Die gesetzliche Bestimmung von Strafschärfungen: Ein Beitrag zur Gesetzgebungslehre [1 ed.] 9783428549818, 9783428149810

Der Gesetzgeber muss sachgerechte Kriterien verwenden, um den Gerichten eine entsprechende Strafrechtskonkretisierung zu

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Die gesetzliche Bestimmung von Strafschärfungen: Ein Beitrag zur Gesetzgebungslehre [1 ed.]
 9783428549818, 9783428149810

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Schriften zum Strafrecht Band 299

Die gesetzliche Bestimmung von Strafschärfungen Ein Beitrag zur Gesetzgebungslehre

Von

Julia Heinrich

Duncker & Humblot · Berlin

JULIA HEINRICH

Die gesetzliche Bestimmung von Strafschärfungen

Schriften zum Strafrecht Band 299

Die gesetzliche Bestimmung von Strafschärfungen Ein Beitrag zur Gesetzgebungslehre

Von

Julia Heinrich

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Wilhelm Hahn und Erben-Stiftung, Bad Homburg.

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-14981-0 (Print) ISBN 978-3-428-54981-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-84981-9 (Print & E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Großeltern Karl-Heinz und Herta Heinrich (y)

Vorwort Wir sind so stark, wie wir einig [. . .] sind. J. K. R.

Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg im Wintersemester 2015/16 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis einschließlich Mai 2016 berücksichtigt werden. Meine tiefe Dankbarkeit gilt zunächst meinem verehrten akademischen Lehrer und Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Georg Freund, der mich seit meiner Studienzeit gefördert und den Anstoß zu der vorliegenden Untersuchung gegeben hat. Seine hervorragende Betreuung zeichnete sich insbesondere durch sein außerordentliches Engagement, seine unerschöpfliche Geduld sowie seine stetige Bereitschaft zum Gedankenaustausch aus. In fachlicher wie menschlicher Hinsicht hat er entscheidend zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Ihm sowie dem gesamten „Lehrstuhl-Team“ danke ich darüber hinaus für eine für mich unvergessliche Zeit am Institut. Meinen lieben Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Anna Lena Nowicki und Franziska Mulch, gilt zudem ein großes Dankeschön für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Herrn PD Dr. Ken Eckstein danke ich für die freundliche Übernahme und rasche Erstellung des Zweitgutachtens sowie die wertvollen Anregungen zu meiner Arbeit. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert Gornig danke ich für die Leitung der Prüfungskommission. Bei der Fazit-Stiftung und der Wilhelm Hahn und Erben-Stiftung möchte ich mich für die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses bedanken. Lisa Walter, die ich seit meiner Schulzeit kenne, danke ich für ihre fachliche und moralische Unterstützung während meiner Promotion sowie ihre langjährige Freundschaft. Ann-Kristin Hörsken, Timo Ide und Dr. Daniel Riekmann begleiteten mein Studium und meine Promotion in fachlicher und freundschaftlicher Verbundenheit. Ich danke ihnen für die gemeinsame Zeit in Marburg, die viel zu schnell verflogen ist. Von Herzen möchte ich mich bei Dr. Clemens Hagebölling für seine liebevolle Unterstützung und sein unendliches Verständnis bedanken. Jeder – auch fachliche – Rat, jedes ermutigende Wort, jede kleine Ablenkung sind mir unbezahlbar. Es ist ein großes Glück, sich wahrhaft verstanden zu fühlen.

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Vorwort

Mein besonderer Dank gilt meiner Familie, die mir immer wieder half, den Blick für das Wesentliche zu bewahren. Insbesondere meinem Vater gebührt meine aufrichtige und herzliche Dankbarkeit für seine beständige Unterstützung und sein allzeit offenes Ohr während meiner Promotion und darüber hinaus in allen Lebenslagen. Sein freundliches Drängen war mir stets Anstoß und Motivation. Gewidmet ist diese Arbeit meinen Großeltern. Ihnen danke ich für ihren bedingungslosen Rückhalt, ihre hingebungsvolle Unterstützung und ihr unerschütterliches Vertrauen in mich. – Dank, den ich mit Worten nicht auszudrücken vermag. Ohne sie hätte ich weder mein Studium absolvieren noch diese Arbeit anfertigen können. Ich wünschte, Ihr hättet das Ergebnis sehen können! Marburg, im Mai 2016

Julia Maria Heinrich

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verfassungsrechtliche Grundlagen und das normentheoretische Konzept der personalen Straftatlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die strafrechtliche Sanktion als spezifische Maßnahme des Rechtsgüterschutzes und ihre Unterscheidung von anderen staatlichen Maßnahmen . . . 1. Schuldspruch und Strafe als spezifisch strafrechtliche Rechtsfolgen . . . 2. Abweichende Zwecksetzung der Maßregeln der Besserung und Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Terminologie: Maßnahmen statt Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht . . . 1. Schutzrecht gleich Schutzpflicht? – Die Rechtsgüterschutzaufgabe des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strafrecht als staatliches Schutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Staatliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art und Maß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutung staatlicher Schutzpflichten für das Strafrecht . . . . . . . . . . . 2. Gleichheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umfang und Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewährleistungsgehalt und verfassungsmäßige Rechtfertigung . . . . . c) Rechtssetzungsgleichheit im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gleichheitsaspekte bei Strafschärfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Notwendige Kriterien der materiellen Legitimation: Strafrecht als Ausprägung des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Aufgabe von Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweckfreie Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweckrational orientierte Legitimation von Strafnormen . . . . . . . . . . 2. Das Normenkonzept: Verschiedene Rechtsgüterschutzzwecke der Verhaltens- und Sanktionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Funktion der Verhaltensnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Funktion der Sanktionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Die Aufgabe des Schuldspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Aufgabe des Strafausspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vorfrage der Verhaltensnormlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsgutstheorie und ihre kritische Potenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Legitimation von Verhaltens- und Sanktionsnormen anhand des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . aa) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Verhaltensnormlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . (1) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Legitimation der Sanktionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Schuldprinzip als eingriffsbegrenzendes Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . 5. Weitere formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Formale Grenzen staatlichen Strafens – Der Gesetzlichkeitsgrundsatz und die Legitimation von Schuldspruch und Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung und Ausprägungen des Gesetzlichkeitsprinzips . . . . . . . . . . . . 2. Aufgabe und Funktion – Die ratio des Gesetzlichkeitsgrundsatzes . . . . . 3. Im Speziellen: Der Bestimmtheitsgrundsatz i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG . a) Umfang und Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewährleistungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kritische Analyse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anforderungen an strafbegründende Tatbestandsmerkmale . . (2) Anforderungen an die Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzesbindung und Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung – zum Verfahren der Gewinnung rechtlicher Inhalte, die nicht im Gesetz stehen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anforderungen bei besonders schweren Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Im Speziellen: Das Analogieverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Konkretisierungen und Konsequenzen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Problematik gesetzlicher Reaktionsmöglichkeiten und konkreter Rechtsfolgenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. (Unrechts-)Kennzeichnung und Differenzierung im Schuldspruch als der primären Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. (Unrechts-)Kennzeichnung und Differenzierungen im Strafausspruch . . .

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Inhaltsverzeichnis a) Strafhöhenbemessung anhand der gesetzlichen Strafrahmen . . . . . . . aa) Begrenzungsfunktion der Strafrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leitfunktion der Strafrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Grenzwerthypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kritische Beurteilung der Grenzwerthypothese . . . . . . . . . . . . b) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems – Die Auswirkungen der personalen Straftatlehre auf die Rechtsfolgenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inbegriff aller strafrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten – Schwereskala und die personale Straftatlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Relevanz von Qualität und Gewicht der den Schuldspruch bestimmenden Faktoren für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung – Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personales Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmung einer Rangordnung der Fehlverhaltensweisen anhand der abstrakten Wertigkeit der tangierten Rechtsgüter, des Gefährdungsgrades und des möglichen Verletzungsausmaßes . . bb) Vorsätzliches und fahrlässiges Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Fahrlässiges Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorsätzliches Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Auswirkungen auf die Rechtsfolgenbestimmung . . . . . . . . . . cc) Gesinnungen bzw. das Vorleben des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Gesinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Rückfallschärfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Besondere Pflichtenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sonderverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Amtsträgerinhaberschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Das Nachtatverhalten (als negative Rechtsfolgevoraussetzung) . b) Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertige Tatumstände . . . . . . . . . . . . . aa) Tatbestandsmäßige Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertige Tatumstände i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Relevanz der Fehlverhaltensfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Verhältnis von Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen (3) Die Strafrahmenmilderung beim Versuch (§ 23 Abs. 2 i.V. m. § 49) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Hauptfragen zur Rahmenentscheidung beim Versuch . . . (b) Ratio der Milderung und Unterschiede im Bereich der Deliktstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die Adäquität der Strafrahmenmilderung beim Versuch – Legitimationsrelevante Divergenzen zwischen Vollendung und Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

3.

4. 5. 6.

(d) Kriterien für die Strafrahmenwahl und Fallgruppen legitimer Strafrahmenmilderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Relevanz (anderer) verschuldeter Auswirkungen der Tat . . . . . . . cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Bestimmungsgründe für die angemessene Reaktion . . . . . . . . . . . a) Reaktionsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Strafwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafrechtliche (Ir-)Relevanz von Spezial- oder Generalprävention . . . Lösung der Wertungsprobleme bei der Schuldstrafenbestimmung . . . . . . Fazit – Ein kritischer Seitenblick auf die Spielraumtheorie und Co. . . . . Exkurs: Die Vereinbarkeit der erzielten Ergebnisse mit § 46 . . . . . . . . . . .

C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Terminologie und Einführung in die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strafrahmenänderungsgründe und ihre Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . 3. Historischer Überblick: Die Regelbeispielstechnik als „Mittelweg“ zwischen Kasuistik und Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Deliktscharakter der besonders schweren Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Strafzumessungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mischform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tatbestandslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritische Würdigung und eigene Auffassung: Die funktionale Äquivalenz von Regelbeispielsnormen und Qualifikationstatbeständen . . . . . . . . III. Gesetzlich bestimmte Strafrahmenschärfungen – Die Vereinbarkeit der „besonders schweren Fälle“ mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . 1. Bestimmtheitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mit Regelbeispielen exemplifizierte unbenannte besonders schwere Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nicht weiter erläuterte unbenannte besonders schwere Fälle (Generalklauseln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analogieverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit – Bewertung der Regelbeispielsmethode und ihrer Alternativen . . . . . . V. Vorschläge de lege ferenda: Synthetisches Modell ratio-gerechter Strafschärfungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorschlag de lege ferenda: Körperverletzungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschlag de lege ferenda: Diebstahlsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung der Vorschläge de lege ferenda: Die Vorzüge des synthetischen Modells ratio-gerechter Strafschärfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen im Allgemeinen Teil und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Modell ratio-gerechter Strafschärfung als Regelung im Allgemeinen Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschlag de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erläuterung und Vorzüge des vorgeschlagenen Modells ratio-gerechter Strafschärfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Reform der Erfolgsqualifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Reform der Tötungsdelikte Mord und Totschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Reform der minder schweren Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umstände, die qualifiziertes Fehlverhalten begründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 46 Abs. 3 Nr. 1 a n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 46 Abs. 3 Nr. 1 b n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 46 Abs. 3 Nr. 1 c n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige Umstände, die qualifiziertes Fehlverhalten begründen . . . . . . . II. Umstände, die qualifizierte Fehlverhaltensfolgen begründen . . . . . . . . . . . . . 1. § 46 Abs. 3 Nr. 2 a n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 46 Abs. 3 Nr. 2 b n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Einleitung „Nullum crimen, nulla poena sine lege“ – Kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz!

Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Diese strenge Gesetzesbindung ist nicht nur in § 1 StGB1 enthalten, sondern überdies mit Verfassungsrang in Art. 103 Abs. 2 GG normiert. Nach dem Gesetzlichkeitsgrundsatz setzt jede Verurteilung – in Gestalt des Schuldspruchs und der Strafe – eine vor der Tat in Kraft getretene, hinreichend bestimmte ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage voraus.2 Die genauen Anforderungen des Gesetzlichkeitsgrundsatzes mit seinen formellen und materiellen Aspekten ergeben sich aus dessen ratio. Der insofern oft überakzentuierte Vertrauensschutzaspekt ist nach zutreffender Auffassung – wenn überhaupt – allenfalls von nachgeordneter Bedeutung. Der Gesetzlichkeitsgrundsatz soll zumindest nicht primär berechtigtes Vertrauen des Bürgers auf die Straflosigkeit erlaubten oder unerlaubten Verhaltens schützen. Vielmehr soll er der staatstheoretisch bedeutsamen Gewaltenteilung Geltung verschaffen und richterlicher Strafrechtsschöpfung eine klare Grenze setzen. Eine anerkannte Ausprägung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes ist das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit. Dass das Bestimmtheitsgebot neben seiner formalen Bedeutung eine zusätzliche materielle Seite besitzt, bleibt nicht selten unbeachtet: Der Gesetzgeber hat nicht nur überhaupt bestimmte Strafbarkeiten zu normieren. Vielmehr muss er dabei auch sachgerechte Kriterien verwenden, die den Strafgerichten eine entsprechende Strafrechtskonkretisierung ermöglichen. Deren Herausarbeitung ist für die gesetzliche Bestimmung des „Ob“ und „Wie“ der Strafbarkeit durch Strafgesetze unentbehrlich und daher zentraler Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Der Fokus ist dabei auf die gesetzlichen Strafschärfungsinstitute gerichtet. Gegenwärtig stehen sich zwei Regelungstechniken gegenüber: Unterschieden wird zwischen der Normierung von Qualifikationstatbeständen und Regelbeispielsnor1 Alle nachfolgenden Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des Strafgesetzbuches (StGB). 2 Gewöhnlich werden vier Charakteristika des Gesetzlichkeitsgrundsatzes unterschieden: das Rückwirkungsverbot, das Verbot gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung, das Analogieverbot und das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit. Dazu und zum Folgenden ausführlich Freund, in: FS Wolter, S. 35 ff.

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Einleitung

men. Im Rahmen einer eingehenden Analyse wird sich zeigen, dass keine der beiden Regelungstechniken den Anforderungen einer richtigen Bestimmung von Strafgesetzen vollumfänglich gerecht wird. Fraglos genügen Qualifikationstatbestände formal dem Bestimmtheitsgebot; materiell bleiben sie jedoch hinter dessen Anforderungen zurück. Umgekehrt tragen die Regelbeispielsnormen zwar der erforderlichen materiellen Bestimmtheit Rechnung. Kritiker wenden indessen ein, dass sie formal nicht hinreichend bestimmt gefasst seien. Am Ende wird daher de lege ferenda ein neuartiger Regelungstyp vorgeschlagen. Der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte neuartige Regelungstyp einer ratiogerechten Strafschärfung (im Schuldspruch und der Strafe) erweist sich als dogmatisch überlegenes und zugleich praxistaugliches Regelungsinstitut. Es bewahrt die Vorteile der beiden gegenwärtigen Regelungsmethoden, ohne deren Defizite aufzuweisen. Den Anforderungen an eine hinreichende gesetzliche Bestimmtheit wird durch eine dialektisch gewonnene Synthese beider Regelungstechniken vollumfänglich – formell und materiell – Genüge getan. Mit dem Modell einer ratiogerechten Strafschärfung gelingt der „goldene Mittelweg“ zwischen der – relativ rechtssicheren, aber viel zu starren – traditionellen Technik der Normierung von Qualifikationstatbeständen und der – flexiblen und daher sachgerechte Einzelfallergebnisse ermöglichenden – Technik der Normierung von Regelbeispielsnormen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Ausarbeitung von Vorschriften ratiogerechter Strafschärfungen de lege ferenda, die die bisherigen Regelungen ersetzen sollen. Konkrete Vorschläge werden dabei exemplarisch in den Bereichen der Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikte unterbreitet. Diese dienen nicht zuletzt auch als Grundlage zur weiteren Diskussion. In einem zweiten Schritt werden die aufgezeigten Vorteile des entwickelten Modells für eine im Allgemeinen Teil zu verortende Strafschärfungsvorschrift fruchtbar gemacht. Eine „vor die Klammer gezogene“ allgemeine Regelung macht die Möglichkeit einer ratio-gerechten Strafschärfung für alle Tatbestände – statt bisher nur eines begrenzten Teils – gangbar. Ein entsprechender Vorschlag geht mit der ohnehin notwendigen Reform der Strafzumessungsvorschrift des § 46 einher.

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen und das normentheoretische Konzept der personalen Straftatlehre In einem Rechtsstaat bedürfen Strafschärfungen – ebenso wie Bestrafungen überhaupt – der sachlichen Begründung. Die entsprechende Bestimmung von Reichweite und Grenzen des materiellen Strafrechts erfordert daher zunächst eine Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen. Nur auf dieser Basis kann eine mit den Grundrechten in Einklang stehende Untersuchung strafbegründender und strafschärfender Normen und ihrer Anwendung gelingen.

I. Die strafrechtliche Sanktion als spezifische Maßnahme des Rechtsgüterschutzes und ihre Unterscheidung von anderen staatlichen Maßnahmen 1. Schuldspruch und Strafe als spezifisch strafrechtliche Rechtsfolgen Das spezifische Kennzeichen des Strafrechts ist die Sanktion. Eine Norm ist nicht schon dann eine strafrechtlich relevante, wenn sie Ge- oder Verbote statuiert – das ist auch der Fall bei zivil- oder verwaltungsrechtlichen Vorschriften – sondern weil ein Normverstoß mit dem Mittel der Strafe sanktioniert wird.3 Genauer: Als primäre Rechtsfolge kennzeichnet der Schuldspruch mit seinem individuellen (Schuld-)Vorwurf die verwirklichte Straftat gegenüber dem Normbrüchigen und der Allgemeinheit. Erst in Anknüpfung an den Schuldspruch manifestiert auch der Strafausspruch als weitere (sekundäre) Rechtsfolge den Widerspruch zu dem begangenen Normbruch.4 Das Strafgesetzbuch sieht zwei Hauptstrafen, die Freiheits- und die Geldstrafe (§§ 38–43), sowie das Fahrverbot (§ 44) als einzige Nebenstrafe vor.5 Vorschrif-

3 Zum Folgenden unter zusätzlicher Bezugnahme auf die Maßregeln der Besserung und Sicherung Roxin, AT I, § 1 Rn. 1 f.; weiterhin zutreffend Jakobs, AT, 1. Abschn. Rn. 2, der in der Strafe „stets die Reaktion auf einen Normbruch“ sieht, die „demonstriert, dass an der gebrochenen Norm festgehalten werden soll“; Freund, AT, § 1 Rn. 1 f. 4 Freund, AT, § 1 Rn. 24 ff.; ausführlich ders., GA 1999, 509 (512 ff.). 5 Die Grundstrukturen des gegenwärtigen Systems der Strafarten basieren auf der Strafrechtsreform des Jahres 1969 durch Inkrafttreten der ersten beiden Strafrechtsreformgesetze am 25.06.1969 und 04.07.1969; vgl. Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 40, 50. Während Hauptstrafen jeweils eigenständig verhängt werden können, ist die Belegung mit einem Fahrverbot zwingend an die gleichzeitige Verurteilung zu einer Freiheits- oder Geldstrafe geknüpft, § 44 Abs. 1 S. 1.

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ten, die normwidriges Verhalten nicht mit einer Strafe (i. S. d. §§ 38 ff.) versehen, sind nicht dem gesetzlich bestimmten und in diesem Sinne formellen Strafrecht zuzuordnen.6 Auch wenn beispielsweise das Ordnungswidrigkeitenrecht (OWiG)7 oder das Disziplinarrecht verschiedener Berufsgruppen8 hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen dem Strafrecht sehr ähnlich sind, kann dort mit Blick auf die formellen strafrechtlichen Vorgaben bzw. abweichende Zwecksetzungen keine strafrechtliche Sanktion gemeint sein.9 Ebenso wenig als Strafe anzusehen sind auch die Maßregeln der Besserung und Sicherung, die statt an die Schuld des Täters an dessen (fortdauernde) Gefährlichkeit anknüpfen.10 2. Abweichende Zwecksetzung der Maßregeln der Besserung und Sicherung In den Vorschriften der §§ 61–72 sind die Voraussetzungen und Charakteristika der Maßregeln der Besserung und Sicherung geregelt. Das StGB normiert insgesamt sechs Maßregeln: die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung11 (§ 61 Nr. 1–3) sowie die Führungsaufsicht (Nr.4), die Entziehung der Fahrerlaubnis (Nr. 5) und das Berufsverbot (Nr. 6) als ambulante Maßnahmen. Das vom Strafrecht streng zu unterscheidende Maßregelrecht12 wird z. T. ebenfalls als Strafrecht i. w. S. begriffen.13 Hierbei handelt es sich jedoch um eine missverständliche Terminologie: Maßregeln zeichnen sich tatsächlich als Gefahrabwehrmaßnahmen aus, die – ausschließlich zur Prävention – hinreichend konkret drohende 6 Dementsprechend sind gemäß Art. 5 EGStGB Rechtsnachteile, die nicht bei Straftaten angedroht werden, nicht als Freiheits-, Haft-, Ordnungs- oder Geldstrafe zu bezeichnen. 7 Zur Charakteristik der Ordnungswidrigkeiten in Relation zur Strafe etwa Jakobs, AT, 3. Abschn. Rn. 1 ff. 8 Zum Verhältnis von Strafe und Disziplinarmaßnahmen unter dem Blickwinkel des Gesetzlichkeitsgrundsatzes etwa Roxin, AT I, § 2 Rn. 134 ff.; ferner Jakobs, AT, 3. Abschn. Rn. 11 ff. 9 So etwa Roxin, AT I, § 1 Rn. 6. 10 Zum Charakter der Maßregeln der Besserung und Sicherung und ihrer Abgrenzung zur Strafe Fischer, StGB, Vor § 61, Rn. 1 f.; Lackner/Kühl, StGB, § 61 Rn. 1 ff.; van Gemmeren, in: MünchKommStGB, § 61 Rn. 1 ff.; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 61 Rn. 2 ff.; Ziegler, in: BeckOK-StGB, § 61 Rn. 1 f.; Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 269 ff.; Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 334 ff. 11 Zur Problematik der Sicherungsverwahrung vor dem Hintergrund der EMRK etwa Remde, Die Zukunft präventiven Freiheitsentzugs, S. 61 ff. 12 Begründer des Maßregelrechts und Wegweiser für dessen Einführung in Deutschland ist der Schweizer Strafrechtler Carl Stooss, der im Jahr 1893 die Vorlage des Vorentwurfs für ein Schweizerisches Strafgesetzbuch entwickelte, das die Möglichkeit bestimmter sichernder Maßnahmen auf den Strafrichter übertragen sollte. In Deutschland war Franz v. Liszt ihr größter Verfechter. Vgl. Roxin, AT I, § 1 Rn. 4 Fn. 1, § 3 Rn. 12. 13 Etwa zunächst, später jedoch richtig differenzierend Roxin, AT I, § 1 Rn. 1 f., 4.

I. Strafrechtliche Sanktion als spezifische Maßnahme des Rechtsgüterschutzes

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Gefahren für Rechtsgüter abwenden sollen.14 Die begangene Straftat sowie die anknüpfende Feststellung der Gefährlichkeit des Täters stellen den Ausgangspunkt für die Anordnung einer Maßregel dar.15 Die „Anlasstat“ bietet nicht den Rechtsgrund für die Maßregel, sondern besitzt neben anderen Kriterien lediglich eine Indiz-Funktion bei der für die Anordnung erforderlichen individuellen Gefährlichkeitseinschätzung. Gemäß dem rechtsstaatlich spezialpräventiven Ansatz der Maßregeln der Besserung und Sicherung sind gerade solche Taten zu verhindern, die auf der für die jeweilige Maßregel spezifischen Gefährlichkeit gründen.16 Im Fall des geisteskranken und nach § 20 schuldunfähigen Mörders wird demnach die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, wenn er für die „Allgemeinheit gefährlich“ ist (§ 63 Abs. 1). Selbst unter Zurückstellung der nicht unumstrittenen Frage nach dem „Zweck“ des Maßregelrechts17, ist die Verhängung von Strafe und die Anordnung einer Maßregel zumindest anhand der Voraussetzungen für die angedrohten Rechtsfolgen klar zu unterscheiden: Jede Strafe setzt ein schuldhaftes Verhalten des Täters bei Begehung der Tat voraus (§ 46 Abs. 1 Satz 1).18 Das Maßregelrecht knüpft hingegen völlig unabhängig von der schuldhaften Tatbegehung an die von dem Täter ausgehende gerade zukünftig fortdauernde Gefährlichkeit an. Allerdings besteht zwischen Strafe und Maßregel keinesfalls ein Exklusivitätsverhältnis in dem Sinne, dass Strafe und Maßregel nur alternativ zum Einsatz kommen könnten: So setzt die Verhängung einer Maßregel gerade keine Schuld des Täters voraus; ist sie aber gegeben, so hindert sie nicht deren Anordnung. Aufgrund der möglichen Parallelität von Schuld und Gefährlichkeit des Täters tritt ein Nebeneinander von Strafe und Maßregel, z. B. bei Straßenverkehrsdelikten, nicht selten auf.19 Da es sich bei einer Maßregel der Besserung und Sicherung gerade nicht um eine Strafe handelt, ist die Einordnung im Strafrecht fehlleitend. Sachlich sind die Maßregeln der Besserung und Sicherung im Recht der Gefahrenabwehr zu verorten. Seit der

14 Siehe etwa Freund, AT, Rn. 24 f.; ausführlich Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 272 ff.; Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 334 ff. Die für die Strafe geltenden Legitimationsvoraussetzungen müssen auch für das Maßregelrecht gelten, vgl. Konze, Die Jugendstrafe, S. 15 f. 15 Zum Verfahren etwa Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 276 f. 16 Im Rahmen des Marburger Programms (1882) erfolgte die von Franz v. Liszt geprägte spezialpräventive Ausrichtung des Maßregelrechts. Darauf basierte die Einführung der Maßregeln der Besserung und Sicherung in das alte StGB von 1871 am 24.11.1933 durch das Gewohnheitsverbrechergesetz. Dazu und zum kriminalpolitischen Hintergrund Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 269 f.; zum Ganzen vgl. auch Frisch, ZStW 94 (1982), 565 ff.; 102 (1990), 343 ff. 17 Einen Überblick gibt Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 272 f. 18 Siehe statt vieler BGHSt 2, 194 (200): „Dem Täter muss vorgeworfen werden, dass er sich nicht rechtmäßig verhalten hat, obwohl er sich rechtmäßig hätte verhalten können, dass er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich für das Recht hätte entscheiden können.“; Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 272 f. 19 Roxin, AT I, § 1Rn. 3.

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Einführung der Maßregeln in das StGB als weitere mögliche „Rechtsfolge“ einer begangenen Straftat wird indessen missverständlich von einem strafrechtlichen „System der Zweispurigkeit“ gesprochen.20 3. Terminologie: Maßnahmen statt Rechtsfolgen Die Überschrift „Rechtsfolgen der Tat“ für den dritten Abschnitt des StGB ist insoweit irreführend, als er sowohl die Strafen (erster Titel) als auch die Maßregeln der Besserung und Sicherung (sechster Titel) umfasst. Letztere knüpfen aber nicht an die begangene Anlasstat, sondern an die fortbestehende Gefährlichkeit des Täters an. Es handelt sich daher genau genommen nicht um eine Rechtsfolge (oder Sanktion, Strafe etc.) für die vorangegangene Tat. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist die folgende Terminologie als präziser zu erachten:21 Der Terminus Maßnahme bildet den Oberbegriff. Zu unterscheiden sind sodann ahndende und gefahrenabwehrende Maßnahmen. Ahndende Maßnahmen sind retrospektiv und umfassen alle strafrechtlichen Reaktionen sowie solche auf Ordnungswidrigkeiten. Gefahrenabwehrende Maßnahmen sind prospektiv und beziehen sich auf die Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie solche Maßnahmen, die für die Zukunft Gefahren abwenden sollen (z. B. Unterbringungen nach dem FrhEntzG HE). Im Gegensatz zu den herkömmlich verwendeten Begriffen der Rechtsfolge oder Sanktion gelingt es, mit dieser präzisen Differenzierung die Zwecksetzung der jeweiligen Maßnahme zu verdeutlichen.

II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht Die Bestimmung von Reichweite und Grenzen des materiellen Strafrechts erfordert eine Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen. Es gilt, ein mit den Grundrechten in Einklang stehendes Fundament zu skizzieren, auf dessen Basis eine Untersuchung der strafrechtlichen Normen und ihrer Anwendung erst gelingen kann.22 Insbesondere die (Schutz-)Funktionen der Grundrechte und ihre Relevanz für staatliche Eingriffe bedürfen einer näheren Beleuchtung. In diesem Zusammenhang ist auch eine Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vonnöten.

20 Zur Entwicklung der Maßregeln der Besserung und Sicherung als zweite Spur im strafrechtlichen Kontext Eser, in: FS Müller-Dietz, S. 213 ff. 21 Dazu insgesamt Remde, Die Zukunft präventiven Freiheitsentzugs, S. 4. 22 Dazu und zum Folgenden Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 51 ff.

II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht

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1. Schutzrecht gleich Schutzpflicht? – Die Rechtsgüterschutzaufgabe des Staates Während die Freiheitsrechte ausdrücklich in unserer Verfassung fixiert und als subjektive Rechte vor dem Bundesverfassungsrecht einklagbar sind,23 bleibt die Suche nach der verfassungsrechtlichen Gewähr von Sicherheit überwiegend erfolglos.24 Traditionell sind die Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat ausgestaltet.25 Schutzpflichten sind nur vereinzelt normiert.26 Wird ein Bürger jedoch – statt durch den Staat – von einem Dritten in seinen Grundrechten beschnitten, hilft ihm die Abwehrfunktion der Grundrechte nicht. Fraglich ist, ob dem Staat a) das Recht bzw. b) die Pflicht zukommt, auf Rechtsgutsbeeinträchtigungen im Bürger-Bürger-Verhältnis (mit Strafe) zu reagieren. a) Strafrecht als staatliches Schutzrecht Staatstheoretischen Erwägungen zufolge entsteht ein Staat durch Unterwerfung von Menschen im Austausch gegen Sicherheit und Schutz.27 Dieses – auch hier vertretene – Staatverständnis geht davon aus, dass sich Menschen im Rahmen eines (Gesellschafts-)Vertrages zusammengeschlossen haben, um dem „Elend des Naturzustandes“ zu entgehen.28 Das bislang uneingeschränkte Selbstbestimmungsrecht wird zum Teil auf den Staat übertragen, der im Gegenzug Sicherheit garantiert. Der Staat kann durch das übertragene Gewaltmonopol eben diese auch erzwingen und mit entsprechenden Maßnahmen für inneren und äußeren Frieden sorgen. Der Schutz der Menschen im Staat ist daher dessen Kernaufgabe.29 Die staatliche Schutzaufgabe beschränkt sich nicht auf das Staat-Bürger-Verhältnis. Sie erstreckt sich vielmehr auch auf das Verhältnis der Bürger untereinander. Denn wenn die Freiheitsausübung des einen Bürgers Beeinträchtigungen für den anderen schafft, kann auch ein Schutz voreinander vonnöten sein.30 23 Die Funktion der Grundrechte als subjektive Rechte wird durch Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG ausdrücklich bestätigt. Vgl. auch Hufen, Grundrechte, § 5 Rn. 2 f. 24 Dazu und zum Folgenden Reus, Das Recht der Risikogesellschaft, S. 29 f. 25 Statt vieler Hufen, Grundrechte, § 5 Rn. 1 ff.; zu der Statuslehre Georg Jellineks (1851–1911) Danwerth, JuS 2011, 406 ff. 26 Art. 6 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. 27 Dazu grundsätzlich Hobbes, Leviathan passim. 28 Zum Folgenden Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 28 f. 29 Wiemers, ZLR 2006, 383 (385); Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 36 ff. 30 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 414 f.; Calliess, JZ 2006, 321 (322 f.); vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, § 26 Rn. 31 f.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 191; Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 195 f.; Bettermann, Der totale Rechtsstaat, S. 7; Isensee, in: FS Sendler, S. 39 (47 f.); Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 35 ff.; Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 278 ff.

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Die Ermächtigungsgrundlage für das Zulassen von Strafe, das sogenannte ius puniendi, ergibt sich aus der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG statuierten Zuweisung des Strafrechts zum Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung. Die primäre Regelungskompetenz für diesen Bereich obliegt mithin dem Bundesgesetzgeber und verleiht dem Staat generell31 das Recht zu strafen.32 Im Zuge der Konkretisierung des materiellen Verbrechensbegriffs spricht auch das Bundesverfassungsgericht dem Strafrecht einen Schutzcharakter zu.33 Mit dessen Mitteln soll die Sicherung „wichtiger Gemeinschaftsbelange, die vor der Verfassung Bestand haben“34 bzw. „wichtiger Anliegen der Gemeinschaft“ 35 gewährleistet werden. Doch bleibt die Frage nach den Anforderungen an die inhaltliche Qualität eines (strafbaren) Verhaltens vom Bundesverfassungsgericht unbeantwortet. Aufschluss gibt auch nicht der Blick in die Strafvorschriften. Ein hinreichender Schutz wird nach einhelliger Auffassung36 nur durch ein stimmiges, den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechendes Straftatsystem gewährleistet, dessen noch an späterer Stelle zu erörternde Entwicklung die Grundlage für die im Fokus stehende Untersuchung der konkreten Rechtsfolgenbestimmung bietet. b) Staatliche Schutzpflichten Ungeachtet ihrer ursprünglich an ein bipolares Staat-Bürger-Verhältnis angepassten Struktur werden den Grundrechten neben ihrer Abwehrfunktion in jüngerer Zeit auch Schutzpflichten zugeordnet.37 Deren Herleitung ist – wie im Folgenden aufzuzeigen sein wird – umstritten. In diesem Zusammenhang ist zudem offen, ob zu etwaigen (Schutz-)Pflichten auch diejenige gehören kann, zur Gewähr der „inneren und äußeren Sicherheit“ des Rechtsstaates Strafnormen zu erlassen. Auch hier fällt der Blick auf den Schutz der Bürger im Verhältnis zueinander, der mittels des Strafrechts erreicht 31

Zu den weiteren Bedingungen staatlichen Strafens siehe unten A. III. und IV. Zum Folgenden Roxin, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 1 ff.; ders., JuS 1966, 377 ff.; a. A. Klose, ZStW 86 (1974), 33 ff., der unter Verneinung einer Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz von Strafe lediglich ein „Maßnahmenrecht“ fordert. Zum Verhältnis von dem heutzutage vernachlässigbaren Landes- zum Bundesstrafrecht vgl. Art. 1–4 EGStGB sowie Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. § 1 Rn. 36 ff.; a. A. Klose, ZStW 86 (1974), 36 ff. 33 BVerfGE 21, 391 (403 f.); 27, 18 (29); 39, 1 (46); 45, 187 (253); 51, 60 (74 f.); 80, 244 (255 f.); 88, 203 (257); 90, 145 (175, 184); vgl. auch a. A. Richterin Graßhof, BVerfGE 90, 145 (201). 34 BVerfGE 90, 145 (174, 184). 35 BVerfGE 80, 244 (255). 36 Zum „materiellen Verbrechensbegriff“ ausführlich Roxin, AT I, § 2 m.w. N.; in diesem Sinne auch Freund, GA 1999, 509 (524 ff.). 37 Zum Folgenden Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 30; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 59 ff. jeweils m.w. N. 32

II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht

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werden kann. Die einzige38 verfassungsrechtlich normierte Gesetzgebungsverbindlichkeit findet sich dazu in Art. 26 Abs. 1 S. 2 GG, der solche Handlungen unter Strafe zu stellen gebietet, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören. Weitere Schutzpflichten seitens des Staates werden nicht ausdrücklich normiert. aa) Herleitung (1) Rechtsprechung Das Bundesverfassungsgericht erkennt die Existenz staatlicher Schutzpflichten grundsätzlich an.39 Obgleich die Grundrechte ihrem Ursprung nach (subjektive) Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat sind, sollen sie nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eine objektive Werteordnung darstellen, die sich „als verfassungsrechtliche Grundentscheidung“ auf alle Bereiche des Rechts erstrecke.40 Ob und in welchem Umfang eine staatliche Schutzpflicht begründet werden kann, soll sich damit bereits mittelbar aus den Grundrechten ergeben.41 Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs hat das Bundesverfassungsgericht in seinem (ersten) Urteil zur Fristenregelung des § 218 a. F. (Schwangerschaftsabbruch I) erstmalig ausdrücklich eine umfassende staatliche Schutzpflicht für das (sich entwickelnde) Leben anerkannt.42 Diese gründe sich in erster Linie auf den objektiven Gehalt der Grundrechte und die „Wertdimension“ des Art. 2 Abs. 2 GG. Zugleich wurde – wie später in der zweiten Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch (Schwangerschaftsabbruch II)43 – auf die Menschenwürdegarantie nach Art. 1 Abs. 1 GG als Fundament der Schutzpflicht verwiesen.44 Ausschlaggebend 38 Der frühere Art. 143 Abs. 6 GG a. F. normierte darüber hinaus eine Pflicht zur Pönalisierung des Hochverrats. 39 BVerfGE 7, 198 ff.; 35, 79 ff.; 39, 1 ff.; 46, 160 ff.; 53, 30 ff.; 56, 54 ff.; 77, 170 ff.; 77, 381 ff.; einen Überblick gibt Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 129 ff.; Hesse, in: FS Mahrenholz, S. 541 (547 ff.); Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 30 ff.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 62. Dieser Auffassung folgen grundsätzlich Wahl, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte I, § 19 Rn. 1 ff.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 83 ff.; Jarass, AöR 110 (1985), 363 (364 ff.); Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 259. 40 BVerfGE 7, 198 (205); BVerfGE 35, 79 (114). 41 BVerfGE 39, 1 = NJW 1975, 573 (575); BVerfGE 88, 203 (251); vgl. auch Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 78 ff. 42 BVerfGE 39, 1 = NJW 1975, 573 (575). Die Rechtsprechung wurde fortgeführt, vgl. BVerfGE 46, 160 (164); 53, 30 (57); 56, 54 (73, 80); 77, 170 (214); 77, 381 (402 f.). Dazu und zum Folgenden Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 30 ff.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 62 f. 43 BVerfGE 88, 203 ff. 44 Dieser Begründungsansatz wird allerdings nicht als zwingend angesehen. So wurde die Schutzpflicht in nachfolgenden Entscheidungen allein auf die Wertentschei-

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sei nach dieser Rechtsprechung, ob mit der Gesamtheit der das Rechtsgut schützenden Maßnahmen ein umfangreicher Schutz sichergestellt werden kann: Wenn bürgerlich-rechtliche, öffentlich-rechtliche, insbesondere sozial- oder strafrechtliche Vorschriften dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz nicht genügen, kann der Gesetzgeber mithin dazu verpflichtet sein, eben diesem auch mit den Mitteln des Strafrechts als „ultima ratio“ Rechnung zu tragen. Dabei sind wie auch sonst die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu berücksichtigen.45 Obgleich das erste Urteil zum Schwangerschaftsabbruch als die Kehrtwende zu Gunsten der Anerkennung staatlicher Schutzpflichten bezeichnet wird, wurde der Weg dorthin schon durch die vorangegangene Rechtsprechung geebnet.46 So deuteten etwa das „Hochschulurteil“ 47 oder das „Lehbach-Urteil“ 48 bereits Schutzpflichten seitens des Staates an, die sich jedoch – anders als das Urteil Schwangerschaftsabbruch I – nicht auf herausragende Grundrechte wie das Leben oder die körperliche Unversehrtheit beschränken.49 Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wurde gar die Berufsfreiheit als tauglicher Gegenstand etwaiger Schutzpflichten benannt.50 Die Ansicht der Rechtsprechung sieht sich nicht unerheblicher Kritik ausgesetzt. Im Rahmen eines Sondervotums zum ersten SchwangerschaftsabbruchUrteil bestreiten Bundesverfassungsrichterin Rupp-v. Brünneck und Bundesverfassungsrichter Simon vehement eine Pflicht zum Erlass von Strafnormen, da die Abwehrfunktion der Grundrechte dadurch umgekehrt werden würde.51 Den Grundrechten käme dann nicht mehr der Zweck der Freiheitssicherung, sondern der einer Freiheitsbeschränkung zu. Dem ist entgegenzuhalten,52 dass der Schutz grundrechtlicher Güter gegen Beeinträchtigungen Dritter – sei es durch öffentlichrechtliche oder zivilrechtliche Regelungen – nahezu immer die Freiheitsrechte eines anderen tangiert. Dass Strafgesetze grundsätzlich eingriffsintensiver sind als andere Vorschriften ändert nichts an dem Schutzbedürfnis der entsprechenden Rechtsgüter. Mithilfe einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ist im Rahmen einer Abwägung des Freiheitsinteresses auf der einen mit dem Schutzinteresse

dung des in Rede stehenden Grundrechts abgestellt, vgl. BVerfGE 53, 30 (53); 56, 54 (73); 77, 170 (214). 45 BVerfGE NJW 1975, 573 (576 f.). 46 Dazu Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 62. 47 BVerfGE 35, 79 (114). 48 BVerfGE 35, 202 (233). 49 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 62; Klein, DVBl. 1994, 489 (491 f.). 50 BVerfGE 92, 26 (46). 51 Dazu und zum Folgenden BVerfGE NJW 1975, 573 (583). 52 Dazu und zum Folgenden Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 32 f.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 62 f.

II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht

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auf der anderen Seite zu überprüfen, ob die entsprechende Strafvorschrift verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.53 Tatsächlich wird die Abwehr staatlicher Eingriffe als originäre Funktion der Grundrechte also um eine (zusätzliche) Schutzfunktion ergänzt.54 Die vermeintlich drohende Aushöhlung der Freiheitsrechte wird insbesondere durch deren eigene grundrechtliche Absicherung und das Willkürverbot verhindert.55 (2) Literatur In Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten sich zum Teil auch in der Literatur verschiedene Ansätze zu dieser Problematik. Da diese Ansätze begrüßenswerterweise56 die Tendenz der Rechtsprechung, staatliche Schutzpflichten allgemein anzuerkennen, teilen, reicht eine bloß überblicksartige Kennzeichnung einiger Argumentationsströme an dieser Stelle aus:57 Eine Schutzpflicht soll nach einer Auffassung in der Literatur nicht erst – wie das Bundesverfassungsgericht ausführt – aus einer grundrechtsorientierten objektiv-rechtlichen Werteordnung resultieren; sie leite sich direkt aus dem Wortlaut der Grundrechte58 bzw. aus der Menschenwürde selbst ab.59 Staatstheoretische Überlegungen könnten zudem zu einer Schutzpflicht seitens des Staates führen, weil sich der einzelne Bürger gerade um der gewährten Sicherheit willen dem Staat unterwerfe.60 Dagegen rechnet eine weitere Auffassung Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Güter durch Dritte dem Staat – als Garanten – zu, sodass die Grundrechte ihre originäre Funktion als Abwehrrecht beibehielten.61 bb) Art und Maß Ungeachtet der im Einzelnen umstrittenen Herleitung besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit darüber, dass der Staat sichernd tätig werden muss,

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BVerfGE NJW 1975, 573 (577). Bryde, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, § 17 Rn. 38. 55 Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 32. 56 So auch Canaris, JuS 1989, 161 (163); ders., AcP 184 (1984), 226 f.; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 43 ff., 145 ff. 57 Eine kritische Auseinandersetzung mit den verschiedenen in der Literatur vertretenen Ansichten findet sich bei Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 33 ff.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 60 ff. 58 Allgemein Hufen, Grundrechte, § 6 Rn. 28. 59 Krings, Grund und Grenzen grundrechtlicher Schutzansprüche, S. 150 ff.; Bleckmann, DVBl. 1988, 938 (940 ff.). 60 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 111 Rn. 83 ff. 61 Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 91 ff.; Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 213 ff. 54

26 A. Verfassungsrechtliche Grundlagen und Konzept der personalen Straftatlehre

wenn Rechte oder Rechtsgüter einer Person bedroht sind.62 Während sich der Inhalt des Schutzes jedenfalls mittelbar aus den Grundrechten ergibt,63 sind die zum Schutz zu ergreifenden Mittel konkretisierungsbedürftig.64 Der konkrete Umfang staatlicher Schutzpflichten ist daher offen.65 Dies ist nicht zuletzt auch auf die fundamentalen strukturtheoretischen Unterschiede von Abwehr- und Leistungsrechten zurückzuführen.66 Anders als bei Abwehrrechten, denen denknotwendig jedes güterschädigende Verhalten entgegensteht, gebieten Leistungsrechte nicht jedes schützende oder fördernde Verhalten: Wenn es verboten ist, etwas in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen, ist jede Handlung oder Unterlassung, die eine solche Beeinträchtigung mit sich bringt, verboten. Ist es demgegenüber geboten, etwas zu schützen oder zu fördern, dann ist eben nicht jede Handlung oder Unterlassung, die Schutz oder Förderung bewirkt, automatisch geboten.67 Dem Schutzgebot kann daher schon eine, statt vieler möglicher Schutzhandlungen genügen, obwohl es auf vielerlei Wegen erfüllbar wäre. Es ist daher grundsätzlich dem Adressaten des Schutzgebots überlassen, für welches schützende Verhalten er sich entscheidet.68 Gleiches gilt für die Erfüllung der staatlichen Schutzpflichten, deren Umsetzung der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten bleiben muss.69

62 Dazu und zum Folgenden, z. T. kritisch Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 38 f.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 62 ff. Seit der „C-Waffen-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts wird aus den staatlichen Schutzpflichten gar ein subjektives, d.h. einklagbares Recht abgeleitet, BVerfGE 77, 170 (214 f.). Im Fall eines objektiv-rechtlichen Verstoßes gegen Schutzpflichten soll danach eine subjektive Grundrechtsverletzung zu bejahen sein. 63 Stern, in: Stern, Staatsrecht III/1, S. 736; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 410 f.; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 111 Rn. 93; Klein, NJW 1989, 1633 (1637 f.); Unruh, zur Dogmatik der grundrechtlichen Schutzpflichten, S. 75. 64 BVerfGE 92, 26 (46). 65 Zur weiteren Frage der rechtlichen Durchsetzung siehe Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 173 ff.; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 411 ff. 66 Zur Struktur und Justitiabilität von Leistungsrechten im Unterschied zu Abwehrrechten Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 420 ff.; Calliess, JZ 2006, 321 (324); Wahl/ Masing, JZ 1990, 553 (558). 67 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 420 f.; Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 38. 68 Welche Rettungsmaßnahme – sei es schwimmend oder von einem Boot oder mithilfe eines Rettungsrings – der Schiffskapitän wählt, um das über die Reling ins Meer gefallene Kind wieder sicher an Bord zu holen, obliegt seinem Ermessen. Dieses Beispiel findet sich bei Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 421, der bemerkt, dass nicht alle drei Rettungsmaßnahmen zugleich geboten seien, sondern die Vornahme der ersten oder der zweiten oder der dritten. 69 Zum gesetzgeberischen Ermessen im Rahmen staatlicher Schutzpflichten Isensee, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IX, § 191 Rn. 293 ff.; MüllerDietz, in: FS Dreher, S. 97 (115 f.).

II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht

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Auch das Bundesverfassungsgericht gesteht dem Gesetzgeber bei der Auswahl der Mittel einen beachtlichen Entscheidungsspielraum zu.70 Dies sei vor allem der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem Demokratieprinzip geschuldet, dem entsprechend die „staatlichen Organe in erster Linie in eigener Verantwortung zu entscheiden hätten [. . .], welche Maßnahmen zweckdienlich und geboten seien, um einen wirksamen Schutz zu gewährleisten.“ 71 Eine Entscheidung für eine Maßnahme unter vielen anderen möglichen Lösungswegen sei immer das Ergebnis einer Abwägung, die nicht selten Kompromisse erfordere und deshalb in den Händen des vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgebers liegen müsse.72 Für einen verfassungsrechtlichen Mindeststandard sorgt indessen das sogenannte Untermaßverbot73, das die staatliche Schutzpflicht erst – aber auch immerhin – dann verletzt sieht, wenn „die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben.“ 74 Im Rahmen der Begründung eines Schutzdefizits sind die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß des zu befürchtenden Schadens, die Wertigkeit des betroffenen Rechtsguts sowie die Nützlichkeit und Sozialadäquanz eines Risikos75 in Rechnung zu stellen – ein Mangel des einen kann durch ein Übermaß des anderen kompensiert76 werden.77 Soweit das Bestehen von Schutzpflichten im Einzelfall überprüft werden muss, ist eine präzise Grenzziehung daher nicht möglich.78 Mit dem Untermaßverbot korrespondiert das aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgende Übermaßverbot, dementsprechend immer diejenige Maßnahme zu wählen ist, die entgegenstehende Interessen am wenigsten schmälert und

70 BVerfGE 39, 1 (44); 46, 160 (164); 56, 54 (80 f.); 77, 170 (214 f.); 88, 203 (254 f.), vgl. auch Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 97 ff.; Hufen, Grundrechte, § 5 Rn. 6; Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 259 ff. 71 BVerfGE 56, 54 (80 f.). 72 BVerfGE 56, 54 (81). 73 Das Untermaßverbot wurde maßgeblich von Canaris geprägt, vgl. Canaris, AcP 184 (1984), 226 (228); ders., JuS 1989, 161 (163), und seit dem zweiten Urteil zum Schwangerschaftsabbruch auch vom Bundesverfassungsgericht herangezogen, BVerGE 88, 203 (254). 74 BVerfGE 77, 170 (214 f.) m.w. N.; 88, 203 (251 ff.); 92, 26 (46). 75 Murswiek, Die staatliche Verantwortlichkeit für die Risiken der Technik, S. 140 ff. 76 BVerfGE 49, 89 (142). 77 Reus, Das Recht in der Risikogesellschaft, S. 39; Zippelius, Rechtsphilosophie, § 20 III 4. 78 So schon Canaris, AcP 184 (1984), 201 (228); ebenso Holle, Normierungskonzepte im Lebensmittelrecht, S. 169 f.

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damit das erforderliche Maß einer Interessensbeeinträchtigung nicht überschreitet.79 c) Bedeutung staatlicher Schutzpflichten für das Strafrecht Da allein dem Gesetzgeber bei der Wahrung seiner Schutzpflichten die Entscheidungsprärogative hinsichtlich der Wahl der Mittel zukommt, ist eine entsprechende Pflicht zum Erlass von Strafnormen kaum bzw. nicht zu begründen. Räumt der Gesetzgeber aber einem Rechtsgut Schutz eines gewissen Umfangs durch eine bestimmte Maßnahme ein, ist fraglich, ob er hinter der Erfüllung seiner Schutzpflicht zurückbleibt, wenn er einen identischen rechtsgutsgefährdenden Umstand nicht mit der gleichen Maßnahme versieht. Eine Missachtung der staatlichen Schutzpflicht kann etwa vorliegen, wenn ein bestimmtes Verhalten mit Strafe bedroht ist, ein anderes – vor allem unter Unrechtsaspekten – gleichgelagertes jedoch nicht. Dies mutet nicht allein unter dem Blickwinkel rechtlicher Schutzpflichten sachwidrig an, sondern vor allem auch mit Rücksicht auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung des wesentlich Gleichen. 2. Gleichheitsgrundsatz Art. 3 Abs. 1 GG normiert den ursprünglich bereits in Art. 109 Abs. 1 WRV als bloßes Deutschengrundrecht ausgestalteten, ansonsten aber gleich lautenden, allgemeinen Gleichheitssatz, dementsprechend alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.80 Art. 1 Abs. 3 GG verleiht ihm unmittelbare Geltung. Das Bundesverfassungsgericht qualifiziert den Gleichheitssatz darüber hinaus als „überpositiven Rechtsgrundsatz“.81 Sein Anwendungsbereich ist umfassend und nicht auf bestimmte (Lebens-)Bereiche beschränkt. Demgegenüber beziehen sich die sogenannten speziellen Gleichheitssätze – Art. 6 Abs. 5 GG, Art. 33 Abs. 1–3 GG und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG – auf ganz bestimmte Bereiche.82 a) Umfang und Adressatenkreis Nach Art. 3 Abs. 1 GG ist (wesentlich) Gleiches gleich, (wesentlich) Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln.83 Dass Gleichheit nor79 Etwa BVerfGE 50, 290 (341); 52, 1 (29); 58, 137 (148); 70, 191 (200); 76, 220 (220); 79, 174 (198); 95, 48 (58); 95, 64 (84); 102, 1 (17); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, 59. Lfg. Juli 2010, Art. 14 Rn. 315 f.; Zippelius, Rechtsphilosophie, § 20 III 4. 80 Dazu und zum Folgenden Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 1 ff.; Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn. 16 ff.; mit entstehungsgeschichtlichen Erläuterungen Stern, in: Stern, Staatrecht, Bd. III/2, S. 1824 ff., 1839; Martini, Art. 3 Abs. 1 GG als Prinzip absoluter Rechtsgleichheit, S. 8 ff. 81 BVerfGE 1, 208 (233); 23, 98 (106 f.); Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn. 16; Bumke/Voßkuhle, Verfassungsrecht, Rn. 451 ff. 82 Zum Verhältnis der speziellen Gleichheitssätze zu Art. 3 Abs. 1 GG Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 363; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 2 f.

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mativ zu verstehen ist, weil – empirisch – weder zwei identische Menschen noch zwei identische Sachverhalte existieren, liegt in der Natur der Sache.84 Eine Übereinstimmung kann nur auf einem oder mehreren normativ relevanten Merkmalen beruhen. Allein relevant ist der Aspekt, mit Blick auf welches Merkmal verschiedene Menschen und Sachverhalte vergleichbar und entsprechend gleich zu behandeln sind. Dieses wesentliche Merkmal ist von allen bestehenden Verschiedenheiten, die damit unwesentlich geworden sind, zu abstrahieren. Ein gerechter85 Vergleichsmaßstab (tertium comparationis) ist die Grundvoraussetzung für die Vergleichbarkeit und die anschließende Prüfung, ob eine (Un-)Gleichbehandlung vorliegt.86 Was dabei wesentlich, d.h. unter wesentlich Gleichem zu verstehen ist, bedarf einer Wertung, deren Maßstab nur das Recht sein kann. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet alle Träger hoheitlicher Gewalt und zielt ab auf eine umfassende Rechtsanwendungs- (Gleichheit vor dem Gesetz) und Rechtssetzungsgleichheit87 (Gleichheit des Gesetzes).88 Letztere folgt, wenn schon nicht unmittelbar aus dem Wortlaut89 des Gleichheitssatzes, jedenfalls aus dem systematischen Zusammenhang von Art. 3 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 3 GG und ist nunmehr auch höchstrichterlich90 anerkannt.91

83 BVerfGE 3, 58 (135); 42, 64 (72); dazu und zum Folgenden Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 2 ff.; Ipsen, Grundrechte, Rn. 794 ff. 84 „Gleichheit ist immer nur Abstraktion gegebener Ungleichheit“, vgl. dazu und zum Folgenden Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 26, 76, 243 f.; Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (121). 85 Zur Gerechtigkeit des Gleichheitssatzes insbesondere BVerfGE 1, 264 (275 f.); 3, 58 (135); 86, 81 (87); 107, 218 (244); 107, 257 (270); 118, 1 (27 f.); 120, 1 (31); vgl. dazu auch Stern, in: Stern, Staatsrecht III/2, S. 1824 ff.; zusammenfassend Robbers, Gerechtigkeit als Rechtsprinzip, S. 60, 163. 86 Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 3 ff.; Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn. 16; Hesse, AöR 77 (1951/52), 167 (172 f.); Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 26, 76, 243; Nef, Gleichheit und Gerechtigkeit, S. 3 ff.; Dann, Gleichheit und Gleichberechtigung, S. 16 ff.; BVerfGE 13, 181 (202); 42, 64 (72); 71, 255 (271); 81, 108 (117); 83, 395 (401); 84, 348 (359); 85, 238 (344); 87, 1 (36); 90, 145 (196); 94, 241 (260). Als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare (Un-) Gleichbehandlungen zu werten, vgl. Hufen, Grundrechte, § 39 Rn. 12 f. 87 Nach dem Inkrafttreten des GG war die Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz zunächst umstritten, etwa Ipsen, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte II, S. 111 (150 ff.). 88 Dazu und zum Folgenden Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 429 ff.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 360; Hufen, Grundrechte, § 39 Rn. 8; Manssen, Grundrechte, Rn. 823; Krempny/Reimer, Die Gleichheitssätze, S. 31 ff.; Martini, Art. 3 Abs. 1 GG als Prinzip absoluter Rechtsgleichheit, S. 5 ff., 13 ff.; Vogel, Juristische Methodik, S. 205. 89 Dafür etwa Fuss, JZ 1959, 329 (330). 90 Grundlegend BVerfGE 1, 14 (52). 91 Einen Überblick über die Rechtsprechung zur Bindung des Gesetzgebers und zur Rechtssetzungsgleichheit geben Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (121 ff.); Albers, JuS 2008, 945 (945 f.); Krempny/Reimer, Die Gleichheitssätze, S. 30 ff.

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Während die (inhaltliche) Rechtssetzungsgleichheit den Gesetzgeber bindet, Gesetze zu schaffen, deren Inhalt dem Prinzip der Gleichheit entspricht,92 verlangt die formelle Rechtsgleichheit die ausnahmslose Verwirklichung des Rechts ohne Ansehen der Person. Für die ohnehin an das Gesetz gebundene Verwaltung kommt der Gleichheitssatz insbesondere bei Ermessensentscheidungen zum Tragen.93 Entsprechendes gilt für die Rechtsprechung, die zum einheitlichen Umgang mit konkretisierungsbedürftigen Vorschriften verpflichtet ist.94 Grundrechtsberechtigt sind alle Menschen sowie juristische Personen des Privatrechts.95 Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz resultiert das subjektive Recht auf Gleichbehandlung, das – wie auch die Freiheitsrechte – primär als ein gerichtlich durchsetzbares Abwehrrecht gegen Rechtsverletzungen normiert ist.96 Sein Schutzgegenstand besteht in dem Anspruch des Berechtigten auf Schutz und Achtung seiner Position in der Gesellschaft und die damit verbundenen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozial differenzierten Relationen. Während sich freiheitsrechtlicher Abwehrschutz gegen die Beschränkung von Ausübung und Gestaltung der Freiheit richtet, wendet sich gleichheitsrechtlicher Abwehrschutz gegen durch staatliche Mittel inhaltlich unangemessene Einwirkungen auf eben diese Relationen. b) Gewährleistungsgehalt und verfassungsmäßige Rechtfertigung Der Spagat zwischen gesellschaftlicher Freiheit einerseits und gesellschaftlicher Gleichheit auf der anderen Seite bedeutet, dass das Durchsetzungsvermögen 92 Nicht unproblematisch ist die Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz, da moderne Gesetze aufgrund der ihnen anhaftenden Abstraktheit zumeist einen größeren Personenkreis tangieren als ihre bloßen Adressaten. Dies führt vor allem im Sozialund Steuerrecht nicht selten zu (unbeabsichtigten) Diskriminierungen i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG. Die für diese beiden Rechtsgebiete üblichen und notwendigen Typisierungen und Gruppierungen ziehen in den meisten Fällen auch eine Ungleichbehandlung nach sich, die jedoch gerechtfertigt ist, wenn sie sachlich begründet ist, vgl. BVerfGE 26, 265 (275); 33, 240 (247). Exemplarisch ist zudem die sogenannte „Stichtagsproblematik“, vgl. BVerfGE 82, 126 (151); 96, 1 (7); 97, 103 (114); 101, 239 (258); 102, 41 (54); 118, 1 (14). 93 Dazu insbesondere Boden, Gleichheit und Verwaltung, S. 313 ff. 94 Zu Besonderheiten des Gleichheitssatzes für die Rechtsprechung Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 123 ff. Zur (fehlenden) Gleichmäßigkeit der Strafzumessung, insbesondere zu temporären und regionalen Unterschieden bei ansonsten vergleichbaren Sachverhalten Jescheck/Weigend, AT, § 82 III. Zu den regionalen und altersgruppenbezogenen Unterschieden der Strafzumessung Pfeiffer/Savelsberg, in: Strafzumessung, S. 17 ff. 95 Die Anwendbarkeit auf juristische Personen des Privatrechts ist möglich, solange es nicht um spezifisch auf den Menschen bezogene Merkmale geht, BVerfGE 35, 348 (357); die Anwendbarkeit auf juristische Personen des öffentlichen Rechts ist umstritten, siehe Hufen, Grundrechte, § 39 Rn. 7. 96 Dazu und zum Folgenden Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 38 ff.

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des Stärkeren der Chancengleichheit des Schwächeren gegenübersteht.97 Die verfassungsrechtlichen Verankerungen von Freiheit und Gleichheit stehen gleichberechtigt nebeneinander, sodass es weitgehend dem Gesetzgeber überlassen bleibt, wie er das Spannungsverhältnis dieser gegenläufigen – auch politischen – Forderungen auszugleichen vermag. Trotz ihrer unterschiedlichen Struktur, die insbesondere auf divergierende Rechtstechniken98 zurückzuführen ist, gilt für Freiheits- und Gleichheitsrechte gleichermaßen, dass sie nicht grundlos beschnitten werden dürfen. Den Ausgangspunkt einer bis heute fortdauernden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bildet das Willkürverbot, das den Gleichheitssatz verletzt sieht, wenn sich keine vernünftige Erwägung für die angegriffene Bestimmung oder Maßnahme anführen lässt, d.h. diese als willkürlich bezeichnet werden kann.99 Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat sich teilweise davon gelöst, ist im Einzelnen jedoch bislang uneinheitlich.100 Die mehrheitlich vom ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts entwickelte sogenannte „neue Formel“ sieht in einer (Un-)Gleichbehandlung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie diese rechtfertigen könnten.101 Im Einzelnen differenziert das Bundesverfassungsgericht nach der durch die (Un-) Gleichbehandlung verursachten Intensität der Beeinträchtigung:102 Diese steigt etwa, wenn die (Un-)Gleichbehandlung (1) personen- bzw. personengruppenbezogen statt situationsbezogen ist, (2) einer der in Art. 3 Abs. 3 GG aufgeführten Merkmale ähnelt, (3) von dem Betroffenen kaum oder nicht beeinflusst wer97

Dazu und zum Folgenden Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 462. Während bei den Freiheitsrechten ein entsprechender Verstoß durch die Prüfung des Schutzbereichs und des Eingriffs in den Schutzbereich festgestellt wird, passen diese Prüfungsschritte schon ihrer Struktur nach nicht auf Gleichheitsrechte, vgl. Hufen, Grundrechte, § 39 Rn. 4; Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 343; a. A. Blome, JA 2011, 486 (489 ff.); Huster, in: BK, 7. Lfg. XII/02, Art. 3 Rn. 79 ff. 99 Grundlegend das sogenannte Südweststaaturteil BVerfGE 1, 14 (52). Fortwährend BVerfGE 1, 418 (420); 4, 144 (155); 75, 108 (157); 78, 249 (278, 287); 107, 27 (46). Kritisch Hufen, Grundrechte, § 39 Rn. 9, 14 ff.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, § 11 Rn. 477; Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (124), ders., AöR 109 (1984), 174 (188 ff.) m.w. N.; Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 136 f.; Maaß, NVwZ 1988, 14 (19 ff.). 100 Einen Überblick über die Rechtsprechung zum Gleichheitssatz geben Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (121 ff.); Albers, JuS 2008, 945 (945 ff.); Ipsen, Grundrechte, Rn. 805 ff. 101 Grundlegend BVerfGE 55, 72 (88); weiterhin BVerfGE 79, 106 (121 f.); 88, 87 (96); 129, 49 (67). 102 BVerfGE 55, 72 (88); 79, 106 (121 f.); 88, 87 (96); 129, 49 (67). Vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn. 22 ff.; Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (124); kritisch Albers, JuS 2008, 945 (946 f.). Zur „neuen Formel“ und zum Folgenden Pieroth/Schlink/Kingreen/ Poscher, Grundrechte, Rn. 470 ff. 98

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den kann und/oder (4) den Gebrauch grundrechtlich geschützter Freiheiten erschwert.103 Bei (Un-)Gleichbehandlungen geringerer Intensität überprüft das Bundesverfassungsgericht (lediglich), ob ein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt.104 Bei (Un-)Gleichbehandlungen größeren Ausmaßes ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen,105 durch die eine, der Eingriffsintensität entsprechend, schärfere Kontrolle ermöglicht wird.106 Diese Differenzierung soll insbesondere dem Ermessenspielraum des Gesetzgebers Rechnung tragen.107 Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hält demgegenüber – trotz der gelegentlichen Anwendung der „neuen Formel“ – am Willkürverbot fest,108 präzisiert dieses jedoch dahingehend, dass es in Einzelfällen, abhängig von der Eigenart des zu regelnden Sachbereichs und der zu verzeichnenden Beeinträchtigung einer besonderen Rechtfertigung bedarf.109 Dieses Verständnis ist allerdings dem bisherigen Willkürverbot fremd und deutet – ähnlich der Konzeption der „neuen Formel“ – auf einen Brückenschlag zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hin.110 Ungeachtet der systematischen Unterschiede in der Rechtsprechung der beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts zeigt sich die Tendenz, Fälle strikterer und weniger dichter Prüfungen zu unterscheiden. Damit ist jedenfalls eine deutliche Konkretisierung des von der Rechtsprechung ursprünglich herangezogenen allgemeinen Willkürverbots zu verzeichnen.111

103 Diese Kriterien entstammen einer Rechtsprechungsanalyse von Pieroth/Schlink/ Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 470. Sie wurden in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar nicht eindeutig benannt. Allerdings wurde durchgängig auf die Willkürformel zurückgegriffen, wo etwa eindeutig nicht die Gleichheit von Personen(-gruppen) beeinträchtigt war, vgl. BVerfGE 64, 229 (239). 104 Grundlegend BVerfGE 4, 144 (155); ebenso BVerfGE 107, 27 (46). 105 Grundlegend BVerfGE 82, 126 (146). Kritisch Albers, JuS 2008, 945 (947). 106 Dreier, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn. 152. Ebenso Bumke/Voßkuhle, Verfassungsrecht, Rn. 468 ff.; Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 439 mit Fn. 88; ders., in: FS Lerche, S. 121 (128 ff.); Manssen, Grundrechtsdogmatik, Rn. 703 ff. 107 Dieser wird insbesondere im Sozial- und Steuerrecht benötigt, wo eine (Un-) Gleichbehandlung nahezu nicht möglich ist, vgl. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 477 ff. So auch Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (128); Huster, JZ 1994, 541 (541 f.); Sachs, JuS 1997, 124 (124 f.). Für die ausschließliche Anwendung des Willkürverbots Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 3 Rn. 11 f. Die ausnahmslose Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips fordert Martini, Art. 3 Abs. 1 GG als Prinzip absoluter Rechtsgleichheit, S. 288, 298. Krit. Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (124); von einer modifizierten Verhältnismäßigkeit spricht Albers, JuS 2008, 945 (947 f.). 108 BVerfGE 80, 109 (118); die neue Formel wird abgelehnt von BVerfGE 78, 249 (278); 79, 223 (236); 80, 109 (118); 83, 89 (107 f.). 109 BVerfGE 75, 108 (158). 110 Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (125 f.). 111 Dazu ausführlich Hesse, in: FS Lerche, S. 121 (126 ff.).

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Im Falle eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichbehandlungssatz ist das entsprechende Gesetz oder die Maßnahme grundsätzlich als verfassungswidrig einzustufen.112 Gleichheitswidrige Gesetze sind nach §§ 78 S. 1, 82 Abs. 1, 95 Abs. 3 BVerfGG für nichtig zu erklären.113 Die Ungleichbehandlung kann indes behoben werden, indem die eine Gruppe wie die andere, die andere wie die eine Gruppe oder beide Gruppen auf eine dritte Weise behandelt werden.114 c) Rechtssetzungsgleichheit im Strafrecht Im Zusammenhang mit dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssetzungsgleichheit wird insbesondere im Strafrecht nicht selten der phrasenhafte und nicht unumstrittene Grundsatz „Keine Gleichheit im Unrecht“ laut.115 Diesem entsprechend soll etwa einem Straftäter die Heranziehung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht möglich sein, wenn neben ihm andere Straftäter nicht verfolgt116 oder Taten mit gleichem oder höherem Unrechtsgehalt nicht unter Strafe gestellt117 worden sind. Es entspreche nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht dem Sinn und Zweck des allgemeinen Gleichheitssatzes „[. . .] strafwürdige und damit zu Recht mit Strafe bedrohte Handlungen deswegen straffrei zu lassen, weil bestimmte andere, möglicherweise gleich zu bewertende Verhaltensweisen von der Strafvorschrift nicht erfasst werden“.118 Zudem existiert grundsätzlich kein Anspruch auf die Ausdehnung einer rechtwidrigen Regelung.119 Dem steht nicht entgegen, dass auch der Gesetzgeber bei dem Erlass von (Straf-)Normen an den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gebunden ist (Art. 3

112 Dazu und zum Folgenden Hufen, Grundrechte, Art. 39 Rn. 18; Pieroth/Schlink/ Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 515 ff. Zu Gleichheitsverstößen im Bereich der Verwaltung und der Rechtsprechung ausführlich Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 529 ff. 113 Ausführlich zur ständigen Praxis Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 130 ff. 114 Zu Besonderheiten bei ungleich vorenthaltenen Begünstigungen und auferlegten Belastungen siehe Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 520 ff. 115 Dazu und zum Folgenden Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 46 ff., 213. Zu dem Grundsatz „Keine Gleichheit im Unrecht“ siehe u. a. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 3 Rn. 274 ff.; krit. Sachs, in: FS Friauf, S. 309 (320 ff.); Heger, ZIS 2011, 402 (403 ff.). Mit Bezug auf gleichheitswidriges Verwaltungshandeln Sachs, in: Stern, Staatsrechts IV/2, S. 1591 ff. Zur Entwicklung der Gleichheit im Strafrecht grundlegend Reulecke, Gleichheit und Strafrecht im deutschen Naturrecht des 18. und 19. Jahrhunderts passim. 116 BVerfGE 9, 213 (223); 105, 252 (279). 117 BVerfGE 50, 142 (166). 118 BVerfGE 50, 142 (166). 119 Die Annahme „keine Gleichheit im Unrecht“ ist insoweit missverständlich, als etwa bei Fällen der Rückforderung rechtswidrig erlangter Subventionen Ausnahmen zu verzeichnen sind, BVerfGE 78, 249 (287).

