Die in Bayern giltigen gesetzlichen und verordnungsmäßigen Vorschriften über den Gewerbebetrieb im Umherziehen [Reprint 2022 ed.] 9783112624302

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Die in Bayern giltigen gesetzlichen und verordnungsmäßigen Vorschriften über den Gewerbebetrieb im Umherziehen [Reprint 2022 ed.]
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Herausgegebeil von Gg. llsdjolh, Bezirksamtsoberschreiber in ^Kffcn.

Norwor 1. Die Aufgabe der zur Ueberwachung des Gewerbebetriebes im Umherziehen berufenen Organe ist insoferne eine schwierige, als die hierauf bezüglichen Gesetze und Verordnungen, dann die zur Erläuterung dieser veröffentlichten Ministerial-Entschließungen und richterlichen Erkenntnisse sehr verzweigt in den bezüglichen amtlichen Blättern zu suchen und theilweise durch die Aenderungen, welche die Gewerbeordnung durch das Reichsgesetz vom 1. Juli 1883 erfahren hat, aufgehoben bezw. modifizirt sind. Gegenwärtiges Merkchen, in welchem die hinsichtlich des Gewerbebetriebes im Umherziehen in Bayern giftigen Gesetze und Verordnungen nebst Vollzugsbestimmungen zusammengestellt und mit den nothwendigsten Erläuterungen versehen, ferner die instruk­ tiven Ministerial-Entschließungen bei den einschlägigen Gesetzesstellen abgedruckt bezw. allegirt, dann alle einschlägigen oberstrichterlichen Entscheidungen berücksichtigt und zur Unterscheidung des Gewerbe­ betriebes im Umherziehen vom ambulanten Gewerbebetriebe die Bestimmungen der Gewerbeordnung über die Befugnisse des stehenden Gewerbebetriebes ausgenommen sind, dürfte daher einem längst gefühlten Bedürfnisse abhelfen.

Der niedere Preis wird die Anschaffung jedem Polizeivrgane ermöglichen. Füssen, im Januar 1890.

Uschold.

I. für Abtheilung. Gewerbeordnung das deutsche Reich. (Auszug.) Seite Tit. I. Allgemeine Bestimmungen Tit. II. Stehender Gewerbebetrieb: I. Allgemeine Erfordernisse II. Erforderniß besonderer Genehmigung. 2 Gewerbetreibende, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen............................................................................. III. Umfang, Ausdehnung und Verlust der Gewerbefugnisse Tit. III. Gewerbebetrieb im Umherziehen Tit. IV. Marktverkehr Tit. X. Strafbestimmun gen Schlußbestimmungen

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II. Abtheilung. Bollzugsbestirnrnuugen zur Gewerbeordnung. 1. Königl. Allerh. Verordnung vom 4. Dezember 1872 (Auszug) 2. Bundesrathsverordnung vom 31. Oktober 1883 3. Königl. Allerh. Verordnung vom 27. Dezember 1883 (Auszug)

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III. Abtheilung.

Bayer Gesetz über die Besteuerung des Gewerbe­ betriebs im Umherziehen

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IV. Abtheilung. Bollzugsbestimmungen zu diesem Gesetze. 1. Ministerialbekanntmachung vom 16. März 1879 2. Ministerialbekanntmachung vom 25. Oktober 1879 Alphabetisches Register

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I. Abtheilung.

Gewerbe-Ordnung für das

Deutsche Reich in der neuen Textirung vom 1. Juli 1883.

(Auszug.)

Titel

I.

Allgemeine Bestimmungen. 8 1. I Der Betrieb eines Gewerbes') ist Jedermann?) gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungens) vorgeschrieben oder zugelassen sind. II Wer gegenwärtig zum Betriebe eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Erfordernissen dieses Gesetzes nicht genügt. T) Als Gewerbe qualifizirt sich im Allgemeinen jede erlaubte, auf Erwerb gerichtete iinb berufsmäßig ausgeübte Privatthätigkeit. Eine Thätigkeit, welche nicht auf Erwerb gerichtet ist, sondern lediglich Kostenminderung bezweckt, ist kein Gewerbe; dies trifft zu B. bei Konsumvereinen, welche auf eigene Rechnung Waaren einkaufen und dieselben zum Selbstkostenpreise an ihre Mitglieder abgeben. Auch eine einmalige und ohne Fortsetzungsabsicht vorgenommene Erwerbshandlung kann unter Umständen — z. B. im Hinblicke auf die Menge der aufgekauften Waaren — eine gewerbliche Thätigkeit bilden. a) Hiennt ist der Grundsatz der Gewerbefreiheit zum Ausdrucke gebracht. Zwischen In uns Ausländern macht die Gewerbe-Ordnung keinen Unterschied; der Gewerbebetrieb der Ausländer kann jedoch beschränkt werden — vergl. § 56 a u. § 64 Abs. III —, in der ersten Richtung ist dies durch Absch. II der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883 geschehen. Der Mangel der Großjährigkeit ist kein Hinderungsgrund für den Gewerbebetrieb, gewiffe Fälle ausgenommen; vergl. § 57a und 60b der Gew.-Ordg. 3) Bergl. Titel II Ziff. II § 42a, § 43 und Titel III und IV der Gewerbe-Ordnung.

Die Unterscheidung zwischen Stadt und Land in Bezug auf den Gewerbebetrieb und die Ausdehnung desselben hört auf.

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I. Abtheilung:

Gewerbeordnung.

§ 3. Der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe, sowie desselben Gewerbes in mehreren Betriebs- oder Verkaufsstätten ist gestattet. Eine Beschränkung der Handwerker auf den Verkauf der selbstver­ fertigten Waaren findet nicht statt.

§ 4. Den Zünften und kaufmännischen Korporationen steht ein Recht, Andere von dem Betriebe eines Gewerbes auszuschließen, nicht zu.

8 5. In den Beschränkungen des Betriebes einzelner Gewerbe, welche auf den Zoll-,') Steuer«2) und Postgesetzen beruhen, wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert. *) Im Grenzzollbezirk dürfen nach S 124 des Vereinszollgesetzes (Gesetzblatt 1869 Seite 1474) Hausirgewerbe, zu denen auch das Halten von Wanderlagern zu rechnen ist, nur mit besonderer Erlaubniß des zuständigen k. Hauptzollamtes und unter den zum Zwecke des Zollschutzes erforderlichen, von dem k. Staatsministerium der Finanzen anzuordnenden Beschränkungen betrieben werden. Auf Material- und Spezereiwaaren, sowie auf Zeuge, ganz oder theilweise aus Baumwolle, Wolle oder Seide, soll sich der Regel nach die Erlaubniß nicht erstrecken. Es können indeß von dem!. Staatsministerium der Finanzen für einzelne Grenz­ strecken in Bezug auf solche Waaren, welche dort keinen Gegenstand des Schleichhandels bilden, Ausnahmen zugelassen werden. Ausländern darf nach den dermalen getroffenen Anordnungen von den Zollbehörden die Erlaubniß zum Hausirhandel im Grenzzollbezirk überhaupt nicht ertheilt worden, ausge­ nommen den Tirolern, die mit Nördlinger Teppichen, und den Bewohnern von Steiermark und Tirol, die mit Sensen und Wetzsteinen, sowie mit Töpferwaaren aus dem Bezirke Kröning in Niederbayern handeln. Auch erstreckt sich dieses Verbot nicht auf solche Ausländer, welche aus­ schließlich den Verkauf oder Ankauf roher Erzeugnisse der Land- und Forstwirthschaft, des Garten- und Obstbaues im gewöhnlichen Grenzverkehr betreiben wollen und für ihren Ge­ schäftsbetrieb eines Wandergewerbe-Scheines nicht bedürfen. Von den Behörden, deren Bezirke ganz oder theilweise im Grenzzollbezirke liegen, ist auf die angeführten, aus der Zollgesetzgebung hervorgehenden Beschränkungen des Hausirhandels bei Verbescheidung von Gesuchen um Ausstellung oder Ausdehnung von Wandergewerbescheinen geeignete Rücksicht zu nehmen. Wenn sich ergibt, daß der Nachsuchende im Grenzzollbezirk haustren oder ein Wanderlager betreiben will,'so ist ihm, falls er ein Ausländer ist, die Aus­ stellung oder Ausdehnung des Wandergewerbescheines, vorbehaltlich der in Abs. II gegenw. Anm. erwähnten Ausnahme, zu versagen, andernfalls aber ist er zur vorherigen Beibringung der Erlaubniß des zuständigen kgl. Hauptzollamtes zu veranlassen. Nach Bekanntmachung der kgl. Generaldirektion der Zölle und indirekten Steuern vom 4. Juni 1887 ist der Laus der Binnenlinie folgender: L Grenzbezirk von Sachsen längs der böhmischen Grenze gegen die Donau. 1. Die Binnenlinie des Königreichs Bayern zieht sich von demjenigen Punkte an. wo die Grenzlinie des Königreichs Sachsen in der Richtung von Oelsnitz nach Gumbertsreit endet, in den Regierungsbezirk Oberfranken auf der Straße über Neugattendorf, Hof, Moschendorf, Oberkotzau, Fattigau, Schwarzenbach, Unterschiedn, Oberschieda, Kirchenlamitz nach Marktleuthen und zwar in der Art, daß die genannten Orte und die sonst noch unmittelbar an der Straße liegenden Ortschaften gleich der Straße selbst ausnahmsweise zum Binnenlande gerechnet werden. 2. Bon Marktleuthen nimmt sie ihre Richtung auf der Straße über Hebanz, Oberhöchstabt, Thiersheim, Böhmmühle, Bergnersreuth, Arzberg, Heiligenfurth, Dornhof, Konnersreuth, Rosenbühl nach Mitterteich, von hier auf der Staatsstraße über Themenreuth, Tirschenreuth bis Rappauf, dann auf der Distriktsstraße über Liebenstein, Stein, Krähenhaus, Plößberg, Gehermühle, Floß, Kühbach nach Grafenreuth, von hier über Buch, Lindnermühle, Vitzmühle nach Albersried, auf dem Ortsverbindungswege über das sog. Schanzl nach Waldau, von da auf

Allgemeine Bestimmungen.

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der Distriktsstraße über Altenstadt, Ledermühle nach Vohenstrauß, von hier auf der Distrikts­ straße über Neuwirthshaus nach Burgtreswitz, folgt von da dem Laufe des Trebesbaches über Pingermühle, Kemnitzerschleike, Waltenried nach Trebes, ergreift hier wieder die Distriktsstraße über Weiherhaus nach Kulz, von hier auf dem Fahrwege über Ziegelhütte, Weihermühle, Tamersried. Berg, Katzelsried nach Hetzmannsdorf, dort ergreift sie wieder die Distriktsstraße und läuft auf derselben nach Rötz. 3. Von Rötz aus zieht sie über Kleineinzenried, Bernried, Schätzendorf, Steinmühle, Albersdorf, Engelsdorf, Kager, Buchermühle nach Pempfling, von da über Großbergerdorf, Loibling nach Cham — die Strassen und Orte von Schätzendorf bis Cham ausgeschloffen; die Stadt Cham liegt im Grenzbezirre und schließt dieser hier mit dem rechten Regenufer ab. Bon Cham weg läuft die Binnenlinie am rechten Regenufer entlang, dann über Alten­ stadt und Satzdorf nach Langwitz, von da auf dem Verbindungswege über Maiberg, Breitenstein, Mcinzing, Lederdorn, Gadsdorf, Reckendorf, Gradis, Geßdorf nach Kötzting. 4. Von Kötzting führt die Binnenlinie auf der Distriktsstraße über Grub, Hosern, Wölkersdorf, Bärendorf, Traidersdorf, Steinbühl, Kieslau, Matzelsdorf, Niederndorf, Sinndorf, Thallersdorf, Arnbruck, Exenbach, Trautmannsried, Draxelsried, Oberried, Mais, Mooshof, Bodenmais nach Böhmhof, geht von da in der Nähe der Kapelle bei Böhmhof von der Distrikts­ straße weg auf dem Fußwege über Drosselloch nach Braudten, von da auf dem Gemeindewege nach Schwarzach, von hier auf der Distriktsstraße nach Außencied, wo sie sich auf dem Gemeinde Verbindungswege nach Jnnenried und Zwiesel wendet. Von Zwiesel nimmt die Binnenlinie die Richtung auf der alten Straße über Lichtenthal nach Flanitz, verläßt unterhalb Flanitz die alte Straße und geht auf dem Fußwege über Flanitzhammer, Dörfl nach Unterfrauenau, woselbst sie wieder die Distriktsstraße erreicht und auf derselben sich über Mayernhütte, Althütte, Klingen­ brunn nach Spiegelau bewegt. Von Spiegelau läuft die Binnenlinie auf der neuen Grafenauer Straße bis Pronfelden, von hier aus biegt dieselbe links ab und berührt unter Einhaltung der alten Grafenauerstraße die Ortschaften Reichenberg, Höhenbrunn und Skt. Oswald, von wo aus dieselbe über Drachselschlag längs der nach Rosenau-Grafenau führenden Straße bis zum sogen. Ochsenhügel geht. Bon hier führt die Binnenlienie auf dem Ortsverbindungswege über Schönanger nach Kirchl bis zur Sägemühle und zieht sich von hier rechts auf den Verbindungsweg nach Hohenau. 5. Von Hohenau führt die Binueulinie auf der Distriktsstraße über Haslach, Bierhütte, Wolfstein, Freyung, Sägmühle, Wermain, Karlsbach, Raffelsberg, Ohmühle, Schiefweg, Pfeffer­ mühle nach Waldkirchen, von hier aus auf der Hauzenbergerstraße über Schmalzkistlhäuser, Windschnur, Hammerau, Neuhäusl, Lacken nach Hauzenberg, von da auf der Büchelbergerstraße über Fürsetzing, Berbing, Oberkümmering, Wulga, Raßberg, Manzenberg, Praßreuth nach Büchelberg, biegt kurz vor Freyhof von derselben ab, überschreitet bei Leoprechting, diesen Ort in den Grenzbczirk eiuziehend, die Staatsstraße, geht in gerader Linie Hart) Wotzmanndsdorf, und die Jlz bei der Ueberfuhr überschreitend, nach Ruderting. Bon hier aus zieht sich dieselbe längs des Rudertinger- und Haselbaches über Unterhaselbach bis zu der am Einflüsse derselben in die Gaissa liegenden Sägmühle, von wo aus die Gaissa bis zu ihrem Einflüsse in die Donau die Binnenlinie bildet.

II. Grenzbezirk von der Donau gegen das Gebirg und längs diesem gegen den Bodensee. 6. Bei der Mündung der Gaissa überschreitet die Binnenlinie die Donau, läuft dann längs des rechten Donaunfers nach Heining, geht von hier über Thann nach Neustift, biegt von hier über den Sägmeisterhof nach Scheuereck ab, erreicht bei der Kapelle St. Johann die PassauNeuhauser-Staatsstraße, läuft längs derselben bis zur Abzweigung des Weges nach Zipf und von hier auf der Distriktsstraße über Eglsee nach Sulzbach, von hier über die Zeintlmühle und Hartham nach Mittich und von hier der Passau-Pockinger-Straße folgend nach Pocking. 7. Von Pocking zieht die Binnenlinie auf der Landstraße nach Tutting, von da gegen den Fuß der Hügelreihe über Freudensteiu nach Schambach, sodann fortwährend am Fuße der Hügelreihe über Piermaier, Nindorf, Wasenmeister nach Skt. Anna im Rücken von Ering; von Skt. Anna über Prcnzing, Aicha, Loher, Spitzendobel über die Anhöhen nach Pettenan, von hier über den Bergrücken hinter Lichtenberg nach Roßbach, Harrham, Dattenbach, durch die Winkelhammer Gräben über Ziegelhütte, Ewigkeit, Weisenecker nach Antersdorf im Rücken von Simbach; von Antersdorf führt die Binnenlinie fortwährend am Fuße der Hügelreihe über Mooscck, Nadeleck, Hitzenau, Julbach, Untertürken, Stammham, Hofschallern nach Markt!, über­ schreitet daselbst den Inn und nimmt die Richtung über Bergham nach Schützing an der Alz. 8. Bon Schützing an bildet das rechte Ufer der Alz die Binnenlinie, Hohenwart, Hintermehingermühle, Löhner und Niederau in den Grenzbezirk einbeziehend, bis Burgkirchen; in Burgkirchen verläßt die Linie die Alz und zieht auf der Straße über Kasten, Pfaffing, Eckerstall, Hölzl, Schönberg, Oedhof, Bergham, Friedling, Racherding, Oberzeitlarn nach Hals­ bach, da die Straße verlassend über Moosen und Pfeffersöd, Glocken, Oed nach Kirchweidach, von da wieder auf der Distriktsstraße über Roidham nach Tyrlaching. 9. Von Tyrlaching läuft die Binnenlinie über Bergham, Otterding, Holzschnell nach Kngelthal und Wiesmühl; von Da auf der Distriktsstraße über Weilham, Weiherhaus, Haus

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

nach Tengling. Von Tengling läuft sie über Seesischer, Gessenhausen, Nothbicheln nach Hohen­ bergham, Knmberg nach Nathanschöring, Lackenbach und Kirchanschöring, dann längs des Mühlbaches bis Zeifen, hierauf wieder auf der Straße über Eglsee, Strauß, Dsrfen, Emmering, Moosen nach Schign, wo sie die nach Salzburg führende Hauptstraße erreicht, auf dieser eine kurze Strecke bis zur Waldspitze bei Hub bleibt, dann von dieser abzweigt und über Oberhub, Hubmühle ihre Richtung auf der Bizinalstraße nach Weildorf nimmt. Bon Weildorf zieht sie bis nach Straß an der Staatsstraße nach Salzburg und an derselben zurück über Ufering und Linden nach Teisendorf; von hier auf der nach Reichenhall führenden Staatsstraße über Strassenbauer, Windbichl, Maierhöfen, Schneeweid, Thannwies, Hohlweg bis gegen Kcöpfl, zweigt von dieser zwischen Hohlweg und Kröpft ab und führt auf dem Verbindungswege über Pfaffendorf nach Anger. Von Anger läuft sie auf dem Bizinalsträßcheu über Holzhausen, Stoißberg nach Kohlhäusl, überschreitet in gerader Richtung den Stoißberg, den Tanzgraben, das Steinthal, den Teisenberg mit der Bäckeralpe, gewinnt beim Brenneranwesen wieder das Sträßchen, auf welchem sie sich über Reut bis Inzell hinzieht. Bon Inzell führt die Binnenlinie entlang der Staatsstraße über die Orte Schwarzenberg, Paunholz, Ober- und Unter-Wagenau, Hammer, Flink, Hachau, Heutan, Molberting, Oed nach Obersiegsdorf. 10. In Obersiegsdorf verläßt die Binnenlinie die Staatsstraße und verfolgt die Distrikts­ straße nach Bergen über Untersiegsdorf, Aich bis Alzing, geht von hier nach Adelholzen und von da in gerader Richtung nach Bergen. Bon hier führt dieselbe der Distriktsstraße nach Prien entlang durch die One bezw. Einöden Gries, Anger, Pletschau, Geining, Klaus, Bauern, Affenyausen, Kitzbichl, Egerndach, Staudach — hier über die Achenbrücke -- vorbei an Reifing, Viehhausen durch Graßau über Kucheln, das Brunnhaus, Klanshäusl, Rottau, Farbing nach Bernau, läuft sodann entlang der Distriktsstraße über Back, Westerham, Gattern, Ausserkoy, Bucha, Innerkoy, Haindorf nach Niederaschau, von hier ocr Straße entlang nach Frasdorf, Westerndorf und Thal, von da in gerader Richtung über Ranhartstetten, Holling, Pulverer in der Ach, Esbaum zur Achmühle. 11. Von der Achmühle zieht die Binnenlinie entlang der Achen über Hackelmühle, Sinningermühle, Rohrdorf und zwar bis zu dem Sträßchen, welches von Neubeuern nach Rosen­ heim führt, setzt sich dann auf diesem Sträßchen, dasselbe eingeschlossen, rechts des Inns, be­ rührend die Wirthschaft Wegscheid, den Ziegler in der Thansau, den Ziegelberg, die Hofmühle, Hofleiten, Hofgarben, Hofau fort bis an die Stadt Rosenheim, wo sie den Inn an dem der Mangfallmündnug gegenüberliegenden Punkte überschreitet, dann ans dessen linkem Ufer auf­ wärts bis zum Bahnkörper der nach Salzburg ziehenden Eisenbahn, hienach längs derselben, diesen eingeschlossen, über die Mangfall zum Bahnhof Rosenheim, um diesen längs der vor­ handenen Einzäunung herum mit Einschluß des Hauptzollamtsgebäudes sammt Zugehörungen, folgt sodann auf der linken Seite des Inns dem Bahnkörper wieder über die Mangfall, durch­ schneidet oder berührt die Orte Rapping, Pfraundorf, Raubling bis zu jener Stelle, an welcher der Litzeldorfer Bach den Bahnkörper zwischen Raubling mib Litzeldorf schneidet, und zieht von da ab dem linken User desselben entlang über Blodenmühle, Spöck, Mooshäusl nach Litzeldorf. Bon hier führt sie in gerader Linie durch die Gebirge über Fischbachau, Lehenpoint, Auchrachstein, Fischhansen, untere Krainsbergeralpe, Schwaighof nach Rottach, von hier gleich­ falls in gerader Richtung über Weißachmühle, Aueralpc, Pagartenalpe, Fockenstein nach Lenggries. 1*2. Von Lenggries führt die Binnenlinie über die Isar in gerader Richtung über die Kothalpe, Ortereralpe nach Jachenau und nach Sachenbach zum Walchensee, südlich um diesen herum auf die aus Tirol hereinbrecheude Hauptstraße zu, auf dieser fort bis Wallgau, von wo sie sich in gerader Richtung über die Gebirge nach Partenkirchen zieht; von hier geht dieselbe auf der nach Murnau führenden Straße über Farchant bis Oberau, verläßt diese da, wo die nach Augsburg führende Straße einmündet und zieht sich auf letzterer über Ettal. Oberammergau, Unterammergau, Murmesau, Saulgrub, Bayersoyeu, Gschwend, Echelsbach, Aachen nach Rotten­ buch, von da über Rudersau, Boschach nach Ilgen und über Staltana und Lauterbach nach Stein­ gaden, Bruck, Gründel, sodann über den Lechfluß nach Lechbruck. 13. Bon Lechbruck weg geht sie über Reuthen, Skt. Wendelin, Forsthof, Furth, Sameister, Langenwald nach Roßhaupten; von da aus über Vorder-, Mittel- und Hintersulzberg, Riedegg, und Ried nach Seeg, von hier über Guggemosen, Attlesee und Lachen nach Nesselwang, dann über Wertach nach Kranzeck, Rettenberg. Agatyazell, Burgberg nach Sonthofen, welch letzterer Ort aber dem Binnenlande angehört; von da über Rieden, Bihlerdorf, Blaichach, Hofen, Mummen nach Jmmenstadt, welcher Ort gleichfalls dem Binnenlande angehört. Bon Jmmenstadt aus zieht sich die Binnenlinie auf der Straße nach Oberstaufen über Bühl, Hintersee, Rathholz, Hub, Konstanzen, Wiedmannsdorf, Lamprechts nach Salmanns, über­ schreitet dort den Salmanserbach und führt von da über Knechtenhofen durch den Eisenbahn­ viadukt gegen Wengen, überschreitet zwischen Wengen und Kalzhofen die Ach. Von Kalzhofen führt sie über Buflings zum Eisenbahnübergang, zieht von hier über den sog. Seelengraben gegen den Weiler Siechenhaus nach Gehnhofen, Aich, Hahnschenkel und Burkatshofen. Bon Burkatshofen bewegt sie sich, bei Rastmühle den Benlebach überschreitend, über Nagelshub und Oberreute nach Simmerberg. Bon hier aus läuft sie abermals der Staatsstraße entlang nach Weiler, verläßt diese hier, wendet sich gegen die Ortschaft Rothach mit Neberschreitnng des

Allgemeine Bestimmungen.

