Die handschriftliche Überlieferung der sogenannten Historia Tripartita des Epiphanius-Cassiodor

Zum Druck besorgt von Rudolf Hanslik. Die 'Historia tripartita' war als Fortsetzung der in Rufins Übersetzung

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Die handschriftliche Überlieferung der sogenannten Historia Tripartita des Epiphanius-Cassiodor

Table of contents :
Einleitung 1
I. Die Überlieferung der Historia tripartita 3
II. Liste der Handschriften 8
III. Der Archetypus der erhaltenen Handschriften 57
IV. Die einzelnen Handschriftengruppen
1. Gruppe I = Hss. 1—27 59
2. Gruppe II = Hss. 28—34 76
3. Gruppe III = Hss. 35—68 81
4. Gruppe IV = Hss. 69—87 105
5. Gruppe V = Hss. 88—109 122
6. Gruppe VI = Hss. 110—137 141
V. Zusammenfassung 160
VI. Die Ausgaben der Historia tripartita 161

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TEXTE

UND

UNTERSUCHUNGEN

ZUR GESCHICHTE DER ALTCHRISTLICHEN LITERATUR

ARCHIV FÜR DIE VON DER KO M M ISSION FÜR SPATANTIKE RELIGIONSGESCHICHTE DER DEUTSCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN UNTERNOMMENE AUSGABE DER ALTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER

BEGRÜNDET VO N

O.

VON

GEBHARDT UND A.

VON

HARNACK

HERAUSGEGEBEN V O N

WALTHER ELTESTER UND ERICH KLOSTERMANN

59. BAND « V. REIHE, BAND 4

1954

AKADEMIE-VERLAG · BERLIN

DIE HANDSCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG DER SOGENANNTEN HISTORIA TRIPARTITA DES EPIPHANIUS-CASSIODOR VON

WALTER JACOB

ZUM DRUCK BESORGT DURCH

RUDOLF HANSLIK

1954 AK A DEM IE -VE RL AG · BERLIN

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH., Berlin W 8, Mohrenstraße 39 Druckgenehmigungs-Nr. 100/89/54 Gesamtherstellung: Druckhaus „M axim Gorki“ , Altenburg Bestell- und Verlagsnummer: 2030/5 Printed in Germany

Vorwort Im Jahre 1932 übernahm Walter Jacob den Auftrag der damaligen Kirchenväterkommission, im Zusammenhang mit den Ausgaben der griechischen Kirchenhistoriker die Historia tripartita kritisch zu bearbeiten. Er war für diese Aufgabe bestens vorbereitet : Am 16. Februar 1910 geboren, hatte er von 1928 bis 1935 in Berlin be­ sonders bei Eduard Norden Altertumswissenschaft und bei Hans Lietzmann Theologie studiert und dabei sein Interesse frühzeitig auf die lateinische Sprache und das Studium der Handschriften gerichtet. Mit immensem Fleiß

und kritischem Blick sammelte

und sichtete er das weitverzweigte Material, so daß er schon 1935 seine „Untersuchung der handschriftlichen Überlieferung der so­ genannten Historia tripartita des Epiphanius-Kassiodor nebst einer Wiederherstellung des Textes von Kapitel I, 1 und V III, 1“ zu­ gleich als Inauguraldissertation der philosophischen Fakultät der Berliner Universität vorlegen konnte. Sie sollte im folgenden Jahr gedruckt werden, wurde dann aber als Praefatio für die Ausgabe bestimmt, welche — nach einer Vereinbarung mit der Wiener Akademie — im Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum erscheinen sollte. Die Druckvorlage dafür war bis zum Herbst 1939 im wesentlichen fertiggestellt, und Jacob konnte selbst noch in den ersten Kriegsjahren mit den Fahnenkorrekturen beginnen. Aber wie mancher andere der jungen Mitarbeiter der Kommission kehrte auch, er aus dem Krieg nicht zurück; am 1. Februar 1942 wurde er ver­ wundet und als vermißt gemeldet. Der Drucklegung der Ausgabe nahm sich im Aufträge der Österreichischen Akademie der Wissen­ schaften Rudolf Hanslik an; sie erschien 1952 in Wien als Bd. L X X I

VI

Vorwort

des CSEL: Cassiodori-Epiphanii Historia Ecclesiastica Tripartita, rec. Waltarius Jacob, editionem curavit Rudolphus Hanslik. Der Edition wurde eine kürzere Einleitung vorangestellt und Jacobs aus­ führlichere Untersuchungen in die T U verwiesen. Die Kommission dankt es Rudolf Hanslik, daß er Jacobs Arbeit in pietätvoller u n j sachkundiger Weise für den Druck herrichtete. Gestrichen werden mußte dabei die Musteredition

der beiden Probekapitel mit E r­

läuterungen zur Sprache, Orthographie und Übersetzungsweise, die durch die vollständige Ausgabe überholt waren. Das geschah sicher im Sinne des Verfassers, gewinnt doch dadurch der Kern der Arbeit nur noch an Wert. Im übrigen wurde so wenig wie möglich geändert, nur sämtliche Zitate und gelegentlich der Wortlaut an die erschienene Ausgabe angepaßt. Einige wenige Zusätze des Herausgebers sind in eckige Klammern gesetzt. Die Drucklegung wurde in der Arbeits­ stelle der Kommission von Günther Hansen betreut. Die Kommission für spätantike Religionsgeschichte S tr o u x f

Inhalt Seite

E inleitun g........................................................

1

I. Die Überlieferung der Historia tripartita . . . II. Liste der Handschriften

..................................

III. Der Archetypus der erhaltenen Handschriften

3 8 . 57

IV. Die einzelnen Handschriftengruppen 1. Gruppe I a b c d e f 2. Gruppe II 3. Gruppe III

Hss. 1—2 7 .................................59 Hss. 1—6 60 Hss. 7— 1 4 .................................64 Hss. 15— 1 7 ................................. 69 Hss. 18—2 0 .................................70 Hs. 2 1 .........................................71 Hss. 22— 27 ............................ 73

= Hss. 28— 3 4 .............................

76

= Hss. 35—68 ............................ 81 b = Hss. 41—4 5 .................................85 c = Hss. 46—59 ............................ 86 a = H s s . 35—40 ............................ 96 d = Hs. 6 0 .........................................99 e = Hss. 61— 6 2 ............................... 100 f = Hss. 63— 68 ............................ 101

4. Gruppe IV a b c d e f 5. Gruppe V

= = = = = = =

= = = = = = =

Hss. 69—87 ............................ 105 Hss. 69—72 ............................ 106 Hss. 73—75 ...............................HO Hss. 76—78 ............................ 113 Hss. 79—82 ............................ 116 Hss. 83—84 ............................ 118 Hs. 8 5 .......................................120 Hss. 86. 87 ............................ 121

= Hss. 88— 109 ........................ 122 b = Hss. 95— 100 ........................ 123 c = Hss. 101— 10 6 ............................127

Inhalt

VIII

Seite

d = Hss. 107— 109 ........................ 131 a = Hss. 88—94 . . . . . 135 6. Gruppe VI cd c d a b fg e

= Hss. 110— 1 3 7 ....................... 141 = Hss. 115— 128 . . 141 = Hss. 115— 1 1 7 ...........................143 = Hss. 118— 1 2 8 ...........................144 = Hss. 110— 1 1 2 ...........................148 = Hss. 113— 1 1 4 ...........................151 = Hss. 131— 1 3 7 ...........................153 = Hss. 129— 130 ........................ 157

V. Zusam m enfassung.............................................. 160 VI. Die Ausgaben der Historia tripartita...............161

Einleitung Die vorliegende Untersuchung ist 1932 als Vorarbeit für die Edition der Historia tripartita im Wiener Kirchenväterkorpus angeregt worden von dem Vorsitzenden der Kirchenväterkommission der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Hans L ie tz m a n n . Er hat im Verlauf der Arbeit alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel bereitgestellt, um mir das besonders im Ausland weit verstreute Material zugänglich zu machen. Walther E lte s te r von der ge­ nannten Kommission hat 1934 die italienischen Bibliotheken be­ sucht, nach den handschriftlichen Katalogen manchen mir un­ bekannt gebliebenen Codex entdeckt, alle Texte zum Teil in Proben, zum Teil vollständig photographiert und wichtige Beiträge zur Beschreibung an Ort und Stelle notiert. Hans-Georg O p itz hat auf einer Englandreise 1934 in London und Oxford einzelne Probe­ stellen verglichen, Photos anfertigen lassen und den griechischen Sokratestext und dessen syrische Überlieferung für meine Text­ probe neu kollationiert, Hans Heinrich S ch aed er hat eine Kollation der armenischen Überlieferung beigesteuert. Soweit Sozomenos die Vorlage der von mir ausgewählten Kapitel der Historia tripartita bildet, durfte ich den Text zugrunde legen, den Joseph B id ez in Gent auf meine Bitte für mich bearbeitet hat*1). Aber auch sonst ist mir gerade aus dem Ausland so freundliche Hilfe zuteil geworden, daß ich dadurch zu größtem Dank verpflichtet worden bin. Das gilt in ganz besonderer Weise von A. D a in in Paris, der, in rührender Weise um mich besorgt und stets zur Hilfe bereit, 1934 bis 1936 sämtliche von mir ermittelten französischen Handschriften nach Paris bestellt, an wichtigen Einzelstellen für mich verglichen und alle meine Photowünsche erfüllt hat. Ebenso hat der verdiente Heraus­ geber von Cassiodors Institutiones, R .A .B . M yn ors vom Balliol College in Oxford, 1937 zahlreiche Fragen betreffs englischer HandJoseph Bidez, Le texte du prologue de Sozomène et de ses chapitres (VI 28—34) sur les moines d’Égypte et de Palestine, Berlin 1936 (Sitzungs­ berichte d. Preuß. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., 1935, X V III); der Text dort S. 410—427. 1

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

2

Einleitung

Schriften mit unermüdlichem Eifer beantwortet. Darüber hinaus habe ich aber zahlreichen Bibliotheken, vielen Gelehrten für Aus­ künfte auf Einzelffagen und anderweitige Hilfe zu danken. Die mir übertragene Arbeit hat sich ergeben durch die Arbeit an den von der Berliner Akademie in die Wege geleiteten Editionen der griechischen Kirchenhistoriker Sokrates, Sozomenos und Theodorus Lector. Die aus diesen Quellen — Theodorus Lector für den Anfang, Sokrates, Sozomenos und (dem schon 1911 von L. Parmentier edierten) Theodoret für den größeren Teil bis zum Schluß — ent­ standene Historia tripartita des Epiphanius-Cassiodor ist eine für die Ausgabe der benutzten griechischen Texte ganz unentbehrliche Hilfe, wie dies für zwei von ihnen besonders von Bidez1) gezeigt worden ist. Ehe die Edition des lateinischen Werkes 1936 begonnen und die Arbeit an den griechischen Vorlagen beendet werden konnte, mußte die Überlieferung der Historia tripartita festgestellt und auf ihren Wert geprüft werden. Diese Vorarbeit, in der versucht worden ist, aus der Masse des Kollationsmaterials nur das zum Beweis Nötigste zusammenzustellen, soll im folgenden geboten werden. Die Beschreibung der Handschriften ist auf Grund des vorher gesammel­ ten Materials 1939 hinzugefügt worden. Die Kollationen sämtlicher Texte (ausgenommen zwei versehent­ lich nicht photographierte Texte) sind 1933 oder später in Berlin nach Photos oder Filmen aus dem Besitz der Akademie von mir an­ gefertigt, nach den Originalen die der Ausgaben, Inkunabeln und von 40 Handschriften (4, 7, 11, 14, 25, 30, 33, 4 6 — 49, 51 — 59, 64, 70, 72— 75, 86, 92, 94, 96, 103, 1 2 9 -1 3 7 ). x) Joseph Bidez, La tradition manuscrite de Sozomène et la Tripartite de Théodore le Lecteur, Leipzig 1908 (TU 32, 2b).

I. D ie Überlieferung der Historia tripartita Die Historia tripartita1) war als Fortsetzung der in Rufins Über­ setzung benutzten Kirchengeschichte des Euseb bis ins späte Mittelalter im Westen das wichtigste historische Hilfsmittel für die Zeit von Konstantin bis Theodosius II., vonNicäa bis Ephesus. Schon zu Leb­ zeiten Cassiodors wurde sie eifrig ausgeschrieben, und zwar zuerst wohl von Liberatus von Karthago wenige Jahre nach ihrer Ent­ stehung in seinem Breuiarium causae Nestorianorum et Eutychianorum2), der sie an erster Stelle unter seinen Quellen nennt (. . . ex ecclesiastica historia nuper de Graeco in Latinum translata . . . hoc breuiarium collegi). Daß das Werk bald nach dem Tode Cassiodors von Gregor dem Großen verworfen wurde3*8 ), hat seiner Verbreitung x) Cassiodor hatte nur die Redaktion des von Epiphanius übersetzten Materials besorgt. Der Titel des Werkes lautete: Historiae ecclesiasticae ex Socrate, Sozomeno et Theodorito in unum collectae et nuper de Graeco in Latinum translatae libri numero duodecim. So wurde das Buch denn auch meist als Historia ecclesiastica zitiert oder auch Socrates (bzw. Sozomenus oder Theodoritus) in ecclesiastica historia oder Epiphanius oder schließlich Historia tripartita, und diese letztere Bezeichnung wurde später allgemein üblich. 2) Ed. Schwartz hat mir in liebenswürdigster Weise den mit Apparat ver­ sehenen Text dieser Schrift bereits im Manuskript zur Verfügung gestellt, so daß ich die darin enthaltenen Zitate aus dem IX . und X II. Buch der Historia tripartita mit meinen Kollationen der letzteren genau vergleichen konnte (vgl. jetzt Actaeone, oec. II 5, Berlin und Leipzig 1936, S. 98ff.). Das Ergebnis ist kurz: Liberatus schreibt ohne Einsichtnahme in die griechische Vorlage den lateinischen Text aus, manchmal sehr wörtlich, öfter aber mit sehr freien Änderungen, so daß er für die Besserung des Cassiodor nichts ausgibt. Vgl. etwa die handschriftlichen Lesarten der Hist. trip, [zitiert nach CSEL L X X I] X II 4, 9f. qui castitate (σωφροσύνή Sokr. VII 32) . . praecipuus habebatur, Lib.: qui caritate . . praecipuus habebatur; X II 4, 11 sapientes . . non latuit (ούκ ελα&ε), Lib.: sapientes cognouerunt; X II 4, 99f. sermonem dei genetricis abiciens = τήν λέξιν τον Θεοτόκος έκβάλλων, Lib.: abnegans dei genetricis confessionem; X II 4, 135 apparet igitur Nestorius ignorasse = φαίνεται τοίνυν δ Νεατόριος άγνοήσας, Lib.: apparet Nestorium ignorasse. 8) In historia autem Sozomeni de quodam Eudoxio, qui Constantinopolitanae ecclesiae episcopatum arripuisse dicitur, aliqua narrantur; sed ipsam quoque historiam sedes apostolica suscipere recusat, quoniam multa mentitur et Theodorum Momsuestiae nimium laudat atque usque ad diem obitus sui ma-

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I. Die Überlieferung der Historia tripartita

offenbar nur anfangs geschadet. Im 9. Jh. will man bei einer Neu­ bearbeitung der Kirchengeschichte die Kritik Gregors verwerten, von einer Ablehnung des ganzen Werkes aber offenbar nichts wissen1). Im 12. Jh. wird das Urteil Gregors in einer Kölner Handschrift (70) am Ende mit abgeschrieben — wie ein Kuriosum — , als das Buch bereits im Besitz fast jeden bedeutenderen Klosters zu finden war. Heute sind noch fast 150 Handschriften vorhanden, die hier zum erstenmal zum allergrößten Teil gesammelt und verwertet worden sind. Aber wenn man an Hand alter Kataloge, wie sie G. Becker2) ohne örtliche Begrenzung, L. Delisle3) teilweise für Frankreich ver­ öffentlicht hat und P. Lehmann und andere4) für Süd- und Mittel­ gnum doctorem ecclesiae fuisse perhibet, restat ergo, ut, si quis illam historiam recipit, et synodo, quae piae memoriae Iustiniani temporibus de tribus capitulis facta est, contradicat, qui uero huic contradicere non ualet, illam historiam necesse est ut repellat. (Brief vom Juni 597, vgl. Gregorii I Papae registrum epistolarum, tom. I, p. 479, 20££. [Mon. Germ. Hist., Epist. I, Berol. 1891]). *) Johannes Diaconus plante in der zweiten Hälfte des 9. Jhs. eine neue Kirchengeschichte, die natürlich die Zeit von Theodosius II. an mitberück­ sichtigen sollte — aus dem Plan wurde aber nichts, jedenfalls ist nichts davon erhalten — ; Anastasius bibliothecarius übersetzte ihm dazu mehrere grie­ chische Quellen und schrieb dem Johannes, als er ihm seine als Vorarbeit gedachte lateinische Chronographia tripartita schickte (vor 874) . . . ut sic scribendae a te inchoetur opus historiae, ut quae ab ipso Christi aduentu in ecclesia gesta sunt et textu ecclesiasticae historiae non iudicantur indigna, nullo modo praetermittas, exceptis his forte, quae Eusebius Theodoretus Socrates et Sozomenus scripsisse noscuntur. Uerum quia quosdam horum mentitos in quibusdam fuisse et quaedam praetermisisse probatur, quem­ admodum et sanctus papa Gregorius de Sozomeno apertissime scribit, obsecro mendacia horum ueris approbationibus arguas et quae omiserunt nihilominus suppleas. Vgl. Mon. Germ. Hist., Epist. VII, Berol. 1928, p. 421, Iff.; Max Manitius, Gesch. der lat. Literatur des Mittelalters, Bd. I, München 1911, S. 680f., 685f., 690. Zu einer späteren Stellungnahme im 11. Jh. vgl. Oskar Greulich, Die kirchenpolitische Stellung Bernolds von Konstanz, in: Historisches Jahrbuch 55 (1935) 7f. 28f. 2) Catalogi bibliothecarum antiqui, coll. Gustavus Becker, Bonnae 1885. 8) Léopold Delisle, Le cabinet des manuscrits de la Bibliothèque Nationale, Bd. I—III, Paris 1868, 1874, 1881 (Histoire général de Paris). 4) Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, hrsg. von der Kaiserl. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. I: Niederösterreich, bearb. von Theodor Gottlieb, Wien 1915. Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, hrsg. von der Bayer. Akad. d. Wiss. in München, Bd. I : Die Bistümer Konstanz und Chur, bearb. von Paul Lehmann, München 1918; Bd. II: Bistum (Mainz) Erfurt, von dems., München 1928 ; Bd. I l l 1 : Bistum Augsburg, bearb. von Paul Ruf, München 1932; Bd. III 2: Bistum Eichstätt, von dems., München 1933.

I. Die Überlieferung der Historia tripartita

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deutschland noch veröffentlichen, nach der Hist. trip, fahndet oder die Forschungen über einzelne Klöster studiert und dann betrachtet, was noch erhalten ist, so kommt man leicht auf die doppelte Zahl. Die häufigen Zitate des Werkes, die zum Teil nach den Indices zu den Bänden der Monumenta verglichen werden können, lassen gleich­ falls auf das frühe Vorhandensein von Handschriften an den ver­ schiedensten Orten schließen, vom 9. Jh. an ständig zunehmend. Aber gerade von dem alten Bestand ist nur noch wenig vorhanden. Keine einzige Unzialhandschrift ist wieder ans Tageslicht gekommen. Und auch für die spätere Periode sind die Verluste sehr groß. Kein Exemplar aus Bobbio, keines aus St. Gallen, Reichenau, Fulda, Korvey, um nur einige bekannte Klöster zu nennen, hat sich mehr finden lassen. Die Überlieferung setzt praktisch — mit ganz wenigen Ausnahmen (9. Jh.) — für die vorliegende Untersuchung ein mit einer Fülle von Texten des 10. Jhs. in karolingischer Minuskel, die fast alle unabhängig voneinander sind. Für die zeichnerische oder auch beschreibende Darstellung des Stemmas ergeben sich daraus einige Schwierigkeiten, da die vielen fehlenden Glieder weder örtlich noch zeitlich auch nur einigermaßen zu bestimmen sind. Für keine der erhaltenen ältesten Handschriften läßt sich mit Sicherheit sagen, daß sie von der oder jener bestimmten verlorenen abstammt. Und doch konnte Ordnung in die Masse der Texte gebracht werden. Das Material, aus dem ich künftig schöpfe, ist nach Durcharbeitung der Kataloge auf folgende Weise entstanden. Drei bzw. vier ältere Texte (4, 7, 25, 70), die örtlich weit auseinanderliegen und zum Glück verschiedenen Familien angehören, habe ich zunächst ganz kolla­ tioniert und dadurch ganz verschiedenartige Varianten erhalten, die es mir ermöglichten, in anderen Codices schnelle und ertragreiche Stichproben zu machen. Wegen der besonders großen Zahl textlicher Abweichungen und der leichten Auffindbarkeit — was wichtig war, da sehr viele Photographien von Sprachunkundigen gemacht werden mußten — wählte ich dann aus den Büchern I und V III je das erste Kapitel für die genauere Durcharbeitung. Auch die Wahl weit von­ einander entfernter Abschnitte hat sich gelohnt, insofern als sich so feststellen ließ, daß manche Texte in ihren einzelnen Teilen Vorlagen aus zwei ganz verschiedenen Gruppen folgten (so etwa 18). In diesen beiden Kapiteln wurden, soweit sie vorhanden waren, sämtliche Zeugen verglichen; die Grundlage von 11 Mignespalten hat gerade ausgereicht, um auch bei sehr verwandten Codices die Verschieden­ artigkeit herauszufinden. Für die von mir ausgesuchten Abschnitte

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I. Die Überlieferung der Historia tripartita

wurde mir der jeweils dem lateinischen entsprechende griechische Text von dessen künftigen Editoren liebenswürdigst zur Verfügung gestellt, den Theoddrus Lector verglich ich selbst nach den im Besitz der Akademie befindlichen Photos. Nachdem die lateinische hand­ schriftliche Überlieferung durchgearbeitet war, ließ sich nun durch genaue Vergleichung mit der griechischen Vorlage der Text der Hist, trip, verhältnismäßig leicht nach den besten Handschriften her­ steilen, besser: wiederher stellen. Denn die bisherigen Ausgaben hatten sich inzwischen so weit von den Handschriften entfernt, daß der letzte Mignedruck von 1865 von meinem Text in 11 Spalten (bei Migne) an über 150 Stellen abweicht. Nach Handschriften sind, ab­ gesehen von den Inkunabeln, nur zwei Ausgaben gemacht worden, die des Beatus Rhenanus 1523 und die des Garetius 1679. Aber da beide nur Handschriften, die ihnen gerade erreichbar waren, be­ nutzten (Garetius hatte zwei, die beide vom Archetypus oft nichts mehr ahnen ließen) und außerdem nicht beachteten, daß die Hist, trip, ein Übersetzungswerk ist und sprachlich dem 6. Jh. n. Chr. angehört, und auch den griechischen Text nicht genügend heran­ zogen (von Beatus Rhenanus ist nur Theodoret verglichen worden), sind beide Ausgaben, die oft abgedruckt worden sind, für die vor­ liegende Arbeit gänzlich unbrauchbar. Die Vergleichung der Kollationen der beiden Probekapitel ergab eine ganze Anzahl von Textfamilien, die sich wieder zu größeren Gruppen zusammenschlossen. Eine Gruppè davon (I) hat sich als allein brauchbare Grundlage für die Ausgabe erwiesen; eine andere (II) bringt einige scheinbar sehr gute Lesarten, die aber nur durch philologische Arbeit am Text, nicht durch die Überlieferung zu erklären sind; diese wie die übrigen Gruppen ( I I I —V I) gehen sämtlich auf schon früh durch Auslassungen und Veränderungen verschlechterte Texte — letztlich ein Exemplar — zurück und können in der Ausgabe im ganzen gleichfalls unberücksichtigt bleiben. Es könnte die ständige Kontrolle eines Vertreters wie etwa 55 genügen, um die meisten in Gruppe I begegnenden leichten mechanischen Versehen zu verbessern. In der Gruppe I ist jede der wichtigsten Familien a b d e f durch Sonderfehler charakterisiert ; e und f zeigen nähere Verwandtschaft, ohne voneinander abhängig zu sein. Bereits wenn man die Textform von zwei oder drei dieser Familien aufeinanderpaßt, gleichen sich die Einzelfehler aus. Da der Vertreter von d schon in Buch V II abbricht und der von e schwer zugänglich ist, bleiben a b f übrig, von denen jeweils der beste

I. Die Überlieferung der Historia tripartita

7

Vertreter (für a : Neapel (2) s. X , bzw. Leiden (4) s. X , für b : Corbie (7) s. I X in., für f : Chartres (25) s. X ) für die Ausgabe verglichen worden ist. Der Archetypus der Gruppe I (a) hatte natürlich bereits Fehler wie auch der allen Gruppen gemeinsame Archetypus (ω). Der von diesen gereinigte Text ist der, der wiederhergestellt werden mußte. Dieser Text ist spätlateinisch und hat dementsprechend viele lexika­ lische, syntaktische und orthographische Besonderheiten; er ist ferner stets als ein nicht revidiertes Übersetzungsergebnis anzu­ sehen. Fehler in der Übersetzung, so sinnwidrig und regelwidrig sie sein mögen, müssen im Text verbleiben; denn in der Ausgabe sollte nichts anderes versucht werden als das Exemplar des Cassiodor aus dem 6. Jh. wiederherzustellen. Das Latein der Hist. trip, kann nur unter ständiger Berücksichtigung der jeweiligen griechischen Vor­ lage — nur der Theodorettext ist bisher in einer kritischen Ausgabe gedruckt ; die Zusammenarbeit der Herausgeber ist also notwendig — und des lateinischen Sprachgebrauchs der Zeit des Übersetzers emendiert werden. Hier soll nach einer Aufführung der erhaltenen Handschriften deren Recensio vorgeführt werden. Es wird eine Gruppe nach der anderen, in jeder eine Familie nach der anderen besprochen und überall auf die nicht ganz sicher einzuordnenden Texte hingewiesen werden. Die Zusammengehörigkeit der Handschriften wird weiterhin jedesmal durch Hinweise auf ihre Heimat illustriert werden. Diese bibliotheksgeschichtliche Behandlung, die leider oft bei den wich­ tigsten Texten ganz versagt, hat mir viel Freude gemacht und manches Ergebnis bestätigt. Meinem Lehrer Emil Jacobs danke ich das Interesse dafür wie auch manchen wertvollen Hinweis. W as sich bisher von der Überlieferung der Historia tripartita an erhaltenen Handschriften1) und Inkunabeln ermitteln ließ, führe ich in Listenform im folgenden auf, und zwar in der Gruppierung, die sich durch genaue Vergleichung der Probekollationen aller Zeugen er­ geben hat. Der vierte Abschnitt wird zeigen, wieweit diese Anordnung berechtigt ist. Die Datierung ist nach Photos, die sich im Besitz der Berliner Akademie der Wissenschaften befinden, und zum großen Teil nach Einsicht in die Handschriften selbst vorgenommen worden ; dabei muß freilich berücksichtigt werden, daß es bei vielen noch heimatlosen Zeugen an geeignetem Vergleichsmaterial gefehlt hat. *) Nach allen bisherigen Erfahrungen sind grundsätzliche Änderungen in der Handschriftengruppierung durch Neufunde nicht mehr zu erwarten.

Π. Liste der Handschriften la

1 Paris Bibliothèque Nationale, nouv. acquis., lat. 1746, Perg., s. X . 183 Bl., moyen format. Delisle erwarb die Hs. 1895 in Lyon bei dem Verkauf der Hss. des Baron de Verna. 1680 war sie noch im Besitz des M. de Chevannes, conseiller et secrétaire du roi à Dijon. Vgl. Henri Omont, Nouvelles acquisitions du département des manuscrits de la Bibliothèque Nationale pendant les années 1894—1895, Bibliothèque de l’école des chartes 57 (1896) 162; Léopold Delisle, Notes sur quelques mss. du baron Dauphin de Verna, Bibliothèque de l’école des chartes 59 (1898) 645ff.; ders., Cab. des mss. 1, S. 295 Anm. 4. Proben sind nach Photos kollatio­ niert, die in diesem Falle wie für alle französischen Hss. A. Dain in Paris besorgt hat. 2 Neapel Biblioteca Nazionale, lat. V I T > 18, Perg., s. X . 200 Bl., 24 X 16. Einband vielleicht 18. Jh., mit Lilienwappen (die Biblioteca Nazionale ist die frühere Borbonica). Je drei Papier­ vorsatzblätter vorn und hinten, ohne Notizen über frühere Besitzer. Da in Süditalien die karolingische Minuskel im 10. Jh. noch nicht üblich war, ist die Heimat wohl im Raum Südfrankreich— Spanien zu suchen, wohin ihre Abschriften weisen. Vorhanden ist der Text bis X I 1, 12; der Schluß ist erst in dem jetzigen Band verloren­ gegangen. Erhalten sind die Lagen I—X X V ( Quaternionen) ; die römische Lagenzählung ist öfter dem Beschneiden der Hs. zum Opfer gefallen. Blattzählung nicht vorhanden. Perg. stark gebräunt, braune Tinte. Korrekturen sind selten. In der Minuskelschrift sind s und r oft zum Verwechseln ähnlich, runde d kommen oft, a in der Doppel-c-Form gelegentlich vor. Kürzungen sind in den einzelnen Lagen verschieden häufig (auch die Zeilenzahl steigt von 34 bis zu 43 Zeilen). Beispiele für Kürzungen: q< = quia, qd = quod, qm = quoniam, qmodo = quomodo, q = qui9 q = quis9 auctorib; = auctoribus, dign = dignus, nud = nudus9 direxinv = direximus9 p = post y instituit = instituitur imp, impr (auch = impera­ torem) und imper = imperator, anth s. = anathema sit usw. ntLigatur kommt vor. Die Kollation und Beschreibung habe ich nach einer vollständigen Filmaufnahme gemacht, die wie für die meisten italienischen Hss. W. Eltester zu verdanken ist, ebenso wie manche Notizen über den Zustand der Hs. Sie ist verzeichnet bei August Reifferscheid,

,

II. Liste der Handschriften

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Bibliotheca Patrum Latinorum Italica, Bd. 2, Wien 1871, S. 298 und handschriftlich im Katalog in Neapel. 3 Vieh Archivo Capitular de Vieh 72, Perg., s. I X /X . 191 BL, 30 X 21. Einband: Pappe, mit Perg. überzogen. Die Hs. enthält außer der Hist. trip, noch: Chrysostomus, Sermo de lapsu (griech.) — Eiusdem in psalm. L. f. lr bis 173r steht der Text der Hist, trip., von der nur der Anfang infolge eines nachträglichen Blattverlustes fehlt; denn f. lr beginnt jetzt: V II I Quomodo licinine fugatus ( = tit. I 8 = p. 3, 16). Die alte Lagenzählung mit großen Buchstaben ist vorhanden ( Quaternionen, z. B. f. 63v: H). Zwei Hände lassen sich unterscheiden, die Korrekturen sind un­ bedeutend. Die Minuskelschrift zeigt außer keulenartig verstärkten Oberlängen keine Besonderheiten, die Kürzungen sind die üblichen; im ganzen viel Ähnlichkeit mit der folgenden Hs., auch in der Aus­ führung der Initialen an den Buchanfängen. Zum erstenmal ist die Hs. erwähnt im Katalog der Bibliothek, der 14. bis 17. April 1368 geschrieben wurde. Sonst ist über ihre Herkunft nichts zu ermitteln. Für Probephotos und Beschreibung danke ich dem Canönigo Archivero Ramön Casadevall in Vieh. Die Hs. ist ver­ zeichnet in dem ,,Zweiten Bericht des Dr. G. Heine in Berlin über seine literarische Reise in Spanien . . .“ , Serapeum 8 (1847) 93. 4 Leiden Univ.-Bibl., Vossianus lat. Fol. 62, Perg., s. X . 170 Bl., 28,9 X 21. Pappeinband mit Papierbezug und Leder­ rücken. 2Vbis 170 enthält dieHist.trip., 2r ist erst später beschrieben, f. 1 ist erst nachträglich vor die erste Lage gesetzt worden. Auf f . lr ist oben am Rande in gotischer Kursive der Titel der Hist. trip, erwähnt und danach: et habet libros X I I . Johannes Grisostomi de lapsu. Omelia eiusdem iohannis super psalmum L. Liber eiusdem iohannis de diuite et paupere. Diese Schriften fehlen in Wirklichkeit, die Notiz zeigt aber die außerdem aus der Textform zu erschließende Verwandtschaft mit der vorigen Hs. Die Lagen (meist Quaternionen, aber viele Einzelblätter dazwischen) sind mit römischen Zahlen, von der X I. Lage an außerdem (links unten) mit großen Buchstaben bezeichnet. Mindestens drei Korrektoren lassen sich unterscheiden; zahlreiche Kürzungen. Sehr oft wird i und g verwechselt, z. B.: magestatis, subgectorum9 adgectionesy geiunia, ienuis9 iesta usw. Für die Initialen (ähnlich in 3) sind charakteristisch die zum Teil phan­ tastischen Tierköpfe, in die die Buchstaben auslaufen, und die in diesen verwendeten Flechtmuster. Bei Edward Bernard, Catalogi librorum mss. Angliae et Hiberniae, Oxoniae 1697, ist in Bd. 2, S. 66 unter der Nummer 125 in dem libr. mss. viri nostro aevo doctissimi Isaaci Vossii canonici Windesoriensis catalogus die Hs. zuerst er­ wähnt; wer sie vor Is. Vossius besessen hat, ist nicht festzustellen. 1716 erscheint der Codex mit der jetzigen Signatur im Katalog der Leidener Universitätsbibliothek von Petrus van der Aa (S. 373). Die Hs., die Parmentier als einzige vollständig für seine Theodoret­ ausgabe verglichen hatte, ist von mir in Berlin kollationiert worden.

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II. Liste der Handschriften 5 Madrid Archivo Histôrico Nacional 71, Perg., 1400. Bl. nicht gezählt, Folio. Außer der Hist. trip, ist in der Hs. nichts enthalten. Schrift : gotische Minuskel, leicht kursiv. Am Ende steht : Fuit scriptus Uber iste in anno nat dni mitto CCCG0 i uilla sti baudilii de lupfoato dioc Bardn ( = San Baudilio de Llobregat südlich von Barcelona). Erwähnt ist die Hs. bei P. Ewald, Reise nach Spanien im Winter von 1878 auf 1879, Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 6 (1881) 351 und genauer beschrieben in der Bibliotheca patrum Latinorum Hispaniensis von Gustav Loewe und Wilhelm v. Hartei, Bd. 1, Wien 1887, S. 532f. Photos und Kollationen einzelner Probestellen vermittelten mir 1934 für diese und andere spanische Hss. W. Adams und Petersen vom Deutschen Akad. Austauschdienst in Madrid. Nach einer Mitteilung des ersteren ist die alte Signatur 1005, die moderne 528. 6 London British Museum, Harley 3630, Perg., s. X I I I . 191 Bl., 2 Sp. Der Text ist in gotischer Minuskel sorgfältig und ohne allzu viele Kürzungen geschrieben, f. 1— 179v enthalten die Hist. trip. Die auf den letzten Blättern stehende Beati Guilelmi (sc. Conquestoris) uita ist sicher spätere Zutat, da am oberen Rand f. lr zu lesen ist: Iste liber est ecclesie sedis sci Nazarii Carcassone. Südfrankreich paßt auch sehr gut zu dem Ergebnis, das man aus dem Text gewinnt. Mit der jetzigen Signatur findet sich die Hs. in A catalogue of the Harleian collection of mss. . . preserved in the British Museum, Bd. 1, London 1759, und genauer in dem von R. Nares 1802— 1812 verfaßten Werk: A Catalogue of the Harleian mss. in the British Museum, Bd. 3, S. 47. Photos besorgte in London H.-G. Opitz; er fand dort auch die Notiz über die Herkunft der Hs.

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7 Leningrad Öffentliche Bibliothek, F. v. I. No. 11, Perg., s. I X in. 250 Bl., 2 Sp., 33 X 23. Die Holzdeckel des alten Einbandes sind erhalten. Die Blattzählung geht von a und dem folgenden Blatt 1 bis 249, wovon das letzte später zugefügt ist; auf f. l r— 248v steht der Text der Hist. trip. Die 32 Lagen (meist Quaternionen) sind gezählt von A bis Z und dann von A I bis I V IIII. Der Text ist vollständig, geschrieben in sog. Corbie-Schrift, von sehr vielen Händen gleicher Zeit; mehrere, u. a. durch verschiedene Tinten­ farbe zu unterscheidende Korrektoren haben in karolingischer Minuskel die sehr zahlreichen Schreibversehen verbessert. Da es in einigen Fällen unmöglich ist, kleinere Korrekturen einer be­ stimmten Hand zuzuweisen, habe ich überhaupt darauf verzichtet ; C m 2 im Apparat heißt also einfach: ein Korrektor etwa des 9./10. Jh. Von Kürzungen ist im Text weitgehend Gebrauch ge­ macht worden; ich gebe davon eine Auswahl: neben dem häufigen ë = est einige Male: ~ = est9 o = con9 “7 = oft 1c = autem, selten -fr = enim9 regelmäßig q: = que9 qm und qnm = quoniam und zahlreiche andere. Ligaturen: an as at am Wortende, ta am

II. Liste der Handschriften

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Wortanfang. Das a in der Corbie-Schrift war fast gleich ic; VII 31, 1 ist z. B. relicta aus relata verbessert worden. Am Rande finden sich gelegentlich Bemerkungen in tironischen Noten. Die Lenin­ grader Hs. habe ich 1933 mehrere Monate lang in Berlin kollatio­ nieren können, ich besitze aber leider keine Photos von ihr. Über die Geschichte des Codex und sein Aussehen gibt es mehr Literatur als über irgendeine andere Hs. der Hist. trip. f . ar steht liber sancti Petri Gorbeie in gotischer Minuskel und av hic codex hero insula ( = Noirmoutier in der Loiremündung) scriptus fuit iubente sancto patre Adalhardo dum exularet ibi (814 bis 821) ebenfalls in got. Min.; beide Notizen sind also erst nach­ träglich gemacht worden. Aber beim Vergleichen der Schrift (eine Probe bei Staerk in dem unten genannten Bibliothekskatalog, Bd. 2, Tafel 44) mit der anderer Hss. aus Corbie kommt man auf die gleiche Zeit, so daß die Tradition wohl für glaubwürdig zu halten ist. Während wir wissen, daß dem Abt Adalard eine Hs. mit den Briefen Gregors d. Gr. von Paulus Diaconus aus Monte Cassino geschickt worden ist (vgl. Delisle, Cab. des mss. 2, S. 122), ist die Heimat des Corbietextes der Hist. trip, leider nicht zu ermitteln. Die Hs. ist in Katalogen des 11. und der folgenden Jahrhunderte (vgl. Delisle a. a. O. S. 427ff.) in Corbie verzeichnet und blieb dort bis 1638. Weil das Kloster damals im Kriegsgebiet lag und die Mauriner um ihre Schätze besorgt waren, bat man Richelieu um Schutz; dieser ließ die wertvollsten Hss. daraufhin nach St.-Germain-desPrés bringen, wo auch die Hist. trip, blieb* 1791 verschwand sie mit mehreren anderen und kam in den Besitz des Bücherliebhabers Peter Dubrowsky (1754— 1816), der als Sekretär der russischen Botschaft in Paris in den Wirren der Revolutionszeit sich eine reiche Hss.Sammlung anlegte, die er nach seiner Rückkehr nach Rußland 1800 Kaiser Alexander I. schenkte, der sie der zu Anfang des 19. Jh. gegründeten Öffentlichen Bibliothek in St. Petersburg überwies. Vgl. Les mss. latins . . . conservés à la bibliothèque im­ périale de Saint-Petersbourg . . . par Dom Antonio Staerk (2 Bde.), St. Petersburg 1910, Bd. 1, S. X X f., 44; Delisle, Cab. des mss. 2, S. 44, 52ff., 104ff., 112; K. Gillert, Lateinische Hss. in St. Peters­ burg, Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts­ kunde 5 (1880) 241—265, bes. 243—248; Catalogi bibliothecarum antiqui, coll. Gust. Becker, Bonn 1885, Nr. 136; Vorkarolingische Miniaturen, hrsg. v. E. Heinr. Zimmermann, Textbd., Berlin 1916, S. 193f. ( = Denkmäler deutscher Kunst, 3. Sektion: Malerei, Abt. 1). 8 Paris Bibi. Nat., lat. 17 581, Perg., s. X I . 2 Sp., moyen format. Der Text der Hist. trip, steht f. 1— 135. Die in Frankreich sehr sauber und ohne viele Abkürzungen in karol. Minuskel geschriebene Hs. stammt aus dem Collège de Navarre, wo sie nach Dain die Nummer 408 trug; von dort kam sie mit dem ganzen Fonds 1796 in die heutige Bibliothèque Nationale. Vgl. L. Delisle, Inventaire des mss. latins conservés à la Biblio­ thèque Nationale sous les numéros 8823— 18613..., Paris 1863— 1871.

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II. Liste der Handschriften 9 Rom Vat. lat. 1974, Perg., s. X I . Fragment, 32,3 X 22,8. f. 122 und f. 123 bilden den Schluß der Hs. und sind erst nachträglich an den Codex gebunden; sie ent­ halten den Text der Hist. trip, vom Anfang bis contradicens ere- I 2, 38. Der Text ist in 2 Sp. in karol. Minuskel geschrieben und noch in das 11. Jh. zu datieren. Über die Herkunft der Blätter vermag ich nichts zu sagen. Bernard de Montfaucon (in der Bibliotheca bibliothecarum manuscriptorum nova, Paris 1739, Tom. I, p. 126 B) hat die Hs. in dem heutigen Zustand bereits als codex 1974 der Bibi. Vaticana verzeichnet; eine genauere Beschreibung steht bei B. Nogara in den ,Codices Vaticani Latini*, Bd. 3, Romae 1912, S. 381 f. 10 Glasgow Univ.-Bibl., Hunterian Museum 204, Perg., s. X I V /X V . 240 Bl., 2 Sp., 136/8 X 10 inch. Enthält Eusebs Kirchengeschichte und die Hist. trip. Geschrieben in leicht kursiver gotischer Minuskel. In der Hs. findet sich von einer Hand des 17 Jhs. die Notiz: E x dono domini Johannis Bonhaie, scolastici et canonici andegavensis (Angers) et utriusque iuris doctoris excellentissimi. Vgl. John Young and P. Henderson Aitken, A Catalogue of the mss. in the library of the Hunterian Museum in the university of Glasgow, Glasgow 1908, Nr. 204. Von dieser Hs. wurde ausnahmsweise nur I 1 (nach Photos) verglichen. 11 Wien Nationalbibliothek, lat. 4496, Pap., s. X V . 189 Bl., 22 X 15. Die Bestandteile der Hs. sind von verschiedenen Händen geschrieben, nach dem Inhalt anderer Stücke in Böhmen, f. 95r— 119v stehen Exzerpte aus Buch I —X der Hist. trip, in got. Kursive mit vielen Kürzungen. Die Hs. hatte früher die Signatur cod. theologicus 491, olim 254 — noch früher B 37 usw. Eine Be­ schreibung der Hs., die ich in Berlin kollationiert habe, steht in Tabulae codicum manu scriptorum praeter graecos et orientales in bibliotheca Palatina Vindobonensi asservatorum, ed. academia Caesarea Vindobonensis, Bd. 3, Wien 1869, S. 286f. 12 Vendôme Bibi, municipale, lat. 55, Perg., s. X I . Fragment, 84 Bl., 2 Sp., 30,8 X 21,6. Auf f. 56— 84r (84v ist leer) ist der Text der Hist. trip, vom Anfang bis II 17, 40 consentire noluerunt enthalten, geschrieben in karol. Minuskel ohne Besonder­ heiten. Nach Dain steht in der Hs. eine Eintragung des 17./18. Jhs. : Congregatio Sancti Mauri monasterii Vindocinensis. Die Beschreibung der Hs. vgl. im Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France, Départements, Bd. 3, Paris 1885, S.412f. (vgl. auch S. 393ff. über die Herkunft der Hss. von Vendôme). a Inkunabel Paris, um 1492, Gesamtkatalog der Wiegen­ drucke 6166.

II. Liste der Handschriften

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13 Angers Bibi, municipale 673, Perg., s. X I . 184 Bl., 2 Sp., 32,6 X 23. Die Hs. ist sehr regelmäßig in karol. Min. geschrieben. Montfaucon a. a. O. (vgl. zu 9) II 1228 B führt sie als cod. 290 im Catalogus monasterii Sancti Albini Andegavensis auf; die Beschreibung vgl. Catalogue général . . ., Départements, Bd. 31, Paris 1898, S. 411. 14 Wien Nationalbibi., lat. 3141, Pap., 1432. 284 Bl., 28,7 X 21. Auf f. l r— 163v steht der Text der Hist. trip, und nach einem leeren Blatt 16ör—269v Hegesippus, Historiarum libri V de bello Iudaico, anderes folgt. Der Einband ist neu, ebenso die Blattzählung mit Bleistift. Die Lagenzählung (je 12 Blätter) mit römischen Zahlen steht auf dem Rekto der ersten Seite jeder Lage (für den Hegesippteil fehlt sie). Sie ist aber erst vorgenommen worden, nachdem die Lagen schon gebunden waren ; denn die Lagen mit den Zahlen VIII, IX , X , X I sind zu ordnen VIII, X , IX , X I oder ff. 95, 108— 119, 96— 102, 120 usw., was für die Buchtechnik interessant ist. Die Hist. trip, ist datiert . . . anno 1432; dominica proxima ante roga . . . (f. 163r), der Hegesipp (f. 265v) noch genauer: Finita Basilee est hec materia in uigilia omnium sanctorum sub anno domini 1433 per Iohannem . . . ( ? ) . Da die gotische Kursive in beiden Teilen die gleiche ist wie auch die Initialen und Korrekturen, ist wohl auch für den ersten Teil Basel als Heimat anzunehmen. Eine kurze Beschreibung der von mir in Berlin kollationierten Hs. vgl. in Tabulae codd. mss. (vgl. zu 11), Bd. 2, Wien 1868, S. 213f. Ic 15 Paris Bibi. N at., lat. 16046, Pap., s. X V . 2 Sp., moyen format. Für die leicht kursive gotische Minuskelhs. hat Delisle im Cab. des mss. 1, S. 181 Anm. 6 die Zugehörigkeit zur Bibliothek des Guillaume Budé (1467— 1540) nachgewiesen. Sie ge­ hörte später der Sorbonne als Nr. 873 (vgl. H. Omont, Concordances des numéros anciens et des numéros actuels des mss. latins de la Bibliothèque Nationale, Paris 1903, S. 118). 1796 kam sie mit dem Fonds der Sorbonne in die Bibliothèque Nationale und erhielt dort 1868 die heutige Nummer. Vgl. L. Delisle, Inventaire (vgl. zu 8). 16 Brüssel Bibi. Royale, lat. 19693, Perg., s. X I I I . 181 Bl., 2 Sp., 34 X 23,6. Über die Geschichte der in got. Min. (aber wohl 13. Jh., nicht 12.: Striche über Doppel-i, stark ge­ brochene Formen, gegabelte Oberlängen usw.) geschriebenen Hs., die ff. 1— 175 die Hist. trip, enthält, unterrichtet ausreichend J. Van den Gheyn, Catalogue des mss. de la Bibliothèque Royale de Belgique, Bd. 2, Bruxelles 1902, S. 235. Danach steht z. B. f. 181v die Herkunftsbezeichnung: Liber beate Marie Aureeuallis (Orval in Luxemburg). Photos und Kollationen einzelner Stellen in den Brüsseler Hss. erhielt ich durch die freundliche Vermittlung von Joseph Bidez in Gent.

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II. Liste der Handschriften 17 Charleville Bibi, municipale, lat. 4, Perg., s. X I I . Quart. Die Hs. ist in regelmäßiger gotischer Minuskel geschrieben ; sie stammt äUs der Abtei Belval (dép. Ardennes) und befindet sich jetzt in Charleville (vgl. Catalogue général des mss. des bibliothèques publiques des Départements, Bd. 5, Paris 1879, S. 546). Id 18 Monte Cassino Bibl. abbaziale, lat. 302, Perg., s. X . 189 Bl., 33 X 24. Zu der allein in ihrem ersten Teil wertvollen (vgl. S. 70) und wunderbar gleichmäßig in karol. Minuskel geschrie­ benen Hs. ist jetzt die Beschreibung von D. Maurus Inguanez zu vergleichen in Codicum Casinensium mss. catalogus, vol. II, pars 2 (codd. 301—400), Montis Casini 1934, in der auch die frühere Litera­ tur berücksichtigt wird. Abkürzungen und Korrekturen kommen im ersten Teil ganz selten vor, die Lagenbezeichnung ist die übliche mit römischen Zahlen. Von der Hs. ging die zweite Hälfte sehr früh verloren, da der Text von V II 24, 22 an schon im 11./12. Jh. er­ gänzt wurde. Diese und die nächste Hs. ist nach einem Film von mir verglichen worden, den W. Eltester an Ort und Stelle aufgenommen hat. 19 Rom Vat. lat. 4948, Perg., s. X I I . 198 Bl., 31,3 X 18,3. Zu dem in beneventanischer Schrift ge­ schriebenen Codex, der heute ff. 1— 171 den Text von I 10 bis VII 24 der Hist. trip, enthält, haben wir in dem cod. Casinensis die direkte Vorlage (vgl. S. 71). Auf dem ersten Vorsatzblatt liest man: Emptum ex libris cardinalis Sirleti (G. Sirleto 1514— 1585); über die gleiche Notiz in andern Hss. vgl. Pierre de Nolhac, La bibliothèque de Fulvio Orsini, Paris 1887, S. 123 Anm. 3. Auf dem dritten Vorsatzblatt findet sich eine weitere interessante Eintragung: Hic liber . . . a Doctore Fulbio Ursino (Fulvio Orsini 1529— 1600) Sacro Sanctae Lateranensis Ecclesiae Canonico eruditissimo, Ascanio Sanet. Rom. Eccles. Cardinali Columnae (Ascanio Colonna, gest. 1608) eiusdem Lateranensis Ecclesiae Archipresbitero donatus sub Anno M D L X X X V I I I . Orsini sammelte auch andere Hss. in bene­ ventanischer Schrift (de Nolhac S. 274), aber Werke der Väter schenkte er meist weiter (a. a. O. S. 137), so auch diese. Auf diese Weise kam sie nicht mit der ganzen Hinterlassenschaft Orsinis 1602 in die Vaticana und fehlt auch in den Listen bei de Nolhac S. 127. 20 Rom Vat. Ottob. lat. 958, Pap., s. X V I I . 535 Bl., 27,5 X 20. Der Codex ist in Humanistenkursive geschrieben und enthält ff. 2r— 463r das Fragment der Hist, trip., das nach der vorigen Hs. kopiert wurde; f. l r wurde sogar die Notiz über die Schenkung an Ascanio Colonna 1588 mit abgeschrieben, was einen terminus post quem ergibt. Auf dem Vorsatzblatt be­ findet sich dagegen eine neue Eintragung in wunderbarer Zier­ schrift: . . . Unus ex codicibus bibliothecae Altempsianae a Paulo Quinto (1605— 1621) manu regia excerptis nunc uero a Ioanne Angelo

II. Liste der Handschriften

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ab Altaemps duce (gest. 1620) propriis sumptibus fidelissime ex originalibus transumptus, ut bibliotheca praedicta tanto honore iam decorata non careret. Der Vatie, lat. 4948 ist nach Ascanio Colonnas Tod 1608 mit dessen übrigen Hss. von Gio-Angelo Altaemps ge­ kauft worden (vgl. Friedrich Blume, Iter Italicum, Bd. 3, Halle 1830, S. 68f.). Zu der Bibi. Altaempsiana bemerkt nun Mabillon (Museum Italicum, Bd. 1, Lutetiae Paris. 1687, S. 78): Praeter vetustos codices alii numero centum transsumti sunt ex antiquis, quos Paulus V. in Vaticanum transportari curavit. Der Vatie. 4948 kam also mit andern durch Paul V. in den Vatikan, und der Ottob. 958 ist eine von den 100 Abschriften, die Gio-Angelo Altaemps zum Ersatz anfertigen ließ. Die Hss. der Altaempsiana kaufte dann der Kardinal Pietro Ottobuoni (später als Papst Alexander VIII. 1689 bis 1691); 1748 wurden sie aus dem Besitz von dessen Neffen von Benedikt X IV . für den Vatikan erworben. Ie 21 London Brit. Mus., Additional lat. 19961, Perg., s. X . 215 Bl., Quart. Die hinsichtlich ihres Textes S.71f. charakterisierte Hs. ist in karol. Minuskel ohne Sorgfalt geschrieben und an sehr vielen Stellen korrigiert worden. Vom Text der Hist, trip., der f . l v beginnt, fehlt am Anfang nichts (vgl. dagegen Edward A. Bond in: Catalogue of additions to the mss. in the British Museum in the years 1854— 1860, London 1875, unter der Signatur). Die Hs. bricht dagegen f. 21öv ab mit dicens si uixero (X II 14, 23). Auch im Innern des Bandes sind Lücken (ganze Lagen fehlen) festzustellen, wie H.G. Opitz in London sah: f. 40v endet z. B. quando non fuit II 7, 52, 41r beginnt et sacerdotes II 20, 5; f. 70v endet psallerent deo IV 34, 29, 71r beginnt strangulauit V 10, 21 ; f. 134v endet et quicumque con VII 12, 5, f. 135r beginnt quattuor VII 27, 5. Das Vorsatzblatt ent­ hält die Notiz: Purchased at Sothebys 28th Aug. 1854 / Lot 224. Die Firma Sotheby hat leider für diese Zeit keine Unterlagen mehr, um den Vorbesitzer ausfindig zu machen. In dem Verkaufskatalog steht nach einer freundlichen Mitteilung von G. T. Haies im Brit. Museum, die Hs. sei im Besitz eines „foreign literary character, deceased“ (d. h. 1854 oder früher gestorben) gewesen. Außerdem wird der Verlust der Blätter 73, 80, 149, 152, 196 festgestellt und als Titel auf dem Einband angegeben: Cassiodori Opera I X Siècle, f. 2r liest man übrigens jetzt noch am oberen Rande: 9me manu­ scrit, darunter 9me Siede, daneben Cassiodori Historia Eccliaca in libros 12 distributa. Die Heimat der Hs. könnte danach sehr gut Frankreich sein. I f 22 Florenz Bibi. MediceaLaurenziana, S. Marco 383, Perg., s. X . 178 Bl., 32,8 X 23,9. In karol. Minuskel, sehr sauber und regel­ mäßig. Seitenlang ist der heute stark verblaßte Text von einer späteren Hand nachgezogen. Korrekturen finden sich häufig, Kür­ zungen sind ohne Besonderheit und nicht häufig. Ligaturen: et, rt, st; einzelne runde d, aber auch einzelne runde s. Die Lagenzählung

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II. Liste der Handschriften ( Quaternionen) ist durchgeführt. Der Text ist offenbar vollständig. Der Pappeinband mit Lederrücken wird von W. Eltester, der die Hs. in Florenz photokopierte und beschrieb, ins 18. Jh. datiert. Alte Besitzvermerke sind nicht erhalten, das papierne Vorsatzblatt ist neu. Diese Hs. meinen wahrscheinlich Montfaucon (a. a. O. I42 3 E f. : ex bibliotheca S. Marci Dominicanorum Florentiae, Armarium secundum a dextra ingredientibus, 21. Historia Ecclesia­ stica quae est tripartita . . . Codex antiquus) und Franciscus Antonius Zacharias (Iter litterarium per Italiam ab anno 1753 ad annum 1757, Venetiis 1762, S. 63 . . . saeculum I X . sapit). 23 Florenz Bibi. Med. Laur., Conv. Soppr. 312, Perg., s. X I I . 150 Bl., 2 Sp., 40 X 28,7. Die Hs. ist nach der Vergleichung des Textes eine Abschrift der vorigen und enthält die Hist. trip, bis Celestini litterae firmauerunt X II 10, 19. Nach der Schrift (späte karolingische Minuskel) würde ich sie lieber ins 12. Jh. datieren als ins 13., wie dies der handschriftliche Katalog tut: Kürzungen halten sich in Grenzen, lange und runde s, keine i-Striche, die Oberlängen etwas gegabelt. Die Lagenzählung mit römischen Zahlen ist regelmäßig, Reklamanten sind vorhanden. Die Hs. stammt aus Valombrosa (Prov. Florenz) und hatte dort die Nummer 2. 285. 24 Paris Bibi. Nat., lat. 5088, Perg., s. X V . 241 Bl. Der in humanistischer Bücherschrift geschriebene Codex bricht f. 241v plötzlich ab mit den Worten: speluncas remeare prae­ cepit (VII 39, 32). Et haec dicta sufficiant referentes laudes deo uiuo et uero. Τω ΤΕΛΟΣ. AMIN. Die jetzt im Catalogus codicum mss. Bibliothecae Regiae, Bd. 4, Parisiis 1744, S. 38 mit der jetzigen Nummer verzeichnete Hs. ist auf Grund ihres Wappenschmuckes von Delisle (Cab. des mss. 1, S. 217ff.) der berühmten Bibliothek Alfons I., des aragonischen Königs von Neapel, zugewiesen worden. Der letzte dieser Fürsten, Friedrich III., verkaufte sie, wahrschein­ lich nach 1501, an George I er d’Amboise, Erzbischof von Rouen und Legat des Hl. Stuhles in Frankreich. In einem inventaire dieses Kirchenfürsten von 1508 steht als Nr. 87 von 138 Bänden ein: Liber tripartite Cassiodori (Delisle a. a. O. S. 237). In seinem Testa­ ment von 1509 hinterließ er die lateinischen Hss. seinem Nachfolger. So blieb die Hs. im Schloß Gaillon in der Bibliothek der Erzbischöfe von Rouen. Zwischen 1593 und 1639 kamen die Bände in den Louvre (a. a. O. S. 259f.), in das Cabinet du roi, bis sie zu Beginn der R e­ gierung Ludwigs XV. der Bibliothek des Königs einverleibt wurden. Wenn H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 4 zu 5088 die alte Signatur 3797, 2 angibt, so geht daraus hervor, daß die Hs. nach 1682 in die Bibliothek kam, da 1682 N. Clément seinen Catalogus .. . Bibliothecae Regiae schrieb, dort aber nur die Nummer 3797 (heute 5090) vorhanden ist, aber noch nicht die eingeschobene 3797, 2. Vgl. auch H. Omont, Bibliothèque de l’école des chartes 62 (1901) 241.

