentliche feindliche Angriff anging,

war schon die Hälfte der Avantgarde, die er aufeinen Hügel führte,

niedergestreckt.

sein Pferd war verwundet.

Er aber lebre; nur

Der eben aufgehobene

Kopf des sich bäumenden Pferdes hielr die Äu­

gel zurück, welche ihm durch Sen Unterleib ge­ gangen seyn würde.

Zm dritten schlesische Kriege war der König

in der ersten Schlacht bey Lowositz den i Lktobcriysö zwar weniger den Lebensgefahren ausgesetzt, als fein heldenmüthiger Bruder der Prinz Wilhelm von Prelle

ßen.

Denn dieser kommandirte den linken preußischen

Flügel, welcher eigentlich den Hauptangriff that, und hey Eroberung der Lowositzer Weinberge den wanken/

den S'eg mit nie genug erkannter Klugheit und Held,

denmuth blutig erkaufte.

Aber auch in der Mitte und^

auf dem rechten Flügel, wo der König kommandirte,

mordete das feindliche Kanoncnfeuer viel brave Main per. ret. *)

Der General Quad ward unweit ihm getöd-

Den König traf kein feindliches Geschütz

Am spaten Abend aber ereignete sich eine seltene höchst merkwürdige Lebensgefahr.

Der ermü­

dete König, welcher in drey Tagen und zwey Räch­ ten nicht geschlafen hatte, setzte sich in einen Wagen

•) Eine zwey Hande hoch über den Kopf des Generals fliegende Kugel, quetschte durch die heraddrückende Luft einige Gefäße des Gehirns, daß er am folgern tzen Tage Karb,


ferner ad vertu: solches

linkerhand liegen. Aus dem Schreiben ist weiter unleugbar, daß da«

Absehen des Verfassers bk Wegführung einer Perfol» aus dem Hauptquartier betreffe.

Diese« zeigen neben

andern die Worte anr Der wage» oder die viersitzige Rutsche sicher wieder vor der Thür;

und bey dem Schluß: ich bin nicht ernt dafür, daß nicht etwa der Dogcl Dienstags in der Nacht tirögre ausgcflogen seyn.

Der Officier, an den der Brief gerichtet ist, wird

zu dieser Unternehmung aufgemuntert: verbis

Sie machen das größte Glück. Kein vernünftiger Mann wird finden,

daß ein

feindlicher Officier, der eine Unternehmung gegen da«

Hauptquartier entworfen, und soweit glücklich ausg« führt hätte,

daß er aus demselben jemanden könnte

gefangen wegsühren, ein groß Glück machen werde,, wenn

dabey seine Absicht wäre jemanden andere als den König

gefangen zu nehmen; er würde statt einer Belohnung mit dem besten Rechte als ein Thor auegelacht werden»

(

94 )

Dey so klaren Anzeigen von dem Sinne des Ver­ fassers kann die unterlaßene Benennung des Königs nichte gelten, sonsten würde eine umschweifende Rede allemal fähig seyn, die Anwendung derer Gesehe we­ nigstens zum Theil zu hindern, und diese folglich denen Mitthätern heimgegeben werden müssen. Der Defensor dee Schmidt erregt annoch wider die Authenticität des quaeft. Schreibens einen Zweifel

aus der Erklärung der F. von Warkotschin über ihres Eheconsorten Handschrift, welche vorstehend extrahirt worden, und der Defensor des letzteren scheint anzuzeigen, daß aus deren Combination mit des Reiprichts Aussage Fol. 6r. der Zweifel stärker werde. Fol. 340 6 346. b Wiewohl er NUN selbst in diesem momento dcfenfionis kein besonderes Gewicht setzt, so ist doch nothwendig daß auch dieser Umstand geprüft werde. Der Reipricht deponier Fol. 6r: b der Jäger Kap­ pel, den fughivus annoch mit sich aus den Kayserl. Dien­ sten gebracht, habe in persönlichen Umständen sein ganzes Herz gehabt, inzwischen habe er sich doch zuweilen gegen ihn eben so brusque als gegen jedermann bezeigt, daher auch Kappel oft gegen Deponenten geklagt und gesagt: der Baron werde es noch dazu bringen, daß er ihm einen

Streich machen müsse, den er auf immer beklagen sollte. Kappel sagt hiervon selbst aus, Fol. 130.5; er erinnere sich wohl, daß wenn er über seines Dienstherr» Iachzorn ungeduldig geworden,,er gedacht und gespro-

c?$

)

chen: eS könne wohl Gelegmhcit geben, den Daron

auch einmal wieder zu scheren, so wie er ihm und an­

deren thue; es sey auch dieses leichte voraus zu sehen gewesen, weil derselbe gegen die Regierung mit Reden

gewaltig unvorsichtig, gegen Deponenten und andere sich herausgelassen habe.

Zuförderst ist zu bemerken, daß der Reipricht (rt der extrahirten Depositen sogar nicht die Absicht füh,

ret, den Kappel eines so boshaften Gemüths zu be-

schuldigen, daß er seinem Dienstherrn ein so abscheu-

licheö Verbrechen andichten, und zu dem Ende einen falschen Dries unterschieben mögen; er redet nur von Vertraulichkeiten, so zwischen beyden über gefährliche und solche Dinge statt gefunden, die dem Kappel Ge­

legenheitgeben können, seinen Herrn in Verantwortung zu bringen.

Dahin gehört auch, was unmittelbar

drauf in seiner Aussage Fol. 6;. folgt, von der uner­ warteten Freundlichkeit seines Herrn gegen den Kappel in der Zeit, da die Armeen dagestanden und von ihren

nächtlichen Confererzen.

Ueberhaupt aber würde es

noch nichts bedeutest,

daß der Reipricht einen so gehäßigen Verdacht auf den

Kappel geworfen, sondern es mästen r data vorhanden

seyn, so selbigen unterstützten und in totis actis kommt

-um Beweis, einer boßhaftigen Gemüthsart des Kapk pels oder seiner Ehefrau nichte vor'. Wofern man jedoch aus diesen Aussagen gegen best

Kappel einem Vrrdacht Platz -eben wollte, als ob dar

c §6 ) ton ihm abgeliefette Schreiben unächt, und dir De,, Position der Kappelschen Eheleute aus GehLßigkeit w

dichtet wäre, so müsse doch erstlich sich in Actis finden, baß Kappel in dem letzten Betragen seine« Herrn ge­ gen ihn eine Veranlassung gefunden hätte, seine Dro­

hung wozu der vorhin empfundene Zachzorn seines

Herrn ihn gebracht hätte, auszuführen: es fehlt aber

daran so sehr, daß vielmehr der Neipricht an den an­ gezogenen Fol. deponirt, Fugitivus habe, seitdem die

feindlichen Armee» gegen

den Jäger

in dortiger sich

zu

Gegend

gestanden,

aller Menschen

Ver­

wunderung ganz leutselig gegen sonst Jedermann aber

nach

wie vor stürmisch bezeigt.