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gleichnamigen Flüßchens und führt dann über Ruppeumanklitz nach Lindenberg. Bon hier nimmt die Binnenlinie ihre Richtung über das nach Mellatz führende Sträßchen, hiebei den Mosbach überschreitend, geht durch den Weiler Ratzenberg, erreicht bei Mellatz wieder die Staatsstraße und bewegt sich von hier der Staatsstraße folgend über München nach Opfenbach und gegen Wigratzbad, durchschneidet die von Lindau nach Jsnh führende Straße und wendet sich alsdann gegen den Bahnhof Hergatz, diesen in den Grenzbezirk miteinschließend, Bon hier folgt sie der Bahnlinie, die Weiler Ober- und Untermützenbruck berührend, bis Stockenweiler; dort verläßt dieselbe die Bahnlinie, beugt um den sog. Stockenweilerweiher und nimmt nun den Weg nach Bölklings und den sogenannten Zipfengraben zur Württem­ berger Grenze. 2) Bergl. die Gesetze über Malzausschlag, Branntweinaufschlag, Rübenzuckersteuer, Salze­ abgabe, Spielkartenstcmpel ?c. rc.

§ 6. I Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung auf die Fischerei, die Errichtung und Verlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelts) das Unterrichtswesen, die advokatorische und Notariatspraxis, den Gewerbebetrieb der Auswanderungsunternehmer und Auswanderungsagenten, der Versicherungsunter­ nehmer und der Eisenbahnunternehmungen, die Befugniß zum Halten öffentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffs­ mannschaften auf den Seeschiffen. — Auf das Bergwesen, die Ausübung der Heilkunde, den Verkauf von Arzneimitteln, den Vertrieb von Lotterieloosen-) und die Viehzucht findet das gegen­ wärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrückliche Bestimmungen darüber enthält. II Durch Kaiserliche Verordnung wird bestimmt, welche Apothekerwaaren dem freien Verkehr zu überlassen sind?) 9 Bergl. Art. 41 des Polizeistrafgesetzbuches. 2) Der Vertrieb von Lotterieloosen im Umherziehen ist verboten — § 56 Ziff. 5, 8 56a Ziff. 2 und § 148 Ziff. 7a der Gew.-Ordg. 3) Bergl. die Kaiserl. Verordnung vom 27. Januar 1890, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, Reichs-Ges.-Bl. S. 9. Strafbestimmung in § 367 Ziff. 3 des Reichsstrafgesetzbuches.

8 n. I Das Geschlecht ) begründet in Beziehung aus die Befugniß zuni selbständigen Betriebe eines Gewerbes keinen Unterschied?) II Frauen, welche selbständig ein Gewerbe betreiben, können in Angelegenheiten ihres Gewerbes selbständig Rechtsgeschäfte ab­ schließen und vor Gericht auftreten, gleichviel, ob sie verheirathet oder unverheirathct sind. Sie können sich in Betreff der Geschäfte aus ihrem Gewerbebetrieb auf die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Rechtswohlthaten der Frauen nicht berufen. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob sie das Gewerbe allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen, ob sie dasselbe in eigener Person oder durch einen Stellvertreter betreiben. 9

Bergl. § 60 d und 8 62 Abs. V der Gew.-Ordg., dann bezüglich der ausländischen

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

Frauenspersonen Absch. II Ziff. 10 Abs. 111 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883. *) Nach dem vom Bundesrathe aufgestellten Entwürfe sollten die gegenwärtig in 8 1 und 11 enthaltenen Grundsätze, daß der Betrieb eines Gewerbes an sich jedermann gestattet ist, und auch das Geschleckt in Beziehung auf die Befugniß zum selbstständigen Betriebe eines Gewerbes keinen Unterschied begründet, die Beschränkung erfahren, daß für den selbständigen Gewerbebetrieb Dispositionsfähigkeit erfordert wurde, und es hinsichtlich der Befugniß der Ehefrauen zum selbständigen Gewerbebetriebe bei den Landesgesetzen bewendete. Diese Be­ schränkungen sind durch Beschluß des Reichstages (vgl. Berh. des Reichst, des Nordd. Bundes, Session 1869, I. S. 254 ff.) in Wegfall gebracht worden und der Entwurf hat in dieser geäitderten Fassung Gesetzeskraft erlangt. Hieraus ergibt sich aber, daß die Frage, ob eine Ehefrau zum selbständigen Betriebe eines Gewerbes ehemännliche Ge nehmigung besitzt, wenigstens für dieBerwaltungsbehörden an und fürsich bedeutungslos erscheint. (Regs.-Entsch. Bd. VIII S. 329).

Titel II.

. Stehender Gewerbebetrieb. I. AltgeINeine Erfordernisse.

8 14. I Wer den selbständigen ) Betrieb?) eines stehenden Gewerbes anfängt, muß der für den Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behördeb) gleichzeitig Anzeige davon machen. Diese Anzeige liegt auch demjenigen ob, welcher zum Betriebe eines Gewerbes im Umherziehen^) (Titel III) befugt ist?) II Außerdem hat, wer Versicherungen für eine Mobiliar­ oder Jmmobiliar-Feuerversicherungs-Anstalt als Agent oder Unter­ agent vermitteln will, bei Uebernahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgibt, oder welchem die Versicherungs­ anstalt den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten acht Tage der zuständigen Behörde^) seines Wohnortes davon Anzeige zu machen. Buch- und Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbibliothekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern haben bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebes das Lokal desselben, sowie jeden späteren Wechsel des letzteren spätestens am Tage seines Eintritts der zu­ ständigen Behörde?) ihres Wohnortes anzugeben. ') Selbständig ist jener Gewerbebetrieb, den Jemand auf eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit ausübt. Dies ist auch bei solchen Personen der Fall, die gewerbliche Leistungen außer ihrer Wohnung auf Bestellung bei Personen, deren Bedürfnisse hiedurch unmittelbar befriedigt werden (bei sog. Privatkundschaft) verrichten. Eine Näherin z. B., welche vorzugsweise sog. Stör-Arbeit verrichtet, d. h. auf Bestellung gewerbsmäßig in den Wohnungen ihrer Kunden arbeitet, betreibt die Erwerbsart als Näherin selbständig auf eigene Rechnung und ist daher Gewerbe-Unternehmerin; vcrgl. Entscheidg. des bayer. Verwaltungsgerichtshofes Bd. IV S. 319. Auch die sog. Heimarbeiter sind als selbständige Gewerbetreibende zu betrachten. 2) Auch wer seine« Geschäftsbetrieb in einer Weise ändert, welche gesetzlich eine Steuererhöhung zur Folge hat — z. B. Eröffnung eines weiteren Verkanfsladens — hat gemäß

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

Frauenspersonen Absch. II Ziff. 10 Abs. 111 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883. *) Nach dem vom Bundesrathe aufgestellten Entwürfe sollten die gegenwärtig in 8 1 und 11 enthaltenen Grundsätze, daß der Betrieb eines Gewerbes an sich jedermann gestattet ist, und auch das Geschleckt in Beziehung auf die Befugniß zum selbstständigen Betriebe eines Gewerbes keinen Unterschied begründet, die Beschränkung erfahren, daß für den selbständigen Gewerbebetrieb Dispositionsfähigkeit erfordert wurde, und es hinsichtlich der Befugniß der Ehefrauen zum selbständigen Gewerbebetriebe bei den Landesgesetzen bewendete. Diese Be­ schränkungen sind durch Beschluß des Reichstages (vgl. Berh. des Reichst, des Nordd. Bundes, Session 1869, I. S. 254 ff.) in Wegfall gebracht worden und der Entwurf hat in dieser geäitderten Fassung Gesetzeskraft erlangt. Hieraus ergibt sich aber, daß die Frage, ob eine Ehefrau zum selbständigen Betriebe eines Gewerbes ehemännliche Ge nehmigung besitzt, wenigstens für dieBerwaltungsbehörden an und fürsich bedeutungslos erscheint. (Regs.-Entsch. Bd. VIII S. 329).

Titel II.

. Stehender Gewerbebetrieb. I. AltgeINeine Erfordernisse.

8 14. I Wer den selbständigen ) Betrieb?) eines stehenden Gewerbes anfängt, muß der für den Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behördeb) gleichzeitig Anzeige davon machen. Diese Anzeige liegt auch demjenigen ob, welcher zum Betriebe eines Gewerbes im Umherziehen^) (Titel III) befugt ist?) II Außerdem hat, wer Versicherungen für eine Mobiliar­ oder Jmmobiliar-Feuerversicherungs-Anstalt als Agent oder Unter­ agent vermitteln will, bei Uebernahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgibt, oder welchem die Versicherungs­ anstalt den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten acht Tage der zuständigen Behörde^) seines Wohnortes davon Anzeige zu machen. Buch- und Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbibliothekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern haben bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebes das Lokal desselben, sowie jeden späteren Wechsel des letzteren spätestens am Tage seines Eintritts der zu­ ständigen Behörde?) ihres Wohnortes anzugeben. ') Selbständig ist jener Gewerbebetrieb, den Jemand auf eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit ausübt. Dies ist auch bei solchen Personen der Fall, die gewerbliche Leistungen außer ihrer Wohnung auf Bestellung bei Personen, deren Bedürfnisse hiedurch unmittelbar befriedigt werden (bei sog. Privatkundschaft) verrichten. Eine Näherin z. B., welche vorzugsweise sog. Stör-Arbeit verrichtet, d. h. auf Bestellung gewerbsmäßig in den Wohnungen ihrer Kunden arbeitet, betreibt die Erwerbsart als Näherin selbständig auf eigene Rechnung und ist daher Gewerbe-Unternehmerin; vcrgl. Entscheidg. des bayer. Verwaltungsgerichtshofes Bd. IV S. 319. Auch die sog. Heimarbeiter sind als selbständige Gewerbetreibende zu betrachten. 2) Auch wer seine« Geschäftsbetrieb in einer Weise ändert, welche gesetzlich eine Steuererhöhung zur Folge hat — z. B. Eröffnung eines weiteren Verkanfsladens — hat gemäß

Drehender Gewerbebetrieb.

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des in dieser Beziehung in Geltung gebliebenen Art. 6 des bayer. Gewerbegesetzes vom 30. Januar 1868 hierüber der Gemeindebehörde Anzeige zu erstatten. — Strafbestimmung in Art. 28 des allegirten Gewerbegesetzes; vergl. auch § 11 der Minist.-Bekanntmachung vom 27. Dezbr. 1881 (Gesetz- u. Berordnungsbl. 1882 S. 1). ®) Zuständig ist die Gemeindebehörde — Minist -Bekanntmachung vom 27. Dezbr. 1881 (Gesetz- u. Berordnungsbl. 1882 S. 1). *) Auch wer zum Gewerbebetrieb im Umherziehen befugt ist, hat die Anzeige nach 8 14 zu erstatten, wenn er mit denselben Artikeln auch noch ein stehendes Gewerbe betreiben will. 5) Strafbestimmung in 8 148 Ziff. 1. *) Diese besonderen Anzeigen müssen bei der Distriktsverwaltungsbehörde des Wohnvrtes des Agenten, in München bei dem Magistrate, und bei den Diftriktsverwaltungsbehörden des Agenturbezirkes erstattet werden § 1 Abs. II der Kgl. Verordnung vom 4. Dezbr. 1872 (Reggs.-Bl. S. 2657). — Strafbestimmung in 8 148 Ziff. 2. ’) Die weiter für die Preßgewerbe angeordneten besonderen Anmeldungen müssen bei der Ortspolizei erstattet und von dieser der vorgesetzten Distriktsverwaltungsbehörde vorgelegt werden. In München erfolgen diese Anmeldungen sofort bei der Polizeidirektion; in den übrigen einer Kreisregierung unmittelbar untergeordneten Städten sind dieselben vom Magistrate dem für die Ausübung der Preßpolizei aufgestellten Beamten mitzntheilen. — 81 Abs. III der vorallegirten Verordnung. Strafbestimmung in 8 148 Ziff. 3.

§ 15. I Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige?) II Die Fortsetzung des Betriebes kann polizeilich?) ver­ hindert werden, wenn ein Gewerbe, zu dessen Beginn eine besondere Genehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung begonnen wird?) ') Diese nach 8 192 Ziff. 21 des bayer. Gebührengesetzes gebührenfrei zu ertheilende Bescheinigung dient dem Gewerbetreibenden als Ausweis über die Anmeldung seines Gewerbes. Formular zu dieser Bescheinigung ist in der Minist.-Bekanntmachnng vom 27. Dezember 1881 (Gesetz- u. Verordgsbl. 1882 S. 1 u. ff.) vorgeschrieben. a) Zuständig ist die Distriktsverwaltungsbehörde — 81 Abs. IV der Kgl. Verordnung vom 4. Dezember 1872. 8) Absatz II findet nur auf stehenden Gewerbebetrieb und nicht auf solche Gewerbe Anwendung, welche nur der Anzeigepflicht unterliegen. Hinsichtlich des Gewerbebetriebes im Nmherziehen siehe 8 60 e Abs. I.

II. Erforderniß besonderer Genehmigung.

2. Gewerbetreibende, welche einet besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 32. Schauspielunternehmei?) bedürfen zum Betriebe ihres Gewerbes?) der Erlaubniß?)^) Dieselbe ist zu versagen, wenn die Behörde auf Grund von Thatsachen die Ueberzeugung gewinnt, daß der Nachsuchende die zu dem beabsichtigten Gewerbe-Betriebe erforder­ liche Zuverlässigkeit, insbesondere in sittlicher, artistischer und finanzieller Hinsicht nicht besitzt?) x) Schauspielunternehmer ist jener, welcher die Veranstaltung von Schauspielen gewerbsmäßig betreibt. Die von ihm engagirten Schauspieler, sowie der etwaige technische Direktor sind keine Gewerbetreibende. „Schauspiel" ist die Vorführung einer gedichteten Handlung mittelst Rede, Gesang oder Geberde. Ob dem betreffenden Schauspielunternehmen ein höherer Kunstwerth innewohnt, ist

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

hier gleichgültig. Obwaltet ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft nicht, so sind die weiteren ^Bestimmungen in § 33a der Gew.-Ordg. zn beachten. In tiefem Falle ist auch neben der Concession ein Wandergewerbeschein erforderlich, wenn das Gewerbe im Umherzieben betrieben werden will. *) Das nicht gewerbsmäßige Aufführen von theatralischen Vorstellungen fällt nicht unter § 32 der Gewerbeordnung; in dieser Hinsicht sind die landesrechtlichen Vorschriften, also Art. 32 des Polizeistrafgesetzbuches und 8 3 der Kgl. Verordnung vom 3. Juli 1868 (Regg.-Bl. S. 1162) maßgebend. Letzterer bestimmt, daß die Genehmigung zur Abhaltung von Passions-VorRettungen vom Staatsministerium des Innern erfolgt, Unternehmer von öffentlichen theatralischen Vorstellungen die Erlaubniß der einschlägigen Kreisregierung bedürfen und die Bewilligung zur Veranstaltung öffentlicher theatralischer Vorstellungen zn wohlthätigen oder sonst gemeinnützigen Zwecken durch Dilettanten von der Ortspolizeibehörde ertheilt wird. 8) Zuständig sind nach § 9 der Kgl. Verordnung vom 4. Dezember 1872 die Distrikts­ verwaltungsbehörden, in München die Polizeidirektion. Die Concessionirung ist für das ganze Geltungsgebiet der Gewerbeordnung wirksam. 4) Ueber Polizei des Schauspielgewerbes siehe Blätter für adm. Praxis Bd.XXXVIIS. 354 6) Strafbestimmung gegen uneoneeffionirten oder unter Ueberschreitung der Concession ausgeübten Gewerbebetrieb § 147 Ziff. 1 der Gew.-Ordg., bei Außerachtlassung der auf Landesrecht beruhenden Betriebsvorschriften Art. 32 Ziff. 3 des P.-St.-G.-B. Ueber die Betriebseinstellnnq vergl. 8 15 der Gew.-Ordg. und Art. 32 Abs. II des P.-St.-G.-B.

8 33a. I Wer gewerbsmäßig ) Singspiele, Gesangs- und deklama­ torische Vorträge/) Schaustellungen von Personen^) oder theatra­ lische Vorstellungen, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet/) in seinen Wirthschafts- oder sonstigen Räumen öffentlich veranstalten oder zu deren öffentlicher Veranstaltung seine Räume benutzen lassen will, bedarf zum Betriebe dieses Gewerbes der Erlaubniß^) ohne Rücksicht auf die etwa bereits erwirkte Erlaubniß zum Betriebe des Gewerbes als Schanspielunternehmer.

II

Die Erlaubniß ist nur dann zu versagen:

1. wenn gegen den Nachsuchenden Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die beabsichtigten Veranstaltungen den Gesetzen oder guten Sitten zuwider­ laufen werden;

2.

wenn das zum Betriebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt;

3. wenn der den Verhältnissen des Gemeindebezirks ent­ sprechenden Anzahl von Personen die Erlaubniß bereits ertheilt ist. ni Aus den unter Ziffer 1 angeführten Gründen kann die Erlaubniß zurückgenommen und Personen, welche vor dem Jnkraft-

Stehender Gewerbebetrieb.

