Die Gesetze der späten römischen Republik: Von den Gracchen bis Sulla (133–80 v.Chr.) [1 ed.] 9783946317647, 9783946317623

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Die Gesetze der späten römischen Republik: Von den Gracchen bis Sulla (133–80 v.Chr.) [1 ed.]
 9783946317647, 9783946317623

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Marianne Elster

Die Gesetze der späten römischen Republik VON DEN GRACCHEN BIS SULLA (133–80 V.CHR.)

Studien zur Alten Geschichte

Studien zur Alten Geschichte Herausgegeben von Ernst Baltrusch, Peter Funke, Tanja Itgenshorst, Stefan Rebenich und Uwe Walter

Band 28

Marianne Elster

Die Gesetze der späten römischen Republik Von den Gracchen bis Sulla (133–80 v. Chr.)

Vandenhoeck & Ruprecht

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlaggestaltung: disegno visuelle kommunikation, Wuppertal Satz: textformart, Göttingen | www.text-form-art.de Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-946317-64-7

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Die Gesetze der späten römischen Republik Von den Gracchen bis Sulla (133–80 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Vorbemerkung zu den leges Corneliae des Diktators L. Cornelius Sulla . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sammelwerke über römische Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeichenerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Listen der Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . chronologisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . thematisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

511 511 511 514 515 557 558 558 562

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort Der vorliegende Band enthält die uns überlieferten, einer Volksversammlung in Rom vorgelegten Gesetze (leges, plebiscita) aus den Jahren 133 bis 801. Dazu kommen Gesetzesanträge (rogationes), die zwar bekannt gemacht, aber nicht verabschiedet wurden, und schließlich die Gesetze des Diktators L.  Cornelius Sulla, die sowohl durch ihre Anzahl (27) als auch durch ihre Verabschiedung eine Sonderstellung einnehmen2. Diese Gesetzessammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie wird im Gegenteil vermutlich größere Lücken aufweisen, da ihr Umfang grundsätzlich vom Vorhandensein beziehungsweise Fehlen der antiken Überlieferung abhängt. Denn die Aussagen antiker Autoren und die erhaltenen Inschriften bilden Ausgangspunkt und Grundlage der Darstellung. Im Vergleich zu den Gesetzen der mittleren römischen Republik (366 bis 134) lassen sich jedoch positive Veränderungen in der antiken Überlieferung feststellen, und zwar im Hinblick auf den deutlich gestiegenen Umfang und auf die Bewertung des überlieferten Materials. Denn die Autoren, die nun Gesetze zitieren, sind zum Teil zwar noch dieselben, die auch über die mittlere Republik schrieben, doch jetzt kommen Zeitgenossen hinzu, die über die nähere Vergangenheit berichten. So kämpfte etwa Cicero als Anwalt mit den Folgen einiger der hier angeführten Gesetze, andere dienten ihm als (bessere) Gegenbeispiele für aktuelle Gesetzesvorschläge, wie das Ackergesetz des P.  Servilius Rullus (63). Andererseits richten sich die Interessen etwa der Geschichtsschreibung oder der Biographie nicht unbedingt auf rechtliche Dinge. Die Texte ermöglichen daher unterschiedliche Ausdeutungen, was einerseits eine Vielzahl divergierender Forschungsmeinungen zur Folge hat, andererseits in der hier vorliegenden Darstellung zu einem offenen Ergebnis bei der Bewertung mancher Gesetze führt. Ferner sind diesem Zeitraum der späten Republik Gesetze zuzuordnen, die erst in juristischen Lehrbüchern aus dem 2. Jh. n. Chr. und in den Rechtssammlungen Justinians (6. Jh. n. Chr.) überliefert sind. Das betrifft jedoch hauptsächlich die Gesetze Sullas aus dem Bereich des Privatrechts und des Strafrechts. Außerdem kommen in der späten Republik vermehrt Inschriften als Quelle für die Gesetze hinzu. Diese sind zwar aktuelle Zeitzeugen, ihre Auslegung ist jedoch bisweilen durch einen schlechten bzw. bruchstückhaften Erhaltungszustand erschwert. Der gestiegene Umfang der Überlieferung zeigt sich an den Zahlen der Gesetze. Konnten für die 232 Jahre der mittleren Republik 231 Gesetze angeführt werden, sind nun für den Zeitraum von nur 53 Jahren 166 Gesetze nachgewiesen. 1

Alle Jahreszahlen bezeichnen die Jahre v. Chr.; die Jahreszahlen unter den einzelnen Gesetzestiteln bedeuten: a.u.c. / ​v. Chr. 2 Vgl. die Vorbemerkung zu den leges Corneliae des Diktators L. Cormelius Sulla, S. 403.

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Vorwort

Nach wie vor bewegt sich die Gesetzgebung zum Teil in den alten Bahnen. Es finden sich immer wieder Einzelfallregelungen, die als Reaktion auf konkrete Anlässe getroffen werden, wie die lex Peducaea (Lex Nr. 59) zur Einsetzung eines Sondergerichts, weil die im vorliegenden Rechtsstreit getroffene Entscheidung nicht zur Zufriedenheit ausgefallen war. Andererseits entstehen viele Gesetze aus aktuellen politischen Erfordernissen und bilden damit das Tagesgeschehen ab, z. B. die Versuche, von der politischen Gegenseite ins Exil geschickten Personen die Rückkehr zu ermöglichen (Lex Nr. 114 und Nr. 124). Wieder andere Gesetzesinhalte erwachsen aus dem, was gerade vordringlich erscheint, wie die Regelungen zur Schuldentilgung (Lex Nr. 56, Nr. 122 und Nr. 127). Deutlich unterschieden von dieser für römische Verhältnisse „normalen“ Gesetzgebung ist eine neue Strömung, die abrupt mit der lex agraria (Lex Nr. 1) des Tiberius Gracchus im Jahr 133 einsetzt. Bei der Rogation dieses Gesetzes verzichtet er nämlich darauf, seinen Gesetzesvorschlag im Senat vorberaten zu lassen, wie es sich im letzten Jahrhundert eingebürgert hatte. Denn seit die plebiscita, die von Volkstribunen initiierten Gesetze, durch die lex Hortensia (287)3 den leges publicae, den Gesetzen der übrigen Magistrate, gleichgestellt waren, agierten die Volkstribunen zunehmend als Vertreter des Gesamtstaates und in Zusammenarbeit mit dem Senat. Dem Beispiel des Tiberius Gracchus folgen eine Reihe von Volkstribunen, sein Bruder Gaius Gracchus, Livius Drusus (Vater und Sohn), Appuleius Saturninus und Sulpicius, die – wie er – in ihrem Amt bestimmte eigene Ziele zu erreichen suchen. Als Mittel für diese Politik dient ihnen allen die Gesetzgebung, wobei die Intention durchaus unterschiedlich sein kann. So rechnet man die beiden Gracchen, Appuleius Saturninus und Sulpicius innenpolitisch im allgemeinen der popularen Seite zu. Das bedeutet unter anderem, dass auch sie gegen die Übermacht des Senats agieren und ihre Gesetze lediglich der Volksversammlung vorlegen. Andererseits ist aber zumindest bei den beiden Gracchen zu beobachten, dass ihnen das Wohl des gesamten Staates am Herzen liegt und ihre Ziele sozialpolitisch ausgerichtet sind. Die beiden Livier hingegen fallen ein wenig aus der Reihe, denn sie agieren im Sinne des Senats. Symptomatisch für das Auftreten dieser Volkstribunen ist, dass sie nicht nur für einzelne Vorhaben, sondern für Ansammlungen von Rogationen und Gesetzen verantwortlich sind. Das Übergewicht dieser Volkstribunen in der Gesetzgebung lässt sich an den Zahlen ablesen, wobei fragliche Gesetze und bloße Rogationen mitgerechnet sind: Tiberius’ Gracchus Name steht bei acht leges, der seines Bruders Gaius sogar bei siebzehn; Livius Drusus (Vater) werden drei Rogationen zugeschrieben, seinem Sohn sechs leges; Appuleius Saturninus ist mit sieben leges verzeichnet, Sulpicius mit vier. Alle übrigen etwa fünfzig Rogatoren (mit 3

Elster, Gesetze 121–125 (Lex Nr. 55).

Vorwort

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Ausnahme des Diktators Sulla)  stehen nur mit einem Gesetz in der Liste und lediglich sechs Rogatoren mit zwei leges. Offenbar sind in diesen Jahrzehnten bestimmte Themen besonders virulent, denn sie kommen in der gesamten Gesetzgebung und bei den oben genannten Volkstribunen immer wieder vor, nämlich Landverteilung, Siedlungsprojekte, Getreideversorgung und das Verhältnis zu Latinern und Bundesgenossen. So gibt es nach Jahrzehnten der Pause wieder einige Gesetze zur Gründung von Kolonien; überwiegend geschieht das aber unter anderem Vorzeichen als früher. Zum Teil geht es zwar wie früher um die Schaffung von Siedlerstellen, der größere Teil entfällt jedoch auf die Versorgung von Veteranen, was auf eine Änderung in der Kriegführung zurückzuführen ist. Denn die Heerführer stützen sich nicht mehr wie bisher auf Armeen, in denen wehrpflichtige Bürger ihren Dienst leisten sondern zunehmend auf Söldnerheere. Und so entsteht durch persönliche Bindungen der Soldaten an „ihren“ Feldherrn für diesen die Verpflichtung, während der Dienstzeit für den Unterhalt (Sold und Beute) und erst recht am Ende derselben für das weitere Auskommen zu sorgen. Obwohl damit öfter auch die Gründung von Kolonien einhergeht, erhalten Gesetze für diesen Zweck nun die Bezeichnung lex agraria. Hauptsächlich um die Versorgung der hauptstädtischen Bevölkerung zu sichern, kümmern sich die Volkstribunen nun um Getreidezuteilungen. Die Entwicklung verläuft von einem festgesetzten Preis, der unter dem Marktpreis liegt (Gaius Gracchus), über eine Herabsetzung dieses Preises (Appuleius Saturninus) und nicht näher bekannte Vorhaben (Livius Drusus, Sohn) bis dahin, dass Sulla offenbar die Abgabe von verbilligtem Getreide beendete. Ein weiterer politischer Schwerpunkt dieser Jahre ist das Verhältnis zu Latinern und Bundesgenossen im Hinblick auf die Teilhabe am römischen Bürgerrecht (civitas). Die Versuche, dieses Problem zu lösen, beginnen vielleicht schon mit Tiberius Gracchus, sicherlich mit dem Konsul M. Fulvius Flaccus (Lex Nr. 16). Es folgen C. Gracchus (Lex Nr. 38), M. Livius Drusus (Vater, Lex Nr. 42) und M. Livius Drusus (Sohn, Lex Nr. 101). Und schließlich kulminieren die Gesetze zu diesem Thema am Ende des sog. Bundesgenossenkrieges mit der Aufnahme dieser Italiker in das römische Bürgerrecht. Zum Aufbau des Buches

Die Gesetze sind in chronologischer Folge fortlaufend nummeriert, um bei Verweisen im Text und in den Fußnoten die Auffindung zu erleichtern. Außerdem erscheint diese Nummerierung als „Lex Nr. …“ in der Kopfzeile jeder Seite. Eine chronologisch angeordnete Liste der Gesetze befindet sich im Anhang. Jedes Gesetz bildet eine eigene Einheit: Unter der Nummer stehen der Titel und die chronologische Einordnung des Gesetzes. Die Gesetzestitel basieren zu-

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Vorwort

nächst auf Zitaten der antiken Überlieferung, wobei allerdings nicht zweifelsfrei zu entscheiden ist, ob der vollständige Titel oder eine Abkürzung vorliegt. Auf Grund der überlieferten Bezeichnungen entwickelte man in der Forschung ferner Titel für die Gesetze, von denen tatsächlich nur ein Teil, der Name des Rogators oder das Thema des Gesetzes bekannt ist. Eine umfassende Zusammenstellung der so mit Namen versehenen Gesetze erarbeitete Giovanni Rotondi. Seine Titel wurden bis auf wenige Ausnahmen in der modernen Literatur – wie auch in der vorliegenden Arbeit – übernommen. Die vor Rotondi entstandene Diktion von Ludwig Lange in den „Römischen Alterthümern“ weicht bei einigen Gesetzen hiervon ab. Gesetze, die in der Forschungsliteratur für diesen Zeitraum auftauchen, die jedoch aus Mangel an antiken Belegstellen oder aus sonstigen Gründen als unhistorisch zu bewerten sind, werden im Titel mit Asterisk (*) gekennzeichnet, zweifelhafte Fälle mit Fragezeichen versehen. Am Anfang jedes Gesetzes stehen die Belegstellen aus der antiken Überlieferung in Latein oder Griechisch, auf die jeweils eine deutsche Übersetzung folgt. Eine Ausnahme machen die inschriftlich erhaltenen Gesetze: Ihr Umfang würde den Rahmen des Buches sprengen, daher wird für Text und Übersetzung dieser leges auf die vorhandenen Editionen verwiesen. Der auf die Texte folgende Kommentar geht von den Aussagen der antiken Autoren aus, stellt den Sachverhalt dar und bewertet die Überlieferung unter Berücksichtigung der modernen Forschungsliteratur. Am Ende jedes Gesetzes stehen Literaturhinweise speziell für dieses Gesetz, nach den Namen der Verfasser geordnet. Dabei wurden manche Nennungen des Gesetzes auch nur aufgenommen, um deutlich zu machen, in welchen Zusammenhängen das gerade behandelte Gesetz seitens der Forschung Beachtung findet. Die Literaturhinweise in den Fußnoten wurden hingegen bei Aufzählungen chronologisch angeordnet. * * * * * * * Dank sagen möchte ich allen, die zum Werden dieses Buches beigetragen haben: in erster Linie Herrn Prof. Dr. Dieter Flach, der – wie schon in dem Band über die Gesetze der mittleren Republik (Darmstadt 2003) – die Mühe auf sich nahm, sowohl meine Übersetzungen aus dem Lateinischen als auch meine Kommentare einem prüfenden Blick zu unterziehen und den ganzen Band Korrektur zu lesen. Von Frau Prof. Dr. M. Annette Harder, Groningen, erhielt ich wertvolle Hinweise für die Übersetzungen aus dem Griechischen. Am Althistorischen Seminar der Universität Hamburg ermöglichten mir die Professoren Dr. Helmut Halfmann und Dr. Werner Rieß die Arbeit in der Seminarbibliothek. Ein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Uwe Walter, Bielefeld, der bei der Beschaffung schwer zugänglicher Literatur behilflich war und dafür sorgte, dass das Buch in die Reihe „Studien zur Alten Geschichte“ aufgenommen wurde.

Vorwort

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Und vor allem möchte ich meiner Familie danken, die mich in stilistischen Fragen beriet, Korrektur las und mich darüber hinaus in vielfältiger Weise unterstützte. Für trotzdem noch vorhandene Schreibfehler und Irrtümer bin ich jedoch allein verantwortlich. Uelzen, Oktober 2019

Marianne Elster

Die Gesetze der späten römischen Republik Von den Gracchen bis Sulla (133–80 v. Chr.)

1 Lex Sempronia agraria 621/133

App. civ. 1.9,37: ταῦτα δὲ εἰπὼν ἀνεκαίνιζε τὸν νόμον μηδένα τῶν πεντακοσίων πλέϑρων πλέον ἔχειν. παισὶ δ’ αὐτῶν ὑπὲρ τὸν παλαιὸν νόμον προσετίϑει τὰ ἡμίσεα τούτων· καὶ τὴν λοιπὴν τρεῖς αἱρετοὺς ἄνδρας, ἐναλλασσομένους κατ’ ἔτος, διανέμειν τοῖς πένησι. Nachdem er das gesagt hatte, erneuerte er das Gesetz, dass niemand mehr als 500 Morgen besitzen solle. Für die Kinder dieser Leute fügte er über das alte Gesetz hinaus die Hälfte dieser Fläche hinzu. Und den Rest sollten drei gewählte Männer, die jedes Jahr ausgewechselt würden, unter die Armen verteilen. 10,38: Τοῦτο δ’ ἦν, ὃ μάλιστα ἠνώχλει τοὺς πλουσίους, οὐ δυναμένους ἔτι ὡς πρότερον τοῦ νόμου καταφρονεῖν διὰ τοὺς διαιροῦντας οὐδὲ ὠνεῖσϑαι παρὰ τῶν κληρουμένων· ὁ γάρ τοι Γράκχος καὶ τόδε προϊδόμενος ἀπηγόρευε μὴ πωλεῖν. Dieses letzte war es, das die Reichen am meisten störte, weil sie das Gesetz wegen der Triumvirn zur Ackerverteilung nicht mehr wie früher missachten und auch nicht denen, die Ackerlose erhalten hatten, das Land abkaufen konnten. Denn Gracchus sah auch dies voraus und verbot deshalb den Verkauf der Ackerlose. 12,54: … καὶ ὁ νόμος ὁ περὶ τῆς γῆς ἐκυροῦτο. … und das Ackergesetz wurde verabschiedet. Plut. Ti.Gracch. 8–13: 8,2: ἐγράφη νόμος οὐκ ἐῶν πλέϑρα γῆς ἔχειν πλείονα τῶν πεντακοσίων. Eingebracht wurde ein Gesetz, dass niemand mehr als 500 Morgen Land besitzen dürfe. 8,6: ῾Ο Τιβέριος δὲ δήμαρχος ἀποδειχϑεὶς εὐϑὺς ἐπ᾿αὐτὴν ὥρμησε τὴν πρᾶξιν,  … Als Tiberius zum Volkstribun erklärt wurde, machte er sich sogleich an dieselbe Angelegenheit [d. h. den Armen Anteil an Land zu verschaffen]. 9,1: Οὐ μὴν ἐφ᾿αὑτοῦ γε συνέϑηκε τὸν νόμον, … Allerdings arbeitete er das Gesetz nicht selbst aus, … 9,2: Καὶ δοκεῖ νόμος εἰς ἀδικίαν καὶ πλεονεξίαν τοσαύτην μηδέποτε πρᾳότερος γραφῆναι καὶ μαλακώτερος. Οὓς γὰρ ἔδει δίκην τῆς ἀπειϑείας δοῦναι καὶ μετὰ ζημίας ἣν παρὰ τοὺς νόμους ἐκαρποῦντο χώραν ἀφεῖναι, τούτους ἐκέλευσε τιμὴν προσλαμβάνοντας ἐκβαίνειν ὧν ἀδίκως ἐκέκτηντο, καὶ παραδέχεσϑαι τοὺς βοηϑείας δεομένους τῶν πολιτῶν. Und es scheint, dass niemals ein sanfteres und milderes Gesetz gegen so große Ungerechtigkeit und Habsucht beantragt wurde. Denn es hätten die Leute für ihre Übertretung Strafe zahlen und mit einer Geldstrafe das Land, das sie entgegen den Gesetzen an sich gerissen haben, verlassen müssen. Stattdessen ordnete es an, dass diese Leute eine Entschädigung dafür bekamen, dass sie das Land räumten, das sie widerrechtlich besessen hatten, und dass die Bürger es erhielten, die Hilfe brauchten. 10, [Der Mittribun Octavius wurde überredet] 2: … ἀντικαϑίστατο τῷ Τιβερίῳ καὶ διεκρούετο τὸν νόμον. …, er stellte sich gegen Tiberius und erhob Einspruch gegen das Gesetz. … 10,4: … ὁ Τιβέριος τὸν μὲν φιλάνϑρωπον ἐπανείλετο νόμον, τὸν δ’ ἡδίω τε τοῖς πολλοῖς καὶ σφοδρότερον ἐπὶ τοὺς ἀδικοῦντας εἰσέφερεν, ἤδη κελεύων ἐξίστασϑαι τῆς χώρας ἣν ἐκέκτηντο παρὰ τοὺς προτέρους νόμους. Tiberius nahm das menschenfreundliche

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Gesetz zurück, er brachte aber ein für das Volk noch angenehmeres Gesetz ein, das gegenüber denen, die im Unrecht waren, über das vorige hinausging. Denn er beantragte nun, dass sie das Land abreten müssten, das sie entgegen den früheren Gesetzen in Besitz hatten. 13,1: ᾿Εκ τούτου κυροῦνται μὲν ὁ περὶ τὴς χώρας νόμος, αἱροῦνται δὲ τρεῖς ἄνδρες ἐπὶ τήν διάκρισιν καὶ διανομὴν, αὐτὸς Τιβέριος καὶ Κλαύδιος Ἄππιος ὁ πεντερὸς καὶ Γάιος Γράκχος ὁ ἀδελφός, οὐ παρὼν οὗτος, ἀλλ’ ὑπὸ Σκιπίωνι πρὸς Νομαντίαν στρατευόμενος. Danach wird auch das Ackergesetz verabschiedet. Es werden aber drei Männer zur Untersuchung und Verteilung der Ländereien gewählt, Tiberius selbst, sein Schwiegervater Appius Claudius und sein Bruder Gaius Gracchus, der aber nicht in Rom anwesend war, sondern unter Scipio vor Numantia Kriegsdienst leistete. Liv. per. 58: Tib. Sempronius Gracchus tribunus plebis cum legem agrariam ferret adversus voluntatem senatus et equestris ordinis, ne quis ex publico agro plus quam mille iugera possideret, in eum furorem exarsit, ut … seque et C. Gracchum fratrem et Appium Claudium socerum triumviros ad dividendum agrum crearet. Als der Volkstribun Ti. Sempronius Gracchus gegen den Willen des Senats und des Ritterstands das Ackergesetz beantragte, dass niemand mehr als 1000 Morgen Staatsland besitzen solle, wurde er von leidenschaftlichem Eifer ergriffen, so dass er … sich, seinen Bruder C. Gracchus und seinen Schwiegervater zu Triumvirn für die Verteilung des Landes wählen ließ. Flor. 2.2,6 (3.14): Sic triumvir creatus dividendis agris … So wurde er (Ti. Gracchus) zum Triumvir für die Verteilung von Ländereien gewählt. Cic. Sest. 48,103: Agrariam Ti. Gracchus legem ferebat: grata erat populo; fortunae constitui tenuiorum videbantur; nitebantur contra optimates, quod et discordiam excitari videbant et, cum locupletes possessionibus diuturnis moverentur, spoliari rem publicam propugnatoribus arbitrabantur. Ti. Gracchus schlug ein Ackergesetz vor, es war beim Volk gern gesehen: die Vermögensverhältnisse der Ärmeren schienen in Ordnung gebracht zu werden. Die Optimaten sträubten sich dagegen, weil sie dadurch Zwietracht geschürt sahen und, da die Reichen von ihren langjährigen Besitzungen vertrieben würden, glaubten, dass der Staat seiner Beschützer beraubt werde. Cic. leg. agr. 2.5,10: venit mihi in mentem duos clarissimos, ingeniosissimos, amantissimos plebei Romanae viros, Ti. et C.  Gracchos, plebem in agris publicis constituisse, qui agri a privatis antea possidebantur. Mir fällt ein, dass zwei hochberühmte und -begabte, beim römischen Volk äußerst beliebte Männer, Tiberius und Gaius Gracchus, das Volk auf Staatsland angesiedelt haben, auf Land, das zuvor von Privatleuten in Besitz gehalten wurde. Val. Max. 7.2,6: Par illa sapientia senatus. Ti. Gracchum tribunum pl. agrariam legem promulgare ausum morte multavit. idem ut secundum legem eius per triumviros ager populo viritim divideretur egregie censuit, si quidem gravissimae seditionis eodem tempore et auctorem et causam sustulit. Dem vergleichbar ist jene denkwürdige Klugheit des Senats. Er bestrafte den Volkstribunen Ti. Gracchus

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mit dem Tode, der es gewagt hatte, ein Agrargesetz öffentlich bekanntzumachen. Höchst beachtenswert entschied dann derselbe Senat, dass gemäß seinem Gesetz durch Triumvirn Ackerland an das Volk Mann für Mann verteilt werden solle; beseitigte er doch gleichzeitig den Urheber eines ungeheuren Aufruhrs als auch den Grund dafür. Vell. 2.2,2–3: (Ti. Gracchus)  … descivit  a bonis,  … simul etiam promulgatis agrariis legibus.  … triumviros agris dividendis coloniisque deducendis creavit se socerumque suum, consularem Appium, et Gaium fratrem admodum iuvenem. Ti. Gracchus sagte sich von den staatstreu Gesinnten los, … obwohl er gleichzeitig auch schon Ackergesetze promulgiert hatte, ließ er zu Triumvirn für die Landverteilung und die Gründung von Kolonien sich selbst, seinen Schwiegervater, den Konsular Appius, und seinen gerade 20 Jahre alten Bruder Gaius wählen. Vir. ill. 64,3: (Tiberius Gracchus) tribunus plebis legem tulit, ne quis plus mille agri iugera haberet. Der Volkstribun Tiberius Gracchus beantragte ein Gesetz, dass niemand mehr als 1000 Morgen Ackerland besitzen solle. Schol. Bob. p.135: (§ 103.) A g r a r i a m T i b e r i u s , f r u m e n t a r i a m C .   G r a c c h u s f e r e b a t : Ille, ut ager publicus Romanae plebi divideretur, quae lex ei magnam conflavit invidiam. Tiberius brachte ein Agrargesetz, C. Gracchus ein Getreidegesetz ein. Jener, damit das Staatsland an die römische Plebs verteilt werde, ein Gesetz, das starken Hass auf ihn entfachte. Die lex Sempronia agraria des Tiberius Gracchus steht an der Schwelle eines neuen Zeitabschnitts in der Geschichte der römischen Republik, mag man ihn nun in der modernen Forschung „Revolution“ (Syme / ​Badian)1 oder „Krise der römischen Republik“ (Christ / ​Bringmann)2 nennen, wobei man sich in jedem Falle bewusst sein sollte, dass dies nur in der Rückschau zu erkennen ist, denn von Tiberius war ein solcher Bruch sicher nicht intendiert.3 Die rückwärtsgewandte Sicht mit der besonderen Hervorhebung dieses Ackergesetzes, zugleich auch mit der Positionierung am Beginn von Umwälzungen des politischen Lebens in Rom, manifestiert sich schon wenige Jahrzehnte nach seiner Verabschiedung. Cicero (Sest. 48,103; leg. agr. 2.5,10; Mil. 27,72) urteilt4 vielfach, doch situationsbedingt und nicht einheitlich über Gesetz und Rogator und beeinflusste zeitgenössische und nachfolgende Autoren. Daneben finden sich in der mehr 1

Ronald Syme, The Roman Revolution, Oxford 1939; Ernst Badian, Tiberius Gracchus and the Beginning of the Roman Revolution, ANRW 1,1. (1972) 668–731. 2 Karl Christ, Krise und Untergang der römischen Republik, Darmstadt 1979; Klaus Bringmann, Krise und Ende der römischen Republik (133–42 v. Chr.), Berlin 2003. 3 Übereinstimmend wird die Reformidee von Ti. Gracchus als im wesentlichen konservativ angesehen, vgl. v. Stern, Hermes 56, 1921, 244; Martin, Populare 130 mit weiterer Literatur, und unten. 4 Ausführlich dazu: Béranger, ANRW 1,1.732–763; Schneider, Wirtschaft 415–419, hebt Ciceros negatives Urteil hervor.

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erzählenden Literatur auch freundlichere Bewertungen des gracchischen Vorgehens, doch der Tenor von etwas Neuem, bisher nicht Dagewesenem schimmert überall durch. So weisen Appian und Plutarch einmütig der lex Sempronia agraria einen besonderen Stellenwert innerhalb der Geschichte der römischen Ackergesetzgebung zu, beide Berichte befassen sich jedoch mehr mit dem Zustandekommen des Gesetzes als mit seinem Inhalt. Das gilt auch für die übrigen antiken Nachrichten, denn trotz der Erwähnung des Gesetzes bei vielen Autoren werden die vorgesehenen Regelungen nur lapidar zusammengefasst und widersprechen sich die Angaben teilweise; außerdem sind sie offensichtlich nirgends vollständig überliefert. So sind sich Appian und Plutarch darin einig, dass Tiberius auf eine Regelung zurückgriff, die vermutlich ein halbes Jahrhundert zuvor gemacht wurde5 und die besagte, dass niemand mehr als 500 Morgen (ca. 125 ha) Staatsland in Besitz nehmen solle. Tiberius formte dieses Gesetz allerdings um und gab ihm eine veränderte Zielrichtung, indem er der früheren lex de modo agrorum eine neue Vorschrift über eine Landverteilungsregelung inkorporierte.6 Die ehemalige Höchstgrenze setzte Tiberius in seinem Gesetz herauf: Nach Appian erhielt man jeweils weitere 250 Morgen für die eigenen Kinder, nach der Epitome von Livius galt nun eine Höchstgrenze von 1000 Morgen.7 Diese beiden Aussagen kann man verbinden, indem man Appians Angaben als auf die ersten beiden Kinder8 beschränkt auslegt.9 Diese Auffassung wird heute überwiegend geteilt.10 Von einem bevölkerungspolitischen Standpunkt aus, der noch zu Augustus’ Zeiten von einer Wunschfamilie mit drei Kindern ausgeht, kommt eher ein Schreibfehler des Epitomators in Betracht.11

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Elster, Gesetze 365–367 (Lex Nr. 177). Flach, Frühe Gesetze 288, zeigt, dass dieses Gesetz eine andere Intention hatte, nämlich die Ballung wirtschaftlicher und politischer Macht in den Händen einer Minderheit zu verhindern. 6 Tibiletti, Athenaeum 27, 1949, 19, betont den Unterschied zwischen der Gesetzgebung de modo agrorum und der „legislazione agraria“, nach Bauman, Lawyers 246, und Bringmann, Symposion Heuss 64, kombiniert Tiberius in seiner lex zwei Arten von Gesetzen. 7 Diese Zahl wurde in Vir. ill. 64,3 aus Livius übernommen. 8 Sicher richtig ist Badians Feststellung (ANRW 1.702–703), dass nicht nur „Söhne“, sondern „Kinder“ gemeint sind; vgl. Flach, Agrargeschichte 38. 9 Molthagen, Historia 22, 1973, 423 m. A.5; abweichende Meinung bei Badian, Historia 11, 1962, 210 A.52, und ANRW 1.702–703; vorsichtig Flach, Agrargeschichte 38–39. 10 So schon Mommsen, RG 3.95; weitere Literaturangaben bei Molthagen, Historia 22, 1973, 423 A.5; vgl. Boren, Gracchi 49; Behrends, Symposion Wieacker 84; Bauman, Lawyers 245 A.137. Lintott, CAH2 9.64, setzt sich über die Angabe aus Liv. per. 58 hinweg, für vier Kinder geht er von einem Besitz von bis zu 1.500 Morgen aus. 11 So Badian, Historia 11, 1962, 210 A.52, und ANRW 1.702–703; auf die Abhängigkeit der vorgeschlagenen Verbindung der antiken Aussagen von der richtigen Überlieferung der Zahl 1000 weist auch Flach, Agrargeschichte 39, hin.

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Das auf diese Weise freiwerdende Land – es handelt sich um ager publicus bzw. occupatorius, um Staatsland in Italien, das infolge kriegerischer Auseinandersetzungen in römischen Besitz gekommen und Privatleuten zur Nutzung überlassen worden war12 – wird an die ärmere Bevölkerung13 verteilt, um neue Bauernstellen zu schaffen. Der Umfang dieser Viritanassignationen ist nicht überliefert, wird aber gleichwohl in irgendeiner Form Bestandteil des Gesetzes gewesen sein.14 Mommsen15 hat für die nach der lex Sempronia ausgegebenen Parzellen eine Größe von 3016 Morgen angenommen – eine Zahl, die er aus der lex agraria von 111 erschloss.17 Last18 dagegen meint aus einem Vergleich mit früheren Landzuteilungen, das Gesetz habe keine Standardgröße für die Bauernstellen vorgesehen, weil weder der Umfang des zur Verfügung stehenden Landes noch die Anzahl der potentiellen Siedler bekannt war, nach Lintott19 und Flach20 ist es wahrscheinlicher, dass unterschiedlich große Flächenanteile vergeben wurden, abhängig von der Güte des Bodens.21 Außerdem fehlt in der Überlieferung jeder Hinweis auf die Möglichkeit, auch einen Anteil an Weideland22 zu haben, wie es im Vorläufergesetz aus dem Beginn des 2. Jhs. geregelt war. Das Gesetz legte weiter fest, wie das Land freigegeben werden sollte, das über der Höchstgrenze für erlaubten Besitz lag. Plutarch (9,2; 10,4) bindet das folgendermaßen in seine Erzählung ein: Tiberius hatte zunächst eine Entschädigung 23 12

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Die Entstehung dieser Besitztümer fasst Bringmann, Republik 201–202, und ders., Revolution 36–37, prägnant zusammen; vgl. Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1170–1171. Die rechtlichen Probleme des ager publicus behandeln Zancan, ager publicus 3–12; Tibiletti, Athenaeum 26, 1948, 176–182; Burdese, ager publicus 13–36. Tweedie, Historia 60, 2011, 472–473, sieht die lex agraria in der Tradition der römischen Politik, die sich um die Ansiedlung von Veteranen bemüht, die lex habe die Rückkehr Scipios aus Spanien mit seiner Armee antizipiert. Ähnlich äußert sich Niccolini, FTP 144. Mommsen, RG 3.95. 50 Morgen bei Humbert, DS 1.162 – ohne Begründung, vielleicht ein Druckfehler. In Z. 14 (CIL 12 .2,1 n.585) wird ehemaliges Staatsland, das als Ackerland verteilt oder in Besitz genommen wurde, bis zur Höchstgrenze von 30 iugera zu Privatland erklärt. Diese Größenordnung auch bei Badian, ANRW 1.1,704; De Martino, Nuovi studi 184–187. Zweifel und Beispiele von anderen Zuteilungen bei Lintott, Judicial reform 216–217. Last, CAH 9.23; Molthagen, Historia 22, 1973, 425 A.11, schließt sich dem an. Lintott, CAH2 9.65. Flach, Agrargeschichte 41. Ebenso Stockton, Gracchi 48; De Martino, Nuovi studi 184–187; in Costituzione 2.479–480 formuliert De Martino vorsichtiger, dass das Gesetz wegen der unsicheren Zahl sowohl des zur Verfügung stehenden Landes als auch der Empfänger nichts Genaues festgelegt und der Tätigkeit der Triumvirn nicht vorgegriffen hat, wie zuvor schon Last, CAH 9.23 (s. o.). Ausführlich dazu Tibiletti, Athenaeum 27, 1949, 6–12; zusammenfassend: Stockton, Gracchi 48. Astin, Scipio 347, hält das für sehr fraglich, und von der Forschung wird es zumeist abgelehnt; vgl. Badian, AJPh 100, 1979, 454.

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in Aussicht gestellt, dann aber, als er die ablehnende Haltung seinem Vorhaben gegenüber bemerkte, seine Rogation modifiziert. Der zweite Vorschlag sah nun eine Herausgabe des zu Unrecht besetzten Landes ohne Entschädigung für Aufwendungen (Gebäude, Anpflanzungen) vor. Diese zweite Fassung enthebt Tiberius der Schwierigkeit, auch noch Geld für die Entschädigungszahlungen bereitzustellen. Appian (civ. 1.11,46) lässt Tiberius sogar die Ansicht vertreten, dass es Entschädigung genug sei, wenn sie das bisherige Staatsland bis zur vorgeschlagenen Höchstgrenze von nun an für immer als dauerhaften Besitz ohne Bezahlung behalten dürften.24 Das bedeutet nicht, wie Lintott25 zu Recht bemerkt, dass possessiones von Staatsland damit in Privateigentum überführt werden. Ebenso werden auch die neu ausgeteilten Parzellen, die explizit nicht verkauft26 und auch nicht verpfändet27, aber wohl vererbt werden konnten28, weiter in staatlicher Hand geblieben sein.29 Damit verbunden ist die Frage, ob die neuen Besitzer eine Abgabe, Pacht oder Steuer, bezahlen mussten.30 Das scheint aus Plutarch (C.Gracch. 9) zu folgen, denn als Inhalt eines späteren Gesetzesvorschlags31 führt er die Abschaffung dieser Abgabe an. Andererseits passt es nicht recht zu den mehrfach proklamierten Intentionen von Tiberius, die auf den ärmeren Teil der Bevölkerung zielen, wenn diejenigen, die eine Assignation erhalten, etwas 24

So Last, CAH 9.23, in Anlehnung an Appian; ebenso u. a. Bauman, Lawyers 246. Lintott, Judicial reform 45. 26 Bauman, Lawyers 260–267, sieht griechische Parallelen im Verkaufsverbot. 27 Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1172. 28 Diese Überlegung findet allgemeine Zustimmung, geht gleichwohl nicht direkt aus den Quellen hervor, vgl. Mommsen, RG 3.95; Botsford, Roman Assemblies 364; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1172; Last CAH 9.24; 29 Gegen Badian, ANRW 1.1, 704 („private property“); ebenso De Martino, Wirtschaftsgeschichte 135; in Costituzione 3.481, lässt er allerdings offen, wie dieses Eigentum genau aussieht („(il) tipo di proprietà è discusso“); Richardson, JRS 70, 1980, 6 hält einen Wechsel von Staatseigentum zu Privateigentum durch das gracchische Gesetz für wahrscheinlich. Kaser, ZRG 62, 1942, 6–11, kommt zu dem Ergebnis, dass das verteilte Land zu der in der lex agraria von 111 (Lex Nr. 61) genannten Form ager privatus vectigalisque gehört, dass es also privates Eigentum ist, gleichwohl aber durch eine Zinsabgabe einer öffentlichrechtlichen Beschränkung unterliegt. 30 Kaser, ZRG 62, 1942, 8–9, schließt sich der Auffassung von Max Weber (Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht, Stuttgart 1891, 156 ff.) an, dass es eine wiederkehrende Zahlung, eine Art „Pachtzins“, gegeben habe, für die Zinsabgabe zitiert er (a. a. O., 10) Plut. C.Gracch. 9. Mommsen, RG 3.95: unveräußerliche Erbpacht, Besitzer mussten „mäßige Rente“ an die Staatskasse zahlen; ebenso Lange, Alterthümer 3.10; Humbert, DS 1.162; Botsford, Roman Assemblies 364; Last CAH 9.24; Burdese, ager publicus 85 u. ö.: „vectigal“. – Molthagen, Historia 22, 1973, 425 relativiert: „möglicherweise“. Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 69, meint dagegen, dass für die Landlose ein vectigal gezahlt werden musste, um die Arbeit der Kommission zu finanzieren. 31 Rogatio Livia agraria, Lex Nr. 41 – Plutarch stellt das aber in Beziehung zu einem Gesetz von Gaius Gracchus. 25

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bezahlen sollen32, während auf der anderen Seite die größeren Einheiten des okkupierten Staatslandes bis zur vorgeschriebenen Höchstgrenze abgabenfreier Besitz bleiben33  – so auch Appian (civ. 1.11,46) in der Rede des Tiberius vor der Volksversammlung zur Begründung seiner Rogation, womit er allerdings seinen früheren Ausführungen widerspricht; denn Appian (civ. 1.7,27) beschreibt detailliert die Abgabe eines Zehnten vom Getreide bzw. eines Fünften der Früchte. Offen bleibt noch die Frage des Geltungsbereichs der lex agraria: Nach dem Umfang der modernen Literatur zu urteilen, gilt als Hauptproblem, welchem Personenkreis die Verteilung des frei werdenden ager publicus zugutekommen sollte. Wegen der unterschiedlich interpretierten Aussagen von Appian auf der einen, Cicero und Plutarch auf der anderen Seite wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert, ob nur römische Bürger (Cicero, Plutarch) oder auch Latiner und Bundesgenossen (Appian) an den Assignationen beteiligt sein sollten.34 Unstrittig scheint, dass sich Latiner und Bundesgenossen seit jeher an den Okkupationen in 32

Vgl. Boren, Gracchi 49 m. A.17 (133); Kaser, ZRG 62, 1942, 15–16, hält den Zins für gering, „um den Siedlungszweck nicht zu gefährden“. 33 Es besteht ein Unterschied zwischen dem ager publicus, der von den Zensoren verpachtet wurde, und demjenigen, der zur Okkupation freigegeben wurde (ager occupatorius) und für den deshalb keine Abgaben fällig waren; vgl. Kaser, ZRG 62, 1942, 27–30; Tibiletti, Latifundium 39–42. 34 Ausführliche Literaturangaben zu beiden Meinungen bei Bernstein, Ti. Gracchus 137; außerdem eine gründliche Auseinandersetzung (S.137–157) mit den Theorien von Shochat, Athenaeum 48, 1970, 25–45, und Nagle, Athenaeum 48, 1970, 373–394 und Athenaeum 49, 1971, 111–128. Vgl. zu Bernstein die Rezension von Badian, AJPh 100, 1979, 455–456; Bernsteins eigene Überlegungen gehen auf C. E. Stevens (Ti. Gracchus 145 A.51) zurück: Tiberius hätte in seinem ersten Gesetzesvorschlag die Bundesgenossen mitbedacht, aus Rücksicht auf die Wähler diesen Plan dann in seinem zweiten Entwurf fallen gelassen. Für eine Teilnahme der Italiker sind: Botsford, Roman Assemblies 364; Gabba, ANRW 1,1.785; Beness, Antichthon 25, 1991, 46 A.59, unter Hinweis auf Vell. Pat. 2.2,2 (vgl. dazu Lex Nr. 5). Ganz überzeugt ist Shochat, Athenaeum 48, 1970, 25–45, wobei er in seiner Argumentation den Bericht Appians überstrapaziert und Plutarch unberechtigt abqualifiziert. Für eine Ausdehnung der Assignationen auf die Latiner: Sherwin-White, Citizenship 217–218. Es überwiegt die Ansicht für die alleinige Verteilung an römische Bürger, so u. a. Lange, Alterthümer 3.10; Cardinali, Studi Graccani 264–276, 281[1965: 160–172, 177]; Carcopino, BAGB 22, 1929, 5–6; Gelzer, Gnomon 17, 1941, 150–151; Marsh / ​Scullard, History 409; Lintott, Judicial reform 44; Perelli, Movimento popolare 80–81 (ausführliche Diskussion) u. Perelli, Gracchi 78; Mackay, Breakdown 39–40 (bei den Neueren öfter mit Hinweis auf Badian, Clientelae 169–174); Bleicken, Ti. Gracchus 123–124; Kukofka, Tyche 5, 1990, 52–53, 59–60. Einen Unterschied zwischen Theorie (für alle) und Praxis (für römische Bürger) machen etwa Niccolini, FTP 147; Tibiletti, Latifundium 37–39; Stockton, Gracchi 42–46, 59. Howarth, Historia 48, 1999, 291–292, hält die Frage schlicht für „almost irrelevant“, im Übrigen erscheint seine Ansicht unbewiesen, dass nur die Italiker von Enteignung betroffen seien, weil die Römer Mittel und Wege finden würden, die von Tiberius festgesetzte Höchstgrenze zu umgehen. Unentschieden: Bringmann, Agrarreform 27–28.

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ganz Italien beteiligen konnten, vorwiegend in den Randgebieten zwischen dem Territorium der eigenen Siedlungen und dem römischen ager publicus.35 Wenn Tiberius sich tatsächlich um die Stärkung der römischen Heereskraft36 bemühte, kann man wohl davon ausgehen, dass er in seinem Vorhaben auch Bundesgenossen und Latiner berücksichtigen wollte, die neben den römischen Bürgern immer ein beachtliches Kontingent am Aufgebot stellten. Der Verwirklichung dieser Überzeugungen stand entgegen, dass vordringlich für die römische Plebs, das hauptstädtische Proletariat, neue Bauernstellen geschaffen werden sollten, aber auch, dass man auf das vorherzusehende Abstimmungsverhalten der Volksversammlung Rücksicht nahm37. Denn die römischen Bürger waren vermutlich nicht gewillt, ihr Land mit Latinern und Bundesgenossen zu teilen. Um dennoch einen Weg zu finden, die socii an den Assignationen zu beteiligen, meint Richardson38, dass Tiberius Gracchus in seiner Rogation den Italikern insgesamt ein kombiniertes Angebot von Land und Bürgerrecht machte.39 Seine Begründung dafür leitet er – mit einer recht eigenwilligen Interpretation der Quellen – aus dem römischen Eigentumsbegriff ab, wonach in Rom nur römische Bürger Eigentum an Grund und Boden erlangen konnten. Da eine Landverteilung immer einen Wechsel des Eigentums zur Folge habe40, müssten die Bundesgenossen zuvor oder zugleich mit den Assignationen Bürgerrecht erhalten. Alle diese Überlegungen zur Beteiligung der Bundesgenossen laufen am Ende jedoch auf das praktisch festzustellende Ergebnis zu, dass die Bundesgenossen letztendlich von den Assignationen ausgeschlossen blieben.41 Ausgehend von Bemerkungen der antiken Autoren wurde versucht, auch für die anderen Aspekte des Ackergesetzes Motive für Tiberius’ Handeln und seine Intentionen zu ergründen. Vieles, auch Gegensätzliches wurde gefunden. Mittler35 36

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Flach, HZ 217, 1973, 266–268; vgl. Galsterer, Herrschaft 174. Auf dem Weg durch Etrurien (Plut. Ti.Gracch. 8,9), wie C. Gracchus in einer Schrift über seinen Bruder beschreibt, kam Tiberius nur durch Gebiet der Bundesgenossen, konnte demnach hier nur die Motivation gewinnen, dass der Niedergang der bäuerlichen Schicht der socii genauso wie derjenige der römischen Bürger aufgehalten werden musste (Flach, HZ 217, 1973, 269). Badian, Clientelae 172–173, führt diese Geschichte von Gaius auf dessen eigene Vorstellungen zurück, die er mit dem Hinweis auf seinen Bruder stärken möchte. Flach, HZ 217, 1973, 270 und die dort zitierte Literatur; ähnlich Bernstein, Ti. Gracchus 147–148, vgl. o. Fn. 34. JRS 70, 1980, 6–8. JRS 70, 1980, 10. Diese These galt vermutlich für die älteren Assignationen, für die Gracchenzeit aber wohl nicht mehr ohne Einschränkungen, so blieb z. B. das den viasii vicani assignierte Land ager publicus (Kaser, ZRG 62, 1942, 10, 14). Außerdem wurde nach der gracchischen Rogation das quiritische Eigentum des neu assignierten Landes öffentlichrechtlichen Beschränkungen unterworfen, wie Kaser, a. a. O., 7–11, deutlich gemacht hat, ist also ohnehin kein Eigentum optimo iure. Badian, AJPh 100, 1979, 455.

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weile besteht eine Art Konsens in der modernen Forschung darüber, dass Tiberius im Grunde ein konservativer Reformer war.42 Aber durch die Kritik an seinen Plänen und seinem Vorgehen ließ er sich auf einen Weg drängen, der – wie einige meinen – darauf zielte, staatliche Macht zur Verwirklichung seines Vorhabens zu erlangen oder aber die politischen Verhältnisse in seinem Sinn umzugestalten. Dahinter steht vermutlich eher der Wunsch nach praktischer Durchsetzung der geplanten Maßnahmen, wofür er unvorhersehbare, drastische Vorgehensweisen am Rande der Legalität forcierte, als die Umsetzung von Ideen, die aus der griechischen Philosophie stammten.43 Seinen Gesetzesantrag hat Tiberius jedenfalls nicht allein abgefasst. In P. Mucius Scaevola, einem der führenden Juristen und Konsul des Jahres 133, dessen leiblichem Bruder P. Licinius Crassus Mucianus, der 132 Pontifex maximus wird, und seinem Schwiegervater Appius Claudius hatte er prominente Unterstützung für sein Vorhaben gewonnen44 und konnte damit wohl auch einen Teil des Senats zu den Befürwortern des Gesetzes zählen.45 Allerdings brachte er den Antrag ohne Vorberatung im Senat sofort in der Volksversammlung vor, was schon eine Abweichung vom „Üblichen“ war. Erst im Verlauf der beginnenden Auseinandersetzungen um die Rogation ließ er sich dann mit Mühe dazu überreden, seine Sache doch noch im Senat vorzutragen, allerdings ohne dass die Rogation dort gebilligt wurde.46 Das behaupten jedenfalls Appian (civ. 1.12,50–51) und Plutarch (Ti.Gracch. 11,3–4). Es folgten innenpolitische Streitigkeiten, bis über die Rogation – nach der zweimaligen Interzession des Mittribunen Octavius gegen das Gesetz und schließlich dessen Absetzung durch eine vom Volk beschlossene Rogation47 – abgestimmt wurde und sie damit Gesetzeskraft erhielt. 42

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Bernstein, Ti. Gracchus 157–159; zur Motivation von Tiberius, vgl. u. a. Bleicken, HZ 247, 1988, 267–277; Stockton, Gracchi 40; Boren, Stadt Rom 92–93; über Zielrichtung des Gesetzes, vgl. Astin, Scipio 196–197. Eingehende Untersuchung des Reformplans von Tiberius bei v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 168–177. In diesem Sinne Boren, Gracchi 54, der zwar Tiberius als „deliberate revolutionary“ bezeichnet, aber doch seine neuen Methoden hervorhebt. Dagegen findet Nicolet, REA 67, 1965, 142–158, bei Tiberius nach Cic. Lael. 37 einen Rückgriff auf Blossius von Cumae und griechische philosophische Ideen; ebenso Marsh / ​Scullard, History 407; vgl. Scullard, Gracchi to Nero 24, 378. Auch v. Stern, Hermes 56, 1921, 266, konstatiert eine Abhängigkeit von griechischen Lehrmeistern. Die Vorstellungen von Tiberius und auch des Scipionenkreises beleuchtet Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 118–127; die Idee der Volkssouveränität findet sich auch bei De Martino, Costituzione 2.496–500; Sordi, sacrosanctitas 124–130; zurückhaltend: Astin, Scipio 195, eine ausgewogene Beurteilung bei Badian, ANRW 1,1.679. Vgl. auch bei Lex Nr. 2. Plut. 9,1. Molthagen, Historia 22, 1973, 425–426 sieht Tiberius als „Exponent“ einer Gruppe von Senatoren. Boren, Gracchi 57. Vgl. Lex Nr. 2.

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Im Anschluss an die Verabschiedung des Gesetzes wurde eine Bestimmung, die sicherlich Bestandteil des Vorschlags war, zeitnah umgesetzt, die Wahl einer Dreimännerkommission48 zur Überprüfung und Einziehung von ager publicus bei Überschreitung der Höchstgrenzen und zur Verteilung der Assignationen.49 Es wurden gewählt: Tiberius selbst, sein jüngerer Bruder Gaius und sein Schwiegervater Appius Claudius Pulcher. Lit.: Astin, Scipio 192–202, 211; Badian, Clientelae 169–173; Badian, Historia 11, 1962, 201, 209–210; Badian, ANRW 1,1.701–706; Bauman, Lawyers 245–267; Behrends, Symposion Wieacker 84–85; Bellen, Grundzüge 91–92; Beness, Antichthon 25, 1991, 46 A.59; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 65–66; Bernstein, Ti. Gracchus 123–159, 198; Betti, Labeo 9, 1963, 62–64; Bleicken, Lex 166 m.A.105, 264–265; Bleicken, HZ 247, 1988, 267–277; Bleicken, Ti. Gracchus 101–131; Blösel, Röm. Republik 155–156; Boren, Stadt Rom 92–93; Boren, Gracchi 46–51, 56–59; Botsford, Roman Assemblies 363–366; Bringmann, Agrarreform 7–28; Bringmann, Symposion Heuss 63–64; Bringmann, Revolution 39–41; Bringmann, Republik 207–209; Bringmann, Krise 45; Broughton, MRR 1.493–494; Brunt, Social conflicts 78–80; Burckhardt, Strategien 32–34; Burdese, ager publicus 13–36, 71–73, 84–90; Capogrossi Colognesi, Law 183–184; Carcopino, BAGB 22, 1929, 5–6; Carcopino, Gracques 7–9, 11–13, 27, 147–149; Cardinali, Studi Graccani 259–281[1965: 155–177]; Christ, Krise 123–125; Coşkun, Cicero 34; Cuff, Historia 16, 1967, 178–180; Cuq, DS 3,2.1163; Dart, Hermes 139, 2011, 342–344; De Martino, Costituzione 2.472–485; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 133–137; De Martino, Nuovi studi 184–187; Döbler, Agitation 224–237; Dreyfus, lois agraires 122–128, 136–137; Earl, Ti. Gracchus 16–40, 90; Fellmeth, Pecunia 98–101; Flach, HZ 217, 1973, 266–271; Flach, Agrargeschichte 38–43; Flower, Republics 72; Fraccaro, Gracchi 83–93, 118–124; Frank, ESAR 1.232–239; Frederiksen, DArch 4–5, 1970–71, 330–357; v. Fritz, Schriften 397–398; Gabba, ANRW 1,1.785; Galsterer, Herrschaft 172–174; Gargola, Lands 148–151; Gargola, AJPh 118, 1997, 563–572; Geer, TAPhA 70, 1939, 30–32; Göhler, Italien 81–83,104–107; Graeber, Auctoritas 197–199; Gruen, Roman Politics 50, 69 A.115; Gutberlet, Livius 42–43, 50–54; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 270–272; Heftner, Gracchen 45–46, 48; Hermon, Ktema 1, 1976, 179–186; Hill, Middle Class 102–103; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 25, 43, 62–63, 69, 91, 117–127; Howarth, Historia 48, 1999, 290–292; G.  Humbert, DS 1.161–163; Johannsen, lex 48

Vgl. Lex Nr. 3. Ausführlich über die Ackerkommission und ihre Arbeit Molthagen, Historia 22, 1973, 428–448, und Bauman, Historia 28, 1979, 385–408; ebenso: Carcopino, Gracques 129–303; vgl. dazu bei Lex Nr. 13. 49 Cicero bestätigt, dass die tresviri vom Volk, von den 35 Tribus gewählt wurden, leg. agr. 2.12,31: Iubet (Rullus) auspicia coloniarum deducendarum causa xviros habere pullariosque, ‚EODEM IURE‘, inquit, ‚QUO HABUERUNT IIIVIRI LEGE SEMPRONIA‘. Audes etiam, Rulle, mentionem facere legis Semproniae, nec te ea lex ipsa commonet IIIviros illos xxxv tribuum suffragio creatos esse? Rullus ordnet an, dass die Zehnmänner für die Koloniegründung das Recht zur Vogelschau und Hühnerwärter haben sollten. Nach demselben Recht, behauptet er, wie es auch die Dreimänner nach der lex Sempronia hatten. Du wagst es noch, Rullus, die lex Sempronia zu erwähnen, und dieses Gesetz erinnert dich nicht daran, dass darin die Triumvirn durch eine Abstimmung der 35 Tribus gewählt worden sind?

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agraria 198–200; Kann, Restoration 152–153; Kaser, ZRG 62, 1942, 5–11; Kaster, Sestius 328–329; König, Staat 128 [43]; Konrad, Companion Republic 8.167–169; Kukofka, Tyche 5, 1990, 45–61; Lange, Alterthümer 2.688, 3.8–11, 13; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 11–12, 14–16, 84–87; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 174–177; Last, CAH 9.22–25, 29; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 121–122, 125–132, 135–143; De Ligt, Mnemosyne 57, 2004, 725–728, 738–755; De Ligt, Companion Army 7.117–119; Linke, Röm. Republik 24–31, 40–41; Lintott, Violence 178–182; Lintott, CAH2 9.62–67; Lintott, Judicial reform 44–45; Mackay, Breakdown 37–42, 44; Martin, Populare 132–133; Märtin, Führungsschicht 304–313, 354, 364; Marsh / ​ Scullard, History 34–41, 406–409; Maschke, Agrargesetze 68–69; Meier, RPA 96–97, 129–131; Meyer, KS 1.406–407; Meyer, Staat 291–293; Molthagen, Historia 22, 1973, 423–425; Molthagen, HZ 243, 1986, 398–399; Mouritsen, Plebs 68, 81; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1414–1415, 1417; Nagle, Athenaeum 48, 1970, 373–394 und Athenaeum 49, 1971, 112–119; Niccolini, FTP 143–144, 146–147; Nicolet, Historia 28, 1979, 287; Pelling, Plutarch 333–337; Perelli, Movimento popolare 76–90; Perelli, RFIC 118, 1990, 237–240; Perelli, Gracchi 75–93, 97–116; Rich, Historia 32, 1983, 299–301; Richardson, JRS 70, 1980, 1–11; Roselaar, Public Land 230–238, 247–251; Rotondi, Leges 298–299 (A.1: ältere Literatur zu den Gracchen); Sandberg, AIRFinl. 24.68; Salmon, Phoenix 16, 1962, 109–110; Schneider, Veteranenversorgung 73–81, 82–83, 84–86; Schneider, Wirtschaft 275–279, 281–284; Schur, Marius und Sulla 22–24; Scullard, Gracchi to Nero 25–27, 379–380, 381; Sherwin-White, Citizenship 217–218; Shochat, Athenaeum 48, 1970, 25–45; Sommer, RG 346–348, 349–350; v. Stern, Hermes 56, 1921, 243–247, 263; Stockton, Gracchi 40–52, 56–59, 65, 67, 211–213; Taeger, Tiberius Gracchus 68–73; Thommen, Volkstribunat 43–44, 53; Tibiletti, Athenaeum 26, 1948, 176–190; Tibiletti, Athenaeum 27, 1949, 38–41; Tibiletti, Latifundium 28–39; Triebel, Ackergesetze 181–190, 263–275; Tweedie, Historia 60, 2011, 458–459, 471–473; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 168–177; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1155, 1169–1172; Walter, Ordnungszersetzung 98–99, 105–106; Willems, Sénat 2.340 A. 5–6; Williamson, Laws 115, 171, 177; Yakobson, Historia 59, 2010, 296; Zancan, Ager publicus 41–53, 89–98.

2 Lex Sempronia de tribunatu M. Octavio abrogando 621/133

Cic. leg. 3.10,24: Quin ipsum Ti. Gracchum non solum neglectus sed etiam sublatus intercessor evertit. Quid enim illum aliud perculit, nisi quod potestatem intercedenti collegae abrogavit? Ja, sogar gerade den Tiberius Gracchus brachte ein nicht nur unbeachteter, sondern auch noch abgesetzter Volkstribun zu Fall, der gegen ihn Einspruch erhoben hatte. Denn was richtete ihn anderes zugrunde als dass er dem Kollegen, der Einspruch (gegen sein Gesetz) einlegte, die Amtsgewalt aberkennen ließ?

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Cic. Mil. 27,72: … non Ti. Gracchum qui conlegae magistratum per seditionem abrogavit, … nicht Tiberius Gracchus, der seinem Kollegen mit Hilfe einer Aufwiegelung das Amt durch Volksbeschluss aberkennen ließ. Ascon. Corn. I, p.57 (71 C): … intro vocare tribus Gabinius coepit, ut Trebellio magistratum abrogaret, sicut quondam Ti. Gracchus tr. M.  Octavio collegae suo magistratum abrogavit. Gabinius begann, die Tribus zur Abstimmung aufzurufen, um Trebellius das Amt aberkennen zu lassen, so wie einst der Volkstribun Ti. Gracchus seinem Kollegen M. Octavius das Amt durch Volksbeschluss aberkennen ließ. Liv. per. 58: (Tib. Sempronius Gracchus) in eum furorem exarsit, ut M. Octavio collegae causam diversae partis defendenti potestatem lege lata abrogaret … Ti. Gracchus steigerte sich in eine solche Raserei hinein, dass er seinem Kollegen, der den Standpunkt der Gegenpartei verteidigte, per Gesetz die Amtsgewalt aberkennen ließ. Vell. 2.2,2–3: (Ti. Gracchus) … descivit a bonis, … Octavioque collegae pro bono publico stanti imperium abrogavit. Ti. Gracch. sagte sich von den staatstreu Gesinnten los, … und ließ seinem Kollegen Octavius, der für das Staatswohl eintrat, die Amtsgewalt aberkennen. App. civ. 1.12,51:  … ἐκδραμὼν εἰς τὴν ἀγορὰν ἔφη διαψήφισιν προϑήσειν ἐς τὴν ἐπιοῦσαν ἀγορὰν περί τε τοῦ νόμου καὶ τῆς αρχῆς τῆς ᾿Οκταουίου, εἰ χρὴ δήμαρχον ἀντιπράττοντα τῷ δήμῳ τὴν ἀρχὴν ἐπεχειν. Er (Tiberius) lief wieder zum Forum zurück und kündigte an, dass er in der nächsten Volksversammlung über das Gesetz und über das Amt des Octavius abstimmen lassen werde, ob ein Volkstribun, der dem Volk zuwiderhandele, beanspruchen kann, sein Amt weiter innezuhaben. 52–54: [Nach dem Votum der ersten Tribus und noch einmal nach dem der siebzehnten Tribus unterbricht Tiberius die Abstimmung durch weitere vergebliche Versuche, Octavius umzustimmen.]  … ἐπῆγε τὴν ψῆφον. καὶ ὁ μὲν ᾿Οκταουίος αὐτίκα ἰδιώτης γενόμενος, … Κόιντος δὲ Μούμμιος ἀντ᾿ αὐτοῦ δήμαρχος ᾑρεῖτο. … er ließ abstimmen, und Octavius wird augenblicklich zur Privatperson, … Q. Mummius wird an seiner Stelle zum Volkstribun gewählt. Diod. 34–35.7,1:  … ὅτε ὁ Γράκχος εἰσέφερε ψήφισμα περὶ τῆς κατ᾿ ἀρχὴν ἀφαιρέσεως αὐτοῦ,  … als Gracchus das Plebiszit beantragte, ihn sogleich abzusetzen, … Plut. Ti.Gracch. 12,1: Trotz alles Zuredens bleibt Octavius bei seiner Weigerung, den Einspruch gegen das Ackergesetz zurückzunehmen, … ἐσήνεγκε νόμον ἀφαιρούμενον αὐτοῦ τὴν δημαρχίαν καὶ τοὺς πολίτας εὐϑὺς ἐκάλει τὴν ψῆφον ἐπιφέροντας. (Tiberius) beantragte ein Gesetz, dass ihm das Volkstribunat entzogen werde, und er rief sofort die Bürger auf, ihre Stimme abzugeben. 5: Οὕτω δὴ τοῦ νόμου κυρωϑέντος, ὁ μὲν Τιβέριος τῶν ἀπελευϑέρων τινὶ προσέταξεν ἀπὸ τοῦ βήματος ἑλκύσαι τὸν ᾿Οκτάβιον· Nachdem das Gesetz auf diese Weise dann verabschiedet worden war, beauftragte Tiberius einen seiner Freigelassenen damit, Octavius von der Rednerbühne zu entfernen.

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Vir. ill. 64,4: (Tiberius Gracchus) Octavio collegae intercedenti novo exemplo magistratum abrogavit. Tiberius Gracchus ließ dem Kollegen Octavius, der dagegen (gegen das Ackergesetz) Einspruch erhob, in einem bisher noch nicht dagewesenen Beispiel das Amt aberkennen. Flor. 2.2,5 (3.14): Sed ubi intercedentem legibus suis C.50 Octavium videt Gracchus, contra fas collegii ius potestatis iniecta manu depulit rostris, adeoque praesenti metu mortis exterruit, ut abdicare se magistratu cogeretur. … Sobald aber C. ­Gracchus sah, wie Gaius Octavius gegen seine Gesetze Einspruch erhob, nahm er das Recht der tribunizischen Amtsgewalt für sich in Anspruch, vertrieb Octavius gegen das geheiligte Recht des Kollegiums gewaltsam von der Rednertribüne und schüchterte ihn durch die augenblicklich eintretende Todesgefahr so sehr ein, dass Octavius gezwungen wurde, von seinem Amt zurückzutreten. Oros. 5.8,3: … Octavio tribuno plebi obsistenti ademit imperium et successorem Minucium dedit. Er entriss dem Volkstribunen Octavius, der sich ihm widersetzte, die Amtsgewalt und gab ihm Minucius als Nachfolger. Im Verlauf der Auseinandersetzung um die lex agraria, die Tiberius Gracchus promulgiert hat, beantragt Tiberius die Absetzung seines tribunizischen Amtskollegen Octavius. Der hatte gegen den Gesetzesvorschlag interzediert51 und war auch bei der nächsten Vorlage52 des Gesetzes durch Tiberius nicht bereit, sein Veto zurückzunehmen – im Gegenteil, er erneuerte es sogar. In einem bis dahin beispiellosen Vorgehen lässt Tiberius durch Volksbeschluss den Volkstribun seines Amtes entheben und einen Nachfolger wählen. Für diesen sind verschiedene Namen überliefert: Mummius (App. civ. 1.12,54), Mucius (Plut. Ti.Gracch. 13,2) und Minucius (Oros. 5.8,3).53 Eine Interzession von Volkstribunen gegen Rogationen von Kollegen wird in den Quellen mehrfach überliefert.54 Bisher suchten die Betroffenen einen anderen Weg, ihr Vorhaben zu verwirklichen, oder verzichteten.55 Tiberius entscheidet sich mit der Begründung, dass ein Volkstribun, der gegen das Volk handele, sein Amt 50

Die übrigen Quellen haben übereinstimmend M. als Vornamen. Zum Zeitpunkt des Vetos vgl. Meier, MH 25, 1968, 98–99. 52 App. civ. 1.12,51 enthält die Zeitangabe in der nächsten Volksversammlung, doch der dazwischenliegende Zeitraum lässt sich nicht festlegen, denn es ist nicht sicher, ob die Beachtung des trinundinum schon vorgeschrieben war (vgl. Lex Nr. 94). Versuch, die Chronologie zu rekonstruieren bei Geer, TAPhA 70, 1939, 30–32, ihm folgend: Earl, Ti. Gracchus 84. 53 Earl, Latomus 19, 1960, 666–669, entscheidet sich für Minucius (Augurinus) als den am ehesten möglichen Kandidaten. Dagegen spricht sich Badian, ANRW 1,1.711 A.129, für Minucius (Rufus) aus. 54 Beispiele aus dem 2. Jh.: Elster, Gesetze 294–296 (Lex Nr. 141), 328–329 (Lex Nr. 156), 354–355 (Lex Nr. 169). 55 So zog Laelius seine rogatio agraria zurück (Elster, Gesetze 431–432, Lex Nr. 206); doch der Vergleich hinkt, denn es ist nicht sicher, in welcher amtlichen Funktion Laelius handelte, 51

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verwirkt habe (App. civ. 1.12,51), für die Abrogation eines amtierenden Kollegen durch einen Volksbeschluss. Doch nicht alle Quellen sprechen von einem Gesetz: Die lateinischen Autoren außer Florus und Orosius benutzen den Terminus abrogare, was einen Volks­ entscheid beinhaltet, doch nur Livius führt ihn ausdrücklich auf ein Gesetz zurück. Florus hingegen lässt Octavius von seinem Amt zurücktreten, weil ihm Todesangst eingejagt wurde, und Orosius behauptet, dass Tiberius dem Volks­ tribunen Octavius die Amtsgewalt56 entriss, ohne das Wie näher zu beschreiben. Der griechischen Vorstellung folgend, dass ein Volkstribun, der gegen das Volk agiert, sein Amt nicht länger innehaben kann, spricht Appian von einer Abstimmung über Octavius bzw. über sein Amt; nach Diodor führt Tiberius ein Plebiszit herbei, Octavius das Amt zu entziehen, Plutarch nennt den Vorgang ausdrücklich Gesetz. Einigkeit herrscht in den Quellen darüber, dass Octavius nicht länger Volkstribun ist, dass ein neuer Volkstribun an seine Stelle tritt und im Anschluss daran das sempronische Ackergesetz verabschiedet wird. Das Vorgehen des Tiberius gegen den Kollegen wird unterschiedlich bewertet: Cicero sieht hier den Anfang vom Ende des Tiberius57, und Livius bezeichnet das Verhalten schlicht als furor. In der modernen Forschung 58 changiert die Bewertung von „revolutionär“59 über „illegal“60, „crucial, unpardonable mistake“61 und „er wurde dazu getrieben, weil er sein Ackergesetz durchbringen wollte“62 bis dahin, dass er aus der Situation heraus und aus den Möglichkeiten, die ihm der mos maiorum bot, handelte und nicht überblickte, welch gefährlichen Präzedenzfall er schaffte.63 Mommsen64 meint, und obendrein könnte sein Verhalten erst im Nachhinein als Kontrast zu Tiberius’ Vorgehen aufgebaut worden sein. 56 Velleius und Orosius benutzen statt des korrekten Begriffs potestas (Liv. per. 58) den Terminus imperium, der in republikanischer Zeit auf die Befehlsgewalt der Obermagistrate beschränkt war, vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.24–25. 57 So übernommen von Badian, ANRW 1,1.711. 58 Vgl. die ausgewogene Beurteilung von Kloft, Amtsentzug 166–169, 172–179; weitere Literatur bei Botsford, Roman Assemblies 367–368; Rödl, SCU 96–99. 59 Lange, Alterthümer 2.713: „Dieser revolutionäre  …. Act“; Meyer, Staat 292–294: „reine Revolution“; Boren, Gracchi 58; Bringmann, Republik 208: „systemsprengender Schritt“; entsprechend Flach, Agrargeschichte 42; Kunkel / ​Wittmann; Staatsordnung 2.640: „Verfassungsbruch“. – Dagegen De Martino, Costituzione 2.491: „non … come rivoluzionario“. 60 Bleicken, Lex 445: „direktester und augenfälligster Angriff auf das Interzessionsrecht“; Hill, Middle Class 102: „tactics of doubtful legality“; Betti, Labeo 9, 1963, 64; Meier, RPA 130; Mackay, Breakdown 44. 61 Morgan / ​Walsh, CPh 73, 1978, 210. 62 Ähnlich Linke, Röm. Republik 30. 63 Scullard, Gracchi to Nero 28–29; Meier, RPA 129–130; Badian, ANRW 1,1.710–711; Bleicken, HZ 247, 1988, 283–285; ähnlich Kunkel, Staatsordnung 2.259. 64 StR 1.630 A.3.

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dass „hierbei alles in Form Rechtens vor sich ging“, die Absetzung des Octavius sei durch einen gültigen Volksbeschluss geschehen. Hier klingt das Prinzip der Volkssouveränität an, das Tiberius Gracchus angeblich durch seine Worte über das Verhalten eines „richtigen“ Volkstribuns auf römische Verhältnisse übertragen hat.65 Es erscheint jedoch zweifelhaft, dass er tatsächlich diesen Gedanken, der aus der griechischen Demokratie stammt, derart umgesetzt hat.66 Lit.: Astin, Scipio 205–210, 348–350; Badian, ANRW 1,1.706–712; Badian, Tribuni plebis 196; Bauman, Historia 28, 1979, 401 A.96; Behrends, Symposion Wieacker 85–100; Bellen, Grundzüge 92; Adolf Berger, Leges Semproniae 1a), RE Suppl. 7 (1940) 412; Bernstein, Ti. Gracchus 170–184; Betti, Labeo 9, 1963, 63–65; Bleicken, HZ 247, 1988, 277–291; Bleicken, Lex 122 m.A.48, 314–318, 445; Blösel, Röm. Republik 158–159; Boren, Gracchi 57–59; Botsford, Roman Assemblies 366–368; Bringmann, Revolution 40–41; Bringmann, Republik 208; Bringmann, Krise 46, 152–153; Broughton, MRR 1.493; Brunt, Social conflicts 79–80; Burckhardt, Strategien 34, 161–165; Capogrossi Colognesi, Law 184; Carcopino, Gracques 7–28; Christ, Krise 127–130; Cuq, DS 3,2.1163; Dart, Hermes 139, 2011, 348; De Martino, Costituzione 2.471–472, 489–494; Döbler, Agitation 240–246; Dreyfus, lois agraires 131–135; Dyck, Commentary 507; Earl, Latomus 19, 1960, 657–669; Earl, Ti. Gracchus 79–90; Fellmeth, Pecunia 100–101; Ferrary, Leges publicae 2012, 27; Flach, Agrargeschichte 42; Flower, Republics 83–84; Fraccaro, Gracchi 93–118; Fraccaro, Opuscula 2.242–243; v. Fritz, Schriften 397; Gabba, Appian 1.36–39; Graeber, Auctoritas 197; Gruen, Roman Politics 53–54; Gutberlet, Livius 43, 54–57, 111–112, 135–137; Heftner, Gracchen 51–52; Hill, Middle Class 102; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 33–34; G. Humbert, DS 1.162; Kann, Restoration 153; Kloft, Amtsentzug 166–169, 173, 178–179; Konrad, Companion Republic 8.168–169; Kunkel, Staatsordnung 2.256, 258–259; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.640–641; Lange, Alterthümer 2.713, 3.12–13; Last, CAH 9.24–29; Lewis, Asconius 278; Linke, Röm. Republik 30–31; Lintott, Violence 178, 182; Lundgreen, Regelkonflikte 111 m.A.300, 270, 281 A.798; Mackay, Breakdown 43– 44; Marsh / ​Scullard, History 40; Marshall, Asconius 251–252; Martin, Populare 132–133, 135; Märtin, Führungsschicht 321–322, 360–364; Meier, MH 25, 1968, 90–91, 97–99; Meier, RPA 97, 129–131; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 585, 604; Meyer, KS 1.403–404; Meyer, Staat 292–294; Molthagen, Historia 22, 1973, 426; Mommsen, StR 1.630 A.3; Morgan / ​Walsh, CPh 73, 1978, 200, 204–210; Mouritsen, Plebs 68, 81; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1415–1417; Nagle, Athenaeum 49, 1971, 112–119; Niccolini, FTP 145, 148; Perelli, Movimento popolare 90–91; Perelli, Gracchi 106–117; Rödl, SCU 96–99; Rotondi, Leges 301; Serrao, Classi 185; Schneider, Wirtschaft 275–279, 282–284; Schur, Marius und Sulla 23–24; Scullard, Gracchi to Nero 26–29, 380–381; Siber, Verfassungsrecht 228; Smith, Anatomy of Force 258; Smith, Athenaeum 55, 1977, 150; Sordi, sacrosanctitas 124–130; Sommer, RG 349; v. Stern, Hermes 56, 1921, 247–258; Stockton, Gracchi 65–67, 116–117; 65

Man beruft sich dabei auf Polyb. 6.16,5. – Betti, Labeo 9, 1963, 64; Boren, Gracchi 58; Badian, ANRW 1,1.708; Perelli, Gracchi 112–113; Sordi, sacrosanctitas 124–130. 66 Ebenso Bleicken, HZ 247, 1988, 282 (mit Lit.). – Last, CAH 9.28–29, meint dagegen, dass Tiberius hier etwas Neues auf der Basis politischer Erfahrungen Griechenlands einführt.

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Taeger, Tiberius Gracchus 73–84; Thommen, Volkstribunat 92, 95, 217–218; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1169–1170; Walter, Ordnungszersetzung 99, 106.

3 Lex Sempronia agraria altera 621/133

Liv. per. 58: (Tib. Sempronius Gracchus) promulgavit et aliam legem agrariam, qua sibi latius agrum patefaceret, ut idem triumviri iudicarent, qua publicus ager qua privatus esset. Ti. Gracchus beantragte noch ein zweites Agrargesetz, durch das er sich in größerem Umfang Ackerland zugänglich machte, damit dieselben Triumvirn entschieden, was Staatsland und was Privatbesitz war. Vell. 2.2,2: (Ti. Gracchus) … descivit a bonis, … simul etiam promulgatis agrariis legibus. Ti. Gracchus sagte sich von den staatstreu Gesinnten los, … nachdem er gleichzeitig auch Ackergesetze beantragt hatte. Die lateinischen Schriftsteller sind sich darin einig, dass Tiberius Gracchus zumindest zwei Ackergesetze verabschieden ließ. Velleius spricht sogar unbestimmt von Ackergesetzen im Plural, macht allerdings keine weiteren Angaben zum Inhalt. Der Epitomator von Livius stellt es so dar, dass die Ackerkommission, die schon infolge der ersten lex agraria eingesetzt und gewählt wurde, erst durch das zweite Gesetz ihre jurisdiktionelle Entscheidungsbefugnis erhält. Diese Aufteilung wird in der modernen Forschung meist übernommen.67 Plutarch und Appian kennen nur das eine Agrargesetz (Lex Nr. 1), das nach der Absetzung des Octavius verabschiedet wird. Die Ackerkommission wird infolge dieses Gesetzes gewählt und nimmt ihre Arbeit auf.68 Die Rede Scipios aus dem Jahr 129 contra legem iudiciariam Ti. Gracchi 69 bezieht sich vermutlich auch auf dieses Gesetz70, denn nach den Beschwerden der

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So etwa Hardy, Journ.Phil. 31, 1910, 272; Rotondi, Leges 300; Geer, TAPhA 70, 1939, 33; Gabba, Appian 1.39–40; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.641; Linke, Röm. Republik 32. – Ausführliche Begründung bei Bauman, Historia 28, 1979, 392–401. Earl, Ti. Gracchus 91, hält es für unwahrscheinlich, dass die Kommission nicht von Anfang an „judicial powers“ hatte; ebenso kennt Bernstein, Ti. Gracchus 126, offenbar nur ein Gesetz von Tiberius, inklusive „judicial powers“. 68 Diese Version wird etwa von Schur, Marius und Sulla 23, Thommen, Volkstribunat 43, und Mackay, Breakdown 44, übernommen. 69 Macr. Sat. 3.14,6 (Malcovati, ORF4 131–132); vgl. Astin, Scipio 239–240. 70 Mommsen, RG 2.99 (TB 3.108); Fraccaro, Opuscula 2.256–257; Bauman, Historia 28, 1979, 393.

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Bundesgenossen über die Tätigkeit der tresviri geht es nun darum, der Acker­ kommision die Jurisdiktion in strittigen Fällen wieder zu nehmen, – und nicht um ein irgendwie geartetes Richtergesetz, das Tiberius angeblich beantragen wollte. Lit.: Astin, Scipio 211, 238–240; Bauman, Historia 28, 1979, 392–401; Behrends, Symposion Wieacker 100; Bernstein, Ti. Gracchus 126; Bleicken, Lex 450 A.247; Blösel, Röm. Republik 159; Botsford, Roman Assemblies 367; Bringmann, Revolution 41; Bringmann, Republik 209; Brunt, Social conflicts 80; Capogrossi Colognesi, Law 184; Christ, Krise 131; Dart, Hermes 139, 2011, 342–344, 349; Earl, Ti. Gracchus 91; Flach, HZ 217, 1973, 267; Fellmeth, Pecunia 101; Flach, Agrargeschichte 47; Gabba, Appian 1.39–40; Gargola, Lands 151–152, 155; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 272; Heftner, Gracchen 48–49, 52; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 25, 43, 53–54; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.641; Lange, Alterthümer 2.688, 3.13–14; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 55–56, 99; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 174–177; Last, CAH 9.29–30; Linke, Röm. Republik 32; Lintott, Judicial reform 44; Märtin, Führungsschicht 364; Marsh / ​Scullard, History 41; Molthagen, Historia 22, 1973, 425; Niccolini, FTP 145, 148–149; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1419; Rotondi, Leges 300; Sandberg, AIRFinl. 24.53; Schneider, Veteranenversorgung 81–82; Scullard, Gracchi to Nero 27; Thommen, Volkstribunat 43.

4 Rogatio Sempronia de pecunia regis Attali 621/133

Plut. Ti.Gracch. 14,1: ᾿Επεὶ δὲ, τοῦ Φιλομήτορος ᾿Αττάλου τελευτήσαντος, Εὔδημος ὁ Περγαμηνὸς ἀνήνεγκε διαϑήκην ἐν ῇ κληρονόμος ἐγέγραπτο τοῦ βασιλέως ὁ῾Ρωμαίων δῆμος, εὐϑὺς ὁ Τιβέριος δημαγωγῶν εἰσήνεγκε νόμον, ὅπως τὰ βασιλικὰ χρήματα κομισϑέντα τοῖς τὴν χώραν διαλαγχάνουσι τῶν πολιτῶν ὑπάρχοι πρὸς κατασκευὴν καὶ γεωργίας ἀφορμήν. Da aber, nachdem Attalos Philometor gestorben war, der Pergamener Eudemos das Testament nach Rom überbrachte, in dem das römische Volk als Erbe des Königs eingesetzt worden war, beantragte Tiberius, um das Volk für sich zu gewinnen, sogleich ein Gesetz, dass die abgelieferten Gelder des Königs den Bürgern, an die Land verteilt wurde, zur Anschaffung von Hausrat und landwirtschaftlichen Geräten zustehen sollten. Liv. per. 58: (Tib. Sempronius Gracchus) … legem se promulgaturum ostendit, ut his qui Sempronia lege agrum accipere deberent, pecunia, quae regis Attali fuisset, divideretur. Heredem autem populum Romanum reliquerat Attalus, rex Pergameni, Eumenis filius. Er erklärte, er werde ein Gesetz beantragen, dass an die, die aufgrund des Sempronischen Gesetzes Land erhalten sollten, Geld verteilt werde, das König Attalos gehört habe. Als Erben aber hatte Attalus, der König von Pergamon und Sohn des Eumenes, das gesamte römische Volk hinterlassen.

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Vir. ill. 64,5: (Tiberius Gracchus) dein tulit, ut de ea pecunia, quae ex Attali hereditate erat, ageretur et populo divideretur. Tiberius Gracchus beantragte, dass wegen des Geldes, das aus der Erbschaft des Attalus stammte, verhandelt und es auf das Volk verteilt werde. Oros. 5.8,4: Ac tunc forte Attalus, Eumenis filius, moriens testamento populum Romanum imperio Asiae succedere heredem iusserat. Gracchus gratiam populi pretio adpetens legem tulit, uti pecunia, quae fuisset Attali, populo distribueretur. Und dann starb zufällig Attalus, der Sohn des Eumenes. In seinem Testament hatte er angeordnet, dass das römische Volk als Erbe die Nachfolge in seinem Reich Asien antreten solle. Gracchus bemühte sich, mit diesem Besitztum die Gunst des Volkes zu gewinnen und beantragte ein Gesetz, dass das Vermögen, das Attalus gehört hatte, an das Volk verteilt werde. Das Ackergesetz von Tiberius Gracchus zieht ein weiteres Gesetz nach sich. Tiberius erkennt, dass er allein mit der Verteilung von Ackerland sein Ansiedlungsziel nicht erreichen kann. Nach übereinstimmender Aussage aller Quellen kommt ihm zu Hilfe, dass Attalos III. Philometor, Sohn des Eumenes und König von Pergamon, um diese Zeit stirbt und das römische Volk per Testament zum Erben seines Reiches und seines Vermögens einsetzt. Nach Plutarch bringt der Pergamener Eudemos, der in freundschaftlichen Beziehungen zur Familie der Sempronier steht, dieses Testament nach Rom und unterrichtet Tiberius. Diesen glücklichen Zufall benutzt Tiberius Gracchus, um mit dem Geld den mangelnden Handlungsspielraum für sein Ansiedlungsprojekt auszudehnen. Er legt dem Volk den Gesetzesantrag vor, dass die königlichen Gelder an die Bürger, die Land erhalten haben, für eine Erstausstattung an Mobiliar und landwirtschaftliche Geräte verteilt werden sollen. Damit überschreitet der Volkstribun die Befugnisse seines Amtes und greift in die nach den Regeln der ungeschriebenen Verfassung bis dahin unbestrittene Kompetenz des Senats ein, über die Finanzen des Staates wie auch die Beziehung zu auswärtigen Mächten zu entscheiden. Spätestens mit diesem Gesetzesvorschlag beginnen denn auch – je nach Überzeugung – die rein demagogischen Aktionen des Tiberius71 oder eine neue demokratische Tendenz durch die Erweiterung der legislativen Kompetenz72. Dass Tiberius Gracchus ein Gesetz über die Verteilung des pergamenischen Vermögens beantragt, berichten auch die lateinischen Quellen73, bei Livius fehlt die Zweckbindung „Geld für die Erstausstattung“, doch sein Text ist für diese Zeit nur noch als Auszug erhalten. Allerdings könnte man die Worte auch so

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Als Beispiel für diese Art des Denkens: Bernstein, Ti. Gracchus 208. So z. B. Rotondi, Leges 301. 73 Außer Flor. 2.3,2 (3.15), der die Verfügung über die pergamenische Erbschaft in alimenta populo (zur Ernährung des Volkes) Gaius Gracchus zuschreibt. 72

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interpretieren, dass der Kreis der Empfänger des Geldes diejenigen mitumfasst, die nach dem Sempronischen Gesetz Ackerland erhalten sollten, aber wegen der zu geringen Flächen, die zur Verfügung standen, leer ausgingen.74 Orosius und ebenso der unbekannte Autor der Viri illustres vereinfachen den Sachverhalt: Gracchus brachte das Gesetz ein, dass das Geld, das Attalus gehörte, an das Volk verteilt werden solle; Kriterien für die Verteilung werden nicht genannt.75 Im übrigen ist nach dem Wortlaut der Quellen nicht sicher auszumachen, ob das Gesetz nur promulgiert oder auch tatsächlich verabschiedet wurde. In der modernen Literatur finden sich beide Auffassungen: Tiberius beschränkte sich auf den Gesetzesvorschlag76 bzw. konnte seine Pläne nicht ausführen77 oder ließ die Volksversammlung beschließen78. Darüber hinaus soll Tiberius vorgeschlagen haben, das Volk entscheiden zu lassen, was mit den Städten in Attalus’ Reich geschehen solle.79 Attalus hatte zwar den Römern in dieser Angelegenheit die Entscheidung überlassen, eigentlich aber den Städten die Freiheit zugesichert und somit vorweggenommen, dass Rom diesem Vorhaben zustimmt. Doch so wenig wie von der Verteilung der Erbschaft ist in den folgenden Auseinandersetzungen von diesem weiteren Vorschlag noch die Rede. Vermutlich ist auch dieser Vorstoß über das Planungsstadium nicht hinausgekommen. Lit.: Astin, Scipio 212, 350–351; Badian, Clientelae 174; Badian, Imperialism 21–22 (dt. 41–42), 44 (dt. 68–69); Badian, ANRW 1,1.712–714; Behrends, Symposion Wieacker 100–101; Bellen, Grundzüge 93; Bernstein, Ti. Gracchus 207–210; Betti, Labeo 9, 1963, 66–67; Bleicken, HZ 247, 1988, 278; Bleicken, Lex 126–128, 317; Blösel, Röm. Republik 159; Boren, Gracchi 60–61, 71; Bringmann, Agrarreform 27; Bringmann, Revolution 42; Bringmann, Republik 210, 221; Bringmann, Krise 46; Broughton, MRR 1.493–494; Brunt, Social conflicts 80; Burckhardt, Strategien 34; Capogrossi Colognesi, Law 184–185; Carcopino, Gracques 33–41; Christ, Krise 131; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.497; Dmitriev, Athenaeum 93, 2005, 78–80; Döbler, Agitation 246; 74 75

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Bernstein, Ti. Gracchus 208; Earl, Ti. Gracchus 94–95  – die daraus gezogenen Schlüsse, Kompensation für unerfüllte Hoffnungen oder Bestechung, scheinen etwas weit hergeholt. Badian, ANRW 1,1.713 m. A.131, zeigt die Abhängigkeit der modernen Auffassungen von der gracchenfreundlichen Version Plutarchs oder der gracchenfeindlichen von Livius und meint daher folgerichtig, dass sich keine von beiden als Beweis eignet. Cuq, DS 3,2.1163; Lange, Alterthümer 2.695, 3.14; Perelli, Gracchi 123; Thommen, Volkstribunat 43. Badian, ANRW 1,1. 714. So etwa: Bellen, Grundzüge 93; Bleicken, HZ 247, 1988, 278; Bringmann, Krise 46; Christ, Krise 131; Meier, RPA 130. Boren, Gracchi 74, meint, dass der Senat das Gesetz annulliert haben muss. Hopp, Attaliden 130, schreibt Tiberius weitergehende – durch nichts zu belegende – „wahre Absichten“ zu, „die Annexion und Ausbeutung des pergamenischen Königreiches in seiner Gesamtheit“.

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Lex Nr. 5

Dreyfus, lois agraires 137–139; Earl, Ti. Gracchus 92–95, 98; Flach, Agrargeschichte 43; Fraccaro, Gracchi 127–145; Frank, ESAR 1.240–241; Gargola, Lands 152; Göhler, Italien 111; Graeber, Auctoritas 198; Gruen, Hellenistic World 2.599–600; Gutberlet, Livius 43–44 A.5; Habicht, CAH2 8.378; Hansen, Attalids 149–150; Heftner, ­Gracchen 53–54; Hill, Middle Class 103–104; Hopp, Attaliden 129–131; G.  Humbert, DS 1.162–163; Kann, Restoration 154; Konrad, Companion Republic 8.169; Kornemann, Gracchenzeit 31, 32; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.641–642; Lange, Alterthümer 2.695, 3.14; Last, CAH 9.30–31; Linke, Röm. Republik 32–33; Lintott, CAH2 9.33–34, 68; Mackay, Breakdown 45–46; Magie, Roman Rule 1.33, 147, 2.781; Marek, Kleinasien 320; Marsh / ​Scullard, History 41; Marshall, ProcRoySocCanada 1976, 96; Martin, Populare 132, 135; Märtin, Führungsschicht 365–366; Meier, RPA 130; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 605; Meyer, KS 1.404–405; Millar, Rome 1.152; Mommsen, RG 3.98; Mouritsen, Plebs 68; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1419; Nagle, Athenaeum 49, 1971, 119–120; Niccolini, FTP 145, 149; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 123–124; Perelli, Gracchi 118–123; Rödl, SCU 99–100; Roselaar, Public Land 239; Rotondi, Leges 300–301; Sandberg, AIRFinl. 24.53; Schneider, Wirtschaft 284–285; Schulz, Herrschaft 70; Schur, Marius und Sulla 24–25; Serrao, Classi 191; Scullard, Gracchi to Nero 27, 38, 381; Sherwin-White, JRS 67, 1977, 68; Sherwin-White, Foreign policy 83; Sommer, RG 350; v. Stern, Hermes 56, 1921, 258; Stockton, Gracchi 67–69, 81, 154; Taeger, Tiberius Gracchus 87–88; Thommen, Volkstribunat 43, 108; Wieacker, Rechtsgeschichte 372; Willems, Sénat 2.387 m.A.3.

5 *Rogatio Sempronia de civitate sociis danda 621/133

Vell. 2.2,2: (Ti. Gracchus) … descivit a bonis pollicitusque toti Italiae civitatem, … Ti. Gracchus … sagte sich von den staatstreu Gesinnten los und versprach ganz Italien das Bürgerrecht, … Cic. rep. 1.19,31: Mors Tiberii Gracchi et iam ante tota illius ratio tribunatus divisit populum unum in duas partis … concitatis sociis ac nomine Latino, foederibus violatis. Der Tod des Tiberius Gracchus und zuvor schon die ganze Art seines Tribunats teilte das Volk in zwei Parteien …, die Bundesgenossen und die latinische Bevölkerung wiegelte er auf und verletzte die Bündnisverträge. Cic. rep. 3.29,41: [lacuna] Asia Ti. Gracchus perseveravit in civibus, sociorum nominisque Latini iura neglexit ac foedera. Ti. Gracchus setzte sich beharrlich für die Bürger ein, die Rechte der Bundesgenossen und der latinischen Bevölkerung und die Verträge mit ihnen missachtete er. Die Bürgerrechtsgesetze der Gracchenzeit müssen offensichtlich im Zusammenhang mit dem Agrargesetz und seinen Auswirkungen auf die Bundesgenossen

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gesehen werden.80 Als römische Bürger hätten nämlich auch sie Anteile an Land bekommen können, was ihnen als Bundesgenossen nicht möglich war. Außerdem waren sie durch das Agrargesetz in der Weise betroffen, dass ihnen der ager occupatorius streitig gemacht wurde, denn dieser war ager publicus und schon vor langer Zeit ihren Vorfahren zur Nutzung überlassen. Diese Nutzungsrechte wiederum waren offensichtlich in den mit Rom geschlossenen Verträgen irgendwie enthalten, so dass Cicero Tiberius vorwerfen konnte, Rechte und Verträge der Bundesgenossen und Latiner zu missachten. Insgesamt zeichnet Cicero in seiner Stellungnahme zum Volkstribunat des Ti. Gracchus ein negativeres Bild vom Verhältnis des Tiberius zu den Bundesgenossen als Velleius; ein solches Gesetzesvorhaben zugunsten der Bundesgenossen schließt Cicero mit seinem Urteil aus. Velleius’ Bewertung des Vorgehens von Tiberius ist gleichermaßen negativ. Es bleibt unklar, warum er „ganz Italien“ das Bürgerrecht verspricht. Möglicherweise hatte Tiberius die Auswirkungen seiner Reform auf socii ac nomen Latinum und ihre diesbezügliche Reaktion unterschätzt. Daher mag es sein, dass er versuchte, den von ihm verursachten Unmut der Verbündeten über sein Ackergesetz zu besänftigen, indem er Latinern und Bundesgenossen das römische Bürgerrecht in Aussicht stellte.81 Oder Tiberius hielt für denkbar, den Bundesgenossen in einem zweiten Schritt nach dem Ackergesetz das Bürgerrecht zu verleihen, um sie an den Assignationen beteiligen zu können.82 Vielleicht wurde ihm auch bloß eine Rogation seines Bruders Gaius untergeschoben,83 entweder um ihn aufzuwerten oder weil sich Velleius in der Zuordnung der Gesetzesinitiativen schlicht vertan hat. In anderen Quellen ist von diesem angeblichen Gesetzesvorhaben Tiberius’ nicht die Rede, und erst nach seinem Tod wird durch die fortgeführte Tätigkeit der Ackerkommission von Schwierigkeiten mit den Bundesgenossen berichtet. Wahrscheinlich hat also Tiberius keinen Vorstoß zur Verleihung des Bürgerrechts an einen größeren Personenkreis unternommen.84 Die Rogation ist demnach eher als unhistorisch einzustufen.

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Badian, ANRW 1,1.731, bezeichnet es als Ausfluss des gracchischen (Landverteilungs-) Programms, dass eine neue Idee entstand: man gab den italischen Bundesgenossen  – oder jedem, der es wünschte  – das Bürgerrecht als Ausgleich dafür, dass diese die Agrarreform akzeptierten. Richardson, JRS 70, 1980, 8, legt das Schwergewicht darauf, dass Velleius in einem Atemzug die Agrargesetze und das Bürgerrechtsgesetz nennt. Letzteres soll den Bundesgenossen die Teilhabe am Ackergesetz sichern. Flach, HZ 217, 1973, 270. Das argwöhnt Lintott, CAH2 9.69; ähnlich Earl, Ti. Gracchus 113; Galsterer, Herrschaft 175. Levi, Costituzione 13–14, hält eine Rogation für denkbar, nach S. 139–140 gab es kein Gesetz; vgl. Bleicken, Ti. Gracchus 121–124.

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Lex Nr. 6

Lit.: Badian, Clientelae 170–171, 173; Badian, ANRW 1,1.730–731; Betti, Labeo 9, 1963, 68; Bleicken, Ti. Gracchus 101–105, 121–124; Bringmann, Republik 214; Büchner, De re publica 328; Carcopino, Gracques 40, 42–43; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.498; Earl, Ti. Gracchus 113; Flach, HZ 217, 1973, 270; Flach, Agrargeschichte 47; Frank, ESAR 1.238; Galsterer, Herrschaft 175–176; Göhler, Italien 113–116; Greenidge / ​ Clay, 8 u. 20; Heftner, Gracchen 61, 252 (A.39); Judeich, HZ 111, 1913, 479; Kiene, Bundesgenossenkrieg 123; Lange, Alterthümer 2.685, 3.16; Levi, Costituzione 13–14, 139–140; Lintott, CAH2 9.69; Mackay, Breakdown 48 A.7; Millar, Rome 1.159; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1420; Perelli, Movimento popolare 95; Perelli, Gracchi 126–128; Richardson, JRS 70, 1980, 8–10; Roselaar, Public Land 244, 251; Rotondi, Leges 300; Sherwin-White, Citizenship 218 A.2; Siber, Verfassungsrecht 168; v. Stern, Hermes 56, 1921, 28685; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.550.

6 Rogatio Sempronia militaris 621/133

Plut. Ti.Gracch. 16,1: αὖθις ἄλλοις νόμοις ἀνελάμβανε τὸ πλῆθος, τοὺς τε χρόνους τῶν στρατειῶν ἀφαιρῶν καὶ …86 Ferner suchte er durch andere Gesetze das Volk für sich einzunehmen. So versprach er die Dienstzeit im Heer zu verkürzen und … Cass. Dio 24.frg. 83,7: ῞Οτι ὁ Γράκχος τοῖς στρατευομένοις ἐκ τοῦ ὁμίλου νόμους τινὰς ἐπικουροῦντας ἔγραφε, … …, dass Tiberius zum Wohle derjenigen aus dem Volk, die Kriegsdienst leisten, einige Gesetze beantragte, … Aus den knappen Nachrichten lässt sich nur erschließen, dass Tiberius für die bevorstehende Wahl zum Volkstribunat für das Jahr 132 seine Anhängerschaft verbreitern wollte.87 Daher unternimmt er angeblich u. a. einen Vorstoß in Richtung auf das, worunter die einfachen Leute am meisten zu leiden hatten, nämlich die dauernde Rekrutierung für immer neue und zunehmend verlustreiche Kriege88. Er verspricht eine Reduzierung der Dienstzeiten, die normalerweise 16 Jahre89 betragen, aber nicht ohne Unterbrechung abgeleistet werden müssen.90 85 86 87 88

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v. Stern, Hermes 56, 1921, 286, hält die Überlieferung wie Judeich (HZ 111, 1913, 479) für durchaus glaubwürdig. Fortsetzung bei Lex Nr. 7. Badian, ANRW 1,1.730, hält diese Überlieferung für inakzeptabel. Auf dem Hintergrund der Kriege in Spanien hält Earl, Ti. Gracchus 113–114 diese Rogation für eine mögliche Ausnahme in all den Rogationen, die Tiberius zugeschrieben werden und denen gegenüber Skepsis angebracht ist. Polyb. 6.19,2. Perelli, Gracchi 127, hält dieses Gesetz für am ehesten glaubhaft, weil es keine Antizipation des Vorschlags von Gaius ist; nach Boren, Gracchi 67, ist allein diese Rogation wahrscheinlich, die

Lex Nr. 7

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Cassius Dio spricht sogar von mehreren Gesetzen für die Bürgersoldaten, macht zum Inhalt aber keine weiteren Angaben. Durch den Verlauf der Ereignisse, den gescheiterten Versuch des Tiberius, erneut zum Volkstribun gewählt zu werden, den offenen Aufruhr und schließlich seinen Tod, bleiben das oder die Gesetzesvorhaben ohnehin bloße Rogationen, die nicht verabschiedet wurden.91 Lit.: Badian, ANRW 1,1.730; Behrends, Symposion Wieacker 102; Bernstein, Ti. Gracchus 216–217; Betti, Labeo 9, 1963, 68; Bleicken, Lex 162 A.80; Bleicken, HZ 247, 1988, 279 A.26; Boren, Gracchi 67; Botsford, Roman Assemblies 368; Broughton, MRR 1.493–494; Carcopino, Gracques 40, 42; Christ, Krise 132; Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 256; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.498; Earl, Ti. Gracchus 113–114; Flach, Agrargeschichte 43; Göhler, Italien 111; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 80; Judeich, HZ 111, 1913, 481; Lange, Alterthümer 2.672, 3.16; Last, CAH 9.31–32; Mackay, Breakdown 48 A.7; Marshall, Asconius 242; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1419–1420; Neumann, veterani, RE Suppl. 9 (1962) 1598; Niccolini, FTP 145; Perelli, Movimento popolare 94–95; Perelli, Gracchi 126–127; Rich, Historia 32, 1983, 319–320; Rotondi, Leges 301; Schneider, Veteranenversorgung 77; Scullard, Gracchi to Nero 382; v. Stern, Hermes 56, 1921, 276–277; Stockton, Gracchi 73, 81; Taylor, Athenaeum 41, 1963, 53; Taylor, Athenaeum 44, 247–248; Thommen, Volkstribunat 61–62; Triebel, Ackergesetze 189 m.A.176 (275); v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 135–136.

7 Rogatio Sempronia de provocatione 621/133

Plut. Ti.Gracch. 16,1: αὖθις ἄλλοις νόμοις ἀνελάμβανε τὸ πλῆθος, …92.. καὶ διδοὺς ἐπικαλεῖσϑαι τὸν δῆμον ἀπὸ τῶν δικαστῶν,  …93. Ferner suchte er durch andere Gesetze das gemeine Volk für sich einzunehmen, … und indem er ihnen das Recht gab, nach Entscheidungen der Richter das Volk anzurufen. beiden anderen (Lex Nr. 7 und Nr. 8) seien vermutlich darauf zurückzuführen, dass Plutarch oder seine Quelle Tiberius und Gaius Gracchus verwechselt habe. Last, CAH 9.31–32, meint, dass diese Rogation sowie die beiden folgenden (Lex Nr. 7 und Nr. 8) erst Gaius Gracchus zuzuschreiben sind und auf Tiberius rückprojiziert wurden, ebenso Bleicken, HZ 247, 1988, 279 A.26; nach Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 256, griff Gaius dagegen mit seinen Gesetzen auf die Vorschläge seines Bruders zurück; so auch die Ansicht von Marshall, Asconius 242. 91 Dio macht eine abschließende Bemerkung (24.frg. 83,8), dass Tiberius diese Vorhaben nicht durchsetzen konnte. Dagegen interpretiert Taylor, Athenaeum 41, 1963, 53, Plutarch so, dass die Rogationen „were put to vote“. 92 Text der Lex Nr. 6. 93 Text der Lex Nr. 8.

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Lex Nr. 8

Ebenso wie die vorige und die nachfolgende Rogation soll Tiberius Gracchus, weil er sich um die Wiederwahl zum Tribunen bemühte, auch einen Vorschlag gemacht haben, die Provokation an das Volk auch nach Gerichtsurteilen zu erlauben und nicht nur – wie bisher – bei Strafmaßnahmen der Magistrate. Auch in diesem Fall ist es bei einer Rogation, vielleicht sogar bei einer bloßen Absichtserklärung geblieben.94 Lit.: Badian, ANRW 1,1.730; Behrends, Symposion Wieacker 102; Bernstein, Ti. Gracchus 216–218; Betti, Labeo 9, 1963, 68; Botsford, Roman Assemblies 368; Broughton, MRR 1.493–494; Carcopino, Gracques 40, 41; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.498; Earl, Ti. Gracchus 113–114; Flach, Agrargeschichte 43; Göhler, Italien 111; Grasmück, Exilium 104 A.279; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 80; Lange, Alterthümer 2.560, 655, 3.16; Last, CAH 9.31–32; Ch. Lécrivain, Provocatio, DS 4,1.732; Mackay, Breakdown 48 A.7; Martin, Populare 133; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1419–1420; Niccolini, FTP 145; Perelli, Movimento popolare 94–95; Perelli, Gracchi 126–128; Rotondi, Leges 301; Santalucia, Diritto 79; Santalucia, Studi 204; Scullard, Gracchi to Nero 382; Stockton, Gracchi 73, 81; Taylor, Athenaeum 41, 1963, 53; Taylor, Athenaeum 44, 247; Thommen, Volkstribunat 121; Triebel, Ackergesetze 189 m.A.176 (275); v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 135–136.

8 Rogatio Sempronia iudiciaria 621/133

Plut. Ti.Gracch. 16,1: αὖθις ἄλλοις νόμοις ἀνελάμβανε τὸ πλῆθος,95… καὶ τοῖς κρίνουσι τότε, συγκλητικοῖς οὖσι, καταμιγνὺς ἐκ τῶν ἱππέων τὸν ἴσον ἀριθμόν, καὶ πάντα τρόπον ἤδη τῆς βουλῆς τὴν ἰσχὺν κολούων. Ferner suchte er durch andere Gesetze das gemeine Volk für sich einzunehmen,  … und indem er beabsichtigte, den bisherigen Richtern, die Senatoren waren, die gleiche Anzahl von Rittern beizumischen und auf jede mögliche Art nun die Macht des Senats zu vermindern. Cass. Dio 24.frg. 83,7: ῞Οτι ὁ Γράκχος  … νόμους τινὰς  … ἔγραφε, καὶ τὰ δικαστήρια ἀπὸ τῆς βουλῆς ἐπὶ τοὺς ἱππέας μετῆγε, … …, dass (Ti.) Gracchus einige

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So auch Lange, Alterthümer 2.655; anderer Meinung: Taylor, Athenaeum 41, 1963, 53, vgl. bei Lex Nr. 6. – Allgemein finden in der neueren Literatur nur Lex Nr. 6 und Lex Nr. 8 Erwähnung, ein Vorstoß zur Gewährung der provocatio bei Gerichtsurteilen wird offensichtlich allgemein nicht mehr ernst genommen. Brunt, Fall 222, hält den Vorschlag immerhin für möglich. 95 Text von Lex Nr. 6 und Lex Nr. 7.

Lex Nr. 8

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Gesetze … promulgierte und versuchte, die Gerichte vom Senat an die Ritter zu übergeben, … Macr. Sat. 3.14,6: Scipio Africanus Aemilianus, qui in oratione contra legem iudiciariam Tib. Gracchi96 sic ait: … Scipio Africanus Aemilianus, der sich in einer Rede gegen die lex iudiciaria des Ti. Gracchus wie folgt äußerte: … Ampel. 26,1: Prima seditio Tiberi Gracchi quem de iudicariis et agrariis legibus statum civitatis moventem Scipio Nasica … oppressit. Die erste Volksaufwiegelung war das Werk des Tiberius Gracchus, den, weil er durch seine Gerichts- und Ackergesetze die Staatsordnung erschütterte, Scipio Nasica stürzte. Tac. ann. 12.60: Claudius omne ius tradidit, de quo toties seditione aut armis certatum, cum Semproniis rogationibus equester ordo in possessione iudiciorum locaretur, aut rursum Serviliae leges senatui iudicia redderent. Claudius übergab (den Prokuratoren) die gesamte Rechtsprechung, über die früher so oft in Aufständen oder mit Waffengewalt gestritten wurde, als durch die sempronischen Gesetzesvorschläge der Ritterstand in den Besitz der Gerichtshöfe gelangte, oder die Gesetze des Servilius dem Senat die Gerichtsbarkeit wieder zurückgaben. Flor. 2.5,3 (3.17): Iudiciaria lege Gracchi diviserant populum Romanum et bicipitem ex una fecerant civitatem. Durch das Gesetz über die Gerichte hatten die Gracchen das römische Volk gespalten und aus einem einzigen einen zweiköpfigen Staat geschaffen. Kurze Bemerkungen bei Macrobius97, Ampelius, Tacitus und Florus machen wahrscheinlich, dass nicht erst Gaius, sondern bereits Tiberius Gracchus eine lex iudiciaria eingebracht hat, die auch schon die Beteiligung der Ritter an der Besetzung der Gerichte vorsah. Zum Inhalt machen Plutarch und Cassius Dio unterschiedliche Angaben: der erste behauptet, dass Tiberius die Absicht hatte, die gleiche Anzahl von Rittern in die bisher ausschließlich aus Senatoren gebildeten Geschworenengerichte aufzunehmen; der andere lässt die Gerichte sogar ganz von den Senatoren auf die Ritter übergehen. Wie schon die beiden vorigen Rogationen gehört auch die lex iudiciaria zu den Vorschlägen, die Tiberius angeblich machte, um seine Wiederwahl zu be-

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Vgl. Malcovati, ORF4 133–134. Lange, Alterthümer 3.21, vermutet, dass Papirius Carbo die von Ti. Gracchus beabsichtigte lex iudiciaria wieder aufgenommen habe, denn nur so könne Scipio seine Rede gegen das Gesetz gehalten haben, da er 133 nicht in Rom gewesen sei. Stein, Ritterstand 14 A.1 (von S.13), Fraccaro, Opuscula 2.256–257, Bernstein, Ti. Gracchus 218 A.51, Bleicken, HZ 247, 1988, 279 A.26 und Gruen, Roman Politics 58, folgen der schon von Mommsen, RG 3.108, vertretenen Ansicht, dass diese Rede nicht zu einer lex iudiciaria gehört, sondern mit der Rücknahme der richterlichen Funktionen für die gracchische Ackerkommssion zusammenhängt; vgl. bei Lex Nr. 3. Die Zuweisung der Notiz bei Macrobius an eine rogatio Sempronia iudiciaria findet sich u. a. bei Taylor, Athenaeum 41, 1963, 55.

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Lex Nr. 9

fördern. Teilweise folgt man in der Literatur dieser Auffassung von Plutarch98 und hält die Vorschläge zumindest für denkbar99, teilweise vermutet man eine Rückprojizierung von Vorschlägen des C. Gracchus100. Die Vorschläge scheinen jedoch allesamt bloße Rogationen oder sogar nur programmatische Äußerungen geblieben zu sein, sie wurden keine leges.101 Lit.: Badian, ANRW 1,1.730; Behrends, Symposion Wieacker 102; Bernstein, Ti. ­Gracchus 216–219; Betti, Labeo 9, 1963, 68; Bleicken, Lex 401 A.164; Bleicken, HZ 247, 1988, 279 A.26; Boren, Gracchi 67; Botsford, Roman Assemblies 368; Broughton, MRR 1.493–494; Carcopino, Gracques 40, 42; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.498; Earl, Ti. G ­ racchus 113–114; Flach, Agrargeschichte 43; Fraccaro, Opuscula 2.256–257; Göhler, Italien 112; Gruen, Roman Politics 58; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 80; Judeich, HZ 111, 1913, 481, 492; Kann, Restoration 154; Lange, Alterthümer 3.21; Last, CAH 9.31–32; Levi, Costituzione 114–115; Mackay, Breakdown 48 A.7; Martin, Populare 133; Mommsen, GS I,3.347; Mommsen, StR 3,1.530 A.1; Mommsen, RG 3.108; Münzer, Sempronius 54), RE 2A (1923) 1419–1420; Niccolini, FTP 145; Perelli, Movimento popolare 94–95; Perelli, Gracchi 126–128; Rotondi, Leges 301; Schur, Marius und Sulla 25 A.2; Scullard, Gracchi to Nero 382; Stein, Ritterstand 13 A.1; Stockton, Gracchi 73, 81; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.98–99; Taeger, Tiberius ­Gracchus 89; Taylor, Athenaeum 41, 1963, 53, 55; Taylor, Athenaeum 44, 1966, 247; Thommen, Volkstribunat 117; Triebel, Ackergesetze 189 m.A.176 (275); v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 135–136; Zumpt, Criminalrecht 2,1.56.

9 Lex Papiria tabellaria 623/131

Cic. leg. 3.16,35: Carbonis est tertia (lex tabellaria)  de iubendis legibus ac vetandis, seditiosi atque inprobi civis. Von Carbo ist die dritte lex tabellaria, die sich mit der Annahme und Ablehnung von Gesetzen (durch die Volksversammlung) befasste. Es ist die eines aufrührerischen und nichtswürdigen Bürgers. 98

Taeger, Tiberius Gracchus 89, übernimmt auch den von Plutarch angeführten Inhalt der Rogation. 99 Boren, Gracchi 67; Stockton, Gracchi 73–74; ganz abgelehnt wird diese Überlieferung von Badian, ANRW 1,1.730. 100 Last, CAH 9.31–32; Martin, Populare 133; Bleicken, HZ 247, 1988, 279 A.26. Den umge­ kehrten Zusammenhang sieht Bernstein, Ti. Gracchus 216: Es sei möglich, dass Tiberius aus politischen Gründen diese Vorschläge machte und dass Gaius eine Dekade später ähnliche Gesetze verabschiedete, weil er sich vom Beispiel des Bruders inspirieren ließ. 101 Mommsen, GS I,3.347 u. StR 3,1.530 A.1. Anderer Meinung: Taylor, Athenaeum 41, 1963, 53, vgl. bei Lex Nr. 6.

Lex Nr. 9

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Nach der lex Gabinia102 und der lex Cassia103 bringt der Volkstribun C. Papirius Carbo 131104 ein drittes Tabellargesetz105 ein. Es schreibt die Benutzung von Stimmtäfelchen (tabellae) nun auch bei gesetzgebenden Versammlungen vor.106 Die ersten beiden Tabellargesetze hatten die schriftliche Abstimmung für Wahlen der Magistrate und für Urteile des Volkes (iudicia populi) eingeführt. Wiederum, wie schon bei den beiden vorausgegangenen Gesetzen, ist Cicero unsere einzige Quelle für das dritte Tabellargesetz – sein negatives Urteil107, das er noch Jahrzehnte nach Einführung dieser Gesetze verbreitet, erstreckt sich hier auf den Rogator. Allerdings ist das System mittlerweile so fest verankert, dass Cicero es nicht für möglich hält, dass man zur mündlichen Stimmabgabe zurückkehren könne.108 Die Stimmtäfelchen, die bei den schriftlichen109 Abstimmungen benutzt wurden, sind kleine, mit Wachs überzogene Täfelchen aus Holz. Einige Münzen 102

Elster, Gesetze 440–441 (Lex Nr. 212). Elster, Gesetze 443–445 (Lex Nr. 214). 104 Das ist die bisher übliche Datierung des Volkstribunats von Papirius. Sumner, Orators 58–59, plädiert für 130; vgl. Broughton, MRR 3.154. Der Versuch von Beness, Phoenix 63, 2009, 60–72, das Tribunat in das Jahr 129 zu setzen, überzeugt nicht; denn in der als Beweis angeführten Stelle aus dem Dialog de amicitia (Lael. 40–41), der ins Jahr 129 datiert wird, benutzt Cicero für Carbo bzw. sein Tribunat die Vergangenheit. Beness / ​Hillard, Historia 61, 2012, 275 wiederholen diese Datierung. 105 Das vierte ist die lex Coelia von 107, Lex Nr. 68. 106 Zum Verfahren: Lundgreen, Historia 58, 2009, 36–57. 107 Lael. 12,41 (über lex Gabinia und lex Cassia); leg. 3.15–16,34–36 (über alle vier Tabellar­ gesetze). 108 Zur Einschätzung aller leges tabellariae vgl. die von Cicero ausgehenden Überlegungen von Jehne, HZ 257, 1993, 593–613, mit Diskussion der unterschiedlichen Forschungsmeinungen (Erschwerung von ambitus (Wahlbestechung), populare Stoßrichtung). Er kommt zu dem Ergbnis, dass das neue Verfahren „eine konservative Reform zum Schutz des römischen Patronagesystems“ sei. Lundgreen, Historia 58, 2009, 53–54, 56–57, ordnet das eher als „willkommenen Nebeneffekt“ ein. So stellt Lundgreen, a. a. O. 38, zunächst klar, dass die Abfolge der Gesetze mit ihren unterschiedlichen Inhalten auf die „kasuistische“ Art römischer Gesetzgebung zurückzuführen ist, die immer „auf den speziellen Anlass zugeschnitten“ ist (in diesem Sinne schon Wieacker, Lex publica 68–72; zitiert bei Elster, Gesetze IX). Schließlich führen ihn seine ausgezeichneten Beobachtungen zu dem Zwischenergebnis (S. 57), dass Anlass und Bedeutung der Gesetze für das politische System „offen bleiben“. In der Auseinandersetzung mit Cicero arbeitet er den Zusammenhang der Tabellargesetze mit der lex Maria (Lex Nr. 51) heraus und warnt zum Abschluss (S.67) davor, die leges tabellariae, weil sie „nach wie vor viele Fragen aufwerfen“ als „Argument, Indiz oder Anstoß für politische Veränderungen“ zu benutzen. 109 Traditionell wird die schriftliche Stimmabgabe entsprechend den heutigen Verfahren als „geheime Abstimmung“ gewertet, eine Geheimhaltung lässt sich jedoch für römische Verhältnisse nicht mit Sicherheit annehmen, daher wird der Vorgang hier mit „schriftlich“ gekennzeichnet; vgl. die Ausführungen von Lundgreen, Historia 58, 2009, 36–51. 103

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Lex Nr. 9

zeigen sie neben den Urnen und machen deutlich, dass entsprechend der Art der Abstimmung unterschiedliche Täfelchen verteilt wurden. Bei Wahlen gab man leere Täfelchen aus, auf denen die Namen der Kandidaten oder vielleicht auch nur die Initialen eingeritzt wurden.110 Für Gerichtsentscheidungen erhielten die Stimmberechtigten ein Täfelchen, auf dem zwei Buchstaben standen, ein A für (A)bsolvo (ich spreche frei) und ein C für (C)ondemno (ich verurteile).111 Je nach Entscheidung löschte man den Buchstaben für das nicht gewünschte Urteil aus. In den gesetzgebenden Versammlungen, die von der lex Papiria betroffen sind, standen vermutlich die Buchstaben V für (U)ti rogas und A für (A)ntiquo für die Antworten ja oder nein auf den Täfelchen.112 Lit.: Astin, Scipio 233; Bernstein, Ti.­Gracchus 99, 173; Bleicken, Lex 139, 183, 278–280; Blösel, Röm. Republik 156; Boren, Gracchi 74; Botsford, Roman Assemblies 369; Bringmann, Revolution 43; Bringmann, Republik 215; Broughton, MRR 1.502; Crawford, Republican coinage 1.440, Nr. 413, 1.457–459, Nr. 437; Cuq, DS 3,2.1157; De Martino, Costituzione 2.435–436, 3.302; Döbler, Agitation 217; Ducos, Les Romaines 31 m.A.41; Dyck, Commentary 530–531; Evans, Marius 96; Feig Vishnia, Klio 90, 2008, 334; Flower, Republics 72 m.A.24; Grziwotz, Verfassungsverständnis 196; Gutberlet, Livius 108; Hall, Species libertatis 23–25; Jehne, HZ 257, 1993, 594, 600–601, 610–611; Jehne, Statutes 410; König, Staat 128 [44]; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.578, 652; Lange, Alterthümer 2.489, 527, 658, 3.20; Last, CAH 9.38; Levi, Costituzione 34; Lintott, CAH2 9.75; Lintott, Constitution 47; Lundgreen, Historia 58, 2009, 37, 47; Mackay, Breakdown 52; Marsh / ​Scullard, History 50–51; Marshall, Asconius 269–270; Martin, Populare 150; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 573, 602; Meier, RPA 129 A.400113, 131; Millar, Rome 1.152; Mommsen, Staatsrecht 3,1.402, 404; Mouritsen, Plebs 64–65, 76, 82; Niccolini, FTP 154–155; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 205, 206–207, 209; Perelli, Gracchi 146; Rotondi, Leges 302; Rowland, Phoenix 23, 1969, 374; Schneider, Wirtschaft 297–298, 308; Schulz, Herrschaft 46; Scullard, Festivals 229; Scullard, Gracchi to Nero 30; Serrao, Classi 79, 184; Siber, Verfassungsrecht 232; Staveley, Voting 158–160; Stockton, Gracchi 92; Sydenham, Coinage 152, Nr. 917/918 (Plate 25), 156, Nr. 935 (Plate 26); Taylor, Athenaeum 41, 1963, 69; Taylor, Voting Assemblies 125 A.2; Thommen,

110

Vgl. Cic. dom. 43,112; in diesem Sinne auch Yakobson, Elections 132. Die Münze des Q. Cassius gilt als Reminiszenz an die lex Cassia tabellaria von 137, Crawford, Republican coinage 1.452, Nr. 428; Sydenham, Coinage 152, Nr. 917/918 (Plate 25). Zu den Gerichtsurteilen bei Hochverrat vgl. die lex Coelia tabellaria von 107 (Lex Nr. 68). 112 Vgl. Cic. Att. 1.14,5.  – Scullard, Festivals 229; Staveley, Voting 160; vgl. die Münze des L.  Cassius Longinus, auf der ein Wähler eine Stimmtafel mit dem Buchstaben V in eine Urne wirft: Mommsen, Münzwesen 636, Nr. 279 (Mommsen bezieht diese Münze aber auf die Lex Cassia von 137); Crawford, Republican coinage 1.440, Nr. 413; Sydenham, Coinage 156, Nr. 935 (Plate 26). – Eine weitere Szene während der Abstimmung zeigt die Münze des P. (Licinius) Nerva, Sydenham, Coinage 72, Nr. 548 (Plate 18). Eine neue Deutung dieser Szene entwirft Staveley, Voting 162–164. 113 Meier bezeichnet die lex hier als l. Calpurnia. 111

Lex Nr. 10

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Volkstribunat 82–83, 85; Triebel, Ackergesetze 178; Wallinga, RIDA 41, 1994, 423; E. Weiss, Lex Papiria, RE 12,2 (1925) 2400; Wieacker, Rechtsgeschichte 398 m.A.48; Williamson, Laws 102, 306–308, 319; Yakobson, Elections 131, 137.

10 Rogatio Papiria de tribunis plebis reficiendis 623/131

Liv. per. 59: Cum Carbo tribunus plebis rogationem tulisset, ut eundem tribunum pleb., quotiens vellet, creare liceret, rogationem eius P. Africanus gravissima oratione dissuasit. … ­Gracchus contra suasit rogationem, sed Scipio tenuit114. Als der Volkstribun Carbo den Gesetzesvorschlag einbrachte, dass es erlaubt sein solle, ein und denselben Tribun, sooft er wolle, zu wählen, riet P. Africanus in einer äußerst gewichtigen Rede von dessen Gesetzesvorschlag ab. C. ­Gracchus dagegen befürwortete den Vorschlag, doch Scipio behielt die Oberhand. Cic. Lael. 25,96: (Laelius:) quibus blanditiis C. Papirius nuper influebat in aures contionis, cum ferret legem de tribunis plebis reficiendis! dissuasimus nos115 … itaque lex popularis suffragiis populi repudiata est. Mit welchen Schmeicheleien drang C. Papirius vor kurzem in die Ohren der Volksversammlung ein, als er sein Gesetz über die Wiederwahl von Volkstribunen einbrachte! Wir rieten davon ab … und so wurde ein volksfreundliches Gesetz mit den Stimmen des Volkes abgelehnt. Zwei Jahre, nachdem Tiberius G ­ racchus vergeblich versucht hatte, sich für ein zweites Tribunat wählen zu lassen, bringt der Volkstribun C. Papirius Carbo einen Gesetzesvorschlag ein, der in Zukunft die Wiederwahl von Tribunen ermöglichen soll.116 Der Epitomator von Livius kennt noch eine Einzelbestimmung: Die Wiederwahl soll möglich sein, sooft ein Tribun das will. Daraus lässt sich der Vorwurf ableiten, der auch schon Tiberius gemacht wurde, dass ein Tribun durch die Fortdauer seines Amtes nach regnum (Alleinherrschaft) strebe. Diese Implikation ist vermutlich Scipios Hauptargument gegen das Gesetz geworden, denn angeblich hat er in seiner Rede auch behauptet, dass Tiberius zu Recht getötet worden sei. Demgegenüber dringt die Gegenrede von C. ­Gracchus nicht

Emendation von Frobenius, MSS: censuit. Laelius benutzt den Plural, doch überliefert ist nur eine Rede, die von Scipio (vgl. Malcovati, ORF4 131–132). 116 Taylor, Athenaeum 41, 1963, 56–57 und Athenaeum 44, 1966, 250, sieht in dem letzten Vorhaben von Tiberius eine frühere Version der rogatio Papiria, die seine Wiederwahl ermöglichen soll. Gegen diese Auslegung der Quellen schon Earl, Athenaeum 43, 1965, 95–105. 114 115

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Lex Nr. 10

durch; zu tief sitzt offenbar in Rom die Furcht vor der Tyrannis eines Einzelnen. Für das Gesetz findet sich keine Mehrheit, es fällt durch. Nur acht Jahre später gelingt es jedoch C. ­Gracchus, genau diese Wiederwahl für eine zweite Amtszeit durchzusetzen.117 Es erhebt sich die Frage, warum ein solches Gesetz nötig schien. Denn an Tiberius’ Versuch, sich wiederwählen zu lassen, ist ablesbar, dass es bis dahin offenbar kein Gesetz gab, das die Wiederwahl von Volkstribunen verbot, wie es für die ordentlichen Magistraturen des Gesamtvolks galt.118 Daher wird die Wiederwahl in der modernen Forschung überwiegend als gegen das Herkommen (mos) gerichtet aufgefasst119, was in der ungeschriebenen römischen Verfassung ein gewichtiges Prinzip darstellte; die Kontinuation des Amtes wird aber auch für illegitim oder verfassungswidrig gehalten.120 Perelli121 hält er die Wiederwahl eines Tribunen grundsätzlich nicht für illegal, seiner Meinung nach wollte Papirius mit seiner Rogation erreichen, dass die Rechtsunsicherheit in einer strittigen Angelegenheit beseitigt wird, indem die Wiederwahl zukünftig per Gesetz möglich sein soll, und wollte darüber hinaus erneuter Gewaltausübung von Seiten der Aristokratie vorbeugen. Lit.: Astin, Scipio 232–233; Badian, Clientelae 175; Badian, ANRW 1,1.698, 722; Bleicken, Lex 175 A.140; Bleicken, HZ 247, 1988, 285 A.42; Boren, Gracchi 74; Botsford, Roman Assemblies 369; Bringmann, Revolution 43; Bringmann, Republik 215; Bringmann, Krise 47 m. A.7; Carcopino, Gracques 98–99, 194–195; Christ, Krise 135; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 262; Cuq, DS 3,2.1157; De Martino, Costituzione 2.494–496; Earl, Ti. G ­ racchus 103–104; Earl, Athenaeum 43, 1965, 104–105; Ferrary, L’iter legis 20 A.63; Flaig, Entscheidung 80 A.13; Hall, Athenaeum 50, 1972, 7–8, 22; Hall, Athenaeum 55, 1977, 284–285; Hantos, Res publica 34; Heftner, Gracchen 60; Hill, Middle Class 104; Jones, PCPhS 186, 1960, 35; Kornemann, Gracchenzeit 19; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.565; Lange, Alterthümer 2.655, 3.20; Last, CAH 9.33, 38; Levi, Costituzione 187; Lintott, CAH2 9.68, 75; Lundgreen, Regelkonflikte 94; Mackay, Breakdown 52, 60; Marsh / ​Scullard, History 50; Martin, Populare 149–150; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 599–600; Meyer, KS 1.392 A.3; Niccolini, FTP 153–154, 166; Perelli, Gracchi 125, 146, 172; Rotondi, Leges 302; Rowland, Phoenix 23, 1969, 374; Schietinger, Tyche 29, 2014, 166, 176–177; Schneider, Wirtschaft 297–298; Scullard, Gracchi to Nero 30,

117

Angeblich erging in der Zwischenzeit ein Gesetz darüber, vgl. Lex Nr. 18. Der Iteration wurden verschiedentlich gesetzliche Grenzen gesetzt; vgl. etwa Elster, Gesetze 40–43 (Lex Nr. 20), 408–409 (Lex Nr. 195); Kunkel, Staatsordnung 2.6–7.  – Wittmann meint, das ursprünglich nur auf die Magistraturen des Gesamtvolks gerichtete Iterationsverbot werde auch auf das Volkstribunat angewandt (Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.564). 119 Vgl. etwa Earl, Athenaeum 43, 1965, 104–105; Bringmann, Republik 210. 120 Betti, Labeo 9, 1963, 67–68; Bleicken, HZ 247, 1988, 285 A.42. 121 Gracchi 146. 118

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381–382; Sommer, RG 352–353; v. Stern, Hermes 56, 1921, 259; Stockton, Gracchi 91–92, 169, 218; Taylor, Athenaeum 41, 1963, 56, 68–69; Thommen, Volkstribunat 31, 90–91; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 44–46, 134–137.

11 Lex de bello cum Aristonico gerendo 623/131

Cic. Phil. 11.8,18: Cum Aristonico bellum gerendum fuit P. Licinio L. Valerio consulibus. Rogatus est populus quem id bellum gerere placeret. Crassus consul, pontifex maximus, Flacco conlegae, flamini Martiali, multam dixit, si a sacris discessisset: quam multam populus Romanus remisit; pontifici tamen flaminem parere iussit. Sed ne tum quidem populus Romanus ad privatum detulit bellum, quamquam erat Africanus, … qui … duas tamen tribus solas tulit. Ita populus Romanus consuli potius Crasso quam privato Africano bellum gerendum dedit. Im Jahr der Konsuln P.  Licinius [Crassus] und L.  Valerius [Flaccus] musste mit Aristonicus Krieg geführt werden. Befragt wurde das Volk, wer den Krieg führen solle. Crassus, der eine Konsul und gleichzeitig Oberpriester, verhängte gegen seinen Kollegen Flaccus, den Mars-Priester, eine Geldbuße für den Fall, dass er seinen kultischen Verpflichtungen zuwiderhandle. Diese Geldbuße erließ ihm das römische Volk, wies aber den Mars-Priester dennoch an, dem Oberpriester zu gehorchen. Doch nicht einmal damals übertrug das römische Volk einem Privatmann die Kriegführung, obwohl Africanus zur Verfügung stand … für ihn stimmten nur zwei Tribus. So gab das römische Volk lieber dem Konsul Crassus als dem Privatmann Africanus den Auftrag zur Kriegführung. Liv. per. 59: Aristonicus Eumenis regis filius Asiam occupavit, cum testamento Attali regis legata populo Romano libera esse deberet. Adversus eum P.  Licinius Crassus consul, cum idem pontifex maximus esset, quod numquam antea factum erat, extra Italiam profectus proelio victus et occisus est. M. Perperna consul victum Aristonicum in deditionem accepit. (von einem Gesetz ist bei Livius nicht die Rede!) Aristonicus, ein Sohn von König Eumenes besetzte Kleinasien, obwohl es – durch das Testament des Königs Attalos dem römischen Volk vermacht – frei sein sollte. Gegen ihn zog der Konsul P. Licinius Crassus außerhalb Italiens ins Feld, obwohl er zugleich Pontifex Maximus war – was noch niemals zuvor geschehen war –; er wurde im Kampf besiegt und getötet. Der Konsul M. Perperna nahm dann die Unterwerfung des besiegten Aristonicus an. Nach dem Tod von Attalos III., der sein Reich testamentarisch dem römischen Volk vermacht hatte, proklamierte sich Aristonicus, der vielleicht zu Recht behauptete, ein illegitimer Sohn von Eumenes II. zu sein, unter dem Namen

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Lex Nr. 11

Eumenes III. zum König. Die Usurpation fand sofort Gegner in den Städten des Pergamenischen Reiches, die von Attalos in seinem Testament für frei erklärt worden waren, aber auch bei den benachbarten Königen, die mit Rom verbündet waren. Die Kommission aus Rom unter der Führung von Scipio Nasica, die vom Senat wegen der Erbschaft nach Pergamon geschickt worden war, stand vor vollendeten Tatsachen: der Krieg hatte bereits begonnen. Daher wurde von Rom keine Kriegserklärung ausgesprochen, dagegen wurde nach der Aussage Ciceros das Volk befragt, wer den Krieg gegen Aristonicus führen solle. Bei dieser Rogation geht es nicht um die „normale“ Zuweisung eines Aufgabenbereichs an die Konsuln, denn dafür wäre der Senat zuständig. Es gibt aber innenpolitische Schwierigkeiten, denn der eine Konsul (P. Licinius Crassus Mucianus) ist gleichzeitig pontifex maximus, der andere (L. Valerius Flaccus) ist flamen Martialis, Marspriester. Letzterer darf sich nicht aus Rom entfernen, weil er dann seine religiösen Verpflichtungen nicht erfüllen kann; der pontifex maximus ist vermutlich nur an Italien gebunden122, aber bei ihm scheint es bloß Tradition (mores) zu sein, und in den nächsten Jahrzehnten gibt es mehrere Beispiele sowohl für die Kompatibilität des Priestertums mit einem staatlichen Amt als auch für einen Aufenthalt außerhalb Roms und außerhalb Italiens.123 Da der Pontifex maximus den anderen Priestern gegenüber weisungsbefugt ist, darf er dem Flamen verbieten, Rom zu verlassen und ihm für den Fall einer Übertretung des Verbots eine Geldstrafe auferlegen. Flaccus wendet sich daher an das Volk – sozusagen als Berufungsinstanz – und erreicht, dass er zwar keine Strafe bezahlen muss und sein Amt weiterhin ausüben darf, aber der Anordnung des Pontifex folgen muss.124 Damit bleibt ein Konsul im Amt, der sich erstmalig über die Schranke religiöser Verpflichtungen hinwegsetzt, weil er willens ist, in den Krieg zu ziehen. Doch wie die Rogation, die den Befehlshaber benennen soll, ausgesehen hat bzw. welche Intention damit verbunden war125, wird nicht deutlich. Denn offenbar 122

So auch Lange, Alterthümer 3.20; Rotondi, Leges 302, spricht nur von „dalla consuetudine“. Eine ausgewogene Untersuchung bietet Bauman, Lawyers 308–312; vgl. Nippel, Regel 131–132. Für den Bereich Italien ist ein Beispiel aus der Vergangenheit überliefert: P. Licinius Crassus Dives (seit 212 Pont. max.) übernahm in seinem Konsulat 205 die Provinz Bruttium und überließ seinem Kollegen Scipio Africanus die Provinz Sizilien, ohne dass zwischen ihnen gelost wurde, weil ihn die cura sacrorum in Italien zurückhielt (Liv. 28.38,12). 123 Nach Liv. per. 59 ist Crassus der erste pontifex maximus, der als Konsul in den Krieg zieht; vgl. Bleicken, Hermes 85, 1957 II, 448. – Latte, Religionsgeschichte 394, sieht darin, dass Priester Rom verlassen, ein Zeichen des Verfalls der altrömischen Religion und konstatiert es auch bei flamines (Religionsgeschichte 276). Lundgreen, Regelkonflikte 171–174, sieht keinen „wirklichen Regelbruch“. 124 Zum Verfahren wegen der vom Pontifex maximus verhängten Mult und zur Entscheidung des Volkes vgl. Siber, Analogie 34–35 u. Bleicken, Hermes 85, 1957 II, 461–464. 125 Bleicken, Lex 118, geht davon aus, dass der Volksbeschluss dazu diente, „eine der Mehrheit des Senats unerwünschte Politik durchzusetzen“; Lex 120 A.40 bezeichnet er den Volksbeschluss

Lex Nr. 12

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haben die Volkstribunen126 versucht, außer dem Amtsinhaber, dem ein solches Kommando von Rechts wegen zusteht, auch den Privatmann Scipio Aemilianus vorzuschlagen. Dieser hatte zwar vielfältige Verdienste vorzuweisen, bekleidete aber im Augenblick keine Magistratur. Darum sprachen sich für ihn in der Abstimmung lediglich zwei Tribus aus. Cicero betont mit diesem Beispiel, dass das Volk mehr Vertrauen in gewählte Amtspersonen setzt als in Privatleute, mögen sie auch noch so große Verdienste erworben haben – immerhin war Scipio zweimal Konsul gewesen127, hatte Karthago erobert und zerstört (146) und den verlustreichen Krieg in Spanien mit der Eroberung von Numantia beendet (133). Lit.: Astin, Scipio 234–235; Bauman, Lawyers 308–312; Bergemann, Religion 120–121, 130; Adolf Berger, Leges de bello indicendo, RE Suppl. 7 (1940) 383128; Bleicken, Hermes 85, 1957 II, 448, 454–455, 467; Bleicken, Lex 118 m.A.38, 120 A.40; Cuq, DS 3,2.1168; Evans, Marius 133; Gruen, Hellenistic World 2.602; Habicht, CAH2 8.378–380; Kloft, Prorogation 52; Lange, Alterthümer 2.706, 3.19–20; Latte, Religionsgeschichte 276–277, 394; Lundgreen, Regelkonflikte 161, 163–165, 171–174; Mackay129, Breakdown 55–56; Magie, Roman Rule 148–153; Mommsen, StR 2.1,653 A.1; Niccolini, FTP 155; Nippel, Regel 131–132; Perelli, Gracchi 147; Rotondi, Leges 302–303; Schietinger, Tyche 29, 2014, 171–172; Schneider, Wirtschaft 298; Sherwin-White, JRS 67, 1977, 68 m.A.42; Siber, Analogie 34–35; Siber, ZRG 64, 1944, 235–236; Thommen, Volkstribunat 97, 100; Werner, Gracchische Reformen 435–436; Wieacker, Rechtsgeschichte 402 A.10130.

12 *Lex de regno Aegypti 624/130

Liv. per. 59: Ptolemaeus Euergetes cognominatus … incensa a populo regia clam Cypron profugit; et cum sorori eius Cleopatrae, quam filia eius virgine per vim compressa atque in matrimonium ducta repudiaverat, regnum  a populo datum esset, … filium, quem ex illa habebat, in Cypro occidit … Ptolemaeus mit Beinamen nicht als Gesetz, sondern als Wahl. Kloft, Prorogation 52, sieht in dem Volksentscheid ein Eingreifen in den Geschäftsbereich des Senats; ähnlich Mommsen, StR 2.1,653 A.1. 126 An ein Plebiszit denkt auch Niccolini, FTP 155. 127 Ein zweites Konsulat war seit etwa 151 verboten, es wurde Scipio durch Gesetz erlaubt, vgl. Elster, Gesetze 408–409 (Lex Nr. 195) und 450–451 (Lex Nr. 217). 128 Die Zuordnung ist nicht korrekt, denn die lex ist keine Kriegserklärung, sie soll nur den Oberbefehlshaber für den schon begonnenen Krieg bestimmen. 129 Mackay bezeichnet Flaccus fälschlicherweise als flamen Dialis. 130 Das Gesetz trägt fälschlicherweise die Überschrift lex de bello cum Aristonico indicando.

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Lex Nr. 12

Euergetes floh heimlich nach Zypern, nachdem das Volk seinen Königspalast in Brand gesteckt hatte. Und als seiner Schwester Kleopatra, die er verstoßen hatte, nachdem er ihre jungfräuliche Tochter vergewaltigt und geheiratet hatte, von der Bevölkerung die Herrschaft verliehen wurde, ließ er den Sohn, den er von ihr hatte, auf Zypern ermorden. Im 2. Jh. gibt es in Ägypten immer wieder dynastische Streitigkeiten, in deren Mittelpunkt über lange Jahre Ptolemaeus VIII. Euergetes II. steht. 155 hatte er in einem Testament das römische Volk zum Erben eingesetzt, falls er ohne leibliche Erben sterben würde. Nachdem er 145 König des gesamten ägyptischen Reiches (aus den Teilreichen Zypern, Kyrenaika und ägyptisches Kernland) geworden war, heiratete er nacheinander seine Schwester Kleopatra II. (145) und seine Stieftochter Kleopatra III. (142). Zunächst regierte man Ägypten zu dritt, letztlich kam es infolge der Doppelehe zum Bürgerkrieg. Kleopatra II. vertrieb 131 mit Hilfe der Alexandriner Ptolemaeus und Kleopatra III. nach Zypern und machte sich zur Alleinherrscherin. Später kehrten Ptolemaeus und Kleopatra III. nach Ägypten zurück, man versöhnte sich und regierte ab 124 wieder gemeinsam. Nach dem Tod des Ptolemaeus (116) entfaltete das alte Testament keine Wirkung mehr, Kleopatra III. war zur Haupterbin eingesetzt worden und herrschte mit ihren Söhnen Ptolemaeus X. Alexander I. und Ptolemaeus IX. Soter II. Aus dem Wortlaut bei Livius (a populo datum) schließt Lange131 auf einen „Volksbeschluß über die ägyptischen Thronstreitigkeiten“ und reiht das Gesetz unter der Rubrik „Mitwirkung der Concilia plebis und der Tributkomitien bei den auswärtigen Angelegenheiten“ ein, führt aber als Beispiele vor allem Verträge mit anderen Staaten an. Ein solches Gesetz, das die Thronansprüche von Kleopatra II. bestätigte, könnte zwar in Rom im Jahre 130 verabschiedet worden sein, singulär ist jedoch, dass in diesem Fall Thronstreitigkeiten in einem auswärtigen Königreich entschieden würden und das Volk somit in innerstaatliche Angelegenheiten eingriffe. Denn solche Regelungen fallen normalerweise in die Kompetenz des Senats.132 Deshalb ist aus Livius, per. 59, eher zu schließen, dass es die ägyptische Bevölkerung – hier als populus bezeichnet – war, die in Alexandria Kleopatra die alleinige Herrschaft übertrug.133 Das römische Volk hat sich vermutlich weder mittelbar noch unmittelbar eingemischt.

131

Alterthümer 2.680, 682. Vergleichbare Beispiele etwa bei Liv. per. 46, wo Thronstreitigkeiten von Senatsgesandtschaften beigelegt werden. Vgl. Willems, Sénat 2.514–515; auch Gruen, Hellenistic World 715, geht von Verhandlungen im Senat aus, die jedoch keine Intervention zur Folge hatten; ebenso Hölbl, Ptolemäerreich 178. 133 In diesem Sinne auch Huß, Ägypten 611. 132

Lex Nr. 13

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Lit.: Gruen, Hellenistic World 712–715; Hölbl, Ptolemäerreich 175–178; Huß, Ägypten 611–612; Lange, Alterthümer 2.682; Meißner, Hellenismus 71–74; Niccolini, FTP 156; Otto / ​Bengtson, Ptolemäerreich 60; Rotondi, Leges 303; Thommen, Volkstribunat 108; Willems, Sénat 2.514–515.

13 Lex de iurisdictione triumviris obroganda 625/129

App. civ. 1.19,79–80: καὶ παρελϑὼν εἰς τὸ βουλευτήριον τὸν μὲν Γράκχου νόμον οὐκ ἔψεγε διὰ τὸν δῆμον σαφῶς, τὴν δὲ τοῦδε δυσχέρειαν ἐπεξιὼν ἠξίου τὰς δίκας οὐκ ἐπὶ διαιρούντων ὡς ὑπόπτων τοῖς δικαζομένοις, ἀλλ’ ἐφ’ ἑτέρων λέγεσϑαι. ᾧ δὴ καὶ μάλιστα ἔπεισεν, εἶναι δοκοῦντι δικαίῳ· καὶ Τουδιτανὸς αὐτοῖς ὑπατεύων ἐδόϑη δικάζειν. Und er (Scipio Aemilianus) trat im Senat auf. Mit Rücksicht auf das Volk rügte er das Gesetz des ­Gracchus nicht offen, legte aber die Schwierigkeiten desselben ausführlich dar und verlangte, dass denen, die einen Rechtsstreit führten, nicht von den Landverteilern Recht gesprochen würde, weil diese nicht das Vertrauen der Leute besäßen, sondern von anderen Personen. Genau damit überzeugte er vor allem, weil es recht und billig schien, und Tuditanus wurde ermächtigt, in diesen Fällen in seiner Eigenschaft als Konsul Recht zu sprechen. Im Jahr 129 beschweren sich die Italiker134 bei Scipio über die Ackerkommission, die sich bei der Einziehung und Verteilung von ager publicus über alte oder auch nur vermeintlich alte Rechte hinwegsetzte. Er erreichte es, dass der Kommission die judikative Befugnis genommen und auf den amtierenden Konsul Tuditanus übertragen wurde. Nach Appian scheint sich die Angelegenheit im Senat abzuspielen, denn dort trägt Scipio zunächst sein Anliegen vor.135 Die Bezugnahme bzw. Rücksichtnahme auf das Volk macht aber wahrscheinlich, dass öffentlich weiterverhandelt wurde und die endgültige Entscheidung über die Judikationsbefugnis der Triumvirn in der Volksversammlung fällt.136 Da Scipio zu diesem Zeitpunkt kein öffentliches Amt bekleidet, konnte er eine solche

Schol. Bob. 118 nennt nur die Latiner und ihre societas mit Rom. Schneider, Wirtschaft 292, folgt Appian und spricht nur von einer Entscheidung des Senats; ebenso Lintott, CAH2 9.74, u. Mouritsen, Unification 145. 136 So Molthagen, Historia 22, 1973, 430 A.46; Gabba, Appian 1.60, denkt an eine gesetzliche Regelung durch eine obrogatio, einen Änderungsvorschlag; auch Kann, Restoration 154–155 geht von einem Gesetz aus. 134 135

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Entscheidung allerdings nicht selbst herbeiführen; denn er durfte zwar im Senat, nicht aber bei einer Volksversammlung Anträge stellen.137 Die Notwendigkeit eines solchen Volksentscheids wird nach übereinstimmender Ansicht damit begründet, dass die gerichtliche Kompetenz der Triumvirn, die ihnen durch ein Gesetz übertragen wurde, ihnen auch nur durch Gesetz wieder genommen werden konnte.138 Für weitergehende Überlegungen, etwa dass die Judikationsbefugnis nur teilweise, d. h. soweit sie die Bundesgenossen betraf, entzogen wurde, findet sich kein Anhaltspunkt in den uns zur Verfügung stehenden Quellen.139 Eine vermittelnde Lösung schlägt Geer140 vor. Danach erwirkte Scipio ein senatus consultum (SC), das eine rogatio nach sich ziehen sollte, welche aber durch seinen Tod verhindert wurde. In diesem Fall hätte die Ackerkommission nichts von ihren Befugnissen eingebüßt, und Cassius Dio141 hat das Ergebnis zugespitzt auf den Nenner gebracht, nach Scipios Tod habe sie (die Ackerkommission) ungestört sozusagen ganz Italien verwüstet.142 Ohnehin lassen die gegensätzlichen Aussagen der Quellen (Appian und Cassius Dio) nicht den Schluss zu, ob tatsächlich eine Änderung der Befugnisse beschlossen wurde. Urkundliche Zeugnisse über die Tätigkeit der Ackerkommission, die termini (Grenzsteine)143, lassen sich mit Sicherheit nur der Zeit bis 129 zu137

Pani, AFLB 19/20, 1976/77, 139: Scipio hatte 129 keine „veste giuridica“. Daher ist die Aussage von Gruen, Roman Politics 68–70, nicht zu erklären, dass es sich um ein Gesetz Scipios („bill“) handelt. 138 So Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 272, und Last, CAH 9.42–43, trotzdem spricht er sich für ein SC aus. Ebenso gehen Flach, Agrargeschichte 48; Lintott, Violence 139; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 57–58; Salmon, Phoenix 16, 1962, 110; Perelli, Gracchi 149; Bauman, Historia 28, 1979, 403–405; Mackay, Breakdown 55 und Konrad, Companion Republic 8.170, von einem Handeln des Senats aus; Werner, Gracchische Reformen 414: Scipio erreichte … durch seine Rede … einen Volksbeschluß; v. Fritz, Schriften 398: Plebiszit; Roselaar, Public Land 241: law. 139 Diese Ansicht u. a. vertreten von Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 272; Last, CAH 9.44; Gabba, Appian 1.60–61; Pani, AFLB 19/20, 1976/77, 135. – Dagegen: Molthagen, Historia 22, 1973, 430 A.46. 140 Geer, TAPhA 70, 1939, 35–36; ähnlich Pani, AFLB 19/20, 1976/77, 143–146. De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 122–123, 143, geht durchweg von einem Senatsbeschluss aus. 141 Cass. Dio 24.frg. 84. 142 Zur Beurteilung dieser Überlieferung vgl. Molthagen, Historia 22, 1973, 431–432. App. civ. 1.19,80 schließt (im Gegensatz zu Diodor) mit den Worten, dass die Ackerkommission „in Untätigkeit war“, weil sich niemand zu einem Rechtsstreit an sie wandte. – Gabba, Appian 1.62, geht von einer Fortdauer der triumviralen Aktivitäten aus, außer Diodor zitiert er Liv. per. 59: defuncto eo acrius seditiones triumvirales exarserunt.(Nach Scipios Tod entbrannten die von den Triumvirn ausgelösten Unruhen umso heftiger.) 143 Ausführliche Beschreibung und Besprechung dieser termini bei Molthagen, Historia 22, 1973, 432–439; eine Liste der Steine auch bei Campbell, Roman Land Surveyors 452–453. – Weitergehende Folgerungen schloss aus diesen Steinen Carcopino, Gracques 154–209, aus

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weisen.144 In den Jahren danach konnte die Kommission – wie Seibert145 deutlich gemacht hat – schon deshalb nicht durchgängig und damit spürbar arbeiten, weil ihre Mitglieder wegen der Bekleidung anderer Ämter kaum vollzählig in Rom anwesend waren. Demnach bestand die Kommission nach 129 zwar in unveränderter Zusammensetzung bis zum Tod von M. Fulvius Flaccus und C. ­Gracchus weiter, führte aber entweder keine Landzuweisungen mehr durch oder beschränkte sich auf Fälle, in denen die Rechtsnatur des Landes (ager publicus oder privatus) unstreitig war.146 Lit.: Astin, Scipio 239–240; Badian, Clientelae 175–176; Bauman, Historia 28, 1979, 403–408; Beness, Historia 54, 2005, 38–40; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 69; Bleicken, Ti. ­Gracchus 121; Blösel, Röm. Republik 161; Botsford, Roman Assemblies 367; Bringmann, Revolution 43; Bringmann, Krise 47; Carcopino, BAGB 22, 1929, 6–7; Carcopino, Gracques 84–85, 150–151; Cardinali, Studi Graccani 295–296 [1965: 191–192]; Chantraine, Untersuchungen 24 m.A.34; Dart, Hermes 139, 2011, 347–357; Dreyfus, lois agraires 146–147; Flach, Agrargeschichte 48; v. Fritz, Schriften 398; Gabba, Appian 1.60–61; Gabba, ANRW 1,1.785; Galsterer, Herrschaft 176; Gargola, Lands 161–163; Geer, TAPhA 70, 1939, 33–36; Göhler, Italien 127–131; Gruen, Roman Politics 68–70; Hardy, Journ.Phil. 31, 1910, 272–73; Hardy, CQ 19, 1925, 188; Hermon, Athenaeum 60, 1982, 260–261; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 57–58; Kann, Restoration 154–155; Konrad, Companion Republic 8.170; Lange, Alterthümer 2.688, 3.22; Lapyrionok, Lex der Reihenfolge der Namen leitete er eine jährliche Rotation im Vorsitz der Kommission ab; seine Theorie wurde öfter akzeptiert, aber von Seibert, RSA 2, 1972, 53–81, überzeugend zurückgewiesen; ebenso dagegen: Molthagen, Historia 22, 1973, 434–437; vgl. auch Badian, Historia 11, 1962, 210. 144 Molthagen, Historia 22, 1973, 438–439; zusammenfassende Bewertung der Überlieferung a. a. O., 446–447. Mit der Ackerkommission kann noch eine Inschrift aus Karthago in Verbindung gebracht werden (CIL 8, Suppl.1, n.12535), auf ihr stehen die Bruchstücke dreier Namen, die zu C. Sulpicius Galba, C./Cn. Papirius Carbo und L. Calpurnius Bestia ergänzt werden können (vgl. Chantraine, Untersuchungen 15–18). Daraus ergibt sich 119 mit dem Tod Carbos als terminus ante quem. Wenn für die Ackerkommission wie schon in früheren Jahren nach dem Tod von C. ­Gracchus und Fulvius Flaccus nachgewählt wurde, könnte der Stein aus Karthago Zeichen für die fortdauernde Tätigkeit der Kommission sein. Es ist jedoch nicht sicher, ob hier tatsächlich die Ackerkommission gewirkt hat oder „nur“ die Dreimänner zur Koloniegründung infolge der lex Rubria (s. u. Lex Nr. 29). Hermon, Athenaeum 60, 1982, 261 A.10, datiert einen cippus auf 123, doch das ergibt sich nur aus Carcopinos These (s. vorige Fn.). 145 Seibert, RSA 2, 1972, 85. 146 Gegen Flach, Agrargeschichte 56, der die Ackerkommission weiterhin auch in Rechtsstreitigkeiten über die rechtliche Qualität des Landes entscheiden lässt. Auch Schietinger, Tyche 29, 2014, 182, ist der Meinung, dass nach Scipios Tod (129) „von der Ausübung der Richteraufgaben in Fragen der Ackerneuverteilung durch die Konsuln“ nicht mehr die Rede war, die Ackerkommission also weiterarbeiten konnte. – Eine neue (unbeweisbare) Idee vertritt Dart, Hermes 139, 2011, 348–357. Er weist der Kommission von nun an die „datio“-Kompetenz zu, d. h. sie könne Land als Privatland vergeben.

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Sempronia agraria 4–5, 56–57; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 174–177; Last, CAH 9.42–44; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 122–123, 143; Linke, Röm. Republik 44–45; Lintott, Violence 139; Lintott, Judicial reform 45–46; Lintott, CAH2 9.74; Mackay, Breakdown 55; Märtin, Führungsschicht 395–396; Marsh / ​Scullard, History 47–48, 409–410; Meier, RPA 99, 131; Molthagen, Historia 22, 1973, 430 m.A.46; Mouritsen, Unification 145; Pani, AFLB 19/20, 1976/77, 129–146; Perelli, Gracchi 149; Roselaar, Public Land 241; Rotondi, Leges 303; Salmon, Phoenix 16, 1962, 110; Schietinger, Tyche 29, 2014, 165, 172–173; Schneider, Wirtschaft 291–292; Scullard, Gracchi to Nero 30, 385; Seibert, RSA 2, 1972, 59–60, 84–85; Stein, Ritterstand 13–14 A.1; Stockton, Gracchi 52, 92–93 m.A.30; Thommen, Volkstribunat 44, 73; Thomsen, C&M 5, 1942, 38; Tibiletti, tresviri 280–28; Triebel, Ackergesetze 193, 278; Werner, Gracchische Reformen 414.

14 Plebiscitum reddendorum equorum 625/129

Cic. rep. 4.2: Scipio: ‚gratiam, quam commode ordines discripti: aetates classes equitatus, in quo suffragia sunt etiam senatus, nimis multis iam stulte hanc utilitatem tolli cupientibus, qui novam largitionem quaerunt aliquo plebiscito reddendorum equorum. … ein Segen, wie angemessen die Stände eingeteilt sind, die Altersstufen, die Bürgerklassen, die Reiterei (Ritterschaft), wozu auch die Stimmen des Senats zählen, während sich schon allzu Viele unvernünftigerweise wünschen, dass diese nützliche Einrichtung aufgehoben wird. Sie verlangt es nach einer neuen Vergünstigung auf der Grundlage von etwas wie dem Volksbeschluss über die Rückgabe der Staatspferde.147 Das Plebiszit über die Rückgabe der Staatspferde ist nur aus Ciceros Dialog über den Staat bekannt. Er lässt Scipio gegen das Plebiszit Stellung beziehen, das seiner Ansicht nach eine largitio148 beinhaltet. Außerdem scheint er davon auszugehen,

147

Die Übersetzung von Nickel, Berlin 2012, 261, geht ebenso wie seine A.232 (S.338) in die falsche Richtung, reddere bedeutet „zurückgeben“, nicht „zurückbekommen“; vgl. Büchner, De re publica 356. 148 Von Hill, Middle Class 105–106, und Badian, Zöllner 69, als „Bestechung“ aufgefasst, bezeichnet largitio eigentlich eine generöse Schenkung oder Freigebigkeit. Nach Nicolet, L’ordre équestre 1.109–110, ist damit der „Eintritt in den Senat“ gemeint – als Geschenk an Teile des Ritterstandes. Für Wiseman, Phoenix 27, 1973, 192, besteht die largitio darin, dass 300 cives equestri censu Zugang zu den Reiterzenturien erhielten. Lintott, CAH2 9.75, überinterpretiert und hält die Rogation gar für einen Antrag zur gänzlichen Abschaffung des equus publicus, weil die Ausgaben dafür nicht mehr gerechtfertigt seien.

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dass dieses Plebiszit wohl vorgeschlagen, aber noch nicht verabschiedet wurde.149 Seine Aussage lässt sich dahingehend deuten, dass die Ritter150 – oder wenigstens einige von ihnen – die Senatoren aus den der Reiterei vorbehaltenen Zenturien verdrängen wollen.151 Dieser „Ausschluß der Senatoren aus den Reiterzenturien“152 wird oft umgedeutet in eine Verpflichtung, beim Eintritt in den Senat den equus publicus abzugeben,153 was genau genommen aus Ciceros Formulierung nicht hervorgeht. Denn er lässt Scipio über den Inhalt dieses Plebiszits nichts weiter sagen, weder wann die Rückgabe der Pferde erfolgen sollte154 noch an welche Bedingungen sie geknüpft war. Und auch die Interessen oder gar Autoren, die hinter dem Plebiszit stehen, bleiben im Dunkel – es wurde vermutet, dass Senatoren den equus publicus abgeben wollten oder dass Ritter auf eine größere Anzahl von freien Plätzen in den Reiterzenturien abzielten.155 Wegen dieser vielen Unbekannten warnt Meier156 vor einer Überschätzung des Plebiszits, denn ein praktischer Vorteil für die Ritter ließe sich kaum feststellen. Und es geht wohl auch an den gesellschaftlichen Verhältnissen vorbei, wenn mit diesem Plebiszit ein Bruch zwischen den Senatoren und den Rittern beginnen soll, da auch später noch viele Verbindungen bestehen.157 Zu Recht stellt daher Giovannini158 fest, dass es das Plebiszit zwar gegeben habe, dass aber alle Deutungen darüber hinaus eigentlich unmöglich seien.

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154 155 156 157 158

So auch Stockton, Gracchi 94; er wertet die Überlieferung zurückhaltend aus und warnt im Übrigen vor Spekulationen. McDonnell, Manliness 254, geht von der Verabschiedung der Rogation aus. Stein, Ritterstand 2, vermutet ein Vorgehen der Senatoren. Giovannini, Athenaeum 98, 2010, 360–364, zeigt, dass die Zugehörigkeit von Senatoren zu den Reiterzenturien abhängig vom census equester ist, und von nichts anderem. Stein, Ritterstand 1–4; vgl. Mackay, Breakdown 65. Vgl. u. a. Badian, Zöllner 69 (beruft sich auf Niebuhr); Thommen, Volkstribunat 69; Kunkel, Staatsordnung 2.436; Sommer, RG 353. – Mommsen, StR 3,1.506 A.2 und ihm folgend Stein, Ritterstand 2 A.3, führen Pompeius als Beispiel aus dem Jahr 70 an, der in seinem ersten ordentlichen Amt (Konsul!) vor den Zensoren erscheint und sein Pferd abgibt. Das tut er aber eher deshalb, weil er die erforderliche Anzahl von 10 Dienstjahren abgeleistet und damit das Recht hat, aus dem Ritterdienst entlassen zu werden, wie es Plutarch (Pomp. 22,5) darstellt; vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.435. Nicolet, L’ordre équestre 1.104, legt als Zeitpunkt für die Rückgabe den Beginn einer Magistratur fest, die einen Sitz im Senat nach sich zieht. Diskussion darüber bei Nicolet, L’ordre équestre 1.104, vgl. Stein, Ritterstand 1–3. RPA 73 A.57. Meier, RPA 75–76 gegen die allgemein verbreitete Ansicht, vgl. u. a. Badian, Zöllner 71–72. Giovannini, Athenaeum 98, 2010, 358.

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Der Volksbeschluss, auf den Cicero in seiner Schrift de re publica anspielt, wird um 129 anzusetzen sein159, legt er doch seinen Dialog über den Staat in die Zeit des Latinerfestes160, kurz vor Scipios Tod. Mit nicht überzeugenden Argumenten tritt Nicolet161 für eine spätere Datierung, die Zeit nach C. ­Gracchus ein.162 Lit.: Badian, ANRW 1,1.730; Badian, Zöllner 68–70; Bleicken, Lex 175 m.A.136, 250 A.13; Botsford, Roman Assemblies 369–370; Brinkmann, Republik 218; Büchner, De re publica 355–356; Cuq, DS 3,2.1170; Fascione, AG 189, 1975, 47 A.50; Gabba, Republican Rome III App. 128, 250; Giovannini, Athenaeum 98, 2010, 353, 357–360; Henderson, JRS 53, 1963, 70–71; Hill, CQ 26, 1932, 171; Hill, Middle Class 105–106, 211; Kunkel, Staatsordnung 2.436 m.A.156; Lange, Alterthümer 2.657, 3.24–25; Lintott, CAH2 9.75; Mackay, Breakdown 65; McDonnell, Manliness 253–257; Meier, RPA 73 A.57; Mommsen, StR 3,1.505–506; Niccolini, FTP 415; Nicolet, L’ordre équestre 1.103–111, 513–515; Perelli, Movimento popolare 104; Perelli, Gracchi 194; Rotondi, Leges 303; Schulz, Herrschaft 46; Serrao, Classi 186; Sommer, RG 353; Stein, Ritterstand 1–7; Stockton, Gracchi 92, 93–94, 99–100; Thommen, Volkstribunat 34–35, 68–69; Triebel, Ackergesetze 200; Wieacker, Rechtsgeschichte 358 A.25; Williamson, Laws 305; Wiseman, Historia 19, 1970, 78–79; Wiseman, Phoenix 27, 1973, 191–192; Wolf, Untersuchungen 80–81.

15 Lex Iunia de peregrinis 628/126

Cic. off. 3.11,47: Male etiam qui peregrinos urbibus uti prohibent eosque exterminant, ut Pennus apud patres nostros, Papius nuper. Nam esse pro cive qui civis non sit rectum est non licere; quam legem tulerunt sapientissimi consules Crassus et Scaevola; usu vero urbis prohibere peregrinos sane inhumanum est. Schlecht handeln diejenigen, die Fremden den Aufenthalt in den Städten verweigern und sie ausweisen, wie Pennus zur Zeit unserer Väter und Papius vor kurzem. Denn dass sich einer, der kein Bürger ist, wie ein Bürger aufführt, ist zu Recht nicht erlaubt;

159

Badian, Zöllner 72, zieht außerdem eine Verbindung zu dem Gesetz über die Sitze der Ritter im Theater, das auch in diese Zeit gehöre, vgl. dazu Elster, Gesetze 430–431 (Lex Nr. 205). 160 Bundesfest der latinischen Städte für Juppiter Latiaris auf dem Albanerberg; es wird jedes Jahr nach dem Amtsantritt der Konsuln gefeiert. 161 Nicolet, L’ordre équestre 1.110–111; ihm folgt Triebel, Ackergesetze 200. – Nach Mommsen, StR 3,1.505–506, ist das Gesetz Gaius G ­ racchus zuzuordnen, oder es sei unter seinem Einfluss erlassen. 162 Abgelehnt von Bleicken, Lex 175 A.136, und Kunkel, Staatsordnung 2.436 A. 156 (Neuinterpretation der von Nicolet angeführten Stelle aus der lex Acilia).

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dieses Gesetz ließen zwei sehr verständige Konsuln verabschieden, Crassus und Scaevola163. Aber Fremden den Geschäftsverkehr mit der Stadt zu verweigern ist ganz unmenschlich. Fest., s.v. respublica, p.362,33–37 – p.364,1 L: respublica multarum civitatum pluraliter dixit C. ­Gracchus in ea, quam conscripsit de lege Penni et peregrinis,… C.  ­Gracchus sprach in seiner Rede, die er zum Gesetz des Pennus und zu den Peregrinen verfasste, mehrfach von „einem Staat aus vielen Bürgerschaften“. Cic. Brut. 28,109: Tuus etiam gentilis, Brute, M.  Pennus facile164 agitavit in tribunatu C. Gracchum, paulum aetate antecedens. Fuit enim M. Lepido et L. Oreste consulibus quaestor ­Gracchus, tribunus Pennus, … Und dein Verwandter, Brutus, M. Pennus hielt mit Leichtigkeit in seinem Tribunat C. ­Gracchus in Atem, obwohl er ihn an Alter nur wenig übertraf. Im Jahr der Konsuln M. Lepidus und L. Orestes165 waren nämlich ­Gracchus Quaestor und Pennus Tribun. Festus zitiert aus einer Rede des C.  ­Gracchus166 zu einem Gesetz gegen die Nichtbürger (peregrini), das er dem Volkstribunen M. Iunius Pennus zuschreibt. Über den Inhalt des Gesetzes macht er keine weiteren Angaben. Nimmt man die Ausführungen Ciceros hinzu, ordnet sich das Vorgehen des Pennus in die Reihe von Fremdenausweisungen ein, die im Laufe des 2. Jhs. öfter zu beobachten waren.167 Die Existenz eines Gesetzes wird nur von Festus bestätigt. Cicero nennt zwei Beispiele von Fremdenausweisungen, die von Volkstribunen ausgesprochen wurden, nämlich von Pennus und von Papius (65)168, eine gesetzliche Regelung weist er aber erst den Konsuln Licinius Crassus und Mucius Scaevola (95)169 zu. Im übrigen rügt er als ganz unmenschlich (sane inhumanum), dass man Fremden den Aufenthalt in der Stadt verweigere und sie ausweise. Trotz der eindeutigen Jahresangabe bei Cicero170 wird das Gesetz des Pennus je nachdem, welchen Stellenwert man ihm im innenpolitischen Tagesgeschehen zuweist, unterschiedlich datiert und die Amtszeit des Volkstribunen Pennus auch ins Jahr 124 versetzt. Außer der Angabe Ciceros könnte für 126 sprechen, dass schon Pläne / ​Rogationen des Fulvius Flaccus bekannt waren und Pennus daher mit der Ausweisung der Fremden (Nichtbürger) versucht, den Druck auf die Wahlversammlung zugunsten des Kandidaten Flaccus zu verringern; Flaccus wird

163 164 165 166 167 168 169 170

coss. 95. Andere Lesart: facete – geistreich, fein. 126, Broughton, MRR 2.508. Malcovati, ORF4, 179–180. Vgl. Elster, Gesetze 355–359 (Lex Nr. 170 u. Nr. 171). Lex Papia de peregrinis (Rotondi, Leges 376). Lex Nr. 95. Brut. 28,109.

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trotzdem für 125 zum Konsul gewählt.171 Und auch die Rede von C. ­Gracchus gegen das Gesetz des Pennus – wobei gleichermaßen Inhalt des Gesetzes und der Rede unklar bleiben – lässt sich in die ersten Monate des Jahres 126 verlegen, bevor er als Quaestor für zwei Jahre nach Sardinien geht.172 Carcopino173 dagegen setzt Pennus als tribunus plebis ins Jahr 126/125, Döbler174 sogar erst in das Jahr 125/124; er vermutet, dass das Gesetz „eine direkte Antwort der Gegner auf den Antrag des Flaccus“ darstellen könnte, und ordnet es deshalb hinter den beiden Gesetzen des Flaccus ein. Inwieweit die lex Iunia über die bloße Ausweisung der Nichtbürger einen strafrechtlichen Tatbestand feststellte oder sogar eine quaestio einrichtete, die über die unbefugte Ausübung des Bürgerrechts urteilte, muss bei den wenigen Angaben über den Inhalt des Gesetzes ebenfalls offenbleiben.175 Auch der Geltungsbereich des Gesetzes ist umstritten. Teils wird die Maßnahme des Pennus in die Reihe der von den Bundesgenossen und Latinern gewünschten Rückführungen ihrer Bürger aus Rom eingeordnet176, teils wird wegen des Plurals urbes bei Cicero eine Ausweitung auf alle Bürgergemeinden Italiens favorisiert177. Sicher ist demnach nur, dass Pennus ein Gesetz verabschieden ließ, dessen Inhalt aber nicht feststeht.178 Lit.: Badian, Foreign Clientelae 176–178; Badian, Historia 11, 1962, 202; Badian, DArch 4–5, 1970–71, 387–388; Bernardi 179, NRS 28–29, 1944–45, 70; Bleicken, Lex 124 A.53; Boren, Gracchi 79; Botsford, Roman Assemblies 370; Bringmann, Republik 171

172 173 174 175

176 177 178 179

Badian, Foreign Clientelae 176–178; Brunt, JRS 55, 1965, 90; eine Verbindung zwischen den Plänen des Flaccus und dem Fremdengesetz des Pennus zieht auch Badian, Historia 11, 1962, 202. Lintott, CAH2 9.76, vermutet die Unterstützung des Flaccus oder den Verdacht auf Anmaßung des Bürgerrechts als Motiv. Broughton, MRR 1.509 A.3. Carcopino, Gracques 201–204, widerlegt von Niccolini, FTP 157–158. Agitation 275 A.1025. – Mouritsen ist (ohne Begründung) unentschieden: Plebs 80 steht das Jahr 124; Unification 111 das Jahr 126. So Mommsen, StR 3.200 A.1; zum Gesetz des Pennus und der daraus folgenden quaestio zieht er auch den Fall des M. Perpenna, des Vaters des gleichnamigen Konsuls von 130, der nach Val. Max 3.4,5 wegen Anmaßung des Bürgerrechts aus Rom ausgewiesen wurde. Der Konsul selbst, der damit ebenfalls kein römisches Bürgerrecht besaß, war schon 129 gestorben. Angeblich wurde er – nach seinem Tod – auf Grund einer lex Papia verurteilt. Nach allgemeiner Auffassung verwechselt Valerius Maximus hier allerdings die lex Papia von 65 mit der lex Iunia des Pennus von 126 (vgl. u. a. Mommsen, a. a. O.; Boren, Gracchi 79). Galsterer, Herrschaft 178. Triebel, Ackergesetze 194. Watkins, Ius Italicum 69, spricht von einem Edikt des Pennus, was mit dem Wortlaut der Quellen nicht vereinbar ist. Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 70 spricht nur von einer „Rogation“ und behauptet auf Grund der im Jahr 125 angestiegenen Zensuszahlen, dass diese gescheitert sei. Die angeführten Belegstellen (Plut. C.Gracch. 3,1 und 12,1) stehen jedoch in keiner Verbindung dazu.

Lex Nr. 16

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214; Bringmann, Krise 57; Broughton, MRR 1.508, 509 A.3; Brunt, Fall, 94, 96; Burckhardt, Strategien 65–66; Carcopino, Gracques 201–204; Cardinali, Studi Graccani 293 [1965: 189]; Christ, Krise 135; Cuq, DS 3,2.1151; Dart, Hermes 139, 2011, 352; Döbler, Agitation 275 A.1025; Fraccaro, Athenaeum n.s. 9, 1931, 314 A.1; Gabba, Appian 1.67; Galsterer, Herrschaft 178; Göhler, Italien 133–135; Greenidge / ​Clay 24–25; Gruen, Roman Politics 72; Hall, Athenaeum 55, 1977, 282; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 93–94; Husband, CPh 11, 1916, 320, 324, 328; Keaveney, Unification 53–55; König, Staat 128 [45]; Kornemann, Gracchenzeit 35–36; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.648; Lange, Alterthümer 2.685, 696, 3.26; Last, CAH 9.45–46; Levi, Costituzione 11–12, 141–143; Linke, Röm. Republik 48–49; Lintott, CAH2 9.76; Luraschi, SDHI 61, 1995, 26; Mackay, Breakdown 60; Marsh / ​Scullard, History 410 (p.52); Martin, Populare 151; Märtin, Führungsschicht 407–408; Millar, Rome 1.158–159; Molthagen, Historia 22, 1973, 447 A.159; Mommsen, StR 3.200 A.1; Mouritsen, Unification 111; Mouritsen, Plebs 80; Niccolini, FTP 156–158; Perelli, Gracchi 155; Reiter, Athenaeum 56, 1978, 134; Rotondi, Leges 304; Scullard, Gracchi to Nero 31, 385–386; Siber, Verfassungsrecht 168; Sommer, RG 354; Stockton, Gracchi 94–95, 218; Thommen, Volkstribunat 74, 159, 161; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 101–102; Triebel, Ackergesetze 194; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.549 A.2; Watkins, Ius Italicum 69; Leonhard Weiss, Lex Iunia 4), RE 12,2 (1925) 2393; Williamson, Laws 199.

16 Rogatio Fulvia de civitate sociis danda 629/125

Val. Max. 9.5,1: M.  Fulvius Flaccus consul M.  Plautii Hypsaei collega, cum perniciosissimas rei publicae leges introduceret de civitate 180 danda et de provocatione ad populum eorum, qui civitatem mutare noluissent, aegre conpulsus est ut in curiam veniret: deinde partim monenti, partim oranti senatui ut incepto desisteret, responsum non dedit. Als der Konsul M. Fulvius Flaccus, der Amtskollege von M.  Plautius Hypsaeus, für den Staat äußerst verderbenbringende Gesetze einbrachte, das über das Bürgerrecht, das Italien gegeben werden sollte, und das über die Provokation beim Volk für die, die ihr Bürgerrecht nicht ändern wollten, konnte man ihn nur mit Mühe dazu bewegen, in die Kurie zu kommen. Dann gab er dem Senat, der ihn teils ermahnte, teils bat, dass er von dem Vorhaben abließe, keine Antwort. App. civ. 1.34,152: Φούλβιος Φλάκκος ὑπατεύων μάλιστα δὴ πρῶτος ὅδε ἐς τὸ φανερώτατον ἠρέϑιζε τοὺς ᾿Ιταλιώτας ἐπιϑυμεῖν τῆς ῾Ρωμαίων πολιτείας ὡς κοινωνοὺς τῆς ἡγεμονίας ἀντὶ ὑπηκόων ἐσομένους. εἰσηγούμενος δὲ τὴν γνώμην καὶ 180

Emendation, die allgemeine Zustimmung erfuhr; von Kempf in der Teubner-Ausgabe von 1888 übernommen.

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Lex Nr. 16

ἐπιμένων αὐτῇ καρτερῶς. ὑπὸ τῆς βουλῆς ἐπί τινα στρατείαν ἐξεπέμφϑη διὰ τόδε. Als erster und ganz öffentlich stachelte Fulvius Flaccus in seinem Konsulat die Italiker auf, das römische Bürgerrecht zu verlangen, damit sie Partner in der Vorherrschaft statt bloße Untertanen seien. Diesen Antrag brachte er ein und verfolgte ihn beharrlich weiter; deshalb wurde er vom Senat zu einem Feldzug fortgeschickt.181 Im ersten Buch der Römischen Geschichte über die Bürgerkriege schildert Appian (civ. 1.34–38) ausführlich den Weg in den Bundesgenossenkrieg, wobei er den Anfang des Zerwürfnisses zwischen Rom und den socii auf M.  Fulvius Flaccus und sein Konsulat (125) zurückführt. Flaccus war seit 130 Triumvir in der gracchischen Landverteilungskommission und hatte die Unzufriedenheit der Bundesgenossen und die rechtlichen Auseinandersetzungen über die Landzuweisungen miterlebt. Daraus resultierte wohl seine Einsicht, dass die Spannungen mit den italischen Bundesgenossen gelöst werden mussten, wenn die Arbeit der Kommission erfolgreich sein sollte. Appian (civ. 1.21,86–88) hatte bereits zuvor in seinem Bericht über die gracchische Landverteilung angemerkt, dass sich Flaccus in seinem Konsulat das Anliegen der Italiker und ihren Wunsch nach dem römischen Bürgerrecht zu eigen gemacht habe.182 Nun (civ. 1.34,152) stellt er Flaccus in der Rolle des Initiators, aber auch in der eines Fürsprechers dar. Konkrete Angaben über Inhalt und Art des Gesetzesvorschlags fehlen jedoch in seiner Darstellung. Valerius Maximus (9.5,1) dagegen berichtet von Gesetzen des Konsuls Flaccus, die zur Wahl stellten, den Italikern das Bürgerrecht zu verleihen oder das Recht zur provocatio zu gewähren.183 Das Augenmerk des Valerius Maximus richtet sich in diesem Abschnitt mit der Überschrift „Stolz und Maßlosigkeit“ jedoch vor allem auf das anmaßende Verhalten des Flaccus dem Senat gegenüber.184 Und auch seine Gesetze finden keine Gnade, sie werden als „äußerst verderbenbringend“

Vgl. App. civ. 1, 21, 86–88: Im Zusammenhang mit der Landverteilung nach der lex Sempronia agraria (133) überlegt man, den Bundesgenossen das Bürgerrecht in Aussicht zu stellen, damit sie aus Dankbarkeit für das „Geschenk“ des Bürgerrechts sich der Landverteilung nicht mehr widersetzen. Fulvius Flaccus setzt sich dafür ein, der Senat ist dagegen, das Projekt wird aufgegeben – von einem Gesetz schreibt Appian hier nichts. 182 App. civ. 1.21,87: Tatsächlich waren die Italiker gerne zur Entgegennahme dieses Angebots bereit, da sie das Bürgerrecht dem Grundbesitz vorzogen, und Fulvius Flaccus, damals Konsul und Triumvir in einer Person, tat sein Möglichstes, diese Regelung gemeinsam mit ihnen zustande zu bringen. Der Senat jedoch nahm Anstoß an dem Gedanken, aus seinen bisherigen Untertanen nunmehr gleichberechtigte Bürger zu machen. 183 Diese Erweiterung der Rogation wird oft als eigenes Gesetz gewertet, daher wohl auch der Plural leges bei Valerius Maximus; siehe dazu die folgende Lex Nr. 17. 184 Sein Vorgehen bei der Einbringung der Gesetze wird als Verstoß gegen das traditionelle Vorberatungsrecht des Senats gewertet, vgl. Kunkel, Staatsordnung 2, 320–321. 181

Lex Nr. 16

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abqualifiziert. Dabei wäre die Gewährung des Bürgerrechts an die Italiker185 durchaus dazu angetan gewesen, den verbreiteten Unmut über die Ackerverteilung zu besänftigen, denn als römische Bürger hätten die Italiker Anteil an den Assignationen erhalten. Auf der anderen Seite fühlte sich die stadtrömische Plebs in ihren Erwartungen auf mehr Landanteile getäuscht und war leicht zu überzeugen, diesen Zuwachs an Bürgern abzulehnen.186 Flaccus war demnach der erste, der das Thema „Verleihung des Bürgerrechts an die Bundesgenossen“187 in die Form eines Gesetzes brachte; denn Valerius Maximus spricht von introducere (einführen). Trotz der Wortwahl lex wird man einen Gesetzesvorschlag annehmen müssen, der jedoch, wenn er überhaupt verabschiedet wurde, jedenfalls nicht zur Ausführung kam. Sollte Flaccus die Rogation schon vor dem Auftritt im Senat (Val. Max.) promulgiert haben, hat er sie vielleicht nicht weiter verfolgt oder zurückgezogen, weil der Senat dagegen Stellung bezog. Dass der Antrag scheiterte, wie Linke und Bringmann188 behaupten, ist durch nichts zu beweisen. Ebenso wenig auch die Annahme, dass der Kollege oder einer der Volkstribunen dagegen Einspruch erhoben hätte, dass die Rogation der Volksversammlung vorgelegt wurde, die Volksversammlung sie jedoch ablehnte.189 Gut bezeugt ist dagegen, dass Fulvius den innerstädtischen Konflikten dadurch entzogen wurde, dass der Senat ihm im Norden Italiens eine neue Aufgabe zuwies, den Kriegszug gegen Ligurer, Salluvier und Vocontier (App. civ. 1.34,152), und er deshalb den Rest seines Konsulats außerhalb von Rom verbrachte. Lit.: Badian, Clientelae 177–178; Badian, Historia 11, 1962, 201–202; Badian, DArch 4–5, 1970–71, 385, 389, 390–393; Bellen, Grundzüge 96; Bernardi, NRS 28–29, 1944– 45, 71–72; Betti, Labeo 9, 1963, 86; Bleicken, Lex 112 m.A.19; Blösel, Röm. Republik 162; Boren, Gracchi 78, 79, 99; Botsford, Roman Assemblies 370; Bringmann, Revolution 43; Bringmann, Republik 214; Bringmann, Krise 47 m. A.7, 57; Broughton, MRR 1.510; Brunt, Fall, 94–96, 98–99; Burckhardt, Strategien 51–52, 65; Capogrossi Colognesi, Law 186; Carcopino, BAGB 22, 1929, 7, 12; Carcopino, Gracques 205, 208; Cardinali, Studi Graccani 293–294 [1965: 189–190]; Christ, Krise 136; Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 296–297; Coşkun, Cicero 34–35; Cuq, DS 3,2.1144; Dart, Hermes 139, 2011, 352; 185

Aus den Texten geht nicht hervor, wie das gehandhabt werden soll: Scullard, Gracchi to Nero 31, geht davon aus, dass das Bürgerrecht an ganze „states“ verliehen wird; im allgemeinen wird eine Verleihung an Individuen angenommen. 186 Die dann angeblich herrschenden Zustände der Überfüllung in Rom führt auch Fannius in seiner Rede gegen das Bürgerrechtsgesetz von C. ­Gracchus als negativen Effekt an (Iul.Vict. rhet. 6,4 = ORF4 144); vgl. Lex Nr. 38. 187 Zur Diskussion, ob das Bürgerrecht an Individuen oder an civitates verliehen werden sollte, vgl. Hands, Mnemosyne 29, 1976, 176–180, und die dort zitierten Meinungen. 188 Linke, Röm. Republik 58; Bringmann, Republik 214: „scheiterte an der römischen Volksversammlung“. 189 Grundsätzlich ist Hall, Athenaeum, N. S. 55, 1977, 284–285, ebenso der Ansicht, dass der Antrag scheiterte, die aufgezeigten Möglichkeiten werden aber mit „perhaps“ versehen.

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Lex Nr. 17

De Martino, Costituzione, 2.528–529; Döbler, Agitation 273 m.A.1010, 275 A.1025; Duplá, Consules populares 284; Evans, Marius 76–77; Flach, HZ 217, 1973, 271; Flach, Agrargeschichte 48; Fraccaro, Opuscula 2.34; Gabba, Republican Rome III.71; Gabba, Appian 1.67–69, 116; Gabba, ANRW 1,1.785; Galsterer, Herrschaft 177–179; Gargola, Lands 162; Göhler, Italien 132–133, 136–137; Greenidge / ​Clay 26–27; Gruen, Roman Politics 72–73; Hall, Athenaeum 50, 1972, 29; Hall, Athenaeum 55, 1977, 281–286; Hands, BICS 14, 1967, 110; Hands, Mnemosyne 29, 1976, 176–180; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 273; Hardy, CQ 19, 1925, 190; Heftner, Gracchen 63; Hill, Middle Class 104; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 93; Howarth, Historia 48, 1999, 293–294; Jones, Criminal courts 23; Keaveney, Unification 53–60, 197–198, 200–201; Kiene, Bundesgenossenkrieg 123; Konrad, Companion Republic 8.170; Kornemann, Gracchenzeit 35–36; Kunkel, Staatsordnung 2, 320–321; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.648; Lange, Alterthümer 2.685 und 3.27; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 53; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 184; Last, CAH 9.46; Levi, Costituzione 13–15, 26, 143–146; Linke, Röm. Republik 45–48, 58; Lintott, CAH2 9.75; Luraschi, SDHI 61, 1995, 23, 25; Mackay, Breakdown 58–59; Marsh / ​Scullard, History 52, 410–411; Martin, Populare 151; Märtin, Führungsschicht 409–414; Meister, Chiron 6, 1976, 113–114; Meyer, KS 1.390; Millar, Rome 1.159; Molthagen, Historia 22, 1973, 447 A.159; Mouritsen, Unification 109, 111–113, 117–122; Mouritsen, Plebs 66; Niccolini, FTP 167; Perelli, Movimento popolare 109; Perelli, Gracchi 155–156, 212–213; Pina Polo, Consul 115, 120; Reid, JRS 1, 1911, 68; Reiter, Athenaeum 56, 1978, 133; Roselaar, Public Land 255, 282; Rotondi, Leges 306; Salmon, Colonization 117; Sandberg, AIRFinl. 24.92; Schur, Marius und Sulla 31–32; Scullard, Gracchi to Nero 31, 386; Siber, Verfassungsrecht 168; v. Stern, Hermes 56, 1921, 286; Stockton, Gracchi 94–96; Thommen, Volkstribunat 73, 119; Thomsen, C&M 5, 1942, 39; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.549 A.2; Triebel, Ackergesetze 194–195; Watkins, Ius Italicum 69–70; Williamson, Laws 199; Wirszubski, Libertas 84–87.

17 Rogatio Fulvia de provocatione 629/125

Val. Max. 9.5,1: Atque ut superbia quoque et inpotentia in conspicuo ponatur, M.  Fulvius Flaccus consul M.  Plautii Hypsaei collega, cum perniciosissimas rei publicae leges introduceret de civitate danda et de provocatione ad populum eorum, qui civitatem mutare noluissent, aegre conpulsus est ut in curiam veniret.190 Valerius Maximus berichtet in dem Kapitel „Stolz und Maßlosigkeit“ über äußerst staatsgefährdende Gesetze des Konsuls M. Fulvius Flaccus (125). Danach sollte Italien das Bürgerrecht verliehen und denjenigen, die ihr Bürgerrecht 190

Der Text ist auch Belegstelle für Lex Nr. 16; siehe dort die Übersetzung.

Lex Nr. 17

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nicht ändern wollten, das Recht auf Provokation an das (römische) Volk gegeben werden. Das Rechtsinstitut der provocatio ist seit 300191 gesetzlich geregeltes Grundrecht der Bürger. Es bedeutet eine Einschränkung der Willkürmacht der Amts­träger, da die Bürger gegen Strafmaßnahmen der Magistrate, die Verhängung von Todesstrafe oder Prügelstrafe, Berufung beim Volk einlegen können; d. h., die Comitien überprüften die Rechtmäßigkeit des Vorgehens. Insofern kann man die Verleihung des Provokationsrechts als „sinnvolle Alternative“192 zur Gewährung des Bürgerrechts verstehen, als die Bundesgenossen das Bürgerrecht in ihren Heimatgemeinden behielten, aber vor Übergriffen der römischen Magistrate geschützt wurden.193 Diese Interpretation stützt sich auf ein Gellius-Zitat194, in dem C. ­Gracchus in einer Rede von solchem Fehlverhalten berichtet. Eine andere Auffassung findet sich bei Howarth195; er sieht in der Verleihung des Provokationsrechts eine inhaltliche Verbindung zur Ackerkommission und ihrem Imperium, gegen das Einspruch erhoben werden konnte. Unstreitig besaß die Ackerkommission imperium,196 das bedeutet in diesem Falle jedoch nicht das ursprünglich militärische Imperium, gegen das sich die Provokation richtete; vielmehr sind die tresviri agris iudicandis adsignandis  – wie schon ihr Titel zeigt – mit judikativer Gewalt ausgestattete Exekutivorgane.197 Eine provocatio hatte zur Folge, dass ein Komitialgericht in Rom entschied, ob ein Magistrat seine Koerzitionsgewalt ausüben konnte oder nicht. Diese Gewalt bestand in keinem Fall in einer judikativen Befugnis, sondern bedeutete Prügelstrafe oder Hinrichtung.198 Daher kann sich das Recht auf provocatio nicht gegen das judikative Imperium der Ackerkommission gerichtet haben. Außerdem wäre es merkwürdig, wenn Fulvius mit seinem Gesetz ermöglichen würde, dass seine eigenen Entscheidungen, die er als Triumvir der Ackerkommission (seit 130) gefällt hat, angefochten werden könnten. Daher wird man das Provokationsrecht eher als vermindertes Bürgerrecht auffassen dürfen.199 Doch Lex Valeria de provocatione: Elster, Gesetze 98–103 (Lex Nr. 45). Im 2. Jh. wurde das Provokationsrecht durch die leges Porciae erweitert: Elster, Gesetze 296–301 (Lex Nr. 142). Meister, Chiron 6, 1976, 113. So auch Lintott, CAH2 9.75. Gell. 10.3. Howarth, Historia 48, 1999, 294. Zu diesem Begriff: Kunkel, Staatsordnung 2.22–27. Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.641. So Howarth, Historia 48, 1999, 294. Er beruft sich a. a. O. A.34 auf Mitchell, Patricians 169–179, den er so versteht, dass Appellation gegen alle Entscheidungen von Magistraten mit Imperium möglich sei. Mitchell, Patricians 178, schreibt jedoch ausdrücklich, dass gegen gerichtliche Entscheidungen nicht appelliert werden kann. Martin, Hermes 98, 1970, 92, deutet Provocatio hier als „Schutz gegen die kapitale Verurteilung und die verberatio durch Magistrate.“

191 Vgl. 192 193 194 195 196 197 198

199

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Lex Nr. 18

selbst dieses kleine Zugeständnis an die Italiker ging den Verantwortlichen in Rom, vielleicht auch dem einfachen Volk zu weit. Flaccus kann seine Pläne jedenfalls nicht durchsetzen, er erhält auf Anordnung des Senats eine militärische Aufgabe fern von Rom. Wegen des inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Gesetzesvorschlag zur Verleihung des Bürgerrechts wird die Rogation de provocatione meist als Teil dieses Gesetzes, als ein Artikel200 desselben, aufgefasst. Dem steht der Wortlaut von Valerius Maximus entgegen, der ausdrücklich von Gesetzen im Plural spricht und sie inhaltlich voneinander abhebt – auch wenn zwischen beiden eine Verbindung hergestellt ist.201 Lit.: Badian, Clientelae 177; Badian, DArch 4–5, 1970–71, 388, 391–393; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 71–72; Blösel, Röm. Republik 162; Boren, Gracchi 78, 79; Brunt, Fall 94–96, 98–99; Burckhardt, Strategien 65; Capogrossi Colognesi, Law 186; Christ, Krise 136; Coşkun, Cicero 34–35; Cuq, DS 3,2.1144; Duplá, Consules populares 284; Evans, Marius 76–77; Flach, Agrargeschichte 48; Gabba, Appian 1.68; Gabba, Republican Rome III.71; Galsterer, Herrschaft 177–179; Göhler, Italien 132–133, 136–137; Graeber, Auctoritas 48 A.134; Gruen, Roman Politics 72–73; Hall, Athenaeum 50, 1972, 29; Hall, Athenaeum 55, 1977, 282–285; Hands, BICS 14, 1967, 110; Hands, Mnemosyne 29, 1976, 176–180; Heftner, Gracchen 63; Hinrichs, Gromatische Institutionen 14–16; Howarth, Historia 48, 1999, 293–294; Jones, Criminal courts 23; Keaveney, Unification 53–60, 63–64; Konrad, Companion Republic 8.170; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.641; Lange, Alterthümer 3.27; Last, CAH 9.46–47; Lintott, CAH2 9.75; Luraschi, SDHI 61, 1995, 23, 25; Marsh / ​Scullard, History 410–411(p.52); Martin, Hermes 98, 1970, 92; Meister, Chiron 6, 1976, 113–114; Mouritsen, Unification 117–119; Perelli, Movimento popolare 109; Perelli, Gracchi 155–156, 212–213; Pina Polo, Consul 115; Reid, JRS 1, 1911, 68; Reiter, Athenaeum 56, 1978, 134; Rotondi, Leges 306; Salmon, Colonization 117; Sandberg, AIRFinl. 24.92; Scullard, Gracchi to Nero 31; Stockton, Gracchi 96; Thommen, Volkstribunat 73, 119; Watkins, Ius Italicum 69–70; Wirszubski, Libertas 84–87.

18 Plebiscitum de tribunis plebis [reficiendis]202 vor 631/123

App. civ. 1.21,90: καὶ εὐϑὺς ἐπὶ τῷδε καὶ ἐς τὸ μέλλον ᾕρητο δημαρχεῖν· καὶ γάρ τις ἤδη νόμος κεκύρωτο, εἰ δήμαρχος ἐνδέοι ταῖς παραγγελίαις, τὸν δῆμον ἐκ 200

So z. B. Lange, Alterthümer 3.27; Gabba, Republican Rome III.71. Sandberg, AIRFinl. 24.92, verbindet „two proposals“ mit Flaccus. 202 Der allgemein in der Literatur übliche Titel des Plebiszits deckt sich nicht mit der Inhaltsangabe Appians. 201

Lex Nr. 18

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πάντων ἐπιλέγεσϑαι. Und sofort danach wurde er auch für das folgende Jahr zum Volkstribun gewählt; denn es war bereits ein Gesetz in Geltung, dass, wenn bei den Bewerbungen ein Volkstribun fehlte, das Volk aus der gesamten Bürgerschaft einen wählen konnte. Bei der Wiederwahl von C. ­Gracchus zum Volkstribun für das folgende Jahr 122 erklärt Appian, dass dies auf Grund eines Gesetzes möglich sei. Danach hätte die Volksversammlung bei einem Mangel an Kandidaten für das Amt des Volkstribunen das Recht, jeden Plebejer203 zu wählen, also auch einen ehemaligen oder gerade im Amt befindlichen Tribunen. Zehn Jahre zuvor hatte Tiberius ­Gracchus versucht, seine Wiederwahl durch­ zusetzen. Er hatte dafür vielleicht sogar eine Art Wahlprogramm aufgestellt und war gescheitert, weil allgemein als geltendes, doch ungeschriebenes Recht aufgefasst wurde, dass ebenso wie die Amtsträger des Gesamtvolkes auch die Volkstribunen ihr Amt kein zweites Mal ausüben konnten. 131 hatte Papirius Carbo versucht, dieses Vorhaben für Volkstribune zu legalisieren, und ein Gesetz204 vorgeschlagen, das jedoch nach einer Gegenrede Scipios nicht verabschiedet wurde. Nach der Aussage Appians ist nun in der Zwischenzeit – bis zur tatsächlich erfolgten Wiederwahl des C.  ­Gracchus  – doch noch ein Gesetz verabschiedet worden, wonach die Wiederwahl eines Tribunen bei einem Mangel an Kandidaten zulässig sei. Das Procedere nach der neuen Vorschrift ist jedoch nicht klar205; denn es ist kaum denkbar, dass es in diesen Jahren zu wenig Kandidaten gab. Boren206 kann sich vorstellen, dass Gaius an zehnter Stelle gewählt wurde, weil die Volks­ versammlung nur neun Kandidaten mit der erforderlichen Mehrheit bedachte. Fest steht, dass Gaius G ­ racchus für ein zweites Jahr wiedergewählt wurde, obwohl er sich nach Plutarch (C.Gracch. 8,2) nicht einmal beworben hatte. In den folgenden Jahren / ​Jahrzehnten wird dieses Wahl-Gesetz nirgends mehr erwähnt, vereinzelte Nachrichten über eine verhinderte oder gelungene Wiederwahl von Tribunen207 lassen keinen definitiven Schluss auf eine gesetzliche Regelung zu.

203

204 205

206 207

Mommsen, StR 1.473, möchte das nicht absolut sehen, sondern denkt an einen Verzicht auf Qualifikationsvorschriften wie „die abermalige Übernahme des Tribunats“; dagegen Kunkel, Staatsordnung 2.49 A.52. Vgl. Lex Nr. 10. Meyer, KS 1.392–393 A.3, hält Appians Ausdruck für so verkürzt, dass der Sinn darunter litt. Bei der Wiederwahl von Gaius ­Gracchus sei das Volk ausschlaggebend gewesen, es habe Kandidaten bei der Abstimmung übergangen und dann Gaius die Stimmen gegeben, obwohl er sich nicht beworben habe. Ein Jahr später habe der wahlleitende Tribun die Stimmen für Gaius übergangen – offenbar sieht Meyer keine Änderung durch eine gesetzliche Regelung. Gracchi 98. Beispiele bei Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.565.

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Lex Nr. 19

Vielleicht ist für die doch eher seltene Kontinuation im Tribunenamt einfach ausschlaggebend, dass die Plebejer hin und wieder den Unterschied zwischen dem plebeischen Amt und der Magistratur des Gesamtvolkes mit ihren gesetzlichen Vorschriften deutlich sichtbar machen wollten.208 Lit.: Betti, Labeo 9, 1963, 79; Bleicken, Lex 175A.140; Boren, Gracchi 98; Botsford, Roman Assemblies 369; Bringmann, Republik 217–218; Capogrossi Colognesi, Law 187–188; Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 260–264; v.Fritz209, Schriften 399 A.41; Gabba, Appian 1.71–72; Graeber, Auctoritas 200; Hall, Athenaeum 50, 1972, 1–2, 8–9, 13–27; Hantos, Res publica 34; Jones, PCPhS 186, 1960, 35; Kunkel, Staatsordnung 2.49 m.A.52; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.565; Lange, Alterthümer 2.655, 3.21; Last, CAH 9.61–62; Levi, Costituzione 187; Lundgreen, Regelkonflikte 94; Mackay, Breakdown 73–74; Meyer, KS 1.392 m.A.3; Mommsen, StR 1.473 m.A.4; Perelli, Gracchi 172; Rotondi, Leges 306; Rowland, Phoenix 23, 1969, 374; Schur210, Marius und Sulla 32–33; Scullard, Gracchi to Nero 30, 384; v. Stern, Hermes 56, 1921, 259–260; Stockton, Gracchi 169–171; Taylor, Athenaeum 41, 1963, 56–57; Thommen, Volkstribunat 31–32; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 217, 432.

19 Rogatio Sempronia de abactis 631/123

Plut. C.Gracch. 4,1: δύο νόμους εἰσέφερε, τὸν μὲν, εἴ τινος ἄρχοντος ἀφῃρῇτο τὴν ἀρχὴν ὁ δῆμος, οὐκ ἐῶντα τούτῳ δευτέρας ἀρχῆς μετουσίαν εἶναι· τὸν δ’, …211 (C. ­Gracchus) brachte zwei Gesetzesanträge ein, den einen, dass ein Magistrat, der einmal vom Volk abgesetzt wurde, kein anderes Amt mehr bekleiden kann, den anderen … Paul. ex Festo, s.v. abacti, p.21,11–12 L: Abacti magistratus dicebantur, qui coacti deposuerant imperium. Abacti („Fortgejagte“) werden die Magistrate genannt, die gezwungenermaßen ihre Amtsgewalt niedergelegt hatten. 208

Auch Last, CAH 9.61–62, hält eine gesetzliche Regelung in den Jahren zwischen 133 und 123 für unwahrscheinlich, die Wiederwahl von C. ­Gracchus sei nicht gegen ein Gesetz, sondern entgegen „custom“ geschehen. Nach v. Stern, Hermes 56, 1921, 259–260, ist es den Tribunen freigestellt, ihre Kandidatur zu erneuern – unter bestimmten Bedingungen, „wohl wenn sie ihr angekündigtes Programm im Laufe des Amtsjahres nicht hatten erledigen können.“ (Sic!) 209 v. Fritz meint, dass das Gesetz, welches die Wiederwahl eines Tribunen verbot, anscheinend inzwischen (doch nicht sicher, in welchem Jahr) aufgehoben wurde. 210 Schur führt das Gesetz auf die wachsende Beliebtheit des C. ­Gracchus zurück, dann müsste man unterstellen, dass Gaius schon von vornherein eine Kontinuation im Amt angestrebt habe. 211 Forts. bei Lex Nr. 20.

Lex Nr. 19

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Schon bald nach seinem Amtsantritt beginnt Gaius ­Gracchus, sich in seinen Gesetzesinitiativen mit dem Tribunat seines Bruders auseinanderzusetzen. So beantragt er, dass diejenigen, denen ein Amt durch Volksbeschluss genommen wurde, künftig von allen Ämtern ausgeschlossen bleiben sollen. Zunächst einmal ist diese Rogation natürlich auf Octavius212 gemünzt und enthält eine zusätzliche „Bestrafung“, soll aber zugleich unterstreichen, dass Tiberius bei der Absetzung seines Kontrahenten durch das Volk rechtlich korrekt gehandelt hat. Denn die neue Rogation impliziert, dass es legitim ist, wenn Amtsinhaber durch das Volk abgesetzt werden. Plutarch berichtet als einziger über dieses Gesetzesvorhaben, aber auch davon, dass Gaius es – angeblich auf Bitten seiner Mutter Cornelia – wieder fallen gelassen hat.213 Überwiegend folgt die Forschung der Darstellung von Plutarch214; nur Kloft215 ordnet die rogatio de abactis als lex Sempronia ein, sie sei keine bloße Rogation gewesen. Lit.: Adolf Berger, Leges Semproniae 4), RE Suppl. 7 (1940) 412; Betti, Labeo 9, 1963, 80; Bleicken, Lex 175 A.140; Blösel, Röm. Republik 163; Boren, Gracchi 93; Botsford, Roman Assemblies 371; Bringmann, Revolution 44; Broughton, MRR 1.513 (1.); Christ, Krise 140; Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 242–245, 246–247, 294; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.525; Döbler, Agitation 258–259; Dreyfus, lois agraires 155–156; Earl, Latomus 19, 1960, 664; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 97–98; Fraccaro, Opuscula 2.39; Graeber, Auctoritas 201; Gruen, Roman Politics 80; Gutberlet, Livius 30 A.3; Hantos, Res publica 34; Heftner, Gracchen 65; Jehne, Statutes 410; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 480–481; Kloft, Amtsentzug 169 m.A.33; Kornemann, Gracchenzeit 43; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.645; Lange, Alterthümer 2.655, 3.30–31; Last, CAH 9.55–56; Linke, Röm. Republik 51; Lintott, CAH2 9.77; Mackay, Breakdown 61–62; Marsh / ​ Scullard, History 53 A.1(S. 54), 59–60; Martin, Populare 152; Märtin, Führungsschicht 418; Meier, RPA 133–134, 148; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 604; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1385; Niccolini, FTP 158, 166; Nippel, Gesetze 95; Perelli, Gracchi 162; Rotondi, Leges 308; Rowland, TAPhA 96, 1965,

212

Lex Nr. 2. Plut. C.Gracch. 4,2. Bei Diod. 34/35. 25,2 agiert Gaius auf Bitten seiner Mutter gegen ein Votum des Volkes, das Octavius ins Exil schicken will; von einem Gesetzesantrag schreibt er nichts. 214 So z. B. Lange, Alterthümer 2.655, 3.30–31; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219; Meier, RPA 133–134, u. ders., Populares, RE Suppl. 10 (1965) 604; Gutberlet, Livius 30 A.3; Scullard, Gracchi to Nero 32; Mackay, Breakdown 61–62. Für Lintott, CAH2 9.77, wurde das Gesetz „vielleicht“ zurückgezogen, oder Octavius wurde auf Grund des bestehenden Gesetzes nicht verfolgt. 215 Kloft, Amtsentzug 169 m. A.33; ebenso Marsh / ​S cullard, History 53–54 A.1; Hantos, Res publica 34. An ein Gesetz, ohne dass Octavius weiter verfolgt wurde, denkt auch Stockton, Gracchi 164, weil er Plutarchs Äußerung nicht als Rückziehung sondern als Abänderung wertet: die Rückwirkung des Gesetzes sei weggelassen worden (a. a. O. 116). 213

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Lex Nr. 20

362; Schneider, Wirtschaft 308; Schur, Marius und Sulla 34–35; Scullard, Gracchi to Nero 32; Serrao, Classi 185; Smith, Anatomy of Force 259; Sommer, RG 356; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272–273; Stockton, Gracchi 115–117, 164; Thommen, Volkstribunat 88–89, 91–92; Venturini, crimen repetundarum 17, 20; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219; Zumpt, Criminalrecht 1,2.70–71.

20 Lex Sempronia de capite civis Romani 631/123

Cic. Rab. perd. 4,12: Porcia lex virgas ab omnium civium Romanorum corpore amovit; …Porcia lex libertatem civium lictori eripuit, …; C. ­Gracchus legem tulit ne de capite civium Romanorum iniussu vestro iudicaretur,… Die lex Porcia hielt die Ruten vom Körper eines jeden römischen Bürgers fern; … die lex Porcia entriss dem Liktor die Freiheit der Bürger, … C. ­Gracchus beantragte das Gesetz, dass niemand ohne eure Anordnung über Leben und Tod römischer Bürger urteilen solle. Cic. act. 2,5.63,163: O nomen dulce libertatis! o ius eximium nostrae civitatis! o lex Porcia legesque Semproniae! O süßes Wort der Freiheit! O du ausgezeichnetes (überragendes) Recht unserer Bürgerschaft! Cic. Catil. 1.11,28: Qui tandem te impedit? mosne maiorum? At persaepe etiam privati in hac re publica perniciosos civis morte multarunt. An leges quae de civium Romanorum supplicio rogatae sunt? At numquam in hac urbe qui  a re publica defecerunt civium iura tenuerunt. Was hindert dich eigentlich daran? Der Brauch der Vorfahren? Aber in diesem Staat haben doch auch sehr oft Privatpersonen verderbliche Bürger mit dem Tode bestraft. Oder die Gesetze, die über die Todesstrafe an römischen Bürgern beantragt wurden? Aber niemals behielten in dieser Stadt Hochverräter ihre Rechte als Staatsbürger. Cic. Catil. 4.5,10: At vero C. Caesar intellegit legem Semproniam esse de civibus Romanis constitutam; qui autem rei publicae sit hostis, eum civem esse nullo modo posse: denique ipsum latorem Semproniae legis iussu216 populi poenas rei publicae dependisse. Aber fürwahr, Gaius Caesar erkennt, dass die lex Sempronia im Hinblick auf römische Bürger eingeführt wurde, dass, wer aber Feind des Staates sei, auf keinen Fall ein Bürger sein könne, dass schließlich der Urheber des sem­pronischen Gesetzes selbst ohne Anordnung des Volkes vom Staat bestraft worden sei. Schol. Cluniacensis p. 271: (§ 10.) L e g e m S e m p r o n i a m . Quam Sempronius tulerat ­Gracchus: ut ne quis in civem Romanum capitalem sententiam diceret. Das 216

Emendation von Bucherius; vgl. Fuhrmann, Cicero 2.377–378 A. 85.

Lex Nr. 20

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sempronische Gesetz. Das folgende Gesetz hatte Sempronius G ­ racchus beantragt: dass niemand über einen römischen Bürger ein Todesurteil fällen sollte. Schol. Gronov. p.289: 10. Lege Sempronia iniussu populi non licebat quaeri de capite civis Romani. Nach der lex Sempronia war es nicht erlaubt, ohne Anordnung des Volkes eine gerichtliche Untersuchung auf Leben und Tod eines römischen Bürgers anzustellen. Gell. 10.3,13: O lex Porcia legesque Semproniae! Plut. C.Gracch. 4,1: δύο νόμους εἰσέφερε, τὸν μέν, …, τὸν δ’, ἔι τις ἄρχων ἄκριτον ἐκκεκηρύχοι πολίτην, κατ’ αὐτοῦ διδόντα κρίσιν τῷ δήμῳ. (C. ­Gracchus) brachte zwei Gesetzesanträge ein, den einen217 … und den anderen, der das Urteil über einen Magistrat, wenn dieser einen Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren des Landes verwiesen hatte, dem Volk übertrug.218 Gaius G ­ racchus ließ ein Gesetz verabschieden, durch das die Verhängung der Todesstrafe gegen römische Bürger an bestimmte Voraussetzungen geknüpft wurde. Cicero (Rab. perd. 4,12) und die Scholien zur vierten catilinarischen Rede führen übereinstimmend an, dass römische Bürger nur von einem Gericht zum Tode verurteilt werden dürfen, das auf Anordnung des Volkes eingesetzt wurde. Nach dem Wortlaut der cluniazensischen Scholien hätte C.  ­Gracchus sogar durchgesetzt, dass römische Bürger überhaupt nicht mehr zum Tode verurteilt werden durften, was sicher nicht seine Intention war. Eher ist anzunehmen, dass in der handschriftlichen Überlieferung der Scholien iniussu populi ausgefallen ist, das in den übrigen Quellen erhalten blieb. Mit seinem Gesetz219 wandte sich Gaius ­Gracchus jedenfalls gegen den Senat, der nach dem Tod seines Bruders Tiberius gegen dessen Anhänger außerordentliche quaestiones220 unter dem Vorsitz der Konsuln ins Leben gerufen hatte, die eben nicht auf Weisung des Volkes agierten und gegen deren Entscheidungen keine provocatio eingelegt werden konnte. Daher ist das Gesetz einerseits retrospektiv bzw. rückwirkend221, andererseits wollte es solche „Notmaßnahmen“ auch für die Zukunft ausschließen. Doch bereitete es

217

Lex Nr. 19. Broughton, MRR 1.514 (2.), zitiert außerdem Fest. 277 L: Potestur, Scipio Africanus in ea, quae est de imperio D. Bruti; et poteratur, C. ­Gracchus in ea qua usus est, cum circum conciliabula iret. – Die Zuordnung zu diesem Gesetz scheint nicht gerechtfertigt, es ergibt sich allenfalls eine Verbindung zu Reden gegen Popillius Laenas, die C. ­Gracchus circum conciliabula, auf den Marktplätzen der Umgebung, gehalten hat. 219 Eine andere Deutung der lex scheint Chr. Mackay, The judicial legislation of Gaius Sempronius G ­ racchus, Ph.D. Harvard University, 1994, zu bieten, das Werk konnte jedoch nicht eingesehen werden (Inhaltsangabe: DAI 55 no.8, 1995, 2520–A). 220 Dazu ausführlich v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 38–43. 221 Stockton, Gracchi 119; Scullard, Gracchi to Nero 32; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272; Boren, Gracchi 93; Wolf, Untersuchungen 37. 218

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Lex Nr. 20

dadurch den Weg für das sogenannte senatus consultum ultimum, das zum ersten Mal gegen Gaius G ­ racchus selbst beschlossen wurde.222 Plutarch berichtet an dieser Stelle (C.Gracch. 4,1) von zwei Gesetzen, die offensichtlich inhaltlich zusammenhängend das Fehlverhalten von Magistraten zum Thema haben. Denn an anderer Stelle (C.Gracch. 5,1–3) zählt er mehrere inhaltlich verschiedene Gesetzesvorhaben des Volkstribunen Gaius ­Gracchus auf, indem er sie einzeln thematisch einordnet und dann den jeweiligen Kernpunkt hinzufügt. Das erste von Plutarch hier genannte Gesetz (Lex Nr. 19) schließt diejenigen von weiteren Ämtern aus, denen ein Amt einmal entzogen wurde. Die zweite lex unterwirft einen Magistrat dem Volksgericht, wenn er einen römischen Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt hat – wobei Plutarch ungenau das Exil als die vom Magistrat verhängte Strafe bezeichnet, was bis zum 1. Jh. nur die gewöhnliche Folge eines Todesurteils ist.223 Damit zitiert Plutarch lediglich die sanctio des von Cicero und den Scholien beschriebenen Gesetzes; weitere Angaben zum Inhalt macht er nicht. Dagegen führt er weiter aus, dass sich dieses Gesetz explizit gegen Popillius Laenas richtete.224 Diese lex Sempronia wird öfter als lex de provocatione, als Provokationsgesetz, aufgefasst. Als solche erscheint sie schon bei Mommsen225, weil der ciceronische Begriff iniussu populi so gedeutet wurde, dass das Volk bei einer von einem Magistrat verhängten Todesstrafe ein Mitspracherecht hat. Die oben erwähnte Zielrichtung des Gesetzes gegen quaestiones, die nicht durch Volksbeschluss eingesetzt wurden, muss daneben jedoch mit inbegriffen bzw. einer der Hauptpunkte gewesen sein.226 Deutet man die lex de capite civis darüber hinaus als allgemeines Gesetz gegen Übergriffe von Magistraten227, finden Ciceros Worte

222

Vgl. die Beurteilung bei v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 55; aufgegriffen von Wolf, Untersuchungen 41. 223 So auch Wolf, Untersuchungen 36. Erst im Laufe des 1. Jhs. erscheint das Exil als eigenständige Strafe, zuvor ging man – meist vor oder während des Gerichtsverfahrens – ins Exil, um der Todestrafe zu entgehen; vgl. Siber, Analogie 10 A.2, und bei Lex Nr. 21 und Lex Nr. 85. 224 Plut. C.Gracch. 4,2–3 (vgl. bei Lex Nr. 21). 225 Mommsen, StR 3,2.1242. Ebenso: Brecht, Perduellio 85–86, 205, 293–294; Münzer, Sem­pronius 47), RE 2A (1923) 1385–1386; Ewins, JRS 50, 1960, 97–98; De Martino, Costituzione 2.525–527; Lintott, ANRW 1,2.259–262, u. CAH2 9.77–78 (Einordnung in die Provokationsgesetze); Bleicken, Lex 148 A.39;  – Siber, Analogie 10: Gesetz verbot alle berufungsfreien Todesurteile gegen cives Romani und gilt nicht für Schwurgerichte (quaestiones). 226 So übereinstimmend Kunkel, Kriminalverfahren 28 A.89; Martin, Hermes 98, 1970, 91; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 48–54, u. a. – Die Ansicht von Bleicken, ZRG 76, 1959, 365–367, wird von Martin, a. a. O., überzeugend zurückgewiesen. 227 Dies ist auch die Schlussfolgerung von Märtin, Führungsschicht 419, obwohl sie das Gesetz unter der Überschrift lex de provocatione führt.

Lex Nr. 20

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ihre Berechtigung, wenn er die lex Sempronia in eine Reihe mit den leges Porciae stellt, welche die besonderen Rechte und Freiheiten eines Bürgers festschrieben.228 So gesehen stellt die lex de capite civis durch ihre Vorschriften eine Ergänzung des Provokationsrechts229 dar oder dient dem Schutz dieses Bürgerrechts230, schafft aber kein neues Provokationsrecht.231 Die lex Sempronia de capite civis gehört vermutlich neben der lex de abactis (Lex Nr. 19) an den Anfang von Gaius’ Tätigkeit.232 Sie wurde verabschiedet und hatte offenbar fortdauernde Geltung, denn aus Ciceros Worten ist klar ersichtlich, dass sie noch in seiner Zeit angewendet wurde. Lit.: Bauman, Lawyers 237 A.86, 286–289, 339; Bauman, Crime 45, 47; Bergemann, Religion 58–59, 61; Betti, Labeo 9, 1963, 77; Bleicken, ZRG 76, 1959, 365–367; Bleicken, Provocatio, RE 23.2 (1959) 2452–2454; Bleicken, Lex 148 A.39, 477 m.A.334; Blösel, Röm. Republik 163; Boren, Gracchi 93; Botsford, Roman Assemblies 371; Brecht, Perduellio 85–86, 171, 183, 189 A.2(190), 205–209, 245–246, 293–295; Bringmann, Revolution 44; Bringmann, Republik 217; Bringmann, Krise 48; Broughton, MRR 1.513–514 (2.); Brunt, Latomus 15, 1956, 23; Brunt, Fall 225–227, 236–237; Burckhardt, Strategien 105; Capogrossi Colognesi, Law 187; Christ, Krise 140; Cloud, CAH2 9.494; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 242–245, 294; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.525–527; Döbler, Agitation 259; Dreyfus, lois agraires 155–156; Ducos, Les Romaines 72; Ewins, JRS 50, 1960, 97–98; Flach, ZRG 90, 1973, 95–98; Flach, Agrargeschichte 49; Fraccaro, Opuscula 2.268–272; Fuhrmann, Cicero Reden 2.377–78 A.85; Graeber, Auctoritas 200; Grasmück, Exilium 72, 78, 88, 89 A.167, 90 A.174, 92–93, 104; Gruen, Roman Politics 80–82; Gruen, Generation 244; Gutberlet, Livius 30 A.3, 60, 77, 80; Heftner, Gracchen 65, 68; Jones, Criminal courts 33, 51–52; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 481; Kann, Restoration 156; Kelly, Exile 30–31, 72; König, Staat 128–129 [46]; Konrad, Companion Republic 8.171; Kunkel, Kriminalverfahren 28 A.89, 89; Kunkel, Quaestio 739–740; Kunkel, Kl. Schriften 25–26, 271–273; Kunkel, Staatsordnung 2.237; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.645; Lange, Alterthümer 2.560–561, 655–656, 697, 3.31, 56; Last, CAH 9.56, 88; Ch. Lécrivain, Provocatio, DS 4,1.732; Lengle, Strafrecht 22; Levick, Historia 28, 1979, 360; Linke, Röm. Republik 51–52; Lintott, Violence 163–168, 170, 183–184; Lintott, ANRW 1.2, 259–262; Lintott, Judicial reform 26; Lintott, CAH2 228

229 230 231 232

Cicero (Rab. perd. 4,12 u. Verr. 2,5.63,163) benutzt für beides ohne ersichtlichen Grund den Singular bzw. den Plural; bei den leges Porciae ist sicher, dass es mehrere gab, bei ­Gracchus ist zu diesem Thema nur eines bekannt. Zumpt, Criminalrecht 1,2.76–77, bezieht den Plural auf die sempronischen Gesetze, welche die „Gewährleistung der Vorrechte Römischer Bürger“ betrafen. Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 600; Wolf, Untersuchungen 39. Meyer, Staat 299; Flach, ZRG 90, 1973, 97. So schon Zumpt, Criminalrecht 1,2.76.  – Allerdings geht seine Deutung über die heute allgemein angenommene Geltung für politische Straftaten hinaus. Hier eingeordnet z. B. von Judeich, HZ 111, 1913, 481; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 247; Last, CAH 9.56; Boren, Gracchi 93; Stockton, Gracchi 163, 239; Perelli, Gracchi 160. – Anders Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1385–1386.

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Lex Nr. 21

9.77–78; Lintott, Constitution 92; Mackay, Breakdown 62; Marsh / ​Scullard, History 60; Martin, Populare 152–154; Martin, Hermes 98, 1970, 91–93; Märtin, Führungsschicht 418–419; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 600; Meyer, Staat 299; Mommsen, StR 3,2.1242 m.A.1; Mommsen, StrafR 258; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1385; Niccolini, FTP 158, 166, 172; Nippel, Aufruhr 53, 103, 116, 138; Perelli, Gracchi 141, 160–162; Reid, JRS 1, 1911, 83; Rödl, SCU 84–89, 167–170; Rotondi, Leges 309; Rowland, TAPhA 96, 1965, 362–363; Sandberg, AIRFinl. 24.68; Santalucia, Diritto 57; Santalucia, Studi 183; Schneider, Wirtschaft 308; Schur, Marius und Sulla 35; Scullard, Gracchi to Nero 32; Sherwin-White, JRS 72, 1982, 25; Siber, Analogie 10; Siber, ZRG 62, 1942, 388; Sommer, RG 356; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.139 A.1, 225, 236–237, 240–245; Stockton, Gracchi 91, 117–121, 163; Thommen, Volkstribunat 119–121, 158–159; Tyrrell, ZRG 91, 1974, 116–122; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 48–54, 104–108, 130; Venturini, Quaestiones 286–293; Venturini, Processo penale 177–178, 217, 220, 227, 293–294, 297–300, 307, 315–316; Venturini, RSA 35, 2005, 255; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Willems, Sénat 2.249 A.3; Williamson, Laws 384; Wittmann, Sulla 571; Wolf, Untersuchungen 14–41, 131–132, 142–143; Zumpt, Criminalrecht 1,2.71–77.

21 *Lex Sempronia de M. Popillio Laenate 631/123

Cic. dom. 31,82: quod C. ­Gracchus de P. Popilio, Saturninus de Metello tulit, homines seditiosissimi de optimis ac fortissimis civibus: non ut esset interdictum, quod ferri non poterat, tulerunt, sed ut interdiceretur. Was C. ­Gracchus in einem Gesetz über P. Popilius, Saturninus in einem über Metellus beantragte – die aufrührerischsten Menschen über die besten und tapfersten Bürger – sie beantragten nicht, dass sie geächtet seien  – das konnte nämlich nicht beantragt werden  –, sondern dass sie geächtet werden sollten. Cic. rep. 1.3,6: vel expulsio Laenatis vel … fuga Metelli … weder die Vertreibung des Laenas noch die Flucht des Metellus … Cic. Cluent. 35,95: … tamen nec P. Popilius neque Q. Metellus, clarissimi viri atque amplissimi, vim tribuniciam sustinere potuerunt. …; dennoch konnten weder P. Popilius noch Q. Metellus, höchst ruhmvolle und angesehene Persönlichkeiten, der tribunizischen Gewalt standhalten. Cic. leg. 3.11,26: si  … tribuniciaque vis in me populum, sicut ­Gracchus in Laenatem, Saturninus in Metellum incitasset, ferremus o Quinte frater, … Wenn die tribunizische Gewalt das Volk gegen mich aufbringen würde, so wie G ­ racchus gegen Laenas und Saturninus gegen Metellus, wir würden es ertragen, mein Bruder Quintus, …

Lex Nr. 21

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Plut. C.Gracch. 4,1: δύο νόμους εἰσέφερε, τὸν μέν, …, τὸν δ’, εἴ τις ἄρχων ἄκριτον ἐκκεκηρύχοι233 πολίτην, κατ’ αὐτοῦ διδόντα κρίσιν τῷ δήμῳ. (C. ­Gracchus) brachte zwei Gesetzesanträge ein, den einen234 … und den anderen, der das Urteil über einen Magistrat, falls dieser einen Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren des Landes verwiesen hätte, dem Volk übertrug. Plut. C.Gracch. 4,2–3: τῷ δ’ ἐνείχετο Ποπίλλιος· οὗτος γὰρ στρατηγῶν τοὺς τοῦ Τιβερίου φίλους ἐξεκήρυξε. 3. Καὶ Ποπίλλιος μὲν οὐχ ὑποστὰς τὴν κρίσιν ἔφυγεν ἐξ ᾽Ιταλίας·  … durch das andere war Popillius belastet (betroffen), denn dieser hatte als Konsul die Anhänger des Tiberius des Landes verwiesen. Und wirklich, Popillius stellte sich dem Urteil nicht, er flüchtete aus Italien. Gell. 1.7,7: … quali C. ­Gracchus verbo usus est in oratione cuius titulus est De P.  Popilio circum Conciliabula,  … welches Wort C.  ­Gracchus in seiner Rede gebrauchte, deren Titel lautete: Über P. Popilius umher in den Marktsiedlungen. Gell. 11.13,1: … legebatur oratio C. Gracchi ‚In P. Popilium‘. Man las die Rede von C. ­Gracchus: Gegen P. Popilius. Fest. s.v. Occisitantur, p.218–220 L: Occisitantur, saepe occiduntur. Sic C. ­Gracchus pro rostris in P. Popillium: „Homines liberi nunc in oppido occisitantur.“ Statt occisitantur heißt es oft occiduntur. So C. Grachus auf dem Forum in seiner Rede gegen P. Popilius: „Freie Menschen werden jetzt in der Stadt hingemordet.“ Die antiken Quellen sind sich darin einig, dass P. Popillius Laenas ins Exil ging, weil C. ­Gracchus gegen ihn agierte. Das Ziel seiner lex de capite civis Romani235 war u. a., Popillius wegen seines Vorgehens gegen die Anhänger seines Bruders Tiberius zur Verantwortung zu ziehen. Nach Plutarch fühlte sich Popillius tatsächlich von diesem Gesetz betroffen und ging, um einem Prozess oder einer Verurteilung 236 zuvorzukommen, ins Exil.237 Von einem weiteren Gesetz, das direkt auf Popillius 233

Zu ἐκκεκηρύχοι vgl. Kelly, Exile 30. Lex Nr. 19. 235 Lex Nr. 20. Diese Auffassung wird auch von den Modernen überwiegend geteilt, so z. B. von Bringmann, Republik 217; Boren, Gracchi 93; Christ, Krise 140; De Martino, Costituzione 2.527 m. A.194; Döbler, Agitation 259–260; Gruen, Roman Politics 83; Judeich, HZ 111, 1913, 481; Kelly, Exile 72; Last, CAH 9.56–57; Linke, Röm. Republik 52; Lintott, CAH2 9.78; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1385; Niccolini, FTP 166–167; Nippel, Aufruhr 86; Perelli, Gracchi 161; Scullard, Gracchi to Nero 32; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272; Stockton, Gracchi 119, 163; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.240; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 54. 236 Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 245–246, meint, dass kein Prozess nötig sei, weil die lex de capite civis die Verurteilung implizierte. 237 Die Verbindung zwischen Popillius’ Exil und dem gracchischen Gesetz de capite civis (Lex Nr. 20) ist unbestritten. Sein Verschwinden aus Rom wird jedoch unterschiedlich gedeutet, einige lassen Popillius vor einem Prozess Rom verlassen (Christ, Krise 140; Bringmann, Republik 217; Kelly, Exile 71–72), auf Grund der von C. ­Gracchus gehaltenen Reden gegen 234

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gemünzt ist – wie Rotondi238 annimmt –, schreibt Plutarch nichts. Ein Verfahren gegen Popilius ist nach seinen Worten die direkte Folge des gracchischen Gesetzes, weil ein Magistrat, der diesem Gesetz zuwider handelt, vor ein Volksgericht gestellt werden sollte. Aus Cicero (dom. 31,82) lässt sich weiter ablesen, dass Popillius der Interdiktion (interdictio aquae et ignis) verfiel, wie Cicero auch von anderen Personen berichtet, doch diese wurde – wie üblich – erst dann beantragt, als Popillius Rom schon verlassen hatte.239 Über den Wert dieser Maßnahme, der ursptünglich ein „administrativer Act“240 war, besteht Uneinigkeit, einige setzen sie der Todesstrafe gleich, andere meinen, damit werde dem Exilierten die Rückkehr unmöglich gemacht.241 Umstritten ist außerdem, ob mit dem Aussprechen der Interdiktion der Verlust des römischen Bürgerrechts einhergeht oder ob man es erst dann (selbst) aufgibt, wenn man Bürger seines neuen Wohnorts wird.242 Daher scheint es, dass es kein Gesetz gab, durch das Popillius verbannt wurde, sondern dass lediglich die Interdiktion beschlossen wurde. Dieser Beschluss muss nicht legislativ 243 gedeutet werden, er ist ein Auftrag an einen Obermagis-

Popillius (Volkmann, P. Popillius 28), RE 22,1 (1953), 63; Brunt, JRS 52, 1962, 72), andere denken an den Beginn eines Prozesses (Crifò, Exilium 263; Boren, Gracchi 93), wieder andere nehmen sogar eine Verurteilung an (Siber, Analogie 11, gestützt auf Vell. 2.7,4: iudiciorum publicorum merito. Für Strachan-Davidson, Criminal Law 1.240, ist die Verurteilung eine Tatsache und das Exil die Folge.). Bei Zumpt, Criminalrecht 1,2.76 und 346–347, stehen verschiedene Ansichten (vgl. dazu die Anmerkungen von Crifò, Exilium 262 A.61 – mit falscher Bandnummer  –).  – Zum Mitkonsul Rupilius siehe Gruen, Roman Politics 82–83. 238 Rotondi, Leges 309. Lange, Alterthümer 3.31, hält eine besondere Rogation gegen Popillius für möglich; ebenso Martin, Populare 152–153. Nicht eindeutig: Brunt, JRS 52, 1962, 72. Thommen, Volkstribunat 161, erwägt einen Antrag von C. ­Gracchus für eine quaestio extraordinaria über Popillius; auch Lengle, Strafrecht 60, Siber, Analogie 11, und Wolf, Untersuchungen 36, nehmen an, dass eine außerordentliche Quaestio gegen Popillius durch ein eigenes Plebiszit eingesetzt wurde. Dazu vgl. Kunkel, Kriminalverfahren 28–29 A.89. 239 Nach Botsford, Roman Assemblies 371 A.6, wurde die Interdiktion von den Zenturiatkomitien beschlossen. Dagegen ist Niccolini, FTP 166, für eine gracchische Rogation über die Interdiktion; auch Gruen, Roman Politics 84, lässt die plebs beschließen. 240 Mommsen, StrafR 70–72; ihm folgend Strachan-Davidson, Criminal Law 30–31.  – Zur Kritik an beiden: Crifò, Exilium 288–310. 241 Mommsen, StrafR 73; ausführlich: Kunkel, Quaestio 767–768. 242 Letzteres ist die Auffassung von Cicero (dom. 29,78), dem folgen Mommsen, StrafR 68–69 u. StR 3.48–52; Kornemann, Civitas, RE Suppl. 1 (1903) 311; Crifò, Exilium 262–266, 296–312 (298: weder Exil noch Interdiktion sind geeignet, den Verlust des Bürgerrechts herbeizuführen); Thommen, Volkstribunat 122 A.79. – Grasmück, Exilium 98 m. A.239, meint, dass der Geächtete „praktisch auch das Bürgerrecht verloren hat“. 243 So auch De Martino, Costituzione 527 m. A.194; dagegen ist Kelly, Exile 72 u. 167, für ein Plebiszit.