Von der Kappelin,

welche doch durchgängig ihre« Mannes Aussagen, so

wett e« auf Fakta ankimmr, die ihr wissend seyn kön-

-nen, bestätiget r kommt in actis gar nichts vor; daß sie einige gehäßtge Gesinnungen gegen ihren Dienstherr» gehabt, vielmehr findet sich in denen Sequestrations-

Acten daß er ihr Wohlthäter gewesen und ihr zum Theil im Verfolg eines von seinem Bruder und Erb­

lasser zu ihrer Ausstattung geschehenen Versprechens, zum Theil zu Belohnung derer seinem Bruder und ihm

gethaue Dienste, eine Versicherung auf 300 Fl. gege­

ben, welche nach seinem Tode zahlbar seyn sollen. So wird auch in actis nicht einmal eine llrsache angegeben, warum der Kappel den Cnratum Schmidt durch falsche

Aussagen in ein so großes Unglück dritten wollen. Hwezr

< 97 ) Zweytens.

Gesetzt, der Dries sey unächt« und

des Barons Warkotsch Hand nachgemacht, so ist doch

gewiß; daß es aufeine so geschickte Art geschehen, daß dem Auge kein Unterscheidungszeichen übrig bleibt.

Die F. v. Warkotsch selbst giebt keine andere Ur-, fache an warum sie das Schreiben für untergeschoben

halte, als weil sie ihren Ehe- Consorten für unschul­

dig hält, ihr kann man diesen Schluß zu gute halten/ aber sonsten kann er nirgend« gelten/ Es müßte unstreitig Jemand eine große Fertigkeit

in Nachahmung der Handschriften erlangt haben, um dar Schreiben qu. verfertigen zu können.

Von dem

Kappel zeigt seine eigene Handschrift: so bey dem Sequest. Akt. votkommt, und zu deren Einsicht eine von

ihm eigenhändig geschriebene Quittung, um deren Ein­ sendung ad acta wir allergehorsamst bitten, hierbey liegt:

daß seine Hand dazu nicht geübt genug ist. Die Kappeiin kann nicht einmal geschriebenes lesen,

und sonst kommt doch auch in actis Niemand vor, noch

ist bey der Untersuchung aiiemand entdeckt worden, der

theils dazu das Geschicke, theils Nutzen von einer der/ gleichen That zu erwarten hätte. Ein weiterer Beweis, daß die Anklage gegen bey­

de Fugitivoö guten Grund habe, und daß das producirte Schreiben ruht, liegt in dem Antwortschreiben

der Oesterreichischcn Gerichtstellen ans die dahin pro

afflxione Edictalium erlassene Requisit 5

darin stehet t

Es sey von dem angeblichen Verbrechen beyde? G


daß die Eva gerufen gekommen. Der Eva Mutter deponirt am sten Januar. Ge­ stern s Wochen an einem Feyertaq (dsr Kalender wei­ set aus, daß dieses der zote November als der Andreas­ tag ist) sey ihre Tochter aus der Kirche gekommen und habe zu Deponentin gesagt, sie wolle nach -Henrichau gehen, und dem Eheweibe des Kutschers bey dem Priborner Amtmanni z Scheffel Aepfel kaufen; sie habe also mit der Deponentin gegesseir, sey erwan um i Uhri?achmirrags weggegangen; soll aber noch nach -Hause wieder kommen, ohne daß Deponenrin wisse, wo sie hingekommen, »roch alle»

(

Hf

>

ihres Nachfragen« ungeachtet, etwas von ihr

erfahren können.

So viel habe sienachhero von er»

meldetet Kutscherin gehört- daß sie der Eva einmal

zufällig gesagt, sie solle, wenn sie etwa nach Henrlchau ginge, ihr i Scheffel Aepfcl einkaufen aber eben am

Andreasrage cs nicht verlangt.

Da mit öffentlicher Gewalt in dortiger Gegend nichts auszurichten gewesen- so Hal der Oberamtmaun in Priborn Auftrag erhalten; sich mir guter Art dieser verdächtigen Person zu bemächtigen, der Erfolg steht

annoch zu erwarten- und dis dahin kann hierunter weiter nichts verfügt werden.

Wir überreichen Ew. Könlgl. Majestät anbey zu­ gleich die ZnquisttionsAkten in zwey Volum.

Die in

diesem Bericht erwähnten zwey Schreiben des Baron

Warkotsch, nebst der Quittung des Matthias Kappelüberlassen übrigens alles Dero allerhöchsten Verfügung,

Und verharren-

En>. König l. Majestätallerumerthäntgsttreu gehorsamste, zu Dero

DreSlaUsche Ober-Amts Regierung verordnete Ober» Präsident, Präsident, Direktor und v. Münchhausen,

Räthe v. Earmer, v. Lüttichau,

Freyh. v. Seidlitz, v.Tschtreky, v. Zedlitz:



(

Fünfter

"6 ) Abschnitt.

Historische Erläuterungen und Zusätze.

I.

Anmerkungen über einige Verschiedenheiten, welche fich in den Aussagen des Hegemeisters, Kap­ pel, finden. ^er aufmerksame Leser wird einige Verschiedenheiten

in dem schriftlichen Aufsatz deö Herrn Kappel mit dem an den König erstatteten Bericht der Königs-Oberamte,

Regierung finden.

Aber er sind solche für die Haupt,

fache unerheblich.

Für den Historiker ist aber die ac,

tenmäßige und mit Eiden bekräftigte Darstellung tut,

scheidend.

Wenn auch in der Bestimmung der ©tun»

den, in welchen jeder Vorfall sich ereignet hat, oder

der Inhalt und Bestimmung des Warkotschen Briefer

verschieden angegeben ist, so sind dieses Gedächtnißfeh, ler, welche dem treuesten Geschichterzähle. leicht zu ver, zeihen sind.

Sie ändern auch in der -Hauptsache

nichts.