34 A. Verfassungsrechtliche Grundlagen und Konzept der personalen Straftatlehre

Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 3 GG). Im Gegenteil: Der verfassungsrechtliche Auftrag zur „Gleichheit des Gesetzes“ trägt dazu bei, etwaige Lücken im Gesetz schon von Vornherein zu schließen und damit entsprechende Einwände wegen ungleicher Behandlung durch Straftäter zu entkräften. Zwar unterliegt es auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG der gesetzgeberischen Gestaltung, (neue) Tatbestände mit bestimmten Differenzierungen frei zu bilden.120 Es ist aber zu bedenken, dass das bestehende Recht mit Blick auf die fortschreitenden Entwicklungen im Bereich der Technik, nicht einer ständigen Vollständigkeitsprüfung unterzogen werden kann, um etwaige Lücken zu erkennen. Um dem Gedanken der Rechtssetzungsgleichheit Rechnung zu tragen, bedarf es daher flexibel gestalteter, gleichzeitig aber hinreichend konkreter Regelungsinstitute. Mittels solcher Techniken erscheint es geradezu geboten, Handlungen eines vergleichbaren Unrechtsgehalts auch identisch zu ahnden. Der „bewusste Verzicht“ auf eine Strafandrohung unrechtsidentischen Verhaltens wirkt sachwidrig. Dies gilt im Besonderen für die hier im Mittelpunkt stehenden Strafrahmenverschärfungen. d) Gleichheitsaspekte bei Strafschärfungen Auf ein Verhalten, welches zwar nicht dem Wortlaut, zweifelsfrei aber dem Unrechtsgehalt einer bereits normierten Strafrahmenverschiebung entspricht, muss unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes eigentlich identisch reagiert werden. De lege lata ist dies angesichts unterschiedlicher Rechtstechniken indessen nicht immer möglich. Unter dem Gleichheitsaspekt fallen insbesondere bei Strafrahmenänderungen in Form von Qualifikationstatbeständen nicht unerhebliche Lücken auf. So dürfte etwa die Überwindung eines elektronischen Türschlosses (welches z. B. durch den Abgleich eines Fingerabdrucks zu öffnen ist) mittels künstlich erzeugter Signale nach dem Wortlaut streng genommen nicht mehr als das „Eindringen mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug“ i. S. d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 gewertet werden. Dass der Unrechtsgehalt dieses Falles mit dem des Einbruchs mittels eines herkömmlichen Schlüssels zweifelsfrei identisch ist, ändert an dieser Lücke nichts: Für den Einbruch durch Überwindung eines elektronischen Türschlosses kommt (lediglich) eine Bestrafung nach § 242 Abs. 1, nicht aber wegen qualifiziert begangenen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 in Betracht. Es bleibt bei der Anwendung des wesentlich geringeren Regelstrafrahmens. Zwar besteht praktisch die Möglichkeit, diesem Umstand immerhin strafzumessungsrechtlich Geltung zu verleihen. Diese „Korrektur“ läuft hingegen dem Gedanken einer angemessenen Rechtsfolgenbestimmung innerhalb eines stimmigen Strafrechtssystems zuwider.

120 Heun, in: Dreier, Art. 3 Rn. 91; BVerfGE 50, 142 (162 ff.); 4, 352 (355 ff.); 22, 322 (329); 41, 121 (124 ff.); 90, 145 (195 ff.).

II. Grundrechtsfunktionen und ihre Bedeutung für das materielle Strafrecht

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Eine der Regelung des § 244 Abs. 1 Nr. 3 nahezu entsprechende findet sich in § 243 Abs. 1 Nr. 1, die sich anders als der Wohnungseinbruchsdiebstahl auf den Einbruch in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum bezieht. Die Verwirklichungsform des Diebstahls durch Eindringen mittels eines falschen Schlüssels oder eines entsprechenden Werkzeugs ist gleich. Bemerkenswert ist, dass der mithilfe der Regelbeispielsmethode offen formulierte § 243 – anders als § 244 – grundsätzlich gleichgelagerte Fälle durch die Feststellung eines unbenannten besonders schweren Falls erfassen kann. Der geschilderte Fall des Einbruchs mittels Überwindung eines elektronischen Türschlosses unterfiele aufgrund des nicht zu unterscheidenden Unrechtsgehalts damit § 243. Bei der Systematik der Diebstahlsregelungen erscheint die Nutzung unterschiedlicher Regelungstechniken daher nicht selten willkürlich. Diese führt – nicht zuletzt unter dem Aspekt der Gleichheit – zu sachwidrigen Ergebnissen. Das entstehende Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Rechtssetzungsgleichheit und dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts als Konsequenz des Gesetzlichkeitsgrundsatzes wird an späterer Stelle näher analysiert.121 3. Zwischenfazit Dass der Staat bei der Wahrnehmung seiner schützenden Rolle verfassungsrechtlichen Schutzpflichten unterliegt, ist weitgehend anerkannt. Im Hinblick auf das „Wie“ des Schutzes besteht jedoch ein beträchtlicher Spielraum. Dieser wird grundsätzlich durch das Untermaßverbot als Mindeststandard staatlichen Schutzes sowie durch das auf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz basierende Übermaßverbot begrenzt. Räumt der Gesetzgeber einem Rechtsgut Schutz eines gewissen Umfangs durch eine bestimmte Maßnahme ein, ist fraglich, ob er hinter der Erfüllung seiner Schutzpflicht zurückbleibt, wenn er einen identischen rechtsgutsgefährdenden Umstand nicht mit der gleichen Maßnahme versieht. Eine Missachtung der staatlichen Schutzpflicht kann etwa vorliegen, wenn ein bestimmtes Verhalten mit Strafe bedroht ist, ein anderes – vor allem unter Unrechtsaspekten – gleichgelagertes jedoch nicht. Dies mutet nicht allein unter dem Blickwinkel rechtlicher Schutzpflichten sachwidrig an, sondern vor allem auch unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes. Nach Art. 3 Abs. 1 GG ist (wesentlich) Gleiches gleich, (wesentlich) Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet alle Träger hoheitlicher Gewalt und zielt ab auf eine umfassende Rechtsanwendungs- (Gleichheit vor dem Gesetz) und Rechtssetzungsgleichheit (Gleichheit des Gesetzes). Letztere bindet den Gesetzgeber, Gesetze zu schaffen, deren Inhalt dem Prinzip der Gleichheit entspricht. Dem Gebot zur Rechtssetzungsgleichheit steht auch nicht der viel diskutierte Grundsatz „Keine Gleichheit 121

Dazu siehe A. IV. 5.

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im Unrecht“ entgegen. Zwar unterliegt es auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG der gesetzgeberischen Gestaltung, (neue) Tatbestände mit bestimmten Differenzierungen frei zu bilden. Es ist aber zu bedenken, dass das bestehende Recht mit Blick auf die fortschreitenden Entwicklungen im Bereich der Technik keiner ständigen Vollständigkeitsprüfung unterzogen werden kann, um etwaige Lücken zu erkennen. Um dem Gedanken der Rechtssetzungsgleichheit Rechnung zu tragen, bedarf es daher flexibel gestalteter, gleichzeitig aber hinreichend konkreter Regelungsformen. Dies gilt im Besonderen für die hier im Mittelpunkt stehenden Strafrahmenverschärfungen.

III. Notwendige Kriterien der materiellen Legitimation: Strafrecht als Ausprägung des öffentlichen Rechts Die Gesetzgebungskompetenz allein gibt noch keinen Aufschluss über die Frage, welches Verhalten zulässigerweise unter Strafe zu stellen ist. Dieser Fragestellung kann nur nachgegangen werden, wenn das Strafrecht in seiner charakteristischen Einbettung in das Öffentliche Recht122 und seiner Konformität mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen beleuchtet wird. Das Strafrecht beruht als Öffentliches Recht i. e. S. auf der Unterordnung des Bürgers unter die Staatsgewalt. Aufgrund dieser spezifischen Stellung des Einzelnen im und zum Staat müssen dieselben Legitimationsbedingungen, die bei Rechtseingriffen im Allgemeinen zu beachten sind, auch bei der Schaffung von Strafgesetzen eingehalten werden.123 Strafrechtliche Bestimmungen sind in diesem Sinne nur unter Beachtung der staatlichen Schutzaufgaben, im Besonderen der Sicherung der individuellen Daseins- und Entfaltungsfreiheit, zulässig. Ebenso wie bereits das Aufstellen verhaltensdiktierender Ge- und Verbote (Verhaltensnormen) ist gerade auch die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion nach einem Verhaltensnormverstoß als besonders eingriffsintensiv zu bewerten.124 Diese Eingriffe in grundrechtlich verbürgte Schutzgüter müssen immer verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Die Benennung der Legitimationsbedingungen für die Schaffung von Verhaltens- und Sanktionsnormen im formellen und materiellen Strafrecht unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist als Grund122 Die allgemein anerkannte Kategorisierung der Rechtsgebiete in Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht ist allein auf die essentielle Bedeutung des Strafrechts als Spezialgebiet des Öffentlichen Rechts sowie auf Gründe der Tradition zurückzuführen; Roxin, AT I, § 1 Rn. 5. 123 Zu den Legitimationsbedingungen staatlicher Eingriffe BVerfGE 45, 187 (253 f.); Appel, Verfassung und Strafe, S. 19; Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 77 ff., 139 ff., Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 138 ff., 275 ff.; Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, Vor § 1 Rn. 1 ff.; Sax, in: Die Grundrechte III/2., S. 909 ff.; Vogel, StV 1996, 110 ff.; Eser/Hecker, in: Schönke/ Schröder, StGB, Vorbem. § 1 Rn. 30 ff. 124 So auch Appel, Verfassung und Strafe, S. 27 f.

III. Notwendige Kriterien der materiellen Legitimation

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gerüst für die nachfolgenden spezifischen Untersuchungen dieser Arbeit zu betrachten und damit von besonderer Bedeutung. 1. Inhalt und Aufgabe von Strafe Welcher Sinn und Zweck dem Strafrecht gegenüber dem Bestraften und/oder der Allgemeinheit zukommt, ist seit jeher125 ein rechtsdogmatisches Problem und führt bis heute zu unterschiedlichen Ausgestaltungen der Straftheorien. Die nachfolgenden Darstellungen zu den dominanten Meinungsströmen beschränken sich angesichts der bereits breiten Aufarbeitung im Schrifttum lediglich auf eine kurze kritische Würdigung. In diesem Zusammenhang wird zum Teil übersehen, dass die Aufgabe der konkreten Strafvorschriften mit der Aufgabe der Verhängung und auch der Vollstreckung der Strafe harmonieren muss, um zu einem insgesamt stimmigen System zu gelangen.126 Das Strafrecht in seiner Gesamtheit befasst sich indes nicht lediglich mit dem materiellen Strafrecht. Die Notwendigkeit einer Legitimation ist ebenso wie im Straftatrecht und im Strafzumessungsrecht auch im Strafprozessrecht als dem eigentlichen Anwendungsfeld des Strafrechts gleichermaßen gegeben. Die Frage, welches Verhalten der Staat mit Strafe bedrohen darf, ist demnach mit derjenigen verknüpft, in welcher konkreten Form die Strafe greift, um die Funktion des Strafrechts in angemessener Weise zu erfüllen. a) Zweckfreie Strafe Die ihrerseits von Kant127 und Hegel128 vertretenen Spielarten129 einer von jeglichem zukünftigen (sozialen) Nutzen losgelösten – und deshalb „absoluten“ – 125 Zur Geschichte der verschiedenen Straftheorien etwa v. Hippel, Deutsches Strafrecht I, 459 ff. 126 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1995, 4 (5); ausführlich zur Legitimation des gesamten Strafrechtssystems insbesondere ders., AT, § 1, 2. 127 Kant bot ein bemerkenswertes Beispiel für die strenge Anwendung der sog. Vergeltungstheorie: „Selbst wenn sich die bürgerliche Gesellschaft mit aller Glieder Einstimmung auflösete (z. B. das eine Insel bewohnende Volk beschlösse, auseinander zu gehen und sich in alle Welt zu zerstreuen), müsste der letzte im Gefängnis befindliche Mörder vorher hingerichtet werden, damit jedermann widerfahre, was seine Taten wert sind, und die Blutschuld nicht auf dem Volke hafte, das auf diese Bestrafung nicht gedrungen hat, weil es als Teilnehmer an dieser öffentlichen Verletzung der Gerechtigkeit betrachtet werden kann“, Kant, MS, S. 229. 128 Auch Wilhelm Friedrich Hegel führte weiter aus, dass die Rechtsordnung den allgemeinen Volkswillen repräsentieren muss, d.h. im Fall einer Normübertretung ist die zu verhängende Strafe als Negation des nicht gesetzeskonformen Verhaltens des Normbrüchigen zu sehen, durch die die Geltung der Rechtsordnung wiederhergestellt werden soll. Vgl. Joecks, in: MünchKommStGB, Einl., Rn. 52; Jescheck/Weigend, AT, § 8 III 2. 129 Entsprechend der „Sühnetheorie“ – als weiterem Schulbeispiel für die Anerkennung einer absoluten Strafe – soll dem Täter eine Versöhnung mit sich selbst sowie mit der durch ihn verletzten Rechtsordnung gelingen: Die Bestrafung wird einer Sühneleis-

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straftheoretischen Begründung130 sind angesichts der heutigen verfassungsrechtlichen Grenzen bei staatlichen Rechtseingriffen undenkbar. Schuldausgleich um seiner selbst willen kann nicht die Aufgabe von Strafe sein.131 Die These, Strafe auf Nützlichkeitserwägungen zu stützen, degradiere den Menschen zum Objekt, ist keinesfalls überzeugend. Staatliche Maßnahmen, die der (Rechtsgüter-) Schutzaufgabe und zugleich verfassungslegitimen Zwecken dienen, werden der Bedeutung der Menschenwürde – im Gegensatz zu einem repressiven Unrechtsund Schuldausgleich – in vollem Umfang gerecht. Der Grundgedanke einer absoluten Strafe besitzt allerdings einen berechtigten Kern, sofern man die geforderte Vergeltung als angemessene Reaktion auf einen begangenen Verhaltensnormverstoß in einem zweckrational orientierten Strafrechtssystem versteht.132 b) Zweckrational orientierte Legitimation von Strafnormen Ein legitimes Strafrecht ist damit ausschließlich in Relation zu bestimmten Schutzzwecken133 möglich und gelingt nur auf der Basis des Rechtsgüterschutzes.134 Die hoheitliche Aufgabe, Rechtsgüter135 des Einzelnen und der Allgemeinheit zu schützen, gelingt indessen durch den Einsatz von Strafe lediglich tung gleichgesetzt, durch die sich der Schuldige von seiner Schuld zu lösen versucht und wieder in den Vollbesitz seiner „geistigen Würde“ gelangt. Vgl. Kaufmann, JZ 1967, 553 (556); Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 1 Rn. 10. 130 Einen Überblick geben etwa Radtke, in: MünchKommStGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 33; Jescheck/Weigend, § 8 III 3; Calliess, NJW 1989, 1338 (1339 ff.). 131 Insbesondere BGHSt 24, 40 (42); sowie statt vieler Zippelius, Rechtsphilosophie, § 37, S. 200; Joecks, in: MünchKommStGB, Einl. Rn. 54. Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 1 Rn. 3 ff.; Bruns, Neues Strafzumessungsrecht, S. 25 f. 132 Vgl. auch Timm, Gesinnung und Straftat, S. 52 ff., 58 ff., die in der Strafe die geltungssichernde und ausgleichende Ahndung des Verhaltensnormverstoßes erblickt. 133 Dementsprechend ist lediglich eine Legitimation anhand einer „relativen Theorie“ zulässig, die den Zweck der Strafe in der Verhütung zukünftiger Straftaten erblickt. In diesem Sinne zutreffend BGHSt 24, 40 (42); Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, Vor § 1 Rn. 1 ff.; jeweils m.w. N. Genauer zur Unterscheidung von General- und Spezialprävention etwa Zippelius, Rechtsphilosophie, § 37 I. Zur neuesten Strafzweckdiskussion Roxin, GA 2015, 185 ff. 134 Freund, AT, § 1 Rn. 2; ders., Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 82 f.; ders., GA 2010, 193 (194 f.); Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 47 ff.; Gropp, AT, § 1 Rn. 149 ff.; Heinrich, AT, Rn. 3 ff.; Jakobs, AT, 2. Abschn. Rn. 7; Meyer, Gefährlichkeitsdelikte, S. 18 ff.; Roxin, AT I, § 2 Rn. 1 ff.; Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, Vor § 1 Rn. 3; Roxin, ZStW 116 (2004), 929 (929 f.); Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 24 f.; Konze, Die Jugendstrafe, S. 14 f. Zum Rechtsgüterschutz als teleologischer und kriminalpolitischer Maßstab Roxin, AL 2012, 237 ff. 135 Näheres zum Rechtsgutsbegriff unten A. III.; vgl. Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 5 ff.; Freund, in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 45 ff.; Jakobs, AT, 2. Abschn. Rn. 7 ff.; Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 137 ff.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 21 ff., 138 ff.; Meyer, Gefährlichkeitsdelikte, S. 120 ff.; Renzikowski, ARSP-Beiheft 104 (2005), 115 (119 ff.); Roxin, AT I, § 2 Rn. 2 ff.; Stratenwerth, in: FS Lenckner, S. 377 ff.

III. Notwendige Kriterien der materiellen Legitimation

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mittelbar. Diese setzt erst zu dem Zeitpunkt an, zu dem die Rechtsgutsgefährdung oder -verletzung durch den Täter bereits vorgenommen wurde. Das konkret verletzte Rechtsgut ist nicht mehr zu retten. Beispielhaft zeigt sich dieser Umstand bei den Verletzungsdelikten: So führt jede noch so harte Bestrafung des Mörders nicht dazu, dass das Opfer wieder lebendig wird. Weder die in Scherben zersplitterte Vase noch das ausgebrannte Auto werden durch die Bestrafung des Täters ihre ursprüngliche Form zurückerlangen. Die geschehene Beeinträchtigung bleibt trotz Strafe bestehen. Im Rahmen einer straftheoretischen Würdigung folgt daraus, dass das eigentliche Ziel des Rechtsgüterschutzes für das konkret betroffene Interesse nicht mehr erreicht werden kann. Das zentrale Kriterium des Rechtsgüterschutzes stößt an Grenzen. Da dieser ausschließlich für die Zukunft gewährleistet werden kann, bringt der Einsatz von Strafe mithin bloß sekundären Schutz.136 Wenn der Rechtsgüterschutz das maßgebliche Ziel des Einsatzes von Strafe sein soll, muss zu dessen Legitimierbarkeit eine Unterscheidung grundlegender Normkategorien erfolgen.137 2. Das Normenkonzept: Verschiedene Rechtsgüterschutzzwecke der Verhaltens- und Sanktionsnorm a) Die Funktion der Verhaltensnorm Ein unmittelbarer Rechtsgüterschutz ist lediglich durch die Unterbindung gütergefährdender und/oder -schädigender Verhaltensweisen denkbar.138 Die für den Rechtsgüterschutz erforderliche Vermeidung solcher Verhaltensweisen des Individuums kann lediglich durch die Schaffung von Ge- und Verboten erreicht werden. Werden die aufgestellten Verhaltensnormen von ihren Adressaten durch entsprechendes Tun oder Unterlassen befolgt, wird ein direkter Rechtsgüterschutz bewirkt. Auf diese Weise gewährleistet beispielsweise das von den §§ 211 ff. konkret in Bezug genommene Verbot „Du sollst nicht töten!“ dem in Rede stehenden Rechtsgut Leben einen unmittelbaren Schutz. Wenn – rein fiktiv – die aufgestellten Verhaltensnormen als vom Recht übernommene gesellschaftliche 136 Freund, AT, § 1 Rn. 6; ders., Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 81 f.; ders., in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 66, ders., GA 2010, 193 (195 f.). 137 Zur Unterscheidung von Verhaltens- und Sanktionsnormen und zum Folgenden Bentham, Of Laws in General, S. 133 ff.; Binding, Handbuch des Strafrechts, S. 155 ff.; Freund, AT, § 1 Rn. 5 ff.; ders., Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 51 ff., 112 f.; ders., in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 69, ders., GA 1995, 4 (6 ff.); ders., GA 2010, 193 (195 f.); Freund, in: Straftat, S. 43 (46 f.); Frisch, Tatbestandmäßiges Verhalten, S. 77 ff., 356 ff.; ders., in: FS Stree/Wessels, S. 69 (82 ff.); Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 132 ff.; Otto, Jura 1995, 468 (471); Renzikowski, ARSP-Beiheft 104 (2005), 115, 116 ff.; ders., in: FS Gössel, S. 3 ff. 138 Freund, AT, § 2 Rn. 5 ff.; ders., Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 81 f.; ders., in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 67; ders., GA 2010, 193 (195 f.); ders., in: Freund/Wolter, Straftat, 43 (48).

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Regeln akzeptiert und (immer!) befolgt werden würden, bedürfte es konsequenterweise keinerlei korrespondierender Strafbewehrungen. Die Wirksamkeit der begründeten Verhaltensnorm folgt aus dem Verhalten des entsprechend motivierten Normadressaten; weiterer rechtlicher Zwang in Form einer Sanktionsnorm wird nicht benötigt. b) Die Funktion der Sanktionsnorm aa) Grundsätzliches Der Verstoß gegen eine rechtlich legitimierte Verhaltensnorm ist die Grundvoraussetzung für das Eingreifen einer Sanktionsnorm.139 Diese versieht die – von ihr vorausgesetzte – Verhaltensnorm mit einer Strafandrohung. Vom Zeitpunkt der täterlichen Zuwiderhandlung an greift das Strafgesetz und löst als angemessene Reaktion bestimmte Rechtsfolgen aus. Der Strafrichter formuliert den Schuldspruch und verhängt gegebenenfalls eine Strafe. Bei einer fortwährenden Befolgung der primären Normenordnung des rechtlich richtigen Verhaltens wäre eine gleichwohl erfolgende Bestrafung nicht nur funktionslos, sondern geradezu dysfunktional.140 Die entsprechende Sekundärfunktion der Sanktionsvorschriften verleiht dem Strafrecht daher einen akzessorischen Charakter. Ein unmittelbarer Schutz der jeweiligen Rechtsgüter – wie ihn Verhaltensnormen bewirken – kann durch Sanktionsnormen nicht mehr erreicht werden. So fällt der Blick auf ein weiteres schützenswertes Interesse, das gerade durch das Institut der strafrechtlichen Sanktion erhalten werden kann und muss: Die Verhaltensnormgeltung wird mit der Verwirklichung der Straftat vom Normbrüchigen in Frage gestellt. Gleichzeitig maßt sich dieser an, seinen eigenen Verhaltensmaximen Geltung zu verleihen. Daraus entsteht eine Gefahr für die Normgeltung. Um einem potentiell entstehenden Normenverfall vorzubeugen, muss der Negation des legitimierten Norminhalts durch den Täter widersprochen werden. Die Sanktionsnorm bewahrt damit die Geltungskraft der Verhaltensnorm und stellt in dieser Hinsicht den Status ante delictum wieder her. Das Rechtsgut der übertretenen Verhaltensnorm, etwa das Leben, wird durch die Sanktionsnorm (lediglich) in mittelbarer Weise geschützt. Schuldspruch und Strafe gelten damit als die staatliche Antwort auf Normgeltungsbeeinträchtigungen durch den Bürger. Dem Verhalten des Normbrüchigen wird mit dem Instrument der Strafe entgegengetreten, um die Gefahr eines Normgeltungsschadens zu bannen. Die spe139 Zum Folgenden Freund, AT, Rn. 7 ff.; ders., Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 81 f.; Freund, in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 66, ders., GA 2010, 193 (195 f.); ders., in: Freund/Wolter, Straftat, S. 43 (48); ders., in: FS Frisch, S. 677 (680 f.). 140 Zur Bedeutung des Schuldspruchs als primärer Rechtsfolge Freund/Rostalski, JZ 2015, 164 ff.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 533.

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zifische Aufgabe der Strafvorschriften ist die Wiederherstellung des gestörten Rechtsfriedens durch die angemessen missbilligende Reaktion auf den begangenen Verhaltensnormverstoß. Nach einem in der Rechtswelt nicht selten auftretenden Konditionalprogramm weisen die Institute der korrespondierenden Verhaltens- und Sanktionsnormen eine „Wenn-dann-Struktur“ auf:141 Wenn ein bestimmter Verhaltensnormverstoß vorliegt, dann greift (u. U. bei Erfüllung weiterer Bedingungen) die entsprechende Sanktionsnorm mit ihrer spezifischen Rechtsfolge.142 Sodann folgen der Schuldspruch und der Strafausspruch. Deren spezifische Aufgaben sollen vor dem normentheoretischen Hintergrund an dieser Stelle zunächst kurz skizziert werden. bb) Die Aufgabe des Schuldspruchs Der Schuldspruch verkörpert die eindeutige Bestimmung des spezifischen Fehlverhaltens des Täters etwa als Tötungs-, Körperverletzungs- oder Sachbeschädigungsverhalten. Der Urteilsspruch beantwortet die Infragestellung der übertretenen Norm durch den Delinquenten. Durch die – möglichst präzise – Kennzeichnung des verwirklichten Unrechts kann das Ziel der Rechtsbestätigung als Legitimationsgrund von Strafe erreicht und der gestörte Rechtsfrieden wiederhergestellt werden.143 Es gilt – sowohl dem Normbrüchigen selbst als auch allen übrigen potentiellen Normadressaten – zu zeigen, dass man sich so wie der Normbrüchige nicht verhalten darf und dass im Falle eines solchen Verhaltens Konsequenzen folgen. Mit Hilfe des Schuldspruchs als angemessener Antwort wird der Infragestellung der Normgeltung entgegengetreten. Die hierdurch zustande kommende Zurechtweisung als rechtlicher Tadel der Person gleicht die durch den Normverstoß verursachte Rechtsverletzung aus und stellt damit den beeinträchtigten Rechtsfrieden wieder her.144 Der Schuldspruch muss als Vorwurf eines konkreten Fehlverhaltens wegen der in Rede stehenden Tat immer sachlich berechtigt sein. Ein rechtlich grundsätzlich 141 Dazu Freund, AT, § 1 Rn. 27; zum Tatbestand als „Wenn-Komponente“ vor dem Hintergrund eines Tatbestandsbegriffs im rechtstheoretischen Sinne Tsai, Zur Problematik der Tatbestandsalternativen, S. 113 ff.; zur Methodenlehre und dem Begriff der Abwägung Rückert, JZ 2011, 913 ff. 142 Auf einem anderen Blatt steht, dass es zur Umsetzung dieses materiell strafrechtlichen Programms eines förmlichen Strafverfahrens bedarf und es in vielen Fällen zur Anordnung der Rechtsfolge de facto nicht kommt – etwa weil die Tat unentdeckt bleibt. 143 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (512). Zur Notwendigkeit der Kennzeichnung des verwirklichten Unrechts im Schuldspruch BGHSt 27, 287 (289); Brehmeier-Metz, in: Dölling/Duttge/Rössner, Gesamtes Strafrecht, § 260 Rn. 6 StPO; Pfeiffer, StPO, § 260 Rn. 10 ff.; Montenbruck, Abwägung und Umwertung, S. 29 f. Zur Notwendigkeit eines präzisen Schuldspruchs mit Blick auf die Wahlfeststellung Freund/ Rostalski, JZ 2015, 164 ff. 144 Freund, GA 1995, 4 (7 f.); 1999, 509 (512); ders., in: Straftat, S. 43 (49).

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oder ausnahmsweise nicht zu beanstandendes Verhalten darf nicht bestraft werden, selbst wenn es eine Güterschädigung bewirkt haben sollte. Eine sachliche Berechtigung ergibt sich nur, wenn das Verhalten i. S. eines bestimmten Straftatbestandes als entsprechendes Fehlverhalten rechtlich zu missbilligen ist. Das fehlerhafte Verhalten ist als solches nicht durch die entsprechende Strafnorm bedingt. Es wird vielmehr als spezifisches Verhaltensunrecht von der Sanktionsnorm als vorhanden vorausgesetzt.145 Das bedeutet, dass etwa die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache nicht wegen der Erfüllung des § 242 Abs. 1 unrechtmäßig ist; vielmehr kann umgekehrt der Tatbestand nur bei (grundsätzlicher) Unrechtmäßigkeit des Verhaltens erfüllt sein.146 Die „im Tatbestand“ üblicherweise vorgenommene Beurteilung der grundsätzlichen Unrechtmäßigkeit geschieht allerdings unter Vorbehalt. Die strafrechtliche Reaktion erfordert letztlich einen rechtswidrigen und hinreichend schuldhaften Verhaltensnormverstoß. Die Bestrafung eines gerechtfertigten oder eines zwar tatbestandsmäßig-rechtswidrigen, jedoch nicht hinreichend schuldhaft begangenen Verhaltens verstieße nicht nur gegen das Schuldprinzip, sondern wäre unsinnig.147 cc) Die Aufgabe des Strafausspruchs In Anknüpfung an den Schuldspruch manifestiert auch der Strafausspruch als weitere Rechtsfolge den Widerspruch zu dem begangenen Verhaltensnormverstoß; gleichermaßen dient er der Sicherstellung des Rechtsfriedens.148 Die Bereiche der Strafrechtsdogmatik und der Strafzumessungslehre sind somit aufeinander abgestimmt und tatsächlich eng miteinander verknüpft.149 Das anhand der Bejahung einer Strafbarkeit „gemessene“ Unrecht soll auf der Rechtsfolgenseite mit dem Instrument der Strafe spiegelbildlich ausgeglichen werden. Bei der Strafzumessung wird in erster Linie eine quantitative Einstufung der Tat entsprechend dem Grad des vorhandenen personalen Verhaltensunrechts (sowie dessen Folgen) vorgenommen. Denn die Art und die Höhe der Strafe sind für die genaue Kennzeichnung dieses spezifischen Unrechts notwendig. Lediglich auf diese Weise kann angemessen auf den begangenen Verhaltensnormverstoß reagiert und Akzeptanz beim Täter und der Allgemeinheit erreicht werden.150 145

Freund, AT, § 1 Rn. 32. Freund, AT, § 1 Rn. 32. 147 Freund, GA 1999, 509 (510). 148 Zum Ganzen insbesondere Freund, GA 1999, 509 (513 ff.); Freund, in: Straftat, S. 43 (50 f.). 149 Zum engen Zusammenhang zwischen Strafrechtsdogmatik und Strafzumessung insgesamt Frisch, ZStW 99 (1987), 349 ff., 794 ff.; ders., in: 140 Jahre GA, S. 1 ff.; Volk, ZStW 97 (1985), 871 (902); Hettinger, Das Doppelverwertungsverbot, S. 111 ff. 150 Zur Notwendigkeit der Akzeptanz von Rechtsfolgen siehe Zippelius, Rechtsphilosophie, § 11 III 3b, § 18 I 4, §§ 20–21; Lüderssen, in: Hauptprobleme der Generalprävention, S. 54 (57 f.). 146

III. Notwendige Kriterien der materiellen Legitimation

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Insoweit findet auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Berücksichtigung, der die öffentliche Gewalt verpflichtet, (wesentlich) gleiche Fälle – auch mit Blick auf die zu verhängende Strafe – gleich zu behandeln.151 Diesem Gedanken entspringt auch die Abstufung der Strafrahmen abhängig vom Schweregrad der Tat, d.h. dem Gewicht des Normbruchs (sowie dessen Folgen) bzw. dem Maß des verwirklichten Unrechts.152 Der Strafrahmen des Diebstahls bleibt daher beispielsweise hinter dem des „gewichtigeren“ Raubes zurück, genauso wie die Strafrahmen der Körperverletzungsdelikte hinter denen der Tötungsdelikte zurückbleiben. Modifikationen des Allgemeinen Teils finden ebenfalls Berücksichtigung, sodass etwa im Fall der Beihilfe eine strafzumessungsrechtliche Abstufung stattfindet, die der Relation der Beihilfetat zu der entsprechenden täterschaftlichen gerecht wird. Eine Differenzierung wird zunächst durch die Unterscheidung unterschiedlicher Strafarten und -höhen vorgenommen.153 Die Wahl orientiert sich an dem spezifischen rechtlichen Vorwurf, der gegenüber dem Täter erhoben wird. Die nach geltendem Recht schwerste Strafe ist die lebenslange Freiheitsstrafe, die zwingend im Fall von Mord oder Völkermord zu verhängen ist. Darunter sind zunächst die zeitige Freiheitsstrafe und die Geldstrafe zu verorten. Die grundsätzliche Erweiterbarkeit „nach unten“ mit Hilfe der Regelungen zur Verfahrenseinstellung i. S. v. §§ 153a, 153 StPO ermöglicht auch eine strafrechtliche Reaktion bei einem verhältnismäßig geringen Normverstoß. Weitere Optionen sind die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Zudem setzt das Ordnungswidrigkeitenrecht als eine Art Strafrecht im Kleinformat den Abstufungsgedanken weiter um.154 3. Die Vorfrage der Verhaltensnormlegitimation Nach dem Dargelegten ist zu klären, welche Kriterien bei der Schaffung von Verhaltens- und Sanktionsnormen zu beachten sind.155 Bevor über die Strafbarkeit eines Verhaltens nachgedacht werden kann, bedarf es der Beantwortung der (Vor-!)Frage nach der Legitimation einer Verhaltensnorm. Denn die Konkretisierung des Inhalts der schützenswerten Verhaltensnorm kann kein denkbares Straftatsystem leisten.156 Dem Strafrecht als solchem geht immer eine vorstrafrecht151 Zum Gedanken der Gleichbehandlung beim Vorgang der Strafzumessung siehe anschaulich Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, Teil 4/F, Rn. 868 ff. 152 So auch Freund, in: Straftat, S. 43 (50). 153 Vgl. überblicksartig Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, Teil 4/F, Rn. 1189 ff.; Meier, Strafrechtliche Sanktionen, Teil 3. 154 In diesem Sinne Roxin, AT I, § 2 Rn. 62. 155 Dazu und zum Folgenden ausführlich Freund, AT, § 1 Rn. 12 ff. 156 Vgl. Timm, Gesinnung und Straftat, S. 47 ff., 64.

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liche Bewertung voraus. Wie die auftretende Interessenskollision bei der Begründung von Verhaltensnormen angemessen aufgelöst werden kann, gilt es im Folgenden zu untersuchen. Erst wenn eine legitime Verhaltensnorm besteht, ist in einem zweiten Schritt nach der Legitimation der Sanktionsnorm zu fragen: Bedarf das durch die Verhaltensnorm geschützte Interesse auch strafrechtlichen Schutzes? Und – dies vorausgesetzt – welche spezielle Form des Schutzes ist angemessen? a) Die Rechtsgutstheorie und ihre kritische Potenz Die sogenannte Rechtsgutstheorie ist in Literatur und Rechtsprechung die Bezeichnung für eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Auffassungen, die darüber streiten, welches Interesse für die Schaffung einer (strafbewehrten) Verhaltensnorm als tauglich zu bewerten ist.157 So wird als taugliches Schutzgut etwa ein „rechtlich geschützter abstrakter Wert der Sozialordnung“ bezeichnet.158 Nicht allein die unscharfen Grenzen, die die Rechtsgutstheorie zeichnet, werden von der Literatur zu Recht kritisiert.159 Ebenso haben sich die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte nicht selten in zahlreichen Strafrechtsmodernisierungsversuchen unterschiedlichster Bereiche niedergeschlagen (z. B. im Arznei- und Betäubungsmittel-, Wirtschafts- und Umweltstrafrecht). Diese Masse an Reform(-versuchen) schürt geradezu die Skepsis, ob die Konturierung „allgemein gesellschaftlich schützenswerter Interessen“ einem modernen Strafrecht noch gerecht werden kann.160 Demgegenüber wäre der strafrechtlichen Dynamik mit einer rigiden Definition genauso wenig geholfen: Solche Interessen, die sich erst in neuerer Zeit (z. B. durch fortschreitende Technik) als potentiell schutzwürdige Rechtsgüter herauskristallisiert haben, fielen so – ungewollt – durch das Netz der Strafbarkeit. Der augenscheinliche Stillstand um die Entwicklung des Rechtsgutsbegriffs scheint von der in diesem Zusammenhang bedeutsamen Fragestellung abzulenken, wie sich das Strafrecht in seiner Gesamtheit legitimieren lässt.161 Natürlich ist die Bestimmung des Rechtsguts ein wesentlicher Teil, welcher sich aber – nicht mehr und nicht weniger – in die Untersuchung nach der Legitimation des gesamten Strafrechtssystems eingliedert. Von der Rechtsgutstheorie wird nur der Randbereich einer weiter reichenden Problematik behandelt. Um zu einem durch157 Zum Problem der Bestimmung des Rechtsguts Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 194 ff. 158 Jescheck/Weigend, AT, § 26 I 2. 159 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 205 ff.; Frisch, NStZ 2016, 16 (22 f.). 160 Wohlers/Seher, Die Rechtsgutstheorie, S. 39. Vgl. auch die Inzest-Entscheidung BVerfGE NJW 2008, 1137 ff. 161 Dazu Freund, in: Straftat, S. 43 ff.; ders., GA 1995, 4 (11 ff.).

III. Notwendige Kriterien der materiellen Legitimation

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weg stimmigen Konzept zu gelangen, ist jedoch die Legitimation von Verhaltensund Sanktionsnormen im „klassischen“ Strafrecht genauso wie die der Normen des Strafprozess- und Strafvollstreckungsrechts zu ergründen. Dazu ist die Rechtgutstheorie allein nicht im Stande. Aus verfassungsrechtlicher Sicht muss bei einer in grundrechtliche Schutzbereiche eingreifenden Norm eine – bestimmte Prüfaspekte umfassende – Verhältnismäßigkeitsprüfung162 vorgenommen werden. Dies muss konsequenterweise auch für die Legitimation von strafrechtlichen Normen gelten. b) Die Legitimation von Verhaltens- und Sanktionsnormen anhand des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aa) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Verhaltensnormlegitimation Für die Begründung einer Verhaltensnorm wird im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeit überprüft, ob ein dem Aufgabenbereich des Staates unterfallender legitimer – auf das Wohl des Einzelnen und/oder der Allgemeinheit gerichteter – Zweck vorliegt, zu dessen Erreichung die Verhaltensnorm als das eingesetzte Mittel geeignet, erforderlich und als Ergebnis einer Güterund Interessenabwägung angemessen erscheint.163 Die Verhaltensnormbegründung anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bietet ein zuverlässiges Konzept, um das legitime und mit den Mitteln des Strafrechts schützenswerte Interesse in den Blick zu nehmen. Durch das Zusammenspiel mit weiteren Voraussetzungen, insbesondere der anschließenden Abwägung der Kosten-NutzenRelation, wird automatisch eine Limitation der betreffenden Rechtsgüter geschaffen. Überwiegt der Nutzen, ist die Basis für eine Verhaltensnorm geschaffen. Damit korrespondiert ein hohes Maß an Flexibilität: denn das Ergebnis der Abwägung der Kosten- mit der Nutzenkomponente kann sich angesichts der Wandelbarkeit unserer Gesellschaft immer wieder ändern. In letzter Konsequenz rivalisieren immer (jedenfalls) die Handlungsfreiheit des einen Bürgers mit dem Schutz des jeweiligen Gutes des anderen Bürgers. Das Ergebnis einer jeden Abwägung bedeutet immer einen Vorteil für die eine Seite, gleichzeitig aber auch einen Nachteil für die andere. Es fällt auf, dass auch gewichtige Interessen wie das Leben keinen absoluten Schutz um jeden Preis genießen (können). Nicht erstrebenswert ist es daher, eine abstrakte Verhaltensordnung zu generieren. Sehr

162 Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit statt vieler Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 145 ff. m.w. N. Zur Bedeutung der Verhältnismäßigkeit im Strafrecht Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 193 ff. 163 Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 1 Rn. 17 ff.; ders., in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 27 ff., 163 ff.; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 64 ff. In diesem Sinne auch BVerfGE 90, 145 (184); Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 211 ff., 218 f.

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generelle Regelungen wie etwa: „Du sollst nicht töten!“, sind bei der Beurteilung eines Verhaltens mit Blick auf dessen rechtliche Missbilligung keine große Hilfe. Eine sich gegen Güter – etwa das Leben eines anderen Menschen – richtende Verhaltensweise kann lediglich unter bestimmten Voraussetzungen Gegenstand einer legitimen Verhaltensnorm sein. Anhand einer genauen Prüfung sind konkrete Verhaltensanforderungen zu entwickeln, die gerade in Bezug auf den Schutz des Lebens anderer zu befolgen sind. Erst bei Erfüllung dieser konkretisierenden Bedingungen kann ein abweichendes Verhalten entsprechend als missbilligt klassifiziert werden; erst dann ist ein entsprechender Verhaltensnormverstoß zu bejahen. Beispielhaft für den „lückenhaften“ Lebensschutz sind die sogenannten erlaubten Risiken im Bereich des (Straßen-)Verkehrs.164 Wer ausschließlich durch die verkehrsregelkonforme(!) Teilnahme am Verkehr die Gefahr schafft, Güter anderer zu beeinträchtigen, und diese sich etwa in einem Unfall und dem Tod eines anderen realisiert, verstößt gerade nicht gegen ein Tötungsverbot. In diesem Fall ist keine rechtlich legitimierte Verhaltensnorm tangiert. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, den (Straßen-)Verkehr im Rahmen bestimmter Verkehrsregeln zuzulassen und das übrig gebliebene (z. T. erhebliche!) Risiko zu tolerieren. Weiterhin liegt es nicht in staatlicher Hand, eine zu eigenverantwortlichem Handeln fähige Person vor sich selbst zu schützen. In Deutschland hat jeder Mensch das Recht, sich selbst zu gefährden, zu verletzen oder gar einen Suizid zu begehen.165 Die Untersagung von (Extrem-)Sportarten oder eines selbstschädigenden Lebenswandels ist dem Staat ebenfalls verwehrt. Kein Raum besteht zudem für ein Aufzwingen von gesellschaftlichen Moralvorstellungen.166 bb) Die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Die zu legitimierende Verhaltensnorm muss zur Erreichung des angestrebten legitimen Rechtsgüterschutzzwecks entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die folgenden Voraussetzungen erfüllen:167

164 Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 1 Rn. 17 ff.; ders., in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 27 ff., 156, 161 mit entsprechenden Beispielen. 165 Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang lediglich, unter welchen Voraussetzungen von einem freiverantwortlichen Handeln ausgegangen werden kann. Vgl. Freund, AT, § 5 Rn. 75. Zur Problematik der Sterbehilfe Freund/Timm, GA 2012, 491 ff. 166 Vgl. Timm, Gesinnung und Straftat, S. 215 ff. Kritisch gegenüber der Berücksichtigung von Gesinnungen bzw. des Vorlebens des Täters bei der Strafzumessung unten B. II. 2. a) cc). 167 Zu den Voraussetzungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausführlich Freund, in: Handbuch des Strafrechts, § 57 C. I. 1.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 289 ff.; Detterbeck, Öffentliches Rechts, Rn. 300 ff.; Stern, in: Stern, Staatsrecht III/2, S. 775 ff. jeweils m.w. N.

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(1) Geeignetheit Die Verhaltensnorm als in Rechte des Bürgers eingreifende Maßnahme muss zunächst geeignet sein, den legitimen Zweck zu erreichen – also das „Rechtsgut“ zu schützen. Ein staatliches Mittel ist grundsätzlich geeignet, wenn es zur Erreichung des gewünschten, legitimen Zwecks beitragen kann.168 Ungeeignet (und damit letztlich auch unverhältnismäßig) sind solche Mittel, die zur Erreichung des angestrebten Zwecks schlechthin (evident) untauglich sind.169 Irrelevant ist in diesem Rahmen, ob der Staat ein besseres, zur Zweckverfolgung effektiveres Mittel hätte wählen können.170 (2) Erforderlichkeit Die Maßnahme ist erforderlich, wenn sie nicht über das zur Verfolgung ihres Zwecks notwendige Maß hinausgeht. Die Erforderlichkeit ist zu verneinen, wenn ein anderes Mittel greifbar ist, das den Bürger weniger belastet, aber ebenso effektiv ist.171 In Relation zu einer potentiellen Alternativmaßnahme muss die sachliche Gleichwertigkeit zur Zweckerreichung eindeutig festgestellt werden.172 Berücksichtigung finden insbesondere die Eigenart und Intensität der Eingriffe, die Zahl der Betroffenen sowie belastende oder begünstigende Einwirkungen auf Dritte; zudem darf das mildere Alternativmittel auch die Allgemeinheit nicht stärker belasten.173 (3) Angemessenheit Schließlich muss das gewählte Mittel angemessen, d.h. verhältnismäßig i. e. S. sein. Dies ist der Fall, wenn bei einer Gesamtabwägung der Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumut-

168 BVerfGE 30, 292 (316); 33, 171 (187); 67, 157 (173); 96, 19 (23); 100, 313 (373); 103, 293 (307); Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 303; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 84. 169 BVerfGE 30, 250 (262 ff.); 55, 28 (30); 65, 116 (126). 170 Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 303. 171 BVerfGE 79, 179, (198); 100, 226 (241); 110, 1 (28); Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 304; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 84. Näher zur Bedeutung der Erforderlichkeit Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 71 f.; ders., Vorsatz und Risiko, S. 76 ff., 124 ff., 137 ff.; Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 55 ff., 73 ff. 172 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 Rn. 171; BVerfGE 25, 1 (20); 30, 292 (319); 100, 313 (375). 173 BVerfGE 113, 167 (259); Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 Rn. 171; Stern, in: Stern, Staatrecht, III/2, S. 780 ff. Eine höhere finanzielle Belastung, zu der das mildere Mittel führen könnte, ist anerkanntermaßen nicht zulässig, vgl. Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG Art. 20 Rn. 85, unter Verweis auf BVerfGE 77, 84 (113); 81, 70 (90 ff.); 116, 96 (127).

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barkeit gewahrt bleibt.174 Im Rahmen der Angemessenheit finden insbesondere die Art und Schwere des Grundrechtseingriffs verbunden mit der Intensität der Belastungen, die Anzahl der belasteten Grundrechtsträger, das verfolgte Interesse und der Nutzen für die Allgemeinheit Berücksichtigung.175 Im Zuge dessen kann eine Verhaltensnorm als angemessen bezeichnet werden, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Güter und Interessen im Ergebnis klar ein Gewinn zu verzeichnen ist.176 Dieser läge vor, wenn in diesem Rahmen der eindeutige Vorrang des zu schützenden Rechtsguts bestätigt werden könnte; sie wäre zu verneinen, wenn der Schutz eines Rechtsguts durch eine Verhaltensnorm mehr „kostet“ als es dem Zweck der Norm „nutzt“.177 Nur bei Beachtung dieser Kriterien kann die für die Wirksamkeit der Verhaltensnorm relevante Akzeptanz des Normadressaten erwartet werden.178 cc) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Legitimation der Sanktionsnorm Das Gesagte gilt ebenso für die materielle Begründung von Sanktionsnormen. Denn auch für sie gelten dieselben Anforderungen, die für Gesetze im Allgemeinen zu beachten sind.179 Während bei der Verhaltensnormbegründung unmittelbar auf den zu erreichenden Schutz des in Rede stehenden Rechtsguts abgestellt wird, ist hier die entsprechende Strafbewehrung zu dem im Fall des Normverstoßes zu erwartenden Normgeltungsschaden in Beziehung zu setzen. Je gravierender eine Störung des Rechtsfriedens aufgrund eines Verstoßes gegen eine Verhaltensnorm ausfällt, desto höher ist das durch Schuldspruch und Strafe zu befriedigende Reaktionsbedürfnis. Dabei kann es nicht darum gehen, eine bestimmte Rechtsfolge für einen bestimmten Fall aus dem Strafgesetz „ablesen“ zu können. Das Strafgesetz kann keine angemessene Strafzumessung für jeden denkbaren Fall leisten. Vielmehr ermöglicht es die Weite der Strafrahmen dem zuständigen Strafgericht nicht ohne Grund, eine dem verwirklichten personalen Verhaltens-

174 So etwa Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 307, unter Verweis auf BVerfGE 117, 163 (189); 115, 276 (309); 102, 197 (218); 96, 10 (23 ff.); 90, 145 (173); 81, 70 (90); 77, 84 (109, 111); Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 Rn. 184; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20 Rn. 86 jeweils m.w. N. 175 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20 Rn. 86 f. m.w. N. 176 Freund, AT, § 2 Rn. 20. 177 Pawlowski, Juristische Methodenlehre, Rn. 21 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 305 ff.; ferner Zippelius, Rechtsphilosophie, § 10 II. 178 Zur Bedeutung der Akzeptanz der Verhaltensnorm als Faktor für deren Wirksamkeit Freund, GA 1991, 387 (390 ff., 396 ff.) m.w. N. 179 Zur Doppelrelevanz des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Freund, in: Handbuch des Strafrechts, § 57 A. I. 2.; Frisch, GA 2015, 65 (76 f.). Insbesondere auch zum Problem des „Bagatellunrechts“ Freund, AT, § 2 Rn. 37, § 4 Rn. 86 a mit Fn. 110; ders., in: Straftat, S. 43 (48 ff.); Konze, Die Jugendstrafe, S. 13 f.

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unrecht (sowie dessen Folgen) entsprechende Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festzulegen. Nur so gelingt ein konsistentes System, das auch in der Lage ist, dem Gebot der Einzelfallgerechtigkeit Rechnung zu tragen. 4. Das Schuldprinzip als eingriffsbegrenzendes Kriterium Auch ohne eine ausdrückliche Verankerung im Grundgesetz wird dem Schuldprinzip verfassungsrechtlicher Rang zuerkannt.180 Andernorts wird es in anerkennender Form als „Verfassungsgewohnheitsrecht“ deklariert.181 Im Hinblick auf die Herleitung des Schuldprinzips finden sich unterschiedliche Ansätze.182 Zumeist wird das Schuldprinzip als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verstanden.183 Dem Schuldprinzip entsprechend ist eine Strafe lediglich dann zulässig, wenn sie als sozialethischer – genauer: als rechtlicher Tadel – gegenüber dem Täter berechtigt ist.184 Sofern ein solcher Vorwurf gegen eine Person erhoben wurde, die gerade kein bzw. ein wesentlich geringeres als ihr vorgeworfenes Unrecht verwirklicht hat, liegt somit ein Verstoß gegen das Schuldprinzip: „nulla poena sine culpa“ vor. Gegenüber dem 3-jährigen Jungen, der auf seinen Vater beim Spiel mit einer Waffe einen tödlichen Schuss abgibt, ist ein Schuldvorwurf mangels Schuldfähigkeit (§ 19) ebenso wenig berechtigt wie gegenüber dem geisteskranken und daher schuldunfähigen (§ 20) „Mörder“ (der in Wirklichkeit keiner ist!). Gleiches gilt für den Angeklagten, dessen schuldhafte Deliktsbegehung zwar sehr wahrscheinlich, aber nicht ordnungsgemäß nachweisbar ist; hier gilt: in dubio pro reo.185 Grundsätzlich orientieren sich Art und Höhe der Strafe spiegelbildlich am Maß der vorhandenen Schuld. Eine darüber hinaus gehende Berücksichtigung von Behandlungs-, Sicherungs- oder Abschreckungsinteressen, die vordergründig auch eine strengere Bestrafung begrüßenswert erscheinen lassen, fällt unter das Verbot schuldunangemessener Strafe.186 Dagegen wird von Teilen der Literatur eine Strafe, deren Maß hinter dem der Schuld angemessenen zurückbleibt, aus präventiven Gründen gestattet.187 Dies ist allerdings im Hin180

Grundlegend BVerfGE 20, 323 (331). Wolff, AöR 124 (1999), 55 (83 f.). 182 Einen Überblick gibt Roxin, AT I, § 3 Rn. 52 ff. 183 Dazu insbesondere BVerfGE 20, 323 (331); BGHSt 2, 194 (200 f.); Roxin, AT I, § 3 Rn. 51 ff.; s. a. Frister, Schuldprinzip, S. 29 ff., 39 ff.; Freund, Normative Probleme der „Tatsachenfeststellung“, S. 67 ff. 184 Zum Ganzen etwa Freund, AT, § 1 Rn. 21, § 4 Rn. 4; Roxin, AT I, § 3 Rn. 51 ff. 185 Im Zusammenhang mit der Wahlfeststellung insbesondere Freund, in: FS Wolter, S. 35 ff. 186 So insbesondere Roxin, AT I, § 3 Rn. 51. 187 Dazu Radtke, in: MünchKommStGB, Vor §§ 38 ff. Rn. 31; vgl. zum Überblick über den Diskussionsstand Roxin, AT I, § 3 Rn. 54 ff. 181

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blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG kritisch zu betrachten.188 5. Weitere formelle Voraussetzungen Die staatliche Strafgewalt zeichnet sich durch eine besonders intensive Gesetzesbindung aus. Gemäß Art. 103 Abs. 2 GG „kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde“. Das strenge Gesetzlichkeitsprinzip beinhaltet verschiedene Charakteristika: Das Rückwirkungsverbot (nullum crimen sine lege praevia), das Analogieverbot verknüpft mit dem Verbot der Anwendung von Gewohnheitsrecht (nullum crimen sine lege scripta) und das Bestimmtheitsgebot (nullum crimen sine lege certa).189 Die Funktion des Gesetzlichkeitsprinzips erschöpft sich keinesfalls (lediglich) in der Rechtssicherheit; vielmehr garantiert es den demokratischen Grundgedanken der Gewaltenteilung. 190 Die direkte Folge des nullum crimen-Satzes ist der fragmentarische Charakter des Strafrechts, dementsprechend Strafbarkeitslücken bewusst in Kauf genommen sind.191 Eine weitere formelle Begrenzung statuiert Art. 103 Abs. 3 GG, der eine Mehrfachbestrafung verbietet (ne bis in idem).192 6. Zwischenfazit Da eine im absoluten Sinn verstandene Strafe mit den gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht im Einklang steht, ist die zweckrationale Legitimation ihres Einsatzes unverzichtbar. Zur Erfüllung der strafrechtlichen Rechtsgüterschutzaufgabe sind zwei Normkategorien zu unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen. Verhaltensnormen bieten Rechtsgütern unmittelbaren Schutz, indem sie menschliches Verhalten ver- oder gebieten. Sanktionsnormen hingegen dienen dem Schutz der Geltungskraft der korrespondierenden Verhaltensnorm. Ein unmittelbarer Rechtsgüterschutz ist mit ihnen nicht erreichbar. Sie dienen dem Schutz der Geltungskraft der korrespondierenden Verhaltensnorm. Die strafrechtliche Reaktion versteht sich als ein Widerspruch zum Verhalten des Normbrüchigen und begegnet dem durch den Verhaltensnormverstoß verursachten Normgeltungsschaden. Demnach gewährleisten Sanktionsvorschriften einerseits Rechtsfrieden; zum anderen gelingt ihnen ein in-

188 Vgl. Fletcher, ZStW 101 (1989), 803 ff.; ebenso der hinter der Schuld zurückbleibenden Strafe widersprechend Frisch, in: FS Kaiser, S. 765 (786). 189 Etwa BVerfGE 25, 269 (285); BGHSt 18, 136 (139 f.); Bringewat, Strafrecht, Rn. 171 ff.; Kühl, AT, § 7 Rn. 162. 190 Zur den verschiedenen Ausgestaltungen des Gesetzlichkeitsgrundsatzes sowie zu dessen Funktion siehe unten. 191 Jescheck/Weigend, § 7 II 1; Freund, AT, § 2 Rn. 22, 35 ff. 192 Dazu ausführlich Radtke/Hagemeier, in: BeckOK-GG, Art. 103 Abs. 3 Rn. 44 ff.

IV. Formale Grenzen staatlichen Strafens

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direkter Schutz derjenigen Rechtgüter, die bereits unmittelbar von einer Verhaltensnorm geschützt werden. Bevor über eine Strafbarkeit entschieden werden kann, muss zunächst die Vorfrage der Begründung von Verhaltensnormen als primärer Normenordnung geklärt werden (akzessorischer Charakter des Strafrechts). Hierfür wird unter Zuhilfenahme des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes überprüft, ob ein dem Aufgabenbereich des Staates unterfallender legitimer Zweck vorliegt, zu dessen Erreichung die Verhaltensnorm geeignet, erforderlich und als Ergebnis einer Güter- und Interessenabwägung angemessen erscheint. Der Verstoß gegen eine rechtlich legitimierte Verhaltensnorm ist die Grundvoraussetzung für das Eingreifen einer Sanktionsnorm, die entsprechend auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen muss. Erst die Sanktionsnorm versieht die – von ihr vorausgesetzte – Verhaltensnorm mit einer Strafandrohung und löst eine angemessene Reaktion aus. Diese besteht aus einem Schuldspruch und regelmäßig auch einer (weitergehenden) Strafe. An dieser Stelle findet auch das Schuldprinzip als eingriffsbegrenzendes Datum gleichsam automatisch Berücksichtigung: Über das Maß des verschuldeten Unrechts hinaus gibt es keine Rechtsfriedensstörung, für deren Beseitigung der Täter strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann. Weitere formale Aspekte sind das Verbot der Mehrfachbestrafung i. S. d. Art. 103 Abs. 3 GG (ne bis in idem) sowie im Besonderen der Gesetzlichkeitsgrundsatz i. S. d. Art. 103 Abs. 2 GG.

IV. Formale Grenzen staatlichen Strafens – Der Gesetzlichkeitsgrundsatz und die Legitimation von Schuldspruch und Strafe 1. Bedeutung und Ausprägungen des Gesetzlichkeitsprinzips Im deutschen Strafrecht193 ist eine sehr intensive Gesetzesbindung zu beachten. „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt ist, bevor die Tat begangen wurde.“ Dieser strenge Gesetzlichkeitsgrundsatz findet seine verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 103 Abs. 2 GG.194 Ausprägungen desselben sind das Rückwirkungsverbot für Strafgesetze195, das Verbot von Gewohnheitsrecht196 sowie das mit dem Bestimmtheitsgebot197 korre193 Zur Bedeutung des Gesetzlichkeitsprinzips in der Europäischen Union Schuhr, in: Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 255 ff. 194 Gleichlautend § 1. Einführend Kuhlen, in: Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, S. 45 ff.; grundlegend Hilgendorf, in: Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 17 ff. 195 Nullum crimen sine lege praevia. Kein Verbrechen ohne vorausgehendes Gesetz. 196 Nullum crimen sine lege scripta. Kein Verbrechen ohne geschriebenes Gesetz. 197 Nullum crimen sine lege certa. Kein Verbrechen ohne bestimmtes Gesetz.

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lierende Verbot der analogen Anwendung belastender Strafgesetze198. In Entsprechung zum Analogieverbot wird auch von einem Verbot der teleologischen Reduktion begünstigender strafrechtlicher Normen ausgegangen.199 Die Konsequenz dieser starken Gesetzesbindung ist der fragmentarische Charakter des Strafrechts, d.h. Strafbarkeitslücken werden bewusst in Kauf genommen.200 Dies zeigt der berühmte Fall des Forstdiebstahls, dessen Begehung mittels eines Lastkraftwagens unzweifelhaft ebenso gravierend wie der mittels eines „bespannten Fuhrwerks“ ist.201 Da § 3 Abs. 1 Nr. 6 des Preußischen Gesetzes betreffend den Forstdiebstahl (PrFDG) lediglich letzteres „Tatwerkzeug“ als Qualifikationsgrund normierte, konnte die Sanktionsnorm – entgegen der Annahme des damaligen ersten Strafsenats202 – auf diejenigen Diebe, „die zum Zwecke des Forstdiebstahls ein Kraftfahrzeug mitgebracht hatten“, nicht angewendet werden. Die heutige Gesetzeslage ist mit der Einführung der durch Regelbeispiele ausdrücklich benannten und unbenannten besonders schweren Fälle insoweit deutlich flexibler. Die Charakteristika des nullum crimen-Satzes sowie dessen ratio bilden die Grundlage, auf deren Basis eine stimmige Lösung der Problematik der konkreten Bestimmung strafrechtlicher Rechtsfolgen möglich sein kann. 2. Aufgabe und Funktion – Die ratio des Gesetzlichkeitsgrundsatzes Die in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltenen Garantien dienen vor allem der Verwirklichung des in Art. 20 Abs. 3 GG verorteten Rechtsstaatsprinzips.203 Da die staatliche Strafe einer der erheblichsten staatlichen Eingriffe in die Rechte des Bürgers darstellt, geht der Gesetzlichkeitsgrundsatz dabei in verschiedener Hin198

Nullum crimen sine lege stricta. Kein Verbrechen ohne geschriebenes Gesetz. Dazu BGH v. 09.09.1997 – 1 StR 730/96; BGHSt 43, 237 (238 f.); BGH v. 13.01.1988 – 2 StR 665/87; BGHSt 35, 184 (187) m. Bespr. u. a. v. Jakobs, JZ 1988, 519 ff. und Grasnick, JZ 1989, 821 ff.; siehe auch Freund, AT, § 9 Rn. 54 f. m.w. N. 200 Zum fragmentarischen Charakter des Strafrechts Freund, AT, § 1 Rn. 22, 35; Jescheck/Weigend, AT, § 7 II 1; Maiwald, in: FS Maurach, S. 9 ff.; sowie oben A. IV. 1., 5. 201 Ein weiteres aktuelles Beispiel für einen Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip sind etwa Verurteilungen unter dem Institut der sogenannten „echten Wahlfeststellung“, siehe Freund, in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 34; ders., in: FS Wolter, S. 35 ff.; Freund/Rostalski, JZ 2015, S. 164 ff. 202 BGHSt 10, 375 f. (BGH, Urteil vom 13. September 1957 – 1 StR 338/57). 203 So etwa BVerfGE 11, 234 (237); 47, 109 (120); 73, 206 (234 f.); 105, 135 (153); Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 78, 396; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 2; Stern, in: Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, S. 1209; Sternberg-Lieben, Schranken der Einwilligung, S. 314; Stree, Deliktsfolgen und Grundgesetz, S. 27; Tiedemann, Tatbestandsfunktionen, S. 193; Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 2. 199

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sicht jedoch über die allgemeinen rechtsstaatlichen Garantien hinaus, indem er ihnen eine spezielle Bedeutung und besondere Stringenz verleiht.204 Nach dem Bundesverfassungsgericht kommt dem Gesetzlichkeitsgrundsatz eine Doppelfunktion zu.205 Die einerseits angeführte „subjektive Funktion“ 206, der entsprechend das (Norm-)Vertrauen des Bürgers207 gewahrt sein solle, vermag allerdings nicht zu überzeugen.208 Dass der Einzelne dank des Gesetzlichkeitsgrundsatzes sein Verhalten so einzurichten in der Lage sein soll, dass ihm die Vermeidung einer Straftat leichter fällt, ist insofern unschlüssig, als es ihm i. d. R. ohnehin kaum möglich sein wird, im Einzelnen zu beurteilen, ob eine Strafe und falls ja, welche an welches (Fehl-)Verhalten geknüpft wird.209 So bilden auch die Strafrahmen keine für den Täter formulierte „Berechnungsgrundlage“. Zudem greift der Gesetzlichkeitsgrundsatz unabhängig davon, ob Vertrauen tatsächlich bestand. Tatsächlich verfehlt erscheint der Schutzaspekt zudem, wenn ein offensichtlich die Rechtsordnung verletzendes Verhalten gegeben ist. Den bewusst gegen die Rechtsordnung Verstoßenden würde es sicherlich in Erstaunen versetzen, aufgrund einer unabsehbaren Fehlleistung des Gesetzgebers nicht bestraft werden zu können. Das Vertrauen des darüber hinaus mutwillig Strafbarkeitslücken ausnutzenden Bürgers verdient selbstverständlich keinerlei Schutz. Schließlich sorgt bereits das Konzept der Verhaltensnormbegründung für einen angemessenen Schutz (berechtigten!) Vertrauens: Die bei jeder Verhaltensnorm erforderliche Legitimation zum Zeitpunkt des schädigenden Verhaltens erfolgt immer aus der ex ante-Perspektive. Auf diese Weise wird ein tatsächlich schutzwürdiger „Unschuldiger“ – mangels rechtlich missbilligten Verhaltens – ohnehin von vornherein nicht vom Strafrecht erfasst. Die vermeintlich schüt-

204 Appel, Verfassung und Strafe, S. 528 f.; Jescheck/Weigend, AT, § 15 III 3; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 15; s. a. mit Bezug auf das Strafrecht Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 103 Rn. 55. Zum Verhältnis des Gesetzlichkeitsgrundsatzes zu anderen Verfassungsbestimmungen siehe Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, 30. Lfg. Dezember 1992, Art. 103 II Rn. 181 f. 205 BVerfGE 71, 108 (114); 73, 206 (234); Nolte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 103 II Rn. 140; Vogel, Norm und Pflicht, S. 331 f.; ders., Juristische Methodik, S. 204 f. 206 Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, Rn. 133 ff.; Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 16. 207 Den Vertrauensschutzaspekt besonders betonend BVerfGE 48, 48 (56); 85, 69 (73); 87, 209 (224); 92, 1 (12); 105, 135 (153); BVerfG NJW 2006, 3483 (3484); Jescheck/Weigend, AT, § 15 III 3; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 GG Rn. 67 ff.; Dannecker, in: LK-StGB12, § 1 Rn. 52; Müller-Dietz, in: FS Lenckner, S. 179 (188); Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 17; Rudolphi, in: SK, § 1 Rn. 2; Tiedemann, Tatbestandsfunktionen, S. 194; Vogel, Norm und Pflicht, S. 331 f. 208 Zum Gedanken des überbewerteten Schutzaspekts und zum Folgenden Freund, in: FS Wolter, S. 35 (36). 209 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 385; Grünwald, ZStW 76 (1964), 1 (12 f.).

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zende Funktion des Gesetzlichkeitsgrundsatzes vor einer unangekündigten Strafbewehrung läuft damit leer und ist überflüssig.210 Bei der tatsächlichen Funktion211 des Gesetzlichkeitsgrundsatzes wird häufig von einer objektiven Komponente212 bzw. einer Objektivitätsgarantie213 gesprochen. Hierbei handelt es sich um die Gewährleistung der staatstheoretisch bedeutsamen Gewaltenteilung und der allein mit ihr zu erreichenden erhöhten Absicherung der Ergebnisrichtigkeit strafrechtlicher Entscheidungen.214 Die staatliche Bestrafung als denkbar drastischster Eingriff in die Rechte des Bürgers bedarf einer besonderen Absicherung. Diese gelingt nur mit der Beteiligung von mindestens215 zwei voneinander unabhängigen Staatsorganen. Die notwendige – für sich genommen aber nicht hinreichende – Einbeziehung von Legislative und Judikative bewirkt einen Prozess der wechselseitigen Kontrolle: Der Gesetzgeber schafft die Ermächtigungsgrundlage auf deren Basis der Strafrichter verurteilt und eine konkrete Rechtsfolge bestimmt.216 Es besteht kein Zweifel daran, dass strafrechtlich „richtige“ Verurteilungen durch ein Strafgericht durchaus auch ohne gesetzliche Grundlage vorgenommen werden könnten.217 Zudem bestünde auch die Möglichkeit, dass bereits der Gesetzgeber ganz konkrete und sachlich angemessene Rechtsfolgen für den konkreten Fall normiert. Indessen würde dadurch das rechtsstaatlich verankerte Prinzip der Gewaltenteilung nicht gewahrt. Die Strafe als Eingriff kann nur legitimiert werden, wenn sie – im Rahmen einer zumindest mittelbaren, ununterbrochenen demokratischen Legitimationskette – auf das Volk als Träger der Staatsgewalt zu210 Freund, in: FS Wolter, S. 35 (36 f.) sowie zu der Gefährlichkeit der Überakzentuierung des Vertrauensschutzes beim Gesetzlichkeitsgrundsatz in Zusammenhang mit Fällen der Gesetzesalternativität. 211 Mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot wird dem Gesetzlichkeitsgrundsatz zum Teil ein generalpräventiver Zweck unterstellt, siehe dazu Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, Rn. 136; Roxin, AT I, § 5 Rn. 22 f.; Schreiber, Gesetz und Richter, S. 216 f.; Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 2; Sternberg-Lieben, Schranken der Einwilligung, S. 315; zum Teil wird angenommen, dass er im Schuldprinzip wurzelt, siehe dazu Sax, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte III/2, S. 909 (999); Roxin, AT I, § 5 Rn. 24 f.; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 2; näher Schreiber, Gesetz und Richter, S. 209 ff. 212 Etwa Eisele, Regelbeispielstechnik, S. 385 f. 213 Jakobs, AT, 4. Abschn. Rn. 9; krit. Freund, in: FS Wolter, S. 35 (37, m. Fn. 7). 214 Freund, in: FS Wolter, S. 35 (37); von einer „Objektivitätstheorie“ spricht Jakobs, AT, 4. Abschn. Rn. 9. 215 Zum Verhältnis von Gesetz und Richter insbesondere Schröder, Gesetz und Richter, S. 30, der zutreffend davon ausgeht, dass „beide Instanzen für eine sinnvolle Gestaltung und Durchsetzung des Rechts zusammenwirken müssen.“ Zu der (hier nicht notwendigen Erörterung der) Rolle der Staatsanwaltschaft vor allem Haas, Strafbegriff, S. 11 ff. 216 BVerfGE 30, 1 (28); Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, 72. Lfg. Juli 2014, Art. 79 Rn. 147. 217 Freund, in: FS Wolters, S. 35 (37).