II. Liste der Handschriften

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25 Chartres Bibi, municipale, lat. 10, Perg., s. X . 164 Bl., 34 X 25. Die Hist. trip, beginnt heute f. 8V im Titel­ verzeichnis des I. Buches mit Titel 7, f. 8r ist leer und enthält nur Federproben (12. Jh.) usw. Unter der Quarzlampe sieht man aber Reste der Praefatio, so daß die Hs. einmal den vollständigen Text gehabt haben muß; 8r war, wie Flecke zeigen, einmal direkt am Deckel, und der Text ist erst später ausradiert worden. Der heutige erste Quaternio (ff. 0— 7) hat mit der Hist. trip, nichts zu tun und ist nachträglich vorgebunden worden. Das geht auch aus der Lagenzählung (ganz regelmäßige Quaternionen) in römischen Zahlen hervor, die leider meist verlorengegangen ist. Es fehlt heute Lage X III (103v endet schemate VI 46, 32, f. 104r beginnt ueritis VII 10, 52) und Lage X V IIII (f. 143v endet mutauit IX 38, 67, f. 144r beginnt odiosum X 7 ,4 7 ); der Verlust ist sehr früh ein­ getreten, wie die Eintragungen auf f. 87r und 127v am Rande zeigen. Der Codex ist in karolingischer Minuskel geschrieben; es finden sich einzelne offene a, rt- und st-Ligaturen, r und s sind oft fast gleich. Von den Kürzungen, die nicht sehr häufig gebraucht werden, ist bemerkenswert die Verwendung eines Häkchens sowohl für us wie für ur: ei = eius9 p = post9 igit’ = igitur, pelleret = pelleretur; es kommen daneben vor: ei; = eius9 temp; = tempus usw. Mehrere Korrektoren sind zu unterscheiden, leider nicht an allen Stellen, so daß ich schließlich im Apparat der Ausgabe nur A m2 geschrieben habe; sachlich ist eine Scheidung der Korrektoren­ hände ohne Wert, da kein Korrektor eine bessere Hs. als Vorlage benutzt hat, wie sich feststellen läßt. Der Einband ist ursprünglich und besteht noch aus mit Leder überzogenen Holzdeckeln. Die Notiz f. lr: Ex libris Monasterii S. Petri Carnot. ord. S. Benedicti Congregationis S. Mauri ist sicher richtig; denn schon in einem Katalog des 11. Jhs. ist die Hs. als erste genannt (vgl. die Be­ schreibung der Hs. im Catalogue g é n é ra l..., Départements, Bd. 11, Paris 1890, S. 5 und S. I, X X I, X X Vff., X X X V II). Dort ist sie immer geblieben bis zur Aufhebung der Klöster 1790. Die Hs. hatte danach zunächst die Nummer 21 (vgl. f. 0V und den Rücken, auch z. B. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 [1843] 385). Die Hs. ist von mir in Berlin nach dem Original 1934 kollationiert, und zur Erleichterung etwa nötiger Kontrollen ist sie photokopiert worden. 26 Paris Bibi. Nat., nouv. acquis., lat. 2379, Perg., s. X I I . 121 Bl., grand format. Der in gedrängter, stark gekürzter karo­ lingischer Minuskel geschriebene Codex, dessen Einband Dain als italienisch bestimmt hat, beginnt mit dem Wort Patiendam I 11, 23 und endet Non longo post X I 8, 33. Über seine Herkunft läßt sich sonst leider nichts ermitteln. Er ist 1896— 1897 erworben worden (vgl. H. Omont, Nouvelles acquisitions du département des mss. de la Bibliothèque Nationale pendant les années 1896— 1897, Bibliothèque de l’école des chartes 59 [1898] 100). Von den KürJ a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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znngen erwähne ich: li = hoc, ·Η· = enim, *7 = et, q< = quia und den sehr häufigen Gebrauch des us-Häkchens für s: necesarie, tanta cura = tantas curas usw. N

27 Paris Bibl. N at., lat. 5086, Perg., s. X I I . Der Codex, eine Abschrift des vorigen, ist am Anfang und Ende vollständig, so daß dasselbe auch für seine Vorlage im 12. Jh. zu folgern ist. Die Schrift ist eine sehr breite und grobe karolingische Minuskel, weniger gekürzt als die der Vorlage. Im Parisinus 5086 ist deutlich unterschieden monachi® und hortat’ (monachis und hortatus). Die Initialen sind nicht ausgeführt, es sind nur am Rande die betreffenden Buchstaben notiert. Die Hs. ist im Pariser Katalog von 1645 noch nicht genannt, sondern erscheint erst in dem von 1682 als Nr. 4202 mit der kurzen Notiz: Acquisition, also wohl eine in der Zwischenzeit gemachte Einzelerwerbung (vgl. Anciens in­ ventaires et catalogues de la Bibl. Nat., publiés par H. Omont, Bd. 3, Paris 1910, S. 382 und von demselben, Concordances [vgl. zu 15], S. 9). Auch hier ist sonst nichts zu ermitteln. Bei Montfaucon a. a. Ο. I I 749A ist die Hs. bezeichnet als: Gassiodori historia tripartita et Petri Trecensis. II

28 Rom Vat. Barber., lat. 581, Perg., s. X /X I . 244 Bl., 2 Sp., 43,5 x 31,3. Die Schrift des Codex ist eine ziem­ lich gedrängte karolingische Minuskel. Auf ff. 142v— 242r ist die Hist. trip, vollständig enthalten, vorher nach verschiedenen andern Schriften eine fragmentarische Übersetzung von Eusebs Kirchen­ geschichte. Da der Einband modern ist und sich keine Besitz­ vermerke, auffinden lassen, wird man nur sagen können, daß es sich um eine italienische Hs. handelt, die mit der wertvollen Biblioteca Barberiniana 1902 von Leo X III. für die Vaticana angekauft wurde. Sie hatte in der Bibl. Barb, die Signatur X II 24. 29 Florenz Bibl. Med.Laur.,lat. 67,22, Perg., s. X V I (nach 1513). 301 Bl., 36,4 X 24,6. Dieser Prachtcodex in sorgfältiger Huma­ nistenschrift ist fixiert durch die Worte ,LEO X PONT. MAX.* (1513— 1521), die man auf f. l r in der I-Initiale findet. Die Lagen bestehen aus Quinionen; es ist keine Lagenbezeichnung vorhanden, wohl aber sind Reklamanten angebracht. Eine gedruckte Beschrei­ bung gibt es bisher nur in A. M. Bandinis Catalogus codd. biblio­ thecae Laurentianae [Bd. 5, Florentiae 1775] unter der jetzigen Signatur, der auch auf Montfaucons Bibliotheca bibl. mss. nova verweist, wo I 372E die Hs. verzeichnet ist (67,9 dort; Montfaucon sah die Bibliothek 1700). 30 Wolfenbüttel Herzog-August-Bibliothek, 37. 37. Aug. 2°, Pap., s. X V (vor 1471). 406 Bl., 2 Sp., 31 X 20,7. Die von Otto v. Heinemann (Die Hss. der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, 2. Abt., Bd. III,

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Wolfenbüttel 1898, S. 159) beschriebene Hs. in gotischer Kursive enthält ft. 1— 131 die Hist. trip. Da die beiden folgenden Teile der Hs. f. 274r und f. 406r 1471 datiert sind und der Schriftcharakter in allen der gleiche ist, wird auch der erste Teil um 1471 anzusetzen sein. Dazu kommt, daß auf dem Blatt, das auf die Innenseite des Vorderdeckels geklebt ist, in gotischer Kursive bereits alle drei Teile genannt werden (Contenta huius uoluminis / Hy storia triptita / Decretum abbreuiatum / Haymo super apoc)9 so daß das Ganze wohl schon immer eine Einheit bildete. Da über Vorbesitzer keine Notizen vorhanden sind und über den eigenartigen Einband bisher auch die Wolfenbütteier Bibliothek keine einwandfreie Auskunft geben kann, ist eine Lokalisierung vorläufig nicht möglich. Das Wasserzeichen entspricht fast völlig dem bei Briquet, Les filigranes, 14873 ab­ gebildeten. 31 Florenz Bibi. Med. Laur., Conv. Soppr. 178, Perg., s. X /X I . 156 Bl., 2 Sp., 35,6 X 27. Der in karolingischer Minuskel ge­ schriebene Codex trägt auf dem Pergamentvorsatzblatt die alte Notiz: Iste liber est congregationis Sande lustine ordinis Sancti Benedicti deputatus Monasterio Sancte Marie siue Abbatie Florentine, ähnlichst. lr und 2r. Die alte Signatur der Badia ist 2571. Interessant sind die Eintragungen des Schreibers über die Fortschritte seiner Arbeit: f. 33Γ X I kal. Mdi.9 44* V II id. Jun.9 66v X V I I hol. Sept.9 79Γ X kal. N ou .9 76r (falsch statt 86Γ) V III kal. Febr.9 120Γ X V I I I kal. Oct. Die Blattzählung (mit Bleistift) ist falsch: nach f. 66 ist ein Blatt überschlagen, und nach f. 79 beginnt die Zählung wieder mit 70 statt mit 80. Der Miniator hat seine Arbeit an mehreren Stellen nicht ausgeführt, so daß Kapitelzahlen, Quellenbezeich­ nungen usw. fehlen. Kürzungen sind selten verwendet, Ligatur am Wortende kommt öfter vor. Für die Vorlage der Hs. kann man eine große Lücke feststellen, denn in der Abschrift springt der Text f. 84ra von adletam deificare (sic!) VII 2, 177 auf Sozomenus. Ualens itaque VII 31, 1, was dem Schreiber ganz entgangen ist. Die gleiche Lücke findet sich dann auch in der Abschrift Fiesoie 169 f. 97v. 32 Rom Vat. Urbin., lat. 383, Perg., 1472. I, 253 Bl., 33,5 X 23,5. Zu diesem Prachtcodex in Humanisten­ schrift ist bereits alles Wesentliche von Cosim. Stornaiolo (Codices Urbinates Latini, Bd. I, Romae 1902, S. 364f.) mitgeteilt worden, f. 252r steht die Subscriptio des Schreibers: scriptum per Petrum de Traicto (sic) Almano Florentie sub Vespasiano librario MCCCCLXXII die V Septembrii mensis. Nach dem Wappen auf f. 2r gehörte der Band Federico di Montefeltre, dem späteren Herzog von Urbino (gest. 1482); dessen Bibliothek gelangte 1657 durch Alexander VII. nach dem Tode des letzten Herzogs von Urbino in die Vaticana. Die ältere Signatur 628 ist f. l r noch vorhanden. 2

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II. Liste der Handschriften 33 Kopenhagen Univ.-Bibl., Gl. kgl. S. 165, Perg., s. X V . 159 BL, 34 X 23,9. Der Codex ist nach Schrift und den Initialen ein echter Zwillingsbruder des vorigen und wohl auch in Florenz in Vespasianos Werkstatt hergestellt worden; beide sind außerdem Abschriften der gleichen Vorlage. Die Lagen (meist Quinionen) sind durch römische Ziffern und Reklamanten gekennzeichnet. Der Text besteht heute leider in manchen Büchern nur aus Trümmern, wie die Blattzahl im Vergleich zu der vorigen Hs. ergibt, f. 66v endet mit innotescens und der Reklamante gesta sardiceni IV 33, 4, 67r beginnt triginta V 14, 11 (Lage V III fehlt); 96v endet mit parti­ cipatus est mid der Reklamante his enim VI 11, 32, 97r beginnt uirum athenis VII 2, 59 (Lage X II und X III fehlen); f. 106v endet mit condempnauit und der Reklamante uerberibus V II 14, 7, f . 107r beginnt quidem ei optulerunt VII 16, 35 (das erste Blatt des Quinio X V fehlt); f. 115v endet mit quidam und der Reklamante uir VII 35, 13, f. 116r beginnt Apollonius autem V III 1, 299 (Lage X V I fehlt); f. 127v endet quod tamen 1 X 4 , 21, f. 128r beginnt omnibus subiectis IX 7, 6 (es fehlt die erste Hälfte des mittleren Doppelblatts aus dem Quinio X V III = ff. 126— 134); f. 134v endet mit si sus ci und der Reklamante perent IX 19, 34, f. 135r beginnt SOCRATES . I l l . Pauco X 3, 1 (es fehlen die Lagen X V IIII ifhd X X ) ; f . 144v endet mit comprehendit X 17, 35 und der Reklamante Quod actum, f. 145r beginnt Inter hec X I 10, 1 (es fehlt Lage X X II). Die Hs. enthält f. 159r die Notiz: Cesaris Bahlanii Emptum pisauri (Pesaro in Umbrien), ähnlich f. l r. Auf der gleichen Seite l r steht am unteren Rande: Fridericus Rostgaard emit Romae 1699. Sie gehörte dann dem Grafen Christian Danneskiold-Samsoe und wurde mit dessen Hss. 1732 für die Königliche Bibliothek erworben. Vgl. Ellen Jergensen, Catalogus codicum latinorum medii aevi Bibi. Regiae Hafniensis, Hafniae 1926, S. 30. 34 Florenz Bibi. Med. Laur., Fiesoie 159, Perg., 1424. 165 Bl., 2 Sp., 31,8 X 23,4. Ebenfalls ein Codex in Humanisten­ schrift, aber ohne die Sorgfalt und Ausstattung, die etwa an die beiden vorher beschriebenen Hss. gewendet worden ist. Der Einband ist modern, und es fehlen alle Besitzvermerke (auf der Innenseite des Vorderdeckels steht mit Bleistift nur: Fiesoie 159). Die Lagen bestehen aus Quinionen mit Zählung und Reklamanten. Während des Abschreibens wurde f. 31r die Vorlage gewechselt (vgl. S. 78), die Schreiber des ersten und zweiten Teils arbeiteten ganz ver­ schieden; so stehen die Reklamanten f. 10v, 20v, 30v in der Mitte des unteren Randes, von da ab in der rechten unteren Ecke. 10v findet sich auch eine Datierung: Compleui die 5 septembres 1424, dasselbe Datum mit Incepi f. l l r; nach 30v hören auch diese Notizen auf.

l i l a 35 Madrid Biblioteca Nacional 14, Perg., s. X I I . 2 Sp., folio. Der in später karolingischer Minuskel geschriebene Codex enthält die Hist. trip, und außerdem die Expositio Clare« vallensis abb. in cantica canticorum. Im Archiv der Gesellschaft

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für ältere deutsche Geschichtskunde 8 (1843) 781 ist er mit der Signatur F. 19 unter den Hss. der Königlichen Bibliothek zu Madrid genannt. Nach einer Notiz auf der ersten Seite gehörte die Hs. der ehemaligen Bibliothek Philipps V. (1701— 1746), der sie 1712 gründete. Die Königliche Bibliothek wurde 1894 allgemein zugäng­ lich gemacht und heißt jetzt Biblioteca Nacional. In ihr hat die Hs. jetzt die Nummer 14. Die Provenienz der Hs., von der ich nur Probephotos besitze, ist bisher nicht zu ermitteln. 18 s. o. (Id). 36 Venedig Bibi. Nazionale Marciana, lat. 3484, Perg., s. X I I . 183 Bl., 2 Sp., 26,7 X 18,7. Der Codex ist ebenfalls in später karolingischer Minuskel mit vielen Kürzungen geschrieben, der ur­ sprüngliche Einband ist erhalten. Sonst ist die Hs. ohne 'Besonder­ heiten: die Quaternionen sind regelmäßig, Reklamanten finden sich, die Initialen sind nicht ausgeführt. Sie stammt aus dem Domini­ kanerkloster SS. Giovanni e Paolo in Venedig, wo sie die Nummer 553 hatte. Bei Joseph Valentinelli (Bibliotheca manuscripta ad S. Marci Venetiarum, Bd. 5, Venetiis 1872, S. 212f.) steht sie unter Classis X X I cod. 8; jetzt ist sie Marcian. lat. 3484 (olim Classis IX cod. 69). 1797 wurde sie übrigens nach Paris entführt und erst 1815 zurückgegeben. 37 Mailand Bibi. Ambros., lat. D 95 sup., Perg., s. X V . 5 + 360 gezählte Bl., 32,4 X 22,5. Die Hs. in schöner Huma­ nistenschrift enthält ff. l v— 146v Eusebs Kirchengeschichte latei­ nisch und ff. 151v—355v die Hist. trip, und ist für diese eine Kopie der vorigen (36). Die Kopie und die Kopie der Kopie (37 und 38) nennt wohl Montfaucon a. a. Ο. I 511B : Cassiodori . . . Historia Tripartita, pergam. bis. 38 Mailand Bibi. Ambros., lat. C 142 inf., Perg., s. X V . 170 Bl., 30,6 X 22,5. Wie die vorige ist diese eine Prachths., in der Ausstattung noch reicher als die Vorlage. Die Quinionen sind regelmäßig. Über das Verhältnis zur vorigen Hs. vgl. S. 98f. 39 Oxford Bodl. Library, Canonici 109, Pap., 1465. 183 Bl., 2 Sp., in 4t0 minori. Der Codex ist in sauberer, aber wenig schöner Humanistenschrift geschrieben. Am Ende der Hs. (vgl. H. O. Coxe, Catalogi codicum mss. Bibliothecae Bodleianae, Bd. 3, Oxonii 1854, S. 355 und F. Madan, A summary catalogue of western mss. in the Bodleian Library at Oxford . . ., Bd. 4, Oxford 1897, S'. 328) steht: Deo gratias; consummatum est. E x­ plicit liber hystorie ecclesiastice scriptus et feliciter completus per quendam monachum, cuius nomen scriptus sit in libro uitc, anno domini nostri Jhesu Christi M . CCCC0. LXV° uicesima die Martii mensis, scilicet in'uigilia Sancti Benedicti abbatis, temporibus uero domini nostri sanctissimi Pauli pape secundi. Uiuat qui scripsit.

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II. Liste der Handschriften Da die Hs. das Wappen eines Angehörigen des Hauses Visconti trägt, ist sie auch lokal genügend fixiert. Sie gehörte (nach Mynors) zur Bibliothek des Gerardo Sagredo (Nr. 42 in seinem Verkaufs­ katalog von 1746) und war dann im Besitz des Sammlers Matteo Luigi Canonici (1727— 1805), nach dessen Tode die Erben 1817 die Hss. an die Bodleiana verkauften. 40 Rom Vat. lat. 5952, Perg., s. X V . 336 Bl., 34,8 X 23,7. Eine Prachths. mit herrlichen Miniaturen, Initialen und in klarer, aber stark gekürzter Humanistenschrift. Sie enthält Eusebs Chronik und Kirchengeschichte in Übersetzung und ff. 195r— 335r die Hist. trip. Auf dem Vorsatzblatt liest man in zeitgenössischer Schrift : Emptus ex libris D . Lelij Ruini epi Baineoregien. an. 1623. Laelius Ruini war Bischof von Bagnorea (Balneoregium) in der Gegend von Viterbo und starb 1621 (vgl. P. B. Gams, Series episcoporum ecclesiae catholicae . . ., Regens­ burg 1873, S. 670). Über den Vorbesitzer könnte man erst etwas sagen, wenn man das Wappen f. lr richtig gedeutet hätte; das gilt auch für die Wappen in den Hss. 33, 37, 38. Der Einband ist modern.

I llb 41 Vercelli Kapitularbibl. 101, Perg., s. X /X I . 197 Bl., 2 Sp., 34,8 X 26,2. Die Hs. ist in regelmäßiger karo­ lingischer Minuskel geschrieben (offene a begegnen, keine runden s oder d, keine Ligaturen, wenig Kürzungen). Es scheinen zwei Schreiber gleichzeitig am Werk gewesen zu sein, von denen einer Buch I—VII, der andere V III— X II schrieb. Die Quaternionenzählung geht nämlich bis X V III, wo das VII. Buch auf der ersten Zeile der zweiten Spalte des letzten Blattes der Lage endet (suscepe­ runt). Buch V III ist auf dem ersten Blatt der neuen Lage begonnen worden, und die Quaternionenzählung beginnt wieder mit I. Die Hs. ist nicht mehr ganz vollständig ; so endet f. 175v eleuat iacentes IX 35, 27, 176r beginnt tantummodo pane uescunt I X 38, 110. Eine Beschreibung der Hs. findet sich bei A. Reifferscheid, Bibliotheca patrum Latinorum Italica, Bd. 2, Wien 1871, S. 155ff. und bei G. Mazzatinti, Inventari dei manoscritti delle biblioteche d’Italia, Bd. 31, 1925, S. 102. Sie befindet sich jetzt wie 42 im Archivio Capitolare della Cattedrale di Vercelli. 42 Vercelli Kapitularbibl. 147, Perg., s. X . 265 Bl. (sic), 28,3 X 18,6. Die Hs. wirkt noch etwas älter, sonst ist es die gleiche karolingische Minuskel. Sie beginnt mit dem Brief eines Bischofs Leo von Vercelli und enthält auf ff. 16r— 263v die Hist. trip. Der Verlust von zwei Lagen (II und X V IIII) ist ziemlich alt, da dies auf den jeweils vorhergehenden Seiten schon früh notiert worden ist: es fehlt ut solet I 5, 46 bis philosophiam 111, 149 und dum VI 43, 37 bis scrupulositate con- VII 3, 50. Außerdem bricht der Text jetzt mit den Worten gubernari cunctas ecclesias X II 16, 15 ab; das letzte Blatt ist abgeschnitten. Eine Beschreibung vgl. bei Reifferscheid a. a. O. S. 159f. und bei Mazzatinti a. a. O. S. 113.

II. Liste der Handschriften

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43 Mailand Kapitularbibl. S. Ambrogio, ohne Signatur, Perg., s. X . 185 BL, 36 X 25. Die zusammen mit einigen 20 Codices in einem Raum hinter der Sakristei der Kirche S. Ambrogio in Mailand in einem Wandschrank aufbewahrte Hs. in sorgfältiger karolingischer Minuskel hat Bethmann (Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 9 [1847] 639) bereits gesehen. W. Eltester hat sie 1934 photokopiert wie die übrigen italienischen Hss. Sie ist stark korrgiert, weist aber sonst keine Besonderheit auf. 44 Paris Bibi. Nat. 5090, Perg., s. X V . 2 Sp. Eine Humanistenhs., die nach ihrem prächtigen Initialen­ schmuck wohl aus Italien stammt. Sie mag in den oberitalienischen Kriegen nach Frankreich gekommen sein und ist der älteste Pari­ sinus der Hist. trip. In dem heutigen Paris, lat. 5090 (Catalogus codd. mss. Bibi. Regiae, Bd. 4, Parisiis 1744, S. 38) liest man auf f . lr am oberen Rand noch die Zahlen MDCCCLXXVI (in der Mitte), 2060 (rechts oben) und darunter 3797 . 1. Nach H. Omont, Con­ cordances (vgl. zu 15), S. 4, ist 3797 die Signatur des Katalogs der Bibliotheca Regia von Clément 1682. In den von Omont heraus­ gegebenen Anciens inventaires et catalogues de la Bibliothèque Nationale, Paris 1908ff., kann man nun feststellen, daß 3797 der Nummer 2060 in dem Katalog von 1645 (Omont II 226) entspricht und 1876 in dem Katalog Rigaults von 1622. Zu dieser Zeit war aber die Hist. trip, in der Bibliothek nur einmal vorhanden; der Codex ist also der gleiche, der vorher schon als einziger vorkommt: 1269 in der Haute Librairie in der Bibliothèque du roy à Paris (Omont I 326), 611 im Inventaire de la librairie de Blois lors de son transfert à Fontainebleau 1544 (Omont I 187) und 481 im Répertoire alpha­ bétique de la librairie royale au château de Blois 1518 (Omont 171). Der Codex gehört also zum ältesten Bestände. 45 Turin Bibi. Nazionale D II 2, Perg., s. X /X I . 205 Bl., 2 Sp., 35 X 27,3. Der von Josephus Pasinus (Codices mss. bibliothecae Regii Taurinensis Athenaei, Taurini 1749, S. 126f.) unter der Signatur DLIX. k. VI. 17. beschriebene Codex in karo­ lingischer Minuskel enthält zunächst Eusebs Kirchengeschichte und dann (mit neuer Quaternionenzählung) die Hist, trip., deren Text leider f. 203v mit inordinate VI 25, 17 abbricht. Die beiden letzten Blätter sind erst beim Neubinden (nach W. Eltester im 18. Jh.) hinzugekommen. Über die Herkunft der Hs. ist nichts zu ermitteln (in der linken oberen Ecke des Vorderdeckels steht innen die Zahl 336, die wohl eine ältere Signatur ist). IIIc 46 München Bayer. Staatsbibi., lat. 6376, Perg., s. X . 219 Bl., 33 X 22,3. Der Codex ist in klarer karolingischer Minuskel geschrieben (Kürzungen sind sehr selten; kein rundes d, Ligaturen: et, ec und ri). Korrekturen sind selten. Die Quaternionen sind regel­ mäßig mit römischen Zahlen bezeichnet. Der Text weist nur eine

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II. Liste der Handschriften Lücke auf : f . 203v endet regebat ecclesiam X 34, 2, f . 204r beginnt Non enim solis X I 2, 4. Die Erklärung ist sehr einfach: es ist das letzte Blatt Quaternio X X V mit der Lagenbezeichnung heraus­ geschnitten worden. f.lr liest man eine Notiz, die auf das Jahr 1635 datiert ist: Iste Liber est Sancti Corbiniani et Ecclesie Frisingensis. In Freising hatte die Hs. die Nummer 176, wie heute noch ein Papierschild auf dem Rücken zeigt, vorher die Signatur M 7 (so außen auf dem Vorderdeckel). Vgl. Catalogus codd. mss. biblio­ thecae regiae Monacensis, Bd. III, 3, Monachii 1873, S. 101. 47 München Bayer. Staatsbibi., lat. 14374, Perg., s. X I . 198 Bl., 26 X 16,6. Die Hs. ist deutlich später geschrieben als die vorige (sehr viel mehr Kürzungen; gerade und runde d usw.). Mehrere Schreiber sind zu erkennen; die Zahl der Korrekturen ist sehr groß. Die Lagen ( Quaternionen, vgl. f. 47f.) sind nicht gezählt. Die Hs. stammt aus S. Emmeran in Regensburg (vgl. Catalogus codd. mss. bibi, regiae Monacensis, Bd. IV, 2, Monachii 1876, S. 163). 48 München Bayer. Staatsbibi., lat. 13070, s. X I I . 177 Bl., 26,8 X 17,7. Die Hs. ist eine direkte Abschrift der vorigen, in später karolingischer Minuskel (Striche über Doppel-i, gegabelte Oberlängen usw.). Die Schrift ist sehr sauber, ohne K or­ rekturen, die Quaternionenzählung ist durch Beschneiden der Hs. meistens verloren gegangen. Nach A. Boeckler (Die RegensburgPrüfeninger Buchmalerei des 12. und 13. Jahrhunderts, München 1924) weisen die Initialen auf Prüfening, von wo die Hss. in die Stadtbibliothek in Regensburg gelangten. Der bei Gustav Becker (Catalogi bibliothecarum antiqui, Bonn 1885, Nr. 95) heraus­ gegebene Katalog von Prüfening aus dem 12. Jh. weist unter der Nr. 78 eine Tripertita hystoria auf. Die Hs. ist verzeichnet im Catalogus codd. mss. bibi, regiae Monacensis, Bd. IV, 2, S. 99 und hatte in der Stadtbibliothek Regensburg die Nummer 70. 49 Berlin Staatsbibi., lat. fol. 673 [jetzt Marburg, Westdeutsche Bibliothek], Perg., s. X I I . 183 Bl., 2 Sp., 33 X 22. Der Codex ist in später karolingischer Minuskel geschrieben (viele runde s, Ligaturen: ct, et, st) und an vielen Stellen korrigiert. Die interessante Geschichte der Hs. ist durch die Beschreibung im handschriftlichen Katalog der Berliner Staatsbibliothek völlig geklärt. Sie stammt aus dem Kloster S. Ja­ cobi in monte specioso prope Moguntiam, wie alte Besitzvermerke aus dem 12. und 13. Jh. ergeben (Codex Sancti Jacobi apud Mogun­ tiam). Die Klosterbibliothek wurde 1792 bei der Belagerung von Mainz zum Teil zerstreut. Die Hist. trip, kam in den Besitz des hessischen Kirchenrats Dahl in Darmstadt (über ihn vgl. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 2 [1820] 239ff.), dann in den von Leander van Ess (vgl. dessen Sammlung und Verzeichnis handschriftlicher Bücher, Darmstadt 1823), wo sie die Nummer 72 hatte. Der nächste Besitzer war Sir Thomas

II. Liste der Handschriften

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Phillipps in Middlehill, später in Cheltenham (vgl. Gustav Haenel, Catalogi librorum mss. qui in bibliothecis Galliae, Helvetiae, Belgii, Britanniae M., Hispaniae, Lusitaniae asservantur, Lipsiae 1830, S. 811 und Heinrich Schenkl, Bibliotheca patrum Latinorum Bri­ tannica, Bd. 1, 2, Wien 1892, S. 19), in dessen Händen sie unter der Nummer 457 lange blieb. Die Hs. wurde aus dem Besitz der Erben am 24. 4. 1911 verkauft bei Sotheby in London und als Lot nr. 945 von Quaritch in London erworben und von diesem wieder von Otto Harrassowitz in Leipzig, der sie an die Staatsbibliothek in Berlin weiterverkaufte (acc. ms. 1911. 33). 50 Neapel Bibi. Nazionale, lat. V III C 1, Perg., 1450. 150 Bl., 2 Sp., 40,5 X 28,7. Der wohl noch im ursprünglichen Einband befindliche Codex ist in einer leicht lesbaren^ gotischen Kursive ohne allzu viele Abkürzungen und ohne Korrekturen ge­ schrieben und enthält auf ff. 1— 142v die Hist, trip., ff. 143r— 150v einen Tractatus Brevis de temporibus et annis generalium et parti­ cularium conciliorum, f. 142v steht unter einem kurzen Text (Blatt­ füllsel) im Anschluß an die Hist. trip. : Laus deo et sancto Bartholomeo M°CCCCL°. Über die Herkunft der Hs. ist bisher nichts zu er­ mitteln gewesen; ich habe nur Probephotos, die W. Eltester auf Grund eigener Durchsicht der Hs. gemacht hat. 51 Prag Univ.-Bibl., lat. 51 I. A. 41, Pap., 1472. 519 Bl., 2 Sp., 31 ,7 X 21,3. Der in gotischer Kursive geschriebene Codex enthält verschiedene Schriften, die von einer Hand in ver­ schiedenen Jahren geschrieben, dann aber nicht in richtiger Folge zusammengebunden wurden. Die Jahreszahlen der Subskriptionen ergeben nämlich keine durchgehende Reihe. Auf ff. 36r— 152v ist die Hist. trip, enthalten; f. 152v steht unter dem Text . . . per me Crucem de Telcz scripta pro precio Uenerabili domino Thobie pdicatori in noua plzna. Anno dni M °CCCC°LXXII° ff. I I ( = feria II) ante Galli. Reklamanten sind vorhanden, aber weder Lagen- noch durchgehende Blattzählung. Der Einband, Holzdeckel mit Schaflederbezug, ist wohl ursprünglich. Auf dem Vorderdeckel liest man außen eine Signatur L 2, innen ^ ±γ· Auf dem Pergamentvorsatzblatt steht recto: Crucis de Telcz Can. Reg: S. Aug: Treb. Pro­ fesso. I E Greco in latinum Uersa Historia Ecclesiastica | JV. 5. | Ex bibliotheca Canonicorum Regularium | S. Augustini Trebonae (= Wittingau, Kreis Budweis) 1718; verso ist ein großes Kupfer­ stich-Exlibris (von Aeg. Sadeler) eingeklebt mit dem Text: Ex Bibliotheca, Illustrissimi Principis, | Domini Dni (sic) Petri Vok9 Ursini, Domini Do-\mus à Rosenberg (Kreis Budweis), Ultimi et Senioris y et è Pri-\matibus Bohemorum celsissimi, et antiquis :\A N NO CH RISTI M .DC.IX. Die Hs. ist nach dem Original verglichen worden; eine Beschreibung vgl. auch bei Jos. Truhlar, Catalogus codicum mss. latinorum qui in c. r. bibliotheca publica atque uni­ versitatis Pragensis asservantur, Bd. 1, Prag 1905, cod. 51.

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II. Liste der Handschriften 52 München Bayer. Staatsbibi., lat. 18466, Perg., s. X I . 216 Bl., 28,3 X 19,5. Der Codex ist in karolingischer Minuskel ge­ schrieben ((Oberlängen keulenförmig verdickt, Ligaturen: ct, et, st, nt, im ganzen ohne besondere Sorgfalt, viele schadhafte Pergament­ blätter). Die Lagen sind in der Regel Quaternionen. Es kommen aber auch Ternionen und Quinionen vor ; und zwar ist das dann (so bei Buch I, III—VI, V III, IX ) dadurch bedingt, daß man ein Buch mit einer Lage abschließen lassen wollte. Mehrfach ist die Versoseite in solchen Fällen gar nicht ganz beschrieben. Daraus geht hervor, daß die Bücher zum Teil einzeln abgeschrieben wurden, was ich sonst nicht bemerkt habe. Über die Korrektoren der an sehr vielen Stellen geänderten Hs. vgl. S. 89. Von der ersten Lage sind die beiden ersten Blätter herausgeschnitten worden, so daß erst f. 3r mit uirtutem I 1, 21 der Text der eigentlichen Hs. beginnt; der fehlende Teil ist später auf zwei Blättern in gotischer Minuskel (13. Jh.) nach unbekannter Vorlage nachgetragen und vorgehef tet worden. Von den verlorenen Blättern läßt sich der Text für das ursprüngliche f . 2 aus vier Streifen zurückgewinnen, die aus der Münchener Hs. 18 357a herausgelöst und heute lose an die richtige Stelle gelegt worden sind; die Zugehörigkeit der Reste erkannte zuerst W. Meyer, wie eine Unterschrift sagt. f. 215v endet mit signauit X II 14, 20; der fehlende Text ist auf einem eingehefteten Pergamentblatt angefügt, dessen Schrift später ist als die von fî. 1 und 2: grobe gotische Minuskel mit doppelbogigem a usw. Der Einband ist alt. Außer der 94 Signatur Tegernsee 466 findet sich auf dem Rücken unten eine Außen auf dem Vorderdeckel steht MM. 5 ( ?), außerdem X 38. 2°. Interessant ist,eine Stelle bei G. Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui, Bonn 1885, Nr. 39, aus einem Brief des Gozbertus, abbas Tegernseensis (983— 1001): Tripartitae historiae duas partes con­ scriptas habemus, tertia pars ideo deest, quia exemplar alias acquirere non possumus nisi ob gratiam uestri nobis mittere dignemini. 53 München Bayer. Staatsbibi., lat. 17126, Perg., s. X I I . 198 Bl., 32,5 X 22. Der Codex ist eine direkte, sehr sorgfältige Abschrift der korrigierten, am Anfang noch vollständigen Tegernseer Hs. in karolingischer Minuskel fast ohne Korrekturen (Ober­ längen gegabelt, selten rundes s am Zeilenende, Striche über Doppel-i). Die Lagen bestehen aus regelmäßigen, durchgezählten Quaternionen. Der Einband ist ursprünglich und trägt auf dem Rücken die ältere Signatur: Scheftlarn 126. f. 198v steht am Ende der Hist. trip. : Qui me scribebat. N. nomen habebat. 54 München Bayer. Staatsbibi., lat. 2685, Perg., 1328. 140 Bl., 2 Sp., 34,3 X 25,2. Der Codex ist in mäßig gekürzter gotischer Minuskel ohne Korrekturen geschrieben und enthält auf ff. l v— 135r die Hist. trip. Die Lagen bestehen aus Quinionen, die fortlaufend mit kleinen Buchstaben auf der letzten Seite bezeichnet sind. f. 135r befindet sich eine Subscriptio: Iste liber est sanctissime

II. Liste der Handschriften

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dei genitricis Marie in alterspach scriptus sub uenerabili domino abbate domino Chunrado. Anno domini M°.CCC°XXVIII°. per scriptorem ulricum, was unmittelbar darauf fast wörtlich wiederholt ist. In Alders­ bach ist die Hs. dann auch geblieben (sie hatte dort die Signatur 155), bis sie wie die übrigen nach München kam, wo sie 1916 neu gebunden wurde, wie eine Notiz innen auf dem Rückendeckel sagt. 55 Stuttgart Landesbibi., Histor. Hss. fol. 402, Perg., s. X /X I . 217 Bl., 2 Sp., 29,3—5 X 25,1-—26. Die Hs. ist in karolingischer Minuskel sehr sauber geschrieben (die Oberlängen sind etwas ver­ dickt, Ligaturen: et, nt, rt, st, wenig Kürzungen). Die Lagen (meist Quaternionen) sind nicht gezählt; aber der Band ist stark be­ schnitten und neu gebunden, wobei die Zählung verloren gegangen sein kann. f. 104v endet mit ergo VI 12, 23 und f. 105r beginnt mit cum esset VI 13,22: das erste Blatt des innersten Doppelblattes der 13. Lage ist herausgeschnitten. Korrekturen sind selten, f. 2r steht am oberen Rand: Ad Bibliothecam Comburg 1803; die Hs. hatte dort die Signatur 27 ß. Die Hss. des Ritterstifts Komburg wurden 1805 von Stuttgart übernommen (vgl. W. v. Heyd, Die historischen Hss. der Königl. öffentl. Bibliothek zu Stuttgart, Bd. 1, Stuttgart 1889— 1890, S. V II und 178). 56 München Bayer. Staatsbibi., lat. 22015, Perg., s. X I ex. 170 Bl., 2 Sp., 34,8 X 23. Der Codex ist in karolingischer Minuskel regelmäßig geschrieben (selten runde s, Ligaturen: et st us [v^], Kürzungen zahlreich, aber ohne Besonderheit). Die Lagen bestehen meist aus Quaternionen. ff. 3r— 169v enthalten die Hist. trip. Charakteristisch für die Hs. sind die sehr vielen Korrekturen, die auf Rasur stehen, so daß man meist den ursprünglichen Text nicht mehr lesen kann. Innen auf dem Vorderdeckel des alten Einbands ist ein Exlibris aufgeklebt mit der Unterschrift: Wessofontani proba sum possessio claustri . . ., weiter unten steht mit Bleistift N : 1251. Auf dem Rücken ist noch ein Papierschild mit der alten Signatur Wess. 15. In den Mittelalterlichen Bibliothekskatalogen Deutsch­ lands und der Schweiz, Bd. I l l 1 : Bistum Augsburg, bearb. von Paul Ruf, München 1932, S. 181f., ist ein Verzeichnis der von Diemot geschriebenen Bücher des Benediktinerklosters Wesso­ brunn aus dem ersten Viertel des 12. Jh. abgedruckt, in dem unter Nr. 36 auch die Hist. trip, vorkommt (vgl. auch S. 186, 16). 57 Maihingen Fürstl. Öttingen-Wallersteinsche FideikommißBibl., lat. II 1, fol. 189, Perg. u. Pap. 1462. 380 S. (!), 2 Sp., 40,1 X 28,4. Die in sehr sauberer gotischer Minuskel geschriebene Hs. besteht aus 190 Bl. Gezählt sind aber die Seiten, und zwar springt die Zählung durch ein Versehen von 239 auf 241, so daß 381 Seiten herauskommen. Die mit arabischen und römischen Zahlen gekennzeichneten Lagen enthalten gewöhn­ lich 7 Doppelblätter, von denen das innerste und äußerste aus Pergament, die übrigen aus Papier bestehen. S. 380 steht die

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II. Liste der Handschriften Subscriptio : Finita et conscripta est hec presens hystoria tripertita in monasterio faucensi (Fauces = Füssen) sub regimine uenerabilis patris ac damini domini (sic) Iohannis cognomento Hessen puati monasterii abbatis per fratrem Conradum werdensem Sub anno dominice incarnacionis M 0CGCG°LXII° In crastino lucie uirginis. S. 1 am oberen Rande in später Schrift: S. Magni in Fuossen. Auf dem Vorderdeckel des noch ganz unversehrten Einbandes steht innen mit Bleistift: II. (Lat.) 1 |fol. 189; unten ein Stempel der jetzigen Besitzerin: F.Öttingen Wallerstein’sche Bibliothek (vgl. Öttingen-Wallersteinische Sammlungen in Maihingen : Hss.verzeichnis, I. Hälfte, hrsg. von G. Grupp, Nördlingen 1897, S. 12). 1802 war der Besitz des Magnusklosters in Füssen an das Haus ÖttingenWallerstein gefallen (vgl. Benedikt Kraft, Die Hss. der Bischöflichen Ordinariatsbibliothek in Augsburg, Augsburg 1934, S. 9). 58 München Bayer. Staatsbibi., lat. 12237, Perg., 1464. 218 Bl., 2 Sp., 43 X 28,8· Der Codex ist in einer stark gekürzten, aber sehr deutlichen und lesbaren gotischen Kursive geschrieben und enthält nach Eusebs Kirchengeschichte ff. 93r— 218v die Hist, trip. Die Lagen bestehen aus 6 Doppelblättern aus Papier, außer der letzten; sie hatten anfangs für beide Teile der Hs. getrennte Zählung, nach dem Zusammenbinden erst wurde f. 104v z. B. primus geändert in 9nus usw. Beide Teile der Hs. sind vom gleichen Schreiber geschrieben. Der erste ist f. 92r datiert: . . . feria sexta in qua fuit uigilia uigilie natiuitatis domini. Anno M .CC C CLX III hora quasi quarta post prandium. Am Ende der Hist. trip, dagegen steht: Explicit hystoria triptita per me Iohannem scriptoris (sic) de memingen tunc temporis coadiutorem in diuinis in waltenhoffen ad instandam uenerabilis uiri leonhardi allantsee rectoris ecclesie walttenhoffen nec non baccis studii wyen. Anno domini M°CCCC· L X II II . In octaua assumpcionis gloriosissime uirginis marie hora quasi decima ante meridiem . . . Auf der Innenseite des Vorderdeckels : Ego leonhardus allantsee Camerarius Capituli faucensis legaui hunc librum ob memoriam et salutem anime mee ad monasterium gloriosis­ sime semperque uirginis marie In Rayttenpuch cuius confrater factus et electus fui . . . Diese Notizen sind auch darum interessant genug, weil sie zeigen, in wie kurzer Zeit Hss. abgeschrieben wurden, f . lr steht von später Hand: Sum B : Mariae Virginis in Rottenbuech. Auf dem alten Einband befindet sich auf dem Vorderdeckel eine Signatur B 4, f. 0r mit Bleistift: 3450. b Inkunabel Augsburg, drucke 6164.

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Gesamtkatalog der Wiegen­

59 München Bayer. Staatsbibi., lat. 23448, Perg., s. X . 143 Bl., 13,2 X 10,4. Der Codex enthält Exzerpte verschiedener Schriften, die zu verschiedenen Zeiten geschrieben sind, ff. 16r—40r solche aus der Hist. trip, in regelmäßiger karolingischer Minuskel, und zwar: f. 16r—24v Non est itaque facile I X 30, 1 — interemptos

II. Liste der Handschriften

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IX 32, 69, 24v— 25r Igitur iustina IX 20, 14 — uoluntate IX 21, 4, 25r—26r Reuertente siquidem IX 25, 1 — prohiberi IX 25, 22, 26Γ— 30r Ualens igitur VII 36, 1 — optimorum VII 36, 79, 30r— 31r Afrates V III 4, 1 — tacuit imperator VIII 4, 34, 31r— 39r Auxentio VII 8, 1 — curriculis VII 10, 59, 39r—40r Igitur atticus X II 2, 1 — studebat abscidere X II 2, 29. Vgl. Catalogus codd. mss. bibliothecae regiae Monacensis, Bd. IV, 4, Monachii 1881, S. 70. I lld 60 Douai Bibi, municipale, lat. 297, Perg., s. X I . 136 BL, 34 X 24. Der in karolingischer Minuskel gleichmäßig geschriebene Codex (Schäfte der Oberlängen gegabelt, Ligaturen: ct, et, nt, st) gehörte früher der Abtei Marchiennes und wird als deren Besitz in einem Katalog des frühen 13. Jh. und bei Sander 1641 verzeichnet (vgl. Antonius Sanderus, Bibliotheca Belgica manuscripta . . ., Bd. 1, Insulis 1641, S. 59; Archiv der Gesell­ schaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 [1843] 426; Delisle, Cab. des mss. 2, S. 512; Catalogue général . . . des Départements, Bd. 6, Paris 1878, S. 157f.). I lle 61 Rom Vat. Pal. lat. 824, Perg., s. X I /X I I . 168 Bl., 25,3 X 19. Die Hs. in klarer karolingischer Minuskel (Striche über Doppel-i) wird von E. Pereis für erheblich jünger ge­ halten als von Henr. Stevenson iunior und J. B. de Rossi in ihrem Katalog: Codices Palatini Latini, Bd. 1, Romae 1886, S. 288. Auf C.70 dem Vorsatzblatt steht oben eine alte Signatur , hi der Mitte 1357 und darunter von sehr viel späterer Hand : Brüfsel am Brührain. Die Hs. soll aus Lorsch stammen, vgl. A. van de Vyver, Speculum 6 (1931) 263 Aiim. 4. 1623 kam sie mit den übrigen Palatini aus Heidelberg nach Rom. 62 Oxford Bodl. Libr., mise. lat. (Laud) 440, Perg., s. X I ex. 152 Bl., 2Sp., in folio. Die Hs. ist in regelmäßiger karolingischer Minuskel geschrieben (Kürzungen häufig, selten hochgestelltes rundes s am Zeilenende, Schaftgabelung, die Buchstabenformen werden eckig, Ligaturen: ct, et, nt, st). Der Codex der Bodleiana gehört zu denen, die am 28. 6. 1639 der Erzbischof von Canterbury William Laud (1573— 1644) schenkte; zum großen Teil stammten sie aus Süddeutschland, vielleicht auch diese. Auf f. 152v steht nach Mynors der Name Johannes Nym antem (?); sonst finden sich keine Indizien. Vgl. E. Bernard, Catalogi librorum mss. Angliae et Hiberniae, Bd. 1, Oxoniae 1697, S. 60; Henr. O. Coxe, Catalogi codd. mss. Bibliothecae Bodleianae, Bd. 2, Oxonii 1858, S. 318f. ; Falc. Madan and H. H. E. Craster, A summary catalogue of western mss. in the Bodleian Library at Oxford, Bd. 2, 1, Oxford 1922, S. 12fï., 36. Die Hs. entspricht jetzt der laufenden Nummer des Katalogs 2482 und kam bei der Neuordnung 1790— 1812 in die Gruppe Laud. Mise, (dort 440). Vorher hatte sie die laufende Num­ mer 858 und die seit 1641 eingeführte Buchstabenbenennung D. 91.

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II. Liste der Handschriften

U l f 63 Madrid Biblioteca de Palacio 2 C 2, Perg., s. X I I I /X I V (vor 1329). 2 Sp., folio. Von dem in regelmäßiger, aber stark gekürzter gotischer Kursive geschriebenen Codex (keine Korrekturen) be­ sitze ich nur Probephotos von I 1 und V III 1 sowie Kollationen einzelner Stellen. Eine ziemlich ausführliche Beschreibung der Hs. ist gedruckt bei P. Ewald, Reise nach Spanien im Winter von 1878 auf 1879, Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts­ kunde 6 (1881) 344. Danach ist die Hist. trip, dort der vierte von sieben Teilen, von denen der letzte die Jahresangabe 1329 enthält, was als terminus ante quem gelten kann. Die jetzige Biblioteca de Palacio ist die frühere Privatbibliothek des Königs; woher die Hs. in diese gelangt ist, habe ich nicht ermitteln können. 64 Bern Stadtbibi., lat. 116, Pap., s. X V . 161 BL, 2 Sp., 38,4 X 28. In dem in stark gekürzter gotischer Kursive geschriebenen Codex bildet die Hist. trip, den zweiten Teil auf ff. 57r— 161v. Der mit Pergament überzogene Pappeinband stammt aus der Zeit um 1700. Beide Teile sind zwar von der gleichen Hand geschrieben, aber im zweiten beginnt die Lagenzählung von neuem. Diese Lagen, in der Regel zu je sechs Doppelblättem, sind auf der ersten Rektoseite mit kleinen Buchstaben bezeichnet; e und f sind in falscher Reihenfolge gebunden: richtige Folge ff.— 104, 117— 128, 105— 116, 129— 161. Reklamanten sind ge­ legentlich vorhanden, sonst also weggeschnitten. Korrekturen sind nicht vorhanden. Der Text endet f. 161v si uixero X II 14, 23: es fehlt das letzte Blatt der letzten Lage i (153— 161). f. l r steht die einzige Notiz betreffs der Herkunft der Hs. : E x libris Cl. Bernii et amicorum. Vgl. J. R. Sinner, Catalogus codd. mss. bibliothecae Bernensis, Bernae 1760, S. 239; Hermann Hagen, Catalogus codi­ cum Bernensium, Bernae 1875, S. 172f. 65 Troyes Bibi, municipale, lat. 266, Perg., s. X I I . 183 Bl., 2 Sp., folio. Dieser Codex unbekannter Herkunft ist sehr gleichmäßig in später karolingischer Minuskel geschrieben (Striche über Doppel-i; zahlreiche runde s, auch am Anfang; Schaftgabelung). Korrekturen sind selten. Von den Kürzungen führe ich an: .-}f. = enim, ~ = est, H = hoc, li = haec. Vgl. Catalogue général . . . des Départements, Bd. 2, Paris 1855, S. 132. 66 Troyes Bibi, muncipale, lat. 250, Perg., s. X I I . 157 Bl., 2 Sp., folio. Der Codex ist dem vorigen der Schrift nach ähnlich, nur sind die runden s noch selten, und es ist keine Schaftgabelung zu bemerken. Die Hs. stammt aus Clairvaux, wo die Signatur Q 12 war. Vgl. Catalogue général . . . des Départements, Bd. 2, Paris 1855, S. 126; Delisle, Cab. des mss. 2, S. 278.

II. Liste der Handschriften

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67 Rom Vat. lat. 1970, Perg., s. X . 196 Bl., 31 X 22. Die Hs. ist in ihrem Hauptteil in karolingischer Minuskel geschrieben; f. 193v hört sie auf, und f. 194r setzt mit Circa hoc X II 9, 1 eine klare gotische Kursive ein. Im Hauptteil wechseln sich mehrere Schreiber gleicher Zeit ab, so f. 31r mit Beginn einer neuen Lage, und öfter, f. 132v (letzte Seite einer Lage) bricht der Text weit vor dem Ende der Seite ab mit quieuerunt VII 40, 218, f. 133r beginnt die neue Lage mit Buch VIII. Die Quater nionen waren durch römische Zahlen gekennzeichnet (f. 124v XVI), diese sind aber meist weggeschnitten; sichtbar ist dafür eine viel spätere Bezeichnung durch Reklamanten und arabische Zahlen. Der Einband ist modern, Besitzvermerke fehlen; Randbemerkungen aus dem 15. Jh. deuten aber auf eine italienische Herkunft hin. Vgl. Barth. Nogara, Codices Vaticani Latini, Bd. 3, Romae 1912, S. 379 und vorher A. Reifferscheid, Bibliotheca patrum Latinorum Italica, Bd. 1, Wien 1870, S. 475ff. 34 s. ο. (II) 68 Venedig Bibi. Naz. Mare., lat. 3124, Perg., s. X V . 189 Bl., 34,1 X 23,1. Eine Prachths. in schöner Humanisten­ schrift in altem Einband und mit kostbarer Ausstattung. Die Lagen bestehen aus Quinionen, sind nicht gezählt, aber durch Reklaman­ ten gekennzeichnet. Korrekturen sind sehr selten. Für den Codex, der die Signatur 3124 (Classis 9, cod. 88) trägt, war in Venedig nichts über die Herkunft zu ermitteln; dort steht unter Provenienza: Acquisto a. 1826. IVa 69 Cambrai Bibi, communale, lat. 685, Perg., s. X /X I . 106 Bl., 2 Sp., 31,6—9 X 23,5—24. Der in wenig gekürzter, regelmäßiger karolingischer Minuskel geschriebene Codex enthält nur die ersten fünf Bücher der Hist. trip, und enthielt auch früher nicht mehr. Die Quaternionen sind mit q ( = quaternio) oder q und römischen Zahlen bezeichnet. Der Rubrikator hat viele Kapitel­ zahlen, Quellenbezeichnungen und Initialen nicht ausgeführt. Mehrere gleichzeitige Hände sind im Text zu unterscheiden. Der jetzige Pappeinband, mit Leder überzogen, ist modern (unten auf dem Rücken: Relié par Ch. Hurez). Die Hs. gehörte der alten Kathedralbibliothek und hatte vor der jetzigen die Signatur 625· Auf der Vorderseite des hinteren fliegenden Blattes steht eine moderne Tinteneintragung: . . . L ’ Histoire tripartite Mste se trouve à Arras et Metz. Eine kurze Beschreibung von Auguste Molinier, Catalogue général . . ., Départements, Bd. 17, Paris 1891, S. 261. 70 Berlin Staatsbibl., lat. fol. 901 [jetzt Tübingen, Univ.-Bibl.], Perg., s. X I /X I I . 146 Bl., 2 Sp., 32,2 X 23. Der Codex ist in karolingischer Minuskel sehr regelmäßig von verschiedenen Schreibern gleicher Zeit ge­

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II. Liste der Handschriften schrieben (viele Kürzungen, öfter hochgestelltes rundes s am W ort­ ende, Ligaturen: ct, et, st, rs). Die Lagen sind meist Quaternionen. Der Einband ist alt und weist mit den in das Leder gepreßten Mustern auf Köln hin. f . lr steht, zum Teil ausradiert, in gotischer Minuskel liber sancti pantaleonis colonie. Auf dem Schnitt des Bandes steht: G 4 Historia Cassiodori 16, auf einem hinten eingeklebten 2050 Blatt mit Bleistift------ und Bloch l l r 4046. Die Berliner StaatsX

bibliothek hat die Hs. 1924 von dem Antiquariat Tidemann (Berlin) erworben (acc. nr. 1924. 150) ; der Antiquar erinnerte sich leider nicht mehr, von wem er sie gekauft hatte. c Inkunabel Köln, vor 1478 (?), Gesamtkat. d. Wiegendr. 6165. d Inkunabel Straßburg, nach 1500 ( ?), Gesamtkat. d. W ie­ gendr. 6167. 71 New York Library of the General Theological Seminary, ohne Signatur, Pap., s. X V . 226 Bl., 2 Sp., l l 6/e x 81/* inches. Der Codex ist in einer schon stark kursiven, groben gotischen Minuskel geschrieben (Punkte über i, Kürzungen halten sich in Grenzen). Da ich von dem Codex nur Probephotos besitze und die Hs. schwer erreichbar ist, gebe ich folgenden Auszug aus einer Beschreibung wieder, die J. Martini nach New York schickte: . . . Initials in blue and red, those at the beginning of each book of larger size and with pen ornamentation. Folio, contemporary German binding in oak boards covered in brown leather, panelled sides divided by intersecting bands into lozenge-shaped compartments, with stamps of Agnus Dei and rosette in the centre of each compartment ; and the name o f ,, Jhesus“ at top and „Maria“ at bottom of covers. Die Hs. stammt aus dem Besitz von Marienmünster (über einer der ersten Rektoseiten [ohne Zählung] steht L. van Ess und von anderer Hand Marienmünster; daneben eine nur zum Teil leserliche Bleistiftnotiz : . . . . dioces . Paderborn . . |. . . cum monasterium. . . |dictiL. v. Ess). Uber L. van Ess kam sie nach Middlehill in die Bibliothek von Sir Thomas Phillipps ( G. Haenel, Catalogi librorum . . [vgl. zu 49], Lipsiae 1830, S. 814; H. Schenkl, Bibliotheca patrum Latinorum Britannica, Bd. 1, 2, Wien 1892, S. 23: dort Nr. 697). In Cheltenham stellte H.-G. Opitz den weiteren Verbleib der Hs. fest. Sie wurde (nach dem Verkaufskatalog der Phillippssammlung) am 6. 6. 1910 als Lot nr. 162 bei Sotheby aus dem Nachlaß von Sir Th. Phillipps ver­ kauft, und zwar an Leighton, in dessen Catalogue of Mss. 1912 sie als Nr. 55 verzeichnet ist. Der nächste Käufer war der Antiquar Giuseppe Martini aus Lugano, der sie am 15. 5. 1916 an das General Theological Seminary of the Protestant Episcopal Church ver­ kaufte, wo sie sich noch befindet.