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treten dieses Gesetzes den Gewerbetrieb begonnen haben, derselbe untersagt werden. ') Die Veranstaltung muß eine gewerbsmäßige und öffentliche fein. Hinsichtlich des Begriffes „gewerbsmäßig" vergl. Anmerkung zu § 1. Diese Voraussetzung wird z. B. bei einem Wirthe gegeben sein, der Sänger, Komiker rc. in seinen Wirthschaftslokalitäten öfter auftreten und Bezahlung fordern läßt. L) Jnstrumental-Musik-Produktionen zählen nicht hieher. 3) z. B. Riesendamen, Zwergen rc. 4) Nicht nur ein Kunstinteresse, sondern ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft wird verlangt; ob ein solches vorliegt muß von Fall zu Fall gewürdigt und kann ohne Weiteres dann nicht angenommen werden, wenn ein Theaterdirektor eine Bestätigung der k. Hoftheater-Jntendanz besitzt, daß seine Leistungen „ein höheres Interesse der Kunst" bieten. Die Leistungsfähigkeit einer Schauspielergesellschaft hängt nämlich nicht vom Direktor allein, sondern auch von den Mitwirkenden ab. Ein höheres Kunstintecesse kann durch eine Theater­ vorstellung nur dann befriedigt werden, wenn neben dem Direktor auch die Träger der Hauptrollen im Stande sind, „ein höheres Interesse der Kunst" zu befriedigen. Die von berufenen Kunstautoritäten ausgestellten Zeugnisse über hervorragende Leistungsfähigkeit müssen demzufolge auch auf die Träger der Hauptrollen sich erstrecken, soferne nicht Notorität (wie z. B. bei dem Personal des Meininger Hoftheaters, Münchener Gärtner-Theaters) vorliegt. Blätter für adm. Praxis Band XXXVII S. 360. 6) Zuständig sind gemäß § 1 der Kgl. Verordnung vom 27. Dezember 1883 die Distriktsverwaltungsbehörden, in München die Polizeidirektion. Strafbestimmung in 8 147 Ziff. 1 der Gew.-Ordg. Ueber Betriebseinstellung vergl. § 15 Abs. II loc. eit.

§ 33b. Wer gewerbsmäßig^) Musikauffuhrungen,?) Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet,s) von Haus zu Haus^) oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen^) darbieten will, bedarf der vorgängigen Erlaubniß der Ortspolizeibehörde. °) 1) Vergl. Anmerkung zu § 1. 2) Zu diesen Mustkaufführungen gehören auch Drehorgel- und Harmonikaspieleu. 8) Vergl. Anmerkung zu § 33a. Obwaltet ein höheres Interesse der Kunst oder Wisienschaft, so ist eine Erlaubniß nicht erforderlich. 4) Selbstverständlich nur innerhalb der Wohn- oder Niederlasiungsgemeinde, nachdem es sich hier um stehenden Gewerbebetrieb handelt; vergl. § 55 und 60 a der Gew.-Ordg., welche diesen Gewerbebetrieb im Umherziehen regeln. 6) Für Musikaufführungen in Wirthschaftslokalitäten der Wohngemeinde verbleibt das Erforderniß polizeilicher Erlaubniß nach Art. 33 des Polizeistrafgesetzbuches bezw. nach § 4 der Verordnung vom 3. Juli 1868 über Schau- und Vorstellungen (Regg.-Blatt S. 1162) in Kraft; auch auf Musikaufführungen, welche von gewerbsmäßigen Musikern nicht in einem ständigen, sondern in täglich wechselnden Lokalen, jedoch nur auf Grund vorgängiger Bestellung veranstaltet werden, findet Art. 33 des Polizeistrafgesetzbuches Anwendung. Riedels-Pröbst P.-St.-G.-B. 1889 S. 120. Diese Erlaubniß ist bei der Distriktspolizeibehörde je für deren Bezirk zu erwirken. Musiker, welche für den Distriktspolizeibezirk ihres Wohnortes patentirt sind, dürfen auf vorgängige Bestellung auch in den unmittelbar angrenzenden Amtsbezirken Musik machen. § 7 der alleg. Verordnung. Dieser Erlaubniß bedürfen die sogenannten anerkannten Musikgesellschaften — 8 2 der alleg. Verordnung vom 3. Juli 1868 —, zu denen die Militärmusiken zählen, nicht. Die Abhaltung von Musikaufführungen in täglich wechselnden Lokalen ist als Dar­ bietung von Haus zu Haus im Sinne des § 33b bezw. des § 148 Ziff. 5 der Gew.-Ordg. anzusehen. Riedels-Pröbst P.-St.-G.-B. 1889 S. 121. «) Zuständig ist in Gemeinden mit städtischer Berfasiung der Magistrat, in Land­ gemeinden der Bürgermeister. Strafbestimmung in § 148 Ziff. 5 der Gew.-Ordg. Die Fortsetzung des Betriebe» kann gemäß § 15 Abs. II polizeilich verhindert werden.

16 III.

I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

Umfang,

Ausübung und Verlust befugnisse.

der

Gewerbe­

8 41. I Die Befugniß zum selbständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes begreift das Recht in sich, in beliebiger Zahl Gesellen, Gehülfen, Arbeiter jeder Art und, soweit die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes nicht entgegenstehen, Lehrlinge anzunehmen. In der Wahl des Arbeits- und Hülfspersonals finden keine anderen Beschränkungen statt, als die durch das gegenwärtige Gesetz festgestellten. II In Betreff der Berechtigung der Apotheker, Gehülfen und Lehrlinge anzunehnien, bewendet es bei den Bestimmungen der Landesgcsetze.

8 42.

I Wer zum selbständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes befugt1) ist, darf dasselbe innerhalb?) und unbeschadet der Bestimm­ ungen des dritten Titels auch außerhalb^) des Gemeindebezirks seiner gewerblichen Niederlassung ausüben. II Eine gewerbliche Niederlassung gilt nicht als vorhanden, wenn der Gewerbetreibende im Jnlande ein zu dauerndem Gebrauche eingerichtetes, beständig oder doch in regelmäßiger Wiederkehr von ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines Gewerbes nicht besitzt.1) *) Wer ein Gewerbe thatsächlich betreibt und den Erfordernissen des Tit. II Abth. I und II der Gew.-Ordg. genügt hat. 2) Er darf also vorbehaltlich der gesetzlichen Beschränkungen — vergl. 8 33b, 42b u. 43 — auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen, ferner an anderen öffentlichen Orten, dann ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus Waaren feilbieten, ferner Waaren bei anderen Personen, als bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produziren, dann an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen, und Waarenbestellungen bei Personen, in deren Gewerbebetriebe Waaren der angebotenen Art keine Ver­ wendung finden, aufsuchen, endlich gewerbliche Leistungen anbieten. s) Auch ein solcher Gewerbebetrieb ist sohin insolange als Ausflnß des stehenden Gewerbebetriebes zu erachten, als derselbe nicht nach Maßgabe des Titel III als Gewerbe­ betrieb im Umherziehen sich darstellt; Versicherungsagenten, Mäkler und olle sonstigen Personen, welche zwar ihr Gewerbe im Umherziehen betreiben aber mit ihrer gewerblichen Thätigkeit nicht unter § 55 fallen, bedürfen daher hiezu ebensowenig eines Wandergewerbescheines oder einer sonstigen Erlaubniß, wie anderseits jene Gewerbetreibenden, welche zwar der Art ihrer Thätigkeit nach unter eine der Ziffern des § 55 fallen, jedoch — wie z. B. Metzger, Bäcker, Barbiere rc. — lediglich zur Befriedigung ihrer ständigen Kundschaft, sohin auf, wenn auch nur generelle, Bestellung dritte Gemeinden zu begehen pflegen. Mit Rücksicht hierauf kann daher aucd auswärtigen Metzgern die Einfuhr von rohem Fleisch in den Gemeindebezirk und dessen Verkauf an Kunden daselbst nicht verboten werden. Reger's Gew.-Ordg. S. 58. 4) Durch diese Bestimmung sind auf der einen Seite die Wanderla g e r von dem stehenden Gewerbebetriebe ausgeschlossen, auf der anderen Seite aber die sog. Saisongeschäfte in Badeorten und ähnliche Geschäfte von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen ausgenommen. Reger's Gew.-Ordg. S. 58.

Stehender Gewerbebetrieb.

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H 42a.

1 Gegenstände, welche von dem Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen ausgeschlossen finb,1) dürfen auch innerhalb des Gemeindebezirkes des Wohnorts oder der gewerblichen Niederlassung von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten nicht feilgeboten oder zum Wiederverkauf angekauft werden, mit Ausnahme von Bier und Wein in Fässern und Flaschen2) und vorbehaltlich des nach § 33 erlaubten Gewerbebetriebes?) H Die zuständige Landesregierung ist befugt, soweit ein Bedürfniß dazu obwaltet, anzuordnen, daß und inwiefern weitere Ausnahmen von diesem Verbote stattfinden sollen.

111 Das Feilbieten geistiger Getränke kann von der Orts­ polizeibehörde im Falle besonderen Bedürfnisses vorübergehend gestattet werden?) x) Bergl. § 56 Abs. II und III, dann § 56 b Abs. II der Gew.-Ordg.; für die Kolportage innerhalb des Gemeindebezirkes des Wohnortes ist die Führung des Druckschriftenverzeichnifses (§ 56 Abs. IV) nicht vorgeschrieben. a) Unter dem Feilbieten von Bier und Wein in Fässern und Flaschen ist der Ausschank oder Kleinverkauf zum Genuß auf der Stelle nicht mit zu verstehen, sondern die Abgabe von Bier und Wein in Fässern und Flaschen an die Kunden zum Genuß im Hause. ’) Strafbestimmung in § 148 Ziff. 5 der Gew.-Ordg.

§ 42b. 1 Durch die höhere Verwaltungsbehörde^) kann auf Grund eines Gemeindebeschlusses für einzelne Gemeinden bestimmt werden, daß Personen, welche in dem Gemeindebezirke einen Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung besitzen und welche innerhalb des Gemeindebezirks auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten2) oder ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus 1. Waaren feilbieten,^) oder 2. Waaren bei anderen Personen, als bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produziren, oder an anderen Orten, als in offenen Verkaufsstellen zum Wieder­ verkauf ankaufen, oder Waarenbestellungen bei Personen, in deren Gewerbetriebe Waaren der angebotenen Art keine Verwendung finden, aufsuchen, oder

3. gewerbliche Leistungen, hinsichtlich deren dies nicht Landes­ gebranch ist, anbieten wollen,

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

der Erlaubniß^) bedürfen. Diese Bestimmung kaun auf gelvisse Kategorien von Waaren und Leistungen beschräilkt werden. II Auf die Ertheilung, Versagung und Zurücknahme der Erlaubniß finden die Vorschriften der §§ 57, 57a, 57b, 58 und 63 Absatz l,6) und auf die Ausübung des Gewerbebetriebes die Vorschriften der §§ 60b, 60c, 60d Absatz 1 und 2 und 63 Absatz 2 entsprechende Anwendung. III In Betreff der im § 59 Ziffer 1 und 2 bezeichneten Erzeugnisse und Waaren, auch wenn dieselben nicht zu den selbst­ gewonnenen oder selbstverfertigten gehören, ferner in Betreff der Druckschriften^), anderen Schriften und Bildwerke, insoweit der Gewerbebetrieb hiermit von Haus zu Haus stattfiildet, sowie in Betreff der vom Bundesrath in Gemäßheit des § 44 Absatz 2 gestatteten Ausnahmen darf der betreffende Gewerbebetrieb in dem Gemeindebezirke des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung von einer Erlaubniß nicht abhängig gemacht werden. In Betreff der im § 59 Ziffer 1 und 2 bezeichneten Erzeugnisse und Waaren kann jedoch der Gewerbebetrieb unter den in § 57 Ziffer 1 bis 4 erwähnten Voraussetzungen untersagt, sowie nach Maßgabe des § 60b Absatz 2 und § 60c Absatz 2 beschränkt werden. Auf die Untersagung dieses Gewerbebetriebes finden die Vorschriften des § 63 Absatz 1, auf die Beschränkung desselben die Vorschriften des § 63 Absatz 2 entsprechende Anwendung?) Iv Die höhere Verwaltungsbehörde ist befugt, die vom Bundesrath gemäß § 56d getroffenen Bestimmungen auf diejenigen Ausländer entsprechend anzuwenden, welche innerhalb des Gemeinde­ bezirks ihres Wohnortes oder ihrer gewerblichen Niederlassung auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten, oder ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus eines der unter Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe betreiben wollen. *) Höhere Verwaltungsbehörde ist die KreisregierungKammer des Innern, 8 5 der Vollzugsvorschriften vom 27. Dezember 1883. 2) Hierunter fallen auch Wirthschaften rc. 3) Vergl. Abs. III und § 42 a. Eintrittskarten zu Theatern sind Waaren in diesem Sinne (Reger's Entsch. Bd. IX S. 182). 4) Wer die Erlaubniß zu ertheilen und welches Formular zur Anwendung zu kommen hat, bestimmt die höhere Verwaltungsbehörde. Strafbestimmung in § 148 Ziff. 5. Bezüglich der Gebühren für den Erlaubnißschein vergl. Art. 173 Ziff. 3 und Art. 186 des bayer. Gebührengesetzes. 5) Die gegen die Versagung oder Zurücknahme der Erlaubniß, sowie gegen die Untere sagung des Gewerbebetriebs nach § 42 b Abs. II und III zulässigen Rekurse werden von den Kreisregierungen, Kammern des Innern, verbeschieden. 6) Vorliegende Ausnahmsbestimmung bezieht sich bloß auf den Gewerbebetrieb mit Druckschriften rc. von Haus zu Haus. Insoweit das Feilbieten von Druckschriften rc. auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten stattfindet, ist dasselbe den Bestimmungen des § 43 unterworfen. Landmann's Gew.-Ordg. S. 186.

Stehender Gewerbebetrieb.

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§ 43.

I Wer gewerbsmäßig*) Druckschriften oder andere Schriften oder Bildwerke auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen, oder an anderen öffentlichen Otten2) ausrufen, verkaufen, vertheilen, anheften oder anfchlagen will, bedarf dazu einer Erlaubniß der Ortspolizei­ behörde, und hat den über diese Erlaubniß auszustellenden, auf seinen Namen lautenden Legitimationsscheinb) bei sich zu führen.*) II Auf die Ertheiluug und Versagung der Erlaubniß finden die Vorschriften der §§ 57 Nr. 1, 2, 4, 57a, 57b Nr. 1 und 2 und 63 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Auf das bloße Anhefteu und Anschlageit findet der Versagungsgrund der abschreckenden Entstellung keine Anwendung. III Zur Vertheilung von Stimmzetteln und Druckschriften zu Wahlzwecken bei der Wahl zu gesetzgebenden Körperschaften") ist eine polizeiliche Erlaubniß in der Zeit von der amtlichen Bekanntntachung des Wahltages bis zur Beendigung des Wahlaktes nicht erforderlich. lv Dasselbe gilt auch bezüglich der nicht gewerbsmäßigen Vertheilung von Stimmzetteln und Druckschriften zu Wahlzwecken. v In geschlossenen Räumen^) ist zur nicht gewerbsmäßigen Vertheilung von Druckschriften oder andern Schriften oder Bild­ werken eine Erlaubniß nicht erforderlich. VI An die Stelle des im § 5 Absatz 1 des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874 angezogenen § 57 der Gewerbeordnung treten die Bestimmungen der §§ 57 Nr. l, 2, 4, 57a, 57b Nr. i und 2 des gegenwärtigen Gesetzes. 1) Gewerbsmäßig handelt auch Jener, welcher im Auftrage niib auf Rechnung eines Andern, jedoch gegen Entlohnung Schriften rc. verbreitet. Reger's Gew.-Ordg. S. 63. 2) Zum Feilbieten von Druckschriften rc. von Haus zu Haus am Wohnorte ist eine Erlaubniß nicht erforderlich. ”) Für die Ausfertigung des Legitimationsscheines haben sich die Ortspolizeibehörden des in g 15 der Verordnung vom 4. Dezember 1872 vorgeschriebenen Formulars zu bedienen. Ueber die Ertheilung der Legitimationsscheine müssen die Ortspolizeibehörden dem für die Ausübung der Preßpolizei aufgestellten Beamten in jedem einzelnen Falle Mittheilung machen und außerdem fortlaufende jährlich abzuschließende Verzeichnisse nach Formular L führen (8 15 der Verordnung vom 4. Dezbr. 1872). Bezüglich der Gebühren für den Legitimationsschein vergl. Art. 173 Ziff. 3 und Art. 186 Abs. I. des bayer. Gebührengesetzes. Eine Erlaubniß Seitens der Ortspolizei jener Gemeinde, innerhalb welcher der in Abs. I erwähnte Gewerbebetrieb ausgeübt werden will, ist unter allen Umständen erforderlich; solche ist daher sowohl von Demjenigen zu erwirken, welcher sein Gewerbe bei dieser Gemeinde dehörde bereits nach § 14 angezeigt hat, als auch von dem auswärts wohnenden Hausirer mit Druckschriften, welcher für diesen Handel bereits einen Wandergewerbeschein nach § 55 sich erholt hat — Regen's Gew.-Ordg. S. 68 —Daneben ist sodann noch von Jenem, welcher in Aus­ übung des in § 43 Abs. I bezeichneten Gewerbes auf Straßen oder öffentlichen Plätzen Bekanntmachungen, Plakate oder Aufrufe anschlagen, anheften oder ausstellen will, preßpolizei liche Erlaubniß gemäß Art. 12 des bayer. Ausführungsgesetzes zur Strafprozeß-Ordnung zu erholen — die Handhabung der Preßpolizei obliegt in den Kreishauptstädten dem foit der

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

kgl. Regierung aufgestellten Stadtcommissär, in den übrigen Gemeinden den Bezirksämtern — und Art. 37 Ziff. II des P.-St.-G.-B. bezüglich des Anschlagens oder Anheftens von PrivatAnkündigungen zu beachten. *) Nichteinholen der Erlaubniß wird nach § 148 Ziff. 5 und das Nichtmitführen des Legitimationsscheines nach § 149 Ziff. 1 der Gew.-Ordg. bestraft. 4) Also nicht auch zu den Gemeindewahlen u. dgl. 6) Zur nicht gewerbsmäßigen Bertheilung von Druckschriften oder anderen Schriften oder Bildwerken außer geschlossenen Räumen mit Ausnahme von Stimmzetteln und Druck­ schriften zu Wahlzwecken und Zeiten — vergl. Abs. III und IV — ist preßpolizeiliche Erlaubniß nothwendig. Bergl. § 30 Abs. II des Reichspreßgesetzes und Art. 12 des bayer. Ausführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung.

§ 44. ’ Wer ein stehendes Gewerbe betreibt,1) ist befugt, auch außerhalb des Gemeindebezirks seiner gewerblichen Niederlassung persönlich oder durch in seinem Dienste stehende Reisende für die Zwecke seines Gewerbebetriebes^) Waaren aufzukaufen und Bestell­ ungen auf Waaren^) zu suchend) II Die aufgekauften Waaren dürfen nur behufs deren Be­ förderung nach den« Bestimmungsorte^) Mitgefühls) werden, von den Waaren1), auf welche Bestellungen gesucht werden, dürfen nur Proben und Muster?) mitgeführt werden, soweit nicht der Bundes­ rath für bestimmte Waaren, welche im Verhältnisse zu ihrem Umfange einen hohen Werth haben und übungsgemäß an die Wiederverkäufer im Stück abgesetzt werden, zum Zwecke des Absatzes an Personen, welche damit Handel treiben, Ausnahmen zuläßt?) III Das Aufkäufen von Waaren darf ferner nur bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produziren, oder in offenen Verkaufsstellen1'1)11) erfolgen. •) Bergl. § 42 Abs. I. -- Art und Größe des Gewerbes ist gleichgiltig, Bedingung ist jedoch der Besitz einer gewerblichen Niederlassung im Jnlande (§ 42 Abs. II). а) Derjenige der für Zwecke die außerhalb der Zwecke seines stehenden Gewerbes liegen, oder in Artikeln, für welche er von Seite eines stehenden Geschäftes nicht beauftragt ist, Ge­ schäfte macht, wird dadurch zum Hausirer und unterliegt daher gemäß § 148 Ziffer 5 und 7 der gleichen Bestrafung, wie wenn er ein Gewerbe im Umherziehen ohne den erforderlichen Wander­ gewerbeschein betrieben hatte. Landmanns Gew.-Ordg. S. 197. 8) Unter die „Waaren" im Sinne dieser Bestimmung fallen Waaren aller Art; c? dürfen auch die in § 56 Abs. II und III bezeichneten Waaren laufgekauft und Bestellungen c:.s die in § 56 und 56 a Ziff. 2 und 3 genannten Waaren aufgesucht werden. 4) Von inländischen Handelsreisenden können Bestellungen überall, auch bei Nicht­ gewerbetreibenden gesucht werden. Ausländische Handlungsreisende dürfen zufolge der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883 — abged. in Abth. II — Bestellungen nur bei Kaufleuten und solchen Personen, in deren Gewerbetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden, aufsuchen. б) Der Bestimmungsort muß nicht der Wohn- oder Niederlassungsort des Gewerbe­ treibenden, sondern kann auch ein dritter Ort sein, z. B. eine Fabrik, an welche die Waarett vertragsmäßig abzuliefern sind oder ein Marktort, an dem die Waaren wieder verkauft werden. Landmanns Gew.-Ordg. S. 196. '>) Wer die aufgekauften Waaren im Umherziehen ohne Bestellung wieder verkauft, verfällt der Strafbestimmung des § 148 Ziff. 5; außerdem kann ihm gemäß § 44a Abs. IV die Legitimativnskarte entzogen werden. 7) Ein Mitführen von Waaren liegt auch dann vor, wenn der Handelsreisende solche AtDiir nicht zum Käufer mitnimmt, jedoch in derartiger Nähe, z. B. im Gasthaus oder auf der Bahn vorräthig hält, daß er die Waaren alsbald nach Vertragsabschluß abliefern kann.