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rückgeführt werden kann. Der Gesetzgeber als Repräsentant des Volkes muss dabei „die wesentlichen Grundentscheidungen“ selbst treffen.218 Aufgabe des Gesetzgebers ist es, anhand abstrakter Kriterien eine bestimmte „Klasse“ zukünftiger Fälle abzustecken, an die dann eine bestimmte – vom Einzelfall unabhängige – Rechtsfolge geknüpft ist. Diese Ermächtigungsgrundlage ist die Basis für das tatsächliche Eingriffshandeln der (Straf-)Gerichte.219 Die sachlich-inhaltliche Legitimation der rechtsprechenden Gewalt resultiert dabei aus der strikten Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG).220 Eine Bestrafung darf daher nur dann erfolgen, wenn die vor der Tat geschaffene Ermächtigungsgrundlage für die Ahndung des in Rede stehenden Verhaltens tatsächlich besteht und kumulativ die konkrete Rechtsfolge sich im Rahmen der richterlichen Bewertung als sachlich angemessene Reaktion auf den begangenen Verhaltensnormverstoß (auch unter Berücksichtigung etwaiger Folgen) als sachlich berechtigt erweist.221 3. Im Speziellen: Der Bestimmtheitsgrundsatz i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG Bei der Frage nach der verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit von Strafnormen mit dem nullum crimen-Satz wird dem Bestimmtheitsgebot häufig besondere Aufmerksamkeit zuteil.222 Dies gilt umso mehr für die zu behandelnde Problematik der mit Regelbeispielen gekennzeichneten „besonders schweren Fälle“. Der in diesem Zusammenhang nicht selten zu vernehmende Einwand, dass diese dem Gebot (hinreichender) gesetzlicher Bestimmung nur deshalb genügten, weil sie der Rechtsfolgenseite – und eben nicht dem gesetzlichen Tatbestand – zuzuweisen seien,223 entbehrt dabei jeglicher Überzeugungskraft:224 Denn die zu erfüllenden Anforderungen des Bestimmtheitsgebot bleiben trotz der unterschiedlichen dogmatischen Einordnung der besonders schweren Fälle – sei es auf Tat-

218 Unter Bezugnahme auf Art. 20 Abs. 3 GG Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 387; Roxin, AT I, § 5 Rn. 20; ferner Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, S. 44 ff. 219 Freund, in: FS Wolter, S. 35 (37). 220 Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 387; dazu weiterführend Sternberg-Lieben, Schranken der Einwilligung, S. 306 f. 221 Freund, in: FS Wolter, S. 35 (37 f.). 222 Einführend Roxin, in: Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, 113 ff.; Kuhlen, in: Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 429 ff. 223 So Hub, Die Ausgestaltung der besonders schweren Fälle, S. 17 ff., 30 f.; Gramsch, Strafrahmenkonkurrenz, S. 59 f., 61 f. 224 Ebenfalls kritisch Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 147 f.; Calliess, JZ 1975, 112 (115); ders., NJW 1998, 929 (934); Gropp, JuS 1999, 1041 (1049); ders., AT, § 3 Rn. 45a ff.; Kindhäuser, in: FS Triffterer, S. 123 (125); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 111 f.; Wahle, Die Rechtsnatur der „besonders schweren Fälle“, S. 40.

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bestands- oder Rechtsfolgenseite – dieselben. Des Weiteren könnte – stellte man auf Rechtsfolgenseite an den Bestimmtheitsgrundsatz tatsächlich geringere Anforderungen – eine unzulässige Umgehung entstehen: Durch die Zuweisung einer Regelung zur Rechtsfolgenseite würden die Garantien des Art. 103 Abs. 2 GG untergraben werden. Der Gesetzgeber wäre durch einfaches Gesetz in der Lage, die Merkmale eines (eigentlich tatbestandsimmanenten) Qualifikationstatbestands in Regelbeispiele umzuwandeln, die wiederum an den geschmälerten Bestimmungen zu messen wären.225 Gelten die Charakteristika des Art. 103 Abs. 2 GG nicht oder nur in vermindertem Maß für die Rechtsfolgenseite, so wäre es zudem zulässig, rückwirkend eine milde Strafe in eine sehr strenge abzuändern.226 Die dieser Argumentation zu Grunde liegende Differenzierung zwischen dem Gesamttatbestand, der alle materiellen Voraussetzungen einer Strafbarkeitsprüfung umfasst, und dem engeren Garantietatbestand, auf den allein sich die Garantiefunktion des Art. 103 Abs. 2 GG beziehen soll, ist nicht haltbar.227 Die Einordnung der mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Fälle im Rahmen der Lehre von der Straftat ist sachlich vorgegeben und kann jedenfalls nicht rein ergebnisorientiert vorgenommen werden, um die gebotene Überprüfung ihrer verfassungsrechtlichen Bestimmtheit zu umgehen. a) Umfang und Adressatenkreis Das Bundesverfassungsgericht wendet Art. 103 Abs. 2 GG nicht nur, wie es seinem Wortlaut entspräche, auf das „Gesetz“ an, sondern auch auf die Rechtsprechung.228 Der Bestimmtheitsgrundsatz gilt damit gleichermaßen für den Gesetzgeber und den (Straf-)Richter.229 Mit Blick auf das mit der Gewaltenteilung intendierte funktionale Zusammenwirken der gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt wird damit die sogenannte „entgrenzende Auslegung“ als unzulässig betrachtet.230 Ist eine Norm entsprechend weit formuliert, sodass aus der Sicht des Gesetzgebers möglichst viele strafwürdige Fälle sachgerecht erfasst werden können, so darf dies nicht zu einer Auslegung einer unvermeidlich vagen Norm 225

Insbesondere Freund, ZStW 112 (2000), 665 (671). Dieses eindrucksvolle Beispiel bei Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 384. 227 Zur Abgrenzung umfassend Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 110 ff., der freilich im Ergebnis die Orientierung am Gesamttatbestand für richtig hält, S. 128. Bewertend siehe unten C. II. 4., C. III. 1. 228 BVerfGE 92, 1 (14). 229 So etwa Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 9 Rn. 9; Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 14. Dass sich das Bestimmtheitsgebot nach dem Gesagten dennoch primär an den Gesetzgeber wenden soll, ist zweifelhaft, vgl. aber differenzierend Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 7. 230 BVerfGE 92, 1 (14); zur Problematik Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 103 Rn. 70; Roxin, AT I, § 5 Rn. 79 ff.; vgl. ferner Küper, JuS 1996, 783 (785 ff.), Fn. 11; Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, S. 47. 226

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führen, die der Intention des Art. 103 Abs. 2 GG in noch größerem Maß widersprechen würde. Die Auslegung eines Merkmals, die sozialadäquate Handlungsformen mit in die Strafbarkeit einbezieht, ist damit nicht mehr verfassungsmäßig.231 So wurde beispielsweise vom Bundesverfassungsgericht angenommen, dass die Erweiterung des Gewaltbegriffs auf Sitzdemonstrationen eine zu unbestimmte „entgrenzende“ richterliche Ausdehnung des § 240 Abs. 1 darstellt.232 b) Gewährleistungsgehalt Die Fragen nach der Intensität der Bestimmtheit im Einzelfall und der in diesem Rahmen zu berücksichtigenden Einzelfallgerechtigkeit führen in Literatur und Rechtsprechung nach wie vor zu Unstimmigkeiten.233 Zum einen wird vertreten, dass es zu den Aufgaben des Richters gehöre, gerade dieses Spannungsverhältnis aufzulösen und lediglich Willkür seitens des Gesetzgebers als verfassungsrechtlicher Verstoß zu werten sei.234 Die andere Seite fordert, den Bestimmtheitsgrundsatz ernst(er) zu nehmen und ihm unnachsichtig Rechnung zu tragen.235 Neben diesen beiden Extrempositionen werden auch zahlreiche „Mittelwege“ beschritten und Kompromisse – teilweise zu Gunsten der Bestimmtheit, teilweise zu Gunsten der Einzelfallgerechtigkeit – eingegangen.236 Ob eine Ausdifferenzierung des Bestimmtheitsgrundsatzes in solch abstrakter Weise überhaupt gelingen kann, ist fraglich. Jedenfalls besitzt das Erfordernis, dass die Strafbarkeit „gesetzlich bestimmt“ sein muss, auch eine materielle Komponente. 231 BVerfGE 92, 1 (14); Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 387; Roxin, AT I, § 5 Rn. 79. 232 BVerfGE 92, 1 ff.; Stellungnahmen zum Beschluss Altvater, NStZ 1995, 278 ff.; Amelung, NJW 1995, 2584 ff.; Gusy, JZ 1995, 782 ff.; Krey, JR 1995, 221 ff., 265 ff.; Roellecke, NJW 1995, 1525 ff.; Scholz, NStZ 1995, 417 ff.; Schroeder, JuS 1995, 875 ff. 233 Zu dieser Fragestellung zusammenfassend Ransiek, Gesetz und Lebenswirklichkeit, S. 12 ff.; Roxin, AT I, § 5 Rn. 70 ff.; vgl. auch Kuhlen, in: Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, 45 (54 ff.); Roxin, in: Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, 113 (132 ff.). 234 Stree, Deliktsfolgen und Grundgesetz, S. 6 f.; Schröder, Gesetz und Richter, S. 29. 235 Kohlmann, Der Begriff des Staatsgeheimnisses, S. 247 ff.; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 20; vgl. auch ähnlich Warda, ZStW 71 (1959), 252 (280). 236 So etwa Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 35, der fordert, dass „der Anteil der noch hinreichend bestimmbaren Tatbestandsmerkmale an der Begrenzung des strafbaren Verhaltens jedenfalls mehr als 50% betragen muss.“ Des Weiteren sollen Generalklauseln dann zugelassen werden, wenn die Gründe für die Berücksichtigung der Einzelfallgerechtigkeit die Belange der Rechtssicherheit überwiegen, vgl. etwa Lenckner, JuS 1968, 304 (305); Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 40 f.; zu dem Einwand, dass das Bestimmtheitsgebot keiner Abwägung zugänglich sein kann, insbesondere Krahl, Die Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgrundsatz, S. 326 ff., 337; Roxin, AT I, § 5 Rn. 72; Sternberg-Lieben, Schranken der Einwilligung, S. 312 f.

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Die gesetzliche Strafbarkeitsanordnung muss sich auch auf eine „Tat“ beziehen, bei der eine solche Rechtsfolge vor verfassungsrechtlichem Hintergrund Bestand haben kann. Die Intensität der Bestimmtheit wird auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite häufig unterschiedlich gedeutet. Im Zuge einer Analyse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Anforderungen gesetzlicher Bestimmtheit sollen diese Fragen im Folgenden näher beleuchtet werden. aa) Kritische Analyse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (1) Anforderungen an strafbegründende Tatbestandsmerkmale Im Bereich der Strafbarkeitsvoraussetzungen wird dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht ein weiter Spielraum zugestanden.237 Spätestens seit der Feststellung der hinreichenden gesetzlichen Bestimmtheit des „groben Unfugs“ i. S. d. § 360 Abs. 1 Nr. 11 Var. 2 StGB a. F.238 durch das Bundesverfassungsgericht239 scheint zumindest für viele Teile der Literatur die praktische Relevanz des Bestimmtheitsgebots in Frage gestellt.240 Das Bundesverfassungsgericht verlangt nach dieser Entscheidung für die gesetzliche Bestimmtheit i. S. d. Art. 103 Abs. 2 GG lediglich eine gesetzliche Umschreibung der Strafbarkeit, die es jedermann ermögliche vorherzusehen, welches Verhalten mit Strafe bedroht ist; nur auf diese Weise sei der Bürger in der Lage, sein Verhalten nach den gesetzlichen Ge- und Verboten auszurichten.241 Obwohl der Wortlaut des § 360 Abs. 1 Nr. 11 Var. 2 StGB a. F. eine sehr weite Auslegung zulasse, sei die Norm, als zum überlieferten Bestand der Strafrechtsnormen gehörend, durch jahrzehntelange gefestigte Rechtsprechung242 dennoch hinreichend

237 Eine Übersicht über die Rechtsprechung zum Gesetzlichkeitsprinzip gibt Birkenstock, Die Bestimmtheit von Straftatbeständen, S. 106 ff., 129 ff. 238 Nach dieser Norm wurde mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Deutsche Mark oder mit Haft bestraft, wer ungebührlicherweise ruhestörenden Lärm erregt oder wer groben Unfug verübt. Auf diesem basiert der heutige, etwas präzisierte § 118 OWiG. 239 BVerfGE 26, 41 ff. 240 Die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit ablehnend Roxin, AT I, § 5 Rn. 76; Jakobs, AT, 4. Abschn. Rn. 28; Lenckner, JuS 1968, 304 (305 f.); Rudolphi/Jäger, in: SKStGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 14; Urteil OLG Celle I StS V 23.4.64 – I Ss 98/ 64 m. Anm. Schröder, JR 1964, 392; ders., JZ 1966, 649 (649 f.); Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 32 ff. 241 BVerfGE 26, 41 (43). Kritisch zu der Vorhersehbarkeit der Bestrafung als Zweck des Art. 103 Abs. 2 GG, siehe bereits oben A. IV. 2. 242 Zur richterlich herbeigeführten Bestimmtheit von Strafgesetzen Krahl, Die Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgrundsatz, S. 268; Köhler, AT, S. 86 ff.; Vogel, Norm und Pflicht, S. 328.

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präzisiert worden.243 Diese Entscheidung sah sich erheblicher Kritik ausgesetzt. Welzel spricht mit sorgenvollem Blick auf das Bestimmtheitsgebot von „unbestimmten Strafgesetzen statt Analogien als eigentlicher Gefahr für den Grundsatz nulla poena sine lege“ 244; Naucke stellt fest: „Das Strafrecht wird immer unklarer“ 245, und Schünemann hat den „Tiefpunkt des nulla poena-Satzes“ 246 ausgerufen.247 Das Bundesverfassungsgericht konkretisiert seine Rechtsprechung, indem das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit jedenfalls dann als beachtet gilt, wenn sich der Anwendungsbereich und die Tragweite der Straftatbestände aus dem Wortlaut erkennen und mit Hilfe der gängigen Auslegungsmethoden ermitteln lassen.248 Auch von dieser gut gemeinten Richtlinie des Bundesverfassungsgerichts ist angesichts der möglicherweise sehr unterschiedlichen Auslegungsergebnisse keine allzu große Aussagekraft zu erwarten. Die weitere Annahme des Bundesverfassungsgerichts, dass die Anforderungen an die Gesetzesbestimmtheit proportional mit der Schwere des Delikts bzw. dessen Strafandrohung steigen,249 vermag ebenfalls nicht zu überzeugen:250 Der nullum crimen-Satz gilt für alle Gesetze gleichermaßen. Den Grad der Bestimmtheit von den jeweiligen Besonderheiten des Straftatbestands abhängig zu machen bewirkt, dass die Grenze zwischen strafbarem und straflosem Verhalten zu verschwimmen droht. Das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit würde mit diesem Verständnis zudem durch Verhältnismäßigkeitserwägungen relativiert und damit seine Schutzfunktion nicht mehr uneingeschränkt erfüllen.251

243 BVerfGE 26, 41 (43). Ähnlich lautet die Argumentation zur dem Bestimmtheitsgebot noch genügenden Beleidigung i. S. d. § 185 StGB, BVerfGE 93, 266 (292). Hier wird vom BVerfG jedoch zugestanden, dass die Norm, wenn sie denn erst unter Geltung des Grundgesetzes erlassen worden wäre, möglicherweise „als unzureichend“ anzusehen wäre. Vgl. auch Ransiek, Gesetz und Lebenswirklichkeit, S. 73. 244 Welzel, Strafrecht, S. 22. 245 Naucke, Über Generalklauseln und Rechtsanwendung, S. 3. 246 Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 6. 247 Diese Beispiele ebenso aufgreifend Roxin, AT I, § 5 Rn. 68. 248 BVerfGE 25, 269 (285); 41, 323 (323 f.); 92, 1 (12); 96, 68 (97); 105, 135 (152 f.). Dazu Krahl, Die Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgrundsatz, S. 128; kritisch Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 33. 249 BVerfGE 14, 245 (251); 26, 41 (43); zustimmend auch Rudolphi/Jäger, in: SKStGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 13. 250 Roxin, AT I, § 5 Rn. 70; Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 391 f.; Köhler, AT, S. 89; Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 33. 251 So insbesondere Appel, Verfassung und Strafe, S. 119 ff.; vgl. auch Tiedemann, Tatbestandsfunktionen, S. 197 f.; Krahl, Die Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgrundsatz, S. 126 f.

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(2) Anforderungen an die Rechtsfolgenseite Zu der Frage, ob geringere Anforderungen an die gesetzliche Bestimmtheit auf Rechtsfolgenseite zu stellen sind, hat das Bundesverfassungsgericht nicht abschließend Stellung genommen.252 Allerdings äußert es in seinem Urteil zur Verfassungswidrigkeit der Vermögensstrafe,253 dass der Gesetzgeber gehalten ist, die grundsätzliche Entscheidung zu Art und Ausmaß denkbarer Rechtsfolgen selbst zu treffen.254 Gegen diesen Grundsatz wird nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verstoßen, wenn der Gesetzgeber auf ein „abstraktes Höchstmaß an Präzision“ verzichte und dem Gericht die Bestimmung der Strafe in einem jedenfalls gesetzlich abgesteckten Rahmen255 überlasse; erst dieses sei in der Lage, anhand der konkreten, individuellen Umstände eine angemessene Strafe zu ermitteln.256 Im Einzelnen habe der Gesetzgeber die Art der Sanktion festzulegen sowie entsprechend der Schwere des Delikts257 auch einen Strafrahmen mit Mindest- und Höchstmaß abzustecken. Das vom Bundesverfassungsgericht angeführte Beispiel, dass etwa die Bandbreite der Geldstrafe gemäß §§ 40, 54 Abs. 2 S. 2 von fünf Euro bis 3,6 Mio. Euro – aufgrund der Bestimmung eines absoluten Höchstwerts – noch hinreichend bestimmt sei, demonstriert den mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz gewährten Spielraum.258 Durch die Normierung des § 46 hat der Gesetzgeber zudem Wertungskriterien geschaffen, an denen sich die Rechtsprechung bei der Wahl der Strafart und der Ausfüllung des Strafrahmens orientieren kann.259 Ob diese für den konkreten Fall weiterhelfen können, sei dahingestellt. bb) Gesetzesbindung und Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung – zum Verfahren der Gewinnung rechtlicher Inhalte, die nicht im Gesetz stehen Es liegt in der Natur der Sache, dass die meisten der normierten Begriffe mehrdeutig sind und verschiedene Interpretationen ermöglichen. Als in diesem Zusammenhang besonders kritisch werden die sogenannten „wertausfüllungsbedürftigen Begriffe“ gesehen, die gerade keine präzisen Beschreibungen straf252

Offengelassen von BVerfGE 45, 363 (372). § 43 a StGB a. F. wurde mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts v. 20.03.2002 – 2 BvR 794/95 – für verfassungswidrig erklärt; vgl. BVerfGE 10, 135 ff. 254 BVerfGE 105, 135 (155). 255 Zu der nachgeordneten Bedeutung der Strafrahmen bei der Strafzumessung unten B. I. 2. a), b). 256 Dazu und zum Folgenden BVerfGE 105, 135 (155). 257 Zu der unrichtigen Behauptung, der Grad der Bestimmtheit steige mit der Schwere des Delikts an bereits oben unter B. IV. 3. b) aa) (1). 258 Dazu Herzberg, in: Empirische und dogmatische Fundamente, S. 31 (66 ff.). 259 BVerfGE 105, 135 (160). 253

IV. Formale Grenzen staatlichen Strafens

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baren Verhaltens formulieren, sondern im Hinblick auf ihre Bedeutung auf ein nachträglich wertendes Urteil des Richters angewiesen sind.260 Neben dem bereits genannten Begriff des „groben Unfugs“ zählen dazu aktuell etwa der Verstoß „gegen die guten Sitten“ bei der Körperverletzung mit Einwilligung i. S. d. § 228, die für die Rechtswidrigkeit erforderliche „Verwerflichkeit“ einer Nötigung i. S. d. § 240 Abs. 2 sowie die „sonst niedrigen Beweggründe“ beim Mord i. S. d. § 211. Würde auf die Verwendung dieser oder ähnlicher Wertbegriffe verzichtet, bedeutete dies für die in Rede stehenden Normen eine enorme – sicherlich impraktikable und nicht mehr verhältnismäßige – Länge bzw. sie wären so starr, dass bei deren Anwendung bedenkliche – weil im Einzelfall sachwidrige – Ergebnisse zu erwarten wären. Sollen diese vermieden werden, führt kein Weg an der gesetzlichen Verwendung von konkretisierungsbedürftigen Begriffen vorbei. Auch die „Methoden der Auslegung“ zur Bestimmung der Reichweite einer Strafnorm261 helfen nicht über das Dilemma hinweg, dass die so gewonnenen rechtlichen Inhalte im Grunde gar nicht im Gesetz stehen. Fraglich bleibt daher, wie solche nicht durch Gesetz formulierten rechtlichen Inhalte ermittelt werden können, ohne gegen das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit zu verstoßen.262 Dieser Frage kann nur auf den Grund gehen, wer zunächst die allgemeine Wirkung von Gesetzen bei der Rechtskonkretisierung reflektiert. Um den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes zu genügen, ist zudem den verfassungsrechtlichen Garantien – etwa der Bindung der rechtsprechenden Gewalt an Gesetz und Recht gem. Art. 20 Abs. 3 GG – Rechnung zu tragen. Beides kann lediglich mit einem materiellen, d.h. an der spezifischen Rechtsfolge der Strafe ausgerichteten Straftatbegriff gelingen. Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu utopisch, dem Gesetzgeber durch bloße Gesetzesworte die Bestimmung von Rechtsfolgen abzuverlangen bzw. zu überlassen, sodass der Rechtsprechung – denknotwendig – als einzige Aufgabe die Auswertung des Gesetzes: das „Ablesen“ der Rechtsfolge (!) verbliebe.263 Das Amt des Richters wäre damit verzichtbar. Indessen können und sollen Strafgesetze nicht den konkreten Fall entscheiden. Sie formulieren zwar abstrakt die Voraussetzungen, die für die Bejahung einer Strafbarkeit erfüllt sein müssen. Die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Strafbarkeit liegt jedoch bei den – eben an Gesetz und Recht gebundenen – Strafgerichten. Der Bestimmt260

Dazu und zum Folgenden Roxin, AT I, § 5 Rn. 69 ff. Vgl. dazu Roxin, AT I, § 5 Rn. 75. Mit der gesetzgeberischen Schutzintention als Merkmal hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit argumentieren Müller-Dietz, in: Lenckner, S. 191; Köhler, AT, S. 87 f. Ähnlich Gropp, AT, § 3 Rn. 61 f., der die Grenzen des Wortlauts gewahrt sehen möchte. 262 Diese Frage ebenfalls aufwerfend Freund, in: FS Küper, S. 63 (64), mit nachfolgend überzeugender Begründung. 263 Freund, in: FS Küper, S. 63 (64). 261

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heitsgrundsatz gilt damit sowohl für die Tatbestandsseite – nullum crimen sine lege – als auch für die Rechtsfolgenseite – nulla poena sine lege; er richtet sich gleichermaßen an Legislative und Judikative.264 Die Brücke zwischen dem Gesetzgeber und der Rechtsprechung bildet eine in sich stimmige, materiell konzipierte Straftatlehre, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muss. Das Verhaltensnormkonzept265 dient dabei als Bezugsobjekt eines den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechenden, kohärenten Gesamtsystems der Begründung von Strafnormen. Es vermeidet eine Überforderung des Gesetzgebers mit Aufgaben, die er nicht in der Lage ist, angemessen zu erfüllen, und ermöglicht ihm, seiner ureigenen Regelungsaufgabe (wieder) gerecht zu werden: Dazu gehören die gesetzliche Bestimmung der Strafbarkeit i. S. einer Festlegung durch den Wortlaut und die dadurch vermittelte ratio.266 Ein Beispiel267: § 222 stellt eine fahrlässig begangene Tötung unter Strafe. Die Vorschrift normiert nicht, welche konkrete Verhaltensweise – wie etwa das Überfahren eines Fußgängers infolge einer Überschreitung der Geschwindigkeitsbegrenzung – den Voraussetzungen einer fahrlässigen Tötung genügt. Aus ihr geht zudem nicht hervor, welches Verhalten überhaupt als fahrlässig qualifiziert werden kann. Weil die Norm im Wege eines Konditionalprogramms dennoch eine klare Rechtsfolgenanordnung trifft268, wird sie von der vorherrschenden Auffassung mit Recht nicht als zu unbestimmt angezweifelt.269 Die Begründung einer Strafbarkeit bedarf grundsätzlich einer auf den konkreten Einzelfall bezogenen, sachlichen Substantiierung. Dass der Gesetzgeber eine solche Leistung zu erbringen nicht in der Lage ist, liegt in der Natur der Sache. Das betraute Gericht ist allerdings im Stande, die Erfüllung der Strafbarkeitsvoraussetzungen mit Blick auf Wortlaut und ratio der in Rede stehenden Regelung zu überprüfen und bei seiner Entscheidung auch den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Diese Begründungsleistung beschränkt sich nicht etwa 264 BVerfGE 25, 269 (285); 45, 363 (371); 105, 135 (153); Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 387; Appel, Verfassung und Strafe, S. 119 ff., 123 ff.; Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 110; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 9 Rn. 16; Krey, Studien zum Gesetzesvorbehalt, S. 215 ff.; Dannecker, in: LK-StGB12, § 1 Rn. 64 f.; Schmitz, in: MünchKommStGB, § 1 Rn. 39; Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 15; Roxin, AT I, § 5 Rn. 6; Schünemann, Nulla poena sine lege, S. 3, 37 ff.; Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 3, 15; Stree, Deliktsfolgen und Grundgesetz, S. 25 ff.; gegen die Erstreckung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes auf die Rechtsfolgenseite Wahle, Die Rechtsnatur der „besonders schweren Fälle“, S. 106. 265 Siehe oben A. III. 2., 3.; vgl. ausführlich Freund, AT, § 2 Rn. 10 ff. 266 Freund, in: FS Küper, S. 63 (64 f.). 267 Dieses Beispiel von Freund, in: FS Küper, S. 63 (65). 268 Freund, in: FS Küper, S. 63 (65); vgl. auch Herzberg, in: Empirische und dogmatische Fundamente, S. 31 ff. 269 Siehe etwa Freund, in: FS Küper, S. 63 (67 ff., 78); zur vereinzelten Gegenauffassung siehe z. B. Duttge, in: FS Kohlmann, S. 13 (26 ff.); ders., in: MünchKommStGB, § 15 Rn. 33 ff. m.w. N.

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nur auf eine reine Normdeduktion; vielmehr fließen auch gesetzesdogmatische Wertungen – u. a. mit (dem notwendigen) Rückgriff auf die Strafrechtswissenschaft – sowie insbesondere Erfahrungswerte aus früheren, gleichgelagerten Fällen mit in die Entscheidung ein. Die Schwere der Tat kann das Gericht in der Strafzumessung berücksichtigen. § 222 sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Dem Gericht obliegt nun die Aufgabe, für Fälle leichter Fahrlässigkeit eine eher am unteren Ende der Strafandrohung gelagerte, angemessene Sanktion, etwa eine geringe Geldstrafe, zu bestimmen. In diesem Rahmen nimmt das Gericht eine Abstufung zur „normalen“ Fahrlässigkeit und zur vorsatznahen bewussten bzw. groben Fahrlässigkeit vor. Dass der Gesetzgeber diese Wertung abstrakt weder vornehmen noch an eine dem Fall entsprechende, angemessene Strafe knüpfen kann, zeigt die essentielle Bedeutung der Synergie mit der Rechtsprechung für die konkrete Rechtsfolgenbegründung. Im Wege dieses funktionalen Zusammenwirkens kann eine auf den jeweiligen gesetzlichen Regelungen basierende Begründungsleistung erbracht werden, die in einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Weise das „Ob“ und das „Wie“ der Strafe bestimmen kann.270 Vor diesem Hintergrund haben missglückte Formulierungen des Gesetzgebers keine gravierenden Auswirkungen auf die Rechtskonkretisierung; die Wertung durch das Gericht kann etwaige Fehlleistungen jedenfalls oft ausgleichen.271 Im Hinblick auf die zuvor genannten „wertungsausfüllungsbedürftigen Begriffe“ gilt Entsprechendes: So lässt sich zwar aus § 228 entnehmen, dass der Gesetzgeber die Einwilligung in eine Körperverletzung insoweit beschränkt, als die Körperverletzung dennoch gegen anerkannte Verhaltensregeln verstößt.272 Aufschluss gibt allerdings der systematische Zusammenhang mit § 216, der den Verlangenden vor einer übereilten Lebensbeendigung schützen soll.273 Dementsprechend bezieht sich die Sittenwidrigkeit und damit die Anwendbarkeit des § 228 auf konkret lebensgefährliche Körperverletzungen und auf solche schwers270

So argumentiert auch Freund, in: FS Küper, S. 63 (63). So fordert BGHSt 40, 8 (12 ff.) etwa bei der Amtsanmaßung in der Verwirklichungsform der Vornahme einer Handlung, welche nur kraft öffentlichen Amts vorgenommen werden darf (§ 132 Fall 2), mit Blick auf den Sinn und Zweck der Norm das ungeschriebene Tatbestandserfordernis der Erweckung des Anscheins einer Amtshandlung. Mit Hilfe einer teleologischen Interpretation des § 263 Abs. 1 fungiert die Vermögensverfügung als Bindeglied zwischen dem Irrtum und dem dadurch bedingten Schaden als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, BGH v. 11.3.1960 – 4 StR 588/59, BGHSt 14, 170 (171); Kindhäuser, in: NK-StGB, § 263 Rn. 195 ff. m.w. N. 272 Zur verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit von Einwilligungsschranken siehe Sternberg-Lieben, ZIS 2011, S. 583 ff.; ausführlich ders., Die objektiven Schranken der Einwilligung im Strafrecht passim. 273 Zur Bewertungsdivergenz zwischen der Vorschrift des § 216 und der Suizidbeteiligung etwa Schneider, in: MünchKommStGB, § 216 Rn. 2 ff.; Fischer, StGB, § 216 Rn. 3 f.; Ingelfinger, Grundlagen und Grenzbereiche des Tötungsverbots, S. 169 ff.; krit. v. Hirsch/Neumann, GA 2007, 671 ff., jeweils m.w. N. 271

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ter und irreversibler Art.274 Eine Nötigung i. S. d. § 240 Abs. 1 ist gemäß Abs. 2 verwerflich, wenn sie bestimmten rechtlich legitimierbaren Ordnungsprinzipien zuwiderläuft.275 Der „niedrige Beweggrund“ als „unbenannter besonders schwerer Fall“ 276 des Mordtatbestands ist gleichermaßen noch verfassungsmäßig: Mit der empfindlichen Strafandrohung kommt die für die Erfüllung des Tatbestands erforderliche, besondere Verwerflichkeit der Tötung zum Ausdruck. Mithilfe der beispielhaften Aufzählung bzw. der Gleichstellung mit den anderen Motiven Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs und Habgier lässt sich mithin im Wege vergleichender Wertung ermitteln, wann ein mordunrechtsentsprechender „niedriger Beweggrund“ gegeben ist.277 cc) Anforderungen bei besonders schweren Fällen Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit der im Wege der Regelbeispielstechnik benannten und unbenannten besonders schweren Fälle zu stellen sind, hat das Bundesverfassungsgericht bislang nicht ausdrücklich geklärt. Nach der Entscheidung des zweiten Senats zur Bestimmtheit des besonders schweren Falls des Landesverrats genügt § 94 Abs. 2 Nr. 2 den verfassungsrechtlichen Erfordernissen, obwohl die Anwendbarkeit des erhöhten Strafrahmens von fünf Jahren bis zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe lediglich darauf fußt, dass der Täter anstatt der Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bunderepublik Deutschland i. S. d. Grundtatbestands die Gefahr eines besonders schweren Nachteils herbeiführt.278 Eine ersehnte Stellungnahme zu der dogmatischen Einordnung der Regelbeispiele und deren Bedeutung für die verfassungsrechtliche Bewertung blieb aus. Mit Verweis auf die genannte Entscheidung wurde der unbenannte besonders schwere Fall des Totschlags i. S. d. § 212 Abs. 2 gleichermaßen als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft.279 Die Analyse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit des Gesetzlichkeitsgrundsatzes mit der Regelbeispielsmethode ergab keinen weiteren Erkenntnisgewinn bezüglich der Kriterien gesetzlicher Bestimmtheit. Sicherlich können für die Regelbeispielstechnik aber keine anderen Maßstäbe als für andere Gesetze gelten. Bevor diese spezielle Form der Strafrahmenänderung auf der Basis der hier vertretenen Konzeption an den verfassungs-

274

Roxin, AT I, § 5 Rn. 77. Roxin, AT I, § 5 Rn. 77. 276 Zu der Vergleichbarkeit der Mordmerkmale mit den besonders schweren Fällen siehe Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 23 ff. 277 Roxin, AT I, § 5 Rn. 76. 278 BVerfGE 45, 363 ff.; kritisch Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 394 ff.; Krahl, Die Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgrundsatz, S. 150 f. 279 BVerfG JR 1979, 28 ff. 275

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rechtlichen Grundsätzen gemessen werden kann, ist im Folgenden zunächst auf die Relevanz der Straftatlehre bei der Rechtsfolgenbestimmung einzugehen. 4. Im Speziellen: Das Analogieverbot Der Bestimmtheitsgrundsatz wäre nahezu bedeutungslos ohne das eng mit diesem verknüpfte Verbot der strafbegründenden und strafschärfenden Analogie.280 Die sogenannte qualifizierte Gesetzesbindung sorgt dafür, dass der Strafrichter streng an die gesetzlichen Regelungen gebunden und demnach jede Rechtskonkretisierung ausgeschlossen ist, die zulasten des Täters über den Inhalt einer Strafvorschrift hinausgeht.281 Der Kerngehalt des Grundsatzes ist jedoch nicht unumstritten.282 Als Kriterium des Analogieverbots hat sich zwar die Wortlautgrenze herauskristallisiert. Im Hinblick auf die Konkretisierung dieser Begrenzung besteht jedoch noch immer Uneinigkeit.283 Je nachdem, ob die zu übertragende Regelung auf eine einzelne Vorschrift oder einen aus einer Mehrzahl von Vorschriften abzuleitenden Rechtsgedanken zurückzuführen ist, spricht man von Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie.284 In anderen Rechtgebieten gehört die Analogie zu den gängigen Methoden der Rechtsgewinnung; insbesondere im Privatrecht dient sie der Schließung „planwidriger

280 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 404; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 9 Rn. 55; Jescheck/Weigend, AT, § 15 III 2; Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 71; a. A. Kuhlen, in: FS Otto, S. 89 (99); krit. zudem Amelung, NJW 1995, 2584 (2586 f.); Schroeder, JuS 1995, 875 (876 f.); Kindhäuser, AT, § 3 Rn. 6 f. Zum Adressatenkreis des Analogieverbots Greco, GA 2012, 452 (457 ff.). 281 BVerfGE 25, 269 (285); 73, 206 (235); Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 404; Roxin, AT I, § 5 Rn. 8; Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 70; Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 22. 282 Einen Überblick geben Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 75 ff.; Engisch, Einführung, S. 185 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 381 ff.; Lackner/Kühl, StGB, § 1 Rn. 5 ff.; näher Rüthers/Höpfner, JZ 2005, 21 ff.; Dannecker, in: LK-StGB12, § 1 Rn. 247; zu den Methoden der Auslegung Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 28; allg. zu „vergleichendem Denken“ in der Jurisprudenz Zippelius, Rechtsphilosophie, § 38 II. 283 Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 75 ff.; Schmitt, in: FS Jescheck, S. 223 (231 ff.). Die Ansätze reichen von der allgemein verständlichen, natürlichen Wortbedeutung, Baumann, MDR 1958, 394 (395 ff.), über die „natürliche Wortbedeutung, Wortzusammenhangsbedeutung und Satzbedeutung“, Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 9 Rn. 84 bis zum „möglichen Wortsinn als äußerste Grenze“ Jescheck/Weigend, AT, § 17 IV 5; ähnlich Roxin, AT I, § 5 Rn. 28; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 36 ff.; oder zur „äußersten Grenze des Umgangssprachgebrauchs“ Schünemann, in: FS Bockelmann, S. 117 (126). Zur Unterscheidung von Auslegung und Analogie Perron, in: Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, 211 ff. Zur Wortlautgrenze insbesondere aus semantischer Perspektive Klatt, in: Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 121 ff. 284 Diese Unterscheidung basiert auf Larenz, Methodenlehre, S. 368 ff.; vgl. auch Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 25; Baumann/Weber/Mitsch, AT § 9 Rn.92/93; Maurach/Zipf, AT I, § 10 Rn. 15.

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Regelungslücken“.285 Im Strafrecht ist sie – als Verlängerung des Bestimmtheitsgrundsatzes286 – verboten, da diese Ausweitung der Strafbarkeit gerade nicht gesetzlich bestimmt ist.287 Zugunsten des Täters ist eine Analogie jedoch auch im Strafrecht möglich.288 Aus dem Analogieverbot wird ebenfalls gefolgert, dass die Auslegung von Strafgesetzen ihrerseits ausreichend bestimmt sein muss.289 Zu der im Rahmen der besonders schweren Fälle bezeichneten „innertatbestandlichen Analogie“ soll an späterer Stelle Stellung genommen werden.290 5. Zwischenfazit Der Gesetzlichkeitsgrundsatz findet seine verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 103 Abs. 2 GG. Aus ihm ergeben sich das Rückwirkungsverbot für Strafgesetze, das Verbot von Gewohnheitsrecht sowie das mit dem Bestimmtheitsgebot korrelierende Verbot der analogen Anwendung belastender Strafgesetze. Die in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltenen Garantien dienen der Gewährleistung der staatstheoretisch bedeutsamen Gewaltenteilung und der allein mit ihr zu erreichenden erhöhten Absicherung der Ergebnisrichtigkeit strafrechtlicher Entscheidungen. Die Konsequenz dieser starken Gesetzesbindung ist der fragmentarische Charakter des Strafrechts, d.h. Strafbarkeitslücken werden bewusst in Kauf genommen. Der lückenhafte Charakter des Strafrechts ist allerdings nicht Selbstzweck. Vielmehr ist er die notwendige Konsequenz des Gesetzlichkeitsgrundsatzes.291 Vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzaufgabe und des Grundsatzes der Rechtssetzungsgleichheit gilt es daher einen möglichst umfassenden strafrechtlichen Schutz zu gewährleisten. Daher sind grundsätzlich solche Regelungsinstitute – wie die Regelbeispielsmethode – vorzugswürdig, die möglichst wenige Fragmente erzeugen, bei denen die Straflosigkeit sachwidrig ist. Das im Hinblick auf die zu behandelnde Problematik der besonders schweren Fälle zu untersuchende Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit führt in Literatur und Rechtsprechung nach wie vor zu Unstimmigkeiten. Das Bundesver285

Vgl. Schmitz, in: MünchKommStGB, § 1 Rn. 60; Eser/Hecker, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 1 Rn. 25 m.w. N. 286 Von einer zwingenden Verlängerung sprechen Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 70a. 287 Roxin, AT I, § 5 Rn. 8. 288 BGHSt 7, 190 ff.; 9, 310 ff. 289 Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 70a; BVerfGE vom 23. 6. 2010 – 2 ByR 2559/08, Rn. 78, 79. 290 Hier kann allerdings auch mit Blick auf die Funktion des Gesetzlichkeitsgrundsatzes nichts anderes gelten als beim Bestimmtheitsgebot; vgl. unten C. III. 2. 291 Etwa Freund, in: MünchKommStGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 32 f., § 13 Rn. 140 jeweils m.w. N.

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fassungsgericht gesteht dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum zu. Nach der einschlägigen Rechtsprechung ist der Gesetzgeber gehalten, jedenfalls die grundsätzliche Entscheidung bzgl. des relevanten Verhaltens sowie zu Art und Ausmaß denkbarer Rechtsfolgen selbst zu treffen. Um den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes zu genügen, ist den verfassungsrechtlichen Garantien – etwa der Bindung der rechtsprechenden Gewalt an Gesetz und Recht gem. Art. 20 Abs. 3 GG – Rechnung zu tragen. Beides kann lediglich mit einem materiellen, d.h. an der spezifischen Rechtsfolge der Strafe ausgerichteten Straftatbegriff gelingen. Strafgesetze können und sollen keine konkreten Einzelfälle entscheiden. Sie formulieren abstrakt die Voraussetzungen, die für die Bejahung einer Strafbarkeit erfüllt sein müssen. Die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Strafbarkeit liegt jedoch bei den – an Gesetz und Recht gebundenen – Strafgerichten. Der Bestimmtheitsgrundsatz gilt damit sowohl für die Tatbestandsseite – nullum crimen sine lege – als auch für die Rechtsfolgenseite – nulla poena sine lege; er richtet sich gleichermaßen an Legislative und Judikative Das Verhaltensnormkonzept dient dabei als Bezugsobjekt eines den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechenden, kohärenten Gesamtsystems der Begründung von Strafnormen.

B. Konkretisierungen und Konsequenzen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung Nach dem Dargelegten ist im Folgenden die Relevanz der Aufgabe des Strafrechts im Strafzumessungsvorgang zu eruieren. Es gilt die – auch im Verhältnis zu anderen konkreten Straftaten – angemessene missbilligende Reaktion auf den begangenen Normverstoß (und dessen Folgen) zu bestimmen. Dass dem für den konkreten Fall bedeutsamen Strafrahmen bei der Bestimmung der „richtigen“ Rechtsfolge eine nur begrenzte Funktion attestiert werden kann, sei an dieser Stelle vorweggenommen [s. I.]. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr der Blick auf die Tat in Relation zu anderen Taten und deren Abstufungen in einem materiell konzipierten Straftatsystem [s. II.].

I. Die Problematik gesetzlicher Reaktionsmöglichkeiten und konkreter Rechtsfolgenbestimmung 1. (Unrechts-)Kennzeichnung und Differenzierung im Schuldspruch als der primären Rechtsfolge Als primäre Rechtsfolge kennzeichnet der Schuldspruch das spezifische Fehlverhalten (nebst Fehlverhaltensfolgen) der in Rede stehenden Tat.292 Durch die bereits gesetzliche Unterscheidung verschiedener Straftaten (etwa auch innerhalb der Tötungsdelikte), welche in ihrem Unrechtsgehalt variieren, kann durch eine präzise Kennzeichnung des Normverstoßes durch den Schuldspruch der Qualität des individuellen Verhaltensnormverstoßes Rechnung getragen werden. So verletzen etwa der Mord, der Totschlag, die Tötung auf Verlangen, die fahrlässige Tötung sowie die Körperverletzung mit Todesfolge allesamt das Rechtsgut Leben, das jedoch in unterschiedlicher Weise vom Normbrüchigen angegriffen wurde. Dass das Gewicht des Fehlverhaltens variiert (während der Erfolg identisch bleibt), kommt im jeweils vorgesehenen Urteilsspruch zum Ausdruck.293 Entsprechende gesetzliche Abstufungen finden sich an vielen Stellen des Besonderen Teils, etwa bei der (einfachen, gefährlichen und schweren) Körperverletzung, sowie bei solchen Straftaten, die – wie die Teilnahme oder der Versuch – über Regelungen des Allgemeinen Teils konstituiert werden. 292 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (512 f.); ders., GA 1995, 4 (7 f.); ders., in: Straftat, S. 43 (49). 293 Zum Inhalt des Urteilsspruchs Pfeiffer, StPO, § 260 Rn. 10.

I. Gesetzliche Reaktionsmöglichkeiten und Rechtsfolgenbestimmung

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Auch der (Nicht-294)Eintritt der Fehlverhaltensfolgen beeinflusst das Gewicht der Straftat und ist mithilfe des Urteilsspruchs entsprechend zu kennzeichnen. Freilich beschränkt sich das verwirklichte Unrecht zumeist nicht auf ein spezifisches Fehlverhalten. Viele Tatbestände setzen zusätzlich den Eintritt entsprechender Fehlverhaltensfolgen voraus. Zur Erfüllung der Tatbestände, etwa der vollendeten Tötungs- und/oder Körperverletzungsdelikte, genügt nicht die Schaffung einer rechtlich zu missbilligenden Schädigungsmöglichkeit. Vielmehr ist darüber hinaus die konkrete Verletzung des unter dem Schutz der Verhaltensnorm stehenden Rechtsguts, etwa des Lebens oder der Körperintegrität, als entsprechende Folge des Fehlverhaltens erforderlich. Bleibt die Tatbestandsverwirklichung im Stadium des Versuchs stecken, kann auch nur eine entsprechende Versuchsstrafbarkeit eingreifen, bei der im Schuldspruch (und im Strafausspruch) das Ausbleiben der Fehlverhaltensfolgen berücksichtigt wird. Die geschilderte Differenzierung innerhalb des Schuldspruchs findet nach herkömmlichem Verständnis nicht für sogenannte „unselbstständige Abwandlungen“ mancher Deliktstypen statt. Die Formulierung des spezifischen Unrechts nach der Verwirklichung benannter oder unbenannter besonders schwerer oder minder schwerer Fälle im Urteilsspruch wird häufig als überflüssig angesehen,295 da ihnen zumeist (bloß) Strafzumessungscharakter attestiert wird.296 Die einzige – nur historisch zu erklärende, aber nicht wirklich sachlich begründbare – Ausnahme bildet dabei der besonders schwere Fall der sexuellen Nötigung, dessen Nennung im Urteilsspruch ständige Rechtsprechung ist. Aufgrund der Deliktsüberschrift und der entsprechenden Legaldefinition in § 177 Abs. 2 Nr. 1 ergehe der Schuldspruch (nur) hier „wegen Vergewaltigung“.297 Die Einordnung als Strafzumessungsregel bleibe davon aber ausdrücklich unberührt.298 In Anbetracht der dadurch auftretenden Wertungswidersprüche zu den §§ 176 a Abs. 1 Nr. 1, 179 Abs. 4 Nr. 1 sowie im Hinblick auf die gemeinschaftliche Tatbegehung nach § 177 Abs. 2 Nr. 2 erscheint die unterschiedliche Ausgestaltung einerseits als Regelbeispielsnorm, andererseits als Qualifikationstatbestand ohnehin nicht plausibel. Darüber hinaus ist es schwer nachvollziehbar, warum nur im Fall des § 177 Abs. 2 Nr. 1, nicht aber auch sonst, die Verwirklichung eines (un-)benannten besonders schweren Falles – richtigerweise(!) – in den Schuldspruch aufgenommen wird. 294

Zum Versuch als selbstständige Straftat Freund, AT, § 8 Rn. 9 ff. BGHSt 23, 254 (256 f.); 27, 287 (289); Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 84; vgl. Montenbruck, Abwägung und Umwertung, S. 29 f. 296 Beulke, Strafprozessrecht, § 24 Rn. 500; Brehmeier-Metz, in: Dölling/Duttge/ Rössner, Gesamtes Strafrecht, § 260 Rn. 6 StPO. Vgl. unten C. II. 1. m.w. N. 297 BGHSt 45, 253 ff.; BGH NJW 2001, 2185 ff.; BGH NStZ 1998, 510 ff.; 1999, 186 ff.; 2000, 254 ff.; BGH NStZ-RR 1999, 355 Nr. 40; BGH NStZ 2007, 478 ff. Dazu Fischer, StGB, § 177 Rn. 75a; Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 177 Rn. 23. Kritisch Renzikowski, in: MünchKommStGB, § 177 Rn. 16. 298 BGH NJW 1998, 2987 ff. Dazu Lackner/Kühl, StGB, § 177 Rn. 11. 295

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Im Hinblick auf die grundsätzlich notwendige, exakte Bezeichnung des verwirklichten Unrechts im Schuldspruch als Antwort auf die Infragestellung der Normgeltung ist diese Inkonsequenz zu kritisieren:299 Die Entscheidung, eine strafschärfende Regelung in den Urteilstenor aufzunehmen, lässt sich nicht anhand der – nicht selten zufällig – divergierenden Regelungstechniken legitimieren.300 Jedenfalls die im Rahmen der Regelbeispielstechnik benannten besonders schweren Fälle sind den „echten“ Qualifikationstatbeständen – nicht nur im Hinblick auf den Schuldspruch – gleichzusetzen.301 2. (Unrechts-)Kennzeichnung und Differenzierungen im Strafausspruch a) Strafhöhenbemessung anhand der gesetzlichen Strafrahmen Der bereits aufgezeigte Differenzierungsgedanke im Rahmen des Schuldspruchs findet ebenso in der vom Gesetzgeber vorgenommenen Einteilung in Strafrahmen seinen Niederschlag.302 Dabei spiegeln sich unterschiedliche Schwereeinschätzungen im Hinblick auf das verwirklichte Fehlverhalten (und dessen Folgen) in den vorgesehenen entsprechend verschiedenen Strafarten- und höhen wider.303 Dass Mord mit der zwingenden Folge der lebenslangen Freiheitsstrafe das obere Ende einer fiktiven Schwereskala anführt, ist der gesetzgeberische Ausdruck des besonders ausgeprägten Vorwurfs gegenüber dem Täter. Auch bei den übrigen Tötungs- sowie den Körperverletzungsdelikten ist eine Rangfolge erkennbar. Während beim Totschlag eine fünfjährige Freiheitsstrafe das Mindeststrafmaß bildet, ist diese bei der Tötung auf Verlangen und der fahrlässigen Tötung die höchstmögliche Strafe. Dementsprechend variieren die Strafrahmen der einfachen, gefährlichen und – bereits als Verbrechen einzuordnenden – schweren Körperverletzung. Häufig angeführte Beispiele für Abstufungen im Allgemeinen Teil sind etwa die Strafrahmenmilderungen bei der Beihilfe (im Verhältnis zur täterschaftlichen Begehung) sowie beim Versuch (im Verhältnis zur Vollendungstat).304 299 Zur Rolle des Schuldspruchs ausführlich Freund/Rostalski, JZ 2015, 164 (164 f.); vgl. auch oben B. I. 1. 300 Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 63, 84; ferner Jakobs, AT, 6. Abschn. Rn. 99 f.; BGH NJW 1998, 2987 (2988). 301 So auch Freund, GA 1999, 509 (512); zur stärkeren Konzentration auf straftatkonstituierende Momente bei der Reform des Kern- und Nebenstrafrechts ders., ZLR 1994, 261 (281 f.); ders., ZStW 109 (1997), 455 (478 ff.). 302 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (513 ff.). Ausführlich zum System der Strafrahmen Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 43 ff.; Götting, Strafrahmen, S. 47 ff.; ders., NStZ 1998, 542 (542 ff.). 303 Zu der Entwicklung der Strafrahmen und der Frage, ob das Strafrecht milder oder strenger geworden ist, Hettinger, in: FS Schünemann, S. 891 (897 ff., 903 f.). 304 Zu unterscheiden ist die obligatorische Milderung nach § 49 bei der Beihilfe von der bloß möglichen beim Versuch nach § 23 Abs. 2.

I. Gesetzliche Reaktionsmöglichkeiten und Rechtsfolgenbestimmung

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Die im Gesetz anzutreffenden Strafrahmen besitzen im Hinblick auf eine gesetzgeberische Vorwertung allerdings eine nur sehr begrenzte Aussagekraft. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass jede Norm eine Vielzahl konkreter Fehlverhaltensweisen (nebst Folgen) umfasst und deren angemessene Sanktionierung gewährleisten muss. Denn eine ständige, an wechselnde Bewertungsmaßstäbe angepasste Änderung zu eng gefasster Strafrahmen wäre impraktikabel und sachwidrig.305 Die Weite der Strafrahmen bietet im Hinblick auf die Balance zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit durchaus Vorteile. Überdies sind die meisten Strafrahmen sogar insofern „nach unten“ erweiterbar, als bei einem besonders geringen Fehlverhalten die Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens (§ 153 ff. StPO) oder der Umwandlung einer Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe oder gar eine Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59) eröffnet ist. Trotz der mittels der Strafrahmen geschaffenen ersten Weichenstellung bleiben immer noch eine Vielzahl – qualitativ und quantitativ unterschiedlicher – Reaktionsmöglichkeiten, innerhalb deren der Rechtsanwender die für den konkreten Fall angemessene Reaktion zu ermitteln hat.306 Im Fall eines Diebstahls ist diese Reaktion innerhalb eines Strafrahmens zu ermitteln, der von fünf Tagessätzen Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren reicht. Liegt ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vor (§ 243) oder erfüllt der Täter ein Qualifikationsmerkmal i. S. d. § 244, kommt ausschließlich die Verhängung einer Freiheitsstrafe i. H. v. drei bzw. sechs Monaten bis zu 10 Jahren in Betracht. Zwar ist unter Rechtssicherheitsaspekten eine Einschränkung der Reaktionsmöglichkeiten durch die Strafrahmen wünschenswert.307 Doch wäre eine zu enge Begrenzung der Einzelfallgerechtigkeit abträglich. Die Weite der Strafrahmen steht einer angemessenen Reaktion auf normwidriges Verhalten daher nicht entgegen. Vielmehr hält sie nahezu unbegrenzt viele Reaktionsmöglichkeiten bereit, unter denen die für den konkreten Verhaltensnormverstoß (und dessen Folgen) „richtige“ Reaktion zu bestimmen ist.308 Fraglich ist, ob die Strafrahmen Aufschluss für die Bestimmung dieser „richtigen“ Strafe geben oder diese gar programmieren.

305

Vgl. etwa BGH NJW 1977, 686 m. Anm. Frank, 686 f. Zu der Problematik der sehr weiten Strafrahmen Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 143 ff.; zum Vorgang der Strafzumessung im Allgemeinen Schäfer/Sander/ van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung; Meier, Strafrechtliche Sanktionen, Teil 4; Schott, Strafrahmen und tatrichterliche Handhabung, S. 31 ff. 307 Zu entsprechenden Vorschlägen Streng, Strafzumessung und relative Gerechtigkeit, S. 293 ff.; ähnlich Heinz, in: Individualprävention und Strafzumessung, S. 85 (127 ff.). 308 Dazu Freund, GA 1999, 509 (515). 306

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

aa) Begrenzungsfunktion der Strafrahmen Selbst die den Strafrahmen häufig beigemessene Funktion der Begrenzung etwaiger Reaktionsmöglichkeiten wird oft überschätzt:309 Dass eine Bestrafung ohne die entsprechende Ermächtigungsgrundlage nicht zugelassen ist, folgt bereits aus dem Gesetzlichkeitsgrundsatz. Zudem kann den Strafrahmen jedenfalls in Bezug auf ihre untere Grenze gerade keine uneingeschränkte Verbindlichkeit attestiert werden. Neben der häufig auftretenden gesetzlichen Zulassung einer Strafmilderung nach § 49 ermöglichen § 47 Abs. 2 durch die potentielle Verhängung einer Geldstrafe und § 59 durch die Verwarnung mit Strafvorbehalt eine Korrektur der Strafrahmen „nach unten“. Gleiches gilt für die Möglichkeit der strafprozessualen Einstellung nach §§ 153 ff. StPO, die etwa dem Gewicht eines bloß geringen Verhaltensnormverstoßes Rechnung tragen kann. Die genannten „Korrektur-Möglichkeiten“ sind in der Regel bei einer erhöhten Mindeststrafe sowie bei absoluten Strafandrohungen nicht verfügbar.310 Vor diesem Hintergrund erscheint im Hinblick auf ihre sachliche Legitimation die in § 211 vorgesehene zwingende Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe311 in (Einzel-)Fällen eines vergleichsweise geringen Verstoßes bedenklich. Daher ist umstritten, ob die Feststellung eines Mordmerkmals i. S. v. § 211 Abs. 2 zwangsläufig die angedrohte lebenslange Freiheitsstrafe auslöst, wenn etwa die durch ein Mordmerkmal an sich besonders schwerwiegende Tötung durch strafmildernde Umstände relativiert wird.312 Die Unangemessenheit der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe etwa in Fällen der heimtückischen Tötung aus achtenswerten Motiven oder der gemeingefährlichen Tötung eines verhassten Diktators313 findet in Rechtsprechung und Literatur durchaus Zuspruch. Die Lösung des Problems erfolgt allerdings auf unterschiedlichen Wegen.314 Eine Vielzahl der divergierenden Ansätze versucht das Problem vornehmlich auf der Rechtsfolgenseite zu lösen.315 Richtigerweise muss bereits auf Tatbestandsebene hinterfragt werden, für welche Fehlverhaltensweisen sich eine Sanktionsnorm mit

309 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (516); Verrel, in: FS Wolter, S. 799 (800 f.). 310 Überblicksartig siehe Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, S. 10 ff. 311 Eine zwingende lebenslange Freiheitsstrafe ist etwa auch bei verschiedenen Delikten des Völkerstrafgesetzbuches vorgesehen, vgl. § 6 ff. VStGB. 312 Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 211 Rn. 8 ff. 313 Diese und weitere Beispiele eines Mordes „im minder schweren Fall“ bei Eser/ Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 211 Rn. 9 ff. 314 Eine Übersicht gibt Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 211 Rn. 8 ff. 315 So etwa BGHSt 30, 105 (119 ff.); siehe dazu Fünfsinn, Jura 1986, 136 (137 ff.); vgl. Fischer, StGB, § 211 Rn. 4; Grasnick, in: Simon/Stegmaier, Fremde Vernunft, S. 194 (200 ff.).

I. Gesetzliche Reaktionsmöglichkeiten und Rechtsfolgenbestimmung

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entsprechend hoher Strafandrohung überhaupt legitimieren lässt.316 Erkennt man insoweit nicht schon eine teleologisch-restriktive Auslegung bzw. die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion des § 211 an, entstehen womöglich auf Rechtsfolgenseite verfehlte – schwer korrigierbare – Ergebnisse.317 Trotz der angehobenen Mindeststrafe bildet auch die Regelbeispielsmethode ein weiteres Beispiel für die Offenheit der Strafrahmen. Anders als bei den Qualifikationstatbeständen318 legitimiert sich eine Strafschärfung bloß in der Regel durch das Vorliegen eines der benannten Beispiele. Nur dann, wenn sich der erschwerte Schuldspruch und der erhöhte Strafrahmen auch mit Blick auf die ratio der Norm als angemessen erweisen, lässt sich die entsprechende Rechtsfolge legitimieren. In diesem Zusammenhang gelten auch die vielfach geregelten minder schweren Fälle, die ebenso eine Relativierung der Verbindlichkeit der Strafrahmen bewirken, als ein weiteres „Ventil nach unten“. bb) Leitfunktion der Strafrahmen Mehr als fraglich ist nun, ob den Strafrahmen ein für die Beurteilung des konkreten Falls lenkender Charakter zukommt. Kann anhand des bloßen Strafrahmens eine Einschätzung der Schwere bezüglich eines Einzelfalls vorgenommen werden? (1) Die Grenzwerthypothese In Anlehnung an eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs aus den siebziger Jahren319 wird den Strafrahmen seitens der Rechtsprechung und von einem Teil der Lehre eine essentielle (Leit-)Funktion bei der Beurteilung der Tatschwere eines konkreten Falls zuerkannt.320 Dem Beschluss entsprechend soll der im Strafrahmen enthaltene Bereich zwischen der gesetzlichen Mindest- und Höchststrafe alle Schweregrade der jeweils zu beurteilenden Gesetzesverletzungen abdecken. Erfasst seien sowohl die denkbar schwersten als auch die denkbar 316

Hierzu insbesondere BVerfGE 45, 187 (253 ff.). Für eine solche teleologisch orientierte Interpretation des § 211 Freund, GA 1999, 509 (514, 516); zur Einschränkbarkeit des § 211 etwa BGHSt 27, 346 (348); Krey/Hellmann/Heinrich, BT I, Rn. 55 ff. m.w. N. 318 Auch im Rahmen der Qualifikationstatbestände steht die Anwendung des erhöhten Strafrahmens unter der Bedingung, sachlich berechtigt zu sein; vgl. unten C. IV. Siehe auch Freund, GA 1999, 509 (514). 319 BGHSt 27, 2 ff. 320 Dazu und zum Folgenden vor allem BGH JR 1977, 164 m. Anm. Bruns, 164 (165 f.); BGH NJW 1977, 686 m. Anm. Frank, 686 f.; s. a. Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor § 46 Rn. 8; Hettinger, GA 1995, 399 (410); Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (149); bereits ders., Gerechte Strafe, S. 61 ff.; Günther, JZ 1989, 1025 (1026 f.); Meier, JuS 2005, 879 (880 ff.); vgl. auch Freund, GA 1999, 509 (517 f.); Frisch, Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung, S. 161 m.w. N. in Fn. 214. 317

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

leichtesten Fälle; für sie seien die Grenzwerte des Rahmens vorgesehen.321 Die Strafrahmen sollen nicht nur die äußere Grenze des tatrichterlichen Ermessensspielraums sein322, sondern eine gleichsam unsichtbare kontinuierliche Schwereskala aller möglichen Fälle enthalten, an die der Richter bei der Entscheidung über die Rechtsfolge gebunden sei.323 Weil die gesetzlichen Strafrahmen auch eine Bestrafung denkbar schwerster Taten ermöglichen sollen, seien diese für den Rechtsanwender ein konstitutiver Orientierungspunkt bei der individuellen Strafzumessung. Entscheidende Bedeutung erlangt – nach einer Spielart der Grenzwerthypothese324 – die Differenzierung zwischen dem praktischen Regelfall und dem rein gedanklichen Durchschnittsfall.325 Letzterer müsste aufgrund der (exakten) mittleren Schwere in der mathematischen Mitte des vorgesehenen Strafrahmens einzuordnen sein. Etwa bei einem durchschnittlichen Raub (§ 249), der eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr (bis zu 15 Jahren) vorsieht, läge das arithmetische Mittel bei 7 1/2 Jahren Freiheitsstrafe.326 Anders als beim Durchschnittsfall ist die Tatschwere bei dem erfahrungsgemäß immer wieder auftretenden Regelfall gewöhnlich relativ gering, sodass sich eine Bestrafung wohl eher im unteren Drittel des Strafrahmens bewegen würde.327 Bestrafte man einen solchen Regelfall mit einer Strafe aus der Mitte des gesetzlichen Strafrahmens, bliebe für Fälle, die die Alltagskriminalität übersteigen, kein ausreichender Spielraum mehr. Die Strafanpassung im Einzelfall würde vereitelt. Zudem würde das Verhältnis zwischen leichten und schweren bzw. schwersten Fällen verschoben.328 Da vor diesem Hintergrund eine Erfassung des denkbar schwersten und des denkbar leichtesten Falls praktisch unmöglich ist, soll eine Gruppe schwerster Fälle und eine Gruppe leichtester Fälle die Grenzpunkte für ein mithin auch

321

BGHSt 27, 2 (3). Dargestellt bei BGH JR 1977, 164 m. Anm. Bruns, 164 (165 f.), die Strafrahmen seien als Grenzen des tatrichterlichen Ermessensspielraums anerkannt. Vgl. auch Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 60 ff. 323 BGH JR 1977, 164 m. Anm. Bruns, 164 (165 f.). 324 Zur Strafhöhenbemessung anhand des statistischen „Durchschnittsfall“ etwa Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 314 ff. 325 Zur Differenzierung von Durchschnitts- und Regelfall etwa Hettinger, GA 1993, 1 (16 f.); BGH JR 1977, 164 m. Anm. Bruns, 164 (165 f.); ders., Strafzumessungsrecht, S. 61 f.; Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (150), ders., Gerechte Strafe, S. 62 ff. Zum Regeltatbild vor allem Fahl, Regeltatbild, S. 100 ff.; ders., ZStW 111 (1999), 156 (166 ff.). 326 Die Ermittlung der Strafrahmen-„Mitte“ gestaltet sich bei solchen Delikte, die entweder eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe androhen, noch verhältnismäßig leicht. Sobald es sich aber um eine gemischte Strafandrohung handelt, ist die mathematische Mitte schwer zu bestimmen. 327 Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 87. 328 BGHSt 27, 2 (4 f.); vgl. auch Dreher, Gerechte Strafe, S. 61 ff.; Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 83 ff. 322

I. Gesetzliche Reaktionsmöglichkeiten und Rechtsfolgenbestimmung

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praxistaugliches Strafzumessungskonzept bilden.329 Auf diese Weise gelingt die Verhängung der Mindeststrafe auch für solche Fälle, die trotz schärfender Umstände dem denkbar leichtesten Fall weitgehend entsprechen. Ebenso ist die Höchststrafe aus praktischen Erwägungen nicht dem denkbar schwersten Fall vorbehalten; sie ist für eine Gruppe schwerster Fälle bestimmt. Der Rechtsprechung ist insoweit zuzustimmen, als die normative Bewertung der Strafzumessungsfaktoren und der Tatschwere nicht allein anhand statistischer Größen zu bestimmen sein kann.330 (2) Kritische Beurteilung der Grenzwerthypothese Um zu klären, ob die Strafrahmen tatsächlich eine Schwereskala für die Bestimmung einer konkreten Rechtsfolge liefern können, bedarf es zuallererst einer kritischen Auseinandersetzung mit der Grenzwerthypothese.331 Mit ihr steht und fällt auch der an der Ober- und Untergrenze orientierte Gedanke einer Schwereskala. Den Ausgangspunkt für die Bestimmung des Strafmaßes einer konkreten Tat sollen die Strafrahmengrenzwerte des in Rede stehenden Delikts bilden. In Anbetracht ihrer „Offenheit“, die insbesondere Strafmilderungs- sowie strafprozessualen Einstellungsmöglichkeiten geschuldet ist,332 besitzt jedenfalls die untere Grenze des Strafrahmens keine Verbindlichkeit. Sie ist daher nicht geeignet, als (fester) Orientierungspunkt für die konkrete Bestimmung der Strafe zu fungieren. Die Offenheit des gesetzlichen Systems lässt vermuten, dass der Gesetzgeber mit der möglichen „Verlängerung nach unten“ auch geringem Unrecht Rechnung tragen will. Dessen notwendige Erfassung wird durch die Grenzwerthypothese konterkariert.333 Nach dem Gesagten ist auch die Aussagekraft der Strafobergrenze zweifelhaft. Denn das vorgesehene Strafhöchstmaß kann nicht zwangsläufig dem denkbar

329 So vor allem Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (160), ders., Gerechte Strafe, S. 61 f.; BGH NStZ 1984, 359 m. Anm. Zipf, 359 (359 f.); BGH StV 1993, 521 ff.; ferner Gribbohm, in: LK-StGB11, § 46 Rn. 271. 330 BGHSt 27, 2 ff.; BGH NStZ 1983, 217 ff. Das wurde ebenfalls für Fälle des Totschlags entschieden BGH NStZ 1984, 20 ff.; BGH StV 1983, 102 ff. Vgl. auch Freund, GA 1999, 509 (517); Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 314 ff. 331 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (519 ff.). 332 Eine Übersicht gibt Beulke, Strafprozessrecht, Rn. 333 ff., 341. 333 Die Unverbindlichkeit der unteren Strafgrenze sehend Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (160); vgl. auch Freund, GA 1999, 509 (519); Frisch, in: 140 Jahre GA, S. 1 (31); Bergmann, Milderung, S. 30; Giehring, in: Pfeiffer/Oswald, Strafzumessung, S. 77 (95); in der Sache übereinstimmend Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 25a; vgl. auch Götting, Strafrahmen, S. 27 f.; Schott, Strafrahmen und tatrichterliche Handhabung, S. 46 ff.

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

schwersten Fall oder einer entsprechenden Gruppe schwerster Fälle zugeordnet werden. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz. Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass das StGB vermehrt gleiche Strafrahmen, insbesondere identische Strafobergrenzen für unterschiedliche Straftatbestände vorsieht: Täter einer fahrlässigen Tötung (§ 222), eines Diebstahls (§ 242 Abs. 1) oder einer Hehlerei (§ 259 Abs. 1) erwartet gleichermaßen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.334 Die Richtigkeit der Grenzwerthypothese unterstellt, ist der denkbar schwerste Fall der fahrlässigen Tötung ebenso wie der des Diebstahls oder der Hehlerei mit fünf Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden. Dem Gesetzgeber hier eine Gleichsetzung der genannten Delikte zu unterstellen, ist aber fernliegend. Eine über die Grobeinordnung der jeweiligen Deliktstypen hinausgehende Vorbewertung durch den Gesetzgeber ist eine reine Mutmaßung.335 Dass das Strafhöchstmaß im Hinblick auf die konkrete Rechtsfolgenbestimmung keine weiterführende Bedeutung besitzt, demonstrieren insbesondere solche Delikte, bei denen keine Strafrahmenabstufung zur Unterscheidung von vorsätzlichem und fahrlässigem Fehlverhalten vorgesehen ist. So bezieht sich die Strafandrohung des § 316 Abs. 1 – Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe – aufgrund der Verweisung in Abs. 2 sowohl auf die vorsätzliche als auch die fahrlässige Trunkenheit im Verkehr. Nach der Grenzwerthypothese sind zwei sonst identische alkoholbeeinflusste Pkw-Fahrten, wenngleich die eine vorsätzlich, die andere fahrlässig verwirklicht ist, identisch zu bestrafen. Dies ist im Hinblick auf die unterschiedliche Gewichtung von vorsätzlichem und fahrlässigem Fehlverhalten systemwidrig und in der Sache nicht haltbar.336 Während der fahrlässig Handelnde zum Tatzeitpunkt die Situation nur eingeschränkt erfasst, entscheidet sich der Vorsatztäter schließlich für die konkrete Rechtsgutsverletzung.337 Die Gleichsetzung des über seine Fahrtüchtigkeit Irrenden mit demjenigen, der sich seines Rauschzustandes bewusst seinen Pkw startet, ist widersinnig, da die Infragestellung der Normgeltung offensichtlich unterschiedlich stark ist. Eine Gleichbehandlung ist damit nicht legitimierbar. Das Gesagte gilt entsprechend für sogenannte rechtsgüterübergreifende Strafrahmen. So sieht § 315 c das gleiche Strafmaß für die Gefährdung fremder Sachen – seien sie auch von bedeutendem Wert – wie für die Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen vor. Auch hier mutet eine identische Bestrafung sachwidrig an. Tatsächlich

334 Das identische Strafhöchstmaß findet sich zudem bei zahlreichen weiteren Straftatbeständen, z. B. bei der Tötung auf Verlangen (§ 216), der Aussetzung (§ 221 Abs. 1) und der Zuhälterei (§ 181a). 335 Freund, GA 1999, 509 (520); Frisch, in: 140 Jahre GA, S. 1 (31); Bergmann, Milderung, S. 26 ff., 44 ff. 336 Zu der auch der Gesetzessystematik zu entnehmenden qualitativen Differenzierung von Vorsatz und Fahrlässigkeit Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 46 ff.; Freund, AT, § 7 Rn. 35 ff. 337 Zum Verhältnis Vorsatz – Fahrlässigkeit vor allem Freund, AT, § 7 Rn. 35 ff.