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trat, die Interdiktion öffentlich zu verkünden und damit wirksam werden zu lassen.244 Eine auf diese Art in Kraft getretene Interdiktion konnte dann nur durch ein Gesetz aufgehoben werden, was für Popillius durch den Antrag des Volkstribunen L. Calpurnius Bestia geschah.245 Lit.: Betti, Labeo 9, 1963, 77; Bleicken, Lex 265 A.56; Boren, Gracchi 93; Botsford, Roman Assemblies 371 A.6; Bringmann, Republik 217; Broughton, MRR 1.513(2.); Brunt, JRS 52, 1962, 72; Capogrossi Colognesi, Law 189; Christ, Krise 140; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 245–246; Crawford, Fragmentary Speeches 275, 286; Crifò, Exilium 262–263, 271–273, 284; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 527 m.A.194; Döbler, Agitation 259–260; Fraccaro, Opuscula 2.268–269; Grasmück 246, Exilium 92–93, 133 A.339; Gruen, Roman Politics 82–84; Gutberlet, Livius 60; Jones, Criminal Courts 51; Judeich, HZ 111, 1913, 481; Kelly, Exile 71–73, 167–168; Kornemann, Gracchenzeit 43; Kunkel, Kriminalverfahren 28–29 A.89; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.645; Lange, Alterthümer 2.697, 3.31; Last, CAH 9.56–57; Lengle, Strafrecht 22, 60; Linke, Röm. Republik 52; Lintott, Violence 163; Lintott, CAH2 9.78; Mackay, Breakdown 62–63; Marsh / ​Scullard, History 53–54 A.1, 60; Martin, Populare 152–153; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Mommsen, StR 3.2, 1242 m.A.1; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1385; Niccolini, FTP 158, 166–167; Nippel, Aufruhr 86; Perelli, Gracchi 161; Pina Polo, Consuls 133; Rödl, SCU 166–168; Rotondi, Leges 309; Scullard, Gracchi to Nero 32; Siber, Analogie 11, 63; Smith, Anatomy of Force 259; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272; Stockton, Gracchi 119, 163; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.240; Thommen, Volkstribunat 161; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 54; Venturini, Quaestiones 285 A.183; Venturini, Processo penale 314–315; Volkmann, P. Popillius 28), RE 22,1 (1953) 63–64; Weinrib, Historia 19, 1970, 431; Zumpt, Criminalrecht 1,2.76, 346–347.

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Dieses Procedere wird deutlich bei der Interdiktion gegen Metellus (Lex Nr. 85), aber öfter verkannt und als Beschluss über die Interdiktion bezeichnet, so etwa Mommsen, StrafR 72; Gruen, Roman Politics 84  – richtig: Mackay, Breakdown 63; Venturini, Processo penale 315, bezeichnet den Vorgang als Verwaltungsmaßnahme.  – Crifò, Exilium 263, fasst den Vorgang als eine ‚registrazione‘ durch das Volk, S.284 hält er für unwahrscheinlich, dass die Konsuln des Jahres 123 Q. Caecilius Metellus und T. Quinctius Flamininus die Interdiktion aussprachen. 245 Lex Nr. 48. Das Erfordernis eines solchen Gesetzes bejahen u. a.: Zumpt, Criminalrecht 1,2.337; Gruen, Latomus 24, 1965, 580 (für Metellus). Den (möglichen) Inhalt einer solchen Rogation listet Siber, Analogie 63–64 auf. 246 Grasmück behauptet die Identität der lex Sempronia de Popillio Laenate mit der „sog. lex Sempronia de provocatione“. Vgl. bei Lex Nr. 20.

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22 Lex Sempronia agraria 631/123

Liv. per. 60: C.  ­Gracchus, Tiberii frater, tribunus plebis, eloquentior quam frater, perniciosas aliquot leges tulit, inter quas …, alteram legem agrariam, quam et frater eius tulerat. Der Volkstribun C. ­Gracchus, der Bruder des Tiberius und redegewandter als dieser, beantragte einige unheilvolle Gesetze, darunter … als zweites ein Ackergesetz, wie es auch sein Bruder beantragt hatte. Vell. 2.6,3: (Gaius G ­ racchus) … tribunatum ingressus, longe maiora et acriora petens,  … dividebat agros, vetabat quemquam civem plus quingentis iugeribus habere, quod aliquando lege Licinia cautum erat. Als Gaius ­Gracchus sein Amt als Volkstribun angetreten hatte, bemühte er sich um weit Größeres und Einschneidenderes, … er suchte, Ackerland zu verteilen und zu verbieten, dass ein Bürger mehr als 500 Morgen besitze, was schon einmal durch eine lex Licinia verboten worden war. Plut. C.Gracch. 5,1: Τῶν δὲ νόμων, οὓς εἰσέφερε τῷ δήμῳ χαριζόμενος καὶ καταλύων τὴν σύγκλητον, ὁ μὲν ἦν κληρουχικὸς διανέμων τοῖς πένεσι τὴν δημοσίαν, … Von den Gesetzen, die er einbrachte, um die Gunst des Volkes zu gewinnen und den Einfluss des Senats zu brechen, war das eine ein Ackergesetz, wodurch das Staatsland auf die Armen verteilt werden sollte. ­ racchus) tribunus plebis agrarias et frumentarias leges Vir. ill. 65,3: (Gaius G tulit. Als Volkstribun beantragte er (Gaius G ­ racchus) Acker- und Getreidegesetze. Agrimens. Sic. Flacc. CAR (Th) I.100 = (La) 1.136: C. ­Gracchus legem tulit ne quis in Italia amplius quam ducenta iugera possideret. C. ­Gracchus beantragte ein Gesetz, dass niemand in Italien mehr als 200 Morgen besitzen solle. Flor. 2.1 (3.13): (1) … tribunicia potestas … studium populi ac favorem agrariis, frumentariis, iudiciariis legibus aucupabatur. Die tribunizische Amtsgewalt  … haschte durch Acker-, Getreide- und Gerichtsgesetze nach der Anhänglichkeit und der Gunst des Volkes. Cic. off. 2.23,80: quid? nostros Gracchos, Ti. Gracchi summi viri filios, Africani nepotes, nonne agrariae contentiones perdiderunt? Wie? Haben denn nicht die Streitigkeiten um Ackerland unsere Gracchen, Söhne des höchst bedeutenden Mannes, des Tiberius ­Gracchus, und Enkel des Africanus, zugrunde gerichtet? Cic. leg. agr. 2.5,10: venit mihi in mentem duos clarissimos, ingeniosissimos, amantissimos plebei Romanae viros, Ti. et C.  Gracchos, plebem in agris publicis constituisse, qui agri a privatis antea possidebantur. Mir fällt ein, dass zwei hochberühmte und -begabte, beim römischen Volk äußerst beliebte Männer, Tiberius und Gaius ­Gracchus, das einfache Volk auf Staatsland angesiedelt haben, auf Land, das zuvor Privatleute in Besitz hatten.

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Die Aussagen der antiken Autoren über ein Ackergesetz des C. ­Gracchus sind vage bzw. unglaubwürdig; entweder schreibt man ihm ohne Unterscheidung dasselbe Gesetz zu, das sein Bruder Tiberius beantragt hatte (Velleius Paterculus, Plutarch), bietet Verallgemeinerungen (Auctor de viris illustribus) oder äußert sich pauschal und zusammenfassend über beide Brüder (Florus, Cicero). Bei Appian kommt ein solches Gesetz gar nicht erst vor. Als einziger überliefert Siculus Flaccus247 die Vorschrift eines nicht näher spezifizierten Gesetzes von Gaius G ­ racchus, dass niemand in Italien mehr als 200248 Morgen Land besitzen solle. Da sonst in der Überlieferung 500 Morgen eine feste Größe darstellen, handelt es sich hier entweder um ein Versehen des Autors, einen Schreibfehler eines Kopisten oder die Bestimmung eines anderen Gesetzes.249 Hierfür kommt eine der Koloniegründungen infrage, zwar gehen 200 Morgen als Zuteilung für eine Kolonistenstelle in Italien weit über das normale Maß250 hinaus, sie sind aber in der lex agraria von 111251 für Africa überliefert. Unglaubwürdig erscheint eine bloße Erneuerung des Agrargesetzes von Tiberius, denn das Gesetz wurde im Gegensatz zu späteren Vorgehensweisen etwa bei C. ­Gracchus, Appuleius Saturninus oder des jüngeren Drusus weder aufgehoben noch annulliert. Und auch die Dreimännerkommission zur Ausführung des Agrar­gesetzes blieb bestehen. Nach dem Tod des Tiberius sowie anderer Mitglieder wurden die frei gewordenen Stellen immer wieder neu besetzt;252 im Jahre129 wurden lediglich ihre Befugnisse eingeschränkt.253 Daher wird des öfteren in der Literatur angenommen, dass eben diese erneute Zuweisung der alten Rechte Inhalt des Agrargesetzes von Gaius G ­ racchus ist.254 Stockton255 hält ebenso eine bloße Erneuerung des Gesetzes von Tiberius für unwahrscheinlich, er weist Gaius’ lex agraria zwei innovative Maßnahmen zu: die Ackerkommission erhielt die 247 248 249

250 251 252

253 254 255

Zur unterschiedlichen Bewertung dieses Zitats: Last, CAH 9.67 A.1; Stockton, Gracchi 131 A.40. Göhler, Italien 150–151, hält die Zahl für richtig. Nach Mommsen, Ges. Schriften I.1, 96, entstand die Zahl CC aus ∞ [d. i. das Zahlzeichen für 1000, nach dem westgriechischen Φ (ph)]. Ohne ein Versehen in Betracht zu ziehen, hält Hermon, Athenaeum 60, 1982, 261, die Angabe von Siculus für eine erstaunliche Neuerung von Gaius G ­ racchus; ebenso: Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 73. Ursprünglich zwei iugera, später bis zu fünf oder sechs; vgl. Salmon, Colonization 98. CIL 12 .2,1 n.585, lin. 60–61. Die ersten Triumvirn waren Ti. G ­ racchus, sein Schwiegervater Ap. Claudius Pulcher und sein Bruder Gaius. An die Stelle von Tiberius trat P. Licinius Crassus Mucianus, nach seinem Tod und dem des Ap. Claudius wurden M. Fulvius Flaccus und C. Papirius Carbo seit 130 zu Triumvirn (Broughton, MRR 1.495 u.503) und blieben vermutlich gemeinsam mit Gaius ­Gracchus bis 122 im Amt. Vgl. Lex Nr. 13. So schon Mommsen, RG 3.115; ebenso: Lange, Alterthümer 3.31–33; Betti, Labeo 9, 1963, 81; Martin, Populare 154; Christ, Krise 137; Sommer, RG 356–357, u. a. Gracchi 132.

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Befugnis, auch außerhalb von Italien tätig zu werden und Viritanassignationen vorzunehmen, darüber hinaus aber sogar Kolonien zu gründen. Das Ackergesetz von Gaius ­Gracchus war demnach der Rahmen, innerhalb dessen andere Volkstribunen wie z. B. Rubrius Koloniegründungsgesetze auf den Weg brachten. Doch weder für eine Wiederaufnahme der von Tiberius eingeleiteten Landvergabe noch von sonstigen Inhalten lassen sich überzeugende Nachweise in den Quellen finden.256 Doch hat Gaius die Agrarpolitik seines Bruders nachweislich auf einem anderen Gebiet fortgesetzt, nämlich mit den von ihm selbst oder von Gleichgesinnten betriebenen Koloniegründungen – und diese werden von Livius (per.60) ebenso als leges agrariae bezeichnet.257 Ob die lex agraria des Gaius ­Gracchus, die Livius (per.60) in seinem Vergleich mit dem Bruder Tiberius als ein einzelnes Gesetz nennt, tatsächlich diesen Inhalt hatte, muss indessen offen bleiben. Lit.: Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 73; Bernstein, Ti. ­Gracchus 153–155; Betti, Labeo 9, 1963, 81; Blösel, Röm. Republik 163; Boren, Gracchi 94; Botsford, Roman Assemblies 373–374; Bringmann, Republik 222; Bringmann, Revolution 45; Bringmann, Krise 48, 156–157; Broughton, MRR 1.514 (4.); Capogrossi Colognesi, Law 186; Carcopino, Gracques 336, App. p.248; Cardinali, Studi Graccani 294–300 [1965: 190–196]; Christ, Krise 137; Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 256, 257–259, 294; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.502–507; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 135, 139; Döbler, Agitation 266; Dreyfus, lois agraires 157; Earl, Ti. G ­ racchus 35; Flach, HZ 217, 1973, 271–274; Flach, Agrargeschichte 52; Fraccaro, Opuscula 2.32; Frank, ESAR 1.243; Gargola, Lands 150, 162, 163; Göhler, Italien 149–153; Graeber, Auctoritas 200; Gruen, Roman Politics 79–80; Gutberlet, Livius 44 A.1; Hands, Mnemosyne 29, 1976, 179; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 274; Heftner, Gracchen 66–67; Hermon, Athenaeum 60, 1982, 258–264, 268 u. 271; Hill, Middle Class 106; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 25, 43, 94; G. Humbert, DS 1 (1877) 163; Johannsen, lex agraria 197–199; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 479–480; Keaveney, Unification 60; Konrad, Companion Republic 8.171; Kornemann, Gracchenzeit 44, 47, 49; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.646 m.A.309; Lange, Alterthümer 2.688, 3.31–33; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 54–66, 67–71, 96–101, 105–106; Last, CAH 9.66–68; Levi, Costituzione 15; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 122–123, 125; Linke, Röm. Republik 52; Lintott, CAH2 9.78; Lintott, Judicial reform 46; Mackay, Breakdown 66; Marsh / ​Scullard, History 55; Martin, Populare 154; Meier, RPA 132 A.422; Molthagen, Historia 22, 1973, 448–452; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1386–1387; Niccolini, FTP 159, 167, 172; Nicolet, Historia 28, 1979, 256

Vgl. die Widerlegung all dieser Vorschläge von Molthagen, Historia 22, 1973, 448–452. Bei Lange, Alterthümer 3.32, findet sich sogar, dass Gaius nun die Latiner an den Assignationen beteiligte; er gibt aber zu, dass „diese Bestimmung nirgends ausdrücklich erwähnt“ wird. Aus der lex agraria von 111 extrahiert Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.646 A.309, dass die Hauptbedeutung des gracchischen Gesetzes in der „Neubestimmung des verteilungsfähigen Landes“ gelegen habe. 257 So auch die überzeugende Beweisführung von Molthagen, a. a. O. Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 97–101, 106, setzt die lex agraria direkt mit dem Koloniengesetz gleich.

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287; Perelli, Movimento popolare 100; Perelli, Gracchi 180–181; Roselaar, Public Land 241–242; Rotondi, Leges 307; Rowland, TAPhA 96, 1965, 367 A.31; Schneider, Veteranenversorgung 92; Schur, Marius und Sulla 35–36; Scullard, Gracchi to Nero 32–33, 387; Sommer, RG 356–357; v. Stern, Hermes 56, 1921, 276; Stockton, Gracchi 131–134, 237, 239; Thommen, Volkstribunat 44; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 177; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1155, 1173; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219–220; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A.56; Williamson, Laws 171, 177.

23 Lex Sempronia frumentaria 631/123

Cic. Sest. 48,103: Frumentariam legem C. ­Gracchus ferebat: iucunda res plebei, victus enim suppeditabatur large sine labore; repugnabant boni, quod et ab industria plebem ad desidiam avocari putabant et aerarium exhauriri videbant. Gaius ­Gracchus beantragte ein Getreidegesetz, für das Volk war die Sache erfreulich, denn der Lebensunterhalt wurde ohne Mühe in ausreichendem Maße gewährt; die Guten stellten sich dem entgegen, weil sie meinten, dass das Volk vom Fleiß zum Müßiggang hingezogen wurde, und eine entleerte Staatskasse vor sich sahen. Schol. Bob. Sest. p.132: (§ 55) … Antea quidem ­Gracchus legem tulerat ut populus pro frumento quod sibi publice daretur in singulos modios senos aeris et trientes pretii nomine exsolveret. Zuvor hatte C. ­Gracchus das Gesetz eingebracht, dass das Volk für das Getreide, das staatlicherseits abgegeben wurde, pro Scheffel 6 1/3 As bezahlen solle – ein Preis nur dem Namen nach. p.135: (§ 103.) A g r a r i a m T i b e r i u s , f r u m e n t a r i a m C .   ­G r a c c h u s f e r e b a t : Ille, ut ager publicus Romanae plebi divideretur, …; C. autem, frater eius, illam frumentariam de qua supra locuti sumus: ut senis aeris et trientibus modios singulos populus acciperet. Tiberius beantragte das Ackergesetz, Gaius das Getreidegesetz: Jener, dass das Staatsland an das römische Volk verteilt werde,…; sein Bruder Gaius aber beantragte jenes Getreidegesetz, über das wir oben gesprochen haben, dass nämlich das Volk den einzelnen Scheffel258 für sechs und ein Drittel (6 1/3) As erhalten solle. Liv. per. 60: C. ­Gracchus, Tiberii frater, tribunus plebis, … perniciosas aliquot leges tulit, inter quas frumentariam, ut senis et 259 triente frumentum plebi daretur. C.  ­Gracchus, der Bruder von Tiberius, beantragte als Volkstribun einige vermodius  – röm. Getreidemaß: 8,754 Liter. [Das deutsche Getreidemaß „Scheffel“ eignet sich nicht als Übersetzung, denn es differiert je nach Gegend zwischen 27 und 177 Litern. Mommsen rechnet einen preußischen Scheffel in 6 römische modii um, z. B. RG 2.365 u. 366.] 259 Emendation von Weissenborn, in den Mss. sexis et, sesis en, semis et. 258

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hängnisvolle Gesetze, darunter ein Getreidegesetz des Inhalts, dass dem Volk Getreide zum Preis von je sechs und ein Drittel As gegeben werde. Cic. off. 2.21,72: (beneficia, die den Bürgern zugute kommen, dürfen dem Staat nicht schaden) C. Gracchi frumentaria magna largitio, exhauriebat igitur aerarium. Das Getreidegesetz von C. ­Gracchus war eine großzügige Schenkung, erschöpfte daher die Staatskasse. Flor. 2.1 (3.13): (1) … tribunicia potestas … studium populi ac favorem agrariis, frumentariis, iudiciariis legibus aucupabatur. (7) et emptio frumenti ipsos rei publicae nervos exhauriebat, aerarium … Die tribunizische Amtsgewalt … haschte durch Acker-, Getreide- und Gerichtsgesetze nach der Anhänglichkeit und der Gunst des Volkes. (7) und der Ankauf des Getreides erschöpfte allein schon die Lebensnerven des Staates, die Staatskasse. App. civ. 1.21,89: καὶ περιφανέστατα αἱρεϑεῖς εὐϑὺς ἐπεβούλευε τῇ βουλῇ, σιτηρέσιον ἔμμηνον ὁρίσας ἑκάστῳ τῶν δημοτῶν ἀπὸ τῶν κοινῶν χρημάτων, οὐ πρότερον εἰωϑὸς διαδίδοσϑαι. Und sofort nach seinem glänzenden Wahlsieg arbeitete er (C. ­Gracchus) gegen den Senat, indem er bestimmte, dass an jedermann aus dem Volk eine monatliche Getreideration auf Kosten des Staates verteilt werden sollte, was niemals zuvor gebräuchlich gewesen war. Plut. C.Gracch. 5,2: ὁ δὲ σιτικὸς (νόμος) ἐπευωνίζων τοῖς πένησι τὴν ἀγοράν, … Das Getreidegesetz, das den Armen auf dem Markt einen niedrigen Preis für Getreide sicherte. Vell. 2.6,3: (Gaius ­Gracchus) … tribunatum ingressus, … frumentum plebi dari instituerat. Als C. ­Gracchus das Tribunat angetreten hatte, hatte er eingeführt, an das Volk Getreide auszugeben. Vir. ill. 65,3: (Gaius ­Gracchus) tribunus plebis agrarias et frumentarias leges tulit. C. ­Gracchus brachte Acker- und Getreidegesetze ein. Cic. Brut. 62,222: (Cicero zählt Redner auf, darunter:) M. Octavium Cn. F., qui tantum auctoritate dicendoque valuit ut legem Semproniam frumentariam populi frequentis suffragiis abrogaverit. … den M. Octavius, Sohn des Gnaeus, der durch seinen Einfluss und durch seine Rede so viel vermochte, dass er das sempronische Getreidegesetz mit den Stimmen des zahlreich erschienenen Volkes aufheben konnte. Zu den Gesetzesvorhaben, die C. ­Gracchus zu Beginn seines ersten Tribunats umsetzte, zählt eine lex frumentaria – die erste260, die es in Rom gab. Bloße Getreideverteilungen zu einem billigen Preis hatte es schon früher gegeben261, neu ist 260 261

Tibiletti, Latifundium 61, ist anscheinend anderer Meinung, doch ohne Grund. Im Jahr 203 (Liv. 30.26,6) kam eine große Menge Getreide aus Spanien, die kurulischen Aedile verkaufen es für 4 Asse pro modius, – diese Maßeinheit gilt offenbar als selbstverständlich, denn bei allen hier angeführten Stellen wird sie nur einmal genannt –. Im Jahr 201 (Liv. 31.4,5–6) schickte Scipio Getreide aus Africa, es wird ebenfalls zum Preis von 4 Assen

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die gesetzliche Festlegung eines Preises für Getreide. Ciceros Worte (Sest. 48,103) erwecken zwar den Anschein, als ob die Getreideverteilung ohne Gegenleistung erfolgte, doch aus den Scholien zur Rede pro Sestio und der Livius-Epitome wird deutlich, dass für einen modius ein verbilligter Preis von 6 1/3 Assen zu zahlen war, dessen Verhältnis zum Marktpreis sich allerdings nicht ermitteln lässt.262 Auch Plutarch äußert sich im Sinne eines reduzierten Marktpreises; dagegen ist bei Appian (civ. 1.21,89) nicht von Bezahlung, sondern von einer monatlichen Getreidespende die Rede.263 Ansonsten lassen sich über den Gesetzesinhalt lediglich Vermutungen äußern. So ist nur aus Appian zu erschließen, dass die Getreideverteilung monatlich erfolgt. Wie groß die jeweilige Ration war, die man auf einmal kaufen kann / ​darf, ist unbekannt. Der einzige Anhaltspunkt für die Menge des Getreides geht aus einer von Sallust264 aufgeschriebenen Rede hervor: Offenbar wird in einem späteren Getreidegesetz (Lex Terentia Cassia frumentaria, 73265) für jeden Bürger ein Maß von fünf modii festgesetzt, was der Redner, der Volkstribun C. Licinius Macer, lediglich als ausreichend für die Verpflegung in einem Gefängnis abqualifiziert. Dennoch gilt diese Menge allgemein in der Forschung 266 auch schon als mögliches Maß für die monatliche Ausgabe verbilligten Getreides nach dem gracchischen Getreidegesetz. Unterstützt wird diese Ansicht durch die Beobachtung von Virlouvet267, dass der für einen modius festgesetzte Preis (6 1/3 as) sich bei fünf modii zu 2 Denaren summiert. Ebenso fraglich wie die Getreidemenge ist auch der Kreis der Empfänger. Cicero und Plutarch machen unterschiedliche und sich widersprechende Ausausgegeben. Im Jahr 200 (Liv. 31.50,1) wurde das Getreide dann für 2 Asse in modios von den kurulischen Aedilen verkauft, und auch im Jahr 196 (Liv. 33.42,8) kostet es nur 2 Asse. 262 Dazu: Rostowzew, frumentum, RE 7,1 (1910) 148 u. 173. Die Bezeichnung als „Spottpreis “ (Lange, Alterthümer 3.33) oder „Schleuderpreis“ (Rödl, SCU 47) ist kaum angebracht. Bringmann, Republik 223, nennt einen Durchschnittspreis von 16 Assen pro modius, der auch bei Mommsen, RG 2.366 A.9, vgl. RG 3.114, genannt wird (1 Denar = 16 Asse); Quellen für diese Angaben werden nicht zitiert, es existiert ein Bezug zur Zeit von Augustus (vgl. Rostowzew, frumentum, RE 7,1 (1910) 148–149). Frank, ESAR 1.192, findet um 150 (ohne Beleg) und zu Ciceros Zeit (Verr. 2,3.70,163) einen normalen Durchschnittspreis von 3 Sesterzen pro modius, wobei Cicero allerdings von einem Preis für Zehntgetreide spricht. 263 Daraus ist vielleicht die verfehlte Anschauung von Taylor, Voting Assemblies 32, entstanden. 264 Sall. hist. frg. 3.48,19; vgl. Sall. hist. frg. 1.55,11: Rede des Konsuls M. Aemilius Lepidus (cos. 78); aus Gran. Lic. 36,35 geht hervor, dass Aemilius auch ein Getreidegesetz mit einer Abgabe von 5 modii verabschieden lassen wollte. 265 Vgl. Rotondi, Leges 366. 266 Lange, Alterthümer 2.692; Mommsen, RG 3.114; Rickman, Corn Supply 10; Bringmann, Republik 223; Tiersch, Getreideversorgung 190–191.  – Harl, Coinage 271 mit weiteren Vergleichszahlen: 453–454 A.1–2, errechnet stattdessen, dass ein monatliches Minimum von 4 modii Weizen für einen erwachsenen männlichen Bürger ausreichend sei. 267 Virlouvet, Lois frumentaires 17.

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sagen, nach Plutarch (C.  Gracch. 5,2) sind es „die Armen“, die in den Genuss des verbilligten Getreides kommen, bei Cicero (Tusc. 3.20,48) erhebt sogar der Konsular L. Calpurnius Piso Frugi – demnach wäre jeder Einwohner ohne Rücksicht auf Stand oder Vermögen berechtigt – Anspruch auf eine Zuteilung. Daraus lässt sich der Gesetzesinhalt also nicht rekonstruieren. Ebensowenig wird die Intention des Gesetzgebers deutlich, was sich in der unterschiedlichen Bewertung widerspiegelt, welche die lex frumentaria erfuhr. Sie ergibt sich aus den entgegengesetzten antiken Aussagen bzw. den weitergehenden Vermutungen über den Gesetzesinhalt. Einerseits gilt die lex frumentaria als Teil eines umfassenden Sozialprogramms268 oder basiert auf griechischer Staatsphilosophie269 verbunden mit einem humanitären Standpunkt270, andererseits wird G ­ racchus zumeist unterstellt, er wolle sich durch diese Wohltat (largitio) die stadtrömische Plebs geneigt machen.271 In diese Richtung geht auch schon das – im Rückblick formulierte und vermutlich übertriebene272 – Urteil Ciceros273, dass C. ­Gracchus durch sein Gesetz die Staatskasse bis zur Erschöpfung geleert habe. Während nämlich die früheren Verkäufe von verbilligtem Getreide auf große Gratislieferungen nach Rom zurückgingen und damit dem Aerarium trotz des niedrigen Preises einen gewissen Zuwachs brachten, so fließt nun nach dem gracchischen Vorschlag die Differenz zum Marktpreis aus dem Aerarium ab. Für den Preis von 6 1/3 Assen pro Modius findet Giovannini274 eine „neue Erklärung“: Er erkennt in dem Preis wegen der nun geltenden Stückelung des Denars (16 Asse statt 10 Asse) die Fortschreibung des Preises, der 203 und 201 von den kurulischen Aedilen verlangt wurde, und zieht daraus den Schluss, dass 268

v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 179–181. Aus einer Inschrift von Samos (um 200; abgedruckt: Sylloge3 976) wird deutlich, dass griechische Staaten sich für eine gewisse Grundversorgung ihrer Bürger verantwortlich fühlen – eine Vorstellung, die den Römern bis dahin fremd war. Griechenland als Beispiel / ​ Vorbild für C. ­Gracchus sehen v. Stern, Hermes 56, 1921, 278–279; Scullard, Gracchi to Nero 33; Christ, Krise 138; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 180. Dagegen: Erdkamp, Ancient Society 30, 2000, 53–54. 270 Martin, Populare 155–156; Rickman, Corn Supply 160–161; Stockton, Gracchi 128–129; Boren, Gracchi 92–93; Heftner, Gracchen 67. Neutrale bzw. ausgewogene Beurteilungen finden sich u. a. bei Last, CAH 9.57–60; Bleicken, Lex publica 145–146; Erdkamp, Ancient Society 30, 2000, 68–69; Konrad, Companion Republic 8.171. 271 Mommsen, RG 3.114 ist offenbar maßgebend für diese negative Beuteilung; ebenso u. a. Lange, Alterthümer 2.692, 3.33–34; Judeich, HZ 111, 1913, 482 (dagegen: v. Stern, Hermes 56, 1921, 279); Corradi, SIFC N. S. 5, 1927, 255; Betti, Labeo 9, 1963, 80–81; Döbler, Agitation 265–266; Bringmann, Republik 223; Bringmann, Revolution 44; Linke, Röm. Republik 54–55. 272 Heftner, Gracchen 68, spricht von einer „scharfen (und sachlich unrichtigen) Kritik“ Ciceros. 273 Cic. Sest. 48,103 und off. 2.21,72; diese Auffassung findet sich auch bei Flor. 2.1 (3.13) und Diod. 34–35.25,1. 274 Chiron 34, 2004, 190–192. 269

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die gracchische Maßnahme auch denselben Zweck hatte wie zuvor die aedilicia largitio, nämlich der plebs urbana einen Anteil an den Einkünften des Reiches zu gewähren, und weder Armenfürsorge noch Sozialpolitik war. Ciceros vernichtendes Urteil wird ergänzt durch eine Stellungnahme in den Tusculanae disputationes (3.20,48), wo er bei C. ­Gracchus einen großen Unterschied zwischen Worten und Taten feststellt: Durch das Getreidegesetz werde die Staatskasse geleert, doch in seinen Reden verteidige ­Gracchus das Aerarium. Cicero fordert dazu auf, die Reden zu lesen, dann würde man Gaius einen patronus aerarii nennen. Warde Fowler275 findet darin den Beweis, dass Gaius G ­ racchus die finanziellen Probleme infolge seiner Maßnahmen durchaus erkannt und wahrscheinlich Pläne ersonnen habe, den Abfluss des Geldes aus dem Aerarium auszugleichen. Seine Vorstellung ist, G ­ racchus habe die Getreideproduktion so steigern wollen, dass der Preis auf natürlichem Wege sinken werde und es keiner künstlichen Steuerung mehr bedürfe. Fast alle anderen276 sehen durch die lex de provincia Asia277 wieder Geld ins Aerarium fließen. Zwei weitere Vorhaben dienten u. a. der praktischen Umsetzung der lex frumentaria; es sind notwendige „infrastrukturelle Maßnahmen“278, der Bau von Straßen und die Errichtung von Getreidespeichern (horrea), die nach Plutarch (C. Gr. 6,3) jeweils auf einem Gesetz279 gründen. Die Verbindung zu C. ­Gracchus beruht auf dem von Festus280 überlieferten Namen horrea Sempronia, die auf Grund seiner lex frumentaria mit von ihm initiierten Getreidespeichern identifiziert werden.281 Lit.: Badian, Clientelae 182, 188; Badian, Imperialism 45–46; Bellen, Grundzüge 97; Betti, Labeo 9, 1963, 80–81; Bleicken, Lex 145–146 m.A.29, 260–261; Blösel, Röm. Republik 164; Boren, Gracchi 91–93; Botsford, Roman Assemblies 372; Bringmann, Revolution 44; Bringmann, Republik 223; Bringmann, Krise 48; Broughton, MRR 1.514 275

EHR 20, 1905, 226. Z. B. Judeich, HZ 111, 1913, 482; v. Stern, Hermes 56, 1921, 280; Hansen, Attalids 162; Brunt, Manpower 377; Stockton, Gracchi 128; Rickman, Corn Supply 160; v. UngernSternberg, Sozialprogramm 181; Kolb, Rom 236; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647; Linke, Röm. Republik 54. – Sogar Cicero (Tusc. 3.20,48) formuliert es so, als ob C. ­Gracchus selbst sich als patonus aerarii sah. Diese Ansicht unterstützt Brunt, Latomus 15, 1956, 23, der die Bemerkung Ciceros aber auf die lex de provincia Asia (Lex Nr. 26) bezieht. 277 Lex Nr. 26. 278 Heftner, Gracchen 68. 279 Zur lex viaria vgl. Lex Nr. 31; zu den horrea Lex Nr. 32. 280 Fest. s.v. Sempronia horrea, 370, 26–28 L: Sempronia horrea qui locus dicitur, in eo fuerunt lege Gracchi, ad custodiam frumenti publici. – Sempronische Getreidespeicher wird die Stelle genannt, an der sie nach dem Gesetz des ­Gracchus zur Aufbewahrung des öffentlichen Getreides standen. 281 Bei Kolb, Rom 237–238, wird daraus, dass Caius ­Gracchus diese Speicher „wohl“ gebaut habe, „denn sie tragen seinen Namen bzw. denjenigen seiner Familie.“ Das ist aber nicht nachzuweisen. 276

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(3.); Brunt, JRS 52, 1962, 69–70; Brunt, Manpower 376–377; Burckhardt, Strategien 62, 240–244, 269; Capogrossi Colognesi, Law 189, 190–191; Christ, Krise 137–138; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 249–255, 266–267, 294; Crawford, Republican Coinage 2.636; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.507–509; Döbler, Agitation 265–266; Dreyfus, lois agraires 157, 159–160; Erdkamp, Ancient Society 30, 2000, 53–54, 67–70; Erdkamp, Grain Market 240–241; Erdkamp, Companion Army 6.108–109; Evans, Marius 97; Fraccaro, Opuscula 2.20–21, 27, 32; Frank, ESAR 1.242; Gabba, Appian 1.337–338; Garnsey / ​R athbone, JRS 75, 1985, 20–25; Garnsey, Famine and food supply 182, 198, 211–212; Giovannini, Chiron 34, 2004, 190–192; Göhler, Italien 148; Graeber, Auctoritas 201; Gruen, Roman Politics 79; Hands, Charities 101–102; Hansen, Attalids 162; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 277, 278; Harl, Coinage 271, 453–454 A.1–2; Heftner, Gracchen 67–68; Herz, Wirtschaftsgesetzgebung 43–44; Hill, Middle Class 106; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 45–46; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 479–482; Kann, Restoration 155; Kaster, Sestius 244, 329; Kolb, Rom 234–237; König, Staat 129 [47]; Konrad, Companion Republic 8.171; Kornemann, Gracchenzeit 43–44, 47, 49; Kunkel, Staatsordnung 2.478 m.A.20 u. 21; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.646 m. A.311, 647 m.A.313, 649 A.324; Lange, Alterthümer 2.692, 3.33–34, 56; Last, CAH 9.57–60; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 132–133; Linke, Röm. Republik 53–55; Lintott, CAH2 9.78–79; Mackay, Breakdown 65, 68; Marsh / ​Scullard, History 55–56, 61, 67; Marshall, Asconius 97; Martin, Populare 155–156; Märtin, Führungsschicht 450–458; Meier, RPA 132; Meijer, Münst. Beitr. Handelsgesch. 9.2, 1990, 14–16; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Millar, Rome 1.154; Mommsen, RG 3.114; Mouritsen, Plebs 87; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1384–1385, 1387; Niccolini, FTP 159, 167, 172; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 175–176; Nicolet, CRAI 1976, 29, 48; Nicolet, Historia 28, 1979, 295–300; Nippel, Aufruhr 110; Perelli, Movimento popolare 98–100; Perelli, Gracchi 169, 176–180, 248–249; Pohl, Piraterie 202–203; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.533–538, 542–543; Reiter, Athenaeum 56, 1978, 139–140; Rickman, Corn Supply 47, 48–49, 151, 158–161; Rödl, SCU 47, 48; Roldán Hervás, J. M., Contraste politico, finanzas públicas y medidas sociales. La lex frumentaria de Cayo Sempronio Graco, MHA (Memorias de historia antigua, Oviedo) 4, 1980, 89–102282; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 172–173; Rotondi, Leges 307; Rowland, TAPhA 96, 1965, 369, 370; Sandberg, AIRFinl. 24.68; Schneider, Wirtschaft 363–367, 368–370; Schovánek, Historia 21, 1972, 235–236; Schovánek, Historia 26, 1977, 379; Schur, Marius und Sulla 35; Scullard, Gracchi to Nero 33; Serrao, Classi 188; Sommer, RG 356; v. Stern, Hermes 56, 1921, 277–279; Stockton, Gracchi 126–129, 164–165, 226–239; Taylor, Voting Districts 141; Thommen, Volkstribunat 56–57, 60; Tibiletti, Latifundium 61; Tiersch, Getreideversorgung 190–197; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 179–182; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 288–291, 296–303; Virlouvet, Famines 14, 105–110; Virlouvet, Lois frumentaires 15, 17–20, 25, 26; Virlouvet, Tessera 167, 183; Walter, Memoria 308; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 218–219, 221–227; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Willems, Sénat 2.383 A.3; Williamson, Laws 314.

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24 Rogatio Sempronia iudiciaria (= de senatu) 631/123

Liv. per. 60: C. ­Gracchus, Tiberii frater, tribunus plebis, … perniciosas aliquot leges tulit, inter quas …, tertiam, qua equestrem ordinem, tunc cum senatu consentientem, corrumperet, ut sescenti ex equite in curiam sublegerentur, et, quia illis temporibus trecenti tantum senatores erant, sescenti equites trecentis senatoribus admiscerentur, id est ut equester ordo bis tantum virium in senatu haberet. C. ­Gracchus, der Bruder des Tiberius, beantragte als Volkstribun einige verhängnisvolle Gesetze, darunter als drittes eines, durch das er den Ritterstand verdarb, der damals eines Sinnes mit dem Senat war. Es besagte, dass von den Rittern sechshundert in die Kurie dazugewählt werden und, weil es damals nur dreihundert Senatoren gab, die sechshundert Ritter unter die dreihundert Senatoren gemischt werden sollten. Das hätte zur Folge, dass der Ritterstand zweimal so viel Stimmengewicht im Senat hätte. Plut. C.Gracch. 5,2–3: Aufzählung der Gesetze von C.  ­Gracchus: ὁ δὲ (ἦν) δικαστικὸς ᾧ τὸ πλεῖστον ἀπέκοψε τῆς τῶν συγκλητικῶν δυνάμεως. 3. Μόνοι γὰρ ἔκρινον τὰς δίκας καὶ διὰ τοῦτο φοβεροὶ τῷ τε δήμῳ καὶ τοῖς ἱππεῦσιν ἦσαν, ὁ δὲ τριακοσίους τῶν ἱππέων προσκατέλεξεν αὐτοῖς οὖσι τριακοσίοις, καὶ τὰς κρίσεις κοινὰς τῶν ἑξακοσίων ἐποίησε. Das (Gesetz) aber, mit dem er am meisten den Einfluss der Senatoren beschnitt, war das über die Gerichtshöfe; denn sie allein sprachen Recht und waren deshalb beim Volk und bei den Rittern gefürchtet. Also fügte Gaius zu den vorhandenen dreihundert Senatoren weitere dreihundert aus dem Ritterstand hinzu und ließ die Prozesse von den sechshundert gemeinsam führen. Plut. comp. Ag. et Cleom. et Gracchi 2,1:  … καὶ τὸ πάντων νεανικώτατον ἦν Τιβερίῳ μὲν  … Γαίῳ δὲ μεῖξαι τὰ δικαστήρια, προσεμβαλόντι τῶν ἱππικῶν τριακοσίους· … und das kühnste Unternehmen von allen war bei Tiberius283 …, bei Gaius aber, dass er die Gerichte mischte, indem er dreihundert Ritter hinzufügte.284 Flor. 2.1 (3.13): (1) … tribunicia potestas … studium populi ac favorem agrariis, frumentariis, iudiciariis legibus aucupabatur. Die tribunizische Amtsgewalt  … haschte durch Acker-, Getreide- und Gerichtsgesetze nach der Anhänglichkeit und der Gunst des Volkes. Plutarch bezieht sich auf die Rückgabe des unrechtmäßig besetzten ager publicus, d. h. auf die lex agraria (Lex Nr. 1). 284 Die unterschiedliche Auffassung von Warde Fowler, EHR 20, 1905, 428, und Botsford, Roman Assemblies 374 m. A.7, zu dieser Stelle, ob die 300 Ritter in den Senat oder nur unter die Richter aufgenommen werden, resultiert aus der nicht eindeutigen, weil kurz gehaltenen Formulierung Plutarchs, die mit C. Gr. 5,3 übereinstimmt, durch ihre Kürze aber eher auf eine bloße Erweiterung der Gerichte deutet (vgl. Stockton, Gracchi 144). 283

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Zu den ersten Gesetzen, die C. ­Gracchus zugeschrieben werden, gehört auch eine rogatio iudiciaria, ein Gesetzesvorschlag über die Besetzung der Gerichtshöfe. Livius-Epitome und Plutarchvita berichten – soweit übereinstimmend – von einer geplanten Erhöhung der Zahl derer, die in den quaestiones genannten Gerichten Recht sprachen. Die Erhöhung fällt nach Livius allerdings so aus, dass sie kaum glaubhaft wirkt; denn die vorgeschlagene Zahl von 900 Senatsmitgliedern wird erst unter Caesar erreicht.285 Dagegen zieht sich die von Plutarch genannte Zahl von 300 zusätzlichen Senatoren / ​R ichtern aus der Ritterschaft auch durch die späteren Gesetzesvorschläge von Livius Drusus und Sulla.286 Aus keiner anderen Quelle287 ergeben sich Anhaltspunkte für eine Umsetzung dieses Vorschlags von C. ­Gracchus, einer tatsächlichen Erweiterung des Senats bzw. einer Besetzung der Gerichtshöfe aus Senatoren und Rittern; daher wurde diese Rogation von C. ­Gracchus wohl nicht verabschiedet.288 Nach Wittmann289 stieß die geplante 285

286 287 288

289

Kunkel, Staatsordnung 2.441–442.  – Warde Fowler, EHR 20, 1905, 427–428, hält die Epitome-Angaben für glaubwürdig, das Projekt wurde aber nicht Gesetz; ebenso Carcopino, Gracques 241–243, der aber von nur einem gracchischen Gesetz mit einer gemischten Geschworenenliste (Senatoren und Ritter) ausgeht. Die Idee von Boren, Gracchi 96, dass analog zur Richterliste von 450 Personen für die quaestio repetundarum die in der Livius-Epitome genannten 900 für zwei Gerichtshöfe ausreichten, mag auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Es ist jedoch nicht bekannt, ob eine allgemeine Richterliste für alle quaestiones eines Jahres bestand oder jeder Gerichtsvorsitzende seine eigene Liste zusammenstellen musste (wie der praetor peregrinus für die quaestio repetundarum) (vgl. Kunkel, Quaestio 749–751). Außerdem kann man über die Anzahl der in gracchischer Zeit vorhandenen Gerichtshöfe nur Vermutungen anstellen, gesichert ist lediglich die Existenz der quaestio repetundarum. Lex Nr. 100 und Lex Nr. 135. Vgl. Brunt, Equites 141 A.2 (Seager, Crisis 107); Wolf, Untersuchungen 72. Mommsen, GS I,3.346, geht von einem Gesetz aus, dem er den Titel lex Sempronia de CCC equitibus in senatum sublegendis gibt. Wie alle anderen Gesetze des ersten Tribunats von C. ­Gracchus sei auch dieses „nicht durch Parteizwecke, sondern die materiellen Interessen des Staates diktirt“, und die Ergänzung des Senats notwendig, weil er zu schwach besetzt sei. Im Übrigen zieht Mommsen Plutarchs Zahlenangabe der aus der Livius-Epitome vor (346–347); StR 3,1.530 A.1 bezeichnet Mommsen diese Rogation als „entweder abgelehnten oder im Jahr darauf überholten Versuch, die Gerichtsreform in milderer Weise durchzuführen“. Für Kunkel, Kriminalverfahren 96, ist die Erweiterung des Senats ein Projekt, mit dem C. ­Gracchus gescheitert ist, das aber die radikalere Lösung der Übertragung der Richterfunktion an die Ritter als solche nach sich zog (vgl. bei Lex Nr. 35). Nach Badian, AJPh 75, 1954, 377, wurde das Gesetz tatsächlich verabschiedet, aber später durch die Überweisung der Gerichte an die Equites aufgehoben („repealed“). Ebenso erkennt Wolf, Untersuchungen 74–75, in der Richtervermehrung eine erste lex iudiciaria von C. ­Gracchus und keinen Entwurf (74 A.2: weitere Literatur zu den gegensätzlichen Ansichten). Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.648. – Für die geplante Erhöhung zitiert Wittmann nur Plutarch  – allerdings ohne die Ambivalenz der Stelle zu sehen (s. o. Fn. 284) –, die Livius-Epitome bleibt unberücksichtigt.

Lex Nr. 24

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Aufnahme von Rittern in den Senat vermutlich auf so heftigen Widerstand, dass C. ­Gracchus auf seine ursprüngliche Rogation verzichtete. Dagegen liest Nicolet290 aus Plutarch und der Livius-Epitome durch eigenwillige Auslegung heraus, dass C. ­Gracchus die Ritter tatsächlich in den Senat hereinließ. Dass die Angabe von Plutarch zutreffen könnte, überlegt auch Flach291: Die Hälfte der Richter, die C. ­Gracchus den Senatoren zugestand, verringert sich aus verschiedenen Gründen wie Überlastung durch andere Aufgaben oder Unlust wegen der gracchischen lex ne quis iudicio circumveniatur (Lex Nr. 34) so sehr, dass die Stimmen der Ritter faktisch den Ausschlag gaben. Das wiederum erklärt die übrigen Aussagen der antiken Autoren; denn alle anderen Nachrichten über eine lex iudiciaria von C.  ­Gracchus beziehen sich auf eine tatsächlich veränderte Zusammensetzung der Gerichtshöfe. Sie beschreiben aber vermutlich ein späteres Vorhaben.292 Andererseits wird öfter die Meinung vertreten, dass C. ­Gracchus überhaupt nur eine lex iudiciaria initiiert habe,293 wobei die hier angeführten Zitate aus Plutarch und der Livius-­Epitome mit den übrigen Quellenangaben zu einer Bestimmung zusammengezogen werden.294 Lit.: Badian, AJPh 75, 1954, 375–378; Badian, Zöllner 74; Betti, Labeo 9, 1963, 82; Bleicken, Lex 175, 401 A.164; Boren, Gracchi 95–96; Botsford, Roman Assemblies 374 m. A.7; Bringmann, Revolution 45; Bringmann, Republik 218; Broughton, MRR 1.514 (10.); Brunt, Equites 146 (Seager, Crisis 112); Brunt, Fall 203–204, 214; Capogrossi Colognesi, Law 188; Carcopino, Gracques 241–243; Christ, Krise 139; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 268–270, 273–274; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 514–516, 520–523; Döbler, Agitation 262–264; Flach, Agrargeschichte 49–50; Fraccaro, Opuscula 2.273–274; Frank, ESAR 1.244; Gabba, PP 11, 1956, 368 A.1; Gabba, Republican Rome V.143, 144; Graeber, Auctoritas 201; Gruen, Roman Politics 87–88; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 124; Hands, Latomus 24, 1965, 229–231; Hill, Middle Class 109; Jones, Criminal Courts 49; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 479, 481, 491–494; Kunkel, Kriminalverfahren 96; Kunkel, Quaestio 738; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung

290

Nicolet, L’ordre équestre 1.485. Agrargeschichte 49–50; vgl. Flach, ZRG 90, 1973, 102–103. 292 Dazu bei Lex Nr. 35. – Lange, Alterthümer 3.38–39, meint, dass C. ­Gracchus die lex iudiciaria zunächst in einer milderen Form beantragte, als die zu Beginn des zweiten Tribunats zum Gesetz gewordene Fassung; ähnlich u. a. Lintott, CAH2 9.81. Und auch Last, CAH 9.54, 75–76, nahm zwei Stadien in der Gesetzgebung von G ­ racchus an, allerdings weist er die übrigen Belege der lex Acilia zu, die für ihn „the final enactment“ von Gaius G ­ racchus ist. Auch Rotondi, Leges 308 u. 314, nimmt zwei verschiedene Rogationen an; abgelehnt wird die Zwei-Stufen-Theorie u. a. von Gruen, Roman Politics 87–88. 293 Vgl. Miners, CQ, N. S. 8, 1958, 243. – Badian, Zöllner 74, hält das Gesetz für einen Mythos. 294 So z. B. Carcopino, Gracques 241–243; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 654. – Im Gegensatz dazu lehnt Strachan-Davidson, Criminal Law 2.77, seiner Meinung nach zu Recht, die „stories of these later writers altogether“ ab; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 114, folgt ihm in dieser einfachen Problemlösung. 291

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Lex Nr. 25

2.647–648; Lange, Alterthümer 3.38–39; Last, CAH 9.52–54, 70; Levi, Costituzione 22–23, 115–119; Lintott, CAH2 9.80–81; Mackay, Breakdown 70; Marsh / ​Scullard, History 53 A.1 (54); Meier, RPA 70–71; Miners, CQ N. S.8, 1958, 243; Mommsen, GS I,3.344–347; Mommsen, StR 3,1.530 A.1; Mommsen, RG 3.123; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1387; Niccolini, FTP 161, 168; Nicolet, L’ordre équestre 1.482–485; Perelli, Gracchi 196; Piro295, RIL 105, 1971, 243–252; Rotondi, Leges 308; Rowland, TAPhA 96, 1965, 364; Scullard, Gracchi to Nero 34; Stein, Ritterstand 14–16; v. Stern, Hermes 56, 1921, 281–283; Stockton, Gracchi 143–145, 168–169; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.77–78, 96–99; Thommen, Volkstribunat 117–118; Warde Fowler, CR 10, 1896, 278–280; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219, 427–428; Williamson, Laws 305; Wolf, Untersuchungen 58–75, 85–86, 133–134, 142–143.

25 Lex Sempronia militaris 631/123

Plut. C.Gracch. 5,1: Aufzählung der Gesetze von C. ­Gracchus: ὁ δὲ στρατιωτικὸς (sc. νόμος) ἐσϑῆτά τε κελεύων δημοσίᾳ χορηγεῖσϑαι καὶ μηδὲν εἰς τοῦτο τῆς μισϑοφορᾶς ὑφαιρεῖσϑαι τῶν στρατευομένων, καὶ νεώτερον ἐτῶν ἑπτακαίδεκα μὴ καταλέγεσϑαι στρατιώτην· Das (Gesetz) über den Militärdienst war eines, das anordnete, dass die Kleidung der Soldaten auf Staatskosten beschafft, dass nichts dafür von dem Sold der Soldaten abgezogen werden sollte und dass niemand unter 17 Jahren zum Kriegsdienst ausgehoben werden dürfe. Diod. 34–35.25: τοῖς δὲ στρατιώταις διὰ τῶν νόμων τὰ ἀρχαίας ἀγωγῆς αὐστηρὰ καταχαρισάμενος ἀπείϑειαν καὶ ἀναρχίαν εἰσήγαγεν εἰς τὴν πολιτείαν· Da er aber für die Soldaten durch Gesetze die Strenge der früheren Disziplin abmilderte, führte er Ungehorsam und Anarchie in den Staat ein. In der Reihe von Gesetzen, die Plutarch aufzählt, beantragte C.  ­Gracchus außer dem Agrargesetz zunächst ein Plebiszit, das sich mit dem Militärdienst befasst. Es enthielt zwei Bestimmungen: Erstens sollen von nun ab die Kosten für die Kleidung nicht mehr wie bisher296 vom Sold abgezogen, sondern aus der Staatskasse bezahlt werden. Zweitens wird für den Militärdienst erneut die Altersgrenze von 17 Jahren festgeschrieben, die schon früher galt. Offenbar

295

Piro fasst die Zuweisung von Plutarch und der Livius-Epitome an C. ­Gracchus als Irrtum auf, er sieht in Livius Drusus (Vater), dem Mittribunen und Kontrahenten von ­Gracchus, den Urheber dieses Gesetzes (controproposta), was nicht überzeugt. 296 Vgl. Polyb. 6.39,15.

Lex Nr. 25

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wurde sie zunehmend ohne spezielle Ausnahmeregelung 297 unterschritten. Gaius’ Plebiszit sollte demnach einerseits diejenigen unterstützen, die auf Grund der Absenkung des Mindestvermögens für die Heranziehung zum Militärdienst jetzt rekrutiert wurden, ihre Aufwendungen für die Ausrüstung aber vielleicht nur mit Schwierigkeiten bezahlen konnten, andererseits wohl aber auch dem Schutz der Jugendlichen dienen und zugleich verhindern, dass Dienste der Söhne aus den oberen Klassen bei den Feldherrn – ohne wirklich Militärdienst zu sein – dazu führten, dass man sich früher um die Ämter in Rom bewerben konnte.298 Diodor folgt einer gracchenfeindlichen Quelle299 und fällt ein negatives Urteil über alle gesetzlichen Maßnahmen von Gaius G ­ racchus, so auch über das Militärgesetz, bzw. die Militärgesetze. Diodor spricht nämlich von Gesetzen (im Plural) für die Soldaten, was bedeuten könnte, dass die beiden aufgeführten Bestimmungen in zwei Gesetzen enthalten waren – direkte Angaben zum Inhalt macht er nicht. Er verbreitet sich nur über die moralischen Folgen des Gesetzes, die sich mit dem von Plutarch überlieferten Inhalt nur schwer zusammenbringen lassen. Da es keine weiteren antiken Aussagen zu diesem Plebiszit gibt, ist weder ersichtlich, dass Gaius sich für eine Verkürzung der Dienstzeiten einsetzte,300 noch, dass das Plebiszit andere Regelungen enthielt.301 Auch bei diesem Gesetz zeigt sich eine maßvolle Haltung von Gaius G ­ racchus – wenn man Plutarch so weit folgen darf –, denn er versucht, den Staatshaushalt nicht über Gebühr zu beanspruchen, indem er vorschreibt, dass zwar die Kosten für die Kleidung, die vermutlich auch die militärische Ausrüstung umfassen, vom Staat getragen werden sollen,302 die Kosten für den Unterhalt aber offenbar wie bisher vom Sold abgezogen werden.303 297 Vgl.

298 299 300 301

302 303

etwa Elster, Gesetze 222–223 (Lex Nr. 100), ein Plebiszit aus dem Jahr 212. Das siebzehnte Lebensjahr existierte wohl schon damals als Grenze für die Einberufung zum Militärdienst, aus aktuellem Anlass mussten offenbar aber auch Jüngere rekrutiert werden. Für sie wurde nun festgelegt, dass auch früher abgeleistete Dienstzeiten voll auf die Pflichtzeit angerechnet werden sollte, die jeder römische Bürger dienen musste (Liv. 25.5,8). Lange, Alterthümer 2.672–673. Schulz, Herrschaft 43 A.13. Lange, Alterthümer 2.672–673; Döbler, Agitation 266 (mit Fehler im Gesetzestitel). Stockton, Gracchi 137, denkt an die Möglichkeit, ohne dass man genau bestimmen kann, was vorgesehen war. Ihm folgt Märtin, Führungsschicht 419–420, weitet den Gedanken aber unnötig aus. So auch Perelli, RFIC 118, 1990, 246; zur Bezahlung dient seiner Ansicht nach das vectigal auf ager publicus. Gegenteiliger Meinung ist Gabba, Republican Rome I.10: Plutarch habe seine Vorlage gekürzt. Ebenso geht Cagniart, Companion Army 5.91, von einem Verbot aller Abzüge vom Sold für Nahrung, Kleidung und militärische Ausrüstung aus. – Watson, Historia 7, 1958, 118–119, sieht eine Verbindung zwischen dem Gesetz von C. ­Gracchus und der Neufestlegung des As (1 Denar = 16 Asses; zuvor waren es 1 Denar = 10 Asses. Doch der Zeitpunkt dieser Abwertung ist nicht genau festzulegen, vgl. Crawford, RRC 2.621, der 141 annimmt.) Nach

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Lex Nr. 26

Lit.: Adolf Berger, Leges Semproniae 3), RE Suppl. 7 (1940) 412; Betti, Labeo 9, 1963, 81; Bleicken, Lex 162 m.A.80; Boren, Gracchi 94; Botsford, Roman Assemblies 382; Bringmann, Agrarreform 19; Bringmann, Revolution 45; Bringmann, Republik 222; Bringmann, Krise 49; Broughton, MRR 1.514 (5.); Cagniart, Companion Army 5.91; Capogrossi Colognesi, Law 189; Christ, Krise 140; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 256–257, 294; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.528; Döbler, Agitation 266; Fraccaro, Opuscula 2.27; Gabba, Republican Rome I.6–7, 10, 175; Gabba, ANRW 1,1.777; Galsterer, Herrschaft 185; Graeber, Auctoritas 201; Gruen, Roman Politics 80; Heftner, Gracchen 68; Hill, Middle Class 106; Judeich, HZ 111, 1913, 480; Lange, Alterthümer 2.672–673, 3.31, 33, 57; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 50; Last, CAH 9.62–63; De Ligt, Companion Army 7.124, 127–128; Linke, Röm. Republik 57; Lintott, CAH2 9.37, 80; Mackay, Breakdown 67; Marshall, Asconius 242; Martin, Populare 156; Märtin, Führungsschicht 419–420; Meier, RPA 132; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 609; Mommsen, RG 3.116; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1386; Niccolini, FTP 160, 167, 172; Perelli, RFIC 118, 1990, 246; Perelli, Gracchi 169, 189–190; Rich, Historia 32, 1983, 318–319; Rödl, SCU 47; Rotondi, Leges 308; Rowland, TAPhA 96, 1965, 367, 370; Schneider, Wirtschaft 309–310; Schulz, Herrschaft 43; Scullard, Gracchi to Nero 33; Serrao, Classi 187; Sommer, RG 356; v. Stern, Hermes 56, 1921, 276–277; Stockton, Gracchi 137, 237, 239; Thommen, Volkstribunat 61–62; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 182 A.79; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219–220; Watson, Historia 7, 1958, 118–119; Willems, Sénat 2.409 A.6.

26 Lex Sempronia de provincia Asia 631/123

Cic. Verr. 2.3,6,12: aut censoria locatio constituta est, ut Asiae lege Sempronia … oder man beschloss eine Verpachtung durch die Zensoren, wie in der Provinz Asia durch die lex Sempronia. ­ racchus locabat Fronto, ad Ver. 2.1,13: Iam Cato Hispaniam recuperabat, iam G Asiam et Karthaginem viritim dividebat. Erst fing Cato an, Spanien zurück­ zuerobern, dann schickte sich C. ­Gracchus an, die Provinz Asia zu verpachten und Karthago stückweise an Siedler zu verteilen. Schol. Bob. p.157: cum princeps esset publicanorum Cn. Plancii pater et societas eadem in exercendis vectigalibus gravissimo damno videretur adfecta, desideratum est in senatu nomine publicanorum ut cum iis ratio putaretur lege Sempronia et Watson (wegen Plin. nat. 33.13,45) wurde der Sold für die Soldaten erheblich reduziert, und das gracchische Gesetz sollte diese Kürzung wenigstens z. T. kompensieren. Doch Plinius sagt ausdrücklich, dass für die Bezahlung der Soldaten das alte Verhältnis beibehalten wurde, sie erhielten für je 10 Asse einen Denar.

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remissionis tantum fieret de summa pecuniae quantum aequitas postularet, pro quantitate damnorum quibus fuerant hostili incursione vexati. Als der Vater des Cn. Plancius Vorsteher der Steuerpächter war und dieselbe Gesellschaft beim Einziehen der Steuern einen denkbar schweren Schaden erlitten zu haben schien, wünschte man im Senat im Namen der Steuerpächter, dass mit ihnen nach der lex Sempronia abgerechnet würde und dass so viel von der Geldsumme erlassen würde, wie es Recht und Billigkeit erforderten, nach der Größe der Schäden, unter denen sie durch einen feindlichen Angriff gelitten hatten. Flor. 2.3,2 (3.15): (C. ­Gracchus) … et recentem Attali hereditatem in alimenta populo polliceretur. … und dass er (C. ­Gracchus) dem Volk die kürzlich angefallene Erbschaft des Attalos für Nahrungsmittel versprach. Zuerst von Cicero und dann aus den Scholien zu seinen Reden erfahren wir von einer lex Sempronia, die Regelungen für die Provinz Asia vorsieht. Attalos III., König von Pergamon, hatte testamentarisch sein Reich den Römern hinterlassen; nach seinem Tod (133) wird daraus die römische Provinz Asia.304 Im Unterschied zu anderen Provinzen305 wurden die Abgaben aus Asia von den Zensoren in Rom zu einem im Voraus festgesetzten Preis verpachtet. Damit wurde einerseits verhindert, dass Statthalter selbst über die Höhe der Abgaben entschieden, um sich nach Gutdünken bereichern zu können, andererseits wurde den Provinzialen ein Stück Selbstverwaltung genommen, denn für die Verpachtung in Rom kamen nur römische Bürger bzw. Zusammenschlüsse von römischen Geschäftsleuten in Frage, welche über die für die Pachtzahlung im Voraus nötigen Geldsummen verfügten. Allerdings mussten sich die römischen Steuerpachtgesellschaften in Asia dann Subunternehmer suchen.306 Diese Regelung der Steuerpacht für die Provinz Asia wird der lex Sempronia zugeschrieben307, ob es darüber hinaus Bestimmungen gab oder welchen Inhalts 304

Zu den Hintergründen siehe Habicht, CAH2 8.380; an eine spätere Einrichtung der Provinz denkt Gruen, Hellenistic World 2.605–608. – Vgl. bei Lex Nr. 27. 305 Cicero (Verr. 2,3.6,12) bringt einen Vergleich mit Sizilien. – Im „afrikanischen Teil“ der lex agraria von 111 (Lex Nr. 61), Z. 82, wird eine lex Sempronia in Verbindung mit Steuern, dem Zehnten und Weidegeld genannt. Es entzieht sich jedoch unserer Kenntnis, welches Gesetz gemeint ist: Am ehesten scheidet die lex de provincia Asia aus, denn sie müsste sich (entgegen den übrigen Quellen) auch auf Africa beziehen, wenn sie hier in Betracht kommen soll; vgl. Johannsen, lex agraria 378. Crawford, Roman Statutes 1.177, listet als Möglichkeiten noch ein separates Gesetz zur Besteuerung von Africa oder die lex frumentaria auf, eine Verbindung zur Gründung von Iunonia lehnt er ab (so Johannsen, a. a. O., nach Hinrichs, ZRG 83, 1966, 288–289), weil der Zusatz quae fuit fehlt. Regelungen auf Grund eines Gesetzes können jedoch fortbestehen, auch wenn das Gesetz aufgehoben wird (vgl. Richardson, Old Statutes 53). 306 Magie, Roman Rule 164–165; Stockton, Gracchi 154–156. 307 Passerini, Athenaeum 15, 1937, 278–283, lässt die Steuerpacht durch die publicani mit der Einrichtung der Provinz beginnen, die lex Sempronia änderte dann die Modalitäten.

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diese waren, entzieht sich unserer Kenntnis.308 Mit der Einrichtung der Provinz durch Aquillius und die ihn begleitende Senatsgesandtschaft war vermutlich schon festgelegt worden, welche Abgaben nach Rom fällig waren, wobei man sich an den zuvor an den König gezahlten Steuern orientierte.309 Das SC de agro Pergameno, das inschriftlich überliefert und in das Jahr 129 datiert wird310, unterstützt diese Ansicht. Daraus wird der weitergehende Schluss gezogen, dass ­Gracchus’ Neuerung, die nach Ciceros Worten die Verpachtung der Steuern durch die Zensoren und die Übertragung dieser Pacht an die publicani beinhaltet, außerdem darin bestand, bisher von der Besteuerung ausgenommene Gebiete wie die griechischen Städte mit einzubeziehen.311 Ein Argument dafür lässt sich einer Rede von Antonius312 entnehmen, der sich ausdrücklich an die Griechen wendet. Nach seinen Worten ging es ihnen unter römischer Herrschaft zunächst besser als unter Attalos, bis Leute, die sich beim Volk einschmeicheln wollten, durch ihre Unternehmungen die Besteuerung auch der Griechen notwendig machten.313 In den Scholien werden die Steuern der Provinz Asia mit dem allgemeinen Begriff vectigal bezeichnet; welche Abgaben konkret gemeint sind, bleibt unklar. Dementsprechend fällt die moderne Deutung aus: Nach Hansen314 wird durch das gracchische Gesetz der Zehnte (decumae)  von Asia zur Pacht ausgeschrieben, Frank315 nennt den Zehnten und das Weidegeld (scriptura), 308

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Trotzdem gibt es verschiedene Überlegungen, wie die gracchische Neuerung nun aussah: Passerini, Athenaeum 15, 1937, 282, vermutet eine Erhöhung der Tribute; De Martino, Costituzione 2.510–513, sieht sogar in dem Gesetz die grundsätzliche Regelung für die Provinz. Umstritten war der Status der civitates liberae, von denen einige wegen der Unterstützung von Aristonicus bestraft und der Provinz eingegliedert wurden, vgl. Magie, Roman Rule 155–157, 166–167; Hansen, Attalids 160–161. Zur Besteuerung des pergamenischen Reiches: Engelmann / ​K nibbe, Zollgesetz 164; Stockton, Gracchi 154–155; Magie, Roman Rule 156–157, 1046–1048. Nach anderen datiert der SC erst aus dem Jahr 101; vgl. die Diskussion u. a. bei Perelli, RFIC 118, 1990, 249–252, und bei Dmitriev, Athenaeum 83, 2005, 75–79. So Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647, und Dmitriev, Athenaeum 83, 2005, 80. Letzterer sieht darin allerdings die einzige Neuerung durch ­Gracchus, da die Steuern von Anfang an von den Publikanen eingezogen wurden (a. a. O., 77). – Zur Stellung der pergamenischen Städte im Testament des Attalos vgl. Bernhardt, Polis 285–294. 42 in der Gegend von Ephesus / ​Pergamon gehalten (App. civ. 5.4). Zu dieser Rede vgl. Magie, Roman Rule 1.165–166; kritisch äußert sich Dmitriev, Athenaeum 83, 2005, 76–78. Die Eingrenzung auf die Griechen nicht gesehen von Dmitriev, a. a. O. Hansen, Attalids 162. Frank, ESAR 1. 255. – Nach den Worten von Lucilius (656–657 Krenkel (= 671–672 Marx): publicanus vero ut Asiae fiam, ut scripturarius pro Lucilio, id ego nolo … damit ich Staatspächter in Asien werde, Weidegeld-Eintreiber statt Lucilius – das will ich nicht …) könnte man als Aufgabe für die publicani auch die Eintreibung von Weidegeld sehen; außerdem stützt das Fragment die Frühdatierung des SC de agro Pergameno (vgl. oben bei Fn. 310).

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Magie316 erweitert noch um Ein- und Ausfuhrzölle (portoria). Mehr oder weniger gelten die für die Attaliden bekannten Steuern dabei als Maßstab. Für Badian317 ergibt sich aus dem Text der Verres-Rede die Begrenzung von vectigal auf die Bodensteuer (decuma), jeglichen Verweis auf portoria im gracchischen Gesetz schließt er daher aus.318 Und auch in dem Zollgesetz der Provinz Asia319, der lex portorii Asiae, das in seinen Grundzügen ziemlich sicher erst auf die Konsuln von 75 zurückgeht, hat seiner Ansicht nach eine lex Sempronia keine Spuren hinterlassen. Allgemein wird vermutet, dass C.  ­Gracchus mit seinem Gesetz ein höheres Staatseinkommen erzielen wollte320 – man bezieht die Stelle aus Gellius über die von ­Gracchus gehaltene dissuasio der lex Aufeia (Lex Nr. 27) auf dieses Gesetz, was möglich, aber nicht sicher ist – entweder um die durch die lex frumentaria verursachten Kosten zu decken oder um andere Teile seines Programms zu finanzieren.321 Umstritten ist Badians322 Ansicht, das sempronische Gesetz habe dazu gedient, die Provinzialen vor der Willkürherrschaft der römischen Statthalter in Schutz zu nehmen; denn C. ­Gracchus hatte vielleicht die Vorstellung, die römischen Steuerpächter würden die Provinzialen gerechter behandeln, doch überwog – nach allem, was wir wissen – auf die Dauer das Gewinnstreben der publicani. Dagegen steht die Auffassung v. Ungern-Sternbergs und Bringmanns, dass die Regelung „auf Kosten der Untertanen“ ging.323 Die Datierung dieser lex Sempronia ist unsicher, es gibt Begründungen für 123 wie auch für 122.324 316

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Magie, Roman Rule 164–166, 1054 (A.15); eine vorsichtige Nennung der eingezogenen Steuern bei Marek, Kleinasien 326 (decumana auf jeden Fall, Weidesteuer und Zölle „möglicherweise“). Badian, Zöllner 223. Gegen Nicolet, MEFRA 105(2), 1993, 957. Ein epigraphischer Neufund aus Ephesos, veröffentlicht von Engelmann / ​K nibbe, EA 14, 1989. So u. a. Abbott, CPh 10, 1915, 371; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 299. – Nach Cic. Tusc. 3.48 sah sich C. ­Gracchus als patronus aerarii. Eine Verbindung zum Getreidegesetz sehen: v. Stern, Hermes 56, 1921, 280; Betti, Labeo 9, 1963, 81–82; Hansen, Attalids 162; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 181; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.647; Stockton, Gracchi 155–156; Garnsey, Famine and food supply 215–216; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.536–537; Schneider, Wirtschaft 366–367; Lintott, CAH2 9.35.  – Die Stelle aus Florus (2.3,2) lässt sich nur mit Vorbehalt hierauf beziehen, denn verschiedene gracchische Maßnahmen weist er Tiberius oder Gaius konträr zu anderen Quellen zu: Die Regelung über die Erbschaft wird sonst Tiberius (Lex Nr. 4) zugeschrieben, die Sorge um Nahrungsmittel (Getreide, Lex Nr. 23) eher Gaius. Badian, Clientelae 184–185, u. Imperialism 45–49; ihm folgen u. a. Perelli, Gracchi 205 u. ö.; Meier, RPA 70–72; Thommen, Volkstribunat 106. V. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 181; Bringmann, Republik 222; u. a.. Beides halten für möglich: Last, CAH 9.65; Stockton, Gracchi 237. Zumeist spricht man sich eher für 123 aus, so v. Stern, Hermes 56, 1921, 280; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 294; Fraccaro, Opuscula 2.33; Christ, Krise 138–139; Dmitriev, Athenaeum 93, 2005, 76.

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Lex Nr. 26

Es scheint jedoch sehr wahrscheinlich, dass diese lex Sempronia Bestand hatte und auch von Sulla nicht aufgehoben, sondern nur kurzfristig von den an ihn geleisteten Zahlungen überlagert wurde.325 Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 371; Badian, Clientelae 184–185; Badian, Imperialism 45–49; Badian, Zöllner 79–81, 222–224; Bellen, Grundzüge 97; Betti, Labeo 9, 1963, 81–82; Bleicken, Lex 157 m.A.72; Blösel, Röm. Republik 164; Botsford, Roman Assem­blies 380–381; Bringmann, Revolution 44; Bringmann, Republik 220–222, 223; Bringmann, Krise 29, 48; Broughton, MRR 1.514 (6.); Brunt, Latomus 15, 1956, 23; Brunt, Equites 179; Burckhardt, Strategien 55–56; Capogrossi Colognesi, Law 187; Christ, Krise 138–139; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 280–283, 294; Cuq, DS 3,2.1163; De Martino, Costituzione 2.510–513; Dmitriev, Athenaeum 93, 2005, 76–80; Döbler, Agitation 266–267; Engelmann / ​K nibbe, EA 14, 1989, 160–165; Fraccaro, Opuscula 2.33; Frank, ESAR 1.244–245, 255–256; Gabba, Republican Rome III.81; Garnsey, Famine and food supply 215–216; Graeber, Auctoritas 201; Gruen, Roman Politics 78; Gruen, Hellenistic World 2.605–608; Hansen, Attalids 159–162; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 278; Heftner, Gracchen 71; Hill, Middle Class 107–108; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 482–483; Kann, Restoration 155–156; Kolb, Rom 236; Konrad, Companion Republic 8.171; Kornemann, Gracchenzeit 48, 49; Kunkel, Staatsordnung 2.345 A.165, 347, 349, 387, 401; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647; de Laet, Portorium 71–73; Lange, Alterthümer 2.674–675, 3.34, 56; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 96; Last, CAH 9.64–66, 106; Lintott, Imperium 31, 44; Lintott, CAH2 9.35; Mackay, Breakdown 65; Magie, Roman Rule 164–166, 1054 (A.15), 1055–1056 (A.25); Marek, Kleinasien 326–328; Marsh / ​Scullard, History 56; Martin, Populare 160; Märtin, Führungsschicht 445–450; Meier, RPA 70–72; Meißner, Hellenismus 76; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1389; Niccolini, FTP 161, 169; Nicolet, L’ordre équestre 1.474; Nicolet, Historia 28, 1979, 299; Nicolet, MEFRA 105(2), 1993, 957; Passerini, Athenaeum 15, 1937, 278–283; Perelli, Movimento popolare 106–109; Perelli, RFIC 118, 1990, 247–252; Perelli, Gracchi 170–171, 191, 202–208, 249; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.536–537; Rotondi, Leges 308–309; Rowland, TAPhA 96, 1965, 369, 370; Santangelo, Sulla 112 A.21; Schneider, Wirtschaft 366–367; Schulz, Herrschaft 70; Schur, Marius und Sulla 36; Scullard, Gracchi to Nero 34, 39; Serrao, Classi 191; Shackleton Bailey, Cicero’s letters to Atticus, Vol. I.  Cambridge 1965, 328; Sherk, Documents 67–73; Sherwin-White, Foreign policy 92; Sommer, RG 355–356; v. Stern, Hermes 56, 1921, 280–281; Stevenson, CAH 9.467–469; Stockton, Gracchi 153–156, 167, 180, 237; Thommen, Volkstribunat 106, 109; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 102 A.23; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.362–363; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 299; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 181; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A56; Willems, Sénat 2.364 A.7, 711 A.5; Zumpt, Criminalrecht 2,1.91–92.

325

Vgl. Brunt, Latomus 15, 1956, 21.

Lex Nr. 27

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27 Lex Aufeia de provincia Asia 631/123

Gell. 11.10,1–4: … C. ­Gracchus in oratione, Qua legem Aufeiam dissuasit, … … Ego ipse, qui aput vos verba facio uti vectigalia vestra augeatis, quo facilius vestra commoda et rempublicam administrare possitis, non gratis prodeo; verum peto a vobis non pecuniam, sed bonam existimationem et honorem. Qui prodeunt dissuasuri ne hanc legem accipiatis, petunt non honorem a vobis, verum a Nicomede pecuniam; qui suadent ut accipiatis, hi quoque petunt non a vobis bonam existimationem, verum a Mitridate rei familiari suae pretium et praemium;  … Gaius ­Gracchus (sagte) in einer Rede, in der er von der lex Aufeia abriet …: … Ich selbst, der ich mich bei euch dafür ausspreche, dass ihr euer Steueraufkommen erhöht, damit ihr umso leichter euer eigenes Wohlergehen befördern und den Staat verwalten könnt, wende mich nicht ohne Berechnung an euch; doch erbitte ich von euch kein Geld, sondern hohe Wertschätzung und Ehre. Diejenigen, die auftreten, um davon abzuraten, dass ihr dieses Gesetz [die lex Aufeia] annehmt, wollen keine Ehre bei euch einlegen, sondern Geld von Nikomedes erhalten; und auch diejenigen, die euch raten anzunehmen, streben keine hohe Wertschätzung von euch an, sondern von Mithridates einen Zuwachs für ihr eigenes Vermögen und eine Belohnung; … Malcovati, ORF4, p.187–188: Gell. 11.10,1–6. Die einzige Nachricht über eine lex Aufeia stammt von Gellius. Im 11. Buch zitiert er aus einer Rede von C.  ­Gracchus gegen den Gesetzesvorschlag eines Aufeius, der vermutlich etwas mit der Besteuerung der Provinz Asia zu tun hat. Das ergibt sich daraus, dass C. ­Gracchus nach seinen eigenen Worten selbst eine Vorstellung hat, wie man die Steuereinnahmen zugunsten des römischen Staates steigern kann. Daher bietet sich eine zeitliche Verbindung dieser dissuasio zu seinem eigenen Gesetzesvorhaben326 über die Steuererhebung in der neuen Provinz Asia an. Die lex Aufeia könnte man demnach ins Jahr 123 datieren. Der Titel des Gesetzes (de provincia Asia) wurde von Rotondi vorgeschlagen, er erhält seine Berechtigung aus den Hinweisen auf die Könige von Bithynien und Pontus, Nikomedes (III. Euergetes)327 und Mithridates (V. Euergetes)328 in der Rede von C. ­Gracchus. Allerdings ist es schwierig, konkrete Anhaltspunkte

326

Vgl. Lex Nr. 26. Nikomedes II. starb 127, ihm folgte sein Sohn Nikomedes III. (127–94). 328 Mithridates V. (150–120). 327

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Lex Nr. 27

für den Inhalt zu finden,329 denn eine Verbindung zu den beiden Königen liegt schon mehrere Jahre zurück. Beide hatten Rom bei der Niederwerfung des Aristonikosaufstandes nach dem Tod von Attalos III. von Pergamon330 geholfen und beanspruchten als Belohnung die Abtretung von Phrygien, das der römische Konsul Aquillius, vermutlich mit Zustimmung der ihn begleitenden Zehnerkommission, Mithridates zugesprochen hatte.331 So könnte die lex Aufeia auch die gesetzliche Form für die abschließenden Regelungen sein, die Aquillius und die Senatsgesandtschaft getroffen haben,332 denn Aquillius war seit seinem Konsulat (129) in Asien tätig.333 Seine Rückkehr ist jedoch erst für 126334 überliefert, am 11. November feierte er einen Triumph in Rom. Zu diesem Zeitpunkt aber hätte C. ­Gracchus die oben zitierte Rede nicht halten können, da er sich als Quaestor in Sardinien befand und bis zu seiner Bewerbung um den Volkstribunat (124) auch dort blieb. Man müsste obendrein annehmen, dass die von Aquillius vorgeschlagene Lösung auf Widerstand im Senat stieß, so dass abweichend vom üblichen Vorgang eine gesetzliche Regelung für notwendig erachtet wurde. Denn über territoriale Streitigkeiten auswärtiger Herrscher beschließt der Senat nach der Vorlage eines Magistrats.335 Unwahrscheinlich ist jedoch, dass die Verabschiedung eines solchen Gesetzes drei Jahre hinausgeschoben werden konnte. Daher deutet die Anwesenheit von Unterhändlern der beiden Könige Nikomedes und Mithridates, die C. ­Gracchus in seiner Rede nennt, eher auf einen anderen, neuen und näher an 123 gelegenen Streitpunkt, zumal in der Zwischenzeit mit Nikomedes III.336 einer der beiden früheren Kontrahenten gewechselt hat. Diese Angelegenheit der beiden Könige muss auch nicht unbedingt direkt mit der lex Aufeia zusammenhängen, C. ­Gracchus könnte passend zum Asien-Thema des Gesetzes einfach die von dort

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Eine Entscheidung über territoriale Streitigkeiten lässt sich aus dem Gellius-Zitat nicht ableiten, wird jedoch überwiegend in der Literatur angenommen, vgl. Mommsen, RG 3.125 A.8; Niccolini, FTP 163–164; Last, CAH 9.106; Lintott, Imperium 31; Nicolet, REA 67, 1965, 157; Millar, Rome 1.156–157. Judeich, HZ 111, 1913, 483 A.1, denkt an „Rücksicht“ auf die Könige; bei anderen ist von Streitigkeiten oder unbestimmbaren Auseinandersetzungen die Rede, vgl. etwa Cuq, DS 3,2.1131; Perelli, Gracchi 188–189; Magie, Roman Rule 1043 A.27. S. o. Lex Nr. 4. Zu dem Gerücht, dass Aquillius von Mithridates bestochen wurde (so auch Mommsen, RG 3.62–64), vgl. Magie, Roman Rule, 1049 A. 41. Hansen, Attalids 160, beschreibt eine Aufteilung von Phrygien: der Norden geht an Bithynien, der größere Teil von Groß Phrygien an Mithridates. Eine Bestätigung für die Regelungen von Aquillius sieht auch Lintott, CAH2 9.35, in dem Gesetz des Aufeius. Diese Möglichkeit sieht auch Lintott, CAH2 9.34–35. Vgl. Habicht, CAH2 8.380. Deshalb setzt Dahlheim, Gewalt 209, die Provinzialordnung des Aquillius und der Zehnmänner erst in dieses Jahr. Mommsen, StR 3,2.955, 1170–1171; Magie, Roman Rule 1043 (A.27). Seit 127 Nachfolger seines Vaters Nikomedes II.

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kommenden Gesandten als Beispiel für die Bestechung von Rednern / ​Senatoren in seine Rede337 aufgenommen haben. Ebenso wie über den Inhalt338 lässt sich über den Rogator der lex Aufeia außer seinem Gentilnamen kaum etwas sagen. Nach Lange339 handelt es sich um den Gesetzesvorschlag eines Praetors Aufeius als Gegenvorschlag zur vorhergehenden lex Sempronia (Lex Nr. 26). Broughton340 nennt für das Jahr 123 keinen Praetor mit diesem Namen, sondern einen Volkstribunen, dem er die lex Aufeia zuschreibt. Ebenso geht auch Niccolini341 von tribunizischer Gesetzgebung aus. Weil der Name Aufeius angeblich342 sonst nicht belegt ist, hält Hill343 eine Korruptel im Gellius-Text für sicher und ändert in lex Aquilia. Daher wird die lex Aufeia für ihn zum Gesetz über die Einrichtung der Provinz Asia. Sein Vergleich mit anderen leges provinciae, die entgegen seiner Auffassung als leges datae344 anzusehen sind, ist nicht überzeugend, außerdem lässt sich, wie oben schon festgestellt wurde, bei dieser Deutung nur schwer eine Verbindung zur gracchischen Rede ziehen. Statt von einem argumentum ex silentio auszugehen, ist eher wahrscheinlich, dass es gerade wegen der Seltenheit des Namens345 tatsächlich 337

Diese Rede von C. ­Gracchus wurde wahrscheinlich im Senat gehalten; denn auch dort konnte ein Magistrat eine dissuasio halten, wenn – wie allgemein üblich – eine Rogation im Senat vorberaten wird. Ferner deuten der Hinweis auf das höhere Steueraufkommen und auf die bessere Verwaltung des Staates auf den Senat als Adressat, und schließlich sind die Senatoren am ehesten die Ansprechpartner für Auswärtige bzw. die Zielpersonen für Bestechungsversuche. Beachtenswert ist, dass Gellius ein so langes Zitat aus einer Rede wiedergeben konnte, denn zu der Zeit existierten noch keine Senatsprotokolle, sondern nur privat erstellte Mitschriften der leitenden Magistrate; vgl. Mommsen, StR 3,2.1015–1018. Noch schwerer vorstellbar ist allerdings die Aufzeichnung einer Rede in einer contio – ein weiteres Argument für eine Senatsrede. 338 Nach Crawford, RRC 2.636, wollte Aufeius mit seinem Gesetz die Steuern für die Provinz Asia herabsetzen – im Gegensatz zur gracchischen lex de provincia Asia, Lex Nr. 26 –, was aber auch nur eine Vermutung ist. 339 Lange, Alterthümer 3.35; ebenso Rotondi, Leges 309. Nach Badian, Clientelae 183–184, geht die lex Aufeia der lex Sempronia (Lex Nr. 26) voraus, so auch Niccolini, FTP 163–164, der beide Gesetze für zumindest gleichzeitig hält. 340 Broughton, MRR 1.513. 341 Niccolini, FTP 163–164. 342 Nach Plin. nat. 31.24,41 trug „einst“ oder „zuweilen“ die Aqua Marcia (nach dem König Ancus Marcius bzw. dem Praetor Q.  Marcius Rex, 144) den Namen Aqua Aufeia. Sallmann, Lustrum 18, 1977, 243, kennt offenbar das Gellius-Zitat zur G ­ racchus-Rede nicht („da Aufeius weder als Personennamen noch sonstwie belegt ist“). Er verweist auf die auch vorgeschlagene Änderung in Saufeia; Aqua Aufeia hält er für den Namen des Wasserlaufs, nicht des Aquaedukts. 343 Hill, CR 62, 1948, 112 –113. 344 Mommsen, StR 3.311 m. A.5. 345 Niccolini, FTP 164, ist gegen die Änderung des Namens in Saufeius, für den es ein Parallelbeispiel gibt, vgl. Lex Nr. 102.

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Lex Nr. 28

einen Beamten / ​Volkstribunen mit Namen Aufeius gegeben hat. Ob die Rogation trotz oder wegen der gracchischen dissuasio Gesetzeskraft erlangt hat, muss offen bleiben; als Anhaltspunkt für eine Verabschiedung kann allenfalls der Terminus lex bei Gellius dienen.346 Lit.: Badian, Clientelae 183–184; Broughton, MRR 1.513 m.A.3 (515); Crawford, RRC 2.636; Cuq, DS 3,2.1131; De Martino, Costituzione 2.512–513 m.A.166; Fraccaro, Opuscula 2.33; Gruen, Roman Politics 77–78, 88; Gruen, Hellenistic World 2.605–606; Hill, CR 62, 1948, 112–113; Judeich, HZ 111, 1913, 483 A.1; Kornemann, Gracchenzeit 48; Lange, Alterthümer 2.675, 3.35; Last, CAH 9.106; Lintott, Imperium Romanum 31, 44; Lintott, CAH2 9.35; Magie, Roman Rule 154, 1043–1044 (A.27), 1049 (A.41); Marsh / ​Scullard, History 410 (p.52); Millar, Rome 1.156–157; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1389; Niccolini, FTP 163–164, 169; Nicolet, REA 67, 1965, 157; Nicolet, Historia 28, 1979, 286; Perelli, Gracchi 188–189, 197–198; Rotondi, Leges 309; Sandberg, AIRFinl. 24.92; Stockton, Gracchi 154, 221; Thommen, Volkstribunat 106, 108; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 181; E. Weiss, Lex Aufeia, RE 12,2 (1925) 2335; Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A.56.

28 Lex Sempronia de coloniis deducendis 631/123

Liv. per. 60: (C. ­Gracchus) et continuato in alterum annum tribunatu legibus agrariis latis effecit, ut complures coloniae in Italia deducerentur et una in solo dirutae Carthaginis; quo ipse triumvir creatus coloniam deduxit. Als C. ­Gracchus das Volkstribunat ununterbrochen ein zweites Jahr bekleidete, erreichte er nach der Beantragung von Ackergesetzen, dass mehrere Kolonien in Italien gegründet wurden und eine auf dem Boden des zerstörten Karthagos; auf diesem Boden dort gründete er selber die Kolonie, weil er zum Triumvirn gewählt worden war. Plut. C.Gracch. 6,3: ᾿Εγραψε δὲ καὶ πόλεις ἀποικίδας ἐκπέμπεσθαι καὶ … Und er beantragte, dass sowohl Kolonistenstädte angelegt als auch … würden. 8, 3: αὖϑις ἑτέροις νόμοις ἀπηρτήσατο τὸ πλῆϑος, ἀποικίας μὲν εἰς Τάραντα καὶ Καπύην πέμπεσϑαι γράφων, … Ferner machte er das Volk durch andere Gesetze von sich abhängig, er beantragte doch, Kolonien in Tarent und Capua anzulegen. 9,2: τὸν μὲν γὰρ ἀποικίας δύο γράψαντα καὶ τοὺς χαριεστάτους τῶν πολιτῶν εἰσάγοντα δημοκοπεῖν ᾐτιωντο, … Denn, als er (C. ­Gracchus) zwei Kolonien beantragte und die kultiviertesten Bürger dort ansiedeln wollte, beschuldigten sie ihn, nach der Volksgunst zu haschen. 346

So auch Badian, Clientelae 184 A.1. Für Stockton, Gracchi 221, scheint es, dass die Rogation abgelehnt wurde.

Lex Nr. 28

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App. civ. 1.23,98: Γράκχος … καὶ ἀποικίας ἐσηγεῖτο πολλάς. ­Gracchus … und gründete viele Kolonien. ­ racchus) tribunus plebis  … colonos etiam Capuam et Vir. ill.347 65,3: (Gaius G Tarentum mittendos censuit. Der Volkstribun (Gaius G ­ racchus) … beantragte, dass Siedler auch nach Capua und Tarent geschickt werden sollten. Vell. 1.15,4: et post annum Scolacium Minervia, Tarentum Neptunia, Carthagoque in Africa prima, ut praediximus, extra Italiam colonia condita est. Und im Jahr darauf wurden gegründet Scolacium Minervia, Tarentum Neptunia und Carthago in Afrika, die erste Kolonie außerhalb Italiens, wie ich zuvor erwähnt habe.348 Liber Coloniarum: Campbell, RLS 168,28: Colonia Ferentinensis lege Sempronia adsignata est. Die Kolonie von Ferentis wurde auf Grund einer lex Sempronia zugeteilt. Campbell, RLS 170,32: Colonia Tarquinios lege Sempronia adsignata est. Die Kolonie von Tarquinia wurde auf Grund einer lex Sempronia zugeteilt. Campbell, RLS 187,24–25: Abellinum, muro ducta colonia, deducta lege Sempronia. iter populo non debetur. ager eius veteranis est adsignatus. Abellinum, eine von einer Mauer umgebene Kolonie, gegründet durch eine lex Sempronia. Für die Bevölkerung gab es kein Wegerecht. Ihr Land wurde an Veteranen verteilt. Übereinstimmend berichten mehrere Autoren über Koloniegründungen, die auf Gaius ­Gracchus zurückgehen. In den Einzelheiten unterscheiden sich jedoch die Angaben: Die Livius-Epitome lässt ­Gracchus mehrere Kolonien in Italien gründen; Plutarch führt die Gründungen dreimal an, in Kap. 6, 3 schreibt er unbestimmt von „Kolonien“, in Kap. 8,3 nennt er zwei Kolonien, Tarent und Capua; diese beiden stehen auch beim Auctor de viris illustribus; in Kap. 9,2 stellt Plutarch dann den zwei Kolonien von Gaius G ­ racchus, die für hochangesehene Bürger vorgesehen waren, die zwölf von Livius Drusus vorgeschlagenen Kolonien gegenüber. Velleius fällt ein Pauschalurteil über die „schlimmsten Gesetze“ von ­Gracchus, durch die er nicht nur die Provinzen mit neuen Kolonien füllte, sondern auch Kolonien außerhalb Italiens einrichtete. Ohne einen Urheber zu nennen, führt er für das Jahr 123 die Gründung von Scolacium Minervia und Tarentum Neptunia in Italien an; außerdem sei Karthago die erste Kolonie außerhalb Italiens gewesen. Im Liber Coloniarum schließlich stehen drei Kolonien, die durch eine lex Sempronia gegründet wurden.349 Zwei davon, Ferentis und Tarquinia, liegen in 347

In der älteren Literatur wird er als „Pseudo-Victor“ zitiert. Tatsächlich folgt die Nennung der Kolonie Karthago erst 2.7,8. Zu dieser Gründung vgl. Lex Nr. 29. 349 Insgesamt werden acht Siedlungen bzw. Gebiete auf eine lex Sempronia zurückgeführt, neben den drei genannten Kolonien eine weitere, Sulmo (RLS 178,19), sowie zwei oppida, Afile (Aefulae, RLS 180,9) und Velitrae (RLS 186,24); bei einem dritten Ort, Suessa Aurunca 348

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Lex Nr. 28

Etrurien, Abellinum (Avellino) erscheint als eine civitas Campaniae. Abgesehen davon, dass hier wie bei Capua350 der ager Campanus betroffen ist, deutet auch die Besiedlung der Kolonie mit Veteranen – trotz der Gründung lege Sempronia – auf eine spätere Zeit.351 Eine gracchische Kolonie Abellinum erscheint deshalb wenig glaubwürdig.352 Und auch bei den beiden anderen gibt es keine Hinweise auf ­ racchus ließ also  – nach den literarischen gracchische Aktivitäten.353 Gaius G Quellen – vom Volk ein oder mehrere Plebiszite über die Gründung von Kolonien beschließen. Seit dem Zweiten Punischen Krieg war es üblich, dass der Senat über Koloniegründungen einen Beschluss fasste, der dann durch ein Plebiszit umgesetzt wurde. Zuvor folgte auf das senatus consultum lediglich die Wahl der Triumvirn für die Gründung der Kolonie durch das Volk. Von dieser Praxis wich C. ­Gracchus vermutlich ebenso wie sein Bruder vor ihm ab und ließ seine Kolonien ohne Vorberatung im Senat vom Volk bestätigen, was vielleicht Auslöser für die Gegenagitation durch M. Livius Drusus war.354 Auf diese Art der Landvergabe, die seit etwa 170355 praktisch zum Erliegen gekommen war, griff Gaius

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(RLS 186,3), ist vielleicht das Wort oppidum ausgefallen, ferner der ager Corfinius (RLS 178,7 und 194,21). Und auch in all diesen Fällen lässt sich keine konkrete Verbindung zu einer gracchischen Maßnahme herstellen, vgl. Campbell, RLS 413 (Nr. 83), RLS 415 (Nr. 95), RLS 426–427 (Nr. 151), RLS 424 (Nr. 140), RLS 412–413 (Nr. 79). Die Bezeichnung lex Sempronia lässt überdies offen, ob entweder ein Koloniegesetz von C.  ­Gracchus oder die lex Sempronia agraria (Lex Nr. 1) von Ti. ­Gracchus und damit die Tätigkeit der von ihm initiierten Ackerkommission gemeint sind.  – Rowland, TAPhA 96, 1965, 367–368, u. Phoenix 23, 1969, 376–377, folgt kritiklos den Angaben des Liber coloniarum und spricht sich für mehrere Koloniegründungen von C. ­Gracchus aus. Vgl. weiter unten. Roselaar, Historia 58, 2009, 2009–210, stellt noch andere Bezüge zu Campanien her, die jedoch nicht schlüssig sind, da die genannten Siedlungen in Latium bzw. am Rand vor Campanien liegen. Campbell, RLS 413–414 (Nr. 86). In einer Inschrift von 240 n. Chr. (CIL X,1117) lautet der vollständige Name von Abellinum: colonia Ven(eria) Livia Aug(usta) Alexandriana Abellinatium, doch es ist nicht bekannt, seit wann. Livia lässt sich am ehesten als auf die Gattin von Augustus bezogen erklären (so auch Roselaar, Historia 58, 2009, 209). Gelegentlich wird auch eine Verbindung zu Livius Drusus und seinen Koloniegründungen gesehen, was aber nicht überzeugt; vgl. Salmon, Colonization 190 A.219; Keppie, Colonisation 19 A.54. Campbell, RLS 407 (Nr. 31) und 409 (Nr. 38).  – Außerdem werden im Liber coloniarum (Campbell, RLS 164,27–29) weitere Siedlungen in Apulien genannt, die lege Sempronia et lege Iulia in quadratische Zenturien von 200 iugera aufgeteilt wurden, auch hier lässt sich kaum eine Verbindung zu G ­ racchus feststellen, man kann allenfalls Anweisungen an einzelne Siedler vermuten (Campbell, RLS 404–405, Nr. 14–15). Vgl. Leges Nr. 40–42. Bringmann, Republik 190–194, 197–199. Einzige Ausnahme ist die Kolonie Auximum, die Velleius (1.15,3) ins Jahr 157 datiert, Salmon, Colonization 112, hält die Angabe für falsch, er platziert die Kolonie erst ins Jahr 128; vgl. dazu Galsterer, Herrschaft 62. Im Gegensatz dazu ist Galsterer, Herschaft 62–63, der Meinung, dass nur die Deduktion latinischer Kolonien

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­ racchus vielleicht zurück, weil er damit schneller und effektiver Land verteilen G konnte, als es durch die Viritanassignationen auf Grund der lex agraria seines Bruders möglich war. Über die beiden mit seinem Namen verbundenen Orte lässt sich sagen, dass Tarent als gracchische Kolonie erwiesen ist356, Capua wird von Plutarch und dem Auctor genannt. Einer Kolonie dort steht entgegen, dass Cicero (leg. agr. 2.29,81) behauptet, der ager Campanus sei weder von den Gracchen noch von Sulla angetastet worden, d. h. er ist, wie auch in der lex agraria von 111 deutlich wird, nach wie vor ager publicus und unterliegt der Verpachtung durch die Zensoren. Darum entwickelte Fraccaro357 die Idee für eine Verbindung zwischen Plutarchs358 „Capua“ und Velleius’ „Scolacium“; er vermutet ein Missverständnis, denn bei beiden existierte eine Siedlung mit Namen Castra Hannibalis. Plutarch habe dem Rom näher gelegenen Ort den Vorzug gegeben und die gracchische Kolonie nach Capua verlegt – diesen Vorschlag möchte Fraccaro aber nur als Möglichkeit sehen. Wenn nun C. ­Gracchus mit seinen Kolonien nicht nur Siedlerstellen schaffen, sondern durch die Auswahl der Kolonisten unter besser gestellten Bürgern zugleich den Ausbau des Handels fördern wollte, erhalten zwei am Meer gelegene Siedlungen359 schon eine höhere Wahrscheinlichkeit als Capua. Allerdings könnte man auch in Betracht ziehen, dass Cicero vom ager Campanus spricht, dass dieser aber das Gebiet der Stadt Capua nicht unbedingt mit umfassen muss.360 Eine Lösung dieses Problems ist jedoch nicht zu finden. In der Forschung spiegelt sich das so wider, dass alle verschiedenen Varianten vorkommen. Überwiegend gelten Tarent und Scolacium als von C. ­Gracchus initiierte Kolonien361, obwohl Velleius Scolacium als einziger nennt und die Gründung in das Jahr 123 setzt, dabei aber keine Verbindung zu G ­ racchus zieht.362 Capua wird entweder kritiklos überaufhörte, weil „sie ihren strategischen Auftrag erfüllt hatte“, nicht aber die Errichtung neuer Bürgerkolonien, so z. B. Fabrateria (125) als Ersatz für die aufgelöste (= zerstörte, vgl. Liv. per. 60) latinische Kolonie Fregellae. 356 Campbell, RLS 166,5–6, 405 (Nr. 18); Roselaar, Historia 58, 2009, 206; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 65. 357 Fraccaro, Opuscula 2.31–32; ihm folgend Niccolini, FTP 160. 358 Die Nennung in vir. ill. 65,3 lässt er unberücksichtigt. 359 Diese neue Motivation für Koloniegründungen sieht Abbott, CPh 10, 1915, 367; vgl. v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 177–178. 360 Ähnlich Curreri, Epigraphica 33, 1971, 47; sie hält die Erweiterung eines bestehenden Zentrums, also Capuas, für am ehesten wahrscheinlich und für vereinbar mit den Quellen. 361 Etwa von Hardy, CQ 19, 1925, 189; Broughton, Magistrates 1.514 (9.); Bellen, Grundzüge 97; Christ, Krise 141; Martin, Populare 155; Scullard, Gracchi to Nero 33; Salmon, Colonization 119; Lintott, Judicial reform 47; Broadhead, Companion Army 9.157; Linke, Röm. Republik 52. 362 Scolacium gilt denn auch bei einigen als Gründung von Livius Drusus, vgl. etwa Judeich, HZ 111, 1913, 486; Goehler, Italien 158. Für Schneider, Wirtschaft 295, ist eine Gründung durch Livius Drusus „nicht auszuschließen“.

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nommen363, als „schwierig“ und „umstrittten“364 oder als „nicht ausgeführt“365 eingestuft. Die zeitliche Reihenfolge der gracchischen Gesetzesvorhaben ist ein vieldis­ kutiertes Problem366, die antiken Nachrichten differieren auch im Falle des oder der Koloniegesetze: Livius spricht dezidiert vom zweiten Jahr als Volkstribun367, ein anderer Teil der Überlieferung, die ebenfalls auf Livius zurückgeht (Eutr. 4.21; Oros. 5.12,2), setzt zumindest das Plebiszit über die Gründung von Iunonia (Karthago)368 ins Jahr 123. Nach Plutarch (10,2) folgte dieser Antrag aber erst nach den Gesetzesvorschlägen von Livius Drusus, Volkstribun 122. Diese Angaben lassen sich miteinander vereinbaren, wenn man annimmt, dass Gaius G ­ racchus die Gründung der Kolonien nach seiner Wiederwahl zum Tribun für 122 und spätestens direkt zu Beginn seines zweiten Amtsjahres beantragte.369 Aus Plutarch wiederum leiten Kornemann370 und Judeich371 ab, dass das Koloniegesetz erst im zweiten Volkstribunat beantragt wurde. Plutarch stellt Gaius G ­ racchus’ Gesetze nämlich in verschieden zusammengefassten Gruppen dar: So erwähnt er schon in Kapitel 6 ein Koloniegesetz in allgemeiner Form; mit dem Inhalt der Aussendung von Kolonien nach Tarent und Capua platziert er es dann aber in Kapitel 8 hinter die Konsulwahlen für 122, was eher auf die zweite

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Lange, Alterthümer 3.37; Kornemann, Gracchenzeit 45; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 226; Göhler, Italien 156; Schur, Marius und Sulla 40; v. Stern, Hermes 56, 1921, 283; Marsh / ​ Scullard, History 62; Boren, Gracchi 102–103; Betti, Labeo 9, 1963, 82; Rowland, TAPhA 96, 1965, 367; Döbler, Agitation 271–273; Perelli, Gracchi 182–183; De Martino, Costituzione 2.507; Williamson, Laws 177; Kann, Restoration 156. 364 Reid, JRS 1, 1911, 81; Flach, Agrargeschichte 52–53; Roselaar, Public Land 242; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 95. – Von Frederiksen, Campania 275, für möglich gehalten. 365 Botsford, Roman Assemblies 382–383; Corradi SIFC N. S.5, 1927, 286; Stockton, Gracchi 136; Molthagen, Historia 22, 1973, 452; Thommen, Volkstribunat 53. Abbott, CPh 10, 1915, 367, wertet Capua als Versuch. 366 Kornemann, Gracchenzeit 42–51; Judeich, HZ 111, 1913, 476–489; v. Stern, Hermes 56, 1921, 271–289; Stockton, Gracchi 226–239. 367 Bei der Wertung dieser Zeitangabe ist auch der Zeitraum zu bedenken, der zwischen Gründung der Kolonie durch Plebiszit und tatsächlicher Deduktion vergeht (dazu: Galsterer, Herrschaft 58–59) und der vielleicht in der Kompilation der Livius-Epitome zusammengezogen wurde. 368 Lex Nr. 29; dort auch die Texte von Eutrop und Orosius. 369 Fraccaro, Opuscula 2.29–31, 37, folgt darin Mommsen, gegen Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 522, und Gracchenzeit 47 (123); vgl. Stockton, Gracchi 229–230; Gargola, Lands 242 (A.68). 370 Kornemann, Gracchenzeit 45–47, der eine Übereinstimmung zwischen Plutarch und Livius postuliert, die dem entgegenstehenden Angaben von Eutrop, Orosius und Velleius seien „zu verwerfen“. 371 Judeich, HZ 111, 1913, 484–485; vgl. die Gegendarstellung bei Stockton, Gracchi 228–230.

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Jahreshälfte von 123 deutet.372 Damit erscheint in einer Zusammenschau der Quellen der zuvor genannte Zeitraum als am ehesten glaubhaft. Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 367–369; Bellen, Grundzüge 97; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 74, 76; Betti, Labeo 9, 1963, 82; Blösel, Röm. Republik 163; Boren, Gracchi 102–103; Botsford, Roman Assemblies 382–383; Bringmann, Republik 222; Bringmann, Revolution 45–46; Bringmann, Krise 50; Broughton, Magistrates 1.514 (9.); Broadhead, Companion Army 9.157; Burckhardt, Strategien 63–64; Campbell, RLS 164–194, 402–426; Capogrossi Colognesi, Law 187; Christ, Krise 140–141; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 284–295; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 77; Cuq, DS 3,2.1163; Curreri, Epigraphica 33, 1971, 33–47; De Martino, Costituzione 2.507; De Martino, Nuovi studi 170–171; Döbler, Agitation 271–273; Dreyfus, lois agraires 157; Flach, HZ 217, 1973, 274; Flach, Agrargeschichte 52–53; Fraccaro, Opuscula 2.29–32, 37; Frank, ESAR 1.218, 245; Frederiksen, Campania 275; Gargola, Lands 164–165, 242; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 656; Göhler, Italien 153–156; Graeber, Auctoritas 200; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 275–276; Hardy, CQ 19, 1925, 189; Heftner, Gracchen 67; Hermon, Athenaeum 60, 1982, 262–265, 268–271; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 63, 94; Howarth, Historia 48, 1999, 294; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 485–486; Kann, Restoration 156; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 522; Kornemann, Gracchenzeit 44–47, 49; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2. 621–622, 647; Lange, Alterthümer 2.691, 3.37–38, 49; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 49–50, 58–59, 65, 94–99; Last, CAH 9.68–69, 72; Linke, Röm. Republik 52; Lintott, CAH2 9.78; Lintott, Judicial reform 47; Mackay, Breakdown 66–67; Marsh / ​Scullard, History 62; Martin, Populare 155; Märtin, Führungsschicht 459–461; Meier, RPA 132 A.422; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Molthagen, Historia 22, 1973, 452–454; Mommsen, GS 5.254–259; Mommsen, RG 3.115; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1390–1391; Niccolini, FTP 159–160, 167; Perelli, Movimento popolare 100–101; Perelli, Gracchi 182–184; Reid, JRS 1, 1911, 81–83; Roselaar, Historia 58, 2009, 206–211; Roselaar, Public Land 242; Rotondi, Leges 310; Rowland, TAPhA 96, 1965, 367–368, 370; Rowland, Phoenix 23, 1969, 376–377; Salmon, Colonization 118–119 u. 190 (A.214 u. 219), 134 u. 193 (A.262); Schneider, Wirtschaft 295; Schur, Marius und Sulla 40; Scullard, Gracchi to Nero 33; Siber, Verfassungsrecht 170; Sommer, RG 357; v. Stern, Hermes 56, 1921, 283–284, 290; Stockton, Gracchi 132, 134–136, 226–230, 237, 239; Thommen, Volkstribunat 44, 46 A.27, 49 A. 63, 53; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.553; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 177–178; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 226; Watkins, Ius Italicum 71, 184; Willems, Sénat 2.683 A.2 u. 4; Williamson, Laws 177.

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Judeich, a. a. O., lässt damit aber schon das zweite Tribunatsjahr beginnen.

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29 Lex Rubria de colonia Carthaginem deducenda 631/123

CIL 12 .2,1 n.585 (= 200), lin.59 (lex agraria, 643/111): neive unius hominis nomine, quoi ex lege Rubria quae fuit colono eive, quei in  … und nicht eines einzelnen Mannes wegen, dem nach der früheren lex Rubria als Kolonist oder einem, der in … CIL 12 .2,1 n.583 (= 198), lin.22 (lex Acilia repetundarum): … queive tr. pl., q., IIIvir cap., IIIvir a.d.a., tribunus mil. l. IIII prim [is al[iqua]{e} earum siet fueritve, queive in senatu siet fueritve, queive l(ege)  Rubr[ia IIIvir col(oniae)  ded(ucendae) creatus siet fueritve …] 373 Plut. C.Gracch. 10,2: ᾿Επεὶ δὲ ῾Ρουβρίου τῶν συναρχόντων ἑνος οἰκίζεσϑαι Καρχηδόνα γράψαντος ἀνῃρημένην ὑπὸ Σκιπίωνος, κλήρῳ λαχὼν ὁ Γάιος ἐξέπλευσεν εἰς Λιβύην ἐπὶ τὸν κατοικισμὸν, … Als aber Rubrius, einer der Mittribunen, beantragte, das von Scipio zerstörte Karthago wieder zu besiedeln, segelte Gaius, der durchs Los bestimmt wurde, zur Gründung der Kolonie nach Libyen. App. civ. 1.24,102: (Gaius G ­ racchus und Fulvius Flaccus setzten nach Libyen über) ἐψηφισμένης κατὰ δόξαν εὐκαρπίας ἐς Λιβύην ἀποικίας καὶ τῶνδε αὐτῶν οἰκιστῶν ἐπίτηδες ᾑρημένων, ἵνα μικρὸν ἀποδημούντων ἀναπαύσαιτο ἡ βουλὴ τῆς δημοκοπίας.  … nachdem wegen der vermeintlichen Fruchtbarkeit des Bodens beschlossen worden war, eine Kolonie in Libyen zu gründen, und man die beiden eigens zu Koloniegründern hatte wählen lassen, damit der Senat, wenn sie aus Rom entfernt wären, eine Weile Ruhe hätte vor dem Haschen nach Volksgunst. App. civ. 1.24,104: διέγραφον δ’ ἐς ἑξακισχιλίους ἀντὶ ἐλαττόνων τῶν ὄντων ἐν τῷ νόμῳ, ὡς καὶ τῷδε τὸν δῆμον ὑπαξόμενοι. Sie schrieben für 6000 Leute Siedlerstellen aus, entgegen der im Gesetz stehenden geringeren Anzahl, weil sie sich auch dadurch beim Volk beliebt machen wollten. App. Lib. (Pun.) 136: Χρόνῳ δ’ ὕστερον, Γαίου Γράκχου δημαρχοῦντος ἐν ῾Ρώμῃ καὶ στάσεων οὐσῶν ἀπορίας, ἔδοξε κληρούχους ἐς Λιβύην πέμπειν ἑξακισχιλίους. Ein wenig später, als Gaius ­Gracchus Volkstribun in Rom war und dort aus Hungersnot Aufstände ausbrachen, beschloss man 6000 Kolonisten nach Africa zu schicken. 373

Mommsen, CIL 12 .2,1 448. Der Abschnitt beschreibt die Auswahl der Richter, ausgeschlossen sind demnach Verwandte und Beamte, die im Einzelnen aufgeführt sind. Am Ende der Aufzählung stehen vermutlich die Triumvirn zur Gründung der Kolonie in Karthago nach der lex Rubria, der Beamtentitel ist jedoch Konjektur (vgl. dazu bei Lex Nr. 36). Lintott, Judicial reform 94, ergänzt: [ia in Africam missus colonusve scriptus erit …]. Demnach wären Personen, die nach Africa geschickt oder in die Liste der Kolonisten eingeschrieben wurden, von der Richterliste nach der lex Acilia ausgeschlossen; vgl. die Stellungnahme in Crawford, Roman Statutes 1.67 (Text) u. 101 (Commentary).

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Vell. 2.6,3: (Gaius G ­ racchus)  … novis coloniis replebat provincias. (Gaius ­ racchus) füllte die Provinzen mit neuen Kolonien. 2.7,6: In legibus Gracchi G inter perniciosissima numerarim, quod extra Italiam colonias posuit. … Unter den Gesetzen des G ­ racchus möchte ich diese zu den schlimmsten zählen, dass er außerhalb Italiens Kolonien einrichtete. 2.8: Prima autem extra Italiam colonia Carthago condita est. Aber als erste Kolonie außerhalb Italiens wurde Karthago gegründet. Liv. per. 60: (C. ­Gracchus) et continuato in alterum annum tribunatu legibus agrariis latis effecit, ut complures coloniae in Italia deducerentur, et una in solo dirutae Carthaginis; quo ipse triumvir creatus coloniam deduxit. Als C. ­Gracchus das Volkstribunat ununterbrochen ein zweites Jahr bekleidete, erreichte er nach der Beantragung von Ackergesetzen, dass mehrere Kolonien in Italien gegründet wurden und eine auf dem Boden des zerstörten Karthagos; die Kolonie dort gründete er selbst, weil er zum Triumvirn gewählt worden war. Solin. 27,11: (Carthago) deinde a C. Graccho colonis Italicis data et Iunonia ab eo dicta, aliquantisper ignobilis humili et languido statu. (Karthago) wurde dann von C. ­Gracchus an italische Kolonisten vergeben und von ihm Iunonia genannt; eine Weile blieb es in einem dürftigen und trägen Zustand unbedeutend. ­ racchus locabat Fronto, ad Ver. 2.1,13: Iam Cato Hispaniam recuperabat, iam G Asiam et Karthaginem viritim dividebat. Schon suchte Cato Spanien zurück­ zuerobern, schon G ­ racchus die Provinz Asia zu verpachten und Karthago einzeln an Siedler zu verteilen. Eutr. 4.21: L.  Caecilio Metello et T. Quinctio Flaminino consulibus Carthago in Africa iussu senatus reparata est, quae nunc manet, annis duobus et viginti postquam a Scipione fuerat eversa. deducti eo sunt cives Romani. Im Jahr der Konsuln L. Caecilius Metellus und T. Quinctius Flamininus (123), 22 Jahre, nachdem es von Scipio zerstört worden war, wurde Karthago in Africa wiederhergestellt und besteht bis heute fort. Dort wurden römische Bürger angesiedelt. Oros. 5.12,1–2: Anno ab urbe condita DCXXVII L. Caecilio Metello et Q. Titio Flaminino consulibus, Carthago in Africa restitui iussa vicensimo secundo demum anno quam fuerat eversa deductis civium Romanorum familiis, quae eam incolerent, restituta et repleta est, magno ante prodigio praecedente: (2) nam cum mensores ad limitandum Carthaginiensem agrum missi stipites, terminorum indices fixos et nocte a lupis revulsos mordicus conrososque reperissent, aliquamdiu haesitatum est utrum Romanae paci expediret Carthaginem reformari. Nachdem im Jahr 627 nach Gründung der Stadt, dem der Konsuln L. Caecilius Metellus und Quintus Titius Flamininus374 (123), beschlossen worden war, Carthago in Africa wiederaufzubauen, das 22 Jahre zuvor zerstört worden war, wurde es wieder aufgebaut und mit römischen Bürgerfamilien angefüllt, die es bewohnen sollten, wobei dem 374

Die Namen sind bei Orosius teilweise fehlerhaft überliefert; statt Caecilio begegnet auch Caelio.

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ein großes Wunderzeichen vorausging. Denn als die Landvermesser, welche ausgesandt waren, das karthagische Gebiet abzugrenzen, die als Grenzmarkierungen eingeschlagenen Pfähle wiederfanden, die bei Nacht von Wölfen herausgerissen und mit den Zähnen zernagt waren, schwankte man eine Zeitlang hin und her, ob es für den römischen Frieden zuträglich sei, Carthago wiederaufzubauen. 22 Jahre nach der Zerstörung von Karthago wird in Rom ein Plebiszit beschlossen, im Bereich der früheren Stadt eine Kolonie mit Namen Iunonia zu errichten. Von Plutarch wird dieser Gesetzesvorschlag Rubrius, einem Mittribunen von Gaius G ­ racchus, zugeschrieben.375 Appian berichtet in zwei Teilen seines Werkes über die Kolonie in Karthago, in den Libyca dient das Volkstribunat von C. ­Gracchus lediglich als Zeitangabe: Infolge von Aufständen wegen Mangel (an Getreide) wurde beschlossen, Kolonisten nach Afrika zu schicken. In Buch I der Bella civilia lässt er Gaius ­Gracchus und Flaccus nach Africa übersetzen, weil sie zu Gründern der neuen Kolonie gewählt worden waren.376 Weitere Angaben über das Koloniegründungsgesetz und dessen Urheber macht Appian nicht. Außerdem betont er mehrfach, dass die neue Kolonie „bei“ dem früheren Karthago und nicht direkt am Standort der früheren Stadt eingerichtet wurde.377 Die späten Autoren Eutrop und Orosius berichten ohne Namensnennung übereinstimmend von einer Kolonie auf dem Boden Karthagos, die mit römischen Bürgern besiedelt wurde. Bei Velleius ist zwischen den Zeilen herauszulesen, dass er die Kolonie Karthago mit C. ­Gracchus in Verbindung bringt. Die Livius-Epitome, Solinus und Fronto schreiben die Gründung der Kolonie Karthago / ​Iunonia direkt C. ­Gracchus zu. In diesem Überlieferungsstrang wird ein Gesetz von C. ­Gracchus jedoch nicht genannt, so dass sich diese Angaben durchaus mit denjenigen von Plutarch (Rubrius als Urheber des Plebiszits) und Appian (C. ­Gracchus und Flaccus als Triumvirn zur Gründung der Kolonie) vereinen lassen. In der Forschung spiegelt sich die gespaltene Überlieferung wider. Trotz der expliziten Nennung von Rubrius378 als dem Urheber des Plebiszits wird der Anstoß zur Gründung der Kolonie Iunonia379 meist C. ­Gracchus zugeschrieben,

Ferrary, RPh 70, 1996, 242, interpretiert das so, dass Rubrius als rogator des Gesetzes fungiert, Gaius als adscriptor auftritt. 376 Bei Plut. C.Gracch. 10,2 wird nur Gaius genannt. 377 Dazu Johannsen, lex agraria 321–322, 331–332. 378 Eine lex Rubria wird u. a. genannt von Botsford, Roman Assemblies 383; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 276; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 289; Last, CAH 9.73, 891; Carcopino, Gracques 230, 233, 238; Broughton, MRR 1.517 (als Teil des gracchischen Programms); Hermon, Athenaeum 60, 1982, 258 A.2; Burckhardt, Strategien 68–69; Bringmann, Republik 224; Flach, Agrargeschichte 54; Marsh / ​Scullard, History 412 (Scullard zu 62); Gargola, Lands 169; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 117–132. 379 Die Namengebung geht nach Plut. C.Gracch. 11,1 ebenfalls auf G ­ racchus zurück. 375

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entweder direkt380 oder in der Form, dass Rubrius auf seine Veranlassung hin den Gesetzesvorschlag einbrachte.381 In jedem Fall ist davon auszugehen, dass Gaius ­Gracchus in die Gründungskommission382 der neuen Kolonie gewählt wurde und während seines zweiten Tribunats etwa siebzig Tage in Afrika verbrachte.383 Eigenmächtig erhöhte er dort nach den Worten Appians (civ. 1.24,104) die Zahl der im Gesetz vorgesehenen Siedlerstellen auf 6000384, vielleicht als Reaktion auf die inzwischen von Livius beantragten Kolonien mit je 3000 Siedlern.385 Dann kehrte er nach Rom zurück, um sich erneut um den Volkstribunat zu bewerben. Daher wurde die lex Rubria vermutlich zu Beginn des Jahres 122 beantragt.386 Das Gesetz beinhaltet neben der Festlegung der Wahl von tresviri zur Gründung der Kolonie und der Zahl der Siedlerstellen wohl auch eine Angabe über die Größe der auszugebenden Parzellen. In Z. 61 der lex agraria von 111 geht es um

380

Bellen, Grundzüge 97; Kann, Restoration 156; Roselaar, Public Land 242; Marsh / ​Scullard, History 62; Mackay, Breakdown 67; Broadhead, Companion Army 9.157–158; Göhler, Italien 153; Heftner, Gracchen 67; Konrad, Companion Republic 8.171; Rickman, Corn Supply 108. 381 Abbott, CPh 10, 1915, 367, 371; Kornemann, Gracchenzeit 45–47; Betti, Labeo 9, 1963, 82; v. Fritz, Schriften 400; Göhler, Italien 153–155; Salmon, Colonization 118; Molthagen, Historia 22, 1973, 453; Boren, Gracchi 102–103 (­Gracchus als Akteur); Badian, Clientelae 300–301; Flach, Agrargeschichte 52; Burckhardt, Strategien 63; Döbler, Agitation 272–273; Gruen, Roman Politics 88–89; Linke, Röm. Republik 52; Lintott, CAH2 9.78; Martin, Populare 155; Rödl, SCU 49–50; Rowland, TAPhA 96, 1965, 368; Scullard, Gracchi to Nero 35; v. Stern, Hermes 56, 1921, 292; Thommen, Volkstribunat 53. 382 Von Carcopino, Gracques 269–271, 275, 286–288, wird diese für identisch mit der gracchischen Agrarkommission gehalten. Es war jedoch üblich, für Koloniegründungen eigene Kommissionen wählen zu lassen, und der Wortlaut bei Appian spricht dafür, dass man auch im Falle der Kolonie Iunonia so verfuhr. Vgl. Mommsen, GS 1.121 und die Diskussion bei Chantraine, Untersuchungen 17.  383 Dass zwischen Plebiszit und tatsächlicher Deduktion eine gewisse Zeit verging, liegt u. a. an notwendigen Vorbereitungen, vgl. Galsterer, Herrschaft 58–59. 384 Die ursprüngliche Zahl wird von Fraccaro, Opuscula 2.23, auf 2000 geschätzt; Johannsen, lex agraria 322, geht von höchstens 3000 aus; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 178, nimmt 2000–3000 an. – Nach App. Lib. 136 sieht es so aus, als ob von Anfang an 6000 Siedler geplant waren, allerdings lässt sich seine Angabe auch auf eine zusammenfassende Darstellung in diesem Abschnitt zurückführen. 385 Vgl. Lex Nr. 40. 386 Warde Fowler, EHR 20, 1905, 429–430; Broughton, MRR 1.517; Johannsen, lex agraria 314–315; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 121–122; u. a. – Judeich, HZ 111, 1913, 487, setzt die lex in die Zeit nach den Vorschlägen von Livius Drusus, ebenso v. Stern, Hermes 56, 1921, 292, und Stockton, Gracchi 229. – Fraccaro, Opuscula 2.23 A.8; Niccolini, FTP 167; Göhler, Italien 153–154; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 31–33; Badian, Clientelae 300, folgen der Datierung in das erste Tribunat von C. ­Gracchus nach Eutrop und Orosius.

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ausgeteiltes Land von mehr als 200 iugera. Daher gilt diese Größe als vermutliche Obergrenze dessen, was durch die lex Rubria vorgeschrieben war.387 Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 367–370, 371, 373; Badian, Clientelae 300–301; Badian, Historia 11, 1962, 205; Badian, Imperialism 51–52; Bellen, Grundzüge 97; Bergemann, Religion 98; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 74, 76; Betti, Labeo 9, 1963, 82; Bleicken, Lex 166 m.A.101; Blösel, Röm. Republik 163; Boren, Gracchi 102–103; Botsford, Roman Assemblies 383; Bringmann, Republik 224; Bringmann, Krise 50; Broadhead, Companion Army 9.157–158; Broughton, MRR 1.517 m. A.5, 519–520; Burckhardt, Strategien 63–64, 68–69; Capogrossi Colognesi, Law 187; Carcopino, Gracques 229–233, 238, 255–265, 270–271, 277–293, 340; Christ, Krise 141 u. 143; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 287–294, 296–297; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 73, 74–81, 87–88; Crawford, Roman Statutes 1.172; Cuq, DS 3,2.1162; De Martino, Costituzione 2.507; Döbler, Agitation 272–273; Dreyfus, lois agraires 168; Ferrary, RPh 70, 1996, 242; Flach, Agrargeschichte 52–53; Fraccaro, Opuscula 2.23, 29–31, 40–41; Frank, ESAR 1.218, 245–246; v. Fritz, Schriften 400; Gabba, Appian 1.82–85; Gabba, ANRW 1,1.768; Galsterer, NP 3 (1997), 84; Gargola, Lands 164–165, 169–174, 242–243; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 655–657; Göhler, Italien 153–155, 167–169; Graeber, Auctoritas 200; Gruen, Roman Politics 88–89; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 276, 285; Heftner, Gracchen 67, 74–75; Hermon, Athenaeum 60, 1982, 258 A.2, 259, 261–262; Herz, Wirtschaftsgesetzgebung 45–46; Hill, Middle Class 62; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 75; Howarth, Historia 48, 1999, 295; G. Humbert, DS 1.163; Huß, Karthager 548–549; Johannsen, lex agraria 310–336; Judeich, HZ 111, 1913, 487–493; Kann, Restoration 156; Konrad, Companion Republic 8.171,172; Kornemann, Gracchenzeit 45–47, 49; Lange, Alterthümer 2.691, 3.37; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 61, 67, 117–132; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 179; Last, CAH 9.69, 73–74, 891–892; Linke, Röm. Republik 52–53; Lintott, CAH2 9.28, 78; Lintott, Judicial reform 43, 47, 120, 253; Mackay, Breakdown 67; Marsh / ​ Scullard, History 62, 412–413 (p.62); Martin, Populare 155; Märtin, Führungsschicht 461–463; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Molthagen, Historia 22, 1973, 450 A.173, 453–454; Mommsen, GS 1.119–125; Mouritsen, Unification 145; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1390–1391; Niccolini, FTP 162, 167; Perelli, Movimento popolare 101–102; Perelli, Gracchi 184–185, 223–225, 230; Reid, JRS 1, 1911, 83; Rickman, Corn Supply 108; Rödl, SCU 49–50, 57–58; Roselaar, Public Land 242; Rotondi, Leges 310–311; Rowland, TAPhA 96, 1965, 367–368; Rowland, Phoenix 23, 1969, 375–376; Sandberg, AIRFinl. 24.70; Salmon, Colonization 118–120, 134 m.A.262 (S. 193); Schneider, Veteranenversorgung 93; Schneider, Wirtschaft 295–296; Schur, Marius und Sulla 36–37; Scullard, Gracchi to Nero 33, 35–36, 389–390; Siber, Verfassungsrecht 170; Sommer, RG 357; v. Stern, Hermes 56, 1921, 292; Stockton, Gracchi 132–136, 229–230, 239; 387

Gabba, Appian 1.84; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 75; Johannsen, lex agraria 323; Lintott, CAH2 9.78; Flach, Agrargeschichte 52–53; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 127–128. Der Vorschlag von Johannsen, dass die Größe der Ländereien von der Bodengüte abhängig gemacht wurde, ist einer Differenzierung nach equites und pedites vorzuziehen  – so der Vorschlag von Mommsen, GS I,1.122, dem folgen Crawford, Roman Statutes 1.172, und Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 128 –, weil es sich bei Iunonia nicht um eine Veteranenkolonie handelte. Die lex Appuleia (Lex Nr. 81) kann deshalb auch nicht als Vergleich dienen.

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Thommen, Volkstribunat 53; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 31–33; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 178; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1174; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 429–430; Watkins, Ius Italicum 71–72, 184–188, 427; Williamson, Laws 177.

30 Lex Sempronia de novis portoriis 631/123

Vell. 2.6,3: (Gaius G ­ racchus) … tribunatum ingressus, longe maiora et acriora petens, … nova constituebat portoria, … Als C. ­Gracchus das Tribunat angetreten hatte, strebte er nach weit Größerem und Einschneidenderem und versuchte daher neue Zölle / ​Steuern einzurichten. Velleius konstatiert als einziger, dass C.  ­Gracchus neue Zölle / ​Steuern388 einrichtete. Daraus wird jedoch nicht deutlich, ob es sich um eine eigene gesetzlich angeordnete Maßnahme handelt oder nur um einen Teil einer anderen lex.389 Genauso fraglich ist der Geltungsbereich der Maßnahme, Italien oder Asien.390 Und auch die Bezeichnung portoria ist für verschiedene Deutungen offen: Vittinghoff 391 geht nicht von der Schaffung neuer Zölle, sondern neuer Zollstationen durch C. ­Gracchus aus, möchte aber auch offen lassen, ob das in Italien oder den Provinzen geschah. Frank392 dagegen spricht sich dezidiert für den Geltungsbereich Asia aus, wo ­Gracchus seiner Meinung nach neue Hafengebühren (harbor-dues) einführte, das Velleius-Zitat übersetzt er jedoch mit „Zollstationen“ (harbor-tariff stations)393. De Laet394 weist diese Eingrenzung auf Asia durch C.  ­Gracchus zurück, bringt aber die Neuerung mit G ­ racchus’ Politik zugunsten der Ritter in Verbindung, denn durch die neuen portoria erhielten die Publikanen eine neue, wichtige Einnahmequelle. Außerdem wird diese Maßnahme von Gaius ­Gracchus zusammen mit der lex de provincia Asia in seine

388

389

390 391 392 393 394

Zum Verständnis des Begriffs portorium vgl. Vittinghoff, Portorium, RE 22,1 (1953) 348. – Meist wird der Terminus eingeschränkt als „Hafenzölle“ aufgefasst, so etwa Schneider, Wirtschaft 366; Thommen, Volkstribunat 109, nennt „neue Zölle“. Lange, Alterthümer 3.34, fasst die Neuerung als Teil der lex de provincia Asia auf; ebenso Fraccaro, Opuscula 2.33. De Martino, Costituzione 2.511, setzt dagegen das Velleius-Zitat deutlich vom Asia-Gesetz ab. Stockton, Gracchi 156. Portorium, RE 22,1 (1953) 349. ESAR 1.255. ESAR 1.246. De Laet, Portorium 57–58 m. A.7.

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Bemühungen zur Steigerung des Staatseinkommens und damit zur Finanzierung etwa der Getreideversorgung eingeordnet.395 Alle Überlegungen bleiben letztlich Spekulationen396, nur einige397 geben zu, dass über dieses Gesetz eben nichts weiter bekannt ist. Lit.: Badian, Zöllner 223; Bleicken, Lex 164 m.A.92; Boren, Gracchi 100; Bringmann, Republik 223; Broughton, MRR 1.514 (12.); Brunt, Equites 179; Christ, Krise 138–139; Capogrossi Colognesi, Law 189; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 294; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 56–57; Crawford, RRC 2.636; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.511; Dreyfus, lois agraires 157, 160–161; Fraccaro, Opuscula 2.33; Frank, ESAR 1.246, 255; Hill, Middle Class 53, 108; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 483 A.1; Kolb, Rom 236; Kornemann, Gracchenzeit 48; Kunkel, Staatsordnung 2.456 A.221; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647, 648 A.323; de Laet, Portorium 57–58 m.A.7, 72; Lange, Alter­ thümer 3.34; Last, CAH 9.59; Lintott, CAH2 9.35; Niccolini, FTP 161; Perelli, Gracchi 206; Rotondi, Leges 311; Rowland, TAPhA 96, 1965, 369, 370; Schneider, Wirtschaft 366; Scullard, Gracchi to Nero 35; Serrao, Classi 191; Stockton, Gracchi 156, 167; Thommen, Volkstribunat 109; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 299; Vittinghoff, Portorium, RE 22,1 (1953) 349; Willems, Sénat 2.342 m.A.5.

31 Lex Sempronia viaria398 631–632/123–122

Plut. C.Gracch. 6,3: ῎Εγραψε δὲ καὶ πόλεις ἀποικίδας ἐκπέμπεσθαι καὶ τὰς ὁδοὺς ποιεῖσθαι. Dann beantragte er, dass sowohl Kolonien ausgesandt als auch die Landstraßen angelegt würden. 7, 1: ᾿Εσπούδασε δὲ μάλιστα περὶ τὴν ὁδοποιίαν, τῆς τε χρείας ἅμα καὶ τοῦ πρὸς χάριν καὶ κάλλος ἐπιμεληθείς. Ganz besonders bemühte er sich jedoch um den Straßenbau, wobei er zugleich mit dem praktischen Nutzen auch auf gefällige Form und ansehnliche Ausgestaltung Wert legte. [7.2–4 folgt eine detaillierte Beschreibung seines Straßenbaus.] App. civ. 1.23,98: ῾Ο δὲ Γράκχος καὶ ὁδοὺς ἔτεμνεν ἀνὰ τὴν ᾿Ἰταλίαν μακράς, πλῆθος ἐργολάβων καὶ χειροτεχνῶν ὑφ’ ἑαυτῷ ποιούμενος, ἐτοίμων ἐς ὅ τι κελεύοι. ­Gracchus ließ in Italien auch große Straßen anlegen, dadurch verpflichtete er sich

395

Schneider, Wirtschaft 366; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 299; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647. 396 Rowland, TAPhA 96, 1965, 369, hält verschiedene Optionen für möglich. 397 Stockton, Gracchi 156 (anders: 167); Perelli, Gracchi 206; Thommen, Volkstribunat 109. 398 Seit v. Stern, Hermes 56, 1921, 279, wird das Gesetz auch als lex de viis muniendis bezeichnet, so etwa von De Martino, Costituzione 2.509; Rödl, SCU 47 und Sommer, RG 356.

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eine Menge von Lohnarbeitern und Handwerkern, die bereit waren zu tun, was auch immer er befahl. In einer Aufzählung von Gesetzesvorschlägen des Gaius G ­ racchus nennt Plutarch neben der Aussendung von Kolonisten auch einen Antrag über die Anlage von Straßen. Demgegenüber weiß Appian zu berichten, dass sich ­Gracchus persönlich um den Bau von Straßen bemühte, und lässt durchklingen, dass er dabei sozusagen als Arbeitgeber auftritt – in der Absicht, sich eine Anhängerschaft zu sichern. Von einem gracchischen Gesetz ist nicht die Rede.399 Auch Mommsen400 spricht nicht von einem gracchischen Gesetz über Straßenbau, sondern von einem möglichen Zusammenhang der von C. ­Gracchus „für das italische Wegewesen getroffenen Einrichtungen“ mit der cura viarum, über deren Entstehung jede Nachricht fehle. In den neueren Darstellungen geht man dagegen überwiegend in Anlehnung an Plutarch von einem Gesetz401 aus; dabei wird versucht, eine Beziehung zu einem anderen oder zu anderen gracchischen Gesetzen herzustellen. Ähnlich wie das Getreidegesetz (Lex Nr. 23) meist mit dem Bau von Getreidespeichern (Lex Nr. 32) verknüpft wird, sieht Judeich402 einen Zusammenhang zwischen Straßenbau und dem Ackergesetz (Lex Nr. 22), wodurch seiner Ansicht nach die „Ackertriumvirn“ wieder ihre frühere Machtstellung erhalten hätten. Nun habe das neue Gesetz eine Ausweitung ihrer Befugnisse auf das Recht der Koloniegründung und des Wegebaus gebracht. Ähnlich äußerte sich schon Lange403, gesteht aber dem Senat zu, im Einzelnen die erforderliche Einwilligung zu erteilen bzw. auch andere Magistrate mit der Anlage von Straßen zu beauftragen. De Martino404 setzt das Straßengesetz allgemein in Beziehung zur gracchischen Agrarreform und den daraus erwachsenen Bedürfnissen. Andere sehen dagegen im Straßenbau Maßnahmen zur praktischen Durchführung der lex frumentaria.405

399 400 401

402 403 404 405

Anders Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 237, der aus Appian ein Wegebaugesetz ableitet. Mommsen, StR 2.670. v. Stern, Hermes 56, 1921, 279–280; Göhler, Italien 148–149; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 110; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 609–610; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647; Bringmann, Republik 222; Williamson, Laws 251; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 111–112. Judeich, HZ 111, 1913, 483. Lange, Alterthümer 3.32 und 36. De Martino, Costituzione 2.509. Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647. In diesem Sinne auch v. Stern, Hermes 56, 1921, 279–280 und Kann, Restoration 156, der jedoch nur ein „road building program“ und kein Gesetz konstatiert. De Martino, Costituzione 2.509 A.156, lehnt diese Verknüpfung ab, der notwendige Getreidetransport sei auch ohne die Anlage neuer Straßen gesichert.

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Unterschiedliche Ausdeutungen erfährt auch die Motivation des Gesetzes406. Meier407 löst den Straßenbau aus den zuvor beschriebenen Beziehungen, eine Verbesserung der Reisebedingungen sei Inhalt und Ziel. Hinrichs408 hingegen weist einem gracchischen „Straßenbau“– Gesetz einen anderen Inhalt zu. Er stuft die Angaben der antiken Autoren teilweise als Mißverständnis ein, da der Straßenbau „an sich nicht in den Amtsbereich der Volkstribunen“ gehöre, der Senat also die notwendigen Gelder kaum bewilligen würde. Außerdem sei keine via Sempronia bekannt409, daher dürfte sich der Straßenbau des C.  ­Gracchus darauf beschränkt haben, „schon bestehende Straßen auszubessern und zu verfeinern“. Da ihm aber als Volkstribun kein Geld zur Verfügung stehe, bildete demnach das Recht zur Landanweisung für die beim Straßenbau Beschäftigten den Inhalt des Gesetzes. Hinrichs zielt damit auf die Gruppe der in der lex agraria (Lex Nr. 61) genannten viasii vicani (Z. 11–12), den Bewohnern von Straßenansiedlungen,410 denen vermutlich mit dem Auftrag, für die Instandhaltung der Straßen zu sorgen, Land angewiesen wurde. Letztlich kann auch in diesem Falle nicht eindeutig geklärt werden, ob C. ­Gracchus tatsächlich ein Gesetz zum Straßenbau beantragte. Lit.: Bellen, Grundzüge 97; Betti, Labeo 9, 1963, 82; Bleicken, Lex 162 A.81; Bringmann, Republik 222; Broughton, MRR 1.514 (8.); Capogrossi Colognesi, Law 187, 189; Christ, Krise 138; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 237, 248, 266–267, 291, 294; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.509 m. A.156; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 138–139; Döbler, Agitation 267; Dreyfus, lois agraires 157; Fraccaro, Opuscula 2.27, 32; Frank, ESAR 1.246, 261; Göhler, Italien 148–149; Graeber, Auctoritas 201; Heftner, Gracchen 68; Herzig, ANRW 2,1.593–602, 615–617, 625–626; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 110–111; Hinrichs, Historia 16, 1967, 174–175; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 483; Kann, Restoration 156; Kornemann, Gracchenzeit 44, 47, 48–49; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647; Lange, Alterthümer 2.692, 3.32, 37; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria

406

Allgemein wird dem Straßenbau entweder wirtschaftliche oder militärische Motivation unterstellt, vgl. die Auseinandersetzung mit diesen Ansichten bei Herzig, ANRW 2,1.615–619, 625–626, der eine differenziertere Wahrnehmung anmahnt. 407 Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 609–610. 408 Hinrichs, Historia 16, 1967, 174. 409 Das ist wegen der Lückenhaftigkeit unserer Überlieferung kein schlagendes Argument. Außerdem werden – nach Hinrichs, Historia 16, 1967, 175 – auch Straßen, die von Konsuln nur verbessert und ausgebaut werden, nach ihnen benannt. Dann müsste es Hinrichs Annahme zufolge trotzdem eine via Sempronia geben. 410 Hinrichs, Historia 16, 1967, 175–176. Zu den viasii vicani vgl. Kaser, ZRG 62, 1942, 50–52; Lintott, Judicial reform 178–179, 213–216 und Radke, MH 24, 1967, 235, der zur Vorsicht mahnt: Wegen des -ve in Z. 12 kann es sich auch um zwei verschiedene Gruppen handeln. Ablehnend und spekulativ: Pekary, Reichsstraßen 117–119 (ihm folgend: Schneider, Altstraßenforschung 44–45); diese Ansicht wird widerlegt von Wiseman, PBSR 38, 1970, 148–149.

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109, 111–112; Last, CAH 9.59–60; Levi, Costituzione 19; Linke, Röm. Republik 53; Lintott, Judicial reform 47; Mackay, Breakdown 65; Marsh / ​Scullard, History 61–62, 67; Martin, Populare 155, 156; Meier, RPA 132 A.422; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 609–610; Mommsen, StR 2,1.670; Niccolini, FTP 160, 168; Pekary, Reichsstraßen 69–70; Perelli, Gracchi 186–188; Rödl, SCU 47; Rotondi, Leges 311–312; Rowland, TAPhA 96, 1965, 369–370; Schneider, Veteranenversorgung 96; Schneider, Altstraßenforschung 50–51; Schur, Marius und Sulla 38; Scullard, Gracchi to Nero 33; Sommer, RG 356; v. Stern, Hermes 56, 1921, 279–280; Stockton, Gracchi 136; Thommen, Volkstribunat 44–45; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1173; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Williamson, Laws 251; Wiseman, PBSR 38, 1970, 144–145, 150–152.

32 Lex Sempronia de horreis 631–632/123–122

Plut. C.Gracch. 6,3: ῎Εγραψε δὲ … καὶ κατασκευάζεσθαι σιτοβόλια, … Dann schlug er vor, dass Getreidespeicher gebaut werden sollten. Fest. s.v. Sempronia horrea, p.370, 26–28 L: Sempronia horrea qui locus dicitur, in eo fuerunt lege Gracchi, ad custodiam frumenti publici. – Sempronische Getreidespeicher wird die Stelle genannt, an der sie nach dem Gesetz des G ­ racchus zur Aufbewahrung des öffentlichen Getreides standen. Auf ein Gesetz von Gaius ­Gracchus zum Bau von Getreidespeichern weist allein Plutarch hin. Er beschreibt in einem Satz Anträge über Koloniegesetze, den Straßenbau und eben auch den Bau von Getreidespeichern. Festus bezeichnet Getreidespeicher mit dem Namen horrea Sempronia und bringt diese mit einem gracchischen Gesetz in Verbindung. Daher liegt es nahe zu vermuten, dass der Bau dieser Speicher in einem ursächlichen Zusammenhang mit der lex frumentaria von C.  ­Gracchus steht.411 Ob jedoch für diese Bauten ein eigenes Gesetz die Grundlage bildet, lässt sich nicht nachweisen.412 Denn, weil die cura annonae und somit auch die Aufsicht über die Speicher in den Tätigkeitsbereich der kurulischen Aedile fällt413, kann die Bezeichnung horrea Sempronia auch bloß von der Errichtung der Bauten414 aufgrund oder infolge des 411

Vgl. Rotondi, Leges 312; Fraccaro, Opuscula 2.32 und De Martino, Costituzione 2.509. So schon v. Stern, Hermes 56, 1921, 279; angenommen auch von Göhler, Italien 148. 413 Kunkel, Staatsordnung 2.478. 414 Kolb, Rom 237–238, schreibt den Bau der Horrea Sempronia „wohl“ C. ­Gracchus zu. Sie seien private Lagerhallen der Gracchenfamilie, die sie wie andere Familien auch an Händler oder den Staat verpachten würden. Garnsey / ​R athbone, JRS 75, 1985, 20, gehen – m. E. un412

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Lex Nr. 33

gracchischen Getreidegesetzes stammen und muss nicht in direkter Beziehung zu C. ­Gracchus selbst stehen. Archäologisch lassen sich die horrea Sempronia bislang nicht nachweisen.415 Lit.: Bellen, Grundzüge 97; Bleicken, Lex 162 A.81; Boren, Gracchi 101; Bringmann, Republik 222; Broughton, MRR 1.514 (8.); Burckhardt, Strategien 242 (o.Gesetz); Capogrossi Colognesi, Law 187, 189; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 248, 255, 267, 294; De Martino, Costituzione 2.509 m.A.156; Döbler, Agitation 267; Fraccaro, Opuscula 2.27, 32; Frank, ESAR 1.261; Gabba, Appian 1.338; Garnsey / ​R athbone, JRS 75, 1985, 20; Garnsey, Famine and food supply 215; Heftner, Gracchen 68; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 483; Kolb, Rom 237–238; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647; Lange, Alterthümer 3.35–36; Linke, Röm. Republik 54; Martin, Populare 156; Niccolini, FTP 160; Nicolet, Historia 28, 1979, 299–300; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.536; Rickman, Granaries 149–150, 173; Rickman, Corn supply 22, 47; Rotondi, Leges 312; Rowland, TAPhA 96, 1965, 369–370; Schneider, Wirtschaft 365 (o.Gesetz); v. Stern, Hermes 56, 1921, 279–280; Stockton, Gracchi 136; Thommen, Volkstribunat 57; Tiersch, Getreideversorgung 191.

33 Lex Sempronia de provinciis consularibus 631–632/123–122

Cic. prov. 2,3: Quattuor sunt provinciae, patres conscripti, de quibus adhuc intellego sententias esse dictas, Galliae duae … et Syria et Macedonia. Decernendae nobis sunt lege Sempronia duae. Vier Provinzen sind es, Senatoren, von denen ich bisher sehe, dass ihretwegen Vorschläge gemacht wurden, die beiden Gallien, Syrien und Makedonien. Wir müssen nach der lex Sempronia über zwei beschließen. Cic. prov. 8,17: Sed, mihi credite, numquam succedetur illis (den – jedenfalls nach Meinung Ciceros – abzulösenden Piso und Gabinius), nisi cum ea lege referetur qua intercedi de provinciis non licebit. Doch, glaubt mir, niemals wird jenen (Piso und Gabinius) einer nachfolgen, wenn der Antrag nicht mit Hilfe dieses Gesetzes gestellt wird, durch das nicht erlaubt ist, hinsichtlich der Provinzen ein Veto einzulegen.

begründet – von staatlichen Getreidespeichern aus, den Bau ordnen sie jedoch als vermutliche Bestimmung des Frumentargesetzes ein; Garnsey, Famine and food supply 215, stellt nämlich fest, dass alle anderen nachgewiesenen Speicherbauten privat seien, ­Gracchus’ horrea die einzige Ausnahme. Nach Rickman, Granaries 149–150, ist das Getreidegesetz „supposedly“ der Anlass für den Bau der Speicher. 415 Rickman, Granaries 150, 173.

Lex Nr. 33

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Cic. dom. 9,24: tu provincias consularis, quas C. ­Gracchus, qui unus maxime popularis fuit, non modo non abstulit a senatu, sed etiam ut necesse esset quotannis constitui per senatum lege sanxit, eas lege Sempronia per senatum decretas rescidisti, extra ordinem sine sorte nominatim dedisti non consulibus, sed rei publicae pestibus. Du hast die konsularischen Provinzen, die C. ­Gracchus, der allein in höchstem Maße volksfreundlich war, nicht nur dem Senat nicht entzogen, sondern sogar unwiderruflich durch Gesetz abgesichert hat, dass sie jedes Jahr durch den Senat zugewiesen werden müssen, genau diese Provinzen, über die auf Grund der lex Sempronia durch den Senat beschlossen worden war, hast du aufgehoben und außer der Reihe ohne Losverfahren durch Namensnennung nicht den Konsuln, sondern solchen gegeben, die im Staat Unheil stiften. Cic. Balb. 27,61: C. Caesarem senatus … ornavit; idem in angustiis aerari victorem exercitum stipendio adfecit, imperatori decem legatos decrevit, lege Sempronia succedendum non censuit. Der Senat ehrte Gaius Caesar … Ebenso hat er trotz der Notlage des Aerariums dem siegreichen Heer den Sold angewiesen, dem Oberbefehlshaber zehn Legaten bewilligt, und nicht beschlossen, dass ihm jemand auf Grund der lex Sempronia nachfolgen solle. Cic. fam. 1.7,10: omnia … per senatum consecuti sunt; nam et stipendium Caesari decretum est et decem legati, et, ne lege Sempronia succederetur, facile perfectum est. Alles … haben sie im Senat durchgesetzt; denn Caesar wurden sowohl der Sold als auch die zehn Legaten bewilligt, und leicht wurde durchgesetzt, dass er keinen Nachfolger auf Grund der lex Sempronia erhielt. Sall. Iug. 27,3: Sed ubi senatus delicti conscientia populum timet, lege Sempronia provinciae futuris consulibus Numidia atque Italia decretae. consules declarati P. Scipio Nasica L. Bestia Calpurnius; Calpurnio Numidia, Scipioni Italia obvenit. Doch da der Senat im Bewusstsein seines Vergehens das Volk fürchtet, wurden auf der Grundlage der lex Sempronia die Aufgabenbereiche Numidien und Italien für die zukünftigen Konsuln beschlossen. Zu Konsuln erklärt wurden P. Scipio Nasica und L. Calpurnius Bestia; Calpurnius fiel Numidien zu, Scipio Italien. Nur aus späteren Quellen bekannt ist eine lex Sempronia, die festlegt, dass der Senat vor der Konsulwahl die Aufgabenbereiche für die zukünftigen Konsuln festlegen soll. Damit werden die Möglichkeiten des Senats beschnitten, nach Gutdünken über die Konsuln zu verfügen.416 Gaius’ Motivation wird wie bei seinen anderen Gesetzesvorhaben auch in diesem Fall verschieden ausgedeutet; entweder

416

Im Jahr 125 etwa schickte der Senat den Konsul M. Fulvius Flaccus zu einem Feldzug in den Norden Italiens, so dass er seine Gesetzesvorhaben nicht weiter verfolgen konnte (Lex Nr. 16 und Nr. 17). Dieses Motiv hebt auch Badian, Clientelae 178, hervor. Nach Woodall, Study 10–11, wurde der Auswahlprozess über die Provinzen dadurch für alle Beteiligten „a little fairer“.

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werden seine Bemühungen um Zusammenarbeit mit dem Senat hervorgehoben,417 oder man erkennt darin die Absicht, die Stellung der Konsuln gegenüber dem Senat zu stärken, dessen Macht also zu beschneiden.418 Verschiedentlich findet sich die Ansicht, Gaius versuche in einem demokratischen Sinne dem Volk bessere Mitbestimmungsrechte zu bieten, indem es für einen bestimmten Aufgabenbereich eine Person bei den Wahlen bevorzugen könnte.419 In Anbetracht der im allgemeinen moderaten gracchischen Reformbestrebungen trifft wohl am ehesten zu, dass C. ­Gracchus eine „Versachlichung der jährlichen Auseinandersetzung“420 anstrebte, die einerseits den Senat vor der Einflussnahme der Gewählten bewahrte, ihn andererseits zur Objektivität anhielt. Im Einklang damit steht eine weitere Bestimmung des Gesetzes, die Ciceros Rede De provinciis consularibus (8,17) erkennen lässt. Danach ist verboten, gegen die Zuweisung der Provinzen durch den Senat Einspruch zu erheben.421 Dieses Interzessionsverbot zielt ebenfalls in zwei Richtungen, denn so konnte weder aus dem Senat heraus eine vielleicht missliebige Entscheidung gekippt oder eine Einflussnahme der Gewählten unterbunden werden. Staatsmännische Überlegungen werden auch hier Gaius’ Motiv gewesen sein, dass er als Volkstribun die potestas seines Amtes einschränkt.422 Außerdem wird aus den Worten Ciceros deutlich, dass das Gesetz nur für die konsularischen Provinzen gilt; denn bei der Zuweisung der prätorischen Provinzen haben die Volkstribunen ein Interzessionsrecht. Abseits dieses innenpolitischen Kalküls bringt Schulz423 die Außenpolitik ins Spiel. Das Gesetz verfolge den Zweck, dass die Konsuln direkt nach der Wahl beginnen könnten, sich z. B. auf einen Feldzug vorzubereiten, wenn die Provinzen ihres Amtsjahres dann schon feststehen. 417

Warde Fowler, CR 10, 1896, 279–280, u. EHR 20, 1905, 433. Ähnlich der Gedankengang von Stockton, Gracchi 130, wonach die Zuweisung der Provinzen so frei wie möglich von Personalfragen und Intrigen sein soll; daher denkt er an eine Zusammenarbeit mit dem Senat; vgl. Woodall, Study 10–11. 418 Lange, Alterthümer 3.41; Judeich, HZ 111, 1913, 484. Außerdem: Betti, Labeo 9, 1963, 84; Heftner, Gracchen 72; Christ, Krise 140. Linke, Röm. Republik 56 sieht den Einfluss der führenden Senatoren eingeschränkt. 419 Last, CAH 9.63–64; Perelli, Gracchi 208; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.645. Dagegen ist einzuwenden, dass die Konsuln nicht für einen bestimmten Amtsbereich gewählt werden, denn die Zuteilung der Aufgabenbereiche erfolgt erst nach der Wahl entweder durch kollegiale Abrede oder durch das Los (Mommsen, StR 1.54–57, 3.1032; Kunkel, Staatsordnung 2.199). 420 Martin, Populare 160; Bringmann, Republik 219; Mackay, Breakdown 73. 421 Willems, Sénat 2.562; Giovannini, Consulare imperium 106.  – Vervaet, Athenaeum 84, 2006, 643, meint, dass das Interzessionsverbot nur galt, wenn der Senat vor der Wahl der Konsuln die entsprechenden Provinzen zuteilte, nicht bei Änderungen. 422 Last, CAH 9.63–64, hebt das als Besonderheit hervor; De Martino, Costituzione 2.514, hält das Interzessionsverbot eher für den Bestandteil eines sullanischen Gesetzes. 423 Herrschaft 42–45. Ähnliches scheint Kunkel, Staatsordnung 2.528 anzudeuten.

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Welche Provinzen / ​Amtsbereiche genau Inhalt des Gesetzes waren, bleibt verschwommen. Zunächst hat es den Anschein, als ob das Amtsjahr der Konsuln gemeint ist – so das Beispiel Sallusts für das Jahr 111 –, bei Cicero geht es um die Provinzen des „zweiten“ Amtsjahres, in dem die Konsuln nach ihrem ordentlichen Amt als Prokonsuln eine zweite Amtszeit ausüben. Diese Praxis geht jedoch (vielleicht) erst auf Sulla zurück.424 Daher wird wohl von ­Gracchus eher das reguläre Amtsjahr der Konsuln gemeint sein, wobei sicherlich dem Senat vorbehalten bleibt, den amtierenden Konsuln aus einer neuen miltärischen Situation heraus eine neue Provinz zuzuweisen.425 Da das Gesetz de provinciis consularibus – wie aus Cicero abzulesen – offenbar noch Jahrzehnte später Geltung besitzt und auch befolgt wird, lässt sich schließen, dass es zu den gracchischen Gesetzen gehört, die nicht angetastet wurden.426 Es erweist sich damit als nachhaltigste Maßnahme aus Gaius’ Programm. Lit.: Badian, Clientelae 178; Balsdon, JRS 29, 1939, 58, 167; Betti, Labeo 9, 1963, 84–85; Bleicken, Lex 118, 132, 162 m.A.78, 418, 450–451 m.A.247; Blösel, Röm. Republik 165; Bonnefond-Coudry, Sénat 408–409, 410–411; Boren, Gracchi 94; Botsford, Roman Assemblies 381–382; Brennan, Praetorship 1.241, 2.395; Bringmann, Republik 219; Bringmann, Krise 49; Broughton, MRR 1.514 (7.); Capogrossi Colognesi, Law 187; Christ, Krise 140; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 279–280, 294; Cuq, DS 3,2.1164; Dahlheim, Gewalt 292–293; De Martino, Costituzione 2.513–514, 3.96; Evans, Marius 77–78, 110–111, 132; Ferrary, Législation 469–470; Fraccaro, Opuscula 2.35; Giovannini, Consulare imperium 106–107, 118, 125 A.39; Golden, Crisis 92; Graeber, Auctoritas 232; Gruen, Roman Politics 80; Gruen, Generation 457, 458, 460; Hackl, Senat und Magistratur 169 A.33, 173; Hantos, Res publica 105–106; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 278; Heftner, Gracchen 71–72, 217; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 484; Kunkel, Staatsordnung 2.219, 528; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.645; Lange, Alterthümer 1.734, 787, 2.673, 3.41–42, 57; Last, CAH 9.63–64; Levi, Costituzione 23–25, 167, 171–175; Lewis, Asconius 194; Linke, Röm. Republik 56; Lintott, CAH2 9.79–80; Lintott, Constitution 101–102, 212; Lundgreen, Regelkonflikte A.351, A.369, A.757; Mackay, Breakdown 72–73; Marsh / ​Scullard, History 78; Marshall, Asconius 110; Martin, Populare 159–160; Märtin, Führungsschicht 420; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 606; Mommsen, StR 1.54, 283 m.A.4, 2.217–218, 3.1086, 1101; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1389; Niccolini, FTP 161, 169, 172; Nicolet, Historia 28, 1979, 299; Perelli, Gracchi 171, 208; Rich, Declaring War 19, 48–49; Richardson, CAH2 9.573; Rotondi, Leges 311; Rowland,

424

Kunkel, Staatsordnung 2.18; Mommsen, StR 2.94.  – Vgl. dazu Lex Nr. 139 und die dort ausgesprochenen Zweifel. 425 So auch Lintott, CAH 2 9.79–80. Vervaet, Athenaeum 84, 2006, 646–647, leitet allerdings daraus ab, dass auch nach 123 der Senat die Freiheit habe, jederzeit die konsularischen Provinzen zuzuweisen – dann wäre die lex Sempronia jedoch relativ sinnlos, weil sie gegenüber früher keine Änderung bedeutete. 426 Vgl. Brunt, Latomus 15, 1956, 23. Auch Giovannini, Consulare imperium 125 A.39, nimmt an, dass die Volkstribunen noch im Jahr 50 deshalb kein Veto wagten.

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TAPhA 96, 1965, 366, 370; Sandberg, AIRFinl. 24.68; Schulz, Herrschaft 42–45, 66; Schur, Marius und Sulla 38; Siber, ZRG 64, 1944, 239; Siber, Verfassungsrecht 190, 230; v. Stern, Hermes 56, 1921, 283–284; Stevenson, CAH 9.455–457; Stockton, Gracchi 129–131, 167, 202; Thommen, Volkstribunat 87–88, 97, 208, 229; Vervaet, Athenaeum 84, 2006, 625–626, 632–654; Warde Fowler, CR 10, 1896, 279–280; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 433; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Willems, Sénat 2.204 A.1, 562–563, 575–576; Woodall, Study 1–12, 132–135; Zumpt, Criminalrecht 2,1.90–92.

34 Lex Sempronia ne quis iudicio circumveniatur / ​circumveniretur 631/123

Cic. Cluent. 52,144: dixi Habito statim eo: ‚Qui coisset quo quis condemnaretur‘ illum esse liberum, teneri autem nostrum ordinem. Ich habe sofort zu Habitus gesagt, von der Bestimmung „Wer Absprachen getroffen hat, damit jemand verurteilt wird“ sei er nicht betroffen; aber unser Stand (die Senatoren) werde dadurch gebunden. Cic. Cluent. 54,148: Quid eadem lex statim adiungit? recita. Deque eius capite quaerito. Cuius? qui coierit, convenerit? non ita est. Quid ergo est? dic. Qui tribunus militum legionibus quattuor primis, quive quaestor, tribunus plebis – deinceps omnis magistratus nominavit – quive in senatu sententiam dixit, dixerit. Quid tum? Qui eorum coiit, coierit, convenit, convenerit quo quis iudicio publico condemnaretur. ‚Qui eorum‘? Quorum? Videlicet qui supra scripti sunt. Was fügt dasselbe Gesetz sofort hinzu? Lies vor! „Und man soll gegen diesen einen Kapitalprozess anstrengen.“ Gegen wen? Wer Absprachen getroffen hat oder wer sich zusammengeschlossen hat? Nein, so nicht. Wie denn? Sprich! „Wer als Militärtribun der ersten vier Legionen, oder als Quaestor, Volkstribun“ – darauf zählt das Gesetz alle Beamten auf – „oder wer im Senat abgestimmt hat oder abstimmen wird.“ Was dann? „Wer von denen Absprachen trifft, getroffen hat, sich zusammenschließt, zusammengeschlossen hat, damit jemand in einem ordentlichen Prozess verurteilt wird.“ „Wer von denen“ – von was für Leuten? Selbstverständlich von denen, die oben verzeichnet sind. Cic. Cluent. 55,151: Atque ut omittam leges alias omnis quibus nos tenemur, ceteri autem sunt ordines liberati, hanc ipsam legem: ‚ne quis iudicio circumveniretur‘, C. ­Gracchus tulit; eam legem pro plebe, non in plebem tulit. Und um alle anderen Gesetze zu übergehen, durch die wir gebunden werden, von denen die übrigen Stände aber frei sind, genau das Gesetz „Damit niemand durch einen Prozess hintergangen wird“ brachte C. ­Gracchus ein; dieses Gesetz brachte er für das Volk ein, nicht gegen das Volk.

Lex Nr. 34

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Cic. Cluent. 56,154: Illi non hoc recusabant ne ea lege accusarentur qua nunc Habitus accusatur, quae tunc erat Sempronia, nunc est Cornelia – intellegebant enim ea lege equestrem ordinem non teneri – sed ne nova lege adligarentur laborabant. Jene Richter protestierten nicht dagegen, dass man sie nach dem Gesetz anklagte, nach dem jetzt Habitus angeklagt wird, welches damals ein sempronisches Gesetz war, jetzt aber ein cornelisches – denn sie sahen ja, dass durch dieses Gesetz der Ritterstand nicht gebunden werde –, sondern sie waren darauf bedacht, nicht von einem neuen Gesetz eingeschnürt zu werden. Cic. Cluent. 57,156: A.  Cluentius, eques Romanus, causam dicit ea lege, qua lege senatores et qui magistratum habuerunt soli tenentur. Der römische Ritter Aulus Cluentius führt seine Sache vor Gericht mit dem Gesetz, durch das allein Senatoren und ehemalige Magistrate gebunden sind. Cic. Brut. 12,48: … contra legem ‚quo quis iudicio circumveniretur‘. … gegen das Gesetz „dass dadurch jemand durch einen Prozess hintergangen wird“.427 In seiner Verteidigungsrede für Cluentius bezieht sich Cicero auf ein Gesetz Sullas, die lex de sicariis et veneficis428, in die nach seinen Worten ein früheres Gesetz, eine lex Sempronia, integriert ist. Diese lex, die nur in dieser Rede genannt wird, bezeichnet Cicero nicht wie üblich mit einem allgemeinen klassifizierenden Terminus, sondern mit einer oder der einzigen ihrer Bestimmungen, nämlich, „dass niemand in einem / ​durch einen Prozess hintergangen wird“. Denselben Satz des Gesetzes führt Cicero beiläufig zwar noch einmal an (Brut. 12, 48), für den Inhalt der lex lässt sich aber nur der Zusammenhang der Cluentius-Rede nutzen. Daraus ergibt sich, dass sowohl die passive als auch die aktive Richterbestechung unter Strafe gestellt werden.429 Allerdings ist in der Cluentiana die Richterbestechung nur eine Nebenklage, denn verhandelt wird vor der quaestio de veneficis.430 Zusätzlich zur Richterbestechung wird aus dem von Cicero zitierten Satz deutlich, dass auch betrügerisches Verhalten, das bis zu einem „prozessualen

427

Entgegen dem von Cicero angeführten Wortlaut in Cluent. 55,151 fehlt hier die Negation, was entweder so zu erklären ist, dass ein negativer Vorsatz zu ‚quo quis‘ nicht zitiert wurde (z. B. es wurde verboten, dass …) oder dass hinter quo ein minus ausgefallen ist. 428 Lex Nr. 147. 429 Zur aktiven Bestechung vgl. vor allem Sherwin-White, JRS 42, 1952, 46 m. A.23. Im Übrigen: Flach, ZRG 90, 1973, 99. – Thomsen, C&M 5, 1942, 18–19, schreibt beides erst dem Gesetzesantrag von Drusus (Lex Nr. 100) zu. Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.653, lehnt den Bezug zur Richterbestechlichkeit aufgrund falscher Voraussetzungen ab (keine Beteiligung von Senatoren an den Geschworenengerichten – vgl. dazu u. a. Bicknell, Latomus 28, 1969, 348); ähnlich wohl Mackay (nach DAI 55–8, 1995, 2520-A) – die Schrift konnte leider nicht eingesehen werden. 430 Vgl. Classen, ZRG 89, 1972, 1–17 mit einer glänzenden Analyse von Ciceros Verteidigungsrede.

106

Lex Nr. 34

Mord“431 führen kann, durch die lex ne quis iudicio circumveniatur geahndet wird. Ob die Strafe des gracchischen Gesetzes tatsächlich schon kapital war, wie aus den Formulierungen des sullanischen Gesetzes für dieses klar ablesbar ist, lässt sich nicht ermitteln. Und auch der Anteil des gracchischen Gesetzes an der lex Cornelia ist nicht bestimmbar. Weil Cicero lediglich diesen einen Passus zitiert, gilt die lex ne quis iudicio circumveniatur oft nicht als selbständiges Gesetz432, sondern als Teil eines anderen. Dabei zieht man zumeist eine Verbindung zur lex de capite civis Romani 433, gelegentlich auch zur lex Acilia repetundarum434 bzw. schränkt man die Zielrichtung des Gesetzes auf die quaestio de repetundis435 ein. Letzteres liegt im Widerspruch zu den Intentionen von C. ­Gracchus; denn den Anstoß zur Übergabe der Repetundengerichtshöfe an die Ritter436 gaben nicht durch irgendwelche Machenschaften herbeigeführte Verurteilungen, wie sie nach dem Wortlaut des ne quis-Satzes zu erwarten wären, sondern Freisprüche von Magistraten durch senatorische Richter trotz manifester Bestechungsvorwürfe (App. civ. 1.22,92–93).437 Außerdem geht es nicht um die Belange von Provinzbewohnern, denn Cicero behauptet, dass ­Gracchus das Gesetz pro plebe und nicht in plebem, also wohl ausschließlich für römische Bürger gegeben habe. Scullard438 sieht eher Sinn und Zweck des Gesetzes darin, auf die quaestiones extraordinariae zu zielen, die nach der lex de capite civis Romani eingerichtet wurden; sie sollen zwar nur noch durch Volksbeschluss entstehen, doch die Richter in diesen Quaestionen sollten auch zukünftig Senatoren

431

Wolf, Untersuchungen 43; Stockton, Gracchi 125; Gruen, Roman Politics 86: „judicial murder“; Ewins, JRS 50, 1960, 101: „to punish unjust condemnations in capital cases“. Auch Weinrib, Historia 19, 1970, 420 geht von einer „wide variety of offences“ aus. 432 So u. a. Ewins, JRS 50, 1960, 98; Wolf, Untersuchungen 55; Thommen, Volkstribunat 121. – Vgl. die abschließende Bewertung dieser Frage durch Flach, ZRG 90, 1973, 104. 433 Lex Nr. 20. – So z. B. Mommsen, StrafR 258 A.1, 633 A.2; Cuq, DS 3,2.1164 m. A.8; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 243, 278–279; Fraccaro, Opuscula 2.271–272; Stockton, Gracchi 125; Kunkel, Kriminalverfahren 70 A.263a – Kunkel stellt die These auf, die gracchische Norm habe in der lex de capite civis die Funktion einer Sanktionsklausel gehabt; dagegen zu Recht Flach, ZRG 90, 1973, 99 A.43 –; De Martino, Costituzione 526; Bauman, Lawyers 237; Bringmann, Republik 217. Gegen die Identifizierung mit Lex Nr. 20: Strachan-Davidson, Criminal Law 1.244 A.1. 434 Lex Nr. 36. – So der Versuch von Fascione, AG 189, 1975, 33–38, wegen der von ihm behaupteten inhaltlichen Übereinstimmung zur lex repetundarum, Zeile 70–72, der aber nicht überzeugt. 435 So etwa Gabba PP 11, 1956, 367; zurückgewiesen von Miners, CQ N. S. 8, 1958, 242–243, und Ewins, JRS 50, 1960, 107. 436 Lex Nr. 35. 437 Vgl. Gruen, Roman Politics 85. 438 Gracchi to Nero 389 A.32; ebenso Gruen, Roman Politics 85–86.

Lex Nr. 34

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sein. Für Lange439 und Strachan-Davidson440 wurde durch die lex ne quis iudicio circumveniatur eine quaestio – also ein eigener Gerichtshof – eingerichtet,441 was jedoch auf Analogieschlüssen zur lex Cornelia Sullas beruht und sich nicht an Beispielen festmachen lässt. Aus Ciceros Worten wird jedoch eine weitere inhaltliche Klausel deutlich: Nach der lex Sempronia werden nur Mitglieder des Senats, ehemalige Magistrate442 und die vom Volk gewählten Militärtribunen zur Rechenschaft gezogen, nicht aber die Ritter. Last443 schreibt daher dieses „law on bribery in court“ einer ersten Phase von ­Gracchus’ Plänen zu, die darauf beruhen, dass Senatoren wie bisher die Gerichtshöfe besetzen. Wenn man eine Verkoppelung des Gesetzes allein mit der quaestio de repetundis verficht, wäre ­Gracchus’ lex ne quis iudicio circumveniatur durch die Übertragung des Repetundengerichtshofs an die Ritter allerdings gegenstandslos,444 was kaum anzunehmen ist. Eher wird man an eine fortdauernde Geltung für andere Bereiche bzw. Gerichtshöfe denken müssen;445 denn warum sollte Sulla ein Gesetz, das vierzig Jahre lang nicht angewendet wurde, in sein eigenes eingliedern?446 Lit.: Badian, AJPh 75, 1954, 376–378; Badian, Historia 11, 1962, 206; Bauman, Lawyers 236–237, 289; Betti, Labeo 9, 1963, 77; Bicknell, Latomus 28, 1969, 348; Boren, Gracchi 95; Broughton, MRR 1.514 (11.); Bringmann, Republik 217; Brunt, Fall 214, 225; Burckhardt, Strategien 269447; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 243, 278–279; Cuq, DS 3,2.1164 m.A.8; De Martino, Costituzione 2.526; Döbler, Agitation 259 A.951; Ewins, JRS 50,

439

440 441 442

443 444 445 446 447

Alterthümer 2.664: Die lex ne quis … erscheint als Teil einer von Lange proklamierten lex Sempronia de sicariis et veneficis – auch das in Analogie zur lex Cornelia de sicariis et veneficis (Lex Nr. 147) –, die es gleichwohl nicht gegeben hat, die aber auch von Botsford, Roman Assemblies 378, angenommen wird. Lange vertritt diese Ansicht erst in der dritten Auflage von Band 2, zuvor, in 3.31 (2.Aufl.), sieht er die lex ne quis … der lex Sempronia de capite civis Romani (Lex Nr. 20) „beigelegt“. – Ähnlich sieht Broughton, MRR 1.514 (11.), die lex ne quis … als eigenes Gesetz, das der späteren lex Cornelia „very similar“ sei. Criminal Law 2.20, denkt an eine quaestio perpetua für Bestechung; ihm schließt sich Boren, Gracchi 95, an. Wolf, Untersuchungen 55, denkt an eine von Fall zu Fall eingerichtete quaestio extraordinaria; dagegen Thommen, Volkstribunat 159. Diese werden neben den Senatoren extra aufgeführt, weil sie zwar durch ihr Amt Anspruch auf einen Senatssitz haben, aber ihre Amtszeit noch nicht so lange zurückliegt, dass die für die Aufnahme in den Senat erforderliche lectio senatus stattgefunden hatte. CAH 9.53–54; ähnlich Fraccaro, Opuscula 2.271. Diesen Schluss zieht Thomsen, C&M 5, 1942, 18–19. So auch Flach, ZRG 90, 1973, 99: … wurde nicht „außer Kraft gesetzt“; vgl. Bicknell, Latomus 28, 1969, 347–348. Vgl. Ewins, JRS 50, 1960, 98, die sich auch aus diesem Grund für die lex ne quis … als einem eigenständigen Gesetz ausspricht. Hier scheint eine Verwechslung vorzuliegen, denn auf S. 105 geht es um die lex de capite civis. Das Gesetz ne quis … wird von Burckhardt sonst nirgends erwähnt.

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Lex Nr. 35

1960, 94–107; Ferrary, Chapitre 158; Fascione, AG 189, 1975, 29–38; Flach, ZRG 90, 1973, 98–100, 104; Fraccaro, Opuscula 2.268–272; Frank, ESAR 1.241; Gabba, PP 11, 1956, 367, 369; Griffin, CQ N. S. 23, 1973, 116; Gruen, Roman Politics 84–87, 209; Heftner, Gracchen 68, 253 A. 14; Henderson, JRS 41, 1951, 76–77, 82, 84, 86; Jones, Criminal Courts 51; Kelly, Litigation 34–35; Konrad, Companion Republic 8.171; Kunkel, Kriminalverfahren 70 A.263a; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.645 m.A.308, 653; Lange, Alterthümer 2.664, 3.31; Last, CAH 9.53–54, 70, 179; Lengle, Strafrecht 27; Lintott, Judicial reform 26; Mackay, DAI 55–8, 1995, 2520-A; Marsh / ​Scullard, History 411 (p.59); Martin, Populare 154; Märtin, Führungsschicht 420–421; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 600; Miners, CQ N. S. 8, 1958, 241–243; Mommsen, RG 3.122–123; Mommsen, StrafR 258 A.1, 633 m.A.2; Niccolini, FTP 162; Perelli, Gracchi 162–163; Rotondi, Leges 310; Rowland, TAPhA 96, 1965, 363; Scullard, Gracchi to Nero 34–35, 389; Sherwin-White, JRS 42, 1952, 46–47, 53; Siber, Analogie 10 A.2; v. Stern, Hermes 56, 1921, 272; Stockton, Gracchi 122–126, 163, 205; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.244 A.1, 2.20, 22, 83; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 255, 264, 274; Thommen, Volkstribunat 121, 159; Thomsen, C&M 5, 1942, 18–19; v. UngernSternberg, Notstandsrecht 51 A.34; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219; Weinrib, Historia  19, 1970, 420–426, 431–433, 437; Wiseman, New Men 143–144; Wolf, Untersuchungen 42–56, 132–133, 142–143; Zumpt448, Criminalrecht 2,1.73–74, 78–79.

35 Lex Sempronia iudiciaria 632/122

App. civ. 1.22,92–93: τὰ δικαστήρια ἀδοξοῦντα ἐπὶ δωροδοκίαις ἐς τοὺς ἱππέας ἀπὸ τῶν βουλευτῶν μετέφερε, τὰ ὑπόγυα μάλιστα αὐτοῖς ὀνειδίζων, ὅτι Αὐρήλιος Κόττας καὶ Σαλινάτωρ καὶ τρίτος ἐπὶ τούτοις Μάνιος ᾿Ακύλιος, ὁ τὴν ᾿Ασίαν ἑλών, σαφῶς δεδωροδοκηκότες ἀφεῖντο ὑπὸ τῶν δικασάντων,  … ἅπερ ἡ βουλὴ μάλιστα αἰδουμένη ἐς τὸν νόμον ἐνεδίδου· καὶ ὁ δῆμος αὐτὸν ἐκύρου. καὶ μετηνέχϑη μὲν ὧδε ἐς τοὺς ἱππέας ἀπὸ τῆς βουλῆς τὰ δικαστήρια. Er übertrug die Gerichtshöfe, welche durch Bestechungsfälle in ihrem Ansehen gelitten hatten, von den Senatoren auf die Ritter. Vor allem machte er ihnen unlängst Geschehenes zum Vorwurf, dass nämlich Aurelius Cotta, Salinator und als dritter im Bunde Manius Aquilius, der Asien ausraubte, alle offenkundig bestechlich, von den Richtern freigesprochen wurden. Doch der Senat, der sich dessen zutiefst schämte, willigte in das Gesetz ein, und das Volk bestätigte es. Und auf solche Weise wurden die Gerichtshöfe vom Senat auf die Ritter übertragen.

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Zumpt ordnet die Nachrichten über dieses Gesetz bei der folgenden lex iudiciaria (Lex Nr. 35) ein.

Lex Nr. 35

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Varro ap. Non., s.v. bicipitem, p.728 L: Bicipitem quod incorporatum est posse dici Varro de Vita populi Romani lib. IV aperuit: ‚ … iniquus equestri ordini iudicia tradidit ac bicipitem civitatem fecit, discordiarum civilium fontem.‘ Dass biceps (doppelköpfig) von etwas gesagt werden kann, das unverkörpert ist, hat Varro, De Vita populi Romani Buch IV, enthüllt: … Feindselig übergab er die Gerichtshöfe dem Ritterstand und schuf einen Staat mit zwei Köpfen, ein Quell des Streites unter den Bürgern. Flor. 2.1,6 (3.13): Nam et  a senatu in equitem translata iudiciorum potestas vectigalia, id est imperii patrimonium, supprimebat, … Denn auch die vom Senat auf den Ritterstand übertragene Macht über die Gerichte drückte die Steuer­ einnahmen, d. h. das Vermögen des Reiches, herunter. 2.5,3 (3.17,3)449: Iudiciaria lege Gracchi diviserant populum Romanum et bicipitem ex una fecerant civitatem. Equites Romani tanta potestate subnixi, ut, qui fata fortunasque principum haberent in manu, interceptis vectigalibus peculabantur suo iure rem publicam. Durch das Gerichtsgesetz hatten die Gracchen das römische Volk gespalten und einen zweiköpfigen Staat aus einem gemacht. Die römischen Ritter stützten sich auf eine so große Macht, dass sie, die das Schicksal und die Güter der führenden Männer in ihrer Hand hielten, zunächst die Steuern an sich rissen und dann mit vollem Recht Staatsgelder veruntreuten. Diod. 34–35.25,1: (allgemeine Abrechnung mit der Gesetzgebung von C. ­Gracchus durch Diodor; ein Teil davon:) … τῶν μὲν γὰρ συγκλητικῶν τὸ δικάζειν ἀφελόμενος καὶ ἀποδείξας τοὺς ἱππεῖς κρίτας, τὸ χεῖρον τῆς πολιτείας τοῦ κρείττονος κύριον ἐποίησε, καὶ τὴν προϋπάρχουσαν τῷ συνεδρίῳ πρὸς τοὺς ἱππεῖς σύμπνοιαν διαστήσας βαρὺν τὸν ὄχλον κατ᾿ ἀμφοτέρων κατεσκεύασε, … Indem er nämlich den Senatoren die Rechtsprechung entriss und die Ritter zu Richtern bestimmte, machte er den schwächeren Teil des Staates zur herrschenden Macht über den vorher mächtigeren Teil und nahm, indem er das im Senat vorherrschende Einvernehmen mit den Rittern auseinander brachte, die Plebs heftig gegen beide ein. Vell. 2.6,2–3: (Gaius ­Gracchus) … tribunatum ingressus, longe maiora et acriora petens, …450 iudicia a senatu transferebat ad equites, … Nachdem Gaius ­Gracchus das Volkstribunat angetreten hatte und weil er bei weitem größere und ehrgeizigere Pläne verfolgte, … und übertrug die Gerichtshöfe vom Senat auf die Ritter.451 Plin. nat. 33.8,34: Iudicum autem appellatione separare eum ordinem primi omnium instituere Gracchi discordi popularitate in contumeliam senatus. Durch den Titel Richter diesen Stand (der Ritter) aber abzusondern, unternahmen als erste von allen die Gracchen durch ihre Zwietracht säende Sucht, dem Volk zu gefallen, zur Herabsetzung des Senates. 449

Der Text geht vermutlich direkt auf Varro zurück, vgl. Nicolet, L’ordre équestre 1.475 A.24. Weitere Gesetze von Gaius ­Gracchus, z. T. auch falsch zugeordnete seines Bruders Tiberius. 451 Diese Aussage kehrt in der Vorgeschichte zu Lex Nr. 100 (Vell. 2.13,2) und Lex Nr. 135 (Vell. 2.32,3) wieder. 450

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Tac. ann. 12.60,3: Claudius omne ius tradidit, de quo toties seditione aut armis certatum, cum Semproniis rogationibus equester ordo in possessione iudiciorum locaretur, …452 Claudius übergab (den Procuratoren) die gesamte Gerichtsbarkeit, über die so oft durch Aufruhr oder mit Waffengewalt gestritten wurde, damals, als durch die sempronischen Rogationen der Ritterstand in den Besitz der Gerichte gelangte, … Ps. Ascon. p.189: O r d o q u o q u e a l i u s a d r e s i u d i c a n d a s p o s t .453 C. ­Gracchus legem tr. pl. tulerat ut equites R. iudicarent: iudicaverunt per annos XXXX sine infamia.454 Auch wird ein anderer Stand für die Rechtsprechung verlangt. Gaius G ­ racchus hatte als Volkstribun ein Gesetz eingebracht, dass die römischen Ritter Recht sprechen sollten. Vierzig Jahre lang haben sie ohne Fehl und Tadel Recht gesprochen. Ps. Ascon. p.218: (§ 38.) A n n o s p r o p e q u i n q u a g i n t a . Tanto enim fere tempore equester ordo iudicavit lege Sempronia. Beinahe 50 Jahre. So lange etwa sprach nämlich der Ritterstand entsprechend der lex Sempronia Recht. ­ racchus zerDie antiken Quellenzeugnisse zu einer lex iudiciaria des Gaius G fallen in zwei Gruppen, von denen die eine455 über eine Erweiterung des Senats durch Ritter bzw. die Aufnahme von Rittern in die Geschworenenliste berichtet, während die andere456 in seltener Einmütigkeit aussagt, dass C.  ­Gracchus die Geschworenengerichte an die equites übergab und damit gleichzeitig die Senatoren von der Richterliste ausschloss. Die modernen Deutungen zu dieser widersprüchlichen Überlieferung schlagen verschiedene Richtungen ein: Erstens, man trennt die beiden Gruppen voneinander und weist die unterschiedlichen Aussagen zwei Vorschlägen des Gaius ­Gracchus zu, die in einem zeitlichen Abstand voneinander rogiert wurden. Zweitens, man versucht die divergierenden Angaben miteinander in Einklang zu bringen, wobei der ein oder andere antike Autor abqualifiziert wird (z. T. sicherlich mit guten Gründen), da sonst kein zusammenhängendes Gerüst hergestellt werden kann. Aus der vorstehenden Quellenzusammenstellung ist ablesbar, dass hier zu­nächst der ersten Deutung der Vorzug gegeben wird: die Angaben zur ersten Gruppe der Zeugnisse wurden den Anfängen von Gaius’ Volkstribunat zugerechnet und finden sich deshalb in der rogatio Sempronia iudiciaria (Lex Nr. 24).

Weiter bei lex Servilia, Lex Nr. 69. Zitat aus Cic. div. in Caec. 3,8: post steht als Abkürzung für postulatur. 454 Die Fortsetzung des Textes steht bei Lex Nr. 135. 455 Diese Quellen wurden der Lex Nr. 24 zugeordnet. 456 Siehe die o.a. Quellen am Beginn dieser lex. 452 453

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Auf Grund des einheitlichen Tenors der Überlieferung ist festzuhalten, dass Gaius ­Gracchus auf jeden Fall eine lex iudiciaria457 verabschieden ließ. Nach der Mommsenschen Definition wird damit ein Gesetz bezeichnet, das sich mit der Besetzung der Gerichtshöfe befasst.458 Den antiken Berichten von Varro an ist zu entnehmen, dass dieses Gesetz von ­Gracchus eine Zäsur bedeutete, die der Auslöser für fortdauernde innenpolitische Auseinandersetzungen war.459 Der Inhalt ist denkbar einfach summarisch so überliefert: C. ­Gracchus beantragte und ließ verabschieden, dass die Gerichtshöfe nicht mehr mit Senatoren, sondern von nun an mit Rittern als Geschworenen zu besetzen seien. Diese allgemeine Aussage der Quellen gibt zu ganz unterschiedlichen Ausdeutungen Anlass, die sich auf die Motivation von G ­ racchus (1), die Festlegung des Personenkreises, der als equites bezeichnet wird (2), die Zusammensetzung des Gerichtshofs oder der Gerichtshöfe (3), und dem Geltungsbereich des Gesetzes (4) beziehen, die aber letztlich über die Feststellung einer Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit nicht hinauskommen. (1) So wird, verschiedenen Autoren folgend (Varro, Florus, Diodor, Plinius), aus dem Gesetz eine Aversion von G ­ racchus dem Senat gegenüber abgeleitet, und es wird ihm unterstellt, die Ritter fördern und die Macht des Senats beschneiden zu wollen.460 Bei Appian dagegen scheint eher das Bemühen von ­Gracchus durch, Auswüchse in der Rechtsprechung einzudämmen, denn nach seiner Aussage ist der gracchische Vorstoß eine Reaktion auf die Freisprüche von offensichtlich Schuldigen. Solche atmosphärischen Hinweise der antiken Autoren lassen sich jedoch in erster Linie auf die Konzeption oder auf die Einstellung des jeweiligen Autors zurückführen und weniger auf historisch verbürgtes Material. Bei unvoreingenommener Betrachtung könnte man G ­ racchus sogar nachsagen, dass er den Senat bei der Ausübung der sich im 2. Jh. mehrenden Verpflichtungen entlasten will.461 (2) Der Personenkreis, der dem Begriff equites zugeordnet wird, reicht von den Angehörigen der Ritterzenturien, der equites cum equo publico462, die außerdem 457

458 459 460 461 462

Einige (u. a. Warde Fowler, EHR 20, 1905, 429 A.25; Thomsen, C&M 5, 1942, 21–22) behaupten, dass nirgends ein solches Gesetz genannt wird, was nicht stimmt, vgl. Ps. Ascon. 189, Tac. ann.12,60 und Flor. 2.5,3 (3.17,3). – Dagegen versucht Griffin, CQ N. S. 23, 1973, 113–114, zu beweisen, dass das sempronische Gesetz kein allgemein geltendes, sondern unter die leges repetundarum einzuordnen ist. Ihre Argumentation ist nicht immer schlüssig, vorläufige Behauptungen werden später zu gesicherten Ergebnissen, so z. B. für 1. The Law of Gaius G ­ racchus die Behauptung, dass Poseidonios (Diodor) vorzuziehen sei, weil Appians Auffassung nicht ins Konzept passt (Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 113). Mommsen, GS 3.339: „Richterpersonal“. Vgl. etwa Dyck, Commentary 498–499, zu Cic. leg. 3.9,20 und Diod. 37.9 bzw. 34/35.27. Vgl. das ausgewogene Urteil von Meier, RPA 70–71. Vgl. die Überlegungen von Flach, ZRG 90, 1973, 102–103. Mommsen, StR 3,1.529–531; vgl. dazu Behrends, Geschworenenverfassung 55 A.11.

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Beschränkungen auf Grund ihres Alters unterlagen, bis zu all denen, die unter den Ritterzensus fielen.463 Welcher Kreis für die Auswahl der Geschworenen diente, ist nicht mit Sicherheit feststellbar;464 der census equester gilt jedoch heute als die wahrscheinlichste Qualifikation.465 (3) In der Frage der Zusammensetzung der Gerichtshöfe folgt für die quaestio de repetundis die überwiegende Mehrheit der schon von Mommsen466 geäußerten Überzeugung, dass C. ­Gracchus diese Gerichte den Senatoren nahm und den Rittern übertrug.467 Eine abweichende Meinung vertritt Carcopino468. Er verbindet die Nachrichten aus Plutarch und der Livius-Epitome469 über eine Richterliste aus 600/900 Namen von Senatoren und Rittern mit Appians Version und leitet trotz der übrigen anderslautenden Zeugnisse daraus eine gemischte Besetzung der Gerichte ab.470 (4) Aus der Einschränkung471 auf die quaestio de repetundis, deren Besetzung durch die inschriftliche lex repetundarum bis ins Kleinste geregelt ist, wird das Problem des Geltungsbereiches des Gesetzes schon deutlich; denn für andere Bereiche der Rechtspflege gibt es kaum Anhaltspunkte. Das beginnt damit, dass keine Einigkeit darüber herrscht, ob in dieser Zeit schon andere quaestiones perpetuae472 existierten, für die eine eigene (?) Geschworenenliste aufgestellt werden 463 464 465 466 467

468 469

470

471 472

Nach Mommsen, StR 3.258–259, werden die Reiter in der timokratischen Rangordnung mit der ersten Klasse zusammengefasst; vgl. dazu die Ausführungen von Last, CAH 9.894. Judeich, HZ 111, 1913, 493. Er tendiert zum „neu emporstrebenden Ritterstand“ und damit zur zweiten Möglichkeit. Kunkel, Quaestio 750. U. a. nimmt auch Gabba, Republican Rome V.146, den census equester als Maßstab. Mommsen, GS 3.343. Ein ausgewogeneres Urteil fällt Sherwin-White, JRS 72, 1982, 22, der seine Erkenntnisse aus der inschriftlichen lex repetundarum zieht, die für ihn ein Gesetz des G ­ racchus ist. Danach wird – soweit erhalten – die Geschworenenliste negativ definiert; es kommen als Geschworene in Betracht: keine Senatoren, keine Ex-Magistrate, keine Leute, die ihren Wohnsitz nicht in Rom oder der näheren Umgebung haben oder zur Zeit der Auswahl der Geschworenen nicht in Italien sind, sowie Leute unter dreißig oder über sechzig Jahre alt. Demnach gibt es keine ausdrückliche Bevorzugung der Ritter, vgl. die abschließende positive Beurteilung des Gesetzes, a. a. O. 28.  Carcopino, Gracques 240–242. S. o. bei Lex Nr. 24: rogatio Sempronia iudiciaria. – Auch andere vertreten die Ansicht, dass Gaius nur ein Richtergesetz verabschieden ließ, z. B. v. Stern, Hermes 56, 1921, 281–283; Döbler, Agitation 262–264. Schon Balsdon, PBSR 14, 1938, 99, stellte die Unhaltbarkeit dieser These fest, die im Übrigen mit der weiteren These einhergeht, dass die lex (Acilia) repetundarum die lex Servilia Glauciae sei. Diese Möglichkeit vertreten u. a. Kaser, Zivilprozessrecht 36 Kunkel, Quaestio 736: Vorgracchisch ist nur eine quaestio perpetua bezeugt, die quaestio de repetundis.– Vgl. Gruen, Roman Politics 86–87; Stockton, Gracchi 149–151. – Brunt, Fall 226, spricht sich für mehrere ständige Gerichtshöfe seit gracchischer Zeit aus.

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musste, und wer in diese Liste aufgenommen wurde.473 Denkbar ist eine quaestio de veneficis oder eine de sicariis, gesicherte Nachrichten über mögliche andere ständige Gerichtshöfe, etwa de ambitu (Wahlbestechung)474 oder de peculatu (Unterschlagung von Staatsgeldern)475, sind später zu datieren.476 Unklar ist auch, wie die Aufstellung der Richterlisten bei den quaestiones extraordinariae vor sich ging, die nach der gracchischen lex de capite civis477 nurmehr durch Volksbeschluss und nicht mehr vom Senat allein eingesetzt werden konnten. Vermutlich wurden die entsprechenden Listen aus der Zahl der zum Geschworenendienst Qualifizierten ad hoc zusammengestellt. Ein weiterer Streitpunkt ist die Einbeziehung der Zivilrechtsfälle, d. h. die Frage, wie das consilium besetzt wurde. Nach Polybios (6.17,7) gab es ein Monopol der Senatoren auf diese Gremien; seine Zuweisung der Zivilgerichtsbarkeit an den Senat verwirft nur Fraccaro478, alle übrigen stimmen ihm zu.479 Aus all diesen verschiedenen Ansichten wird jedoch eines deutlich: C. ­Gracchus war verantwortlich für eine allgemein geltende lex iudiciaria, die das „Richterpersonal“ regelt, wie Mommsen480 formuliert. Nicht endgültig entscheiden lässt sich, ob C. ­Gracchus nach einem ersten (gescheiterten) Versuch, aus Senatoren und Rittern gemischte Richterlisten aufzustellen,481 diese lex iudiciaria verabschieden 473

Dazu Kunkel, Quaestio 750. – Bicknell, Latomus 28, 1969, 347–348, will z. B. das gracchische Gesetz auf die quaestio de repetundis einengen, die ebenfalls bestehende quaestio de ambitu war seiner Meinung nach mit Senatoren besetzt. Nach Passerini, Athenaeum 12, 1934, 15, waren die Richter Ritter, ebenso wie der angeklagte Marius. 474 115 musste sich Marius vor einer quaestio de ambitu verantworten (Val. Max. 6.9,14; Plut. Mar. 5,3–6). Gelzer, Kl. Schriften 1.109, sieht hierfür „Ritterrichter“ zuständig. 475 Pompeius wurde 86 wegen Vergehen seines Vaters in eine quaestio de peculatu verwickelt (Plut. Pomp. 4,1). 476 Kunkel, Quaestio 738–739, skizziert eine mögliche Entwicklung dieser Gerichtshöfe; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 111, nimmt darauf Bezug. 477 Lex Nr. 20. 478 Fraccaro, Opuscula 2.257–258. Zugleich lehnt er ab, dass die Stelle des iudex im Zivilprozess ein Privileg der Senatoren war. 479 So etwa Kaser, Zivilprozessrecht 35–36; Brunt, Fall 197–198, 228; Lintott, CAH 2 9.80; Wolf, Untersuchungen 80.  – Allerdings findet die Einschränkung auf die Mehrzahl der Rechtsgeschäfte, die Polybios mit dem Zusatz „soweit es sich um schwerwiegendere Fälle handelt,“ (Übers. H. Drexler) vornimmt, nach meiner Kenntnis höchstens Erwähnung (Brunt, Fall 197), aber keine Berücksichtigung. 480 Mommsen, GS 3.329. 481 Dargestellt in Lex Nr. 24. – So sieht z. B. Last, CAH 9.52–54, die Entwicklung zur lex iudiciaria in zwei Stufen: In seinem ersten Tribunat machte C. ­Gracchus den nicht vollendeten Versuch mit der gemischten Besetzung der Gerichtshöfe, später (durch geänderte Umstände?) verschärfte er die Bestimmungen zugunsten der Ritter, was dann zum Gesetz erhoben wurde. Marsh / ​Scullard, History 53 A.1 (S. 54), sieht umgekehrt in der finalen Gesetzgebung eine Milderung. Wolf, Untersuchungen 81–83, 85–86, plädiert für zwei allgemeine Richter­

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ließ, welche die Geschworenengerichte an die equites übergab und damit die Senatoren von der Richterliste ausschloss, oder ob er lediglich ein einziges Gesetz einbrachte. Schon v. Stern482 versuchte eine Erklärung für die definitive Aussage der antiken Autoren über die Übertragung der Gerichte von den Senatoren an die Ritter: In einer Prozesskategorie wurden die Senatoren ganz ausgeschlossen, während den Rittern im Verhältnis zu den Senatoren die doppelte Zahl an Geschworenen­ stellen eingeräumt wurde. Die Klage der Optimaten über diese Benachteiligung führte zu einer maßlosen Übertreibung, die wiederum der falschen Annahme Vorschub leistete, die Geschworenen seien nach dem gracchischen Gesetz ausschließlich aus Rittern gebildet. Flach483 bietet eine andere Begründung mit dem Ergebnis, dass die Quellen tendenziell richtig, aber vergröbernd die faktischen Verhältnisse schildern: Plutarch und die Livius-Epitome betonen lediglich die Bevorzugung der Ritter gegenüber den Senatoren. Vor dem Hintergrund der Vielzahl von Aufgaben, denen sich der Senat zunehmend gegenübersah, machten sich unter den Senatoren Unlustgefühle breit, so dass sie sich aus der Rechtsprechung zurückzogen  – eine Tendenz, die durch die gracchische lex ne quis iudicio circumveniatur verstärkt wurde –. Für die späteren antiken Autoren (eine zeitgenössische Überlieferung gibt es nicht) entsteht daraus der Eindruck, dass die Senatoren ausgeschlossen wurden. Andererseits spricht die Existenz der lex ne quis iudicio circumveniatur dafür, dass es keine gemischten Geschworenenlisten gab, weil bei ihrer Einführung auch die Ritter hätten mit einbezogen werden müssen.484 Eher lässt sich daraus ableiten, dass die Senatoren in einigen Bereichen tatsächlich auch nach der lex iudiciaria als Geschworene tätig sein konnten. Mommsen485 erklärt das Vorhandensein von Senatoren in den Gerichten so, dass die Geschworenenfunktion an diejenigen Leute übertragen wurde, die unter den Ritterzensus486 fielen. Damit kamen Senatoren durchaus für eine Richterliste in Frage, wenn auch nicht als Senatoren, sondern als quadringenarii, wobei sie sich „unter der Masse verloren“, wie Mommsen argwöhnt. In der Forschung geht man öfter – ohne die oben versuchten Erklärungen – von nur einem gracchischen Gesetz aus, das aber wegen der eindeutigen Überweisung dieses Gerichtshofs an die Ritter überwiegend als Repetundengesetz eingeordnet

482 483 484 485 486

gesetze, auch das erste (hier Lex Nr. 24) war kein bloßer Versuch, sondern wurde verabschiedet und hatte im Ergebnis gemischte Richterlisten (a. a. O. 74–75). v. Stern, Hermes 56, 1921, 282–283. Flach, ZRG 90, 1973, 102–103. Dagegen Wolf, Untersuchungen 81. Weil er von gemischten Geschworenengerichten ausgeht, gilt ihm die Verantwortlichkeit der Senatoren als „weitere Diskriminierung“. Mommsen, GS 3.350 A.26. Ab einem Vermögen von 400 000 Sesterzen.

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wird.487 Obwohl keine einzige Quelle von einer lex Sempronia repetundarum spricht,488 findet man in der inschriftlich erhaltenen lex Acilia repetundarum489 ein gracchisches Gesetz, das zumindest als von G ­ racchus initiiert gilt und das – vergleichbar der lex Rubria490 über die Gründung der Kolonie Karthago – von einem Amtskollegen unter seinem Namen eingebracht wurde. Kurzerhand wird daraus auch eine Identifikation, „Gaius’ repetundae law“ (Stockton)491. Insgesamt betrachtet lässt sich für die lex Sempronia iudiciaria kein einheitliches Bild gewinnen; allein eindeutig ist die lapidare Aussage der Quellen über die Übertragung der Geschworenengerichte an die Ritter. Zum Abschluss soll noch ein Blick auf die Datierung dieser lex iudiciaria geworfen werden, die natürlich unterschiedlich ausfällt, je nachdem, ob man eine oder – wie hier vertreten – zwei Rogationen annimmt. Bei Judeich (ein Gesetz) gehört sie zu dem „Strauß“492 von Maßnahmen, den C. ­Gracchus in seinem ersten Tribunat beantragte. In der hier angenommenen Form gehört die lex iudiciaria entweder an das Ende des ersten oder den Beginn des zweiten Tribunats. Last493 datiert sie ein wenig später; es gebe jedoch zu wenige Zeugnisse, um zu entscheiden, ob das Gesetz vor oder nach dem Aufenthalt in Karthago (Frühjahr 122) verabschiedet wurde. Wichtiger als die Frage der Datierung erscheint jedoch die der Nachwirkung. Offenbar gehört die lex iudiciaria zu den gracchischen Gesetzen, die nach Gaius’ Tod bestehen blieben und nicht aufgehoben wurden.494 Denn nur so lässt sich erklären, wieso aus den Reihen des Senats oder von senatsaffinen Personen bis hin zu Sulla verschiedene Versuche495 unternommen und / ​oder unterstützt wurden, um wieder an den Gerichten beteiligt zu sein. 487

488

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492 493 494 495

Warde Fowler, EHR 20, 1905, 429 A.25; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 113; Martin, Populare 158; Perelli, Gracchi 191–196;  – Nicolet, L’ordre équestre 1.478, lässt die Frage zunächst in der Schwebe, 485 bezieht er das Gesetz doch auf die quaestio repetundarum. Nach Sherwin-White, JRS 72, 1982, 18, ist das gracchische Gesetz beides, eine lex iudiciaria und eine lex repetundarum. Gruen, Roman Politics 87. – Vgl. die vorzügliche Stellungnahme von Gruen, a. a. O. 293–295, zu den Ansichten von Jones, Hands, Brunt und Nicolet (Nachweise s. Literatur zu Lex Nr. 35 und 36). Lex Nr. 36. Lex Nr. 29. Stockton, Gracchi 141; Gracchi 138 heißt es: „the Gracchan repetundae law“. Ebenso Last, CAH 9.75–77; Fraccaro, Opuscula 2.23 A.8, 28; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 33–38; Gabba, Appian 1.340; Boren, Gracchi 108; Serrao, Classi 212–214; Scullard, Gracchi to Nero 34; u. a. Gegen die Identifikation mit der lex Acilia: Kunkel, Kriminalverfahren 96 A.349. Judeich, HZ 111, 1913, 476 u. 479. Last, CAH 9.75. So auch Lange, Alterthümer 3.56–57; Niccolini, FTP 172; Burckhardt, Strategien 269. Lex Servilia Caepionis, Lex Nr. 69; Lex Livia, Lex Nr. 100; Lex Plautia, Lex Nr. 112; Lex Cornelia Sullae, Lex Nr. 135.

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Lex Nr. 35

Lit.: Badian, AJPh 75, 1954, 378; Badian, Clientelae 182–183; Badian, Historia 11, 1962, 205–209; Badian, Imperialism 48–50 m.A.15 (102–103) (dt.: 74–76 m.A.15 (146)); Balsdon, PBSR 14, 1938, 98–99; Behrends, Geschworenenverfassung 54–55; Bellen, Grundzüge 96; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 79–80; Betti, Labeo 9, 1963, 82–84; Bianchini, MIL 35, 1975, 241–246; Bicknell, Latomus 28, 1969, 347–348; Bleicken, Lex 401 A.164; Blösel, Röm. Republik 164, 165; Boren, Gracchi 94–95, 105, 107–109; Botsford, Roman Assemblies 374–376; Bringmann, Revolution 45; Bringmann, Republik 218–219, 276; Bringmann, Krise 48–49; Broughton, MRR 1.517–518; Brunt, Equites 180 (dt.), App. II 141–148 (Seager, Crisis 107–114); Brunt, Fall 197–198, 228, 237–239; Burckhardt, Strategien 55–56, 269; Capogrossi Colognesi, Law 188; Carcopino, Gracques 240–243; Christ, Krise 139; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 267–278, 295; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.514–516, 520–523; Diehl, Sulla 200–201; Döbler, Agitation 262; Dreyfus, lois agraires 157, 163–165; Eder, Geschworenengerichte 23–24; Ewins, JRS 50, 1960, 101; Flach, ZRG 90, 1973, 100–104; Flach, Agrargeschichte 49–50; Fraccaro, Opuscula 2.23 A.8, 27–28, 273–279; Frank, ESAR 1.243–244; Gabba, PP 11, 1956, 368 A.1; Gabba, Republican Rome III.81–82, V.144–146; Gabba, Appian 1.73, 338–341; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 654; Gelzer, Kl. Schriften 1.222; Göhler, Italien 158–159; Graeber, Auctoritas 189–190, 201, 219–220, 261; Grasmück, Exilium 72–73, 79 A.98, 80, 104; Griffin, CQ N. S. 23, 1973, 109, 111, 113–114; Gruen, Roman Politics 87–90, 293–295; Hands, Latomus 24, 1965, 225–226, 234–236; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 278; Heftner, Gracchen 69–70; Hill, Middle Class 109; Jones, Criminal Courts 49; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 479–480, 491–494; Kann, Restoration 156; Kaser, Zivilprozeßrecht 35–36, 139–141; König, Staat 129 [49]; Konrad, Companion 8.171; Kornemann, Gracchenzeit 47, 49; Kunkel, Kriminalverfahren 96–97; Kunkel, Quaestio 738; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647–648, 649 A.324; Lange, Alterthümer 2.668, 3.39–40, 57; Last, CAH 9.53–54, 65, 75–77, 891; Lengle, Strafrecht 32; Levi, Costituzione 22–23, 115–117, 119–121, 123, 156; Linke, Röm. Republik 55–56; Lintott, Judicial reform 26; Lintott, CAH2 9.80–81; Luzzatto, Scritti minori [165–166]; Mackay, Breakdown 66, 69–72; Marsh / ​Scullard, History 53 A.1 (S. 54), 56–59; Martin, Populare 157–158; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 607; Meier, RPA 70–71; Mommsen, GS 3.343–347, 348; Mommsen, StR 3,1.529–530; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1383–1386, 1387–1388; Niccolini, FTP 160–161, 168–169, 172; Nicolet, L’ordre équestre 1.475–485; Nicolet, ANRW 1,2.197, 213 m.A.17; Nicolet, Historia 28, 1979, 276–279; Pelling, Plutarch 344; Perelli, Gracchi 170, 191–196, 198, 249; Perelli, Movimento popolare 104–109; Richardson, Old Statutes 49; Rödl, SCU 47–48; Rotondi, Leges 313–314; Rowland, TAPhA 96, 1965, 363–365; Rowland, Phoenix 23, 1969, 379; Salmon, Phoenix 16, 1962, 111; Santalucia, Diritto 79; Santalucia, Studi 189; Schur, Marius und Sulla 39–40; Scullard, Gracchi to Nero 34, 36, 387–389; Serrao, Classi 212–214; Shatzman, Senatorial Wealth 184–185; Sherwin-White, JRS 72, 1982, 18, 28; Siber, Verfassungsrecht 195; Sommer, RG 355; Stein, Ritterstand 13–21; v. Stern, Hermes 56, 1921, 281–283; Stockton, Gracchi 138–153, 168–169, 184; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.76–78, 82, 273–279; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 256, 274; Thommen, Volkstribunat 117–118, 196 A.29; Thomsen, C&M 5, 1942, 15, 21–22; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 33–38, 81, 94–96; Venturini, Processo penale 226; Venturini, crimen repetundarum 3–4; Walbank, Commentary 1.695–696; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 220, 428–431; E. Weiss, Leges Semproniae 2), RE 12,2 (1925) 2414; Wieacker, Rechtsgeschichte 359

Lex Nr. 36

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m.A.28, 434; Willems, Sénat 2.290; Wittmann, Sulla 573; Wolf, Untersuchungen 57–86, 134–135, 142–143; Zumpt, Criminalrecht 2,1.57–67, 78–81.

36 Lex (Acilia) repetundarum 631–632/123–122

CIL 12 .2,1 n.583 (= 198), 443–452 (A); Bruns, FIR 1.55–73 (A); Riccobono, FIRA 1.84–102 (A); Girard / ​Senn, 2.III, Nr.7496, 16–32 (90–106) (A); ROL IV, Nr.59, 316–371 (A / ​engl. Ü); Eder, Repetundenverfahren 153–231 (A / ​dt.Ü / ​K); Lintott, Judicial reform 88–170 (A / ​engl.Ü / ​K); Crawford, Roman Statutes No.1, 1.65–112 (A / ​engl.Ü / ​K); Ancient Roman Statutes, Doc. 45, 38–46 (engl. Ü). Cic. Verr. 1.17,51: M’. Glabrio … fac tibi paternae legis Aciliae veniat in mentem, qua lege populus Romanus de pecuniis repetundis optimis iudiciis severissimisque iudicibus usus est. Manius Glabrio, rufe dir die lex Acilia deines Vaters ins Gedächtnis; durch dieses Gesetz verfügte das römische Volk bei der Entschädigung für erpresste Gelder über die allerbesten Gerichtshöfe und die strengsten Richter. Ps. Ascon. p.221: F a c t i b i p a t e r n a e l e g i s A c i l i a e . Manius Acilius Glabrio legem Aciliam tulit de pecuniis repetundis severissimam: ut qua ne comperendinari quidem liceret reum. Denke an die väterliche lex Acilia. Manius Acilius Glabrio beantragte wegen der Erpressung von Geldern das strengste Gesetz: danach war es nicht einmal erlaubt, dass der Angeklagte zu einem zweiten Termin vorgeladen wurde. Cic. Verr. 2,1.9,26: Ego tibi illam Aciliam legem restituo, qua lege multi semel accusati, semel dicta causa, semel auditis testibus condemnati sunt, nequaquam tam manifestis neque tantis criminibus quantis tu convinceris. Puta te non hac tam atroci, sed illa lege mitissima causam dicere. Accusabo; respondebis; testibus editis ita mittam in consilium ut, etiamsi lex ampliandi faciat potestatem, tamen isti turpe sibi existiment non primo iudicare. Ich stelle für dich das besagte acilische Gesetz wieder her, durch welches Viele nach einmaliger Anklage, einmaliger Verteidigung und einmaliger Anhörung der Zeugen verurteilt wurden, die keineswegs so offensichtliche und auch nicht so schwere Vergehen begingen, wie die, deren du überführt wirst. Denke dir, dass du dich nicht nach diesem so schrecklichen, sondern nach jenem überaus milden Gesetz verantworten müsstest. Ich werde anklagen; du wirst antworten; nach Aufrufung der Zeugen werde ich die Geschworenen so in die Beratung gehen lassen, dass sie es, obwohl das Gesetz die Möglichkeit zur Vertagung bietet, gleichwohl für schändlich halten, nicht beim ersten Mal das Urteil zu fällen. 496

Nr.7 trägt den Titel „Loi Sempronia repetundarum (?)“.

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Ps. Ascon. p.231: A c i l i a m l e g e m . Acilii Glabrionis, patris huiusce praetoris, de quo etiam supra dixit; quae lex neque comperendinationem 497 ampliationem habet. Das acilische Gesetz. (Das Gesetz) des Acilius Glabrio, des Vaters genau des Praetors, den er oben schon erwähnte; dieses Gesetz kennt zwar keine Vertagung des Urteils auf den übernächsten Tag, eröffnet aber die unbestimmte Vertagung. Auf elf Bruchstücken einer Bronzetafel, der sog. tabula Bembina498, die seit Beginn des 16. Jhs. bekannt ist499 und im 19. Jh. noch um ein weiteres Fragment ergänzt werden konnte, stehen die Fragmente zweier Gesetze, auf der einen Seite die der lex agraria von 111500 und auf der anderen die eines Repetundengesetzes. Zwei der Fragmente sind verloren, aber aus älteren Abschriften bekannt, die übrigen werden teils in Neapel (Museo Nazionale), teils in Wien (Kunsthistorisches Museum) aufbewahrt. Über die Anordnung der Fragmente501 herrscht im Wesentlichen Einigkeit, eine unterschiedliche Auffassung besteht jedoch über den Abstand zwischen den Fragmenten der linken (Frg. Aa, Ab, C, E) und der rechten Gruppe (Ba, Bb, Bc, Dabc, Dd, F), weshalb die Meinungen über die ursprüngliche Größe der Bronzetafel auseinandergehen.502 Grundsätzlich unterscheidet sich der Inschriftentext des Repetundengesetzes von dem der lex agraria durch eine Untergliederung anhand von Überschriften, mit denen jede Klausel beginnt. Das veranlasste Crawford503 zu der These, dass es sich nicht um den normalen Gesetzestext mit der üblichen einleitenden Formel handelt, sondern um einen für die Edition abgeänderten Text in einer bis dahin

Stangl, a. a. O., ergänzt neque und schreibt dem Scholiasten einen Irrtum zu. So benannt nach einem ihrer „modernen“ Eigentümer: Kardinal Pietro Bembo. 499 Der Fundort ist unbekannt; zuerst tauchen sie in einem Bibliothekskatalog der Herzöge von Urbino und dann im Besitz des Kardinals Pietro Bembo auf. Im Jahr 1521 finden sie zum ersten Mal Erwähnung, doch erst im 19. Jh. erkennt C. A. C. Klenze (Fragmenta legis Serviliae repetundarum, Berlin 1825) den Zusammenhang zwischen den Fragmenten. Eine detaillierte Beschreibung der wechselvollen Geschichte der Fragmente bietet Lintott, Judicial reform 66–70; ebenso stehen Erläuterungen zu Auffindung und Zusammenfügung der Fragmente bei Mommsen, CIL 12 .2,1 n.583 (= 198), 443; Bruns, FIR 1.55–56; Riccobono, FIRA 1.84–85; Girard / ​Senn Nr.7 (C. Nicolet), 16–17 (90–91), Crawford, Roman Statutes 1.40–41, u. ders., NP 1.279, s.v. Agrargesetze. 500 Lex Nr. 61. 501 Mommsen, CIL 12 .2,1 n.583 (= 198), 443–446; Bruns, FIR 1.57; Crawford, Roman Statutes 1.45–51; Lintott, Judicial reform 73–85. 502 Vgl. die unterschiedlichen Zeichnungen der Fragmente für die Seite der lex repetundarum bei Bruns, FIR 1.57, Lintott, Judicial reform XV u. Scale reconstruction, Scale 0.45:1 (at end), Crawford, Roman Statutes 2.Fig. I (Crawford 2.Fig. III–IV,1 zeigen Ausschnitte der Fragmente). 503 Roman Statutes 1.49. 497

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einzigartigen Publikationsform. Alle anderen Herausgeber / ​Übersetzer504 denken an die aus anderen Gesetzestexten bekannte Eröffnungsformel mit dem Namen des Rogators, des Datums der Abstimmung, der Nennung der erststimmenden Tribus und dem Namen des Ersten, der hier seine Stimme abgibt. Diese Formel ist z. B. an der lex agraria auf der anderen Seite der Bronzetafel abzulesen, auch wenn sie dort nicht vollständig überliefert ist. Außerdem enthält der Text eine weitere Besonderheit, der Text der Zeilen 72–79 ist doppelt geschrieben, er wird in den Zeilen 79–85 wiederholt. Aus dieser Fehlerhaftigkeit wird teilweise abgeleitet, dass das Gesetz gar nicht veröffentlicht wurde.505 Vielleicht wurde die beschriebene Seite wegen ihrer Mängel aber auch aus Materialersparnis zur nicht mehr sichtbaren Rückseite, als man im Jahre 111 auf der Vorderseite die lex agraria eingravierte. Seit der Auffindung und der ersten Veröffentlichung der Fragmente bietet die Lückenhaftigkeit des Textes Anlass zu grundlegenden Diskussionen und Differenzen. Bevorzugte Themen sind der Urheber des Gesetzes und im Zusammenhang damit seine chronologische Einordnung und schließlich die inhaltlichen Ergänzungen der zwischen den Fragmenten liegenden Lücken. Seit fast 200 Jahren besteht eine Kontroverse über den Rogator der lex repetundarum: Klenze (1825) erkannte zwar den Zusammenhang der damals vorhandenen 11 Fragmente, hielt sie aber für Teile der lex repetundarum des Servilius Glaucia (Lex Nr. 82), dessen Amtszeit als Tribun man früher in die Zeit vor 111 datierte.506 Inhaltliche Gründe veranlassten Mommsen507, die lex repetundarum in die Jahre 123/122 zu rücken und dem Umfeld von Gaius G ­ racchus zuzuweisen. Und auch aus der Chronologie lassen sich Hinweise auf diese Platzierung gewinnen: Erstens kann die auf der anderen Seite der Tabula Bembina aufgezeichnete lex agraria, die – wie oben beschrieben – mit ziemlicher Sicherheit die jüngere der beiden leges ist, eindeutig in das Jahr 111 datiert werden; zweitens werden in Z. 23 und 74/81 zwei Vorläufergesetze genannt, die lex Calpurnia von 149508 und eine lex Iunia509, und drittens führt Z. 22 eine lex Rubria an, bei der es sich nach allgemeiner Auffassung 510 um die lex de colonia Carthaginem deducenda 504

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Mommsen, CIL 12 .2,1 n. 583 (= 198), 446; Bruns, FIR 1.59; Riccobono, FIRA 1.85; Girard / ​ Senn Nr.7 (C. Nicolet), 18 (92); Ancient Statutes 38; Eder, Repetundenverfahren 154; Lintott, Judicial reform 88, 110. Balsdon, PBSR 14, 1938, 114; Mattingly, JRS 59, 1969, 138–139 (dazu: Sherwin-White, JRS 62, 1972, 99; Flach, ZRG 90, 1973, 94); Crawford, Roman Statutes 1.52. So etwa Mommsen, StrafR 709; Rotondi, Leges 322. – Vgl. dazu Broughton, MRR 1.573 A.2. Auch Piganiol, CRAI 1951, 1, 61–62, identifiziert die lex Acilia mit der Inschrift und setzt sie in das Jahr 122. GS 3.350 A.26. Elster, Gesetze, 418–422 (Lex Nr. 200). Elster, Gesetze, 452–454 (Lex Nr. 219). Vgl. etwa Lintott, Judicial reform 120. Carcopino, Gracques 229–233, lehnt das ab, was von Mattingly, Latomus 34, 1975, 726–727, unterstützt wird.

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(Lex Nr. 29) handelt und die nur von Dezember 123 bis 122 in Kraft war.511 Ähnlich wie die lex Rubria könnte auch die lex repetundarum aus dem Kreis der Tribunen um C. ­Gracchus erwachsen oder direkt von ihm initiiert sein. Als Kandidat kommt M’. Acilius Glabrio in Frage512, was dem doppelten Hinweis von Cicero (Verr. 1.17,51 und 2,1.9,26  – sowie aus den Scholien Ps. Ascon. p. 221 u. 231) auf eine lex Acilia entnommen werden kann, die aus dem Textzusammenhang eindeutig als lex repetundarum aufzufassen ist. Öfter wird diese Identifizierung der lex Acilia mit der lex repetundarum jedoch auch angezweifelt. Stattdessen wird die inschriftliche Überlieferung auf Grund der Hypothese, dass Gaius G ­ racchus nur ein einziges Richtergesetz einbrachte, direkt als lex Sempronia513 bezeichnet. Bis 1969514 bewegte sich die neuere Diskussion überwiegend innerhalb dieser Konturen. Seit damals versucht Mattingly 515, durch eine Rückkehr zu den Ansichten von Klenze und Carcopino516 mit neuen Argumenten und gewagten Hypothesen wieder die lex repetundarum als lex Servilia des Glaucia zu erweisen; seine Thesen werden jedoch allgemein abgelehnt.517 Ein vorsichtiges Fazit könnte lauten: Die lex repetundarum der Tabula Bembina entstammt dem Umkreis von Gaius G ­ racchus, ist jedoch nicht sein eigenes Gesetz. Chronologisch ist das Gesetz am ehesten dem Beginn des zweiten Tribunatsjahres 511

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Eder, Repetundenverfahren 121 A.5, stützt die Datierung außerdem auf das in Z. 2 angeführte Kollegium der triumviri a.d.a., dass 133 durch das sempronische Ackergesetz (Lex Nr. 3) eingesetzt wurde. Er nimmt hier zwar Bezug auf eine Textergänzung, diese findet aber in Z. 13 eine Bestätigung. Zuerst vorgeschlagen von C.Th. Zumpt, De legibus iudiciisque repetundarum in republica Romana, Berlin 1845. Als lex Acilia wird sie auch bezeichnet von: Balsdon, PBSR 14, 1938, 98–99; Badian, AJPh 75, 1954, 374–75, 378–384; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 45; Boren, Gracchi 108. – Nach Levi, Costituzione 123, gab es keine andere lex Sempronia ­ racchus’ Gesetz, wurde nur von Acilius eingebracht; ähnlich Gruen, und die lex Acilia ist G Roman Politics 88–90, und Andere. – Zur Person des Acilius vgl. Badian, AJPh 75, 1954, 381–383. So lautet z. B. in Girard / ​Senn Nr.7 die Überschrift – wenn auch mit Fragezeichen. Ähnliche Ansicht vertreten u. a. Strachan-Davidson, Criminal Law 2.6; Last, CAH 9.892–893; Fraccaro, Opuscula 2.273–279; Nicolet, L’ordre équestre 1.490–491; Serrao, Classi 212; Richardson, Old Statutes 47, 49. Nach Kunkel, Kriminalverfahren 13 A.19 geschieht diese Identifikation mit der lex Sempronia „zu Unrecht“. Ein detaillierter Überblick über die Diskussion bis etwa 1968 ist bei Eder, Repetundenverfahren 122 A.1, nachzulesen; vgl. auch De Martino, Costituzione 2.516. Mattingly, JRS 59, 1969, 129–143, u. JRS 60, 1970, 154–168, u. CQ 25, 1975, 255–263, u. Hermes 107, 1979, 478–488, u. Philologus 131, 1987, 71–81. Gracques 212–240. Eder, Repetundenverfahren 122 A.1, zählt auf, wer Carcopinos Thesen widerspricht, und beginnt mit den Rezensionen von Gelzer (Gnomon 5, 1929, 653–655) und Last (JRS 18, 1928, 231). Sherwin-White, JRS 62, 1972, 83–99; Nicolet, ANRW 1,2.200–202; Flach, ZRG 90, 1973, 91–94; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 108–111; Crawford, Roman Statutes 1.51–52.

Lex Nr. 36

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von C. ­Gracchus zuzuordnen, Dezember 123 bis Frühjahr 122. Die Zuweisung an seinen Mittribunen M’. Acilius Glabrio geschieht nicht mit letzter Sicherheit, ist aber immer noch die wahrscheinlichste Annahme. Die divergierenden Meinungen zum Inhalt entstehen aus den unterschiedlichen Ergänzungsversuchen für die zwischen den Fragmenten liegenden Lücken. Zunächst sind sie abhängig von den jeweils angenommenen Zwischenräumen zwischen den Fragmenten und damit von der hypothetischen Länge der Zeilen. Die von Mommsen vorgeschlagenen Konjekturen haben daher eine andere Dimension als beispielsweise die von Crawford518. Außerdem erkennt Mattingly – ausgehend von seiner vorgefassten Meinung – Inhalte, die sich jedoch in der Inschrift kaum verifizieren lassen, dagegen zu Recht erst der nicht im Wortlaut bekannten lex Servilia des Glaucia519 zugeschrieben werden. Anhand der in der Inschrift (nicht vollständig) überlieferten Rubriken lässt sich ein guter Überblick über den Inhalt der lex repetundarum gewinnen. Penibel genau enthält das Gesetz umfassende Anordnungen zur Klagebefugnis (wer darf klagen), zum möglichen Zeitpunkt einer Klage (während der Amtszeit eines Magistrats ausgeschlossen), zur Auswahl der Geschworenen (für das laufende Jahr und dann für jedes folgende Jahr Erstellung einer Liste mit 450 Namen, die keine Senatoren und keine ehemaligen Magistrate enthalten darf) und ihrer Verpflichtung (kein Wechsel der Geschworenen in einem Verfahren), zum korrekten Ablauf des Verfahrens (Verhalten der Geschworenen, Vertagung, Zeugen), zum Freispruch bzw. zur Verurteilung des Angeklagten, zur Stimmabgabe bei der Urteilsfassung, über die Festsetzung der Schadensersatzsumme auf das Doppelte und über Vorkehrungen für die Zahlung der Strafsummen, über die Fälle, die nach den zwei vorangegangenen Gesetzen, der lex Calpurnia und der lex Iunia abgeurteilt wurden (keine erneute Verhandlung abgeschlossener Fälle) und schließlich zu den Belohnungen für die (erfolgreichen) Ankläger (römisches Bürgerrecht für alle; Recht zur provocatio, Befreiung vom Militärdienst und von Abgaben). Die letzten Zeilen sind so bruchstückhaft erhalten, dass sich Schlussbestimmungen – etwa zur Ausführung des Gesetzes, zur Veröffentlichung oder eine sanctio – nur vermuten lassen.520 Aus all diesen Bestimmungen lässt sich erkennen, dass der Repetundenprozess einer grundsätzlichen Umgestaltung unterworfen wurde; denn durch die lex repe518

Vgl. den Abschnitt zur Rekonstruktion des Textes in Roman Statutes 1.45–51 und die Skizze (Fig. 1) in Roman Statutes 2. – Grundsätzliche Unterschiede lassen sich jedoch nicht erkennen, vgl. die Bemerkungen von Sherwin-White, JRS 62, 1972, 83–84, zu dem Versuch von Mattingly, JRS 59, 1969, 129–133. 519 Vgl. bei Lex Nr. 82 und die zuvor genannte Literatur zur Widerlegung von Mattingly. 520 Darstellungen des Inhalts finden sich bei Crawford, Roman Statutes 1.51 anhand der Ru­ briken, bei Lintott, ZRG 98, 1981, 177–181, und ders., Judicial reform 16–25 (zunächst als Überblick (Sections, S.16), dann eine detaillierte Erläuterung aller Abschnitte). Eine kürzere Zusammenfassung steht auch bei Kleinfeller, RE 1A,1 (1914) 605–606.