Seine Aussage von dem Vermögen der Arau von IVarkorsch ist dahin zu berichtigen, daß solches nicht in 20,000 SL, sondern nur 17,000 Fi. bestanden. Und

re wird

in der Folge gezeigt, daß ihr die Auszahlung

ihres Eingebrachten rechtlich juerkannl worden, wenn

r

117

)

fit auf die iffentlicy ergangenen Edictalcltationrn nach Schlesien zurückkommen würde.

Da sie aber vermuth»

lich vom Kayserlichen Hofe abgehalten und ihr die Bor»

ladungen verheelt sind; so ist dieses Capital vom König zur Erziehung junger Schlesier verschenkt worden.

Der Jäger sagt: daß der -Hauptmann von Raa

benau mit dem Baron, den er eben bey Tische gefunden,

gespeiset und getrunken habe; derHerrZnspektorMül«

ler aber, welcher zu der Zeit Feldpreviger bey dem Za»

strowschen Regiment gewesen ist, versichert aus den Ver hörsakten, daß der Hauptmann nichts genossen habp. Es läßt sich auch nicht vermuthen, daß ein kommandirter Officier sich durch solche Höflichkeitsbezengungen in

der schnellen Ausführung seiner Königlichen Aufträge werde Verzögerung machen lassen.

Herr von Rabr»

nau hat vielmehr versichert, daß er weder Wein noch

Speise angenommen, sondern, nachdemer eine kurze Zeit sich neben den Baron niedergesetzet, habe er ihn ans Fenster gerufen und die höchste Arrestorder eröf»

net.

Es sey der Baron hierbey so unerschrocken geblie­

ben , daß auch nicht eine veränderte Miene an ihm zn bemerken gewesen, denn es habe derselbe mit scheinba­

rer Kalblütigkeit gesagt, ha! da will mir der Minister Schlabberndorf einen Streich spielen; er ist mein Feind und ärgerlich, daß ich keine Fourage liefereIch werde

mich sogleich anziehen und mit ihnen nach B»!eg in

Arrest gehen.

Der Baron fing auch sogleich an sich

(

US

)

zu kleiden , und der Hauptmann setzte sich nieder, dem

Könige die geschehene Arretirnng schleunigst zu melden.

Kaum aber hatte er die Ordonanz mit diesem Rapport abgefertigt, als der listige Hochverräther, auf die vor­ beschriebene Art entkommen war. Da der Zäger wäh­

rend dieses Vorgangs in Strehlen beym König gewe­ sen, so hat ec nur aus Hörensagen wissen können, was

mrterdeß geschehen ist.

Indessen leides seist? Wahr,

heitöllebe darunter nicht.

II. Ob die Gefangennehmung oder Ermordung des

Königs ausführbar gewesen. Wenn man die Stellung beyder Heere; — das Ter­ rain v.on Strehlen; — die Lage des Hauses kennet welches der König bewohnte, |o bleibt fast kein Zwei­ fel,

Vast der verabscheuungswürdige Streich

harre gelingen'können.

Die Stellung der Armee wird sich der Leser zum Theil schon aus dem ersten Abschnitt in einem richtigeu

Ideal vorstellen könne».

Bpide Armee» standen sich einander in den KantonirrmgSqnarticren so nahe, daß sich die Patroullenofr

( ”9 ) einander begegneten.

Die Vesteeicher Hütten, sich

des Gebürges bemächtigt. Der Lönig lag ihnen gegen über bey Strehlen.

In der Stadt standen

einige Bataillone, das nahe daran stoßende DorfMai» selwitz aber hatte nur eine geringe Besatzung, weil die Zahl der Häuser nur klein ist.

Die übrigen Re»

gimenter lagen in den benachbarten Dörfern, so daß

sie bey entstehenden Angriffen, bald ins Gewehr sprin­ gen, znsammenrücken und bey» von vorne attaquicenden Feind die Spitzen bieten konnten.

Denn im Rü­

cken war keine Hauptattaquc möglich, weil die vorste­ hende feindlicheArmee nicht ohne Wissen des wachsa­ men Könige aufbrechen konnte.

Cs mußte also auch

das Hauptaugenmerk des Königs auf den von vorne gegen ihn stehenden Feind seyn.

Zur Sicherheit sei­

nes Rückens aber lag hinter Strehlen das Regiment Zastrow Cavallerie.

Jager und starke Feldwachten

schützten diesen Rücket» der Cantomrungen vor kleinen

Anfällen.

Ee hatte also der Monarch aiö Feldherr

seine Position mit großer Vorsicht gegen einen ehrli­

chen Feind genommen. Aber gegen ein? Partey Mem chelmörder, hatte er seine höchste Person nicht genugsarn in Sicherheit geseyer.

Der Hochverrather Warkotsch, hatte dem Feind die

geheime Wege bekannt gemacht, durch welche sich die Verschwornen in der Nacht durch hole Wege nnd Wald an das Hauö des Königs heranschleichen, chn überfallen

(

rr«

oder ermorden könnten *).

).

Er hatte erfahren baß'die

hinter Strehlen stehende preußische Cavallrrie und tw< nige Infanterie Order hatte; sich sogleich bey einem entstehenden Angriff nicht hinter Strehlen ru postirenr

sondern schnell in die Linie vor Stehlen zu eilen« Mit­

hin wüste Warkotsch daß die im Hinterhalt im Busche liegenden Verschworn en,, feinen

Widerstand finden

würden.

Und nun war der Plan dieser; dieOestreichscheAre mee wollte in der Nacht einen Hauptangnf auf die

preußische Fronte thun: und in eben diesem Moment

sollten die in dem nahen Stadtwalde aus der Lauer liegenden Verschwornen durch das Fenster von hinten ungehindert einbrcchen, weil hier gar keine Wacht war.

sondern diese sich auf der andern Seite bes Hause- bk« *) Das Hau-, welches der König bewohnte, war von ei­ nem Stockwerke, und lag nicht in den Ringmauern der Stadt Streblen; sondern in dem daran stoßenden offnen Dörte Maiselwitz. Es gehörte dies Haus dem Bauinspektor Bruckkampf. Neben diesem Hause war die Wohnung de- Herrn Postmeisters Stiller von a Etag-n, in welchem da« khnigl, Kabinet war. In einer kleinen Entfernung von diesen Häusern fing sich der Stadtwall an, au« öem man durch Schlünde, das Dorf Husnnetz vorbei, ungesehen anb ohne «inen Posten zu berühren, bis an den Stiyerschen Garten kommen konnte, durch diesen, wie auch Bruckkampfschen Barten, stießet der kleine Fluß Oblau, welcher damals kehr seichte war, und die Verschwor« nen nicht obhalten konnte, durch das Schlafgemach­ fenster des Königs den Ueberfall zu thun,

(

fand.