Stehender Gewerbebetrieb.

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8) Auch Proben und Muster dürfen nicht verkauft werden. 9) Bergl. Absch. I der in Abth. II abgedruckten Bekanntmachung vom 31. Oktober 1883. 10) Gewerbetreibende oder deren Reisende, welche bei anderen Personen oder anderen Orten Waaren aufkaufen und nach dem Bestimmungsorte mit sich führen, haben einen Wander­ gewerbeschein nothwendig, unterliegen aber nicht der Steuer nach dem Gesetze vom 10. März 1879. n) Als Strafbestimmung kommt bei Zuwiderhandlungen gegen Abs. II und III § 148 Biff. V der Gew.-Ordg. in Betracht; vergl. auch § 55 Abs. I. § 148 Ziff. 7 und Biff. 7a, § 148 Abs. II der Gew.-Ordg., dann Art. 1 bis 3, 7 und 16 des Gesetzes über die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen vom 10. März 1879, abgedr. in Abth. III.

§ 44a. I Wer in Gemäßheit des § 44 Absatz 1 und 2 Wagen­ bestellungen aufsucht oder Waaren aufkauft, bedarf hierzu einer Legitimationskarte,welche auf den Antrag des Inhabers des stehenden Gewerbebetriebes von der für dessen Niederlassungsort zuständigen Verwaltungsbehörde für die Dauer des Kalenderjahres und den Umfang des Reichs ausgestellt wird. Die Legitimations­ karte enthält den Namen des Inhabers derselben, den Namen der Person oder der Firma, in deren Diensten er handelt und die nähere Bezeichnung des Gewerbebetriebes. II Der Inhaber der Legitimationskarte ist verpflichtet, die­ selbe während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei sich zu führen, auf Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung der Legitimationskarte einzu­ stellen?) III Die Legitimativnskartc ist zu versagen, wenn bei dem­ jenigen, für welchen sie beantragt wird, eine der im § 57 Ziffer 1 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen zutrifft, außerdem darf sie nur dann versagt werden, wenn die im § 57b Ziffer 2 bezeichnete Voraussetzung vorliegt. lv Die Legitimationskarte kann durch die Behörde, welche sie ausgestellt hat, zurückgenommen werden, wenn sich ergibt, daß eine der im § 57 Ziffer 1 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen zur Zeit der Ertheilung derselben vorhanden gewesen, der Behörde aber unbeknnnt geblieben, oder nach Ertheilung derselben eingetreten ist, oder wenn bei dem Geschäftsbetriebe die im § 44 gezogenen Schranken überschritten werden. v Wegen des Verfahrens gelten die Vorschriften des § 63 Absatz 1. VI Einer Legitimationskarte bedürfen diejenigen Gewerbe­ treibenden nicht, welche durch die in den Zollvereins- oder Handels­ verträgen vorgesehene Gewerbelegitimationskarte bereits legitimirt

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

finb3.) In Betreff dieser Gewerbetreibenden finden die vorstehenden Bestimmungen über die Verpflichtung zuni Mitführen der Legitimationskarte, über die Folgen der Nicherfüllung dieser Verpflichtung, sowie über die Versagung und Zurücknahme der Karte entsprechende Anwendung» T) Bergl. § 6 der in Abth. II abgedruckten Kgl. Verordnung vom 27. Dezember 1883. Am Schlüße derselben ist das Formular zur Gewerbelegitimationskarte für inländische Handels­ reisende abgedruckt. Inländische Handelsreisende llnterliegen der Besteuerung nach beut Gesetze vom 10. März 1879 nicht; dieselben sind nur einkommensteuerpflichtig, ob sie diese bezahlen übt aus deren in diesem Paragraphen geregelte Thätigkeit keinen Einfluß. 2) Strafbestimmung in § 149 Ziff. 1; wer eine Legitimationskarte nicht besitzt oder wer seine Legitimationskarte einem Anderen zur Benützung überläßt wird nach § 148 Ziff. 5 bestraft. Auf Reisende ausländischer Firmen komnlen die Strafbestimmungen in § 148 Ziff. 7 o zur Anwendung. 3) Durch die in ihrem Heimatlande ausgestellten Gewerbelegitimationskarten find dem­ nach zum Aufkäufen von Waaren bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produzireli, oder in offenen Verkaufsstellen und zum Aufsuchen von Waarenbestellungen bei Kaufleuten oder Personen, in deren Gewerbebetriebe Waaren der angegebenen Art Verwendung finden, nach Entrichtung der Landessteuern legitimirt die Handelsreisenden aus Luxenburg, Oesterreich-Ungarn, Portugal, Rumänien, der Schweiz, Serbien und Spanien. Ausländische Handelsreisende, welche eine derart giltige Legitimation nicht besitzen, müssen sich. zum Geschäftsbetrieb in Deutschland mit einer besonderell Legitimation nach Maß­ gabe der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883, abgedruckt in Abth. II, versehen. Bezüglich der Besteuerung der ausländischen Handelsreisenden bergt Art. 3 des Ge­ setzes vom 10. März 1879 und §6 der Bollzugsinstruktion hiezu — abged. in Abth. III und IV.

8 45. . Die Befugnisse zum stehenden*) Gewerbebetriebe können durch Stellvertreter ausgeübt werden; diese müssen jedoch den für das in Rede stehende Gewerbe insbesondere vorgeschriebenen Erforder­ nissen genügen. x) Nur die Befugnisse zum stehenden Gewerbebetrieb können ditrch Stellvertreter aus" geübt werden, nicht auch die Befugnisse zum Gewerbebetrieb im Umherziehen.

Titel III.

Gewerbebetrieb im Umherzieben. § 55?) 1 Wer außerhalb3) des Gemeindebezirks seines Wohnortes oder der durch besondere Anordnung der höheren Verwaltungs­ behörde3) dem Gemeindebezirke des Wohnortes gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung^) und ohne vorgängige Bestellung3) in eigener Person3) 1. Waaren feilbieten?)

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

finb3.) In Betreff dieser Gewerbetreibenden finden die vorstehenden Bestimmungen über die Verpflichtung zuni Mitführen der Legitimationskarte, über die Folgen der Nicherfüllung dieser Verpflichtung, sowie über die Versagung und Zurücknahme der Karte entsprechende Anwendung» T) Bergl. § 6 der in Abth. II abgedruckten Kgl. Verordnung vom 27. Dezember 1883. Am Schlüße derselben ist das Formular zur Gewerbelegitimationskarte für inländische Handels­ reisende abgedruckt. Inländische Handelsreisende llnterliegen der Besteuerung nach beut Gesetze vom 10. März 1879 nicht; dieselben sind nur einkommensteuerpflichtig, ob sie diese bezahlen übt aus deren in diesem Paragraphen geregelte Thätigkeit keinen Einfluß. 2) Strafbestimmung in § 149 Ziff. 1; wer eine Legitimationskarte nicht besitzt oder wer seine Legitimationskarte einem Anderen zur Benützung überläßt wird nach § 148 Ziff. 5 bestraft. Auf Reisende ausländischer Firmen komnlen die Strafbestimmungen in § 148 Ziff. 7 o zur Anwendung. 3) Durch die in ihrem Heimatlande ausgestellten Gewerbelegitimationskarten find dem­ nach zum Aufkäufen von Waaren bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produzireli, oder in offenen Verkaufsstellen und zum Aufsuchen von Waarenbestellungen bei Kaufleuten oder Personen, in deren Gewerbebetriebe Waaren der angegebenen Art Verwendung finden, nach Entrichtung der Landessteuern legitimirt die Handelsreisenden aus Luxenburg, Oesterreich-Ungarn, Portugal, Rumänien, der Schweiz, Serbien und Spanien. Ausländische Handelsreisende, welche eine derart giltige Legitimation nicht besitzen, müssen sich. zum Geschäftsbetrieb in Deutschland mit einer besonderell Legitimation nach Maß­ gabe der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883, abgedruckt in Abth. II, versehen. Bezüglich der Besteuerung der ausländischen Handelsreisenden bergt Art. 3 des Ge­ setzes vom 10. März 1879 und §6 der Bollzugsinstruktion hiezu — abged. in Abth. III und IV.

8 45. . Die Befugnisse zum stehenden*) Gewerbebetriebe können durch Stellvertreter ausgeübt werden; diese müssen jedoch den für das in Rede stehende Gewerbe insbesondere vorgeschriebenen Erforder­ nissen genügen. x) Nur die Befugnisse zum stehenden Gewerbebetrieb können ditrch Stellvertreter aus" geübt werden, nicht auch die Befugnisse zum Gewerbebetrieb im Umherziehen.

Titel III.

Gewerbebetrieb im Umherzieben. § 55?) 1 Wer außerhalb3) des Gemeindebezirks seines Wohnortes oder der durch besondere Anordnung der höheren Verwaltungs­ behörde3) dem Gemeindebezirke des Wohnortes gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung^) und ohne vorgängige Bestellung3) in eigener Person3) 1. Waaren feilbieten?)

Gewerbebetrieb im Umherziehe».

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2. Wagenbestellungen aufsuchen8) oder Waaren bei anderen Personen, als bei Kaufleuten,9') oder an anderen Orten, als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen,1") 3. gewerbliche Leistungen anbieten,11) 4. 12) Musikaufführungen, 1 9) Schaustellungen, theatralische Vorstellungen1^) oder sonstige Lustbarkeiten,1°) ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder der Wissenschaft") dabei obwaltet, darbieten will, bedarf eines Wandergewerbescheins/") soweit nicht für die in Ziffer 2 bezeichneten Fälle in Gemäßheit des § 44a eine L'egitimationskarte genügt.18)19) 11 In dem Falle der Ziffer 4 ist auch für den Markt­ verkehr (§ 64) ein Wandergewerbeschein erforderlich. T) Vorausgesetzt ist die gewerbsmäßige Ausübung der bezüglichen Thätigkeit. Ueber den Begriff „gewerbsmäßig" vergl. Anmerkung zu § 1. 2) Innerhalb des Gemeindebezirkes des Wohnortes liegt selbst dann kein Gewerbebe­ trieb im Umherziehen vor, wenn ein solches Gewerbe von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Strassen rc. ausgeübt wird; der Ausübende muß aber in einem solchen Falle zum selbständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes befugt sein; vergl. § 42, 42 b und 33 b. S. auch Anm. 17. 3) Zuständig sind die k. Kreisregierungen, K. d. I. -Verordnung vom 27. Dezbr. 1883 — abged. in Abth. II. 4) Eine gewerbliche Niederlassung gilt nicht als vorhanden, wenn der Gewerbetreibende in der betr. Gemeinde ein zu dauerndem Gebrauche eingerichtetes, beständig oder doch in regel­ mäßiger Wiederkehr von ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines Gewerbes nicht besitzt. Wanderlagerhalter bedürfen eines Wandergewerbescheines (§ 1 der M. B. vom 4. Nov. 1881, M. A. Bl. Seite 401). 5) Die Bestellung muß eine vor gängige sein und eine bestimmte Waare, ein be­ stimmtes Geschäft zum Gegenstände haben. Auch muß der Besteller nicht immer der Zahler sein; so z. B. dürfen vom Wirthe bestellte Musiker sich durch Sammeln bei den Gästen bezahlt machen. Vergl. auch Regers Entsch. Bd. I S. 240, IX S. 418 und X S. 5—7. 6) Der Wandergewerbeschcin darf einem Anderen nicht zur Benützung überlaffen werden (§ 60 a). 7) Also Waaren irgend welcher Art mit Ausnahme der nach § 56 ausgeschloffenen. Vergl. auch § 59. H) Bezüglich des verbotenen Aufsuchens von Bestellungen auf gewisse Waaren vergl. § 56 a. 9) Zum Aufkäufen von Eiern, Schmalz, Butter rc. bei anderen Personen, als bei Kaufleuten oder an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen ist auch dann ein Wander­ gewerbeschein nothwendig, wenn diese Waaren lediglich zum Wiederverkauf auf einem Wochen­ markt angekauft werden (Urth. d. Oberlandesg. München v. 11. Nov. 1884, M. A. Bl. 1885 S. 10). 10) Auch der tauschweise Erwerb von Waaren (z. B. Lumpen, Knochen, Eisen) gehört hieher, M. E. v. 4. Febr. 1873. u) Topfbinden, Kesselflicken, Scheerenschleifen, Kitten, Löthen, Geschirrverzinnen, Kraukschneiden, sog. Kammerjägerei, Petschaft- und Siegelstechen, Schärfen von Sägen und Werkzeugen, Kastriren von Hausthieren; ob die Ertheilung von Tanz-Unterricht hieher zählt ist fraglich; siehe Landmanns Gew.-Ordg. S. 241. Wissenschaftliche und religiöse Borträge gegen Bezahlung rc. bilden keine gewerblichen Leistungen (Regers Entscheidg. Bd. VIII S. 8). 12) Ein Wandergewerbeschein für den Betrieb der in Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe ge­ währt die Befugniß zum Gewerbebetrieb in einem anderen, als dem Bezirke derjenigen Ver­ waltungsbehörde, welche ihn ausgestellt hat, nur dann, wenn er auf den anderen Bezirk von deffen Verwaltungsbehörde ausgedehnt ist, § 60 Abs. II der Gew.-Ordg. Wer die in Ziff. 4 bezeichneten Gewerbe an einem Orte von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straffen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten ausüben will, be­ darf auch der vorgängigen Erlaubniß der Ortspolizeibehörde $ 60 a der Gew.-Ordg.

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

18) Wenn Musikern der gemäß § 33 des P.-St.-G.-B. und § 4 der Verordnung vom 3. Juli 1868, Schau- und Vorstellungen betr., erforderliche Erlaubnißschein gemäß § 7 der allegirten Verordnung für den Bezirk der Distriktsverwaltungsbehörde ertheilt ist, berechtigt sie dies nicht zu gewerbsmäßigen Musikaufführungen außerhalb des Gemeindebezirkes ihres Wohn ortes ohne vorgängige Bestellung. u) Ueber Polizei des Schauspielgewerbes siehe Blätter für adm. Praxis Band XXXVII S. 354. Schauspielunternehmer, welche um einen Wandergewerbeschein nachsuchen, haben sich über den Besitz der nach § 32 erforderlichen Erlaubniß auszuweisen, vergl. § 60 a Abs. IV. 16) Kegelspiel, Schießen. Zu dem sog. Ringwmfspiel und ähnlichen Spielen, welche erfahrungsgemäß zu Prellereien benützt werden, dürfen Wandergewerbescheine nicht mehr aus­ gestellt werden (§ 5 der M.-Bekanntmachg. v. 4. Nov. 1881, M.-A.-Bl. S. 405). 16) Bergl. Anmerkung zu § 33 a. Ein höheres Kunstinteresse wird für Militärmusik' kapellen anzunehmen sein. 17) Also nur derjenige, welcher außerhalb seines Wohnortes ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung und ohne vorgängige Bestellung die bezeichneten Gewerbe ausübt, bedarf eines Wandergewerbescheines. Das Hausiren am Wohnorte und am Orte der gewerb­ lichen Niederlassung ist ein Ausfluß des stehenden Gewerbebetriebes und wandergewerbeschein­ frei. Wenn also z. B. Jemand in A wohnt und in B eine Cigarrenfabrik hat, darf er — jedoch nicht seine Bediensteten — mit seinen Cigarren in A und B ohne Wandergewerbeschein hausiren, Hot aber nach Maßgabe des § 14 sein Gewerbe in A als Cigarrcnhändler und in B als Cigarrenmacher anzuzeigen. 16) Für inländische Gewerbetreibende oder deren Handelsreisende genügt zum Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren eine Legitimationskarte; vergl. § 44 und 44a. Ausländische Handelsreisende dürfen mit einer Gewerbelegitimationskarte nur bei Kaufleuten oder solchen Personen, in deren Gewerbebetriebe Waaren der angevotenen Art Verwendung finden, Waarenbestellungen aufsuchen. 19) Wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne den gesetzlich erforderlichen Wandergewerbe­ schein betreibt wird nach § 148 Ziff. 7 der Gew -Ordg. bestraft. Nachdem aber nach Abs. II 1. c. in diesem Falle die Strafe ausgeschlossen bleibt, wenn die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze enthält, so kann eine.Bestrafung nach dieser Bestimmung nur in dem nicht wahrscheinlichen Falle Platz greifen, daß der Zuwiderhandelnde die Steuer nach dem Gesetze vom 10. März 1879 bezahlt hat, oder daß er in nicht größerer Entfernung als 15 Kilometer vom Wohnorte zu den Gegenständen des Wvchenmarktes gehörige, aber nicht selbstverfertigte Berzehrungsgegenstände feilbietet oder das Musikgewerbe ausübt, weil dieser Gewerbebetrieb der Steuer nicht unterliegt.

8 56.

I Beschränkungen, vermöge deren gewisse Waaren von dem Feithalten im stehenden Gewerbebetriebe ganz oder theilweise aus­ geschlossen sind, gelten auch für deren Feilbieten im Umherziehen. II Ausgeschlossen vom Ankauf oder FeilbieteiU) im Umher­ ziehen sind:

1. geistige Getränkes) soweit nicht das Feilbieten derselben von der Ortspolizeibehörde im Falle besonderen Bedürf­ nisses vorübergehend gestattet ist;8)

2. gebrauchte Kleider, gebrauchte Wäsche, gebrauchte Betten und gebrauchte Bettstücke, insbesondere Bettfedern, Menschen­ haare, Garnabfälle, Enden und Dräumen von Seide, Wolle, Leinen oder Baumwolle^) 3. Gold- und Silberwaaren, sowie Taschenuhren;5) 4. Spielkarten;

Bruchgold

und Bruchsilber,

Gewerbebetrieb im Umherziehen.

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5. Staats- und sonstige Werthpapiere, Lotterieloose, Bezugs­ und Antheilscheine auf Werthpapiere und Lotterieloose^) 6. explosive Stoffe, insbesondere Feuerwerkskörper, Schieß­ pulver und Dynamit; 7. solche mineralische und andere Oele, welche leicht entzünd­ lich sind, insbesondere Petroleum, sowie Spiritus; 8. Stoß-, Hieb- und Schußwaffen; 9. Gifte und gifthaltige Waaren, Arznei- und Geheimmittel. 111 Ausgeschlossen vom Feilbieten im Umherziehen sind ferner: 10. Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, insofern sie in sittlicher?) oder religiöser Beziehung Aergerniß zu geben geeignet sind, oder welche mittelst Zusicherung von Prämien oder Gewinnen vertrieben werden. ,v Wer Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke im Umherziehen feilbieten will, hat ein Verzeichniß derselben der zu­ ständigen Verwaltungsbehörde^) seines Wohnortes zur Genehmigung9) vorzulegen?9) Die Genehmigung ist nur zu versagen, soweit das Verzeichniß Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke der vorbezeichneten Art enthält. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem genehmigten Verzeichnisse enthaltenen Druckschriften, anderen Schriften oder Bildwerke bei sich führen, und ist verpflichtet, das Verzeichniß während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei sich zu führen, auf Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamter?') vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Ver­ zeichnisses einzustellen?") ’) Mit Ausnahme der Beschränkungen in tz 56a Ziff. 2 und 3 ist das Aufsuchen von Bestellungen auf die in Abs. II und III aufgeführten Waaren erlaubt. а) Hiezu zählen auch Vier und Weine. 3) Vergl. § 60 Abs. I der Gew.-Ordg. und § 9 Abs. II der Berordg. vom 27. Dezbr. 1883; aus ersterer Bestimmung geht hervor, daß derjenige, der geistige Getränke außerhalb seines Wohn­ ortes rc. ohne Bestellung feilbieten will, nicht blos der ortspolizeilichen Erlaubniß bedarf, sondern auch einen Wandergewerbeschein haben muß. 4) Das Sammeln von Lumpen fällt nicht unter dieses Verbot. 5) Vergl § 44 Abs. IT und Absch. 1 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883. б) Nach 8 56 a Ziff. 2 ist auch das Aufsuchen von Bestellungen verboten. 7) Bei der Berathung des Gesetzesentwurfes wurde allseits anerkannt, daß diese Be­ stimmung alle diejenigen Druckschriften vom Feilbieten im Umherziehen ausschließen wollte, welche nach dem Ermessen der zuständigen Behörde in sittlicher Hinsicht Aergerniß zu erregen geeignet seien, daß hierbei für die Beurtheilung des Umfanges, in welchem in sittlicher Hinsicht ein Aergerniß zu besorgen wäre, der entscheidenden zuständigen Behörde eine andere Grenze, als die im Wortlaute der Bestimmung selbst liegende nicht gezogen sein solle, daß insbesondere als in sittlicher Hinsicht Aergerniß erregend auch andere Druckschriften angesehen werden können, als diejenigen, welche im Sinne des tz 184 des Reichsstrafgesetzbuches „unzüchtig" d. i. in ge­ schlechtlicher Beziehung unsittlich zu erachten sind (Regers Entsch. Bd. VIII S. 348). 8) Bergl. tz 9 Abs. I der Verordnung vom 27. Dezember 1883. Die Genehmigung des Verzeichnisses ist für das ganze Reich wirksam. Ueber das Verfahren vergl. Negers Entsch. Bd. IV S. 368.