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tundarum wird das auf der lex Calpurnia und wohl auch der lex Iunia beruhende schiedsgerichtliche Verfahren521 in ein Strafverfahren umgewandelt, das nun vor einem Geschworenengerichtshof (quaestio perpetua)  verhandelt wird. Hervorzuheben ist die Zusammensetzung des neuen Gerichtshofes, bei dem Senatoren und alle ehemaligen Magistrate von den Geschworenenlisten ausgeschlossen sind. Das Gesetz rankt sich jedoch primär nicht um die Neubesetzung der Geschworenenbänke522, sondern um die Neuregelung des Repetundenverfahrens. Diese inhaltliche Neugestaltung betrifft die Erweiterung des zur Verantwortung zu ziehenden Personenkreises523, die Anklagemöglichkeiten für Nichtrömer, d. h. auch für Provinzbewohner  – sie sind nicht mehr auf römische Bürger als patroni angewiesen524 –, die peniblen Schadensersatzregelungen mit der Erhöhung der Strafsumme auf das Doppelte der erpressten Gelder525, die Begrenzung der ampliatio (von Geschworenen veranlasste Vertagung, wenn sie noch nicht bereit waren, ihr Urteil abzugeben) auf zwei weitere Sitzungen526 und die Belohnungen für die erfolgreichen Ankläger, die auch für Nichtrömer galten.527 Das durch die lex repetundarum eingeführte Verfahren wird etwa zwanzig Jahre angewendet, erst um 103/101 nimmt die lex Servilia (Lex Nr. 82) eine Modifizierung vor. Lit.: Badian, AJPh 75, 1954, 378–384; Badian, Historia 11, 1962, 203–206, 208; Balsdon, PBSR 14, 1938, 98–99, 114; Bauman, ANRW 2,13.123; Bauman, Crime 23; Bellen, Grundzüge 96; Berger, Lex Acilia repetundarum, RE 12,2 (1925) 2319; Betti, Labeo 9, 1963, 83; Bianchini, MIL 35, 1975, 241–242; Bleicken, Lex 224, 229 A.115, 401 A.164, 450 A.247; Blösel, Mos maiorum 61; Boren, Gracchi 107–108; Botsford, Roman Assemblies 375–378; Bringmann, Revolution 45; Bringmann, Republik 219–220, 276; Bringmann, Krise 49; Brunt, Equites App. II 146–147; Brunt, Fall 236–237, 526–530; Capogrossi Colognesi, Law 189; Carcopino, Gracques 212–240; Cloud, CAH2 9.508– 509; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 267–278, 295, 296–297; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 139–140, 141–145; Crawford, Roman Statutes 1.39–112; De Martino, Costituzione 2.516–520; Döbler, Agitation 262; Ducos, Les Romaines 111, 167, 267–268; Eder, 521

Eder, Repetundenverfahren 120, nennt es „Disziplinarverfahren“. Diese Frage wird in der lex Sempronia iudiciaria (Lex Nr. 35) geregelt. 523 Sherwin-White, JRS 72, 1982, 19. 524 Vgl. dazu Serrao, Classi 240–246. 525 Z. 58–59: Nach bisherigem Recht galt die einfache Ersetzung  – die übereinstimmenden Textergänzungen der Herausgeber über vorangegangene Gesetze sind sicher zutreffend; vgl. auch Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 5, 6–7. 526 Cic. Verr. 2,1.9,26 lässt die Anzahl der möglichen Vertagungen offen, die Begrenzung auf zwei wird auf Z. 48 zurückgeführt, ist aber nicht eindeutig, vgl. Flach, ZRG 90, 1973, 92 zur Textergänzung von Mommsen. 527 Für Einzelheiten siehe die Kommentare von Eder, Repetundenverfahren 153–231; Sherwin-​ White, JRS 72, 1982, 19–28; Lintott, Judicial reform 110–166; Crawford, Roman Statutes 1.95–112. 522

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Repetundenverfahren 120–231; Ehrhardt, ZRG 55, 1935, 81–82; Ewins, JRS 50, 1960, 101; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 108–111; Ferrary, Législation 471; Flach, ZRG 90, 1973, 91–94; Flach, Agrargeschichte 50; Fraccaro, Opuscula 2.30, 273–279, 282–286; Frank, ESAR 1.298; Galsterer, Herrschaft 93–95; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 653–55; Girard / ​ Senn, 2.III, Nr. 7, 16–32 (90–106) (Nicolet); Göhler, Italien 159–161; Graeber, Auctoritas 186 A.105, 189 A.118; Grasmück, Exilium 79 A.99; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 113; Gruen, Roman Politics 88–90, 293–295; Hands528, Latomus 24, 1965, 225–237; Hantos, Res publica 26–27, 43, 53, 155; Harris, Etruria and Umbria 193; Heftner, Gracchen 70 m.A.17 (S. 254); Henderson, JRS 41, 1951, 74–75, 80–86; Hill, Middle Class 110–111; Jones, PCPhS 186, 1960, 39–42; Jones, Criminal Courts 48–50, 58, 60–66, 69–72, 76–79, 81, 86–87; Judeich, HZ 111, 1913, 487; Karlowa, Rechtsgeschichte 1.431–433; Kaser, ZRG 73, 1956, 255–256; Kaser, ZRG 94, 1977, 120; König, Staat 129 [48]; Konrad, Companion 8.171–172; Kleinfeller, Repetundarum crimen, RE 1A,1 (1914) 605–606; Kloft, Prorogation 11, 66 A.86, 68; Krüger / ​K aser, ZRG 63, 1943, 128–129, 132; Kunkel, Kriminalverfahren 13 A.19, 96 A.349; Kunkel, Quaestio 738, 749–750; Kunkel, Staatsordnung 2.385–387, 436 A.156, 546 A.52; Lange, Alterthümer 2.273, 664, 3.40–41; Last, CAH 9.75–77, 892–896; Lehmann, Strafgesetzgebung 48–50; Lengle, ZRG 53, 1933, 275–276, 279; Lengle, Strafrecht 30, 32; Levi, Costituzione 23–25, 122–124, 126–127, 190–191; Levy, ZRG 53, 1933, 159, 194–195; Liebs, ZRG 84, 1967, 108 A.17, 125; Lintott, ANRW 1,2.255–256; Lintott, ZRG 98, 1981, 177–185; Lintott, Judicial reform 3–33, 59–170; Lintott, CAH2 9.81; Lintott, Constitution 47, 50, 202; Luzzatto, Scritti minori [163–167]; Mackay, Breakdown 69, 71–72; Mantovani, Legum multitudo 725; Marsh / ​Scullard, History 412 (p.59); Martin, Populare 157–159; Märtin, Führungsschicht 421–433; Mattingly, JRS 59, 1969, 129–143; Mattingly, JRS 60, 1970, 154–168; Mattingly, Latomus 34, 1975, 726–728; Mattingly, Hermes 107, 1979, 478–488; Mattingly, Philologus 131, 1987, 71–81; Meyer, ZRG 95, 1978, 138–157; Millar, Rome 1.155; Mommsen, GS I,1.1–64; Niccolini, FTP 162–163, 168–169; Nicolet, L’ordre équestre 1.485, 487–515; Nicolet, Appendices zu Carcopino, Gracques 2. Aufl. 1967, 316–334; Nicolet, ANRW 1,2.199–207; Nicolet, Historia 28, 1979, 278; Perelli, Gracchi 195–202; Piganiol, CRAI 1951, 1, 61–63; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 37–70, 83; Reid, JRS 1, 1911, 69; Richardson, Old Statutes 47, 49, 56, 57; Robinson, Criminal law 2, 81, 85; Rotondi, Leges 312–313; Sandberg, AIRFinl. 24.70; Santalucia, Diritto 66–68, 76–77; Santalucia, Studi 186, 188–191, 202; Schulz, Herrschaft 43, 197; Schur, Marius und Sulla 39; Scullard, Gracchi to Nero 34 A.31 (387–389); Serrao, Classi 212–214, 240–254; Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 6–8; Sherwin-White, JRS 42, 1952, 43–55; Sherwin-White, JRS 62, 1972, 83–99; Sherwin-White, JRS 72, 1982, 18; Siber, Analogie 22; Stein, Ritterstand 4; v. Stern, Hermes 56, 1921, 292–293; Stockton, Gracchi 138–141, 147–150, 153; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.62, 76, 146–151, 177, 184; 2.6–10, 76, 82–86, 89–90, 94, 98, 129–131; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 257–259; Thommen, Volkstribunat 34, 72, 111, 118, 121; Thomsen, C&M 5, 1942, 21–22; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 33–38, 81–83, 94–96; Treggiari, Freedmen 63, 67; Venturini, Processo penale 227, 229–230, 299; Venturini, crimen repetundarum

528

Zu Hands’ unglaubwürdigen Thesen vgl. die Zurückweisungen von Boren, Gracchi 108, und Gruen, Roman Politics 294.

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7–12, 31, 46–49, 129–235, 505–510; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 429–430; Wieacker, Rechtsgeschichte 424, 426 A.73, 439; Williamson, Laws 302–305; Wolf, Untersuchungen 5–13, 63–69, 86, 137–139, 142–143; Zumpt, Criminalrecht 2,1.99–189.

37 Rogatio Sempronia de suffragiorum confusione [de suffragiis]529 631–632/123–122

Ps. Sall. ep. 2,8,1530: Sed magistratibus creandis haud mihi quidem apsurde placet lex, quam C. ­Gracchus in tribunatu promulgaverat, ut ex confusis quinque classibus sorte centuriae vocarentur. Aber für die Wahl der Magistrate gefällt mir das Gesetz nicht schlecht, welches C. ­Gracchus in seinem Tribunat vorgeschlagen hatte, dass aus den fünf miteinander vermischten Vermögensklassen die Zenturien durch das Los (zur Stimmabgabe) aufgerufen werden sollten. C. ­Gracchus soll während seines Tribunates ein weiteres Gesetz eingebracht haben, welches das Abstimmungsverfahren der Zenturiatkomitien verändern sollte. Bisher wurden die Zenturien in der durch die Klassen vorgegebenen Reihenfolge zur Abstimmung gerufen. Nach der aus der ersten Klasse ausgelosten centuria praerogativa531 folgten die Reiterzenturien und dann die Klassen von der ersten bis zur fünften. Der Vorschlag des C.  ­Gracchus ging dahin, dass in Zukunft bei einer Abstimmung die Reihenfolge aller Zenturien unabhängig von ihren Klassen durchs Los festgelegt werden sollte.532 Merkwürdigerweise werden neben den Klassen die Reiterzenturien nicht eigens genannt; daher ist zu erwägen, ob C. ­Gracchus ihre 529

Serrao, Classi 184. Zur Frage der Echtheit dieses Briefes vgl. Werner Eisenhut, in: Sallust, Werke und Schriften, Lateinisch – Deutsch, 4. Aufl., Stuttgart 1969, 483–487. 531 Vgl. den grundlegenden Artikel von Christian Meier, Praerogativa centuria, RE Suppl. 8 (1956) 567–598. 532 So u. a. auch Williamson, Laws 126 A.24; wird von Botsford, Roman Assemblies 384 A.2, für unmöglich gehalten. – Lange, Alterthümer 3.43, hat zwei Deutungsmöglichkeiten, „entweder: daß aus den 350 Centuriae peditum durch das Loos 5 Gruppen von je 70 Centurien gebildet  … werden sollten, oder: daß die Reihenfolge, in der die 5 Classen mit ihren je 70 Centurien zur Abstimmung zu berufen seien, durch das Loos festgestellt werden sollte“. Die erste (ähnlich Mommsen, StR 3,1.294) erscheint unwahrscheinlich und die zweite zu eng gefasst, wenn nur die Reihenfolge der Klassen durch das Los bestimmt wird; gegen Lange auch Levi, Costituzione 188. Perelli, Gracchi 221, schränkt das Losverfahren aus allen Klassen auf die centuria praerogativa ein; diesen Vorschlag weist Meier, Praerogativa centuria, RE Suppl. 8 (1956) 591, zurück: „In Wirklichkeit sollte die Reihenfolge aller Centurien bei der Abstimmung von ihrer Klassenzugehörigkeit unabhängig werden.“ 530

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Stellung am Beginn der Abstimmung und damit auch die suggestive Wirkung ihres Abstimmungsergebnisses erhalten wollte. Vielleicht sind sie aber auch nur der Einfachheit halber bei Pseudo-Sallust unerwähnt geblieben. Perelli533 bezieht sie dagegen in die Klassen mit ein und leitet daraus ab, G ­ racchus habe den Vorrang der Reiterzenturien sowie ihre Sonderstellung und die der ersten Klasse abgelehnt; sein Gesetz sei „antiequestre“. Welche Absicht C. ­Gracchus konkret mit seinem Vorschlag verfolgte, bleibt ungewiss. Allgemein wird sein Vorhaben als „demokratisch“ eingestuft:534 Es herrscht die Meinung vor, dass er den Einfluss der Mächtigen / ​Besitzenden auf die Entscheidungen der Zenturiatkomitien verringern oder einschränken wollte;535 Niccolini536 und Boren537 denken dabei explizit an die Wahlen der höheren Magistrate. Betrachtet man die Zahlenverhältnisse der Klassen, so fällt die Durchsetzungskraft der „weniger Besitzenden“ allerdings gering aus, was diese Zielrichtung des Gesetzes fraglich erscheinen lässt. Eher könnte man Martin538 folgen, der die Rogation in eine Reihe mit den leges de ambitu stellt, da nach dem neuen Abstimmungsmodus eine „gezielte Bestechung“ nicht möglich sei. Im übrigen ist man weitgehend darin einig, dass dieser Vorschlag im Stadium einer Rogation blieb, also nicht verabschiedet wurde.539 Ein Kriterium dafür ist die Erwähnung der centuria praerogativa noch bei Cicero540, was darauf hinweist, dass der seit der Zenturienreform nachweisbare Abstimmungsmodus der Zentu533

Perelli, Movimento popolare 113. So z. B. Lange, Alterthümer 2.515–516; Rotondi, Leges 314; Betti, Labeo 9, 1963, 84–85; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 83; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 181; Meyer, Staat 300. 535 U. a. Schneider, Wirtschaft 308; Perelli, Gracchi 221. – Bei Taylor, Voting Assemblies 99, wird daraus sogar ein Gesetz „on the abolition of the classes“. 536 Niccolini, FTP 170. 537 Boren, Gracchi 117. 538 Martin, Populare 160–161; ebenso Thommen, Volkstribunat 83. 539 Lange, Alterthümer 2.658, 3.46; Mommsen, StR 3,1.294; Judeich, HZ 111, 1913, 489; v. Stern, Hermes 56, 1921, 294; Meyer, Staat 300 m. A.12; Bleicken, Lex 139 A.8; De Martino, Costituzione 2.527–528 (528 A.195, führt er andere Meinungen an.); Mouritsen, Plebs 66. Nach Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.648, scheiterte die Rogation an der Interzession des M. Livius Drusus, was aber nirgends ausdrücklich genannt wird. Allein Levi, Costituzione 189, hält die Rogation für ein verabschiedetes Gesetz, das erst von Sulla 88 (vgl. Lex Nr. 121) aufgehoben wurde. Seine Interpretation von App. civ. 1.59,266 ist jedoch verfehlt, denn dort geht es um den Unterschied zwischen der Abstimmung nach Tribus und der nach Zenturien, nicht um einen neuen Abstimmungsmodus für die Zenturien. Fälschlicherweise zieht Nicolet, MEFRA 71, 1959, 181, die Wahl der Volkstribunen in die Zenturiatkomitien und sieht in der Verabschiedung des Gesetzes die Ursache für den Wahlerfolg von C. ­Gracchus zum zweiten Tribunat (dazu: Badian, Historia 11, 1962, 244–245, und Martin, Populare 161 A.2). Daher hält er auch eine Abrogation des Gesetzes im J. 121 für möglich (a. a. O. 191). – Einen ähnlichen Versuch wie ­Gracchus unternahm 67/66 der Volkstribun Manilius (Cic. Mur. 23,47); dazu Meier, Praerogativa centuria, RE Suppl. 8 (1956) 591–592. 540 So z. B. Verr. 1.9,26; Planc. 20,49. 534

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riatkomitien unverändert angewendet wird. Und da wir für G ­ racchus’ Vorhaben nur das Zeugnis von Sallust besitzen, fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, in welchem seiner beiden Tribunate C. ­Gracchus diesen Vorstoß unternahm. Mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit könnte man jedoch eher an das zweite als an das erste Tribunat denken.541 Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 244–245; Betti, Labeo 9, 1963, 84–85; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 237–238; Bleicken, Lex 139 A.8; Boren, Gracchi 117; Botsford, Roman Assemblies 384 A.2; Broughton, MRR 1.518; Capogrossi Colognesi, Law 188; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 82–83; De Martino, Costituzione 2.527–528, 3.69 m.A.16; Dreyfus, lois agraires 157; Graeber, Auctoritas 202; Gruen, Roman Politics 80; Hall, Historia 13, 1964, 285 A.79; Hill, Middle Class 106–107; Judeich, HZ 111, 1913, 475, 489; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.648; Lange, Alterthümer 2.515, 525, 658, 3.43, 46; Last, CAH 9.64 A.2; Lehmann, Reformvorschläge 79–80; Levi, Costituzione 18–19, 188–190; Martin, Populare 160–161; Märtin, Führungsschicht 436–438; Chr. Meier, Praerogativa centuria, RE Suppl. 8 (1956) 591; Meier, RPA 132 A.426; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 610; Meyer, Staat 300; Mommsen, StR 3,1.294; Mouritsen, Plebs 66; Niccolini, FTP 165, 170; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 145–148, 168–170, 180–181, 191, 205, 209; Perelli, Movimento popolare 113; Perelli, Gracchi 210, 220–222; Rotondi, Leges 314; Scullard, Gracchi to Nero 35; Serrao, Classi 184; Schneider, Wirtschaft 308; v. Stern, Hermes 56, 1921, 294; Stockton, Gracchi 159–161, 167, 239; Taylor, Voting Assemblies 99; Thommen, Volkstribunat 85; Wieacker, Rechtsgeschichte 397; Williamson, Laws 126 A.24, 319.

38 Rogatio Sempronia de civitate sociis danda 632/122

App. civ. 1.23,99: καὶ τοὺς Λατίνους ἐπὶ πάντα ἐκάλει τὰ ῾Ρωμαίων, ὡς οὐκ εὐπρεπῶς συγγενέσι τῆς βουλῆς ἀντιστῆναι δυναμένης· τῶν τε ἑτέρων συμμάχων, οἷς οὐκ ἐξῆν ψῆφον ἐν ταῖς ῾Ρωμαίων χειροτονίαις φέρειν, ἐδίδου φέρειν ἀπὸ τοῦδε ἐπὶ τῷ ἔχειν καὶ τούσδε ἐν ταῖς χειροτονίαις τῶν νόμων αὑτῷ συντελοῦντας. Er (Gaius ­Gracchus) rief die Latiner auf, das volle römische Bürgerrecht zu beanspruchen, weil der Senat sich nicht den Anschein geben könne, als ob er sich Stammverwandten entgegenstelle. Was die anderen Verbündeten betrifft, die bei den römischen Abstimmungen nicht mitstimmen durften, so versuchte er ihnen das Stimmrecht zu gewähren, damit er bei der Verabschiedung der von ihm geplanten Gesetze auch ihre Unterstützung habe.

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So etwa Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 82–83, und Broughton, MRR 1.518.

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Plut. C.Gracch. 5,2: Aufzählung der Gesetze des C. ­Gracchus: ὁ δὲ συμμαχικὸς ἰσοψήφους ποιῶν τοῖς πολίταις τοὺς ᾿Ιταλιώτας,  … Ein (drittes Gesetz) für die Bundesgenossen, es gab den Italikern das gleiche Stimmrecht wie den Bürgern. Plut. C.Gracch. 8,3: αὖϑις ἑτέροις νόμοις ἀπηρτήσατο τὸ πλῆϑος, … καλῶν δ᾿ ἐπὶ κοινωνίᾳ πολιτείας τοὺς Λατίνους. Er versuchte durch andere Gesetze, das Volk wieder an sich zu binden und … und forderte die Latiner zur Teilhabe am Bürgerrecht auf. Plut. C.Gracch. 9,5: ῎Ετι δ᾿ ὁ μὲν τοῖς Λατίνοις ἰσοψηφίαν διδοὺς ἐλύπει, τοῦ δ᾿ ὅπως μηδ᾿ ἐπὶ στρατιᾶς ἐξῇ τινα Λατίνων ῥάβδοις αἰκίσασθαι γράψαντος, ἐβοήϑουν τῷ νόμῳ. Ferner erregte der eine (C. ­Gracchus) Ärger, weil er den Latinern gleiches Stimmrecht geben wollte, als dagegen der andere (Drusus) beantragte, dass es niemandem im militärischen Bereich erlaubt sein solle, einen Latiner mit Ruten zu misshandeln, unterstützten sie (die Leute) das Gesetz.542 Vell. 2.6,2: (Gaius Gr.) … eiusdem (scil. fratris) exempli tribunatum ingressus, longe maiora et acriora petens dabat civitatem omnibus Italicis, extendebat eam paene usque Alpis. Als Gaius nach dem Beispiel seines Bruders das Tribunat angetreten hatte, strebte er nach weit größeren und ehrgeizigeren Zielen: Er versuchte, allen Italikern das Staatsbürgerrecht zu verleihen und es fast bis zu den Alpen auszudehnen. Cic. Brut. 26,99: [Rede des Fannius, cos. 122] (C. Fannius) Gai filius, qui consul cum Domitio fuit, unam orationem de sociis et nomine Latino contra C. Gracchum reliquit sane bonam et nobilem. (C. Fannius), der Sohn des Gaius, der mit Domitius Konsul war, hinterließ eine Rede zum Thema Bundesgenossen und Latiner gegen C. ­Gracchus, eine durchaus gute und denkwürdige. Iul. Vict. rhet. 6,4 = Fannius, ORF4 frg.3, p.144: ut a Gaio Fannio adversus Gracchum dictum: „si Latinis civitatem dederitis, credo, existimatis vos ita, ut nunc constitistis, in contione habituros locum aut ludis et festis diebus interfuturos? Nonne illos omnia occupaturos putatis?“  … wie von Gaius Fannius in der Rede gegen ­Gracchus gesagt wurde: „Wenn ihr den Latinern das Bürgerrecht gebt, denkt ihr denn, dass ihr so, wie ihr euch jetzt aufstellt, in der Volksversammlung noch Platz haben werdet oder an den Spielen und Festen teilnehmen könnt? Glaubt ihr nicht, dass jene sich alles aneignen werden?“ Gell. 10.3,2: Legebamus adeo nuper orationem Gracchi De legibus promulgatis, in qua M. Marium et quosdam ex municipiis Italicis honestos viros virgis per iniuriam caesos a magistratibus populi Romani quanta maxima invidia potest conqueritur. Neulich lasen wir die Rede des ­Gracchus „Die neu bekanntgegebenen Gesetzesanträge“, in der er mit größtmöglicher Entrüstung darüber Klage führte, dass

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M. Marius und einige ehrenhafte Männer aus italischen Munizipien zu Unrecht von Magistraten des römischen Volkes mit Ruten geschlagen worden seien.543 Zu den Gesetzesvorschlägen, die C.  ­Gracchus in seinem zweiten Tribunat einbrachte, gehört auch ein Vorschlag de sociis et nomine Latino, wie er in einer Rede des Konsuls Fannius (122) bezeichnet wird. Diesen Titel der Rede überliefert Cicero (Brut. 26,99), ein Bruchstück daraus steht bei Julius Victor (6,4). Die übrigen Nachrichten über dieses Bürgerrechtsgesetz sind widersprüchlich und sorgen seit Jahrzehnten immer wieder zu Kontroversen, die vermutlich zu keiner allseits befriedigenden Lösung geführt werden können. Die Diskussionen kreisen um folgende Probleme: die Anzahl der Gesetzesanträge – einer, zwei oder gar drei –, den Inhalt des oder der Anträge und schließlich die Datierung.544 Ausgangspunkt der Überlegungen sind die widersprüchlichen Quellenaussagen: Plutarch (C. Gracch. 5,1–3) zählt in seiner Lebensbeschreibung fünf Gesetze bzw. Gesetzesvorhaben des C. ­Gracchus auf, eines davon zum Thema Bürgerrecht. Er behauptet summarisch: „Das dritte (Gesetz) betraf die Bundesgenossen, die italischen Völker sollten das gleiche Stimmrecht bekommen wie die römischen Bürger.“ Als er in Kap.8 über den Beginn des zweiten Tribunats schreibt, tauchen auf einmal zwei „neue“ Gesetze auf, mit denen ­Gracchus angeblich versuchte, „das Volk wieder von sich abhängig zu machen.“ Das eine beinhaltet die Anlage neuer Kolonien, und mit dem anderen „rief er die Latiner zur Teilhabe am Bürgerrecht auf.“ Wieder eine andere Version begegnet uns in Kap.9; danach sollten die Latiner gleiches Stimmrecht erhalten wie alle römischen Bürger. Schließlich kommt Plutarch in Kap.12 nach der Rückkehr des Gaius aus Afrika noch einmal auf das Thema Gesetzgebung zurück und schreibt: „Gaius präsentierte die übrigen Gesetze, um über sie abstimmen zu lassen“, ohne weiter auf den Inhalt dieser Gesetze einzugehen. Auch Appian berichtet ausführlich über C. ­Gracchus und seine gesetzgeberischen Ambitionen. Ihm zufolge (civ. 1.23,99) erstreckte sich der Antrag des Gaius G ­ racchus auf zwei Bereiche; einerseits forderte er die Latiner auf, das volle römische Bürgerrecht zu beanspruchen, andererseits versuchte er den anderen Bundesgenossen, die an den römischen Abstimmungen nicht teilnehmen durften, das Stimmrecht zu verschaffen. Beide Autoren, Appian und Plutarch, stellen einen Zusammenhang zwischen dem Vorgehen des C. ­Gracchus und dem seines Mittribunen M. Livius Drusus Gell. 10.3,3 u. 5 folgen Beispiele aus Teanum Sidicinum (Stadt in Campanien, socii), Cales (latinische Kolonie: Vell. 1.14,3), Ferentinum (Stadt der Herniker in Latium, war 195 im Besitz des ius Latinum, Liv. 34.42,5) und Venusia (latinische Kolonie: Vell. 1.14,6). 544 So Meister, Chiron 6, 1976, 114. – Der damalige Forschungsstand (1972) zu diesen Problemen wurde von Wolf, Untersuchungen 87–98 aufgearbeitet. 543

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(tr.  pl. 122) her. Denn Drusus entwickelt sozusagen ein Gegenprogramm zu ­Gracchus mit mehreren Vorschlägen, um die Sympathie des Volkes zu gewinnen und ihn damit aus dem Felde zu schlagen – und er hat den Senat auf seiner Seite.545 Und schließlich steht bei Velleius Paterculus (2.6,2) noch eine knappe Notiz, in der er behauptet, C. ­Gracchus habe allen Italikern das Bürgerrecht geben und es beinahe bis zu den Alpen ausdehnen wollen; er nimmt also einen umfänglicheren Inhalt an als Appian und Plutarch. Zusammenfassend lässt sich auf Grund der Quellenaussagen zu den Problemen um die rogatio Sempronia Folgendes sagen546: Der Titel der Fannius-Rede und die unterschiedlichen inhaltlichen Aussagen machen deutlich, dass Latiner und Bundesgenossen547 betroffen waren, dass Gaius aber eine Abstufung von römischen Bürgern und Latinern beibehält. Höchstwahrscheinlich stand am Anfang ein Antrag zur Einbürgerung der Latiner (Plut. C.Gracch. 8,3)548, und zwar am Beginn des zweiten Tribunats, denn er rief mit den Anträgen des Livius Drusus, der im Jahr 122 Gaius ­Gracchus’ Kollege war, eine Gegenreaktion hervor, ging diesen also zeitlich voraus. Und so stehen bei Plutarch die Gesetzesvorschläge der beiden Volkstribunen auch in einer direkten Beziehung zueinander; doch während die rogatio de Latinis (Lex Nr. 42) des Drusus verabschiedet wird, berichten die Quellen weder von einer Abstimmung über den Antrag des Gaius G ­ racchus noch davon, dass der Antrag durchgefallen ist. Dass es nicht zu einer Abstimmung kam, legt vielleicht Appian (civ. 1.23,100–101) nahe, demzufolge der Senat auf Drusus einwirkte, gegen die Gesetze des Gaius G ­ racchus sein Veto549 einzulegen. In Zusammenhang mit der Koloniegründung Iunonia550 in Africa unternimmt C. ­Gracchus dann einen weiteren Versuch, das Bürgerrecht auszudehnen: Gemeinsam mit Fulvius Flaccus551 gehörte er zu den Triumvirn der Gründungskommission (Plut. C.Gracch. 10,2; App. civ. 1.24,102) und reiste nach Africa. Dort wiesen die Triumvirn Stellen für 6000 Siedler aus und überschritten damit

545 546 547 548 549

550 551

Lex Nr. 40, Nr. 41 und Nr. 42. Die nun folgenden Ausführungen gehen auf Überlegungen von Prof. Joachim Molthagen zurück, die er mir freundlicherweise zur Veröffentlichung überlassen hat. Nach Mouritsen, Unification 119–120, hat C. ­Gracchus nur einen Vorschlag zugunsten der Latiner gemacht. Kornemann, Gracchenzeit 45: Ein Gesetzesvorschlag vor und einer nach dem Aufenthalt in Karthago / ​Iunonia. Diese Stelle von Meier, RPA 134, nicht gesehen.– Für Molthagen richtete sich das Veto des M. Livius Drusus gegen einen „reinen Latiner-Antrag des C. ­Gracchus, der vor dessen Abreise nach Afrika publiziert / ​promulgiert worden sein muss.“ Der Kontext bei Appian erscheint Molthagen problematisch, da Appian die Auseinandersetzung um das Bundesgenossenprojekt des C. Gracchus ganz vor dessen Abreise nach Afrika berichtet (civ. 1.24,102). Vgl. die lex Rubria, Lex Nr. 29. Konsul 125, Volkstribun 122 – vgl. Lex Nr. 16.

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die Zahl, die vom Gesetz vorgesehen war.552 Und das Angebot, sich als Siedler zu melden, wurde in ganz Italien verbreitet, also bei Latinern und Italikern. Damit enthielt diese Offerte zugleich ein begrenztes Einbürgerungsangebot, denn in Iunonia waren bzw. wurden die Kolonisten römische Bürger, ohne dass für ihr Bürgerrecht eine gesetzliche Maßnahme erforderlich war.553 Vielleicht gehört diese Initiative mit zu Gaius’ Versuchen, nach der Rückkehr aus Afrika den politischen Rückhalt in Rom zurückzugewinnen, der, nach den Andeutungen in allen Quellen zu urteilen, vor allem durch Drusus und dessen Aktivitäten gelitten hatte. Ein weiterer Schritt wäre dann der erneute Antrag, den Latinern das Bürgerrecht zu verleihen, der nun – im zweiten Anlauf – entweder um einen Passus für die Bundesgenossen erweitert oder mit einem zweiten Gesetz dieses Inhalts verbunden wurde. Dass beide Themen im Sommer 122554 auf der Tagesordnung standen, ergibt sich aus dem Titel der Rede des Konsuls Fannius de sociis et nomine Latino contra C. Gracchum. Außerdem zitiert Gellius aus Reden des C. ­Gracchus, von denen eine De legibus promulgatis (Die neu bekanntgegebenen Gesetzesanträge) betitelt ist. Ausschnitte aus dieser Rede555 geben mehrere Beispiele wieder, wie schändlich sich römische Offizielle Latinern und Bundesgenossen gegenüber benommen haben; denn in den Beispielen werden Teanum Sidicinum556, eine Stadt der socii, die latinischen Kolonien Cales und Venusia557 und die Hernikerstadt Ferentinum558 genannt. Dass sich diese Rede auf Latiner und Bundesgenossen erstreckte, deckt sich mit der Aussage Appians (civ. 1.23,99) über den / ​die Gesetzesvorschläge des C. ­Gracchus: „Er (Gaius G ­ racchus) forderte die Latiner auf, das volle römische Bürgerrecht zu beanspruchen, … Den anderen Verbündeten, die bei den römischen Abstimmungen nicht mitstimmen durften, versuchte er das Stimmrecht zu verschaffen, um so auch deren Unterstützung bei der Verabschiedung der von ihm geplanten Gesetze zu besitzen.“ Der zweite Teil wird meist559 so interpretiert, dass Gaius 552

App. civ. 1.24,104. So auch Perelli, Gracchi 223. 554 Die Tätigkeit für die Kolonie Iunonia dauerte nach Plutarch (C.Gracch. 11,3) 70 Tage. 555 Diese Rede (Gell. 10.3,2–5) wird in der Forschung verschieden eingeordnet. Einige bezeichnen sie als Programmrede und setzen sie entweder an den Beginn des 1. Tribunats (vgl. etwa Judeich, HZ 111, 1913, 476–480) oder in das 2. Tribunat (vgl. etwa Kornemann, Gracchenzeit 50–51, und die Überlegungen von Meister, Chiron 6, 1976, 124–125). Da hier der Plural Gesetze benutzt wird, erscheint es am ehesten zutreffend, die Rede mit den beiden Vorschlägen a) für die Latiner, b) für die Bundesgenossen in Verbindung zu bringen. 556 Hantos, Bundesgenossensystem 133, A. 27. 557 Cales: Vell. 1.14,3; Venusia: Vell. 1.14,6. 558 Hantos, Bundesgenossensystem 171, A.171, reiht Ferentinum unter Verbündete ein, aus Liv. 34.42,5 (zum Jahr 195) geht aber hervor, dass es sich dem Rechtsstatus nach um Latiner handelt. 559 Nach dem Vorgang von Mommsen, StR 3,1.644: Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 55; Rowland, Phoenix 23, 1969, 377; Sherwin-White, Roman Citizenship 136–137; Sherwin-White, 553

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den Bundesgenossen das latinische Stimmrecht geben wollte. Da die Latiner aber, wenn sie in Rom waren, bei Abstimmungen nur in einer Tribus mitstimmen durften, die zu Beginn der Versammlung ausgelost wurde, hätte ein solches Recht keinen großen Nutzen für den Zweck, der bei Appian mit „Unterstützung bei der Verabschiedung von Gesetzen“ angegeben wird. Daher wird man eher mit Meister560 annehmen dürfen, dass Gaius den Bundesgenossen das ius suffragii in allen 35 Tribus verleihen lassen will. Aus den Reden folgt ein weiteres Argument für die zeitliche Einordnung des Gesetzes in den Sommer 122, als Gaius aus Afrika zurückkehrte und versuchte, seine politische Stellung zurückzugewinnen. Also bemühte er sich  – vielleicht in richtiger Einschätzung der Haltung der stadtrömischen Plebs  – mit seinem Gesetzesvorschlag um stimmberechtigte Anhänger von außerhalb. Dagegen setzte der Senat für die bevorstehende Abstimmung wieder einmal auf die Karte der Fremdenausweisung und beauftragte den Konsul Fannius, ein entsprechendes Edikt zu erlassen. Daraufhin wird der sempronische Gesetzesantrag weder von Appian561 noch von Plutarch weiter erwähnt; anscheinend wurde er abgelehnt.562 Diese Niederlage des C.  ­Gracchus ist eng mit seinem weiteren Schicksal verknüpft; denn wohl kurz danach missglückte die erneute Wiederwahl zum Volkstribunen für das Jahr 121, und in der Eskalation der nachfolgenden Ereignisse wurde er ermordet. Es bleibt festzuhalten, dass C.  ­Gracchus sich  – wohl aus der Einsicht, dass die latinischen und in abgestufter Form auch die italischen Nachbarn in den römischen Staat eingebunden werden mussten  – mit dem Thema Bürgerrecht auseinandergesetzt hat. Was er im Einzelnen wann genau vorgeschlagen hat, ist jedoch wegen der unterschiedlichen Darstellung der antiken Autoren nicht mit letzter Sicherheit auszumachen und wird daher wohl strittig bleiben. Lit.: Badian, Clientelae 185–191, 299–300; Badian, DArch 4–5, 1970/71, 393–397; Bellen, Grundzüge 98; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 75; Betti, Labeo 9, 1963, 86–87; Blösel, Röm. Republik 165–166; Boren, Gracchi 105–107, 115, 117–119; Botsford, Roman Assemblies 383 m.A.4; Bringmann, Revolution 46; Bringmann, Republik 224–225; Bringmann, Krise 49–50; Broughton, Magistrates 1.518; Brunt, Fall 94, 96–98; Burckhardt, Strategien 66, 69; Cardinali, Studi Graccani 296–297 m.A.1(–299) [NDr.:192–193 ANRW 1,2.34; Brunt, Fall 94; Badian, Clientelae 299; Hands, Mnemosyne 29, 1976, 179; Reiter, Athenaeum 56, 1978, 140; Botsford, Roman Assemblies 383; Boren, Gracchi 106; Stockton, Gracchi 157; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.648; u. a. 560 Meister, Chiron 6, 1976, 117–118; so wohl auch Christ, Krise 142; ebenso Flach, Agrargeschichte 53; De Martino, Costituzione 530; Lintott, CAH2 9.82–83; Blösel, Röm. Republik 165–166; Sommer, RG 358. 561 App. civ. 1.23,100 setzt diese Episode vor ­Gracchus’ Abreise nach Afrika, Plut. C.Gracch. 12,1–2 hinter die Rückkehr. 562 Warde Fowler, EHR 20, 1905, 425; Stockton, Gracchi 157; Lintott, CAH 2 9.83; Bringmann, Republik 225.

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m.A.1(–195)]; Capogrossi Colognesi, Law 191–193; Christ, Krise 142; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 284, 291, 296; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 55–64, 76–77, 85–88; Coşkun, Cicero 35; Cuff, Historia 16, 1967, 183–184; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.528–531; Döbler, Agitation 270, 273–275; Flach, Agrargeschichte 50, 53–54; Fraccaro, Opuscula 2.22, 27, 38–40; Frank, ESAR 1.247; Gabba, Appian 1.79–80; Galsterer, Herrschaft 181–183; Göhler, Italien 163–166, 169–173; Graeber, Auctoritas 47 A.133, 202; Gruen, Roman Politics 80, 93–94; Hall, Athenaeum 50, 1972, 29; Hands, Mnemosyne 29, 1976, 178–179; Hardy, CQ 19, 1925, 190; Heftner, Gracchen 73–74, 76; Judeich, HZ 111, 1913, 488–489; Kann, Restoration 157; Keaveney, Unification 60–61; Konrad, Companion Republic 8.172; Kornemann, Gracchenzeit 24, 34–36, 43–45, 49–51; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.648 m.A.320; Lange, Alterthümer 2.685, 3.42–44, 46; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 62–63; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 184; Last, CAH 9.50–52, 54, 70–71, 78–80; Levi, Costituzione 26–27, 146–151; Linke, Röm. Republik 58; Lintott, CAH2 9.82–83; Luraschi, SDHI 61, 1995, 23; Mackay, Breakdown 73–76; Marsh / ​Scullard, History 62–63; Martin, Populare 156–157; Märtin, Führungsschicht 438–443; Meier, RPA 132, 211; Meister, Chiron 6, 1976, 113–125; Meyer, KS 1.390–391, 394–395 A.3; Millar, Rome 1.159; Mommsen, StR 3,1.638–639, 644; Mommsen, RG 3.127–128; Mouritsen, Unification 109, 119–122, 160; Mouritsen, Plebs 65; Mouritsen, Historia 55, 2006, 418–425; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1392; Niccolini, FTP 164–165, 170; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 184–190; Perelli, Gracchi 169, 210–220; Perelli, Movimento popolare 109–113; Reid, JRS 1, 1911, 83–84; Reiter, Athenaeum 56, 1978, 140–143; Rotondi, Leges 316; Rowland, Phoenix 23, 1969, 377, 379; Salmon, Phoenix 16, 1962, 111; Schur, Marius und Sulla 41–43; Scullard, Gracchi to Nero 33, 36, 390; Serrao, Classi 187; Seston, CRAI 1978, 534; Sherwin-White, Roman Citizenship 136–137, 139; Sherwin-White, ANRW 1,2.34; Sherwin-White, JRS 72, 1982, 29–31; Siber, Verfassungsrecht 168; Sommer, RG 358; v. Stern, Hermes 56, 1921, 286–288, 293–294; Stockton, Gracchi 156–159, 185–193, 237–239; Taylor, Voting Districts 141; Thommen, Volkstribunat 74–75, 77; Triebel, Ackergesetze 283–284 (A.217); Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.549 A.2 (–550); Warde Fowler, CR 1896, 280; Warde Fowler, EHR 20, 1905, 218–220, 417–425; Watkins, Ius italicum 70–71; Wolf, Untersuchungen 87–130, 135–137, 140–142.

39 Rogatio Marcia de tribunis militum 631–632/123–122

Charis., p.208 Keil: C.  ­Gracchus in rogatione Cn. Marci Censorini: Si vobis probati essent homines adolescentes, tamen necessario vobis tribuni militares veteres faciundi essent. C. ­Gracchus sagte in einer Rede anlässlich des Gesetzesvorschlags von Cn. Marcius Censorinus: Auch wenn ihr erprobte junge Männer hättet, so wäret ihr doch gezwungen, langgediente zu Militärtribunen zu machen. Malcovati, ORF4, p.196: Charis., p.208 Keil

Lex Nr. 39

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Vermutlich um das Jahr 123 machte ein sonst nicht genannter Cn. Marcius Censorinus einen Gesetzesvorschlag zum Thema Militärtribune. In welcher Funktion er dieses Gesetz einbrachte, ist unbekannt. Die ältere Forschung, wohl ausgehend von Lange, der von einer „wahrscheinlich praetorischen rogatio“563 spricht, bezeichnet Cn. Marcius Censorinus als Praetor (Cuq, Rotondi, De Martino564), Broughton565 ordnet ihn unter die Volkstribune des Jahres 122 ein. Zum Inhalt der Rogation lässt sich allenfalls erschließen, dass es in der Frage der Besetzung von Tribunenstellen um das Alter bzw. um die abgeleisteten Dienstjahre der Bewerber geht. Wenige Jahrzehnte zuvor – nach Polybius 6,19 – galt noch die Regel, dass die Militärtribunen für die ersten vier Legionen vom Volk gewählt wurden, und zwar je sechs pro Legion.566 Dabei standen 10 Tribunenstellen solchen Bewerbern offen, die 10 Dienstjahre im Heer nachweisen konnten; die übrigen 14 wurden von denen besetzt, die wenigstens 5 Dienstjahre abgeleistet hatten. Wurden weitere Legionen aufgestellt, hatten die Konsuln ein Ernennungsrecht. Die modernen Deutungen gehen von „Bestimmungen über das Wahlalter der Militärtribune“567 über die Absicht, die alten Tribunen dieses Mal von der Wiederwahl auszuschließen568, bis dahin, dass das Gesetz „möglicherweise die Beteiligung des Volkes verringern“ wollte569 – was kaum mit dem Redefragment vereinbar ist. Stockton570 liest sogar ein Gesetz des C. ­Gracchus heraus, das die Wiedereinführung der Volkswahl für die Militärtribunen vorsieht, die zwischenzeitlich (seit wann auch immer) obsolet geworden sei.571 Man wird sich mit einem non liquet begnügen müssen. Lit.: Bleicken, Lex 175 A.140; Broughton, MRR 1.517; Capogrossi Colognesi, Law 189; Cuq, DS 3,2.1155; De Martino, Costituzione 2.528; Hantos, Res publica 34; Lange, Alter­ thümer 2.712–713, 3.34–35; Lengle, Tribunus 9), RE 6A,2 (1937) 2439–2445; Perelli,

563 564 565 566

567 568 569 570

571

Lange, Alterthümer 2.712. Cuq, DS 3,2.1155; Rotondi, Leges 311; De Martino, Costituzione 2.528. Broughton, MRR 1.517. Die Wahl von Militärtribunen durch das Volk hat eine längere Tradition, deren Anfang sich nicht zweifelsfrei feststellen lässt, vgl. Elster, Gesetze 7–8 (Lex Nr. 3), 89–91 (Lex Nr. 39), 248–249 (Lex Nr. 116), 367–368 (Lex Nr. 178), 382–384 (Lex Nr. 183). Bleicken, Lex 175 A.140, in Anlehnung an Rotondi, Leges 311. Lange, Alterthümer 2.712–713. Thommen, Volkstribunat 85 A.94. Stockton, Gracchi 236; dagegen schon: v. Ungern-Sternberg, Studien 282 A.8. Stockton, Gracchi 224, zitiert zwar die Stelle aus Charisius, zieht aber aus dem Redefragment keine Verbindung zu der rogatio über Militärtribune. Auch Perelli, Gracchi 222, lässt C. ­Gracchus zur Volkswahl zurückkehren, die 171 im Krieg gegen Perseus von Makedonien vom Senat aufgehoben und den Konsuln übertragen wurde – ohne Belegstelle –.

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Lex Nr. 40

Gracchi 222; Rotondi, Leges 311; Sandberg, AIRFinl. 24.92–93; Stockton, Gracchi 167, 224, 236; Thommen, Volkstribunat 85 A.94; v. Ungern-Sternberg, Studien 282 A.8.

40 Rogatio Livia de duodecim coloniis deducendis 632/122

Plut. C.Gracch. 9,2: Τὸν μὲν γὰρ ἀποικίας δύο γράψαντα καὶ τὸυς χαριεστάτους τῶν πολιτῶν εἰσάγοντα δημοκοπεῖν ᾐτιῶντο, Λιβίῳ δὲ δώδεκα κατοικίζοντι καὶ τρισχιλίους εἰς ἑκάστην ἀποστέλλοντι τῶν ἀπόρων συνελαμβάνοντο. Als er (C. ­Gracchus) nämlich zwei Kolonien beantragte und die kultiviertesten Bürger dort ansiedeln wollte, beschuldigten sie ihn, nach der Volksgunst zu haschen; Livius hingegen, der zwölf Kolonien gründen und in jede dreitausend Besitzlose entsenden wollte, unterstützten sie (die Senatoren). App. civ. 1.23,101: ἔδωκαν δ’ αὐτῷ καὶ φιλανϑρωπεύσασϑαι τὸν δῆμον δώδεκα ἀποικίαις· Die Senatoren gestatteten ihm (Drusus) auch die Anlage von zwölf Kolonien, um sich dem Volk entgegenkommend zu zeigen. Plutarch berichtet in seiner Vita des C. ­Gracchus, dass der Senat in M. Livius Drusus, einem Mittribun, jemanden fand, der durch Zugeständnisse an das Volk die Popularität von C.  ­Gracchus untergraben oder beseitigen wollte.572 Drei verschiedene Projekte schlägt Drusus vor; eines betrifft Koloniegründungen, eines die Abgabe auf assigniertes Land (Lex Nr. 41) und eines die Latiner (Lex Nr. 42). In seiner gracchenfreundlichen Grundhaltung zeichnet Plutarch ein negatives Bild von Livius Drusus; demzufolge werden seine Vorschläge öfter auch als demagogisch abgetan.573 Dagegen findet die senatsfreundliche Überlieferung, so etwa bei Cicero (Brut. 28,190), anerkennende Worte, und nach Sueton (Tib. 3) wurde er sogar zum patronus senatus ernannt. Auch Appian stellt es so dar, als ob der Senat hinter dem Antrag von Livius Drusus steht, zwölf Kolonien zu gründen. Plutarch betont den Gegensatz zu C.  ­Gracchus in mehrfacher Hinsicht: Zunächst einmal stehen den zwei gracchischen zwölf Kolonien des Drusus gegenüber; C. ­Gracchus legte schon bei der Auswahl des Standortes Wert darauf, seinen Neugründungen einen guten Start zu ermöglichen, und suchte daher 572

Dem folgen u. a. Lange, Alterthümer 2.691, 3.45; Last, CAH 9.71–72; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 184–185; Scullard, Gracchi to Nero 35; Döbler, Agitation 273; Linke, Röm. Republik 58–59. 573 Last, CAH 9.72–73; Niccolini, FTP 170; Kann, Restoration 157; Mackay, Breakdown 75; vgl. die ausführliche Beurteilung von Drusus’ Vorgehen bei Flach, Agrargeschichte 52–53.

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bessergestellte Kolonisten zu gewinnen. Livius Drusus will seine Kolonien dagegen mit einfacheren und mittellosen Leuten besiedeln; schließlich übertrumpft Livius durch die Anzahl seiner Kolonisten (36.000) G ­ racchus’ Kolonienpläne bei weitem. Offenbar erreicht Livius Drusus sein Ziel, das Volk von C.  ­Gracchus abzuziehen; denn dieser scheitert bei dem Versuch, erneut zum Volkstribun für das Jahr 121 gewählt zu werden. Die Quellen schweigen allerdings über die Verwirklichung der livianischen Pläne, was so gedeutet wird,574 dass es Livius nicht um die Sache ging, sondern lediglich darum, Gaius’ Vormachtstellung zu beenden. Daher ist nicht einmal sicher, dass die livianischen Vorschläge tatsächlich verabschiedet wurden.575 Teilweise wird Scolacium als Gründung von Livius angesehen,576 das von Velleius ohne Hinweis auf den Initiator als Kolonie des Jahres 123 angeführt wird. Darüber hinaus ist keine Kolonie bekannt, die seinen Namen trägt.577 Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 368; Bellen, Grundzüge 98; Beloch, Geschichte 494–495; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 74; Bleicken, Lex 166 A.101; Blösel, Röm. Republik 166; Boren, CJ 52, 1956, 31–32; Boren, Gracchi 114; Botsford, Roman Assemblies 383; Bringmann, Revolution 46; Bringmann, Republik 225; Bringmann, Krise 50; Broadhead, Companion Army 9.158; Burckhardt, Strategien 62–64; Carcopino, Gracques 266–268; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 284–285 und SIFC N. S.6, 1928, 64–69; Christ, Krise 142; Cuq, DS 3,2.1154; Dart, Hermes 139, 2011, 350; De Martino, Costituzione 2.532; De Martino, Nuovi studi 175–176; Döbler, Agitation 271, 273–274; Dreyfus, lois agraires 167–168; Flach, HZ 217, 1973, 274; Flach, Agrargeschichte 52–53; Fraccaro, Opuscula 2.22–23; Frank, ESAR 1.219, 247; Gargola, Lands 165; Göhler, Italien 154, 156–158; Gruen, Roman Politics 95; Gutberlet, Livius 71; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 276; Heftner, Gracchen 73; Hermon, Athenaeum 60, 1982, 258, 263–264; Hinrichs, Ansiedlungs574

Vgl. z. B. Lange, Alterthümer 3.45; Stockton, Gracchi 192; Christ, Krise 142 („rein propagandistisch“). Teilweise wird für möglich gehalten, dass es Koloniegründungen gab, jedoch mit Sicherheit nicht in vollem Umfang, so z. B. Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 276; Frank, ESAR 1.247; Gargola, Lands 165. 575 Lange, Alterthümer 3.45; dagegen: Judeich, HZ 111, 1913, 486. 576 So u. a. Botsford, Roman Assemblies 383; Judeich, HZ 111, 1913, 486 und Beloch, Geschichte 494–495 (die italischen Kolonien Scolacium-Minervium und Tarentum-Neptunia gehen auf Drusus zurück); Goehler, Italien 157–158 (doch „nicht bestimmt“). Für Schneider, Wirtschaft 295, ist eine Gründung durch Livius Drusus „nicht auszuschließen“. Boren, Gracchi 114, hält Scolacium für möglich, aber auch, dass nicht eine einzige Kolonie durch Drusus gegründet wurde. 577 Die Kolonie Abellinum, deren Gründungsdatum im Übrigen unbekannt ist, trägt nach einer kaiserzeitlichen Inschrift (CIL 10,1117) den vollen Namen COL(onia) VEN(eria) LIVIA AUG(usta)  ALEXANDRIAN(a)  ABELLINATIUM, was sich sicherlich eher auf Livia, Augustus’ Frau, zurückführen lässt (so auch Roselaar, Historia 58, 2009, 209; für Livius Drusus dagegen optieren Salmon, Colonization 120–121 A.219, und Gargola, Lands 165). – Vgl. Lex Nr. 28.

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Lex Nr. 41

gesetze 63 A.7, 66, 69–70, 132; Howarth, Historia 48, 1999, 294; G. Humbert, DS 1.163; Judeich, HZ 111, 1913, 485–486; Kann, Restoration 157; Kornemann, Gracchen­zeit 44; Konrad, Companion Republic 8.172; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647; Lange, Alterthümer 2.691, 3.44–45, 49; Last, CAH 9.71–73; Levi, Costituzione 27; Linke, Röm. Republik 58–59; Lintott, CAH2 9.83; Mackay, Breakdown 75; Marsh / ​Scullard, History 65, 413; Martin, Populare 164; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 578; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Mommsen, RG 3.129–130; Mouritsen, Unification 145, 149; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1391–1392; Münzer, Livius Drusus 17), RE 13,1 (1927) 857; Niccolini, FTP 165; Perelli, Movimento popolare 113–114; Perelli, Gracchi 228–229; Reid, JRS 1, 1911, 80–81, 82–83; Rotondi, Leges 314–315; Rowland, TAPhA 96, 1965, 367; Rowland, Phoenix 23, 1969, 376–377; Salmon, Colonization 120–121, A.219 (p.190); Schneider, Wirtschaft 299, 300; Schur, Marius und Sulla 42; Scullard, Gracchi to Nero 35; Smith, Anatomy of Force 260; Sommer, RG 357; v. Stern, Hermes 56, 1921, 290–291; Stockton, Gracchi 177, 192; Thommen, Volkstribunat 45–46, 53; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 178–179, 184–185; Willems, Sénat 2.683 A. 2; Zumpt, Criminalrecht 1,2.77.

41 Rogatio Livia agraria 632/122

Plut. C.Gracch. 9,4: Κἀκείνῳ μὲν, ὅτι χώραν διένειμε τοῖς πένησι προστάξας ἑκάστῳ τελεῖν ἀποφορὰν εἰς τὸ δημόσιον, ὡς κολακεύοντι τοὺς πολλοὺς ἀπηχϑάνοντο, Λίβιος δὲ καὶ τὴν ἀποφορὰν ταύτην τῶν νειμαμένων ἀφαιρῶν ἤρεσκεν αὐτοῖς. Und jenem (C. ­Gracchus), weil er den Armen Land verteilte, dabei allerdings jedem auferlegte, eine Abgabe an die Staatskasse zu bezahlen, waren die Senatoren als einem Schmeichler des Volkes feindlich gesinnt; Livius aber, der die Leute, die Land zugeteilt bekamen, sogar von dieser Abgabe befreite, fand Beifall bei ihnen.578 Die zweite Maßnahme, die der Volkstribun M. Livius Drusus – im Auftrag oder wenigstens mit Billigung des Senats  – vorschlägt, um Gaius G ­ racchus’ Einfluss zu verringern, richtet sich gegen eine Bestimmung des gracchischen 578

Rotondi, Leges 314, verzeichnet noch eine zweite Quellenstelle, lin. 81 aus der inschriftlich erhaltenen lex agraria: CIL 12 .2,1 n.585 (= 200): eum agrum locum quem Xvirei quei ex lege Livia factei createive fuerunt, Uticensibus reliquerunt adsignaverunt. Sie verteilten dieses Land und den Boden, den die Dezemvirn, deren Amt auf Grund der lex Livia geschaffen und die dann gewählt worden waren, den Leuten aus Utica übrig gelassen hatten. Nicht zitiert hat Rotondi lin.77, die ebenso die Arbeit einer Zehnmännerkommission in Africa zum Inhalt hat. Damit bietet sich eine andere Lösung an, dass hier nämlich die Zehnmänner gemeint sind, die 146 nach der Zerstörung Karthagos die Verhältnisse in Africa neu ordneten, vgl. Elster, Gesetze 428–429 (Lex Nr. 204).

Lex Nr. 41

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Ackergesetzes, dass nämlich für das assignierte Land eine Abgabe an die Staatskasse579 zu entrichten sei. Plutarch bezieht sich hier zwar auf Gaius, doch in den erhaltenen Nachrichten über dessen Ackergesetz lässt sich nirgends etwas dazu finden; vielleicht ist aber Tiberius gemeint.580 Drusus’ Vorschlag 581 besagt angeblich, dass diese Abgabe abgeschafft werden soll.582 War es schon fraglich, ob Tiberius G ­ racchus die Neuassignationen derart beschwerte, so widerspricht es nun erst recht den Grundsätzen kluger Staatshaushaltung, freiwillig auf einen Zuwachs des Aerariums wieder zu verzichten. Appian schweigt von dieser Rogation, die vielleicht nach ihrer Promulgierung ebenso wie die anderen livianischen Rogationen nicht weiter verfolgt wurde.583 Denn auch Plutarch, der als einziger überhaupt von den Vorschlägen berichtet, äußert sich nicht zu ihrem weiteren Schicksal. Lit.: Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 74; Boren, CJ 52, 1956, 32; Boren, Gracchi 113–114; Bringmann, Republik 226; Burckhardt, Strategien 63–65; Burdese, ager publicus 85, 89 A.50; Carcopino, Gracques 273; Cardinali, Studi Graccani 297–299 [1965: 193–195]; Christ, Krise 142; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 284 und SIFC N. S.6, 1928, 64–69; De Martino, Costituzione 2.532; Döbler, Agitation 274 m.A.1016; Dreyfus, lois agraires 167–168; Earl, Ti. G ­ racchus 35; Flach, HZ 217, 1973, 275, 278; Flach, Agrargeschichte 54; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 275; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 69–70, 132; G. Humbert, DS 1.163; Judeich, HZ 111, 1913, 485–486; Kaser, ZRG 62, 1942, 18; Kiene, Bundes579

Bringmann, Republik 226, bezeichnet sie als Nutzungsgebühr. Last, CAH 9.24, erkennt hier einen Rückgriff auf eine Bestimmung aus dem Gesetz von Ti. ­Gracchus; Molthagen, Historia 22, 1973, 451, schließt sich dem an; dagegen sehen Cardinali, Studi Graccani 262 A.2 und (ihm folgend) Zancan, Ager publicus 91, hier eine Bestimmung der lex agraria des C. ­Gracchus. 581 Bei Niccolini, FTP 165, heißt sie: (Lex Livia) agraria sive de vectigali. 582 Boren, CJ 52, 1956, 32 und Gracchi 113–114, geht noch weiter; seiner Ansicht nach wurde auch das Verkaufsverbot der gracchischen Landlose durch die rogatio Livia aufgehoben. 583 Unter den modernen Autoren herrscht teilweise die Überzeugung, dass die livianischen Rogationen verabschiedet und ausgeführt wurden; u. a. beginnt hier für Flach, HZ 217, 1973, 275, 278 und Agrargeschichte 54 und für M. Muschietti, La rogatio Livia agraria del anno 122 a.C. punto de partida de la dissoluciòn del programa agrario gracano, AHAM 17.2, 1972, 216–251, die Beseitigung des gracchischen Agrarprogramms; Burdese, ager publicus 85, formuliert noch mit Bezug auf Plutarch im Konditional; ager publicus 89 A.50, hält er die Abgabe an den Staat (vectigal) durch Livius Drusus für tatsächlich abgeschafft; nach Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1175, erhielten die Assignatare sogar unbeschränktes Eigentumsrecht – ohne Bezug auf Quellen. Vorsichtig: Cardinali, Studi Gracccani 299 [1965: 195]; und auch Last, CAH 9.72, hält es allenfalls für „possible“, dass diese Rogation Bestand hatte; vgl. jedoch bei Lex Nr. 40. Nach Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 68–69, dienten die livianischen Rogationen nur dazu, Gaius ­Gracchus’ Popularität zu untergraben, und verschwanden, als sie ihren Zweck erfüllt hatten. Corradi, a. a. O., geht aber davon aus, dass die Angriffe auf C. ­Gracchus keine einmalige Aktion waren, sondern sich über einen längeren Zeitraum erstreckten; dies im Gegensatz zu Judeich, HZ 111, 1913, 486, und Kornemann, Gracchenzeit 44. 580

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Lex Nr. 42

genossenkrieg 179–181; Kornemann, Gracchenzeit 44; Lange, Alterthümer 2.688, 3.44; Last, CAH 9.25, 71–72; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 123, 135; Lintott, CAH2 9.83; Lintott, Judicial reform 46–47; Mackay, Breakdown 75; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 609; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Molthagen, Historia 22, 1973, 451; Münzer, M.  Livius Drusus 17), RE 13,1 (1927) 857; Niccolini, FTP 165; Perelli, Movimento popolare 113–114; Perelli, Gracchi 229; Reid, JRS 1, 1911, 80; Roselaar, Public Land 259–260; Rotondi, Leges 314; Rowland, Phoenix 23, 1969, 376; Schneider, Wirtschaft 298–299, 394; Schur, Marius und Sulla 42; Scullard, Gracchi to Nero 35; Serrao, Classi 188; Smith, Anatomy of Force 260; Sommer, RG 357; v. Stern, Hermes 56, 1921, 291; Stockton, Gracchi 177, 215; Thommen, Volkstribunat 45–46, 53; v. Ungern-Sternberg, Sozialprogramm 182; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 299; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1175–1176; Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A.56.

42 Rogatio Livia de Latinis 632/122

Plut. C.Gracch. 9,5: ῎Ἐτι δ᾿ ὁ μὲν τοῖς Λατίνοις ἰσοψηφίαν διδοὺς ἐλύπει, τοῦ δ᾿ ὅπως μηδ᾿ ἐπὶ στρατιᾶς ἐξῇ τινα Λατίνων ῥάβδοις αἰκίσασϑαι γράψαντος, ἐβοήϑουν τῷ νόμῳ. Ferner erregte der eine (C. ­Gracchus) Ärger, weil er den Latinern gleiches Stimmrecht gewähren wollte,584 als aber der andere (Drusus) beantragte, dass es niemandem im militärischen Bereich erlaubt sein solle, einen Latiner mit Ruten zu misshandeln, unterstützten sie (die Leute) das Gesetz. Als Reaktion auf Gesetzesanträge von C. ­Gracchus – so stellt es Plutarch dar – macht der Mittribun Livius Drusus im Einvernehmen mit dem Senat Vorschläge, die beim römischen Volk Gefallen finden und daher geeignet sind, Gaius’ Ansehen in Rom zu untergraben. Der dritte von Plutarch (C.Gracch. 9,5) überlieferte Gesetzesvorschlag 585 des Drusus besagt, dass es niemandem im Amtsbereich militiae586 erlaubt sein solle, einen Latiner der Prügelstrafe auszusetzen. Damit werden alle Latiner in diesem Punkt, dem Verbot der Prügelstrafe, römischen Bürgern gleichgestellt. Dass es sich nicht nur um latinische Soldaten handeln kann, wie immer wieder behauptet wird587, wird schon daraus deutlich, dass im Heer nicht einmal für 584

Lex Nr. 38. Die ersten beiden sind unter Lex Nr. 40 und Lex Nr. 41 zu finden. 586 Diese Einschränkung hat Eder, Repetundenverfahren 225 A.1, nicht gesehen. 587 Z. B. Perelli, Gracchi 229; aber auch in Plutarch-Übersetzungen: „Man solle im Heer die Prügelstrafe auch für die Latiner abschaffen“, so etwa von Meister, Historia 23, 1974, 115. Vgl. auch Judeich, HZ 111, 1913, 486; Lintott, ANRW 1.2, 251; Sommer, RG 357. 585

Lex Nr. 42

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römische Bürger ein Verbot der Prügelstrafe galt.588 Folglich geht es beim Antrag des Livius Drusus nur um das Verbot von Übergriffen von Imperiumsträgern589 auf latinische Zivilpersonen. Römische Bürger haben bei Übertretungen des Verbots der verberatio das Recht zur provocatio; daher wird dieser Inhalt auch der Rogation des Drusus zugeschrieben,590 was aber aus Plutarchs Worten nicht hervorgeht. Drusus greift demnach mit seiner Rogation zugunsten der Latiner einen Aspekt des römischen Bürgerrechts heraus, dem die römische Plebs auf Grund seiner Begrenztheit leichter zustimmen konnte als einer umfassenden Verleihung des Bürgerrechts mit all seinen Implikationen, wie sie Gaius ­Gracchus beantragte (Plut. C.Gracch. 9,5). Denn in diesen Zusammenhang setzt Plutarch den Vorschlag des Drusus, der wohl auch verabschiedet591 wird, während unsere Quellen über Gaius Antrag vorerst nicht weiter berichten. Konkrete Folgen eines solchen Gesetzes sind allerdings nicht bekannt, in der übrigen Überlieferung findet es keine Erwähnung. Lit.: Badian, Clientelae 185–190; Bauman, Lawyers 375; Bellen, Grundzüge 98; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 76; Blösel, Röm. Republik 166; Boren, CJ 52, 1956, 32–33; Boren, Gracchi 114–115; Botsford, Roman Assemblies 383; Brunt, Fall, 98–99; Burckhardt, ­Strategien 63–65, 67; Cardinali, Studi Graccani 298 (297 A.1) [1965: 194 (193 A.1)]; Christ, Krise 142; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 284 und SIFC N. S.6, 1928, 64–69; Cuq, DS 3,2.1154; De Martino, Costituzione 2.532; Eder, Repetundenverfahren 225 A.1; Flach, Agrargeschichte 52–53; Galsterer, Herrschaft 182; Göhler, Italien 164; Gruen, Roman Politics 154; Jones, Criminal courts 23; Judeich, HZ 111, 1913, 478, 485–486; Keaveney, Unification 69; Kornemann, Gracchenzeit 44–45; Konrad, Companion Republic 8.172; Lange, Alterthümer 2.656, 685, 3.44; Last, CAH 9.71–73; Levi, Costituzione 27, 151; Lintott, ANRW 1.2, 251; Lintott, CAH2 9.83; Mackay, Breakdown 75; Marsh / ​ Scullard, History 65, 413; Meyer, KS 1.394–395 A.3; Münzer, Livius Drusus 17), RE 13,1 (1927) 857; Niccolini, FTP 165; Perelli, Movimento popolare 110, 113–114; Perelli, Gracchi 229; Reid, JRS 1, 1911, 69, 79–80, 83, 88; Rotondi, Leges 315; Rowland, Phoenix 23, 1969, 377; Schneider, Wirtschaft 298–299; Schur, Marius und Sulla 42; Scullard, Gracchi to Nero 35, 389; Serrao, Classi 187; Sherwin-White, Citizenship 136–137; Smith, Anatomy of Force 260; Sommer, RG 357; v. Stern, Hermes 56, 1921, 291; Stockton, Gracchi 177; Thommen, Volkstribunat 74, 119, 121, 130; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.549 A.2 (550); Warde Fowler, EHR 20, 1905, 219; Wirszubski, Libertas 85; Zumpt, Criminalrecht 1,2.77. 588

Vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.168. Plutarchs Ausdruck ἐπὶ στρατιᾶς ist vermutlich mit militiae gleichzusetzen. 590 Daher auch der Titel des Gesetzes bei Rotondi, Leges 315: Rogatio Livia de provocatione Latinis concedenda. Ebenso Göhler, Italien 164, ihm folgend Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.549 A.2 (S.550). Zur Problematik der Einreihung schon der leges Porciae unter die Provokationsgesetze vgl. Martin, Hermes 98, 1970, 89–91. 591 Anders Lange, Alterthümer 2.656; Brunt, JRS 55, 1965, 91. 589

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Lex Nr. 43

43 Lex Rubria Acilia de cultu Iovis Capitolini Lex Rubria et Lex Acilia 632/122

IG Rom 4.1028 [SC de Astypalaeensibus], Z. 10–12592: (10) ῞Οτι τε Πόπλιος ῾Ροτίλιος ὕπατος (11) … ϑυσίαν τε ἐν Καπετωλίω(ι), ἐὰν ϑέλη(ι), ποιῆσ[αι αὐτῶι ἐξῆι κατὰ] (12) τὸν νόμον τὸν τε ῾Ρόβριον καὶ τὸν Ακίλιον […] Dass der Konsul Publius Rutilius593 … es diesem (Gesandten) ermöglichen solle, auf dem Kapitol Opfer zu bringen, wenn er es will, gemäß dem Gesetz von Rubrius und Acilius.594 Im Senatsbeschluss für Astypalaia von 105 werden ein Gesetz zweier Volkstribunen oder zwei Gesetze genannt. Die Namen Rubrius und Acilius finden sich im Tribunenkollegium von 123595 oder 122596; wahrscheinlich handelt es sich um M’. Acilius Glabrio597 und C.  Rubrius598. Beide unterstützten ihren Mittribun C. ­Gracchus; Acilius wird die Lex repetundarum599 zugeschrieben, Rubrius die Gründung der Kolonie in Karthago600. Es ist jedoch nicht sicher zu entscheiden, ob beide demselben Tribunenkollegium angehörten.601 Darauf, dass es sich um zwei Gesetze handeln kann, hat Tibiletti602 hingewiesen. Doch nach wie vor gilt 592

Bei Mommsen, StR 3.315 A.2: CIGr 2485; nach Broughton, MRR 1.555: IG 12.3.173. Im Jahr 105; Broughton, MRR 1.555. 594 Die Wiederholung des Artikels im Text ließ Tibiletti daran denken, zwei Gesetze anzu­ nehmen, eines von Acilius und eines von Rubrius. Doch die Belegstelle aus Dio 56.10,3, wo die lex Papia Poppaea – ebenfalls mit Artikel – genannt ist, mahnt zur Vorsicht, denn hier liegt tatsächlich nur ein Gesetz (zweier (Suffekt-) Konsuln) vor. Zur Benennung konsularischer Gesetze vgl. unten bei Fn. 604. 595 So etwa Niccolini, FTP 158. 596 Überzeugende Begründung von Broughton, MRR 1.519–520 (A.5). 597 Rotondi, Leges 315, hat M’. Acilius Balbus – nach Crawford, RRC 1.293, gibt es um 125 einen Münzmeister (monetalis) dieses Namens. Allgemein wird der Urheber des Gesetzes jedoch als M’. Acilius Glabrio identifiziert (vgl. Broughton, MRR 1.517, 3.2). 598 Rotondi, Leges 315, und Münzer, RE 1A,1 (1914) 1169, 27, (ihm folgend: Adolf Berger, RE Suppl. 7 (1940) 379) legen ihm den Beinamen Poblilius zu. 599 Vgl. Lex Nr. 36. 600 Vgl. Lex Nr. 29. 601 Badian, Gnomon 33, 1961, 497 und Historia 11, 1962, 206 A.31, vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem Urheber dieses Gesetzes um ein früheres Mitglied der Familie handelt. Diese Möglichkeit sieht auch Broughton, MRR 3.182; anders: MRR 2. Suppl. 54.  – Zur schwankenden Identifizierung der beiden Männer vgl. auch Brunt, Equites 146–147 (Seager, Crisis 112–113). 602 Athenaeum 31, 1953, 12–14. 593

Lex Nr. 43

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überwiegend die Auffassung603, es liege ein Gesetz zweier Volkstribunen vor, was das Problem in sich birgt, dass ein Plebiszit mit zwei Namen bezeichnet wird; denn im Regelfall ist ein solches „einnamig“604. Zum Inhalt der lex ist lediglich zu vermuten, dass es um die Teilnahme an kultischen Handlungen auf dem Kapitol geht.605 Konkret heißt es im Text, dass der Konsul dem Gesandten, zu dessen Gunsten der Senatsbeschluss erging, ermöglichen soll, auf dem Kapitol Opfergaben niederzulegen. Dem lässt sich entnehmen, dass das Gesetz es den Gesandten auswärtiger Städte oder Staaten erlaubt, römischen Göttern, vor allem Juppiter, zu opfern. Aus der Beobachtung, dass der capitolinische Kult „seit den Zeiten des Tarquinius Priscus der religiöse Ausdruck für die Staatseinheit war“, schließt Lange, dass die lex Rubria Acilia allgemein die Teilnahme von Fremden606 am Kult erlaubte, und folgert daraus, dass das Gesetz in Zusammenhang mit der geplanten Ausweitung des römischen Bürgerrechts durch C. ­Gracchus stehe.607 Das scheinen recht weitgehende Überlegungen zu sein; vielleicht geht es tatsächlich nur um eine Erlaubnis zu Opferhandlungen für griechische Gesandte, die den römischen Gott Juppiter mit Zeus Xenios, dem Gott der Gastfreundschaft, identifizieren; denn vor der Erwähnung der lex Rubria Acilia in der Verbindung mit dem Kapitol weist der Konsul Rutilius den Quaestor an, entsprechend der Vorschrift Gastgeschenke zu überreichen. 603

So u. a. Lange, Alterthümer 2.676, 3.42; Adolf Berger, Lex Acilia Rubria, RE Suppl. 7 (1940) 379; Bleicken, Lex 156; Stockton, Gracchi 234–235. 604 Consularische Gesetze mit zwei Namen gibt es mehrere, z. B. Lex Caecilia Didia (Lex Nr. 94), Lex Licinia Mucia (Lex Nr. 95). Zu Plebisziten: Mommsen, StR 3.315 A.2; vgl. Crawford, Roman Statutes 1.219; Ferrary, RPh 70.2, 1996, 241–242.  – Seltsamerweise wird von niemandem auf das Paradebeispiel der leges Liciniae Sextiae (Flach, Frühe Gesetze 280–297) hingewiesen. Allerdings stammt die Bezeichnung aus der modernen Literatur; Livius betont jedoch an mehreren Stellen (z. B. 6.35,4–5; 6.42,2), dass die beiden Volkstribunen mehrere Gesetze einbrachten. Mit Bezug auf das Ackergesetz, das zu den Vorläufern der lex Sempronia agraria (Lex Nr. 1) zählt, erscheint in den antiken Quellen zwar immer nur Licinius Stolo als Urheber, doch gerade bei der lex de decemviris sacris faciundis (Flach, Frühe Gesetze 282–283), also einem Gesetz, das ebenso wie das hier vorliegende in den religiösen Bereich gehört, werden die Volkstribunen Licinius und Sextius gemeinsam als Beantragende genannt (Liv. 6.42,2). Unabhängig von dem Problem, dass diese Gesetze unhistorische Rückverlegungen aus späterer Zeit sind, scheint es also durchaus römischen Vorstellungen zu entsprechen, dass zwei Volkstribune für eine Rogation verantwortlich zeichnen, ohne dass man das Modell rogator – adscriptor anwenden muss (dazu Mommsen, StR 3.315 A.2; Ferrary, RPh 70.2, 1996, 217–246). Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 12–14, neigt dazu anzunehmen, dass es sich um zwei verschiedene Gesetze handelt. 605 Niccolini, FTP 163, verbindet die „Lex Rubria-Acilia“ mit der nächsten Klausel der Inschrift. Er meint, dass man sich bei der öffentlichen Aufstellung von Verträgen auf sie beruft. 606 Lange, Alterthümer 3.42; Bleicken, Lex 156, schließt sich dem an, er ersetzt lediglich „Fremde“ durch „Peregrine“. 607 So auch Botsford, Roman Assemblies 384 A.4; Stockton, Gracchi 234–235.

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Lex Nr. 44

Lit.: Ancient Roman Statutes 57–58, Doc. 52, 6; Badian, AJPh 75, 1954, 374, 383–384; Badian, Gnomon 33, 1961, 497; Badian, Historia 11, 1962, 206 A.31; Adolf Berger, Lex Acilia Rubria, RE Suppl. 7 (1940) 379; Bleicken, Lex 156; Botsford, Roman Assemblies 384 A.4; Broughton, MRR 1.517 m. A.4 u.5 (519–520), 3.2, 182; Brunt, Equites 146–147 (Seager, Crisis 112–113); Crawford, Roman Statutes 1.219 608; Cuq, DS 3,2.1127; Ferrary, RPh 70.2, 1996, 241–242; Ferrary, Leges publicae 2012, 7; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 655; Lange, Alterthümer 2.676, 3.42, 45; Last, CAH 9.892–893; Millar, Rome 1.156; Mommsen, GS 1.53; Mommsen, StR 3.315 A.2; Niccolini, FTP 158, 163; Rotondi, Leges 315–316; Sandberg, AIRFinl. 24.70–71; Scheid, Religione 237; Sherk, Documents Nr. 16, 94–99; Sherk, Greek East Nr. 53, 56–58; Stockton, Gracchi 234–235; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 7–18.

44 Lex de lege Rubria abroganda 633/121

CIL 12 .2,1 n.585 (= 200), lin.59 (lex agraria, 643/111): neive unius hominis nomine, quoi ex lege Rubria quae fuit colono eive, quei in  … und nicht eines einzelnen Mannes wegen, dem als Siedler auf der Grundlage der ehemaligen lex Rubria oder einem, der in … App. Lib. (Pun.) 136: Χρόνῳ δ’ ὕστερον, Γαίου Γράκχου δημαρχοῦντος ἐν ῾Ρώμῃ καὶ στάσεων οὐσῶν ἀπορίας, ἔδοξε κληρούχους ἐς Λιβύην πέμπειν ἑξακισχιλίους. (…) Ein wenig später, als Gaius G ­ racchus Volkstribun in Rom war und dort Aufstände wegen Hungersnot ausbrachen, beschloss man 6000 Kolonisten nach Libyen zu schicken. (Als sie das Land abgesteckt hatten, wurden zahlreiche Grundmarkierungen von Wölfen zerrissen und umgestoßen.) καὶ τότε μὲν ἀνέσχεν ἡ βουλὴ τοῦ συνοικισμοῦ. Und dann aber gab der Senat die Kolonie auf. App. civ. 1.24,105: καὶ τῶν μάντεων τὴν ἀποικίαν ἡγουμένων ἀπαίσιον, ἡ μὲν βουλὴ προέγραφεν ἐκκλησίαν, ἐν τῇ τὸν νόμον ἔμελλε τὸν̀ περὶ τῆσδε τῆς ἀποικίας λύσειν· Und als die Wahrsager (Augurn) dieses (die Zerstörung der Grenzmarkierungen durch Wölfe) für eine unheilvolle Vorbedeutung für die Ansiedlung hielten, ließ der Senat eine Volksversammlung einberufen, in der er beabsichtigte, das Gesetz über diese Kolonie aufzuheben.

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Crawford schlägt „zögernd“ eine Textänderung vor, durch ein eingefügtes καὶ in der Lacuna vor der Nennung des Gesetzes gehöre dieses erst zum folgenden Halbsatz und würde sich auf die Aufstellung des Vertrages beziehen. Dann liegt jedoch eine Doppelung vor, denn dasselbe wird schon zuvor in Z. 7 angeordnet.

Lex Nr. 44

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Aus dem Text der lex agraria von 111 geht eindeutig hervor, dass die lex Rubria, das Gesetz zur Gründung der Kolonie Iunonia in Afrika, aufgehoben wurde.609 Weniger klar ist, ob dieses Aufhebungsgesetz von dem Volkstribunen Minucius eingebracht wurde, wie heute allgemeine Auffassung zu sein scheint.610 Denn eindeutig lässt sich nur eine Verbindung zwischen Minucius und einer geplanten Aufhebung von leges Semproniae herstellen. Das führt vermutlich zu dem Zirkelschluss, dass man davon ausgeht, das Gesetz über die Kolonie Iunonia sei eine lex des C. ­Gracchus, die nun Minucius aufheben wollte. Dass der Senat mit der Aufhebung der Kolonie Iunonia den Zweck verfolgte, Gaius das letzte ihm verbliebene Amt, das des Triumvirn coloniae deducendae, zu nehmen, ist als sicher anzunehmen.611 Das wird auch aus Appian deutlich, der in dieser Angelegenheit ein Handeln des Senats sieht. Da der Senat aber – entgegen der Behauptung Appians  – selbst keine Volksversammlung einberufen kann, muss er einen Magistrat oder einen Volkstribun beauftragen, eine Entscheidung des Volkes zum gewünschten Vorhaben herbeizuführen. Vermutlich wird die Aufhebung religiös begründet, wie von Appian (civ. 1.24,105) angedeutet.612 Wenn sich der Senat dabei auf ein Votum der Auguren bezieht, kann er ohne Mitwirkung des Volkes das Gesetz selbst aufheben;613 allerdings ergeht ein solches Votum nur, wenn das Gesetz selbst mit einem Fehler (vitium) behaftet ist.614 Das Ende der lex Rubria muss daher anders begründet sein.615 Es ist also nicht festzustellen, ob die lex Rubria überhaupt durch eine Rogation aufgehoben wurde und wann es geschah. Da die Schilderungen der antiken Autoren von einer gestörten bzw. aufgelösten Volksversammlung direkt zu den dramatischen Ereignissen übergehen, die mit dem Tode von C.  ­Gracchus und

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Gelzer, Gnomon 5, 1929, 657; Salmon, Colonization 120; Perelli, Movimento popolare 102; Perelli, Gracchi 247; Rowland, Phoenix 23, 1969, 375; Rickman, Corn Supply 108. Fraccaro, Opuscula 2.23–24; v. Stern, Hermes 56, 1921, 295–296; Last, CAH 9.83; Malcovati, ORF3/4 193; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 95 A.3; Gabba, Appian 1.85; v. Ungern Sternberg, Notstandsrecht 55; De Martino, Costituzione 533–534; Molthagen, Historia 22, 1973, 455; Schneider, Wirtschaft 296; Perelli, Gracchi 238; Stockton, Gracchi 195; Scullard, Gracchi to Nero 36; Lintott, Judicial reform 253; Nippel, Aufruhr 73; Linke, Röm. Republik 59–60; Golden, Crisis 111; u. a. Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1393; Molthagen, Historia 22, 1973, 455. Perelli, Movimento popolare 102, hält die Vorzeichen für erfunden; vgl. Gargola, Lands 166–167; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 126. Linderski, ANRW 2.16,3 (1986), 2160–2161. Linderski, ANRW 2.16,3 (1986), 2165–2168. Für Gargola, Lands 167, ist die Aufhebung der lex Rubria ein Heilmittel, weil das Gesetz eine Kolonie an einem Ort gründen wollte, der durch die Götter verboten war. Das fällt aber nicht in die Kompetenz der Auguren. Ähnlich Burckhardt, Strategien 191–192, demzufolge das augurale Gutachten jedoch „nicht ausreichte, um Iunonia kassieren zu können“. Dafür sei ein neuer Volksbeschluss erforderlich.

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Fulvius Flaccus enden,616 wird die endgültige Aufhebung der lex Rubria zwar tatsächlich irgendwie, aber erst irgendwann später erfolgt sein. Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 371, 373; Adolf Berger, Lex Minucia 2), RE Suppl. 7 (1940) 401; Blösel, Röm. Republik 166; Botsford, Roman Assemblies 385; Bringmann, Revolution 46; Bringmann, Krise 50; Broadhead, Companion Army 9.157–158; Burckhardt, Strategien 191–192; Christ, Krise 143; Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 145–153, 156; Cuq, DS 3,2.1156; De Martino, Costituzione 533–534; Döbler, Agitation 277; Flach, Agrargeschichte 54; Fraccaro, Opuscula 2.23–24, 42–43; Gabba, Appian 1.85; Gargola, Lands 166–167 m.A.79 (243–244); Gelzer, Gnomon 5, 1929, 657; Golden, Crisis 110–111; Gruen, Roman Politics 95; Gutberlet, Livius 71; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 276; Hill, Middle Class 62; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 95 A.3, 131–132; Kann, Restoration 158; Konrad, Companion Republic 8.172; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 522; Lange, Alterthümer 2.691, 3.47, 49; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 124–126; Lapyrionok / ​ Smorchkov, Historia 65, 2016, 179; Last, CAH 9.28, 83–84, 98; Linke, Röm. Republik 59–60; Lintott, CAH2 9.28, 83–84; Lintott, Judicial reform 47, 253; Mackay, Breakdown 77; Marsh / ​Scullard, History 66; Meyer, KS 1.397; Molthagen, Historia 22, 1973, 455; Mouritsen, Plebs 87–88; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1393; Niccolini, FTP 171–172; Nippel, Aufruhr 73–74; Perelli, Movimento popolare 102; Perelli, Gracchi 238, 247; Rawson, Phoenix 28, 1974, 197–198 (= Rawson, Roman Culture 153–154); Reid, JRS 1, 1911, 83; Rickman, Corn Supply 108; Rödl, SCU 50–51; Rotondi, Leges 316; Rowland, Phoenix 23, 1969, 375; Salmon, Colonization 120 m.A.216; Sandberg, AIR Finl. 24.71; Schneider, Wirtschaft 296; Schur, Marius und Sulla 43; Scullard, Gracchi to Nero 36; Serrao, Classi 188; Smith, Anatomy of Force 260; Sommer, RG 358; v. Stern, Hermes 56, 1921, 295, 297–298; Stockton, Gracchi 195, 222–223; Thommen, Volkstribunat 130; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 33; v. Ungern Sternberg, Notstandsrecht 55; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1174–1175; Watkins, Ius Italicum 188.

45 Leges Minuciae de legibus Semproniis abrogandis 633/121

Flor. 2.3,4 (3.15): (C. ­Gracchus) … obrogare617 auso legibus suis Minucio tribuno, fretus comitum manu fatali familiae suae Capitolium invasit. Als der Tribun Minucius es wagte, seine Gesetze aufheben zu lassen, drang er (C. ­Gracchus) im Vertrauen auf die für seine Familie verhängnisvolle Schar seiner Anhänger auf das Kapitol vor. 616

Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 147–159, vergleicht ausführlich die verschiedenen Überlieferungsstränge. 617 Zu dem hier und bei Vir. ill. 65,5 verwendeten Terminus obrogare an Stelle von abrogare (Oros. 5.12,5) vgl. Linderski, Questions I, 536–539.

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Vir. ill. 65,5: (C. ­Gracchus) Minucio Rufo tribuno plebis legibus suis obrogante in Capitolium venit. Als der Volkstribun Minucius Rufus dazu ansetzte, seine Gesetze aufheben zu lassen, kam C. ­Gracchus auf das Kapitol. Oros. 5.12,5: Minucius tribunus plebi cum maxima ex parte decessoris sui Gracchi statuta convulsisset legesque abrogasset, C. ­Gracchus cum Fulvio Flacco ingenti stipatus agmine Capitolium, ubi contio agitabatur ascendit. Nachdem der Volkstribun Minucius zum größten Teil die Bestimmungen seines Vorgängers ­Gracchus untergraben und seine Gesetze hatte aufheben lassen, stieg C. ­Gracchus, dicht umringt von einem gewaltigen Menschenhaufen, zusammen mit Fulvius Flaccus aufs Kapitol, wo eine Volksversammlung abgehalten wurde. Fest. s.v. osi, p.220, 2–5 L: Osi sunt, ab odio declinasse antiquos testis est C. ­Gracchus in ea, quae est de lege Minucia, cum ait: „Mirum si quid his iniuriae fit; semper eos osi sunt.“ Osi sunt: Dafür, dass die Alten von odio abgewichen sind, ist C. ­Gracchus in seiner Rede über die lex Minucia Zeuge, wenn er sagt: Was Wunder, wenn ihnen ein Unrecht zustößt; immer sind sie verhasst. Malcovati, ORF4, p.193: Fest. s.v. osi, p.220, 2–5 L Minucius Rufus, einer von C. ­Gracchus’ Nachfolgern als Volkstribun, stellte einen Antrag (oder mehrere), die Gesetze seines Vorgängers aufheben zu lassen. Die von Festus genannte Rede des Gaius richtet sich wohl gegen eine lex Minucia, die übrigen Quellen schreiben pauschal von leges.618 Um welche Gesetze es sich dabei handelt, wird nicht deutlich.619 In allen Fällen mündet die Erzählung in die Ereignisse, die zum Tod des C. ­Gracchus führen. So bleibt auch offen, ob es tatsächlich zu einer Verabschiedung des Antrags seines Widersachers Minucius gekommen ist.620 An den folgenden Jahren / ​Jahrzehnten ist ablesbar, dass zumindest einige der gracchischen Gesetze fortbestanden, bis sie abgeändert bzw. durch neue Regelungen ersetzt wurden. Dazu gehören die leges frumentaria, militaris, de provincia Asia, de provinciis consularibus, sowie die lex iudiciaria.621

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Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 147, meint, dass es trotz des Plurals nur ein einziges Gesetz sei, das aufgehoben werden sollte, das über Karthago; es sei aber wohl umfangreicher gewesen und habe Gesetze mit ähnlichem Inhalt mit umfasst, also die anderen Koloniegesetze. Gabba, Appian 1.85, verlegt den Vorschlag, die anderen gracchischen Gesetze aufheben zu lassen, auf die Zeit „vermutlich“ nach dem Tod von Gaius. 619 Meist wird die Abrogation allerdings auf die Kolonie Iunonia bezogen, z. B. von Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1393; Scullard, Gracchi to Nero 36; Stockton, Gracchi 195, v. Stern, Hermes 56, 1921, 295–296. Vgl dazu Lex Nr. 44. 620 Mouritsen, Plebs 87–88, hält den Versuch des Minucius, zu Lebzeiten von C. ­Gracchus dessen Gesetze aufheben zu lassen, für vergeblich. Denn Gaius sprengte die Volksversammlung, so dass es wahrscheinlich keine Abstimmung gab. 621 Das sind Lex Nr. 23, Lex Nr. 25, Lex Nr. 26, Lex Nr. 33, Lex Nr. 35. – Vgl. dazu Niccolini, FTP 172; Perelli, Gracchi 247.

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Offenbar herrschte bei G ­ racchus’ Gegnern die Überzeugung, dass man gegen seine vielen gesetzlichen Neuerungen etwas unternehmen müsse. So gibt es außer den Nachrichten über die Vorstöße des Volkstribunen Minucius Plutarchs Darstellung (C.Gracch. 13,1 und 3), nach der Opimius, der gewählte Konsul für 121, als treibende Kraft hervortrat. Plutarch berichtet nämlich zu demselben Zeitraum, dass man nach der Wahl des Opimius zum Konsul622 viele Gesetze aufhob und sogar die Anordnung über Karthago ändern wollte. Wenig später heißt es: „An dem Tag, an dem Opimius und seine Anhänger623 die Gesetze aufheben wollten, …“ Dann beginnt auch hier die Schilderung der Ereignisse, die zu Gaius ­Gracchus’ Tod führten. Auch hier fehlen weitere Hinweise, ob die geplante Aufhebung der Gesetze zustande kam. Lit.: Corradi, SIFC N. S.6, 1928, 146–153,156; Cuq, DS 3,2.1156; De Martino, Costituzione 533–534; Gabba, Appian 1.85; Lange, Alterthümer 2.691, 3.47, 49; Molthagen, Historia 22, 1973, 455; Mouritsen, Plebs 87–88; Münzer, Sempronius 47), RE 2A (1923) 1393; Niccolini, FTP 172; Perelli, Gracchi 238, 247–249; Rotondi, Leges 316–317; Rowland, Phoenix 23, 1969, 375; Schneider, Wirtschaft 296, 299 A.111; Thommen, Volkstribunat 130; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 55.

46 Lex Porcia de provinciis magistratuum ca. 633/121

Knidos Fragm. (lex de provinciis praetoriis624), Col. III, Z. 3–15: μήτε τις τούτοις τοῖς πράγμασιν ὑπεναντίως τοῖς ἐν τῶι νόμωι ὅν Μάαρκος Πόρκιος Κάτων στρατηγὸς ἐκύρωσε πρὸ ἡμέρων γ’τ– ῶν Φηραλίων625 ἐκτὸς τῆς ἐπαρχείας ἐκτασσέτω μήτε ἀγέτω τις (lacuna) μήτε πορευέσϑω τις δι’ ἃ ἑκασ[τοτε] ἐπάξει εἰδὼς δόλωι πονηρῶι μήτε τις ἄρχων μητ’ ἀντάρχων ἐκτὸς τῆς ἐπαρχείας, ἧς αὐτὸν ἐπαρχείας κατὰ τοῦτον τὸν νόμον εἶναι δεῖ ἢ δεήσει, εἰ μὴ ἀπὸ συγκλήτου γνώμης, πορευέσϑ μήτε προαγέτω, εἰ μὴ διαπορείας ἕνεκεν ἢ δημοσίων χάριν πραγμάτων, τοὺς τε ἑαυτοῦ κωλυέτω {εἰδὼς} ἄνευ δόλου πονηροῦ.626 Niemand soll entgegen 622

Die Wahl erfolgt normalerweise im Sommer. Plut. C.Gracch. 13,3: οἱ περὶ τὸν ᾿Οπίμιον. 624 Lex Nr. 86. 625 Im ersten Text von Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 202, steht Φεβραίων – darauf beziehen sich u. a. Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 38, und Sumner, GRBS 19, 1978, 219. – Zur Lesung Feralia statt Februar vgl. Crawford, Roman Statutes 1. 239, 245–246 zu Z. 5–6 und 260. Die Feralia (21. Februar) beschreibt Scullard, Feste 113, 116–117. 626 Griech. Text nach Crawford, Roman Statutes 1.239. 623

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diesen Regeln aus dem Gesetz, das der Praetor Marcus Porcius Cato am dritten Tag627 vor den Feralia in Kraft setzen ließ, bewusst arglistig (ein Heer) außerhalb seiner Provinz aufstellen, herausführen oder aus welchen Gründen auch immer marschieren lassen; desgleichen soll sich kein Magistrat oder Promagistrat außerhalb seiner Provinz, die ihm nach diesem Gesetz zugewiesen ist oder sein wird, aufhalten oder hinausbegeben, es sei denn nach einem Senatsbeschluss oder wegen einer Durchreise oder in Staatsangelegenheiten; seine Leute soll er ohne betrügerische Machenschaften daran hindern. Cic. Pis. 21,50: exire de provincia, educere exercitum, bellum sua sponte gerere, in regnum iniussu populi Romani aut senatus accedere, quae cum plurimae leges veteres, tum lex Cornelia maiestatis, Iulia de pecuniis repetundis planissime vetat.  … die (zugewiesene) Provinz verlassen, ein Heer über die Grenze ausrücken zu lassen, aus eigenem Antrieb Krieg zu führen, ohne Anordnung des römischen Volkes oder des Senats in fremde Königreiche einzudringen, das alles verbieten schon mehrere alte Gesetze, aber auch die lex Cornelia über Hochverrat628 und die lex Iulia über die Rückforderung erpresster Gelder629. Das im Jahr 1970 in Knidos gefundene Gesetzesfragment nennt in Col. III das Gesetz eines M.  Porcius Cato, das bis dahin nicht bekannt war. Es legte offenbar fest, welche Befugnisse den Provinzialstatthaltern zukamen bzw. was ihnen untersagt war. Insofern passen diese Angaben zu der Behauptung Ciceros, dass schon vor dem sullanischen Hochverrats- und dem caesarischen Repetundengesetz die Rechte eines Provinzstatthalters per Gesetz auf „seine“ Provinz beschränkt waren. Ein Ausgreifen über die zugewiesene provincia hinaus, wie kriegerische Auseinandersetzungen mit Nachbarvölkern oder Eindringen in befreundete Königreiche, bedurfte einer gesonderten Beauftragung durch den Senat. Außerdem hatte er darauf zu achten, dass auch aus seinem Stab heraus nichts dergleichen vorkam. Urheber des Gesetzes war ein Praetor mit Namen M.  Porcius Cato, er fügt damit der nur selten überlieferten Gesetzgebungstätigkeit eines Praetors ein weiteres Beispiel hinzu.630 Da Träger dieses Namens häufig begegnen, könnte man im vorliegenden Fall aus der Zeit vor Sulla an den Konsul des Jahres 118 631 denken,

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Der Text lässt auch die Deutung „am fünften Tag“ zu, vgl. Crawford, Roman Statutes 1.245–246 (zu Z. 5–6) und 260. 81 (Lex Nr. 150). 59 (Rotondi, Leges 389–391). Brennan, Praetorship 2.471–475; vgl. Lex Nr. 92. Für am ehesten wahrscheinlich gehalten von Ferrary, vgl. bei Crawford, Roman Statutes 1.260. – Auch für Daubner, GFA 10, 2007, 18, erscheint er als der geeignetste Kandidat in der Familie der Catones.

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der in den Jahren davor seine Praetur abgeleistet haben muss.632 Brennan633 rückt das Gesetz in dasselbe Jahr wie das Gesetz des Knidos-Fragments und nimmt daher einen M. Porcius Cato als Praetor für 101 an, der sonst nicht belegt ist. Dagegen ist nach Ferrary634 der Text kein Beweis für eine Gleichzeitigkeit der beiden Gesetze.635 Fest steht nur der Monat, in dem die lex Porcia verabschiedet wurde, der Februar. Auch in der lex Antonia de Termessibus (71)636 wird eine lex Porcia zitiert. Sie ist möglicherweise identisch mit dem im Knidos-Fragment genannten Gesetz, wurde aber bisher – vor dem Neufund in Knidos – als lex Porcia de sumptu provinciali (195)637 aufgefasst, die im 2. Jh. in den Anfängen der Provinzialverwaltung Missstände im Auftreten der Statthalter abstellen sollte. Das im Knidos-Fragment genannte Gesetz zählt – ebenso wie auch das in der lex Antonia genannte – nun konkret Befugnisse der Statthalter auf bzw. schränkt sie ein, wie es nur in einem weiterentwickelten Provinzialsystem möglich, aber offenbar auch nötig ist. Daher scheint es doch eher zutreffend, dass sowohl in der lex de provinciis praetoriis als auch in der lex Antonia de Termessibus Bestimmungen aus derselben lex Porcia genannt werden.638 Es fällt auf, dass das Thema Provinzialverwaltung von Mitgliedern der porcischen Familie mehrfach behandelt wird; denn außer den beiden hier genannten

Broughton, MRR 1.521, setzt nach dem Schema, das der früher üblichen Ansicht über die lex Villia annalis folgt, die Praetur spätestens ins Jahr 121. Zur Neubewertung dieses Gesetzes vgl. Elster, Gesetze 344–347 (Lex Nr. 164). 633 Praetorship 2.471–472; ebenso Lintott, CAH 2 9.97–98. Nach Franz Miltner, M. Porcius Cato (11), RE 22,1 (1953) 165–166, war dieser Sohn des gleichnamigen Konsuls von 118 irgendwann Praetor und bei seinem Tod Statthalter in Gallien (Gell. 13.20, 12), doch Amtszeit und Todesjahr sind nicht bestimmbar; für Sumner, GRBS 19, 1978, 220, ist er der Urheber des Gesetzes, seine Praetur sei „ca. 100“ gewesen; vgl. Broughton, MRR 2.13. – Überblick über die Diskussion zur Datierung bei Drogula, Chiron 41, 2011, 91–92; a. a. O., 92 u. 118–121, spricht er sich für eine Verabschiedung der lex Porcia im Jahr 100 aus, zur gleichen Zeit wie die lex de provinciis praetoriis. 634 Vgl. dazu bei Crawford, Roman Statutes 1.260. 635 Diese Meinung wird außerdem von Lintott, ZPE 20, 1976, 81, und Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 40, vertreten. 636 CIL 12 ,2.1 Nr.589, 472, col. II, Z. 13–17; Crawford, Roman Statutes 1.334. 637 Elster, Gesetze 301–302 (Lex Nr. 143). 638 Daubner, GFA 10, 2007, 14–15, hält die beiden Textabschnitte aus der lex de provinciis praetoriis und der lex Antonia de Termessibus über eine lex Porcia für zwei Teile eines einzigen Gesetzes, ebenso Drogula, Chiron 41, 2011, 95–96. Für eine Identifikation bzw. hohe Wahrscheinlichkeit derselben sprechen sich auch aus: Lintott, ZPE 20, 1976, 81; Sherwin-White, JRS 66, 1976, 6 m. A.27; Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 37–38, 39–40; Crawford, Roman Statutes 1.260; Giovannini, Historia 57, 2008, 102; ähnlich: Pohl, Piraterie 233–234; Sandberg, AIRFinl. 24.59. 632

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Gesetzen ist ein Zitat aus der Rede eines M. Cato überliefert, welches das Verhältnis des alten Statthalters zu seinem Nachfolger beleuchtet.639 Lit.: Beck, Consular power 92; Brennan, Praetorship 2.399, 471–472, 474, 525, 618, 630, 746; Brennan, Legal Ideology 476; Bringmann, Republik 277; Bringmann, Krise 68 m.A. 16; Crawford, Roman Statutes 1.231–233, 239, 249, 253, 260; Daubner, GFA 10, 2007, 9, 14–20; Drogula, Chiron 41, 2011, 91–97, 100–107, 117–118, 120–121; Ferrary, L’iter legis 5 A.6; Ferrary, Chapitre 152, 154–155; Ferrary, Législation 472–473; Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 37–38, 39–40, 43–44, 45–46; Giovannini, Consulare imperium 94–95; Giovannini, Historia 57, 2008, 101–102, 107; Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 202, 207, 210–211; Jehne, Statutes 409, 411; Kallet-Marx, Hegemony 234; Lintott, ZPE 20, 1976, 69, 81; Lintott, ZRG 98, 1981, 191–193, 196–197; Lintott, Imperium 24, 26, 36, 38, 44, 93, 103; Lintott, CAH2 9.97–98; Lintott, Constitution 212; Mantovani, Legum multitudo 713 A.24; Franz Miltner, M. Porcius Cato 11), RE 22,1 (1953) 165–166; Pohl, Piraterie 233–234; Richardson, CAH2 9.579; Sandberg, AIRFinl. 24.59–60, 93; Sherwin-White, JRS 66, 1976, 6 m.A.27; Snowdon, Res Publica 173–174; Sumner, GRBS 19, 1978, 219–220.

47 Lex agraria circa 633/121

App. civ. 1.27,121: Καὶ ἡ στάσις ἡ τοῦ δευτέρου Γράκχου ἐς τάδε ἔληγε· νόμος τε οὐ πολὺ ὕστερον ἐκυρώϑη τὴν γῆν, ὑπὲρ ἧς διεφέροντο, ἐξεῖναι πιπράσκειν τοῖς ἔχουσιν· ἀπείρητο γὰρ εκ̓ Γράκχου τοῦ προτέρου καὶ τόδε. καὶ εὐϑὺς οἱ πλούσιοι παρὰ τῶν πενήτων ἐωνοῦντο, ἢ ταῖσδε ταῖς προφάσεσιν ἐβιάζοντο. Und der Aufruhr des jüngeren ­Gracchus endete mit diesem Ergebnis. Nicht viel später wurde ein Gesetz in Kraft gesetzt, dass es den Besitzern erlaubt sei, das Land zu verkaufen, um das sie stritten; denn auch dies war nach dem Gesetz des älteren ­Gracchus verboten. Und sofort suchten die Reichen, es von den Armen aufzukaufen, oder sie zwangen sie unter verschiedenen Vorwänden dazu. Appian zählt in seinem agrargeschichtlichen Abschnitt der Bürgerkriegsgeschichte drei Gesetze640 auf, durch die seiner Meinung nach die gracchischen Elster, Gesetze 359 (Lex Nr. 172). – Daneben gibt es außerdem die leges Porciae zum Thema provocatio, vgl. Elster, Gesetze 296–301 (Lex Nr. 142). 640 Zu diesen Gesetzen und ihrer (möglichen) Verankerung in der Historie wie auch der Verbindung zu anderen Berichten und Zeugnissen gibt es eine umfangreiche Literatur, Überblicke etwa bei Chantraine, Untersuchungen 18–19 (mit Beziehung auf das Ende der gracchischen Ackerkommission); Kaser, ZRG 62, 1942, 16–19; Gargola, AJPh 118, 1997, 555–563. Eine 639

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Reformen wieder rückgängig gemacht bzw. aufgehoben wurden. Das erste dieser Gesetze setzt er in die Zeit „nicht lange“ nach dem Tod des C.  ­Gracchus. Es erlaubte den Empfängern der Assignationen den Verkauf der zugeteilten Ländereien, was Tiberius G ­ racchus in seinem Ackergesetz ausdrücklich verboten hatte. Außer Appians unbestimmter Zeitangabe gibt es in den antiken Quellen keine weiteren Hinweise auf dieses Gesetz, so dass Rogator641 und genauer Inhalt bzw. Zielrichtung des Gesetzes gleichermaßen verborgen bleiben. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 211; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 76; Botsford, Roman Assemblies 385; Bringmann, Republik 226; Burdese, ager publicus 85–86; Carcopino, Gracques 271–277, 338; Cardinali, Studi Graccani 300–301[1965: 196–197]; Chantraine, Untersuchungen 18, 27; Christ, Krise 144; D’Arms, AJPh 56, 1935, 232; De Martino, Costituzione 3.10; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 137; Develin, Antichthon 13, 1979, 48; Dreyfus, lois agraires 183; Flach, HZ 217, 1973, 275; Flach, Agrargeschichte 54; Frank, ESAR 1.247–248; Gabba, Appian 1.93; Gabba, Appiano e storia 62–63; Gargola, AJPh 118, 1997, 555–556, 567; Girard / ​Senn, 2.III, Nr. 8, 33 (107); Göhler, Italien 175; Gruen, Roman Politics 100–101; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 279; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 96, 326; Humbert, DS 1.163; Johannsen, lex agraria 91; Kaser, ZRG 62, 1942, 16–18; Lange, Alterthümer 3.49–50; Last, CAH 9.99; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 123, 134; Lintott, Judicial reform 210; Lintott, CAH2 9.83, 86–87; Mackay, Breakdown 81; Marsh / ​ Scullard, History 413–414 (zu p.71); Maschke, Agrargesetze 84–85; Meister, Historia 23, 1974, 86–90, 96; Molthagen, Historia 22, 1973, 456; N ­ iccolini, FTP 172, 174; Perelli, Movimento popolare 117; Roselaar, Public Land 257–260; Rotondi, Leges 317; Schneider, Wirtschaft 301–302; Scullard, Gracchi to Nero 43, 394; Stockton, Gracchi 202–203; Thommen, Volkstribunat 47 m.A.34, 53; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1176.

48 Lex Calpurnia de P. Popillio Laenate revocando 633–634/121–120

Cic. Brut. 34,128: Eius (P. Scipio) conlega L. Bestia a bonis initiis orsus tribunatus – nam P. Popilium vi C. Gracchi expulsum sua rogatione restituit –, vir et acer et non indisertus, tristis exitus habuit consulatus. Sein (P. Scipio) Kollege, L. Bestia, Übereinstimmung wurde wegen der unterschiedlichen Interpretation der spärlichen Überlieferung bisher nicht erzielt. 641 Frank, ESAR 1.247–248, meint, dieses erste Gesetz Appians der Gesetzgebung von Livius Drusus zuordnen zu können – entgegen dem Wortlaut bei Plut. C.Gracch. 9,4 (vgl. bei Lex Nr. 41) und der Zeitangabe bei Appian (s. o.). Corradi (Zitat bei Rotondi, Leges 317) hält für wahrscheinlich, dass Minucius Rufus (vgl. Lex Nr. 44 und Nr. 45) im Rahmen der Aufhebung gracchischer Gesetze auch der Urheber dieses Plebiszits war.

Lex Nr. 48

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ein scharfsinniger und nicht unberedter Mann, begann sein Tribunat mit vielversprechenden Anfängen  – denn er holte P.  Popilius, der durch den Einfluss des C. ­Gracchus vertrieben worden war, durch seinen Gesetzesvorschlag aus der Verbannung zurück –; sein Konsulat fand jedoch ein trauriges Ende. Cic. dom. 32,87: P. Popilius … quis enim iam meminisset eum bene de re publica meritum, nisi et ab improbis expulsus esset et per bonos restitutus? … Quod si illis [Popilius und Metellus], qui expulsi sunt inique, sed tamen legibus, reducti inimicis interfectis rogationibus tribuniciis, non auctoritate senatus, non comitiis centuriatis, non decretis Italiae, non desiderio civitatis, … P. Popilius – wer hätte sich an die Verdienste erinnert, die er um den Staat erwarb – wenn er nicht von Missetätern vertrieben und durch die Anständigen wieder zurückgeholt worden wäre. Sie [Popilius und Metellus], die zu Unrecht, aber dennoch durch Gesetze vertrieben wurden und die dann nach dem Untergang ihrer Feinde durch tribunizische Rogationen – nicht durch eine Empfehlung des Senats (auf Geheiß des Senats), nicht durch die Zenturiatkomitien, nicht durch Beschlüsse Italiens, nicht durch ein Begehren der Bürgerschaft – zurückgeholt wurden, … Cic. p. red. in sen. 15,38: Nihil umquam senatus de P. Popilio decrevit, numquam in hoc ordine de Q. Metello mentio facta est: tribuniciis sunt illi rogationibus interfectis inimicis denique restituti, cum alter eorum senatui paruisset, alter vim caedemque fugisset. Niemals beschloss der Senat etwas über P.  Popilius, niemals wurde in dieser Standesversammlung ein Antrag zu Q. Metellus gestellt: Sie wurden durch tribunizische Rogationen endlich, nachdem ihre Feinde getötet worden waren, wieder zurückgeholt, wo doch der eine von ihnen dem Senat gehorcht hatte und der andere vor Gewalt und Mord geflohen war. Cic. p. red. ad Quir. 3,6: Non enim pro meo reditu ut pro P. Popili, nobilissimi hominis, adulescentes filii et multi praeterea cognati atque adfines deprecati sunt, non ut pro Q.  Metello  … Für meine Rückkehr haben ja nicht wie für die des hochverehrungswürdigen P. Popilius heranwachsende Söhne und dazu noch viele Blutsverwandte und Verschwägerte Fürbitte eingelegt, nicht wie für Metellus … Cic. p. red. ad Quir. 4,9–10: Numquam de P. Popilio, … numquam de Q. Metello, … numquam de C. Mario … in senatu mentio facta est. Tribuniciis superiores illi rogationibus nulla auctoritate senatus sunt restituti. Niemals wurde zu P. Popilius, niemals zu Q. Metellus, niemals zu C. Marius … im Senat ein Antrag gestellt. Jene zuvor Genannten wurden durch tribunizische Rogationen ohne Willensäußerung des Senats aus der Verbannung zurückgerufen. Schol. Bob. p.111: (§ 6.) N o n e n i m p r o m e o r e d i t u u t p r o < P .> P o p i l i .  … Conparatione facta reditus sui cum P. Popilio, qui C. Graccho cesserat, … ostendit se maiorem glo. Nicht für meine Rückkehr nämlich wie für die des P. Popilius … Nach einem Vergleich seiner eigenen Rückkehr mit P. Popilius, der C. ­Gracchus gewichen war, … zeigte er, dass er größeren Ruhm erlangt habe. Schol. Bob. p.174: N o n e n i m v i d e r u n t , q u o s i p s i e x t u r b a r a n t , e o s i n c i v i t a t e m r e s t i t u t o s . C. Gracchi et L. Saturnini exempla intulerat,

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quorum alter in Aventino interfectus est, alter Capitolio deductus cum Glaucia praetore iugulatus. Post quorum necem restitutos in civitatem significat P. Popilium qui Graccho cesserat, et Q.  Metellum Numidicum qui, ut violentiam L.  Apulei subterfugeret, exolarat. Sie erlebten nämlich nicht, dass die, die sie eigenhändig gewaltsam vertrieben hatten, in die Bürgerschaft zurückgeholt wurden. Als Beispiele hatte er (Cicero) C. ­Gracchus und L. Saturninus angeführt, von denen der eine auf dem Aventin getötet, der andere vom Kapitol herabgeführt und zusammen mit dem Praetor Glaucia ermordet wurde. Nach deren Tod, so äußert sich Cicero, seien P. Popilius, der ­Gracchus gewichen war, und Q. Metellus, der im Exil gelebt hatte, um sich der Gewalttätigkeit des L. Apuleius zu entziehen, in die Bürgerschaft zurückgeführt worden. Nach dem Tod des C.  ­Gracchus beantragte der Volkstribun L.  Calpurnius Bestia ein Plebiszit, um P. Popillius Laenas aus der Verbannung zurückzuholen. In seinem ersten Volkstribunat hatte C.  ­Gracchus ihn veranlasst, ins Exil zu gehen, weil er als Konsul (132) die Anhänger des Tiberius ohne regelrechtes Gerichtsverfahren verurteilt hatte. Es ist das älteste überlieferte Beispiel für einen Volksbeschluss zur Rückberufung aus dem Exil. Für Bleicken642 ist das Volk hier nicht als Gnadeninstanz tätig, sondern es deklariere den Anlass zum Exil als „politische Justiz“ und fasse einen „Kassationsbeschluss“. In der englischsprachigen Literatur wird der Vorgang als „recalled“ bezeichnet643 und angenommen, dass den Exilierten mit dem Plebiszit das Bürgerrecht zurückgegeben wird.644 Cicero benutzt durchweg restituere645, spricht also von einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,646 die einer Begnadigung gleichkommt.647 642 643 644

645 646 647

Bleicken, Lex 115; ihm folgt Thommen, Volkstribunat 122. Kelly, Exile 76 „formally recalled from exile“; Linderski, Questions I,535 A.2 (im Fall von Metellus). Crawford, Fragmentary Speeches 286, Popilius und Metellus „were restored to citizenship“. Die Annahme, dass mit dem Exil das Bürgerrecht verloren geht, findet sich auch bei Kunkel, quaestio 1), RE 24,1 (1963) 768, der jedoch den Verlust des Bürgerrechts als Folge der interdictio aquae et ignis (Ächtung) sieht; ebenso Kaser, Jura 3, 1952, 69–70. Ciceros Auffassung (dom. 29–30,78), wonach ein Exilierter erst dadurch sein Bürgerrecht aufgibt, dass er Bürger seines neuen Aufenthaltsortes wird, folgen Mommsen, StrafR 68–69 u. StR 3.48–52; Kornemann, Civitas, RE Suppl. 1 (1903) 311; Crifò, Exilium 262–266, 296–312; Thommen, Volkstribunat 122 A.79. Nach Siber, Analogie 59, führt die Selbstverbannung zum Wechsel der Staatsangehörigkeit, also zum Verlust des römischen Bürgerrechts, wobei die Aufnahme in einen anderen Staat zunächst die in ein Schutzverhältnis war, die Verleihung des (neuen) Bürgerrechts erfolgte, „wenn überhaupt, erst hinterher.“ Quellen wie oben; vgl. auch bei Lex Nr. 91. Vgl. Mommsen, StrafR 482 A.4. Siber, Analogie 56 und 64, spricht von „volksrechtlicher Begnadigung“. Thommen, Volkstribunat 124, führt dieses und die ähnlich gelagerten Plebiszite (Lex Nr. 87, Nr. 91, Nr. 114, Nr. 117, Nr. 124) als „Straferlaß“, den die Volkstribunen vornahmen.

Lex Nr. 49

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Anlässlich seiner eigenen Rückkehr aus dem Exil und wo immer er darauf zu sprechen kommt, weist Cicero auf Popilius Laenas und den vergleichbaren Fall des Q. Caecilius Metellus648 hin, macht dabei aber deutlich, dass sich für seine Rückkehr – im Gegensatz zu den Vorgenannten, die beide auf Grund von Plebisziten zurückkehren konnten – der Senat eingesetzt hat.649 Dem Plebiszit Bestias war vorausgegangen, dass die heranwachsenden Söhne und eine Menge Verwandter öffentlich für Popillius’ Rückkehr eintraten (Cic. p. red. in sen. 15,37).650 Aus Ciceros Worten wird ferner deutlich, dass das plebiscitum Calpurnium nach dem Tod des C. ­Gracchus verabschiedet wurde, also etwa 121 oder 120. Lit.: Bleicken, Lex 115 m.A.31; Botsford, Roman Assemblies 388; Broughton, MRR 1.524–525; Cuq, DS 3,2.1133; Crawford, Fragmentary Speeches 275, 286; Crifò, Exilium 264–265; Döbler, Agitation 282; Grasmück, Exilium 93; Gruen, Roman Politics 100, 104–105; Hofmann-Löbl, Calpurnii 91–92, 98; Kelly, Exile 73–76, 167–168; Lange, Alterthümer 2.702, 3.50; Mommsen, StrafR 482 A.4; Mouritsen, Plebs 87; Mackay, Breakdown 80–81, 91; Niccolini, FTP 174; Nippel, Aufruhr 86; Perelli, Gracchi 162; Rotondi, Leges 317; Siber, Analogie 56, 63–64; Stockton, Gracchi 91, 119; Thommen, Volkstribunat 122, 124, 130; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 54 A.46; Volkmann, P. Popillius 28), RE 22,1 (1953) 63–64; Zumpt, Criminalrecht 1,2.337, 347.

49 Lex Octavia frumentaria 633–667/121–87 (?)

Cic. off. 2.21,72: (beneficia, die den Bürgern zugutekommen, dürfen dem Staat nicht schaden) C. Gracchi frumentaria magna largitio, exhauriebat igitur aerarium. modica M. Octavii et rei publicae tolerabilis et plebi necessaria, ergo et civibus et rei publicae salutaris. C. ­Gracchus’ Getreidegesetz war eine kostspielige Schenkung, erschöpfte also die Staatskasse. Das des M. Octavius war maßvoll, erträglich für den Staat und notwendig für das Volk, daher vorteilhaft für beide, die Bürger und den Staat. 648

Die Rückberufung nach einem ersten, vergeblichen Versuch (Lex Nr. 87) ebenfalls durch ein Plebiszit (Lex Nr. 91). 649 Es gab nach Voten des Senats mehrere Rogationen zur Rückberufung Ciceros, gegen die entweder interzediert oder deren Abstimmung behindert wurde, vgl. Rotondi, Leges 400–402. 650 Die Ausführungen Kellys (Exile 73–75) über die an diesen Aktionen beteiligten Frauen der Familie überzeugen nicht, denn sie beruhen auf einer unsicheren Emendation im Titel der gracchischen Rede In Po[m]pilium et matronas (Fest. s.v. Malo cruce 136, 12–19 L); vgl. Meyer, ORF 246.

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Lex Nr. 49

Cic. Brut. 62,222: (Cicero zählt Redner auf, darunter:) M. Octavium Cn. F., qui tantum auctoritate dicendoque valuit ut legem Semproniam frumentariam populi frequentis suffragiis abrogaverit. … M. Octavius, den Sohn des Gnaeus, der durch seinen Einfluss und durch sein Reden so viel vermochte, dass er das sempronische Getreidegesetz mit den Stimmen des zahlreich versammelten Volkes aufheben konnte. Allein Cicero erwähnt in seinen Überlegungen zum pflichtgemäßen Handeln (De officiis) das Getreidegesetz eines Volkstribunen M. Octavius, das im Gegensatz zu demjenigen des C. ­Gracchus nicht nur das Wohl der Bürger, sondern auch das Staatswohl im Auge hatte. Denselben M. Octavius lobt er auch als Redner und führt auf seine überragende Redegabe zurück, dass er das Volk dazu brachte, das gracchische Getreidegesetz zu außer Kraft zu setzen. Von einem eigenen Gesetz des Octavius zum Thema ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede, so dass wir außer dem in De officiis genannten Epitheton „maßvoll“ keine weiteren Angaben zum Inhalt besitzen. Ausgehend von der Schilderung Ciceros, dass Octavius für eine eigentlich gegen die eigenen Interessen gerichtete Maßnahme das Volk auf seine Seite bringen konnte, macht Virlouvet651 einen wohl begründeten Vorschlag: Octavius habe durch sein Gesetz den Kreis der Getreideempfänger so modifiziert, dass das Volk einen klaren Vorteil im neuen Gesetz erkannte; er habe nämlich die Freigelassenen ausgeschlossen.652 Das würde zu den Vorbehalten passen, welche die römische Plebs diesen gegenüber hegte; juristisch und in ihren bürgerlichen Rechten waren Freigelassene ohnehin den römischen Bürgern nicht vollgültig gleichgestellt. Allerdings kommen wegen fehlender Quellenbelege alle Gedanken zum Inhalt der lex Octavia über ein „möglich“ nicht hinaus. Das gilt auch für die These von Schovánek653, dass Octavius einerseits nur die unterste Klasse von Bürgern als Getreideempfänger vorsah, andererseits die Höhe der monatlichen Zuteilungen auf 5 modii beschränkte  – diese Festlegung war seiner Meinung nach keine Bestimmung der lex Sempronia.654 Und hinsichtlich des gültigen Getreidepreises lässt sich nur vermuten, dass eine Erhöhung in der Volksversammlung wohl kaum eine Mehrheit gefunden hätte.655 Ebenso unklar wie der Inhalt bleibt auch die Datierung der lex Octavia; denn als Datierungskriterium steht nur die Aufzählung der Redner im Brutus zur

651 652 653 654 655

Virlouvet, Tessera 180. Auch Mouritsen, Plebs 87, nennt die Reduzierung der Zahl der Getreide­empfänger als möglichen Inhalt der lex Octavia – ohne weitere Begründung. Vgl. Brunt, Manpower 377; Rickman, Corn supply 165. Schovánek, Historia 26, 1977, 378–381. Vgl. oben bei Lex Nr. 23. Brunt, Manpower 377; Thommen, Volkstribunat 58.

Lex Nr. 49

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Verfügung. Nach neueren prosopographischen Arbeiten656 wird Octavius der Rednergeneration zu Beginn des 1. Jhs. zugerechnet, Schovánek657 datiert sein Volkstribunat in ein Jahr zwischen 99 und 93. Virlouvet658 mahnt zur Vorsicht, denn Cicero könnte für seine Darstellung auch von der fortlaufenden Chronologie abgewichen sein. Andere659 sprechen sich für die Zeit um 90 oder den Zeitraum zwischen dem Tod des Saturninus und dem ersten Konsulat Sullas oder zwischen 91 und 81 aus. Die Argumente für oder gegen ein bestimmtes Zeitfenster ergeben sich bei dieser Spätdatierung durchweg aus der Bewertung der lex Appuleia (Lex Nr. 78) und ihrer Geltung; denn überwiegend wird angenommen, dass das gracchische Getreidegesetz so lange bestehen blieb. Saturninus’ Vorschlag geht zwar über den von Gaius ­Gracchus hinaus, nach der Aufhebung seiner Gesetze wäre aber die lex Sempronia wieder in Kraft getreten und erst durch die lex Octavia endgültig aufgehoben worden. In der älteren Literatur660 wird dagegen für möglich gehalten, dass die lex Octavia direkt in die Aufhebung der gracchischen Gesetze einzureihen ist. Die rogatio frumentaria (Lex Nr. 50) von 119, die Marius während seines Volkstribunats zu Fall brachte, könnte dann ein Versuch sein, die gracchischen Bestimmungen wiederherzustellen. Damit wären der lex Octavia eine längere Lebensdauer beschieden und die Gesetzgebung des Volkstribunen Saturninus ein Versuch gewesen, sie zugunsten der Plebs abzuändern. – Folgerichtig sollte man daher bei einem non liquet bleiben.661 Lit.: Badian, Imperialism 46; Botsford, Roman Assemblies 401; Broughton, MRR 2.471, 3.151; Brunt, JRS 52, 1962, 70; Brunt, Manpower 377; Burckhardt, Strategien 249–250; Crawford, RRC 1.73 A.5; Cuq, DS 3,2.1156; Earl, Latomus 19, 1960, 665; Evans, Marius 97 A.13; Garnsey, Famine and food supply 209–210, 212; Gruen, Roman Politics 95; Hands, Charities 102; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647 A.311; Lange, Alter­ thümer 2.692–693, 3.161; Last, CAH 9.95; Lintott, CAH2 9.83; Marsh / ​Scullard, History 69 m.A.1; Mattingly, CR 19, 1969, 268–269; Meijer, Münst. Beitr. Handelsgesch. 9.2, 656

657 658 659

660

661

Schovánek, Historia 21, 1972, 236–242; vgl. Douglas, Brutus 163–164 (zu Brut. 62,222) (Octavius in der Umgebung Sullas, etwa 84) und Sumner, Orators 114–115 (Octavius als Tr. pl. in 99–87, gegen die Datierung von Douglas); Mattingly, CR 19, 1969, 268–269, spricht sich dezidiert für 99 aus. Schovánek, Historia 21, 1972, 242; ebenso Reduzzi Merola, Sodalitas 2.548. Virlouvet, Lois frumentaires 14. Lange, Alterthümer 2.692–693, 3.161; Botsford, Roman Assemblies 401; Niccolini, FTP 426–427; Broughton, MRR 2.471 (ohne Datum), MRR 3.151 (zwischen 99 und 87); Rickman, Corn Supply 161–165; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647 A.311; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 303. Rotondi, Leges 317; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Last, CAH 9.95. Ebenso auch: Marsh / ​Scullard, History 69 m. A.1; Brunt, Manpower 377; Perelli, Movimento popolare 118 A.5. So auch Schneider, Wirtschaft 367–368; Earl, Latomus 19, 1960, 665; Virlouvet, Lois 14.

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Lex Nr. 50

1990, 16; Millar, Rome 1.146, 154; Mouritsen, Plebs 87; Niccolini, FTP 172, 426–427; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 14–15; Perelli, Movimento popolare 118 A.5; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.543–545, 548–549; Rickman, Corn Supply 161–165; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Rotondi, Leges 317; Schneider, Wirtschaft 367–370; Schovánek, Historia 21, 1972, 235–243; Schovánek, Historia 26, 1977, 378–381; Scullard, Gracchi to Nero 45; Sumner, Orators 114–115; Thommen, Volkstribunat 58, 60, 130; Tiersch, Getreideversorgung 197; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 303; Virlouvet, Famines 14; Virlouvet, Lois frumentaires 13–15, 25, 26; Virlouvet, Tessera 177–178, 180, 183; E. Weiss, Lex Octavia 1), RE 12,2 (1925) 2399.

50 Rogatio frumentaria 635/119

Plut. Mar. 4,7: Νόμου γὰρ εἰσφερομένου περὶ σίτου διανομῆς, τοῖς πολίταις ἐναντιωϑεὶς ἐρρωμενέστατα καὶ κρατήσας … Als ein Gesetz über die Verteilung von Getreide vorgeschlagen wurde, widersetzte er (C. Marius) sich den Bürgern mit aller Kraft und behielt die Oberhand, … In der Tradition der gracchischen lex frumentaria beantragt ein Volkstribun ein Gesetz über die Verteilung von Getreide – allerdings berichtet davon nur Plutarch. Offenbar ging die Rogation über das Vorhaben des jüngeren G ­ racchus662 hinaus, der nur hatte sichern wollen, dass die stadtrömische Plebs Getreide zu einem moderaten Preis kaufen konnte. Bringmann663 denkt bei der neuen Gesetzesvorlage an eine kostenlose Abgabe des Getreides; Perelli664 sieht dagegen in der Rogation einen Versuch, die Bestimmungen des gracchischen Getreidegesetzes zu erneuern, das nach Gaius’ Tod aufgehoben worden sei. C.  Marius, in diesem Jahr Volkstribun und also Kollege des Antragstellers, verhinderte durch sein Veto die weitere Verfolgung des Vorhabens, die Rogation wurde nicht zum Gesetz erhoben. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 216; Bicknell, Latomus 28, 1969, 328–329; Bringmann, Republik 228; Brunt, Italian Manpower 377; Burckhardt, Strategien 165, 244; Carney, Marius 20–21; Christ, Krise 152; Christ, Sulla 59; Evans, Marius 40, 95–99, 101; Gabba, ANRW 1.1, 770; Heftner, Gracchen 87; Lange, Alterthümer 2.692, 3.51; Last, CAH 9.95; Linke, Röm. Republik 69; Marsh / ​Scullard, History 416; Martin, Populare 169;

662

Vgl. Lex Nr. 23. Republik 228. 664 Perelli, Movimento popolare 118. 663

Lex Nr. 51

157

Niccolini, FTP 172, 175; van Ooteghem, Marius 85–86; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 14–15; Perelli, Movimento popolare 118; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.544; Rickman, Corn Supply 161; Rotondi, Leges 317–318; Schneider, Wirtschaft 367, 369–370 A.34; Scullard, Gracchi to Nero 45; Stockton, Gracchi 202, 203665; Tiersch, Getreideversorgung 198; Thommen, Volkstribunat 221; Virlouvet, Lois frumentaires 13, 18, 25, 26.

51 Lex Maria de suffragiis ferendis 635/119

Plut. Mar. 4,2: ᾿Εν δὲ τῇ δημαρχίᾳ νόμον τινὰ περὶ ψηφοφορίας γραφόντος αὐτοῦ, δοκοῦντα τῶν δυνατῶν ἀφαιρεῖσϑαι τὴν περὶ τὰς κρίσεις ἰσχύν, … Während seines Volkstribunats schlug er (Marius) ein Gesetz über die Stimmabgabe vor, das nach allgemeiner Auffassung den Einfluss der Mächtigen bei den Entscheidungen beseitigte. 4,6: Καὶ λαμπρὸς ἐξελάσας ὁ Μάριος εἰς τὸ πλῆϑος ἐκύρωσε τὸν̀ νόμον. Und Marius eilte triumphierend hinaus in die Volksversammlung und brachte sein Gesetz durch. Cic. leg. 3.17,38: Pontes etiam lex Maria fecit angustos. Auch ließ das Gesetz des Marius die Zugangsstege zu den Abstimmungsurnen eng machen. Als Volkstribun beantragte C. Marius ein Gesetz über eine Änderung bei der Stimmabgabe in den Volksversammlungen: Die Zugangswege aus den saepta, den für die einzelnen Tribus abgegrenzten Plätzen, zu den Wahl- oder Abstimmungsurnen sollten enger gemacht werden. Damit wollte er verhindern, dass Einblick in die Stimmtafeln genommen wurde; denn dieser Zugang konnte dazu benutzt werden, durch Bestechung die Abstimmungsergebnisse zu beeinflussen. Die Geheimhaltung des Votums sollte besser gesichert sein.666 Offenbar hatte Marius seine Rogation sofort dem Volk präsentiert, ohne sie zuvor – wie es seit langem üblich war – dem Senat vorzulegen. Plutarch berichtet, dass es nach der Promulgation des Gesetzes auf Initiative eines Konsuls zu einem Auftritt des Marius im Senat kommt, in dessen Verlauf er beiden Konsuln nacheinander droht, sie abführen zu lassen, wenn sie den gegen ihn und sein 665

Stockton, Gracchi 203, sieht eine (mögliche)  Verbindung zum zweiten nachgracchischen Agrargesetz Appians (s. Lex Nr. 52); denn die Abgabe, die hier eingeführt wird, sei für Getreidezuteilungen bestimmt. Das ist aber aus den Quellen nicht zu belegen. 666 Bicknell, Latomus 28, 1969, 337–340, leitet daraus einen verstärkten Anreiz für ambitus ab, durch die lex Maria werde „bribery a more effective weapon in the comitia“. Im Gegensatz dazu möchte Nicolet, MEFRA 71, 1959, 203–205, das Gesetz eher als lex de ambitu sehen; ebenso Wiseman, JRS 59, 1969, 66 A.63.

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Lex Nr. 51

Vorhaben gerichteten Senatsbeschluss nicht rückgängig machen. Da die anderen Volkstribunen den Konsuln auf ihren Hilferuf hin nicht beistehen, sieht sich der Senat gezwungen, nicht mehr gegen das Gesetz zu agitieren. Die schriftliche Abstimmung an sich war in Rom erst seit zwanzig Jahren sukzessive durch drei Tabellargesetze667 eingeführt worden. Sie hatten für Wahlen, Volksgerichte und gesetzgebende Versammlungen die Verwendung von Stimmtäfelchen vorgeschrieben. Im Anschluss an die Überlegungen zu den Tabellargesetzen spricht Cicero auch von der lex Maria.668 Deshalb kann man davon ausgehen, dass Plutarchs Bemerkung über die Zurückdrängung des Einflusses der Mächtigen „bei Entscheidungen“ nicht nur auf die Abstimmung bei Gerichtsurteilen zu beziehen ist, wie περὶ τὰς κρίσεις oft verstanden wird, sondern dass es hier in seiner allgemeinen Bedeutung und dem Geltungsbereich für alle Arten von Abstimmungen benutzt wird.669 Lit.: Badian, JRS 46, 1956, 94; Badian, Historia 11, 1962, 215; Bicknell, Latomus 28, 1969, 328–329, 337–343; Bleicken, Lex 139, 278; Blösel, Röm. Republik 170–171; Botsford, Roman Assemblies 389; Bringmann, Republik 228; Broughton, MRR 1.526; Burckhardt, Strategien 141; Carney, WS 73, 1960, 89; Carney, Marius 20; Christ, Krise 152; Christ, Sulla 59; Cuq, DS 3,2.1155; Döbler, Agitation 217, 283; Duplá, Consules populares 284; Dyck, Commentary 535–536; Evans, Marius 38–40, 42, 95–96, 101; Feig Vishnia, Klio 90, 2008, 338; Flower, Republics 74; Gabba, ANRW 1.1, 770; Grziwotz, Verfassungsverständnis 196; Heftner, Gracchen 87; König, Staat 129 [50]; Lange Alterthümer 2.490, 646, 658, 3.51; Last, CAH 9.94–95; Levi, Costituzione 34–35; Linke, Röm. Republik 69; Lintott, Violence 71; Lintott, JRS 80, 1990, 7; Lintott, Constitution 46–47; Lundgreen, Historia 58, 2009, 47–48, 57, 61–67; Mackay, Breakdown 93; Marshall, Asconius 292; Marsh / ​Scullard, History 416; Martin, Populare 169–170; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 602; Mommsen, RG 3.201; Mommsen, Staatsrecht 3,1.401 A.3, 405; Mouritsen, Plebs 69, 75–76; Niccolini, FTP 175; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 203–205, 209; van Ooteghem, Marius 81–84; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 12–14; Rein, Kriminalrecht 709; Rotondi, Leges 318; Rowland, Historia 25, 1976, 252; Sandberg, AIRFinl. 24.71; Schneider, Wirtschaft 308, 311 A.140; Schulz, Herrschaft 46; Scullard, Gracchi to Nero 44–45; Serrao, Classi 184; Siber, Verfassungsrecht 232; Sordi, Athenaeum 50, Lex Gabinia tabellaria (139), vgl. Elster, Gesetze 440–441 (Lex Nr. 212); lex Cassia tabellaria (137), vgl. Elster, Gesetze 443–445 (Lex Nr. 214); lex Papiria tabellaria (131), s. o. Lex Nr. 9. – Im Jahr 107 folgt die lex Coelia tabellaria (Lex Nr. 68) mit der Regelung für Hochverratsprozesse vor dem Volksgericht. 668 Über den Zusammenhang der Tabellargesetze mit der lex Maria und über die möglichen Auswirkungen dieses Gesetzes, wie sie aus Ciceros negativer Bewertung ablesbar sind, vgl. Lundgreen, Historia 58, 2009, 57–67. Er sieht die lex Maria als „eigentlichen Kern seiner (Ciceros) Attacke“ (S.57) und kommt zu dem Ergebnis, dass dieses Gesetz „wohl im Vergleich erheblich mehr Spannungen hervorrief “ als die Tabellargesetze (S.67). 669 Gegen Rowland, Historia 25, 1976, 252, der diverse Überlegungen zusammenstellt und eine Verbindung zu den Volksgerichten vorzieht. Ebenso meint Feig Vishnia, Klio 90, 2008, 338 A.27, dass es für eine Ausweitung des Geltungsbereichs keinen Beweis gebe. 667

Lex Nr. 52

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1972, 132–141; Staveley, Voting 159, 161–162; Stockton, Gracchi 203; Taylor, Voting Assemblies 39, 76; Thommen, Volkstribunat 82, 85, 137, 190 A.105, 236; Wallinga, RIDA 41, 1994, 423; E.  Weiss, Lex Maria, RE 12,2 (1925) 2398; Wieacker, Rechtsgeschichte 398 A.48, 421 A.55; Williamson, Laws 102, 310, 319; Wiseman, JRS 59, 1969, 66 A.63; Wiseman, New Men 5–6; Yakobson, Hermes 123, 1995, 431, 433; Yakobson, Elections 130, 133; Zumpt, Criminalrecht 2,1.76–77.

52 Lex Thoria agraria 635–636/119–118

App. civ. 1.27,122: καὶ περιῆν ἐς χεῖρον ἔτι τοῖς πένησι, μέχρι Σπούριος Θόριος670 δημαρχῶν εἰσηγήσατο νόμον, τὴν μὲν γῆν μηκέτι διανέμειν, αλλ’ εἶναι τῶν ἐχόντων, καὶ φόρους ὑπὲρ αὐτῆς τῷ δήμῳ κατατίϑεσϑαι καὶ τάδε τὰ χρήματα χωρεῖν ἐς διανομάς. ὅπερ ἦν μέν τις τοῖς πένησι παρηγορία διὰ τὰς διανομάς, ὄφελος δ’ οὐδὲν ἐς πολυπληϑίαν. Und es ging noch schlechter für die Armen aus, bis der Volkstribun Spurius Thorius ein Gesetz einbrachte, das Land nicht mehr zu verteilen, sondern den Besitzern zu belassen. Und für dieses Land sollten Abgaben an das Volk abgeführt werden, und dieses Geld sollte verteilt werden. Das war zwar wegen der Verteilung ein gewisses Trostpflaster für die Armen, brachte aber zur Erzielung einer großen Bevölkerungszahl671 keinen Nutzen. 124: … πεντεκαίδεκα μάλιστα ἔτεσιν ἀπο τῆς Γράκχου νομοϑεσίας  … ἐπὶ δίκαις ἐν ἀργίᾳ γεγονότες. Ungefähr 15 Jahre nach der Gesetzgebung des ­Gracchus …. waren sie wegen Rechtsstreitigkeiten in Untätigkeit geraten. Cic. Brut. 36,136: Sp. Thorius satis valuit in populari genere dicendi, is qui agrum publicum vitiosa et inutili lege vectigali levavit. Jener Spurius Thorius, der den ager publicus von einem fehlerhaften und unnützen Gesetz durch eine Abgabe befreite [oder: der den ager publicus durch ein fehlerhaftes und unnützes Gesetz von einer Abgabe befreite], besaß durch seine volksfreundliche Art zu reden recht viel Einfluss.

670

Die Handschriften haben Βόριος oder Βούριος, weil dieser Name sonst nirgends belegt, gilt er als vermutlich aus Θόριος verschrieben, so die herrschende Meinung. Zur Diskussion um den Namen vgl. den Überblick bei Gabba, Appian 1.93–94. Burdese, ager publicus 85–86, hält am Namen Borius fest; Develin, Antichthon 13, 1979, 53–55, emendiert zu Furius. 671 Das Wort hat eine neutrale Bedeutung (Thesaurus Linguae Graecae, Lidd.-Sc.), daher ist diese Übersetzung der oft gewählten „Bevölkerungswachstum“ (Flach, Agrargeschichte 55), „to increase the population“ (Loeb, 55), „per l’incremento della popolazione“ (Gabba, Appian 1.369) vorzuziehen, da letztere eine unzulässige Interpretation beinhaltet. Wegen des fehlenden Artikels kann man ἐς hier final auffassen.

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Lex Nr. 52

Cic. de or. 2.70,284: (Cicero zählt lächerliche Aussprüche auf, darunter ein Beispiel) Appi maioris illius, qui in senatu, cum ageretur de agris publicis et de lege Thoria …, inquit … Jenes älteren Appius, der im Senat, als über Staatsland und die lex Thoria verhandelt wurde, sagte … Nicht lange, nachdem schon eine Bestimmung des gracchischen Reformprogramms durch ein Plebiszit672 aufgehoben worden war, ergeht nach Appian ein weiteres Gesetz. Es wird von einem Volkstribunen beantragt, der in der handschriftlichen Überlieferung den Namen Spurius Borius trägt, den die herrschende Meinung aber  – auch wegen des seltenen Vornamens  – zu Spurius Thorius emendiert. Mit diesem Gesetz wird die weitere Aufteilung von ager publicus beendet, was faktisch die Auflösung der gracchischen Agrarkommission bedeutete. An die Stelle erneuter Landzuweisungen traten Abgaben, die für den okkupierten ager publicus entrichtet werden mussten und die dann in irgendeiner Form673 an das Volk verteilt wurden. Vom zweiten Gesetz Appians lässt sich durch den Namen Thorius ein Bezug zu zwei Äußerungen Ciceros herstellen, wo er von Sp. Thorius bzw. einer lex Thoria redet. In De oratore spricht er von einer Senatssitzung, in der es um Staatsland und die lex Thoria ging; im Brutus äußert er sich zum Redetalent eines Sp. Thorius. Das zweite Zitat ist grammatisch zumindest zweideutig674, wie an der Übersetzung ablesbar ist, und brachte daher – je nachdem, ob man der einen oder der anderen Möglichkeit folgt – entsprechend divergierende Auslegungen hervor. Überwiegend wird die Ansicht vertreten,675 dass man mit einem „unnützen und fehlerhaften Gesetz“ niemanden erleichtern oder von etwas befreien kann, dass andererseits das sempronische Ackergesetz als vitiosa galt, weil es ohne Rücksicht auf das tribunizische Interzessionsrecht zustande kam. So kann man sehr wohl von diesem Gesetz jemanden befreien, demnach ist die erste Variante in der obigen Übersetzung vorzuziehen. 672

Vgl. Lex Nr. 47. Bringmann, Republik 226, vermutet, dass die Abgaben dem Volk in der Form von Subventionen für den niedrigen Getreidepreis in Rom zugutekamen; ebenso Stockton, Gracchi 203. Lintott, CAH2 9.87, hält eine Art Anschubfinanzierung für die neuen Kleinbauernstellen für möglich. 674 Badian, Lex Thoria 236–237, und Meister, Historia 23, 1974, 90 listen insgesamt vier Möglichkeiten auf, je zwei für vectigali als Substantiv und als Adjektiv. Die letzte Variante vertritt u. a. D’Arms, AJPh 56, 1935, 234, 237–238, sie wurde aber schon früher von Mommsen, GS I.70, überzeugend zurückgewiesen, denn vectigalis bedeutet als Adjektiv „abgabenpflichtig“, nicht „eine Abgabe betreffend“, vgl. Meister, Historia 23, 1974, 90–91. Emendationen zu levavit bei Willcock, CQ 32, 1982, 474–475 (locavit) und Lintott, Judicial reform 282–285 (liberavit). 675 Niccolini, RAL 5A Ser. 28, 1919, 194 und FTP 183–184; Badian, Lex Thoria 236–239; Meister, Historia 23, 1974, 90–91 u. Andere. 673

Lex Nr. 52

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Inhaltlich gesehen besteht mit dieser Auffassung eine Parallele zu Appians zweitem Gesetz, durch das ebenfalls eine Abgabe auferlegt wurde. Mit der anderen Bestimmung aus Appians zweitem Gesetz, dass von nun an Land nicht mehr verteilt, sondern den derzeitigen Besitzern überlassen werden solle, besteht möglicherweise eine Verbindung zu einer Inschrift aus Karthago676, welche die Bruchstücke von drei Namen enthält, von denen die Cognomina Galba, Carbo und Bestia sicher lesbar sind. Diese Inschrift wird wegen C. Papirius Carbo (seit 130 einer der tresviri agris dandis assignandis) in die Zeit vor 119 datiert, weil er in diesem Jahr nach seiner Verurteilung Selbstmord beging.677 Daran ist abzulesen, dass die gracchische Ackerkommission in Africa tätig war, und zwar vermutlich in Zusammenhang mit der Kolonie Iunonia.678 Das bedeutet, dass die von Tiberius G ­ racchus ins Leben gerufene Landverteilungskommission so lange existiert hat und erst die lex Thoria, Appians zweites Gesetz, ihre Arbeit faktisch beendete, weil nun kein Land mehr verteilt werden sollte. Für eine Datierung der lex Thoria als Schlusspunkt der Ackerkommission lässt sich daraus jedoch kein sicheres Datum ableiten. Überwiegend wird zwar das Jahr 118 679 angenommen, weil Appian am Ende des Abschnitts über die nachgracchischen Agrargesetze (civ. 1.27,124) eine Fünfzehn-Jahres-Frist nennt, die seit der Gesetzgebung des Tiberius ­Gracchus680 vergangen sei. Im Anschluss an diese Zeitangabe vermutet Gabba eine Lücke im Text681, und auch sonst gilt dieser Schlusssatz als ergänzungsbedürftig.682 Allgemein wird jedoch die Ackerkommission als Beziehungswort für das Partizip am Ende gesehen, die ungefähr 15 Jahre bezeichneten dann die Zeit, in der sie tätig war.683 Eindeutig spricht Appian aber von „Untätigkeit“, was sich wiederum nur auf die Zeit nach 129 beziehen könnte, als der Ackerkommission auf Scipios Betreiben hin die Judikationsbefugnis

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CIL 8, Suppl. 1, n.12535. Diese Identifizierung folgt Chantraine, Untersuchungen 15–18. Der Vorname Carbos ist nicht erhalten, daher könnte auch einer seiner beiden Brüder, Cn. (cos. 113) oder M. (pr. Siciliae) in der Inschrift genannt sein; vgl. Broughton, MRR 1.522–523, 526. Wie Chantraine auch Johannsen, lex agraria 86–91. Vgl. dazu Lex Nr. 29. Mattingly, Latomus 30, 1971, 287, plädiert für 113. Da Appian (civ. 1.13,55 und 1.21,88) mehrfach ausdrücklich Tiberius als νομοϑέτης (Gesetz­ geber) bezeichnet und Gaius als den jüngeren Bruder des Gesetzgebers, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass 133 der Ausgangspunkt und 118 etwa der Endpunkt von Appians Zeitangabe ist. Vgl. auch unten bei Lex Nr. 61. Gabba, Appian 1.96. – In ANRW 1,1.775 nimmt er daher als Zeitpunkt für die lex Thoria zwei oder drei Jahre vor der lex agraria (Lex Nr. 61) an. So schon A. A. F. Rudorff, Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss. 10, 1839, 38; ihm schließt sich u. a. Meister, Historia 23, 1974, 89 an; vgl. auch White (Loeb 4), Appian, vol. III, 55. Die ältere Literatur dazu bei Chantraine, Untersuchungen 18–19 m. A.15; ebenso Johannsen, lex agraria 83–84 und die Schlussfolgerung von Meister, Historia 23, 1974, 96.

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Lex Nr. 52

entzogen wurde.684 Dagegen mussten die Bürger seit 133, dem Jahr, in dem die lex Sempronia agraria verabschiedet wurde, „in Untätigkeit verharren“; so lange dauerten nämlich die Rechtstreitigkeiten um den ager publicus an.685 Als Fazit bleibt, dass sich die lex Thoria auf Grund der spärlichen Überlieferung einer zweifelsfreien Datierung entzieht. Und über den Rogator lässt sich nichts Sicheres sagen, außer dass es sich offensichtlich um einen Volkstribunen handelt. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 211–213; Badian, Lex Thoria 235–242; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 76; Botsford, Roman Assemblies 385–386; Bringmann, Republik 226; Broughton, MRR 1.542–543 A.3; Burdese, ager publicus 85–87; Carcopino, Gracques 239, 272–277, 338; Cardinali, Studi Graccani 301–302 m. A.2 (–S. 306) [NDr. 1965: 197–198 m. A.2 (–S. 202)]; Chantraine, Untersuchungen 18–20, 27–28; Christ, Krise 144; Cuq, DS 3,2.1165; D’Arms, AJPh 56, 1935, 232–245; De Martino, Costituzione 3.10–15; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 137; Develin, Antichthon 12, 1978, 45–46; Develin, Antichthon 13, 1979, 48–55; Douglas, AJPh 77, 1956, 376–395; Dreyfus, lois agraires 183; Evans, Marius 102; Flach, HZ 217, 1973, 275–276, 279–281; Flach, Agrargeschichte 54–56; Frank, ESAR 1.247–248; Gabba, Appian 1.93–95; Gabba, Appiano e storia 64–73; Gabba, ANRW 1,1.775, 777; Gargola, AJPh 118, 1997, 555–563; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 657–659; Girard / ​Senn, 2.III, Nr. 8, 33–35 (107–109); Göhler, Italien 175–179, 189–190, 192; Gruen, Roman Politics 100–102; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 279; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 96, 326–328; Hinrichs, ZRG 83, 1966, 265 A.38; Howarth, Historia 48, 1999, 295; G. Humbert, DS 1.163; Johannsen, lex agraria 63–79, 206–207; Kaser, ZRG 62, 1942, 16–19; Kiene, Bundesgenossenkrieg 26, 28, 32, 124–149; Kornemann, Gracchenzeit 52–53; Lange, Alterthümer 2.688, 3.51–52; Last, CAH 9.25, 99; Lintott, CAH2 9.87; Lintott, Judicial reform 47–49; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 124–125, 131–135, 141–144; Mackay, Breakdown 81; Marsh / ​Scullard, History 413–414 (zu S.71); Maschke, Agrargesetze 84–85, 87–88; Mattingly, Latomus 30, 1971, 282–287; Meister, Historia 23, 1974, 86–97; Molthagen, Historia 22, 1973, 457; Mouritsen, Unification 144; Niccolini, RAL 5A Ser. 28, 1919, 189–194; Niccolini, FTP 172, 178–184; Perelli, Movimento popolare 117; Perelli, RFIC 118, 1990, 246; Perelli, Gracchi 247–248; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Roselaar, Public Land 260, 261–271; Rotondi, Leges 318–319; Sandberg, AIRFinl. 24.71; Schneider, Wirtschaft 302–303; Schur, Marius und Sulla 52–53; Scullard, Gracchi to Nero 43, 394; Seager, CR N. S. 17, 1967, 12–13; Stockton, Gracchi 203, 215; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.104–106; Thommen, Volkstribunat 47 m. A.34, 53; Triebel, Ackergesetze 204–209, 293–299; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1176–1179; Wieacker, Rechtsgeschichte 421 A.56, 424 A.65; Willcock, CQ N. S. 32, 1982, 474–475; Zancan, Ager publicus 57–66.

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Vgl. oben Lex Nr. 13. Daher gilt auch das Jahr 114 als Endpunkt der 15 Jahre, vgl. dazu Kornemann, Gracchenzeit 52–53, und die übrige, bei Chantraine, Untersuchungen 19 A.16, genannte Literatur. 685 In diesem Sinne Flach, Agrargeschichte 56.

Lex Nr. 53

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53 Lex fragmenti Tarentini

Erstveröffentlichung: Bartoccini, Epigraphica 9, 1947, 3–31, u. 10, 1948, 158. – Schönbauer, AAWW 93, 1956, 14–15 (A); Girard / ​Senn, III Nr. 9, 53–54 (127–128) (A); Lintott, ZPE 45, 1982, 130–137 (A / ​S 686/K); Crawford, Roman Statutes 1.212–218 (A / ​engl.Ü / ​K). Auf einer 1909 in Tarent gefundenen Bronzetafel, die aber erst 1947 veröffentlicht wurde, sind mit großen Lücken 26 Zeilen eines Gesetzes eingraviert. Sein Wortlaut erstreckte sich offensichtlich über mehrere Tafeln, denn sein vorhandener Teil ist weder dem Anfang noch dem Schluss zuzuordnen. Daher gibt es über die ursprüngliche Länge des Gesetzestextes nur Vermutungen.687 Das Fragment enthält offensichtlich nicht den wesentlichen Teil der Norm, sondern nur einige aus dem Hauptteil des Gesetzes sich ergebende Regelungen, die anscheinend abschließenden Charakter haben. Da sind zunächst die Belohnungen für erfolgreiche nichtrömische Ankläger. Sie erhalten das römische Bürgerrecht oder das Recht auf provocatio, die Freistellung vom Militärdienst; bereits geleistete Militärzeiten werden vermutlich angerechnet. Daran schließen sich Belohnungen für römische Bürger an, die sich ebenfalls auf den Militärdienst beziehen und die auch – mit Einschränkung – für Kinder und Enkel gelten. Die Freistellung ist hinfällig bei kriegerischen Tumulten in Gallien (und in Italien). Der nächste Abschnitt schreibt vermutlich die Veröffentlichung des Gesetzes vor, zumindest die öffentliche Nennung und auch schriftliche Niederlegung der Namen der Ankläger, der Verurteilten und der beteiligten Geschworenen. Schließlich soll per Eid versichert werden, das Gesetz zu halten. Zuwiderhandelnden wird das Recht entzogen, im Senat zu reden, und die Zensoren sind angewiesen, die Personen, die die Eidesleistung verweigern, nicht in den Senat zu wählen. Es soll aufgezeichnet werden, wer schwört, aber auch, wer den Eid nicht ablegt. In der letzten erhaltenen Zeile wird bestätigt, dass Bestimmungen des Gesetzes, die dem Sakralrecht entgegenstehen, als nicht ergangen gelten sollen. Mit „die Volkstribunen“ (tr pl) am Beginn eines neuen Satzes bricht der Text ab; es gab also mindestens noch eine Tafel mit der Fortsetzung bzw. dem Schluss des Gesetzes. Wegen der großen Lücken – der jeweils linke Teil jeder Zeile fehlt – haben die eben gemachten Aussagen zum Inhalt jedoch nur einen mehr oder weniger

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Summary (engl.). Vgl. die Einleitung von J. S. Richardson in: Crawford, Roman Statutes 1.210.

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Lex Nr. 53

hohen Grad an Wahrscheinlichkeit; denn sie sind von den unterschiedlichen Textergänzungen abhängig, die bisher vorgeschlagen wurden.688 Überwiegend wird aus den Textbruchstücken der Schluss gezogen, dass es sich um das Fragment eines Repetundengesetzes handelt – einzig Schönbauer689 war der Ansicht, dass das fragmentum Tarentinum einen Abschnitt der lex Appuleia de maiestate690 darstellt. Aber welches Repetundengesetz hier überliefert ist, bleibt ebenfalls umstritten: Schon Bartoccini691 hielt das tarentinische Fragment für einen Teil der lex Servilia Glauciae692. Seiner Deutung schlossen sich Luzzatto693 und Piganiol694 an. Kurz darauf kam Tibiletti695 nach gründlicher Untersuchung des Fragments zu dem Ergebnis, dass es sich „vielleicht“ um einen Teil der lex Servilia Caepionis696 handele. Mattingly optierte dann zwar auch für die lex Servilia Glauciae; aber dieses Gesetz ist für ihn identisch mit der inschriftlich erhaltenen lex repetundarum.697 Die Überlegungen von Nicolet698 und Ferrary699 laufen ebenfalls auf die lex Acilia bzw. die lex repetundarum hinaus. Für Nicolet steht jedoch die bei Cicero genannte lex Acilia unabhängig neben dem inschriftlich überlieferten Repetundengesetz, das er als lex Sempronia auffasst, Ferrary lässt diese Frage offen. Lintott700 kehrte schließlich zu der früheren Auffassung zurück, und auch Richardson701 hält für

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689 690 691 692 693 694 695 696 697

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Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 39–55; Mattingly, JRS 59, 1969, 139–142; Lintott, ZPE 45, 1982, 130–133; Crawford, Roman Statutes 1.212. – Unterschiedliche Auffassungen zum Inhalt finden sich bei Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 56–57; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 79–82; Mattingly, JRS 59, 1969, 140; Lintott, ZPE 45, 1982, 133–134; Crawford, Roman Statutes 1.214. Schönbauer, AAWW 93, 1956, 38–40, u. Jura 7, 1956, 110–117. – Vorsichtige Zustimmung von Bauman, Crimen Maiestatis 56–58. Lex Nr. 80. Bartoccini, Epigraphica 9, 1947, 29. Lex Nr. 82. – Er datiert dieses Gesetz der früheren Auffassung folgend in das Jahr 111. Scritti minori [156–158], [162], [257]. CRAI 1951, 58–63. – Piganiol datiert die lex Servilia in das Jahr der Praetur Glaucias (100), dem folgt Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 82–83. Athenaeum 31, 1953, 73–75. Lex Nr. 69. – Zweifel daran („hypothetisch“) auch bei Serrao, Classi 280; Classi 215 proklamiert er die Identifizierung mit der lex Acilia, die er ins Jahr 111 datiert. Lex Nr. 36. – Mattingly, JRS 59, 1969, 139–142, versuchte eine Identität zwischen den Zeilen 76/83 ff. der Lex Bembina und den erhaltenen Zeilen der Lex Tarentina aufzuzeigen (Tabelle 140). Seine Ansicht wurde zutreffend widerlegt von Sherwin-White, JRS 62, 1972, 83–99, und Lintott, ZPE 45, 1982, 127–130. Nicolet, L’ordre équestre 1.491, 515 A.52, 555–558. Ferrary, MEFRA 91, 1979, 111. Lintott, ZPE 45, 1982, 137–138. Richardson, in: Crawford, Roman Statutes 1.211.

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möglich, dass mit dem tarentinischen Fragment ein Teil der lex Servilia Glauciae (101)702 überliefert ist. Die versuchte Datierung des fragmentum Tarentinum orientiert sich überwiegend an zwei Punkten: Erstens, der auf Einhaltung des Gesetzes zu leistende Eid findet Gegenstücke etwa in der lex Appuleia agraria (Lex Nr. 84) und in der lex de provinciis praetoriis (Lex Nr. 86), und zweitens, bei der Identifizierung des fragmentum Tarentinum mit einem der bekannten Gesetze folgt der Datierungsvorschlag dieser Hypothese. In beiden Fällen führt das übereinstimmend zu einer Datierung in das letzte Jahrzehnt des 2.Jhs. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 203, 206; Bauman, Crimen Maiestatis 56–58; Bleicken, Lex 227 A.109; Crawford, Roman Statutes 1.209–218; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 108–111; Gabba, Appian 1.103; Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 216 A.23; Heftner, Tyche 20, 2005, 25; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 140; Kunkel, Staatsordnung 2.94 A.150–151, 96 A.154; Lintott, Hermes 106, 1978, 135; Lintott, ZPE 45, 1982, 127–138; Lintott, Judicial reform 8, 117, 137, 145, 156, 160, 164–166, 243–245; Luzzatto, Scritti Borsi 1955, 23–27, 37, 41–42, 46–47; Luzzatto, Scritti minori [155–168], [257–262]; Mantovani, Legum multitudo 725; Marsh / ​Scullard, History 418; Mattingly, JRS 59, 1969, 129–143; Mattingly, JRS 60, 1970, 154–168; Millar, Rome 1.156 A.19; Nicolet, L’ordre équestre 1.555–558; Piganiol, CRAI 1951, 1, 58–63; Pohl, Piraterie 227; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 79–82; Santalucia, Clausole 117–118, 125, 127; Schönbauer, AAWW 93, 1956, 13–40; Schönbauer, Jura 7, 1956, 92–117; Serrao, Classi 215, 258–261, 279–283; Sherwin-White, JRS 62, 1972, 86–87, 90–92, 99; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 38–66, 73–75, 83.

54 Lex Latina tabulae Bantinae 621–636/133–118

CIL 12 .2,1 n.582 (=197)703, 439–442 (A / ​K); Bruns, Nr.8, FIR 1.53–55 (A); Girard / ​Senn, 2.III Nr.6, 13–15 (87–89) (A); Riccobono, FIRA 1.82–84 (A); ROL IV, Nr.56, 294–303 (A / ​engl.Ü); Crawford, Roman Statutes No.7, 1.193–209 (A / ​engl.Ü / ​K); Ancient Roman Statutes, Doc. 55, 59–60 (engl.Ü) Ende des 18. Jhs. wurden in Bantia in Lukanien Fragmente einer Bronzetafel gefunden, die auf der einen Seite ein Gesetz in oskischer Sprache704, auf der andeZur unterschiedlichen Datierung der lex Servilia Glauciae vgl. Lex Nr. 82. Lex incerta reperta Bantiae, rogata inter a. 621/133 et 636/118. 704 Das Gesetz wird hier nicht behandelt; es ist kein in Rom verabschiedetes Gesetz. Vermutlich handelt es sich um eine lex data, das Stadtrecht oder die Gemeindeordnung von Bantia. 702 703

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ren eines in lateinischer Sprache trug. Erhalten ist ein Stück des rechten Randes der tabula Latina, 28 cm hoch und 37 cm breit. Aus der Textverteilung auf der oskischen Seite lässt sich erschließen, dass die Tafel ungefähr dreimal die Breite des Fragments betrug, und der lateinische Text vermutlich in zwei Spalten geschrieben war. Ein im 20. Jh. angefügtes Fragment, das Adamesteanu-Fragment705, schließt unten an das große Fragment an. Leerstellen am Ende der Zeilen 6, 13 und 22 zeigen, dass jeder Abschnitt des Gesetzes in einer neuen Zeile begann. Erhalten sind demnach Teile von vier Abschnitten, welche die Schlussbestimmungen eines strafrechtlichen Gesetzes, die sanctio, enthalten. Der erste Abschnitt (Z. 1–6) schreibt bei Übertretung dieses Gesetzes die Entziehung der bürgerlichen Rechte vor, bezieht sich dabei aber wohl auf Angehörige des Senatorenstandes bzw. auf Personen, die öffentliche Aufgaben als iudex (Geschworener), arbiter (Schiedsrichter) oder recuperator (Richter in Ersatzklagen) wahrnehmen könnten. Sie dürfen nicht einmal die toga praetexta tragen, werden im Senat nicht nach ihrer Meinung gefragt und sind von der Teilnahme an Abstimmungen in den Volksversammlungen ausgeschlossen. Der zweite Abschnitt (Z. 7–13) legt die Folgen fest, wenn jemand die Aus- und Durchführung des Gesetzes behindert. Er kann zu einer Geld- oder auch einer Vermögensstrafe verurteilt werden; diese darf jedoch nicht mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens betragen. Im dritten Abschnitt (Z. 14–22) werden die amtierenden Magistrate verpflichtet, innerhalb von fünf Tagen nach Verabschiedung des Gesetzes zu schwören, dass sie nicht wissentlich gegen das Gesetz verstoßen werden. In gleicher Weise wird angeordnet, dass die zukünftigen Magistrate innerhalb von fünf Tagen nach Amtsantritt denselben Eid zu leisten haben. Die Weigerung, den Eid zu leisten, zieht den Verlust des Amtes nach sich. Außerdem darf der Verweigerer nicht mehr vom Zensor in die Senatsliste eingeschrieben werden. Schließlich (Z. 23–27) wird die eidliche Verpflichtung noch explizit auf alle Senatoren ausgedehnt. Wenn sie Kenntnis davon erlangten, dass das Gesetz vom Volk verabschiedet wurde, müssen sie innerhalb der nächsten zehn Tage vor dem Quaestor am Aerarium öffentlich und am hellen Tage bei Jupiter und den Penaten schwören, das Gesetz zu befolgen und nichts zu seiner Verletzung zu unternehmen. Die letzten Zeilen (28–32) befassten sich vermutlich mit der Veröffentlichung des Gesetzes in taboleis pop[liceis]; daneben wird die geläufige Frist von drei Markttagen (trinum nondinum) genannt. Literatur dazu: Bruns, Nr.8, FIR 1.48–53 (A); Girard / ​Senn, 2.IV Nr.1, 6–11 (190–195) (A / ​lat.Ü); Riccobono, FIRA 1.163–165; Crawford, Roman Statutes 1.271–292 (A / ​lat.Ü / ​ engl.Ü / ​K). – Weiterführend: In einer „Bestandsaufnahme“ (mit T / ​lat.Ü / ​K) interpretiert Galsterer, Chiron 1, 1971, 191–214, die lex Osca als „Sammlung römischer Gesetze“, die auf Bantia angewendet werden konnten (S.210); Bispham, Asculum 142–152. 705 D.  Adamesteanu / ​M .  Torelli, Il nuovo frammento della Tabula Bantina, Arch. Class. 21, 1969, 1–17.

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Diese Aufzählung macht deutlich, dass die erhaltenen Bestimmungen nirgends auf ein spezielles Delikt Bezug nehmen und daher auch keinen definitiven Schluss auf den Inhalt des Gesetzes zulassen.706 Trotzdem wurden verschiedene Versuche unternommen, die Klauseln der lex tabulae Bantinae einem der bekannten Gesetze aus der Wende vom 2. zum 1. Jh. zuzuweisen; denn für diese Zeitspanne707 spricht eine Datierung der Bronzetafel aus sprachlichen Gründen. So war zunächst das Verhältnis des oskischen und des lateinischen Textes zu klären. Die ältere Meinung (Mommsen), dass in beiden Inschriften dasselbe Thema behandelt werde, wurde bald aufgegeben zugunsten der bis heute angenommenen, dass – wie oben ausgeführt – die lateinische Seite Teil eines stadtrömischen Gesetzes ist, die oskische Seite der Tafel die Statuten der örtlichen Verwaltung und Rechtsprechung enthält.708 Galt zunächst die oskische Seite der Tafel als die ältere, änderte sich diese Beurteilung vor allem nach dem Fund des Adamesteanu-Fragments. Es zeigt ein Befestigungsloch unterhalb der letzten Zeile des lateinischen Textes, während auf der oskischen Seite der Text um das Loch herumgeht.709 Außerdem scheint die oskische Seite weniger geglättet, was dafür spricht, dass diese Seite zunächst als Rückseite diente. Für die versuchte Datierung710 des Gesetzesfragments der tabula Bantina fanden hauptsächlich zwei Dinge Berücksichtigung: die Nennung des Kolle­ giums der triumviri a.d.a.711 und die eidliche Verpflichtung gegenwärtiger und zukünftiger Magistrate sowie des gesamten Senats auf Einhaltung und Bewahrung des Gesetzes. Die Nennung der Ackerkommission führt bis in die Gracchenzeit zurück712, während der auf das jeweilige Gesetz abzulegende Eid in zwei weiteren inschriftlich überlieferten Gesetzen aus der Zeit um 100 (lex de provinciis praetoriis, Lex Nr. 86, und lex Fragmenti Tarentini, Lex Nr. 53) und – 706

So die nüchterne Feststellung von Rotondi, Leges 319; Badian, Historia 11, 1962, 206; Ancient Roman Statutes, Doc.55, 59. 707 Mommsen datierte das Fragment wegen der Triumvirn für Landverteilung, die auf Grund der lex Sempronia agraria amtierten, auf 129 bis 118 (vgl. die ausführliche Wiedergabe der Mommsenschen Theorie von Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 313–317). 708 So auch schon Mommsen, StR 3,1.700. – Zum Wechsel in Mommsens Auffassung vgl. die Darstellung von Schönbauer, AAWW 92, 1955, 133–145. 709 So die Begründung von Lintott, Hermes 106, 1978, 128; ebenso J. S.  Richardson, in: ­Crawford, Roman Statutes 1.195–196. 710 Die ältere Literatur zu diesem Problem ist von Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 311–322, hervorragend aufgearbeitet. 711 triumviri a(gris) d(andis) a(dsignandis) – Dreimännerkollegium für die Landverteilung. 712 So auch die Mommsensche Auffassung, s. o. Fn. 707; dem schließt sich Botsford, Roman Assemblies 379, an, das Dokument gehöre in die Zeit zwischen 133 und 118; ebenfalls in die Gracchenzeit datieren Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 265–266; Brunt, Fall 142–143, und Yarnold, AJPh 78, 1957, 163–172. Vgl. die Diskussion der Argumente bei Hall, Studi Volterra 1.199–206, und J. S. Richardson (Crawford, Roman Statutes 1.196).

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nach der literarischen Überlieferung – von der lex Appuleia agraria (Lex Nr. 84) verlangt wird. Der zweite Punkt spricht demnach für den Zeitraum, in dem Appuleius und Glaucia Ämter bekleideten.713 Überwiegend wird denn auch die eine oder andere Maßnahme714 dieser beiden Männer mit der tabula Bantina identifiziert. So erklärte Maschke715 den Eid der Senatoren zu etwas Neuem, das in der lex Appuleia agraria zum ersten Mal gefordert wurde, daher ist für ihn die lex tabulae Bantinae Teil des bei Appian überlieferten Ackergesetzes. Die von ihm behauptete Gleichheit der Eidesleistung trifft jedoch nicht zu; denn an Stelle von Jupiter und den Penaten werden der Tempel des Saturn (Appian) bzw. des Castor (lex tabulae Bantinae) genannt, und auch die vorgeschriebenen Fristen für die Ablegung des Eides sind unterschiedlich.716 Nicht überzeugend ist ferner die Deutung des ioudex (Z. 15) als eines Beamten mit judikativen Befugnissen bei der Ausführung des Ackergesetzes.717 Für Tibiletti ist die lex tabulae Bantinae die lex Servilia Glauciae (Lex Nr. 82),718 also ein Repetundengesetz. Es scheint zwar, dass mit dem ioudex ex h(ac) l(ege) (Z. 15) der Vorsitzende einer quaestio gemeint ist, welche durch dieses Gesetz eingerichtet wurde; der Vorsitzende einer quaestio de repetundis war jedoch ein

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So auch das Fazit von Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 340–344. Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 216 sprechen sich für die Kopie einer Lex Appuleia aus. Maschke, Agrargesetze 75. Dagegen zeigt Hall, Studi Volterra 1.199–206 überzeugend, dass im saturninischen Gesetz der Eid nicht zum ersten Mal aufgetaucht sein kann. Vgl. Lintott, Hermes 106, 1978, 129–130. Maschke, Agrargesetze 104–108. Robinson, Marius 80–83, folgt der Auffassung Maschkes; Widerspruch bei Passerini, Athenaeum 12, 1934, 119–120. Gegen Maschkes Deutung des ioudex spricht sich auch Hinrichs, Hermes 98, 1970, 474–475, aus; seine eigene Erklärung des ioudex als letztem Teil des Titels der triumviri a.d.a. bleibt eine Hypothese, für die es nirgends eine vergleichbare Benennung gibt (vgl. Lintott, Hermes 106, 1978, 131–132; J. S.  Richardson, in: Crawford, Roman Statutes 1.197 u. 207). Trotz Hinrichs’ gegenteiliger Meinung wird nämlich die iudikative Befugnis im Titel von Triumvirn allgemein und richtig mit triumviri a(gris) i(udicandis) a(dsignandis) oder triumviri a(gris) d(andis) a(dsignandis) i(udicandis) (Belegstellen bei Hinrichs, Hermes 98, 1970, 483) wiedergegeben; denn iudicare kann auch transitiv gebraucht werden. – Grundsätzlich unterstützt Hinrichs Maschkes Identifikation der lex tabulae Bantinae mit der lex Appuleia agraria (gleichlautende Argumentation schon in Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 139–154); ebenso Bleicken, Lex 224 A.98; Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 216; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 651 und Pohl, Piraterie 226–227. Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 66–73, und im Anschluss daran Nicolet, L’ordre équestre 1.555–558. – Carcopino, Gracques 212–219, vermutet zwar auch ein Repetundengesetz, doch aus der Zeit zwischen 103 und 100 (die lex Servilia Glauciae datiert er auf 108, sie ist für ihn identisch mit der lex (Acilia) repetundarum (Lex Nr. 36).

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Praetor.719 Weil die lex Appuleia de maiestate (Lex Nr. 80) ebenfalls eine quaestio zur Folge hatte, wurde sie von Stuart Jones720 mit der lex tabulae Bantinae identifiziert. Wieder anders ordnete Lintott721 das Fragment aus Bantia ein. Nach Prüfung der vorangegangenen Vorschläge kommt er zu dem Schluss, dass die lex tabulae Bantinae Teil einer lex de veneficis et de sicariis bzw. ein Teil von beiden Gesetzen sei, und datiert das Fragment in die Zeit von 129 bis vor 111. Schönbauer722 schließlich rückt die lex tabulae Bantinae weiter hinab bis in die „demokratische Periode von Cinna“, also in die achtziger Jahre des 1. Jhs., und nimmt an, es sei der Schluss eines Volksgesetzes – ohne sich auf einen Inhalt festzulegen. Bei den Versuchen zur Identifizierung der lex tabulae Bantinae spielt auch die Frage eine Rolle, wie und weshalb ein stadtrömisches Gesetz nach Bantia kam.723 So könnte man annehmen, dass die Tafel, nachdem das lateinische Gesetz ungültig war bzw. durch ein anderes ersetzt worden war, als „wertvolles Schreibmaterial von Bantia billig erstanden wurde“.724 Oder sie enthielt ein noch gültiges Gesetz, wurde aber im Verlauf des Bundesgenossenkrieges von seinem Platz entfernt und die Rückseite oskisch beschrieben.725 Daraus ergibt sich, dass auch die aus dem Fundort der Tafel resultierende Frage definitiv nicht zu beantworten ist. Zusammenfassend lässt sich in Anbetracht der divergierenden Auffassungen nur wiederholen  – darauf wurde oben schon hingewiesen –, dass alle Überle­ gungen wegen der fragmentarischen Überlieferung der lex tabulae Bantinae nur 719

Ferrary, MEFRA 91, 1979, 107. – Auch Hall, Studi Volterra 1.205–206, hält ein Repetundengesetz auf der Tabula Bantina für am ehesten wahrscheinlich; doch selbst das bezeichnet sie schon als Spekulation, über die hinauszugehen sich nicht lohne. 720 Stuart Jones, JRS 16, 1926, 170–171 (ausführliche Diskussion und Widerlegung seiner These von Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 344–350). An Stuart Jones schließen sich an: Sherwin-White, Citizenship 130; Last, CAH 9.160 A.4; Marsh / ​Scullard, History 419 (likely); Jones, Criminal Courts 45–46; Bauman, Crimen Maiestatis 55–56; Galsterer, Chiron 1, 1971, 207; Evans, Marius 122–123 m. A.116. Ablehnend äußert sich Passerini, Athenaeum 12, 1934, 113 A.3. 721 Lintott, Hermes 106, 1978, 128–138; vgl. dazu die Gegenargumentation von J. S. Richardson, in: Crawford, Roman Statutes 1.198. 722 Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 354–360. 723 Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 329–331. Das Gesetz wurde im Bundesgenossenkrieg von seinem Platz genommen und die Rückseite oskisch beschrieben. 724 Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 347 u. 350; a. a. O. 356–357, geht er davon aus, dass der oskische Text auf der Rückseite in Rom hergestellt wurde, als das Gesetz auf der Vorderseite nicht mehr galt; ähnlich AAWW 92, 1955, 152. – Vgl. die Stellungnahme von Lintott, Hermes 106, 1978, 137. Brunt, Fall 141–142, versucht – kaum glaubhaft – die Zweitverwendung der Tafel mit einer nur temporären Geltung des lateinischen Gesetzes zu erklären. 725 So erklärt Lintott, Hermes 106, 1978, 137, das Vorhandensein des lateinischen Gesetzes in Bantia, entsprechend seiner Theorie, dass auf Grund der lex de sicariis et de veneficis (von der die lex tabulae Bantinae ein Teil sei) überall in Italien quaestiones eingerichtet wurden und das Gesetz daher veröffentlicht werden musste.

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das Stadium von Hypothesen erreichen können, und das betrifft sowohl die Datierung als auch den Inhalt, den Urheber des Gesetzes und seinen Fundort.726 Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 206; Badian, MH 45, 1988, 207–208, 211–212; Bauman, Crimen Maiestatis 55–56; Bleicken, Lex 224–225, 227–229, 339 A.11; Botsford, Roman Assemblies 379–380; Brunt, Fall 139–143; Carcopino, Gracques 212–219; Crawford, Roman Statutes 1.193–209; Cuq, DS 3,2.1131–1132; Evans, Marius 122–123 m. A.116; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 651; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 106–107; Gabba, Appian 1.103; Galsterer, Chiron 1, 1971, 207–208; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 652–653; Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 36, 41; Hall, Studi Volterra 1.199–206; Hassall / ​ Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 215–217; Heftner, Tyche 20, 2005, 25; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 139–154; Hinrichs, Hermes 98, 1970, 471–486; Jones, Criminal Courts 45–46; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 265–266; Kunkel, Staatsordnung 2.13, 42 A.11–12, 43 A.16, 57 A.12, 94 m. A.149–151, 96 A.154, 161 A.225–227, 162 A.229, 163, 517 A.31, 535 A.15; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.666 A.1, 702; Last, CAH 9.160 A.4; Lintott, ANRW 1.2, 256; Lintott, Hermes 106, 1978, 128–138; Lintott, ZPE 45, 1982, 135–136; Lintott, RHD 68, 1990, 8–10; Lintott, Judicial reform 14, 117, 131, 132, 137–138, 147, 149–150, 243–244; Luzzatto, Scritti minori [157]; Luzzatto, Scritti Borsi 1955, 37–41, 47; Marsh / ​Scullard, History 418–419; Maschke, Agrargesetze 75–78, 83–84, 91–108; Mattingly, JRS 59, 1969, 139, 142–143; Mattingly, JRS 60, 1970, 155–156; Millar, Rome 1.156; Niccolini, FTP 201; Nicolet, L’ordre équestre 1.555–558; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 113 A.3, 119–120; Piganiol, CRAI 1951, 60–61, 63; Pohl, Piraterie 226–227; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 81; Rawson, Phoenix 28, 1974, 210 (= Rawson, Roman Culture 166); Robinson, Marius 80–83; Rotondi, Leges 319; Santalucia, Clausole 116–128, 130–132; Schönbauer, AAWW 92, 1955, 131–153; Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 311–322, 340–363; Schönbauer, Jura 7, 1956, 104–109, 116; Schönbauer, AAWW 93, 1956, 36–38; Serrao, Classi 280–281; Sherwin-White, Citizenship 129–131, 171; Stuart Jones, JRS 16, 1926, 170–171; Thommen, Volkstribunat 197 A.31; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 52–73, 83–84; Wenger, Quellen 155, 373 m. A.15–19; Willems, Sénat 1.223; Yarnold, AJPh 78, 1957, 163–172.

55 Lex de colonia Narbonem deducenda 636/118

Vell. 1.15,5: Narbo autem Martius in Gallia Porcio Marcioque consulibus abhinc annos circiter CLIII deducta colonia est. Die Kolonie Narbo Martius in Gallien wurde im Jahr der Konsuln Porcius und Marcius vor etwa 153 Jahren gegründet. 2.7,8: Subinde Porcio Marcioque consulibus deducta colonia Narbo Martius. Kurz 726

Vgl. dazu Badian, Historia 11, 1962, 206, und das vorsichtige Fazit von J. S. Richardson, in: Crawford, Roman Statutes 1.199.

Lex Nr. 55

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darauf (nach Gründung der Kolonie in Karthago) wurde unter den Konsuln Porcius und Marcius die Kolonie Narbo Martius gegründet. Eutr. 4.23: M. Porcio Catone et Q. Marcio Rege consulibus, sexcentesimo tricesimo et tertio anno ab urbe condita Narbone in Gallia colonia deducta est. Im Konsulatsjahr des M. Porcius Cato und des Q. Marcius Rex, dem 633. Jahr seit Gründung der Stadt (Rom), wurde in Narbo in Gallien eine Kolonie gegründet. Cic. Font. 5,13: Est in eadem provincia Narbo Martius, colonia nostrorum civium, specula populi Romani ac propugnaculum istis ipsis nationibus oppositum et obiectum. In derselben Provinz liegt Narbo Martius, eine unserer Bürgerkolonien, ein Bollwerk des römischen Volkes und eine Schutzwehr, die man den einheimischen Stämmen als Gegenüber angelegt und entgegengestellt hat. Cic. Brut. 43,160: (L. Licinius Crassus) Voluit adulescens in colonia Narbonensi causae popularis aliquid adtingere eamque coloniam, ut fecit, ipse deducere; exstat in eam legem senior, ut ita dicam, quam aetas illa ferebat oratio. Als junger Mann wollte er mit der Kolonie Narbo etwas für die populare Sache tun und diese Kolonie, wie er es wirklich tat, selbst gründen; es existiert zu diesem Gesetz eine Rede, die sozusagen älter ist, als er an Jahren zählte. Cic. Cluent. 51,140: [M. Brutus tritt als Ankläger auf, lässt aus zwei sich widersprechenden Reden des Verteidigers vorlesen:] quod in dissuasione rogationis eius quae contra coloniam Narbonensem ferebatur quantum potest de auctoritate senatus detrahit, in suasione legis Serviliae summis ornat senatum laudibus, et … weil er in der ablehnenden Rede zu der Rogation, die gegen die Kolonie Narbo eingebracht wurde, soweit wie möglich die Autorität des Senats herabsetzt, in der Befürwortung der lex Servilia den Senat dagegen in den höchsten Tönen lobt, und … Cic. de or. 2.55,223: Cum enim Brutus duos lectores excitasset et alteri de colonia Narbonensi Crassi orationem legendam dedisset, alteri de lege Servilia727, … Als dann Brutus zwei Vorleser aufrief und dem einen die Rede des Crassus über die Kolonie Narbo, dem anderen die zur lex Servilia zum Vorlesen gab, … Quint. inst. 6.3,44: … contraria L. Crassum patronum eius in oratione, quam de Colonia Narbonensi habuerat, suasisse iis, quae de lege Servilia dixerit … …, dass sein Verteidiger L. Crassus in der Rede, die er über die Kolonie Narbo hielt, das Gegenteil von dem befürwortet hatte, was er in der Rede über die lex Servilia gesagt hatte … Malcovati, ORF4, p.241: Cic. Brut. 43,160 et Cluent. 51,140 Iunonia in Africa728 und Narbo Martius in Gallien729, das heutige Narbonne, waren die ersten römischen Bürgerkolonien, die außerhalb Italiens gegründet wurden. Velleius und Eutrop berichten übereinstimmend von einer Gründung 727

Lex Nr. 69. Lex Nr. 29. 729 Davon ist der Name der römischen Provinz Gallia Narbonensis abgeleitet. 728

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Lex Nr. 55

der Kolonie Narbo im Jahr der Konsuln M. Porcius Cato und Q. Marcius Rex. Nach ihren anderen Jahresangaben – vor 153 Jahren bei Velleius, 633 a.u.c. bei Eutrop – kommt man ungefähr in die Jahre 121 oder 120, nach den Fastenlisten gehört das Konsulpaar M. Porcius Cato und Q. Marcius Rex zum Jahr 118.730 Wie üblich, ging auch dieser Koloniegründung ein Gesetz voraus. Cicero (Brut. 43,160) bestätigt es, als er über eine hervorragende Rede des L. Licinius Crassus schreibt, die offenbar als suasio (befürwortende Rede) zu diesem Gesetz zu werten ist. Damit ist aber nicht gesagt, wer für diese Lex verantwortlich zeichnet.731 Deutlich wird aus Brutus nur, dass Crassus dem Kollegium für die eigentliche Koloniegründung angehörte. Anscheinend gab es Differenzen über die neue Kolonie732, denn Licinius hat auch eine dissuasio733 (ablehnende Rede) zu einer Rogation gehalten, die gegen die Gründung Narbo gerichtet war. Diese Rogation lässt sich zeitlich nicht fixieren.734 Dass sie scheiterte, ist an Ciceros Terminus rogatio abzulesen, aber auch an der Fortdauer der Kolonie, die sich nach dem Urteil Ciceros (Font. 13) als ein wahres Bollwerk des römischen Volkes erwiesen hat. Neben den literarischen Zeugnissen über die Gründung von Narbo werden auch einige Münzen zur Datierung herangezogen,735 die vermutlich aus einer Münzstätte in Narbo selbst stammen. Sie zeigen auf der Vorderseite den Kopf 730

Broughton, MRR 1.527; vgl. Eutropius, ed. Müller, 198.  – Zum Jahr der Gründung von Narbo gibt es verschiedene Ansichten, vgl. Salmon, Athenaeum 41, 1963, 9–11; Crawford, RRC 1.71–73. 731 Martin, Populare 171, bezeichnet sie als rogatio Licinia; Schur, Marius und Sulla 50, als Crassus’ Gesetz. 732 Dass die „Senatsmehrheit“ dagegen war, wie immer wieder behauptet wird (z. B. Frank, ESAR 1.219; Martin, Populare 170; Badian, Imperialism 46; Nüßlein, Cicero De oratore 567), ist in den Quellen nirgends beschrieben. Vorsichtiger: Johannsen, lex agraria 317–318. Andererseits ist auch nicht sicher, ob die Gründung Narbos als Handelsplatz von den Rittern gewünscht war, vgl. Brunt, Equites 131 (Seager, Crisis 97; dt. 199–200), was z. B. Perelli, Movimento popolare 119–120, auf Grund einer von ihm angenommenen Verbindung zwischen Crassus und den Rittern favorisiert; ähnlich auch MacKendrick, Athenaeum 32, 1954, 216–217. 733 Cic. Cluent. 51, 140. – Zwei Reden auch bei Lange, Alterthümer 3.52; Levick, CQ n.s. 21, 1971, 177–178. Nach Sumner, Orators 96, beziehen sich die Cicerostellen auf eine einzige Rede des Crassus (dissuasio), durch die er eine gegen die Koloniegründung propagierte rogatio zu Fall bringt. Daraufhin darf er zusammen mit Domitius die neue Kolonie gründen. Da aber ihre Beauftragung üblicherweise schon mit dem Gesetz zur Gründung der Kolonie ausgesprochen wurde, ist es wenig plausibel, hierin erst eine Folge der misslungenen Gegenrogation zu sehen. Ähnlich Martin, Populare 170 m. A.7. Explizit für nur eine Rede spricht sich auch Hermon, RD 54, 1976, 234, 238, aus. 734 Badian, Imperialism 98 A.32, rückt sie nahe an die Gründung heran, Levick, CQ n.s. 21, 1971, 178, hält auch einen Zeitraum von fünf Jahren für möglich. Genau wie bei der Aufhebung von Iunonia hätten die Kolonisten in Gallien bleiben können; sie verlören nur ihren Status. 735 Grueber, Coins 1.185–187, 3. Plate xxx; Sydenham, Coinage 64–65; Crawford, RRC ­1.298–299 (no. 282), 2. Plate xxxix.

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der Roma und auf der Rückseite einen gallischen Krieger736 in einer biga. Auf den Vorderseiten stehen verschiedene Namen, die wohl die Münzmeister nennen. Auf die Rückseiten wurden in allen Fällen die Namen von L. Licinius Crassus und Cn. Domitius Ahenobarbus geprägt, was doch wohl bedeutet, dass man sie hier als die Verantwortlichen für die Gründung der Kolonie, als Duovirn, aufführt.737 Über die Datierung dieser Münzen gehen die Ansichten jedoch auseinander; sie erstrecken sich auf den Zeitraum von ca. 118 bis 92738 und werden mit der Art der Darstellung oder mit prosopographischen Versuchen über die Münzmeister begründet.739 Eine sichere Aussage über die Gründung der Kolonie ist offenbar (entgegen der Ansicht von Mattingly740) daraus nicht abzuleiten, zumal die Münzprägung sehr wohl unabhängig von der Gründung gesehen werden kann und am ehesten als deren Folge einzuordnen ist. Außerdem erstreckt sie sich wegen der Nennung verschiedener Münzmeister vermutlich auch über mehrere Jahre. Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 372–374; Badian, Historia 11, 1962, 215; Badian, Imperialism 24 m. A.32, 51, 98 (dt. 44 m. A.32, 78–79, 139–140); Bellen, Grundzüge 99; Bloch / ​ Carcopino, Histoire 3.2.1.287–289; Botsford, Roman Assemblies 386 A.1; Bringmann, Krise 55; Broughton, MRR 1.528, 2.644, 3.82; Brunt, Equites, in: Seager, Crisis 97 (dt. 199–200); Burckhardt, Strategien 141; Christ, Krise 150; Crawford, RRC 1.71–73, 298–299 (no. 282), 2.600–601, Plate xxxix; Doblhofer, Populare 51; Dreyfus, lois agraires 189; Frank, ESAR 1.219, 280; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 220–221 A.1 = Republican Rome II, 41 A.154 (S.197–198); Gabba, Republican Rome III, 82 m. A.82 (S.226); Gabba, ANRW 1.1, 771; Galsterer, NP 3, 1997, 84; Graeber, Auctoritas 219; Grueber, Coins 1.185–187, 3.Plate xxx; Gruen, Roman Politics 136–137; Heftner, Gracchen 91; Hermon, RD 54, 1976, 229–238; Hill, Middle Class 114–115; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 64 m. A.1, 132; Howarth, Historia 48, 1999, 295; Johannsen, lex agraria 317–318; Kann, Restoration 162; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 522; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.621–622; Lange, Alterthümer 2.691, 3.52; Last, CAH 9.112–113; Levick, CQ n.s. 21, 1971, 170–179; Lintott, Judicial reform 43; Lintott, CAH2 9.24, 86; Mackay, Breakdown 81–82; MacKendrick, Athenaeum 32, 1954, 216–217; Martin, Populare 170–171; Mattingly, JRS 12, 1922, 230–233; Mattingly, Hommages Grenier 736

737

738

739 740

Früher (Grueber, Coins 1.185–187; Sydenham, Coinage 65; Scullard, Gracchi to Nero, 40) nahm man zumeist an, dass es die Darstellung des besiegten gallischen Königs Bituitus sei, doch schon Mattingly, JRS 12, 1922, 231, nennt nur einen Krieger (Warrior); Crawford, RRC 1.298–299, sieht einen nackten, bärtigen gallischen Krieger, hält aber Bituitus für unbeweisbar. Sydenham, Coinage 65; Crawford, RRC 1.299. – Zur Diskussion um Domitius vgl. Gabba, Athenaeum 29, 1951, 220–221 A.1 = Republican Rome II, 41 A.154 (S.197–198); Scullard, Gracchi to Nero 392 (A.40). Die ältesten Vorschläge (Mommsen, Grueber – vgl. Grueber, Coins 1.184–185) zielen auf 92, das Jahr der Zensoren L. Licinius Crassus und Cn. Domitius Ahenobarbus; Crawford, RRC 1.73 denkt an 118; Mattingly, RAN 5, 1972, 10–11, an 114 oder 113. Mattingly, RAN 5, 1972, 3–18. Mattingly, RAN 5, 1972, 18.

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Lex Nr. 56

2.1159–1171; Mattingly, RAN 5, 1972, 1, 10–12; Meier, RPA 135 A.437, 313; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 579, 609; Perelli, Movimento popolare 119–120; Reid, JRS 1, 1911, 82–83; Rotondi, Leges 319–320; Salmon, Athenaeum 41, 1963, 10–11; Salmon, Colonization 121–123; Schur, Marius und Sulla 50; Scullard, Gracchi to Nero 40–41, 392; Siber, Verfassungsrecht 170; Sumner, Orators 94–97; Sydenham, Coinage 64–65, 120; Thommen, Volkstribunat 46; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1174; Watkins, Ius Italicum 190–191, 427.

56 Lex Porcia de aere alieno 636/118?

Prisc. inst. 3.11 (Keil 2,90): … Cato nepos de actionibus ad populum, ne lex sua abrogetur: facite vobis in mentem veniat, Quirites, ex aere alieno in hac civitate et in aliis omnibus propter diem atque fenus saepissimam discordiam fuisse. Cato, der Enkel, sagte vor dem Volk im Verlauf seiner Reden, damit sein Gesetz nicht aufgehoben werde: Macht euch bewusst, Quirites, dass aus Schulden in diesem Staat wie auch in allen anderen wegen Zahlungsterminen und Zinsen am häufigsten Zwietracht erwächst. M. Porcius Cato, der Enkel von Cato Censorius, war offenbar Urheber eines Gesetzes, das sich irgendwie mit dem Thema Schulden, Zinsen oder Entschuldung befasste. Anscheinend war das Gesetz zumindest bei einem Teil der Bevölkerung so unbeliebt, dass er mit mehreren Reden versuchte, eine Aufhebung desselben zu verhindern. Ob die Reden und / ​oder das Gesetz in sein Konsulatsjahr 118 gehören, lässt sich nur vermuten; denn das Konsulatsjahr ist der einzige bekannte Fixpunkt in seinem Leben; es ist zugleich sein Todesjahr. Während des Konsulats ging er mit einem Auftrag nach Africa und starb dort.741 Ebenso kann das Gesetz während eines der zuvor von Cato bekleideten Ämter verabschiedet worden sein. So wird z. B. seiner Praetur ein Gesetz über die Befugnisse der Provinzstatthalter zugeschrieben, das ebenfalls ohne weitere Zeitangabe unter dem Namen M. Porcius Cato überliefert ist.742 Lit.: Broughton, MRR 1.527; Brunt, Social conflicts 90; Bulst, Historia 13, 1964, 331; Cuq, DS 3,2.1161; Lange, Alterthümer 2.661, 3.52; Rotondi, Leges 320; Sandberg, AIRFinl. 24.93. 741

Gell. 13,20,10; Broughton, Magistrates 1.527, nimmt an, dass er die Nachfolge von Micipsa in Numidien regeln sollte. 742 Vgl. Lex Nr. 46.

Lex Nr. 57

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57 Lex Aemilia sumptuaria 639/115

Vir. ill. 72,5: (Marcus Aemilius Scaurus) consul legem de sumptibus et libertinorum suffragiis tulit. Als Konsul beantragte er (M. Aemilius Scaurus) ein Gesetz über den Aufwand und eines über das Stimmrecht der Freigelassenen. Gell. 2.24,12: Praeter has leges Aemiliam quoque legem invenimus, qua lege non sumptus cenarum, sed ciborum genus et modus praefinitus est. Neben diesen (zuvor genannten) Gesetzen finden wir auch eine lex Aemilia. Durch dieses Gesetz wurde nicht der Aufwand bei den Gastmählern, sondern die Art der Speisen und ihre Menge beschränkt. Plin. nat. 8.82,223: … sicut glires, quos censoriae leges princepsque M. Scaurus in consulatu non alio modo cenis ademere ac conchylia aut ex alio orbe convectas aves. … so wie die Siebenschläfer, die zensorische Gesetze und der princeps senatus743 M.  Scaurus in seinem Konsulat genauso von den Mahlzeiten ausgeschlossen haben, wie auch Schnecken oder aus anderen Erdteilen herbeigebrachte Vögel. Macr. Sat. 3.17,13: Sulla mortuo Lepidus consul legem tulit et ipse cibariam – Cato enim sumptuarias leges cibarias appellat. – Nach Sullas Tod hat sogar Lepidus als Konsul ein Gesetz eingebracht, und zwar ein Speisegesetz  – Cato bezeichnet nämlich die Aufwandsgesetze als Speisegesetze. Malcovati, ORF4, p.162–167: M. Aemilius Scaurus Als Konsul des Jahres 115 soll M.  Aemilius Scaurus für zwei Gesetze verantwortlich gewesen sein, ein Aufwands- oder Luxusgesetz und eines über das Stimmrecht der Freigelassenen (Lex Nr. 58). Inhaltlich grenzt Gellius die von ihm angeführte lex Aemilia von den bisher genannten Aufwandsgesetzen ab: Sie reglementiere nicht den gesamten Aufwand, der bei Gastmählern getrieben wurde – so stuft Gellius die übrigen leges sumptuariae ein –, sondern schreibe Art und Menge von Speisen vor. Dazu passend hebt Plinius hervor, dass M. Aemilius Scaurus den Import verschiedener Tiere zu Speisezwecken verboten habe. Daher lässt sich die Darstellung des Gellius ebenfalls auf M. Aemilius Scaurus beziehen, auch wenn zunächst der Eindruck entsteht, als ob die lex Aemilia zeitlich nicht genau eingeordnet sei. Denn zuvor bezeugt Gellius in zeitlicher Reihenfolge einen Senatsbeschluss und drei Aufwandsgesetze. Das erste in dieser Reihe, die lex Fannia,744 wurde schon 161 verabschiedet, die beiden anderen, die lex Licinia745

743

Ranghöchster Senator, der bei Debatten als erster um seine Meinung befragt wurde. Elster, Gesetze 396–400 (Lex Nr. 190). 745 Lex Nr. 75. – Die chronologische Einordnung dieses Gesetzes ist jedoch unsicher, siehe dort. 744

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Lex Nr. 57

und die lex Cornelia746, gehören in die Zeit nach der lex Aemilia. Nimmt man jedoch die oben herausgestellte Differenzierung hinzu, fällt die lex Aemilia aus der zeitlichen Aufeinanderfolge der übrigen Gesetze heraus und kann durchaus dem Konsul des Jahres 115 zugeschrieben werden, auf den die übrigen Quellen verweisen. Macrobius (Sat. 3.17,13) dagegen ordnet die von ihm genannte lex Aemilia erst dem Konsul des Jahres 78, M. Aemilius Lepidus, zu.747 Anlass und Zweck all dieser Aufwandsgesetze sind nicht zweifelsfrei zu bestimmen. Sowohl Gellius (2.24) als auch Macrobius (3.17), der hauptsächlich wiederum Gellius als Quelle benutzt, führen in zeitlicher Reihenfolge Gesetze an, durch die man versuchte, den Luxus bei Gastmählern einzudämmen.748 Dabei heben die antiken Autoren an diesen Gesetzen einen beabsichtigten oder zumindest gewünschten Erziehungswert hervor, wofür die Vorfahren mit ihrem einfachen Lebensstil angeblich das moralische Vorbild liefern. Diese „Dekadenzvorstellung“749, die bis heute Nachfolger findet,750 geht jedoch vermutlich darauf zurück, dass Gellius (2. Jh.n. Chr.) und Macrobius (5. Jh.n. Chr.) eher gegenwärtige moralische Vorstellungen und Sehnsüchte rückprojizieren als die für das 2. und 1. Jh. geltenden Maßstäbe abbilden. So deuten auch die wiederholten Regelungen und Verbote auf eine offenkundige Wirkungslosigkeit dieser Normsetzungen hin, zumal nur in einem Gesetz, der lex Didia751, in einer allgemeinen Formulierung negative Folgen für die Nichteinhaltung der Vorschriften genannt werden. Doch selbst in diesem Fall ist nicht klar, worin die Strafe besteht.752 Dass die Vorschriften offensichtlich nicht so ernst genommen wurden, wird auch aus witzigen Bemerkungen deutlich. So mokiert sich Lucilius753 über die „armseligen hundert Asse“, die nach der lex Fannia754 ausgegeben werden durften.

746

Lex Nr. 144. Lange, Alterthümer 3.53, vermutet einen Irrtum des Macrobius. 748 Andere Bereiche sozialen und kulturellen Lebens wie Grab- oder Kleiderluxus, die auch mehrfach reglementiert werden, finden in diesen Aufzählungen keinen Platz. 749 Baltrusch, Regimen morum 42. 750 Baltrusch, Regimen morum 42–43, führt diese und weitere Interpretationsmodelle (u. a. handelspolitische Begleitumstände, Verrechtlichung traditioneller Verhaltensweisen) für die leges sumptuariae an. Die moralische Seite der Gesetze betonen vor allem Savio, Aevum 13, 1940, 174–175, und Sauerwein, passim. 751 Elster, Gesetze 434–435 (Lex Nr. 208). 752 Elster, Gesetze 435, schlägt als mögliche Strafe eine von den Aedilen verhängte multa (Geldstrafe) vor. – Gellius (2.24,1) behauptet zwar das Vorhandensein von Sanktionen in mehreren Gesetzen, gibt jedoch als Beispiel nur den Eid der principes civitatis auf die Einhaltung einer Vorschrift, die auf ein decretum senatus zurückgeht und nicht auf ein Gesetz. 753 Lucil. sat. 4.12 (1172 Marx, 1241 Warmington). 754 Elster, Gesetze 396–400 (Lex Nr. 190). 747

Lex Nr. 58

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Die Kritik an den bisherigen Erklärungsmodellen für den Erlass von leges ­sumptuariae veranlasste Dauster755, die Luxusvorstellungen beiseite zu schieben und den Aufwand mit „patronage and politics“ zu verbinden. Hauptzweck der Gesetze wäre demnach, wohlhabenden Außenseitern nur einen mittelbaren Zugang zum höheren Stand zu gewähren und das traditionelle Klientelwesen zu erhalten.756 Lit.: Baltrusch, Regimen morum 86–88; Bleicken, Lex 169 m. A.117; Bonnefond-Coudry, CCG 15, 2004, 155, 158, 159, 170; Botsford, Roman Assemblies 388 A.9; Bottiglieri, Legislazione sul lusso 92, 94, 166; Broughton, MRR 1.531; Coudry, Lois somptuaires 494, 496, 512; Cuq, DS 3,2.1128; Dauster, Studies 11 (2003), 65–66, 75, 76; Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 905; Lange, Alterthümer 2.671, 3.53; Last, CAH 9.96–97; Mitchell 757, Patricians 197; Münzer, Quellenkritik 181–182; Nörr, Rechtskritik 74 A.107; Pina Polo, Consul 113; Rotondi, Leges 320; Sandberg, AIRFinl 24.78, 93; Sauerwein, leges sumptuariae 109–110, 120–127, 170; Savio, Aevum 13, 1940, 183; Serrao, Classi 192; Taylor, Voting Districts 141–142; Venturini, Index 32, 2004, 366, 369; Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 251; E. Weiss, Lex Aemilia 3), RE 12,2 (1925) 2323; Wieacker, Rechtsgeschichte 415 A.20; Williamson, Laws 461.

58 Lex Aemilia de libertinorum suffragiis 639/115

Vir. ill. 72,5: (Marcus Aemilius Scaurus) consul legem de sumptibus et libertinorum suffragiis tulit. Als Konsul beantragte er (M. Aemilius Scaurus) ein Gesetz über den Aufwand und eines über das Stimmrecht der Freigelassenen. Malcovati, ORF4, p.162–167: M. Aemilius Scaurus

755

Dauster, Studies 11, 2003, 66; S. 88–91 stellt sie kritisch andere Überlegungen zu den Aufwandsgesetzen vor. – Bottiglieri, Legislazione sul lusso 101, nimmt unterschiedliche Gründe für die Aufwandsgesetze in den verschiedenen historischen Epochen an. 756 a. a. O. 91. Ähnlich äußert sich Bottiglieri, Legislazione sul lusso 159, im Zusammenhang mit der lex Licinia: „a mettere un freno al clientelismo politico“. (Dem widerspricht Venturini, Index 32, 2004, 367, mit der Hervorhebung der Sicherung des Vermögens der herrschenden Klasse). – Den politischen und sozialen Aspekt betont auch Daube, Roman Law 117, 124–126, den rechtlichen heben u. a. Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 904, und Bleicken, Lex 169–173, 391–393 hervor. 757 Mitchell, a. a. O. setzt sich willkürlich über die Überlieferung hinweg und behauptet, dass alle leges sumptuariae Plebiszite gewesen seien, die mit Zustimmung des Senats von der Volksversammlung verabschiedet wurden.

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Lex Nr. 58

Der Konsul M. Aemilius Scaurus wird mit zwei Gesetzen in Verbindung gebracht, einem sog. Luxusgesetz (Lex Nr. 57) und einem über das Stimmrecht der Freigelassenen; denn trotz des Singulars legem wird man die beiden genannten Inhalte nicht in einem Gesetz zusammengefasst haben. Außer dieser Überschrift gibt es keine weiteren Angaben, das Gesetz wird in anderen antiken Quellen nicht erwähnt. Daher lassen sich auch keine verlässlichen Aussagen über seinen Inhalt treffen.758 Bis zu dieser lex Aemilia wird in unserer lückenhaften Überlieferung das Thema Freigelassene nur in einem Gesetz behandelt, in der lex Terentia von 189759. Damals ging es um die Eintragung in die Bürgerlisten durch die Zensoren, nicht bloß um das Stimmrecht, das ius suffragii. Die Regelung, in welche Tribus die Freigelassenen eingeschrieben wurden, wurde damals – und schon seit etwa 220 – den Zensoren überlassen, und von diesen wohl unterschiedlich gehandhabt. So wurden (wenigstens einmal) die Freigelassenen den vier städtischen Tribus zugewiesen; wenn sie aber einen Sohn von über fünf Jahren hatten oder über ein Landgut im Wert von über 30 000 Sesterzen verfügten, so wurden sie Landtribus zugeteilt.760 Die Zensoren von 168 losten dagegen eine der vier städtischen Tribus aus und schrieben dort alle Freigelassenen ein. Ob sie eine gesetzliche Grundlage für dieses Vorgehen hatten, ist nicht überliefert. Und auch die lex Aemilia bringt keine endgültige Regelung; denn es gibt zwei weitere „Gesetze“ aus der Zeit nach dem Bundesgenossenkrieg, aus den Jahren 88 und 84761. Sie beinhalten nicht nur das Stimmrecht der Freigelassenen, sondern auch der „Neubürger“, d. h. derjenigen, die infolge des Bundesgenossenkrieges das römische Bürgerrecht inklusive Stimmrecht erhielten. Möglicherweise ist die lex Aemilia zeitlich erst hinter diesen Vorhaben ein­ zuordnen; denn es ist nicht sicher, ob das Gesetz wirklich dem Konsul des Jahres 115 zuzurechnen ist oder erst dem Konsul von 78, M. Aemilius Lepidus.762 Das wiederum würde bedeuten, dass die Regelung des Jahres 84 keinen Bestand hatte, wofür es jedoch keinen Anhaltspunkt gibt.

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So auch Kunkel, Staatsordnung 2.403, gegen Taylor, Voting Districts 141–143. Sie behauptet, dass auf Grund des aemilischen Gesetzes eine begrenzte Gruppe von Freigelassenen in die ländlichen Tribus eingeschrieben würde, als Gegenleistung für Dienste zugunsten des Staates. Lange, Alterthümer 3.53, vermutet dagegen, dass die Libertinen wieder auf die vier städtischen Tribus verteilt wurden. Diese gegensätzlichen Voten sind in der unterschiedlichen Einschätzung der Person des Scaurus (Taylor: demagogic leader; Lange: auf Veranlassung der Zensoren) begründet. Elster, Gesetze, Lex Nr. 154, 325–326. Liv. 45.15,1–2. Der Text ist korrupt und die Bestimmung über die Landtribus wurde aus dem Zusammenhang hergeleitet. Lex Nr. 116 und Lex Nr. 128. Vgl. die unterschiedlichen Datierungsversuche zum Luxusgesetz (Lex Nr. 57).

Lex Nr. 59

179

Lit.: Baltrusch, Regimen morum 87 A.319; Betti 763, Labeo 9, 1963, 224; Bleicken, Lex 140 m. A.10; Botsford, Roman Assemblies 388; Broughton, MRR 1.531; Cuq, DS 3,2.1128; Fabre764, Libertus 136; Kunkel, Staatsordnung 2.403; Lange, Alterthümer 2.658, 3.53, 123; Last, CAH 9.96, 203; Levi, Costituzione 35, 151–153; Lintott, Constitution 52; Mommsen, StR 3.438; Pina Polo, Consul 113; Rotondi, Leges 320–321; Sandberg, AIRFinl 24, 93; Scullard, Gracchi to Nero 45, 395 A.10; Taylor, Voting Districts 141–143, 146, 308; Thommen, Volkstribunat 79; Treggiari, Freedmen 47–49; Triebel, Ackergesetze 211; E. Weiss, Lex Aemilia 2), RE 12,2 (1925) 2322–2323.

59 Lex Peducaea de incestu virginum Vestalium 641/113

Cic. nat. 3.30,74: Cognosce alias quaestiones, auri Tolossani, coniurationis Iugur­ thinae; repete superiora … posteriora: de incestu rogatione Peducaea … Prüfe andere Gerichtshöfe, den über das Gold von Tolosa765, den über die Verschwörung des Jugurtha766, rufe dir Früheres ins Gedächtnis, … und Späteres, den Gerichtshof über Unkeuschheit auf Grund der Rogation des Peducaeus, … Ascon. Mil. p.39–40 (45–46 C): Ob quam severitatem (L. Cassii), quo tempore Sex. Peducaeus tr. pl. criminatus est L. Metellum pont. max. totumque collegium pontificum male iudicasse de incesto virginum Vestalium, quod unam modo Aemiliam damnaverat, absolverat autem duas, Marciam et Liciniam, populus hunc Cassium creavit qui de eisdem virginibus quaereret: [et] isque et utrasque eas et praeterea complures alias nimia etiam, ut existimatio est, asperitate usus damnavit. Wegen der Strenge (des L.  Cassius)  – damals, als Sextus Peducaeus den Oberpriester L. Metellus und das gesamte Kollegium der Pontifices beschuldigte, wegen der Unkeuschheit der Vestalinnen ein schlechtes Urteil gefällt zu haben, weil er nur als einzige Aemilia verurteilt, zwei andere aber, Marcia und Licinia, freigesprochen hatte – wählte das Volk eben diesen Cassius, damit er wegen derselben drei Jungfrauen eine gerichtliche Untersuchung durchführe: Und tatsächlich verurteilte er auch die anderen beiden sowie mehrere andere, wobei er  – wie allgemeine Auffassung war – allzu große Härte walten ließ. 763

Betti zitiert zu diesem Gesetz auch die Belegstellen für Lex Nr. 57, ohne auf ein zweites Gesetz zu verweisen. 764 Fabre führt als einzige Belegstelle für ein Projekt (rogatio) des Aemilius Scaurus zum Stimmrecht für die Freigelassenen Cic. de or. 2.64,258 an, Scaurus wird aber nur in 2.64,257 und im Zusammenhang mit dem Bürgerrecht der Italiker erwähnt, vgl. Leeman / ​Pinkster / ​R abbie, De oratore libri III, 3.279–280. 765 Lex Nr. 77. 766 Lex Nr. 65.

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Lex Nr. 59

Liv. per. 63: Aemilia, Licinia, Marcia, virgines Vestales, incesti damnatae sunt, idque incestum quem ad modum et commissum et deprehensum et vindicatum sit, refertur. Die Vestalinnen Aemilia, Licinia und Marcia wurden wegen Unkeuschheit verurteilt; und es wird berichtet, wie dieser Fall von Unkeuschheit begangen, aufgedeckt und geahndet wurde. Obseq. 37: Tres uno tempore virgines Vestales nobilissimae cum aliquot equitibus Romanis incesti poenas subierunt. Drei Vestalinnen aus den angesehensten Familien wurden zusammen mit einigen römischen Rittern wegen Unkeuschheit bestraft. Oros. 5.15,22 bezichtigt Aemilia der Anstiftung zur Unkeuschheit, der kurze Bericht endet mit: supplicium de omnibus sumptum est. Sie alle wurden zum Tode verurteilt. Der Volkstribun Sex. Peducaeus war angeblich nicht mit dem Urteil des pontifex maximus L. Metellus zufrieden, dass dieser kraft seiner Zuständigkeit gemeinsam mit dem Kollegium der pontifices wegen Unkeuschheit über drei Vestalinnen gefällt hatte. Denn in seinem Hausgericht hatte Metellus, dem mit der „Ergreifung“ der Vestalinnen die Rolle eines pater für die vestalischen Jungfrauen zufiel, nur Aemilia verurteilt, die beiden anderen, Marcia und Licinia, aber freigesprochen. Daher beantragte Peducaeus ein Plebiszit, das einen außerordentlichen Gerichtshof unter dem Vorsitz von L. Cassius Longinus Ravilla einsetzte. Der zweite Prozess bzw. die Quaestionenprozesse767 führten zur Verurteilung aller drei Vestalinnen, nach Obsequens darüber hinaus auch zur Verurteilung einiger römischer Ritter.768 Das Plebiszit maßt sich also eine Entscheidung auf religiösem Gebiet an, indem es sich über die bisher wohl ausschließliche priesterliche Zuständigkeit hinwegsetzte und die Rechtskraft des priesterlichen Urteils bzw. des Freispruchs nicht anerkannte.769 Dagegen hält Koch770 auch den Inzestprozess des pontifex maximus für ein Strafverfahren, das deshalb auch vor einem weltlichen Gericht verhandelt werden konnte. Eher ist mit Bauman771 anzunehmen, dass der Oberpontifex in einem weltlichen Gericht nicht agieren konnte und dass mit der quaestio, die nun eingerichtet wird, ein neuer Tatbestand geschaffen wird. Und auch die traditionell vorgesehene Strafe, lebendig begraben zu werden, konnte dort nicht verhängt werden, sie stand nur dem pontifex maximus zu. 767

In einem dieser Prozesse war auch der Redner M. Antonius Angeklagter. Nach den Worten von Val. Max. 3.7,9 (= Malcovati, ORF4, 224–225) wurde er freigesprochen; vgl. dazu Lex Nr. 60. 768 Die Zusammensetzung der Geschworenen ist nicht bekannt; verschiedentlich wird angenommen, dass sie equites waren, so etwa Rawson, Roman Culture 163; Hill, Middle Class 116. 769 Siber, Analogie 51; Bleicken, Lex publica, 125; Lintott, CAH 2 9.86.  – Rawson, Roman Culture 163, ordnet das Plebiszit unter „political control of religion“ ein. 770 Carl Koch, Vestales (Vesta, D.), RE 8A,2 (1958) 1748–1749. 771 Bauman, Women 54–55, mit Hinweis auf Rawson, Phoenix 28, 1974, 208 (= Rawson, Roman Culture 164).

Lex Nr. 60

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Nach Obsequens’ Angabe der Konsuln könnte man das Plebiszit ins Jahr 114 datieren, Macrobius (Sat. 1.10,5–6) setzt jedoch den ersten Prozess vor den pontifices in den Monat Dezember.772 Daher ist wahrscheinlicher, dass Obsequens nicht zwischen den beiden Prozessen unterschieden hat und Sex. Peducaeus im Dezember 114 zwar das Volkstribunat angetreten hat, das Plebiszit aber erst 113 auf den Weg brachte.773 Lit.: Bauman, Women 53–58, 232; Bleicken, Lex 125; Botsford, Roman Assemblies 390; Brennan, Praetorship 2.384–386; Broughton, MRR 1.534, 536–537; Brunt, Fall 218; Cornell, Observations 28–37; Cuq, DS 3,2.1157; Ermann, Strafprozeß 94–96; Ferrary, RPh 70, 1996, 245; Gerlach, Cicero – Vom Wesen der Götter 762–763; Gnoli, RIL 109, 1975, 336; Gruen, RhM 111, 1968, 60; Harries, Law and Crime 92; Carl Koch, Vestales (Vesta, D.), RE 8A,2 (1958) 1748; Kunkel, Staatsordnung 2.263 m. A.41; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.624; Lange, Alterthümer 2.595, 698, 3.54–55; Last, CAH 9.97; Lengle, Strafrecht 30; Lewis, Asconius 250; Lintott, ANRW 1.2, 260; Lintott, CAH2 9.866–197; Marshall, Asconius 196–197; Millar, Rome 1.153; Mitchell, Patricians 177; Mommsen, StR 2,1.664, 666 m. A.5; Mommsen, StrafR 197 m. A.3; Münzer, Adelsparteien 243–245; Niccolini, FTP 175–177; Rawson, Phoenix 28, 1974, 207–208 (= Rawson, Roman Culture 163–164); Robinson, Marius 24; Rotondi, Leges 321; Rüpke, Fasti sacerdotum 2.734 (Aemilia, Nr. 491), 862–863 (Cassius, Nr. 1106), 1103 (Licinia, Nr. 2219), 1134 (Marcia, Nr. 2361); Sandberg, AIRFinl. 24.71; Santalucia, Studi 184 A.120; Scheid, Religione 232, 237; Scullard, Gracchi to Nero 45–46; Seager, Historia 16, 1967, 40; Siber, Analogie 51; Siber, Verfassungsrecht 194; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.231, 237, 244; Thommen, Volkstribunat 160–161; Venturini, Processo penale 214, 215–220, 227, 298; Weinrib, Phoenix 22, 1968, 37; E. Weiss, Lex Peducaea, RE 12,2 (1925) 2401; Williamson, Laws 277; Zumpt, Criminalrecht 2,1.216–219.

60 Lex Memmia de absentibus vor 641/113

Val. Max. 3.7,9: Contra M. Antonius ille disertus … quaestor proficiscens in Asiam, Brundisium iam pervenerat, ubi litteris certior incesti se postulatum apud L. Cassium praetorem, cuius tribunal propter nimiam severitatem scopulus reorum dicebatur, 772

Vgl. Niccolini, FTP 176. Literatur schwankt zwischen 114 (z. B.  Rotondi, Strachan-Davidson, Lengle, Siber, Koch) und 113 (z. B. Lange, Niccolini, Broughton, Thommen). – Zu 113 passt außerdem, dass L. Licinus Crassus (geb. 140) im Alter von 27 Jahren die Vestalin Licinia verteidigt habe (Cic. Brut. 43,160). Eine andere Rede von Crassus, die Rhet. Her. 4.35,47 überliefert, wird ebenfalls auf den Vestalinnenprozess bezogen, so von Mommsen, StrafR 197 A.2, 208 A.1. Zweifel daran äußert Kunkel, Kriminalverfahren 46 A.175.

773 Die

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Lex Nr. 60

cum id vitare beneficio legis Memmiae liceret, quae eorum, qui rei publicae causa abessent, recipi nomina vetabat, in urbem tamen recurrit. quo tam pleno fiduciae bonae consilio cum absolutionem celerem tum profectionem honestiorem consecutus est. Dagegen jener redegewandte M.  Antonius:  … Als Quaestor auf dem Weg nach Asien hatte er schon Brundisium erreicht, wo er durch einen Brief unter­ richtet wurde, dass er bei dem Praetor L. Cassius wegen Unkeuschheit angeklagt war, dessen Gerichtshof wegen seiner übermäßigen Strenge „Klippe der Angeklagten“ genannt wurde. Obwohl es ihm erlaubt gewesen wäre, dem dank der lex Memmia aus dem Weg zu gehen  – dieses Gesetz verbot gegen diejenigen, die von Staats wegen abwesend waren, eine Klage anzunehmen –, eilte er dennoch umgehend zurück nach Rom. Auf diesen Entschluss hin, voll ehrlicher Zuversicht, erreichte er sowohl einen schnellen Freispruch als auch vor allem eine ehrenvollere Abreise. Val. Max. 6.8,1: M.  Antonius avorum nostrorum temporibus clarissimus orator incesti reus agebatur. (Servus) … omnem vim accusationis custodita rei salute subvertit. M. Antonius, der glänzendste Redner in den Zeiten unserer Großväter, war vor Gericht wegen Unkeuschheit angeklagt. (Sein Sklave)  … hatte für die Sicherheit des Angeklagten gesorgt, und dadurch machte er die gesamte Stoßkraft der Anklage zunichte. Malcovati, ORF4, p.224–225: Val. Max. 3.7,9 u. 6.8,1. Nur bei Valerius Maximus hören wir von einer lex Memmia, welche diejenigen vor einer Anklage774 schützt, die sich im Auftrag des Staates außerhalb von Rom aufhalten. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die stadtrömischen Magistrate nicht unter dieses Vorrecht fallen. Magistrate mit Imperium und Volkstribune auf Grund ihrer Sacrosanctitas sind von dieser Regelung nicht betroffen, sie alle können während ihrer Amtszeit nicht vor Gericht gezogen werden.775 Doch schon im inschriftlich erhaltenen Repetundengesetz776 wird in Z. 8 das Verbot, Magistrate und Obermagistrate (mit Imperium) vor Gericht zu stellen, auf alle Beamten ausgedehnt.777 Diese Vorschrift des Repetundengesetzes wird u. a. bei Botsford778 und Jones779 zu einem generellen Verbot. Wahrscheinlicher ist

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Ryan, CPh 89, 1994, 161, differenziert zwischen der Anklage (postulatio) und der formellen Zulassung des Verfahrens vor der quaestio (nominis receptio); nur das Zweite sei durch die lex Memmia verboten; anders: Kunkel, Quaestio 758–759. Beispiele bei Kunkel, Staatsordnung 2.261–265. Lex Nr. 36. Lintott, Judicial reform 114, will das Verbot der Anklageerhebung für die niederen Beamten nur in Verbindung mit der Klausel der lex Memmia gelten lassen. Dagegen Kunkel, Staatsordnung 2.264. Botsford, Roman Assemblies 377. Jones, Criminal Courts 63.

Lex Nr. 60

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jedoch, dass jeweils in den übrigen Kriminalgesetzen zu Delikten im politischen Raum ähnliche Vorrechte bzw. Einschränkungen formuliert waren.780 Dagegen ist die lex Memmia offensichtlich nicht auf ein Delikt (de incestu) eingegrenzt, wie in der älteren Forschung (Lange, Botsford)781 angenommen wurde; denn das Verfahren gegen Antonius folgt aus der lex Peducaea, und dort müsste dann die Ausnahmeregelung über Magistrate im Amt enthalten sein. Im Gegenteil, nachdem Antonius auf sein Vorrecht nach der lex Memmia verzichtet hatte, konnte der Prozess trotz seines Amtes als Quaestor stattfinden.782 Andererseits lässt sich aus dem Fall des Antonius für den Inhalt der lex Memmia erschließen, dass dieses Gesetz weniger die „normalen“ Magistrate betraf, sondern eher, dass dadurch Provinzialmagistrate und Promagistrate „von Strafverfahren jeder Art freigestellt“ waren.783 Die zeitliche Einordnung der lex Memmia in die Jahre vor 113 lässt sich darauf stützen, dass Antonius im Jahr 112 als quaestor pro praetore amtierte und im Jahr davor sicherlich eine Quaestur bekleidete.784 Daraus ergibt sich der Zusammenhang mit dem Vestalinnenprozess (113), nicht aber eine Verbindung zu C. Memmius, dem Volkstribunen von 111. Diesem wird verschiedentlich das Gesetz zugeschrieben,785 was aber weder zu den Daten für Antonius noch zu dem passt, was aus Memmius’ Volkstribunat überliefert ist.786 Lit.: Botsford, Roman Assemblies 377, 390 A.4; Brennan, Praetorship 2.385, 783 A.255; Broughton, MRR 1.536–537, 2.470; Cuq, DS 3,2.1155; Doblhofer, Populare 35–36; Gruen, RhM 111, 1968, 60–61; Gruen, Athenaeum 49, 1971, 64; Gruen, Generation 292 A.123; Jones, Criminal Courts 63, 129 A.119; Kunkel, Quaestio 758–759; Kunkel, Staatsordnung 2.263, 265 m. A.47; Lange, Alterthümer 2.665, 698, 3.55, 59; Marshall, Asconius 197; Mommsen, StrafR 352–353 m. A.2; Münzer, Memmius 5), RE 15,1 (1932) 780 781

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So auch Weinrib, Phoenix 22, 1968, 37. Lange, Alterthümer 2.698, 3.55; Botsford, Roman Assemblies 377 A.5. – In Zweifel gezogen von Rotondi, Leges 321–322; Kunkel, Staatsordnung 2.265 A.47, bezeichnet es als „sicher falsch“. Kunkel, Staatsordnung 2.263, weist in diesem Zusammenhang auf die besondere Art des Prozesses wegen des Sittlichkeitsdeliktes und der Verbindung zum Sakralrecht hin. So das vorsichtig geäußerte Fazit von Kunkel, Staatsordnung 2.265. – Weinrib, Phoenix 22, 1968, 38 grenzt das ein; seiner Meinung nach gilt die lex Memmia nur für quaestiones. Broughton, MRR 1.536 u. 539. Für 111 sprechen sich u. a. aus: Lange, Alterthümer 2.698, 3.55; Botsford, Roman Assemblies 377 A.5; E. Weiss, Lex Memmia 2), RE 12,2 (1925) 2398; Doblhofer, Populare 35–36. – Weinrib, Phoenix 22, 1968, 39, schreibt 113 für die Ersterwähnung der lex Memmia, trotzdem hält er den Antragsteller für „identical with or related to the tribune“. Münzer, Memmius 5), RE 15,1 (1932) 605, hält trotz der chronologischen Schwierigkeiten für möglich, dass die lex Memmia de absentibus eine Bestimmung der lex Memmia de Iugurtha Romam ducendo (Lex Nr. 63) ist. Gegen diese Einordnung sind Niccolini, FTP 416, und Kunkel, Staatsordnung 2.265 A.47. Dazu: Gruen, RhM 111, 1968, 60–61; vgl. Lex Nr. 63.

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Lex Nr. 61

605; Niccolini, FTP 416; Rotondi, Leges 321–322; Ryan, CPh 89, 1994, 161; Siber, Analogie 23; Sherwin-White, JRS 42, 1952, 51; Thommen, Volkstribunat 152; Weinrib, Phoenix 22, 1968, 37–42, 55–56; E. Weiss, Lex Memmia 2), RE 12,2 (1925) 2398; Zumpt, Criminalrecht 2,1.219–221.

61 Lex agraria 643/111

CIL 12 .2,1 n.585 (= 200) (A); Bruns, FIR 1.73–89 (A); Riccobono, FIRA 1.102–121 (A); ROL IV, Nr.60, 370–437 (A / ​engl.Ü); Ancient Roman Statutes, Doc. 51, 50–57 (engl.Ü); Johannsen, lex agraria 93–181(A / ​dt.Ü), 183–398 (K); Girard / ​Senn, 2.III, Nr.8 (Nicolet / ​Flambard), 33–52 (107–126) (A); Crawford, Roman Statutes No.2, 1.113–180 (A / ​engl.Ü / ​K); Lintott, Judicial reform 176–282 (A / ​engl.Ü / ​K). App. civ. 1.27,123: καὶ τοὺς φόρους οὐ πολὺ ὕστερον διέλυσε δήμαρχος ἕτερος, καὶ ὁ δῆμος ἀϑρόως ἁπάντων ἐξεπεπτώκει. Und nicht lange danach beseitigte ein anderer Volkstribun auch diese Abgaben787, und so hatte das Volk alles auf einmal verloren. 124:  … πεντεκαίδεκα μάλιστα ἔτεσιν ἀπὸ τῆς Γράκχου νομοϑεσίας  … ἐπὶ δίκαις ἐν ἀργίᾳ γεγονότες. Ungefähr 15 Jahre nach der Gesetzgebung des ­Gracchus …. waren sie während Rechtsstreitigkeiten in Untätigkeit geblieben. Aus dem Jahr 111 ist auf einer Bronzetafel eine lex agraria inschriftlich überliefert. Offensichtlich handelt es sich um ein Plebiszit, das in Rom verabschiedet und in einer italischen Stadt aufgestellt wurde. Es existieren größere und kleinere Bruchstücke788 dieser sogenannten Tabula Bembina, die auf Vorder- und Rückseite je ein Gesetz trägt, auf der einen Seite die lex agraria, auf der anderen eine lex repetundarum789. Beide Gesetze wurden schon mehrfach ediert, daher und auch wegen des Textumfangs wird hier auf einen Abdruck verzichtet. Die vorhandenen Fragmente gestatten den Blick auf eine geradezu umständliche, aber auch penible Ausformulierung des Gesetzestextes, so dass der Einfluss juristischer Ausdrucksweise bzw. die Mitwirkung von Juristen an der Abfassung deutlich erkennbar 787

Auf Grund des zuvor von Appian (civ. 1.27,122) angeführten Gesetzes, der Lex Thoria (Lex Nr. 52). 788 Plan der Fragmente bei Bruns, FIR 1.58 (lex agraria); Mattingly, JRS 59, 1969, 137; Lintott, Judicial reform XV (lex repetundarum) u. Scale reconstruction, Scale 0.45:1 (at end); Crawford, Roman Statutes 2.Fig. II u. Fig. IV,2–VI. – Crawford, NP 1.279, s.v. Agrargesetze, erläutert Auffindung und Zusammenfügung der Fragmente. 789 Vgl. dazu Lex Nr. 36.

Lex Nr. 61

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sind.790 Die Anordnung der Fragmente geschieht im wesentlichen einheitlich, es gab und gibt aber Differenzen über die Berechnung der Abstände zwischen den Fragmenten, also über die Größe der Textlücken. Letztlich wird aber jede Überlegung nicht zu einem endgültigen Ergebnis kommen können.791 Die lex agraria gliedert sich in drei Teile, der erste betrifft Land in Italien (Z. 1–44) und enthält überwiegend Regelungen zum ager publicus, der zweite betrifft Land in Africa (Z. 45–95) und der dritte Land in Korinth (Z. 96–105)792. Daher titelt Rotondi: Lex (Baebia?) agraria (de agro italico africano et corin­thiaco).793 Ausgangspunkt für alle Regelungen ist das Land, das im Jahr 133, dem Konsulat von P. Mucius (Scaevola) und L. Calpurnius (Piso Frugi) ager publicus war, also vor den Änderungen durch das Ackergesetz des Ti. ­Gracchus. Im ersten Abschnitt werden zunächst mehrere Bodengruppen aufgezählt, es geht um ager publicus, der entweder im Rahmen der von Tiberius G ­ racchus festgesetzten Höchstgrenzen zu Recht okkupiert, von der Ackerkommission assigniert, durch Tausch erworben oder im Rahmen von kolonialen Ansiedlungen zugewiesen wurde. Dieses Land wird in Privateigentum überführt. Daher wird der Zensor beauftragt, dieses Land künftig bei der Erstellung der Bürgerlisten mit aufzunehmen. Ausgenommen von der Privatisierung ist das Land, das die viasii vicani794 zur Ansiedlung an den Straßen besaßen, es bleibt ager publicus.795 Der noch vorhandene ager publicus darf bis zu 30 iugera zu Privatbesitz gemacht werden, der übrige nur noch zu Weidezwecken (vermutlich bis zu einer Höchstgrenze)  genutzt werden. Rechtliche Ansprüche auf Land bzw. Streitigkeiten darüber müssen bis zu den Iden des März 110 bei den Magistraten geltend gemacht werden. Bestehende Rechte, auch 790

Behrends, fraus legis 15, 56. So auch in dem von Kunkel, Staatsordnung 2.446 A.189 angeführten Beispiel, wo zwei Begriffe (Z. 85 u.87: locare / ​vendere), die dasselbe Rechtsgeschäft bezeichnen, nebeneinander aufgeführt werden, um Rechtsunsicherheit vorzubeugen. 791 Darstellung der unterschiedlichen Versuche (Mommsen, GS I.1, 14–16, 28 ff.; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 21–31; Mattingly, JRS 59, 1969, 129–138) von Johannsen, lex agraria 9–22. 792 Diese Einteilung nach Girard / ​S enn, 2.III, Nr. 8 (Nicolet / ​Flambard)  36 (110); differenzierter  und teilweise anders gliedert Lintott, Judicial reform 49. Weitere Inhaltsangaben bei Lange, Alterthümer 3.55–56, Karlowa, Rechtsgeschichte 1.435–437, G. Humbert, DS 1.163, Last, CAH 9.100, Lintott, Judicial reform 49–55 (ausführlich) und Crawford, Roman Statutes 1.54–57. Den gesamten Gesetzestext behandeln die oben zusammen mit den Texten genannten Kommentare, außerdem: Hinrichs, ZRG 83, 1966, 252–307. 793 Leges 322–323. 794 Z. 11–12; vgl. Kaser, ZRG 62, 1942, 50–52; Lintott, Judicial reform 178–179, 213–216 und Radke, MH 24, 1967, 235, der zur Vorsicht mahnt: Wegen des -ve in Z. 12 kann es sich auch um zwei verschiedene Gruppen handeln. Ablehnend und spekulativ: Pekary, Reichsstraßen 117–119 (ihm folgend: Schneider, Altstraßenforschung 44–45); diese Ansicht widerlegt von Wiseman, PBSR 38, 1970, 148–149. Zuletzt: Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 107–115. 795 So Kaser, ZRG 62, 1942, 14, gegen Zancan, Ager publicus 75–76 (ihm folgend Hinrichs, Historia 16, 1967, 175–176). Wie Kaser auch Crawford, Roman Statutes 1.54 und 159–160.