»I

)

Zugleich sollte aber auch ein von hinten kom­

mendes starkes feindliches Kommando des Königliche Haus pon vorne umziehen, die Wacht niedermachen

und da« Dorf und die Stadt anzünden. Verwirrung hoffte man dann gewiß,

Zn dieser

den König le,

bind oder todt zu überwältigen, und die ihres Helden« Hauptes beraubte kleine preußische Armee zu schlagen. Oder wenn auch der mörderische Streich nicht gelingen sollte, so setzte stch die Oestreichische Armee in keine

Hauptgefahr, weil sie sich leicht in« Gebirge zurück,

ziehen konnte. Den Verschwornen war der Rückgang auch leicht möglich; denn um Strehlen herum ist alles mit Der,

gen umgeben, die Stadt selbst liegt in einem Thale, Waldungen und Gebüsche deckten das Zurückfliehen det Verschwornen und ihrer Unterstützer, welche über das mitten im Walde liegende kleine Dörfchen Pagarch

hatten heranstürmen sollen.

So ward nach mißlungenem Streich der entwor­

fene Plan in der östreichischen Armee von vielen für ausführbar gehalten, der Hochverrath des Warkotsch von allenRechtschaffenen verabscheuet und von den Wohl-

denkenden lehr gemißbilliget, daß sich der General N. bis dahin erniedrigt, ein so abscheuliches Vorhaben zu ge­

nehmigen *). Denn ohne höher» Beytritt hätte Walli«,. •) Der Feldmarschall Daun stand zu der Zeit iw Sach, ftn, und bezeigt« laut seinen Unwillen über dieses Komplott.

(

"r

)

bei* Kommandeur des Laudonfchcn Regiments/ nicht einen so viel umfassenden Entwurf machen können Die ehle gräfliche Familie von Waljis machte auch öf­ fentlich bekannt: daß dieser mit dem Hpchverräther unter einer Decke gestochene Wallis nicht zu ihrer Fa, milie gehöre. Gefangene östreichische Hsficiere sagten damals: daß er von geringer Abkunft sey. Der Grneral Laudon habe ihn al« einen unternehmenden Kopf emporzchoben.

Zn Ganzem genommen bleibet über manchen Um*

stand der Entstehungsgeschichte dieses Hochverrathü noch eine Schleyer hängen, von welchem zu wünschen ist, daß ihn auch die Zukunft nicht wegnimmt. Der

Nachwelt wird es schon genug seyn, den Hauptverbrecher ausgestellt zu sehen, und freuen werden sich noch spate edle Leser,- die Wege zu sehen, auf wel­ chen die Vorsehung Retterin des Königs ward.

)

(

hl Einige nähere Umstände von dem Charakter und

Ende des Verräthers Warkotsch und Schmidt.

>LDicht!ge böse Thaten der Menschen haben immer

ihren Quell aus einem schlechten Hauptgruudsah, nach

welchem sie ihren Verstand, Neigungen und Hand, lungen forme».

Der Baron Warkotsch ward Bise,,

wicht ui>d unglücklich, weil er es sich zur Lebensma, xime gemacht hatte :

man müsse ohne Rücksicht auf

Religion, Eyd und Tugend seinem Landeeherrn un,

treu werden, wen» man bey erneut andern die Un, treue wohl bezahlt empfinge."

Er war, ein, Mann,

welcher gar keine gereinigte katholische oder evangeli, scheRcligionZbcgriffe praktisch besass Zwar bekannte er-

sich, dem Namen nach, zur lutherischen Kirche, weil seine

Unterthanen evangelisch waren, und er befürchte.e, daß die Härte, mit welcher er thuen begegnete, ihr Schreien

über ihn nych mehr vergrößern würde, wenn er die

katholische Religion anuähme.

Indessen äußerte er

oft den Wunsch, daß seine Unterthanen und Pfarrer katholisch seyn mögten; weil dergleichen Leute nicht so

klug wie die Protestanten wären, und sich durch di«

Leitung der Geistlichen mehr gefalle» ließe».

Seinem

evangelischen Prediger Gerlach begegliete er gering«

s'iahig, und die Sffenciiche Gorresverehrung vecHrere ec.

Seinen 'Hang zur Wollust sättigte er

C

124

)

mit Beleidigungen der würdigen Gemahlin durch eheliche

Untreue.

Sie muste sogar dulden, daß eine der De»

dientinnen die nächtliche Dienerin ihres Gemahle war.

Den Trunk liebte er, ohne den Verstand zu verlieren, und das Spiel, ebne große Summen zu verschwen-

den.

Zu beyden suchte er Gesellschafter, ohne delikate

Rückstchl auf seinen Stand.

Er ward allen gefällig,

die seinen Vcrgnügungstrieb nähren halfen.

Aber er

war auch seiner -Hofmann, und hatte als ehemaliger kaiserlicher Kammerherr die Kunst studieret, die HLhern

und Höchsten für sich einzunehmen. Dieses Talent nutzte er, um die Anlage zu der schwärzesten That zu machen,

und die erschmeichelte Gnade des Königs zu dessen Ver» derben zu nutzen.

Der Gang, den er hierzu nahm,

war dieser im August 1761: er hörte, daß der bie­

dere evangelische Sradrprediger Lranicher zu Reichenbach dem Könige in das veste -Hunger­ lager nach Bunzelwiy durch vertraute Loren

vorrrefliche Pfirsichen, Weintrauben und ai

sie vorher in manche schauderhafte Desorgniß gesetzet hat. Auch seine Liebe zum Lande und zum Heer; die un­ gemessene Gegenliebe der Unterthanen und der Armee

hielten ihn ab, seine Unterthanen und Helden durch seinen Tod zu betrüben, zu bestürzen und den Feinde»

)um Raube zu geben.

Hierzu kam noch das Bewustseyn, und Selbstgefühl, daß keiner nach ihm das Rcgentenseeprer und den Kommandostab mit solcher Geisteeinacht würde

führen können, als es in diesen Verwirrungen erfor, dort ward. *)

Er wolle seinen bittern Feinden durch seinen Tod (ein Fest her Schadenfreude geben.

Er sahe daß viele Officiere,

Gemeine und ihre

rechtschaffenen Feldprediger, trotz aller Gefahren, Un« glück und Niederlagen, dennoch als Heidenmüthige

Männer laut sprachen und thaten.