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obliegt es dem Rechtsanwender eine im konkreten Fall angemessene Strafabstufung zu erreichen.338 Die Grenzwerthypothese geht ferner davon aus, dass sich die Bestimmung der Strafrahmen durch den Gesetzgeber auf die zuvor durchgeführte theoretische Ermittlung der denkbar leichtesten und schwersten Fälle gründet. Praktisch bedeutet dies, dass sich für den Gesetzgeber im Prozess der Strafrahmenbestimmung für ein bestimmtes Delikt die theoretische Frage stellt, welches Verhalten er im Sinne des Delikts als denkbar leichtestes bzw. denkbar schwerstes einstuft. Hier ist Phantasie gefragt. In einem zweiten Schritt wird dann der qualitativ leichteste Fall in eine entsprechende Strafe – etwa als Mindestgrenze – übersetzt. Gleiches gilt für den Fall mit dem höchsten Unrechtsgehalt, dessen zu erwartende Strafe als Höchstgrenze eingesetzt wird. Mit der jeweils ermittelten „richtigen“ Strafe lässt sich dann der Strafrahmen festlegen. Diese Methode hinkt: Zu groß ist die Gefahr – einen gewissen „Sicherheitsspielraum“ aufaddiert – einen den Strafrahmen deutlich übersteigenden, schlimmeren Fall nicht mehr zu erfassen.339 Denn zu dem Strafrahmenminimum und dem -maximum lässt sich immer wieder ein leichterer bzw. schwererer Fall denken. Dieser Ansatz würde dem Ziel einer angemessenen strafrechtlichen Ahndung auch eines solchen (un!)denkbar schweren Falls zuwiderlaufen.340 Gegen diese Möglichkeit der Strafrahmenbestimmung spricht zudem, dass die entwickelten Grenzfälle dem Rechtsanwender zur Orientierung an die Hand gegeben werden müssten. Nur so gelänge die bezweckte relative Gerechtigkeit bei der Bestrafung. Dies ist jedoch nicht der Fall, sodass die Grenzwerthypothese tatsächlich für den Rechtsanwender von nur zweifelhaftem Nutzen ist.341 Darüber hinaus widerspricht die mathematische Ermittlung der Strafen im konkreten Fall dem eigentlichen Ziel des Strafrechts. Dass etwa bei einem Durchschnittsfall die errechnete Mitte des Strafrahmens als Strafe zu verhängen ist342, steht nicht im Einklang mit der intendierten Strafwirkung, die nicht linear verläuft. So steigt das Strafleiden mit zunehmender Dauer überproportional an, sodass 4 Jahre Freiheitsstrafe eben nicht doppelt so viel wiegen wie

338

Freund, GA 1999, 509 (529, Fn. 45). Dieses Problem (wenig überzeugend) berücksichtigend Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (160) – Die Höchst- und Mindeststrafe sei einer ganzen Gruppe besonders schwerer bzw. leichter Taten zuzuordnen. 340 Fahl, Regeltatbild, S. 186 f.; Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 132, die zu Recht darauf hinweisen, dass konsequenterweise die Strafe bei der Entwendung eines Betrages von 99 A geringer sein muss als eines von 100 A. Allerdings erscheint diese Differenz derart gering, dass sie einen Unterschied im Strafmaß nicht rechtfertigt, zum anderen ist sie in Strafquanten nicht ausdrückbar; vgl. auch Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 32. 341 Freund, GA 1999, 509 (521). 342 So Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (150); zu den Instituten des „Regelfalls“ und der „Regelstrafe“ auf der Basis einer empirischen Untersuchung anhand der Strafverfolgungsstatistik für die Jahre 1987–1991 Götting, Strafrahmen, S. 77 ff. 339

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

2 Jahre und halb so viel wie acht Jahre Freiheitsstrafe.343 In diesem Rahmen ist es zudem rätselhaft, wie das arithmetische Mittel eines Strafrahmens eigentlich ermittelt werden soll, wenn – wie sehr häufig – die Strafandrohung die Möglichkeit von Geld- und Freiheitsstrafe bietet.344 Ein konkurrenzrechtliches Argument spricht zudem gegen die Anwendung der Grenzwerthypothese: Nach den Regelungen zur Tateinheit i. S. v. § 52 bestimmt sich die Strafe, soweit mehrere Strafgesetze „verletzt“ sind, nach dem Gesetz, das die schwerste Strafe androht. Sie darf zudem nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen. Wenn ein schwerster Fall eines Delikts nunmehr tateinheitlich mit einem anderen Delikt verwirklicht wurde, steht nur der Strafrahmen des schwereren Delikts zur Verfügung. Wenn jedoch bereits der denkbar schwerste Fall verwirklicht wurde, der – entsprechend der Grenzwerthypothese – zwingend die Höchststrafe verdient, kann das zweite Delikt strafzumessungsrechtlich nicht mehr erfasst werden. Sicherlich besteht der Schuldspruch als primäre Rechtsfolge fort. Angesichts eher zufälliger Gesichtspunkte, die in der Regel über das Vorliegen von Tateinheit oder Tatmehrheit entscheiden, ist hiermit der Möglichkeit der sanktionslosen Verwirklichung tateinheitlicher Delikte buchstäblich Tür und Tor geöffnet.345 Das Ziel einer angemessenen missbilligenden Reaktion auf einen Verhaltensnormverstoß (nebst Folgen) wird auf diese Weise gerade nicht erreicht. Zudem helfen auch nicht die festen Grenzbestimmungen über das allgegenwärtige Problem des Wertewandels346 hinweg. Auch wenn diesem seitens der Gerichte versucht wird, Rechnung zu tragen, führt die Anerkennung nicht mehr zeitgemäßer Strafrahmen jedenfalls auf Dauer zu unsachgemäßen Ergebnissen.347 Besonders deutlich wird dies mit Blick auf inzwischen aufgehobene Strafvorschriften wie Ehebruch, Gotteslästerung oder Homosexualität. Es stellt sich die absurde Frage, ob hier etwa die Normalstrafe bis zum Tage vor dem 343 Fahl, Regeltatbild, S. 189; krit. gegenüber dem Gedanken des überproportionalen Ansteigens Haag, Rationale Strafzumessung, S. 76, der auch ein Abstumpfen mit zunehmender Dauer für möglich hält. 344 Freund, GA 1999, 509 (519). Den Gedanken der nicht proportional zur Strafhöhe verlaufenden, individuellen Strafwirkung sehend Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (157 f.); BGH NJW 1977, 686 m. Anm. Frank, 686 f.; zur Problematik der überproportional ansteigenden Strafwirkung auch Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 86; Bergmann, Milderung, S. 29. 345 Freund, GA 1999, 509 (522); Puppe, in: NK-StGB, § 52 Rn. 17; zur Problematik der Strafzumessung bei Idealkonkurrenz Montenbruck, Strafrahmen, S. 135 ff. 346 Dazu etwa BGH NJW 1977, 686 m. Anm. Frank, 686 f.; Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (161 f.). 347 Freund, GA 1999, 509 (522); die „abstrakt durchaus zutreffende Erkenntnis“ der kontinuierlichen Schwereskala dennoch anerkennend Streng, JuS 1993, 919 (923); zum historischen Wandel Fahl, Regeltatbild, S. 190 ff.; a. A. Dreher, in: FS Bruns, S. 121 (161 f.), der die Problematik des Wertewandels mit seiner Konzeption nicht angemessen lösen kann.

I. Gesetzliche Reaktionsmöglichkeiten und Rechtsfolgenbestimmung

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Wegfall der Strafbarkeit in der Mitte des Strafrahmens anzusiedeln gewesen sei.348 Die Anerkennung der Grenzwerthypothese würde dazu führen, dass Strafrahmen andauernd – entsprechend der aktuellen gesellschaftlichen Wertung – geändert werden müssten. Dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit ist hier demnach nur vordergründig gedient. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich mit einer Änderung der gesellschaftlichen Wertvorstellungen nicht unbedingt die gesamte Schwereskala bewegt: So können etwa solche Taten, die früher als besonders verachtenswert beurteilt wurden und damit weit oben auf der Schwereskala einzuordnen waren, nun leichter bewertet werden, sodass ihr Platz auf der Skala weiter unten anzusiedeln wäre, ohne dass sich die Skala verschoben hätte.349 Im Hinblick auf Strafrahmenänderungen bedeutete dies, dass dieselbe Tat innerhalb des neuen Rahmens gegenüber dem alten an einen neuen Platz rückt.350 Jede Verschärfung oder Milderung des Strafrahmens führte zu einer entsprechenden Veränderung des Strafniveaus. Die Bewertung einer bestimmten Tat hinge damit entscheidend von dem zum Urteilszeitpunkt bestehenden Strafrahmen ab.351 Eine der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit gleichermaßen gerecht werdende, vorsorglich etwas weitere Fassung der Strafrahmen bezieht die Problematik des Wertewandels mit ein und ermöglicht dem Rechtsanwender angemessen auf den jeweiligen Verhaltensnormverstoß (sowie dessen Folgen) zu reagieren.352 b) Fazit Den Strafrahmen kommt – trotz aller Bestrebungen353 – in aller Regel keine Leitfunktion für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung zu. Nur in den Fällen der absoluten Strafandrohung und der Androhung einer Mindeststrafe entfalten sie (beschränkte) Verbindlichkeit. Die von den Verfechtern der Grenzwerthypothese attestierte Leistungsfähigkeit der Strafrahmen besteht bereits im Ansatz nicht: 348 So vor allem BGH NJW 1977, 686 m. Anm. Frank, 686 f.; vgl. auch Fahl, Regeltatbild, S. 190 ff. Mit gutem Beispiel voran ging das LG Hamburg, NJW 1951, 853 ff. zu § 175 StGB a. F. (Strafbarkeit sexueller Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts), in dem es unter Bezugnahme auf die Straflosigkeit in anderen Ländern und allgemeinen Ausführungen zur Strafwürdigkeit und -bedürftigkeit auf die gesetzliche Mindeststrafe von 3 DM erkannte. 349 Frisch, Revisionsrechtliche Probleme, S. 163 mit Fn. 220; Hassemer, ZStW 90 (1978), 64 (78); a. A. Exner, Strafzumessungspraxis, S. 103; Fahl, Regeltatbild, S. 192. 350 Dreher, in: FS Bruns, S. 141 (150); ders., JZ 1956, 682 (683). 351 Freund, GA 1999, 509 (518); Fahl, Regeltatbild, S. 192 f.; Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 48. 352 Freund, GA 1999, 509 (523 f.); Seebald, GA 1974, 193 (198 ff.). 353 Zu den Strafrahmen als Maßstab für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung etwa Jescheck/Weigend, AT, § 82 II 4; Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 32, 48; Streng, NStZ 1989, 393 (395 f.); Fahl, Regeltatbild, S. 198 ff.; Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 149 ff.

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Die Existenz der Strafrahmen ist als Ausführung der Regelungsaufgabe des Gesetzgebers zu verstehen. Nicht zu übersehen ist auch deren Aufstellung aus systematischen Erwägungen.354 Sie enthalten keine für den Einzelfall nutzbare Vorbewertung, sondern bezeichnen lediglich eine Groborientierung für die Einordnung der Strafe. Eine solche über die bloße Bestrafungsmöglichkeit hinausgehende, vom Gesetzgeber vermeintlich intendierte Vorbewertung des Einzelfalls ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Einschätzung des konkreten Falls obliegt dem zuständigen Gericht, das allein eine sachgerechte Differenzierung und eine umfassende Bewertung der Gesamtumstände gewährleisten kann. Dieses bewusst konzipierte Zusammenspiel der Legislative und Judikative stellt die Angemessenheit der strafrechtlichen Reaktion sicher und nimmt die Aufgabe des Strafrechts als Garant der Normgeltung wahr.355 Fraglich ist, wie im Einzelfall tatsächlich reagiert werden soll. Eine solche Wertung vermag ohne die Einbeziehung sowohl normativer als auch empirischer Elemente nicht auszukommen.356

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems – Die Auswirkungen der personalen Straftatlehre auf die Rechtsfolgenbestimmung Als ein den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechendes, stimmiges Straftatsystem ist das Verhaltensnormkonzept,357 auch über die Frage der Strafbarkeit hinaus, für die Strafzumessung bedeutsam.358 Aus dem spezifischen Verhaltensnormverstoß ergeben sich diejenigen Merkmale, die für die Bestimmung einer angemessenen Reaktion notwendig sind. Die bislang für die Feststellung der Strafbarkeit ausschlaggebenden Momente sind gleichermaßen für die Auswahl der richtigen Rechtsfolge, d.h. der konkreten Strafart und -höhe, von Belang. Während für den Schuldspruch der Nachweis der relevanten Voraussetzungen ausreicht, ist im Rahmen der Strafzumessung zusätzlich eine wertende Differenzierung dieser Faktoren vonnöten. Dass eine (richterliche) Wertung erfolgen muss, ist sachbedingt und kein Mangel des Systems.359 Eine Wertung setzt jedoch aussagekräftige Bezugspunkte voraus. Als solche sind die allgemeinen Strafrahmen kaum geeignet, da sie nicht mehr und nicht weniger als die Summe 354 Nach Frisch, Revisionsrechtliche Probleme, S. 162, basieren die Strafrahmen auf dem systematischen Gedanken, nicht allzu viele unterschiedliche Strafrahmen zu besitzen. Ebenso Bruns, Strafzumessungsrecht AT, S. 56; Dreher, JZ 1967, 41 (42 f.); schließlich Hettinger, GA 1995, 399 (402), der von der „Harmonie der Zahlen“ spricht. 355 Bedenken im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG äußert Silva Sánchez, in: Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 55 (63 ff.). 356 Freund, GA 1999, 509 (524 ff.). 357 Siehe oben A. III. 2.; vgl. außerdem Freund, AT, § 2. 358 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (524 ff.). Zum Verhältnis von Straftatsystem und Strafzumessung Frisch, GA 2014, 489 ff. 359 So Freund, GA 1999, 509 (531).

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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aller Reaktionsmöglichkeiten auf den begangenen Verhaltensnormverstoß aufzeigen.360 Das bedeutet aber nicht, dass der Rechtsanwender bei der Bestimmung der Strafe völlig „freie Hand“ hat. Eine auf den ersten Blick unerwartet enge Bindung gelingt – wie sich im Folgenden zeigen wird – bereits durch die zu erfüllende spezifische Aufgabe des Strafrechts. Ein materiell ausgerichtetes Straftatsystem ist in der Lage, die Rechtsfolgenbestimmung sowohl im Bereich des Schuldspruchs als auch bei der weiteren Rechtsfolgenbestimmung zu leiten.361 Es ist zudem imstande, Qualität und Quantität des begangenen Normbruchs insbesondere im Hinblick auf die individuellen Lebensverhältnisse des Täters Rechnung tragen. Etwa der Rücktritt vom Versuch, die tätige Reue, der Täter-Opfer-Ausgleich oder anderes Nachtatverhalten sowie zum Absehen von Strafe führende Faktoren beeinflussen zwar nicht direkt den zu beurteilenden Verhaltensnormverstoß, sie können jedoch das strafrechtliche Reaktionsbedürfnis gegenüber einem solchen verändern. 1. Inbegriff aller strafrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten – Schwereskala und die personale Straftatlehre Die häufig attestierte Leitfähigkeit und -funktion der Strafrahmen bleibt wie oben dargelegt nur Wunschdenken. Indessen überzeugt – jedenfalls bei gewissenhafter Wahl ihrer Bezugspunkte – die Möglichkeit der sachlichen Orientierung an einer bestimmten Schwereskala:362 Wird der einzelne Verhaltensnormverstoß in Relation zu allen anderen möglichen Verhaltensnormverstößen im Hinblick auf Qualität und Quantität des Fehlverhaltens bzw. dessen Folgen bewertet, ist eine relativ gerechte Bestrafung möglich. Dies gelingt, wenn die richtige Relation im Groben hergestellt und schließlich im Detail feinabgestimmt wird. Eine solche ganzheitliche Betrachtung trägt der ebenso ganzheitlichen Aufgabe des Strafrechts, den Rechtsfrieden durch eine angemessene Reaktion wiederherzustellen, Rechnung. Sie vermeidet Friktionen, die bei einer, etwa auf den Strafrahmen des jeweiligen Delikts beschränkten Schwereskala gerade aufgrund ihrer Begrenztheit unausweichlich wären.363 Mit Blick auf den Gesamtzusammenhang gelingt eine Einordnung des konkret zu beurteilenden Einzelfalls. Aus der Summe aller strafrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten lässt sich eine ebenso starke wie anpassungsfähige Bindung des Rechtsanwenders ableiten. 360

Zu der Rolle der Strafrahmen oben B. I. 2. a). Siehe dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (526 ff.); ferner Frisch, in: 140 Jahre GA, S. 1 ff., der die Bedeutung des Straftatsystems für die Strafzumessung erläutert. 362 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (525); vgl. auch Montenbruck, Abwägung und Umwertung, S. 36. 363 Zu den Nachteilen einer aus dem jeweiligen Strafrahmen gebildeten Schwereskala bereits oben B I. 2. a) bb) (2). 361

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Vor dem Hintergrund einer gedachten Schwereskala aller Straftaten und der entsprechend verfügbaren Rechtsfolgen ist die im Vergleich richtige Strafe auszumachen. Da diese der Wiederherstellung des gestörten Rechtsfriedens als angemessene Reaktion auf den begangenen Verhaltensnormverstoß nebst Folgen dient, muss – um diesem Zweck gerecht zu werden – auf eben dieses Fehlverhalten nebst entsprechender Folgen angemessen reagiert werden. Dies gelingt durch eine Abstufung gewichtiger und weniger gewichtiger Verstöße bzw. der entsprechenden Reaktionen. Natürlich wirkt die Bewertung anhand einer „Gesamtschwereskala“ im Verhältnis zu einer auf dem jeweiligen Strafrahmen basierenden zunächst uferlos. Dennoch ermöglicht sie eine präzise Kennzeichnung der verwirklichten Straftat und des entsprechenden Unrechtsgehalts. Darüber hinaus ermöglicht dieses Vorgehen einen intersubjektiven Vergleich, der andernfalls, in Ermangelung vorhandener Skalen der Delikts- und Sanktionsschwere, undenkbar wäre. Für die Bestimmung der konkreten Rechtsfolge sind daher diejenigen Faktoren zu ermitteln, anhand deren der Rechtsanwender im Rahmen einer Gesamtbetrachtung in der Lage ist, den einzelnen Verhaltensnormverstoß von anderen abzugrenzen und zur richtigen Strafe zu gelangen. 2. Relevanz von Qualität und Gewicht der den Schuldspruch bestimmenden Faktoren für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung – Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen Das Fehlverhalten des Täters [s. a)] unter Einschluss seiner spezifischen Folgen [s. b)] bildet das Fundament für die Bestimmung der konkreten Rechtsfolgen. Welche Umstände das Gewicht des Fehlverhaltens prägen, ist klärungsbedürftig. In der Folge sind im Hinblick auf die Bestimmung einer Rangordnung der Fehlverhaltensweisen die abstrakte Wertigkeit der tangierten Rechtsgüter, der Gefährdungsgrad und das mögliche Verletzungsausmaß zu untersuchen [s. aa)]. Von Belang ist in diesem Zusammenhang, ob der Täter vorsätzlich oder fahrlässig handelte [s. bb)]. Inwieweit dabei der bei der Tat aufgewendete Wille bzw. die Gesinnung des Täters sowie dessen Vorleben eine Rolle spielen, ist fraglich [s. cc)]. Welche weiteren Faktoren das Gewicht des Fehlverhaltens (nicht) prägen [s. dd)-ee)] und welche Bedeutung daneben den Fehlverhaltensfolgen zukommt, ist im Anschluss zu untersuchen. a) Personales Fehlverhalten Die Grundvoraussetzung einer jeden Straftat ist „das tatbestandsspezifische personale Fehlverhalten des konkret Handelnden oder Unterlassenden“.364 Es bildet die Grundlage für den Schuldspruch und ist zudem auch für die weitere 364

Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (527 f.); ders., AT, § 2 Rn. 8 ff.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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Rechtsfolgenbestimmung von essentieller Bedeutung. Das nach § 46 Abs. 1 S. 1 für die Strafzumessung relevante Maß der Schuld hängt entscheidend von dem Gewicht des personalen Fehlverhaltens ab.365 Vor diesem Hintergrund ist eine am richtig verstandenen Schwereskalagedanken ausgerichtete Rangordnung unterschiedlicher Fehlverhaltensweisen vorzunehmen bzw. sind deren prägende Kriterien zu erfassen. Dabei ist ein Rekurs auf bestimmte (gesetzliche Vor-)Wertungen möglich und notwendig. aa) Bestimmung einer Rangordnung der Fehlverhaltensweisen anhand der abstrakten Wertigkeit der tangierten Rechtsgüter, des Gefährdungsgrades und des möglichen Verletzungsausmaßes Bei der Bestimmung der konkreten Rechtsfolge muss der abstrakten Wertigkeit der verschiedenen Güter sowie deren Gefährdungs- und Verletzungsintensität Rechnung getragen werden. In diesem Rahmen kann insbesondere an die Überlegungen zur Güter- und Interessenabwägung beim rechtfertigenden Notstand (§ 34) angeknüpft und für eine hier nicht mögliche eingehende Analyse verwiesen werden.366 Zur Erstellung einer Rangfolge ist der Rekurs auf die gesetzlichen Strafrahmen nur von eingeschränktem Nutzen, weil die Strafdrohungen im Bereich der mittleren Kriminalität nur wenig differieren.367 Es ist daher auf allgemeine Regeln über das Wertgefälle der Rechtsgüter zurückzugreifen:368 Das Leben als höchstes Gut369 steht dabei, dicht gefolgt von der Körperintegrität, an der Spitze. Beide sind grundsätzlich gegenüber anderen Persönlichkeitswerten oder abstrakt-überindividuellen Rechtsgütern vorzugswürdig. Diese begründen zudem ein höheres Interesse als Sachgüter. Ordnungsvorschriften treten hinter dem Schutz vor konkreten Beeinträchtigungen zurück. Dass diese grobe Einteilung bei der Bestimmung der konkreten Rechtsfolge noch keine endgültige Entscheidung bringt, ist darauf zurückzuführen, dass neben der abstrakten Wertigkeit der Güter insbesondere auch deren Gefährdungsgrad und das zu befürchtende Verletzungsausmaß in Rechnung zu stellen sind.370 Im Hinblick auf den Grad der Gefährdung spielt die Frage eine Rolle, wie wahrscheinlich der zu befürchtende Erfolg ist.371 Je größer das Risiko des Scha365

BGHSt 10, 38 ff.; Fischer, StGB, § 46 Rn. 6. Ausführlich Fischer, StGB, § 34 Rn. 12 ff., 23; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 34 Rn. 22 ff.; Lackner/Kühl, StGB, § 34 Rn. 6 ff.; Erb, in: MünchKommStGB, § 34 Rn. 105 ff. 367 Zur Funktion der Strafrahmen bereits oben B. I. 2. a). 368 Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 3 Rn. 64; Roxin, AT I, § 16 Rn. 26 ff. 369 BVerfGE 45, 187 (254 ff.). 370 Zu den in diesem Zusammenhang relevanten drei Phasen der Rechtsgutsverletzung sowie der Vor- und Nachverletzungsphase Eckstein, Besitz als Straftat, S. 81 ff. 371 Dazu Freund, AT, § 3 Rn. 65; Roxin, AT I, § 16 Rn. 43 ff. 366

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

denseintritts ist, desto gravierender ist letztlich auch das Gewicht des Angriffs des Täters auf die Normgeltung. So ist etwa die Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer samt etwaigen Schäden im Falle des Fahrens mit stark überhöhter Geschwindigkeit auf einer stark befahrenen Straße wesentlich wahrscheinlicher als auf einem bloß schwach frequentierten Wirtschaftsweg. Die unterschiedliche Gewichtung von Fehlverhaltensweisen anhand des Gefährdungsgrades hat bei der Unterscheidung von abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikten auch gesetzlichen Niederschlag gefunden. Sie ist zudem beim Notstandsrecht bekannt: Wer etwa (Rettungs-)Maßnahmen einleitet, aufgrund deren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Schaden an einem Rechtsgut vermieden werden kann, handelt gerechtfertigt, wenn dabei die recht unwahrscheinliche Beeinträchtigung eines anderen Rechtsguts in Kauf zu nehmen ist. Dabei wird dem sehr wahrscheinlichen Schadenseintritt ein höheres Gewicht zugestanden als etwa bloß abstrakten Gefährdungen, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nur ganz gering zu veranschlagen ist. In diesem Zusammenhang ist auch das mögliche Verletzungsausmaß von Belang.372 Dieses orientiert sich maßgeblich an der Intensität und Nähe der Gefahr und steigt nicht selten auch mit der Gefährlichkeit des Tatmittels: So ist die Verletzung, die von einem recht stumpfen Buttermesser zu erwarten ist, geringer als jene, die bei dem Gebrauch einer Schusswaffe zu berücksichtigen ist. Dass das Ausmaß der konkret drohenden Beeinträchtigung sogar eine entscheidende Rolle spielen kann, veranschaulichen – in erneuter Anlehnung an § 34 – vornehmlich solche Fälle, in denen sich die abstrakte Wertigkeit der Güter im Ergebnis der Interessenabwägung nicht widerspiegelt. So ist die menschliche Freiheit zwar für sich genommen in der Wertigkeit höher zu veranschlagen als das Eigentum. Die Wertigkeit dreht sich allerdings um, wenn unter Berücksichtigung des Verletzungsausmaßes etwa ein nur minimaler Freiheitsverlust einem erheblichen Sachschaden gegenübersteht. Bei nach dem abstrakten Wertegefälle gleichwertigen Rechtgütern bildet das Ausmaß der möglichen Verletzung für die Einordnung das berühmte Zünglein an der Waage. Das mit Blick auf das mögliche Verletzungsausmaß Gesagte gilt, soweit sich das Fehlverhalten tatsächlich niederschlägt, entsprechend für das Ausmaß der Fehlverhaltensfolgen.373 bb) Vorsätzliches und fahrlässiges Fehlverhalten Die gesetzgeberische Differenzierung zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Fehlverhalten hat insbesondere in der allgemeinen Vorschrift des § 15 Niederschlag gefunden, nach der – von ausdrücklichen Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich nur vorsätzliches Verhalten strafbar ist. Trotz der im Hinblick auf 372 373

Dazu Freund, AT, § 3 Rn. 65. Zur Relevanz der Fehlverhaltensfolgen siehe unten B. II. 2. b).

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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die (Schwere-)Einordnung eines Delikts nur eingeschränkten Aussagekraft der Strafrahmen zeigt sich das unterschiedliche Gewicht von Vorsatz und Fahrlässigkeit darüber hinaus anhand im Kern- und Nebenstrafrecht zahlreich auftretender rechtsfolgenspezifischer Abstufungen. Während etwa ein des Totschlags Schuldiger eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren zu erwarten hat, bildet eben diese Strafe die zulässige Obergrenze bei der fahrlässigen Tötung. Eine ähnlich gravierende Differenz der Strafandrohungen findet sich etwa bei der Körperverletzung (§§ 223, 229), der Brandstiftung (§§ 306, 306d), der Straßenverkehrsgefährdung (§§ 315c Abs. 1, 315c Abs. 3 Nr. 2), sowie beim Falscheid bzw. der falschen Versicherung an Eides Statt (§§ 154, 161 bzw. §§ 156, 161). Strafvorschriften, die fahrlässiges Fehlverhalten unter Strafe stellen, sind zudem auch unter Berücksichtigung der zunehmend aufgenommenen Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen374 deutlich seltener als solche, die vorsätzliche Verstöße ahnden.375 In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die folgenlose Fahrlässigkeit im Gegensatz zum strafbaren vorsätzlichen Versuch häufig gar nicht bestraft oder lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet wird.376 Der Unterschied zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten wird mit Blick auf die Rechtsgüterschutzaufgabe des Strafrechts deutlich:377 Durch eine angemessene missbilligende Reaktion auf den Verhaltensnormverstoß (sowie dessen Folgen) soll die Infragestellung der Normgeltung kompensiert werden. Diese liegt uneingeschränkt vor, wenn der Normbrüchige die Situation im Detail erfasst und sich trotzdem für das normwidrige Verhalten entschieden hat.378 Im Fall eines fahrlässigen Verhaltensnormverstoßes „vertut“ sich der Täter in irgendeiner Weise. Ihm sind die Legitimationsgründe der von ihm übertretenen Verhaltensnorm entweder nicht oder bloß eingeschränkt bewusst. So hat der auf seinem Grundstück für den Menschen giftigen Gartendünger Verwendende nicht daran gedacht, dass das neugierige Kind regelmäßig über den Zaun klettert, um den Garten des Nachbarn zu erkunden. Gleiches gilt für den Pkw-Fahrer, der beim Öffnen der Autotür nicht bedenkt, dass ein gerade vorbeifahrender Fahrradfahrer durch dieses plötzliche Hindernis verletzt werden könnte. Die Beispiele verdeut374

Einen Überblick bietet Freund, AT, § 5 Rn. 5 ff. Dazu und zum empirischen Verhältnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit Vogel, in: LK-StGB12, § 15 Rn. 6 f.; Albrecht/u. a., Empfehlungen der Niedersächsischen Kommission, S. 17. 376 Beispielhaft ist die fahrlässige Sachbeschädigung, die aufgrund der ausreichenden zivilrechtlichen Absicherung des Opfers nicht unter Strafe steht, während die fahrlässige Brandstiftung als Sonderfall der Sachbeschädigung wegen ihrer naturgemäß spezifischen Gefährlichkeit in § 306d mit bis zu (beachtlichen!) fünf bzw. drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet wird. Einen Überblick über die Systematik der fahrlässigen Brandstiftung gibt Fischer, StGB, § 306d Rn. 6 f. 377 Siehe dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 7 Rn. 35 ff.; ferner ders., in: FS Küper, S. 63 (80 ff.). 378 Zu den Vorsatzvoraussetzungen ausführlich Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 46 ff., 195 ff. 375

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lichen, dass die Infragestellung der Normgeltung im Fahrlässigkeitsfall deutlich schwächer ist als im Fall eines sich vorsätzlich Verhaltenden, der „sehenden Auges“ das durch die Verhaltensnorm geschützte Rechtsgut beeinträchtigt. Man denke etwa an den Nachbarn, der den giftigen Dünger verwendet, obwohl er damit rechnet, dass das Kind auch heute wieder kommen wird, oder an den PkwFahrer, der den sich nähernden Fahrradfahrer bemerkt und dennoch die Autotür ruckartig öffnet, etwa um den auf dem Rad erkannten Konkurrenten auszuschalten. Ungeachtet des qualitativen379 Unterschieds zwischen Vorsatz- und Fahrlässigkeitstat kann bei vorsätzlichem und fahrlässigem Fehlverhalten von einem „PlusMinus-Verhältnis“ gesprochen werden.380 Das fahrlässige Fehlverhalten wird vom vorsätzlichen umfasst und stellt damit ein spezifisches Minus dar, während das vorsätzliche über das fahrlässige Fehlverhalten hinausgehend ein entsprechendes „Mehr“ beinhaltet. Diese Erkenntnis erklärt auch, weshalb die nicht selten auftretende Verurteilung als Fahrlässigkeitstat mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz in Einklang steht, wenn der Nachweis des Vorsatzes misslingt, aber Vorsatz immerhin nicht ausgeschlossen werden kann.381 (1) Fahrlässiges Fehlverhalten Während der Grad der Fahrlässigkeit für die Feststellung der Strafbarkeit (noch) keine Rolle spielt, ist dieser im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Dabei ist fraglich, in welchem Maße der Normbrüchige die nach seinen individuellen Verhältnissen vorhersehbare, vermeidbare und von Rechts wegen zu vermeidende Schädigungsmöglichkeit382 hätte vermeiden können und müssen. Mit Blick auf die Untergrenze der Strafbarkeit fahrlässigen Fehlverhaltens wird vor allem die (besonders) leichte Fahrlässigkeit näher diskutiert. Ob 379 Aufgrund der gravierenden Zäsuren bei den Strafrahmen wird beim Verhältnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit häufig zusätzlich von einem quantitativen gesprochen, Freund, AT, § 7 Rn. 1 f. Zum Erfordernis eines sachlichen Differenzierungsgrundes vgl. Freund, JZ 1992, 993 (996); ders., AT, § 7 Rn. 35 ff.; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 77. 380 So Freund, AT, § 7 Rn. 39. Zustimmend Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 40; Puppe, in: NK-StGB, Vor § 13 Rn. 154, § 15 Rn. 5; Schmidhäuser, in: FS Schaffstein, S. 129 (158); Langer, Sonderstraftat, S. 89 ff.; 131 ff.; ferner Hardtung, in: MünchKommStGB, § 222 Rn. 1 f.; Hoyer, in: SK-StGB, 39. Lfg. Juni 2004, Anh. Zu § 16 Rn. 3; Walter, Kern des Strafrechts, S. 172. Von einem aliud-Verhältnis gehen aus Duttge, in: MünchKommStGB, § 15 Rn. 101 ff.; Beulke, Klausurenkurs I, Rn. 85; Safferling, Vorsatz und Schuld, S. 192; Einwände dagegen von Herzberg, NStZ 2004, 593 (595 ff.). 381 Diesen häufig übersehenen prozessualen Gesichtspunkt greift Puppe, in: NKStGB, § 15 Rn. 5 auf; ferner BGHSt 17, 210 (212 f.); zur Nachweisproblematik ausführlich Freund, Normative Probleme der „Tatsachenfeststellung“, S. 12 ff. 382 Freund, AT, § 5 Rn. 87c.

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eine strafrechtliche Reaktion auf einen fahrlässigen Verhaltensnormverstoß überhaupt erforderlich ist,383 wird vornehmlich bei der unbewussten Fahrlässigkeit als Erscheinungsform der (besonders) leichten Fahrlässigkeit in Zweifel gezogen.384 Die Ausprägung des Fehlverhaltens kann in diesen Fällen minimal sein. Grundvoraussetzung einer jeden Straftat ist der hinreichend gewichtige Verstoß gegen eine Verhaltensnorm, der den Einsatz von Strafe überhaupt erst legitimiert.385 In Fällen leichtesten Fehlverhaltens ist der Verstoß in der Regel ohnehin sehr gering ausgeprägt:386 Hat sich der Täter nur (besonders) leicht fahrlässig verhalten, rechtfertigt aber das entsprechend geringe Verhaltensunrecht – auch ungeachtet etwaiger Fehlverhaltensfolgen – schon keine Bestrafung.387 Ein entsprechend hinreichend gewichtiges Fehlverhalten gehört damit bereits zu den grundlegenden Erfordernissen des strafrechtlich relevanten Verhaltensnormverstoßes und einer etwaigen Bestrafung.388 Dies erscheint auch im Hinblick auf solches Fehlverhalten sachgerecht, das gravierende Beeinträchtigungen nach sich zieht. So wäre im Fall des in einen überfüllten Bus einsteigenden Fahrgastes, der einem anderen aus vermeidbarer Unachtsamkeit auf die Zehen tritt und dadurch einen komplizierten Bruch verursacht, mit einer Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung bildhaft ausgedrückt mit „Kanonen auf Spatzen geschossen“. Ungeachtet des tatbestandsspezifischen Fehlverhaltens handelt es sich hier um einen Verstoß von zu geringem Gewicht. Der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch bleibt gleichwohl erhalten. Ähnlich zu sehen ist der Fall der jungen Eltern, die ihre fünfjährige Tochter für nur kurze Zeit allein im Haus lassen und dabei nicht bedenken, dass die Streichhölzer in Reichweite des Kindes liegen.389 Selbst wenn

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Einen Überblick gibt Duttge, in: MünchKommStGB, § 15 Rn. 216 ff. In diese Richtung bereits Arzt, in: GdS Schröder, S. 119 (130); Bockelmann, Verkehrsstrafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 216 ff.; Cramer, DAR 1974, 317 (322); Volk, GA 1976, 161 (177 ff.) sowie § 16 Abs. 2 AE 1966. Einen Überblick über die zur Entkriminalisierung der (besonders) leichten Fahrlässigkeit vertretenen Theorien gibt Sauer, Fahrlässigkeitsdogmatik, S. 135 ff. 385 Zur Verhältnismäßigkeit der Strafe oben A. III. 3. b) cc); ausführlich Freund, AT, § 2 Rn. 37 f. 386 Dazu Freund, AT, § 5 Rn. 9, § 2 Rn. 37, § 4 Rn. 6 ff., 18. Nach abweichendem Verständnis führt nicht das mangelnde hinreichend gewichtige Fehlverhalten, sondern ein verminderter Schuld- und damit Fahrlässigkeitsvorwurf zum Ausschluss der Strafbarkeit, vgl. Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 975. 387 Für die Entkriminalisierung der (besonders) leichten Fahrlässigkeit Frisch, in: FS Stree/Wessels, S. 69 (97 f.); Roth, Strafbarkeit, S. 99 ff.; Nehm, DAR 1996, 432 (436); Roxin, AT I, § 24 Rn. 92 f., 126; ders., in: FS Kaiser, S. 885 (893); Walter, Der Kern des Strafrechts, S. 135; in diesem Sinn Wolter, in: Straftat, S. 1 (9, 17); Kuhlen, in: Straftat, S. 77 (93); Koriath, in: FS Jung, S. 397 (409). 388 An dieser Stelle ist das Verhältnis von Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen entscheidend, vgl. Freund, AT, § 5 Rn. 10 (Fn. 15). Den Aspekt eines „Mindestmaßes“ an Verhaltensunrecht nicht berücksichtigend BGH JZ 2005, 685 f.; aus dem zivilrechtlichen Blickwinkel BGH VersR 1998, 722 f.; OLG Köln NJW 2004, 3047 ff. 389 Dieses Beispiel bei Freund, AT, § 5 Rn. 10. 384

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

das Mädchen, das das vermeintliche Spielzeug ausprobiert, Verbrennungen erleidet oder gar zu Tode kommt, bleibt mit dem Grad des Fehlverhaltens das Verhaltensunrecht auf einem zu geringen Niveau. Aufgrund ihres vermeintlich ebenfalls noch zu geringen Gewichts wird bisweilen selbst für die Entkriminalisierung der mittleren Fahrlässigkeit390 unter teilweiser Beschränkung auf das „offensichtliche und rücksichtslose Überschreiten des erlaubten Risikos“ 391 plädiert. Diese Position berücksichtigt jedoch nicht ausreichend, dass auch durch den Fahrlässigkeitstäter die Normgeltung in einem bestimmten – wenn auch reduzierten – Maße in Frage gestellt wird. Natürlich bleibt es eine Wertungsfrage, wann ein Fehlverhalten ein die Strafe legitimierendes hinreichendes Gewicht erreicht hat. Während die Ausprägung der Fahrlässigkeit in der Regel nur im Bereich der Strafzumessung Bedeutung erlangt,392 wird die Leichtfertigkeit von einigen Tatbeständen des StGB ausdrücklich gefordert.393 Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit dem zivilrechtlichen Begriff der groben Fahrlässigkeit sind hier – wie auch sonst – die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Normbrüchigen zu berücksichtigen.394 Weitgehend wird die Leichtfertigkeit als eine vorsatznahe Verwirklichungsform anerkannt.395 Die zutreffende Konsequenz ist eine strengere Bestrafung im Verhältnis zur „normalen“ oder „einfachen“ Fahrlässigkeit. (2) Vorsätzliches Fehlverhalten Herkömmlich wird zwischen drei Erscheinungsformen des Vorsatzes – abhängig von der Ausprägung des kognitiven und des sogenannten voluntativen Elements396 – differenziert:397 Während es dem absichtlich Handelnden neben der

390

So Albrecht/u. a., Empfehlungen der Niedersächsischen Kommission, S. 18. Schlüchter, Grenzen strafbarer Fahrlässigkeit, S. 89 ff.; dies., in: FS Kaiser, S. 359 (362); Rössner, in: FS Hirsch, S. 313 (325). 392 Vgl. Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 933; Roxin, AT I, § 24 Rn. 68. 393 Insbesondere bei §§ 97 Abs. 2, 138 Abs. 3, 178, 251, 306c, 308 Abs. 3. Zum Kriterium der Leichtfertigkeit bei der (bewussten) Fahrlässigkeit Köhler, Die bewusste Fahrlässigkeit, S. 309 ff., 314 f. 394 Die Unterschiede der beiden Fahrlässigkeitsbegriffe betonend BT-Drucks. IV/ 650, 132. Zur nicht unumstrittenen Begriffsbestimmung der Leichtfertigkeit Radtke, in: FS Jung, S. 737 ff.; Wegschneider, ZStW 98 (1986), 624 (624 ff.). 395 In diese Richtung gehen BGH NStZ 1998, 42 (44); BGHSt 50, 347 (351); BGHSt 33, 66 (67). 396 Der Begriff „voluntativ“ wird in diesem Zusammenhang gebräuchlich als „gewollt“ genutzt. Die – in diesem Sinne häufig fehlgebrauchte – Bezeichnung voluntativen Verhaltens meint ein tatsächlich willentlich steuerbares. Hingegen ist ein „volitives“ Verhalten ein gewolltes i. S. eines begehrten Verhaltens. Vgl. Duden, Stichwort: voluntativ bzw. volitiv. 397 Statt vieler Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 316 ff. m.w. N. 391

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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erkannten Möglichkeit gerade darauf ankommt, die Tatbestandsverwirklichung herbeizuführen398, reicht die (immerhin) sichere Kenntnis oder Voraussicht der Tatbestandsfolgen bei (bloß) willentlichem Handeln für die Wissentlichkeit aus.399 Dolus eventualis wird verbreitet als die billigende Inkaufnahme der Tatbestandsverwirklichung bei entsprechend erkannter Schädigungsmöglichkeit definiert.400 Mit der Abgrenzung der, häufig missverständlich als „bedingter“ Vorsatz bezeichneten,401 vermeintlich schwächsten Form vorsätzlichen Verhaltens zur (bewussten) Fahrlässigkeit ist die Frage nach der Berechtigung eines voluntativen Elements als Vorsatzerfordernis verbunden. Inwieweit sich das „Wollen“ des Täters auf dessen Strafbarkeit auswirkt, ist Gegenstand einer nach wie vor glühenden Diskussion in der Rechtswelt.402 Dass der Wille des Täters im Sinne seiner Entschluss- oder Steuerungsfähigkeit schon die Grundvoraussetzung eines jeden Verhaltensnormverstoßes bildet, ergibt sich bereits aus unserem, an der Autonomie des Bürgers ausgerichteten, rechtsstaatlichen Strafrechtssystem.403 Denn der Wille als Steuerungselement wird für jeden Verhaltensnormverstoß benötigt. Ist ein Verhalten für den Täter jedenfalls steuerbar, so ist es in diesem Sinne auch „gewollt“. Fehlt ihm dagegen die Fähigkeit, das eigene Verhalten zu lenken, ist es strafrechtlich nicht von Belang. Normativ gesehen „will“ eine Person, die ein ihrer Steuerung unterliegendes Verhalten (trotzdem) vornimmt, eben dieses damit immer. Bei uneingeschränkter Kenntnis der mit dem Verhalten verbundenen Schädigungsmöglichkeiten liegt damit auch die Infragestellung der Verhaltensnormgeltung uneingeschränkt vor, sodass (erst) dann von vorsätzlichem Verhalten die Rede sein kann.

398

Vgl. BGHSt 16, 1; 18, 246. Vgl. BGHSt 21, 283; Maurach/Zipf, AT I, § 22 Rn. 15. 400 Diese Definition basiert auf der vornehmlich von der Rechtsprechung vertretenen Einwilligungs- oder Billigungstheorie, RGSt 76, 115; BGHSt 36, 1; 44, 99 m. Anm. Roxin, NStZ 1998, 616; BGH wistra 2000, 177; BGH NZV 05, 538; BGHSt 51, 18; BGH ZIP 2013, 1382; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 20 Rn. 53; Maurauch/Zipf, AT I, § 22 Rn. 36. Ein Billigen im Rechtssinn ist auch gegeben, wenn dem Täter die Tatbestandsverwirklichung höchst unerwünscht ist, er sich jedoch mit ihr abgefunden hat, BGHSt 7, 363 ff.; BGH JR 1999, 205 ff.; BGH NStZ 2007, 700 f.; BGH NStZ 2007, 704 f.; vgl. auch BGH NStZ 2012, 160 ff.; oder ihr gleichgültig gegenüber steht, BGHSt 50, 1 (6); BGH NStZ-RR 2007, 43 ff.; abweichend Kindhäuser, in: FS Eser, S. 345 (356 ff.); BayOLG JR 2003, 428 m. Anm. Freund/Klapp, 431 (432 ff.). 401 Da ein bedingter Wille (bzw. die entsprechende Kenntnis) nicht für die Bejahung des Vorsatzes ausreichen würde, ist diese Bezeichnung missverständlich. Vgl. bereits RGSt 70, 201; Freund, AT, § 7 Rn. 68; Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 324. 402 Einen Überblick über den Streitstand geben Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 325 ff. m.w. N. 403 Dazu und zum Folgenden sowie zu der Frage der Bedeutung des Willens für die Steuerbarkeit des Verhaltens Freund, AT, § 7 Rn. 55. Zur Willensfreiheit in der strafrechtlichen Unrechtslehre Lampe, ZStW 118 (2006), 1 ff. 399

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Ein Wollen im Sinne eines „Begehrens“ oder sonstiger Beweggründe ist hingegen nicht geeignet, vorsätzliches Verhalten zu kennzeichnen.404 Obwohl der im historischen Sprachgebrauch auftauchende Begriff „Fürsatz“ (im Sinne eines „Dafürhaltens“) das Vorhandensein eines Willenselements im Rahmen des Vorsatzes anzudeuten scheint, ist ein solches mit der Systematik des geltenden Rechts nicht zu vereinbaren. Die Tatbestandsverwirklichung zum „Willensziel“ des Handelnden zu erklären, ist ebenso konstruiert,405 wie die sich aus dieser inadäquaten Vorsatzfassung notwendig ergebende Reduktion auf die „billigende Inkaufnahme“ der Tatbestandsverwirklichung; hierbei handelt es sich streng genommen nicht einmal mehr um ein „Wollen“.406 Letztere wird zudem bei mangelnder Feststellbarkeit durch ein behauptetes „Billigen im Rechtssinne“ ersetzt.407 Zudem existiert der unterstellte Verwirklichungswille nicht beim Unterlassungsdelikt, das gerade durch dessen Fehlen maßgeblich geprägt ist.408 Richtigerweise ist eine Verneinung des Vorsatzes beim Fehlen eines voluntativen Elements weder im Gesetz vorgesehen noch – wie die folgenden Beispiele zeigen werden – mit der ratio der Vorsatzstrafbarkeit in Einklang zu bringen. So handelt der pyromanisch veranlagte (allerdings nicht schuldunfähige) Brandstifter, der weiß, dass durch sein Verhalten auch Unbeteiligte zu Schaden kommen können, auch dann vorsätzlich, wenn ihm diese Folge höchst unerwünscht ist und es ihm Leid tut, d.h. er sie in diesem Sinne nicht „will“. Emotionale Einstellungen bzw. die Beziehung einer Person zu ihrem Verhalten sind für die Beurteilung des Vorsatzes somit irrelevant. Entscheidend ist – willentliches Verhalten vorausgesetzt – allein die Kenntnis der Umstände, die die Tatbestandsverwirklichung begründen bzw. die Kenntnis der entsprechenden Unwertdimension. Vorsatz ist demnach gegeben, wenn der Handelnde oder Unterlassende die Sachlage richtig und uneingeschränkt erfasst hat und dennoch ein rechtlich missbilligtes Fehlverhalten vornimmt.409 Eben dieses wird durch den nicht selten gegebenen Wunsch des Täters, genau diese Folgen mit seinem Verhalten zu erreichen, weder begründet noch gesteigert. Für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit kann es lediglich auf die Kenntnis oder Unkenntnis des Normbrüchigen ankommen. Während für den Fahrlässigkeitstäter die Normeinhaltung deshalb erschwert ist, weil er erst noch zur richtigen Situationsein404 Zur Irrelevanz emotionaler Einstellungen sowie zum Folgenden Freund, AT, § 7 Rn. 56 f.; ausführlich zur Thematik im Gesamtzusammenhang des Strafrechtssystems Langer, GA 1990, 460 ff.; Frisch, Vorsatz und Risiko, § 7, insbesondere S. 256 ff., der sich intensiv mit der Argumentation der Gegenansicht auseinandersetzt. 405 Aufgrund der begrifflichen Schwierigkeiten ein bereits willentliches Verhalten (nochmals) zu wollen bereits Spendel, in: FS Stock, S. 89 (112). 406 So etwa BGH NStZ 1984, 19; 1988, 175; Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 329. 407 BGHSt 7, 363 (369). 408 Vgl. Kaufmann, Dogmatik der Unterlassungsdelikte, S. 272 ff.; Welzel, Strafrecht, S. 201; a. A. Kahlo, Die Handlungsform der Unterlassung, S. 268. 409 Freund, AT, § 7 Rn. 108 a; ausführlich ders., in: FS Küper, S. 63 (82).

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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schätzung gelangen muss, muss der Vorsatztäter diese Schwierigkeit nicht mehr meistern: Er weiß bereits, „was Sache ist“. Für seinen Vorsatz genügt die entsprechende Kenntnis. Anderer Auffassung sind die Fürsprecher des voluntativen Vorsatzelements, die eben dieses als zwingend für die sachgerechte Abgrenzung von („bedingtem“) Vorsatz und (bewusster) Fahrlässigkeit erachten.410 Begründet wird die Notwendigkeit dieses Zusatzelements unter anderem mit der angeblich kongruenten Ausprägung der kognitiven Komponente beider Verhaltensformen. Unter dem Deckmantel des für eine befriedigende Lösung (vermeintlich) erforderlichen voluntativen Zusatzerfordernisses erfolgt die Abgrenzung der verbreiteten Auffassung tatsächlich aber doch – entgegen aller Bekundungen – auf der kognitiven Ebene:411 Wer trotz der zunächst erkannten Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung eben diese im maßgeblichen Zeitpunkt verdrängt und daher von einem guten Ausgang ausgeht, handelt – aufgrund eines Wissensdefizits – fahrlässig. Wer dagegen die gesehene Möglichkeit ernst nimmt und sehenden Auges hinnimmt bzw. sich mit ihr abfindet, handelt vorsätzlich. Die Differenzierung zeigt deutlich auf, dass eine Anreicherung durch ein weiteres voluntatives Element nicht erforderlich ist. Zu eben jenen Ergebnissen gelangt freilich auch die Gegenauffassung – wenngleich mit sachlicher Bezugnahme auf das Wollen als vermeintlichen Vorsatzfaktor. Diese bei genauerem Hinsehen zu Tage tretende asymptotische Ähnlichkeit beider Auffassungen verdeutlicht etwa der folgende Beispielsfall:412 Ein auf einer nicht ausreichend einsehbaren Strecke zum Überholmanöver ansetzender Kraftfahrer K weiß abstrakt um die Möglichkeit einer Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug bei Überholmanövern an unübersichtlichen Stellen. Bei lebensnaher Würdigung ist in concreto der Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden Pkw, bei dem dessen Fahrer getötet wird, jedoch von K weder gewollt noch hat er sich mit der erkannten Möglichkeit des Todes des entgegenkommenden Fahrers abgefunden, sodass beide Auffassungen im Ergebnis zum Ausschluss der Vorsatzstrafbarkeit kommen. Tatsächlich ist K im für den Vorsatz maßgeblichen Zeitpunkt (dem Ansetzen zum Überholvorgang) von einem guten Gelingen seines Manövers ausgegangen413 und hat die 410 BGHSt 36, 1 (10); 51, 100 (119); 52, 182 (189 f.); statt vieler dazu Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 325 ff. m.w. N. Zum Willen und zu den Zielsetzungen als Unrechtselement Ebert/Kühl, Jura 1981, 225 (231 f.). 411 Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 7 Rn. 59 f.; ähnlich Langer, Sonderstraftat, S. 83. A. A. Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 329 ff.; Köhler, AT, S. 163 ff. 412 Weitere Fälle, in denen die genannten Auffassungen zum selben Ergebnis gelangen, etwa bei Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht III, Rn. 339 f. (Fall 8); ders., Klausurenkurs im Strafrecht I, Rn. 106 ff. (Fall 1). Auch im berühmten Lederriemenfall wurde das Risiko intellektuell nicht uneingeschränkt erfasst, vgl. BGHSt 7, 363 ff.; zum hier problematischen Nachweis subjektiver Deliktsmerkmale Freund, Normative Probleme der „Tatsachenfeststellung“, S. 32 ff., 56 ff., 96 ff. 413 Insoweit auch Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 215 ff., 327 ff.

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Möglichkeit ausgeblendet, einen anderen Menschen zu verletzen oder gar zu töten. Diese – wenn auch irrationale – Verdrängung der Gefahr im Verhaltenszeitpunkt zeigt, dass der Normbrüchige die Sachlage (eben doch) nicht uneingeschränkt erfasst hat. Er unterliegt einem Wissensmangel. Aufgrund seiner defizitär ausgeprägten kognitiven Situationsbewältigung liegt lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässigen Verhaltens vor. Auch hier ist, genauso wie beim Vorsatzdelikt, der Wille des Täters im Sinne der Steuerbarkeit seines Verhaltens die Grundvoraussetzung für eine Bestrafung.414 (3) Auswirkungen auf die Rechtsfolgenbestimmung Die gewonnenen Erkenntnisse zum Verhältnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit haben gezeigt, dass das Gewicht des Verhaltensnormverstoßes abhängig vom Gewicht des Fehlverhaltens variiert. Dass der Vorsatztäter durch sein Verhalten im Verhältnis zum Fahrlässigkeitstäter unter sonst gleichen Umständen die Normgeltung in quantitativ und qualitativ gesteigerter Form in Frage stellt, ist auch bei der Bestimmung der richtigen Rechtsfolge in Rechnung zu stellen. Eine entsprechend härtere Bestrafung des Vorsatztäters lässt sich vor diesem Hintergrund normativ legitimieren.415 Das Maximalmaß des Verhaltensnormverstoßes ist damit erreicht, wenn der Vorsatztäter, der im Zeitpunkt seines Verhaltens genaue Kenntnis von den relevanten Umständen der Tat hat, deren Verwirklichung vornimmt. Das Merkmal der Kenntnis des Täters entspricht dabei – normativ gesehen – einer nicht mehr steigerungsfähigen Gestalt des Wissens um die Umstände, welche die Tatbestandsverwirklichung begründen. Der Täter besitzt in diesem Fall die absolute Tatvermeidemacht.416 Bereits wer – so auch im Fall des dolus eventualis – um die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung weiß, hat die für den entsprechenden Vorsatz erforderliche Kenntnis. Liegt keine positive Kenntnis des Täters vor, ist die Ausprägung eines etwaigen fahrlässigen Verhaltensnormverstoßes zu bewerten. Dieser richtet sich nach dem Grad der individuellen Erkennbarkeit der Tatbestandsverwirklichung: Unbe414

Übereinstimmend Freund, AT, § 7 Rn. 58; Langer, Sonderstraftat, S. 81 ff. Dazu Timm, Gesinnung und Straftat, S. 153 ff., 161 ff. 416 Auch im Fall absoluter Tatvermeidemacht des Täters kann dessen Normbefolgungsfähigkeit eingeschränkt sein. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Einsichtsoder Steuerungsfähigkeit des Täters aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe herabgesetzt ist; vgl. Freund, AT, § 4 Rn. 73 f. Soweit die Einschränkung des Täters aber nicht so gravierend ist, dass die Regelungen zur (verminderten) Schuld(un)fähigkeit (§§ 20, 21) greifen würden, schlägt sie sich dennoch im Bereich der Strafzumessung nieder. Eine der Einschränkung der Normbefolgungsfähigkeit entsprechende Anpassung der Strafe ist vorzunehmen. Diesem Umstand kann im Bereich der Fahrlässigkeit, die eine eingeschränkte Tatvermeidemacht des Täters beschreibt, bereits durch den Grad der Erkennbarkeit Rechnung getragen werden; vgl. Freund, AT, § 5 Rn. 42 ff. 415

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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schadet des quantitativen und qualitativen Unterschieds ist der Grat zwischen Vorsatz (dolus eventualis) und bewusster Fahrlässigkeit (Leichtfertigkeit) auch strafzumessungsrechtlich schmal. Die weiteren Formen der Fahrlässigkeit müssen im Verhältnis zum Vorsatz und im Verhältnis zueinander betrachtet, bewertet und im Hinblick auf die richtige Rechtsfolge eingeordnet werden. Entsprechend dem Grad der individuellen Erkennbarkeit besitzt der Täter stets eine mehr oder weniger eingeschränkte Tatvermeidemacht. Unter Berücksichtigung des bereits angesprochenen „Plus-Minus-Verhältnisses“ von Vorsatz und Fahrlässigkeit ermöglicht diese Einordnung eine in diesem Sinne relativ gerechte Reaktion auf den begangenen Verhaltensnormverstoß. Offen bleibt, welcher konkrete Strafwert dem (vorsätzlichen oder fahrlässigen) Verhaltensnormverstoß letztlich zuzuordnen ist. Die Bemessung der Strafe im absoluten Sinne richtet sich – entsprechend der Bewertung des Verhaltensnormverstoßes – nach dem Gewicht der Infragestellung der Normgeltung, welches maßgeblich von der rechtlichen Missbilligung des Verhaltens geprägt ist.417 Wie gezeigt, ist der Normgeltungsschaden bei der Vorsatztat wesentlich gewichtiger als beim Fahrlässigkeitsdelikt. Unter Heranziehung des zutreffend konzipierten Schwereskalagedankens und mit Blick auf die Summe aller denkbar möglichen Verhaltensnormverstöße bleibt am Ende des Strafzumessungsvorgangs die unvermeidliche Wertung. Das „Plus-Minus-Verhältnis“ von Vorsatz und Fahrlässigkeit schlägt sich auch im Rahmen der Strafzumessung nieder. Das quantitative und qualitative „Mehr“, das den Vorsatz ausmacht, muss auch im konkreten Strafwert erkennbar sein. Fraglich ist, ob dessen zusätzliches Unrecht in Relation zum Fahrlässigkeitsunrecht durch einen (mathematischen) Faktor bestimmbar ist. Um welchen Wert ist vorsätzliches gegenüber fahrlässigem Fehlverhalten gewichtiger? Um diese Frage beantworten zu können, sind Fälle vorsätzlichen und fahrlässigen Fehlverhaltens – bei sonst gleichen Umständen – einander gegenüberzustellen.418 Besonders anschaulich ist eine Gegenüberstellung von Vorsatzfällen mit Fällen leichtfertigen Fehlverhaltens. Das Verhältnis zur Leichtfertigkeit als qualifizierter, d.h. vorsatznaher Form der Fahrlässigkeit demonstriert eindeutig den qualitativen und quantitativen „Sprung“ zum Vorsatz. Fraglich ist, um welchen (Straf-)Wert sich die folgenden beiden Beispiele voneinander unterscheiden: (1) Während eines Streits

417

Zur Bedeutung der Fehlverhaltensfolgen unten B. II. 2. b). Ein Beispiel: Ein Pkw-Fahrer erfasst aufgrund stark überhöhter Geschwindigkeit ein dreijähriges Kind, das er kurz zuvor spielend am Straßenrand entdeckt hat. Obwohl der Fahrer grob fahrlässig darauf vertraut, dass nichts passiert, erfasst er das nun auf die Straße laufende Kind, das infolge des Unfalls stirbt. Um welchen Faktor erhöht sich das Unrecht, wenn der Autofahrer das Kind noch rechtzeitigt bemerkt, aber – statt der noch möglichen Einleitung des Bremsvorgangs – weiter auf dieses zufährt? Zur Veranschaulichung des Beispiels sind die hier mitverwirklichten Straßenverkehrsdelikte bei der strafzumessungsrechtlichen Bewertung außer Acht zu lassen. 418

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

sticht T dem O mit einem Messer in den Bauch, um ihn zu verletzen. O stirbt an den Folgen der Stichverletzung (§ 227). (2) T sticht in Tötungsabsicht mit einem Messer auf O ein, der kurz danach stirbt (§ 212 Abs. 1). Während die Strafe im Fall der Körperverletzung mit (leichtfertig verursachter419) Todesfolge auf acht Jahre Freiheitsstrafe zu bemessen ist, kann im Fall des Totschlags wohl von einer etwa 12-jährigen Freiheitsstrafe ausgegangen werden. Daraus ergäbe sich eine Gewichtung von 2:3. Der unter gleichen Umständen verwirklichte Fall vorsätzlichen Fehlverhaltens wäre damit um die Hälfte gewichtiger als der spezielle Fahrlässigkeitsfall der Leichtfertigkeit. Die vorausgegangene Gewichtung folgt aus dem Versuch, das quantitative und qualitative Verhältnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit auch im Strafzumessungsvorgang besser und ganzheitlicher erfassen zu können. Die in diesem Rahmen gewagte – bei der konkreten Rechtsfolgenbestimmung unvermeidliche – Wertung kann und soll kritisch hinterfragt werden. Sie soll als Diskussionsgrundlage dienen und einen Denkanstoß mit Blick auf die für die konkrete Rechtfolgenbestimmung richtigen Kriterien geben. Um zu einer zuverlässigen Aussage über die unterschiedliche Gewichtung von Vorsatz und Fahrlässigkeit zu gelangen, wären zudem empirische Befunde hilfreich. Eine entsprechende Untersuchung läge im Interesse einer angemessenen und gleichen Strafzumessung. cc) Gesinnungen bzw. das Vorleben des Täters Bei der Beleuchtung des Fehlverhaltens als Strafzumessungsfaktor wurde bereits die (Ir-)Relevanz des Willens als emotionale Einstellung im Rahmen der Begründung von Vorsatz und Fahrlässigkeit thematisiert. In die gleiche Richtung geht die Frage, ob die Gesinnung eines Täters Einfluss auf das Gewicht des Verhaltensnormverstoßes – und damit auf die Strafe – haben kann.420 Ein von einer spezifischen Gesinnung getragenes Verhalten müsste dann schwerer bzw. minder schwer wiegen als eine ohne diese Einstellung begangene Tat. Die Berücksichtigung der Gesinnung des Täters bei der Strafzumessung wird – ebenso wie fälschlicherweise die des bei der Tat aufgewendeten Willens – in § 46 Abs. 2 ausdrücklich geregelt. Für die Beurteilung des Fehlverhaltens ist in diesem Rahmen zudem der Stellenwert des Vorverhaltens in Form etwaiger Vorstrafen oder -taten zu analysieren.

419 Zum notwendigen Erfordernis der Leichtfertigkeit bei § 227 Abs. 1 Freund, in: FS Frisch, S. 677 (685 ff., 690); a. A. Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 18 Rn. 4; Fischer, StGB, § 227 Rn. 7a; eine Übersicht über die wichtigsten Urteile bietet Steinberg, NStZ 2010, 72 (73 ff.). Der Streit zum Kriterium des Gefahrrealisierungszusammenhangs kann für den hier gebildeten Fall dahinstehen, da er keinerlei Auswirkungen auf das Verhältnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit besitzt. 420 Mit dieser Frage beschäftigt sich eingehend Timm, Gesinnung und Straftat, S. 161 ff.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems

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(1) Die Gesinnung Der Relevanz emotionaler Einstellungen für Vorsatz und Fahrlässigkeit wurde bereits eine Absage erteilt. Im Folgenden soll – in der gebotenen Kürze – der Einfluss der Gesinnung eines Täters auf die Rechtsfolgenbestimmung überprüft werden.421 Zweifelsfrei bieten „böse Gedanken“, deren Umsetzung erst noch bevorsteht, einen effektiveren Anknüpfungspunkt des staatlichen Eingriffs als die bereits geschehene Tat. So könnte einer Person mit entsprechender Einstellung etwa schon weit vor dem tatsächlich schädigenden (Tötungs-)Verhalten Einhalt geboten werden. Einer entsprechenden „Maßnahme“ stehen jedoch gewichtige rechtsstaatliche Erwägungen entgegen. Legt man zutreffend ein freiheitliches Menschen- und Staatsbild zugrunde, lässt sich die staatliche Einschränkung des Rechtskreises des Einzelnen nur dann rechtfertigen, wenn Schutzgüter Dritter in störender Weise beeinträchtigt werden.422 Ein äußerlich neutrales Verhalten oder bloße böse Gedanken können jedenfalls einen strafrechtlichen – als denkbar stärksten – Grundrechtseingriff keinesfalls tragen. Im Hinblick auf das unserer Verfassung zu Grunde liegende freiheitliche Menschenbild ist eine (bloß) gedankliche Auseinandersetzung mit rechtsfeindlichem Verhalten oder der bloße Entschluss zu einem solchen (ohne Umsetzung in ein rechtlich missbilligtes Tatverhalten) nicht zu verbieten und keinesfalls sanktionierbar.423 – Im Gegenteil ist ein reflektierender Umgang mit normnegierenden Handlungsweisen für den vernünftigen Bürger gerade um der Möglichkeit willen geboten, sich für ein rechtstreues Verhalten zu entscheiden. Nunmehr ist fraglich, ob sich die tatbegleitende Gesinnung auf das Gewicht des Verhaltensnormverstoßes auswirken kann mit der Folge, dass diese auch auf Rechtsfolgenebene Niederschlag findet.424 Dass ein etwa durch rassistische Motive geleitetes Verhalten allgemein anstößiger anmutet als die Begehung einer Tat aus (noch) nachvollziehbaren Gründen (Rache, Eifersucht etc.), scheint zunächst eine Schärfung der Strafe nahe zu legen.425 Bei genauerem Hinsehen widerspricht die Berücksichtigung einer wertnegierenden Einstellung des Täters bei der Bewertung des Verhaltensnormverstoßes jedoch dem oben dargestellten Straftatkonzept: Vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten geben Aufschluss über die allein kognitive Wahrnehmung der Tatsituation durch den Täter und seine auf dieser Basis in diese Tat umgesetzte Entscheidung. Die Gesinnung geht jedoch über die die konkrete Situation betreffende wertnegierende Entscheidung des Tä421

Dazu und zum Folgenden Timm, Gesinnung und Straftat, S. 79 ff. In diesem Zusammenhang Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 94 f.; Haas, Strafbegriff, S. 252; Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (754 ff.). 423 So auch Hörnle, in: Grundfragen des Strafzumessungsrechts, S. 113 (121). 424 Dazu und zum Folgenden Timm, Gesinnung und Straftat, S. 157 ff. 425 Frisch, in: 140 Jahre GA, S. 1 (15); Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (754 ff.); in Ausnahmefällen Hörnle, Tatproportionale Strafzumessung, S. 270 ff. 422

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

ters für die konkrete Tat hinaus. Der Täter steht dem angegriffenen Wert grundsätzlich entgegen und nicht (bloß) im Rahmen der konkreten Tatsituation. Indessen kann die individuelle Gesinnung als Spiegel der Täterpersönlichkeit bei exakter Analyse keinen Einfluss auf das Gewicht des konkret begangenen Verhaltensnormverstoßes haben. Die begangene Tat wird nicht dadurch zu einer gewichtigeren, dass sie von einem mit einer schlechten Gesinnung „ausgestatteten“ und daher generell „gefährlichen“ Täter begangen wurde. Letzteres mag die Polizei auf den Plan rufen, ist aber kein legitimer Grund für eine härtere Bestrafung. Bei vorsätzlich begangenem Verhaltensnormverstoß ist bereits das Maximalmaß der Norminfragestellung erreicht. Wenn sich der Täter der Norm bewusst entgegen stellt und sein Verhalten auf keinem ersichtlichen Milderungsgrund beruht, ist eine weitere Steigerung des Tatunrechts durch eine generell unwertige Gesinnung nicht mehr möglich. Daher scheidet die Heranziehung der Gesinnung für die Strafzumessung aus. Allerdings kann eine wertnegierende Einstellung des Täters Auskunft über dessen künftige Gefährlichkeit geben, welcher – statt mit unzulässiger Strafe – mit den Mitteln des Polizeirechts entgegengetreten werden kann.426 (2) Die Rückfallschärfung Die „strafschärfende“ Berücksichtigung des Vorlebens, insbesondere einschlägiger Vorstrafen427 bzw. -taten des Normbrüchigen beruht – entsprechend dem zur Gesinnung Gesagten – auf spezialpräventiven Erwägungen und gehört nicht ins Strafrecht, sondern ins Polizeirecht.428 Begründungsansätze, die Wiederholungstätern eine gesteigerte Bereitschaft zur Straftatbegehung mit Blick auf künftige Normbrüche attestieren,429 gehen fehl, weil sie die spezifische Aufgabe und die speziellen Legitimationsbedingungen der Strafe nicht beachten: Dass sich der 426 Hierin ist keine Verschiebung der Gesinnungsproblematik ins Polizeirecht zu erblicken. Dieses unterliegt als Gefahrenabwehrrecht einer anderen Zielsetzung als das Strafrecht. Zudem müssen im Gefährlichkeitsfalle zu treffende Maßnahmen auch im Polizeirecht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Vgl. Timm, Gesinnung und Straftat, S. 124 ff. 427 Zur strafzumessungsrechtlichen Berücksichtigung auch nicht einschlägiger Vorstrafen BGHSt 24, 198 (199 f.); BGH JZ 1972, 130 m. Anm. Maurach, 130 (131 f.); Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 579 ff.; Detter, NStZ 2014, 388 (388), 441 (442). 428 Zur Problematik der Rückfallschärfung Timm, Gesinnung und Straftat, S. 250 ff.; Teixeira, Grundlagen einer tatproportionalen Strafzumessungslehre, S. 77 ff., 90 ff.; Stahl, Strafzumessungstatsachen, S. 170 ff., 197 f., 209 f. Zu der fragwürdigen Strafschärfung wegen verjährter Taten Leitmeier, StV 2015, 585 ff. 429 So etwa Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 579 ff.; ders., Recht der Strafzumessung, S. 223 ff.; Freund, GA 1999, 509 (528 f.); Frisch, in: FS Müller-Dietz, S. 237 (244 f.); Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, § 46 Rn. 31; v. Liszt, Vorträge und Aufsätze, S. 17; Zipf, Strafzumessung, S. 69; Erhard, Strafzumessung bei Vorbestraften, S. 60 ff.; Hörnle, JZ 1999, 1080 (1085) jeweils m.w. N.