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Lex Nr. 61

diejenigen von Latinern und Bundesgenossen, werden ausdrücklich bestätigt. Der Abschnitt über Africa enthält u. a. Regelungen, wie mit dem Land verfahren wird, das auf Grund der lex Rubria796 assigniert wurde. Der Abschnitt über Korinth ist zunehmend fragmentarisch, es lassen sich in etwa dieselben Bestimmungen wie im Abschnitt über Africa nachweisen: Bestätigung von Besitzrechten, Auferlegung eines vectigals, Einsetzung von Duumvirn für Landvermessung, Hinweise auf Ernte von Getreide, Wein und Oel. Am Ende des erhaltenen Teils scheint eine sanctio zu stehen797; eine offene Frage bleibt, ob im Anschluss an den überlieferten Teil noch Textteile fehlen. Fest steht, dass die lex agraria als Plebiszit in Rom verabschiedet wurde. Aus dem Abstimmungsvorgang ist zwar der Name der zuerst stimmenden Tribus nicht überliefert, wohl aber der Name des Q. Fabius Q.f., der als erster in dieser Tribus seine Stimme abgab. Der Rogator des Plebiszits ist unbekannt. Früher wurde versucht, das Gesetz dem Volkstribunen C. Baebius798 zuzuweisen, doch hier kommt man über eine Vermutung nicht hinaus. Datieren lässt sich die lex durch die Nennung der Censoren L.  Caecilius Metellus und Cn. Domitius Ahenobarbus (Z. 28 und 87–88)799, die seit 115 im Amt waren, eines der Konsuln von 113, Cn.  Papirius (Z. 89), der Konsuln von 112, M.  Livius Drusus und L. Calpurnius Piso (Z. 29), und 111, P. Cornelius und L. Calpurnius Bestia (Z. 95). Z. 95 bezieht sich auf die Ernte des Jahres 111, die noch bevorsteht, daraus ergibt sich als Datum für die Verabschiedung der lex agraria das Frühjahr oder der Frühsommer dieses Jahres.800 Ausgehend von den Zeilen 19 bis 20 der lex agraria lässt sich eine Verbindung zu Appian ziehen, und zwar zu dem dritten und letzten der Gesetze, die seiner Ansicht nach das agrarische Reformwerk der Gracchen beseitigen, wenn man sich an die von Mommsen vorgeschlagenen und von Zancan verbesserten Ergänzungen für die in der Inschrift vorhandenen Lücken hält.801 Denn sowohl auf der Bronze796

Lex Nr. 29 (s. o.); das Gesetz wurde durch Lex Nr. 44 (s. o.) aufgehoben. Lintott, Judicial reform 49. 798 So Lange, Alterthümer 2.688 u. 3.55–56, unter Berufung auf Sall. Jug. 33 und 34, wo sich der Tribun C. Baebius seinem popularen Mittribunen C. Memmius widersetzt. Daher könnte er auch gegen die gracchische Agrarreform agieren. Dagegen: Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 285–286. 799 Vgl. Broughton, MRR 1.531. 800 Im Anschluss an Rudorff, A. A. F., Das Ackergesetz des Spurius Thorius, Zeitschr. f. geschichtl. Rechtswiss. 10, 1839, 8–194: Karlowa, Rechtsgeschichte1.434; Girard / ​Senn (Nicolet / ​Flambard) 33 (107); Lintott, Judicial reform 282. Kiene, Bundesgenossenkrieg 124–142, ergänzt ein anderes Censorenpaar und datiert das Gesetz (lex agraria = Lex Thoria) in das Jahr 106. 801 Mommsen, CIL 12 .2,1 n. 585 (= 200) (= Bruns, FIR 1.77); Zancan, Ager publicus 62; vgl. dazu Gelzer, Gnomon 11, 1935, 532. Neuere Ergänzungen in diesem Sinn von Crawford, in: Roman Statutes 1.143 u. 164, Lintott, Judicial reform 182–183, 221–222, und die Auseinandersetzung mit Mommsen und Saumagne von Johannsen, lex agraria 250–255. 797

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tafel als auch bei Appian wird nun die Abgabe beseitigt802, die auf Grund von Appians zweitem Gesetz auf den ager publicus gelegt worden war. Diese Regelung galt für den ager publicus, den Privatleute in Besitz genommen hatten und der infolge dieses zweiten Gesetzes, der lex Thoria, nicht mehr weiter verteilt wurde, so dass die Landanweisung an Einzelpersonen – wie ursprünglich von Tiberius ­Gracchus vorgesehen – beendet war. Im Anschluss an die drei Gesetze, die nach Appian das agrarische Reformwerk der Gracchen beseitigen, lässt er noch ein kurzes Resümee über die negativen Folgen dieses Endes folgen. Es schließt mit einer Zeitangabe: „Ungefähr 15 Jahre nach der Gesetzgebung des G ­ racchus“803. Diese Angabe löste eine große Kontroverse aus, wobei der Anfang dieser fünfzehn Jahre entweder von Tiberius oder von Gaius ­Gracchus angerechnet wurde. Da Appian (civ. 1.13,55 und 21,88) jedoch mehrfach ausdrücklich Tiberius als νομοϑέτης (Gesetzgeber) bezeichnet und Gaius als den jüngeren Bruder des Gesetzgebers, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass 133 der Ausgangspunkt von Appians Zeitangabe ist.804 Wie auch immer man den Zeitrahmen dieser fünfzehn Jahre ansetzt, ensteht eine Diskrepanz zu den drei aufgezählten Gesetzen.805 Daraus folgt eigentlich, dass Die Gegenposition dazu nimmt Saumagne ein, wonach durch die lex agraria ein Vectigal erst auferlegt wurde. Seinen Ergänzungen wird meist widersprochen, z. B. von Levi, RFIC 57, 1929, 231–240, er findet aber auch Zustimmung (Triebel, Ackergesetze 312–313), vor allem bei denen, die in der lex agraria das zweite Gesetz Appians bzw. die lex Thoria sehen (so etwa Cardinali, Studi Graccani 301–302 [1965: 197–198]; Carcopino, Gracques 239; Niccolini, FTP 172; Schur, Marius und Sulla 52–53; Badian, Lex Thoria 235–242; Lintott, Judicial reform 282–285; Crawford, Roman Statutes 1.57–60; Dart, Hermes 139, 2011, 353–354. Last, CAH 9.100–101, spricht sich nur für die Möglichkeit aus). 803 Vgl. Text (App. civ. 1.27,124) und Erläuterungen dazu bei Lex Nr. 52, lex Thoria. 804 Cardinali, Studi Graccani 302 A.2 [1965: 198 A.2]; ebenso Chantraine, Untersuchungen 20; Meister, Historia 23, 1974, 88–89; Develin, Antichthon 13, 1979, 48–50; Lintott, Judicial reform 285; Gargola, AJPh 118, 1997, 560–563, 573–575. Abweichungen von dieser heute überwiegend vertretenen Meinung: Niccolini, RAL 5A Ser. 28, 1919, 193–194 und FTP 182–183, nimmt die Gesetzgebung von Gaius ­Gracchus als Ausgangspunkt, das dritte Gesetz von Appian fällt demnach etwa in das Jahr 107; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 660, berechnet den Zeitraum von 123–109. Gabba, Appian 1.96, und Triebel, Ackergesetze 207–208, folgen diesem Ansatz; für Triebel, Ackergesetze 208, ist das dritte Gesetz von Appian die lex Mamilia von 109 (Lex Nr. 66). Gegen diese Identifizierung der lex Mamilia mit dem dritten Gesetz von Appian vgl. De Martino, Costituzione 3.29. Carcopino, Gracques 239 u. 272, behauptet die Gleichsetzung mit der seiner Meinung nach aus dem Jahr 109 stammenden lex Mamilia Roscia Peducaea Alliena Fabia  – einem Gesetz, das sicher in caesarische Zeit gehört, aber dennoch öfter mit der lex Mamilia von 109 identifiziert wurde. 805 Die Diskussionen darüber schlagen sich in den Auffassungen nieder, welches Gesetz von Appian mit welchem aus der übrigen Überlieferung zu identifizieren ist. So findet sich vor allem die lex Thoria entweder als zweites oder als drittes Gesetz von Appian, aber in beiden Fällen in der Gleichsetzung mit der lex agraria von 111. Vgl. Badian, Historia 11, 1962, 211–213, den Forschungsbericht bei Johannsen, lex agraria 25–59, und die ausführliche 802

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Appian hier von zwei verschiedenen Dingen berichtet, auf der einen Seite von drei Gesetzen mit der stückweisen Aufhebung der gracchischen Agrarreform, auf der anderen von fünfzehn Jahren, in denen sich die Hoffnungen und Erwartungen der Bürger offenbar nicht erfüllten.806 Lit.: Badian, Clientelae 138 A.4, 171, 182; Badian, Historia 11, 1962, 211–214; Behrends, fraus legis 15, 56; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 76; Botsford, Roman Assemblies 386–387; Bringmann, Republik 226; Burdese, ager publicus 73–109; Capogrossi Colognesi, Law 193; Carcopino, Gracques 237–239, 254–255, 272–277; Cardinali, Studi Graccani 302 A.2 (–S. 306)[1965: 198 A.2(–S. 202)], 306–316[1965: 202–212]; Chantraine, Untersuchungen 18–20, 27–28; Crawford, Roman Statutes No. 2, 1.39–63, 113–180; Dart, Hermes 139, 2011, 353–354; De Martino, Costituzione 3.12–30; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 137; De Martino, Nuovi studi 184–187; Develin, Antichthon 12, 1978, 45–50; Douglas, AJPh 77, 1956, 384–388; Dreyfus, lois agraires 184–186; Flach, HZ 217, 1973, 275–279; Flach, Agrargeschichte 55–58; Flower, Republics 72; Frank, ESAR 1.247–252; Gabba, Appiano  e storia 61–73; Gabba, Appian 1.94–96; Gabba, ANRW 1,1.775–776; Gargola, AJPh 118, 1997, 555–556, 558–563; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 657–660; Gelzer, Gnomon 11, 1935, 529–532; Göhler, Italien 177–189, 192; Gruen, Roman Politics 100–102; Hardy, Journ. Phil. 31, 1910, 268, 281–286; Hardy, CQ 19, 1925, 186–189; Hermon, Athenaeum 60, 1982, 260–261; Hill, Middle Class 61–63, 116; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 324–395; Hinrichs, ZRG 83, 1966, 252–307; Howarth, Historia 48, 1999, 295–296; G. Humbert, DS 1.163; Johannsen, lex agraria; Karlowa, Rechtsgeschichte 1.433–437; Kaser, ZRG 62, 1942, 16–21; König, Staat 129 [51]; Konrad, Companion Republic 8.173; Krüger / ​Kaser, ZRG 63, 1943, 125–127; Lange, Alterthümer 2.688, 3.55–56; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 8–14, 67–74, 85–89, 102–105, 107–115; Last, CAH 9.100–101; Levi, RFIC 57, 1929, 231–240; De Ligt, Athenaeum 79, 2001, 124–125, 133–144; Lintott, Violence 126, 139–140; Lintott, CAH2 9.87; Lintott, Judicial reform 1–9, 34–71, 171–286; Luzzatto, Scritti minori [159]; Mantovani, Legum multitudo 725; Marsh / ​Scullard, History 71, 413–414; Mattingly, Latomus 30, 1971, 281–293; Meister, Historia 23, 1974, 92–97; Molthagen, Historia 22, 1973, 457; Mommsen, GS I.1, 65–145; Niccolini, RAL 5A Ser. 28, 1919, 189–194; Niccolini, FTP 178–184; Nicolet, in: Carcopino, Gracques 338; Perelli, Movimento popolare 117; Perelli, Gracchi 248; Piganiol, CRAI 1951, 1, 62–63; Roselaar, Public Land 242, 248–249, 260, 261–271, 271–278; Rotondi, Leges 322–323; Sandberg, AIRFinl. 24.71; Saumagne, RPh 53, 1927, 50–80; Schneider, Wirtschaft 300–301 m. A.115; Schur, Marius und Sulla 52–53; Scullard, Gracchi to Nero 43, 394; Stockton, Gracchi 203–204; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.104–106; Thommen, Volkstribunat 47 m. A.34, 53; Triebel, Ackergesetze 204–208; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924)

Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten bei Meister, Historia 23, 1974, 92–96; siehe auch die Übersicht von Nicolet und Flambard in Girard / ​Senn Nr.8, 34–36 (108–110); Thommen, Volkstribunat 47 A.34. 806 Der vermutlich korrupte und inkongruente Text Appians lässt keine genauere Aussage zu, vgl. bei Lex Nr. 52.

Lex Nr. 62

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1179–1182; Watkins, Ius Italicum 188–189; Wenger, Quellen 373 m. A.23; Wieacker, Rechtsgeschichte 421 A.56, 424, 426 A.73; Williamson, Laws 170–174,177; Zancan, Ager publicus 57–111.

62 Lex de bello Iugurthae indicendo 643/111

Liv. per. 64: Adherbal bello petitus ab Iugurtha et in oppido Cirta obsessus contra denuntiationem senatus ab eo occisus est, et ob hoc bellum Iugurthae indictum, idque Calpurnius Bestia consul gerere iussus pacem cum Iugurtha iniussu populi et senatus fecit. Adherbal wurde von Jugurtha bekriegt und in der Stadt Cirta belagert und schließlich sogar von ihm ermordet, entgegen einer warnenden Verordnung des Senats. Und deshalb wurde Jugurtha der Krieg erklärt, und der Konsul Calpurnius Bestia, der mit der Kriegführung beauftragt worden war, schloss ohne Zustimmung des Volkes und des Senats Frieden mit Jugurtha. Oros. 5.15,1: Anno ab Urbe condita dcxxxv, P. Scipione Nasica et L. Calpurnio Bestia consulibus, Iugurthae Numidarum regi bellum consensu populi Romani senatus indixit. Im Jahr 635 a.u.c.807, dem Konsulatsjahr des P. Scipio Nasica und des L. Calpurnius Bestia, erklärte der Senat mit Zustimmung des Volkes Jugurtha, dem König der Numider, den Krieg. Val. Max. 7.5,2: P. autem Scipio Nasica …, qui consul Iugurthae bellum indixit. Publius Scipio Nasica jedoch …, der als Konsul Jugurtha den Krieg erklärte.808 Nach den Periochae des Livius und der Darstellung des Orosius, die ebenfalls auf Livius zurückgeht, wird der Senat für die römische Kriegserklärung an den numidischen König Jugurtha verantwortlich gemacht.809 Innerhalb des römischen Procedere vor Kriegsbeginn ist das aber nur ein Schritt. Und so wird von Orosius die Zustimmung des Volkes ausdrücklich hinzugefügt. Darunter versteht man

807

Orosius’ Jahreszählung weicht um acht Jahre von dem sonst überlieferten Jahr für die Konsuln Scipio und Bestia ab; vgl. Broughton, MRR 1.540. 808 Dieser Abschnitt von Valerius Maximus ist konfus; denn unter dem Namen Scipio Nasica zählt er Taten auf, die von vier verschiedenen Trägern dieses Namens vollbracht wurden. 809 Lintott, CAH 2 9.29, sieht den Senat als Handelnden.  – Münzer, Memmius 5), RE 15,1 (1932) 605; Hill, Middle Class 118; Hackl, Senat und Magistratur 136; Döbler, Agitation 287–288; Blösel, Röm. Republik 169, führen die Kriegserklärung auf Drohungen und den durch den Volkstribunen C. Memmius „forcierten Druck der Öffentlichkeit“ zurück. Die Agitation von Memmius wird von der Überlieferung jedoch erst als Folge des eigenmächtigen Friedensschlusses durch Bestia eingeordnet, siehe bei Lex Nr. 63.

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Lex Nr. 63

nach allgemeiner Auffassung einen Beschluss der Zenturiatkomitien, auch wenn dieser nicht immer überliefert ist.810 Der Fortgang des offenbar lückenhaften Berichts in der Periocha 64 entspricht dann wieder dem üblichen Ablauf: Einer der Konsuln – in diesem Falle L. Calpurnius Bestia – wird vom Senat mit der Führung des Krieges in Numidien beauftragt. Nicht überliefert ist, wie die Kriegserklärung übermittelt wird. Valerius Maximus’ Aussage, dass P. Scipio Nasica den Krieg erklärte, wird öfter so gedeutet, dass er in persona die Kriegserklärung überbrachte.811 Eher wird man wohl mit Rich812 annehmen dürfen, dass mit bellum indixit die Jahresangabe gemeint ist oder dass Nasica formelle Präliminarien in Rom ausführte.813 Lit.: Albert, Bellum iustum 46–50; Adolf Berger, Leges de bello indicendo, RE Suppl. 7 (1940) 383; Blösel, Röm. Republik 169; Bringmann, Republik 230; Chantraine, Untersuchungen 29–62; Döbler, Agitation 288; Golden, Crisis 93; Hackl, Senat und Magistratur 136; Heftner, Gracchen 94; Hill, Middle Class 118; Keaveney, Sulla 11; Linke, Röm. Republik 66; Lintott, CAH2 9.29; Lange, Alterthümer 2.601, 3.58; Münzer, Memmius 5), RE 15,1 (1932) 605; Oost, AJPh 75, 1954, 147–159; Rich, Declaring War 14, 48–55, 101–102, 106–107; Rotondi, Leges 324; Scullard, Gracchi to Nero 47; Sommer, RG 1.362; Zack, Völkerrecht 138.

63 Lex Memmia de Iugurtha Romam ducendo 643/111

Sall. Iug. 32,1 u.5: Haec atque alia huiusce modi saepe dicundo Memmius populo persuadet, uti L.  Cassius, qui tum praetor erat, ad Iugurtham mitteretur eumque interposita fide publica Romam duceret, quo facilius indicio regis Scauri et reliquorum, quos pecuniae captae arcessebat, delicta patefierent.  … At Cassius praetor perlata rogatione a C. Memmio ac perculsa omni nobilitate ad Iugurtham proficiscitur … Indem er dieses und Ähnliches oft wiederholte, überredete Memmius das Volk, dass der damalige Prätor L. Cassius zu Jugurtha geschickt werde 810

Mommsen, StR 3,2.341–343, 1047–1048. – Auch bei Sallust fehlt der Kriegsbeschluss, vgl. dazu Timpe, Hermes 90, 1962, 345–347. 811 So auch Albert, Bellum iustum 48, die bei der Kriegserklärung an Jugurtha die Formalien eines bellum iustum eingehalten sieht.  – Rich, Declaring War 102, diskutiert die im Zusammenhang mit Val. Max. 7.5,2 auftretenden Probleme. 812 Rich, Declaring War 102. 813 Oost, AJPh 75, 1954, 147–159, versucht die Überlieferung mit den Vorschriften des Fetialrechts zur Eröffnung eines bellum iustum zusammenzubringen, die Darstellung ist teilweise überinterpretiert (vgl. Badian, Historia 11, 1962, 241).

Lex Nr. 63

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und er diesen unter Zusicherung von freiem Geleit nach Rom bringen solle, damit durch die Aussage des Königs die Vergehen des Scaurus und der übrigen, die er wegen Bestechlichkeit anklagen wollte, umso leichter aufgedeckt würden. … Als aber C. Memmius zum Entsetzen der gesamten Nobilität seinen Antrag durchgebracht hatte, machte sich der Prätor Cassius auf den Weg zu Jugurtha … Liv. per. 64: Iugurtha fide publica evocatus ad indicandos auctores consiliorum suorum, quod multos pecunia in senatu corrupisse dicebatur, Romam venit. Jugurtha, der unter Zusicherung freien Geleites vorgeladen worden war, um die Befürworter seiner Pläne (Vorhaben) zu offenbaren (zu verraten) – denn er hatte angeblich viele im Senat mit Geld bestochen – kam nach Rom. Der nicht autorisierte Friedensschluss des in Africa kriegführenden Konsuls Bestia mit Jugurtha führt offenbar in Rom zu dem Versuch, durch eine persönliche Aussage Jugurthas Licht in die Bestechungsvorwürfe gegen Senatoren und Magistrate zu bringen. In den Periochae des Livius steht lediglich, dass Jugurtha unter Zusicherung freien Geleits vorgeladen wird und tatsächlich nach Rom kommt. Ausführlicher ist der Bericht Sallusts: Der römische Praetor L. Cassius Longinus wird aufgrund eines Plebiszits des Volkstribunen C. Memmius nach Africa geschickt, um Jugurtha persönlich nach Rom zu bringen, wo er einerseits im Verfahren gegen römische Senatoren aussagen, andererseits aber auch zugeben soll, dass er Senatoren bestochen hat. Er selbst soll offenbar nicht vor Gericht gestellt werden, das verhindert die Zusicherung des freien Geleits. Allerdings wird er in einer von Memmius geleiteten Volksversammlung814 befragt, welche Römer ihm in Africa geholfen haben. Jugurthas Antwort wird von einem anderen Volkstribunen, C. Baebius, verhindert, der dem König Schweigen gebietet. Nach Sallust ist auch dieser von Jugurtha bestochen worden. So verläuft die Vorladung Jugurthas nach Rom ohne das gewünschte Ergebnis, stattdessen nutzt der König seinen Aufenthalt, einen unliebsamen Konkurrenten, den Enkel Massinissas namens Massiva, durch gedungene Mörder beseitigen zu lassen. Daraufhin muss Jugurtha umgehend Rom verlassen. Das Plebiszit des Memmius beinhaltet demnach einen Auftrag an den Praetor als dem Gerichtsmagistraten, einen Zeugen zu einem Prozess vor dem Volksgericht herbeizubringen. Streng genommen handelt es sich also nicht um eine gesetzliche Regelung, sondern um ein Amtshilfeersuchen des an Rom gebundenen Volkstribunen an die ordentliche Magistratur, unterstützt durch einen Volksbeschluss. Lit.: Bleicken, Lex 125; Blösel, Röm. Republik 169; Botsford, Roman Assemblies 390 A.6; Brennan, Praetorship 2.386; Bringmann, Republik 230; Broughton, MRR 1.541; Cloud, CAH2 9.519; Cuq, DS 3,2.1155; Doblhofer, Populare 35–36; Döbler, Agitation 289–292; 814

Vermutlich eine der contiones, die am Beginn eines Volksgerichts (iudicium populi) stehen.

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Lex Nr. 64

Evans, Marius 102; Ferrary, RPh 70, 1996, 245; Gabba, ANRW 1,1.775; Gruen, Roman Politics 140–141; Hackl, Senat und Magistratur 138–139; Heftner, Gracchen 94–95; Hill, Middle Class 118–119; Hofmann-Löbl, Calpurnii 95; Kiene, Bundesgenossenkrieg 142; Konrad, Companion Republic 8.174; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.652; Lange, Alterthümer 2.698, 3.59; Lintott, CAH2 9.29, 88; Mackay, Breakdown 88; Marsh / ​ Scullard, History 74; Münzer, Memmius 5), RE 15,1 (1932) 604–606; Niccolini, FTP 178; Paul, Sallust 103–104; Rotondi, Leges 323–324; Schur, Marius und Sulla 59–60; Scullard, Gracchi to Nero 47; Sommer, RG 1.362; Thommen, Volkstribunat 100 A.83, 151, 155; Venturini, Processo penale 225; E. Weiss, Lex Memmia 1), RE 12,2 (1925) 2398; Zumpt, Criminalrecht 2,1.223–224.

64 Lex Iunia militaris 645/109

Ascon. Corn. I, p.54 (67–68 C): Q u a t t u o r o m n i n o g e n e r a s u n t , i u dices, in quibus per senatum more maiorum statuatur aliquid de legibus. Unum est huiusmodi: placere legem abrogari; ut Q. Caecilio M. Iunio cos., quae leges rem militarem impedirent , ut abrogarentur. Q. Caecilius Numidicus Metellus, M. Iunius Silvanus, de quibus facit mentionem, consules fuerunt bello Cimbrico, quod diu prave simul et infeliciter administratum est; atque ipse quoque hic Iunius male rem adversus Cimbros gessit. Postea idem plures leges, quae per eos annos ab iis qui gratificabantur populo latae erant, quibus militiae stipendia minuebantur, abrogavit. Im Ganzen gibt es vier Vorgehensweisen, ihr Richter, nach denen durch den Senat nach dem Brauch der Väter etwas über Gesetze beschlossen werden kann. Eine davon ist: Er beschließt, dass ein Gesetz aufgehoben wird, wie es im Jahr der Konsuln Q. Caecilius und M. Iunius geschah, dass Gesetze aufgehoben wurden, die das Militärwesen (den Militärdienst) behinderten. Q. Caecilius Numidicus Metellus und M. Iunius Silvanus, die er (Cicero) erwähnt, waren Konsuln im Kimbernkrieg, der lange Zeit zugleich schlecht und unglücklich geführt wurde; wie auch Iunius selbst den Krieg gegen die Kimbern erfolglos führte. Später hat derselbe dann noch weitere Gesetze aufheben lassen, die während dieser Jahre von Leuten beantragt worden waren, die dem Volk gefällig sein wollten, – Gesetze, durch die der Kriegsdienst verkürzt wurde.815

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Die andere mögliche Übersetzung „die Bezahlung der Soldaten verringern“ scheint weniger passend. – Crawford, Speeches 114, nennt diese Alternative.

Lex Nr. 64

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In Anlehnung an Cicero spricht Asconius von mehreren Vorgehensweisen816, bestehende Gesetze wieder aufzuheben bzw. für ungültig zu erklären. Als Beispiel zitiert er die Abrogation von Gesetzen, die den Militärdienst behinderten. Der Vorgang wird durch den Senat initiiert, Cicero benutzt dafür die Verben statuere und placere. In Asconius’ Erklärung zu Ciceros Worten werden daraus mehrere Gesetze, die der Konsul M.  Iunius Silanus aufheben lässt, d. h. er schlägt der Volksversammlung vor, über die Aufhebung der Gesetze zu beschließen. Diese Diskrepanz ist mit Richardson817 am ehesten so zu erklären, dass der Senat seine Auffassung durch ein Votum zum Ausdruck brachte, welches der Konsul der Volksversammlung zur Abstimmung vorlegte. Cicero und Asconius sprechen beide von mehreren Gesetzen. Dabei scheint der von Asconius genannte Inhalt, nämlich die Verkürzung des Militärdienstes818, mit dem Plural leges nicht recht vereinbar. Denkt man an die inschriftlich überlieferten, umständlich formulierten Gesetze, wird man zu einem so eng begrenzten Punkt auch nur ein Gesetz erwarten. Cicero äußert sich dagegen umfassender, die von ihm bezeichneten „Behinderungen des Militärwesens“ können sich theoretisch auch auf Aushebungen819, Befreiungen vom Kriegsdienst820, Kosten für Ausrüstung und Kleidung, vielleicht sogar auf das Mindestalter der Einzuberufenden erstrecken. Allerdings sind das alles nur Vermutungen, genauso wie Überlegungen darüber, welche Gesetze abgeschafft wurden.821 Daher wurde für die lex Iunia der Singular beibehalten. Lit.: Adolf Berger, Lex Iunia 7), RE Suppl. 7 (1940) 398; Bleicken, Lex 162 m. A.80; Botsford, Roman Assemblies 388–389, 392; Broughton, MRR 1.545; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 257 A.2; Crawford, Speeches 82, 113, 114–115; Cuq, DS 3,2.1151; Gabba, ANRW 1,1.777–778; Lange, Alterthümer 2.673, 3.62; Lewis, Asconius 276; Lintott CAH2 9.37; Marshall, Asconius 241–242; Münzer, M.  Iunius Silanus 169), RE 10,1 (1918) 1094–1095; Niccolini, FTP 172; Pina Polo, Consul 114; Rich, Historia 32, 1983,

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Zur Diskussion um die Anzahl von vier oder – nach anderer Lesart – drei verschiedenen Arten der Aufhebung von Gesetzen vgl. Crawford, Speeches 113–117, gegen Carson, AJPh 109, 1988, 537–542. 817 Richardson, Old statutes 52, dem folgt Lewis, Asconius 276. – Crawford, Speeches 113, nennt allein den Senat. 818 Bleicken, Lex 162 m. A.80, und Schneider, Veteranenversorgung 103, machen sich die Sicht von Asconius zu eigen. 819 Lintott CAH 2 9.37. 820 Münzer, M. Iunius Silanus 169), RE 10,1 (1918) 1094–1095. 821 Am häufigsten, wenn auch mit Vorbehalt, wird die Ansicht vertreten, dass gracchische Gesetze aufgehoben wurden, z. B. von Lange, Alterthümer 3.62; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 257 A.2; Marshall, Asconius 242. – Botsford, Roman Assemblies 392, meint dagegen, dass das Sempronische Gesetz, das inzwischen aufgehoben wurde, wiederhergestellt wird – mit der Intention, die Rekrutierung von Soldaten zu fördern („to encourage enlistments“).

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Lex Nr. 65

320; Richardson, Old statutes 52; Robinson, Marius 35; Rotondi, Leges 324; Sandberg, ­A IRFinl. 24.93, 95–96; Schneider, Veteranenversorgung 103; Serrao, Classi 187; Thommen, Volkstribunat 132–133.

65 Lex Mamilia de coniuratione Iugurthina 645/109

Sall. Iug. 40,1–4: Interim Romae C.  Mamilius Limetanus, tribunus plebis, rogationem ad populum promulgat, uti quaereretur in eos, quorum consilio Iugur­ tha senati decreta neglexisset, quique ab eo in legationibus aut imperiis pecunias accepissent, qui elephantos quique perfugas tradidissent, item qui de pace aut bello cum hostibus pactiones fecissent. Huic rogationi partim conscii sibi, alii  … occulte per amicos ac maxume per homines nominis Latini et socios Italicos inpedimenta parabant. Sed plebes incredibile memoratu est, quam intenta fuerit quantaque vi rogationem iusserit, …. M. Scaurus, … quom ex Mamilia rogatione tres quaesitores rogarentur, ­effecerat, uti ipse in eo numero crearetur. Inzwischen machte in Rom der Volkstribun C. Mamilius Limetanus dem Volk öffentlich einen Gesetzesvorschlag bekannt, dass gegen diejenigen eine Untersuchung stattfinden solle, auf deren Rat hin Jugurtha die Beschlüsse des Senats missachtet habe und die von ihm als Gesandte oder während eines militärischen Kommandos Gelder angenommen hätten, die ihm Elefanten und die ihm Überläufer ausgeliefert hätten, und ebenso die über Frieden oder Krieg mit den Feinden Verträge geschlossen hätten. Für diese Rogation bauten einige aus Schuldbewusstsein und andere … heimlich mit Hilfe von Freunden wie auch mit Hilfe von Latinern und italischen Bundesgenossen Hindernisse auf. Doch es ist schier unglaublich, wie eifrig das Volk darauf bedacht war und mit welch großer Energie es die Rogation zum Gesetz machte. … Weil auf Grund der Rogation des Mamilius drei Untersuchungsrichter beantragt wurden, hatte M. Scaurus … es erreicht, dass er selbst als einer von ihnen gewählt wurde. Cic. Brut. 33,127–128: (C.  Galba)  Nam rogatione Mamilia, Iugurthinae coniura­tionis invidia, cum pro sese ipse dixisset, oppressus est. … Hic, qui in conlegio sacerdotum esset, primus post Romam conditam iudicio publico est condemnatus … Nam invidiosa lege [Mamilia quaestio] C. Galbam sacerdotem et quattuor consularis … Gracchani iudices sustulerunt. Denn er (C. Galba) wurde durch die Rogation des Mamilius, den Vorwurf der jugurthinischen Verschwörung, gestürzt, als er sich selbst verteidigt hatte. Dieser, der dem Kollegium der Priester (sacerdotes) angehörte, war der erste, der seit der Gründung Roms von einem Geschworenengericht verurteilt wurde. Denn durch das verhasste (missliebige) Gesetz haben Richter nach gracchischer Art den Priester C. Galba und vier ehemalige Konsuln … vernichtet.

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Cic. nat. 3.30,74: Cognosce alias quaestiones, auri Tolossani, coniurationis Iugur­ thinae; repete superiora … posteriora: de incestu rogatione Peducaea … Prüfe andere Gerichtshöfe, den über das Gold von Tolosa822, den über die Verschwörung des Jugurtha, rufe dir Früheres ins Gedächtnis, … und Späteres, den Gerichtshof über Unkeuschheit auf Grund der Rogation des Peducaeus823, … Schol. Bob. p.141: (§ 140.) L .   O p i m i u s i n d i g n i s s i m e c o n c i d i t . Et Sallustius auctor est in bello Iugurthino L.  Opimium Mamilia lege damnatum, quod videretur in ea legatione, quam cum ceteris functus est aput Iugurtham, pecunia esse corruptus. L. Opimius wurde in ganz unverdienter Art und Weise gestürzt. Sallust ist auch der Gewährsmann dafür, dass L. Opimius im jugurthinischen Krieg nach der lex Mamilia verurteilt wurde, weil er in der Gesandtschaft, die ihn gemeinsam mit Anderen vor Jugurtha führte, dem Anschein nach mit Geld bestochen worden sei. Das Plebiszit des Volkstribunen C. Mamilius Limetanus richtet einen außerordentlichen Gerichtshof ein, der alle Vorkommnisse im Zusammenhang mit Jugurtha untersuchen soll. Im Einzelnen zählt Sallust auf, dass Römer Jugurtha als Ratgeber dienten, von ihm bestochen wurden, ihm Kriegsgerät, aber auch Überläufer ausgeliefert haben und schließlich auch Verträge über Krieg und Frieden mit ihm aushandelten. Das Plebiszit gehört damit in die Reihe der Volksbeschlüsse, die nach dem gracchischen Gesetz (Lex Nr. 20) für die Errichtung von quaestiones extraordinariae vorgeschrieben sind.824 Das Volkstribunat des Mamilius gehört mit ziemlicher Sicherheit ins Jahr 109 825, denn zu den in der quaestio Verurteilten gehört auch der Konsul von 110, Sp. Postumius Albinus, der erst nach seinem Amtsjahr vor Gericht gestellt werden konnte. Offenbar hat der Gerichtshof 826 umfassend gearbeitet und seine Aufgabe so gut erfüllt, dass sich noch Cicero über die Folgen der lex Mamilia auslässt, und das 822

Lex Nr. 77. Lex Nr. 59. 824 Weitere überlieferte Beispiele sind die von Cicero genannten lex Peducaea (113, Lex Nr. 59) und lex de auri Tolosani quaestione (103, Lex Nr. 77) und die lex Varia (90, Lex Nr. 105). – Eine Verbindung zur lex Sempronia zieht auch Venturini, Quaestiones 291. Zur Zusammensetzung des Gerichtshofs vgl. Ferrary, MEFRA 91, 1979, 90. 825 Broughton, MRR 1.546, und der überwiegende Teil der Wissenschaftler. Rotondi, Leges 324 und Siber, Analogie 51 setzen das Tribunat erst ins Jahr 108. Mommsen, StR 2,1.664–665; Kiene, Bundesgenossenkrieg 142; Robinson, Marius 24–25; Bicknell, Latomus 28, 1969, 344–345; Flower, Republics 106, u. a. nehmen dagegen 110 an. 826 Bauman, Crimen maiestatis 37, nimmt wegen der drei auf Grund des Plebiszits gewählten Quaesitoren (Sall. Iug. 40,4) an, dass drei Gerichtshöfe bestanden; es ist aber immer nur von einer quaestio die Rede, die drei quaesitores wurden vermutlich wegen der Vielzahl der Prozesse eingesetzt. 823

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keineswegs positiv. Im Brutus (34, 128) zählt er sogar fünf Verurteilte827 dieses Gerichtshofs namentlich auf. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 208; Bauman, Crimen maiestatis 36–37; Bicknell, Latomus 28, 1969, 344–345; Blösel, Röm. Republik 169–170; Botsford, Roman Assemblies 390; Brennan, Praetorship 2.386–387; Bringmann, Republik 230–231; Broughton, MRR 1.546; Brunt, Fall 218; Carney, Marius 31 A.158; Chantraine, Untersuchungen 62; Cloud, CAH2 9.519; Crifò, exilium 269; Cuq, DS 3,2.1154; Doblhofer, Populare 43–46; Döbler, Agitation 295–296; Evans, Marius 106–109, 131; Ewins, JRS 50, 1960, 103, 104; Ferrary, CRAI 1983, 559, 562; Ferrary, RPh 70, 1996, 245; Flower, Republics 106, 108; Gabba, ANRW 1,1.775; Galsterer, Herrschaft 184; Gerlach, Cicero. De natura deorum – Vom Wesen der Götter 762–763; Gnoli, RIL 109, 1975, 336; Grasmück, Exilium 93; Gruen, Roman Politics 140/141, 142–144, 149–155; Hackl, Senat und Magistratur 131, 133–134; Hill, Middle Class 119–120, 149; Hofmann-Löbl, Calpurnii 96–97; Kelly, Exile 76, 99, 170, 171; Kiene, Bundesgenossenkrieg 142; Konrad, Companion Republic 8.174; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.624, 652; Lange, Alterthümer 2.698, 3.61, 64; Last, CAH 9.121; Lehmann, Strafgesetzgebung 44; Lengle, Strafrecht 30; Linke, Röm. Republik 67–68; Lintott, ANRW 1.2, 260; Lintott, CAH2 9.89; Mackay, Breakdown 90–91, 101; Marsh / ​Scullard, History 75; Marshall, ProcRoySoc. of Canada 1976, 95; Marshall, Asconius 118; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 608; Meier, RPA 137 A.455; Mommsen, GS 3.348; Mommsen, StR 2,1.664–665, 666 A.4; Mommsen, StrafR 197; Niccolini, FTP 185; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 28; Paul, Sallust 116–120; Perelli, Movimento popolare 121; Robinson, Marius 24–25; Rotondi, Leges 324; Sandberg, AIRFinl. 24.53, 68; Santalucia, Studi 184 A.120, 192 A.135; Schleussner, Legaten 96–100; Schneider, Wirtschaft 311 A.140; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/1983, 219; Schur, Marius und Sulla 64; Scullard, Gracchi to Nero 47; Seager, Historia 16, 1967, 40–41, 42; Sherwin-​ White, JRS 42, 1952, 51–52; Siber, Analogie 51; Siber, Verfassungsrecht 194, 195; Sommer, RG 1.362–363; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.231, 238 A.2, 2.84; Thommen, Volkstribunat 115, 161–162; Triebel 828, Ackergesetze 209–212; Venturini, Quaestiones 291; Venturini, Processo penale 177 A.66, 214, 220–226, 228, 299; E. Weiss, Lex Mamilia, RE 12,2 (1925) 2396; Williamson, Laws 277; Zumpt, Criminalrecht 2,1.222–223.

827 828

Gruen, Roman Politics 144–148, erläutert die verurteilten Personen. Triebel schreibt nur über die Quaestio Mamiliana, das ihr zugrundeliegende Gesetz findet keine Berücksichtigung. Die lex Mamilia ist für Triebel nur ein „Acker“-gesetz, vgl. bei der folgenden Lex Nr. 66.

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66 Lex Mamilia de limitibus 645/109

Cic. leg. 1.21,55: Ex hac autem non rerum sed verborum discordia controversia est nata de finibus, in qua, quoniam usus capionem duodecim tabulae intr quinque pedes esse oluerunt, … nec Mamili lege singuli, sed e XII tres arbitri fines regemus. Aus dieser Uneinigkeit, zwar nicht der Sache, sondern den Worten nach entstand eine Streitfrage über Grenzen, in der wir, weil die Zwölftafelgesetze eine Eigentumsersitzung innerhalb des fünf Fuß breiten Streifens nicht zulassen wollten, … nicht nach dem Mamilischen Gesetz einzeln, sondern nach dem Zwölftafelgesetz zu dritt als Schiedsrichter die Grenzen festlegen werden. Frontin. CAR (Th) I.4 = (La) 1.11: De rigore controversia est finitimae condicionis, quotiens inter duos pluresve terminos ordinatos sive quae alia signa secundum legem Mamiliam intra quinque pedes agitur. De fine similis est controversia …; nam et eadem lege continetur et de quinque pedum agitur latitudin. Die Rechtsfrage über die geradlinige Grenze (rigor) ist verwandter Art, so oft wie bei zwei oder mehreren ordentlichen Grenzsteinen oder irgendwelchen anderen Kennzeichnungen innerhalb des fünf Fuß breiten Streifens entsprechend dem mamilischen Gesetz geklagt wird. Ähnlich ist die Rechtsfrage über die natürliche Grenze ( finis), … denn sie ist in demselben Gesetz enthalten, und es wird wegen der Breite des Streifens von fünf Fuß geklagt. Agenn. Urb. CAR (Th) I.27 = (La) 1.37–38: De fine subtilior exigitur disputatio, quae a rigore nullo modo distat nisi specie. … num praeterea lex Mamilia fini latitudinem praescribat. de qua lege iuris periti adhuc habent quaestionem, neque antiqui sermonis sensus proprie explicare possunt, quini pedes latitudinis dati sint, an in tantum quinque. videtur tamen his, quinque pedum esse latitudinem, ita ut dupondium et semissem una quaeque pars agri finem pertinere patiatur. Eine kompliziertere Streitfrage wird wegen der natürlichen Grenze aufgeworfen, die sich von der geradlinigen in Nichts außer im Aussehen unterscheidet.  … und außerdem, ob die lex Mamilia die Breite für den Grenzstreifen nicht vorschreibt. Wegen dieses Gesetzes haben die Rechtsgelehrten bis heute ein strittiges Problem, und sie können die Bedeutung der alten Worte nicht genau erklären, ob nämlich je fünf Fuß an Breite (d. h. fünf Fuß auf beiden Seiten der Grenze) vorgeschrieben sind oder nur fünf Fuß weit. Sie sind aber doch der Ansicht, dass die Breite fünf Fuß ist, und zwar derart, dass jedes Ackerstück einen Grenzstreifen in einer Ausdehnung von zwei und einem halben Fuß lassen muss. Agenn. Urb. CAR (Th) I.33 = (La) 1.74: De loco …haberi ordinem legis Mamiliae excessum plurimum, praecipue in agris arcifiniis, sed nec minus in adsignatis. cum enim modum loci nulla forma praescribit et controversia oritur, nullo alio statu ad litem deduci debet quam ut de loco agatur; solent quidam per inprudentiam mensores

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arbitros conscribere aut sortiri iudices finium regundorum causa, quando in re praesenti plus quidem quam de fini regundo agatur. … Wegen des Landbesitzes (?) … die Ordnung der lex Mamilia werde in mehrfacher Hinsicht übertreten, besonders bei den agri arcifinii,829 aber genauso bei den zugewiesenen Ländereien. Jedesmal wenn nämlich keine Umrisszeichnung das Ausmaß (die Größe)  eines Grundstücks vorschreibt und eine Streitfrage entsteht, muss man durch nichts Anderes zu einem Prozess gebracht werden, als dass wegen Landbesitz geklagt wird; einige haben aus Unklugheit die Angewohnheit, Vermesser als Schiedsrichter einzutragen oder als Richter auszulosen wegen der Ziehung von Grenzlinien, wenn im vorliegenden Fall mehr auf dem Spiel steht als die Ziehung der Grenzlinie. Sic. Flacc. CAR (Th) I.108 = (La) 1.144: signantur autem (sc. arbores finales) utrimque, id est ex utraque possessione, intra pedes quinos, ut legis Mamiliae commemorationem habeant. Grenzbäume aber werden auf beiden Seiten markiert, d. h. von jedem Besitztum aus, innerhalb von jeweils fünf Fuß, wie es der lex Mamilia entsprechend sein soll. Hygin. Grom. CAR (Th) I.134 = (La)  1.169: linearii limites  a quibusdam mensurae tantum disterminandae causa sunt constituti, et si finitimi interveniunt, latitudinem secundum legem Mamiliam accipiunt. Grenzlinien wurden von einigen Landvermessern nur wegen der Abgrenzung der Größe (eines Besitztums) ge­ zogen,  und wenn angrenzende Wege dazwischen liegen, nehmen sie die Breite gemäß der lex Mamilia ein.830 Hygin. CAR (Th) I.89–90 = (La)  1.126–127: Text ohne Nennung der lex Mamilia, es geht um den Grenzstreifen von fünf oder sechs Fuß831, der nicht ersessen werden kann. Cicero spielt mit dem Begriff finis, indem er ihn als philosophische Streitfrage über „das Höchste, das Ziel (τέλος)“832 benutzt und daneben – ganz alltäglich – die Rechtsfrage über Grenzen setzt. Dazu führt er eine / ​die Bestimmung einer lex Mamilia und deren Übereinstimmung mit bzw. deren Änderung(en) gegenüber den Zwölftafelgesetzen an. Demnach ist schon in den Zwölftafelgesetzen die Ersitzung des Grenzstreifens auf einer Breite von fünf Fuß verboten. Doch nun ist statt der drei damals vorgeschriebenen Schiedsrichter bei der Schlichtung von

ager arcifinius ist „ein Acker, der noch keine gesetzlich bestimmte, sondern nur seine natürliche Grenze hat.“ (Georges) 830 Diese Übersetzung folgt Hinrichs, Historia 18, 1969, 522 A.9. 831 Nach Campbell, RLS 321, könnte sich diese variable Größenangabe (die nur hier auftaucht) entweder auf eine untypische Region beziehen oder der Tatsache Ausdruck verleihen, dass fünf Fuß als empfohlene Minimalgröße angesehen werden. 832 Vgl. dazu die Erläuterungen von Kenter, Comm. De legibus 221–222. 829 Ein

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Grenzstreitigkeiten nach der lex Mamilia nur mehr einer erforderlich.833 Außer bei Cicero findet eine lex Mamilia in den Schriften der römischen Feldmesser mehrfach Erwähnung. So erfahren wir von Frontin, dass durch die lex Mamilia die Breite der Grenzstreifen zwischen zwei Besitzungen auf fünf Fuß festgelegt wird. Aus den anderen Texten wird deutlich, dass es in diesem Gesetz immer nur um Regelungen geht, die auf Ackergrenzen Bezug nehmen, seien es Grenzbäume, die entsprechend markiert werden sollen, oder Wege. Und in allen genannten Fällen hat der Grenzstreifen eine vorgeschriebene Breite von fünf Fuß.834 Außerdem wird die Form des Rechtsstreits mit der Benennung der dazu gehörenden Klagen geregelt. Die lex Mamilia ist demnach ein Gesetz, dessen Sprache die kaiserzeitlichen Juristen zwar schon nicht mehr verstanden, das jedoch eine grundsätzliche Regelung beeinhaltete, die über einen langen Zeitraum hinweg gültig blieb. Lange835 ordnet die lex Mamilia wegen der bei Cicero genannten arbitri den Gesetzen über den Zivilprozess zu, rückt das Gesetz aber weit hinauf und vermutet als Urheber den Konsul des Jahres 239, C. Mamilius Turrinus. Nun ist in jedem Fall die Abfassungszeit836 von Ciceros De legibus der absolute terminus ante quem für die lex Mamilia. Allgemein setzt man sie jedoch an das Ende des 2. Jhs. Hier bietet sich C. Mamilius Limetanus837, der im Jahr 109 den Volkstribunat bekleidete, als möglicher Rogator für die lex Mamilia an; denn sein Cognomen Limetanus ist vermutlich auf dieses Gesetz zurückzuführen,838 und er ist aus seiner Familie der erste bekannte Träger dieses Beinamens.839 Nicht identisch ist die lex Mamilia 840 mit der ebenfalls im Corpus der Agrimensoren überlieferten lex Mamilia Roscia Peducaea Alliena Fabia (CAR (La) 833

Hinrichs, Gromatische Institutionen 188, folgert aus Cicero (leg. 1.21,55), dass beide Verfahren nebeinander bestanden und man entweder drei oder einen Schiedsrichter anfordern konnte. 834 Die abweichende Zahlenangabe von Hygin (CAR (Th) I.89–90 = (La) 1.126–127) wurde in Fn. 831 kommentiert. 835 Lange, Alterthümer 2.662. 836 Vermutlich um 52. 837 So Fabricius; Niccolini, FTP 186; Nicolet, in: Carcopino, Gracques, 335–336; Rudolph, Stadt und Staat 195; Schur, Marius und Sulla 63; Broughton, MRR 1.546; De Martino, Costituzione 3.28–30. 838 Vgl. Rudolph, Stadt und Staat 195, mit weiteren Beispielen für eine ähnliche Namensgebung. Dagegen hält Hardy, CQ 19, 1925, 186, diese Zuweisung (schon durch Fabricius) für nicht sicher („on no very certain evidence“). Auch Hinrichs, Historia 18, 1969, 523, zieht die Verbindung zwischen dem Cognomen Limetanus und der lex Mamilia, hält die Zuweisung an den Volkstribunen von 109 jedoch für unsicher, ebenso schon Mommsen, CAR (La) 2.226. 839 Bei dieser Feststellung aufgrund der vorhandenen, lückenhaften Überlieferung darf man die Unsicherheit einer solchen Aussage jedoch nicht vergessen. 840 Als eigenständiges Gesetz wird sie aufgefasst von: Rudolph, Stadt und Staat 188–189, 193–195; Göhler, Italien 190–192; Broughton, MRR 1.546 A.2 (S.547–548); Nicolet, in: Carcopino, Gracques, 335–336; Hinrichs, Historia 18, 1969, 523; De Martino, Costituzione 26–30.

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1.263–266), was bis heute immer wieder unterstellt wird.841 Dagegen sprechen sowohl inhaltliche Überlegungen  – Letzteres befasst sich mit Regelungen bei Kolonie- und Städtegründungen, Hinrichs bezeichnet das Gesetz daher als „Assignationsgesetz“842 – als auch Datierungsfragen; denn die lex Mamilia Roscia Peducaea Alliena Fabia wird – wohl zu Recht – in caesarische Zeit verwiesen.843 Immer wieder wird auch von der lex Mamilia eine Verbindung zur lex agraria von 111 (Lex Nr. 61) gezogen, sei es, dass man an Ausführungsbestimmungen oder endgültige politische Regelungen denkt,844 einige bauen die lex Mamilia sogar in das Schema Appians mit den drei nachgracchischen Ackergesetzen ein, wobei sie dann zum dritten Gesetz Appians845 erklärt wird (Niccolini, Carcopino, Triebel). All das gehört jedoch in den Bereich bloßer Spekulation, denn die Aussagen der Landvermesser gehen eindeutig in die Richtung einer generellen Regelung, jenseits von politischen Alltagsquerelen und auch von der für Rom sonst so typischen ad-hoc-Gesetzgebung. Lit.: Behrends, Bodenhoheit 245–247; Broughton, MRR 1.546 m. A.2 (S.547–548); Campbell, RLS 4–5, 22–25, 30–31, (92–93), 110–111, 136–137, 321–322 A.11, 372–373, 475–477; Carcopino, Gracques 244, 277 A.73; Cary, JRS 19, 1929, 113–114; Christ, Krise 145; Cichorius, Röm. Studien 124; De Martino, Costituzione 26–30; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 137; Dyck, Commentary 215–216; Ernst Fabricius, Über die lex Mamilia Roscia Peducaea Alliena Fabia (Sitzungsber. der Heidelberger Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl., Jg. 1924/25), Heidelberg 1924; Ferrary, RPh 70, 1996, 243–246; Göhler, Italien 190–192; Hardy, CQ 19, 1925, 185–191; Hinrichs, Historia 18, 1969, 521–523; Hinrichs, Gromatische Institutionen 186–188; Kenter, Comm. De legibus 221–223; Kroll, Lex Mamilia …, RE 12,2 (1925) 2397; Lange, Alterthümer 2.662; Mommsen, CAR (La) 2.225–226 (= Mommsen, GS 5.200–202); Niccolini, FTP 186; Nicolet, in: Carcopino, Gracques, 335–336; Rotondi, Leges 388; Rudolph, Stadt und Staat 162, 193–195; Schur, Marius und Sulla 63; Thommen, Volkstribunat 46–47, 53; Triebel, Ackergesetze 207–209, 314–317; Watson, Law of Property 111; Weiß, Rez. Fabricius, ZRG 46, 1925, 401–403; Ziegler, Cicero 247 A.38 (S.332). 841

So z. B. von Watson, Law of Property 111; Triebel, Ackergesetze 209, 314–317; Kenter, Comm. De legibus 221–223; Dyck, Commentary 215–216; und von Ferrary, RPh 70, 1996, 243–246: Für ihn ist Mamilius nur der erste Rogator, die übrigen seien adscriptores. 842 Hinrichs, Historia 18, 1969, 523. 843 So schon Mommsen, CAR (La) 2.224–225; dann auch: Rotondi, Leges 388; Willems, Sénat 1.498 n.5; Rudolph, Stadt und Staat 186–193, 196–199; Hardy, CQ 19, 1925, 185–191; Niccolini, FTP 186; Broughton, MRR 1.546 A.2 (S.547–548).  – Für die Frühdatierung dieser lex und für nur ein Gesetz optieren Fabricius; Kroll, Lex Mamilia …, RE 12,2 (1925) 2397; Carcopino, Gracques 239, 244 und 272 A.64, 277 A.73; Schur, Marius und Sulla 63; Triebel, Ackergesetze 209, 314–317; Ferrary, RPh 70, 1996, 243–246. Rotondi, Leges 388, datiert ein Gesetz in das Jahr 59. 844 So etwa Hinrichs, Gromatische Institutionen 187–188. 845 De Martino, Costituzione 29–30, fasst das als bloße Vermutung auf, die durch nichts zu beweisen ist.

Lex Nr. 67

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67 Lex Manlia de bello Iugurthino gerendo 647/108

Sall. Iug. 73,7: et postea populus  a tribuno plebis T. Manlio Mancino rogatus, quem vellet cum Iugurtha bellum gerere, frequens Marium iussit. sed paulo ante senatus Metello Numidiam decreverat: ea res frustra fuit. Und als danach das Volk von dem Volkstribunen T. Manlius Mancinus befragt wurde, wen es mit der Kriegführung gegen Jugurtha beauftragen wolle, befahl es mehrheitlich, dass es Marius sein solle. Aber kurz zuvor hatte der Senat für Metellus Numidien (als Provinz) festgelegt: diese Sache war vergeblich. Gell. 7.11,2: Verba haec sunt Metelli846 Adversus C. Manlium tribunum plebis a quo apud populum in contione lacessitus iactatusque fuerat dictis petulantibus … Das sind die Worte des Metellus in der Rede „Gegen den Volkstribunen C. Manlius“, von dem er in einer Versammlung im Angesicht des Volkes angefeindet und mit gehässigen Aussprüchen überhäuft worden war, … CIL 12 .1, elog. XVIII (=XXXIII) p. 195: C · MARIUS · C · F · EXTRA · SORTEM · BELLUM · CUM · IUGURTA REGE · NUMIDIAE · COS · GESSIT · EUM · CEPIT · ET · TRIUMPHANS · IN · SECUNDO · CONSULATU · ANTE · CURRUM · SUUM · DUCI · IUSSIT C. Marius, der Sohn des Gaius, … führte als Konsul ohne Rücksicht auf eine Auslosung den Krieg gegen Iugurtha, den König von Numidien, nahm ihn gefangen und ordnete an, dass er im Triumphzug in seinem zweiten Konsulat vor seinem Wagen geführt werde. Malcovati, ORF4, p. 211–212: Q. Caecilius Metellus Numidicus, 2. oratio ad populum adversus C. Manlium tribunum pl. = Gell. 7.11,2 Der Volkstribun C. Manlius Mancinus griff im Jahr 108847 – nach der Wahl von Marius zum Konsul – in die Zuständigkeit des Senats ein und befragte das Volk, wer den Krieg gegen Jugurtha fortführen solle. Der Senat hatte bereits – wie es seine Aufgabe war – die provinciae für die Magistrate festgelegt, und wollte Q. Caecilius Metellus Numidicus (cos. 109) nun auch ein zweites Jahr als Prokonsul auf dem afrikanischen Kriegsschauplatz lassen.848 Und Metellus setzte erfolgreich die Kriegführung gegen Jugurtha fort, bis er per Brief informiert wurde, dass Marius Numidien als Provinz verliehen sei.849 846

Q. Metellus Numidicus, vgl. Gell. 7.11,1. Zu dieser Rede siehe auch ORF4, 211–212. Broughton, MRR 1.551, verlegt das Plebiszit ins Jahr 107, das Konsulatsjahr von Marius. Zur Begründung für 108 siehe weiter unten. 848 Sall. Iug. 73, 7. 849 Sall. Iug. 82, 2. 847

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Lex Nr. 67

Welche Form die Rogation des Manlius hatte, ist aus den Worten Sallusts nicht zu erkennen. Man könnte entweder – ähnlich wie bei einer Wahl – die gewünschte Person vom Volk bestimmen lassen oder in einem Plebiszit direkt die Zustimmung zu einer Übertragung der provincia Numidia an Marius beantragen.850 Als treibende Kraft hinter der Initiative des Volkstribunen ist der neugewählte Konsul Marius zu vermuten, der gerade mit Erlaubnis seines Vorgesetzten Metellus vom Kriegsschauplatz Africa zu den Wahlen nach Rom gekommen war. Und weil er in Africa im Krieg gegen Jugurtha weiterhin agieren wollte, musste er zunächst die Entscheidung des Senats umstoßen und sich dann auch gegenüber seinem Amtskollegen L. Cassius durchsetzen. Mit Hilfe des Plebiszits zu seinen Gunsten gelang dieser Schachzug, und in einem Elogium konnte er sich rühmen, dass er den Krieg gegen Jugurtha extra sortem, ohne das unter Kollegen übliche Losverfahren, geführt habe.851 Dieses Vorgehen des Manlius, gegen den erklärten Willen des Senats und die ihm zukommende Entscheidungsbefugnis das Volk bestimmen zu lassen, war so – nach unserer Kenntnis – noch nicht vorgekommen.852 Das Beispiel853 machte jedoch Schule, und Manlius findet einen Nachfolger in einem anderen Volkstribunen: Im Jahr 88 lässt Sulpicius per Volksbeschluss (Lex Nr. 119) den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates übertragen, wiederum an Marius, aber in diesem Fall gegen den amtierenden Konsul Sulla. Lit.: Bleicken, Lex 118 A.38, 120 m. A.40, 132 A.101; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.322; Blösel, Röm. Republik 171; Bringmann, Republik 231; Broughton, MRR 1.551; Carney, WS 73, 1960, 91; Carney, Marius 28 A.145; Chantraine, Untersuchungen 35–37; Christ, Sulla 58; Cuq, DS 3,2.1155; Doblhofer, Populare 46–47; Döbler, Agitation 299–302; Duplá, Consules populares 285; Erdmann, Heer 72; Evans, Marius 76–78, 106, 110–111, 133; Evans, Reputations 153 A.46; Evans, AClass 50, 2007, 84; Ferrary, Législation 469; Gabba, ANRW 1,1.777; Hackl, Senat und Magistratur 151, 173–174, 216; Heftner, Gracchen 97; Hill, Middle Class 121; Kann, Restoration 163; Keaveney, Sulla 12; Kiene, Bundesgenossenkrieg 257; Kloft, Prorogation 43 m. A.106 850

Das Dilemma zeigt sich bei Bleicken, Lex 120 m. A.40 („Volksbeschluss hat hier Form der Wahl, kein Gesetz“) und 118 A.38 bzw. 132 A.101 („Lex Manlia“). – Nicht zutreffend ist die Auffassung von Blösel, Röm. Republik 171, dass das Volk ein außerordentliches Kommando vergeben habe, denn für den amtierenden Konsul war es eine zu seinem Amt gehörende, ordentliche Aufgabe. 851 Bleicken, Lex 132 A.101, sieht hierin den Inhalt der lex Manlia, die Marius das Kommando sicherte, indem sie ihn von der üblichen Losung befreite. 852 Der Fall des Krieges gegen Aristonicus (Lex Nr. 11) liegt anders. Es gibt einen Interessenkonflikt zwischen den beiden Konsuln, das Volk spricht sich für den einen aus – und gegen die Übertragung des Kommandos an den Privatmann Scipio Aemilianus. – Letzner, Sulla 48 A.40, erkennt hier einen Verfassungsbruch, nicht einsichtig ist, warum das gegen populare Ansichten verstoßen soll. 853 Lintott, CAH 2 9.91: „forerunner“.

Lex Nr. 68

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(S.44), 52–53; Kloft, Prorogatio, RE Suppl. 15 (1978) 458–459; Konrad, Companion Republic 8.174–175; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.652; Lange, Alterthümer 2.707, 3.64; Last, CAH 9.125–126; Letzner, Sulla 48 m. A.40; Linke, Röm. Republik 69; Lintott, CAH2 9.30, 91; Lundgreen, Regelkonflikte 126; Mackay, Breakdown 95–96; Marsh / ​Scullard, History 78; Marshall, ProcRoySocCanada 1976, 95; Martin, Populare 178; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 605; Morstein-Marx, Consular appeals 263; Mouritsen, Plebs 69; Niccolini, FTP 188; van Ooteghem, Marius 140–141; Paul, Sallust 191–192; Perelli, Movimento popolare 121; Richardson, CAH2 9.573–574; Rotondi, Leges 324; Schulz, Herrschaft 47, 59; Schur, Marius und Sulla 67; Scullard, Gracchi to Nero 49; Sommer, RG 1.363; Stevenson, CAH 9.456; Thommen, Volkstribunat 97, 100; Willems, Sénat 2.116 A.1, 570.

68 Lex Coelia tabellaria 647/107

Cic. leg. 3.16,36: Uno in genere relinqui videbatur vocis suffragium, quod ipse Cassius exceperat, perduellionis. Dedit huic quoque iudicio C.  Coelius tabellam, doluitque quoad vixit se ut opprimeret C. Popillium nocuisse rei publicae. Nur in einer Kategorie schien die Abstimmung per Stimme übrig geblieben zu sein, die Cassius eigens ausgenommen hatte, nämlich bei Hochverrat. C. Coelius gab auch diesem Gericht die Stimmtafel, und er bedauerte zeitlebens, dass er, um die Verurteilung des C. Popillius zu erreichen, dem Staat geschadet habe. Das Gesetz des Volkstribunen C. Coelius Caldus854 ist das vierte und letzte in der Reihe der Tabellargesetze und schreibt die Verwendung von Stimmtäfelchen nun auch bei den Volksgerichten über Hochverrat (perduellio) vor, die übrigen Volksgerichte waren schon durch die lex Cassia tabellaria (137)855 der schriftlichen Abstimmung unterworfen worden. Vorausgegangen sind außerdem die lex Gabinia tabellaria (139)856 für Wahlen und die lex Papiria tabellaria (131)857 für legislative Entscheidungen. Auch bei diesem Gesetz haben wir wiederum nur Ciceros Zeugnis; allerdings gibt es die Münze eines IIIvir monetalis aus der Familie der Coelier, des C. Coelius Caldus. Dieser Münzmeister heißt wie sein Vorfahr und erinnert mit seiner Manchmal begegnet Coelius in der Schreibweise Caelius, so z. B. bei Rotondi, Leges 324; Siber, Verfassungsrecht 232. 855 Vgl. Elster, Gesetze, 443–445 (Lex Nr. 214). 856 Vgl. Elster, Gesetze, 440–441 (Lex Nr. 212). 857 Vgl. oben Lex Nr. 9. 854

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Lex Nr. 69

Münzdarstellung vermutlich an den Volkstribunen von 107 und Konsul von 94; denn die Münze zeigt einen männlichen Kopf und daneben ein Stimmtäfelchen, auf dem die Buchstaben L für libero (ich spreche frei) und ein D für damno (ich verurteile) stehen.858 Lit.: Bleicken, Lex 139, 183, 278–280; Blösel, Röm. Republik 174; Botsford, Roman Assemblies 390; Broughton, MRR 1.551, 2.12; Carney, Marius 31 A.158; Crawford, RRC 1.457–459 Nr. 437 (Plate 52); Cuq, DS 3,2.1132; De Martino, Costituzione 2.435–436, 3.302; Doblhofer, Populare 47–50; Ducos, Les Romaines 31 m. A.41; Dyck, Commentary 531–532; Evans, Marius 40 A.66, 109 A.61; Feig Vishnia, Klio 90, 2008, 334, 342–343, 344; Flower, Republics 72 m. A.24; Gruen, Roman Politics 151, 155; Grziwotz, Verfassungsverständnis 196; Gutberlet, Livius 108; Hackl, Senat und Magistratur 161; Jehne, Statutes 410; Kelly, Exile 171; König, Staat 130 [53]; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.652; Lange, Alterthümer 2.527, 560, 658, 3.66; Last, CAH 9.159; Linke, Röm. Republik 75–76; Lintott, CAH2 9.93; Lintott, Constitution 47; Lundgreen, Historia 58, 2009, 37–38; Martin, Populare 176–178; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 575–576, 602; Meier, RPA 136; Millar, Rome 1.152; Mommsen, Münzwesen 636–637, Nr. 280; Mommsen, Staatsrecht 3,1.404–405; Mouritsen, Plebs 69; Niccolini, FTP 187; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 193–197, 207, 209; Robinson, Marius 25; Rotondi, Leges 324–325; Santalucia, Diritto 54; Santalucia, Studi 176 A.102; Schneider, Wirtschaft 311 A.140; Schulz, Herrschaft 46; Scullard, Gracchi to Nero 52; Serrao, Classi 184; Siber, Analogie 10 A.1, 47; Siber, Verfassungsrecht 232; Staveley, Voting 160–161; Sydenham, Coinage 72 Nr. 548 (Plate 18), 147–148 Nr. 891–893 (Plate 25); Taylor, Voting Assemblies 37, 125 A.2; Thommen, Volkstribunat 82–83, 85, 137, 149; Wallinga, RIDA 41, 1994, 423; E. Weiss, Lex Caelia, RE 12,2 (1925) 2337; Wieacker, Rechtsgeschichte 398 A.48; Willems, Sénat 1.699 A.4; Williamson, Laws 319; Yakobson, Elections 127; Zumpt, Criminalrecht 1,2.349.

69 Lex Servilia iudiciaria 648/106

Cic. inv. 1.49,92: Offensum est quod eorum qui audiunt voluntatem laedit: ut si quis apud equites Romanos cupidos iudicandi Caepionis legem iudiciariam laudet. Ein Verstoß ist es, wenn man die Gesinnung der Zuhörer verletzt, wie z. B., wenn jemand die lex iudiciaria des Caepio bei den römischen Rittern lobt, die danach strebten, selbst Recht zu sprechen. 858

Mommsen, Münzwesen 636–637, Nr. 280; Staveley, Voting 161, Fig. VII; Crawford, RRC 1.457–459 Nr. 437; Sydenham, Coinage 147–148 Nr. 891–893 (Plate 25).  – Eine Szene während einer Abstimmung zeigt die Münze des P. (Licinius) Nerva, Sydenham, Coinage 72, Nr. 548 (Plate 18). Eine neue und ansprechendere Deutung dieser Szene entwickelt Staveley, Voting 162–164.

Lex Nr. 69

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Cic. de or. 2.49,199: Sic … dolorem … oratione refricabam et animos equitum Romanorum, apud quos tum iudices causa agebatur, ad Q.Caepionis odium, a quo erant ipsi propter iudicia abalienati, renovabam. So versuchte ich, durch meine Rede den Schmerz … von neuem zu erregen und bei den römischen Rittern, bei denen als Richtern damals der Prozess geführt wurde, den Hass auf Caepio wieder aufzufrischen, gegen den sie ohnehin wegen der Gerichtsbarkeit aufgebracht waren. 2.55, 223: Cum enim Brutus duos lectores excitasset et alteri de colonia Narbonensi Crassi orationem legendam dedisset, alteri de lege Servilia, … Als dann Brutus zwei Vorleser aufrief und dem einen die Rede des Crassus über die Kolonie Narbo, dem anderen die zur lex Servilia zum Vorlesen gab, … Cic. Cluent. 51,140: [M.  Brutus tritt als Ankläger auf, lässt aus zwei sich widersprechenden Reden des Verteidigers Licinius Crassus vorlesen:] quod in dissuasione rogationis eius quae contra coloniam Narbonensem ferebatur quantum potest de auctoritate senatus detrahit, in suasione legis Serviliae summis ornat senatum laudibus, et  … weil er in der ablehnenden Rede zu der Rogation, die gegen die Kolonie Narbo eingebracht wurde, soviel wie möglich die Autorität des Senats herabsetzt, in der Befürwortung der lex Servilia den Senat dagegen in den höchsten Tönen lobt, und … Cic. Brut. 43,161: … suasit Serviliam legem Crassus … Sed haec Crassi cum edita oratio est, quam te saepe legisse certo scio, quattuor et triginta tum habebat annos totidemque annos mihi aetate praestabat. His enim consulibus eam legem suasit quibus nati sumus. … Crassus befürwortete die lex Servilia. … Aber als diese Rede des Crassus veröffentlicht wurde – ich bin sicher, dass du sie oft gelesen hast –, war er 34 Jahre alt und ebensoviele Jahre älter als ich. Denn er hat das Gesetz in dem Jahr befürwortet, in dem ich geboren bin. Quint. inst. 6.3,44: … contraria L. Crassum patronum eius in oratione, quam de Colonia Narbonensi habuerat, suasisse iis, quae de lege Servilia dixerit … …, dass sein Verteidiger L. Crassus in der Rede, die er über die Kolonie Narbo hielt, das Gegenteil von dem befürwortet hatte, was er in der Rede über die lex Servilia gesagt hatte … Tac. ann. 12.60,3: Claudius omne ius tradidit, de quo toties seditione aut armis certatum, cum Semproniis rogationibus equester ordo in possessione iudiciorum locaretur, aut rursum Serviliae leges senatui iudicia redderent, Mariusque et Sulla olim de eo vel praecipue bellarent. Claudius übergab (den Procuratoren) die gesamte Gerichtsbarkeit, über die so oft durch Aufstände oder mit Waffengewalt gekämpft wurde, damals, als durch die sempronischen Rogationen der Ritterstand in den Besitz der Rechtsprechung gelangte, oder als die servilischen Gesetze dem Senat die Rechtsprechung zurückgaben und sich Marius und Sulla über diese Frage sogar besonders bekriegten. Obseq. 41: Per Caepionem consulem senatorum et equitum iudicia communicata. Durch den Konsul Caepio wurden die Gerichtshöfe von Senatoren und Rittern gemeinsam besetzt.

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Liv. Frg. aus 66. Buch (Cassiod. Chron.): per Servilium Caepionem iudicia equitibus et senatoribus communicata. Durch Servilius Caepio wurden die Gerichtshöfe von Rittern und Senatoren gemeinsam besetzt. Malcovati, ORF4, p.243–244: Cic. Brut. 43,161 et 44,164859; u. a. (ohne lex). Im Jahr 106860 unternimmt der Konsul Q.  Servilius Caepio mit einer lex ­Servilia iudiciaria den Versuch, die Senatoren wieder an Geschworenengerichten zu beteiligen oder ihnen wenigstens die Quaestionen wieder zugänglich zu machen, von denen sie durch die lex Sempronia iudiciaria (123) ausgeschlossen waren. Ähnlich wie bei dem gracchischen Gesetz sind auch die Mitteilungen der antiken Quellen über die lex Servilia gespalten, die einen berichten von einer paritätischen Besetzung der Gerichte (Obseqens, Cassiodor), die anderen bzw. der andere von einer Rückgabe der Gerichte an die Senatoren (Tacitus)861. Diese zweite Version lässt auch Cicero durchblicken, ohne aber konkret auf das Gesetz einzugehen. Hauptsächlich geht es ihm um eine Rede, die suasio des berühmten Redners Licinius Crassus, die zur Unterstützung des servilischen Gesetzesantrags gehalten wurde. Diese Rede lobt Cicero in den höchsten Tönen (Brut. 43,161; 44,164), er habe sie von frühester Jugend an studiert, und er empfielt sie als magistra (Lehrmeisterin). Daher deutet die Rede auch darauf hin, dass dank ihrer die lex Servilia verabschiedet wurde862, denn einen Misserfolg würde Cicero sicher nicht so hoch einschätzen. Zwei weitere Stellen bei Cicero (inv. 1.49,92; de or. 2.49,199) machen außerdem deutlich, dass die Ritter wegen der Gerichte nicht gut auf Caepio zu sprechen waren. Die Aversionen der Ritter könnten natürlich auch daraus resultieren, dass sie nun nicht mehr allein Herren der Gerichte waren, sondern – in welcher Größenordnung auch immer – die Geschworenenplätze mit den Senatoren teilen sollten. Da man die widersprüchlichen Aussagen der Quellen über den Inhalt der lex Servilia nicht miteinander in Einklang bringen kann, bleibt ehrlicherweise nur, als Fazit ein non liquet zu konstatieren. Allenfalls könnte man – Tacitus folgend – Caepios Mentalität, seinen Patrizierstolz, sein Streben nach Anerkennung und vielleicht auch die Nachricht des Valerius Maximus (6.9,13), dass ein Q. Caepio863 859

Wie schon in 43,161 lobt Cicero die Rede des Crassus gegen Caepio. Im Geburtsjahr von Cicero (Brut. 43,161). 861 Dieser Version gibt Seleckij, Klio 62, 1980, 371, den Vorzug, muss aber unterstellen, dass Tacitus eine vorausgegangene Erweiterung des Senats (abgelehnt von Kunkel, Kriminalverfahren 96 A.348, gegen Mommsen, GS 3.342) nicht erwähnte. Daraus leitet Seleckij die mögliche Identität der Gerichtsgesetze von Caepio und Livius Drusus ab (a. a. O. 371–373). 862 Strachan-Davidson, Criminal Law 2.99–104, ist wegen Ps. Ascon. 189 u. 218 (s. bei Lex Nr. 35) gegenteiliger Meinung. 863 Es könnte sich bei der Häufigkeit dieses Namens allerdings auch um einen anderen Q. Caepio handeln. 860

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den Ehrentitel patronus senatus bekam, für einen Vorschlag allein zugunsten der Senatoren864 mit in die Waagschale werfen sowie die Aussage Ciceros865, dass erstmalig im Jahr 89 durch die lex Plautia Senatoren und Ritter gemeinsam im Gerichtshof saßen. Das wird jedoch relativiert dadurch, dass Caepios Vorschlag zwar zweifellos tatsächlich Gesetz wurde,866 dass die lex Servilia aber – nach allgemeiner Überzeugung – nicht lange in Kraft blieb,867 so dass sich Ciceros Worte auch durch eine geringe bzw. kurzfristige Wirkung des Gesetzes erklären ließen. Möglicherweise wurde die Abrogation der lex Servilia schon im darauffolgenden Jahr durch die militärische Niederlage erleichtert, die Caepio als Prokonsul gegen die Kimbern und Teutonen bei Arausio erlitt und die ihn auch sein Amt kostete; denn er trug die Hauptschuld an der Niederlage. Doch wie und wodurch die lex Servilia tatsächlich aufgehoben wurde, ist nicht bekannt. Nach allgemeiner Auffassung868 geschah die Aufhebung durch die lex Servilia Glauciae869, denn im Jahr 91 erscheinen die Ritter im ungestörten Besitz der Gerichte, und das wird auf eine lex Servilia zurückgeführt (Asc. p. 24). Diese lex Servilia Glauciae ist allerdings eine lex repetundarum; daher kann sie eine lex iudiciaria nicht ohne weiteres aufheben.870 Wenn aber die Ritter wieder die Geschworenen in den Repetundengerichten stellen, entfällt ein wichtiger,

864

Trotz der Unsicherheiten bevorzugen im Anschluss an Strachan-Davidson, Criminal Law 2.80–81, u. a. Last, CAH 9.161–162; Gabba, Republican Rome III.227 (A.89) diese Version des Gesetzes nach Tacitus. Eine paritätische Besetzung der Gerichte im Anschluss an die livianische Tradition sehen u. a. Balsdon, PBSR 14, 1938, 103–105; Mommsen, GS 3.342 (von Balsdon falsch verstanden) u. StR 3.531 A.2; Münzer, Q. Servilius Caepio 49), RE 2A,2 (1923), 1783–84; Bringmann, Republik 235. 865 Ascon. Corn. I, 61. 866 Das wird deutlich daraus, dass Cicero durchweg den Terminus lex benutzt. Auch Tacitus benutzt diesen Begriff, was aber sicher als untechnisch zu werten ist, denn er spricht von Gesetzen im Plural und bezeichnet im Satz zuvor das gracchische Gesetz nur als rogatio – und auch das im Plural. – Lange, Alterthümer 3.67–68, geht dagegen davon aus, dass der Antrag nicht durchging. Die eben genannte Cicero-Stelle (Ascon. Corn. I, 61) dient ihm dafür als Begründung. 867 Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 259, denkt an eine Aufhebung in 106. Gabba hingegen dehnt die Geltungsdauer des Gesetzes sogar bis zum Jahr 100 aus. Erst in diesem Jahr hat seiner Meinung nach Servilius Glaucia die lex Servilia des Q. Servilius Caepio aufheben lassen. Selecckij, Klio 62, 1980, 375–376, hält 104 wegen der Verurteilung Caepios in diesem Jahr für am wahrscheinlichsten. 868 Balsdon, PBSR 14, 1938, 107. 869 Lex Servilia Glauciae repetundarum, Lex Nr. 82. 870 Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 114–116, zieht daraus den umgekehrten Schluss: Weil das Gesetz Caepios durch eine lex repetundarum aufgehoben wurde, war auch die lex Caepionis selbst ein „extortion law“ und kein allgemeines Gerichtsgesetz; dem schließt sich Brunt, Fall 204–205 grundsätzlich an; vgl. auch Ferrary, MEFRA 91, 1979, 85–91.

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vielleicht der wichtigste Teil von Caepios Gesetz. Das käme zwar noch nicht einer Aufhebung gleich,871 könnte aber später den Eindruck erwecken. Der Terminus lex iudiciaria, mit dem das Gesetz von Cicero ausdrücklich bezeichnet wird872, deutet auf eine allgemeine Regelung.873 Doch wegen unserer dürftigen Überlieferung lässt sich über den Geltungsbereich der lex Servilia Caepios keine definitive Aussage treffen. Gabba874 entscheidet sich dezidiert und ohne weitere Begründung für die quaestio de repetundis. Genauso gut könnte der Zustand vor der gracchischen lex iudiciaria wiederhergestellt worden sein; denn Caepios Antrag zielte offensichtlich auf ihre Beseitigung. Das bedeutet, dass die allgemeinen Vorschriften von damals z. B. auf seit der lex Sempronia neugeschaffene quaestiones perpetuae875 angewendet würden und dass sich damit der Geltungsbereich der lex Servilia gegenüber der lex Sempronia vergrößert hätte. Ein letztes Problem um die lex Servilia: Cicero zitiert in der Rede Pro Balbo (Balb. 24,54) im Zusammenhang mit Bürgerrechtsverleihungen für erfolgreiche Ankläger eine acerbissima lex Servilia.876 Die Zuordnung dieses Gesetzes zu einem Autor ist nicht sicher: Zunächst wurde sie, weil man vordergründig das Gesetz Caepios wegen der Bevorzugung der Senatoren nicht als acerbissima betrachtete, auf das Gesetz Glaucias bezogen. Doch schon Luzzatto877 zieht die Verbindung zum Gesetz Caepios, ebenso deutet Badian878 die Aussage Ciceros. Levick879 hat dem mit guten Gründen widersprochen, sie sieht den inhaltlichen Zusammenhang dieser Aussage mit der Lex Licinia et Mucia und der Einschränkung der Bürgerrechtsverleihung auf die Latiner.880 871

Gruen, Roman Politics 166, behauptet das zwar, aber der Analogieschluss, dass die anderen Gerichtshöfe sich in ihrer Zusammensetzung nach den Repetundengerichtshöfen richten sollen, überzeugt nicht; denn dort wurde es durch Gesetz festgelegt, für andere sind vergleichbare Regelungen nicht überliefert und also nicht bekannt. 872 Allerdings nur an einer Stelle: inv. 1.49,92. Thomsen, C&M 5, 1942, 22–24, zweifelt daher diese Zuordnung an. 873 Badian, Historia 11, 1962, 208–209. 874 Gabba, Republican Rome III.82. Für diese Einengung auf die Repetundengerichte auch Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 114–116; ihr folgt Brunt, Fall 204–205; auch Ferrary, MEFRA 91, 1979, 86, bezeichnet die lex Servilia schlicht als „loi repetundarum“. 875 Kunkel, Quaestio 738. 876 Text und Übersetzung bei lex Servilia Glauciae repetundarum, Lex. Nr. 82. 877 Luzzatto, Scritti minori [162]. 878 Badian, CR n.s. 4, 1954, 101–102; ihm folgt Nicolet, L’ordre équestre 1.535–536. – Ebenso spricht sich Fuhrmann, Cicero, Reden VI.404, Fn. 56, ohne weitere Begründung für Caepio aus. 879 Levick, CR n.s. 17, 1967, 256–258. – Der Beitrag von Mattingly, Hermes 111, 1983, 300–310, beschäftigt sich nicht mit dem möglichen Urheber der „Acerbissima lex Servilia“, sondern mit den Bürgerrechtsverleihungen, die bei Cicero angesprochen werden. 880 Für eine Stellungnahme dazu vgl. Mattingly, Hermes 111, 1983, 300–303 (mit weiteren Literaturhinweisen 302 A.3–4), der in Ciceros Worten  – mit denen er im Übrigen recht willkürlich umgeht – ebenfalls das Gesetz Glaucias erkennt, ohne acerbissima zu gewichten.

Lex Nr. 69

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Lit.: Badian, CR n.s. 4, 1954, 101–102; Badian, Historia 6, 1957, 328; Badian, Historia 11, 1962, 207 A.37, 208–209; Badian, Imperialism 62 m. A.8 (S.106) (dt.: 91 m. A.8 (S.151)); Badian, Zöllner 111–113; Balsdon, PBSR 14, 1938, 98, 103–105; Bauman, Lawyers 361–365; Bauman, Crimen Maiestatis 38–39; Beness, Antichthon 25, 1991, 42, A.44; Adolf Berger, Leges Serviliae 3), RE Suppl. 7 (1940) 413; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 80, 90; Bicknell, Latomus 28, 1969, 347; Bleicken, Lex 401 A.164; Bloch / ​ Carcopino, Histoire 3.2.1.326; Blösel, Röm. Republik 174; Botsford, Roman Assemblies 388; Bringmann, Republik 235; Broughton, MRR 1.553; Brunt, Fall 204–205, 239; Burckhardt, Strategien 258; Cloud, CAH2 9.511; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 3.44; Doblhofer, Populare 52, 59; Eder, Repetundenverfahren 140 A.2 (–S. 141); Evans, Reputations 121; Ewins, JRS 50, 1960, 103; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 85–91; Fraccaro, Opuscula 2.284–286; Frank, ESAR 1.244; Gabba, PP 11, 1956, 368; Gabba, Republican Rome III.82–83, 227; Graeber, Auctoritas 219–220; Grasmück, Exilium 80 A.107; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 109, 111–112, 114–116; Gruen, Historia 15, 1966, 45; Gruen, Roman Politics 158–160, 162, 166, 208; Hackl, Senat und Magistratur 162; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 118; Harris, Etruria and Umbria 193; Heftner, Gracchen 116, 261 A.5; Judeich, HZ 111, 1913, 492; Kann, Restoration 164; Keaveney, Klio 65, 1983, 207; Konrad, Companion 8.175–176; Kreller, ZRG 45, 1924, 611; Kunkel, Kriminalverfahren 96 A.348; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.649 A.324; Lange, Alterthümer 2.668, 3.67–68; Last, CAH 9.161–162; Leeman / ​Pinkster / ​Rabbie, De oratore libri III, 3.221; Lengle, Hermes 66, 1931, 302; Lengle, Strafrecht 19; Levi, Costituzione 124–127, 131; Levick, CR n.s. 17, 1967, 256–258; Linke, Röm. Republik 76; Lintott, ZRG 98, 1981, 186–188; Lintott, Judicial reform 21, 27, 32, 167–168; Lintott, Imperium 102, 104; Lintott, CAH2 9.93; Luzzatto, Scritti minori [159], [162–165], [166]; Mackay, Breakdown 101–102; Marsh / ​Scullard, History 81, 416–418; Marshall, Proc.Roy.Soc. of Canada 1976, 95; Marshall, Asconius 134, 270–271, 274; Mattingly, Hommages Grenier 2.1166; Meier, RPA 81, 136; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 608; Mommsen, GS 3.342, 348–349, 351; Mommsen, StR 3.531 m. A.2; Mouritsen, Plebs 69, 87; Mouritsen, Unification 115; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 866; Münzer, Q. Servilius Caepio 49), RE 2A,2 (1923) 1783–1784; Niccolini, FTP 169, 172; Nicolet, L’ordre équestre 1.478 A.32, 529–536; Nicolet, ANRW 1,2.206 A.12; Pina Polo, Consul 114, 120; Pohl, Piraterie 172 A.14; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 71–74, 82; Richardson, Old Statutes 48–51; Robinson, Marius 41–43; Rotondi, Leges 325881; Sandberg, AIRFinl. 24.78; Santalucia, Diritto 70; Santalucia, Studi 193; Schur, Marius und Sulla 71; Scullard, Gracchi to Nero 52, 397; Seleckij, Klio 62, 1980, 369–377; Serrao, Classi 216; Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8; Sommer, RG 1.371; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.80–82, 99–104; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 259, 274; Thommen, Volkstribunat 116–117, 130–131; Thomsen, C&M 5, 1942, 22–24; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 73–75, 83, 97–98; Venturini, crimen repetundarum 4, 10; Venturini, Processo penale 228–231, 300–301; Weinrib, Historia 19, 1970, 418; Willems, Sénat 2.290 A.2; Zumpt, Criminalrecht 2,1.189–196.

881

Der Name des Konsuls ist falsch, er muss Q. Servilius Caepio lauten.

210

Lex Nr. 70

70 Plebiscitum de imperio Q. Servilio Caepioni abrogando 649/105

Ascon. Corn. I, p.61 (78 C): L. Cassius L. f. Longinus tr. pl. C. Mario C. Flavio coss. plures leges tulit, … Tulerat autem eam maxime propter simultates cum Q. Servilio, qui ante biennium consul fuerat et cui populus, quia male adversus Cimbros rem gesserat, abrogavit imperium. Der Volkstribun L. Cassius Longinus, Sohn des Lucius, beantragte im Jahr der Konsuln C. Marius und C. Flavius (104) mehrere Gesetze, … Dieses (Gesetz)882 hatte er hauptsächlich wegen der Feindschaft zu Q. Servilius beantragt, der zwei Jahre zuvor Konsul gewesen war und dem das Volk, weil er den Krieg gegen die Kimbern schlecht geführt hatte, das Imperium durch einen Volksbeschluss entzog. Liv. per. 67: Caepionis, cuius temeritate clades accepta erat, damnati bona publicata sunt, primi post regem Tarquinium, imperiumque ei abrogatum. Caepio, dessen Unbesonnenheit man die Niederlage zu verdanken hatte, wurde verurteilt und sein Vermögen konfisziert, zum ersten Mal seit König Tarquinius, und durch Volksentscheid wurde ihm das Imperium entzogen. Q. Servilius Caepio (cos. 106) ging in seinem Konsulatsjahr nach Gallien und blieb 105 als Prokonsul. Im Kampf gegen die germanischen Kimbern weigerte er sich wegen persönlicher Aversionen, mit dem amtierenden Konsul Cn. Mallius Maximus zusammenzuarbeiten bzw. sich und sein Heer dem Konsul zu unterstellen und verursachte so die Niederlage bei Arausio. Die Heere beider Feldherrn wurden praktisch aufgerieben; etwa 80.000 Römer sollen gefallen sein. Als Folge dieser Katastrophe wurde Caepio durch einen von einem Volkstribunen rogierten Volksbeschluss in Rom das Imperium entzogen.883 Wahrscheinlich geschah das sogar vor seiner Rückkehr nach Rom  – als erste Reaktion auf die Schreckensnachricht von der Niederlage.884

882

Lex Nr. 73. Abweichend davon hat Münzer, Adelsparteien 299, die Abrogation in die Zuständigkeit des Konsuls gelegt, was in Anbetracht ähnlicher Fälle jedoch unwahrscheinlich ist (vgl. Thommen, Volkstribunat 95). Hackl, Senat und Magistratur 163–165, geht von einem Plebiszit in 105 aus, vermutet aber aus innenpolitischen Erwägungen, dass dem ein Senatsbeschluss voranging. 884 Zumpt, Criminalrecht 1,2.350; Lengle, Hermes 66, 1931, 302; Niccolini, FTP 189; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 98; Gruen, Roman Politics 161; Mackay, Breakdown 102. – Münzer, 49) Q. Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1785, und Grasmück, Exilium 93, verlegen die Abrogation auf „sofort / ​g leich nach seiner Rückkehr“. Im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren konnte das Imperium jedoch auch in Abwesenheit entzogen werden. 883

Lex Nr. 70

211

Die Abfolge der innenpolitischen Ereignisse um Caepio insgesamt ist jedoch nicht zweifelsfrei aus den Quellen ersichtlich. So denken einige wegen Norbanus’ seditio, von der Cicero (de or. 2.28,124) schreibt und die mit einem Gesetzesantrag885 wegen Caepio zusammenhängt, dass Norbanus das Plebiszit rogierte, welches zu Caepios Absetzung führte. Sein Volkstribunat gehört demnach ins Jahr 105 (oder 104)886. Andere verbinden die seditio mit dem Gerichtsverfahren gegen Caepio, das auf Grund der lex Appuleia de maiestate (Lex Nr. 80) erfolgte – damit wäre Norbanus Kollege des Volkstribunen Saturninus im Jahr 103.887 Möglich wäre allerdings auch ein iudicium populi wegen perduellio888, und das könnte direkt nach seiner Rückkehr (Ende des Jahres 105 oder 104) stattgefunden haben. Dazu passt, dass die lex Cassia (Lex Nr. 73) des Jahres 104 zwei Bedingungen formuliert, unter denen ein Senator seinen Sitz verliert, die Verurteilung in einem Volksprozess oder die abrogatio imperii.889 Diese Abfolge von Geschehnissen bei Asconius findet sich in der LiviusEpitome wieder, kann sich aber so nicht ereignet haben; denn die Abrogation musste vor einer Verurteilung erfolgen. In seiner Zusammenfassung des livianischen Textes hat der Epitomator außerdem seine Zeitangabe missverständlich angebracht.890 Seit dem letzten römischen König Tarquinius ist zwar Caepio das erste Beispiel für eine abrogatio imperii, nicht aber für eine Einziehung des Vermögens, die eine Strafe in Kapitalprozessen und historisch öfter belegt ist.891 Cic. de or. 2.47,197: vi pulsum  e templo L.  Cottam et T. Didium, cum intercedere vellent rogationi, nemo poterat negare. Und dass L. Cotta und T. Didius gewaltsam aus dem Tempel vertrieben wurden, als sie gegen die Rogation ihr Veto einlegen wollten, kann niemand leugnen. 886 Zumpt, Criminalrecht 1,2.350; Robinson, Marius 29; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95, 100; Doblhofer, Populare 56–57. 887 Lengle, Hermes 66, 1931, 309 (Lengle verlegt die seditio ins Jahr 103 wegen der – von ihm angenommenen – fehlenden Rückwirkung des Appuleischen Majestätsgesetzes, das der späteren Anklage gegen Norbanus zugrunde lag. Das ist aber nicht gesichert, vgl. Siber, Analogie 47); Broughton, MRR 1.563–564 m. A.7 (565–566), MRR 3.149; Marshall, Asconius 271; Linke, Röm. Republik 79. 888 Brecht, Perduellio 292, setzt ein solches „Rechenschaftsverfahren“ ins Jahr 103; Meier, RPA 137, spricht von Volksgericht, die angeführte Belegstelle, die in den Zusammenhang der Verteidigungsrede von Antonius für Norbanus gehört (Cic. de or. 2.39,164), bezieht sich jedoch auf eine quaestio de maiestate, also auf ein iudicium publicum und nicht auf ein iuducium populi. 889 So auch Bauman, RhM 111, 1968, 49. – Nach Lengle, Hermes 66, 1931, 303, geschah die kapitale Verurteilung erst 103. 890 Bauman, RhM 111, 1968, 49. Vgl. Münzer, 49) Q. Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1785 (Abrogation an unrichtiger Stelle). – Mommsen, RG 3.189, folgt hier der Anordnung der livianischen Periochae. 891 Eine Zusammenstellung aller Fälle bei Fuhrmann, publicatio bonorum, RE 23,2 (1959) 2494–2495. Zur Einziehung des Vermögens allgemein vgl. Wolfgang Waldstein, bona damnatorum C I b), RE Suppl. 10 (1965) 101–107. 885

212

Lex Nr. 71

Auf Grund der verstreuten Nachrichten lässt sich also kein gesicherter Zusammenhang zwischen den geschilderten Geschehnissen herstellen.892 Es bleibt als Fazit, dass dem Prokonsul Q. Servilius Caepio nach der Niederlage von Arausio das Imperium durch Plebiszit entzogen wurde. Lit.: Bauman, RhM 111, 1968, 48–50; Bauman, Crimen Maiestatis 39; Bellen, Grundzüge 100; Betti, Labeo 9, 1963, 216–217; Blösel, Röm. Republik 174; Botsford, Roman Assemblies 390; Bringmann, Republik 235; Broughton, MRR 1.557; Carney, Marius 31 A.158; Crifò, exilium 273; Doblhofer, Populare 56–57; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 92, 95, 100; Ferrary, CRAI 1983, 560–561; Grasmück, Exilium 93; Gruen, Roman Politics 161–163; Hackl, Senat und Magistratur 163–165, 167; Heftner, Gracchen 104; Hill, Middle Class 123; Kunkel, Staatsordnung 2.255–258, 256 A.15; Lange, Alterthümer, 2.711, 3.68; Last, CAH 9.159; Lengle, Sullanische Verfassung 29; Lewis, Asconius 286; Linke, Röm. Republik 76; Lintott, CAH2 9.93; Mackay, Breakdown 102; Marsh / ​Scullard, History 82; Marshall, Asconius 270–271; Meier, RPA 137; Mommsen, RG 3.179 A.15; Mommsen, StR 1.629 A.4; Münzer, 49) Q.  Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1785; Niccolini, FTP 189; Robinson, Marius 25–26, 28; Rotondi, Leges 325–326; Schur, Marius und Sulla 72; Scullard, Gracchi to Nero 52; Sommer, RG 1.371; Thommen, Volkstribunat 89, 94–95; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 98; Zumpt, Criminalrecht 1,2.349–350.

71 Lex Clodia de victoriato um 650/104

Plin. nat. 33.13,46: is, qui nunc victoriatus appellatur, lege Clodia percussus est; antea enim hic nummus ex Illyrico advectus mercis locus habebatur. Est autem signatus Victoria, et inde nomen. Die Münze, die jetzt Victoriatus genannt wird, wurde auf Grund der lex Clodia geschlagen; denn früher galt diese Münze, die aus Illyrien eingeführt wurde, statt einer Ware. Sie wurde aber mit dem Bild der Victoria geprägt, daher der Name. Vol. Maec., Assis distributio 45: Eo in numero sunt hi argentei nummi: denarius, cuius est nota X, quinarius, cuius est nota V, sestertius, cuius nota est HS. victoriatus enim tunc tantundem valet quantum quinarius, olim ut peregrinus nummus loco mercis, ut nunc tetradrachmum et drachma, habebatur. (Zitat bei Mommsen, Münzwesen 391 A.78). In jener Gruppe sind folgende Silbermünzen enthalten: der Denar, dessen Zeichen X ist, der Quinar, dessen Zeichen V ist, der Sesterz,

892

So schon Robinson, Marius 26.

Lex Nr. 71

213

dessen Zeichen HS ist. Der Victoriatus ist nämlich dann ebensoviel wert wie ein Quinar – einst galt er als auswärtige Münze statt einer Ware, nun wie eine Tetradrachme (Vierdrachmenstück) und eine Drachme.893 Am Ende seines Überblicks über die römische Münzgeschichte nennt Plinius auch den Victoriatus, dessen Prägung nach seinen Worten auf eine lex Clodia zurückgeführt wurde. Dabei handelt es sich um eine Münze, die schon früher – vermutlich im Handel mit Auswärtigen894 – in Gebrauch war, aber längere Zeit nicht geschlagen wurde.895 Ihr ursprünglicher Wert gegenüber dem Denar ist nicht sicher festzustellen, Mommsen896 und ebenso Crawford897 nehmen ein Dreiviertel des Denargewichts an. Nun wird der Victoriatus offenbar neu bewertet und als Quinar, als halber Denar, mit dem Bild der Victoria herausgegeben. Darauf weist auch der Jurist Volusius Maecianus hin, der für seinen Zögling Marc Aurel eine kleine Schrift über die Einteilung des As verfasste; er ordnet den Victoriatus genauso als Silbermünze im Wert eines Quinars ein.898 Die lex Clodia ist wahrscheinlich ein Plebiszit899, das sich jedoch zeitlich nicht sicher festlegen lässt. Rotondi führt – angeblich nach Lange900 – einen C. Clodius Pulcher, tr. pl.  104, als Autor an; nach Broughton901 könnte ein M.  Claudius Marcellus Urheber des vielleicht auch nicht-tribunizischen Gesetzes sein. Lit.: Adolf Berger, Lex Clodia de victoriato, RE Suppl. 7 (1940) 383; Bleicken, Lex 145 A.27; Borghesi, Œuvres 2, 208; Botsford, Roman Assemblies 392; Broughton, MRR 1.560; Crawford, RRC 2.610–611, 628–630; Crawford, Coinage and money 181–182; Cuq, DS 3,2.1135; W. H.  Gross, Victoriatus, RE 8A,2 (1958) 2542–2557; Grueber, Coins 1.xlvi, xlviii–li, cxx, 158; Harl, Coinage 47–48; Lange, Alterthümer 2.674; Lo

893

Griech. Silbermünze im Werte eines römischen Denars; diese Wertstellung gilt erst für die Zeit von Plutarch, vgl. A.1 zu Lex Nr. 118. – Tetradrachme = Vierdrachmenstück. 894 Crawford, RCC 2.628, bemerkt, dass er als Rechnungseinheit im Rhonetal, in Galli Cisalpina und in Ligurien galt (ebenso: ders. Coinage and money 182). Zur regionalen Verbreitung vgl. auch Mommsen, Münzwesen 390–392, und zur Geschichte der Münze Grueber, Coins 1.xlviii–li. 895 Nach Mommsen, Münzwesen 389–390, und Gross, Victoriatus, RE 8A,2 (1958) 2556–2557, war der Victoriatus eine selbständige Münzeinheit und wurde bis etwa 150 geprägt; vgl. Sydenham, Coinage xxx. 896 Mommsen, Münzwesen 390; ebenso Gross, Victoriatus, RE 8A,2 (1958) 2556. 897 Crawford, RRC 2.610. 898 Das Verhältnis zwischen Denar und Drachme hat sich demnach verschlechtert, ein Denar entspricht zehn Drachmen. 899 Niccolini, FTP 420. 900 Lange, Alterthümer 2.674, schreibt jedoch nur „etwa um 104“ – ohne Namensnennung. 901 Broughton, MRR 1.560. So auch schon Borghesi (zitiert nach Rotondi, Leges 326) und Niccolini, FTP 420.

214

Lex Nr. 72

Cascio, JRS 71, 1981, 83–84; Mommsen, Münzwesen 363, 389–392, 399–400; Nenci, Athenaeum 46, 1968, 12; Niccolini, FTP 419–420; Rotondi, Leges 326; Sydenham, Coinage xxx, 80–81; Thommen, Volkstribunat 62.

72 Rogatio Marcia agraria 650/104

Cic. off. 2.21,73: perniciose enim Philippus in tribunatu, cum legem agrariam ferret, quam tamen antiquari facile passus est et in eo vehementer se moderatum praebuit, sed cum in agendo multo populariter, tum illud male, ‚non esse in civitate duo milia hominum, qui rem haberent‘. Philippus verhielt sich nämlich schändlich in seinem Tribunat, als er ein Ackergesetz einbrachte, wobei er dessen Ablehnung dennoch ohne Widerrede ertrug, und sich darin als außerordentlich besonnen erwies. Hingegen sprach er vieles, um das Volk zu gewinnen, besonders jenen üblen Ausspruch: „In dieser Bürgerschaft gibt es keine 2000 Menschen, die wirklich Vermögen haben.“ Cicero verwahrt sich in De officiis gegen Eingriffe des Staates in Privateigentum und führt dann als Beispiel den Ausspruch eines Philippus an, den er im Brutus 902 immerhin als einen großen Redner einordnet. Allgemein identifiziert man diesen Philippus mit dem Volkstribunen L.  Marcius Philippus, der vermutlich 104 im Amt war. In seinem Tribunat beantragte er ein Ackergesetz, das jedoch in der Volksversammlung abgelehnt wurde, wie sich aus Ciceros Formulierung 903 ableiten lässt. Über den Inhalt dieses Ackergesetzes ist nichts weiter bekannt, es besteht wohl auch keine Verbindung zum Kontext bei Cicero, wo es um Privateigentum geht und worauf der von Cicero gerügte Ausspruch am ehesten zu beziehen ist.904 Verschiedentlich wird die rogatio Marcia als neuer Anlauf zu

902

Brut. 47,173; 50,186. antiquare bedeutet „es beim Alten belassen, verwerfen“; antiquo lautet daher wohl auch die Ablehnung für Gesetzesvorschläge auf den Stimmtäfelchen, s. o. bei lex Papiria tabellaria, Lex Nr. 9. Vgl. Botsford, Roman Assemblies 392. Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 129, will hieraus einen Widerspruch des Senats ablesen; daraufhin habe Philippus „den durch das trinum nundinum festgelegten Termin ungenützt verstreichen“ lassen. Für solche Weiterungen gibt der Cicero-Text jedoch nichts her. 904 Schon zurückgewiesen von Lange, Alterthümer 3.74; wieder aufgegriffen von Göhler, Italien 198, der im Plan des Philippus sogar einen „stark sozialistischen Einschlag“ erkennt. 903

Lex Nr. 73

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Landverteilungen angesehen905; doch auch das findet keine Bestätigung durch unsere Quellen – Cicero erwähnt als einziger eine rogatio Marcia. Lit.: Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 77, 88; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.347; Botsford, Roman Assemblies 392; Bringmann, Republik 236; Cuq, DS 3,2.1155; Doblhofer, Populare 69; Dreyfus, lois agraires 187; Evans, Reputations 123; Ferrary, L’iter legis 20 A.63; Flaig, Entscheidung 80 A.13; Frank, ESAR 1.253; Gabba, Republican Rome II.199 A.159, 208 A.270 (= Athenaeum 29, 1951, 223 A.2 und 246 A.5); Gabba, ANRW 1,1.779; Galsterer, Herrschaft 184; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 659; Göhler, Italien 198; Gruen, Roman Politics 163; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 129; Howarth, Historia 48, 1999, 297; Humbert, DS 1.163–164; Lange, Alterthümer 2.689, 3.74, 98; Last, CAH 9.164; Lintott, CAH2 9.95; Mackay, Breakdown 103; Martin, Populare 177; Mattingly, Latomus 30, 1971, 292; Meier, RPA 99–100 A.207; Millar, Rome 1.155; Mouritsen, Plebs 65, 87; Niccolini, FTP 417–418; Nippel, Aufruhr 55 m. A.15 (S.204); Perelli, Movimento popolare 130; Rotondi, Leges 326–327; Schneider, Veteranenversorgung 122–123; Schneider, Wirtschaft 319; Thommen, Volkstribunat 47–48, 53, 196 A.29; Thomsen, C&M 5, 1942, 26–27; Tibiletti, Latifundium 60 m. A.98.

73 Lex Cassia de senatu 650/104

Cic. frg. Corn. 1,50 = Ascon. Corn. I, p.61 (78 C): …a l t e r a m C a s s i a m , q u a e p o p u l i i u d i c i a f i r m a v i t .  … Altera Cassia lex quae populi iudicia firmavit quae sit potest quaeri. Est autem haec: L. Cassius L. f. Longinus tr. pl. C. Mario C. Flavio coss. plures leges tulit, in quibus hanc etiam ut quem populus damnasset cuive imperium abrogasset in senatu ne esset. Tulerat autem eam maxime propter simultates cum Q. Servilio, qui ante biennium consul fuerat et cui populus, quia male adversus Cimbros rem gesserat, abrogavit imperium. … die andere lex Cassia, welche den Urteilen des Volkes dauerhafte Geltung verschaffte … Die Frage ist, welches andere Gesetz das ist. Es ist aber folgendes: Der Volkstribun L. Cassius Longinus, Sohn des Lucius, beantragte im Jahr der Konsuln C. Marius und C. Flavius (104) mehrere Gesetze, darunter auch dieses, dass derjenige, den das Volk verurteilt habe oder dem das Imperium durch Volksentscheid entzogen worden sei, nicht mehr im Senat sein solle. Beantragt hatte er es aber hauptsächlich wegen der Feindschaft zu Q. Servilius, der zwei Jahre zuvor Konsul gewesen war und dem das Volk, weil

905

So z. B. Thommen, Volkstribunat 47, und Bringmann, Republik 236. Last, CAH 9.164, hält eine Verbindung zur Versorgung von Veteranen aus Africa für denkbar; aber auch das ist bloße Spekulation.

216

Lex Nr. 73

er den Krieg gegen die Kimbern schlecht geführt hatte, das Imperium durch einen Volksbeschluss entzog. Im Jahr 104 soll der Volkstribunen L. Cassius Longinus für mehrere Gesetze verantwortlich gewesen sein. Doch nur über eines von diesen macht Asconius in seinem Kommentar zu Ciceros Corneliana nähere Angaben. Demnach stellt das Plebiszit für das Recht auf einen Sitz im Senat zwei neue Bedingungen auf; denn es schreibt vor, dass erstens rechtmäßig in einem Volksprozess906 Verurteilte ihren Senatssitz verlieren und dass zweitens für Magistrate oder Promagistrate, die durch Volksbeschluss abgesetzt werden, dasselbe gilt. Ob das Plebiszit darüber hinaus weitere Ausführungsbestimmungen enthielt, wie sie etwa Mommsen907 formuliert, so dass als Folge der Verurteilung die Unfähigkeit weitere Ämter zu bekleiden besteht, kann nur vermutet werden. Auch Kunkel908 hält einen Entzug des Ämterrechts für sehr wahrscheinlich. Es sei die Konsequenz aus dem Ausschluss eines Verurteilten aus dem Senat.909 Gegenüber vorangegangenen gesetzlichen Vorschriften bedeutet die lex Cassia eine Erweiterung bzw. eine Verschärfung. Zumpt910 hält sie für eine erweiterte Fassung von Gaius ­Gracchus’ lex de abactis (Lex Nr. 19), die nun von Cassius durchgesetzt worden sei. Neben der Verbindung zum gracchischen Gesetz, das sich ebenfalls mit abgesetzten Amtsträgern befasste911, enthält auch die lex (Acilia) repetundarum (Lex Nr. 36) eine der lex Cassia ähnliche Klausel in Z. 13 (ergänzt nach Z. 11), wonach nicht erlaubt ist, jemanden in den Senat aufzunehmen, der verurteilt wurde. Diese Verurteilung geht aber wohl nicht auf ein Volksgericht zurück wie bei der lex Cassia,912 und es geht um die Aufnahme in den Senat und nicht um den Ausschluss aus dem Senat.913 Aus den Zeitumständen folgert man allgemein seit Mommsen914, dass die lex Cassia auf Q.  Servilius Caepio gemünzt war, der infolge seiner Niederlage bei 906

Wohl zu Recht denkt Ferrary, MEFRA 91, 1979, 99, nicht an die in dieser Zeit kaum mehr stattfindenden Kapitalprozesse, sondern an Prozesse mit Geldstrafen vor den Tributkomitien. 907 Mommsen, StR 1.492 m. A.1; ebenso Rotondi, Leges 327. 908 Kunkel, Staatsordnung 2.57 m. A.10. 909 Vgl. die Ausführungen von Kaser, ZRG 73, 1956, 255. 910 Zumpt, Criminalrecht 1,2.71. Für Ferrary, MEFRA 91, 1979, 97–98, ist Cassius von ­Gracchus’ Gesetz beeinflusst. 911 Vgl. Venturini, crimen repetundarum 17, 20.  912 Lintott, Judicial reform 117, gegen Sherwin-White, PBSR (N. S. 4) 17, 1949, 7; vgl. dazu auch Venturini, crimen repetundarum 18–19. 913 Die andere Beurteilung dieser Klausel bei Mattingly, Philologus 131, 1987, 80, beruht auf seiner Identifikation der lex (Acilia) repetundarum mit der lex Servilia Glauciae (Lex Nr. 82). 914 Mommsen, StR 1.492 A.1. Ebenso: Münzer, 49) Q. Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1785; Lengle, Hermes 66, 1931, 302–303; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 96; Thommen, Volkstribunat 89; u. a.

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Arausio (105) abgesetzt worden war915 und nun außerdem seinen Senatssitz verliert. Über diesen Einzelfall hinaus aber hat das Gesetz sicher eine in die Zukunft wirkende allgemeine Gültigkeit.916 Lit.: Bauman, RhM 111, 1968, 49; Bauman, Crimen Maiestatis 39; Blösel, Röm. Republik 174; Botsford, Roman Assemblies 390–391; Bleicken, Lex 174; Bringmann, Republik 235; Broughton, MRR 1.559; Carney, Marius 31 A.158; Crawford, Speeches 87, 131–132; Crawford, RRC 1.452; Cuq, DS 3,2.1134; Doblhofer, Populare 66–69; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 92, 96–100, 131; Graeber, Auctoritas 204; Gruen, Roman Politics 161–163; Kaser, ZRG 73, 1956, 255; Kloft, Amtsentzug 169, 180; Kloft, Prorogation 51 A.19; Kunkel, Staatsordnung 2.57 m. A.12, 413 A.66; Lange, Alterthümer 2.362, 657, 3.70; Last, CAH 9.159; Lengle, Sullanische Verfassung 29; Lengle, Hermes 66, 1931, 302–303; Levi, Costituzione 41; Lewis, Asconius 285; Linke, Röm. Republik 76–77; Lintott, Hermes 106, 1978, 133; Lintott, Judicial reform 117; Lintott, CAH2 9.93; Mackay, Breakdown 103; Marshall, Asconius 129, 270–271; Martin, Populare 177; Mattingly, JRS 60, 1970, 156; Mattingly, Philologus 131, 1987, 80; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 605; Meier, RPA 134 A.431, 136; Mommsen, StR 1.492 A.1, 629 A.4, 3,2.883–884; Münzer, 49) Q. Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1785; Niccolini, FTP 189–190; Robinson, Marius 29; Rotondi, Leges 327; Sandberg, AIRFinl. 24.71; Schneider, Wirtschaft 311 A.140; Scullard, Gracchi to Nero 53; Serrao, Classi 186; Sherwin-White, JRS 62, 1972, 84; Sommer, RG 1.371–372; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 260–261, 274; Thommen, Volkstribunat 89, 91–92; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 98; Venturini, crimen repetundarum 12–20; E. Weiss, Lex Cassia 1), RE 12,2 (1925) 2340; Wieacker, Rechtsgeschichte 421 A.55; Willems, Sénat 1.218–219; Zumpt, Criminalrecht 1,2.71, 350.

74 Lex Domitia de sacerdotiis 650/104

Cic. leg. agr. 2.7,18: Atque hoc idem de ceteris sacerdotiis Cn. Domitius, tribunus plebis, vir clarissimus, tulit, quod populus per religionem sacerdotia mandare non poterat, ut minor pars populi vocaretur; ab ea parte qui esset factus, is  a conlegio cooptaretur. Und dasselbe im Hinblick auf die übrigen Priesterschaften beantragte der Volkstribun Cn. Domitius, ein ganz hervorragender Mann, weil das Volk aus Gründen der Religion Priesterämter nicht vergeben konnte, dass der kleinere Teil des Volkes dafür zusammengerufen werden sollte; wer von diesem Teil des Volkes gewählt wurde, der wurde anschließend vom Priesterkollegium als Mitglied aufgenommen (kooptiert). 915 916

Lex Nr. 70. Gegen Thommen, Volkstribunat 92.

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Cic. ad Brut. 1.5,3: existimo omnino absentium rationem sacerdotum comitiis posse haberi; nam etiam factum est antea. Gaius enim Marius, cum in Cappadocia esset, lege Domitia factus est augur … Ich glaube durchaus, dass bei den Komitien zur Wahl der Priester Abwesende berücksichtigt werden können; denn das wurde auch früher so gehandhabt. Als Gaius Marius in Kappadokien war, wurde er auf Grund der lex Domitia Augur. Suet. Nero 2,1: ut igitur paulo altius repetam, atavus eius Cn. Domitius in tribunatu pontificibus offensior, quod alium quam se in patris sui locum cooptassent, ius sacerdotum subrogandorum a collegiis ad populum transtulit. Um nun weiter Zurückliegendes ins Gedächtnis zu rufen: Sein Vorfahr917 Cn. Domitius übertrug in seinem Tribunat aus großem Zorn auf die Priester, weil sie zur Ergänzung ihres Kollegiums einen anderen als ihn für die Stelle seines Vaters aufgenommen hatten, das Recht zur Nachwahl von Priestern von den Kollegien auf das Volk. Cass. Dio 37.37,1: Τότε μὲν δὴ τόδε ἐγένετο, καὶ τὰς αἱρέσεις τῶν ἱερέων, γράψαντος μὲν τοῦ Λαβιήνου, σπουδάσαντος δὲ τοῦ Καίσαρος, ἐς τὸν δῆμον αὖϑις ὁ ὅμιλος παρὰ τὸν τοῦ Σύλλου νόμον ἐπανήγαγεν, ἀνανεωσάμενος τὸν τοῦ Δομιτίου. Das alles geschah damals, und die Versammlung der Plebejer übertrug die Wahlen der Priester zwar auf Antrag des Labienus918, aber mit eifriger Befürwortung durch Caesar wieder auf das Volk, entgegen dem Gesetz Sullas, indem man dasjenige von Domitius erneuerte. Vell. 2.12,3: Quo anno919 Cn. Domitius tribunus pl. legem tulit, ut sacerdotes, quos antea conlegae sufficiebant, populus crearet. In diesem Jahr brachte der Volkstribun Cn. Domitius das Gesetz ein, dass das Volk die Priester, welche zuvor von den Amtsgenossen durch ergänzende Nachwahl bestimmt wurden, wählen sollte. Ascon. Corn. II, p.62–63 (79–80 C): avunculus tuus clarissimus vir, clarissimo patre avo maioribus, credo, silentio, favente nobilitate, (80) nullo intercessore comparato populo Romano dedit et potentissimorum hominum conlegiis eripuit cooptandorum sacerdotum potestatem. Dein Onkel, ein ganz hervorragender Mann, der einen ebensolchen Vater, Großvater und weitere Vorfahren hatte, gab dem römischen Volk – wie ich glaube, unter dem Schweigen, ja mit der Zustimmung der vornehmen Familien, und ohne dass ein Veto veranlasst wurde – die Befugnis zum Kooptieren der Priester und entriss sie so den Kollegien der mächtigsten Männer. Der Volkstribun Cn. Domitius Ahenobarbus ließ – angeblich aus Verärgerung darüber, dass ihm das Kollegium der pontifices nicht die durch den Tod seines 917

Gemeint ist der Vater oder Großvater des Urgroßvaters von Nero. – Die Bedeutung des Wortes atavus schwankt. 918 Lex Labiena, 63; Rotondi, Leges 380, als Lex Atia. Der Name des Volkstribuns ist überliefert als T. Labienus (Broughton, MRR 2.167–168; vgl. Drummond, Historia 57, 2008, 369 A.14) 919 Im Jahr des dritten Konsulats von Marius, 103.

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Vaters vakant gewordene Stelle im Kollegium gab920 – ein Plebiszit verabschieden, welches bestimmte, dass die Vakanzen in den Priesterkollegien von nun an durch das Volk besetzt werden sollten. Bisher hatten die Kollegien selbst das Recht, bei notwendigen Ergänzungen Männer ins Kollegium zu kooptieren. Ob Domitius’ persönliches Motiv für seinen Vorstoß ausschlaggebend war, ist nicht sicher, denn schon im Jahr 145 hatte es Bestrebungen gegeben, die Volkswahl für die Priester einzuführen. Die rogatio Licinia konnte damals jedoch nicht durchgesetzt werden.921 Die jetzt durch die lex Domitia eingeführte Übertragung der bisher üblichen Zuwahl in den Priesterkollegien auf eine Wahl durch das Volk unterliegt offenbar Einschränkungen, wie aus Ciceros Worten deutlich wird. So darf nicht das ganze Volk abstimmen, sondern die comitia sacerdotum (ad Brut. 1.5,3) bestehen vermutlich analog zu den Komitien, die seit dem 3. Jh. den pontifex maximus wählten, aus 17 ausgelosten Tribus922, denen vom Kollegium eine Liste mit Vorschlägen zur Auswahl vorgelegt wird. Den Vorsitz in diesen Komitien führt wahrscheinlich einer der Konsuln,923 und nach der Abstimmung spricht das Priesterkollegium die eigentliche Aufnahme des neuen Mitglieds aus. Bei dieser Verfahrensregelung wird aus den Quellen jedoch nicht deutlich, welchen Umfang 924 die lex Domitia hatte bzw. welche Priesterkollegien von der Neuerung betroffen sind. Allgemein wird behauptet, dass die vier großen Priesterkollegien (pontifices, augures, Xviri (sacris faciundis)925, epulones) der Volkswahl unterliegen;926 eindeutig werden in den Quellen indessen nur die pontifices (Sueton) und die augures (Cicero, ad Brut.) genannt.927 Asconius und Velleius setzen das Tribunatsjahr des Domitius in verschiedene Jahre; Asconius verknüpft es mit dem zweiten Konsulat von Marius (104), 920

921 922 923 924 925

926 927

So die Ausführungen Suetons; nach Asconius (24 = 21 C) brachte Domitius den Scaurus vor Gericht, weil dieser ihn nicht ins Kollegium der Auguren kooptiert hatte; vgl. dazu die Beurteilung von Marshall, Asconius 129–131, wonach es offenbleiben müsse, welcher antike Autor einen Fehler machte. Im Blick auf die spätere Wahl des Domitius zum pontifex maximus wird man jedoch Sueton den Vorzug geben können. Vgl. Elster, Gesetze 432–433 (Lex Nr. 207). Mommsen, StR 2.27–28. Mommsen, StR 2.31–32; ebenso Linderski, HSPh 76, 1972, 193 (= Questions I, 243). An weitere mögliche Bestimmungen der lex Domitia denkt Drummond, Historia 57, 2008, 379–380. Meist werden die Priester dieses Kollegiums als XVviri bezeichnet, diese Anzahl wird jedoch erst später erreicht. Seit dem 4. Jh. besteht das Kollegium aus zehn Männern (aus fünf Patriziern und fünf Plebejern), und noch im Jahr 98 wird diese Zahl von Opferpriestern genannt (Obsequens 47); vgl. Latte, Religionsgeschichte 397–398. Mommsen, StR 2.29 A.3; Rotondi, Leges 329; Maganzani, Sanctio 68, 77. Diese Einschränkung macht auch Drummond, Historia 57, 2008, 373. – Zu beiden Kollegien wurden die Plebejer im Jahr 300 durch die lex Ogulnia (Elster, Gesetze 103–106, Lex Nr. 46) zugelassen; seither gibt es acht pontifices (sowie den pontifex maximus) und neun augures.

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Velleius mit dem dritten (103). Mommsen versuchte, die beiden Daten dadurch miteinander in Einklang zu bringen, dass Domitius am 10. Dezember 104 sein Amt antrat.928 Neuerdings zieht man eher Asconius’ Angabe vor929; denn 103 wird Domitius bereits zum pontifex maximus gewählt.930 Die lex Domitia wurde von Sulla aufgehoben (Lex Nr. 136), durch die lex Cornelia erhielten wiederum die Kollegien das Recht zur Kooptation fehlender Mitglieder. Wie aus Cassius Dios Worten hervorgeht, hatte jedoch auch Sullas Regelung nicht lange Bestand; im Jahr 63 wird durch ein Gesetz des Volkstribunen T. Labienus931 erneut das Verfahren nach der lex Domitia vorgeschrieben. Ausgehend von einer bei Cassius Dio (39.17) überlieferten Anekdote aus den fünfziger Jahren des 1. Jhs. hat North932 die These aufgestellt, dass in der lex Domitia neben der Bestimmung über die Wahl der Priesterkollegien die Vorschrift enthalten war, dass mehrere Angehörige einer Familie in einem Kollegium nicht gleichzeitig Mitglied sein konnten. Wegen der Lückenhaftigkeit unserer Überlieferung kann diese Regelung allerdings auch älter sein, d. h. schon vor der lex Domitia bestanden haben. Lit.: Bauman, Lawyers 380–381; Bellen, Grundzüge 115; Bergemann, Religion 31, 127, 128; Bleicken, Hermes 85, 1957 II, 466; Bleicken, Lex 153 m. A.52, 342 m. A.19; Botsford, Roman Assemblies 391; Bringmann, Republik 236; Broughton, MRR 1.559, 562 A.5, 565; Carney, WS 73, 1960, 106; Crawford, Speeches 91, 141; Cuq, DS 3,2.1142; Doblhofer, Populare 62–63; Drummond, Historia 57, 2008, 369, 373–380, 403; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 100–101, 127–128; Flower, Republics 126; Graeber, Auctoritas 33–34, 42 A.111, 204, 213; Gruen, Roman Politics 163, 173–174; Hantos, Res publica 120–121, 123–124; Ingrisch, Sullas dictatura 75 m. A.342; König, Staat 130 [54]; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.652, 708; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 183; Lange, Alterthümer 2.536–537, 675, 3.70–71, 157; Last, CAH 9.163–164; Latte, Religionsgeschichte 395–396; Lengle, Sullanische Verfassung 3–7; Letzner, Sulla 287; Levi, Costituzione 43; Lewis, Asconius 221–222; Linderski, HSPh 76, 1972, 191–193 (= Questions I, 241–243); Lintott, CAH2 9.94; Lintott, Constitution 184; Lundgreen, Regelkonflikte 145 A.402 u. 404; Mackay, Breakdown 103; Maganzani, Sanctio 68, 77; Marshall, Asconius 129–133, 277; Martin, Populare 176–177; Meier, RPA 136; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 603; Millar, Rome 1.152, 153; Mitchell, Patricians 103–104; Mommsen, StR 2,1.28–32; Mouritsen, Plebs 69; Niccolini, FTP 190–191; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 123; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 221; Nippel, Gesetze 88; North, Family Strategy 529–536, 540; van Ooteghem, 928

Mommsen, StR 2.29 A.5. Vgl. Niccolini, FTP 191, und dessen Urteil über Velleius. 930 Liv. per. 67; dazu Broughton, MRR 1.565. – Dass Domitius’ Gesetz dann schon in Kraft war, spielt für diese Wahl keine Rolle (gegen Niccolini, FTP 191; vgl. Doblhofer, Populare 63); allerdings muss Domitius, nachdem er zunächst übergangen worden war, inzwischen Mitglied des Pontifikalkollegiums geworden sein (vgl. Mommsen, StR 2,1.27–28). 931 Lex Labiena; bei Rotondi, Leges 380, als Lex Atia. 932 North, Family Strategy 529–540. – Rüpke, Fasti sacerdotum 3.1636, schließt sich dem an. 929

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Marius 257; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 57; Perelli, Movimento popolare 130; Rawson, Phoenix 28, 1974, 209, 211 (= Rawson, Roman Culture 165, 167); Robinson, Marius 30; Rotondi, Leges 329; Rüpke, Fasti sacerdotum 3.1636–1639; Sandberg, AIRFinl. 24.71–72; Scheid, Religion et piété 87–89; Scheid, Religione 223, 224, 236; Schneider, Wirtschaft 311 A.140; Scullard, Gracchi to Nero 53; Serrao, Classi 185; Taylor, CPh 37, 1942, 421–424; Thommen, Volkstribunat 84–85, 141; Willems, Sénat 2.300 A.1; Williamson, Laws 277.

75 Lex Licinia sumptuaria (de sumptu minuendo) ante 651/103

Gell. 2.24,7: Lex deinde Licinia rogata est, quae cum certis diebus, sicuti Fannia, centenos aeris inpendi permisisset, nuptiis ducenos indulsit ceterisque diebus statuit aeris tricenos; cum et carnis aridae et salsamenti certa pondera in singulos dies con­ stituisset, quidquid esset natum e terra, vite, arbore, promisce atque indefinite largita est. Danach wurde die lex Licinia beantragt, die, während sie an bestimmten Tagen – so wie auch die lex Fannia – die Ausgabe von 100 Assen erlaubt hatte, für Hochzeiten 200 Asse bewilligte und für die übrigen Tage jeweils dreißig Asse festlegte. Während sie ein bestimmtes Gewicht sowohl für getrocknetes Fleisch als auch gesalzenen Fisch für jeden einzelnen Tag festgesetzt hatte, gestattete sie ohne Unterschied und unbegrenzt all das, was Erde, Weinberg und Bäume hervorbrachten.933 Paul. ex Festo, s.v. centenariae, p.47,5–7 L934: ‚Centenariae cenae‘ dicebantur, in quas lege Licinia non plus centussibus praeter terra enata inpendebatur, id est centum assibus, qui erant breves nummi ex aere. Hundertessen wurden die Mahlzeiten genannt, für die nach der lex Licinia nicht mehr als centusses außer dem, was die Erde hervorgebracht hat, ausgegeben werden, d. h. 100 Asse, welche kleine Münzen aus Kupfer waren. Macr. Sat. 3.17,7–9: (7) Post Didiam Licinia lex lata est  a P.  Licinio Crasso Divite, cuius ferundae probandaeque tantum studium ab optimatibus impensum est, ut consulto senatus iuberetur, ut ea tantum modo promulgata priusquam trinundino confirmaretur, ita ab omnibus observaretur quasi iam populi sententia comprobata. (8) lex vero haec paucis mutatis in plerisque cum Fannia congruit. in ea enim ferenda quaesita est novae legis auctoritas, exolescente metu legis antiquioris … (9) sed legis Liciniae summa ut kalendis nonis nundinis Romanis cuique in dies singulos triginta Im Anschluss (2.24,8–10) zitiert Gellius die Nennung der lex Licinia bei dem Dichter Laevius in seinem Werk Erotopaegnia und bei Lucilius. 934 = Luc. sat. 1353 Marx, 600 Warmington. 933

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dumtaxat asses edundi causa consumere liceret, ceteris vero diebus, qui excepti non essent, ne amplius daretur apponeretur quam carnis aridae pondo tria et salsamentorum pondo libra et quod ex terra vite arboreve sit natum. (7) Nach der lex Didia wurde die lex Licinia beantragt – von P. Licinius Crassus Dives. Von Seiten der Optimaten wurde so großer Eifer darauf verwendet, das Gesetz einzubringen und bestätigen zu lassen, dass auf Beschluss des Senats angeordnet wurde, das Gesetz sei, auch wenn nur beantragt, vor der Frist des Trinundinum935 für gültig erklärt, so dass es von allen befolgt werden solle, als ob es schon durch Beschluss des Volkes gebilligt sei. (8) Das Gesetz aber stimmte abgesehen von wenigen Veränderungen zum größten Teil mit der lex Fannia überein. Dadurch, dass man es beantragte, suchte man die gewichtige Bedeutung eines neuen Gesetzes, weil der Respekt vor dem früheren Gesetz schwand … (9) Aber der Hauptinhalt der lex Licinia war folgender: Es war jedem erlaubt, an den Kalenden, den Nonen und den römischen Markttagen höchstens dreißig Asse pro Tag (an jedem einzelnen Tag) für Essen zu verbrauchen, an den übrigen Tagen aber, die keine besonderen waren, nicht mehr auszugeben bzw. aufzutragen als drei Pfund getrocknetes Fleisch, ein Pfund gesalzenen Fisch und was Erde, Weinberg und Bäume hervorbrachten. Gell. 15.8 (Kapitelüberschrift): Locus ex oratione Favorini936, veteris oratoris, de cenarum atque luxuriae obprobratione, qua usus est cum legem Liciniam de sumptu minuendo suasit. Die Stelle stammt aus der Rede des Favorinus, des alten Redners, über den Vorwurf von Gastmählern und Schwelgerei, den er machte, als er die lex Licinia zur Verringerung des Aufwands befürwortete. Gell. 20.1,23: Quid tam necessarium existimatum est propulsandae civium luxuriae quam lex Licinia et Fannia aliaeque item leges sumptuariae? Was wurde für so notwendig erachtet, um die Schwelgerei der Bürger abzuwehren, wie die lex Licinia und die lex Fannia ebenso wie die übrigen Aufwandsgesetze? Die lex Licinia ist ein weiteres Aufwandsgesetz. Der Inhalt des Gesetzes wird von Gellius und Macrobius unterschiedlich wiedergegeben: Nach Gellius wird zunächst eine der Vorschriften eines früheren Gesetzes, der lex Fannia937, wieder aufgenommen, d. h. an bestimmten Tagen, die aber nicht genauer bezeichnet sind, dürfen 100 Asse für Gastmähler ausgegeben werden, – eine Höchstgrenze, die auch in den Exzerpten des Paulus steht. Darüberhinaus gilt für Hochzeiten ein Betrag von 200 Assen, während an allen anderen Tage lediglich 30 Asse aufgewendet werden dürfen. Macrobius, der sich ebenso auf die lex Fannia beruft, die nach seinen Worten im Wesentlichen mit der lex Licinia übereinstimmt, hebt 935

Zur Frist von drei Markttagen vgl. Lintott, CQ 15, 1965, 281–285. Oratio Favorini: Meyer, ORF (1842) 207–211; Malcovati, ORF4 1.203–205. – Zur Diskus­sion über den Namen Favorinus (Mss.), Fannius oder Favonius vgl. Malcovati, a. a. O. u. Baltrusch, Regimen morum 93 A.366. 937 Elster, Gesetze 396–400 (Lex Nr. 190). 936

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zwar die Kalenden, die Nonen und die römischen Markttage als besondere Tage hervor, weist ihnen jedoch lediglich 30 Asse für Ausgaben zu. An den übrigen Tagen dürften drei Pfund getrocknetes Fleisch und ein Pfund gesalzener Fisch aufgetragen werden, dazu in unbegrenzter Menge alles, was lokal geerntet werden könne. Die letzte Vorschrift bzw. unbeschränkte Erlaubnis findet sich auch bei Gellius, der wiederum bei Fleisch und Fisch unterschiedliche Mengenangaben für jeden einzelnen Tag kennt, sie aber nicht im Detail wiedergibt. Insgesamt lassen sich die unterschiedlichen Angaben nur schwer miteinander in Einklang bringen, da aber Gellius zu Macrobius’ Quellen gehört, kann man mit Baltrusch938 annehmen, dass Macrobius den Inhalt des Gesetzes verkürzt wiedergibt und die Darstellung des Gellius vorzuziehen ist. Kübler939 möchte aus den Zahlenangaben und vor allem aus der von Macrobius geschilderten überhasteten Verabschiedung des Gesetzes herleiten, dass die lex Licinia die lex Fannia aufgeweicht habe – eine Spekulation, die letztlich mit seiner Datierung der lex Licinia zusammenhängt. Der von ihm vorgeschlagene neue Titel de minuenda severitate legis Fanniae steht denn auch in offenem Widerspruch zu Gellius’ Aussagen. Während nämlich die übrigen Quellen nur den Namen des Gesetzes nennen, ordnet Gellius die lex Licinia inhaltlich ein, einmal allgemein als lex sumptuaria, einmal mit der Spezifizierung de sumptu minuendo. Die erste Bezeichnung steht als Überschrift in Buch 2, Kapitel 24, in dem gemeinsam mit anderen Aufwandsgesetzen auch die lex Licinia angeführt wird, die zweite in Buch 15, Kapitel 8, in der Einleitung zu einem Zitat aus der Rede eines Favorinus, mit der dieser zur Verabschiedung der lex Licinia rät.940 Im Übrigen findet sich nur bei Macrobius ein Hinweis auf den Urheber des Gesetzes; er schreibt es nämlich einem P. Licinius Crassus Dives zu. Da in der Familie der Licinier mehrere Träger des Namens vorkommen, fällt die chronologische Einordnung lex Licinia schwer. Aus der Aufreihung der Aufwandsgesetze bei Macrobius und Gellius ergibt sich zwar ein terminus post quem; denn nach Macrobius folgt die lex Licinia auf die lex Fannia941 (161) und die lex Didia942 (143), während Gellius vor der lex Licinia nur die lex Fannia nennt, vielleicht weil er für beide Gesetze ein passendes Zitat bei Lucilius gefunden hat. Denn für die lex Fannia führt er die „armseligen hundert Asse“ an, die für Gastmähler ausgegeben werden dürfen, die Beschreibung der lex Licinia dagegen schließt mit 938

Baltrusch, Regimen morum 90. Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 907. 940 In diesem Sinne ist suasit aufzufassen, so auch Savio, Aevum 13, 1940, 185, und nicht „als Gegenrede gegen den Abrogationsversuch“ durch Duronius  – diese Auffassung vertreten Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 251 A.22; Baltrusch, Regimen morum 93; Sauerwein, leges sumptuariae 108–109. Zu Duronius vgl. Lex Nr. 93. 941 Elster, Gesetze 396–400 (Lex Nr. 190). 942 Elster, Gesetze 434–435 (Lex Nr. 208). 939

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Lucilius’ Aufforderung legem vitemus Licini943 an. Dieses Zitat ist zugleich der einzig sichere terminus ante quem für die Datierung der lex Licinia, starb doch Lucilius im Jahr 103. In dem aus diesen termini abgeleiteten Zeitraum finden sich zwei Licinier, die nach Meinung der Forschung als Gesetzgeber in Betracht kommen. Der erste ist P. Licinius Crassus Dives Mucianus, cos. 131. Er gilt einigen als Urheber der lex Licinia, wobei meist angenommen wird, dass er das Gesetz als Praetor vermutlich im Jahr 134 verabschieden ließ.944 Der zweite ist P. Licinius Crassus, cos. 97, der überwiegend als Rogator des Gesetzes angesehen wird.945 Seine Laufbahn bis zum Konsulat946 lässt sich zwar nur annähernd erschließen – das Gesetz könnte er demnach als Praetor etwa um 104 (mit einem übergroßen Zwischenraum zum Konsulat)947 oder als Volkstribun um 110 eingebracht haben –, doch würde eine lex sumptuaria durchaus zu seinem Charakter und seinem weiteren Lebensweg passen. Ein hervorragendes Beispiel für diese Einschätzung bietet seine Zensur (89), aus der zwei Edikte de moribus überliefert sind, eines gegen die Einfuhr ausländischer Salben, eines mit Festsetzung eines Höchstpreises für griechischen Wein.948 Lit.: Baltrusch, Regimen morum 88–92, 120–121; Adolf Berger, Lex Licinia sumptuaria, RE Suppl. 7 (1940) 399; Bleicken, Lex 169 A.117; Bonnefond-Coudry, CCG 15, 2004, 154, 170; Botsford, Roman Assemblies 388 A.9, 423; Bottiglieri, Legislazione sul lusso 85, 89, 92, 155–160, 177; Coudry, Lois somptuaires 493, 496, 501, 510; Cuq, DS 3,2.1152–1153; Daube, Roman Law 125; Dauster, Studies 11 (2003), 65, 75–76; Frank, ESAR 1.294; Gruen, Historia 15, 1966, 41 A.56; W. Kroll, Lex Licinia (sumptuaria), RE Suppl. 5 (1931) 578; Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 905–907; Lange, Alterthümer 2.671, 3.71, 88, 166; Münzer, Licinius 61), RE 13,1 (1926) 287–290; Niccolini, FTP 210; 943

„Lasst uns das Gesetz des Lucilius umgehen“, Luc. sat. inc. v.1200 (1200 Marx, 599 Warmington) = Gell. 2.24,10. 944 Vgl. die Darstellung von Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 906. Kübler selbst entscheidet sich für das Konsulatsjahr (131), ebenso Bonnefond-Coudry, CCG 15, 2004, 154, Sauerwein, leges sumptuariae 100–104, für die Praetur (vermutlich 134). Ebenfalls für 620/134: Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 250. – Weitere Angaben dazu bei Baltrusch, Regimen morum 88 m. A.328. 945 So von Meyer, ORF (1842) 209; Lange, Alterthümer 2.671; Niccolini, FTP 210; Savio, Aevum 13, 1940, 185; Gruen, Historia 15, 1966, 41 m. A.56; Baltrusch, Regimen morum 88–90; Sandberg, AIRFinl. 24.72.  – Das Argument von Sauerwein, leges sumptuariae 100–101 (gestützt auf Münzer), dass dieser Licinius den Beinamen Dives nicht führe und also zu einem anderen Familienzweig angehöre, zieht nicht, denn sein Sohn, der Triumvir wird mit dem Namen M. Licinius P. f. M. n. Crassus Dives bezeichnet. Baltrusch, Regimen morum 92 A.357, hält das Argument nur für „bedenkenswert, aber keineswegs zwingend“. 946 Vgl. Münzer, Licinius 61), RE 13,1 (1926) 288. 947 Die meisten Forscher konstatieren die Alternative: praetorisches oder tribunizisches Gesetz; Sandberg plädiert für ein tribunizisches. 948 Dazu ausführlich Baltrusch, Regimen morum 89–90, mit Stellenangaben.

Lex Nr. 76

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Nörr, Rechtskritik 74 A.106 u. 107; Romano, Echi 201–203; Rotondi, Leges 327–328; Sandberg, AIRFinl. 24.72; Sauerwein, leges sumptuariae 94–113; Savio, Aevum 13, 1940, 185–186; Shatzman, Senatorial Wealth 97; Thommen, Volkstribunat 69; Venturini, Index 32, 2004, 366–367; Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 250; Wieacker, Lex publica 63; Wieacker, Rechtsgeschichte 415 A.20.

76 Lex Aufidia de feris Africanis ante 651/103

Plin. nat. 8.24,64: Senatus consultum fuit vetus, ne liceret Africanas in Italiam advehere. Contra hoc tulit ad populum Cn. Aufidius tribunus plebis permisitque circensium gratia inportare. Es gab einen alten Senatsbeschluss, dass es nicht erlaubt sei, wilde Tiere aus Afrika nach Italien zu bringen. Dagegen stellte der Volkstribun Cn. Aufidius beim Volk einen Antrag und erlaubte, sie für Zirkusspiele zu importieren. Der Volkstribun Cn. Aufidius lässt ein Plebiszit beschließen, das einen früher erlassenen Senatsbeschluss aufhebt. Demnach ist es nun erlaubt, für Zirkusspiele wilde Tiere aus Afrika nach Rom zu bringen. Die einzige Quelle dafür ist Plinius. Er schreibt zunächst über die wilden Tiere in Afrika, beginnt den folgenden Abschnitt mit dem Plebiszit des Aufidius, verzeichnet danach das zunehmende Auftreten solcher Tiere in Rom und bringt dann Beispiele aus dem 1. Jh.. Die Reihe eröffnet der Aedil Scaurus949, der angeblich als erster 150 Tiere kommen ließ. Es folgen Pompeius Magnus und Augustus. Daraus lässt sich folgern, dass Cn. Aufidius etwa gegen Ende des 2. Jhs. Volkstribun war.950 Vielleicht ist er mit dem Praetorier Cn. Aufidius951 zu identifizieren, den Cicero952 öfter nennt. Der durch das Plebiszit aufgehobene „alte Senatsbeschluss“ könnte in die Zeit um 165 mit ihren verschiedenen restaurativen Maßnahmen gehören; denn für die Jahre 186 und 169 berichtet Livius schon von einer Tierhetze auf Löwen und Panther953 bzw. von Raubtieren aus Afrika, Bären 949

950 951 952 953

Ein M. Aemilius Scaurus könnte um 122 kurulischer Aedil gewesen sein (Broughton, MRR 1.517 m. A.3); sein Sohn (vgl. Münzer, Adelsparteien 280–281) war 58 kurulischer Aedil (Broughton, MRR 2.195) und berühmt für seine prächtigen und verschwenderischen Spiele. Plinius meint daher sicherlich den Sohn. Mommsen, RG 3.414; Niccolini, FTP 420; Rotondi, Leges 328–329; Savio, Aevum 13, 1940, 184. Wahrscheinlich Praetor 107 (Broughton, MRR 1.551). Cic. Tusc. 5.38,112; fin. 5.54; dom. 13,35. Liv. 39.22,2: venatio leonum et pantherarum.

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und Elefanten bei aedilizischen Spielen954. Dem hätte der Senat mit seinem SC ein Ende gesetzt. Im Gegensatz zu dieser Ansicht setzt Lange955 das Plebiszit in das Jahr 170, den Volkstribunat eines Cn. Aufidius956, und verbindet damit die Vorgänge bei den Spielen im folgenden Jahr. Die lex Aufidia betrachtet er als „Polizeigesetz“, welches „das auf einem SC beruhende polizeiliche Verbot der Einführung wilder Thiere aus Africa zu Gunsten der circensischen Spiele“ beschränkt.957 Savio958 dagegen ordnet die lex Aufidia in die Reihe der leges sumptuariae ein. Die oben vorgeschlagene Abfolge von Senatsbeschluss und Plebiszit erscheint jedoch sinnvoller, zumal der vollständig vorliegende Bericht des Livius trotz Schilderung des Volkstribunats von Aufidius keinen Hinweis auf diese Vorgänge enthält. Lit.: Bleicken, Volkstribunat 67 A.5; Bleicken, Lex 155 A.57; Broughton, MRR 1.420 m. A.6 (S.423); Cuq, DS 3,2.1131; Klebs, Aufidius 4) und 5), RE 2,2 (1896) 2288–2289; Lange, Alterthümer 2.311, 672; Münzer, Quellenkritik 383–384; Niccolini, FTP 420; Rotondi, Leges 328–329; Savio, Aevum 13, 1940, 183–184; Thommen, Volkstribunat 69; E.  Weiss, Lex Aufidia, RE 12,2 (1925) 2335; Wieacker, Lex publica 63; Willems, Sénat 2.116 A.2.

77 Lex de quaestione auri Tolosani 650/104 od. 651/103

Cic. nat. 3.30,74: Cognosce alias quaestiones, auri Tolossani, coniurationis Iugur­ thinae; repete superiora … posteriora: de incestu rogatione Peducaea … Prüfe andere Gerichtshöfe, den über das Gold von Tolosa, den über die Verschwörung des Jugurtha959, rufe dir Früheres ins Gedächtnis, … und Späteres, den Gerichtshof über Unkeuschheit auf Grund der Rogation des Peducaeus960, … Liv. 44.18,8: sexaginta tres Africanas et quadraginta ursos et elephantos. – Die Angaben von Mommsen, RG 3.414, die Rotondi, Leges 329, übernimmt, stehen im Gegensatz zu Livius. Es konnte nicht ermittelt werden, woher sie stammen. 955 Lange, Alterthümer 2.311; ebenso Münzer, Quellenkritik 383–384; für wahrscheinlich gehalten von Broughton, MRR 1.420 m. A.6 (S.423). Klebs, Aufidius 5), RE 2,2 (1896) 2289, hält es nur für eine „nicht unbegründete Vermutung“. 956 Liv. 43.8,2. 957 Lange, Alterthümer 2.672. – Bleicken, Volkstribunat 67 A.5, behauptet sogar, der Senat habe früher (z. B. i. J. 186) ähnliche Übertretungen seines Beschlusses „stillschweigend geduldet“. 958 Savio, Aevum 13, 1940, 183–184. 959 Lex Nr. 65. 960 Lex Nr. 59. 954

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Gell. 3.9,7: Eadem sententia est illius quoque veteris proverbii, quod ita dictum accepimus: „aurum Tolosanum.“ Nam cum oppidum Tolosanum in terra Gallia Quintus Caepio consul diripuisset multumque auri in eius oppidi templis fuisset, quisquis ex ea direptione aurum attigit misero cruciabilique exitu periit. Denselben Sinn961 hat auch jenes alte Sprichwort, das ich folgendermaßen als Ausspruch gehört habe: „das Gold von Tolosa“. Denn als der Konsul Quintus Caepio die Stadt Tolosa in Gallien ausgeplündert hatte und viel Gold in den Tempeln dieser Stadt gewesen war, endete jeder, der das Gold aus diesem Raub berührte, schmählich und qualvoll. Oros. 5.15,25: Caepio proconsule capta urbe Gallorum, cui nomen est Tolosa, centum milia ponderis auri et argenti centum decem milia e templo Apollinis sustulit. Quod cum ad Massiliam, amicam populo Romano urbem, cum praesidiis misisset, interfectis clam – sicut quidem contestantur – quibus ea custodienda et pervehenda commiserat, cuncta per scelus furatus fuisse narratur. Unde etiam magna quaestio post Romae acta est. Der Prokonsul Caepio eroberte eine Stadt der Gallier mit Namen Tolosa und schaffte 100 000 Pfund Gold und 110 000 Pfund Silber aus dem Apollotempel weg. Das schickte er dann von einer Mannschaft bewacht nach Massilia, einer mit Rom befreundeten Stadt. Nachdem aber diese Leute, denen er Schutz und Transport der Kostbarkeiten übertragen hatte, heimlich ermordet worden waren – so beschwören es nämlich einige –, habe er, wird erzählt, alles verbrecherischerweise entwendet. Deswegen wurde später auch in Rom eine große gerichtliche Untersuchung angestellt. Strabo 4.1,13 (188 C.): Καὶ τοὺς Τεκτόσαγας δέ φασι μετασχεῖν τῆς ἐπὶ Δελφοὺς στρατείας· τούς τε ϑησαυροὺς τοὺς εὑρεϑέντας παρ’ αὐτοῖς ὑπὸ Καιπίωνος τοῦ στρατηγοῦ τῶν Ῥωμαίων ἐν πόλει Τολώσσῃ τῶν ἐκεῖϑεν χρημάτων μέρος εἶναι φασι, προσϑεῖναι δὲ τοὺς ἀνϑρώπους καὶ ἐκ τῶν ἰδίων οἴκων ἀνιεροῦντας καὶ ἐξιλασκομένους τὸν ϑεόν· προσαψάμενον δ’ αὐτῶν τὸν Καιπίωνα διὰ τοῦτο ἐν δυστυχήμασι καταστρέψαι τὸν βίον ὡς ἱερόσυλον ἐκβληϑέντα ὑπὸ τῆς πατρίδος,  … ὡς εἴρηκε Τιμαγένης, … πιϑανώτερος δ’ ἐστὶν ὁ Ποσειδωνίου λόγος· τὰ μὲν γὰρ εὑρεϑεντα ἐν τῇ Τολώσσῃ χρήματα μυρίων που καὶ πεντακισχιλίων ταλάντων γενέσϑαι φησί, τὰ μὲν ἐν σηκοῖς ἀποκείμενα, τὰ δ’ ἐν λίμναις ἱεραῖς, οὐδεμίαν κατασκευὴν ἔχοντα, ἀλλ’ ἀργὸν χρυσὸν καὶ ἄργυρον· Auch die Tektosagen962 sollen sich an dem Zug gegen Delphi beteiligt haben; und die Schätze, die Caepio, der Feldherr der Römer, bei ihnen in der Stadt Tolossa gefunden hat, sollen ein Teil des von dort stammenden Geldes sein; die Leute hätten auch noch von ihrem eigenen Besitz hinzugetan, um es zu weihen und den Gott zu versöhnen. Caepio habe sich daran vergriffen und deshalb sein Leben im Elend beschlossen, von seinem Vaterland als Tempelräuber

961

Gellius berichtet zuvor (3.9,6) von einem Sprichwort über Männer, die ein schreckliches Schicksal erlitten. 962 Volksstamm in Gallien in der Nähe der Pyrenäen, ihr Hauptort ist Tolosa (Toulouse).

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verbannt …, wie Timagenes sagt, … Plausibler ist, was Poseidonios sagt: das in Tolossa gefundene Geld habe sich auf etwa fünfzehntausend Talente belaufen; es sei teils in Kammern, teils in heiligen Seen deponiert gewesen und habe überhaupt keine Bearbeitung gehabt, sondern sei rohes Gold und Silber gewesen.963 Übereinstimmend berichten die antiken Autoren darüber, dass die Römer während des Feldzugs in Gallien unter der Leitung des Konsuls964 Q. Servilius Caepio in Tolosa, der Hauptstadt der Tectosagen, den Tempelschatz geplündert haben. Über die Höhe des geraubten Schatzes existieren unterschiedliche Angaben: Nach Orosius waren es 100 000 Pfund Gold und 110 000 Pfund Silber, nach Poseidonios (von Strabo überliefert) war die Ausbeute bescheidener, er nennt eine Summe von 15 000 Talenten. Auf dem Weg nach Rom verschwanden Gold und Silber; Orosius macht dafür Caepio selbst verantwortlich, und bei Strabo wird sogar von der Verbannung Caepios wegen Tempelraubs berichtet. Cassius Dio (Buch 27, frg. 90) dagegen nennt einfach nur römische Soldaten, von denen eine Anzahl vor Gericht gestellt wird. Gellius zitiert ein altes Sprichwort über das Gold von Tolosa, die Folgen des Raubes treffen demnach alle, die mit dem Gold in Berührung gekommen sind. Daraus ist abzuleiten, dass in Rom nach dem üblichen Verfahren durch Plebiszit eine quaestio extraordinaria über das Verschwinden des Tempelschatzes eingerichtet wurde, wie es auch Cicero (nat. 3.30,74) bestätigt, der diese quaestio im Zusammenhang mit einer Reihe anderer Gerichtshöfe aufzählt. Nicht bekannt ist, wer den Antrag zur Einrichtung des Gerichtshofs gestellt hat. Lange und Rotondi965 schrieben das Plebiszit dem Volkstribunen C. Nor­ banus966 zu; denn dieser beantragte nach den Worten Ciceros eine Rogation gegen Caepio, der im Fall der verschwundenen Tempelschätze als Hauptverdächtiger gilt. Die Rogation des Norbanus verursachte einen Aufruhr. Zwei Volkstribune wurden gewaltsam an der Interzession gehindert und ein Senator durch einen Steinwurf verletzt. Aus dem späteren Gerichtsverfahren gegen Norbanus wird jedoch deutlich, dass die auch in der Volksversammlung herrschende aggressive Stimmung mit der von Caepio verursachten Niederlage von Arausio und dem Verlust des Heeres zusammenhing.967 Daher hat diese Rogation eher die

963

Die Übersetzung stammt von Stefan Radt, Strabon, Bd.1. Orosius verlegt den Feldzug Caepios in das anschließende Jahr als Prokonsul, Caepio war jedoch schon als Konsul in Gallien. 965 Lange, Alterthümer 2.698, 3.70; Rotondi, Leges 327. Dem schließen sich noch Bleicken, Lex 449 A.244, und Gnoli, RIL 109, 1975, 333, an. 966 Das Volkstribunat von Norbanus wird unterschiedlich datiert, abhängig davon, welche Rogation man ihm zuschreibt; vgl. bei Lex Nr. 70. 967 Cic. part. 30,104–105. – Auch Mommsen, StrafR 198 A.1, bezieht diese Stelle auf Arausio und die Folgen. 964

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Amtsenthebung Caepios968 zum Inhalt; eine Verbindung zum Gold von Tolosa wird nicht genannt – ebenso, wie keine weitere Rogation von Norbanus Erwähnung findet. Nach Mommsen969 ist ein „appuleisches Plebiscit“ ergangen für alle während der gallischen Kriege der letzten Jahre begangenen Missetaten, „namentlich die bei der Einnahme von Tolosa im J. 648/106 durch den Consul Q. Servilius Caepio abhanden gekommenen Tempelschätze“. Aus den Quellen ist eine solche Zuweisung nicht erkennbar, in der Forschung wird die Verbindung zwischen der Quaestio und der lex Appuleia de maiestate970 überwiegend abgelehnt.971 Außerdem muss Mommsen die Verfolgung der Straftaten mit Abstand zum Geschehen bis in das Jahr 103 („wahrscheinlich“) hinabrücken. Wegen der spärlichen Angaben der Überlieferung ist zwar eine zeitliche Einordnung des Plebiszits kaum möglich, doch eine größere Nähe zum Jahr 105 scheint angebracht.972 Die quaestio auri Tolosani und ihre Folgen werden unterschiedlich beurteilt: Sicherlich wurde Caepio wegen peculatus (Unterschlagung)973 angeklagt und nicht wegen sacrilegium (Frevels)974. Ob Caepio auch von diesem Gerichtshof verurteilt wurde, ist nicht bekannt.975 Die Behauptungen bzw. Vermutungen reichen von kapitaler Verurteilung oder Exil (Strabo, Lange, Zumpt, Rotondi, Siber, Robinson, Grasmück) über Geldstrafe (Lengle, Gruen, Marshall) bis zum Freispruch (Lengle, Gruen, Marshall, Hill, Mackay, Heftner)976, wobei die härteste Strafe sicher nicht in diesem Prozess, sondern im Gerichtsverfahren wegen der Niederlage von Arausio verhängt wurde.

968

Lex Nr. 70. – Nach Lengles Auffassung (Hermes 66, 1931, 306–308) handelt es sich um eine Volksversammlung im Strafverfahren gegen Capio; vgl. die berechtigte Kritik von Ferrary, MEFRA 91, 1979, 94. Auch Schönbauer, Jura 7, 1956, 106; Bauman, Crimen Maiestatis 40; Gruen, Roman Politics 164–165; Ferrary, CRAI 1983, 558–559; Thommen, Volkstribunat 155–156, u. a. bringen die aufrührerischen Vorgänge mit einer Anklage gegen Caepio in Verbindung. 969 Mommsen, StrafR 198 m. A.1. 970 Lex Nr. 80. 971 Lengle, Hermes 66, 1931, 303–305; Last, CAH 9.160–161; Siber, Analogie 51; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 92. – Meier, RPA 137 A.454, hält es für möglich. 972 Lengle, Hermes 66, 1931, 305. 973 Robinson, Marius 30–31; Lengle, Hermes 66, 1931, 310–311; Gruen, Roman Politics 162–163; Thommen, Volkstribunat 162; Bringmann, Republik 235. 974 Das scheint Strabo nahezulegen (vgl. dazu Lengle, Hermes 66, 1931, 309–310; Kritik an Strabo auch von Kelly, Exile 174), angenommen auch von Siber, Analogie 51; dagegen: Lengle, a. a. O., und Gruen, Roman Politics 162. 975 Vgl. Lengle, Hermes 66, 1931, 312. 976 Lange, Alterthümer 3.70; Zumpt, Criminalrecht 1,2.351; Rotondi, Leges 327; Robinson, Marius 30–31; Siber, Analogie 51; Grasmück, Exilium 93–94. – Lengle, Hermes 66, 1931, 312; Gruen, Roman Politics 162; Marshall, Asconius 271. – Lengle, Gruen u. Marshall a. a. O.; Hill, Middle Class 123–124; Mackay, Breakdown 103; Heftner, Gracchen 102.

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Lex Nr. 78

Lit.: Bellen, Grundzüge 100; Bleicken, Lex 449 A.244; Blösel, Röm. Republik 164; Botsford, Roman Assemblies 390 u. A.8; Brennan, Praetorship 387; Bringmann, Republik 235; Broughton, MRR 1.563–566; Brunt, Fall 218; Carney, Marius 31 A.158; Crifò, exilium 273–274; Cuq, DS 3,2.1156; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 92–96, 100; Gerlach, Cicero 762–763; Gnoli, RIL 109, 1975, 333–335; Grasmück, Exilium 93–94; Gruen, Roman Politics 162–163; Heftner, Gracchen 102, 104; Hill, Middle Class 122, 123–124; Kelly, Exile 173–174; Lange, Alterthümer 2.698, 3.68, 70; Last, CAH 9.143, 160–161; Lengle, Hermes 66, 1931, 305, 307–313; Lengle, Sullanische Verfassung 29–30; Lengle, Strafrecht 30; Lintott, CAH2 9.93; Mackay, Breakdown 103; Marshall, Asconius 271; Meier, RPA 137 A.454; Mommsen, RG 3.179–180 A.15; Mommsen, StrafR 197–198; Münzer, 49) Q. Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1785; Niccolini, FTP 193977; Nicolet, L’ordre équestre 1.534; Rawson, Phoenix 28, 1974, 209 (= Rawson, Roman Culture 165); Robinson, Marius 25–31; Rotondi, Leges 327; Schneider, Wirtschaft 311 A.140; Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 345; Scullard, Gracchi to Nero 53; Seager, Historia 16, 1967, 40; Sherwin-White, JRS 42, 1952, 51 m. A.77; Siber, Analogie 51; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.231, 237; Thommen, Volkstribunat 162; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 98; Venturini, Processo penale 214; Williamson, Laws 277; Zumpt, Criminalrecht 1,2.350–351.

78 Lex Appuleia frumentaria 651/103

Rhet. Her. 1.12,21: Cum Lucius Saturninus legem frumentariam de semissibus et trientibus laturus esset, Q.  Caepio, qui per id temporis quaestor urbanus erat, docuit senatum aerarium pati non posse largitionem tantam. Senatus decrevit, si eam legem ad populum ferat, adversus rem publicam videri ea facere. Saturninus ferre coepit. Collegae intercedere, ille nihilominus sitellam detulit. Caepio, ut illum, contra intercedentibus collegis, adversus rem publicam vidit ferre, cum viris bonis impetum facit, pontes disturbat, cistas deicit, inpedimento est quo setius feratur. Als L. Saturninus sein Getreidegesetz mit 5/6 As978 vorlegte, belehrte Q. Caepio, der in diesem Jahr Stadtquaestor war, den Senat, dass das Aerarium (Staatskasse) eine so große Verschwendung nicht aushalten könne. Der Senat beschloss daraufhin, dass es, wenn er dieses Gesetz dem Volk vorlege, als gegen den Staat gerichtet angesehen werde. Saturninus begann es einzubringen. Die Mittribunen legten Veto Hier wird nur die quaestio auri Tolosani genannt, das Tribunat von C. Norbanus und die Verurteilung von Caepio verlegt er ins Jahr 95, FTP 211–214; dagegen sprach sich schon Mommsen (RG 3.189–190 A.15) aus. 978 Die Zahl ist aus zwei römischen Münzen zusammengesetzt, einem Semis (1/2 = 3/6 As) und einem Triens (1/3 = 2/6 As).

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ein; doch er stellte nichtsdestoweniger die Abstimmungsurnen auf. Als Caepio sah, dass Saturninus, während die Mittribunen dagegen interzedierten, gegen das Staatsinteresse sein Gesetz vorlegte, wurde er zusammen mit wohlgesinnten Männern handgreiflich, zerstörte die Zugangsbrücken, warf die Stimmurnen herunter und verhinderte so, dass später abgestimmt wurde. Cic. leg. 2.6,14: Marcus: Igitur tu Titias et Apuleias leges nullas putas? Quintus: Ego vero ne Livias quidem. Marcus: Et recte, quae praesertim uno versiculo senatus puncto temporis sublatae sint. Marcus: Demnach hältst du die Gesetze des Titius und des Appuleius für nichtig? Quintus: Ja, sogar erst recht die des Livius. Marcus: Recht hast du, zumal sie durch eine kurze Formel des Senats im Nu aufgehoben wurden. In der rhetorischen Schrift ad Herennium wird berichtet, dass L. Appuleius979 Saturninus als Volkstribun ein Getreidegesetz einbrachte. Als einzige Bestimmung wird die Festlegung des Getreidepreises auf 5/6 As980 genannt, was vermutlich eine Verringerung des zuvor gültigen Preises bedeutete. Unter Hinweis auf die Staatskasse versucht der Stadtquaestor Q. Servilius Caepio zunächst den Senat zu überzeugen, gegen das Gesetz vorzugehen. Doch Saturninus setzt sich über den Beschluss des Senats hinweg und lässt sich von seinem Weg auch durch ein Veto der Tribunenkollegen nicht abbringen. Caepio greift schließlich mit Hilfe einiger „guter“ Männer ein und verhindert die Abstimmung gründlich. In einem späteren Lehrbeispiel derselben Schrift (Rhet. Her. 2.12,17) rühmt sich Caepio, dass er das Aerarium vor Schaden bewahrt habe. Daraus lässt sich ableiten, dass es ihm mit Rückendeckung durch einen Senatsbeschluss gelang, eine Abstimmung über das Gesetz auch dauerhaft zu verhindern.981 Meist982 wird jedoch dieser Senatsbeschluss als direkte Aufhebung des (zuvor verabschiedeten) Gesetzes aufgefasst. Als Kronzeuge dieser Auffassung gilt die Diskussion aus Ciceros de legibus, läuft aber an der Sache insofern vorbei, als der Senat mit seinem Beschluss feststellt, dass eine Handlung dem Staatswohl Die Schreibweise Appuleius wird allgemein bevorzugt (u. a. von Mommsen, Lange, Rotondi, Niccolini, Broughton) und auch hier übernommen, obwohl sie nur bei Cicero, De oratore 2.25,107 und 2.49,201 überliefert ist. 980 Zu dieser Zahl bzw. einer vorgeschlagenen Emendation vgl. Schovánek, Historia 21, 1972, 236. 981 Brunt, Manpower 377, hält Saturninus für so mächtig, dass es kaum zweifelhaft sein dürfte, dass das Gesetz schließlich doch verabschiedet wurde. Virlouvet, Lois frumentaires 13, meint dagegen, dass es trotz der Apostrophierung als lex bei Rhet. Her. 1.12,21 nur eine rogatio Appuleia gegeben habe. Die Meinungen schwanken zwischen diesen beiden Polen, für eine Verabschiedung sind neben Brunt u. a. Crawford, RRC 1.73, und Lintott, CAH2 9.98; dagegen sind u. a.: Passerini, Athenaeum 12, 1934, 114; Martin, Populare 180; Thommen, Volkstribunat 58, 60; Perelli, Movimento popolare 133; Linke, Röm. Republik 78–79. 982 Willems, Sénat 2.112; Broughton, MRR 1.575 m. A.3 (578). 979

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widerspricht; die Konsequenz aus diesem Beschlus aber bleibt dem (zuständigen) Magistrat überlassen. Es ist jedoch nicht sicher, ob die lex frumentaria überhaupt zu dem Gesetz / ​den Gesetzen zählt, die aufgehoben wurden.983 Denn es scheint, als ob nur Maßnahmen des zweiten Tribunats, die dem Tod des Saturninus unmittelbar vorausgehen, betroffen sind. Aus der Überlieferung geht jedenfalls nicht eindeutig hervor, wann Saturninus das Getreidegesetz einbrachte, in seinem ersten Tribunat (103) oder in seinem zweiten (100).984 Eine mögliche Datierung für die lex Appuleia wird verschiedentlich985 von einer Münze abgelesen, die auf der Vorderseite die Legende PISO CAEPIO Q(aestores) und auf der Rückseite AD FRU(mentum) EMU(ndum) und EX S(enatus) C(on­ sulto)986 trägt. Diese Münze und demzufolge auch die Quaestur von Caepio datiert Crawford987 in das Jahr 100. Damit rückt auch das Getreidegesetz des Saturninus in das zweite Tribunat; denn die Münze wird als Ausführung des Getreidegesetzes 983 984

985

986 987

Vgl. Smith, Athenaeum 55, 1977, 167–173, und die Anmerkungen zu Lex Nr. 83, Nr. 84 und Nr. 85. Eher für 103 sprechen sich aus: Robinson, Marius 62–64, Last, CAH 9.165 m. A.3, Passerini, Athenaeum 12, 1934, 110, 113–115; Broughton, MRR 3.21; Carney, Marius 42 A.201; Badian, Historia 11, 1962, 218, dezidiert: Historia 6, 1957, 319 A.9 (= Studies 63) u. Chiron 14, 1984, 102 A.6; Marsh / ​Scullard, History 89–90; Martin, Populare 180; Scullard, Gracchi to Nero 54 m. A.24 (398); Gruen, Roman Politics 195–196; Smith, Athenaeum 55, 1977, 151; Perelli, Movimento popolare 133 m. A.52, 136; Hackl, Senat und Magistratur 200–201; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 208–210; Linke, Röm. Republik 78–79; Sommer, RG 1.372. – Eher für 100 optieren: Zumpt, Criminalrecht 2,1.227–230; Lange, Alterthümer 2.692, 3.78, 79–81; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 266; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Botsford, Roman Assemblies 395; Rotondi, Leges 332; Lengle, Hermes 66, 1931, 305; Niccolini, FTP 172, 199–200, 202; Schur, Marius und Sulla 94–95; Betti, Labeo 9, 1963, 219; Broughton, MRR 1.575 m. A.3 (578)  – seine spätere Ansicht (s. o.) steht MRR 3.21; Crawford, RRC 1.73; Christ, Krise 165; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.546–547; Mattingly, CR 19, 1969, 267–270; Doblhofer, Populare 80; Ferrary, CRAI 1983, 565–569; Garnsey, Famine and food supply 198; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.585; Evans, Reputations 123 A.68, 127; Lintott, CAH2 9.98. – Einige nennen beide Jahre: Heftner, Gracchen 108, Meier, RPA 138; Brunt, Manpower 377–378; Virlouvet, Lois frumentaires 25; Rickman, Corn Supply 162–163; Kann, Restoration 165; Mouritsen, Plebs 70; De Martino, Costituzione 3.37; Schneider, Wirtschaft 368; Thommen, Volkstribunat 60; Graeber, Auctoritas 207. Grueber, Coins 1.170–171; Crawford, RRC 1.73, 330–331 (no. 330); Ferrary, CRAI 1983, 267–268. Zur numismatischen Diskussion vgl. Hands, CR 22, 1972, 13; Badian, Chiron 14, 1984, 102 A.6. „Zum Ankauf von Getreide“ und „auf Grund eines Senatsbeschlusses“. Grueber, Coins 1.170–171 (no. 1125–1128; Plate xxix, 12); Crawford, RRC 1.73, 330–331 (no. 330; Plate XLII); auch Broughton, MRR 1.576, setzt Caepios Quaestur ins Jahr 100. Dagegen verlegt Robinson, Marius 62–64, die Quaestur von Caepio und Piso und damit auch das Getreidegesetz ins Jahr 103. Sydenham, Coinage 85 m. A.603, datiert die Münzen in die Jahre 96–94.

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interpretiert. Doch eine Verbindung zwischen der Münzprägung ex senatus consulto und dem Getreidegesetz ist nicht sicher988, und die Handlungsweise Caepios ist kaum nachvollziehbar, wenn er zunächst das Gesetz – mit Rückendeckung durch den Senat – zu verhindern weiß und dann – wiederum im Auftrag des Senats – die Umsetzung des verabschiedeten Gesetzes betreibt. Ausgehend von der Vorgeschichte989 des ersten saturninischen Volkstribunats ist auch die umgekehrte Reihenfolge denkbar: die Ausgabe der Münzen, die nicht sicher datiert werden kann, ist die Folge der Ablösung des Saturninus in seinem Amt als quaestor Ostiensis, und er bringt als Volkstribun als erstes ein Getreidegesetz ein, um sich für die als ungerecht empfundene Amtsenthebung zu rächen.990 Damit wird die lex frumentaria zur ersten Gesetzesvorlage im Jahr 103, die auch darin begründet sein könnte, dass er ebenso wie Gaius ­Gracchus die Getreideversorgung der stadtrömischen Bevölkerung auf einem niedrigen Preisniveau sicherstellen wollte, d. h. er begann sein Volkstribunat mit einer sozial motivierten Maßnahme. Angesichts der dürftigen Quellenlage und aller daraus abgeleiteten Interpretationen erscheint daher allein die abschließende Bemerkung von Hands991 gerechtfertigt, dass das Datum des Getreidegesetzes als offene Frage belassen werden sollte. Genauso, wie nicht überzeugend geklärt werden kann, ob das Gesetz im Stadium der Rogation blieb oder doch verabschiedet wurde. Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 319 A.9 (= Studies 63); Badian, Clientelae 199; Badian, Historia 11, 1962, 218; Badian, Chiron 14, 1984, 102 A.6; Bauman, ANRW 2,13.125–126; Bauman, Crimen Maiestatis 39–40; Beness, Antichthon 25, 1991, 36–38; Betti, Labeo 9, 1963, 219–220, 222; Bleicken, Lex 145–146 m. A.31; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.348; Blösel, Röm. Republik 175; Botsford, Roman Assemblies 395; Bringmann, Republik 239, 240; Bringmann, Krise 53; Broughton, MRR 1.575 m. A.3 (S.578), 3.20–21; Brunt, JRS 52, 1962, 70; Brunt, Manpower 377–378; Burckhardt, Strategien 166, 247–248; Capogrossi Colognesi, Law 195; Carney, Marius 42 A.201; Christ, Krise 165; Crawford, RRC 1.73, 330–331, 2.636; Cuq, DS 3,2.1130; De Martino, Costituzione 3.37; Doblhofer, Populare 80, 82; Douglas, Brutus, 164; Dreyfus, lois agraires 191; Erdmann, Heer 105; Evans, Reputations 105, 123 A.68, 127; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95; Ferrary, CRAI 1983, 565, 567–569; Gabba, ANRW 1,1.781; Garnsey, Famine and 988

Vgl. Bleicken, Lex 146 A.31. 105/104 war Saturninus quaestor Ostiensis (Broughton, MRR 3.20–21) und als solcher für den Transport des in Ostia angelandeten Getreides nach Rom zuständig (vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.530–531). Der Senat löste ihn jedoch in dieser Funktion ab und übertrug das Amt dem princeps senatus M. Aemilius Scaurus (Cic. har. 20,43; Sest. 17,39; Diod. 36.12); vgl. dazu Beness, Antichthon 25, 1991, 35–36. 990 Vgl. Hands, CR 22, 1972, 13, in seiner Gegendarstellung zu Mattingly, CR 19, 1969, 267–270; vgl. auch Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 210. 991 CR 22, 1972, 13. Das gilt auch für den Versuch, eine Beziehung zur lex de maiestate minuta (Lex Nr. 80) herzustellen, vgl. Ferrary, CRAI 1983, 565, 567–569. 989

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food supply 198, 209, 212; Graeber, Auctoritas 207; Grueber, Coins 1.170–171; Gruen, Historia 15, 1966, 44; Gruen, Roman Politics 195–196; Hackl, Senat und Magistratur 200–201; Hands, Charities 102; Hands, CR 22, 1972, 12–13; Heftner, Gracchen 108; Hofmann-Löbl, Calpurnii 106–108; Kann, Restoration 165; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 266; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.585, 651 A.336; Lange, Alterthümer 2.692, 3.78, 79–81; Last, CAH 9.165–166; Lengle, Hermes 66, 1931, 305; Letzner, Sulla 71 A.42; Linke, Röm. Republik 78–79; Lintott, CAH2 9.98; Mackay, Breakdown 1­ 11–112; Marsh / ​Scullard, History 89–90; Martin, Populare 180–182, 190–191; Maschke, Agrargesetze 106; Mattingly, CR 19, 1969, 267–270; Meier, RPA 138; Meijer, Münst. Beitr. Handelsgesch. 9.2, 1990, 16; Mouritsen, Plebs 70; Münzer, 50) Q. Servilius Caepio, RE 2A,2 (1923) 1786; Niccolini, FTP 172, 199–200, 202; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 110, 113–115; Perelli, Movimento popolare 133 m. A.52, 136; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.545–548; Rickman, Corn Supply 162–164; Robinson, Marius 62–64, 70, 74, 89, 133; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Rotondi, Leges 332; Schneider, Wirtschaft 367, 368–369 m. A.34; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 208–210; Schönbauer, Jura 7, 1956, 107; Schovánek, Historia 21, 1972, 236, 242 m. A.33; Schur, Klio 31, 1938, 320; Schur, Marius und Sulla 94–95, 107–108; Scullard, Gracchi to Nero 54 m. A.24 (S.398); Smith, Anatomy of Force 261; Smith, Athenaeum 55, 1977, 151–152; Sommer, RG 1.372; Sydenham, Coinage lxii, 85 Nr.603; Thommen, Volkstribunat 58, 60; Thomsen, C&M 5, 1942, 25–26; Tiersch, Getreideversorgung 198; Virlouvet, Famines 14, 110; Virlouvet, Lois frumentaires 13, 15, 18, 25, 26–27; Wenger, Quellen 907; E. Weiss, Lex Appuleia 1), RE 12,2 (1925) 2325; Willems, Sénat 2.104, 112, 383 A.4; Zumpt, Criminalrecht 2,1.227–230.

79 Rogatio Appuleia de Cn. Mallio / ​Manlio 651/103

Gran. Licinian. 34,24: Cn. Manilius ob eandem causam quam et Cepio L. Saturnini rogatione e civitate est cito992 eiectus. Gnaeus Manilius993 wurde wegen derselben Anklage wie auch Caepio durch eine Rogation des Lucius Saturninus kurzerhand aus der Staatsbürgerschaft ausgestoßen. Cic. de or. 2.28,124: (Antonius) non dubitavit … demonstrare … illam Norbani seditionem ex luctu civium et ex Caepionis odio, qui exercitum amiserat, neque reprimi potuisse et iure esse conflatam? 125:  … Quid ego de Cn. Manli, quid de Q. Regis commiseratione dicam? Quid de aliis innumerabilibus? 124: (Antonius) zögerte nicht darzulegen, dass auch jener Aufstand des Norbanus, entstanden 992 993

Lesung der Hs. P, wird Bernays folgend als plecito gedeutet. Lesung der Hs. P; der Name Mallius ist in Inschriften bezeugt, vgl. Münzer, Mallius 13), RE 14,1 (1928) 911–912, und Broughton, MRR 1, 555 m. A.1 (557).

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aus der Trauer der Bürger und dem Hass auf Caepio, der das Heer verloren hatte, nicht habe unterdrückt werden können und zu Recht angefacht worden sei. 125: Was soll ich über den Appell an das Mitleid für Gnaeus Manlius, was über den für Quintus Rex sagen? Was über die unzähligen anderen? Eine korrupte Textzeile aus Granius Licinianus’ Werk enthält die einzige Nachricht darüber, dass die beiden Feldherrn, die für die Niederlage von Arausio verantwortlich waren, der Konsul Cn. Mallius Maximus und der Prokonsul Q. Servilius Caepio, vor Gericht gestellt wurden. Über Cn. Mallius habe es eine Rogation des Saturninus gegeben, die zu seinem Ausschluss aus der Bürgerschaft führte. Daher lässt sich diese Rogation analog zu anderen bekannten Fällen994 am ehesten so deuten, dass sie die Aufforderung an einen Obermagistrat enthielt, über Cn. Mallius die interdictio aquae et ignis auszusprechen.995 Das deckt sich mit dem Wortlaut eiectus e civitate, besagt aber auch, dass sich Mallius schon im Exil befindet. Angetreten hat er den Gang ins Exil entweder nach der Anklage und dem Beginn des Gerichtsverfahrens oder nach der (kapitalen?) Verurteilung. Für eine Gerichtsverhandlung haben wir einen Hinweis aus Cicero, der in seiner Schrift De oratore Antonius als Redner würdigt. Dieser hatte in seiner Rede – offenbar als Verteidiger des Mallius – zum Mitleid mit dem unglücklichen Konsul aufgerufen, der seine beiden Söhne auf dem Schlachtfeld verloren hatte. Der Ausgang der Verhandlung bleibt jedoch unerwähnt. Diese Gerichtsverhandlung lässt sich jedoch nicht aus dem Wortlaut bei Granius Licinianus herleiten, denn rogatio Saturnini bedeutet keinen Antrag bei einer Anklage vor dem Volk996, sondern schlicht einen Gesetzesvorschlag 997. Daher ist es auf Grund dieses Wortlauts weder nötig eine Verbindung zur lex de maiestate des Saturninus998 zu ziehen noch eine Anklage durch Saturninus999 wegen perduellio1000 anzunehmen, was nicht heißen soll, dass nicht die eine oder die andere Anklage dem Gerichtsverfahren zugrunde lag  – nur aus Granius Licinianus lässt sich das nicht ableiten. 994

P. Popillius Laenas (Lex Nr. 21) und Q. Caecilius Metellus Numidicus (Lex Nr. 85). – Dazu Mommsen, StR 2,1.139 m. A.2. 995 So auch Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 263; Grasmück, Exilium 94; Kelly, Exile 175. – Die Rogation ist nicht der Ächtungsbeschluss (Thommen, Volkstribunat 150), vgl. Cic. dom. 31,82 (bei Lex Nr. 21 und Lex Nr. 85). 996 Lengle, Hermes 66, 1931, 306; a. a. O. 313 deutet Lengle die Rogation im oben vorgeschlagenen Sinne der interdictio. 997 Vgl. Georges, Lat.-dt. Handwörterbuch II.2403 und OLD, s.v. rogatio. 998 Lex Nr. 80. Die rogatio Saturnini fassen in diesem Sinne auf: Mommsen, RG 3.189 A. 15; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 22–23 A.4.– Linke, Röm. Republik 79, und Blösel, Röm. Republik 175, denken an eine Anklage auf Grund des Majestätsgesetzes. 999 Badian, Historia 6, 1957, 319; Gruen, Roman Politics 165. 1000 So Brecht, Perduellio 292; Lehmann / ​Pinkster / ​R abbie, De oratore 3.65.

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Lex Nr. 80

In der neueren Literatur folgt man, ohne auf den handschriftlich überlieferten Text hinzuweisen, überwiegend der Emendation von Bernays, der est cito (Handschrift P) durch plebiscito ersetzt.1001 Die Doppelung von Rogation und Plebiszit ergibt aber (und nicht nur bei der hier vorgelegten Deutung) keinen Sinn.1002 Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 319 (= Studies 35); Bauman, Crimen Maiestatis 40–41, 44; Bellen, Grundzüge 100; Blösel, Röm. Republik 175; Brecht, Perduellio 292; Broughton, MRR 1, 555 m. A.1 (S.557), 563; Carney, Marius 31 A.158; Crifò, Exilium 273, 275; Doblhofer, Populare 77; Evans, Marius 85, A.103, 117 A.94; Evans, Reputations 122; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 93, 101; Ferrary, CRAI 1983, 561; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 22–23 A.4; Graeber, Auctoritas 206; Grasmück, Exilium 94; Gruen, Roman Politics 165; Hackl, Senat und Magistratur 163; Heftner, Gracchen 104; Hill, Middle Class 124; Kelly, Exile 175; Lange, Alterthümer 3.70, 76; Last, CAH 9.160; Leeman / ​Pinkster / ​ Rabbie, De oratore 3.65; Lengle, Sullanische Verfassung 28, 31; Lengle, Hermes 66, 1931, 305–306, 313; Lengle, Strafrecht 18–19; Levi, PP 24, 1969, 88–89; Linke, Röm. Republik 79; Martin, Populare 181; Meier, RPA 137; Mommsen, RG 3.189 m. A.15; Münzer, Mallius 13), RE 14,1 (1928) 911–912; Niccolini, FTP 193; Nicolet, L’ordre équestre 1.534; Perelli, Movimento popolare 134–135; Robinson, Marius 31–32, 66; Rotondi, Leges 330; Scullard, Gracchi to Nero 54; Sommer, RG 1.373; Thommen, Volkstribunat 150, 156.

80 Lex Appuleia de maiestate minuta 651/103

Cic. de or. 2.25,107: Pleraque enim de iis, quae ab isto obiciebantur, cum confiterer, tamen ab illo maiestatem minutam negabam, ex quo verbo lege Appuleia tota illa causa pendebat.1003 Und obwohl ich (Antonius) das meiste von dem, was ihm (Norbanus) von jenem (Sulpicius) vorgeworfen wurde, zugestand, verneinte ich dennoch, dass von ihm die Staatshoheit verletzt wurde; von diesem Ausdruck hing nämlich durch die lex Appuleia jener ganze Prozess ab.1004 Cic. de or. 2.49,201: Sic in illa omni defensione atque causa, quod esse in arte positum videbatur, ut de lege Appuleia dicerem, ut quid esset minuere maiestatem explicarem, perquam breviter perstrinxi atque attigi. So habe ich in jener gesamten 1001

Ausnahme: Crifò, Exilium 275. vermutlich auch die von Robinson, Marius 32 A.1, vorgeschlagene Änderung: „Saturnini rogatione …. plebiscito“ = „plebiscito a Saturnino rogato“, die einen ziemlichen Eingriff in den Text darstellt; vgl. dazu Gabba, Athenaeum 29, 1951, 22–23 A.4. 1003 Im Folgenden: minuere maiestatem = Staatshoheit verletzen; in dt. Übers. (Nüßlein) steht „Hoheit schmälern“. 1004 Ciceros Thema ist der Majestätsprozess gegen Norbanus, von Antonius wird er verteidigt, Sulpicius ist der Ankläger. 1002 Daher

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Verteidigung und im Prozess, weil es in der Redekunst begründet zu sein schien, dass ich nämlich über die lex Appuleia rede, dass ich erkläre, was „die Staatshoheit mindern“ heißt, überaus kurz gestreift und berührt. Cic. part. 30,105: In illis autem, ubi ita dicitur: Non minuit maiestatem quod egit de Caepione turbulentius; populi enim dolor iustus [vim tum illam excitavit], non tribuni actio; maiestas autem, quoniam est magnitudo quaedam populi Romani in eius potestate ac iure retinendo, aucta potius est quam deminuta; et ubi ita refertur: Maiestas est in imperi atque in nominis populi Romani dignitate, quam minuit is qui per vim multitudinis rem ad seditionem vocavit; exsistet illa disceptatio: Minueritne maiestatem, qui voluntate populi Romani rem gratam et aequam per vim egerit. In jenen Prozessen aber, wo man so argumentiert: Er verletzte dadurch, dass er wegen Caepio große Unruhe stiftete, nicht die Staatshoheit; der gerechte Schmerz des Volkes rief damals nämlich jene Gewaltausbrüche hervor und nicht das Verhalten des Tribunen; die Staatshoheit aber, weil es ja eine Größe des römischen Volkes ist, seine Macht und sein Recht zu bewahren, nahm eher zu, als dass sie geschmälert wurde; und wo man so erwidert: Die Staatshoheit liegt in der Würde der Befehlsgewalt und des Namens des römischen Volkes, die derjenige verletzt, der durch die Übermacht der Menschenmenge die Situation in einen Aufruhr umwandelt; dort gibt es folgende Streitfrage: Hat jemand die Staatshoheit verletzt, der mit Wissen und Willen des römischen Volkes eine willkommene und gerechte Sache gewaltsam ausführt? Val. Max. 8.5,2: (M. Aemilius Scaurus) C. Norbanum maiestatis crimine publicae quaestioni subiectum ex professo opprimere conatus est. (M. Aemilius Scaurus) versuchte C. Norbanus, als er wegen des Vorwurfs der Verletzung der Staatshoheit einem öffentlichen Gerichtsverfahren ausgesetzt war, vorsätzlich zu vernichten. Cicero berichtet im 2. Buch von De oratore und in den Partitiones oratoriae (Gliederung der Reden) ausführlich über einen Prozess gegen C.  Norbanus bzw. über die Verteidigungsrede des berühmten Redners M. Antonius zu seinen Gunsten, die den Freispruch von Norbanus erwirkte. Der Prozess fand im Jahr 95 statt, die Anklage bezog sich auf Norbanus’ Verhalten gegenüber Q. Servilius Caepio während seines Volkstribunats1005 im Jahr 104 oder 103 und lautete auf „Minderung der Hoheit des römischen Volkes“ (crimen maiestatis minutae). Dieser strafrechtliche Tatbestand, den auch Valerius Maximus benennt, wird nach den Worten Ciceros auf Grund einer lex Appuleia vor einer quaestio verhandelt. Über diese Nachrichten hinaus erfahren wir nichts über diese lex Appuleia, deren Bezeichnung jedoch sicher auf den Volkstribunen L. Appuleius Saturninus zurückzuführen ist. Analog zu anderen Gerichtshöfen, die durch Plebiszit1006 angeordnet wurden, darf man annehmen, dass auch durch diese lex eine quaestio 1005 1006

Vgl. Lex Nr. 70 und Lex Nr. 77. So durch Lex Nr. 59, Nr. 65 und Nr. 77.

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eingerichtet wurde, die quaestio de maiestate (minuta). Ob es sich – wie bei diesem Verfahren bisher üblich – um eine quaestio extraordinaria handelte oder ob daraus ein ständiger Gerichtshof entstand, bleibt ungewiss.1007 Das Gerichtsverfahren gegen Norbanus, das ja erst einige Jahre später stattfand, lässt jedoch letzteres plausibel erscheinen. Dass gegen Norbanus auf Grund der lex Appuleia verhandelt wurde, steht fest  – nicht sicher ist dagegen die Annahme, dass das Gesetz die Anklage und Verurteilung von Caepio und Mallius ermöglichen sollte, die für die Niederlage von Arausio verantwortlich waren.1008 Weil Saturninus zweimal Volktribun war, ist außerdem nicht klar, ob das Gesetz in seinem ersten oder in seinem zweiten Tribunat, 103 oder 100, verabschiedet wurde. Denn auch in dieser Frage helfen die Quellen nicht weiter.1009 In der Forschung wird überwiegend das erste Tribunat bevorzugt1010: Schönbauer1011 begründete diese Auffassung mit der fortdauernden Geltung des Gesetzes. Da nämlich nach dem Zeugnis Ciceros (leg. 2.6,14) alle Gesetze des zweiten Tribunats mit einem Federstrich aufgehoben wurden, lässt sich die lex de maiestate mit großer Wahrscheinlichkeit in das erste Tribunatsjahr datieren; denn an der 1007

1008 1009

1010

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Kunkel, Quaestio 739 (doch vgl. Untersuchungen 62, wo Kunkel von „regulären“ quaestiones spricht); Rotondi, Leges 329; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 547; Hill, Middle Class 124. Allgemein wird eine quaestio perpetua angenommen, so z. B. von Lengle, Hermes 66, 1931, 305; Last, CAH 9.161; Ewins, JRS 50, 1960, 103; Betti, Labeo 9, 1963, 218–219; Jones, Criminal courts 54; Thommen, Volkstribunat 150; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209; Perelli, Movimento popolare 135; Lintott, CAH2 9.95; Cloud, CAH2 9.518; Konrad, Companion Republic 8. 176; Harries, Law and Crime 17; Mackay, Breakdown 107. – Nach Zumpt, Criminalrecht 2,1.236, bedurfte es keines neuen Gerichtshofs. Er hält das bestehende „Schwurgericht für Amtsverbrechen“ (seit der lex Acilia?) für zuständig. So u. a. Gabba, Republican Rome III.83 m. A.88 (S.227); Badian, Studies 35; Blösel, Röm. Republik 175. Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 263, schließt allerdings aus dem „Umstand“, dass in den ausführlichen Berichten über das zweite Tribunat von diesem Gesetz nicht die Rede ist, dass es dem ersten Tribunat des Saturninus zuzuweisen sei. Zumpt, Criminalrecht 2,1.228–230; Maschke, Agrargesetze 106; Lengle, Hermes 66, 1931, 305; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 112; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 99; Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 347; Badian, Historia 6, 1957, 319 (= Studies 35); Nicolet, L’ordre équestre 1.535; Thommen, Volkstribunat 150; Perelli, Movimento popolare 135; Hill, Middle Class 124; Martin, Populare 180–181; Scullard, Gracchi to Nero 54; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209; Meier, RPA 137–138; Bellen, Grundzüge 104; Bringmann, Republik 238; Mackay, Breakdown 107; Konrad, Companion Republic 8.176; u. a. – Als „wahrscheinlich“ oder „eher wahrscheinlich“ in 103 reihen das Gesetz ein: Mommsen, StrafR 198; Rotondi, Leges 329; Betti, Labeo 9, 1963, 218; Gruen, Roman Politics 167–168; De Martino, Costituzione 3.37; Lintott, CAH2 9.95; Last, CAH 9.161. – Millar, Rome 1.147, ist dagegen für „wahrscheinlich“ in 100, im Jahr des zweiten Tribunats. Jura 7, 1956, 106. Ebenso: Zumpt, Criminalrecht 2,1.228–230; Brecht, ZRG 64, 1944, 356 m. A.7; Kunkel, Kriminalverfahren 62; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209; Santalucia, Studi 192 A.135.

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Fortdauer dieses Gesetzes besteht wegen des von Cicero beschriebenen Prozesses gegen Norbanus kein Zweifel. Mit verschiedenen Hilfskonstruktionen wie der Annahme, Cicero habe sich ungenau ausgedrückt (Doblhofer1012), oder der Behauptung, dass die Aufteilung der Gesetze auf die beiden Tribunate von Appuleius willkürlich sei (Ferrary1013), wird aber auch vertreten, dass das Majestätsgesetz im zweiten Tribunat verabschiedet wurde.1014 Im Zusammenhang mit der Datierung wird gelegentlich auch die Frage der Rückwirkung des Gesetzes ins Spiel gebracht  – dabei handelt sich jedoch um Annahmen mit mehreren Unbekannten (welche Aktion von wem und wann in Gang gesetzt wurde, ob vor oder nach Erlass des Gesetzes), die dementsprechend zu konträren Aussagen führen.1015 Da die lex Appuleia zu den Strafprozessgesetzen zu rechnen ist, gilt jedoch für die Frage der Rückwirkung die grundsätzliche Feststellung Sibers1016, dass die Anwendung eines solchen Gesetzes auf „künftig anhängig werdende Sachen“ beschränkt ist, unabhängig davon, wann die Tat begangen wurde. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor der lex Appuleia besteht darin, dass die Benennung des Gesetzes als lex de maiestate nichts über den konkreten Inhalt aussagt.1017 Daher lässt sich für das crimen maiestatis keine klare Definition des strafrechtlichen Tatbestandes erkennen, was vielleicht beabsichtigt war, um möglichst viele verschiedene Vergehen von Magistraten (zu denen auch die Volkstribunen gerechnet werden) unter diesen Begriff subsumieren zu können.1018 Doch über die Beweggründe des Appuleius für eine lex de maiestate minuta lässt sich nur spekulieren,1019 ebenso wie über die Tatsache, dass das Gesetz erhalten

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Doblhofer, Populare 82. Ferrary, CRAI 1983, 566. So schon Lange, Alterthümer 2.665, 3.81–82. Ebenso: Botsford, Roman Assemblies 394 m. A.6; Robinson, Marius 66, 74; Niccolini, FTP 200–201; Luzzatto, Scritti minori 157–159; Galsterer, Chiron 1, 1971, 207; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95–96, 101; Ferrary, CRAI 1983, 565–567; Doblhofer, Populare 80–83; Harries, Law and Crime 17. Vgl. etwa Doblhofer, Populare 81; Nicolet, L’ordre équestre 1.535; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95–96; Lehmann, Strafgesetzgebung 42–44. Analogie 47. So schon Zumpt, Criminalrecht 2,1.230–232; vgl. das Fazit von Cloud, CAH2 9.520: „The imprecision of imminuta maiestas was notorious.“ Ewins, JRS 50, 1960, 103–104, geht von einem großen Anwendungsbereich des Gesetzes aus; Bauman, Crimen Maiestatis 50–55, ist überzeugt, dass unter diesem crimen mehrere Tatbestände aufgezählt wurden und die Aufgabe des Gerichts darin bestand, jeweils festzustellen, ob der vorliegende Tatbestand tatsächlich ein maiestatem minuere begründet hatte. – Für Harries, Law and Crime 84, ist maiestas, gerade weil sie nicht definiert ist, ein nützliches Instrument bei politischen Rivalitäten. Diese Unsicherheit formuliert auch Lintott, CAH2 9.96; vgl. die ausgewogene Darstellung von Cloud, CAH2 9.519–520.

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blieb, obwohl es allem Anschein nach auch gegen den Senat gerichtet war. So sieht Passerini1020 die Lösung des Problems darin, dass das Gesetz so allgemein formuliert war, dass es auch der Nobilität dienen konnte.1021 Dazu passt, dass das Gesetz  – ironischerweise, wie Lintott feststellt1022  – später als Maßregel gegen Volkstribune ausgelegt wurde, die im Amt Gewalt gebraucht hatten. Allgemein umfasste es sicherlich Fälle, die zuvor als perduellio (Hochverrat) im Volksgericht verhandelt wurden,1023 worunter vielleicht auch das militärische Versagen von Magistraten gerechnet wurde. Daneben galt die lex Appuleia wohl auch, wenn Volkstribune oder andere Magistrate gegen den erklärten Willen des Volkes handelten – und wieder öffnet sich ein weites Feld für Interpretationen. Schließlich gibt es noch weitere, über Cicero und damit die einzigen direkten Zeugnisse hinausgehende Versuche, den Inhalt des saturninischen Majestätsgesetzes zu erschließen, indem man inschriftlich erhaltene Gesetzesfragmente, die in diese Zeit datiert werden können, der lex Appuleia zuordnete. Stuart Jones1024 behauptete, dass die auf der lex Latina tabulae Bantinae (Lex Nr. 54) erhaltenen Gesetzesabschnitte Teil der lex Appuleia de maiestate seien. Seine These fand Widerspruch und wurde von Schönbauer1025 überzeugend widerlegt, findet aber trotzdem hin und wieder Zustimmung.1026 Schönbauer1027 dagegen zieht eine Verbindung von der lex Appuleia zum fragmentum Tarentinum (Lex Nr. 53), will das aber als Hypothese verstanden wissen.1028 Gesicherte inhaltliche Aussagen über die lex Appuleia lassen sich demnach aus diesen Überlegungen nicht gewinnen. L. Appuleius Saturninus hat also nach allem, was wir wissen, eine lex de maiestate minuta verabschieden lassen, die offenbar keine klare Definition des strafbaren Tatbestandes enthielt und deren Inhalt daher im Einzelnen nicht erkennbar ist. Ebensowenig ist eine definitive Aussage zur Strafe möglich, die bei diesem Vergehen verhängt wurde. Doch schon Zumpt nannte als Strafmaß die „Capital­

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Passerini, Athenaeum 12, 1934, 113. „Allgemeine Bestimmungen“ schreibt auch Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 263, dem Gesetz zu; ebenso Meier, RPA 137–138. 1022 Lintott, CAH 2 9.96. 1023 Vgl. Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95–96. 1024 Stuart Jones, JRS 16, 1926, 170–171. 1025 Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 344–350, und Jura 7, 1956, 104–108. – Auch Lintott, Hermes 106, 1978, 135–136, argumentiert dagegen. 1026 Marsh / ​S cullard, History 418–419; Galsterer, Chiron 1, 1971, 207; Luzzatto, Scritti Borsi 1955, 47; Jones, Criminal courts 54 A.51 (S.126–127). – Vgl. die Diskussion bei Lex Nr. 54. 1027 Schönbauer, AAWW 93, 1956, 38–40, und Jura 7, 1956, 110–117.  – Bleicken, Lex 227 A.109, 339 A.11, 451 A.247, zitiert ebenfalls die lex Appuleia im Zusammenhang mit dem Fragmentum Tarentinum, aber mit Fragezeichen. 1028 Bauman, Crimen Maiestatis 55–58, nimmt ausführlich zu beiden Inschriften Stellung. 1021

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strafe“1029 – nach dem Vorbild der Verfahren wegen perduellio –, die hier wie dort wohl durchgängig mit dem Gang eines Verurteilten in die Verbannung endete; denn darüber, dass von der Möglichkeit des Exils Gebrauch gemacht wurde, gibt es genügend Nachrichten. Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 319 (= Studies 35); Badian, Historia 11, 1962, 207 A.38, 218; Bauman, Crimen Maiestatis 37–58; Bauman, ANRW 2,13.117–119; Bauman, Lawyers 373; Bauman, Crime 24; Bellen, Grundzüge 104; Bergemann, Religion 59; Berger, Lex Appuleia de maiestate minuta, RE 12,2 (1925) 2325; Betti, Labeo 9, 1963, 218–219; Bianchini, MIL 35, 1975, 253–254; Bleicken, Lex 227 A.109, 339 A.11, 451 A.247; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.348; Blösel, Röm. Republik 175; Botsford, Roman Assemblies 394 m. A.6; Brecht, ZRG 64, 1944, 356 m. A.7; Bringmann, Republik 238; Broughton, MRR 1.563, 565–566 (A.4 u.7); Brunt, Fall 139, 143; Capogrossi Colognesi, Law 195; Carney, Marius 35 A.176; Carney, WS 73, 1960, 100; Christ, Krise 160; Cloud, CAH2 9.518–520; Crifò, exilium 274–275; Cuq, DS 3,2.1129; De Martino, Costituzione 3.37; Doblhofer, Populare 57–58, 80–83; Erdmann, Heer 105; Evans, Marius 85 A.103, 116–117 m. A.94, 122–123, 131; Evans, Reputations 122, 125; Ewins, JRS 50, 1960, 103–104; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95–96, 101; Ferrary, CRAI 1983, 556, 558–562, 565–567; Ferrary, L’iter legis 24; Ferrary, Législation 472; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 12–13, 22, 24; Gabba, Republican Rome III.83 m. A.88 (S.227); Gabba, ANRW 1,1.779; Galsterer, Chiron 1, 1971, 207; Graeber, Auctoritas 205–206; Gruen, JRS 55, 1965, 59–60; Gruen, Roman Politics 165, 167–168; Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 388, 389; Gundel, Historia 12, 1963, 297–298; Hantos, Res publica 156 A.9; Harries, Law and Crime 17, 73–74, 75, 77, 84; Heftner, Gracchen 108–109; Hill, Middle Class 124; Jones, Criminal courts 54 m. A.50 (S.126), 56, 58, 73–74; Kann, Restoration 165; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 262–263; König, Staat 130 [55]; Konrad, Companion Republic 8.176; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 546–547; Kunkel, Kriminalverfahren 62–63; Kunkel, Quaestio 739; Lange, Alterthümer 2.665, 3.81–82; Last, CAH 9.160–161, 166; Leeman / ​Pinkster / ​R abbie, De oratore 3.47, 158; Lehmann, Strafgesetzgebung 42–44; Lengle, Hermes 66, 1931, 303–305, 313; Lengle, Sullanische Verfassung 23–32; Lengle, Strafrecht 28, 31; Letzner, Sulla 72, 286; Levi, Costituzione 41; Levi, PP 24, 1969, 85–86, 88–89; Levick, Historia 28, 1979, 364 A.39; Linke, Röm. Republik 79; Lintott, Violence 118; Lintott, Hermes 106, 1978, 135–136; Lintott, CAH2 9.95–96; Lintott, Constitution 159–160; Luzzatto, Scritti minori [157–159]; Luzzatto, Scritti Borsi 1955, 37, 47; Mackay, Breakdown 107–108; Marsh / ​Scullard, History 90 A.1, 418–419; Marshall, ProcRoySocCanada 1976, 95; Martin, Populare 180–181, 190–191; Maschke, Agrargesetze 106; Mattingly, Hermes 111, 1983, 302–303; Meier, RPA 81 A.106, 137–138, 147 A.517; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 608; Millar, Rome 1.147–148; Mommsen, RG 3.179–180 A.15; Mommsen, StrafR 197–198 m. A.1, 541; Niccolini, FTP 193, 200–201, 202; Nicolet, L’ordre équestre 1.535; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 110–113, 123; Perelli, Movimento popolare 135; Rein, Kriminalrecht 506–509; Robinson, Marius 65–66, 73, 74; Robinson, Criminal law 75; Rotondi, Leges 329–330; 1029

Zumpt, Criminalrecht 2,1.236–237; ebenso Ewins, JRS 50, 1960, 103; Perelli, Movimento popolare 135.

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Lex Nr. 81

Sandberg, AIRFinl. 24.72; Santalucia, Diritto 68–69, 71–72; Santalucia, Studi 192 A.135; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209; Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 344–350; Schönbauer, Jura 7, 1956, 104–108; Scullard, Gracchi to Nero 54, 398; Seager, Historia 16, 1967, 37–41; Serrao, Classi 191; Shatzman, Senatorial Wealth 175 A.138; Sherwin-White, JRS 42, 1952, 51; Siber, Analogie 51; Sommer, RG 1.372–373; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.21; Stuart Jones, JRS 16, 1926, 170–171; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 263, 274; Thommen, Volkstribunat 115, 118, 150–151; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 98–99; Venturini, Processo penale 231, 301; Wieacker, Rechtsgeschichte 413 A.101030; Wittmann, Sulla 579; Zumpt, Criminalrecht 2,1.228–234, 236–237.

81 Lex Appuleia de coloniis in Africam deducendis 651/103

Vir. ill. 73,1: Lucius Apuleius Saturninus, tribunus plebis seditiosus, ut gratiam Marianorum militum pararet, legem tulit, ut veteranis centena agri iugera in Africa dividerentur; intercedentem Baebium collegam facta per populum lapidatione submovit. Um die Gunst der marianischen Soldaten zu gewinnen, brachte Lucius Appuleius Saturninus, ein aufrührerischer Volkstribun, ein Gesetz ein, dass an die Veteranen jeweils 100 Morgen Land in Nordafrika ausgeteilt werden sollten; seinen Kollegen Baebius, der dagegen sein Veto einlegte, vertrieb er mit Steinwürfen durch das Volk. Corp. Caes., de bello Afr. 56, 3: Namque Gaetuli ex equitatu regio nobiliores equitumque praefecti quorum patres cum Mario ante meruerant eiusque beneficio agris finibusque donati … Denn die vornehmeren Gaetuler aus der königlichen Reiterei und die Anführer der Reiterei, deren Väter mit Marius früher als Soldaten gedient hatten und denen durch Marius’ Gefälligkeit Äcker und Grundbesitz geschenkt worden waren, … Als Marius nach Norden gegen die Kimbern in den Krieg zog, wollte oder konnte er nicht alle Veteranen aus dem Feldzug gegen Jugurtha mitnehmen. Da er hier zum erstenmal capite censi, Leute aus der untersten Vermögensklasse, rekrutiert hatte,1031 sah er sich genötigt, für sie nach ihrer Entlassung aus dem Heeresdienst zu sorgen. Mit Unterstützung des Volkstribuns L. Appuleius Satur­ ninus, der zu diesem Zweck ein Plebiszit beantragte, sollte ihnen in Africa Siedlungsland im Umfang von je 100 Morgen zugeteilt werden. Entgegen der

1030 1031

Wieacker nennt fehlerhaft für 103 die lex Varia anstelle der lex Appuleia. Robinson, Marius 34; De Martino, Costituzione 36.

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Aussage aus dem Corpus Caesarianum meint Rotondi1032, das Plebiszit sei nicht ausgeführt worden. Tatsächlich gibt es in Africa Spuren, die eine Landverteilung wahrscheinlich machen, z. B. eine Inschrift aus Thuburnica, die Marius als conditor coloniae bezeichnet.1033 Wegen der Nähe zum afrikanischen Feldzug gehört dieses Plebiszit in das erste Volkstribunat des Saturninus (103).1034 Und obwohl die lex gegen das Veto des Mittribunen Baebius verabschiedet wurde,1035 ist sie anscheinend nicht aufgehoben worden.1036 In dieser lex manifestiert sich die gewandelte Natur römischer Kolonien1037; sie dienen von nun an hauptsächlich der Versorgung von Veteranen. Denn die neuen Kolonisten sind durchweg ehemalige Soldaten, und das zu verteilende Land stammt nicht mehr aus der stetigen Vergrößerung des römischen Staatsgebiets, sondern muss entweder durch Ankauf von Ländereien von Staats wegen oder durch Verteilung des letzten noch übrigen ager publicus beschafft werden, oder die Neugründungen befinden sich – wie im vorliegenden Fall – in den Provinzen. Die entsprechenden Gesetze firmieren daher von nun an meist unter dem Titel lex agraria.1038 Die Ausführung dieses Gesetzes lag anscheinend in den Händen einer Zehn-Männer-Kommission, zu der nach Aussage eines Elogiums wohl C. Iulius Caesar, der Vater des Diktators Caesar, gehörte.1039 In seiner Funktion als Dezemvir gründete er vermutlich eine Kolonie auf der Insel Cercina.1040 Wegen der Lage Cercinas vor der tunesischen Küste liegt es daher nahe, diese Kommission 1032 1033

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Rotondi, Leges 330; ebenso Doblhofer, Populare 76, mit Bezug auf Cic. Balb. 21,48 (dazu s. Lex Nr. 83). AEpig. 1951, 29 no.81 (a. a. O. außerdem Inschriften genannt aus Thibar und Uchi Majus); vgl. dazu Quoniam, CRAI 1950, 332–336. Zu den Inschriften aus Africa vgl. Frank, AJPh 47, 1926, 61 und ders., AJPh 58, 1937, 92–93 (hier setzt Frank das Gesetz ins Jahr 100). Weitere Inschriften über marianische Kolonisten bei Gabba, Athenaeum 29, 1951, 16 A.1. So auch Robinson, Marius 64–65; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 115–116; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 15; Brunt, Fall 278; Badian, Imperialism 51 (dt. 79). So auch Burckhardt, Strategien 166. Brunt, Manpower 577; a. a. O. 579 zieht er in Zweifel, dass das Gesetz in größerem Maße ausgeführt wurde. Allgemein dazu: Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 562–563; Broadhead, Companion Army 9.158. – Salmon, Colonization 128–129, nennt diese Kolonien coloniae militares. Vgl. z. B. Lex Nr. 84, Lex Nr. 88, Lex Nr. 142. – Linke, Röm. Republik 81, überschreibt schon diese lex de coloniis in Africam deducendis mit „Das Ackergesetz“. In diesem Sinne auch Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 609, und Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209. – Flach, Agrargeschichte 60, schlägt für diese lex den Titel lex Appuleia de agris in Africa dividendis vor. Inscr. Ital. XIII.3,1 Nr. 7. Diese Ergänzung der Inschrift nach dem Vorschlag von Frank, AJPh 58, 1937, 91–92; dazu nimmt Passerini, Athenaeum 17, 1939, 67–69, Stellung.

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mit dem saturninischen Gesetz über Koloniegründung bzw. Landverteilung an Marius’ Veteranen in Africa in Verbindung zu bringen,1041 und nicht mit dem späteren Agrargesetz.1042 Dass C. Iulius Caesar Strabo, der etwa zur gleichen Zeit ebenfalls nach dem Text eines Elogiums1043 als Dezemvir agris dandis adtribuendis iudicandis fungierte, Mitglied desselben Dezemvirats wie Caesars Vater war, wird allgemein vermutet, ist aber nicht sicher. Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 374; Badian, Clientelae 199; Badian, Historia 11, 1962, 218; Badian, Imperialism 51–52 (dt. 79); Behr, Sulla 44; Betti, Labeo 9, 1963, 218; Bleicken, Lex 166 m. A.102; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.347–348; Blösel, Röm. Republik 176; Botsford, Roman Assemblies 393; Bringmann, Republik 239; Bringmann, Krise 52; Broadhead, Companion Army 9.159; Broughton, MRR 1.563 m. A.3 (S.565), 2.645, 3.21; Brunt, JRS 52, 1962, 79; Brunt, Manpower 577–580; Brunt, Fall 278, 280; Burckhardt, Strategien 166; Capogrossi Colognesi, Law 195; Carney, Marius 34; Christ1044, Krise 160, 165–166; Crawford, Roman Statutes 1.172; De Martino, Costituzione 3.37–39; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 139; Doblhofer, Populare 76–77; Dreyfus, lois agraires 189, 191; Erdmann, Heer 73, 105–106; Evans, Marius 117–118; Evans, Reputations 123, 124; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 101; Flach, Agrargeschichte 59–60; Frank, AJPh 47, 1926, 61; Frank, ESAR 1.219; Frank, AJPh 58, 1937, 91–93; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 12–18; Gabba, Appian 1.103; Gabba, Republican Rome II.41–42, 50, 198, III.82–83, 226; Gabba, ANRW 1,1.779; Gabba, CAH2 9.110; Graeber, Auctoritas 205; Gruen, Roman Politics 169, 180; Gutberlet, Livius 71; Hackl, Senat und Magistratur 185–186; Heftner, Gracchen 109; Hill, Middle Class 126; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 97; Howarth, Historia 48, 1999, 297; Keaveney, Unification 77; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 262; Konrad, Companion Republic 8.176; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 562; Lange, Alterthümer 2.691, 3.76, 79; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 128 A.497; Last, CAH 9.166; Levi, Costituzione 42; Letzner, Sulla 72; Linke, Röm. Republik 81; Lintott, Judicial reform 55; Lintott, CAH2 9.30, 95; Mackay, Breakdown 108; Marsh / ​ Scullard, History 419; Martin, Populare 181; Maschke, Agrargesetze 106; Meier, RPA 99–101 m. A.207 u. 214; Mommsen, GS 1.122; Niccolini, FTP 192; van Ooteghem, Marius 241; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 115–116, 350–351; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 67–69; Perelli, Movimento popolare 122, 131–132; Pina Polo, Consul 181 m. A.75; Quoniam, CRAI 1950, 332–335; Robinson, Marius 64–65, 74, 133; Rotondi, Leges 330; Salmon, Colonization 129 m. A.245 (S.195), 190 A.216; Schneider, Veteranenversorgung 1041

So auch Gabba, Appian 1.103. Lex Nr. 84. – Meist wird die Kommission jedoch eher ins Jahr 100 oder 99 gesetzt, so von Passerini, Athenaeum 17, 1939, 64–65, Frank, AJPh 58, 1937, 92–93, Badian, Clientelae 199, und Hermon, Iura 23, 1972, 86–88; vgl. die Aussagen von Broughton, MRR 1.565 A.3, 577 m. A.6 (S.578), 2.645 und 3.21 zu den beiden möglichen Datierungen. 1043 Inscr. Ital. XIII.3,1 Nr. 6 = CIL 12 ,1.XXVII, 198. – Zu beiden Caesares: Gabba, Republican Rome II.41 m. A.157 (S.198–199). 1044 Nach Christ, Krise 160, werden 103 Marius’ Veteranen in Africa mit großen Gütern belohnt, die Kolonien in Africa ordnet er der lex de coloniis aus dem Jahr 100 zu (a. a. O., 165–166). Ebenso: Christ, Sulla 62 und 69. 1042

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105–115; Schneider, Wirtschaft 311–312; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209, 216; Schur, Marius und Sulla 75–76; Scullard, Gracchi to Nero 54, 58, 400; Sherwin-White, JRS 46, 1956, 4; Smith, Anatomy of Force 261; Smith, Athenaeum 55, 1977, 152; Sommer, RG 1.368, 375; Thommen, Volkstribunat 48, 53, 222; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Watkins, Ius Italicum 191–193, 427; E. Weiss, Lex Appuleia 1), RE 12,2 (1925) 2325; Willems, Sénat 2.683 A.2 u. 4.

82 Lex Servilia Glauciae repetundarum 650/104 oder 653/101

Ascon. Scaur. p.24 (21 C): Reus est factus a Q. Servilio Caepione lege Servilia, cum iudicia penes equestrem ordinem essent … Q. Servilius Caepio Scaurum ob legationis Asiaticae invidiam ut adversus leges pecuniarum captarum reum fecit repetundarum lege quam tulit Servilius Glaucia [Gracchia]. Scaurus tanta fuit continentia animi et magnitudine, ut Caepionem contra reum detulerit et breviore die inquisitionis accepta effecerit ut ille prior causam diceret; … Er wurde von Q. Servilius Caepio auf Grund der lex Servilia angeklagt, als die Gerichtshöfe vom Ritterstand besetzt waren. … Q. Servilius Caepio machte Scaurus aus Neid auf die asiatische Gesandtschaft, als habe er gegen Gesetze über Bestechungsgelder verstoßen, zum Angeklagten nach der lex repetundarum, die Servilius Glaucia [in gracchischer Manier] hat verabschieden lassen. Scaurus besaß eine so große Selbstbeherrschung und Größe, dass er Caepio seinerseits anzeigte und dann, als er einen früheren Termin für die einleitende Untersuchung1045 erhalten hatte, durchsetzte, dass jener ihn eher vor Gericht lud. Cic. Scaur. frg. (d) (= Ascon. p.24.13–14): Reus est factus a Q. Servilio Caepione lege Servilia, cum iudicia penes equestrem ordinem essent. M.  Aemilius Scaurus wurde von Q. Servilius Caepio auf Grund des servilischen Gesetzes angeklagt, als die Gerichtshöfe vom Ritterstand besetzt waren. Cic. Verr. 2,1.9,26: Verum, ut opinor, Glaucia primus tulit ut comperendinaretur reus; antea vel iudicari primo poterat vel amplius pronuntiari. Aber meiner Ansicht nach stellte Glaucia als erster den Gesetzesantrag, dass ein Angeklagter zu einem zweiten Termin vorgeladen wurde; früher konnte entweder beim ersten Mal ein Urteil ergehen oder der Prozess vertagt werden. Ps. Ascon. p.230,28–31: G l a u c i a p r i m u s t u l i t . Ante legem Glauciae de comperendiatione aut statim sententia dicebatur, si absolvendus est reus, aut amplius pronuntiabatur, si videretur esse damnandus, cum dixissent iudices non liquet, hoc est 1045

inquisitio  – Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung = Beschaffung der nötigen Belastungszeugen und Beweismittel zur Klage gegen jemanden.

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Obscura causa est. Glaucia hat als erster beantragt. Vor dem Gesetz Glaucias über die Vertagung wurde entweder sofort das Urteil gesprochen, wenn der Angeklagte freizusprechen ist, oder es wurde „ein Weiteres“1046 verkündet, wenn es so aussah, als ob er verurteilt würde, weil die Richter „es ist nicht spruchreif “ verkündet hatten, d. h. der Fall unklar ist. Cic. Balb. 24,54: Quod si acerbissima lege Servilia principes viri ac gravissimi et sapientissimi cives hanc Latinis, id est foederatis, viam ad civitatem populi iussu patere passi sunt, neque ius est hoc reprehensum Licinia et Mucia lege, cum praesertim genus ipsum accusationis et nomen et eius modi praemium quod nemo adsequi posset nisi ex senatoris calamitate neque senatori neque bono cuiquam nimis iucundum esse posset, dubitandum fuit quin, quo in genere iudicum praemia rata essent, in eodem iudicia imperatorum valerent? Num fundos igitur factos populos Latinos arbitramur aut Serviliae legi aut ceteris quibus Latinis hominibus erat propositum aliqua ex re praemium civitatis? Was ist, wenn mit dem überaus scharfen servilischen Gesetz unsere führenden Männer wie auch gerade die einflussreichsten und einsichtigsten Bürger zugelassen haben, dass den Latinern, d. h. Verbündeten, dieser Weg zum Bürgerrecht auf Anordnung des Volkes offen steht und es nicht rechtens ist, dass dies auf Grund der lex Licinia et Mucia gerügt wurde – zumal die Art der Anklage selbst sowohl vom Namen her als auch von einer derartigen Belohnung, die man nur erhalten kann, wenn man einem Senator Schaden zufügt, weder einem Senator noch irgendeinem loyalen Bürger sonderlich angenehm sein kann, ist es dann zu bezweifeln, dass in gleicher Weise dort, wo Belohnungen seitens der Richter rechtskräftig sind, ebenso auch die Urteile der Feldherrn Geltung besitzen? Sollen wir etwa glauben, die latinischen Völker hätten das servilische Gesetz1047 genehmigt oder die anderen Gesetze, durch die latinischen Menschen aus irgendeinem Grund die Belohnung des Bürgerrechts versprochen wurde? Cic. Rab. Post. 4,9: sin hoc totidem verbis translatum caput est quot fuit non modo in Cornelia sed etiam ante in lege Servilia, … quid agimus, iudices… Wenn aber dieser Absatz mit genau denselben Worten übernommen wurde, wie er nicht nur in der lex Cornelia, sondern auch schon früher in der lex Servilia gestanden hat, … was tun wir da eigentlich, ihr Richter … Val. Max. 8.1 absol. 8: C. etiam Cosconium Servilia lege reum, propter plurima et evidentissima facinora sine ulla dubitatione nocentem, …Auch C. Cosconius als Angeklagter nach der lex Servilia, der wegen zahlreicher und ganz offensichtlicher Taten ohne jeden Zweifel schuldig war, …

1046 1047

Eine weitere Verhandlung. Dazu Fuhrmann, Cicero, Reden VI.404, Fn. 56: „Des Servilischen Gesetzes: wohl die lex Servilia des Konsuls Q. Servilius Caepio (106 v. Chr.); sie scheint die Möglichkeit, durch eine erfolgreiche Anklage wegen Untertanenerpressung das römische Bürgerrecht zu erwerben, auf Latiner beschränkt zu haben.“

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In Reden von Cicero und bei den Scholiasten ist das Gesetz eines Servilius Glaucia genannt, das er vermutlich während seines Volkstribunats1048 verabschieden ließ. Es befasst sich erneut mit der quaestio de repetundis und legt gegenüber der lex (Acilia) repetundarum (Lex Nr. 36) geänderte Vorschriften fest. Allgemein werden drei Punkte hervorgehoben1049: 1. Die Festschreibung der comperendinatio (Cic. Verr. 2,1.9,26). Sie ordnete bindend eine Zweiteiligkeit des Verfahrens an, wobei im zweiten Teil das Urteil gefällt werden musste. Nach der lex (Acilia) repetundarum konnte durch ampliatio wenigstens zweimal eine Vertagung erfolgen.1050 2. Ausdehnung des Rückforderungsanspruchs auf Dritte (Cic. Rab. Post. 4,8–9). Dadurch erhielten siegreiche Ankläger „das Recht, von Dritten den 1048

Das Jahr ist unsicher. Aus App.1.28,126–127 folgert Balsdon, PBSR 14, 1938, 107 u. 113, dass Glaucias Tribunat einem von Saturninus voranging, weil Glaucia mit ihm zusammenarbeitete. Also war Glaucia Tribun im Jahr 104 vor Saturninus’ erstem Tribunat oder im Jahr 101 vor dem zweiten (vereinzelt führte das zu der Annahme, dass Glaucia zweimal Volkstribun war, so Gruen, Roman Politics 166–167; Nicolet, L’ordre équestre 1.538; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 105). Überwiegend wird Glaucias Tribunat inzwischen dem Jahr 101 zugeordnet; z. B. von Niccolini, FTP 169, 196–198; Broughton, MRR 1.571–572, 573 A.2, Suppl. 59; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 607; Lintott, ZRG 98, 1981, 189; Doblhofer, Populare 89–91; Mackay, Breakdown 111; Linke, Röm. Republik 82. – Nicolet, Appendice 334–335, u. L’ordre équestre 1.538–539, ist für 103–101. Für 104 plädieren u. a. Robinson, Marius 46–47; Last, CAH 9.162–163; Flach, ZRG 90, 1973, 94; Scullard, Gracchi to Nero 397; Cloud, CAH2 9.512; Evans, Reputations 118. – In der älteren Forschung (Lange, Alterthümer 2.664; Mommsen, StrafR 709; Rotondi, Leges 322; Münzer, Servilius 65), RE 2A,2 (1923) 1796; Schur, Klio 31, 1938, 314) nahm man an, dass Glaucias Gesetz die lex Acilia abschaffte, und setzte das Tribunatsjahr Glaucias in oder vor 111, weil in diesem Jahr die lex agraria zur neuen Vorderseite der Tabula Bembina wurde. – Als mögliches Jahr für die Verabschiedung des Gesetzes kommt auch das Jahr 100 in Frage, in dem Glaucia als Praetor fungierte, vgl. Passerini, Athenaeum 12, 1934, 134, Gabba, Republican Rome III.227 A.89, und Serrao, Classi 216, was aber überwiegend abgelehnt wird, vgl. Mackay, Breakdown 111. 1049 Robinson, Marius 44; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 76–78 (sein vierter Punkt betrifft keine Änderung, s. u.); Eder, Repetundenverfahren 141 A.2 (S.142); Flach, ZRG 90, 1973, 92–93 (in der Abgrenzung zu den Thesen Mattinglys, s. folgende Anmerkung); Serrao, Classi 217; De Martino, Costituzione 3.44–45; u. a. Nur Punkte 1 und 2 heben z. B. hervor: Strachan-Davidson, Criminal Law 2.9–10; Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8; Lintott, ZRG 98, 1981, 189–190; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 261–262; Mackay, Breakdown 110–111. – Linkes Annahme (Röm. Republik 82–83) über die Erweiterung des Personenkreises, der angeklagt werden kann, geht vermutlich auf Balsdon, PBSR 14, 1938, 105–106, zurück, lässt sich aber meines Wissens nach durch die Quellen nicht verifizieren; denn bei Cicero (Rab. Post. 4,8–9) geht es um die Rückforderung der erpressten Gelder, nicht um eine Anklage. 1050 So auch Robinson, Marius 44. Mattingly, JRS 60, 1970, 159–160 und CQ 25, 1975, 258–260, bezieht die ampliatio auf das Gesetz Glaucias (= lex (Acilia) repetundarum), comperendinatio dagegen schreibt er erst dem sullanischen System zu; vgl. die Entgegnungen von Flach, ZRG 90, 1973, 92 u. Crawford, Roman Statutes 1.51–52.

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Anteil zurückzufordern, den ihnen der rechtskräftig verurteilte, der Erpressung überführte Beklagte hatte zukommen lassen.“1051 Cicero zitiert diesen Passus aus der lex Iulia (59), macht aber deutlich, dass die Vorschrift schon Bestandteil der lex Servilia war und dann auch in die lex Cornelia (Lex Nr. 151) übernommen wurde. 3. Verleihung des Bürgerrechts nur an Latiner. Glaucia nimmt gegenüber der lex (Acilia) repetundarum eine Einschränkung vor, denn nach diesem Gesetz hatten Latiner und Bundesgenossen einen Anspruch auf Verleihung des römischen Bürgerrechts, falls ihre Anzeige zu einer Verurteilung im Repetundenprozess führte (Z. 76–77/83–84).1052 Andererseits nimmt Glaucia eine Bestimmung des früheren Gesetzes wieder auf, denn der Repetundengerichtshof wird erneut ausschließlich durch Ritter besetzt, nachdem Q. Servilius Caepio in seinem Konsulat (106) durch eine für alle Quaestionen geltende lex iudiciaria (Lex Nr. 69) die Senatoren beteiligt oder für allein zuständig erklärt hatte. Außerdem scheint es, dass die bisherige Strafe des Verlustes der bürgerlichen Rechte (infamia), die Einschränkungen im öffentlichen Leben nach sich zog1053,  – neben der doppelten Rückerstattung der erpressten Gelder1054 –, beibehalten wurde.1055 Verschiedentlich werden – wegen des Mangels an weiteren literarischen Quellen  – Verbindungen von der lex Servilia zu anderen inschriftlich überlieferten 1051

So die Ausformulierung der knappen Worte Mommsens (StrafR 709) durch Flach, ZRG 90, 1973, 91–92. 1052 In diesem Sinne u. a.: Lange, Alterthümer 3.55; Eder, Repetundenverfahren 141 A.2 (S.142); Flach, ZRG 90, 1973, 92; De Martino, Costituzione 3.44–45. Dagegen vertritt Sherwin-White, JRS 62, 1972, 93–97, die Auffassung, dass Cicero (Balb. 24,54) aus gegebenem Anlass nur die Latiner zitiere, was grundsätzlich nichts über den Ausschluss der übrigen socii sage. 1053 Zu den auf Gesetz beruhenden Infamiefolgen vgl. Kaser, ZRG 73, 1956, 254–264. – ­Sherwin-​ White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, bezeichnet infamia nicht so sehr als Strafe, sondern vielmehr als gleichbleibende Konsequenz einer Verurteilung in (irgend)einem iudicium publicum, d. h. einem Quaestionenverfahren. Das versucht Lintott, Hermes 106, 1978, 132–135 mit einer neuen These zum Begriff iudicium publicum zu widerlegen. Vgl. zu beiden Ferrary, MEFRA 91, 1979, 128–131. 1054 Mommsen, StrafR 709. 1055 Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 78–79 (4.). Eine mögliche Quelle dafür ist Rhet. Her. 1.11,20: Lex vetat eum, qui de pecuniis repetundis damnatus sit, in contione orationem habere. (Das Gesetz verbietet einem wegen Erpressung von Geldern Verurteilten, in der contio zu reden.) Nicht hinreichend deutlich wird aber, aus welchem Repetundengesetz das Verbot stammt. Nach der Abfassungszeit der Rhetorica bezieht schon Mommsen, StrafR 729 A.3, die Aussage auf die lex Servilia, dem folgen u. a. Broughton, MRR 1.572, u. Nicolet, L’ordre équestre 1.538; Kaser, ZRG 73, 1956, 255, schränkt ein auf „vermutlich“, später (Kaser, ZRG 94, 1977, 120 A.69) zitiert er eine direkte Verbindung. – Wenig glaubhaft erscheint der Versuch Venturinis (Crimen 457–461), die später geltende Todesstrafe schon der lex Servilia zuzuschreiben, vgl. die Kritik von Ferrary, Labeo 29, 1983, 76–77.