II. Liste der Handschriften

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72 Trier Stadtbibi. (hist. Archiv), lat. 1196, Pap., s. X V . 245 Bl., 2 Sp., 29,2 x 21,3. Der Codex ist in stark kursiver gotischer Minuskel (zuweilen i-Punkte) ohne Korrekturen und allzu viele Kürzungen geschrieben. Die Lagen aus je 6 Doppelblättern sind nicht gezählt, aber durch Reklamanten gekennzeichnet. Die Holzdeckel sind mit Leder überzogen, auf das ein einfaches Rauten­ muster gepreßt ist. Innen auf den Vorderdeckel ist ein Pergament­ blatt geklebt, auf dem oben links steht: 4 6 4 D IIb 7 . Auf dem Verso des zweiten Vorsatzblattes steht in der gotischen Minuskel, in der auch die Hist. trip, geschrieben ist: Iste liber pertinet ad monasterium sancti Albani ordinis Carthusiensis extra muros tre­ uerenses . . ., auf f. l r mit Tinte: Bibi. pubi. civ. Trev. 1802; damals kam die Hs. in die Stadtbibliothek, vgl. Max Keuffer und Gottfried Kentenich, Beschreibendes Verzeichnis der Hss. der Stadtbiblio­ thek zu Trier, Heft 8, Trier 1914, S. 236. IVb 73 Trier. Stadtbibi. (hist. Archiv), lat. 1194, Perg., s. X /X I . 186 Bl., 31,5— 32,1 X 21,7—22,2. Ein in karolingischer Minuskel ohne Sorgfalt geschriebener und von mehreren Händen stark korrigierter Codex, der jetzt einen Pappeinband mit Lederüberzug hat. Die mit römischen Zahlen gekennzeichneten Lagen bestehen fast immer aus Quaternionen. f. 2r steht in gotischer Minuskel am oberen Rand: Codex sancti Martini super litus moselle . . ., f. 1Γ eine moderne Notiz mit Tinte: Olim bibliothecae ad Stm Martinum9 modo bibliothecae civitatis Trevirensis. Verzeichnet im gleichen Katalog wie die vorige Hs. 74 Trier Seminarbibi., lat. 23, Perg., s. X I I /X I I I . 182 Bl., 2 Sp., 39 X 26,5. Der Codex ist in früher gotischer Minuskel (Striche über Doppel-i, Schaftgabelung, keine runden s) geschrieben, an vielen Stellen korrigiert und besteht aus Quater­ nionen, die mit römischen Zahlen gekennzeichnet sind. ff. 2r— 179r ist die Hist. trip, enthalten. Nach der Art der Initialen ist die Hs. in Trier entstanden (so A. Boeckler). Der Einband ist alt, nur der Rücken wurde 1895 erneuert, f. l v steht in Urkundenschrift mit langen Schnörkeln: Codex sancti Eucharii primi treuirorum archiepiscopi . . ., auf dem Rekto des Vorsatzblattes mit Tinte: Codex monasterii sancti Mathie apostoli extra muros Treberorum, darunter mit Bleistift I 7; unten rechts der Stempel des jetzigen Besitzers: Bibliotheca seminarii clericalis Trevirensis. Die Hss.sammlung des Bischof 1. Priesterseminars in Trier besteht im wesentlichen aus Hss. des Benediktinerklosters St. Eucharius und Matthias bei Trier, vgl. J. Marx, Handschriftenverzeichnis der Seminarbibliothek zu Trier, Trier 1912 (Trierisches Archiv, Ergänzungsheft 13), S. 17. 75 Wien Nationalbibl., lat. 374, Perg., s. X I I ex. 140 Bl., 2 Sp., 33,6—7 X 22,7. Der Codex ist in später karo­ lingischer Minuskel (selten Striche über Einzel-i, selten runde s) 3

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

II. Liste der Handschriften

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gleichmäßig geschrieben. Die Quaternionen sind mit römischen Zahlen gekennzeichnet. Auf dem Blatt, auf dem die Hist. trip, endet, war "ursprünglich der ganze Rest der Seite beschrieben; später wurde alles ausradiert. Dafür wurde Anfang des 13. Jhs. etwa ein Besitzvermerk unter den Schluß des Werkes gesetzt: Ego heinricus dei gratia abbas in FrankendaL Darunter steht in schwer lesbarer gotischer Kursive: habui a cons . . lis d. Pauli Woracis ( ?). Wie die Hs. von Frankenthal (wohl in der Pfalz) nach Wien ge­ langte, ist mir noch unklar, f . 140v steht ganz unten rechts 0 143931> auf dem Rekto des ersten Vorsatzblattes mit Bleistift: X IV . B. 2, auf dem des dritten: 30. N. X X V I. ol. 49, f. l r unten rechts: N. 49; auf dem Rücken des mit Pergament bezogenen Pappbandes : COD.MS.|HIST.ECCL. N. X X V I. Die richtige Deutung des Ein­ bandes würde wenigstens zum Teil die Geschichte der Hs. erhellen. Der gedruckte Katalog der Wiener Hss. von 1864ff. ist ganz un­ zureichend. IVc 76 Rom Vat. Pal. lat. 823, Perg., s. X . 158 Bl., 29,5 X 22,5. Der in karolingischer Minuskel geschriebene Codex macht einen sehr frühen Eindruck. Kürzungen und Korrek­ turen sind selten. Die Hs. ist stark beschnitten und neu gebunden. Die mit römischen Zahlen (auf dem Rekto des ersten Blattes) ge­ kennzeichneten Quaternionen sind durcheinander geraten : der erste ist verloren, der zweite besteht aus ff. 1. 2. 11— 16, der dritte usw. aus ff. 17 usw. ; zwischen f . 2 und 11 befindet sich jetzt die Lage 22, die hinter f. 158 gehört, f. lr beginnt mit ter uoluntatem 19, 22; f. 158v endet mit ad V III 1, 187 (dann fehlt ein Blatt); f. 4r beginnt mit ferunt V III 1, 264; f. l l v endet mit remouisset. Barbari V III 13, 5. Der Rest ist verloren, f. lr steht am oberen Rande: Iste Uber pertinet ad librariam Sancti Martini Ecclesiae maguntin, daneben die alte Signatur H 14. Auf dem" Rekto des Vorsatzblattes ist oben C 101 links eine Signatur erhalten: (die Zahlen sind dann durch­ gestrichen), in der Mitte die spätere: 823. Auf dem Verso des fliegenden Blattes am Schluß steht 1361. Die Hs. ist zusammen mit den Palatini auf dem bekannten Wege 1623 nach Rom gelangt, nachdem sie 1552 von Mainz nach Heidelberg gebracht worden war. Vgl. A. Reifferscheid, Bibliotheca patrum Latinorum Italica, Bd. 1, Wien 1870, S. 262f.; H. Stevenson iun. et J. B. de Rossi, Codices Palatini Latini, Bd. 1, Romae 1886, S. 288; Franz Falk, Die ehemalige Dombibliothek zu Mainz, Leipzig 1897 (Centralblatt für Bibliothekswesen, Beiheft 18), S. 59f. 49 s. o. (IIIc). 77 London Brit. Mus., Add. lat. 19967, Perg., s. X I I . 267 Bl., 2 Sp., folio. Der in später karolingischer Minuskel ge­ schriebene Codex hat eine interessante Geschichte. Wie die letzte

II. Liste der Handschriften

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Beschreibung (E. A. Bond in: Catalogue of additions to the mss. in the British Museum in the years 1854— 1860, London 1875, Nr. 19967) zeigt, enthält die Hs. sehr verschiedene Stücke, an siebenter Stelle (ff. 152r— 267v) die Hist, trip., und stammt aus St. Maximin in Trier (f. 267v steht in gotischer Kursive: Codex mona­ sterii sancti Maximini prope Tr.). Wie kam sie von Trier nach London Î Auf dem Vorsatzblatt steht: Purchased of M. Edwin Tross of Paris. 14. Oct. 1854. Nach G. Becker (Catalogi bibliothecarum antiqui, Bonn 1885, Nr. 76, 102) ist die Hs. schon von Anfang an im Besitz von St. Maximin gewesen (vgl. die dort erwähnte Historia Romana = Teil 1 der Hs.). Emil Jacobs (Die Hss.sammlung Joseph Görres’ . Ihre Entstehung und ihr Verbleib, Zentralblatt für Biblio­ thekswesen 23 [1906] 189 — 204) hat gezeigt, wie 1792 bereits die Hss. in Sicherheit gebracht wurden, und zwar nach dem Ehren­ breitstein. Nach 1802 sind sie dann in den Besitz von Görres ge­ kommen. Seine 191 Hss. blieben bis 1844 in Koblenz; in der Biblio­ thek des Koblenzer Augusta-Gymnasiums ist ein ausführliches Ver­ zeichnis dieser Codices von Dronke aus dem Jahre 1844 vorhanden. Nach dem Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts­ kunde 8 (1843) 617 sollte Nr. 94 der Görres-Bibliothek in Koblenz enthalten: Historia miscella et tripartita. Jacobs hatte u. a. auch den Verlust dieser Hs. 94 bedauert (a. a. O. S. 194), die nicht auf­ zufinden war. Auf Grund eines Auszuges aus dem Katalog Dronkes, den ich mir in Koblenz anfertigen ließ, kann mm sicher gesagt werden, daß die Hs. London Add. 19967 die vermißte Görreshs. ist. Die Nr. 94 gehörte zu den Hss., die sich Görres später nach München schicken ließ. Von ihnen sind dann die meisten nach Berlin gekommen; die Nr. 94 aber ist auf unbekannte Weise zu dem Antiquar K. Th. Edwin Tross (geb. 1822 in Hamm, gest. 1875 in Paris) gelangt und von diesem an das Brit. Museum verkauft worden. 78 London Brit. Mus., Harley 3242, Pap., 1519. 2 Sp. Der in gotischer Minuskel geschriebene Codex ist eine Ab­ schrift des vorigen und enthält ff. lr— 116v die Hist, trip., ff. 117r bis 247v Eutrops Historia Romana (aus der gleichen Vorlage), f. 116v steht: explicit feliciter historia ecclesiastica sine tripertita per me fratrem michaelem treueris. Anno domini millesimo quingentesimo nonodecimo ipsa die sancti andree apostoli. Vgl. A catalogue of the Harleian collection of mss. . . . preserved in the British Museum, Bd. 1, London 1759, Nr. 3242, und R. Nares, A Catalogue of the Harleian mss. in the British Museum, Bd. 3, 1808, S. 11. IVd 79 Paris Bibl. N at., lat. 5085, Perg., s. X I I . 145 Bl., 2 Sp. Die Hs. ist ein Palimpsest, geschrieben in früher unregelmäßiger gotischer Minuskel (Striche über Doppel-i, meist nur hochgestellte runde s). Sie endet durch nachträglichen Verlust des letzten Quaternio jetzt f. 146v mit den Worten: Meletius in Sebastena ecclesia prefuit X II 8, 34. Über ihre Herkunft war nichts zu ermitteln. Sie gehörte als cod. 1596 zur bibliotheca Colbertina 3·

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II. Liste der Handschriften und kam 1732 mit dieser in die königliche Bibliothek. Vgl. H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 56. 80 Florenz Bibi. Nazionale, Conv. Soppr. G I I I 451, Perg., s. X IV . 95 - f 36 + 97 Bl., 2 Sp., 30,3 X 22,2. Der Codex ist in enger, stark gekürzter gotischer Minuskel geschrieben (Striche über Einzel-i, doppelbogiges a, viele Ligaturen mit d: de do usw.). Die in weißes Pergament gebundene Hs. enthält auf dem Verso des Pergamentvorsatzblattes vorn ein Inhaltsverzeichnis des Bandes, über dem steht: Iste liber est Conuentus Sande Marie nouelle de florentia ordinis fratrum predicatorum. fi. 49v— 95r der ersten Blatt­ zählung enthalten die hystoria ecclesiastica que tripartita uocatur (es geht die Übersetzung von Eusebs Kirchengeschichte voraus); an deren Schluß liest man f . 95r : Explicit hystorie triptite liber duodecimus cum aliis precedentibus9quos fecit scribere frater iacobus dictus de cruce ordinis fratrum predicatorum in duitate||||. 81 Paris Bibi. N at., lat. 8960, Perg., s. X I ex. 157 Bl., 2 Sp., grand format. Der in regelmäßiger karolingischer Minuskel (mehrfach runde s am Zeilenende) geschriebene Codex ist ziemlich genau zu datieren auf Grund einer Notiz der ersten Hand f. l v: Dominus abbas Regimbertus auctor libri huius et Volkerus scriptor. Nach Delisle (Cab. des mss. 2, S. 362) war Regimbertus 1051— 1081 Abt von Echternach (in Luxemburg). Die Hss. von Echternach kamen mit den Resten anderer Klosterbibliotheken in der französischen Revolution nach Luxemburg. Als durch den Frieden von Lunéville (1801) das linke Rheinufer an Frankreich fiel, wurden die besten Stücke für Paris ausgesucht. In Luxemburg traf die Auswahl Jean-Baptiste Maugérard, der im ganzen 84 Echternacher Hss. 1802 nach Paris schickte, wo sie blieben. Die Hist. trip, hatte dort zunächst die Signatur suppl. lat. 869bis, seit der Neuord­ nung die jetzige 8960. Vgl. L. Delisle, Inventaire (vgl. zu 8), S. 15; Hermann Degering, Handschriften aus Echternach und Orval in Paris, in: Aufsätze Fritz Milkau gewidmet, Leipzig 1921, S. 48— 85 (Unter Nr. 9 ist die Hist. trip, aufgeführt in dem S. 7Iff. mitgeteil­ ten, von Maugérard Unterzeichneten Aktenstück: Notice des Ms. d’Echternach, qui se trouvaient déposés à la Bibliothèque Nationale de Luxembourg et qui ont été choisis par les Commissaires délé­ gués par le Ministre de l’Intérieur à cet effet). 82 Metz Bibl. municipale, lat. 189, Perg., s. X I ex. Petit in-folio. Der Codex ist in regelmäßiger karolingischer Mi­ nuskel geschrieben (ganz selten hochgestellte runde s am Zeilenende, Schäfte der Oberlängen gegabelt) und gehört der Abbaye de SaintArnould in Metz. Vgl. Catalogue général. . . des Départements, Bd. 5, Paris 1879, S. 84.

II. Liste der Handschriften

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IVe 83 Paris Bibi. N at., lat. 5083, Perg., s. X . 140 Bl. Der in unregelmäßiger karolingischer Minuskel geschrie­ bene Codex (keulenförmig verdickte Oberlängen) ist zu Anfang stark beschädigt (von den ersten Blättern fehlt zum Teil ein Drittel des Textes) und nach den Probephotos von I 1 und V III 1 von ver­ schiedenen Händen geschrieben. Er gehörte einst der Abtei Moissac im Languedoc, aus deren Besitz er 1678 mit im ganzen 105 Hss. in die Bibliothek Colberts gelangte. Der Colbertinus 2045 kam 1732 mit den übrigen in die des Königs (f. 3r am Rande: 3697/4) und erhielt dort die Nummer 5083. Vgl. Catalogus codd. mss. Bibi. Regiae, Bd. 4, Parisiis 1744, S. 38; Delisle, Cab. des mss. 1, S. 457f., 518f. ; 2, S. 440f.; H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 58. Eigenartig sind manche Kürzungen in V III 1 : octaü = octaui, üolento = uiolento, uros = uiros, delinq = delinquam, aq = aquam; ich notiere auch h* = autem, K = hoc (mehrfach). 84 Paris Bibi. N at., lat. 5084, Perg., s. X /X I . 292 Bl., 28 X 19. Der sehr gleichmäßig in karolingischer Minuskel geschriebene Codex gehörte dem 1617 gestorbenen Jacques-Auguste de Thou; er blieb danach noch im Besitz der Familie, wurde 1679 an Colbert verkauft, 1680 ausgeliefert, war dann Colbertinus 1300, darauf Regius C. 4262. 2. 2 (nach Dain 1262. 1. 2) und schließlich 5084. Vgl. zu 83 und H. Omont, Concordances, S. 55; Delisle, Cab. des mss. 1, S. 197; Catalogus codicum hagiographicorum Latinorum antiquiorum saeculo X V I qui asservantur in Bibliotheca Nationali Parisiensi edd. Hagiographi Bollandiani, Bd. 1, Bruxelles 1889, S. 388. Die Blattzählung springt von 97 auf 198. IV f

85 Paris Bibi. N at., nouy. acquis., lat. 1603, Perg., s. X . 230 Bl., 33,2 X 25,5. Der an vielen Stellen korrigierte Codex ist in einer sehr sauberen und regelmäßigen karolingischen Minuskel fast ohne jede Kürzung geschrieben. Er stammt aus dem Besitz der Cathédrale de Saint-Gatien de Tours (Nr. 143 im Katalog von 1706). Nach der Aufhebung der Klöster kam er 1791 in die biblio­ thèque publique in Tours, 1825 in die préfecture, wo Haenel die Hs. noch sah. 1842 besuchte der berüchtigte Bücherdieb Libri die Bibliothek in Tours, in der damals die größte Unordnung herrschte; seitdem war diese Hs. wie manche andere verschwunden. Um den Diebstahl unkenntlich zu machen, hatte Libri an den Schluß der Hs. die Worte gesetzt: Liber abbatiae S. Mariae de Florentia. 1847 waren Libris Schätze nach Ashburnham Place gelangt, wo die Hist, trip, in einem Katalog von Hodgson (1853) als Nr. 91 verzeichnet ist. Als der Earl of Ashburnham 1878 gestorben war, wurde der sog. Fonds Libri 1884 von der italienischen Regierung erworben und in der Laurentiana in Florenz deponiert. Delisle, der bei der Sicherung französischen Nationaleigentums sich die größten Verdienste er­ worben hat, sah sich diese Hss. an und erkannte bei sehr vielen den französischen Ursprung. Bei einigen war von ihm schon vorher der

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II. Liste der Handschriften Diebstahl sicher festgestellt worden; diese wurden 1883 in England für Frankreich reserviert und 1888 von der Bibi. Nationale zurück­ erworben, die der Hist. trip. (Libri 91) die Signatur Nouv. Acq. Lat. 1603 gab. Vgl. G. Haenel, Catalogi librorum mss. (vgl. zu 49), Lipsiae 1830, S. 481; Catalogue of the mss. at Ashburnham Place. Part the first comprising a collection formed by Professor Libri, London, printed by Charles Francis Hodgson (1853); A. Dorange, Catalogue déscriptif et raisonné des mss. de la bibliothèque de Tours, Tours 1875, S. 480f.; Catalogue général . . ., Départements, Bd. 37, 1, Paris 1900, S. I ll, IV, V III, X Iff. ; L. Delisle, Les mss. du comte d’Ashburnham, Bibliothèque de l’école des chartes 44 (1883) 202—224 (bes. 216f.); ders., Notice sur les mss. disparus de la bibliothèque de Tours, in: Notices et extraits des mss. de la Bibl. N a tion a le... 31,1 (1884) 157— 356 (bes. 239, 319, 354); ders., Notice sur des mss. du fonds Libri conservés à la Laurentienne, in: Notices et extraits des mss. de la Bibl. Nationale . . . 32,1 (1886) 1— 120 (bes. 108); ders., Catalogue des mss. des fonds Libri et Barrois, Paris 1888, S. 45f. ; ders., Mss. latins et français ajoutés aux fonds des nouvelles acquisitions pendant les années 1875— 1891, Paris 1891 (bes. Bd. 1, S. 98). 86 Berlin Staatsbibl., lat. qrt. 900 [jetzt Marburg,Westdeutsche Bibl.], Perg., s. X V . 146 Bl., 20,6 X 13,8— 14,2. Die Hs. besteht aus Exzerpten aus Josephus Antiquitates, der Hist. trip, und aus der Übersetzung von Eusebs Kirchengeschichte und ist in leicht kursiver gotischer Minuskel (i-Punkte) geschrieben, ff. 63v— 126r stehen die Exzerpte aus der Hist. trip. 1926 erwarb die Preußische Staatsbibliothek die Hs. von der Bibliothek des staatlichen Luisen-Gymnasiums in Berlin. Diesem war sie vom Staate, der sie mit dem Nachlaß des 1882 in Breslau verstorbenen Provinzialschulrates Dillenburger angekauft hatte, zugewiesen wurde. Mehr war bisher nicht festzu­ stellen. 87 Paris Bibl. N at., lat. 5082, Perg., s. X . 142 Bl. Der in regelmäßiger karolingischer Minuskel geschriebene Codex (gegabelte Schäfte der Oberlängen, auffallend oft mitten im Wort unziales N, wenige Kürzungen) enthält nur die Bücher I —V. Dain vermerkte zur Frage der Herkunft : aliquis Raimundus ? — deinde Pithou . . . Pithous Name steht f. 2r am oberen Rande. Der weitere Weg ist klar: seit 1680 Colbertinus 1402 — seit 1732 Regius 3797, 1 — schließlich Paris, lat. 5082. Vgl. Catalogus codd. mss. Bibl. Regiae, Bd. 4, Parisiis 1744, S. 38; H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 55.

Va

88 Brüssel Bibl. Royale, lat. II 1061, Perg., s. X I I I . 184 Bl., 31,7 X 22,5. Die Heimat des an vielen Stellen korrigier­ ten und in regelmäßiger gotischer Minuskel geschriebenen Codex (i-Striche über Doppel-i, selten über Einzel-i; runde s am Wortende

II. Liste der Handschriften

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nicht sehr häufig) ist die Abtei Alne oder Aulne bei Thuin im Lüt­ ticher Sprengel. Er entging dem Brand des Klosters im Feldzug 1794, wurde 1816 von Sir Thomas Phillipps, der im Gefolge der englischen Truppen Belgien bereiste, erworben und hatte in Chelten­ ham die Signatur 4641. Aus dem Nachlaß von Sir Thomas Phillipps wurde die Hs. 1888 von der Bibliothèque Royale in Brüssel zurück­ gekauft. Vgl. A. Sanderus, Bibliotheca Belgica manuscripta . . ., Bd. 2, Insulis 1643, S. 256;· H. Schenkl, Bibliotheca patrum Latinorum Britannica, Bd. 1, 2, Wien 1892, S. 76; J. Van den Gheyn, Catalogue des mss. de la Bibliothèque Royale de Belgique, Bd. 2, Bruxelles 1902, S. 236; Victor Chauvin, Les mss. de Chelten­ ham acquis par la Belgique, Centralblatt für Bibliothekswesen 6 (1889) 508f. 89 Brüssel Bibi. Royale, lat. 655, Perg., vor 1447. 211 Bl., 2 Sp., 29,5 X 20,5. Der in später gotischer Minuskel ge­ schriebene Codex (Kürzungen halten sich in Grenzen) enthält auf ff. 1— 131 die Hist. trip, und auf ff. 132—211 Augustins Confessiones. Dadurch, daß der zweite Teil datiert ist (f. 211 : finitus anno Domini M 0CCCC°XLVII° die 2a mensis maii . . .), ist auch die voran­ gehende Hist. trip, fixiert. Die Hs. gehörte ecclesie fratrum ordinis sancte crucis in Namurco; 1815 wurde sie mit vielen anderen von den französischen Heeren weggenommenen Hss. zurückgegeben und der Bibliothèque de Bourgogne überwiesen, die 1838 der Biblio­ thèque Royale in Brüssel angegliedert wurde. Vgl. Catalogue des mss. de la Bibliothèque Royale des Ducs de Bourgogne, BruxellesLeipzig 1842, Bd. 1, S. CCXV, CCXXX, 14; Bd. 2, S. 248; Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 (1843) 488; J. Van den Gheyn a. a. O. (vgl. zu 88). 90 Paris Bibi. N at., lat. 17582, Perg., s. X I I . 2 Sp., moyen format. Der in früher gotischer Minuskel geschrie­ bene und an vielen Stellen korrgierte Codex gehörte einst dem Chapitre de Notre-Dame de Paris und wurde 1756 mit 300 anderen Ludwig XV. geschenkt; heute gehört er zum Fonds de Notre-Dame de Paris in der Bibliothèque Nationale. Vgl· Delisle, Cab. des mss. 1, S. 426; ders., Inventaire (vgl. zu 8). 91 Charleville Bibi, municipale, lat. 201, Perg., s. X I I I . 2 Sp., in-folio maximo. Der sehr sauber und regelmäßig in goti­ scher Minuskel geschriebene Codex gehörte früher dem Zisterzienser­ kloster Signy in der Diözese Reims, vgl. Catalogue général . . . des Départements, Bd. 5, Paris 1879, S. 638. a s. o. (Ib) Inkunabel Paris. 92 Leiden Univ.-Bibl., B. P. L. 127 C, Perg., 1465 oder später. 297 Bl., 2 Sp., 28,9 X 21. Der in einer bereits leicht kursiven gotischen Minuskel geschriebene Codex enthält auf ff. 1— 129

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II. Liste der Handschriften Orosii historiarum libr. 7 und auf ff. 130— 297 die Hist. trip. Da der zweite Teil (zwischen beiden befinden sich drei nichtgezählte leere Bl.) ein etwàs anderes Format hat als der erste und f. 130r etwas schmutzig aussieht, ist es wahrscheinlich, daß zunächst beide Teile getrennt waren. Sie wurden aber sehr bald vereinigt : auf dem Rekto des Vorsatzblattes steht nämlich in gotischer Kursive: Orosius Et triptita hystoria In uno uolumine. Außerdem ist das Ende des ersten und der Anfang des zweiten Teils sicher von der gleichen Hand ge­ schrieben. Da f. 129v in der Subscriptio steht: Expliciunt . . . per fratrem Courardum de Molendino anno domini M°CGCO°LXV0 in profesto Gregorii . . ., ist damit auch die Hist. trip, fixiert. Auf dem Verso des Vorsatzblattes liest man in gotischer Minuskel den Besitz­ vermerk: Liber monasterii sancti Iacobi Leodiensis. Als in der Zeit der französischen Revolution die belgischen Klöster ihre Hss. ver* loren, ging es St.-Jacques in Lüttich nicht anders. Mit einigen anderen kam auch diese Hs. in die Universitätsbibliothek Leiden. Vgl. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 (1843) 672; Jacobus Geel, Catalogus librorum mss. qui inde ab anno 1741 bibliothecae Lugduno Batavae accesserunt, Lugd. Batav. 1852, no. 419; Bibliotheca universitatis Leidensis. Codices mss. Bd. III: Codices bibliothecae publicae Latini, Leiden 1912, S. 66. 93 Glasgow Univ.-Bibl., Hunterian Museum U . 2. 8 (217), Perg., s. X I . 174 Bl., 13^2 X 9 !/4 inches. Der in regelmäßiger karolingischer Minuskel (selten hochgestellte s am Zeilenende) geschriebene Codex ist jetzt am Schluß unvollständig. Auf dem Verso des letzten Blattes der 21. Lage bricht der Text X II 4, 121 mit den Worten ab: Quapropter ueteres interpretes hoc ipsum desig. Der Verlust muß bereits früh eingetreten sein, da der letzten Seite anzusehen ist, daß sie unmittelbar an dem Holzdeckel lag. Im 15. Jh. wurde das fehlende Stück nachgetragen (vgl. den Katalog von 1908); auf dem Rekto des zweiten Blattes der ersten Lage wurden ferner die Zeilen 4— 6 ausradiert und in gotischer Minuskel dafür die Eintragung gemacht : Liber monasterii Sci Pauli in Traieto Inferiori. Wann und wie die Hs. in den Besitz Hunters (f 1783) kam, weiß man auch in Glasgow nicht, wo seit 1807 sein Nachlaß im Hunterian Museum aufbewahrt wird. Vgl. G. Haenel, Catalogi librorum mss. (vgl. zu 49), Lipsiae 1830, S. 798; J. Young and P. H. Aitken, A catalogue of the mss. in the library of the Hunterian Museum in the university of Glasgow, Glasgow 1908, Nr. 217. 94 Utrecht Univ.-Bibl., lat. 733, Perg., 1509. 156 Bl. (nicht gezählt), 2 Sp., 29,0— 6 X 21,2— 7. Der in ge­ drängter karolingischer Minuskel fast ohne Korrekturen geschriebene Codex ist am Schluß fest datiert: Explicit feliciter per fratrem Wermboldum anno 1509 in profesto lamberti episcopi et martiris. Über dem Rekto der ersten Seite steht außerdem : Sum carthusien-

II. Liste der Handschriften

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sium prope Traiectum9 was ähnlich auch am Schluß begegnet. An Signaturen finden sich auf der ersten Textseite folgende: 256 t; 296 S; T 733—IV C 6. Die Quaternionen sind übrigens durch kleine lateinische Buchstaben und Reklamanten gekennzeichnet. Die enge Zugehörigkeit zu der Hs. 93 geht schon daraus hervor, daß am Schluß nach der Hist. trip, auf etwa 20 Zeilen eine Zusammen­ fassung des Inhalts folgt, die mit constando endet. Ebenso ist es in der Glasgower Hs., wie man im Katalog von 1908 sehen kann. Vgl. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 (1843) 584; P. A. Tiele, Catalogus codd. mss. bibliothecae universi­ tatis Rheno-Traiectinae, Bd. 1, Utrecht-Haag 1887, Nr. 733 (vgl. S. 410: Wermboldus de Leydis) und Nachtrag in Bd. 2, Utrecht 1909, S.68 (monasterium Novae Lucis ordinis Carthusiensis prope Traiectum). Vb

95 Paris Bibi. N at., lat. 12525, Perg., s. X I ex. 169 Bl. Der in regelmäßiger karolingischer Minuskel geschriebene Codex (gegabelte Schäfte der Oberlängen, häufig großes unziales N mitten im Wort, neben et und st auffällig die Ligatur NS am Wort­ ende) stammt aus St.-Germain-des-Prés (Nr. 461; die jetzt in Leningrad befindliche Hs. hatte dort die Signatur 460) und kam mit dem Rest der dortigen Bibliothek 1795/96 in die Bibliothèque Nationale. Der Text bricht f. 169v mit den Worten Rauenne ad loca X I 18, 29 ab; wann der Verlust eingetreten ist, weiß ich nicht: die Tatsache hat Dain festgestellt. Vgl. L. Delisle, Inventaire (vgl. zu 8) ; H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 87 ; Delisle, Cab. des mss. 2, S. 49 u. ö. 96 Kopenhagen Univ.-Bibl., Gl. kgl. S. 166 fol., s. X I . 170 Bl., 35,4 X 24,6—9. Auch dieser Codex, in regelmäßiger karolingischer Minuskel geschrieben (selten hochgestellte s am Wort­ ende, auch hier unziale N im Text, auffallend häufig rt-Ligatur neben ct, et, st) gehörte einst St.-Germain-des-Prés. Er trägt innen noch den Namenszug von Jacques du Breul (f 1614) und gelangte auf unbekannte Weise an Fridericus Lindenbrog, darauf in die Bibliothek des Herzogs von Gottorp und 1749 mit dieser in die königl. Bibliothek. Über die Hs. unterrichtet am besten, auch hin­ sichtlich früherer Literatur, Ellen Jcrgensen, Catalogus codd. Latinorum medii aevi Bibliothecae Regiae Hafniensis, Hafniae 1926, praef. und S. 27ff. Die Quaternionen sind durch römische Zahlen gekennzeichnet; in der Blattzählung (mit Tinte) folgt auf 96 gleich 99 usw., der Fehler ist durch eine spätere zusätzliche Zählung mit Bleistift berichtigt. 97 Padua Univ.-Bibl., lat. 1497, Perg., s. X I I I . 161 Bl. (nicht gezählt), 2 Sp., 30,1 X 21,7. Von diesem in go­ tischer Minuskel (Striche auch über Einzel-i, zahlreiche Buchstaben­ ligaturen, überwiegend runde s, a zuweilen doppelbogig, zahlreiche

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II. Liste der Handschriften Kürzungen ; Quaternionen nur durch Reklamanten gekennzeichnet) geschriebenen Codex gibt es noch keine gedruckte Beschreibung. Vielleicht ist der bei Montfaucon in der Bibliotheca bibliothecarum mss. nova 1487 C erwähnte Codex der Bibliotheca patrum Eremitarum Patavina mit dem jetzt in der Universitätsbibliothek aufbewahrten identisch. Alte Besitzzeugnisse hat W. Eltester in der neu gebun­ denen Hs. nicht entdecken können. Außer der S. 124f. erwähnten ist der Text noch an einer weiteren Stelle in Unordnung : von anathema sit I X 16,94 springt der Text ohne ein Lückenzeichen auf Quamobrem I X 19, 48, was durch einen Blattverlust in der Vorlage zu erklären sein dürfte. 98 Paris Bibi. N at., lat. 5087, Perg., s. X IV . 2 Sp. Der in später gotischer Minuskel geschriebene Codex (viele Ligaturen) gehörte nach Delisle sicher zur Bibliothek des in Avignon residierenden Papstes Benedikt X III., der 1408 Frankreich ver­ lassen mußte und nach Katalonien ging, wo er die Hss. im Schloß Peniscola deponierte. Dort blieben sie auch unter seinem Nach­ folger bis 1429. Um dessen Unterwerfung entgegenzunehmen, war vom Papst der Kardinal de Foix nach Spanien geschickt worden, dem Martin V. dafür die Hss. schenkte. 1457 gründete der Kardinal ein collège an der Universität Toulouse, für dessen Bibliothek er die Hss. bestimmte. 1680 sah d’Aguesseau den traurigen Zustand der Bibliothek und veranlaßte ihre Überführung nach Paris; am 5. 8. 1680 wurden die Hss. des collège de Foix in die Bibliothek Colberts aufgenommen, wo der Codex die Signatur 475 erhielt. Seit 1732 befand er sich mit den übrigen Colbertini in der Bibliothek des Königs. Vgl. Delisle, Cab. des mss. 1, S. 486—498, 505, 508; Cata­ logus codd. mss. Bibliothecae Regiae, Bd. 4, Parisiis 1744, S. 38 ; H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 50. 99 Paris Bibi. N at., lat. 14642, Perg., s. X I I . Von Bl. 42 an 2 Sp. Der in regelmäßiger später karolingischer Minuskel geschriebene Codex gehörte der Abtei St.-Victor de Paris, was zwei Besitzvermerke in gotischer Minuskel f. 2r bezeugen. Er hatte dort die Signatur 237. 1791 wurde in der Revolution die Biblio­ thek geschlossen. 1796 kamen die Hss. in die Bibliothèque Natio­ nale. Vgl. Delisle, Cab. des mss. 2, S. 209ff. ; ders., Inventaire (vgl. zu 8); H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 102. 100 Paris Bibi. N at., lat. 5089, Perg., s. X V . Die Geschichte des in einer humanistisch beeinflußten, leicht kursiven gotischen Minuskel geschriebenen Codex läßt sich ein ganzes Stück zurückverfolgen. Er gehörte im 17. Jh. der Biblio­ thek des Erzbischofs von Toulouse Charles de Montchal an, deren Katalog bei Montfaucon erhalten ist (cod. 65). Nach seinem Tode kaufte der Surintendant Foucquet die Hss., der auf seinem Schloß St.-Mandé eine großartige Bibliothek auf gestellt hatte. Als er

II. Liste der Handschriften

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1665 in Ungnade fiel und seine Bibliothek beschlagnahmt wurde, kamen die Hss. in den Besitz des Erzbischofs von Reims Charles Maurice Le Tellier (cod. 49 dort), der sie 1700 der Königlichen Bibliothek schenkte. Aus dem Telleriano-Remensis 49 wurde nun ein Regius 4202, 2 und (seit 1744) 5089. Vgl. B. de Montfaucon, a. a. O. (vgl. zu 9), II 899 D; Delisle, Cab. des mss. 1, S. 270— 273, 302ff.; H. Omont, Anciens inventaires et catalogues de la Bibl. Nationale, Bd. 3, Paris 1910, S. 382 und Bd. 4, Paris 1913, S. 377; Catalogus codd. mss. Bibi. Regiae, Bd. 4, Parisiis 1744, S. 38. Vc 101 Reims Bibliothèque de R ., lat. 1354, Perg., s. X I ex. 163 Bl., 2 Sp., 34,1 X 27. Der in regelmäßiger karolingischer Minuskel geschriebene Codex wird am Schluß der Hist. trip, als Opus fratris Dudonis bezeichnet und trägt f. 2r einen Eigentums­ vermerk in gotischer Minuskel: Liber ecclesie sancti theoderici (St. Thierry de Reims). Vgl. Catalogue g é n é ra l..., Départements, Bd. 39, 2, 1, Paris 1904, S. 493; Montfaucon a. a. O. (vgl. zu 9) II 1234A. 102 Paris Bibl. Mazarine 1641, Perg., s. X I . 224 Bl., 28,1 x 19,5. Der Codex ist in Saint-Arnoul de Crépy (Diözese Seniis) sehr sorgfältig in karolingischer Minuskel ge­ schrieben worden, trägt f. 3r am oberen Rande auch den alten Besitzvermerk : Iste est liber beati arnulfi de crispeio und wird in den Katalogen des Klosters vom 12. Jh. an genannt. Zwischen 1673 und 1744 kamen die Hss. aus Crépy zusammen mit anderen nach Paris zur Wiederherstellung der Bibliothek von Saint-Martin des Champs: 1673 ist die Hs. noch in einem Katalog von Crépy, 1744 bereits in dem von Saint-Martin enthalten, f. 3r steht am oberen Rande unter der alten Eigentumsnotiz die neue : Ex libris Monasterii Sti. Martini a Campis. In der französischen Revolution waren diese Hss. im dépôt de Saint-Louis-la-Couture untergebracht und gelangten, als 1794 die Depots geöffnet wurden, in die Biblio­ thèque Mazarine. Vgl. Auguste Molinier, Catalogue des mss. de la Bibl. Mazarine, Bd. 2, Paris 1886, S. 140; Ph. Lauer, Les mss. de Saint-Arnoul de Crépy, Bibliothèque de l’école des chartes 63 (1902) 481—516 (bes. 490). 103 Krakau Bibl. Jagiellonska, lat. 417, Perg., s. X I I I . 170 Bl., 2 Sp., 32,2—5 x 22,4—6. Der Codex ist sehr sorg­ fältig in gotischer Minuskel geschrieben (Striche auch über Einzel-i, kein doppelbogiges a, viele runde s). Blattzählung fehlt. Die Lagen (außer der 21. — Quinio — sind es immer Quaternionen) sind durch römische Zahlen gekennzeichnet. Über die Heimat der Hs. habe ich nichts ermitteln können. 1454 wurde sie der Krakauer Artistenfakultät geschenkt; f. lr steht nämlich am unteren Rand : Reuerendissimus in Christo pater dominus Sbigneus miseracione diuina tituli sancte Prisce sancte Romane ecclesie presbi-

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II. Liste der Handschriften ter cardinalis et episcopus Cracouiensis hunc librum ecclesiastice historié collegio et domui artistarum uniuersitatis Cracouiensis donauit perpetue et in exom (sic). Anno domini millesimo CCCC Lmo quarto. Vgl. Wladyslaw Wislocki, Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae universitatis Jagellonicae Cracoviensis, Cracoviae 1877— 1881, Bd. 1, S. 137. 104 Cambridge St. John’s College Libr., 169 G 1, Perg., s. X I I / X III. 119 Bl., 2 Sp., 83/g X 53/4 inches. Der Codex ist sehr gedrängt in einer zierlichen gotischen Minuskel geschrieben (Striche manch­ mal über Einzel-i, zahlreiche Kürzungen). Vor der praefatio der Hist. trip, steht in späterer gotischer Minuskel (doppelbogiges a) : Historia triptita de communitate fratrum minorum Her efordie. Der weitere Weg bis zum St. John’s College ist im ganzen noch un­ geklärt. Vgl. H. Schenkl, Bibliotheca patrum Latinorum Bri­ tannica, Bd. 2, 2, Wien 1898, S. 60; Montague Rhodes James, A descriptive catalogue of the mss. in the library of St. John’s College Cambridge, Cambridge 1913, S. 203f. 105 Eton College Libr., lat. 131, Perg., s. X V . 225 Bl., 2 Sp., 12 X 8 inches. Der Codex ist in gotischer Kur­ sive, aber sauber und deutlich geschrieben. Nach dem Katalog von 1895 steht auf dem Titelblatt: Donum M. Rogeri Lupton iuris canonici professoris et huius collegii quondam prepositi. Roger Lupton starb 1539/40 (Dictionary of National Biography); woher die Hs. in seinen Besitz gekommen ist, weiß ich nicht. Sie war seitdem jedenfalls in Eton. Sir M. Rh. James verdanke ich die Kollation von mehreren Stellen der Hs. Vgl. E. Bernard, Catalogi librorum mss. Angliae et Hiberniae . . ., Bd. 2, 15 Oxoniae 1697, S. 47 (danach Montfaucon I 674D); M. Rh. James, A descriptive catalogue of the mss. in the library of Eton College, Cambridge 1895, Nr. 131. 106 Paris Bibl. N at., lat. 16047, Perg., s. X V . Moyen format. Der in stark kursiver gotischer Minuskel sehr regelmäßig geschriebene Codex gehörte der Sorbonne mit der Signatur 871, bis 1796 die Bibliothèque Nationale den Besitz' der Sorbonne an Hss. übernahm. Vgl. Delisle, Inventaire (vgl. zu 8) ; ders., Cab. des mss. 2, S. 142ff. ; H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 117.

Vd

107 Rom Vat. Borghes. lat. 30, Perg., s. X I I . 258 Bl., 2 Sp., 31 X 23. Der in gotischer Minuskel geschriebene Codex (runde s und Striche über Einzel-i noch selten, Schäfte der Oberlängen manchmal gegabelt) enthält auf ff. 2— 223 die Hist, trip, vollständig, während die darauffolgende Historia perse­ cutionis ecclesiae Africanae des Victor Vitensis am Schluß unvoll­ ständig ist. Er gehörte ursprünglich dem Kloster Corbie wie die

II. Liste der Handschriften

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heute in Leningrad befindliche Hs. Das weitere Schicksal wird er­ hellt durch die folgende eigenhändige Notiz in der Hs.: Ego Guido de Bulonia (Boulogne) Episcopus Portuensis (et) S. Rufinae9Sancte Romane Ecclesie Card, abui hunc librum precario ab abbate mona­ sterii Corbeiensis et promisi reddere et in testimonium presentem scripturam manu propria subscripsi. Da er 1342 Kardinal wurde, war die Hs. sicher bis dahin in Corbie. Zurückgegeben wurde sie später nie, wie man heute sieht. Wie sie dann in den Besitz der Familie Borghese gelangte, deren Bibliothek 1891 mit der Vaticana vereinigt wurde, weiß ich nicht. Vgl. Generoso Calenzio, Dei manoscritti Borghesiani ora Vaticani, 1893, S. 13. 108 Avignon Bibi, de la Ville, lat. 1348, Perg., s. X IV . 236 Bl., 2 Sp., 41 X 27,7. Der Codex ist sehr regelmäßig und sauber in gotischer Minuskel geschrieben (doppelbogiges a, Striche über Einzel-i, zahlreiche Ligaturen). Er enthält nach mehreren anderen Stücken f. 11 Iff. die Historia Africanae persecutionis des Victor Vitensis (wie 107) und dann ff. 131— 236 die Hist. trip. Seit dem 14. Jh. gehörte die Hs. dem Kloster Bonpas, wie der Besitzvermerk am Schluß zeigt : Iste liber est monasterii Bonipassus, ordinis Cartusiensis, Cavalicensis diocesis . . ., und kam erst durch die Aufhebung der Klöster in der französischen Revolution in das benachbarte Avignon. Vgl. G. Haenel, Catalogi librorum mss. (vgl. zu 49), Lipsiae 1830, S. 52; Catalogue général . . ., Départe­ ments, Bd. 37, Paris 1894, S. 574f. 109 Cambrai Bibl. communale, lat. 688, Perg., s. X I I /X I I I . 186 Bl., 2 Sp., 27,6 X 19,5. Der in regelmäßiger früher gotischer Minuskel (Schaftgabelung der Oberlängen, Striche über Doppel-i) geschriebene Codex ist nach Molinier «ex legato piae memoriae D . Valeriani Flossei, eiusdem ecclesie canonici et archidiaconi Brabantiae« (um 1610 gestorben, er schenkte der Kathedrale drei Bände) Eigentum der Cathédrale de Cambrai geworden und da­ durch später in die Bibliothèque municipale gekommen. Woher Valérien Duflos ihn erworben hatte, ist nicht bekannt. Vgl. A. Molinier in: Catalogue général . . ., Départements, Bd. 17, Paris 1891, S. 262. 105 s. o. (Vc). V ia

110 Douai Bibl. municipale, lat. 296, Perg., s. X I I . 238 BL, 2 Sp., 34 x 24. Der in früher gotischer Minuskel (oft Schaftgabelung der Oberlängen, Striche über Doppel-i) ge­ schriebene Codex enthält nach dem Katalog außer der Hist. trip, von f. 200 an noch: Altercatio quam contra Arrium, Sabellium et Fotinum Vigilius, nomine Athanasii, edidit. Er gehörte der Benediktinerabtei Anchin, bevor er in die Bibliothek von Douai kam. Vgl. Catalogue général . . . des Départements, Bd. 6, Paris 1878, S. 156f.

II. Liste der Handschriften

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111 Florenz Bibl.Med. Laur.,Ashburnham 119 6,P e rg .,s.X IIe x . 180 BL, 2 Sp., 32,5 X 21,5. Der Codex ist sehr regelmäßig in gotischer Minuskel geschrieben (selten Striche auch über Einzel-i, runde s nicht häufig). Die Lagen bestehen aus Quaternionen und sind durch römische Zahlen und Reklamanten gekennzeichnet. Die Hs. enthält auf ff. 2— l ö l v die Hist, trip., ff. 151v— 176r Alter­ catio contra Arrium, Sabellium et Fotinum, quam Vigilius nomine Athanasii quasi coram ipsis hereticis disputando edidit . . . , ff. 176ν— 180Γ Solutiones obiectionum Arrianorum. Signaturen stehen auf der Innenseite des Deckels folgende (mit Bleistift): C.S./14.E./C.L.1196. Auf dem Verso des ersten Papiervorsatz­ blattes steht: Bound by Clyde 9 Newman S4., auf dem Verso des Pergamentvorsatzblattes: 236. Korrekturen sind verhältnismäßig häufig. Eine zweite Blattzählung weicht um zwei von der ersten ab, so daß in manchen Katalogen die Blattzahl 178 erscheint. Wie der Besitzvermerk (f. 2r u. ö.) in gotischer Kursive: «liber sancte marie de camberone» zeigt, gehörte die Hs. der Abtei Cambron in der Diözese Cambrai und wird z. B. bei Sander im Katalog von Cambron erwähnt. In der französischen Revolution heimatlos ge­ worden, war sie in den Besitz von Lammens gekommen; beim Ver­ kauf des dritten Teils von dessen Bibliothek am 9. Nov. 1840 erwarb sie (als Nr. 94) der Earl of Ashbumham. Nach des Besitzers Tode (1878) kaufte die italienische Regierung die Hss. des Fonds Libri 1884, obwohl Delisle den französischen Ursprung vieler Stücke nachgewiesen hatte, und überwies sie der Laurentiana in Florenz, wo sie sich noch heute befinden. Vgl. A. Sanderus, Biblio­ theca Belgica manuscripta . .., Bd. 1, Insulis 1641, S. 358; Cata­ logue of the mss. at Ashburnham Place. Part the first comprising a collection formed by Professor Libri, London, printed by Charles Francis Hodgson (1853), Nr. 1196; Intelligenz-Blatt zum Serapeum 23 (1862) 140; Relazione alla camera dei deputati e disegno di legge per Tacquisto di codici appartenenti alia biblioteca Ashbumham descritti nelP annesso catalogo, Rom 1884, S. 54, Nr. 1125; Enrico Narducci, Indici alfabetici per autori . . . dei codici mss. della collezione Libri-Ashburnham ora nella biblioteca MediceoLaurenziana di Firenze . . ., Rom 1886, S. 9; L. Delisle, Notice sur des mss. du fonds Libri conservés à la Laurentienne, in: Notices et extraits des mss. de la Bibl. Nationale . . . 32, 1 (1886) 1— 120 (bes. 60). 88 s. o. (Va). 60 s. o. (Illd ). 112 Valenciennes Bibl. municipale, lat. 498, Perg., s. X I I (zwischen 1123 und 1132). 160 Bl., 2 Sp., 35,3 x 26. Der Codex ist sehr regelmäßig in früher gotischer Minuskel (noch keine runden s, keine Striche über i) geschrieben, und zwar zwischen 1123 und 1132. Auf die

II. Liste der Handschriften

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Hist. trip, folgt nämlich f. 159v eine Notiz: Anno M G X X X °II° transposite sunt he reliquie . . . (terminus ante quem) ; anderseits ist in einem von Delisle herangezogenen Katalog des 12. Jhs. (Cab. des mss. 1, S. 310; 2, S. 449, Nr. 30) für die Hs. «Gualterus primus olim noster abbas» angegeben, auf dessen Veranlassung sie ge­ schrieben wurde (Abt 1122—23). Die Heimat des Codex ist die Abtei St.-Amand, aus der er 1790 nach Valenciennes kam. Vgl. A. Sanderus, Bibliotheca Belgica manuscripta . . ., Bd. 1, Insulis 1641, S. 50; Catalogue général . . ., Départements, Bd. 25, Paris 1894, S. 399f. VIb 113 Oxford Bodl. Libr., mise. lat. (Laud) 606, Perg., s. X I I I . 172 Bl., 2 Sp., in folio. Der in gotischer Minuskel (Striche über Einzel-i, unter den zahlreichen Ligaturen auffällig die von ar) geschriebene Codex war zuerst im Besitz der Kirche B. Mariae de Ford (Devonshire), kam später in den eines Thomas Peinton und schließlich in den von Laud, der am 28. Juni 1639 diese mit mehreren Hundert anderen Hss. der Bodleiana schenkte (vgl. zu 62). Vgl. E. Bernard, Catalogi librorum mss. Angliae et Hiber­ niae . . ., Bd. 1, Oxoniae 1697, S. 72; H. O. Coxe, Catalogi codd. mss. Bibliothecae Bodleianae, Bd. 2, Oxonii 1858, S. 430; F. Madan and H. H. E. Craster, A summary catalogue of western mss. in the Bodleian Library at O x fo r d ..., Bd. 2, 1, Oxford 1922, S. 63. 114 London Brit. Mus., Cotton. Vitellius C. X I I ., Perg., s. X IV . 290 Bl., 2 Sp., in folio. Der in später gotischer Minuskel (Striche über Doppel-i, doppelbogiges a, viele Ligaturen) sehr regelmäßig geschriebene Codex, der durch den Brand der Cottonian Library 1731 teilweise erheblich beschädigt ist, stammt nach einer modernen Eintragung «from St. Augustine Abbey, Canterbury». Vgl. J. Planta, A catalogue of the mss. in the Cottonian Library deposited in the British Museum, 1802, S. 427; M. Rh. James, The ancient libraries of Canterbury and Dover, Cambridge 1903, S. 173£f. (weder Nr. 889 noch Nr. 890 entspricht unserer Hs.). V ic 115 Brüssel Bibi. Royale, lat. 241, Perg., s. X V . 114 Bl., 2 Sp., 38,7 x 28. Der Codex ist in später, humanistisch beeinflußter gotischer Minuskel sehr sauber geschrieben (Kür­ zungen nicht sehr zahlreich). Seine Heimat ist St. Martin in Löwen, wie eine Notiz auf dem dritten Vorsatzblatt beweist: Pertinet monasterio canonicorum regularium uallis Sancti Martini in Louanio. In den Kriegen während der franzöischen Revolution kam die Hs. in die Pariser Bibliothèque Nationale; erst 1816 wurde sie infolge einer Konvention vom 20. Nov. 1815 dem Konservator der Bibliothèque de Bourgogne zurückerstattet. 1838 wurde die Bibi, de Bourgogne der Bibliothèque Royale in Brüssel angeglie­ dert. Vgl. A. Sanderus, Bibliotheca Belgica manuscripta . . ., Bd. 2, Insulis 1643, S. 213; Catalogue des mss. de la Bibliothèque

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II. Liste der Handschriften Royale des Ducs de Bourgogne, Bruxelles-Leipzig 1842, Bd. 1, S. CCXV, CCXXX, 5; Bd. 2, S. 248; J. Van den Gheyn, Cata­ logue desxmss. de la Bibliothèque Royale de Belgique, Bd. 5, Bruxelles 1905, S. 40. 116 Paris Bibi. N at., lat. 9714, Perg., s. X V . Moyen format. Der Schrift nach ist der Codex ein genaues Gegenstück des vorigen. Leider ist seine Geschichte völlig dunkel. Er gehört der Signatur nach zu den Hss., die zwischen 1740 und 1862 in die Bibliothèque Nationale kamen. Da die vor 1862 üb­ liche Signatur Supplément latin 869 war und die Hs. Suppl, lat. 869^8 ( = Parisinus 8690 = Hs. 81 bei mir) 1802 nach Paris ge­ langte, ist Suppl, lat. 869 sicher vor 1802, also wohl während der Revolution nach Paris gekommen (vielleicht auch aus Belgien). Vgl. L. Delisle, Inventaire (vgl. zu 8); H. Omont, Concordances (vgl. zu 15), S. 135. 117 Brüssel Bibi. Royale, lat. 19118, Perg., s. X V . 210 Bl., 29,5 X 21. Auch für diesen Codex gilt die Charakteristik der beiden vorhergehenden; in ihm finden sich noch weniger Kür­ zungen, und die Schrift ist noch klarer. Er wurde 1843 von einem Herrn Van Meenen (président de la cour de cassation) gekauft von der Bibliothèque Royale; über seine früheren Schicksale war nichts zu ermitteln. Vgl. J. Van den Gheyn, Catalogue des mss. de la Bibliothèque Royale de Belgique, Bd. 2, Bruxelles 1902, S. 236.

VId 118 Boulogne-sur-Mer Bibi, de B ., lat. 102, Perg., s. X /X I . 135 Bl., folio. Der Codex ist sehr sorgfältig in karolingischer Minuskel geschrieben (auffallend das tief herabgezogene r und die Ligaturen rt und NS), fï. 1 und 2, in gotischer Minuskel des 14. Jhs. (doppelbogiges a, viele Ligaturen), sind später hinzugefügt und ersetzen den abhanden gekommenen ursprünglichen Text bis signum I 1, 23. Die Heimat der Hs. ist das Kloster St.-Bertin, von wo sie 1797/98 nach Boulogne kam. Sie ist im übrigen systema­ tisch durchkorrigiert. Vgl. Catalogue général . . . des Départe­ ments, Bd. 4, Paris 1872, S. 634; G. Haenel, Catalogi librorum (vgl. zu 49), Lipsiae 1830, S. 86. 119 St.-Omer Bibi, municipale, lat. 717, Perg., s. X I . 2 Sp., folio. Der Codex, der als letzten (4.) Teil die Hist. trip, enthält, ist in regelmäßiger karolingischer Minuskel geschrieben (selten runde s am Zeilenende, beginnende Schaftgabelung der Oberlängen). Er gehörte ursprünglich dem Kapitel von St.-Omer, das von St.-Bertin aus gegründet wurde, und befindet sich erst seit der französischen Revolution mit den Hss. anderer Klöster in der Bibliothek von St.-Omer selbst. Vgl. G. Haenel, Catalogi librorum (vgl. zu 49), Lipsiae 1830, S. 262; Catalogue général . . . des Départements, Bd. 3, Paris 1861, S. 317.

II. Liste der Handschriften

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120 Oxford Magdalen College Libr., lat. 210, Perg., s. X V . Blattzählung nicht vorhanden, 2 Sp. Der Codex ist in gotischer Kursive unter Verwendung zahlreicher Kürzungen geschrieben. Er war schon frühzeitig im Besitz des Magdalen College in Oxford, ist so im Katalog von 1697 verzeichnet, galt 1862 als vermißt, wurde aber jetzt von H.-G. Opitz unter der alten Signatur an Ort und Stelle vorgefunden. Vgl. E. Bernard, Catalogi librorum mss. Angliae et Hiberniae . . ., Bd. 1, 2, Oxoniae 1697, S. 77; H. O. Coxe, Catalogus codd. mss. qui in collegiis aulisque Oxoniensibus hodie adservantur . . ., Bd. 2, 2, Oxonii 1862, S. 93: OCX. Hodie desideratur. 121 Cambridge Peterhouse College Libr., 167, Perg., s. X I I I . 181 Bl., 11% X 8 inches. Der sehr regelmäßig in gotischer Minuskel (gerade und runde s, Striche über Einzel-i) geschriebene Codex ist schon in einem alten Katalog von 1418 unter den libri de eronicis cathenati als Besitz des Peterhouse in Cambridge er­ wähnt. Nach dem Katalog von 1899 steht auf dem Vorsatzblatt: Liber domus S. Petri Cantebrigg9 ex dono M . loh. Neuton, The­ saurarii ecclesie b. Petri Ebor. quondam magistri collegii S. Petri Cantebrigg. Vgl. E. Bernard, a. a. O. (vgl. zu 120), S. 154 (gibt die Feststellungen der Ecloga Oxonio-Cantabrigiensis von Thomas James, 1600, wieder) ; ebenso bei Montfaucon und Schenkl; M. Rh. James, A descriptive catalogue of the mss. in the library of Peter­ house, Cambridge 1899, Nr. 167. 122 Cambridge Sidney Sussex College Libr., 30, Perg., s. X I I I / X IV . 74 + 59 BL, 2 Sp., 12 X 85/8 inches. Der Codex ist in einer sehr gedrängten späten gotischen Minuskel (viele Ligaturen, i-Punkte, Übergang zur Kursive) geschrieben und enthält in seinem ersten Teil die Hist. trip. f. lr steht: Sum Iohannis Pilkingtoni Dunelmensis 1591 (er war 1662— 1603 Archdeacon of Durham). James nimmt an, daß die Hs. aus Durham stammt. Der weitere Weg ist ebenfalls nicht restlos klar. 1697 wird sie in Bernards Katalog jedenfalls bereits als Besitz des Sidney Sussex College erwähnt; nach James soll sie von einem William Pratt geschenkt worden sein. Vgl. E. Bernard, a. a. O. (vgl. zu 120), S. 103; M. Rh. James, A descriptive catalogue of the mss. in the library of Sidney Sussex College, Cambridge 1895, S. 14, Nr. 30. 123 Dijon Bibi, municipale, lat. 573, Perg., s. X I I /X I I I . 144 Bl., 2 Sp., 35,5 X 22,7. Der in sehr sorgfältiger und regel­ mäßiger gotischer Minuskel geschriebene Codex (Striche über Doppel-i, gelegentlich runde s und Schaftgabelung der Ober­ längen) stammt aus der Abtei Citeaux, in deren Besitz er sich bereits 1480 in einem Katalog sicher nachweisen läßt. DieHss. aus Citeaux bilden heute den Grundstock des alten Bestandes der 4

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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II. Liste der Handschriften Bibliothek in Dijon. Vgl. Catalogue général . . Bd. 5, Paris 1889, S. II, X , 141ff., 362.