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Täter augenscheinlich auch durch entsprechende Vorverurteilungen nicht von der Geltungskraft der übertretenen Verhaltensnorm überzeugen und dadurch anscheinend nicht mehr zur Rechtstreue motivieren lässt, indiziert bloß eine vage Tendenz bezüglich der Einstellung des Täters. Diese kann zwar Aufschluss über die Gefährlichkeit des Betreffenden geben, sie tangiert jedoch nicht das Gewicht des begangenen Verhaltensnormverstoßes. Im Vergleich zu Ersttätern kann im Fall einer wiederholten Tatbegehung weder entsprechender Einfluss auf die Handlungsmodalitäten noch ein erhöhter materieller Schaden ermittelt werden.430 Die Betrachtung der Vortaten und -strafen des Täters ergibt (bloße) Gefährlichkeitsprognosen, die ohne Einfluss auf die strafrechtliche Reaktion auf die konkret begangene Tat bleiben müssen. Individueller Gefährlichkeit zu begegnen, ist originäre Kompetenz des Gefahrenabwehrrechts. Die Möglichkeit der Verhängung einer Maßregel der Besserung und Sicherung knüpft – anders als die Strafe – an die von dem Betreffenden ausgehende Gefährlichkeit an und soll zukünftigen Schutz der Gesellschaft gewährleisten.431 Die in diesem Rahmen nicht selten aufkommende Erwägung, dem Ersttäter eine Strafmilderung zuzugestehen, ist ebenfalls abzulehnen: Dass der Normbrüchige bei erstmaliger Tatbegehung mitunter die Geltungskraft der übertretenen Verhaltensnorm noch nicht in hinreichender Weise verinnerlicht hat, ist kein Spezifikum des Ersttäters. Vielmehr wirkt sich eine eingeschränkte Verbotskenntnis – auch unterhalb des § 17 – auf die Normbefolgungsfähigkeit eines jeden Täters aus. Daher ist gegebenenfalls eine entsprechende Anpassung der Strafe in Relation zum Maximalmaß des denkbaren Verhaltensnormverstoßes vorzunehmen. Die mit einer strafmildernden Berücksichtigung der erstmaligen Straftatbegehung einhergehende Beurteilung der Täterpersönlichkeit – etwa dass der Normbruch für den Betreffenden untypisch sei – basiert letztlich auch auf spezialpräventiven Erwägungen und ist damit unzulässig.432 Vor diesem Hintergrund sind auch Strafschärfungsregelungen, die eine gewerbsmäßige Begehung in Rechnung stellen – etwa der Qualifikationstatbestand des § 260 Abs. 1 Nr. 1 oder der als Regelbeispiel ausgestaltete gewerbsmäßige Diebstahl, § 243 Abs. 1 Nr. 3 – unter dem Gesichtspunkt legitimierbarer Bestrafung problematisch. Zwar kann in einem Tatstrafrecht die Straftat nicht völlig isoliert betrachtet werden; sie steht immer in Bezug zum Täter, dem gegenüber eine strafrechtlich angemessene Reaktion auf seine Tat zu erfolgen hat.433 Bei der Gewerbsmäßigkeit im Rahmen der Vermögensdelikte soll vor allem dem 430 Timm, Gesinnung und Straftat, S. 252; Erhard, Strafzumessung bei Vorbestraften, S. 260 ff.; Frisch, ZStW 99 (1987), 751 (773 f.). 431 Zur divergierenden Zielsetzung von Straf- und Maßregelrecht siehe oben A. I. 2. 432 Timm, Gesinnung und Straftat, S. 253 f. Zur Irrelevanz spezial- und generalpräventiver Aspekte unten B. II. 3. c). 433 Freund, GA 1999, 509 (529).

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Umstand Rechnung getragen werden, dass sich Gewohnheitsverbrecher ihre Taten nicht selten zum Gewerbe machen.434 Gerade deshalb bleibt aber der fade Beigeschmack des Missbrauchs einer Strafschärfung zur Befriedigung spezialpräventiver Bedürfnisse der Gefahrenabwehr: Denn für die Beurteilung eines begangenen Verhaltensnormverstoßes kann es keinen Unterschied machen, ob der Täter bereits gleichgelagerte Taten begangen oder die Absicht hat, aus einer wiederholten Begehung eine Einnahmequelle von einer gewissen Dauer und Erheblichkeit zu schaffen.435 dd) Besondere Pflichtenstellung Neben den genannten berechtigten Kriterien nehmen auch besondere Pflichtenstellungen rechtsfolgenbestimmende Bedeutung ein. Rechtsfolgenbestimmend sind unter anderem436 die Stellung eines Garanten bzw. genauer: eines Sonderverantwortlichen sowie eines Amtsträgers. (1) Sonderverantwortlichkeit Eine ganz bestimmte Sonderverantwortlichkeit des Täters ist bei den allermeisten Straftaten vorausgesetzt: Totschlag, Körperverletzung, Sachbeschädigung etc. erfordern sowohl bei der Tatbestandsverwirklichung durch Tun als auch bei der durch begehungsgleiches Unterlassen (§ 13) die Sonderverantwortlichkeit des Täters.437 Um das zu erkennen, bedarf es einer grundlegenden normentheoretischen Unterscheidung im Bereich der Verhaltensnormen. Verhaltensnormen bedürfen stets der Legitimation. Insofern ist als Legitimationsgrund ein legitimer Rechtsgüterschutzzweck stets unverzichtbar. Einige, sogenannte einfach oder monistisch fundierte Verhaltensnormen gründen sich ausschließlich auf Rechtsgüterschutzinteressen. Auf solche Verhaltensnormen beziehen sich im StGB lediglich die §§ 138, 323c. Doppelt bzw. dualistisch438 fundierte Verhaltensnormen basieren neben dem Rechtsgüterschutzaspekt auf einer besonderen Verantwortlichkeit, aufgrund deren gerade eine bestimmte Person Adressat einer dadurch qualifizierten Verhaltensnorm wird. Schließlich geht nicht jeden alles an. So wird etwa der 434 Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 243 Rn. 31; Schmitz, in: MünchKommStGB, § 243 Rn. 39. 435 Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 243 Rn. 31; BGHSt 49, 177 (181); BGH NJW 2009, 3798 ff. 436 Die nachfolgende Analyse zur Relevanz der Sonderverantwortlichkeit und der Amtsträgerinhaberschaft ist nicht abschließend. Im Rahmen der Interessenabwägung des § 34 können auch besondere Pflichtenstellungen eine Rolle spielen, vgl. Roxin, AT I, § 16 Rn. 65 f. 437 Dazu und zum Folgenden ausführlich Freund, AT, § 2 Rn. 16 ff. m.w. N. 438 Zur Unterscheidung monistisch und dualistisch fundierter Verhaltensnormen Freund, in: Handbuch des Strafrechts, § 57 C. I.

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Kraftfahrzeugführer – anders als der Beifahrer – für das Vermeiden der durch seine Teilnahme am Verkehr entstehenden Schädigungsmöglichkeiten, zum Beispiel der Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, qualifiziert in die Pflicht genommen. Ob der Täter das fremde Kind (aktiv) erwürgt oder das eigene (passiv) verhungern lässt, spielt im Hinblick auf seine Verantwortlichkeit für die Tötung nach § 212 Abs. 1 bzw. § 212 Abs. 1, 13 Abs. 1 keine Rolle. Sonderverantwortlichkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Bezug des Normadressaten zum (bevorstehenden) Verhaltensnormverstoß so beschaffen ist, dass er eine eigenständige verhaltensnormfundierende Funktion einnimmt.439 Die Sonderverantwortlichkeit des Täters spielt für die Strafe eine erhebliche Rolle. Deren Gewicht zeigt sich mit Blick auf die erhebliche Schärfung des § 212 Abs. 1 im Verhältnis zu § 323c mit vorsätzlich in Kauf genommener Todesfolge. (2) Amtsträgerinhaberschaft Der 30. Abschnitt des StGB umfasst einen Teil der sogenannten Amtsdelikte, die ausschließlich von Amtsträgern i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2–4 begangen werden können.440 Trotz des insofern etwas missverständlichen Titels der „Straftaten im Amt“ 441 umfasst dieser Abschnitt darüber hinaus auch von jedermann begehbare (Teilnahme-)Handlungen, die etwa in den §§ 333, 334 als selbstständige Tatbestände ausgestaltet sind. Auch außerhalb des 30. Abschnitts knüpfen zahlreiche Vorschriften an eine Amtsträgereigenschaft an. Von den vom Amtsträger selbst verwirklichten sind solche Delikte zu unterscheiden, die gegen oder unter sonstiger Mitwirkung eines Amtsträgers begangen werden.442 Zudem ist auch der Missbrauch der Befugnisse oder der Stellung als Amtsträger bei einigen Delikten als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles benannt. Bereits aus der kurz umrissenen Gesetzessystematik ergeben sich die hervorgehobene Stellung und der rechtsfolgenbestimmende Charakter der Amtsträgereigenschaft. Davon völlig unabhängig ist die – nicht selten vorgenommene – Einordnung entweder als echte oder unechte Amtsdelikte und die davon abhängig zu machende Einordnung der Amtsträgereigenschaft als strafbegründendes oder 439 Ausführlich Freund, AT, § 6 Rn. 25, 57 ff. Dies ist insbesondere der Fall bei Gefahrenquellenverantwortlichkeiten und Beschützerverantwortlichkeiten. 440 Dazu und zum Folgenden Rengier, BT II, § 59 Rn. 1 ff.; Jäger, Examensrepetitorium BT, Rn. 580 ff. Für eine weitere Auslegung des Begriffs der Amtsdelikte Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht, S. 172 ff. 441 Der Titel ist zudem dahingehend missverständlich, als – mit den §§ 353a, 353d, 356 – in diesen Abschnitt auch Straftaten aufgenommen wurden, an denen ein Amtsträger (oder eine ihm gleichgestellte amtsnahe Person) nicht einmal beteiligt ist. Die Systematik dieses Abschnitts bzw. der Delikte mit Bezug zu einem Amtsträger bedarf einer kritischen Reflektion, vgl. Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht, S. 172 ff. 442 Diese Differenzierung bei Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht, S. 172 ff.

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strafschärfendes Merkmal i. S. v. § 28.443 Die Berücksichtigung der Amtsträgereigenschaft in einer Vielzahl von Delikten gründet sich auf das allgemein schützenswerte Interesse der korrekten Ausführung eines Amtes und der ordnungsgemäßen Funktion der staatlichen Verwaltung bzw. der Rechtsprechung.444 Denn nur durch den Einsatz natürlicher Personen als den Staat repräsentierende Amtsträger ist die Ausübung der Staatsgewalt überhaupt möglich. Eine, in welcher Form auch immer vorgenommene, Beeinträchtigung eines Rechtsguts durch einen Amtsträger führt zu einer (zusätzlichen) gewichtigen Störung des Rechtsfriedens, der mittels (zusätzlicher) strafrechtlicher Reaktion wiederherzustellen ist. ee) Das Nachtatverhalten (als negative Rechtsfolgevoraussetzung) Die bisher angesprochenen für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung relevanten Momente betreffen allesamt das Gewicht des Fehlverhaltens zum Tatzeitpunkt. Fraglich ist nunmehr, ob und inwieweit das Verhalten des Normbrüchigen (unmittelbar) nach der Tat für das Gewicht des Verhaltensnormverstoßes Berücksichtigung finden kann. Die strafzumessungsrechtliche Einbeziehung nachträglicher Wiedergutmachungsleistungen ändert zunächst nichts an dem durch das Fehlverhalten ausgelösten Geltungsschaden an der übertretenen Verhaltensnorm.445 Dass der Täter mit seinem Fehlverhalten seine eigenen Verhaltensmaximen über die der Rechtsordnung gestellt hat, kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Etwaiges Nachtatverhalten vermindert die Ausprägung des Normgeltungsschadens im Tatzeitpunkt nicht. Allerdings relativieren insbesondere zeitlich und sachlich eng mit der Tat verbundene Verhaltensweisen, wie der Rücktritt vom Versuch und die tätige Reue, sowie ein späterer Täter-Opfer-Ausgleich das Reaktionsbedürfnis, dem mit Strafe zu entsprechen ist: Der bei Vollendung und Versuch identische Strafgrund liegt in der Verhinderung eines durch die Infragestellung der Verhaltensnorm drohenden Normgeltungsschadens. Das entsprechende Reaktionsbedürfnis kann aber etwa durch den Rücktritt und dessen zeitlich sehr engen Zusammenhang mit dem Fehlverhalten jedenfalls teilweise bereits wieder entfallen sein. Der Täter kommuniziert und manifestiert durch die freiwillige Aufgabe oder Verhinderung der Tatbestandsverwirklichung, dass er die Geltung der bereits übertretenen Verhaltensnorm wieder anerkennt. Die vollumfängliche Strafe ist daher nicht mehr erforderlich; sie ist entsprechend zu mildern. 443

Rengier, BT II, § 59 Rn. 4. Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 340 Rn. 1; Jäger, Examensrepetitorium BT, Rn. 580, Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht, S. 308 ff. jeweils m.w. N. 445 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 2005, 321 (328 f.); ders., GA 1999, 509 (529); ders., AT, § 9 Rn. 16 ff.; übereinstimmend Frisch, ZStW 1999 (1987), 751 (780 f.); Timm, Gesinnung und Straftat, S. 254 ff.; Stahl, Strafzumessungstatsachen, S. 198 ff., 209 f. 444

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Bedenklich erscheint jedoch die aktuell bestehende vollständige Straffreistellung im Rücktrittsfall (§ 24 I):446 Dieser steht bereits die, durch das Strafrecht bezweckte und notwendige Entprivatisierung von Konflikten entgegen. Schließlich kommt durch die Störung des Rechtsfriedens jedem Verhaltensnormverstoß auch ein überindividueller Charakter zu. Der durch die Tat entstandene Normgeltungsschaden kann allein durch einen intersubjektiven Ausgleich nicht wiederhergestellt werden kann. Er ist zudem nicht allein durch die Erfüllung der Rücktrittsvoraussetzungen behebbar. Vielmehr erfordert eine solche Wiedergutmachungsleistung zusätzliche Glaubwürdigkeitsmerkmale.447 Eine Reform des § 24 in diesem Sinne wäre wünschenswert.448 Das zum Rücktritt Gesagte gilt gleichermaßen für andere Wiedergutmachungsleistungen durch den Täter. Insbesondere rücktrittsähnliche Verhaltensweisen wie die tätige Reue449 (vgl. etwa §§ 83a, 142 Abs. 4, 149 Abs. 2, 3, 158) oder der Täter-Opfer-Ausgleich450 weisen einen engen sachlichen und zumeist auch zeitlichen Zusammenhang zum Fehlverhalten auf, sodass die Infragestellung der Normgeltung durch den Täter teilweise kompensiert werden kann. Aber auch eine seit dem Verhaltensnormverstoß verstrichene sehr lange Zeit kann ein die Strafbedürftigkeit relativierender Faktor sein, der vielfach gesetzlichen Niederschlag gefunden hat.451 b) Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertige Tatumstände Für die Frage nach der angemessenen Reaktion auf den begangenen Normbruch macht es einen Unterschied, ob und inwieweit er sich in der Außenwelt niedergeschlagen hat. Deshalb ist neben dem (Fehl-)Verhalten die Relevanz der entsprechenden Fehlverhaltensfolgen für die Rechtsfolgenbestimmung zu erörtern. In diesem Rahmen ist insbesondere die Frage nach dem Verhältnis von Fehlverhalten und dessen Folgen klärungsbedürftig. Formal sind tatbestandsmä446 Gegen eine vollständige Straffreistellung beim Rücktritt etwa Timm, Gesinnung und Straftat, S. 255 f.; ausführlich zum Rücktritt von formell beendeten Delikten Bergmann, Milderung, S. 143 ff. 447 Dazu ausführlich Wege, Rücktritt und Normgeltung, S. 83 ff., 147 f. 448 Einen Reformvorschlag zum gesamten strafmildernden und strafbefreienden Nachtatverhalten macht Freund, GA 2005, 321 (332). Entscheidend ist, dass der Schuldspruch als primäre Rechtsfolge unabhängig von der Wiedergutmachungsleistung bestehen bleibt. Im Rahmen der weiteren Rechtsfolgen ist eine Milderung oder ein Absehen von Strafe in Betracht zu ziehen. Weiterführend auch Bergmann, ZStW 100 (1988), 329 (351 ff.); Wege, Rücktritt und Normgeltung, S. 76 ff., 92 ff. 449 Freund, GA 1999, 509 (529); ders., AT, § 9 Rn. 4; zu § 142 Abs. 4 insbesondere Böse, StV 1998, 509 ff. 450 Jescheck/Weigend, AT, § 83 IV 3; Meier, GA 1999, 1 (2 ff.). Eine bundesweite TOA-Statistik gibt Hartmann/Stroezel, in: Bundesministerium der Justiz, Täter-OpferAusgleich, S. 149 ff. m.w. N. 451 Zum Aspekt der Verjährung von Straftaten Freund, GA 1999, 509 (529).

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ßige Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertige Tatumstände i. e. S.452 von (anderen) verschuldeten Auswirkungen i. S. d. § 46 Abs. 2 zu unterscheiden. Diese Differenzierung spricht jedoch nicht gegen einen unter Umständen gleichrangigen strafzumessungsrechtlichen Stellenwert. aa) Tatbestandsmäßige Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertige Tatumstände i. e. S. (1) Relevanz der Fehlverhaltensfolgen Bei der Festlegung der richtigen Rechtsfolge bilden die Fehlverhaltensfolgen häufig einen zusätzlichen Anknüpfungspunkt.453 Das Fehlverhalten in Gestalt des Verhaltensnormverstoßes bildet zwar den Grundstein für ein rechtsgüterschutzorientiertes Straftatsystem. Während aber durch ein Fehlverhalten zunächst ein von Rechts wegen zu vermeidender, schadensträchtiger Verlauf in Gang gesetzt oder nicht abgewendet wird, hängt die Realisierung der darauf beruhenden Folgen allein vom Zufall ab.454 So setzt der auf seinen Nebenbuhler schießende Täter mit der Betätigung seiner Schusswaffe einen solchen Verlauf in Gang. Ob die Kugel aber etwa durch unvorhersehbare Umstände abgelenkt wird oder die Zielperson noch rechtzeitig zur Seite springt, liegt nicht mehr in dessen Machtbereich. Dass in dem einen Fall, bei dem zufällig nichts passiert, eine Strafe ausbleibt oder deutlich milder ausfällt als in dem gleichgelagerten folgenreichen, bedarf der Legitimation. Insbesondere Beispiele aus dem Bereich des Straßenverkehrs lassen den Vorwurf des „Glück-Pech-Strafrechts“ 455 aufkommen:456 Verursacht ein Verkehrsteilnehmer durch ein fahrlässiges Fehlverhalten einen Unfall, 452 Mit gleichwertigen Tatumständen sind bestimmte (tatsächliche) Umstände („Gegebenheiten“) gemeint, die die Funktion eines zusätzlichen Sanktionserfordernisses (als „Erfolgssachverhalt“) besitzen; dazu ausführlich Freund, AT, § 2 Rn. 80 ff. Zu nennen ist etwa die Tauglichkeit des Tatobjekts bei einigen Delikten. So stellt die Fremdheit der Sache beim Diebstahl (§ 242) und bei der Sachbeschädigung (§ 303) ein essentielles Tatbestandserfordernis dar. Gleiches gilt für die strafbare Teilnahme, deren Sanktionsvoraussetzung jedenfalls die (vorsätzliche, rechtswidrige) Begehung der Haupttat ist. Eine gleichermaßen strafbarkeitseingrenzende Funktion besitzen die sogenannten „objektiven Strafbarkeitsbedingungen“ wie etwa die Rechtswidrigkeit der Diensthandlung beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 Abs. 3); vgl. Rn. 84 ff. Zu der auch eigenständigen Bedeutung sonstiger gleichwertiger Tatumstände neben den Fehlverhaltensfolgen Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 356 f. 453 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 529 ff. Zu dem Zusammenhang von Verhalten und Erfolg näher Freund, AT, § 2 Rn. 43 ff.; danach liegen nur dann Fehlverhaltensfolgen vor, wenn „sich ein schadensträchtiger Verlauf ereignet, der durch richtiges Verhalten hätte vermieden werden können und sollen“. 454 Auch dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 529 ff.; ders., AT, § 2 Rn. 52 ff. 455 Freund, AT, § 2 Rn. 55; Schaffstein, in: FS Welzel, S. 557 (559 ff.); Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 489 jeweils m.w. N. 456 Beide Beispiele finden sich bei Freund, AT, § 2 Rn. 54.

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sodass ein anderer Verkehrsteilnehmer zu Tode kommt, greift § 222. Bleibt der Unfall zufällig folgenlos, entfällt eine Bestrafung nach § 222; der Versuch des Fahrlässigkeitsdelikts steht in Deutschland nicht unter Strafe. In Anbetracht dessen spielt der Eintritt der Fehlverhaltensfolgen im gegenwärtigen Straftatsystem eine auch im Rahmen der konkreten Rechtsfolgenbestimmung relevante Rolle. Dies gilt unabhängig von der nicht unumstrittenen Einordnung der Fehlverhaltensfolgen etwa als „Erfolg“ oder „objektive Strafbarkeitsbedingung“ 457, die bei genauerem Hinsehen bloß terminologischer Natur ist.458 Zwingend ist lediglich die klare Differenzierung zwischen dem Fehlverhalten als dem unverzichtbaren primären Element einer Straftat und den Fehlverhaltensfolgen, die ohne das entsprechende Verhaltensunrecht undenkbar und damit nur von sekundärer Bedeutung sind.459 Es besteht im Ergebnis weitgehend Einigkeit, dass die Frage, ob und inwieweit sich ein Verhalten in der Außenwelt niederschlägt, für die konkrete Rechtsfolge bedeutsam ist.460 Die Bestrafung wegen Vollendung eines Delikts impliziert einen, über den des Versuchs hinausgehenden, Vorwurf, der sich auch im Rahmen der Rechtsfolgen niederschlagen muss. Schließlich kann nicht in Abrede gestellt werden, dass das Fehlverhalten mit dem gerade darauf zurückzuführenden konkreten schädigenden Verlauf reale Auswirkungen hatte. Ein entsprechender Schaden ist entstanden. Genau diesen galt es jedoch zu verhindern mittels der Verhaltensnorm, deren Legitimation sich aus dem entsprechenden Schutz des in Rede stehenden Rechtsguts ergibt. Es muss also einen Unterschied machen, ob der in Gang gesetzte Verlauf – in Form von Fehlverhaltensfolgen – Wirklichkeit wird und damit dem schon durch das Fehlverhalten bewirkten Normgeltungsschaden ein noch größeres Gewicht verleiht. Das mit den eingetretenen Fehlverhaltensfolgen größere Gewicht des Normgeltungsschadens muss sich für den verantwortlichen Auslöser auch bei der Strafzumessung widerspiegeln, um den dadurch (umso mehr) gestörten Rechtsfrieden wiederherstellen zu können.

457 Die vorherrschende dualistische Unrechtskonzeption erkennt neben dem subjektiven Verhaltensunrecht ein darauf beruhendes „Erfolgsunrecht“ an. Die extremen monistisch-subjektiven Unrechtslehren schreiben tatbestandsmäßigen Verhaltensfolgen keinerlei Unrechtsrelevanz zu. Dennoch gestehen sie ihnen einen bestimmenden Einfluss auf die Bestrafung – als „objektive Strafbarkeitsbedingungen“ – zu. Dazu Struensee, JZ 1987, 53 (57 ff.); ders., GA 1987, 97 (99 f.). 458 Übereinstimmend Freund, GA 1999, 509 (530); ders., AT, § 2 Rn. 60; Mir Puig, in: GS Armin Kaufmann, S. 253 (262 ff.). Der Begriff der Fehlverhaltensfolgen ist mit dem des Erfolgs inhaltsgleich. 459 Freund, AT, § 2 Rn. 60; ders., GA 1999, 530. 460 Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 2 Rn. 60 f.; ders., GA 1999, 509 (529 ff.); ders., Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 96 ff.; vgl. Timpe, Strafmilderungen, S. 91 ff.; Mylonopoulos, Handlungs- und Erfolgsunwert, S. 71 ff.; ferner Dencker, in: GS Kaufmann, S. 441 (442 ff.); Schroeder, in: FS Otto, S. 165 (172 ff.).

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Tatsächlich lässt sich die – wenn auch zum Teil überschätzte – Bedeutung des Erfolgs einer Tat für deren Rechtsfolgen bereits aus zahlreichen Regelungen des geltenden Rechts ableiten: Bemerkenswert ist vor allem die Differenzierung von Versuch und Vollendung bei der Vorsatztat und der damit verknüpfte, im vorangegangenen Beispiel bereits angedeutete, Umgang mit der folgenlosen, also: straflosen(!) Fahrlässigkeit im Unterschied zur folgenreichen.461 Mit Blick auf eine z. T. divergente Strafandrohung sind zudem abstrakte bzw. konkrete Gefährdungsdelikte und Erfolgsdelikte in Kontrast zu setzen. Hingewiesen sei etwa auf die strafzumessungsrechtlich gravierende Differenzierung zwischen einer folgenlos gebliebenen Trunkenheitsfahrt (§ 316) und einer solchen mit Gefahr(§ 315c) oder Verletzungserfolg (§§ 222, 315c, 52 oder §§ 229, 315c, 52).462 Indiziell sprechen für die Relevanz des Erfolgs bei der konkreten Rechtsfolgenbestimmung zudem die in § 46 Abs. 2 S. 2 mit aufgezählten, bei der Strafzumessung zu berücksichtigenden, verschuldeten Auswirkungen der Tat.463 Gesetzessystematisch sind tatbestandsmäßige Verhaltensfolgen demnach – neben(!) dem tatbestandlichen Fehlverhalten – richtungsweisend für die Art und die Höhe der Bestrafung. Fraglich bleibt allerdings das Verhältnis zwischen Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen bei der konkreten Rechtsfolgenbestimmung. (2) Das Verhältnis von Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen Bei der Bewertung einer Fehlverhaltensfolge als bestrafungsrelevantes Moment ist immer auch das vorangegangene Fehlverhalten in Rechnung zu stellen. Erst mit Blick auf das Fehlverhalten entfaltet der entsprechende Erfolg anschließend seine Bedeutung für die konkrete Bestimmung der Rechtsfolge:464 Eine isolierte Betrachtung der Fehlverhaltensfolgen – etwa bei der Festlegung eines absoluten Strafwerts für eine bestimmte Beeinträchtigung – würde zu sachwidrigen Ergebnissen führen. Dies verdeutlicht etwa die Systematik der Tötungsdelikte: Der Erfolg ist immer derselbe; ein Mensch ist gestorben. Eine entsprechend einheitliche Bestrafung von fahrlässiger Tötung, Totschlag und Mord wäre dennoch offensichtlich verfehlt. Für die Beurteilung des Unrechtsgehalts einer Tat kann der Erfolg eben nur in Relation zu dem vorangegangenen Fehlverhalten beurteilt werden. Richtigerweise wird eine mit Blick auf Qualität und Gewicht des Fehlverhaltens auch im Bereich der Rechtsfolgen ausschlaggebende Differenzierung vorgenommen. Diese wirkt sich auch auf den Strafrahmen von bis zu fünf Jahren 461 Dazu kritisch Freund, GA 1999, 509 (530); zur Relevanz der Strafrahmenmilderung beim Versuch Frisch, in: FS Spendel, S. 381 ff. 462 Diese Beispiele bei Freund, AT, § 2 Rn. 54. 463 Darüber geben einen Überblick Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, § 46 Rn. 26 ff.; Miebach, in: MünchKommStGB, § 46 Rn. 93 ff. Vgl. auch unten B. II. 2. b) bb). 464 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (530 f.).

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Freiheitsstrafe bei § 222 im Vergleich zur zwingenden lebenslangen Freiheitsstrafe bei § 211 aus. Um das Verhältnis zwischen Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen mit Blick auf die konkrete Rechtsfolgenbestimmung untersuchen zu können, ist die Strafunrechtsrelevanz der Fehlverhaltensfolgen zu analysieren.465 Dies gelingt über die Auswertung zweier gleich gelagerter Fälle, einmal unter Einbeziehung der Fehlverhaltensfolgen und einmal unter deren Ausschluss. Zu vergleichen ist das Unrecht der (im idealtypisch ausgeprägten Fall untauglich) versuchten Tat mit dem der Vollendung. Der ermittelte Kontrast bildet dann den strafunrechtsrelevanten Faktor, den die Fehlverhaltensfolgen ausmachen. Ein Beispiel: Auf den Kopf des Nebenbuhlers zielend schießt der Scharfschütze und trifft. Es stellt sich die Frage, um welchen Faktor die Strafe gemildert würde, wenn das Opfer zufällig gerade noch rechtzeitig zur Seite gestoßen worden wäre. Diese recht abstrakte Vorgehensweise wird unter Einbeziehung des sogenannten untauglichen Versuchs besonders anschaulich:466 In dem Glauben, es sei ein tödlich wirkendes Gift, mischt der Erbschleicher seiner Großmutter – tatsächlich völlig harmlose – Vitamintabletten in ihren abendlichen Tee. Am nächsten Abend wagt er einen erneuten Anlauf und schießt mehrfach in Tötungsabsicht auf die vermeintlich schlafende Verwandte. Diese ist tatsächlich bereits zwei Stunden zuvor an einem Herzinfarkt gestorben. Die aufgezeigten Fallkonstellationen verdeutlichen: Das Verhältnis zwischen Verhalten und Erfolg ist kein ausgeglichenes. Die Infragestellung der Norm ist bereits durch das Fehlverhalten so gewichtig, dass der Eintritt des vom Zufall abhängigen Erfolgs für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung bloß einen sekundären Charakter innehat. Zur weiteren Analyse dieser Problematik ist nachfolgend auf die ratio der Strafrahmenmilderung beim Versuch einzugehen. Diese verspricht Aufschluss im Hinblick auf die konkrete Veranschlagung des Erfolgs im Strafzumessungsvorgang. (3) Die Strafrahmenmilderung beim Versuch (§ 23 Abs. 2 i.V. m. § 49) Gemäß § 23 Abs. 2 kann der Versuch milder bestraft werden als die vollendete Tat.467 Der Richter kann die Strafe mildern, muss dies aber nicht, d.h. die Milderung ist fakultativ. Sie richtet sich nach den Maßstäben des § 49. Die vorgese465

Diese Methode verwendet auch Freund, GA 1999, 509 (530 f.). § 23 Abs. 3 normiert die Strafbarkeit des Versuchs auch bei Untauglichkeit des Tatmittels oder des -objekts. Zu dieser beim untauglichen Tatsubjekt vgl. Beckemper/ Cornelius, in: BeckOK-StGB, § 22 Rn. 66 ff. Einen Überblick zum untauglichen Versuch mit weiteren Beispielen geben Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 880 ff. 467 Zur Strafmilderung beim Versuch Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 5 ff. 466

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hene Strafrahmenänderung468 sieht einen Übergang auf einen dort normierten milderen Strafrahmen vor. Fällt der Versuch mit anderen gesetzlichen Milderungsgründen zusammen, so ist eine mehrfache Verschiebung des Strafrahmens denkbar.469 Im Fall eines vermindert schuldfähigen Versuchstäters kann die mögliche zweifache Anwendung des § 49 (i.V. m. §§ 21, 23 Abs. 2) zu einer doppelten Strafrahmenverschiebung führen.470 (a) Hauptfragen zur Rahmenentscheidung beim Versuch Umstritten ist, anhand welcher Kriterien der zu Grunde zu legende Strafrahmen bestimmt werden muss.471 Diese Frage stellt sich allerdings nur dann, wenn man – mit der Rechtsprechung472 – § 23 Abs. 2 als Appell zu einer gesonderten Entscheidung über den Strafrahmen auslegt. Danach hat der Richter in einer dem eigentlichen Strafzumessungsvorgang vorgelagerten Phase darüber zu entscheiden, ob der „normale“ Strafrahmen oder der nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 gemilderte Anwendung findet. Erst in einem zweiten Schritt erfolgt die Ermittlung der richtigen Strafe nach den allgemeinen Grundsätzen. Diese Methode ist der entgegengesetzten Strafhöhenbemessung anhand eines einheitlichen Gesamtstrafrahmens473 – definiert durch die Obergrenze des Normalstrafrahmens und die Untergrenze des nach § 49 gemilderten – klar überlegen474: Letztere macht zwar ein zweistufiges Vorgehen entbehrlich. Durch die Fusion beider Strafrahmen wird deren ohnehin viel kritisierte Weite allerdings „auf die Spitze“ getrieben. Zudem wird durch die bei dieser Konzeption nicht erfolgte Absenkung der Obergrenze dem Wortlaut und der Regelungsintention des § 49 Abs. 1 widersprochen, der für eine Milderung das Herabsetzen von Ober- und Untergrenze zwingend normiert. Eine abweichende Behandlung von Versuchskonstellationen ist unter

468 Vgl. Perron/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, § 21 Rn. 13; kritisch Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 513 ff.; Kotsalis, in: FS Baumann, S. 33 ff. 469 BGH NStZ-RR 2005, 76 ff.; ähnlich OLG Köln GA 1973, 282 f.; dazu Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, § 50 Rn. 1 ff. 470 Dieses und weitere Beispiele bei Perron/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, § 21 Rn. 13 sowie Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 5 ff. 471 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (382 ff.). 472 BGHSt 1, 115 (117); 16, 351 ff.; 17, 266 ff.; 35, 347 (355); 36, 1 (18); ebenso Dreher, JZ 1956, 682 (683); Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 46, 77, 440 ff., 513 ff.; ders., Recht der Strafzumessung, S. 48, 171, 204; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, Rn. 1027 ff. 473 So insbesondere Zipf, Die Strafmaßrevision, S. 28 ff., 33 ff., ähnlich in Bezug auf die besonders bzw. minder schweren Fälle etwa Maiwald, in: FS Gallas, S. 161 ff., ders., NStZ 1984, 433 (435) sowie Streng, NStZ 1989, 393 (398). 474 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (383 f.); Frisch/Bergmann, JZ 1990, 351 f.; Bergmann, Milderung, S. 60 ff.; Timpe, Strafmilderungen, S. 82 ff. jeweils m.w. N.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 107

bestimmten Voraussetzungen schon aufgrund ihres (verminderten) Unrechtscharakters geboten, sodass konsequenterweise ein entsprechend milderer Strafrahmen bzw. eine abgemilderte (Gesamt-)Schwereskala als Grundlage für die Ermittlung der richtigen Strafe heranzuziehen ist.475 Dies misslingt bei der Lehre vom Gesamtstrafrahmen.476 Dass somit die Rechtsprechung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 zu einer Entscheidung für oder wider die Strafrahmenprivilegierung berufen ist, wirft die weitere Frage auf, ob es (inhaltliche) Kriterien gibt, anhand deren festzustellen ist, wann der eine oder der andere Strafrahmen zur Anwendung kommt.477 Die höchstrichterliche Rechtsprechung478 geht bisher im Grundsatz davon aus, dass „der Tatrichter auf Grund einer Gesamtbeurteilung aller wesentlichen Tatumstände und der Täterpersönlichkeit“ entscheiden darf, ob die Strafe für ein versuchtes Verbrechen oder Vergehen gemildert werden soll.479 Für eine umfängliche Gesamtbetrachtung als maßgeblich anzuerkennen seien u. a. der verbrecherische Wille, der oder die Beweggründe, die Tatausführung und der Grad der Gefährdung des angegriffenen Rechtsguts.480 Dementsprechend fänden auch die Vorstrafen eines Angeklagten, dessen Tatmotive und/oder dessen Strafempfindlichkeit Berücksichtigung. Selbst eine bloße Akzentuierung spezieller Umstände, etwa des Entwicklungsstadiums oder des tatsächlichen Gefährlichkeitsgrads des Versuchs, bedeutete – die Richtigkeit dieser Position unterstellt – für sich genommen bereits eine unzulässige Einschränkung des richterlichen Ermessens. Die (gleichrangige) Relevanz aller Strafzumessungsumstände für die Rahmenwahl ist erheblichen Bedenken ausgesetzt481, die inzwischen auch der Bundesge475 Friktionen entstehen insbesondere bei Fällen konstitutiver – bei der zwingend ein milderer Maßstab anzulegen ist – und fakultativer Privilegierung; so auch Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (384 f.). Dieses Problem zeigt sich beispielhaft bei der Gegenüberstellung von Qualifikationstatbeständen, solchen anhand der Regelbeispielstechnik normierten besonders schweren Fällen und der jeweils gebotenen Anwendung der Strafrahmenschärfung. 476 Kritisch zum Gesamtstrafrahmen als einer fehlerhaften „Strafenstaffel“ Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (384); Frisch/Bergmann, JZ 1990, 952. 477 Zu dieser Frage und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (385 ff.). 478 Insbesondere BGHSt 16, 351 (353); 17, 266 ff.; BGH StV 1984, 246 ff.; 1985, 411 ff.; 1990, 62 (63); BGH GA 1984, 374 (375); Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 446 f.; ausführlich zum Meinungsstand Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 178 ff.; Timpe, Strafmilderungen, S. 82 ff. 479 So die grundlegenden Entscheidungen BGHSt 16, 351 ff.; 17, 266 ff.; zudem können „die bei der Findung des Strafrahmens verwerteten Gesichtspunkte bei der Strafzumessung innerhalb des gewählten Rahmens nochmals berücksichtigt werden“. 480 BGHSt 17, 266 (266 f.); ebenso bei Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (385). 481 Gravierende Zweifel an der Gesamtbetrachtungslehre äußern neben Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (385 ff.) zudem Timpe, Strafmilderungen, S. 32 ff.; Horn, in: GS Kaufmann, S. 573 (574 ff., 594); Frisch/Bergmann, JZ 1990, 944 (945 ff.).

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richtshof zu teilen scheint.482 Die Wahl des für die weitere Strafzumessung maßgebenden Strafrahmens von einer Gesamtbewertung verschiedenster, teilweise gegenläufiger Unabwägbarkeiten abhängig zu machen, ist bereits unter den Aspekten der Rechtsicherheit und der Gleichheit sachwidrig: Schließlich sorgen die mannigfaltigen Faktoren der Bewertung und deren Gewichtung bei der Strafrahmenwahl auch für Unklarheiten im gesamten Strafzumessungsvorgang. Auf diese Weise kann auch dem im Bereich der Rechtsfolgen geltenden Bestimmtheitsgrundsatz nicht vollumfänglich Rechnung getragen werden. Des Weiteren widerspricht diese Methode der – in dieser Arbeit abgelehnten483 – Funktion der Strafrahmen als gesetzgeberischer Vorwertung, von der die Rechtsprechung selbst nach wie vor ausgeht.484 Der Gedanke einer durch die Eckpunkte der Strafrahmen begrenzten, bindenden Schwerskala steht nicht im Einklang mit der Gesamtbetrachtungslehre, die die richterliche Bindung zur Disposition stellt. Zudem kommt die Lehre von der Gesamtbetrachtung in Erklärungsnot in Bezug auf die nicht unübliche Überschneidung von Normal- und Sonderstrafrahmen:485 Denn wenn es für die Bestimmung des richtigen Strafrahmens auf dessen Eignung und Angemessenheit ankäme, wäre die Strafe, die anhand des einen oder des anderen Strafrahmens im Bereich gemeinsamer Strafgrößen zu ermitteln ist, nicht erklärbar. Darüber hinaus widerspricht die von der Gesamtbetrachtungslehre attestierte Relevanz aller Strafzumessungsumstände bei der Bestimmung der Strafrahmenwahl der Systematik und insbesondere dem Regelungszweck der Strafrahmenmilderung beim Versuch (§ 23 Abs. 2 i.V. m. § 49).486 Mit der Möglichkeit dieser 482 Bei der Strafrahmenentscheidung sei zumindest in erster Linie auf das Gewicht versuchsbezogener Umstände abzustellen BGHSt 25, 347 (355); 36, 1 (18 f.); ferner Meyer-Goßner, NStZ 1988, 529 (535). 483 Zur kritischen Würdigung der Grenzwerthypothese siehe oben B. I. 2. a) bb) (2). 484 Die anhand der Grenzwerthypothese ermittelten Eckpunkte des jeweiligen Strafrahmens bilden die Grenzpunkte einer parallel verlaufenden Schwereskala, mit deren Hilfe der Richter in der Lage sein soll, die im Verhältnis zu anderen Strafen richtige Strafe zu ermitteln. Es erscheint jedoch nicht einmal im Ansatz stimmig, den Gedanken der bindenden Schwereskala beim Strafrahmen insoweit zu entkräften, als dessen Festlegung zunächst gerade durch den „gebundenen“ Richter – unter Einbeziehung aller Strafzumessungstatsachen – vorzunehmen ist. Damit ginge die von den Verfechtern der Grenzwerthypothese unterstellte Aussagekraft und die entsprechende richterliche Bindung der Strafrahmen vollends verloren. Eine tatsächliche Bindung ist erst dann gewährleistet, wenn sich die Vorauswahl der für die Strafrahmenwahl relevanten Faktoren begrenzen lässt und gerade nicht von einem (nicht präzise möglichen!) Gesamturteil abhängt. Vgl. dazu Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (387 ff.). 485 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (387 f.); zur Überschneidung von Normal- und Sonderstrafrahmen bereits Warda, Dogmatische Grundlagen, S. 109 f., Frisch/Bergmann, JZ 1990, 944 (948 f.). 486 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (389 ff.).

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 109

Rahmenmilderung wurde den wertungsrelevanten Charakteristika des Versuchs Rechnung getragen. Der mögliche Übergang zu einem milderen Strafrahmen drückt die geringere Strafwürdigkeit der eben noch nicht vollendeten Tat – im Kontrast zur folgenreichen bei zwingender Anwendung des Normalstrafrahmens – aus. Die Wahl des Rahmens zur Disposition zu stellen und dies auch noch von versuchsfremden Kriterien abhängig machen zu wollen, widerspricht der auch rechtsfolgenrelevanten Stellung des Versuchs als Minus im Verhältnis zur Vollendungstat. Infolgedessen können im Rahmen der Entscheidung für die Strafrahmenänderung des § 23 Abs. 2 nur solche Momente maßgeblich sein, die indizieren, ob die in Rede stehende Tat im Hinblick auf ihre Strafwürdigkeit gerade aufgrund ihres Versuchscharakters hinter der vollendeten Tat zurückbleibt.487 Irrelevant sind damit solche Bedingungen, die gleichermaßen bei Versuchs- wie bei Vollendungstaten anzutreffen sind. Nach allem gegen die Gesamtbetrachtungslehre Vorgebrachten sind im Folgenden in der Gesamtheit aller strafzumessungsrelevanten Umstände jene zu suchen, die aufgrund ratio-spezifischer Eigenschaften für die Strafrahmenentscheidung wirklich bedeutsam sind. Darauf folgt die Frage, bei Vorliegen welcher Umstände die Strafrahmenmilderung am Ende tatsächlich zu gewähren oder zu versagen ist.488 (b) Ratio der Milderung und Unterschiede im Bereich der Deliktstypen Nach der berechtigten Kritik gegenüber der Gesamtbetrachtungslehre erscheint es sachgerecht, bei der Strafrahmenentscheidung im Fall des Versuchs nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 rein versuchsbezogene Kriterien zu berücksichtigen.489 Namentlich sind danach etwa die Gefährlichkeit des Versuchs490, dessen Stadium491 sowie die für den Nichteintritt des Erfolgs kennzeichnenden Gründe492 in Rechnung zu stellen.493 Vor diesem Hintergrund lassen sich zwei wesentliche Meinungsströme unterscheiden. Die eine Position494 sucht die Balance zwischen Limitation und Elastizität, indem sie bestimmte Kriterien festlegt, jedoch keine 487

Vgl. auch Frisch/Bergmann, JZ 1990, 944 (949 f.). Diese Fragen ebenso aufwerfend Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (390). 489 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (391 ff.). 490 Dreher/Tröndle, StGB, § 23 Rn. 3. 491 BGHSt 36, 1 (18); Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 7. 492 Jakobs, AT, 25. Abschn. Rn. 79. 493 Weiterhin werden Grenzfälle zum untauglichen Versuch aus grobem Unverstand und rücktrittsähnliche Verhaltensweisen ins Feld geführt; Timpe, Strafmilderungen, S. 109 ff., 127 ff.; Jakobs, AT, 25. Abschn. Rn. 79 ff. – Nicht von Belang sind versuchsunspezifische Kriterien; vgl. B. II. 2. b) aa) (3). 494 Diesen Ansatz vertreten insbesondere Jakobs, AT, 25. Abschn. Rn. 79; Dreher, JZ 1956, 682 (683). 488

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Aussage darüber trifft, wann genau – etwa ab welchem Gefährlichkeitsgrad, welcher Phase des Versuchs – eine Milderung noch bzw. schon möglich ist. Der darüber hinausgehende zweite Ansatz bezieht insofern Stellung, als er anhand einer getroffenen Vor-Kategorisierung in der Lage ist, die (Nicht-)Anwendbarkeit der Milderung bloß noch „abzulesen“: Der unbeendete Versuch soll danach einer Milderung zugänglich sein, aufgrund des im Verhältnis zum beendeten Versuch geringeren Unrechts- und Schuldgehalts. Zudem sei der beendete Versuch, da der Täter seiner Vorstellung entsprechend alles für die Tatbestandverwirklichung getan hat, so nahe an der Vollendung, dass nur der Normalstrafrahmen und eben nicht der gemilderte zur Anwendung gelangen kann.495 Besonderheiten, die ausnahmsweise auch die Rahmenverschiebung greifbar machen sollen, ergeben sich etwa beim (beendeten) untauglichen Versuch496 oder im Fall rücktrittsähnlicher Bemühungen zur Vermeidung des Erfolgseintritts.497 Allerdings wird die ratio der „Kann“-Milderung des § 23 Abs. 2 von der naheliegenden (und zunächst auch überzeugend erscheinenden) Lehre von der Relevanz rein versuchsbezogener Kriterien für die Strafrahmenänderung nicht vollständig erfasst.498 Die Milderung von einer Fallgruppenrubrizierung abhängig zu machen, bei der die einzelnen Versuchskonstellationen mit Blick auf deren stärkere oder geringere Strafwürdigkeit voneinander abzugrenzen sind, widerspricht dem für die Strafrahmenmilderung bedeutsamen Verhältnis von Vollendung und Versuch. Sinn und Zweck der Strafrahmenänderung ist es, denjenigen499 Fallkonstellationen des Versuchs eine Milderung zu gewähren, bei denen gerade aufgrund des Versuchscharakters der Tat eine Vollendungsstrafe nicht legitimierbar wäre. Maßgeblich sind damit nur die Kriterien, die die Versuchstat als Minus zur Vollendungstat ausweisen. Deren (Nicht-)Gegebensein entscheidet darüber, ob sich eine Bestrafung aus dem für die Vollendung vorgesehenen (Normal-)Strafrahmen rechtfertigen lässt oder ob der Übergang auf den milderen Sonderstrafrahmen notwendig ist. Der Grund für die Versuchsmilderung ist damit nicht allein dem Fehlen der Vollendung geschuldet; vielmehr rechtfertigt sich die verminderte Strafe durch ein im Verhältnis zur Vollendungstat bestehendes Legitimationsdefizit beim Versuch. Dieses ist oft, jedoch nicht immer mit dem Voll-

495 Für eine strafzumessungsrechtliche Gleichstellung des beendeten Versuchs mit der Vollendung Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 7a; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 309 ff.; Dornseifer, in: GS Kaufmann, S. 427 (439); a. A. BGH StV 1991, 105 ff. 496 Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 175 f.; 304; Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 7a. 497 Timpe, Strafmilderungen, S. 82 ff.; Jakobs, AT, 25. Abschn. Rn. 79. 498 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (393 ff.). 499 Nicht alle Versuchskonstellationen unterscheiden sich im Hinblick auf ihren Unrechtsgehalt so wesentlich von der Vollendung, dass sich eine obligatorische Strafrahmenmilderung rechtfertigen ließe.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 111

endungsmangel identisch.500 Die Lehre von der Relevanz rein versuchsbezogener Kriterien ist somit durch ein Korrektiv zu ergänzen: Nur solche versuchsbezogenen Umstände, die das Verhältnis von Vollendung und Versuch charakterisieren, sind für die Entscheidung für oder wider eine Strafrahmenänderung bedeutsam. Diese angepasste Formel trägt auch der Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Deliktstypen und deren divergierender materieller Bedeutung hinsichtlich des Fehlens der Vollendung Rechnung.501 Bei den sogenannten „klassischen“ Erfolgsdelikten ist die Tat in der Regel erst bei Eintritt der Fehlverhaltensfolgen vollendet.502 Bei anderen Deliktsgruppen – etwa den abstrakten Gefährdungsund den erfolgskupierten Delikten – kann die Vollendung schon eingetreten sein, bevor eine Unwertfolge nach Außen in Erscheinung getretenen ist. Der Eintritt der Vollendung ist hier völlig unabhängig von solchen qualifizierten Unrechtssachverhalten. So kann beispielsweise schon bevor es zu der (faktischen) Enteignung des Eigentümers bzw. Täuschung im Rechtsverkehr kommt, der Diebstahl bzw. die Urkundenfälschung vollendet sein. Eine Falschaussage i. S. d. §§ 153 ff. ist bereits mit Abschluss der Vernehmung, also vor bzw. unabhängig von einer (Fehl-)Beurteilung des Falles, vollendet.503 Bei den genannten Deliktsgruppen unterscheidet sich der Versuch nicht in materiell bedeutsamer Weise von der Vollendung.504 Es besteht sicherlich ein geringer, mit Blick auf die erhebliche Strafrahmenänderung aber nicht wesentlicher Unterschied für die Unwertbeurteilung, ob der Dieb kurz vor oder kurz nach dem Einstecken der goldenen Uhr bzw. der Fälscher kurz vor oder kurz nach dem Absetzen des Stifts gefasst wird. 500

Dazu unten B. II. 2. b) aa) (3) (c). Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (395 ff.). 502 Wie Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (396 ff.) zutreffend schildert, nimmt der Erfolg in der Strafrechtsdogmatik eine übergreifend bedeutsame Rolle ein. So wird der Blick zunächst, manchmal sogar ausschließlich, auf die Charakteristik der Erfolgsdelikte gerichtet. Dies hat verschiedene Ursachen: Erst der Eintritt der Rechtsgutsbeeinträchtigung, etwa der Tod bei den Tötungsdelikten, stellt für viele die wesentliche Legitimation der Strafe dar. Schließlich macht auch das Gesetz bei einer Mehrzahl der Delikte eine Bestrafung vom bloßen Erfolgseintritt abhängig. Zudem führt der (ggf. qualifizierende) Erfolg nicht selten zu einer beachtlichen Strafschärfung. Dies ist nicht zuletzt auch ein Ausdruck verbreiteter gesellschaftlicher Wertvorstellungen. Es führt in der Strafrechtsdogmatik bis heute vermehrt zu einem zweigliedrigen – aus Handlungsund Erfolgsunrecht – aufgebauten Unrechtsverständnis, vgl. Gallas, in: FS Bockelmann, S. 155 (161 ff.); Stratenwerth, in: FS Schaffstein, S. 177 (177 ff., 182 ff.); Wolter, Objektive und Personale Zurechnung, S. 109 ff., 127 ff.; Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 85 ff., 128 ff. 503 Zur Vollendung und dem (straflosen) Versuch bei den §§ 153 ff. überblicksartig Rengier, BT II, § 49 Rn. 14 ff., 24 f. 504 Die Bestimmung der Vollendung hat bei vielen Delikten präventive oder prozessuale Gründe: etwa für § 242 StGB Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 242 Rn. 37 ff. 501

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

(c) Die Adäquität der Strafrahmenmilderung beim Versuch – Legitimationsrelevante Divergenzen zwischen Vollendung und Versuch Dass es sich bei der Regelung des § 23 Abs. 2 um eine bloß fakultative Strafmilderungsmöglichkeit handelt, scheint der Systematik des Versuchs als Minus zur Vollendungstat zunächst zu widersprechen.505 Denn selbst bei sogenannten vollendungsnahen Versuchskonstellationen stellt der – wenn auch akzidentielle – Nichteintritt der Fehlverhaltensfolgen immer noch ein erhebliches strafunrechtsrelevantes Defizit im Verhältnis zur Vollendungstat dar.506 Wenn sich bei dem vollendeten Verletzungsdelikt gerade aufgrund des zufälligen Erfolgseintritts eine umfängliche Bestrafung legitimieren lässt, muss konsequenterweise umgekehrt eine Milderung zu Gunsten des Täters bei einem „glücklichen“ Ausbleiben der Verletzung vorgenommen werden.507 Eine solche Milderung erscheint hinsichtlich des Übergangs auf einen zum Teil erheblich verminderten Strafrahmen jedoch nicht immer angemessen.508 Dies erweist sich insbesondere bei der Betrachtung derjenigen Deliktsgruppen, bei denen mit der Vollendung kein materiell bedeutsamer zusätzlicher Unrechtssachverhalt verwirklicht wird. Dies ist, wie bereits angedeutet, bei den reinen Tätigkeitsdelikten, insbesondere bei den abstrakten Gefährdungs- und erfolgskupierten Delikten, der Fall. Das Ausbleiben der Vollendung rechtfertigt bei diesen Delikten daher nicht zwangsläufig die gravierende Strafrahmenänderung der §§ 23 Abs. 2 i.V. m. § 49. Mit Blick auf diese von den „klassischen“ Erfolgsdelikten charakteristisch abweichenden Deliktsgruppen erscheint die nicht selten geforderte obligatorische Strafrahmenmilderung509 schließlich nicht geeignet. Die fakultative Strafrahmenmilderung de lege lata hingegen trägt den unterschiedlichen Charakteristika der verschiedenen Deliktsgruppen Rechnung:510

505 Kritisch gegenüber der bloß fakultativen Milderungsmöglichkeit Köhler, AT, S. 485; Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 11 Rn. 48 ff.; zum Folgenden auch Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (399 ff.); Herzberg, in: MünchKommStGB, § 23 Rn. 21 ff. 506 Dazu und zum Folgenden Freund, AT, § 2 Rn. 53 ff., 60 f. 507 Sachlich übereinstimmend auch Walter, in: LK-StGB12, Vor § 13, Rn. 18. 508 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (399). Vor dem Hintergrund der bloß sekundären Bedeutung der Fehlverhaltensfolgen werden die normierten Sonderstrafrahmen dem Verhältnis von (Fehl-)Verhalten und Erfolg zudem nicht in vollem Umfang gerecht. Dass etwa gemäß § 49 Abs. 1 S. 1 die zwingende lebenslange Freiheitsstrafe in eine solche gemildert wird, die sich anhand des Sonderstrafrahmens ab drei Jahren Freiheitsstrafe bemisst, dürfte dem unterschiedlichen Gewicht von (Fehl-) Verhalten und Erfolg nicht gerecht werden. 509 So etwa Baumann/Weber/Mitsch, AT, S. 477; Timpe, Strafmilderungen, S. 82 ff.; Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 6. Die obligatorische Strafmilderung beim Versuch im RStGB wurde mit Verordnung vom 29.05.1943 aufgehoben. 510 Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (399 ff.).

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 113

Mit dem Eintritt der Fehlverhaltensfolgen stellt die Vollendung bei einigen Delikten, insbesondere den Erfolgsdelikten511, ein über den Handlungsunwert hinausgehendes strafunrechtsrelevantes Datum dar. Das oben ausführlich behandelte Verhältnis zwischen Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen hat gezeigt, dass Letztere zwar weniger gewichtig, aber dennoch eigenständig für die Strafzumessung relevant sind. Das Ausbleiben des Erfolgs führt demnach – im Verhältnis zur Vollendung – zu einer derartigen Verminderung des Unrechtsgehalts, dass die Strafrahmenmilderung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 konsequenterweise generell zur Anwendung gelangen muss, da ein materiell bedeutsamer zusätzlicher Unrechtssachverhalt fehlt. Eine Bestimmung des Strafrahmens anhand weiterer („versuchsbezogener“) Kriterien ist nicht erforderlich. Anders liegt es bei den reinen Tätigkeitsdelikten sowie den abstrakten Gefährdungs- und erfolgskupierten Delikten. Schon aufgrund ihres Deliktscharakters schlägt sich die Vollendung nicht in einer sichtbaren bzw. nachteilig erfahrbaren Folge nieder; sie wird vielmehr „technisch festgelegt“.512 Aufgrund dessen wird mit ihr dann auch kein materiell bedeutsamer zusätzlicher Unwertgehalt erreicht, sodass sich ein im Versuchsfall möglicher Übergang auf die nicht unerhebliche Strafrahmenmilderung des § 49 nicht – jedenfalls nicht ohne weiteres – legitimieren lässt. Wann eine Strafrahmenmilderung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 auch bei Deliktsgruppen, bei denen kein materiell bedeutsamer zusätzlicher Unrechtssachverhalt verwirklicht wird, legitim ist, soll im Folgenden untersucht werden. (d) Kriterien für die Strafrahmenwahl und Fallgruppen legitimer Strafrahmenmilderung Die Signifikanz der sogenannten „versuchsbezogenen Umstände“ ist damit recht eingeschränkt: Keinerlei Bedeutung entfalten sie bei Delikten, deren Vollendung einen spezifischen, die Strafe maßgeblich mittragenden Unwerterfolg voraussetzt. Bereits das Ausbleiben des Erfolgs als gewichtiges strafunrechtsrelevantes Defizit legitimiert bzw. schreibt die Anwendung der Strafrahmenmilderung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 vor. Strafzumessungsrechtlich wirken sich die Eigenheiten des Versuchs (etwa des unbeendeten/beendeten Versuchs513, rücktrittsähnliche Bemühungen514, die Untauglichkeit des Versuchs515) noch inner511 Entsprechendes gilt auch für die konkreten Gefährdungsdelikte, bei denen jedenfalls ein konkreter Gefahrerfolg vonnöten ist, vgl. Rengier, BT II, § 44 Rn. 10 ff. 512 Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (397). 513 Für deren Relevanz bei der Entscheidung über die Strafrahmenmilderung etwa Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 7a; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 309 ff., 312 ff.; dagegen BGH StV 1991, 105 ff. 514 Für deren Relevanz bei der Entscheidung über die Strafrahmenmilderung etwa Timpe, Strafmilderungen, S. 127 ff.; Jakobs, AT, 25. Abschn. Rn. 79. 515 Für deren Relevanz bei der Entscheidung über die Strafrahmenmilderung etwa Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 175, 304 f.; Eser/Bosch, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 23 Rn. 7a.

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

halb des gemilderten Strafrahmens aus. Bedeutung für die Strafrahmenwahl können diese Faktoren allerdings auch bei solchen Delikten erlangen, bei denen die mangelnde Vollendung gerade nicht zugleich ein gewichtiges strafunrechtsrelevantes Defizit darstellt: bei den reinen Tätigkeitsdelikten, den abstrakten Gefährdungs- und den erfolgskupierten Delikten. Um der ratio der Strafrahmenänderung gerecht zu werden, können also nur solche „versuchsbezogenen Umstände“ von Belang sein, die mit Blick auf das Verhältnis von Vollendung und Versuch so gewichtig sind, dass sie einen Übergang auf den erheblich verminderten Strafrahmen nach § 49 zu rechtfertigen vermögen. Ein weniger gewichtiges bzw. geringes Unrechtsdefizit legitimiert eine mit der Strafrahmenmilderung verknüpfte erhebliche Strafrahmenverschiebung nicht. Einer strafzumessungsrechtlichen Berücksichtigung innerhalb des Normalstrafrahmens steht allerdings nichts entgegen. Exemplarisch für Fälle, denen aufgrund ihres verminderten Unrechtsgehalts notwendigerweise die Anwendung der Strafrahmenmilderung zugänglich sein muss, sind der untaugliche Versuch und das schon strafbare (Vor-)Verhalten, das sich noch in einer frühen Phase des unmittelbaren Ansetzens befindet.516 Da beim untauglichen Versuch517 eine tatsächliche Gefahr für das angegriffene Rechtsgut fehlt, lässt sich eine umfängliche Bestrafung weder im Verhältnis zum Vollendungsdelikt noch zum tatsächlich (objektiv) gefährlichen tauglichen Versuch legitimieren. Daher ist die Anwendung der Strafrahmenänderung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. 49 – auch in Fällen, in denen die Milderung nach § 23 Abs. 3 (untauglicher Versuch aus grobem Unverstand) ausscheidet518 – zwingend. Gleiches gilt für Sachverhalte, bei denen der Versuch sich noch in der Phase des unmittelbaren Ansetzens, also einer Vorphase der eigentlichen Tatbestandshandlung befindet.519 Namentlich sind solche Konstellationen gemeint, bei denen die Vornahme der Verletzungshandlung noch bevorsteht. In diesem Stadium ist der Angriff auf die Normgeltung im Vergleich zu vollendungsnahen Versuchskonstellationen sowie zum Vollendungsdelikt so gering, dass sich eine Bestrafung anhand des Normalstrafrahmens keinesfalls legitimieren ließe. Daran knüpft die Frage an, ob beim unbeendeten Versuch gleichermaßen die Möglichkeit der Milderung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 besteht.520 Eine grund516

Dazu und zum Folgenden ausführlich Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (404 ff.). Dazu insbesondere Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 175, 304 f.; zu den Charakteristika des untauglichen Versuchs etwa Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 22 Rn. 60 ff. 518 (Vor allem für die Erfolgsdelikte) ähnlich Timpe, Strafmilderungen, S. 121 ff. 519 Dies setzt die Grundposition voraus, dass der Versuch richtigerweise erst mit der Vornahme der Verletzungshandlung beginnt, vgl. Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 11 Rn. 29 ff.; a. A. v. Hippel, Deutsches Strafrecht, Bd. II, S. 398. 520 Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 7a, gewähren die Strafmilderung beim unbeendeten, nicht aber beim beendeten Versuch. 517

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 115

sätzliche Privilegierung des unbeendeten Versuchs erscheint mit der ratio der Rahmenänderung nicht vereinbar:521 Zunächst ist der Anwendungsbereich ohnehin insoweit beschränkt, als die Milderung in der Regel nur bei den Tätigkeitsdelikten Relevanz erlangt. In diesem Rahmen blieben allerdings kaum Konstellationen übrig, bei denen eine Milderung zu versagen wäre. Schließlich sind bei den Tätigkeitsdelikten Fälle des (nach der Vorstellung des Täters) beendeten Versuchs lediglich bei Auseinanderfallen von Vorstellung und Wirklichkeit denkbar.522 Da bei den „Nichterfolgsdelikten“ der unbeendete Versuch faktisch mit dem (beendeten) Versuch zusammenfällt, entsteht zudem kein für die Milderung signifikantes Unwertdefizit.523 Eine in diesem Zusammenhang häufig vertretene524 flexible Möglichkeit der Milderung nach § 49 Abs. 1 unter Berücksichtigung eines verhältnismäßig sehr frühen Stadiums der Tatbestandsverwirklichung ist mit Rechtsgleichheits- und Rechtssicherheitserwägungen indessen nicht in Einklang zu bringen. Nach Unrechts- und Schuldgesichtspunkten wird nach Beginn der Tathandlung kaum differenziert werden können: Ob der Dieb schon beim Aufladen des Diebesguts oder erst bei dessen Transport erwischt oder der Fälscher beim Schreiben der ersten oder der letzten Zeile gefasst wird,525 macht keinen signifikanten Unterschied. Demnach lässt sich anhand des Stadiums des Versuchs keine Strafrahmenänderung nach § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49 begründen.526 Aspekte wie das Maß an krimineller Energie bzw. die Intensität der verbrecherischen Gesinnung527, der Grad der Zufälligkeit für das Ausbleiben der Folgen528 und die damit verknüpfte Gefährlichkeit des Versuchs529 allein legitimieren keine

521

Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (407 f.). Dieser schlicht untaugliche Versuch ermöglicht ohnehin eine Milderung, vgl. Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (407). 523 Exemplarisch ist der Dieb, der kurz vor Einstecken des Gegenstandes oder der Fälscher, der kurz vor Vollendung seines „Werks“ gestellt wird, vgl. Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (407). 524 BGHSt 35, 347 (355); 36, 1 (18); im Hinblick auf die „besonders schweren“ oder „minder schweren“ Fälle siehe insbesondere Frisch/Bergmann, JZ 1990, 944 (945 ff.). 525 Diese Beispiele bei Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (408 f.); zur Relevanz von Unrecht und Schuld bei der Strafrahmenbestimmung Frisch/Bergmann, JZ 1990, 944 (949 ff.). 526 Eine Strafrahmenänderung kann in einer sehr frühen (Vor-)Phase des unmittelbaren Ansetzens bejaht werden, wenn die Verletzungshandlung noch nicht vorgenommen wurde; vgl. oben B. II. 2. b) aa) (3) (d). 527 BGH StV 1985, 411; StV 1986, 378 (379); BGHSt 35, 355 ff.; 36, 18 ff.; vgl. Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 172, 175; Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 23 Rn. 7. 528 BGH StV 1986, 378 (379); Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 172, 175. 529 Der Begriff der Gefährlichkeit wird häufig mit dem der „kriminellen Energie“ oder des „Grads der Zufälligkeit“ gleichgesetzt, eine differenzierte Begriffsbestimmung fehlt. Dennoch dürfte, wie bei Frisch, in: FS Spendel, 381 (409), von einer ex-ante Gefährlichkeit zum Handlungszeitpunkt auszugehen sein. 522

116

B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Strafrahmenänderung i. S. d. § 23 Abs. 2 i.V. m. § 49.530 Abgesehen von ihrer Vagheit widerspräche die Einbeziehung dieser Kriterien in die Strafrahmenentscheidung der ratio der Regelung. Keines der genannten Merkmale begründet eine Legitimationsbasis für die Vollendungsstrafe. Sie können daher auch für die Versuchsstrafe keinerlei Relevanz haben. Zunächst kann keine verlässliche Aussage darüber getroffen werden, ob die kriminelle Energie bzw. der verbrecherische Wille bei der Vollendungstat stärker ausgeprägt ist als beim Versuch. Weiterhin ist der Eintritt der Fehlverhaltensfolgen vom Zufall geprägt. Es liegt in der Natur der Sache, dass der „Grad der Zufälligkeit“ kaum bestimmbar und daher kein Ausdruck der im Verhältnis zum Versuch höheren Gefährlichkeit ist. bb) Relevanz (anderer) verschuldeter Auswirkungen der Tat Nach § 46 Abs. 2 sind – neben den direkten Fehlverhaltensfolgen oder gleichwertigen Gegebenheiten – auch andere verschuldete Auswirkungen der Tat531 bei der Rechtsfolgenbestimmung in Rechnung zu stellen.532 Obwohl diese nicht ausdrücklich gesetzlich formuliert sind, können sie materiell als Äquivalent angesehen werden. Zu nennen ist insbesondere die unterlassene Hilfeleistung i. S. d. § 323c, bei der, als abstraktes Gefährdungsdelikt533, für die Tatbestandverwirklichung kein spezifischer Erfolg vonnöten ist. Natürlich spielen die zurechenbaren Auswirkungen der Tat trotzdem – ähnlich wie die Fehlverhaltensfolgen bei den Erfolgsdelikten – eine nicht unerhebliche Rolle bei der Rechtsfolgenbestimmung.534 Es macht einen Unterschied, ob der Hilfsbedürftige sich infolge der vom Täter versagten Rettung bloß einen Arm bricht oder schließlich zu Tode kommt. Zwar ist das Fehlverhalten in diesem Fall identisch. Es liegt aber in dem Verantwortungsbereich des Unterlassenden, dass und vor allem wie sich das von ihm pflichtwidrig nicht abgewendete Risiko schlussendlich realisiert. Das muss auch im Rahmen der Strafzumessung zum Ausdruck kommen. Besondere Relevanz gewinnen verschuldete Auswirkungen der Tat bei Vermögensdelikten, etwa wenn das Opfer infolge einer uferlosen Veruntreuung seines Prokuristen gezwungen ist, Insolvenz anzumelden.535 Der maßgeblich vom Fehlverhalten geprägte Normgeltungsschaden wird auch von dem Gewicht der (Fehlverhaltens-)Auswir530

Dazu und zum Folgenden Frisch, in: FS Spendel, S. 381 (409 ff.). Statt vieler ausführlich Miebach, in: MünchKommStGB, § 46 Rn. 93 ff. 532 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (531). Zur spezifischen Relevanz der „verschuldeten“ Auswirkungen weitergehend Frisch, GA 1972, 321 (330 ff.). 533 Geschützt sind die höchsten Individualrechtsgüter, insbesondere das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und das Eigentum, vgl. BGHSt 14, 213 (214); OLG Celle NStZ 1988, 568; Geppert, Jura 2005, 39 (40); a. A. Pawlik, GA 1995, 360 (365), der den Schutz der sozialen Stabilität als Schutzzweck des § 323c anerkennt. 534 Ähnlich Spendel, in: LK-StGB11, § 323c Rn. 185. 535 Zu den verschuldeten Auswirkungen bei Vermögens- und Steuerdelikten Miebach, in: MünchKomm-StGB, § 46 Rn. 101 ff. 531

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 117

kungen beeinflusst. Zum Schutz der Normgeltung ist die als angemessene Reaktion zu verhängende Strafe entsprechend anzupassen. cc) Zwischenfazit Fehlverhaltensfolgen sind für die richtige strafrechtliche Reaktion auf ein tatbestandsspezifisches Fehlverhalten wichtig, dürfen aber auch nicht überbewertet werden. Dies demonstriert insbesondere die Analyse des Verhältnisses von Versuch und Vollendung. Bei letzterer wird zwar ein über den des Versuchs hinausgehender (Unrechts-)Vorwurf erhoben. Der Erfolg kann jedoch nicht isoliert beleuchtet, sondern nur vor dem Hintergrund des vorangegangenen Fehlverhaltens bewertet werden. Dieser Erkenntnis liegt etwa bereits die Systematik der Tötungsdelikte zugrunde, bei denen der Eintritt eines identischen Erfolgs in Kombination mit verschiedenartigen Verwirklichungsformen erhebliche Unterschiede im Bereich der Rechtsfolgen(-bewehrung) hervorruft. Ein direkter Vergleich zweier – bis auf den (Nicht-)Eintritt der Fehlverhaltensfolgen – einander entsprechender Fälle zeigt, dass das Fehlverhalten für die Rechtsfolgenbestimmungen eine höhere Gewichtung verdient als der letztlich vom Zufall abhängige(!) Erfolg. Insbesondere bei der in diesem Rahmen erfolgten Untersuchung des untauglichen Versuchs wird die Signifikanz des Verhaltens im Verhältnis zum Erfolg deutlich. Es bleibt die Wertungsfrage: „Wie viel“ ist der Erfolg – vor allem in Relation zum vorangegangenen Verhalten – tatsächlich wert? Eine „Übersetzung“ des konkreten Erfolgsunrechts ist nicht möglich. Eine wertmäßige Veranschlagung des Erfolgs ist nach dem Gesagten nur in Relation zum vorangegangenen Fehlverhalten möglich. Daher kann eine relative Reduzierung der Erfolgsgewichtung auf etwa ein Viertel im Verhältnis zum Fehlverhalten mit Blick auf das zusätzliche Gewicht des auszugleichenden Normgeltungsschadens als angemessen betrachtet werden. Dieser Quotient drückt die in Relation zum Fehlverhalten untergeordnete Rolle des Erfolgs aus, die sich konsequenterweise auch im Rahmen der Strafzumessung niederschlagen muss. Die vorgenommene Gewichtung wird zudem gestützt durch die vom Gesetzgeber in § 49 Abs. 1 Nr. 2 zugrunde gelegte Relation. Selbst wenn man vor diesem Hintergrund den Fehlverhaltensfolgen doch ein höheres Gewicht zuerkennen möchte, erscheine jedenfalls eine Veranschlagung von mehr als einem Drittel sachwidrig. 3. Weitere Bestimmungsgründe für die angemessene Reaktion a) Reaktionsbedürfnis Neben den die Qualität und das Gewicht des tatbestandsspezifischen Fehlverhaltens nebst Folgen bestimmenden Faktoren können auch andere Aspekte spezifische Auswirkungen auf das Reaktionsbedürfnis haben.536 Etwa der Rücktritt 536

Dazu Freund, GA 1999, 509 (526).