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Gesetzen bzw. Gesetzesfragmenten gezogen. So vertritt Mattingly1056 beharrlich in mehreren Aufsätzen die These, die lex (Acilia)  repetundarum sei identisch mit dem Gesetz Glaucias, eine These, die bisher keine Unterstützung fand.1057 Ebensowenig scheint möglich, in der lex latina tabulae Bantinae (Lex Nr. 54) das Repetundengesetz Glaucias zu erblicken.1058 Mit dem fragmentum Tarentinum (Lex Nr. 53)1059 gibt es zumindest inhaltliche Übereinstimmungen, doch für eine sichere Identifikation mit der lex Servilia Glauciae reicht das Textbruchstück nicht aus. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 205, 208–209; Balsdon, PBSR 14, 1938, 103, 105–114; Bauman, Crime 23–24; Bellen, Grundzüge 104; Beness, Antichthon 25, 1991, 42; Berger, Leges Serviliae 1), RE 12,2 (1925) 2414–2415; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 80, 90; Bleicken, Lex 227 A.109, 339 A.11, 451 A.247; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.319–321, 326 A.49; Blösel, Röm. Republik 176; Botsford, Roman Assemblies 393; Broughton, MRR 1.571–572, 573 A. 2, 645, 3.196; Burckhardt, Strategien 258–259; Capogrossi Colognesi, Law 195; Carcopino, Gracques 236–237; Carney, Marius 35 A.176; Cloud, CAH2 9.512; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 108 A.341, 140, 143–145, 148, 152, 179; Crawford, Roman Statutes 1.211; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 2.517, 3.44–45; Doblhofer, Populare 89–91; Eder, Repetundenverfahren 140 A.2 (S.141–142); Ehrhardt, ZRG 55, 1935, 82 m. A.2; Evans, Reputations 118, 121; Ewins, JRS 50, 1960, 100; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 101–105, 111–134; Ferrary, Labeo 29, 1983, 75–77; Ferrary, Chapitre 158; Fraccaro, Opuscula 2.283–286; Frank, ESAR 1.298; Fuhrmann, Reden III.299 A.21, VI 419 A.3; Gabba, PP 11, 1956, 366; Gabba, Republican Rome III.83 m. A.89 (S. 227); Gabba, ANRW 1,1.780; Gelzer, Gnomon 5, 1929, 653–654; Göhler, Italien 193–194, 199–200; Graeber, Auctoritas 189 A.118; Gruen, Historia 15, 1966, 60; Gruen, Roman Politics 166–167, 203–204; Hackl, Senat und Magistratur 196; Hackl, Gym­nasium 94, 1987, 118; Hantos, Res publica 155; Heftner, Gracchen 116, 261 A.5; Hill, Middle Class 123; Jones, Criminal Courts 53–54, 61, 67, 74, 76; Kaser, ZRG 73, 1956, 255–256; Kaser, ZRG 94, 1977, 120; Keaveney, Klio 65, 1983, 207; Kleinfeller, Repetundarum crimen, RE 1A,1 (1914) 605; König, Staat 130 [52]; Konrad, Companion 8.176; Kreller, ZRG 45, 1924, 610–611; Kunkel, Staatsordnung 2.386–387 m. A. 288; Lange, Alterthümer 2.273–274, 664, 3.55, 76; Last, CAH 9.162–163; Lehmann, Strafgesetzgebung 48–52; Lengle, ZRG 53, 1933, 276; Lengle, Strafrecht 30–31, 55; Lewis, 1056

JRS 59, 1969, 129–143; JRS 60, 1970, 154–168; CQ 25, 1975, 255–263; Hermes 107, 1979, 478–488; Hermes 111, 1983, 300–310; Philologus 131, 1987, 71–81. 1057 Vgl. die Widerlegungen von Flach, ZRG 90, 1973, 91–94, und Sherwin-White, JRS 62, 1972, 83–99. 1058 So aber Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 66–73, gefolgt von Serrao, Classi 217 und Venturini, crimen repetundarum 460. 1059 J. S. Richardson in: Crawford, Roman Statutes 1.209–211, führt die verschiedenen Versuche an, dieses Gesetzesfragment mit der lex Servilia Glauciae oder anderen bekannten Gesetzen zu identifizieren, so hält z. B. Luzzatto, Scritti minori [156–158], [162], [257], das Fragment für einen Teil der lex Servilia Glauciae, Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 73–75, dagegen für einen Teil der lex Servilia Caepionis (vgl. dazu De Martino, Costituzione 3.44 A.25).

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Lex Nr. 83

Asconius 222–223, 269; Linke, Röm. Republik 82–83; Lintott, Hermes 106, 1978, 132–135; Lintott, ZRG 98, 1981, 182–184, 189–191, 194–197; Lintott, Judicial reform 22, 27–29, 166–168; Lintott, Imperium 100, 102–104; Lintott, CAH2 9.94; Luzzatto, Scritti minori [156–158], [162], [165–167]; Luzzatto, Scritti Borsi 1955, 23–47; Mackay, Breakdown 110–111; Maganzani, Sanctio 83; Marsh / ​Scullard, History 417–418; Marshall, ProcRoySoc. of Canada 1976, 95; Marshall, Asconius 135, 274; Martin, Populare 183; Maschke, Agrargesetze 81–82; Mattingly, JRS 59, 1969, 129–143; Mattingly, JRS 60, 1970, 154–168; Mattingly, CQ 25, 1975, 255–263; Mattingly, Hermes 107, 1979, 478–488; Mattingly, Hermes 111, 1983, 300–310; Mattingly, Philologus 131, 1987, 71–81; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 607; Mommsen, GS 3.349–351; Mouritsen, Unification 115; Niccolini, FTP 169, 196–198; Nicolet, Appendice 321–323, 334–335; Nicolet, L’ordre équestre 1.478 A.32, 536–540; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 129–134; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 71–73, 75–79, 82–83; Reid, JRS 1, 1911, 69; Richardson, Old Statutes 48; Robinson, Marius 43–47, 74; Robinson, Criminal law 81; Rotondi, Leges 322; Santalucia, Diritto 70, 77; Santalucia, Studi 193–194, 203; Schönbauer, AAWW 93, 1956, 31; Schur, Marius und Sulla 61, 71 A.2; Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8; Sherwin-White, JRS 62, 1972, 83–99; Scullard, Gracchi to Nero 52, 397, 398; Serrao, Classi 216–217; Sommer, RG 1.373; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.10, 12–13, 81–82; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 261–263, 274; Thommen, Volkstribunat 72, 111, 116–117, 118, 137; Thomsen, C&M 5, 1942, 22–24; Tibiletti, Athenaeum 31, 1953, 83–85, 99–100; Venturini, crimen repetundarum 5, 10, 457–461, 513–516; Venturini, Processo penale 229, 301; Zumpt, Criminalrecht 2,1.196–213; Zumpt, Criminalprocess 409.

83 Lex Appuleia de coloniis in Siciliam Achaiam Macedoniam deducendis 654/100

Vir. ill. 73,5: Saturninus Aulo Nunnio competitore interfecto tribunus plebis refectus Siciliam, Achaiam, Macedoniam novis colonis destinavit; et aurum dolo an scelere Caepionis partum ad emptionem agrorum convertit. Nachdem der Mit­ bewerber Aulus Nunnius ermordet und Saturninus erneut zum Volkstribun gewählt worden war, bestimmte er Sizilien, Achaia und Makedonien für neue Siedler, und das durch Betrug oder Verbrechen erworbene Gold Caepios1060 verwendete er zum Ankauf von Land. Cic. Balb. 21,48: (L. Antistius), sed cum lege Apuleia coloniae non essent deductae, qua lege Saturninus C. Mario tulerat ut in singulas colonias ternos civis Romanos facere posset, negabat hoc beneficium re ipsa sublata valere debere. Aber weil die 1060

Vgl. Lex Nr. 77.

Lex Nr. 83

251

Kolonien nach der lex Appuleia nicht gegründet worden waren, in der Saturninus für C.  Marius beantragt hatte, dass er für jede einzelne Kolonie je drei Leute zu römischen Bürgern machen könne, behauptete er (L. Antistius), dass dieser Gunsterweis keine Geltung mehr haben dürfe, da die Grundlage dafür beseitigt worden sei. Die unterschiedlichen Aussagen der Quellen De viris illustribus und Ciceros könnten zu dem Schluss führen, dass hier von zwei verschiedenen Gesetzesvorschlägen des Appuleius Saturninus die Rede ist. Denn im ersten Text geht es um auswärtige Projekte, um Kolonien in den Provinzen. Nach dem zweiten Text, der Rede Pro Balbo, erhält Marius durch eine lex Appuleia die Erlaubnis, in jeder einzelnen Kolonie das römische Bürgerrecht an drei Leute1061 zu verleihen. Cicero führt den Bürgerrechtsprozess des T. Matrinius aus der latinischen Kolonie Spoletium als Beispiel für eine solche Bürgerrechtsverleihung durch Marius an. Matrinius blieb römischer Bürger, denn der Ankläger L. Antistius verliert den Prozess. Die Begründung des Anklägers, die vorgesehenen Kolonien seien nicht gegründet wurden, ist wohl unzureichend und zeigt, dass Marius’ Recht zur Bürgerrechtsverleihung anscheinend davon nicht berührt wird.1062 Vielleicht sind auch Ciceros Worte so zu verstehen, dass nicht nur neu gegründete1063, sondern alle – auch schon bestehende – Kolonien gemeint sind; denn Matrinius ist ja wohl Bürger von Spoletium, und diese latinische Kolonie besteht seit 241. Damit hätte Marius in einem weit größeren Rahmen Soldaten belohnen können, nämlich diejenigen ohne Bürgerrecht (socii) mit Land in Kolonien und jeweils drei mit

1061

Die geringe Zahl gab zu Diskussionen Anlass, sie wurde z. B. auf dreihundert erhöht, vgl. etwa Robinson, Marius 68–69, Passerini, Athenaeum 12, 1934, 119 m. A.3. Dagegen meint Galsterer, Herrschaft 53–54, ohne weitere Begründung, dass sich das Recht zur Ernennung von Bürgern auf „Ehrenbürger“ bezog, die nie in der Kolonie wohnen wollten. – Brunt, Fall 279, grenzt den Personenkreis auf ‚Latiner und vielleicht andere Italiker‘ ein, was er wohl aus den überlieferten Namen herleitet. Robinson, Marius 69, tendiert dazu, alle Nichtbürger als potentielle Nutznießer des Gesetzes zu sehen. Eher zutreffend geht Passerini, Athenaeum 12, 1934, 120–121, davon aus, dass diese Frage nicht definitiv zu klären ist. Vgl. Badian, Clientelae 206, mit weiterer Literatur, und DArch 4–5, 1970/71, 403–404. 1062 Robinson, Marius 73, hält die „vorausgehende Arbeit der Bürgerrechtsverleihung durch Marius“ für das „Einzige, was auf Grund der saturninischen Gesetze tatsächlich ausgeführt und auch später nicht aufgehoben wurde“. In einer im Jahr 1950 gefundenen Inschrift aus Thuburnica wird Marius als conditor coloniae bezeichnet, und auf jeden Fall lassen sich hier ehemalige Einheimische als römische Bürger nachweisen, was vielleicht auch auf Marius zurückzuführen ist (zur Interpretation dieser Inschrift: Quoniam, CRAI 1950, 332–336). Gleicher Ansicht auch Badian, Historia 11, 1962, 219 A.87; in Historia 6, 1957, 334, nimmt Badian an, dass der Prozess dank Marius’ Autorität so endete. 1063 So die allgemeine Auffassung, vgl. Lange, Alterthümer 3.80; Flach, Agrargeschichte 63; Burckhardt, Strategien 230.

252

Lex Nr. 83

dem Bürgerrecht, aber auch einen Teil derjenigen, die in ihre Heimatgemeinden (latinische Kolonien) zurückgehen. Das Thema Koloniegründung bildet also eine Klammer zwischen den beiden Texten über eine lex Appuleia. Daher kann es sich durchaus um dasselbe Gesetz handeln. Andererseits weisen die in Sizilien, Achaia und Makedonien geplanten Kolonien auf Kriegsschauplätze, die nicht mit Marius zusammenhängen: In Sizilien hatte M’. Aquillius, Marius’ Mitkonsul in 101, den Slavenaufstand beendet; Achaia lässt sich in weiterem Sinne zum Aufgabenbereich des Praetors M. Antonius rechnen, der im östlichen Mittelmeer gegen die Piraten operierte; Makedonien ist die Basis des Praetors T. Didius im Kampf gegen die Thraker. Daher könnte man Saturninus unterstellen, dass er nicht nur auf die Zusammenarbeit mit Marius baut, sondern sich auch andere Heerführer gewogen machen will, die in diesen Jahren politisches Gewicht haben, nämlich den Konsular Aquillius, den (gewählten) Konsul Antonius (cos. 99) und den erfolgreichen Didius (cos. 98)1064 – diese Überlegungen sind jedoch rein spekulativ. Teilweise wird die lex Appuleia coloniaria sogar in einem noch größeren Zusammenhang gesehen: An erster Stelle steht die Auffassung, dass die lex coloniaria zusammen mit der lex agraria (Lex Nr. 84) ein einziges Gesetz mit verschiedenen Teilen bildete,1065 was nicht recht einleuchtet. Eher könnte man die These unterstützen, dass beide Gesetze gemeinsam dem Volk als lex satura zur Abstimmung vorgelegt wurden – verifizieren lassen sich beide Ansichten nicht. Fraglich muss bleiben, ob das Gesetz wirklich umgesetzt wurde.1066 Für die Neugründung einer Kolonie auf Grund des saturninischen Gesetzes kommt nach unserem Kenntnisstand nur die colonia Mariana auf Korsika1067 in Frage, sicher ist diese Zuordnung jedoch nicht.1068 Darüber hinaus fehlen jegliche Anhaltspunkte für

1064 Darauf,

dass Truppen nach beendetem Feldzug in der Provinz angesiedelt wurden, hat Badian, Clientelae 205, hingewiesen. Er zieht ebenfalls eine Verbindung zwischen dem Gesetz des Saturninus und den Truppen von Aquillius und Didius, sieht aber – ebenso wie Flach, Agrargeschichte 63 – Marius als Auftraggeber für Saturninus. 1065 So z. B. Robinson, Marius 40; Göhler, Italien 202; Gabba, Appian 1.102. – Weitere Literatur bei Lex Nr. 84, auch für das Folgende. 1066 Lange, Alterthümer 3.82, geht davon aus, dass die beschlossenen Kolonien nicht ausgeführt wurden, weil man die Gesetze kassierte, dass man aber „einige Colonien deducirte“ (3.84), weil für die Veteranen des Marius gesorgt werden musste. 1067 Plin. nat. 3.12,80; Seneca, ad Helv. 7,9; Mela 2.122 und Solin 3,3, bezeugen eine colonia Mariana auf Korsika. – Passerini, Athenaeum 12, 1934, 351 A.2., nennt mit den o.a. Belegstellen – wohl aus Versehen – eine Kolonie auf Sardinien; denn Athenaeum 12, 1934, 119 steht Corsica. 1068 Für eine Gründung durch Marius treten u. a. ein: Lange, Alterthümer 3.84; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 118–119, u. Badian, Historia 11, 1962, 219; vgl. die Diskussion bei Schneider, Veteranenversorgung 120–122, mit weiterer Literatur. Robinson, Marius 72–73, lehnt eine Verbindung der Kolonie zu saturninischen Gesetzen wegen deren Aufhebung

Lex Nr. 83

253

die Gründung von Kolonien in den Provinzen Sizilien, Achaia und Makedonien, wie sie in De viris illustribus vorausgesetzt wird.1069 Und auch Cicero macht keine Angaben über die Lage der beantragten Kolonien, deren tatsächliche Gründung nach seinen Worten ja ohnehin unterblieb. Die ausgebliebenen Koloniegründungen könnten auch die Folge der Aufhebung der saturninischen Gesetze sein. Doch die mögliche oder durchgeführte Annullierung der leges Appuleiae ist eine weitere Frage, die zu umfangreichen Diskussionen führte, ohne dass es eine definitive Antwort gibt.1070 So lässt sich z. B. aus dem Matriniusprozess nicht ableiten, dass die lex coloniaria unter diejenigen Gesetze fiel, die nach Appuleius’ Tod aufgehoben wurden.1071 Denn diese Begründung für das Nichtzustandekommen der geplanten Kolonien hätte sich Cicero sicher nicht entgehen lassen, da er in anderem Zusammenhang deutlich auf die Nichtigkeit der saturninischen Gesetze hinweist.1072 Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 374–375; Badian, Clientelae 203, 206, 211; Badian, Imperialism 52 (dt. 79); Badian, DArch 4–5, 1970/71, 403–404; Bauman, Lawyers 367–368; Behr, Sulla 45–46 m. A.228; Bellen, Grundzüge 103; Beness, Antichthon 25, 1991, 44; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 77–78; Betti, Labeo 9, 1963, 220, 222; Blösel, Röm. Republik 176; Botsford, Roman Assemblies 393–395; Bringmann, Republik 240–241; Bringmann, Krise 53; Broughton, MRR 1.575; Brunt, Fall 131, 279–280; Burckhardt, Strategien 230–231; Capogrossi Colognesi, Law 195; Carney, Marius 35 A.176, 41 A. 197; Carney, WS 73, 1960, 96; Christ, Krise 165; Christ, Sulla 69; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 112; De Martino, Costituzione 3.38; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 139; Doblhofer, Populare 83; Dreyfus, lois agraires 189, 191; Duplá, Consules populares 285; Erdmann, Heer 107, 122; Evans, Marius 121, 123, 124, 160; Evans, Reputations 127; Flach, HZ 217, 1973, 281; Flach, Agrargeschichte 62–63; Frank, ESAR 1.220; Gabba,

1069

1070 1071

1072

ab, hat aber keine Erklärung für den Namen. Gabba, Athenaeum 29, 1951, 20, behauptet, die Kolonie sei erst von der marianischen Partei (partito mariano) in den Jahren 87–81 gegründet worden; Salmon, Colonization 129 m. A.246 (S.192) hält Gabbas Auffassung für möglich. Neben der oben genannten Kolonie auf Korsika wird im Jahr 100 noch die Kolonie Eporedia (Gallia cisalpina, nahe Aosta, heute Ivrea) gegründet (Vell. Pat. 1.15,5), was vermutlich nicht auf eine lex Appuleia zurückgeht; denn nach Plin. nat. 3.21,123 geschieht das auf Anordnung der sibyllinischen Bücher und wird wohl vom Senat veranlasst. – Vgl. Robinson, Marius 73 (Eporedia als Gründung des Senats); Brunt, Manpower 198; Schneider, Veteranenversorgung 120–121. Vgl. etwa Smith, Athenaeum 55, 1977, 167–173. So auch Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.650 A.335, doch wird nicht deutlich, welches Gesetz von Saturninus mit „Siedlungsgesetz“ gemeint ist, Lex Nr. 81, Lex Nr. 83 oder Lex Nr. 84; am ehesten wohl die Lex Nr. 84. Cic. leg. 2.6,14; vgl. Badian, Historia 11, 1962, 219 A.87. – Zur Diskussion um die Kassation der appuleischen Gesetze vgl. bei Lex Nr. 84. Burckhardt, Strategien 229–231, spricht sich letztlich dagegen aus.

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Lex Nr. 84

Athenaeum 29, 1951, 17–20; Gabba, Athenaeum 31, 1953, 266; Gabba, Appian 1.102; Gabba, ANRW 1,1.781; Gabba, CAH2 9.110; Galsterer, Herrschaft 53–54; Göhler, Italien 200–202; Graeber, Auctoritas 205; Gruen, Roman Politics 180; Hackl, Senat und Magistratur 185–187; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 44; Kann, Restoration 165; Keaveney, Unification 77; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 265; Konrad, Companion Republic 8.176; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.650 A.335; Lange, Alterthümer 2.685, 691, 3.79–80; Levi, Costituzione 152; Letzner1073, Sulla 87; Lintott, Violence 137–139; Lintott, Judicial reform 56; Lintott, CAH2 9.98–99; Luraschi, SDHI 61, 1995, 31; Martin, Populare 183–184; Maschke, Agrargesetze 106; Meier, RPA 99–101 m. A.207 u. 214, 138; Mommsen, StR 3.135; Niccolini, FTP 199, 201–202; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 116–117; van Ooteghem, Marius 241; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 118–119, 120–121, 350–351; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 67; Perelli, Movimento popolare 131–132; Pina Polo, Consul 181; Piper, Historia 36, 1987, 39; Reid, JRS 1, 1911, 71; Robinson, Marius 68–73, 74; Rotondi, Leges 332; Salmon, Colonization 129 m. A.245 (S.195), 190 A.216; Schneider, Veteranenversorgung 116–122; Schneider, Wirtschaft 314; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 209, 216; Schur, Klio 31, 1938, 315, 319–320; Schur, Marius und Sulla 84; Scullard, Gracchi to Nero 58; Smith, Anatomy of Force 261; Smith, Athenaeum 55, 1977, 152; Sommer, RG 1.375; Taylor, Voting Districts 19; Thommen, Volkstribunat 54; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 582; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Watkins, Ius Italicum 193; Weinrib, Historia 19, 1970, 441; E.  Weiss, Lex Appuleia 1), RE 12,2 (1925) 2325; Willems, Sénat 2.104, 112, 683 A.2 u. 4.

84 Lex Appuleia agraria 654/100

App. civ. 1.29,130–132: ὁ μὲν ᾿Απουλήιος νόμον ἐσέφερε διαδάσασϑαι γῆν, ὅσην ἐν τῇ νῦν ὑπὸ Ῥωμαίων καλουμένῃ Γαλατίᾳ Κίμβροι γένος Κελτῶν κατειλήφεσαν, καὶ αὐτοὺς ὁ Μάριος ἔναγχος ἐξελάσας τὴν γῆν ὡς οὐκέτι Γαλατῶν ἐς Ῥωμαίους περιεσπάκει. προσέκειτο δέ, εἰ κυρώσειε τὸν νόμον ὁ δῆμος, τὴν βουλὴν πένϑ’ ἡμέραις ἐπομόσαι πεισϑήσεσϑαι τῷ νόμῳ, ἤ τὸν οὐκ ὀμόσαντα μήτε βουλεύειν καὶ ὀφλεῖν τῷ δήμῳ τάλαντα εἴκοσιν, … ὁ μὲν δὴ νόμος ὧδε εἶχεν, καὶ ὁ ᾿Απουλήιος ἡμέραν αὐτοῦ τῇ δοκιμασίᾳ προυτίϑει καὶ περιέπεμπε τοὺς ἐξαγγέλλοντας τοῖς οὖσιν ἀνὰ τοὺς ἀγρούς, οἷς δὴ καὶ μάλιστ’ ἐϑάρρουν ὑπεστρατευμένοις Μαρίῳ. πλεονεκτούντων δ’ ἐν τῷ νόμῳ τῶν ᾽Ιταλιωτῶν ὁ δῆμος ἐδυσχέραινε. 130. Appuleius beantragte ein Gesetz, dass das Gebiet verteilt werden solle, welches der keltische Stamm der Kimbern in dem Land in Besitz genommen hatte, das jetzt von den Römern Gallien genannt

1073

Letzner beurteilt die Quellen recht unkritisch, er folgt eher modernen Meinungen.

Lex Nr. 84

255

wird. Und diese hatte Marius vor kurzem vertrieben, und er nahm das Land für die Römer in Anspruch, als ob es den Galliern nicht mehr gehöre. 131. Dem Antrag war aber hinzugefügt, dass der Senat, wenn das Volk das Gesetz verabschiedete, innerhalb von fünf Tagen schwören solle, dem Gesetz Folge zu leisten. Wenn aber einer nicht schwöre, dürfe er nicht mehr im Senat sein und schulde dem Volk zwanzig Talente als Buße. … 132. So aber war das Gesetz geartet, und Appuleius setzte den Tag für die Abstimmung darüber fest, und er schickte Leute herum, die es denen auf dem Lande bekannt machen sollten. Zu diesen hatte er am meisten Vertrauen, weil sie unter Marius gedient hatten. Da aber im Gesetz die Italiker bevorzugt wurden, war die Plebs unzufrieden. App. civ. 1.30,133–134: Am Abstimmungstag bricht ein Tumult aus; er endet mit Hilfe der Landbewohner mit der Verabschiedung des Gesetzes (τὸν νόμον ἐκύρωσαν – sie verabschiedeten das Gesetz). Plut. Mar. 29,2: Εἶτα δημαρχῶν ἐπῆγε τὸν περὶ τῆς χώρας νόμον, ᾧ προσεγέγραπτο τὴν σύγκλητον ὀμόσαι προσελϑοῦσαν, ἦ μὴν ἐμμενεῖν οἷς ἄν ὁ δῆμος ψηφίσαιτο καὶ πρὸς μηδὲν ὑπεναντιώσεσϑαι. Zum Volkstribun gewählt, beantragte er (Saturni­ nus) dann das Gesetz über die Ländereien, dem angefügt worden war, dass der Senat in der Öffentlichkeit beschwören sollte, man halte sich gewiss fest an das, was auch immer das Volk beschließe, und werde sich in keinem Fall widersetzen. Liv. per. 69: L. Apuleius Saturninus, … tribunus plebis per vim creatus, non minus violenter tribunatum, quam petierat, gessit; et cum legem agrariam per vim tulisset, Metello Numidico, quod in eam non iuraverat, diem dixit. L. Appuleius Saturninus, der durch Gewaltanwendung zum Volkstribunen gewählt worden war, übte sein Tribunat nicht weniger gewalttätig aus als er sich darum beworben hatte; und nachdem er sein Agrargesetz mit Hilfe von Gewalt hatte verabschieden lassen, machte er Metellus Numidicus den Prozess, weil er den Eid auf das Gesetz nicht geleistet hatte. Vir. ill. 73,5: Saturninus  …1074 et aurum dolo an scelere Caepionis partum ad emptionem agrorum convertit. (6) Aqua et igni interdixit ei, qui in leges suas non iurasset. (8) Metellus Numidicus exulare quam iurare maluit. Saturninus … und verwendete das Gold, das durch Caepios Betrug oder Verbrechen erworben war, zum Ankauf von Land. (6) Über den, der den Eid auf seine Gesetze nicht hatte leisten wollen, ließ er den Bann aussprechen. (8) Metellus Numidicus wollte lieber in die Verbannung gehen als schwören. Flor. 2.4,2 (3.16): (Saturninus) … rogandis Gracchorum legibus ita vehementer incubuit, ut senatum quoque cogeret in verba iurare, cum abnuentibus aqua et igni interdicturum minaretur. Er stürzte sich so heftig darauf, Gesetze im Sinne der Gracchen zu beantragen, dass er den Senat auch noch zwang, den Eid wortgetreu zu leisten, indem er denen, die es verweigerten, die Verbannung androhte.

1074

Text bei Lex Nr. 83.

256

Lex Nr. 84

Schol. Bob. p.168: (Cicero) illum (Q. Metellum Numidicum) laudat … quod maluerit in exilium quam iurare in agrariam legem tribuni pl. Apulei Saturnini. (Cicero) lobte ihn (Q. Metellus Numidicus) …, weil er lieber ins Exil gehen als auf das Agrargesetz des Volkstribunen Appuleius Saturninus den Eid leisten wollte. Cic. Sest. 16,37: (Q. Metellus) unus in legem per vim latam iurare noluerat. Als einziger hatte er (Q. Metellus) nicht auf das Gesetz schwören wollen, das gewaltsam durchgebracht worden war. In seinem zweiten Volkstribunat (100) ließ L. Appuleius Saturninus ein Ackergesetz verabschieden. Als Einziger berichtet Appian ausführlich über das Gesetz. Er beginnt mit dem Antrag, schildert die innenpolitischen Auseinanderset­zungen und endet mit der gewaltsamen Verabschiedung dieser lex agraria, die eher in der Tradition früherer Agrargesetze stehend Landanweisungen zum Inhalt hatte. Appian bezeichnet als Land, das verteilt werden soll,1075 das ehemalige Land der Kimbern in Gallien, das Marius ihnen nach ihrer Niederlage abgenommen hatte. Strittig ist in der Forschung1076, ob dieses Gebiet in der Gallia Transalpina1077 oder der Gallia Cisalpina1078 liegt. Da die letzte Auseinandersetzung mit den Kimbern in Norditalien stattfand, ist jedoch eine Verteilung von Ländereien in der Transpadana, dem jenseits des Po gelegenen Gebiet, wahrscheinlicher. Damit steht dieser Antrag des Appuleius in einer Reihe mit seinen übrigen Gesetzen zur Versorgung der Veteranen des Marius in Africa (Lex Nr. 81) und zur

Die Behauptung Rotondis, Leges 331, dass der ager Gallicus – ebenso wie im Jahr 103 die Ländereien in Africa (Lex Nr. 81)  – mit 100 iugera pro Person an die Veteranen verteilt werden soll, entbehrt den Quellen nach zu urteilen jeder Grundlage (ebenso: Betti, Labeo 9, 1963, 219; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 139 u. Costituzione 3.38). 1076 Zusammenfassung der älteren Forschung bei Robinson, Marius 67. 1077 Robinson, Marius 67; Göhler, Italien 200; Last, CAH 9.168 A.1; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 119; Badian, Clientelae 203; Badian, Historia 11, 1962, 219; Badian, Imperialism 52, 103 (dt. 79, 148); Brunt, Manpower 198; Hermon, Iura 23, 1972, 75–82, und Iura 26, 1975, 79–98; Schneider, Wirtschaft 314; Scullard, Gracchi to Nero 58; Kann, Restoration 165; Williamson, Laws 315; u. a. 1078 Lange, Alterthümer 3.78–79; Botsford, Roman Assemblies 395; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.352–353; Ewins, PBSR 20 (N. S. 7), 1952, 70; Gabba, Athenaeum 33, 1955, 225–228; Gabba, Appian 1.102; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 44; Gabba, ANRW 1,1.780–781; Bringmann, Republik 241; Flach, Agrargeschichte 61–62 (gegen die Auffassung von Hermon, s. die vorige Anmerkung); Flach, HZ 217, 1973, 281; Beness, Antichthon 25, 1991, 44; Lintott, Judicial reform 55–56; Millar, Rome 1.151–152; Bellen, Grundzüge 102–103; Blösel, Röm. Republik 176; u. a. – Unentschieden u. a.: Perelli, Movimento popolare 132; Gruen, Roman Politics 180–181; Schneider, Veteranenversorgung 116; Evans, Marius 121; Schneider, Wirtschaft 314. 1075

Lex Nr. 84

257

Anlage von Kolonien in anderen Provinzen (Lex Nr. 83). Während die lex über Africa ziemlich sicher in das erste Tribunat von Saturninus datiert werden kann, rückt der unbekannte Auctor das Gesetz über Kolonien in Sizilien, Makedonien und Achaia in das zweite Tribunat und damit in die Nähe der lex agraria. Von der Forschung wird daher oft ein Zusammenhang zwischen beiden Maßnahmen angenommen, wobei man entweder von einem Gesetz1079 ausgeht, das die Koloniegründungen und die Landverteilung vorsieht, oder von zwei Gesetzen1080, die als lex satura zusammen verabschiedet wurden. Eine weitere Begründung findet man in der dem saturninischen Gesetz angefügten Schwurklausel. Denn  – im Unterschied zu Appian  – bestehen alle übrigen antiken Nachrichten über die lex agraria nur aus einem Teil der sanctio des Gesetzes und seiner gewaltsamen Verabschiedung. Die so überlieferte Bestimmung der sanctio verdient allerdings hervorgehoben zu werden, weil Appuleius in Abweichung vom bis dahin üblichen Beamteneid in leges1081 alle Senatoren verpflichtet, die Einhaltung seines Gesetzes nach der Verabschiedung durch die Volksversammlung zu beschwören. Ebenso wird zwar in zeitgenössischen, inschriftlich überlieferten Gesetzen (lex latina tabulae Bantinae, Lex Nr. 54, und lex de provinciis praetoriis, Lex Nr. 86) von den gegenwärtigen und den zukünftigen Magistraten ein Eid auf Einhaltung des jeweiligen Gesetzes gefordert, aber die ausschließliche Einforderung des Eides von den Senatoren findet sich sonst nirgends. Lediglich in der lex latina tabulae Bantinae wird auch der Schwur der Senatoren angeordnet, hinter dem der Beamten. Daher nimmt Maschke1082 diesen Eid zum Anlass, die Identität dieses Gesetzes mit der lex Appuleia agraria zu behaupten. Außerdem sei der Eid ein Novum1083, eine Erfindung des Saturninus. Die unterschiedlichen

1079

Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 265–266; G. Humbert, DS 1.164; Cuq, DS 3,2.1129– 1130; Robinson, Marius 69–71; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Betti, Labeo 9, 1963, 219; Göhler, Italien 201–202; Gabba, Appian 1.102; Marsh / ​Scullard, History 91; Brunt, Fall 279–280; Doblhofer, Populare 83; Mackay, Breakdown 112–113; u. a. 1080 Maschke, Agrargesetze 106–107; Niccolini, FTP 202; Beness, Antichthon 25, 1991, 44; Bellen, Grundzüge 102–103; Christ, Krise 165; Konrad, Companion Republic 8.176; u. a. – Vorsichtig oder unentschieden sind z. B. Marsh / ​Scullard, History 419; Schneider, Veteranenversorgung 116. Sommer, RG 1.375, spricht von einem „Gesetzespaket“. 1081 Von Liv. 31.50,7 für das Jahr 200 überliefert; vgl. Mommsen, StR 1.620–621, u. Kunkel, Staatsordnung 2.94–96. 1082 Maschke, Agrargesetze 75; ebenso: Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 139–154; Bleicken, Lex 224 A.98. 1083 Maschke, Agrargesetze 108; Robinson, Marius 80; Schneider, Veteranenversorgung 124– 125. – Passerini, Athenaeum 12, 1934, 279, lehnt diese Auffassung ab, die aus den Quellen übernommen wurde. Es trifft aber wohl zu, dass die lex agraria das erste (überlieferte) Ackergesetz mit einer Schwurklausel ist (Flach, Agrargeschichte 45; Bringmann, Symposion Heuss 65).

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Lex Nr. 84

Vorschriften in den beiden Gesetzen1084, auch wenn sie vielleicht ihre Ursache in einer lückenhaften Überlieferung haben, sprechen jedoch dagegen.1085 Als Strafe für die Verweigerung des Eides wird ein Bußgeld von zwanzig Talenten1086 festgesetzt, gefolgt vom Verlust des Senatssitzes.1087 Der Eid muss innerhalb von fünf Tagen nach Verabschiedung des Gesetzes geleistet werden. Einhellig sind die antiken Autoren der Auffassung, dass sich die Forderung des Eides gegen Q. Caecilius Metellus1088 richtete, aber in Abweichung der von Appian genannten Folgen berichten sie davon, dass nach der Weigerung des Metellus, das Gesetz zu beschwören, Appuleius ihm den Prozess machte und Metellus ins Exil ging.1089 Metellus wird zwar in allen Quellen als der Einzige aufgeführt, der sich der Eidesleistung widersetzte, doch dieses Ergebnis war nicht vorhersehbar und wurde ex eventu von den Quellen aufgenommen.1090 Das Ziel dieser Vorschrift der

1084

Lintott, Hermes 106, 1978, 129–130. Vgl. die Darlegung von Passerini, Athenaeum 12, 1934, 121–123 (gegen Robinson, Marius 75–80); Hall, Studi Volterra 1.199–206; Santalucia, Clausole 130–132.  – Öfter werden die Bedingungen der Eidesleistung  – entgegen dem Wortlaut  – aus beiden Gesetzen zusammengezogen bzw. die einen durch die anderen ergänzt. De Martino, Costituzione 3.38, u. Mitchell, Patricians 29 A.76, nennen z. B. eine Frist von 10 Tagen für das Ackergesetz. Bei Appian stehen 5 Tage, 10 Tage beträgt die Frist für die Senatoren nach der lex latina tabulae Bantinae, Z. 23 (Lex Nr. 54) – verworren die Aussage Maschkes (Agrargesetze 108). Außerdem wird vorausgesetzt, dass in der lex Appuleia auch die Magistrate zum Schwur aufgefordert werden, deren Eidesleistung sei nur nicht mitüberliefert: Maschke, Agrargesetze 108; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 121; Luzzatto, Scritti minori 158; Gabba, Appian 1.103, u. ANRW 1,1.782; Bringmann, Symposion Heuss 65 – anders: Republik 241 –; Kunkel, Staatsordnung 2.96 A.154. 1086 Umgerechnet ergibt das etwa 480.000 bis 500.000 Sesterzen (Robinson, Marius 83; Botsford, Roman Assemblies 395; Lintott, CAH2 9.99). 1087 Diese Strafe nach dem Wortlaut Appians wird in der Forschung nur z. T. aufgegriffen, etwa von Lange, Alterthümer 3.78–79; Robinson, Marius 83; Botsford, Roman Assemblies 395; Luzzatto, Scritti minori 157–158; Gabba, ANRW 1,1.782; Flach, Agrargeschichte 64; Lintott, CAH2 9.99.  – Mommsen, StrafR 482 A.4 (S.483) behauptet dagegen ohne Beleg, dass „das appuleische Gesetz die Eidleistung bei Strafe des Verlusts des Bürgerrechts vorgeschrieben“ habe. Oft gilt die Verbannung als Strafe (u. a. Luzzatto, Scritti minori 158; De Martino, Costituzione 3.38; Blösel, Röm. Republik 176) vgl. dazu die folgende Fußnote. 1088 Metellus hatte als Zensor (102) versucht, Appuleius und Glaucia aus dem Senat zu entfernen (App. civ. 1.28,126); nach Cicero (Sest. 101) wollte Metellus eine Rüge erteilen. 1089 In Anlehnung an Vir. ill. 73,6 und Flor. 2.4,2 wird in der modernen Forschung öfter die Verbannung als Strafe angesehen, was sich aber nur ex eventu erklären lässt, denn damals stellte die Verbannung noch keine eigenständige Strafe dar; vgl. zu Lex Nr. 85. 1090 Gabba, ANRW 1,1.782, bezeichnet diese Überlieferung als „ridicola“; vgl. Hackl, Senat und Magistratur 197–198. – Hier folgt Passerini, Athenaeum 12, 1934, 270–280, den Quellen: Die Aufnahme des Eides ins Gesetz sei allein wegen Metellus geschehen. 1085

Lex Nr. 84

259

lex agraria könnte eher sein, mögliche Verhinderungen bei der Ausführung des Gesetzes oder auch seine Aufhebung auszuschließen.1091 Tatsächlich lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob das Gesetz wirklich in Kraft gesetzt wurde, ob es unter die Aufhebung der appuleischen Gesetze fiel, von denen Cicero (leg. 2.6,14) berichtet,1092 oder ob es einfach nicht befolgt wurde.1093 Lit.: Badian, Clientelae 203; Badian, Historia 11, 1962, 219; Badian, Imperialism 52, 103 (dt. 79, 148); Behr, Sulla 45–48; Bellen, Grundzüge 102–103; Beness, Antichthon 25, 1991, 44–47; Bergemann, Religion 98; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 77; Betti, Labeo 9, 1963, 219–220; Bleicken, Lex 224 A.98, 226–229, 265–266, 401 A.163, 449 A.244, 460, 464; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.352–353; Blösel, Röm. Republik 176–177; Botsford, Roman Assemblies 395; Bringmann, Symposion Heuss 65–66; Bringmann, Republik 241; Bringmann, Krise 53; Broadhead, Companion Army 9.159; Brunt, JRS 52, 1962, 79; Brunt, Manpower 198; Brunt, Fall 279–280; Burckhardt, Strategien 192–193, 229–231; Capogrossi Colognesi, Law 195–196; Carney, Marius 35 A.176, 41 A. 197; Carney, WS 73, 1960, 100–102; Christ, Krise 165–167; Christ, Sulla 69–70; Crawford, RRC 1.629–630; Cuq, DS 3,2.1129–1130; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 139; De Martino, Costituzione 3.37–39; Doblhofer, Populare 83–84; Döbler, Agitation 311; Dreyfus, lois agraires 189, 191–192; Erdmann, Heer 74–76, 106–109; Evans, Marius 119–124; Evans, Reputations 123, 125, 127; Ewins, PBSR 20 (N. S. 7), 1952, 70; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 651; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 95, 101; Flach, HZ 217, 1973, 281–282; Flach, Agrargeschichte 45, 61–64; Frank, AJPh 58, 1937, 92; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 12–24; Gabba, Republican Rome II.41–42, 199; Gabba, Athenaeum 33, 1955, 225–228; Gabba, Appiano e storia 75–78; Gabba, Appian 1.102–106; Gabba, ANRW 1,1.780–782; Gabba, CAH2 9.110; Gargola, Lands 176, 177, 246 A.1, 247 A.18; Gelzer, Gnomon 17, 1941, 152; Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 34, 41; Göhler, Italien 200–203; Graeber, Auctoritas 207; Gruen, Roman Politics 180–181; Gutberlet, Livius 71 m. A.3, 80–81; Hackl, Senat und Magistratur 186–189; Hall, Studi Volterra 1.199–206; Heftner, Tyche 20, 2005, 23–45; Heftner, Gracchen 110–112; Heikkilä, AIRFinl. 13.134–135; Hermon, 1091

Schneider, Wirtschaft 314; Doblhofer, Populare 83–84. Evans, Marius 122–123, sieht den Eid als „conspiracy“, um die Macht des Senats zu brechen. 1092 Burckhardt, Strategien 192–193, 229–231. – Flach, Agrargeschichte 64–65, spricht sich für die Aufhebung aus; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 12–24 (dem folgt Graeber, Auctoritas 207–208) ist der Auffassung, dass die Gesetze des 1. Tribunats fortbestanden, während die des 2. Tribunats kassiert wurden. Badian, Clientelae 210, meint zwar, dass nicht alle Gesetze aufgehoben wurden, wendet sich aber Historia 11, 1962, 219 gegen Gabba. Lange, Alterthümer 3.84 (alle Leges mit Ausnahme der lex de maiestate) und Bleicken, Lex 464, gehen von Kassation aus; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 65–66, bestreitet die Aufhebung der Gesetze. Andere, z. B. Evans, Marius 121–122, halten die Aufhebung für wahrscheinlich. – Nicht hier zu klären ist die Frage, ob der Senat ein Recht hatte, Gesetze aufzuheben oder ob es eher eine „Frage der thatsächlichen Macht“ war (Lange, Alterthümer 2.647; in diesem Sinne auch Bleicken, Lex 463–470). Einen eher legalistischen Ansatz vertritt Lintott, Violence 132–148, doch auch er lässt Raum für die Machtverhältnisse. 1093 Brunt, Manpower 198: it „was not implemented“; Lintott, Violence 138; auch Heikkilä, AIRFinl. 13.135 A.91 lässt die Frage offen.

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Lex Nr. 85

Jura 23, 1972, 67–103; Hill, Middle Class 126–127; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 44, 133, 139–154; Howarth, Historia 48, 1999, 297–298; G.  Humbert, DS 1.164; Kann, Restoration 165; Kelly, Exile 178; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 265–266; Konrad, Companion Republic 8.176; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 562–563, 571; Kunkel, Staatsordnung 2.94 m. A.150–151; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.650 A.3351094; Lange, Alterthümer 2.646–647, 689, 691, 3.78–79; Lapyrionok, Lex Sempronia agraria 81–82; Last, CAH 9.168–169; Levi, Costituzione 43–44; Letzner1095, Sulla 87–88; Linderski, ANRW 2.16,3 (1986) 2167 A.63; Linderski, Questions I.534–535, 540; Lintott, Hermes 106, 1978, 129–130; Lintott, Violence 69, 136–139, 178–179, 211; Lintott, Judicial reform 55–56; Lintott, CAH2 9.99–100; Luzzatto, Scritti minori 157–158; Mackay, Breakdown 112–113; Marsh / ​Scullard, History 91, 419; Martin, Populare 183–185; Maschke, Agrargesetze 69, 71–75, 105–113; Mattingly Latomus 30, 1971, 290; Meier, RPA 99–101 m. A.207 u. 214, 138; Mitchell, Patricians 29 A.76; Mommsen, StrafR 482 A.4; Mouritsen, Plebs 69; Niccolini, FTP 199, 201–202; van Ooteghem, Marius 241–243; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 118–123, 270–280; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 65–67; Pelling, Plutarch 337–338, 345; Perelli, Movimento popolare 132; Pohl, Piraterie 226; Rawson, Phoenix 28, 1974, 209–210 (= Rawson, Roman Culture 165–166); Reid, JRS 1, 1911, 71; Robinson, Marius 66–71, 74, 75–80; Rotondi, Leges 331; Salmon, Phoenix 16, 1962, 111; Sandberg, AIRFinl. 24.72; Santalucia, Clausole 125, 129–132; Schneider, Veteranenversorgung 116–125; Schneider, Wirtschaft 314–316; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/1983, 193–201, 211–220; Schur, Klio 31, 1938, 314–317; Schur, Marius und Sulla 84, 88–92; Scullard, Gracchi to Nero 58–59, 400–401; Serrao, Classi 188; Sherwin-White, JRS 46, 1956, 4; Siber, Analogie 36; Smith 1096, Athenaeum 55, 1977, 152–153; Sommer, RG 1.375–376; Thommen, Volkstribunat 48–49, 54, 173 A.17, 176, 197, 246; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 582; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Watkins, Ius Italicum 193; Willems, Sénat 1.224, 2.104, 112, 113, 351; Williamson, Laws 315.

85 Lex Appuleia de Q. Caecilio Metello 654/100

App. civ. 1.31,139: (Glaucia und Appuleius) ψήφισμά τε φυγῆς ἐπέγραφον αὐτῷ καὶ τοὺς ὑπάτους ἐπικηρῦξαι προσετίϑεσαν μηδένα Μετέλλῳ κοινωνεῖν πυρὸς ἢ ὕδατος ἢ στέγης· ἔς τε τὴν δοκιμασίαν τοῦδε τοῦ ψηφίσματος ἡμέραν προύγραφον. … Glaucia und Appuleius … brachten dann gegen ihn einen Antrag auf Verbannung ein und wiesen die Konsuln an öffentlich bekannt zu machen, dass niemand mit 1094

Wittmann spricht ohne weitere Spezifizierung von einem „Siedlungsgesetz“ des Saturninus. Letzner bringt den Eid fälschlicherweise mit dem Koloniegesetz in Verbindung. 1096 Smith ist der Meinung, dass Saturninus die Verteilung des Landes in Gallien und Gründung der überseeischen Kolonien in nur einem einzigen Gesetz beantragte. 1095

Lex Nr. 85

261

Metellus Feuer, Wasser oder Obdach gemeinsam haben dürfe, und sie setzten einen Termin für die Bestätigung dieses Beschlusses fest. App. civ. 1.31,140: καὶ τόδε εἰπὼν ὑπεξῆλϑε τῆς πόλεως καὶ τὸ ψήφισμα ὁ ᾿Απουλήιος ἐκύρου, καὶ τὰ ἐν τῷ ψηφίσματι Μάριος ἐπεκήρυττεν. Und als er (Metellus) das gesagt hatte, entwich er heimlich aus der Stadt. Und Appuleius ließ den Volksbeschluss bestätigen und Marius machte den Inhalt des Beschlusses öffentlich bekannt. Liv. per. 69: (Saturninus) … Metello Numidico, quod in eam (legem agrariam) non iuraverat, diem dixit. Qui cum a bonis civibus defenderetur, ne causa certaminum esset, in exilium voluntarium Rhodum profectus est, … Profecto C. Marius, seditionis auctor, … aqua et igni interdixit. Saturninus lud Metellus Numidicus vor Gericht, weil er das Ackergesetz nicht beschworen hatte. Obwohl er von den guten Bürgern verteidigt wurde, ging er, um nicht der Grund für Streitereien zu sein, ins freiwillige Exil nach Rhodos … Nach seinem Weggang sprach Marius, der Anstifter des Zerwürfnisses, den Bann (die Untersagung von Feuer und Wasser) aus. Cic. dom. 31,82: quod C. ­Gracchus de P. Popilio, Saturninus de Metello tulit, homines seditiosissimi de optimis ac fortissimis civibus: non ut esset interdictum, quod ferri non poterat, tulerunt, sed ut interdiceretur. Was C. ­Gracchus über P. Popilius und Saturninus über Metellus zu verhängen beantragte – die aufrührerischsten Menschen über die besten und tapfersten Bürger – sie beantragten nicht, dass die Interdiktion bestehe, was nicht beantragt werden konnte, sondern dass die Interdiktion ausgesprochen werden solle. Vir. ill. 62: (1) Q. Caecilius Metellus Numidicus … (2) idem in legem Apuleiam per vim latam iurare noluit, quare in exilium actus Smyrnae exulavit. Q. Caecilius Metellus Numidicus  … eben derselbe wollte das Gesetz des Appuleius nicht beschwören, weil es durch Gewalt zustande gekommen war, deshalb wurde er ins Exil getrieben und lebte als Verbannter in Smyrna. Vir. ill. 73,6: (Apuleius) aqua et igni interdixit ei, qui in leges suas non iurasset. Über ihn, der seine Gesetze nicht hatte beschwören wollen, ließ er (Apuleius) den Bann aussprechen. 73, 8: Metellus Numidicus exulare quam iurare maluit. Metellus Numidicus wollte lieber ins Exil gehen als schwören.1097 Val. Max. 3.8,4: Metellus  … in exsilium quam in legem eius (Saturnini) ire maluit. Metellus wollte lieber ins Exil gehen als dessen (Saturninus’) Gesetz beizustimmen. Ampel. 18,14: (Metellus) Numidicus … qui, cum perniciosas rei publicae leges ferret Apuleius tribunus plebis totusque senatus in eas iurasset, maluit in exilium ire quam iurare. … Numidicus, der, als der Volkstribun Appuleius für den Staat gefährliche Gesetze einbrachte und der ganze Senat auf diese den Eid geleistet hatte, lieber ins Exil ging als zu schwören.

1097

So auch die Formulierung bei Schol. Bob. p.168, vgl. bei Lex Nr. 84.

262

Lex Nr. 85

In den Zusammenhang der Überlieferung über die lex Appuleia agraria gehört Saturninus’ Vorgehen gegen Q. Caecilius Metellus Numidicus. Dieser hatte sich geweigert, den von Saturninus geforderten Eid auf das Gesetz abzulegen und trotzte auch den Folgen der Verweigerungshaltung (Geldstrafe und Ausschluss aus dem Senat)1098. Daraufhin klagte Saturninus Metellus in einem iudicium populi1099 oder auf Grund seiner lex de maiestate vor einer quaestio an.1100 Metellus entzog sich entweder vor1101, während oder nach dem Prozess der (drohenden) Verurteilung, indem er sich ins Exil begab. Die Livius-Epitome bezeichnet es als „freiwilliges“ Exil. Die Folge seines Weggangs aus Rom schildert Appian: Appuleius beantragte die interdictio aquae et ignis. Damit wurde dem Exilierten die Rückkehr verwehrt.1102 Diese Entscheidung erlangte jedoch erst mit der Verkündigung der Interdiktion durch einen Magistrat Gültigkeit. Die Darstellungen von Cicero und der Livius-Epitome erscheinen demgegenüber verkürzt, Cicero nennt nur den Inhalt des tribunizischen Antrags, nämlich die Aufforderung zur Verhängung der Interdiktion, in der Livius-Epitome spricht der Konsul Marius diese Interdiktion aus, ohne dass ein vorangegangenes Plebiszit erwähnt wird. Die unklaren Aussagen lassen sich darauf zurückführen, dass das Exil erst im Laufe des 1. Jhs. zur Strafe wird.1103 Bis dahin ist die Interdiktion sozusagen „Begleitmaßnahme“; sie ist entweder die Folge der bereits vollzogenen Selbstverbannung oder eine „nachdrückliche Aufforderung zu schleuniger Flucht“1104. Außerdem soll sie eine problemlose Rückkehr des Verbannten verhindern.1105 Beim Exil des Metellus ergibt sich dieselbe Beschlusslage wie im Fall des P. Popillius Laenas (Lex Nr. 21). Ebenso wie dort muss offenbleiben, ob der Antrag auf Interdiktion1106 die administrative Handlung des Obermagistrats nach sich

1098 1099

1100 1101 1102 1103

1104 1105 1106

App. civ. 1.29,131. Gruen, Latomus 24, 1965, 578–579, gestützt auf Liv. per. 69 (Saturninus … Metello Numidico … diem dixit.) und Oros. 5.17,4 (die dicta …innocens Metellus damnatus in exilium … discessit.). Bei Orosius ist der Gang in die Verbannung erst die Folge eines Prozesses, der mit einer Verurteilung endet. Diese Auffassung vertritt Gabba, Athenaeum 29, 1951, 22; abgelehnt von Gruen, Latomus 24, 1965, 578. Kelly, Exile 84. Vgl. bei Lex Nr. 21. Kunkel, Quaestio 766–768; Lengle, Strafrecht 46; Gruen, Latomus 24, 1965, 577; Santalucia, Diritto 78–79; vgl. die ausführliche Diskussion des Problems bei Levick, Historia 28, 1979, 358–361, und Kelly, Exile 39–47 (allgemein), Siber, Analogie 36–37 A.3, und Crifò, Exilium 281–287 (beide mit Bezug auf Metellus). Kunkel, Quaestio 767. – Mommsen, StrafR 72, wertet sie als „administrativen Act“. Siber, Analogie 63 m. A.2, erklärt das so, dass die Interdiktion durch ein förmliches Gesetz ausgesprochen wurde, um ihre dauernde Geltung zu sichern. Gruen, Latomus 24, 1965, 579: „decree“.

Lex Nr. 85

263

zieht oder als legislativer Akt1107 gewertet werden kann. Auch für Rotondi1108 gab es kein Gesetz; das Exil folgt auf den von Metellus nicht geleisteten Eid. Nimmt man dagegen eine Rogation von Saturninus an, fällt die Erklärung schwer, warum die Interdiktion bestehen bleibt, wenn doch dessen Gesetze nach seinem Tod vom Senat kassiert werden.1109 Passerini1110 fasst daher zwar die Verurteilung des Metellus „al bando“ (zur Verbannung)1111 als Gesetz des Saturninus auf, macht daran aber – entgegen den antiken Zeugnissen1112 – seine These von der fortdauernden Geltung der saturninischen Gesetze fest.1113 Gabba1114 dagegen führt die Verurteilung des Metellus bzw. den von Appuleius angestrengten Prozess auf die lex de maiestate1115 aus dem ersten Tribunat des Saturninus (103) zurück – und die damals verabschiedeten Gesetze wurden nicht aufgehoben. Lit.: Beness, Antichthon 25, 1991, 47–48; Betti, Labeo 9, 1963, 220; Bleicken, Lex 228 A.113; Botsford, Roman Assemblies 395–396; Bringmann, Krise 53; Broughton, MRR 1, 575–576; Carney, WS 73, 1960, 100–102; Christ, Krise 167; Crifò, Exilium 265–267, 275–288; Doblhofer, Populare 84; Erdmann, Heer 109; Evans, Marius 127; Evans, Reputations 128; Ferrary, CRAI 1983, 566; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 21–23; Grasmück, Exilium 94, 108 A.304; Gruen, Latomus 24, 1965, 576–580; Gruen, Roman Politics 181; Hackl, Senat und Magistratur 187–188, 197; Heftner, Gracchen 112; Hill, Middle Class 127; Kelly, Exile 28–32, 84, 178–179; Klebs, Appuleius 29), RE 2,1 (1895) 266–267; Lange, Alterthümer 2.563, 3.81; Levick, Historia 28, 1979, 360; Linderski, Questions I.534–535; Lintott, CAH2 9.100; Mackay, Breakdown 113; Marsh / ​Scullard, History 91; Martin, Populare 184–185; Mommsen, StR 2.139 A.2; Mommsen, StrafR 72; Niccolini, FTP 199, 201–202; Nippel, Aufruhr 245 A.127; van Ooteghem, Marius 243; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 270–275, 277, 351; Pelling, Plutarch 338; Perelli, Movimento popolare 135; Robinson, Marius 86–87; Rotondi, Leges 331; Schneider, Wirt-

1107

1108 1109 1110 1111

1112 1113 1114 1115

Für eine rogatio bzw. ein Plebiszit sprechen sich u. a. aus: Robinson, Marius 86–87; Siber, Analogie 63 m. A.2; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 22; Linderski, Questions I.535; Levick, Historia 28, 1979, 360; Kelly, Exile 178. – Nach Mommsen, StR 2.139 A.2, wurde die Interdiktion vom Volksgericht ausgesprochen, aber dann durch consularisches Edikt vollzogen. Rotondi, Leges 331; ebenso: Hackl, Senat und Magistratur 188. Willems, Sénat 2.112; vgl. die ausführliche Diskussion um die Aufhebung der saturninischen Gesetze bei Heikkilä, AIRFinl. 13.134–135. Passerini, Athenaeum 12, 1934, 351; ebenso a. a. O. 277 (una legge d’esiglio contro Metello). Offenbar herrscht diese Ansicht in der älteren und in der italienischen Literatur vor, neben Passerini vgl. Betti, Labeo 9, 1963, 220; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 21–22; Crifò, Exilium 279 m. A.152. Cic. leg. 2.6,14; App. civ. 1.30,136. Linderski, Questions I.535, setzt dieses Gesetz von den anderen (aufgehobenen) saturni­ nischen Gesetzen ab; es sei nicht contra auspicia verabschiedet. Gabba, Athenaeum 29, 1951, 21–23. Lex Nr. 80.

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schaft 315; Schur, Klio 31, 1938, 318–319; Schur, Marius und Sulla 92; Siber, Analogie 63 m. A.2; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.63; Thommen, Volkstribunat 156; Venturini, Processo penale 314–315; Willems, Sénat 1.224, 2.104, 112; Zumpt, Criminalrecht 1,2.352–3531116.

86 Lex de provinciis praetoriis 654/100

Fragment aus Delphi: Girard / ​Senn, III Nr.10 Loi de Delphes, 55–66 (129–140) (A / ​franz.Ü); Riccobono, Nr.9 Lex de piratis persequendis, FIRA 1.121–131 (A griech./lat.); Ancient Roman Statutes, Doc. 56 Law on piracy, 60–61 (engl.Ü) Fragmente aus Delphi und Knidos: Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 201–218 (A / ​engl.Ü / ​K); Sherk, Greek East Nr. 55, 59–66 (A / ​engl.Ü); Crawford, Roman Statutes Nr.12, 1.231–270 (A / ​lat.Ü./engl.Ü / ​K) Die lex de provinciis praetoriis ist ein inschriftlich in griechischer Sprache überliefertes römisches Gesetz und besteht aus zusammengeführten Fragmenten aus Delphi und Knidos. Das Fragment aus Delphi, eingraviert auf der Basis der Statue des L. Aemilius Paulus, ist seit 1893–1896 bekannt und wurde unter dem Titel lex de piratis persequendis veröffentlicht. Die Literatur zu diesem Themenkreis beschäftigte sich daher mit einem ‚Piratengesetz‘1117, obwohl einzelne Abschnitte schon auf die Provinz Macedonia hinwiesen, die man mit dem Piratenthema allenfalls spekulativ in Verbindung bringen konnte.1118 1970 wurde in Knidos ein Fragment gefunden, das dem Fragment aus Delphi zugeordnet werden konnte. Trotz einiger Unterschiede im Einzelnen ergänzen bzw. überlappen sich die beiden Teile.1119 Daher besteht heute die allgemeine Überzeugung, dass es sich um ein einziges römisches Gesetz handelt, von dem zwei verschiedene griechische Übersetzungen angefertigt wurden.1120 Inhaltlich geht das Gesetz mit den neu gefundenen Teilen über das Piratenthema hinaus und trifft Anordnungen für die Gouverneure der östlichen Pro-

1116 1117 1118 1119 1120

Zumpts Überlegungen sind abwegig; teils geht er von späteren Verhältnissen aus, teils interpretiert er die Quellen falsch. Überblick über die ältere Literatur bei Crawford, Roman Statutes 1.231. Vgl. Pohl, Piraterie 236. Zum Verhältnis der beiden Teile vgl. Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 197–200. Crawford, Roman Statutes 1.234; ebenso: Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 33; Ferrary, Tituli 9, 102–103.

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vinzen Makedonien und Asia. Daraus ergibt sich der neuerdings vorgeschlagene Gesetzestitel lex de provinciis praetoriis1121. Leider fehlt auch nach dem Fund der Fragmente von Knidos immer noch der offizielle Anfang des Gesetzestextes. Wahrscheinlich beschäftigt sich das Gesetz zunächst tatsächlich mit dem Piratenthema; denn darauf deuten die ersten, schlecht erhaltenen Textzeilen (Delphi, Block A) mit der Nennung von Pamphylia und (vielleicht) Lykaonia hin. Es folgt das Ende eines Abschnittes, in dem es um die Sicherheit der Meere für die römischen Bürger, ihre Bundesgenossen und die Latiner geht. Dann richtet sich der Blick unvermittelt auf Makedonien mit einem Verbot für die amtierenden Konsuln, dem dortigen Statthalter neue Truppen zu schicken oder eine solche Entsendung zuzulassen. Außerdem sollen die Konsuln keine neuen Verträge über Getreidelieferungen an Truppen für Makedonien abschließen, was zuvor offenbar beabsichtigt gewesen war. Mit dem Hinweis auf die lex Porcia eines Praetors M. Porcius Cato1122 übernimmt die lex de provinciis praetoriis (Knidos Col. III) die dort festgelegten neuen Vorschriften für die Amtsführung der Statthalter. Auf Grund dieses Gesetzes dürfen sie nämlich keine Truppen über die Grenzen ihrer Provinz hinausführen oder -schicken; sie selbst sollen sich in ihrer Provinz aufhalten, nur nach einem diesbezüglichen senatus consultum dürfen die Provinzgrenzen überschritten werden. Und die Statthalter sind dafür verantwortlich, dass ihr Stab sich genauso an diese Vorgaben hält. Daran schließen sich zwei negativ formulierte Absätze an: Sie erläutern nämlich, das Gesetz enthalte nichts darüber1123, dass Städte oder Völkerschaften befreundeter oder verbündeter Könige zu Leistungen wie Steuern oder der Stellung von Soldaten herangezogen werden. Dasselbe gilt für den Grundsatz, dass Lycaonia nach wie vor zum Amtsbereich des Statthalters von Asia gehört. Ähnlich wie zu Anfang greift das Gesetz nun das Piratenthema wieder auf: Der zuerst gewählte römische Konsul1124 erhält den Auftrag, an Städte, Völkerschaften 1121

Ferrary, MEFRA 89, 1977, 620; übernommen von Crawford, Roman Statutes 1.231, und mittlerweile allgemein gebräuchlich. Kallet-Marx, Hegemony 142 und öfter, bezeichnet das Gesetz als lex de Cilicia Macedoniaque provinciis; dem folgte Dmitriev, Athenaeum 83, 84–90 (mit der Abkürzung LCMP). Sumner, GRBS 19, 1978, 211, Thommen, Volkstribunat 100, 106–107, 109 und Pohl, Piraterie 216 ff., verwenden ‚Piracy Law‘ bzw. ‚Piratengesetz‘; Kunkel, Staatsordnung 2.388–389 (und öfter, vgl. die Literaturhinweise) spricht von der „sog. lex de piratis“. 1122 Lex Nr. 46. 1123 Die aus anderen Zusammenhängen bekannte lateinische Formel e(ius) h(ac) l(ege) n(ihilum) r(ogatur) liegt hier zugrunde; vgl. Badian, MH 45, 1988, 213–216. 1124 Der Text (Cnidos Col. III, Z. 28 = Delphi Block B, Z. 5) ist eindeutig so aufzufassen; vgl. schon die lateinische Übersetzung bei Riccobono, FIRA 1.122; abzulehnen ist, dass es sich um den Konsul handelt, der gerade im Besitz der fasces ist, so etwa Girard / ​Senn, III Nr. 10, 57 (131); vgl. dazu Crawford, Roman Statutes 1.261; Lintott, ZPE 20, 1976, 67–68. Andere Überlegungen bei Hinrichs, Hermes 98, 1970, 489–490.

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und Herrscher Briefe zu schreiben, in denen er mitteilt, dass das römische Volk für die Sicherheit der Meere Sorge tragen will und dass darum die prätorische Provinz Kilikien1125 eingerichtet wird. Außerdem soll in Briefen an die befreundeten bzw. verbündeten Könige von Zypern, Alexandria und Ägypten, in Kyrene und in Syrien in der Weise um Unterstützung gegen die Piraten gebeten werden, dass man ihnen keinen Unterschlupf in den dortigen Häfen gewähren solle. Wenn in dieser Angelegenheit Gesandtschaften nach Rom kommen  – wobei die der Rhodier offenbar einen besonderen Status genießen, denn der Konsul soll ihnen extra ordinem Zugang zum Senat ermöglichen –, beschließt der Senat darüber, und die Magistrate sollen den Beschluss umsetzen. Dem Auftrag an den Konsul folgt der an den Statthalter der Provinz Asia während der Amtszeit der Konsuln C.  Marius und L.  Valerius. Auch er wird beauftragt, an dieselben Adressaten Briefe zu schreiben und in Verbindung damit ein Exemplar des Gesetzes zu verschicken. Das Gesetz soll auf einer Bronzetafel, auf Stein oder auch einer geweißten Tafel öffentlich so aufgestellt werden, dass alle Leute es lesen können. Im Anschluss an die Passagen über die Provinz Asia finden sich Bestimmungen über die Provinz Macedonia: Der jetzige und die zukünftigen Statthalter der Provinz sollen einem Senatsbeschluss zufolge als erstes das von T. Didius neueroberte Gebiet der kainikischen Chersones1126 bereisen, das der Provinz Macedonia zugeschlagen wurde. Er ist verantwortlich für das Eintreiben der Steuern, die er entsprechend den üblichen Vorgaben so schnell wie möglich einführen soll, und muss mindestens sechzig Tage in diesem Teil seiner Provinz verbringen. Zum Abschluss wird den Praetoren der Provinzen Asia und Macedonia zugebilligt, dass ihre jurisdiktionellen Kompetenzen über ihre Tätigkeit hinaus bis zu ihrer Rückkehr nach Rom gültig sind. Gleiches gilt für die Quaestoren der beiden Provinzen. Die ungewöhnlich umfangreiche sanctio des Gesetzes beginnt mit dem Eid, durch den sich die amtierenden Statthalter innerhalb von 10 Tagen nach Erlass des Gesetzes verpflichten müssen, alles auszuführen, was ihnen im Gesetz aufgetragen wird. Alle anderen amtierenden Magistrate – außer Volkstribunen1127 1125

Zur Kontroverse um die Einrichtung der Provinz vgl. Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 211–212; Crawford, Roman Statutes 1.261–262  – gegen die Auffassung von Sherwin-White, JRS 66, 1976, 7, dass Cilicia hier als militärische Aufgabe (im ursprünglichen Sinn von provincia) gemeint sei. – Zu Kilikien als praetorische Provinz vgl. Brennan, Praetorship 2.357–358. 1126 Meist wird der Text als „Chersones und Kainike“ interpretiert (so z. B. Crawford, Roman Statutes 1.255; Ferrary, Législation 466); Walbanks Erklärung (Via illa nostra 143–145), die hier übernommen wurde, überzeugt jedoch. Ebenso äußert sich Lintott, CAH2 9.97. 1127 Die Volkstribunen sind vermutlich von der Eidesleistung ausgeschlossen, weil sie nach dem Grundsatz lege enim conlegii sui non tenebantur (Cic. Att. 3.23,4) nicht herangezogen werden; vgl. Mommsen, StR 1.291 A.3; ihm folgend u. a.: Passerini, Athenaeum 12, 1934, 139–141;

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und Statthalter – sind innerhalb der ersten fünf Tage nach Erlass des Gesetzes zur Eidesleistung verpflichtet, ebenso alle künftigen Magistrate  – außer den Statthaltern1128 – innerhalb der ersten fünf Tage nach Amtsantritt. Ausdrücklich wird festgeschrieben, dass niemand in betrügerischer Absicht etwas gegen das Gesetz unternehmen darf, sondern ein jeder alle seine Vorschriften befolgen und darauf den Eid leisten muss. Zuwiderhandlungen, die ins Einzelne gehend aufgezählt sind, werden bestraft. Für jeden einzelnen Verstoß wird eine Geldbuße von 200.000 Sesterzen festgesetzt. Jeder freigeborene Bürger Roms kann Anklage erheben. Ein Magistrat, der die gerichtliche Verfolgung behindert oder die Geldbuße manipuliert, verfällt derselben Strafe. Nach einer wegen des schlechten Erhaltungszustandes kaum zu deutenden Textpassage werden im erhaltenen Schluss des Gesetzes minutiös die Abwicklung des Gerichtsverfahrens vorgeschrieben und die Folgen von Freispruch bzw. Verurteilung aufgezeigt. Der Freispruch erfolgt unter dem Vorbehalt, dass keine praevaricatio (Pflichtverletzung) vorliegt. Im Falle der Verurteilung darf jeder Magistrat, der das Urteil hört, die Geldbuße eintreiben. Die eine Hälfte soll an den Quaestor für das Aerarium abgeführt werden; die andere Hälfte geht vermutlich ebenfalls an den Quaestor zur Aufbewahrung. Damit bricht der Text ab, die letzte Klausel bleibt unklar.1129 Von diesem lückenhaft überlieferten Inhalt aus gehen die Überlegungen zur Intention des Gesetzes in zwei gegensätzliche Richtungen. Die Einen meinen, das Gesetz sei den Popularen zuzuordnen, weil es die Demokratie bzw. die Herrschaft des Volkes befördere, indem die Volksversammlung über politische Bereiche beschließe, die bisher dem Senat allein vorbehalten waren.1130 Die Yarnold, AJPh 78, 1957, 165 A.7; Mattingly, JRS 60, 1970, 155. Da diese Vorschrift für die nachfolgenden Tribunenkollegien nicht mehr gilt, werden sie in der zweiten Bestimmung (Eid innerhalb von fünf Tagen nach Amtsantritt) nicht mehr ausgenommen. 1128 Für die amtierenden Statthalter gilt eine eigene Regelung; die künftigen Statthalter haben den Eid schon beim Amtsantritt ihrer ordentlichen Magistratur geleistet. Verfehlt ist die Spekulation von Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 215 A.16, dass darauf kein Wert gelegt worden sei. 1129 Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 209 (Ü) u. 217 (K) nehmen hier eine Person an, deren Identität nicht feststellbar ist. Crawford, Roman Statutes 1.252 (lat.Ü) u. 257 (engl.Ü), denkt auch hier an den Quaestor; 1.270 geht er davon aus, dass das Geld als Belohnung eingesetzt wird. 1130 So Hassall / ​ Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 218–219; Dahlheim, Gewalt 149–151; Mackay, Breakdown 159; Evans, Reputations 128–129; Kunkel, Staatsordnung 2.388; Lintott, Constitution 210; Bringmann, Republik 241; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 654–660 (später – Tituli 9, 113 – distanziert er sich davon). Betonung des demagogischen Vorgehens bei Hinrichs, Hermes 98, 1970, 492–494. – Gegen die Verankerung als „populares Gesetz“: Sumner, GRBS 19, 1978, 222–223; Walbank, Via illa nostra 143; Pohl, Piraterie 228–231; Drogula, Chiron 41, 2011, 104; Ferrary, Législation 467.

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Anderen sehen dagegen im Hintergrund das Wirken des Senats, der durch das Mittel eines Plebiszits versucht, die Eigeninteressen der Statthalter zugunsten des Gemeinwohls zu beschneiden.1131 Denn in der lex de provinciis praetoriis erscheinen mit den Provinzen Asia und Macedonia die Aufgabenbereiche zweier Statthalter, deren Amtsführung offenbar den Anstoß zum Gesetz gab. Es handelt sich um die Unternehmungen des M.  Antonius (Provinz Asia)1132 gegen die Piraten und um die Kriegszüge des T. Didius über die Grenzen seiner Provinz Macedonia hinaus. In beiden Fällen handelten prätorische Statthalter aus eigenem Antrieb – ohne Auftrag aus Rom –, und durch das Gesetz versucht man nun, einerseits die Erfolge zu nutzen,1133 andererseits mögliche Unternehmen ähnlicher Art in Zukunft zu verhindern.1134 So wird weiteres Vorgehen gegen die Piraten auf mehrere Schultern verteilt, indem Freunde und Alliierte aufgefordert werden, den Piraten die Unterstützung zu entziehen und mit den Römern für die Sicherheit der Meere einzutreten. Und der makedonische Statthalter ist gehalten, den von Didius dazugewonnenen Landesteil in die ordentliche Verwaltung der Provinz inklusive Erhebung von Steuern einzugliedern. Wegen der Annahme einer „popularen“ Intention des Gesetzes dachte man früher – vor der Entdeckung der Fragmente in Knidos – auch daran, dass mit Hilfe des Gesetzes ein umfangreiches militärisches Kommando für Marius geschaffen werden sollte.1135 Doch schon Passerini1136 widersprach zu Recht dieser Vorstellung, die eigentlich durch die neuen Textteile vollends überholt scheint, 1131

Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 41–44; Walbank, Via illa nostra 143; Giovannini, Historia 57, 2008, 101–107; Drogula, Chiron 41, 2011, 104; Brennan, Legal Ideology 476. – Passerini, Athenaeum 12, 1934, 137–138, ist zwar der Meinung, das Gesetz richte sich gegen Didius, der seinen Erfolg nicht auswerten könne; andererseits würden durch die lex dem Senat zustehende Rechte usurpiert. Lintott, ZPE 20, 1976, 68 u. 72, sieht dagegen in der Zeit nach den Konsulwahlen eine Lücke in der Geschäftsführung des Senats, weil kein Konsul in Rom und der Senat ohne Führung war. Das Gesetz wirke daher zumindest teilweise „popular“. Sein Argument hängt jedoch von der hypothetischen Datierung in das Ende des Jahres 101 ab. 1132 Drogula, Chiron 41, 2011, 106–115, begründet ausführlich, dass entgegen früherer Auffassungen (Magie, Sherwin-White und Ferrary  – dazu Drogula, a. a. O. 106–107 –; vgl. Broughton, MRR 1.568–570, 572, 576) Antonius’ provincia weder ein Seekommando gegen die Piraten noch die Provinz Kilikien, sondern höchstwahrscheinlich einfach Asia war. 1133 Pohl, Piraterie 254. 1134 So schon Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 40. Ferrary, MEFRA 89, 1977, 654–660, sieht das Gesetz ebenfalls als Bewahrung des Erreichten und gegen weitere Eroberungen im Osten gerichtet. Nach Pohl, Piraterie 236–237, verkörpert das Gesetz im Hinblick auf das Piratenproblem eine „defensive Grundhaltung“, an eine neue Militäraktion sei nicht gedacht. 1135 So z. B.  Schur, Klio 31, 1938, 315, 319–320; Bleicken, Lex 116 A.34; übernommen von Thommen, Volkstribunat 100, aber auch noch von Letzner, Sulla 88, und Schulz, Meer 157. 1136 Passerini, Athenaeum 12, 1934, 134–137, und Athenaeum 17, 1939, 62–64, mit seiner Stellungnahme gegen Carcopino; ebenso: Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 40. Die alte These wurde von Kunkel, Staatsordnung 389 – wenig überzeugend – wieder aufgegriffen.

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denn sie machen deutlich, dass es um die Sicherung des Erreichten in den östlichen Provinzen geht, nicht aber um eine neue Unternehmung.1137 Weiterhin sind die Ansichten zur Intention der lex de provinciis praetoriis und – davon abhängig – zu ihrer Urheberschaft eng mit der Frage der Datierung des Gesetzes verbunden. Denn im Gesetz erscheinen als einzige Zeitangabe die Konsuln C. Marius und L. Valerius Flaccus in Block B, Z. 20 (Delphi), namengebend für das Jahr 100, was eigentlich einen Terminus post quem darstellt. So gilt vorzugsweise einer der Volkstribunen des Jahres 100 als möglicher Rogator. Die Überlegungen dazu bewegen sich von der nüchternen Feststellung, der oder die Rogatoren seien gänzlich unbekannt1138, über Wahrscheinlichkeitsformulierungen für Glaucia1139 oder Saturninus1140 bis hin zur Überzeugung, dass Glaucia oder Saturninus oder beide1141 für das Gesetz verantwortlich seien. So sehen einige in Glaucia die treibende Kraft, denn er ist wohl im Jahr 101 Volkstribun1142 und im Jahr 100 Praetor1143 – verifizieren lässt sich diese Hypothese nicht. Überwiegend denkt man an Appuleius Saturninus, der im Jahr 100 zum zweitenmal den Volkstribunat bekleidet und mehrere Gesetze verabschieden lässt. Aber auch für diese Annahme findet sich nirgends ein direkter Anhaltspunkt. Im Gegenteil, da Saturninus’ Gesetzgebungstätigkeit in den Quellen ansonsten umfassend berücksichtigt wird,1144 ist kaum anzunehmen, dass ein offensichtlich so wichtiges Gesetz nicht erwähnt wurde.1145 Und auch ein weiteres Argument 1137

Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 218. Mackay, Breakdown 159: „completely unknown“; vgl. Pohl, Piraterie 225. 1139 Hassall / ​ Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 219; Doblhofer, Populare 91–93; Kunkel, Staatsordnung 2.389. Mit Vorbehalt denkt Ferrary, MEFRA 89, 1977, 654, an Glaucia als möglichen Urheber; jedenfalls hält er die lex für „favorable à Marius“, vielleicht sei sie durch ihn angeregt (Tituli 9, 113–114). 1140 So z. B. Passerini, Athenaeum 12, 1934, 121–122; Sherwin-White, JRS 46, 1956, 4; Marsh / ​ Scullard, History 419–420; Gruen, Roman Politics 180; Hinrichs, Hermes 98, 1970, 490–492; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 654, 660; Schneider, Wirtschaft 372. 1141 Schur, Klio 31, 1938, 315, 319–320; Schur, Marius und Sulla 86 m. A.2; Evans, Reputations 128–129; ähnlich Sherwin-White, JRS 66, 1976, 8.  1142 Broughton, MRR 1.571–572; Hassall / ​ Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 219; Evans, Marius 114–115. 1143 Broughton, MRR 1.574–575. 1144 So auch Badian, Clientelae 287 A.3. 1145 Hinrichs, Hermes 98, 1970, 495 u. 497, führt die Nichterwähnung in den Quellen darauf zurück, dass das Gesetz  – seiner Ansicht nach von Saturninus rogiert  – keine Wirkung hatte, weil es, gerade erst beschlossen, nach Saturninus’ Tod zusammen mit seinen anderen Gesetzen wieder beseitigt worden sei. Da sich immerhin zwei griechische Kopien des Gesetzes erhalten haben, steht aber fest, dass zumindest dieser Teil des Gesetzes, der die Veröffentlichung zum Inhalt hat, ausgeführt wurde. Hinrichs kannte zwar nur die Inschrift aus Delphi, doch auch diese Ausfertigung der lex geht auf die im Text erhaltene Anordnung zurück; Sherwin-White, JRS 66, 1976, 8, misst der Veröffentlichung keine Bedeutung zu. 1138

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zugunsten von Saturninus ist nicht überzeugend: Weil er seinem Agrargesetz1146 eine Eidesklausel hinzufügte, findet man wegen der Parallele zu dem Eid in der lex de provinciis praetoriis auch hier die Handschrift des Saturninus. Zwischen beiden Vorschriften besteht jedoch ein gravierender Unterschied. Während Saturninus explizit den Eid auf sein Gesetz von allen Senatoren forderte, sind nach der lex de provinciis praetoriis lediglich die amtierenden Statthalter der Provinzen Asia und Macedonia sowie alle übrigen amtierenden und zukünftigen Magistrate zum Schwur verpflichtet.1147 Dieser Eid gleicht daher dem normalen Beamteneid in leges, den jeder Magistrat innerhalb von fünf Tagen nach Amtsantritt leisten musste, um rechtsgültig sein Amt ausüben zu können.1148 Aus den Versuchen, das Gesetz bestimmten Rogatoren zuzuweisen, wird zudem deutlich, dass trotz der Zeitangabe im Gesetzestext über die Datierung der lex de provinciis praetoriis divergierende Meinungen bestehen. So lautet die am häufigsten geäußerte These, dass die Verabschiedung des Gesetzes noch in das Jahr 101 bzw. die Monate gegen Ende des Jahres nach der Konsulwahl für das Jahr 100 falle.1149 Es ist jedoch davon auszugehen, dass normalerweise die amtierenden Konsuln und nicht die zukünftigen genannt werden1150 – zumal die eine Konsulstelle in beiden Jahren mit Marius besetzt war. Allerdings könnte man die im Gesetz vorgesehenen Aufträge direkt an die nächsten Konsuln weitergegeben haben, da Marius’ Kollege in 101, M’. Aquillius, sich nicht in Rom sondern in Sizilien aufhielt, um den Sklavenkrieg dort zu beenden. Der nächsten These – in zeitlicher Reihenfolge – gilt das Ende des Jahres 101 bis zum Anfang des Jahres 100, vor der Verteilung der Provinzen, als mögliches Zeitfenster für die Verabschiedung des Gesetzes.1151 Da jedoch durchgängig im gesamten erhaltenen Gesetzestext keine Namen genannt werden, weder der gegenwärtigen noch der zukünftigen Statthalter, scheint dieser zeitliche Rahmen recht 1146 1147 1148 1149

1150

1151

Lex Nr. 84. Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 41–42. Mommsen, StR 1.620–622; vgl. Giovannini, Historia 57, 2008, 101. Stuart Jones, JRS 16, 1926, 173; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 134–135; Gabba, Republican Rome III.83; Sherwin-White, JRS 66, 1976, 6 m. A.21; Lintott, ZPE 20, 1976, 66–69; Doblhofer, Populare 91–93; Mackay, Breakdown 158 u. a.  – Zu diesem Zeitraum würde Glaucia passen, der vielleicht 101 als Volkstribun amtierte, vgl. die in Fn.1048 genannte Literatur. Sumner, GRBS 19, 1978, 221, und Pohl, Piraterie 220, sind gegen einen antizipatorischen Gebrauch der Namen. Nach Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 36, ist für amtierende Magistrate die Formel qui nunc sunt gebräuchlich. Ferrary datiert in MEFRA 89, 1977, 645–654, auf Februar 100, in Tituli 9, 112–113, auf den Anfang des Jahres 100; Crawford, Roman Statutes 1.236–237, schließt sich dem an. – Dieser Zeitraum „vor der Verteilung der Provinzen für 100“ wird auch bei einigen (z. B. Mackay, Breakdown 158) genannt, die ihre Datierung bei „nach der Konsulwahl für 100“ beginnen lassen.

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willkürlich gewählt, zumal die Zuteilung der Provinzen offenbar nicht immer zum selben Zeitpunkt erfolgte.1152 Evans1153 plädiert für die zweite Hälfte des Jahres 100, weil die Bestimmungen des Gesetzes seiner Meinung nach mit Didius’ Rückkehr nach Rom zusammenhängen, die er in diesen Zeitraum datiert. Sumner1154 schließlich hält für wahrscheinlich, dass das Gesetz vor den Unruhen um Saturninus und Glaucia promulgiert, aber erst im Dezember 100 von Mitgliedern des Tribunenkollegiums des Jahres 99 verabschiedet wurde. Eine noch spätere Datierung in das Jahr 99 findet sich bei Giovannini1155. Er verlegt die Zuteilung der praetorischen Provinzen in die zweite Hälfte jeden Jahres und meint wegen der (ergänzten) Verbform ἐ[γέ]νετο (Delphi, Block B, Z. 21), die er als Indikativ Aorist1156 auffasst, dass der hier mit Aufgaben betraute Praetor im Jahr 100 sein Amt erhielt und das Gesetz erst im Jahr darauf verabschiedet wurde. Bei diesen zeitlichen Vorgaben erscheint es jedoch sehr merkwürdig, dass das Gesetz  – obwohl die Personen bekannt sind  – außer den namengebenden Konsuln keine weiteren Namen enthält, nicht einmal, wenn einmalige Aufträge wie die Veröffentlichung des Gesetzes erteilt werden. Alles in allem scheint das Jahr 100 als Datierung des Gesetzes den Vorzug zu verdienen, wobei die verschiedenen Theorien vielleicht nur durch den Fund von weiteren Fragmenten einer endgültigen Lösung zugeführt werden können. Und noch in einem anderen Punkt lässt sich wegen der Lücken, die der Text trotz der Zusammenfügung der Fragmente aus Delphi und Knidos aufweist, keine genaue Aussage treffen, nämlich bei der Gesamtbeurteilung der lex de provinciis praetoriis. Gelegentlich wird sie als lex satura bezeichnet1157, da sie Bestimmungen zu zwei verschiedenen Themen enthalte, nämlich zur Frage des Umgangs mit den Piraten und zur Verwaltung der östlichen Provinzen. Die beiden Themen werden jedoch nicht stringent voneinander getrennt abgehandelt, was gegen eine echte lex satura spricht, zumal beim Vorliegen zweier oder gar mehrerer Gesetze eine gemeinsame Veröffentlichung kaum sinnvoll erscheinen würde.

1152 1153 1154 1155 1156

1157

Vgl. die unterschiedlichen Aussagen von Lintott, ZPE 20, 1976, 66–67, und Giovannini, Historia 57, 2008, 100. Evans, Marius 112–115 u. Reputations 128–129. Sumner, GRBS 19, 1978, 223. Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 34–38 u. Giovannini, Historia 57, 2008, 93–100. Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 36 u. Giovannini, Historia 57, 2008, 96–97. Der Form wird sonst – Lintott, ZPE 20, 1976, 66 folgend – die Bedeutung eines Futur II beigelegt, das sich dann auf einen gegenwärtigen oder zukünftigen Praetor beziehen würde, vgl. Walbank, Via illa nostra 143, u. Crawford, Roman Statutes 1.250 (lat. Übers.) u. 1.254 (engl. Übers.). Lintott, ZPE 20, 1976, 70; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 644; ähnlich Hassall / ​Crawford / ​ Reynolds, JRS 64, 1974, 219; vgl. Doblhofer, Populare 92 A.413.

272

Lex Nr. 86

Lit: Badian, Clientelae 287 A.3; Badian / ​Martin, ZPE 35, 1979, 153–167; Badian, MH 45, 1988, 213–216; Behrends, fraus legis 56; Bleicken, Lex 116 A.34, 124 A.98, 227 A.109, 450 A.247; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.350–351, 353–354; Bonnefond-Coudry, Sénat 338, 340; Brennan, Praetorship 2.357–358; Brennan, Legal Ideology 476; Bringmann, Republik 241, 277; Bringmann, Krise 68 m. A.16; Dahlheim, Gewalt 149–151; Dmitriev, Athenaeum 93, 2005, 84–90; Doblhofer, Populare 91–93; Drogula, Chiron 41, 2011, 91–92, 95–96, 104–121; Duplá, Consules populares 285; Evans, Marius 111–115, 119 A.103; Evans, Reputations 128–129; Ferrary, MEFRA 89, 1977, 619–660; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 101; Ferrary, Chapitre 15; Ferrary, Tituli 9, 101–114; Ferrary, Législation 466–467, 472–473; Gabba, Republican Rome III.83; Gabba, Appian 1.103–104; Gabba, CAH2 9.108; Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 33–47; Giovannini, Consulare imperium 94–95; Giovannini, Historia 57, 2008, 92–107; Gruen, Roman Politics 180; Hassall / ​Crawford / ​Reynolds, JRS 64, 1974, 195–220; Heftner, Tyche 20, 2005, 25; Hill, Middle Class 127; Hinrichs, Hermes 98, 1970, 486–502; Jones, Criminal Courts 46; Kah, Rhodos 266–267 m. A.60; Kallet-Marx, Hegemony 142–143, 148, 226–239; Keaveney, Klio 65, 1983, 199–200; Kunkel, Staatsordnung 2.94 m. A.150–151, 245 A.504, 252 A.2, 253–254 A.6, 388–389; Letzner, Sulla 88–89; Linderski, Questions I.635; Lintott, ZPE 20, 1976, 65–82; Lintott, Imperium 23, 48, 49, 53–54, 65–66; Lintott, RHD 68, 1990, 9–11; Lintott, Judicial reform 4, 14, 30, 111, 138, 147–149, 151, 168, 242–244, 251; Lintott, CAH2 9.32, 35–36, 97–98; Lintott, Constitution 101–102, 210, 212; Luce, Historia 19, 1970, 168 A.33; Lundgreen, Staatsdiskurse 45; Luzzatto, Scritti minori 157, 257–263; Luzzatto, Scritti Borsi 1955, 37; Mackay, Breakdown 157–159; Mantovani, Legum multitudo 725; Marsh / ​Scullard, History 419–420; Martin, Populare 184 A.6; Mattingly, JRS 60, 1970, 155; Millar, Rome 1.148, 152, 156; Niccolini, FTP 201; van Ooteghem, Marius 237–241; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 121–124, 134–139; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 62–64; Pohl, Piraterie 216–256, 280–281; Rawson, Phoenix 28, 1974, 210 (= Rawson, Roman Culture 166); Richardson, CAH2 9.574, 576–577; Santalucia, Clausole 116–128, 131; Santangelo, Sulla 23–31; Schneider, Wirtschaft 372–373; Schulz, Herrschaft 48, 82, 248, 269 A.383; Schulz, Meer 157; Schur, Klio 31, 1938, 315, 319–320; Schur, Marius und Sulla 85–87; Scullard, Gracchi to Nero 58–59, 400–401; Serrao, Classi 281–282; Sherwin-White, JRS 46, 1956, 4; Sherwin-White, JRS 66, 1976, 5–8; Sherwin-White, JRS 67, 1977, 69–70; Sherwin-White, Foreign policy 96–101; Snowdon, Res Publica 166, 172, 174; De Souza, CQ 47, 1997, 478–481; Stevenson, CAH 9.454; Stuart Jones, JRS 16, 1926, 155–173; Sumner, GRBS 19, 1978, 211–225; Thommen, Volkstribunat 57 m. A.104–106, 100, 106–107, 109; Walbank, Via illa nostra 142–147; Wenger, Quellen 174; Yarnold, AJPh 78, 1957, 164, 165 A.7.

Lex Nr. 87

273

87 Rogatio Porcia Pompeia de Q. Caecilio Metello revocando Dezember 654/100

Oros. 5.17,11: Tunc Cato atque Pompeius rogationem de reditu Metelli Numidici totius urbis gaudio promulgarunt: quae ne perficeretur, Marii consulis et Furii tribuni plebi factionibus intercessum est. Dann haben Cato und Pompeius den Gesetzesvorschlag über die Rückkehr des Metellus Numidicus zur Freude der ganzen Stadt eingebracht. Damit er nicht durchgeführt würde, wurde auf Betreiben des Konsuls Marius und des Volkstribunen Furius Einspruch eingelegt. App. civ. 1.33,147: ἀναιρεϑέντων δὲ τῶν ἀμφὶ τὸν ᾿Απουλήιον ἡ μὲν βουλὴ καὶ ὁ δῆμος ἐκεκράγεσαν κατακαλεῖν Μέτελλον, Πούπλιος δὲ Φούριος δήμαρχος, οὐδ’ ἐλευϑέρου πατρός, ἀλλ᾿ ἐξελευϑέρου, ϑρασέως ἐνίστατο αὐτοῖς καὶ οὐδὲ Μετέλλου τοῦ Μετέλλου παιδὸς ἱκετεύοντος αὐτὸν ἐν ὄψει τοῦ δήμου καὶ δακρύοντος καὶ τοῖς ποσὶ προσπίπτοντος ἐνεκλάσϑη. Als Appuleius und seine Anhänger aus dem Weg geräumt waren, forderten der Senat und das Volk lautstark, Metellus zurückzurufen. Der Volkstribun Publius Furius aber, der nicht Sohn eines Freien, sondern eines Freigelassenen war, widersetzte sich ihnen dreist und auch, als Metellus, der Sohn des Metellus, ihn vor den Augen des Volkes inständig bat, Tränen vergoss und sich ihm zu Füßen warf, blieb er unbewegt. 149. … Μετέλλῳ δ’ ἡ κάϑοδος ἐδόϑη, καὶ φασιν αὐτῷ τὴν ἡμέραν οὐκ ἀρκέσαι περὶ τὰς πύλας δεξιουμένῳ τοὺς ἀπαντῶντας. (Im folgenden Jahr) … wurde dem Metellus die Rückkehr gestattet, und man sagt, dass ein Tag für ihn nicht ausreichte, um von allen, die ihm am Stadttor entgegenkamen, willkommen geheißen zu werden. Plut. Mar. 31,1–2: Δόγματος δ’ εἰσφερομένου Μέτελλον ἀπὸ τῆς φυγῆς ἀνακαλεῖσϑαι, πολλὰ καὶ διὰ λόγων καὶ δι’ ἔργων μάτην ἐναντιωϑείς, τέλος ἀπεῖπε· καὶ δεξαμένου τὴν γνώμην τοῦ δήμου προϑύμως, οὐχ ὑπομένων κατερχόμενον ἐπιϑεῖν τὸν Μέτελλον, ἐξέπλευσεν εἰς Καππαδοκίαν καὶ Γαλατίαν … Als aber der Antrag eingebracht wurde, Metellus aus der Verbannung zurückzurufen, widersetzte sich Marius vielfältig sowohl mit Worten als auch mit Taten, aber vergeblich: Am Ende versagte er. Und als das Volk dem Antrag bereitwillig (eifrig) zugestimmt hatte, schiffte er sich nach Kappadokien und Galatien ein, weil er nicht bleiben wollte, um dem aus dem Exil zurückkehrenden Metellus zu begegnen. Die beiden Volkstribune L.  Porcius Cato und Q.  Pompeius Rufus greifen nach dem Tod von Saturninus und der Unterwerfung seiner Anhänger die allgemeine Stimmung in Senat und Volk auf und beantragen die Restituierung des Q. Caecilius Metellus Numidicus, der seit der Auseinandersetzung mit Saturninus auf Rhodos1158 im Exil lebte. Der Vorschlag scheitert an der Opposition des 1158

Liv. per. 69; gegen Vir. ill. 62,2: Smyrna.

274

Lex Nr. 88

Konsuls Marius und des Tribunenkollegen P. Furius1159. Erst im darauffolgenden Jahr gelingt es, Metellus durch ein Plebiszit (Lex Nr. 91) nach Rom zurück­ zuholen.1160 Gewöhnlich wird der Vorstoß der beiden Volkstribunen Pompeius und Cato in den Dezember 1001161 datiert, den Beginn des neuen Tribunatsjahres, weil Orosius Marius als Konsul tituliert. Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 326; Badian, Chiron 14, 1984, 130–136; Behr, Sulla 49; Beness, Antichthon 25, 1991, 53 m. A.90; Broughton, MRR 2.2; Carney, Marius 46; Cuq, DS 3,2.1161; Graeber, Auctoritas 208; Grasmück, Exilium 94 A.208; Gruen, Historia 15, 1966, 33–34; Hackl, Senat und Magistratur 197; Kelly, Exile 85, 179; Konrad, Companion Republic 8.177, 179; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.652; Lange, Alterthümer 2.702, 3.84; Levick, Historia 31, 1982, 504; Luce, Historia 19, 1970, 163; Martin, Populare 186; Niccolini, FTP 204; van Ooteghem, Marius 251; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 352; Pelling, Plutarch 338; Rotondi, Leges 332–333; Thommen, Volkstribunat 124, 216, 221–222; Zumpt, Criminalrecht 1,2.353.

88 Lex Titia de agris dividundis 655/99

Obseq. 46: Sex. Titius1162 tribunus plebis de agris dividendis populo cum repugnantibus collegis pertinaciter legem ferret, corvi duo numero in alto volantes ita pugnaverunt supra contionem ut rostris unguibusque lacerarentur. Aruspices sacra Apollini litanda et de lege, quae ferebatur, supersedendum pronuntiarunt. Als der Volkstribun Sextus Titius ein Gesetz über die Verteilung von Land an das Volk einbrachte, obwohl seine Kollegen ihr Veto einlegten, kämpften Raben, zwei an der Zahl, die in großer Höhe flogen, so über der Volksversammlung, dass sie sich mit Schnäbeln und Klauen gegenseitig verletzten. Die Haruspices verkündeten daraufhin, dass Apollo ein Sühnopfer geweiht werden und man sich über das Gesetz, das gerade eingebracht wurde, hinwegsetzen solle.

1159

Zu Furius vgl. Doblhofer, Populare 98–101. Zumpt, Criminalrecht 1,2.353, verbindet den Einspruch des Furius fälschlicherweise mit der lex Calidia (Lex Nr. 91). 1161 Niccolini, FTP 204, Broughton, MRR 2.2. – Badian, Chiron 14, 1984, 133, setzt Furius’ Volkstribunat ins Jahr 100. Daraus folgt für ihn, dass Cato und Pompeius (a. a. O. 135) in dasselbe Tribunenkollegium – mit Saturninus – gehören. 1162 Name nach Pighius, MS: Sextius. 1160

Lex Nr. 88

275

Val. Max. 8.1 damn. 3: Sex. quoque Titium similis casus prostravit. erat innocens, erat agraria lege lata gratiosus apud populum: tamen, quod Saturnini imaginem domi habuerat, suffragiis eum tota contio oppressit. Ein ähnlicher Fall brachte auch Sextus Titius zu Fall. Er war unschuldig und beim Volk wegen des von ihm eingebrachten Ackergesetzes beliebt. Dennoch, weil er ein Bild des Saturninus zu Hause gehabt hatte, stürzte ihn die gesamte Volksversammlung durch ihre Abstimmung. Cic. leg. 2.6,14: Marcus: Igitur tu Titias et Apuleias leges nullas putas? Quintus: Ego vero ne Livias quidem. Marcus: Et recte, quae praesertim uno versiculo senatus puncto temporis sublatae sint. Marcus: Demnach hältst du die Gesetze des Titius und des Appuleius für nichtig? Quintus: Ja, sogar erst recht die des Livius. Marcus: Recht hast du, zumal sie durch eine kurze Formel des Senats im Nu aufgehoben wurden. Cic. leg. 2.12,31: Quid religiosius quam …. Quid, legem si non iure rogata est tollere, ut Titiam decreto conlegi, ut Livias consilio Philippi consulis et auguris? Was ist geheiligter als … Was, als ein Gesetz aufzuheben, das nicht rechtmäßig beantragt wurde, wie die lex Titia durch einen Beschluss des (Auguren-)Kollegiums oder die Gesetze des Livius auf Anraten des Konsuls und Augurs Philippus? Der Volkstribun Sextus Titius beantragte nach Julius Obsequens ein Plebiszit, das eine Verteilung von Ackerland an das Volk zum Inhalt hatte. Außer dieser lapidaren Feststellung ist von dem Gesetz als einem Ackergesetz nur noch bei Valerius Maximus die Rede. Weitere Angaben wurden nicht überliefert. Damit ergeben sich verschiedene Auslegungsvarianten. Seit der lex agraria von 111 bezeichnet der Terminus Agrargesetz eher ein Gesetz zur Verteilung von Land als Altersversorgung an die Veteranen, die seit Marius die Bürgersoldaten abgelöst haben, als an römische Kleinbürger. Sein Volkstribunat trat Sextus Titius gemeinsam mit Saturninus am 10. Dezember 1001163 an. Nach dessen Tod verfolgte er als sein Anhänger wahrscheinlich dessen Absichten weiter; sein Ackergesetz greift daher wohl das Anliegen der annullierten lex Appuleia wieder auf und wird auch überwiegend so aufgefasst.1164 Da aber bei Obsequens ausdrücklich das Volk als Empfänger der Landverteilung genannt wird, ging Titius vielleicht mit seinem Gesetzesvorschlag über Saturninus hinaus und begünstigte demnach nicht nur die Veteranen, sondern auch die stadtrömische Bevölkerung.1165 Dafür spricht seine Beliebtheit beim Volk, obwohl das Gesetz nach seiner Verabschiedung – gegen das Veto von Mittribunen und der Opposition des Konsuls M. Antonius1166 – vom

1163

Vgl. Broughton, MRR 2.2. Lange, Alterthümer 2.289; Göhler, Italien 204; Smith, Athenaeum 55, 1977, 154. 1165 So die Deutung von Flach, Agrargeschichte 65. 1166 Das folgt aus Cic. de or. 2.11,48. 1164

276

Lex Nr. 88

Kollegium1167 der Auguren in einem Gutachten beanstandet1168 und daraufhin vom Senat kassiert bzw. für ungültig erklärt wurde.1169 Lit.: Bergemann, Religion 98; Bleicken, Lex 401 A.163, 449–450 A.244, 455, 464–465, 468 A.311; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.356; Botsford, Roman Assemblies 396; Bringmann, Republik 242; Broughton, MRR 2.2; Burckhardt, Strategien 166, 193–195, 231; Cuq, DS 3,2.1165; Doblhofer, Populare 101–103; Dreyfus, lois agraires 193; Dyck, Commentary 343–344; Flach, Agrargeschichte 65; Frank, ESAR 1.253; Gillen, Nichtige Gesetze, 42; Göhler, Italien 204; Gruen, Historia 15, 1966, 36; Gruen, Roman Politics 189; Heikkilä, AIRFinl. 13.135–136; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 34, 131–132; G. Humbert, DS 1.164; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 563; Lange, Alterthümer 2.689, 3.84; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 177–178; Last, CAH 9.172; Linderski, Questions I.471–472, 668; Linderski, ANRW 2.16,3.2165–2167; Linke, Röm. Republik 93; Lintott, Violence 134, 136–137, 140, 186; Lundgreen, Regelkonflikte 152; Martin, Populare 185–186; Maschke, Agrargesetze 106; Meier, RPA 99–100 A.207; Mommsen, StR 3,1.367 m. A.2; Mouritsen, Plebs 69, 70; Niccolini, FTP 204–205; Nippel, Gesetze 88; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 349, 351–352; Perelli, Movimento popolare 139; Richard, MEFRA 103, 1991, 589–603; Robinson, Marius 73; Rawson, Phoenix 28, 1974, 211–212 (= Rawson, Roman Culture 168); Rotondi, Leges 333; Sandberg, AIRFinl. 24.72; Schneider, Veteranenversorgung 122–123; Schneider, Wirtschaft 319; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/83, 214; Serrao, Classi 188, 192; Smith, Anatomy of Force 264; Smith, Athenaeum 55, 1977, 154–155, 169–170, 173; Thommen, Volkstribunat 49, 54, 220 A.68, 222, 247; Tibiletti, Latifundium 60 m. A.98; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; E. Weiss, Lex Titia 1), RE 12,2 (1925) 2415; Willems, Sénat 2.112.

1167

Fehlinterpretiert von Göhler, Italien 204, als Kollegium der Volkstribunen. So schildert es Cic. leg. 2.12,31, dem folgen Mommsen, StR 3.367 A.2, Weinrib, ZRG 87, 1970, 398–399, 401, Linderski, Questions I.471, und ANRW 2.16,3 (1986) 2167 A.62. Obseq. 46 lässt dagegen die Haruspices einen Sühnevorschlag machen, über den dann die staatlichen Priester entscheiden müssen; für Richard, MEFRA 103, 1991, 593–595, ist das responsum der Haruspices essentiell für die Aufhebung der lex Titia. 1169 So z. B. Lange, Alterthümer 3.84; Heikkilä, AIRFinl. 13.136 A.95; Nippel, Gesetze 88; eine ausführliche Begründung bei Linderski, ANRW 2.16,3 (1986), 2165 A.54. Lintott, Violence 134 u. 140, spricht dem Senat dagegen nur einen formalen Beschluss, der sich auf das Verdikt der „technical experts“ stützt, und keine eigene Kompetenz zu. Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 34, setzt sich – ohne Beachtung der Quellenlage – über die religiöse Beanstandung hinweg und meint, Titius habe ebenso wie Saturninus Gewalt angewendet, um sein Gesetz durchzubringen; Ansiedlungsgesetze 131–132 behauptet Hinrichs sogar, dass die lex Titia durch ein anderes Gesetz wieder aufgehoben wurde. 1168

Lex Nr. 89

277

89 Lex Titia de tutela 655/99 oder 711/43?

Gai. Inst. 1.185: Si cui nullus omnino tutor sit, ei datur in urbe Roma ex lege Atilia  a praetore urbano et maiore parte tribunorum plebis, qui Atilianus tutor vocatur; in provinciis vero a praesidibus 1170 ex lege Iulia et Titia. Wenn jemand überhaupt keinen Vormund hat, wird ihm in der Stadt Rom nach der lex Atilia1171 vom Stadtpraetor und der Mehrheit der Volkstribunen einer bestellt, den man „atilianischen Vormund“ nennt; in den Provinzen aber von deren Statthaltern und deren Proconsuln nach der lex Iulia et Titia.1172 Inst. 1.20 pr: Si cui nullus omnino tutor fuerat, ei dabatur in urbe quidem Roma a praetore urbano et maiore parte tribunorum plebis tutor ex lege Atilia, in provinciis vero  a praesidibus provinciarum ex lege Iulia et Titia. Wenn jemand überhaupt keinen Vormund hatte, wurde ihm ein Vormund bestellt und zwar in der Stadt Rom vom Stadtpraetor und der Mehrheit der Volkstribunen nach der lex Atilia, in den Provinzen aber von den Provinzstatthaltern nach der lex Iulia et Titia. Ulp. 11,18 (Riccobono, FIRA 2.275): Lex Atilia iubet mulieribus pupillisve non habentibus tutores dari a praetore et maiore parte tribunorum plebis, quos tutores Atilianos appellamus. Sed quia lex Atilia Romae tantum locum habet, lege Iulia et Titia prospectum est, ut in provinciis quoque similiter a praesidibus earum dentur tutores. Die lex Atilia schreibt vor, dass Frauen und Kindern, wenn sie das nicht haben, vom Praetor und der Mehrheit der Volkstribunen Vormünder bestellt werden, die wir „atilianische Vormünder“ nennen. Aber weil die lex Atilia nur in Rom ihren Platz hat, wurde durch die lex Iulia et Titia Vorsorge getroffen, dass ihnen auch in den Provinzen entsprechend von den jeweiligen Statthaltern Vormünder gegeben werden. Schol. Sinait. frg.20: 54. (Riccobono, FIRA 2.652:) Ἄλλος Titiu νόμου τίτλος ἦν τὸν ὀρφανὸν δι’ ἑαυτοῦ α[ἰ]τ[εῖ]ν ἐπίτ[ροπον]. civis Romanus δύναται

1170

Emendation nach der überzeugenden Lesart von Böhm, Gaiusstudien 12.397. Elster, Gesetze 332–335 (Lex Nr. 158). 1172 Anschließend (1.186–187) führt Gaius Anwendungsvorschriften aus der Praxis an, die für alle drei Gesetze gleichermaßen gelten. In beiden Fällen ist Bestellung eines Tutors vorübergehend, nämlich bis nach den Bedingungen eines Testaments ein anderer Vormund wird bzw. ein Vormund zurückkehrt, der in feindliche Gefangenschaft geraten ist, und in seine alten Rechte (und Pflichten) wieder eintritt. Ebenso kommt Gaius Inst. 1.195 u. 195b, noch einmal auf die Gesetze zu sprechen, wenn es um die Vormundschaft für eine Freigelassene und um die Frage geht, in welchen Fällen sie entsprechend den Gesetzen einen Vormund beantragen muss. Die Kernaussage für die gesetzliche Grundlage (lex Atilia für Rom, lex Iulia et Titia für die Provinzen) ist dieselbe wie zuvor. 1171

278

Lex Nr. 89

Latino ἐπιτροπεύσιμος εἶναι … δύναται ποτε ἄλλος α… αὐτῷ. ῞Ἕτερον ἐστιν ἐπι τοῦ Atilia[nu ἐπιτρόπου]. Alius Titiae legis titulus erat pupillum per semet ipsum tutorem petere. Civis Romanus potest Latino tutor esse … Aliud est in Atilio tutore. Ein anderer Rechtstitel der lex Titia war, dass eine Waise für sich selbst einen Tutor erbat. Ein römischer Bürger konnte für einen Latiner Vormund sein, … Bei dem atilianischen Tutor ist es anders. Übereinstimmend berichten Gaius, Ulpian und die Institutionen Justinians davon, dass durch die lex Iulia et Titia die datio tutoris auf die Provinzen ausgedehnt wird, die seit der lex Atilia1173 für die Stadt Rom galt. Mit der Aufgabe der Bestellung eines Vormunds, die in Rom gemeinsam vom Praetor und der Mehrheit der Volkstribunen wahrgenommen werden muss, werden nun die Provinzialmagistrate betraut. Abweichend von den eben genannten Quellen nennen die Scholia Sinaitica nur eine lex Titia. Diese Quellenlage führt zu dem Problem, ob die Bezeichnung mit zwei Namen auf ein Gesetz1174 oder auf deren zwei hindeutet. Es überwiegt die Ansicht, dass die lex Iulia et Titia zwei Gesetze1175 sind, wobei wegen der zitierten Reihenfolge die lex Titia die jüngere von beiden sein dürfte. Unterschiedliche Vorschriften, die etwa zu einem zweiten Gesetz führten, sind jedoch nicht zu erkennen.1176 Abgesehen von Gaius1177, der über die Ausdehnung des Geltungsbereichs hinaus inhaltliche Bestimmungen zur Erfordernis einer Vormundschaft macht, diese aber in gleicher Weise durch die drei von ihm zitierten Gesetze ausführen lässt, 1173

Elster, Gesetze 332–335 (Lex Nr. 158). Nach dem Vorbild etwa der konsularischen lex Caecilia et Didia (Lex Nr. 94) oder lex Licinia et Mucia (Lex Nr. 95); vgl. die Widerlegung dieser alten These durch Ferrary, RPh  70, 1996, 239–240. Zuletzt sprachen sich Schulz, Classical Roman Law 168 und 172, und Arangio-Ruiz, Studi De Francisci I.10 A.1, wieder für nur ein Gesetz aus. 1175 Theoph., Erl. zu Inst. 1.20, führt zwei Gesetze an: νόμοι iulios καὶ titianos. – Ebenso: Lange, Alterthümer 2.661; Rotondi, Leges 333, 439–440; Taubenschlag, Lex Iulia et Titia, RE 12,2 (1925) 2392; E. Sachers, Tutela, RE 7A,2 (1948) 1513; Fabre, Libertus 284; Ferrary, RPh 70, 1996, 238–239. 1176 Wenig überzeugend der Vorschlag von E. Sachers, Tutela, RE 7A,2 (1948) 1513, der eine Geltung der beiden Gesetze zunächst für alle Provinzen annimmt; später sei die lex Titia für die senatorischen und die lex Iulia für die provinciae Caesaris zuständig. Wieder andere Zuweisungen nimmt Voigt, Rechtsgeschichte 1.550 u. 841, vor: Die lex Titia habe um 227 die Zahl der Praetorenstellen auf vier erhöht und das Recht der Vormundsbestellung auf die praesides der italischen Verwaltungsbezirke übertragen; die lex Iulia sei identisch mit Caesars lex Iulia de provinciis vom Jahr 46; sie habe das Recht auf die praesides der außeritalischen Provinzen ausgedehnt. – Doch all das ist pure Spekulation, ebenso wie Solazzis Auffassung, der wegen des Wortlauts der Scholia Sianitica behauptet, die lex Iulia habe diesen einen Abschnitt der lex Titia abrogiert (Scritti III.136–137). 1177 Gai. Inst. 1.186–187, 195 u. 195b; vgl. die lex Atilia (Lex Nr. 158), in: Elster, Gesetze 332–335. 1174

Lex Nr. 89

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gibt es in den Scholia Sinaitica einen Hinweis auf eine weitere Vorschrift der lex Titia. Offenbar geht es darum, ob unterschiedliches Bürgerrecht Einfluss auf die juristische Fähigkeit zum Vormund hat. Vermutlich stimmt die Ergänzung1178, die für den lückenhaft überlieferten griechischen Text vorgeschlagen wurde, dass ein römischer Bürger für einen Latiner als Vormund eingesetzt werden konnte. Doch sicher lässt sich dem nur entnehmen, dass in diesem Fall tatsächlich ein Unterschied zum Vormund nach der lex Atilia gemacht wurde, dem sog. tutor Atilianus. So lässt sich auch von daher nichts Definitives zur Frage von ein oder zwei Gesetzen sagen, sie bleibt besser offen.1179 Ebenso unsicher ist die Datierung dieser Gesetze, der lex Titia bzw. der lex Iulia et Titia. Lange1180 hält ein Plebiszit des Sex. Titius, tr. pl. 99, oder des P. Titius, tr. pl. 43, für möglich – das frühere Datum wegen einer überinterpretierten Stelle aus Cicero (Verr. 2,1.55,146), welche nicht auf die datio tutoris eines Provinz­ praetors Bezug nimmt, sondern feststellt, dass es seine Aufgabe sei, sich um Waisen zu kümmern, auch wenn sie keine tutores haben.1181 Das spätere Datum findet Anhänger unter denen, welche die lex Iulia in die Zeit Caesars setzen1182, andere schreiben die lex Iulia erst Octavian und den Jahren 32 oder 31 zu1183. Beiden Gesetzen war jedenfalls eine länger andauernde Geltung und Wirkung beschieden, wie schon aus den Juristenschriften (Gaius, Ulpian, Institutiones), aber auch aus verschiedenen Papyrusfragmenten und weiteren Quellen deutlich wird.1184 Lit.: Arangio-Ruiz, Studi Francisci I.3–12; Adolf Berger, Lex Titia 4), RE Suppl. 7 (1940) 414; Böhm, Gaiusstudien 12.391–397, 404; 13.87–95, 193; Broughton, MRR 2.2, 473; 1178

Vgl. Riccobono, FIRA 2.652, und Girard / ​Senn 1.604. So Kaser, Privatrecht 1.357 m. A.47, und Wieacker, Rechtsgeschichte 419 m. A.43. – Arangio-Ruiz, Studi Francisci I.3–12, spricht sich für nur ein Gesetz aus. 1180 Lange, Alterthümer 2.661. 1181 Diese Zeitstellung vertreten auch E.  Sachers, Tutela, RE 7A,2 (1948) 1513, und Fabre, Libertus 284.  – Eine weitere Belegstelle, Diod. Sic. 37, 8, 4,  – von Rotondi, Leges 333 zitiert  – könnte der Sache nach eher zutreffen, ist jedoch wegen der missverständlichen griechischen Namensform (Σύλλιος / ​᾿Ασύλλιος) ebenfalls nicht sicher zeitlich einzuordnen; möglich wäre L. (Sempronius) Asellio, Praetor 96 in Sizilien (Broughton, MRR 2.9 m. A.3); vgl. Taubenschlag, Lex Iulia et Titia, RE 12,2 (1925) 2392; Solazzi, Scritti III.136. 1182 So datiert etwa Niccolini, FTP 443, die lex Titia ins Jahr 46?, im Anschluss an Voigt, Rechtsgeschichte I.841; ferner u. a. D’Ors, Emerita 9, 1941, 146; Thommen, Volkstribunat 36 A.105. – Behrends, Corpus Iuris Civilis 1.31 A.3 (zu Inst. 1.20) setzt – bei „vielleicht“ zwei Gesetzen – die lex Titia ins Jahr 43, die lex Iulia in die Jahre 32/31. 1183 Rotondi, Leges 439–440; Arangio-Ruiz, Studi Francisci I.3–12; Ferrary, RPh 70, 1996, 238. 1184 Z. B. P. Oxy. 4, n.720; vgl. Taubenschlag, Lex Iulia et Titia, RE 12,2 (1925) 2392; G. I. Luzzatto, A proposito di una „Datio tutoris muliebris“ da parte del „Praefectus Aegypti“, in: Scritti minori [245–253]. 1179

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Lex Nr. 90

Cuq, DS 3,2.1165; Fabre, Libertus 284; Ferrary1185, RPh 70, 1996, 238–240; Kaser, Privatrecht 1.357 m. A.46–47, 368; Lange, Alterthümer 1.231, 2.661; Mantovani, Legum multitudo 734; Niccolini, FTP 443; Rotondi, Leges 333, 439–440; E. Sachers, Tutela, RE 7A,2 (1948) 1513; Serrao, Classi 192; Solazzi, Scritti III.130–138; Taubenschlag, Lex Iulia et Titia, RE 12,2 (1925) 2392–2393; Thommen, Volkstribunat 36 A.105; Voigt, Rechtsgeschichte 1.550, 839–841; Watson, Law of Persons 112, 124–125, 149; Wieacker, Rechtsgeschichte 419 m. A.43; Willems, Sénat 2.711 A.6.

90 Lex Titia de provincia aquaria / ​de provinciis quaestoriis 655/99?

Cic. Mur. 8,18: habuit hic [Murena] lege Titia provinciam tacitam et quietam. Dieser [Murena] hatte auf Grund der lex Titia eine stille und ruhige Aufgabe. Cic. Vatin. 5,12: in eo magistratu cum tibi magno clamore provincia aquaria sorte obtigisset, missusne sis … als dir in diesem Amt unter lautem Geschrei die Wasserversorgung durchs Los zufiel, bist du … geschickt worden? Schol. Bob. p.145: (§ 12.) I n e o m a g i s t r a t u c u m t i b i a q u a r i a p r o v i n c i a s o r t e o b t i g i s s e t . Quaestore .(lacuna). lege Titia provinciam tacitam et quietam. Hic igitur Vatinius aquariam sortitus erat, id est ut aquae curam sustineret. …, als dir in diesem Amt die Aufsicht über die Wasserversorgung durchs Los zugefallen war. Als Quaestor  … auf Grund der lex Titia einen stillen und ruhigen Aufgabenbereich. Dieser Vatinius hatte also die provincia aquaria erlost, d. h., dass er die Aufsicht über die Wasserversorgung übernahm. vgl. Frontin. aq. 96: … invenio … eorumque operum probandorum curam fuisse penes censores aliquando et aediles, interdum etiam quaestoribus eam provinciam obvenisse, ut apparet ex S. C. quod factum est C. Licinio et Q. Fabio cos1186. … ich finde, … und dass die Aufgabe der Überwachung dieser Arbeiten einstmals bei den Zensoren und den Aedilen gelegen hatte, bisweilen fiel diese Aufgabe sogar an die Quaestoren, wie sich an dem Senatsbeschluss zeigt, der im Jahr der Konsuln C. Licinius und Q. Fabius gefasst wurde. Cicero erwähnt in seiner Rede pro Murena, dass dieser durch den üblichen Losentscheid über die Verteilung der provinciae als neugewählter Quaestor auf Grund der lex Titia einen stillen und ruhigen Aufgabenbereich erhielt. Ebenso geht es in der Befragung des Zeugen Vatinius durch Cicero u. a. um die Quaestur, denn

1185 1186

Ferrary, a. a. O., diskutiert ausführlich ältere Literatur. 116; im Jahr 108 bekleideten Fabius und Licinius gemeinsam die Zensur.

Lex Nr. 90

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in diesem Amt fiel der Aufgabenbereich „Wasser“ durch das Los an Vatinius. Die Scholien zitieren diesen Satz und stellen dann zwischen dem für einen Quaestor stillen und ruhigen Aufgabenbereich nach der lex Titia und der provincia aquaria eine Verbindung her. Datum und Urheber1187 dieser lex Titia sind gänzlich unbekannt. Aus Frontin (aq. 96), wird ergänzend deutlich, dass es normalerweise Aufgabe der Zensoren oder Aedilen war, sich um die Wasserversorgung zu kümmern. Bisweilen, so führt Frontin aus, wurden Quaestoren damit betraut, wie ein Senatsbeschluss aus dem Jahr 116 zeige. Er sieht also in der Beauftragung der Quaestoren keine Dauermaßnahme. Die Stellen bei Cicero  – wenn man sie denn miteinander verbinden kann, wie es der Scholiast tut – sprechen eine andere Sprache. Cicero geht von einer ständigen quaestorischen provincia aquaria aus, die wahrscheinlich auf die Vermehrung der Quaestorenstellen1188 durch Sulla zurückzuführen ist. Frontins Aussage würde dazu eine Vorstufe beschreiben, in der es seit dem Ende des 2. Jahrhunderts eine nur von Fall zu Fall existierende quaestorische Aufsicht über die Wasserversorgung Roms1189 gab. In dieser Schilderung Frontins findet eine lex Titia als gesetzliche Grundlage für die Aufsicht über die Wasserversorgung der Quaestoren keinen Platz. Eher wahrscheinlich ist daher, dass sie um die Jahrhundertwende, vielleicht auch erst nach der sullanischen Erhöhung der Quaestorenstellen, generell die Aufgabenbereiche der Quaestoren festlegte.1190 Lit.: Broughton, MRR 2.2, 473; Cuq, DS 3,2.1165; De Martino, Costituzione 3.40; Dobl­ hofer, Populare 101–103; Gruen, Historia 15, 1966, 36; Harris, CQ 26, 1976, 102, 105; Kunkel, Staatsordnung 2.488–489 m. A.59, 531; Lintott, Constitution 135, 136; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 606; Mommsen, StR 2.532 A.3, 573; Niccolini, FTP 437–438; Rodgers, Frontinus 261; Rotondi, Leges 333–334; Thommen, Volkstribunat 88 A.8; E. Weiss, Lex Titia 2), RE 12,2 (1925) 2415–2416; Willems, Sénat 2.602–603.

1187

Broughton, MRR 2.2, hält den Volkstribunen Sex. Titius (99) für wahrscheinlich. Vgl. Lex Nr. 141. 1189 Willems, Sénat 2.602–603, meint, dass mit der lex Titia die alte provincia classica (Zuständigkeit für die Flotte) oder die Überwachung der Küsten Italiens (wieder) eingeführt wurde. Lintott, Constitution 135, meint, dass die Aufgabe des quaestor Ostiensis mit provincia aquaria bezeichnet wurde, was mit den zuvor genannten Quellen nicht in Einklang zu bringen ist. 1190 Vgl. Doblhofer, Populare 101–103. – Nach Mommsen, StR 2.532 A.3, ging der Losung der Provinzen „jedesmal ein Senatsbeschluss vorauf “, als Beleg führt er aber nur Cicero-Stellen über zeitgenössische Begebenheiten an. 1188

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Lex Nr. 91

91 Lex Calidia de Q. Caecilio Metello revocando 656/981191

Val. Max. 5.2,7: Metellus vero Pius pertinaci erga exulem patrem amore tam clarum lacrimis quam alii victoriis cognomen adsecutus non dubitavit consul pro Q. Calidio praeturae candidato supplicare populo, quod tribunus pl. legem, qua pater eius in civitatem restitueretur, tulerat. Metellus Pius, der aus beharrlicher Liebe zu seinem exilierten Vater durch seine Tränen einen ebenso berühmten Beinamen wie andere durch ihre Siege erhielt, zögerte nicht als Konsul das Volk anzuflehen für Q. Calidius, Kandidat für die Praetur, weil dieser als Volkstribun das Gesetz beantragt hatte, durch das sein Vater wieder in seine Staatsbürgerrechte eingesetzt wurde. Cic. Planc. 28,69: Opimium damnatum esse commemoras, servatorem ipsum rei publicae, Calidium adiungis, cuius lege Q. Metellus in civitatem sit restitutus; … Du erinnerst daran, dass Opimius, der Retter des Staates, verurteilt wurde und fügst Calidius hinzu, durch dessen Gesetz Q. Metellus wieder in seine Staatsbürgerrechte eingesetzt wurde, … Vir. ill. 62: (1) Q. Caecilius Metellus Numidicus … (3) Calidia deinde rogatione revocatus  … Q.  Caecilius Metellus Numidicus  … wurde schließlich durch die Rogation des Calidius zurückgerufen … Cic. dom. 32,87: Quod si illis [Popilius et Metellus], qui expulsi sunt inique, sed tamen legibus, reducti inimicis interfectis rogationibus tribuniciis, non auctoritate senatus, non comitiis centuriatis, non decretis Italiae, non desiderio civitatis, iniuria inimicorum probro non fuit, … Was nun, wenn für jene (Popilius und Metellus), die zwar zu Unrecht, aber dennoch gesetzmäßig vertrieben wurden, die nach dem Tod ihrer Feinde durch tribunizische Rogationen – nicht durch eine Erklärung des Senats, nicht durch die Zenturiatkomitien, nicht durch Beschlüsse Italiens, nicht durch den Wunsch der Bürgerschaft – zurückgeholt wurden, das durch ihre Feinde erlittene Unrecht keine Schande zur Folge hatte, … Cic. p. red. in sen. 15,38: Nihil umquam senatus de P. Popilio decrevit, numquam in hoc ordine de Q. Metello mentio facta est: tribuniciis sunt illi rogationibus interfectis inimicis denique restituti, cum alter eorum senatui paruisset, alter vim caedemque fugisset. Niemals beschloss der Senat etwas über P. Popilius, niemals wurde in dieser Standesversammlung ein Antrag über Q. Metellus gestellt: Sie wurden durch tribunizische Rogationen schließlich, nachdem ihre Feinde getötet worden waren, wieder zurückgerufen, wo doch der eine von ihnen dem Senat gehorcht hatte, der andere vor Gewalt und Mord geflohen war. 1191

Rotondi, Leges 334, datiert das Gesetz (ohne ersichtlichen Grund) auf Dezember 99, an den Beginn des Volkstribunats.

Lex Nr. 91

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Cic. p. red. ad Quir. 3,6: Non enim pro meo reditu … non ut pro Q. Metello … permulti enim tum pro Q. Metelli reditu vobis ac patribus vestris supplicaverunt. Für meine Rückkehr haben ja nicht … wie für die Rückkehr des Q. Metellus eine Vielzahl von Leuten euch und eure Väter inständig gebeten … Cic. p. red. ad Quir. 4, 9–10: Numquam de P.  Popilio,  … numquam de Q.  Metello,  … numquam de C.  Mario  … in senatu mentio facta est. Tribuniciis superiores illi rogationibus nulla auctoritate senatus sunt restituti. Niemals wurde wegen P.  Popilius, niemals wegen Q.  Metellus, niemals wegen C.  Marius  … im Senat ein Antrag gestellt. Jene beiden zuerst Genannten wurden durch tribunizische Rogationen ohne Mitwirkung des Senats aus der Verbannung zurückgerufen. Schol. Bob. p.174: N o n e n i m v i d e r u n t , q u o s i p s i e x t u r b a r a n t , e o s i n c i v i t a t e m r e s t i t u t o s . C. Gracchi et L. Saturnini exempla intulerat, quorum alter in Aventino interfectus est, alter Capitolio deductus cum Glaucia praetore iugulatus. Post quorum necem restitutos in civitatem significat P. Popilium qui Graccho cesserat, et Q.  Metellum Numidicum qui, ut violentiam L.  Apulei subterfugeret, exolarat. Sie erlebten nämlich nicht, dass die, die sie eigenhändig gewaltsam vertrieben hatten, wieder in die Bürgerschaft eingegliedert wurden. Als Beispiele hatte er (Cicero) C. ­Gracchus und L. Saturninus angeführt, von denen der eine auf dem Aventin getötet und der andere vom Kapitol herabgeführt und zusammen mit dem Praetor Glaucia umgebracht wurde. Er machte deutlich, dass nach deren Tod P. Popilius, der ­Gracchus gewichen war, und Q. Metellus, der im Exil gelebt hatte, um sich der Gewalttätigkeit des L. Appuleius zu entziehen, in die Bürgerschaft zurückgerufen wurden. Plut. Mar. 31,1–2: Δόγματος δ’ εἰσφερομένου Μέτελλον ἀπὸ τῆς φυγῆς ἀνακαλεῖσϑαι, πολλὰ καὶ διὰ λόγων καὶ δι’ ἔργων μάτην ἐναντιωϑείς, τέλος ἀπεῖπε· καὶ δεξαμένου τὴν γνώμην τοῦ δήμου προϑύμως, οὐχ ὑπομένων κατερχόμενον ἐπιϑεῖν τὸν Μέτελλον, ἐξέπλευσεν εἰς Καππαδοκίαν καὶ Γαλατίαν … Als aber der Antrag eingebracht wurde, Metellus aus der Verbannung zurückzurufen, widersetzte sich Marius vielfältig sowohl mit Worten als auch mit Taten, aber vergeblich: Am Ende versagte er. Und als das Volk dem Antrag bereitwillig zugestimmt hatte, schiffte er sich nach Kappadokien und Galatien ein, weil er nicht bleiben wollte, um dem aus dem Exil zurückkehrenden Metellus zu begegnen. Liv. per. 69: Q. Caecilius Metellus ab exilio ingenti totius civitatis favore reductus est. Q. Caecilius Metellus wurde unter riesengroßem Beifall des gesamten Staates aus dem Exil zurückgeholt. Diod. 36.16,1: ῞Οτι περὶ τῆς τοῦ Μετέλλου φυγῆς ἐπ’ ἔτη δύω γινομένων λόγων ἐν ταῖς ἐκκλησίαις, ὁ υἱὸς … δεόμενος τῶν πολιτῶν … ᾐτεῖτο τὴν τοῦ πατρὸς κάϑοδον. ὁ μὲν οὖν δῆμος, καίπερ οὐ βουλόμενος ἀφορμὴν διδόναι τοῖς φυγάσι τῆς καϑόδου παρὰ τοὺς νόμους, … κατήγαγε τὸν Μέτελλον. Zwei Jahre lang wurden über die Verbannung des Metellus in den Volksversammlungen Reden gehalten; sein Sohn bat die Bürger und flehte um die Rückkehr des Vaters. Und tatsächlich rief das

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Lex Nr. 91

Volk, obgleich es den Verbannten keinen Anspruch auf eine Rückkehr entgegen den Gesetzen geben wollte, … Metellus zurück. Die antiken Quellen berichten übereinstimmend, dass Metellus aus dem Exil nach Rom zurückkommen durfte. Valerius Maximus, Cicero und der Auctor nennen den Volkstribunen Q. Calidius als Urheber der tribunizischen Rogation, welche die Rückkehr des Metellus ermöglichte. Und noch an anderen Stellen hebt Cicero hervor, dass Metellus ebenso wie Popillius auf Grund einer tribunizischen Rogation zurückgerufen wurde, und betont, dass für seine Rückkehr aus dem Exil der Senat selbst den Ausschlag gab. Die übrigen Autoren (Plutarch, Livius, Diodor) berichten lediglich von der Rückkehr des Metellus, aber nicht, welcher Schritt in Rom konkret dazu erforderlich war. Diodor verweilt allerdings ausführlich bei den Geschehnissen, die der Rückberufung des Metellus vorausgingen, und schildert insbesondere das Auftreten seines Sohnes, der für seine Bemühungen schließlich sogar den Beinamen Pius (Εὐσεβῆς) erhielt. Über diese erzählenden Darstellungen hinaus ist vom eigentlichen Inhalt des Gesetzes nichts bekannt; daher lässt sich auch nicht klären, welche rechtlichen Folgen die Rückberufung aus dem Exil hatte. Eine Möglichkeit ist, das Volk als Gnadeninstanz zu betrachten, eine andere, das Plebiszit als Kassationsbeschluss aufzufassen. Damit würde der frühere Beschluss über die Interdiktion für ungültig erklärt. Für Siber1192 ist die Rückberufung eine restitutio in pristinam dignitatem, was „neben dem Erlaß der Strafe, der volksrechtlichen Begnadigung auch die Wiederverleihung des Bürgerrechtes“ enthielt.1193 Außerdem müsse das Plebiszit „natürlich auch eine Aufhebung der Aechtung enthalten haben.“ Unter Berücksichtigung der Angabe Diodors, dass Metellus nach zwei Jahren im Exil zurückkehren konnte, dürften das Volkstribunat des Q.  Calidius und seine Rogation am ehesten ins Jahr 98 gehören.1194 Lit.: Badian, Chiron 14, 1984, 133–139; Beness, Antichthon 25, 1991, 56; Bringmann, Republik 242; Broughton, MRR 2.5; Burckhardt, Strategien 166, 231; Christ, Krise 168; Crawford, Speeches 275, 286; Crifò, Exilium 277; Cuq, DS 3,2.11331195; Evans, Marius 127; Ferrary, CRAI 1983, 566; Heftner, Gracchen 115; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 21, 23; Grasmück, Exilium 94–95; Gruen, Historia 15, 1966, 32 A.3, 37; Kelly, Exile 87, 179; Lange, Alterthümer 2.702, 3.85; Last, CAH 9.172; Letzner, Sulla 89–90; Linderski, Questions I.535; Luce, Historia 19, 1970, 163–164; Mackay, Breakdown 116–117; Mouritsen, Plebs 87; Niccolini, FTP 206–207; Nippel, Aufruhr 245 A.127; van Ooteghem, 1192

Siber, Analogie 64. Crifò, exilium 288–296, 312, begründet ausführlich seine These, dass der Gang ins Exil keinen Verlust des Bürgerrechts bedeutet. 1194 Niccolini, FTP 205, 207; Broughton, MRR 2.5 – gegen Münzer, Calidius 5), RE 3,1 (1897) 1354, und Letzner, Sulla 90; undeutlich: Christ, Krise 168. 1195 Jahreszahl verdruckt, richtig: 656/98. 1193

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Marius 251; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 351–352; Passerini, Athenaeum 17, 1939, 66; Rotondi, Leges 334; Scullard, Gracchi to Nero 59; Siber, Analogie 56, 63–64; Thommen, Volkstribunat 122, 124–125, 130; E. Weiss, Lex Calidia, RE 12,2 (1925) 2337; Willems, Sénat 1.224; Zumpt, Criminalrecht 1,2.3531196.

92 Lex Valeria de civitate Calliphanae Veliensi danda 656/98 oder 658/96

Cic. Balb. 24,55: Mitto vetera; proxime dico ante civitatem Veliensibus datam de senatus sententia C.  Valerium Flaccum, praetorem urbanum, nominatim ad populum de Calliphana Veliense, ut ea civis Romana esset, tulisse. Ich übergehe Älteres; ich behaupte aber, dass kürzlich – bevor den Bürgern von Velia1197 das Bürgerrecht verliehen wurde  – der praetor urbanus C.  Valerius Flaccus1198 auf Vorschlag des Senats namentlich beim Volk für Kalliphana aus Velia beantragte, dass sie römische Bürgerin sein solle. Val. Max. 1.1,1: … Cererique, quam more Graeco venerari instituerant, sacerdotem a Velia, cum id oppidum nondum civitatem accepisset, nomine Calliphanam peterent [vel, ut alii dicunt Calliphoenam], ne deae vetustis ritibus perita deesset antistes. … und dass die Römer für Ceres, die – wie man sich entschlossen hatte – nach griechischem Ritus verehrt werden sollte, aus Velia, als dieses Städtchen noch nicht das Bürgerrecht erhalten hatte, eine Priesterin mit Namen Kalliphana [oder, wie andere behaupten, Kalliphoena] herbeiholten, damit der Göttin nicht eine in den alten Riten erfahrene Priesterin fehlte. Cicero führt in seiner Rede pro Balbo ein Gesetz zum Thema Bürgerrecht an. Der Grund für die Verleihung des Bürgerrechts ergibt sich aus der von Cicero geschilderten Vorgeschichte: Kalliphana ist Priesterin der Ceres. Die Verehrung der griechischen Göttin Ceres in ihrem stadtrömischen Tempel wurde von jeher nach griechischem Ritus und von griechischen Priesterinnen ausgeübt. Diese holte man fast immer aus Neapel oder Velia, aus civitates foederatae, und machte sie zu römischen Bürgerinnen. Denn – so behauptet Cicero – die Priesterin sollte Zumpt lässt Furius (vgl. dazu Lex Nr. 87) gegen die lex Calidia Einspruch erheben. Elea, Stadt an der Küste Lukaniens. 1198 Rotondi, Leges 334, setzt die Praetur des Flaccus ins Jahr 98; in der neueren Literatur (etwa Broughton, MRR 2.9 u. 10 A.4; Brennan, Praetorship 472, 474; Fuhrmann, Reden 6.405 A.59) wird eher das Jahr 96 für wahrscheinlich gehalten, weil Flaccus 93 das Konsulat bekleidete. Sicher ist dieser Rückschluss jedoch nicht, vgl. Elster, Gesetze 344–347 (Lex Nr. 164: Lex Villia annalis). 1196

1197

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Lex Nr. 92

zu den unsterblichen Göttern zwar nach ausländischen Regeln, aber doch mit einheimischem Empfinden und als Mitbürgerin beten. Über die Vorgängerinnen Kalliphanas respektive ihre Einbürgerung ist nichts bekannt, Cicero führt ausdrücklich nur diese letzte Regelung an, bevor alle Bürger von Velia infolge des Bundesgenossenkrieges das römische Bürgerrecht erhielten. Denselben Sachverhalt, nämlich, dass der Göttin Ceres eine in den alten Riten erfahrene Priesterin nicht fehlen solle, beschreibt Valerius Maximus in dem Abschnitt „Religion“. Allerdings übergeht er die konkrete Bürgerrechtsverleihung an die Priesterin und bemerkt nur – ohne erkennbaren Zusammenhang –, dass Kalliphana aus Velia geholt wurde, als diese Stadt noch nicht das römische Bürgerrecht besaß. Die letzte Bemerkung kann auch einfach als Datierung gewertet werden, denn für den kaiserzeitlichen Autor hat das römischen Bürgerrecht durch die mittlerweile erfolgte Ausweitung nicht mehr den Stellenwert wie noch bei Cicero. In seiner Rede pro Balbo verteidigt er nämlich L. Cornelius Balbus, dessen Bürgerrecht angezweifelt wird. Die Verleihung des Bürgerrechts an eine Einzelperson erfolgte hier wie schon in früheren Fällen1199 durch ein eigenes Gesetz. Damit macht der Vorgang wieder einmal eine Maxime der römischen Gesetzgebung deutlich: Immer wieder leitete man aus aktuellen Erfordernissen Einzelfallregelungen ab, scheute sich jedoch vor grundsätzlichen Entscheidungen, die auch in Zukunft gelten könnten oder sollten. Besonders hervorzuheben ist der Rogator des Gesetzes, der Praetor Valerius Flaccus; denn legislatorische Initiative ging in diesem Zeitraum zumeist von den Volkstribunen aus, nicht aber von einem Praetor.1200 Offenbar hielt man von Seiten des Senats eine Entscheidung des Gesamtvolkes für nötig, weil die (Staats-) Religion betroffen war. Daher erging der Auftrag an den Praetor, den populus, das Gesamtvolk, beschließen zu lassen. Lit.: Bleicken, Lex 112 m. A.19; Brennan, Praetorship 442, 472, 474; Broughton, MRR 2.9 u. 10 A.4; Cuq, DS 3,2.1166; Ferrary, L’iter legis 5 A.6; Fuhrmann, Reden 6.405 A.59; Graeber, Auctoritas 47–48; Lange, Alterthümer 2.685; Mommsen, StR 3.134; Piper, Historia 36, 1987, 40; Rotondi, Leges 334; Rüpke, Fasti sacerdotum 2.848 (Nr. 1042); Sandberg, AIRFinl. 24.93; Sherwin-White, Citizenship 292 m. A.1; E.  Weiss, Leges Valeriae 3), RE 12,2 (1925) 2417; Wieacker, Rechtsgeschichte 402 A.10.

1199

Beispiele aus der Zeit des zweiten Punischen Krieges bei Elster, Gesetze 232–234 (Leges Nr. 106 und Nr. 107). 1200 Sandberg, AIRFinl. 24.94–96. Brennan, Praetorship 471–472, führt für den Zeitraum 133 bis 80 nur noch zwei weitere Praetoren in gesetzgebender Funktion an: M. Porcius Cato, pr. 101, mit der lex de provinciis magistratuum (Lex Nr. 46) und L. Calpurnius Piso im Jahr 90 (vgl. Lex Nr. 106 und die dort angeführte Literatur; denn Calpurnius wird nicht nur als Praetor, sondern auch als Volkstribun eingeordnet).

Lex Nr. 93

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93 Lex Duronia de lege (Licinia) sumptuaria abroganda 656/98 ?

Val. Max. 2.9,5: M. autem Antonius et L.  Flaccus censores Duronium senatu moverunt, quod legem de coercendis conviviorum sumptibus latam tribunus plebi abrogaverat. mirifica notae causa: quam enim inpudenter Duronius rostra conscendit illa dicturus: ‚freni sunt iniecti vobis, Quirites, nullo modo perpetiendi. alligati et constricti estis amaro vinculo servitutis: lex enim lata est, quae vos esse frugi iubet. abrogemus igitur istud horridae vetustatis rubigine obsitum imperium: etenim quid opus libertate, si volentibus luxu perire non licet?‘ Die Zensoren M. Antonius und L. Flaccus stießen Duronius aus dem Senat aus, weil er als Volkstribun das Gesetz hatte aufheben lassen, das zur Eindämmung der Kosten von Gastmählern verabschiedet worden war. Sonderbar war die Begründung für die zensorische Rüge: Wie unverschämt hatte nämlich Duronius die Rostra bestiegen, um Folgendes zu sagen: ‚Quiriten, euch sind Zügel angelegt, die auf keinen Fall ertragen werden müssen. Ihr seid gebunden und eingeschnürt von der beißenden Fessel der Knechtschaft: Denn es wurde ein Gesetz verabschiedet, das euch vorschreibt, sparsam zu sein. Lasst uns also diese Herrschaft, voll vom Rost eines ungebildeten Alters, beseitigen, denn wozu braucht man Freiheit, wenn es denen, die das wollen, nicht erlaubt ist am Luxus zugrunde zu gehen?‘ Malcovati, ORF4, p.262–263: Val. Max. 2.9,5 Valerius Maximus hebt eine besondere Maßnahme der Zensoren M. Antonius und L. Valerius Flaccus hervor: Sie stießen den Volkstribunen M. Duronius aus dem Senat, weil er ein Plebiszit veranlasst hatte, durch das eine lex sumptuaria aufgehoben wurde. Sein Hauptargument gegen das Gesetz war demnach, dass es zur persönlichen Freiheit jedes Einzelnen gehöre, sein Luxusbedürfnis auszuleben, auch wenn man sich dadurch ruiniere. Umgekehrt lässt sich daraus schließen, dass es vermutlich ein Anliegen der Aufwands- bzw. Speisegesetze war, der Verschuldung und Verarmung der Oberschicht entgegenzuwirken.1201 Um welche lex sumptuaria es sich dabei handelte, bleibt unerwähnt. Fast einmütig1202 wird jedoch die lex Licinia sumptuaria (Lex Nr. 75) als aufgehoben bezeichnet, denn diese mit ihrer Beschreibung „zur Eindämmung der Kosten von Gastmählern“

1201

So Venturini, Index 32, 2004, 371.  – Zur Motivation der Aufwandsgesetze vgl. bei Lex Nr. 57, lex Aemilia sumptuaria. 1202 So z. B. Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 251; Sauerwein, leges sumptuariae 96; Baltrusch, Regimen morum 92; Wieacker, Lex publica 63; Bottiglieri, Legislazione sul lusso 160; Bonnefond-Coudry, CCG 15, 2004, 154. Einzig Millar, Rome 1.152, legt sich nicht fest.

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passt eher als die lex Aemilia (Lex Nr. 57), die nach unseren Quellen lediglich Speisevorschriften enthält. Außer dem Verlust des Senatssitzes, wodurch man Duronius’ Volkstribunat mit großer Wahrscheinlichkeit in die Jahre seit der letzten Zensur (102/101) datieren kann, ist von ihm nur bekannt, dass er im Gegenzug den Zensor M. Antonius wegen ambitus anklagte, aber vermutlich ohne Erfolg.1203 Niccolini1204 verlegt alle drei Ereignisse (Plebiszit, lectio senatus der Zensoren und die Anklage) in das Jahr des Volkstribunats von Duronius, das er ins Jahr 97 datiert. Lit.: Baltrusch, Regimen morum 92–93; Adolf Berger, Lex Duronia, RE Suppl. 7 (1940) 386; Bleicken, Staatliche Ordnung 24 A.19; Bleicken, Lex 169 m. A.117; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.356; Bonnefond-Coudry, CCG 15, 2004, 154, 161; Botsford, Roman Assemblies 388 A.9, 423; Bottiglieri, Legislazione sul lusso 160–161; Broughton, MRR 2.6–7 m. A.3 (8); Coudry, Lois somptuaires 493; Cuq, DS 3,2.1143; Gruen, Historia 15, 1966, 41 m. A.56; Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 907; Lange, Alterthümer 2.671, 3.88; Millar, Rome 1.152; Niccolini, FTP 210–211; Nörr, Rechtskritik 74 A.107; Romano, Echi 203; Rotondi, Leges 334–335; Sauerwein, leges sumptuariae 96–97, 111; Savio, Aevum 13, 1940, 186; Thommen, Volkstribunat 69; Venturini, Index 32, 2004, 367–368 m. A.42 (S.377–378); Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 251; Wieacker, Lex publica 63; Wieacker, Rechtsgeschichte 415 A.20.

94 Lex Caecilia et Didia de modo legum promulgandarum 656/98

Cic. Phil. 5.3,8: Ubi lex Caecilia et Didia, ubi promulgatio trinum nundinum, ubi poena recenti lege Iunia et Licinia? Wo bleibt die lex Caecilia et Didia, wo die öffentliche Bekanntmachung an drei Markttagen, wo die Strafe nach der kürzlich verabschiedeten lex Iunia et Licinia? Cic. Sest. 64,135: …statuit omnino consularem legem nullam putare. Caeciliam Didiam, Liciniam Iuniam contempsit. Er entschied mit einem Wort, ein konsularisches Gesetz für nichtig zu halten. Die lex Caecilia et Didia und die lex Licinia et Iunia missachtete er. Cic. dom. 16,41: Si quod in ceteris legibus trinum nundinum esse oportet, id in adoptione satis est trium esse horarum, nihil reprehendo; sin eadem observanda sunt, iudicavit senatus M. Drusi legibus, quae contra legem Caeciliam et Didiam latae essent, populum non teneri. Wenn, wofür bei den übrigen Gesetzen eine Frist von Cic. de or. 2.68,274: … ut tibi, Antoni, Mancia, cum audisset te censorem a M. Duronio de ambitu postulatum, ‚Aliquando‘ inquit ‚tibi tuum negotium agere licebit‘. 1204 Niccolini, FTP 210–211. 1203

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drei Markttagen einzuhalten ist, bei einer Adoption aber eine von drei Stunden genügt, will ich nichts einwenden; wenn aber dieselben Fristen beachtet werden müssen, so hat der Senat über die Gesetze des M. Livius Drusus beschlossen, dass das Volk nicht daran gebunden ist, weil sie entgegen den Vorschriften der lex Caecilia et Didia verabschiedet wurden. Cic. dom. 20,53: Quae est, quaeso, alia vis, quae sententia Caeciliae legis et Didiae nisi haec, ne populo necesse sit in coniunctis rebus compluribus aut id quod nolit accipere aut id quod velit repudiare? Ich bitte dich: Welche andere Gesetzeskraft, welche andere Bedeutung hat die lex Caecilia et Didia als die, dass das Volk nicht gezwungen ist, bei mehreren miteinander verbundenen Sachen entweder das, was es nicht billigt, anzunehmen oder das, was es gutheißt, abzulehnen. Schol. Bob. p.140: (§ 135.) C a e c i l i a m D i d i a m , L i c i n i a m I u n i a m c o n t e m s i t .  … Caecilia est autem et Didia quae iubebant in promulgandis legibus trinundinum tempus observari. Die lex Caecilia Didia und die lex Licinia Iunia missachtete er. … Die lex Caecilia aber und die Didia sind Gesetze, welche anordneten, bei der Veröffentlichung von Gesetzen eine Frist von drei Markttagen zu beachten. Cic. Att. 2.9,1: sed improbitate istorum, qui auspicia, qui Aeliam legem, qui Iuniam et Liciniam, qui Caeciliam et Didiam neglexerunt. … sondern durch die Unredlichkeit solcher Leute, welche die Auspizien, welche die lex Aelia, welche die lex Iunia et Licinia, welche die lex Caecilia et Didia missachteten. Fest., s.v. satura, p.416,13–21 L: Satura, et cibi genus ex variis rebus conditum est, et lex tis alis legibus conferta. Itaque in sanctione legum adscribitur: „Neve per saturam abrogato, aut derogato.“ Satura nennt man sowohl eine Gattung von Speisen, die aus verschiedenen Bestandteilen zubereitet ist, als auch ein Gesetz, das mit vielen anderen Gesetzen angefüllt ist. Deshalb schreibt man in der Strafbestimmung der Gesetze hinzu: „Es soll durch eine lex satura weder insgesamt aufgehoben noch teilweise abgeschafft werden.“ Die lex Caecilia et Didia trägt die Namen der beiden Konsuln des Jahres 98, Q. Caecilius Metellus Nepos und T. Didius. Eine zeitgenössische Überlieferung des Gesetzes fehlt, und auch in möglichen Konfliktsituationen wird nirgends auf diese staatsrechtlich bedeutsame lex Bezug genommen. Genaueres über den Inhalt erfahren wir nur von Cicero1205, dessen besonderer Wertschätzung sich das Gesetz erfreute; denn er zitierte es bei mehreren Gelegenheiten. Demnach enthielt die lex Caecilia et Didia wenigstens zwei Bestimmungen zum Thema Gesetzgebung. Erstens sollte zwischen öffentlicher Bekanntmachung eines Gesetzesvorschlags und der Abstimmung darüber in der Volksversammlung eine

1205

Darüber hinaus wird das Gesetz lediglich an einer Stelle bei einem Cicero-Scholiasten (Schol. Bob. p.140) genannt.

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Frist von drei Markttagen1206 eingehalten werden (Cic. dom. 16,41; Schol. Bob. p.140);1207 zweitens wurde verboten, eine lex satura verabschieden zu lassen, d. h. mehrere Gesetze heterogenen Inhalts zu einer Rogation zusammenzufassen. Diese beiden Bestimmungen werden überwiegend als Hauptinhalt der lex Caecilia et Didia gewertet1208, wobei zumeist die Auffassung vertreten wird, dass bestehende Gepflogenheiten in beiden Fällen eine gesetzmäßige Form erhalten.1209 Ob die lex Caecilia et Didia noch weitere Bestimmungen enthielt, wie immer wieder angenommen wird,1210 muss wegen des Schweigens unserer Quellen letztlich nundinae bezeichnet zumindest ursprünglich den an jedem 9. Tag abgehaltenen Markttag, nach Michels, Calendar 191–192, ging diese Bedeutung verloren und wurde spätestens unter Augustus auf eine planetenbasierte Sieben-Tage-Woche übertragen. Das würde die unterschiedlichen Berechnungsmodelle der neueren Forschung erklären, vgl. die folgende Fußnote. 1207 Über den Begriff trinum nundinum bzw. die dazugehörige Frist wurde bislang keine Einigkeit erzielt (vgl. Sandberg, AIRFinl 24.78; Burckhardt, Strategien 211 A.5): Bardt, Hermes 9, 1875, 306, definiert promulgatio trinum nundinum als „öffentliche Ausstellung während dreier nundina, d. h. während dreier achttägiger Wochen, wobei die letzte voll oder nur angefangen sein k a n n , keineswegs aber nur angefangen sein m u s s “. Mommsen, StR 3,1.375 A.2 u. 376 A.1, fasst den Begriff trinum nundinum als Frist von genau 24 Tagen; ebenso Burckhardt, Strategien 211 (Promulgationsfrist über drei Marktwochen, 25 Tage, vielleicht 24); für Marsh / ​Scullard, History 93, beträgt die Frist wenigstens 17 Tage, ebenso für Ferrary, L’iter legis 12. Nach ausführlicher Diskussion kommt Michels, Calendar 194–206, ebenfalls zu dem Vorschlag einer Frist von 25 Tagen. Lintott, CQ 15, 1965, 281–285, denkt dagegen nicht an eine bestimmte Frist, sondern an die Promulgation an drei aufeinander folgenden Markttagen. 1208 Bauman, Lawyers 365; Bergemann, Religion 115; Bleicken, Lex 139 m. A.3, 235, 444; Botsford, Roman Assemblies 396–397, Bringmann, Krise 58 A.47; Broughton, MRR 2.4; Burckhardt, Strategien 211–215; Christ, Krise 171–172; Cuq, DS 3,2.1132; De Martino, Costituzione 3.40; Ferrary, L’iter legis 12–13; Gillen, Nichtige Gesetze 44; Grziwotz, Verfassungsverständnis 198; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 134; Kaster, Cicero 377; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.625; Lange, Alterthümer 2.650; Marsh / ​Scullard, History 93; Rotondi, Leges 335; Scullard, Gracchi to Nero 61; Sommer, RG 1.378; Wieacker, Rechtsgeschichte 399 m. A.51; Williamson, Laws 311, 323 A.71. 1209 Vgl. u. a. Botsford, Roman Assemblies 396–397; Burckhardt, Strategien 212; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.625. 1210 Ohne genauere Inhalte zu formulieren: Bardt, Hermes 9, 1875, 306; Ryan, SIFC (Ser. 3) 12, 1994, 104; Hardy, CR 27, 1913, 262; Thomsen, C&M 5, 1942, 31; Marshall, Asconius 245; Martin, Populare 186. – Sumner, AJPh 84, 1963, 337, 341 A.21, vertritt die Ansicht, dass Bestimmungen aus der lex Aelia und lex Fufia [Elster, Gesetze 401–405 (Lex Nr. 192)] aufgenommen wurden (obnuntiatio und Auspizienverletzung); ähnlich schon Kiene, Bundesgenossenkrieg 182. Lintott, Violence 141 u. Constitution 62, präzisiert diesen religiösen Vorbehalt als dritte Bestimmung der lex Caecilia et Didia. Dem schließt sich u. a. Lewis, Asconius 276–277, an. Die Anwendung von Gewalt (vis) als Nichtigkeitsgrund für Gesetze, die öfter genannt wird, lehnt Lintott, Violence 141, ab; auch nach Bleicken, Lex 469, gibt es keine Rechtsinstanz für vis. 1206

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offen bleiben. Mit letzter Sicherheit lässt sich auch nicht behaupten, dass in der lex Caecilia et Didia eine Sanctio enthalten ist, die Folgen der Nichtbeachtung des Gesetzes aufzeigt1211 oder dem Senat das Recht zur Aufhebung von Gesetzen einräumt.1212 In der neueren Literatur findet die lex Caecilia et Didia meist im Zusammenhang mit den Gesetzen des M. Livius Drusus1213 Erwähnung, da sie – wiederum nach Ciceros Worten – die Grundlage für deren Aufhebung bietet. Dabei wird auf das Verbot der Rogation per saturam hingewiesen, während die zweite überlieferte Bestimmung der lex Caecilia et Didia, die Festsetzung einer Frist zwischen Promulgation und Abstimmung über ein Gesetz, kaum berücksichtigt wird. Das heißt aber nicht, wie manchmal unterstellt wird, dass für eine Reihe von Forschern die lex Caecilia et Didia nur diese eine Bestimmung enthielt; sie führen vielmehr im Zusammenhang mit den livischen Gesetzen lediglich die für deren Aufhebung relevante Klausel an.1214 Offenbar erfuhren die Vorkehrungen der lex Caecilia et Didia in Ciceros Zeiten eine Ausdehnung durch die lex Iunia et Licinia (62)1215, denn beide Gesetze werden von Cicero mehrfach gemeinsam als Vorschriften für die Einbringung von Gesetzen genannt. Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 338; Badian, Clientelae 218–219; Bardt, Hermes 9, 1875, 305–318; Bauman, Lawyers 365, 371 m. A.202; Bellen, Grundzüge 103; Bergemann, Religion 73, 115; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85, 93; Bleicken, Lex 139 m. A.3, 234–235, 444–446, 453, 466, 468–469; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.356–357; Blösel, Röm. Republik 181; Botsford, Roman Assemblies 396–397; Bringmann, Republik 1211

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Heikkilä, AIRFinl. 13.136–137, konstatiert, dass die Verletzung der lex Caecilia et Didia festgestellt werden könne. Das bedeute jedoch nicht die Nichtigkeit des beanstandeten Gesetzes. Bleicken, Lex 469, sieht in der Erklärung des Senats zur Aufhebung nur einen Anspruch, kein Recht; anders: Lintott, Violence 141. Lundgreen, Regelkonflikte 153 A.432, behauptet, die Möglichkeit senatorischer Kassation gebe es erst durch die lex Caecilia et Didia. Leges Nr. 96, 97, 98, 99, 100 und 101. Vgl. die Äußerungen von Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85, 93; Blösel, Röm. Republik 181; Bringmann, Republik 242; Evans, Marius 129; Evans, Reputations 135; Gabba, Athenaeum 31, 1953, 259; Gabba, Republican Rome II.199 (A.161); Last, CAH 9.182; Maschke, Agrargesetze 106; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 873 (mit Hinweis auf etwaigen anderen Inhalt); Reduzzi Merola, Sodalitas 2.549; Scullard, Gracchi to Nero 63; Seymour, EHR 39, 1914, 425; E. Weiss, Lex satura, RE 12,2 (1925) 2413.– Bei Liebenam, Comitia, RE 4,1 (1900) 695, Serrao, Classi 184, Linke, Röm. Republik 92, und Santalucia, Clausole 132– 134, wird allerdings ohne Bezug zu Livius Drusus nur diese eine Klausel genannt; Badian, Clientelae 219 A.1, spricht sich gegen einen so verkürzten Inhalt der lex Caecilia et Didia aus. Rotondi, Leges 383–384; Broughton, MRR 2.172–173. – Die lex Iunia et Licinia schreibt vor: Der Rogator muss bei der Promulgation dem Aerarium eine Kopie der Rogation abliefern, da diese nicht mehr geändert werden darf. Wer diese Regel verletzt, verfällt einem iudicium publicum (vgl. Mommsen, StR 3,1.371).

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242, 248; Bringmann, Krise 58 A.47; Broughton, MRR 2.4; Burckhardt, Strategien 193, 211–218; Christ, Krise 171–172; Crawford, Roman Statutes 1.109; Crawford, Speeches 107–108, 116; Cuq, DS 3,2.1132; De Martino, Costituzione 3.40; Döbler, Agitation 312; Ducos, Les Romaines 111, 159; Dyck, Commentary 477–478; Evans, Marius 66 A.50, 129; Evans, Reputations 135; Ferrary, RPh 70, 1996, 226 A.36; Ferrary, L’iter legis 12–14; Ferrary, Leges publicae 2012, 12–14; Flach, HZ 217, 1973, 283 A.66; Flach, Agrargeschichte 65; Gabba, Athenaeum 31, 1953, 259; Gabba, Republican Rome II.199 (A.161); Galsterer, Herrschaft 201; Gillen, Nichtige Gesetze 44–45, 50–51; Graeber, Auctoritas 208–209; Grziwotz, Verfassungsverständnis 198; Hall, Athenaeum 50, 1972, 16; Hantos, Res publica 156; Hardy, CR 27, 1913, 262; Heikkilä, AIRFinl. 13.136–137; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 134; Kann, Restoration 166; Kaser, Verbotsgesetze 17 A.21; Kaster, Cicero 377; Kiene, Bundesgenossenkrieg 182; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.625; Lange, Kl. Schriften 2.214, 227–233, 243–246, 248–253, 255–258, 263; Lange Alterthümer 1.556, 2.471, 520–521, 647, 650, 658, 3.86; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 178; Last, CAH 9.182; Lewis, Asconius 276–277; Liebenam, Comitia, RE 4,1 (1900) 695; Linke, Röm. Republik 92, 99; Lintott, ClQ 15, 1965, 281–285; Lintott, Violence 134–135, 140–143, 186; Lintott, CAH2 9.102; Lintott, Judicial reform 150–151; Lintott, Constitution 44, 62, 87, 104, 210, 230; Lundgreen, Regelkonflikte 153 A.432; Marcks, Überlieferung 4; Marsh / ​Scullard, History 93; Marshall, Asconius 74, 232, 234, 245; Martin, Populare 186; Maschke, Agrargesetze 106; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 608; Michels, Calendar 41–42, 191–206; Mitchell, Patricians 204; Mommsen, StR 3,1.336, 375–377; Mommsen, RG 3.220; Mouritsen, Plebs 87; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 873; Niccolini, FTP 220; Nippel, Aufruhr 64, 224 A.9, 242 A.83; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 138; Pina Polo, Consul 115; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.549; Robinson, Marius 71; Rotondi, Leges 335; Ryan, SIFC (Ser. 3) 12, 1994, 103–109; Sandberg, AIRFinl 24.78, 101; Santalucia, Clausole 132–134; Schneider, AncSoc 13/14, 1982/1983, 214; Scullard, Gracchi to Nero 61, 63; Serrao, Classi 78, 184; Seymour, EHR 39, 1914, 425; Siber, Verfassungsrecht 233; Smith, Athenaeum 55, 1977, 157; Sommer, RG 1.378, 381; Sumner, AJPh 84, 1963, 337, 341 A.21; Taylor, Voting Assemblies 144–145 A.35; Thommen, Volkstribunat 133; Thomsen, C&M 5, 1942, 30–31; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 584; E. Weiss, Lex Caecilia 3), RE 12,2 (1925) 2337; E. Weiss, Lex satura, RE 12,2 (1925) 2413; Wieacker, Rechtsgeschichte 399 m. A.51, 423 A.63; Williamson, Laws 311, 319, 323 A.71, 395.

95 Lex Licinia et Mucia de civibus redigundis 659/95

Cic. off. 3.11,47: male etiam qui peregrinos urbibus uti prohibent eosque exterminant, ut Pennus apud patres nostros, Papius nuper. Nam esse pro cive qui civis non sit rectum est non licere, quam legem tulerunt sapientissimi consules Crassus et Scaevola; usu vero urbis prohibere peregrinos sane inhumanum est. Schlecht handeln diejeni-

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gen, die Fremden das Leben in den Städten verweigern und sie ausweisen, wie Pennus zur Zeit unserer Väter und Papius vor kurzem. Denn dass sich einer, der kein Bürger ist, wie ein Bürger aufführt, ist zu Recht nicht erlaubt. Ein Gesetz dieses Inhalts brachten zwei sehr verständige Konsuln durch, Crassus und Scaevola1216. Aber Fremden ein Leben in der Stadt zu verweigern ist ganz unmenschlich. Ascon. Corn. I, p.54 (67 C): L e g e m L i c i n i a m e t M u c i a m d e c i v i bus redigundis video constare inter omnis, quamquam duo consules omnium quos nos vidimus sapientissimi tulissent, n o n m o d o i n u t i l e m , s e d p e r n i c i o s a m r e i p .  f u i s s e . L.  Licinium Crassum oratorem et Q.  Mucium Scaevolam pont. max. eundemque et oratorem et iuris consultum significat. Hi enim legem eam de qua loquitur de redigendis in suas civitates sociis in [suo] consulatu tulerunt. Nam cum summa cupiditate civitatis R.  Italici populi tenerentur et ob id magna pars eorum pro civibus R. se gereret, necessaria lex visa est, ut in suae quisque civitatis ius redigeretur. Verum ea lege ita alienati animi sunt principum Italicorum populorum, ut ea vel maxima causa belli Italici quod post triennium exortum est fuerit. Wie ich sehe, steht fest, dass die lex Licinia et Mucia über die Rückführung von Bürgern unter allen Gesetzen – obgleich zwei Konsuln dieses Gesetz beantragten, die wir vor allen anderen als besonders verständig kennen  – nicht nur unnütz, sondern für den Staat sogar verderbenbringend war. L. Licinius Crassus bezeichnet er (Cicero) als Redner und Q. Mucius Scaevola als Pontifex maximus, und ebendenselben auch als Redner und als Rechtsgelehrten. Diese beantragten nämlich in ihrem Konsulat das Gesetz, von dem die Rede ist, das Gesetz über die Zurückführung der Bundesgenossen in ihre Gemeinden. Denn, da die italischen Völker von höchster Begierde nach dem römischen Bürgerrecht beherrscht wurden und deshalb ein großer Teil von ihnen sich wie römische Bürger aufführte, schien das Gesetz notwendig, damit jeder in die Rechtsordnung seiner eigenen Gemeinde zurückgeführt würde. Aber durch dieses Gesetz wurden die Anführer der italischen Völker (den Römern) so entfremdet, dass es sogar zum stärksten Grund für den italischen Krieg wurde, der drei Jahre später ausbrach. Schol. Bob. p.129: (§ 30.) N i h i l a c e r b i u s s o c i i e t L a t i n i f e r r e s o l i t i s u n t q u a m s e e x u r b e e x i r e   a c o n s u l i b u s i u b e r i . Huiusmodi leges ferri dicebantur d e c i v i b u s r e d i g e n d i s . Qualem tulerat L. Licinius Crassus et Q. Mucius Scaevola: ut redire socii et Latini in civitates suas iuberentur. Gewöhnlich erlitten die Bundesgenossen und die Latiner nichts Schmerzlicheres, als dass ihnen von den Konsuln befohlen wurde, die Stadt (Rom) zu verlassen. Derartige Gesetze, sagte man, wurden über „die Zurückführung von Bürgern“ eingebracht. Ein solches hatten L. Licinius Crassus und Q. Mucius Scaevola eingebracht, dass nämlich Bundesgenossen und Latiner aufgefordert wurden, in ihre Gemeinden zurückzukehren. 1216

coss. 95.

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Cic. Balb. 21,48: Itaque cum paucis annis post hanc civitatis donationem acerrima de civitate quaestio Licinia et Mucia lege venisset, num quis eorum, qui de foederatis civitatibus esset civitate donatus, in iudicium est vocatus? Als es daher wenige Jahre nach dieser Verleihung des Bürgerrechts zu eine äußerst scharfen Untersuchung über die Frage des Bürgerrechts auf Grund der lex Licinia et Mucia gekommen war, wurde deshalb etwa einer von denen, der aus Bündnisgemeinden stammend mit dem römischen Bürgerrecht beschenkt worden war, vor Gericht geladen? Cic. Balb. 24,54: Quod si acerbissima lege Servilia principes viri ac gravissimi et sapientissimi cives hanc Latinis, id est foederatis, viam ad civitatem populi iussu patere passi sunt, neque ius est hoc reprehensum Licinia et Mucia lege, cum praesertim genus ipsum accusationis et nomen et eius modi praemium quod nemo adsequi posset nisi ex senatoris calamitate neque senatori neque bono cuiquam nimis iucundum esse posset, dubitandum fuit quin, quo in genere iudicum praemia rata essent, in eodem iudicia imperatorum valerent? Num fundos igitur factos populos Latinos arbitramur aut Serviliae legi aut ceteris quibus Latinis hominibus erat propositum aliqua ex re praemium civitatis? Was, wenn auf Grund des überaus scharfen servilischen Gesetzes führende Männer sowie äußerst gewichtige und verständige Bürger geduldet haben, dass den Latinern, d. h. den Verbündeten, dieser Weg zum Bürgerrecht auf Anordnung des Volkes offen steht, und es nicht rechtens ist, dass dies durch die lex Licinia et Mucia angefochten wurde – zumal die Sache selbst, eine Anklage, sowohl vom Namen her als auch von einer so gearteten Belohnung, dass man sie nur erhalten kann, wenn man einem Senator Schaden zufügt, weder einem Senator noch irgendeinem loyalen Bürger sonderlich angenehm sein kann, ist es dann zu bezweifeln gewesen, dass in gleicher Weise dort, wo Belohnungen nach Art von Richtern rechtskräftig sind, ebenso auch die Entscheidungen der Feldherrn Geltung besitzen? Glauben wir etwa, die latinischen Bevölkerungen hätten entweder das servilische Gesetz genehmigt oder die anderen Vorschriften, wodurch latinischen Menschen aus irgendeinem Grund die Belohnung mit dem Bürgerrecht versprochen wurde? Die Konsuln des Jahres 95, L. Licinius Crassus und Q. Mucius Scaevola, beantragten ein Gesetz, das die Grenzen des römischen Bürgerrechts feststellte1217 und damit gegen Latiner und Bundesgenossen gerichtet war, die sich illegal in die römischen Bürgerlisten hatten eintragen lassen.1218 Die sich daraus ergebenden 1217 1218

Mommsen, StR 3.1, 639 A.2. Badian, Imperialism 104–105 und DArch 4–5, 1970–71, 405, macht die Zensoren von 97 und 96, L. Valerius Flaccus und M. Antonius, die seiner Ansicht nach Freunde von Marius waren, dafür verantwortlich, viele Peregrine in die Bürgerlisten aufgenommen zu haben. Dagegen sieht Brunt, JRS 55, 1965, 106–107, eher einen „gradual process“ und verneint die Zielrichtung des Gesetzes gegen Marius (so Badian, a. a. O. und Fündling, Sulla 50), aber auch, dass die römischen Konsuln auf Ersuchen der Bundesgenossen / ​Latiner handelten, a. a. O. 92. Eine solche Repatriierungsmaßnahme sieht Galsterer, Herrschaft 187–189, in

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Folgen werden unterschiedlich aufgefasst, entweder als Vertreibung1219 derjenigen, die das Bürgerrecht fälschlich beanspruchten, oder als bloße Streichung1220 aus den Bürgerlisten.1221 Für letzteres spricht, dass Cicero (off. 3.11,47) die lex Licinia et Mucia deutlich von den Fremdenausweisungen abgrenzt1222, die er für inhuman hält, während er dem Gesetz eine gewisse Berechtigung nicht abspricht, weil eben nur solche Leute als Bürger auftreten sollen, die auch tatsächlich Bürger sind. In der Rede für Cornelius und der Kommentierung durch Asconius hört sich das anders an: Nach Ciceros Worten war das Gesetz unnütz, ja sogar verderbenbringend für den Staat. Asconius deutet das so, dass die lex Licinia et Mucia für die vornehmen Italiker, die Anführer der italischen Völkerschaften, der Anlass gewesen sei, von Rom abzufallen; das Gesetz habe also den gewichtigsten Grund für den Bundesgenossenkrieg geliefert, der drei Jahre später begann.1223 Außerdem gibt Cicero dem Gesetz den Titel de civibus redigundis, was man als Ausweisung aus Rom auffassen könnte. Alternativ lassen sich Asconius’ weitere Ausführungen von jedoch auch so interpretieren, als ob lediglich die staatliche Zugehörigkeit festgestellt und die Nichtbürger in suae quisque civitatis ius, in ihre eigentlichen Rechtsverhältnisse, zurückgeführt werden. Noch einseitiger beschreiben die Scholien zu Ciceros Sestius-Rede die lex Licinia et Mucia. Danach enthält sie lediglich die Aufforderung an Bundesgenossen und Latiner, in ihre staatlichen Gemeinschaften zurückzukehren. In dem erhaltenen Stück der Sestius-Rede geht es allerdings nicht um ein Gesetz; denn Cicero nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf konsularische Edikte, die tatsächlich die Ausweisung von Latinern und Bundesgenossen aus Rom anordneten. Eine weitere Bestimmung des Gesetzes ergibt sich aus Ciceros Rede pro Balbo. Es wurde eine quaestio eingerichtet, die wohl nicht nur in direktem zeitlichen Zusammenhang zur Verabschiedung der lex Licinia et Mucia stand, sondern

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der lex Licinia et Mucia, die am Beginn der letzten großen ‚Austreibung‘ vor dem Bundesgenossenkrieg stand (a. a. O. 197). Nach De Martino, Costituzione 3.41, richtet sich das Gesetz gegen diejenigen, die durch eine Verlegung des Wohnsitzes nach Rom das Bürgerrecht erwarben; Bundesgenossen und Latiner werden in die Heimat zurückgeschickt. Mommsen, StrafR 858; Weiss, 6) Lex Licinia Mucia, RE 12,2 (1925) 2395; Schur, Marius und Sulla 102–103; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 121; u. a. So u. a. Gabba, Athenaeum 31, 1953, 262; Sherwin-White, Citizenship 140; Gruen, Roman Politics 202; Behrends, La lex Licinia Mucia 17 A.2. – Weitere Literatur zu beiden Auffassungen bei Bauman, Lawyers 366 A.160–161; vgl. Badian, Clientelae 297 Note R; eine gründliche Auseinandersetzung mit Quellen und Literatur bei Coşkun, Bürgerrechtsentzug 150–155. Die Eintragung in die zensorischen Bürgerlisten hat keine konstitutive Wirkung (Kunkel, Staatsordnung 2.426), d. h. sie macht Nichtbürger nicht zu Bürgern. Diese Unterscheidung auch bei Behrends, La lex Licinia Mucia 28; vgl. Badian, Clientelae 297 (Note R). Gabba, Athenaeum 31, 1953, 266–267, 272, relativiert diese Ansicht.

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dauerhaft arbeiten und Fälle von fraglichem Bürgerrecht untersuchen sollte.1224 Als Tatbestand gilt vermutlich Betrug. Doch ob es über die Feststellung hinaus, dass sich jemand das Bürgerrecht angemaßt hatte, eine Strafe neben der Ausweisung aus Rom gab, muss offenbleiben;1225 denn nicht einmal die Ausweisung aus Rom ist bezeugt. Entgegen der von Rotondi1226 geäußerten Annahme, dass sich die lex Licinia et Mucia besonders gegen Latiner richtete, wird man auch die Bundesgenossen mit einbeziehen müssen; denn in den Scholia Bobiensia werden Latiner und Bundesgenossen genannt, steht doch bei Asconius socii bzw. Italici populi. Zum Schluss werfen wir einen Blick auf den Titel des Gesetzes: Er besteht bei Cicero1227 immer aus den durch et verbundenen Namen der beiden antragstellenden Konsuln, L. Licinius Crassus und Q. Mucius Scaevola. Dennoch handelt es sich offensichtlich nicht um zwei Gesetze, sondern nur um eines. Lit.: Badian, Clientelae 211 A.2, 213–214, 220, 256, 261, 297 Note R; Badian, Historia 6, 1957, 333, 342; Badian, Historia 11, 1962, 220, 224–225; Badian, Imperialism 104–105; Badian, Historia 18, 1969, 488–490; Badian, DArch 4–5, 1970–71, 405–409; Bauman, Lawyers 366–371; Behrends, La lex Licinia Mucia 15–19, 27–32; Bellen, Grundzüge 104; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 78; Bleicken, Lex 141 m. A.13, 182; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.356–357; Blösel, Röm. Republik 183; Botsford, Roman Assemblies 397; Brennan, Praetorship 2.387; Bringmann, Republik 243–244; Bringmann, Krise 57; Brunt, Fall, 99–101, 131; Brunt, Manpower 85, 543; Brunt, Social conflicts 101; Carcopino, BAGB 22, 1929, 5, 8–9; Carney, Marius 48; Christ, Krise 173; Cloud, CAH2 9.526; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 10, 17, 71, 150–155, 185, 189; Coşkun, Cicero 35, 37; Crawford, Speeches 81, 112–113; Cuq, DS 3,2.1153; De Martino, Costituzione 3.41; Doblhofer, Populare 52; Ferrary, RPh 70, 1996, 226 A.36; Frank, ESAR 1.253; Fündling, Sulla 50; Gabba, Athenaeum 31, 1953, 259–272; Gabba, Republican Rome III.86, 219–220 (A.41); Gabba, Republican Rome IV.133; Gabba, ANRW 1,1.786; Gabba, CPh 11, 1916, 321–323, sieht in der quaestio den Hauptzweck des Gesetzes; u. a. betonen diese Untersuchung: Willems, Sénat 2.686 A.1; Gruen, Roman Politics 202, Howarth, Historia 48, 1999, 298; Galsterer, Rom und Italien 297. 1225 Botsford, Roman Assemblies 397, denkt an Bestrafung, ohne diese näher zu spezifizieren; Badian, Historia 18, 1969, 489, dagegen hält sogar die Todestrafe für möglich und beruft sich auf Cic. Balb. 5–6, doch diese Aussage ist sicher auf anwaltliches Gebaren zurückzuführen und nicht als rechtlicher Terminus zu werten; vgl. dazu Coşkun, Bürgerrechtsentzug 152–153. 1226 Rotondi, Leges 335; ebenso unzutreffend König, Staat 130–131 [56], und Watson, Law of Persons 243 A.4. – Schon Mommsen, StR 3.1, 639 A.2, dachte wegen Cic. Balb. 24,54 an eine Zielrichtung gegen die Latiner. Doch im Zusammenhang der Cicero-Rede geht es um den Erwerb des Bürgerrechts durch erfolgreiche Anklagen vor dem Repetundengerichtshof, was allerdings auf Latiner beschränkt ist. Die Stelle kann daher nicht als Beweis dafür dienen, dass die lex Licinia et Mucia keinen weiteren Geltungsbereich hatte und die socii mitumfasste. 1227 Vgl. Ciceros Diktion bei Lex Nr. 94, bis auf eine Ausnahme nennt er das Gesetz lex Caecilia et Didia. 1224 Husband,

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CAH2 9.110–111; Galsterer, Herrschaft 93, 96, 165, 187, 200; Galsterer, Rom und Italien 297; Graeber, Auctoritas 210 A.184; Gruen, JRS 55, 1965, 73; Gruen, Historia 15, 1966, 47–48; Gruen, Roman Politics 202–203; Hackl, Gymnasium 97, 1987, 121; Harris, Etruria and Umbria 198; Heftner, Gracchen 116; Hill, Middle Class 129; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 135; Howarth, Historia 48, 1999, 298–300; Husband, CPh 11, 1916, 321–323; Jones, Criminal Courts 57–58; Keaveney, Unification 91, 202–203; Kelly, Exile 96; König, Staat 130–131 [56]; Konrad, Companion Republic 8.177; Lange, Alterthümer 2.685–686, 696, 3.89–90; Last, CAH 9.174–175, 177; Lewis, Asconius 274–275; Lintott, Violence 137; Lintott, CAH2 9.102; Luraschi, SDHI 61, 1995, 33; Luzzatto, Scritti Borsi 42–43; Marsh / ​Scullard, History 93, 420; Marshall, Asconius 137, 238–241, 257; Märtin, Führungsschicht 408; Martin, Populare 195; Meier, RPA 211–213; Millar, Rome 1.158, 159–160; Mitchell, Patricians 204; Mommsen, RG 3.234; Mommsen, StrafR 858; Mommsen, StR 3,1.639; Monaco, Lex Licinia Mucia 741, 748–759; Mouritsen, Unification 121; Mouritsen, Plebs 80; van Ooteghem, Marius 260–261; Perelli, Movimento popolare 139–140, 142; Pina Polo, Consul 116; Robinson, Marius 40; Rotondi, Leges 335; Salmon, Phoenix 16, 1962, 113–114; Sandberg, AIRFinl. 24.78–79; Scullard, Gracchi to Nero 61–62, 402; Sherwin-White, Citizenship 111, 140; Siber, Verfassungsrecht 27, 168–169; Thommen, Volkstribunat 75; Thomsen, C&M 5, 1942, 33–34; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 102 A.24; Toynbee, Hannibal’s Legacy 2.549 A.2 (S.550); Weiss, 6) Lex Licinia Mucia, RE 12,2 (1925) 2395; Wieacker, Rechtsgeschichte 368; Willems, Sénat 2.686 A.1.

96 Lex Livia de coloniis deducendis 663/91

App. civ. 1.35,156: ὁ δὲ τὸν δῆμον ἐς τοῦτο προϑεραπεύων ὑπήγετο ἀποικίαις πολλαῖς ἔς τε τὴν ᾽Ιταλίαν καὶ Σικελίαν ἐψηφισμέναις μὲν ἐκ πολλοῦ, γεγονυίαις δὲ οὔπω. Um die Gunst des Volkes für dieses Vorhaben zu gewinnen, führte er (Drusus) viele Kolonien nach Italien und Sizilien, die seit langer Zeit beschlossen, aber noch nicht entstanden waren. App. civ. 1.36,162:  … καὶ μόνος ὁ δῆμος ἔχαιρε ταῖς ἀποικίαις. οἱ ᾿Ιταλιῶται δ’, ὑπὲρ ὧν δὴ καὶ μάλιστα ὁ Δροῦσος ταῦτα ἐτέχναζε, καὶ οἵδε περὶ τῷ νόμῳ τῆς ἀποικίας ἐδεδοίκεσαν, ὡς τῆς δημοσίας ῾Ρωμαίων γῆς, ἣν ἀνέμητον οὖσαν ἔτι οἳ μὲν ἐκ βίας, οἳ δὲ λανϑάνοντες ἐγεώργουν, αὐτίκα σφῶν ἀφαιρεϑησομένης, καὶ πολλὰ καὶ περὶ τῆς ἰδίας ἐνοχλησόμενοι. … und nur das Volk freute sich über die Kolonien. Die Italiker aber, derentwegen Drusus vor allem diese Vorhaben plante, auch sie waren besorgt wegen des Gesetzes über die Kolonien, weil sie fürchteten, dass der römische ager publicus, den sie als unverteilt gebliebenen bebauten – die einen durch gewaltsame Besetzung, andere dagegen eher unbemerkt –, ihnen auf der Stelle weggenommen würde, und weil sie auch wegen ihres eigenen Landes sehr beunruhigt waren.

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Lex Nr. 96

In den Berichten über das Reformprogramm des Volkstribunen M.  Livius Drusus (91) stehen Rogationen zum Agrar- bzw. Getreidesektor am Anfang.1228 So berichtet Appian über Drusus’ Vorhaben, Kolonien zu gründen; die entsprechende Rogation nennt er „Koloniegesetz“. Zunächst ist die Rede von tatsächlichen Deduktionen, die längst beschlossene Kolonien in Italien und Sizilien nun endlich Wirklichkeit werden lassen. Diese Behauptung Appians verleitet dazu, eine Verbindung zum Koloniegesetz des Vaters, des Volkstribunen M. Livius Drusus von 122, zu ziehen.1229 Damals ging es jedoch ausdrücklich um Kolonien in Italien, nicht aber wie im Gesetz des Sohnes in einer Provinz, der Insel Sizilien.1230 Da aber Appian in diesem Abschnitt die Vorgeschichte des Bundesgenossenkrieges erzählt, richtet er dann seinen Blick wieder auf die Italiker; denn seiner Ansicht nach gelten alle von Drusus getroffenen Bemühungen eigentlich ihnen. Doch das Gesetz über (neue?) Kolonien missfällt den Italikern, weil sie eine Umverteilung der von ihnen besetzten römischen Ländereien, des ager publicus, oder sogar den Verlust der eigenen fürchteten. Diese Begründung der Italiker kann sich jedoch kaum auf Kolonien beziehen, eher steht dahinter die Furcht vor der Aufsiedlung des noch in Italien verbliebenen ager publicus. Appian fügt hier also dem ursprünglichen Koloniegesetz ein weiteres Agrargesetz hinzu. Und eine lex agraria1231 wird auch in den anderen Berichten über Livius’ Tribunat genannt; von der Anlage neuer Kolonien ist sonst nirgends die Rede. Deshalb sind wegen der unterschiedlichen Themen der von Appian genannten zwei Bestimmungen eher auch zwei Rogationen anzunehmen.1232 In der Forschung findet sich dagegen überwiegend nur ein Agrargesetz mit einer Kombination von Kolonien und neuen Siedlerstellen.1233 Gesicherte Nachrichten über die Ausführung dieses 1228

Insgesamt lässt sich die innere Chronologie des gesamten Tribunatsjahres nicht schlüssig rekonstruieren, vgl. Münzer, M.  Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 866, Gruen, Roman Politics 208, und Nippel, Aufruhr 224 A.6. In etwa gilt in der neueren Forschung die hier in den Leges Nr. 96–101 gewählte Abfolge. 1229 So die Meinung von Botsford, Roman Assemblies 397–398; Seymour, EHR 39, 1914, 423–424; Haug, Bundesgenossenkrieg 130; Gabba, Appian 1.117–118; Lintott, Judicial reform 55; Mouritsen, Unification 142; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 579. Nach Haug gibt es sogar keinen neuen Gesetzesvorschlag, lediglich das frühere Gesetz werde jetzt ausgeführt. 1230 Weinrib, Historia 19, 1970, 441–442, denkt daher an eine Wiederaufnahme der lex Appuleia, die u. a. Kolonien in Sizilien vorsah; nach Schur, Marius und Sulla 108, sollen sogar „alle Kolonisationsbestrebungen, die jemals vorgesehen waren,“ (mit Ausnahme von Achaia!) wieder aufgenommen werden. 1231 Lex Nr. 97. – Dieses wird daher auch als lex agraria (coloniaria) bezeichnet, z. B. von Gabba, ANRW 1,1.787, 788, 790. 1232 So z. B. auch: Lange, Alterthümer 3.97 u. 102; Rotondi, Leges 337–338; Last, CAH 9.178; Badian, Clientelae 216–217. 1233 Die Meinungen aus der Forschung dazu sind bei Lex Nr. 97 (Fn. 1241) angeführt. – G. Humbert, DS 1.164, nennt unter Livius’ Gesetzen nur die Gründung von Kolonien und keine weiteren agrarischen Maßnahmen.

Lex Nr. 97

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Koloniegesetzes gibt es nicht. Und auch dieses Gesetz des Livius Drusus blieb nicht lange in Geltung, es wurde gemeinsam mit der lex agraria (Lex Nr. 97), der lex frumentaria (Lex Nr. 98) und der lex iudiciaria (Lex Nr. 100) auf Betreiben des Konsuls Philippus vom Senat für ungültig erklärt.1234 Lit.: Badian, Clientelae 216–218; Barlow, AJPh 101, 1980, 203; Bellen, Grundzüge 104; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 86; Betti, Labeo 9, 1963, 222; Bleicken, Lex 401 A.163; Botsford, Roman Assemblies 397–398; Brunt, Fall 106; Christ, Krise 175; Christ, Sulla 75; Dreyfus, lois agraires 194–195; Flach, HZ 217, 1973, 282, 287; Flach, Agrargeschichte 65–67; Fündling, Sulla 51; Gabba, Appian 1.117–118; Gabba, Republican Rome III.72; Gabba, Republican Rome IV.133; Gabba, ANRW 1,1.787, 788, 789; Gabba, CAH2 9.112; Galsterer, Herrschaft 200–201; Gruen, Roman Politics 207; Harris, Etruria and Umbria 212–214; Haug, Bundesgenossenkrieg 130; Heftner, Gracchen 118; Hill, Middle Class 133; Howarth, Historia 48, 1999, 299–300; G. Humbert, DS 1.164; Keaveney, Unification 88; Kiene, Bundesgenossenkrieg 168–169, 172, 186; Konrad, Companion Republic 8.177; Kornemann, Coloniae RE 4,1 (1900) 563; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Lange, Alterthümer 2.691, 3.97–98, 104–105; Last, CAH 9.178, 181–182; Lintott, Judicial reform 55; Lovano, Cinna 15; Mackay, Breakdown 122; Marcks, Überlieferung 10 m. A.3; Marsh / ​Scullard, History 96–97; Martin, Populare 195–198; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 578–579; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 870, 872; Niccolini, FTP 217–219; Perelli, Movimento popolare 140–141; Roselaar, Public Land 282; Rotondi, Leges 335–336; Schneider, Wirtschaft 320–321; Schur, Marius und Sulla 108; Scullard, Gracchi to Nero 35, 62; Seymour, EHR 39, 1914, 423–424; Stockton, Gracchi 192, A.32; Thommen, Volkstribunat 46, 54; Thomsen, C&M 5, 1942, 17–18; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 579, 585, 588–589; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Weinrib, Historia 19, 1970, 441–443; E. Weiss, Leges Liviae, RE 12,2 (1925) 2396; Williamson, Laws 360.

97 Lex Livia agraria 663/91

Liv. per. 71: M.  Livius Drusus tribunus plebis,  … per vim legibus agrariis frumentariisque latis … Marcus Livius Drusus, der Volkstribun, …, nachdem er (mit Unterstützung der Bundesgenossen) gewaltsam Acker- und Getreidegesetze durchgebracht hatte, … Vir. ill. 66: (4) Marcus Livius Drusus … tribunus plebis … plebi agros permisit. (9) Philippo consuli legibus agrariis resistenti ita collum in comitio obtorsit, ut multus sanguis efflueret e naribus … (10) Deinde ex gratia nimia in invidiam venit. Nam 1234

Zur Aufhebung der livianischen Gesetze vgl. die Ausführungen bei Lex Nr. 97 und Lex Nr. 100.

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Lex Nr. 97

plebs acceptis agris gaudebat, expulsi dolebant … (4) Marcus Livius Drusus überließ als Volkstribun dem Volk Land. (9) Den Konsul Philippus, der gegen die Ackergesetze Widerstand leistete, würgte er auf dem Comitium derart, dass viel Blut aus seiner Nase floss. (10) Danach schlug die allzu große Beliebtheit in Abneigung um. Denn das Volk, das Land erhalten hatte, freute sich; die von ihren Äckern Vertriebenen waren verärgert. Ampel. 19,6: Livius Drusus qui agrariis legibus promulgatis summum p.R. favorem consecutus, ne promissa perficeret, per insidias  a Philippo consule domi suae interfectus est. Livius Drusus, der durch die öffentliche Ankündigung von Ackergesetzen beim römischen Volk höchste Gunst erlangte, wurde, damit er seine Versprechen nicht halten könne, vom Konsul Philippus hinterlistig in seinem eigenen Haus ermordet. Flor. 2.5,6 (3.17): Drusus plebem ad se Gracchanis legibus, isdemque socios ad plebem spe civitatis erexit. (9) Sic per vim latae iussaeque leges, … Drusus brachte das Volk auf seine Seite durch Gesetze nach Art der Gracchen, und ebenso brachte er die Bundesgenossen auf die Seite des Volkes durch die Hoffnung auf das Bürgerrecht. (9) So wurden die Gesetze unter Gewaltanwendung eingebracht und beschlossen, … App. civ. 1.36,162:  … καὶ μόνος ὁ δῆμος ἔχαιρε ταῖς ἀποικίαις. οἱ ᾿Ιταλιῶται δ’, ὑπὲρ ὧν δὴ καὶ μάλιστα ὁ Δροῦσος ταῦτα ἐτέχναζε, καὶ οἵδε περὶ τῷ νόμῳ τῆς ἀποικίας ἐδεδοίκεσαν, ὡς τῆς δημοσίας ῾Ρωμαίων γῆς, ἣν ἀνέμητον οὖσαν ἔτι οἳ μὲν ἐκ βίας, οἳ δὲ λανϑάνοντες ἐγεώργουν, αὐτίκα σφῶν ἀφαιρεϑησομένης, καὶ πολλὰ καὶ περὶ τῆς ἰδίας ἐνοχλησόμενοι. … und nur das Volk freute sich über die Kolonien. Die Italiker aber, derentwegen Drusus vor allem diese Vorhaben plante, auch sie waren besorgt wegen des Ansiedlungsgesetzes, weil sie fürchteten, dass der römische ager publicus, den sie als unverteilt gebliebenen bebauten – die einen durch gewaltsame Besetzung, die anderen dagegen unbemerkt –, ihnen auf der Stelle weggenommen würde, und weil sie auch wegen ihres eigenen Landes sehr beunruhigt waren. Cic. dom. 16,41: Si quod in ceteris legibus trinum nundinum esse oportet, id in adoptione satis est trium esse horarum, nihil reprehendo; sin eadem observanda sunt, iudicavit senatus M. Drusi legibus, quae contra legem Caeciliam et Didiam latae essent, populum non teneri. Wenn bei den übrigen Gesetzen eine Frist von drei Markttagen einzuhalten ist, bei einer Adoption es aber genügt, dass die Frist drei Stunden beträgt, habe ich nichts einzuwenden; wenn jedoch dieselben Fristen beachtet werden müssen, so hat der Senat entschieden (beschlossen), dass das Volk nicht an die Gesetze des M. Drusus gebunden sei, weil sie entgegen der lex Caecilia et Didia verabschiedet wurden. Cic. dom. 19,50: Quid? si etiam pluribus de rebus uno sortitore tulisti, tamenne arbitraris id quod M. Drusus in legibus suis plerisque, perbonus ille vir, M. Scauro et L. Crasso consiliariis non obtinuerit, id te posse … obtinere? Wie? wenn du mit einer einzigen Abstimmung Gesetze über mehrere Gegenstände hast verabschieden lassen, glaubst du dann trotzdem, du könnstest erreichen, was M. Drusus, jener

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durch und durch redliche Mann, mit M. Scaurus und L. Crassus als Ratgebern bei den meisten seiner Gesetze nicht erreicht hat? Cic. leg. 2.6,14: Marcus: Igitur tu Titias et Apuleias leges nullas putas? Quintus: Ego vero ne Livias quidem. Marcus: Et recte, quae praesertim uno versiculo senatus puncto temporis sublatae sint. Marcus: Demnach hältst du die Gesetze des Titius und des Appuleius für nichtig? Quintus: Ja, sogar erst recht die des Livius. Marcus: Recht hast du, zumal sie durch eine kurze Formel des Senats im Nu aufgehoben wurden. Cic. leg. 2.12,31: Quid religiosius quam …. Quid, legem si non iure rogata est tollere, ut Titiam decreto conlegi, ut Livias consilio Philippi consulis et auguris? Was ist geheiligter als … was, als ein Gesetz aufzuheben, das nicht rechtmäßig beantragt wurde, wie die lex Titia durch einen Beschluss des (Auguren-)Kollegiums oder die Gesetze des Livius auf Anraten des Konsuls und Augurs Philippus? Ascon. Corn. I, p.55 (68 C): Itaque Philippus cos., qui ei inimicus erat, obtinuit a senatu ut leges eius omnes uno S. C. tollerentur. Decretum est enim contra auspicia esse latas neque iis teneri populum. Daher setzte der Konsul Philippus, der ihm feindlich gesinnt war, beim Senat durch, dass alle seine Gesetze durch einen einzigen Senatsbeschluss aufgehoben wurden. Beschlossen wurde nämlich, dass sie entgegen den Auspizien verabschiedet worden seien und das Volk nicht an sie gebunden sei.1235 CIL 12 .1, elog. XXX (=VII), p.199: M · Livius · M · F · C · N · DRUSUS · PONTIFEX · TR · MIL · X · VIR · STLIT · IUDIC TR · PL · XVIR · A · D · A · LEGE · SUA ET · EODEM · ANNO · V·VIR · A · D · A · LEGE SAUFEiA IN · MAGISTRATU · OCCISUS · EST (1) Marcus Livius Marci Filius Cai Nepos DRUSUS PONTIFEX (Priester) (2) TRibunus MILitum (Militärtribun) X VIR STLITibus IUDICandis (Mitglied des Zehnmännerkollegiums der Richter)1236 (3) TRibunus PLebis (Volkstribun) XVIR Agris Dandis Assignandis LEGE SUA (Mitglied des Zehnmännerkollegiums zur Landverteilung auf Grund seines eigenen Gesetzes) (4) ET EODEM ANNO V VIR Agris Dandis Assignandis LEGE SAUFEIA1237 (und in demselben Jahr Mitglied des Fünfmännerkollegiums zur Landverteilung auf Grund des Gesetzes von Saufeius) (5) IN MAGISTRATU OCCISUS EST (wurde in seinem Amtsjahr ermordet). = ILS 1 No.49 Zu dieser Stelle und zu allen leges Liviae: Marshall, Asconius 242–245; Crawford, Speeches 113–116 1236 Über dieses Kollegium vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.536–540. 1237 Lex Nr. 102. 1235

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Der Volkstribun M. Livius Drusus schlug vermutlich in den ersten Monaten seines Tribunats ein Ackergesetz vor. Über seinen Inhalt ist nichts Genaueres bekannt; nach Florus ähnelten seine Gesetze denen der Gracchen. Die LiviusEpitome, der Auctor De viris illustribus und Ampelius schreiben von Ackergesetzen im Plural. Einzig Appian macht Angaben zum Inhalt, aus denen man zum Thema Landverteilung zwei Bestimmungen herauslesen kann. Als erstes sollen Kolonien gegründet werden, und zwar in Italien und in Sizilien. Diese Kolonien seien schon längst beschlossen, aber noch nicht verwirklicht worden.1238 Zweitens sei es um bisher unverteilten ager publicus gegangen, der offenbar von Italikern in Besitz genommen worden war und dessen Verlust sie nun fürchten. Diese beiden Bestimmungen führten dazu, dass man in der Forschung1239 entweder von zwei Agrargesetzen1240 des Livius Drusus ausging, was auch zu dem bei den anderen A ­ utoren verwandten Plural passt, oder einem einzigen, das beide Bereiche abdeckte, die Gründung von Kolonien und die Verteilung von Land zur Ansiedlung.1241 Wie aus einem Elogium für Drusus hervorgeht, in dem er als Xvir a(gris) d(andis) a(ssignandis) auf Grund seines eigenen Gesetzes bezeichnet wird, wurde die Landverteilung zumindest begonnen. Weitere Aussagen zum Inhalt, wie sie in der Literatur gemacht werden, bleiben mangels Angaben der Quellen unbegründete Mutmaßungen, und zwar sowohl über die Lage des zu verteilenden Landes1242 1238

Vgl. dazu Lex Nr. 96. De Martino, Costituzione 3.45, gibt als einziger einen Hinweis auf die Widersprüchliche in den Quellen und lässt die Möglichkeit mehrerer Gesetze offen.. 1240 In dieser Darstellung sind das die Lex Nr. 96 und Nr. 97. Diese Ansicht auch bei Lange, Alterthümer 3.97 u. 102; Rotondi, Leges 337–338; Last, CAH 9.178; Badian, Clientelae 216–217; und Andere. 1241 Marcks, Überlieferung 10 A.3; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 869–870, 872; Niccolini, FTP 217–218; Thomsen, C&M 5, 1942, 17–18; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85, 89–90; Schur, Marius und Sulla 108; Tibiletti, Latifundium 61; Salmon, Phoenix 16, 1962, 114; Marsh / ​Scullard, History 96–97; Brunt, Fall 106; Martin, Populare 195–196; Harris, Etruria and Umbria 212–214; Gabba, ANRW 1,1.787–788, 790, benutzt durchgehend den Begriff lex agraria (coloniaria); Schneider, Wirtschaft 320; Galsterer, Herrschaft 200–201; Perelli, Movimento popolare 140–141; Flach, Agrargeschichte 66; Lintott, Judicial reform 55; Burckhardt, Strategien 259; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Mouritsen, Unification 114, 142; Graeber, Auctoritas 209; Keaveney, Unification 88; Heftner, Gracchen 118; Roselaar, Public Land 282. – Scullard, Gracchi to Nero 62, und Linke, Röm. Republik 95, gehen von einem Gesetz nur zur Landverteilung aus. 1242 Die Überlegungen reichen von Land – ager publicus oder ager compascuus – in (Süd-)Italien (Seymour, EHR 39, 1914, 424; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 89; Meier, RPA 211–212; Gabba, ANRW 1,1.790; Burckhardt, Strategien 259, 261; Linke, Röm. Republik 95; Blösel, Röm. Republik 180) über Etrurien und Umbrien (wegen des Auftretens dieser Volksgruppen in Rom: De Martino, Costituzione 3.45; Scullard, Gracchi to Nero 62 m. A.4 (S.403); Flach, Agrargeschichte 66–67; Keaveney, Unification 89–90) bis zur Verteilung des ager Campanus, den G ­ racchus noch ausdrücklich ausgenommen hatte (Lange, Alterthümer 1239

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oder den Umfang der Assignationen als auch den Kreis derer, die einen Anteil erhalten sollen.1243 Eine Verbindung zu der vielfach seit Cichorius1244 ins Spiel gebrachten schon existierenden latinischen Kolonie Vibo1245 ist ebenfalls nicht verifizierbar; denn die Rekonstruktion der angeblich diesbezüglichen Inschrift1246 durch Cichorius enthält fragwürdige Ergänzungen.1247 Das  – oder die  – Agrargesetz(e)  sollten  – gemeinsam mit der nur in der Livius-Epitome genannten lex frumentaria (Lex Nr. 98)  – im Rahmen des beabsichtigten Reformprogramms dazu dienen, die Plebs zu gewinnen,1248 damit sie die Verabschiedung der zugunsten des Senats geplanten lex iudiciaria (Lex Nr. 100) unterstützte. Mit Blick auf die Annullierung der livianischen Gesetze am Ende des Jahres 91 wird daher angenommen, dass Livius die drei Gesetze im Paket verabschieden ließ1249 und damit wegen dieses Verstoßes gegen die lex Caecilia et Didia (Lex Nr. 94) einen Grund für die Aufhebung der Gesetze geboten habe. Da in den Quellen aber auch andere Gründe wie die Abstimmung per vim (Liv. per. 71, Flor. 2.5,6 [3.17,6]), contra auspicia (Corn. I, p.55 (68–69 C)) oder die Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Promulgationsfrist (Cic. dom. 3.102; Botsford, Roman Assemblies 398; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 870; De Martino, Costituzione 3.45); außerdem werden Bezüge zu Bestimmungen der lex agraria von 111 behauptet (Lange, Alterthümer 3.102; Botsford, Roman Assemblies 397–398; Niccolini, FTP 218; Schneider, Wirtschaft 320). 1243 Meist gelten landlose Bürger aus Rom als mögliche Empfänger; Kann, Restoration 166, und Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 577–579, 589, denken dagegen auch hier  – wie bei Saturninus – an die Versorgung der Veteranen. 1244 Römische Studien 116–125. – Der Ansatz wurde übernommen u. a. von Schur, Marius und Sulla 108. 1245 Vibo Valentia in Süditalien, schon lange besiedelter Ort, seit dem 2. Jh. Kolonie. 1246 Die dort gefundene Inschrift steht CIL X, 44 u. p.1003; wieder in: Greenidge / ​Clay, Sources 131 u. Broughton, MRR 2.23. – Auch Schneider, Wirtschaft 320, schließt daraus auf die Deduzierung einer Kolonie nach Vibo; wobei schon die Vorstellung merkwürdig ist, dass eine Ackerkommission eine Kolonie gegründet haben soll. Vgl. dagegen die bewußt hypothetisch gehaltenen Überlegungen von Tibiletti, Latifundium 62 A.102, zu einer möglichen Ergänzung der bestehenden Kolonie. 1247 Diese Feststellung – zu Recht – trifft Broughton, MRR 2.24 A.10, während Thomsen, C&M 5, 1942, 25, für durchaus möglich hält, dass die Liste die Namen der Xviri enthält. 1248 Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 869–870; Niccolini, FTP 218; Thomsen, C&M 5, 1942, 17; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85; Galsterer, Herrschaft 201; Kann, Restoration 166; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Mouritsen, Unification 114; Keaveney, Unification 88; u. a. – Neutraler sieht Schneider, Wirtschaft 321 A.170, Drusus’ Gesetzesinitiativen, denn die Verbesserung der sozialen Verhältnisse sei durchaus wünschenswert gewesen; die Gesetze seien daher keine largitiones. 1249 Seymour, EHR 39, 1914, 424; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85; Bringmann, Republik 248; De Martino, Costituzione 46; Heftner, Gracchen 120; Burckhardt, Strategien 257. – Gegenteiliger Ansicht sind z. B. Thomsen, C&M 5, 1942, 32–33, und Badian, Clientelae 216–217.

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16,41) genannt werden,1250 ist der Schluss nicht zwingend, dass Livius dem Verbot der Gesetzgebung per saturam zuwiderhandelte.1251 Lit.: Badian, Foreign Clientelae 216–218; Badian, Historia 11, 1962, 225–226; Barlow, AJPh 101, 1980, 203–204; Bauman, Lawyers 372; Bellen, Grundzüge 104–105; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85, 89–91, 94; Betti, Labeo 9, 1963, 222; Bleicken, Lex 455, 460, 465; Blösel, Röm. Republik 180–181; Botsford, Roman Assemblies 397–398; Bringmann, Republik 247–248; Bringmann, Krise 58–59; Broughton, MRR 2.21–23, 24 A.10; Brunt, Fall 106; Burckhardt, Strategien 193, 257, 259, 261; Capogrossi Colognesi, Law 196; Carcopino, Histoire 3.2,1.363–364; Christ, Krise 175; Cuq, DS 3,2.1154; De Martino, Costituzione 3.45–47; Dreyfus, lois agraires 194–195; Dyck, Commentary 343–344; Evans, Reputations 135; Flach, Agrargeschichte 66–68; Frank, ESAR 1.254; Fündling, Sulla 51–52; Gabba, Republican Rome III.72–74 m. A.36 (S.218); Gabba, Republican Rome IV.133; Gabba, ANRW 1,1.787–788, 790 m. A.152; Gabba, CAH2 9.112; Galsterer, Herrschaft 200–201; Graeber, Auctoritas 209; Gruen, Roman Politics 207–208; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 119–121; Harris, Etruria and Umbria 212–214; Haug, Bundesgenossenkrieg 103–104, 107, 122, 126–127; Heftner, Gracchen 118, 120–121; Heikkilä, AIRFinl. 13.136–137; Hill, Middle Class 133; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 26–27, 44, 70; Hinrichs ZRG 83, 1966, 257; Howarth, Historia 48, 1999, 299–300; Humbert, DS 1.164; Kann, Restoration 166; Keaveney, Unification 88–90; Kiene, Bundesgenossenkrieg 181; Kornemann, Coloniae RE 4,1 (1900) 562–563; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Lange, Alterthümer 2.689, 3.102, 104; Lapyrionok / ​Smorchkov, Historia 65, 2016, 177–178; Last, CAH 9.178, 181–182; Linderski, ANRW 2.16,3.2165 A.54, 2167 A.62; Linke, Röm. Republik 95, 99; Lintott, Violence 134, 140–143; Lintott, Judicial reform 55; Mackay, Breakdown 122; Marcks, Überlieferung 4, 6, 10, 35, 90; Marsh / ​Scullard, History 96–97, 421; Marshall, Asconius 242, 244–245; Martin, Populare 195–198; Meier, RPA 145, 211–212; Millar, Rome 1.160; Mouritsen, Unification 114, 142, 149–150; Mouritsen, Plebs 86; Münzer, M.  Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 869–870, 872; Niccolini, FTP 217–221; Nippel, Aufruhr 224 A.6; van Ooteghem, Marius 268; Perelli, Movimento popolare 140–141; Richard, MEFRA 103, 1991, 596; Roselaar, Public Land 282; Rotondi, Leges 337–338; Salmon, Phoenix 16, 1962, 114–115, 117–118; Schneider, Wirtschaft 320–321; Schur, Marius und Sulla 108; Scullard, Gracchi to Nero 62 m. A.4 (S.403); Seleckij, Klio 58, 1976, 426, 427, 436; Serrao, Classi 188; Seymour, EHR 39, 1914, 423–424; Siber, Verfassungsrecht 233; Smith, Athenaeum 55, 1977, 156–157; Sommer, RG 1.379; Thommen, Volkstribunat 46, 49, 54, 131; Thomsen, C&M 5, 1942, 17–18, 24–25, 30–33, 39–40; Tibiletti, Latifundium 61–64; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 574, 576–579, 581–583, 585, 589; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Weinrib, ZRG 87, 1970, 399; E. Weiss, Leges Liviae, RE 12,2 (1925) 2396; Willems, Sénat 2.112; Williamson, Laws 315, 360.

1250

Zu diesen Gründen vgl. etwa Bleicken, Lex 465; De Martino, Costituzione 47; Flach, Agrargeschichte 68. 1251 So sieht Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 873, die Verabschiedung der Gesetze differenzierter: Die Anträge seien „von den Comitien gleichzeitig angenommen worden“, was aber nicht die Zusammenfassung zu einer Lex satura bedeuten müsse.

Lex Nr. 98

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98 Lex Livia frumentaria 663/91

Liv. per. 71: M. Livius Drusus tribunus plebis, socios et Italicos populos spe civitatis Romanae sollicitavit iisque adiuvantibus per vim legibus agrariis frumentariisque latis … Der Volkstribun M. Livius Drusus stachelte die Bundesgenossen und die italischen Völkerschaften mit der Hoffnung auf, die er ihnen auf das römische Bürgerrecht machte. Nachdem mit ihrer Hilfe gewaltsam Acker- und Getreidegesetze durchgebracht waren, … Nach der Epitome aus Livius ließ der Volkstribun M.  Livius Drusus neben anderen Gesetzen auch ein (oder mehrere)  Getreidegesetze verabschieden.1252 Über den Inhalt des Gesetzes lässt sich nur spekulieren, etwa, dass es einen Passus zugunsten der „Helfer“ bei der Abstimmung aus dem italischen Bereich enthielt, der ihnen einen Zugang zu den Getreideverteilungen verschaffte. Damit würde Drusus den Kreis der Empfänger der monatlichen Getreiderationen über die stadtrömische Bevölkerung hinaus erweitern. Oder er könnte mit seiner lex, da er nach den Worten der Epitome trotz seines Amtes als Volkstribun dem Senat zugeneigt schien, den Preis der Getreiderationen heraufgesetzt haben; denn schon bei dem relativ gemäßigten Preis nach dem sempronischen Getreidegesetz wurden Klagen über die negativen Folgen für die Staatskasse geführt. Er könnte aber auch den Preis gesenkt haben, um Senat und Volk einander wieder näher zu bringen.1253 Doch, wie gesagt, das sind alles nur Mutmaßungen,1254 und da das oder die Gesetze zusammen mit den übrigen Gesetzen des Livius aufgehoben wurden,1255 hatten sie ohnehin keine bleibende Wirkung. Lit.: Badian, Clientelae 217 A.1; Badian, Historia 11, 1962, 225–226; Barlow, AJPh 101, 1980, 203–204; Bellen, Grundzüge 104; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85; Betti, Labeo 9, 1963, 222; Bleicken, Lex 235 A.133, 455, 460, 464–465; Bloch / ​Carcopino, Weitere Quellen existieren nicht; aus Flor. 2.5,6 (3.17,6), wonach Drusus Gracchanae leges beantragte, könnte man höchstens schließen, dass dazu auch eine lex frumentaria gehört. 1253 Lange, Alterthümer 102, denkt an einen niedrigeren Getreidepreis und bringt die lex Livia nummaria (Lex Nr. 99) als Maßnahme zugunsten des Staatsschatzes damit in Verbindung. Diese sei vielleicht sogar kein „besonderes“ Gesetz, sondern nur ein Artikel der lex frumentaria. Einen Zusammenhang zwischen beiden Gesetzen sehen auch: Mommsen, RG 3.224; Thomsen, C&M 5, 1942, 16–17; Linke, Röm. Republik 95. 1254 Das Fazit zieht auch Brunt, Manpower 378. 1255 Zur Aufhebung der livianischen Gesetze vgl. die Ausführungen zu Lex Nr. 97 und Lex Nr. 100. 1252

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Lex Nr. 99

Histoire 3.2.1.362; Blösel, Röm. Republik 180; Botsford, Roman Assemblies 398; Bringmann, Republik 247; Bringmann, Krise 58; Brunt, JRS 52, 1962, 70; Brunt, Manpower 378; Brunt, Social conflicts 101; Burckhardt, Strategien 250, 257–258, 259–260; Capogrossi Colognesi, Law 196; Christ, Krise 175; Christ, Sulla 75; Cuq, DS 3,2.1154; De Martino, Costituzione 3.42, 46; Dreyfus, lois agraires 194–195; Frank, ESAR 1.254; Fündling, Sulla 51; Gabba, ANRW 1,1.790; Galsterer, Herrschaft 200–201; Gruen, Roman Politics 207; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 119; Haug, Bundesgenossenkrieg 103; Heftner, Gracchen 118; Hill, Middle Class 133; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 70; Kann, Restoration 166; Keaveney, Unification 88; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.626, 654; Lange, Alterthümer 2.692, 3.102–104; Last, CAH 9.178, 182; Linke, Röm. Republik 95; Mackay, Breakdown 122; Marcks, Überlieferung 4, 35–37, 90; Marsh / ​Scullard, History 96–97; Marshall, Asconius 242; Martin, Populare 195–198; Meier, RPA 211–213; Mommsen, RG 3.224, 226–227; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 870, 872; Niccolini, FTP 172, 217, 219; van Ooteghem, Marius 268; Perelli, Movimento popolare 140; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.548–549; Rickman, Corn supply 164–165; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Rotondi, Leges 336–337; Salmon, Phoenix 16, 1962, 114–115; Schneider, Wirtschaft 367, 369–370; Scullard, Gracchi to Nero 62; Seleckij, Klio 58, 1976, 426, 436; Seymour, Engl. Hist. Rev. 39, 1914, 423; Siber, Verfassungsrecht 233; Sommer, RG 1.379; Thommen, Volkstribunat 59 A.125, 60; Thomsen, C&M 5, 1942, 16–17; Tiersch, Getreideversorgung 197, 199; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 577; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 303; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Virlouvet, Famines 14; Virlouvet, Lois frumentaires 13, 18, 25, 26–27; Weinrib, Historia 19, 1970, 441–443; Willems, Sénat 2.112; Williamson, Laws 360.

99 Lex Livia nummaria 663/91

Plin. nat. 33.13,46: Livius Drusus in tribunatu plebei octavam partem aeris argento miscuit. In seinem Amt als Volkstribun ließ Livius Drusus dem Silber ein Achtel Bronze beimischen. Dem Volkstribunen M.  Livius Drusus wird neben seinen übrigen Gesetzen auch eines zugeschrieben, dass die Zusammensetzung der römischen Silbermünzen änderte. Die einzige Quelle dafür ist Plinius in seinem Abriss über die römische Münzgeschichte. Danach erhalten die Silbermünzen (Denare)  einen Kupferkern aus einem Teil aes, den sieben Teile argentum umgeben1256  – sog. plattierte Münzen sind das Ergebnis –, oder den Silbermünzen wird ein Achtel

1256

Christ, Krise 192.

Lex Nr. 99

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Kupfer beigemischt,1257 was eine Legierung ergibt.1258 Nach einer anderen Auffassung1259 sollte ein Achtel der gesamten Silberprägung aus plattierten Münzen bestehen; der Wortlaut der Pliniusstelle lässt diese Deutung jedoch kaum zu. Weil die wirtschaftliche Situation der neunziger Jahre ein solches Gesetz möglich erscheinen lässt, gilt M. Livius Drusus d. J. überwiegend als Autor.1260 Eine abweichende Meinung vertritt Mattingly1261, der hinter dem Gesetz eher den Vater M. Livius Drusus vermutet. Plinius’ Darstellung erschwert die zeitliche Einordnung des Gesetzes: Zunächst berichtet er von der Silberprägung, der Gewichtsverminderung der Bronzemünzen und den unterschiedlichen Relationen zwischen Silber-und Bronzemünzen. Dann referiert er drei Gesetze zum Thema Münzen, von denen er die lex Papiria (Lex Nr. 111) mit der Festlegung des Semuncial­standards für den As und die lex Clodia (Lex Nr. 71) über den victoriatus direkt als Gesetze anführt. Die lex Livia zwischen diesen beiden erscheint als von Drusus initiierte Maßnahme, wird aber wohl zu Recht ebenfalls für ein Gesetz gehalten. Das erste Gesetz knüpft direkt an den vorigen Abschnitt mit der Erklärung der unterschiedlichen Münzgewichte an; es benennt die jüngste Veränderung und wird in die Zeit nach Drusus datiert. Die lex Clodia scheint dagegen dem Gesetz des Drusus vorangegangen zu sein. Demnach wählte Plinius anders als im ersten Teil seiner „Münzgeschichte“ in diesem Abschnitt eine rückläufige zeitliche Abfolge.1262 Als Motivation des Drusus wird öfter die Finanzierung seines Getreide­ programms angenommen.1263 Weil aber Plinius als einziger dieses Gesetz erwähnt, ist eine Beurteilung seines Vorhabens kaum möglich.

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So Mattingly, JRS 12, 1922, 232; Mattingly, PBA 1953, 250; Schur, Marius und Sulla 108; Christ, Krise 175; Nuber, KJ 14, 1974, 80; Thommen, Volkstribunat 67. 1258 Zu Silber-/Kupferlegierung vgl. König / ​Winkler, Plinius, Bd. 33, 136–137. 1259 Mommsen, Münzwesen 387; Grueber, Coins 1.xlii; Frank, AJPh 54, 1933, 54–55; Bulst, Historia 13, 1964, 330–331. – Crawford, NC 7/8, 1968, 57–58, u. Coinage 189 u. 191–193, vermutet statt der Plattierung eine Entwertung der Münzen, meint aber, dass Drusus’ Gesetz niemals in Kraft gesetzt wurde. 1260 Mommsen, Münzwesen 387; Frank, ESAR 1.254; Barlow, Bankers 121; ders., AJPh 101, 1980, 203–204; Bulst, Historia 13, 1964, 330; Christ, Krise 175; Lange, Alterthümer 2.674, 3.102–103; Crawford, RRC 2.616; Marsh / ​Scullard, History 96; Schur, Marius und Sulla 108; Thomsen, C&M 5, 1942, 16–17; Williamson, Laws 360. 1261 Mattingly, JRS 12, 1922, 232; ders., PBA 1953, 242 A.1, 250. 1262 Vgl. Nenci, Athenaeum 46, 1968, 16. 1263 Diese Auffassung vertritt schon Lange, Alterthümer 3.103, daher sei die lex nummaria wahrscheinlich kein eigenes Gesetz, sondern nur ein Artikel der lex frumentaria (dem folgen: Münzer, 18) Livius Drusus, RE 13,1 (1926) 870; Haug, Bundesgenossenkrieg 138 – anders: Niccolini, FTP 218). – Ebenso erscheint die Finanzierung der Getreideversorgung als Anlass für die lex nummaria bei Schur, Marius und Sulla 108; Thomsen, C&M 5, 1942, 16–17; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 70; Christ, Krise 175; Marsh / ​Scullard, History 96; Barlow,

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Lex Nr. 99

Unterschiedliche Ansichten bestehen auch über die Fortdauer des Gesetzes, da strittig ist, ob die Münzen belastbare Aussagen zulassen. Dementsprechend gilt die lex nummaria entweder als nicht ausgeführt1264 oder zusammen mit den übrigen livianischen Gesetzen als aufgehoben (Cic. dom. 16,41; leg. 2.6,14 u. 2.12,31)1265, oder man erklärt, das Gesetz sei in Kraft geblieben.1266 Lit.: Barlow, Bankers 121; Barlow, AJPh 101, 1980, 203–204; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85–86; Bleicken, Lex 145 m. A.27; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1, 362–363; Blösel, Röm. Republik 180; Botsford, Roman Assemblies 398; Bringmann, Republik 245–246, 253; Bringmann, Krise 58; Bulst, Historia 13, 1964, 330–331; Burckhardt, Strategien 258, 260; Christ, Krise 175, 192; Crawford, PCPhS 14, 1968, 1–4; Crawford, NC 7/8, 1968, 57–58; Crawford, RRC 2.616; Crawford, Coinage and money 185, 189–191 u.193; Cuq, DS 3,2.1154; De Martino, Costituzione 3.42, 78; Dreyfus, lois agraires 194–195; Frank, AJPh 54, 1933, 54–55; Frank, ESAR (1933) 1.231, 254, 266–267, 271; Fündling, Sulla 51; Graeber, Auctoritas 210; Grueber, Coins 1.xlii, 271; Harl, Coinage 46 m. A.22 (398); Haug, Bundesgenossenkrieg 138; Hill, Middle Class 133, 138; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 70–71; Howarth, Historia 48, 1999, 299–300; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.654; Lange, Alterthümer 2.674, 3.102–103, 136–137; Linke, Röm. Republik 95; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 218–220, 223; Mackay, Breakdown 122; Marsh / ​Scullard, History 96–97; Marshall, Asconius 242, 290; Mattingly, JRS 12, 1922, 232; Mattingly, PBA 1953, 242 A.1, 250; Mommsen, Münzwesen 363, 385–388; Mommsen, RG 3.224; Münzer, 18) Livius Drusus, RE 13,1 (1926) 870; Nenci, Athenaeum 46, 1968, 12, 16; Niccolini, FTP 218; Nuber, KJ 14, 1974, 80; Panvini Rosati, ANRW 1,1.302; Perelli, Movimento 151 A.113; Rotondi, Leges 336; Schur, Marius und Sulla 108; Scullard, Gracchi to Nero 402–403 (A.4); Serrao, Classi 191; Seymour, Engl. Hist. Rev. 39, 1914, 423; Shatzman, Senatorial Wealth 205–206; Sydenham, Coinage xliv; Thommen, Volkstribunat 56–57, 62, 67; Thomsen, C&M 5, 1942, 16–17; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; E. Weiss, Leges Liviae, RE 12,2 (1925) 2396; Willems, Sénat 2.112, 438 A.3, 441 A.4; Williamson, Laws 327, 360.

AJPh 101, 1980, 203–204; Burckhardt, Strategien 260; Thommen, Volkstribunat 56–57; Linke, Röm. Republik 95. 1264 Crawford, Coinage 191 u.193; Harl, Coinage 398 A.22. 1265 Willems, Sénat 2.112; Marsh / ​Scullard, History 96; Crawford, RRC 2.616; Barlow, Bankers 121. 1266 Frank, ESAR (1933) 1.254; Niccolini, FTP 218; Bulst, Historia 13, 1964, 330.

Lex Nr. 100

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100 Lex Livia iudiciaria 663/91

App. civ. 1.35,157–158: τὴν τε βουλὴν καὶ τοὺς ἱππέας, οἳ μάλιστα δὴ τότε ἀλλήλοις διὰ τὰ δικαστήρια διεφέροντο, ἐπὶ κοινῷ νόμῳ συναγαγεῖν ἐπειρᾶτο, σαφῶς μὲν οὐ δυνάμενος ἐς τὴν βουλὴν ἐπανενεγκεῖν τὰ δικαστήρια, τεχνάζων δ’ ἐς ἑκατέρους ὧδε. τῶν βουλευτῶν διὰ τὰς στάσεις τότε ὄντων μόλις ἀμφὶ τοὺς τριακοσίους, ἑτέρους τοσούσδε αὐτοῖς ἀπὸ τῶν ἱππέων εἰσηγεῖτο ἀριστίνδην προσκαταλεγῆναι καὶ ἐκ τῶνδε πάντων ἐς τὸ μέλλον εἶναι τὰ δικαστήρια· εὐϑύνας τε ἐπ’ αὐτῶν γίγνεσϑαι δωροδοκίας προσέγραφεν, ἐγκλήματος ἴσα δὴ καὶ ἀγνοουμένου διὰ τὸ ἔϑος τῆς δωροδοκίας ἀνέδην ἐπιπολαζούσης. Den Senat und die Ritter, die damals ganz besonders wegen der Gerichtshöfe miteinander stritten, suchte er durch ein alle gemeinschaftlich betreffendes Gesetz zusammenzubringen. Weil er die Gerichtshöfe aber nicht offen an den Senat zurückgeben konnte, dachte er sich zu den beiden Gruppierungen Folgendes aus: Weil die Zahl der Senatoren damals wegen der Aufstände im Inneren kaum noch dreihundert betrug, beantragte er, zu diesen ebenso viele von den Rittern nach Verdienst hinzuzuwählen und aus diesen allen in Zukunft die Gerichtshöfe zu besetzen. Außerdem beantragte er, dass Rechenschaft über Bestechlichkeit bei ihnen abgelegt wurde, eine Anklage, die nahezu unbekannt war, weil die Sitte der Bestechlichkeit ungehindert die Oberhand hatte. Liv. per. 70: Senatus cum impotentiam equestris ordinis in iudiciis exercendis ferre nollet, omni vi eniti coepit, ut ad se iudicia transferret, sustinente causam eius M. Livio Druso tribuno plebis, qui ut vires sibi adquireret, perniciosa spe largitionum plebem concitavit. Als der Senat nicht länger das Unvermögen des Ritterstandes bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit ertragen wollte, begann er sich mit aller Kraft darum zu bemühen, die Gerichtsbarkeit auf sich zu übertragen. Unterstützung für sein Anliegen fand er im Volkstribun M. Livius Drusus, der das Volk durch die gefährliche Hoffnung auf Freigebigkeiten aufwiegelte. Liv. per. 71: M. Livius Drusus tribunus plebis, … (legem) iudiciariam quoque pertulit, ut aequa parte iudicia penes senatum et equestrem ordinem essent. Der Volkstribun Marcus Livius Drusus … brachte auch ein Gesetz über die Gerichte durch, dazu dass die Gerichtsbarkeit zu gleichen Teilen beim Senat und beim Ritterstand liege. Vell. 2.13,2: (Livius Drusus) qui cum senatui priscum restituere cuperet decus et iudicia ab equitibus ad eum transferre ordinem. (Livius Drusus) …, der dem Senat die alte Würde zurückzugeben und die Gerichtsbarkeit von den Rittern auf diesen Stand zu übertragen begehrte, … Vir. ill. 66: (4) Marcus Livius Drusus … tribunus plebis … equitibus curiam, senatui iudicia permisit. Marcus Livius Drusus … machte als Volkstribun den Rittern

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die Kurie zugänglich; dem Senat erlaubte er die Gerichtsbarkeit. (10) Deinde ex gratia nimia in invidiam venit. Nam … equites in senatum lecti laetabantur, sed praeteriti querebantur; senatus permissis iudiciis exultabat, sed societatem cum equitibus aegre ferebat. Danach schlug die allzu große Beliebtheit in Abneigung um. Denn die in den Senat gewählten Ritter freuten sich, doch die Übergangenen beschwerten sich; der Senat jubelte, dass ihm die Gerichtshöfe wieder überlassen waren, aber die Gemeinschaft mit den Rittern ertrug er nur widerwillig. Ascon. Scaur. p.24 (21 C): Scaurus … M. quoque Drusum tr. pl. cohortatus sit ut iudicia commutaret. Scaurus … habe auch den Volkstribunen M. Drusus ermutigt, die Zusammensetzung der Gerichte zu verändern. Cic. Rab. Post. 7,16: Potentissimo et nobilissimo tribuno pl. M. Druso, novam in equestrem ordinem quaestionem ferenti: ‚SI QUIS OB REM IUDICANDAM 1267 PECUNIAM CEPISSET‘ aperte equites Romani restiterunt. Dem ungeheuer einflussreichen und überaus angesehenen Volkstribunen M. Drusus leisteten die römischen Ritter offen Widerstand, als er einen neuen Gerichtshof gegen den Ritterstand beantragte: „Wenn jemand für die Entscheidung eines Rechtsfalls Geld genommen haben sollte“. Cic. Cluent. 56,153: O viros fortis, equites Romanos, qui homini clarissimo ac potentissimo, M. Druso, tribuno plebis, restiterunt, cum ille nihil aliud ageret cum illa cuncta quae tum erat nobilitate, nisi ut ei qui rem iudicassent huiusce modi quaestionibus in iudicium vocarentur! Was für mutige Männer, die römischen Ritter, die sich dem hochgeschätzten und überaus einflussreichen Volkstribun M. Drusus widersetzten, als jener gemeinsam mit der ganzen damaligen Nobilität nichts anderes betrieb als dass diejenigen, die Rechtsfälle auf diese Art entschieden hatten, durch Untersuchungen vor Gericht gezogen würden. Unter den Gesetzen des Volkstribunen M.  Livius Drusus findet sich auch eine lex iudiciaria. Über den Inhalt dieses Gesetzes gibt es drei unterschiedliche Berichte: Velleius sagt, dass Livius dem Senat die Gerichte zurückgeben wollte, der Livius-Epitomator behauptet, dass die Gerichtshöfe zu gleichen Teilen von Senatoren und Rittern besetzt werden sollten, und nach Appian wurde der (offenbar dezimierte) Senat mit 300 von den besten Rittern aufgefüllt, und alle zusammen (etwa 600) sollten als Geschworene fungieren. Die Darstellung des Auctor ist der von Appian ähnlich, doch er zeigt auch, dass beide Seiten nicht wirklich zufriedengestellt waren: Die Ritter, die in den Senat gewählt wurden, freuten sich, die übergangenen ärgerten sich; der Senat jubelte darüber, dass er die iudicatam – die Emendation von Patricius (s. im Text) wird allgemein übernommen; eine Ausnahme bildet Rotondi, Leges 337; auch Mommsen, StR 3,1.532 A.1, lehnt diese „Schlimmbesserung“ ab, er bezieht die neue quaestio nur auf frühere Geschworene. Nicolet, ANRW 1,2.205–206, führt Parallelstellen für ob rem iudicandam bei Cicero an: nat. 3.30,74 und fin. 2.16,54.