Ihre Beyspiele

stählten seinen Ehrentrieb; sich nicht mit seinem Blute und mit her Schande des Selbstmords zu beflecken.

Denn seitdem man sich einander ins Ohr sagte, haß von Friedrich diese Desorgniß abwalte, so zeigten ♦) Er hatte zwar den 17- Marz 1761 zu Meißen, in Gegenwart deS Minister- von Fink, des jetzigen Herrn Grafen von Herzberg, des verstorbenen @c# heimberachs Häseler, und des englischen Gesandten Mitschel, in Ansehung der Thronfolge, eine Anord­ nung gemacht; aber er sahe, daß die Ausführung seines Regierungsplans viel Bedenklichkeiten habe.

< rzo ) einige edle Männer klugen und gutherzigen Muth. Dieser bestand darin: daß ste laut vom Selbstmorde, als von einer ehrlosen That, sprachen, welche Wahn­ sinn oder Feigheit brandmarket. Feigheit bey denen, die mit Ueberlegunq das Leben entreissen, weil sie nicht Muth haben, die Gefahren zu bekämpfen. — Wahn­ sinn bey leiblich kranken, melancholischen, oder ver­ wirrten Unglücklichen, welche gute oder schlechte Religionekenntnisse besitzen.

Durch diese wahren und allgemein in der Armee angenommenen Lehrsätze, ist der Selbstmord im preu­ ßischen Heere, während des Krieges, so selten geblie­ ben, daß mir nur das einzige Beyspiel eines an Gemüth .unb Körper kranken Lieutenants vom Neuwittsche» Mgimente bekannt geworden. Es würde aber auch dieser Mord verhindert seyn, wenn er einen Freund gehabt, welcher ihn in seiner Gemüthsniedergeschla­ genheit aufgerichtet, und den preußischen Heldengeist in dieser schwachen Stunde gestärket hätte •). *) Hier sey es mir erlaubt, noch zur Ehre des Königi und seines Volks, eine wahrhafte Bemerkung zu machen. Es ist diese: der König achtete viel auf den Dolkssinn (Esprit national). Wenn die neu aus dem Lande ansgehobeneu Rekruten bey der Armee ankamen, so ließ er sich durch die Flügeladjudanten »der Kommandeurs gern erzählen, was der Bürger unb Bauer von dem Krieg spräche; ob sie noch gu­ ten Muth und Hoffnung hatten, daß endlich alles gut zehen wurde? U«b da hörte er denn oft mit

c

171

)

Der König hatte bey seinem ersten heftigen Anfall im Lager bey Lentmeritz einen treuen Unterthan; und während der zweyten großen Versuchung, in den Mar­ quis d^Argens einen Freund, dessen Brief lauter muthmachende Darstellungen aufstellten. Allee was er dem beängsteten König schrieb, war bestimmt: den Kleinmuth zu verscheuchen, und den Lebensmuth des großen Mannes zu erhalten.

Wer ehret wohl nicht,

Vergnügen, daß die Stadt- und Landprediger de» Gemeinsinn noch immer muthig zum Vertrauen auf Gott und zur Liebe für den König stimmten. Al­ ma« einst sichtbar bemerkt hatte, daß diese Aeuße? rungen Freude machten, so sagte ein verständiger Kriegesmann: "der König und wir können so lange muthig bleiben, als der Gemeiusinn der Prediger, Bürger und Bauern noch guten Muth hat Ist daLand nicht verzagt, so muß die Armee leicht tapfer seyn und bleiben." Und da haben sich denn wahrlich die damaligen preußischen Stadt- und Landprediaer ein nie genug erkanntes, ein ewig denkwürdiges Verdienst gemacht. Noch spate Nachwelt wird mit Friedrichs Geschichte, Sacks, Möllners, OrtmanS re. Kriegs-und Siegespredigteu bewundernd lesen, wenn sie siehet, wie diese Heldenmänner nichts als unerschütterliche Da§ terlands-unb Königsliehe athmen; wie sie alles um sich herum mit Vertrauen auf Gott befeuerten. Der König, die Armee, die Prediger und Landesbewohrrer arbeiteten mit vereinter Anstrengung den preußi­ sche« Natwnalgeist zur höchsten, zurniegeschehene« Höhe archuschwingerr.

C

172

)

mit mir die Asche des in dieser Absicht verdienstvollen Marquis *), *) Hier tft eine Stelle aus dem 46sten Briefe, welchen her Marquis den 17» Junii 1760 schrieb;

Sire! Ich fühle zwar wohl, itt welchen Mühseligkeiten und Unruhen sich Ew. Majestät befinden muffen! allein Sie finden in Ihrem Geiste und in Ihrer Entschlossenheit Mittel genug, um sie rühmlich zu besiegen. Ich bemerke in aller Herzen eine gewiffe Hoffnung, die mir ein sicherer Bürge für die Er­ füllung meiner eigenen Zuversicht ist, die ich immer hege, und die, trotz der Widerwärtigkeiten, mich niemals täuschte. Ich habe hier Gelegenheit, ei­ nige Briefe zu lesen, welche Officiere von.Ihrer Annce geschrieben hatten. Sie zeugen von dem besten Wollen aller Truppen, sie sind ganz voll von Vaterlandsliebe und Enthusiasmus für Ihren Ober­ herrn. Diese Briefe scheinen mir die besten Vor­ zeichen von dem Glück des Feldzugs zu seyn; sie fiitb zuverlässige Zeugen von dtm Muth des Officle^s und Soldaten, weil sie von Leuten geschrien ben sind, die gar keine Ursache hatten, ihre Gedan­ ken gegen die zu verstecke, an welche sie schrei­ ben. Ich gestehe zwar ein, daß Ihnen Ihre Feinde sehr überlegen sind; aber Ihre kriegerische Talente und die Tapferkeit Ihrer Truppen werden schon ersetzen, was Ihnen an Menge abgeht. Was Sie ein Wunder nennen, das nenne ich eine glückliche Begebenheit, die durch Ihre Klugheit und Ihren Muth bewirkt wird. Und diese Begebenheit wird gewiß früher oder spater in diesem Feldzüge erfol­ gen, soferne Sie nur Ihrer Person schonen und unaufhörlich vrdeüken wollen, wie nöthig Sie zum

(

173

)

Aber vielleicht hätten alle diese neun Hinderung«!, mittel nicht ihre Wirkung gethan, wenn nicht gleich,

Testen der Sachen stnd, die endlich schlechterdings eine glückliche Gestalt gewinnen muffen. Der.König harte ihm den 15. Senner *760 gtz, schrieben: „Sie mein lieber Marquis, sint> wd)t jto) rüg, haben kernen Staatzu vertheidigen, dürfen keine Unterhandlungen besorgen, auf keine Hülfsmittel bedacht seyn, und sind für keine Vorfälle verantwort, lieb. Ich, der ich unter dieser Bürde erliege, ich al, lein muß darunter leiden. Lasten Sie mir diese Bür, de, lieber Marquis, ohne sie mit mir zu tbriitn. — Trift mich noch ein Unglück, so ist es der Gnaden, stoß. Wahrlich das Leben wird unerträglich, werrtt man es in Verdruß und tötenden Gram verleben muß'; es botet auf eine Wohlrhat zu seyn; es wird ein Gegenstand deS Abscheues."