Départements,

124 London Library of A. Chester Beatty, 45, Perg., s. X I I ex. 158 Bl., 2 Sp., 15 X 10 inches. Der in sehr sauberer und sorg­ fältiger gotischer Minuskel geschriebene Codex stammt aus der Augustinian priory of Gisburn oder Guisborough (York), wie auch f. 2r ein Eigentumsvermerk zeigt: Liber sancte Marie de Oiseburn. Er war schließlich im Besitz von Jonathan und Algerina Peckover, von denen ihn die Firma Sotheby kaufte. Dort wurde die Hs. am 12. Dez. 1927 (Lot 56) an den jetzigen Besitzer, A. Chester Beatty, verkauft. Vgl. die ausführliche Beschreibung bei Eric George Millar, The library of A. Chester Beatty, a descriptive catalogue of the western mss., Bd. 2, Oxford 1930, plates: pi. CV, text: S. 5ff. Eine Kollation der wichtigsten Vergleichsstellen verdanke ich R. A. B. Mynors in Oxford. 125 Edinburgh Univ.-Bibl., D .b . I I 15 (178), Perg., s .X I I I in. 193 Bl., 11 x 7% inches. Uber die Heimat des in regelmäßiger gotischer Minuskel geschriebenen Codex (Striche über Doppel-i, selten runde s), der sich jetzt in Edinburgh befindet, läßt sich nichts ermitteln. Wahrscheinlich ist es eine englische Hs. Sie ist neu gebunden; der Text bricht mit den Worten omnes pecunias X I I 9, 8 ab. Die Initialen sind nicht ausgeführt worden. Vgl. Catherine R. Borland, A descriptive catalogue of the western mediaeval mss. in Edinburgh University Library, Edinburgh 1916, S. 264; H. Schenkl, Bibliotheca patrum Latinorum Bri­ tannica, Bd. 2, 3, Wien 1896, S. 15. 126 London Brit. Mus., Old Royal 13 C. X I V , Perg., s. X IV . 229 Bl., 2 Sp., 12% x 8% inches. Der Codex ist in regelmäßiger gotischer Minuskel geschrieben (Striche über Doppel-i, runde s häufiger als gerade, viele Ligaturen mit e und o) und enthält auf ff. lx—227v die Hist. trip. Die erste Lage ist im 14. Jh. (doppelbogige a, Initialen nicht ausgeführt) offenbar als Ersatz für eine verlorengegangene ursprüngliche geschrieben. Die Hs. gehörte einst der St. Albans Abbey, ehe sie in die King’s Library kam, vgl. f. 229v: Hic est liber sancti Albani . . . Vgl. E. Bernard, a. a. O. (vgl. zu 120), Bd. 2, Oxoniae 1697, S. 240; David Casley, A cata­ logue of the mss. of the King’s Library . . ., London 1734, S. 225; Sir George F. Warner and Julius P. Gilson, Catalogue of western mss. in the old royal and king’s collections in the British Museum, Bd. 2, London 1921, Nr. 13 C. X IV . 127 London Brit. Mus., Old Royal 13 C. X , Perg., s. X I I I . 235 Bl., 2 Sp., 12% X 8% inches. Der Codex, der hinsichtlich der Schrift dem vorigen sehr ähnlich ist, enthält ff. 6r— 137r die Hist. trip. Der zweite Teil (Hegesipp) ist erst später angebunden

II. Liste der Handschriften

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(1697 noch nicht). Im 16. Jh. ist dem Band auf ff. 1— 5 eine Ka­ pitelübersicht für die ganze Hist. trip, vorangeschickt worden. Außerdem sind die Überschriften vor jedem Kapitel auch in den Text gedrungen, und die Kapitelzählung weicht zum Teil erheb­ lich von der ursprünglichen ab. Über die Herkunft dieser Hs., die wie die vorige zum alten Bestände der King’s Library gehört, ist offenbar nichts zu ermitteln. Nach Mynors finden sich in dem Band einige Randbemerkungen einer englischen Hand des 16. Jhs. Vgl. die Literatur zu 126: Bernard a. a. O.; Casley a. a. Ο., S. 224; Warner and Gilson, a. a. O., Nr. 13 C. X . 128 London Brit. Mus., Old Royal 13 D. I l l , Perg., s .X I I I . 108 Bl., 2 Sp., 1 foot 3 inches X 10% inches. Der Codex ist wie der vorige der Schrift nach Hs. 126 sehr ähnlich. Auf dem Einband (18. Jh.) ist seine Herkunft mit «e claustro Roffensi» an­ gegeben, also Rochester. Die Originaleintragungen über den früheren Besitzer sind aber, offenbar beim Binden, verloren­ gegangen. Hinsichtlich der Kapitelüberschriften und der Kapitel­ zählung gilt das zu Hs. 127 Gesagte. Vgl. die Literatur zu 126: Bernard a. a. O.; Casley a. a. O., S. 226; Warner and Gilson, a. a. O., Nr. 13 D. III. V ie 129 Leipzig Univ.-Bibl., lat. 787, Perg., s. X I I /X I I I . 152 Bl., von Bl. 4 an 2 Sp., 35,6— 6 X 25,6—26. Der in früher gotischer Minuskel sehr regelmäßig geschriebene Codex (Striche manchmal auch über Einzel-i, runde und gerade s, Tinten­ linierung) besteht aus regelmäßigen Quaternionen, die durch römische Zahlen gekennzeichnet sind. Es fehlen jetzt die Lagen III und X X . Lage X X V III endet f. 144v mit praecipiens ut py X 30, 7, f . 145r beginnt mit uentum aduersum X I 18, 19. Vgl. dazu S. 159. Am unterenRande ist an verschiedenen Stellen der Hs. eine Eigentumsnotiz in gotischer Minuskel vorhanden: Liber mona­ sterii Veteris Celle sancte Marie (Altzelle, Diözese Meißen). Nach einer Mitteilung von Dr. Schreiber an der UB Leipzig ist die Hs. im Altzeller Katalog von 1514 als Q 6 verzeichnet und 1543 nach Leipzig gekommen. Vgl. Joachim Feller, Catalogus codd. mss. bibliothecae Paulinae in academia Lipsiensi concinnatus, Lipsiae 1686, S. 299, Nr. 30. 130 Leipzig Univ.-Bibl., lat. 785, Pap., s. X V . 363 Bl., 2 Sp., 41,1 X 28,4—5. Der Codex ist in einer stark kursiven gotischen Minuskel sauber geschrieben und enthält nach der Übersetzung von Eusebs Kirchengeschichte auf ff. 85r— 177v die Hist. trip. Eigentumsmerkmale trägt die Hs., deren Original­ einband noch erhalten ist, nicht. Der Weg in die Leipziger Biblio­ thek ist nach Dr. Schreiber wahrscheinlich ähnlich dem der vorigen gewesen. Vgl. Feller, a. a. O., S. 300, Nr. 32. 4*

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II. Liste der Handschriften

V i f 131 Berlin Staatsbibi., lat. fol. 43 [jetzt Tübingen, Univ.-Bibl.j, Perg., s. X I I I . 164 BL, 2 Sp., 36,3—4 X 25,6. Der Codex ist in gotischer Minuskel sehr regelmäßig geschrieben (Striche gelegentlich über Einzel-i, Tintenlinierung, gerade und runde s) und schließt (von erster Hand): Explicit liber duodecimus historié tripertite. see dei genetricis marie. sanctique pauli apostoli in magdeburch. 1685 kam die Hs. von dort nach Berlin in die kurfürstliche Bibliothek. Vgl. Valentin Rose, Die Hss. Verzeichnisse der Kgl. Bibliothek zu Berlin, Bd. 13, 2, 3, Berlin 1905, S. 1001. 132 Leipzig Univ.-Bibl., lat. 786, Perg., s. X I I I . 283 Bl., 2 Sp., 33,1—2 X 22,6— 6. Der Codex ist hinsichtlich der Schrift dem vorigen sehr ähnlich. Er enthält nach der Über­ setzung von Eusebs Kirchengeschichte auf ££. 138v— 282v die Hist. trip. Beide Teile waren ursprünglich wohl getrennt und haben auch eigene Lagenzählung ( Quaternionen, mit römischen Zahlen gekennzeichnet), f. 138r steht weiter nichts als der Besitz­ vermerk in gotischer Minuskel: liber fratrum praedicatorum in lypzk. Das Leipziger Dominikanerkloster wurde 1540 säkulari­ siert, behielt aber seine Bücher noch bis 1543. Vgl. Feiler, a. a. O., S. 300, Nr. 31. V lg 133 Heiligenkreuz Stiftsbibi., 80, Perg., s. X I I . 168 Bl., 1 und 2 Sp., 32,2— 3 X 22,0— 2. Der Codex ist regel­ mäßig in karolingischer Minuskel geschrieben (Striche gelegentlich auch über Einzel-i, viele runde s, von den Ligaturen ist die von VS bemerkenswert). Die Lagen bestehen aus Quaternionen, mit römischen Zahlen gekennzeichnet. Der Einband ist modern, f. lr steht unten: Sub Classe I . Mnrii B. Μ . V. Ord:Sac:Cistert: ad S. Crucem Cathalogo Inscriptus Ord: 4 Lit D . No 17 (vielleicht 17. Jh.). Die Hs. ist im übrigen an vielen Stellen etwa gleichzeitig mit der Schrift der ersten Hand korrigiert worden, und zwar sind viele vom ersten Schreiber eingesetzte Synonyma nach einer besseren Vorlage verbessert worden. Heiligenkreuz bei Baden in Niederösterreich ist im übrigen im 12. Jh. von Morimond aus ge­ gründet worden, das seinerseits wieder ein Tochterkloster von Citeaux war. Da eine Hs. (123) aus Citeaux aus der gleichen großen Gruppe VI (d) vorhanden ist, kann man wenigstens entfernt noch eine mögliche Verwandtschaft der österreichischen und franzö­ sischen Hss. rekonstruieren. Anderseits ist Zwettl wieder von Heiligenkreuz aus gegründet worden (1138— 1147 der erste Abt). Vgl. Wattenbach, Reise nach Österreich in den Jahren 1847, 1848, 1849, Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 10 (1851) 596; Benedict Gsell, Verzeichnis der Hss. in der Bibliothek des Stiftes Heiligenkreuz, in : Xenia Bernardina, Bd. 2,1, Wien 1891, S. 145 (ferner Bd. 3, S. 54, und Stephan Rößler, ebend. S. 144).

II. Liste der Handschriften

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134 Klosterneuburg Stiftsbibi., 695, Perg., s. X I I . 156 Bl., 2 Sp., 31,7 X 23. Der Codex ist regelmäßig in später karolingischer Minuskel geschrieben (Striche gelegentlich auch über Einzel-i, viele runde s, Schaftgabelung der Oberlängen). Nach den Angaben des Bibliothekars von Klosterneuburg, Dr. B. Cernik, sind als Zeit der Niederschrift die Jahre 1170— 1180 anzunehmen, und zwar ist der Codex im Augustinerchorherrenstift Kloster­ neuburg selbst geschrieben worden, von einem Schreiber, von dem auch noch andere Hss. herrühren. Der Pappeinband stammt aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Auf dem Vorsatzblatt steht ein Vermerk des custos librorum Albertus Saxo aus dem Jahre 1289 : Liber sancte Marie in Niwenburga, f . 68 eine Notiz aus der zweiten Hälfte des 16· Jhs. : Liber sancte Marie uirginis in Newnburga Claustrali. Vgl. H. S. Zeibig, Die Bibliothek des Stiftes Klosterneuburg, Archiv für Kunde österreichischer .Geschichts­ quellen 5 (1850) 261£f., bes. 282, 284, 290. V

135 München Bayer. Staatsbibi., lat. 5438, Pap., s. X V . 214 Bl., 30,6—6 X 20,6—7. Der in später gotischer Minuskel mit zahlreichen kursiven Formen geschriebene Codex (i-Punkte) stammt aus Chiemsee und ist von dort direkt in die Münchener Bibliothek gekommen. Vgl. Catalogus codd. mss. bibliothecae regiae Monacensi^, Bd. I l l , 3, Monachii 1873, S. 16. 136 Zwettl Stiftsbibi., 46, Perg., s. X I I . 154 Bl., 2 Sp., 34,4—5 X 23,9—24. Der in später karolingischer Minuskel sehr regelmäßig geschriebene Codex (selten runde s, von den Ligaturen nenne ich die von VS) hat seine Heimat in Zwettl, f. lr steht: Monasterii B : V : M : in Zwethl. Auf dem alten Einband ist noch eine ältere Signatur A 77 erhalten. Die Hs. besteht aus Quatemionen mit römischer Lagenzählung; nur die letzte Lage ist ein Quinio. Vgl. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 (1843) 725; Stephan Rößler, Verzeichnis der Hss. der Bibliothek des Stiftes Zwettl, in: Xenia Bernardina, Bd. 2,1, Wien 1891, S. 319. 137 Admont Bibi, der Benediktiner-Abtei, 89, Perg., s. X I I . 147 Bl., 32,8—9 X 24,2—4. Der Codex ist in karolingischer Minuskel sehr regelmäßig geschrieben (Striche über Doppel-i, viele runde s, verhältnismäßig zahlreiche Kürzungen). Noch in karolingischer Minuskel steht f. 147r der Besitzvermerk: Iste liber pertinet ad sanctum Blasium admunti. Die Hs. besteht aus Quatemionen mit römischer Lagenzählung. Vgl. Watten­ bach, Reise nach Österreich in den Jahren 1847, 1848, 1849, Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 10 (1851) 633.

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II. Liste der Handschriften 138 New Orleans Howard Memorial Library, Pap., 1475. 145 Bl., £9 X 21. Diese Hs. der Hist, trip., die im Franziskaner­ nonnenkloster Sancta Anna in Kempten geschrieben ist, ist mir leider zu spät bekannt geworden, so daß ich diese an sich sehr späte Hs. nicht mehr einordnen konnte. Vgl. Seymour de Ricci [and] W[illiam] J. Wilson, Census of Medieval and Renaissance mss. in the United States and Canada, Bd. 1, New York 1935, S. 741. In Bd. 2, 1937, ist die Hist. trip, nicht genannt. Merk­ würdigerweise wird der unter Nr. 71 von mir beschriebene Codex des General Theological Seminary in New York in Bd. 2, S. 1284 ff. nicht erwähnt.

Anschließend an die erhaltenen mehr oder weniger vollständigen Hss. sei wenigstens hingewiesen auf die verlorenen H ss., auf die Frag­ mente und Exzerpte und auf die Testimonia. Bei den verlorenen Hss. muß man unterscheiden zwischen solchen, die endgültig und sicher verloren sind, und solchen, die nur an dem zuletzt für sie feststellbaren Ort und mit ihrer dafür bekannten Signatur nicht mehr zu finden, vielleicht aber an anderer Stelle unter anderer Zählung noch vorhanden sind. Zu der ersten Art gehört z. B. eine H s., die bei G. Haenel, Catalogi librorum (vgl. zu 49), Lipsiae 1830, S. 460 genannt ist und damals der Straßburger Bibliothek gehörte (geschrieben 1471). Sie ist am 24. 8. 1870 bei der Beschießung der Stadt ein Opfer der Flammen geworden. Ebenso ist wahrscheinlich endgültig verloren eine H s., die im Catalogus mss. codd. collegii Claromontani. . . , Paris 1764, S. 247f. unter Nr. 650 bezeichnet wird als C o d e x m e m b r a n a c e u s i n — 4 ° fo r m a e q u a d r a ta e (co n sta n s 1 5 4 fo liis ) s a e c u lo X I V 0 e x a r a tu s . Sie scheint nicht den W eg Meerman — Phillipps gegangen zu sein und wird von Valentin Rose, Die Meerman-Hss. des Sir Th. Phillipps, Berlin 1893 (Die Hss.verzeichnisse der Kgl. Bibliothek zu Berlin, Bd. 12), S. I l l , X wohl mit Recht als verloren bezeichnet. Verschollen ist auch eine Hs. m o n a s t e r i i b . M a r i a e d e L y r a , die von Garet 1679 in seiner Ausgabe benutzt und bei Montfaucon 1739 noch verzeichnet ist (vgl. S. 66). Wahrscheinlich ist die bei Haenel a. a. O. S. 49 für Arras (mss. du dépôt littéraire de la ville d’ Arras) genannte Hs. der Hist, trip., die 1826 noch vorhanden war, ebenfalls aufzugeben, da sie im Cata­ logue général. . . des Départements, Bd. 4, Paris 1872, nicht mehr zu finden ist. Viel größer wird aber die Liste der verlorenen Codices, wenn man

II. Liste der Handschriften

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den heutigen Bestand mit den alten Katalogen des Mittelalters ver­ gleicht. Nur weiß man nicht immer, ob nicht eine H s., deren Prove­ nienz heute unbekannt ist, einer dieser vermißten gleichzusetzen ist. So besaß Fécamp eine Hist. trip. (Catalogue général. . ., Départe­ ments, Bd. 1, Paris 1886, S. X X I V [11. Jh.]), ebenso Bec (Départe­ ments, Bd. 2, Paris 1888, S. 390, 394, 396, 398), Savigny (Delisle, Cab. des mss. 1, S. 529), Massay (a. a. O. 2, S. 442), Cluni (a. a. O. 2, S. 459), Limoges (a. a. O. 2, S. 493ff.), Maillezais (a. a. O. 2, S. 507), St.-Pons de Tomières (a. a. O. 2, S. 539) usw. Ähnlich ist es in allen Ländern. Für Durham in England lassen sich drei Hss. feststellen, von denen heute nicht mehr eine einzige nachzuweisen ist, obwohl die Angabe des ersten Wortes auf dem zwei­ ten Blatt die Identifizierung leicht machen müßte. Vgl. Beriah Botfield, Catalogi veteres librorum ecclesiae cathedralis Dunelmensis, London 1838 (The publications of the Surtees Society, 7), S. 18, 56, 94 (Kataloge des 14. und 15. Jhs.). Unauffindbar sind auch die bei M. Rh. James in The ancient libra­ ries of Canterbury and Dover, Cambridge 1903, S. 13ff. (Nr. 190) und 173ff. (Nr. 890) genannten Exemplare. Ebenso die Hs. 8882 der Bibliothek des Sir Thomas Phillipps in Cheltenham aus dem 13. Jh. (vgl. H . Schenkl, Bibliotheca patrum Latinorum Britannica, Bd. 1, 2, Wien 1892, S. 104), die am 27. 4. 1903 bei Sotheby als Lot nr. 232 für £ 3/5 an den jetzt verstorbenen Buchhändler Peach (Leicester) verkauft wurde. Keine Spuren hat schließlich eine Hs. hinterlassen, die im Intelligenz-Blatt zum Serapeum 23 (1862) 140 genannt wird :Barrois 126. Diese kam mit dem Fonds Barrois nach England und erscheint 1901 als Nr. 281 im Catalogue of the portion of the famous collection of mss. of the property of the Rt. Hon. the Earl of Ashburnham known as The Barrois Collection, days of sale 10. — 14. 6. 1901. Der Codex in gotischer Minuskel aus dem 12. Jh. hatte 70 Bl. und endete mit V II 29. Außer in dem Verkaufskatalog von Sotheby, Wilkinson und Hodge (London) von 1901 findet man die gleiche Hs. beschrieben als Nr. 34 in A selection of choice mss. and early printed books from the Ashburnham, Barrois and other collections recently dispersed, offered for sale by J. et J. Leighton . . ., London 1901. Seitdem ist sie nicht mehr nachzuweisen. Bei E . Bernard, Catalogi librorum mss. Angliae et Hiberniae . . ., Bd. 2, Oxoniae 1697, S. 216 wird Sir Henry Langley als Besitzer einer Hist.trip.genannt; auch diese ist nicht zu identifizieren. In all diesen Fällen hat auch Mynors nichts ermitteln können.

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II. Lißte der Handschriften

Ähnlich wie in Frankreich und England verhält es sich auch in Italien und Deutschland. Für Italien sind genaue Feststellungen besonders schwierig, weil einerseits wohl die Ängaben der Kataloge von Bandini für Florenz, von Pasini für Turin, von Tomasini für Venedig usw. vorliegen, anderseits aber keine modernen Kataloge exi­ stieren, die über die Geschichte der Codices etwas aussagen könnten. Für Deutschland sind die Verhältnisse günstiger. Aber gerade ein Werk wie die von Paul Lehmann (später von Paul Ruf) seit 1918 herausgegebenen Mittelalterlichen Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz oder das entsprechende für Österreich (Mittel­ alterliche Bibliothekskataloge Österreichs) zeigt, daß ein Verzeichnis der früher einmal vorhandenen Hss. der Hist. trip, so lange verfrüht ist, bis nicht das gesamte Material bearbeitet vorliegt. Es ist nur zu bedauern, daß von so vielen berühmten Klöstern sich keine Hs. der Hist. trip, erhalten hat (St. Gallen, Reichenau usw.). Zwecklos scheint es mir, die zahlreichen bisher (weil I 1 oder V III 1 in ihnen nicht enthalten sind) nicht erwähnten kleineren und größeren Fragmente und Exzerpte der Hist. trip, mitzuteilen, die sich in den Katalogen finden lassen. Gerade für die Feststellung solcher Bruchstücke sind die meisten Kataloge ungeeignet, und eine Liste müßte allzu lückenhaft bleiben. Das an Umfang bedeutendste Stück ist meines Wissens die Berliner Hs. der Staatsbibliothek lat. oct. 50 [jetzt Tübingen, Univ.-Bibl.], die auf ff. l v— l l l v Buch V — V I I der Hist. trip, enthält; sonst handelt es sich meist um wenige Kapitel. Die Zitate aus der Hist. trip, sind bei der großen Verbreitung des Werkes im Mittelalter sehr zahlreich. In keinem Falle habe ich aber bisher in einem solchen Testimonium einen Text entdecken können, der besser wäre als der in den bekannten vollständigen Hss. vor­ liegende. Für meine Untersuchungen wäre eine Sammlung daher ohne besonderen Wert. Wer dagegen danach fragt, welche Bedeutung und Nachwirkung die Hist. trip, im Mittelalter hatte, wird aus dem Monu­ menta Germaniae usw. auf Grund der Zitate ein lebendiges Bild gewinnen. Ein anzuerkennender Versuch in dieser Richtung ist die Zusammenstellung von Hans Thiele: Cassiodor, seine Klostergrün­ dung Vivarium und sein Nachwirken im Mittelalter, in : Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 50 (1932) bes. 407ff.

ΙΠ. D er Archetypus der erhaltenen Handschriften Zwischen dem 6. und 9. Jh. ist die Historia tripartita sicher öfters abgeschrieben worden, trotz der dunklen Zeiten, die dazwischen lie­ gen. Sonst könnte sie im 9. Jh. nicht schon an so vielen Stellen vor­ handen sein. Dabei sind durch Unachtsamkeit manche Fehler in den Text gekommen, die auch in den ältesten Hss. begegnen ; wo sie fehlen, sind sie irgendwann verbessert worden. Die Art der Fehler ist verschieden. Die in 1 1, 1 — 145 und V III 1, 1— 435 enthaltenen sind für den Zustand des Archetypus charak­ teristisch, und darum zähle ich sie auf: I 1 ,7 audientium] audientum, 48 Oppianum] appianum, 49 Oppiani] appiani, V III 1, 26 dicente] dicentem, (exibens 90?), 99 somnum] somnium, 107 contemplatiuus] contemplatibus, 131f. primi agricolae] premia agricolae, 150 iniquas concupiscentias in­ fluentes] iniquitas concupiscentias influentias, 195 Binus] minus, 199 Binum] hominum, 245 Mareotem] mareote, 249 daret] dare, 301 aliam] iam, 310 pro prioris] propriis, 354 deo] denuo, 364 laudauit] laudabit. Davon sind manche lautlich in diesem Spätlatein leicht erklärbar: Verwechslung von e und i V III 1, 131, von u und b V III 1 ,1 0 7 ; 364; oft wird m fälschlich gesetzt oder weggelassen (anders sind die Fälle, die durch die spätlateinische Kasusmischung zu erklären sind) : V III 1 ,2 6 ; 245. Anderes ist mechanisch beim A b­ schreiben entstanden: eine Haste ist ausgelassen I 1, 7 (eine zuviel V III 1, 99), das Endungs-t V III 1 ,2 4 9 ; eine Haplographie ist V III 1, 301, Dittographie V III 1, 131. Eine falsche Erweiterung ist V III 1, 354, Silbenausfall V III 1, 310, sinnlose Angleichung der Endungen V I I I 1, 150, Verwechslung der Namen liegt vor 1 1, 48 ; 49. Unerklärt bleibt für mich noch V III 1, 90 exibens gegenüber dem richtigen το δεύτερον, ich dachte an eine Verschreibung im Griechischen wie etwa το δεικτικόν oder ähnlich. Die meisten Fehler sind im Laufe der Überlieferung früher oder später in einer einzelnen Hs. oder überall verbessert worden wie I 1 , 7; 48; 49; V III 1 , 26; 99; 107; 150; 245; 249; 310; 364. Offenbar auf Grund eines griechischen Textes mag ein Humanist in Florenz

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III. Der Archetypus der erhaltenen Handschriften

auch V I II 1, 195; 199 verbessert haben. V I II 1, 301 und 354 denke ich auf Grund der griechischen Vorlage verteidigen zu können. Im allgemeinen kann man sagen, daß der Archetypus einen ziemlich guten Text bietet, der wenigstens frei ist von Besserungen auf Grund grammatischer Erwägungen, wie sie später so häufig sind. Mit Hilfe der griechischen Vorlage sind die meisten Fälle heilbar. Aber dieser zu fordernde Archetypus liegt in keiner Handschrift mehr vor, sondern ist von Gruppe zu Gruppe immer mehr verschlech­ tert worden; es hat sich in diesen Zeiten natürlich nie jemand ge­ funden, der den Text auf Grund seiner Kenntnis des Spätlatein hätte bessern können.

IV . D ie einzelnen H andschriftengruppen

t. Gruppe I = Hss. 1—27 Die zu dieser wichtigsten Gruppe gehörenden Hss. gehören in ihren ältesten Vertretern nicht einem bestimmten Gebiet an, sondern decken sich schon in der frühesten Zeit mit der Ausdehnung des gesamten karolingischen Reiches von Italien über Frankreich bis zur spanischen Nordmark. Das illustrieren die einigermaßen sicheren Heimatorte der Codices bis zum 11. Jh.: Vieh (Katalonien), Corbie, Vendôme, Angers, Chartres, Florenz, Monte Cassino. Natürlich hat der Text von Süditalien aus seine Wanderung angetreten, wohin aber zuerst und seit wann, auf diese Fragen läßt sich keine Antwort mehr geben — auf jeden Fall sehr früh (vor dem 9. Jh.). Nach Deutsch­ land ist, soweit man nach dem trümmerhaften Material urteilen kann, keine gute Hs. gedrungen. In andern Ländern, wie etwa Eng­ land, ist noch keine zu erwarten, da die Christianisierung dort erst später erfolgte. Obwohl verschiedenes über den wissenschaftlichen Verkehr zwischen Corbie, Bobbio und Monte Cassino bekannt ist, läßt sich gerade für die Hist. trip, nichts Konkretes sagen. Der Text wurde in dieser Gruppe mit äußerster Treue überliefert, es ist fast ohne Ausnahme in den guten Hss. auch die verderbteste Stelle ohne Besserungsversuche abgeschrieben worden. Aber schon die Korrektoren haben in ihnen den Text teils glücklich — aber immer ohne bessere Vorlage, also nur bei leicht erkennbaren, mechanisch entstandenen Fehlern — teils zum Schaden der gesamten späteren Überlieferung geändert, im letzteren Fall sind beinahe stets die nach der guten grammatischen Regel zu erwartenden Formen eingesetzt worden. Die gemeinsamen Fehler sind sämtlich leicht und einfach zu er­ klären: Ausfall eines Buchstabens, einer Silbe, Verwechselung von b und u, Umkehrung von Lautfolgen. Sicher sind nur folgende V a­ rianten: I 1, 117 quantas ipsa] quanta ipsa, V III 1, 193 philosopha­ batur] philosophatur, 364 laudauit] laudabit, 402 experrectus] expertus, 405 Rinocorura] nirocorura.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Alles andere war schon im Archetypus enthalten oder ist erst später hineingekonpnen. Solche leichten Fehler konnten natürlich fast sämtlich von grammatisch geschulten Schreibern verbessert werden. Das ist denn auch geschehen. Und darum sind manche sorgfältig geschriebenen späteren Hss. so schwer einzuordnen, weil in ihnen inzwischen die Merkmale ihrer Zugehörigkeit längst wieder verwischt worden sind. Ein weiteres Gefahrenmoment besteht darin, daß einzelne Fehler ganz unabhängig von dieser Gruppe neu auch anderswo entstehen können — aber zum Glück nie alle. Schließlich konnten richtige Lesarten aus einer andern Gruppe wieder einge­ setzt werden, auch dies ist vorgekommen. Die künftig bei der Besprechung der einzelnen Familien ver­ wendeten Sigel gelten nur innerhalb des betreffenden Abschnittes, bei Erwähnungen von H ss. aus anderen Überlieferungszweigen werden die Zahlen verwendet, die sie in der oben gegebenen Liste erhalten haben. Unbekannte Abkürzungen kommen nicht vor; Cc bedeutet: ein Korrektor von C oder die korrigierte H s. C, je nach dem Zusammenhang.

Ia = Hss. 1—6 1 Paris n. a. 1746 s. X = P, 2 Neapel V I D 18 s. X = N , 3 Vieh 72 s .I X / X = V , 4 Leiden Voss. fol. 62 s. X = L, 5 Madrid 71 (1400) = M, 6 London Harley 3630 s. X I I I = C. Die Familie, die heute in so ver­ schiedenen Gegenden vertreten ist, bietet ein gutes Beispiel für die seit langem begonnene Zerstreuung der Hss. über die Länder Europas. Ge­ sichert ist die Heimat einigermaßen nur für V (Vidi in Katalonien), M (die Gegend von Barcelona) und C (Car­ cassonne). Die Leidener Hs. ist leider noch nicht direkt fixiert, aber die Initialen wie der Text weisen sie ganz in die Nähe von V . Für die beiden ersten Vertreter kann ich bisher nichts Bestimmtes sagen. Die Familie gehört jedenfalls nach Südfrankreich bis Katalonien und vielleicht auch Italien, ist seit 900 etwa verbreitet : ihr bester Ver­ treter ist die Handschrift in Neapel s. X .

Ia = Hss. 1 —6

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Die Charakteristika der gesamten Familie sind folgende: I 1, 5f. intentionem habentes t r . , V I I I 1, 8 p o s t non: enim a d d . , 50 educabat] edocebat, 140 poterunt] potuerunt, 245 Mareote(m)] mareotema; davon begegnen die Varianten V I II 1, 8; 50 auch sonst vereinzelt. Da sich in der Pariser Hs. außer diesen fünf keine weiteren Über­ einstimmungen mit der Familie finden, folgt daraus, daß sie sich bereits abgezweigt hat, als die übrigen Varianten, die heute 2 — 6 Zusammenhalten, noch nicht entstanden waren, d. h. vor 900 spätestens. P hat aber so willkürliche und grobe Sonderfehler, daß sie prak­ tisch nicht als bester Vertreter der Familie gelten kann, so etwa: 1 1, 42 statua] statuta, 92 magnanimitate] magnitudine, 138 piissimo] impiissimo, V III 1, 27 numera] accipe munera, 51 operibus] ibique, 161f. inspiceret ciuitatis t r . , 180 possim o m . , 300 monachicae] monachi, 324 constitutus p o s t Sciti (326) t r . , 366 inuenit] inueniens, 374f. cumque] et cum. Bei V I I I 1, 27; 180; 374f. ist die bewußte Änderung besonders deutlich. Dann sind neue, aber nur mechanische Fehler hineingekommen, die für die Hss. 2 — 6 kennzeichnend sind: besonders eine Lücke (wohl durch Zeilenüberspringung entstanden) in I 2, 30 : et alia — 31 prae-. Außerdem besonders: V III 1, 168 fecisset] fugisset (durch 167 entstanden), 292 interemit—tribus (293) o m . , 361 ante] ad usw. usw. Innerhalb dieses Zweiges gehören eng zusammen V und L : I 1, 69 etiam o m . , 141 sempiterne] sempt ne, I 2, 1 aliis] abis, I 2,12 quo uenit o m . , V III 1, 200 aut iurantem aut mentientem o m . (homoiot.) usw. Die andern Zeugen NMC weisen diese Fehler noch nicht auf, die beste Hs. davon ist N , die darum für die Ausgabe zum Repräsen­ tanten der ganzen Familie bestimmt wurde. Die folgende Probe zeigt, wie gering die Fehler in N sind, darunter ist nicht eine absicht­ liche Änderung: I 1, 15 pandebat] pendebat, 17 declinabat] declina­ bit, 39 metris] metiris, 52 inueniris] inueneris, V III 1, 198 litterararum, 223 educabat] edocabat, 295 se eum] secum, 316 lagynas, 331 numero] nunumero. M und C sind unabhängig voneinander, aber so verschlechtert, daß sich nicht einmal eine genauere Auf­ zählung der Varianten lohnt (C etwa: I 1, 77 uel poculi] et potus, V III 1, 275 ianuam cellulae] ianuam cellae, 289 saperet] aspiceret, 412 episcopium] domum). Ob sie von N abhängig sind, läßt sich bei den wenigen, leicht zu verbessernden Fehlern in dieser Hs. nicht

62

IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

entscheiden1), dagegen gehören sie nicht zu V L , da sie deren Sonder­ lesarten nicht aufReisen. Von den beiden letzteren hat V den schlechteren Text, aber selbst L h a t noch viele Fehler: I 1, 111 reuerentiam] reuentiam, V I II 1, 35 quidam] quidem, 45 tantos daemones] tantis daemonibus, 62 octo pr.] uero, 92 accensus] affectus, 109 causas o m . , 134 pronuntiata] praenunciata, 136f. humanam] humani, 138 iustitia o m . , 156 uero o m . , 165 etiam o m . , 183 prophetis] propheticis, 231 praescientiam] proscientiam, 233 latenter] latentes, 253 uisus] usus, 259 dixit] ait, 297 illud] illum, 335 conuersatus] conuersatur, 341 sapiens] paciens, 356 soror eum] soror e x soror or, 390 atque mitissimus o m ., 394 esse o m . , 405 fuerunt] fuerent, 434 nomina o m . Da die Sonderlesarten für N und L vollständig gegeben worden sind, ist der Unterschied klar zu erkennen. Es mag deutlich geworden sein, daß man die Leidener Hs. nicht sehr hoch bewerten darf. Parmentier in seiner Ausgabe von Theodorets Kirchengeschichte (Leipzig 1911) hat mit Recht die Bedeu­ tung des Cassiodor für die Herstellung seines Textes hervorgehoben (Einl. S. L I ff.) und eine Fülle von Lesarten in seinen Apparat ein­ gearbeitet. Aber aus praef. S. X V I I geht hervor, daß er drei Hss. benutzt hat, von denen die fragmentarische aus Cambrai völlig wertlos ist (vgl. S. 106f.), die aus Paris auch keinen besonders zuver­ lässigen Text bietet. Nach seinem (richtigen) Urteil ist die Leidener Hs. von den dreien die beste. Aber wie ich gezeigt zu haben hoffe, gibt es weit bessere Hss. Wenn er eine Lesart Cassiodors nennt, muß sie künftig auf jeden Fall nachgeprüft werden. Dasselbe gilt von den bisher allein vorhandenen Ausgaben des Sokrates und Sozomenos von R. Hussey, wo gleichfalls ziemlich oft Epiphanius im Apparat zitiert wird ; aber etwa Bd. 1, S. 5 des Sozomenos steht das von Hussey gegebene diuinis libris in den Hss. Cassiodors gar nicht drin, sondern diuinis ist erst von Garetius 1679 zugesetzt — nur diesen Text hat Hussey benutzt. Also auch diese Angaben sind im Grunde wenig wert, da sie jedesmal kontrolliert werden müssen. Es ist eben so, daß man für die Ausgabe der lateinischen Übersetzung einen nach den Hss. und der sonstigen Überlieferung hergestellten Text der vier griechischen Quellen braucht, wie für die Ausgabe dieser nur ein x) In diesem Fall würde natürlich eine größere Probe aus diesen drei Hss. eine sichere Lösung bringen, aber bei dem geringen Wert von MC kann man diese Nebenfrage ohne Nachteil für die Untersuchung vernachlässigen. Das gilt auch sonst für die Behandlung schlechter Hss.

Ia = Hss. 1 —6

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gut edierter Cassiodortext wirklich zuverlässige Hilfe bietet ; mit den bisherigen Ausgaben oder beliebigen Hss. ist nichts zu erreichen. L und V sind voneinander unabhängig, aber, wie oben gezeigt, ganz eng verwandt. A uf Grund der vollständigen Kollationen von N und L läßt sich zeigen, daß L eine direkte Abschrift von N ist; das gleiche ist dann für V zu folgern. Und zwar sind L V Enkel­ abschriften von N , da die Übereinstimmung zwischen L und V auf eine gemeinsame Vorstufe hindeutet. Dieses Glied in der Über­ lieferung zwischen N einerseits und L V anderseits ist eine not­ wendige Annahme. L ist von der bereits korrigierten Hs. N abhängig. Der Korrektor änderte meist ohne bessere Vorlage nach eigenem Ermessen. I 1, 15 a pandebat] pendebat N , pendebat N c, pandebat L, 17 declinabat] a

-bit N , -bit N c, -bat L, 39 metris ex metiris N c, metris L, 52 in­ veniris] inveneris M C N , inveniris L V (richtige Änderung der Vorlage von L V ); N ist also in I 1 so gut, daß von eigentlichen Varianten nichts übrigbleibt, die vorhandenen gehören der Gruppe bzw. Familie als solcher an. Bessere Beispiele enthält die vollständige Kollation: I 3, 63 pro­ priae] ora. N , in mg. ppe N°, ppter L, I 7, 40 Cibalae] cibale N , civile N CL , I 10, 36 cursim] cursum N , cursu L , V I 30, 4 insuesceret] al

inuesceret N , inuesceret N c, inualesceret L, V II 35, 4 artibus] atibus N , atibus N°, aditibus L, I X 3, 41 illorum] illo N , ille L, I X 30, 70 spe data] spedita N , spe redita L , spe reddita L c, I X 34, 8 cum N] del. N°, om. L, I X 42, 10 ita] ite N , iter N CL , I X 44, 29 proficisci] eras. N , om. L , I X 45, 30 Socrates N] paene eras. N c, Sozomenus L , X lente

10, 8 facto N] facto N e, faciente L, X 10, 45 principio] praecipio N , dei. et in mg. praecipuos N e, praecipuos L , X 19, 9 praecessores] processores N , proceres L. N zeigt überall nur leichte Versehen, die erst durch den Korrektor verschlimmert und dann in die weitere Überlieferung gekommen sind. Ohne weitere Bedeutung ist es, daß L bzw. dessen Vorlage geringe Fehler von N verbessert hat, so V I II 1, 198 litterararum N ] littera­ rum L , 331 nunumero N] numero L, V 34, 130 f. predimus N] prediximus L , V 35, 5 patris N ] partis L, V 37, 4 converat N] convenerat L usw. Da die Neapeler Hs. nur den Text bis X I 1 bietet, ist in der Aus­ gabe als Notbehelf von da an als Vertreter der Familie die Leidener

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Hs. im Apparat gegeben worden; da die Repräsentanten der anderen Familien (außer Monte Cassino) vollständig sind und sich gegen­ seitig ausgleichen, ist die Gefahr nicht mehr groß.

Ib = Hss. 7—14 7 Leningrad F. v. I. No. I l s . I X in. (Corbie) = C, 8 Paris 17581 s. X I = P, 9 Rom 1974 s. X I = R , 10 Glasgow 204 s. X I V /X V = G, 11 Wien 4496 s. X V , 12 Vendôme 55 s. X I = V , a Inkunabel Paris um 1492, 13 Angers 673 s. X I (Saint-Aubin) = A , 14 Wien 3141 (1432) = W .

Die frühesten Texte dieser Familie gehören nach Nordfrankreich (Corbie, Angers, Vendôme) und Paris. Davon ist C in das frühe 9. Jh. zu setzen, die Entstehung dieses Zweiges mag um 800 anzusetzen sein. Leider sind nicht alle Hss. vollständig, die aus Vendôme und Rom bieten nur den Anfang der Schrift, Wien 4496 nur Exzerpte. Am wichtigsten sind CPAW . Keiner dieser Codices ist Abschrift eines andern. Der verhältnismäßig treueste Zeuge ist C, der daher auch in der Ausgabe die Familie vertritt.

I b = Hss. 7 - 1 4

65

Zusammengehalten wird sie besonders durch folgende Lesarten, die sich übrigens weit stärker vom Gruppenarchetypus entfernen als die der Familie I a : I 1, 26 iudexque] iudex qui, V III 1, 24f. quadra­ ginta et nouem] et nouem om., 31 quare] cur, 64 gnostica] ignostica, 73 quidam om., 74 dieta G] dî et P , dei et A , dei et a W , 107 contemplatiuus] contemplantibus, 108 quae geruntur] queruntur, 112 diuersas] diuisas, 115f. monachus] monachus ait C CP A W , 126 pru­ dentiae] prudentiam G IF ,. .tia P A , 130f. temperantiae] temperantia, 134 alia] alia in, 153 stude horum] studi horum G , studio horum C CP A W , 190 effugabat] effugauit, 234 mali om., 261 ad a l t . o m . ( n o n A ) , 314 genuis G] genibus C CP A W , 345 putria G ] putrida C CP A W , 355 quinquaginta] quadraginta, 364 laudauit] . . . bit G , . . uit C CP A W , 402 experrectus] expertus G A W , experrectus W c , expergefactus P , 428f. uermibus ebullirent] ebullirent G , euellerentur C CP A W . Bei den Lesarten V III 1, 314; 345; 364; 402 zeigt sich, wie gut C den Archetypus bewahrt hat. Nach der obigen Zusammenstellung könnte es so aussehen, als seien P A W von Cc abgeschrieben. Dagegen ist einmal zu sagen, daß in C V 35, 22f. praefectum urbis ausgelassen ist, was in W vor­ handen ist ; ebenso X I 11,54 f. fautores—iniuste (55) om. G , vorhanden in W (PA kenne ich an diesen Stellen nicht). Aber W stammt auch nicht von P oder A , vgl. V III 1, 402 und besonders V III 1, 86 — 87 contra—permanemus om. P A , vorhanden in CW . P und noch mehr A haben ihrerseits so viele Varianten, daß ich sie auch schwerlich als Abschriften von C betrachten kann. W müßte also von dem Corbietyp stammen aus einer Zeit, in der noch nicht alle heutigen Fehler von C darin waren, oder aber: es ist in einem Zwischen­ stadium ein Vertreter einer andern Art mit herangezogen worden, wodurch manche Lücken und Fehler beseitigt wurden. P und A können mittelbar aus der gleichen Quelle wie C stammen. Die eigenen Varianten von C sind, wie der Apparat zeigt, zwar ziemlich zahlreich, aber meist leicht aus den üblichen Fehlerquellen zu erklären, erst der Korrektor hat den bis dahin nur von kleinen Lücken und Flüchtigkeiten durchsetzten Text durch seine Besse­ rungsversuche verschlechtert, s. V III 1, 115f. ; 153; 314; 345; 428 f. u. ö. Da sich diese Änderungen in P A W im Text befinden, muß man annehmen, daß der Korrektor von C seine Weisheit aus einer Quelle bezog, die auch für P A W als Vorlage gedient hat. W selbst hat nach der Niederschrift noch ein weiteres Stadium durchgemacht und ist an zahllosen Stellen deutlich erkennbar 5

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

korrigiert worden, und zwar nach einem Vertreter der österreichi­ schen Gruppe V lg . ^Welche Hs. im einzelnen zur Korrektur ver­ wendet wurde, ist nicht mehr sicher zu sagen. Im übrigen ist W wegen dieser doppelten Korrekturen und der vielen eigenen Fehler nicht weiter zu gebrauchen. Interessanter noch sind PA. Dazu gehören die Hss. in Vendôme, Rom und Glasgow = V R G , wie folgende Zusammenstellung zeigen möge: I 1, 3 diligentiae studium] dii. studiumque P A B G, diligen­ tiam studiumque P ° V , 10 praesentabantur] presentabant P A V B G , 11 illis om. P A V B G , 13 purpurae clariorem] purpuream, clariora P A V B G , - 15 maxima] maxime P A V B G , 32 autem om. P A V B G , 55 historiam om. P A V B G , 85 subleuare] exercitum subleuare P A V B G , 90f. aquam frigidam superfundens] aqua frigida per­ fundens P A V B G , 97 etiam] et P V B G , om. A , 127 post Caesarum: est add. P V B G , om. A , 133 post non: et add. P A V B G . Sämtliche Lesarten sind gröbste Umgestaltungen, und diese Hss. verdienten an sich weiter kein Wort. Aber sie sollten großen Einfluß auf den Cassiodortext der späteren Jahrhunderte erhalten. Im heutigen Mignedruck kommen nämlich häufig Lesarten eines Codex Lyranus vor, den Garet für seine Edition 1679 neben einer noch an Ort und Stelle erhaltenen Reimser Hs. benutzt hat. Garet sagt in seiner Praefatio (427 C) : Huic itaque editioni reformandae suppetias tulit antiquus codex monasterii B . Mariae de Lyra (zwischen Seez und Evreux) quadringentorum plus minusve an­ norum optima manu exaratus. Nec minus profuit alter ms. S. Theo­ dorici prope Rhemos, qui sexcentorum circiter annorum characterem praefert. Nach Montfaucon, Bibliotheca bibliothecarum, Paris 1739, II 1258 A war damals der codex Lyranus noch vorhanden. Seitdem ist er verschollen. Die von Garet zitierten Lesarten genügen aber, um zu zeigen, daß er ein sehr naher Verwandter von V gewesen sein m uß: I 1, 85 subleuare] exercitum subleuare, ferner II 17, 36 cogi­ tare] disputare V und der Lyranus. Vendôme liegt nicht sehr weit von Lyre entfernt; anderseits hat V aber nie mehr als den Text bis II 17, 36 enthalten, ist also nicht etwa selbst die gesuchte H s. Aber auch wo keine Notiz über handschriftliche Lesarten vorliegt, ist der heutige Mignetext ( = Garet) oft der von V : I 1, 3; 10; 13; 55; 90 usw. Die Unbrauchbarkeit der Ausgabe von 1679 ist be­ sonders durch die Benutzung dieser schlechten Hs. verursacht. Aber dieser Text, und zwar P, hat schon vorher einmal als Druck­ vorlage gedient. Die Inkunabel a ist, soviel ich feststellen konnte,

Ib = Hss. 7 - 1 4

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auf Grund mindestens zweier Pariser Hss. gedruckt worden, Paris lat. 17582 aus einer später zu behandelnden Gruppe (s. S. 139f.) und eben 17 581 = P, bzw. nächsten Verwandten dieser Hss. Die Pariser Inkunabel und P lesen gemeinsam: I 1, 10 praesentabantur] presen tabant, 13 purpurae clariorem] purpuream, clariora, V III 1, 47 re­ quirentes] delinquentes ( n o n A ) , 77 cibi ieiunio] cibos ieiunus, 107 contemplatiuus] contemplantibus, 108 quae geruntur] queruntur, 150 iniquas c. et influentias, 197 dicitur] dicitur namque, 334 Paco] pachomius, 346 plectens] flectens, 402 experrectus] expergefactus (n o n A ). Diese einzige Pariser Inkunabel ist wahrscheinlich auch Garet bekannt gewesen. Vgl. außer den im vorigen Absatz genannten Lesarten: V III 1 ,4 7 ; 77; 107; 150; 197; 334. Es handelt sich in fast allen Fällen um bewußte Änderungen, die den Text stilistisch bessern sollten. Und dadurch gerade ist er verdorben worden. PA kann man, da der Text eben noch etwas besser ist als in V und dem Lyranus, nicht überall zur Kontrolle des verlorenen Lyra­ nus verwenden. Von den im Kapitel V III 1 mit ms. Lyr. verzeichneten Stellen ist in PA wörtlich nur zu finden: V III 1, 168 Ammo­ nium cum ioco] Ammonium et colloquens ei, nicht aber V III 1, 356 uiuere] uidere uellet c o d . L y r . , V III 1, 428 ebullirent] caderent et euellerentur c o d . L y r . etc. Anderseits bieten selbst PA oft einen völlig überarbeiteten Wortlaut: V III 1, 5f. dicens: iuuenis excommunicatus spernit, prouectus . . corrigitur] dicens iuuenes excommunicatos sperni, perfectos .. corrigi, 98 comedebam] manducabam, 176f. feminarum imitationem conuersationemque] f. imitabilem conuersationem, 241 plurimorum] pl. patrum, 288 fuisse] se ( = Garet) usw. Die Hss. PA stellen, wie schon diese kurze Variantenliste zeigt, erstens einen stark veränderten Textypus innerhalb der Familie I b dar, der weit schlechter ist als der von C, anderseits sind PA unter sich nahe Verwandte. Vgl. etwa noch die weder in C noch in W begegnenden Varianten von P A : V III 1, 273 aegrotos] aegyptios, 403 pericula] per aulam, 419f. magnum ora. Sowohl P wie A enthalten darüber hinaus eine Fülle von Fehlern, die beweisen, daß beide unabhängig voneinander sind; und zwar hat A dreimal mehr eigene Varianten als P. In P finden sich neben einfachen Versehen wenige eigentliche Änderungen wie V III 1, 47 requirentes] delinquentes, 395 peruenire + non, 402 experrectus] expergefactus; in A etwa: V III 1, 25 praeualui] ualui, 75 cum uidisset] uidens, 138f. patientia] prudentia, 253 lectulo] lecto, 269

5*

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

plurimos] plures, 278 aegrotantes] egrotos, e t c . A bietet in I 1 von beiden Fehlerarten yiele Beispiele: 4 ornamentorum] ornamentum, 9 aut om., 12 pretiosos + ac, 30 compositionem] compositiones, 40 Cretes] Certe, 46 statuam] statuta, 63 nullus om., 68 oriri facere t r . , 77 etiam] et, 97 etiam om., 112 cunctos] curas, 136 imperii om. e t c . e t c . P hat in I 1 nur folgende eigene Varianten: 3 diligentiam studiumque e x diligentae studiumque, 13 plurimi e x pluri, 97 etiam] et, 127 Caesarum + est. Zu A gehört G, allerdings nicht als Abschrift. In I 1 hat G fol­ gende der oben angeführten Varianten von A : 4 ; 9; 12; 46; 63; 68; 77; 112; aber nicht: 30; 97 (etiam] et G ) ; 136. Besonders inter­ essant ist aber eine Randlesart in G und A , die sich sonst nicht findet. In I 1, 145 folgt auf amen in der Überlieferung Salam Hermiae Sozomeni . . . G hat dazu, vielleicht von erster Hand, eine Er­ klärung am Rande: Salem id est interpretacio prima honesta uel urbana. Solche Versuche kommen auch sonst vor an dieser Stelle, vgl. u. S. 91. In A liest man zu dem gleichen W ort folgende Notiz, wobei in jeder der 4 Zeilen die ersten 1— 2 Buchstaben auf der Photographie nicht zu erkennen sind: nesta uel urbana | alem | nterpretatio |

rima. Das zeigt die enge Verwandtschaft. G könnte die Abschrift einer Schwesterhs. von A sein. V und R dagegen gehören zu P als Abschriften. V stammt von der korrigierten Hs. P ab, wie folgende Lesarten zeigen: I 1, 3 diligen­ tiam studiumque, 13 plurimi, 97 et, 127 Caesarum + est. Eine weitere Verschlechterung des Textes ist nicht festzustellen; ander­ seits bricht dieser II 17,36 plötzlich ab,so daß man V III 1 nicht zum Vergleich heranziehen kann. R dagegen ist vor der Korrektur von P abgeschrieben: I 1, 3 diligentie studiumque, 13 pluri (sic), 97 et, 127 Caesarum + est. Außerdem sind hier neue Fehler eingedrungen wie I 1, 9 aut equum] antequam, 68 multam] multum, 114 conscri­ benti] conscribendi. Zu PA gehört schließlich auch die noch nicht besprochene Exzerpths. Wien 4496, wie schon ein Beispiel zeigt: V I II 1, 5f. iuuenes excommunicatos spernere, perfectos . . corrigi, deren Verwandt­ schaft mit der Familie 25 et nouem om., 31 quare] cur beweist. C selbst ist nach allem Gesagten trotz seiner mannigfachen Ver­ sehen ein dem Gruppenarchetypus noch sehr nahe stehender Codex, der wegen seiner Unabhängigkeit von der Familie Ia als Ausgleich durchaus verwendbar ist, während alle übrigen Vertreter dieses Zweiges sich von der Überlieferung weit entfernt haben.

I c = Hss. 16—17

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le = Hss. 15-17 15 Paris 16046 s. X V = P, 16 Brüssel 19693 (Orval) s. X I I I B, 17 Charleville 4 (Belval) s. X I I = C. Von den drei hier zusammengefaßten Hss. sind BC sicher in Ost­ frankreich lokalisiert. Orval liegt an der belgisch-französischen Grenze zwischen Carignan und Virton, Belval in den Argonnen, nicht weit von Beaumont. Zeitlich stammt der früheste Vertreter aus dem 12. Jh., was bei der großen Zahl besserer Hss. eine prak­ tische Verwendbarkeit des Textes fast schon ohne weiteres ausschließt. In dieser späten Zeit sind natürlich die ein­ fachen Versehen längst herauskorrigiert, so daß von den Gruppenmerkmalen nur V III 1, 405 Rinocorura] niroco rure ( s i c ) übriggeblieben ist. Aber das genügt. Ja es läßt sich sogar sagen, daß diese Zwergfamilie mit der von Corbie (Ib) irgendwie zusammenhängt: V III 1, 108 quae geruntur] queruntur P B C = Corbie. Aber da das das einzige ist, wird man diese drei Hss. schwer in Ib eingliedem können. Durch Vermengung mit andern Texten sind inzwischen die meisten Fehler offenbar wieder ausgeglichen und nur neue Varianten dazugekommen. Davon zunächst eine Auswahl von solchen, die allen drei Hss. gemeinsam sind (keine ist von einer andern abhängig, wie die vielen Sonderfehler jeder von ihnen zeigen; C ist der beste Vertreter und hat über die mit B bzw. PB gemeinsamen Varianten hinaus fast gar keine eigenen): I 1, 9 iacularentur] iacularent, 109 purum a caede] plurima caede (übrigens eine auch sonst noch einmal in 105 und 109 begegnende Variante; wie überhaupt Änderungen gleicher Art un­ abhängig voneinander in den verschiedensten Zweigen der Über­ lieferung auftreten können, was zur besonderen Vorsicht bei der Konstruktion von Verwandtschaftsbeziehungen mahnt), 125 re­ prehendet] reprehendit (vom Archetypus her noch), V III 1, 8 non] non enim (auch in Ia Ie), 18f. passus] passus est (überall auftretende Änderung), 87 in quaestione] inquisitione, 108 s. ο., 133 merito] meritis, 153 stude horum materias memoria retinere] studiorum materiam m. retine (eine aus der Vulgärüberlieferung stammende Lesart), 174 etiam fuerint t r . , 195 Binus] aus dem minus des Arche­ typus wird mit der Zeit meist wie hier non minus, 199f. Binum a nullo] (ho)minum a nullo ω, ammonium a nullo wegen 193 Ammon =

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IV. Die einzelnen Handsehriftengruppen

(ist in voneinander ganz unabhängigen Zweigen der Überlieferung entstanden), 288 fuisse] se wie in Paris. 17 581 (8), 300 monachicae] monachi, 405 s. o. Dann hat sich als erste Hs. P abgezweigt und weist eine große Zahl weiterer Änderungen auf, auf die hier nicht eingegangen zu werden braucht. BC stellen eine etwas spätere Entwicklung dieses Textes dar und erweisen sich durch folgende ausgewählten Varianten als enge Ver­ wandte: I 1, 12 itaque] namque (solches itaque, das in dem Latein der Zeit keinerlei Begründungscharakter mehr an sich trägt, war besonders häufig ein Angriffspunkt der Textbesserer), 13 alter] alius (vgl. alius 12), 28 proprium] propriae (wegen causae 29), 73 bonorum fuerat t r . , 106 pietate] p. misericordia, 118 Age als Beginn eines neuen Abschnitts, 136 imperii om., V I II 1, 33 turpiter] turpis (häu­ figer), 41 ex om., 150f. iniquas concupiscentias influentes conti­ nentia retinet] iniquitas c. influentias c. r. ω, iniquitates c. influen­ tias c. r. P , iniquitas c. inflammat c. r. B C , 162 ut uideret om., 310 pro prioris] propriis ω wie P, pro prioris richtig verbessert wie in 27, 113, 114, 123; 334 Paco] pacomius, 353 Pior] Pior frater tuus. Der Text ist also auch hier mit Fleiß redigiert, daher aber sonst nicht verwendbar. Ohne die griechische Vorlage würde man in Fällen wie etwa I 1, 106 oft ratlos sein; und wäre die Hist.trip, nur in Hss. des 12. Jhs. überliefert, könnte man ebenfalls den Text kaum sicher wiederherstellen.

Id = Hss. 18-20 18 Monte Cassino 302 s. X = M, 19 Rom Vat. 4948 s. X I I , 20 Rom Ottob. 958 s. X V II. Alle drei Hss. sind in Italien entstanden. Aber wir haben im Grunde nur eine Hs. vor uns, da der Vaticanus eine Abschrift von M ist und der Ottobonianus wieder eine des Vaticanus1). M besteht heute aus zwei scharf voneinander zu trennenden Teilen, von denen nur der erste, der die Hist. trip, bis V II 24, 22 quae pie enthält, uns hier etwas angeht, während der Rest in viel späterer Zeit geschrieben ist und in eine ganz andere Gruppe ( l i l a S. 96f.) gehört. Außerdem hat M heute den Quaternio X I I und von X I I I das äußerste Doppelblatt = Blatt 1 und 8 eingebüßt, so daß V 22, 16 ad terminum — sacram V 37, 23 jetzt fehlt, wie auch V 48, 32 extenso — ceciderat V 50, 24. x) Die letztere Abhängigkeit hat schon W. Eltester in Rom festgestellt.

le = Hs. 21

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Der Vaticanus beginnt heute I 10, 83 quibus diebus f. l r und hört auf genau mit que pie V II 24, 22 = dem Ende des ersten Teiles von M, es ist auch später nichts mehr hinzugefügt worden. Daß er eine Abschrift von M ist, ist damit sicher. Weiter ist aber interessant, daß der Vaticanus die Lücken V 22 — 37 und 48 — 50 noch nicht ent­ hält, also ist der Verlust erst nach der Abschrift im 12. Jh. ein­ getreten. Der Vaticanus war ursprünglich am Anfang nicht ver­ stümmelt; denn f. 8V liest man heute die Lagenzahl I II , also sind vorher zwei Quaternionen ausgefallen, was mit der Text Verteilung in anderen Hss. sehr genau übereinstimmt. Der Ottobonianus beginnt f. 2r mit Uino I 11, 64 und schließt mit que pie V II 24, 22, ist damit eine Abschrift des Vaticanus, in dem der Anfang also bis I 10 überhaupt schon verloren und der Text bis I 11, 64 für den Abschreiber ziemlich schwer lesbar war. Das letztere zeigt sich besonders bei einer beliebigen Kollation, die in ihren groben Fehlern die Not des Schreibers angesichts der beneventanischen Schrift des Vaticanus verrät. M selbst ist so sorgfältig in karolingischer Minuskel geschrieben, daß Varianten vom Archetypus kaum zu finden sind. Immerhin zeigt das Fehlen von promittentibus quia bello uinceret Con­ stantinum I 8, lOf., wo in den anderen Familien der Gruppe I keine Lücke ist, daß wir es hier mit einem selbständigen Vertreter eben dieser Gruppe zu tun haben. Dadurch wird der Text, soweit, er er­ halten ist, von Nutzen und tritt, besonders auch wegen der pein­ lichen Sorgfalt, den Hss. in Neapel (2) und Leningrad (Corbie) (7) gleichrangig gegenüber. Der Archetypus ist hier sehr treu bewahrt.

Ie = Hs. 21 21 London Add. 19961 s. X . Der aller Wahrscheinlichkeit nach aus Frankreich stammende, aber sonst nicht näher zu lokalisierende Text des 10. Jhs. gehört, wie ein Vergleich der Lesarten mit den für den Archetypus bzw. Gruppe I notierten Varianten lehrt, völlig sicher zu dieser Gruppe I, und zwar wegen des Fehlens der Charakteristika der anderen Familien als selbständiger Vertreter. Nur ist die Hs. sehr flüchtig geschrieben und enthält manche ganz sinnlose Verschreibungen wie etwa I 1, 14 cingula] cincula, 42 statua] stutua, V III 1, 10 requisitus] requitsitus, auch eigene Lücken: 109 causas om., 324 paene o m .

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Interessant ist der Korrektor dieses Codex, der einmal viele Fehler des Archetypus verbesserte, aber auch einen schulgerechteren Stil und Wortschatz in die Hs. hineinarbeitete. So ist das mir noch rätselhafte exibens V III 1, 90 durch sequens ersetzt worden, was wenigstens den Sinn trifft. Die spätlateinische Konstruktion: ut quantos potuero, memorari possim ( = memorer) V III 1, 180 änderte er unbesorgt erst in: quantos potuero recolere memoria passim und dann in: quantos memoriae tradam. 150 verbesserte er das iniquitas con­ cupiscentias influentias des Archetypus richtig in: iniquas c. in­ fluentes. An der Stelle V III 1, 199 (Binum) stellte er aus dem schon verschlechterten Archetypus hominum als einziger in der ganzen Überlieferung nach 195 minus wieder minum her, so daß man ihn als einen durchaus ernsthaften Mann anseh en muß, der freilich das gute Latein besser beherrschte als das des 6. Jhs. So stellte er bei fodere und fugere wieder die Formen nach der dritten Konjugation her und deklinierte genibus statt des späten genuis V I II 1, 314. Er war aber auch Glossator und Kommentator, erläuterte das seltene camerato I 1, 26 durch figurato, 27 furtum pateris ueritatis durch mendacium pateris de ueritate, 39 oppianum oder appianum durch poetam, 128 decisiones durch diuisiones und merkte lOOf. auch, daß non bibit, sed corpus infudit keinen Sinn ergibt. Natürlich hat er vieles andere stehen lassen (d. h. er wußte nichts Besseres), wie V I I I 1,402 expertus, 405nirocorura ; 107 verschlimmerte er den leichten Fehler contemplatibus zu contemplationibus [wobei zu bedenken wäre, ob Epiphanius nicht contemplatibus == contemplatiuus ge­ schrieben haben könnte; vgl. die gleichzeitige Regula Benedicti]. Kurz gesagt, wenn man sich um den Korrektor nicht kümmert, hat man einen Text, der etwa mit dem von Corbie auf einer Stufe steht, aber nicht so viele Lücken aufweist wie dieser. Nur weil er im ganzen schwer zugänglich ist, ist er bei der Edition unberücksichtigt geblieben, nicht zu deren Schaden; denn vier voneinander unab­ hängige Texte genügten dazu. Auffällig und nicht ganz zufällig sind einige Übereinstimmungen mit der Hs. in Chartres aus der letzten Familie dieser Gruppe: V I I I 1, 50 conuersationem] conuersionem (auch sonst oft), 180 memorari] memori C h a r t r e s , memoria L o n d o n , entscheidend aber 209 procul ab Antinoo] proculabant in oo. Die Worttrennung ist überhaupt in der Londoner Hs. noch sehr mangelhaft. Wenn also diese beiden Familien Ie und I f näher zusammengehören als andere dieser Gruppe, war es um so berechtigter, in der Edition den schlechteren Vertreter fortzulassen.