1267 codd.

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Gerichte wieder besetzen konnte, doch die Gemeinschaft mit den Rittern missfiel. Appian führt außerdem eine weitere Bestimmung des Gesetzes an, wodurch Ritter genauso wie bisher nur Senatoren wegen Bestechlichkeit zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Gegen diese neue quaestio begehrten die Ritter auf, wie Cicero (Rab. Post. 7,16) versichert. Formuliert Cicero hier noch allgemein, so lässt sich aus der Cluentiana (56,153) ablesen, dass die Bestimmung wohl nur für die als Richter tätigen Ritter galt.1268 Seymour1269 glaubt, aus den antiken Berichten erkennen zu können, wie das eigentliche Gesetz aussah: Der Senat wurde verstärkt durch die Aufnahme von 300 der besten Ritter, und die Gerichtshöfe sollten nun geteilt werden zwischen diesem vergrößerten Senat und dem Ritterstand. Alle iudices können in gleicher Weise wegen Bestechung angeklagt werden. Haug1270 wendet dagegen ein, dass die Ritter dann bei weitem das Übergewicht hätten – was mit den erklärten Zielen von Drusus unvereinbar ist. Denn nach Appian versuchte Drusus den Senat und die Ritter durch ein alle gemeinschaftlich betreffendes Gesetz zusammenzubringen. Seymour weist damit auch – wie er selbst zugibt – die Angabe des Velleius zurück, dass dem Senat einfach die Gerichte zurückgegeben wurden. Nimmt man jedoch an, dass dieser Senat, der die Gerichte zurückerhielt, der durch Ritter erweiterte Senat war, lassen sich die unterschiedlichen Aussagen von Velleius, Livius-Epitome und Appian auf einen Nenner bringen.1271 Mit dieser einfachen Formel gibt sich Weinrib1272 nicht zufrieden. Er möchte einen Unterschied machen zwischen Gerichtshöfen, die von dem neuen Senat besetzt wurden, und gemischten Geschworenenbänken, die seiner Meinung nach auf die (schon längst aufgehobene) lex Servilia Caepionis1273 zurückgehen. Caepios Gesetz könne man als Modell für die lex Livia betrachten, die dann aber durch die Klausel über die Verantwortlichkeit der Richter ergänzt worden sei.1274 Last1275 denkt wegen der 1268

1269 1270 1271

1272

1273 1274 1275

Dagegen liest Gabba, PP 11, 1956, 369–370, aus diesem Passus heraus, dass die neue quaestio auf den gesamten Ritterstand ausgedehnt wurde. Fascione, AG 189, 1975, 39–43, weist dieser Bestimmung der lex Livia grundlegende Wichtigkeit zu. Seymour, EHR 29, 1914, 422. Haug, Bundesgenossenkrieg 104 A.6. So interpretiert auch Mommsen, StR 3,1.532 A.1, die Aussage des Velleius; vgl. seine Zusammenschau der Quellen in GS 3.341: Die Übertragung der Gerichte an den (erweiterten) Senat bedeutet „faktisch“ eine „Gleichstellung der Ritter mit den Senatoren in den Gerichten“. Gabba, PP 11, 1956, 372, fügt dagegen Appian und Livius-Epitome zusammen. Weinrib, Historia 19, 1970, 435. – Ohne seiner Argumentation im Einzelnen zu folgen, lässt sich feststellen, dass seine Ansichten stark überzogen sind und der Rückhalt in den Quellen fehlt, vgl. z. B. die folgende Fußnote. Lex Nr. 69. Das Gesetz wurde spätestens 102/101 aufgehoben. Vgl. Seleckij, Klio 62, 1980, 376. Auch Mommsen, GS 3.342, sieht in Drusus’ Gesetz „nur eine Wiederholung des Servilischen“. Last, CAH 9.182; auch Brunt, Social conflicts 100–102, und Mouritsen, Unification 114, gehen von zwei Gesetzen aus. Zwei Gesetze zählt auch Perelli, Movimento 140, auf, bei ihm

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beiden unterschiedlichen Teile des Gesetzes an zwei Anträge, die aber vielleicht doch zusammengefasst zur Abstimmung gebracht wurden. Und auch bei dieser lex iudiciaria gibt es wieder eine Diskussion um den Geltungsbereich: Nach Thomsen1276 geht es Drusus ausschließlich um die Repetundenfrage, worauf allerdings in den Quellen nirgends Bezug genommen wird. Ebenso vertritt Griffin1277 die Ansicht, dass Drusus’ Gesetz „nur“ ein „extortion law“ sei. Auf jeden Fall beantragte Drusus eine lex iudiciaria, und sie wurde wohl auch verabschiedet.1278 Doch unter welchen Umständen das geschah, lässt sich nicht feststellen. In der Frage der Motivation für dieses Gesetz folgt man allgemein den Ausführungen des Livius-Epitomators (per. 70), dass Drusus wegen der ungerechtfertigten Verurteilung von P. Rutilius Rufus1279 durch ritterliche Geschworene den Senat in seine alten Rechte einsetzen, d. h. den Senatoren die Gerichtshöfe wieder zugänglich machen wollte. Betrachtet man die übrigen Gesetzesvorschläge des Volkstribunen Drusus, so scheint die lex iudiciaria nicht an erster Stelle zu stehen, wenn sie auch als primäres Ziel gilt.1280 Vermutlich folgte sie erst nach der lex frumentaria (Lex Nr. 98), dem Koloniegesetz (Lex Nr. 96) und der lex agraria (Lex Nr. 97), denn nach allgemeiner Auffassung dienten diese drei dazu, das Wohlwollen der Plebs und damit ihre Unterstützung bei der Abstimmung in den Komitien zu gewinnen. Allen Gesetzen gemeinsam ist, dass sie infolge der innenpolitischen Auseinandersetzungen, in die auch Latiner und Bundesgenossen durch Versprechungen über die Teilhabe am römischen Bürgerrecht verwickelt wurden, durch einen Senatsbeschluss für null und nichtig erklärt wurden (Cic. dom. 16,41). Als eine Begründung gilt die Übertretung der Bestimmungen der lex Caecilia et Didia (Lex Nr. 94). Dieses konsularische Gesetz legte die Moda­ ist das erste eine Erweiterung des Senats, das zweite eine lex iudiciaria mit der Übertragung der Gerichte an die Senatoren und der Aufhebung der Straflosigkeit der Ritter. 1276 Thomsen, C&M 5, 1942, 18–21, 24. Auch bei Marshall, ProcRoySocCanada 1976, 94, zielt Drusus allein auf den Repetundengerichtshof. In der ausschließlichen Berufung auf Velleius geht er aber von einem nicht vergrößerten Senat aus und bezieht sich dabei auf Strachan-Davidson, Criminal Law 2.78–79, der ebenso der Darstellung des Velleius den Vorzug gibt, sowie fälschlicherweise auf Balsdon, PBSR 14, 1938, 100. Haug, Bundesgenossenkrieg 122, sieht hingegen „in seiner Kürze“ lediglich eine Ungenauigkeit in der Wortwahl des Velleius. 1277 Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 120. 1278 Das ergibt sich aus Diod. 37.10,3: ἀκυρουμένων δὲ τῶν ὑφ᾿ αὐτοῦ γραφέντων νόμων ἄκυρον ἔσεσϑαι καὶ τὸν περὶ τῶν κριτηρίων νόμων. Wenn die von ihm beantragten Gesetze ungültig gemacht würden, werde auch das Gesetz über die Gerichtshöfe nicht rechtskräftig sein. – Nach Serrao, Classi 217, dagegen ist die Verabschiedung des Gesetzes nicht sicher. 1279 Vgl. dazu Liv. per. 70; Vell. 2.13, 2; Cic. de or. 1.228–230 und die Stellungnahme von Gruen, Roman Politics 205. 1280 Haug, Bundesgenossenkrieg 106 u.107, findet diese Deutung bei Livius-Epitome und bei Florus. In der neueren Literatur wird diese Auffassung u. a. von Gruen, Roman Politics 207, Perelli, Movimento popolare 141, und Graeber, Auctoritas 209–210, vertreten.

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litäten für die Verabschiedung von Gesetzen fest; eine davon war das Verbot der Einbringung von leges per saturam, also in einem Paket. Trotzdem denkt Hardy1281 auf Grund von Ciceros Worten (dom. 19,50) an eine solche Möglichkeit. Zwar sei es kaum glaubhaft, dass Livius und diejenigen Senatoren, die ihn unterstützten, den Fehler machten, über die oben genannten Gesetze zusammen abstimmen zu lassen, da aus ihren Kreisen die lex Caecilia et Didia hervorging. Doch für das Gerichtsgesetz gebe es eine Erklärung: Die lex iudiciaria erfordere dem Bericht Appians zufolge entweder zwei Gesetze oder eben doch ein zusammengesetztes Gesetz; denn sie bestehe juristisch aus einer Erneuerung der senatorischen Zuständigkeit für die Gerichte und politisch aus einer Vergrößerung des Senats. Die beiden zusammen könne man technisch als Paket auffassen, daher habe der Drusus feindlich gesinnte Konsul Philippus diese Gelegenheit ergriffen, um die Gesetze zu Fall zu bringen. Andere Autoren bemängeln, dass die livianischen Gesetze per vim (Liv. per. 71)1282 oder contra auspicia (Ascon. Corn. I, p.55)1283 durchgebracht wurden, was angeblich ebenfalls zur Nichtigkeitserklärung führte. Hardy1284 denkt zwar, dass sich hinter diesen Kategorien vielleicht auch Bestimmungen der lex Caecilia et Didia verbergen könnten; doch dafür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Die kontrastierenden Überlieferungen lassen sich nur durch die Annahme zusammenführen, dass mehrere Gründe für die Aufhebung der Gesetze ausschlaggebend waren.1285 Es wurde jedenfalls durch einen Senatsbeschluss festgestellt, dass das Volk nicht an oder durch die livianischen Gesetze gebunden sei.1286 Trotzdem zeigt sich eine fortdauernde Wirkung dieser lex iudiciaria, denn offensichtlich griff Sulla sie wieder auf und setzte endlich eine Erweiterung des

1281

Hardy, CR 27, 1913, 262 (Er zitiert 20,51, nach Oxford-Text ist es 19,50). Deutlicher ist Cic. dom. 16,41: … iudicavit senatus M. Drusi legibus, quae contra legem Caeciliam et Didiam latae essent, populum non teneri. Auch Last, CAH 9.182–183, vertritt diese Ansicht, ist aber auch offen für die anderen Möglichkeiten, siehe im Folgenden. 1282 Liv. per. 71: M.  Livius Drusus tribunus plebis,  … per vim legibus agrariis frumentariisque latis. … nachdem das Agrar- und das Getreidegesetz unter Gewaltanwendung verabschiedet worden waren. – Die Anwendung von Gewalt (vis) als Nichtigkeitsgrund für Gesetze, die öfter genannt wird, lehnt Lintott, Violence 141, ab; auch nach Bleicken, Lex 469, gibt es keine Rechtsinstanz für vis. 1283 Ascon. Corn. I, p.55 (68–69 C): Itaque Philippus cos., qui ei inimicus erat, obtinuit a senatu ut leges eius omnes uno S. C. tollerentur. Decretum est enim contra auspicia esse latas neque iis teneri populum. Daher setzte der Konsul Philippus, sein persönlicher Feind, beim Senat durch, dass alle seine Gesetze durch einen einzigen Senatsbeschluss aufgehoben wurden. Denn es wurde beschlossen, dass die Gesetze entgegen den Vorzeichen verabschiedet worden waren und daher das Volk nicht daran gebunden sei. 1284 Hardy, CR 27, 1913, 262. 1285 Vgl. die Diskussion bei den übrigen Gesetzen des Drusus. 1286 So auch die Auffassung von Lewis, Asconius 276.

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Senats durch.1287 Eine andere Auswirkung sieht Cicero (off. 2.21,75), der die lex Livia iudiciaria bzw. die Furcht vor diesem Gesetz sozusagen für den Ausbruch des Bundesgenossenkrieges verantwortlich macht.1288 Lit.: Badian, Clientelae 217; Badian, Historia 11, 1962, 207 A.37, 209, 225–226; Balsdon, PBSR 14, 1938, 99; Bauman, Lawyers 371; Bellen, Grundzüge 104–105; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 85, 86–87, 90–91; Betti, Labeo 9, 1963, 222–223; Bleicken, Lex 401 A.164; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.364–365; Blösel, Röm. Republik 180; Botsford, Roman Assemblies 398–399; Bringmann, Republik 245–247; Bringmann, Krise 58; Brunt, Social conflicts 100–102; Brunt, Fall 132, 206–210, 237, 239; Burckhardt, Strategien 257–261; Capogrossi Colognesi, Law 196; Cappelletti, Etruschi 230, 234; Christ, Krise 176; Christ, Sulla 75; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 277; Cuq, DS 3,2.1154; De Martino, Costituzione 3.42–43, 46; Dreyfus, lois agraires 194–195; Eder, Repetundenverfahren 140 A.2 (S.142–143); Ewins, JRS 50, 1960, 100, 104–106; Fascione, AG 189, 1975, 39–43; Flach, ZRG 90, 1973, 99; Flach, Agrargeschichte 67–68; Fraccaro, Opuscula 2.271; Frank, ESAR 1.254; Fündling, Sulla 51; Fuks / ​Geiger, Studi Volterra 2.420–427; Gabba, PP 11, 1956, 367–372; Gabba, Republican Rome IV.132, V.143–146, VI.132; Gabba, ANRW 1,1.788, 789–790; Gabba, CAH2 9.111–112; Galsterer, Herrschaft 200; Graeber, Auctoritas 209–210; Grasmück, Exilium 80 A.107, 105 A.288; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 116–120; Gruen, Historia 15, 1966, 60–61; Gruen, Roman Politics 207–209, 212–214; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 119–122; Hands, Phoenix 26, 1972, 268–274; Hardy, CR 26, 1912, 218–220; CR 27, 1913, 261–263; Harris, Etruria and Umbria 213; Haug, Bundesgenossenkrieg 103–106, 114, 117, 121–123, 127; Heftner, Gracchen 118–119; Hill, Middle Class 133–135; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 26–27; Howarth, Historia 48, 1999, 299–300; Jones, Criminal courts 55; Judeich, HZ 111, 1913, 492; Kann, Restoration 166; Keaveney, Unification 87–90; Kelly, Litigation 35; Kiene, Bundesgenossenkrieg 163–165, 167; Konrad, Companion Republic 8.177; Kunkel, Kriminalverfahren 96–97; Kunkel, Quaestio 738; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647, 653–654; Lange, Alterthümer 2.668, 3.97–99, 104; Last, CAH 9.179–180, 182–183; Levi, Costituzione 128–131; Linke, Röm. Republik 97–98; Lintott, ZRG 98, 1981, 195–197; Lintott, Judicial reform 27; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 227; Lovano, Cinna 15; Mackay, Breakdown 122; Marcks, Überlieferung 4, 6–11, 17–18, 35, 90; Marsh / ​ Scullard, History 94–97, 420–421; Marshall, Asconius 242, 245, 274; Marshall, ProcRoySocCanada 1976, 94–95; Martin, Populare 194; Meier, RPA 77, 82, 139, 211–213; Mommsen, GS 3.341, 342, 344, 352; Mommsen, StR 3,1.531–532 m. A.1; Mouritsen, Unification 114; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 867–869, 872; Niccolini, FTP 217–218, 220; Nicolet, L’ordre équestre 1.478 A.32, 559–570; Nicolet, ANRW 1,2.205–206; van Ooteghem, Marius 268; Perelli, Movimento popolare 140–142; Piro, RIL 105, 1971, 247–249; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 83–84; Richardson, Old Statutes 49; Rotondi, Leges 337; Salmon, Phoenix 16, 1962, 114–115, 119; Santalucia, 1287 1288

Lex Nr. 135. Haug, Bundesgenossenkrieg 114; Cappelletti, Etruschi 234; Salmon, Phoenix 16, 1962, 119.  – Andere Autoren sehen eher in den wegen des missglückten Bürgerrechtsgesetzes geschwundenen Hoffnungen der Italiker (Liv. per. 71) bzw. im Tod von Drusus (Vell. 2.15,1) die Ursachen für den Ausbruch des Krieges.

Lex Nr. 101

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Diritto 70; Santalucia, Studi 195; Schur, Marius und Sulla 109–111; Scullard, Gracchi to Nero 62–63, 403; Seleckij, Klio 58, 1976, 426–427, 436–437; Seleckij, Klio 62, 1980, 371–373, 375, 376–377; Serrao, Classi 217; Seymour, EHR 39, 1914, 418, 420–423; Sommer, RG 1.378–379; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.78–79; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 263–264, 274; Thommen, Volkstribunat 75 A.29, 115–116, 118, 121, 131, 159; Thomsen, C&M 5, 1942, 16, 18–25, 29–30, 33; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 573–574, 585; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Warde Fowler, CR 10, 1896, 280; Weinrib, Historia 19, 1970, 414–443; E. Weiss, Leges Liviae, RE 12,2 (1925) 2396; Willems, Sénat 1.169, 2.112, 290 A.2; Williamson, Laws 360; Wittmann, Sulla 573; Zumpt, Criminalrecht 2,1.75, 238–247.

101 Rogatio Livia de civitate sociis danda 663/91

Liv. per. 71: M.  Livius Drusus tribunus plebis, quo maioribus viribus senatus causam susceptam tueretur, socios et Italicos populos spe civitatis Romanae sollicitavit; iisque adiuvantibus per vim …(leges)1289 … pertulit … Cum deinde promissa sociis civitas praestari non posset, irati Italici defectionem agitare coeperunt. Der Volkstribun Marcus Livius Drusus wiegelte, um die von ihm unterstützte Sache des Senats mit größeren Kräften zu schützen, die Bundesgenossen und die italischen Völkerschaften durch die Hoffnung auf das römische Bürgerrecht auf. Mit ihrer Unterstützung brachte er gewaltsam (Gesetze) durch. … Als danach das den Bundesgenossen versprochene Bürgerrecht nicht gewährt werden konnte, begannen die erzürnten Italiker ihren Abfall zu betreiben. Vell. 2.14,1: Tum conversus Drusi animus, quando bene incepta male cedebant, ad dandam civitatem Italiae. Damals, als sich seine guten Anfänge zum Schlechten ausschlugen, veränderte sich Drusus’ Gesinnung dahingehend, Italien das Bürgerrecht zu geben. Flor. 2.5,6 (3.17): Drusus plebem ad se Gracchanis legibus, isdemque socios ad plebem spe civitatis erexit. (9) Sic per vim latae iussaeque leges, sed pretium rogationis statim socii flagitare  … Drusus brachte das Volk auf seine Seite durch Gesetze nach Art der Gracchen, und ebenso brachte er die Bundesgenossen auf die Seite des Volkes durch die Hoffnung auf das Bürgerrecht. (9) So wurden die Gesetze unter Gewaltanwendung eingebracht und beschlossen; aber die Bundesgenossen forderten sogleich ihre Belohnung in Gestalt des Gesetzesvorschlags, … App. civ. 1.35,155: ᾿Επὶ δὲ ἐκείνοις καὶ Λίβιος Δροῦσος δημαρχῶν, ἀνὴρ ἐπιφανέστατος ἐκ γένους, δεηθεῖσι τοῖς ᾿Ιταλιώταις νόμον αὖθις ἐσενεγκεῖν περὶ τῆς 1289

Vgl. Lex Nr. 97, Nr. 98 und Nr. 100.

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πολιτείας ὑπέσχετο· τούτου γὰρ δὴ μάλιστα ἐπεθύμουν ὡς ἑνὶ τῷδε αὐτίκα ἡγεμόνες ἀντὶ ὑπηκόων ἐσόμενοι. Nach diesen versprach auch der Volkstribun Livius Drusus, seiner Abstammung nach ein ganz ausgezeichneter Mann, den Italikern auf ihre Bitten hin ein Gesetz über das Bürgerrecht wieder zu beantragen; denn danach verlangten sie vor allem anderen, um durch dieses eine sofort Herren an Stelle von Untertanen zu werden. Vir. ill. 66: (4) Marcus Livius Drusus … tribunus plebis Latinis civitatem …1290 permisit. (11) Unde Livius anxius, ut Latinorum postulata differret, qui promissam civitatem flagitabant, repente in publico concidit. (4) Als Volkstribun gestattete Marcus Livius Drusus den Latinern das Bürgerrecht. (11) Daher war Livius ängstlich darauf bedacht, dass er die Forderungen der Latiner hinausschöbe – sie drangen nämlich auf das versprochene Bürgerrecht  –, und brach plötzlich auf offener Straße zusammen. Ampel. 26,4: quarta seditio fuit Livi Drusi et Quinti Caepionis, cum ille senatum, equestrem ordinem adsereret: praecipua tamen ad motus excitandos fuit causa quod Drusus civitatem omnibus Italicis pollicebatur, … Der vierte Aufruhr war derjenige des Livius Drusus und des Quintus Caepio, als jener den Senat, dieser den Ritterstand schützte. Die hauptsächliche Ursache für die Erregung der Unruhen aber war, dass Drusus allen Italikern das römische Bürgerrecht versprach. … Diod. 37.11,1: (Eidesleistung eines Unbekannten zugunsten von Drusus, daraus:) ἐὰν δὲ γένωμαι πολίτης τῷ Δρούσου νόμῳ, πατρίδα ἡγήσομαι τὴν ῾Ρώμην καὶ μέγιστον εὐεργέτην Δροῦσον. Wenn ich durch das Gesetz von Drusus Bürger werde, will ich Rom als mein Vaterland und Drusus als meinen größten Wohltäter betrachten. M.  Livius Drusus, der Sohn des gleichnamigen Gracchenopponenten, der ebenso wie sein Vater Unterstützung aus den Reihen der Senatoren hatte, trat sein Volkstribunat – so die einhellige Meinung der antiken Autoren – mit einem umfassenden Programm an, das mit Vorhaben für die verschiedenen Interessengruppen auf einen innenpolitischen Ausgleich hin angelegt war. Dazu gehörte auch ein Gesetzesvorhaben für die Bundesgenossen; nach Aussage lateinischer wie griechischer Quellen machte Drusus den Italikern Hoffnung auf eine Verleihung des römischen Bürgerrechts. Doch die den Berichten zugrundeliegende Tendenz ist unterschiedlich: Bei Appian dominiert die Auffassung, dass die Bürgerrechtsproblematik Vorrang genießt, sie steht am Beginn seiner Ausführungen über Livius’ Tribunat.1291 Um den Weg dafür zu bahnen, suchte er zunächst das Volk 1290 1291

Es folgen andere Vorhaben von Livius, vgl. bei Lex Nr. 97 und Nr. 100. In der Forschung verlagert sich das Schwergewicht seines Programms teils Appian folgend auf das Bestreben, das Bürgerrecht an weitere Personenkreise zu verleihen (Last, CAH 9.177–178; Gabba, Republican Rome III.74), teils Livius bzw. der von ihm abhängigen Tradition folgend auf eine Neuordnung in der Zusammensetzung der Gerichte (Münzer,

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mit Gesetzen zur Getreide- und Landverteilung1292 auf seine Seite zu ziehen. Es gelang auch zunächst, diese volksfreundlichen Maßnahmen verabschieden zu lassen – doch da sie nur durch Androhung von Gewalt bis hin zu tatsächlicher Gewaltausübung und unter Missachtung von gesetzlichen Vorschriften1293 zustande kamen, benutzte der amtierende Konsul und Augur Marcius Philippus die erste sich bietende Gelegenheit, sie vom Senat annullieren zu lassen. Auch andere Autoren (Livius-Epitome, Florus) stellen es so dar, als ob dieses erste Gesetzespaket inklusive der Neuordnung der Gerichte tatsächlich ver­ abschiedet wurde und die Bundesgenossen im Anschluss daran die ihnen zugesagte Belohnung für die tatkräftige Unterstützung bei den Gesetzesvorhaben verlangen, die Verleihung des Bürgerrechts. Velleius dagegen sieht einen Wandel in Drusus’ Verhalten und behauptet, dass sich Drusus erst nach dem Scheitern der anderen Gesetzesvorhaben zu dieser Maßnahme entschloss. Dieselbe Abfolge der Vorgänge ergibt sich aus der Hypothese, dass Drusus zur Senatspartei gehörte und von dort anfänglich Unterstützung für seine Pläne erhielt; denn Drusus zählte zum Kreis um Licinius Crassus, einem der Urheber der lex Licinia et Mucia (Lex Nr. 95). Daher könnte Drusus erst nach Crassus’ Tod im September 91 den Gesetzesvorschlag zugunsten der Bundesgenossen forciert haben.1294 Insgesamt spiegeln sich die unterschiedlichen Auffassungen der antiken ­Autoren in der modernen Forschung wider: So ist Drusus’ Eintreten für das Bürgerrecht für Gabba1295 eigentlich „basic object“ seines Programms oder wenigstens dessen abschließende Phase; dennoch betrachtet er die rogatio de sociis als gescheitert. Ebenso setzt Keaveney1296 den Bürgerrechtsantrag ans Ende von Drusus’ Kampagne, sieht dahinter allerdings eher eine sorgfältig durchdachte Strategie als ein persönliches Anliegen; letzten Endes habe Drusus dann aber versucht, das Votum über diese Rogation hinauszuschieben. Hackl1297 folgt der Argumentationslinie, dass Drusus eine Kehrtwende vollzog. Sie befürwortet eine deutliche Trennung zwischen den „Repetunden- und Agrargesetzen“ und der Italikergesetzgebung; denn für den ersten Teil habe Drusus die Zustimmung des

1292 1293 1294 1295 1296 1297

M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 867; Badian, Clientelae 216; Gruen, Roman Politics 211–213); teils dient ersteres nur der Durchsetzung des zweiten (Thomsen, C&M 5, 1942, 42–46). Perelli, Movimento popolare 142, hält beide Gesetze für unabhängig voneinander; beide hätten nur dazu gedient, die Vorherrschaft der Aristokratie zu festigen. Keaveney, Unification 87, stuft beide Gesetze als gleich wichtig ein. Lex Nr. 96, Lex Nr. 97 und Lex Nr. 98. Verstoß gegen die lex Caecilia et Didia, vgl. Lex Nr. 94. Vgl. die überzeugende Analyse der Quellen von Hackl, Gymnasium 94, 1987, 120–121. Gabba, Republican Rome IV.132; vgl. seine Bewertung der Quellen über das Tribunat des Livius in Republican Rome III.218–220 A.41. Keaveney, Unification 87–88. Hackl, Gymnasium 94, 1987, 121–123.

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Senats besessen und erst nach dem Tod seines Unterstützers Licinius Crassus das Italikerproblem in sein Programm aufgenommen. Die Motivation dazu vermutet sie im Ackergesetz, da „jedes Ackergesetz mit Notwendigkeit die Lösung der Italikerfrage nach sich“ zog. Ebenso gibt es in der Überlieferung unterschiedliche Angaben zu dem Personenkreis, der für die von Drusus geplante Ausdehnung des Bürgerrechts in Frage kommt. Nach Ansicht des unbekannten Auctors von De viris illustribus machte Drusus nur einen Vorschlag zugunsten der Latiner; bei den anderen Autoren steht ohne weitere Spezifizierung socii, socii et Italici oder Italia. In Anlehnung an die Darstellung des Auctor zieht Mouritsen1298 bei den Gesetzesvorschlägen de civitate eine Linie von Flaccus über C. ­Gracchus bis hin zu Drusus, weil diese alle seiner Meinung nach nur auf eine Gewährung des Bürgerrechts für die Latiner abzielten. Die komprimierte Darstellung des Auctor könnte den Sachverhalt aber auch einfach nur unvollständig wiedergeben. Hingegen findet die weitere Aussage des Auctor, dass Livius das Bürgerrecht zwar versprochen hatte, aber dennoch zögerte, den entsprechenden Gesetzesantrag zu stellen, heute allgemeine Zustimmung. Da auch in den übrigen Quellen nach den Bemerkungen zum Thema Bürgerrecht meist nur noch über Drusus’ Tod berichtet wird, ist nämlich fraglich, ob eine entsprechende Rogation überhaupt auf den Weg gebracht wurde oder ob die Angelegenheit im Stadium der Planung steckenblieb.1299 Einig ist man sich weithin in der Bewertung von Drusus’ Tribunat. So wird mehr oder weniger deutlich der kurz nach seinem Tod ausbrechende italische Krieg auf sein Verhalten den Bundesgenossen gegenüber zurückgeführt. Durch Drusus wurde ihnen wieder einmal – wie schon bei den Gracchen – vor Augen geführt, dass es in Rom neben der offiziellen Politik eine Strömung gab, die ihre bisherige Einstufung und Behandlung für nicht mehr zeitgemäß hielt. Lit.: Badian, Clientelae 217–218, 220–221; Badian, Historia 11, 1962, 225–226; Bauman, Lawyers 371–372; Bellen, Grundzüge 105; Bergemann, Religion 99; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 86, 89–91; Betti, Labeo 9, 1963, 222–223; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.366; Blösel, Röm. Republik 180–181; Botsford, Roman Assemblies 399; Bringmann, Republik 247–248; Bringmann, Krise 58; Broughton, MRR 2.21–22; Brunt, Fall, 101– 103, 106–107; Brunt, Social conflicts 100–102; Burckhardt, Strategien 258, 260–261; Capogrossi Colognesi, Law 196–197; Cappelletti, Etruschi 229–236; Christ, Krise 176–178; Coşkun, Cicero 35–36; De Martino, Costituzione 3.46–47; Dreyfus, lois agraires 194–196; Flach, HZ 217, 1973, 282; Frank, ESAR 1.254; Fündling, Sulla 51; Gabba, 1298

Mouritsen, Unification 120–125; kritische Anmerkungen (zu Recht) dazu von Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 582–583. 1299 Hardy, CQ 19, 1925, 190; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 875; Last, CAH 9.182; Badian, Clientelae 217 (Historia 11, 1962, 226, steht im Widerspruch dazu); Brunt, Social conflicts 102; Sherwin-White, Citizenship 139 A.3; De Martino, Costituzione 3.47; Millar, Rome 1.160. – Hackl, Gymnasium 94, 1987, 123 zählt die rogatio de civitate dagegen zu den annullierten, also zu den verabschiedeten Gesetzen.

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Republican Rome III.71–74, 87, 217–220, 230; Gabba, Republican Rome IV.132–133, 250–251; Gabba, ANRW 1,1.788–789, 790; Gabba, CAH2 9.112; Galsterer, Herrschaft 195, 200 m. A.96 (–S. 201); Galsterer, Rom und Italien 297; Golden, Crisis 79; Graeber, Auctoritas 47 A.133, 210; Gruen, Historia 15, 1966, 61; Gruen, Roman Politics 211–213; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 119–124; Hardy, CQ 19, 1925, 190; Harris, Etruria and Umbria 212–215, 221–229; Haug, Bundesgenossenkrieg 103–104, 105, 130–132; Heftner, Gracchen 118, 120–121; Hill, Middle Class 133, 135–136; Howarth, Historia 48, 1999, 299–300; Kann, Restoration 167; Keaveney, Unification 87–92, 203; Kiene, Bundesgenossenkrieg 169, 177, 185–187; Konrad, Companion Republic 8.177–178; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Lange, Alterthümer 2.686, 3.97, 104–105; Last, CAH 9.177–178, 181–183; Levick, Historia 31, 1982, 507; Linke, Röm. Republik 98–99; Lovano, Cinna 15; Luraschi, SDHI 61, 1995, 33–34; Mackay, Breakdown 122; Marcks, Überlieferung 5–6, 35; Marsh / ​Scullard, History 94–97; Marshall, Proc. Roy. Soc. of Canada 1976, 97–100; Marshall, Asconius 242; Martin, Populare 195–198; Meier, RPA 211–214; Millar, Rome 1.160; Monaco, Lex Licinia Mucia 741–744; Mouritsen, Unification 114–117, 120–125, 160; Mouritsen, Plebs 66, 85, 86; Münzer, M.  Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 872, 875–878; Niccolini, FTP 219, 220; van Ooteghem, Marius 268; Perelli, Movimento popolare 140–143; Richard, MEFRA 103, 1991, 59; Roselaar, Public Land 282; Rotondi, Leges 336; Salmon, Phoenix 16, 1962, 115; Schur, Marius und Sulla 110–111; Scullard, Gracchi to Nero 63, 402; Seleckij, Klio 58, 1976, 426–427, 436–437; Seymour, EHR 39, 1914, 424–425; Sherwin-White, Citizenship 136–139; Siber, Verfassungsrecht 169, 233; Sommer, RG 1.378–381; Taylor, Voting Districts 101; Thommen, Volkstribunat 75–78; Thomsen, C&M 5, 1942, 16, 34–35, 42–46; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 573–576, 582–585; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Warde Fowler, CR 10, 1896, 280; Watkins, Ius Italicum 73; E. Weiss, Leges Liviae, RE 12,2 (1925) 2396; Williamson, Laws 340, 360.

102 Lex Saufeia agraria 663/91

CIL 12 .1, elog. XXX (=VII), p.199: M · Livius · M · F · C · N · DRUSUS · PONTIFEX · TR · MIL · X · VIR · STLIT · IUDIC TR · PL · XVIR · A · D · A · LEGE · SUA ET · EODEM · ANNO · V·VIR · A · D · A · LEGE SAUFEiA IN · MAGISTRATU · OCCISUS · EST (1) Marcus Livius Marci Filius Cai Nepos DRUSUS PONTIFEX (Priester) (2) TRibunus MILitum (Militärtribun) X VIR STLITibus IUDICandis (Mitglied des Zehnmännerkollegiums der Richter)1300 1300

Über dieses Kollegium vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.536–540.

320

Lex Nr. 102

(3) TRibunus PLebis (Volkstribun) XVIR Agris Dandis Assignandis LEGE SUA (Mitglied des Zehnmännerkollegiums zur Landverteilung auf Grund seines eigenen Gesetzes) (4) ET EODEM ANNO V VIR Agris Dandis Assignandis LEGE SAUFEIA (und in demselben Jahr Mitglied des Fünfmännerkollegiums zur Landverteilung auf Grund des Gesetzes von Saufeius) (5) IN MAGISTRATU OCCISUS EST (wurde in seinem Amtsjahr ermordet). = ILS 1 No. 49 Nach dem Elogium von M.  Livius Drusus war dieser Mitglied einer Fünf­ männerkommission zur Landverteilung/-zuweisung, die auf Grund einer lex Saufeia eingerichtet wurde. Da Drusus noch in seiner Amtszeit als Volkstribun ermordet wurde, ist Saufeius vermutlich einer seiner Tribunenkollegen gewesen und hat ebenso wie Drusus selbst im Jahr 91 ein Gesetz zur Landverteilung verabschieden bzw. für ein schon geplantes Vorhaben die ausführende Kommission einsetzen lassen.1301 Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen beiden Gesetzen gab, wie Mommsen1302 schon behauptete und auch andere1303 meinen, ist eine bloße Vermutung. Außer der Nennung in der Inschrift für Drusus ist über die lex Saufeia nichts weiter bekannt.1304 Lit.: Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 84; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.363; Botsford, Roman Assemblies 400; Broughton, MRR 2.23; Burckhardt, Strategien 259 A.99; Christ, Krise 175; Cuq, DS 3,2.1162; Dart, Hermes 139, 2011, 349; De Martino, Costituzione 3.45; Gabba, Republican Rome III.218 A.37; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 44; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Lange, Alterthümer 2.689, 3.103; Last, CAH 9.178; Lintott, Judicial reform 55; Niccolini, FTP 216, 219; Rotondi, Leges 338; Schur, Marius und Sulla 108; Scullard, Gracchi to Nero 62 m. A.4 (S.402); Serrao, Classi 188; Thommen, Volkstribunat 46, 49, 54, 131; Tibiletti, Latifundium 62 A.102; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 578–579, 588–589; E. Weiss, Lex Saufeia, RE 12,2 (1925) 2413; Williamson, Laws 315, 360.

1301

Wegen der Affinität zu Drusus denkt Thommen, Volkstribunat 131, dass auch Saufeius für seine Ackerkommission „die Zustimmung der Senatsmehrheit hatte“. 1302 Mommsen, CIL 12 .1, elog. XXX (=VII), p. 199. 1303 Lange, Alterthümer 3.103; Niccolini, FTP 219; Schur, Marius und Sulla 108; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 44; Christ, Krise 175; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 579. 1304 Weil die leges Liviae für nichtig erklärt wurden, nimmt Botsford, Roman Assemblies 400, dasselbe – ohne Beleg – auch für die lex Saufeia an, ebenso Gabba, Republican Rome III.218 A.37.

Lex Nr. 103

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103 Lex Minicia de liberis ante 664/90

Ulp. 5,3: Conubium est uxoris iure ducendae facultas. 5,4: Conubium habent cives Romani cum civibus Romanis: cum Latinis autem et peregrinis ita, si concessum sit. 5,8: Conubio interveniente liberi semper patrem sequuntur: non interveniente conubio matris condicioni accedunt, excepto eo qui ex peregrino et cive Romana pere­g rinus nascitur, quoniam lex Minicia ex alterutro peregrino natum deterioris parentis condicionem sequi iubet. 5,9: Ex cive Romano et Latina Latinus nascitur et ex libero et ancilla servus, quoniam, cum his casibus conubia non sint, partus sequitur matrem. 5,3. Conubium bezeichnet die Befähigung, eine Frau rechtmäßig1305 zu heiraten. 5,4. Conubium haben römische Bürger untereinander: mit Latinern aber und Nichtbürgern nur dann, wenn es zugestanden wurde. 5,8. Liegt das Recht auf eine Eheschließung vor, folgen die Kinder immer dem Vater: Liegt das conubium nicht vor, wird ihnen der Stand der Mutter zuteil – mit Ausnahme desjenigen Kindes, das als Kind eines Peregrinen (Nichtbürger) und einer römischen Bürgerin als Nichtbürger geboren wird, da ja die lex Minicia1306 vorschreibt, dass ein Kind mit einem peregrinen Vater oder Mutter der Rechtsstellung des schlechter gestellten Elternteil folgt. 5,9. Von einem römischen Bürger und einer Latinerin wird also ein Latiner geboren  – und von einem Freien und einer Sklavin ein Sklave –, da ja ein Nachkomme, weil in diesen Fällen kein conubium besteht, der Mutter folgt. Gai. Inst. 1.781307: Quod autem diximus, inter civem Romanam peregrinumque conubium sit, qui nascitur, peregrinum esse, lege Minicia cautum est, ut is quidem deterioris parentis condicionem sequatur. Eadem lege ex diverso cau peregrinus, cum qua ei conubium non sit, uxorem duxerit, peregrinus ex eo coitu nascatur. Sed hoc maxime casu necessaria lex Minicia; nam remota ea lege diversam condicionem sequi debuisset, quia ex eis, inter quos non est conubium, qui nascitur, iure gentium matris condicioni accedit; qua parte autem iubet lex ex cive Romano et peregrina peregrinum nasci, supervacua videtur; nam remota ea lege hoc utique iure gentium futurum Darunter wird das Recht verstanden, eine vollgültige römische Ehe (matrimonium iustum) einzugehen. 1306 Aus der (schlecht erhaltenen) Handschrift wurde lex Mensia gelesen. Wegen der inhaltlichen Übereinstimmung mit Gaius es jedoch unzweifelhaft, dass es lex Minicia heissen muss; vgl. Lange, Alterthümer 1.126–127, und die Erläuterung von Adolf Berger, Lex Mensia, RE Suppl. 7 (1940) 401. 1307 Im Text wurden mit die von Böhm (ZRG 84, 1967, 370) überzeugend erklärten Emendationen übernommen. 1305

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erat.1308 Was ich aber gesagt habe, der Sohn einer römischen Bürgerin und eines Nichtbürgers ist Nichtbürger, wenn das Recht auf Eheschließung besteht, geschieht durch die lex Minicia; durch sie wird nämlich verfügt, dass es jedenfalls dem Stand des schlechter gestellten Elternteils folgt. In demselben Gesetz wird für den umgekehrten Fall angeordnet, dass, wenn ein Nichtbürger eine römische Bürgerin geheiratet hat, mit der er kein conubium hat, aus dieser Verbindung ein Nichtbürger hervorgeht. Aber gerade in diesem Fall ist die lex Minicia notwendig; denn entfernt man dieses Gesetz, hätte eine andere Rechtsstellung folgen müssen, weil dem Kind von Eltern, zwischen denen es kein conubium gibt, nach Völkerrecht die Rechtsstellung der Mutter zufällt. In welchem Teil aber das Gesetz vorschreibt, dass das Kind eines römischen Bürgers und einer Nichtbürgerin als Nichtbürger geboren werde, erscheint es daher überflüssig; denn auch ohne diese gesetzliche Bestimmung würde das nach Völkerrecht auf jeden Fall eintreten. Nach den bei Ulpian und Gaius überlieferten Bestimmungen regelt die lex Minicia die Rechtsstellung von Kindern, die aus Mischehen zwischen römischen Bürgern und Nichtbürgern hervorgehen. Dabei wird zwar unterschieden zwischen solchen, bei denen ein von den Römern anerkanntes Recht auf Eheschließung existiert, und solchen, bei denen es nicht existiert.1309 Im Ergebnis erhalten jedoch die Kinder aus diesen Ehen jeweils den Status des nichtrömischen, mit minderen Rechten ausgestatteten Elternteils. Im Einzelnen heißt das: Heiratet ein römischer Bürger eine Nichtbürgerin sine conubio, wird das Kind peregrinus. Und das Kind einer römischen Bürgerin und eines Nichtbürgers wird zum peregrinus, und zwar sowohl bei vorliegendem als auch bei fehlendem conubium. Das Gesetz trägt also deutlich restriktive Züge, wobei Gaius aus der zuletzt genannten Vorschrift den Hauptzweck des Gesetzes herausliest. Denn ohne das Gesetz würde das Kind aus einer Mischehe zwischen einer römischen Bürgerin und einem Nichtbürger nach Völkerrecht den Status der Mutter erhalten, also römischer Bürger sein. Umgekehrt hält Gaius es für überflüssig, wenn das Gesetz vorschreibt, dass bei einer Eheschließung sine conubio zwischen einem römischen Bürger und einer Nichtbürgerin ein peregrinus geboren wird; denn auch in diesem Fall wird nach ius gentium der peregrine Status der Mutter weitergegeben. Zur Entstehungszeit der lex Minicia, die offenbar bis in Gaius’ Zeit (2. Jh. n. Chr.) nicht aufgehoben wurde, hielt man es aber wohl für nötig, alle Möglichkeiten zu bedenken und 1308

Im folgenden Abschnitt 79 besteht eine Textlücke, die in Anlehnung an Ulpian (5,9) ergänzt wird. Es geht um die Rechtsstellung der Kinder aus Verbindungen mit Latinern, wobei Gaius zwischen nicht näher bestimmten Latinern und solchen Latinern, die eigene Völker und Bürgerschaften haben, einen Unterschied macht; nur Letztere seien zu den Nichtbürgern (Peregrinen) zu zählen. 1309 Nach dem häufiger zugrunde gelegten Gaius-Text mit nisi und nicht – wie bei Böhm – mit si bezieht sich dieser Abschnitt nur auf Mischehen, die sine conubio geschlossen wurden.

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daher vielleicht auch Bestimmungen aufzunehmen, die durch andere Rechtssätze gedeckt waren.1310 Aus dem Namen des Gesetzes lässt sich ein Minicius als Gesetzgeber ableiten. Wegen der unsicheren Überlieferung und weil Magistrate mit dem Namen Minicius erst aus der Kaiserzeit bezeugt sind, dachte schon Castello1311 an ein Familienmitglied der Minucii. Aus dieser Familie verzeichnen die Beamtenlisten in der Zeit zwischen 175 (Vertreibung der Latiner aus Rom) und dem Beginn des Bundesgenossenkrieges nämlich eine größere Anzahl von Amtsinhabern. Die Zuweisung an einen bestimmten Minucius1312 ist jedoch kaum möglich, zumal das Gesetz nur aus den juristischen Schriften (Gaius und Ulpian) bekannt ist, in denen Zeitangaben fehlen. Gleiches gilt daher auch für die zeitliche Eingrenzung des Gesetzes selbst, bei der nur inhaltlich begründete Argumente helfen können. Ein Versuch, die auch von Castello genannte Zeitangabe „vor dem Bundesgenossenkrieg“, findet überwiegend Zustimmung1313. Die Annahme dieses Zeitraums geht auf die Einordnung der Latiner bei Gaius (1, 79) zurück; denn von der lex Minicia seien nicht nur allgemein Fremde betroffen, sondern auch die Latiner, die eigene Bürgerschaften und eigene Gemeinden hatten. Dabei betont Gaius die Vergangenheit; diese kann aber nur vor dem Ende des Bundesgenossenkrieges liegen, da die Latiner im Anschluss an diese Auseinandersetzung das römische Bürgerrecht erhalten hatten und ihre Sonderstellung damit beendet war. Daneben finden sich andere Datierungsvorschläge1314, die  – wenig überzeugend – bis in die flavische Kaiserzeit reichen. Doch auch diese können letztlich nur Hypothesen sein. Lit.: Adolf Berger, Lex Mensia, RE Suppl. 7 (1940) 401; Bleicken, Lex 141 m. A.13; Böhm, ZRG 84, 1967, 363–371; Böhm, Gaiusstudien 1.47–61, 172; Broughton, MRR 2.471 (App. II); Brunt, Manpower 206; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 34–35, 38; Castello, Studi Arangio-Ruiz 3.301–317; Cherry, Phoenix 44, 1990, 244–254; Crook, CAH2 9.535 A.30, 548, 562; Cuq, DS 3,2.1156; Galsterer, Herrschaft 161; Gardner, Women 138, 142–143, 223; Hausmaninger / ​Selb, PrivR 141; Kaser, Privatrecht I.279–280; Lange, Alterthümer 1.126–127, 2.731; Luraschi, SDHI 42, 1976, 431–443; Mantovani, Legum 1310

1311 1312

1313 1314

Vergleichbar ist die penible, teilweise pedantische Ausfomulierung gesetzlicher Bestimmungen, wie sie in den inschriftlich überlieferten Gesetzestexten (vgl. etwa Lex Nr. 36 u. Lex Nr. 61) vorliegen. Castello, Studi Arangio-Ruiz 3.313–314; ebenso Galsterer, Herrschaft 161; Cherry, Phoenix 44, 1990, 249. Castello, Studi Arangio-Ruiz 3.314–317, u. Cherry, Phoenix 44, 1990, 249–250, halten am ehesten M. Minucius Rufus, der im J.121 gracchische Gesetze aufheben liess, für den Gesetzgeber. Niccolini, FTP 424; Kaser, Privatrecht 1.280; Cherry, Phoenix 44, 1990, 244, 248, 262. So z. B. Watson, Law of Persons 27 A.4; Luraschi, SDHI 42, 1976, 431–443, und Coşkun, Bürgerrechtsentzug 38 A.80, der auch einen Überblick über die verschiedenen Datierungsvorschläge gibt, seinen eigenen aber nicht begründet.

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multitudo 732; Niccolini, FTP 424; Rotondi, Leges 338; Watson, Law of Persons 27 m. A.4; E. Weiss, Lex Minicia, RE 12,2 (1925) 2399; Williamson, Laws 360.

104 Lex Iulia de civitate Latinis (et sociis) danda 664/90

Cic. Balb. 8,21: ipsa denique Iulia, qua lege civitas est sociis et Latinis data, qui fundi populi facti non essent civitatem non haberent. In quo magna contentio Heracliensium et Neapolitanorum fuit, cum magna pars in iis civitatibus foederis sui libertatem civitati anteferret. Schließlich hätten sogar durch die lex Iulia, durch welches Gesetz den Bundesgenossen und Latinern das Bürgerrecht verliehen wurde, die Gemeinden das Bürgerrecht nicht erhalten, die dem nicht selbst zugestimmt haben. Deshalb gab es eine heftige Auseinandersetzung der Bürger von Herakleia und Neapel, weil ein großer Teil von ihnen in diesen städtischen Gemeinschaften die Freiheit, die aus ihrem Vertragsverhältnis (mit Rom) resultierte, dem Bürgerrecht vorzogen. App. civ. 1.49,212: ἡ βουλή,  … ᾿Ιταλιωτῶν δὲ τοὺς ἔτι ἐν τῇ συμμαχίᾳ παραμένοντας ἐψηφίσατο εἶναι πολίτας, οὗ δὴ μάλιστα μόνον οὐ πάντες ἐπεϑύμουν. καὶ τάδε ἐς Τυρρηνοὺς περιέπεμπεν, οἱ δὲ ἄσμενοι τῆς πολιτείας μετελάμβανον. … 214: ῾Ρωμαῖοι μὲν δὴ τούσδε τοὺς νεοπολίτας οὐκ ἐς τὰς πέντε καὶ τριάκοντα φυλάς, αἳ τότε ἦσαν αὐτοῖς, κατέλεξαν, ἵνα μὴ τῶν ἀρχαίων πλέονες ὄντες ἐν ταῖς χειροτονίαις ἐπικρατοῖεν, ἀλλὰ δεκατεύοντες ἀπέφηναν ἑτέρας, ἐν αἷς ἐχειροτόνουν ἔσχατοι. Der Senat aber beschloss, dass diejenigen von den Italikern, die bis jetzt im Bündnis geblieben waren, Bürger sein sollten, wonach sie doch beinahe alle am meisten verlangten. Und sie schickten dieses herum zu den Etruskern, die das Bürgerrecht freudig annahmen. … 214. Die Römer aber schrieben alle diese Neubürger nicht in die 35 Tribus ein, die sie damals hatten, damit sie nicht die Mehrheit gegenüber den alten Bürgern und damit in den Abstimmungen die Oberhand hätten, sondern, indem sie immer den zehnten Teil (der Neubürger)1315 nahmen, wiesen sie andere aus, in denen die Neubürger als Letzte abstimmten. Gell. 4.4,3: Hoc ius sponsaliorum observatum dicit Servius (Sulpicius) ad id tempus quo civitas universo Latio lege Iulia data est. Der Jurist Servius Sulpicius sagt, dass dieses Recht der Verlöbnisse (in Latium) bis zu der Zeit gebräuchlich war, als ganz Latium durch die lex Iulia das Bürgerrecht gegeben wurde. Vell. 2.16,4: Paulatim deinde recipiendo in civitatem, qui arma aut non ceperant aut deposuerant maturius, vires refectae sunt. Allmählich kam man wieder zu 1315

Übersetzung in Anlehnung an Kiene, Bundesgenossenkrieg 343.

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Kräften dadurch, dass man das Bürgerrecht an diejenigen verlieh, die entweder gar nicht erst zu den Waffen gegriffen oder sie frühzeitig niedergelegt hatten. CIL 12 .2,1 n.709: [c]N · POMPEIUS · SEX [· f. imperator virtutis causa] EQUITES · HISPANOS · CEIVES [romanos pronuntiavit de consili sententia] EX · LEGE · IULIA · IN · CONSILIO [ fuerunt]1316 (= Dess ILS 88881317) Der Imperator Cn. Pompeius, Sohn des Sextus, ließ bekannt geben, dass die spanischen Reiter wegen ihrer Tapferkeit auf Beschluss des Consiliums entsprechend der lex Iulia römische Bürger seien. Dem Consilium gehörten an: … Die lex Iulia ist ein Gesetzesvorschlag des Konsuls L.  Iulius Caesar, der kriegsbedingt erst in den letzten Monaten des Jahres wegen der Konsulwahlen wieder in Rom war. Appian (civ. 1.49,212) berichtet in diesem Zusammenhang nicht von einem Gesetz, sondern lediglich von einem Senatsbeschluss.1318 Vielleicht ist das so zu verstehen, dass der Senat die Notwendigkeit zu handeln sah und das in einem Beschluss festhielt. Als der Konsul nach Rom zurückkehrte, machte er aus dem Senatsbeschluss einen Gesetzesvorschlag und brachte ihn zur Abstimmung. Zum Inhalt der lex Iulia existieren unterschiedliche Angaben: Cicero (Balb. 8,21) versteht das Gesetz als Angebot an Latiner und Bundesgenossen, jedoch nicht an Einzelpersonen, sondern nur an ganze Gemeinden. Jede einzelne Gemeinde muss durch eigenes Gesetz oder Beschluss der „zuständigen Rechtsorgane“ selbst entscheiden, ob sie das römische Bürgerrecht annehmen will oder nicht.1319 Gellius zitiert den Juristen Servius Sulpicius mit den Worten, dass ganz Latium durch die lex Iulia das Bürgerrecht gegeben wurde. Da Sulpicius aber von einem nur in Latium gültigen Recht (ius sponsaliorum) spricht, das durch die lex Iulia ein Ende findet, bedeutet es nicht, dass das Gesetz auf Latium beschränkt war.1320 In anderen Städten oder Gemeindeverbänden konnten andere Rechte betroffen sein, die aber nicht zu dem von Sulpicius gerade behandelten Thema gehören. Velleius (2.16,4) beruft sich nicht direkt auf die lex Iulia, geht aber für diesen Zeitraum des „italischen Krieges“ von einer differenzierten Bürgerrechtsverleihung aus, d. h. nur diejenigen erhalten römisches Bürgerrecht, „die entweder gar nicht erst zu den Waffen gegriffen oder sie nach kurzer Zeit niedergelegt hatten,“ wobei sich das Wort maturius in Zusammenhang mit dem Plusquamperfekt so deuten lässt, dass das Angebot des Bürgerrechts eben auch dann gilt, wenn man 1316

1317 1318 1319 1320

Es folgt die Namensliste der Mitglieder des Consiliums. Daran schließen sich die iberischen Namen der Angehörigen der turma Sallvitana an, die – so der letzte Teil der Inschrift – von Pompeius außer mit dem am Anfang erwähnten Bürgerrecht im Lager bei Asculum mit militärischen Ehrungen und einer doppelten Getreideration beschenkt wurden. Mit teilweise abweichenden Ergänzungen. Vgl. dazu Letta, Rez. Bispham, Gnomon 82, 2010, 53. Dahlheim, Staatsstreich 105. Vgl. Flach, HZ 217, 1973, 283 A.67.

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sich anfänglich den Abtrünnigen angeschlossen, dann aber schnell wieder unterworfen hatte.1321 Im Gegensatz dazu spricht sich Appian (civ. 1.49,212) nur für die Gruppe der „bundestreu Gebliebenen“ aus. Gleichzeitig ist man nach seinen Worten um Schadensbegrenzung bemüht, denn die römische Entscheidung wird gezielt bei den Etruskern verbreitet, weil sie bereit waren, sich den Abtrünnigen anzuschließen. Dahlheim1322 spricht sogar von dem Versprechen der lex Iulia als einem „massiven Ultimatum“. Der Kreis derer, die das römische Bürgerrecht erhalten können, wird auf Grund einer weiteren Klausel der lex Iulia ausgedehnt. Bekannt wurde diese Bestimmung durch den Fund einer Inschrift (CIL 12 709 = Dess ILS 8888) im Jahre 1908, nach der Cn. Pompeius Strabo (cos. 89) im November den spanischen Reitern der turma Sallvitana in seinem Heer ex lege Iulia das Bürgerrecht verlieh. Daraus lässt sich folgern, dass durch die lex Iulia ein römischer Feldherr als Magistrat cum imperio in Absprache mit seinem Consilium die Befugnis hatte, den ihm unterstellten Soldaten wegen besonderer Verdienste (virtutis causa) das Bürgerrecht zu verleihen.1323 Appian berichtet außerdem von der Eingliederung der Neubürger in den Staat; dabei geht es ihm besonders um ihren Platz in den Volksversammlungen (civ. 1.49,214). Er bezichtigt die Römer sozusagen einer List, denn nach seinen Worten nahmen sie „diese Neubürger nicht in die damals bestehenden 35 Tribus auf, damit sie nicht die alten Bürger in den Volksversammlungen überstimmten, sondern sie schufen neue Tribus1324, die als letzte abstimmten.“ Die Benachteiligung in den Volksversammlungen bleibt nicht verborgen, aber es sollten noch Jahre vergehen, bis die Neubürger gleichberechtigt sind.1325 Für die Zeit bis dahin finden sich neben der Anzahl von neuen Tribus, wie sie Appian beschreibt, noch andere Angaben: Nach Velleius (2.20,2) wurden die Neubürger auf acht Tribus verteilt, wobei offen bleiben muss, ob acht der schon bestehenden Tribus gemeint sind oder acht neu geschaffene,1326 und Sisenna schreibt in seinen Historien über 1321 1322 1323

1324

1325 1326

So gedeutet von Brunt, JRS 52, 1962, 95. Dahlheim, Staatsstreich 106. Sherwin-White, Citizenship 294. – Dieselbe Klausel mit der Verleihung des Bürgerrechts an Soldaten schreibt Sisenna (FRH 16 F 65 = F 120 Peter) einer lex Calpurnia zu, vgl. Lex Nr. 106. Aus dem Wort δεκατεύοντες bei Appian (1.49,214) wird zwar öfter die Zahl zehn herausgelesen, doch das ist ohne Konjektur nicht möglich, denn bis heute besteht keine Einigkeit über den Sinn des Wortes; vgl. die oben vorgeschlagene Übersetzung und Lewis, Athenaeum 46, 1968, 273–275, 282. Vgl. Lex Nr. 116 und Lex Nr. 128. Vgl. die Begründung von Kiene, Bundesgenossenkrieg 220–221, der an eine Verteilung auf acht durch Los bestimmte Tribus denkt (a. a. O. 221–222); außerdem nimmt er auf Grund des Wortes contribuere bei Velleius nur eine Aufteilung der Neubürger für Abstimmungszwecke an und keine endgültige Zuweisung an die Tribus (a. a. O. 343–344). Haug, Bundes-

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Calpurnius Piso, der entweder Volkstribun oder Praetor war und zwei neue Tribus einrichten lässt.1327 Die unterschiedlichen Nachrichten über die Eingliederung der Neubürger in den römischen Staatsverband, vor allem in die Abstimmungseinheiten, haben in der Forschung zu vielen Modellen geführt, um die Zahlenangaben der angeblich neu eingerichteten Tribus miteinander in Einklang zu bringen.1328 Doch insgesamt gesehen erscheint das Problem eher nebensächlich. Vielleicht resultieren die verschiedenen Zahlen einfach daraus, dass man im Verlauf der mit den verschiedenen Gruppierungen der Bundesgenossen erzielten Übereinkunft mehrere Pläne entwickelte, die jedoch allesamt nicht umgesetzt wurden; denn in den folgenden Jahren tauchen diese angeblichen Neugründungen nirgends wieder auf.1329 Stattdessen gibt es schließlich Anträge, die Neubürger in den bestehenden Tribusverband aus 35 Einheiten einzugliedern.1330 Und es gilt definitiv weiterhin – u. a. bei Cicero – immer nur die Zahl von 35 Tribus. Lit.: Alföldy, Sozialgeschichte 65; Ausbüttel, Prometheus 15, 1989, 185; Badian, Clientelae 226–227; Badian, Historia 11, 1962, 224, 227–228; Bellen, Grundzüge 106; Bennett, Cinna 1; Betti, Labeo 9, 1963, 223, 224; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, A.426 (S.215–216, 219); Bispham, Asculum 161, 162–172, 184–186; Bleicken, Lex 112 m. A.19, 140 m. A.10, 252–253 m. A.20; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.391–393; Blösel, Röm. Republik 186; Botsford, Roman Assemblies 401–402; Braunert, AU (Reihe IX), 1966, 60–61, 68; Bringmann, Republik 250; Bringmann, Krise 60; Broughton, MRR 2.25; Brunt, Manpower 91–92, 168–170, 532; Brunt, Fall, 105, 107–109, 123, 132–134; Capogrossi Colognesi, Law 198; Christ, Krise 182–183; Coşkun, RIDA 51, 2004, 102–112, 117–121, 131; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 108 A.341, 139, 140–141 m. A.429; Coşkun, Cicero

genossenkrieg 247, geht ebenso von der Aufteilung in acht alte Tribus aus; Flach, HZ 217, 1973, 285–286, dagegen plädiert mit guten Gründen für acht neu geschaffene. Niccolini, FTP 228 und RAL 8AS. 1, 1946, 121–123, hält die Angabe von Velleius für eine vorübergehende Regelung, die er im Übrigen der lex Plautia Papiria (Lex Nr. 110) zuschreibt. Die Zahl acht wurde seiner Meinung nach gewählt, damit die Tribus mit den Neubürgern nicht die Mehrheit haben können, weder in normalen Versammlungen mit 35 Tribus noch bei den Wahlen von Pontifex maximus und den übrigen Priestern, zu denen nur 17 Tribus zusammentreten. 1327 Vgl. Lex Nr. 106. – Flach, HZ 217, 1973, 283–286, versucht die unterschiedlichen Angaben der antiken Autoren miteinander zu vereinbaren. 1328 Biscardi, PP 6, 1951, 241–243, stellt sogar eine Verbindung zu den Zenturien her. – Ein Überblick bei Thommen, Volkstribunat 78–79; vgl. auch Tibiletti, SDHI 25, 1959, 117 A.90, und Luraschi, SDHI 61, 1995, 44–48. 1329 So auch Taylor, Voting Districts 17, 102–103 A.6. – Salmon, TAPhA 89, 1958, 180–184, erklärt im Anschluss an die Argumentation Belochs (182 A.101) die Verteilung der novi cives auf die Tribus als Verteilung von Ex-Rebellen, die er in acht der schon bestehenden Tribus lokalisiert – der Zahl, die Velleius (2.20,2) überliefert. 1330 Siehe dazu die oben genannte lex Sulpicia, Lex Nr. 116.

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39–42, 97–98, 102, 106; Cuq, DS 3,2.1146; Dahlheim, Gewalt 57, 184 A.31; Dahlheim, Staatsstreich 105–108; Dart, Athenaeum 98, 2010, 122–123; De Martino, Costituzione 3.53–54, 56, 58; Erdmann, Heer 123–124; Flach, HZ 217, 1973, 283 m. A.67, 284; Flach, Agrargeschichte 68–69; Frank, ESAR 1.216; Frassinetti, Athenaeum 50, 1972, 97, 112; FRH 2.274–275; Fündling, Sulla 57; Gabba, Republican Rome III.89–95, 231–233; Gabba, ANRW 1,1.789, 792; Gabba, SCO 21, 1972, 82; Gabba, CAH2 9.123, 128; Galsterer, Rom und Italien 298, 299; Gardner, CAH 9.194–196; Graeber, Auctoritas 48 A.134; Grueber, Coins 1.xxx–xxxi; Gruen, Roman Politics 220, 222; Hardy, CQ 19, 1925, 190; Harris, Etruria and Umbria 212, 217–218, 220, 224, 230–231; Haug, Bundesgenossenkrieg 224, 228–229, 247–249; Heftner, Gracchen 130–131, 136; Keaveney, CS 19, 1982, 502–505; Keaveney, Unification 170–171, 204; Kiene, Bundesgenossenkrieg 203, 215–216, 218; König, Staat 131 [57]; Konrad, Companion Republic 8.178; Kunkel, Staatsordnung 2.434 A.151; Lange, Alterthümer 2.686, 724, 3.110–111; Letta, Gnomon 82, 2010, 53; Letzner, Sulla 119–120; Levick, Historia 31, 1982, 507; Lewis, Athenaeum 46, 1968, 273–283; Linke, Röm. Republik 103–104; Lintott, Imperium 161–162; Lintott, Constitution 52; Lovano, Cinna 17–18; Luraschi, SDHI 44, 1978, 323–339, 358–360; Mackay, Breakdown 129; Marcks, Überlieferung 77, 91; Marsh / ​ Scullard, History 98–99, 381, 422; Marshall, Asconius 86, 143, 257; Millar, Rome 1.211; Mouritsen, Unification 7, 19, 109, 123, 153–156, 159, 161–167; Mouritsen, Historia 56, 2007, 146 A.25; Mommsen, StR 3,1.179–180; Münzer, L.  Iulius Caesar 142), RE 10,1 (1918) 468; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 110–116, 118; van Ooteghem, Marius 273–274; Perelli, Movimento popolare 144; Pina Polo, Consul 116, 120; Reid, JRS 1, 1911, 68, 72, 81; Rotondi, Leges 338–339; Rudolph, Stadt und Staat 91–92, 94; Salmon, TAPhA 89, 1958, 180–181; Sandberg, AIRFinl 24.79; Schulz, Herrschaft 50; Schur, Marius und Sulla 121; Scullard, Gracchi to Nero 67, 406; Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 352; Seston1331, CRAI 1978, 536–542; Sherwin-White, Citizenship 151–158; Siber, Verfassungsrecht 169–170; Sommer, RG 1.384; Stevenson, JRS 9, 1919, 95–100; Sumner, Athenaeum 40, 1962, 69–70; Taylor, Voting Districts 17, 19, 101–103, 309; Thommen, Volkstribunat 76, 78, 79, 133; Tweedie, Memosyne 64, 2011, 585–586, 589; Wallinga, RIDA Ser. 3, 41, 1994, 435; Watkins, Ius italicum 74–77, 78, 82–83; Weber, Klio 57, 1975, 188, 190, 194–195, 197; Weber, Tyche 24, 2009, 160; Wieacker, Rechtsgeschichte 371; Willems, Sénat 2.684 A.5, 685; Williamson, Laws 327–328, 341, 342, 360; Wiseman, JRS 59, 1969, 67; Wiseman, New Men 17; Wolff, ZRG 102, 1985, 555; Zumpt, Criminalrecht 2,1.253.

1331

Luraschi, SDHI 61, 1995, 45, hält Sestons Idee über die Tribus bzw. die Abstimmung für in mehrfacher Hinsicht unwahrscheinlich.

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105 Lex Varia de maiestate 664/90

Ascon. Scaur. p.24 (21–22 C) (= Cic. Scaur. frg. (e)) (3.) A b e o d e m (Q. Servilius Caepio) e t i a m l e g e Va r i a c u s t o s i l l e r e i p . (M. Aemilius Scaurus)1332 p r o d i t i o n i s e s t i n c r i m e n v o c a t u s : v e x a t u s   a Q .   Va r i o t r . p l . e s t . Non multo ante Italico bello exorto, cum ob sociis negatam civitatem nobilitas in invidia esset, Q. Varius tr. pl. legem tulit ut quaereretur de iis quorum ope consiliove socii contra populum R. arma sumpsissent. Von demselben Mann wurde jener Hüter des Staates sogar auf Grund der lex Varia wegen Verrats vor Gericht geladen; gequält wurde er vom Volkstribunen Q. Varius. Kurze Zeit nach dem Ausbruch des Italischen Krieges, als die Nobilität wegen des den Bundesgenossen verweigerten Bürgerrechts verhasst war, brachte der Volkstribun Q. Varius ein Gesetz ein, dass diejenigen vor Gericht gebracht werden sollten, mit deren Hilfe oder durch deren Rat die Bundesgenossen gegen das römische Volk die Waffen ergriffen hatten. App. civ. 1.37,165: καὶ οἱ ἱππεῖς  … Κόιντον Οὐάριον δήμαρχον ἔπεισαν εἰσηγήσασϑαι κρίσεις εἶναι κατὰ τῶν τοῖς ᾿Ιταλιώταις ἐπὶ τὰ κοινὰ φανερῶς ἢ κρύφα βοηϑούντων, … Und die Ritter … bewegten den Volkstribunen Quintus Varius dazu, einen Gesetzesantrag zu stellen, damit es gegen diejenigen Anklagen gebe, welche die Italiker offen oder verdeckt zum Erlangen des Bürgerrechts unterstützten. 166: τὸν μὲν δὴ νόμον ἀπαγορευόντων τῶν ἑτέρων δημάρχων μὴ τίϑεσϑαι, περιστάντες οἱ ἱππεῖς σὺν ξιφιδίοις γυμνοῖς ἐκύρωσαν· ὡς δ’ ἐκεκύρωτο, αὐτίκα τοῖς ἐπιφανεστάτοις τῶν βουλευτῶν ἐπεγράφοντο κατήγοροι. Als aber die anderen Volkstribune verbieten wollten, dass das Gesetz gegeben werde, stellten sich die Ritter mit bloßen Dolchen um sie herum und ließen das Gesetz verabschieden. Als das erreicht worden war, stellten Ankläger sofort die angesehensten Senatoren unter Anklage. Ascon. Corn. I, p.58 (73–74 C): Bello Italico  … cum multi Varia lege inique damnarentur, quasi id bellum illis auctoribus conflatum esset, crebraeque defectiones Italicorum nuntiarentur, nanctus iustitii occasionem senatus decrevit ne iudicia, dum tumultus Italicus esset, exercerentur… Als im Italischen Krieg viele auf Grund der lex Varia zu Unrecht verurteilt wurden, als ob sie die Anstifter zum Entfachen

1332

Cicero (Ascon.) führt zuvor einen weiteren Prozess an, in dem M. Aemilius Scaurus, cos. 115, von Q. Servilius Caepio wegen Bestechlichkeit angeklagt wurde. Die Quellen berichten von einer Anklage des Scaurus durch Varius selbst, dabei wird teilweise (Val. Max. 3.7,8; Quint. inst. 5.12,10) auf den oben genannnten Prozess Bezug genommen, teilweise (Vir. ill. 72,11; Val. Max. 3.7,8) auf eine Anklage nach Varius’ Gesetz – Valerius Maximus vermischt die beiden Prozesse.

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dieses Krieges gewesen seien, und als rasch nacheinander weiterer Abfall von Italikern gemeldet wurde, ergriff der Senat die Gelegenheit zu einem iustitium1333 und beschloss, dass so lange nicht Gericht gehalten werde, wie der italische Aufstand dauere. Ascon. Corn. I, p.61 (79 C): ‚Memoria teneo, cum primum senatores cum equi­ tibus R. lege Plotia iudicarent, hominem dis ac nobilitati perinvisum, Cn. Pompeium, causam lege Varia de maiestate dixisse.‘ Nach meiner Erinnerung stand damals, als zum erstenmal die Senatoren gemeinsam mit den Rittern gemäß der lex Plautia im Gerichtshof saßen, ein den Göttern und den Optimaten gleich verhasster Mann, Gnaeus Pomponius1334, auf Grund der lex Varia de maiestate vor Gericht. Val. Max. 8.6,4: Q. autem Varius propter obscurum ius civitatis Hybrida cogno­ minatus tribunus pl. legem adversus intercessionem collegarum perrogavit, quae iubebat quaeri quorum dolo malo socii ad arma ire coacti essent, magna cum clade rei publicae: sociale enim prius, deinde civile bellum excitavit. sed dum ante pestiferum tribunum pl. quam certum civem agit, sua lex eum domesticis laqueis constrictum absumpsit. Der Volkstribun Q.  Varius, der wegen seines obskuren Anspruchs auf das Bürgerrecht den Beinamen Hybrida hatte, brachte ein Gesetz gegen die Interzession von Kollegen durch, welches eine Untersuchung darüber vorschrieb, durch wessen Täuschungsmanöver die Bundesgenossen gezwungen waren, zu den Waffen zu greifen – zum großen Schaden für den Staat. Zuerst fachte er den Bundesgenossenkrieg an, darauf den Bürgerkrieg. Aber als er sich eher wie ein schädlicher Volkstribun denn als redlicher Bürger aufführte, fegte ihn sein eigenes Gesetz, in selbst gelegte Schlingen verstrickt, hinweg. Cic. Tusc. 2.24,57: genu mehercule M.  Antonium vidi, cum contente pro se ipse lege Varia diceret, terram tangere. Wahrhaftig, ich habe selbst gesehen, wie M. Antonius mit dem Knie die Erde berührte, als er in dem Verfahren auf Grund der lex Varia unter Anspannung für sich selbst sprach. Cic. Brut. 56,205: (oratio) Cottae pro se lege Varia quae inscribitur, eam L. Aelius scripsit Cottae rogatu. Cottas Rede, die „Selbstverteidigung auf Grund der lex Varia“ betitelt ist, schrieb L. Aelius auf Ersuchen Cottas hin auf. Cic. Brut. 89,304–305: (Bundesgenossenkrieg) exercebatur una lege iudicium Varia, ceteris propter bellum intermissis; cui frequens aderam.  … Sed me cupidis­ simum audiendi primus dolor percussit, Cotta cum est expulsus. … Iam consequente anno Q. Varius sua lege damnatus excesserat. Es wurde nur nach einem einzigen Gesetz Gericht gehalten, der lex Varia, weil die übrigen Gerichtsverhandlungen wegen des Krieges ausgesetzt waren. Dieses besuchte ich häufig. … Aber der erste Schmerz durchfuhr mich, den begierigen Zuhörer, als Cotta ins Exil getrieben

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Stillstand der Gerichte, Einstellung aller Rechtsgeschäfte. Volkstribun 90, gemeinsam mit Q.  Varius. Vgl. die Anmerkungen zu diesem Text von Asconius bei der lex Plautia iudiciaria (Lex Nr. 112).

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wurde. … Schon im folgenden Jahr war dann Varius nach der Verurteilung auf Grund seines eigenen Gesetzes ins Exil gegangen (hatte … Rom verlassen). vgl. ORF3, p. 288: 80. C. Aurelius Cotta, II. Pro se lege Varia. Der Volkstribun Q.  Varius Hybrida Sucronensis1335 brachte ein Gesetz ein, durch das eine quaestio extraordinaria wegen Verbrechens gegen die Hoheit des römischen Volkes (maiestas)1336 eingerichtet wurde.1337 Trotz der Interzession einiger Volkstribune gegen das Gesetz, die nach Appians Worten durch Ritter unterbunden wurde, erlangte die lex Varia Rechtskraft, und der neue Gerichtshof nahm seine Tätigkeit umgehend auf. In seiner Rede für Cornelius bezeichnet Cicero das Gesetz als lex de maiestate, in der Rede für M. Aemilius Scaurus nennt er proditio (Verrat) als Tatbestand, was offenbar unter maiestas subsumiert werden kann.1338 Asconius erläutert diese Stelle aus Ciceros Scauriana so, dass diejenigen vor Gericht gestellt werden sollten, durch deren Rat oder Hilfe die Bundesgenossen den Krieg in Italien begonnen hatten. Ob das Gesetz darüber hinaus noch andere Bestimmungen enthielt, ist nicht bekannt, wird aber von einigen unterstellt. So behauptet Gruen, die lex Varia habe maiestas neu und genau definiert, sie sei ein allgemeines Majestätsgesetz1339 und habe die vorangegangene lex Appuleia ersetzt.1340 Als Hauptargument dient die Nachricht von Cicero (Brut. 89,305), dass Varius nach seinem eigenen Gesetz verurteilt wurde. Da über ihn keine Verbindungen zu den Bundesgenossen bekannt sind1341, führt man seinen Prozess teilweise auf die gewaltsame Verabschiedung der lex Varia gegen die Interzession seiner Kollegen1342 zurück, teilweise sogar auf die

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Aus Sucro bzw. aus der Gegend am Sucro; denn bekannt ist nur ein Fluss in der Hispania Tarraconensis, dessen Mündung bei Valentia ist. Varius’ Herkunftsname steht bei Val. Max. 3.7,8; Quint. inst. 5.12,10, und Vir. ill. 72,11. 1336 Ascon. Corn. I, p. 61 (79 C). 1337 Mommsen, RG 3.239, bezeichnet sie als „Hochverratskommission“. 1338 Die unklare Definition des Begriffs maiestas fand sich auch in der lex Appuleia (Lex Nr. 80). 1339 Gruen, JRS 55, 1965, 59–60, u. Roman Politics 216; ebenso: Bauman, Crimen Maiestatis 64. Zuvor schon Zumpt, Criminalrecht 2,1.254 u. Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 389, der sich auf J. Lengle, Untersuchungen über die sullanische Verfassung, Diss. Freiburg 1899, 34, beruft. 1340 Neben Gruen, a. a. O., auch Botsford, Roman Assemblies 400; Evans, Marius 131. 1341 Gleichwohl nennt Kelly, Exile 184, dieses Gesetz als Ursache seiner Verurteilung; auch Badian, Historia 18, 1969, 462–463, vermutet den Anklagepunkt im Umfeld der lex Varia, also in irgendeiner Verbindung zum Krieg, u. a. eventuell in dem Vorwurf, der Bundesgenossenkrieg sei durch die quaestio Variana in die Länge gezogen worden. 1342 Dies ist z. B. die Ansicht von Brunt, Fall 139. Gruen, JRS 55, 1965, 60, bezeichnet Varius’ Vorgehen als seditio. Auch Botsford, Roman Assemblies 401, weist dem Gesetz einen Artikel über seditio zu. Lengle, Strafrecht 45, nennt „Überschreitung seiner Amtsgewalt“ als Anklagepunkt.

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„Anfechtung seines Bürgerrechts“1343. Der Prozess endete mit einer Verurteilung; nach Cicero (Brut. 89,305) ging Varius daraufhin ins Exil.1344 Gruens These vom allgemeinen Majestätsgesetz wurde umgehend durch S­ eager1345 und Badian1346 – m. E. nach zutreffend – widerlegt. Und so findet – wie auch schon früher – die aus Asconius’ Worten gefolgerte Überzeugung, die lex Varia habe einen Sondergerichtshof eingesetzt, weithin Zustimmung.1347 In der Scauriana nennt Asconius als Zeitpunkt für die lex Varia „kurz nach Ausbruch des (Bundesgenossen-)Krieges“, was zu dem von ihm formulierten Inhalt passt. Da die Feindseligkeiten noch im Spätherbst des Jahres 91 ausbrachen, hat Varius demnach das Gesetz entweder noch im Jahr 91, nach seinem Amtsantritt am 10. Dezember, oder in den ersten Monaten des Jahres 90 verabschieden lassen.1348 Appian dagegen ordnet das Gesetz in die Zeit vor Ausbruch des Krieges

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Diese Auffassung geht auf die Bemerkung von Valerius Maximus (8.6,4) zurück, deren Wahrheitsgehalt umstritten ist. Sie wird vertreten von Münzer, Adelsparteien 301; ähnlich Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 387–388; Bauman, Crimen Maiestatis 64, der vom Verstoß gegen das Bürgerrecht sogar die (vollzogene) Todesstrafe ableitet (a. a. O. 65–67). 1344 Diese Deutung ist wohl die einzig richtige (so z. B. Niccolini, FTP 224; Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 388; Seager, Historia 16, 1967, 41; Badian, Historia 18, 1969, 463; Kelly, Exile 184;). Die Aussage von Valerius Maximus (8.6,4), dass sich Varius in den Schlingen seines eigenen Gesetzes verfangen habe, wurde und wird in Verbindung mit Ciceros Worten aus De natura deorum (3.81) als Hinrichtung ausgelegt (so etwa von Mommsen, StrafR 198 A.2, der offenbar seine Meinung gegenüber RG 3.249 (Exil) geändert hat; ebenso Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 547; Lengle, Strafrecht 45; Siber, Analogie 52; Bauman, Crimen Maiestatis 65–67; Lewis, Asconius 280, 332), was sicher verfehlt ist; vgl. die überzeugenden Darlegungen von Badian, Historia 18, 1969, 463–465, und Kelly, Exile 184). – Im Übrigen hält Siber, Analogie 52, die Verurteilung nach dem eigenen Gesetz für vielleicht erfunden, ebenso wie im 4. Jh. die Verurteilung des Licinius Stolo (S. 41), wobei im letzteren Fall wenigstens eine plausible Begründung vorgetragen wird, die aber bei Varius fehlt. 1345 Seager, Historia 16, 1967, 37–43. 1346 Badian, Historia 18, 1969, 447–491. – Dem schließen sich u. a. an: Gabba, ANRW 1,1.790 A.157; Marshall, Asconius 258; Santalucia, Studi 197 A.146, und Venturini, Processo penale 234 A.79. 1347 So etwa: Lange, Alterthümer 2.698; Strachan-Davidson, Criminal Law 1, 231–232, 2.21 u.ö.; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 547; Last, CAH 9.184; Lengle, Strafrecht 30, 45; Siber, Analogie 52; Schur, Marius und Sulla 114–115; Ewins, JRS 50, 1960, 103; De Martino, Costituzione 3.53; Bleicken, Lex 449 A.244; Ferrary, CRAI 1983, 570; Thommen, Volkstribunat 159, 162; Gabba, CAH2 9.114; Santalucia, Studi 197 A.146; Venturini, Processo penale A.79 (S.234); Keaveney, Unification 165; Kelly, Exile 91; Mackay, Breakdown 131; Bringmann, Republik 251; Blösel, Röm. Republik 184. 1348 Dieser Zeitraum wird allgemein angenommen, so z. B. schon Zumpt, Criminalrecht 2,1. 250–251; ebenso u. a. Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 388–389; Bauman, Crimen Maiestatis 59–60.

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ein  – nach Haug1349 aus Gründen seiner Darstellungsweise, Gabba bezeichnet diese Zeitstellung schlicht als falsch.1350 Als treibende Kraft hinter der lex Varia gelten – abgeleitet aus Appian (civ. 1.37,165)  – allgemein die Ritter1351, weil sie mit Drusus’ Politik nicht einverstanden waren oder weil sie sich an den Senatoren rächen wollten, die ihnen die alleinige Besetzung der Gerichtshöfe streitig machen wollten. Über die Fortdauer des Gesetzes differieren die Meinungen, einige sehen einen Sondergerichtshof, der nach Beendigung seiner Aufgabe aufgelöst wird – nach dem Prozess gegen Varius gibt es kein sicheres Zeugnis mehr für die Fortexistenz der quaestio Variana –, andere weisen dem Gerichtshof von vornherein eine permanente Qualität zu.1352 Außerdem ist die Geltungsdauer der lex Varia wegen eines vom Senat verhängten iustitium umstritten; denn es gibt unterschiedliche Angaben von Cicero und Asconius zu dieser Anordnung. Nach Asconius (Corn. I, p. 58) wurden alle Gerichte für die Dauer des Krieges aufgehoben, nach Cicero (Brut. 89,304) bestand eine Ausnahme: Die quaestio nach der lex Varia arbeitete weiter. Um diese Aussagen miteinander zu vereinbaren, bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder es gab zweimal ein iustitium, das erste lässt die quaestio Variana fortbestehen, das zweite erfolgt wegen der Eskalation des Krieges und gilt dann für alle quaestiones,1353 oder  – wie Badian1354 formuliert  – Asconius, der seinen Text aus mehreren Quellen bezieht, hat etwas missverstanden. Da es mindestens über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren Nachrichten über die

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Haug, Bundesgenossenkrieg 245: „um nachher den Zusammenhang nicht unterbrechen zu müssen“. Gabba, Appian 1.CAH2 9.114 A.49. Nach Marcks, Überlieferung 46, ist das Gesetz „gewaltsam verschoben“. Zumpt, Criminalrecht 2,1.249–250; Lange, Alterthümer 3.108; Schur, Marius und Sulla 114–115; Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 389; Martin, Populare 199; Bleicken, Lex 449 A.244; Burckhardt, Strategien 168 A.52; Meier, RPA 82–83, 139, 215; Thommen, Volkstribunat 137; Mouritsen, Unification 133; Bringmann, Republik 251; u. a. – Abweichend davon meint Gruen, Historia 15, 1966, 44, der jüngere Caepio habe aus persönlicher Feindschaft zu Drusus die lex Varia „engineered“. So u. a. Botsford, Roman Assemblies 401; Williamson, Laws 327; ebenso Bauman, Lawyers 372–373, wegen der von ihm angenommenen Verbindung zur lex Appuleia de maiestate (Lex Nr. 80). Ebenso denkt Kunkel, Staatsordnung 2.225 A.432, wegen der unterschiedlichen Angaben an eine wiederholte Anordnung des iustitium. Keaveney, Unification 165–166, deutet den Vorgang so, dass zunächst de facto (wegen Personalmangel) alle Gerichte außer der quaestio Variana aufgehoben waren, dass erst später durch ein offizielles iustitium des Senats keine Ausnahme mehr gemacht wurde; in dem Sinne schon Mommsen, StrafR 364 A.2 (von Bauman, Crimen Maiestatis 63–64, verzerrt wiedergegeben). Badian, Historia 18, 1969, 460; ebenso Marshall, Asconius 74, aber auch schon Hill, Middle Class 136.

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Tätigkeit des Gerichtshofs nach der lex Varia gibt, verdient die zweite Version den Vorzug.1355 Auch Asconius’ Urteil über die Tätigkeit des Gerichtshofs, dass dieser nämlich eine Vielzahl von Personen zu Unrecht verurteilt habe, muss wohl relativiert werden.1356 Denn überliefert ist nur eine überschaubare Anzahl von Prozessen, von denen mindestens zwei mit Freispruch oder wenigstens ohne Verurteilung endeten, einer davon ist der des Aemilius Scaurus (Cic. Scaur. 3; Vir. ill. 72,11).1357 Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 342; Badian, Historia 18, 1969, 447–491; Bauman, Lawyers 372–379; Bauman, Crimen Maiestatis 37, 59–68; Bellen, Grundzüge 106; Betti, Labeo 9, 1963, 224; Bianchini, MIL 35, 1975, 253–255, 257; Bleicken, Lex 449 A.244; Blösel, Röm. Republik 184; Botsford, Roman Assemblies 400–401; Brennan, Praetorship 2.387; Bringmann, Republik 251–252; Bringmann, Krise 60; Broughton, MRR 2.26–27, 31 A.10, 3.216; Brunt, Fall 132, 139; Burckhardt, Strategien 166, 168 A.52; Christ, Krise 178; Cloud, CAH2 9.518–519; Crawford, Speeches 84, 122–123; Crifò, exilium 270–271; Cuq, DS 3,2.1167; Dart, Athenaeum 98, 2010, 123; De Martino, Costituzione 3.52–53; Evans, Marius 131; Ewins, JRS 50, 1960, 103; Ferrary, CRAI 1983, 570; Fuhrmann, Reden VI, 419 A.4; Gabba, Republican Rome IV.133–134; Gabba, Appian 1.123–125, 440; Gabba, ANRW 1,1.790 m. A.157; Gabba, CAH2 9.114; Gardner, CAH 9.187; Graeber, Auctoritas 211; Grasmück, Exilium 104 A.275; Greenidge / ​Clay, Sources 136–137; Gruen, JRS 55, 1965, 59–73; Gruen, Historia 15, 1966, 44; Gruen, Roman Politics 215–220; Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 388–390; Gundel, Historia 12, 1963, 297–299, 307; Hackl, Senat und Magistratur 217; Hantos, Res publica 156 A.9; Haug, Bundesgenossenkrieg 119, 243–247; Heftner, Gracchen 123; Hill, Middle Class 136–137, 138, 149; Jones, Criminal courts 56; Keaveney, Unification 165–166; Kelly, Exile 91, 95–96, 99, 182–184; Kiene, Bundesgenossenkrieg 171, 182–183; König, Staat 131 [58]; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 546, 547; Kunkel, Staatsordnung 2.225 A.432; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.519 A.37; Lange, Alterthümer 2.592, 698–699, 703, 3.108; Last, CAH 9.184; Lehmann, Strafgesetzgebung 42 m. A.174; Lengle, Sullanische Verfassung 23, 32–36; Lengle, Strafrecht 30, 44–45; Levick, Historia 28, 1979, 364 A.39; Levick, Historia 31, 1982, 507–508; Levy, Kapitalstrafe 22; Lewis, CQ 48, 1998, 195–199; Lewis, Asconius 223, 279–280, 287, 332; Luce, Historia 19, 1970, 188, 190; Mackay, Breakdown 131–132; Marcks, Überlieferung 46, 79; Marsh / ​Scullard, History 98; Marshall, Asconius 74, 134, 137–138, 255–259, 273–275; Martin, Populare 199; Meier, RPA 82–83, 137 A.455, 139, 215, 317; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 608; Mommsen, RG 3.239–240, 249; Mommsen, GS 3.353–354; Mommsen, StrafR 198 m. A.2, 364 A.2; Millar, Rome 1.160–161; Mouritsen, Unification 133–137; Münzer, M. Livius Drusus 18), RE 13,1 (1927) 866; Niccolini, FTP 223–225; Niccolini, 1355

Kiene, Bundesgenossenkrieg 182–183, sieht darin ein mangelndes Durchsetzungsvermögen des Senats; Cloud, CAH2 9.519, schließt sich ebenfalls Cicero an. 1356 Badian, Historia 18, 1969, 468–469. 1357 Marshall, Asconius 255–256, verzeichnet eine Liste der Angeklagten; zu einzelnen, bekannten Prozessen vgl. Gruen, JRS 55, 1965, 61–69, und die teilweise gegensätzlichen Ausführungen von Badian, Historia 18, 1969, 461–475.

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RAL 8AS. 1, 1946, 110; Rein, Kriminalrecht 509–510; Robinson, Criminal law 75; Rotondi, Leges 339–340; Sandberg, AIRFinl 24.54, 68–69; Santalucia, Studi 184 A.120, 197 A.146; Schönbauer, Jura 7, 1956, 114; Schur, Marius und Sulla 114–115; Scullard, Gracchi to Nero 63, 403–404; Seager, Historia 16, 1967, 37–43; Siber, Analogie 52; Siber, Verfassungsrecht 194, 195; Stevenson, JRS 9, 1919, 97; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.84, 96, 230–231, 238–239, 2.21; Thommen, Volkstribunat 137, 159, 162, 222, 239 A.153; Tweedie, Mnemosyne 64, 2011, 587; Venturini, Processo penale 232 m. A.79 (232–234); E. Weiss, Lex Varia, RE 12,2 (1925) 2417; Wieacker, Rechtsgeschichte 413 A.101358; Williamson, Laws 327, 360; Zumpt, Criminalrecht 1,2.353, 2,1.249–258.

106 Lex Calpurnia de civitate militum 665/89

Sisenna FRH 16 F 53 = Frg. 17 Peter (ex Non. s.v. Senati, p.777 L): senati vel senatuis, pro senatus: … Sisenna Hist. lib. III: ‚Lucius Calpurnius Piso ex senati consulto duas novas tribus.‘ Der Genitiv „senati“ oder „senatuis“ statt „senatus“ steht bei Sisenna im dritten Buch der Historien: Lucius Calpurnius Piso richtete auf Senatsbeschluss zwei neue Tribus ein. Sisenna FRH 16 F 65 = Frg. 120 Peter (ex Non. s.v. ergo, p.153 L): ergo  … Sisenna Historiarum lib. IV: ‚milites, ut lex Calpurnia concesserat, virtutis ergo civitate donari.‘ „ergo“ bei Sisenna im vierten Buch der Historien:  … dass die Soldaten, wie es die lex Calpurnia gestattet hatte, wegen ihrer Tapferkeit mit dem Bürgerrecht belohnt wurden. Zwei Fragmente aus Sisennas Historien befassen sich mit L. Calpurnius Piso und einer lex Calpurnia. Auf Grund der Zuordnung zum dritten und vierten Buch der Historien können beide Fragmente der Zeit des Bundesgenossenkrieges zugewiesen werden. Rotondi1359 ordnet beide – wenn auch mit Vorbehalt – einer lex Calpurnia de civitate sociorum zu. Mittlerweile geht man eher von zwei verschiedenen Maßnahmen aus, und der einen kommt dem überlieferten Inhalt zufolge der Titel lex Calpurnia de civitate militum zu, die andere über die Einrichtung von zwei neuen Tribus folgte auf eine Initiative des Senats und führte sozusagen Nur der Name des Gesetzes genannt, aber mit falschem Datum (103 = lex Appuleia de maiestate, vgl. Lex Nr. 80). 1359 Rotondi, Leges 340, wobei er Fr. 119 (s. Lex Nr. 108) und Fr. 120 vertauscht hat. Er bezieht die lex Calpurnia nur auf die Einrichtung der neuen Tribus, was aber nach dem Wortlaut lediglich auf einen Senatsbeschluss zurückgeht. Die Verbindung zur Verleihung des Bürgerrechts an Soldaten hält er für zweifelhaft. 1358

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den Senatsbeschluss aus, entweder als eigenes Gesetz oder als Bestandteil des o.a. Gesetzes.1360 Wegen der Benennung des Gesetzes wird allgemein ein Zusammenhang zwischen beiden Fragmenten angenommen, so dass L. Calpurnius Piso als Urheber beider Maßnahmen gilt. Da Sisenna, von dessen Historien leider nur Fragmente erhalten sind, im dritten und vierten Buch über den Bundesgenossenkrieg schreibt, liegt es außerdem nahe, eine Verbindung zur lex Iulia herzustellen. Doch in welchem Verhältnis die beiden Gesetze zueinander stehen, ob vielleicht das eine das andere ersetzt1361 oder die lex Iulia überstürzt erlassen wurde, so dass einige Regelungen in weiteren Gesetzen separat nachgeholt werden mussten1362 oder der Ergänzung bedurften1363, lässt sich kaum entscheiden. Sogar über die Abfolge der beiden Gesetze herrschen unterschiedliche Auffassungen.1364 Bislang wurde in dieser Darstellung die Reihenfolge Rotondis1365 beibehalten, doch es drängt sich folgende Überlegung auf: Durch den Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen setzt in Rom ein Umdenken in der Bundesgenossenfrage ein, aber nach dem üblichen Vorgehen sucht man der Lage durch kleine Zugeständnisse Herr zu werden. Möglicherweise sieht man zu Beginn des Jahres 90 die größte Gefahr darin, dass auch die im römischen Heer dienenden Soldaten aus den Reihen der Bundesgenossen sich den Aufständischen anschließen und das eigene Heer schwächen könnten. Daraus resultiert das auf die Soldaten begrenzte Angebot, dass ihnen bei militärischen Verdiensten das Bürgerrecht verliehen wird. Vielleicht gab der Konsul selbst, der als Heerführer nicht in Rom anwesend war, den Anstoß dazu und übertrug das Vorhaben einem Volkstribun. Calpurnius, dessen Amt und Amtszeit1366 nicht eindeutig festzulegen ist, konnte demnach

1360 Kiene,

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Bundesgenossenkrieg 224–226, schreibt die Einrichtung der neuen Tribus, die Belohnung der Soldaten und die Gewährung des Bürgerrechts für die Stadt Tuder der lex Calpurnia zu und setzt sie zeitlich hinter die lex Iulia; aber Kiene kannte die erst 1908 gefundene Inschrift CIL 12 709 (= Dess ILS 8888) nicht. – Auch Badian, Clientelae 227, u. a. schreiben die Errichtung der zwei neuen Tribus einem Gesetz zu; ebenso gehen Mouritsen, Unification 155, und Brennan, Praetorship 2.472, von zwei Gesetzen aus. Brunt, JRS 52, 1962, 95, 107. Badian, Historia 11, 1962, 227; Badian, Clientelae 227–228, bezieht auch die lex Plautia Papiria (Lex Nr. 110) mit ein. So u. a. Haug, Bundesgenossenkrieg 247. – Nach Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 120–121, reformiert die lex Calpurnia die lex Iulia. Nachweise dazu bei Thommen, Volkstribunat 78. Rotondi, Leges 338–340. – Niccolini, FTP 226 u. ders., RAL 8AS. 1, 1946, 119–121 setzt die lex Calpurnia hinter die lex Iulia.; ebenso Broughton, MRR 2.33–34, anders in MRR 3.48 (vgl. die folgende Fn.). Überwiegend wird L. Calpurnius Piso als Volkstribun eingeordnet und sein Tribunat ins Jahr 89 gesetzt, so u. a. von Botsford, Roman Assemblies 402, De Martino, Costituzione 3.54, ebenso von Broughton, MRR 2.33–34; in MRR 3.48, denkt er eher an 90.

Lex Nr. 106

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das Gesetz Anfang bis Mitte des Jahres 90 promulgieren.1367 Dazu passt, dass der Konsul während seines Feldzuges einem Kreter die Verleihung des Bürgerrechts anbieten konnte (Diod. 37.18), obwohl sein eigenes Gesetz noch nicht existierte. Im Laufe des Jahres war dann in Rom die Überzeugung gereift, dass eine umfassendere Maßnahme nötig sei, was dann zur lex Iulia (Lex Nr. 104) mit den oben aufgezählten Inhalten führte.1368 Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 227–228; Badian, Clientelae 226–227; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, A.426 (S.215, 219); Bispham, Asculum 161, 172–173, 186; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.391–392; Blösel, Röm. Republik 186; Botsford, Roman Assemblies 402; Brennan, Praetorship 2.374 A.147 (S.777), 472; Bringmann, Republik 250; Bringmann, Krise 59; Brunt, Manpower 170 A.6; Brunt, Fall, 133; Broughton, MRR 2.33–34, 3.48; Christ, Krise 182; Coşkun, RIDA 51, 2004, 102–108, 130, 131; Coşkun, Cicero 39–40; Cuq, DS 3,2.1133; De Martino, Costituzione 3.54–55, 58; Flach, HZ 217, 1973, 284–285; Flach, Agrargeschichte 69; Frassinetti, Athenaeum 50, 1972, 96–98; FRH 2, Nr. 53, 274–275, und Nr. 65, 280–281; Gabba, Republican Rome III.90–92, 231–233; Gardner, CAH 9.195 A.1; Graeber, Auctoritas 47 A.133; Greenidge / ​Clay, Sources 152; Harris, Etruria and Umbria 230; Haug, Bundesgenossenkrieg 247–248; Hofmann-Löbl, Calpurnii 109, 113–114; Keaveney, Unification 170; Kiene, Bundesgenossenkrieg 224–230; Lange, Alterthümer 2.686, 3.112; Lewis, Athenaeum 46, 1968, 273–283; Luraschi, SDHI 44, 1978, 325–339; Mommsen, StR 3,1.135 m. A.4, 179 A.1; Mouritsen, Unification 155; Niccolini, FTP 225; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 119–121; Perelli, Movimento popolare 144; Reid, JRS 1, 1911, 72; Rotondi, Leges 3401369; Schur, Marius und Sulla 120; Scullard, Gracchi to Nero 67; Sherwin-White, Citizenship 153; Sommer, RG 1.384; Sumner, Athenaeum 40, 1962, 69–70; Syme, Historia 4, 1955, 57–58 (= Roman Papers 1.277); Taylor, Voting Districts 19, 102 A.3; Thommen, Volkstribunat 76, 78; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 117 A.90; E. Weiss, Lex Calpurnia 1), RE 12,2 (1925) 2337–2338; Williamson, Laws 328, 341, 360.

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Syme, Historia 4, 1955, 57–58 (RP I.277); dem folgen Harris, Etruria and Umbria 230, u. Flach, HZ 217, 1973, 284; ebenso weisen Brunt, Fall 133, und Keaveney, Unification 170, die lex Calpurnia dem Jahr 90 zu. – Brennan, Praetorship 2.472 u. 777 A.147, folgt Syme auch darin, dass Calpurnius (Piso Caesonius) im J. 90 eher Praetor als Volkstribun gewesen sei. 1368 Die Möglichkeit sieht auch Frassinetti, Athenaeum 50, 1972, 97–98. 1369 Rotondi hat die Nummern der beiden Sisenna-Fragmente für Lex Nr. 106 und für Lex Nr. 108 vertauscht.

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Lex Nr. 107

107 Lex de civitate Minato Magio danda circa 665/89

Vell. 2.16,2–3: (Minatus1370 Magius Aeculanensis, atavus meus, …) Cuius illi pietati plenam populus Romanus gratiam rettulit ipsum viritim civitate donando, duos filios eius creando praetores, cum seni adhuc crearentur. [Minatus Magius aus Aeculanum1371, der Urgroßvater des Velleius Paterculus, hatte sich im Bundes­ genossenkrieg als führender Mann Kampaniens auf die Seite der Römer gestellt und beteiligte sich an Belagerung und Eroberung mehrerer Städte.] Als Dank für seine patriotische Gesinnung verlieh das römische Volk ihm persönlich das römische Bürgerrecht und wählte zwei seiner Söhne zu Praetoren, als pro Jahr noch sechs Praetoren gewählt wurden. Die Verleihung des Bürgerrechts geschah vermutlich noch im Bundesgenossenkrieg oder unmittelbar danach. Wie in vergleichbaren Fällen wird auch hier ein Volksentscheid1372 ergangen sein, wobei die militärischen Leistungen des Minatus Magius ausschlaggebend waren. Das Bürgerrecht wird nach der Aussage von Velleius zwar viritim verliehen, doch kurz darauf ist offenbar die gesamte Familie in dessen Besitz, denn die Wahl der beiden Söhne zu Praetoren muss vor 81 erfolgt sein. Im Jahr 81 ergeht eine lex Cornelia Sullas1373 über die Erhöhung der Praetorenstellen auf acht. Lit.: Bulst, Historia 13, 1964, 312; Keaveney, Unification 178 A.26; Lange, Alterthümer 2.686; Münzer, Minatus Magius 8), RE 14,1 (1928) 439–440; Rotondi, Leges 340, 491; Taylor, Voting Districts 310; Sherwin-White, Citizenship 235.

1370 Hss. Minatii; geändert auf Grund von Münzer, Minatus, RE 15,2 (1932) 1765: Minatus ist

ein oskischer Name, der in Rom entstellt wiedergegeben wurde. Stadt der Hirpiner, an der Via Appia, südöstlich von Benevent gelegen. 1372 Rotondi, Leges 491, ordnet dieses Gesetz als lex data ein, die wahrscheinlich in Anwendung der lex Calpurnia de civitate militum (Lex Nr. 106) erging, und nicht als eigenständiges Komitialgesetz. Der Wortlaut bei Velleius spricht dagegen. Auch Lange, Alterthümer 2.686, zieht eine Verbindung zur lex Calpurnia. Keaveney, Unification 178 A.26, hält dagegen eine Billigung der Einbürgerung durch die lex Iulia (Lex Nr. 104) für wahrscheinlich. 1373 Lex Nr. 140. 1371

Lex Nr. 108

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108 Lex de civitate Tudertibus danda circa 665/89

Sisenna FRH 16 F 64 = Frg. 119 Peter (ex Non. s.v. iusso, 1, p. 189 L): IUSSO pro iussu. Sisenna Historiarum lib. IV (119) ‚tamen Tudertibus senati consulto et populi iusso dat civitatem.‘ IUSSO steht an Stelle von iussu: Sisenna schreibt im vierten Buch der Historien: Dennoch verleiht er den Bewohnern von Tuder auf Senatsbeschluss und durch Volksgesetz das Bürgerrecht. In die Zeit um 90/89 gehört vermutlich auch ein Gesetz über das Bürgerrecht der Stadt Tuder.1374 Ebenso wie die lex Calpurnia1375 ist dieses nur in den Fragmenten von Sisennas Historien überliefert. Tuder ist eine Stadt in Umbrien, nördlich von Rom. Wer hier das Bürgerrecht verlieh, erfahren wir nicht.1376 Und auch über die Hintergründe, warum ein solches Einzelgesetz nötig war, lässt sich nur spekulieren.1377 Vielleicht war man in Rom nicht sicher, wie das Verhalten der Stadt zwischen Bundestreue und Abfall einzuschätzen war und hat deshalb – nach einer Überprüfung? – eine Einzelentscheidung getroffen;1378 darauf könnte tamen am Anfang des Satzes hinweisen. Oder man hat sich in Rom nach einer Vorgabe der lex Iulia grundsätzlich die endgültige Entscheidung über die Aufnahme einer Stadt ins römische Bürgerrecht vorbehalten, nachdem sich diese per eigenem Dekret dazu bereit erklärt hatte; uns wäre wegen der Lückenhaftigkeit der Überlieferung leider nur dieser eine Fall bekannt. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 228 A.111; Bispham, Asculum 184–186; Bloch / ​Carcopino, Histoire 3.2.1.391; Bringmann, Republik 250; Bringmann, Krise 59–60; Brunt, Fall 109; Christ, Krise 182; Coşkun, RIDA 51, 2004, 105, 131; Coşkun, Cicero 41; Frassinetti, Athenaeum 50, 1972, 100; FRH 2, F 64 (= Frg. 119 Peter), 280; Greenidge / ​ Clay, Sources 152; Harris, Etruria and Umbria 230–231; Haug, Bundesgenossenkrieg 248;

1374 1375 1376

1377 1378

Christ, Krise 182, setzt es in die Zeit vor der Lex Iulia (Lex Nr. 104); ebenso Bringmann, Krise, 59–60. Lex Nr. 106. G.  Radke, Kl. Pauly 5.994 s.v. Tuder, behauptet mit Bezug auf Sisenna, dass Tuder „seit Marius civitas Romana“ sei, was nicht nachvollziehbar ist. Das lässt sich genauso wenig aus dem Text ableiten wie die Ansicht von Haug, Bundesgenossenkrieg 247; sie schreibt dieses Fragment – nach dem Vorgang von Kiene, Bundesgenossenkrieg 225 – L. Calpurnius Piso zu, dem Urheber der lex de civitate militum (Lex Nr. 106); ebenso Sommer, RG 384. – Harris, Etruria and Umbria 230–231, und Bispham, Asculum 184, halten für möglich, dass das von Sisenna genannte Gesetz die lex Iulia ist. Christ, Krise 182, vermutet einen Zusammenhang mit der wichtigen Verkehrslage der Stadt. So auch Brunt, Fall 109.

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Lex Nr. 109

Kiene, Bundesgenossenkrieg 225–226; Mouritsen, Unification 154; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 113; Rotondi, Leges 3401379; Sommer, RG 1.384; Willems, Sénat 2.684 A.5, 685.

109 Lex Pompeia de Transpadanis1380 665/89

Ascon. Pis. p.12 (3 C): Cn. Pompeius Strabo, pater Cn. Pompei Magni, Transpadanas colonias deduxerat. Pompeius enim non novis colonis eas constituit, sed veteribus incolis manentibus ius dedit Latii, ut possent habere ius quod ceterae Latinae coloniae, id est ut per1381 magistratus civitatem Romanam adipiscerentur. Cn. Pompeius Strabo, der Vater des Cn. Pompeius Magnus, hatte jenseits des Po Kolonien gegründet. Pompeius hat sie aber nicht für neuen Kolonen bestimmt, sondern er verlieh den alten Einwohnern, wenn sie dort blieben, das latinische Recht, damit sie dasselbe Recht wie die übrigen latinischen Kolonien haben könnten, was bedeutet, dass sie durch Bekleiden von Ämtern das römische Bürgerrecht erhielten. Plin. nat. 3.24,138: [Zuvor Aufzählung der unterworfenen Alpenvölker] Non sunt adiectae Cottianae civitates XII, quae non fuerant hostiles, item adtributae municipiis lege Pompeia. Die zwölf Völker Cottiens, die nicht feindselig gewesen waren, wurden nicht angeführt; ebenso diejenigen, die auf Grund einer lex Pompeia den Munizipien zugerechnet wurden. Cass. Dio 37.9,3: καὶ οἱ τιμηταὶ περὶ τῶν ὑπὲρ τὸν ᾿Ηριδανὸν οἰκούντων διενεχϑέντες (τῷ μὲν γὰρ ἐς τὴν πολιτείαν αὐτοὺς ἐσάγειν ἐδόκει, τῷ δὲ οὔ) οὐδὲν 1379

Rotondi hat die Nummern der beiden Sisenna-Fragmente für Lex Nr. 108 und für Lex Nr. 106 vertauscht. 1380 Dieser Titel nach Rotondi, Leges 342; andere Titel bei Luraschi, SDHI 44, 1978, 472 A.2. 1381 Stangl folgt der Emendation von Buecheler, zwei Handschriften (P M) haben petendi, Clark ersetzt das durch petend. Luraschi, SDHI 49, 1983, 271–276, hebt hervor, dass mit der Handschriften-Lesart die Bewerbung um das Amt im Vordergrund steht und nicht die Bekleidung desselben. Daraus leitet er ab, dass die Gewährung des Bürgerrechts davon abhängt, ob das Amt und die Bewerbung um dasselbe den stadtrömischen Verhältnissen vergleichbar sei (z. B. Wahl ins Amt). Das widerspricht späteren Zeugnissen, die deutlich machen, dass es auf die vollendete Bekleidung eines Amtes ankommt (z. B. App. civ. 2.26). Einen neuen Lösungsvorschlag für die Asconius-Stelle macht Coşkun, Historia 58, 2009, 233–239. Obwohl er die vorausgegangenen Vorschläge als „Aporie“ abtut, vermag seine Lösung id est ut peti magistratus nicht zu überzeugen, denn auf Grund der Satzstellung ist magistratus dann als Genitiv aufzufassen und würde den Beamten bezeichnen, bei dem die „Beantragung“ des Bürgerrechts stattfindet. Die Eingrenzung des Bürgerrechtserwerbs auf die Latiner, die ein Amt bekleideten – eine Vorgabe, die auch später immer als konstitutiv angesehen wurde –, fällt damit weg.

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οὐδὲ τῶν ἄλλων ἔπραξαν, ἀλλὰ καὶ τὴν ἀρχὴν ἀπεῖπον. (zum Jahr 64) Und weil die Zensoren über die Leute stritten, die jenseits des Po wohnten – denn dem einen schien es gut, sie als Bürger einzutragen, dem anderen nicht –, erledigten sie überhaupt nichts von ihren sonstigen Aufgaben, sondern legten sogar ihr Amt nieder. Der Konsul des Jahres 89, Cn. Pompeius Strabo1382 zeichnet verantwortlich für ein Gesetz, das über den bisherigen lokalen Rahmen Italia hinausgeht, die lex Pompeia de Transpadanis. In seinem Kommentar zu Ciceros Rede gegen Piso (p. 12 Stangl) schreibt Asconius, dass Cn. Pompeius Strabo jenseits des Po Kolonien gegründet hat. Er habe dort aber keine neuen Kolonen angesiedelt, sondern den alten Einwohnern, wenn sie blieben, das latinische Recht verliehen. Damit erhielten die Transpadaner dasselbe Recht wie auch die übrigen latinischen Kolonien, was bedeutet, dass sie zivilrechtlich den römischen Bürgern gleichgestellt waren. Außerdem galt, dass man durch Bekleiden eines Amtes das römische Bürgerrecht erlangte. Dieser Rechtssatz, der als solcher manifest in den Quellen nicht auftaucht, wurde vermutlich zwischen 130 und 120 anerkannt oder als (nicht überliefertes) Gesetz beschlossen.1383 Dass Pompeius hier auf Grund eines von ihm selbst eingebrachten Gesetzes handelte, lässt sich nur aus einer Angabe von Plinius erschließen. Im geographischen Teil seiner Naturalis historia zählt er die unterworfenen Alpenvölker auf, nicht angeführt sind „diejenigen, die auf Grund einer lex Pompeia Munizipien zugeordnet wurden.“ (3.24,138)1384 Daraus ist ersichtlich, dass im Voralpenbereich Munizipien existierten, in die durch ein Gesetz des Pompeius Völkerschaften eingegliedert wurden. Mommsen deutet diesen von Plinius verwendeten Begriff als municipium Latinum.1385 So könnte man die beiden Quellenzeugnisse – Asconius 1382

Vater von Cn. Pompeius Magnus. Zur Datierung dieses Rechtes: Sherwin-White, Citizenship 111–112, 215–216, mit Widerlegung der These von Bradeen, CJ 54, 1958–59, 221–228, der dieses Recht der Latiner erst in die Kaiserzeit verlegt. Asconius’ Erklärung wird bei ihm zur zeitgenössischen Interpretation; ähnlich Mattingly, JRS 60, 1970, 167. Ebenso verlegt Mouritsen, Unification 99–108, das Recht der Latiner (zwar als Hypothese) erst in die zweite Hälfte des 1. Jhs., auf jeden Fall in die Zeit nach dem Bundesgenossenkrieg. Andere Überlegungen bei Galsterer, Herrschaft 93, 99–100 (Zusammenhang mit Bürgerrechtsgesetzen von 90/89); das traditionelle Datum (die Jahre 125–122) findet sich u. a. bei Tibiletti, RIL 86, 1953, 54–60 (S.58: 124); Salmon, Colonization 117–118; Brunt, Fall 97; Piper, Latomus 47, 1988, 59 u. 68, und Coşkun, Historia 58, 2009, 226, und ders., Bürgerrechtsentzug 135–136.  – Vgl. Mommsen, StR 3,1.639–640. 1384 Zu attribuere, das hier im Sinne von „unselbständig unterordnen“ steht, vgl. Mommsen, StR 3,1.765–771. 1385 StR 3,1.232–233. – Allgemein versteht man unter municipium Siedlungen mit römischen Bürgern, die eine eigene Verwaltung und in Rom in den Volksversammlungen kein Stimmrecht hatten; vgl. Hantos, Bundesgenossensystem 86–94; Watkins, Ius Italicum 75–76. 1383

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und Plinius – miteinander in Einklang bringen; es scheint jedoch, als ob unterschiedliche Vorgänge beschrieben werden: auf der einen Seite werden Kolonien mit Ortsansässigen besetzt und erhalten latinisches Recht, auf der anderen Seite werden Munizipien mit Leuten aus der Umgebung, aber minderer Rechtsstellung aufgefüllt. Daher wird von Taylor1386 und Luraschi1387 die Position vertreten, dass Plinius nicht ein Gesetz von Pompeius Strabo, sondern entweder von Pompeius Magnus oder einem anderen Pompeius beschreibt.1388 Aus den beiden Quellen wird außerdem abgeleitet, dass durch die lex Pompeia den Gemeinden nördlich des Po (den Tranpadanern) das latinische Recht, den Gemeinden südlich des Po das römische Bürgerrecht verliehen wird,1389 Asconius und Plinius beschreiben jedoch übereinstimmend nur Aktivitäten des Pompeius aus dem Raum nördlich des Po.1390 Die socii zwischen dem Nordrand des Apennin und dem Po erhielten zwar vermutlich im Jahr 89 als Folge des Krieges das römische Bürgerrecht, jedoch nicht durch die lex Pompeia, und wohl auch nicht in ihrer Gesamtheit.1391 Welches Bürgerrecht diesen „Leuten jenseits des Po“ zustand, scheint noch länger zweifelhaft gewesen zu sein. Denn noch im Jahr  64 streiten nach Cassius Dio (37.9,3) die Zensoren darüber, ob die Leute dort als Bürger eingetragen werden sollen oder nicht. Das bedeutet aber auch, dass beim Thema Bürgerrecht für „Ausländer“ 25 Jahre nach dem Bundesgenossenkrieg noch immer keine Ruhe eingekehrt ist. Im Gegenteil, im Jahr zuvor (65) Plinius könnte auch die in seiner Zeit gebräuchliche Bezeichnung als municipium verwendet haben, denn es gibt viele Beispiele dafür, dass kleinere Siedlungen und auch coloniae später in den Rang von Munizipien erhoben wurden (vgl. Laffi, Organizzazione 52). 1386 Taylor, Voting Districts 123, spricht mit Bezug auf Asconius von einem Gesetz des Pompeius Strabo (89); Voting Districts 128 hält sie für möglich, dass erst dessen Sohn, Pompeius Magnus, der Rogator des bei Plinius genannten Gesetzes war. 1387 Luraschi kommt SDHI 44, 1978, 486–487 zu dem Ergbenis, dass die lex Pompeia am wahrscheinlichsten in die Jahre 35 v. Chr. bis 14 n. Chr. gehört, möchte aber die Jahre bis 70 v. Chr. nicht ausschließen. 1388 Diese Möglichkeit wurde wegen des Begriffs municipium schon von Savigny erwogen, vgl. dazu Luraschi, SDHI 44, 1978, 479–480. 1389 Diese Vermutung / ​B ehauptung durchzieht die Literatur, vgl. etwa Broughton, MRR 2.32; Bringmann, Krise 60; Christ, Krise 183; Galsterer, Rom und Italien 298; Mackay, Breakdown 129. 1390 Schon Lange, Alterthümer 3.118, hält für eine unbegründete „Vermuthung, daß dieses Gesetz oder ein gleichzeitiges den cispadanischen Galliern das Bürgerrecht, den transpadanischen die Latinität verliehen habe.“ Seine Vermutung (Alterthümer, 2.686), dass sich Pompeius durch dieses Gesetz „nur die Ermächtigung ertheilen ließ“, den transpadanischen Galliern in den bisherigen latinischen Gemeinden das Bürgerrecht zu verleihen und an einzelne, würdige der übrigen Gemeinden das Recht der Latinität, geht allerdings ebenfalls nicht aus den angeführten Zitaten hervor. 1391 Sherwin-White, Citizenship 157.  – Nicht nachzuvollziehen ist Coşkuns Überlegung, „warum die Transpadaner … nicht von der lex Iulia Gebrauch machten“ (Historia 58, 2009, 238), denn deren Angebot erstreckte sich höchstens auf die Gebiete südlich des Po.

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hatte man mit der lex Papia de peregrinis,1392 einem Nachfolgegesetz zur lex Licinia et Mucia1393, wieder einen Gerichtshof eingesetzt, der fragliche Bürgerrechtsfälle untersuchen sollte. In einen anderen Zusammenhang stellte Hardy1394 die lex Pompeia: Er verlegt die Gründung der Provinz Gallia cisalpina ins Jahr 89,1395 die lex Pompeia wird damit zur lex provinciae. Seither geistert diese (unbeweisbare)  Idee durch die Literatur. Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 375; Ausbüttel, Prometheus 15, 1989, 185; Badian, Clientelae 229; Badian, Historia 11, 1962, 228 A.111; Bellen, Grundzüge 107; Bispham, Asculum 161, 173–175; Bleicken, Lex 112 m. A.19; Blösel, Röm. Republik 186; Botsford, Roman Assemblies 402; Bradeen, CJ 54, 1958–59, 221–228; Bringmann, Republik 250; Bringmann, Krise 60; Broughton, MRR 2.32; Brunt, Manpower 167–170, 541; Brunt, Fall 114, 124, 511–512; Christ, Krise 183; Coşkun, RIDA 51, 2004, 106, 131; Coşkun, Historia 58, 2009, 225–227, 233–239; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 108 A.341, 135–136 m. A.411, 141 A.432; Coşkun, Cicero 41; Cuq, DS 3,2.1159; Dahlheim, Gewalt 57; De Martino, Costituzione 3.268, 385; Ewins, PBSR 23 (N. S.10), 1955, 75–83; Frank, ESAR 1.216, 221; Gabba, SCO 21, 1972, 89–90; Gabba, CAH2 9.126–127; Galsterer, Herrschaft 93; Galsterer, Rom und Italien 298, 305; Gardner, CAH 9.195–196; Gruen, Roman Politics 222; Haug, Bundesgenossenkrieg 248; Heftner, Gracchen 133, 264 A.35; Kiene, Bundesgenossenkrieg 19, 206; Konrad, Companion Republic 8.178; Lange, Alterthümer 2.686, 3.118; Lewis, Asconius 196; Luraschi, SDHI 44, 1978, 472–487; Luraschi, SDHI 49, 1983, 265 m. A.10, 271–279, 322; Luraschi, SDHI 61, 1995, 27–28, 54; Mackay, Breakdown 129; Marsh / ​Scullard, History 422; Marshall, Asconius 86–87; Mouritsen, Unification 106–107, 165; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 114–119; Pina Polo, Consul 116, 120; Piper, Latomus 47, 1988, 66; Reid, JRS 1, 1911, 75; Rotondi, Leges 342; Rudolph, Stadt und Staat 89; Sandberg, AIRFinl 24.79; Schur, Marius und Sulla 123–124; Scullard, Gracchi to Nero 67–68, 407; Sherwin-White, Citizenship 111–112, 157–159, 215–216; Siber, Verfassungsrecht 169, 170–171; Stevenson, JRS 9, 1919, 95–98; Taylor, Voting Districts 102, 116, 123, 128, 313; Thommen, Volkstribunat 76; Watkins, Ius italicum 77–81(–87 über Gallia cisalpina und Transpadana); E. Weiss, Lex Pompeia 1), RE 12,2 (1925) 2403; Willems, Sénat 2.686 A.4; Williamson, Laws 360; Wolff, ZRG 102, 1985, 554–556.

1392

Rotondi, Leges 376. Lex Nr. 95. 1394 Hardy, JRS 6, 1916, 65–68. Ihm folgen u. a. Ewins, PBSR 23 (N. S. 10), 75–83, und Watkins, Ius Italicum 79–81; vgl. die Gegenargumente von Badian, Historia 11, 1962, 232 m. A.123. 1395 Vgl. die Diskussion um die Errichtung der Provinz in 89 oder erst durch Sulla bei Ewins, PBSR 23 (N. S.10), 1955, 75, und Watkins, Ius italicum 79–84. Der erste sicher bezeugte Statthalter amtiert im Jahr 74 (Broughton, MRR 2.103)  – Ewins, a. a. O., nennt 75, das Konsulatsjahr von C. Aurelius Cotta. 1393

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Lex Nr. 110

110 Lex Plautia Papiria de civitate sociis danda 665/89

Cic. Arch. 4,71396: Data est civitas Silvani lege et Carbonis: Si qui foederatis civitatibus ascripti fuissent, si tum cum lex ferebatur in Italia domicilium habuissent et si sexaginta diebus apud praetorem essent professi. Cum hic domicilium Romae multos iam annos haberet, professus est apud praetorem Q.  Metellum, familiarissimum suum. Verliehen wurde das Bürgerrecht (an Archias) durch ein Gesetz des Silvanus und des Carbo: ‚Wenn jemand in verbündeten Gemeinden in die Bürgerliste eingetragen gewesen sei, wenn er zu dem Zeitpunkt, als das Gesetz verabschiedet wurde, seinen Wohnsitz in Italien gehabt habe und wenn er sich innerhalb von sechzig Tagen bei einem Praetor gemeldet habe. Weil er (Archias) damals schon viele Jahre seinen Wohnsitz in Rom hatte, meldete er sich bei dem Praetor Q. Metellus, einem sehr guten Freund. Schol. Bob. p.175: Tunc Silvanus et Carbo cos. legem tulerunt ut omnes qui essent ex foederatis populis civitatem Romanam consequerentur, si modo illo tempore quo lex lata esset domicilium in Italia haberent et intra diem sexagensimum professi aput praetorem fuissent. Damals ließen Silvanus und der Konsul Carbo das Gesetz verabschieden, dass alle, die aus verbündeten Gemeinden stammten, das römische Bürgerrecht erhalten sollten, wenn sie zu jener Zeit, als das Gesetz verabschiedet wurde, ihren Wohnsitz in Italien hätten und sie sich innerhalb von sechzig Tagen persönlich beim Praetor angemeldet hätten. App. civ. 1.53,231: καὶ τάδε μὲν ἦν περὶ τὴν ᾿Ιταλίαν ἀμφὶ τὸν συμμαχικὸν̀ πόλεμον, ἀκμάσαντα δὴ μάλιστα μέχρι τῶνδε, ἕως ᾿Ιταλία πᾶσα προσεχώρησεν ἐς τὴν ῾Ρωμαίων πολιτείαν, χωρίς γε Λευκανῶν καὶ Σαυνιτῶν τότε· δοκοῦσι γάρ μοι καὶ οἵδε τυχεῖν, ὧν ἔχρῃζον, ὕστερον. ἐς δὲ τὰς φυλὰς ὅμοια τοῖς προτυχοῦσιν ἕκαστοι κατελέγοντο, τοῦ μὴ τοῖς ἀρχαίοις ἀναμεμιγμένοι ἐπικρατεῖν ἐν ταῖς χειροτονίαις, πλέονες ὄντες. Und das waren also die Ereignisse ringsum in Italien in der Zeit des Bundesgenossenkrieges, der doch lange Zeit in voller Stärke tobte, bis schließlich ganz Italien der römischen Staatsbürgerschaft beigetreten war  – einstweilen mit Ausnahme der Lucaner und Samniten. Denn mir scheint, dass auch diese erreicht haben, wonach sie verlangten, aber später. Alle Neubürger wurden in gleicher Weise wie diejenigen, welche schon zuvor das Bürgerrecht erlangt hatten, in die Tribus eingetragen, damit sie nicht dadurch, dass sie unter die Altbürger gemischt würden, in den Abstimmungen die Oberhand gewännen, weil sie so viele waren.

1396

= Ancient Roman Statutes, Doc. 62, p.63.

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Liv. per. 80: Italicis populis  a senatu civitas data est. Den italischen Völkern wurde vom Senat das Bürgerrecht verliehen. Im Rahmen der Bewältigung des Bundesgenossenkrieges, als bis auf ein Widerstandsnest der Lukaner und Samniten in Süditalien ein Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen erreicht war, lassen die Volkstribunen M. Plautius Silvanus und Cn. Papirius Carbo1397 ein weiteres Gesetz de civitate sociis danda beschließen. Genaue Angaben dazu stammen aus der Rede Ciceros für den Dichter Archias, der im Jahr 62 angeklagt war, sich das römische Bürgerrecht erschlichen zu haben. Und die Erläuterung zu diesem Passus der Rede in den Scholien bestätigt denselben Sachverhalt, der aber – aus aktuellem Anlass – vielleicht nur eine Klausel des Gesetzes zitiert. Die lex Plautia Papiria gewährt das Bürgerrecht all denen, die bei föderierten Staaten in den Bürgerlisten stehen, wenn sie am Tage der Rogation in Italien wohnen und innerhalb von sechzig Tagen ihren Anspruch vor einem Praetor geltend machen. Die lex Plautia Papiria baut demnach auf der lex Iulia auf, sie erweitert das Angebot des Bürgerrechts – ohne irgendwelche Einschränkungen – auf alle socii, unterworfene1398 und treugebliebene. Und auch wenn die Heimatgemeinde sich insgesamt gegen die Annahme des Bürgerrechts wendet, können ascripti,1399 die in den Bürgerlisten stehen, einzeln für sich das Bürgerrecht beantragen. Für diesen Fall klärt die lex Plautia Papiria die Modalitäten der praktischen Umsetzung des Angebots: das Erscheinen vor einem praetor und die zeitliche Begrenzung von sechzig Tagen nach Verabschiedung des Gesetzes, innerhalb derer man beim Praetor vorstellig werden muss. Nicht einleuchtend ist der Versuch Sherwin-Whites1400, die lex Plautia Papiria so auszudeuten, dass sie nur solche ascripti betraf, die zwar in die Bürgerlisten föderierter Städte eingetragen waren, aber nicht dort, sondern in Rom lebten; denn nur dann könnten sie in der festgesetzten Frist vor dem Prätor1401 erscheinen. Das geht aus dem Text nicht hervor, denn nach dem Wortlaut könnten die Neubürger bzw. die, die es werden wollen, zu einem der sechs Praetoren an deren jeweiligem

1397

1398 1399 1400 1401

Broughton, Magistrates 2.30–31, A.8, meint, dass dieser Tribun C. Papirius Cn. f. und der Bruder des Konsuls von 84, 82 und 81 war. Nach Schol. Bob. p.175, wo Carbo mit seinem späteren Amt gekennzeichnet wird, ist er selbst der Konsul. Keaveney, Unification 170–171, sieht nur eine Ausdehnung der Vorkehrungen der lex Julia auf die dediticii, die Unterworfenen. Dieser Terminus ist nicht sicher zu deuten, vgl. Coşkun, RIDA 51, 2004, 112–113. Sherwin-White, Citizenship 151–153; ihm folgt Badian, Historia 11, 1962, 228. Allgemein wird – wohl zu Unrecht – angenommen, dass der Praetor in Rom gemeint ist, z. B. Lange, Alterthümer 3.114; Blösel, Röm. Republik 187; Rotondi, Leges 341, grenzt sogar auf praetor urbanus ein; ebenso Bringmann, Republik 250.

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Aufenthaltsort gehen.1402 Auch Badian1403 bezieht die Geltung der lex Plautia Papiria auf den seiner Ansicht nach im Ganzen eher unbedeutenden Anteil der cives adscripti,1404 ohne diesen Begriff weiter mit Inhalt zu füllen, betont aber dann, wie wenig wir außer der einen Klausel über das Gesetz wissen – nicht einmal das Datum sei sicher festzulegen.1405 Insgesamt überwiegt anscheinend die Ansicht, dass die lex Plautia Papiria lediglich eine Ergänzung der lex Iulia darstellte, die Spezialfälle berücksichtigte und technische Mängel beseitigen oder Lücken im Gesetz schließen sollte.1406 Bemerkenswert ist, dass bei der lex Plautia Papiria wieder ein Gesetz vorliegt, für das zwei Volkstribunen verantwortlich gemacht werden, eine überlieferte Benennung mit beiden Namen gibt es allerdings nur in der Form, dass Cicero von Silvani lege et Carbonis (Arch. 4,7) spricht.1407 Lit.: Alföldy, Sozialgeschichte 95; Ausbüttel, Prometheus 15, 1989, 185; Badian, Historia 11, 1962, 227–228; Badian, Studies 75–78; Bellen, Grundzüge 106; Bennett, Cinna 1; Bernardi, NRS 28–29, 1944–45, 98 A.1; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, A.426 (S.215, 219–220); Bispham, Asculum 161, 172, 186; Bleicken, Lex 252–253 m. A.20; Blösel, Röm. Republik 187; Botsford, Roman Assemblies 402; Bringmann, Republik 250; Bringmann, Krise 60; Broughton, MRR 2.30–31 m. A.8, 34; Brunt, Fall, 107–108, 134; Christ, Krise 183; Coşkun, Eos 91, 2004, 52–63; Coşkun, RIDA 51, 2004, 112–117, 131; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 108 A.341, 115; Coşkun, Cicero 25, 43–50, 97–109; Cuq, DS 3,2.1159; De Martino, Costituzione 3.54–56, 58–59; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 157; Ferrary, Leges publicae 2012, 7; Flach, HZ 217, 1973, 283, 285; Flach, Agrargeschichte 68; Frassinetti, Athenaeum 50, 1972, 98 A.117, 101, 112; Gabba, Republican Rome III.89–95, 231–233; Gabba, CAH2 9.126, 128; Galsterer, Rom und Italien 298; Gardner, CAH 9.195; Gruen, Roman Politics 221; Grueber, Coins 1.xxxi; Harris, Etruria and Umbria 230–231; Haug, Bundesgenossenkrieg 224–225, 247–249; Heftner, Gracchen 133–134, 264 A.35; Hofmann-Löbl, Calpurnii 113; G. Humbert, DS 1.164; Keaveney, CS 19, 1982, 503–505; Keaveney, Unification 170–171, 204; Kiene, Bundesgenossenkrieg 215–217, 227, 229; König, Staat 131 [60]; Konrad, Companion Republic 8.178; Lange, Alterthümer 2.686, 724, 3.114–115; Letzner, Sulla 120; Linke, Röm. Republik 104; Luraschi, SDHI 44, 1978, 339–370; Marsh / ​Scullard, History 99, 422; Mommsen, StR 3,1.132 A.4, 179; 1402

1403 1404 1405 1406 1407

So auch schon Badian, Studies 98 A.37. – Der Versuch von Coşkun, Eos 91, 2004, 55–56, die Praetoren während ihrer Amtszeit auf Rom festzulegen, wirkt wenig überzeugend, denn er könnte jederzeit durch neu auftauchende Inschriften widerlegt werden. Ohnehin muss Coşkun (S.55) zugestehen, dass das, was er eigentlich für „überflüssig“ hält, nämlich die Erfüllung von Feldherrnaufgaben außerhalb Roms durch Praetoren, tatsächlich für einen der bekannten Praetoren von 89 (Metellus Pius) belegt ist. Historia 11, 1962, 227–228. Auch Coşkun, Eos 91, 2004, 52, bezieht die Geltung nur auf diese bisher von der lex Iulia ausgenommene Gruppe der „Neubürger“ einer föderierten Stadt. Brunt, Fall 107–108, datiert z. B. in das Jahr 89; Gabba, App. 1.441 in das Jahr 88. So u. a. Harris, Etruria and Umbria 231; Watkins, Ius Italicum 76–77. Vgl. Lex Nr. 43 und Nr. 87.

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Mouritsen, Unification 167; Münzer, L. Iulius Caesar 142), RE 10,1 (1918) 468; Niccolini, FTP 226–228; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 120–123; Perelli, Movimento popolare 144; Pohl, Piraterie 18; Reid, JRS 1, 1911, 68; Rotondi, Leges 340–341; Rudolph, Stadt und Staat 92 A.1; Schur, Marius und Sulla 122; Scullard, Gracchi to Nero 67, 406; Schönbauer, RIDA 2 (3. Ser.), 1955, 352; Seston, CRAI 1978, 534, 536; Sherwin-White, Citizenship 151–153, 155–156; Siber, Verfassungsrecht 169–170; Sommer, RG 1.384; Sumner, Athenaeum 40, 1962, 70; Taylor, Voting Districts 101–102; Thommen, Volkstribunat 76, 78; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 117 A.90; Wallinga, RIDA Ser. 3, 41, 1994, 435; Watkins, Ius italicum 75–77; Weber, Klio 57, 1975, 189; Weber, Tyche 24, 2009, 159–162; E. Weiss, Lex Plautia 3), RE 12,2 (1925) 2402; Wieacker, Rechtsgeschichte 371; Willems, Sénat 2.684 A.5, 685; Williamson, Laws 328, 341, 360; Zumpt, Criminalrecht 2,1.260–261.

111 Lex Papiria semunciaria um 664/90

Plin. nat. 33.13,46: Mox lege Papiria semunciarii asses facti. Bald darauf wurden gemäß der lex Papiria die Asse eine halbe Unze schwer gemacht. In einem Abschnitt seiner römischen Münzgeschichte beschreibt Plinius die wechselvolle Geschichte des As mit den verschiedenen Gewichtseinheiten, die der Münze beigelegt werden. Als letztes Stadium erhält die Münze semiunzialen Standard, d. h. der As wird im Gewicht einer halben Unze (13,65 g) geprägt. Die vorangegangenen Gewichtsreduktionen werden von Plinius nur zeitlich eingeordnet  – im Ersten Punischen Krieg bzw. unter dem Diktator Q.  Fabius Maximus –, sie fallen demnach anscheinend in die Kategorie kriegsbedingte Verwaltungsnotmaßnahmen; die letzte Änderung dagegen führt er auf ein Gesetz zurück, die lex Papiria. Ob das Gesetz darüber hinaus weitere Inhalte aufwies, ist nicht direkt überliefert. Im Jahr 90 wurden jedoch erneut Sesterze emittiert, was nach den bisherigen Münzfunden länger nicht geschehen war, daher bietet sich die Datierung einer diesbezüglichen Maßnahme in diese Zeit an. Die Sesterze tragen die Buchstaben E L P, die als e(x) l(ege)  P(apiria)  gelesen werden können.1408 Daher sind diese Münzen Anlass für die Annahme, dass die lex Papiria neben dem Asgewicht auch die Ausgabe von Sesterzen angeordnet hat.1409 Einige semunciale Bronze­ 1408

Mommsen, Münzwesen 580–581, Nr. 209–210; Grueber, Coins 1.xxxi; Sydenham, Coinage 95, 96 Nr.647; Crawford, RRC 1.338–339 Nr. 337/4, 2.611. 1409 Crawford, NC 4, 1964, 142. – Nach der überzogenen Auffassung von Pink, Special coinages 59, habe das Gesetz sogar vier innovative Punkte enthalten.

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münzen aus dieser Zeit haben ohne eine Nennung von Münzmeistern die Aufschrift L. P. D. A.P., was Mommsen1410 als lege Papiria de aere publico deutete. Seit H. Gaebler1411 den Vorschlag machte, die Inschrift zu lege Papiria de assis (oder aeris)1412 pondere zu ergänzen, neigen die neueren Bearbeiter je nach eigener Argumentation bzw. Überzeugung zur einen oder anderen Möglichkeit1413, ohne dass ein definitives Ergebnis zu erzielen ist. Auch die zeitliche Einordnung der lex Papiria bleibt unsicher: Plinius schreibt mox, was in diesem Abschnitt über das Gewicht der Bronzeprägung (33.13,44–45) „bald nach dem Zweiten Punischen Krieg“ bedeutet. Allgemein wird jedoch diese vage Zeitangabe bis an den Anfang des 1. Jhs. ausgedehnt, weil erst um 90 die Prägung des As, die 146 eingestellt wurde, wieder einsetzt1414 und gleichzeitig  – ebenfalls nach längerer Pause1415  – erneut silberne Sesterze ausgegeben werden. Mommsen1416 bringt die neue Gewichtsbestimmung mit dem Ende des Bundesgenossenkrieges in Verbindung, in einigen föderierten Städten habe bisher schon der Semuncialfuß gegolten, nun werde die römische Einheit angeglichen. Daher sieht Mommsen offenbar einen Zusammenhang mit der lex Plautia Papiria de civitate1417. Diese zeitliche Einordnung des Gesetzes deutet also auf einen Volkstribunen mit Namen Papirius als Antragsteller. Doch die Auswahl unter den Angehörigen der gens Papiria ergibt mehrere Möglichkeiten: C. Papirius C. f. Carbo Arvina (tr.  pl.  90), C.  Papirius (Cn. f.?) Carbo (tr. pl. 89) oder Cn. Papirius Carbo (tr. pl. 89, cos. 82).1418

1410

Münzwesen 582 Nr. 211 – aber mit dem Zusatz „vielleicht“, der bei Verweisen auf diese Stelle immer unterschlagen wird. 1411 Zeitschr. f. Num. 1902, 174 A.5. 1412 Crawford, RRC 2.611. 1413 Für Mommsens Lesung sind u. a. Grueber, Pink, Sydenham; die andere Auffassung teilen Crawford, Lo Cascio, Sandberg. 1414 Crawford, RRC 1.77–78; ders., Coinage and money 183; Grueber, Coins 1.xxx (um 150). – Eine Ausnahme macht Niccolini, FTP 404, mit dem Zeitraum 177–120 für die lex Papiria. 1415 Crawford, RRC 2.611. 1416 Mommsen, Münzwesen 338–339. Eine ähnliche Begründung auch bei Lange, Alterthümer 2.674, und Thommen, Volkstribunat 62–63. 1417 Lex Nr. 110.  – Im Register, S. 880, setzt Mommsen das Gesetz gleich: lex Papiria (= lex Plautia Papiria). Dieselbe Gleichsetzung findet sich auch bei Sydenham, Coinage xxxiii, xxxiv, 95, 96 Nr.647, 97 Nr.650, 103 Nr.676, 104 Nr.678, Carney, Marius 52–53, und Zehnacker, ANRW 1,1.287. 1418 Der Volkstribun von 89 ist nach Schol. Bob. p. 175 identisch mit dem Konsul von 82: Cn. Papirius Carbo.  – Vgl. die Diskussion bei Broughton, MRR 2.30–31 A.8, und den Datierungsversuch von Lo Cascio, JRS 71, 1981, 83. Weitere Beispiele für die schwankende Datierung sind Crawford, RRC 1.77, für das Tribunatsjahr 92/91 und Grueber, Coins 1.xxxi, für 89.

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Lit.: Barlow, Bankers 121, 128; Barlow, AJPh 101, 1980, 203; Bellen, Grundzüge 107–108; Bleicken, Lex 145 m. A.27; Botsford, Roman Assemblies 403; Bringmann, Republik 253; Bulst, Historia 13, 1964, 334; Carney, Marius 52–53; Christ, Krise 186; Crawford, RRC 1.77–78, 339 Nr. 338, 2.596, 610–611; Crawford, NC 4, 1964, 142; Crawford, Coinage and money 183–185, 191; Cuq, DS 3,2.1157; De Martino, Costituzione 3.601419, 78; Frank, AJPh 54, 1933, 55 A.1; Grueber, Coins 1.xxix–xxxi, xxxiv, xli, 282–283 Nr. 2188–2193; Gruen, Roman Politics 220 m. A.321420; Harl, Coinage 48; Hill, Middle Class 139; Katz, AC 44, 1975, 121–122; König / ​Winkler, Plinius Bd.33, 136; Lange, Alterthümer 2.674, 3.115; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 218, 223–231, 237–238; Lo Cascio, JRS 71, 1981, 83–84; Mommsen, Münzwesen 338–339, 363, 383, 423, 580–582; Nenci, Athenaeum 46, 1968, 11, 12, 16–17; Niccolini, FTP 404; Nicolet, Historia 28, 1979, 292; Pink, Special coinages 57, 59–60, 62; Rotondi, Leges 341–342; Sandberg, AIRFinl. 24.168; Schur1421, Marius und Sulla 125, 211; Scullard, Gracchi to Nero 68, 407; Sydenham, Coinage xxx, xxxiii, xxxiv, lxiii, 95, 96 Nr.647, 97 Nr.650, 103 Nr.676, 104 Nr.678; Thommen, Volkstribunat 62–63; E. Weiss, Lex Papiria 4), RE 12,2 (1925) 2400; Willems, Sénat 2.438 A.3, 440 m. A.1, 448 A.6, 450; Williamson, Laws 327, 463; Zehnacker, ANRW 1,1.287.

112 Lex Plautia iudiciaria 665/89

Ascon. Corn. I, p.61 (79 C): M e m o r i a t e n e o , c u m p r i m u m s e n a t o r e s cum equitibus R . lege Plotia iudicarent, hominem dis ac nob i l i t a t i p e r i n v i s u m , C n . P o m p o n i u m 1422, c a u s a m l e g e Va r i a d e m a i e s t a t e d i x i s s e . M. Plautius Silvanus tr. pl. Cn. Pompeio Strabone L. Porcio Catone coss., secundo anno belli Italici, cum equester ordo in iudiciis dominaretur, legem tulit adiuvantibus nobilibus; quae lex vim eam habuit quam Cicero significat: nam ex ea lege tribus singulae ex suo numero quinos denos suffragio creabant qui eo anno iudicarent. Ex eo factum est ut senatores quoque in eo numero essent, et quidam etiam ex ipsa plebe. Nach meiner Erinnerung stand damals, als zum erstenmal1423 die Senatoren gemeinsam mit den Rittern gemäß der lex Plautia im Gerichtshof Wohl aus Versehen steht hier: lex Plautia nummaria; S.78 steht lex Papiria. An Stelle von lex Papiria schreibt Gruen hier lex Plautia. Diese Fehlbezeichnung wird übernommen von Katz, a. a. O. 1421 Bei Schur heißt das Gesetz: lex Papiria monetaria. 1422 Zur Änderung von Pompeium (codd.) in Pomponium vgl. Badian, Historia 18, 1969, 465–475; dazu auch Greenidge / ​Clay, Sources 151; Broughton, MRR 3.166; Scullard, Gracchi to Nero 409; Marshall, Asconius 273–274; Lewis, Asconius 287. 1423 cum primum kann hier auch die Bedeutung „sobald“ haben; vgl. Badian, Historia 18, 1969, 465. 1419

1420

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saßen, ein den Göttern und den Optimaten gleich verhasster Mann, Gnaeus Pomponius1424, auf Grund der lex Varia de maiestate vor Gericht. Der Volkstribun M. Plautius Silvanus beantragte im Jahr der Konsuln Gnaeus Pompeius Strabo und Lucius Porcius Cato (89), im zweiten Jahr des italischen Krieges, ein Gesetz, bei dem ihn Nobiles unterstützten; dieses Gesetz beinhaltete genau das, was Cicero beschreibt: denn gemäß diesem Gesetz wählten die einzelnen Tribus in einer Abstimmung aus der Zahl ihrer Mitglieder je 15 Leute aus, die in diesem Jahr Richter sein sollten. So geschah es, dass auch Senatoren unter diesen waren und sogar einige selbst aus dem Volk. Gell. 13.3,5: Repperi tamen in oratione C. Caesaris, Qua Plautiam Rogationem Suasit, … Gefunden habe ich jedoch in einer Rede des C. Caesar eine Stelle, an der er die rogatio Plautia befürwortete, …1425 Im zweiten Jahr des Bundesgenossenkrieges, wahrscheinlich zu Beginn des Jahres 89, ließ der Volkstribun M. Plautius Silvanus ein Gesetz verabschieden, nach dem – so das Zitat aus der ciceronischen Corneliana – dann in Rom Senatoren und Ritter gemeinsam als Geschworenene richteten. Um die Beeinflussung bei der Aufstellung der Geschworenenliste zu minimieren, schrieb er die Wahl durch die Tribus vor. Das Wahlsystem erläutert Asconius: Jede Tribus sollte völlig frei je 15 beliebige Mitglieder in einer Abstimmung zu Geschworenen wählen, ohne dass Vorschriften über Standeszugehörigkeit, Vermögen oder Alter bestanden. Im Ergebnis saßen nicht nur Senatoren und Ritter gemeinsam, sondern auch „einfache Leute“ mit ihnen zusammen auf der Geschworenenbank. Eine solche Wahl der Geschworenen war einzigartig in der gesamten Geschichte des römischen Volkes, wie Strachan-Davidson1426 betont. Da es um die Besetzung der Geschworenengerichtshöfe geht, handelt es sich bei der lex Plautia um eine lex iudiciaria. In Asconius’ Kommentar wird zwar eine Verbindung zur quaestio nach der lex Varia de maiestate (Lex Nr. 105) hergestellt, doch lässt sich daraus nicht ableiten, dass diese Regelung die anderen Gerichtshöfe nicht betraf.1427 1424

Volkstribun 90, gemeinsam mit Q. Varius; vgl. Marshall, Asconius 274. Wegen der knappen Angaben ist nicht sicher, auf welche rogatio / ​lex Plautia sich die Rede bezieht (vgl. Lex Nr. 110 und Nr. 113), und auch Personen mit dem Namen C. Iulius Caesar kommen in diesen Jahren wenigstens zweimal vor, vgl. RE 10,1 (1918) – Iulius 130) und Iulius 135) – und Broughton, MRR 2.574. 1426 Strachan-Davidson, Criminal Law 2.96. 1427 So die Meinung von Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 111–112, 120, die in der lex Plautia kein „general law“ sieht. – Zu Recht sagt Serrao, Classi 217–218, dass der Geltungsbereich – für alle quaestiones oder nur für die nach der lex Varia – nicht sicher festzustellen ist. Andere, z. B. Stein, Ritterstand 18–19, Gabba, ANRW 1,1.791, u. Brunt, Fall 206 u. 237, halten für wahrscheinlich, dass die lex Plautia nur die quaestio nach der lex Varia betraf; Bianchini, MIL 35, 1975, 255 hält die lex Plautia sogar direkt für eine lex de maiestate. 1425

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Indessen war die eben genannten quaestio, in der sich die Ritter als alleinige Geschworene Feinde in der Nobilität gemacht hatten,1428 vielleicht der aktuelle Anlass für die lex Plautia. Das Gesetz blieb vermutlich nicht lange in Kraft, denn nach einer Aussage Ciceros1429 befanden sich die Gerichte von C. ­Gracchus bis zu Sulla in der Hand der Ritter. Daher wurde es wohl nicht erst von Sulla wieder aufgehoben, wie Zumpt1430 meint. Eher ist Mommsen1431 zu folgen, der die lex Plautia auf Grund von Asconius’ Aussage qui eo anno iudicarent für transitorisch hält, d. h. nur für das Jahr 89 gültig. Der Satz könnte zwar auch so gedeutet werden, dass die Bestellung der Geschworenen jeweils für ein Jahr gilt und im folgenden Jahr neu gewählt werden muss, da es aber in der gesamten Überlieferung keine weiteren Erwähnungen der lex Plautia gibt und auch die nachfolgenden Regelungen1432 keinen Bezug auf sie nehmen, ist eine Entscheidung in dieser Frage kaum zu treffen. Es lässt sich höchstens auf die römische Angewohnheit hinweisen, die Gesetzgebung als Reaktion auf aktuelles Tagesgeschehen zu nutzen. Dann hätte Plautius aus der Situation heraus  – vielleicht, um die Lage zu entschärfen  – bloß eine Regelung für das aktuelle Jahr getroffen, die dann wieder von dem „normalen“ Procedere abgelöst wurde. Lit.: Badian, Historia 6, 1957, 341; Badian, Studies 76–77; Badian, Clientelae 227; Badian, Historia 11, 1962, 207 A.37, 208–209; Badian, Historia 18, 1969, 465–475; Bellen, Grundzüge 108; Bianchini, MIL 35, 1975, 253–257; Bleicken, Lex 401–402 A.164; Botsford, Roman Assemblies 401 A.3, 402–403, 418; Brennan, Praetorship 2.387; Bringmann, Republik 252; Broughton, MRR 2.34; Brunt, Fall 206, 237; Crawford, Fragmentary Speeches 134–135; Cuq, DS 3,2.1158; De Martino, Costituzione 3.60, 79–81; Eder, Repetundenverfahren 140 A.2 (143); Gabba, Republican Rome IV.134–137; Gabba, Republican Rome V.145–146; Gabba, ANRW 1,1.791 m. A.161; Gabba, CAH2 9.114–115; Gardner, CAH 9.196; Grasmück, Exilium 105 A.288; Griffin, CQ n.s. 23, 1973, 110–112, 120; Gruen, Roman Politics 221, 255–256; Gundel, Varius, RE 8A,1 (1955) 388; Haug, Bundesgenossenkrieg 246–247; Hill, Middle Class 137–138; Jones, Criminal Courts 56; Judeich, HZ 111, 1913, 492; Keaveney, Unification 167; Kiene, Bundesgenossenkrieg 242; König, Staat 131 [59]; Kunkel, Untersuchungen 116; Lange, Alterthümer 2.539, 668–669, 3.115, 134, 156; Last, CAH 9.162, 184; Levi, Costituzione 125–126, 131–133; Lewis, CQ 48, 1999, 195; Lintott, Violence 110, 113; Lintott, Judicial 1428

Mommsen, GS 3.354: Man wollte wohl nur die Majestätsprocesse vorläufig den Rittern entreissen. 1429 Ps. Ascon. p. 218; vgl. p. 189 (beide Zitate bei Lex Nr. 35). – Balsdon, PBSR 14, 1938, 101, relativiert diese Aussage Ciceros. 1430 Zumpt, Criminalrecht 2.1,264; so auch Hill, Middle Class 138; Gabba, Republican Rome IV.136. Nach Lange, Alterthümer 3.134, wurde die lex Plautia schon 88 von Cinna aufgehoben. 1431 Mommsen, GS 3.354. 1432 Etwa das Gesetz Sullas, Lex Nr. 135.

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Lex Nr. 113

reform 27; Mackay, Breakdown 132; Marcks1433, Überlieferung 77, 91; Marsh / ​Scullard, History 100, 422; Marshall, Asconius 272–275; Martin, Populare 199–200; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 607; Meier, RPA 82, 215, 224 m. A.110; Mommsen, GS 3.342, 347, 350, 354–355; Niccolini, FTP 228; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 221–222; Nicolet, L’ordre équestre 1.478 A.32, 570–572, 578; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 362–363; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 83–85; Rotondi, Leges 342; Sandberg, AIRFinl. 24.73; Santalucia, Diritto 70–71; Santalucia, Studi 194–195, 196; Schur, Marius und Sulla 121 A.4, 124; Scullard, Gracchi to Nero 406; Seager, Historia 16, 1967, 39; Seleckij, Klio 58, 1976, 425 A.7; Serrao, Classi 217–218; Siber, Analogie 52; Stein, Ritterstand 18–19; Stevenson, JRS 9, 1919, 97; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.80, 84, 95–96; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 264–265, 275; Taylor, Voting Districts 15–16, 293; Venturini, Processo penale 232 A.79 (S.233); E. Weiss, Lex Plautia 2), RE 12,2 (1925) 2402; Willems, Sénat 2.290 n.2; Williamson, Laws 327, 360; Zumpt, Criminalrecht 2,1.258–266.

113 Rogatio / ​Lex Plotia agraria 665/89, 684/70

Cic. Att. 1.18,6: agraria autem promulgata est a Flavio, sane levis, eadem fere quae fuit Plotia. Von Flavius wurde ein Ackergesetz beantragt, durchaus kraftlos, beinahe genauso wie dasjenige des Plotius. Ciceros Worte in seinem Brief an Atticus zielen auf den Gesetzesvorschlag des Tribunen L.  Flavius zur Versorgung der Veteranen des Pompeius im Jahr 60. Damit vergleicht er den Vorschlag (oder das Gesetz) eines Volkstribunen Plotius / ​Plautius, der sich demnach so wie die rogatio Flavia mit der Versorgung von Veteranen befasste1434 und über den es keine weitere Nachricht gibt. Es lässt sich nur vermuten, dass es sich um den Volkstribunen des Jahres 89, M. Plautius Silvanus, handelt.1435 Denn wegen der Nähe zu Ciceros Brief bietet sich auch ein Volkstribun des Jahres 70 mit Namen Plautius an,1436 weil vermutlich in diesem Marcks zieht eine Verbindung zur lex Iulia, er wirft demnach die lex iudiciaria mit der lex Plautia Papiria de civitate (Lex Nr. 110) zusammen. 1434 Vgl. Botsford, Roman Assemblies 403, der an die Veteranen des Bundesgenossenkriegs denkt. 1435 So schon Lange, Alterthümer 2.689; dann Rotondi, Leges 342, Botsford, Roman Assemblies 403, und Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1155. – G. Humbert, DS 1.164, denkt, dass die lex Plautia Papiria de civitate sociis danda (Lex Nr. 110) auch eine Bestimmung über die Beteiligung der Bundesgenossen an der Ackerverteilung enthielt. Die lex Plotia agraria sei demnach kein eigenständiges Gesetz. 1436 Diskussion der Datierung bei Niccolini, FTP 436, der den Zeitraum zwischen 69 und 60 favorisiert, und Gabba, Republican Rome VI.151–153; Datierung in 70 auch bei R. E. Smith, 1433

Lex Nr. 114

353

Jahr – ebenso wie zur Zeit der rogatio Flavia – Veteranen des Pompeius versorgt werden sollen.1437 Lit.: Botsford, Roman Assemblies 403; Broughton, MRR 2.34 m. A.5 (S.38), 128; Cuq, DS 3,2.1158; De Martino, Costituzione 3.60; Gabba, Republican Rome VI.151–153; Haug, Bundesgenossenkrieg 248; G.  Humbert, DS 1.164; Lange, Alterthümer 2.689, 3.115; Marshall, Antichthon 6.2, 1972, 43–52; Niccolini, FTP 436; Rotondi, Leges 342; Schur, Marius und Sulla 125; Shackleton Bailey, Letters to Atticus, 1.333; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1155; E. Weiss, Lex Plautia 1), RE 12,2 (1925) 2402.

114 Rogatio de exulibus revocandis 666/88

Rhet. Her. 2.28,45: Sulpicius, qui intercesserat ne exules quibus causam dicere non licuisset reducerentur, idem posterius immutata voluntate, cum eandem legem ferret, aliam se ferre dicebat propter nominum commutationem; nam non exules, sed vi eiectos se reducere aiebat. Proinde quasi id fuisset in controversia, quo illi nomine appellarentur, aut proinde quasi non omnes quibus aqua et igni interdictum est exules appellentur. So zum Beispiel Sulpicius, der dagegen Einspruch erhoben hatte, dass die Verbannten zurückgeführt wurden, denen es nicht erlaubt gewesen war, einen Prozess zu führen. Derselbe änderte später seine Meinung, und als er dasselbe Gesetz beantragte, erklärte er, dass er wegen des Wechsels der Benennungen ein anderes beantrage; denn er behauptete, dass er nicht Exilierte, sondern gewaltsam Vertriebene zurückführe. Als ob das der Streitpunkt gewesen sei, mit welchem Begriff jene bezeichnet würden, oder als ob nicht alle, über welche die Inter­diktion (die Untersagung von Feuer und Wasser) ausgesprochen wurde, Verbannte genannt würden. Aus den Worten der Rhetorikschrift geht hervor, dass eine Rogation zugunsten Verbannter eingebracht wurde. Dabei dachte der Rogator offenbar an eine bestimmte Gruppe unter ihnen, denn es sollte nicht allen Verbannten die Rückkehr gestattet sein, sondern nur denjenigen, die keine Möglichkeit gehabt hatten, sich vor Gericht zu verteidigen, oder deren Fall nicht vor einem Gericht verhandelt worden war. Die Rogation scheitert am Veto des Volkstribunen P.  Sulpicius The lex Plotia agraria and Pompey’s Spanish veterans, CQ N. S. 7, 1957, 82–85. – Für die Literatur nach Gabba: Marshall, Antichthon 6.2, 1972, 43 A.1, und Hinard, Proscriptions 167–168 m. A.85. 1437 Smith, CQ N. S. 7, 1957, 82–85; Marshall, Antichthon 6.2, 1972, 47–51.

354

Lex Nr. 114

Rufus.1438 Durch die Nennung dieses Tribunen lässt sich der Gesetzesvorschlag in das Jahr 88 datieren. Darüber hinaus ist von dieser Rogation nichts weiter bekannt. Weder gibt es einen Namen für den Rogator1439 noch wird die Gruppe der vom Gesetz Begünstigten deutlich.1440 Meist1441 wird zwar angenommen, dass die Rogation von einem Volkstribunen aus der Anhängerschaft des Marius stammte und zugunsten derjenigen eingebracht wurde, die infolge der lex Varia1442 verurteilt worden waren. Dieser Zusammenhang wurde aber von Gruen1443 vor allem deshalb verneint, weil nach der Rhetorikschrift den Exilierten, denen man jetzt die Rückkehr gestatten will, ausdrücklich ein Prozess vorenthalten wurde1444 – die lex Varia hatte ordentliche Gerichtsverhandlungen zur Folge. Weitere Deutungsversuche1445 vermögen auch nicht zu überzeugen; sie alle scheitern letztlich an den sparsamen Bemerkungen der antiken Autoren. Wichtig erscheint, dass mit dieser Rogation etwas grundsätzlich Neues beantragt wird: Bisher ging es bei der Rückberufung aus dem Exil um Einzelpersonen wie im Falle des M. Popillius Laenas1446 und des Q. Caecilius Metellus Numidicus1447. Nun betrifft eine solche Maßnahme eine ganze Gruppe von Leuten, die man wohl aus politischen Motiven, etwa zur Verstärkung der eigenen Anhängerschaft, nach Rom zurückholen will.

Vgl. die lex Sulpicia de revocandis vi eiectis, Lex Nr. 117. Lewis, CQ 48, 1998, 195–199, schließt daraus auf den Konsul Q. Pompeius Rufus, der zuvor ein guter Freund von Sulpicius gewesen war. 1440 Last, CAH 9.202. 1441 So schon Rotondi, Leges 343; wieder behauptet von Keaveney, Latomus 38, 1979, 455–456, 459, der die Angaben aus der Rhetorikschrift nicht für Begründungen aus dem Gesetzeswortlaut, sondern für übertriebene Formulierungen von Freunden hält. Last, CAH 9.202, bezieht das fehlende rechtliche Gehör ausdrücklich mit ein und denkt an Exilierte, die entweder von der Kommission nach der lex Varia oder von einem Gerichtshof nach der lex Plautia (vgl. Lex Nr. 112) verbannt worden waren. 1442 Lex Nr. 105. 1443 Gruen, JRS 55, 1965, 72–73. Er lehnt auch eine Verbindung zu Verbannten nach der lex Plautia ab (vgl. oben Last, CAH 9.202). 1444 Betont von Kelly, Exile 34. 1445 Die von Gruen, JRS 55, 1965, 73, aufgestellte Hypothese, dass mit den Verbannten die Opfer der lex Licinia et Mucia (Lex Nr. 95) des Jahres 95 unter den Latinern und Italikern gemeint seien, relativiert er selbst. Sie wurde aber von Badian, Historia 18, 1969, 488–490, aufgegriffen und weiter ausgebaut.  – Alle bisherigen Deutungsversuche analysiert Kelly, Exile 93–98; am Ende lässt aber auch er die Frage offen, wer von der Maßnahme profitieren sollte. 1446 Lex Nr. 48. 1447 Lex Nr. 91. 1438 1439

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Lit.: Badian, Historia 18, 1969, 488–490; Botsford, Roman Assemblies 404; Gruen, JRS 55, 1965, 72–73; Hill, Middle Class 142; Keaveney, Latomus 38, 1979, 455–456, 459; Kelly, Exile 34, 93–98; Lange, Alterthümer 2.702, 3.122; Last, CAH 9.202; Lewis, CQ 48, 1998, 195–199; Mackay, Breakdown 137; Niccolini, FTP 230; van Ooteghem, Marius 278; Rotondi, Leges 343; Scullard, Gracchi to Nero 408; Seager, CAH2 9.167; Thommen, Volkstribunat 125.

115 *Lex de provincia Q. Pompeio Rufo danda 666/88

Val. Max. 9.7 mil.2: Pro consule istud tam violenter exercitus, illud adversus consulem: Q. enim Pompeium Sullae collegam senatus iussu ad exercitum Cn. Pompei, quem aliquamdiu invita civitate obtinebat, contendere ausum … milites … in modum hostiae mactarunt … So gewalttätig verhielt sich ein Heer zugunsten eines Konsuls1448 und folgendermaßen eines gegen einen Konsul: Q. Pompeius nämlich, der Kollege Sullas, hatte es auf Anordnung des Senats gewagt, sich zum Heer des Cn. Pompeius zu begeben, das dieser dort schon eine Weile gegen den Willen der Bürgerschaft behielt. Die Soldaten schlachteten ihn regelrecht wie ein Opfertier. Liv. per. 77: Q. Pompeius consul, ad accipiendum a Cn. Pompeio procos. exercitum profectus, consilio eius occisus est. Der Konsul Quintus Pompeius brach auf, um das Heer vom Proconsul Gnaeus Pompeius zu übernehmen, und wurde dort auf dessen Betreiben ermordet. Vell. 2.20,1: Hoc primum anno sanguine consulis Romani militis imbutae manus sunt, quippe Q. Pompeius, collega Sullae, ab exercitu Cn. Pompei proconsulis sedi­ tione, sed quam dux creaverat, interfectus est. In diesem Jahr befleckten zum ersten Mal römische Soldaten ihre Hände mit dem Blut eines Konsuls: Q. Pompeius, der Kollege Sullas, wurde vom Heer des Proconsuls Cn. Pompeius auf Grund einer Meuterei umgebracht, die dieser jedoch selbst angezettelt hatte. App. civ. 1.63,283: Σύλλᾳ μὲν δὴ καὶ παυσαμένῳ τῆς ἀρχῆς στρατὸς ἦν, ὁ ἐψηφισμένος ἐπὶ Μιϑριδάτην, ἐς σωτηρίαν αὐτοῦ φύλαξ· Κόιντον δὲ Πομπήιον, τὸν ἕτερον ὕπατον, ὁ δῆμος οἰκτείρων τοῦ δέους ἐψηφίσατο ἄρχειν ᾿Ιταλίας καὶ ἑτέρου τοῦ περὶ αὐτὴν στρατοῦ, τότε ὄντος ὑπὸ Γναίῳ Πομπηίῳ. Denn Sulla hatte auch nach Beendigung seines Amtes ein Heer als Wächter zu seinem Schutz, dasjenige nämlich, das für den Krieg gegen Mithridates beschlossen war; was aber Q. Pompeius, den anderen Konsul betraf, so bedauerte ihn das Volk und beschloss aus Besorgnis für seine Zukunft, dass er über Italien gebieten solle und über das andere dazu gehörende Heer, das damals Gnaeus Pompeius unterstand. 1448

In der zuvor geschilderten Episode (9.7 mil.1); vgl. bei Lex Nr. 119.

356

Lex Nr. 115

Übereinstimmend berichten die lateinischen Quellen, dass der Konsul Q. Pompeius Rufus eine vom Senat zugewiesene provincia erhält, die außerdem den Oberbefehl über ein in Italien stehendes Heer beinhaltet, das Heer des Proconsuls Cn. Pompeius Strabo (cos. 89). Eine Begründung oder Absicht für diese Beauftragung wird nicht gegeben. Vielleicht geht es nur um das normale Procedere der Beauftragung der Konsuln durch den Senat. Sulla hatte durchs Los die provincia Asia erhalten, für Pompeius ergab sich Norditalien (Gallia cisalpina?), dort stand – als Überbleibsel aus dem Bundesgenossenkrieg – das Heer des Proconsuls Cn. Pompeius. Appian zeichnet ein anderes Bild. Dezidiert verlegt er die Beauftragung des Pompeius in die Zeit nach Sullas Marsch nach Rom, und anstatt durch den Senat erhält Pompeius die Provinz Italia auf Grund eines Volksbeschlusses  – also durch ein Gesetz –.1449 Als Begründung führt Appian die Sorge des Volkes für die Sicherheit des Konsuls an, was merkwürdig anmutet. Da das von Valerius Maximus genannte Verfahren das übliche ist, wird man seiner Aussage eher folgen dürfen.1450 Alle Berichte enden mit dem Mord an dem Konsul1451 Pompeius, der wohl noch in das Jahr 88 zu datieren ist und zwar in die Zeit, nachdem die beiden Konsuln im Anschluss an den Einmarsch in Rom gemeinsam die Ordnung wiederhergestellt hatten. Daher ist eher anzunehmen, dass es um die Aufgabenverteilung während des Konsulatsjahres geht1452 und nicht, wie Lange1453 und Rotondi1454 meinen, um eine prorogatio imperii für das Jahr 87. Lit.: Broughton, MRR 2.39–40, 42; Cuq, DS 3,2.1170; Erdmann, Heer 79; Gabba, Appian 1.179–180; Keaveney, Eirene 20, 1983, 83–84; Keaveney, Sulla 61–62; Kiene, Bundesgenossenkrieg 249; Kloft, Prorogation 52 A.23; Mackay, Breakdown 140; Lange, Alterthümer 2.707, 3.127–128; Linke, Röm. Republik 115; Mommsen, StR 1.58 m. A.3; Rotondi, Leges 345; Seager, CAH2 9.173.

1449

Zweifel an einem Volksbeschluss hat auch Kloft, Prorogation 52 A.23; dagegen folgt Seager, CAH2 9.173 der Darstellung Appians. 1450 Gegen Mommsen, StR 1.58 m. A.3, der immerhin den Volksbeschluss als Missbrauch der souveränen Gewalt durch die Comitien sieht; auch Cuq, DS 3,2.1170, und Mackay, Breakdown 140, folgen Appian mit der Annahme eines Gesetzes.  – Für Gabba, Appian 1.179, ist der Volksbeschluss ein Irrtum Appians. – Keaveney, Eirene 20, 1983, 83, sieht das Vorhandensein von Senatsbeschluss und Gesetz als Folge des kurz zuvor erlassenen sullanischen Gesetzes (Lex Nr. 121). Die zeitliche Abfolge dieser Geschehnisse ist jedoch nicht sicher zu klären, sie können sich auch am Anfang des Konsulatsjahres abspielen, und das sullanische Gesetz gehört erst in die Zeit nach Sullas Einmarsch in Rom. 1451 Alle Quellen bezeichnen ihn übereinstimmend mit diesem Titel. 1452 So auch Linke, Röm. Republik 115. 1453 Lange, Alterthümer 3.127. 1454 Rotondi, Leges 345.

Lex Nr. 116

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116 Lex Sulpicia de novorum civium libertinorumque suffragiis 666/88

Liv. per. 77: Cum P. Sulpicius tribunus plebis auctore C. Mario perniciosas leges promulgasset, ut … et novi cives libertinique in tribus distribuerentur et … Nachdem der Volkstribun P.  Sulpicius auf Betreiben von C.  Marius schädliche Gesetze durch öffentlichen Anschlag bekannt gegeben hatte, dass …, dass die Neubürger und die Freigelassenen auf die Tribus verteilt würden und dass … Ascon. Corn. I, p.52 (64 C): L e g e m , i n q u i t , d e l i b e r t i n o r u m s u f f r a g i i s C o r n e l i u s C .   M a n i l i o d e d i t .  … P. Sulpicium in tribunatu hanc eandem legem tulisse iam significavimus. Tulit autem L.  Sylla, qui postea Felix appellatus, Q. Pompeio coss. ante XXIII annos quam haec dicta sunt, cum per vim rem p. possedisset ab initiis bonarum actionum ad perditas progressus esset: quod et initium bellorum civilium fuit, propter quod ipse Sulpicius consulum armis iure oppressus esse visus est. Das Gesetz über das Stimmrecht der Freigelassenen, behauptet er, habe ein Cornelius dem C.  Manilius eingegeben  … Darauf, dass P. Sulpicius in seinem Tribunat dieses selbe Gesetz beantragt hatte, haben wir schon hingewiesen. Er hat das aber im Jahr der Konsuln L. Sylla, der später Felix genannt wurde, und Q. Pompeius beantragt – also dreiundzwanzig Jahre, bevor diese Rede gehalten wurde –, als er den Staat gewaltsam besetzt hielt und von seiner anfänglich guten Amtsführung zu einer verwerflichen übergegangen war: das war auch der Beginn der Bürgerkriege, weswegen man für rechtmäßig hielt, dass Sulpicius durch die Waffengewalt der Konsuln überwältigt wurde. App. civ. 1.55–56: 55,242. Μάριος  … καὶ τοὺς ἐκ τῆς ᾿Ιταλίας νεοπολίτας, μειονεκτοῦντας ἐπὶ ταῖς χειροτονίαις, ἐπήλπιζεν ἐς τὰς φυλὰς ἁπάσας διαιρήσειν, … 243. καὶ νόμον αὐτίκα ὁ Σουλπίκιος ἐσέφερε περὶ τοῦδε· … 56,249. ὁ δὲ Σουλπίκιος ἐκύρου τὸν νόμον καὶ … 55,242. Marius … und ließ die Neubürger aus Italien, die bei den Abstimmungen benachteiligt waren, darauf hoffen, dass er sie auf alle Tribus verteilen werde, … 243. Und sogleich brachte Sulpicius ein Gesetz darüber ein, … 56,249. Sulpicius brachte sein Gesetz durch und … Plut. Sulla 8,2: ὅς γε τὴν ῾Ρωμαίων πολιτείαν ἐξελευϑερικοῖς καὶ μετοίκοις πωλῶν ἀναφανδὸν ἠρίϑμει τιμὴν διὰ τραπέζης ἐν ἀγορᾷ κειμένης. Dieser (Sulpicius) verkaufte das römische Bürgerrecht an Freigelassene und Fremde1455 und zählte die erhaltene Vergütung vor aller Augen auf einem auf dem Markt aufgestellten Tisch. Vell. 2.18,6: P. Sulpicius tribunus pl. … alias leges perniciosas et exitiabiles neque tolerandas liberae civitati tulit. Der Volkstribun P.  Sulpicius beantragte noch andere schädliche, unheilvolle und für einen freien Staat untragbare Gesetze. 1455

Plutarch verwendet den Begriff Metöken; er wird in Athen für Fremde benutzt, die sich dort niedergelassen hatten und Gewerbe treiben durften, aber keine politischen Rechte besaßen.

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Lex Nr. 116

Der Volkstribun P. Sulpicius Rufus hatte sich zur Unterstützung von Marius bereit erklärt, so berichtet Appian (civ. 1.55,242). Damit Marius sein weiteres Ziel, die Führung des Krieges gegen Mithridates, erreichen konnte, suchte er im Vorfeld Verbündete und fand sie in den Neubürgern, weil diese sich in den Volksversammlungen benachteiligt fühlten. Bisher wurden sie nur auf einige der 35 Tribus verteilt; daher hatten trotz der großen Anzahl ihre Stimmen nur wenig Gewicht. Marius macht ihnen Hoffnung auf eine gleichmäßige Verteilung in alle Tribus, und Sulpicius macht den entsprechenden Gesetzesvorschlag. Nach einigen innenpolitischen Auseinandersetzungen wird das Gesetz verabschiedet, und als direkte Folge erhält Marius an Stelle von Sulla, der sich schon bei seinem Heer aufhält, den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates.1456 So eindeutig wie bei Appian erscheint das Plebiszit von Sulpicius in den übrigen Quellen nicht. Die Livius-Epitome und Plutarch ergänzen den Inhalt des Gesetzes um eine gleichlautende Bestimmung zugunsten der Freigelassenen1457; bei Asconius geht es sogar nur um die Freigelassenen, was aber eher auf seinen Vergleich mit einem späteren Gesetzesvorschlag aus der Rede Ciceros Pro Cornelio zurückzuführen ist als auf eine detaillierte Wiedergabe des Gesetzesinhalts. Das Problem der Aufnahme neuer Bürger und ihre Verteilung auf die Stimmkörperschaften der Tribus bringt seit 312 immer wieder andere Lösungen bzw. gesetzliche Regelungen1458 hervor, wobei es zunächst vor allem um die Eingliederung der Freigelassenen geht. Die Neubürger aus Italien, wie Appian sie nennt, erhielten das römische Bürgerrecht erst infolge des Bundesgenossenkrieges, und ihre Integration in das römische Gemeinwesen vollzog sich offenbar nur langsam.1459 Es ist verständlich, dass sie das mühsam errungene Bürgerrecht nun angemessen ausüben wollen. Ihre Interessen treffen sich mit denen der Freigelassenen; daher ist es durchaus glaubhaft, diese beiden Gruppen in einen Gesetzesvorschlag aufzunehmen, wie es Livius-Epitome und Plutarch darstellen.1460 Fraglich erscheint allerdings eine schnelle Umsetzung des Gesetzes, wie Appian sie suggeriert. Denn die sulpicischen Gesetze werden kurze Zeit später für nichtig erklärt, weil sie nicht rechtmäßig zustande gekommen waren.1461 Damit bleibt das 1456 1457 1458 1459 1460

1461

Lex Nr. 119. Lintott, CQ 21, 1971, 453 und Powell, Historia 39, 1990, 458 machen daraus zwei Gesetze. Kunkel, Staatsordnung 2.403. Vgl. die lex Terentia von 189 (Elster, Gesetze 323–327, Lex Nr. 154) und die lex Aemilia von 115 (Lex Nr. 58). Linke, Röm. Republik 107. Die Folgerungen Taylors, Voting Districts 143–144, aus dem Schweigen von Appian über die Freigelassenen gehen zu weit. Im roten Faden von Appians Erzählung finden sich die Neubürger, die endlich nach vielen gesetzlichen Versuchen und nach dem Bundesgenossenkrieg das Bürgerrecht erhielten, aber nicht die Freigelassenen, deren Bürgerrecht auf anderen Voraussetzungen beruht. App. civ. 1.59,268 bezeichnet sie als οὐκ ἔννομα. Sulpicius hatte gewaltsam die von den Konsuln verkündeten feriae (gr. ἀργία: Stillstand der öffentlichen Geschäfte; vgl. die Erläuterung

Lex Nr. 116

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drängende Problem, wie sich die Tribuseingliederung der „Neuen“ vollziehen soll, vorerst ungelöst. Im folgenden Jahr scheint der Konsul L. Cornelius Cinna die Eingliederung der Neubürger in alle 35 Tribus erneut versprochen zu haben; jedenfalls berichtet das Velleius1462. Dass es einen Streit Cinnas mit seinem Kollegen Octavius über das Stimmrecht der Neubürger gegeben habe, konstatiert auch Cicero1463 – ohne weitere Angaben. Da Sulpicius’ Gesetz aufgehoben war, konnte Cinna entweder ein neues Gesetz verabschieden lassen – so die Annahme von Lange1464 – oder die Zensoren anweisen, die Tribuslisten entsprechend aufzustellen. Die reale Umsetzung1465 von Cinnas Versprechen / ​gesetzlichen Maßnahmen erfolgt erst 84; denn nun verzeichnet die Livius-Epitome (per. 84) einen Senatsbeschluss, der den Neubürgern das Stimmrecht zusicherte. Die verkürzte Darstellung kann, da das Stimmrecht Teil des Bürgerrechts ist, nur bedeuten, dass die Stimmen der Neubürger mehr Gewicht haben sollten, was durch die schon mehrfach angestrebte Eingliederung in alle 35 Tribus erreicht wurde. Und auch Sulla bekräftigte diese Regelung: Nach Liv. per. 861466 schloss er mit den italischen Völkerschaften

1462

1463 1464 1465 1466

dazu bei Lex Nr. 119, Fn. 1497) von Sulla aufheben lassen und dann sein(e) Gesetz(e) durchgebracht (App. civ. 1.56,248–249). Vell. 2.20,2: Cinna in omnibus tribubus eos se distributurum pollicitus est. [Cinna versprach, sie (die Neubürger) auf alle Tribus zu verteilen.] Christ, Krise 190, sieht darin einen Antrag, Broughton, MRR 2.46, geht von einem Versuch aus. Und auch in den Scholien ist nur ein Beginn und nicht die Ausführung einer gesetzlichen Maßnahme angeführt. Hier geht es jedoch um den zweiten Teilbereich des sulpizischen Gesetzes, die Eingliederung der Freigelassenen: Schol. Gronov. p.286: 24. … Coepit Cinna de libertinorum suffragiis agere, Octavium cum senatu contra ipsum habuit: ortum est bellum civile. [Es begann Cinna über das Stimmrecht der Freigelassenen zu verhandeln, Octavius hatte er gemeinsam mit dem Senat gegen sich: es entstand der Bürgerkrieg.] Nach Fabre, Libertus 136, ist jedoch unsicher, ob eine Abstimmung darüber stattfand; vgl. Mommsen, StR 3.439 A.5. Cuq, DS 3,2.1137, hält am ehesten einen Gesetzesvorschlag zugunsten der Neubürger für wahrscheinlich; als Quelle führt er an Exuperantius 4: Cinna legem tulit ut novi cives … cum veteribus nulla discretione suffragium ferrent. [Cinna beantragte ein Gesetz, dass die neuen Bürger gemeinsam mit den alten ohne Unterschied ihre Stimme abgeben sollten.] Wenn diese singuläre Nachricht tatsächlich ein Faktum bewahrte, das sonst nirgends berücksichtigt wird, könnte man Liv. per. 84 darauf beziehen. Der dort genannnte Senatsbeschluss wäre dann die Umsetzung des Gesetzes von Cinna (vgl. Lex Nr. 128).  – Zu Cinnas Vorgehen vgl. Schur, Marius und Sulla 136; Lovano, Cinna 32–33; auf Cinnas Versprechen bezieht sich auch Gabba, ANRW 1,1.797. Cic. Phil. 8.2,7: Cinna cum Octavio de novorum civium suffragiis. Lange, Alterthümer 2.658, 3.141; ebenso Carney, Marius 60; Konrad, Companion Republic 8.179. Brunt, JRS 55, 1965, 109; Linke, Röm. Republik 118. Liv. per. 86: Sylla cum Italicis populis ne timeretur ab his velut erepturus civitatem et suffragii ius nuper datum, foedus percussit. Sulla schloss mit den italischen Völkerschaften einen Vertrag, damit er nicht länger von ihnen als einer gefürchtet wurde, der ihnen das erst kürzlich zugestandene Bürgerrecht und das Stimmrecht wieder entreißen würde.

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Lex Nr. 116

Bündnisverträge, in denen ihre neuerworbenen Rechte bestätigt wurden. Ebenfalls im Jahr 84 wird auch ein Schlussstrich unter die langjährigen Bemühungen gezogen, die Freigelassenen angemessen in den Bürgerverband zu integrieren, sie werden auf alle 35 Tribus verteilt.1467 Lit.: Badian, Clientelae 232–234; Behr, Sulla 66–68; Bellen, Grundzüge 108; Bergemann, Religion 100; Adolf Berger, Leges Sulpiciae 3), RE Suppl. 7 (1940) 413; Betti, Labeo 9, 1963, 224; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 214–220, 223; Bispham, Asculum 179–180, 194–195; Bleicken, Lex 140 m. A.10, 252–253 m. A.20 u.21; Blösel, Röm. Republik 189; Botsford, Roman Assemblies 404, 409; Bringmann, Republik 253, 255–256; Bringmann, Krise 60; Broughton, MRR 2.41–42; Brunt, Social conflicts 104; Brunt, Fall 125; Carcopino, Sylla 29–31; Carney, Marius 54 m. A.250; Chapman, AC 22, 1979, 64; Christ, Krise 187, 190; Christ, Sulla 78–79; Coşkun, RIDA 51, 2004, 128, 132; Coşkun, Cicero 42; Crawford, Fragmentary Speeches 106–107; Cuq, DS 3,2.1165, vgl. 1137; Dahlheim, Staatsstreich 104, 109–110; De Martino, Costituzione 3.60–61; Erdmann, Heer 87; Evans, Marius 133–134, 135; Flach, HZ 217, 1973, 283–286; Flach, Agrargeschichte 69; Frank, ESAR 1.254; Gabba, Republican Rome III.95; Gabba, Republican Rome IV.135 m. A.45 (S.252); Gabba, ANRW 1,1.793–794; Golden, Crisis 94,98–101; Gillen, Nichtige Gesetze, 42–44; Graeber, Auctoritas 47 A.133; Gruen, Roman Politics 226; Hackl, Senat und Magistratur 216–219; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 123; Harris, Etruria and Umbria 231–232; Heftner, Gracchen 140–141; Hill, Middle Class 142, 145; Ingrisch, Sullas dictatura 37–38; Keaveney, Sulla 46–48, 50, 70; Keaveney, Unification 172–174, 204–205; Kiene, Bundesgenossenkrieg 249, 253–257; Keaveney, Eirene 20, 1983, 55–56; Konrad, Companion Republic 8.179; Kunkel, Staatsordnung 2.403; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654; Lange, Alterthümer 1.519, 2.658, 3.123; Last, CAH 9.203–205; Letzner, Sulla 130–131; Levick, Historia 31, 1982, 507; Linke, Röm. Republik 107, 109; Lintott, CQ 21, 1971, 442–445, 451–453; Lintott, Constitution 52; Lovano, Cinna 19, 32–33; Luce, Historia 19, 1970, 192–193; Luraschi, SDHI 44, 1978, 365; Luraschi, SDHI 61, 1995, 47; Mackay, Breakdown 137; Marsh / ​Scullard, History 101, 382; Marshall, Asconius 233; Martin, Populare 200–204; Masi Doria, Civitas 37–38; Meier, RPA 139, 140, 217–220, 222; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 593, 610; Mitchell, CPh 70, 1975, 203; Mommsen, StR 3.179–180, 439; Morstein-Marx, Consular appeals 263; Mouritsen, Plebs 69; Münzer, Sulpicius 92), RE 4A,1 (1931) 847–848; Niccolini, FTP 230–231; Niccolini, RAL 8AS. 1, 1946, 122–124; van Ooteghem, Marius 280–282, 283; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 363, 365; Perelli, Movimento popolare 145–146, 149; Powell, Historia 39, 1990, 449–451, 458; Rotondi, Leges 346; Schur, Marius und Sulla 130; Scullard, Gracchi to Nero 69, 408; Seager, CAH2 9.167, 168–169; Siber, Verfassungsrecht 170; Sommer, RG 1.397; Taylor, Voting Districts 103–104, 143–144, 309; Thommen, Volkstribunat 79–81; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 120; Treggiari, Freedmen 49–50; Valgiglio, RSC 15, 1967, 163–165, 169; Wallinga, RIDA (Ser. 3) 41, 1994, 436; Weinrib, ZRG 87, 1970, 399–401; Williamson, Laws 330–331, 341–342.

1467

Aus beiden Aussagen macht Lange, Alterthümer 2.658, 3.141, zwei Gesetze des Konsuls von 84, Cn. Papirius Carbo, was aber eine bloße Behauptung ist; vgl. zu Lex Nr. 128.

Lex Nr. 117

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117 Lex Sulpicia de revocandis vi eiectis 666/88

Rhet. Her. 2.28,45: velut Sulpicius, qui intercesserat ne exules quibus causam dicere non licuisset reducerentur, idem posterius immutata voluntate, cum eandem legem ferret, aliam se ferre dicebat propter nominum commutationem; nam non exules, sed vi eiectos se reducere aiebat. Proinde quasi id fuisset in controversia, quo illi nomine appellarentur, aut proinde quasi non omnes quibus aqua et igni interdictum est exules appellentur. So zum Beispiel Sulpicius, der dagegen Einspruch erhoben hatte, dass die Verbannten zurückgeführt wurden, denen es nicht erlaubt gewesen war, einen Prozess zu führen. Derselbe änderte später seine Meinung, und als er dasselbe Gesetz beantragte, erklärte er, dass er wegen des Wechsels der Benennungen ein anderes beantrage; denn er behauptete, dass er nicht Exilierte, sondern gewaltsam Vertriebene zurückführe. Als ob das der Streitpunkt gewesen sei, mit welchem Begriff jene bezeichnet würden, oder als ob nicht alle, über welche die Interdiktion (die Untersagung von Feuer und Wasser) ausgesprochen wurde, Verbannte genannt würden. Liv. per. 77: Cum P. Sulpicius tribunus plebis auctore C. Mario perniciosas leges promulgasset, ut exules revocarentur et …1468. Nachdem der Volkstribun P. Sulpicius auf Betreiben von C. Marius schädliche Gesetze vorgelegt hatte, nämlich, dass Verbannte zurückgerufen werden sollten und … Vell. 2.18,6: P. Sulpicius tribunus pl. …1469 aliasque leges perniciosas et exitiabiles neque tolerandas liberae civitati tulit. Der Volkstribun P.  Sulpicius  …, und er beantragte noch andere schädliche und unheilvolle Gesetze, die für ein freies Staatswesen untragbar waren. Malcovati, ORF4, p.282: Rhet. Her. 2.28,45 Der Volkstribun P.  Sulpicius Rufus war zu Marius und seinen Anhängern übergelaufen1470, nachdem er, wie Velleius (2.18,5) behauptet, gegenüber seiner Herkunft und seinem früheren Auftreten eine radikale Kehrtwendung vollzogen hatte. Nur so ist zu erklären, dass Sulpicius vermutlich auf Veranlassung von Marius und seinen Anhängern eine Rogation promulgiert, kraft derer Personen zurückgerufen werden sollten, die aus Rom geflohen und / ​oder gewaltsam vertrieben worden waren. Denn abgesehen von der Veränderung am Titel der Rogation, wodurch Sulpicius seinen Meinungswechsel zu kaschieren versuchte, scheint das 1468

Es folgt Lex Nr. 116. Lex Nr. 119. 1470 Das Volkstribunat des Sulpicius wird unterschiedlich bewertet, dieses ist die am häufigsten geäußerte Ansicht, so schon Lange, Alterthümer 3.122. 1469

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Lex Nr. 117

Plebiszit mit der rogatio de exulibus revocandis1471 identisch gewesen zu sein, der er sich kurz zuvor noch entgegengestellt hatte. Diese Auffassung wird jedenfalls in der rhetorischen Schrift ad Herennium vertreten, die als einzige Quelle über beides berichtet, die vorausgegangene, abgelehnte Rogation und das Plebiszit des Sulpicius. Bei Livius steht nur das Letztere mit der knappen Inhaltsangabe, dass Exilierte zurückgerufen werden. Weitere Angaben fehlen in den Quellen. Es bietet sich daher an, Parallelen zur rogatio de exulibus revocandis zu ziehen. Wie bei dieser wird auch beim Plebiszit des Sulpicius nicht gesagt, welcher Personenkreis bzw. welche Personen konkret von der Rückberufung nach Rom betroffen sind. Außerdem bleibt offen, wie ihre Rückkehr rechtlich ermöglicht werden soll. Waren sie bloß vi eiecti, wie Sulpicius behauptet, könnten sie bei der jetzigen politischen Lage zurückkehren, ohne gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Galten sie als exules, musste erst der Bannspruch (interdictio aquae et ignis) aufgehoben werden, wofür ein Plebiszit erforderlich war. Das lässt sich am Verfahren im Falle des M.  Popillius Laenas1472 und des Q.  Caecilius Metellus Numidicus1473 ablesen, die als Einzelpersonen durch Plebiszit aus dem Exil zurückkehren konnten. Nun soll zum erstenmal eine Gruppe von Personen zurückkehren1474, für die es anscheinend einen gemeinsamen Anlass gegeben hatte, ins Exil zu gehen. Offenbar ist diese Gruppe so zahlreich und sind die Einzelnen so einflussreich, dass man (für die eigenen parteipolitischen Zielsetzungen?) große Hoffnungen auf ihre Rückkehr setzt. Leider ist – wie schon gesagt – nirgends weiter ausgeführt, wo diese Gruppe in den politischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre verankert werden kann. Theoretisch könnten es auch Personen sein, die sich aus unterschiedlichen Gründen im Exil befanden, also auch unterschiedlichen Gruppierungen zugerechnet werden könnten. Trotzdem gibt es über die von der lex Sulpicia Betroffenen verschiedene Vermutungen und Hypothesen, die im Wesentlichen denen gleichen, die für die vorangegangene, abgelehnte Rogation aufgestellt wurden.1475 Am häufigsten wird auch hier eine Verbindung zu den nach der lex Varia1476 Verurteilten gezogen, die zu den Anhängern von M. Livius Drusus gehörten.1477 Die Ablehnung dieser 1471 1472 1473 1474 1475 1476 1477

Lex Nr. 114. Lex Nr. 48. Lex Nr. 91. Für Mommsen, StrafR 483 A.1, ist die lex Sulpicia das älteste Gesetz zu einer „Massen­ restitution nach griechischem Muster“, also etwas, was es zuvor in Rom nicht gegeben hatte. Vgl. bei Lex Nr. 114. Lex Nr. 105. So schon Zumpt, Criminalrecht 2,1.253; ebenso Hackl, Senat und Magistratur 216–219, Christ, Krise 187, und Bringmann, Republik 256, vor dem Hintergrund, dass Sulpicius mit Drusus befreundet war. Gabba, Republican Rome IV.252 A.44, sieht daher dieses Gesetz noch als in die pro-senatorische erste Phase des sulpizischen Tribunats gehörend, was wegen

Lex Nr. 117

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Zielrichtung des Gesetzes führte Gruen1478 und ihm folgend Badian1479 zu den von der lex Licinia Mucia betroffenen Italikern, auf die jedoch die Beschreibung aus der Rhetorikschrift genauso wenig passt wie im Falle der lex Varia; denn beiden Gesetzen folgten ordentliche Gerichtshöfe.1480 Noch weiter zurück führt die – ausdrücklich als spekulativ bezeichnete – Hypothese von Lintott1481, der die ins Exil getriebenen Anhänger des Saturninus ins Spiel bringt. Zu Recht und mit überzeugenden Argumenten widerspricht Kelly1482 all diesen Überlegungen, welche die Lücken in der antiken Überlieferung auszufüllen versuchen, die nun einmal keine definitiven Schlussfolgerungen erlauben.1483 Neben dem genauen Inhalt bleibt auch unklar, welche Position diese lex innerhalb der sulpizischen Gesetze einnimmt und wann sie eingebracht wurde. Bei Appian geht es vorrangig um die Verteilung der Neubürger (Lex Nr. 116) zum Stimmengewinn für Marius’ Plan, den Oberbefehl im Krieg gegen Mithri­ dates zu erhalten (Lex Nr. 119); ein Gesetz über die Rückführung von Exilierten fand keinen Platz in seiner Darstellung. Und auch bei Plutarch kann sich dieses Gesetz nur in der „Masse schädlicher Gesetze“ verbergen, die Sulpicius gewaltsam durchbrachte. Präzise benennt Plutarch die zwei Gesetze, die auch Appian anführt, und dazu dasjenige über die Schuldenobergrenze für Senatoren (Lex Nr. 118). Mit einiger Wahrscheinlichkeit lässt sich die lex Sulpicia de revocandis vi eiectis unter die Gesetze einreihen, die schon promulgiert waren, über des eindeutigen Hinweises auf Marius (Liv. per. 77) nicht überzeugt. Andere sehen in den Rittern, gegen die sich die lex Varia wendete, die Zielrichtung des Gesetzes, so u. a. Betti, Labeo 9, 1963, 224; Botsford, Roman Assemblies 404; Burckhardt, Strategien 166–167 (er nimmt eine tatsächliche Ausführung des Gesetzes an!); De Martino, Costituzione 3.60–61; Lange, Alterthümer 3.122–123. – Ohnehin ist fraglich, ob sich das Tribunat des Sulpicius in zwei Phasen, eine optimatische und eine populare aufteilen lässt (zugespitzt als Überschrift des Beitrags von Mitchell, CPh 70, 1975, 197–204: The Volte-Face of P. Sulpicius Rufus in 88 B. C.). Die als „Beweis“ angeführte Stelle (Cic. har. 20,43) wird falsch übersetzt und interpretiert (so etwa von Badian, Historia 18, 1969, 481–484), wie Powell, Historia 39, 1990, 457–458, deutlich gemacht hat: ab optima causa heißt nicht „from the optimate cause“, sondern schlicht „from a very good cause / ​case“ oder in der Übersetzung von Fuhrmann, Cicero Reden 5.441, Sulpicius begann „mit einer vorzüglichen Sache“. 1478 Gruen, JRS 55, 1965, 72–73. 1479 Badian, Historia 18, 1969, 487–490. 1480 Das sah auch Gruen, JRS 55, 1965, 72–73, der seinen diesbezüglichen Vorschlag nur als „tempting hypothesis“ bezeichnet. 1481 Lintott, ClQ 21, 1971, 453. 1482 Kelly, Exile 95–97; ebenso betont Lovano, Cinna 19 A.23, den spekulativen Ansatz all dieser Versuche. 1483 Von einer anderen Seite aus betrachtet Powell, Historia 39, 1990, 457, Sulpicius’ Attitüde: Ihm scheint wahrscheinlicher, dass Sulpicius nur deshalb gegen die frühere Rogation zugunsten der Exilierten opponierte und dann selbst eine beantragte, weil er die Anerkennung für die Rückführung der Exilierten, wer auch immer sie waren, einheimsen wollte; ähnlich auch Schur, Marius und Sulla 130.

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Lex Nr. 117

die aber wegen der von den Konsuln Sulla und Pompeius verkündeten feriae 1484 zunächst nicht abgestimmt werden konnte. Nach der erzwungenen Aufhebung des Ausnahmezustands1485 und nachdem Sulla Rom verlassen hatte, ließ Sulpicius die zuvor promulgierten Gesetze verabschieden und fügte  – so der Zeitablauf bei Appian  – als letztes dasjenige hinzu, durch das Sulla der Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates genommen und auf Marius übertragen werden sollte (Lex Nr. 119). Kurz darauf wurden jedoch auf Betreiben Sullas die leges Sulpiciae wieder aufgehoben,1486 eine offizielle Rückkehr von Exilierten fand vorläufig1487 nicht statt. Lit.: Badian, Historia 18, 1969, 487–490; Adolf Berger, Leges Sulpiciae 1), RE Suppl. 7 (1940) 413; Betti, Labeo 9, 1963, 224; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 223, 226; Botsford, Roman Assemblies 404; Bringmann, Republik 256; Broughton, MRR 2.41–42; Burckhardt, Strategien 166–167; Carcopino, Sylla 29; Carney, Marius 54 m. A.250; De Martino, Costituzione 3.60–61; Christ, Krise 187; Cuq, DS 3,2.1164; Erdmann, Heer 87; Evans, Marius 135; Evans, Questioning reputations 141; Gabba, Republican Rome IV.252 A.44; Golden, Crisis 99–100; Gillen, Nichtige Gesetze, 42–44; Gruen, JRS 55, 1965, 72–73; Hackl, Senat und Magistratur 216–219; Heftner, Gracchen 140; Hill, Middle Class 142; Keaveney, Latomus 38, 1979, 455–456, 459; Keaveney, Eirene 20, 1983, 55; Keaveney, Sulla 46–48; Kelly, Exile 34, 93–98; Kiene, Bundesgenossenkrieg 249–251; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.655 A.354; Lange, Alterthümer 2.702–703, 3.122–123; Last, CAH 9.202; Letzner, Sulla 131; Lewis, CQ 48, 1998, 195–199; Lintott, ClQ 21, 1971, 453; Mackay, Breakdown 137; Marsh / ​Scullard, History 101; Martin, Populare 201, 203; Mitchell, CPh 70, 1975, 203; Mommsen, StrafR 483 A.1; Münzer, Sulpicius 92), RE 4A,1 (1931) 847; Niccolini, FTP 229–230; van Ooteghem, Marius 280–282, 283; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 365; Powell, Historia 39, 1990, 449, 456–457; Rotondi, Leges 345; Schur, Marius und Sulla 130; Scullard, Gracchi to Nero 69, 408; Seager, CAH2 9.168–169; Sommer, RG 1.397; Thommen, Volkstribunat 122, 125; Valgiglio, RSC 15, 1967, 163–165, 169; Williamson, Laws 330; Zumpt, Criminalrecht 2,1.253.

1484

Vgl. bei Lex Nr. 119. App. civ. 1.56,245–249. 1486 Zur Aufhebung der sulpizischen Gesetze vgl. die unterschiedlichen Ansichten von Betti, Labeo 9, 1963, 230 (durch den Senat); Lintott, Violence 134, 141–143 (durch Sulla, wegen Gewaltanwendung (vim) vor bzw. bei der Abstimmung); Heikkilä, AIRFinl. 13.137–139 (vermutet einen religiösen Hintergrund); Bleicken, Lex 465 (hält die Aufhebung sogar für fraglich). – Eine Zusammenfassung steht bei Gillen, Nichtige Gesetze, 42–44. 1487 Erst im Jahr 87 durch Lex Nr. 124 (Marius’ Rückkehr). 1485

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118 Lex Sulpicia de aere alieno senatorum 666/88

Plut. Sulla 8,4: Νόμον δὲ κυρώσας μηδένα συγκλητικὸν ὑπὲρ δισχιλίας δραχμὰς ὀφείλειν, αὐτὸς ἀπέλιπε μετὰ τὴν τελευτὴν ὀφλήματος μυριάδας τριακοσίας. ­(Sulpicius) brachte ein Gesetz durch, dass kein Senator mehr als zweitausend Drachmen1488 Schulden haben dürfte; selbst hinterließ er nach seinem Tode Schulden von drei Millionen Drachmen. App. civ. 1.59,268: ὅσα τε ὑπὸ Σουλπικίου κεκύρωτο μετὰ τὴν κεκηρυγμένην ὑπὸ τῶν ὑπάτων ἀργίαν, ἅπαντα διελύετο ὡς οὐκ ἔννομα. Und alles, was Sulpicius hatte beschließen lassen, nachdem von den Konsuln ein Stillstand der Geschäfte ausgerufen worden war, wurde als nicht rechtmäßig aufgehoben. Cic. Phil. 8.2,7: Sulla cum Sulpicio de iure legum, quas per vim Sulla latas esse dicebat, … Sulla stritt mit Sulpicius über die Rechtskraft der Gesetze, von denen Sulla behauptete, sie seien gewaltsam eingebracht worden. Unter den Gesetzen, die Sulpicius beantragte, zielt eines direkt auf die Senatoren. Ihnen wurde verboten, mehr als 2000 Denare Schulden zu haben. Für Sulpicius selbst galt sein Gesetz nicht, denn Plutarch bescheinigt ihm zwar, bei seinem Tode immerhin drei Millionen Drachmen Schulden zu haben, doch Sulpicius war während seines Volkstribunats wohl (noch) kein Senator.1489 Außer diesem einen Satz bei Plutarch ist vom Inhalt der lex Sulpicia nichts bekannt; daher bleiben Sinn und Zweck der Maßnahme verborgen. Trotzdem gab es verschiedene Deutungsversuche: Frank1490 vermutete, man wolle verhindern, dass die Senatoren zu Schuldnern würden, damit sich der Senat nicht in die Geldgeschäfte auf dem Forum einmischte. Meier1491 erwägt, dass man die senatorischen Schuldner zum Verkauf von Land bewegen wollte. Öfter1492 1488 Plut.

rechnet für seine griechischen Leser in attischen Drachmen: 1 att. Drachme = 4,37 g S­ ilber, wird ab dem 1. Jh. n. Chr. auf 3,41g festgesetzt, was dem römischen (neronischen) Denar entspricht. Demnach kann man bei Plutarch Drachme und römischen Denar gleichsetzen. 1489 Zu dieser Bemerkung Plutarchs vgl. Evans, AClass 50, 2007, 85–86. 1490 Frank, ESAR 1.269; dieselbe Einschätzung auch in AJPh 54, 1933, 56, wo Frank das Gesetz als „foolish“ bezeichnet. Nach Heftner, Gracchen 140, hätte die Rückzahlung der Schulden den Interessen der Geldverleiher gedient, für die Betroffenen aber eine „existentielle Bedrohung“ dargestellt. 1491 Meier, RPA 83 A.115; dem folgt Thommen, Volkstribunat 68, der im Übrigen in der „schikanös niedrigen Obergrenze“ (a. a. O. 63) eine Art Luxusgesetz sieht. 1492 Schon Kiene, Bundesgenossenkrieg 265, dachte bei der Durchführung des Gesetzes an eine Säuberung des Senates; eine „Purification“ des Senats (Lange, Alterthümer 3.123) bzw. einen

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Lex Nr. 118

wird aus dem Verbot von höheren Schulden abgeleitet, dass bei Überschreiten der Schuldenobergrenze der Verlust des Senatssitzes die Folge sei. Doch auch diese Hypothese findet keinen Rückhalt in der Überlieferung. Außerdem ist schwer vorstellbar, wie eine solche Maßnahme in die Praxis umgesetzt werden könnte. Es sei denn, man versteht das Gesetz als Anweisung an die Zensoren, bei der Aufstellung der neuen Senatsliste die Zuteilung der Sitze von den Schulden der Senatoren abhängig zu machen. Evans1493 sieht diese lex als radikalen Vorstoß von Sulpicius, der auf nichts weniger ziele als auf die komplette Vernichtung des bereits geschwächten Senats. Es scheint jedoch müßig, über Motive und Zielsetzung dieses sulpizischen Gesetzes zu spekulieren, da es wegen seiner kurzen Geltungsdauer sowieso keine weiteren Auswirkungen haben konnte; denn es wurde zusammen mit allen anderen leges Sulpiciae nach Sullas Rückkehr und Sulpicius’ Flucht aus Rom für nichtig erklärt. Über den Grund für die Aufhebung sind sich die antiken Autoren nicht einig. Cicero (Phil. 8.2,7) zitiert Sullas Begründung, die Gesetze seien „durch Gewaltanwendung zustande gekommen“1494, Appian (civ. 1.59,268) macht die von den Konsuln verfügten feriae1495 für das unrechtmäßige Zustandekommen der Gesetze verantwortlich. Lit.: Barlow, Bankers 123; Bergemann, Religion 100; Adolf Berger, Leges Sulpiciae 2), RE Suppl. 7 (1940) 413; Betti, Labeo 9, 1963, 225; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 224, 227; Bleicken, Lex 173–174 m. A.133; Bringmann, Republik 256; Broughton, MRR 2.41–42; Brunt, Equites 196; Botsford, Roman Assemblies 404; Carney, Marius 54 m. A.250; Christ, Krise 186–187; Cuq, DS 3,2.1164; De Martino, Costituzione 3.60–61; Erdmann, Heer 86–87; Evans, AClass 50, 2007, 81–94; Frank, AJPh 54, 1933, 56; Frank, ESAR 1.269; Golden, Crisis 97, 100; Gillen, Nichtige Gesetze, 42–44; Hackl, Senat und Magistratur 216–219; Heftner, Gracchen 140; Hill, Middle Class 142; Keaveney, Eirene 20, 1983, 55; Keaveney, Sulla 48; Kiene, Bundesgenossenkrieg 265; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.655 A.354; Lange, Alterthümer 2.657, 3.123; Last, CAH 9.202; Letzner, Sulla 131; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 221; Martin, Populare 201, 203–204; Meier, RPA 83 A.115, 220; Mouritsen, Plebs 69; Niccolini, FTP 230; Münzer, Sulpicius 92), RE 4A,1 (1931) 847; van Ooteghem, Marius 280–282, 283; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 363, 365; Powell, Historia 39, 1990, 456; Rotondi, Leges 345–346; Schur, Marius

Verlust des Senatssitzes sehen auch Last, CAH 9.202; Brunt, Equites 196; De Martino, Costituzione 3.60–61; Bleicken, Lex 174 A.133; Letzner, Sulla 131; Sommer, RG 1.397. 1493 Evans, AClass 50, 2007, 88. 1494 Vgl. dazu Chapman, AClass 22, 1979, 63. 1495 Festtage, an denen keine beschließenden Volksversammlungen abgehalten werden durften. Zu der Frage, ob feriae oder iustitium in den griechischen Quellen (Appian und Plutarch) gemeint sind, vgl. Lintott, CQ 21, 1971, 444–445 A.4, Keaveney, Eirene 20, 1983, 57–58, und die Erläuterungen bei Lex Nr. 119.  – Van Ooteghem, Marius 282, setzt „fériés“ mit iustitium gleich.

Lex Nr. 119

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und Sulla 130; Scullard, Gracchi to Nero 69; Seager, CAH2 9.168–169; Serrao, Classi 186; Sommer, RG 1.397; Thommen, Volkstribunat 63, 68, 69–70; Valgiglio, RSC 15, 1967, 163–164, 169; Willems, Sénat 1.217; Williamson, Laws 330, 464.

119 Lex Sulpicia de bello Mithridatico C. Mario decernendo 666/88

Vell. 2.18,5–6: P. Sulpicius tribunus pl. … subito pravus et praeceps se C. Mario post LXX. annum omnia imperia et omnis provincias concupiscenti addixit legemque ad populum tulit, qua Sullae imperium abrogaretur, C. Mario bellum decerneretur Mithridaticum. Der Volkstribun Publius Sulpicius … schloss sich plötzlich mit einer Kehrtwendung zum Schlechten an C. Marius an, der trotz seines Alters von über siebzig Jahren alle militärischen Kommandos und alle Aufgabenbereiche für sich beanspruchte, und beantragte beim Volk ein Gesetz, wodurch Sulla der Oberbefehl durch Volksbeschluss entzogen und C. Marius der Krieg gegen Mithridates zuerkannt wurde. Liv. per. 77: Cum P. Sulpicius tribunus plebis auctore C. Mario perniciosas leges promulgasset, ut … et ut C. Marius adversus Mithridatem Ponti regem dux crearetur… Sylla consul cum exercitu in urbem venit et adversus factionem Sulpicii et Marii in ipsa urbe pugnavit, eamque expulit. Nachdem der Volkstribun P. Sulpicius auf Betreiben des Marius schädliche Gesetze mit dem Ziel beantragt hatte, dass …1496 und dass Marius zum Heerführer gegen Mithridates, den König von Pontus, gewählt würde, erschien der Konsul Sulla mit seinem Heer in Rom, bekämpfte in der Stadt selbst die Anhänger des Sulpicius und Marius und vertrieb sie. App. civ. 1.55,241: Σύλλας μὲν ὑπατεύων ἔλαχε στρατηγεῖν τῆς ᾿Ασίας καὶ τοῦδε τοῦ Μιϑριδατείου πολέμου. Der Konsul Sulla aber wurde durch das Los bestimmt, Oberbefehlshaber der Provinz Asien und des Krieges gegen Mithridates zu sein. 56, 249: ὁ δὲ Σουλπίκιος, ἀναιρεϑείσης τῆς ἀργίας καὶ Σύλλα τῆς πόλεως ἀποστάντος, ἐκύρου τὸν νόμον καὶ, οὗ χάριν ἅπαντα ταῦτα ἐγίγνετο, Μάριον εὐϑὺς ἐχειροτόνει τοῦ πρὸς Μιϑριδάτην πολέμου στρατηγεῖν ἀντὶ Σύλλα. Nachdem die feriae1497 aufgehoben waren und Sulla die Stadt verlassen hatte, ließ Sulpicius das 1496

Text zu Lex Nr. 117 und Nr. 116. diesen Tagen dürfen keine Volksversammlungen abgehalten werden (Lange, Alter­ thümer 1.366, 2.469, und Mommsen, StR 2.135–136). Appian verwendet den Begriff ἀργία (Untätigkeit), was öfter im Sinne von iustitium gedeutet wird (etwa von Gabba, Appian 1.163–164; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 220–221. Letzterer führt die Anordnung sogar auf den Senat zurück.) Das iustitium, zumeist übersetzt als „Geschäftsstillstand“, beinhaltet jedoch lediglich den Stillstand der gerichtlichen Tätigkeiten (gegen Biscardi, a. a. O. 221) und wird angeordnet, wenn z. B. die Gerichtsmagistrate wegen Heerführung die Stadt verlassen

1497 An

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Lex Nr. 119

Gesetz1498 verabschieden und Marius, zugunsten dessen all das geschah, sofort anstelle Sullas zum Oberbefehlshaber im Krieg gegen Mithridates wählen. Flor. 2.9,6 (3.21): Initium et causa belli inexplebilis honorum Marii fames, dum decretam Sullae provinciam Sulpicia lege sollicitat. Beginn und Ursache des Krieges war die unersättliche Gier des Marius nach Ruhm, bis er schließlich den für Sulla beschlossenen Aufgabenbereich durch die lex Sulpicia erschütterte. Plut. Sulla 8,5: νόμους ἔγραφεν ἄλλους τε μοχϑηροὺς καὶ τὸν διδόντα Μαρίῳ τοῦ Μιϑριδατικοῦ πολέμου τὴν ἡγεμονίαν. Er (Sulpicius) beantragte eine Anzahl jämmerlicher Gesetze, und dann dasjenige, welches Marius den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates übertrug. Plut. Mar. 34,1: ᾿Επεὶ δ᾿ ἤδη τῶν ᾽Ιταλικῶν ἐγκεκλικότων ἐμνηστεύοντο πολλοὶ τὸν Μιϑριδατικὸν πόλεμον ἐν Ῥώμῃ διὰ τῶν δημαγωγῶν, παρὰ πᾶσαν ἐλπίδα Σουλπίκιος δήμαρχος ἀνὴρ ϑρασύτατος παραγαγὼν Μάριον ἀπεδείκνυεν ἀνϑύπατον στρατηγὸν ἐπὶ Μιϑριδάτην. Nachdem die Italiker sich endlich gebeugt hatten und als sich viele in Rom mit Hilfe der Demagogen um das Kommando in dem Krieg gegen Mithridates bewarben, schlug der Volkstribun Sulpicius, ein höchst verwegener Mensch, entgegen aller Erwartung Marius vor und beantragte, ihn im Range eines Proconsuls gegen Mithridates zum Oberbefehlshaber zu erwählen. Plut. Mar. 35,5: Γενομένων δὲ τούτων, ὅ τε Σουλπίκιος ἤδη κρατῶν ἐπεχειροτόνησε τῷ Μαρίῳ τὴν στρατηγίαν, … Nach diesen Ereignissen ließ Sulpicius, der nunmehr die Oberhand hatte, durch eine Volksabstimmung für Marius den Oberbefehl beschließen, … Val. Max. 9.7 mil. 1: Cum C. Mario lege Sulpicia provincia Asia, ut adversus Mitridatem bellum gereret, privato decreta esset, missum ab eo Gratidium legatum haben, vgl. Mommsen, StR 1.263–264, 3.1063–1064; Kunkel, Staatsordnung 2.225–226. – Plut. Sulla 8,6 benennt zwar die Anordnung der Konsuln mit dem Begriff ἀπραξία, was feriae oder iustitium bedeuten kann, benutzt jedoch den Plural, so dass vermutlich auch hier die feriae gemeint sind (vgl. die ausführlichen Überlegungen von Keaveney, Eirene 20, 1983, 57–58); ebenso Niccolini, FTP 518, aber auch schon Lange, Alterthümer 3.123–124, und Mommsen, StR 1.263 A.6; später: Valgiglio, RSC 15, 1967, 163–169; Lintott, CQ 21, 1971, 444 A.4; Levick, Historia 31, 1982, 508; Kunkel, Staatsordnung 2.226 A.435; Linke, Röm. Republik 109–110; Blösel, Röm. Republik 191. Anders: Rotondi, Leges 345; Last, CAH 9.205; Münzer, Sulpicius 92), RE 4A,1 (1931), 847; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 220–221; Martin, Populare 202; Walton, Historia 14, 1965, 248–249; Luce, Historia 19, 1970, 192 A.132; Mitchell, CPh 70, 1975, 203; Scullard, Gracchi to Nero 69; Perelli, Movimento popolare 146–147; Dahlheim, Staatsstreich 99, 101; Sommer, RG 1.397. Kiene, Bundesgenossenkrieg 255–256, benutzt dafür den Begriff „Geschäftsstillstand“. – Darüber hinaus besteht in der Forschung eine Differenz hinsichtlich der Art der von den Konsuln angeordneten feriae: Während Lange (Alterthümer 3.124) und Andere von feriae imperativae ausgehen, behaupten Passerini (Athenaeum 12, 1934, 363) mit Bezug auf App. civ. 1.55,244 und Schur (Marius und Sulla 131) – letzterer mit zusätzlichen Ausschmückungen –, dass es feriae Latinae gewesen seien, was aus dem Text nicht zu ersehen und daher abzulehnen ist. 1498 Über die Eingliederung der Neubürger, Lex Nr. 116.

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ad L. Sullam consulem accipiendarum legionum causa milites trucidarunt, … Als durch die lex Sulpicia die Provinz Asia durch Beschluss an den Privatmann Gaius Marius vergeben wurde, damit er gegen Mithridates Krieg führe, brachten die Soldaten den Legaten Gratidius um, der von Marius zum Konsul Lucius Sulla geschickt worden war, um dessen Legionen zu übernehmen. Vir. ill. 75,8: (Cornelius Sylla)  mox cum rogatione Sulpicia imperium eius transferetur ad Marium, in Italiam regressus … Bald darauf, als durch die rogatio Sulpicia sein Oberbefehl auf Marius übertragen werden sollte, kehrte er (Cornelius Sulla) nach Italien zurück … Schol. Gronov. p.286: 24. S u p e r a v i t p o s t e a C i n n a c u m M a r i o . Sulpicius tulit legem ut tolleretur Mithridatica provincia Sullae et daretur Mario. Iratus Sulla adduxit exercitum, occidit Sulpicium. Es obsiegte später Cinna gemeinsam mit Marius. Sulpicius beantragte das Gesetz, dass der Aufgabenbereich „Mithridates“ Sulla weggenommen und an Marius vergeben werden solle. Voll Zorn führte Sulla sein Heer herbei und tötete Sulpicius. Exuperantius 3: Itaque instinctu eius Sulpicius tribunus plebis legem tulit ut auferretur Syllae provincia ac Mario daretur. Daher beantragte der Volkstribun Sulpicius auf sein (Marius’) Betreiben hin das Gesetz, dass Sulla die Provinz weggenommen und Marius gegeben werde. Nach den übereinstimmenden Berichten unserer Quellen stand am Ende der sulpizischen Gesetzesvorlagen der Vorschlag, das Oberkommando im Krieg gegen Mithridates, den König von Pontus, anstelle des amtierenden Konsuls Sulla an Marius zu vergeben. Sulla hatte die Provinz Asia in dem für die Konsuln üblichen Losverfahren erhalten; Marius war Privatmann ohne Amt und sollte nach der rogatio des Sulpicius als Proconsul amtieren. Damit enden die Gemeinsamkeiten der Überlieferung. Die Unterschiede beginnen schon in der Motivation zur Gesetzgebung des Sulpicius und finden auch einen dementsprechenden Niederschlag in der Forschung1499: Nach Appian will Marius unbedingt das Kommando im Krieg gegen Mithridates erhalten und verbündet sich daher mit Sulpicius. Mit Hilfe der Neubürger, die auf alle 35 Tribus verteilt werden sollen (Lex Nr. 116), wollte Marius sein Ziel erreichen. Daher wird zunächst dieses Gesetz promulgiert, das eigentliche Vorhaben wird nicht öffentlich bekannt. Gewalttätige Auseinandersetzungen bei der Abstimmung um das Neubürgergesetz führen zur Anordnung von feriae durch die Konsuln. Nach der Aufhebung der feriae wird das Gesetz (über die Eingliederung 1499

Überwiegend gilt Marius’ Ehrgeiz bzw. Ruhmsucht als auslösender Faktor, so z. B. Hackl, 214–215; Ingrisch, Sullas dictatura 38–39. Für Frank, ESAR 1.254, ist Sulpicius’ Neubürgergesetz der Auslöser, zu diesem Zweck verbündet er sich mit Marius, das Oberkommando ist sozusagen die Belohnung für die Unterstützung.  – Vgl. die Diskussion bei Passerini, Athenaeum 12, 1934, 362–364.

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Lex Nr. 119

der Neubürger) verabschiedet und Marius zum Oberbefehlshaber im Krieg gegen Mithridates gewählt. Bei Plutarch kommen die Neubürger und ihre geplante Rolle in der Volksversammlung gar nicht vor, außerdem differieren die geschilderten Ereignisse in den beiden Lebensbeschreibungen von Marius und Sulla. Im Marius beantragt Sulpicius, der als Werkzeug von Marius fungiert, von Anfang an, Marius den Oberbefehl zu übertragen. Verabschiedet wird das Gesetz zwar auch hier erst dann, als die feriae aufgehoben waren, die Anordnung derselben verschweigt Plutarch aber. Im Sulla wird von Sulpicius’ Gesetzen explizit nur das über die Schulden der Senatoren (Lex Nr. 118) genannt, die übrigen bezeichnet Plutarch inklusive der lex über den Oberbefehl gegen Mithridates pauschal als „schändlich“. Erst nach der Verabschiedung dieser Gesetze verhängen die Konsuln die feriae, was im Hinblick auf die Geltung der Gesetze als unsinnig erscheint und sich wohl am ehesten daraus erklärt, dass Plutarch staatsrechtliche Vorgänge aus einem mangelnden Verständnis heraus verzerrt wiedergibt.1500 Wann die Verabschiedung des Gesetzes über den Oberbefehl gegen Mithridates erfolgte, ist daher nicht eindeutig festzustellen. Nach Appian scheint es so, als ob die Rogation erst promulgiert wurde, als Sulla Rom verlassen hatte, bei Plutarch wird das Gesetz sogar vor der Ausrufung des Ausnahmezustands verabschiedet. Valgiglio1501 versucht, beide Versionen unter Hinweis auf die vorgeschriebene Promulgationsfrist1502 zusammenzubringen. Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass Sulpicius gegen diese Formalien verstieß, weil das sicherlich als Aufhebungsgrund für die Gesetze gedient hätte. Bekannt sind aber lediglich Hinweise darauf, dass die Verabschiedung per vim Anlass zur Aufhebung bot.1503 Daher ist am ehesten davon auszugehen, dass die Rogation nach Sullas Weggang aus Rom verabschiedet wurde1504 und volle Geltung erlangte; denn Marius schickte zwei Militärtribunen zu Sullas Heer, die dort das Kommando übernehmen sollten. Das ist jedoch lediglich die Version Plutarchs (Mar. 35, ­5–6 und – fast genauso – Sulla 8, 8); bei Valerius Maximus (9.7, mil. 1) erhält ein Legat mit Namen Gratidius1505 den Auftrag, und Appian übergeht diese Episode, die in 1500 1501 1502 1503 1504

1505

Zur unterschiedlichen Darstellung von Appian und Plutarch vgl. auch Powell, Historia 39, 1990, 450–452. Valgiglio, RSC 15, 1967, 169; ähnlich Mitchell, CPh 70, 1975, 202–203 trinum nundinum; vgl. bei Lex Nr. 94. Cic. Phil. 8.2,7 – allerdings nennt Cicero hier keinen rechtlichen Sachverhalt, sondern gibt nur Sullas Auffassung wieder; vgl. bei Lex Nr. 118. Das ist – unter Berufung auf Appian – auch die überwiegende Meinung, u. a. von Lange, Alterthümer 3.124; Botsford, Roman Assemblies 404–405; Schur, Marius und Sulla 132; Badian, Clientelae 232; Lintott, CQ 21, 1971, 452; De Martino, Costituzione 3.61; Powell, Historia 39, 1990, 450–452; Keaveney, Sulla 50. Bei Oros. 5.19,4 ist Marius’ Legat Gratidius sozusagen das erste Opfer des Bürgerkriegs, als Sulla mit seinen Legionen vor Rom Stellung bezogen hatte und bald darauf in die Stadt eindrang.

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371

allen Berichten mit dem Tod der Militärtribunen bzw. des Legaten endete. Nach Sullas Einmarsch in Rom werden Sulpicius’ Gesetze aufgehoben, er selbst mit anderen zum Staatsfeind (hostis) erklärt1506 und getötet. Lit.: Badian, Clientelae 232–234; Behr, Sulla 60–61, 66; Bellen, Grundzüge 108; Betti, Labeo 9, 1963, 225; Bergemann, Religion 100, 116; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 224–226, 227–230; Bleicken, Lex 118 A.38; Blösel, Röm. Republik 192; Botsford, Roman Assemblies 404–405; Broughton, MRR 2.41–42; Bringmann, Republik 252, 255–256; Bringmann, Krise 61; Brunt, Social conflicts 104; Brunt, Fall 125; Carcopino, Sylla 31; Carney, Marius 54 m. A.250; Chapman, AC 22, 1979, 68; Christ, Krise 187; Christ, Sulla 79; Coşkun, Cicero 42; Cuq, DS 3,2.1165; Dahlheim, Staatsstreich 97–102; De Martino, Costituzione 3.60–61; Erdmann, Heer 87; Evans, Marius 132–133, 135–136; Evans, Questioning reputations 133, 143, 145, 152; Evans, AClass 50, 2007, 84; Ferrary, Législation 469; Flower, Republics 91; Frank, ESAR 1.254; Gabba, Republican Rome III.95; Gabba, ANRW 1,1.793–794; Gillen, Nichtige Gesetze 42–46; Golden, Crisis 94–100; Gruen, Roman Politics 226; Hackl, Senat und Magistratur 216–219, 232; Heftner, Gracchen 140–141; Hill, Middle Class 142–143; Ingrisch, Sullas dictatura 38–39; Jashemski, Proconsular Imperium 92; Keaveney, Eirene 20, 1983, 59–60; Keaveney, Sulla 47–48, 50; Kiene, Bundesgenossenkrieg 249, 257; Kloft, Amtsentzug 167–168, 174–175; Kloft, Prorogation 52 A.23; Kloft, Prorogatio, RE Suppl. 15 (1978) 461; Konrad, Companion Republic 8.179; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.655; Lange, Alterthümer 2.709, 3.124–125; Last, CAH 9.202–203, 204–205; Levi, Costituzione 63–64; Letzner, Sulla 131–132, 134; Levick, Historia 31, 1982, 508; Linke, Röm. Republik 110–111; Lintott, CQ 21, 1971, 442–446, 449–453; Lovano, Cinna 20; Luce, Historia 19, 1970, 168, 192–194; Luraschi, SDHI 61, 1995, 47; Mackay, Breakdown 138; Marsh / ​Scullard, History 101; Marshall, ProcRoySocCanada 1976, 98; Martin, Populare 201–202; Meier, RPA 139, 220–223; Mitchell, CPh 70, 1975, 202–203; Morstein-Marx, Consular appeals 263, 271–273; Mouritsen, Plebs 69; Münzer, Sulpicius 92), RE 4A,1 (1931) 846–848; Niccolini, FTP 230–231; Nippel, Aufruhr 89; van Ooteghem, Marius 280–282, 283; Passerini, Athenaeum 12, 1934, 362–367; Perelli, Movimento popolare 147; Powell, Historia 39, 1990, 450–452, 453–456; Richardson, CAH2 9.574; Rotondi, Leges 345; Sandberg, AIRFinl. 24.36–37, 54, 69; Santangelo, Sulla 6; Schulz, Herrschaft 47; Schur, Marius und Sulla 132; Scullard, Gracchi to Nero 69; Seager, CAH2 9.168– 169; Sherwin-White, JRS 46, 1956, 5; Siber, ZRG 64, 1944, 236; Smith, Anatomy of Force 266; Sommer, RG 1.398; Stevenson, CAH 9.456; Thommen, Volkstribunat 93, 95, 97, 100; Thommen1507, Klio 99(2), 2017, 546; Valgiglio, RSC 15, 1967, 163–169; Willems, Sénat 2.570; Williamson, Laws 329, 330–331; Wittmann, Sulla 565 A.11; Zack, Völkerrecht 139 A.636.

1506 1507

Lex Nr. 120. Fälschlich lässt Thommen das Kommando auf Pompeius übertragen.