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

,0) Außerdem ist noch ortspolizeiliche Erlaubniß nach § 43 erforderlich. n) Zuständig sind alle Polizeibehörden und deren Vollzugs- und Controlorgane. ,2) Strafbestimmungen sind zu Abs. I, Abs. II Ziff. 1—5, 7—9 und Abs. III § 148 Ziff. 7 a, zu Abs. II Ziff. 6, § 146 Ziff. 4 und zu Abs. IV § 149, Abs. I Ziff. 2.

8 56a. 1 Ausgeschlossen vom Gewerbebetrieb im Umherziehen sind ferner: 1. die Ausübung der Heilkunde, insoweit der Ausübende für dieselbe nicht approbirt ist j1) 2. das Aufsuchen sowie die Vermittelung von Darlehens­ geschäften und von Rückkaufsgeschäften ohne vorgängige Bestellung, ferner das Aufsuchen von Bestellungen auf Staats- und sonstige Werthpapiere, Lotterieloose und Bezugs- und Antheilscheine auf Werthpapiere und Lotterie­ loose ; 3. das Aufsuchen von Bestellungen auf Branntwein und Spiritus bei Personell, in deren Gewerbebetriebe dieselben keine Verwendung finbeii.2)8) 1) Approbirte Personen, welche den Nachweis der Befähigung geliefert haben und demnach berechtigt sind, den Titel Arzt, Wundarzt, Zahnarzt rc. zu führen, werden von § 56 a Ziff. 1 nicht betroffen und bedürfen überhaupt keines Wandergewerbescheines, falls sie außerhalb ihres Wohnortes unbestellt Praxis aufsuchen. Die bestellte Ausübung der Heilkunde wird von dieser Gesetzesbestimmung nicht be­ rührt; als unbestellt ist dieselbe namentlich auch in dem häufig vorkommenden Falle zu erachten, daß der herumreisende Heilkünstler nicht die Patienten in ihrer Behausung ohne Aufforderung aufsucht, sondern dem Publikum seine Wohnung und seine Sprechstunden annoncirt. Landmanns Gew.-Ordg. S. 249. Die Zahntechniker sind vom Gewerbebetrieb im Umherziehen ausgeschloffen (Regers Entsch. Bd. IX S. 419). Die Kastration der Hausthiere, welche nicht zur Thierheilkunde gehört, sondern eine gewerbliche Leistung bildet, erfordert zum Betriebe im Umherziehen einen Wandergewerbeschein, welcher jedoch zur Einführung oder Anwendung von Arzneien oder Giften nicht berechtigt. Sammt, v. Entsch. des Verwaltungsgerichtshofes Bd. IV S. 94. 2) Auf die Handelsreisenden finden die Beschränkungen in Ziff. 2 und 3 keine Anwend­ ung; vergl. Anmerkung zu § 44. s) Strafbestimmung in § 148 Ziff. 7 a.

§ 56b.

I Der Bundesrath ist befugt, soweit ein Bedürfniß obwaltet, anzuordnen, daß und inwiefern der Ankauf oder das Feilbieten von einzelnen der im § 56 Absatz 2 ausgeschlossenen Waaren im Umherziehen gestattet sein soll?) II Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, sowie zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen kann durch Beschluß des Bundesraths und in dringenden Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers nach Einvernehmen mit dem Ausschuß des Bundes­ raths für Handel und Verkehr für den Umfang des Reichs oder

Gewerbebetrieb im Umherziehen.

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für Theile desselben bestimmt werden, daß und inwiefern außer den in den §8 56 und 56a aufgeführten Gegenständen und Leist­ ungen auch noch andere Gegenstände und Leistungen auf bestimmte Dauer von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen ausgeschlossen sein sollen. Die Anordnung ist dem Reichstage sofort, oder, wenn derselbe nicht versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritt mitzutheilen. Dieselbe ist außer Kraft zu setzen, wenn der Reichs­ tag die Zustimmung nicht ertheilt.

.111 Durch die Landesregierungen kann das Umherziehen mit Zuchthengsten zur Deckung von Stuten untersagt, oder Beschränk­ ungen unterworfen werden?) 1) Bisher ist eine solche Anordnung des Bnndesrathes nicht erfolgt. 2) Bergl. Verordnung vom 2. November 1884, das Umherziehen mit Zuchthengsten zur Deckung von Stuten bete., (Ges. u. Verordgsbl. 1884 S. 489). Demnach ist das Umherziehen mit Zuchthengsten zur Deckung von Stuten im Allgemeinen untersagt. Ausnahmsweise kann Hengstbesitzern der Gauritt in bestimmt bezeichneten Bezirkeil gestattet und ein Wandergewerbe­ schein hiezu ausgestellt werden. In diesem Falle müssen die Hengstführer außer dem Wander­ gewerbeschein die Körscheine stets bei sich haben und auf Verlangen den Polizeiorganen vorzeigen. Zu beachten ist hier auch noch Ziff. 8 der Minist.-Bekanntmachung vom 24. März 1887 (G.- u. V.-Bl. S. 134), wonach die Hengstbesitzer die zur Zuchtzwecken verwendeten Hengste unmittelbar vor Beginn der Deckzeit und sodann während derselben in Zwischenräumen von 14 Tagen, vom Tage der letzten Visitation an gerechnet, der Untersuchung des zuständigen beamteten Thier­ arztes zu unterstellen haben. Der thierärztliche Befund wird auf der zweiten Seite des Körscheines konstatirt.

§ 56c. I Das Feilbieten von Waaren im Umherziehen in der Art, daß dieselben versteigert oder im Wege des Glückspiels oder der Ausspielung (Lotterie) abgesetzt werden, ist nicht gestattet. Aus­ nahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde*) zugelassen werden?) II Oeffentliche Ankündigungen des Gewerbebetriebs dürfen nur unter dem Namen des Gewerbetreibenden mit Hinzufügung seines Wohnortes erlassen werden. Wird für den Gewerbebetrieb eine Verkaufsstelle benutzt, so muß an derselben in einer für Jederinann erkennbaren Weise ein den Namen und Wohnort des Gewerbe­ treibenden angebender Aushang angebracht werden. Dies gilt insbesondere von den Wanderlagern?) *) Siehe bezüglich der Versteigerungen § 9 Abs. I der Verordnung vom 27. Dezbr. 1883, im Uebrigen die Verordnung vom 10. Juli 1867, die Bewilligung zur Veranstaltung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen und zur Aufstellung von Glücksbuden an öffentlichen Orten betr., Regg.-Blatt S. 809. 2) Das Ausspielen von Waaren fällt nicht unter die Bestimmung des § 55 Ziff. 1, sondern stellt sich als das Feil- resp. Darbieten von Lustbarkeiten und Schaustellungen im Sinne des § 55 Ziff. 4 der Gew.-Ordg. dar (Regers Entsch. Bd. X S 5). Die sogenannten amerikanischen Ueberraschungen, bei welchen je gegen einen bestimmten Geldbetrag verschloffene Päckchen, in welchen theils ganz geringwerthige* theils etwas weBth-

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

vollere Gegenstände sich befinden, abgegeben werden, enthalten Ausspielungen beweglicher Sachen (Regers Entsch. Bd. IX S. 496). ®) Strafbestimmung in § 148 Ziff. 7 b. Bergl. auch § 286 des R.-St.-G.-B. u. Regers Entsch. Bd. VII S. 443.

§ 56d. Ausländern1) kann der Gewerbebetrieb im Umherziehen gestattet werden. Der Bundesrath ist befugt, die deßhalb nöthigen Bestimm­ ungen zu treffen.2) x) Ausländer sind Nichtangehörige des deutschen Reiches. 2) Siehe die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883 und Anmerk mifl zu § 44.

§ 57.

Der Wandergewerbeschein ist zu versagen:1) 1. wenn der Nachsuchende mit einer abschreckenden oder an­ steckenden Krankheit behaftet2) oder in einer abschreckenden Weise entstellt ist; 2. wenn er unter Polizeiaufsicht steht; 3. wenn er wegen strafbarer Handlungen, aus Gelvinnsucht, gegen das Eigenthum, gegen die Sittlichkeit, wegen vor­ sätzlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Menschen, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwider­ handlungen gegen Verbote oder Sichernngsmaßregeln, betreffend Einführung oder Verbreitung ansteckender Krank­ heiten oder Viehseuchen, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten vernrtheilt ist, und feit Ver­ büßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen find; 4. wenn er wegen gewohnheitsmäßiger Arbeitscheu, Bettelei, Landstreicherei, Trunksucht übel berüchtigt ist;3) 5. in dem Falle des § 55 Ziffer 4, sobald der den Verhält­ nissen des Verwaltungsbezirks der zuständigen Verwaltungs­ behörde eiltsprechenden Anzahl von Personen Wander­ gewerbescheine ertheilt oder ausgedehnt find (§ 60 Abs. 2).4) v) Bezüglich des Rekursrechts bezw. (für Ausländer) des Beschwerderechts vergl. § 63 uud Absch. II A Ziff. 11 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883. 2) Zum Nachweise der Freiheit von einer solchen Krankheit kaun ärztliches Zeugniß verlangt werden. (Regers Entsch. Bd. 4 S. 380). 8) Bezüglich der Ausstellung von Wandergewerbescheinen an Zigeuner s. Minist.-Entschl. vom 5. Oktober 1889, M.-A.-Bl. S. 291. 4) Die Bedürfnißfrage ist allen vorkomulendcn Gesuchen gegenüber strengstens zu würdigen (tz 6 der M. E. v. 4. Nov. 1881, M.-A.-Bl. S. 406).

§ 57a. -

Der Wandergewerbeschein ist in der Regel zu versagen: 1. wenn der Nachsuchende noch nicht großjährig ist;1)

Gewerbebetrieb im Umherziehen. 2. wenn er blind, schwäche leidet.

taub oder stumm ist,

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oder an Geistes­

9 D. i. das 21. Lebensjahr nicht vollendet hat (Reichsgesetz vom 17. Februar 1875, R.-G.-Vl. S. 71).

§ 57b. Der Wandergewerbeschein darf außerdem nur dann versagt werden:

1. wenn der Nachsuchende im Jnlande einen festen Wohnsitz nicht hat;

2. wenn er wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht, gegen das Eigenthum, gegen die Sittlichkeit, wegen vor­ sätzlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Menschen, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwider­ handlungen gegen Verbote oder Sicherungsmaßregeln, betreffend Einführung oder Verbreitung ansteckender Krank­ heiten oder Viehseucheri, zu einer Freiheitsheitsstrafe von mindestens sechs Wochen verurtheilt ist, und seit Ver­ büßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen sind; 3. wenn er wegen Verletzung der auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen bezüglichen Vorschriften im Laufe der letzten drei Jahre wiederholt bestraft ist;

4. wenn er ein oder mehrere Kinder besitzt, für deren Unter­ halt und sofern sie im schulpflichtigen Alter stehen, für deren Unterricht nicht genügend gesorgt ist.1) 9 Bezüglich des Milführens von Kindern vergl. § 62 der Gew.-Ordg. u. hinsichtlich der Zurücknahme des Wandergewerbescheines aus diesem Grunde Regers Entsch. Bd. VII Seite 11.

§ 58. Der Wandergewerbeschein kann zurückgenommen1) werden, wenn sich ergibt, daß eine der im 8 57 Ziffer 1 bis 4, § 57a oder § 57b bezeichneten Voraussetzungen entweder zur Zeit der Ertheilung desselben bereits vorhanden gewesen, der Behörde aber unbekannt geblieben, oder erst nach Ertheilung des Scheines ein­ getreten ist.2) 9 Bergl. § 61 Abs. III und 8 Abs. I d. G. Ordg., dann § 9 der Berordnung vorn 27. Dezember 1883 und § 21 der M.-E. v. 4. Novdr. 1881, M.-A.-Bl. S. 425. 2) Im Falle der Zurücknahme des Wandergewerbescheines findet eine Rückvergütung der bezahlten Steuern und besonderen Abgaben nicht statt, Art. 13 Abs. I u. 2ht. 15 Ziff. 10 des Gesetzes vom 10. März 1879 und tz 11 letzter Abs. der M.-E. v. 4. Nov. 1881, M.-A.-Bl. S. 413.

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

8 59.

I Eines Wandergewerbescheins bedarf nicht: 1. wer selbstgewonnene') oder rofje2) Erzeugnisse der tinnb«3) und Forstwirthschaft, des Kartell- und Obstbaues, der Geflügel- und Bienenzucht, sowie selbstgewonnene Erzeug­ nisse der Jagd und Fischere?) feitbietet ;5)6) 2. wer in der Umgegend seines Wohnortes bis zu 15 Kilo­ meter Entfernung von demselben selbstverfertigte Waaren, welche zu den Gegenständen des Wochenmarktverkehrs gehören?) feilbietet oder gewerbliche Leistungen)", hin­ sichtlich deren dies Landesgebrauch ist, anbietet;") 3. wer selbstgewvnnene Erzeugnisse oder selbstverfertigte Waaren, hiilsichtlich deren dies Landesgebrauch ist, zu Wasser anfährt und von dem Fahrzeuge aus feilbietet;'") 4. wer bei öffentlichen Festen, Truppenzusammenziehungen oder anderen außergewöhnlichen Gelegenheiten mit Erlaub­ niß der Ortspolizeibehörde die von derselben zu bestim­ menden Waaren feilbietet.") II Die Landesregierungen können in weiterem Umfange dell Gewerbebetrieb im Umherziehen mit Gegenständen des gemeinen Verbrauchs ohne Wandergewerbeschein innerhalb ihres Gebietes gestatten? o) 3) Als selbstgewonnen gelten diejenigen Waaren, welche von dem Besitzer des Grund und Bodens, auf dem die Produkte gewachsen oder erzeugt sind, bezw. von dem Unternehmer der betr. Produktion feilgeboten werden. Wer selbstgewonnene Erzeugnisse der Land- und Forst­ wirthschaft rc. im Umherziehen feilbietet ist nicht auf den Verkauf roher Produkte beschränkt, er darf diese selbstgewonnenen Produkte auch im bearbeiteten Zustande feilbieten. Landmanns Gew.-Ordg. S. 263. Zu den Erzeugnissen der Land- und Forstwirthschaft sind jedoch solche Gegenstände nicht zu rechnen, welche eine, die herkömmlichen Grenzen der land- und forstwirth» schaftlichen Thätigkeit überschreitende fabrik- oder handwerksmäßige Be- oder Verarbeitung erfahren haben, z. B. Mehl, Holzwaaren, aus selbstgewonnenen Tabakblättern bereitete Cigarren u. dgl. Hinsichtlich der ^Besteuerung vergl. Art. 1 Ziff. 1 des Gesetzes vom 10. März 1879, § 2 der Bollzugsvorschriften hiezu und Ziff. 2 der Minist.-Bekanntmachung vom 8. Febr. 1885. Demnach unterliegt der Steuer nach dem allegirten Gesetze nicht, wer selbstgewonnene Erzeugnisse der Land- und Forsrwirthschaft, des Garten- und Obstbaues, der Jagd und des Fischfanges und der Geflügel- und Bienenzucht im Umherziehen feilbietet, bezüglich der Erzeugnisse der Geflügelund Bienenzucht jedoch nur daun, wenn deren Gewinnung mit dem Betriebe der Landwirth­ schaft oder anch (bei Erzeugnissen der Bienenzucht) mit dem Betriebe des Gartenbaues ver­ bunden wird. — Ob ein Land- oder Forstwirty, ein Gärtner rc. seine selbstgewonnenen Er­ zeugnisse in eigener Person feilbietet oder für seine Rechnung durch einen von ihm Beauftragten, einen Angehörigen oder Diener feilbieten läßt, macht in steuerlicher Hiusicht keinen Unterschied, wohl aber hinsichtlich der Gewerbspolizei, weil der Beauftragte — wenu diese Erzeugnisse nicht zu den „rohen" zählen — eines Wandergewerbescheines bedarf. Wenn also z. B. ein Landwirth durch seine Kinder oder Dienstboten Butter oder Schmalz im Umherziehen feilbieten läßt, sind diese zwar der Steuer nicht unterworfen, müssen aber int Besitze eines Wandergewerbescheines sein. 2) Als rohe Erzeugnisse der Land- und Forstwirthschaft, des Garten- und Obstbaues sind zu betrachten inländische Bodenprodukte in ihrem natürlichen Zustande, d. h. wenn sie auch nicht einmal einer die herkömmlichen Grenzen der land- und forstwirthschaftlichen Thätig­ keit nicht überschreitenden Bearbeitung unterzogen worden sind. Zu den rohen Erzeugnissen

Gewerbebetrieb im Umherziehen.

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der Land- unv Forstwirthschaft rc. sind daher nicht zu berechnen: größeres oder auch kleineres Vieh, verzuckerte, eingemachte, geröstete oder sonst zubereitete Früchte, Butter, Schmalz, Mehl, Holzwaaren. Der Handel mit rohen aber nicht selbstgewonnenen Erzeugnissen der Landwirthschaft rc. unterliegt der Steuer nach dem Gesetze vom 10. März 1879 — vergl. § 2 der Vollzugsvorschriften zu diesem Gesetze — soferne diese nicht zu den Verzehrungsgegenständen zählen, welche äu den Gegenständen des Wochenmarktes gehören, vergl. Art. 2 Ziff. 5 11t. a des allegirten Gesetzes und § 66 Abs. 1 der Gew.-Ordg. 3) Als Erzeugnisse der Landwirthschaft werden jene Produkte zu gelten haben, welche in landesüblicher Weise aus dem Betriebe der Landwirthschaft gewonnen werden, sohin zunächst die direkten Bodenprodukte, dann aber wohl auch die Nutzungen der im Landwirthschaftsbetriebe gehaltenen Hausthiere, wie Milch und die hieraus gewonnenen Nahrungsmittel — Butter, Schmalz rc. — ferner Eier. Nicht hieher werden dagegen zu zählen sein die Erzeugnisse der Viehzucht als solcher, sohin alle Arten von Vieh — natürlich vorbehaltlich der in dieser Ziffer noch ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen — (Geflügel, Bienen), und ebensowenig die aus­ ländischen Bodenprodnkte, wie Citronen. Regers Gew.-Ordg. S. 96. Ueber den Verkehr mit Milch siehe die oberpolizeil. Vorschrift vom 15. Juli 1887, Gesetz- und Verordgsblatt. Seite 367. 4) Wer rohe, aber nicht selbstgewonnene Erzeugnisse der Jagd und Fischerei feilbietet, bedarf eines Wandergewerbescheines und unterliegt der Hausirsteuer. Der Jagdinhaber (Pächter) oder Fischereiberechtigte darf daher Wild oder Fische nicht durch andere Personen — auch nicht Dienstboten, Familienangehörige re. — im Umherziehen ohne Wandergcwerbeschein verkaufen lassen; bezüglich der Steuer in diesem Falle vergl. § 2 Ziff. III der Minist.-Bekanntmachung vom 16. März 1879. Vierzehn Tage nach dem Eintritte der Hegezeit darf kein Wild, gleichviel ob es vom In- oder Auslande kommt, zum Verkaufe gebracht werden. Dieser Termin kann für den Ab­ satz des Wildprets auf Verlangen des Besitzers von der Distriktspolizeibehörde auf weitere 14 Tage verlängert werden, wenn beim Schlüße der Schußzeit ein großer Vorrath noch vor­ handen und diese Thatsache genügend nachgewiesen ist (§ 11 der Kgl. Verordnung v. 5. Oktob. 1863, polizeiliche Vorschriften über Ausübung und Behandlung der Jagden betr., Regg.-Bl. S. 1657). Hinsichtlich des Verkaufsverbotes der Fische während der Schonzeit vergl. die Be­ stimmungen in der Landesfischereiordnung vom 4. Dezember 1884 (G. Verordgs.-Bl. S. 459). ®) Zum Ankauf der in Ziff. 1 erwähnten Artikel zum Wiederverkauf ist ein Wander­ gewerbeschein (tz 55 Abs. I Z. 2) bezw. eine Legitimationskarte (§ 44a) erforderlich. 6) Bezüglich des Eintritts in fremde Wohnungen und des Betretens fremder Häuser und Gehöfte zur Nachtzeit vergl. § 60 c Abs. II u. III und bezügl. des Gewerbebetriebs Minder­ jähriger tz 60 b Abs. II. 7) Was zu den Gegenständen des Wochenmarktverkehres gehört, bestimmt § 66 der Gew.-Ordg. Die Gegenstände, deren Vertrieb wandergewerbescheinfrei sein soll, müssen an den Orten, an welchen sie zum Verkaufe gebracht werden, zu den Wochenmarktartikeln gehören (Reger 3 S. 349). e) Hierunter zählt auch das Feilbieten auf fremden Boden bezw. an Wegen gesammelter, wild wachsender Beeren und Blumen (Regers Entsch. Bd. IX S. 17). ») Das Feilbieten muß von dem Verfertiger der Waaren in eigener Person erfolgen imb ist steuerfrei (Art. 2 Ziff. 5 lit. a des Gesetzes vom 10. März 1879). Vergl. § 60c Abs. II u. III und 60b Abs. II. 10) Hinsichtlich des Begriffes „selbstgewonnene" und „selbstverfertigte" vergl. Anmerkg. zu Ziff. 1 und 2 und bezüglich der Steuerfreiheit Art. 2 Ziff. 4 des Gesetzes vom 10. März 1879. n) Diese Erlaubniß ist für eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort und für be­ stimmte Gegenstände zu ertheilen; auf Gegenstände, welche vom Feilbieten im Umherziehen aus­ geschlossen sind (§ 56), darf sich diese Erlaubniß nicht erstrecken. Bezüglich des Feilbietens von geistigen Getränken s. § 56 Abs. II Ziff. 1 der Gew.-Ordg. und hinsichtlich der Steuerfreiheit Art. 2 Ziff. 3 des Gesetzes vom 10. März 1879. 1U) Bisher ist eine diesbezügliche Kgl. Allerhöchste Verordnung nicht erlassen worden

§ 59a. In den Fällen des § 59 Ziffer 1 bis 3 kann der Gewerbe­ betrieb Untersaat werben,1) wenn die Voraussetzungen des § 57 Ziffer 1 bis 4 vorliegen. *) Vergl. § 9 Abs. I der Verordnung vom 27. Dezember 1883 und § 63 der Gew.-Ordg.