I f = Hss. 2 2 -2 7

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I f = Hss. 22-27 22 Florenz S. Marco 383 s. X , 23 Florenz Cony. Soppr. 312 (Valombrosa) s. X I I , 24 Paris 5088 s. X V (Alfons I. von Neapel), 25 Char­ tres 10 s. X = A , 26 Paris n. a. 2379 s. X I I , 27 Paris 6086 s. X II. Die wichtigsten Hss. dieses Zweiges gehören nach Florenz (22) und nach Chartres (25) ; aber wie der W eg der Über­ lieferung in diesem Falle von dem einen Ort zum andern gegangen ist, ist mir noch gar nicht klar. Es kommt auch nicht allzuviel darauf an. Von diesen beiden nicht voneinander abhängigen Hss. gibt die aus Chartres regelmäßig den besseren Text, der dem Archetypus sehr nahe bleibt und zur Vertretung der Familie in der Edition äußerst geeignet ist. Der Apparat mag zeigen, wie getreu noch fast alle Merkmale der Gruppe wie des Archetypus erhalten sind. Zunächst seien die beiden Hss. gemeinsamen Lesarten außer denen von I und ω genannt: I 1, 117 quantas richtig (ursprünglich in A ?), quanta ω, V III 1, 75 uidisset] audisset, 126 prudentiae quidem] prudentiam equidem, 144 contra mensam t r . , 147 Thmuitanorum] Tenuit annorum A , Thinnuitannorum F l o r e n z , 157 uirtutes] uirtutis, 199f. a nullo uisum] a nullo uisu A , a nullo uiso F l o r e n z , 342 ad o m . , 385 discedentibus A c ] descentibus A , descendentibus F lo r e n z , 406 philosophiaque] philosophi atque. Ebenso harmlos sind auch die Lesarten, die A allein eigentümlich sind: V III 1, 79 quidam] qui, 147 s. ο., 180 potuero memorari] puero memori, 208 uestis A °] stes, 220 fuit] fugiit, undique] unde, 327 monachos] manachos, 335 conuersatus] conuersatur, 364 gratificata] gratifica. Nichts ist absichtlich verändert. Nur ein Korrektor hat fast gleich­ zeitig das unverständliche corpus infudit I 1, lOOf. geändert in coram omnibus effudit. Diese Lesart ist das Kennzeichen einer ganzen selbständigen Gruppe (V I), aber über den Weg dieser Variante weiß ich noch nichts.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Florenz S. Marco 383 ist eine schon von der ersten Hand vielfach geänderte und außerdem durch Versehen verschlechterte H s.: I 1, 100 hausit] auxit, V lI I 1, 3 Eo] Eodem, 6 dolore] dolo, 17 uersum] u. dixit, 31 ploraret] pi. dixit, 35 monachus] ad monachos, 99 ra­ piebam] capiebam, 105 semper] super, 107 contemplatiuus] con­ templantibus, 114 tamen fenestris tr., 125 prudentiam] pr. uidelicet, 150 iniquas concupiscentias influentes] iniquitatem et c. influentes, 180 possim] debeam, 203, 205 Hellin] hellenus, 214 ex fabro fer­ rario] faber ferrarius, 248f. fabricare sibi non ualentibus daret] fabricatum daret sibi non ualentibus reddere, 262 actionibus] operi­ bus, 276 nisi] neque, 310 pro prioris (propriis ω)] primis, 324 paene om., 324f. septuaginta quinque] L X X X , 420 culmen] cultum. Hs. 23: Florenz Conv. Soppr. 312 (Valombrosa) s. X I I ist eine Abschrift der vorigen, mit der sie alle eben aufgezählten Varianten gemeinsam hat außer I 1, 100; V I II 1, 6; 105; 199f. ; 385, die also wieder verbessert sind, wofür mehr als die doppelte Anzahl neuer Verschlechterungen hinzugekommen sind, u. a. I 1, 11 gratissima] gratissimae, 17 autem] uero, 57 exerceri] exercere, 60 agenda sunt tr., 98 dum ei tr., 103 etenim] enim, 145 saecula om., V I II 1, 103 erogauit] distribuit, 174 subiugatae] subiecte, 289 datum] dictum. Hs. 24 : Paris 5088 (aus Italien) s. X V gehört sicher eng zur vorigen, obwohl mein Vergleichsmaterial nicht sehr groß ist, da der Text V II 39 abbricht. Immerhin sind gleich in beiden H ss.: I 1, 11; 17; 57; 98; 103. Die Verbesserung I 1, 145 (Ergänzung von saecula) konnte keine Schwierigkeiten machen. Die Stelle I 1, 60 dagegen konnte nicht so leicht bemerkt werden (Umstellungen können frei­ lich immer wieder Vorkommen); darum meine ich, es handelt sich nicht um eine Abschrift, wohl aber um einen sehr nahen Verwandten. Einzelne Lesarten begegnen auch anderswo wie I 1, 17, aber nicht alle zusammen. Neue Verschlechterungen u. a. : I 1, 17 inten­ tio] incendio, 28 aptans] auctoritas, 40 Cretes] Graece, 44 parciores] peritiores, 64 uim] ubi, 71 Dauid] dedit, 102 principiorem] principior est, wobei man ganz deutlich sieht, daß Lesefehler und Mißverstehen der Abkürzungen hier verheerend gewirkt haben. Hs. 26: Paris n. a. 2379 s. X I I , bei der A . Dain in Paris wegen des Einbandes italienischen Ursprung annimmt, ist leider am Anfang unvollständig, so daß nur V I II 1 verglichen werden konnte. Sie stammt direkt von Chartres ab, wie die Übereinstimmung folgender Lesarten (s. o. bei A) zeigt: V III 1, 79; 147; 180; 220; 335; 364; neu sind u. a. V III 1, 36 aequalis] O qualis, 37 nach expositiones:

I f = Hss. 22—27

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naturales — explanationes (39) om., 74 dieta] uita (dies auch sonst äußerst häufig), 144 partem] ortam partem, 278 curabat om., 289f. daemones, huic occasio conuersionis commissum] dimissum. Hs. 27 : Paris 5086 s. X I I ist ganz sicher von der vorigen ab­ geschrieben, wie besonders die völlig gleichen Varianten V I I I 1, 37ff. ; 74; 278; 289f. ergeben; 144 ist aus ortam partem: portam geworden. Die neuen Fehler hier schließen das umgekehrte Abhängigkeits­ verhältnis aus. So finden sich erst in Paris 5086 die Varianten (von zahllosen): V I II 1, 4 aetate om., 8 comederet] faceret, 44 agebantur] gerebantur, 90 sequens (wie Hs. 21 u. ö.), 310 pro prioris aus pro­ priis richtig verbessert, 368 per orationem] operationem. 147 wurde aus Tenuit annorum: Terenuit annorum, 36f. aus uiolento iudicatur aequalis. Piterus -► uiolento iudicatur. O qualis piterus P a r i s n . a . 2 3 7 9 -> uiolenter iudicabitur. O qualis piterus P a r i s 5 0 8 6 . Falsche Worttrennung infolge der engen Schrift von Paris n. a. 2379 ergab in der Abschrift die merkwürdigsten Gebilde : 230 mali cuius­ piam] malicui’piä -► malicius piam. Wie jetzt deutlich sein dürfte, bleibt von der ganzen Familie zur Textherstellung nur die Hs. von Chartres übrig. Ferner ist inter­ essant, daß sich von den vielen Vertretern dieser ersten und wich­ tigsten Gruppe nur fünf als direkte Abschriften anderer haben fest­ stellen lassen: 19, 20, 23, 26, 27. Wenn man auch einrechnet, daß von den übrigen viele nur Fragmente oder Exzerpte sind, bei anderen größere Proben vielleicht noch genauere Ergebnisse erzielt hätten (10), so ist trotz allem sehr deutlich, welch eine ungeheure Menge von Hss. verloren gegangen sein muß, die einst Vorlagen der heute unabhängig nebeneinanderstehenden Texte gewesen sind. Nachdem nun die allein für eine Edition in Betracht kommende Textgruppe untersucht worden ist und sich in ihr wieder die wert­ vollsten und den Archetypus noch getreu widerspiegelnden Vertreter herausgeschält haben, von denen schon der Vergleich von zwei oder drei selbständigen auf den Grundtext führt, wird es meine Aufgabe von nun an sein, zu zeigen, weshalb alle übrigen Gruppen mit ihren über 100 Hss. ausgeschaltet werden können (vgl. die Einschränkung S. 6). Es wird auch weiterhin die Verästelung der Überlieferung dar­ gestellt werden, wobei allerdings regelmäßig nur eine kleine Auswahl aus dem umfangreichen Kollationsmaterial mitgeteilt werden soll, die gerade zum Beweise der Verwandtschaft oder Abhängigkeit aus­ reicht oder den Grad der Textveränderung angibt oder schließlich Fehlerentstehung und Verschlechterungsmöglichkeiten illustriert.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

2. Gruppe II = Hss. 28—34 28 Rom Barb. 58f s. X / X I = R , 29 Florenz Laur. 67, 22 s. X V I = L, 30 Wolfenbüttel 37. 37. Aug. 2° vor 1471 = W , 31 Florenz Conv. Soppr. 178 (Badia) s. X / X I = B , 32 Rom Urb. 383 (1472) = U , 33 Kopenhagen 165 s. X V = K , 34 Florenz Laur. Fiesoie 159 (1424) = F.

Abgesehen von W , dessen Weg nach Wolfenbüttel mir noch nicht klar ist, gehören alle diese Codices nach Italien, wo sie sich etwa seit dem Jahre 1000 nachweisen lassen; der größere Teil von ihnen aber ist im 15. Jh. in Florenz, dem Zentrum der Humanistentätigkeit, als Prachthandschriften geschrieben. U ist in Vespasianos Kopisten­ werkstatt hergestellt, sicher auch deren Schwesterhandschrift K . Aber gerade diese Texte, die für den Herzog von Urbino (32) und wohl manche andere hohe Fürsten bestimmt, auf feinstem Perga­ ment mit unglaublicher Sauberkeit geschrieben, mit herrlichen Initialen geschmückt und prächtig gebunden waren, rühren von Schreibern her, die offenbar nicht einen einzigen lateinischen Satz verstanden und den größten Unsinn haargenau mehrmals reprodu­ zierten. Diese Wunderwerke der Buchkunst sind auch von der Hand keines Korrektors berührt, die breiten Ränder blieben blütenweiß. Und trotzdem muß im 15. Jh., vielleicht als eine Vorlage zur Ver­ vielfältigung ausgesucht wurde, ein gelehrter Philologe in eben diesem verlorenen Exemplar zu ein paar Stellen einen griechischen Sozomenostext aufgeschlagen und danach aus dem minus V I I I 1, 195 und dem hominum 199 des Archetypus Benus bzw. Benum ver­ bessert haben, was dann in U K L W gekommen ist. Von sich aus konnte auch der gelehrteste Schreiber auf diese Emendation nicht kommen, und nach manchen Analogien hat in der Hist. trip, über­

Gruppe II = Hss. 28 —34

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haupt einmal binus bzw. binum mit i gestanden. Auf jeden Fall be­ deutet aber diese Besserung nicht, daß die Gruppe den Urtext als einzige von allen überliefert hätte, sondern es ist eine Änderung des 15. Jhs. in dem Vorbild der Untergruppe U K L W , die in diesem Falle eben richtiger ist als die Form des Epiphanius (die doch allein maßgebend ist), während sonst der Text durch die Barbarei der Schreiber furchtbar entstellt worden ist. Er ist aber selbständig, nicht von einer der folgenden Gruppen abhängig und muß als eine Fortsetzung der vulgären Überlieferung gelten (so bezeichne ich künftig öfter den Text der Gruppen I I —V I); in einer Edition ist er nicht zu brauchen. Zu den Prachthandschriften gehört der Überlieferung nach auch W ; aber in jeder anderen Hinsicht bedeutet W das Gegenteil einer Prachthandschrift ; sie ist auf Papier in gotischer Kursive mit zahl­ reichen Abkürzungen geschrieben. Viel wichtiger aber ist es, daß der Text, der der gleichen Quelle entstammt wie L U K , mit Bewußtsein so verändert worden ist, daß er jetzt oft nur noch eine Paraphrase der Hist. trip, darstellt. Es dürfen also nur Übereinstimmungen mit L U K gewertet werden, nicht aber das Fehlen von W in dieser Grup­ pierung. Als Beispiel diene I 1, 53 sed mihi uideris non incongrue talia facere] sed multa talia fecisse probaris, 66ff. cui gratum est super iustos et iniustos pluere et solem facere oriri] qui solem suum oriri facit super bonos et malos et pluit super iustos et iniustos, 93 cumulasti] ei diuicias condonasti, lOOf. corpus infudit] super corpus eam infudit. In der gesamten Überlieferung ist mir ein so umgestal­ teter Text nicht mehr begegnet. Ferner muß für die folgenden Zusammenstellungen voraus­ geschickt werden, daß die Handschriftengruppierung im einzelnen in I 1 und V III 1 völlig verschieden ist, da sowohl U K wie F in I 1 einer andern Vorlage folgen als in V III 1, daß die von F für I 1 sogar einer andern Gruppe angehört. Für I 1 ist die Lage so, daß U K direkte Abschriften der schon sehr von Fehlern durchsetzten Hs. B sind, während R demgegenüber einen besseren Text repräsentiert, zu dem als Abschrift oder nächster Verwandter L gehört und weiterhin als mit RL entfernter ver­ wandter Codex W . Dem geht parallel, daß U K in Florenz ent­ standen sind und das Vorbild in der Badia bei Florenz liegt (B), während die mit dem Namen Leos X . gekennzeichnete Hs. L in dem noch nicht näher bestimmten Barberinus 581 (R) ihre Vor­ lage hatte.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

F ist bis II 19 abgeschrieben nach Vat. 1970 (67) aus einer ganz andern Gruppe, was bestätigt wird durch die Gleichheit der Kapitel­ überschrift von II 1Ô in F mit der im Kapitelverzeichnis von Buch I I im Vat. 1970 gegebenen Form, aber f. 31r endet diese Schrift mit ineuitabilibus peri II 19, 13 (dies stellte W . Eltester am Original fest) ; und der neue Schreiber folgte als Vorlage der Hs. B , was bewiesen wird durch eine Stelle II 19, 17ff. f. 31v in F, wo für Aquilino nobis noto et in causis forensibus socio, partim ab eo audiens partim ipse : aquilino nobis not6' partim ab eo audiens et in causis f. s. partim ipse in B steht, während F die Umstellungszeichen übersah und schrieb: aquilino nobis noto partim ab eo audiens et in causis f. s. partim ipse. B hat von Buch II an weder Kapitelzahlen noch Überschriften, beides fehlt auch von II 20 an in F. F stammt aus Fiesoie, B dicht dabei aus der Badia. Aber auch U K ist bald nicht mehr von B abhängig; die genaue Stelle des Wechsels der Vorlage kann ich nicht angeben. Die weiter aus IV 18, 25 gegebene Variante zählt U K jedenfalls schon zu R L W , während BF jetzt völlig eigene Wege gehen. Dabei steht R mehr für sich, ist nicht mehr Vorbild einer erhaltenen Hs. und bewahrt jetzt oft noch einen leidlichen Text, während U K L W (L gehört jetzt mehr zu U , also U K ), d. h. deren Vorlage von einem Gelehrten an ein paar Stellen verbessert worden ist, was besonders V I II 1, 195 aus der Benus-Lesart hervorgeht. K ist infolge Ausfalls der Lage X V I erst von Apollonius V III 1, 299 an erhalten, was sein Fehlen bei vielen Varianten erklärt. So steht es mit dem HandschriftenVerhältnis in V I II 1. Direkte Abschriften lassen sich nicht aufweisen, wie aus den Sonderlesarten jeder dieser Hss. hervorgeht; diese aufzuzählen lohnt nicht. Zunächst Lesarten, die allen Vertretern der Gruppe eigentümlich sind: I 1, 10 praesentabantur] prestabantur, 20 o ora., 143 filios filiorum t r . , V III 1, 11 corporalem] corporum, 20 sufficiet] sufficiat, 55 illorum] eorum, 67 uirginem] uirgines (uirgine U ), 85 retinentes] tenentes, 87 in quaestione] inquisitione, 107 contemplatiuus] con­ templantibus, 128 quos] quo, 140 poterunt] potuerunt, 141 proprio] proprie, 145 contra eos spirat] contrarios (sperat), 147 T h m u it. .] T im u it. ., 150 iniquas concupiscentias influentes] iniquitatis c. in­ fluentia, 153 stude horum] studiorum, 155f. inuenies] inueniens, 157 uirtutes] uirtutis, 158 itaque] autem, dicta] dictis, 195 Theon] theonas, 207 ita ut etiam] etiam ut, 209 Antinoo] antina, 255 operando

Gruppe II = Hss. 28 —34

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aut comedendo natura] natura operando aut comedendo, 281 deum om., 289 datum] dictum, 292 et metuens om., 304 circumibat] circum (circa U , circam L ) , 314 genuis] genibus (h)is, 317 manaret] maneret, 394 ei] eius, 402 experrectus (expergefactus W ) richtig, 405 Rinocorura] rino . ., 406 philosophiaque] philosophi atque, 427 abs­ tinentia (1Γ)] sapientia. Darunter befindet sich eine große Zahl von Verschlechterungen, die zum größten Teil nicht nur dieser Gruppe, sondern den Gruppen I I —V I eigentümlich sind, wie I I , 10; 20; V III 1, 55; 67; 87; 107; 145; 147; 153; 158; 195; 207; 314. Alle diese Texte außer Gruppe I führen auf eine Hs. zurück, die spätestens im 9. Jh. zu ihrem Schaden durch korrigiert worden ist. Dadurch ist der heute überall verbreitete Vulgärtext entstanden mit seinen oft wieder korrekten Formen, Angleichungen und Verbesserungen. Die kon­ trollierbaren halten einem Vergleich mit dem Griechischen nicht stand; das flößt auch kein Vertrauen zu denen ein, deren Ursprüng­ lichkeit schwer zu beweisen ist. Die übrigbleibenden Lesarten zeigen aber klar, daß die vorliegende Gruppe von keiner der folgenden abhängig ist, sondern einen selb­ ständigen Zweig in der Vulgärüberlieferung darstellt. Ein Blick auf die Merkmale der Gruppe I und deren Art zeigt übrigens außer­ ordentlich deutlich den Wertunterschied. In I 1 (F scheidet aus) lassen sich, wie gesagt, folgende zwei kleinere Gruppen zusammenstelleri : R L , B U K (W ist nicht recht zu fixieren, s. o.). R L : I 1, 5 praepararent] praeparent, 26 decertator] decerator, 67 facere] faciet, 83 Heracliam] Herecliam, 93 paululum] paulum, 100 hausit] ausit, 116f. ecclesiam catholicam t r . , 145 spiritu sancto t r . B U K : I 1, 9 iacularentur aut] iacularentur ut B , iacularent ut B e U K , 15 maxima] maxime, 24f. praefecti] prefati, 35 dudum] dii dum, 36 Aleuas]alienas B ( % ) U K , 5 4 crementum] crentu ( ?) B , creden­ tium B e U K , 64 naturae] n. et, 67 (s. o. RL) facere] faciat, 101 ab­ solute] solute, 103 nihil] nil, 104 duabus] duobus, 107 atque] at B , ac U K , 109 cuncti om., 1.18 parentumque] parentemque, 136 tui om., 143 dirigentem] dirigente. Innerhalb von B U K gehören nun wieder die voneinander unab­ hängigen Schwesterhss. U K eng zusammen; Lesarten von U K (B richtig): I 1, 21 deo] domino, 22 quia est] Spatium von 1 — 2 Buch­ staben, 29 quoque] queq ; U , q ; q ; K , 40 Cretes siquidem] Cretensi

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

quidem, 47 pro metrico poemate] pro meti compoemate, 52 minor] minorum, 52f. circa dictiones] carca dictionis, 55 tua sunt] tuas, 59 seorsum] corsuih, 63 tuis] suis, 69 audio te etiam] audientiam, 75 sed etiam] sedentiam, 80f. sitim uero] si timuero, 84 laborantem] elaborantem, 102 principiorem] principiorum est, 127 Crispi] crisippi, 130f. prouenerunt] peruenerunt, 134 tomus] cornus, 137 uester] uidetur, 141 deus] dominus, 144 deo] domino. U wie K haben dar­ über hinaus noch eine ziemlich große Anzahl Sonderfehler, während B davon frei ist. In V III 1 (und schon wegen der Lücke V II 2 — 30 in B, die in K nicht existiert) kann U K nicht von B abgeschrieben sein. Dagegen ist es völlig sicher, daß B wenigstens für den ersten Teil als Vorlage gedient hat. Die furchtbaren Fehler in U K sind für I 1 sämtlich dadurch entstanden, daß der Abschreiber weder die Worttrennung nach der engen Schrift von B richtig vornehmen, noch die Kürzungen auflösen konnte ; so hat B I 1, 21 dö, 22 qa ë, 29 qq, 55 tua s usw. Dafür kann der Abschreiber, der sicher für beide Hss. (UK) verantwortlich ist, geradezu als Muster dienen. Und zwar ist, wie mehrere Lesarten zeigen, nicht etwa U von K (oder um­ gekehrt) abgeschrieben, sondern beide nacheinander von B selbst. Was beim Abschreiben für Varianten entstehen können, kann man hier wunderbar lernen: daß etwa statt In hoc corpore continentur (Beginn der Schrift) in B steht : In hoc tempori continenti, woraus in U wurde: In hoc codice continentur usw. Nun Lesarten zur Illustrierung der Gruppen in V I II 1. Zunächst solche, in denen B F noch den richtigen Text hat, während der Rest R U K L (W ) gemeinsam abweicht (beide Gruppen falsch z. B. 37 Piterus] Petrus B F , pueris B U L W ) : 231 praescientiam] praesen­ tiam, 233 redarguebat] redarguere, 251 unciae] uncias, 331 delin­ queret] derelinqueret, 353f. conuersionis] conuersationis, 366 inuenit] inueniens, I V 18, 25 — 26 (nach ecclesiam) concurrerunt— arriani om. R K L W (wohl auch U). BF(R) mit ω gegen U K L (W ): V III 1, 168 ioco B F , loco R] dolo U L W , 195 minus B F , mimus R] Benus U L W , 199 hominum B F , mimum R] Benum U L W , 394f. effectum] eff. eius U K L , 421 Epiphanius] elphanius U K L . Also erst auf dieser Stufe wurde in Florenz der Text geändert (was Benus anbetrifft, vgl. S. 57f.). BF falsch gegen die übrigen: V I II 1,12 Isidorus] Ipsidorus, 24 noto requisitus] nota requisitos, 57 quorum om., besonders aber eine Riesenlücke: V II 2, 177 ita dicentes — V II 30, 21 properare om. B F , und zwar schließt der Text in diesen beiden Hss. mitten auf einer

Gruppe III = Hss. 35 —68

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Seite aneinander an, so daß der Verlust (wohl durch Lagenausfall) schon in der Vorlage eingetreten sein muß. B F R falsch gegen die übrigen: V III 1, 135f. disposita] disponsata, 371 (nach fodirent) et nec uenam aliquam repperirent o m . R ist nicht ganz genau zu fixieren. L steht U näher, nur fehlt leider meist K zum genaueren Vergleich in diesem Kapitel. Die Gruppe im ganzen dürfte jetzt in ihrer Eigenart genügend charakterisiert sein. Die Eigentümlichkeiten der Gruppe I sind in II nicht vorhanden. Fast alle Fehler der ersteren wie auch viele des Archetypus ließen sich ja leicht verbessern. Wenn aber auch V III 1, 402 experrectus und besonders 405 Rinocorura hier richtig sind wie in den späteren Gruppen, so zeigt das doch — an einen Korrektor wjpd man nicht denken wollen, der ein Exemplar der Gruppe I verbessert hätte — , daß die Gruppe I eben nur ein Stamm des Archetypus ist (allerdings bei weitem der beste), dessen geringe Versehen auch in den übrigen Zweigen der Überlieferung nicht begegnen. Da aber keiner von diesen auch nur entfernt die Treue jener Gruppe I erreicht und deren kleine Fehler leicht verbessert werden können, war bei der Edition eine Heranziehung der riesigen übrigen Hss.masse von I I —V I nicht nötig.

3. Gruppe III = Hss. 35—68 Der Kern dieser Gruppe besteht aus den Familien abc ( = 35— 59), während der Rest nur ungefähr einzuordnen ist. Davon gehören die beiden ersten, a und b (35—40 und 41— 45), nach Oberitalien (Turin, Vercelli, Mailand, Venedig), während c, die umfangreichste von allen (46 — 59), ausschließlich in Süddeutschland ihre Heimat hat (Freising, Regensburg, Tegernsee, Scheftlarn, Wessobrunn, Komburg; später noch Aldersbach, Füssen, Mainz). Der norditalienische wie der süd­ deutsche Zweig werden zur gleichen Zeit erst im 10. Jh. faßbar in Hss. aus Vercelli, Mailand, Freising, Komburg. Daß hier die Über­ lieferung über die Alpen nach Norden gegangen ist, ist sicher; wie, von wo und wann, diese Fragen bleiben für die Hist. trip, unbeantwortet. Aber da die Klostergründungen in Süddeutschland erst im späten 8. Jh. einsetzen, wird man annehmen dürfen, daß um 800 herum auch dieser Text seinen Weg über die Alpen ge­ nommen hat. Während in Gruppe I eine äußerst treue Überlieferung erhalten blieb, hatte mit II die Reihe der Gruppen begonnen, die sich durch eine große Zahl von scheinbaren grammatischen Verbesserungen oder 6

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

solchen Änderungen, die den Sinn berichtigen sollten, als vulgär kennzeichnen lassen. Ist nun innerhalb dieser Reihe (II—VI) II nur in der eben bezeichneten Art verändert, so bekommen die übrigen (III—VI) ihren eigenen Charakter außerdem durch mehrere kleinere Lücken, die meist durch Homoioteleuton entstanden sind, und einige andere Fehler. Am klarsten treten diese Merkmale in I II hervor. Dazu ist aber allgemein zu be­ merken, daß in keinem Zweig der Überlieferung so sehr die Arbeit von Korrektoren hervortritt wie gerade hier. Und das geschieht in dem Maße, daß sich oft zwei ganz verschiedene Korrektoren in einer Hs. nach weisen lassen, die zum Teil einen Text einer andern Gruppe ohne die Lücken von III zur Verfügung hatten; dadurch sind aber schon vom 11. Jh. ab in vielen Hss. die deutlichsten Gruppenmerkmale wieder zum größten Teil beseitigt. Da die Familie l i l a erst im 12. Jh. faßbar wird und schon in mancher Hinsicht verändert ist, soll sie nach III b und III c be­ handelt werden. Von der Gruppe I I I bekommt man in ihrer Eigenart am ehesten ein Bild, wenn man die Gemeinsamkeiten zwischen den ältesten Ver­ tretern der Familien I II b und I I I c zusammenstellt, und zwar für I l l b : 41 Vercelli 101 s. X / X I = V , 43 Mailand S. Ambrogio s. X = M, für I II c: 46 Freising (München 6376) s. X = F , 47 S. E m meran Regensburg (München 14374) s. X I = E , 52 Tegernsee (München 18466) s. X I = T und 55 Komburg (Stuttgart 402) s. X /X I = S. Dabei gehören die italienischen Hss. besonders zusam­ men, sind aber unabhängig voneinander, wobei V den ältesten Text bietet ; von den süddeutschen steht S als der im ganzen beste Codex dieser Art den drei andern F E T , die gleichfalls unabhängig von­ einander sind, gegenüber, von denen F wieder die älteste Überliefe­ rung bietet. Natürlich dürfen nur die Lesarten der ersten Hand berücksichtigt werden. Nach der Behandlung von III bc wird dann gezeigt werden, wie sich der Rest der Gruppe dieser Überlieferung angliedert. VM und FET, S stimmen überein: II 23, 13f. et imperatorem tamquam famosissimum uisurus aedifi­ cationis opus prouida cogitatione captauit] et i. t. f. uitauit (offenbar durch Zeilenausfall entstanden, der Fehler konnte unabhängig kaum

Gruppe III = Hss. 35 —68

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noch einmal so entstehen) ; II 24, 9ff. . . praemittebatur, quod uero propinabatur, erat pietatis bellum] . . praemittebatur, erat pie­ tatis bellum (h o m o i o t .); I V 18,22 — 25: Philippus autem a thermis ad ecclesiam properabat, cum quo Macedonius residens in uehiculo cum praefecto simul et milites armis induti, hoc facto terror po­ pulum adprehendit et ad ecclesiam concurrerunt uniuersi . . . .] Philippus autem a thermis ad ecclesiam concurrerunt uniuersi { h o ­ m o i o t . ) ' , I X 19, 13— 15 quia disputatio non solum schismata non uniret, sed etiam hereses ad contentiones potiores adduceret.] quia disputatio non solum schismata non uniret (h o m o i o t .); X I 3 ,4 — 6 dum orthodoxorum ecclesia persecutiones inferre non soleat, quod ille non zelo rectae fidei, sed pecuniarum amore faciebat] dum ortho­ doxorum ecclesia persecutiones inferre non amore faciebat ( s i c ) ; X I I 4, 4f. interea deliberatum est aduenam ab Antiochia deuocare] interea delaceratum est aduenit ab Antiochia deuocare. Diese Lesarten sind überaus wichtig auch für die weiteren Grup­ pen nach I II . Ja es kann behauptet werden, besonders wegen der Fehler in II 23 und X I I 4, die irgendwie bis Gruppe V I begeg­ nen, daß die gesamte Überlieferung von Gruppe I I I —V I auf ein Exemplar der Karolingerzeit zurückgeht, in dem diese Fehler ent­ standen sind. W o heute die Lücken richtig oder falsch gefüllt oder Fehler verbessert sind, kann man auf die Benutzung von Hss. der Gruppe I durch Korrektoren schließen. Von Lesarten aus den Probekapiteln I 1 und V III 1 (man ver­ gleiche damit die der Gruppe I I, dann wird die Zusammengehörig­ keit von II mit I I I —V I vor Entstehung der Lücken in I I I —V I deutlich werden): I 1, 10 praesentabantur] prestabantur, 20 o om., V III 1, 55 illorum] eorum, 67 uirginem] uirgines, 74 dieta] dicta, 83 relegit] relegi, 87 in quaestione] inquisitione, 107 contemplatiuus] contemplantibus, 139f. passibiles] passibilis, 145 contra eos spirat] contrarios sperat, 153 stude horum] studiorum, 158 itaque] autem, 195 Binus] non minus, Theon] theonas, 199 Binum] hominum, 204 salutes] salutis, 207 ita ut etiam] etiam ut, 284 memoriaque] me­ moriamque, 347 ; 349f. huiusmodi] huius mundi, 392 uestis] uestitus, 430 alium . . quendam] alios . . quendam. Die Absichtlichkeit vieler Änderungen ist deutlich, etwa V III 1, 67; 158; 195; 392; 430. Davon gelten nun freilich die meisten Les­ arten für die ganze Gruppe und noch weiter. Bis hierhin reicht die Übereinstimmung zwischen den genannten Zeugen ; dann trennt sich S (55) aus diesem Bunde und bleibt damit e*

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

der beste Vertreter von II I b c . Die übrigen weisen weitere Ver­ schlechterungen auf. Es haben gemeinsam V M -j-F E T (zu VM ge­ hören hierbei wie vorher auch Vercelli 147 = W und Paris 5090 = P) : I 1, 117 ipsa] ipsi, V III 1, 93f. agentium] agent, 223 educabat] et uocabat F E T , euocabat V W M P , 230 conscientiam] continentiam, 245 Mareote] mare deuote, 334 Paco] pago F E T , pagano V P ( M W \ ) , 367 illic] hic, 409 uelut] uel. Dazu kommt eine wichtige Übereinstimmung im Titelverzeichnis von Buch V , das abgekürzt folgendermaßen an der betreffenden Stelle lautet : 40 . . . tenuerunt episcopatum 41 De Macedonio et Macedonianis 42 . . . Georgium Alexandrinum condemnantes Aetium cum scrip­ tis eius 43 . . . expulsus hereseos auctor extiterit 44 De Apollinare patre simul et filio et eorum herese. Daraus wurde durch Ausfall von Titel 41 und 44 und falsche Ein­ fügung des sicher einmal v o r Titel 42 untergebrachten Zeilenschlusses eben dieses Titels : . . . tenuerunt episcopis condemnantes etium cum scriptis eius . . . georgium alexandrinum . . . expulsus hereseos auctor extiterit in MF, V W ließen darüber hinaus noch hereseos auctor extiterit aus. Für ET ist ursprünglich der gleiche Text wie in F anzunehmen. Die Weiterentwicklung kann man jetzt sehr gut verfolgen. V blieb so ; W wurde vom Korrektor völlig richtig verbessert ; in M wurde zwar der Titel 41 nachgetragen, alles andere aber blieb. In der Vorlage von E T wurde für den fehlenden Titel 44 ein neuer nach dem Inhalt des Kapitels gebildet : Unde orta est heresis apollinaristarum ; dieser erscheint in E wie in T schon in der Grundschrift (und ist von T aus nachträglich in F einkorrigiert), ebenso wurde der Schluß von Titel 42 wieder an seinen Platz gestellt. Allein Titel 41 aber wurde nur vom Korrektor von E richtig nachgetragen, in F T blieb die Lücke. Von sonstigen Übereinstimmungen zwischen F und V W M sei noch erwähnt: V III 1, 142 lumine resplendentes] luminare splendentes, 329f. impositum] inpotum. Der gemeinsame Oberbau für die Familien I l l b und I I I c ist so gesichert, auch, wie die Entwicklung weitergeht, schon zu sehen. Nun sollen die Familien nach ihrer Abtrennung von dem gemeinsamen Stamm nacheinander behandelt werden.

I l l b = Hss. 4 1 -4 6

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Illb = Hss. 41—45 41 Vercelli 101 s. X /X I = V , 42 Vercelli 147 s. X = W , 43 Mai­ land S. Ambrogio s. X = M, 44 Paris 5090 s. X V = P, 45 Turin D II 2 s. X / X I = T. 41 — 44 sind voneinander unabhängig, stammen aber mit mehr oder weniger Entfernung von der gleichen Vorlage. In P sind natürlich Kleinigkeiten wieder herauskorri­ giert, die in den übrigen Zeugen noch unverbessert stehen. V W M P lesen gemeinsam: I 1, 79f. congruerit P] congrueret, 125 probaueris] probaberis, 139 Romanum] romanorum, V III 1, 24 no to] nato (damnato P), 26 dicente] dicentem (Archet.), 60f. contradictorius] . . urius (Archet.), 71 recte] secte, 76 fratrum] fratrem, 102 fra­ trum] frater, 105 semper mihi tr., dicit] dicebat, 109 agi] egi, 153 sermones] sermonem, 176 f. imitationem] explanationem, 193 regione philosophabatur] religione philosophatur (unabhängig von Gruppe I neu entstanden), 217 eam P] etiam, 233 cogitassent] cogitabant, 254 tetendisse] tendisse, 288 fuisse] fuisset, 359f. con­ temnere] contendere (eine der häufigsten Änderungen), 385 atque o m . , 401 tactis] tantis, 413 ut ualuit] et lauit,433f. Persas] persam. Die Änderungen halten sich noch in Grenzen, wenn auch etwa V III 1, 102; 413 u. a. mit Bedacht verbessert sein dürfte. Der Arche­ typus ist hier immer noch erkennbar, vgl. etwa auch V III 1, 99 somnum] somnium W M . Im einzelnen hat nun jede dieser vier Hss. eigene weitere Fehler. V hat deren nicht sehr viele, z. B .: V III 1, 4 iuuenes o m . , 25 annis o m . , 151 didymus doctor tr. usw., und diese hat auch niemand ver­ bessert. Dagegen ist W voller Flüchtigkeitsversehen, 108 ist hier wie in I b queruntur aus que geruntur entstanden, sonst etwa 229 mysteria] ministeria; die Lücken in I X 19; X I 3 und die Variante in X I I 4 erscheinen hier nicht, weshalb man für den zweiten Teil der Hs. in der Vorlage von W einen Korrektor annehmen muß. Aber auch in W selbst ist ein Korrektor noch erkennbar tätig ge­ wesen, hat II 23. 24 (nicht IV 18) ergänzt und vieles nach guter Vorlage verbessert: 1 1 , 1 0 ; V III 1 ,7 1 ; 102; 217; 233(!); 359f. usw., aber nicht etwa alles; und er hat nach Gutdünken auch den

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Text verschlechtert wie V I II 1, 262 praestare inpedimentum aus dem richtigen impedire. Die Verwandtschaft mit V tritt hervor (s. Titel V 43) trotz'beiderseitiger Selbständigkeit. M hat die wenig­ sten eigenen Varianten, etwa V III 1, 55 inspiciens] conspiciens, 292 ludens] habens ; aber auch hier hat ein Korrektor alle Lücken von II 23 bis X I 3 richtig gefüllt und sehr viele Fehler nach einer guten Vorlage verbessert: X I I 4, 4 f . ; I 1, 125; V III 1, 26; 87; 153; 176f .; 193 regione; 334 paco; 413. In 314 schoß er allerdings über das Ziel hinaus und verbesserte nach seiner Schulkenntnis auch genuis in genibus. In P blieben die Fehler und Lücken alle drin und neue kamen hinzu wie die häufige Variante I 1,143 dirigentem] diligentem, V III 1, 24 noto] damnato, 74 dieta] uita (für andere Gruppen sehr wichtig), 107 contemplatiuus richtig, 125 (nach prudentiam) forti­ tudinem — prudentiae (126)om. usw. ; diese Pariser Hs. des 15. Jhs. war schon 1518 in der Bibliothek in Blois, stammt also mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Beute der oberitalienischen Feldzüge am Ende des 15. Jhs., wobei ja auch besonders Mailand betroffen wurde. Bei der Turiner Hs. ist die Untersuchung schwierig, weil sie V I 25 schon abbricht und das Vergleichsmaterial dadurch sehr beschränkt ist. Die Lücken in II 23. 24 sind vorhanden, nicht die in IV 18, auch die Titel in Buch V sind in Ordnung. Der Anfang der Schrift : Prae­ fatio senatoris serui dei. Utiliter . . . begegnet auch sonst, ebenso sichern die Lesarten I 1, 10 prestabantur, 20 o o m . die Zuordnung zu IH b nicht völlig. Aber die Herkunft der H s. und das Fehlen wichtiger Merkmale anderer Gruppen mögen für die Richtigkeit der hier vorgenommenen Einordnung sprechen. 53 exhibitis] exhibitas (auch sonst), 54 crementum] incrementum, 91 laudasti sumens t r . , 145 spiritu sancto t r . seien wenigstens notiert.

IUc = Hss. 46-59 46 München 6376 (Freising) s. X = F, 47 München 14374 (S. Emmeran Regensburg) s. X I = E , 48 München 13070 (Stadtbibliothek Regensburg) s. X I I , 49 Berlin Staatsbibl. fol. 673 (S. Jacob Mainz) s. X I I = M, 50 Neapel V I II C 1 (1450) = N , 51 Prag 51 I. A. 41 (1472) = P, 52 München 18466 (Tegernsee) s. X I = T, 53 München 17126 (Scheftlarn) s. X I I , 54 München 2685, geschrieben 1328 in Aldersbach = A , 55 Stuttgart 402 (Komburg) s. X / X I = S, 56 München 22015 (Wessobrunn) s. X I ex. = W , 57 Maihingen

IIIc = Hss. 46 —59

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II. 1. fol. 189, geschrieben 1462 in Füssen (S. Magnus) = M, 58 München 12237 (Raitenbuch), geschrieben 1464, b Inkunabel Augsburg 1472, 59 München 23448 s. X . Mc

Der Oberbau der Überlieferung dieser Familie (FET-S) ist schon oben klargestellt worden; die diesen vier selbständigen Hss. gemein­ samen Lesarten sind die gleichen, die sich auch in den norditalieni­ schen Hss. VM finden. Erst wenn man S und VM wegläßt, kommt man an die eigentliche bayrische Familie F E T heran. Wie schon ausge­ führt, bietet davon F den besten Text, der schlechtere von ET geht auf eine gemeinsame Vorlage zurück; E ist besonders schlecht. F E T falsch (S richtig oder besser): I 1, 46 potuerant] potuerunt, 97 etiam om., 117 per ora., V III 1, 31 ploraret] plorasset, 33 tur­ piter] turpis (häufigere Änderung), 50 educabat] edocebat, 209 An-

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IV. Die einzelnen Handechriftengruppen

tinoo] antinuo, 223 educabat] et uocabat, 334 Paco] pago, 355— 357 post— inspiceret o m . , 378 itaque] namque. ET falsch oder verändert gegenüber F (und S) : Titel V 44 s. o. S. 84, I 1, 28 proprium S T ° (. . iam F)] proprie F CE T , 38 Theopompum F S E CT °] theopropum F CT , tbeoprobum E , V I II 1, 4f. prouectos aetate t r . , 11 anima] an. mea F e E T , 36 uiolento] uinolento F CE T , 58 monachus] monachis F CE T , ad monachatum T c , 82 natura] n. ex F CE T , 107 contemplatiuus] contemplantibus F S , contemplatiuus F CE T , usw. Die Vorlage von E T ist sowohl mechanisch verschlechtert wie auch korrigiert, und ein Korrektor hat diese Verschlechterungen (und fast nur solche) in F hineingetragen. F in seiner ursprünglichen Gestalt hat nur ganz wenige Fehler wie V I II 1, 232 uenientium] uientium, 251 fasciculus o m . und noch Lesarten des Archetypus wie 254 pro requie] pro requiem. Daß der Korrektor von F seine Lesarten nicht von E , sondern von T bezog, zeigt sich (häufiger sind die Fälle F c = ET s. o.) da, wo F CT gegen E einen falschen Text haben, z. B. 1 1 , 8 bestiam F E CT C] hostem bene E , hostium (sic) F CT . E ist von dieser Familie die H s., die schon von der ersten Hand her die meisten Fehler und besonders auffällige Änderungen aufweist wie: I 1, 68 simul alia t r . , 74 o potentissime E c ] omnipotentissime, 120 principem] principium, V I II 1,7 consultus] interrogatus, 27 at ille o m . , 30 mulierem o m . , 57 necessarios] n. tres, 69 de monachis hac scriptura] ac scripta de monachis, 90 sequens, 103 erogauit] erogabat, 169f. tu, inquit] ait tu, 171 linguam] 1. tuam, 246 alios] eos, 250 cibum] uictum, 262 actionibus] act. eum, 270 articula. . soluta] articulos . . solutos, 313 autem] ergo, 334 etenim] etiam, 367 uitae] u. suae, 370 monachi] discipuli, 380 assum o m . , 384— 387 (nach exquirat) proinde — exquirat o m . (zufällig der gleiche Ausfall in Monte Cassino), 392 uestis] uestium, 402 experrectus] expergefactus, 416 fugam] fugae licentiam, X I 3, 5 war zu . . inferre non soleat sed sustinere, X I I 4, 4f. zu interea delaceratum est dum aduenit alium ab antiochia euocare geworden. Dazu kommen sehr viele Umstellungen. Auch E wurde korrigiert, und zwar nach einem unbekannten Exemplar: Titel V 41 wurde eingefügt, X I I 4, 4 f. richtig verbessert, ebenso I 1, 8 bestiam, 10 presentabantur, 38 Theopompum, 46 potu­ erant, 74 o potentissime, 117 per eingefügt usw. ; aber der Korrektor arbeitete leider außer mit einer besseren Vorlage sehr stark mit eigenen Einfällen: 23 signum] insigne, 46 f. nisi — munere] in

IIIc = Hss. 4 6 -5 9

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munere nisi fuissent minores in opere t r . , 47 per] per quemque, 116 utique] utique uirorum, V III 1, 58 actuali] act. uita, 74 dieta] esca, 134 indicata] intricata, 353 patris] matris. Dagegen ist T in seiner ersten Form nicht allzu sehr verändert: V III 1 ,3 6 iudicatur] iudicabitur, 38f. autem] enim, 116— 117 libidines—pro om., 164 amputauit] amputabit u. dgl. m. Dann aber sind auch hier Korrektoren tätig gewesen, und zwar mehrere nach­ einander. Drei Arten Korrekturen kann man noch unterscheiden: 1. richtige, die aber nicht aus E stammen: I 1, 28 proprium, 97 etiam eingesetzt; II 23, 13f. (nur captiuauit statt captauit), 24, 10f., IV 1 8 ,2 2 — 25 die Lücken gefüllt, V III 1 , 93f. agentium usw. 2. Änderungen nach der schon korrigierten Hs. E : I 1, 46 potuerant, 117 per eingefügt, 120 principium, V III 1 ,5 8 actuali] act. uita, 90 sequens, 270 articulos . . solutos, 392 uestium, 416 fugae licentiam, X I 3, 5 und X I I 4, 4f. (nach E c), Titel V I 36 Publia abbatissa] pubri abbatis F T , publia matrona E , pubria matrona T c . 3. Un­ sinnige, aber absichtliche Änderungen ohne eine bestimmte Vorlage : I 1, 16 ilia] ilia fore, 47 autem] autem césar, 106 dementia] cl. benignitate, 111 praecipis] pr. diligenter, V III 1, 7f. autem] uero, 55 tantaque] Nam tanta, 58 monachus] ad monachatum, lOOf. nuntianti cessa inquit] cessa inquit T , narranti cessa inquit T c , 161 Romae cum Athanasio ueniens] cum romam cum ath. ueniret, 180 possim] passim, 199 Binum] hominum ω , ammonium, 209 Anti­ noo] antinouio, 239 annis] annos (häufig), 245 solitudine] sol. alii in mareote, 282 sanum . . esset] sanus . . essem, 431 Heliodorum plurimas] Heliodorus plurimas fertur. Über die Beziehung von T zu E läßt sich aber noch etwas Genaue­ res ermitteln. Wenn man in beiden Hss. die Schrift und besonders auch die Tinte vergleicht, sieht man deutlich, daß der Schreiber von E selbst seine Lesarten als Korektor in T eingetragen hat, und zwar von Buch I X —X I I ; die erste sichere Änderung dieser Art begegnet f. 163VT = I X 15, 23 seruet erudiet T , seruet E T C. E ist also wohl etwas später geschrieben als T. Zu diesen Verbesserungen durch den Schreiber von E gehören auch die in X I 3, 4 und X I I 4, 4f. und sehr viele sonst. Sowohl E wie T haben nun in der Überlieferung in dieser korri­ gierten Form weithin Spuren hinterlassen. Am einfachsten ist der Fall bei der Hs. 48 München 13070 s. X I I (Stadtbibi. Regensburg), die eine direkte Abschrift der korrigierten Hs. E ist. Und zwar ist diese Abschrift so getreu gemacht, daß nur

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

ganz wenige Schreibfehler zu verzeichnen wären, die nichts lehren. Beweisend sind zwei Stellen. In E ist nach der Niederschrift in der vorletzten Lage das zweite Doppelblatt (von innen aus) ausgefallen, so daß zwischen f. 190v und 191r und zwischen 192v und 193r mehrere Kapitel ausgefallen sind (außerdem fällt gleich auf, daß hier zwischen den vielen Quaternionen sich plötzlich ein Ternio findet): episco­ patus X I 12, 21 — Persarum X I 15, 50 und Aspar X I 18, 24 — erat X I I 2, 36. In der Abschrift ist beide Male über die Lücke hinweg­ geschrieben worden, aber das erste Mal steht von anderer Hand f. 166v Hic multum deest, f. 168v Hic quoque deest. Dann etwas Amüsantes: V I 40,12 — 14 et quoniam superstitionis suae causa tau­ rum idolis frequentius immolabat] et qu. s. s. c. taurorum i. f. i. und nach causa von anderer Hand caudas übergeschrieben E f . 112v, et quoniam superstitionis sue causa caudas taurorum idolis fre­ quentius immolabat die Abschrift f. 99r. Dann sind drei Hss. von E abhängig: M NP, alle voneinander unabhängig und doch alle etwa von einer nicht erhaltenen und schon etwas veränderten Abschrift von E stammend, wobei N P wieder ein­ ander näher stehen und eine gemeinsame Vorstufe voraussetzen, während M einerseits nach E c oder einer Abschrift davon geschrieben wurde, wobei noch Lesarten der Vorlage von N P eingeflossen sind, andererseits etwa die Vorlage von 76 = Rom Pal. 823 (S. Martin, Mainz ; M stammt aus S. Jacob, Mainz) herangezogen wurde, worüber an der betreffenden Stelle etwas gesagt werden wird (S. 115). Solche Art von Hss. stehen durchaus nicht vereinzelt da. Für die geschil­ derte Abhängigkeit einige Beispiele : MNP = E bzw. E c: I 1, 23 insigne, 46 f. in munere nisi minores fuissent in opere, 47 per] per quemque, 116 utique] ut. uirorum usw. MNP anders als E : II 23, 13 f. uitauit E ] inuitauit, I 1, 17 autem] uero, 97 etiam vorhanden, 133 Iouiano] iouiniano, V I II 1, 33 tur­ piter, 97 satiatus sum t r . , 107 Mariae] marre, 355— 357 keine Lücke usw. NP = E bzw. E c: I 1,28 proprie, 68 simul alia t r . , V I II 1, 4f. prouectos aetate, 7 interrogatus, 11 anima] an. mea, 57 necessarios] nec. tres, 58 monachis, actuali] act. uita, 69 ac scripta de monachis, 74 esca, 90 sequens, 169f. ait tu, 171 linguam] 1. tuam, 230 continen­ tiam, 246 eos, 250 uictum, 262 actionibus] act. eum, 353 matris, 392 uestium,402 expergefactus, 416 fugae licentiam und vieles andere. X I 3 ,4 — 6 ist ausgefüllt (aber außerdem : sed sustinere nach soleat im Text gelassen wie in E).

IIIc = Hss. 4 6 -5 9

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P = E : I 1, 8 hostem bene, 38 theoprobum; N = E : V III 1, 57 conscripsitque] conscripsit quoque. NP anders als E bzw. E° (also in der NP gemeinsamen nicht er­ haltenen Vorlage geändert): IV 18, 22ff. Philippus autem a thermis ad ecclesiam conc. un. E ] Philippo autem a thermis egrediente ad ecclesiam conc. u n .,1 1, 2 0 dicam]loquar, 86 medium diemir., V III 1, 7 alius] alius uero, 30 mulierem vorhanden, 36 iudicatur] iudicabitur (zufällig = T), 105 tua] quae habes, 132 conuenienter] diligenter, 191 aliquid ora., 191 f. mente semel t r . , 209 Antinoo] antinia. Also die Vorlage von NP benutzte wohl auch noch eine zweite Hs. (vgl. V III 1, 30 u. a.) und änderte selbständig an sehr vielen Stellen. Aber auch die zweite Hs. muß der lückenhaften Klasse angehört haben, da in IV 18, 22— 25 die Lücke nicht gefüllt, sondern nur überbrückt wurde. Die zahlreichen Einzelverschlechterungen bei N oder P aufzuzählen hat keinen Zweck. Etwa N : V III 1, 245 Mareotem] mare deuote E , mare octeanum deuote N . Bei M war auch keine der herangezogenen Hss. frei von den ständig erwähnten Lücken. So sieht IV 18, 22— 25 hier folgendermaßen aus: Philippus autem a thermis egressus ad ecclesiam uenit conc. uniu. II 24, lOf. ist lückenhaft geblieben; I X 19, 13— 15, X I 3, 4 — 6, X I I 4, 4f. sind richtig. Unter den Lesarten von M, die im übrigen die Hs. als nicht besonders wertvoll erscheinen lassen, verdienen zwei Beachtung ( V I 4 0 ,12ff. ist in M auch in Ordnung, s. o. E) : V III 1, 230 conscientiam und 245 mareote richtig wie im Archetypus, also war die Haupt Vorlage keine Hs. der bayerisch-norditalienischen Klasse, sondern eine solche (Abkömmling von E) wurde nur zur ständigen Kontrolle herangezogen. Durch den Korrektor von M wurden noch einige NP-Lesarten in den Text gebracht: V III 1, 90 exhibens M , sequens M c , 402 experrectus M ] expergefactus M c } aber auch viel Unsinniges hineingetragen wie : 209 Antinoo ciuitate] antonii ciuitate M , antonii cella M c . Von M selbst noch einige Les­ arten zur Charakteristik: V III 1, 38f. (nach enarrabat) per — ora­ bat ora., 45 curas] curationes (öfter), 52 prius s. s. philosophatus ora., 112f. per animae ora., 180 possim] debeam, 209 Antinoo] antonii. Zu Anfang von I 2 steht allgemein in der Überlieferung : Salam hermiae sozomeni ecclesiasticae historiae I I ; M hat über Salam hermiae von der ersten Hand: pacifici uiri (als Glosse offenbar), N im Text Salam uermiae id est pacifici u ir i. . ., P nur : Salam neremie s. e. h. I I ; N hat die Lesart nicht aus M, sondern der gemein­ samen Quelle.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Nun soll etwas über die Nachwirkung von T gesagt werden. Eine direkte Abschrift der bereits korrigierten Tegernseer Hs. mit all ihren Fehlern ist 53 München 17126 (Scheftlarn) s. X I I . Und zwar ist diese Kopie so genau ausgeführt, daß außer wenigen Umstellungen und winzigen Versehen nur ganz selten eine Abweichung begegnet. So hat z. B. der Titel V I 36 hier die Form . . . matrona publia, V III 1, 12 annum se t r . , 154 enim ora., 193 itaque] igitur. W ie meist bei Abschriften dieser Zeit, ist auch hier kaum etwas von einem Korrektor zu merken, in dem Probetext V III 1 findet sich nur eine auffallende Änderung eines solchen: 356 uiuere] uidere desideraret. Nachdem der Text bereits abgeschrieben war, wurden in T noch einige Korrekturen vorgenommen, die natürlich nicht in Scheftlarn erscheinen können. So hat T und Scheftlarn V I II 1, 314 genuis, erst Tc in gotischer Kursive : genibus. Schwieriger ist es, den Einfluß von T genau aufzuweisen bei 54 München 2685, einer 1328 in Aldersbach geschriebenen Hs. = A . Vorweg möchte ich meine Ansicht dahin formulieren, daß die Vor­ lage dieses Codex von einem S etwa ähnlichen, nicht erhaltenen Vor­ bild und außerdem gleichzeitig von einer Hs. wie T c stammt, wozu noch eine Fülle eigener Zusätze und Änderungen eingefügt worden sind ; A selbst vereinigt all dies und ist sehr sauber und ohne Korrek­ tur geschrieben. Dafür einige Beispiele : Die Lücken II 23. 24; IV 18; X I 3 sind genau wie in T c gefüllt, I X 19 wie in T° nicht, X I I 4 ist in beiden in Ordnung, der Titel V I 36 la u te t. . publia matrona, V 44 wie in T. Außerdem A = T c: I 1, 16 ilia] ilia fore, 47 autem] autem césar, 106 dementia] cl. benignitate, 111 praecipis] pr. diligenter, 120 principium, V I II 1, 55 nam tanta, 58 ad monachatum, actuali] act. uita, 90 sequens, lOOf. narranti cessa inquit, 161 cum romam cum ath. ueniret, 180 passim, 199 ammonium, 209 antinomio ( s i c ) , 230 continentiam, 239 annos, 270 articulos . . solutos, 273f. ydropicam, 282 sanus . . essem, 392 uestium, 416 fugae licentiam, 431 Heliodorus pl. fertur u. a. m. Übrigens schließen schon die wenigen Varianten in Scheft­ larn eine Abhängigkeit von dieser Hs. aus, da sie in A nicht be­ gegnen. Dem stehen aber richtige Lesarten in A gegenüber an Stellen, wo T bzw. T c ab weichen: V III 1, 4f. aetate prouectos, 7f. autem] uero T , 11 anima] an. mea T , 31 ploraret] plorasset T , 36 uiolento iudicatur] uinolento iudicabitur T , 245 solitudine] s. alii in mareote T c , 245 mareote] mare deuote T (auch in S, aber A hat wahrschein­

IIIc = Hss. 4 6 -5 9

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lieh unter Verwendung von Tc 245 den Text richtig wiederherge­ stellt), 367 illic] hic T usw. Dazu treten, besonders zu Anfang der Schrift, ganz außerordent­ liche eigene Änderungen, die zum Teil darauf schließen lassen, daß in der Vorlage viele Synonyme und anderes übergeschrieben waren, die in A selbst im Text stehen (in T ist f. 1— 2 später in gotischer Minuskel eingefügt; von den ursprünglichen Blättern, die den Text bis I 1, 21 superasti deo boten, sind aber vier Streifen aus München 18357“ gelöst und so erhalten und schon von W . Meyer nach seiner eigenen Eintragung der richtigen Hs. zugewiesen worden; die Er­ gänzung gehört der gleichen Familie wie T an; A ist von beiden verschieden): 1 1 , 3 diligentiae] diligentissime, 12 itaque] ergo, 14 cingula] c. uel strophium, 18 uerus] uerissimus atque uenustissimus, 20 potentissime] piis|ime ac potentissime imperator, 21 iuuante] donante ac adiuuante,. . ., 74 obiciens] opponens,. ., V III 1, 31 inquisitus quare] requisitus cur, 88 interrogationis] sermonis, 105 tua] que habes (zufällig = NP (50. 51), aber interessant, daß solche Änderungen mehrmals von neuem entstehen können), 108 geruntur] aguntur, 176 feminarum] mulieium, 186f. comperisset] comperire potuisset, 205f. a paruulo nutritus] a puericia enutritus, 221 nullus] nemo, 222 interius] intus, 233 palam] aperte, 245 circa Mareotem] in mareote, 262 actionibus] act. eum ( = E ) , 266 codicem] libro, 283 iuuentute] senectute, 354f. de cetero fore] ultra. Diese ausge­ wählten Beispiele illustrieren, glaube ich, sehr gut, wie das stilistische Bemühen hier den schon nicht einheitlichen Text völlig umgestaltet hat, so daß erst durch langes Vergleichen die Bestandteile getrennt werden konnten. 55 Stuttgart 402 (Komburg) s. X /X I = S gehört, wie schon ausge­ führt, als außerordentlich treuer Zeuge der bayerisch-norditalieni­ schen Klasse an, wurde nur sehr selten korrigiert und weist daher die Lücken und sonstigen Kennzeichen seiner Abstammung noch sehr genau auf. Varianten gibt es sehr wenige: I 1, 103 dignum habuisse] dignum debuisse, 112 cunctos] cunctis (häufige erleichternde Lesart), V III 1, 49 hilarior] hic largior, 75f. quendam fratrum] quendam fratrem, 166 episcopatum] episcopotum, 176f. imitationem] in mu­ tationem, 291 Mariam] maram (maris S c ) , 293 diuo] duo (duobus 8 ° ) , 298 beatitudinis] beatudinis. Wichtig ist eine Korrektur II 3, 12 illuderet] illud erit 8 , illud displicuerit 8 C, illud displiceret S c ' . Die mitgeteilten Lesarten zeigen, daß es sich hier um eine äußerst zuverlässige Hs. handelt, die nur wenige mechanisch entstandene Versehen enthält.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

S wiederum hat zwar keine direkte erhaltene Abschrift erzeugt, aber der ganze Rest der Familie ist mittelbar von S abhängig. Meine Ansicht ist dämlich die, daß die noch übrigen selbständigen beiden Glieder der Familie II I c von S abstammen, aber beide nach T c korrigiert worden sind, und zwar die Wessobrunner Hs. (56 München 22015 s. X I ex. = W ) erst in dem erhaltenen Exemplar, während M ( = 5 7 , Maihingen II. 1. fol. 189, geschrieben 1462 in S. Magnus, Füssen) schon in der Vorlage diese Korrektur erfahren haben muß, da M selbst keine Verbesserungen aufweist. M W = S: V III 1, 49 hic largior, 176f. immutationem, (M = S : I 1, 112 cunctis, V I II 1, 291 maris), II 3, 12 illud displicuerit (also die zweite Korrektur in S wurde nicht beachtet), schlagend aber ist folgendes: der Titel IV 30 (epistola . . . sunt cassata) ist im Verzeich­ nis von S ausgefallen und erst vom Korrektor am unteren Rande der Seite nachgetragen, wobei er zufällig hinter dem letzten Titel dieses Buches zu stehen kam. In M W nun steht der Titel IV 30 tat­ sächlich ohne jede Korrektur am Ende des Titelverzeichnisses von Buch IV . Damit ist die Abhängigkeit beider Hss. bewiesen. Titel V 44 hat die richtige Form, nicht die von T. Zahlreicher sind die Fälle freilich M W ° = T bzw. T°, die von einer intensiven Korrektorenarbeit zeugen, und zwar stehen diese Lesarten in W ° alle auf Rasur, nur sehr selten ist der erste Text von W noch erkennbar: I 1, 16illafore,47 autem césar, 120 principium, V I II 1, 11 anima mea, 36 uinolento, 58 actuali uita T C W C, actiua uita M , ad monachatum T c ] monachatus, 90 sequens, 107 contemplatiuus, 245 solitudine alii in mareote T c] solitudine mareote M W C , 245 Mareote] mare deuote, 416 fugae licentiam, 1123, 1 3 f .. . captiuauit, X I 3, 5 inferre non soleat sed sustinere. Diese Korrekturen sind zu verschiedenen Zeiten und in verschie­ dener Menge eingedrungen, W ° hat sehr viele von T c, wo M noch den richtigen Text hat ; W c = T bzw. T c (nicht in M) : I 1, 106 clementia benignitate, 111 praecipis diligenter, V I II 1,161 cum romam cum athanasio ueniret, 199 hominum M ~ \ ammonium W c , 334 pago, 431 He­ liodorus pl. fertur usw. Auffällig bleibt die Übereinstimmung von M W ° bzw. M W gegen TS in zwei Fällen: I 1, lO lf. principum om., V I II 1, 405 in Rinocorura] in nirocorura W c , nirocurura M (also auch diese wichtigste Variante der Gruppe I konnte unabhängig davon von neuem ent­ stehen). Diese Varianten sind in der M W gemeinsamen Vorstufe entstanden, die in der Zeichnung auch angedeutet ist.