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Lex Nr. 120

120 *Lex Cornelia de exilio Marianorum 666/88

Vell. 2.19,1: Tum Sulla contracto exercitu ad urbem rediit eamque armis occupavit, duodecim auctores novarum pessimarumque rerum, inter quos Marium cum filio et P. Sulpicio, urbe exturbavit ac lege lata exules fecit. Darauf zog Sulla ein Heer zusammen, kehrte nach Rom zurück und besetzte die Stadt. Die zwölf Urheber der verhängnisvollen Veränderungen im Staat, darunter Marius mit seinem Sohn und Publius Sulpicius, verjagte er aus der Stadt und erklärte sie auf Grund eines eigens verabschiedeten Gesetzes zu Verbannten. App. civ. 1.60,271: τότε δὲ Σουλπίκιον δημαρχοῦντα ἔτι καὶ σὺν αὐτῷ Μάριον, ἑξάκις ὑπατευκότα, καὶ  … ἑτέρους τε, ὅσοι μετ’ αὐτῶν, ἐς δώδεκα μάλιστα, ἐκ ῾Ῥώμης διεπεφεύγεσαν, ὡς στάσιν ἐγείραντας καὶ πολεμήσαντας ὑπατοις καὶ δούλοις κηρύξαντας ἐλευϑερίαν εἰς ἀπόστασιν πολεμίους ῾Ῥωμαίων ἐψήφιστο εἶναι καὶ τὸν ἐντυχόντα νηποινεὶ κτείνειν ἢ ἀνάγειν ἐπὶ τοὺς ὑπάτους· τά τε ὄντα αὐτοις δεδήμευτο. Damals war beschlossen worden, dass der noch amtierende Volkstribun Sulpicius und zusammen mit ihm Marius, der sechsmal Konsul gewesen war, und … alle anderen, ungefähr zwölf an der Zahl, die mit ihnen aus Rom geflohen waren, Feinde der Römer seien, weil sie einen Aufstand angezettelt, Konsuln angefeindet und Sklaven, wenn sie zu ihnen überliefen, die Freiheit verkündet hatten. Und jeder, der ihnen begegnete, konnte sie straflos töten oder zu den Konsuln bringen. Ihr Hab und Gut aber war konfisziert worden. Liv. per. 77: L.  Sylla consul  … factionem Sulpicii et Marii  … expulit. Ex qua duodecim a senatu hostes, inter quos C. Marius pater et filius, iudicati sunt. Der Konsul L. Sulla … vertrieb die Anhänger des Sulpicius und Marius. Zwölf von ihnen, darunter Vater und Sohn C. Marius, wurden vom Senat zu Staatsfeinden erklärt. Val. Max. 3.8,5:  … Sulla occupata urbe senatum armatus coegerat ac summa cupiditate ferebatur ut C. Marius quam celerrime hostis iudicaretur. Nachdem Sulla die Stadt eingenommen hatte, hatte er mit Waffengewalt den Senat versammelt, wie er auch von äußerster Begierde dazu angetrieben wurde, Caius Marius so schnell wie möglich zum Staatsfeind erklären zu lassen. Plut. Sulla 10,1: Σύλλας δὲ τὴν βουλὴν συναγαγὼν καταψηφίζεται ϑάνατον αὐτοῦ τε Μαρίου καὶ ὀλίγων ἄλλων, ἐν οἷς Σουλπίκιος ἦν ὁ δήμαρχος. Sulla ließ den Senat zusammenkommen und das Todesurteil fällen über Marius und wenige andere, unter denen sich der Volkstribun Sulpicius befand. Liest man Velleius, so folgt Sulla dem Schema, dass Personen, die entweder vor oder nach einer Verurteilung Rom verließen, durch ein darauf folgendes Gesetz zu Verbannten erklärt wurden. Technisch gesprochen wurde die interdictio aquae

Lex Nr. 120

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et ignis über sie verhängt, d. h. sie waren vogelfrei und konnten von jedermann straflos getötet werden. Sullas angebliches Gesetz unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von seinen Vorgängern: Erstens war der Verbannung weder ein Gerichtsurteil vorausgegangen, noch war ein Prozess anhängig, sondern der Senat hatte Marius und seine Anhänger durch Senatsbeschluss zu Staatsfeinden (hostes) erklärt. Zweitens wäre das Gesetz Sullas ein konsularisches Gesetz. Bis dahin hatten in den uns bekannten Fällen1508 Volkstribune die Interdiktion beim Volk beantragt, also durch Plebiszit. Drittens entsprächen die Folgen der hostis-Erklärung bereits denen der Interdiktion, eine gesetzliche Maßnahme erübrigte sich also. Von Velleius weichen Appian, die Periochae aus Livius, Valerius Maximus und Plutarch wie folgt ab: Appian berichtet über den Vorgang nur, dass Sulpicius, Vater und Sohn Marius und etwa zehn andere aus ihrem Umfeld aus Rom entflohen und dass man sie durch einen Beschluss zu Feinden der Römer erklärt habe. Die zeitliche Reihenfolge beider Aussagen lässt sich nicht festlegen und auch nicht, wer für den Beschluss verantwortlich ist. Denn ψήφισμα steht bei Appian sowohl für einen Senatsbeschluss als auch für ein Plebiszit.1509 Die Periochae aus Livius enthalten nur die hostis-Erklärung durch den Senat, woran sich die Schilderung der persönlichen Folgen anschließt, etwa für Sulpicius (Ermordung durch einen Sklaven) und für Vater und Sohn Marius, die sich am Ende beide in Africa aufhalten. Und Valerius Maximus steht in der livianischen Tradition, wobei er zwar besonders die Rolle Sullas betont, die hostis-Erklärung scheint jedoch allein auf den Senat zurückzugehen.1510 Nach Plutarch hat der Senat auf Sullas Veranlassung hin sogar ein Todesurteil gefällt. Dahinter kann sich eigentlich nur die von den anderen Autoren beschriebene hostis-Erklärung verbergen1511, die ja einem Todesurteil gleichkommt; denn der Senat ist nicht befugt, Strafurteile zu fällen.1512 Aufgrund der beschriebenen Quellenlage erscheint es zweifelhaft, ob Sulla tatsächlich ein Gesetz verabschieden ließ. Eher brachte er den Senat dazu, in

1508

Vgl. Lex Nr. 21 und Lex Nr. 85. Vgl. z. B. App. civ. 1.31,139: Plebiszit von Saturninus gegen Metellus (Lex Nr. 85), und civ. 3.22, einen Senatsbeschluss. 1510 Ebenso spricht Flor. 3.21,8 von einem Senatsbeschluss über die hostis-Erklärung. Carcopino, Sylla 34 A.2, verwirft diese Angabe; im Gegensatz dazu verteidigte Kunkel, Staatsordnung 2.238, die Erklärung durch Senatsbeschluss. 1511 Auch Gabba, Appian 1.174, und Rödl, SCU 33 reihen das Plutarch-Zitat so ein; Mommsen, StR 3.1246 A.1, nennt Plutarchs Angabe „ungenau“, Rotondi, Leges 344, „zu Unrecht“ (a torto). 1512 Zum Stellenwert der hostis-Erklärung vgl. die Darlegungen von v. Ungern-Sternberg, Notstands­recht 116–119, gegen J.  Bleicken, Senatsgericht und Kaisergericht, Göttingen 1962, 20 ff. 1509

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seinem Sinne zu beschließen, als dass er diese Materie der Volksversammlung zur Entscheidung vorlegte.1513 Gleiches gilt für die Aufhebung der sulpizischen Gesetze, zu der die Quellen schweigen und die gleichfalls auf einen bloßen Senatsbeschluss zurückgeführt werden kann1514 – wenn sie überhaupt stattgefunden hat. Von Carcopino dagegen wird auch sie als lex den Gesetzen zugerechnet, die er den Konsuln Sulla und Pompeius zuschreibt.1515 Lit.: Badian, Clientelae 235; Bauman, Athenaeum 51, 1973, 270–285; Betti, Labeo 9, 1963, 230; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 253; Bleicken, Lex 115 m. A.32; Blösel, Röm. Republik 193; Botsford, Roman Assemblies 405; Bringmann, Republik 256; Bringmann, Krise 61; Broughton, MRR 2.40; Carcopino, Sylla 34 A.2; Carney, WS 73, 1960, 112; Carney, Marius 56; Christ, Krise 189; Christ, Sulla 81; Cuq, DS 3,2.1137; Dahlheim, Staatsstreich 102; De Martino, Costituzione 3.64; Evans, Marius 136; Flower, Republics 92; Fuhrmann, publicatio bonorum, RE 23,2 (1959) 2497; Gabba, Appian 1.174; Grasmück, Exilium 105 A.282, 108 A.311; Gruen, Roman Politics 228; Hackl, Senat und Magistratur 221, 232–233; Heftner, Gracchen 144; Ingrisch, Sullas dictatura 39; Katz, AC 44, 1975, 100–104; Keaveney, Eirene 20, 1983, 70–71; Keaveney, Sulla 55; Konrad, Companion Republic 8.180; Kunkel, Staatsordnung 2.238–239; Lange, Alterthümer 2.702, 3.125; Last, CAH 9.206; Letzner, Sulla 142–143; Levick, Historia 31, 1982, 508; Linke, Röm. Republik 114; Lovano, Cinna 22; Mackay, Breakdown 139; Meier, RPA 225; Mommsen, StR 3.1245–1246 m. A.1; Münzer, Sulpicius 92), RE 4A,1 (1931) 849; Niccolini, FTP 232; van Ooteghem, Marius 286; Pina Polo, Consul 116; Rödl, SCU 31–33; Rotondi, Leges 344; Santangelo, Sulla 7; Schur, Marius und Sulla 134; Scullard, Gracchi to Nero 70; Seager, CQ 27, 1977, 388; Seager, CAH2 9.171; Smith, Athenaeum 55, 1977, 158; Sommer, RG 1.400; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 74–75, 116–119; Williamson, Laws 331, 360; Wittmann, Sulla 572.

Überwiegend ist auch in der Literatur von der hostis-Erklärung oder einer Ächtung durch den Senat die Rede, z. B. Badian, Clientelae 235; Carney, WS 73, 1960, 112; Bringmann, Republik 256; Christ, Krise 189; Gruen, Roman Politics 228; Hackl, Senat und Magistratur 232–233; Heftner, Gracchen 144; Letzner, Sulla 142–143; Levick, Historia 31, 1982, 508; Linke, Röm. Republik 114; Lovano, Cinna 22; Mackay, Breakdown 139; Rödl, SCU 31–33; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 75. – Von einem Gesetz sprechen nur Cuq, DS 3,2.1137, Rotondi, Leges 344, Niccolini, FTP 232, Bleicken, Lex 115 m. A.32 und Williamson, Laws 331. Lange entscheidet sich Alterthümer 2.702 für ein Gesetz, Alterthümer 3.125 für einen Senatsbeschluss mit hostis-Erklärung. Katz, AC 44, 1975, 102–103, denkt an ein Gesetz, dem ein Senatsbeschluss voranging, weil nach Plutarch (Mar. 43,3–4) von Marius vor seiner Rückkehr in die Stadt Rom die Aufhebung eines Gesetzes eingefordert wird; vgl. dazu Lex Nr. 124. 1514 Bleicken, Lex 465; Keaveney, Eirene 20, 1983, 71. 1515 So etwa Carcopino, Sylla 34 A.2; vgl. Broughton, MRR 2.40. 1513

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121 Lex Cornelia Pompeia de comitiis centuriatis et de tribunicia potestate 666/88

App. civ. 1.59,266–267: εἰσηγοῦντό τε μηδὲν ἔτι ἀπροβούλευτον ἐς τὸν δῆμον ἐσφέρεσϑαι, νενομισμένον μὲν οὕτω καὶ πάλαι, παραλελυμένον δ᾿ ἐκ πολλοῦ, καὶ τὰς χειροτονίας μὴ κατὰ φυλάς, ἀλλὰ κατὰ λόχους, ὡς Τύλλιος βασιλεὺς ἔταξε, γίνεσϑαι, νομίσαντες διὰ δυοῖν τοῖνδε οὔτε νόμον οὐδένα πρὸ τῆς βουλῆς ἐς τὸ πλῆϑος ἐσφερόμενον οὔτε τὰς χειροτονίας ἐν τοῖς πένησι καὶ ϑρασυτάτοις ἀντὶ τῶν ἐν περουσίᾳ καὶ εὐβουλίᾳ γιγνομένας δώσειν ἔτι στάσεων ἀφορμάς. πολλά τε ἄλλα τῆς τῶν δημάρχων ἀρχῆς, τυραννικῆς μάλιστα γεγενημένης, περιελόντες κατέλεξαν … Sie brachten die Gesetzesvorschläge ein, dass nichts mehr vor das Volk gebracht werden dürfe, worüber nicht vorher im Senat beraten wurde – dies zwar ein schon früher geübter Brauch, von dem man sich aber seit langem freigemacht hatte. Und sie beantragten, dass die Abstimmungen nicht mehr nach Tribus, sondern nach Zenturien stattfinden sollten, wie König Tullius es geregelt hatte. Denn sie glaubten, dass es durch diese beiden Gesetze – einerseits, dass kein Gesetz, das nicht vorher beim Senat gewesen war, der Plebs vorgelegt würde, und andererseits, dass die Abstimmungen nicht in den Händen der Armen und Verwegenen lägen statt bei den Wohlhabenden und Besonnenen, – keinen Ausgangspunkt für Unruhen mehr geben würde. Und sie hoben noch vieles Andere aus dem Machtbereich der Volkstribunen auf, der allzu tyrannisch geworden war, und wählten aus …1516 Liv. per. 77: L. Sylla civitatis statum ordinavit. L. Sulla brachte Ordnung in den Zustand des Staates. Nach Sullas Einmarsch in die Stadt, der als direkte Folge des sulpizischen Gesetzes über die Vergabe des Oberbefehls gegen Mithridates (Lex Nr. 119) gewertet werden kann, bleibt ihm nach den Periochae aus Livius genügend Zeit, die Ordnung im Staat wiederherzustellen. Wie diese Ordnung aussah, schildert Appian. Demnach beriefen die beiden Konsuln, die gemeinsam nach Rom zurückgekehrt waren, am Tag nach dem Einmarsch eine Volksversammlung ein und ließen sie ein oder zwei Gesetze verabschieden. Als Erstes wurde den gesetzgebenden Magistraten auferlegt, Gesetze nicht mehr ohne Vorberatung – und Billigung – des Senats1517 dem Volk vorzulegen. 1516 1517

Zum folgenden Text vgl. bei Lex Nr. 135 (lex Cornelia iudiciaria). Allgemein aufgefasst als Zustimmung des Senats, so schon Mommsen, StR 2.312; vgl. Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 233–235; De Martino, Costituzione 3.70–71.  – Gabba, Republican Rome V.257 A.27, u. ANRW 1,1.796, denkt dagegen an das frühere (aber nicht mehr durchführbare)  Instrument der patrum auctoritas, d. h. an ein Handeln allein des patrizischen Senatsteils; ebenso Levi, Costituzione 189–190, 193, und Carcopino, Sylla 34 A.2 (2°).

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Das zielte zwar vor allem auf die Volkstribunen, denn sie waren für den überwiegenden Teil der Gesetzgebung verantwortlich. In dieser Richtung präzisiert Appian dann auch die neue Vorschrift, indem er den Inhalt wiederholt, aber statt „Volk“ (ὁ δῆμος) nur noch „die Plebs“ (τὸ πλῆϑος) nennt.1518 Die Zielrichtung der sullanischen Gesetze gegen die Volkstribunen wird auch aus den weiteren Worten Appians deutlich, der zwar keine weitere Maßnahmen direkt anführt, aber doch eine Beschneidung der Macht der Volkstribune konstatiert. Neben den Volkstribunen sind jedoch Konsuln und Praetoren anscheinend genauso gehalten, sich bei Gesetzesvorlagen der Zustimmung des Senats zu versichern.1519 Weiterhin wurde nach Appian in einem zweiten Teil des Gesetzes bzw. in einem zweiten Gesetz1520 verfügt, dass für Abstimmungen allein die Zenturiatkomitien zuständig sein sollten und nicht, wie bisher, die Tributkomitien. An dieser Aussage entzündete sich eine kontroverse Diskussion, die überwiegend zu der Einschätzung führte, dass den Volkstribunen jegliche Befugnis genommen wird, Gesetze einzubringen, und die Tributkomitien – außer den Beamtenwahlen – sozusagen ohne Aufgaben sind.1521 Soweit es die Volkstribune betrifft, ist damit der erste Teil des Gesetzes bzw. das erste Gesetz eigentlich überflüssig. Denn nach der zweiten Vorschrift haben sie, auch wenn der Senat ihren Gesetzesvorlagen zustimmen würde, ohnehin kein Rogationsrecht mehr, weil sie die Zenturiatkomitien nicht selbst einberufen konnten. Diese Konsequenz wird in der Literatur nicht beachtet1522; meist werden die beiden sullanischen Maßnahmen ohne Bezug zueinander aufgelistet. Fügt man nun die beiden Teile zusammen, ist die Absicht Sullas erkennbar, den Senat auf Kosten der gesamten Magistratur zu stärken, weil auch die Oberbeamten für ihre Rogationen das zustimmende Votum des Senats einholen müssen – wie oben schon angedeutet wurde. Außerdem wird aus dem zweiten Teil des sullanischen Gesetzes mit der Anordnung über die Zenturiatkomitien öfter – wegen der Nennung des Königs Tullius – hergeleitet, dass er die Zenturienreform des 3. Jahrhunderts mit ihrer

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In diesem Sinne auch De Martino, Costituzione 3.70. Botsford, Roman Assemblies 407–408, deutet die Begriffe anders. Diese Meinung wird auch von Botsford, Roman Assemblies 407; Last, CAH 9.208; und Keaveney, Eirene 20, 1983, 72, vertreten, sonst wird die Vorschrift durchgängig nur auf die Volkstribunen bezogen. So z. B. Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1537; Betti, Labeo 9, 1963, 231–236; Pina Polo, Consul 117. So etwa Meyer, Hermes 33, 1898, 652–654; Last, CAH 9.208; Niccolini, FTP 232; Hill, Middle Class 144; Keaveney, Eirene 20, 1983, 72; Heftner, Gracchen 145; Lintott, Constitution 210. Mit Ausnahme von Botsford, Roman Assemblies 406–407, und Last, CAH 9.208.

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Verbindung von Klassen und Tribus rückgängig gemacht habe.1523 Mit dem Rückgriff auf die Zenturien, wie sie König Tullius eingerichtet habe, sind jedoch wohl lediglich die Abstimmungskörperschaften als solche gemeint1524 und kein fester Zeitpunkt.1525 Da weitere Quellen nicht zur Verfügung stehen, lassen sich Appians Aussagen weder überprüfen noch verifizieren. Und die Aussage des Livius-Epitomators über diese Episode aus Sullas Konsulat ist so allgemein und knapp gehalten, dass man allenfalls Vermutungen äußern kann, was sich hinter „Ordnung des Staates“ verbirgt. Hinzu kommt, dass Sulla als Diktator ähnliche, wenn nicht identische Gesetze verabschieden lässt, so dass nicht eindeutig ist, ob die späteren Gesetze bloße Wiederholungen sind, weil diejenigen aus dem Konsulatsjahr 88 von den nachfolgenden Konsuln aufgehoben wurden (App. civ. 1.73,339), oder ob es vielleicht nur die späteren Gesetze gab, weil für tiefgreifende Neuerungen im Jahr 88 einfach keine Zeit war.1526 Gegen die These der bloßen Wiederholungen spricht, dass wir in der inschriftlich überlieferten lex Cornelia de quaestoribus XX creandis (Lex Nr. 141) aus Sullas zweitem Jahr als Dictator, dem Jahr 81, ein Gesetz haben, das von den tribus verabschiedet wurde.1527 Wenn die Bestimmung über die alleinige Befugnis der Zenturiatkomitien, über Gesetzesvorschläge zu entscheiden, tatsächlich von Sullas Nachfolger im Konsulat aufgehoben wurde, zählt sie demnach nicht zu den erneut vorgeschlagenen / ​verabschiedeten Gesetzen der Dictatorzeit.1528 Dagegen gibt es aus dem Jahr 81 wiederum ein Gesetz de tribunicia potestate (Lex Nr. 133). Lit.: Bellen, Grundzüge 109; Adolf Berger, Leges Corneliae Pompeiae 1., RE Suppl. 7 (1940) 384; Betti, Labeo 9, 1963, 231–236; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 230–243, 270; Bleicken, Lex 139 m. A.4, 462 m. A.290; Botsford, Roman Assemblies 406–408; 1523

Dagegen zu Recht schon Meyer, Hermes 33, 1898, 652–654; neuerdings ist Seager, CAH2 9.172 wieder für die verfehlte Auffassung. 1524 Überzeugend dargestellt von Meyer, Hermes 33, 1898, 652–654. Ähnlich: Botsford, Roman Assemblies 406–407, und Keaveney, Eirene 20, 1983, 72 A.87. 1525 Das gilt auch für die Annahme Carcopinos (Sylla 34 A.1), dass Sulla die Neuerungen im Abstimmungsmodus rückgängig gemacht habe, die auf eine Rogation von C.  ­Gracchus zurückgehen (vgl. bei Lex Nr. 37); denn diese Rogation erlangte keine Gesetzeskraft; vgl. Laffi, Athenaeum 45, 1967, 211 A.102. 1526 In der Literatur werden beide Möglichkeiten vertreten, so u. a. von Lange, Alterthümer 1.851–852; Schur, Marius und Sulla 134 m. A.1; Gabba, Republican Rome V.146; Keaveney, Eirene 20, 1983, 71–72; Dahlheim, Staatsstreich 110–111; Seager, CAH 2 9.172; Heftner, Gracchen 144–145; Mackay, Breakdown 140. – Carcopino, Sylla 34 A.2, hält das Gesetz über die Komitien für ein im Jahr 88 notwendiges Gesetz, das über die Rogationen dagegen sei von Appian vordatiert. 1527 Darauf wies Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A.55, hin. 1528 So auch Gabba, Republican Rome V.146; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 210–211; De Martino, Costituzione 3.100; Fündling, Sulla 132. – Gegen Sumner, Athenaeum 40, 1962, 60–61, 72.

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Lex Nr. 122

Bringmann, Republik 257; Bringmann, Krise 62; Broughton, MRR 2.40; Carcopino, Sylla 33–34 m. A.2; Carney, Marius 56 m. A.256; Christ, Krise 189; Christ, Sulla 81; Cuq, DS 3,2.1137; Dahlheim, Staatsstreich 110–111; De Martino, Costituzione 3.66–71, 100; Dyck, Commentary 502; Ferrary, Leges publicae 2012, 35–37; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1537; Fündling, Sulla 73–74; Gabba, Republican Rome IV.135–136; Gabba, Republican Rome V.146 m. A.27 (S.257); Gabba, Appian 1.171–173; Gabba, ANRW 1,1.795–796, 802; Grasmück, Exilium 105; Hackl, Senat und Magistratur 222; Hantos, Res publica 82 m. A.4; Heftner, Gracchen 144–145; Hill, Middle Class 144; Howarth, Origins 217; Ingrisch, Sullas dictatura 40; Katz, AC 44, 1975, 115–121; Keaveney, Eirene 20, 1983, 72; Keaveney, Sulla 56–57; Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.655; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 207–211; Lange, Alter­ thümer 1.851, 2.516, 647, 656, 658, 3.125–126, 153–154; Last, CAH 9.208; Letzner, Sulla 144–145; Levi, Costituzione 67, 81, 189–190; Linke, Röm. Republik 114–115; Lintott, Constitution 210; Mackay, Breakdown 140; Marsh / ​Scullard, History 382–383; Meier, RPA 223; Meyer, Hermes 33, 1898, 652–654; Mommsen, StR 2.312, 3,1.158, 160, 3,2.1046; Niccolini, FTP 232; Nicolet, MEFRA 71, 1959, 211–213, 216–217, 223–225; Perelli, Movimento popolare 152–153; Pina Polo, Consul 117; Rotondi, Leges 343–344; Sandberg, AIRFinl. 24.37; Schur, Marius und Sulla 134; Scullard, Gracchi to Nero 70; Seager, CAH2 9.172; Serrao, Classi 184; Siber, Magistraturen 40–42; Siber, ZRG 64, 1944, 239; Siber, Verfassungsrecht 64, 170 A.6, 229–230; Sommer, RG 1.400; Sumner, Athenaeum 40, 1962, 45–48, 59–61, 70–72, 81–83; Thommen, Volkstribunat 131–132; Thommen, Klio 99(2), 2017, 546–548; Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A.55; Willems, Sénat 2.104–105; Williamson, Laws 332, 360.

122 Lex Cornelia Pompeia unciaria 666/88

Fest. s.v. unciaria, p.516,3–5 L: Unciaria lex appellari coepta est, quam L. Sulla et Q. Pom tulerunt, qua sanctum est, ut debitores decimam partem …1529 „Zwölftel-Gesetz“ begann man später das Gesetz zu nennen, das L.  Sulla und Q. Pompeius Rufus verabschieden ließen. Darin wurde festgelegt, dass die Schuldner den zehnten Teil … Aus dem lückenhaften Text bei Festus ergibt sich nur mit Sicherheit, dass sich die Konsuln L. Cornelius Sulla und Q. Pompeius Rufus wegen drückender 1529

Der Text bricht hier ab; Niebuhr, Röm. Gesch. 3.68, schlug als Ergänzung vor: sortis annuis usuris penderent (dass die Schuldner den zehnten Teil des Kapitals in jährlichen Zinsen bezahlten) – zustimmend: Cuq, DS 3,2.1137, ablehnend Billeter, Zinsfuß 155–157; weitere Ergänzungen führt Berger, Leges Corneliae Pompeiae 2., RE Suppl. 7 (1940) 384 an.

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Schuldenlasten gezwungen sahen, eine lex fenebris verabschieden zu lassen. In diesem Zinsgesetz war eine Bestimmung für Schuldner über einen zehnten Teil enthalten – alles Weitere ist unklar. So bleibt offen, ob die Konsuln einen allgemeinen Schuldenerlass verkündet oder die Gruppe der Schuldner irgendwie eingeschränkt haben, und ob sie den Schuldnern ein Zehntel der Gesamtschuld erlassen oder aber die sofortige Bezahlung eines Zehntels angeordnet haben.1530 Die Benennung des Gesetzes als lex unciaria weist auf eine weitere Bestimmung hin, die jedoch ambivalent erscheint. Denn der erst später entstandene Name bedeutet entweder, dass mit einer Rückkehr zu dem früher schon einmal festgelegten Höchstzinssatz ( fenus unciarium)1531 versucht wird, die künftige Anhäufung von Schulden zu begrenzen, oder dass man nach ein paar Jahren, in denen der As eine halbe Unze wog (as semiunciarius),1532 die frühere unziale Bewertung des As (as unciarius) wieder aufnimmt. Der Grund hierfür könnte sein, dass infolge der hohen Ausgaben durch Soldzahlungen im Bundesgenossenkrieg die Silbervorräte des Staates abgenommen hatten. Die allgemeine Auffassung1533 tendiert zur ersten Alternative. Danach könnte diese konsularische Maßnahme im Interesse der Senatoren gelegen haben, deren Gläubiger überwiegend dem Ritterstand angehörten.1534 Es muss allerdings offen bleiben, ob es einen Zusammenhang zur Gesetzgebung des Sulpicius über die Schulden der Senatoren1535 gab; denn die zeitliche Reihenfolge der Gesetze des Jahres 88 lässt sich nicht feststellen.1536 Lit.: Andreau, Banking 91–92; Barlow, Bankers 122–123, 127, 134; Barlow, AJPh 101, 1980, 214–215, 219; Baudry, DS 2,2.1225 u. 1226; Bellen, Grundzüge 109; Adolf Berger, Leges Corneliae Pompeiae 2., RE Suppl. 7 (1940) 384; Billeter, Zinsfuß 155–157; Botsford, Roman Assemblies 408; Bringmann, Republik 256–257; Bringmann, Krise 61–62; Broughton, MRR 2.40; Bulst, Historia 13, 1964, 334; Carcopino, Sylla 34 A.2; Carney, Marius 56 m. A.256; Cuq, DS 3,2.1137; De Martino, Costituzione 3.66; Evans, AClass 50, 2007, 93; Ferrary, RPh 70, 1996, 226 A.36; Frank, AJPh 54, 1933, 54–58; Frank, ESAR 1.269–270, 271–272; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1537; 1530 1531 1532 1533 1534

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Vgl. die sorgfältigen Erläuterungen von Billeter, Zinsfuß 155–157. – Barlow, AJPh 101, 1980, 214, geht von einem Teilerlass der Schulden (10 %) aus. Erläuterung des Begriffs bei Klingmüller, Fenus, RE 6,2 (1909) 2188–2192; vgl. Elster, Gesetze 19 (Lex Nr. 10), 30–31 (Lex Nr. 16), 37–39 (Lex Nr. 19), 458–459 (Lex Nr. 221). Nach der Vorschrift der Lex Papiria semunciaria (Lex Nr. 111). So z. B. Lange, Alterthümer 2.661, 693–694; Frank, AJPh 54, 1933, 54–58; Frank, ESAR 1.269–270; Hill, Middle Class 144; Andreau, Banking 91–92. Evans, AClass 50, 2007, 92–93. Auch Frank, ESAR 1.269–270, fasst es als eine Maßnahme Sullas für landlords auf.  – Bulst, Historia 13, 1964, 334, sieht hinter den Münz- und Zinsgesetzen dieser Jahre keine Parteinahme, sondern von der ökonomischen Situation erzwungene Anordnungen. Lex Nr. 118. Gegen die Auffassung von Frank, AJPh 54, 1933, 56 und Evans, AClass 50, 2007, 93: Beide platzieren Sulpicius’ Gesetz vor das sullanische.

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Lex Nr. 123

Fündling, Sulla 74; Heftner, Gracchen 146; Hill, Middle Class 144; Katz, AC 44, 1975, 121–122; Keaveney, Eirene 20, 1983, 73; Keaveney, Sulla 56; Lange, Alterthümer 2.661, 693–694, 3.126–127; Last, CAH 9.209, 266; Letzner, Sulla 146; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 221; Nicolet, Historia 28, 1979, 292; Pina Polo, Consul 117; Rotondi, Leges 344; Schur, Marius und Sulla 134; Scullard, Gracchi to Nero 70; Seager, CAH2 9.172; Shatzman, Senatorial Wealth 206–207; Vretska, Sallust Cat. 2.403–404; Williamson, Laws 332, 360, 464.

123 Lex Cornelia de coloniis deducendis 666/88

Liv. per. 77: L.  Sylla  … exinde colonias deduxit. L(ucius) Sulla  …, hierauf gründete er Kolonien. Cic. Catil. 2.9,20: Hi sunt homines ex eis coloniis quas Sulla constituit; quas ego universas civium esse optimorum et fortissimorum virorum sentio, sed tamen ei sunt coloni qui … Dieses sind Menschen aus den Kolonien, die Sulla gegründet hat. Ich halte sie zwar allesamt für Kolonien mit Bürgern, die zu den besten und tapfersten zählen, aber dennoch sind sie Kolonisten, die … Allein Livius berichtet im Zuge des ersten Marschs auf Rom davon, dass Sulla Kolonien gegründet habe. Broughton1537 und Santangelo1538 halten diese Nachricht offenbar für glaubwürdig; Schneider1539 dagegen denkt eher an einen Überlieferungsfehler. Auf den ersten Blick scheint eine Passage aus Ciceros zweiter Catilinarischer Rede wegen der Wortwahl ein Hinweis auf diese Koloniegründung zu sein. Doch aus dem Zusammenhang wird deutlich, dass Cicero, der hier die Aufständischen im Gefolge von Catilina in Gruppen klassifiziert, die Veteranen Sullas beschreibt, die er ab 83/82 durch seine leges agrariae (Lex Nr. 142) über das Land verteilte. Diese beinhalten nämlich trotz ihrer Bezeichnung als Ackergesetze sicherlich auch die Gründung von Kolonien, wie schon seit dem Ende des 2. Jhs. die Grenzen zwischen Koloniegesetz und Ackergesetz verschwimmen.1540 Lit.: Broughton, MRR 2.40 (6.); Gabba, ANRW 1,1.795; Pina Polo, Consul 117; Santangelo, Sulla 134; Schneider, Veteranenversorgung 126–127; Williamson, Laws 332, 360. 1537

Broughton, MRR 2.40 (6.); ebenso: Gabba, ANRW 1,1.795, und Williamson, Laws 332, 360. Santangelo, Sulla 134; ebenso: Pina Polo, Consul 117; beide optieren unerklärlicherweise für die Gründung von 12 Kolonien. 1539 Schneider, Veteranenversorgung 126. – Vgl. die zu Recht von Schneider als „hypothetisch“ eingestufte Erklärung von Brunt, Manpower 300–301. 1540 Vgl. bei der lex Appuleia (Lex Nr. 81) und den leges Liviae (Lex Nr. 96 und Nr. 97). 1538

Lex Nr. 124

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124 Lex (Cornelia) de exulibus revocandis 667/87

Flor. 2.9,9 (3.21): Cornelio Cinna Gnaeo Octavio consulibus male obrutum resurrexit incendium, et quidem ab ipsorum discordia, cum de revocandis, quos senatus hostes iudicaverat, ad populum referretur. (10) … profugus patria sua Cinna confugit ad partes. (9) Im Jahr der Konsuln Cornelius Cinna und Gnaeus Octavius entflammte der nur unzureichend überdeckte Brand von Neuem, und zwar durch die Zwietracht dieser beiden Männer, als beim Volk ein Antrag über die Rückführung derer gestellt wurde, die der Senat zu Feinden erklärt hatte. (10) … nahm Cinna als Flüchtling aus seinem eigenen Vaterland seine Zuflucht bei der Partei (des Marius). Vir. ill. 69,2: Lucius Cornelius Cinna  … primo consulatu legem de exulibus revocandis ferens ab Octavio collega prohibitus et honore privatus1541 urbe profugit … Als Lucius Cornelius Cinna in seinem ersten Konsulat das Gesetz über die Rückberufung der Exilierten einbrachte, wurde er von seinem Kollegen Octavius daran gehindert und seines Amtes enthoben. Daraufhin floh er aus der Stadt. Vell. 2.20,5: (Cinna)  opus erat partibus auctoritate, cuius augendae gratia C. Marium cum filio de exilio revocavit quique cum iis pulsi erant. Cinna benötigte mehr Ansehen für seine Partei. Um es zu vergrößern, rief er C. Marius zusammen mit seinem Sohn aus dem Exil zurück und alle die, die zusammen mit ihnen vertrieben worden waren. 2.21, 6: Cinna et Marius  … urbem occupaverunt, sed prior ingressus Cinna de recipiendo Mario legem tulit. Cinna und Marius besetzten die Stadt, aber Cinna betrat die Stadt früher und brachte das Gesetz über die Wiederaufnahme von Marius ein. App. civ. 1.70,323: δεξαμένης δὲ ταῦτα τῆς βουλῆς καὶ καλούσης ἐσελϑεῖν Κίνναν τε καὶ Μάριον (ᾔσϑοντο γὰρ δὴ Μαρίου μὲν εἶναι τὰ ἔργα τάδε πάντα, Κίνναν δ’ αὐτοῖς ἐπιγράφεσϑαι), σὺν εἰρωνείᾳ σφόδρα ὁ Μάριος ἐπιμειδιῶν εἶπεν οὐκ εἶναι φυγάσιν εἰσόδους. Als der Senat auf diese Anliegen eingegangen war und Cinna und auch Marius aufgefordert hatte zurückzukehren, (denn es war zu merken, dass dieses Alles das Werk des Marius war, dass aber Cinnas Name darauf stand), sagte Marius ungestüm mit scheinheiligem Lächeln, dass es für Verbannte keinen Zutritt gebe. 324: καὶ εὐϑὺς οἱ δήμαρχοι τὴν φυγὴν αὐτῷ τε καὶ ὅσοι ἄλλοι κατὰ Σύλλαν ὕπατον ἐξελήλαντο, ἐψηφίσαντο λελύσϑαι. Und sofort ließen die Volkstribunen darüber abstimmen, dass für ihn und all die anderen, die während Sullas Konsulat vertrieben worden waren, die Verbannung aufgehoben sei. Plut. Mar. 43,2–3: Κίννας μὲν εἰσῄει δορυφορούμενος, Μάριος δὲ παρὰ ταῖς πύλαις ὑποστὰς εἰρωνεύετο πρὸς ὀργήν, φυγὰς εἶναι λέγων καὶ τῆς πατρίδος εἴργεσϑαι 1541

Dazu vgl. Lex Nr. 125.

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Lex Nr. 124

κατὰ τὸν νόμον, εἰ δὲ χρῄζοι τις αὐτοῦ παρόντος, ἑτέρᾳ ψήφῳ λυτέον εἶναι τὴν ἐκβαλλοῦσαν, ὡς δὴ νόμιμός τις ὢν ἄνὴρ καὶ κατιὼν εἰς πόλιν ἐλευϑέραν. 3: ’Εκάλει δὴ τὸ πλῆϑος εἰς ἀγοράν· καὶ πρὸ τοῦ τρεῖς ἢ τέσσαρας1542 φυλὰς ἐνεγκεῖν τὴν ψῆφον ἀφεὶς τὸ πλάσμα καὶ τὴν φυγαδικὴν ἐκείνην δικαιολογίαν κατῄει … Cinna betrat dann von Leibwachen begleitet die Stadt; Marius aber blieb am Stadttor stehen, stellte sich zornig und sagte, er sei ein Verbannter und aus seinem Vaterland gemäß einem Gesetz ausgeschlossen. Wenn man aber seine Anwesenheit wünsche, müsse man die Abstimmung über die Verbannung durch eine zweite für nichtig erklären – als ob er ein gesetzestreuer Mann sei und in eine freie Stadt zurückkehre. (3) Also ließ er das Volk auf das Forum einberufen, und bevor drei oder vier Tribus ihre Stimmen abgegeben hatten, gab er die Verstellung und jenes Gerede von der Rechtfertigung eines Verbannten auf, und marschierte ein. Cass. Dio 30–35.frg. 102,8: ῞Οτι ἐπειδὴ ὁ Κίννας τὸν νόμον τὸν περὶ τῆς καϑόδου τῶν φυγάδων ἀνενεώσατο, ὁ Μάριος οἵ τε ἄλλοι οἱ σὺν αὐτῷ ἐκπεσόντες ἐσεπήδησαν ἐς τὴν πόλιν μετὰ τοῦ λοιποῦ στρατοῦ κατὰ πάσας ἅμα τὰς πύλας, … Als Cinna nun das Gesetz über die Rückkehr der Verbannten erneuerte, drangen sie – Marius und die anderen, die mit ihm vertrieben worden waren – mit dem restlichen Heer durch alle Tore zur gleichen Zeit in die Stadt ein. Cic. p. red. ad Quir. 4,9–10: Numquam de P. Popilio, … numquam de Q. Metello, … numquam de C. Mario … in senatu mentio facta est. Tribuniciis superiores illi rogationibus nulla auctoritate senatus sunt restituti, Marius vero non modo non a senatu sed etiam oppresso senatu est restitutus. Niemals wurde im Senat über P. Popilius, über Q. Metellus, über C. Marius ein Wort verloren. Die zuerst Genannten wurden durch tribunizische Rogationen ohne jede Befürwortung durch den Senat zurückberufen, Marius aber wurde nicht nur nicht vom Senat wieder in seine Rechte eingesetzt, sondern sogar erst nach der Unterdrückung des Senats. Cic. p. red. in sen. 15,38: Nam C. quidem Marius, qui hac hominum memoria tertius ante me consularis tempestate civili expulsus est, non modo a senatu non est restitutus, sed reditu suo senatum cunctum paene delevit. Denn C. Marius freilich, der in der Erinnerung der heutigen Menschen als dritter Konsular vor mir durch bürgerkriegsähnliche Unruhen vertrieben wurde, wurde nicht nur nicht vom Senat wieder in seine Rechte eingesetzt, sondern vernichtete durch seine Rückkehr beinahe den gesamten Senat. Im Jahr 87 wird eine Rogation über die Rückberufung des Marius und der anderen Verbannten beantragt. Überwiegend gilt in den Quellen der Konsul L. Cornelius Cinna als Rogator dieses Gesetzesvorschlags, jedenfalls bei Florus, dem Auctor, Velleius Paterculus und Diodor. Allein bei Appian stellen Volkstribune den Antrag, nach Plutarch lässt sogar Marius selbst das Volk zur Abstimmung rufen. Neben dieser Unsicherheit über den oder die Rogatoren existieren 1542

Loeb: τέτταρας.

Lex Nr. 124

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zwei Versionen darüber, wann diese Rogation beantragt wurde. Florus und der Auctor stellen sie an den Beginn von Cinnas Konsulat und sehen darin den Anlass für die Auseinandersetzung mit dem anderen Konsul Octavius, die mit der Flucht Cinnas aus Rom endet. Nach Velleius Paterculus und Appian erfolgt die Rückberufung der Exilierten erst nach der Absetzung bzw. der erneuten Anerkennung von Cinna als Konsul1543. Aus dem Fragment von Cassius Dio kann man eine Verbindung der beiden Zeitpunkte ableiten; denn er stellt fest, dass Cinna das Gesetz über die Rückberufung der Exilierten „erneuerte“. Demnach könnte Cinna das Gesetz tatsächlich am Beginn seines Konsulats beantragt haben, wegen seiner Vertreibung aus Rom kam es aber nicht zur Verabschiedung. Als Cinna wieder im Amt und in Rom war, erfolgte dann eine erneute Beantragung.1544 Wegen Marius’ Verhalten, das von den antiken Autoren unterschiedlich dargestellt wird, erscheint jedoch zweifelhaft, ob es zu einer rechtlich bindenden Verabschiedung der Rogation kam oder ob das gewünschte Ergebnis, die Rückberufung der Exilierten und ihre Wiederaufnahme in die Bürgerschaft, durch den (gewaltsamen) Einmarsch in die Stadt Rom Wirklichkeit wurde.1545 Denn nach Appian stand Marius angeblich am Tor und wollte die Stadt nur betreten, wenn seine Verbannung aufgehoben sei, während er nach Plutarch in die Stadt einmarschierte, ohne das Ergebnis der im Gang befindlichen Volksabstimmung abzuwarten oder sogar  – so Cassius Dio  – ohne dass von einer Abstimmung überhaupt die Rede ist. Auch Cicero schreibt nichts von einem Gesetz, er hebt an der Rückkehr von Marius lediglich hervor, dass dieser – im Gegensatz zu ihm selbst – nicht vom Senat aus dem Exil zurückgerufen wurde. Falls die Rogation tatsächlich von Volkstribunen beantragt wurde1546, müssten zuvor durch Cinna oder durch den Senat die anderen sullanischen Gesetze1547 aufgehoben worden sein. Darauf könnte auch die Äußerung Plutarchs über die Stimmabgabe der tribus hinweisen, was ebenfalls von einer lex Cornelia untersagt worden war.1548 1543

Dazu vgl. Lex Nr. 125. So auch die Auffassung von Lange, Alterthümer 2.703 und 3.132, an: Es habe zwei Versuche gegeben. – Ebenso denkt De Martino, Costituzione 3.75, an zwei Rogationen. 1545 Zweideutig auch die Aussage von Carney, Marius 65: „formal vote“ der Volksversammlung. – Ohne auf die innenpolitischen Streitigkeiten um ein Gesetz einzugehen, schildern Bringmann, Republik 262, Linke, Röm. Republik 116–117, Sommer, RG 1.402–403, und Blösel, Röm. Republik 194–195, die Ereignisse. 1546 So auch Niccolini, FTP 234, ohne die konsularische Rogation zu erwägen. 1547 Das betrifft insbesondere die Lex Nr. 121. – Dazu vgl. Carney, Marius 65 A.282, u. Gabba, Appian 1.194. – Ohnehin ist auch die hier behandelte Rogation nichts anderes als die Aufhebung der unter Sulla erfolgten hostis-Erklärung, Lex Nr. 120. 1548 Auch Lovano, Cinna 45 m. A.68, zeigt zwar die unterschiedlichen Quellenaussagen auf, entscheidet sich dann aber für eine ihm genehme Darstellung. – Überzogen die Ansicht von Katz, AC 44, 1975, 116–117. 1544

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Lex Nr. 125

Lit.: Bennett, Cinna 22–23 m. A.111, 24; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 253–254, 269; Bleicken, Lex 103 m. A.7, 115 m. A.32; Botsford, Roman Assemblies 409; Broughton, MRR 2.46; Carney, Marius 65 m. A.282; Christ, Krise 190; Christ, Sulla 101; De Martino, Costituzione 3.75; Erdmann, Heer 91; Fraccaro, Opuscula 2.243–244; Gabba, Appian 1.194; Graeber, Auctoritas 44, 254; Grasmück, Exilium 105 A.282; Hill, Middle Class 144; Katz, AC 44, 1975, 102–103 m. A.9, 116; Kelly, Exile 98; Konrad, Companion Republic 8.180; Lange, Alterthümer 2.703, 3.129, 132; Last, CAH 9.264; Lovano, Cinna 38, 45 m. A.68; Mackay, Breakdown 145; Marsh / ​Scullard, History 104; Martin, Populare 205; Mommsen, StrafR 483 A.1; Münzer, L. Cornelius Cinna 106), RE 4,1 (1900) 1283, 1285; Niccolini, FTP 234; Ooteghem, Marius 307, 311–312; Rotondi, Leges 346–347; Schur, Marius und Sulla 139–140; Seager, CAH2 9.178; Thommen, Volkstribunat 122, 125, 132; Thommen, Klio 99(2), 2017, 548; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 76; E. Weiss, Leges Corneliae, RE 12,2 (1925) 2343.

125 Lex / ​SC de consulatu Cinnae abrogando 667/87

Liv. per. 79: L. Cornelius Cinna consul cum perniciosas leges per vim et arma ferret, pulsus urbe  a Cn. Octavio collega cum sex tribunis plebis imperioque ei abrogato corruptum Ap. Claudii exercitum in potestatem suam redegit et bellum urbi intulit. Als der Konsul L. Cornelius Cinna staatsgefährdende Gesetze unter Einsatz von Waffengewalt beantragte, wurde er von seinem Kollegen Cn. Octavius zusammen mit sechs Volkstribunen aus der Stadt vertrieben und, nachdem ihm seine Amtsgewalt durch Volksbeschluss entzogen worden war, hat er das Heer des Ap. Claudius durch Bestechung in seine Gewalt gebracht und die Stadt Rom in einen Krieg verwickelt. Cic. Catil. 3.10,24: Cn. Octavius consul armis expulit ex urbe conlegam. Cn. Octavius vertrieb mit Waffengewalt seinen Kollegen aus der Stadt. Vell. 2.20,3: E qua (urbe) pulsus collegae optimatiumque viribus cum in Campaniam tenderet, ex auctoritate senatus consulatus ei abrogatus est suffectusque in eius locum L.  Cornelius Merula, flamen Dialis. Haec iniuria homine quam exemplo dignior fuit. Nachdem er durch die vereinten Kräfte seines Kollegen und der Optimaten aus der Stadt vertrieben worden war und als er sich auf den Weg nach Kampanien machte, wurde ihm durch einen Beschluss des Senats das Konsulat aberkannt und an seiner Stelle der flamen Dialis1549 L. Cornelius Merula nachgewählt. Diese Rechtsverletzung entsprach eher der Person als der Norm.

1549

Jupiterpriester, dessen Lebensführung durch eine Anzahl von Vorschriften und Verboten eingeschränkt war (Latte, Religionsgeschichte 402–403).

Lex Nr. 125

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Vir. ill. 69,2: Lucius Cornelius Cinna  … primo consulatu legem de exulibus revocandis1550 ferens ab Octavio collega prohibitus et honore privatus urbe profugit … Als Lucius Cornelius Cinna in seinem ersten Konsulat das Gesetz über die Rückberufung der Exilierten einbrachte, wurde er von seinem Kollegen Octavius daran gehindert und seines Amtes enthoben. Daraufhin floh er aus der Stadt. App. civ. 1.65,296: ῾Η μὲν δὴ βουλὴ τόν Κίνναν, ὡς ἐν κινδύνῳ τε τὴν πόλιν καταλιπόντα ὕπατον καὶ δούλοις ἐλευϑερίαν κηρύξαντα, ἐψηφίσατο μήτε ὕπατον μήτε πολίτην ἔτι εἶναι καὶ Λεύκιον Μερόλαν ἐχειροτόνησαν ἀντ’ αὐτοῦ, τὸν ἱερέα τοῦ Διός. Der Senat aber beschloss nun, dass Cinna, weil er als Konsul die Stadt im Stich gelassen hatte, als Gefahr drohte, und Sklaven die Freiheit versprochen hatte, weiterhin weder Konsul noch Bürger sein dürfe, und sie wählten an seiner Stelle Lucius Merula, den Jupiterpriester. Exuperantius 4: Octavius collega commotus … collegam suum Cinnam adnitentibus veteribus civibus in exilium misit. Davon bewegt … schickte der Mitkonsul Octavius seinen Kollegen Cinna mit Unterstützung durch die Altbürger ins Exil. Nach Sullas Abmarsch aus Rom zum Krieg gegen Mithridates überwarfen sich die Konsuln Octavius und Cinna. Octavius setzte sich zunächst durch, und Cinna floh aus der Stadt. Die rechtlichen Folgen dieser Flucht werden von den antiken Autoren unterschiedlich wiedergegeben: Nach Exuperantius schickte Octavius seinen Mitkonsul ins Exil, und auch Cicero schreibt von einer Vertreibung aus der Stadt.1551 Der Auctor de viris illustribus spricht dagegen von einer Amtsenthebung des Konsuls  – ohne den oder die Verantwortlichen dafür zu benennen. Nach Appian handelte der Senat; er entzog Cinna das Bürgerrecht, wodurch dieser auch sein Amt verlor, und ließ einen neuen Konsul wählen, den Flamen Dialis L.  Cornelius Merula. Die Aberkennung des Amtes durch den Senat und die Neuwahl eines Konsuls schildert auch Velleius Paterculus; er macht aber deutlich, dass eigentlich eine Rechtsverletzung vorliegt. Außerdem könnte man annehmen, dass hinter der Formulierung ex auctoritate senatus consulatus ei abrogatus est wegen des Begriffs abrogare ein auf den Senatsbeschluss folgender Volksentscheid steht. Als einzige Quelle führen die Periochae aus Livius die Amtsenthebung Cinnas tatsächlich auf einen Volksentscheid zurück. Doch ist es sehr zweifelhaft, ob es in diesem Fall wirklich einen Volksbeschluss gab; wahrscheinlicher ist lediglich ein Senatsbeschluss. Der Senat kann jedoch keine Abrogation aussprechen, denn Verleihung und Aberkennung eines Imperiums stehen allein den Komitien zu. Eine Amtsenthebung durch den Senat lässt sich nur erreichen, wenn Cinna seine bürgerlichen Rechte verliert. Daher wird zumeist – Appian folgend – angenommen, dass der Senat Cinna zum hostis

1550 1551

Lex Nr. 124. Zu einer „Vertreibung“ vgl. Katz, AC 45, 1976, 501–503.

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Lex Nr. 125

rei publicae erklärte.1552 Im Gegensatz dazu hält v. Ungern-Sternberg Velleius’ Aussage für eindeutig: Der Senatsbeschluss ging danach der Volksversammlung voraus und sollte die gewünschte Entscheidung veranlassen, „er selbst hatte auf den Status Cinnas keine rechtlichen Auswirkungen“.1553 Unklar bleibt, weshalb die Amtsenthebung als „unrechtmäßig“1554 bezeichnet wird; denn nach Velleius läuft das Verfahren korrekt ab. Lediglich der Senatsbeschluss kann als irregulär aufgefasst werden, falls er nicht durch einen Volksentscheid formell sanktioniert wurde.1555 Möglicherweise spielen jedoch in den gewalttätigen Auseinandersetzungen der Bürgerkriege solche rechtlichen Feinheiten kaum eine Rolle. Denn Cinna beklagt zwar in einem theatralischen Auftritt vor Soldaten die fehlende Mitwirkung des Volkes bei seiner Absetzung, lässt sich aber als Zeichen seiner (andauernden) Würde die fasces von den Soldaten wieder reichen1556 und verhält sich auch später1557 so, als ob er nach wie vor Konsul sei. Neben dem Senat wird von einigen Autoren (Livius, Cicero, Velleius) auch der Mitkonsul Octavius als treibende Kraft beim Vorgehen gegen Cinna bezeichnet; er scheint aber lediglich für die Vertreibung aus der Stadt verantwortlich zu sein.1558 Weitergehende Vermutungen, etwa über einen von ihm initiierten Gesetzesvorschlag zur Absetzung Cinnas,1559 finden keinen Anhaltspunkt in den Quellen. Lit.: Bauman, Athenaeum 51, 1973, 285–289; Bennett, Cinna 8–9; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 247–248; Bleicken, Lex 122–123 m. A.48; Botsford, Roman Assemblies 409; Broughton, MRR 2.45–46; Brunt, Social conflicts 105; Bulst, Historia 13, 1964, 310–312; Carney, Marius 61, 65; Christ, Krise 190; Cuq, DS 3,2.1156; De Martino, Costituzione 3.73–75; Duplá, Consules populares 286; Erdmann, Heer 89; Gabba, App. 1.184; Gruen, Roman Politics 231, 234; Hackl, Senat und Magistratur 223–224; Heftner, Gracchen 149; Hill, Middle Class 144; Katz, AC 45, 1976, 501; Kloft, Amtsentzug, 165 A.14, 167–169; Kloft, Prorogatio, RE Suppl. 15 (1978) 461; Kunkel, Staatsordnung 1552

1553 1554 1555

1556 1557 1558 1559

Lange, Alterthümer 2.712; Bennett, Cinna 8; Last, CAH 9.262; Marsh / ​Scullard, History 103; Scullard, Gracchi to Nero 70; Brunt, Social conflicts 105; Baumann, Athenaeum 51, 1973, 285–289; Seager, CAH2 9.174–175; Kunkel, Staatsordnung 2.257; Duplà, Consules populares 286. Nach Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 247–248, erfolgte sogar eine interdictio aquae et ignis, doch auch diese wird nicht vom Senat ausgesprochen, vgl. bei Lex Nr. 21 (ähnlich Schur, Marius und Sulla 136: „Reichsacht“). Notstandsrecht 76–78. Notstandsrecht 77. Den fehlenden Volksentscheid hält Kloft, Amtsentzug 165 A.14, für „wahrscheinlich“; auch nach Hackl, Senat und Magistratur 223, liegt ein eindeutig rechtswidriger Akt des Senats vor. App. 1.65–66,298–300. So z. B. beim Einzug in die Stadt Rom, vgl. bei Lex Nr. 124. In diesem Sinne auch Plut. Mar. 41. Lange, Alterthümer, 3.129; Botsford, Roman Assemblies 409; Rotondi, Leges 347.

Lex Nr. 126

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2.256–257; Lange, Alterthümer, 2.712, 3.129; Last, CAH 9.261–262; Lovano, Cinna 34–36, 44–45; Marsh / ​Scullard, History 103; Meier, RPA 228; Mommsen, StR 1.630 m. A.4; Morstein-Marx, Consular appeals 265–270, 277–278; Münzer, Cornelius 106), RE 4,1 (1900) 1283–1284; Oothegem, Marius 304; Rotondi, Leges 347; Schur, Marius und Sulla 136; Scullard, Gracchi to Nero 70; Seager, CQ 27, 1977, 388; Seager, CAH2 9.174–175; Sommer, RG 1.402; v. Ungern-Sternberg, Notstandsrecht 76–78; Willems, Sénat 2.109.

126 Plebiscitum de imperio Ap. Claudio abrogando 667/87

Cic. dom. 31,83: Sed si patrem tuum … nemo umquam sanus exsulem appellavit, qui, cum de eo tribunus plebis promulgasset, adesse propter iniquitatem illius Cinnani temporis noluit, eique imperium est abrogatum – … Doch wenn deinen Vater … kein vernünftiger Mensch jemals einen Verbannten genannt hat, der, als ein Volkstribun ein Gesetz über ihn beantragt hatte, wegen der Verworrenheit der cinnanischen Zeit nicht in Rom erscheinen wollte, und ihm daraufhin die Befehlsgewalt aberkannt wurde … Nach Sullas Abmarsch aus Italien zum Krieg gegen Mithridates blieb eine Legion in Kampanien unter dem Propraetor Appius Claudius Pulcher (praetor 89) zurück, welche die noch von den Samniten gehaltene Stadt Nola belagerte. Nach seiner Flucht aus Rom konnte Cinna diese Legion – wahrscheinlich durch Bestechung – für sich gewinnen, aber wohl nicht ihren Befehlshaber.1560 Nur aus einer Cicero-Rede ist bekannt, dass ein Volkstribun einen Antrag über diesen Propraetor Appius Claudius stellte; doch sowohl über den Inhalt als auch die Art des Antrags wird nichts weiter gesagt. Das von Cicero gebrauchte Verb promulgare deutet auf einen Gesetzesvorschlag1561, in der Literatur wird jedoch öfter die Vorladung zu einem Gerichtsverfahren1562 angenommen. Appius Claudius bleibt indessen Rom fern, woraufhin ihm sein propraeto­ risches imperium durch einen Volksbeschluss1563 entzogen wird,  – und auch 1560

Bei Liv. per. 79 (Text bei Lex Nr. 125) ist nur von seinem Heer die Rede, nicht aber von ihm selbst; ebenso bei Vell. 2.20,4. 1561 So Lange, Alterthümer 2.711–712, 3.129; Bauman, RhM 111, 1968, 47–48. 1562 Bennett, Cinna 10 A.47, 29 m. A.25; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 268; Weinrib, Phoenix 22, 1968, 42; Thommen, Volkstribunat 152 A.36; Kelly, Exile 185. 1563 Lange, Alterthümer 2.711–712, 3.129; Bauman, RhM 111, 1968, 47–48; Thommen, Volkstribunat 95.

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Lex Nr. 126

hierfür nennt Cicero weder den Antragsteller noch einen Grund. Vielleicht könnte man im Zusammenhang mit der Übernahme des Heeres an einen Racheakt Cinnas denken, weil Appius Claudius sich ihm nicht angeschlossen hatte.1564 Auch die Datierung des Plebiszits lässt sich hieraus ableiten: Am wahrscheinlichsten erfolgte die abrogatio nach der Einnahme Roms durch Cinna und Marius, mithin am Ende des Jahres 87 bzw. am Anfang des Jahres 86.1565 Die über die abrogatio hinausgehende Behauptung, dass Appius Claudius auch mit Exil bestraft wurde,1566 geht aus Ciceros Worten nicht hervor. Sie besagen eher das Gegenteil, dass man ihn vielmehr nicht als Verbannten bezeichnet habe. Bei Cassius Dio (30–35.frg. 102,12) steht zwar eine kurze Notiz, dass zwei Praetoren mit der Interdiktion belegt wurden; doch Appius Claudius, der nach Niccolini1567 der eine von beiden war, amtierte schon im Jahr 87 nur noch als Propraetor. Um Appius Claudius dennoch zum Exilierten machen zu können, vermutete Weinrib1568, dass Cassius Dio die Amtsbezeichnung nicht korrekt wiedergebe – eine Begründung, die nicht zu überzeugen vermag. Als Folge der Abrogation schreibt Cicero (dom. 32,84) lediglich, dass Appius Claudius vom Censor L. Marcius Philippus bei der lectio senatus (Neuaufstellung der Senatsliste) übergangen wurde, was auf die lex Cassia (Lex Nr. 73) zurück­ zuführen ist. Doch auch diese Herabsetzung bleibt offenbar eine Episode; denn im Jahr 79 bekleidet Appius Claudius den Konsulat. Lit.: Bauman, RhM 111, 1968, 47–48; Bauman, Athenaeum 51, 1973, 289; Bennett, Cinna 7, 10 A.47, 29 m. A.25; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 267–268, 269; Botsford, Roman Assemblies 409 A.8; Broughton, MRR 2.48; Cuq, DS 3,2.1169; Fuhrmann, Reden V, 492 A. 80; Gruen, Roman Politics 234, 237; Kelly, Exile 184–185; Kloft, ZAGV 84/85, 1977/78, 165 A.14, 175; Lange, Alterthümer, 2.712, 3.129; Last, CAH 9.262; Niccolini, FTP 236–237; Rotondi, Leges 347; Sandberg, AIRFinl. 24.54; Seager, CAH2 9.178–179; Thommen, Volkstribunat 94–95, 132, 152 A.36, 157, 196 A.29; Weinrib, Phoenix 22, 1968, 42.

1564 1565

1566 1567 1568

Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 268. – Thommen, Volkstribunat 95, sieht den Grund für die Abrogation darin, dass Appius der Vorladung des Volkstribunen nicht gefolgt war. Niccolini, FTP 236; Bennett, Cinna 10 A.47, 29 m. A.25; Weinrib, Phoenix 22, 1968, 42 A.41; Seager, CAH2 9.178–179.  – Lange, Alterthümer 2.711–712, 3.129, und Bauman, Athenaeum 51, 1973, 289 denken an die Zeit vor Cinnas Flucht, vgl. die berechtigte Kritik von Bennett, Cinna 29 A.25, an Lange. Auch nach Last, CAH 9.262, habe Ap. Claudius sein Kommando nur bis zu Cinnas Auftritt behalten, weil er das schon früher ergangene Gesetz über seine Abrogation missachtete. So die Auffassung von Broughton, MRR 2.48; Weinrib, Phoenix 22, 1968, 42, und Kelly, Exile 185. Niccolini, FTP 236–237; ebenso Kelly, Exile 185. Phoenix 22, 1968, 43 A.45.

Lex Nr. 127

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127 Lex Valeria de aere alieno 668/86

Vell. 2.23,2: In huius (Marii) locum suffectus Valerius Flaccus, turpissimae legis auctor, qua creditoribus quadrantem solvi iusserat. An dessen (Marius’) Stelle wurde Valerius Flaccus zum Konsul nachgewählt, der Urheber eines äußerst schändlichen Gesetzes, durch das er angeordnet hatte, den Gläubigern nur ein Viertel der Schulden zurückzuzahlen. Cic. Font. 1,1: Nam ita ego defendo M. Fonteium, itaque contendo post legem Valeriam latam … te … quaestore usque ad T. Crispinum quaestorem aliter neminem solvisse; hunc omnium superiorum, huius autem omnis, qui postea fuerint auctoritatem dico secutos. Denn so verteidige ich M. Fonteius. Daher behaupte ich, dass nach der Verabschiedung der lex Valeria … während deiner Quaestur … bis zu der des T. Crispinus1569 niemand auf andere Art seine Schulden gezahlt hat; ich betone, dass dieser hier dem Vorbild aller vor ihm folgte, dass alle, die nach ihm kamen, aber seinem Vorbild folgten. Sall. Cat. 33,2: ac novissume memoria nostra propter magnitudinem aeris alieni volentibus omnibus bonis argentum aere solutum est. Und jüngst erst, zu unserer Zeit, wurde wegen der großen Menge von Schulden das Silber mit Kupfermünzen zurückgezahlt, weil alle rechtschaffenen Bürger es so wollten. L.  Valerius Flaccus1570, der als consul suffectus nach dem Tod von Marius nachgewählt worden war, ließ ein Gesetz verabschieden, das durch Velleius’ Worte negativ beurteilt und als „äußerst schändlich“ eingestuft wird. In dem Gesetz wurde angeordnet, dass den Schuldnern drei Viertel der Schulden erlassen werden, sie also lediglich ein Viertel der geliehenen Summe zurückzahlen müssen. Leider fehlen weitere Angaben über die Größenordnung dieses Schuldenerlasses, der sicherlich in den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Bürgerkriegsjahre seinen Grund hatte. Es lässt sich nur mutmaßen, ob das Gesetz eine einmalige Anordnung für die zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung bestehenden Schuldverträge traf,1571 ob die Art der Verträge bzw. die vertragschließenden Personen eine Rolle spielten1572 oder ob das Gesetz auf eine längere Dauer angelegt

1569

T. (Quinctius) Crispinus, Quaestor vor 69, vgl. Broughton, MRR 2.128. Christ, Krise 192, u. ders., Sulla 103, Blösel, Röm. Republik 195, Linke, Röm. Republik 117–118, und Sommer, RG 1.403, schreiben dieses Gesetz Cinna selbst zu. 1571 So die Meinung von Rotondi, Leges 347. 1572 Nach Barlow, AJPh 101, 1980, 211, galt der Schuldenerlass sowohl für Privatleute als auch für den Staat, der daraus großen Nutzen zog. 1570

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Lex Nr. 127

war. Nach Mommsen1573 wurde durch die lex Valeria die Rechnungseinheit geändert, der bisher geltende Libral-As bzw. der Sesterz durch den unzialen Münz-As (= 1/16 Denar) ersetzt. Für einen geliehenen Sesterz (= 1/4 Denar), der vier Münz-Assen entspricht, wird ein Münz-As zurückgezahlt, also nur ein Viertel. Für De Martino1574 scheint eher eine Währungsreform vorzuliegen, die jedoch eine Neubewertung und keine Abwertung des Geldes bedeutet. Ciceros leider nur fragmentarisch überlieferte Verteidigungsrede für Fonteius (um 69) lässt vermuten, dass der Schuldendienst zumindest über einige Jahre nach den Vorschriften der lex Valeria abgewickelt wurde; denn von den Beamten wurden Listen über Dreiviertel- und Viertelbeträge (tabulae dodrantariae et quadrantariae) angefertigt, und zwar mehrfach (Font. 1,2). Andererseits wirft die Erwähnung von zwei verschiedenen Listen eher neue Fragen auf, als dass sie hilft, die von Valerius vorgeschriebene Regelung zu verstehen.1575 Und auch die Angabe, dass bis zu T. Crispinus „niemand auf andere Art“ seine Schulden bezahlt hat, bedeutet höchstens, dass die lex Valeria bis zu diesem (unbestimmten) Zeitpunkt in Geltung blieb; denn für die Quaestur von Crispinus gibt es nur einen sicheren terminus ante quem, nämlich Ciceros Rede um 69.1576 Die öfter vertretene Ansicht, dass schon Sulla die lex Valeria wieder aufhob, lässt sich nirgends belegen.1577 Bei den Quellen zur lex Valeria wird meist noch eine Stelle aus Ciceros Rede pro Quinctio (4,17)1578 angeführt, die er 81 in einem privatrechtlichen Prozess hielt. Doch die Beschreibung der Vorgänge bei der Bezahlung von Schulden scheint nicht zu den Folgen der lex Valeria zu gehören; denn es geht um die Umrechnung der Währungseinheit für Schulden, die einige Jahre zuvor in Gallien

1573

Mommsen, Münzwesen 383–384; ebenso Grueber, Coins 1.xxxii. De Martino, Costituzione 3.79. 1575 Einen Vorschlag macht Lovano, Cinna 73, mit einer Liste für die Abzahlung und einer für die erlassene Summe, doch diese Doppelung scheint überflüssig. 1576 Lovano, Cinna 73, setzt die Quaestur ins Jahr 70 – ohne Beleg. Dagegen war Crispinus nach Lange und Botsford „muthmaßlich“ (Lange) im Jahr 80 Quaestor (vgl. die folgende Fn.). 1577 So Mommsen, Münzwesen 384. Ebenso Lange, Alterthümer 3.162; dem folgt Botsford, Roman Assemblies 422 m. A.13. Rotondi, Leges 347–348, hält die Aufhebung durch Sulla für nicht zwingend, Hill, Middle Class 150, lediglich für möglich. 1578 Cic. Quinct. 4,17: Cum pecuniam C.  Quinctius P.  Scapulae debuisset, per te, C.  Aquili, decidit P. Quinctius quid liberis eius dissolveret. Hoc eo per te agebatur quod propter aerariam rationem non satis erat in tabulis inspexisse quantum deberetur, nisi ad Castoris quaesisses quantum solveretur. Weil C. Quinctius dem P. Scapula Geld schuldig geblieben war, entschied P. Quinctius mit deiner Hilfe, was er dessen Kindern bezahlen sollte. Das geschah deshalb mit deiner Hilfe, weil es wegen der Berechnung auf Kupfermünzen nicht ausreichte, in seinen Büchern nachzusehen, wieviel man schuldete, wenn man nicht beim Castortempel [d. h. am Amtssitz eines der Quaestoren] nachgefragt hatte, wieviel abgezahlt werden musste. 1574

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gemacht worden waren.1579 Und die Berechnung in Kupfermünzen muss in diesem Fall nicht auf eine Schuldenreduzierung zurückgeführt werden,1580 sondern auf die Ermittlung des exakten Kurses für die Begleichung der ausstehenden Restschuld.1581 Ein Echo des valerischen Gesetzes liegt möglicherweise bei Sallust vor, der einen der Catilinarier sagen lässt, dass man vor nicht langer Zeit seine Schulden abzahlte, indem die (geliehenen?) Silbermünzen durch Kupfermünzen ersetzt wurden. Doch ein Maß für diese Umrechnung wird nicht genannt. Lit.: Badian, JRS 52, 1962, 56; Barlow, Bankers, 125–129, 135–136; Barlow, AJPh 101, 1980, 211, 216–217, 219; Baudry, DS 2,2.1226; Bellen, Grundzüge 111; Bennett, Cinna 40, 50, 66; Bleicken, Lex 128 m. A.79; Blösel, Röm. Republik 195; Botsford, Roman Assemblies 409–410, 422; Bringmann, Republik 263; Broughton, MRR 2.53; Brunt, Equites 196; Bulst, Historia 13, 1964, 334–335; Christ, Krise 192; Christ, Sulla 103; Cuq, DS 3,2.1166; De Martino, Costituzione 3.78–79; Duplá, Consules populares 286; Frank, AJPh 54, 1933, 56–57; Frank, ESAR 1.231–232, 270–271, 272; Fuhrmann, Reden I, 365 A. 7, 376 A. 5; Grueber, Coins 1.xxxii; Heftner, Gracchen 157; Hill, Middle Class 146, 150; Katz, AC 44, 1975, 121; Lange, Alterthümer 2.694, 3.135, 136, 162; Last, CAH 9.266; Levi, Costituzione 192; Linke, Röm. Republik 117–118; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 221, 234–235; Lovano, Cinna 69, 72–73; Mackay, Breakdown 174; Marsh / ​Scullard, History 105; Martin, Populare 206–208; McGushin, Sallust Cat. 192–193; Mommsen, Münzwesen 383–384, 894; Nicolet, Historia 28, 1979, 292; Perelli, Movimento popolare 151–152; Pina Polo, Consul 117; Rotondi, Leges 347–348; Sandberg, AIRFinl 24.80; Schur, Marius und Sulla 146–147; Scullard, Gracchi to Nero 71; Seager, CAH2 9.180; Shatzman, Senatorial Wealth 207; Sommer, RG 1.403; Thommen, Volkstribunat 63; Vretska, Sallust Cat. 2.403–404; E. Weiss, Leges Valeriae 4), RE 12,2 (1925) 2417; Williamson, Laws 464.

1579

Die Festsetzung eines festen Kurses bei der Umrechnung wird in der neueren Literatur auf M. Gratidianus, Praetor 85, zurückgeführt. Vgl. Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 235; Crawford, Coinage and Money 187–191.  – In der älteren Literatur wird die Auffassung vertreten, dass sich Gratidianus für ein neues Vertrauen in die Währung einsetzte und eine Prüfstelle für Münzen einrichtete. 1580 So die Erklärung von Fuhrmann, Cicero Reden 1.365 A.7. 1581 Bei Frank, ESAR 1.271, wird die Ortsangabe „beim Tempel des Castor“ sogar zur Prüfstelle für die Echtheit der Münzen, die auf Grund des Ediktes von Gratidianus eingerichtet wurde.

392

Lex Nr. 128

128 *Lex Papiria de novorum civium libertinorumque suffragiis 670/84

Liv. per. 84: Novis civibus senatus consulto suffragium datum est. … Libertini in quinque et triginta tribus distributi sunt. Den Neubürgern wurde durch einen Senatsbeschluss das Wahlrecht verliehen. … Die Freigelassenen wurden auf die 35 Tribus verteilt. Zum Jahr 841582 stehen in der Inhaltsangabe zu Buch 84 von Livius zwei voneinander unabhängige Aussagen, eine über die Neubürger, die durch einen Senatsbeschluss das Wahlrecht erhalten, und eine über die Freigelassenen, die nun auf die 35 Tribus verteilt werden, so dass sie dort ihr Stimmrecht ausüben können. Wegen der gemeinsamen Überlieferung bei Livius macht Lange1583 aus diesen beiden Aussagen zwei Gesetze des Konsuls Cn. Papirius Carbo. Diese Behauptung führte wohl zum Namen lex Papiria, den Rotondi1584 zwar übernahm, aber wegen des deutlichen Hinweises auf einen Senatsbeschluss mit einem Fragezeichen versah. Dass Lange Cn. Papirius Carbo für verantwortlich hält, ist vielleicht auf die familiäre Verbindung zum Urheber der lex Plautia Papiria1585 zurückzuführen, wenn nicht – was nach Schol. Bob. p.175 möglich scheint – der Konsul mit dem damaligen Volkstribunen sogar identisch ist.1586 Und als Konsul konnte Papirius auch einen Senatsbeschluss herbeiführen. In den Jahren nach Sulpicius und seinem Eingliederungsgesetz1587 fanden sich sporadisch Meldungen über die Verleihung des Wahlrechts an die Neubürger und ihre Verteilung auf die Tribus. Zunächst war Sulpicius’ Gesetz von Sulla für nichtig erklärt worden; danach hatte angeblich Cinna in seinem ersten Konsulat (87) erneut ein Gesetz1588 dieses Inhalts eingebracht, das jedoch nur von Exu­

1582

Nach Badian, Clientelae 241, kommt auch der Beginn des Jahres 83 in Betracht. Lange, Alterthümer 2.658, 3.141. Auch De Martino, Costituzione 3.81–82, macht Papirius Carbo für das Gesetz verantwortlich. 1584 Rotondi, Leges 348, meint, Lange habe nur ein Gesetz des Papirius, daher sein Titel lex Papiria. 1585 Lex Nr. 110. – Broughton, MRR 2. 30–31 A.8, hält den Volkstribunen von 89 für einen Bruder des späteren Konsuls. 1586 Nach Münzer, RE 18,3 (1949) 1020, ist der Volkstribun (Papirius, 34), ein jüngerer Bruder des Konsuls (Papirius, 38). 1587 Lex Nr. 116. 1588 Auch dieses Gesetz nennt Lange, Alterthümer 2.658, 3.128–129; ebenso De Martino, Costituzione 3.72–73 (lex Cornelia de …); Broughton, MRR 2.46; Martin, Populare 205; neuerdings vertritt Bispham, Asculum 194 diese Ansicht. 1583

Lex Nr. 128

393

perantius1589 genannt wird. Entweder blieb es daher bei einem Versuch Cinnas1590, da erst für das Jahr 84 die Livius-Epitome (per. 84) den bereits genannten Senatsbeschluss verzeichnet, der nun allem Anschein nach eine Verwaltungsmaßnahme begründet, oder Cinnas Gesetz wird nun durch diesen Senatsbeschluss umgesetzt.1591 Ein neues Gesetz war offenbar nicht erforderlich.1592 Ebenfalls für das Jahr 84 (per. 84) wird überliefert, dass die Freigelassenen nunmehr auf alle 35 Tribus aufgeteilt werden. Damit wird endlich auch unter dieses Problem, das Gesetzgebung und Zensoren – soweit uns bekannt ist – seit 1891593 beschäftigt, ein Schlussstrich gezogen. Lit.: Badian, Clientelae 236, 241, 243; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 261–263; Bispham, Asculum 194–195; Blösel, Röm. Republik 195; Botsford, Roman Assemblies 409 A.8; Bringmann, Republik 263; Brunt, Fall 135–136; Brunt, Manpower 91–93; Christ, Krise 193; Coşkun, RIDA 51, 2004, 128–129, 132; Coşkun, Cicero 43, 51; Cuq, DS 3,2.1165; Dahlheim, Staatsstreich 110 A.15; De Martino, Costituzione 3.72–73, 81–82; Flach, HZ 217, 1973, 286; Flach, Agrargeschichte 69; Gabba, Republican Rome III.95; Gruen, Roman Politics 246 m. A.137; Hackl, Senat und Magistratur 246 m. A.111; Harris, Etruria and Umbria 232, 235, 252; Heftner, Gracchen 159; Keaveney, CS 19, 1982, 505–507; Keaveney, Unification 205; Kiene, Bundesgenossenkrieg 219, 223; Konrad, Companion Republic 8.182; Lange, Alterthümer 1.519, 2.658, 3.139, 141–142; Lintott, Violence 143; Lovano, Cinna 62; Marsh / ​Scullard, History 105, 428; Martin, Populare 205–206; Masi Doria, Civitas 38–39; Meier, RPA 140; Mommsen, StR 3.179–180, 439 m. A.5; Morstein-Marx, Consular appeals 264–265; Münzer, Cornelius 106), RE 4,1 (1900) 1283; Rotondi, Leges 348; Schur, Marius und Sulla 154; Scullard, Gracchi to Nero 71; Seager, CQ 27, 1977, 389; Seager, CAH2 9.186; Siber, Verfassungsrecht 170; Taylor, Voting Districts 104–106, 144, 309–310; Thommen, Volkstribunat 80; Treggiari, Freedmen 49–50; Weber, Klio 57, 1975, 192, 195–196; Willems, Sénat 2, 685 A.2; Williamson, Laws 342.

Exuperantius 4: Cinna … legem tulit, ut novi cives … cum veteribus nulla discretione suffragium ferrent. Cinna beantragte ein Gesetz, dass die neuen Bürger gemeinsam mit den alten ohne Unterschied ihre Stimme abgeben sollten. 1590 In der Literatur gilt überwiegend die Neuaufnahme dieses Themas als Ursache für das Zerwürfnis mit dem Mitkonsul Octavius, infolgedessen Cinna Rom verließ; z. B. Carney, Marius 60; De Martino, Costituzione 3.72–73; Seager, CAH2 9.174. – Vgl. bei Lex Nr. 125. 1591 Vgl. bei Lex Nr. 116. 1592 So auch Mommsen, StR 3.179–180, 439 m. A.5; Flach, Agrargeschichte 69. – In der Forschung wird zumeist ein Handeln des Senats bzw. ein Senatsbeschluss angenommen, z. B. von Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 261–263; Botsford, Roman Assemblies 409 A.8; Bringmann, Republik 263; Brunt, Fall 135–136; Brunt, Manpower 91–93; Hackl, Senat und Magistratur 246 m. A.111; Harris, Etruria and Umbria 252; Lintott, Violence 143; Lovano, Cinna 62; Weber, Klio 57, 1975, 195–196. 1593 Elster, Gesetze 323–327 (Lex Nr. 154). 1589

394

Lex Nr. 129

129 *Rogatio de imperio Cn. Papirio Carboni abrogando 670/84

App. civ. 1.78,358–359: οὕτω μὲν δὴ καὶ Κίννας ὑπατεύων ἀπέϑανε· Κάρβων δ’ ἐκ τε Λιβυρνίας τοὺς διαπεπλευκότας ἐς αὐτὴν μετεκάλει καὶ τὰ γιγνόμενα δεδιὼς ἐς τὴν πόλιν οὐ κατῄει, καὶ πάνυ τῶν δημάρχων αὐτὸν καλούντων ἐπὶ συνάρχου χειροτονίαν. ἀπειλησάντων δὲ ἰδιώτην ἀποφανεῖν, ἐπανῆλϑε μὲν καὶ χειροτονίαν προύϑηκεν ὑπάτου, ἀπαισίου δὲ τῆς ἡμέρας γενομένης ἑτέραν προύγραφε· κἀν ταύτῃ κεραυνοῦ πεσόντος ἐς τὸ τῆς Σελήνης καὶ τὸ τῆς Δήμητρος ἱερὸν οἱ μάντεις ὑπὲρ τὰς ϑερινὰς τροπὰς ἀνετίϑεντο τὰς χειροτονίας, καὶ μόνος ἦρχεν ὁ Κάρβων. So starb auch Cinna während seines Konsulats. Carbo aber rief aus Liburnia die zurück, die dorthin gesegelt waren, und kehrte aus Furcht vor dem dortigen Geschehen nicht in die Stadt Rom zurück, obwohl die Volkstribunen ihn eindringlich zur Wahl eines Mitkonsuls herbeiriefen. Erst als sie drohten, ihn zu einer Privatperson zu erklären, kehrte er zurück und legte einen Termin für die Wahl eines Konsuls fest. Weil es aber ein Tag von schlechter Vorbedeutung war, verschob er die Abstimmung auf einen anderen. Und als an diesem Tag ein Blitz in den Tempel der Selene und den der Demeter1594 einschlug, vertagten die Auguren die Wahl auf die Zeit nach der Sommersonnenwende, und amtierte Carbo allein. Angeblich beantragten die Volkstribunen nach dem gewaltsamen Tod des Konsuls Cinna, dem verbliebenen Konsul Cn. Papirius Carbo das Imperium zu entziehen, weil er nicht nach Rom zurückgekehrt war, um von den Komitien einen consul suffectus als Nachfolger für Cinna wählen zu lassen. Es scheint jedoch, dass die Rogation lediglich angekündigt und nicht einmal richtig promulgiert wurde. Wahrscheinlich haben sich die Volkstribunen darauf beschränkt, dem Konsul das Entziehen des Imperiums anzudrohen.1595 Denn nach dem Bericht Appians, der für diese Geschehnisse die einzige Quelle ist, kehrte Carbo daraufhin nach Rom zurück. Zwar wurden die Wahlversammlungen zweimal angesetzt, aber beim ersten Termin mussten sie wegen ungünstiger Vorzeichen vertagt werden und beim zweiten verhinderte ein Blitzschlag die Abstimmung. Allem Anschein nach hat Carbo dann bis zum Ende des Jahres als einziger Konsul amtiert.1596 1594

Die römischen Gottheiten sind Luna und Ceres. So die überwiegende Ansicht, vgl. Lange, Alterthümer 2.593, 712; Rotondi, Leges 348; Badian, Clientelae 242; Kloft, ZAGV 84/85, 1977/78, 165 A.14; Kunkel, Staatsordnung 2.257. 1596 App. civ. 1.78,359. Ebenso: Liv. per. 83 (Consulatum Carbo solus gessit.) u. Vell. 2.24,5 (Carbo nullo suffecto collega solus toto anno consul fuit). – Broughton, MRR 2.60; Lange, Alterthümer 3.139 schwächt ab zu „Carbo führte das Consulat einstweilen allein“. 1595

Lex Nr. 130

395

Lit.: Badian, Clientelae 242; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 269; Bulst, Historia 13, 1964, 322–324; Gruen, Roman Politics 249; Hackl, Senat und Magistratur 245; Jahn, Interregnum 160; Kloft, ZAGV 84/85, 1977/78, 165 A.14; Kunkel, Staatsordnung 2.257; Lange, Alterthümer 2.593, 712, 3.139; Lovano, Cinna 107–108, 110–111; Martin, Populare 208; Mommsen, StR 1.630 m. A.4; Münzer, Papirius 38), RE 18,3 (1949) 1027; Rotondi, Leges 348; Schur, Marius und Sulla 155; Seager, CAH2 9.185; Thommen, Volkstribunat 93, 94–95.

130 Lex Iunia de colonia Capuam deducenda 671/83

Cic. leg. agr. 2.33,89: Quod si maiores nostri existimassent quemquam in tam inlustri imperio et tam praeclara populi Romani disciplina M. Bruti aut P. Rulli similem futurum – hos enim nos duos adhuc vidimus qui hanc rem publicam Capuam totam transferre vellent – profecto nomen illius urbis non reliquissent. Was wäre, wenn unsere Vorfahren sich vorgestellt hätten, dass irgendjemand in diesem so hochgeschätzten Herrschaftsgebiet und bei der so hochgerühmten Staatsordnung des römischen Volkes M. Brutus oder P. Rullus gleichen werde – von beiden steht nämlich fest, dass sie dieses Staatswesen vollständig nach Capua verpflanzen wollten –, zweifellos hätten sie nicht einmal den Namen jener Stadt (Capua) übrig gelassen. Cic. leg. agr. 2.34,92: Haec consilia maiorum M. Bruto, ut antea dixi, reprehendenda et P. Rullo visa sunt; neque te, P. Rulle, omina illa M. Bruti atque auspicia a simili furore deterrent. Nam et ipse, qui deduxit, et qui magistratum Capuae illo creante ceperunt, et qui aliquam partem illius deductionis, honoris muneris attigerunt, omnis acerbissimas impiorum poenas pertulerunt. Et quoniam M.Bruti atque illius tempus feci mentionem, commemorabo id quod egomet vidi, cum venissem Capuam colonia iam deducta L. Considio et Sex. Saltio, quem ad modum ipsi loquebantur, ‚praetoribus‘  … Diese Beschlüsse unserer Vorfahren erschienen, wie ich zuvor sagte, M. Brutus und P. Rullus tadelnswert; und dich, P. Rullus, schreckten nicht einmal jene Vorzeichen des M. Brutus und die Beobachtung der Wahrzeichen von ähnlichem Wahnsinn ab. Denn sowohl er selbst, der die Kolonie gründete, als auch die, die auf Grund seiner Wahl ein Amt in Capua antraten, als auch die, die mit irgendeinem Teil dieser Gründung, einer Anerkennung oder einer Aufgabe, in Berührung kamen, sie alle erduldeten die schärfsten Strafen für Frevler. Und da ich ja nun M. Brutus und seine Zeit erwähnt habe, werde ich darauf zu sprechen kommen, was ich selbst bei einem Besuch in Capua gesehen habe, als die Kolonie gerade gegründet war und Lucius Considius und Sextus Saltius ‚Praetoren‘ waren, wie sie sich selbst nannten, …

396

Lex Nr. 130

Marcus Iunius Brutus1597 hat vermutlich durch ein Plebiszit, das in der Überlieferung leider keine Spur hinterlassen hat, in der Stadt Capua eine Kolonie gegründet. Bekannt ist dieser Versuch nur aus Ciceros Vergleich mit dem Siedlergesetz von Rullus (63). Dort gibt Cicero einen Augenzeugenbericht über seinen Aufenthalt in der neuen Kolonie mit einer Schilderung der Verhältnisse kurz nach ihrer Gründung (leg. agr. 2.34,92–94). Gabba1598 denkt, mit der Erhebung in den Status einer Kolonie habe man eine Rückkehr zur früheren Autonomie von Capua erreichen wollen. Damit stimmt überein, das Cicero nicht von einer Deduktion von Kolonisten berichtet, sondern eher den Anschein erweckt, dass Einheimische die Magistratur der neuen Kolonie stellen. Eine lange Lebensdauer1599 war dieser „Kolonie“ nicht beschieden, sie wurde vermutlich im selben Jahr von sullanischen Parteigängern wieder aufgehoben.1600 Schneider1601 behauptet, dass Sulla „den alten Zustand auf dem ager Campanus wiederhergestellt“ habe, was sich aber in den Quellen nirgends niederschlägt.1602 Lit.: Beloch, Geschichte 496; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 269; Botsford, Roman Assemblies 410; Broughton, MRR 2.63; Corradi, SIFC N. S.5, 1927, 287; Cuq, DS 3,2.1151; Curreri, Epigraphica 33, 1971, 46–47; Frederiksen, Campania 286, 302–303, 309, 316; Gabba, Athenaeum 29, 1951, 256–261 = Republican Rome II.56–59, 211–213; Gabba, ANRW 1,1.798; Gabba, SCO 21, 1972, 83–84; Galsterer, Herrschaft 62; Harvey, Athenaeum 59, 1981, 299, 310–312; Keppie, Colonisation 143–144; Lange, Alterthümer 2.691; Last, CAH 9.271; Lovano, Cinna 69; Mommsen, RG 3.327, 356; Münzer,

1597

1598

1599

1600

1601 1602

Frederiksen, Campania 286, spricht von „abortive colonial attempts of C. ­Gracchus and Marius“ und von „the abortive Marian colony of 83“ (S.309) – doch, weshalb er eine Verbindung zu Marius zieht, wird nicht erklärt. Eine ähnliche Zuordnung, ebenfalls ohne Quellenbeleg, findet sich schon bei Rotondi, Leges 248. Nach seinen Worten wird die Kolonie auf Grund des Plebiszits von Iunius Brutus deduziert, dann aber von Anhängern des Marius gegründet. Gabba, Republican Rome II.56–57, und ders., SCO 21, 1972, 83–84. Ihm schließen sich an Galsterer, Herrschaft 62, Harvey, Athenaeum 59, 1981, 299, 310–312, und Keppie, Colonisation 143–144. Cic. leg. agr. 2.34,93 spricht vom Verhalten der Oberbeamten im ersten Jahr der Kolonie, die sich sofort Praetoren nannten – statt duoviri, wie üblich –, und knüpft daran Spekulationen, wie sich wohl später geriert hätten. Daraus ist zu entnehmen, dass es ein „später“ nicht gegeben hat. Vgl. Reid, JRS 1, 1911, 82. So Curreri, Epigraphica 33, 1971, 46. Die Aufhebung der Kolonie kann jedoch keine Folge des Todes von Iunius Brutus sein, wie Curreri a. a. O. darlegt, denn er wird fünf Jahre nach seinem Volkstribunat, im Jahr 78, von Pompeius ermordet. Nach Thommen, Volkstribunat 50, geschah die Aufhebung durch Sulla; ebenso äußert sich Santangelo, Sulla 134–135. Wirtschaft 322; auch Mommsen, RG 3.356, hat das behauptet. Erst unter Caesar (59–58) gibt es wieder eine Kolonie in Capua (Cic. Sest. 4,9), vgl. Frederiksen, Campania 302 u. 309. Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 524, nennt sogar keine ältere Kolonie in Capua als die von Caesar.

Lex Nr. 131

397

I­ unius 52), RE 10,1 (1917) 972–973; Niccolini, FTP 238; Reid, JRS 1, 1911, 82; Rotondi, Leges 348; Santangelo, Sulla 134–135; Thommen, Volkstribunat 49–50, 54; Thommen, Klio 99(2), 2017, 548; Schneider, Wirtschaft 322.

131 Lex Valeria de Sulla dictatore 672/82

App. civ. 1.99,461–462: [Zuvor (98) Wahl des Valerius Flaccus zum Interrex; an ihn schreibt Sulla einen Brief mit der Forderung nach einer Diktatur ohne zeitliche Begrenzung, bis in der Stadt und im ganzen Staat die Ordnung wieder hergestellt sei.] ῾Ρωμαῖοι δ᾽ οὐχ ἑκόντες μὲν οὐδὲ κατὰ νόμον ἔτι χειροτονοῦντες οὐδὲν οὐδ᾽ ἐπὶ σφίσιν ἡγούμενοι τὸ ἔργον ὅλως, ἐν δὲ τῇ πάντων ἀπορίᾳ τὴν ὑπόκρισιν τῆς χειροτονιάς ὡς ἐλευϑερίας εἰκόνα καὶ πρόσχημα ἀσπασάμενοι χειροτονοῦσι τὸν Σύλλαν, ἐς ὅσον ϑέλοι, τύραννον αὐτοκράτορα. τυραννὶς μέν γὰρ ἡ τῶν δικτατόρων ἀρχὴ καὶ πάλαι, ὀλίγῳ χρόνῳ ὁριζομένη· τότε δὲ πρῶτον ἐς ἀόριστον ἐλϑοῦσα τυραννὶς ἐγίγνετο ἐντελής. τοσόνδε μέντοι προσέϑεσαν εἰς εὐπρέπειαν τοῦ ῥήματος, ὅτι αὐτὸν αἱροῖντο δικτάτορα ἐπὶ ϑέσει νόμων, ὧν αὐτὸς εφ᾽ ἑαυτοῦ δοκιμάσειε, καὶ καταστάσει τῆς πολιτείας. Freiwillig waren Römer zwar nicht dafür, sie konnten aber nach Recht und Gesetz keine Wahl abhalten und meinten daher, die Lage nicht mehr vollständig meistern zu können. Und aus dem Gefühl der Ausweglosigkeit begrüßten sie die Vortäuschung der Abstimmung als Abbild und Anschein einer freien Wahl und erwählten Sulla zum unbeschränkten Alleinherrscher in dem Ausmaß, wie er es wollte. Denn die Alleinherrschaft der Diktatoren war zwar von jeher und schon früher gebräuchlich, doch war sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt. Damals aber kam eine Alleinherrschaft zum ersten Mal ohne Begrenzung auf und wurde eine umfassende Obrigkeit. Gleichwohl verliehen sie, damit die Wortwahl anständig klang, noch so viel dazu, dass sie ihn zum Diktator wählten für den Erlass von Gesetzen, wie sie ihm selbst nach einer Prüfung gut schienen, und für die Neuordnung des Staates. Cic. leg. agr. 3.2,5: Omnium legum iniquissimam dissimillimamque legis esse arbitror eam quam L.  Flaccus interrex de Sulla tulit, ut omnia quaecumque ille fecisset essent rata. Nam cum ceteris in civitatibus tyrannis institutis leges omnes exstinguantur atque tollantur, hic rei publicae tyrannum lege constituit. Est invidiosa lex, sicut dixi, verum tamen habet excusationem, non enim videtur hominis lex esse, sed temporis. Von allen Gesetzen am ungerechtesten und einem Gesetz am unähnlichsten, meine ich, ist dasjenige, welches L. Flaccus als Interrex über Sulla einbrachte, dass alles, was auch immer jener getan habe, rechtens sei. Denn, während in den übrigen Staaten, nachdem Tyrannen eingesetzt worden waren, alle Gesetze ausgelöscht und aufgehoben werden, setzte dieser einen Staatstyrannen

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durch Gesetz ein. Es ist ein verhasstes Gesetz, wie ich schon sagte, dennoch gibt es aber eine Entschuldigung dafür; es scheint nämlich nicht das Gesetz eines Menschen zu sein, sondern des Zeitgeistes. Cic. leg. 1.15,42: Nihilo credo magis illa quam interrex noster tulit, ut dictator quem uellet ciuium vel indicta causa1603 inpune posset occidere. Ebensowenig, wie ich meine, jenes Gesetz, welches unser Interrex einbrachte, dass der Diktator, welchen Bürger er wollte, sogar ohne Verhör ungestraft töten konnte. Cic. Att. 9.15,2: sed si Sulla potuit efficere ab interrege ut dictator diceretur et magister equitum, cur hic non possit? Aber wenn Sulla es erreichen konnte, dass ein Diktator und ein Magister equitum von einem Interrex ernannt wurden, warum kann dieser (Caesar) es dann nicht? Plut. Sulla 33,1–2: Δικτάτορα μὲν γὰρ ἑαυτὸν ἀνεγόρευσε, δι᾽ ἐτῶν ἑκατὸν εἴκοσι τοῦτο τὸ γένος τῆς ἀρχῆς ἀναλαβών. (2) ἐψηφίσϑη δ᾽ αὔτῷ πάντων ἄδεια τῶν γεγονότων, πρὸς δὲ τὸ μέλλον ἐξουσία ϑανάτου, δημεύσεως, κληρουχιῶν κτίσεως, πορϑήσεως, ἀφελέσϑαι βασιλείαν ᾧ βούλοιτο χαρίσασϑαι. Zu einem Diktator ernannte er (Sulla) sich nämlich selbst, nachdem diese Art der Staatsführung seit einhundertundzwanzig Jahren nicht übernommen worden war. (2) Er ließ einen Beschluss fassen, dass ihm für alles Vergangene Straflosigkeit zugesichert, für die Zukunft aber das Recht verliehen wurde, über Tod und Leben zu entscheiden, Güter zu konfiszieren, Kolonien anzulegen oder zu zerstören, Königreiche wegzunehmen oder zu vergeben, ganz wie es ihm gefiel. Schol. Gronov. p.314: 125. P r o s c r i p t i o n e Va l e r i a . 1604 Valerius Flaccus praetor Sullanis temporibus fuit. Hic tulit legem: quicquid Sulla dixisset, lex esset. Si quid ergo ad populum tulisset Sulla, valebat lege Cornelia; si quid voluisset facere et non tulisset ad populum, hoc valebat lege Valeria. Die Valerius zugeschriebene Ächtung der Gegner. Valerius Flaccus war Praetor1605 zu Zeiten Sullas. Dieser brachte folgendes Gesetz ein: Alles, was Sulla gesagt habe, wäre Gesetz. Wenn also Sulla etwas beim Volk beantragt habe, hat es durch eine lex Cornelia Gültigkeit; wenn er etwas tun wollte und es nicht beim Volk beantragt habe, so hat das durch die lex Valeria Gültigkeit. Cic. Verr. 2,3.35,82: Ille, de quo legem populus Romanus iusserat, ut ipsius voluntas ei posset esse pro lege, tamen in hoc uno genere veterum religione legum reprehenditur. Jener (Sulla), für den das römische Volk durch Gesetz angeordnet hatte, dass sein Wille ihm als Gesetz gelten könne, wird dennoch in dieser einen Hinsicht wegen Bedenken auf Grund alter Gesetze getadelt.

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Zum Text vgl. den Kommentar von Kenter, Comm. De legibus 169. Der Scholiast kommentiert hier Cicero, S. Rosc. 43,125; vgl. bei Lex Nr. 132. 1605 Hier liegt entweder ein Irrtum oder eine Verwechslung vor; denn nach allem, was wir wissen, war L. Valerius Flaccus im Jahr 100 Konsul (MRR 1.574). 1604

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Über die lex Valeria, die am Beginn von Sullas Diktatur steht, vermitteln die Quellen ein uneinheitliches Bild. Das beginnt mit der Person bzw. dem Amt des Antragstellers L. Valerius Flaccus. Bei Appian (civ. 1.98,459) und Cicero (leg. agr. 3.2,5) fungiert Flaccus als vom Senat eingesetzter Interrex, was dem üblichen Vorgehen entsprach, wenn beide Konsuln – wie im vorliegenden Fall – nicht mehr am Leben waren. In den Scholien (Schol. Gronov. p.314) dagegen wird Flaccus als Praetor bezeichnet, was vermutlich auf eine Verwechslung mit einem gleichnamigen Mitglied der gens Valeria zurückzuführen ist. Deshalb gilt Flaccus allgemein als im Amt befindlicher Interrex. Die eigentliche Aufgabe eines Interrex besteht nun darin, zum schnellstmöglichen Zeitpunkt Konsulwahlen durchzuführen. Stattdessen ließ Flaccus, der einen Brief Sullas1606 mit Anweisungen bzw. suggestiven Überlegungen zur Wiederherstellung der Ordnung im Staat erhalten hatte, die Volksversammlung1607 über ein Gesetz abstimmen. Dass dieses Gesetz rechtmäßig zustande gekommen ist und Sullas Diktatur damit legal erscheint, ist zwar allgemeine Auffassung1608. Es gibt jedoch zwei Probleme: Erstens ist die lex Valeria das einzige Beispiel dafür, dass ein Interrex als Rogator fungiert.1609 Der Interrex verfügte allerdings für fünf Tage als einziger Träger der obermagistratischen Gewalt über das ius agendi cum populo,1610 und dieses Recht konnte er auch nutzen, um die Komitien für einen Gesetzesantrag zusammenzurufen  – und nicht nur für Konsulwahlen. Wittmann1611 schließt daraus, dass die lex Valeria „gültig zustandegekommen“ sei. Zweitens wird nicht berücksichtigt, dass bei dieser Rogation die Frist von drei Markttagen (das trinum nundinum) nicht eingehalten wird, die nach der lex Caecilia et Didia (Lex Nr. 94) zwischen der Promulgation eines Antrags und der Abstimmung darüber vorgeschrieben ist. Wahrscheinlich muss man daher davon ausgehen, dass der Senat diesen Formfehler nicht rügte und das Gesetz als ein rechtmäßig verabschiedetes galt.1612 1606 1607

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1609 1610 1611 1612

App. civ. 1.98,459–460. Dabei handelt es sich um die Komitien, vgl. Botsford, Roman Assemblies 412; Broughton, MRR 2.66; Gabba, Appian 1.341; Williamson, Laws 334; Die concilia plebis konnte der Interrex nicht einberufen (so irrtümlich Ingrisch, Sullas dictatura 43); merkwürdigerweise bezeichnet Carcopino, Sylla 39 u. 41, die lex Valeria als „le plébiscite“. Zu finden etwa bei Mommsen, StR 2.712, Levi, Costituzione 196, Badian, Historia 11, 1962, 230, Christ, Sulla 71, und Ingrisch, Sullas dictatura 43; Vervaet, CCG 15, 2004, 84; überwiegend wird das Gesetz einfach in die Darstellung eingebunden, ohne seine Rechtmäßigkeit zu hinterfragen. Jahn, Interregnum 164, bezeichnet den Gesetzesantrag daher als „absolutes Novum“. Kunkel, Staatsordnung 2.281; Wittmann, Sulla 567. Wittmann, Sulla 567. Nach Hurlet, La dictature 44, ordnete ein Senatsbeschluss die Aufhebung der Frist an; Vervaet, CCG 15, 2004, 83, schließt sich dem an. Die von Hurlet angeführten Beispiele

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Welche Bestimmungen die lex Valeria im Einzelnen enthielt, ist nicht genau zu ermitteln. Lediglich zwei sind eindeutig zu benennen: Flaccus wurde mit der Ernennung eines Diktators beauftragt, höchstwahrscheinlich sogar direkt mit der Ernennung Sullas.1613 Appian schreibt zwar, dass Sulla durch eine Volkswahl zum Diktator gemacht wurde; vermutlich ist seine Auffassung jedoch auf eine vereinfachte Darstellung zurückzuführen, welche die Abstimmung über das Gesetz und die darin angeordnete Ernennung zusammenfasst.1614 Zweitens wurde Sulla die Diktatur ohne eine zeitliche Begrenzung übertragen – bisher war nur ein Zeitraum von längstens sechs Monaten erlaubt. In einem weiteren Punkt hielt sich Sulla allerdings an das übliche Procedere für einen Diktator, indem er seinerseits L. Valerius Flaccus zu seinem magister equitum ernannte.1615 Ob die lex Valeria zusätzliche Bestimmungen enthielt, kann nur aus den Maßnahmen abgeleitet werden (und wird es auch), welche die Überlieferung dem Diktator Sulla zuschreibt: So ist nach Cicero (leg. 1.42) als Einzelbestimmung ausdrücklich das Recht zur Tötung von Bürgern enthalten.1616 Weiterhin entwarf Mommsen1617 einen regelrechten Katalog umfassender Befugnisse, die zwar zum großen Teil aus Plutarch abgeleitet sind, jedoch sicherlich nicht genuiner Bestandteil des Gesetzes waren, sondern ihren Ursprung im imperium des Diktators hatten – ebenso wie das von Cicero hervorgehobene Recht.1618 Strittig ist ferner, ob der Passus über

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vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Außerdem behauptet er (a. a. O. 45–47)  – gegen die Quellen –, dass der erste Interrex so nicht agieren konnte, Valerius sei daher der zweite Interrex gewesen. Dem widerspricht zu Recht Vervaet, CCG 15, 2004, 77–84. Hurlet, La dictature 36, geht davon aus, dass die lex Valeria Sullas Namen nicht enthielt (gegen Jahn, Interregnum 162, der die Regelung der Personalfrage für möglich hält). – Vervaet, CCG 15, 2004, 40–41, spricht sich dezidiert für die Nominierung Sullas und Valerius’ aus. Gabba, Appian 1.341, meint, dass Appian in diesem Sinne zu verstehen sei; ebenso Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.706–707. Dagegen folgt Schur, Marius und Sulla 184, den Worten Appians und behauptet eine von Flaccus geleitete Wahl des Diktators Sulla durch die Comitien; ähnlich Keaveney, Sulla 136–137. – Nach Plutarch (Sulla 33,1) ernannte Sulla sich selbst zum Diktator, was jedoch im Gegensatz zu allen anderen Quellen steht und nach römischem Staatsrecht – soweit wir wissen – nicht möglich ist. CIL 12 ,1. p.27 (Fasti Capitolini). Siber, Verfassungsrecht 210. Mommsen, RG 3.349–350; übernommen von Carcopino, Sylla 40–41, Schur, Marius und Sulla 184, Keaveney, Sulla 136, und Vervaet, CCG 15, 2004, 44–45; vgl. De Martino, Costituzione 3.84–85, mit seinem vorsichtigen Urteil. Auch Bringmann, Krise 63–64, folgt Cicero und der Aufzählung Plutarchs. Abgelehnt wird Mommsens Rekonstruktion von Hurlet, La dictature 33–34. – Nach Abbott, CPh 10, 1915, 375, leitet Sulla aus der lex Valeria das Recht zur Gründung von Kolonien ohne Volksbeschluss ab; vgl. dazu Lex Nr. 142. Ähnlich Castello, Studi Francisci 3.47. – Öfter liest man, dass Valerius nicht nur ein Gesetz verabschieden ließ; die Einzelbestimmungen werden dann einem zweiten oder auch mehreren Gesetzen zugeordnet, z. B. von Schur, Marius und Sulla 183 m. A.1; Fuhrmann, proscriptio, RE 23,2 (1959) 2442; Jahn, Interregnum 162; Kunkel, Staatsordnung 2.281 A.32; Mackay, Breakdown 185–186.

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die rückwirkende Ratifizierung der bisherigen Taten und Maßnahmen Sullas Bestandteil der lex Valeria war, wie aus Ciceros Worten hervorzugehen scheint,1619 oder ob schon vorher darüber abgestimmt wurde; denn Appian platziert diesen Beschluss deutlich vor den Beginn der Diktatur.1620 Außerdem wird Ciceros Aussage in unterschiedlicher Wertung der Zeitform fecisset teils auf die Vergangenheit – wie auch Appian zu verstehen ist –, teils als Freibrief für Sulla auf die Zukunft bezogen.1621 Nur von Appian wird die Aufgabe des Diktators mit Gesetzgebung und Verfassungsordnung umschrieben. Daher wird als Titel Sullas dictator legibus scribendis et rei publicae constituendae angenommen.1622 Die lateinische Fassung ist jedoch nirgends überliefert1623, und schon Mommsen1624 sprach sich dafür aus, dass es keinen offiziellen Titelzusatz gegeben habe. 1619

Cic. leg. agr. 3.2,5. Dem schließen sich an: Botsford, Roman Assemblies 412; Rotondi, Leges 348–349; Bringmann, Republik 266. 1620 App. civ. 1.97,451, zitiert von Mommsen, StR 2.736 A.5. Plut. Sulla 33,2 bezieht den „Beschluss“, den er erst im Zusammenhang mit den übrigen Befugnissen des Diktators anführt, ebenso wie Appian rückwirkend auf das bisher Geschehene.  – Gabba, Appian 1.341, postuliert daher, dass die Anordnungen Sullas schon vor der Verabschiedung des Gesetzes durch einen diesbezüglichen Senatsbeschluss bestätigt worden seien. Nach Lange, Alterthümer 3.149 und 151, wurde der „früher gefaßte Senatsbeschluss“ in die lex Valeria aufgenommen. 1621 Ratifizierung der acta Sullae: Mommsen, StR 2,1.736 A.5, Lange, Alterthümer 3.151, Botsford, Roman Assemblies 412, Rotondi, Leges 348–349, Wilcken, Diktatur 8, Santangelo, Sulla 83, Bringmann, Republik 265–266 und Krise 63, u. a. – Vollmacht für Zukünftiges: Gabba, Appian 1.341, Hurlet, La dictature 35 m. A.30 (weitere Literaturhinweise), Seager, CAH2 9.199, u. a. – An Vergangenheit und Zukunft gleichermaßen denkt Broughton, MRR 2.66. – Vgl. die zutreffende Analyse von Jahn, Interregnum 162–163. 1622 Dieser Titel findet sich u. a. bei Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1556; Cuq, DS 3,2.1166; Rotondi, Leges 348; Wilcken, Diktatur 9; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 271; Brunt, Social conflicts 107; Keaveney, Klio 65, 1983, 195; Christ, Krise 213; Hantos, Res publica 69; Hurlet, La dictature 34; Cloud, CAH2 9.496; Sandberg, AIRFinl. 24.38, 80; Dyck, Commentary 184; Santangelo, Sulla 9; Ingrisch, Sullas dictatura 43; Sommer, RG 1.409; de Wilde, ZRG 130, 2013, 3; Blösel, Röm. Republik 201. 1623 Entgegen den immer wieder zu lesenden Behauptungen in der Literatur (z. B.  Fündling, Sulla 179–180 A.30) weisen die Fasti Capitolini, CIL 12 ,1 p.27, hinter dem Namen Sullas eine Lücke auf; Amt und Titel sind ergänzt. In den fasti triumphales (CIL 12 ,1, p.49) wird er schlicht als dict(ator) bezeichnet. Ebenso macht Degrassi in seiner Herausgabe der Fasti Capitolini (Mailand 1954) in den fasti consulares (p.74–75) deutlich, dass der von ihm angeführte Titel des Diktators, nämlich dict(ator) rei publ(icae) constit(uendae) caussa, eine Ergänzung ist (Letzner, Sulla 247 A.7, hält ihn für original!). Dieser Titel findet sich schon bei Liebenam, Dictator, RE 5,1 (1905) 388 und Botsford, Roman Assemblies 412, neuerdings z. B. bei Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.703, und Bringmann, Republik 266. 1624 Mommsen, StR 2,1.703 A.3; ebenso Siber, Verfassungsrecht 210. – Anderer Auffassung ist Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1556.

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Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 375; Badian, Historia 11, 1962, 230; Bellen, Historia 24, 1975, 555–569; Bellen, Grundzüge 113; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 266, 270–271; Blösel, Röm. Republik 201; Botsford, Roman Assemblies 412–413; Brennan, Praetorship 2.388; Bringmann, Republik 265–267; Bringmann, Krise 63–64; Broadhead, Companion Army 9.159; Broughton, MRR 2.66–68; Brunt, Social conflicts 107; Capogrossi Colognesi, Law 201–202; Carcopino1625, Sylla 39–47; Castello, Studi Francisci 3.37–60; Christ, Krise 212–213; Christ, Sulla 71, 122–123; Cuq, DS 3,2.1166; De Martino, Costituzione 3.83–90; Diehl, Sulla 149–150; Dyck, Commentary 182–184; Flach, HZ 217, 1973, 287; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1556; Fündling, Sulla 121–122; Fuhrmann, proscriptio, RE 23,2 (1959) 2442; Gabba, Appian 1.341–342; Graeber, Auctoritas 211–212, 214; Grasmück, Exilium 108 A.307; Gruen, Roman Politics 250; Hantos, Res publica 69; Hinrichs, Gromatische Institutionen 66 A.77, 73; Hurlet, La dictature 32–36, 40–41, 47; Ingrisch, Sullas dictatura 42–48; Jahn, Interregnum 161–165; Keaveney, Klio 65, 1983, 192; Keaveney, Sulla 135–139; Kenter, Comm. De legibus 168–169; Konrad, Companion Republic 8.183; Kunkel, Staatsordnung 2.281 m. A.32; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.706–707; Lange, Alterthümer 1.295, 3.151–153; Last, CAH 9.283–284; Lengle, Sullanische Verfassung VII; Letzner, Sulla 247–250, 271–272; Levi, Costituzione 194–197; Linderski, Questions I.24–25; Linke, Röm. Republik 128; Mackay, Breakdown 185–186; Mancuso, BIDR 96–97, 1993–1994, 269–277; Marsh / ​Scullard, History 123; Marshall, Asconius 308; Meier, RPA 246; Mommsen, RG 3.349–350; Mommsen, StR 2.147–148, 703–715, 726, 736 A.5; Rotondi, Leges 348–349; Salmon, Colonization 131; Sandberg, AIRFinl. 24.38, 80; Santangelo, Sulla 83; Schneider, Veteranenversorgung 134 m. A.29; Schur, Marius und Sulla 182–184; Scullard, Gracchi to Nero 79; Seager, CAH2 9.199–200; Siber, Verfassungsrecht 210; Sommer, RG 1.408–409; Vervaet, CCG 15, 2004, 39–60, 69–70, 75–77, 84; E. Weiss, Leges Valeriae 5), RE 12,2 (1925) 2417; Wilcken, Diktatur 8–12; de Wilde, ZRG 130, 2013, 3, 8; Williamson, Laws 334, 335; Wittmann, Sulla 567–573, 579–580.

1625

Merkwürdigerweise bezeichnet Carcopino, a. a. O. 39, 41, 46, die lex Valeria als Plebiszit.

Vorbemerkung zu den leges Corneliae des Diktators L. Cornelius Sulla (Leges Nr. 132–156)

Der rechtliche Status der meisten sullanischen Gesetze ist auf Grund der Quellenlage nicht eindeutig zu bestimmen. Es lässt sich kein definitives Urteil darüber fällen, ob die Gesetze Sullas unter leges rogatae zu rechnen sind oder unter leges datae. Denn Appian (civ. 1.99,462) zählt die Gesetzgebung zu den Aufgaben des Diktators, ohne die Art und Weise – Diktat oder Anträge beim Volk – zu spezifizieren, und nur Cicero (Verr. 2,3.82) äußert sich dahingehend, dass „sein Wille ihm so gut wie ein Gesetz gelten kann.“ Darüber hinaus wird das Recht, Gesetze zu erlassen, nirgends explizit genannt. Deshalb ist nicht zweifelsfrei zu ermitteln, ob Sulla die mit seinem Namen überlieferten Gesetze aus seiner Machtvollkommenheit als Diktator1626 erließ oder ob er sie  – wie andere Magistrate – von der Volksversammlung ratifizieren ließ. Für die zweite Variante spricht, dass ein Gesetz, nämlich die inschriftlich überlieferte lex über die Quaestoren (Lex Nr. 141), mit Sicherheit von den Tributkomitien verabschiedet wurde. Und ebenso wird bei zwei weiteren Gesetzen ausdrücklich in den Quellen auf eine Verabschiedung durch das Volk Bezug genommen, bei der lex de tribunicia potestate (Lex Nr. 133)1627 und der lex sumptuaria (Lex Nr. 144)1628. In der Literatur findet sich daher häufig die Auffassung, dass sich Sulla an den „normalen“ Weg der Gesetzgebung gehalten habe.1629 Die moderne Forschung legt Sulla überwiegend den Titel dictator legibus scribendis et rei publicae constituendae zu; so etwa Brunt, Social conflicts 107; Hantos, Res publica 69; Cloud, CAH2 9.496; Sandberg, AIRFinl. 24.38; Dyck, Commentary 184; Santangelo, Sulla 9; Blösel, Röm. Republik 201; de Wilde, ZRG 130, 2013, 3. Die Fasti Capitolini weisen in den fasti consulares (CIL 12 ,1, p.27) hinter dem Namen Sullas eine Lücke auf, in den fasti triumphales (CIL 12 ,1, p.49) wird er schlicht als dict(ator) bezeichnet. In seiner Herausgabe der Fasti Capitolini (Mailand 1954) ergänzt Degrassi in den fasti consulares (p. 74–75) [dict(ator) rei publ(icae)  constit(uendae)  caussa]. Dieser Titel wird schon bei Liebenam, Dictator, RE 5,1 (1905) 388, und neuerdings z. B. bei Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.703 und Bringmann, Republik 266, angeführt. – Vgl. die Ausführungen am Ende der lex Valeria de Sulla dictatore (Lex Nr. 131). 1627 Ascon. Corn. I, p.53 (66–67 C). 1628 Gell. 2.24,11. 1629 Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.703–704; Carcopino, Sylla 54–55; De Martino, Costituzione 3.110; Brunt, Social conflicts 107; Meier, RPA 249; Mouritsen, Plebs 87; Bringmann, Krise 69; Linke, Röm. Republik 128. – Lediglich für die leges Corneliae agrariae behauptet Lange, Alterthümer 2.689, dass sie nicht auf Volksbeschlüssen beruhten, sondern von Sulla kraft der ihn bevollmächtigenden Lex Valeria 673/81 gegeben worden seien, die übrigen Gesetze seien dagegen (bis auf eine Ausnahme, vgl. bei Lex Nr. 138) von den Tributkomitien beschlossen worden (Alterthümer 2.606 u. 611). Indifferent äußern sich: Williamson, Laws 334; Santangelo, Sulla 9. – Für den Bereich des Privatrechts vgl. Watson, Law Making 16–18. 1626

404

Lex Nr. 131

Im Folgenden wird deshalb auf eine ins Einzelne gehende Abwägung verzichtet: Alle legislativen Maßnahmen, die Sullas Namen tragen, werden als „leges Cor­ neliae“ aufgeführt – bis auf die Fälle, die mit Asterisk (*) gekennzeichnet sind, weil sich ein Gesetz oder eine gesetzesähnliche Maßnahme nicht nachweisen lässt.1630

1630

Vgl. die Aufzählungen bei Rotondi, Leges 349–364; Broughton, MRR 2.74–76; Williamson, Laws 360–361 u. 464–465; und Anderen.

Lex Nr. 132

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132 Lex Cornelia de proscriptione 672/82

Cic. S. Rosc. 43,125–126: Verum ego hoc quaero: Qui potuerunt ista ipsa lege quae de proscriptione est, sive Valeria est sive Cornelia – non enim novi nec scio – verum ista ipsa lege bona Sex. Rosci venire qui potuerunt? (126) Scriptum enim ita dicunt esse: UT AUT EORUM BONA VENEANT QUI PROSCRIPTI SUNT; quo in numero Sex. Roscius non est: AUT EORUM QUI IN ADVERSARIORUM PRAESIDIIS OCCISI SUNT. (125) Doch frage ich Folgendes: Welche Leute konnten, selbst auf Grund jenes Gesetzes über die Ächtung, sei es ein Valerisches oder ein Cornelisches (Ich habe es nämlich nicht untersucht und weiß es auch nicht), selbst auf Grund jenes Gesetzes, wer konnte die Besitztümer des Sextus Roscius verkaufen? (126) Sie behaupten nämlich, dass es so geschrieben steht, dass entweder die Besitztümer derer, die geächtet wurden, verkauft werden sollen – darunter fällt Sextus Roscius nicht! – oder die Besitztümer derer, die im feindlichen Lager standen und gefallen sind. Cic. S. Rosc. 44,128: Opinor enim esse in lege quam ad diem proscriptiones venditionesque fiant, nimirum Kalendas Iunias. Ich meine nämlich, dass im Gesetz stand, bis zu welchem Termin Ächtungen und Verkäufe geschehen sollten, freilich bis zum ersten Juni. Cic. Verr. 2,1.47,123: (Jeder Erbe des P. Trebonius soll schwören, einen Teil seiner Erbschaft an A. Trebonius zu geben, den geächteten Bruder des Erblassers. Nur ein Freigelassener verpflichtet sich dazu.) Ceteri heredes adeunt ad Verrem, docent non oportere se id iurare facturos esse quod contra legem Corneliam esset, quae proscriptum iuvari vetaret; impetrant ut ne iurent; dat his possessionem. Die übrigen Erben wenden sich an Verres und tragen vor, es sei nicht nötig, dass sie das tun müssten, nämlich zu schwören,1631 weil es gegen die lex Cornelia verstoße, welche untersage, einem Geächteten zu helfen.1632 Sie erreichen, dass sie nicht schwören müssen; er weist ihnen den Besitz zu. Vell. Pat. 2.28,3–4: (3) (Sulla) primus ille … exemplum proscriptionis invenit, … Sulla ersann als Erster das Verfahren der Proskription, … (4) Nec tantum in eos, qui contra arma tulerant, sed in multos insontis saevitum. Adiectum etiam, ut bona 1631

Durch den Schwur sollen sich die Erben verpflichten, dem Bruder des verstorbenen Erblassers den vorgesehenen Anteil des Erbes zu überlassen. 1632 Auf diese Aussage bezieht sich auch Ps. Ascon. p.250: (§ 123.) D a t e i s p o s s e s s i o n e m . Iniuste. Aut solvi enim potius debuit testamentum, quod contra legem Corneliam factum fuerat, aut integrum cum voluntate mortui permanere. Er wies ihnen den Besitz zu. Zu Unrecht: Entweder musste eher das Testament ungültig sein, weil es gegen die lex Cornelia verfasst worden war, oder unangetastet mitsamt dem Willen des Toten bestehen bleiben.

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proscriptorum venirent exclusique paternis opibus liberi etiam petendorum honorum iure prohiberentur simulque, quod indignissimum est, senatorum filii et onera ordinis sustinerent et iura perderent. Und man wütete nicht nur gegen die, die auf der Gegenseite zu den Waffen gegriffen hatten, sondern gegen viele Unschuldige. Hinzugefügt wurde auch, dass die Besitztümer der Proskribierten verkauft werden sollten und dass den Kindern, denen so das väterliche Vermögen verwehrt wurde, sogar untersagt wurde, sich um Staatsämter zu bewerben, und zugleich, was am unwürdigsten schien, dass die Söhne der Senatoren einerseits die Lasten des Standes ertragen, andererseits dessen Rechte verlieren sollten. Dion. Hal. 8.80,2: (Zuvor wird beschrieben, dass es seit den Anfängen der Republik ein alter Brauch (τό ἔϑος = mos) sei, die Söhne nicht für die Taten ihrer Väter büßen zu lassen.) … καὶ τοὺς παῖδας τῶν ἐπικηρυχϑέντων ἐπὶ Σύλλα πατέρων ἀφελόμενοι τὸ μετιέναι τὰς πατρίους ἀρχὰς καὶ βουλῆς μετέχειν καϑ’ ὃν ἐδυνάστευον αὐτοὶ χρόνον, ἐπίφϑονόν τε ἀνϑρώποις καὶ νεμεσητὸν ϑεοῖς ἔργον ἔδοξαν ἀποδείξασϑαι. … und diejenigen, die den Söhnen von Vätern, die unter Sulla geächtet worden waren, die Erlaubnis verweigerten, die väterlichen Staatsämter zu bekleiden und einen Sitz im Senat zu haben, solange sie selbst ein Amt innehatten, hielt man für Leute, deren Handeln den Menschen verhasst war und den Unwillen der Götter erregte. Liv. per. 88: Sylla  … reciperata re publica  … tabulam proscriptionis posuit. Nachdem Sulla die Macht im Staate wiedererlangt hatte, … stellte er eine Proskriptionsliste auf. Liv. per. 89: Sylla dictator factus … legibus novis rei publicae statum confirmavit,  …1633 proscriptorum liberis ius petendorum honorum eripuit et bona eorum vendidit. Als Sulla Diktator geworden war, festigte er den Zustand des Staates durch neue Gesetze, … den Kindern der Proskribierten nahm er das Recht, sich um Staatsämter zu bewerben, und ihre Besitztümer verkaufte er. Suet. Caes. 11: [Caesar] in exercenda de sicaris quaestione eos quoque sicariorum numero habuit, qui proscriptione ob relata civium Romanorum capita pecunias ex aerario acceperant, quamquam exceptos Cornelis legibus. In seiner Tätigkeit beim Gerichtshof für Mordfälle rechnete er auch diejenigen zu den Mördern, die während der Proscriptionen Geld aus dem Aerarium erhalten hatten, weil sie die Köpfe von römischen Bürgern herbeigebracht hatten, obwohl für diese Leute durch die Cornelischen Gesetze eine Ausnahme galt. Plut. Sulla 31,5–8: ῾Ο δ’ οὖν Σύλλας εὐϑὺς ὀγδοήκοντα προέγραψεν, οὐδενὶ τῶν ἐν τέλει κοινοσάμενος· ἀγανακτούντων δὲ πάντων, μίαν ἡμέραν διαλιπὼν ἄλλους προέγραψεν εἴκοσι καὶ διακοσίους, εἶτα τρίτῃ πάλιν οὐκ ἐλάττους. (6) … (7) Προέγραφε δὲ τῷ μὲν ὑποδεξαμένῳ καὶ διασώσαντι τὸν προγεγραμμένον ζημίαν τῆς φιλανϑρωπίας ὁρίζων ϑάνατον, οὐκ ἀδελφόν, οὐχ υἱόν, οὐ γονεῖς ὑπεξελόμενος, τῷ δ’ ἀποκτείναντι γέρας δύο τάλαντα τῆς ἀνδροφονίας, κἄν δοῦλος δεσπότην, κἄν πατέρα 1633

Text bei Lex Nr. 133, Nr. 135 und Nr. 136.

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υἱὸς ἀνέλῃ. (8) ῞Οδὲ πάντων ἀδικώτατον ἔδοξε, τῶν γὰρ προγεγραμμένων ἠτίμωσε καὶ υἱοὺς καὶ υἱωνούς, καὶ τὰ χρήματα πάντων ἐδήμευσεν. Darauf ächtete Sulla sofort achtzig Personen, wobei er keinen der Amtsträger beteiligte. Obwohl alle darüber außer sich waren, ächtete er einen Tag später andere zweihundertzwanzig Personen und dann am dritten Tag noch einmal nicht weniger. Er führte die Ächtung aber so durch, dass er für den, der einen Wink gegeben und einen Geächteten errettet hatte, den Tod als Strafe für seine Menschenfreundlichkeit bestimmte, ohne Bruder oder Sohn oder Eltern auszunehmen, dass er für denjenigen aber, der einen getötet hatte, zwei Talente als Gegengabe für seinen Mord festlegte, auch wenn ein Sklave seinen Herrn oder ein Sohn seinen Vater umgebracht hätte. (8) Die größte Ungerechtigkeit von allen schien jedoch Folgendes, er entehrte nämlich sowohl die Söhne als auch die Enkel der Proskribierten und konfiszierte von allen das Vermögen. Die Proskriptionen Sullas, d. h. die Ächtung und die Ermordung seiner Gegner1634, begannen schon vor seiner Ernennung zum Diktator, erhielten ihren Namen aber erst später durch die mit den Namen der zu Ächtenden veröffentlichten Listen. Von einigen Forschern1635 wird der Beginn der Verfolgungen auf ein Edikt des Proconsuls Sulla zurückgeführt, andere1636 sehen darin bloß eine ungeregelte Abrechnung mit seinen Gegnern. So scheint es, dass die sogenannte lex de proscriptione1637 sich weniger mit der eigentlichen proscriptio als mit den Rechtsfolgen der Ächtung befasst. Grundsätzlich ist diese gleichbedeutend mit der Verhängung der Todesstrafe, die von jedermann vollzogen werden konnte.1638 Verschärfend tritt hinzu, dass das Gesetz auch rückwirkend gilt. Denn es betrifft nicht nur den Personenkreis der auf den Proskriptionslisten Verzeichneten, sondern auch diejenigen, die im Lager der Gegner Sullas standen und bereits tot 1634

Alle Personen, die auf den Proskriptionslisten standen, wurden so für vogelfrei erklärt und konnten straflos ermordet werden.  – Zur ursprünglichen Bedeutung von proscriptio (öffentliche Bekanntmachung) und in der Rechtssprache (hier bedeutet es „ohne Beisatz regelmässig die proscriptio bonorum, den Concurs, auch die Vermögenskonfiscation, nicht die Aechtung“) vgl. Mommsen StrafR 938 A.1. 1635 So Hinard, Proscriptions 32–37, 67, 74–87, und  – ihm folgend  – Hurlet, La dictature 177–178; sie behaupten, dass das Edikt des Prokonsuls Sulla in das spätere Gesetz integriert wurde; vgl. Heftner, Gracchen 273 (A.2). Nach Diehl, Sulla 93, wurde das Edikt Sullas durch die lex Valeria ratifiziert, die lex Cornelia folgte. – Schur, Marius und Sulla 189, konstatiert drei Stufen in der Entwicklung der Proscriptionen, 1. Edikt des Proconsuls Sulla vom Anfang November 82, 2. eine lex Valeria de proscriptione, 3. die lex Cornelia de proscriptione. 1636 Vgl. etwa Linke, Röm. Republik 128; Heftner, Gracchen 200–205; Blösel, Röm. Republik 201–202. 1637 Titel nach Rotondi, Leges 349, dem sich alle bis auf eine Ausnahme anschlossen: Hinard, Proscriptions 75, möchte das Gesetz eher „lex Cornelia de hostibus rei publicae“ betiteln; darin folgt ihm Calore, Labeo 35, 1989, 194, vgl. Letzner, Sulla 251 A.20. 1638 Vgl. Mommsen, StrafR 934–936, 938.

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sind (Cic. S. Rosc. 43,126). Darüber hinaus berichten verschiedene Quellen übereinstimmend, dass Sulla entgegen den bisherigen Gepflogenheiten1639 in seinem Gesetz sogar die Familien der Geächteten in die Bestrafung mit einbezog: Den Söhnen der Proskribierten wird untersagt, sich um Staatsämter zu bewerben – bei Velleius (2.28,4) und Dionys (8.80,2) ist allgemein von „Kindern“ die Rede, Plutarch (Sulla 31,8) hingegen rechnet auch die Enkel mit dazu. Obendrein wird der Besitz der Proskribierten eingezogen und verkauft. Schließlich behauptet Cicero (S. Rosc. 44,128), dass im Gesetz als Endpunkt für die Ächtungen und den Verkauf der Besitztümer der 1. Juni 81 festgelegt wurde.1640 Vermutlich in einem weiteren Passus des Gesetzes (oder einem gesonderten Dekret) wird die Belohnung der Mörder festgelegt, selbst wenn es nahe Verwandte oder persönliche Sklaven sind – sie erhalten zwei Talente1641 –, ebenso wie die Bestrafung derer, die auf irgendeine Weise zur Rettung eines Proskribierten beitrugen – auch sie verfallen der Todesstrafe.1642 In der neueren Literatur fasst man die Proskriptionen Sullas insgesamt als Verfolgung seiner Gegner auf, ohne darin eine legislative Maßnahme Sullas zu sehen.1643 Die oben angeführten inhaltlichen Bestimmungen des Gesetzes1644, vor allem die Konfiskationen bzw. Verkäufe der Besitztümer der Proscribierten und die Folgen für deren Kinder, werden meist einfach mit aufgezählt. Lange, Biscardi und De Martino1645 dagegen gilt die lex de proscriptione eher als lex data, die auf Grund der Machtvollkommenheit des Diktators erlassen wurde.

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Das berichtet Dionys Hal. 8.80,1 ausführlich; vgl. Christ, Sulla 115. Wohl aus Versehen steht bei Fuhrmann, proscriptio, RE 23,2 (1959) 2442, der 1. Juli. 1641 1 Talent = 6 000 Drachmen. Die Drachme wird allgmein dem römischen Denar gleichgesetzt. Die Belohnung betrug demnach 12 000 Denare = 48 000 Sesterze. 1642 So die Aussage von Plutarch; im Gegensatz dazu deduziert Calore, Labeo 35, 1989, 213, aus Cic. Verr. 2,1.47,123–124, dass eine der Strafen für den Beistand, den ein Proscribierter erhielt, die Beschlagnahmung der Güter des Schuldigen sei. Im vorliegenden Fall wird jedoch dem Freigelassenen eine Erbschaft verweigert – über sein Vermögen erfahren wir nichts; vgl. dazu Behrends, fraus legis 21–22. 1643 So etwa von Blösel, Röm. Republik 201–202; Brunt, Social conflicts 107; Capogrossi Colognesi, Law 201; Christ, Sulla 114–116; Linke, Röm. Republik 128–129; Heftner, Gracchen 200–204; Fündling, Sulla 120; Sommer, RG 1.409–410. – Diese Ansicht vertrat aber z. B. auch schon Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1550–1552. 1644 In der Forschung übereinstimmend und meist mit allen Punkten aufgelistet: Fuhrmann, proscriptio, RE 23,2 (1959) 2442; Bringmann, Republik 268; Christ, Sulla 114–116; Hinard, Proscriptions 74–87; Hurlet, La dictature 177–178; Seager, CAH2 9.197–198; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.707; Santangelo, Sulla 84; Blösel, Röm. Republik 201–202; de Wilde, ZRG 130, 2013, 17. 1645 Lange, Alterthümer 2.702 (vgl. Mommsen, StR 2.725 A.1); Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 267 A.668; De Martino, Costituzione 3.89, hält auch ein editto di carattere generale für möglich, das von den antiken Autoren als lex aufgefasst wurde. 1640

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Zusätzlich wird die Deutung der lex Cornelia de proscriptione dadurch erschwert, dass Cicero in seiner Rede für Sextus Roscius (43,125) von einer lex „sive Valeria … sive Cornelia“ spricht, die er unter der Rubrik de proscriptione subsumiert. Diese Aussage führt dazu, dass man entweder neben der lex Valeria de Sulla dictatore die Existenz einer lex Valeria de proscriptione annimmt1646 oder die hier genannte lex Valeria als die lex Valeria de Sulla dictatore auffasst, die durch ihre Bestimmungen die Proscriptionen legalisiert.1647 Gabba1648 dagegen hält Ciceros Worte für „surely ironic“, die Proscriptionen seien bekanntlich von einer lex Cornelia gestattet worden; Diehl1649 findet drei mögliche Deutungen für diesen Abschnitt der Rede Ciceros; er entscheidet sich für die Interpretation, dass Cicero absichtlich ungenau formulierte und so tat, „als ob er das hier anwendbare Gesetz nur aus zweiter Hand – gleichsam nur vom Hörensagen – kenne“, weil er letztlich die Rechtmäßigkeit dieser Gesetze in Zweifel zog. Und Wittmann1650 vertritt die Auffassung, dass Cicero „die Rechtsgrundlage nur deshalb unbestimmt“ lässt, „um Sulla nicht herauszufordern.“ Kinsey1651 schließlich erwägt, dass Valerius das Gesetz als magister equitum von Sulla verabschieden ließ. Vielleicht haben auch einfach Valerius’ Feinde einer unpopulären Maßnahme seinen Namen beigelegt, denn in der Verres-Rede (act. 2,1.47,123) ist schlicht von einer lex Cornelia die Rede. Ein endgültiges Urteil ist leider nicht möglich. Lit.: Ancient Roman Statutes, Doc. 64, p.65; Behrends, fraus legis 21–22; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 267 A.668; Blösel, Röm. Republik 201–202; Botsford, Roman Assemblies 421; Bringmann, Krise 64–65; Bringmann, Republik 268; Brunt, Social conflicts 107; Calore, Labeo 35 (2), 1989, 194–205, 212–214; Christ, Sulla 114–116; Christ, Krise 215–216; Crawford, Roman Statutes, Nr. 49, 2.747; Cuq, DS 3,2.1137; De Martino, Costituzione 3.89–90; Diehl, Sulla 92–96; Fabre, Libertus 278–279; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1550–1552; Fündling, Sulla 120; Fuhrmann, proscriptio, RE 23,2 (1959) 2441–2442; Fuhrmann, publicatio, RE 23,2 (1959) 2498; Gabba, Republican Rome IV.139 m. A.91 (S.254); Gabba, ANRW 1,1.803; Graeber, Auctoritas 212; Grasmück, Exilium 104–105, 108; Gruen, Generation 412; Heftner, Gracchen 200–204; Hinard, Proscriptions 67–100, 104–109; Hurlet, La dictature 177–178; Ingrisch, Sullas dictatura 82–83; Jahn, Interregnum 163; Keaveney, Sulla

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So z.B.Schur, Marius und Sulla 183, 189 A.2; Ancient Roman Statutes, Doc. 64, p.65; vgl. die Darlegung von Fuhrmann, proscriptio, RE 23,2 (1959) 2442. Lange, Alterthümer 2.702, 3.153; Botsford, Roman Assemblies 421; Siber, Verfassungsrecht 210; Marsh / ​Scullard, History 123; De Martino, Costituzione 3.89–90; Bringmann, Republik 268; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.707; Letzner, Sulla 250. – Vgl. Mommsen, StR 2.725 A.1. Gabba, Republican Rome IV.254 A.91. Diehl, Sulla 92–95. Wittmann, Sulla 570. Kinsey, Mnemosyne (4.ser.) 21, 1968, 290–292.

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130–131, 155; Kinsey, Mnemosyne (4.ser.) 21, 1968, 290–292; König, Staat 131 [61]; Konrad, Companion Republic 8.182–183; Kunkel, Staatsordnung 2.52 A.1, 240, 281 A.32; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.707; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 185–186; Lange, Alterthümer 2.702, 3.146–148; Last, CAH 9.276–277, 284; Letzner, Sulla 250–251, 254–255; Linke, Röm. Republik 128–129; Mackay, Breakdown 188; Marsh / ​ Scullard, History 117–123, 425; Marshall, Asconius 308; McGushin, Sallust. Histories 1.116; Mommsen, StR 1.493 m. A.2, 2.725 A.1, 736; Rotondi, Leges 349; Santangelo, Sulla 9, 79–84; Schur, 189–190; Scullard, Gracchi to Nero 79; Seager, CAH2 9.197–198; Sommer, RG 1.409–410; Thein, Tyche 32, 2017, 235–237, 249–250; Vervaet, CCG 15, 2004, 44; de Wilde, ZRG 130, 2013, 16–19; Willems, Sénat 1.222; Williamson, Laws 334, 360; Wittmann, Sulla 569–571.

133 Lex Cornelia de tribunicia potestate 672/82

Liv. per. 89: Sylla dictator factus … legibus novis rei publicae statum confirmavit, tribunorum plebis potestatem minuit et omne ius legum ferendarum ademit. Als Sulla Diktator geworden war, festigte er den Zustand des Staates durch neue Gesetze, schränkte die Amtsgewalt der Volkstribunen ein und nahm ihnen jegliches Recht Gesetze einzubringen. App. civ. 1.100,467: τὴν δὲ τῶν δημάρχων ἀρχὴν ἴσα καὶ ἀνεῖλεν, ἀσϑενεστάτην ἀποφήνας καὶ νόμῳ κωλύσας μηδεμίαν ἄλλην τὸν δήμαρχον ἀρχὴν ἔτι ἀρχειν· διὸ καὶ πάντες οἱ δόξης ἤ γένους ἀντιποιούμενοι τὴν ἀρχὴν ἐς τὸ μέλλον ἐξετρέποντο. Auf gleiche Weise richtete er auch das Amt der Volkstribunen zugrunde, indem er es als äußerst schwach erscheinen ließ und durch ein Gesetz verbot, dass ein Volkstribun jemals irgendein anderes Amt ausüben dürfe; weshalb auch alle Menschen, die um Ansehen wetteiferten oder Ansprüche aus ihrer Herkunft ableiteten, sich in Zukunft von diesem Amt abwandten. Caes. civ. 1.5,1: nec … spatium datur nec tribunis plebis sui periculi deprecandi neque etiam extremi iuris intercessione retinendi, quod L. Sulla reliquerat, facultas tribuitur, sed …; Weder wird … Zeit gelassen noch den Volkstribunen die Möglichkeit gegeben, die Gefahr von sich abzuwenden oder auch das letzte Recht des Vetos in Anspruch zu nehmen, das ihnen L. Sulla gelassen hatte, sondern … Caes. civ. 1.7,3: Sullam nudata omnibus rebus tribunicia potestate tamen intercessionem liberam reliquisse. Sulla habe, obwohl er die tribunizische Amtsgewalt aller Befugnisse entblößt hatte, dennoch das Vetorecht unbeschränkt übrig gelassen. Cic. leg. 3.9,22: Quam ob rem in ista quidem re vehementer Sullam probo, qui tribunis plebis sua lege iniuriae faciendae potestatem ademerit, auxilii ferendi reliquerit. Deshalb gebe ich wenigstens in dieser Angelegenheit Sulla entschieden Recht,

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weil er den Volkstribunen durch sein Gesetz die Gelegenheit nahm, Unrecht zu tun, ihnen aber die Befugnis zur Hilfeleistung beließ. Cic. Verr. 2,1.60,155: Petita multa est apud istum praetorem (Verres) a Q. Opimio; qui adductus est in iudicium, verbo quod, cum esset tribunus plebis, intercessisset contra legem Corneliam, re vera quod in tribunatu dixisset contra alicuius hominis nobilis voluntatem. Man klagte bei diesem Praetor da auf eine Geldstrafe für Q.  Opimius; der wurde vor Gericht gezogen, angeblich, weil er als Volkstribun entgegen der lex Cornelia interzediert hatte, tatsächlich aber, weil er während seines Tribunats entgegen dem Willen irgendeines edlen Herrn gesprochen hatte. Ascon. Corn. I, p.53 (66–67 C): nam neque apud Sallustium neque apud Livium neque apud Fenestellam ullius alterius latae ab eo legis mentio praeter eam quam non consentiente1652 tulit nobilitate magno populi studio, ut iis qui tr. pl. fuissent alios quoque magistratus capere liceret; quod lex dictatore L. Sylla paucis ante annis lata prohibebat. Denn weder bei Sallust noch bei Livius noch bei Fenestella wird irgendein anderes, von ihm (Cotta)  eingebrachtes Gesetz erwähnt außer dem, das er ohne Zustimmung der Nobilität, aber mit großer Begeisterung des Volkes verabschieden ließ, dass es denen, die Volkstribune gewesen waren, erlaubt sei, andere Ämter zu bekleiden; das untersagte nämlich ein Gesetz, das wenige Jahre zuvor durch den Diktator Sulla eingebracht worden war. Ascon. Corn. I, p.61 (78 C): (C. Cottae) …, quod is consul paulum tribunis plebis non potestatis, sed dignitatis addidit. Hic Cotta, ut puto , legem tulit ut tribunis pl. liceret postea alios magistratus capere: quod lege Syllae iis erat ademptum. (dem C. Cotta) …, weil er als Konsul den Volkstribunen zwar kein bisschen Macht, aber wenigstens ein wenig Ansehen verlieh. Dieser Cotta1653 – ihr erinnert euch, wie ich annehme – brachte das Gesetz ein, dass es den Volkstribunen erlaubt sei, später andere Ämter zu bekleiden. Durch ein Gesetz Sullas war ihnen das verwehrt worden. Ps. Ascon. p.188: (§ 8.) P o p u l u s R . i n t e r e a , t a m e t s i m u l t i s i n c o m m o d i s a d f . 1654 His enim X annis victore Sylla civilibus bellis spoliatus est p. R. potestate tribunicia, iudicandi iure quod habuit per equites R. XL annis, arbitrio creandorum sacerdotum, senatus aut iudicum. Indessen (hat) das römische Volk, auch wenn es vielen Unannehmlichkeiten ausgesetzt ist … Denn in diesen zehn Jahren beraubte Sulla, der in Bürgerkriegen Sieger geblieben war, das römische Volk der tribunizischen Gewalt, des Rechts zu Gericht zu sitzen, das es durch die römischen Ritter vierzig Jahre lang besaß, und der freien Entscheidung über die Wahl der Priester, des Senats oder der Richter.

1652

Zur Textkritik vgl. Marshall, Asconius 237. C. Aurelius Cotta, cos. 75. 1654 Cic. div. in Caec. 3,8: tametsi multis incommodis difficultatibusque adfectus est. 1653

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Ps. Ascon. p.255: (§ 155.) I n t e r c e s s i s s e t c o n t r a l e g e m C o r n e l i a m . Ut tribuni pl. aliorum quoque magistratuum capessendorum potestatem haberent. Persuasisse hanc legem dicitur Opimius. Er hätte im Widerspruch zur lex Cornelia Einspruch erhoben. Damit die Volkstribunen auch die Möglichkeit hätten, andere Ämter zu bekleiden. Opimius soll dieses Gesetz befürwortet haben. Vell. Pat. 2.30,4: Hoc consulatu (684/70) Pompeius tribuniciam potestatem restituit, cuius Sulla imaginem sine re reliquerat. In diesem seinem Konsulat stellte Pompeius die tribunizische Amtsgewalt wieder her, von der Sulla ein Trugbild ohne Inhalt übrig gelassen hatte. Dion. Hal. 5.77,5: (Aufzählung der Taten Sullas) … καὶ τὸ τῆς δημαρχίας κράτος εἰς τοὐλάχιστον1655 συνέστειλε καὶ … und die Macht des Volkstribunats schränkte er (Sulla) bis ins Kleinste ein. Vir. ill. 75,11: (Cornelius Sylla) tribuniciam potestatem minuit. (Sulla) schränkte die tribunizische Amtsgewalt ein. Suet. Caes 5: Tribunatu militum, qui primus Romam reverso per suffragia populi honor optigit, actores restituendae tribuniciae potestatis, cuius vim Sulla deminuerat, enixissime iuvit. Während seines Militärtribunats, dem ersten Amt, das er nach seiner Rückkehr nach Rom durch Volkswahl erhalten hatte, unterstützte er mit großem Eifer diejenigen, die sich dafür einsetzten, die tribunizische Gewalt wiederherzustellen, deren Bedeutung Sulla geschmälert hatte. Die antiken Quellen heben durchgängig hervor, dass Sulla  – hauptsächlich aus eigener Erfahrung – den Volkstribunat entmachten wollte. Wie er es schon während seines Konsulats im Jahr 88 (Lex Nr. 121) versucht hatte, unterwarf er als Diktator wiederum per Gesetz den Volkstribunat mehreren Beschränkungen. Ob sich das neue Gesetz von dem früheren unterschied, ist wegen des verschwommen überlieferten Inhalts nicht sicher zu ermitteln.1656 Einigermaßen deutlich sind drei Bereiche erkennbar, für die Sulla vermutlich in seinem Gesetz einschränkende Vorschriften erließ. Einer davon betraf die Ämterlaufbahn1657, und diese Vorschrift ist die einzige, die explizit und übereinstimmend (Appian, Asconius) überliefert wurde. Es wurde nämlich den Volkstribunen untersagt, sich nach dem Tribunat künftig um weitere Magistraturen zu bewerben.1658 Der Volkstribunat 1655

Emendation von Jacoby, Ms.: ἐλάχιστον. In der Forschung gelten daher einige Maßnahmen als bloße Wiederaufnahme der für ungültig erklärten Konsulatsgesetze, so z. B. Lange, Alterthümer 1.851; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 271; Williamson, Laws 343; Lintott, Constitution 210. 1657 Lengle, Sullanische Verfassung 15–16, sieht diese Maßnahme Sullas als Teil der lex de magistratibus (Lex Nr. 134). 1658 So aufgefasst von Botsford, Roman Assemblies 414; Carcopino, Sylla 51; Marsh / ​S cullard, History 131; Scullard, Gracchi to Nero 82; Thommen, Volkstribunat 26; Christ, Krise 218, u. Sulla 128; Seager, CAH2 9.201; Bringmann, Republik 272, u. Krise 66; Lintott, Constitution 210–211; Wittmann, Sulla 576; Blösel, Röm. Republik 203; de Wilde, ZRG 1656

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war damit zu einer Sackgasse degradiert. Offenbar wurde jedoch nicht festgelegt, welche Ämter man vor dem Volkstribunat bekleiden konnte. Daher stammt wohl die verschiedentlich geäußerte Behauptung, dass nur Senatoren sich um den Volkstribunat bewerben durften1659 – eine Ansicht, die sich auf Grund der spärlichen Überlieferung nicht verifizieren lässt. Der zweite Bereich beinhaltet die Beschränkungen der tribunizischen Gesetzesinitiative. Darüber besteht grundsätzlich Einigkeit in der Forschung. Doch das einzige direkte Zeugnis dazu steht in der Livius-Epitome und besagt, dass Sulla als Diktator den Volkstribunen jegliches Recht zur Einbringung von Gesetzen genommen habe. Appian schreibt in diesem Abschnitt nur über die Beschränkung der Ämterlaufbahn, das von ihm (civ. 1.59,266) zum Jahr 88 angeführte konsularische Gesetz Sullas über die Volkstribunen – von Cinna aufgehoben – schrieb allerdings vor, dass die tribunizischen Gesetzesvorlagen nur nach vorheriger Zustimmung des Senats dem Volk vorgelegt werden durften. Möglicherweise hat Sulla diese notwendige Billigung durch den Senat noch einmal schärfer gefasst, was die Aussage der Livius-Epitome erklären könnte.1660 Denn Anliegen der Volkstribune, wie sie vor allem in den letzten fünfzig Jahren ohne die bis dahin wohl übliche Vorberatung im Senat zur Abstimmung gebracht wurden, waren nun kaum möglich. In der Literatur findet  – gegen die Livius-Epitome  – die (nicht zu diesem Gesetz geäußerte) Ansicht Appians breite Zustimmung.1661 Als Argument dient die lex Antonia de Termessibus1662, die ein Plebiszit de s(enatus) 130, 2013, 13; u. a. – Teilweise (etwa von Lange, Alterthümer 1.852; Last, CAH 9.291–292; De Martino, Costituzione 3.93; Perelli, Movimento popolare 153; Heftner, Gracchen 214) wird die Regelung so interpretiert, als ob sie nur für kurulische Ämter galt, das geht aus den Texten jedoch nicht hervor. – Außerdem nehmen Last, CAH 9.291–292, und Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.657–658, an, dass die Vorschriften der lex Cornelia de magistratibus (Lex Nr. 134), z. B. das Intervall von zehn Jahren vor der erneuten Bekleidung des Amtes, auch für den Tribunat gelten sollten  – vermutlich, weil Appian direkt im Anschluss an diese lex über die Beschränkungen des Tribunats berichtet. Appian zählt jedoch in diesem Abschnitt die verschiedenen Teile der sullanischen Maßnahmen auf, eine inhaltliche Verbindung zwischen den Sätzen ist daraus nicht abzuleiten. 1659 So schon Lange, Alterthümer 3.154, in Anlehnung an Cass. Dio 37.9,4, was m. E. nicht zutrifft; ebenso Rotondi, Leges 350, und Dyck, Commentary 502. 1660 Vgl. Lengle, Sullanische Verfassung 13; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1559; Last, CAH 9.292–293, und Heftner, Gracchen 214.  – Der Aussage der Livius-Epitome über die Beseitigung des Gesetzgebungsrechts schließen sich an: Broughton, MRR 2.75 (4); Dyck, Commentary 502; Mackay, Breakdown 192; Williamson, Laws 335; Keaveney, Sulla 140–141. 1661 Mommsen, StR 2.312 m. A.1; Lange, Alterthümer 1.852; Botsford, Roman Assemblies 413; Gabba, Appian 1.273–274; Bleicken, Lex 139 m. A.4; De Martino, Costituzione 3.93; Perelli, Movimento popolare 153; Wittmann, Sulla 575; Hantos, Res publica 74; Letzner, Sulla 273–274; Bringmann, Republik 272, u. Krise 66; Christ, Krise 218, u. Sulla 128; Ingrisch, Sullas dictatura 68; Sommer, RG 1.413; de Wilde, ZRG 130, 2013, 13.  1662 Rotondi, Leges 368.

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s(ententia) ist und nach Mommsen1663 höchstwahrscheinlich in das Jahr 71 datiert werden kann – also in die Zeit vor der Aufhebung der sullanischen Reformen und der Wiederherstellung der tribunizischen Rechte. Und auch der oft angeführte Gehalt eines dritten Bereichs des sullanischen Gesetzes, die tribunizische Interzession, lässt sich nur indirekt aus späteren Aussagen erschließen. So erklärt Caesar ganz deutlich, dass Sulla das tribunizische Interzessionsrecht nicht angetastet habe. Als Beleg dafür kann eine sullanische Episode dienen: In der Auseinandersetzung mit Pompeius wegen dessen Rückkehr aus Africa hat der Volkstribun Herennius (Gell. 10.20,10) gegen ein von Sulla beantragtes Gesetz sein Veto eingelegt.1664 Dagegen liest man aus einer Aussage Ciceros in seiner zweiten Rede gegen Verres heraus, dass Sulla den Volkstribunen dieses ureigene Recht genommen habe. Cicero sagt aber nur, dass der Volkstribun entgegen der lex Cornelia interzediert habe. Das kann jedoch bedeuten – und diese Auslegung ist vorzuziehen –, dass eines oder auch mehrere sullanischen Gesetze eine Klausel enthielten, die eine Interzession gegen dieses Gesetz oder einzelne seiner Bestimmungen verbot.1665 Solche Klauseln finden sich schon früher. So konnte offenbar nach der lex Sempronia de provinciis consularibus (Lex Nr. 33) gegen die Entscheidung des Senats kein Veto eingelegt werden.1666 Die Ansichten in der Literatur zu dieser Maßnahme Sullas gehen weit auseinander: Auf der einen Seite spricht man von der Beschneidung des Interzessionsrechts, nämlich der Untersagung des Vetos gegen staatliche Handlungen. Durchgehend bezieht man sich dabei auf Ciceros Worte, dass das Recht zur Hilfeleistung für einzelne Bürger (ius auxilii) von der Einschränkung ausgenommen war.1667 Auf der anderen Seite stützt man sich auf Caesars Aussage und befürwortet das uneingeschränkte Fortbestehen des Interzessionsrechts.1668 1663

1664 1665 1666 1667

1668

Mommsen, StR 2.312 A.1. – An eine Datierung ins Jahr 68 denken u. a.: Broughton, MRR 2.138–139 m. A.8 (S.141); Ferrary, Athenaeum 63, 1985, 419 ff.; Thommen, Volkstribunat 109 (mit Fragezeichen). Vgl. Lex Nr. 159. – Nach Hantos, Res publica 135–138, ist die Episode ungeeignet als Beleg für eine Interzession. So auch Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.657; vgl. Mommsen, StR 1.275 A.5; Hantos, Res publica 131 m. A.6, 138–139; Thommen, Volkstribunat 228–229. Mommsen, StR 1.283. Lange, Alterthümer 1.852, 3.154; Mommsen, StR 2.308 m. A.1; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1559; Botsford, Roman Assemblies 414; Last, CAH 9.292; Carcopino, Sylla 51; Broughton, MRR 2.75 (4); Kunkel, ZRG 77, 1960, 382 (= Kl. Schriften 1974, 586); Perelli, Movimento popolare 153; De Martino, Costituzione 3.93; Meier, RPA 255; Christ, Krise 218; Christ, Sulla 128; Bringmann, Krise 66; Letzner, Sulla 274; Keaveney, Sulla 141; Williamson, Laws 335; Linke, Röm. Republik 131; Heftner, Gracchen 214; Blösel, Röm. Republik 203; de Wilde, ZRG 130, 2013, 13; Capogrossi Colognesi, Law 203. Lengle, Sullanische Verfassung 14–15; Marsh / ​Scullard, History 130–131; Schur, Marius und Sulla 196; Hantos, Res publica 134 (Interzession gegen Senatsbeschlüsse möglich), 142 u. 166 (Interzessionsrecht ohne Einschränkungen); Wittmann, Sulla 576; Sandberg,

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Über diese drei Bereiche hinaus finden sich in der Literatur weitere Überlegungen, wie Sulla in das Amt der Volkstribunen regelnd eingriff, doch all das – wie etwa das Recht, das Volk einzuberufen, oder auch Verhandlungen mit dem Senat zu führen bzw. den Senat einzuberufen1669 – lässt sich nur vermuten, da die Quellenlage eindeutige Aussagen nicht hergibt.1670 Vereinzelt wird auch festgestellt, dass die Volkstribunen nicht mehr das Recht hatten, vor den concilia plebis Anklage zu erheben.1671 Das ist jedoch wahrscheinlich eher deshalb unterblieben, weil Sulla auch für Staatsverbrechen das System der Quaestionengerichtshöfe ausgebaut hatte und die Prozesse nun dort stattfanden, als deshalb, weil es untersagt worden wäre. Daher fehlen aus den folgenden Jahren auch weitgehend Berichte über Gerichtsverhandlungen vor der Volksversammlung, während die übrigen Vorschriften Sullas schon bald wieder aufgehoben wurden und die Volkstribunen ihre angestammten Rechte zurückerhielten.1672 Lit.: Beard / ​Crawford, Late Republic 9; Bellen, Grundzüge 114; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 271–274, 276–277; Bleicken, Lex 139 m. A.4, 462 m. A.290; Blösel, Röm. Republik 203; Botsford, Roman Assemblies 407 A.1, 413–414; Bringmann, Republik 272–274; Bringmann, Krise 66–67; Broughton, MRR 2.75 (4.); Brunt, Social conflicts 108; Burckhardt, Strategien 117; Capogrossi Colognesi, Law 203; Carcopino, Sylla 51–53; Cloud, CAH2 9.497 m. A.23; Christ, Krise 218; Christ, Sulla 128–129; Dahlheim, Gewalt 290; De Martino, Costituzione 3.92–93, 100–101; Develin, Patterns 96; Diehl, Sulla 205–208; Dyck, Commentary 502–503; Flower, Republics 124–125; Frank, ESAR 1.254–255; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1559; Fündling, Sulla 126; Gabba, Appian 1.273–275; Gabba, Republican Rome V.257 A.27; Gabba, ANRW 1,1.802; Graeber, Auctoritas 36, 213, 256; Grasmück, Exilium 105; Gutberlet, Livius 103–104; Hantos, Res publica 36, 74–79, 132–1431673–147, 166; Heftner, Gracchen 213–214, 274 A.15–16; Ingrisch, Sullas dictatura 68–71; Jehne, Statutes 410; Kann, Restoration 168; ­ IRFinl. 24.38–39; Lintott, Constitution 210; Mackay, Breakdown 192; Konrad, CompaA nion Republic 8.183; Ingrisch, Sullas dictatura 69–70. 1669 Lengle, Sullanische Verfassung 13–14, spricht sich für die Beibehaltung dieser Rechte aus; vgl. Thommen, Volkstribunat 174 u. 195; Keaveney, Sulla 141. 1670 Diese Einschränkung sehen auch: Cloud, CAH 2 9.497; Brunt, Social conflicts 108 (im Hinblick auf das Vetorecht), und Heftner, Gracchen 214. 1671 So etwa Lengle, Sullanische Verfassung 13 und 15; Thommen, Volkstribunat 152 und die weiteren Ausführungen 152–153; Dyck, Commentary 502. 1672 Im Jahr 75 durch die Lex Aurelia de tribunicia potestate (Rotondi, Leges 365), und im Jahr 70 durch die Lex Pompeia Licinia de tribunicia potestate (Rotondi, Leges 369). 1673 Hantos, a. a. O., lehnt die Existenz eines Gesetzes de tribunicia potestate ab, weil es nicht namentlich erwähnt sei – was kein einleuchtender Grund ist (d. Verf.) –, und möchte die überlieferten einzelnen Bestimmungen eher als Teil anderer sullanischer Gesetze sehen, z. B. das Interzessionsrecht als Teil der lex de maiestate. – Lengle, Sullanische Verfassung 16, ist hingegen der Auffassung, dass Sulla „nicht etwa eine einheitliche lex tribunicia erliess, sondern durch verschiedene Gesetze die tribunicische Gewalt verminderte.“

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Keaveney, Sulla 140–141, 146; König, Staat 132 [62]; Konrad, Companion Republic 8.183; Kunkel, ZRG 77, 1960, 382 (= Kl. Schriften 1974, 586); Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.654–658, 703, 707; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 209; Lange, Alterthümer 1.851–852, 2.647, 656, 3.153–154; Last, CAH 9.291–293, 298; Lengle, Sullanische Verfassung 10–16; Letzner, Sulla 273–275; Levi, Costituzione 81–82, 193–194; Linke, Röm. Republik 131–132; Lintott, Constitution 210–211; Mackay, Breakdown 192; Maganzani 1674, Sanctio 77; Marsh / ​Scullard, History 130–131, 425–426; Marshall, Asconius 237; McGushin, Sallust. Histories 1.118, 2.86–88; Meier, RPA 255; Mommsen, StR 1.486, 553 m. A.5, 2.308, 312, 326; Niccolini, FTP 239; Perelli, Movimento popolare 153; Pina Polo, Consul 117; Rotondi, Leges 350–351; Sandberg, AIRFinl. 24.38–39; Schur, Marius und Sulla 196; Scullard, Gracchi to Nero 82, 414; Seager, CAH2 9.201; Serrao, Classi 186; Siber, Verfassungsrecht 229–231; Smith, Anatomy of Force 266; Sommer, RG 1.413–414; Thommen, Volkstribunat 26, 131–132, 152, 153, 174, 195, 210, 218–219, 228–229, 251; Thommen, Klio 99(2), 2017, 549, 550–554; Wieacker, Rechtsgeschichte 404 A.19; de Wilde, ZRG 130, 2013, 13–14; Williamson, Laws 335, 343, 360; Wiseman, New Men 98; Wiseman, CAH2 9.329–330; Wittmann, Sulla 568–569, 575–576; Yakobson, Elections 128, 204.

134 Lex Cornelia de magistratibus 672/82

App. civ. 1.100,466: (Σύλλας) νόμους τε ἐξέλυε καὶ ἑτέρους ἐτιϑετο· καὶ στρατηγεῖν ἀπεῖπε πρὶν ταμιεῦσαι, καὶ ὑπατεύειν πρὶν στρατηγῆσαι, καὶ τὴν ἀρχὴν τὴν αὐτὴν αὖϑις ἄρχειν ἐκώλυσε, πρὶν ἔτη δέκα διαγενέσϑαι. Er (Sulla) hob Gesetze auf und erließ neue: Er verbot Praetor zu sein, bevor man Quaestor gewesen war, und Konsul, bevor man Praetor gewesen war, und er untersagte auch, dasselbe Amt wieder zu bekleiden, ehe zehn Jahre vergangen waren. Cic. leg. 3.3,9: Eundem magistratum, ni interfuerint decem anni, ne quis capito. Aevitatem annali lege servanto. Dasselbe Amt soll niemand übernehmen, wenn nicht ein Intervall von zehn Jahren dazwischenliegt. Das Alter der Bewerber sollen sie nach dem Gesetz über das Mindestalter beachten. Caes. civ. 1.32: docet se nullum extraordinariam honorem adpetisse, sed exspectato legitimo tempore consulatus eo fuisse contentum, quod omnibus civibus pateret. latum ab x tribunis plebis contradicentibus inimicis, Catone vero acerrime repugnante … ut sui ratio absentis haberetur, ipso consule Pompeio. Er (Caesar) erklärt, dass er keine außergewöhnliche Ehre verlangt, sondern die gesetzliche Konsulatszeit abgewartet und sich mit dem begnügt habe, was allen Bürgern offenstehe. Es sei von den zehn Volkstribunen gegen den Einspruch seiner Gegner, ja sogar dem 1674

Maganzani denkt an eine Aufhebung durch spätere Gesetze.

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heftigsten Widerstand Catos zum Trotz, …, der Antrag eingebracht worden, dass auf seine Abwesenheit Rücksicht genommen werden solle, wofür selbst der Konsul Pompeius eintrat. Nach den Worten Appians erließ Sulla eine lex über die Bekleidung der Staatsämter, die mit Sicherheit die folgenden zwei Bestimmungen1675 enthielt. Erstens legte er die einzuhaltende Abfolge der höheren magistratischen Ämter fest, nämlich Quaestur, Praetur und Konsulat, so dass man sich erst um das nächsthöhere Amt bewerben durfte, wenn man das jeweils niedrigere ausgeübt hatte.1676 Und zweitens griff er ein altes Verbot wieder auf, das die Iteration eines Amtes vor Ablauf eines Intervalls von zehn Jahren untersagte.1677 Damit wurde gleichzeitig ein anderes Plebiszit aufgehoben, das um die Mitte des 2. Jhs. die wiederholte Bekleidung des Konsulats gänzlich verboten hatte.1678 Grundsätzlich scheint jedoch das Intervallgebot für alle Ämter, nicht nur für den Konsulat, zu gelten.1679 In die Gesetze des idealen Staates nimmt auch Cicero (leg. 3.3,9) die Vorschrift über das Intervall von zehn Jahren auf, und ebenso beruft sich noch Caesar (civ. 1.32) bei seiner Bewerbung um den Konsulat für das Jahr 48 darauf, dass er die gesetzlich vorgeschriebene Zeit abgewartet habe. Daneben soll – nach Ciceros Worten – das Gesetz über das Mindestalter bei der Bewerbung um die Ämter Beachtung finden. Rückwirkend schließt man daraus, dass wahrscheinlich auch das sullanische Gesetz eine solche Bestimmung enthielt. Denn es ist nicht sicher, ob eine solche gesetzliche Festlegung für die höheren Ämter schon in der Zeit vor Sulla existierte, und selbst eine etwaige sullanische Regelung fand keine Erwähnung in den Quellen. Lediglich aus Ciceros Lebenslauf sind Vorschriften für das Mindestalter bekannt, denn Cicero rühmt sich, alle Ämter nostro anno, d. h. im Jahr des vorgeschriebenen Mindestalters, erreicht zu haben.1680 In der Forschung abstrahiert man daraus, dass die Praetur mit 40 Jahren und der Konsulat mit 43 Jahren bekleidet werden konnten.1681 Allein für die Quaestur ist eine Regelung überliefert. Nach Polybius (6.19,5) galt die Ableistung eines mindestens zehnjährigen Kriegsdienstes als Vorbedingung für die Bewerbung; in der Zeit Ciceros dagegen konnte man das Amt erst nach 1675 1676

1677 1678 1679 1680 1681

Nur diese beiden finden sich bei Levi, Costituzione 79. Auch Kunkel, Staatsordnung 2.46, nimmt an, dass vor Sulla keine gesetzliche Norm, sondern lediglich eine Regel bestand, von der es im 2. Jh. und noch zu Beginn des 1. Jhs. Abweichungen gab. – Vgl. Fraccaro, Opuscula 2.225. Liv. 7.42,2–3; vgl. Elster, Gesetze 40–43 (Lex Nr. 20). Vgl. Elster, Gesetze 408–409 (Lex Nr. 195). Hantos, Res publica 34–35. Cic. off. 2.17,59 (Loeb: elected at the earliest legal age). So z. B. Kunkel, Staatsordnung 2.47; Letzner, Sulla 277; Heftner, Gracchen 215; Blösel, Röm. Republik 205. – Niedrigere Altersstufen werden öfter wegen Caesars Karriere vertreten, vgl. die Darstellung bei Hantos, Res publica 40–41.

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dem 30. Lebensjahr antreten.1682 Ebenso wird aus Ciceros Angaben abgeleitet, dass zwischen zwei Ämtern ein Biennium (Intervall von zwei Jahren) liegen musste.1683 Teils wird diese Vorschrift schon für die Zeit vor Sulla angenommen,1684 lässt sich aber durch die Überlieferung über die Ämterlaufbahnen weder dort verifizieren, wo genügend Angaben zur Verfügung stehen, noch dort, wo man wegen der Lücken in den Quellen auf eine konkrete Aussage besser verzichten sollte. Umfang und genauer Inhalt der sullanischen lex de magistratibus bleiben also im Ganzen unbestimmbar. Allerdings scheint das Gesetz eine längere Geltungsdauer gehabt zu haben; denn dass die lex Cornelia noch im Jahr 44 beachtet wird, macht Cicero in seinen abfälligen Bemerkungen über Amtsbewerber deutlich, die den sullanischen Bestimmungen entgegen handeln: In einem Fall geschieht die Bewerbung um den Konsulat, obwohl die Praetur nicht bekleidet wurde, in einem anderen gar die Bewerbung um den Konsulat aus der Ädilität heraus.1685 Lit.: Afzelius, C&M 8, 1946, 264, 269, 273, 275–278; Badian, JRS 49, 1959, 85–87; Bleicken, Lex 175 A.140; Blösel, Röm. Republik 205; Botsford, Roman Assemblies 415; Brennan, Praetorship 2.388, 392; Broughton, MRR 2.75 (3.); Capogrossi Colognesi, Law 204–205; Carcopino, Sylla 69–72; Christ, Krise 219; Christ, Sulla 124–125; Cloud, CAH2 9.496–497; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 2.419, 3.93–95; Develin, Patterns 96–97; Erdmann, Heer 96; Evans, Marius 192–193; Flower, Republics 123–124; Fraccaro, Opuscula 2.225–228; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1560; Fündling, Sulla 129, 130; Gabba, Athenaeum 33, 1955, 228–230; Gabba, Appian 1.342–343; Gabba, ANRW 1,1.802; Hantos, Res publica 34–44; Heftner, Gracchen 215; Humbert, DS 1.271; Ingrisch, Sullas dictatura 64–65; Keaveney, Sulla 143–144; König, Staat 132 [63]; Kunkel, Staatsordnung 2.45–47; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.707–708; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 182–183; Lange, Alterthümer 1.709–712, 2.656, 3.154–155; Last, CAH 9.289–291, 298; Letzner, Sulla 277; Levi, Costituzione 79, 82; Linke, Röm.  Republik 134–135; Mackay, Breakdown 190; Marsh / ​Scullard, History 1682

Mommsen, StR. 1.568, knüpft das Mindestalter für die Quaestur an das (angenommene) Zwei-Jahres-Intervall zwischen den Ämtern und kommt damit auf 37. Lebensjahr; ebenso Botsford, Roman Assemblies 415. Andere (Christ, Sulla 125; Blösel, Röm. Republik 205; Ingrisch, Sullas dictatura 64; Keaveney, Sulla 144) denken an die Ädilität mit 37 Jahren, doch diese war vermutlich nie fest in den Ämterkanon eingebunden, vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.48, und Evans, Marius 191–193. – Die Ansicht von Afzelius, C&M 8, 1946, 276–278, dass Sulla für Zivilisten (Cicero) andere Altersbestimmungen vorschrieb als für die Leute, die den Militärdienst geleistet hatten, erscheint wegen der geringen Zahl an Beispielen (nur Cicero und Caesar) als wenig wahrscheinlich; auch Gabba, Appian 1.342, hält diese Rekonstruktion des sullanischen Gesetzes für nicht akzeptabel. 1683 Mommsen, StR 1.527–529, dem sich viele Forscher anschließen, vgl. etwa die wiederholten Aussagen bei Broughton, Magistrates, die zur Festlegung vieler Magistrate auf bestimmte Jahre führen; ebenso sind Badian, JRS 49, 1959, 85, u. Wittmann, Sulla 577, für das Biennium zwischen Praetur und Konsulat. – Dagegen: Afzelius, C&M 8, 1946, 275; Kunkel, Staatsordnung 2.46. 1684 Vgl. Elster, Gesetze 345–346 (Lex Nr. 164, lex Villia annalis). 1685 Cic. Phil. 11.5,11.

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131–132, 426; Rotondi, Leges 351; Sandberg, AIRFinl. 24.80; Schur1686, Marius und Sulla 198; Scullard, Gracchi to Nero 82 m. A.42 (S.414–415); Seager, CAH2 9.201; Serrao, Classi 185; de Wilde1687, ZRG 130, 2013, 14–15; Williamson, Laws 335, 360; Wittmann, Sulla 576–578.

135 Lex Cornelia iudiciaria 666/88 o. 673/81

Vell. Pat. 2.32,3: Per idem tempus (684/70) Cotta iudicandi munus, quod C.  ­Gracchus ereptum senatui ad equites, Sulla ab illis ad senatum transtulerat, aequaliter in utrumque ordinem partitus est. Zur selben Zeit verteilte Aurelius Cotta das Richteramt, das C. ­Gracchus dem Senat entrissen und auf die Ritter, Sulla von ihnen auf den Senat übertragen hatte, gleichmäßig auf beide Stände.1688 Liv. per. 89: Sylla dictator factus … legibus novis rei publicae statum confirmavit, … senatum ex equestri ordine supplevit. Nachdem Sulla Diktator geworden war, festigte er den Zustand des Staates durch neue Gesetze, … und füllte den Senat aus dem Ritterstand auf. Ps. Ascon. p.188: (§ 8.) P o p u l u s R . i n t e r e a , t a m e t s i m u l t i s i n c o m m o d i s a d f . His enim X annis victore Sylla civilibus bellis spoliatus est p. R. potestate tribunicia, iudicandi iure quod habuit per equites R. XL annis, arbitrio creandorum sacerdotum, senatus aut iudicum. Indessen (hat) das römische Volk, auch wenn es vielen Unannehmlichkeiten ausgesetzt ist … Denn in diesen zehn Jahren beraubte Sulla, der in Bürgerkriegen Sieger geblieben war, das römische Volk der tribunizischen Gewalt, des Rechts zu Gericht zu sitzen, das es durch die römischen Ritter vierzig Jahre lang besaß, und der freien Entscheidung über die Wahl der Priester, des Senats oder der Richter. p.189: O r d o q u o q u e a l i u s a d r e s i u d i c a n d a s p o s t . C. ­Gracchus legem tr. pl. tulerat ut equites R. iudicarent: iudicaverunt per annos XXXX sine infamia. Post victor Sylla legem tulerat ut senatorius ordo iudicaret: et iudicavit per X annos turpiter. Nunc Aurelius Cotta legem fert ut senatores et equites R. et tribuni aerarii simul iudicent. Später auch ein anderer Stand für die Rechtsprechung. Gaius ­Gracchus hatte als Volkstribun ein Gesetz eingebracht, dass die römischen Ritter Recht sprechen sollten. Vierzig Jahre lang übten sie ohne Schande die Gerichtsbarkeit aus. Nach seinem Sieg hatte Sulla ein Gesetz eingebracht, dass der Senatorenstand Recht sprechen sollte: und er übte Schur betrachtet die Lex Nr. 140 und die Lex Nr. 141 als Teil der lex de magistratibus. de Wilde führt das Gesetz unter dem Titel lex Cornelia annalis. 1688 Velleius ist falsch informiert, Aurelius Cotta verteilt das Richteramt auf Senatoren, Ritter und Aerartribunen (Ps. Ascon. p.189). Zu den Aerartribunen vgl. Mommsen StR 3.189–196. 1686

1687

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zehn Jahre lang die Gerichtsbarkeit schändlich aus. Nun beantragt Aurelius Cotta ein Gesetz, dass die Senatoren und die Ritter und die Aerartribunen gleichzeitig Recht sprechen sollen. Ps. Ascon. p.218: (§ 37.) I n t e r X a n n o s . Recte dixit: hoc enim tempus quo senatus iudicat, victore Sylla ab ordine equitum R. transferente iudicia. Zehn Jahre lang. Zu Recht sagte er es: Das ist nämlich die Zeit, in der der Senat die Rechtsprechung besitzt, weil Sulla nach seinem Sieg die Rechtsprechung vom Ritterstand übertragen hat. p.221: (§ 49.) P o s t h a e c c o n s t i t u t a i u d i c i a . Senatoria iudicia dicit, per hos X annos Syllae legibus constituta. Danach wurde die Rechtsprechung fest eingerichtet. Von „senatorischer Rechtsprechung“ spricht er; in diesen zehn Jahren ist sie durch Gesetze Sullas festgelegt. Schol. Gronov. p.326: Q u e r u n t u r a c c u s a t o r e s . Victor Sulla multa commoda a populo ad senatorium ordinem transtulerat, in his etiam iudicandi potestatem. non enim equites, sicut consuetudo erat, sed senatores iudicare praecepit. Es beschweren sich die Ankläger. Als Sieger hatte Sulla viele Vorrechte vom Volk auf den Senatorenstand übertragen, darunter auch das Amt der Gerichtsbarkeit. Er schrieb nämlich vor, dass nicht die Ritter, so wie es Gewohnheit war, sondern die Senatoren Recht sprechen sollten. Tac. ann. 11.22: (Geschichte der Quaestur, dann:) post lege Sullae viginti creati supplendo senatui, cui iudicia tradiderat. Später wurden durch ein Gesetz Sullas zwanzig (Quaestoren) gewählt, um den Senat aufzufüllen, dem er die Gerichtsbarkeit übertragen hatte. App. civ. 1.59,267 (zum Jahr 88): κατέλεξαν … ἀϑρόους ἐκ τῶν ἀρίστων ἀνδρῶν τριακοσίους. Sie wählten (zur Ergänzung des Senats) aus dem Kreis der besten Männer zugleich 300 auf einmal aus. App. civ. 1.100,468 (zum Jahr 81): αὐτῇ δὲ τῇ βουλῇ διὰ τὰς στάσεις καὶ τοὺς πολέμους πάμπαν ὀλιγανδρούσῃ προσκατέλεξεν ἀμφὶ τοὺς τριακοσίους ἐκ τῶν ἀρίστων ἱππέων, ταῖς φύλαις ἀναδοὺς ψῆφον περὶ ἑκάστου. Den Senat selbst, der durch die Unruhen und die Kriege sehr ausgedünnt war, ergänzte er um die 300 Mitglieder aus den Besten des Ritterstandes, wobei er über jeden Einzelnen die Tribus abstimmen ließ. Sall. Cat. 37,6: multi memores Sullanae victoriae, quod ex gregariis militibus alios senatores videbant alios … Viele dachten an Sullas Sieg, da sie sahen, dass einige aus gemeinen Soldaten Senatoren geworden waren, andere … Dion. Hal. 5.77.4: βουλήν τε γὰρ ἐκ τῶν ἐπιτυχόντων ἀνϑρώπων συνέστησε· Den Senat stellte er nämlich aus gewöhnlichen Menschen zusammen. Übereinstimmend berichten unsere Quellen, dass Sulla den Rittern die Rechtsprechung wieder entzog und die Senatoren erneut als Richter / ​Geschworene einsetzte, so wie es vor C. ­Gracchus gewesen war.1689 Die Gesetze, durch die in 1689

Vgl. Lex Nr. 35.

Lex Nr. 135

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den seither vergangenen Jahrzehnten eine Änderung in der Zusammensetzung der Gerichte versucht worden war, werden mit Stillschweigen übergangen.1690 Das letzte, die im Jahr 89 ergangene lex Plautia1691, wird ohnehin durch Sullas lex aufgehoben, falls sie überhaupt so lange Bestand hatte.1692 Doch in welches Jahr diese lex Cornelia iudiciaria fällt, geht aus der Überlieferung nicht hervor. Sie wird daher ebenso wie die Ergänzung des Senats entweder in Sullas Konsulatsjahr 881693 oder in das erste Diktatorenjahr (81)1694 gesetzt – eine endgültige Festlegung scheint jedoch nicht möglich.1695 Aus der Neuzuweisung der Gerichte an die Senatoren folgte nämlich, dass Sulla sich genötigt sah, den Senat zu ergänzen; denn dieser war durch die vorausgegangenen Auseinandersetzungen und die auf Sulla selbst zurückgehenden Proskriptionen stark dezimiert worden.1696 Appian berichtet zweimal über diesen Vorgang, das erste Mal unabhängig von der Neuordnung der Gerichte: Im Jahr 88 nach dem Sieg über Marius und Sulpicius wählten die Konsuln L.  Cornelius Sulla und Q.  Pompeius Rufus 300 neue Senatoren unter den „besten Männern“. Das zweite Mal zeichnet Sulla allein verantwortlich wiederum für eine Zuwahl von 300 Senatoren, die nun aus den „Besten der Ritter“ genommen werden. Zusätzlich lässt Sulla angeblich die Tribus über jeden einzelnen dieser neuen Senatoren abstimmen.1697 Dass die neuen Senatoren aus dem Ritterstand kommen, steht auch in der Livius-Epitome (per. 89). Demgegenüber behaupten Sallust (Cat. 37,6) und Dionys von Halikarnass (5.77,4), die Sulla gegenüber offenkundig kritisch / ​negativ eingestellt sind, dass „gemeine Soldaten“ oder sogar „gewöhnliche Leute aus dem Volk“ Senatoren wurden.1698 Doch im Gegensatz zur Übertragung der Gerichte an die Senatoren scheint die Ergänzung des Senats eine bloße Verwaltungsmaßnahme zu sein, die nicht 1690 1691 1692 1693 1694 1695 1696 1697 1698

Pseudoasconius spricht von vierzig Jahren, in denen die Ritter die Rechtsprechung ausübten, d. h. von C. ­Gracchus bis Sulla. Lex Nr. 112. Von einigen für möglich gehalten, u. a. von Badian, Historia 11, 1962, 209. So Betti, Labeo 9, 1963, 236. Zu den Zweifeln an den sullanischen Reformen vgl. Heftner, Gracchen 145 m. A.20 (S.266). So u. a. Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 88–89; Carcopino, Sylla 33, u. Serrao, Classi 218. Vgl. Linke, Röm. Republik 114–115. Rotondi, Leges 362, führt die Ergänzung des Senats auf ein eigenes Gesetz des Jahres 81 zurück, vgl. bei Lex Nr. 155. Eine Deutung dieses Vorgangs, der auf die Geschworenen bezogen wird, bei Gabba, Republican Rome V.144–145. Beide Versionen finden Befürworter und Gegner, vgl. dazu Hill, CQ 26, 1932, 170–177; Gabba, Republican Rome V.142–150; Heftner, Gracchen 212–213. Nach Willems, Sénat 1.411, hat Sullas Senat eine abscheuliche Reputation (une détestable réputation) wegen seiner Bestechlichkeit in der Ausübung der Gerichtsbarkeit.

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Lex Nr. 135

auf ein Gesetz zurückzuführen ist.1699 Im Jahr 88 maßen sich die Konsuln offenbar die Funktion der Zensoren an, weil für ein ordentliches Verfahren keine Zeit bleibt,1700 und im Jahr 81 agiert Sulla aus seiner diktatorischen Vollmacht heraus.1701 Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 208–209, 232; Badian, Imperialism 62 (dt. 91); Betti, Labeo 9, 1963, 236; Bianchini, MIL 35, 1975, 246–247; Bleicken, Lex 401–402 A.164; Blösel, Röm. Republik 203; Botsford, Roman Assemblies 408, 415 A.1, 419; Bringmann, Republik 271–272, 274; Bringmann, Krise 66–67; Broughton, MRR 2.40, 74; Calore, Labeo 35, 1989, 210–211 A.88; Capogrossi Colognesi, Law 204; Carcopino, Sylla 33; Christ, Krise 218; Christ, Sulla 129; Cloud, CAH2 9.526; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 3.66, 71–72, 99–100, 102; Eder, Geschworenengerichte 24; Frank, ESAR 1.255; Flower, Republics 121, 127–128; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1558, 1559; Fündling, Sulla 127–129; Gabba, Republican Rome V.142–150; Graeber, Auctoritas 212–214; Grasmück, Exilium 73 A.56, 80 A.107, 105 m. A.288; Gruen, Roman Politics 255–258; Hackl, Senat und Magistratur 252; Hantos, Res publica 27, 69 A.3; Heftner, Gracchen 145; Hill, CQ 26, 1932, 170–177; Hill, Middle Class 148; Ingrisch, Sullas dictatura 40, 52; Jones, Criminal courts 56; Katz, AC 44, 1975, 117–120; Keaveney, Sulla 145–147; Konrad, Companion Republic 8.183; Kunkel, Kriminalverfahren 96–97; Kunkel, Quaestio 738, 740; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.647–648, 709; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 188–189; Lange, Alterthümer 2.363, 539, 669, 3.134, 156; Last, CAH 9.286; Lengle, Sullanische Verfassung 58–59; Lengle, ZRG 53, 1933, 276; Lengle, Strafrecht 33; Letzner, Sulla 145 m. A.164, 282–283; Levi, Costituzione 80–81, 133–134; Linke, Röm. Republik 114–115, 132–133; Mackay, Breakdown 192; Marsh / ​Scullard, History 128; Marshall, Asconius 275, 299, 305; Meier, RPA 256–257; Mommsen, GS 3.342–343; Mommsen, StR 3,1.532; Nicolet, L’ordre équestre 1.483, 573–580; Perelli, Movimento 155–156; Pina Polo, Consul 117; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 88–89; Richardson, Old Statutes 48, 49, 50; Rotondi, Leges 351; Santalucia, Diritto 71; Santalucia, Studi 196; Santangelo, Sulla 100; Schur, Marius und Sulla 134 A.1, 196; Scullard, Gracchi to Nero 81, 413–414; Seager, CAH2 9.202; Serrao, Classi 218; Sommer, RG 1.413; Steel, Historia 63, 2014, 325; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.75; Suárez Piñeiro, Latomus 59, 2000, 265–266, 275; Thommen, Volkstribunat 116; Thommen, Klio 99(2), 2017, 549; Willems, Sénat 2.290 m. A.3; Williamson, Laws 305, 332, 335, 337, 360; Wiseman, New Men 6–7; Wittmann, Sulla 573–574; Yakobson, Elections 204–205; Zumpt, Criminalrecht 2,2.93–99.

1699

Gegen Gabba, Appian 1.173. Öfter gilt auch diese Senatsergänzung lediglich als Dublette der Maßnahme des Jahres 81, vgl. etwa Last, CAH 9.208–209; Katz, AC 44, 1975, 120, plädiert dagegen für eine Maßnahme des Jahres 88; nach Williamson, Laws 337, wurde die Maßnahme von 88 annuliert und deshalb von Sulla im Jahr 81 erneuert. 1701 Namenslisten zu Sullas Senat u. a. bei Gabba, Republican Rome II, App. III, 59–67, u. Nicolet, L’ordre équestre 1.581–591. 1700

Lex Nr. 136

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136 Lex Cornelia de sacerdotiis 672–673/82–81

Ps. Ascon. p.188: (§ 8.) P o p u l u s R . i n t e r e a , t a m e t s i m u l t i s i n c o m m o d i s a d f . His enim X annis victore Sylla civilibus bellis spoliatus est p. R. potestate tribunicia, iudicandi iure quod habuit per equites R. XL annis, arbitrio creandorum sacerdotum, senatus aut iudicum.1702 Cass. Dio 37.37,1: Τότε μὲν δὴ τόδε ἐγένετο, καὶ τὰς αἱρέσεις τῶν ἱερέων, γράψαντος μὲν τοῦ Λαβιήνου, σπουδάσαντος δὲ τοῦ Καίσαρος, ἐς τὸν δῆμον αὖϑις ὁ ὅμιλος παρὰ τὸν τοῦ Σύλλου νόμον ἐπανήγαγεν, ἀνανεωσάμενος τὸν τοῦ Δομιτίου. Damals ist also dies geschehen, und die Versammlung der Plebejer übertrug die Wahlen der Priester zwar auf Antrag von Labienus1703, aber mit eifriger Befürwortung durch Caesar wieder auf das Volk, entgegen dem Gesetz von Sulla, indem man dasjenige von Domitius erneuerte. Liv. per. 89: Sylla dictator factus … legibus novis rei publicae statum confirmavit, … Pontificum augurumque collegium ampliavit, ut essent quindecim. Nachdem Sulla zum Diktator erhoben worden war, … festigte er den Zustand des Staates mit Hilfe von neuen Gesetzen, … Er erweiterte die Kollegien der pontifices und der augures, so dass es jeweils fünfzehn Mitglieder waren. Vir. ill. 75,11: (Cornelius Sylla) numerum sacerdotum auxit. Cornelius Sulla vermehrte die Zahl der Priester. Serv. Aen. 6,73: LECTOSQUE SACRABO ALMA VIROS quia nisi patricii non fiebant, sciendum sane primo duos librorum fuisse custodes, inde decem, inde quindecim usque ad tempora Sullana. postea crevit numerus, nam et sexaginta ­fuerunt, sed remansit in his quindecimvirorum vocabulum. UND ICH WERDE DIR WOHLTÄTIGE, AUSGEWÄHLTE MÄNNER WEIHEN. Weil nur Patrizier genommen wurden, muss man allerdings wissen, dass es zuerst zwei Wächter für die Bücher gab, darauf zehn und dann fünfzehn bis zu den Zeiten Sullas. Später wuchs die Zahl; denn es waren sogar sechzig, doch blieb für sie die Bezeichnung „Fünfzehnmänner“ erhalten. Unter den Gesetzen Sullas beschäftigt sich eines auch mit der Staatsreligion, nämlich mit Regelungen für die Priesterkollegien. Nach der Überlieferung enthielt es mindestens zwei Bestimmungen: Pseudo-Asconius und Cassius Dio berichten übereinstimmend, dass die Volkswahl der Priester wieder aufgehoben wurde. Ob sich das Gesetz nur auf die Kollegien der Priester bezog, d. h. die 1702 1703

Übersetzung bei Lex Nr. 133 u. Nr. 135. Lex Labiena, 63; Rotondi, Leges 380 (Lex Atia). Der Name des Volkstribuns ist überliefert als T. Labienus (Broughton, MRR 2.167–168; vgl. Drummond, Historia 57, 2008, 369 A.14)

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Lex Nr. 136

lex Domitia von 104 (Lex Nr. 74) ersetzte, oder auch die Volkswahl des Pontifex maximus aufhob, die immerhin seit dem 3. Jh. gängige Praxis war, wird von den Autoren nicht weiter ausgeführt, von Mommsen1704 allerdings für wahrscheinlich gehalten. Außerdem bleibt auch hier – ebenso wie bei der lex Domitia – in der Schwebe, für welche Priesterkollegien das Gesetz galt, für pontifices und augures oder auch für andere. Eine weitere Regelung Sullas, die gewöhnlich gemeinsam mit der Aufhebung der lex Domitia auf ein Gesetz zurückgeführt wird, ist in den Auszügen aus Livius und dem Liber de viris illustribus überliefert. Demnach erweiterte Sulla die Kollegien der pontifices und der augures von bisher acht bzw. neun1705 auf fünfzehn Mitglieder. Nimmt man die Erklärung von Servius zur Aeneis hinzu, deren Zeitangabe vielleicht etwas großzügig gefasst ist, könnte auch das Kollegium der Xviri sacris faciundis von Sulla vergrößert worden sein, denn die erste (überlieferte) Bezeichnung eines Mannes als XVvir steht in einem Brief Ciceros (fam. 8.4,1); es klingt jedoch bei Cicero wie etwas allgemein Bekanntes und bedarf offensichtlich keiner weiteren Erklärung, so dass es keine Neuerung der letzten Zeit sein kann.1706 Zumindest ein Teil dieser lex Cornelia hatte nicht lange Bestand; denn die von Sulla wieder eingeführte Kooptation innerhalb der Priesterkollegien wird im Jahr 63 durch ein Gesetz des Volkstribunen Labienus1707 erneut einer vorausgehenden Volkswahl unterworfen; man kehrt zu der von der lex Domitia vorgesehenen Regelung zurück. Dagegen bleibt die Vergrößerung der Priesterkollegien durch Sulla bestehen. Lit.: Bardt, Priester p.10 u. 21; Bellen, Grundzüge 115; Bergemann, Religion 31, 127, 130; Bleicken, Lex 153 m. A.51–52; Blösel, Röm. Republik 205; Botsford, Roman Assemblies 416–417; Bringmann, Republik 278; Bringmann, Krise 69; Broughton, MRR 2.75 (7.); Christ, Sulla 130; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 3.97; Drummond, Historia 57, 2008, 369; Flower, Republics 126–127; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1558, 1559–1560; Fündling, Sulla 129; Graeber, Auctoritas 213; Gruen, Generation 253; Hantos, Res publica 124–129; Ingrisch, Sullas dictatura 75–76; Keaveney, Sulla 148; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.708; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 183; Lange, Alterthümer 2.539, 675, 3.157; Last, CAH 9.164, 288; Lengle, Sullanische Verfassung 1–3, 7–9; Letzner, Sulla 287–288; Levi, Costituzione 81; Linderski, HSPh 76, 1972, 191–193 (= Questions I, 241–243); Linke, Röm. Republik 135; Lintott, Constitution 184; Maganzani, Sanctio 68 A.84, 77; Mommsen, StR 2,1.30; North, Family Strategy 529–530, 539–541; Rotondi, Leges 352; Rüpke, Fasti sacerdotum 3.1639–1640; Scheid, 1704

Mommsen, StR 2,1.30. Diese Zahlen gelten seit der lex Ogulnia von 300 (vgl. Elster, Gesetze 103–106, Lex Nr. 46), wobei der pontifex maximus dem Kollegium der pontifices zwar als neuntes Mitglied zugerechnet, seine Stelle aber nicht wie die übrigen durch Kooptation besetzt wird. 1706 Bleicken, Lex 153 A.51. 1707 Rotondi, Leges 380 – lex Atia. 1705

Lex Nr. 137

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Religion et piété 88–89; Scheid, Religione 223, 224, 236; Scullard, Gracchi to Nero 82; Seager, CAH2 9.203; Serrao, Classi 185; Thommen, Volkstribunat 84; Willems, Sénat 2.300 A.1; Williamson, Laws 277, 335, 360.

137 Lex (?) de ludis Victoriae instituendis 673/81

Vell. Pat. 2.27,6: Felicitatem diei, quo Samnitium Telesinique pulsus est exercitus, Sulla perpetua ludorum circensium honoravit memoria, qui sub eius nomine Sullanae Victoriae celebrantur. Den glücklichen Erfolg des Tages, an dem das Heer der Samniten und des Telesinus geschlagen wurde, verherrlichte Sulla mit der fortwährenden Stiftung von Zirkusspielen, die unter seinem Namen als Spiele der sullanischen Victoria gefeiert werden. Ps. Ascon. p.2171708: A d l u d o s V i c t o r i a e . Hos Sylla instituit bello civili victor. Bis zu den Spielen für die Göttin Victoria. Diese richtete Sulla nach seinem Sieg im Bürgerkrieg ein. Schol. Gronov. p.338: 31. A d l u d o s V i c t o r i a e . Quos Sulla constituit post victoriam Marianam. Bis zu den Spielen für die Göttin Victoria. Diese richtete Sulla nach dem Sieg über die Marianer ein. CIL 12 ,1.333, Comm. Diurni: VII K · NOV · – K · NOV · (Oct. 26 – Nov. 1) Zum Gedenken an seinen Sieg über die Samniten an der Porta Collina führte Sulla ein, dass am Jahrestag dieses Sieges von nun an Spiele für die Göttin Victoria abgehalten werden sollten.1709 Vermutlich wurden sie am 1. November 81 zum ersten Mal veranstaltet, und zwar unter der Aegide des Praetors Sex. Nonius Sufenas, wie ein Denarius seines Nachkommen M. Nonius Sufenas aus dem Jahr 59 zeigt.1710 Velleius macht deutlich, dass die Spiele bis ins 1. Jh.n. Chr. dauerhaft Die Scholien erläutern hier Cic. Verr. 1.10,31: deinde se ducturos et dicendo et excusando facile ad ludos Victoriae. (Cicero behauptet, dass der Prozess bis zum Tag der Spiele der Victoria verschleppt werden soll.) 1709 Ursprünglich dauerten die Spiele wohl nur diesen einen Tag. Wann die spätere Ausdehnung auf sechs Tage erfolgte, wie der Festkalender (CIL 12 ,1.333) zeigt, ist nicht bekannt; vgl. Degrassi (1963), Inscriptiones Italiae XIII 2,1 p.525–526. 1710 Mommsen, Münzwesen 625–626 m. A.464, Nr. 265; Crawford, RRC 1.445–446, Nr. 421–1, u. RRC 2.732; Sydenham, Coinage 146, Nr. 885, Pl. XXIV; Grueber, Coins 1.470, Nr. 3820. – Für Mattingly, NC 16, 1956, 192–193, stehen die Buchstaben PR für PR­(aeneste), nicht für PR(aetor), und er leitet daraus ab, dass die Spiele in Praeneste stattgefunden haben. Diese Annahme wird allgemein – zu Recht – zurückgewiesen: Hölscher, Victoria Romana 146 A.915; St. Weinstock, Victoria 1), RE 8A,2 (1958) 2514; Crawford, RRC 1.446; Behr, 1708

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Lex Nr. 137

gefeiert wurden, wohl zunächst unter dem einfachen Namen Ludi Victoriae. Den Zusatz Sullanae erhielten sie vermutlich erst als Unterscheidung zu den von Caesar eingeführten ludi Victoriae Caesaris.1711 Unklar ist, durch welche Vorgehensweise die Spiele eingerichtet wurden, die nach dem Festkalender zu den jährlich stattfindenden zu rechnen sind; denn darüber schweigen die Quellen. Also nahm man zu verschiedenen Behauptungen bzw. Vermutungen Zuflucht: Lange1712 denkt an ein Gesetz Sullas, das sein Neffe Sex. Nonius ausführte. Ebenso bezeichnet De Martino1713 das die Spiele einführende Gesetz direkt als lex Nonia. Andere (Scullard, Ramage, Keaveney, Letzner)1714 sehen zwar auch im Praetor den Verantwortlichen, äußern sich jedoch nicht zu einer einführenden Maßnahme. Bernstein1715 dagegen hält einen Senatsbeschluss für sehr wahrscheinlich. Und auch das Jahr, in dem die Spiele zum ersten Mal gegeben wurden, ist nicht direkt überliefert. Wegen der familiären Hinweise auf den Praetor des Jahres 81, Sex. Nonius Sufenas, wird allgemein dieses Jahr für die erste Feier der Spiele gehalten.1716 Lit.: Behr, Sulla 139–143; Bernstein, Ludi publici 314–327; Botsford, Roman Assemblies 423; Broughton, MRR 2.76 (zum Jahr 81); Christ, Krise 215; Christ, Sulla 120–121; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 3.92; Gabba, Appian 1.271–272; Fündling, Sulla 134–135; Habel, Ludi publici, RE Suppl. 5 (1931) 628–629; Heftner, Gracchen 226; Hinard, Sylla 258–259; Hölscher, Victoria Romana 142–147; Hurlet, La dictature 127–128; Ingrisch, Sullas „dictatura“ 56–57; Keaveney, Klio 65, 1983, 189–191; Keaveney, Sulla 156, 158–159; Lange, Alterthümer 2.675, 3.162; Letzner, Sulla 267–269; Mattingly, NC 16, 1956, 189–197; Meier, RPA 252; Mommsen, StR 2,1.236 A.3; Ramage, Klio 73, 1991, 111, 120; Rotondi, Leges 352; Santangelo, Sulla 216–218; Scheid, Religione 228, 230, 236; Schur, Marius und Sulla 187; Scullard, Festivals 196 (dt.: Feste 275); Seager, CAH2 9.205; St. Weinstock, Victoria 1), RE 8A,2 (1958) 2514. Sulla 140 A.676; Bernstein, Ludi publici 319–320. Neuerdings vertritt Hurlet, La dictature 127–128, wieder die Veranstaltung der Spiele in Praeneste; doch er erklärt nicht, warum die in römischen Kalendern überlieferten Spiele woanders stattfinden als in Rom. 1711 Behr, Sulla 142, der sich auf Mommsen beruft; vgl. dazu Bernstein, Ludi publici 321–322. 1712 Lange, Alterthümer 2.675 und 3.162; ebenso ist Scheid, Religione 228 u. 236, für ein Gesetz. 1713 De Martino, Costituzione 3.92. 1714 Scullard, Festivals 196 (Feste 275); Ramage, Klio 73, 1991, 120; Keaveney, Sulla 156: „(the) praetor instituted the Ludi Victoriae Sullae“; Letzner, Sulla 267–269 (Sulla „beauftragte seinen Neffen Sex. Nonnius [fehlerhaft für „Nonius“] Sufenas, der zu dem Zeitpunkt Praetor war, mit diesem Projekt.“) 1715 Bernstein, Ludi publici 322. 1716 Lange, Alterthümer 2.675, 3.162; Bernstein, Ludi publici 317; Letzner, Sulla 267; Keaveney, Sulla 156; Scheid, Religione 236. – Über die besonderen Umstände bei der zweiten (?) Veranstaltung der Spiele im Jahr 80 (App. civ. 1.99,463–464) liegen die modernen Einschätzungen weit auseinander, vgl. z. B. die maßvolle Darstellung von Bernstein, Ludi publici 318, und die übertriebene von Ramage, Klio 73, 1991, 120, und Keaveney, Sulla 156.

Lex Nr. 138

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138 Lex Cornelia de civitate Volaterranis adimenda 673/81

Cic. dom. 30,79: Populus Romanus L. Sulla dictatore ferente comitiis centuriatis municipiis civitatem ademit: ademit eisdem agros. De agris ratum est; fuit enim populi potestas; de civitate ne tam diu quidem valuit quam diu illa Sullani temporis arma valuerunt. An vero Volaterranis, cum etiam essent in armis, L. Sulla victor re publica reciperata comitiis centuriatis civitatem eripere non potuit, hodieque Volaterrani non modo cives, sed etiam optimi cives fruuntur nobiscum simul hac civitate: consulari homini P. Clodius … civitatem adimere potuit …? Das römische Volk nahm auf Antrag des Diktators Sulla in den Zenturiatkomitien Landstädten das Bürgerrecht; denselben nahm es Ländereien weg. Hinsichtlich der Ländereien ist der Beschluss gültig; er lag nämlich in der Macht des Volkes. Hinsichtlich des Bürgerrechts galt er nicht einmal so lange wie die Waffengewalt des sullanischen Zeitalters dauerte. Konnte etwa sogar als Sieger L. Sulla den Einwohnern von Volaterra, obwohl sie noch in Waffen standen, nachdem er den Staat wieder hergestellt hatte, in den Zenturiatkomitien das Bürgerrecht nicht aberkennen lassen, – und heute sind sie nicht nur als Bürger, sondern als mit allen Rechten ausgestattete Bürger zugleich mit uns Nutznießer dieses Staates –: einem ehemaligen Konsul dagegen konnte ein P. Clodius das Bürgerrecht aberkennen lassen? Cic. Caec. 35,102: … Sulla ipse ita tulit de civitate ut non sustulerit horum nexa atque hereditates. Iubet enim eodem iure esse quo fuerint Ariminenses; quos quis ignorat duodecim coloniarum fuisse et a civibus Romanis hereditates capere potuisse? Sulla selbst hat das Gesetz über das Bürgerrecht so verabschieden lassen, dass er deren Schuldverträge und Erbschaftsrechte nicht aufhob. Er verfügte nämlich, dass sie dasselbe Rechtsverhältnis wie die Ariminer haben sollten. Wer weiß nicht, dass diese zu den zwölf Kolonien gehört haben und von römischen Bürgern Erbschaften haben annehmen können? vgl. Cic. Caec. 7,18: Iam principio (Aebutius) ausus est dicere non posse heredem esse Caesenniae Caecinam, quod is deteriore iure esset quam ceteri cives propter incommodum Volaterranorum calamitatemque civilem. Zu Beginn (des Prozesses) wagte er (der Kläger Aebutius) zu sagen, Caecina könne nicht der Erbe Caesennias sein, weil er eine schlechtere Rechtsstellung besitze als die übrigen Bürger – wegen der Niederlage der Volaterraner und des Unheils im Bürgerkrieg. App. civ. 1.100,470: τοῖς ὑπὲρ ἑαυτοῦ στρατευσαμένοις τρισὶ καὶ εἴκοσιν ἐπένειμεν, ὥς μοι προείρηται, πολλὴν ἐν ταῖς πόλεσι γῆν, τὴν μὲν ἔτι οῦσαν ἀνέμητον, τὴν δὲ τὰς πόλεις ἀφαιρούμενος ἐπὶ ζημίᾳ. Unter die 23 Legionen, die unter ihm gekämpft hatten, verteilte er (Sulla), wie ich schon früher gesagt habe, viel Land in den Städten, das zum Teil noch unverteilt war, das er zum Teil aber den Städten zur Strafe weggenommen hatte.

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Sall. hist. frg. 1.55,12 M. (Oratio M. Aemilii Lepidi cos. ad populum Romanum): Sociorum et Latii magna vis civitate pro multis et egregiis factis a vobis data per unum prohibentur  … (Eine Rede des Konsuls M.  Aemilius Lepidus an das römische Volk) Ein großer Teil der Bundesgenossen und der Leute aus Latium wird, nachdem ihnen für ihre zahlreichen und hervorragenden Taten von euch das Bürgerrecht verliehen worden ist, durch einen einzigen Mann an dessen Ausübung gehindert, … Sall. hist. frg. 1.77,14 M. (Oratio Philippi in senatu): an Lepidi mandata animos movere? qui placere ait … civitatem confirmari, quibus ademptam negat; … (Rede des Philippus im Senat) Oder habt ihr euch die Weisungen des Lepidus zu Herzen genommen? Welcher sagt, er wünsche, … das Bürgerrecht werde denen bestätigt, denen es nach seinen Worten nicht genommen wurde; … Liv. per. 89: (Sylla) Volaterras, quod oppidum adhuc in armis erat, obsessum in deditionem accepit. Sulla nahm die Unterwerfung von Volaterra, einer Stadt, die bis dahin unter Waffen stand, nach einer Belagerung an. Die verschiedenen Nachrichten über Strafaktionen von Sulla in Zusammenhang mit der Ansiedlung seiner Legionen vermitteln ein diffuses Bild. In der Forschung1717 wird durchgängig angenommen, dass Sulla per Gesetz einigen Städten das Bürgerrecht, das sie erst nach dem Bundesgenossenkrieg erhalten haben, wieder aberkennen lässt. Demgegenüber behauptet Cicero, dass von den beiden zur Abstimmung gebrachten Vorhaben Sullas nur eines Bestand hatte, nämlich die Konfiszierung von Ländereien in den Städten, die bestraft werden sollten. Die Entziehung des Bürgerrechts durch einen Volksbeschluss sei – so Cicero – zwar in den Zenturiatkomitien beschlossen worden, habe jedoch keine Geltung erlangt; denn einem Rechtsgrundsatz zufolge könne niemandem gegen seinen Willen das Bürgerrecht genommen werden,1718 und gegenwärtig besäßen die Leute aus Volaterra die beste Rechtsstellung, sie seien optimi cives. Daneben steht die Aussage (Caec. 35,102), dass Sulla die bürgerlichen Rechte des commercium bestehen ließ, aber Volaterra denselben Status verliehen habe wie Ariminum1719, d. h. es habe 1717

Lange, Alterthümer 3.161; Mommsen, StR 3.140; Cuq, DS 3,2.1138; Kornemann, Civitas, RE Suppl. 1 (1903) 312; Botsford, Roman Assemblies 422; Rotondi, Leges 352–353; Broughton, MRR 2.75 (10.); Bleicken, Lex 112 m. A.19. – Nach Dahlheim, Staatsstreich 114, gilt das auch für Volaterra und Arretium; nur Volaterra nennt Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.703 u.710 (Zenturiatgesetz). 1718 Cic. dom. 29, 78. – Dem folgt Keaveney, CS 19, 1982, 525; vgl. Harris, Etruria and Umbria 276–283, zu Ciceros Argumentation. 1719 Die latinische Kolonie Ariminum wurde 268 gegründet, sie ist nach Ansicht Mommsens, StR 3.624, die erste bzw. älteste der „zwölf Kolonien“ (Cic. Caec. 35,102), die in ihren Rechten schlechter gestellt waren als die früheren; ähnlich Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 518. Salmon, JRS 26, 1936, 58–61, widerlegt das und vertritt im Gegensatz dazu die Auffassung, dass Ariminum die letzte Gründung der Gruppe der duodecim coloniae sei und

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latinisches Recht erhalten. Daraus lässt sich der vorsichtige Schluss ziehen, dass Sulla das Bürgerrecht von Volaterra modifizierte, dass diese Änderung aber keinen Bestand hatte; denn sonst könnte Cicero die Volaterraner nicht als optimi cives (dom. 30,79) bezeichnen.1720 In diesen Vorschlag kann man die beiden Zitate aus den Sallust-Reden einbinden – auch wenn Volaterra nicht namentlich genannt wird –; denn einerseits werden Bundesgenossen und Latiner an der Ausübung des Bürgerrechts gehindert, andererseits behauptet Lepidus, dass ihnen das Bürgerrecht nicht entzogen war. Darüber hinaus ist fraglich, ob noch weitere Städte betroffen waren, wie pauschal öfter behauptet wird1721; denn Cicero nennt in einem Brief an Atticus1722 zwar neben Volaterra noch Arretium, doch in dem Zusammenhang geht es nur um die Ländereien beider Städte. Lit.: Bleicken, Lex 112 m. A.19; Botsford, Roman Assemblies 422; Broughton, MRR 2.75 (10.); Brunt, Manpower 93–94; Coşkun, Bürgerrechtsentzug 63–69; Coşkun, Cicero 51; Cuq, DS 3,2.1138; Dahlheim, Staatsstreich 114; Galsterer, Chiron 1, 1971, 208; Gillen, Nichtige Gesetze, 43; Hantos, Res publica 69 A.3; Harris, Etruria and Umbria 264–266, 275–283; Kaser, Jura 3, 1952, 69–71; Keaveney, CS 19, 1982, 525; Keaveney, Sulla 172, 217; Kornemann, Civitas, RE Suppl. 1 (1903) 312; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.703, 710; Lange, Alterthümer 2.6111723, 3.161; Maganzani, Sanctio 98–99; Mommsen, StR 3.140; Rotondi, Leges 352–353; Sandberg, AIRFinl. 24.80; Santangelo, Sulla 156; Seager, CAH2 9.204; Taylor, Voting Districts 118–119, 312; Terrenato, JRS 88, 1998, 95, 106; Williamson, Laws 364 A.29, 360.

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dass diese Kolonien besser gestellt seien als die übrigen latinischen Kolonien – resultierend aus ihrer Treue zu Rom im Zweiten Punischen Krieg (209). Später (Colonization 94; Roman Italy 70) gibt Salmon eine geänderte Abfolge wieder, nun ist Ariminum die erste der 12 bessergestellten Kolonien, Aquileia (gegr. 181) die letzte. – Vgl. zum ius XII coloniarum den neuen Lösungsansatz bei Coșkun, Bürgerrechtsentzug 63–70, mit Bezug auf Ciceros Rede pro Caecina.[Die Auffassung von Salmon gibt er allerdings S. 68 A.180 nicht ganz korrekt wieder.] Taylor, Voting Districts 312, zieht wohl daraus den Schluss, dass Sulla das Bürgerrecht „for a time“ nahm; vgl. Brunt, Manpower 93–94. Vgl. z. B. Lange, Alterthümer 3.161, u. Rotondi, Leges 352–353. Fündling, Sulla 132–133, nennt Arretium als Beispiel und führt Cic. Caec. 101 f. als Beleg an. Cicero nennt jedoch keine Namen von „bestraften“ Städten. Cic. Att. 1.19,4: … Volaterranos et Arretinos, quorum agrum Sulla publicarat neque diviserat, … die Volaterraner und Arretiner, deren Gebiet Sulla konfisziert, jedoch nicht verteilt hatte. Nach Lange scheute sich Sulla, die Tributkomitien darüber beschließen zu lassen, um ihnen nicht einen Präzedenzfall zu liefern, dass sie das Recht hätten, auf legislativem Wege das Bürgerrecht zu entziehen.

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139 *Lex Cornelia de provinciis ordinandis 673/81

Die Feststellung, dass ein solches Gesetz existiert, geht auf Mommsen1724 zurück. Hauptpunkt seines Inhalts wäre demnach die totale Trennung zwischen dem imperium domi und dem imperium militiae der Konsuln, d. h. in ihrem Amtsjahr würden sie in Rom agieren und erst im darauffolgenden Jahr als Prokonsuln ihre Provinz übernehmen. Für die Konsuln bedeutete das den Verlust des militärischen Imperiums.1725 Die Regelung für die Praetoren sähe ähnlich aus; im Amtsjahr würden sie den Vorsitz der quaestiones perpetuae innehaben und im folgenden Jahr in eine Provinz gehen. Für beide Ämter resultiert daraus eine zeitliche Erstreckung von zwei Jahren anstelle der bisherigen strikten Annuität aller Magistraturen. Lange1726 und Rotondi1727 gaben diesem „Gesetz“ den Titel lex Cornelia de provinciis ordinandis. Das vermeintliche Gesetz wird jedoch in keiner einzigen antiken Quelle1728 genannt, dagegen finden das Vorläufergesetz (lex Sempronia de provinciis consularibus)1729 und dasjenige Caesars (lex Iulia de provinciis)1730 zum Thema „Provinzen / ​Provinzstatthalter“ mehrfach Erwähnung. Im Übrigen hat Sulla in einem anderen, gut verbürgten Gesetz Regelungen für die Provinzstatthalter1731 getroffen, der lex Cornelia de maiestate (Lex Nr. 150).

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Mommsen, GS 4.92–145: Die Rechtsfrage zwischen Caesar und dem Senat.  – Vgl. RG 3.367–368, und StR 1.57–59; 2,1.94–95, 214–215; 3,2.1086–1087, 1101–1103. – Zur Vorgeschichte mit der Erfindung dieses Gesetzes vgl. Giovannini, Consulare imperium 97–101. Ein Beispiel (für viele) aus der Forschungsgeschichte: Schon Siber, ZRG 64, 1944, 237–238, widerspricht dieser Behauptung, ebenso Bringmann, Krise 67; ähnlich Lintott, Constitution 212. Capogrossi Colognesi, Law 203–204, und Hantos, Res publica 97–105, 107–115, folgen Mommsen. – Eine vermittelnde Position vertritt Laffi, Athenaeum 45, 1967, 183–184. Lange, Alterthümer 1.734–735; 2.673; 3.164–165. Rotondi, Leges 353. So schon die Bemerkung von Zumpt, Criminalrecht 2,1.385. Es folgen Balsdon, JRS 29, 1939, 60, und Giovannini, Consulare imperium 75–76.  – Die von Rotondi a. a. O. angeführten Stellen berichten nur über Einzelfälle, in denen angeblich das Gesetz angewendet wurde. Vgl. Balsdon, JRS 29, 1939, 60, und Giovanninis ausführliche Auseinandersetzung mit Mommsen (Consulare imperium 77–83). Lex Nr. 33. Im Jahr 46: Rotondi, Leges 421. Cic. fam. 3.6,3 (Cic. an Ap. Claudius Pulcher: eo discessisti, quo ego te ne persequi quidem possem triginta diebus, qui tibi ad decedendum lege, ut opinor, Cornelia constituti essent. … sondern du hast dich dorthin entfernt, wohin ich dir nicht einmal in den dreißig Tagen folgen kann, die für deine Abreise aus der Provinz nach einem, wie ich glaube, Cornelischen Gesetz festgelegt sind.) ist die einzige der von Rotondi angeführten Quellen, in der auf eine

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Die moderne Literatur ist gespalten in das Lager derer, die Mommsens Theorie folgen und seine Behauptungen wiederholen, bzw. derer, für die ein solches Gesetz nicht existiert,1732 weil es keine antiken Quellen dafür gibt und sich in den folgenden Jahren bei den uns bekannten Amtsträgern nicht nachweisen lässt, dass ein solches Gesetz befolgt wurde.1733 Lit.: Balsdon, JRS 29, 1939, 57–65; Beck, Consular power 89; Bellen, Grundzüge 115; Bernhardt1734, Polis 180; Biscardi, BIDR 57/58, 1953, 274–276; Bleicken, Lex 157 m. A.69; Blösel, Röm. Republik 204–205; Botsford, Roman Assemblies 417–418; Brennan, Praetorship 2.388, 394–395; Bringmann, Republik 277; Bringmann, Krise 68; Capogrossi Colognesi, Law 203–204; Carcopino, Sylla 73–76; Christ, Sulla 131; Christ, Krise 219, 220–221; Cuq, DS 3,2.1140; Dahlheim, Gewalt 289; De Martino, Costituzione 3.95–96; Diehl, Sulla 208–209; Ferrary, Législation 470–471; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1560; Fündling, Sulla 130–131; Giovannini, Consulare imperium 73–101; Girardet, Chiron 31, 2001, 155–157; Hantos, Res publica 97–105, 107–115; Heftner, Gracchen 216–218; Hurlet, Consulship 323–324; Ingrisch, Sullas dictatura 79–80; Keaveney, Klio 65, 1983, 199–200, 202 A.108; Keaveney, Sulla 141–143, 145–146; Kloft, Prorogatio, RE Suppl. 15 (1978), 454; König, Staat 133 [66]; Kunkel, Staatsordnung 2.18; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 183–184; Lange, Alterthümer 1.734–735, 788, 2.673, 3.164; Last, CAH 9.294–296; Lengle, Sullanische Verfassung 51 m. A.2; Letzner, Sulla 281–282; Levi, Costituzione 79–80, 180, 182–185, 197; Linke, Röm. Republik 133–134; Lintott, Constitution 211–212; Magie1735, Roman Rule 2.1121 A.26; Marsh / ​Scullard, History 132–134, 427; Meier, RPA 258–259; Mommsen, GS 4.92–145; Mommsen, RG 3.367–368; Mommsen, StR 1.57–59; 2,1.94–95, 214–215; 3,2.1086–1087, 1101–

lex Cornelia Bezug genommen wird. Doch die hier ausgesprochene Vorschrift gehört eher zu den Regeln, die im Rahmen der – von Cicero ausdrücklich so bezeichneten – lex Cornelia de maiestate (Lex Nr. 150) für die Statthalter aufgestellt werden; so auch z. B. die Auffassung von Brennan, Praetorship 2.399–400; Keaveney, Klio 65, 1983, 202 A.108; Mackay, Breakdown 191; Heftner, 275 A.23; Santangelo, Sulla 118; Harries, Law and Crime 77; Blösel, Röm. Republik 204. 1732 Umfassend aufgearbeitet findet sich die Literatur bei Girardet, Chiron 31, 2001, 155–158, bes. A.8–10, und Pina Polo, Consul 225–229. 1733 Dazu ausführlich mit Beispielen Balsdon, JRS 29, 1939, 61–64, und Giovannini, Consulare imperium 83–89. 1734 Bernhardt schreibt dem Gesetz einen ganz anderen Inhalt zu, nämlich die Begrenzung der Kosten für Gesandtschaften aus den Provinzen nach Rom, aber er führt keine antike Belegstelle an. 1735 Magie führt – nach Rotondi – überwiegend Bemerkungen Ciceros an, die er aber bis auf eine Ausnahme nicht auf ein Gesetz Sullas zurückführt. Die Ausnahme ist der Hinweis auf eine Inschrift aus Thyateira (IGR IV 1188), in der bei Verwaltungsangelegenheiten der Stadt auf eine lex Cornelia Bezug genommen wird. Dabei handelt es sich jedoch vermutlich, wie in vergleichbaren Fällen, um ein Gesetz speziell für diese Stadt oder die Provinz Asia (lex data ?) und nicht um ein allgemeingültiges Gesetz de provinciis; vgl. zu dieser Inschrift: Santangelo, Sulla 118–119.

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1103; Pina Polo, Consul 7, 225–229, 242–243; Rotondi, Leges 353; Sandberg, AIRFinl. 24.39; Santangelo, Sulla 117–118, 119 m. A.53; Schulz, Herrschaft 48–51; Schur, Marius und Sulla 198–201; Scullard, Gracchi to Nero 82–83; Siber, ZRG 64, 1944, 237–238; Sommer, RG 1.414; Willems, Sénat 2, 571–573, 578; Williamson, Laws 360; Wittmann, Sulla 578–579; Zumpt, Criminalrecht 2,1.385.

140 Lex Cornelia de praetoribus octo creandis 673/81

Dig. 1.2,2,32: Capta deinde Sardinia, mox Sicilia, item Hispania, deinde Narbonensi provincia totidem praetores, quot provinciae in dicionem venerant, creati sunt, partim qui urbanis rebus, partim qui provincialibus praeessent. deinde Cornelius Sulla quaestiones publicas constituit, veluti de falso, de parricidio, de sicariis, et praetores quattuor adiecit. Nachdem dann eingenommen worden war Sardinien, bald darauf Sizilien, ebenso Spanien, dann die Provinz Narbo, wurden ebenso viele Praetoren gewählt, wie Provinzen unterworfen worden waren, die teils Aufgabenbereiche in der Stadt Rom, teils in den Provinzen verwalten sollten. Danach richtete Cornelius Sulla staatliche Strafgerichtshöfe ein wie für Fälschung, für Verwandtenmord und für Mörder überhaupt, und fügte vier Praetoren hinzu. Vell. Pat. 2.89,3: (unter Augustus) … tantummodo octo praetoribus adlecti duo. Es wurden lediglich zu den acht Praetoren zwei hinzugewählt. Cass. Dio 42.51: [zum Jahr 47:] ἵνα γὰρ πλείους αὐτῶν ἀμείψηται, στρατηγούς τε δέκα ἐς τὸ ἐπιὸν ἔτος ἀπέδειξε καὶ … denn damit er (Caesar) sich einer größeren Anzahl von ihnen erkenntlich zeigte, ließ er für das nächste Jahr zehn Praetoren wählen und … Der Diktator Sulla vergrößerte die Zahl der Praetoren, was wahrscheinlich eine notwendige Konsequenz aus der Einrichtung neuer quaestiones war. Es ist jedoch fraglich, ob dafür ein Gesetz1736 erforderlich war oder ob es genügte, bei den Wahlen eine entsprechend höhere Anzahl von Personen wählen zu lassen.1737 Spuren eines diesbezüglichen Gesetzes haben sich nicht erhalten. Lediglich aus Analogie zum Gesetz über die gesteigerte Zahl der Quaestoren könnte man annehmen, dass auch für die Praetoren ein Gesetz vorgelegt wurde.

Von einer lex gehen z. B. aus: Lange, Alterthümer 2.656, 3.163; Rotondi, Leges 353; De Martino, Costituzione 3.95; Brennan, Praetorship 2.388. 1737 So auch die Meinung von Zumpt, Criminalrecht 2,1.176. 1736

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Sullas Neuerung bestand vermutlich in der Erhöhung der Anzahl der Praetoren von sechs auf acht. Darauf deutet die Aussage des Velleius, dass bis zu Augustus acht Praetoren amtierten. Pomponius’ abweichende Angaben (Dig. 1.2,2,32) werden zwar öfter so interpretiert1738, als habe Sulla die Zahl der Praetoren von sechs auf zehn erhöht,1739 aber sein geschichtlicher Abriss ist offenbar in diesem Punkt fehlerhaft. Denn vor Augustus erscheint die Zahl von zehn Praetoren lediglich als Ausnahme, z. B. für das Jahr 47 (Cassius Dio), und sie wird damit begründet, dass Caesar Gefolgsleute belohnen wollte  – eine dauerhafte Praxis entstand nach unseren Quellen nicht daraus. Lit.: Beck, Consular power 88–89; Bleicken, Lex 156; Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 416 u. 417; Brennan, Praetorship 2.388–391; Bringmann, Republik 276; Bringmann, Krise 67; Broughton, MRR 2.75 (2.); Carcopino, Sylla 73–74; Christ, Krise 219; Cloud, CAH2 9.497, 526; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 3.95; Flower, Republics 123–124; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1559; Fündling, Sulla 129; Gruen, Generation 170; Hantos, Res publica 73, 97; Heftner, Gracchen 215–216; Ingrisch, Sullas dictatura 62, 78; Keaveney, Sulla 143, 147–148; König, Staat 132–133 [65]; Konrad, Companion Republic 8.183; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 182; Lange, Alterthümer 1.787–788, 2.656, 3.163; Last, CAH 9.296, 298–299; Lengle, Strafrecht 32; Letzner, Sulla 278; Levi, Costituzione 79, 183; Linke, Röm. Republik 134; Lintott, Constitution 107; Mackay, Breakdown 190; Mommsen, StR 2.200 m. A.2–201; Mommsen, StrafR 205; Rotondi, Leges 353; Sandberg, AIRFinl. 24.39; Santangelo, Sulla 100 A.2; Schur, Marius und Sulla 195, 198; Scullard, Gracchi to Nero 82; Snowdon, Res Publica 174; Stevenson, CAH 9.457; de Wilde, ZRG 130, 2013, 14; Williamson, Laws 277, 361; Wittmann, Sulla 578.

141 Lex Cornelia de quaestoribus XX creandis 673/81

Tac. ann. 11.22: (Geschichte der Quaestur) post lege Sullae viginti creati supplendo senatui, cui iudicia tradiderat. Später wurden durch ein Gesetz Sullas zwanzig (Quaestoren) gewählt, um den Senat aufzufüllen, dem er die Gerichtsbarkeit übertragen hatte. 1738 1739

Vgl. etwa Lange, 1.787 A.3; Mommsen, StR 2.200 A.2; Rotondi, Leges 353. Möglicherweise ging er aber auch nur von vier Praetoren aus, denn er ordnet sie den vier unterworfenen Provinzen zu und behauptet dann, dass sie teils in Rom und teils in den Provinzen ihren Aufgabenbereich hatten. Mit den vier unter Sulla hinzugefügten Praetoren käme er dann auch auf die Zahl acht. – In diesem Sinne schon Carcopino, Sylla 74 A.1, und De Martino, Costituzione 3.95 A.102.

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CIL 1.2,1 n.587 (= 202): VIII DE XX Q.(aestoribus) PRINCIPIUM · FUIT · PRO · TRIBU Bruns, Nr. 12, FIR 1.89–92 (A); Girard / ​Senn, Nr. 11, 67–69 (141–143) (A); Riccobono, Nr. 10, FIRA 1.131–134 (A); ROL IV, Nr. 57, 302–311 (A / ​engl. Ü); Crawford, Roman Statutes, Nr. 14, 1.293–300 (A / ​Ü/K); Ancient Roman Statutes, Doc. 69, p.67–68 (Ü) Im 11. Buch der Annalen berichtet Tacitus über Einrichtung und Entwicklung der Quaestur. Durch ein Gesetz Sullas – so vermerkt er – wurde die Zahl der Quaestoren auf zwanzig erhöht. Diese Maßnahme steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem gesteigerten Bedarf an zusätzlichen Beamtenstellen in der Verwaltung der Provinzen.1740 Auf dieses von Tacitus genannte Gesetz Sullas bezieht sich mit ziemlicher Sicherheit die inschriftlich überlieferte Tafel VIII eines Gesetzes, das Bestimmungen über die Gehilfen der Quaestoren (scribae, viatores, praecones) enthält. Diese Bronzetafel lässt darauf schließen, dass der Umfang des darauf niedergeschriebenen Gesetzes mindestens noch eine weitere Tafel in Anspruch nahm. Am Kopf der Tafel VIII steht der abgekürzte Titel des Gesetzes, der lex de XX quaestoribus. Die darunter befindliche Zeile aus Großbuchstaben bezeichnet die Einleitung des Gesetzes (praescriptio) und erstreckte sich offenbar über alle Tafeln. Der Ausschnitt auf Tafel VIII ist sicher so zu ergänzen: „Die Tribus … stimmte als erste ab. Für die Tribus … gab … als Erster seine Stimme ab.“ Darunter steht auf jeder Tafel in zwei Kolumnen der eigentliche Gesetzestext.1741 Der allein erhaltene Teil der Praescriptio macht deutlich, dass das Gesetz von den Tributkomitien1742 verabschiedet wurde, bezeugt aber nicht den Namen des Rogators. Die Verbindung zu Tacitus’ Nachricht macht indessen wahrscheinlich, dass Sulla dieses Gesetz rogiert hat.1743 Ferner ergibt sich aus dem Inhalt der Inschrift, dass die neuen Quaestoren ihr Amt jeweils am 5. Dezember antraten;1744 das Amtsjahr aller anderen Magistrate begann am 1. Januar.1745 Doch es ist nicht sicher, ob diese Regelung schon im 2. Jh. bestand oder erst durch Sulla verbindlich eingeführt wurde. 1740

So auch Kunkel, Staatsordnung 2.513–514. Der Inhalt ist für die vorliegende Untersuchung nicht relevant, er kann in den oben angeführten Ausgaben / ​Ü bersetzungen nachgelesen werden. – Zu Spezialfragen des Inhalts, z. B. sine fraude sua, vgl. Krüger / ​K aser, ZRG 63, 1943, 129; Pohl, Piraterie 243 A.143 (S.244). 1742 So die überwiegende Auffassung, vgl. etwa Kunkel / ​ Wittmann, Staatsordnung 2.703. Develin, Antichthon 12, 1978, 49, ist dagegen trotz der Formel über die Tribus der abwegigen Ansicht, dass Sulla das Gesetz den Zenturiatkomitien vorlegte; denn ein solcher Sprachgebrauch lässt sich nirgends finden. 1743 Z. B. von Bleicken, Lex 103 A.7, als sicher angenommen. 1744 Zur Begründung vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.87 A.119. 1745 Eine Ausnahme bildeten seit jeher die Volkstribunen, deren Amtsjahr am 10. Dezember begann. 1741

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Und aus Tacitus lässt sich über die Anzahl der Quaestoren hinaus eine weitere Bestimmung ableiten, nämlich dass die Quaestoren von nun an mit Ablauf ihres Amtes automatisch Aufnahme in den Senat fanden.1746 Vermutlich wollte Sulla damit für die Zukunft die ordnungsgemäße Besetzung der Gerichtshöfe sicherstellen, die er von den Rittern wieder auf die Senatoren übertragen hatte (Lex Nr. 135).1747 Lit.: Bleicken, Lex 103 m. A.7, 156, 157 A.68, 161, 162 A.77; Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 415–416; Brennan, Praetorship 2.389; Bringmann, Republik 277; Bringmann, Krise 68; Broughton, MRR 2.75 (2.); Carcopino, Sylla 55, 66; Christ, Krise 219; Cloud, CAH2 9.496; Crawford, Coinage and money 187; Crawford, Roman Statutes 1.293–300; Cuq, DS 3,2.1141; De Martino, Costituzione 3.68, 95; Develin, Antichthon 12, 1978, 49; Ducos, Les Romaines 167–168, 222; Fabre, Libertus 275; Ferrary, Chapitre 152–153; Flower, Republics 121, 123–124; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1559; Fündling, Sulla 129; Gabba, Republican Rome V.147–148; Giovannini / ​ Grzybek, MH 35, 1978, 36; Graeber, Auctoritas 45; Hantos, Res publica 29–30, 69 A.3, 83, 97; Heftner, Gracchen 215; Ingrisch, Sullas dictatura 63; Keaveney, Sulla 145; Keil, WS 24, 1902, 548–551; König, Staat 133 [68]; Konrad, Companion Republic 8.183; Kunkel, Staatsordnung 2.87 A.119, 513–514; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.703; Krüger / ​ Kaser, ZRG 63 1943, 129; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 182; Lange, Alterthümer 1.20, 884–885, 893, 2.363, 656, 3.163–164; Last, CAH 9.287; Letzner, Sulla 278–279; Levi, Costituzione 79–80; Linke, Röm. Republik 134; Lintott, Judicial reform 123, 148–149; Lintott, Constitution 135–136; Mackay, Breakdown 190; Mantovani, Legum multitudo 725–726; Marsh / ​Scullard, History 128, 425–426; Marshall, Asconius 282; Mommsen, GS I.3, 455–457; Mommsen, StR 2.527, 3.532 A.4, 862–863; Rotondi, Leges 353–354; Sandberg, AIRFinl. 24.39; Santangelo, Sulla 100 A.2; Schur1748, Marius und Sulla 194; Scullard, Gracchi to Nero 81, 82; Siber, Verfassungsrecht 200, 210, 229, 234; Thommen, Klio 99(2), 2017, 549; Wenger, Quellen 174; G. Wesener, quaestor, RE 24,1 (1963) 809; Wieacker, Rechtsgeschichte 400 A.55; Willems, Sénat 1.225, 232–234; Williamson, Laws 277, 335, 337, 361, 364 A.29; Wittmann, Sulla 578; Yakobson, Elections 204.