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

vom Versuch, die tätige Reue, der Täter-Opfer-Ausgleich oder ein anderes Nachtatverhalten beeinflussen zwar nicht direkt den zu beurteilenden Verhaltensnormverstoß (und dessen Folgen). Sie können jedoch das Reaktionsbedürfnis gegenüber einem solchen vermindern. Als rücktrittsfähige Versuchstat kommen die Fälle des unbeendeten Versuchs in Betracht, in denen der Täter nichts getan hat, das aus seiner Sicht vollendungstauglich war, sowie des beendeten, in denen der Täter die Auswirkungen des Versuchsverhaltens wieder neutralisiert. Letzterer ist etwa gegeben, wenn der Bombenattentäter die bereits entzündete Zündschnur wieder löscht.537 Der Täter hat in diesem Fall in ein normgemäßes Verhalten zurückgefunden und die Gefahr des Eintritts eines Normgeltungsschadens selbstständig gebannt. Das Straf- bzw. Reaktionsbedürfnis ist dadurch stark gemindert. Es führt zu einer entsprechenden Milderung der Strafe oder gar zu einem vollkommenen Strafverzicht. Entsprechendes gilt für den Täter-Opfer-Ausgleich oder anderes Nachtatverhalten (etwa freiwillige Entschädigungen o. Ä.). Nicht unumstritten sind hingegen zum Absehen von Strafe führende Umstände, die etwa bei der sogenannten poena naturalis eine Bestrafung als unangemessen oder gar verfehlt erscheinen lassen sollen.538 b) Die Strafwirkung Nach § 46 Abs. 1 S. 2 sind die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind. Für die Bestimmung der konkreten Rechtsfolge sind richtigerweise nach Möglichkeit auch deren individuelle Wirkungen auf den Normbrüchigen in Rechnung zu stellen.539 Während sich dieser Aspekt im Rahmen des – für jeden Täter immer gleich wirkenden – Schuldspruchs (noch) nicht auswirkt, ist er für eine sachgerechte Differenzierung im Rechtsfolgenbereich unerlässlich. Der Gedanke einer gleichen Belastung durch individualisierte Strafwirkung findet sich bereits in dem in § 40 verwirklichten Tagessatzsystem. Dieses trennt die Bewertung der Tat, die sich in Tagessätzen ausdrückt, von der absoluten finanziellen Belastung des Täters durch eine angepasste Höhe des Tagessatzes.540 Berücksichtigungsfähige Auswirkungen der Bestrafung sind insbesondere solche Wechselwirkungen von Haupt- und Nebenstrafen, die zur Entsozialisierung des Täters führen oder diese beschleunigen könnten.541 Dazu zählt etwa der in

537

Freund, AT, § 9 Rn. 43 f. § 60 schreibt das Absehen von Strafe für den Fall vor, dass der Täter schon durch die Folgen der Tat im Sinne einer poena naturalis hinreichend „bestraft“ ist, BT-Drucks. V/4094 S 6. Dazu etwa Sprotte, Die poena naturalis, S. 48 ff. 539 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (532 f.). 540 Statt vieler Fischer, StGB, § 40 Rn. 2. 541 BGHSt 29, 61 ff.; BGH StV 1984, 453 ff.; StV 1991, 513 ff.; StV 2003, 222 ff. 538

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 119

anderer Sache zu erwartende Widerruf der Strafaussetzung nach § 56.542 Andere zu berücksichtigende Nebenwirkungen sind zum Beispiel der durch die Verurteilung zu erwartende Verlust seiner beruflichen oder finanziellen Basis.543 Auch die unter Berücksichtigung der Strafwirkung mögliche Austauschbarkeit gleichermaßen angemessener Sanktionen dürfte eine Ausprägung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes sein. Dass die konkrete Strafe nach Möglichkeit von den jeweils vom Täter zu erwartenden Auswirkungen abhängig zu machen ist, gründet sich keinesfalls auf selbstständig relevante spezialpräventive Erwägungen. Die schon im Tatbestand vorgenommene individuelle Bewertung von Täter und Tat ist auch auf Rechtsfolgenseite unverzichtbar. Sie entspricht reiner Schuldstrafenbestimmung und ermöglicht eine angemessene Reaktion auf die konkrete Tat eines konkreten Täters.544 c) Strafrechtliche (Ir-)Relevanz von Spezial- oder Generalprävention Die Berücksichtigungsfähigkeit spezial- oder generalpräventiver Aspekte neben der Schuldstrafenbestimmung ist eine umstrittene Rechtsfrage, auf deren vertiefte Behandlung an dieser Stelle verzichtet werden muss.545 Bedenken bestehen insbesondere im Hinblick auf die intendierte Strafwirkung präventiver Momente: So erscheint es rein spekulativ, dass eine im Rahmen der Spezialprävention attestierte, im Einzelfall(!) mögliche Besserung oder Abschreckung des Täters überhaupt erreicht werden kann.546 Eine entsprechende, im Verhältnis zur Schuldstrafe erhöhte Strafe entbehrt daher der sachlichen Legitimation und lässt auch Bedenken zur Vereinbarkeit mit dem Schuldprinzip laut werden. Anstelle 542

OLG Hamm NStZ-RR 2010, 202 L. Dazu zählen etwa der Verlust der Beamtenrechte (BGH NStZ 1985, 215 ff.; NStZ 98, 265 ff.), das Erlöschen von Ruhestandsbezügen (BGH StV 1985, 454 ff.; StV 87, 243 L), der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (BGH NStZ 1987, 550 ff.; BGH StV 1991, 207 ff.), der Widerruf der Approbation (BGH StV 1991, 157 ff.), die Untersagung der Berufsausübung (BGH wistra 1991, 300 ff.), der Verlust des Arbeitsplatzes (BGH wistra 1989, 306 ff.; BGH NStZ 1993, 584 ff.) oder der Verlust eines Betriebs und öffentlicher Druck durch mediale Berichterstattung (BGH NStZ-RR 2008, 343 ff.). 544 Darüber hinaus wird einer unter Einbeziehung ihrer Wirkung verhängten Strafe sowohl eine höhere Akzeptanz unterstellt. Dem originär generalpräventiv behafteten Aspekt der Akzeptanz des Rechts trägt die Bestimmung der richtigen Rechtsfolge mittels der Schuldstrafe bereits vollumfänglich Rechnung; vgl. Freund, GA 1999, 509 (533). Zur Akzeptanz im Recht Zippelius, Rechtsphilosophie, § 11 III 3, § 18 I 4, § 20, § 21. 545 Dazu und zum Folgenden Freund, GA 1999, 509 (533 ff.). Vgl. Frisch, ZStW 99 (1987), 349 (366, 369 ff.); Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 25 ff. Einen Überblick gibt Meier, JuS 2005, 769 (771 f.). 546 Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 27; Grasnick, JA 1990, 81 (87). 543

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

der Strafe kann eine (Besserung und) Sicherung des Täters gegebenenfalls durch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu erreichen sein. Schließlich ist die Aufgabe des Strafrechts – im Gegensatz zur Gefahrenabwehr – in der Wiederherstellung des durch den Normbruch gestörten Rechtsfriedens zu erblicken. Mittels angemessener strafrechtlicher Reaktion ist einem zu befürchtenden Normenverfall entgegenzutreten und die Geltungskraft bestehender Vorschriften zu stabilisieren – genauer noch: Durch eine angemessen missbilligende Reaktion auf die begangene Straftat ist auf die entsprechende Verletzung des Rechts zu antworten und so der Zustand vor der Rechtsverletzung wiederherzustellen. In diesem Konzept entspricht die Schuldstrafenbestimmung auch dem Verständnis (positiver) Generalprävention von „richtiger Strafe“. Dieser kommt aber keine darüber hinausgehende, eigenständige Bedeutung zu. Denn auch hier ist ein erhöhter Abschreckungseffekt anderer potentieller Täter durch eine die schuldangemessene übersteigende Strafe weder nachweisbar noch zulässig (nulla poena sine culpa).547 Eine Berücksichtigung spezial- oder generalpräventiver Kriterien bei der Rechtsfolgenbestimmung scheidet nach dem Gesagten aus. 4. Lösung der Wertungsprobleme bei der Schuldstrafenbestimmung Für die Bestimmung der „richtigen“ Strafe ist die soeben erfolgte Benennung spezifischer, trennscharfer Kriterien insbesondere für die Rechtspraxis von großer Bedeutung. Dass im Interesse eines stimmigen Straftatsystems für die Ermittlung der konkreten Rechtsfolge „allein“ das Fehlverhalten nebst etwaigen spezifischen Folgen dieses Verhaltens (bzw. gleichwertigen Tatumständen) relevant sein kann, ermöglicht eine weitergehende Einheitlichkeit der Rechtsprechung und gibt dem Rechtsanwender vor, welche Umstände beim Strafzumessungsvorgang – von nun an – außer Acht zu lassen sind. Für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung bleiben in einem zweiten Schritt die dem Strafzumessungsvorgang immer(!) anhaftende Bewertung und Gewichtung dieser Kriterien durch den Rechtsanwender. Zur Problematik etwaiger Fehlgewichtungen oder Wertungswidersprüche – insbesondere im Verhältnis von Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen – soll im Folgenden ein Lösungsvorschlag entwickelt werden.548 Eine einheitliche Rechtsprechung setzt einheitliche Bewertungsmaßstäbe voraus. Den Rechtsanwender auf seine eigenen Bewertungsmaßstäbe zu verweisen, kann zu willkürlichen Ergebnissen führen, die nur noch dank des Zufalls mit dem richtigen übereinstimmen.549 Entsprechend dem – für sich genommen überzeugenden, aber nicht selbstständig tragfähigen – Gedanken komparativer, also 547

Vgl. Dölling, ZStW 102 (1990), 1 (19 f.). Siehe dazu und zum Folgenden bereits Freund, GA 1999, 509 (535 ff.). 549 In diese Richtung bereits Sarstedt, in: Verhandlungen des 41. Deutschen Juristentages, II, S. D 29 (45 f.). 548

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 121

vergleichender Strafzumessung550 hängt die „Richtigkeit“ der Strafe vor allem von ihrer Konsensfähigkeit ab. Die Notwendigkeit einer (ver)gleichen(den) Strafhöhenbemessung ergibt sich bereits aus dem Grundgesetz und wird von Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannt.551 Schließlich erfolgt die zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens vorzunehmende angemessene Reaktion auf den begangenen Verhaltensnormverstoß (nebst Folgen) nicht allein gegenüber dem Normbrüchigen. Sie ergeht auch gegenüber und gleichzeitig für die Rechtsgemeinschaft und den Betroffenen als deren Teil. Der Rechtsanwender fungiert als Stellvertreter der Rechtsgemeinschaft. Daher besitzen die in der Gemeinschaft tatsächlich vorhandenen Bewertungsmaßstäbe nicht zuletzt auch rechtliche Relevanz für die Beurteilung der Angemessenheit einer strafrechtlichen Reaktion. In der Folge hat der Rechtsanwender die Strafe so zu bemessen, dass sie jedenfalls weitgehend konsensfähig und damit so beschaffen ist, dass sie sowohl vom Normbrüchigen als auch von der Rechtsgemeinschaft anerkannt werden kann. Extrempositionen sind vor dem Hintergrund des Gesagten zu vermeiden. Sie sind gerade nicht vom Konsens der Rechtsgemeinschaft getragen und können nicht auf ihre Akzeptanz hoffen. Zur Beschreitung eines Kompromisses sind Erkundigungen einzuholen, welche Reaktion in anderen – gleichgelagerten – Fällen als angemessen angesehen wurde.552 (Erhebliche) Abweichungen sind nur dann zulässig, wenn sie aufgrund bewertungsrelevanter Umstände begründbar sind.553 Dadurch wird eine jedenfalls relative Gerechtigkeit hergestellt, deren Vorteile gegenüber dem Trugbild einer bloß ablesbaren, aber von jedweder legitimen Funktion losgelösten Rechtsfolge überwiegen. Eine auf dem Grundsatz der Vergleichbarkeit basierende Rechtsfolgenbestimmung erfordert einen Informationsaustausch innerhalb der Strafzumessungspraxis.554 Derzeit ist die Möglichkeit des Vergleichs für den Tatrichter oft noch 550

Näheres zur komparativen Strafhöhenbemessung unten B. II. 5. Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 645 ff.; Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 319 f.; BGH wistra 2001, 177; BGH Beschl. v. 15.12.2005 – 5 StR 439/05; vgl. auch Meine, NStZ 1989, 353 (354). 552 Überlegungen zum „goldenen Mittelweg“ stellen an Frisch, ZStW 99 (1987), 349 (372 f.); ders., 140 Jahre GA, S. 1 (31 f.); a. A. Grasnick, JA 1990, 81 (87). 553 So Seebald, GA 1974, 193 (207 f.).Vgl. BGH StV 1998, 481 f.; ferner BGH NStZ 1992, 381 ff.; BGH StV 1993, 241 ff.; StV 1990, 494 ff.; StV 1987, 530 ff. Zur vergleichenden Strafhöhenbemessung bei mehreren Tatbeteiligten Terhorst, JR 1988, 272 ff.; Streng, JuS 1993, 919 (924 f.). Zur Rolle der vergleichenden Strafzumessung Frisch, in: 140 GA, S. 1 (30 ff.); ders., Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung, S. 194 ff.; Grasnick, JA 1990, 81 (84 f.); Schöch, Strafzumessungspraxis und Verkehrsdelinquenz, S. 76 f.; Streng, Strafzumessung, S. 304 ff.; ders., NStZ 1989, 393 ff.; Uphoff, Die deutsche Strafzumessung, S. 244 ff. 554 Freund, GA 1999, 509 (536 f.); Frisch, in: 140 Jahre GA, S. 1 (38); Giehring, in: Strafzumessung, S. 77 (88 ff.); Schöch, Strafzumessungspraxis und Verkehrsdelinquenz, 551

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

durch den Rückgriff auf eigene Urteile bzw. solcher der Kollegen seines Gerichts beschränkt. Tatsächlich existieren gewisse – vielfach örtlich und regional sehr unterschiedliche – tradierte Strafzumessungsnuancen.555 Eine umfassende und differenzierte Vergleichsmöglichkeit „über den Tellerrand hinaus“ existiert jedoch nicht. Insofern besteht auch mit Blick auf eine mögliche empirische Erhebung zur Strafzumessungspraxis Nachholbedarf.556 Die nicht selten in Lehrbüchern zu findenden Leitfäden zur Strafhöhenbemessung in der Praxis geben allenfalls Aufschluss über Erfahrungswerte, anhand deren „ein Gefühl dafür entwickelt werden soll, welche Wertigkeit die angeklagte Tat unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles hat“. Sie seien aber keinesfalls als allgemeingültig anzusehen.557 Da „Gefühle“ und „Bauchentscheidungen“ bei der Bestimmung einer konkreten Strafe gerade keinen Raum haben sollen, ist die Heranziehung anderer ähnlich gelagerter Fälle zum Vergleich erforderlich. In Anlehnung an die zivilrechtlichen, sogenannten Schmerzensgeldtabellen, 558 die eine Übersicht über die Höhe des Schmerzensgeldes unter Auswertung höchstrichterlicher Rechtsprechung geben, könnte auch eine bundesweite Datenbank von (höchstrichterlichen) Strafurteilen einen umfassenden Überblick über die Strafzumessung geben. Dass die (eher allein am Erfolg ausgerichtete) Bemessung von Schmerzensgeld nicht mit der Komplexität des Strafzumessungsvorgangs zu vergleichen ist, ändert dabei nichts an der überzeugenden Grundidee einer durch bundesweiten Informationsaustausch zu erreichenden relativen Gerechtigkeit durch strafzumessungsrechtlich jedenfalls annähernde Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle. Insbesondere unerfahrene Richter würden von dem „Blick über den Tellerrand“ profitieren und wären nicht mehr auf eine Orientierung an den lokal üblichen Richtwerten angewiesen.559 Das vorgestellte Konzept S. 76 f.; ders., in: FS Schaffstein, S. 255 (268 ff.); Terhorst, JR 1988, 272 ff.; Streng, Strafzumessung, S. 304 ff.; ders., NStZ 1989, 393 ff.; Uphoff, Die deutsche Strafzumessung, S. 244 ff. Zu empirischen Entwicklungen Albrecht, Strafzumessung bei schwerer Kriminalität, S. 155 ff. Zur Etablierung vereinheitlichender Richtlinien Seebald, GA 1974, 193 ff.; ferner Weigend, in: FS Rechtswissenschaftliche Fakultät Köln, S. 579 (591 ff.); Uphoff, Die deutsche Strafzumessung, S. 121 ff., 155 ff.; Mauer, Komparative Strafzumessung, S. 208 f. 555 Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 646. Zu einer in diesem Zusammenhang relevanten Richterbefragung ders., Strafzumessung und relative Gerechtigkeit, S. 75 ff., 384, 450; ders., NStZ 1989, S. 393 ff. 556 Freund, GA 1999, 509 (537); Verrel, in: FS Wolter, S. 799 (811 f.). 557 Etwa Theiß, Sitzungsdienst des Staatsanwalts, Rn. 194 f. 558 Etwa Slizyk, Beck’sche Schmerzensgeld-Tabelle; Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2016. Dieser Gedanke wurde mit den Strafzumessungstabellen im Steuerstrafrecht bereits umgesetzt; vgl. Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen passim; Strafmaßtabellen für ganz Deutschland, PStR 2001, 18 ff.; kritisch Minoggio, PStR 2003, 212 (214 f.). Zu Strafzumessungstabellen für die Umwertung (von Eigentumsund Vermögensdelikten) Giannoulis, Studien zur Strafzumessung, S. 295 ff., 315 ff. 559 Dazu Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 647 m.w. N.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 123

würde zur Gleichbehandlung führen und so der willkürlichen Ausübung eines als Freibrief falsch verstandenen tatrichterlichen Ermessens entgegenwirken. 5. Fazit – Ein kritischer Seitenblick auf die Spielraumtheorie und Co. Aufgrund des engen Verhältnisses von Tatbestand und Rechtsfolgenbestimmung ergeben sich die allein relevanten Bestimmungskriterien schon aus der Funktion des jeweiligen – rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten – Tatbestands selbst.560 Es bedarf lediglich einer Gewichtung des in Rede stehenden tatbestandlichen Fehlverhaltens mit etwaigen Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertigen Tatumständen. Der Wert des Fehlverhaltens hängt davon ab, welchen Rang dieses im Hinblick auf die abstrakte Wertigkeit der tangierten Rechtsgüter hat, vom Gefährdungsgrad und vom möglichen Verletzungsausmaß. Entscheidende Bedeutung hat zudem die Frage, ob sich der Täter vorsätzlich oder fahrlässig verhalten hat. Hat der Täter eine besondere Pflichtenstellung inne, kann auch diese eine das Fehlverhalten prägende Wirkung entfalten. Das Verhältnis von Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen bildet die Grundlage für die Bestimmung des Gewichts der Fehlverhaltensfolgen. Diesem kommt nach dem hier vorgestellten Konzept eine – relativ zum Verhalten des Täters – nach- und untergeordnete Rolle zu. Um angemessen auf den begangenen Verhaltensnormverstoß (und dessen Folgen) zu reagieren, kommen schließlich dem Reaktionsbedürfnis und nach Möglichkeit der Strafwirkung auf den Täter strafzumessungsrechtliche Bedeutung zu. Eine einheitliche Rechtsprechung setzt einheitliche Bewertungsmaßstäbe voraus. Eine auf dem Grundsatz der Vergleichbarkeit basierende Rechtsfolgenbestimmung erfordert einen bundesweiten Informationsaustausch innerhalb der Strafzumessungspraxis. Die Entwicklung entsprechend konzipierter Datenbanken würde die überzeugende Grundidee einer relativen Gerechtigkeit durch eine strafzumessungsrechtlich jedenfalls annähernde Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle erheblich fördern und ist daher dringend anzuraten. Vor diesem Hintergrund sind bestimmte Konzepte zur Strafhöhenbestimmung abzulehnen:561 Die Spielraumtheorie, die von der Rechtsprechung562 vertreten wird und wohl auch im Schrifttum vorherrschend ist563, orientiert sich zunächst 560

Sachlich übereinstimmend etwa auch Freund, GA 1999, 509 (537 f.). Einen über die folgenden kritischen Anmerkungen hinausgehenden Überblick über sämtliche Theorien bietet Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 625 ff. 562 Grundlegend BGHSt 7, 28 (32); 20, 264 (266 f.); 27, 2 (4 f.). 563 Etwa darstellerisch Bruns, Strafzumessungsrecht AT, S. 270 ff.; ders., Strafzumessungsrecht, S. 232 ff., 263 ff.; Maurach/Zipf, AT I, § 7 Rn. 25; Fischer, StGB, § 46 Rn. 20; Haas, Strafbegriff, S. 274 ff.; ähnlich Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, 561

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B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

– im Kern berechtigt – am Schuldprinzip. Innerhalb des dadurch ermittelten Spielraums zwischen der „schon schuldangemessenen“ und der „noch schuldangemessenen“ Strafe wird in einem zweiten Schritt unter zusätzlicher Berücksichtigung spezial- wie generalpräventiver Erwägungen das für den konkreten Täter „richtige“ Strafmaß ermittelt. Schon mit der Etablierung präventiver Aspekte widerspricht die Spielraumtheorie dem hier vorgestellten Konzept.564 So bestehen einerseits nach wie vor erhebliche Zweifel an der Nachweisbarkeit entsprechender Wirkungen, die eine an General- und Spezialprävention ausgerichtete Rechtsfolgenbestimmung erst möglich machen würde. Zum anderen fehlt es in der Regel an den für die individualpräventive Beurteilung des Täters durch den Rechtsanwender notwendigen Hintergrundinformationen. Gleichermaßen in der Praxis kaum realisierbar ist die einheitliche Bestimmung eines klaren Schuldrahmens, von dem die Festlegung des Strafmaßes entscheidend abhängt. Da sich dessen Ausmaß nicht aus der Spielraumtheorie ergibt bzw. ergeben kann, obliegt dessen Begrenzung dem jeweiligen Rechtsanwender, der auf seine eigenen Bewertungsmaßstäbe verwiesen wird. Ein auf diese Weise ermitteltes Strafmaß birgt Rechtsunsicherheiten und steht zudem im Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitssatz. Entsprechender Kritik setzt sich auch die als Alternative zur Spielraumtheorie entwickelte Stellenwerttheorie aus, der entsprechend die Strafhöhe anhand der Schuld des Täters und die Strafart anhand präventiver Gesichtspunkte bemessen wird.565 Die Berücksichtigung präventiver Gesichtspunkte ist sachlich verfehlt und steht gleichermaßen dem Gleichheitsgedanken entgegen. Parallelen zu dem hier vertretenen Konzept weisen dagegen die Ansätze tatproportionaler, punktueller und komparativer Strafzumessung auf: Die Lehre von der Tatproportionalität, die auch international Bedeutung erlangt hat,566 berücksichtigt – statt präventiver Gesichtspunkte – allein die Schuld des Täters als bestimmenden Aspekt.567 Das Maß der Tatschwere setzt sich dabei aus dem verStGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 20; Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 626; Radtke, in: MünchKommStGB, Vor §§ 38 ff. Rn. 59 f.; Meier, JuS 2005, 769 (770 f.). 564 Dazu und zu einer ausführlichen Kritik Timm, Gesinnung und Straftat, S. 92 ff.; Hörnle, Tatproportionale Strafzumessung, S. 23 ff., 63 ff.; ferner Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 268 ff., 277 ff.; Freund, GA 1999, 509 (533 m. Fn. 90); Frisch, ZStW 99 (1987), 349 (361 ff.), 751 (786 ff.); ders., BGH-FS, S. 269 (274 ff.); ders., in: Tatproportionalität, S. 155 (159 ff.); Hörnle, JZ 1999, 1080 (1080 ff.); Kohlschütter, Dekonstruktion, S. 166 ff.; Schünemann, in: Neuere Tendenzen der Kriminalpolitik, S. 209, 210 ff.; Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 627 ff. 565 Grundlegend Henkel, Die richtige Strafe, S. 23 ff. Kritisch etwa Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 633 ff.; Roxin, in: FS Bruns, S. 183 (186 ff.). 566 Vgl. v. Hirsch, Censure and Sanctions, S. 88 ff. 567 Schünemann, in: Neuere Tendenzen der Kriminalpolitik, S. 209 (224 ff.); Hirsch/ Jareborg, Strafmaß und Strafgerechtigkeit, S. 35 ff.; Albrecht, Strafzumessung bei schwerer Kriminalität, S. 50 ff., 473 f.; Hörnle, Tatproportionale Strafzumessung, S. 324 ff.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 125

schuldeten Handlungs- und Erfolgsunwert zusammen. Mit der Abkehr von General- und Spezialprävention wird der Lehre von der Tatproportionalität eine gewisse Distanzierung von der sonst dominanten Einzelfallgerechtigkeit vorgeworfen. Tatsächlich wird nur die Schuldstrafe dem Einzelfall gerecht. Denn die Reduzierung der berücksichtigungsfähigen Merkmale fördert verlässliche Wertungen und dient – in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Auffassung – dem Gleichheitsgedanken. Die Vertreter der Punktstrafentheorie gehen davon aus, dass nur eine richtige Strafe existiert.568 Das – für sich genommen berechtigte – Ziel ist es, durch Abkehr vom richterlichen Ermessensspielraum die rechtliche Grundlage für eine umfängliche Nachprüfbarkeit des Strafmaßes in der Revisionsinstanz zu schaffen. Aufgrund vermeintlich unwillkürlich einfließender persönlicher Wertungen durch den Rechtsanwender sei die Strafzumessung in der Praxis allerdings nur als Annäherungswert erfassbar. Die Punktstrafentheorie versäumt es jedoch, dem Rechtsanwender sachdienliche Kriterien an die Hand zu geben, die eine einheitliche Bestrafung fördern. Die Methode der komparativen Strafhöhenbemessung sieht vor allem die Vergleichbarkeit der Strafen als für die Rechtsfolgenbestimmung maßgeblich an.569 Die Bewertung der Schuldschwere sei von nachgeordneter Relevanz, da sie nicht das Ergebnis eindeutig messbarer Faktoren, sondern das Resultat einer von zahlreichen Wertungsfaktoren abhängigen Analyse durch den Tatrichter sei.570 Entsprechend dem Gedanken der Ergebnisgerechtigkeit571 wird die Konsensfähigkeit einer Strafhöhe als Richtwert für die Ermittlung weiterer Strafen angesehen. Eine Strafe kann als konsensfähig – und damit (relativ) gerecht – angesehen werden, wenn sie nicht oder nur geringfügig von der Höhe anderer Strafen in vergleichbaren Fällen abweicht.572 Die Notwendigkeit einer vergleichbaren Strafhöhenbemessung ergibt sich bereits aus dem Grundgesetz und ist in Praxis573 568 Zipf, Die Strafmaßrevision, S. 165 ff.; Frisch, Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung, S. 166 ff.; ähnlich Jescheck/Weigend, AT, § 82 III 3; darstellend und kritisch Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 656 ff. Zur umfassenden Kritik an der Punktstrafentheorie insgesamt Grasnick, Über Schuld, Strafe und Sprache, insbesondere Kap. 2.; Günther, JZ 1989, 1025 ff. 569 Darstellend Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 319 ff.; Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 645 ff. 570 Zum System der komparativen Strafhöhenbemessung auch Maurer, Komparative Strafzumessung, § 3 (S. 94 ff.); Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 319. 571 Die sog. iustitia distributiva bezeichnet die Anwendung gerechter Regeln einer Verteilung und ihrer Ergebnisse. 572 Theune, in: FS Pfeiffer, S. 449 (457); ders., StV 1985, 205 (207); ders., in: LKStGB12, § 46 Rn. 319. 573 Den Gedanken der Vergleichbarkeit hat auch der Bundesgerichtshof aufgegriffen und in verschiedenen Fällen die Strafhöhe beanstandet, weil sie im „Verhältnis zu anderen gleichgelagerten Fällen“ oder „in Anbetracht der Strafzumessungspraxis“ zu hoch oder zu niedrig sei. Vgl. BGHR § 46 Abs. 1 Strafhöhe 2, 7, 9, 10; Beurteilungsrahmen

126

B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

und Lehre574 weitgehend anerkannt. Eine auf dem Grundsatz der Vergleichbarkeit basierende Strafzumessung erfordert einen Informationsaustausch innerhalb der Strafzumessungspraxis. Das Revisionsgericht wirkt bei der Strafhöhenbemessung nicht selten als Korrektiv.575 Der Grundgedanke der allgemeinen Vergleichbarkeit und der Transparenz der Strafhöhe ist für sich genommen überzeugend. Auf diesem Weg allerdings zur richtigen Strafe im absoluten Sinn zu kommen, ist nicht möglich. Dieser Ansatz gibt dem Rechtsanwender keinerlei Kriterien an die Hand, anhand deren eine konkrete Strafe ermittelt werden kann. Die bloße Feststellung ihrer Richtigkeit gelingt schon nicht, wenn die Strafhöhe der „Vergleichsprobe“ fehlerhaft ist.576 6. Exkurs: Die Vereinbarkeit der erzielten Ergebnisse mit § 46 Im Anschluss an die Entwicklung gleichermaßen tatbestands- und rechtfolgenbestimmender Kriterien gilt es, deren Vereinbarkeit mit der momentanen Gesetzeslage zu hinterfragen. Im Fokus steht dabei § 46, mit dem der Gesetzgeber eine allgemeine Strafzumessungsvorschrift geschaffen hat, die in Abs. 2 S. 2 diejenigen Umstände katalogartig auflistet, die zur Gewinnung der richtigen Strafe „gegeneinander abzuwägen sind“. Allerdings ist diese im Rahmen der Strafzumessung vorzunehmende „Abwägung“ (schon begrifflich) missglückt. Denn aus der Funktion des jeweiligen – rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten – Tatbestands ergeben sich alle auch strafzumessungsrechtlich relevanten Bestimmungsgründe, deren jeweiliges dadurch bestimmtes(!) Gewicht im Strafzumessungsvorgang zu veranschlagen ist.577 Der Begriff der Abwägung ist daher

89, 11, 12; BtMG 29; Strafzumessung 12; BGH wistra 2001, 177; BGH Beschl. v. 15.12.2005 – 5 StR 439/05; vgl. auch Meine, NStZ 1989, 353 (354). So wurde vom 4. Strafsenat eine Strafe als zu mild beanstandet, da nach seinen Erfahrungen von den Gerichten seines Zuständigkeitsbereichs in vergleichbaren Fällen des Handeltreibens mit einem Kilogramm Heroin Strafen von bis zu 8 Jahren verhängt würden; BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 13. Auch eine Beanstandung der Strafhöhe mit der Begründung, „sie sei nicht schuldangemessen, weil sie von in ähnlichen Fällen bestätigten Strafen abweiche“, knüpft an die anerkannte Notwendigkeit der vergleichbaren Strafzumessungspraxis an. Vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 8; BGHR § 46 Abs. 1 Strafhöhe 7, 9. 574 Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 645 ff.; Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 319 f. 575 Vgl. Theune, in: LK-StGB12, § 46 Rn. 320 f. Zu einer bloßen Groborientierung eignen sich etwa statistische Häufigkeitstabellen (Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden, Fachserie 10, Rechtspflege) oder verschiedene Einzeluntersuchungen zur Strafhöhenbemessung bestimmter Teilgebiete, vgl. Pracejus, NStZ 1986, 22; Theune, StV 1985, 205 (210); Hassemer, MSchrKrim, 1986, 21 ff. 576 Dazu kritisch Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 94; die Problematik offen lassend Maurer, Komparative Strafzumessung, S. 208 f. 577 Freund, GA 1999, 509 (537 f.); zur Methodenlehre und dem Begriff der Abwägung Rückert, JZ 2011, 913 ff.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 127

insofern irreführend, als es sich beim Strafzumessungsvorgang gerade nicht um das einer Abwägung typischerweise anhaftende „in ein Verhältnis setzen“ gegenläufiger Faktoren handelt. Vielmehr sollte eine Strafzumessungsvorschrift – entgegen der Fassung des § 46 de lege lata – die Umstände, die als konstitutiv zu berücksichtigen sind, klarstellend benennen. Nach dem hier zu Grunde gelegten Konzept ist für die Strafbarkeitsbegründung und Strafzumessung im Grundsatz gleichermaßen allein das Fehlverhalten nebst etwaigen Folgen von Bedeutung. Dabei bemisst sich das Gewicht des Fehlverhaltens im Sinne einer ersten Weichenstellung danach, ob sich der Täter vorsätzlich oder fahrlässig verhalten hat. Im Hinblick auf die Gewichtung vorsätzlichen Verhaltens wurde festgestellt, dass emotionale Einstellungen bzw. die Beziehung einer Person zu ihrem Verhalten für die Beurteilung des Vorsatzes nicht relevant sein können. Der Vorsatzvorwurf kann nur erhoben werden, wenn der Täter bei seinem willentlichen Verhalten (Tun oder Unterlassen) die Umstände kennt, die die Tatbestandsverwirklichung begründen. Er muss um die entsprechende Unwertdimension wissen. Der dabei nicht selten vorliegende Wunsch des Täters, genau diese Folgen mit seinem Verhalten zu erreichen, kann das Gewicht des Verhaltensnormverstoßes weder begründen noch steigern. Die nach § 46 Abs. 2 S. 2 durchzuführende Berücksichtigung des vom Täter bei der Tatausführung aufgewendeten Willens ist mit dieser Erkenntnis nicht in Einklang zu bringen. Entsprechendes gilt für die Berücksichtigung der Gesinnung des Täters, deren Einbeziehung sich auf Tatbestands- und Rechtsfolgenebene übereinstimmend als nicht tragfähig erwiesen hat. Vor diesem Hintergrund ist die Streichung der entsprechenden Textstellen dringend anzuraten.578 Auf Bedenken stößt darüber hinaus, dass nach § 46 Abs. 2 S. 2 auch das Vorleben des Täters im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden soll.579 Ob es sich bei der in Rede stehenden Tat um einen einmaligen Fauxpas oder um eine wiederholte Tatbegehung handelt, ist allenfalls im Hinblick auf spezialpräventive Erwägungen von Belang, die bei gleich geeigneten Reaktionen berücksichtigungsfähig sind. Für die angemessene Reaktion auf den begangenen Normbruch spielen Aspekte der Spezialprävention wie oben dargelegt aber keine selbstständige Rolle. Auch hier sind die entsprechenden Passagen zu streichen.580 Die verbliebenen Kriterien des § 46 Abs. 2 S. 2 sind in ihrem inhaltlichen Kern nicht zu beanstanden und auch nach dem hier zur Grunde gelegten Konzept grundsätzlich für die Strafzumessung von Bedeutung. Dennoch sind bei einigen 578

Dazu und zum Folgenden Timm, Gesinnung und Straftat, S. 256 ff. Zum in diesem Zusammenhang bedenklichen Merkmal der Gewerbsmäßigkeit siehe B. II. 2. a) cc) (2). 580 Dazu Timm, Gesinnung und Straftat, S. 259. 579

128

B. Konkretisierungen der personalen Straftatlehre für die Strafzumessung

Merkmalen Ungenauigkeiten zu verzeichnen: So ist die Beurteilung des Maßes der Pflichtwidrigkeit, soweit diese sich auf den Grad der Fahrlässigkeit bezieht, begrifflich unpräzise. Denn die für die Fahrlässigkeitsbestimmung relevante Individualisierung des Täters geht aus dem traditionell geprägten Begriff der Pflichtwidrigkeit nicht eindeutig hervor.581 Richtigerweise ist allein beachtlich, ob bzw. inwieweit der Normbrüchige die nach seinen individuellen Verhältnissen vorhersehbare, vermeidbare und von Rechts wegen zu vermeidende Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung (bei gegebener Sonderverantwortlichkeit) geschaffen oder nicht abgewendet hat. Darüber hinaus werden in § 46 Abs. 2 S. 2 gegenwärtig die Kriterien, die das Gewicht des Fehlverhaltens nebst Folgen prägen, buchstäblich in einem Atemzug mit solchen genannt, die von dem Gewicht des verwirklichten Normverstoßes völlig unabhängig sind. Sie betreffen vielmehr das Reaktionsbedürfnis oder die individuelle Strafwirkung. So verringert das „Verhalten des Täters nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen“, nicht die an den Tatzeitpunkt gebundene Ausprägung des Normgeltungsschadens. Insbesondere zeitlich und sachlich eng mit der Tat verbundene Institute wie der Rücktritt vom Versuch und die tätige Reue sowie der Täter-Opfer-Ausgleich bzw. die Schadenswiedergutmachung relativieren lediglich das Reaktionsbedürfnis, dem mit Strafe zu entsprechen ist. Im Hinblick auf systematische Aspekte sind ebenso die Regelungen zu der nach Möglichkeit zu berücksichtigenden Strafwirkung auf den Täter, § 46 Abs. 1 und 2 zu überdenken. Auch hier erscheint es sachgerecht, diese auch gesetzestechnisch von den schuldspruchrelevanten Kriterien zu trennen. Dies kann sowohl durch eine Abspaltung in einzelne Absätze oder auch durch selbstständige Vorschriften gelingen.582 Zuletzt ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Die nach § 46 Abs. 1 bei der Strafzumessung zu Grunde zu legende Schuld des Täters entspricht dem – begrifflich präziseren(!) – rechtlichen Fehlverhalten (dem Verhaltensnormverstoß des Täters) sowie dessen Folgen. Hieraus ergibt sich das Gewicht des Normverstoßes und der entsprechenden angemessenen Reaktion in Form der zu verhängenden Strafe. Vor diesem Hintergrund erscheint Abs. 3 trivial: Denn dass etwa 581 Nach der traditionellen, zweistufigen Fahrlässigkeitslehre soll eine „objektive (Sorgfalts-)Pflichtverletzung bei objektiver Erkennbarkeit“ geprüft werden. In Ermangelung einer individuellen Pflichtverletzung oder Vorhersehbarkeit kann die in Rede stehende Fahrlässigkeit bloß noch an der erforderlichen Schuld scheitern. Kritisch Freund, AT, § 5 Rn. 15. 582 Vgl. Freund/Garro Carrera, ZStW 2006, 76 (84 ff., 98 ff.), die zur Lösung des in diesem Zusammenhang nicht selten auftretenden Problems der Untergrenze eine Generalnorm zur Berücksichtigung strafrechtlicher Wiedergutmachungsleistungen bei der Strafzumessung vorschlagen.

II. Strafhöhenbemessung anhand eines materiell konzipierten Straftatsystems 129

der im Rahmen der fahrlässigen Tötung verwirklichte Tod des Opfers als Tatbestandsmerkmal im Rahmen der Strafzumessung keine zusätzliche Bedeutung i. S. eines Differenzierungskriteriums mehr entfaltet, ist nur folgerichtig. Allerdings ist auch festzustellen, dass der Tod des Opfers als spezifische Folge des fahrlässigen Fehlverhaltens bei sämtlichen Fällen der fahrlässigen Tötung nicht nur für den Schuldspruch, sondern auch für die Intensität der Strafe konstitutiv ist. Insofern ist die Formulierung des Abs. 3 irreführend. Aufgrund der gerügten Unstimmigkeit des § 46 im Hinblick auf das vorgestellte Konzept eines ganzheitlichen Straftat- und Strafzumessungssystems soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, eine neue Strafzumessungsvorschrift zu schaffen: § 46 Grundsätze der Strafzumessung (Neue Fassung) (1) Strafart und Strafhöhe müssen am Schuldspruch orientiert eine angemessen missbilligende Reaktion auf das vorsätzliche oder fahrlässige Fehlverhalten des Täters und dessen Folgen darstellen. (2) Nach Möglichkeit sind die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen. (3) Auswirkungen auf das Reaktionsbedürfnis haben insbesondere das Verhalten des Täters nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht I. Allgemeines Die vorangegangenen Ausführungen zeigen auf, welche Anforderungen an – den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechende, legitime – Strafgesetze zu stellen sind. Die damit einhergehenden für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung allein relevanten Bestimmungskriterien ergeben sich aus der Funktion des betreffenden – rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten – Tatbestands selbst.583 Es bedarf lediglich einer Gewichtung des in Rede stehenden tatbestandlichen Fehlverhaltens sowie etwaiger Fehlverhaltensfolgen. Entsprechendes muss denknotwendig für die Bestimmung von Strafschärfungen und ihren Rechtsfolgen gelten. Vor diesem Hintergrund ist die Normierung von Strafschärfungsregelungen, insbesondere die im Fokus dieser Abhandlung stehende Verwendung der Regelbeispielsmethode, zu bewerten. 1. Terminologie und Einführung in die Systematik In Rechtsprechung und Literatur bestehen uneinheitliche Terminologien hinsichtlich der Strafschärfungs- und Strafmilderungsregelungen,584 sodass es zunächst einer kurzen begrifflichen Klärung bedarf. Gesetzliche Strafrahmenbestimmungsgründe sind solche Umstände, die der Gesetzgeber dem Richter zur Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens vorgibt.585 Dazu sind die Strafrahmenänderungsgründe zu zählen, die – entsprechend der vorgesehenen Modifikation des Strafrahmens – als Strafschärfungs- bzw. Strafmilderungsgründe klassifiziert werden können.586 Der Bereich der Strafrahmenänderungsgründe um-

583

Dazu bereits oben B. II. 4., 5. Dies merken auch an Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 6; Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 36; Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 23. 585 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 6; Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 36 f.; Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 10 f. 586 Begriffsidentisch mit der nicht selten gewählten Bezeichnung der Strafänderungsgründe etwa Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 11; Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor §§ 46 ff. Rn. 9; Warda, Dogmatische Grundlagen, S. 106; präziser Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 25 f. 584

I. Allgemeines

131

fasst benannte und unbenannte Strafrahmenänderungsgründe sowie solche, die fakultativ oder obligatorisch zur Änderung des Strafrahmens führen.587 Von Strafzumessungsgründen ist hingegen die Rede, wenn dem Richter – wie in § 46 Abs. 2 – Kriterien zur konkreten Rechtsfolgenbestimmung an die Hand gegeben werden: Straferhöhungs- oder Strafmilderungsgründe bezeichnen entsprechende Umstände, die innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens zu einer schwereren oder geringeren Strafe führen können.588 2. Strafrahmenänderungsgründe und ihre Erscheinungsformen Im Rahmen der Strafrahmenänderungsgründe, insbesondere im Bereich der Strafschärfungsregelungen, ist die Einordnung als neuer Tatbestand nicht immer eindeutig. Eine rechtswidrige (und schuldhafte) Tat ist – nach herkömmlicher Auffassung – das in einem bestimmten Tatbestand umschriebene Verhalten, das damit unter die Strafandrohung des entsprechenden Deliktstypus fällt. Ein neuer Tatbestand ist auch dann gegeben, wenn das Gesetz einen bestimmten Grundtatbestand durch das Hinzufügen weiterer Merkmale so umformt, dass dem neuen Gebilde eine schärfere oder mildere Strafandrohung zugeordnet ist.589 Im Bereich der (benannten) Strafrahmenänderungsgründe sollen diesen Anforderungen – nach herkömmlicher Auffassung – ausschließlich die (echten) Qualifikationsund Privilegierungstatbestände (sowie Delikte sui generis590) genügen, die zwingend und abschließend einen Strafrahmenwechsel vom entsprechenden Grunddelikt formulieren.591 Die qualifizierenden und privilegierenden Umstände seien als Tatbestandsmerkmale einzuordnen, da sie das Grunddelikt dergestalt modifizieren, dass zwischen ihm und dem Strafrahmenänderungstatbestand ein Stufen-

587 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 7; Hettinger, 140 Jahre GA, S. 77 (80 f.); Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 13 ff.; Gribbohm, in: LKStGB11, Vor §§ 46 ff. Rn. 9 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 62 Rn. 35 ff.; Otto, AT, § 1 Rn. 16. 588 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 7; Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 27 f.; Milletat, Die besonders schweren Fälle, S. 2 f.; a. A. Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 38; Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 16 f. 589 Beide Definitionen bei Fischer, StGB, § 12 Rn. 8. 590 Dies gilt für andere selbständige Delikte, die gegenüber dem allgemeinen Tatbestand eine in jeder Hinsicht abgeschlossene Regelung gefunden haben und einen eigenständigen Unrechtsgehalt verkörpern (§ 249 zu § 242) sowie in Fällen, in denen der Typus durch subjektive Tatbestandsmerkmale, insbesondere eine besondere Absicht, herausgehoben (qualifiziert) wird, vgl. Fischer, § 12 Rn. 8; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 8 Rn. 79 ff.; Jescheck/Weigend, AT, § 26 III 1 und III 3; Roxin, AT I, § 10 Rn. 134 f. Kritisch zur Differenzierung von selbständigen und unselbständigen Abwandlungen Jakobs, AT, 6. Abschn. Rn. 98; vgl. auch Hassemer, Delictum sui generis, S. 88. 591 Statt vieler Fischer, StGB, § 12 Rn. 8.

132

C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

verhältnis bestehe.592 Stellt das Gericht einen solchen Umstand fest, ist die Anwendung des Sonderstrafrahmens obligatorisch; es besteht kein richterliches Ermessen.593 Neben den Privilegierungstatbeständen des Besonderen Teils gehören auch privilegierende Merkmale des Allgemeinen Teils des Strafrechts zu den benannten Strafrahmenänderungsgründen, die zum Teil zwingend594, teilweise fakultativ595 eine Strafmilderung nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 statuieren.596 Ob es sich insbesondere bei den fakultativen Strafrahmenverschiebungen um Tatbestandsmerkmale oder „bloße“ Strafzumessungsregeln handelt, scheint nicht selten davon abhängig gemacht zu werden, ob das Gericht nach einer Gesamtwürdigung die Anwendung des Grund- oder Sonderstrafrahmens für vorzugswürdig erachtet. Soweit der Richter den milderen Strafrahmen heranzieht, wirkt das vom Gesetz genannte privilegierende Merkmal – ebenso wie dessen obligatorisches Pendant – strafrahmenbildend. In diesem Rahmen sind der Vollständigkeit halber auch solche Vorschriften mit aufzuführen, die unter bestimmten Bedingungen die Anwendung des § 49 Abs. 2 in das richterliche Ermessen stellen (vgl. §§ 83a; 84 Abs. 5; 98 Abs. 2 und 157 Abs. 1, 2).597 Zu den unbenannten Strafrahmenänderungsgründen, bei denen die Anwendung des Sonderstrafrahmens gerade nicht an spezifische Voraussetzungen geknüpft wird, sind vor allem die nicht näher bezeichneten besonders schweren und minder schweren Fälle zu zählen.598 Letztere sind mit Ausnahme des § 213 stets nicht weiter erläutert. Unbenannte besonders schwere Fälle sind hingegen seit dem 6. Strafrechtsreformgesetz sowohl im Kern- als auch im Nebenstrafrecht wesentlich häufiger zu finden: Im StGB lassen sich allein acht nicht mit Regelbeispielen exemplifizierte unbenannte besonders schwere Fälle zählen.

592 Zur Charakteristik der (echten) Qualifikations- und Privilegierungstatbestände Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 6 ff., 191 ff.; Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 13 f.; Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor §§ 46 ff. Rn. 11; Wessels, in: FS Maurach, S. 295 ff.; Fischer, StGB, § 12 Rn. 8; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 8 Rn. 60 ff.; Roxin, AT I, § 10 Rn. 134 f. 593 Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 46. 594 Etwa §§ 27 Abs. 2 S. 2; 28 Abs. 1; 30 Abs. 1 S. 2; 35 Abs. 2 S. 2. 595 Etwa §§ 13 Abs. 2, 17 S. 2, 21, 23 Abs. 2, 35 Abs. 1 S. 2. 596 Siehe dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 8. 597 Vgl. dazu Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor §§ 46 ff. Rn. 15. 598 Siehe dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 8 f.

I. Allgemeines

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Übersicht 1 Unbenannte besonders schwere Fälle § 102 Abs. 1

Straftaten gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten

§ 106 Abs. 3

Nötigung des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans

§ 107 Abs. 1

Wahlbehinderung

§ 108 Abs. 1

Wählernötigung

§ 109 e Abs. 4

Sabotagehandlungen an Verteidigungsmitteln

§ 176 Abs. 3

Sexueller Missbrauch von Kindern

§ 179 Abs. 3

Sexueller Missbrauch widerstandunfähiger Personen

§ 212 Abs. 2

Totschlag

Bei den zahlreichen mit Regelbeispielen erläuterten besonders schweren Fällen handelt es sich um eine Mischform aus benannten und unbenannten Strafrahmenänderungsgründen.599 Übersicht 2 Mit Regelbeispielen exemplifizierte (unbenannte) besonders schwere Fälle § 94 Abs. 2

Landesverrat

§ 95 Abs. 3 i.V. m. § 94 Abs. 2

Offenbaren von Staatsgeheimnissen

§ 98 Abs. 1 S. 2 i.V. m. § 94 Abs. 2 Landesverräterische Agententätigkeit Nr. 1 § 99 Abs. 2

Geheimdienstliche Agententätigkeit

§ 100 Abs. 2

Friedensgefährdende Beziehungen

§ 100a Abs. 4

Landesverräterische Fälschung

§ 113 Abs. 2

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

§ 121 Abs. 3

Gefangenenmeuterei

§ 125 a

Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs

Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 11; Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor §§ 46 ff. Rn. 21. Die Regelbeispiele insgesamt den unbenannten besonders schweren Fällen zuordnend Schröder, in: FS Mezger, S. 415 (426 ff.); Degener, in: FS Stree/Wessels, S. 305 (306); Wessels, in: FS Maurach, S. 295 (296). 599

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

§ 177 Abs. 2

Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge

§ 218 Abs. 2

Schwangerschaftsabbruch

§ 240 Abs. 4

Nötigung

§ 243

Besonders schwerer Fall des Diebstahls

§ 253 Abs. 4

Erpressung

§ 261 Abs. 4

Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

§ 263 Abs. 3

Betrug

§ 263 a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 Computerbetrug § 264 Abs. 2

Subventionsbetrug

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3

Untreue

§ 266 a Abs. 4

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

§ 267 Abs. 3

Urkundenfälschung

§ 269 Abs. 3 i.V. m. § 267 Abs. 3

Fälschung beweiserheblicher Daten

§ 283 a

Besonders schwerer Falls des Bankrotts

§ 283 d Abs. 3

Schuldnerbegünstigung

§ 291 Abs. 2

Wucher

§ 292 Abs. 2

Jagdwilderei

§ 300

Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

§ 316 b Abs. 3

Störung öffentlicher Betriebe

§ 330 Abs. 1 S. 2

Besonders schwerer Fall einer Umweltstraftat

§ 335

Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und der Bestechung

Im Fall der im Gesetz aufgeführten Beispiele nennt der Gesetzgeber die Voraussetzungen, an die er „in der Regel“ die Anwendung des Sonderstrafrahmens knüpft. Anders als bei den Qualifikationstatbeständen besitzen die Regelbeispiele lediglich eine Indizfunktion, sodass trotz des formalen Vorliegens eines der genannten Merkmale die Anwendung des Sonderstrafrahmens im richterlichen Ermessen liegt. Ist das Merkmal förmlich und auch nach seiner ratio gegeben, besteht allerdings kein Ermessen mehr; der Sonderstrafrahmen gelangt zwangsläufig zur Anwendung. Ist keines der aufgezählten Regelbeispiele ein-

I. Allgemeines

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schlägig, besteht die Möglichkeit, einen sonstigen unbenannten besonders schweren Fall anzunehmen.600 Diese Regelungssystematik „zwischen Kasuistik und Generalklauseln“ 601 wird im Gegensatz zu den (echten) Qualifikations- und Privilegierungstatbeständen zumeist nicht als Tatbestand sondern als Strafzumessungsregel verstanden, obgleich der Unterschied beider Gesetzestechniken – wie im Folgenden aufzuzeigen sein wird – bei genauer Betrachtung gering ist. 3. Historischer Überblick: Die Regelbeispielstechnik als „Mittelweg“ zwischen Kasuistik und Generalklausel Schon im „peinlichen Recht“ der Constitutio Carolina Criminalis (CCC)602 bestand für den Richter die Möglichkeit, von den zumeist absolut angedrohten Leibes- und Lebensstrafen nach seinem Ermessen abzuweichen, um dem unterschiedlichen Schweregehalt einer Tat auch auf Strafzumessungsebene gerecht werden zu können.603 Vorschriften, die dem Richter abweichend von festen Strafandrohungen einen gewissen Reaktionsspielraum gaben, um bei leichteren oder schwereren Taten die Strafe zu mildern oder zu schärfen, folgten.604 Diese wurden Ende des 18. und mit Beginn des 19. Jahrhunderts wiederum von solchen Regelungen, die das Ermessen des Gerichts erheblich einschränkten und auf einem Höchstmaß an Bestimmtheit beharrten, abgelöst.605 Im Gegensatz dazu normierte das Criminalgesetzbuch für das Königreich von Hannover von 1840 vereinzelt schwerere und leichtere Fälle; das Preußische Strafgesetzbuch von 600

Dazu insbesondere Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 201 ff. Diese Bezeichnung wählt Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 9. 602 Da der Gesetzlichkeitsgrundsatz unter der CCC noch keinen Bestand hatte, konnte der Richter mangels fester Strafrahmen ohnehin eine ihm angemessen erscheinende Strafe festsetzen. Einer Straf(rahmen)schärfung, die das Institut der besonders schweren Fälle ermöglicht, bedurfte es demnach schon von vornherein nicht, vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 34. Zur Bedeutung des nulla poena-Satzes unter der CCC vgl. Schreiber, Gesetz und Richter, S. 25 ff.; Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, Rn. 10, 71. 603 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 104 ff. Zur historischen Entwicklung der Strafänderungsgründe ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, Kap. B (S. 31 ff.) m.w. N., zusammenfassend S. 104 ff. 604 Dies geschah zunächst nach der Lehre Carpzovs von der „poena ordinaria et extraordinaria“, die dem Richter eine allgemeine Befugnis zur Schärfung oder Milderung der Strafe einräumte und die Strafrechtspflege des 17. und 18. Jahrhunderts maßgeblich (mit-)prägte, vgl. statt vieler v. Hippel, Deutsches Strafrecht Bd. I, (S. 227 ff.). Im 18. Jahrhundert wurde in den ersten partikularen Kodifikationen (Codex Iuris Bavarici Criminalis [1751] und Constitutio Criminalis Theresiana [1769]) erstmals das richterliche Ermessen durch die Formulierung von Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründen gebunden, vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 104. 605 Sowohl das Strafgesetzbuch Joseph II. (1789) und das Preußische Allgemeine Landrecht (1794) als auch das Bayrische Strafgesetzbuch (1813) ermöglichten eine Strafschärfung oder -milderung nur noch in gesetzlich zugelassenen Fällen, vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 46 ff., zusammenfassend S. 104. 601

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

1851 sah solche Strafschärfungen hingegen nicht vor. Dennoch wurde dort einzelnen Delikten eine strafmildernde Generalklausel in Form des Rechtsinstituts der „mildernden Umstände“ zugeordnet, die über das Preußische Strafgesetzbuch bzw. das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes606 später auch Eingang in das Reichsstrafgesetzbuch fand. Allerdings enthielt dieses bei seinem Inkrafttreten im Jahr 1872 zunächst ausschließlich Qualifikationstatbestände.607 Aufgrund der ihnen innewohnenden Kasuistik und den damit verbundenen Mängeln legten nahezu alle Reformentwürfe seit 1909 den Schwerpunkt auf die Regelung unbenannter besonders schwerer Fälle.608 Bereits zur Zeit der Weimarer Republik wurden (z. T. bereits exemplifizierte) besonders schwere Fälle ins Nebenstrafrecht aufgenommen; im Jahr 1926 fanden sie schließlich Eingang ins Strafgesetzbuch. Trotz der erheblichen Ausweitung und des entsprechenden Missbrauchs während des Nationalsozialismus gelangte eine Vielzahl besonders schwerer Fälle in den Entwurf zum Strafrechtsänderungsgesetz von 1962609 (E 1962). Mit der dort verwendeten Formulierung „in der Regel“ wurde die Regelbeispielstechnik, wie wir sie heute kennen, geboren.610 Nachfolgende Teilreformen ab 1964 integrierten die mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Fälle in das StGB. Mit dem Ersten Strafrechtsänderungsgesetz entstand die speziell in diesem Zusammenhang bis heute umstrittene Überschneidung von Regel- und Sonderstrafrahmen. Nicht zuletzt aufgrund dieser Problematik wurde die mit dem Sechsten Strafrechtsreformgesetz611 zunächst angedachte Ausdehnung der Regelbeispielsmethode nur eingeschränkt umgesetzt. Zwar sollte die den Qualifikationstatbeständen anhaftende Kasuistik einer flexiblen und der Einzelfallgerechtigkeit dienenden Regelungsmethode weichen: Die Regelbeispielstechnik versprach, Lücken, die durch die starr gefassten Qualifikationstatbestände entstanden, zu füllen und die Wogen bisher ungerechter Ergebnisse wieder zu glätten. Doch galt der mit der Regelbeispielsmethode – erneut – versuchte Spagat zwischen gesetzlicher Bindung und Elastizität wieder als rechtsstaatlich bedenklich. Das nach wie vor bestehende Spannungsverhältnis zwischen (legislativer) Bestimmtheit und (Einzelfall-)Gerechtigkeit hat nach alledem bis heute nicht an 606 Das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes (1871) basierte auf den Regelungen des Preußischen Strafgesetzbuchs (1851), vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 65 f. Ausführlich zur Entstehung des Strafgesetzbuches des Norddeutschen Bundes v. Hippel, Deutsches Strafrecht I, (S. 314 f.). 607 Das im selben Jahr in Kraft getretene Militärstrafgesetzbuch enthielt hingegen sowohl unbenannte minder und besonders schwere Fälle, vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 70. 608 Zur Entstehung der besonders schweren Fälle Matthies, Exemplifikationen und Regelbeispiele, S. 27 ff. 609 E 1962, BT-Drucks. IV/650. 610 Die Formulierung „in der Regel“ ging tatsächlich auf Rosenfeld und Kohlrausch zurück und fand Anfang des 20. Jahrhunderts noch keine große Beachtung. 611 Sechstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG), verkündet am 26. Januar 1998 (BGBl. 1998 I 164), in Kraft getreten am 1. April 1998.

II. Der Deliktscharakter der besonders schweren Fälle

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Aktualität verloren. Der durch die Regelbeispielstechnik beschrittene „Mittelweg“ zwischen Kasuistik und Generalklausel612 muss nun auf die genannten Bedenken hin erneut untersucht werden.

II. Der Deliktscharakter der besonders schweren Fälle Bevor die besonders schweren Fälle an den verfassungsrechtlichen Grundsätzen zu messen sind, bedarf es eines kurzen Überblicks über den Meinungsstand zu der Einordnung der Regelbeispiele im Straftataufbau. 1. Die Strafzumessungslösung Die in Rechtsprechung und Literatur vorherrschende Auffassung stuft die Regelungen der besonders schweren Fälle als bloße Strafzumessungsregeln und nicht als (Qualifikations-)Tatbestände ein.613 Dies sei vor allem ihrer flexiblen Indizfunktion geschuldet, der entsprechend beim (formellen) Vorliegen eines Regelbeispiels die Bejahung eines besonders schweren Falles, bei dessen Fehlen die Verneinung eines solchen bloß unverbindlich angezeigt erscheint.614 Anders als

612 Diese recht treffende Formulierung findet sich mit einer entsprechenden Erläuterung bei Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 9 f. 613 Einen Überblick dazu und zum Folgenden bietet Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 144 ff. Zur Strafzumessungslösung BGHSt 23, 254 (257); 26, 167 (173); 27, 287 (289); 33, 370 (373); BGH NStZ-RR 2003, 306 (306); Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht BT, § 14 Rn. 16, 32, 42; Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 11; Rengier, BT I, § 3 Rn. 1; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 8 Rn. 89, § 26 Rn. 52; Börtzler, NJW 1971, 682 (682); Braunsteffer, Regelbeispielstechnik, S. 32 ff.; Ebert, AT, S. 39; Gössel, BT II, § 8 Rn. 4; ders., in: FS Hirsch, S. 183 (200); Granderath, MDR 1984, 988 (988); Günther, Verurteilungen im Strafprozess, S. 64; Haft, AT, S. 48 f.; ders., BT I, S. 14; Hirsch, ZStW 84 (1972), 380 (386); Horn, Die besonders schweren Fälle, S. 26 f., S. 140; Hub, Die Ausgestaltung der besonders schweren Fälle, S. 34 f.; Jescheck/Weigend, AT, § 26 III 2; Krey/Hellmann, BT II, § 1 Rn. 99 f.; Krey, Die Studien zum Gesetzesvorbehalt, S. 237; Lange, MDR 1948, 310 (313); Laubenthal, JZ 1987, 1065 (1069); Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor §§ 46 ff. Rn. 24; Ruß, in: LK-StGB11, § 243 Rn. 2; von Löbbecke, MDR 1973, 374 (374); Maiwald, in: FS Gallas, S. 137 (159); ders., NStZ 1984, 433 (435); Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 62 Rn. 49 f.; Meyer-Gerhards, JuS 1976, 228 (230); Mitsch, BT 2/1, § 1 Rn. 170; Schmitz, in: MünchKommStGB, § 243 Rn. 2; Otto, GK AT, § 1 Rn. 18; ders., GK BT, § 41 Rn. 1 ff.; Roxin, AT I, § 9 Rn. 15; Hoyer, in: SK-StGB, 47. Lfg. Februar 1999, § 243 Rn. 1; Schmidhäuser, BT, 8/31, Schmitt, in: FS Tröndle, S. 313 (314); Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, § 243 Rn. 1; Seelmann, JuS 1985, 454 (456); Lieben, NStZ 1984, 538 (539 f.); BGH, Urteil v. 7.8.2001 – 1 StR 470/00 m. Anm. Sternberg-Lieben, JZ 2002, 514 (514); Stree, in: FS Peters, S. 179 (181); Tiedemann, JZ 1975, 692 (693 f.); Fischer, StGB, § 46 Rn. 84; Wessels, in: FS Maurach, S. 295 (299); Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 111a; Wessels/Hillenkamp, BT II, Rn. 207 ff.; Zieschang, Jura 1999, 561 (564); Zipf, in: FS Dreher, S. 389 (391 f.); ders., Strafzumessung, S. 15; Graul, JuS 1999, 852 (853). 614 Dazu und zum Folgenden Wessels, in: FS Maurach, S. 295 (299). Die h. M. ist insoweit inkonsequent, als sie, wenn es um die Anwendbarkeit der Vorschriften des All-

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

die formal ähnlich ausgestalteten Qualifikationstatbestände sollen die Regelbeispiele daher von dem Grundprinzip eines Tatbestandes abweichen, der zwingende und abschließende gesetzliche Regelungen vorsieht. Im Straftataufbau soll ihr Vorliegen erst im Anschluss an die Schuld zu prüfen sein. Mit Bezug auf Art. 103 Abs. 2 GG wird die Einordnung als Tatbestandsmerkmal zudem nicht selten von der staatlichen Kompetenzverteilung abhängig gemacht.615 Wird eine strafrahmenändernde Abstufung bereits legislativ formuliert, so sei diese grundsätzlich dem Tatbestand zuzuordnen. Anders liege es indessen bei den Regelbeispielen, deren im Verhältnis zum Grunddelikt erhöhter Schweregehalt ebenso wie die damit verbundene Strafrahmenverschiebung vom Richter zu beurteilen ist. Dieser Umstand sei als ein Rückzug des Gesetzgebers zu Gunsten der Einzelfallgerechtigkeit zu werten, der der Tatbestandseigenschaft der Regelbeispiele aber entgegenstehe. Auch spreche die aus dem nullum crimen-Satz erwachsende strikte Gesetzesbindung für eine Einordnung als Strafzumessungsregel, da die Regelbeispiele, würden sie als Tatbestandsmerkmal verstanden, nicht den Anforderungen an die gesetzliche Bestimmtheit genügen könnten.616 Aufgrund entsprechend geringerer Anforderungen auf Rechtsfolgenseite ergebe sich schon aus verfassungsrechtlicher Sicht die eindeutige Zuordnung der Regelbeispiele zum Bereich der Strafzumessung. Zum selben Ergebnis gelangt auch, wer die Regelbeispiele anhand der Tatschwere einordnet, die auch ganz allgemein für die Entscheidung über Art und Maß der zu verhängenden Rechtsfolge maßgeblich ist.617 Ob ein Regelbeispiel eine Strafrahmenänderung bewirkt, hänge daher nunmehr von der bei der Strafzumessung zu berücksichtigenden Schwere der Tat ab. Vor diesem Hintergrund erscheine eine von der Einordnung der Regelbeispiele als Strafzumessungsregel abweichende Ansicht sachwidrig. Nicht zuletzt die historische Entwicklung soll auf eine gesetzgeberische Tendenz schließen lassen, die Regelbeispiele als Strafzumessungsregelungen einzugruppieren.618 So zielte diese Regelungstechnik ursprünglich darauf ab, zu Gunsgemeinen Teils geht, die Ähnlichkeit der Regelbeispiele mit Tatbestandsmerkmalen betont, vgl. Eisele, JA 2006, 309 (311). 615 Dazu und zum Folgenden Schröder, in: FS Mezger, S. 415 (426); Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 177; Wessels, in: FS Maurach, S. 295 (298 f.). 616 Hub, Die Ausgestaltung der besonders schweren Fälle, S. 19, 30. 617 Dazu und zum Folgenden Gössel, in: FS Hirsch, S. 183 (196 f.). 618 Dazu und zum Folgenden Braunsteffer, Regelbeispielstechnik, S. 33 ff.; Fassin, Strafzumessung, S. 58 f.; Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 138 f. Für die Einordnung als Strafzumessungsregelung wird darüber hinaus der Entwurf von 1962 angeführt, auf den nachfolgende Strafrechtsreformgesetze zurückgehen. Denn eine dort enthaltene Definition des besonders schweren Falls zog sowohl tatbegleitende Umstände als auch das Vor- und Nachtatverhalten – ähnlich einer Strafzumessungsvorschrift – mit in die Bewertung ein, vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode,

II. Der Deliktscharakter der besonders schweren Fälle

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ten der Einzelfallgerechtigkeit, aber unter Beachtung der Rechtssicherheit das richterliche Ermessen im Bereich der Rechtsfolgen zu schmälern. 2. Mischform Ein anderer Meinungsstrom in der Literatur attestiert den besonders schweren Fällen einen Mischstatus, der die Charakteristika von Tatbestandsmerkmalen und Strafzumessungsregelungen vereinen soll.619 Eine Zuordnung bloß aufgrund gewisser Parallelen entweder zu dem einen oder dem anderen Bereich – allein um einer Zuordnung willen – erscheine sachwidrig. Die bloße Ähnlichkeit der besonders schweren Fälle mit den Tatbestandsmerkmalen stehe ihrer Einordnung als eben solche eher entgegen. Entsprechendes gelte für die Klassifikation als Strafzumessungsregelung. Als gleichermaßen „typisierende und generalisierende“ Merkmale nähmen sie daher gegenüber Tatbestandsmerkmalen und Strafzumessungsregeln eine aliud-Position ein. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung der besonders schweren Fälle eine neue Wertgruppe zwischen den beiden bisher vorherrschenden geschaffen. 3. Tatbestandslösung Im jüngeren Schrifttum findet sich die Auffassung, dass die besonders schweren Fälle620 grundsätzlich dem Tatbestand zugeordnet werden.621 Dafür spreche S. 93 ff., 147. Vgl. auch Hub, Die Ausgestaltung der besonders schweren Fälle, S. 34 ff.; Spendel, NJW 1960, 1700 (1705). 619 Einen umfassenden Überblick dazu und zum Folgenden bietet Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 162 f. Zu den besonders schweren Fällen als Mischform OLG Köln MDR 1973, 779; Fassin, Strafzumessung, S. 54, 76; Lange, Die Systematik der Strafdrohungen, in: Materialien zur Strafrechtsreform I, S. 69 (82 f.); ders., NJW 1953, 1161 (1664); ders., MDR 1948, 310 (313); Hertz, Das Verhalten des Täters nach der Tat, S. 140; Waßner, Die Stellung der besonders schweren Fälle, S. 122; Maurach/Schröder/Maiwald, BT I, § 33 Rn. 71. 620 Teilweise wird für die Frage nach der Einordnung als Tatbestandsmerkmal oder Strafzumessungsregelung zwischen den mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Fällen und jenen unbenannten differenziert. Diese Unterscheidung wird vor allem mit der „nicht von vornherein tatbestandsähnlichen Ausgestaltung“ der Generalklauseln begründet. Vor allem der – wie auch von den Vertretern dieser Auffassung betonte – enge Zusammenhang zum Grunddelikt ändere aber nichts an dem Ergebnis, auch unbenannte besonders schwere Fälle als materielle Voraussetzung der Rechtsfolgenanordnung dem Tatbestand zuzuordnen, vgl. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 163 ff., 189 f.; ders., JA 2006, 309 (312) m.w. N. Eine Differenzierung bringt daher für die Frage der Einordnung der besonders schweren Fälle keinen Fortschritt. 621 Einen umfassenden Überblick dazu und zum Folgenden bietet Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 151 ff.; ders., JA 2006, 309 (312). Zu den besonders schweren Fällen als Tatbestandsmerkmale Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 163 ff., 189 f.; Calliess, NJW 1998, 929 (933 ff.); ders., JZ 1975, 112 (114); Jakobs, Strafrecht AT, 6. Abschn. Rn. 99; Kindhäuser, in: FS Triffterer, S. 123 (127 f.); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 146 ff., 161 f. Mit Bezug auf die erhebliche Ähnlichkeit zu den Qualifikations-

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

zunächst die systematische Struktur der Deliktsnormen. Diese folgt einem Konditionalprogramm, das einerseits die Kriterien sowie die Befugnis zur strafrechtlichen Sanktion auf der anderen Seite angibt.622 Sind die Merkmale auf der Voraussetzungsseite erfüllt, tritt eine bestimmte Rechtfolge ein. Wenn der Täter etwa rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, dann ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe zu rechnen. Auch die Frage nach der Einordnung der besonders schweren Fälle habe sich an dem traditionell zweiteiligen Aufbau der Deliktsnormen auszurichten. Sind Regelungen als „Wenn-Sätze“ ausgestaltet, handele es sich um Tatbestandsvoraussetzungen, sind sie als „Dann-Sätze“ formuliert, um Strafzumessungsregelungen. Aufgrund dieser vom Gesetzgeber festgelegten und damit „unhintergehbaren“ Normenstruktur könne auch kein Zweifel an der Tatbestandseigenschaft der (mit oder ohne Regelbeispiele exemplifizierten) besonders schweren Fälle und minder schweren Fälle bestehen. Denn sie alle stellen der Anwendbarkeit des Sonderstrafrahmens bestimmte – z. T. näher erläuterte – Voraussetzungen voran. Die mit der Regelungstechnik der besonders schweren und minder schweren Fälle einhergehende Kompetenzverschiebung von dem Gesetzgeber auf den Richter ändere an dieser Zuordnung selbst dann nichts, wenn sich die gesetzgeberischen Regelungsziele als untauglich erweisen würden.623 Die Abgrenzung anhand der Konditionalsatzstruktur der Rechtssätze gewährleiste zudem die Überprüfbarkeit der Rechtsanwendung und dadurch ein hohes Maß an Rechtssicherheit.624 Vor allem aber spreche die Parallelität der besonders schweren Fälle zu den formal ähnlich ausgestalteten Qualifikationstatbeständen für eine einheitliche Einordnung auf der Tatbestandsseite. Beide Regelungsinstitute ahnden ein in Relation zum Grunddelikt qualitativ gravierenderes Unrecht.625 Durch das Hinzutreten weiterer, erschwerender Umstände nehme der Unrechtsgehalt des Grunddelikts in der Weise zu, dass ein selbstständiger Unrechtskern entstehe. Unrechtssteigernde Regelungen überspannen daher im Verhältnis zu dem entsprechenden Grunddelikt nicht nur ein „Mehr“ sondern etwas „Anderes“. Die Verwirklichung des § 243 Abs. 1 ist etwa durch das Hinzutreten eines Hausfriedensbruchs (Nr. 1, tatbeständen vgl. Gössel, in: FS Hirsch, S. 183 (188); Dietmeier, ZStW 110 (1998), 393 (409); Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht BT, § 14 Rn. 68; Mitsch, BT, S. 81; Zopfs, GA 1995, 320 (325), Braunsteffer, Regelbeispielstechnik, S. 129 ff.; kritisch gegenüber der Tatbestandslösung Streng, in: FS Puppe, S. 1025 (1026 f.). 622 Dazu und zum Folgenden Calliess, NJW 1998, 929 (933 ff.); ders., JZ 1975, 112 (115), Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 86 ff. 623 Calliess, JZ 1975, 112 (115). 624 Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 90. 625 Dazu und zum Folgenden Calliess, NJW 1998, 929 (934 f.); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 144. Ein quantitativ gesteigertes Unrecht, etwa durch die wiederholte Begehung einer Tat, fände hingegen strafzumessungsrechtlich Berücksichtigung, vgl. Calliess, JZ 1975, 112 (116). A. A. Milletat, Die besonders schweren Fälle, S. 85; Horn, in: GS Kaufmann, S. 573 (584); Wessels, in: FS Maurach, S. 295 (304).