IIIc = Hss. 4 6 -5 9

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W in seiner noch nicht korrigierten Form enthielt alle Lücken, die jetzt nach T c sämtlich gefüllt sind (nur I X 19, 13— 15 blieb natürlich in M wie in W die Lücke, die auch in T und S nicht gefüllt war); allein V III 1, 100 f. nuntianti (richtig gegen T) oder 367 illic würde die ursprüngliche Unabhängigkeit von T beweisen. Die Eigen­ lesarten von W (also nicht in M) vermehren nur die Fehlerliste:. V III 1, 17 tricesimi] uicesimi, 140 tantummodo om., 226 amplius] amplius quam (eine sehr häufige Änderung) W c , 261 f. bonis actioni­ bus] bonas actiones, 351 perpetua] eterna usw. M hat ebenfalls eine ganze Reihe Sondervarianten, darunter einige von der Art wie V III 1, 83f. uas electionis] abbas, so unsinnige wie 3 fuit] fecit, 115 uidetur] iudei, die paläographisch freilich leicht verständlich sind. Besonders auffällig aber ist der Anfang von I 1, wo der Sinn durch Einbeziehung einiger Wörter in einen falschen Satz ganz zerstört ist: Iff. in Theodosium imperatorem. Aiunt antiquis principibus diligentiae studium fuisse] in theodosium imperatorem antiquis principibus diligentie. Ferunt studium fuisse. Da nach S dieser Fehler nicht erklärbar ist, muß man auch aus diesem Grunde eine Stufe zwischen M und S ansetzen. Von dieser 1462 in Füssen geschriebenen Hs. M ist nun wörtlich abgeschrieben 58 = München 12237 (Raitenbuch), 1464 abgeschrie­ ben für Leonhard Ailantsee, camerarius capituli Faucensis (also an einem Ort in einer Zeit von 2 — 3 Jahren zwei Abschriften), mit allen eben zum Teil für M aufgezählten Sonderlesarten, und zwar so getreu, daß man ohne die feststehende Datierung nur schwierig die Abschrift von der Vorlage unterscheiden könnte. Nur V III 1, 70 sic] sic = sicut, 203 fuerunt] fûnt = ferunt sind an Varianten für die Probekapitel zu nennen — eine ganz ungewöhnlich gute Kopie; dazu kommt ein beim Vergleich des Originals verständlicher Aus­ fall: I 1, 96— 97 unde — Alexandrum om. Mit diesen beiden Hss. sehr verwandt ist die Inkunabel b = Augs­ burg 1472, die neben unzähligen anderen Fällen: I 1, 101 f. principum om., V III 1, 405 nirocorura, aber auch 1 1 , 3 Ferunt statt Aiunt (die Stellung der Wörter ist aber wieder richtig) u. a. von M enthält; V III 1, 83f. ist uas electionis ausgelassen, 3 fuit und 115 uidetur ist richtig. Da die Lücke I 1, 96f. (in Raitenbuch) hier nicht begegnet und auch verschiedene Varianten von Maihingen-Raitenbuch nicht, ist die Inkunabel entweder nach einer Schwesterhs. von M oder nach M selbst unter Zuhilfenahme einer anderen Hs., die an den frag­ lichen Stellen besser gewesen sein muß, gedruckt worden. Mehr

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

kann man kaum erreichen. Ein näheres Eingehen auf den Text lohnt nicht. Die Hs. 59 München 23448 (ZZ 448, also unbekannter Herkunft aus Bayern) s. X enthält nur Exzerpte aus den Büchern V I I —X I I , leider nichts yon V III 1 ; nach einer Stelle in V II 36 konnte eine Ver­ wandtschaft zwischen dieser Hs. und denen aus Wessobrunn, Maihingen und Raitenbuch festgestellt werden. Zur süddeutschen Gruppe gehört dieses Stück auf jeden Fall. Nur möchte ich auf den auch nicht sehr ergiebigen Erweis verzichten, weil ich die Texte dazu erst mitteilen müßte. Nach der Behandlung aller einzelnen Zeugen wird jetzt deutlich geworden sein, wie die Verästelung der Überlieferung in dieser größ­ ten Familie (eigentlich eine Doppelfamilie F E T u. S) vom 10. bis zum 15. Jh. zugenommen hat, anderseits aber auch, wie lebhaft hier die Besserungsarbeit hin und her gegangen ist, schließlich, wie unbrauchbar für die Herstellung des Textes alle diese Hss. sind, eben weil ihre Schreiber nicht stumpfsinnig abschrieben, sondern beim Schreiben auch an grammatische Regeln u. dgl. dachten. Das mag für I II bc genügen. Für I I I c war mir die Behandlung insofern erleichtert, als die Hss. fast alle sicher lokalisiert sind, zum Teil sogar datiert, und ich sämtliche Texte im Original vergleichen konnte. Ein so günstiger Fall, daß die Texte wie hier netzartig ein so begrenz­ tes Gebiet wie Bayern umspannen und so zahlreich erhalten sind, begegnet in der gesamten Überlieferung nicht zum zweiten Male.

ffla = Hss. 35-40 35 Madrid 14 s. X I I = M, 18 Monte Cassino 302 s. X I I = C, 36 Venedig 3484 s. X I I = V , 37 Mailand Ambros. D 95 sup. s. X V , 38 Mailand Ambros. C 142 inf. s. X V , 39 Oxford Canonici 109 (1465) = O, 40 Rom Vat. 5952 s. X V = R. Davon enthält C nur den zweiten Teil der Schrift von V I I 24 an (s. S. 70) ; 37 und 38 werden sich als Abschriften von V erweisen; die übrigen Hss. MC VOR (wohl sämtlich italienischen Ursprungs) gliedern sich so, daß MC (M zeigt noch den ältesten Zustand der Familie) zusammengehören, anderseits

I lla = Hss. 35 —40

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V O R , wobei wiederum die späten OR einander besonders nahestehen und durch eine dazwischen liegende Stufe Verbesserungen und Ver­ schlechterungen erfahren haben. V zeigt noch deutlich die Ver­ wandtschaft mit MC, ist aber zum Teil in der Vorlage auch schon verbessert. Jede einzelne hat weitere eigene Verschlechterungen. Die ganze Familie gehört deutlich zur Klasse II I bc, nur ist in der erst im 12. Jh. auftretenden Familie l i l a keine Abhängigkeit von einer noch erhaltenen Hs. nachzuweisen. Das mögen einige Lesarten illustrieren, zunächst für die Zusam­ mengehörigkeit mit I II be: II 23, 13f. lückenhaft in M, inuitauit O R , ausgefüllt in V ; II 24, 10 f. lückenhaft in MOR, ausgefüllt in V ; IV 18, 22ff. lückenhaft in M, Philippo autem a thermis ad ecclesiam properante cone. uniu. R , ausgefüllt inV ; I X 1 9 ,13£E.XI 3,4f.dieLücke in MC VOR erhalten; X I I 4, 4f. delaberatum est aduenit M , delaceratum est aduenit C , dilaceratum est aduenit F, deliberatum est aduenam richtig verbessert OR. Außerdem: I 1, 10 prestabantur M , prestabant O R , richtig V ; V I II 1, 55 eorum, 67 uirgines, 74 dicta, 107 contemplantibus M V O R , contemplatiuus C , 145 contrarios sperat G V O R , c. spirat M , 153 studiorum, 158 autem, 195 non minus M G V , Nominus R , Dominus 0 ; theonas, 199 hominum, 207 etiam ut, 347; 349f. huius mundi M G V , huiusmodi O R , 392 uestitus, 430 alios . . quendam M V , a lii. . quendam G , alios . . quosdam O R . MCVOR anders als I l l b c : V III 1, 33 turpiter] turpis ( = FET in I I I c), 107 Marie G ] mire M V O R , 173 miraculaque] miraque M V O R , mirabiliaque G , 192 perceperat] receperat M G V R , reppererat O , 353f. conuersionis] conuersationis M V O R , conuersaturus C . Schon jetzt sieht man gut, wie C an vielen Stellen ohne bessere Vorlage von sich aus ändert. Dazu kommen noch solche Lesarten, die sich jetzt besonders in MCV finden, während OR entweder den Text wieder gebessert oder weiter verschlechtert haben: V III 1, 7 Pior] prior M G V , pior O R , 18f. passus M C V ] p. est R , est p. O , 199f. hominum a nullo M G V , a nullo hominum O R , 310 uirtute O R ] uirtutis M G V . A u f einen schon I l l a gemeinsamen Fehler führt auch zurück 364 gratificata] sacrificata C R , satiata M V O . Wie frei hier überall geändert wurde, zeigen Beispiele wie: V III 1, 77 cibi ieiunio (7] cib’ ieiunio V , cibum ieiunus M , cibos ieiunus O R ; 83 relegit] relegi M , legi V R , religio est G , o m . O; 150 iniquitas c. influentias M V , iniquitatis c. infl. M ° , iniquitates c. inii. C , iniquas 7

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

c. influentes O R ; 245 mareote M V B , mare mortuum G , mare Ο; 430 s. ο. Schon aus der bisher gebotenen Auswahl geht das meiste klar hervor: die Gruppierung MCV, das häufige Abweichen von C (dazu gehören auch die scheinbar guten Lesarten von C), die Verwandt­ schaft OR. Dafür daß V von dieser Gruppe noch am meisten zu OR gehört, zeugen u. a. : V III 1, 132 semina et ea plantare G ] seminare Μ , seminae terram plantare V O R ; 305f. quod ind. qui m .a .t. om. V O R; 395 potuerunt] potuerant VO R; 415f. dederunt fugam M C ] di­ xerunt fugam F, dixerunt fuge OR. Sämtliche fünf Handschriften sind durch so zahlreiche Sonder­ fehler verschlechtert, daß es sich nicht lohnt, sie irgendwie näher zu betrachten. Von OR steht R dem gemeinsamen Vorbild näher, während die Fehler in O verschlimmert sind: V I II 1, 73 sicca M C V ] facta R , bona facta 0 ; 192 receperat M G V R , reppererat 0 ; 195 non minus M C V , Nominus R , Dominus 0 ; 364 gratificata] sacrificata C R , satiata M V O . Aber aus eigenen Fehlern in 0 wie in R ergibt sich, daß 0 nicht etwa von R abgeschrieben ist. Dagegen ist von V abgeschrieben 37 Mailand Ambros. D 95 sup. s. X V und von der letzteren 38 Mailand Ambros. C 142 inf. s. X V . Und zwar ist 37 wohl eine direkte Abschrift von V , sie wurde aber korrigiert nach einer besseren Hs. (aus Gruppe I vielleicht), freilich auch oft verschlechtert; 38 ist von 37 ab­ geschrieben, als in dieser die meisten Korrekturen noch nicht vor­ genommen waren. V und 37 haben gemeinsam den ganz eigenartigen Beginn der Hist, trip. : Incipit historia ecclesiastica que tripartita uocatur. a cassiodoro uidelicet senatore romano ex tribus grecis philosophis assumpta, id est socrate sozomeno et theodorito atque ab eodem cassiodoro ad sancte ecclesie utilitatem de greco in latinum translata, in cuius uoluminis exordio hanc edidit prephationem. Utiliter . ., ferner neben unzähligen anderen Beispielen: V I II 1, 76 curauit] turbauit, 212 conuersando] conseruando, 254f. quantum operando] quando usw. Dann wurde 37 korrigiert, aber meist nicht die im Text stehenden Lesarten, sondern nur die durch die Abschrift von V entstandenen Lücken: V III 1, 13 non tamen om. V 37, in mg. 37°; 33 placere deo om. V 37, in mg. 37c; 204 habuit donum om. V 37, in mg. 37c;

Illd = Hs. 60

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254 f. quantum operando] quando V 3 7 , i n m g . operando (quando aber nicht verbessert) 3 7 c . 38 hat die Varianten V III 1, 76; 212; 254f. (quando), die Lücken 13 ; 33 ; 204, ist aber trotzdem nicht von V , sondern von der noch nicht korrigierten Hs. 37 abgeschrieben, wie es außer durch eine Fülle von Lesarten (V III 1, 210 atque decimum V , o m . 3 7 . 3 8 usw.) am besten dadurch bewiesen wird, daß in 38 f. 36r (wo gar kein Lagenübergang ist) am untern Rande senkrecht lumine deum uerum steht (was auch nicht zum Seitenübergang paßt), dieses aber in 37 f. 180v die richtige Reklamante ist, die also unsinnigerweise mit abgeschrieben wurde. Dasselbe geschah bei anderen Reklamanten. Diese Beob­ achtung machte schon W . Eltester beim Photographieren der Hs. in Mailand. Sonst bieten diese beiden Prachthss. 37 und 38 keinerlei Interesse. Der Wert der ganzen Familie ist nach allem, was gesagt worden ist, nicht höher einzuschätzen als der von I II bc.

nid » Hs. 60 60 Douai 297 s. X I (Marchiennes, nordöstlich von Douai). Diese Hs. gehört ihrer Verwandtschaft und einem Teil ihrer Les­ arten nach, besonders freilich durch ihre Korrekturen der letzten Gruppe an (VI), aber viele Lesarten der Grundschrift zeigen deut­ lich, daß die Hauptquelle des Textes die gleiche war wie die von IH ab c. II 23, 14 steht captiuauit, darüber uel captauit (s. die Tegernseer Hs. 52 und andere) ; II 24, lOf. ; IV 18, 22ff. sind die Lücken gefüllt, nicht aber in X I 3, 4, und in X I I 4, 4f. heißt es . . delaceratum est aduenit. . Allein die letztgenannte Lesart entscheidet schon, und doch stehen den Kennzeichen von III bc manche völlig korrekte Formen gegenüber, die beweisen, daß hier ein Mischtyp aus zwei Gruppen vorliegt. Marchiennes liegt schon im Gebiet der Gruppe V I, das macht sich sehr bemerkbar. 60 hat von vulgären Lesarten: V III 1, 55 illorum] eorum, 67 uirginem] uirgines, 74 dieta] dicta, 87 in quaestione] inquisitione, 107 contemplatiuus] contemplantibus, 153 stude horum] studiorum, 195 non minus . . theonas, 199 hominum, 207 ita ut etiam] etiam ut, 392 uestis] uestitus, dagegen aber die guten Lesarten: I 1, 10 prae­ sentabantur, V III 1, 145 contra eos spirat, 158 itaque, 347; 349f. huiusmodi, 430 aliüm . . quendam. Sogar V III 1, 33 turpiter und 150 iniquitas c. influentias sind noch unverändert.

100

IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Ille = Hss. 61—62 61 Rom Pal. 824's. X I /X I I (Lorsch) = P, 62 Oxford Bodl. mise. (Laud) 440 s. X I ex. (vielleicht aus Süddeutschland) = 0 . Beide Hss. gehören irgendwie zusammen, ohne daß die eine A b ­ schrift der anderen wäre. Auch hier liegt wie in I II d ein Mischtext vor: einmal ist der Ursprung von der Gruppe I I I sehr deutlich, anderseits sind Beziehungen zu 49 S. Jacob Mainz vorhanden (daß 50. 51 s. X V oft die gleichen Lesarten aufweisen, darf wegen des Alters dieser beiden Hss. unberücksichtigt bleiben). Lorsch liegt dicht bei Mainz und nicht allzu weit von der Heimat der Mehrzahl der süddeutschen Hss. entfernt. So bestätigt die hier mögliche Lo­ kalisation wieder das Ergebnis, das aus den Kollationen gewonnen wurde. Stärker ist noch die Verwandtschaft mit der Mainzer Hs. bei O. In beiden Fällen aber kommt, weil Mainz jünger ist, keine Abhängigkeit von dieser Hs. selbst in Frage, sondern die Lesarten stammen etwa aus der Quelle von Mainz. Zeichen der Gruppe I I I in beiden Hss. O P: 11 23. 24 sind die Lücken noch nicht ausgefüllt oder verändert. Die Stellen I X 19; X I 3 ; X I I 4 sind völlig in Ordnung, IV 18 ist in P erst vom Korrektor selbst (richtig) gefüllt. Außerdem I 1, 10 prestabantur, 20 o o m . , V III 1, 55 eorum, 67 uirgines, 74 dicta, 83 relegi, 145 contrarios sperat, 153 studiorum, 158 autem, 195 non minus . . theonas, 199 hominum, 204 salutis, 207 etiam ut, 347 ; 349f. huius mundi, 392 uestitus, 430 alios . . quendam. 107 contemplatibus hat wenigstens noch O gegen contemplationibus P . Gemeinsame Varianten eigener Art in O P: V I II 1, 77 cibi ieiunio] cibis ieiunio (so auch 6 7 . 6 8 ) , 245 Mareote] mare oceanum (so auch 6 4 . 6 5 ) . OP = Mainz (49): I 1, 143 filios filiorum t r . , V I II 1, 44 miracula] miracula et, 60f. contradictorius] dicturus et, 87 in quaestione richtig, 150 iniquitas c. influentias ω] iniquitatis c. influentes (es auf Rasur) M , iniquitatis c. influentia O P , 153 materias richtig (87 und 153 finden sich in der Verwandtschaft von M nur hier, weder in 47 noch in 50. 51). P = Mainz: I 1, 146f. über Salam hermie sozomeni von anderer Hand: hoc est pacifici uiri sozomeni (vgl. Mainz, S. 91). O = Mainz: I 1, 23 signum] insigne, 47 per] per quemque M , per unumquemque O, 116 utique] ut. uirorum, V I II 1, 31 ploraret] plorasset. Dieser Einfluß gerade von Mainz bzw. dessen Vorlage ist

U l f = Hss. 6 3 -6 8

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sicher, da weder in E c (47) noch in NP (50. 51) sich alle diese Les­ arten finden (I 1, 143; V III 1, 44; 6 0 f .; 87 nur in Mainz), wenn auch sehr viele. Außerdem haben O wie P eine Reihe von Einzelfehlern, P nur leichte und wenige, O viele und von aller Art. P z. B. V III 1, 36 iudicatur] iudicabitur (oft), 87 permanemus] permanebimus, 104 uerbum om., 136 ait] dixit (oft). O z. B. I 1, 58 disceptare] examinare, V III 1, 21 culparet om., 24 noto] uero, 78 sicuti] sine, 98 comedebam] manducabam, 137 crebra] celebra, 197 prouidentia prophetiaque] prouidentiaque, 232 se uenientium] seuientium, 238f. qui quadraginta] quinquaginta aus quiquaginta (auch so können Zahlen verändert werden), 398 duce­ retur] traheretur (die gleiche Variante in 127. 128): wieder ein gutes Beispiel dafür, wie unabhängig voneinander gleiche Lesarten ent­ stehen können. Wie alle Mischtexte überhaupt kann natürlich auch der von OP weiter keine Berücksichtigung finden.

fflf = Hss. 63-68 63 Madrid Palastbibi. 2 C 2 s. X I I I /X I V = M, 64 Bern 116 s. X V = B, 65 Troyes 266 s. X I I = T, 66 Troyes 250 s. X I I (Clair­ vaux), 67 Rom Vat. 1970 s. X = R, 34 Florenz Fiesoie 159 (1424) = F, 68 Venedig 3124 s. X V = V. Davon gehört 34 nur für den ersten Teil der hist. trip, bis II 19 (s.o. S. 78) dieser Familie als Abschrift von R an. Der Heimat nach sind die aufgezählten Hss. schwer zusammen­ zubringen, die älteste (R) ist wohl aus Italien. Auch sonst ist die Gemeinsam­ keit zwischen allen nicht sehr stark. R V gehören eng zusammen und zei­ gen noch sehr gut die Merkmale der lücken­ haften Klasse; M BT da­ gegen haben an den

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Stellen II 23—X I I 4 nicht mehr irgendeine Lücke oder einen Fehler. Anderseits vhaben R V + M BT mehrere sonst nicht so häufige Varianten gemeinsam, die sie zu dieser Familie zusammen­ fassen. Vielleicht sind in der M BT einmal vorausliegenden Vorlage alle Lücken richtig gefüllt und Fehler verbessert worden, zum Teil ist dies ja auch sonst häufig geschehen. Von M BT hat sich M am frühesten getrennt, während B T als nähere Verwandte noch mehr Veränderungen gemeinsam haben. R V stimmen mit I I I b c überein: II 23. 24; IV 18; I X 19; X I 3 lückenhaft; X I I 4, 5 delaceratum est. Aduenit ab antiochia deuocare B , delaceratum est. Aduenit ab antiochia deuorare V ; I 1, 10 prestabantur B , prestabant F, 20 o om., V I II 1, 55 eorum, 67 uirgines, 74 dicta, 83 relegi, 87 inquisitioni (sic), 107 contemplantibus B , contemplationibus F, 145 contrarios sperant ( s i c ) , 153 studiorum, 158 autem, 195 non minus . . theonas, 199 hominum, 207 etiam ut, 347; 349f. huius mundi, 392 uestium ( s i c ) , 430 alios . . quendam. Dazu kommen noch sehr viele Lesarten, die R V , besonders auch R CV außerdem gemeinsam haben: I 1, 40 Cretes] Crete B , cretenses in m g . B c , Cretenses F, 64 faciat B ] facias B C V , 71 potiores B , potior es B C V , 96 quo] qui, V I II 1, 3 Arsius] arsenius (diese Ände­ rung ist sehr häufig in allen Zweigen der Überlieferung später vor­ genommen worden), 33f. ut turpiter placere possit] turpis placere, 58 monachus] monasticus, 58f. cognitionalis] cognitione uel, 67 quamque] quam, 77 cibi ieiunio] cibis ieiunio ( = 61. 62), 89 prima] premia B , prenimia i?cF, 99 reclinatus] reel, sum, 114 diuersa] diuisa B , diuisum B C V , 193 philosophabatur] philosophatur ( = Gruppe I), 212 conuersando] conseruando ( = 36), 221 muniens] ueniens, 227— 228 (nach praesidebat) qui — adhibebat o m . , 230 cuiuspiam] quispiam, 245 Mareote] mareote B , mare idiote B CV , 252 senectute i?] senectu i?°F, 255— 256 (nach comedendo) natura — comedendo o m . , 261 aut ad daemonem o m . , 272 olei facta] olfacta, 279 quoniam] quô B , quod B C V , 288 fuisse] se, 309 (nach conuersus) repente] reuersus, 341 utilis] utiliter, 385 illis o m . , 397 uinctus] uinctis, 402 uinculis solutis] uinculum soluitur, 428 multa o m . , 431 penitus o m . Besonders auffallend aber: V II 40, 218 hört der Text mitten auf der Seite mit quieuerunt in R auf und bringt Buch V I II erst auf der nächsten Seite, in V ist die gleiche Lücke, aber der Text hintereinander geschrieben, ohne daß also noch äußerlich etwas von dem Verlust zu merken wäre. Und doch möchte ich für die ganze Hs. V nicht eine direkte Abschrift annehmen,

I l l f = Hss. 6 3 -6 8

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da in I 1 besonders R auffallende Varianten hat, die in V nicht be­ gegnen; dagegen konnten die wenigen in V III 1, die V nicht hat, wohl leicht verbessert werden, so daß dort eine Abschrift anzunehmen wäre: V I II 1, 252 a iuuentute sic uiuens V ] a iuuentute sic iuuenis 12, 267 f. delentem. Iohanni] delentem Iohannem B , delentem Piamoni V und noch leichtere Fehler. Da die Verwandtschaft R F II 19 aufhört (s. o. S. 78), könnte man annehmen, daß von da an V von R direkt abgeschrieben ist, während man bis dahin vielleicht mit noch einer zweiten Vorlage für V wird rechnen können. V hat im übrigen über die R V gemeinsamen hinaus noch so viele und grobe neue Fehler, daß die Hs. wie nach den Beispielen übrigens auch R keinen Wert mehr besitzt. So etwa V III 1, 147"Thmuitanorum] thimuit annorum B , über annorum: alii angelorum B c , triginta annorum F, 166 pontifice ad episcopatum I?] episcopo ad episcopatum F, 241 plurimorum I?] multorum F, 262 actionibus B ] accusationibus F usw. R F stimmen in I 1 überein: 10; 20; 26 iudexque] iudex qui, 44 parciores] portiores B , fortiores B CF , 64 faciat B ] facias B CF ( = F), 71 potiores B , potior es B CF ( = F), 75 iuste sed B c ] iustised B , iustis sed F (sed F), 92 largitate] claritate, 94 claritatem] largi­ tatem, 96 quo] qui, 114 mihi B , darüber sozomeni B ° , mihi Sozomeni F , 120 principem B , i n m g . uel principium B c , principem uel princi­ pium F , 133 Iouiano] iouiani. Hier ist, da nur Abweichungen von F gegenüber R Vorkommen, die Abschrift wohl gesichert. Nun die Lesarten, die R bzw. R° einerseits und M BT anderseits gemeinsam haben: I 1, 10 prestabantur, 71 potior es, V III 1, 3 arsenius, 58 monasticus, 67 uirgines, 107 contemplantibus, 114 diuersa] diuisa B , diuisum B c , diuersum M B T , 153 studiorum, 158 autem, 180 possim o m . , 195 non minus . . theonas, 199 ho­ minum, 347 huius mundi. R bzw. R° = B T außerdem: 1 1 , 2 0 o o m . , 44 parciores] por­ tiores B , potiores B T , 92 largitate] claritate, 94 claritatem] largi­ tatem, V I II 1, 177f. atque 12] et B CB T ; wenn BR die Lücke 255f. (s. o. unter RV) gemeinsam haben und 221 muniens] ueniens B , inueniens B ähnlich sind, so konnten diese beiden Lesarten auch von neuem entstehen, ohne daß die Hss. enger zusammengehörten. M BT unter sich sind gleich (aber gegen R ): I 1, 95 reddidisti] de­ disti, V I II 1, 26 quodam 12] a quodam, 33 turpiter richtig] turpis B , 51 opere rebusque B , operibus, 74 dieta] uita (dicta B ) , 77 cibi ieiunio] cibum cum ieiunio, 82 adest 12] adfert, 99 paululum rapie-

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

bam R ] capiebam paululum, 105 uende i2] Uade uende ( = 1 3 1 ) , 131 primi] premia ω Β , prima, 145 quis est iü] qui sunt, contra eos spirant fast richtig (contrarios sperant R ) , 169 deo i?] de hoc, 288 fuisse] se R , o m . M B T , 320 hospitium R ] h. cum, 334 etenim R ] etiam, 392 uestitus, 430 alios . . quosdam. Schließlich nur B T gleich (aber gegen R) u. a .: 1 1 , 4 2 statua] statuta, 85 iter faciebas t r . , V III 1, 40 fuerunt] erant, 41 nomine uterque Macharius deo amabiles t r . , 55 illorum (wie 145 gegen Gruppe III), 75 autem] enim, 207 ita ut etiam ignem] etiam ut ignem R M , ut ignem etiam B T , 240 paruulam o m . , 245 Mareote] mareoteanum B T , mareote M R , mare idiote R c , 318 tamen o m . , 422f. habebatur, fuit] fuit. fuit. B sowohl wie M wie T haben die verschiedensten eigenen Fehler, deren Aufzählung ich mir sparen möchte. Nach T (B kommt schon zeitlich nicht in Frage) ist nun korrigiert 66 Troyes 250 s. X I I (Clairvaux), eine H s., die wie M BT keine Lücken (bzw. keine Lücken mehr) aufweist. So steht auf Rasur ( = T ): V III 1, 74 uita, 75 enim, 77 cibum cum ieiunio, 131 prima (aus premia verbessert), 145 contra eos aus contrarios, 245 mareoceanum, 334 etiam. Troyes 250 selbst gehört der vulgären Art an, aber trotz mancher Berührungen nicht M BT, sondern dem Vor­ stadium von R -f- M BT (von den eigentlichen MBT-Lesarten (bis 334) hat die Hs. ursprünglich nicht eine): vgl. I 1, 10 prestabantur, 20 0 o m . , 71 potior es, V III 1, 3 arsenius, 55 eorum, 58 monasticus, 67 uirgines, 87 inquisitione, 114 diuersa richtig, 153 studiorum, 158 autem, 180 possim o m . , 195 non minus . . theonas, 207 etiam ut, 347; 349f. huius mundi, 392 uestitus, 430 alios . . quosdam (nur 1 1, 71; V III 1, 3; 58; 180 beweisen freilich etwas). Was diese Hs. darüber hinaus an eigentlichen Varianten bietet: V III 1, 33 turpiter] turpibus, 83 relegit] religio (religio est 1 8 ) , 107 contemplatiuus] contemplatissimus, 148 Serapion] sc/parion, 199 hominum] ammonium, 285 tanto] tä (tarn R e i m s ) , 367 illic] hic, 392 aspectu] aspectibus, stammt wörtlich aus Reims (101), bei 148; 285; 367; 392 ist gar kein Zweifel möglich, da dies auch in Reims Sonderlesarten sind. Aber Reims war nicht etwa die einzige Vorlage, wie 1 1, 71; V III 1, 3; 58 beweisen, sondern eine zum Vergleich oft herangezogene und benutzte Hs. Die ganze Familie trägt wohl den vulgären Charakter, sie ist in R auch III b c noch nahe verwandt, aber dann ist in M BT wieder ein Mischtext entstanden, dessen Erklärung nur teilweise möglich ist.

Gruppe IV = Hss. 69—87

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Die ständigen Wechselbeziehungen zwischen den Hss. haben hier das Bild des Laufes der Überlieferung ziemlich getrübt. Die Gruppe I II ist damit besprochen, Wert für die Textherstellung kommt den meisten ihrer Vertreter überhaupt nicht zu. Die aller­ ältesten wie 46 oder 55 sind wegen der schon in ihnen enthaltenen grammatischen Erleichterungen und stilistischen Änderungen auch nur mit Vorsicht zu gebrauchen. Wenn auch die leichten Schreib­ versehen von I hier nicht zu finden sind, so enthält die jetzt noch erreichbare älteste Form von III schon so viele mit Überlegung aus­ geführte Änderungen, daß der Wert von I ganz überragend bleibt.

.

4 Gruppe IV = Hss. 69—87 Während die Gruppen V und V I erst im 11. Jh. greifbar sind, reicht IV noch in verschiedenen Zweigen bis ins 10. Jh. hinein. Räumlich schließt sie an die vorige deutlich an. In Mainz treffen beide anein­ ander. Reichte I II von Norditalien bis Süddeutschland, so umfaßt IV den ganzen Westen des damaligen Deutschen Reiches, besonders das linke Rheinufer, und erstreckt sich von Cambrai, Köln über Trier, Mainz bis Metz. Das Zentrum liegt dabei offenbar in Trier, wohin allein fünf Hss. aus den drei ersten und wichtigsten Familien gehören. Auch dem Text nach gehört IV in die unmittelbare Nähe von III, wenn sich auch keine Abhängigkeit von dieser Gruppe konstruieren läßt. Sowohl hinsichtlich der Lücken wie der Lesarten von III kann man zeigen, daß sie in IV zum größten Teil genau so vorliegen, nur ist in IV viel mehr mit absichtlichen Änderungen zu rechnen, durch die Lücken überbrückt und Fehler verbessert, andere vergrößert sind. Die Familien in sich lassen sich ziemlich genau rekonstruieren. Wenn man aber die Einzelfamilien zusammenfassen will, so macht sich der Mangel früher Hss. bemerkbar, und es bleiben nur ganz wenige Kennzeichen, die für alle verbindlich sind. Meistens ist es so, daß die Übereinstimmung nur über einige Glieder reicht und in einer Familie die eine oder andere Lesart sich weiterentwickelt hat oder aber ein Fehler wieder verbessert worden ist, so daß das dritte Glied einer Reihe etwa wieder gleich dem ersten ist. Ermüdende Wiederholungen lassen sich dabei nicht vermeiden, wenn auch nur einigermaßen der Zustand eines bestimmten Teils in der Überliefe­ rung deutlich werden soll. Der Zusammenhang mit I II geht allein schon daraus hervor, daß sich in jeder Familie von IV noch die Lücken von III finden, wenn

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

auch nicht alle oder in der gleichen Häufigkeit; ferner sind überall in IV (IVd ist nach^ einer besseren Hs. korrigiert und zeigt den ur­ sprünglichen Zustand nicht mehr deutlich) Lesarten wie V I II 1, 67 uirginem] uirgines, 207 ita ut etiam] etiam ut, 347 ; 349f. huiusmodi] huius mundi zu finden, die übrigen ebenfalls in einzelnen Familien der Gruppe, wo ein genaueres Bild entstehen wird. Gemeinsam ist IV nun im Gegensatz zu der bisherigen Über­ lieferung, daß sich überall V III 1, 179 statt Sozomenus Socrates findet, was in das erste Exemplar dieser Gruppe versehentlich ge­ kommen sein mag; überall ist V III 1, 77 noch cibi ieiunio vorhanden, nirgends begegnet mehr 33 turpiter (das zu turpis oder turpibus wurde) oder 199 hominum des Archetypus für Binum, sondern es wurde entweder in ammonium oder ammonem geändert. Diese Les­ arten begegnen freilich auch sonst. Aber die Summe solcher Merk­ male und das Fehlen entscheidender Zeichen aller übrigen Gruppen konstituiert eben eine Gruppe. Das negative Moment ist dabei sehr wichtig.

69 Cambrai 685 s. X / X I = C, 70 Berlin fol. 901 s. X I /X I I (S. Pantaleon, Köln) = B, c Inkunabel Köln, vor 1478 ( ? ), d Inku­ nabel Straßburg, nach 1500 ( ? ), 71 New York s. X V (Marien­ münster) = N , 72 Trier Stadtbibi. 1196 s. X V (S. Alban Trier) = T. In diesem Nordteil der Gruppe ist C ein Torso, der nur den Text von Buch I —V enthält, auch nie mehr enthalten hat und außerdem, wie die oft fehlenden Kapitelzahlen, Autornamen und Initialen zeigen, auch in diesem Zustand nicht ein­ mal fertig ist. Die Lücken I I 23. 24, IV 18 sind hier noch unverändert; 1 1,10 prestabantur, 20 o om. finden sich auch hier. Viele sonstige Lücken

IVa «= Ηββ. 6 9 -7 2

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zeigen die enge Verwandtschaft mit B. Aber dieser beispiellos flüchtig geschriebene und von Schreibfehlern geradezu wimmelnde Codex (einer von den drei von Parmentier in der Ausgabe von Th eodorets Kirchen­ geschichte, Leipzig 1911, benutzten — s. S. X V I I dort — , den ich mir darum leider nach Berlin schicken ließ, was die Hs. nicht wert ist) hat doch den Vorzug, daß er abgesehen von den mechanisch ent­ standenen Lücken noch nichts von den vielen absichtlichen Ände­ rungen enthält, die heute B N T charakterisieren und in deren Vor­ lage eingeführt sein müssen. Aber die meisten ergiebigen Stellen finden sich leider nicht in I 1 und V III 1. Ich gebe darum im folgen­ den im Lemma den Text der guten Gruppe I : I 9, 92 uocitatur] uocatur G, appellatur B T , I 15, 42 urbis G] ciuitatis B T , I 17, 9 memoriam G] mentionem B T , III 1, 6 Tiridatem G] mitridatem B T , I I I 2, 9 ciuitatum G] om. B T , III 2, 63 autem G] autem cum haec audisset B T , II I 6, 29 in futuro die G] in futuro saeculo B T , IV 37, 22 delauerunt G] prodiderunt B T usw. Schon die wenigen Beispiele erweisen, wie tief der Eingriff in den Text in BN T (für N besitze ich nur Photos der Probekapitel) ge­ wesen ist, und auch, daß er erst im 11. Jh. erfolgt ist. Die Flüchtig­ keit von C zeigt die Kollation einer beliebigen Seite, ein näheres Eingehen auf diese Hs. lehrt nichts. B N T : X I I 4, 4f. Interea deliberatum est aduenam ab Antiochia deuocare] interea nestorius aduenit ab antiochia euocatus B N T , wobei die radikale Änderung hervortritt und auch deutlich wird, daß der Anlaß dazu die Verderbnis der Gruppe I II war . . delaceratum est aduenit. . ; denn von dem richtigen Text aus ist die Ände­ rung nicht verständlich. I I 23, 13f. Lücke (uitauit C B T , inuitauit N), II 24, 10 Lücke nach praemittebatur B N T (B daraus: et schema quidem praemittebatur sub honore sed erat pietatis bellum), IV 18, 22ff. Philippus autem a thermis eunte ad ecclesiam (ad ecclesiam redeunte N) cone. uniu. B N T , I X 19, 14 Lücke nach non uniret (Bc fügt danach ein: sed amplius diuideret), X I 3, 6 Lücke nach non amore faciebat. B N T lesen außerdem gemeinsam: I 1, 10 prestabantur, 20 o om., 71 potior es] potiorem, 115 hoc potius tr., 123 eam laboribus tr., 128 est mihi tr., 131 quartus] qu. ea, V I II 1, 10 etiam om., neque] ne, 18f. passus] p. est, 20 mihi tantummodo tr., 31 inquit me tr., 33 turpiter] turpis, 46 autem] enim, 55 zelatus illorum] eorum z., 67 uirginem] uirgines, 74 dieta caritate] dicta caritate, 83 relegit] relegi, 87 in quaestione] inquisitione, 91 apud] ad, 107 contempla-

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

tiuus] contemplantibus, 150 iniquitas c. influentias = ω, 153 stude horum materias] studiorum materiam, 154 rationem namque] rati­ onemque (auch in '[II), 158 itaque] autem, 164 semo] semi, 195 Binus . . Theon] non minus . . theonas qui, 197 theonem richtig, 199 Binum] ammonem, 207 ita ut etiam] etiam ut, 214 apellis richtig, 249 daret, 254 pro uoluntate dormire t r . , 261 ad a i t . o m . , 270 articula.. soluta] articulos . . solutos, 271 clarus o m . , 273f. hydropicam, 282 inquit o m . , 284 fuisse o m . , 306 alio] alii, 316 complebat] compleuerat, 332 in sinu] in sinum, 347; 349f. huiusmodi] huius mundi, 367 uitae] u. suae, 408 Ario] arrium, 412 episcopium] episcopum, 422 habeba­ tur] uidebatur, 430 A liu m . . quendam richtig, 435 implebit libros t r . Dabei ist einmal nicht zu verkennen, daß viele Varianten die gleichen sind wie die in III, zum andern auch nicht, daß hier syste­ matisch versucht worden ist, ein besseres Latein herzustellen. Diese Lesarten dürfen nie für sich genommen beurteilt werden, sondern nur gemessen werden an der sprachlichen Form der besten Hss. der Gruppe I. Das gilt auch für alle noch zu behandelnden Gruppen. B stellt nun deutlich noch eine frühe Stufe dieser Entwicklung dar, während N T gemeinsam auf diesem Wege noch etwas weiter fortgeschritten sind, wie folgende Beispiele zeigen mögen, wobei B mit dem Lemma übereinstimmt, wenn nichts weiter notiert ist: I 1, 88 quasi] qu. auxilium, 100 hausit et obtulit] hausit in galea ei obtulit, V III 1, 145 qui contra eos spirat] qui contrarius sperat B , qui contrarios sperent N T , 201 aliquem] aliquid agentem B , ali­ quod agentem N T , 215f. daemonica] demoniaca, 235 consilium] concilium, 254 uoluntate] uoluptate, 359f. contemnere] contendere (eine häufige Änderung), 391 ferunt] fertur, 398 fieret] fuerit (sehr häufig). Die Lesart V III 1,402 experrectus N T , expergefactus B wie manche andere illustriert die Tatsache, daß B selbst auch nicht bei dem BNT gemeinsamen Stande stehen geblieben ist. So etwa : I 1, 127 decimum] d. annum, V I II 1, 262 actionibus] actibus, 281 corpore] c. eius, 288 dicebat] licebat, 404 uenit] discessit et uenit, 410f. interrogauerunt] i. illi, dazu viele Fehler aller Art und Umstellungen: V III 1, 49 circa om., 65 propositiones om., 88 huius om. usw. usw. B N T haben ungefähr gleich viele eigene Fehler, die beweisen, daß alle unabhängig voneinander sind; unter denen von N finden sich besonders viele absichtliche Änderungen: V I II 1, 8 comederet] c. Respondit, 75 autem] autem euagrius, 180 Temporis est] Temporis ratio deposcit, 182 Iohannes] loh. nomine fuit, 291 Mariam] mareo-

IVa = Hes. 6 9 -7 2

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tem, 314 genuis] genibus, 334 Paco] pachomius, 415f. dederunt fugam] dederunt concilium ut fugeret. Die Varianten von T sind fast nur Fehler im eigentlichen Sinne. B ist außerdem noch korri­ giert worden, wie wenige Notate verdeutlichen mögen: V III 1, 90 exibens T , sequens B CN , 131 primi] premia ω B N T , prima B c , 150 iniquas c. influentes] iniquitas c. influentias B N T , richtig ver­ bessert B c , 180 possim B N T ] passim B ° (häufige Änderung), 236 diligentia B N T ] indulgentia B c . Richtige Änderungen besagen in dieser Zeit natürlich nie, daß eine hervorragend gute Hs. benutzt wurde, sondern sind sämtlich persönliches Eigentum des betreffenden Korrektors. Hier wie im folgenden kann überhaupt der Zweck dieser Zu­ sammenstellungen nicht mehr sein wie bei Gruppe I, die gute Über­ lieferung zu finden, sondern nur noch, den Grad der Entfernung von der Überlieferung zu messen, dies durch Beispiele zu belegen und dabei die Verwandtschaft der Hss. dieser Gruppe zu rekonstruieren. Von B (S. Pantaleon, Köln) abhängig ist c = Inkunabel Köln (vor 1478 ?), und zwar, wie die Übereinstimmung in I X 19,14 (aber: V I I I 1,90 exsequèns, 131 premia), V I I I 1,150; 236 zeigt, von der korri­ gierten Hs. B. Von den oben angeführten B-Lesarten — um nicht auch auf die Lesarten von IVa einzugehen — finden sich in der Inkunabel I 1, 127; V III 1, 201; 262; 404 discissit uenit ( s i c ) , die Lücken V III 1 ,4 9 ; 65; 88. Aus dem reicheren Kollationsmaterial (B hatte ich als erste Hs. ganz kollationiert) ergibt sich, daß alle Lücken von B auch in der Inkunabel wiederkehren, dazu die meisten Varianten. Der Druck hat nämlich eigene Fehler in Mengen (V III 1, 21 sex] V I B , III c), eine große Zahl Lücken, aber auch neue sinnvolle Änderungen wie 11,71 potior es] poliere. Es läßt sich nun zeigen, daß die besonders auffallenden die sind (einige wie I 1, 71 sind wohl eigene Zutat), die für N T charakteristisch sind; aus deren Quelle sind sie auch in die Inkunabel gekommen (denn diese ist sowohl von N wie von T unabhängig nach deren Sonderlesarten), so: I 1, 88 quasi] quasi auxilium, 100 hausit et in galea obtulit ei ( s i c ) und andere. In V III 1 finden sich außerdem zwei Zusätze mitten im Text, die von dem Herausgeber stammen dürften, aber keineswegs als solche gekennzeichnet sind: 178 floruerunt - f Euagrius enim fuit uir doctissimus tam greci quam latini ydiomatis : qui uitam sancti Anthonii de greco transtulit in latinum: cuius etiam meminit beatus Iheronimus in epistolis suis; 388 recesserunt + Videbant enim quod magis uolebat per tutissimam uiam incedere quam in alto

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

positus gradu semper de precipio formidare. Super quem enim re­ quiescet spiritus domini nisi super humilem et trementem sermones suos ? Ein Riesenyersehen läßt sich dagegen weniger leicht erklären. Der Druck springt von locum V II 32, 12 auf: et illorum V II 36, 19, dann geht der Text bis V II 36, 79 optimorum, darauf folgt: Theodoritus E t haec quidem V II 32, 31f. — congruere V II 36, 19, dann Capitulum X X X V I I . Socrates Sciendum uero V II 36, 8 0f. und regel­ recht weiter. Es fehlt also völlig V II 32, 12— 30. Nach der Hs. B ist nun weder der Sprung von V II 32, 12 auf V II 36, 19 zu erklären, noch der Ausfall von V II 32, 12— 30. Darum nehme ich an, daß die Inkunabel nach einer sehr nahen Verwandten bzw. einer Abschrift von B gedruckt wurde, in der die übersprungene Stelle auf einem ausgefallenen Blatt oder zwischen zwei zusammenklebenden Blättern stand. Der Text ist dann erst nachträglich und nur zum Teil an falscher Stelle wieder eingefügt worden. Dazu wurde eine Hs. von der Art der Quelle von N T benutzt und außerdem viel Neues hinzu­ gefügt. Ein einfacher Nachdruck dieser Inkunabel ohne neue Heran­ ziehung einer Hs. ist d = Inkunabel Straßburg (nach 1500?), wo alle eben für die Kölner angeführten Kennzeichen wiederkehren einschließlich der Lücke nach V II 32, 12. Einige Druckfehler wurden verbessert, aber neue sind hinzugekommen. V I II 1, 21 sex] V I B , III c, très d ; 67 quae quam B] quëquam c, quemquam d ; 109 id est B ] Ide 3 c, Idem d illustrieren das ganz nett. Änderungen finden sich selten; mit I 1, 101 infudit c] effudit d , 111 fauoremque c] fauorem quoque d sind fast alle Varianten der Probekapitel genannt. Damit sind auch die vier Inkunabeln in ihrem Zusammenhang be­ handelt. Es schien mir ratsam, sie nicht von den Hss. in dieser Arbeit zu trennen. In der Überlieferungsgeschichte sind sie jedenfalls den handgeschriebenen Codices des späten 15. Jhs. durchaus gleich­ wertig.

IVb = Hss. 73-75 73 Trier Stadtbibi. 1194 s. X / X I (S. Martin, Trier) = a, 74 Trier Seminarbibi. 23 s. X I I /X I I I (S. Eucharius, Trier) = b, 75 Wien 374 s. X I I ex. (Frankenthal) = c. Die Kennzeichen von IV finden sich auch in dieser Trierer Familie, und zwar ist V III 1, 33 aus turpiter: turpis und 199 aus hominum: ammonium geworden. Die wichtigste Hs. ist a, sie ist so alt, daß sich über die Gruppenmerkmale hinaus wenige eigentliche Änderungen

IVb = Hss. 7 3 -7 6

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finden; diese sind erst durch den Korrektor in größerem Umfang hineingekommen. Über die beiden anderen Zeugen läßt sich sicher nur behaupten, daß sie zu a gehören. Das genaue AbhängigkeitsVerhältnis bleibt fraglich. Man kann sagen: b ist entweder ein Neffe oder eine direkte Abschrift von a, wobei Lesarten einer besseren Hs. benutzt sein müssen; c ist entweder ein Neffe von a, wobei a° die Korrekturen aus der Vorlage von c hätte, oder c ist eine Enkel­ abschrift von a c, wobei a° selbst noch der Erklärung bedürfte.

Ich nehme das letztere an, dann ist a die einzige maßgebliche Hs. In ihr sind die Lücken von II 23. 24, IV 18, I X 19, X I 3 noch völlig unverändert, X I I 4 , 4f. hat die Form: Interea delaceratum est aduenit ab antiochia deuocare wie in I II , nur sind hier in IV eben nicht die Varianten irgendeiner Einzelfamilie von I II enthalten. Lesarten der Gruppe I I I : I 1, 10 prestabantur, 20 o o m . , V III 1, 55 eorum, 74 dicta, 87 inquisitione, 107 contemplantibus, 145 contrarios spirat ( s i c ) , 153 studiorum, 158 autem, 195 non minus . . theonas, 204 salutis, 392 uestitus, 430 alios . . quendam. Für a charakteristisch sind nun folgende Lesarten: I 1, 31 et a l t . ] ad, 48 uno aureo] unum aureum, Oppianum] appiano, 71 potior es] potiorem (sehr häufig), 131 quintus] qu. autem, V III 1, 55 tantaque] tanta, 180 potuero] puero (öfter), 199f. a nullo uisum] a nullo uisu, 255 compressus] compressos, 306 alio] alii, 314 genuis] genibus (oft) und andere. Keine ist bedeutend, viele sind wie besonders auch die drei letzten sehr häufig. Der Korrektor von a füllte die Lücken II 23 (captiuauit wie in Tegernsee usw., aber unabhängig von I l l b c ) , II 24, IV 18, nicht 1 X 1 9 ; X I 3, verbesserte X I I 4, 4f. zu: Interea dum dilaceratum est conuenit ab antiochia deuocare, ferner: I 1, 10 prestabant aus

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

presentabantur ( s i c ) (dieses aus prestabantur), 11 illis] illa, 48 uno aureo richtig, 51 nullo] in nullo, 64 faciat] facias, 83f. ciuitatem Heracliam ab Heröule nominatam uidere festinans et laborantem] ciuitate heraclia . . nominata uidebaris festinans et laborans, 96 quo] quomodo, 120 principem] principium, 125 reprehendit αω] reprehendet, V III 1, 18f. passus] est passus, 83 relegi α] relegit richtig, 107 contemplantibus α] contemplatiuus richtig, 131 premia αω] prima, 145 spirat] spernant aus spernat aus spirat, 150 iniquitas c. influentias αω] iniquas c. influentes richtig, 153 materias . . re­ tinere] materiam . . retine, 160 tanto] tantum, 161 Romae] romam, 164 semo] semi, 180 puero α] potuero richtig, possim] passim, 197 Theonem] Theonam, 204 salutis αω] salutes richtig, 249 dare αω] daret, 430 alium . . quendam] alios . . quendam a, alios . . quosdam. Die richtigen Änderungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß dem Korrektor keine bessere Hs. zur Verfügung stand ; Lesarten wie I l ,8 3 f . oder X I I 4 , 4 f. zeigen die ganze Willkür dieses Verfahrens. b hat II 24, IV 18 richtig, X I 3 die Lücke, I X 19 auch (dort ist später am Rande die Lücke konstatiert worden), II 23 den richtigen Text (nur mit captiuauit), wobei uisurus von der ersten Hand aus uitauit verbessert wurde. Also die Vorlage hatte eine Lücke, aber das Fehlende stand etwa am Rande, wo es einen Augenblick zu spät beim Abschreiben gesehen wurde. Von den a-Varianten ist vor­ handen: 1 1 , 2 0 ; V III 1 , 5 5 ; 74; 87; 153; 158; 195; 392, von den eigentlichen: I 1, 71; V III 1, 55; 199f.; 255; 306; 314, von den Les­ arten von a c: II 23. 24; IV , 18; I 1, 10; 11; 48; 120; V I II 1, 1 8 f . ; 107; 131; 150; 153; 160; 161; 164; 180; 197; 204; 249; 430. Danach könnte man, wie gesagt, an einen Neffen von a oder sogar eine direkte Abschrift denken. Daß aber gerade die Variante 1 1 , 83f. (in a c) neben anderen hier nicht erscheint und X I I 4, 4f. völlig richtig ist, schließt diese einfachste Annahme aus. Man wird damit nur so fertig werden können, daß man annimmt, eine zweite bessere Hs. sei nebenbei benutzt worden. b hat natürlich auch eigene Fehler wie : I 1, 29f. et congruentiam om., V III 1, 58f. cognitionalis] cognitialis, 59 cognitione] cognitio, 65 propositiones] propiciones, 74 perducit] perducat, 152 prouidentia] prudentia, 234 (nach cogitassent) sibi—gessissent om. (öfter), 276 antepositis] ante possitis, 285 deo om., 319dum om., 397f. pedibus manibusque] manibusque pedibus; Änderungen wie V III 1, 3 arsius] arsenius, 99 somnum] somni; der Text ist nur leicht verändert, aber doch als Mischtext unbrauchbar.

IV c = Hss. 7 6 -7 8

113

c dagegen hat außer den meisten übrigen tatsächlich auch die Varianten11 ,8 3 f. und X I I 4 , 4f. von a c wörtlich im Text. Hier ist es lohnender, die Abweichungen von a c zu notieren, da c selbst ohne bessere Vorlage viel geändert hat. Manchmal steht auch die Lesart von a und nicht von a c im Text von c, was aber schließlich auch nicht besonders merkwürdig ist: c wählt eben aus, was gerade von den Korrekturen gefällt (so ist aus a : I 1,48 unum aureum . . appiano, 96 quo, V III 1, 83 relegi, 145 spernat ( s i c ) , 150 iniquas c. influentias ( s i c ) , 430 alios . . quendam). Aber c kann nicht eine direkte, sondern nur eine Enkelabschrift von a sein: I 2, 38ff. heißt der Text in c: Hec igitur cogitanti mihi digne mirabile uitibus admiratus s ta tt......... mirabile uisum est usw., d. h. es ist von sum est bis 1 5, 22 explanan- alles ausgefallen. An a selbst läßt sich das nicht begreifen, weil beide Stellen mitten auf je einer Seite stehen; aber in der A b ­ schrift kann sehr gut, was räumlich passen würde, etwa das innere Doppelblatt der ersten Lage ausgefallen sein. Diese zu fordernde Hs. ist aber verloren. Die Sönderfehler von c sind zahlreicher als in a oder b und gröber, nur zum Teil sind es auch gewollte Änderungen. Eine Auswahl: I 1, 78 speciosum] preciosum, 111 praecipis] principis, V III 1, 13 (nach sentiret) quidem — consentiret (14) om., 18 mea om., 54 uiros om., 61 diuinis] diuersis, 88 haesissem] hlis ë = heresis est, 91 siti] sicuti, 119 senum] enim, 166 pontifice ad episcopatum] epi­ scopo ad episcopatum, 195 praesides om., 253 lectulo] lecto, 291 Mariam] marinam, 333 completas] impletas, 347 praesentibus] per­ sequentibus. Ein etwa gleichzeitiger Korrektor ist selten zu bemerken; X I I 14, 12 steht über die tam (sic) consuetam: id est obseruantiam legis ac uite, daraus wird die häufige Variante V III 1, 74 dieta] uita ver­ ständlich ; dieta war sonst nicht sehr gebräuchlich. Das Urteil über diese Familie ist also ein Urteil über a, und diese Hs. bietet nichts von überragendem Wert, sondern ist nur einer der vielen Vertreter des vulgären Typus.

IVc = Hss. 76-78 76 Rom Pal. 823 s. X (S. Martin, Mainz) = R, 49 Berlin fol. 673 s. X I I (S. Jacob, Mainz) = M, 77 London Brit. Mus. Add. 19967 s. X I I (S. Maximin, Trier) = L, 78 London Brit. Mus. Harley 3242, 1519 in Trier geschrieben. 8

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

Von diesem örtlich eng begrenzten Überlieferungszweig hat M einen Mischtext und gehört daher nur zum Teil hierher ; eine Anzahl seiner Lesarten könnte etwa aus der Vorlage von R geflossen sein. 78 ist, wie bereits H .-G . Opitz in London für mich feststellte, eine direkte Abschrift von L , was wieder der Her­ kunft der Hss. wunder­ schön entspricht. Hier liegt der seltene Fall vor, daß sämtliche vier Texte noch lokalisiert werden konnten, ob­ wohl heute kein ein­ ziger sich mehr in seiner Heimat befindet. Diese war für 76 bisher noch nicht bekannt und konnte nach der Filmaufnahme festgestellt werden. Im wesentlichen kommt es hier also nur auf R L an, die zunächst die Merkmale der Gruppe tragen: V III 1, 33 turpiter] turpibus R L , 199 hominum] ammonium L . Das Vergleichsmaterial ist nicht voll­ ständig vorhanden, da von R nur noch der Text von I 9 bis V I II 13 erhalten ist. II 23. 24, IV 18, X I 3 zeigen die unveränderten Lücken, I X 19, 14 ist nach uniret: sed magis augeret in L eingesetzt worden, X I I 4, 4f. ist in Ordnung. An gemeinsamen Lesarten in V III 1 seien für R L außerdem genannt: 3 monasterii] monasteriorum, 18f. passus audire] est audire passus, 27 at om., 55 illorum] eorum, 58 de actuali] de actu | alii, 83 relegit] relego, 107 contemplatiuus, 118 litigare] 1. et, 153 stude horum materias] studiorum materiam, 154 rationem namque] rationemque, 155 differentia] differentiam, 158 ita­ que] autem, (190f. rememorandum — 263 fehlt auch in R), 271 hos] quos, 273f. hydropicam] hydropem, 281 de om., 283 Sciti] scithia, 294 annis] annos, 299 uitae] u. suae, 310 pro prioris uitae] propriis uitae ω, proprietatis sue, 342 ad om., 364 gratificata] gratifica, 392 uestis] uestitus, 430 alium . . quendam richtig. Es wird nach dem bei den früheren Familien Gesagten nicht mehr auffallen, daß ein großer Teil der Varianten auch in I II begegnet, die andern sind absichtliche Änderungen oder Fehler; was richtig ist, beruht auf Konjektur.