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

8 60. I Der Wandergewerbeschein wird für die Dauer des Kalenderjahres ertheilt,*) er berechtigt den Inhaber, in dem ganzen Gebiete des Reichs?) das bezeichnete Gewerbe nach Entrichtung der darauf haftenden ßanbeSfteuerit8) zu betreiben?) Soweit nach § 56 Ziffer 1 das Feilbieten von geistigen Getränken inr Falle besonderen Bedürfnisses vorübergehend gestattet wird, ist die räumliche und zeitliche Beschränkung dieser Erlaubniß im Wander­ gewerbeschein anzugeben. II Ein Wandergewerbeschein für den Betrieb der im § 55 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe gewährt die Befugniß zum Gewerbe­ betrieb in einem anderen, als dem Bezirke derjenigen Verwaltungs­ behörde, welche ihn ausgestellt hat, nur dann, wenn er auf den anderen Bezirk von dessen Verwaltungsbehörde ausgedehnt ist?) Sowohl die Ausstellung als auch die Ausdehnung eines derartigen Wandergewerbescheins kann für eine kürzere Dauer, als das Kalender­ jahr, oder für bestimmte Tage während des Kalenderjahres erfolgen. Die Ausdehnung ist zu versagen, sobald für die den Verhältnissen des Bezirks entsprechende Anzahl von Personen Wandergewerbe­ scheine bereits ausgestellt oder ausgedehnt sind?) III Die Verwaltungsbehörde kann die von ihr bewilligte Ausdehnung nach Maßgabe des § 58 zurücknehmen.

Iv Der Wandergewerbeschein enthält die Personalbeschreibung des Inhabers und die nähere Bezeichnung des Geschäftsbetriebes. Das Formular der Wandergewerbescheine bestimmt der Bundesrath?) ') Bezügl. der Zuständigkeit vergl. § 61 der Gew.-Ordg. und § 9 Abs. I der Verordnung vom 27. Dezember 1883. 2) Zum Hausirhandel im Grcnzzollbezirk ist die Erlaubniß des T. Hauptzollamtes erforderlich, vergl. Anmerkung zu § 5. Ausländer dürfen ihr Gewerbe im Umherziehen nur in dem Bezirke derjenigen Behörde betreiben, welche den Wandergewerbeschein ertheilt hat. Zu dem Gewerbebetriebe in einem anderen Bezirke ist die Ausdehnung des Wandergewerbeschetneö erforderlich; vergl. Absch. II A insbesondere Ziff. 6 und 8 der Bekanntmachung des Reichs­ kanzlers vom 31. Oktober 1883. 8) Landessteuern in diesem Sinne sind: a) die Steuer nach dem Gesetze vom 10. März 1879 über die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziehen, b) die besonderen Abgabe n nach § 22 der Verordnung vom 4. Dezbr. 1872, e) die Kreis-, Distrikts- und Gemeindeumlagen, von welchen die ersten gleichzeitig mit der Steuer vom Rentamte erhoben werden. Personen, welche in Bayern einen Wohnsitz nicht haben, müssen sich vor der Ausstellung oder Ausdehnung des Wandergewerbescheines über die Entrichtung der Distrikts- und Gemeinde­ umlagen ausweisen (§ 9 der M.-E. v. 4. November 1881, M.-A.-Bl. S. 409). Hinsichtlich des Ortes der Umlagenpflicht siehe die Minist. Bekanntmachung vom 1. Febr. 1882, M.-A.-Bl. Seite 74. Bezüglich des Verfahrens bei einem Gesuche um gebühren- und abgabenfreie 9luo itellung eines Wandergewerbescheines vergl. Bl. f. adm. Praxis Bd. XXX S. 213. 4) Der Gewerbebetrieb der Hausirer kann durch Polizeiverordnungen im Sinne des § 366 Ziff. 10 des R.-St.-G.-B. beschränkt werden (Regers Entsch. Bd. VII S. 355).

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Gewerbebetrieb im Umherziehen.

6) Strafbestimmung zu Abs. I in § 148 Abs. 7c — bezügl. der Steuer s. § 148 Abs. II der Gew.-Ordg. und Art. 16 des Gesetzes vom 10. März 1879, hinsichtlich der besonderen Abgaben Art. 28 des bayer. Gewerbsgesetzes vom 30. Januar 1868. *) Bezüglich der ortspolizeilichen Erlaubniß s. § 60a. 7) S. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883 und Minist.-Entschl. vom 13. Dezbr. 1883. Die Formulare werden vom Taxamt der k. Kreisregierung kostenfrei abgegeben.

§ 60a.

Wer die im § 55 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe^) an einem Orte von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten2) ausüben will, bedarf der vorgängigen Erlaubniß der Ortspolizeibehörde?) *) Der § 60a behandelt — wie Titel III der Gewerbeordnung überhaupt — nur den Gewerbebetrieb im Umherziehen; bezügl. des stehenden Gewerbebetriebes vergl. § 33b. 2) z. B. Wirthschaften. *) Die Ortspolizeibehörde kann die Erlanbniß von Bedingungen abhängig machen, auf bestimmte Zeit oder in jederzeit widerruflichen Weise ertheilen oder ganz versagen. Derartige Beschlüsse der Ortspolizeibehörde unterliegen gemäß Art. 162 und 186 des Gebührengesetzes einer Gebühr von 1 M. Beschwerden gegen solche polizeiliche Verfügungen sind an die vor­ gesetzte Aufsichtsbehörde zu richten (Art 156 Abs. III der Gemd.-Ordg.) und an eine Rekurs­ frist nicht gebündelt. Das Verfahren ist gebührenfrei.

§ 60 b. I Minderjährigen Personen kann in dem Wandergewerbe­ scheine die Beschränkung auferlegt werden/) daß sie das Gewerbe nicht nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weib­ lichen Geschlechts kann außerdem die Beschränkung auferlegt werden, daß sie dasselbe nur auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, nicht aber von Haus zu Haus betreiben dürfen. II Desgleichen kann von der Ortspolizeibehörde minder­ jährigen Personen verboten2) werden, daß sie innerhalb des Polizei­ bezirks die im § 59 Ziffer 1 und 2 angeführten Gegenstände nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weiblichen Ge­ schlechts, daß sie dieselben Gegenstände von Haus zu Haus feil­ bieten?) t) Bezüglich bet Zuständigkeit vergl. § 9 Abs. 1 bet Verordnung vom 27. Dezbr. 1883 und hinsichtlich der Beschwerdefühcung 63 Abs. II der Gew.-Ordg. 2) Dieses Verbot muß nicht ein generelles seilt, es tanu diese Beschränkung vielmehr auch einzelnen minderjährigen Personen auferlegt werden. Eine solche Verfügung kann gemäß § 63 Abs. II der Gew.-Ordg. nur im Wege der Beschwerde an die unmittelbar vorgesetzte Aufsichtsbehörde angefochten werden. 3) Strafbestimmung zu Abs. I in $ 148 Ziff. 7c, zu Abs. II in § 148 Ziff. 7b.

§ 60 c. T Der Inhaber eines Wandergewerbescheins ist verpflichtet, diesen während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei sich zn führen, auf Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamten*)

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Wandergewerbe­ scheins einzustellen. Auf gleiches Erfordern hat er die von ihm geführten Waaren vorzulegen. II Zum Zwecke des Gewerbebetriebes ist ohne vorgängige Erlaubniß der Eintritt in fremde Wohnungen?) sowie zur Nachtjett3) das Betreten fremder Häuser und Gehöfte nicht gestattet?) III Denselben Bestimmungen — Absatz 2 — unterliegt das Feilbieten der im § 59 Ziffer 1 und 2 aufgeführten Gegenstände?) *) Zuständig sind alle Polizeibehörden und deren Vollzugs- und Controlorgane. Ge werbetreibende, welche Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke im Umherziehen feilbieten, haben außerdem das Druckschriftenverzeichniß (§ 56 Abs. 4) und soferne der Gewerbebetrieb auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen, oder an anderen öffentlichen Orten ausgeübt werden will, den ortspolizeilichen Erlaubnißschein (§ 43) mit sich zu führen und bezw. vorzuzeigen. Bergl. auch § 18 der Minist.-Bekanntmachung vom 16. März 1879, den Vollzug des Gesetzes vom 10. März 1879 über die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziehen betr. 2) Das Eintreten in das Haus ist dem Hausirer bei Tage erlaubt, er darf aber nicht ohne Weiteres in die Wohnungsräume treten, sondern hat sich darüber zu vergewissern, daß ihm der Eintritt in die Wohnung u. s. w. gestattet werde; er hat sich also durch Klingeln, Anklopfen, Rufen oder wie sonst immer bemerklicb zu machen und abzuwarten, ob ihm durch Oeffnen der Thüre, Zuruf des „Herein" oder in anderer Weise der Eintritt in die Wohnung u. s. w. gestattet werde; solange ihm eine derartige Erlaubniß nicht ertheilt ist, hat er vor der Thüre zu bleiben und nicht eigenmächtig in die Wobnräume einzutreten. Wer als Hausirer eine Wohnung oder ein Gehöft betritt, zu welchem der Zutritt ihm durch Anschlag oder sonstige Kundmachung verboten ist, macht sich eines nach § 123 desR.-St.-G.-B. strafbaren Hausfriedensbruches schuldig. Landmanns Gew.-Ordg. S. 273. ’) Die Nachtzeit beginnt mit dem Eintritte der Dunkelheit nach Sonnenuntergang. 4) Der Hausirhandel an Sonn- und Feiertagen unterliegt den nämlichen zeitlichen Beschränkungen, welchen der stehende Gewerbebetrieb über den Ladenschluß unterworfen ist (K. Allerh. Berordg. v. 4. August 1883, G.- u. B.-Bl. S. 393). 8) Strafbestimmung zu Abs. I in § 149 Z. 2 u. Ziff. 4, zu Abs. II u. III in § 148 Ziffer 7b.

§ 60 d. I Der Wandergewerbeschein darf einem Anderen nicht zur Benutzung überlassen werden. II Wer für einen Anderen ein Gewerbe im Umherziehen zu betreiben beabsichtigt, unterliegt für seine Person den Bestimmungen dieses Gesetzes. III Wenn mehrere Personen die im § 55 Ziffer 4 bezeich­ neten Gewerbe in Gemeinschaft mit einander zu betreiben beab­ sichtigen, so kann auf ihren Antrag ein gemeinsamer Wander­ gewerbeschein für die Gesellschaft als solche ausgestellt werden, in welchem jedes einzelne Mitglied aufzuführen ist. Werden für die einzelnen Mitglieder besondere Wandergewerbescheine ausgestellt, so kann in die letzteren ein Vermerk ausgenommen werden, nach welchem dem Inhaber der Gewerbebetrieb nur im Verbände einer bestimmten Gesellschaft, oder einer Gesellschaft überhaupt, gestattet sein soll?)

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Gewerbebetrieb im Umherziehen.

,v Umherziehenden Schauspielergesellschaften wird der Wander­ gewerbeschein nur dann ertheilt, wenn der Unternehmer die im § 32 vorgeschriebene Erlaubniß besitzt. In dem Wandergewerbeschein für den Unternehmer einer Schauspielergesellschaft ist ausdrücklich zu vermerken, daß der Gewerbetreibende als Unternehmer auftrcten will. *) Vergl. § 17 der Minist.-Entschl. vom 4. November 1881 (M.-A.-Bl. Seite 420) und Ziff. 2 der Mmist.-Entschließung vom 13. Dezember 1883 (M.-A.-BI. S. 394). Ersterer be­ stimmt in Abs. II: „In dem für den einzelnen Gewerbetreibenden ausgefertigten Wandergewerbeschein sind Vormerke, welche den Wandergewerbeschein auf die Ausübung in einem Gesellschaftsverbande beschränken, beispielsweise der Vermerk: „als Mitglied einer Musik- (Schauspiel-) Gesell­ schaft" oder als „Mitglied der Musikgesellschaft des N N." auf der ersten Seite des Formulars A in den für die nähere Angabe des beabsichtigten Gewerbebetriebs vorbehaltenen Raum einzritragen. In den für Gesellschaften ausgefertigten gemeinsamen Legitimationsscheinen ist an der gleichen Stelle der Vorwerk „als Unternehmer einer Musik- (Schauspiel- rc.) Gesellschaft, welche aus den auf Blatt 2 bezeichneten Mitgliedern besteht," vorzutragen und auf dem zweiten Blatte des Formulars A (nicht in dem für die Bezeichnung der Begleiter bestimmten Raume) ein Berzeichniß der Mitglieder nach Namen und Personenbeschreibung zu geben."

§ 61. I Die Ertheilung^) des Wandergewerbescheins erfolgt durch die für den Wohnort oder Aufenthaltsort des Nachsuchenden zu­ ständige höhere Verwaltungsbehörde?) Die Verwaltungsbehörde des Aufenthaltsorts kann den Nachsuchenden an die Behörde seines Wohnorts verweisen?) II In dem Falle des § 55 Ziffer 4 erfolgt die Ertheilung des Wandergewerbescheins durch die höhere Verwaltungsbehörde, in deren Bezirke das Gewerbe betrieben werden soll. III Die Zurücknahme des Wandergewerbescheins erfolgt durch die für den Wohnort oder Aufenthaltsort des Inhabers zuständige höhere Verwaltungsbehörde. *) Wenn glaubhaft nachgewiesen wird, daß ein Wandergcwerbeschein verloren, ver­ nichtet oder unbrauchbar geworden ist, so kann die Ertheilung einer neuen Ausfertigung des­ selben gegen Ersatz der Auslagen einschließlich der etwaigen Amortisationskosten verlangt werden 20 der M.-E. vom 4. November 1881, M.-A.-Bl. S. 425). 2) Hinsichtlich der Zuständigkeit vergl. § 9 der Verordnung vom 27. Dezember 1883. Wer die Ausstellung eines Wandergewerbescheines wünscht, hat, falls er ein Ausländer ist oder einen Wohnsitz in Bayern nicht hat, persönlich vor der zuständigen Behörde zu erscheinen. Die Ertheilung von Wandergewerbescheinen im Korrespondenzwege ist daher an solche Personen unstatthaft. Reichsangehörige dagegen, deren Wohnsitz sich in Bayern befindet, können das Gesuch um Ausstellung eines Wandergewerbescheines durch Bermittelung der Gemeindebehörde ihres Wohnsitzes einbringen. Wird dem Gesuche stattgegeben, so ist dem Nachsuchenden der Wandergewerbeschein durch die Gemeindebehörde zustellen zu lassen, welche gleichzeitig für die Beifügung der Personalbeschreibung und Unterschrift des Empfängers, sowie für die Beglaubig­ ung der letzteren Sorge zu tragen hat. § 15 der Minist.-Entschl. v. 4. November 1881, M.-A.-Bl. S. 417. Reichsangehörige, welche die Ausstellung eines Wandergewerbescheines nachsuchen haben, soferne nicht ihre persönlichen Verhältnisse ohnehin genügend amtsbekannt sind, ihr Ge« such mit einem Zeugniß der Gemeinde- bezw. Ortspolizeibehörde zu belegen, welches über ihr Alter sowie darüber Aufschluß gibt, ob nicht einer der gesetzlichen Versagungsgründe vorliegt. Dieses Zeugniß ist von der Behörde des Ortes auszustellen, in welcher der Nachsuchende seinen Wohnsitz hat. Gehört dieser Ort nickt zu dem Verwaltungsbezirk der Behörde, bei welcher der Wandergewerbeschein nachgesucht wird, so kann die Beglaubigung des Zeugnisses durch die vor-

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

gesetzte Stelle oder Behörde gefordert werden. Das Zeugniß darf nicht über 3.Monate alt sein. Ist der Nachsuchende bereits im Besitze eines giltigen Wandergewerbescheines für das nächstvorhergegangene Kalenderjahr, so genügt in der Regel die Bestätigung der Gemeindebezw. Ortspolizeibehörde, daß seit der Ausstellung des früheren Zeugnisses keine Aenderung der in Betracht kommenden thatsächlichen Verhältnisse bei dem Gesuchsteller eingetreten ist. Die Zeugnisse sind im Falle der Ertheilung des Scheins bei den Akten zu behalten (§ 7 der M.-E. vom 4. November 1881, M -A.-Bl. S. 407). Aus länder haben 1) einen Paß oder Heimatschein, dessen Giltigkeitsdauer noch nicht abgelaufen ist und aus welchem sich neben der Heimatsangehörigkeit das Alter des Nachsuchenden ergibt, 2) ein durch die Gesandtschaft oder das Konsulat beglaubigtes, nicht über 6 Monate altes Zeugniß ihrer Heimatbehörde darüber, daß gegen den Betreffenden nichts Nachtheiliges vorliegt, beizubringen; an Stelle dieses Zeugnisses haben Ausländer, welche im Reichsge­ biete ihren Wohnsitz haben und welche sich bereits im Besitze eines noch nicht abgelaufenen Wandorgewerbescheines befinden, ein Zeugniß der Gemeinde- bezw. Ortspolizeibehörde ihres Wohnsitzes vorzulegen. Bezüglich der Aufbewahrung und Beglaubigung dieses Zeugnisses von einer inländischen Behörde gilt das oben für Reichsangehörige Gesagte (§ 8 der M.-E. vom 4. Nevembcr 1881, M.-A.-Bl. S. 409). Nach den Bestimmungen des Vertrags mit Oesterreich-Ungarn vom 25. Februar 1880 wegen Beglaubigung der von öffentlichen Behörden oder Beamten ausgestellten oder beglaubigten Urkunden (Neichs-G.-Bl. 1881 S. 4) und der hiezu erlassenen Bekanntmachg. vom 2. Febr. 188 l (Reichs-G.-Bl. L>. 8) bedürfen Leumundszeugnisse, welche in Oesterreich von den k. k. Statthaltereien, Landesregierungen und Präsidien der. k. k. Poltzeidircktionen, dann in Ungarn von den Vizegespansämtern in den Komitaten, den Bürgermeisterämtern in den Städten mit Juris­ diktionsrecht, dem Bürgermeisteramt der freien Stadt Fiume und der Budapester Polizei-OberHauptmannschaft ausgestellt oder beglaubigt sind, einer weiteren Beglaubigung dnrch ein Kon­ sulat oder durch die k. k. österreichisch-ungarische Gesandtschaft nicht (M.-E. v. 13. Febr. 1882, M.-A.-BI. S. 10). 2) Wegen Verweisung an die Behörde des Wohnortes findet ein Rekurs nicht statt. Gegenüber den in der Gemeinde Carlsberg beheimathetcn Hausirern ist von der Ermächtigung der Verweisung an den Wohnort regelmäßig Gebrauch zu machen und, wenn solche Hausirer aus Carlsberg behaupten, int diesrheinischen Bayern ihren Wohnsitz genommen zu haben, die Nichtigkeit dieser Behauptung und die Zuverlässigkeit der bezüglichen gemeind­ lichen Zeugnisse aufs strengste zu prüfen. (M.-E. vom 21. Dezbr. 1888, M.--A.-B!. S. 467.) Den Wandergewerbescheinen, welche zum Betriebe von Wandergewerben außerhalb Bayerus ertheilt werden, ist von der Distriktspolizeibehörde an Stelle der denselben bei­ gedruckten Bescheinigung über die Entrichtung der Landessteuern ein Vermerk in nachstehender Fassung beizufügen: „Ohne Steueranlage für Bayern, da . . . (Name und Wohnort) den Gewerbe­ betrieb im Nmh erziehen in Bayern nicht ausznüben beabsichtiget." Bei Ertheilung solcher steuerfreier Waudergewerbeschcine sind die Inhaber ausdrücklich darüber zu belehren, daß sie bei Ausübung des Wandergewerbes in Bayern der Steuerpflicht nach dem Gesetze vom 10. März 1879 über die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umher­ ziehen bei Vermeidung der in diesem Gesetze vorgesehenen Strafen nachznkommen haben. (M.-E. v. 20. Juli 1887 M.-A.-Bl. 3. 271.)