Auf diese und ähnliche Klagen ward der alte Mak, quiö immer ter unermüdete Tröster. Und als -er Kömg ihm am 1 Iuny 1760 geschneb?» halte; „Ich tauge zu nichts mehr, als Proserprnens Reich zu vermehren, wenn Sie dort etwas zu brstellen haben, dürfen Sie es mir nur auftragem" Statt eines Auftrages itl die Unterwelt, sandte ihm aber der Marquis den vorstehenden Brief; und der König antwortete ihm im 74st»n Briefe! Für mich sind Ihre Briefe ein Trost, so wie dem EliaZ die Erscheinung der Krähen, die ihm in der Wüsten Nahrung brach, ten; oder was eine Quelle einem Hirsch ist, der vör Durst schreiet; oder wie der Anblick des AnchiseS dem Aeneas, als dieser seinen Vater in der Unter, weit gewahr wurden Berauben Sie mich also nicht meinereinzigenFreudewährend meines langen Miß, vergnügens, und seyn Sie der Freundschaft versi.

C

174

)

(am von ohngefähr, grade in den gefährlichsten Au­ genblicken , kleine oder große Begebenheiten entstanden

wären, welche die Ausführung eines furchtbaren Ent­

schlusses hemmeten, zernichteten und fein Leben retteten. Denn bey Leutmeritz attaquirten die Oestreicher

«in auf der Westseite der Elbe unter dem General Ztzenblih stehendes Korps, und Laudon griff die dies­

seits deö Paskopohls stehenden Bataillone an.

Die­

ses Heranstürmen der Feinde nöthigte den König sein philosophisches Zimmer zu verlassen.

Er kam, ver­

jagte von beyden Seiten die Feinde, sehte sich bald in

Marsch, und so ward Laudons Angriff des Königs

Lebensrettung. Eben dieses war der Fall im traurigen October

Monat 1761.

Denn eben, da der Unmuth des Königs

auf« höchste gestiegen und heimlich gefahrdrohend war, nahm Laudon durch einen nächtlichen Ueberfall die Fe­

stung Schweidnth, und nöthigte den König, schnelle Plane für die Armee zu machen, zu deren Ausführung

sein gerettetes Leben unentbehrlich schien.

Dey dieser, wie mich dünkt, der Wahrheit gemäßen Darstellung, wird man mich von aller Schwärmerey frey sprechen, wenn ich läge:

Unter Gottes Leitung

war Friedrich in den Zeitpunkten als Weltweiser, Re­ chtet, die ich stets für Sie behalten werd«. Der unglückliche Krieg hat mich zum praktischen Philoso­ phen gemacht.

(

!7f

)

gent und Feldherr der unübertreffbare Held,

als er

seine Existenz nicht willkürlich endete. Es ist rühmlich für ihn, nützlich für Moral und Menschenwohl, daß der Sonnenzeiger seiner Lebensuhr von ihm nicht auf

gehalten ward; sondern bls dahin lief, daß er beym letzten Anschauen der Sonne sagen konnte: bald werde

ich bey dir seyn. *)

*) Eine der schönsten Scenen der letzten Lebenslage des Königs war bekanntlich diese: daß er sich in sei­ ner großen Schwachheit bey warmen und Hellen Son­ nenschein auf eine T-raffe seines Gartens tragen ließ, zum Himmel aufblickte, und zu der leuchtenden Gottessonne obige Worte sprach: „bald werde ich bey dir seyn!1 Die Mahler und Kupferstecher haben sich zwar schon um die Wette bemüht, diesen lehr­ reichen Vorgang meisterhaft darzustellen; aber ich wünsche doch, daß Europas größte Meister mit den Dichtern noch wetteifern, der N -chwelt etwas Voll­ kommenes zu hinterlassen. Als ich vor zehn Jahren zn dem vortreflichen Chodowiecki und seiner liebenswürdlgen Familie geführt ward, wies er mir die prächtig in Kupfer gestochene Thaten Alexanders des Großen, und sagte, daß er solche vor wenig Wochen den hoffnungsvollen jungen Kronprinzen von Preu­ ßen und Lu-wig gezeigt habe. Ich'erwiderte, daß ich wünschte: „dre Edelthaten Friedrichs des Einzi­ gen von Chodowieckr's Meisterhand gezeichnet und ausgeführt zu sehen. Wie herrlich würde sich nun diese Friedrichs - Batterie mit einer Darstellung der vorbeschriebcneu malerischen Scene schließen! Einer meiner Magdeburgischen Bekannten hat diese herr­ liche Scene durch die Demoiselle Ringen mit hol,em Eolorit in einer zwey Quadrat großen Schilderung

C 176 ) Mächten hoch alle Dulder/ welche unter der drückenden Last von Selbstmord gekrümmt gehen, so wie Friedrich, Kämpfer und Ttlumphirer auf dieser Heldenbühn werden»

Friedrichs Benehmen unter allen Stürmen des Lebens ist redender Beweis seiner Geistesgröße. Qiiae tibi pro tanti pulso discriinine Regni

Sufficiant lau des9, Claudian de beBo gallicö.

M.» sage nicht i „ja der König hat sich nicht das Leben

genommen, weil er noch immer einen Strahl der Hoff­ nung hatte, glücklich aus dem Kriege zu kommen; wäre er aber gefangen worden, oder hätte er in einem schiMsi ljchen Frieden einen Theil seiner Länder abtreten Müssen, so würde er gewiß sich das Leben verkürzet haben." Wer dieses sagt, dem antworte ich, daß niemand mit entschei, dendet Gewißheit sagen kann, was geschehen seyn würde. Das aber, was Friedrich würklich gethan hat, zeigt unwiderleglich, daß ex ehrwürdiger Held tn bet Erhaltung seines Lebens gewesen ist.

malen lasten. Ich stehe oft bey diesem Gemälde; und nenne mein Dabingehen «ine Wallfahrt zu Friee drich de» Verewigten.