IV c = Hss. 7 6 -7 8

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Die EinzelVeränderungen sind in beiden Hss. gleich häufig, in L öfter durch Flüchtigkeit, in R häufiger durch Überlegung verursacht. Dafür einige Beispiele: L (L, in I 1 allein vorhanden, bietet fast nur Gruppenlesarten: I 1, 10 prestabantur, 20 o om., 120 principem] principium): V III 1, 53 a Gregorio 12] egregio, 74 dieta] uita (dicta B ) , 145 contra eos spirat] contrarius sperat B , contrarios spectat L , 327 quingentos] L X ta, 327 autem om., 331 delinqueret] derelinqueret, 339 sexaginta] L X X ta, 355 quinquaginta] L X ta usw. R : V I II 1,24 quodam] modo, 36 aequalis] coequalis, 59 quispiam] quippiam, 81 ad] aut, 111 idem] id est, 117 furorem] furor est, 119 (nachdicebat) caritas — dicebat (120) om., 126 prudentiae] prudenti, 127 absque] atque, 131 hoc om., 137 reddit] reddidit, 167 amputans nihil t r . , 280 consolabatur] colabatur, 289 ultra daemones] ut dae­ mones ultra, 309 huiusmodi] huius, 358f. praesulibus] praesuli, 378 ferunt] fecerunt, 385 (nach remeantibus) atque dicentibus om. Von L ist 78 wörtlich und äußerst genau abgeschrieben, so daß nur geringe Schreib versehen Vorkommen wie V III 1, 19 uersus] rursus 7 8 , 58 monachus] monachis 7 8 und ähnliches. M ist zum Teil von der korrigierten Emmeraner Hs. abhängig, wie schon gezeigt worden ist (s. S. 90f.). Die meisten Lesarten sind die von R L : V III 1, 199 Binum] ammonium, 207 ita ut etiam] etiam ut, 154 rationem namque] rationemque, 273f. hydropicam] hydro­ pem, 281 de om., 283 Sciti] scitia, 299 uitae] uitae suae, 310 pro prioris uitae] proprietatis suae, 342 ad om., 392 uestis] uestitus, 430 alium . . quendam richtig. Außerdem hat M einige Lesarten nur mit R gemeinsam (nicht aber die Lücken von R) : V III 1, 36 aequalis] coequalis, 167 amputans nihil t r . und 309 huiusmodi] huius. So ist wohl die Quelle aller dieser Lesarten nicht die Vorlage von R L, sondern die von R. Es läßt sich zwar die Entstehung von M nicht mehr ganz genau nachzeichnen, aber doch sagen, daß ein Teil der Lesarten von der korrigierten Emmeraner Hs. indirekt herrührt, ein größerer Teil noch etwa von der Vorlage von R. Die dann noch übrigen richtigen Lesarten, die in diesen beiden Quellen nicht vorhanden sind, finden sich in Neapel—Prag = den nächsten Verwandten von M, wie V III 1, 33 turpiter, oder in Oxford 440, einer gleichfalls M sehr nahestehenden Hs. (62), so: I X 19, 14; X I 3, 6; V III 1, 87 in que­ stione, 153 materias, wo auch eine Variante wie 60f. contradictorius] dicturus et erscheint (auch in 61). Was übrig bleibt, ist eigene Zutat. 8*

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

IVd = Hss. 79-82 79 Paris 5085 s .'X I I = P, 80 Florenz Conv. Soppr. G I I I 451 s. X I V (S. Maria Novella) = F, 81 Paris 8960 s. X I ex. (Echternach) = E , 82 Metz 189 s. X I ex. (S. Arnulph, Metz) = M.

EM, die beiden ältesten Zeugen dieser Familie, lokalisieren IV d im Süden der ganzen Gruppe. Über P und F läßt sich leider nichts Genaueres sagen. Aber alle vier Hss. gehören, obwohl keine A b ­ schrift einer andern ist, sehr eng zusammen; ihre gemeinsame zu fordernde Vorlage hatte bereits im 11. Jh. einen vollkommen über­ arbeiteten Text, der in den erhaltenen Exemplaren überall schon in der Grundschrift erscheint. PF gehören innerhalb der Familie noch näher zusammen. M ist erst in seinem zweiten Teil ein richtiger Ver­ treter von IV d , in I 1 usw. ist M nur nach dieser Familie korrigiert, hat als Grundtext dagegen einen der vulgären Art noch verwandteren Typus ; in den anderen Hss. und für den zweiten Teil für alle sind sehr viele für die Gruppen I I I —I V charakteristischen Lesarten verbessert, so daß nur noch ein Teil der Lücken und sonstigen Varianten den Zusammenhang mit I II und IV erkennen läßt. PFEM zu III. IV gehörig: I X 19,14 und X I 3, 5f. (persecutiones inferre non amore faciebat) Lücken unverbessert ; V III 1, 55 illorum] eorum, 67 uirginem] uirgines, 74 dieta] dicta, 87 in quaestione] inquisitione, 153 stude horum] studiorum, 158 itaque] autem, 195 Binus] non minus, Theon] theonas, 207 ita ut etiam] etiam ut, 392 uestis] uestitus. PFEM zu IV gehörig: V III 1, 179 Sozomenus] Socrates, 77 cibi ieiunio, 33 turpiter] turpibus, 199 Binum] ammonium.

IV d = Hss. 7 9 -8 2

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PFEM gemeinsam und abweichend von anderen Familien (wenn auch einzelne Lesarten sich anderswo ebenso finden, so doch nirgends sonst diese Auswahl): II 23, 14 ohne Lücke M, dasselbe (captiuauit statt captauit) PFEM®, II 24, lOf. ; I V 18, 22fï.; X I I 4, 4f. völlig in Ordnung. V III 1, 3 Arsius] arsenius, 18f. passus] est passus, 19 hoc opere t r ., 55 tantaque] nam tanta, 58 monachus] ad monachos, 58f. cognitionalis] cognitialis (. . les P), 83 relegit (religit P) richtig, 90 exhibens, 107 contemplatiuus richtig, 131 primi] prima, 145 contra eos spirat] contrario spirant, 150 iniquas concupiscentias influentes] iniquitas c. influentias ω, iniquas concupiscentiae influentias, 153f. materias . . retinere . . omnes enim] materiam . . retine . . enim omnes (häufige vulgäre Lesart), 154 rationem namque] rationeque, 160 tanto] tantum, 161 Romae] romam, 164 sibimet] sibi, 174 legat librum t r . , 201 aliquem] aliquid, 204 donum habuit t r . , 206 paruulo] puero, 221 nullus] nemo, 234 (nach cogitassent) sibi — gessissent o m . , 247 cuius] cui, 248 fabricare] fabricari, 264 Piammonem] Piamon, 273f. hydropicam, 286 dum] cum, 300 uitae o m . , 306 alio E ] alii P F M , 308 e] a, 315 circumibat cellulas] cellulas circuibat, 327 nihil] nil, 331 numero] in numero, 335f. sanitatem corporis t r . , 342 ad alacritatem] alacritate, 345 medici putria membra eius] putrida membra eius medici, 347 huiusmodi o m . , 359f. contemnere] contradicere, 363 ecce o m . , 372 medio] media, 380 nihil] nil, 390 episcopo o m . , 395 ei] eum, 412 episcopium] episcopum, 419 negotiatore] negatione, 430 alium.. quendam richtig (nur P : alios.. quosdam). Für I 1 (s. auch oben II 23) gehören zu der Familie PFE und oft PFEM®: 10 presentabantur richtig PFE (prestabanturM ) , 11 domi­ nanti M~\ dominatui P F E M 0, 20 o P F E M 0] om. M , 32 f. nec non M ] ne cum P F E , 38 Theopompum M ] theopompion P F E M 0, 47 autem M ] autem césar P F E M 0, 51 principum M ] pr. in P F E M 0, 53 ex­ hibitis M ] exhibitas P F E M 0, 57 etenim te M ] enim te M °, enim P F E , 62 et sponte Μ ] om. P F E , 71 potior es Μ ] potiorem P F E , 74 obiciens Μ ] opponens P F E , 75 corpori M , corporis P F E , 93 cunctis Μ ] euntibus P F E , 94f. esset bibiturus Μ ] tr. P F E , 102 principiorem Μ ] om. P F E , dei. M°, 109 a M } om. P F E , eras. M , priscorum Μ ] pr. tuorum P F E M ® usw. usw. Nach welcher von diesen Hss. M korrigiert worden ist, ist schwer zu sagen, da nicht jede Lesart angeglichen worden ist. M® weist übrigens auch Veränderungen auf, die nicht nach PFE gemacht sind, wie V III 1, 74 dieta] dicta P F E M , uita M°.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

PF gemeinsam: I 1, 135 et Ualentiniano — aui tui (136) E M ] om. P F , V III 1, 129 perdurare in ueritate P F ] in ueritate perdurare E M , 301 posset E M ] om, P F . In dieser Familie überrascht die Häufigkeit der Varianten (im 11. Jh.) gegenüber den Merkmalen anderer Familien. Es kommen weniger unabsichtliche Fehler als gewollte, meist stilistische Ände­ rungen vor. Über diese der ganzen Familie eigentümlichen Fehler hinaus hat M nur sehr wenige eigene Varianten wie : I 1, 93 paululum] paulum, V III 1, 103f. proferens] perferens, 317 aut pr. om., 320 atque omnes tr., 326 imperio] tempore, 349f. huiusmodi] huius mundi (auch in E). Dagegen haben PF und E gleichmäßig ungeheuer zahlreiche neue Varianten, die zwar die Unabhängigkeit jeder einzelnen be­ zeugen, sonst aber kaum eine Aufzählung verdienen. Die meisten absichtlichen weist E auf, wo etwa dreimal hintereinander inquit durch ait ersetzt wird: V III 1, 104 ipsum inquit] ait ipsum, 113 nam et lumen inquit] ait nam lumen, 116 propterea inquit] ait propterea, oder uel durch aut wie 201; 393 senator] senior senatorque E usw. F u. a.: 1 1 , 8 9 emicantem] emicans (öfter), V I II 1, 164 aurem] auriculam, 175 Euagrii] eustachii, viele kleine Wortauslassungen usw. P weist besonders viele Umstellungen auf, zahlreiche kleine Lücken und Versehen, auch Änderungen wie V III 1, 31 quare] cur (auch in der Corbie-Gruppe), 38 enarrabat] exponebat, 139 quidem] qu. scientiam, 207 faciebat] operabatur, 341 itaque] autem, 358f. praesulibus] prioribus usw. usw. Im ganzen ist zu sagen, daß hier nirgends das Streben nach wört­ licher treuer Weitergabe der Überlieferung zu finden ist ; man ändert, wo immer man kann, sobald einem das Latein besserungsfähig zu sein scheint. Besonders sind auch die Eigennamen den willkürlichsten Veränderungen ausgesetzt, wenn die überlieferte Form nicht sehr geläufig war; der ähnlichste bekannte Name tritt dann an seine Stelle. Es ließ sich in dieser Gruppe bisher sehr deutlich vom Norden bis zum Süden eine Reihe von Familien nachweisen, die jedesmal ein durchaus ihnen eigentümliches Gepräge hatten. Schwieriger wird es bei dem Rest von IV .

IVe = Hss. 83—84 83 Paris 5083 s. X (de Thou) = T.

(Moissac) =

M, 84 Paris 5084 s. X / X I

IVe = Hss. 83 — 84

119

Die beiden Pariser eng zusammengehörigen Hss. sind als bisher nicht lokalisiert anzusehen; über ihre Herkunft über Moissac bzw. de Th ou hinaus habe ich noch nichts Sicheres erfahren können. Aber ihr Text weist sie sicher zu dem vulgären Typ und auch zu Gruppe IV (III): V III 1, 67 uirgines, 207 etiam ut, 349f. huius mundi; (IV) 179 Socrates, 77 cibi ieiunio, 33 turpiter] turpis, 199 Binum] am­ monium. II 24, X I 3, X I I 4, 4f. (euocare) sind in Ordnung; II 23, IV 18, I X 19 zeigen noch die unverbesserten Lücken. Erst M c hat in IV 18, 22 hinter termis: rediens übergeschrieben. Übrigens ist fast in jeder Familie, wie man sieht, die Auswahl der noch lückenhaften bzw. schon ausgefüllten Probestellen verschieden. Aber überall kann man sämtliche Lücken für eine höhere Stufe fordern, gerade auf Grund dieser Verschiedenheit. Der Zusammenhang mit der vulgären Klasse und auch die beiden Hss. gemeinsame Eigenart wird durch einige Beispiele deutlicher: I 1, 1 oratio] Ort M , ortacio T , 10 praesentabantur] prestabantur, 42 statua] statuta, 136 quando] quanto, V III 1, 3 Arsius] arsacius, 46 expleatur] explanetur, 55 illorum] eorum, 74 dieta] dicta, 75 por­ tum] potum, 87 in quaestione] in quesitione, 96 uiginti] X X X to, 99 somnum] somnium, 107 contemplatiuus] contemplantibus, 120 ipse ora., 120f. in eadem re] in eadem rem, 128 quos] uos, 129f. debelletur] debellaretur, 131 premia = ω, 145 quis] qui, contra eos spirat] contrarios sperat, 148 Serapion] serapiori, 150 iniquitas c. in­ fluentias ω, iniquitatis c. influentias, 153 stude horum materias] studi­ orum materia, 154 rationem namque] rationemque, 158 itaque] autem, 180 possim ora., 195 Binus] non minus, fuere] future, 209 Antinoo] antinu M , antinii T , 255 conpressus] conpressos, 273f. hidropicam, 290 conuersionis] conuersationis, 328 (vor quoddam) quod — ueluti (329) ora. usw. Trotz der häufigen Varianten schimmert in diesen alten Hss. noch manche sonst meist verbesserte ursprüngliche Lesart durch, so etwa neben vielen oben genannten oder nur leicht veränderten : V III 1, 292 fugiit und der Anfang der ganzen Schrift : In hoc corpore continen­ tur usw., während sonst in I V a — d die Hist. trip, erst mit Praefatio Cassiodori beginnt (der Anfang ist auch in anderen Gruppen nicht einheitlich). Eigene Lesarten finden sich fast gar nicht; in Μ : V III 1, 120 idem] item, in T : 23 superuixisset] uixisset (öfter), 91 patrem ora.

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IV. Die einzelnen Handechriftengruppen

IV f = He. 85 8ö Paris n. a. 1603 s. X (S. Gatian, Tours). Wie der Text nach Tours kam, weiß ich nicht. Daß sich dort eine Schreibschule befand und philologische Arbeit gepflegt wurde, hilft in dem vorliegenden Fall nicht weiter. Hier sind alle Lücken (II 23. 24, IV 18, I X 19, X I 3) noch unverändert, X I I 4, 4 f. hat die Form: interea deliberatum est aduenit ( s i c ) ab antiochia deuocare, dazu finden sich die meisten vulgären Lesarten von I II auch hier: I 1, 10 praestabantur, 20 o om., V III 1, 55 eorum, 67 uirgines, 83 relegi, 107 contemplantibus, 145 contrarios sperat, 153 studiorum, 158 autem, 195 non minus . . theonas, 204 salutis, 207 etiam ut, 347 ; 349f. huius mundi, 392 uestitus, 430 alios . . quendam. Daß die Hs. in die Gruppe IV gestellt worden ist, rechtfertigen nicht nur Lesarten wie V I I I 1,33 turpiter] turpis, 77 cibi ieiunio richtig, 199 Binum (hominum to)] ammonium, (179 Sozomenus: fraglich, ob von erster Hand), sondern auch Übereinstimmungen mit der vorigen Fa­ milie IV e, die sicher noch zu IV gehört: V III 1,87 inquaesitione, 99 somnium, 180 possim om. Damit ist auch ein sicher französischer Zweig dieser westdeutschen Gruppe, und zwar sehr früh schon, bezeugt. Eigene Varianten finden sich selten wie: V I II 1, 3 Eo] Eodem, 140 poterunt] potuerunt, 284f. diuinarum scripturarum t r . (alle auch sonst vorkommend). Dagegen ist noch öfter der Archetypus erhalten: 1 1 , 7 audientum, V III 1, 74 dieta richtig, 150 iniquitas c. influentias, 254 pro requiem, 255 conpraessus, 371 fodirent richtig. Dann war aber auch ein Korrektor tätig, wohl aus der Gruppe I, der alle Stellen von II 23 bis X I I 4 richtig verbesserte, I 1, 10 prae­ sentabantur, V III 1, 83 relegit, 99 somnum, 107 contemplatiuus, 140 poterunt, 145 contra eos spirat, 180 possim, 254 pro requie, 430 alium . . quendam wiederherstellte. 77 steht cibi ieiunio 8 5 ] cibo ieiunus 8 5 c ( = 1 5 ) , 150 iniquitates c. influentias 8 5 c ( = 1 5 ) : ich wage nicht recht, den Korrektor deswegen mit dem Text der späten Hs. Paris 16046 (15) in Beziehung zu setzen. A u f die genann­ ten Änderungen konnte man auch ohne Vorlage kommen. Der K or­ rektor hat auch, von sich aus oder nach einer Vorlage, vulgäre Les­ arten in den Text gebracht (und bei weitem nicht alle Fehler ver­ bessert): V III 1, 74 dieta] uita, 77; 150 (s. o.), 158 dicta] dictis, 255 conpressus] conpraessos, 285 tanto] tantum, 314 genuis] ienibus usw. Aber das war fast unvermeidlich ; die nächste Abschrift schon, wenn sie erhalten wäre, hätte einen Mischtext sonderbarer Art ent­

Hss. 85— 87

121

halten, ohne Lücken, richtige und vulgäre Lesarten nebeneinander. Das muß man sich auch einmal klarmachen. Daß die eine oder andere Abhängigkeitsannahme nur bedingt richtig sein mag, ist eine Fol­ gerung, der ich mich bei aller Bemühung meinerseits im Hinblick auf diese Arbeit nicht verschließen kann.

86 Berlin qrt. 900 ist eine noch heimatlose (wohl deutsche) Hand­ schrift, die Exzerpte der Hist. trip, enthält; die sonst zum Vergleich herangezogenen Stellen sind hier nicht vorhanden, in beiden Probe­ kapiteln fehlen ganze Satzgruppen, so daß eine genauere Einordnung nicht möglich ist. Es kann nur gesagt werden, daß die Hs. sicher dem vulgären Typ angehört und einen stark veränderten Text bietet. IV 37, 22 delauerunt] declarauerunt (auch in 47°, 48°, 57, aber auch in 96 u. ö.), I 1, 10 praesentabantur] praestabant (öfter), 67 solem] s. suum (öfter), V III 1, 3 Arsius] arsenius (oft), 33 turpiter] turpibus (öfter), 153 stude horum materias . . retinere] studiorum materiam . . retine (vulgär), 161 Romae] romam (vulgär), 390 epi­ scopo o m . ( = IVd, aber die eine Lesart beweist nichts), 392 uestis] uestitus (vulgär). Lesarten, die ich sonst nicht gefunden zu haben glaube: I 1, 68 recedente] cessante, V III 1, 308 latrocinio deditus homicidia] 1. d. latrocinia, 401 euangeliis] eu. iurauit et. Viel mehr zu sagen ist nicht möglich, aber auch nicht nötig.

87 Paris 5082 s. X (Pithou), eine ebenfalls heimatlose alte H s., die genau wie die von Cambrai 685 (69) s. X /X I nie mehr als die ersten fünf Bücher enthalten hat. Und doch sind nach dem Vergleich der Fehler und Lücken beider Zeugen beide völlig unabhängig vonein­ ander. Die Pariser Hs. enthält die Lücken II 23. 24, IV 18 unver­ ändert, 1 1,10 praesentabantur richtig und im allgemeinen einen noch nicht sehr verschlechterten Text. So erlaubt das geringe Material des ersten Probekapitels keine genauere Einordnung. Die Lesarten, die abweichen, finden sich auch sonst oder sind zu unbedeutend. So I 1, 28 proprium] proprie, 31 conpensas] conpensans, 46 potuerant] poterant, 72ad]usquead, 75corporis, 8 9 emicantem]emicans, 9 6 quo] qui usw. Auch das zu 20 an den Rand gesetzte :laudestheodosii,dasauch 115. 116 etwa begegnet, entscheidet nichts, da diese Hss. einen völlig anderen Text bieten und diese Notiz öfter neu gebildet werden konnte.

122

IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

5. Gruppe V = Hss. 88—109 Gruppe V hat in den wichtigsten Vertretern ihre Heimat in Frank­ reich, und zwar sind die Zentralpunkte Paris und Reims. Deutlich ist auch hier die Zugehörigkeit zu dem Vulgärtyp, der den Gruppen I I —V I ihr Gepräge gibt. V tritt am klarsten in seiner Eigenart zutage in den Familien V b und V c, die darum der Behandlung von V zugrunde gelegt werden sollen. Anschließend wird dann leichter die Verwandtschaft von V d mit Vbc und zum Schluß die von V a mit V b dargestellt werden können. Da die Originale für diesen Überlieferungs­ zweig in der Hauptsache in Frankreich liegen, habe ich meist nur mit Photos gearbeitet, für die ausgewählten Stellen außerhalb der Probekapitel hat mir Prof. Dain in Paris in liebenswürdigster Weise sämtliche französischen Hss. kollationiert. Die ältesten Zeugen stam­ men hier übrigens aus dem 11. Jh., so daß auch größere Varianten begegnen könnten. Aber merkwürdigerweise ist der Text, soweit er für die ganze Gruppe im 11. Jh. faßbar ist, noch verhältnismäßig wenig verändert. Als Gruppenlesarten führe ich im folgenden eine Auswahl auf, die Vbc gemeinsam haben: Der Beginn der Schrift lautet stets : Praefatio Cassiodori. . ., an den Stellen II 23. 24, IV 18, I X 19, X I 3 ist der Text (wieder!) vollkommen in Ordnung. Aber in X I I 4 , 4f. wird der Ursprung deut­ lich; der beste Vertreter von V c (103) liest: Interea dilaceratum est aduenit ab antiochia deuocare, der von V b (96): Interea diuulgatum est aduenisse ab antiochia quosdam (uulgatum isse quosdam stehen in 96 auf Rasur, in 97 — 100 im Text), wobei allein von dem noch in V o erhaltenen Text aus die Korrektur erfolgt sein kann; der richtige hat, wo er erhalten ist, nie Anlaß zu Änderungen ge­ geben. Von Eigenlesarten gebe ich zunächst solche, die die Zuge­ hörigkeit zu dem bei I II vorgeführten Vulgärtyp zeigen : I 1, 10 prestabantur, 20 o om., V III 1, 55 eorum, 67 uirgines, 74 dicta, 145 contrarios sperat, 153 studiorum, 158 autem, 195 non minus .. theonas, 207 etiam ut, 347 ; 349f. huius mundi, 392 uestitus. Nun Varianten (einzelne kommen auch sonst vor), die von denen der bisherigen Gruppen abweichen und durch die Übereinstimmung von V b und V c eben die Gruppe V konstituieren: I 1, 53 exhibitis] exhibitas, 99 diligens] dirigens, 112 cunctos] cunctis, 133 Iouiano] iouiniano (auch sonst), V III 1, 33 turpiter] turpibus (vgl. IV ), 50 conuersationem] conuersionem, 77 cibi ieiunio richtig ( = IV ), 83 relegit]

Gruppe V - Hss. 88—109

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relego, 107 contemplatiuus] contemplatissinms, 124 contemplationes] contentiones, 131 premia = ω, 150 iniquitas c. influentias ω] ini­ quitates (et F6, E M V c ) c. influentes, 154 rationem namque] ratio­ nemque (auch sonst), 199 hominum] ammonium (vgl. IV ), 255 conpressus] conpressos, 328 comederet] comederat, 359f. contemnere] contendere, 395 potuerunt] potuerant (auch sonst), 430 alium . . quendam] alios . . quosdam. Besonders wichtig ist 124 und 107. Wie man sieht, sind sämtliche Änderungen sehr leicht, große Lükken oder Zusätze gibt es nicht. Angleichung in der Form oder nach dem Sinn, Auslassung von Silben oder Buchstabenverwechslung erklären fast sämtliche Fehler. Nur geschahen diese Änderungen in einem schon dem damals üblichen Latein angepaßten Exemplar und noch dazu einem von der lückenhaften Art. Nun sollen die einzelnen Familien behandelt werden, und zwar in der Reihenfolge Vbcda.

Vb = Hss. 95-100 95 Paris 12525 s. X I ex. (St.-Germain-des-Prés) = a, 96 Kopen­ hagen 166 s. X I (St.-Germain-des-Prés) = b, 97 Padua 1497 s. X I I I = c, 98 Paris 5087 s. X I V (bis 1408 in Avignon) = d, 99 Paris 14642 s. X I I (St.-Victor de Paris) = e, 100 Paris 5089 s. X V (Ch. de Montchal) = f.

124

IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

a gehört nur zum Teil in diese Pariser Familie und wird zum Schluß besprochen werden, b —f sind dagegen aufs engste verwandt; ich nehme sogar an, daß von b, dem ältesten, alle anderen Codices abgeschrieben sind, und zwar ist c eine maßlos verwilderte Enkel­ abschrift, d eine nur mäßig veränderte direkte Abschrift, e sogar eine ziemlich genaue Kopie, von der wiederum f direkt abstammt. Ich habe dafür in den beiden Probekapiteln keinen unmittelbar durchschlagenden Beweis, sondern kann nur sagen, daß cdef mit b in sehr vielen und auffälligen Lesarten übereinstimmen, daß von jenen aber jede eigene Fehler hat, während b nicht eine einzige Variante über die allen gemeinsamen hinaus bietet — was eben mit höchster Wahrscheinlichkeit so zu erklären ist, wie ich es getan habe. Dann sind aber zunächst überhaupt nur die Lesarten von b zu nen­ nen, die nicht schon für V aufgeführt sind (d. h. also jetzt b = cdef) : 1 1,1 in] ad (sehr oft), 71 potior es] potentiorem, 113 horum omnium t r . , 146 f. Salam Hermiae Sozomeni ecclesiasticae historiae II (Beginn von I 2)] Salam ermiae. Id est perfecta interpretatio Sozomeni eccle­ siasticae historiae (in b schon im Text), V III 1, 18f. passus] p. est (sehr oft), 32 illius est t r . , 35 dicebat ora., 55 zelatus illorum est] z. est eorum, 88 huius] eius, 90 naturam] n. est, 125iusto ora., 153f. materias . . omnes enim] materiam . . enim omnes, 164 semo] semi, 186 bibebat] bibebatque, 199f. a nullo uisum] a nullo uiso, 218 in faciem] in facie, 222 Serapion] seraphion, 239 in interiore morabatur solitudine t r . , 256 dum saepe t r . , 275 cellulae] celle, 298 causa beatitudinis t r . , 320 conprehendisset d f ] conprehensisset b c e , 342 ad ora., 356 cognouisset] comperisset, 358 affligi] affligere, 381 f. eos posset t r . , 413 pauit ut ualuit] pauit et aluit. Die Tendenzen bei diesen Änderungen abgesehen von direkten Fehlern sind die gleichen wie sonst. Aus der Stelle X I I 4 ,4f. in b und den zahlreichen vulgären Les­ arten glaube ich folgern zu dürfen, daß dieser Familie ein Exemplar vorausgegangen ist mit allen Lücken der Gruppen I I I und IV . Zu b selbst sei noch gesagt, daß die Hs. äußerst sorgfältig geschrieben ist, und doch stammt auch b deutlich von einem Exemplar der vulgären Klasse ab; I II 6, 57 hat es wie die bayerischen und rheinischen Hss. schon ore testante statt imperatore testante, es ändert auch delauerunt IV 37, 22 in declarauerunt und hat X I I 14, 12 aus dietam : diem tarnen gemacht. Das mag zur Charakteristik dieser besten Hs. der Familie genügen. In c ist an einer Stelle der Text durcheinandergekommen. A u f I I 16, 12 diuinarum quippe folgt passionibus I I 19, 14, das geht bis

Vb = Hss. 95 —100

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exhibuit II 24, 4, dann folgt quarum maxime II 16, 13 (nur scriptu­ rarum fehlt) — aut ignotis II 19, 14, dann geht es weiter mit Cumque ad II 24, 4. D. h. in der Vorlage ist eine Blattversetzung vorgekom­ men, was von dem stumpfsinnigen Abschreiber an keiner Stelle bemerkt wurde. Da aber in Kopenhagen 166 ( = b) der Übergang mitten auf einer Seite steht, kann c nicht direkt von b abgeschrieben sein, sondern nur von einer Abschrift von b. Zu dem Charakter der Hs. paßt es vorzüglich, daß die Summe der hier neu eingedrungenen Fehler ungeheuer groß ist. Der weitaus größte Teil davon ist nur durch die Flüchtigkeit des Schreibers zu erklären; dafür nur ganz wenige Beispiele: V III 1 ,2 4 an didicisset] audisset, 86 daemones] dameuos, 95 uerba] urba, 98 uero bibebam] uidebam, 254 requie tetendisse] requi descendisse, 261 nitebatur] mittebatur, 311 fantasiis] fantas’ = fantasus, 330 trecentas] credentas, 344 denique] deuide, 378f. Didymique] diduque = didumque. Ein solcher Schrei­ ber konnte eine Blatt Versetzung natürlich nicht merken. d kann sehr gut direkt von b kopiert sein: die Übereinstimmung mit den Varianten von b ist ja in dieser Familie immer vollständig, und die eigenen Fehler von d (die in c sind viermal häufiger) sind fast ausnahmslos abgesehen von Auslassungen (so fehlt I 1, 97 ab eis — properaret (99) usw.) durch Lesefehler zu erklären, so: 23 clementiam] dementiam, dreimal hintereinander ist q. = que (in b) nicht erkannt und darum ausgelassen worden: 45 philosophiaque] . . sophia, 58 subiectorumque] subiectorum, 124 clarumque] darum ; V III 1, 402 solutis] solutus, 423 Uitum] uitium, ganz ähn­ liche Ditto- und Haplographien wie 322 quid de] qui de usw. usw. bilden die Summe der Varianten. e ist eine noch genauere Abschrift von b, es finden sich noch weniger Fehler, und alle sind ganz leichter Art wie: I 1, 21 deo] dö b , d, 50 haec om., 54 incrementum aus crementum, V III 1, 53 Constantinopoli] . . polim, 91 siti] siti et, 243f. philosophabantur] philosophantur, 336 passionem daemon] passionem demonem, 420 euectus] euentus. f ist ganz sicher eine direkte Abschrift der vorigen Hs. mit allen ihren Versehen, aber ungeheuer flüchtig und wie übersät mit gröb­ sten Fehlern; davon nur eine ganz kleine Auswahl: I 1, 55 rerum] iterum, 97 superatum] separatum, V III 1, 100 mors] morum, 149 curat] purgat (vorhergeht purgatur), 196 operatores] imperatores, 240 uicino] proximo, 251 minutorum] inimicorum, 295 moratus] mortuus, 351 supplicia] simplicia, 359 heremi] breui, 413 mensa]

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

mens usw. Fast ohne Ausnahme bringt das ganze neue Varianten­ material gröbsten Unsinn. Hier wie in der vorigen Hs. sind Lesarten, die auch nur Verbéssernngen sein wollen, eine Ausnahme. a = Paris 12525 s. X I ex. (St.-Germain-des-Prés) dagegen ist schwieriger unterzubringen. Die Hs. bricht X I 18, 29 mit ad loca plötzlich ab, so daß X I I 4 , 4f. nicht verglichen werden kann. Die Stel­ len II 23 —X I 3 sind in Ordnung. In I 1 ist nicht mehr alles lesbar, und aus nicht genannten Lesarten in diesem Kapitel darf daher keine Folgerung gezogen werden. Übereinstimmungen mit b sind vorhan­ den: 1 1,1 in] ad, 71 potior es] potentiorem 6,potentiore a , V I II 1, 18f. passus] p. est 6, est p. α; mit der Gruppe V : I 1, 53 exhibitis] ex­ hibitas, 112 cunctos] cunctis, V III 1, 33 turpiter] turpibus, 50 conuersationem] conuersionem, 77 cibi ieiunio, 83 relegit] relego, 107 contemplatiuus] contemplatissimus b , contemplatisimus a , 131 premia, 150 iniquitas c. influentias ω] iniquitates et c. influentes, 255 conpressus] conpressos, 395 potuerunt] potuerant, 430 alium . . quendam] alios . . quosdam. Von vulgären überhaupt: 67 uirginem] uirgines, 74 dieta] dicta, 153 stude horum] studiorum, 195 Theon] theonas, 392 uestis] uestitus. Daraus erkennt man sofort, daß a zwar dieser vulgären Klasse, auch der Gruppe V angehört, aber vor b sich bereits abgezweigt haben muß, da gerade die entscheidenden Lesarten fehlen wie 1 1,146 f. Aber es fehlen außerdem auch viele Kennzeichen von V wie I 1, 99 dirigens, V I I I 1, 124 contentiones, 199 ammonium, 328 comederat, 359f. contendere und sogar mehrere allgemeine Vulgärlesarten wie I 1, 10 prestabantur, 20 o o m . , V III 1, 145 contrarios, 158 autem, 195 non minus, 207 etiam ut, 347; 349f. huius mundi. Schon diese Tatsache läßt an einen Mischtext denken. Das läßt sich in diesem Fall sogar noch beweisen : es ist hier nämlich sehr oft ein Codex der Gruppe I, und zwar etwa eine Schwesterhs. der korrigierten Hs. von Corbie (7) = C Cherangezogen worden. Dazu ist zu bemerken, daß der Corbeiensis später selbst auch in St.-Germain-des-Prés gelegen hat. An folgenden Stellen läßt sich eine Berührung nachweisen (dazu kommen die Stellen, an denen a die eben genannten Merkmale von V oder der Vulgärklasse nicht mehr enthält): 1 1 ,7 9 conuenit C ] conuenerit C ° , cum uenerit a , V III 1, 18f. passus O] est passus C ea (häufig), 31 quare] cur C a , 45 curas C ] curationes C c a , 6 4 f. cognitionales propositiones] c. propositionales C , c. propositionalesque C c a , 112 diuersas] diuisas C a , 195 Binus] Minus C a , 199 Binum] hominum C a , 234 aliquid mali] aliquid C , mali aliquid a , 238 his] . .

V c = Hss. 101-106

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is G , huic Oc, huic is a , 259 angelis C \ angelos C c a , 272 tactu medi­ camine t r . G , actu medicamine a , 300 monachicae didicisset] monachi didicisset C , monachi cecidisset a , 314 genuis G ] genibus C c a (häufig). Mögen auch einzelne Lesarten in anderen Hss. gleichfalls stehen, der Zusammenhang mit C (Cc) ist unbestreitbar. Es liegt hier ein Musterbeispiel für die Entstehung eines an manchen Stellen sehr guten Textes vor. Die Lücken von C sind in a nicht zu sehen, aber auch die Fehler der Kopenhagener Hs. b sind zum großen Teil verschwunden. Und doch ist der so entstandene Text nicht zu gebrauchen. Er hat übrigens nur ganz wenige eigene Fehler, die nicht aus den beiden genannten Quellen zu erklären wären : I 1,40 Cretes] Certe (auch in 65), 44 parciores] portiores (auch in 67), 143 ad om., V III 1, 35 monachus] monachis (auch sonst noch), 46 ex om., 58 quidem monachus] quidam monachus, 82 codex] quod ex, 96 confide] cum fide usw.

Vc = Hss. 101-106 101 Reims 1354 s. X I ex. (St. Thierry de Reims) = R, 102 Paris Bibl. Mazarine 1641 s. X I (Crépy) = M, 103 Krakau 417 s. X I I I (1454 der Krakauer Universität geschenkt) = K , 104 Cambridge St. John’s College 169 G i s . X I I /X I I I (Hereford) = C, 105 Eton College 131 s. X V (Roger Lupton) = E , 106 Paris 16047 s. X V (Sorbonne) = P. Die ersten vier gehören eng zusammen, ohne daß eine von einer andern abzuleiten wäre. C ist im Anfang nach einem Vertreter der Gruppe V I an wichtigen Stellen durchkorrigiert. P ist zwar der Fa­ milie sicher zuzurechnen, aber durch eine solche Menge beabsichtig­ ter und auch unbeabsichtigter Änderungen entstellt, daß oft auch die Familien- bzw. Gruppenlesarten nicht mehr zu erkennen sind. E ist zwar V c zuzurechnen, hat aber darüber hinaus von seinen zahllosen Sonderlesarten in V III 1 manche besonders auffallende und in I 1 fast die Mehrzahl mit der Hs. Cambrai 688 (Vd) gemein­ sam, so daß man eine für beide in verschiedenem Grade wirksam gewordene zweite Quelle annehmen muß, die aber nicht mehr er­ halten ist. Selbst aus V b ist ein äußerst charakteristischer Zusatz eingedrungen. Der Güte nach gibt es riesige Unterschiede: K fast ohne eigene Fehler, M nicht viel schlechter, R wie C meist durch Unaufmerksamkeit an manchen Stellen verdorben, E und P wim­ meln von Änderungen und Fehlern.

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

R ist übrigens der eine der beiden von Garet für seine Ausgabe 1679 herangezogenen Codices (codex S. Theodorici), den er leider viel seltener nennt unds auch im Text verwertet als den Lyranus (s. o. S. 66). Garet hat leider bei seinen zwei Hss. gar keinen Einblick in die wirkliche Überlieferung getan. In V I II 1 nennt er Varianten aus R zweimal: 150 (wo er die halbrichtige Lesart nicht verwendet) und 169, wo er eine in 9 9 % der Überlieferung stehende richtige Les­ art deo als die von R anführt, aber das falsche de eo in den Text setzt. Die Zugehörigkeit von V c zu V und zur vulgären Tradition ist schon oben (unter V) erwiesen worden. Die Familie Vc als solche wird eigentlich nur durch die Lesart in X I I 4, 4f. : Interea dilaceratum est advenit ( . . nerit E ) ab Antiochia devocare (C E K M ) zusammen­ gehalten. In dem Probestück V III 1 ist mir außerdem nur aufgefallen 55 zelatus illorum est α] ζ. eorum est C E K M B , z. est eorum P b c e d f = V b , 186 bibebat E K M P R a f ] bibebatque C b c e d . In beiden Fällen ist V b eine Weiterentwicklung von V c , die selbst schon den vulgären Text bietet (eorum). 150 iniquitas c. influentias to] ini­ quitates ( + et a b c d e f C E M ) c. influentes K P R ; K P R hat noch die für V ursprünglich maßgebende Lesart, in beiden Familien hat sich et eingeschlichen. 209 Antinoo P a b c d e f ] Antinuo C K M R , Antino E liegt der einzige entgegengesetzte Fall vor. Darauf läßt sich aber nicht bauen. Wenn man noch die Vorlage von b (Kopenhagen 166) oder b vor der Rasur hätte, in der vielleicht der Text von X I I 4 , 4f. in der­ selben Form stand wie in V c , könnte man V b aus V c ableiten. Es besteht immerhin auch die Möglichkeit, daß V c die Urform von V reiner bewahrt hat und Vb von einem schlechteren Vertreter der gleichen Gruppe sich ableitet. So bleibt nur übrig, die einzelnen Hss. durch ihre Fehler zu charak­ terisieren. K ist der beste Vertreter, bietet mit wenigen Ausnahmen jeweils den besten Text und hat sehr wenige eigene Varianten: I 1, 111 praecipis edoceri aus praecepisse doceri (nicht nur hier), 123 tuis] tuisque (auch P), V III 1, 52 solummodo sermone t r . , 201 aliquem] aliquid (öfter), 247 a mare] ad mare, 251 fasciculus] facisculus, 406 fertur ora., 408 episcopos] episcopis, 411 at] ait (häufig), 412 epi­ scopium] episcopum (häufig). Da diese Liste vollständig ist, wird die Güte dieser Hs. ohne weiteres erkennbar. Ein selten begegnender Korrektor hat vor V III 1 ,18f. passus: est übergeschrieben, zu 1 1,40 Cretes am Rande vermerkt: uel cretici uel cretenses, V I I I 1, 339 qui

V c - Hss. 101-106

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durch hic ersetzt und ähnliche Verbesserungen vorgenommen. Schon in der erstenHand verändert ist derText V I I 3 0 ,9f., wo aus : ut cum ad mare medium peruenirent (et) hoc modo morerentur wurde: . . . peruenirent precipitarentur et hoc m. m. R bietet an der Stelle noch den guten Text . . . peruenirent hoc m. m. Die Erweiterung ist übri­ gens sehr häufig und ist in dieser oder in ähnlicher Weise in fast allen späteren Hss. vorgenommen worden. Im ganzen ist der Text von K in dieser Gruppe wohl der beste, obwohl X I I 4 ,4 f. usw. deut­ lich den vulgären Charakter zeigen. M steht K sehr nahe, ist aber nicht von dieser Hs. abhängig; sie enthält einige Fehler mehr als K : I 1, 11 dominanti] dominandi, 101 infudit] infundit, V III 1, 18f. passus] p. est (oft), 43 conuersationem] conuersatione, 138 gratia] gratiam, 194 discipulos] disci­ pulorum, 223 educabat] educebat, 284 ualde] ualdum, 346 plectens] plentens, 355 quinquaginta] L X ta, 358 affligi] affligeret (vgl. R), 362 accessisset] accesset, 402 experrectus] expergefactus ( = E ) . 194 und 402 sind die einzigen, freilich auch sonst sehr oft begegnenden Änderungen. Die Handschrift ist nur an wenigen Stellen korrigiert, am Rande sind hin und wieder durch mechanische Versehen aus­ gefallene Satzteile nachgetragen. R hat wohl etwa doppelt soviel Fehler als K , aber doch etwa nur ein Viertel der Fehlerzahl von P. Absichtlich sind auch hier nur wenige Änderungen. Da von R Troyes 250 (s. o. S. 104) zum Teil beeinflußt ist, gebe ich auch hier die ganze Variantenliste (außer den Varianten von V), um zu zeigen, daß doch eben nur manches übernommen wurde und Troyes nicht einfach eine Abschrift von R ist: I 1, 96 quo] quod, V III 1, 46 eius ex t r . , 57 ualde libros t r . , 76 hoc modo] homo, 83 relegit] relego K ( = F), religio R , 96 confide] cum fide, 108 omnia dixit t r . , 128 quos] uos, 148 Serapion] separion, 180 memorari] memorare, 195 Binus (non minus K G E M P ) o m . , 231 fertur] ferunt, 267 delentem] dolentem, 285 tanto] tain = tamen, 288 fuisse om., 294 paruum postea t r . , 314 genuis X ] genibus (äußerst häufig), 326 Paulus om., 336 (nach circa) animae — circa (338) om., 342 animos] animas, 358 affligere, 364 gratificata om., 367 illic] hic, 392 aspectu] aspectibus. Ein Korrektor hat auch hier 18f. zu passus: est hinzugefügt und sonst leichte Änderungen vorgenommen. C steht bezüglich der Fehler mit R etwa in einer Linie: 1 1 , 1 1 dominanti] . . ndi, 53 non om., 87 multo om., 106 uniuersos] uniuerso, 140 ac] a, 144 deo om., V III 1, 27 at] ut, 31 quare] cur, 40 fuerunt] fuere, 112 sumere] assumere, 115 itaque] quidem, 127 sanctasque] 9

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

sanctas, 142 resplendentes] splendentes, 185 in sol. degebat t r . , 186 bibebat] bibebatque, 371 repperirent] inuenirent, 373 descendit] decendit, 427 itaquq] etiam, 431 f. noctes ins. duxisse t r . ; es finden sich sehr wenige Änderungen. Erst ein Korrektor hat nach Gruppe V I d u. a. I 1, lOOf. corpus infudit verbessert in: coram omnibus effudit, I 2, 1 putas in: potius. Genaueres läßt sich nicht sagen. E ist an den wenigen für V c und den zahlreicheren für V wichtigen Stellen (s. o.) durchaus dieser Familie zuzurechnen. Aber darüber hinaus hat diese Hs. die meisten Varianten innerhalb von V c , sehr viele ganz willkürliche Änderungen oder Fehler, die nur ihr eigentümlich sind wie I 1, 16 uirtutis o m . , 28 proprium] proprie, 50 fuerunt olim] olim fuerunt propter, 73 terminum] termi, . . ., V III 1, 25 inquit annis o m 47 seuerus o m . , 55 inspiciens] respiciens, 70 inquirere o m . , 112 sed eam] sed eciam, 164 semo] leso, 166 ponti­ fice] episcopo, 168 ioco] dolore, 171 non] ne, 231 presbiter o m . , 238 Apollo] Apollonius, 270 soluta o m . , 274 eius corpus] cor post eius, 334Paco] pauco, 364gratificata]gratifica, 402 solutis experrectus] solutus expergefactus usw. Dazu kommen noch eine ganze Anzahl, die sich genauso in der Hs. Cambrai 688 = C (in V d) finden, und zwar: V III 1, 32 illius est t r . , 68f. est sicut] esse, 73f. sicca et non inequalis dieta] sicca uita inequalis dicta G , sic sea uita et non inequalis dicta E , 154 peccamus] peccauimus, 208 uestis eius t r . , 228f. diiudicando] iudicando, 231 praescientiam] scientiam, 396 uisio o m . Davon sind nur 68 f. ; 73 f. ; 208 ; 231 der ganzen Familie V d eigentüm­ lich. E gehört also nicht dieser Familie an, da die Mehrzahl ihrer Kennzeichen in ihr fehlen (vgl. V d ). In I 1 dagegen ist die Überein­ stimmung zwischen E und Cambrai 688 so stark, daß für den ersten Teil der Handschrift nicht nur ein Einfluß wie in V III 1, sondern eine gemeinsame Quelle angenommen werden muß (vgl. die be­ weisenden Lesarten unter V d). Aber nicht einmal damit ist die Her­ kunft des Textes der Handschrift restlos nachgewiesen. Aus V b ist nämlich in I 1 (Ende) noch die Fassung : Salamermie id est perfecta interpretacio sozomeni eccl. hist, eingedrungen, vielleicht auch die Umstellung I 1, 113 horum omnium, die sich auch in Cambrai 688 findet. So hat sich hier aus Bestandteilen dreier Familien ein neuer Mischtext gebildet, den wir glücklicherweise auch noch auf seine Quellen hin untersuchen können. I 1 habe ich für E selbst nach Photos verglichen, ausgewählte Stellen prüfte Sir Montague Rhodes James und R. A . B. Mynors, dem ich auch die Kollation von V III 1 verdanke.

V d = Hss. 107-109

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P hat die Sonderfehler keiner dieser H ss.; da auch die von V b nicht vorhanden sind(!), wohl aber die meisten Kennzeichen von V, muß sie wohl als eine Art Schwesterhs. der vorigen angesetzt werden, obwohl sie eine Fülle besonders auch absichtlicher Änderungen aufweist. Gegen V richtig sind hier: I 1 , 53 exhibitis, V III 1 , 359f. contempnere, 347 ; 349f. huiusmodi, was der Schreiber ohne bessere Hs. hersteilen konnte. Wie nur ein Bruchteil der vorhandenen Varianten zeigen möge, änderte er sehr selbständig: I 1, 33 positione] positionibus, 34 uero] enim, 40 Cretes] Cretenses, 48 praebuit] donans (dies ging vorher), 55 euehis] ducis, 57 etenim] enim, 77 uel] et, 80 cre­ atorem] conditorem, 106 amplectens] amplexans, 117 prouenerunt] euenerunt, V III 1, 18f. passus] p. est, 21 uersum] u. ipsum, 52 so­ lummodo] tantummodo, 159f. cui nomen] nomine, 166 pontifice ad episcopatum] episcopo ad episcopatum (öfter), 198 litterarum] linguarum, 237 suscipiebat] recipiebat, 269 plurimos] plures, 288 fuisse] suis se (gewollt), 326 igitur imperio] itaque tempore, 341 suauis et utilis] suauis et mitis, 362 ianuas] ianuam, 369 oratione] orationibus, 410f. interrogauerunt] int. eum, 417 libentissime] liben­ ter, 427 abstinentia] continentia (öfter), dazu noch sehr zahlreiche Umstellungen, Lücken (so fehlt 384 nach exquirat: proinde — ex­ quirat 386 f., zufällig wie in Monte Cassino) und Schreibfehler. Das war im 15. Jh. der Text der Sorbonne, was gewiß auch inter­ essant ist. Die Krakauer Universität bekam gerade um diese Zeit ihre textlich viel bessere Hs. geschenkt, die Pariser lasen dafür ein kor­ rekteres Latein.

Vd = Hss. 107-109 107 Rom Borghes. 30 s. X I I (Corbie) = B, 108 Avignon 1348 s. X I V (Chartreuse de Bonpas) = A , 109 Cambrai 688 s. X I I /X I I I (Valérien Duflos, archidiacre de Brabant, mort vers 1610) = C [s. Scriptorium 3 (1949) 118], 105 Eton College 131 s. X V (Roger Lupton) = E. Diese Familie gehört ganz deutlich zur Gruppe V. Aber im ein­ zelnen ist die Lage ziemlich schwierig. In I 1 stehen sich scharf gegenüber AB und CE (vgl. die Behandlung von E unter Vc). A B gehören in I 1 der Gruppe kaum an (s. jedoch I 1, 71 in A), son­ dern stammen von einem Text, der äußerst verwandt ist mit dem von Corbie aus Gruppe I. In V III 1 gesellt sich C gleichfalls zu dieser Gruppe, und ABC bieten nun einen durchaus übereinstimmenden Text, während E zu V c gehört und nur einige Lesarten aus V d 9*

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

enthält. B ist frei von eigenen Abweichungen, so daß man A von B direkt abhängig sein lassen kann. B selbst zeigt in V III 1 nebenein­ ander Lesarten del· Corbie-Gruppe und solche der Gruppe V , der Mischtext ist aber schon in der Vorlage von B entstanden. Es ist schön, daß wir von B nach handschriftlicher Eintragung wissen, daß der Codex bis zum 14. Jh. Corbie gehörte und erst von dem K ar­ dinal Guido de Bulonia (1342 wurde er Kardinal) entliehen, aber offenbar trotz seines Versprechens nicht mehr zurückgegeben wurde. Vd ist also ein nordfranzösischer Text. Daß eine von B ab­ hängige Hs. (A) schon im 14. Jh. sich in Südfrankreich befindet, mag trösten in Fällen, in denen heimatlose Hss. der gleichen Gruppe örtlich weit voneinander entfernt zu sein scheinen. Ob A übrigens vor der Entleihung von B abgeschrieben ist, bleibt fraglich ; vielleicht hängt die Entleihung von B und das Auftauchen von A in Süd­ frankreich miteinander zusammen. C macht übrigens in I 1 einen jüngeren Eindruck als in V I I I 1, zum mindesten einen anderen, so daß die Annahme verschiedener Vorlagen dadurch noch wahrschein­ licher wird. CE in I 1 übereinstimmend: (Vbc) 1 in] ad, 20 o om., 53 exhibitas, 99 diligens] dirigens E , iter dirigens G , 112 cunctis, 133 Iouiniano; (Vb) 113 horum omnium t r . Es handelt sich also um einen mit V verwandten Überlieferungszweig. C (E vgl. unter V c) enthält außer­ dem noch falsche Weiterbildungen schon vorhandener Änderungen (99) und neue Fehler: 7 audientium] auditu, 14 alius] al. uero, 46 potuerant] potuerunt, 55 sunt euehis] sunt te uehis, 57 etenim] enim, 69 uero] ergo, 71 filio dauid t r . , 77 etiam om., 144 et om. Richtig ( = AB) ist I 1, 10 presentabantur (prestabantur E = V b c ) . Die Zusammengehörigkeit von CE reicht aber noch über die Ver­ wandtschaft mit V b c hinaus, wie folgende nicht in V zu findende gemeinsame Lesarten von CE zeigen: I 1, 12 itaque om. C , p o s t preciosos t r . E , 15 pandebat usum] usum pandebat C , usum pandebant E , 71 potiorem, 80 tarnen] tantum, 108 imperiali digni­ tati C , . . täte E , 109 purum a caede] plurima caede (auch in 1 6 . 1 7 ) , 119 praecipue] pr. tamen, 131 autem om. Eigene Fehler in E : I 1, 16 uirtutis om., 28 proprium] proprie, 50 fuerunt olim] olim fuerunt propter, 73 terminum] termi. AB. In B fehlt leider durch nachträglichen Blattausfall I 1, 16 putabatur — 98 ei. Der Rest genügt aber, um die Übereinstimmung von AB zu beweisen: Vor I 1, 1 steht hier: Incipit liber primus hist. eccl. trip, que a cassiodoro senatore collecta est ex tribus

V d = Hss. 107-109

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grecis auctoribus, theodorito uidelicet sozomeno et socrate; I 1, 10 presentabantur, 99 macedonibus] m. ei, 106 dinosceris] cog­ nosceris, 109 a om., 133 non] non sub. W o A allein vorhanden ist, kann es sich auch um Sonderlesarten von A handeln wie u. a. I 1, 24 enutriunt semper t r . , 25 ac] et, 52f. dictiones] dictores, 73 illi] illius, 95 eum] illud; 71 potentiorem weist auch hier schon auf V b hin. In V III 1 ist für BAC das Bild deutlicher. Die in diesen dreien übereinstimmenden Lesarten gliedere ich zunächst in solche, die die Zugehörigkeit zu V zeigen, und in eigene Varianten von BAC. Nach­ dem sich C von der Überlieferung getrennt hatte, erfolgte auf BA der Einfluß des Textes der Hs. von Corbie aus Gruppe I ; außerdem wurden in B A aber auch viele eigene Änderungen vorgenommen, so daß C oft einen besseren Text bietet. B A C = V ( b c ) : V III 1, 67 uirgines, 74 dicta, 87 inquisitione, 158 itaque] autem, 347 (richtig in C) und 349f. huius mundi, 392 uestitus, 33 turpiter] turpibus, 50 conuersionem, 77 cibi ieiunio, 83 relego, 124 contemplationes] contemptiones, 154 rationem nam­ que] rationemque, 255 conpressos, 328 comederat. BAC = V b : 32 illius est t r . , 55 zelatus est eorum. BAC (gegen V), eigene Varianten: 27 at o m . , 28f. deprecante episcopo t r . , 29 descendit] descenderat, 47 requirentes] delinquentes (auch sonst), 53 diaconus] d. est, 68f. est sicut] esse, 93 sufficiat tibi t r . , 94 aut] ac, 102 fratrum] frater, 122 actuali o m . , 126 atque] et, 168 cum ioco o m . , 201 aliquem] aliquid (häufig), 203 non] non et, 208 uestis eius t r . , 218 illecy] illa, 231 praescientiam] scientiam, 273f. hydropicam, 346 tamen operabatur manibus t r . , 381 protrahere] pertrahere, 390 episcopo o m . , 401 sibi] sibi sub B A , sub C , 430 alium . . quendam richtig. Corbie-Lesarten in B A gegen C : V III 1, 5 dicens G ] dicebat C o r b i e 0 , dicebat enim B A , 18f. passus C o r b i e C] est passus C o r b i e 0 B A , 25 et nouem inquit annis C ] inquit annis C o r b i e , inquit annis et nouem B A (also nach anderer Vorlage eingesetzt, nur an falscher Stelle), 45 curas C o r b i e C ] curationes C o r b i e 0 B A , 134 alia C] alia in C o r b ie B A , 145 contra eos spirat C o r b i e B A ] contrarios spernat C (aus V weitergebildet), 153 stude horum C o r b i e B A ] studio C , 195 Binus] minus C o r b i e B A , non minus ( = V ) C ; Theon C o r b i e B A ] theonas ( = V ) C , 199 Binum] hominum C o r b i e , minum B A , am­ monium ( = V ) C (also die Vorlage für B A war noch besser als der Corbeiensis selbst — oder der Korrektor der Vorlage von B A hat

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IV. Die einzelnen Handschriftengruppen

hier glücklich emendiert), 207 ita ut etiam Corbie] ita ut B A , etiam ut ( = F) C , 314 genuis CorbieC] genibus CorbiecB A , 355 quinqua­ ginta C ] quadraginta CorbieBA, 428f. uermibus ebullirent C ] ebul­ lirent Corbie, euellerentur CorbiecB A . Daraus, daß bei weitem nicht alle Corbie-Lesarten hier begegnen, sieht man, daß sie nur nach Belieben verwendet wurden. B A ohne deutliche fremde Einflüsse verändert gegenüber C (sicht­ bar dabei auch die Abhängigkeit A von B ): V III 1, 33f. ut turpiter placere possit] ut turpibus placere possit C, at (sic) turpibus placere B , turpibus placere A , 72 acta ■L nicht sicher wäre, ab­ zuweisen, da es äußerst unwahrscheinlich ist, daß ein Blatt gerade mit einem Satzende schloß und das übernächste mit einem Kapitel­ anfang begann. Was hier nun in Wirklichkeit die Lücke verursacht hat, habe ich noch nicht herausbekommen.

y . Zusammenfassung Mit diesem letzten Beispiel eines Mischtextes bin ich in der Dar­ stellung der Abhängigkeitsverhältnisse der handschriftlichen Über­ lieferung der H ist. trip, am Ende angelangt. Viele Zeugen konnten nur annähernd bestimmt werden. Bei den meisten ist es gelungen, sie sicher an einer Stelle der Tradition einzuordnen. Es wird an den Mischtexten deutlich geworden sein, wie die Fäden oft hin- und her­ laufen, von einer Gruppe zur andern, wie bei jeder Verzweigung neue Fehler auftreten, daß schon im 11. oder 12. Jh. kaum noch irgendwo ein für die Textgestaltung brauchbarer Codex vorhanden ist. Die Gruppe I und die vulgäre Klasse überdecken sich räumlich, und oft sind daher Lesarten von der einen zur andern geflossen. Die A n ­ nahme dieser Zweiteilung dürfte durch den Gang der Darstellung gesichert worden sein. Über die Entstehung einzelner Gruppen oder Familien läßt sich meist weder zeitlich noch örtlich genau etwas sagen; nur wo und wann sie zuerst auftauchen in den erhaltenen Exemplaren, ist noch feststellbar. Die Berücksichtigung der Herkunft der Hss. hat weithin die Kollationen bestätigt. Man kann ziemlich sicher sagen, welcher Text zu einer bestimmten Zeit in dieser oder jener Gegend gebraucht wurde. Nur sind keine festen Angaben über Personen erhalten, die in der Überlieferung bestimmend mitgewirkt hätten. Kein bekannter Name ist uns überliefert, sondern meist anonyme Schreiber haben den Text gestaltet, manchmal mit gram­ matischer Korrektheit und stilistischen Kenntnissen, manchmal auch durch ihre mehr oder minder große Nachlässigkeit und U n­ aufmerksamkeit. Das Wichtigste aber ist: es dürfte nach der Be­ sprechung aller Hss. klar geworden sein, daß an die erste Gruppe keine andere in der Zuverlässigkeit ihres Textes heranreicht, daß in keiner andern Gruppe besseres handschriftliches Material vorhanden war. Die leichten Fehler der Gruppe I muß man von der textlichen Grundlage dieser Gruppe selbst aus verbessern; auch die besten Hss. der Vulgärüberlieferung dürfen trotz der Unabhängigkeit von der Gruppe I nur sekundär zur Kontrolle benützt werden, da auch die ältesten Codices jener Überlieferung schon einen überarbeiteten Text enthalten.