II. Der Deliktscharakter der besonders schweren Fälle

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4), einer unterlassenen Hilfeleistung (Nr. 6) oder eines Verstoßes gegen das Waffengesetz bzw. Kriegswaffenkontrollgesetz (Nr. 7) gekennzeichnet. Umfasse eine Regelung autonomes Unrecht, komme ihr, wie auch den besonders schweren Fällen, Tatbestandsqualität zu. Der einzig signifikante Unterschied zu einer tatbestandlichen Qualifikation liege schließlich (nur) im bloß indiziellen Charakter der Regelbeispiele, während bei Vorliegen eines aufgezählten qualifizierenden Merkmals die verschärfende Strafrahmenverschiebung zwangsläufig zur Anwendung gelange:626 Ob ein Regelbeispiel vorliegt, ermittelt der Richter – wie bei einem (Qualifikations-)Tatbestand – im Zuge der Subsumtion. Ist ein Regelbeispiel gegeben, bestätigt sich der dadurch entstandene unrechtssteigernde Eindruck des Gesetzgebers allerdings erst dann, wenn er nicht durch andere Umstände widerlegt werden kann. Sind solche nicht ersichtlich, kommt der Sonderstrafrahmen zur Anwendung.627 Diese Anwendung beruht damit allein auf dem Regelbeispiel, das – wie sein tatbestandliches Pendant – die materielle Voraussetzung für die Strafrahmenverschiebung bildet.628 Auch die mögliche Ablehnung des Sonderstrafrahmens zu Gunsten des Täters trotz der jedenfalls wortlauterfüllenden Verwirklichung eines Regelbeispiels spräche nicht zwingend gegen deren Einordnung als Tatbestandsmerkmale.629 So sei bei strafbegründenden Vorschriften die Verneinung eines Tatbestands aufgrund ungeschriebener Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe ohnehin anerkannt.630 Die analoge Anwendung von Strafmilderungs-, Strafausschließungsund Strafaufhebungsgründen zu Gunsten des Täters gehöre zudem zu der gängigen Praxis. Von der Anwendung des Sonderstrafrahmens zu Gunsten des Täters abzusehen, stehe in einer Reihe mit den ausgewiesenen Techniken.631 Darüber hinaus sei ein Abweichen vom Sonderstrafrahmen zu Gunsten des Täters selbst bei Qualifikationstatbeständen unter Annahme eines nicht näher präzisierten minder schweren Falles keine Seltenheit (vgl. §§ 244a Abs. 2, 250 Abs. 3). Darüber hinaus sei bei beiden Regelungsinstituten im Hinblick auf Präzision und Bestimmtheit kein Unterschied auszumachen. Zum Teil existieren gar Merkmale, die – teilweise identisch formuliert – sowohl als Regelbeispiel als auch in

626 BGH NJW-RR 1997, 121 (121); Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, BT, § 14 Rn. 18; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 46 ff. 627 Zur Prüfung Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, Rn. 698. 628 Eisele, JA 2006, 309 (312), Braunsteffer, Regelbeispielstechnik, S. 129 ff. 629 Dazu und zum Folgenden Eisele, JA 2006, 309 (312). Im Ergebnis auch Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 146 ff., 161 f.; Calliess, JZ 1975, 112 (117); ders., NJW 1998, 930 (934 f.). 630 Hirsch, in: LK-StGB11, Vorbem. § 32 Rn. 39 ff. 631 Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 32 f.; vgl. auch Roxin, Strafrecht AT, § 5 Rn. 44.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

Form einer Qualifikation ausgestaltet sind.632 So ist etwa das Merkmal der Begehung einer Tat als Mitglied einer Bande einerseits als Regelbeispiel, etwa in § 253 Abs. 4 S. 2633, zum anderen als Qualifikationsmerkmal gefasst, etwa in § 244 Abs. 1 Nr. 2634.635 Die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 werden mittels Verweises in § 244a Abs. 1 Var. 1 in Qualifikationstatbestände „umgewandelt“.636 Ein „tiefgreifender Wesensunterschied“ 637 bestehe daher zwischen Regelbeispielen und Qualifikationstatbeständen – auch nach Ansicht der Vertreter der Strafzumessungslösung – nicht. Daran ändere auch die Regelung des § 12 Abs. 3 nichts. Denn die getroffene Einteilung in Vergehen und Verbrechen sage nichts über die Rechtsnatur der besonders schweren oder minder schweren Fälle aus.638 Etwas anderes ergebe sich auch nicht mit Blick auf das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG.639 Denn dieses vermag keine Aussage über die Rechtsnatur einer Vorschrift zu treffen. Die Einordnung einer Regelung von dem Grad ihrer Bestimmtheit abhängig zu machen, gebe zudem Missbrauch Raum, da insoweit bedenkliche Regelungen im Zweifel dem Bereich der Strafzumessung zugeordnet werden könnten. Ob eine Norm den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot standhalte, habe keinen Einfluss auf ihre systematische Stellung; tangiert sei ausschließlich die Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit.

632 Siehe auch Eisele, JA 2006, 309 (312); Gössel, in: FS Hirsch, S. 183 (188 ff.); Dietmeier, ZStW 110 (1998), 393 (409). Zu der scheinbaren Beliebigkeit der Wahl der Gesetzestechnik Matthies, Exemplifikationen und Regelbeispiele, S. 58 ff. 633 Ebenso in den §§ 261 Abs. 4 S. 2, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 2, 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1, 300 S. 2 Nr. 2 Alt. 2, 335 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2. 634 Ebenso in den §§ 244 a Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 2, 260 Abs. 1 Nr. 2, 260a Abs. 1. 635 Gleiches gilt auch für andere strafschärfende Merkmale. Sowohl die gemeinschaftliche Begehung einer Tat (§§ 177 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 292 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 bzw. § 224 Abs. 1 Nr. 4), die Gewerbsmäßigkeit (statt vieler §§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 253 Abs. 4 S. 2 bzw. §§ 260 Abs. 1 Nr. 1, 275 Abs. 2 Alt. 1), das Beisichführen einer Waffe während der Tat (§§ 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 125 a S. 2 Nr. 1, Nr. 2 bzw. §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a, 1 b; 250 Abs. 1 Nr. 1 a) als auch das Herbeiführen der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder des Todes durch die Tat (§§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, 125 S. 2 Nr. 3, 218 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 bzw. §§ 250 Abs. 1 Nr. 1 c, Abs. 2 Nr. 3 b) sind einerseits als Regelbeispiel, andererseits als Qualifikationstatbestand geregelt. 636 Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht BT, § 14 Rn. 68; Zopfs, GA 1995, 320 (325). Zu der Umwandlung von Qualifikationstatbeständen in Regelbeispielsnormen Matthies, Exemplifikationen und Regelbeispiele, S. 75 ff. 637 BGHSt 26, 167 (173); BGHSt 29 359 (368). 638 Eisele, JA 2006, 309 (312); Calliess, JZ 1975, 112 (114); Jakobs, Strafrecht AT, 6. Abschn. Rn. 100; a. A. Horn, Regelbeispiele, S. 26 f. 639 Dazu und zum Folgenden Calliess, NJW 1998, 929 (933 ff.); ders., JZ 1975, 112 (117); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 130 ff. A. A. BGHSt 23, 254 (256); 26, 104 (104); 33, 370 (373); 45, 363 (363).

II. Der Deliktscharakter der besonders schweren Fälle

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4. Kritische Würdigung und eigene Auffassung: Die funktionale Äquivalenz von Regelbeispielsnormen und Qualifikationstatbeständen Die Verfechter der Strafzumessungslösung beziehen sich bei ihrer Argumentation insbesondere auf die Indizwirkung der Regelbeispiele und die Möglichkeit ihrer Widerlegung.640 Dass die mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Fälle schon aufgrund ihres weder abschließenden noch zwingenden Charakters und der damit vermeintlich einhergehenden mangelnden Bestimmtheit der Rechtsfolgen- statt der Tatbestandsseite zugeordnet werden sollen, kann nicht überzeugen.641 Denn die Frage der dogmatischen Einordnung ist von der Prüfung der verfassungsrechtlichen Anforderungen unabhängig.642 Insbesondere wenn man – fälschlicherweise – an den Bestimmtheitsgrundsatz auf Rechtsfolgeseite geringere Anforderungen stellt643, leistet dieser Ansatz durch eine entsprechende Zuweisung der betreffenden Regelung einer missbräuchlichen Umgehung des Art. 103 Abs. 2 GG Vorschub.644 Eisele bemängelt zudem die zumeist nicht vorgenommene (ausreichende) Trennung zwischen den einzelnen Regelbeispielen und der Generalklausel des besonders schweren Falles.645 Denn es ist abhängig vom Standort – ausgehend von den Regelbeispielen oder den Generalklauseln –, ob man der Regelbeispielstechnik einen abschließenden oder zwingenden Charakter attestiert. Darüber hinaus ist es inkonsequent, wenn die Befürworter der Strafzumessungslösung im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des Allgemeinen Teils auf die – zuvor abgelehnte – Tatbestandsähnlichkeit der Regelbeispiele verweisen und selbst die – zuvor bestrittene – Wesensgleichheit zu den Qualifikationstatbeständen betonen.646 Auch das Argument, dass es für die Zuordnung zum Tatbestand einer neuen, eigenständigen 640 Zur folgenden Kritik an der Strafzumessungslösung ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 147 ff. 641 So auch Horn, Die besonders schweren Fälle, S. 112. 642 Neuhaus, DRiZ 1989, 95 (97). 643 So insbesondere Calliess, JZ 1975, 112 (115); ders., NJW 1998, 929 (934); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 111 f. 644 So auch Freund, ZStW 112 (2000), 665 (671). 645 Dazu Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 148 f., 164 ff. Die Generalklauseln seien durchaus zwingend und abschließend insofern, als bei Vorliegen eines besonders schweren Falls die Anwendung des Sonderstrafrahmens obligatorisch ist. Ebenso abschließend seien auch die Regelbeispiele selbst, deren Indizwirkung nur bei Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen greift. Dementgegen sei aber die sich anschließende Anwendung des Sonderstrafrahmens keinesfalls zwingend. Die Entscheidung, ob dieser trotz der Verwirklichung eines Regelbeispiels, etwa aufgrund atypischer Umstände, zur Anwendung gelangt, obliege dem Rechtsanwender. Ebenso wenig abschließend seien die Regelbeispiele mit Blick auf die Frage, ob der Sonderstrafrahmen auch außerhalb zur Anwendung gelangt, d.h. ein besonders schwerer Fall überhaupt vorliegt. 646 So etwa BGHSt 26, 167 (173); 33, 370 (373); BGH NStZ 2000, 473 (474); BayObLG JR 1999, 36 (37).

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

Rechtsgutsverletzung bedürfe, kann mit Blick auf anerkannte Qualifikationstatbestände entkräftet werden. Diese knüpfen einen erhöhten Strafrahmen an eine im Vergleich zum Grunddelikt höhere Tatschwere.647 Auch die historische Entwicklung spricht nicht für eine klare Einordnung der Regelbeispiele als bloße Strafzumessungsregeln. So werden die besonders schweren Fälle etwa im Entwurf von 1962 uneindeutig als Figur „zwischen dem Bereich der Strafbemessung und dem der tatbestandlichen Ausformung“ bezeichnet.648 Auch im Rahmen des 6. Strafrechtsreformgesetzes hat es der Gesetzgeber nicht für notwendig erachtet, den Begriff der besonders schweren Fälle überhaupt (weiter) zu konkretisieren,649 sodass sich eine eindeutige Zuordnung nicht aus historischen Erwägungen ergibt. Die Einordnung der besonders schweren Fälle als Mischform ist insofern nicht weiterführend, als weder deren Standort im Straftatsystem noch die (gegebenenfalls analoge) Anwendung bestimmter Vorschriften, etwa solcher des Allgemeinen Teils, geklärt sind.650 Die unhintergehbare Zweiteilung in Tatbestand und Rechtsfolgen wird zum einen durch die Abschnittsüberschriften des zweiten und dritten Abschnitts des StGB – „Die Tat“ und „Die Rechtsfolgen der Tat“ – bekräftigt.651 Sie spiegelt sich auch in strafprozessrechtlichen Regelungen wider wie z. B. § 263 StPO, die entweder an die Schuld oder die Rechtsfolgen, keinesfalls aber an eine weitere, dritte Kategorie anknüpfen.652 Die Tatbestandslösung ist lediglich im Hinblick auf Teile ihrer Argumentation zu kritisieren, im Ergebnis aber überzeugend.653 Dass die besonders schweren Fälle aufgrund eines vermeintlich historisch bedingten Konditionalprogramms der Tatbestandsseite zuzuordnen seien, kann in Anbetracht solcher Vorschriften nicht überzeugen, die dieser unhintergehbaren Deliktsstruktur (auch) nicht entsprechen.654 Mit Blick auf § 47, der allein die Rechtsfolgenseite regelt, verliert dieses Argument jedenfalls an Gewicht. So mag die Einteilung in „Wenn-Sätze“ und „Dann-Sätze“ für eine formale, nicht aber für eine inhaltliche Abgrenzung

647

Z. B. §§ 226, 239 Abs. 3 Nr. 1. Dazu Hirsch, in: FS Gössel, S. 287 (290). Begründung zu E 1968, Vor § 60, S. 180. 649 Siehe etwa den Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13 (9064), S. 15; Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13 (8587), S. 42, 46. 650 Zur folgenden Kritik an der Klassifizierung der besonders schweren Fälle als Mischform ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 163. Ebenfalls kritisch Braunsteffer, Regelbeispielstechnik, S. 30 f.; Wahle, Die Rechtsnatur der „besonders schweren Fälle“, S. 32. 651 Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 71 f. 652 Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 68 f.; Horn, Regelbeispiele, S. 25. 653 Zur folgenden Kritik an der Tatbestandslösung ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 157 ff. 654 Dazu Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 125 ff. 648

III. Gesetzlich bestimmte Strafrahmenschärfungen

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genügen.655 Des Weiteren ist eine Zuordnung zum Tatbestand lediglich anhand einer im Verhältnis zum Grunddelikt gesteigerten Qualität und deren Versagung bei „nur“ gesteigerter Quantität nicht überzeugend.656 Bei den beiden Begriffen gibt es jedenfalls Überschneidungen. Sowohl unter den Regelbeispielen als auch unter den Qualifikationsmerkmalen lassen sich quantitative ebenso wie qualitative Merkmale finden.657 Eine entsprechende Abgrenzung erscheint daher nicht angemessen. Dass Krahl die Regelungen der besonders schweren Fälle als systematisch unklare Regelungen mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG dem Tatbestand statt der Rechtsfolgenseite zuordnen möchte, liegt insbesondere darin begründet, dass er auf Seiten des Tatbestands erhöhte und auf Seiten der Rechtsfolgen geringere Anforderungen an das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit stellen will. Diese uneinheitliche Auslegung des Bestimmtheitsgebots ist allerdings nicht zuletzt deshalb strikt abzulehnen, weil mit ihr eine missbräuchliche Umgehung des Art. 103 Abs. 2 GG begünstigt wird.658 Besonders schwere Fälle sind Teile des Tatbestands. Nicht zuletzt aufgrund ihrer systematischen Äquivalenz zu den Qualifikationstatbeständen stehen einer grundsätzlichen Anwendbarkeit der Regelungen des Allgemeinen Teils keine ernsthaften Bedenken entgegen.659

III. Gesetzlich bestimmte Strafrahmenschärfungen – Die Vereinbarkeit der „besonders schweren Fälle“ mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz Der vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den Gesetzlichkeitsgrundsatz geforderte Ausgleich zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit660 kann nur durch eine sachgerechte Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgeber und Rechtsanwender gelingen.661 Denn dem Postulat der Individualisierung bei gleichzeitiger vollumfassender Bindung des Richters zu genügen, ist ein Un655

So auch Horn, Regelbeispiele, S. 111. Ebenso Braunsteffer, Regelbeispielstechnik, S. 24 f.; Kastenbauer, Die Regelbeispiele im Strafzumessungsvorgang, S. 153 f., 176. 657 Vgl. §§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Var. 1, 94 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 sowie §§ 239 Abs. 3 Nr. 1, 250. 658 So auch Freund, ZStW 112 (2000), 665 (671). Zum Gewährleistungsgehalt des Bestimmtheitsgrundsatzes bereits oben A. IV. 3. b). Zur Vereinbarkeit der Regelbeispielsmethode mit dem Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit unten C. III. 1. 659 Ausführlich zur Regelbeispielsmethode und der Anwendbarkeit der Regelungen des Allgemeinen Teils Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 283 ff. (Kap. F); im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Vorsatzes Kaulfuß, Die Regelbeispielstechnik, S. 161 f.; im Hinblick auf die Strafbarkeit des Versuchs Eckstein, JA 2001, 549 (552 ff.). Zu den Regelbeispielen im Strafprozess Reineke, Regelbeispiele im Strafprozeß, S. 31 ff. 660 BVerfGE 45, 135, 2. Leitsatz. 661 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 400. 656

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

terfangen, das zwangsläufig scheitern muss: Es führte zu der sachwidrigen Schaffung höchst umständlicher und viel zu starrer Kataloge statt zu sinnvollen Straftatbeständen.662 Nicht zuletzt aus Praktikabilitätserwägungen sowie in Anbetracht des Wandels der gesellschaftlichen Wertvorstellungen ist ein flexibles, arbeitsteiliges Vorgehen vorzugswürdig, wenn eine dem Einzelfall tatsächlich angemessene Rechtskonkretisierung stattfinden soll. Dabei fixiert der Gesetzgeber grundsätzliche Wertungen, die der Rechtsanwender im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit zu „detaillieren, entfalten und zu Ende zu denken“ beauftragt ist.663 Die Judikative übernimmt damit die Aufgabe, Gesetze zu konkretisieren. Mit der Wahrnehmung dieser Konkretisierungsaufgabe wirkt der Richter funktional nicht etwa nur wie ein mechanischer „verlängerter Arm“ des Gesetzgebers (ohne „Hirn“). Der Richter ist vielmehr mit dem Beauftragten vergleichbar, der mitzudenken hat und auch kreativ sein muss, um dem erteilten Auftrag gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund ist die Regelbeispielstechnik mit Blick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot und dem mit diesem eng verknüpften Analogieverbot zu überprüfen. 1. Bestimmtheitsgebot Die Vereinbarkeit der besonders schweren Fälle mit dem Bestimmtheitsgebot wird unter verschiedenen Gesichtspunkten kritisch betrachtet. Neben Bedenken zur hinreichenden gesetzlichen Bestimmtheit der Regelbeispiele selbst [a)] bestehen entsprechende Zweifel im Hinblick auf die mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Fälle [b)] sowie die nicht weiter erläuterten besonders schweren Fälle [c)]. a) Regelbeispiele Trotz der Verwirklichung eines Regelbeispiels kann der Richter von der Annahme eines besonders schweren Falls und der Anwendung des Sonderstrafrahmens absehen. Dass die Widerlegbarkeit der Indizwirkung zu Gunsten des Täters im Hinblick auf das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit keinen ernsthaften Bedenken ausgesetzt ist,664 bestätigen selbst Kritiker der Regelbeispielsmethode.665 Vielmehr plädieren auch diese für eine verfassungskonforme Auslegung der Regelbeispiele, der entsprechend eine Abweichung vom Sonderstrafrahmen möglich bleibt. Denn die „nur, aber nicht immer“-Formel trägt dem 662 Zum gesetzlichen Konkretisierungsauftrag Frisch, Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung, S. 135 ff. 663 Frisch, Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung, S. 135; Drost, Ermessen, S. 44. 664 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 397 ff.; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 7; Gribbohm, in: LK-StGB11, § 1 Rn. 58. 665 Calliess, JZ 1975, 112 (117); ders., NJW 1998, 930 (934 f.); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 162 f.

III. Gesetzlich bestimmte Strafrahmenschärfungen

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gesetzlichen Wortlaut eines bei formeller Verwirklichung eines Regelbeispiels (nur) in der Regel begangenen besonders schweren Falls hinreichend Rechnung. Mit Blick auf das Schuldprinzip und Erwägungen der Einzelfallgerechtigkeit lassen sich auch in anderen Bereichen Einschränkungen der Strafbarkeit finden. Anerkannt sind beispielsweise die analoge Anwendung von (etwa Rechtfertigungsbzw. Entschuldigungs-)Vorschriften666 zu Gunsten des Täters oder die Möglichkeit der teleologischen Reduktion.667 Verfassungsrechtliche Bedenken, die auf einer durch besonders schwere Fälle begründeten zu weiten Spanne entsprechender Strafrahmen beruhen, lassen sich mit Blick auf die Strafrahmen einiger Grunddelikte ausräumen, soweit man diese trotz ihrer erheblichen Weite mit der Rechtsprechung und großen Teilen der Literatur als hinreichend bestimmt anerkennt.668 Auch weit gespannte Strafrahmen sind nach zutreffender Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hinreichend bestimmt, wenn sich aus diesen das Mindestmaß einer Strafe ebenso wie eine Sanktionsobergrenze entnehmen lassen.669 Durch die Strafrahmenabschichtung der besonders schweren Fälle wird jedenfalls ein höheres Maß an gesetzlicher Bestimmtheit erreicht, als es durch schon von Vorherein weit gespannte Grundstrafrahmen der Fall ist.670 b) Mit Regelbeispielen exemplifizierte unbenannte besonders schwere Fälle Die sogenannten sonstigen besonders schweren Fälle sind im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz von Seiten der Literatur erheblicher Kritik ausgesetzt. Dies mag nicht zuletzt der Methode einer nicht sonderlich 666 Jescheck/Weigend, AT, § 15 III 2 d; Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 162 f.; Gribbohm, in: LK-StGB11, § 1 Rn. 77 jeweils m.w. N. 667 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 465 ff., Fn. 83; Eser/ Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 40. 668 Verfassungsrechtlich bedenklich erscheinen § 253 Abs. 1, 4 mit einer Strafrahmenspannweite – unter Einbeziehung des Grundstrafrahmens – von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren und die §§ 100a Abs. 1, 4, 332 Abs. 2, 335 Abs. 1 Nr. 2, die eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünfzehn Jahren umfassen. Im Gegensatz zu vergleichbar weit gefassten Strafrahmen bei Grunddelikten (z. B. §§ 177 Abs. 1, 249 Abs. 1) wird durch die Strafrahmenunterteilungen der besonders schweren Fälle ein noch höheres Maß an gesetzlicher Bestimmtheit erreicht. Dazu und zum Folgenden ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 401 ff. Zur untergeordneten Rolle der Strafrahmen für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung oben B. I. 2. a) bb) (2). 669 BVerfGE 105, 135 ff. Das Fehlen einer Höchstgrenze scheint nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts für die Unvereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz (mit-)entscheidend zu sein: (Auch) aus diesem Grund ist die Vermögensstrafe für unzulässig erklärt worden. Im Gegensatz dazu wird die mit einer Ober- und Untergrenze versehene, insgesamt aber weit gespannte Geldstrafe – fünf bis 3,6 Mio. Euro – noch als hinreichend bestimmt angesehen; vgl. BVerfGE 105, 135 (163). 670 Vgl. Arzt, JuS 1972, 515 (515 f.); Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S. 206 f.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

scharf umrissenen – dem Strafzumessungsvorgang vorgelagerten – Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrechtlich relevanten Umstände geschuldet sein, anhand deren ein sonstiger besonders schwerer Fall nach herkömmlicher Auffassung begründet werden soll.671 Gegen eine doppelte Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände werden verständliche Einwände, insbesondere die zu befürchtende Verwischung der Grenzen zwischen Strafrahmenwahl und Strafzumessung, laut.672 Entsprechende Bedenken zu der Frage der hinreichenden gesetzlichen Bestimmtheit der Generalklauseln erübrigen sich nach der hier vertretenen Konzeption mit Blick auf eine erhebliche Einschränkung der besonders schweren Fälle durch die Benennung trennscharfer Kriterien: Die für die Begründung eines sonstigen besonders schweren Falles allein relevanten Bestimmungskriterien ergeben sich – wie auch sonst – aus der Funktion des jeweiligen (rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten) Tatbestands selbst.673 Es bedarf lediglich einer Gewichtung des in Rede stehenden tatbestandlichen Fehlverhaltens nebst etwaigen Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertiger Tatumstände. Das Gewicht des Fehlverhaltens bemisst sich dabei unter anderem anhand der abstrakten Wertigkeit des tangierten Rechtsguts, des Gefährdungsgrads und möglichen Verletzungsausmaßes. Erheblich ist zudem, ob sich der Täter vorsätzlich oder fahrlässig verhalten oder eine besondere Pflichtenstellung inne hat. Den Fehlverhaltensfolgen kommt nach dem hier vorgestellten Konzept eine – relativ zum Verhalten des Täters – nach- und untergeordnete Rolle zu. Auch das Reaktionsbedürfnis und nach Möglichkeit die Strafwirkung auf den Täter entfalten strafzumessungsrechtliche Bedeutung. Präventive Aspekte sowie Erwägungen zu Gesinnungen oder zum Vorleben des Täters scheiden hingegen für die Bewertung nach zutreffender Auffassung aus. Eine weitere Konkretisierung findet im Wege der sogenannten Analogiewirkung674 durch die Regelbeispiele des betreffenden Tatbestands statt. Die benannten Beispiele präzisieren dabei die Generalklauseln mit Blick auf das Gewicht des gesteigerten Fehlverhaltens nebst dessen Folgen. Auch der Seitenblick auf außerhalb des betreffenden Tatbestands liegende Regelbeispiele oder Qualifika671 So etwa BGHSt 28, 318 (319); 29, 319 (322); BGH NStZ 1984, 27 (27 f.); 1988, 367 (367 f.); 1992, 229 (229 f.); Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 49 ff.; Gribbohm, in: LK-StGB11, Vor § 46 ff. Rn. 25; Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 11 f.; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 47 ff.; vgl. auch Fischer, StGB, § 46 Rn. 89. 672 Ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 207 ff. 673 Dazu auch Freund, GA 1999, 509 (537 f.). Ähnlich Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 400, 229 ff. Auf die enge Verknüpfung mit dem Grunddelikt stellen ab BVerfGE 45, 363 (372); Kindhäuser, in: FS Triffterer, S. 123 (126); ders., in: NK-StGB; § 243 Rn. 6; Hettinger, in: FS Paeffgen, S. 267 (275 f.). 674 Zur Vereinbarkeit der Regelbeispielstechnik mit dem Analogieverbot siehe unten C. III. 2.

III. Gesetzlich bestimmte Strafrahmenschärfungen

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tionstatbestände kann für die Bestimmung einer Strafschärfung in der Sache durchaus von Nutzen sein.675 Die dargestellte Konzeption führt zu einer erheblichen Einschränkung der besonders schweren Fälle. Mit der dadurch erreichten stärkeren Bindung des Rechtsanwenders wird insbesondere richterlicher Willkür entgegengewirkt.676 Zugleich ist die Entscheidung über die Anwendbarkeit des Sonderstrafrahmens auch auf dem Rechtsmittelweg einer besseren Kontrolle zugänglich,677 da der Richter im Rahmen der Regelbeispielskontrolle zu einer präzisen Argumentation angehalten ist.678 c) Nicht weiter erläuterte unbenannte besonders schwere Fälle (Generalklauseln) Auch die unbenannten besonders schweren Fälle, die nicht mit Regelbeispielen erläutert sind, lassen sich nach dem hier vertretenen Konzept deutlich präziser als im Wege einer konturenlosen Gesamtwürdigung konkretisieren.679 Zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Umstände gilt das Gesagte: Die für die Begründung eines sonstigen besonders schweren Falles allein relevanten Bestimmungskriterien ergeben sich – wie auch sonst – aus der Funktion des jeweiligen (rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten) Tatbestands selbst. Ein Verstoß gegen das Gebot hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit kann auch hier nicht festgestellt werden. Die Ermittlung eines sonstigen besonders schweren Falls ist ohne erläuternde Beispiele naturgemäß schwieriger. Ein Heranziehen sonstiger, außerhalb des Tatbestands geregelter erschwerender Gründe im Wege einer weiten Analogiewirkung ist möglich.680 Dennoch ist eine Aufzählung von konkretisierenden Beispielen allein der Klarstellung wegen zu befürworten. Eine Ausnahme stellt der besonders schwere Fall des Totschlages nach § 212 Abs. 2 dar.681 Hier übernehmen die Mordmerkmale die Funktion von Regelbei675

Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 11. Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 400 f. 677 BVerfGE 105, 135 (157); Stree, Deliktsfolgen und Grundgesetz, S. 24; Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 14, 29. 678 Insbesondere Hassemer, Einführung, S. 258 f.; Gropp, JuS 1999, 1041 (1048); BGH, Urteil v. 7.8.2001 – 1 StR 470/00 m. Anm. Sternberg-Lieben, JZ 2002, 514 (515). 679 Dazu Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 404; zustimmend Schmitz, in: MünchKommStGB, § 243 Rn. 7. 680 Kritisch Hettinger, in: FS Paeffgen, S. 267 (277 ff.). Dazu unten C. III. 2. 681 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 278, 23 ff. Zur Vereinbarkeit mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz BVerfG JR 1979, 28 m. Anm. Bruns, 28 ff.; Momsen, NStZ 1998, 487 ff.; ferner Köhne, Jura 2011, 741 (744); Stranga, RechtsTh 16 (1985), 466 (485 ff.). 676

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

spielen. Sie geben Anhaltspunkte dafür, welchen Unrechts- und Schuldgehalt der Gesetzgeber für die Anwendung der lebenslangen Freiheitsstrafe voraussetzt. Ein besonders schwerer Fall des Totschlags ist daher nur anzunehmen, wenn die Tat genauso schwer wiegt wie die eines Mörders. Die bloße Nähe der Tat zu den Mordmerkmalen kann durch das Hinzutreten zusätzlicher erschwerender Umstände ausgeglichen werden, die das „Minus“ gegenüber den Mordmerkmalen durch ein „Plus“ an Verwerflichkeit aufwiegen.682 2. Analogieverbot Die sogenannte Analogiewirkung basiert auf der Möglichkeit, einen besonders schweren Fall auch dann anzunehmen, wenn keines der im Gesetz genannten Regelbeispiele verwirklicht ist. Ein „sonstiger besonders schwerer Fall“ kommt in Betracht, wenn die betreffenden Umstände den Regelbeispielen ähnlich oder gleichartig sind oder im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt gleichwertig sind. Je nach dem wird von engerer oder weiterer Analogiewirkung gesprochen.683 Beide Methoden dienen nicht zuletzt auch dem Rechtsanwender bei der Erfüllung der verfahrensrechtlichen Begründungspflicht gem. § 267 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 StPO. Das grundsätzliche Verbot analoger Strafbegründung und -schärfung684 ist eng mit dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit verknüpft. Ein entsprechender Vorwurf unzulässiger Analogie wird von Teilen der Literatur gegenüber der Regelbeispielsmethode erhoben.685 Die „in der Regel“-Formel beziehe sich nicht auf die Einbeziehung weiterer unbenannter Fälle. Vielmehr sei die Regelung so zu verstehen, dass der Rechtsanwender einen besonders schweren Fall nur aber nicht immer bei Vorliegen eines Regelbeispiels annehmen muss. Eine über diese Auslegung hinausgehende Erweiterung durch die Anwendung des Sonderstrafrahmens bei sonstigen besonders schweren Fällen komme einem „Erfindungsrecht“ des Rechtsanwenders gleich und sei daher mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG unzulässig. Tatsächlich kann bei der Gesetzestechnik der mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Fälle von einer gesetzlich angeordneten und zugelassenen, sogenannten engen oder „innertatbestandlichen“ Analogie gesprochen

682 BVerfG JR 1979, 28; BGH NStZ 2001, 647 ff.; 1981, 258 ff.; Momsen, NStZ 1998, 487 (487 ff.). 683 Zur Unterscheidung zwischen enger und weiter Analogie mit entsprechenden Beispielen Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 202, 203 ff. Zu den Regelbeispielen als Maßstab für die Begründung eines besonders schweren Falles BGHSt 28, 318 (320). 684 BVerfGE 82, 1 (12). 685 Insbesondere Calliess, NJW 1998, 929 (935); Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 52, 62.

III. Gesetzlich bestimmte Strafrahmenschärfungen

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werden.686 Dabei ist nach dem hier vertretenen Konzept entscheidend, dass die Regelbeispiele die Voraussetzungen des als Tatbestandsmerkmal ausgestalteten, unbenannten besonders schweren Falles konkretisieren.687 Anstatt der einer unzulässigen Analogie typischerweise anhaftenden Erweiterung der Strafbarkeit in Form der Benennung irgendwelcher weiteren Merkmale688 wird im Fall der Regelbeispielstechnik ein vom Gesetzgeber normierter Teil des Tatbestandes durch die Angabe von Beispielen näher erläutert. Mit der Übertragung der ratio eines Beispiels auf einen ähnlichen Sachverhalt bewegt sich der Rechtsanwender noch innerhalb der ihm gegenüber vom Gesetzgeber vorgegebenen Regelungsanordnung.689 Auf ähnliche Weise ist das Tatbestandsmerkmal des „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs“ i. S. v. § 315b Abs. 1 Nr. 3 ausgestaltet, das durch die vorangehenden Beispiele (Nr. 1 und 2) präzisiert wird. Ebenso erläutert der Waffenbegriff das Vorliegen eines „anderen gefährlichen Werkzeugs“ i. S. v. § 224 Abs. 1 Nr. 2. Verbotene Analogie – und gleichzeitig ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz – ist dagegen gegeben, wenn der Rechtsanwender trotz des Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage die Erweiterung des Tatbestands durch die Einbeziehung ähnlicher Fälle durchführt. Ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung wäre die Annahme eines „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs“ oder eines „anderen gefährlichen Werkzeugs“ daher im Hinblick auf das Analogieverbot unzulässig. Zudem beschränkt sich die Indizwirkung auf die Regelbeispiele und wird nicht auf sonstige besonders schwere Fälle ausgedehnt.690 Die bloße Ähnlichkeit zu einem Regelbeispiel löst nicht zwangsläufig die Anwendung des strengeren Sonderstrafrahmens aus. Es obliegt vielmehr dem Rechtsanwender zu überprüfen, ob der Schweregehalt des in Rede stehenden unbenannten Merkmals mit dem eines benannten Regelbeispiels übereinstimmt (§ 267 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 StPO). Bei sogenannter weiter Analogie weist der zu beurteilende Sachverhalt keine unmittelbare Ähnlichkeit mit einem der bereits benannten Regelbeispiele auf; er kommt ihnen aber mit Blick auf deren Unrechtsgehalt gleich. Vordergründig scheint es an den für eine zugelassene Analogie erforderlichen Leitgedanken für die Annahme eines besonders schweren Falls zu mangeln. Die Prüfung, ob ein 686 Dazu und zum Folgenden überzeugend Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 405; ders., JA 2006, 309 (310 f.); zudem Krey, Studien zum Gesetzesvorbehalt, S. 237; Bindokat, JZ 1969, 541 (541 ff.); Jescheck/Weigend, AT, § 15 III 2a; Nolte, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 103 II, Rn. 147; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 29. 687 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 405. 688 Mit Bezug auf die Regelbeispielsmethode Gössel, in: FS Hirsch, S. 287 (292 f.). 689 Krey, Studien zum Gesetzesvorbehalt, S. 225; Wahle, Die Rechtsnatur der besonders schweren Fälle, S. 78 f.; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 9 Rn. 7. 690 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 204 ff., 405; Krey, Studien zum Gesetzesvorbehalt, S. 225; Rudolphi/Jäger, in: SK-StGB, 144. Lfg. August 2014, § 1 Rn. 26; Wahle, Die Rechtsnatur der besonders schweren Fälle, S. 78 f.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

sonstiger besonders schwerer Fall vorliegt, erfolgt nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur im Wege einer Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände.691 Für die Entscheidung der Frage, ob ein besonders schwerer Fall vorliegt, soll es darauf ankommen, „ob das gesamte Tatbild nach einer Gesamtwertung aller objektiven, subjektiven und die Persönlichkeit des Täters betreffenden Umstände, die der Tat selbst innewohnen oder die sonst im Zusammenhang mit ihr stehen, vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des höheren Strafrahmens geboten erscheint“.692 Eine Gesamtwürdigung anhand aller Strafzumessungselemente ist im Hinblick auf die hier vertretene Konzeption völlig ungeeignet.693 Tatsächlich sind nur solche Kriterien für die Entscheidung über den Sonderstrafrahmen relevant, die mit Blick auf die Legitimationsgründe der betreffenden Verhaltens- und Sanktionsnorm als sachlich berechtigt anzuerkennen sind.694 Unerheblich sind hingegen Umstände, die über die ratio der Strafschärfung hinaus oder an ihr vorbeigehen. Es obliegt dem Rechtsanwender, bei der Bestimmung der strafrahmenverschiebenden Umstände die gesetzgeberische Wertung zu „detaillieren, zu entfalten und zu Ende zu denken“.695 Dabei ist auch der Seitenblick auf außerhalb des betreffenden Tatbestands liegende Regelbeispiele oder Qualifikationstatbestände von Nutzen.696 Eine Gesamtwürdigung, die allein beim Strafzumessungsvorgang – und auch dort nur in engen Grenzen(!) – erfolgt, missachtet die vom Gesetzgeber auf den Rechtsanwender übertragene Teilaufgabe der Konkretisierung grundsätzlicher Wertungen. Diese grundsätzlichen Wertungen sind im Wege der ratio-konformen Ausgestaltung durch den Rechtsanwender auch bei Generalklauseln zulässig.697 Hier kann nichts anderes gelten als bei anderen konkretisierungsbedürftigen Tatbeständen: Erfolgt die Übertragung der gesetzgeberischen Konkretisierungsfunktion auf den Rechtsanwender auf der Basis einer Ermächtigungsgrundlage, die eine grundsätzliche Wertung fixiert, kann nicht von unzulässiger Analogie gesprochen werden, sofern der Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage nicht „gesprengt“ wird. 691 BGHSt 28, 318 (319); 39, 319 (322); BGH NStZ 1984, 27 ff.; 1988, 367 ff.; 1992, 229 f.; Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 50; Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 14; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 44 a, 44 c; Fischer, StGB, § 46 Rn. 89. 692 BGHSt 28, 318 (319). 693 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 207 ff., ders., JA 2006, 309 (311); kritisch zudem Matthies, Exemplifikationen und Regelbeispiele, S. 99 ff. 694 Zur ratio der Strafrahmenverschiebung am Beispiel des Rücktritts vom Versuch vgl. oben B. II. 2. b) aa) (3). 695 Frisch, Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung, S. 135. 696 Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 11. 697 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 210 ff.

IV. Fazit

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IV. Fazit – Bewertung der Regelbeispielsmethode und ihrer Alternativen Regelungen über besonders schwere Fälle sind Tatbestände. Dementsprechend besitzen ihre Kriterien den Charakter von Tatbestandsmerkmalen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie mit Regelbeispielen erläutert oder als Generalklauseln ausgestaltet sind. Schon ihre Formulierung innerhalb des konditionalen Deliktaufbaus als „Wenn-Sätze“ indiziert eine Einordnung auf der Seite der (Tatbestands-) Voraussetzungen. Hinzu tritt insbesondere die augenfällige Parallelität der besonders schweren Fälle zu den formal ähnlich ausgestalteten Qualifikationen698, die gleichermaßen ein in Relation zum Grunddelikt quantitativ bzw. qualitativ gravierenderes Unrecht ahnden. Der einzige signifikante Unterschied eines mit Regelbeispielen exemplifizierten besonders schweren Falls zu einer tatbestandlichen Qualifikation besteht in der Indizfunktion der Regelbeispiele. Die in diesem Zusammenhang von Kritikern vorgebrachten Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelbeispielstechnik mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz lösen sich mit Blick auf das vorgestellte Konzept auf: Die für die Begründung eines besonders schweren Falles allein relevanten Bestimmungskriterien ergeben sich – wie auch sonst – aus der Funktion des jeweiligen (rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten) Tatbestands selbst. Es bedarf lediglich einer Gewichtung des in Rede stehenden tatbestandlichen Fehlverhaltens nebst etwaigen Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertigen Tatumständen. Mit der Vorgabe bestimmter Wertungen durch den Gesetzgeber ist der Rechtsanwender in der Lage, diese auch im Interesse einer angemessenen Bewertung des Einzelfalls zu konkretisieren. Mit Blick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung als primäre Funktion des nullum crimen-Satzes wird der Richter gegenüber einer Gesamtwürdigung im Sinne der Strafzumessungslösung wesentlich stärker gebunden.699 Eine weitere Konkretisierung findet im Wege der sogenannten engeren und weiteren Analogiewirkung statt. Darüber hinaus wird auch die vermeintlich zwingende Wirkung der Qualifikationstatbestände deutlich relativiert – und zwar mit Blick auf gegebenenfalls geregelte minder schwere Fälle700 oder Notbehelfe wie ungeschriebene Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe, die analoge Anwendung von Strafmilde-

698 Eine Bewertung der Qualifikationstatbestände vor historischem Hintergrund gibt Matthies, Exemplifikationen und Regelbeispiele, S. 6 ff. 699 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 406. Eine Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanter Umstände ebenfalls ablehnend Kaulfuß, Die Regelbeispielstechnik, S. 158. 700 So bezieht sich die Regelung des minder schweren Falls in § 244 Abs. 3 insbesondere auf die Problematik des „gefährlichen Werkzeugs“ in Abs. 1 Nr. 1 a und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass auch das Beisichführen von Alltagsgegenständen als Verwirklichung der Qualifikation angesehen werden kann; vgl. BT-Drucks. 17/4143, S. 7; ausführlich Fischer, StGB, § 244 Rn. 52 f. mit berechtigter Kritik.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

rungs-, Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründen701 oder die teleologische Reduktion702 zu Gunsten des Täters.703 Die dargelegten Gemeinsamkeiten der besonders schweren Fälle mit den Qualifikationstatbeständen und die im Ergebnis geringen Unterschiede begründen eine funktionale Äquivalenz der beiden Regelungsinstitute. (Mit Regelbeispielen exemplifizierte) Besonders schwere Fälle und Qualifikationstatbestände sind funktional äquivalent. Indessen bleibt klärungsbedürftig, welche Gesetzgebungsmethode als vorzugswürdig erachtet werden kann. Zunächst sei angemerkt, dass die Leistungsfähigkeit beider Techniken unabhängig von ihrer tatsächlichen – zum Teil misslungenen – Umsetzung zu bewerten ist; denn diese sagt nicht zwangsläufig etwas über die Eignung des Grundkonzepts aus.704 Die gegen die Regelbeispielsmethode vorgebrachte Kritik, insbesondere bestehende Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG, konnten zwar ausgeräumt werden. Dies hilft aber über gewisse Schwachstellen dieser Regelungstechnik nicht hinweg. Zunächst ist zu bedenken, dass tatbestandliche Qualifikationen ohne Zweifel ein im Vergleich zu den besonders schweren Fällen erhöhtes Maß an Rechtssicherheit gewähren.705 Diese soll (auch zukünftig) insbesondere durch eine „sachgerechte“ Formulierung der einzelnen Merkmale erreicht werden und die Nutzung der offenen Regelbeispielsmethode in vielen706 – aber wohl nicht allen – Fällen entbehrlich machen.707 Etwaige Strafbarkeitslücken seien dem von Natur 701 Jescheck/Weigend, AT, § 15 III 2 d; Krahl, Tatbestand und Rechtsfolge, S. 162 f.; Gribbohm, in: LK-StGB11, § 1 Rn. 77 jeweils m.w. N. 702 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 465 ff., Fn. 83; Eser/ Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 40. 703 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 398 m.w. N. Ein solcher Notbehelf ist darüber hinaus auch in der im Rahmen des § 211 viel kritisierten sogenannten Rechtsfolgenlösung des Bundesgerichtshofes zu erblicken, die die Möglichkeit eines Abweichens von der ansonsten zwingend zu verhängenden lebenslangen Freiheitsstrafe bietet, BGHSt 30, 105 ff. Aus dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot soll sich die für den Fall eines Heimtücke-Mordes bei Vorliegen außergewöhnlicher mildernder Umstände (zwingende) Anwendung von § 49 ergeben; vgl. BVerfGE 45, 187 (267). 704 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 412. Vor diesem Hintergrund sind auch Strafschärfungsregelungen, die eine gewerbsmäßige Begehung in Rechnung stellen – etwa der Qualifikationstatbestand des § 260 Abs. 1 Nr. 1 oder der als Regelbespiel ausgestaltete gewerbsmäßige Diebstahl, § 243 Abs. 1 Nr. 3 –, unter dem Gesichtspunkt legitimierbarer Bestrafung problematisch; vgl. oben B. II. 2. a) cc) (2). 705 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 413 f., der für eine vorrangige Normierung von Qualifikationen plädiert. 706 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 413, führt den als Qualifikationstatbestand ausgestalteten § 243 a. F. als Beispiel für etwaige Friktionen an, die (allein) durch entsprechend präzisere Formulierungen behebbar gewesen sind. Eine Umwandlung in die Regelbeispielsmethode war demnach nicht erforderlich. 707 Angesichts der Mängel abschließender Qualifikationen wird eine „Regelung auf mittlerer Abstraktionshöhe“ von Verfassungs wegen für geboten gehalten, vgl. Vogel, Ju-

IV. Fazit

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aus fragmentarischen Charakter des Strafrechts geschuldet, dem entsprechend Strafbarkeitslücken bewusst in Kauf genommen sind. Diese seien der Preis für ein rechtsstaatliches Strafrecht. Dem ist entgegenzuhalten, dass der lückenhafte Charakter des Strafrechts nicht Selbstzweck ist. Vielmehr ist er die notwendige Konsequenz des Gesetzlichkeitsgrundsatzes. Aus diesem ergibt sich, dass nur solche Taten strafrechtlich erfasst werden können und sollen, deren Strafbarkeit gesetzlich bestimmt ist. Taten, deren Strafbarkeit nicht gesetzlich bestimmt ist, bilden diejenigen Fragmente, die nicht strafrechtlich erfasst werden können und sollen. Im Interesse eines umfassenden strafrechtlichen Schutzes liegen grundsätzlich solche Regelungskonzepte – wie etwa auch die Regelbeispielsmethode –, die möglichst wenige Fragmente erzeugen, deren Straflosigkeit sachwidrig ist. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang die staatlichen Schutzpflichten und das mit diesen eng verknüpfte Gebot der (Rechtssetzungs-)Gleichheit. Bei der Bewertung der Strafschärfungsvorschriften ist weiterhin der Umfang des mit der jeweiligen Methode erzielten Rechtsgüterschutzes in Rechnung zu stellen.708 Der Regelbeispielsmethode wird in dieser Hinsicht eine Schwäche attestiert, die darin bestehen soll, dass trotz des (formellen) Vorliegens des strafschärfenden Umstandes statt des Sonderstrafrahmens der Grundtatbestand zur Anwendung gelangen kann. Für die Wahl des Strafrahmens kommt es jedoch grundsätzlich nicht (allein) auf das (formelle) Vorliegen eines strafschärfenden Umstandes an, sondern auf dessen ratio-konforme Legitimation. Erfüllt der Täter mit seinem Verhalten trotz des (formellen) Vorliegens eines strafschärfenden Umstandes gerade nicht den von der ratio der betreffenden Vorschrift – im Verhältnis zum Grundtatbestand – erhöhten Unrechtsgehalt, lässt sich ausschließlich die Anwendung des Grundstrafrahmens legitimieren. Liegt dagegen ein Unrechtsgehalt vor, der die Anwendung des Sonderstrafrahmens legitimiert, ist diese zwingend. Auf diese Weise gelingt eine legitime und auch im Hinblick auf Rechtsgüterschutzaspekte umfassende Erfassung (gewichtigeren) normwidrigen Verhaltens. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Ergänzung der Qualifikationstatbestände um einen minder schweren Fall sinnvoll, auf den zurückgegriffen werden kann, wenn der Sonderstrafrahmen für im Einzelfall von der Vorschrift grundsätzlich erfasste Sachverhalte unangemessen hoch wäre.709

ristische Methodik, S. 205; ferner Hassemer, Einführung, S. 258 f.; Hill, Jura 1986, 57 (65). Für ein diesem Gedanken wohl weitgehend entsprechendes Modell der Normierung abschließender, aber nicht zwingender Strafschärfungsmerkmale spricht sich Hettinger, in: FS Paeffgen, S. 267 (289 ff.) aus. 708 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 414 f. 709 In diese Richtung Hirsch, ZStW 84 (1972), 380 (387 f.); a. A. Dreher, ZStW 77 (1965), 220 (226 ff.). Für eine Normierung von minder schweren Fällen als Ergänzung der Qualifikationstatbestände auch Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 415 f. mit Beispielen.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

Des Weiteren wird gegenwärtig das Vorliegen eines besonders schweren Falles grundsätzlich nicht in die Urteilsformel aufgenommen.710 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie Teile der Literatur stimmen darin überein, dass entsprechende Formulierungen im Tenor als nicht erforderlich zu streichen sind.711 Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht konsequent, dass (allein) im (besonders schweren) Fall des § 177 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 auf „Vergewaltigung“ erkannt wird.712 Dies gelte sowohl bei der Verwirklichung des Regelbeispiels, die die Anwendung des Sonderstrafrahmens nach sich zieht, als auch bei Widerlegung der Indizwirkung, an die sich die (bloße) Anwendung des Grundstrafrahmens anschließt.713 Die Aufnahme der als Regelbeispiel ausgestalteten Vergewaltigung in den Schuldspruch sei vor allem historischen Gründen geschuldet.714 Des Weiteren soll hier mit Blick auf § 260 Abs. 4 S. 2 StPO eine Ausnahme gelten, da die Vergewaltigung als Überschrift des § 177 in den Tenor mitaufzunehmen sei.715 Nicht überzeugend ist diese grundsätzliche Ablehnung der Nennung eines besonders schweren Falles im Schuldspruch aber schon mit Blick auf dessen konkrete Funktion: der für den Normbrüchigen und die Rechtsgesellschaft notwendigen Kennzeichnung des verwirklichten Fehlverhaltens.716 Sieht man von der Nennung eines (benannten oder unbenannten) besonders schweren Falls im Schuldspruch ab, wird darüber hinaus auch die mit diesem eng verknüpfte (erhöhte) Strafe sachwidrig entkoppelt. Denn diese wird erst durch den Zusammenhang mit dem speziellen Schuldspruch legitimiert. Obwohl sich die Aufnahme einer Qualifikation in den Urteilsspruch bei gleichzeitiger Ausklammerung der wesensgleichen besonders schweren Fälle nach dem Gesagten als kaum mehr haltbar erweist, ist darin ein im Ergebnis entscheidender Vorteil auf der Seite der Regelung als Qualifikationstatbestand zu erblicken.

710 Dazu und zum Folgenden auch kritisch Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 379 ff., 414; weiterhin kritisch auch Freund, GA 1999, 509 (512); Horn, in: SK-StGB, 35. Lfg. Januar 2001, § 46 Rn. 63, 84; in diese Richtung gehen auch Überlegungen des BGH (NJW 1998, 2987 [2988]). 711 BGHSt 23, 254 (256); 27, 287 (289 f.); BGH NStZ 1999, 205 (205); Granderath, MDR 1984, 988 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 260 Rn. 25. 712 BGH NStZ 1998, 510 (511); BGH NStZ-RR 1999, 78 (78); 2003, 306 (306). Zur fragwürdigen Unterscheidung des Schuldspruchs von der Fassung der Urteilsformel insbesondere Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 177 Rn. 23. 713 Dazu Pfister, NStZ-RR 1999, 353 (353 f.). 714 Die ursprünglich als Qualifikation ausgestaltete Vergewaltigung wurde erst durch das 33. StrÄndG vom 1. Juli 1997, BGBl. I 1997, S. 1607, zum Regelbeispiel. 715 BGH NStZ 1998, 510 (511). 716 Für eine Aufnahme der besonders schweren Fälle in den Schuldspruch auch Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 380 f. Ob etwa im Fall des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 auf „Einbruchsdiebstahl“ oder „besonders schweren Fall des Diebstahls“ erkannt wird, steht mit Blick auf § 260 Abs. 4 S. 5 StPO im Ermessen des Gerichts; vgl. auch Paeffgen, in: NK-StGB, § 113 Rn. 89.

IV. Fazit

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Ein weiterer Makel der Regelbeispielsmethode, der im Hinblick auf ein stimmiges Gesetzgebungskonzept nicht unbeachtet bleiben darf, ist in dem ihr – trotz ihrer Schwächen zu Unrecht – anhaftenden „schlechten Ruf“ zu erblicken, (vermeintlich) nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes zu genügen.717 Vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang insbesondere von Seiten der Literatur geäußerten harschen Kritik gegenüber dem Institut der besonders schweren Fälle erscheint es gegenwärtig nicht sinnvoll, den Fokus (allein) auf diese Regelungstechnik zu richten. Die ursprünglich als Vorteil zu Gunsten der Einzelfallgerechtigkeit empfundene Offenheit der Regelbeispielsmethode wird jedenfalls von einer beachtlichen Mehrheit des Schrifttums nicht mehr als solcher wahrgenommen. Vielmehr wird Offenheit in diesem Kontext mit nicht hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit gleichgesetzt. Dabei wird übersehen, dass jedenfalls eine gewisse Offenheit „nach unten“ auch bei den Qualifikationen praktiziert wird – etwa durch Notbehelfe wie ungeschriebene Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe, die analoge Anwendung von Strafmilderungs-, Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründen oder die teleologische Reduktion.718 Ungeachtet der verfassungsrechtlichen und strafrechtsdogmatischen Bedenken hat die Anhörung des Rechtsausschusses ergeben, dass die Regelbeispielsmethode in der Rechtspraxis vermehrt als nicht praktikabel angesehen wird.719 Dies sei vor allem den verfahrensrechtlichen Begründungspflichten aus § 267 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 StPO geschuldet. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass sie den Richtern regelrechte „Abwägungskaskaden“ aufbürde. Eine schließlich getroffene Entscheidung für oder wider das Vorliegen eines besonders schweren Falles fiele daher nicht selten der „Rechtsmittelträchtigkeit“ des Strafverfahrens zum Opfer. Der hohe Begründungsaufwand sowohl im erstinstanzlichen als auch im revisionsgerichtlichen Verfahren habe in der Praxis zu einer äußerst zurückhaltenden Anwendung der besonders schweren Fälle (insbesondere unbenannten) geführt. Der Rechtsausschuss sieht hier einen Vorteil in den abschließend gefassten Qualifikationstatbeständen, die ihrer Bestimmtheit wegen dem Rechtsanwender die Begründung und dem Normadressaten deren entsprechendes Verständnis erleichterten. Angesichts der Schwächen beider Methoden kann weder die Regelungstechnik der besonders schweren Fälle noch die der Qualifikationen als zukünftig leis717 Eine „ausgeprägte kritische Grundhaltung“ gegenüber der Verfassungsmäßigkeit der Regelbeispielstechnik bestätigt Matthies, Exemplifikationen und Regelbeispiele, S. 57; ein „erhebliches Grundmisstrauen“ attestiert Streng, in: FS Puppe, S. 1025 (1037). 718 Dazu bereits oben. 719 Dazu und zum folgenden Calliess, NJW 1998, 929 (930); Protokoll der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags, 88. Sitzung des Rechtsausschusses, 13. Wahlperiode, S. 4, 16, 21 f., 48, 55, 90, 120.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

tungsfähiges Konzept überzeugen. Dennoch sollten die Vorteile beider Institute bewahrt werden. Der Versuch einer (erneuten) Umsetzung der Vorteile bei gleichzeitigem Vermeiden der Nachteile beider Regelungstechniken soll im Folgenden mit der Entwicklung einer weiteren – dritten – Regelungsmethode de lege ferenda gewagt werden. Das Ziel ist die Schaffung eines synthetischen Modells ratio-gerechter Strafschärfungen.

V. Vorschläge de lege ferenda: Synthetisches Modell ratio-gerechter Strafschärfungsgründe Das de lege ferenda vorgeschlagene synthetische Modell ratio-gerechter Strafschärfungen soll zunächst an den geläufigen Strafschärfungsvorschriften im Besonderen Teil des Kernstrafrechts – den Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikten – demonstriert werden. Sodann werden die Unterschiede in Dogmatik und Praxis gegenüber den bisher gängigen Regelungsmethoden herausgearbeitet und einer kritischen, an den verfassungsrechtlichen Grundsätzen orientierten Prüfung unterzogen. 1. Vorschlag de lege ferenda: Körperverletzungsdelikte § 224 Schwere Köperverletzung (Neue Fassung)720 (1) In schweren Fällen wird die Körperverletzung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu acht Jahren bestraft. Ein solcher schwerer Fall liegt vor 1. wenn das Fehlverhalten in einer qualifizierten Form gegeben ist, insbesondere weil die Körperverletzung begangen wird a) von einem Täter, der eine verantwortliche Stellung, etwa die eines Amtsträgers, oder entsprechende Befugnisse missbraucht oder die Mithilfe einer solchen Person ausnutzt, die ihre Befugnisse oder ihre Stellung missbraucht, b) mit einem gefährlichen Tatwerkzeug oder Tatmittel, c) mittels eines hinterlistigen Überfalls, d) mit einem oder mehreren anderen Beteiligten gemeinschaftlich, sofern dadurch die Tat qualifiziert gefährlich ist, e) mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung oder 2. wenn das Fehlverhalten zu einer qualifizierten Folge führt, insbesondere weil die verletzte Person a) wichtige Geistes-, Sinnes- oder Körperfunktionen verliert b) wichtige Teile des Körpers verliert oder dauerhaft nicht nutzen kann oder c) dauerhaft erheblich entstellt ist. (2) Der Versuch ist strafbar. 720 Die vorgeschlagenen Strafrahmen sind nicht „unantastbar“, sondern als Diskussionsgrundlage zu verstehen; zu entscheiden hat letztlich der Gesetzgeber.

V. Vorschläge de lege ferenda

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(3) Führt qualifiziertes Fehlverhalten nach Absatz 1 Nummer 1 zu einer qualifizierten Folge nach Absatz 1 Nummer 2, so wird diese besonders schwere Körperverletzung mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. § 226 Schwere Körperverletzung (Neue Fassung) (weggefallen)

2. Vorschlag de lege ferenda: Diebstahlsdelikte § 243 Schwerer Diebstahl (Neue Fassung)721 (1) In schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu acht Jahren bestraft. Ein solcher schwerer Fall liegt vor 1. wenn das Fehlverhalten in einer qualifizierten Form gegeben ist, insbesondere weil der Täter a) eine verantwortliche Stellung, etwa die eines Amtsträgers, oder entsprechende Befugnisse missbraucht oder die Mithilfe einer solchen Person ausnutzt, die ihre Befugnisse oder ihre Stellung missbraucht, b) stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt, c) den Diebstahl mit einem gefährlichen Tatwerkzeug oder Tatmittel begeht, d) den Diebstahl mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht, sofern dadurch die Tat qualifiziert gefährlich ist, d) eine Sache unter Verletzung des Schutzbereichs einer Wohnung oder eines umschlossenen Raumes oder durch Überwindung einer besonderen Schutzvorrichtung stiehlt oder 2. wenn das Fehlverhalten zu einer qualifizierten Folge führt, insbesondere weil der Täter a) eine Sache von bedeutendem Wert, b) besonderer Schutzwürdigkeit oder c) eine solche, deren Besitz oder Erwerb rechtswidrig ist, stiehlt. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Führt qualifiziertes Fehlverhalten nach Absatz 1 Nummer 1 zu einer qualifizierten Folge nach Absatz 1 Nummer 2, so wird dieser besonders schwere Diebstahl mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl (Neue Fassung) (weggefallen) § 244a Schwerer Bandendiebstahl (Neue Fassung) (weggefallen) 721 Die vorgeschlagenen Strafrahmen sind nicht „unantastbar“, sondern als Diskussionsgrundlage zu verstehen; zu entscheiden hat letztlich der Gesetzgeber.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

3. Bewertung der Vorschläge de lege ferenda: Die Vorzüge des synthetischen Modells ratio-gerechter Strafschärfungen Die neuartige Regelungstechnik ist eine gleichsam dialektisch gewonnene Synthese aus der – relativ rechtssicheren, aber viel zu starren – traditionellen Technik der Normierung von Qualifikationstatbeständen und der – flexiblen und daher gerechte Einzelfallergebnisse ermöglichenden – Technik der Normierung von Regelbeispielsnormen. Sie ist das Ergebnis einer praktischen Konkordanz zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit. Die jeweiligen Vorteile der bisherigen Regelungsmodelle werden bewahrt und die Nachteile vermieden. a) Allgemeines Die vorgeschlagene Regelungstechnik einer ratio-gerechten Strafzumessung setzt an der Stelle an, auf die es für eine den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechende, legitime Strafgesetzgebung tatsächlich ankommt. Nach der dargelegten Konzeption ergeben sich die für die Begründung eines ggf. strafschärfenden Umstandes allein relevanten Bewertungskriterien aus der Funktion des jeweiligen – rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten – (Grund-)Tatbestands selbst. Es bedarf lediglich einer Gewichtung des in Rede stehenden tatbestandlichen Fehlverhaltens nebst etwaiger Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertiger Tatumstände. Daher knüpfen die vorgestellten Vorschriften – § 224 und § 243 n. F. – allein an das Gewicht des Fehlverhaltens und der darauf gegebenenfalls beruhenden Folgen an. Das Regelungsmodell ratio-gerechter Strafschärfungen unterliegt einer einheitlichen Struktur. Im ersten Absatz ist eine erste Strafrahmenverschiebung für die Fälle – jeweils nummerisch getrennt – geregelt, in denen entweder das Fehlverhalten (Nr. 1) oder entsprechende Fehlverhaltensfolgen (Nr. 2) als qualifiziert zu betrachten sind. Vor diesem Hintergrund ist eine Strafrahmenerhöhung nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 243 Abs. 1 Nr. 1 n. F. legitim, wenn ein Fehlverhalten – aufgrund einer ihm anhaftenden gesteigerten Gefährlichkeit oder einer besonderen Pflichtenstellung – ein Gewicht erreicht, das der ratio der Strafschärfung entspricht. Entsprechendes gilt nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 243 Abs. 1 Nr. 2 n. F., wenn eine auf vorangegangenem Fehlverhalten beruhende Fehlverhaltensfolge ein der ratio der Strafschärfung genügendes Gewicht erreicht. Eine sachgerechte Präzisierung wird dahingehend vorgenommen, dass die Umstände, die entweder ein qualifiziertes Fehlverhalten oder eine entsprechend qualifizierte Folge ausmachen, in der jeweiligen Strafschärfungsvorschrift beispielhaft aufgezählt sind. Hierbei wird eine sachgerechte und hinreichend präzise Fassung der Merkmale angestrebt. Ein qualifiziertes Fehlverhalten liegt dabei sowohl nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 b n. F. als auch nach § 243 Abs. 1 Nr. 1 c n. F. insbesondere vor, wenn die Körperverletzung bzw. der Diebstahl begangen wird mit

V. Vorschläge de lege ferenda

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einem gefährlichen Tatwerkzeug oder Tatmittel. Eine auf vorangegangenem Fehlverhalten beruhende qualifizierte Folge liegt nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 a n. F. insbesondere vor, wenn die verletzte Person wichtige Geistes-, Sinnes- oder Körperfunktionen verliert. Nach § 243 Abs. 1 Nr. 2 a n. F. liegt eine auf vorangegangenem Fehlverhalten beruhende qualifizierte Folge etwa vor, wenn der Täter eine Sache von bedeutendem Wert stiehlt. Mit der vorgeschlagenen Regelungstechnik einer ratio-gerechten Strafschärfung werden zunächst die die Strafschärfung legitimierenden Merkmale als das tatbestandsspezifische Fehlverhalten und dessen Folgen eindeutig benannt. Die anschließende Aufzählung der im Hinblick auf die ratio eindeutig qualifizierenden Umstände dient einer weiteren Konkretisierung und Verdeutlichung. Der Tatbestand ist insoweit „offen“ ausgestaltet, als er die – nicht aufgezählten – (Ausnahme-)Fälle zwingend erfasst, deren Gewicht einem erhöhten Fehlverhalten oder entsprechenden Folgen entspricht. Demgegenüber sind Fälle, deren Gewicht bei ratio-gerechter Bewertung einem erhöhten Fehlverhalten oder entsprechenden Folgen nicht entspricht, schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ausgenommen. Es bleibt bei der Verwirklichung des Grunddelikts und der Ahndung nach dem entsprechenden Grundstrafrahmen. Im Abs. 2 der Vorschriften ist jeweils die Strafbarkeit des Versuchs geregelt. Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 ist insofern anzupassen, als die Regelung zu den besonders schweren Fällen entfällt.722 Eine Besonderheit gegenüber den gegenwärtigen Regelungsmodellen ergibt sich in Abs. 3 der jeweiligen Vorschriften, der im Fall des kombinierten, d.h. gleichzeitigen Vorliegens eines qualifiziert gefährlichen Fehlverhaltens und einer qualifizierten Folge eine weitere Strafrahmenerhöhung normiert. Aufgrund des stark erhöhten Unrechtsgehalts in einem solchen Fall ist die Strafandrohung mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr entsprechend hoch gewählt. b) Bewertung Dass die vorgestellte Regelungstechnik einer ratio-gerechten Strafschärfung allein an das Gewicht des verwirklichten Fehlverhaltens nebst Folgen anknüpft, löst die Friktionen, die im Rahmen der gegenwärtig verwendeten Regelungsinstitute der besonders schweren Fälle und der Qualifikationstatbestände auftreten. Insbesondere die den besonders schweren Fällen anhaftenden Bedenken im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG werden mit dem vorgestellten Regelungsmodell einer ratio-gerechten Strafschärfung beseitigt. Denn die 722 Ein gänzliches Entfallen der Vorschrift des § 12 Abs. 3 wäre möglich, wenn auch die Regelungen zu den minder schweren Fällen dem vorgeschlagenen Konzept einer ratio-gerechten Strafänderung unterworfen würden. Dazu unten D. II. 3.

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C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

die Strafschärfung legitimierenden Tatbestandsmerkmale werden im Rahmen dieses Instituts durch ihre explizite Nennung als qualifiziert gefährliches Fehlverhalten und qualifizierte Folgen eindeutig bestimmt. Dass beide Tatbestandsmerkmale im Weiteren konkretisierungsbedürftig sind, insbesondere durch eine Aufzählung qualifizierender Merkmale, begründet keinerlei Zweifel an ihrer Übereinstimmung mit dem Bestimmtheitsgebot. Denn die konkrete Gewichtung von Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen ist abhängig von trennscharfen Kriterien, die sich bereits aus dem – rechtswidrig und hinreichend schuldhaft verwirklichten – Tatbestand selbst ergeben. Maßgeblich sind dabei im Hinblick auf das Fehlverhalten die abstrakte Wertigkeit der tangierten Rechtsgüter, der Gefährdungsgrad, das (mögliche) Verletzungsausmaß sowie eine etwa in Betracht kommende besondere Pflichtenstellung des Täters. Die Fehlverhaltensfolgen bzw. gleichwertigen Gegebenheiten sind entsprechend ihrer Relation zum Fehlverhalten zu gewichten. Vor diesem Hintergrund bedarf es – anders als bei der Regelbeispielsmethode (gefordert) – nicht der Nennung einer bestimmten, hinreichenden Anzahl qualifizierender Merkmale. Denn diese dienen ausschließlich der weiteren, d.h. über die zwingend erforderliche hinausgehenden Konkretisierung des Fehlverhaltens nebst dessen Folgen.723 Die qualifizierenden Merkmale erheben dabei den Anspruch, die ratio der Vorschrift anhand von sachgerecht ausgewählten Beispielen noch einmal zu verdeutlichen.724 Wann etwa ein qualifiziertes Fehlverhalten durch Tatbegehung mittels eines gefährlichen Tatwerkzeugs oder -mittels i. S. v. § 224 Abs. 1 Nr. 1 a n. F. gegeben ist, bedarf der – dem Strafzumessungsvorgang immer anhaftenden – Wertung des Rechtsanwenders. Diese nimmt Bezug auf die vom Gesetzgeber vorgegebene Zwecksetzung der betreffenden Vorschrift.725 Mit dem Grundsatz hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit vereinbar ist vor diesem Hintergrund auch die der vorgestellten Regelungstechnik einer ratio-gerechten Strafschärfung innewohnende Flexibilität, auf die sich die Einführung der besonders schweren Fälle neben den zu starren Qualifikationstatbeständen ursprünglich gegründet hatte. Dank der Offenheit der entwickelten Regelungsmethode werden – nicht speziell aufgezählte – (Ausnahme-)Fälle zwingend erfasst, deren Gewicht einem erhöhten Fehlverhalten oder entsprechenden Folgen entspricht. Dadurch ist es möglich, dass auch Momente, die zwar selten sind und nur eine geringe praktische 723 Im Hinblick auf die Regelbeispielsmethode Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 421 f. Eine Überlappung von Rechtsgüterschutzinteressen, die etwa von Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 423 ff., bei der Regelbeispielstechnik kritisiert wird, besteht nicht. Denn ob ein Fehlverhalten nebst Folgen vorliegt, wird immer anhand der ratio der betreffenden Vorschrift geprüft. 724 Kritisch im Hinblick auf die Regelbeispieltechnik mit Beispielen Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 425 ff. 725 Mit Blick auf die Regelbeispiele Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 420 f.