Siebenter

c i77 ) Siebenter Abschnitt. Jubelgedicht der Madame Karschin, auf die

Rettung des Königs.

'Dchreck, Entsetzen, Betäubung und Abscheu, durch­ bebte alle Freunde Friedrichs, als sie die Beschreibung

des Hochverraths hörten.

Aber unbeschreiblich wonne­

voll war auch der schnelle Uebergang von Betrübniß

zur Freude, als man die Rettung zugleich vernahm. Ausbrüche des Vergnügens, des Jubels und der Won­ ne, sahe und hörte man von allen Seiten.

Die Tem-

xel ertönten von Preiegebeten; denn die Liebefür den

König ging bey allen Redlichen fast bis zum Unglaub­

lichen.

Und da sich die Rettung des Monarchen eben ge­ gen das Ende seines soften Jahres ereignet hatte, so

ermunterte ich die Glieder meiner Gemeinde: «in fey-

erliches Dankfest in der Deutschreformirten Kirche an­ zuordnen. Dies geschahe. Schnell wurden die ansehn­ lichen Kosten zu dieser Ktrchenfeyerlichkeit freywillig, so milde zusammengeschossen, daß auch den Armen ein

froher Tag konnte gemacht werden *).

Die preußi-

*) Der verstorbene Kaufmann, Herr Bachmann, machte seinem Herzen da« Vergnügen, mit ausge­ zeichnetem Ldelmulh all« Besorgung zu übernehmen. M

(

178

)

sche Heldendichterin, Madame Rarschin, war eben in

unsern Mauern.

Sie verfertigte mir Mirgams Geist

den nachstehenden vortreflichen Lobgesang. Der uw sterbliche Rolle zeigte sein hohes musikalisches Talent in Setzung und Aufführung der herzerhebenden Musik. Und da war es dann leicht: daß der sei. Prediger Pauli und ich zu einer schon ganz auf Lobpreisungen Gotteü

gestimmten zahlreichen Versammlung froh reden konnte. Der damals hier in Magdeburg residirende König,

ltche Hof gab der Stadt und den vom Lande herein,

strömenden KönigSfreunden ein rührendes Beyspiel der ehrfurchtsvollen Götteeverehrung.

Sie erhöhelen

das Erweckende und Hinreißende der Erbauung, als der nachstehende Trtumphgefang den Tempel durch, hastete. Alles war Ohr und Gefühl, und FreudenthrS, neu funkelten in den Augen der Edlen. Vier Tage nach diesem Rettungsfeste legte Seite

drichs Kronerbe Friedrich Wilhelm Prinz von Preu,

ßen, (deö jetzt regierenden Königs Majestät) Ihr Glau,

bensbekenntniß ab.

Und den z isten Januar 1762 ge,

noß Stadt und Land die unausdrücklich frohe Erbau,

ung, ihren künftigen König zum ersten male in eben dem Tempel zum Altar Gottes hinzu nahen zu sehen.

Einige Wochen nachher, im Februar 1762, eilte er schon heidenmüthig in die blutigen Kriegesfelder: Schauer und Theilnehmer der Thaten des großen Friedriche zu werden.

(

>79

)

Tutti. Ruft den Abgrund selbst zur Hülfe Die ihr macbkig ihn umgebt, Gott ist nicht von uns gewichen, Feinde! sein Gesalbter lebt.'

Recital. Von. dem erwählt, Der Thronen umwirft, Thronen stürzet,

Und Königen die Tage zählt;

Von Gott erwählt, von ihm beschützet.

Ist Er ein halb Jahrhundert schon Die Lust de« Volks die Zierde für den Thron. Er trägt die Lost der Kriege

Auf seinen Schultern ganz. Um unsre Sicherheit zog er sechs Züge

Mit nichts geschmückt als mit dem Kranz Der selbst erstrittnen Slege.

Er führt sein Heer, das Vaterland

Für fremden Arm zu decken: Und wird gesühret durch die Hand,

Die auf Egyptier, des Todes schwere Schrecken, Wie Ungewttter fallen hieß,

Die Näder schnell von ihren Wagen stieß, Und Israel befreyte.

So hilft Gott, unser Gott, der schrecklich ist im Streite.

M

i

I If )

A!ria.

Der Feind trotzt hoch auf Roß und Wagen. Friedrich Host auf unsern Hort, Gott! du kannst mit einem Wort Ihrer hundert tausend schlagen. Ungezählt ist ihre Menge Wie der Sand am Meer. Rauschend hört sie Friedrich kommech Unverzagt ist Er; Denn der Engel Gottes lagert Sich um ihn daher. Recitak.

Er war verkauft. O! Ihn verrieth Ein schwarzer Bösewicht Dem Feinde, der von Friedrichs Angesicht Furchtscheuend sich zurücke zieht. Wir zittern noch--------- den Anschlag gab die Hölle. Schon saß Verrätherey Und lauschte dicht an jener Schwelle, Schon schlich die Mitternacht herbey. Schon drohete der Tod im Ueberfall. Gelobt sey Gott und Zubelschall, Der das gelegte Garn zerrissen t Es sollens alle Völker wissen. Daß der Herr noch mit «ns sey»

(

)

•Duett®, Wann der Herr nicht mit uns wäre, Würden wir noch seyn?

Schluckten uns nicht dieser

Heere

Offne Rachen ein?

Wollt uns Gott dem Feinde gebety

Würde da noch Friedrich leben? Netnll!

T u 11 i. Dank dem Gott, der uns im Zorne Nicht verwarf und nicht verstieß.

Dank dem Gotte, der uns Alles,

Der uns Friedrichs Leben ließ. O! mit hohen Lobgesängen

Preisen wir den Herrn, und flehn Ihn um Jahre, die den König

Größer noch im Frieden sehn. Der Leser, welcher Friedrich und Dichterkalent

schätzet, wird gewiß beym Lesen und Wiederlesen dieses

vortreflichen Krieges- und Siegesgesanges einen Theil der Empfindungen gefühlt haben, welche die Brust der Hörer durchwalleten. Magdeburg denket noch oft an diesen Danktag.