VI. D ie Ausgaben der Historia tripartita Da die Inkunabeln bereits innerhalb der Gruppen, deren Text sie enthalten, zur Darstellung gekommen sind, bleibt hier nur noch übrig, die Ausgaben nach 1500 zu besprechen1). Obwohl heute mehr als ein Dutzend nachweisbar sind, kann doch schon jetzt gesagt werden, daß die Historia tripartita bisher nur zweimal kritisch be­ arbeitet ediert worden ist, einmal 1523 von Beatus Rhenanus und dann erst wieder 1679 von J. Garet. In der ersten Hälfte des 16. Jhs. war außerdem noch ein Text verbreitet, der nur ein leicht veränderter Nachdruck des in der Pariser Inkunabel (a) gebotenen ist. Alle Aus­ gaben lassen sich ohne Mühe in diese drei Gruppen einordnen und sollen nacheinander kurz behandelt werden. A . Der Text der Pariser Inkunabel a ist bereits unter Ib und V a charakterisiert worden. Durch die Verwendung zweier Hss. ver­ schiedener Gruppen ist bis zu einem gewissen Grade eine Kompensierung der Fehler eingetreten, so daß keine der bekannten Lücken mehr vorhanden ist. Außerdem war hier kein gewissenhafter Philo­ loge am Werk, so daß die handschriftliche Grundlage noch öfter er­ halten ist als in allen späteren Ausgaben. Leider war aber der Text der benutzten Hss. vom Archetypus schon weit entfernt. Nach diesem Mischtext der Inkunabel wurde dreimal eine neue Druck­ ausgabe veranstaltet, ohne daß künftig noch einmal eine Hs. heran­ gezogen worden wäre. Die Abhängigkeitsverhältnisse sind bei allen x) Während von den Hss. bisher viele unbekannt gewesen sind, wurden die Ausgaben einschließlich der Inkunabeln schon einmal zusammengestellt in dem auch sonst an guten Beobachtungen über die Hist. trip. (S. 104— 120) reichen Buch von Adolph Franz, M. Aurelius Cassiodorius Senator, Ein Bei­ trag zur Geschichte der theologischen Literatur, Breslau 1872, S. 133— 135. Was ich in der Aufzählung der Ausgaben hinzugefügt habe, ist mir durch eine Umfrage bei allen deutschen Bibliotheken (durch das Auskunftsbureau der Deutschen Bibliotheken) bekannt geworden. Nicht ist dagegen bisher der Text dieser Ausgaben untersucht worden, um den es mir allein zu tun ist. An den Feststellungen über diesen Text ändert sich grundsätzlich auch nichts, wenn bisher noch nicht genannte Abdrucke der Ausgaben bekannt werden, was nach allen bisherigen Überraschungen sehr leicht möglich ist. 11

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

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VI. Die Ausgaben der Historia tripartita

Drucken so einfach, daß das Material von I 1 der H ist. trip, voll­ kommen zur Demonstration genügt. Der Herausgeber jedes neuen Druckes benutzte nur den zeitlich unmittelbar voraufgehenden, verbesserte Druckfehler und machte Konjekturen; diese ließen aber fast stets die handschriftliche Grundlage immer mehr verschwinden. Dazu kamen jedesmal noch neue Druckfehler. Aa) Der erste Nachdruck wurde ohne Datum in Paris heraus­ gegeben von François Régnault. Nach Ph. Renouard, Imprimeurs Parisiens, Paris (A. Claudin) 1898, S. 31l£E. gibt es zwei Männer dieses Namens, die an der gleichen Stelle nacheinander tätig waren. Es läßt sich nicht sicher entscheiden, wer von den beiden gemeint ist. Aber die durch den Vermerk auf dem Titelblatt nur mögliche Zeit für den Druck 1505— 1523 (François I er starb vor 1520) ist völlig ausreichend. Der Text dort lautet: Cassiodori senatoris uiri dei de regimine ecclesie primitiue hystoria tripertita feliciter incipit. Uenalis habetur apud diuum Claudium uici sancti Iacobi in edibus francisci Régnault uniuersitatis parrhisiorum librarii. Dann folgt einfach der Text, wie er in den Hss. steht : Prefatio. In hoc corpore continentur . . ., mit den TitelVerzeichnissen, Abkürzungen usw. der Hss. Angefügt ist nur eine tabula. Um im folgenden leichtere Arbeit zu haben, gebe ich einfach die Kollation von 1 1 (ohne Orthographica), im Lemma jedesmal den von mir wiederhergestellten Text: I 1, 5 praepararent] preparent, 8 oportune] oportunam, 9 iacularentur] iacularent, 10 praesentabantur] presentabant, 13 purpurae clariorem] purpuream: clariora, 14 cingula] singula, 15 maxima] maxime, 20 o ora., 21 deo iuuante ora., 48 Oppianum] appianum ( = ω), 49 Oppiani] appiani ( = ω), hactenus] et hactenus, 50 nomi­ nentur] nominetur, 52 inueniris] inuenitur, 99 quidam] quidem, 112 cunctos] cunctis, 131 filiis] filio, 133 Iouiano] iouiniano, 134 autem ora., 145 spiritu sancto t r . Davon sind gegenüber der Pariser Inkunabel neu : I 1, 5 pparët statt pparent; 14; 21; 50; 99; 131, fast alles leicht verständliche Druckfehler. Aber selbst wenn man die folgenden Verbesserungen berücksichtigt, ist die Zahl der Verschlechterungen doppelt so groß als die der Verbesserungen. Verbessert ist gegenüber der Pariser Inkunabel: I 1 , 27 figura statt figu|gura, 112 communem statt comunem, 140 nonum statt Notum.

VI. Die Ausgaben der Historia tripartita

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Von den Varianten in der Pariser Inkunabel findet sich in Paris 17581: I 1, 10; 13; 15; 48; 49; in Paris 17582: I 1, 8; 20; 48; 49; Π 2 ; 145, so daß eigene Fehler der Inkunabel nur folgende wären: I 1, 9 (häufig auch in H ss.); 27; 49; 52; 112 comunem; 133 (häufig auch in H ss.); 134; 140. Ab) Nach Aa ist gedruckt eine Ausgabe des Jahres 1526, deren Titelblatt folgenden Text trägt: Hystoria Tripertita. Habes candidissime lector Hystoriam Tripertitam Cassiodori senatoris uiri dei de regimine Ecclesie primitiue: que anteaquam plurimis scatebat erroribus adamussim emendatum: pristineque integritati restitutum. MCCCCXXVI. Da die Druckermarke und das Titelblatt überhaupt völlig übereinstimmen mit der Kirchengeschichte Eusebs (Rufins Übersetzung) des gleichen Jahres, darf Lyon als Druckort als gesichert gelten. Der Eusebtext schließt nämlich mit den Worten: Eusebii Cesariensis ecclesiastica finit hystoria per magistrum Goffredum boussardum sacre pagine doctorem eximium exactissime correcta et emendata Impressa Lugduni per Benedictum Bounym calcographum. Sumptibus uero honesti uiri Iacobi q. Francisci de Giuncta et sociorum Florentini. Anno dfii. 1526 (10. März 1526 genauer). Dieser „emendierte“ Text hat folgende Fehler von Aa verbessert: I 1, 20 o wiedereingesetzt, weiter nichts; dagegen hat er folgende neue Fehler: I 1, 24 et o m . , 39 Oppianum] appianum (Angleichung an 48, 49), 51 principum] princpium, 53 exhibitis] exhibitio, 69 audio] studio, 86 uehementer] uëhementer, 111 edoceri] edocere, 124 clarumque] clarum. Fast immer, wenn man sich besondere Mühe gab, ist es dem Text sehr schlecht bekommen, so auch hier. Ac) Nach der vorigen Ausgabe wurde eine neue gedruckt in Lyon 1534. Von Historia Tripertita bis restitutum ist der Text des Titel­ blattes der gleiche wie 1526, dann folgt: 1534. Ueneunt Lugduni apud Iacobum Giuncti in uico Mercuriali. Gegenüber dem Druck 1526 ist verbessert: I 1, 50 nominentur (Fehler von Aa), 51 prin­ cipum, 86 uehementer; neue Fehler sind: I 1, 31 discutiens] disentiens, 47 munere] uniere, metrico] meretrico. Auch dieses Mal hat der Text keineswegs an Güte gewonnen ; die wirklichen Fehler blieben ihm jedesmal erhalten, da man keine Hs. verglich. Aber während diese französischen Oktavausgaben sich verbreiteten, war schon eine andere große Ausgabe in Deutschland erschienen, die höhere An­ sprüche befriedigen wollte.

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Ba) 1523 (vor dem 15.7.) schrieb Beatus Rhenanus1) an Michael Hummelberg : . . Adeo nunc ecclesiasticam Eusebii Caesariensis historiam, non recognitam ad Graecum exemplar (quod utinam haberem), sed ad Latina quaedam scripta tantum. Cui fauentibus superis Tripartitam quam uocant adiiciam, uel ob solam argumenti conuenientiam et rerum apud Christianos gestarum seriem. Alioqui propter stili uersionisque ineptiam indigna est, quae cum Eusebio copuletur . . . Noch im selben Jahre (im August) 1523 erschien dann in Basel bei Johannes Frohen ein dicker Quartband, in dem beide Werke vereinigt waren. In der dem Text vorangehenden Widmung an den Bischof von Olmütz stellt Beatus Rhenanus fest, daß zwar Autoren wie Livius, Sallust, Thukydides, Xenophon usw. von allen gelesen werden, aber Euseb unbekannt geblieben sei, obwohl er für die Geschichte des frühen Christentums soviel vorzügliches Material enthalte (quur Autores ecclesiasticae historiae, . ita apud nos neglecti iaceant . .). Er weist auch auf den Nutzen der Lektüre für die Gegenwart hin: Arianum dissidium nusquam exactius depictum est, uidelicet ex quam leuibus initiis ad quantum orbis perniciem exarserit. Quod dum legimus, etiam atque etiam cogitandum, ne per nostras contentiones nimium pertinaceis, simili aliquando malo inuoluamur. Als Herausgeber beklagt er es, daß ihm keine griechische Hss. zur Verfügung ständen (nur einen Theodoretcödex hatte er sich be­ schaffen können, keinen Euseb, Sokrates oder Sozomenos), und wünscht, daß doch in Rom mit den reichen Hss. schätzen eine solche Ausgabe gemacht würde. Sein vernichtendes Urteil über das Latein des 6. Jhs., das von seiner humanistischen Bildung her verständlich ist, hat vor allem dazu beigetragen, daß der Text der Hist. trip, so oft ohne Rücksicht auf die Überlieferung geändert worden ist, und das hat nachgewirkt in die Ausgabe von Garet und bis in den letzten Mignenachdruck, der in den meisten Bibliotheken steht. Aber er möge darüber wie über das, was er für die Ausgabe getan hat, mit seinen eigenen Worten sprechen: Proinde recte consulerent piis studiis Ecclesiastici proceres urbis Romae, si tales auctores castigandos curarent, quando Rome non solum doctorum uirorum, sed et utriusque linguae uetustissimorum codicum mira copia est. Nostra certe recognitio non prorsus inutilis censeri poterit, cum praeterquam*) *) Briefwechsel des Beatus Rhenanus, gesammelt und herausgegeben von Adalbert Horawitz und Karl Hartfelder, Leipzig 1886, »S. 320.

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quod librum curiosissime distinximus, et adnotatiunculis marginariis, quae nonnumquam commentarioli uice esse possint, illustrauimus, etiam multa loca restituerimus, quae ante corrupte legebantur. Porro cum Eusebiana historia iam esset a typographie absoluta, et nequaquam ad uolumen iustum surgeret, uisus sum studiosis commendaturus, si Tripartitam quam uocant historiam Eusebianae connecterem: . . . Sciebam uero opus id pessime uersum ab indocto interprete. Sed longe uicit meam opinionem res ipsa. Nullus apud Latinos extat liber pari inscitia uel socordia tractatus: nullus prodigiosioribus maculis contaminatus: peruersionem dicas, non uersionem. Conduxerat olim (ut uidetur) Cassiodorus Senator in suo infelici seculo, quando cum Romano Imperio optimis simul literis profligatis, barbaries apud Italos non solum in Palatio, sed etiam in scholis regnare coepit, Epiphanium quendam literatorem Graece peritiam linguae iactantem, ut Theodoritum, Sozomenum, et So­ cratem . . . latinitate donaret. Id ubi infelicissime praestitisset utrobique, ut qui linguam utranque ex aequo ignoraret, Cassiodorus e tribus illis unam historiam contexuit. Quae res operi, seu potius centoni, Tripartitae dedit appellationem. Id autem magno mihi labore constitit : nam qui primo nolebam esse ingeniosus in alieno libro, dum tot soloecismis et barbarismis offendor, cogor uel inuitus quosdam insigniores ac intolerabiliores lapsus castigare. Hoc dum facio ονκ άπονητί, quid enim molestius esse possit ? uideo uel emendando uel mutando nihil profici, nisi denuo quis interpretetur, ita misere uertit Epiphanius. Hoc autem absque exemplaribus Graecis fieri non poterat. Nec sufficiebat unus Theodoriti Graecus codex, quem ex bibliotheca Ioannis Ragusini Cardinalis tt. s. Xysti, Praedicatores mihi commodato dederant. Ex illo tamen multa passim sarsi adiecique epistolas Graecas synodaleis et quasdam Imperatorum, ut doctus lector uidere possit, quam indigne sit opus tractatum. A uf dem Titelblatt steht dies verkürzt: Autores historiae ecclesiasticae. Eusebij Pamphili Caesariensis Libri IX . Ruffino interprete. Ruf fini Presbyteri Aquileiensis, Libri duo. Recogniti ad antiqua exemplaria Latina per Beat. Rhenanum. Item ex Theodor ito Epi­ scopo Cyrensi, Sozomeno, et Socrate Constantinopolitano Libri X II. uersi ab Epiphanio Scholastico, adbreuiati per Cassiodorum Senatorem, unde illis Tripartitae historiae uocabulum. Emendati et hii multis locis. Additis passim Graecis epistolis plerisque Synodorum ac Impp. e Tomis Theodoriti, cum ut Latinae uersioni ex hiis succuratur, tum ut uelut monimenta quaedam Christianae antiquitatis conseruentur, et habeat lector φιλέλλην quod non sine fructu conferat. In diesem Werk folgt auf Euseb (S. 1— 260) die Historia tripartita S. 261— 636, darauf auf 57 Seiten ein Syllabus rerum memorabilium für beide Teile. Beatus Rhenanus hat zum erstenmal eine korrekte Interpunktion eingeführt, die Orthographie einheitlich durch­ geführt, griechische Wörter griechisch geschrieben und am Rande Lesarten aus Hss. uud eigene Vermutungen angemerkt. Welches diese Hss. waren, wissen wir leider nicht. Da die Lücken der Vulgär­ klasse nicht begegnen, wohl aber viele vulgäre Lesarten, ist an­

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VI. Die Ausgaben der Historia tripartita

zunehmen, daß er einen Codex späterer vulgärer Art, etwa aus Gruppe IV , zur Verfügung hatte, dazu aber einen mit lückenlosem Text und aus einer guten Gruppe. Er hat aber, wie er selbst sagt, so viel geändert , daß manche Lesarten kaum wiederzuerkennen sind ; man muß jedenfalls stets sehr mißtrauisch sein, er kann an jeder ab­ weichenden Stelle selbst eingegriffen haben. W o er konnte, führte er grammatisch für ihn tragbare Formen ein und stutzte die Sätze nach guten syntaktischen Regeln zurecht. Besonders aber griff er in den Wortschatz ein und ersetzte unzählige Wörter durch Synonyme. Besser als jede Erklärung zeigt das alles eine Kollation von I 1 und V III l 1). 1 1,1 f . Oratio — imperatorem] Sozomeni praefatio ad Theodosium Augustum. Am Rande: In exemplari scriptum erat, Salä Hermiae Sozomeni (das steht aber in allen Hss. nur am Ende von I 1), 6 fa­ bulas quasdam tr., 10 praesentabantur] praestabantur, am Rande: alias praesentabantur, 18 imperii ornatus tr., 20 o o m . , 35 iudices] iudices, am Rande: Cretenses, deest, 62 mechanica] moechanica, 71 potior es] potiorem, 89 emicantem] emicans, (*) 90 potum in eum] in id potum, 95 eum] id, 96 uidetur iuste tr., 98 ammirantur] miran­ tur, (*) 100 obtulit] in galea obtulit ei, 104 una aut duabus rebus ornasse tr., 113 horum omnium tr., 115 hoc potius tr., ascribam] adscribam, 120 principem] principium, 123 eam laboribus tr., 125 quoque o m . , * 128 est mihi tr., 131 quae] ea quae, * 133 Iouiano] Iouiniano, 144 et o m . Gegenüber den französischen Ausgaben wird die bessere hand­ schriftliche Grundlage deutlich, vgl. dort I 1, 13; 15 usw. ; I 1, 10; 20; 71 zeigen die vulgäre Art der benutzten Haupths.; I 1, 100 findet sich mit dem Zusatz auch in IVa (NT), das übrige, besonders die zahllosen Umstellungen und die grammatischen Änderungen, ist neu. I 1, 10 ist ein Beispiel für die Benutzung einer besseren Hs., 35 eine richtige kritische Notiz. Deutlicher wird aber die Arbeit des Beatus Rhenanus noch in V III 1. 2 de conu. monach. o m . , *3 enim o m . , *5 dicens] dicebat enim, *10 neque] ne, 10 requisitus] rogatus, 16 dum] cum, (*)18f. passus] p. est, 21 eum] se, 24 requisitus] rogatus, 25 praeualui] ualui, *27 at o m . , 28 salubritatis] bono, etenim o m . , 29 deprecante] precante, 31 inquisitus] rogatus, *31 inquit me t r . , 32 quia] quod, 33 *) Die mit Sternchen versehenen Lesarten stehen auch noch im Mignedruck von 1865; eingeklammertes Sternchen bedeutet: zum Teil so bei Migne.

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turpiter] turpibus, *37 Piterius, am Rande : Piterus, 40 illo siquidem tempore] Id temporis, 42 pro] de, 45 tantas curas fecit et tantos daemones] tantum morborum depulit, et tantorum daemonum, (*)47 requirentes] delinquentes, 49 mutabatur quia] uariabat quod, *50 conuersationem] conuersionem, 50 educabat] inducebat, 53 Nazianzeno] nazanzeno, (*)55 zelatus illorum] eorum aemulatus, 58 monachus titulatur] μοναχικός inscribitur, *67 uirginem] uirgines, *68 sunt] sint, *69 hac] ac, 73 quoniam] Quod, *74 caritate] caritati, 77 cibi ieiunio] ieiunans, 77f. requisitus] interrogatus, 83 requisiuit] Interrogauit, 90 exhibens, am Rande: Forte *consequens, 91 apud] ad, 94 refectione] releuatione, 99 reclinatus] inclinatus, somnum] somni, rapiebam] capiebam, *107 contemplatiuus] contemplan­ tibus, 111 ipse ora., *115 itaque] porro, *116 abscido] abscindo, 120 ipse ora., *120 nescio] n. me, 131 primi] praemia, 142 semetipsos] seipsos, 145 est qui ora., *145 spirat] spiret, *150 influentes] et in­ fluentias, *153 stude horum materias . . retinere] studiorum ma­ teriam . . retine, *154 enim omnes t r . , *154 rationem namque] rationemque, *158 haec] hoc, *158 dicta] dictis, 160 tanto] adeo, *161 Romae cum Ath.] cum Ath. Romam, *163 enim ora., 164 sibimet] sibi, semo] mutilo, 167 tentus] uocatus, 168f. quasi male fecisset, ut aurem amputaret et deo reus existeret] male eum fecisse aurem amputando et *de eo reum existere, *170 Euagrie] Euagri, 170 quoniam] quod, abscidisti] abscideris, 172 siquidem] porro, *173 uult] uelit, 177 memorauit] commemorauit, igitur] uero, 178 post paululum] paulo post. Diese Probe mag genügen, aus dem Rest sei nur noch mitgeteilt: V I I I 1, 180 quantos . . memorari pos­ sim] quot . . commemorem, 184 passiones] morbos, *195 Binus] non minus, 196 inopinabilium] stupendarum, 199 taciturnitatem] silen­ tium, *199f. Binum a nullo] a nullo hominum, 206 inopinabiliter] insolite, 217 operabatur] elaborabat, 244 quasi] propemodum, 253 soporatus] obdormuisse, 258 stercore] sterquilinium, 263 peri­ mis] conficis, 277 passionis] aegrotationis, 298 prouenerat] extitisset, 349 f. quia huiusmodi passiones pro peccatis eueniunt] huiusmodi morbos propter peccata accidere, 356 eum uiuere] ipsum uidere uellet, 359 dirigerent] mitterent, 359f. contemnere] reluctari usw. An den Sternchen sieht man, wieviel Garet von diesen Lesarten beibehalten hat, die dann bis in den letzten Mignedruck gekommen sind. Wenn auch viele Varianten aus den vulgären Hss. stammen, so hat Garet doch besonders in V III 1 zum Schaden der Ausgabe

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eine Menge falscher Lesarten von Beatus Rhenanus übernommen. Garet hat freilich meist nur die grammatischen Änderungen auch in seinen Text gesetzt, dagegen die Umgestaltung des Wortschatzes nicht mitgemacht außer bei Partikeln und Konjunktionen. Darin ging er auf die Hss. zurück, und das ist das Verdienst der Benedik­ tinerarbeit; aber wie besonders I 1 zeigt, sind in diesem Kapitel die Mehrzahl der Fehler erst 1679 eingedrungen, so daß die Leistung dadurch wieder erheblich in ihrem Wert gemindert wird. Es muß aus der Kollation hervorgehen, daß bei einer Neubearbeitung des Textes weder aus der Ausgabe von 1523 noch aus der von 1679 ein Gewinn zu ziehen ist; sie können völlig unverwertet bleiben. In beiden Fällen hat man ein gut lesbares, richtiges Latein hersteilen wollen, hat aber weder das Kontrollmittel des griechischen Textes genügend benutzt (Beatus Rhenanus hatte ja nur einen Theodoret-, codex) noch die Eigenart des späten Latein erkannt oder gewürdigt noch endlich eine gute lateinische Überlieferung zur Verfügung gehabt. Erwähnt sei noch, daß Garet, wenn er ed. Frob. zitiert, die Aus­ gabe 1523 (oder 1528) meint. Das geht z. B. aus folgender Stelle hervor: IV 24, 174 Ursatius Sigiduni Mysiae, Ualens Myrsi Pan­ noniae] Ursatius Mygdoni, Ualens Mirsi Pannoniae 1 5 2 3 u n d 1 5 2 8 , U. Sigiduni, Ualens Mursie Pannoniae 1 5 3 5 , U. Sigiduni [ed. Frob., Mygdoni] Mysiae, Ualens Mirsi Pannoniae G a r e t - M i g n e . Wenn auch die meisten Notate stimmen, so darf man sich doch nicht völlig auf sie verlassen; II 7,54 steht : reperientes [ed., Niv. et Frob., repentes], aber sowohl 1523 wie noch 1544 steht bei Beatus Rhenanus : reperientes. Bb) 1528 wurde die Ausgabe des Beatus Rhenanus in Basel bei Froben im gleichen Quartformat neu herausgegeben. Am Schluß des Index steht: Basileae in officina Frobeniana per Ioannem Hervagium et Hieronymum Frobenium. Das Titelblatt (mit dem gleichen Wortlaut wie 1523) und der Text sind neu gesetzt. Gegen­ über dem Druck von 1523 sind in I 1 folgende Varianten zu ver­ zeichnen : Verbesserungen gegenüber 1523: 62 mechanica richtig, 144 deo deo et richtig. Verschlechterungen: I 1, 13 plurimi] plurmi, 52 inueniris] inueneris, 67 super o m . , 87 agentium] agentem. Der Text ist also nicht besser geworden. 1 5 2 3 ,

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Be) 1535 wurde das Werk von Froben in Basel neu ediert mit dem Titel : Autores Historiae Ecclesiasticae. Eusebii Pamphili Caesariensis episcopi libri nouem, Ruffino interprete. Ruffini presbyteri Aquileiensis, libri duo. Item ex Theodorito Episcopo Cyrensi, Sozomeno, et Socrate Constantinopolitano libri duodecim, uersi ab Epiphanio Scholastico, adbreuiati per Cassiodorum Senatorem: unde illis Tripartitae historiae uocabulum. Omnia re­ cognita ad antiqua exemplaria Latina, per Beatum Rhenanum, praeterea non ante excusa Nicephori ecclesiastica historia, incerto interprete. Uictoris epi­ scopi libri III De persecutione Uandalica. Theodoriti libri V. graece, ut sunt ab autore conscripti. Es ist also vor allem der ganze griechische Theodorettext mit ab­ gedruckt, dagegen sind die griechischen Einlagen aus der Hist. trip, selbst wieder fortgelassen, da jeder die Theodoretpartien sich aus dem vollständigen griechischen Text heraussuchen konnte. S. 261 bis 589 steht die Hist. trip. Am Schluß des Textteiles steht: E x ­ cusum Basileae in officina Frobeniana per Hieronymum Frobenium et Nicolaum Episcopium anno M D X X X V mense Martio. In I 1 sind gegenüber 1528 folgende Varianten zu verzeichnen: Verbesserungen: 13 plurimi richtig, 52 inueniris. Bd) Die Ausgabe von 1535 wurde 1539 von Beatus Rhenanus bei Froben in Basel (Basileae, per Hieronymum Frobenium et Nicolaum Episcopium) neu herausgegeben. Statt des griechischen Theodorettextes wird jetzt die lateinische Übersetzung des Camerarius bei­ gegeben. So schließt der Titel : Theodoriti libri V nuper a Ioachimo Camerario latinitate donati. In dem auf fast 900 Seiten ange­ schwollenen Band nimmt die Hist. trip. S. 262— 593 ein. In 1 1 weicht der Text von der Ausgabe 1535 an folgenden Stellen ab : (Nur) Verschlechterungen: 20 potentissime] potenssime, 35 iudices und am Rande: Cretenses, deest 1 5 3 5 ] iudices Cretes ohne Rand­ bemerkung, 54 crementum] incrementum, 144 et o n t . Be) 1544 schließlich wurde die Ausgabe von 1539 (sic) noch einmal in Basel herausgegeben. Am Schluß des Index : Basileae, per Hierony­ mum Frobenium et Nicolaum Episcopium anno M D X L IIII. Das Titelblatt ist völlig gleich mit dem von 1539. Von den Neuerungen der Ausgabe von 1541 ist hier keine Spur zu finden. In I 1 ist nur 20 potentisissime weiter verschlechtert. Aber schon vorher hatte man außerhalb Deutschlands begonnen, den Text der Frobenschen Ausgabe nachzudrucken.

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Bf) 1541 wurde der Text von 1539 in Paris neugedruckt (Parisiis à Galeoto Pratensi, in prima columna regii Palatii), wieder etwas vermehrt und korrigiert. Am Ende steht: Finiunt ecclesiasticae historiae autores, recogniti et marginali accessione elucidati, miro studio, summaque diligentia excusi à Michaele Fezandat, sumptibus Galeoti à Prato et Petri Régnault. Der Druck ist äußerst sorgfältig gemacht, es ist keine neue Variante gegenüber 1539 zu finden, nur der Druckfehler I 1, 20 ist hier berichtigt. Das Register ist erneuert und v o r den Text gestellt, die Kapitel Verzeichnisse vor jedem Buch sind ersetzt durch Einzelüberschriften bei jedem Kapitel, am Rande sind Bibelzitate notiert und Jahreszahlen n. Chr. Geb. zu den chronologischen Angaben vermerkt. Aber der Text ist beibehalten, sogar mit der Widmung des Beatus Rhenanus. B g) Dann wurde die Hist. trip, aus dem ganzen Werk heraus­ genommen und in einem eigenen Oktavband veröffentlicht mit dem Titel: Historiae ecclesiasticae quam tripartitam uocant libri X I I . . . Antuerpiae, in aedibus Ioannis Steelsii, 1548 (typis loan. Graphei). Es handelt sich hier um einen Nachdruck nach dem Text von 1541, von dem er in I 1 an folgenden Stellen ab weicht (sämtlich Ver­ schlechterungen, wenn auch nur Druckfehler): 15 pandebat] pan­ debant, 60 considerare] consyderare, 70f. Salomone] Salamone, 88 obtulit] oblulit. Die Bibelzitate sind etwas verringert, der Index ist ganz fortgelassen, es ist wieder Folienzählung eingeführt. Diese Aus­ gabe bedeutet also in jeder Beziehung einen Rückschritt. Bh) Mit dem gleichen Titel, dem hinzugefügt wurde: nunc ad­ hibitis aliquot uetustissimis exemplaribus, a mendis prope infinitis repurgati, ac pristino suo nitori non oscitanter restituti, wurde eine neue Ausgabe Parisiis, Apud Sebastianum Niuellium sub Ciconiis, via Iacobaea, 1562 gedruckt. Sie hat Folioformat, Seitenzählung; der Text ist in zwei Spalten zu 66 Zeilen angeordnet. Leider ist von der Vergleichung alter Hss. wenig zu merken. In I 1 sind zwar die Druckfehler 70f. und 88 beseitigt, 67 ist das seit 1528 fehlende super wieder eingefügt ; aber es sind anderseits auch neue Varianten gegen­ über 1548 hineingekommen: I 1, 10 praesentabantur] praestabant, am Rande praesentabant, 11 illis ora., quae forent gratissima dominanti] quae quisque gratissima dom. arbitrabatur, 20 Theodosi] Theodori, 28 metiris] meritis, 71 potior es (bis 1548 potiorem)] pollere.

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Verbessert war diese Ausgabe also nicht. Es sind zwar Text­ änderungen vorgenommen, am Rande Lesarten angemerkt worden, nur eben nicht nach alten Hss. Garet benutzte 1679 auch eine editio Niuelliana und notierte gelegentlich am Rande seiner Ausgabe Varianten daraus. Sie haben aber keinen W ert, da die editio Niuel­ liana im Grunde auf der ed. Frobeniana des Beatus Rhenanus be­ ruht, die bis 1562 nur verschlechtert worden ist. Garet, der die A b­ hängigkeit beider Ausgaben nicht erkannte, vermerkte bald aus der einen, bald aus der andern einzelne Lesarten. Bi) Mit gleichem Titel und völlig gleichem Text erschien ein neuer Druck Parisiis, Apud Michaelem Iullianum, in clauso Brunello, sub insigni stellae coronatae. 1566 (excudebat Mauricius Menier, magna cum diligentia et accuratione, die penultima mensis Maij . .). Das Äußere war verändert: es wurden wieder Folien gezählt, und die Normalseite hatte 40 Zeilen in nur einer Spalte und Oktavgröße. Der Text ist hier so genau nach der Ausgabe von 1562 gesetzt worden, daß in 1 1 keine einzige neue Variante zu finden ist (I 1, 60 ist considerare geschrieben). Nur ein Index rerum ac materiarum memorabilium ist wieder (zu Beginn des Werkes) beigegeben worden. Von 1573 bis 1618 werden die Ausgaben in Folioformat gedruckt und bestehen aus zwei Teilen; im ersten ist die lateinische Über­ setzung des Nikephoros enthalten, im zweiten die Hist, trip., jeder Teil mit eigenem Titelblatt. Bk) Der Titel des ersten Teils lautet: Nicephori Callisti Xanthopuli, scriptoris uere catholici, ecclesiasticae histo­ riae libri decem et octo . . . Adiecimus quoque ad Nicephorum, Magni Aurelij Cassiodori Tripartitam, quam uocant, Historiam, luculenter à mendis propè infinitis cum suo indice repurgatum . . . Parisiis, Apud Sebastianum Niuellium, uia Iacobaea, sub Ciconiis. 1573. Der Titel des zweiten Teils: Historiae ecclesiasticae quam tripartitam uocant libri X II. Nunc adhibitis aliquot uetustissimis exemplaribus, a mendis prope infinitis repurgati, ac pristino suo nitori non oscitanter restituti . . . Parisiis, Apud Sebastianum Niuellium, sub Ciconiis, uia Iacobaea. 1574. Bl) m) Außer dem genannten Druck gibt es noch zwei, die etwa aus der gleichen Zeit stammen und genau nach dem gleichen typo­ graphischen Satz gedruckt sind. Der Unterschied besteht nur darin,

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daß auf dem Titelblatt ein anderer Verleger mit neuer Druckermarke erscheint. Herr Dr. Ohly und Herr Dr. Benzing von der Inkunabel­ abteilung der Berliner Staatsbibliothek erklärten mir diese Er­ scheinung nach Analogien aus dem 15. und 16. Jh. so: bei großen Auflagen kommt es vor, daß sich (zwei oder wie hier) drei Verleger zu je einem Teil an der Finanzierung beteiligen, wobei jeder seine Druckermarke und seinen Namen auf das Titelblatt seines Teils der Auflage setzt. a = Nikephorosteil, b = Cassiodorteil. Bk) a Parisiis, Apud Sebastianum Niuellium, uia Iacobaea, sub Ci­ coniis. 1573. b Parisiis, Apud Sebastianum Niuellium, sub Ciconiis, uia Iacobaea. 1574. Druckermarke: Silvestre 201 (L.-C. Silvestre, Marques typo­ graphiques, Paris 1867). Exemplar: UB Tübingen Gb 422. Bl) a Parisiis, Apud Michaëlem Sonnium, uia Iacobaea, sub Scuto Basiliensi. 1574. b Parisiis, Apud Michaëlem Sonnium, sub scuto Basiliensi, uia Iacobaea. 1573. Verschiedene Jahreszahlen findet man nach Dr. Benzing bei diesen Titeldrucken öfter, das ist also ohne Bedeutung. Druckermarke: Silvestre 1141. Exemplar: StB Berlin Ba 5832. Bm) a Parisiis, Apud Hieronymum de Marnef, et Gulielmum Cauellat, sub Pelicano Monte D. Hilarij 1576. b Parisiis, Apud Aegidium Gorbinum, sub insigne Spei, è regione Collegij Cameracensis. 1574. Während bei Bm)a das ganze Titelblatt neu gesetzt ist und un­ sicher bleibt, ob dieser erste Teil etwa nur zufällig angebunden ist, ist Bm)b wieder völlig gleich den beiden vorher genannten Drucken. Auffällig ist nur, daß jeden Teil hier ein anderer Verleger herausgibt. Druckermarke (für Bm)b): Silvestre 609. Exemplar: UB Gießen V 28 740. Da auch 1562 schon eine Ausgabe bei S. Nivelle vorliegt, wird dieser auch 1573/74 der Hauptverleger sein und die andern an dem Verlagsgeschäft beteiligt haben. Der Index ist in allen diesen Ausgaben wieder an den Schluß ge­ stellt, der Text in zwei Spalten angeordnet (dabei bleibt es künftig), aber in der H ist. trip, nach Seiten gezählt. Der Text ist gegenüber der Ausgabe von 1566 nirgends gebessert; neue Druckfehler sind: I 1, 13 tincturam] trincturam, 29 dictionis] ditionis, 60 considerare] consyderare, 69 lapidum] lapidem.

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Bn) 1588 wurde das große Werk, mit einer langen Widmung an den Bischof von Würzburg versehen (in der nichts für die Hist. trip. Wichtiges steht), neu herausgegeben Francof. Impensis Sigismundi Feyerabendij (an einer späteren Stelle : Ciuis et Typographus Francofurtensis). Es wird erwähnt, daß in Paris jetzt Euseb und die Quellen der Hist. trip, griechisch ediert seien, aber im Text ist davon nichts zu merken. Es ist einfach ein schlechter Nachdruck der Ausgabe von 1573/74, deren vier Druckfehler in I 1 zwar verbessert sind wie auch I 1, 15 (seit 1548) und 20 (seit 1562), aber neue Fehler haben sich dafür eingestellt: 33 et a l t . o m . , 40 captionemque] capitionemque, 42 statua] statuta, 96 quo] qui. Der Index ist zum Teil überarbeitet worden, griechische Wörter werden wieder griechisch geschrieben. Bo) 1618 erfolgte in Frankfurt ein neuer Druck nach dem vorigen: Impressum Francofurti ad Moenum, apud Paulum Iacobi, impensis Nicolai Rhodii (bibliopolae). Hier ist im Text und Index nichts Eigenes; vor dem Beginn des Werkes stehen neu nur als Inhalts­ übersicht die Kapitelüberschriften für alle Bücher hintereinander beisammen. Hinzugekommen ist ein Fehler: 1 1 , 7 2 custodiuit] custodiunt; 133 ist dagegen das seit 1523 mitgeführte Iouiniano richtig in Iouiano verbessert, aber vielleicht auch nur durch ein Druckversehen, da sonst keine selbständige Arbeit festzustellen ist. Fast 100 Jahre war der Text des Beatus Rhenanus im Gebrauch, sein an sich schon nicht großer Wert wurde in fast jeder neuen Aus­ gabe noch geringer. Er verbreitete sich aber nicht nur durch die Aus­ gaben des lateinischen Textes, sondern schon 1530 erschien eine deutsche Übersetzung von Caspar Hedion, die mehrere Auflagen erlebte1). 1530 stand auf dem Titelblatt des ganzen Werkes: Chronica der altenn Christlichen kirchen auß Eusebio / Ruffino / Sozomeno / Theodoreto / Tertulliano / Justino / Cypriano / vnd Plinio / durch D. Caspar Hedio verteutscht. (In der Vorrede steht Ort und Jahr: Straßburg M. D. X X X und am Ende des ganzen Werkes: Getruekt zu Straszburg / durch Georgium Vlricher von Andla / im Jenner / M .D .XXX.). x) Vgl. Franz, a. a. O., S. 135. Die oben S. 156f. erwähnte handschriftliche deutsche Übersetzung nach der Hs. von Klosterneuburg aus dem Jahre 1385 war natürlich nicht weiter bekannt geworden. Auf außerdeutsche Über­ setzungen gehe ich hier nicht ein.

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Der Band enthält eine Übersetzung des Rufin, der Hist. trip, und einiger Schriften des Tertullian, Justin, Cyprian und des Brief­ wechsels zwischen NPlinius und Trajan, dazu kirchengeschichtliche Exzerpte und ein Register. Der zweite Teil (fol. C I— C C L X IX ) hat ein eigenes Titelblatt: Chronica der alten Christlichen Kirchen Historia Ecclesiastica Tripartita: aus Sozomeno / Socrate vnd Theodoreto verteutscht. Das ander teil. Anno M .D .X X IX . Kapitel I 1 beginnt : Man sagt / wie das gegen den alten keisern vnd fürsten ein solcher fleiß vnd vbung gwesen sey / das yre liebhaber ynen zirliche ding / als Purpur / kronen / vnd was der gleichen ding gwesen sint / zügeriist haben. Deren meinung aber in büchern was / die haben sich bemühet mit etlichen fablen / vnd die in geschriften verfasset — damit sy die hertzen der zühörer erweichten vnd willig möchten. Daß tatsächlich die Ausgabe des Beatus Rhenanus benutzt ist, geht aus den Stellen hervor, an denen dieser den Text geändert hat. I 1, 35 iudices, am Rande: Cretenses, deest = (also sint etwan) die Cretensischen richter (gwesen), 100 obtulit] in galea obtulit ei = hat ym (ein geflißner kriegsknecht) in eim böckel heublin (wasser geschepft vü) fürbracht. X 5, 18f. schließt in allen Hss. mit petiit sanctionem, seit Beatus Rhenanus aber (1523) sind zwei Sätze hinzugefügt, die er aus dem griechischen Theodoretcodex übersetzt hatte; sie finden sich auch in dieser Übersetzung. In der Ausgabe des Werkes von 1545 war der Text nur in Kleinig­ keiten geändert, aber der Inhalt war jetzt ein anderer: auf die Über­ setzung Rufins und der Hist. trip, folgte jetzt als dritter Teil eine umfangreiche Fortführung der Kirchengeschichte bis 1545, die er „in grosser eil ongferd in frist sex monat“ aus verschiedenen Werken ausgeschrieben hatte. Noch im gleichen Jahr 1545 kam eine neue Ausgabe heraus, die oft fast unverändert abgedruckt wurde1): dieser zweite Text von 1545 entfernte sich schon sehr von der Vorlage — der lateinische Text wurde nicht mehr verglichen. Doppelausdrücke wurden ein­ geführt: 1 1 , 5 coronam] Kronen 1 5 4 5 , Königliche Scepter vnd Kronen 1 5 4 5 2; 24 enutriunt] nôrçn 1 5 4 5 , nehren vnnd pflantzen 1 5 4 5 2, vieles wird falsch erweitert und verderbt. Der Text der Über­ setzung teilte mit andern Worten, nachdem er einmal hergestellt war, das Schicksal aller dieser Ausgaben. Der Übersetzer hatte übrigens den Text frei für seine Zeit hergestellt, so daß etwa I 1, 8 x) Franz, a. a. O., S. 135. Nachzutragen ist dort ein Druck der Übersetzung Basel 1593, dessen Text dem der zweiten Ausgabe von-1545 entspricht.

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ut sagittam oportune dirigerent übersetzt wird : wie sie das gschütz bruchen sölten auff das aller geschicklichest, 126 consulatu: oberste Ratshern gwesen sind usw. (nach der Ausgabe von 1545). Dieser Text des Beatus Rhenanus wurde erst ersetzt durch eine Ausgabe eines gelehrten Benediktinermönches. Zum erstenmal wurden nicht Kirchengeschichten, sondern Cassiodors Werke heraus­ gegeben einschließlich der Historia tripartita, und zwar zum ersten­ mal auf einer nachprüfbaren handschriftlichen Grundlage. Ca) Das 1679 in Rouen erschienene Werk verdanken wir Ioannes Garet aus dem monasterium S. Audoeni in Rouen. Der Titel lautet: Cassiodori Opera duobus tomis comprehensa. Magni Aurelii Cassiodori Senatoris, Viri patricii, consularis, et Vivariensis abbatis opera omnia in duos tomos distributa, ad fidem mss. codd. emendata et aucta, notis et observationibus illustrata, cum indicibus locupletissimis, . . . opera et studio J. Garetii, monachi ord. S. Bendicti è congreg. S. Mauri . . . Rotomagi, impensis Ludovici Billaine, bibliopolae Parisiensis. M .DC.LXXIX. A uf S. 203— 379 des ersten Bandes ist die Hist. trip, abgedruckt. Hier ist der Text neu von den Hss. aus gestaltet worden. Unter Ib und V c sind die beiden von ihm verwendeten Codices innerhalb ihrer Familie charakterisiert worden. Aus der Kollation des älteren der beiden, des cod. S. Theodorici, und den Angaben über den ver­ lorenen cod. Lyranus, der nach den Lesarten seiner Familie noch weniger wert war, geht hervor, daß Garet zwar lückenlose, aber schon recht veränderte Texte herangezogen hat. Das macht sich in der Ausgabe auch bemerkbar. Außerdem hat er nachweislich die Ausgabe des Beatus Rhenanus (s. Ba) herangezogen ( = editio Frobeniana) und eine davon abhängige editio Nivelliana (s. Bh). Aber darüber hinaus hat er auch die griechischen Quellen nach­ geschlagen, und zwar die mit lateinischer Übersetzung heraus­ gegebene Ausgabe der Kirchenhistoriker Sokrates und Sozomenos von Valesius, Paris 1668, die gleichartige des Theodoret von dem­ selben, 1673, ferner die gleichfalls mit lateinischer Übersetzung edierte Ausgabe der Kirchenhistoriker Euseb, Sokrates, Theodoret, Theodorus Lector, Sozomenos und Euagrios von Christophorson, Genf 1612. Und zwar sind aus diesen die auch noch in den letzten Mignedrucken erhaltenen Nachweise über die zugrunde liegende Quelle am Ende der Cassiodorkapitel bzw. -abschnitte entnommen. Diese Angaben stimmen im allgemeinen, aber die Zitierweise ist nicht sehr klar. Nach der Kollation, die ich gemacht habe, hat Garet auch die Pariser Inkunabel eingesehen (vgl. S. 139f.).

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Nimmt man alles zusammen, so ist hier eine sehr große Arbeit unternommen worden; Garet hat wieder Hss. verglichen, Ausgaben und die griechischen Quellen selbst : wie man es auch heute noch in einer kritischen Ausgabe tut. Wie ist nun der Erfolg dieser Anstren­ gung gewesen ? Sehr gering. Abgesehen davon, daß er für die Eigen­ art des späten Latein der Hist. trip, kein Verständnis haben konnte, war seine Hss.-Auswahl eine zufällige und spielte ihm in dem codex Lyranus einen oft interpolierten Text in die Hände. Die Frobensche Ausgabe benutzte er zwar nicht blind, aber doch noch mit viel zu großem Vertrauen: in X 5, 18f. übernahm er den Zusatz des Beatus Rhenanus (wenn auch mit dem Vermerk, daß er in den Hss. fehle), an Lesarten den größten Teil der leichten Änderungen, wie sie sich auch in den vulgären Hss. finden, vgl. unter Ba. Allerdings ließ er, darin Beatus Rhenanus verbessernd, viele spät lateinische Konstruk­ tionen unangetastet stehen. Wenige bisher stets weitergeschleppte Fehler beseitigte er auch. So stellte er V III 1, 131 primi her aus premia, das der Archetypus der Hss. wie auch Beatus Rhenanus boten. Das war nach dem griechischen Text, den er ja hatte, nicht schwer. Aber er benutzte diesen eben viel zu wenig, eigentlich fast gar nicht. Die meisten seiner Änderungen jedenfalls, soweit sie nicht durch seine handschriftliche lateinische Vorlage bedingt sind, sind ganz unabhängig von den griechischen Quellen gemacht und darum fast sämtlich falsch. Der Fortschritt der Edition ist außer in den Quellenangaben in der Vermehrung der Nachweise von Bibelzitaten und der Mitteilung namentlich aufgeführter Hss.lesarten, einem neuen Index und einem Autorenregister zu sehen. Dagegen das Wichtigste, der Text, ist eine Mischung von zwei von Fehlern durch­ setzten Überlieferungszweigen, einer radikal ändernden Edition mit grammatisch erleichternden Lesarten und seiner eigenen, fast immer falschen Zutat. Das rechtfertigt die Neuausgabe. In den beiden Probekapiteln I 1 und V III 1 weicht der Text von Garet von meinem an etwa 150 Stellen ab; ich teile nur die A b ­ weichungen in I 1 mit und bezeichne die Herkunft der Lesarten mit einem E (für die Reimser Hs.), P (für die seinem Lyranus nächst­ verwandte Pariser Hs. 17581), F (für die Frobensche Ausgabe des Beatus Rhenanus), A (für die Pariser Inkunabel) und G (wenn es sich um eigene Änderungen des Garet handelt) ; v möge häufige vulgäre Lesarten kenntlich machen. I 1, 1 in] ad (F v ), 3 diligentiae studium] diligentiam studiumque (P), 4 ornamentorum] ornamentum ( G ) , 10 praesentabantur] prae-

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sentabant {P A ), 13 purpurae clariorem] purpuream; clariora {P A) , 15 pandebat] pendebat (G), 18 ornatus imperii] imperii ornatus {F), 26 decertator] disceptator (G ) , 36 Aleuas] Aleuadae (G), 39 piscium genera] genera piscium {G), 43 Aleuas] Aleuadae (G), 55 historiam ora. (P), 56 Graecos] G. ueritatem (G), 60 noctibus]n. diuinis (G), 65 et ait.] et maxime (G), 90 potum in eum] in eum potum {G), 90f. aquam frigidam superfundens] aqua perfundens frigida (aqua frigida perfundens P), 100 obtulit] obt. ei (F ), 112 cunctos] cunctis ( P A ), 128 mihi est] est mihi (F), 133 Iouiano] Iouiniano (R F A) , 134 autem ora. (A), 144 deo et] et deo (deo F). Die Änderungen Garets wollen zweifellos einen besseren latei­ nischen Text schaffen, er beseitigt seltene Wörter (I 1, 26), ver­ wendet historische Kenntnisse etwa in 36; 43, fügt manches Wort ein, wenn es ihm gut scheint, und glättet im Ausdruck, wenn es mit geringer Mühe möglich ist. Dieser Text ist der überall auch heute noch gebräuchliche, er ist im Thesaurus Linguae Latinae verwertet, in den Noten der Ausgaben der griechischen Quellenschriften usw. Cb) Die Garetsche Ausgabe wurde mit dem gleichen Titel und Inhalt 1729 in Venedig neu gedruckt: Venetiis, typis Antonii Groppi bibliopolae Veneti. Prostant vero apud Bartolomaeum Javarina. In I 1 ist 4 ornamentorum richtig wiederhergestellt. Sonst sind drei Fehler eingedrungen: 66 existis] existi, 70 radicum] radicium, 71 ille] illi. Während die bei Garet in einer Liste vereinigten Fehler hier richtig einkorrigiert sind, gibt es für die neuen Versehen kein Verzeichnis. Geändert ist sonst in der Ausgabe nichts. Cc) Erst 1848 wurde die Historia tripartita wieder gedruckt, und zwar als Band 69 der lateinischen Serie der Migne-Ausgaben in Paris. Der Cassiodorband ist einfach ein Abdruck der Garetschen Ausgabe von 1679. In I 1 findet sich nur ein Druckfehler: 129 diuidere] diuisere; andere Varianten betreffen nur Orthographica. Die Randbemerkungen (Lesarten oder Bibelstellen) sind in den Text genommen, die inhaltlichen Stichworte fortgelassen, die Quellen­ nachweise verkürzt, wodurch das Auf finden erschwert wird. Cd) Ein Nachdruck des vorigenist der in der gleichen Reihe erschie­ nene von 1865, der in 1 1,10 9 a ausläßt und keineVerdienste aufweist. Die Typen sind so schlecht, daß der Text sehr oft überhaupt kaum lesbar ist. Seitdem ist die Historia tripartita nicht mehr herausgegeben worden, d. h. im Grunde seit 1679. Erst in der Wiener Kirchenväter­ reihe erfolgt nach über 250 Jahren wieder eine Ausgabe. 12

J a c o b , Die handschriftliche Überlieferung

Verzeichnis der Handsdiriften Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Handschriftenliste S. 8ff. Admont 89 s. X I I ....................... 137 Angers 673 s. X I (St.-Aubin). . 13 Avignon 1348 s. X IV (Bonpas) . 108 Berlin fol. 43 s. X III (S. Mariae et S. Pauli, Magdeburg) . . 131 — fol. 673 s. X II (S. Jacob, M ainz).........................................49 — fol. 901 s. X I/X II (S. Panta­ leon, K ö ln ).................................70 — qrt. 900 s. X V .........................86 — (oct. 5 0 ............................S. 56) — (germ. fol. 1109 . . . . S.156f.) Bern 116 s. X V .............................64 Boulogne 102 s. X /X I (St.-Bertin) ...........................................118 Brüssel 241 s. X V (S. Martin, L ö w e n ) ................................... 115 — 655, vor 1447 (Namur). . . 89 — 19118 s. X V ........................... 117 — 19693 s. X III (Orval) . . . 16 — II 1061 s. X III (Aulne). . . 88 Cambrai 685 s. X / X I .....................69 — 688 s. X I I /X I I I ....................... 109 Cambridge St. John’s College 169 G 1 s. X II /X I II (Here­ ford)........................................... 104 — Peterhouse College 167 s. X I I I ........................................... 121 — Sidney Sussex College 30 s. X I I I / X I V ........................... 122 Charleville 4 s. X II (Belval) . . 17 — 201 s. X III (Signy) . . . . 91 Chartres 10 s. X .............................25 Dijon 573 s. X II/X III (Cîteaux) 123 Douai 296 s. X II (Anehin). . . 110 — 297 s. X I (Marchiennes) . . 60 Edinburgh D. b. II 15 (178) s. X III in....................................... 125 Eton 131 s. X V ........................... 105 Florenz Laur. 67,22 s. X V I . . 29 — Ashburnham 1196 s. X II ex. (C am b ron )............................... 111

Florenz Conv. Soppr. 178s.X /X I ( B a d i a ) ..................................... 31 — Conv. Soppr. 312 s. X II (Valo m b r o s a )................................. 23 — Conv. Soppr. G I I I 451 s. X IV (S. Maria Novella) . . 80 — Fiesole 159, 1424 ................ 34 — S. Marco 383 s. X ..................... 22 Glasgow 204 s. X IV /X V . . . . 10 — U. 2. 8 (217) s. X I (S. Paul, Utrecht) ................................. 93 Heiligenkreuz 80 s. X II . . . . 133 Klosterneuburg 695 s. X I I . . . 134 Kopenhagen 165 s.X V (Florenz) 33 — 166 fol. s. X I (St.-Germaindes-Prés)..................................... 96 Krakau 417 s. X I I I ........................103 Leiden B. P. L. 127 C, 1465 od. später (S. Jacob, Lüttich) . 92 — Voss. fol. 62 s. X ................ 4 Leipzig 785 s. X V ....................... 130 — 786 s. X I I I ................................132 — 787 s. X I I /X I I I (Altzelle) . 129 Leningrad F. v. I. No. I l s . IX in. (C orbie)............................ 7 London Brit. Mus. Cotton. Vitel­ lius C. X I I s. X IV (St. Augu­ stine Abbey, Canterbury). . 114 — Brit. Mus. Harley 3242, 1519 (T rie r)......................................... 78 — Brit. Mus. Harley 3630 s. X III (Carcassonne) . . . . 6 — Brit. Mus. Old Royal 13 C. X s. X I I I ....................................... 127 — Brit. Mus. Old Royal 13 C. X IV s. X IV (St. Albans A b­ bey) ........................................... 126 — Brit. Mus. Old Royal 13 D. III s. X III (Rochester). . . 128 — Brit. Mus. Add. 19961 s. X . 21 — Brit. Mus. Add. 19967 s. X II (S. Maximin, Trier) . . . . 77

Verzeichnis der Handschriften London Library of A. ChesterBeatty 45 s. X I I ex. ( Guisborough P rio r y )....................... 124 Madrid Arch. Hist. 71, 1400 (San Baudilio de Llobregat) . . . 5 Bibi. Nacional 14 s. X II . . 35 — Bibi, de Palacio 2 C 2 s. X III/ X IV (vor 1 3 2 9 ).................... 63 Maihingen II 1, fol. 189, 1462 (S. Magnus, Füssen) . . . . 57 Mailand Ambros. C 142 inf. s. X V 38 — Ambros. D 95 sup. s. X V . . 37 — S. Ambrogio s. X .....................43 Metz 189 s. X I ex. (S. Arnulph, M e t z ) .........................................82 Monte Cassino 302 s. X (X II) . 18 München 2685, 1328 (Alders­ bach) ........................................ 54 — 5438 s. X V (Chiemsee) . . . 135 — 6376 s. X (Freising) . . . . 46 — 12237, 1464 (Raitenbuch). . 58 — 13070 s. X II (Stadtbibi. R egen sb u rg )............................ 48 — 14374 s. X I (S. Emmeran, R eg en sb u rg )............................ 47 — 17126 s. X II (Scheftlarn) . 53 — 18466 s. X I (Tegernsee) . . 52 — 22015 s. X I ex. (Wessobrunn) 56 — 23448 s. X ................................ 59 Neapel VI D 18 s. X ................ 2 — V III C 1, 1450 .................... 50 New York s. X V (Marienmün­ ster) ............................................ 71 New Orleans, 1475 (S. Anna, K e m p t e n )...............................138 St.-Omer 717 s. X I (Kapitel von S t .-O m e r )....................... 119 Oxford Bodl Canonici 109, 1465 39 — Bodl. mise. (Laud) 440 s. X I ex........................................... 62 — Bodl. mise. (Laud) 606 s. X III (Ford, Devonshire) . . 1 1 3 — Magdalen College 210 s. X V 120 Padua 1497 s. X I I I ......................... 97 Paris Bibl. Nat. 5082 s. X (Pit h o u ) ........................................ 87 — 5083 s. X (Moissac) . . .8 3 — 5084 s. X /X I (de Thou) . . 84 — 5085 s. X I I ................................ 79 12 *

179

Paris 5086 s. X I I ....................27 — 6087 s. X IV (bis 1408 in Avignon).....................................98 —- 5088 s. X V (Alfons I. von N e a p e l) .................................... 24 — 5089 s. X V (Ch. de Montchal) 100 — 5090 s. X V ................................ 44 — 8960 s. X I ex. (Echternach) 81 — 9714 s. X V ...............................116 — 12525 s. X I ex. (St.-Germaindes-Prés).................................... 95 — 14642 s. X II (St.-Victor de P a r is ) ........................................ 99 — 16046 s. X V (G. Budé) . . . 15 — 16047 s. X V (Sorbonne) . . 106 — 17581 s. X I (Collège de Na­ varre) ................................... 8 — 17582 s. X II (Notre-Dame de P a r is ) ........................................ 90 n. a. 1603 s. X (S. Gatian, Tours) ........................................ 86 — n. a. 1746 s. X (M. de Chev a n n e s ) ............................... 1 — n. a. 2379 s. X I I .................... 26 — Bibl. Mazarine 1641 s. X I (Crépy)...................................... 102 Prag 51 I. A. 41, 1472................ 51 Reims 1354 s. X I ex. (St. Thierry de R e im s ).............................. 101 Rom Vat. 1970 s. X ........................ 67 — 1974 s. X I .......................... 9 4948 s. X I I ............................... 19 — 5952 s. X V ...............................40 - Barb. 581 s. X / X I .................... 28 —- Borghes. 30 s. X II (Corbie). 107 Ottob. 958 s. X V II . . . . 20 Pal. 823 s. X (S. Martin, M ainz)........................................ 76 — Pal. 824 s. X I/X II (Lorsch) 61 — Urbin. 383, 1472 (Florenz) . 32 Stuttgart 402 s. X /X I (Komb u r g ) ........................................ 55 Trier Seminarbibl. 23 s. X II/ X III (S. Eucharius, Trier) . 74 — Stadtbibl. 1194 s. X /X I (S. Martin, Trier)............................ 73 — Stadtbibl. 1196 s. X V (S. Alban, T r ie r )............................ 72 Troyes 250 s. X II (Clairvaux) . 66

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Verzeichnis der Handschriften

Troyes 266 s. X I I .........................65 Turin D II 2 s. X / X I ................45 Utrecht 733, 1509 (Monasterium Novae Lucis bei Ütrecht) . 94 Valenciennes 498 s. X II (1123 bis 1132) (St.-Amand) . . . 112 Vendôme 55 s. X I ......................... 12 Venedig 3124 s. X V .........................68 — 3484 s. X I I ................... 36

Vercelli 101 s. X /X I . . . . . 41 — 147 s. X ..................................... 42 Vich 72 s. I X / X ........................ 3 Wien 374 s. X II ex. (Franken­ thal) ............................................. 75 — 3141, 1432 (B asel)..................... 14 — 4496 s. X V ................................. 11 Wolfenbüttel 37.37. Aug. 2°s. X V 30 Zwettl 46 s. X I I ........................... 136

In k u n a b e ln a) Paris, um 1492; Gesamtkatalog 6166 S. 12. 39. 64. 66f. 135. 139f. 161—163. b) Augsburg, 1472; Gesamtkatalog 6164 S. 28. 87. 95 f. c) Köln, vor 1478 ( ?); Gesamtkatalog 6165 S. 32. 109f. d) Straßburg, nach 1500 ( ?); Gesamtkatalog 6167 S. 32. 109f.