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I Wer beim Gewerbebetriebe im Umherziehen andere Pe sonen von Ort zu Crt1) mit sich führen toitt,2) bedarf der Er­ laubniß derjenigen Behörde, welche den Wandergewerbeschein ertheilt hat, oder in deren Bezirke sich der Nachsnchende befindet?) Die Erlaubniß wird in dem Wandergewerbeschein unter näherer Be­ zeichnung dieser Person vermerkt?) II Die Erlaubniß ist zu versagen,3) insoweit bei ihnen eine der int § 57 bezeichneten Voraussetzungen zutrisft; außerdem darf dieselbe nur danu versagt werden, insoweit eine der im § 57a und § 57b bezeichneten Voraussetzungen vorließt.0) Die Zurücknahme

Gewerbebetrieb im Umherziehen.

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der Erlaubniß erfolgt nach Maßgabe des § 58 durch eine für deren Ertheilung zuständige Behörde. III Die Mitführung von Kindern unter vierzehn Jahren zu gewerblichen Zwecken ist verboten?) IV Die Erlaubniß zur Mitführung von Kindern, welche schulpflichtig^) sind, ist zu versagen und die bereits ertheilte Er­ laubniß zurückzunehmen,") wenn nicht für einen ausreichenden Unterricht der Kinder gesorgt ist. v Die Erlaubniß zur Mitführung von Kindern unter vier­ zehn Jahren kann versagt und von der für die Ertheilung derselben zuständigen Behörde zurückgenommen werden?") Dasselbe gilt von der Erlaubniß zur Mitführung von Personen anderen Geschlechts mit Ausnahme der Ehegatten und der über vierzehn Jahre alten eigenen Kinder und (Sittel?1)12) T) Die Annahme von Hilfskräften an einem einzelnen Orte, z. B. zur Erbauung einer Bude, zur Verstärkung eines Zuges dilrch die Straßen rc., erfordert keine Erlaubniß. 2) Es ist nicht nothwendig, daß die Begleiter zu dienstlichen Verrichtungen mitgeführt lverden oder daß sie zu dem Gewerbebetriebe in irgend welcher Beziehung stehen müssen; unter „Mitsich führen" ist lediglich das Mitnehmen einer Person von Ort zu Ort zu ver­ stehen. Auch zum Mitführen von Kindern — Säugling oder Erwachsenen ist gleichgiltig — muß die Erlaubniß erholt werden; bergt auch Abs. III bis V. Die Thätigkeit der Begleiter darf nur in untergeordneter Hilfeleistrlng — z. B. Be­ förderung der Waaren, Wartung des Gespanns — bestehen und sich nicht auf solche Handlungen ausdehnen, zu deren Vornahme nach § 55 ein Wandergewerbeschein nothwendig ist. Die Zu­ lassung als Begleiter z. B. einer Musik-, Schauspieler- oder Kunstreitergesellschaft berechtigt nicht zur Mitwirkung an den Produktionen; diese Thätigkeit bildet eine Theilnahme an der Gewerbeausübung, zu der ein eigener oder ein Kollektivwandergewerbeschein (§ 60d Abs. III) nothwendig ist. 8) Zuständig sind die Distriktsverwaltungsbehörden — § 9 der Verordnung vom 27. Dezember 1883 —. Ausländern darf die Mitführung von Begleitern nur von derjenigen Behörde erlaubt werden, welche den Wandergewerbeschein ertheilt oder ausgedehnt hat. Absch. II A Ziff. 10 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883. ♦) Hinsichtlich der Besteuerung der Begleiter bergt Art. 4 Abs. II und Art. 10 des Gesetzes vom 10. März 1879. &) Gegen die Versagung ist bei Inländern Rekurs nach § 63 Abs. I, bei Ausländern Beschwerde an die vorgesetzte Aufsichtsbehörde (Absch. II A Ziff. 11 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883) zulässig. 6) Bezüglich der Allsländer vergl. Abschn. II A Ziffer 10 Abs. II und. III dann Biff. 5 1c. ') Im Falle des Abs. UI ist die Kindermitführung gesetzlich direkt verboten und nicht etwa bloß die Ertheilung der Erlaubnitz zum Mitführen der Behörde untersagt. Hieraus ergibt sich die Folge, daß ein derartiges Mltführen auch für den wandergewerbescheinfreien Betrieb (§ 59) unzulässig ist — Regers Gew.-Ordg. S. 106. 8) Also Werktags- und Sonntagsschulpflicht. Ob die Mitführung zu gewerblichen Zwecken oder aus welch sonstigem Grunde erfolgt, ist ohne Belang. 9) Zuständig ist die Distriktsverwaltungsbehörde, welche die Erlaubniß ertheilt hat oder in deren Bezirk sich der Inhaber des Wandergewerbescheines aushält (§ 62 Abs. II und 67 Abs. I der Gew.-Ordg.). Gegen die bezügliche Verfügung ist nur Beschwerde an die Aufsichts­ behörde zulässig. 10) Soweit die Mitführung von Kindern nicht nach Abs. III und IV verboten ist, kann dieselbe nach dem Ermessen der zuständigen Behörde gestattet oder versagt werden. Bezüglich der Zuständigkeit und der Constatirung der Erlaubniß vergl. Abs. I. Gegen die Versagung und Zurücknahme der Erlaubniß ist Beschwerde nach § 63 Abs. II zulässig. n) Die Beschränkungen des Abs. II gelten aber auch bezüglich der Ehegatten und der über vierzehn Jahre alten Kinder und Enkel. 12) Strafbestimmung zu Abs. I, II, IV und V in § 149 Ziff. 5, zu Abs. III in § 148 Ziff. 7a.

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I.

Abtheilung: Gewerbeordnung.

§ 63.

1 Wird der Wandergewerbeschein versagt oder zurückgenommeit, oder wird die erfolgte Ausdehnung desselben zurückgenommen, so ist dies dem Betheiligten mittelst schriftlichen Bescheides unter Angabe der Gründe zu eröffnen. Gegen den Bescheid ist der Rekurs^) zulässig, jedoch ohne aufschiebende Wirkung. Wegen des Verfahreits und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21. Dasselbe gilt von der Versagung der Genehmigung des Druck­ schriftenverzeichnisses (§ 56 Abs. 4), von der Untersagung des Ge­ werbebetriebes gemäß § 59a und der Versagung oder Zurücknahme der Erlaubniß in den Fällen des § 62 Absatz 2. 11 Die in Gemäßheit des § 57 Ziffer 5 erfolgte Versagung des Wandergewerbescheins, sowie die auf Grund der §§ 60 Absatz 2, 60b und 62 Absatz 4 und 5 getroffenen Verfügungen können nur im Wege der Beschwerde an die unmittelbar vorgesetzte Aufsichts­ behörde angefochten werden. *) Ausländern steht ein Rekursrecht nicht zu; vergl. Absch. II A Ziff. 11 der Bekannt­ machung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883.

Titel IV.

Marktverkehr ) § 64. 1 Der Besuch der Messen, Jahr- und Wochenmärkte, sowie der Kauf und Verkauf auf denselben steht einem Jeden3) mit gleichen Befugnissen frei.3) II Wo jedoch nach der bisherigen Ortsgewohnheit gewisse Handwerkerwaaren, welche nicht zu den im § 66 bezeichneten Gegenständen gehören, nur von Bewohnern des Marktortes auf dem Mochenmarkte verkauft werden durften, kann die höhere Ver­ waltungsbehörde/) auf Antrag der Gemeindebehörde, den einheimischen Verkäufern die Fortsetzung des herkömmlichen Wochenmarkt­ verkehrs mit jenen Handwerkerwaaren gestatten, ohne auswärtige Verkäufer derselben Waaren auf dem Wochenmarkte zuzulassen. III Beschränkungen des Marktverkehrs der Ausländer als Erwiderung der im Auslande gegen Reichsangehörige angeordneten Beschränkungen bleiben dem Bundesrathe vorbehalten.3) x) Das Gesetz unterscheidet drei Gattungen von Märkten, nämlich a) Wochenmärkte (§ 66) b) Messen und Jahrmärkte (§ 67) und

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I.

Abtheilung: Gewerbeordnung.

§ 63.

1 Wird der Wandergewerbeschein versagt oder zurückgenommeit, oder wird die erfolgte Ausdehnung desselben zurückgenommen, so ist dies dem Betheiligten mittelst schriftlichen Bescheides unter Angabe der Gründe zu eröffnen. Gegen den Bescheid ist der Rekurs^) zulässig, jedoch ohne aufschiebende Wirkung. Wegen des Verfahreits und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21. Dasselbe gilt von der Versagung der Genehmigung des Druck­ schriftenverzeichnisses (§ 56 Abs. 4), von der Untersagung des Ge­ werbebetriebes gemäß § 59a und der Versagung oder Zurücknahme der Erlaubniß in den Fällen des § 62 Absatz 2. 11 Die in Gemäßheit des § 57 Ziffer 5 erfolgte Versagung des Wandergewerbescheins, sowie die auf Grund der §§ 60 Absatz 2, 60b und 62 Absatz 4 und 5 getroffenen Verfügungen können nur im Wege der Beschwerde an die unmittelbar vorgesetzte Aufsichts­ behörde angefochten werden. *) Ausländern steht ein Rekursrecht nicht zu; vergl. Absch. II A Ziff. 11 der Bekannt­ machung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883.

Titel IV.

Marktverkehr ) § 64. 1 Der Besuch der Messen, Jahr- und Wochenmärkte, sowie der Kauf und Verkauf auf denselben steht einem Jeden3) mit gleichen Befugnissen frei.3) II Wo jedoch nach der bisherigen Ortsgewohnheit gewisse Handwerkerwaaren, welche nicht zu den im § 66 bezeichneten Gegenständen gehören, nur von Bewohnern des Marktortes auf dem Mochenmarkte verkauft werden durften, kann die höhere Ver­ waltungsbehörde/) auf Antrag der Gemeindebehörde, den einheimischen Verkäufern die Fortsetzung des herkömmlichen Wochenmarkt­ verkehrs mit jenen Handwerkerwaaren gestatten, ohne auswärtige Verkäufer derselben Waaren auf dem Wochenmarkte zuzulassen. III Beschränkungen des Marktverkehrs der Ausländer als Erwiderung der im Auslande gegen Reichsangehörige angeordneten Beschränkungen bleiben dem Bundesrathe vorbehalten.3) x) Das Gesetz unterscheidet drei Gattungen von Märkten, nämlich a) Wochenmärkte (§ 66) b) Messen und Jahrmärkte (§ 67) und

Marktverkehr,

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c) Märkte, welche bei besonderen Gelegenheiten oder für bestimmte Gattungen bon Gegenständen gehalten werden, sogenannte Specialmärkte (§ 70). Die letztgenannten Märkte sind an die Vorschriften der §§ 64 mit 69 der Gew.-Ordg. nicht gebunden. 2) Also auch dem Nichtgewerbetreibenden. Wer aus dem Besuche von Märkten ein Gewerbe macht, unterliegt den Bestimmungen des Titel II der Gew.-Ordg., vergl. insbe­ sondere § 14. 8) Zum An- und Verkauf von Waaren auf Märkten ist sohin ein Wandergewerbescheiu nicht nothwendig; auch unterliegen die Marktbesucher nicht der Steuer nach dem Gesetze vom 10. März 1879 mit Ausnahme der Ausländer, welche ohne Wohnsitz oder gewerbliche Nieder­ lassung im Deutschen Reiche an Wochenmärkten andere als Berzehrungsgegenstände feilbieten. Diese Freiheit des Marktverkehres bezieht sich jedoch nicht auf die Ausübung der in § 55 Abs. I Ziff. 4 bezeichneten Gewerbe (§ 55 Abs. II). Ob das Anbieten gewerblicher Leistungen im Marktverkehr wandergewerbescheinfrei ist, wird bestritten, jedenfalls unterliegt dieser Gewerbe­ betrieb außerhalb des Wohnortes oder Gew.-Sitzes der Steuer nach dem Gesetze vom 10. März 1879. Die Marktfreiheit beschränkt sich auf den bestimmten Marktplatz und die be­ stimmte Marktzeit. Wer außerhalb oes Marktplatzes oder der Marktzeit Waaren feilbietcn will, hat die Bestimmungen über Wandergewerbescheine re. 511 beobachten und kann unter Umständen nicht blos gegen § 149 Ziff. 6, sondern auch gegen § 147 Qiff. 1 oder § 158 Ziff. 1 oder § 148 Ziff. 7, abgesehen von den Steuergesctzen, sich verfehlen. Landmanns Gew.-Ordg. S. 284. 4) Zuständig sind die Distriktsverwaltungsbehörden, in München der Magistrat, § 28 der Verordnung vom 4. Dezember 1872. ®) Bis jetzt hat der Bundesrath von dieser Befugniß einen Gebrauch nicht gemacht.

§ 65.

I Die Zahl, Zeit und Dauer der Messen, Jahr- und Wochen­ märkte wird von der zuständigen Verwaltungsbehörde*) sestgesetzt. II Dem Marktberechtigten steht gegen eine solche Anordnung kein Widerspruch zu; ein Entschädigungsanspruch gebührt demselben nur dann, wenn durch die Anordnung die Zahl der bis dahin abgehaltenen Märkte vermindert wird, und eine größere Zahl ausdrücklich und unwiderruflich verliehen war. Gemeinden, welche einen Entschädigungsanspruch geltend machen wollen, müssen außer­ dem nachweisen, daß ihr Recht auf einen speziellen lästigen Titel sich gründet. ’)

Bergt. § 29 der Verordnung vom 4. Dezember 1872.

8 66. I Gegenstände des Wochenmarktverkehrs sind: 1) rohe Naturerzeugnisse mit Ausschluß des größeren Viehs; 2) Fabrikate, deren Erzeugung mit der Land- und Forstwirth­ schaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fischerei in unmittelbarer Verbindung steht, oder zu den Nebenbeschäf­ tigungen der Landleute der Gegend gehört, oder durch Tag­ löhnerarbeit bewirkt wird, mit Ausschluß der geistigen Getränke; 3) frische Lebensmittel aller Art. II Die zuständige Verwaltungsbehörde*) ist auf Antrag der Gemeindebehörde befugt, zu bestimmen, welche Gegenstände außer-

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

dem nach Ortsgewohnheit und Bedürfniß in ihren: Bezirk über­ haupt, oder an gewissen Orten zu den Wochenmarkts-Artikeln gehören. x) Vergl. 8 30 der Verordnung vom 4. Dezember 1872. Bezüglich der Handwerker­ waaren s. § 64 Abs. II der Gew.-Ordg.

§ 67. I Auf Jahrmärkten dürfen außer den int § 66 benannten Gegenständen Verzehrungsgegenstände und Fabrikate aller Art feilgehalten werden?) II Zum Verkauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle bedarf es jedoch der Genehmigung der Ortspolizeibchörde?) T) Zum Ausspielen von Waaren ist nach § 55 und 56 c der Gew.-Ordg. auch im Marktverkehr ein Wandergewerbeschein erforderlich. 2) Der Verkauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle ohne diese Ge­ nehmigung qualifizirt sich für die im Gemeindebezirk Wohnenden als unbefugte Schankwirtbschafts-AuSübung, für Auswärtige als verbotener Gewerbebetrieb im Umherziehen (Reger's Entsch. Bd. III S 138). Strafbestimmung in § 147 Ziff. 1 bezw. § 148 Zifs. 7 und 7a.

§ 68.

Der Marktverkehr darf in keinem Falle mit anderen als solchen Abgaben belastet werden, welche eine Vergütung für den überlassenen Raum und den Gebrauch von Buden und Geräthschaften bilden. In den Bestimmungen darüber, ob und in welchem Umfange Abgaben dieser Art erhoben werden dürfen, wird durch gegenwärtiges Gesetz nichts geändert. Ein Unterschied zwischen Einheimischen und Fremden bezüglich der Zahlung der Abgaben darf nicht stattfinden.

8 69. In den Grenzen der Bestimmungen der §§ 65 bis 68 kann die Ortspolizeibehörde, im Einverständniß mit der Gemeindebehörde, die Marktordnung*) nach dem örtlichen Bedürfniß festsetzen, namentlich auch für das Feilbieten von gleichartigen Gegenständen den Platz, und für das Feilbieten im Umhertragen, ?) mit oder ohne Ausruf, die Tageszeit und die Gattung der Waaren be­ stimmen?) *) Die Aufnahme des Verbots des sogenannten Vorverkaufs aus dem Marktplatze in die Marktordnung ist zulässig. (Reger's Entsch. Bd. VIII S. 9.) 2) Durch die Marktordnung kann denjenigen Personen, welche einen Wandergewerbe­ schein besitzen oder eines solchen zum Feilbieten int Umherziehen nicht bedürfen, das Feibieten ihrer Waaren außerhalb des Marktplatzes und der Marktzeit auch an Markttagen nicht beschränkt werden; eine solche Beschränkung des Gewerbebetriebs der Hausirer könnte diesen nur durch

Strafbestimmungen.

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Polizeiverordnungen im Sinne des § 366 Ziff. 10 des R.-St.-G.-B. auferlegt werden (Reger's Entsch. Bd. VII S. 355 und VIII S. 11). 8) Strafbestimmung in § 149 Ziff. 6 der Gew.-Ordg.

. 8 70. 1 In Betreff der Märkte, welche bei besonderen Gelegeil­ heiten oder für bestimmte Gattungen von Gegenständen gehalten werden, bewendet es bei den bestehenden Anordnungen?) 11 Erweiterungen dieses Marktverkehrs können von der zu­ ständigen Behörde mit Zustimmung der Gemeindebehörde angeordnet werden?) ’) Hierunter fallen z. B. Weihnachts-, Vieh-, Getreide-, Fisch-, Gemüse-, Butter-, Geflügel-Märkte; bezüglich dieser kommen die landesrechtlichen Vorschriften (Art. 146 des P.-St.-G.-B., Verordnung vom 25. Juni 1868 über den Marktverkehr — Regg.-Vl. S. 1029 — und 8 29 der Verordnung vom 4. Dezember 1872) in Betracht. Das Feilbieten auf diesen Märkten durch Personen, welche nach den betreffenden Marktordnungen zum Verkaufe nicht zugelaffen sind, ist auch dann strafbar, wenn dieselben Wandergewerbescheine zum Handel im Umherziehen besitzen. Auf einem Kirchweihmarkte ist zum Feilhalten in Buden und Ständen und mithin zum Bezug des Marktes eine ortspolizeiliche Bewilligung nothwendig, welche nur den in der Gemeinde selbst wohnhaften Gewerbetreibenden und nur insoweit ertheilt werden darf, als sie Gegenstände ihres Gewerbes feilhalten. 2) Strafbestimmung in § 149 Ziff. 6 der Gewerbeordnung.

§ 71. Beschränkungen des Verkehrs mit den zu Messen und Märkten gebrachten, aber unverkauft gebliebenen Gegenständen werden hier­ durch aufgehoben. Der Einzelverkauf solcher Gegenstände außer der Marktzeit ist jedoch nur unter denselben Bedingungen zulässig, unter welchen derselbe statthaft sein würde, wenn die Gegenstände nicht auf den Markt gebracht wären. Titel X.

Strafbestimmungen. § 143. I Die Berechtigung zum Gewerbebetriebe kau«, abgesehen von den in den Reichsgesetzen vorgesehenen Fällen ihrer Entziehung, weder durch richterliche, noch administrative Entscheidung entzogen werden. II Ausnahmen von diesem Grundsätze, welche durch die Steuergesetze begründet sind, bleiben so lange aufrecht erhalten, als diese Steuergesetze in Kraft bleiben. III Die Bestimmungen der Landesgesetze, nach welchen die Befugniß zur Herausgabe von Druckschriften und zum Vertriebe

Strafbestimmungen.

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Polizeiverordnungen im Sinne des § 366 Ziff. 10 des R.-St.-G.-B. auferlegt werden (Reger's Entsch. Bd. VII S. 355 und VIII S. 11). 8) Strafbestimmung in § 149 Ziff. 6 der Gew.-Ordg.

. 8 70. 1 In Betreff der Märkte, welche bei besonderen Gelegeil­ heiten oder für bestimmte Gattungen von Gegenständen gehalten werden, bewendet es bei den bestehenden Anordnungen?) 11 Erweiterungen dieses Marktverkehrs können von der zu­ ständigen Behörde mit Zustimmung der Gemeindebehörde angeordnet werden?) ’) Hierunter fallen z. B. Weihnachts-, Vieh-, Getreide-, Fisch-, Gemüse-, Butter-, Geflügel-Märkte; bezüglich dieser kommen die landesrechtlichen Vorschriften (Art. 146 des P.-St.-G.-B., Verordnung vom 25. Juni 1868 über den Marktverkehr — Regg.-Vl. S. 1029 — und 8 29 der Verordnung vom 4. Dezember 1872) in Betracht. Das Feilbieten auf diesen Märkten durch Personen, welche nach den betreffenden Marktordnungen zum Verkaufe nicht zugelaffen sind, ist auch dann strafbar, wenn dieselben Wandergewerbescheine zum Handel im Umherziehen besitzen. Auf einem Kirchweihmarkte ist zum Feilhalten in Buden und Ständen und mithin zum Bezug des Marktes eine ortspolizeiliche Bewilligung nothwendig, welche nur den in der Gemeinde selbst wohnhaften Gewerbetreibenden und nur insoweit ertheilt werden darf, als sie Gegenstände ihres Gewerbes feilhalten. 2) Strafbestimmung in § 149 Ziff. 6 der Gewerbeordnung.