V. Vorschläge de lege ferenda

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Relevanz haben, aber gleichwohl eine Strafschärfung legitimieren, strafrechtlich erfassbar bleiben. Der gegenüber den Qualifikationstatbeständen erhobene Vorwurf, dass ihre Starrheit einen sachlich angemessenen strafrechtlichen Schutz nicht gewähren kann, wird durch die vorgestellte Regelungsmethode vermieden. Auch sind solche Fälle schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ausgenommen, bei denen eine ratio-gerechte Bewertung ergibt, dass ihr Gewicht einem erhöhten Fehlverhalten oder entsprechenden Folgen nicht entspricht. Mit der vorgestellten Regelungsmethode wird eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage zum Einsatz von Strafe geschaffen, die mit Blick auf die ratio des betreffenden Tatbestandes durch den Rechtsanwender zu konkretisieren ist. Auf diese Weise wird eine optimale Balance zwischen dem Grundsatz hinreichender gesetzlicher Bestimmtheit und dem Gebot der Einzelfallgerechtigkeit erzielt. Ein weiterer Vorteil des Regelungsmodells ratio-gerechter Strafschärfungen ist in der unmittelbaren Anwendbarkeit der Vorschriften des Allgemeinen Teils zu erblicken.726 Ihre eindeutige Einordnung als Tatbestände lässt keinen Zweifel daran, dass insbesondere die Vorschriften zum Versuch und zur Beteiligung direkt anwendbar sind. Entsprechende Unsicherheiten, die es gegenwärtig mit Blick auf die Regelbeispielstechnik gibt, fallen weg. Die im Zusammenhang mit der Versuchsstrafbarkeit auftretende Frage der Einordnung des Regelungsmodells als Vergehen oder Verbrechen erfolgt anhand der allgemeinen Regeln. Die Regelung des § 12 Abs. 3, nach der Schärfungen (und Milderungen) für diese Einordnung unberührt bleiben, kann insoweit entfallen. Die für die besonders schweren Fälle zu beachtende prozessuale Begründungspflicht im Strafurteil aus § 267 Abs. 3 S. 3 StPO kann bei Einführung der vorgestellten Regelungstechnik ratio-gerechter Strafschärfungen ebenfalls entfallen. Da es hier für die Annahme einer Strafschärfung allein auf die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Fehlverhaltens nebst Folgen ankommt, genügt nach § 267 Abs. 1 StPO die Angabe der als erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale gefunden werden. Dadurch ist eine hinreichende Überprüfbarkeit durch das Rechtsmittelgericht, hier insbesondere in Bezug auf die die Tatbestandsmerkmale begründenden Umstände, sichergestellt. Der mit der Regelung des § 267 Abs. 3 S. 3 StPO einhergehende, insbesondere von Praktikern kritisierte Begründungsaufwand, der „voller Tücken steckt“,727 wird auf diese Weise vermieden. Dies gilt insbesondere für die Abwägung, die insbesondere bei Vorliegen eines sonstigen besonders schweren Falls erforderlich ist und her-

726 Zur Anwendbarkeit der Vorschriften des Allgemeinen Teils bei den besonders schweren Fällen ausführlich Eisele, Regelbeispielsmethode, Kap. F; zur Versuchsrelevanz von Regelbeispielen Streng, in: FS Puppe, S. 1025 (1029 ff.). 727 Protokoll der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags, 88. Sitzung des Rechtsausschusses, 13. Wahlperiode, S. 16.

164

C. Die Bestimmung von Strafschärfungen im Kernstrafrecht

kömmlich anhand aller strafzumessungsrechtlich relevanten Umstände erfolgt. Eine entsprechend mühsame Urteilsbegründung schreckt so manchen überlasteten Praktiker ab. Die flexible Lösung einer ratio-gerechten Strafschärfung ermöglicht eine dahingehend praktikable und zweckmäßige Vereinfachung. Anders als bei den besonders schweren Fällen ist das Vorliegen von qualifiziertem Fehlverhalten nebst Folgen als schwere Tatbegehung, deliktsbedingt etwa als „Schwere Körperverletzung“ oder „Schwerer Diebstahl“, in den Schuldspruch aufzunehmen. Nur auf diese Weise kann eine präzise Kennzeichnung der verwirklichten Straftat mit der entsprechend verdienten Strafe erreicht werden. Bei ratio-gerechten Strafschärfungen ist – wie auch sonst – im Rahmen der Strafzumessung das unterschiedliche Gewicht von Fehlverhalten und den entsprechenden Fehlverhaltensfolgen zu berücksichtigen.728 Ein – wie hier – einheitlich gewählter Strafrahmen steht dazu nicht im Widerspruch.729 Das höhere Gewicht des Fehlverhaltens in Relation zu den entsprechenden Fehlverhaltensfolgen ist bei der konkreten Rechtsfolgenbestimmung entsprechend – etwa i. H. v. 3:1 bzw. 4:1 – zu veranschlagen. Eine Besonderheit ergibt sich mit Blick auf den dritten Absatz der jeweiligen Vorschrift, vgl. § 224 Abs. 3 und § 243 Abs. 3 n. F. Dieser regelt eine weitere Strafrahmenverschiebung für Fälle, in denen qualifiziert gefährliches Fehlverhalten auch zu einer qualifizierten Folge führt. Sowohl das Fehlverhalten als auch die Fehlverhaltensfolgen sind qualifiziert und ergeben bereits jeweils für sich eine Steigerung des entsprechenden Unrechts. Die angedrohte Mindeststrafe beläuft sich hier daher auf ein Jahr Freiheitsstrafe und legitimiert sich aufgrund des durch ein Nebeneinander von qualifiziertem Fehlverhalten und qualifizierter Folgen erheblich erhöhten Unrechtsgehalts.

728

Dazu bereits oben B. II. 2. b) aa) (2). Zu der bloß untergeordneten Relevanz der Strafrahmen für die konkrete Rechtsfolgenbestimmung bereits oben B. I. 2. a) bb) (2). 729

D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen im Allgemeinen Teil und Ausblick Das Modell einer ratio-gerechten Strafschärfung hat sich als dogmatisch überlegenes und zugleich praxistaugliches Regelungsinstitut erwiesen. Es bewahrt die Vorteile der gegenwärtigen Regelungsmethoden, aber vermeidet deren Defizite. Mit dem Modell einer ratio-gerechten Strafschärfung gelingt der „goldene Mittelweg“ zwischen der – relativ rechtssicheren, aber viel zu starren – traditionellen Technik der Normierung von Qualifikationstatbeständen und der – flexiblen und daher gerechte Einzelfallergebnisse ermöglichenden – Technik der Normierung von Regelbeispielsnormen. Das Modell einer ratio-gerechten Strafschärfung steht im Einklang mit den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz i. S. d. Art. 103 Abs. 2 GG, insbesondere mit dem Bestimmtheitsgebot, bestehen nicht. Dank der offen ausgestalteten Struktur gewährt die Regelungsmethode einer ratio-gerechten Strafschärfung einen umfassenden Schutz, der den staatlichen (Rechtsgüter-) Schutzpflichten vollumfänglich Rechnung trägt. Es genügt insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG; denn nach der vorgestellten Konzeption einer ratio-orientierten Strafrahmenschärfung werden nach ihrem Unwertgehalt im Wesentlichen gleiche Fälle gleichermaßen erfasst und gleich entschieden. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden eine mögliche Weiterentwicklung des Regelungsmodells einer ratio-gerechten Strafschärfung aufgezeigt.

I. Das Modell ratio-gerechter Strafschärfung als Regelung im Allgemeinen Teil Statt deliktsgebundener Regelungen im Besonderen Teil sollen im Folgenden die Vorteile des vorgestellten Modells für eine Strafschärfungsvorschrift im Allgemeinen Teil fruchtbar gemacht werden. Eine „vor die Klammer gezogene“ allgemeine Regelung eröffnet die Möglichkeit einer ratio-gerechten Strafschärfung für alle Tatbestände – statt bisher nur für einen begrenzten Teil. Auf diese Weise wird die Gesetzessystematik der Strafschärfungen sowie deren Anwendung erheblich vereinfacht. Darüber hinaus gewährt eine allgemeine Vorschrift einen umfassenderen als den bisherigen Strafschutz. Die nachfolgend konzipierte Weiterentwicklung basiert im Wesentlichen auf dem bereits vorgestellten Modell einer ratio-gerechten Strafschärfung.730 Eine 730

Dazu bereits oben C. V. 3.

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D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen

allgemeine Regelung zur Strafschärfung soll nunmehr die bisherigen im Besonderen Teil ersetzen. 1. Allgemeines Schon bisher gab es Bestrebungen, statt der Normierung von Strafschärfungsvorschriften im Besonderen Teil eine allgemeine Regelung – ähnlich der Vorschrift des § 49 für besondere gesetzliche Milderungsgründe – einzuführen.731 Dieser Gedanke wird insbesondere in Zusammenhang mit einer Harmonisierung der Strafrahmen vorgebracht. Indessen spielen die Strafrahmen nach der hier vorgestellten Konzeption nur eine untergeordnete Rolle. Dementsprechend verbirgt sich unter dem Deckmantel des stetigen Wunsches nach einer Strafrahmenharmonisierung nicht selten der nach einer Umstrukturierung der Wertigkeit geschützter Rechtsgüter und ihrer Kriterien.732 Anlässlich der ursprünglich beabsichtigten Strafrahmenharmonisierungen im Rahmen des 6. Strafrechtsreformgesetzes schlug Schäfer in der Anhörung des Rechtsausschusses eine Vorschrift im Allgemeinen Teil des StGB vor, die die besonders schweren (und minder schweren) Fälle neu definieren sollte.733 Die zur Einführung vorgeschlagene Vorschrift des § 49a n. F.734 beinhaltet – als Grundidee überzeugend – eine allgemeine, d.h. vor die Klammer gezogene Strafrahmenverschiebung für minder und besonders schwere Fälle. Unter Abwägung aller für die Strafzumessung erheblichen Umstände liege nach der vorgeschlagenen neuen Fassung des § 49a Abs. 1 ein minder schwerer Fall vor, wenn die strafmildernden Gesichtspunkte stark überwiegen; ein besonders schwerer Fall dagegen, wenn die straferschwerenden Umstände stark überwiegen. In den Abs. 2 und 3 sind entsprechende Strafrahmenverschiebungen geregelt. Allerdings kann das angestrebte Ziel, neben einer „gerechteren Strafandrohung auch die Rechtsanwendung zu erleichtern“ 735, mit dem vorgestellten Gesetzesvorschlag nicht erreicht werden. Er lässt insbesondere diejenigen trennscharfen Kriterien vermissen, anhand deren sich eine Strafrahmenverschiebung tatsächlich legitimieren ließe. Es bleibt unklar, welches Gewicht den bei den einzelnen Tat731 Dazu und zum Folgenden Götting, NStZ 1998, 542 (547); dazu Kreß, GA 2001, 90 (92); für minder schwere Fälle Goydke, in: FS Odersky, S. 371 (382 ff.). 732 So auch Götting, NStZ 1998, 542 (546). Zu den maßgeblichen Kriterien bereits oben B. II. 2. 733 Protokoll der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags, 88. Sitzung des Rechtsausschusses, 13. Wahlperiode, S. 18 sowie schriftliche Stellungnahme von Schäfer, S. 36 (37 f.). Dazu Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 434 f. 734 Protokoll der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags, 88. Sitzung des Rechtsausschusses, 13. Wahlperiode, S. 18 sowie schriftliche Stellungnahme von Schäfer, S. 36 (38). 735 Protokoll der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags, 88. Sitzung des Rechtsausschusses, 13. Wahlperiode, S. 18 sowie schriftliche Stellungnahme von Schäfer, S. 36 (36).

I. Ratio-gerechte Strafschärfung als Regelung im Allgemeinen Teil

167

beständen im Besonderen Teil normierten Regelbeispielen zukommen soll und in welchem Verhältnis diese dann zu der Regelung des Allgemeinen Teils stehen.736 Wann ein „starkes Überwiegen“ der straferschwerenden bzw. strafmildernden Umstände vorliegt, geht weder aus dem Gesetzesvorschlag hervor noch ließe es sich durch Auslegung ermitteln. Vielmehr wird vorausgesetzt, dass bereits bekannt ist, welche Wertigkeit bestimmte Umstände haben. Die dafür relevanten Leitgesichtspunkte werden dabei überhaupt nicht erwähnt.737 Vor diesem Hintergrund wäre eine Regelung im Allgemeinen Teil lediglich dann denkbar, wenn die Strafänderungsgründe auch dort zwar in allgemeiner, aber dennoch möglichst präziser – also die ratio zum Ausdruck bringender – Form normiert wären. Freilich bestehen in der Literatur auch gegen eine solche allgemeine Strafänderungsnorm Bedenken:738 Diese bestehen insbesondere darin, dass sich kaum strafschärfende Merkmale benennen ließen, die auf alle Delikte des Besonderen Teils zugeschnitten seien. So sei das Verwenden oder Beisichführen einer Waffe ein geeignetes strafschärfendes Merkmal für Raub- und Diebstahlsdelikte. Es entfalte aber etwa keinerlei strafschärfende Wirkung im Hinblick auf die Straßenverkehrsgefährdung.739 Daraus folge, dass die sachgerechte Auswahl strafschärfender bzw. strafändernder Kriterien entscheidend von der Ausgestaltung des Grundtatbestands und dem entsprechend geschützten Rechtsgut abhänge.740 Zur Vermeidung entsprechender Friktionen sei dementsprechend eine – der Regelbeispielsmethode ähnliche – fakultative Regelung vonnöten, die allerdings nichts zur Verbesserung der Rechtssicherheit beitragen könne. Mit Blick auf die hier zu Grunde gelegte Konzeption ratio-gerechter Strafschärfungsgründe können die dargestellten Bedenken gegen eine entsprechende Regelung im Allgemeinen Teil ausgeräumt werden. Die von den Kritikern vorgebrachten Einwände gegen einen abstrakten Zuschnitt allgemeiner Kriterien gehen bei einer sachgerechten – also ratio-orientierten – Fassung vollkommen ins Leere. Beispielhaft mit Blick auf § 315c: Wenn der Führer eines Fahrzeugs infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, dieses sicher zu führen, kann die Tatsache, dass er auch noch eine Waffe dabei hat, mit Blick auf die ratio des § 315c selbstverständlich nicht zu einer Strafschärfung führen. Eine entsprechende ratio-gerechte Strafschärfungsregelung im Allgemeinen Teil lässt die strengere Bestrafung nicht bereits dann eingreifen, wenn der Täter bei einer

736 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 434 f., der insbesondere der vorgestellten Regelung der besonders schweren Fälle kritisch gegenüber steht. 737 Zu den maßgeblichen Kriterien bereits oben B. II. 2. 738 Dazu und zum Folgenden Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 435 ff.; Dreher, ZStW 77 (1965), 220 (226 f., 238). 739 Dreher, ZStW 77 (1965), 220 (227). 740 Mit entsprechenden Beispielen Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 436 mit Fn. 159.

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D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen

Tat eine Waffe bei sich führt, sondern nur dann, wenn dadurch auch ein tatbestandsspezifisch gesteigerter Verhaltens- oder Erfolgsunwert verwirklicht wird. In anderen Fällen hingegen wird durch eine allgemeine Regelung ein über den gegenwärtigen Schutz hinausgehender gewährleistet. Nötigt etwa ein Täter sein Opfer durch Todesdrohung unter (zusätzlicher) Vorhaltung einer Waffe, so ist eine in diesem Sinne erfolgte Verwendung der Waffe im Hinblick auf die ratio des § 240 grundsätzlich als strafschärfender Umstand geeignet, eine – bisher im Rahmen des § 240 so nicht geregelte – Strafrahmenverschiebung zu legitimieren. Dass die Ausgestaltung von Strafschärfungsmerkmalen grundsätzlich von der des Grundtatbestands abhängig ist, steht zudem einer abstrakten Fassung allgemeiner Merkmale nicht entgegen. Denn konkret wie auch abstrakt sind lediglich solche Merkmale, die das Fehlverhalten nebst Folgen betreffen, geeignet, eine Strafschärfung zu legitimieren. Deshalb ist eine allgemeine Vorschrift nicht allein als Ergänzung strafschärfender Regelungen im Besonderen Teil geeignet.741 Vielmehr würde eine im Allgemeinen Teil verortete Regelung ratio-gerechter Strafschärfung den Besonderen Teil erheblich entlasten, weil zahlreiche Regelungen in Form von Qualifikationstatbeständen oder Regelbeispielsnormen vollkommen ersetzt würden. Außerdem würden die unangemessenen Lücken geschlossen, die auf Versäumnisse des Gesetzgebers im Bereich des Besonderen Teils aufgrund des Gesetzlichkeitsgrundsatzes bis dato hingenommen werden müssen. Schließlich diente eine vor die Klammer gezogene AT-Regelung auch der Vereinheitlichung und deutlichen Vereinfachung der Strafrechtskonkretisierung. 2. Vorschlag de lege ferenda § 46 Grundsätze der Strafzumessung (Neue Fassung) (. . .) (3) In schweren Fällen wird die Strafe nach den Vorgaben des § 48 Abs. 1 verschärft. Ein solcher schwerer Fall liegt vor 1. wenn das Fehlverhalten in einer qualifizierten Form gegeben ist, insbesondere weil der Täter a) eine verantwortliche Stellung, etwa die eines Amtsträgers, oder entsprechende Befugnisse missbraucht oder die Mithilfe einer solchen Person ausnutzt, die ihre Befugnisse oder ihre Stellung missbraucht, b) die Tat mit einem oder mehreren anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht und dadurch die Tat qualifiziert gefährlich ist, c) die Tat mit einem gefährlichen Tatwerkzeug oder Tatmittel begeht oder 2. wenn das Fehlverhalten zu einer qualifizierten Folge führt, insbesondere weil durch die Tat 741

So Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 436.

I. Ratio-gerechte Strafschärfung als Regelung im Allgemeinen Teil

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a) die Gefahr des Todes eines anderen Menschen oder die Gefahr einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit einer großen Zahl von Menschen verursacht wird oder b) ein Schaden erheblichen Ausmaßes herbeigeführt wird. 3. Führt qualifiziertes Fehlverhalten nach Absatz 3 Nummer 1 zu einer qualifizierten Folge nach Absatz 3 Nummer 2, so wird die Strafe für diese besonders schwere Tat nach den Vorgaben des § 48 Abs. 2 verschärft. § 48 Besondere gesetzliche Qualifizierungsgründe (Neue Fassung)742 (1) Ist eine Schärfung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben, so gilt für die Schärfung Folgendes: 1. Das Mindestmaß einer Freiheitsstrafe erhöht sich im Fall des gesetzlichen Mindestmaßes auf ein Mindestmaß von sechs Monaten, im Fall eines Mindestmaßes von drei Monaten oder sechs Monaten auf ein Jahr, im Fall eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Jahre, im Fall eines Mindestmaßes von zwei oder drei Jahren auf fünf Jahre, im Fall eines Mindestmaßes von fünf Jahren auf acht Jahre, im Fall eines Mindestmaßes von zehn Jahren auf zwölf Jahre. 2. Das Höchstmaß einer Freiheitsstrafe erhöht sich um die Hälfte des angedrohten Höchstmaßes. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höhe der Tagessatzzahl. (2) Ist eine Schärfung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen.

3. Erläuterung und Vorzüge des vorgeschlagenen Modells ratio-gerechter Strafschärfungen Das Regelungsmodell einer ratio-gerechten Strafschärfung ist auch mit einer Vorschrift im Allgemeinen Teil umsetzbar.743 Die bewährte einheitliche Normstruktur des Grundkonzepts wird beibehalten: In dem sich an die gegenwärtige Fassung des § 46744 anschließenden dritten Absatz ist eine erste Strafrahmenverschiebung für die Fälle – jeweils nummerisch getrennt – geregelt, in denen entweder Fehlverhalten (Nr. 1) oder entsprechende Fehlverhaltensfolgen (Nr. 2) als qualifiziert einzustufen sind. Vor diesem Hintergrund ist eine Strafrahmenerhöhung nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 n. F. i.V. m. § 48 n. F. legitim, wenn ein Fehlverhalten aufgrund einer ihm anhaftenden gesteigerten Gefährlichkeit oder aus ande742 Die vorgeschlagenen Strafrahmen sind nicht „unantastbar“, sondern als Diskussionsgrundlage zu verstehen; zu entscheiden hat letztlich der Gesetzgeber. 743 Zum Modell ratio-gerechter Strafschärfungen im Besonderen Teil und den Vorteilen gegenüber anderen Regelungsmethoden oben C. V. 3. b). 744 Eine entsprechende Angliederung ist selbstverständlich auch im Fall der de lege ferenda vorgeschlagenen Neuregelung des § 46 n. F. möglich, vgl. B. II. 6.

170

D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen

rem Grund – insbesondere einer besonderen Pflichtverletzung – ein Gewicht erreicht, das der tatbestandsspezifischen ratio der Strafschärfung entspricht. Entsprechendes gilt nach § 46 Abs. 3 Nr. 2 n. F., wenn eine auf vorangegangenem Fehlverhalten beruhende Fehlverhaltensfolge ein der ratio der Strafschärfung genügendes Gewicht erreicht. Eine sachgerechte Präzisierung wird dahingehend vorgenommen, dass die Umstände, die ein qualifiziertes Fehlverhalten oder eine entsprechend qualifizierte Folge ausmachen, – wenn auch in abstrakter Gestalt – beispielhaft aufgezählt sind. Die Auswahl dieser Umstände basiert insbesondere auf einer Analyse der im StGB (häufig) auftretenden Strafschärfungsgründe,745 die der dieser Abhandlung zugrunde liegenden Konzeption eines legitimen Strafrechts entsprechen.746 Fehlverhalten in einer qualifizierten Form liegt insbesondere vor, wenn der Täter a) eine verantwortliche Stellung, etwa die eines Amtsträgers, oder entsprechende Befugnisse missbraucht oder die Mithilfe einer solchen Person ausnutzt, die ihre Befugnisse oder ihre Stellung missbraucht, b) die Tat mit einem oder mehreren anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht und dadurch die Tat qualifiziert gefährlich ist oder c) die Tat mit einem gefährlichen Tatwerkzeug oder Tatmittel begeht. Eine qualifizierte Folge ist insbesondere gegeben, wenn durch die Tat a) die Gefahr des Todes eines anderen Menschen oder die Gefahr einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit einer großen Zahl von Menschen verursacht wird oder b) ein Schaden erheblichen Ausmaßes herbeigeführt wird. Die bereits oben dargestellte vorteilhaft „offene“ Gestaltung der Regelung erfasst auch die – nicht aufgezählten – (Ausnahme-)Fälle zwingend, deren Gewicht einem erhöhten Fehlverhalten oder entsprechenden Folgen gleichkommt. Hingegen sind Fälle, bei denen dies nicht zutrifft und die bei ungenauer Lektüre als aufgezählte Fälle erscheinen könnten, nicht nur bei ratio-gerechter Bewertung, sondern bei genauem Hinsehen schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ausgenommen. In § 46 Abs. 3 Nr. 3 n. F. i.V. m. § 48 n. F. ist – entsprechend der bewährten Struktur – eine weitere Strafrahmenerhöhung für solche Fälle normiert, in denen kombiniert, d.h. gleichzeitig ein qualifiziertes Fehlverhalten und eine qualifizierte Folge gegeben sind. 745

Siehe E. Anhang. Klar ausgenommen sind daher solche Umstände, die unter dem Gesichtspunkt legitimierbarer Bestrafung bedenklich sind. Dazu zählen insbesondere Strafschärfungsregelungen, die eine gewerbsmäßige Begehung in Rechnung stellen. Hier steht – statt einer legitimen Strafgesetzgebung – wohl eher die Befriedigung präventivpolizeilicher Bedürfnisse im Vordergrund. Zur (Ir-)Relevanz von Spezial- oder Generalprävention bereits B. II. 3 c). Entsprechendes gilt wohl auch für das strafschärfende Merkmal der Gewohnheitsmäßigkeit. In diesem Zusammenhang jedenfalls bedenklich erscheinen die strafschärfenden Merkmale eines Verhaltens aus grobem Eigennutz bzw. Gewinnsucht (etwa in §§ 264 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 266a Abs. 4 S. 2 Nr. 1, 283d Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 330 Abs. 1 S. 2 Nr. 4). 746

II. Ausblick

171

Die Neuregelung des § 48 n. F. orientiert sich an der bestehenden Vorschrift des § 49, die für gesetzlich vorgeschriebene Milderungen entsprechende Strafrahmenverschiebungen vorsieht. Parallel dazu knüpft § 48 n. F. an die in § 46 Abs. 3 n. F. normierten Strafschärfungsgründe und schließt bestimmte Strafrahmenerhöhungen an. Selbstverständlich sind die vorgeschlagenen Strafrahmenverschiebungen nicht „unantastbar“, sondern als Diskussionsgrundlage zu verstehen. Letztlich zu entscheiden hat insofern der Gesetzgeber. Im Hinblick auf die Strafbarkeit des Versuchs ist eine Ergänzung der bestehenden Gesetzeslage erforderlich. Um auch die Versuchsstrafbarkeit bei qualifizierten Strafschärfungen in einer dem Gesetzlichkeitsgrundsatz genügenden Weise und systematisch sinnvoll zu erfassen, ist § 23 Abs. 1 um einen zweiten Satz zu ergänzen. Zu regeln ist, dass sich die im Grundfall ergebende Strafbarkeit des Versuchs auch auf den qualifizierten Fall erstreckt. § 12 Abs. 3 ist – wie bereits oben erläutert747 – entsprechend anzupassen.

II. Ausblick Die Grundidee des Modells einer ratio-gerechten Strafschärfung beruht auf einem den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entsprechenden Gesetzgebungskonzept, das sich vornehmlich an der ratio der betreffenden Norm orientiert. Der Gedanke einer ratio-gerechten Gesetzgebung sowie die Systematik der vorgestellten Regelungstechnik lassen sich grundsätzlich auch auf andere Bereiche im Strafrecht übertragen. 1. Zur Reform der Erfolgsqualifikationen Bisher selbstständig geregelt sind strafschärfende Umstände in Gestalt der sogenannten Erfolgsqualifikationen. Zwar wäre nach dem zugrunde gelegten Konzept auch hier eine Übertragung der (insbesondere todes-)erfolgsqualifizierten Delikte in eine allgemeine Vorschrift grundsätzlich möglich. Im Hinblick auf die Systematik der Erfolgsqualifikationen und ihrer Stellung zu den Tötungsdelikten ist indessen ein Verbleib der Regelungen im Besonderen Teil – gegebenenfalls mit Ergänzungen de lege ferenda – sinnvoll. Insbesondere im Hinblick auf die Legitimation des „Sanktionssprungs“ bei § 227 im Verhältnis zu §§ 223, 222, 52 besteht in Literatur und Rechtsprechung Uneinigkeit.748 Aufgrund der im Ver747

Siehe oben C. V. 3. b). Die Legitimation des Sanktionssprungs wird traditionell über den „spezifischen Gefahrrealisierungszusammenhang“ erfasst, vgl. Altenhain, GA 1996, 19 ff.; Engländer, GA 2008, 669 ff.; Steinberg, NStZ 2010, 72 ff.; ferner Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 227 Rn. 3. Von einer entsprechenden Erfassung mittels des „Unmittelbarkeitszusammenhangs“ hat sich inzwischen auch die Rechtsprechung distanziert, BGH NStZ 2008, 278 ff.; BGHSt 48, 34 (38 f.). Einen prägnanten Überblick über den Streitstand gibt Freund, in: FS Frisch, S. 677 (686 f.). 748

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D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen

hältnis deutlich erhöhten Mindeststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe stellen dabei Teile des Schrifttums erhöhte Anforderungen an die Folgenverantwortlichkeit. Nach Freund749 erfordert die strengere Bestrafung nach § 227, dass der Tod (besonders) leichtfertig, jedenfalls qualifiziert fahrlässig herbeigeführt worden ist. Denn allein das Gewicht des Fehlverhaltens nebst Folgen kann zu (gravierenden) Änderungen in den Rechtsfolgen einer Straftat führen. Deshalb legitimiert im Fall des § 227 nur ein gesteigertes Fehlverhalten in Gestalt eines (besonders) leichtfertigen Verhaltens in Bezug auf die Herbeiführung der Todesfolge die erhöhte Strafandrohung von mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe. De lege ferenda ist mit Blick auf die allein legitime Funktion der todeserfolgsqualifizierten Delikte nach einem Vorschlag von Freund freilich deren Ersetzung durch eine Ergänzung des § 222 um einen neuen Absatz 2 geboten.750 Nach diesem Absatz 2 ist wegen einer vorsätzlichem Handeln nahekommenden, d.h. besonders leichtfertigen Tötung mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Die Vorschrift des § 222 Abs. 2 de lege ferenda ermöglicht die angemessene Ahndung nicht nur, aber vor allem der Fälle, die gegenwärtig über die todeserfolgsqualifizierten Delikte mit erheblichen Anwendungsproblemen erfasst werden.751 2. Zur Reform der Tötungsdelikte Mord und Totschlag Eine Reform der gesetzlichen Tatbestände der Tötungsdelikte wird bereits seit langer Zeit für notwendig gehalten.752 Gegenstand der Überlegungen sind die §§ 211, 212, 213. Die bereits im Jahr 1941 eingeführten Regelungen wurden mit dem 3. StÄG vom 04.08.1953 in das heutige StGB übergeführt; die Todesstrafe war mit Erlass des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 abgeschafft worden. Die Neuregelung der Tötungsdelikte im Jahr 1941753 orientierte sich nunmehr am „Tätertyp“, dem statt Schulderwägungen eine am „Menschen orientierte biologistische Anschauung“ 754 zugrunde lag.755 Insbesondere das vom nationalsozia749

Dazu und zum Folgenden Freund, in: FS Frisch, S. 677 (685 ff.). Der Vorschlag de lege ferenda von Freund mit anschließender Begründung, in: FS Frisch, S. 677 (694). 751 Zu den Problemen insbesondere des § 227 in der Strafrechtspraxis – sachlich übereinstimmend – vgl. etwa Paeffgen, JZ 1989, 220 (224 f.); Wolter, GA 1984, 443 (448); Stuckenberg, in: FS Jakobs, S. 693 (703); Frisch, GA 1972, 321 (332 f.). 752 So auch Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, Vor §§ 211 ff. Rn. 8 ff.; Lackner/Kühl, StGB, Vor §§ 211 ff. Rn. 25; Neumann, in: NK-StGB, Vor §§ 211 ff. Rn. 156; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, Vor §§ 211 ff. Rn. 2 jeweils m.w. N. Zum Folgenden ausführlich Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (9 ff.). 753 Bis dahin galt das sogenannte Überlegungsprinzip. Dazu insbesondere Thomas, Die Geschichte des Mordparagraphen, S. 201 ff.; Safferling, in: FS Rössner, S. 910 ff. 754 Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (10). 750

II. Ausblick

173

listischen Gesetzgeber konzipierte Merkmal der „sonstigen niedrigen Beweggründe“ war geprägt von einer moralisch-wertenden Betrachtung, die sich durch die ergänzende Verknüpfung des Merkmals auf den gesamten Tatbestand erstreckte. Die „sonstigen niedrigen Beweggründe“ 756 sowie die „Heimtücke“ 757 gehörten zu den Hauptanwendungsfällen des § 211 in den nationalsozialistisch geprägten Strafgerichten. Unbeschadet der nunmehr restriktiven und verfassungsgerechten Auslegung der Mordmerkmale758 gehört die Abkehr von der an der Tätertypenlehre orientierten Unterscheidung von „Mörder“ und „Totschläger“ zu den wesentlichen Punkten der Reformbestrebungen.759 Reformerwägungen, die erst bei näherer Betrachtung eine Parallele zu den besonders schweren Fällen aufweisen, ergeben sich darüber hinaus auch mit Blick auf das weithin ungeklärte Verhältnis zwischen Mord und Totschlag.760 Die Rechtsprechung geht davon aus, dass § 211 und § 212 selbstständige Tatbestände sind.761 Die Merkmale des § 211 Abs. 2 wirken strafbegründend und sind damit in jeder Hinsicht abschließend. Die Rechtsprechung hat erkannt, dass diese abschließende Kasuistik gepaart mit der zwingenden Anwendung der lebenslangen Freiheitsstrafe zu einer Verkürzung der Einzelfallgerechtigkeit führen kann. Aus verfassungsrechtlichen Erwägungen762 hat der Bundesgerichtshof daher in Fällen, in denen außergewöhnliche Umstände die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe unverhältnismäßig erscheinen lassen, eine außergesetzliche Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 anerkannt.763 § 211 wird dadurch im Ergebnis

755

Zur Bedeutung der Tätertypenlehre Frommel, JZ 1980, 559 ff. Kritisch Fischer, StGB, § 211 Rn. 14 ff.; Wolf, in: FS Schreiber, S. 519 (526 ff., 531); Schneider, in: FS Widmaier, S. 759 (763 ff.). 757 Kritisch Lackner/Kühl, § 211 Rn. 6; BGHSt 9, 385 (389 ff.); 11, 139 (142 ff.); 30, 105 (113 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1977 entschieden, dass das Merkmal bei einer an dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten restriktiven Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar ist, vgl. BVerfGE 45, 187 ff. 758 Dazu insbesondere BGHSt 30, 105 ff. 759 Weitere Reformüberlegungen beziehen sich auf die Mordmerkmale der „Heimtücke“ und der „sonstigen niedrigen Beweggründe“, die Einführung eines minder schweren Falles sowie auf das ungeklärte Verhältnis der Tatbestände der § 211 und § 212 und die damit verbundene Problematik der Anwendung des § 28; vgl. ausführlich Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (10 f.). 760 Von dem Verhältnis zwischen § 211 und § 212 hängt insbesondere die Anwendung des § 28 ab. Dazu und zum Folgenden Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (10) sowie Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 23 ff., der auch auf die Parallele zu der Regelbeispielsmethode hinweist. 761 BGHSt 1, 368 (370 f.); 22, 375 (377); eine ausführliche Analyse der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum tatbestandssystematischen Verhältnis von Mord und Totschlag bietet Küper, JZ 1991, 761 ff.; 862 ff.; 910 ff. 762 Vgl. BVerfGE 45, 187 (262 ff.). 763 BGHSt 30, 105 ff. 756

174

D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen

um einen minder schweren Fall ergänzt.764 Ein entsprechendes „Hintertürchen“ öffnet sich auch, wenn man der im Schrifttum verbreiteten Gegenauffassung folgt und das Verhältnis von § 211 und § 212 anhand einer bloß quantitativen Abstufung bestimmt.765 Zur Legitimation der absoluten Strafandrohung wird für § 211 über das bloße Vorliegen eines Mordmerkmals hinaus eine Gesamtwürdigung von Tat und Täter vorausgesetzt,766 der entsprechend die besondere Verwerflichkeit der Tötung entweder positiv festgestellt (Lehre von der positiven Typenkorrektur)767 oder ausnahmsweise verneint (Lehre von der negativen Typenkorrektur)768 wird. Scheidet eine besondere Verwerflichkeit der Tötung aus, ist auf Totschlag zu erkennen. Sowohl die von der Rechtsprechung entwickelte außergesetzliche Milderungsmöglichkeit als auch die im Schrifttum vorherrschende Lehre von der Typenkorrektur sollen dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen.769 Darauf beruht eine faktische Offenheit des Tatbestands des § 211, die eine auch im Einzelfall angemessene Strafe ermöglicht. Dass sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur ein Korrektiv des § 211 „nach unten“ greifbar machen, erinnert an die Problematik der nicht selten im Rahmen der Qualifikationstatbestände genutzten teleologischen Reduktion. Auf der Vermeidung dieses „Notbehelfs“ beruht die Grundidee der besonders schweren Fälle,770 nämlich einer am (ggf. verminderten) Unrechtsgehalt der konkreten Tat orientierten, auch im Einzelfall angemessenen Strafe. Eine Parallele zur Regelbeispieltechnik zeigt sich darüber hinaus mit Blick auf den unbenannten besonders schweren Fall des Totschlags. Eine – recht seltene771 – Verurteilung wegen § 212 Abs. 2 erfordert ein in der Tat zum Ausdruck kommendes, außergewöhnliches Verschulden des Täters, das im Ergebnis ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders.772 Im Rahmen der Prüfung der hinreichenden gesetzlichen Bestimmtheit des Tatbestands des § 212 Abs. 2 erklärt das Bundesverfassungsge764 Eisele, Die Regelbeispielsmetode, S. 24 f.; Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 211 Rn. 58. 765 Lackner/Kühl, StGB, Vor §§ 211 ff. Rn. 22; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/ Schröder, StGB, Vor §§ 211 Rn. 5; Jähnke, in: LK-StGB11, § 212 Rn. 39 ff. 766 Stattdessen für eine restriktive Auslegung der Mordmerkmale Lackner/Kühl, Vor §§ 211 ff. Rn. 19. 767 Lange, in: GS Schröder, S. 217 (231 ff.). 768 Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 211 Rn. 10; Geilen, JR 1980, 309 (310). 769 BGHSt 45, 187 ff.; 50, 5 ff. 770 Zu der Parallele zu der Regelbeispielsmethode und zum Folgenden Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 25; BVerfG JR 1979, 28 m. Anm. Bruns, JR 1979, 28 (30); Geilen, JR 1980, 309 (311); Momsen, NStZ 1998, 487 (488); Montenbruck, Strafrahmen, S. 131 f.; Zipf, in: FS Würtenberger, S. 151 (155). 771 So etwa LG Stuttgart, Urt. v. 24.07.2002 – 9 Ks 115 Js 86771/01. 772 Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 212 Rn. 52; BGH NStZ 1982, 114 ff.; Momsen, NStZ 1998, 487 (487 ff.); kritisch Köhne, Jura 2011, 741 (742).

II. Ausblick

175

richt, dass § 212 Abs. 2 zwar keine Regelbeispiele enthalte, dafür aber § 211 mit seiner ebenfalls absoluten Strafandrohung Hinweise dafür gebe, welchen Unrechts- und Schuldgehalt der Gesetzgeber für die Strafandrohung voraussetzen wollte.773 Es deutet damit eine Regelbeispielfunktion der Mordmerkmale an. Um eine Umgehung der Nichtfeststellbarkeit der Mordmerkmale zu vermeiden, setzt § 212 Abs. 2 weiterhin voraus, dass neben die Nähe zu den Mordmerkmalen die Schuld erhöhende Gesichtspunkte hinzutreten müssen, die besonders gewichtig sind.774 Nach dem Gesagten trifft die gegen die (mit Regelbeispielen exemplifizierten) besonders schweren Fälle vorgebrachte Kritik entsprechend auch die gegenwärtige Systematik der §§ 211, 212. Vor diesem Hintergrund scheint eine Realisierung der Vorschläge775 von Eser776, Thomas777 sowie vom Arbeitskreis der Strafrechtslehrer zum Alternativ-Entwurf Leben (AE-Leben)778, die im Rahmen einer Reform der §§ 211 ff. die Regelbeispielsmethode aufgreifen, erheblichen Bedenken ausgesetzt.779 Statt eines solchen Abstufungsmodells „nach oben“ – sei es in Form von qualifizierenden oder sonstigen strafschärfenden Merkmalen – erscheint letztlich ein Privilegierungskonzept zur Differenzierung der vorsätzlichen Tötungstatbestände vorzugswürdig.780 Danach ist Mord der Grund- und Totschlag der Privilegierungstatbestand. Dem Rechtsgut Leben würde dabei ein umfassenderer Strafschutz zuteilwerden als bisher. Gegenwärtig genügt es für die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe nicht, wenn eine andere Person (vollkommen grundlos!) vorsätzlich getötet wird und täterentlastende Momente fehlen. Vielmehr erfordert die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe daneben, dass weitere qualifizierende Kriterien erfüllt sind (vgl. § 211 Abs. 2, § 212 Abs. 2). Dadurch erfährt das Rechtsgut Leben eine unsachgemäße Abwertung. Auch Reformüberlegungen, die auf einem Abstufungskonzept „nach oben“ basie773

BVerfG JR 1979, 28 (28). BGH NJW 1982, 2264 (2265) = JR 1983, 28 ff. m. Anm. Bruns, 28 ff.; BGH NStZ 2001, 647 ff.; NStZ-RR 2004, 205 ff. 775 Eine Übersicht bieten Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (10 f.). 776 Eser, in: Verhandlungen für den 53. DJT, Bd. I, S. D 1 (D 197 ff.); kritisch insbesondere Fuhrmann, in: Verhandlungen des 53. DJT, Bd. II, Referat, S. M 7 (M 16 f.). 777 I. R. d. „normengenetischen Untersuchung“ Thomas, Die Geschichte des Mordparagraphen, S. 333 ff.; kritisch insbesondere Sotelsek, Zur Quantifizierung von Unrecht und Schuld, S. 14 ff., 91 ff. 778 Heine u. a., GA 2008, 193 ff. 779 Ausführlich zu den Vor- und Nachteilen der Regelbeispielsmethode oben C. IV. Kritisch Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (15), die einen eigenen Reformvorschlag vorstellen Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (16). 780 Dazu und zum Folgenden insbesondere Deckers/Grünewald/König/Safferling, in: Abschlussbericht der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte, S. 90 ff. Zu den Vorteilen eines Privilegierungsmodells Grünewald, Grundkonzeption der Tötungsdelikte, in: Abschlussbericht der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte, S. 480 ff. sowie bereits ausführlich dies., Das vorsätzliche Tötungsdelikt, S. 368 ff. 774

176

D. Weiterführung des Modells ratio-gerechter Strafschärfungen

ren, können daher dem Stellenwert dieses höchsten Guts nicht vollumfänglich gerecht werden. Im Gegensatz dazu ermöglicht ein Privilegierungsmodell (im Sinne einer Abstufung „nach unten“) die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe bereits dann, wenn eine vorsätzliche Tötung vorliegt und täterbegünstigende Aspekte fehlen. Zur Entwicklung eines stimmigen und im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen stehenden Privilegierungsmodells genügt insoweit ein Seitenblick auf die dieser Konzeption zugrunde liegenden Grundgedanken einer ratio-gerechten Strafschärfung, die entsprechend auf ein Modell einer ratio-gerechten Privilegierung übertragbar sind. 3. Zur Reform der minder schweren Fälle Nach der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung sind (auch) für die Begründung eines minder schweren Falles das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente der Täterpersönlichkeit,781 d. h. „alle für die Strafzumessung wesentlichen Umstände zugrunde zu legen.“ 782 Es erscheint (auch hier) neben der Sache, allgemeine Strafzumessungserwägungen für die Entscheidung über einen minder schweren Fall genügen zu lassen.783 Stattdessen können nur solche Umstände relevant sein, die in direktem Zusammenhang mit dem jeweiligen Tatbestand stehen. Berücksichtigungsfähig sind allein unrechtund schuldbegründende Merkmale, die sich aus dem betreffenden – rechtswidrig und hinreichend schuldhaft – verwirklichten Tatbestand ergeben. Zur Entwicklung eines stimmigen und im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen stehenden Privilegierungsmodells bedarf es der Benennung der eine privilegierende Strafrahmenänderung legitimierenden Kriterien. Eine genauere Analyse würde den begrenzten Rahmen dieser Abhandlung überschreiten. Es kann insoweit aber auf den – insbesondere strukturellen – Grundgedanken der zugrunde gelegten Konzeption des Modells einer ratio-gerechten Strafschärfung zurückgegriffen werden. Zu entwickeln ist ein Modell ratio-gerechter Strafmilderung.

781 BGHSt 4, 8 (8); 26, 97 (98); BGH NStZ 1991, 529 (530); ferner Lackner/Kühl, § 46 Rn. 9; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 55; Fischer, StGB, § 46 Rn. 85 f. 782 BGHSt 35, 148 (149 f.). Täterbegünstigende Umstände werden in gleichem Umfang bei den minder schweren Fällen sowie der Widerlegung der Indizwirkung bei den besonders schweren Fällen berücksichtigt; Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 279, 270. Zu der „Würdigung aller Umstände des Einzelfalls“ ausführlich Riehm, RW 2013, 1 ff. 783 Dazu ausführlich Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 279 ff.

E. Anhang Die folgenden Tabellen umfassen eine Analyse aller im Strafgesetzbuch geregelten Regelbeispielsnormen sowie einer Auswahl der gängigsten Qualifikationstatbestände784 anhand ihrer Eignung als legitimer Strafschärfungsgrund.785 Sie veranschaulichen, dass die bisherigen Strafschärfungsgründe von dem neu entwickelten Regelungstyp einer ratio-gerechten Strafschärfung im Allgemeinen Teil umfänglich erfassbar sind. Die vorgeschlagene Vorschrift des § 46 Abs. 3 n. F. sieht eine Strafschärfung vor, wenn Umstände vorliegen, die qualifiziertes Fehlverhalten (Nr. 1 a–c) oder qualifizierte Fehlverhaltensfolgen (Nr. 2 a–b) begründen. Die erste Spalte der Tabelle – Kodifikation de lege lata – zeigt jeweils die gegenwärtige Verortung der entsprechenden Regelbeispielsnormen und Qualifikationstatbestände. Letztere sind dabei kursiv* dargestellt. Die zweite Spalte – Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata – enthält den gegenwärtigen Gesetzeswortlaut in z. T. abgekürzter Form.

I. Umstände, die qualifiziertes Fehlverhalten begründen 1. § 46 Abs. 3 Nr. 1 a n. F. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 a des Gesetzesvorschlags liegt ein schwerer Fall vor, wenn das Fehlverhalten in einer qualifizierten Form gegeben ist, insbesondere weil der Täter eine verantwortliche Stellung, etwa die eines Amtsträgers, oder entsprechende Befugnisse missbraucht oder die Mithilfe einer solchen Person ausnutzt, die ihre Befugnisse oder ihre Stellung missbraucht. Kodifikation de lege lata

Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata (Auszug)

§ 94 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter eine verantwortliche Stellung missbraucht, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet [. . .].

§ 95 Abs. 3 S. 2 i.V. m. § 94 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

–„–

784 Dazu gehören insbesondere die der Körperverletzungs-, Diebstahls- und Vermögensdelikte. 785 Die Aufstellung wurde allerdings um diejenigen Umstände gekürzt, die keine legitime Strafschärfung bewirken können. Dazu gehört insbesondere das Merkmal der gewerbsmäßigen Begehungsweise; vgl. oben B. II. 2. a) cc) (2).

178

E. Anhang

§ 98 Abs. 1 S. 2 i.V. m. § 94 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

–„–

§ 99 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er eine verantwortliche Stellung missbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet [. . .].

§ 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

§ 258a Abs. 1*

Ist in den Fällen des § 258 Abs. 1 der Täter als Amtsträger zur Mitwirkung bei dem Strafverfahren oder dem Verfahren zur Anordnung der Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) oder ist er in den Fällen des § 258 Abs. 2 als Amtsträger zur Mitwirkung bei der Vollstreckung der Strafe oder Maßgabe berufen, so [. . .].

§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

[. . .] der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

–„–

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

–„–

§ 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

–„–

§ 269 Abs. 3 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

–„–

§ 264 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht [. . .].

§ 264 Abs. 2 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht.

§ 266a Abs. 4 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

2. § 46 Abs. 3 Nr. 1 b n. F. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr 1 b des Gesetzesvorschlags liegt ein schwerer Fall vor, wenn das Fehlverhalten in einer qualifizierten Form gegeben ist, insbesondere weil der Täter die Tat mit einem oder mehreren anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht und dadurch die Tat qualifiziert gefährlich ist.

I. Umstände, die qualifiziertes Fehlverhalten begründen

179

Kodifikation de lege lata

Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata

§ 177 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

[. . .] die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

§ 224 Abs. 1 Nr. 4*

Wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich [. . .] begeht [. . .].

§ 244 Abs. 1 Nr. 2*

[. . .] wer als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt [. . .].

§ 244a Abs. 1*

[. . .] wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

§ 250 Abs. 1 Nr. 2*

[. . .] der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

§ 253 Abs. 4 S. 2 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

§ 260 Abs. 1 Nr. 2*

[. . .] wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, begeht.

§ 260a Abs. 1*

[. . .] wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

§ 261 Abs. 4 S. 2 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat.

§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat.

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 2

–„–

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 2

–„–

§ 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat.

180

E. Anhang

§ 269 Abs. 3 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 2

–„–

§ 292 Abs. 2 S. 2 Nr. 3

[. . .] die Tat von mehreren mit Schusswaffen ausgerüsteten Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

§ 300 S. 2 Nr. 2 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

§ 335 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 – „ –

3. § 46 Abs. 3 Nr. 1 c n. F. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 c des Gesetzesvorschlags liegt ein schwerer Fall vor, wenn das Fehlverhalten in einer qualifizierten Form gegeben ist, insbesondere weil der Täter die Tat mit einem gefährlichen Tatwerkzeug oder Tatmittel begeht. Kodifikation de lege lata

Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata

§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um diese oder dieses bei der Tat zu verwenden [. . .].

§ 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Schußwaffe bei sich führt.

§ 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um diese oder dieses bei der Tat zu verwenden [. . .].

§ 125a S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter eine Schusswaffe bei sich führt.

§ 125a S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um diese oder dieses bei der Tat zu verwenden.

§ 224 Abs. 1 Nr. 2*

Wer die Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs [. . .] begeht.

§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a*

[. . .] wer einen Diebstahl begeht bei dem er oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt.

§ 244 Abs. 1 Nr. 1 b*

[. . .] wer einen Diebstahl begeht bei dem er oder ein anderer Beteiligter sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden.

I. Umstände, die qualifiziertes Fehlverhalten begründen

181

§ 250 Abs. 1 Nr. 1 a*

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub eine Waffe oder sonst ein gefährliches Werkzeug bei sich führt [. . .].

§ 250 Abs. 1 Nr. 1 b*

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden.

§ 250 Abs. 2 Nr. 1*

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet [. . .].

§ 250 Abs. 2 Nr. 2*

[. . .] der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt [. . .].

4. Sonstige Umstände, die qualifiziertes Fehlverhalten begründen Kodifikation de lege lata

Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata

§ 125a S. 2 Nr. 4

[. . .] der Täter plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

§ 177 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung) [. . .].

§ 224 Abs. 1 Nr. 1*

Wer die Körperverletzung durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen [. . .] begeht [. . .].

§ 224 Abs. 1 Nr. 3*

Wer die Körperverletzung [. . .] mittels eines hinterlistigen Überfalls [. . .] begeht [. . .].

§ 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter eine andere Person zu einer sexuellen Handlung nötigt.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält [. . .].

182

E. Anhang

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist [. . .].

§ 244 Abs. 1 Nr. 3*

[. . .] wer einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6

[. . .] der Täter stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt [. . .].

§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 Alt. 1

[. . .] der Täter einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört [. . .] hat.

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 Alt. 1

–„–

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 Alt. 1

–„–

§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 Alt. 2

[. . .] der Täter einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck [. . .] ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 Alt. 2

–„–

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 Alt. 2

–„–

§ 264 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt [. . .].

§ 266a Abs. 4 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält [. . .].

§ 291 Abs. 2 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter sich durch Wechsel wucherische Vermögensvorteile versprechen lässt.

II. Umstände, die qualifizierte Fehlverhaltensfolgen begründen 292 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

183

[. . .] der Täter zur Nachtzeit, in der Schonzeit, unter Anwendung von Schlingen oder in anderer nicht weidmännischer Weise [. . .] begangen wird.

§ 315 Abs. 3 Nr. 1 a*

[. . .] der Täter in der Absicht handelt, einen Unglücksfall herbeizuführen [. . .].

§ 315b Abs. 3 i.V. m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 a*

–„–

§ 315 Abs. 3 Nr. 1 b*

[. . .] der Täter in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken [. . .].

§ 315b Abs. 3 i.V. m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 b*

–„–

§ 335 Abs. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme [. . .].

II. Umstände, die qualifizierte Fehlverhaltensfolgen begründen 1. § 46 Abs. 3 Nr. 2 a n. F. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 a des Gesetzesvorschlags liegt ein solcher schwerer Fall vor, wenn das Fehlverhalten zu einer qualifizierten Folge führt, insbesondere weil durch die Tat die Gefahr des Todes eines anderen Menschen oder die Gefahr einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit einer großen Zahl von Menschen verursacht wird. Kodifikation de lege lata

Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata

§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

§ 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

§ 125a S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer anderen Gesundheitsschädigung bringt [. . .].

§ 218 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht.

184

E. Anhang

§ 224 Abs. 1 Nr. 5*

Wer die Körperverletzung [. . .] mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begeht [. . .].

§ 226 Abs. 1 Nr. 1*

Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert [. . .].

§ 226 Abs. 1 Nr. 2*

Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person [. . .] ein wichtiges Glied ihres Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann [. . .].

§ 226 Abs. 1 Nr. 3*

Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletze Person [. . .] in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt [. . .].

§ 226a Abs. 1*

Wer die äußeren Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt [. . .].

§ 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt [. . .].

§ 250 Abs. 1 Nr. 1 c*

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt [. . .].

§ 250 Abs. 2 Nr. 3 a*

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub eine andere Person bei der Tat körperlich schwer mißhandelt [. . .].

§ 250 Abs. 2 Nr. 3 b*

[. . .] der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub eine andere Person durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

§ 255*

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen [. . .].

2. § 46 Abs. 3 Nr. 2 b n. F. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 b des Gesetzesvorschlags liegt ein solcher schwerer Fall vor, wenn das Fehlverhalten zu einer qualifizierten Folge führt, insbesondere weil durch die Tat ein Schaden erheblichen Ausmaßes herbeigeführt wird. Kodifikation de lege lata

Wortlaut der gesetzlichen Regelung de lege lata

§ 94 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

[. . .] durch die Tat die Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

§ 95 Abs. 3 S. 2 i.V. m. § 94 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

–„–

II. Umstände, die qualifizierte Fehlverhaltensfolgen begründen

185

§ 99 Abs. 2 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

§ 100 Abs. 2 S. 2

[. . .] durch die Tat eine schwere Gefahr für den Bestand der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

§ 100a Abs. 4 S. 2

[. . .] durch die Tat einen besonders schweren Nachteil für die äußere Sicherheit oder die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu einer fremden Macht herbeiführt.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr.4

[. . .] der Täter aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient [. . .].

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 5

[. . .] der Täter eine Sache von Bedeutung für die Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist [. . .].

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 7

[. . .] der Täter eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1

[. . .] der Täter einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt [. . .].

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1

–„–

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1

–„–

§ 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 2

–„–

§ 269 Abs. 3 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 2

–„–

§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 2

[. . .] der Täter [. . .] in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen [. . .].

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 2

–„–

186 § 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 2

E. Anhang –„–

§ 283d Abs. 3 S. 2 Nr. 2 [. . .] der Täter wissentlich viele Personen in die Gefahr des Alt. 1 Verlustes ihrer dem anderen anvertrauten Vermögenswerte [. . .] bringt. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt [. . .].

§ 263a Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 3

–„–

§ 266 Abs. 2 i.V. m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 3

–„–

§ 283d Abs. 3 S. 2 Nr. 2 [. . .] der Täter wissentlich viele Personen [. . .] in wirtAlt. 2 schaftliche Not bringt. § 291 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter durch die Tat den anderen in wirtschaftliche Not bringt [. . .].

§ 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet [. . .].

§ 269 Abs. 3 i.V. m. § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 3

–„–

§ 300 S. 2 Nr. 1

[. . .] die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht [. . .].

§ 335 Abs. 2 Nr. 1

–„–

§ 316b Abs. 3 S. 2

[. . .] der Täter durch die Tat die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern, insbesondere mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft beeinträchtigt.

§ 330 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

[. . .] der Täter die öffentliche Wasserversorgung gefährdet [. . .].

§ 330 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

[. . .] der Täter ein Gewässer, den Boden oder ein Schutzgebiet im Sinne des § 329 Abs. 3 derart beeinträchtigt, dass die Beeinträchtigung nicht, nur mit außerordentlichem Aufwand oder erst nach längerer Zeit beseitigt werden kann [. . .].

§ 330 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

[. . .] der Täter einen Bestand von Tieren oder Pflanzen einer streng geschützten Art nachhaltig schädigt [. . .].

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Stichwortverzeichnis Absolute Strafandrohung 43, 72, 79, 174, 175 Alternativ-Entwurf Leben (AE-Leben) 175 Amtsträgerinhaberschaft 99 Analogie – enge 150 – innertatbestandliche 150 – weite 151 Analogieverbot 52, 65 – Vereinbarkeit der besonders schweren Fälle 150 Auslegung – entgrenzende 56 – Gewinnung rechtlicher Inhalte, die nicht im Gesetz stehen 60 Austauschbarkeit von Regelbeispielen und Qualifikationen 143, 154 Auswirkungen der Tat, andere verschuldete 116 Begründungspflicht, prozessuale 150, 157, 163 Besonders schwerer Fall 146 – als Mischform 139, 144 – als Strafzumessungsregel 137, 143 – als Tatbestandsmerkmal 139, 144 – Anwendbarkeit der Vorschriften des Allgemeinen Teils 143, 144, 145 – Deliktscharakter 137 – des Diebstahls 35, 71, 97 – dogmatische Einordnung 137 – Erscheinungsformen 132, 133 – Generalklausel siehe Generalklausel – Gesamtwürdigung siehe Gesamtwürdigung – Historischer Überblick 135

– mit Regelbeispielen exemplifiziert 56, 133, 136, 143, 147, 150, 153, 154, 175 – nicht mit Regelbeispielen exemplifiziert siehe unbenannt – Reformvorschlag Schäfer 166 – sonstiger siehe unbenannt – unbenannt 35, 52, 132, 135, 136, 149, 150, 151, 157 – Vereinbarkeit mit Analogieverbot 150 – Vereinbarkeit mit Bestimmtheitsgrundsatz 146 – Vereinbarkeit mit dem Gesetzlichkeitsgrundsatz 145 – verfassungsrechtliche Beurteilung 145 Bestimmtheitsgrundsatz 51, 55, 66 – Anforderungen an die Rechtsfolgenseite 60 – Anforderungen an strafbegründende Tatbestandsmerkmale 58 – Anforderungen bei besonders schweren Fällen 64 – „entgrenzende Auslegung“ 56 – Gewährleistungsgehalt 57 – Gewinnung rechtlicher Inhalte, die nicht im Gesetz stehen 60 – mit Regelbeispielen exemplifizierte unbenannte besonders schwere Fällen 147 – nicht weiter erläuterte unbenannte besonders schwere Fällen 149 – Regelbeispiele 146 – Umfang und Adressatenkreis 56 Constitutio Carolina Criminalis (CCC) 135 Demokratieprinzip 27

Stichwortverzeichnis Einheit der Bewertungsmaßstäbe 123 Einstellung des Verfahrens 71, 72, 75 Einzelfallgerechtigkeit 49, 57, 71, 79, 125, 136, 138, 139, 145, 146, 147, 157, 160, 163, 173 Entwurf zum Strafrechtsänderungsgesetz von 1962 (E 1962) 136 Erfolg siehe Fehlverhaltensfolgen Erfolgsqualifizierte Delikte 171 – (besonders) leichtfertig 172 – Reformvoschlag Freund 172 Fehlverhalten 82, 123 – Besondere Pflichtenstellung 98 – fahrlässiges 86 – Gesinnungen bzw. das Vorleben des Täters 94 – Nachtatverhalten 100 – Rangordnung der Fehlverhaltensweisen 83 – Relevanz von Qualität und Gewicht für die Rechtsfolgenbestimmung 82 – Verhältnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit 84, 92 – Verhältnis zu Fehlverhaltensfolgen 104 – vorsätzliches 88 Fehlverhaltensfolgen 101, 123 – Relevanz (anderer) verschuldeter Auswirkungen der Tat 116 – Relevanz von Qualität und Gewicht für die Rechtsfolgenbestimmung 82, 102 – Verhältnis zum Fehlverhalten 104 Funktionale Äquivalenz von Regelbeispielsnormen und Qualifikationstatbeständen 143, 154 Generalklausel 136, 143, 148, 149, 152, 153 Generalprävention, (Ir-)Relevanz von 119 Gesamtbetrachtungslehre beim Versuch 108 Gesamtwürdigung – sonstiger besonders schwerer Fall 148, 149, 152, 153

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– Versuchsmilderung 107, 108 – von „Tat und Täter“ bei Mord 174 Gesetzlichkeitsgrundsatz 50, 66 – Analogieverbot siehe Analogieverbot – Aufgabenverteilung Gesetzgeber und Rechtsanwender 145 – Ausprägung und Bedeutung 51 – Bestimmtheitsgrundsatz siehe Bestimmtheitsgrundsatz – Doppelfunktion 53 – fragmentarischer Charakter des Strafrechts 52, 66 – Funktion der Gewährleistung der Gewaltenteilung 54 – Funktion des Normvertrauens 53 – ratio 52 – Rückwirkungsverbot 51 – Verbot von Gewohnheitsrecht 51 – Vereinbarkeit der besonders schweren Fälle 145, 153 Gesinnung 95 Gewaltenteilung 15, 27, 50, 54, 56, 66, 153 Gewerbsmäßigkeit als Strafschärfungsgrund 97, 170 Gleichheitsgrundsatz 28, 35 – Abstufung der Strafrahmen 43 – bei Strafschärfungen 34 – „Keine Gleichheit im Unrecht“ 33 – Rechtsanwendungsgleichheit 29 – Rechtssetzungsgleichheit 29, 33, 36, 66 – Umfang 28 – Verfassungsmäßige Rechtsfertigung 31 Grenzwerthypothese 73 – denkbar leichtester Fall 74, 75, 77 – denkbar schwerster Fall 73, 74, 76, 77, 78 – Durchschnittsfall 74 – Kritische Beurteilung 75 – Regelfall 74 – Schwereskala siehe Strafrahmen (Schwereskala)

218

Stichwortverzeichnis

Indizwirkung 134, 137, 143, 146, 151, 153, 156 Kasuistische Gesetzesfassung 136, 173 Komparative Strafhöhenbemessung 120, 125 Konditionalsatzstruktur 41, 62, 140, 144, 153

Nachtatverhalten 100 nulla poena sine lege siehe Gesetzlichkeitsgrundsatz Privilegierungstatbestände 131 Punktstrafentheorie 125

Lehre von der Tatproportionalität 124, 125 Leichtfertigkeit 88, 93, 94

Qualifikationstatbestand 131, 134, 136, 138, 140, 141, 142, 143, 145 – Bewertung 154 – Verwendung derselben Merkmale wie bei Regelbeispielsnormen 97, 142

Maßnahme 20 – ahnende 20 – gefahrenabwehrende 20 Maßregeln der Besserung und Sicherung 18 – Abgrenzung zur Strafe 18 – Terminologische Abgrenzung 20 Minder schwerer Fall 69, 73, 132, 140, 141, 142, 153, 155, 166, 174 – Reform 176 Mittelweg zwischen Kasuistik und Generalklausel 135, 137, 165 Modell ratio-gerechter Strafschärfungen 158 – Bewertung 160, 161 – Vorschlag de lege ferenda: AT-Regelung 168 – Vorschlag de lege ferenda: Diebstahlsdelikte 159 – Vorschlag de lege ferenda: Körperverletzungsdelikte 158 – Weiterführung 165, 169 Mord – lebenslange Freiheitsstrafe 43, 70 – Lehre von der negativen Typenkorrektur 174 – Lehre von der positiven Typenkorrektur 174 – Rechtsfolgenlösung 154 – Reform 172

ratio – Gedanke ratio-gerechter Gesetzgebung 171 – Gesetzlichkeitsgrundsatz 52, 54 – Modell ratio-gerechter Strafschärfungen 158, 159, 160, 161, 165, 168, 169 Reaktionsbedürfnis 117 Rechtsgüterschutz 17, 38, 39, 50, 98, 155 – als staatliche Schutzpflicht 21 – durch Verhaltens- und Sanktionsnorm 39, 40 Rechtsgutsbegriff 44 Rechtsgutstheorie 44 Rechtssetzungsgleichheit 29, 33, 36, 66 Rechtssicherheit 50, 71, 79, 139, 140, 145, 154, 160, 167 Rechtsstaatsprinzip 49, 52, 174 Reform der Tötungsdelikte 172 – Vorschlag Arbeitskreis der Strafrechtslehrer zum Alternativ-Entwurf Leben (AE-Leben) 175 – Vorschlag Eser 175 – Vorschlag Thomas 175 Regelbeispiele siehe Besonders schwerer Fall; Regelbeispielstechnik Regelbeispielstechnik 130 – Anwendbarkeit der Vorschriften des Allgemeinen Teils 143, 144, 145 – Bewertung 153 – Flexibilität 136, 137, 146

Stichwortverzeichnis – Gesamtwürdigung siehe Gesamtwürdigung – historischer Überblick 135 – Indizwirkung siehe Indizwirkung Rückfallschärfung 96 Sanktion, strafrechtliche – Abgrenzung zu anderen Maßnahmen 18 – Kennzeichen des Strafrechts 17 – Schuldspruch und Strafe als spezifisch strafrechtliche Rechtsfolgen 17 – Terminologische Abgrenzung 20 Sanktionsnorm 36, 40, 41, 43, 44, 45 – Aufgabe des Schuldspruchs 41 – Aufgabe des Strafausspruchs 42 – Funktion 40 – Legitimation 48 Schuldprinzip 49 Schuldspruch 17, 40 – als primäre Rechtsfolge 17 – Aufgabe 41 – Besonders schwerer Fall 69, 73, 156 – Grundlage 82 – Kennzeichnung des Fehlverhaltens 41 – Legitimation 51 – Qualifikation 164 – sachliche Berechtigung 41 – (Un-)Rechtskennzeichnung und Differenzierung 68 Schuldstrafenbestimmung 120, 123 Schutzcharakter des Strafrechts 21, 22 Schwangerschaftsabbruch 23 Schwereskala – Gesamtschwereskala anhand der personalen Straftatlehre 81, 82, 83, 93, 107 – Strafrahmen siehe Strafrahmen (Schwereskala) Sechstes Strafrechtsreformgesetz 144, 166 Sonderverantwortlichkeit 98 Spezialprävention, (Ir-)Relevanz von 119 Spielraumtheorie 123 Staatliche Schutzpflichten 22, 66 – Ansätze in der Literatur 25

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– Art und Maß 25 – Bedeutung für das Strafrecht 28 – Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers 27 – Gleichheitsgrundsatz 28, 35, 155 – Herleitung 22, 23 – Modell ratio-gerechter Strafschärfungen 165 – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 23 – Verletzung 27 Stellenwerttheorie 124 Strafrahmen 70 – Begrenzungsfunktion 72 – (fehlende) Leitfunktion 73, 79, 80, 81, 83, 85 – Grenzwerthypothese siehe Grenzwerthypothese – Milderung beim Versuch 105, 109, 112 – Schwereskala 74, 75 – Verhältnis Fehlverhalten und Fehlverhaltensfolgen 104 – Wahl und Kriterien 113 – Weite 48, 71 Strafrahmenänderungsgründe – benannt 131, 132, 133 – Erscheinungsformen 131 – Strafmilderungsgründe 130 – Strafschärfungsgründe 130 – Terminologie 130 – unbenannt 131, 132, 133 Strafrahmenbestimmungsgründe 130 Strafwirkung 118 Strafzumessungsgründe 131 – Straferhöhungsgründe 131 – Strafmilderungsgründe 131 Strafzumessungslösung 137, 143 Strafzwecke 37 – absolute Straftheorie 38 – relative Straftheorien 38 – zweckrational orientierte Legitimation 38

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Stichwortverzeichnis

Tatbestandslösung 139, 144 Täter-Opfer-Ausgleich 81, 100, 101, 118, 128 Tätige Reue 81, 100, 101, 118, 128 Teleologische Reduktion 154, 157 Unrecht 28, 33, 34, 35, 49, 68, 69, 82 – Erfolgsunrecht siehe Fehlverhaltensfolgen – Kennzeichnung im Schuldspruch 68 – Kennzeichnung im Strafausspruch 70 – Verhaltensunrecht siehe Fehlverhalten Urteilsspruch siehe Schuldspruch Verbot der Mehrfachbestrafung (ne bis in idem) 50 Verhalten siehe Fehlverhalten Verhaltens- und Sanktionsnorm 39, 50 – Legitimation 36, 45 – Unterscheidung 39, 40 Verhaltensnorm 36, 40, 43, 44, 45, 46, 51, 53 – dualistisch fundierte 98 – Funktion 39 – Legitimation 45 – monistisch fundierte 98

– Vorfrage der Verhaltensnormlegitimation 43 Verhaltensnormverstoß 36, 38, 41, 42, 46, 50, 55, 68, 71, 72, 78, 79, 80, 81, 82, 85, 87, 89, 92, 93, 99, 100, 102, 121, 128 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 24, 27, 32, 35, 45, 46, 48, 49, 51, 174 – Angemessenheit 47 – Erforderlichkeit 47 – Geeignetheit 47 Versuch – beendet 110, 113, 115, 118 – Milderung 105, 106, 109, 112, 113, 114 – Rücktritt 81, 100, 101, 118, 128 – unbeendet 110, 113, 114, 115, 118 – Verhältnis von Vollendung und Versuch 110, 114, 117 Vorleben des Täters siehe Rückfallschärfung Vorstrafen des Täters siehe Rückfallschärfung Wahlfeststellung 52