Und es hat Ursache dazu.

Denn auch dieser Stadt

und wichtigen Bestung hat sich die Vorsehung im sie-

(

182

)

benjährigen Kriege als mächtiger Retter verherrlicht.

Furchtbar, und verabscheuungswürdig war das Kom­

plott, welches durch mehr als $oo Kriegsgefangene, östreichische und russische Officiere, mit Hülfe von 6000

gefangenen gemeinen Oestretchern und Russen sollte auegeführt werden. Man wollte die schwache Garnison nebst den zn Hülfe eilenden Bürgern, auf ein gegebenes

Signal, in der Nacht niederhauen, die sieben Pallaste,

in welchen die sieben Königlichen Hofstaten ihre Residenz hatten, mit der Stadt Magdeburg anzünden, sich der

Kanonen auf den Wällen und der Thore bemächtigen, und das schreckenvolle Schauspiel des roten May6 1631, da Magdeburg jämmerlich zerstöret ward, er­ neuern*).

Aber Gott wachte.

Einer der verschwor-

nen gemeinen Oestreichs ward am spaten Abend in­

nerlich erwecket, dem braven Kommandanten, Obrist

von Reichmann das Mordgrheimnisr zu eröffnen. Garnison und Bürgerschaft traten ins Gewehr.

Die

*) Die sieben Königlichen Höfe, welche in den letzten Kriegesjahren ihre Semmirresidenz in Magdeburg hatten/ waren der Hof: r) der regierenden Königin, 2) des Kronprinzen und jungen: Prinzcu Heinrichs, 3) des Prinzen Ferdinand, Bruder des .hönias, 4) des Markgrafen»? Hein.ich/ der venvittweren Prinzessin von Preus/en mit der 6) Prirrzcssn helmiue, (jetzigen Stadrhalter n von Holland); mc 7) der Prin^sstN An alia, rcs Kenias Ecklrefer. Alle Liefe L^curcn waren mit Gefahren umringet.

C

18?

)

Offkiere tumben noch in derselben Nacht entwaffnet, der Anschlag vereitelt und dle Stadt gerettet.

Achter Abschnitt. Was vor Wirkungen hat es bis jetzt (1791) gehabt, daß des Königs Leben gerettet worden. 2yl«n thue einen scharfsichtigen Blick auf die Verkett

tung der Welrbegebenheiten, welche sich in dem Zeit»

raume seit der Lebensrettung des Könige, seit 1761 bis

1791 ereignet haben; mau frage, was daraus erfolget

i|i, daß Friedrich noch bis 1786 gelebt hat! Die wahrhafte Geschichte sagt: dadurch, daß der König nach rsIahren (von 1761 bis 1786) nach der War-

kotschen Verrätherey gelebt hat, sind folgende Haupt-' begebenhenen entstanden: 1. Er hat 1762 und 176z mit allen seinen Feinden

einen glorreichen Frieden schließen können, und nicht einen Finger breit Land verloren. r. Er hat sein verwüstetes Land wieder bauen, 6e#

Völkern, inneren Wohlstand vergößern und die Mil­ lionen Geld sammeln können, durch welche er Preußens

Feinden aufs neue furchtbar ward. 3. Sein Heer, dem er eigenthümliche Vollkommen­

heiten gegeben hatte, konnte er noch bey feinem Leben gebrauchen, große friedliche Thaten zu thun.

Dem»

C

18?

)

Offkiere tumben noch in derselben Nacht entwaffnet, der Anschlag vereitelt und dle Stadt gerettet.

Achter Abschnitt. Was vor Wirkungen hat es bis jetzt (1791) gehabt, daß des Königs Leben gerettet worden. 2yl«n thue einen scharfsichtigen Blick auf die Verkett

tung der Welrbegebenheiten, welche sich in dem Zeit»

raume seit der Lebensrettung des Könige, seit 1761 bis

1791 ereignet haben; mau frage, was daraus erfolget

i|i, daß Friedrich noch bis 1786 gelebt hat! Die wahrhafte Geschichte sagt: dadurch, daß der König nach rsIahren (von 1761 bis 1786) nach der War-

kotschen Verrätherey gelebt hat, sind folgende Haupt-' begebenhenen entstanden: 1. Er hat 1762 und 176z mit allen seinen Feinden

einen glorreichen Frieden schließen können, und nicht einen Finger breit Land verloren. r. Er hat sein verwüstetes Land wieder bauen, 6e#

Völkern, inneren Wohlstand vergößern und die Mil­ lionen Geld sammeln können, durch welche er Preußens

Feinden aufs neue furchtbar ward. 3. Sein Heer, dem er eigenthümliche Vollkommen­

heiten gegeben hatte, konnte er noch bey feinem Leben gebrauchen, große friedliche Thaten zu thun.

Dem»

c

4.

i$4

)

als Kayser Joseph 1778 die kaiserliche Oberger

walt mißbrauchen wollte, ohne Einwilligung des Rei­ ches eine willkührliche Theilung der bayerschen Reichs­ lande zu machen; so nöthigte er den Kayser, in die

Schranken der Reichsgesetze zurückzugehen.

Der Kö­

nig gab der deutschen Freiheit und dem kuhrfürstlichen Ansehen einen Theil ihrer verlornen Würde wieder.

5. Er stimmte die russische Kayserin, daß sie die Türken nicht ganz aus Europa verdrängte, und das Gleichgewicht nicht zu schwanckend würde.

6. Er mäßigte die Aiiforderuugen, welche Kayser

Joseph an die Republik Holland machte, und war

Hollands Schutz. 7. Der Furcht vor Friedrich hatte es Holland zu

danken, daß Frankreich nicht 1780—1786 mit einem Heere, sondern nur durch Aufruhrerweckende Emissarien

dieObergewalt über diesen wichtigen Staat zu erringen wagte, aber doch nicht behaupten konnte.

8. Er verhinderte Rußland, daß es sich nicht die Al­ leingewalt in Pohlen zueignen, und für Deutschland

zu furchtbar werden könnte*). •) Ohne Preußen wäre Rußland längst alleinigerOberherrscher von Pohlen geworden, und die Religions­ toleranz hätte nicht grünen, blühen und die das In­ nere des Reichs beglückende Früchte trage» können. Er beförderte den Polnischen Land- und Religionsfrie­ den.nicht mit den Waffe» in der Hand, sondern mit der Feder. Er sagt im izgsten Briefe an Voltaire: »wogte ich doch die Beredsamkeit besitzen, Pohlen