§ 71. Beschränkungen des Verkehrs mit den zu Messen und Märkten gebrachten, aber unverkauft gebliebenen Gegenständen werden hier­ durch aufgehoben. Der Einzelverkauf solcher Gegenstände außer der Marktzeit ist jedoch nur unter denselben Bedingungen zulässig, unter welchen derselbe statthaft sein würde, wenn die Gegenstände nicht auf den Markt gebracht wären. Titel X.

Strafbestimmungen. § 143. I Die Berechtigung zum Gewerbebetriebe kau«, abgesehen von den in den Reichsgesetzen vorgesehenen Fällen ihrer Entziehung, weder durch richterliche, noch administrative Entscheidung entzogen werden. II Ausnahmen von diesem Grundsätze, welche durch die Steuergesetze begründet sind, bleiben so lange aufrecht erhalten, als diese Steuergesetze in Kraft bleiben. III Die Bestimmungen der Landesgesetze, nach welchen die Befugniß zur Herausgabe von Druckschriften und zum Vertriebe

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

derselben innerhalb des Reichsgebietes im Verwaltungswege entzogen werden darf, werden hierdurch aufgehoben.

§ 144. I Inwiefern, abgesehen von den Vorschriften über die Ent­ ziehung des Gewerbebetriebes (§ 143), Zuwiderhandlungen der Gewerbetreibenden gegen ihre Berufspflichten außer den in diesem Gesetze erwähnten Fällen einer Strafe unterliegen, ist nach den darüber bestehenden Gesetzen zu beurtheilen. II Jedoch werden aufgehoben die für die Medizinalpersonen bestehenden besonderen Bestimmungen, welche ihnen unter Androhung von Strafen einen Zwang zu ärztlicher Hilfe auferlegen.

8 145. I Für das Mindestmaß*) der Strafen, das Verhältniß von Geldstrafe zur Freiheitsstrafe, ?) sowie für die Verjährung der in den §§ 146 und 153 verzeichneten Vergehens sind die Bestim­ mungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich maßgebend?) II Die übrigen in diesem Titel mit Strafe bedrohten Hand­ lungen verjähren binneu drei Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem sie begangen sind. 9 Bergl. § 16 bis 18 und § 27 des Reichsstrafgesetzbuches. a) Bergl. 8 28, 29 und 78 des Reichsstrafgesetzbuches. 8) Bergl. 8 67 und 68 des Reichsstrafgesetzbuches. Die Strafverfolgung der im 8 147 bezeichneten Vergehen verjährt — s. Abs. II — binnen 3 Monaten. Bezüglich des Beginnes der Verjährung bei fortgesetzten, bei Zustands- und Unterlassungs-Delikten kommen, auch soweit es sich um Kontraventionen gegen die Strafvorschriften der Reichsgewerbeordnung handelt, die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, wonach die Strafverfolgung solange nicht verjährt, als der gesetzwidrige Zustand dauert. Im Falle der Konkurrenz einer Gewerbesteuer- und einer Gewerbepolizei-Kontravention ist die Strafverfolgung wegen des Steuervergehens dadurch nicht ausgeschloffen, daß der Strafverfolgung wegen des gewcrbepolizeilichen Reats die Verjährung entgegensteht. Landmanns Gew.-Ordg. S. 440. 4) Die Beihilfe zur Verübung der in 8 146 und 147 bezeichneten Vergehen ist gemäß 8 49 des R.-St.-G.-B. strafbar. Der Versuch wird nicht bestraft (8 43 Abs. II des R.-St.-G.-B.).

8 146. I Mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark und im Unver­ mögensfalle mit Gefängniß bis zu sechs Monaten werden bestraft:*) 4. wer § 56 Ziffer 6 zuwiderhandelt?) II Die Geldstrafen fließen der im § 116 bezeichneten Kasse zu. 1) Zuwiderhandlungen sind Vergehen, zuständig sind die landgertchtlichen Strafkammern 2) Nachdem hier Steuerstrafbestimmungen konkurriren können, hat die Anzeige auch da­ rüber Aufschluß zu geben, ob den Bestimmungen des Art. 7 des Gesetzes vom 10. März 1879 genügt ist. Siehe auch Reichsgesetz vom 9. Juni 1884 gegen den verbrecherischen und gemeinge­ fährlichen Gebrauch von Sprengstoffen, Reichsgesetzblatt S. 61. Hinsichtlich des Versuchs unb der Beihilfe bergt. Anmerkung zu 8 145.

Strafbestimmungen.

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8 147.

I Mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und im Unvermögensfalle mit Haft wird bestraft:*) 1. wer den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, zu dessen Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung2) (Konzession, Approbation, Bestallung) erforderlich ist, ohne die vorschriftsmäßige Genehmigung unternimmt oder fort­ setzt, oder von den in der Genehmigung festgesetzten Be­ dingungen abweicht; 3. wer, ohne hierzu approbirt zu sein, sich als Arzt (Wund­ arzt, Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Thierarzt) be­ zeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glaube erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson. II Enthält die Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze, so soll nicht außerdem noch auf eine Steuer­ strafe erkannt werden, es ist aber darauf bei Zumesfung der Strafe Rücksicht zu nehmen. *) Auch Zuwiderhandlungen gegen § 147 sind Bergehen, diese verjähren aber nach § 445 Abs. II schon in drei Monaten. Zuständig sind die Schöffengerichte. Bezüglich der Bei­ hilfe ilnd des Versuchs bergt Anmerkung zu § 145. '-) Vergl. § 32, 33a, 33b der Gew.-Ordg.

8 148.

1 Mit Geldstrafen bis zu einhundertfünfzig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen wird bestraft:*)

1. wer außer den in § 147 vorgesehenen Fällen ein stehendes Gewerbe beginnt, ohne dasselbe vorschriftsmäßig anzu­ zeigens) 2. wer die im § 14 erforderte An- und Abmeldung einer übernommenen Feuerversicherungsagentur unterläßt;2) 3. wer die im § 14 erforderten Anzeigen über das Betriebs­ lokal unterläßt;2) 5. wer dem § 33b oder außer den im § 149 Ziffer 1 vor­ gesehenen Fällen den §§ 42a bis 44a zuwiderhandelt, oder seine Legitimationskarte (§ 44a) oder seinen Wander­ gewerbeschein (§ 55) einem Anderen zur Benutzung über­ läßt;-)

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung:

6. wer zuui Zweck der Erlangung einer Legitimationskarte, eines Wandergewerbescheins oder der im § 62 vorgesehenen Erlaubniß in Bezug auf seine Person, oder die Personen, die er mit sich zu führen beabsichtigt, wissentlich unrichtige Angaben macht;2) 7. wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne den gesetzlich er­ forderlichen Wandergewerbeschein/) ingleichen wer eines der im § 59 Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe der nach § 59a ergangenen Untersagung zuwider betreibt; 7a. wer dem § 56 Absatz 1, Absatz 2 Ziffer 1 bis 5, 7 bis 9, Absatz 3, § 56a oder § 56b zuwiderhandelt;°) 7b. wer den Vorschriften der §§ 56c, 60a, 60b Absatz 2 oder 60c Absatz 2 und 3 zuwiderhapdelt;2) 7c. wer einer ihm in Gemäßheit des § 60 Absatz 1, § 60b Absatz 1 oder des § 60d Absatz 3 in dem Wandergewerbe­ schein auferlegten Beschränkung zuwiderhandelt;2) 7d. wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen Kinder unter 14 Jahren zu gewerblichen Zwecken mit sich führt;^) 7e. ein Ausländer, welcher bei dem Gewerbebetriebe im Umher­ ziehen den in Gemäßheit des § 56d vom Bundesrath getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt?) 11 In allen diesen Fällen bleibt die Strafe aitsgeschlossen, wenn die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steucrgesetze enthält?) Zuwiderhandlungen gegen § 148 sind Uebertretungen. Hinsichtlich der Verjährung s. § 115 nebst Anmerkung. 2) Anzeige ist an den Amtsanwalt zu erstatten, nachdem hier eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze nicht gegeben sein kann. 8) In Uebertretungsfälleu der §§ 33b, 42a, 42b, 43 und 44a Abs. I gilt das in Anmerkung 2 Gesagte. Zu § 44 kommt zu bemerken, daß wer nicht innerhalb der Schranken dieses Paragraphen seine Geschäfte macht, eines Wandergewerbescheines bedarf, folglich im Zuwiderhandlungsfalle der Strafbestimmung in Ziff. 7 unterliegt. 4) Im Allgemeinen kann an der Regel festgehalten werden, daß diejenigen Gewerbe­ betriebe, zu welchen ein Waudergewerbeschein erforderlich ist, auch der Steuer vom Gewerbe­ betrieb im Umherziehen unterworfen sind und die Anzeige — wenn sich der Hausirer über die Entrichtung dieser Steuer nicht ausweisen kann — deshalb an das Rentamt zu richten ist. Ausnahmen ergeben sich jedoch insoferne, als a) Gewerbetreibende oder deren Reisende welche Waaren bei anderen Personen, als bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produziren, oder an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen aufkaufen und die aufgekauften Waaren nur zur Beförderung nach dem Bestimmungsorte mit sich führen und b) Gewerbetreibende, welche in nicht größerer Entfernung als fünfzehn Kilometer vom Wohnorte zu den Gegenständen oes Wochenmarktverkehrs gehörige, aber nicht selbstverfertigte Berzehrungsgegenstände feilbieten oder das Musikgewerbe ausüben, der Steuer nicht unterliegen, jedoch eines Wandergewerbescheines bedürfen. In diesen und in dem weiter in Ziff. 7 mit Strafe bedrohten Fällen geht die Anzeige an den Amtsanwalt. 6) Vergl. Abs. II, dann Art. 7. 12 und 17 des Gesetzes vom 10. März 1879. 6) Vergl. Abs. II mit Art. 4 Abs. II, Art 12 und 17 des Gesetzes vom 10. März 1879.

Strafbestimmungen.

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7) Diese Strafbestimmung findet ans die sämmtlichen boni Bundesrathe gemäß § 56d — auch für den Gewerbebetrieb der ausländischen Handelsreisenden — getroffenen Bestimm­ ungen (s. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Oktober 1883) und zwar auch dann Anwendung, wenn diese sich mit den nach Titel III für die Inländer geltenden Bestimm­ ungen decken. ®) Siehe das Gesetz vom 10. März 1879 über die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziehen.

§ 149.

1 Mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark und im Unvermögens­ falle mit Haft bis zu acht Tagen wird bestraft?) 1. wer den im § 42b vorgesehenen Erlaubnißschein oder den im § 43 vorgesehenen Legitmationsschein während der Ausübung des Gewerbebetriebes nicht bei sich führt, oder den Bestimmungen des § 44a Absatz 2 zuwiderhandelt;2) 2. wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen dein letzten Absatz des 8 56 oder dem § 60c Absatz 1 zuwider­ handelt ;2) 3. wer eilt Gewerbe im Umherziehen, für welches ihm ein auf einen bestimmten Bezirk lautender Wandergewerbe­ schein ertheilt ist,3) unbefugt in einem anderen Bezirke betreibt;2) 4. wer ein Gewerbe im Umherziehen mit anderen Waarengattungen oder unter Darbietung anderer Leistungen be­ treibt, als sein Wandergewerbeschein angiebt;4) 5. wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen unbefugt Personen mit sich führt, oder einen Gewerbetreibenden, zu welchem er nicht in dem Verhältnisse eines Ehegatten, Kindes oder Enkels steht, unbefugt begleitet^) 6. wer den polizeilichen Anordnungen wegen des Markt­ verkehrs zuwiderhandelt.2) 111 In allen diesen Fällen bleibt die Strafe ausgeschlossen, wenn die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze enthalt?) *) Zuwiderhandlungen gegen £ 149 sind Ucbertvctiingen. Hinsichtlich der Verjährung s. § 145 nebst Anmerkung -) Nachdem hier eine Zuwiderhandlung gegen Steuergesetze nicht gegeben sein kann, ist die Anzeige an den Amtsanwalt zil erstatten. 3) Hier kommen nur die in S 5 Abs. I Ziff. 4 bezeichneten inländischen Gewerbe­ treibenden — s. 8 60 Abs. II — in Betracht; anf Ausländer findet die Strafbestimmung in 8 148 Ziff. 7 e Anwendung. Hinsichtlich der Bestrafung wegen Nichtentrichtung der besonderen Abgaben bergt. Anmerkung zu 8 22 der Verordnung vom 4. Dezbr. 1872. 4) Mit Rücksicht auf die Bestimmungen in Abs. II wird zunächst zu prüfen sein, ob den Borschrlfteu in Art. 12 des Gesetzes vom 10. März 1879, welcher in den gleichen Fällen die Anzeige ans Rentamt behufs Aenderung oder Ergänzung des Besteuerungsnachweises fordert, genügt ist. Verneinendenfalls ist die Straf-Anzeige ans Rentamt zu richten. Sind die Waaren bezw. Leistungen solche, welche vom Gewerbebetrieb im Umherziehen ausgeschlossen sind — s. § 56—561) — so greifen die Strafbestimmungen in 8 146 Ziff. 4 bezw. 148 Ziff. 7a Platz.

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

s) Vergl. Art. 11 Abs. II und Art. 19 Abs. I des Gesetzes vom 10. März 1879, demnach ist die Anzeige stets an den Amtsanwalt zu richten. •) Siehe Anmerkung zu § 148 Abs. II.

Schlußbestimmungen § 155. Wo in diesem Gesetze auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den letzteren auch die verfassungs- oder gesetzmäßig erlassenen Verordnungen verstanden. Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung höhere Verwaltungsbehörde, untere Verwaltungsbehörde, Gemeinde­ behörde, Ortsbehörde, Unterbehörde, Polizeibehörde, Ortspolizei­ behörde zu verstehen sind, wird von der Centralbehörde des Bundes­ staats bekannt gemacht?) i) Siehe die Verordnungen vom 4. Dezbr. 1872 und 27. Dezember 1883.

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I. Abtheilung: Gewerbeordnung.

s) Vergl. Art. 11 Abs. II und Art. 19 Abs. I des Gesetzes vom 10. März 1879, demnach ist die Anzeige stets an den Amtsanwalt zu richten. •) Siehe Anmerkung zu § 148 Abs. II.

Schlußbestimmungen § 155. Wo in diesem Gesetze auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den letzteren auch die verfassungs- oder gesetzmäßig erlassenen Verordnungen verstanden. Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung höhere Verwaltungsbehörde, untere Verwaltungsbehörde, Gemeinde­ behörde, Ortsbehörde, Unterbehörde, Polizeibehörde, Ortspolizei­ behörde zu verstehen sind, wird von der Centralbehörde des Bundes­ staats bekannt gemacht?) i) Siehe die Verordnungen vom 4. Dezbr. 1872 und 27. Dezember 1883.

II. Abtheilung.

stolliugsbestimmnngen zur

Gewerbe-Ordnung. i.

Königlich Allerhöchste Verordnung vom 4. Dezember 1872, den Vollzug der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 in Bayern betreffend.

(Auszug.)

Wir finden Uns bewogen, zum Vollzüge der durch Reichs­ gesetz vom 12. Juni 1872 auch in Bayern eingeführten Gewerbe­ ordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 zu verordnen, was folgt:

8 1. Die in § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung vorgeschriebenen Anzeigen sind nach Maßgabe der von den einschlägigen Staats­ ministerien zu erlassenden instruktiven Slttorbnungen1) bei den Gemeindebehörden zu erstatten. Die besonderen Anzeigen, welche außerdem nach § 14 Abs. 2 für die Agenturen der Feuerversicherungsanstalten vorgeschrieben sind, müssen gemäß § 7 Absatz 2 Unserer Verordnung vom 11. September 1872, die Mobiliar-Feuerversicherungen betreffend, bei der Distriktsverwaltungsbehörde des Wohnortes des Agenten, in München bei dem Magistrate, und bei den Distriktsverwaltungsbehörden des Agenturbezirkes erstattet werden. Die in § 14 Absatz 2 der Gewerbeordnung weiter für die Preßgewerbe angeordneten besonderen Anmeldungen müssen bei der Ortspolizeibehörde erstattet und von dieser der vorgesetzten Distrikts-

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II. Abtheilung: Bollzugsbestimmungen zur Gewerbeordnung.

Verwaltungsbehörde vorgelegt werden. In München erfolgen diese Anmeldungen sofort bei der Polizeidirektion; in den übrigen einer Kreisregierung unmittelbar untergeordneten Städten sind dieselben vom Magistrate dem für die Ausübung der Preßpolizei ausgestellten Beamten mitzutheilen. Zur Untersagung des Gewerbebetriebes nach § 15 Absatz 2 der Gewerbeordnung sind die einschlägigen Distriktsverwaltungs­ behörden zuständig. l) Siehe Ministerial-Bekanntmachung vom 27. Dezember 1881 (G.- u. B.-Bl. 1882 S. 1).

§ 9. Die nach § 32 der Gewerbeordnung für Schauspielunternehmer erforderliche Erlaubniß wird von den Distriktsverwaltungsbehörden, in München von der Polizeidirektion, ertheilt.

8 15.

Die nach § 43 Abs. 1 der Gewerbeordnung erforderliche ortspolizeiliche Erlaubniß wird in München durch die Polizei­ direktion ertheilt. Rekurse gegen Beschlüsse, durch welche die ortspolizeiliche Erlaubniß in den Fällen des § 43 versagt wird, sind von den Kreis­ regierungen, Kammern des Innern, zu bescheiden. Für die Ausfertigung des Legitimationsscheines haben sich die Ortspolizeibehörden des anliegenden Formulars K1) zu bedienen und die allgemeinen tax- und stempelgesetzlichen Bestimmungen in Anwendung zu bringen. Ueber die Ertheilung der Legitimativnsscheine haben die Ortspolizeibehörden dem für die Ausübung der Preßpolizei auf­ gestellten Beamten in jedem einzelnen Falle Mittheilung zu machen und außerdem fortlaufende jährlich abzuschließende Verzeichnisse nach anliegendem Formulare L1) zu führen. ') Siehe Ministerial-Cntschließung vom 30. Januar 1879 (M.-Bl. S. 61).

§ 22. Bei der Ausfertigung sämmtlicher Legitimationsscheine für den Geroerbebetrieb im Umherziehen haben die allgemeinen taxund stempelgesetzlichen Bestimmungen in Anwendung zu kommen. Außerdem sind die für die Ausfertigung der Legitimations­ scheine und vor der Aushändigung derselben, mit Ausnahme der für die Verrichtung gewerblicher Arbeiten, das Aufsuchen von

Verordnung vom 4. Dezember 1872.

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rbeitsbestellnngen und den Aufkauf von Waaren ausgefertigten och folgende Abgaben^) zu erheben: wenn der Gewerbebetrieb erstreckt werden soll: a) auf einen Ort 3 Mk. 60 Pf., b) auf mehrere Orte oder einen Verwaltungsbezirk 9 Mk.,'-) c) auf mehrere Verwaltungsbezirke oder einen Regierungs­ bezirk 18 Mk.,») d) auf zwei Regierungsbezirke 27 Mk., e) auf drei Regierungsbezirke 36 Mk., f j auf vier Regierungsbezirke 43 Mk. 20 Pf.,

g) auf fünf Regierungsbezirke 49 Mk. 60 Pf., h) auf sechs Regierungsbezirke 54 Mk., i) aus sieben Regierungsbezirke 59 Mk. 40 Pf., k) auf das ganze Königreich 64 Mk. 80 Pf. Unser Staatsministerium des Innern ist ermächtigt, für die Bewohner einzelner Orte oder Bezirke, sowie für einzelne Gegenstände die Begünstigung einer ermäßigten Abgabe eintreten zu lassend) Die für Legitimationsscheine auf Grund vorstehender Bestim­ mungen erhobenen Abgaben, welche für den gewerblichen Unterricht verwendet werden, sind halbjährig an Unser Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten einzusenden. 9 Alle Personen, welche in Bayern einen Gewerbebetrieb im Umherziehen beabsichtigen wozu nach § 55 der Gew.-Ordg. ein Wandergewerbeschein erforderlich ist, haben diese besonderen Abgaben zu unterrichten, mit Ausnahme derjenigen, welche a) Waaren anfkanfen (8 55 Zisi. 2 der Gew.-Ordg.), b) gewerbliche Leistungen anbieten oder Arbeitsbestcllungen aufsuchen (§ 55 Ziff. 3 der Gew.-Ordg.),