1746

Nach Willems, Sénat 1.225, 232–234, erhielten die Quaestorier lediglich das Recht „sententiae dicendi“ im Senat; vgl. dazu Gabba, Republican Rome V.147–148. 1747 Die öfter geäußerte Ansicht, dass Sulla das Amt der Zensoren damit beseitigt habe, ist zumindest überzogen, wenn nicht verfehlt. Denn Sullas Neuerung betrifft nur eine Aufgabe der Zensoren, die lectio senatus. Alle übrigen Aufgaben der Zensoren bleiben von Sullas Gesetz über die Quaestoren unberührt; vgl. Mommsen, StR 2.423, und die abgewogenen Urteile von Scullard, Gracchi to Nero 81, und Wittmann, Sulla 578. – Vgl. Lex Nr. 155. 1748 Wie Schur durch die neue Anzahl der Quaestoren auf die neue Normalzahl 600 des Senats kommt, ist unklar.

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Lex Nr. 142

142 Leges (?) Corneliae agrariae 673/81

Liv. per. 89: Sylla Aeserniam in Samnio recepit. XLVII legiones in agros captos deduxit et eos his divisit. Sulla eroberte Aesernia in Samnium zurück. Er führte 47 Legionen auf eroberte Ländereien und verteilte sie an diese. Cic. leg. agr. 2.28,78: Nam agrum quidem Campanum quem vobis ostentant ipsi concupiverunt; deducent suos, quorum nomine ipsi teneant et fruantur; coement praeterea; ista dena iugera continuabunt. Nam si dicent per legem id non licere, ne per Corneliam quidem licet; at videmus, ut longinqua mittamus, agrum Praenesti­ num a paucis possideri. Denn das Land in Kampanien jedenfalls, das sie euch in Aussicht stellen, beanspruchten sie schon für sich; sie werden ihre Leute dorthin umsiedeln, in deren Namen sie es besitzen und Nutzen daraus ziehen können; außerdem werden sie Land zusammenkaufen; jene Zehn-Morgen-Grundstücke werden sie aneinanderreihen. Denn sie werden zwar sagen, das sei von Gesetzes wegen nicht erlaubt, es ist nicht einmal durch das Cornelische erlaubt; aber, um Entfernteres zu übergehen, so sehen wir doch, dass das Land von Praeneste von Wenigen besessen wird. Cic. leg. agr. 3.12: Sunt enim multi agri lege Cornelia publicati nec cuiquam adsignati neque venditi qui a paucis hominibus impudentissime possidentur. Es gibt nämlich viele Ländereien, die auf Grund der lex Cornelia enteignet, aber weder jemandem zugewiesen noch verkauft wurden  – diese werden auf ganz unverschämte Weise von wenigen Menschen in Besitz gehalten. App. civ. 1.100,470: τὸ δ’ αὐτὸ καὶ περὶ τὴν ᾿Ιταλίαν ἐπινοῶν τέλεσι τοῖς ὑπὲρ ἑαυτοῦ στρατευσαμένοις τρισὶ καὶ εἴκοσιν ἐπένειμεν, ὥς μοι προείρηται, πολλὴν ἐν ταῖς πόλεσι γῆν, τὴν μὲν ἔτι οὖσαν ἀνέμητον, τὴν δὲ τὰς πόλεις ἀφαιρούμενος ἐπὶ ζημίᾳ. Weil er (Sulla) aber auch ringsumher in Italien dasselbe1749 zu tun gedachte, verteilte er – wie ich schon früher gesagt habe1750 – unter die 23 Legionen, die unter ihm gekämpft hatten, viel Land in den Städten, das zum Teil noch unverteilt war, das er zum Teil aber den Städten zur Strafe weggenommen hatte. Zweifellos hat Sulla für seine Veteranen gesorgt, als die Kämpfe in Italien beendet waren. Während Marius noch den Volkstribunat in Anspruch nahm, um seine Soldaten zu belohnen, verteilte der Diktator Sulla selbst die Ländereien. Nach moderner Einschätzung ging es Sulla jedoch nicht in erster Linie darum, die Veteranen für ihre treuen Dienste zu belohnen, sondern eher darum, verlässliche

1749 1750

D. h. Sulla wollte sich eine treue Gefolgschaft sichern. Vgl. App. 1.96,448 und den Kommentar von Gabba, Appian 1.259–261.

Lex Nr. 142

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Gruppen von Anhängern über das Land zu verteilen.1751 Dafür standen ihm Reste von ager publicus zur Verfügung, die offenbar bisher noch nicht verteilt worden waren. Außerdem entzog er italischen Gemeinden, die ihm nach der Rückkehr aus Asien Widerstand geleistet hatten, zur Strafe einen Teil ihres Territoriums.1752 Die Zahl der Veteranen, die bedacht werden mussten, wird von Livius mit 47 Legionen, von Appian dagegen nur mit 23 Legionen angegeben und reizte zu mehreren Emendationen1753. Anlass dazu bietet zudem die genaue Zahl der Männer, die Sulla angeblich mit Land versorgte, nämlich 120 000 Mann. Diese Zahl nennt Appian nämlich ein paar Kapitel später (civ. 1.104,489).1754 Endgültige Klarheit wird sich trotzdem nicht gewinnen lassen. Die Ansiedlung dieser Massen geschah auf verschiedene Art und Weise: Zum Einen werden Kolonien genannt, von denen sich nach moderner Einschätzung etwa 14 bis 20 nachweisen lassen,1755 wobei der Terminus Kolonie allerdings kaum anwendbar ist.1756 Denn die Veteranen besiedelten keine Neugründungen, sondern wurden allem Anschein nach als geschlossene Siedlungsverbände1757 in bestehende Siedlungen gelegt  – nach Enteignung der Altbesitzer –1758, um die 1751 1752

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1758

So schon App. 1.100,470; vgl. dazu Dahlheim, Staatsstreich 114–115; Bringmann, Republik 267. App. 1.100,470; aufgenommen z. B. von Harris, Etruria and Umbria 259; Flach, HZ 217, 1973, 286; Schneider, Veteranenversorgung 135; Brunt, Manpower 310; Roselaar, Public Land 284. Gabba, Appian 1.260, rechnet anhand von Appian mit etwa 120 000 Veteranen; ebenso Carcopino, Sylla 61. Später (S.213 A.4), ändert Carcopino den Livius-Text und liest daraus 47 000 Legionäre, die von Sulla in Campanien [sic!] mit Land bedacht wurden; Harris, Etruria and Umbria 259 A.3, hält zwar den Vorschlag von Carcopino für nicht plausibel, eine Zahl von 47 000 Veteranen aus den 23 Legionen aber immerhin für denkbar. Von der Mehrzahl der Forscher wird diese Zahl übernommen, einzig Brunt, Manpower 305, hält sie für „a paper figure“ und schlägt eine Anzahl von 80 000 Mann vor; doch diese Zahl, die er selbst noch für „vielleicht zu hoch“ hält, kommt eigentlich nur durch Vermutungen zustande. Auch Keaveney, CS 19, 1982, 535 A.236, meint, für die Berechnung Brunts gelte im Grunde derselbe Vorwurf wie für Appian. Schneider, Veteranenversorgung 127, geht von Appians 23 Legionen aus, und kommt auf eine Zahl zwischen etwa 70 000 und Appians Maximum von 120 000, aber näher an dem von ihm angenommenen Minimum, weil die Legionen seiner Meinung nach keine Sollstärke aufwiesen. Die bloßen Zahlen bzw. Namen bei Last, CAH 9.303; Schneider, Veteranenversorgung 139–140; Williamson, Laws 334–335. – Detaillierte Angaben bei Mommsen, GS 5.205– 210; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 522–523; Gabba, Republican Rome II.67–69; Scullard, Gracchi to Nero 412; Keaveney, CS 19, 1982, 515–536; Santangelo, Sulla 148–157. Vgl. Hinrichs, Gromatische Institutionen 68–71; Schneider, Veteranenversorgung 137. – Bei Broadhead, Companion Army 9.159, fungieren sie als „veteran colonies“. Bringmann, Republik 270; vgl. G. Humbert, DS 1.164; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Schneider, Veteranenversorgung 134–135; Dahlheim, Staatsstreich 114–115; Heftner, Gracchen 220. Keaveney, Sulla 152–153, listet drei Kategorien von Siedlungen auf.

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Lex Nr. 142

neue Ordnung dauerhaft zu sichern. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass auch Kleinbauernstellen geschaffen wurden.1759 Die Größe der Landlose, nämlich nicht weniger als 10 Morgen1760, lässt sich aus den Ausführungen Ciceros zur rogatio agraria des Rullus1761 erschließen, wobei die Bodenbeschaffenheit wohl nicht immer gleich gut geeignet war.1762 Außerdem wurden die zugeteilten Ländereien für unveräußerlich erklärt (Cic. leg. agr. 2.28,78). Dass diese Regelung1763 in der Folgezeit nicht immer beachtet wurde1764 – was offenbar keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich zog –, geht aus Ciceros Worten aber auch hervor. Andererseits wird wohl aus den tatsächlichen Verhältnissen, jedoch ohne beweiskräftige antike Belegstellen1765 hergeleitet, dass das Veräußerungsverbot zeitlich begrenzt war.1766 Die rechtliche Qualität des zugewiesenen Landes ist in der Forschung umstritten: Teils sollen die Veteranen das Land als Privatland erhalten haben (Last, Kaser, Carcopino)1767, teils soll es abgabenpflichtiger ager publicus geblieben sein, an dem nur ein Possesssionsrecht und ein Nutzungsrecht bestanden (Flach, Hinrichs, Schneider, Keaveney, Heftner)1768. Das Veräußerungsverbot gilt jedoch als vereinbar sowohl mit Eigentum als auch mit Besitz. Bleibt zum Schluss die Frage, ob Sulla seine Ansiedlungen durch ein Gesetz ratifizieren ließ oder ob er sie einfach kraft seiner diktatorischen Vollmacht umsetzte.1769 Die Vielzahl der Maßnahmen lässt jedenfalls an mehrere „nach einem Grundschema redigirter Gesetze“1770 denken, wobei die Forschung überwiegend 1759

1760

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So die Auffassung von Linke, Röm. Republik 130; vgl. Schneider, Veteranenversorgung 136. Die soziale Komponente in Sullas Vorgehen wird jedoch meist verneint, vgl. Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183; Schneider, Veteranenversorgung 129; De Martino, Costituzione 102–104; u. a. Überlegungen zur Größe der Landlose bei Harris, Etruria and Umbria 259–260; ebenso Keaveney, CS 19, 1982, 535–536, und Sulla 152, der an eine mögliche Beziehung zwischen Größe des Landloses (bis zu 100 iugera) und soldatischem Rang bzw. der Länge der Dienstzeit denkt; Letzteres auch bei Letzner, Sulla 290. Rotondi, Leges 381–382. Sallust lässt Lepidus ein negatives Urteil über das zugeteilte Land fällen (or. Lepidi 23), was aber auch Propaganda sein kann; vgl. Keaveney, Sulla 153–154. Erdmann, Heer 114, macht aus dem Veräußerungsverbot ein eigenes Gesetz. Flach, HZ 217, 1973, 289. Die allein angegebene Stelle (Cic. leg. agr. 2.28,78) sagt nichts darüber aus. So z. B. Kaser, ZRG 62, 1942, 19; Hinrichs, Gromatische Institutionen 73 (20 Jahre); Harris, Etruria and Umbria 267; Brunt, Manpower 309 („perhaps“). Last, CAH 9.302–303; Kaser, ZRG 62, 1942, 19; Carcopino, Sylla 61. Flach, HZ 217, 1973, 287 („kein Grund und Boden besten Rechts“); Hinrichs, Gromatische Institutionen 71–74 (ausführliche Diskussion); Schneider, Veteranenversorgung 130–133; Keaveney, Sulla 152; Heftner, Gracchen 220. – Nach Erdmann, Heer 113, verzichtete Sulla bewusst auf die Privaterklärung des zugewiesenen Landes. Beide Möglichkeiten bei Rotondi, Leges 354. Lange, Alterthümer 3.159.

Lex Nr. 143

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eine Verabschiedung dieser Gesetze durch das Volk ablehnt. Eher hält man Sullas diktatorische Vollmacht, die meist auf die Ermächtigung durch die lex Valeria zurückgeführt wird, für ausreichend, solche Gesetze zu erlassen.1771 In diesem Rahmen sind aber auch bloße administrative Verordnungen denkbar.1772 Lit.: Abbott, CPh 10, 1915, 375, 380; Badian, FC 245–246; Barlow, AJPh 101, 1980, 208; Bleicken, Lex 166–167 m. A.105; Blösel, Röm. Republik 202; Botsford, Roman Assemblies 421–422; Bringmann, Republik 267, 270; Bringmann, Krise 64, 65–66; Broadhead, Companion Army 9.159–160; Brunt, Social conflicts 108; Brunt, Manpower 301–312; Calore, Labeo 35, 1989, 210–211 A.88; Carcopino, Sylla 60–62, 75–76; Christ, Sulla 116; Christ, Krise 216–217; Cuq, DS 3,2.1138; Dahlheim, Staatsstreich 114–115; De Martino, Wirtschaftsgeschichte 139; De Martino, Costituzione 3.102–104; Dreyfus, lois agraires 198–200; Erdmann, Heer 111–114; Flach, HZ 217, 1973, 286–287, 289; Frank, ESAR 1.220, 283; Gabba, Republican Rome II.44–48, 67–69; Gabba, ANRW 1,1.803; Galsterer, Rom und Italien 307–308; Hackl, Senat u. Magistratur 253; Heftner, Gracchen 219–221; Hinrichs, Ansiedlungsgesetze 156–181; Hinrichs, Gromatische Institutionen 66–75; G. Humbert, DS 1.164; Ingrisch, Sullas dictatura 83–84; Keaveney, CS 19, 1982, 515–536; Keaveney, Sulla 151–155; Konrad, Companion Republic, 8.183; Kornemann, Coloniae, RE 4,1 (1900) 522–523; Lange, Alterthümer 2.689, 3.159; Last, CAH 9.302–303; Letzner, Sulla 289–291; Linke, Röm. Republik 130; Mackay, Breakdown 189; Mac Kendrick, Athenaeum 32, 1954, 217–219; Meier, RPA 247, 254; Mommsen, StR 2.737; Perelli, Movimento 153–154; Roselaar, Public Land 284–286; Rotondi, Leges 354; Salmon, Colonization 129–132; Santangelo, Sulla 145, 147–157; Schneider, Veteranenversorgung 126–151; Schur, Marius und Sulla 192, 202; Scullard, Gracchi to Nero 79, 412; Seager, CAH2 9.203–205; Siber, Verfassungsrecht 170; Sommer, RG 1.410–411; Watkins, Ius Italicum 193–194; Williamson, Laws 334–335; Vančura, Leges agrariae, RE 12,1 (1924) 1183.

143 Lex (?) Cornelia frumentaria 673/81

Sall. hist. frg. 1.55,11 M. (Oratio M. Aemilii Lepidi cos. ad populum Romanum): Populus Romanus, paulo ante gentium moderator, exutus imperio, gloria, iure agitandi inops despectusque ne servilia quidem alimenta reliqua habet. (Eine Rede des Konsuls M. Aemilius Lepidus an das römische Volk) Das römische Volk, vor kurzem noch Lenker von Völkerschaften, nun der Herrschaft, des Ruhmes und 1771

Z. B.  Lange, Alterthümer 2.689; 3.159; Botsford, Roman Assemblies 421–422; Abbott, CPh 10, 1915, 375, 380; Salmon, Colonization 131; Flach, HZ 217, 1973, 287; Hinrichs, Gromatische Institutionen 73; Williamson, Laws 334–335. 1772 So auch Schneider, Veteranenversorgung 132.

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Lex Nr. 144

des Rechts auf öffentliche Verhandlungen entkleidet, mittellos und verachtet, hat nicht einmal so viel Nahrung, wie sie Sklaven zusteht. Es scheint, dass L. Cornelius Sulla die Regelungen für einen festen Getreidepreis und damit die Abgabe von verbilligtem Getreide an die Bürger Roms aufgehoben hat. Ein direktes Zeugnis dafür ist nicht überliefert, doch lässt Sallust1773 im Jahr 78 den Konsul M. Aemilius Lepidus davon sprechen, dass den römischen Bürgern das Anrecht auf eine bestimmte Menge Getreide genommen wurde, die über der Ration für Sklaven lag.1774 Ob das durch ein den Komitien vorgelegtes Gesetz oder kraft der diktatorischen Vollmachten ex lege Valeria geschah, ist ungewiss. Lit.: Barlow, AJPh 101, 1980, 208; Botsford, Roman Assemblies 422; Broughton, MRR 2.75 (9.); Brunt, JRS 52, 1962, 70; Brunt, Manpower 378; Brunt, Social conflicts 109; Burckhardt, Strategien 250–251; Capogrossi Colognesi, Law 204; Carcopino, Sylla 56; Christ, Sulla 128; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 3.102; Douglas, Brutus 164; Dreyfus, lois agraires 198; Flach, HZ 217, 1973, 288; Flower, Republics 125; Frank, ESAR 1.254; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1558; Greenidge / ​Clay 216; Hands, Charities 102–103; Heftner, Gracchen 218–219; Ingrisch, Sullas dictatura 71; Kann, Restoration 168; Keaveney, Sulla 141; Lange, Alterthümer 2.693, 3.161; Last, CAH 9.300–301; Letzner, Sulla 275–276; Marsh / ​Scullard, History 128; Marshall, Asconius 97; Meier, RPA 256; Meijer, Münst. Beitr. Handelsgesch. 9.2, 1990, 16; Niccolini 1775, FTP 426–427; Perelli, Movimento 153; Reduzzi Merola, Sodalitas 2.549; Rickman, Corn Supply 165; Rostowzew, Frumentum, RE 7,1 (1910) 173; Rotondi, Leges 354; Serrao, Classi 188; Schneider, Wirtschaft 370; Schur, Marius und Sulla 212; Scullard, Gracchi to Nero 83; Seager, CAH2 9.203; Tiersch, Getreideversorgung 199; v. Ungern-Sternberg, Leges frumentariae 303; Virlouvet, Lois frumentaires 16, 25, 27; Williamson, Laws 335, 361.

144 Lex Cornelia sumptuaria 673/81

Gell. 2.24,11: L. Sulla dictator, cum, legibus istis situ atque senio oblitteratis, plerique in patrimoniis amplis elluarentur et familiam pecuniamque suam prandiorum conviviorumque gurgitibus proluissent, legem ad populum tulit qua cautum est 1773

Nach Gran. Lic. 36,34 stützt sich Sallust vermutlich auf eine im Wortlaut vorhandene Rede. Zu den unterschiedlichen Berechnungen vgl. die Angaben in Lex Nr. 23 (lex Sempronia frumentaria). 1775 Niccolini bezieht die Rede des Lepidus und die dort genannten servilia alimenta auf das moderate Gesetz des Octavius (Lex Nr. 49), das dann von Sulla beseitigt wurde. 1774

Lex Nr. 144

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Kalendis Idibus Nonis diebusque ludorum et feriis quibusdam sollemnibus sestertios trecenos in cenam insumere ius potestasque esset, ceteris autem diebus omnibus non amplius tricenos. Damals, als jene Gesetze durch Rost und Altersschwäche in Vergessenheit geraten waren und sehr viele Leute auf riesigen Erbgütern schlemmten und prassten und ihren Hausstand und ihr Vermögen in Abgründe von Mittagsmahlzeiten und Festmählern spülten, beantragte der Diktator Lucius Sulla ein Gesetz, durch das vorgeschrieben war, dass man an den Kalenden, Iden, Nonen, den Tagen der Spiele und an gewissen alljährlich wiederkehrenden Festtagen das Recht hat, dreihundert Sesterzen für eine Mahlzeit aufwenden zu dürfen, an allen übrigen Tagen aber nicht mehr als dreißig. Macr. Sat. 3.17,11: Has sequitur lex Cornelia et ipsa sumptuaria, quam tulit Cornelius Sulla dictator, in qua non conviviorum magnificentia prohibita est nec gulae modus factus, verum minora pretia rebus imposita: et quibus rebus, di boni, quamque exquisitis et paene incognitis generibus deliciarum! quos illic pisces quasque offulas nominat, et tamen pretia illis minora constituit. Diesen Gesetzen folgt eine lex Cornelia, auch sie ein Aufwandsgesetz, das der Diktator Cornelius Sulla eigens einbrachte. In diesem Gesetz wurde nicht die Großartigkeit der Gastmähler verboten und wurde auch nicht der Schlemmerei ein Maß gesetzt, sondern es wurden für Nahrungsmittel geringere Preise angesetzt, und für welche Delikatessen, ihr Götter, und für wie auserlesene und nahezu unbekannte Arten von Genüssen! Welche Fische und welche Leckerbissen das Gesetz bei dieser Gelegenheit benennt! Und dennoch setzt es für all diese geringere Preise fest. Plut. Sulla 35,3–4: τὸν δὲ τῆς ταφῆς ὁρίζοντα τὴν δαπάνην νόμον αὐτὸς εἰσενηνοχὼς παρέβη, μηδενὸς ἀναλώματος φεισάμενος. Παρέβαινε δὲ καὶ τὰ περὶ τῆς εὐτελείας τῶν δείπνων ὑπ’ αὐτοῦ τεταγμένα, πότοις καὶ συνδείπνοις τρυφὰς καὶ βωμολοχίας ἔχουσι παρηγορῶν τὸ πένϑος. Er (Sulla) übertrat das von ihm selbst eingebrachte Gesetz, welches den Aufwand bei Begräbnissen begrenzte; denn er sparte keine Kosten. (4) Übertreten hat er auch die von ihm selbst gegebenen Ordnungen über die Einschränkung der Gastmähler, indem er in Trinkgelagen und Gastmählern, bei denen es Schwelgereien und Possenreißereien gab, seine Trauer zu lindern suchte.1776 Amm. 16.5,1: (Iulianus) Primum … temperantiam ipse sibi indixit atque retinuit tamquam adstrictus sumptuariis legibus viveret, quas ex rhetris Lycurgi, et axonibus1777 Romam translatas diuque observatas sed senescentes paulatim reparavit Sylla dictator … Als erstes erlegte er (Julian) sich selbst Maßhalten auf, und er behielt es bei, als ob er gebunden an die Aufwandsgesetze lebte, die aus den Gesetzen Coll. Budé Fn. p.347: Es handelt sich um die lex Cornelia sumptuaria, welche die Ausgaben für Begräbnisse und für Bankette begrenzt; vgl. Gell. 2.24,11 und s. Carcopino, Sylla, 57–60. 1777 Andere Lesart: id est axibus. Zur Interpretation des Textes: Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte I, hrsg. u. übers. von Wolfgang Seyfahrt, 3Berlin 1975 (NDr. 51983), 291 A.34. 1776

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Lex Nr. 144

Lykurgs und auf hölzernen Tafeln nach Rom gebracht, lange Zeit beachtet worden waren, aber dann allmählich alterten, bis der Diktator Sulla sie erneuerte … Nach den Worten von Gellius fügt sich in die Reihe der Aufwands- bzw. Luxusgesetze auch eine lex Cornelia des Diktators Sulla ein. Das Gesetz ändert demnach erneut die Höchstsummen, die für Gastmähler ausgegeben werden dürfen. Es legt fest, dass an bestimmten, genau bezeichneten Tagen 300 Sesterzen für das Essen ausgegeben werden dürfen, an allen übrigen Tagen aber nur 30 Sesterzen. Da Gellius außer dieser einen Bestimmung nichts weiter vermerkt, steht die lex Cornelia bei ihm in der Tradition der bisher aufgezählten leges sumptuariae. Macrobius’ Bericht hat einen ganz anderen Tenor: Das Gesetz diente dazu Schlemmerei und Verschwendung die Tür zu öffnen, denn es ordnete niedrigere Höchstpreise für Lebensmittel an, und das sogar für besonders ausgefallene Speisen. Diese beiden unterschiedlichen Berichte sind – so stellte Savio1778 fest – auf den ersten Blick kaum miteinander vereinbar. Denkt man jedoch an die Erhaltung des privaten Vermögens, sieht man eine zweifache Wirkung der niedrigeren Preise. Auf der einen Seite sind die Ausgaben geringer, auf der anderen wird dem Verdienst der Händler eine Grenze gesetzt – was sicher auch eine Intention war.1779 Aus dieser Perspektive wirkt auch die Summe von 30 Sesterzen, die an jedem normalen Tag ausgegeben werden darf, nicht gar so knauserig. Wieder anders fällt Plutarchs Stellungnahme aus: Er übt deutliche Kritik an Sullas Verhalten, denn er habe den von ihm selbst gegebenen Ordnungen zuwidergehandelt. Plutarch führt zwei Beispiele an, ein Gesetz über den Aufwand bei Begräbnissen und Anordnungen über Einschränkungen bei Gastmählern, nennt jedoch darüber hinaus keine Einzelheiten. Voigt1780 leitete u. a. daraus ab, dass die lex Cornelia sumptuaria nicht nur Speisevorschriften enthielt, sondern entwickelte einen ganzen Katalog von Bestimmungen1781, die alle in diesem einen Gesetz enthalten gewesen seien. Vermutlich muss man wegen des Verbots einer lex satura eher an Einzelregelungen denken, und auch bei Plutarch schimmern zwei voneinander verschiedene Maßnahmen durch. Wie schon bei den früheren leges sumptuariae ist eine Sanktion des Gesetzes nicht bekannt. Aus der Analogie zu Ciceros Worten über die Grabmäler könnte

1778

Savio, Aevum 13, 1940, 187. So auch Baltrusch, Regimen morum 94–95. 1780 Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 244–279; Cuq, DS 3,2.1141 schließt sich dem an; neuerdings auch Sauerwein, leges sumptuariae 136–139, er distanziert sich jedoch von dem, was über Speisen und Begräbnisse / ​Grabmäler hinausgeht. – Die Bestimmung über Begräbnisluxus (Plutarch) wird nach Cic. Att. 12.36 auch auf Grabmäler ausgedehnt; dort könnte aber auch ein anderes Gesetz, eine lex Iulia, gemeint sein (Shackleton Bailey V.328), was wiederum von Cuq und Sauerwein in Zweifel gezogen wird. 1781 Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 246; auch aufgezählt von Rotondi, Leges 355. 1779

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man an eine Geldstrafe denken,1782 doch sicher ist es nicht. Wahrscheinlich blieb die Übertretung der Gesetze straffrei, zog aber vielleicht gesellschaftliche Ächtung nach sich.1783 Lit.: Baltrusch, Regimen morum 48–49, 93–96, 129–130, 192; Bleicken, Lex 169 m. A.112 (Grabluxus) u. 117 (Speisegesetz); Bonnefond-Coudry, CCG 15, 2004, 155–156, 159, 160, 171; Botsford, Roman Assemblies 423; Bottiglieri, Legislazione sul lusso 86, 91, 92, 162–165; Bringmann, Republik 277; Bringmann, Krise 68; Broughton, MRR 2.75 (8.); Carcopino, Sylla 57–59; Christ, Krise 228; Christ, Sulla 130; Coudry, Lois somptuaires 495, 498, 499, 512; Cuq, DS 3,2.1141; De Martino, Costituzione 3.102; Frank, ESAR 1.294; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1562; Gruen, Roman Politics 254; Hantos, Res publica 66, 69 A.3; Heftner, Gracchen 219, 224; Ingrisch, Sullas dictatura 76–77; Keaveney, Sulla 149; König, Staat 133 [67]; Kübler, Sumptus, RE 4A,1 (1931) 903, 907; Kunkel, Staatsordnung 2.482 A.31; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.703; Kuryłowicz, FS Pólay 277; Lange, Alterthümer 2.671, 3.166; Last, CAH 9.301; Letzner, Sulla 288–289; Levi, Costituzione 81; Linke, Röm. Republik 135; Nörr, Rechtskritik 74 A.107; Rotondi, Leges 354–355; Sandberg, AIRFinl 24.80; Santalucia, Diritto 73; Sauerwein, leges sumptuariae 130–140, 170; Savio, Aevum 13, 1940, 186–187; Scullard, Gracchi to Nero 83; Seager, CAH2 9.203; Serrao, Classi 192; Shatzman, Senatorial Wealth 97; Venturini, Index 32, 2004, 358, 368, 369; Voigt, Abh.Kgl.Sächs.Ges. 42, 1890, 244–279 (246–252 Tafelaufwand); Wieacker, Lex publica 63; Wieacker, Rechtsgeschichte 415 A.20; Williamson, Laws 335, 361.

145 Lex Cornelia de confirmandis testamentis eorum qui in hostium potestate decessissent1784 673/81

Dig. 28.1,12 (Iulianus): Lege Cornelia testamenta eorum, qui in hostium potestate decesserint, perinde confirmantur, ac si hi qui ea fecissent in hostium potestatem non pervenissent, et hereditas ex his eodem modo ad unumquemque pertinet. Durch die lex Cornelia werden die Testamente derer, die in Kriegsgefangenschaft gestorben sind, in demselben Grade für gültig erklärt, wie wenn diejenigen, die sie errichtet hatten, nicht in die Hände der Feinde gefallen wären. Und die Erbschaft aus diesen gelangt gleichermaßen an jeden Einzelnen [der testamentarischen Erben]. 1782

Cuq, DS 3,2.1141; Rotondi, Leges 355; Savio, Aevum 13, 1940, 187, in Anlehnung an Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 252 A.27. 1783 So auch die Einschätzung von Baltrusch, Regimen morum 125. 1784 Lex Cornelia über die Gültigkeit der Testamente derjenigen, die in der Gewalt der Feinde sterben; d. h. als Kriegsgefangene.

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Dig. 28.3,15 (Iavolenus): respondi: non puto dubium esse, quin per legem Corneliam, quae de confirmandis eorum testamentis, qui in hostium potestate decessissent, lata est, nato filio continuo eius testamentum, qui in hostium potestate sit, rumpatur. Ich (Iavolenus) habe den Bescheid erteilt: Nach meiner Auffassung besteht kein Zweifel, dass auf Grund der lex Cornelia – die über die Bestätigung der Testamente derjenigen erging, die in Kriegsgefangenschaft gestorben waren – durch die Geburt eines Sohnes das Testament dessen, der sich in Kriegsgefangenschaft befindet, sofort umgestoßen wird. Paul. Sent. 3, IVa,8: Qui ab hostibus captus est, testamentum quasi servus facere non potest. Sane valet testamentum id quod ante captivitatem factum est, si revertatur, iure postliminii, aut si ibidem decedat, beneficio legis Corneliae, qua lege etiam legitimae tutelae hereditatesque firmantur. Wer von Feinden gefangen genommen wurde, kann, weil er sozusagen Sklave ist, kein Testament errichten. Allerdings gilt das Testament, das vor der Gefangenschaft errichtet wurde, wenn er zurückkehrt, auf Grund des Rückkehrrechts, oder, wenn er eben dort sterben sollte, dank der lex Cornelia, durch welches Gesetz auch gesetzliche Vormundschaften und Erbschaften gesichert werden. Inst. 2.12,5: Eius, qui apud hostes est, testamentum quod ibi fecit non valet, quamvis redierit: sed quod dum in civitate fuerat fecit, sive redierit, valet iure postliminii, sive illic decesserit, valet ex lege Cornelia. Das Testament eines Kriegsgefangenen, das er dort errichtete, ist nicht gültig, auch wenn er zurückgekehrt ist. Aber was er errichtet hat, solange er zu Hause gewesen war, ist gültig, und zwar, wenn er zurückgekehrt ist, nach dem Rückkehrrecht oder, wenn er dort gestorben sein sollte, nach der lex Cornelia.1785 Dig. 38.2,4,1 (Paulus): Si libertus captus ab hostibus ibi decesserit,  …, tamen propter legem Corneliam, quae testamentum sic confirmat atque si in civitate decesserit, patrono quoque bonorum possessio danda erit. Wenn ein von den Feinden gefangen genommener Freigelassener dort gestorben sein sollte, so muss dem Patron trotzdem wegen der lex Cornelia, welche das Testament für ebenso gültig erklärt, wie wenn er innerhalb der Bürgerschaft gestorben wäre, der Besitz der Erbschaft gegeben werden. Dig. 35.2,18 pr (Paulus): … nam fictio legis Corneliae et hereditatem et heredem facit. Denn die Fiktion der lex Cornelia bewirkt sowohl die Erbschaft als auch den Erben. Cod. Iust. 8.50 (51) 1,1: nam fictio legis Corneliae, quae legitimos apud hostes defuncto constituit heredes, ad eam quae illic suscepta est non pertinet, cum eo tempore quo captus est diem suum pater obisse existimetur. Denn die Fiktion der lex Cornelia, welche die gesetzmäßigen Erben eines bei den Feinden Gestorbenen feststellt, wird auf eine Tochter, die dort geboren wurde, nicht angewendet, weil angenommen wird, dass der Vater zum Zeitpunkt der Gefangennahme seinen Todestag hatte. 1785

Inhaltsgleich: Ulp. 23,5.

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Eine lex Cornelia, die allem Anschein nach Sulla zugeschrieben werden kann,1786 regelt die Gültigkeit von Testamenten, und zwar in einem Spezialfall. Da gleichzeitige Überlieferung fehlt, kann man den Inhalt des Gesetzes nur aus späteren Juristenzeugnissen extrahieren. Dabei zeigt sich vor allem, dass die lex Cornelia über einen langen Zeitraum hinweg angewendet, aber auch weiterentwickelt wurde.1787 Ein Punkt des Inhalts findet sich übereinstimmend in den Zeugnissen, nämlich dass ein Testament in Kraft bleibt bzw. seine Gültigkeit behält, wenn der Testator in Kriegsgefangenschaft gerät und dort stirbt.1788 Die juristischen Quellen bezeichnen das als fictio legis Corneliae,1789 weil damit fingiert wird, dass der Testator als römischer Bürger gestorben sei1790; denn ein Kriegsgefangener ist eben kein römischer Bürger mehr, er steht vielmehr auf derselben rechtlichen Stufe wie ein Sklave (Paul. Sent. 3, IVa,8).1791 Die Voraussetzung für die Anerkennung 1786

So z. B. Balogh, Studi Bonfante IV.684 (m. A.227) 686, 690–691; Kreller, ZRG 69, 1952, 191 m. A.47, und Kaser, Privatrecht 1.291, mit weiterer Literatur. Anders Cuq, DS 3,2.1142, der ein unbekanntes Datum postuliert, und Wolff, RHD 17, 1941, 182 A.3, mit einer Kritik an Balogh. 1787 Auf die lex Cornelia wird Bezug genommen in den Digesten Justinians: Dig. 28.3,6,12 (Inhalt wie Dig. 28.1,12); bei einzelnen Rechtsfragen wie bei einem unmündigen Sohn (Dig. 28.6,28), bei Vater und Sohn in Kriegsgefangenschaft (Dig. 28.6,29), bei einem Soldatentestament (Dig. 29.1,39), bei der lex Falcidia (Gesetz aus dem Jahr 40, Rotondi, Leges 438) (Dig. 35.2,1,1), bei der Erstreckung der Wirkung der lex Cornelia auf Intestaterben, d. h. ohne Vorliegen eines Testaments (Dig. 38.16,1), bei einem Fall von usucapio (Ersitzung; Dig. 41.3,15), bei Kriegsgefangenen und der rechtlichen Situation der Kinder (Dig. 49.15,10–12), und im Codex Justinians: 2.53 (54) 5 (Erbschaft eines Kindes); 6.58,8 (Erbschaft eines agnatischen Verwandten); 8.50 (51) 9 pr (Intestaterbschaft). 1788 Kreller, ZRG 69, 1952, 196; Kaser, Privatrecht 1.291. – In Anlehnung an die Quellen schlägt Kreller, a. a. O. 197, folgenden Wortlaut des Gesetzes vor: Qui civis Romanus in hostium potestatem pervenit pervenerit atque ibi decesserit, si cum testamenti factionem haberet de familia pecunia tutela sua testatus est erit, idem ius eademque causa omnium rerum esto, quae futura esset, si in hostium potestatem non pervenisset. Welcher römische Bürger in die Hand der Feinde fällt oder fallen wird und dort stirbt, wenn er, als er die Testierfähigkeit besaß, über seine Familie, sein Vermögen und seine Mündel ein Testament errichtet oder errichten wird, soll dasselbe Recht und dasselbe Rechtsverhältnis für Alles bestehen, was zukünftig sein wird, wie wenn er nicht in die Hand der Feinde gefallen wäre. (Übersetzung Elster) – Beseler, ZRG 45, 1925, 195, und Wolff, RHD 17, 1941, 137 A.2, haben jeder einen davon abweichenden Wortlaut rekonstruiert. 1789 Dig. 35.2,1,1; Dig. 35.2,18 pr; Dig. 41.3,15 pr; Cod. Iust. 8.50 (51) 1,1. 1790 Als Zeitpunkt des Todes gilt später der Tag der Gefangennahme (Cod. Iust. 8.50 (51) 1,1); vgl. Kreller, ZRG 69, 1952, 197–198. 1791 Wenn ein Kriegsgefangener zurückkehrt, wird er wieder zum römischen Bürger mit all seinen Rechten (Gai. 1.129). Im Falle seines Todes in der Heimat findet die lex Cornelia keine Anwendung, sondern das Testament behält seine Gültigkeit auf Grund des ius postliminii (Rückkehrrecht). – Zum postliminium vgl. Mommsen, StaatsR 3,1.42; Kreller, postliminium, RE 22,1 (1953) 863–873; Kaser, Privatrecht 1.290–291; Kaser, RPrivR § 15, II 2.

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des Testaments ist allerdings, dass der Testator zum Zeitpunkt der Errichtung die Testierfähigkeit besaß. Damit ist gleichzeitig ausgeschlossen, dass jemand während seiner Gefangenschaft ein gültiges Testament errichtet (Inst. 2.12,5). Früher wurde die lex Cornelia de confirmandis testamentis von Einigen1792 als ein Kapitel der lex Cornelia de falsis1793 aufgefasst. Zu Recht betrachtete schon Cuq1794 das als bloße Vermutung; denn dort gibt es zwar einen Abschnitt über Testamente, dieser hat jedoch Fälschung und Betrug zum Thema.1795 Lit.: Balogh, Studi Bonfante IV.679–691; Beseler, ZRG 45, 1925, 194–195; Cuq, DS 3,2.1142; Kaser, Privatrecht 1.291, 682 A.9; Kreller, ZRG 69, 1952, 191–199; Mantovani, Legum multitudo 732–733; Rotondi, Leges 356; Voigt, Rechtsgeschichte 1.271–273; E. Weiss, Lex Cornelia 2), RE 12,2 (1925) 23431796; Wesener1797, ZRG 75, 1958, 239–240; Williamson, Laws 361; Wolff, RHD 17, 1941, 136–155, 170–183.

146 Lex Cornelia de falsis (testamentaria, nummaria) 673/81

Cic. Verr. 2,1.42,108: Atque in his ipsis rebus multa videmus ita sancta esse legibus ut ante facta in iudicium non vocentur; Cornelia testamentaria, nummaria, ceterae complures, in quibus non ius aliquid novum populo constituitur, sed sancitur ut, quod semper malum facinus fuerit, eius quaestio ad populum pertineat ex certo tempore. Und gerade in diesen Dingen sehen wir, dass durch die Gesetze Vieles so besiegelt ist, dass früher Geschehenes nicht vor Gericht gebracht wird; die lex Cornelia über die Testamente, die Münzen und mehrere andere, in denen dem Volk kein neues Recht auferlegt, sondern unwiderruflich verordnet wird, dass eine gerichtliche Untersuchung über das, was immer eine Übeltat war, von einem bestimmten Zeitpunkt an dem Volk zufalle. Ps. Ascon. p.248: (§ 108.) C o r n e l i a t e s t a m e n t a r i a , n u m m a r i a . Ut Cornelia testamentaria *** quae de moneta, ne quis privatim pecuniam faceret. (§ 108) Die lex Cornelia über die Testamente und über die Münzen. Wie das Cor-

1792

Rudorff, Röm. Rechtsgeschichte 1.92; Voigt, Rechtsgeschichte 1.271. Lex Nr. 146. 1794 Cuq, DS 3,2.1142. 1795 Ausführlich dazu: Balogh, Studi Bonfante IV.686–689. 1796 Dazu eine Korrektur von Berger, RE Suppl. 7 (1940) 384 Z. 17–19: Sp.2343, Z. 18–27, gehören zu Lex Cornelia 2), Z. 53 ff. 1797 Zu Cod. Just. 2.53 (54) 5. 1793

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nelische Gesetz über die Testamente … das über die Münzstätte, damit niemand im eigenen Namen Münzgeld prägt. Cic. nat. 3.30,74: repete … tum haec cotidiana: sicae, venena, peculatus, testamentorum etiam lege nova quaestiones. Denke … dann wieder an all das Alltägliche: Meuchelmord, Giftmord, Unterschlagung öffentlicher Gelder, aber auch die Prozesse auf Grund des neuen Gesetzes über die Testamente. Suet. Augustus 33,2: Et cum de falso testamento ageretur omnesque signatores lege Cornelia tenerentur, non tantum duas tabellas, damnatoriam et absolutoriam, simul cognoscentibus dedit, sed tertiam quoque, qua ignosceretur iis, quos fraude ad signandum vel errore inductos constitisset. Und als über eine Testamentsfälschung verhandelt wurde und alle Testamentszeugen unter die lex Cornelia gefallen wären, gab er denen, die mit ihm zusammen die gerichtliche Untersuchung führten, nicht nur zwei Täfelchen, ein verurteilendes und ein freisprechendes, sondern noch ein drittes, durch das diejenigen für schuldlos erklärt wurden, die durch Betrug oder Irrtum dazu verleitet worden waren, das Testament als Zeugen zu besiegeln.1798 Paul. Sent. 4.7 De lege Cornelia 7,1: Qui testamentum falsum scripserit recitaverit subiecerit signaverit suppresserit amoverit resignaverit deleverit, poena legis Corneliae de falsis tenebitur, id est in insulam deportatur. Wer ein gefälschtes Testament verfasst, vorgelesen, unter­ geschoben, gesiegelt, unterschlagen, beseitigt, eröffnet oder zerstört hat, wird gemäß der lex Cornelia über Fälschungen bestraft, d. h. er wird auf eine Insel verbannt. 7,2: Non tantum is, qui testamentum subiecit suppressit delevit, poena legis Corneliae coercetur, sed et is qui sciens dolo malo id fieri iussit faciendumve curavit. Nicht nur derjenige, der ein Testament untergeschoben, unterschlagen oder zerstört hat, wird auf Grund der lex Cornelia bestraft, sondern auch derjenige, der diese Tat zu begehen wissentlich in betrügerischer Absicht angeordnet oder dafür gesorgt hat, dass sie begangen wurde. Paul. Sent. 5.25 Ad legem Corneliam testamentariam 25,1: Lege Cornelia testamentaria [tenentur:] qui testamentum quodve aliud instrumentum falsum sciens dolo malo scripserit recitaverit subiecerit suppresserit amoverit resignaverit deleverit, quodve signum adulterinum sculpserit fecerit expresserit amoverit reseraverit, quive nummos aureos argenteos adulteraverit laverit conflaverit raserit corruperit vitiaverit, vultuve principum signatam monetam praeter adulterinam reprobaverit: honestiores quidem in insulam deportantur, humiliores autem aut in metallum dantur aut in crucem tolluntur: servi autem post admissum manumissi capite puniuntur. Von der lex Cornelia über die Testamente [werden erfasst:] Wer ein Testament oder eine andere gefälschte Urkunde wissentlich in 1798

Kunkel, ZRG 85, 1968, 310–311, bezweifelt, dass sich diese Suetonstelle auf die quaestio de falsis bezieht; vgl. Kunkel, Quaestio 783–784.

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betrügerischer Absicht geschrieben, vorgelesen, untergeschoben, unterschlagen, beseitigt, eröffnet oder zerstört hat oder wer ein unechtes Siegel geschnitten, angefertigt, gestaltet, beseitigt oder geöffnet hat, oder wer goldene oder silberne Münzen gefälscht, gegossen, eingeschmolzen, abgekratzt, beschädigt oder die Legierung verschlechtert hat, oder mit dem Antlitz von Kaisern geprägte Münzen mit Ausnahme von gefälschten als unecht verworfen hat: die Vornehmeren werden zwar auf eine Insel verbannt, Personen niederen Standes aber entweder zur Bergwerksarbeit verurteilt oder gekreuzigt: Sklaven aber, die nach einem Vergehen freigelassen wurden, werden mit dem Tode bestraft. 25,1a: Qui falsam monetam percusserint, si id totum formare noluerunt, suffragio iustae paenitentiae absolvuntur. (= Dig. 48.10.19 pr) Wer eine gefälschte Münze geprägt habe, wird, wenn er das Stück absichtlich nicht fertig hat prägen wollen, auf seine ehrliche Reue hin freigesprochen. 25,3: Falsum est, quidquid in veritate non est, sed pro vero adseveratur. Fälschung ist alles, was in Wahrheit nicht existiert, sondern mit Entschiedenheit als wahr behauptet wird. 25,7: Qui vivi testamentum aperuit recitaverit resignaverit poena legis Corneliae tenetur: et plerumque aut humiliores in metallum dantur aut honestiores in insulam deportantur. Wer das Testament eines Lebenden geöffnet, vorgelesen oder entsiegelt hat, verfällt der Strafe der lex Cornelia: und meistens werden entweder Personen niederen Standes zur Bergwerksarbeit verurteilt oder Vornehmere auf eine Insel verbannt. 25,11: Qui sibi falsum nomen imposuerit, genus parentesve finxerit, quo quid alienum interciperet caperet possideret, poena legis Corneliae de falsis coercetur. Wer sich einen falschen Namen zugelegt, sich ein Geschlecht oder Eltern erdichtet hat, um dadurch etwas Fremdes an sich zu reißen, zu ergreifen oder in Besitz zu nehmen, verfällt der Strafe nach der lex Cornelia über Fälschungen. Dig. 48.10 De lege Cornelia de falsis et de senatus consulto Liboniano 10,1 (Marcianus) pr: Poena legis Corneliae irrogatur ei, qui falsas testationes faciendas testimoniave falsa inspicienda dolo malo coiecerit. Die Strafe der lex Cornelia wird über den verhängt, der es in betrügerischer Absicht darauf angelegt hat, dass falsche Zeugenaussagen gemacht oder vor Gericht falsche Zeugnisse vorgebracht werden sollten. 10,1,2: Sed et si quis ob renuntiandum remittendumve testimonium dicendum vel non dicendum pecuniam acceperit, poena legis Corneliae adficitur. et qui iudicem corruperit corrumpendumve curaverit. Aber auch dann wird die Strafe der lex Cornelia verhängt, wenn jemand Geld angenommen hat, um eine Zeugenaussage zu machen oder darauf zu verzichten, Zeugnis abzulegen oder nicht auszusagen. Und wer den Richter bestochen oder zu bestechen besorgt hat. 10,1,5: Is, qui aperuerit vivi testamentum, legis Corneliae poena tenetur. Denjenigen, der das Testament eines Lebenden eröffnet hat, trifft die Strafe der lex Cornelia.

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10,2 (Paulus): Qui testamentum amoverit celaverit eripuerit deleverit interleverit subiecerit resignaverit quive testamentum falsum scripserit signaverit recitaverit dolo malo cuiusve dolo malo id factum erit, legis Corneliae poena damnatur. Wer in betrügerischer Absicht ein Testament beseitigt, verborgen, geraubt, vernichtet, durch Ausstreichungen gefälscht, untergeschoben oder entsiegelt hat, oder wer ein gefälschtes Testament geschrieben, gesiegelt oder vorgelesen hat oder durch wessen betrügerische Absicht das geschehen ist, wird zu einer Strafe gemäß der lex Cornelia verurteilt. 10,9 Ulpianus. pr: Lege Cornelia cavetur, ut, qui in aurum vitii quid addiderit, qui argenteos nummos adulterinos flaverit, falsi crimine teneri. Von der lex Cornelia wird verfügt, dass, wer zum Münzgold einen falschen Zusatz hinzugefügt oder gefälschte Silbermünzen gegossen habe, der Strafe für das Fälschungsvergehen verfällt. 10,9,1. Eadem poena adficitur etiam is qui, cum prohibere tale quid posset, non prohibuit. Durch dieselbe Strafe wird auch der zur Rechenschaft gezogen, der, obwohl er etwas Derartiges hätte verhindern können, es nicht verhindert hat. 10,9,2: Eadem lege exprimitur, ne quis nummos stagneos plumbeos emere vendere dolo malo vellet. In demselben Gesetz steht ausdrücklich, dass Niemand in betrügerischer Absicht Münzen aus Werkblei1799 oder aus Blei kaufen oder verkaufen wollen solle. 10,9,3: Poena legis Corneliae irrogatur ei, qui quid aliud quam in testamento sciens dolo malo falsum signaverit signarive curaverit, item qui falsas testationes faciendas testimoniave falsa invicem dicenda dolo malo coierint. Die Strafe der lex Cornelia wird über den verhängt, der etwas Anderes, als im Testament steht, nämlich Gefälschtes, wissentlich in betrügerischer Absicht besiegelt oder dafür gesorgt habe, dass es besiegelt wird, ebenso, wer in betrügerischer Absicht übereingekommen sei, falsche Zeugenaussagen zu machen oder vor Gericht auf beiden Seiten falsch auszusagen. 10,12 Papinianus: Cum falsi reus ante crimen illatum aut sententiam dictam vita decedit, cessante Cornelia quod scelere quaesitum est heredi non relinquitur. Wenn ein der Fälschung Angeklagter stirbt, bevor Anklage erhoben oder ein Urteil gesprochen wurde, wird, obgleich die lex Cornelia keine Anwendung findet, dem Erben nicht hinterlassen, was durch ein Verbrechen erworben wurde. 10,13 Papinianus. pr: Falsi nominis vel cognominis adseveratio poena falsi coer­cetur. Die Beharrung auf einem falschen Namen oder Beinamen wird als Fälschung bestraft. 10,16 Paulus. 1: Paulus respondit legis Corneliae poena omnes teneri, qui etiam extra testamenta cetera falsa signassent. Paulus hat den Rechtsbescheid erteilt, dass

1799

Lt. Georges, s.v. stagnum, eine Mischung aus Silber und Blei.

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die Strafe der lex Cornelia alle trifft, die auch andere gefälschte Schriftstücke außer Testamenten gesiegelt haben.1800 10,25 Ulpianus: Qui nomine praetoris litteras falsas reddidisse edictumve falsum proposuisse dicetur, ex causa actione in factum poenali tenetur, quamquam lege Cornelia reus sit. Wer im Namen des Prätors ein falsches Schreiben abgeliefert oder ein falsches Edikt öffentlich bekannt gemacht haben sollte, ist darum schuldig auf Grund der Strafklage auf das Geschehene, obgleich er auf Grund der lex Cornelia schuldig ist. 10,30 Modestinus. pr: Lege Cornelia testamentaria obligatur, qui signum adulterinum fecerit sculpserit. Nach der lex Cornelia über die Testamente macht sich schuldig, wer ein gefälschtes Siegel anfertigt oder geschnitten hat. 10,33 Modestinus: Si quis falsis constitutionibus nullo auctore habito utitur, lege Cornelia aqua et igni ei interdicitur. Wer ohne einen Gewährsmann dafür zu haben, gefälschte Verordnungen verwendet, der wird auf Grund der lex Cornelia als Geächteter verbannt. Inst. 4.18,7: Item lex Cornelia de falsis, quae etiam testamentaria vocatur, poenam irrogat ei, qui testamentum vel aliud instrumentum falsum scripserit signaverit recitaverit subiecerit sive signum adulterinum fecerit sculpserit expresserit sciens dolo malo. eiusque legis poena in servos ultimum supplicium est, quod et in lege de sicariis et veneficis servatur, in liberos vero deportatio. Ebenso verhängt die lex Cornelia über Fälschungen, die auch Gesetz über Testamente heißt, eine Strafe gegen den, der wissentlich in betrügerischer Absicht ein gefälschtes Testament oder eine andere gefälschte Urkunde geschrieben, gesiegelt, vorgelesen oder untergeschoben hat oder ein gefälschtes Siegel angefertigt, graviert oder gestaltet hat. Die Strafe dieses Gesetzes ist bei Sklaven die Todesstrafe, die auch in der lex de sicariis et veneficis1801 beibehalten wird, bei Freien aber die Deportation (Verbannung).1802 Mit dem Namen Sullas ist ein Gesetz über das Vergehen der Fälschung bzw. des Betrugs überliefert. Den Ausführungen Ciceros (nat. 3.30,74) folgend besteht in der Forschung Einigkeit darüber, dass mit diesem Gesetz auch ein neuer ständiger Gerichtshof, die quaestio de falsis, eingerichtet wurde.1803

In Abschnitt 2 dehnt Paulus den Sachverhalt weiter aus, demnach gilt die Strafe der lex Cornelia auch für gefälschte Schriftstücke, die nicht gesiegelt wurden. 1801 Lex Nr. 147. 1802 Die Abschnitte Cod. Theod. 9.19 und Cod. Iust. 9.22 tragen beide die Überschrift Ad legem Corneliam de falsis, enthalten jedoch durchweg Bestimmungen aus der Kaiserzeit, ergänzen also das ursprüngliche Gesetz und werden deshalb nicht zitiert. 1803 So etwa Rein, Criminalrecht 782; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Rotondi, Leges 356–357; Hitzig, Falsum, RE 6,2 (1909) 1974; Last, CAH 9.307; Lengle, Strafrecht 28; Jones, Criminal courts 56; Hantos, Res publica 65; Gruen, Roman Politics 263–264; Kunkel, Quaestio 742; De Martino, Costituzione 3.106; Santalucia, Diritto 72; Mackay, Breakdown 1800

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Ciceros Worte und die Erklärungen des Scholiasten erwecken den Anschein, dass es zwei cornelische Gesetze gegeben habe, das eine mit dem Zusatz testamentaria, das andere mit nummaria. Doch aus Dig. 48.10,9 pr wird deutlich, dass auch die Münzfälschung ebenso wie die zuvor in demselben Abschnitt behandelte Testamentsfälschung1804 zu den Vergehen des falsum gerechnet wird. Demnach gibt es tatsächlich nur eine lex Cornelia de falsis1805, unter der die verschiedenen Arten von Fälschungen subsumiert werden. Über die zusätzlichen Titelbezeichnungen hinaus erfahren wir aus republikanischen Quellen nichts über diese lex Cornelia. Alle weiteren Zeugnisse zum Inhalt des Gesetzes stammen erst aus kaiserzeitlichen, juristischen Quellen. Das bedeutet, dass die lex Cornelia zwar unter diesem Namen in Geltung blieb, aber dennoch ziemlich sicher weiterentwickelt und verändert wurde,1806 wie schon aus der Kapitelüberschrift der Digesten hervorgeht. Daher ist es kaum möglich, die ursprüngliche lex aus der Vielzahl der Texte herauszufiltern und gegen spätere Bestimmungen abzugrenzen. Zwei der überlieferten Tatbestände zum Vergehen de falsis gehören jedoch mit Sicherheit zum sullanischen Gesetz, die Fälschung von Testamenten und die Münzfälschung; denn beides war schon Cicero bekannt. Die Einzelheiten dazu haben leider erst die spätklassischen Juristen Paulus1807 und Ulpian1808 überliefert, so dass man hier abwägen muss, ob die angeführten Bestimmungen zur ursprünglichen lex Cornelia gehören oder spätere Zusätze sind. Zu den Testamentsfälschungen werden sowohl Fälschungen an echten Testamenten, wie Unterschlagung, Beseitigung und Zerstörung oder die Eröffnung des Testaments zu Lebzeiten des Erblassers, als auch die Herstellung von unechten Testamenten, das Schreiben, Siegeln oder Vorlesen gerechnet.1809 Mehrfach wird zwar betont, dass bei diesen Vergehen nur bestraft wird, wer in böser bzw. betrügerischer Absicht handelt, aber es ist durchaus möglich, dass ursprünglich die Tat an sich als strafwürdig gewertet wurde. Denn Sueton berichtet eigens, dass erst Augustus in der Rechtsprechung neben den Täfelchen für Schuld- bzw. Freispruch ein drittes eingeführt habe, um Leute begnadigen zu können, die nicht vorsätzlich und in böser Absicht gehandelt hatten, sondern selbst Opfer eines Betrugs oder

1804 1805

1806 1807 1808 1809

192–193; Lehmann, Strafgesetzgebung 37–40; Christ, Krise 218–219; Keaveney, Sulla 147; Bringmann, Republik 276 … Dig. 48.10,1,5 u. 10,2–6. Diesen Titel erhielt das Gesetz in den Institutionen Justinians (4.18,7) und in den Digesten (48.10); mehrfach wird es auch als lex Cornelia testamentaria bezeichnet (Inst. 4.18,7; Paul. Sent. 5.25; Coll. 8.5,1; Dig. 48.10,30 pr). Kunkel, Quaestio 742, nennt das „analoge Anwendung“ auf andere Fälschungstatbestände. Etwa 160–230 n. Chr.. Gest. 228 n. Chr.. Ausführlich dazu Zumpt, Criminalrecht 2,2.65–67. – Zu den Texten aus Paulus mit ihrem unterschiedlichen Wortlaut vgl. Crook, Athenaeum 65, 1987, 164–165.

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eines Irrtums waren.1810 Außerdem wird wohl nur die vollendete Tat bestraft, der Versuch gilt nicht als strafbar.1811 Ob in diesen Teil des Gesetzes auch die Fälschung von anderen Schriftstücken aufgenommen wurde, wie Paulus (Dig. 48.10,16,1) vermuten lässt, wird unterschiedlich beurteilt.1812 Gleiches gilt für den Bereich der aktiven und passiven Zeugenbestechung, um entweder ein falsches Zeugnis vorweisen zu können oder ein echtes Zeugnis zu unterdrücken, sowie den Bereich der Richterbestechung.1813 Und auch die weiteren Tatbestände, die in den juristischen Quellen aufgeführt werden, wie die Fälschung von Siegeln, die Annahme oder Führung eines falschen Namens, der Gebrauch falscher Standesverhältnisse oder die Unterschiebung eines Kindes lassen sich nicht eindeutig der sullanischen lex Cornelia zuweisen und werden daher in der Literatur verschieden aufgefasst.1814 Andere Fälschungsvergehen im Zusammenhang mit Testamenten, nämlich falsche Unterschriften, Vormundschaftsangelegenheiten sowie Vermächtnisse, sind dagegen offensichtlich der Kaiserzeit zuzurechnen, denn dort wird explizit auf Senatsbeschlüsse oder kaiserliche Reskripte Bezug genommen (Dig. 48.10,1,7–13; 48.10,4–6). Das zweite große Thema der lex Cornelia ist jedoch unbestritten die Münz­ fälschung, die neben den Testamenten schon von Cicero genannt wird. Einzelheiten erfahren wir wiederum erst von Paulus (Sent. 5.25,1). Strafbar ist danach vermutlich die Fälschung von goldenen oder silbernen Münzen durch unterschiedliche Vorgehensweisen, z. B. Gießen von Falschmünzen, Einschmelzen, Abkratzen oder Beschädigung von echten Münzen sowie die Änderung der Legierung. Ob darüber hinaus die Verfälschung von Edelmetallen durch Zusätze anderer Metalle wie Zink oder Blei, die im Aussehen Silber ähneln, geahndet wurde oder auch das „Frisieren“ von Goldbarren, wie Mommsen vermutete, ist wiederum nicht sicher auszumachen. Paulus spricht zwar von Edelmetallen und ihrer Verfälschung (Sent. 5.25,5), von Ulpian wird im Zusammenhang mit Gold jedoch offenbar lediglich an Münzgold gedacht (Dig. 48.10,9 pr). Daher ist vielleicht eher daran zu denken, dass die Verfälschung der Edelmetalle in späterer Zeit dazukam und es in der ursprünglichen lex Cornelia tatsächlich um die Fälschung von Gold-

1810 1811 1812 1813

1814

Diese Ansicht vertritt Kunkel, ZRG 85, 1968, 310 A.124; vgl. Crook, Athenaeum 65, 1987, 165, und Lehmann, Strafgesetzgebung 39. Paul. Sent. 5.25,1a (= Dig. 48.10,19 pr) und de Zulueta, CAH 9.880. Rein, Criminalrecht 779, lehnt es ab; Zumpt, Criminalrecht 2,2.67–68, neigt dazu. – Vgl. Kunkel, Quaestio 742, und Kocher, Lex de falsis 107. Z. B.: Rein, Criminalrecht 781, schreibt das falsche Zeugnis der lex Cornelia zu, nicht aber die Richterbestechung; Zumpt, Criminalrecht 2,2.74, und Rotondi, Leges 357, führen beides an. Nach Kocher, Lex de falsis 108–109, war die Zeugenbestechung nicht in der „lex“ geregelt, für Lehmann, Strafgesetzgebung 38, ist es „fraglich“. Zum letzten Punkt vgl. etwa Zumpt, Criminalrecht 2,2.76, und die ausführliche Argumentation von Kocher, Lex de falsis 104–106.

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münzen geht. Denn entgegen der Ansicht Mommsens1815 und – ihm folgend – der älteren Forschung waren in republikanischer Zeit durchaus Goldmünzen geprägt worden und eben auch solche mit dem Bild Sullas, wie Crawford1816 und Kocher1817 bestätigen. Ein Vergehen gegen die lex Cornelia de falsis wurde ursprünglich höchst­ wahrscheinlich mit der Todesstrafe1818 geahndet. Es ist jedoch kein Fall einer tatsächlich vollzogenen Strafe bekannt; eher zog die Selbstverbannung des Delinquenten bzw. ein Gang ins Exil die interdictio aquae et ignis (Ächtung) nach sich. Diese ist zwar erst in nachsullanischer Zeit als eigenständige Strafe bezeugt, von Modestinus wird sie aber als solche für die lex Cornelia genannt (Dig. 48.10,33).1819 Von demselben Juristen stammt der Hinweis, dass spätestens Ende des 1. Jhs. n. Chr. die relegatio in insulam (Verbannung) als Strafe galt (Dig. 48.10,32), was bei den spätklassischen Juristen dann zu unterschiedlichen Strafen ausgestaltet ist, je nachdem welcher gesellschaftlichen Schicht man angehört: Vornehmere (honestiores) werden auf eine Insel deportiert, Personen niederen Standes (­humiliores) zur Bergwerksarbeit oder zum Tode verurteilt (Paul. Sent. 5.25,1 u. 7; Dig. 48.10,1,13).1820 Lit.: Archi, tema di falso 101–114 (Diritto romano 3.1575–1587); Barlow, Bankers 126–129; Barlow, AJPh 101, 1980, 217–219; Bauman, ANRW 2,13.123–124; Bauman, Crime 24; Blösel, Röm. Republik 204; Bringmann, Republik 276; Bringmann, Krise 67; Botsford, Roman Assemblies 419–420; Bringmann, Krise 67; Brunt, Fall 217–218; Christ, Krise 218–219; Christ, Sulla 129; Cloud, CAH2 9.525; Crawford, PCPhS 14, 1968, 3–4; Crawford, NC 7/8, 1968, 57; Crawford, Geld und Austausch 276; Craw1815

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1820

Mommsen, StrafR 673 A.2, u. Münzwesen 402. Neuerdings wieder: Grierson, Law of counterfeiting 242–244. Und Santalucia, Studi 88–93, behauptet für die Zeit Sullas den Gebrauch von ungeprägtem Gold, das einzig und allein nach Gewicht gehandelt wurde. Die vorhandenen Goldmünzen sind seiner Ansicht nach nicht im normalen Umlauf befindlich, sondern nur im militärischen Bereich genutzt worden. Crawford, RRC 1.80 m. A.1, 82, 373–374 (Nr.359), 386–387 (Nr.367), 397 (Nr. 381), u. Numismatic note zu Crook, Athenaeum 75 (65), 1987, 166. Kocher, Lex de falsis 103–104. – Vgl. Lehmann, Strafgesetzgebung 40, und die Diskussion bei Crook, Athenaeum 75 (65), 1987, 165–166. So auch Levy, Kapitalstrafe 14–15; Jones, Criminal courts 73–74; Kunkel, Quaestio 742. Aus anderen Zeugnissen aus republikanischer Zeit wird nämlich deutlich, dass auch in den Gesetzen Sullas Verbannung noch nicht als Strafe galt; vielmehr erfolgte die interdictio aquae et ignis auf die freiwillige Selbstverbannung, den Gang ins Exil; vgl. Levy, Kapitalstrafe 20–25; Lengle, Strafrecht 43–46; Siber, Analogie 62, 64–65; de Zulueta, CAH 9.878; Kunkel, Quaestio 767–768. Grasmück, Exilium 107, sieht dagegen den „Wandel von der strafähnlichen Urteilsfolge zum Strafcharakter der aquae et ignis interdictio  … in sulla­ nischer Zeit“; a. a. O. 104 A.275 möchte er aber offenlassen, welche Strafe die lex Cornelia de falsis verhängte. – Vgl. bei der lex Cornelia de sicariis et veneficis (Lex Nr. 147) und der lex Cornelia de maiestate (Lex Nr. 150). Vgl. Kocher, Lex de falsis 109–111.

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Lex Nr. 147

ford, Coinage and money 189; Crook, Athenaeum 75 (65), 1987, 163–171; Cuq, DS 3,2.1138–1139; De Martino, Costituzione 3.105–106; Ferrini, Diritto penale 392–404; Frank, ESAR 1.267; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Fündling, Sulla 127; Grasmück, Exilium 104 A.275; Grierson, Law of counterfeiting 242–244; Grueber, Coins 1.xlii; Gruen, Roman Politics 263–264; Hantos, Res publica 65; Harries, Law and crime 17; Heftner, Gracchen 216; Hitzig, Falsum, RE 6,2 (1909) 1973–1976; Jones, Criminal courts 56, 73–74, 132 A.242; Keaveney, Sulla 147; Kocher, Lex de falsis 96–117; Kunkel, Kriminalverfahren 51, 64; Kunkel, Quaestio 742; Kunkel, ZRG 85, 1968, 310 m. A.124; Lange, Alterthümer 2.665, 3–165; Last, CAH 9.307; Lehmann, Strafgesetzgebung 17–18, 37–40; Lengle, Sullanische Verfassung 42–43; Lengle, Hermes 66, 1931, 304; Lengle, Strafrecht 28, 32; Letzner, Sulla 284; Levick, Historia 28, 1979, 370–372 m. A.76; Lo Cascio, Athenaeum 57, 1979, 235–237; Mackay, Breakdown 192–193; Marino, ZRG 105, 1988, 634–643, 656–663; Mommsen, Münzwesen 386 A.64 u. 388–389, 402; Mommsen, StrafR 669–677; Nuber, KJ 14, 1974, 81; Pugliese, ANRW 2.14, 756–758, 769; Rein, Criminalrecht 774–782; Robinson, Criminal law 2–3, 18, 36–39; Rotondi, Leges 356–357; Santalucia, Diritto 72, 96, 120–121; Santalucia, Studi 77–79, 84–106, 198; Santangelo, Sulla 118–119, 185; Scullard, Gracchi to Nero 83; Shatzman, Senatorial Wealth 206–207; Siber, Analogie 62, 64; Sydenham, Coinage xliv; Williamson, Laws 336, 361; De Zulueta, CAH 9.880; Zumpt, Criminalrecht 2,1.177, 330, 343; 2,2.62–77.

147 Lex Cornelia de sicariis et veneficis 673/81

Cic. Cluent. 54,1481821: Iubet lex ea, qua lege haec quaestio constituta est, iudicem quaestionis, hoc est Q. Voconium, cum eis iudicibus qui ei obvenerint – vos appellat, iudices  – quaerere de veneno. In quem quaerere? Infinitum est. QUICUMQUE FECERIT, VENDIDERIT, EMERIT, HABUERIT, DEDERIT. Quid eadem lex statim adiungit? recita. DEQUE EIUS CAPITE QUAERITO. Cuius? qui coierit, convenerit? Non ita est. Quid ergo est? dic. QUI TRIBUNUS MILITUM LEGIONIBUS QUATTUOR PRIMIS, QUIVE QUAESTOR, TRIBUNUS PLEBIS – deinceps omnis magistratus nominavit – QUIVE IN SENATU SENTENTIAM DIXIT, DIXERIT. quid tum? QUI EORUM COIIT, COIERIT, CONVENIT, CONVENERIT QUO QUIS IUDICIO PUBLICO CONDEMNARETUR. ‚Qui eorum‘? quorum? Videlicet qui supra scripti sunt. Es gebietet ein Gesetz, genau das Gesetz, durch das dieser Gerichtshof eingerichtet wurde, dem Vorsitzenden des Gerichtshofs  – das heißt Q.  Voconius  – zusammen mit den Richtern, die 1821

Ancient Roman Statutes, Doc. 66, p.65–66, hat außer Cic. Cluent. 54,148; 57,157 [157 sind nur einzelne Worte, der Zusammenhang ist m.E. die gracchische lex ne quis iudicio circumveniretur, Lex Nr. 34] keine weiteren Stellenangaben.

Lex Nr. 147

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ihm durchs Los zugefallen sind  – er meint euch, ihr Richter –, Giftmorde zu untersuchen. Gegen wen? Das ist nicht begrenzt: „Wer auch immer Gift hergestellt, verkauft, gekauft, im Besitz gehabt oder dargereicht haben wird.“ Was fügt dasselbe Gesetz sofort hinzu? Lies vor! „Und man soll gegen diesen in einem Kapitalprozess ermitteln.“ Gegen wen? Wer Absprachen getroffen hat oder wer sich zusammengeschlossen hat? Nein, so nicht. Was dann? Sprich! „Wer als Militärtribun der ersten vier Legionen, oder wer als Quaestor, Volkstribun“ – darauf nannte das Gesetz alle Beamten – „oder wer im Senat abgestimmt hat oder haben wird.“ Was dann? „Wer von ihnen Absprachen getroffen hat oder haben wird, sich zusammengeschlossen hat oder haben wird, damit jemand in einem ordentlichen Prozess verurteilt wird.“ „Wer von denen“ – von was für Leuten? Selbst­ verständlich von denen, die oben verzeichnet sind. Quid intersit utro modo scriptum sit, etsi est apertum, ipsa tamen lex nos docet. Ubi enim omnis mortalis adligat, ita loquitur: ‚QUI VENENUM MALUM FECIT, FECERIT‘. Omnes viri, mulieres, liberi, servi in iudicium vocantur. Si idem de coitione voluisset, adiunxisset: ‚QUIVE COIERIT.‘ Nunc ita est: DEQUE EIUS CAPITE QUAERITO QUI MAGI­STRATUM HABUERIT QUIVE IN SENATU SENTENTIAM DIXERIT QUI EORUM COIIT, COIERIT. Wie wichtig es ist, auf welche beiden Arten etwas geschrieben ist, auch wenn es offenkundig ist, lehrt uns dennoch gerade dieses Gesetz. Wo es nämlich alle Sterblichen verpflichtet, lautet es folgendermaßen: „Wer ein schädliches Gift bereitet hat oder bereitet haben wird.“ Alle Männer, Frauen, Freie oder Sklaven können so vor Gericht gestellt werden. Wenn es dasselbe bei Absprachen gewollt hätte, hätte es hinzugefügt: „Oder wer Absprachen getroffen haben wird.“ Nun steht es so da: „Und über den soll ein Kapitalprozess angestrengt werden, der ein Amt bekleidet oder der im Senat seine Stimme abgegeben, wer von ihnen Absprachen getroffen hat oder haben wird.“ Sen. contr. 3,9: C r u x S e r v i Ve n e n u m D o m i n o N e g a n t i s . Aeger dominus petit a servo ut sibi venenum daret; non dedit. Cavit testamento ut ab heredibus crucifigeretur. Appellat servus tribunos. ‚Lex Cornelia, te appello; ecce erus iubet quod tu vetas.‘ … Das Kreuz des Sklaven, der seinem Herrn das Gift verweigerte. Ein kranker Herr forderte von seinem Sklaven, dass er ihm Gift gebe; er gab es ihm nicht. Der Herr verfügte in seinem Testament, dass er von den Erben gekreuzigt werde. Es appellierte der Sklave an die Tribunen. „Lex Cornelia, ich rufe dich um Hilfe an: Schau her, mein Herr befiehlt, was du verbietest.“ … Coll. 1.1,2 Paulus1822 quoque libro quinto sententiarum sub titulo ad legem Corneliam de sicariis et veneficis dicit: 1. Lex Cornelia poenam deportationis infligit ei, qui hominem occiderit eiusque rei causa furtive faciendi cum telo fuerit, et qui venenum hominis necandi causa habuerit vendiderit paraverit, falsumve testimonium dixerit quo quis periret, mortisve causam praestiterit. Ebenfalls im fünften 1822

Identisch mit Paul. Sent. 5.23,1.

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Buch der Sententiae schreibt Paulus unter der Überschrift „Zur lex Cornelia über Mörder und Giftmischer“: Die lex Cornelia erlegt demjenigen die Strafe der Deportation (Verbannung) auf, der einen Menschen ermordet hat und wegen dieses Sachverhalts oder, um einen Diebstahl zu begehen, mit einem Wurfgeschoss bewaffnet war, sowie demjenigen, der um einen Menschen zu töten, Gift besessen, verkauft oder bereitet hat, oder der eine falsche Zeugenaussage gemacht hat, wodurch jemand ums Leben gekommen ist, oder der den Grund für den Tod geliefert hat. Coll. 1.1,3 Ulpianus libro VII de officio proconsulis sub titulo de sicariis et veneficis: 1. Capite primo legis Corneliae de sicariis cavetur, ut is praetor iudexve quaestionis, cui sorte obvenerit quaestio de sicariis eius quod in urbe Roma propiusve mille passus factum sit, uti quaerat cum iudicibus, qui ei ex lege sorte obvenerint de capite eius, qui cum telo ambulaverit hominis necandi furtive faciendi causa, hominemve occiderit, cuiusve id dolo malo factum erit. et reliqua. 2. Relatis verbis legis modo ipse loquitur Ulpianus: Haec lex non omnem, qui cum telo ambulaverit, punit, sed eum tantum, qui hominis necandi furtive faciendi causa telum gerit, coercet. Conpescit item eum, qui hominem occidit, nec adiecit cuius condicionis hominem, ut et ad servum et peregrinum pertinere haec lex videatur. Ulpian schreibt im siebten Buch seiner Schrift „Das Amt des Proconsuls“ unter der Überschrift „Über Mörder und Giftmischer“: 1. Im ersten Abschnitt der lex Cornelia über Mörder wird angeordnet, dass der Praetor oder der Vorsitzende des Gerichtshofs, dem durch das Los die Untersuchung über Mörder zufiel, soweit es in der Stadt oder innerhalb einer Meile ringsherum begangen wurde, dass er mit den Geschworenen, die ihm nach dem Gesetz durchs Los zugefallen sind, in einem Kapitalverfahren die Untersuchung gegen denjenigen führt, der sich mit einer Waffe herumgetrieben habe1823, um einen Menschen zu töten oder um einen Diebstahl zu begehen, oder der einen Menschen getötet habe oder durch dessen böse Absicht dies geschehen sei. Und so weiter. 2. In einer Wiederholung des Gesetzeswortlauts sagt Ulpian: Dieses Gesetz bestraft nicht jeden, der bewaffnet herumläuft, sondern es straft nur den, der die Waffe trägt, um einen Menschen zu töten oder um einen Diebstahl zu begehen. Es fesselt ebenso den, der einen Menschen tötet, fügt aber nicht hinzu, welchen Standes dieser Mensch ist, so dass sich dieses Gesetz sowohl auf Sklaven als auch auf Nichtbürger zu erstrecken scheint. Coll. 12.5,1. Ulpianus libro octavo de officio proconsulis [sub titulo] de naufragis et incendiariis: 1. Incendiariis lex quidem Cornelia aqua et igni interdici iussit, sed re varie sunt puniti. Ulpian schreibt im achten Buch seines Werks über das Amt des Proconsuls unter der Überschrift „Über Schiffbruch und Brandstifter“: Für Brandstifter ordnet die lex Cornelia zwar die Ächtung an, aber im Prozess wurden sie auf unterschiedliche Weise bestraft.

1823

Nach der Erklärung von Rein, Criminalrecht 409. – Telum, eigentlich Wurfgeschoss, umfasst auch Waffen aus Holz, Stein oder Eisen; vgl. Inst. 4.18,5.

Lex Nr. 147

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Dig. 48.8 Ad legem Corneliam de sicariis et veneficis 8,1 (Marcianus) pr: Lege Cornelia de sicariis et veneficis tenetur, qui hominem occiderit: cuiusve dolo malo incendium factum erit: quive hominis occidendi furtive faciendi causa cum telo ambulaverit: quive, cum magistratus esset publicove iudicio praeesset, operam dedisset, quo quis falsum indicium profiteretur, ut quis innocens conveniretur condemnaretur. Unter die lex Cornelia über Mörder und Giftmischer fällt, wer einen Menschen getötet hat oder durch wessen böswillige Absicht ein Brand gelegt wurde, oder wer sich mit einer Waffe herumgetrieben hat, um einen Menschen zu töten oder einen Diebstahl zu begehen, oder wer, während er ein Amt bekleidete oder einem öffentlichen Gericht vorsaß, darauf hingearbeitet hat, dass jemand eine falsche Aussage machte, damit ein Unschuldiger gerichtlich belangt und verurteilt wurde. 8,1,1: Praeterea tenetur, qui hominis necandi causa venenum confecerit dederit: quive falsum testimonium dolo malo dixerit, quo quis publico iudicio rei capitalis damnaretur: quive magistratus iudexve quaestionis ob capitalem causam pecuniam acceperit ut publica lege reus fieret. Außerdem haftet, wer um einen Menschen zu töten Gift hergestellt oder gereicht hat, oder wer in böser Absicht eine falsche Zeugenaussage gemacht hat, damit jemand in einem öffentlichen Strafverfahren wegen eines Kapitalvergehens verurteilt werde; oder wer als Beamter oder vorsitzender Richter eines Strafgerichtshofs wegen eines Kapitalverfahrens Geld genommen hat, damit jemand auf Grund eines Gesetzes über ein öffentliches Strafverfahren angeklagt werde. 8,1,2: Et qui hominem occiderit, punitur non habita differentia, cuius condicionis hominem interemit. Und wer einen Menschen ermordet hat, wird bestraft, ohne dass es einen Unterschied macht, welchen Standes der Mensch war, den er getötet hat. 8,3 (Marcianus) pr: Eiusdem legis Corneliae de sicariis et veneficis capite quinto, qui venenum necandi hominis causa fecerit vel vendiderit vel habuerit, plectitur. Durch das fünfte Kapitel desselben Gesetzes, der lex Cornelia über Mörder und Giftmischer, wird bestraft, wer um einen Menschen zu töten Gift hergestellt oder verkauft oder besessen hat. 8,3,1: Eiusdem legis poena adficitur, qui in publicum mala medicamenta vendiderit vel hominis necandi causa habuerit. Die Strafe desselben Gesetzes trifft den, der öffentlich schädliche Arzneimittel verkauft hat oder, um einen Menschen zu töten, in Besitz hatte. 8,3,5: Legis Corneliae de sicariis et veneficis poena insulae deportatio est et omnium bonorum ademptio. sed solent hodie capite puniri, nisi honestiore loco positi fuerint, ut poenam legis sustineant: humiliores enim solent vel bestiis subici, altiores vero deportantur in insulam. Die Strafe der lex Cornelia über Mörder und Giftmischer ist die (lebenslängliche) Verbannung auf eine Insel und die Entziehung des gesamten Vermögens. Doch werden sie heutzutage gewöhnlich mit dem Tode bestraft, außer wenn sie höhergestellt sind, so dass sie [nur] die Strafe des Gesetzes

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Lex Nr. 147

erhalten: Personen niederen Standes werden nämlich gewöhnlich den Tieren vorgeworfen, Personen höheren Standes aber auf eine Insel verbannt. 8,4 (Ulpianus) pr: Lege Cornelia de sicariis tenetur, qui, cum in magistratu est esset, eorum quid fecerit contra hominis necem, quod legibus permissum non sit. Unter die lex Cornelia über Mörder fällt, wer von denen, während er ein Amt bekleidet oder bekleidete, etwas gegen die Hinrichtung eines Menschen unternommen hat, was nach den Gesetzen nicht erlaubt ist. 8,7 (Paulus): In lege Cornelia dolus pro facto accipitur. neque in hac lege culpa lata pro dolo accipitur. In der lex Cornelia wird der Vorsatz als Tat aufgefasst. Aber grobe Fahrlässigkeit wird in diesem Gesetz nicht als Vorsatz aufgefasst.1824 Cod. Theod. 9.14 Ad legem Corneliam de sicariis1825 Cod. Iust. 9.16 Ad legem Corneliam de sicariis 16,5 (6): Si quis te reum Corneliae legis de sicariis fecerit, innocentia purgari crimen, non adulta aetate defendi convenit. Wenn dich jemand nach der lex Cornelia über Mörder angeklagt hat, so gehört es sich, dass das Vergehen durch erwiesene Unschuld widerlegt und nicht mit minderjährigem Alter verteidigt wird. 16,6 (7): Is, qui cum telo ambulaverit hominis necandi causa, sicut is, qui hominem occiderit vel cuius dolo malo factum erit commissum, legis Corneliae de sicariis poena coercetur. Der, welcher sich mit einer Waffe herumgetrieben hat, um einen Menschen zu töten, ebenso sowie der, der einen Menschen ermordet hat oder durch dessen böse Absicht die Tat begangen worden ist, verfällt der von der lex Cornelia über Mörder vorgesehenen Strafe. Inst. 4.18,5: Item lex Cornelia de sicariis, quae homicidas ultore ferro persequitur vel eos, qui hominis occidendi causa cum telo ambulant. telum autem, ut Gaius noster in interpretatione legis duodecim tabularum scriptum reliquit, vulgo quidem id appellatur, quod ab arcu mittitur: sed et omne significatur, quod manu cuiusdam mittitur: sequitur ergo, ut et lapis et lignum et ferrum hoc nomine contineatur. ..1826.. sicarii autem appellantur  a sica, quod significat ferreum cultrum. eadem lege et venefici capite damnantur, qui artibus odiosis, tam venenis vel susurris magicis homines occiderunt vel mala medicamenta publice vendiderunt.1827 Ebenso1828 die 1824 1825

1826 1827

1828

Vgl. Cod. Iust. 9.16,1: Crimen enim contrahitur, si et voluntas nocendi intercedat. Ein Verbrechen wird dann begangen, wenn auch noch der Wille zu schaden besteht. Der Abschnitt des Codex Theodosianus enthält spätere Regelungen, das Gesetz wird in der Überschrift und einmal in einer Aufzählung mit anderen republikanischen Gesetzen genannt. Es folgt eine Worterklärung für telum, das von dem griechischen Wort für „Ferne“ abgeleitet wird. Einen Gesetzestext stellen zusammen Bruns, FIR 1.92, mit einem aus Ulpian (Coll.1.1,3) und Cic. Cluent. 54,148 (bis condemnaretur) zusammengesetzten Text, und Crawford, Roman Statutes, Nr. 50, 2.752, der darüber hinaus noch andere Quellen berücksichtigt. Abschnitt 18 der Institutionen, Buch IV, behandelt die öffentlichen Strafverfahren, eines davon ist das nach der lex Cornelia.

Lex Nr. 147

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lex Cornelia über Mörder, welche die Mörder mit rächendem Schwert verfolgt oder auch jene, die sich, um einen Menschen zu töten, mit einem Wurfgeschoss herumtreiben. Telum aber wird, wie unser Gaius in seiner Auslegung des Zwölftafelgesetzes schriftlich hinterließ, gewöhnlich das genannt, was von einem Bogen abgeschossen wird. Aber es bedeutet auch alles das, was irgendjemand mit der Hand wirft. Daraus folgt, dass sowohl ein Stein als auch ein Holz oder ein Eisen unter diese Bezeichnung fällt. … Sicarii, Mörder, aber werden nach der sica benannt, was eisernes Messer bedeutet. Auf Grund desselben Gesetzes werden auch Giftmischer zum Tode verurteilt, die durch verhasste Künste, durch Gifttränke sowie durch Zaubersprüche Menschen umgebracht haben oder schädliche Arzneimittel öffentlich verkauft haben. Mit einer lex Cornelia de sicariis et veneficis vereinigte Sulla die sicher schon seit dem 2. Jh. bestehenden Gerichtshöfe für Mord bzw. Giftmord.1829 Aus dem Titel des Gesetzes und einer Aufzählung Ciceros (nat. 3.30, 74) wird deutlich, dass es wohl nicht nur eine, sondern mindestens zwei ständige Quaestionen gegeben hat.1830 Als Vorsitzender fungiert ein Praetor oder ein iudex quaestionis1831 (Vorsitzender Richter des Gerichtshofs), wobei die Zuweisung der quaestio durch das Los geschieht. Nach den Worten Ulpians (Coll. 1.1,3) ist der Geltungsbereich der lex auf die Stadt Rom und eine Meile ringsherum beschränkt.1832 Das Gesetz bleibt bis in die Kaiserzeit gültig und wird im Laufe der Zeit zum allgemeinen Gesetz über jede Art von Tötung.1833 Daraus ergibt sich – wie schon bei der lex Cornelia de falsis – die Schwierigkeit, den ursprünglichen Inhalt und Umfang des Gesetzes zu bestimmen. Wohl von Anfang an bestand die lex Cornelia de sicariis et veneficis jedoch aus mehreren Kapiteln. Zwei dieser Kapitel werden explizit von Ulpian und Marcian genannt, das erste und das fünfte, und aus den Worten Ciceros (Cluent. 54,148) lässt sich auf ein weiteres Kapitel schließen, das man mit „Justizmord“ beschreiben kann.

1829 1830 1831

1832

1833

Vgl. z. B. Kunkel, Quaestio 736; Bauman, Lawyers 236–237; Santalucia, Studi 198; Robinson, Criminal Law 42; Lehmann, Strafgesetzgebung 18–22. Im Jahr 66 waren es drei quaestiones, Cic. Cluent. 53,147. Mommsen, StR 2.589, nimmt an, dass dieses Amt seinen Platz in der Ämterreihe hatte, zwischen der Aedilität und der Praetur. Mommsen folgend findet man in der Literatur fast durchgehend den aedilicius (Ex-Aedil) als iudex quaestionis, z. B.  Kunkel, Quaestio 739; Jones, Criminal courts 58–59. Ferrary, Athenaeum 79, 1991, 423–424, möchte die örtliche Begrenzung auf zwei Quaestionen aufteilen, diesseits und jenseits der ersten Meile; möglich sei auch, dass es im zweiten Kapitel der lex um den Bezirk „außerhalb der Stadt“ gehe; vgl. Crawford, Roman Statutes 2.753. Ähnlich ist die Ansicht von Strachan-Davidson, Criminal Law 2.149, gegen Mommsen. Dieser weist StR 3,1.818–819 Kriminalprozesse in Italien den Municipalbehörden zu. In diesem Sinne z. B. Santalucia, Studi 120 A.53; Robinson, Criminal law 43.

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Das erste Kapitel des sullanischen Gesetzes lässt den aktuellen Anlass erkennen, aus dem es ergangen ist; denn es diente wohl in erster Linie der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.1834 Daher stellt es das Tragen von Waffen unter Strafe, wenn es in der Absicht zu töten und / ​ oder zu stehlen geschieht. Die Strafbarkeit des Waffentragens wird also von der kriminellen Intention abhängig gemacht; bloßes Bewaffnetsein ist dagegen nicht strafbar. Daneben wird auch bestraft, wer bei einer solchen Gelegenheit tatsächlich einen Mord begangen hat, wobei ohne Bedeutung ist, welchem Stand der Ermordete angehörte (Dig. 48.8,1,2). Außerdem erstreckt sich das Gesetz über den Täter hinaus auch auf denjenigen, der böswillig zur Tat anstiftet. Vorsatz oder böswillige Absicht und die Vollendung der Tat werden in der lex Cornelia gleichgestellt und derselben Strafe unterworfen; Fahrlässigkeit, sogar in grober Form, bleibt dagegen ohne Strafe (Dig. 48.8,7 Paulus). Zum Inhalt der Kapitel 2–4 lassen sich nur Vermutungen äußern. So hält, wie oben erwähnt, Ferrary1835 für möglich, dass in einem Kapitel ein erweiterter örtlicher Geltungsbereich der lex enthalten gewesen sei. Vielleicht sind hier auch andere Arten der Tötung erfasst worden. So nennt Marcian (Dig. 48.8,1 pr) – ohne Kapitelangabe – einen weiteren Straftatbestand der lex Cornelia, die Brandstiftung in verbrecherischer Absicht1836, die Ulpian (Coll. 12.5,1) ebenfalls diesem Gesetz zurechnet.1837 Das fünfte Kapitel behandelt die Herstellung und den Verkauf, aber auch den Erwerb und den Besitz sowie die Verabreichung von tödlichem Gift (Dig. 48.8,3 pr-1 Marcian). Auch in diesem Fall ist man also bemüht, diejenigen mit zur Rechenschaft zu ziehen, die den Mord ermöglichten.1838

1834

1835 1836

1837 1838

Kunkel, Kriminalverfahren 64–67; Cloud, ZRG 86, 1969, 260 ff. schließt sich dem an. Einzelne Stimmen dazu: Mommsen, StrafR 615: gegen Banditen; Kunkel, Kriminalverfahren 66: gegen gemeingefährliche Banditen; Cloud, ZRG 86, 1969, 259: „repression of gangsterism“; Robinson, Criminal law 41: „repressing brigands and keeping the peace“; Santalucia, Studi 119: „restaurazione dell’ordine  e della sicurezza pubblica“; Bringmann, Republik 276–277: der Gerichtshof, die quaestio de sicariis et veneficis, ahndet Landfriedensbruch; Lehmann, Strafgesetzgebung 24: „polizeiliche Norm zur Bekämpfung großstädtischen Verbrechertums“. Ferrary, Athenaeum 79, 1991, 423–424, und ders., in: Crawford, Roman Statutes 2.753 (s. oben Fn. 1832). Von Kunkel, Quaestio 741, als „vorsätzlich“ klassifiziert. – Zur Brandstiftung vgl. Lehmann, Strafgesetzgebung 28–29; Santalucia, Studi 122, hält diesen Tatbestand „mit großer Wahrscheinlichkeit“ für den Inhalt des 3. Kapitels. Zur Abfolge der verschiedenen Delikte vgl. Cloud, ZRG 86, 1969, 265–267. Ausführlich zum fünften Kapitel: Lehmann, Strafgesetzgebung 26–28. In der strafrecht­ lichen Erfassung von Vorbereitungshandlungen sieht Lehmann, a. a. O. 28, das möglicherweise „eigentliche Ziel der lex Cornelia“.

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Darüber hinaus werden als Teil der lex Cornelia Prozessdelikte überliefert, die wohl Thema eines weiteren, vielleicht des sechsten Kapitels1839 waren. Bestraft wird demnach die Tötung eines (unschuldigen) Menschen durch Rechtsbeugung. Dazu werden vier verschiedene Tatbestände1840 genannt: 1. Ein Magistrat oder ein iudex quaestionis hat jemanden veranlasst, eine falsche Aussage zu machen. 2. Jemand hat in einem Kapitalprozess falsches Zeugnis abgelegt. 3. Ein Magistrat oder ein iudex quaestionis hat Geld angenommen, damit jemand in einem Kapitalprozess angeklagt wird. 4. Ein Magistrat oder ein iudex quaestionis hat Absprachen getroffen, damit ein Unschuldiger zum Tode verurteilt wird. In allen Fällen wird betont, dass auch hier Böswilligkeit bzw. Vorsatz (dolus malus) vorliegen muss. Im Unterschied zu den früheren Kapiteln konnten die angeführten Vergehen jedoch nur von Magistraten oder Senatoren begangen werden, Personen anderer Stände waren von diesem Teil des Gesetzes nicht betroffen – so behauptet es jedenfalls Cicero (Cluent. 57,157). Nach Marcian (Dig. 48.8,1,1) dagegen erstreckte sich das Gesetz bei der Falschaussage (3.) allgemein auf jedermann. Lehmann1841 hält für möglich, dass Cicero mit seiner Auslegung „die herrschende Auffassung repräsentierte“ und dass die allgemeine Formulierung Marcians daher auf eine spätere Änderung zurückzuführen sei. Dieser Abschnitt der lex Cornelia war keine Neuschöpfung Sullas, sondern wurde nach den Worten Ciceros (Cluent. 55,151 u. 56,154) aus einem Gesetz des Volkstribunen C. ­Gracchus übernommen, der lex ne quis iudicio circumveniretur (Lex Nr. 34).1842 Weitere Tatbestände (Anstiftung zum Aufruhr, Unterschlagung bei Schiffbruch, Tötung nach Ehebruch, Abtreibung, Kastrierung1843, Liebestränke), wie sie aus Digesten 48, Kapitel 8 ersichtlich sind, gehören mit ziemlicher Sicherheit der späteren Fortentwicklung des Gesetzes in der Kaiserzeit an.1844 Denn es wird öfter auf Senatsbeschlüsse oder kaiserliche Anordnungen Bezug genommen, die in republikanischer Zeit keine Gesetzeskraft besessen hätten; außerdem ziehen die Juristen mehrfach eine Verbindung zur eigenen Gegenwart.

1839 1840 1841 1842

1843 1844

So der Vorschlag von Ferrary, Athenaeum 79, 1991, 426–432, und in: Crawford, Roman Statutes 2.749–753 (Nr. 50). Santalucia, Studi 123; Lehmann, Strafgesetzgebung 31–36. Lehmann, Strafgesetzgebung 35–36; vgl. Rotondi, Leges 358. Ferrary, Athenaeum 79, 1991, 434; Lehmann, Strafgesetzgebung 35. Kunkel, Quaestio 741, und Santalucia, Studi 198 A.149, nennen dagegen ­Gracchus’ lex de capite civis, vgl. dazu bei Lex Nr. 34. Mit Ausnahme der Beschneidung nach jüdischem Ritual (48.8,11 pr.). Kunkel, Quaestio 741, nennt außerdem noch „Bestimmungen über Prämien für die Ermittlung eines nach einem Mord entflohenen Sklaven des Ermordeten“ sowie über das Verfahren gegen einen durch Testament des Ermordeten freigelassenen Sklaven (Dig. 29.5,25 pr-1); doch das könnte auch später hinzugefügt worden sein, vgl. Robinson, Criminal law 44–45.

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Auch der Abschnitt in den Digesten (48.8,3,5) über die Strafe, die aus der lex Cornelia folgt, gibt mit der lebenslänglichen Verbannung auf eine Insel anscheinend erst die Situation der Kaiserzeit wieder. Ob die zu dieser Strafe gehörende Konfiszierung des gesamten Vermögens auf ein früheres Stadium des Gesetzes zurückgeht, ist nicht auszumachen. Ulpian (Coll. 1.1,3) überliefert nur die Deportation, die lebenslängliche Verbannung, als Strafe der lex Cornelia. Eindeutig führt jedoch die lex Cornelia zu einem Kapitalverfahren1845, und darauf steht die Todesstrafe. In der Literatur findet man überwiegend die Ansicht, die interdictio aquae et ignis (Ächtung, Untersagung von Feuer und Wasser) sei die Strafe des Gesetzes gewesen.1846 Siber1847 legte jedoch überzeugend dar, dass die Verbannungsstrafe keinesfalls schon durch Sullas Geschworenengerichtshöfe eingeführt worden sei bzw. dass sie die Todesstrafe generell ersetzt haben könnte. Die Ächtung folgt vielmehr auf die Verurteilung zum Tode, damit der Delinquent nicht aus der Verbannung zurückkehren konnte – denn der Gang ins Exil, die freiwillige Selbstverbannung, stand bis zum Abschluss des Prozesses und auch einem Verurteilten immer noch offen.1848 Allerdings wies Kunkel1849 zu Recht darauf hin, dass das Exil „zum mindesten de facto mehr oder weniger ein Privileg“ für Angehörige der oberen Stände war, dieser Ausweg hingegen sicher nicht für gemeine Verbrecher galt.1850 Lit.: Ancient Roman Statutes, Doc. 66, p.65; Bauman, ANRW 2,13.120–123; Bauman, Lawyers 236–237; Bauman, Crime 24, 26–28, 39; Bleicken, Lex 227 A.109, 424; Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 419–420; Bringmann, Republik 276–277; Bringmann, Krise 68; Bruns, Nr. 13, FIR 1.92; Brunt, Fall 217–218, 220; Christ, Krise 218–219; Christ, Sulla 130; Cloud, CR 1968, 140–143; Cloud, ZRG 86, 1969, 258–286; Cloud, CAH2 9.522–523; Crawford, Roman Statutes 2.749–753 (Nr. 50); Cuq, DS 3,2.1140–1141; De Martino, Costituzione 3.105–106; Ewins, JRS 50, 1960, 94–96; Fabre, Libertus 218, 223 A. 61; Fascione, AG 189, 1975, 43–46; Ferrary, Athenaeum 79, 1991, 417–434; Ferrary, Chapitres 158, 165–166; Ferrini, Diritto penale 378–388; Fraccaro, Opuscula 2.271; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561–1562; Fündling, Sulla 127; Grasmück, Exilium 104 A.275; Gruen, Roman Politics 261–262; Gruen, Generation 225; Hantos, Res publica 65; Harries, Law and crime 17, 25, 27, 35, 1845

Cic. Cluent. 54,148; Coll. 1.1,3 (Ulp.). Rein, Criminalrecht 413; Cuq, DS 3,2.1141; Bauman, Crime 26–28; Keaveney, Sulla 147; Robinson, Criminal law 46. Nach Rotondi, Leges 358, u. Strachan-Davidson, Criminal Law 2.23–24, war die interdictio die Form der Todesstrafe in den Gesetzen Sullas.– Inst. 4.18,2 bietet die Todesstrafe und die Untersagung von Feuer und Wasser als Alternative im Kapitalprozess. 1847 Siber, Analogie 62, 64–65, im Anschluss an Levy, Kapitalstrafe 18–21; ebenso Kunkel, Quaestio 766–767; ähnlich Jones, Criminal courts 73–74. 1848 Vgl. bei der lex Cornelia de falsis (Lex Nr. 146) und der lex Cornelia de maiestate (Lex Nr. 150). 1849 Kunkel, Kriminalverfahren 67 A.253. 1850 Vgl. Harries, Law and crime 60. 1846

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46, 60, 67, 107, 111, 118–119; Heftner, Gracchen 216; Jones, Criminal courts 51, 55–56, 73–74, 81–82; Keaveney, Sulla 146–147; Kelly, Litigation 35; Kunkel, Kriminalverfahren 38–39, 51, 54–55, 64–70; Kunkel, Quaestio 741–742; Kunkel, ZRG 84, 1967, 241–242; Lange, Alterthümer 2.665, 3.165; Last, CAH 9.307; Ch. Lécrivain, Provocatio, DS 4,1.732; Lehmann, Strafgesetzgebung 14, 18–36; Lengle, Strafrecht 27, 31, 43; Letzner, Sulla 283–284; Levick, Historia 28, 1979, 363–364, 372 m. A.76; Levy, Kapitalstrafe 14–21, 29–30, 36–40; Lintott, Violence 119–120, 125; Lintott, Hermes 106, 1978, 125–128; Lintott, Judicial reform 131; Mackay, Breakdown 192; Manfredini, Sodalitas 5.2210–2213; Marshall, Asconius 178, 208; Mommsen, StR 2,1.586–590; Mommsen, StrafR 258, 615, 625–636, 646–650; Pugliese, ANRW 2,14.761, 768–769; Rein, Criminalrecht 407–414, 767–768; Robinson, Criminal law 3, 18, 19, 41–44, 46–48, 52; Rotondi, Leges 357–358; Santalucia, Diritto 72, 97, 120; Santalucia, Studi 118–128, 198 m. A.149; Schulz, Prinzipien 33; Scullard, Gracchi to Nero 83; Siber, Analogie 62, 64; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.142–152; Williamson, Laws 336, 361; Wittmann, Sulla 579; de Zulueta, CAH 9.879–880; Zumpt, Criminalrecht 2,1.79–80, 2,2.9–38.

148 Lex Cornelia de iniuriis 673/81

Paul. Sent. 5.4 De iniuriis Über die Verletzungen der Person 4,1: Iniuriam patimur aut in corpus aut extra corpus: in corpus verberibus et illatione stupri, extra corpus conviciis et famosis libellis, … Ein Unrecht erleiden wir entweder gegen den Körper gerichtet oder ohne Beziehung auf den Körper: gegen den Körper gerichtet durch Schläge und Vergewaltigung, ohne Beziehung auf den Körper durch Schmähworte und verleumderische Schriften, … 4,6: Iniuriarum actio aut lege aut more aut mixto iure introducta est. Lege duodecim tabularum de famosis carminibus, membris ruptis et ossibus fractis. Die Injurienklage wurde entweder durch Gesetz oder durch Herkommen oder im vermischten Recht eingeführt. Durch das Zwölftafelgesetz über die Spott- und Schmähgedichte, über Gliedmaßenverletzungen und Knochenbrüche. 4,8: Mixto iure actio iniuriarum ex lege Cornelia constituitur, quotiens quis pulsatur, vel cuius domus introitur ab his, qui vulgo directarii appellantur. Nach vermischtem Recht wird die Injurienklage auf Grund der lex Cornelia jedesmal erhoben, wenn jemand geschlagen wird oder in jemandes Haus eingedrungen wird von denen, die gemeinhin Wohnungseinbrecher1851 genannt werden. 4,9: Iniuriarum civiliter damnatus eiusque aestimationem inferre iussus famosus efficitur. Einer, der in einem Zivilprozess wegen Injurien (Verletzungen der 1851

Zu dieser Bezeichnung vgl. Mommsen, StrafR 793.

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Lex Nr. 148

Person) verurteilt wurde und dafür eine Geldbuße zu zahlen hatte, wird zu einem Verrufenen.1852 Dig. 47.10 De iniuriis et famosis libellis Von Verletzungen der Person und Schmähschriften 10,1 (Ulpianus) pr: Iniuria ex eo dicta est, quod non iure fiat. omne enim, quod non iure fit, iniuria fieri dicitur. hoc generaliter. specialiter autem iniuria dicitur contumelia. interdum iniuriae appellatione damnum culpa datum significatur, ut in lege Aquilia dicere solemus. Interdum iniquitatem iniuriam dicimus, nam cum quis inique vel iniuste sententiam dixit, iniuriam ex eo dictam, quod iure et iustitia caret, quasi non iuriam, contumeliam autem  a contemnendo. ‚Iniuria‘ sagt man deshalb, weil es nicht rechtmäßig geschieht. Insbesondere bezeichnet man mit ‚iniuria‘ die contumelia, die ehrverletzende Kränkung der Person, bisweilen wird mit dem Begriff ein schuldhaft zugefügter Schaden bezeichnet, wie wir in der lex Aquilia1853 zu sagen pflegen. Bisweilen nennen wir die Unbilligkeit „iniuria“, denn wenn jemand unbillig oder ungerecht ein Urteil fällt, sprechen wir deshalb von einer „iniuria“ – sozusagen einer „Nicht-Jurie“ –, weil Recht und Gerechtigkeit fehlen; contumelia aber, die ehrverletzende Kränkung der Person, kommt von contemnere, sich verächtlich äußern. 10,5 (Ulpianus) pr: Lex Cornelia de iniuriis competit ei, qui iniuriarum agere volet ob eam rem, quod se pulsatum verberatumve domumve suam vi introitam esse dicat. qua lege cavetur, ut non iudicet, qui ei qui agit gener socer, vitricus privignus, sobrinusve est propiusve eorum quemquem ea cognatione adfinitateve attinget, quive eorum eius parentisve cuius eorum patronus erit. lex itaque Cornelia ex tribus causis dedit actionem: quod quis pulsatus verberatusve domusve eius vi introita sit. apparet igitur omnem iniuriam, quae manu fiat, lege Cornelia contineri. Die lex Cornelia über die Verletzungen der Person1854 trifft auf den zu, der eine Injurienklage deshalb anstrengen will, weil er – wie er vorbringt – geschlagen oder verprügelt worden oder man in sein Haus gewaltsam eingedrungen sei. Durch dieses Gesetz wird angeordnet, dass nicht Richter sein soll, wer des Klägers Schwiegersohn, Schwiegervater, Stiefvater, Stiefsohn oder Vetter ist oder einem von ihnen durch diese Verwandtschaft oder Verschwägerung nähersteht, oder wer von ihnen oder von einem Elternteil dieser Personen der Patron ist. Daher ermöglicht die lex Cornelia aus drei Gründen eine Klage, weil jemand geschlagen oder verprügelt worden oder man in sein Haus gewaltsam eingedrungen ist. Es scheint also, dass famosus steht sonst die Bezeichnung infamis; vgl. Fn. 1855. – 5.4,14 und 15 enthalten weitere Einzelfälle, die unter iniuria fallen. Sie können aber nicht sicher Sullas Gesetz zugeordnet werden, denn die jeweils genannten Strafen gehören erst der Kaiserzeit an. Dasselbe gilt für die in 4,8 genannten directarii, die wegen der vorgesehenen Strafen (Exil, Bergwerksarbeit, öffentliche Strafarbeit) vermutlich einen Zusatz zum sullanischen Gesetz darstellen. 1853 Lex Aquilia de damno (Elster, Gesetze 127–132, Lex Nr. 57). 1854 Wörtliche Übersetzung, im Folgenden: Injurie. 1852 Statt

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jede Injurie, die durch eine Handgreiflichkeit geschieht, von der lex Cornelia erfasst wird. 10,5,1: Inter pulsationem et verberationem hoc interest, ut Ofilius scribit: verberare est cum dolore caedere, pulsare sine dolore. Zwischen Schlagen und Verprügeln besteht der folgende Unterschied, wie Ofilius schreibt: Verprügeln heißt jemanden schmerzhaft verletzen, Schlagen hingegen ohne Schmerzen. 10,5,6: Illud quaeritur, an pater filio familias iniuriam passo ex lege Cornelia iniuriarum agere possit: et placuit non posse deque ea re inter omnes constat. sed patri quidem praetoria iniuriarum actio competit, filio vero legis Corneliae. Jene Frage stellt sich, ob der Vater, hat der Haussohn eine Injurie erlitten, nach der lex Cornelia über Injurien Klage erheben könne. Und man hat entschieden, dass er es nicht könne, und darüber besteht unter Allen Übereinstimmung. Aber dem Vater steht allerdings die praetorische Injurienklage zu, dem Sohn hingegen die gemäß der lex Cornelia. 10,5,8: Hac lege permittitur actori ius iurandum deferre, ut reus iuret iniuriam se non fecisse. Durch dieses Gesetz wird dem Kläger gestattet, einen Eid zuzuschieben, so dass der Beklagte zu schwören hat, er habe die Injurie nicht begangen. 10,37,1 (Marcianus): Etiam ex lege Cornelia iniuriarum actio civiliter moveri potest condemnatione aestimatione iudicis facienda. Es kann auch nach der lex Cornelia die Injurienklage privatrechtlich erhoben werden, wobei die Verurteilung nach Ermessen des Richters vorzunehmen ist. Dig. 48.1,7 (Macer): Infamem non ex omni crimine sententia facit, sed ex eo, quod iudicii publici causam habuit. itaque ex eo crimine, quod iudicii publici non fuit, damnatum infamia non sequetur, nisi id crimen ex ea actione fuit, quae etiam in privato iudicio infamiam condemnato importat, veluti furti, vi bonorum raptorum, iniuriarum. Nicht bei jedem Verbrechen macht das Gerichtsurteil einen zu einem (bürgerrechtslosen) Verrufenen1855, sondern nur bei einem, das Gegenstand eines öffentlichen Strafverfahrens war. Daher folgt aus einem Verbrechen, das nicht in einem öffentlichen Strafverfahren verhandelt wurde, für den Verurteilten keine Infamie, wenn das Verbrechen nicht aus einer Klage stammte, die auch in einem Zivilprozess für den Verurteilten Infamie mit sich bringt, wie bei der Klage wegen Diebstahls, wegen Raubes, wegen Injurien. Dig. 48.2,12,4 (Venuleius Saturninus): Omnibus autem legibus servi rei fiunt excepta lege Iulia de vi privata. idemque dicendum est in ceteris legibus, quibus pecuniaria poena irrogatur vel etiam capitis, quae servorum poenis non convenit, sicuti relegatio … item (lege) Cornelia iniuriarum servum non debere recipi reum Cornelius Sulla auctor fuit: sed durior rei poena extra ordinem imminebit. Auf Grund aller 1855

Infamia bezeichnet den Verlust der bürgerlichen Rechte, etwa des ius suffragii (Wahlrecht); vor Gericht durfte ein infamis nur die eigene Sache vertreten, als Zeuge konnte er nicht fungieren. – Vgl. Pfaff, Infamia, RE 9,2 (1916) 1539; Kaser, ZRG 73, 1956, 259–260; Harries, Law and crime 26.

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(Straf-)Gesetze aber können Sklaven angeklagt werden, außer nach der lex Iulia über zivile Gewalttätigkeit1856. Und dasselbe lässt sich sagen im Falle der anderen Gesetze, durch die eine Geldstrafe verhängt wird oder auch die Todesstrafe, die zu den Sklavenstrafen nicht passt, sowie die Verbannung. … Ebenso veranlasste Cornelius Sulla, dass auf Grund der lex Cornelia über Injurien ein Sklave nicht in den Angeklagestand versetzt werden dürfe; vielmehr wird ihm eine außerordentliche1857 härtere Strafe angedroht. Dig. 48.5,23(22),2 (Papinianus): Ius occidendi patri conceditur domi suae, licet ibi filia non habitat, vel in domo generi: sed domus et pro domicilio accipienda est, ut in lege Cornelia de iniuriis. Das Recht zur Tötung wird dem Vater nur in seinem Hause eingeräumt, mag auch die Tochter dort nicht wohnen, oder im Haus des Schwiegersohns. Aber unter ‚Haus‘ ist auch die Wohnung zu verstehen, wie in der lex Cornelia über Injurien. Inst. 4.4,8: Sed et lex Cornelia de iniuriis loquitur et iniuriarum actionem introduxit. quae competit ob eam rem, quod se pulsatum quis verberatumve domumve suam vi introitum esse dicat. domum autem accipimus, sive in propria domo quis habitat sive in conducta vel gratis sive hospitio receptus sit. Aber auch die lex Cornelia spricht von Verletzungen der Person und führte die Injurienklage ein. Diese Klage trifft dann zu, wenn jemand vorbringt, er sei geschlagen oder verprügelt worden oder man sei gewaltsam in sein Haus eingedrungen. Unter ‚Haus‘ aber verstehen wir, wenn jemand entweder in seinem eigenen Haus wohnt oder in einem gemieteten oder unentgeltlich überlassenen Haus oder wenn er als Gast aufgenommen wurde. Nach Aussage der juristischen Quellen existierte eine sullanische lex Cornelia de iniuriis, ein Gesetz also, das dem Namen nach sowohl für die physischen Verletzungen einer Person als auch für Ehrverletzungen im weiteren Sinne zuständig ist. Diese Unrechtstaten wurden bis dahin nur im Privatrecht verfolgt: Es gab eine actio iniuriarum vor dem Praetor, bei der eine Geldstrafe verhängt wurde.1858 Neben diesem weiter bestehenden Verfahren schuf das sullanische Gesetz ein zusätzliches Rechtsmittel für drei spezifizierte Tatbestände, die allesamt aus dem Bereich der physischen Gewalt stammen. Nach Ulpian (47.10,5 pr) kann klagen, wer gestossen (pulsare) oder verprügelt (verberare) wurde oder in wessen Lex Iulia de vi privata (Rotondi, Leges 450–451). – Ein Vergehen nach diesem Gesetz wird mit einer Geldstrafe geahndet, die einem Sklaven nicht auferlegt werden konnte. 1857 Möglicherweise sind die Worte extra ordinem ein Hinweis darauf, dass diese Strafe erst im Rahmen des neuen Strafprozesses, der cognitio extra ordinem, verhängt wurde. Die Prozessform entstand im 1.Jh. n. Chr. und verdrängte allmählich die quaestiones perpetuae. 1858 Zur Entwicklung von iniuria seit den XII Tafeln vgl. Mommsen, StrafR 784–808; Pugliese, Iniuria 1–115; Kaser, Privatrecht 1.623–625; Plescia, Labeo 23, 1977, 271–289; Hagemann, Iniuria 1–113. 1856

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Haus man gewaltsam eingedrungen ist.1859 In moderne Terminologie übertragen bedeutet das körperliche Misshandlung von einer schmerzloseren Form bis hin zur schmerzvollen schweren Verletzung1860 bzw. Hausfriedensbruch. Das daraus folgende Verfahren bezeichnet Kunkel1861 als „kriminelles Injurienverfahren“, das vor einer quaestio stattfand. Ein deutlicher Hinweis auf diesen Gerichtshof ist einer von Ulpian (47.10,5 pr) angeführten Liste zu entnehmen, wonach Angehörige und Verschwägerte des Klägers vom Geschworenenamt ausgeschlossen sind. Trotz dieses Hinweises auf eine quaestio ist das Vorhandensein eines eigenen Gerichtshofs de iniuriis nicht überliefert; es hat demnach offenbar keine quaestio perpetua für Injurien gegeben,1862 sondern entweder eine vom Praetor ad hoc zusammengestellte Geschworenenbank1863 oder eine Prozessführung vor einem anderen ständigen Gerichtshof, vielleicht vor der quaestio de sicariis.1864 Weil inhaltlich eine gewisse Nähe zum ersten Kapitel der lex Cornelia de sicariis besteht, wird sogar in Betracht gezogen, dass die als lex Cornelia de iniuriis bezeichnete Norm bloß ein Teil dieses anderen sullanischen Gesetzes gewesen sei.1865 Die Aussage der Paulus-Sentenzen über das vermischte Recht (mixto iure), dem die Zum Umfang des Tatbestands nach den Verben pulsare und verberare vgl. v.Lübtow, Labeo 15, 1969, 157–158. So auch Levy, ZRG 50, 1930, 287. – Weiterhin wird öfter der Tatbestand der Verleumdung zur lex Cornelia gezogen. Er existiert jedoch bereits seit den Zwölftafeln, und im Digestenabschnitt über iniuria wird bei Verleumdung ebenfalls auf den Praetor Bezug genommen, also auf die Privatklage; vgl. Mommsen, StrafR 794–795; Lindsay, CPh 44, 1949, 241 m. A.19. 1860 Diese Definition nach Ofilius, Dig. 47.10,5,1. 1861 Quaestio 724. 1862 So Lange, Alterthümer 2.665, 3.166; Kunkel, Quaestio 743; Santalucia, Diritto 73 (anders: Studi 198); Cloud, CAH2 9.525; Harries, Law and crime 50; Keaveney, Sulla 147 (quaestio extraordinaria). – Die in der Literatur häufig ausgesprochene Behauptung (z. B. von Hitzig, Injuria 72; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Botsford, Roman Assemblies 420; Cuq, DS 3,1.523–524; Lengle, Hermes 66, 1931, 304; Gruen, Roman Politics 263; Schulz, Roman Law 598; Plescia, Labeo 23, 1977, 280; Santalucia, Studi 198; Christ, Krise 218–219; Bringmann, Republik 276; Mackay, Breakdown 192–193; Blösel, Röm. Republik 204) ist unbegründet. 1863 Kunkel, Quaestio 743. 1864 Kunkel, Quaestio 743; auch Cloud, CAH 2 9.525, erwägt diese Möglichkeit neben einer zweiten, nämlich dass die „upper-class“-Literatur unserer Überlieferung ein solch „proletarisches Verbrechen“ nicht erwähnenswert fand (a. a. O., 526) – was mit Blick etwa auf die lex Cornelia de sicariis nicht überzeugt. 1865 Zumpt, Criminalrecht 2.2,50–52; Kunkel, Quaestio 743. Dagegen: Lengle, Sullanische Verfassung 44.  – Andererseits vermutet Baltrusch, Regimen morum 93 A.368, dass die sullanische Lex über Ehebruch (Lex Nr. 149) ein Kapitel der lex Cornelia de iniuriis gewesen sein könne (nach Dig. 48.5,23,2); Lange, Alterthümer 2.665 u. 3.166, hält das für zweifelhaft bzw. möchte die beiden Gesetze voneinander unterschieden wissen. Außerdem geht es im Digestentext lediglich um eine gleichlautende Begriffsbestimmung aus der lex Cornelia de iniuriis: in beiden Fällen steht domus (Haus) für domicilium (Wohnsitz / ​Wohnung). 1859

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Injurienklage nach der lex Cornelia zugerechnet wird, deutet jedoch eher auf ein eigenständiges Gesetz de iniuriis, das gleichwohl einige Besonderheiten aufweist; denn für das Verfahren nach der lex Cornelia ergibt sich aus dem mixto iure eine Art Zwitterstellung1866 mit Elementen aus dem Privat- sowie aus dem Strafrecht. So wird das Verfahren de iniuriis auch meist nicht als iudicium publicum, als öffentliches Strafverfahren, aufgefasst.1867 Dafür wird sowohl ein sichtbares Kriterium – bei den von Pomponius (Dig. 1.2,32)1868 und in den Institutionen (4.18) angeführten iudicia publica werden die Injurien nicht genannt – als auch ein inhaltliches Kriterium geltend gemacht, nämlich das eingeschränkte Klagerecht bei Injurien. Denn bei den öffentlichen Strafverfahren steht das Recht zur Klage jedermann offen (Popularanklage), bei Injurien jedoch nur dem Geschädigten oder Verletzten. Eine Ausnahme besteht lediglich für den filius familias: Er darf selbst klagen, aber in der privatrechtlichen actio iniuriarum kann nur sein Vater oder ein bestellter Vertreter für ihn klagen (Dig. 47.10,5,6). Andererseits wird die Klage nach der lex Cornelia in der äußeren Form eines Strafverfahrens vor einer quaestio verhandelt.1869 In dieser Durchführung der Klage vor einem öffentlichen Gerichtshof sieht Völkl1870 die eigentliche Ursache für Sullas Neuerung. Denn die im Gesetz angeführten Tatbestände weisen über die privatrechtlich verfolgten Injurien hinaus; Ermann1871 nennt sie „Erscheinungsformen der politisch motivierten Gewalt“. Und Wittmann1872 zieht den Schluss, dass die lex Cornelia „zumindest auch der Bekämpfung politisch motivierter Gewaltverbrechen“ diente.1873 Auf Grund der aktuellen, politisch unsicheren Situation sah man das Quaestionenverfahren als geeignetes Rechtsmittel dafür, dass der Beklagte tatsächlich vor Gericht gestellt wurde. Denn hier musste der Kläger, der Verletzte, der sich nach Einschätzung Völkls „häufig in einer niedrigeren und schwächeren Position“ befand als sein Gegenüber, der „Verletzer“, Kunkel, Quaestio 724: „hybride Bildung“. – Nach v. Lübtow, Labeo 15, 1969, 161 ist more die Weiterbildung des Zwölftafelrechts durch das Herkommen, d. h. die prätorische Rechtsordnung, und mixto iure deutet er als Mischung zwischen mos, dem prätorischen Edikt, und der lex Cornelia. 1867 Kunkel, Kriminalverfahren 63–64, u. ders., Quaestio 742. – Dagegen Rein, Criminalrecht 372. 1868 Allerdings nennt Pomponius nur Beispiele – ohne Anspruch auf Vollständigkeit –, wie man an der Wortwahl (veluti) ablesen kann. 1869 Völkl, Sodalitas 2.573–574. 1870 Völkl, Sodalitas 2.600–608; eine ähnliche Meinung vertritt Galeotti, SDHI 83, 2017, 264–265. 1871 Ermann, Strafprozeß 81. 1872 Wittmann, Sulla 579.  – Völkl, Sodalitas 2.604, formuliert: „Das hängt  … zusammen  … mit den Zielsetzungen der lex Cornelia de i., die zweifellos mittelbar auch die Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit bezweckte.“ 1873 Nicht einleuchtend die lediglich aufs Private bezogene Darstellung von Lehmann, Strafgesetzgebung 72–76. 1866

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sein Recht nicht allein verfolgen; er erhielt Unterstützung in den einzelnen Stufen des Prozesses. So war mit der öffentlichen Ladung des Beklagten, der Befragung von Zeugen durch den Gerichtsvorsitzenden und schließlich auch der Exekution der Strafe sichergestellt, dass sowohl dem verletzten Kläger Genugtuung geleistet als auch das öffentliche Interesse gewahrt wurde. Welche Strafe durch die lex Cornelia ausgesprochen wurde, ist nicht eindeutig zu klären; denn ein direktes Quellenzeugnis liegt nicht vor. Umso mehr werden verschiedene Möglichkeiten erwogen: Capitalstrafe1874, interdictio aquae et ignis1875 (wie in anderen Strafverfahren), Infamie, verbunden mit einer Geldstrafe,1876 Intestatibilität1877. Analog zum Privatverfahren wird am häufigsten eine Geldstrafe1878 angenommen, wobei einige eine fixe Geldsumme1879 annehmen, andere einen der Verletzung angemessenen, für den Einzelfall ermittelten Betrag.1880 Außerdem wird die Meinung vertreten, dass die Strafe nur zum Teil an den Kläger gefallen sei, das Übrige habe die Staatskasse erhalten.1881 Überzeugend und wohlbegründet erscheint daher die Ansicht Völkls1882, dass die lex Cornelia gar keine eigene Strafdrohung enthalten habe, sondern auf die mores1883 verwies. Demzufolge greift man auf eine schon bestehende Strafe aus der Injurienklage vor dem Praetor zurück. Es wird eine auf Schätzung beruhende Geldbuße verhängt, die dem Kläger selbst zufiel. Lit.: Baltrusch, Regimen morum 93 A.368; Bauman, Crime 118, 169 A.12; Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 419–420; Bringmann, Republik 27; Bringmann, Krise 67; Christ, Krise 218–219; Christ, Sulla 130; Cloud, CAH2 9.525–526; Cuq, DS 3,1.520, 523–524; Cuq, DS 3,2.1139; Ermann, Strafprozeß 77–84; Galeotti, 1874

Zumpt, Criminalrecht 2.2,49: Diese Strafe kann nicht die einzige gewesen sein, sie erscheint im Allgemeinen zu hoch, eher Geldstrafe, über deren Höhe im Prozess entschieden wird. – Als Möglichkeit sehen auch Cloud, CAH 2 9.526, und Ermann, Strafprozeß 83, diese Strafe. 1875 Rein, Criminalrecht 373. 1876 Abgeleitet aus Inst. 4.18,2. – So auch Rein, Criminalrecht 378; Mommsen, StrafR 805. 1877 v. Lübtow, Labeo 15, 1969, 158–160. – Mommsen, StrafR 800–801, führt die Intestabilität wohl zu Recht auf ein Zwölftafelgesetz zurück; vgl. Völkl, Sodalitas 2.603 A.149, u. Galeotti, SDHI 83, 2017, 263. Für Voigt, Rechtsgeschichte 1.707, und Hitzig, Injuria 76, ist die Intestabilität eine „Zusatzstrafe“, für Steinwenter, Iniuria, RE 9,2 (1916) 1556, ist sie „Straffolge“. 1878 Cuq, DS 3,1.524; Rotondi, Leges 359; de Zulueta, CAH 9.879; Schulz, Roman Law 598. 1879 Mommsen, StrafR 804; Hitzig, Injuria 76, und – ihm folgend – Steinwenter, Iniuria, RE 9,2 (1916) 1556. – Dagegen Völkl, Sodalitas 2.603 A.150. 1880 Zumpt, Criminalrecht 2.2,50; Pugliese, Iniuria 141; Plescia, Labeo 23, 1977, 280. – Vgl. die zutreffende Bewertung von Galeotti, SDHI 83, 2017, 263. 1881 Kunkel, Quaestio, 742, erwägt eine „öffentliche Geldstrafe (multa)“; auch nach Hitzig, Injuria 77, wird eine „öffentliche Strafe“ verhängt, der gesamte Strafbetrag fiel damit an den Staat. – Vgl. Ermann, Strafprozeß 79–80 m. A.239. 1882 Völkl, Sodalitas 2.601–603. 1883 Nach Paul. Sent. 5.4,6–8.

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SDHI 83, 2017, 241–269; Grasmück, Exilium 104 A.275; Gruen, Roman Politics 263; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Hagemann, Iniuria 62–68; Harries, Law and crime 17, 26, 49–50, 79, 107, 111; Heftner, Gracchen 216 m. A.20 (S.275); Hitzig, Injuria 72–79; Jones, Criminal courts 47, 56; Kaser, Privatrecht 1.351, 609 A.4, 623 m. A.7; Keaveney, Sulla 147 m. A.29; Kunkel, Kriminalverfahren 51, 63–64; Kunkel, Quaestio 724, 742–743; Lange, Alterthümer 2.665, 3.166; Last, CAH 9.307; Lehmann, Strafgesetzgebung 14, 65–96; Lengle, Sullanische Verfassung 43–44; Lengle, Hermes 66, 1931, 304; Lengle, Strafrecht 28–29, 31–32; Letzner, Sulla 285; Levy, ZRG 50, 1930, 287; Lindsay, CPh 44, 1949, 241, A.19; Lintott, Violence 125; v. Lübtow, Labeo 15, 1969, 154–167; Mackay, Breakdown 192–193; Manfredini, Contributi 217–252; Mommsen, StrafR 785, 791, 793, 802–806; Plescia, Labeo 23, 1977, 280; Pugliese, ANRW 2,14.724 A.3; Pugliese, Iniuria 117–156; Pugliese, Jura 29, 1978, 205–206; Rein, Criminalrecht 370–374, 378; Robinson, Criminal law 3, 41, 49–51; Rogers, TAPhA 82, 1951, 197; Rotondi, Leges 359; Santalucia, Diritto 73; Santalucia, Studi 198; Schulz, Roman Law 596, 598; Scullard, Gracchi to Nero 83; Steinwenter, Iniuria, RE 9,2 (1916), 1556; Strachan-Davidson, Criminal Law 1.218–221; Völkl, Sodalitas 2.561–608; Voigt, Rechtsgeschichte 1.705–707; Williamson, Laws 361; Wittmann, ZRG 91, 1974, 357; Wittmann, Sulla 579; de Zulueta, CAH 9.879; Zumpt, Criminalrecht 2.2,39–52.

149 *Lex Cornelia de adulteriis et de pudicitia 673/81

Plut. Comp. Lys. et Sull. 3,2: ἀλλὰ περὶ γάμων καὶ σωφροσύνης εἰσηγεῖτο νόμους τοῖς πολίταις αὐτὸς ἐρῶν καὶ μοιχεύων, ὥς φησι Σαλούστιος. Aber Gesetze für die Bürger über Ehe und Sittsamkeit führte er ein, während er selbst seinem Liebesverlangen nachgab und Ehebruch trieb, wie Sallust sagt. Ein direktes Zeugnis für ein sullanisches Gesetz über Ehebruch und Sittsamkeit liegt nicht vor. Aus einem negativen Urteil Sallusts über Sullas Lebenswandel, das Plutarch übernimmt, wird öfter herausgelesen, dass es von Sulla auch eine gesetzliche Bestimmung über dieses Thema gegeben habe. Lange1884 denkt dabei an ein eigenes Gesetz, Baltrusch1885 hält für möglich, dass diese Bestimmung ein Kapitel der lex Cornelia de iniuriis (Lex Nr. 148) gewesen sei; Santalucia1886 ordnet 1884

Alterthümer 2.665 und 3.166; ebenso Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1562, und Bringmann, Republik 277. 1885 Regimen morum 93 A.368. 1886 Diritto 73; in: Studi 199 m. A.153 lehnt er die Existenz eines solchen Gesetzes eher ab, zitiert aber die Literatur nicht ganz korrekt, denn sowohl Lange als auch Rotondi halten ein Gesetz für möglich. – Auch Cuq, DS 3,2.1141, möchte die Bestimmungen über adulterium und stuprum der lex Cornelia sumptuaria zuweisen.

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sie – falls überhaupt existent – der lex sumptuaria (Lex Nr. 144) zu. Lengle1887 nimmt sogar für adulterium einen eigenen Geschworenengerichtshof an, der durch ein entsprechendes Gesetz eingerichtet wurde. Als einziger möglicher Anhaltspunkt für ein Gesetz findet sich in dem Buch De adulteris1888 des Rechtsgelehrten Paulus der Hinweis, dass Augustus’ einschlägige lex Iulia aus dem Jahr 18 in ihrem ersten Kapitel mehrere frühere Gesetze für ungültig erklärt. Doch es ist reine Spekulation, unter diesen „früheren“ Gesetzen auch eine lex Cornelia erblicken zu wollen.1889 Lit.: Baltrusch, Regimen morum 93 A.368; Bringmann, Republik 277; Christ, Sulla 130; Cuq, DS 3,2.1141; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1562; Fündling, Sulla 135–136; Gruen, Roman Politics 264; Kunkel, Quaestio 745; Lange, Alterthümer 2.665, 3.166; Lengle, Strafrecht 29; Letzner, Sulla 289; Rotondi, Leges 359–360; Santalucia, Diritto 73; Santalucia, Studi 199 m. A.153; Egon Weiss1890, Leges Corneliae 2), RE Suppl. 5 (1931) 576–577.

150 Lex Cornelia de maiestate 673/81

Cic. Pis. 21,50: Mitto exire de provincia, educere exercitum, bellum sua sponte gerere, in regnum iniussu populi Romani aut senatus accedere, quae cum plurimae leges veteres1891, tum lex Cornelia maiestatis, Iulia de pecuniis repetundis1892 planissime vetat. Ich übergehe das Verlassen der Provinz, das Herausführen eines Heeres, die eigenmächtige Kriegführung, den Einfall in ein Königreich ohne Entscheid des römischen Volkes oder des Senats – all das, was schon sehr viele alte Gesetze, aber besonders die lex Cornelia über Verbrechen gegen die maiestas und die lex Iulia über die Rückforderung erpresster Gelder ausdrücklich und eindeutig verbieten.

1887

Lengle, Strafrecht 29; ebenso Weiss, s. u. Coll. 4.2,2: Et quidem primum caput legis [Iuliae de adulteris] prioribus legibus pluribus obrogat. Und jedenfalls hebt das erste Kapitel der lex Iulia de adulteriis mehrere frühere Gesetze (teilweise) auf. 1889 Gegen ein solches Gesetz auch Kunkel, Quaestio 745. 1890 Weiss nimmt an, es habe ein Gesetz gegen stuprum gegeben bzw. es sei eine quaestio für diesen Vorwurf eingerichtet worden. Für die Einrichtung einer quaestio bezieht er sich zu Unrecht auf Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561, der sieben andere quaestiones aufzählt. 1891 Dazu zählen meiner Ansicht nach die lex Porcia (Lex Nr. 46) und die lex de provinciis praetoriis (Lex Nr. 86); so auch Schulz, Herrschaft 50 A.45, und Bringmann, Republik 277. 1892 Aus dem Jahr 59 (Rotondi, Leges 389–391). 1888

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Cic. Cluent. 35,97: At enim etiam Bulbus est condemnatus. Adde ‚maiestatis‘, ut intellegas hoc iudicium cum illo non esse coniunctum. At est hoc illi crimen obiectum. Fateor, sed etiam legionem esse ab eo sollicitatam in Illyrico C. Cosconi litteris et multorum testimoniis planum factum est, quod crimen erat proprium illius quaestio­nis et quae res lege maiestatis tenebatur. Doch freilich, sogar ein Bulbus wurde verurteilt. Man füge hinzu „wegen Majestätsverbrechen“, damit man erkennt, dass dieses Gerichtsverfahren mit jenem nicht zusammenhängt. Doch ist ihm genau dieses Verbrechen vorgeworfen worden. Ich gebe es zu, aber es wurde auch durch einen Brief des C. Cosconius und durch zahlreiche Zeugenaussagen klargemacht, dass in Illyrien eine Legion aufgewiegelt worden war. Dieses Vergehen gehörte genau vor jenen Gerichtshof, und dieser Sachverhalt wurde von der lex maiestatis erfasst. Cic. fam. 3.11,2: (Ap. Pulcher wurde im Majestätsprozess freigesprochen) ‚De ambitu vero quid interest‘, inquies, ‚an de maiestate?‘ ad rem nihil; alterum non attigisti, alteram auxisti. verum tamen est maiestas, et sic Sulla voluit, ut in quemvis impune declamari liceret. Was aber ist denn für ein Unterschied, wirst du fragen, ob wegen Bestechung oder wegen Majestätsverbrechen? – Dem Wesen der Sache nach keiner. Mit dem einen (der Bestechung) hattest du nichts zu tun, die andere aber (die maiestas) hast du vermehrt. Aber dennoch ist es ein Majestätsprozess, und so wollte es Sulla, dass es erlaubt sei, über jeden beliebigen ungestraft mit lauten Reden herzuziehen.1893 Ascon. Corn. I, p. 48 (59 C): Sequenti deinde anno M’. Lepido L. Volcacio coss., quo anno praetor Cicero fuit, reum Cornelium duo fratres Cominii lege Cornelia de maiestate fecerunt. Im darauffolgenden Jahr, dem der Konsuln M’. Lepidus und L. Volcacius, in welchem Cicero Praetor war, klagten die beiden Brüder Cominius den Cornelius auf Grund der lex Cornelia de maiestate an. Ascon. Corn. I, p. 50 (62 C): In hac causa tres sunt quaestiones: prima, cum sit Cornelius reus maiestatis legis Corneliae … In diesem Prozess gibt es drei Streitpunkte: der erste, wenn Cornelius Angeklagter ist wegen maiestas nach der lex Cornelia …. Secunda est an quod Cornelius fecit nomine maiestatis teneatur. Tertia an minuendae maiestatis animum habuerit. Der zweite ist, ob das, was Cornelius getan hat, von dem Begriff maiestas erfasst werde; und der dritte, ob er vorgehabt habe, die maiestas zu schmälern. Tac. ann. 1.72: (Tiberius) nam legem maiestatis reduxerat, cui nomen apud veteres idem, sed alia in iudicium veniebant, si quis proditione exercitum aut plebem seditionibus, denique male gesta re publica maiestatem populi Romani minuisset; facta arguebantur, dicta impune erant. Denn Tiberius hatte das Majestätsgesetz wieder eingeführt. Dieses hatte bei unseren Vorfahren denselben Namen, aber andere Dinge kamen vor Gericht: Wenn jemand durch Verrat sein Heer oder das Volk durch Aufstände und schließlich die Majestät des römischen Volkes durch 1893

Zu diesem Text und der hier übernommenen Emendation vgl. den zu Unrecht kaum beach­ teten Beitrag von Rogers, TAPhA 82, 1951, 196–199; siehe z. B. Keaveney, Klio 65, 1983, 201.

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schlechte Verwaltung des Staates geschädigt hatte; die Taten wurden angeklagt, bloß Gesagtes war straffrei. Cic. fam. 3.6,31894: (Cic. an Ap. Claudius Pulcher) … sed eo discessisti, quo ego te ne persequi quidem possem triginta diebus, qui tibi ad decedendum lege, ut opinor, Cornelia constituti essent.  … sondern du hast dich dorthin entfernt, wohin ich dir nicht einmal in den dreißig Tagen folgen kann, die für deine Abreise aus der Provinz nach einem, wie ich glaube, Cornelischen Gesetz festgelegt sind. Hauptsächlich durch Belegstellen aus Ciceros Reden bzw. Briefen ist ein Gesetz Sullas de maiestate bekannt. Vom Gehalt her knüpft dieses Gesetz sicherlich an die lex Appuleia de maiestate (Lex Nr. 80) sowie an die lex Varia (Lex Nr. 105) an,1895 weist aber zweifellos zusätzliche Vorschriften auf. Fraglich bleibt allerdings, ob das crimen maiestatis über die allgemeine Definition des maiestatem populi Romani minuere hinaus von Sulla genauer gefasst wird als früher.1896 Aus den Quellen lassen sich nur einzelne strafbare Tatbestände1897 herausfiltern, die jedoch vermutlich nicht lückenlos überliefert sind. Über den Umfang von Sullas Regelungen ist daher keine verbindliche Aussage möglich. Einige Bestimmungen der sullanischen lex de maiestate, die sich mit der Amtsführung der Prokonsuln bzw. der Propraetoren befassen, zählt Cicero in seiner Rede gegen Piso auf: Den Statthaltern wurde verboten, ihre Provinz mit und ohne Heer zu verlassen, auf eigene Faust Krieg zu führen oder in ein befreundetes Königreich einzufallen – es sei denn, dass ein Auftrag von Seiten des Volkes oder des Senats vorlag. Aus Cic. Cluent. 35,97 wird der Tatbestand sollicitare legionem (eine Legion aufwiegeln) abgelesen; außerdem hatte das Gesetz, Cic. fam. 3.6,3 zufolge, das Verlassen der Provinz innerhalb einer Frist von dreißig Tagen nach Ankunft des Nachfolgers angeordnet.1898

Dieses Zitat wird zumeist zur lex de maiestate gezogen; Rotondi, Leges 353, gilt es als Belegstelle für eine lex Cornelia de provinciis ordinandis (Lex Nr. 139); vgl. dort Fn. 1731. 1895 So die überwiegende Meinung, vgl. etwa Zumpt, Criminalrecht 2,1.382; Schönbauer, RIDA 2 (3.Ser.) 1955, 350. 1896 So auch Cloud, CAH 2 9.520. – Zur Definition vgl. bei Lex Nr. 80. 1897 Nach Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 547–548, folgt Sulla hierbei der damaligen Gesetzestechnik. Auch Brecht, ZRG 64, 1944, 356–357, sieht hier einen „durch Aufzählung von Einzelfällen festumrissenen, statischen Tatbestand“. Nach Meier, RPA 137 A.455, hat Sulla vielmehr „den Tatbestand des Vergehens gegen die maiestas allgemein genauer formuliert…“, ohne zu sehr ins Einzelne zu gehen. – Lengle, Sullanische Verfassung 47–52, betrachtet die überlieferten Majestätsprozesse und kommt im wesentlichen zu den hier beschriebenen Bestimmungen. 1898 Cicero bezieht sich hier zwar nur auf eine lex Cornelia, wegen des inhaltlichen Zusammenhangs mit den Regelungen über die Provinzstatthalter gilt die Stelle aber zumeist als Teil der lex Cornelia de maiestate; vgl. oben Fn. 1894. 1894

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Deutlich erkennbar ist, dass durch alle diese Regelungen den Amtsinhabern im Bereich militiae1899 eine korrekte Verhaltensweise vorgeschrieben bzw. Zuwiderhandlungen bestraft werden.1900 Dass darüber hinaus weitere Vorkehrungen für die Amtsführung der Magistrate in Rom getroffen wurden, lässt sich lediglich einigen Prozessen wegen Verletzung der maiestas entnehmen.1901 Gegen den Volkstribunen C. Cornelius (tr. pl. 67)1902 wurde im Jahr 65 Anklage erhoben, und Cicero übernahm die Verteidigung. Seine beiden Reden vor Gericht sind zwar nicht im Wortlaut erhalten, aber es existiert der Kommentar des Asconius, so dass der Prozess gegen Cornelius wenigstens in den Grundzügen bekannt ist. Der konkrete Vorwurf lautete, dass durch die persönliche Verlesung des Gesetzesantrags – nachdem ein Kollege Einspruch gegen die üblicherweise von einem Herold vorgenommene Lesung erhoben hatte  – imminutam esse tribuniciam potestatem1903, die tribunizische Amtsgewalt beeinträchtigt wurde. Zuvor benutzt Asconius deutlichere Worte: Demnach wollten die Zeugen der Anklage dartun, dass sie der Meinung seien, Cornelius’ Vorgehen betreffe das crimen imminutae maiestatis tribuniciae, das Vergehen der Verletzung der tribunizischen maiestas. Dieser Begriff ist sonst nirgends überliefert, Mommsen nahm ihn aber wohl zum Anlass für die Auffassung, das Majestätsverbrechen sei ursprünglich „Minderung der tribunicischen Majestät“ gewesen und erst später mit dem allgemeinen Zusatz der maiestas populi Romani versehen worden.1904

1899 1900

1901

1902 1903 1904

Militiae bezeichnet im Gegensatz zu domi den Amtsbereich der Magistrate außerhalb der Stadt, vor allem in den Provinzen. Bauman, Crimen Maiestatis 83, hält am ehesten die „proconsular category“ als alleinigen Inhalt des Gesetzes für möglich, schließt aber die Möglichkeit einer extensiven Interpretation des Gesetzes nicht aus. Mackay, Breakdown 191, Richardson, CAH 2 9.579, Schulz, Herrschaft 50, Beck, Consular power 92, und Andere sehen im Gesetzesinhalt lediglich Vorschriften über die Provinzstatthalter. Allgemein wird angenommen, dass das Gesetz eine möglichst umfassende Regelung traf, so etwa Lengle, Sullanische Verfassung 54, („eine möglichst grosse Ausdehnung des sullanischen Gesetzes bezüglich aller Amtsvergehen“); Rein, Kriminalrecht 510–514; Rotondi, Leges 360; Last, CAH 9.296–297; Kunkel, Quaestio 743; Cloud, CAH2 9.520; Bringmann, Republik 276–277; Lehmann, Strafgesetzgebung 44–45; Heftner, Gracchen 216. Einzelheiten zu diesem Prozess bei Lengle, Sullanische Verfassung 48–49, und bei Bauman, Crimen Maiestatis 71–75 (zutreffend beurteilt). Asc. Corn. I, p. 49 St (60–61 C). – Vgl. Lewis, Asconius 266–268. Mommsen, StrafR 538–539. – Ähnlich meint Zumpt, Criminalrecht 2,1.383, man scheine das Majestätsverbrechen ehemals „hauptsächlich auf diesen Fall, wo es sich um die Hoheit der vorzugsweise das Volk darstellenden Tribune handelt, beschränkt zu haben.“ Erst Sulla habe den Geltungsbereich auf die übrigen Beamten ausgedehnt. Auch Schur, Marius und Sulla 202, spricht von einem „Schutzgesetz für das Tribunat“, das nun zu einem „Staatsschutzgesetz“ geworden sei. Gegen diese These siehe die zutreffende Diskussion von Bleicken, Volkstribunat 127–130.

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Außerdem ist dieser von Asconius verwendete Begriff vermutlich die Ursache dafür, dass man dem sullanischen Gesetz eine Schutzfunktion für die Beamten zuweist.1905 Diese Annahme ist jedoch irrig, denn grundsätzlich ahndet das Gesetz unter seinem zwar schwammigen, aber dennoch eindeutig überlieferten Ausdruck maiestas populi Romani Amtsvergehen der römischen Magistrate. Die Wortwahl von Asconius ist nur so zu verstehen, dass Cornelius durch die Missachtung der Interzession des Kollegen die maiestas des römischen Volkes verletzt habe, da das Volk (ursprünglich die Plebs) seit jeher die Unverletzlichkeit der Tribunen als Grundsatz festgelegt und beschworen hatte. Im übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb Sulla die Tribunen „schützen“ wollte, da er doch deren Amtsbereich so weit wie möglich zurechtstutzte (nicht zuletzt durch das vorgezeichnete Ende einer politischen Karriere mit Ablauf des Tribunats). Dagegen hatte Sulla die Interzession als Mittel fortbestehen lassen, wohl auch um ein etwaiges missliebiges Vorgehen eines Volkstribunen durch Einflussnahme auf den oder die Kollegen wie bisher unterbinden zu können. Und ebenso wollte er sicher nicht die Beamten „schützen“, sondern zugunsten des Staates Regeln für ihre Amtsführung aufstellen; denn das war der Zweck des Gesetzes. In einem weiteren Prozess, dem des Ap. Claudius Pulcher aus dem Jahr 50, wird ebenfalls auf Sullas Gesetz Bezug genommen; es gab aber eine Verquickung mit einem Prozess wegen ambitus, so dass nicht deutlich wird, worin die Verletzung des Majestätsgesetzes bestanden haben soll.1906 Verbürgt ist außerdem, dass durch Sullas Gesetz ein ständiger Gerichtshof (eine quaestio perpetua) für maiestas eingerichtet wurde, der unter dem Vorsitz eines Praetors steht.1907 Welche Strafe dieses Gericht verhängte, ist nicht direkt überliefert. Die beiden aus Ciceros Reden bzw. Briefen bekannten Prozesse gegen C.  Cornelius und Ap. Claudius endeten mit einem Freispruch der Angeklagten. Aus den Verfahren der übrigen quaestiones perpetuae lassen sich aber Parallelen ziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Strafe für das Vergehen durch das Gesetz selbst festgelegt war. Der Gerichtshof fällte nur den Schuldspruch, woraus sich die Strafe von selbst ergab.1908 Daher plädieren einige für die

1905

Schur, Marius und Sulla 201–202; Wieacker, Rechtsgeschichte 413; Christ, Krise 221; Lehmann, Strafgesetzgebung 44. 1906 Einzelheiten zu diesem Prozess bei Lengle, Sullanische Verfassung 51–52, und Keaveney, Klio 65, 1983, 199–202. – Shackleton Bailey, Commentary zu Cic. fam. 3.10, S.375, schlägt neben der sonst üblicherweise geäußerten Vermutung, dass Ap. Claudius ohne lex curiata in seine Provinz aufgebrochen sei, vor, dass er über die vorschriebene Frist von dreißig Tagen hinaus in der Provinz blieb; dem schließt sich Keaveney, Klio 65, 1983, 202, an. 1907 Mommsen, StrafR 541; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 548; Kunkel, Quaestio 743–744; Hantos, Res publica 143–144; Bringmann, Republik 276–277, u. ders., Krise 67–68; Heftner, Gracchen 216 1908 Levy, Kapitalstrafe 30–31.

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Todesstrafe1909, die jedoch die Möglichkeit zum Gang ins Exil offenhielt, andere für die interdictio aquae et ignis,1910 die letztlich auch Verbannung bedeutete, aber wohl als gesetzliche Strafe erst der nachsullanischen Zeit angehört.1911 Lit.: Bauman, Crimen Maiestatis 68–87; Bauman, ANRW 2,13.123; Beck, Consular power 92; Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 419; Brecht, ZRG 64, 1944, 356–357; Brennan, Praetorship 2.399–400; Brennan, Legal Ideology 476; Bringmann, Republik 276–277; Bringmann, Krise 67–68; Brecht, ZRG 64, 1944, 356–357; Broughton, MRR 2.75 (5.); Brunt, Fall 217; Christ, Sulla 129; Christ, Krise 218–219, 221; Cloud, ZRG 80, 1963, 207–209; Cloud, CAH2 9.514, 518, 520; Cuq, DS 3,2.1139; Dahlheim, Gewalt 151 m. A.38; De Martino, Costituzione 3.106; Dieck, Criminalrecht 77–89; Diehl, Sulla 208; Ferrary, CRAI 1983, 570; Ferrary, Législation 472; Flower, Republics 128–129; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561, 1562; Fündling, Sulla 126–127; Galsterer, Chiron 1, 1971, 208; Giovannini / ​Grzybek, MH 35, 1978, 43; Giovannini, Consulare imperium 91–92; Graeber, Auctoritas 241; Grasmück, Exilium 104 A.275; Gruen, Roman Politics 259–260; Gruen, Generation 225, 240, 263–264, 324; Gundel, Historia 12, 1963, 297–298, 307; Hantos, Res publica 114, 143–144, 153, 156–158; Harries, Law and Crime 17, 75, 77, 84; Heftner, Gracchen 216, 218; Jones, Criminal courts 56, 73–74; Keaveney, Klio 65, 1983, 200–202; Keaveney, Sulla 142, 145–146, 147; König, Staat 132 [64]; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 547–548; Kunkel, Quaestio 743–744; Kunkel, Staatsordnung 2.245 A.504, 310 m. A.48; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.709; Lange, Alterthümer 2.665, 3.165; Last, CAH 9.296–297, 298; Lehmann, Strafgesetzgebung 14, 40–42, 44–46; Lengle, Sullanische Verfassung 45–55; Lengle, Strafrecht 31; Letzner, Sulla 286–287; Levick, Historia 28, 1979, 362–365, 372 A.76; Lewis, Asconius 266–269; Linderski, Questions I.135; Lintott, Violence 118; Lintott, Imperium 23, 27, 47–48; Lintott, Costitution 211–212; Mackay, Breakdown 191; Marsh / ​Scullard, History 427; Marshall, Asconius 219–220, 227–230; Meier, Populares, RE Suppl. 10 (1965) 608; Meier, RPA 137 A.455, 256, 259 m. A.346; Mommsen, StrafR 541, 588, 592; Niccolini, FTP 201; Rein, Criminalrecht 504–506, 510–514; Richardson, CAH2 9.579; Robinson, Criminal law 75; Rogers, TAPhA 82, 1951, 196–199; Rotondi, Leges 360; Sandberg, AIRFinl. 24.39–40; Santalucia, Diritto 71–72; Santalucia, Studi 192 A.135, 197 A.146; Santangelo, Sulla 118, 119 A.53; Schönbauer, RIDA 2 (3.Ser.) 1955, 350; Schulz, Herrschaft 50, 192; Schur, Marius und Sulla 199–202; Scullard, Gracchi to Nero 83, 415; Seager, CAH2 9.202; Shatzman, Senatorial Wealth 175 A.138; Siber, Verfassungsrecht 230; Smith, Phoenix 14, 1960, 6–7, 9–10; Stevenson, CAH 9.459; Wieacker, Rechtsgeschichte 413 A.10; de Wilde, ZRG 130, 2013, 14; Williamson, Laws 336, 361; Wittmann, Sulla 579; Zack, Völkerrecht 132, 135, 138, 140, 165; Zumpt, Criminalrecht 2,1.376–392. 1909

Levy, Kapitalstrafe 14–30; Kunkel, Quaestio 743 (Kapitalverfahren); Jones, Criminal courts 73–74; Levick, Historia 28, 1979, 363–365; Santalucia, Diritto 72; Cloud, CAH2 9.520. 1910 Mommsen, StrafR 590–592; Rotondi, Leges 360; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.23–24; Kübler, Maiestas 1), RE 14,1 (1928) 548; 1911 Levy, Kapitalstrafe 30–32.  – Vgl. bei der lex Cornelia de falsis (Lex Nr. 146) und der lex Cornelia de sicariis et veneficis (Lex Nr. 147).

Lex Nr. 151

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151 Lex Cornelia de repetundis 673/81

Cic. Rab. Post. 4,8–9: (8) Est enim haec causa ‚QUO EA PECUNIA PER­ VENERIT‘ quasi quaedam appendicula causae iudicatae atque damnatae. Sunt lites aestimatae A. Gabinio, nec praedes dati nec ex bonis populo universae lites solutae1912. Iubet lex Iulia1913 persequi ab eis ad quos ea pecunia quam is ceperit qui damnatus sit pervenerit. Si est hoc novum in lege Iulia, … Es ist nämlich dieser Prozess „Wohin das Geld geflossen ist“ gleichsam das kleine Anhängsel eines gerichtlich entschiedenen und mit einer Verurteilung abgeschlossenen Falles. A. Gabinius wurde eine zu zahlende Entschädigungssumme auferlegt, aber es wurden weder Bürgen gestellt noch wurde die gesamte Entschädigungssumme aus dem Vermögen des Verurteilten an das Aerarium bezahlt. Die lex Iulia ordnet an, die Entschädigung von denen einzutreiben, an die das Geld geflossen ist, das der Verurteilte erpresst hat. Wenn dies eine Neuerung in der lex Iulia ist, … (9) sin hoc totidem verbis translatum caput est quot fuit non modo in Cornelia, sed etiam ante in lege Servilia, … quid agimus, iudices … Wenn aber dieser Absatz mit ebensovielen Worten übernommen wurde, wie er nicht nur in der lex Cornelia, sondern auch schon früher in der lex Servilia gestanden hat, … was tun wir da eigentlich, ihr Richter … Cic. Cluent. 37,104: Fidiculanius quid fecisse dicebatur? Accepisse a Cluentio HS CCCC. Cuius erat ordinis? Senatorii. Qua lege in eo genere a senatore ratio repeti solet, de pecuniis repetundis, ea lege accusatus honestissime absolutus. Was soll Fidiculanius getan haben? Angenommen habe er von Cluentius 400 000 Sesterzen. Welchem Stand gehörte er an? Dem senatorischen. Auf Grund des Gesetzes, gemäß dem man in diesem Fall von einem Senatoren Rechenschaft zu fordern pflegt, dem Repetundengesetz, wurde er angeklagt und auf die ehrenhafteste Weise freigesprochen. Aus zwei Reden Ciceros geht hervor, dass der Diktator Sulla sich auch mit der Repetundengerichtsbarkeit befasste: die lex Cornelia de pecuniis repetundis gehört zu den Gesetzen, welche die Kriminalgerichtsbarkeit umfassend organisieren. Inhaltlich scheint es sich kaum von seinen Vorläufern bzw. auch von der späteren lex Iulia zu unterscheiden. In der Rede für Rabirius Postumus hebt Cicero ausdrücklich hervor, dass die lex Cornelia ebenso wie schon zuvor die lex Servilia (Lex Nr. 82) verfolgt, wohin die erpressten Gelder geflossen sind. Ein dadurch beteiligter Dritter fällt unter das Gesetz. Unklar bleibt jedoch, welches Verfahren 1912 1913

Konjektur von Clark, OCT; der ursprüngliche Text ist nicht mehr lesbar. Gesetz des Konsuls C. Iulius Caesar (59): Lex Iulia de pecuniis repetundis (Rotondi, Leges 389–391).

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sich daraus ergab, wie die Anklage konkret lautete und ob eine Strafe festgesetzt war. Außerdem weist die lex Cornelia in einem Punkt Ähnlichkeit mit einer lex Sempronia1914 auf; sie gilt ebenso wie diese nur für Mitglieder des Senatorenstandes. Allerdings lautet die Anklage nach der lex Cornelia nur auf res repetundae, Erpressung von Geldern von Provinzbewohnern, nicht von römischen Bürgern. Aus anderen Maßnahmen Sullas lässt sich noch ein äußerliches Merkmal ableiten, das für den Repetundengerichtshof ab jetzt zutrifft, jedoch offenbar nicht auf ihn beschränkt ist: Denn aus Pseudoasconius1915 wird deutlich, dass an Stelle der Ritter nunmehr wieder Senatoren Recht sprechen. Seine Aussagen über die Geschworenen gelten aber wohl für alle vorhandenen Gerichtshöfe und nicht nur für die quaestio repetundarum. Die Übertragung der Gerichtshöfe ist daher Teil der allgemeinen lex Cornelia iudiciaria1916 und wirkt von dort auf den Repetundengerichtshof ein. Insofern wird also die lex Servilia Glaucias1917 durch die lex Cornelia abgelöst.1918 Damit erschöpfen sich die Aussagen zur lex Cornelia, die aus den bereits angeführten Zitaten gewonnen werden können.1919 Es wird jedoch schon lange versucht, weitere indirekt überlieferte Bestimmungen zum Inhalt des Gesetzes zu finden. So ist bekannt, dass der Verresprozess im Jahr 70 nach der lex Cornelia geführt wurde. Aus Ciceros Reden dazu ist zu ersehen, dass er sich selbst um die Anklage bemühte  – und nicht wie nach der lex Acilia vom Praetor als Patron für die Provinzialen eingesetzt wurde. Demnach galt das Prinzip der Popular­ anklage1920, und das Verfahren wurde vor einer quaestio perpetua unter Vorsitz eines Praetors (praetor repetundarum) durchgeführt. Aus dem Verresprozess ist ferner abzulesen, dass die aus der lex Servilia Glaucias (Lex Nr. 82) stammende comperendinatio, die Zweiteilung des Verfahrens, von Sulla beibehalten wurde.1921 Auf Vermutungen angewiesen ist man für die Strafe(n), die einen wegen Repetundenvergehens Verurteilten treffen; es gibt keinen Beleg. So ist die Höhe der Ersatzsumme nicht bekannt, die für die erpressten Gelder geleistet werden muss. Die lex Acilia (Lex Nr. 36) hatte die Erstattung an Stelle des einfachen Betrages auf das Doppelte heraufgesetzt. Mommsen1922 vertrat nun die Meinung, dass die lex Cornelia „als Reaction gegen die gracchanische Demokratie“ die Erstattung 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922

Lex Sempronia ne quis iudicio circumveniretur (Lex Nr. 34). Ps. Ascon. p.188, 189 u. 218. Lex Nr. 135. Lex Nr. 82. So Hantos, Res publica 155. Zumpt, Criminalrecht 2,1.357–373, ist der Ansicht, dass es kein solches Gesetz gab. Die Zitate aus Cicero könnten auch auf andere Gesetze deuten. So Serrao, Classi 218. Vgl. Balsdon, PBSR 14, 1938, 108–111. Mommsen, StrafR 728.

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des einfachen Betrages wiederherstelle.1923 Kleinfeller1924 plädiert – ebenso unbegründet – für den vierfachen Ersatz. Sherwin-White1925 führt zwei Stellen aus dem Verresprozess an (Cic. div. in Caec. 5,19; Verr. 1.18,56) und liest daraus ab, dass die Geldbuße das Zweieinhalbfache betrage. Kunkel1926 hält das für eine „abrundende Übertreibung“, zumal eine solche Bemessungsgrundlage im römischen Recht sonst nirgends vorkommt. Und auch über weitere Folgen einer Verurteilung, etwa infamia1927 oder Todesstrafe1928, lässt sich nur deduktiv aus den Verrinen etwas schließen – immer jedoch mit der Unsicherheit, dass Cicero als Anwalt agiert und an dieser Stelle keinen Gesetzestext zitiert. Lit.: Badian, Historia 11, 1962, 208; Balsdon, PBSR 14, 1938, 110–111; Bauman, ANRW 2,13.123; Berger, Lex Cornelia de repetundis, RE 12,2 (1925) 2343; Botsford, Roman Assemblies 393, 419; Brunt, Fall 217, 527, 529; Christ, Krise 218–219; Cloud, CAH2 9.512; Cuq, DS 3,2.1140; De Martino, Costituzione 3.105; Eder, Repetundenverfahren 141–143; Eder, Geschworenengerichte 26; Ewins, JRS 50, 1960, 100; Ferrary, MEFRA 91, 1979, 119–120; Ferrary, Chapitre 158; Ferrini, Diritto penale 404–406; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Gabba, PP 11, 1956, 368; Gruen, Roman Politics 258–259; Gruen, Last Generation 239; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 125; Hantos, Res publica 114, 155–156; Heftner, Gracchen 216; Henderson, JRS 41, 1951, 75–76, 78, 80, 81–82, 83, 85–86; Jones, Criminal Courts 56, 76; Keaveney, Klio 65, 1983, 203–208; Keaveney, Sulla 147; Kleinfeller, Repetundarum crimen, RE 1A,1 (1914) 606–607; Kunkel, Quaestio 744; Lange, Alterthümer 2.665, 3.165; Lehmann, Strafgesetzgebung 14, 46, 48–53; Lengle, Strafrecht 31; Letzner, Sulla 285; Lintott, ZRG 98, 1981, 198–202; Lintott, CAH2 9.27; Lintott, Imperium 103–104, 180–181; Lintott, Judicial reform 122, 124, 127, 156; Mackay, Breakdown 192; Magie, Roman Rule 2.1167 (A.16); Mommsen, StrafR 728–729; Nicolet, L’ordre équestre 1.479 A.32; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 87, 90–91, 103–105; Rein, Criminalrecht 621–623; Richardson, CAH2 9.578; Robinson, Criminal law 81; Rotondi, Leges 360; Santalucia, Diritto 72; Santalucia, Studi 197–198; Santangelo, Sulla 119 A.53; Scullard, Gracchi to Nero 83; Serrao, Classi 217–219; Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8–12; Sherwin-White, JRS 62, 1972, 1923 1924

1925 1926 1927

1928

Dem folgen u. a.: Strachan-Davidson, Criminal Law 2.7 A.2; Serrao, Classi 219. – Nach Kunkel, Quaestio 744, ist das „nicht sehr glaublich“. Kleinfeller, Repetundarum crimen, RE 1A,1 (1914) 606 (vgl. den ablehnenden Hinweis von Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 104 A.95). Wie Kleinfeller äußert sich Magie, Roman Rule 2.1167 (A.16). Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8–9; er folgt damit einem Vorschlag von Zumpt (1845); ebenso Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 103–104. Kunkel, Quaestio 744. Mommsen, StrafR 729, plädiert für den Verlust der politischen Rechte; vgl. dazu Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 104. Nach Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8–9, drängt sich die fortdauernde Geltung der Infamie geradezu auf. Sherwin-White, PBSR 17 (N. S.4), 1949, 8–12; Pontenay de Fontette, Leges repetundarum 104–105; Lintott, ZRG 98, 1981, 198–202.

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Lex Nr. 152

92–94, 97–99; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.7 A.2, 13 A.2; Venturini, crimen repetundarum 6, 10; Willems, Sénat 1.151; Williamson, Laws 336, 361; Zumpt, Criminalrecht 2,1.357–373.

152 Lex Cornelia de peculatu (?) 673/81

Cic. Cluent. 53,147: Quid ergo? haec quaestio sola ita gubernatur? Quid M. Plaetori et C. Flamini inter sicarios, quid C. Orchivi peculatus, quid mea de pecuniis repetundis,  … Circumspicite omnis rei publicae partis; omnia legum imperio et praescripto fieri videbitis. Wie denn? Wird einzig und allein dieser Gerichtshof so gesteuert? Was ist mit dem des M. Plaetorius und des C. Flaminius über Meuchel­ mord, was mit dem des C. Orchivius für Unterschlagung von Staatsgeldern, was mit dem meinigen für Erpressung von Geldern, … Blickt herum auf alle Bereiche des Staates, und ihr werdet sehen, dass alles auf Anordnung und nach Vorschrift der Gesetze geschieht. Cic. Verr. 2,3.36,83: non intellegis (Verres) haec quae iam dudum loquor ad aliam quaestionem atque ad peculatus iudicium pertinere? Merkst du nicht, dass sich das, worüber ich schon lange spreche, auf ein anderes Gericht und zwar auf den Gerichtshof für unterschlagene Staatsgelder bezieht? Cic. nat. 3.30,74: repete … tum haec cotidiana: sicae, venena, peculatus, testamentorum etiam lege nova quaestiones. Denke … dann wieder an all das Alltägliche: Meuchelmord, Giftmord, Unterschlagung öffentlicher Gelder, aber auch die Prozesse auf Grund des neuen Gesetzes über die Testamente1929. Aus den Schriften Ciceros ist eine quaestio de peculatu bekannt, die unter dem Vorsitz eines Praetors stand. Strittig ist, ob das Gesetz zur Einrichtung dieser quaestio perpetua über die Unterschlagung öffentlicher Gelder auf Sulla zurückgeht. Denn Plutarch1930 berichtet schon von einem Prozess zu diesem Tatbestand im Jahr 86; angeklagt (und freigesprochen) wurde Cn. Pompeius. Danach hören wir über die Tätigkeit des Gerichtshofs de peculatu erst wieder von Cicero, der in den Reden gegen Verres1931 (70) und Cluentius (66) mehrfach darüber berichtet, was aber nur die Aussage zulässt, dass ein solcher Gerichtshof in diesen Jahren existierte, nicht aber eine Aussage über die Vergangenheit. Dafür kann man allenfalls die Worte Ciceros aus De natura deorum heranziehen, wenn Cicero bezieht sich hier auf die lex Cornelia de falsis (Lex Nr. 146), die auch testamentaria nummaria genannt wird. 1930 Plut. Pomp. 4,1. 1931 Außer der oben zitierten Stelle, z. B. Verr. 1.13,39; Verr. 2,1.4,11. 1929

Lex Nr. 152

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er die quaestio peculatus mit anderen ständigen Gerichtshöfen gemeinsam nennt und lediglich die quaestio testamentorum (Lex Nr. 146) diesen gegenüberstellt als einen Gerichtshof, der erst durch ein neues Gesetz, und das ist in diesem Fall ein Gesetz Sullas, eingerichtet wurde.1932 Möglich ist zwar, dass ein Gerichtshof früher zunächst bei Bedarf aufgestellt wurde und erst durch ein sullanisches Gesetz zu einer ständigen Einrichtung (quaestio perpetua)  wurde,1933 die ebenso wie die anderen unter dem Vorsitz eines Praetors1934 stand. Nach Kunkel1935 ist eine lex Cornelia de peculatu zwar unbezeugt, aber zu vermuten, weil „Sulla allem Anschein nach das ganze System der ständigen Quaestionen neu geregelt hat.“ Überwiegend gilt es in der Forschung jedoch als zweifelhaft,1936 ob ein solches Gesetz auf Sulla zurückgeht, oder es findet nur die Quaestio als solche Erwähnung, ohne dass man die Art und Weise ihrer Enstehung bedenkt.1937 Welche Strafe für peculatus zunächst verhängt wurde, ist nicht ersichtlich. Der Umstand, dass Verurteilte weiterhin als Senatoren und als Geschworene amtieren, lässt auf eine milde Strafe schließen, vielleicht – ebenso wie bei der späteren lex Iulia peculatus 1938 – auf die vierfache Erstattung der unterschlagenen Summe.1939 1932

Mommsen, Röm. Forschungen 2.448 A.71. – Eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Text bei Gnoli, RIL 109, 1975, 331–341, mit dem Ergebnis, dass die quaestio perpetua peculatus früher als die sullanische Gesetzgebung sei. 1933 Gruen, Roman Politics 162–163, 177, verlegt die Einrichtung der quaestio perpetua in die Zeit des Appuleius Saturninus (ebenso Jones, Criminal courts 55); Caepios Prozess (104) – auch dieser Gruens Meinung nach wegen peculatus – sei allerdings noch vor einer quaestio extraordinaria geführt worden. – Hantos, Res publica 156, und Heftner, Gracchen 216, sprechen sich für eine neue ständige quaestio durch Sulla aus. 1934 Cic. Cluent. 53,147. – Plutarch (Pomp. 4,1) behauptet zwar schon für den Prozess gegen Pompeius, dass der Praetor Antistius den Vorsitz hatte. Der Genannte ist aber vermutlich identisch mit dem Aedilizier Antistius, der 82 Cinna zum Opfer fiel (Vell. Pat. 2.26,2; vgl. Broughton, Magistrates 2.54). Willems, Sénat 2.291, äußert sich vorsichtig über die Funktion, die Antistitius innehatte. Bei anderen frühen Quaestionen war der Vorsitzende ein iudex quaestionis. 1935 Kunkel, Quaestio 745. – Auch Lange, Alterthümer 2.665 u. 3.166, und Jones, Criminal courts 56 u. 127 A.63, halten ein Gesetz für wahrscheinlich. Definitiv für ein Gesetz sprechen sich aus: Zumpt, Criminalrecht 2,2.78–83; Last, CAH 9.307; Lehmann, Strafgesetzgebung 60; Williamson, Laws 336, 361; Letzner, Sulla 284–285. 1936 So etwa Ferrini, Diritto penale 413 ff.; Lengle, Sullanische Verfassung 40–42; Brecht, Peculatus, RE Suppl. 7 (1940) 827–828; Gruen, Roman Politics 262–263; Gnoli, RIL 109, 1975, 331–341; Santalucia, Diritto 73 u. ders., Studi 199. 1937 Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Botsford, Roman Assemblies 419; Scullard, Gracchi to Nero 83; Hantos, Res publica 156; Christ, Sulla 130; Keaveney, Sulla 147; Letzner, Sulla 283; Blösel, Röm. Republik 204. 1938 Rotondi, Leges 453–454. 1939 Paul. Sent. 5.27, u. Dig. 48.13,15 (Modest.). Schon Cicero (Mur. 20,42) bezeugt, dass am Ende der quaestio peculatus eine litis aestimatio stand; vgl. Kunkel, Quaestio 745, u. Cloud,

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Lex Nr. 153

Lit.: Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 419; Christoph Brecht, Peculatus, RE Suppl. 7 (1940) 817–832; Bringmann, Republik 276; Brunt, Fall 217–218; Christ, Sulla 130; Cloud, CAH2 9.513, 515; Cuq, DS 3,2.1139; De Martino, Costituzione 3.105; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Fündling, Sulla 127; Gnoli, RIL 109, 1975, 331–341; Greenidge / ​Clay 221(f); Gruen, Roman Politics 162–163, 177, 244, 262–263; Hantos, Res publica 156; Heftner, Gracchen 216; Jones, Criminal courts 55–56, 74, 127 A.63; Keaveney, AC 51, 1982, 113 m. A.8; Keaveney, Sulla 147; Kunkel, Quaestio 745; Lange, Alterthümer 2.665, 3.166; Last, CAH 9.307; Lehmann, Strafgesetzgebung 14, 60–61; Lengle, Sullanische Verfassung 40–42; Letzner, Sulla 283–285; Mackay, Breakdown 192–193; Mommsen, Röm. Forschungen 2, 448 A.71; Mommsen, StR 2.201 m. A.3; Mommsen, StrafR 764–772; Rein, Criminalrecht 672–679; Rotondi, Leges 360–361; Santalucia, Diritto 73; Santalucia, Studi 199; Scullard, Gracchi to Nero 83; Willems, Sénat 2.291 m. A.2; Williamson, Laws 336, 361; Zumpt1940, Criminalrecht 2.2, 78–83.

153 *Lex Cornelia de vi 673/81

In unseren Texten fehlt jeglicher Hinweis auf ein solches auf Sulla zurückgehendes Gesetz. Zu dieser Materie treten kurz nach Sulla, ohne dass eine sichere Datierung vorgenommen werden kann, eine lex Lutatia de vi bzw. eine lex Plautia de vi1941 in Kraft, die vermutlich die erste ständige quaestio eingerichtet haben.1942

CAH2 9.513. – Rotondi, a. a. O., geht für die lex Iulia ebenso wie Jones, Criminal courts 74, nach Dig. 48.13,3 von aquae et ignis interdictio aus, was aber vermutlich auf spätere Änderungen bzw. eine Verschärfung der Strafe zurückzuführen ist. 1940 Zumpt, Criminalrecht 2.2,79, behauptet außerdem, dass es sich bei der lex de peculatu um ein „neues Gesetz“ handele, „das Beamte wie Nichtbeamte gleichmässig umfasste.“ Allgemein besteht jedoch die Auffassung, dass auch diese quaestio unter diejenigen zu rechnen ist, die der Ahndung von Amtsverbrechen (repetundae, maiestas) dienten und damit nur für Amtspersonen galten. 1941 Der Gegenstand beider Gesetze ist ebenso umstritten wie das Verhältnis der beiden Gesetze zueinander; vgl. Nippel, Aufruhr 66 m. A.62 (S.211). Gruen, Roman Politics 264, nennt für 78/77 nur die lex Lutatia; Rotondi, Leges 377–378, bevorzugt die lex Plautia für diesen Zeitraum (78–63). – Cloud, CAH2 9.524, führt beide Gesetze ausführlich an; seiner Ansicht nach haben sie die lex Cornelia de sicariis von 81 (Lex Nr. 147) dupliziert oder erweitert.  – Zumpt, Criminalrecht 2,1.266–271 setzt die lex Plautia dagegen schon ins Jahr 89. 1942 Nach Lengle, Sullanische Verfassung 40, bestand schon vor Sulla eine quaestio de vi.

Lex Nr. 154

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In der Literatur finden sich trotzdem beide Ansichten, die eine1943, die sich für ein sullanisches Gesetz de vi ausspricht, und die andere1944, die eine solche lex Cornelia anzweifelt oder ausschließt, dass Sulla ein Gesetz de vi einführte. Lit.: Brunt, Fall 217; Capogrossi Colognesi, Law 209; Fündling, Sulla 127; Gruen, Roman Politics 264; Kunkel, Quaestio 745; Lange, Alterthümer 2.665, 3.166; Rotondi, Leges 361; Santalucia, Diritto 73; Santalucia, Studi 199.

154 Lex Cornelia de ambitu 673/81?

Schol. Bob. p.78: Nam superioribus damnati lege Cornelia hoc genus poenae ferebant ut magistratuum petitione per decem annos abstinerent. Denn in früheren erhielten die gemäß der lex Cornelia Verurteilten diese Art von Strafe, dass sie für die Dauer von zehn Jahren von der Bewerbung um Ämter Abstand nehmen mussten. Rotondi1945 ging noch davon aus, dass die meisten Forscher eine solche lex de ambitu von Sulla bezweifeln. Die Scholien bezögen sich demnach auf eine andere lex Cornelia, die lex Cornelia Baebia von 573/1811946 oder die lex Cornelia Fulvia von 1591947. Schon Mommsen1948 war jedoch davon überzeugt, dass dieser Satz auf ein Gesetz von Sulla zielt, über das wir nichts weiter wissen. Mittlerweile halten die meisten Forscher1949 ebenso wie Kunkel1950 die in den Scholien genannte lex Cornelia für ein sullanisches Gesetz, denn Sulla habe „allem Anschein nach das ganze System der ständigen Quaestionen neu geregelt“. Daher sei es „wahr1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949

1950

Fündling, Sulla 127; Capogrossi Colognesi, Law 209. Lange, Alterthümer 3.166; Gruen, Roman Politics 264; Santalucia, Diritto 73; Santalucia, Studi 199; Kunkel, Quaestio 745. Rotondi, Leges 361. Elster, Gesetze 339 (Lex Nr. 161). – Diese Meinung vertritt Lange, Alterthümer 1.717, 2.257. Elster, Gesetze 400–401 (Lex Nr. 191). – So Rein, Criminalrecht 708; neuerdings wieder: Fascione, Ambitus 47–49. Mommsen, StrafR 867 m. A.2. So z. B. Hartmann, Ambitus, RE 1,2 (1894) 1801; Willems, Sénat 1.220; Lengle, Sullanische Verfassung 22–23; Wiseman, JRS 59, 1969, 66; Marshall, Asconius 246; Jones, Criminal courts 56; Hantos, Res publica 38; Hölkeskamp, ZRG 104, 1987, 793; Wallinga, RIDA 41 1994, 425; Schuller, Hyperboreus 6.2, 2000, 350; Letzner, Sulla 286; Keaveney, Sulla 147; Lehmann, Strafgesetzgebung 55–56; Mackay, Breakdown 192–193. Kunkel, Quaestio 745.

484

Lex Nr. 154

scheinlich, dass er auch der quaestio ambitus eine neue gesetzliche Grundlage gegeben hat.“ Jedenfalls ist unbestritten, dass es schon vor Sulla eine quaestio ambitus, und zwar eine quaestio perpetua, einen permanent vorhandenen Gerichtshof, gegeben hat. Das Datum der Einführung kann allerdings nur auf die Jahre 149 (die erste quaestio perpetua für Repetundenvergehen1951) bis ungefähr 120 eingegrenzt werden; ein direktes Zeugnis liegt nicht vor. Aber aus dem Jahr 116 ist ein Prozess wegen ambitus überliefert; angeklagt wurde Marius wegen der Vorgänge bei seiner Wahl zum Praetor. Der Prozess endete mit einem knappen Freispruch.1952 Einen klar definierten Tatbestand für das Vergehen des ambitus hat es offenbar nicht gegeben. Übersetzt wird ambitus gewöhnlich mit Bestechung (bribery), das scheint aber zu kurz gegriffen: Cloud1953 bezeichnet ambitus als „unübersetzbar“, und aus den im Laufe der früheren Jahrhunderte verabschiedeten Gesetzen ist weder eine klare Aussage über schuldhaftes Verhalten noch eine gleichbleibende Motivation für gesetzliche Maßnahmen zu erkennen. Von Wallinga1954 stammt die umfassende Definition „illegal behaviour in the context of the elections“, wobei sich zwar die Grenzen zwischen legal und illegal durchaus bewegten, der Begriff an sich aber konstant blieb. Aus dem Inhalt der lex ist durch den Scholiasten nur die Strafbestimmung bekannt, dass die wegen ambitus Verurteilten sich zehn Jahre lang nicht wieder um ein Amt bewerben durften.1955 Lex Calpurnia de pecuniis repetundis (Elster, Gesetze 418–422, Lex Nr. 200). Plut. Mar. 5. 1953 Cloud, CAH 2 9.515. – a. a. O. 517 über die Motivation für eine ambitus-Gesetzgebung; eine Ergänzung dazu bietet Daube, Roman Law 126, der in den Gesetzen einen Versuch zum „protecting the non-tipper“ sieht. 1954 Wallinga, RIDA 41 1994, 411 und 438. – Grundsätzlich wird die Bedeutung „corruption“ für zweifelhaft gehalten, a. a. O. 411 u. 441. 1955 Der festgelegte Zeitraum von zehn Jahren veranlasste Zumpt, Criminalrecht 2,1.375, zu dem Schluss, dass es kein Gesetz Sullas de ambitu gab, sondern Sulla „nur für die Uebertreter seiner sonstigen Anordnungen über die Bewerbung um Aemter neue Strafen“ hinzugefügt habe (d. h. der Anordnungen in der lex de magistratibus, Lex Nr. 134); dagegen liegt nach Nadig, Ambitus 31, wahrscheinlich ein eigenes sullanisches Gesetz vor, weil es an eine andere lex Sullas erinnere, die lex de magistratibus. – Ferrary, Legislation de ambitu 163, führt als Strafe außerdem die Ungültigkeit der Wahl an. Das wurde aus der Konsulwahl für das Jahr 65 geschlossen: Die designierten Konsuln P. Cornelius Sulla und P. Autronius Paetus wurden wegen ambitus verurteilt, und die ihnen unterlegenen Mitbewerber L. Aurelius Cotta und L. Manlius Torquatus bekleideten das Konsulat. Im Jahr 67 wurde jedoch die lex Calpurnia de ambitu verabschiedet, und die Strafbestimmung könnte auch in diesem Gesetz enthalten gewesen sein. Dasselbe gilt für die Annahme, dass der Sitz im Senat ebenfalls für zehn Jahre verloren ging (Jones, Criminal courts 74; Willems, Sénat 1.220); denn auch hierfür lässt sich nur aus Cicero (Sulla 88) ablesen, dass Verurteilte das Recht einbüßten, die persönlichen Würdezeichen eines Senators zu tragen (vgl. Mommsen, StR 1.492 A.3). 1951

1952

Lex Nr. 155

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Im übrigen war dieser lex Cornelia keine lange Lebensdauer beschieden, denn schon im Jahr 67 trat mit der lex Calpurnia1956 ein neues ambitus-Gesetz mit einer verschärften Strafbestimmung an ihre Stelle: Eine Geldstrafe wurde hinzugefügt und das Verbot der Bewerbung um die Ämter auf Lebenszeit ausgedehnt. Lit.: Bauman, Crime 29; Berger, Lex Cornelia de ambitu, RE 12,2 (1925) 2344; Blösel, Röm. Republik 204; Botsford, Roman Assemblies 419; Brennan, Praetorship 2.391; Bringmann, Republik 276; Bringmann, Krise 67–68; Brunt, Fall 217; Christ, Sulla 129–130; Cloud, CAH2 9.515–516; Coudry, Lois somptuaires 499; Daube, Roman Law 125–126; De Martino, Costituzione 3.105–106; Fascione, Ambitus 47–49; Ferrary, Legislation de ambitu 162–164; Ferrini, Diritto penale 420, 423; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1561; Fündling, Sulla 127; Grasmück, Exilium 112; Gruen, Roman Politics 124, 260–261; Gruen, Generation 212; Hantos, Res publica 38, 65–66; Hartmann, Ambitus, RE 1,2 (1894) 1801; Heftner, Gracchen 216; Hölkeskamp, ZRG 104, 1987, 793; Husband, CJ 10, 1914–1915, 377–378; Jones, Criminal courts 56–57, 74; Kaser, ZRG 73, 1956, 258; Keaveney, Sulla 147; Kunkel, Quaestio 744–745; Kunkel, Staatsordnung 2.57 m. A.10, 82 A.96; Lange, Alterthümer 2.665, 3.166; Last, CAH 9.307; Lehmann, Strafgesetzgebung 14, 53–60; Lengle, Sullanische Verfassung 22–23; Lengle, Strafrecht 31; Letzner, Sulla 286; Lewis, Asconius 277; Linderski, Questions I.92; Lintott, JRS 80, 1990, 7; Mackay, Breakdown 192–193; Marshall, Asconius 206, 246, 286; Mommsen, StrafR 867 m. A.2; Nadig, Ambitus 13, 27 A.67, 29–33, 118, 128–129, 138, 214; Pohl, Piraterie 178–179; Rein, Criminalrecht 708; Robinson, Criminal law 85, 86 A.171; Rotondi, Leges 361; Santalucia, Diritto 72; Santalucia, Studi 197; Schneider, Wirtschaft 154; Schuller, Hyperboreus 6.2, 2000, 350; Scullard, Gracchi to Nero 83; Shatzman, Senatorial Wealth 89; Wallinga, RIDA 41 1994, 425; Willems, Sénat 1.220; Wiseman, JRS 59, 1969, 66; Zumpt, Criminalrecht 2,1.373–376, 440 A.172.

155 *Lex Cornelia de supplendo senatu *Lex Cornelia de censura 673/81

Diese beiden angeblichen Gesetze Sullas1957, die durch die Literatur geistern, finden keinen Niederschlag in den Quellen. Die zahlenmäßige Erweiterung 1956

Rotondi, Leges 374; die Strafbestimmung steht ebenfalls Schol. Bob. p.78–79, im Anschluss an die der lex Cornelia. Und schon im Jahr 63 folgt ein Gesetz von Cicero, die lex Tullia de ambitu (Rotondi, Leges 379), die neben anderen Vorschriften durch die Verhängung eines zehnjährigen Exils die Strafe für ambitus noch weiter verschärfte. 1957 Schon Rotondi, Leges 362, hält sie für inammissibili (nicht glaubhaft); ähnlich Lange, Alterthümer 3.164.

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Lex Nr. 155

des Senats1958 steht in erster Linie im Zusammenhang mit der Übertragung der Gerichtshöfe von den Rittern an die Senatoren1959 und diente vor allem dazu, die neugeschaffenen quaestiones perpetuae mit der erforderlichen Zahl von Richtern zu besetzen. Damit der Senat in Zukunft über genügend Mitglieder verfügte, legte Sulla per Gesetz fest, dass von nun an schon die Quaestorier nach ihrem Amtsjahr in den Senat aufgenommen wurden.1960 Im Zusammenhang mit der Erhöhung der Zahl der Senatoren wird oft die Behauptung aufgestellt, dass Sulla die Zensur beseitigt habe1961 – das wäre dann Inhalt des zweiten oben genannten Gesetzes de censura.1962 Eigentlich beziehen sich alle Aussagen in dieser Richtung jedoch lediglich auf einen Teilbereich der zensorischen Aufgaben, nämlich die lectio senatus. Daher ist die gemäßigte und eher zutreffende Ansicht von Gabba1963 und Wittmann1964 vorzuziehen, dass Sullas Kompetenzen diese Aufgabe der Zensoren sozusagen mitumfassten, er aber darüber hinaus die Zensur weder abschaffen noch einschränken wollte. So ist davon auszugehen, dass Sulla zwar in diesem einen Fall die lectio senatus übernahm, wobei er, wenn die Nachricht von Appian (civ. 1.100,468) zutrifft, über die einzelnen neuen Senatoren sogar die Tributkomitien abstimmen ließ,1965 dass die übrigen Aufgaben der Zensoren aber überhaupt nicht betroffen waren.1966 Denn es finden sich z. B. nirgends Nachrichten darüber, dass von der mit der Aufstellung der Senatsliste verbundenen Funktion Gebrauch gemacht wurde, durch

1958

Allgemein liest man immer wieder, dass Sulla den Senat auf 600 Mitglieder verdoppelt habe, was ein Trugschluss aus der Theorie ist, dass die „Sollstärke“ (Linke) des Senats zuvor bei 300 Mitgliedern lag. Appian berichtet nämlich nur von 300 „neuen“ Senatoren, was die Gesamtzahl vermutlich auf 450–500 Senatoren bringt, vgl. Santangelo, Sulla 100, und CCG 17, 2006, 8–10 (mit weiterer Literatur). 1959 Vgl. bei Lex Nr. 135. 1960 Vgl. bei Lex Nr. 141. 1961 Die Urteile der Forschung über die Censur sind vielfältig, sie reichen von „thatsächlich beseitigt“ (Mommsen, StR 2,1.336) über „suspendiert“ (Bringmann, Republik 277), „überflüssig“ (Linke, Röm. Republik 134) und „inutiles (unnütz)“ (Carcopino, Sylla 67 A.1) bis „eliminiert“ (Ingrisch, Sullas dictatura 63; ähnlich Flower, Republics 123) und „abgeschafft“ (Sommer, RG 1.413). 1962 Mommsen, StR 2,1.336 A.3 spricht sich ausdrücklich gegen ein Gesetz zur Abrogation der Zensur aus; umgekehrt schließt Willems, Sénat 1.410, aus der Neuwahl der Zensoren im Jahr 70, dass die Zensur von 81 bis 70 nur wegen der politischen Umstände nicht stattfand. Es habe kein Gesetz gegeben, das bestimmte, dass sie aufs Neue eingerichtet wurde. 1963 Gabba, Republican Rome V.147–149 u. ANRW 1,1.802. 1964 Wittmann, Sulla 578 u. Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.710; ebenso: Willems, Sénat 1.408; Seager, CAH2 9.200–201. 1965 Abgelehnt von Sommer, RG 1.413. 1966 Singulär und durch nichts begründbar ist die Annahme von Tibiletti, SDHI 25, 1959, 120–122, dass Sulla ein Lustrum feierte; dagegen: Keaveney, Sulla 145.

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eine nota (zensorische Rüge über moralisches Fehlverhalten)1967 entweder bereits aufgenommene Senatoren zu übergehen oder Personen mit Anspruch auf einen Senatssitz nicht aufzunehmen. Weitere zensorische Aufgaben wurden vermutlich auf andere Magistrate übertragen.1968 Lit. (nur zur Erweiterung des Senats): Brunt, Social conflicts 110; Carcopino, Sylla 65; Diehl, Sulla 197–198; Fröhlich, Cornelius 392), RE 4,2 (1901) 1559; Graeber, Auctoritas 212–213; Hackl, Gymnasium 94, 1987, 125; Hackl, Senat u. Magistratur 252; Heftner, Gracchen 212–213; Ingrisch, Sullas dictatura 66–67; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 182; Santangelo, CCG 17, 2006, 8–10, 15; Santangelo, Sulla 100; Schur, Marius und Sulla 193–194. Lit. (zur Erweiterung des Senats und zur Zensur): Bringmann, Republik 277–278; Bringmann, Krise 66, 68–69; Carcopino, Sylla 66–67; Christ, Krise 219; Christ, Sulla 125; De Martino, Costituzione 3.97–100; Flower, Republics 121, 123; Frank, ESAR 1.255; Fündling, Sulla 129–130; Fuhrmann, Cicero Reden III, 287–288 A.7; Gabba, ANRW 1,1.802; Gabba, Republican Rome V.147–149; Hantos, Res publica 24–27, 148; Ingrisch, Sullas dictatura 60–64; Keaveney, Sulla 145; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.710; Laffi, Athenaeum 45, 1967, 206–207; Lange, Alterthümer 1.819–820, 2.363–364, 3.164; Last, CAH 9.286–287, 299–300; Letzner, Sulla 279–281; Linke, Röm. Republik 132–134; Marsh / ​Scullard, History 426; Mommsen, StR 2,1.336, 3,2.846–848; Rotondi, Leges 362; Scullard, Gracchi to Nero 81, 413–414; Seager, CAH2 9.200–201; Sommer, RG 1.413; Taylor, Voting Districts 119; Tibiletti, SDHI 25, 1959, 120–122; de Wilde, ZRG 130, 2013, 15–16; Williamson, Laws 337, 342–343; Willems, Sénat 1.401–410; Wittmann, Sulla 578.

156 Lex Cornelia de sponsu 673/81

Gai. 3.124–125: 124. Sed beneficium legis Corneliae omnibus commune est. qua lege idem pro eodem apud eundem eodem anno vetatur in ampliorem summam obligari creditae pecuniae quam in xx milia; et quamvis sponsores vel fidepromissores 1967 1968

Das Fehlen dieser Funktion der Zensoren beklagt Cicero (div. in Caec. 3,8). Nach der Auffassung von Kunkel, Staatsordnung 2.329 A.117, wurden die Konsuln der Jahre 80 und 75 vom Senat mit der Vergabe der öffentlichen Arbeiten beauftragt. Ebenso sind die Konsuln wohl auch für den Abschluss von Pachtverträgen verantwortlich, die von den Zensoren immer auf fünf Jahre, die Dauer eines Lustrums, abgeschlossen wurden, vgl. Mommsen, StR 2,1.336–337 A.4; Last CAH 9.299. – Allgemein zum Aufgabenbereich der Zensoren vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.402–403, und 2.405–471 zu den Einzelheiten.

488

Lex Nr. 156

in amplam pecuniam, velut in sestertium C milia se obligaverint, tamen dumtaxat in xx milia tenentur1969…1970. 125. Ex quibusdam tamen causis permittit ea lex in infinitum satis accipere, veluti si dotis nomine vel eius, quod ex testamento tibi debeatur, aut iussu iudicis satis accipiatur. et adhuc lege vicesima hereditatium cavetur, ut ad eas satisdationes, quae ex ea lege proponuntur, lex Cornelia non pertineat. 124. Die Vergünstigung der lex Cornelia ist allen1971 gemeinsam. Durch dieses Gesetz wird untersagt, dass sich dieselbe Person für denselben Schuldner bei demselben Gläubiger innerhalb eines Jahres für eine höhere Schuldsumme als 20.000 Sesterze verpflichtet; und selbst wenn sich Sponsions-, Fidepromissions- Bürgen für eine ansehnliche Summe verpflichtet haben, etwa für 100.000 Sesterze, so haften sie dennoch nur für 20.000 … 125. In bestimmten Fällen erlaubt das Gesetz jedoch, sich in unbegrenzter Höhe Sicherheit geben zu lassen, etwa wenn man sich wegen einer Mitgift oder wegen dessen, was einem aus einem Testament geschuldet wird, oder auf Anordnung eines Richters Sicherheiten geben lässt. Und außerdem sieht das Gesetz über die fünfprozentige Abgabe auf Erbschaften vor, dass auf die Bürgschaften, die nach diesem Gesetz zugesichert werden, die lex Cornelia sich nicht erstreckt. In die Reihe der Bürgschaftsgesetze fügt Gaius eine lex Cornelia ein, die allem Anschein nach in Sulla ihren Urheber hat1972 und damit vermutlich ins Jahr 811973 zu datieren ist, wenn auch die Vorläufergesetze1974 wie die überwiegende Zahl der Privatrechtsgesetze auf tribunizische Rogationen zurückgeführt werden können. Nach Aussage von Gaius gilt das cornelische Gesetz für alle Arten von Bürgschaften, d. h. sowohl für die zwischen römischen Bürgern als auch die zwischen römischen Bürgern und Nichtbürgern geleisteten wie auch für solche se  – tenentur Textergänzung von Huschke; Manthe ergänzt . 1970 Es folgt eine Erläuterung des Begriffs pecunia credita. 1971 Gemeint sind alle Bürgschaftsarten: sponsio, fidepromissio und fideiussio. Die sponsio gilt nur für römische Bürger, die selbst haften. Die Haftung geht nicht auf die Erben über. Die fidepromissio unterliegt den gleichen Grundsätzen wie die sponsio und gilt für Nichtbürger. Die fideiussio ist die jüngste Form der Bürgschaft. Sie kann von Bürgern wie von Nichtbürgern begründet werden; die Haftung ist vererblich und unbefristet; sie erstreckt sich allerdings nur auf das, was der Hauptschuldner tatsächlich schuldet, und nicht unbedingt auf die gesamte Bürgschaftssumme (Kaser, Privatrecht 1.660–665 u. ders., RPrivR § 57 II). 1972 Allgemein angenommen, doch schon Levy, Sponsio 118, weist in Anlehnung an Girard darauf hin, dass über den Autor der lex Cornelia keine endgültige Sicherheit zu erzielen ist. 1973 Triantaphyllopoulos, RD (4.Ser.) 39, 1961, 516, ist für 82–79 und plädiert außerdem für ein Zenturiatgesetz, was aber nicht verifizierbar ist. – Appleton, ZRG 26, 1905, 42; Broughton, MRR 2.40, u. Andere halten 88 oder 81 für möglich. 1974 Lex Furia (Elster, Gesetze 466–469, Lex Nr. 225), lex Cicereia (Elster, Gesetze 469–471, Lex Nr. 226). 1969 Textlücke:

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Bürgschaften, die auf die Erben des Bürgen übergehen oder die nicht vererbbar sind. Es wird vorgeschrieben, dass man sich für eine bestimmte Person innerhalb eines Jahres einem bestimmten Gläubiger gegenüber nur verpflichten darf, bis zu einer Höhe von 20.000 Sesterzen zu bürgen.1975 Falls man eine Bürgschaft über eine höhere Summe eingegangen ist, haftet man trotzdem nur bis zu dieser Höchstgrenze (20.000 Sesterzen). Damit wird die ursprünglich eingegangene Verpflichtung teilunwirksam. Ob das Gesetz weitere Folgen für Zuwiderhandlungen enthielt, ist nicht bekannt. Gaius zählt lediglich drei Ausnahmen auf, bei denen eine höhere (unbegrenzte)  Bürgschaft erlaubt ist, nämlich bei einer Mitgift, bei einer Schuld aus einem Testament oder bei Kautionen auf richterliche Anordnung. Außerdem findet die lex Cornelia keine Anwendung im Falle eines weiteren Erbschaftsgesetzes, der lex vicesima hereditatium1976. Die Zielrichtung der lex de sponsu wird verschieden gedeutet. Überwiegend ordnet man sie der sullanischen Luxusgesetzgebung zu, entweder direkt als wahrscheinliches (Cuq1977) oder sicheres Kapitel der lex sumptuaria (Voigt1978) oder als eigenständige lex (Daube1979) unter den Luxusgesetzen Sullas zum Schutz derer, die nicht durch soziale Verbindungen gezwungen werden wollen, höhere Summen auszugeben. Im Gegensatz dazu vertritt Wieacker die Ansicht, die lex Cornelia diene dem Schutz der Gläubiger. Für Lange1980 ist die lex „ein Mittel zur Vereinfachung des Schuldenwesens“, für Levy1981 sogar „ein rein politisches Erzeugnis ihrer Tage“. Lit.: Appleton, ZRG 26, 1905, 40–42; Baltrusch, Regimen morum 104 A.438; Botsford, Roman Assemblies 422 A.13; Broughton, MRR 2.40; Cuq, DS 3,2.1138; Daube, Roman Law 121–122, 124; Kaser, Privatrecht 1.250 A.41, 664; Kaser, Verbotsgesetze 53–54; Lange, Alterthümer 2.661, 3.127; Levy, Sponsio 88, 118–120; Mantovani, Legum multitudo 732; Rotondi, Leges 362–363; Siber, Grundzüge 2.179; Sturm, ZRG 99, 1982, 433; 1975 1976 1977 1978 1979 1980

1981

Nicht ausgeschlossen ist – und darauf hat Daube, Roman Law 121 hingewiesen –, dass man für dieselbe Person bei einem anderen Gläubiger ebenfalls bis zur Höchstsumme bürgt. Gesetz des Augustus, die lex Iulia de vicesima hereditat(i)um (5/6 n. Chr.), Rotondi, Leges 457; vgl. Plin. Paneg. 37–39; Dig. 1.2,2,44. Cuq, DS 3,2.1138, unter dem Titel Lex Cornelia de adpromissoribus. Voigt, Abh.Kgl.Sächs.Ges. 42, 1890, 260–261. – Dem schließt sich Rotondi, Leges 362, (mit Vorbehalt) an, ebenso Baltrusch, Regimen morum 104 A.438. Daube, Roman Law 121–122, 124, nennt das „protection of the non-tipper“; ähnlich sieht auch Appleton, ZRG 26, 1905, 42, das Gesetz als Luxusgesetz an. Lange, Alterthümer 3.127. – Lange, Alterthümer 2.661 und a. a. O., geht von zwei Gesetzen der Konsuln des Jahres 88 (L. Cornelius Sulla und Q. Pompeius Rufus) aus. Die von ihm genannte lex Pompeia de sponsu geht auf eine frühere Lesung des Gaius-Textes zurück, heute liest man statt Pompeia allgemein Cicereia, vgl. die Erklärung bei Rotondi, Leges 477. – Die lex Cicereia de sponsu wird auf ca. 581/173 datiert, vgl. Elster, Gesetze 469–471 (Lex Nr. 226). Levy, Sponsio 88.

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Lex Nr. 157

Triantaphyllopoulos, Lex Cicereia 1.143; Triantaphyllopoulos, RD (4.Ser.) 39, 1961, 501, 515–516; Voigt, Abh.Kgl.Sächs.Ges. 42, 1890, 260–261; Wieacker, Privatrechtsgesetzgebung 192; Wieacker, Lex publica 65; Wieacker, Rechtsgeschichte 418; Williamson, Laws 332, 360.

157 Lex Titia alearia / ​Lex Publicia alearia / ​Lex Cornelia alearia ? ad 673/81

Dig. 11.5,2: [Paulus libro nono decimo ad edictum]  … 1 Senatus consultum vetuit in pecuniam ludere, praeterquam si quis certet hasta vel pilo iaciendo vel currendo saliendo luctando pugnando, quod virtutis causa fiat. Paulus, Zum Edikt, 19. Buch: Ein Senatsbeschluss verbot um Geld zu spielen, außer wenn jemand einen Wettkampf im Speer- oder Lanzenwerfen oder im Laufen, Springen, Ringen oder Boxen bestreitet, weil das um der Mannesehre willen geschieht. Dig. 11.5,3: [Marcianus libro quinto regularum] in quibus rebus ex lege Titia et Publicia et Cornelia etiam sponsionem facere licet: sed ex aliis, ubi pro virtute certamen non fit, non licet. Marcian, Grundsätze, 5. Buch: In diesen Fällen ist es sowohl nach der lex Titia als auch der lex Publicia als auch der lex Cornelia sogar erlaubt, eine Wette abzuschließen, aber in anderen Fällen, wo der Wettkampf nicht wegen der Mannhaftigkeit1982 stattfindet, ist es nicht erlaubt. Über die in republikanischer Zeit häufiger ausgesprochenen Verbote von Glücksspielen sind wir nur mangelhaft unterrichtet. Einzig Marcian nennt in einem Zitat aus seiner in den Digesten überlieferten Schrift drei Gesetze zu diesem Thema. Das letzte in der Reihe wird Sulla zugeschrieben, daher gehören die anderen beiden vermutlich ins 2. Jh. bzw. an den Beginn des 1. Jhs.1983 Da es keine weiteren Belege für diese Gesetze gibt, werden sie hier zusammengefasst. Der Abschnitt der Digesten steht unter der Überschrift De aleatoribus, die Glücksspieler. Ein Senatsbeschluss, der nicht datiert werden kann, genügte offensichtlich, allgemein das Verbot des Spielens mit Geldeinsatz auszusprechen. Ausgenommen hiervon sind sportliche Wettkämpfe. Der Gegensatz zwischen sportlichen Wettkämpfen und Glücksspielen wird in drei Gesetzen wieder auf1982 1983

Der vielschichtige Begriff der römischen virtus ist kaum angemessen zu übersetzen. In die Zeit kurz vor 200 fällt die erste überlieferte lex alearia, vgl. Elster, Gesetze 250–252 (Lex Nr. 118). – Sauerwein, leges sumptuariae 49 und 70 A.5, setzt diese erste lex alearia mit der lex Publicia alearia gleich und verbindet sie mit der lex Publicia de cereis (dazu Elster, Gesetze 242–243, Lex Nr. 112). Er schreibt sie demselben Volkstribun Publicius zu und hält für möglich, dass beide Gesetze Teil einer „Regelung privater Festgebräuche“ seien.

Lex Nr. 157

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gegriffen, den leges Titia, Publicia und Cornelia. Vom Inhalt dieser Gesetze ist vermutlich nur ein Teil bekannt. Er enthält eine Erlaubnis und ein Verbot. Das Verbot bezieht sich genau wie bei dem Senatsbeschluss auf das Glücksspiel, die Erlaubnis auf die ehrenhaften Wettkämpfe, doch in den Gesetzen geht es nicht nur um Geld, sondern auch um eine Wette in zivilrechtlich ausgepägter Form. Diese Wette (sponsio) war ein einseitiges Versprechen der einen Wettpartei, das von der Gegenpartei mit einer Spruchformel herausgefordert und dann mit einem zweiten Versprechen beantwortet wurde, das inhaltlich das Gegenstück zum ersten Versprechen enthielt. Jede Partei verspricht also, dem Gegner, wenn seine Behauptung sich als die richtige erweist, eine bestimmte Geldsumme oder einen anderen Einsatz zu leisten. Dass diese Gesetze  – oder wenigstens eines von ihnen  – mit einer Strafdrohung belegt waren, ist zu vermuten; genauere Erkenntnisse gibt es indessen nicht. Cicero1984 spricht zwar in der zweiten philippischen Rede davon, dass ein Spielpartner des Antonius nach einem Gesetz de alea1985 verurteilt, von Antonius später aber rehabilitiert wurde. Doch geht es hier offensichtlich um Glücksspiel und nicht um die Variante der Wettkämpfe nach der lex Titia, lex Publilia und lex Cornelia.1986 Lit.: Baltrusch, Regimen morum 103–104; Bleicken, Lex 169 A.114; Botsford, Roman Assemblies 337 A.6; Broughton, MRR 2.473; Cuq, DS 3,2.1138 (l. Cornelia), 1161 (l. Publicia), 1165 (l. Titia; mit fehlerhaftem Zitat in A.8); Elster, Gesetze 251; Keaveney, Sulla 149 m. A.33; Kuryłowicz, ZRG 102, 1985, 186–187, 191–195, 200–203, 217; Kuryłowicz, FS Pólay 272–273; Lange, Alterthümer 2.661, 670; Letzner1987, Sulla 288; Mantovani, Legum multitudo 732; Mau / ​Leonhard / ​Hartmann, Alea 5), RE 1,1 (1893) 1358–1359; Mommsen StrafR 860–861; Niccolini, FTP 433; Rotondi, Leges 363, 479–480; Sauerwein, leges sumptuariae 49, 70 A.5, 72; Schoenhardt, Alea 15–25; Seager, CAH2 9.203; Siber, Grundzüge 2.179; Thommen, Volkstribunat 66 A.170; Voigt1988, Abh.Kgl.Sächs.Ges. 42, 1890, 257–259; Wieacker, Lex publica 63; Wieacker, Rechtsgeschichte 415 A.21; Williamson, Laws 361.

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Phil. 2.23,56. Alea bezeichnet allgemein ein Spiel mit Knöcheln (tali) oder Würfeln (tesserae) um Geld oder Einsatz, dessen Ergebnis vom Zufall (Glück) abhängt, also das Glücksspiel. 1986 Siber, Grundzüge 2.179, hält die herrschende Meinung, dass es um Kampfspielwetten gehe, für wenig wahrscheinlich. Er rechnet außerdem mit einer Textverderbnis, woraus die Namen von drei Gesetzen entstanden seien. 1987 Hier liegt m. E. eine Fehldeutung des sullanischen Gesetzes vor. 1988 Nach Voigt ist die lex Cornelia alearia Teil der lex Cornelia sumptuaria (Lex Nr. 144). 1985

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Lex Nr. 158

158 Lex Remmia de calumniatoribus ante 674/80

Cic. S. Rosc. 19,55: Ita tamen quaestus te [Erucius] cupidum esse oportebat ut horum existimationem et legem Remmiam putares aliquid valere oportere. So gehörte es sich dennoch – selbst wenn du begierig auf Gewinn bist –, dass du bedachtest, der gute Ruf dieser Männer und die lex Remmia müssten etwas wert sein. Cic. S. Rosc. 20,57: … sed, si ego hos bene novi, litteram illam cui vos usque eo inimici estis ut etiam Kal. omnis oderitis ita vehementer ad caput adfigent ut postea neminem alium nisi fortunas vestras accusare possitis. Aber, wenn ich diese Männer gut kenne, heften sie jenen Buchstaben, dem ihr so sehr feindlich gesinnt seid, dass ihr schon alle Kalenden hasst, so energisch an euren Kopf, dass ihr später mit niemand Anderem außer mit eurem eigenen Schicksal hadern könnt. Schol. Gronov. p.309: L e g e m R e m m i a m . Qua qui calumniabatur damnabatur, si crimen adprobare non poterat. Die lex Remmia. Gemäß diesem Gesetz wurde verurteilt, wer eine falsche Anklage vorbrachte, wenn er das Vergehen nicht nachweisen konnte. Dig. 48.16,1,2 (Marcianus): Calumniatoribus poena lege Remmia irrogatur. Für wissentlich falsche Ankläger wird die Strafe gemäß der lex Remmia verhängt. (1,3) Sed non utique qui non probat quod intendit protinus calumniari videtur: nam eius rei inquisitio arbitrio cognoscentis committitur, qui reo absoluto de accusatoris incipit consilio quaerere, qua mente ductus ad accusationem processit, et si quidem iustum eius errorem reppererit, absolvit eum, si vero in evidenti calumnia eum deprehenderit, legitimam poenam ei irrogat. Aber es wird nicht unbedingt einer, der nicht glaubhaft machen kann, was er zu beweisen suchte, unverzüglich für einen falschen Ankläger gehalten: Denn die Untersuchung dieses Falls wird dem Ermessen des die Verhandlung führenden Richters überlassen, der nach einem Freispruch des Angeklagten beginnt, die Absicht des Anklägers zu erforschen, aus welcher Überlegung er zur Anklage schritt, und wenn er dessen Irrtum ehrlich begründet findet, spricht er ihn frei, wenn er ihn aber bei einer offenkundig falschen Anklage ertappt, verhängt er über ihn die gesetzmäßige Strafe. Dig. 22.5,13 (Papinianus): Quaesitum scio, an in publicis iudiciis calumniae damnati testimonium iudicio publico perhibere possunt. sed neque lege Remmia prohibentur et Iulia  … Ich weiß, dass die Frage gestellt wurde, ob die in Strafprozessen wegen falscher Anklage Verurteilten vor einem Gericht für Strafsachen als Zeugen aussagen können. Aber sie werden weder von der lex Remmia daran gehindert noch von der lex Iulia … Vir. ill. 66,1–2: Marcus Livius Drusus … aedilis munus magificentissimum dedit. Ubi Remmio collegae … Marcus Livius Drusus … gab als Aedil äußerst prächtige Spiele. Dort … dem Kollegen Remmius …

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Bei Cicero, dem Scholiasten und auch noch in den Digesten Justinians wird eine lex Remmia genannt. Offensichtlich wird auf Grund dieses Gesetzes bestraft, wer eine Anklage erhebt, die im Gerichtsverfahren nicht bewiesen werden kann, so dass der Prozess mit einem Freispruch des Angeklagten endet. Der Scholiast behauptet lapidar, dass auf eine falsche Anklage eine Strafe folgt. Nach den Digesten (48.16,1,2) dagegen sind die Richter gehalten, den Ankläger nicht sofort zu bestrafen, sondern sie dürfen vor einer Verurteilung nachforschen, ob die Anklage auf einem Irrtum oder auf Absicht beruht, und nur Letzteres ist strafbar. Der Tatbestand der calumnia ist also mit „wissentlich falscher Anklage“1989 zu umschreiben, bei der außerdem Böswilligkeit unterstellt wird. Die Strafe für den falschen Ankläger war im Gesetz vorgeschrieben (legitima poena), wird aber in den Texten nicht explizit genannt.1990 Aus Ciceros Worten könnte man ableiten, dass der Buchstabe K (für calumnia)  an der Stirn des Verurteilten „befestigt“ wird, doch das Wie ist unbekannt und erst recht, ob es sogar eine dauerhafte Einprägung bzw. Brandmarkung war.1991 Vermutlich wurde von der lex Remmia jedoch keine Körperstrafe1992, sondern eher eine Ehrenstrafe vorgeschrieben, die Cicero mit ignominia1993 benennt. In der juristischen Literatur heißt sie infamia1994, was mit dem Verlust bürgerlicher Ehrenrechte gleichzusetzen ist, ohne dass die Folgen im Einzelnen umfassend erkennbar sind.1995 Zwei Bestandteile sind explizit benannt: Ein nach der lex Remmia 1989 1990 1991

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1993 1994 1995

So schon Zumpt, Criminalprocess 380–381. Nach Levy, ZRG 53, 1933, 164, war die Strafe, die von Marcian (Dig. 48.16,1,3) als legitima bezeichnet wird, eine andere als die in der lex Remmia vorgeschriebene. Schon Strachan-Davidson, Criminal Law 2.140, war der Überzeugung, dass Ciceros Worte nicht buchstäblich, sondern metaphorisch zu verstehen seien; der Buchstabe K wird seiner Meinung nach in den praetorischen Listen zu den Namen der infames hinzugefügt. Levy, ZRG 53, 1933, 154–157, bezeichnet in überzeugender Beweisführung die Brandmarkung als Fabel; eine solche Strafe passe nicht in die Zeit. Cicero habe sich in Bildern bewegt, und caput sei hier als Ausdruck für die bürgerliche Ehre gebraucht. – Brandmarkung als Strafe wird jedoch angenommen von Rein, Criminalrecht 809–810; Botsford, Roman Assemblies 400; Genzmer, ZRG 62, 1942, 127; Fuhrmann Reden I, 369 A. 19. Für Hitzig, Calumnia, RE 3,1 (1897) 1416, besteht die Brandmarkung darin, dass der Buchstabe K „an den Kopf geheftet“ wurde. Für die Spätantike, vielleicht unter dem Einfluss christlichen Gedankenguts, gilt explizit, dass Verurteilte nicht im Gesicht beschrieben werden sollen (Cod. 9.47,17 – zum Jahr 315 n. Chr.). Cic. Cluent. 31,86. Rein, Criminalrecht 810; Greenidge, Infamia 122; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.138; Levy, ZRG 53, 1933, 161; Kaser, ZRG 73, 1956, 257–258. Mommsens Aufzählung (StrafR 494–495) umfasst die Zurückweisung des Verurteilten bei der Ämterbewerbung, bei der Stimmabgabe, bei der Aushebung und bei der gerichtlichen Vertretung – was z. T. nicht zu belegen ist; andere, besser beglaubigte Punkte finden sich bei Strachan-Davidson, Criminal Law 2.137, und Levy, ZRG 53, 1933, 159–162. – Botsford,

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Verurteilter ist immer noch befähigt, in einem Gerichtsverfahren als Zeuge aufzutreten (Dig. 22.5,13)1996, Ankläger darf er jedoch künftig nicht mehr sein (Cic. S. Rosc. 20,57). Wann genau dieses Gesetz verabschiedet wurde, lässt sich aus den Quellen nicht ablesen. Ciceros Rede für Sex. Roscius aus dem Jahr 80 stellt jedoch einen terminus ante quem dar.1997 Aus der Bezeichnung des Gesetzes schließt man allgemein auf eine tribunizische Rogation. Und da in der Schrift De viris illustribus ein Remmius als Kollege von M. Livius Drusus (d. J.) im Aedilenamt genannt wird, könnte man die lex Remmia als Gesetz dieses Remmius aus seinem Volkstribunat auffassen und käme damit auf eine Datierung um das Jahr 91.1998 Doch wegen des Mangels an weiteren Quellen muss das eine Vermutung – wenn auch eine mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit – bleiben. Lit.: Botsford, Roman Assemblies 400; Broughton, MRR 2.473, 3.181; Brunt, Fall 219; Julio G.  Camiñas, La lex Remmia de calumniatoribus, Santiago de Compostela 19841999; Cuq, DS 3,2.1162; Fuhrmann Reden I, 369 A.19; Genzmer, ZRG 62, 1942, 127; Greenidge, Abel Hendy Jones, Infamia. Its place in Roman public and private Law, Oxford 1894 (NDr. Aalen 1977); Hitzig, Calumnia, RE 3,1 (1897) 1416; Kaser, ZRG 73, 1956, 257–258; Lange, Alterthümer 2.665, 3.101; Levy, ZRG 53, 1933, 153–164; Lindsay, CPh 44, 1949, 241; Lintott, Judicial reform 119; Mommsen, StrafR 402 A.5, 491–496; Niccolini, FTP 433–434; Rein, Criminalrecht 807–811; Robinson, Criminal law 99–100; Rotondi, Leges 363–364; Santalucia, Diritto 77, 122; Santalucia, Studi 202, 208 A.179; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.137–142; Thommen, Volkstribunat 121 A.77; E. Weiss, Lex Remmia, RE 12,2 (1925) 2405; Willems, Sénat 1.221; Wittmann, ZRG 91, 1974, 326–327; Zoz de Biasio, Labeo 32, 1986, 223–226; Zumpt, Criminalprocess 374–386.

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Roman Assemblies 400, behauptet sogar einen „loss of citizenship“, wofür es keinen Anhaltspunkt gibt. Von Mommsen, StrafR 402 A.5, wohl zu Unrecht abgelehnt. Auf „vor 80“ datieren Mommsen, StrafR 491; Lange, Alterthümer 2.665; Willems, Sénat 1.221; Botsford, Roman Assemblies 400; Thommen, Volkstribunat 121 A.77; Santalucia, Diritto 77, u. ders., Studi 202. – Zumpt, Criminalprocess 380, vermutet die lex Remmia in der Zeit der Gracchen. 91 bekleidet Drusus das Volkstribunat. Lange, Alterthümer 3.101, nimmt daher an, dass Remmius auch in diesem Amt Kollege von Drusus war, was aber nicht zu belegen ist. Dieser Annahme folgen Brunt, Fall 219, u. Camiñas, Lex Remmia. Das Buch konnte nicht eingesehen werden, nur die Rezension von M. G. Zoz de Biasio, Labeo 32, 1986, 223–226.

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159 Rogatio Cornelia de reditu Cn. Pompei 673/81 od. 674/80

Gell. 10.20,10: Sallustius quoque, proprietatum in verbis retinentissimus, consuetudini concessit et privilegium, quod de Cn. Pompei reditu ferebatur, „legem“ appellavit. Verba ex secunda eius Historia haec sunt: „Nam Sullam consulem de reditu eius legem ferentem ex conposito tr. pl. C. Herennius prohibuerat.“ (= Sall. Hist. 2.21 M.2000) Auch Sallust, der bei Wörtern am ehesten an ihren eigentlichen Bedeutungen festhält, machte ein Zugeständnis an den allgemeinen Sprachgebrauch und bezeichnete das Privilegium, das wegen der Rückkehr des Cn. Pompeius beantragt wurde, als „Gesetz“. Seine Worte aus dem 2. Buch seines Geschichtswerks sind folgende: „Denn als der Konsul Sulla das Gesetz über dessen Rückkehr beantragte, hatte es der Volkstribun C. Herennius wie verabredet verboten.“ Als Konsul bringt L. Cornelius Sulla den Gesetzesvorschlag ein, dass Pompeius – so die Kurzfassung bei Sallust – aus Africa nach Hause zurückkehren soll. Offensichtlich verfügt aber Pompeius über Verbindungen nach Rom, so dass diese Forderung keine Geltung erlangt. In der Pompeiusvita Plutarchs (13,1) wird die Forderung nach einer Rückkehr in einem Brief Sullas an Pompeius ausgesprochen, verbunden mit der Auflage, sechs Legionen seines Heeres zu entlassen und die übrigen Truppen seinem Nachfolger zu übergeben. Pompeius weigerte sich, der Aufforderung nachzukommen – Plutarch stellt das so dar, als ob er von seinen Soldaten dazu gezwungen wurde. Vielleicht ist daher die zeitliche Reihenfolge der Texte umzudrehen: zuerst versuchte Sulla kraft seiner Befehlsgewalt, das Imperium des Propraetors Pompeius2001 zu beenden, und als das nicht gelang, brachte er eine Gesetzesvorlage dieses Inhalts ein, die dann aber auch scheiterte.2002 Pompeius kehrte schließlich, jedoch mit seinen Truppen, nach Rom zurück und provozierte eine neue Auseinandersetzung, die aber wohl unabhängig von der eben genannten Rogation2003 zu betrachten ist. Denn Pompeius forderte nun 2000

Das Fragment wird kontrovers datiert, vgl. Badian, Hermes 83, 1955, 109–112; dagegen: Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.657 A.365. 2001 Pompeius hatte bis dahin noch kein einziges ordentliches Amt in Rom bekleidet. 2002 Zur Interzession des Volkstribunen Herennius vgl. Hantos, Res publica 137–138, Thommen, Volkstribunat 231, und die Meinung von Badian, Hermes 83, 1955, 111, dass sich diese Episode bei Sallust auf Cn. Pompeius Strabo bezieht. 2003 Kunkel, Staatsordnung 2.309 A.46, sieht in der von Sallust genannten Rogation die Voraussetzung für den Triumph: Sie sollte die Verlängerung des Imperiums gewähren, was zur Durchführung eines Triumphes notwendig war; durch ihr Scheitern sei der Triumph verhindert worden. Entgegen den Quellenzeugnissen setzt Kunkel Pompeius’ ersten Triumph erst ins Jahr 71.

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für seine Taten einen Triumph, was Sulla zunächst unter Hinweis auf das Herkommen ablehnte,2004 später jedoch offensichtlich zugestand.2005 Denn getragen von der Gunst des Volkes und seinen Soldaten feierte Pompeius am 12. März des Jahres 81, 80 oder 792006 einen Triumph, der in den Quellen vor allem deswegen gerühmt wird, weil ein römischer Ritter – und kein Amtsträger – und zugleich ein junger Mann von 24 bis 26 Jahren triumphierte2007, der noch nicht einmal Mitglied des Senats war. 2004

Prominentestes Beispiel dafür ist Scipio Africanus, dem ebenfalls mit der Begründung, dass er noch kein ordentliches Amt bekleidet hatte, der Triumph verweigert wurde (Liv. 28.38,4). 2005 Plut. Pomp. 14,1–3 (beinahe identisch: Plut. mor. (Apophth. rom.) 203,5) stellt das so dar, als ob Sulla (in seiner Eigenschaft als Diktator?) die Erlaubnis zum Triumph erteilt, wobei eine staatsrechtliche Begründung unterbleibt; ebenso App. civ. 1.80,368. Lundgreen, Regelkonflikte 235, denkt an einen „problemlos ergangenen“ Volksbeschluss, was fragwürdig ist. 2006 Wegen einer Lücke ist der Triumph in den Fasti Triumphales (CIL 12 ,1. p.178) nicht erhalten; deshalb hier eine Auswahl aus der Diskussion um das Datum: Smith, Phoenix 14, 1960, 10–12, legt den Triumph in das Jahr 80; ebenso Twyman, Date 174–208. – Badian, Hermes 83, 1955, 117–118 (erneut Hermes 89, 1961, 254–256), ihm folgend Gabba, Appian 1.216 (zu civ. 1.80,368); Keaveney, AC 51, 1982, 132; Hillman, Latomus 56, 1997, 106 A.36, und Blösel, Röm. Republik 200, sind (eher) für 81. – Last, CAH 9.280, Broughton, MRR 2.84 A.5 (85) und Christ, Pompeius 36, entscheiden sich für 79, Last hält aber auch 80 für wahrscheinlich, ebenso Seager, Pompey 29. – Weitere Hinweise z. B. bei Girardet, Chiron 31, 2001, 163 m. A.30. 2007 Quellen für den Triumph: Plut. Pomp. 14; Cic. Manil. 21,61: quid tam praeter consuetudinem quam homini peradulescenti … imperium atque exercitum dari, Siciliam permitti atque Africam bellumque in ea provincia administrandum? … bellum in Africa maximum confecit, victorem exercitum deportavit. Quid vero tam inauditum quam equitem Romanum triumphare? Was war so gegen das Herkommen als einem ganz jungen Mann … ein Imperium und ein Heer zu geben, ihm Sizilien und Africa anzuvertrauen und den Krieg, der in dieser Provinz geführt werden musste? Er vollendete in Africa diesen überaus bedeutenden Krieg und führte seine siegreichen Truppen nach Hause zurück. Was nun war so unerhört, als dass ein römischer Ritter einen Triumph feierte? Plin. nat. 7.96: Africa subacta … eques Romanus, id quod antea nemo, curru triumphali revectus … Nachdem Africa unterworfen war, kehrte der römische Ritter – was vorher niemand tat – im Triumphwagen zurück. Liv. per. 89: Cn. Pompeius … quattuor et viginti annos natus, adhuc eques Romanus, quod nulli contigerat, ex Africa triumphavit. Cn. Pompeius, 24 Jahre alt und bis dahin römischer Ritter, triumphierte über Africa, was niemandem bis dahin gelungen war. Eutr. 5,9: Cn. etiam Pompeius, quod nulli Romanorum tributum erat, quartum et vicesimum annum agens de Africa triumphavit. Auch Gnaeus Pompeius feierte – was noch keinem Römer zugestanden worden war – in seinem 24. Lebensjahr einen Triumph über Africa. Vir. ill. 77,2: (Cn. Pompeius Magnus) viginti sex annos natus triumphavit. (Cn. Pompeius Magnus) hat im Alter von sechsundzwanzig Jahren einen Triumph gefeiert. Gran. Licin. 36,2: et Pompeius annos natus XXV, equs Romanus, [qu]od nemo antea, pro praetore ex Africa triu[mph]avit IIII idus Martias. Und Pompeius, 25 Jahre alt und Angehöriger des römischen Ritterstandes, feierte, was niemand vor ihm tat, als Propraetor am 12. März einen Triumph über Africa. App. civ. 1.80,368: ἐφ᾿ ᾧ δὴ καὶ ϑριαμβεῦσαι κατὰ τῶν Νομάδων αὐτῷ παρέσχεν ὁ Σύλλας ἔτι ὄντι νέῳ καὶ ὄντι τῶν ἱππέων.

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Lit.: Badian, Hermes 83, 1955, 107–118; Blösel, Röm. Republik 200; Bringmann, Krise 70; Broughton, MRR 2.80, 81 u. 84 m. A.5; Carcopino, Sylla 141–142; Christ, Krise 224; Christ, Sulla 112–113; Christ, Pompeius 34–36; Cuq, DS 3,2.1141; Erdmann, Heer 80–82; Gabba, Appian 1.216, 443; Hantos, Res publica 135–138; Heftner, Gracchen 209–210; Hillman, Latomus 56, 1997, 94–106 (zu Plut. Pomp. 13,1–4); Keaveney, AC 51, 1982, 128–132; Kunkel, Staatsordnung 2.309 A.46; Kunkel / ​Wittmann, Staatsordnung 2.657; Lange, Alterthümer 2.678, 3.168–169; Last, CAH 9.279–280; Lundgreen, Regelkonflikte 197, 212–213, 233–236; Rotondi, Leges 364; Schur, Marius und Sulla 209–211; Scullard, Gracchi to Nero 78, 412; Seager, CAH2 9.196–197; Seager, Pompey 28–29; Smith, Phoenix 14, 1960, 2–3, 8–9, 10–11; Thommen, Volkstribunat 99; Twyman, B. L., The date of Pompeius Magnus’ first triumph, in C.  Deroux (ed.), Studies in Latin Literature and Roman History, Brüssel 1979, 174–208 (Twyman, Date); Williamson, Laws 361.

160 Lex Fabia de plagiariis2008 2. oder 1. Jh.

Cic. Rab. perd. 3,8: An de servis alienis contra legem Fabiam retentis, aut de civibus Romanis contra legem Porciam verberatis aut necatis plura dicenda sunt, … Oder muss ich etwa über die fremden Sklaven, die entgegen der lex Fabia zurückgehalten wurden, oder über die römischen Bürger, die entgegen der lex Porcia2009 ausgepeitscht oder getötet wurden, ausführlicher reden? Coll. 14.2: PAULUS libro sententiarum V sub titulo ad legem Fabiam: 1. Lege Fabia tenetur, qui civem Romanum ingenuum libertinumve servumve alienum celaverit vendiderit vinxerit comparaverit. 2. Et olim quidem huius legis poena nummaria fuit, … Paulus, im fünften Buch der Sententiae unter der Überschrift „Zur lex Fabia“: 1. Unter die lex Fabia fällt, wer einen freigeborenen römischen Bürger oder einen Freigelassenen oder einen fremden Sklaven verborgen hält, verkauft, gefesselt hält oder erwirbt. 2. Und einst jedenfalls ist die Strafe dieses Gesetzes eine Geldbuße gewesen, … Coll. 14.3: ULPIANUS libro nono de officio proconsulis sub titulo ad legem Fabiam: 4. Lege autem Fabia tenetur, qui civem Romanum eumve, qui in Italia liberatus sit, celaverit vinxerit vinctumve habuerit, vendiderit emerit, quive in eam Diesem (Pompeius) gestattete Sulla, einen Triumph über die Numider zu feiern, obwohl er noch jung war und dem Ritterstand angehörte. 2008 Der Titel des Gesetzes folgt der Kapitelüberschrift der Digesten; einige (Berger, RE Suppl. 7 (1940) 386; Crawford, Roman Statutes, Nr. 51, 2.755) nennen das Gesetz lex Fabia de plagio (so auch Dig. 48.15,1). 2009 Elster, Gesetze 296–301 (Lex Nr. 142).

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rem socius fuerit: cui capite primo eiusdem legis poena iniungitur. Si servus quis sciente domino fecerit, dominus eius sestertiis quinquaginta milibus eodem capite punitur. 5. Eiusdem legis capite secundo tenetur, qui alieno servo persuaserit, ut dominum fugiat quive alienum servum invito domino celaverit vendiderit emerit dolo malo, quive in ea re socius fuerit: iubeturque populo sestertia quinquaginta milia dare. Et reliqua. Ulpian, im neunten Buch über das Amt des Proconsuls unter der Überschrift „Zur lex Fabia“: 4. Unter die lex Fabia fällt, wer einen römischen Bürger oder einen, der in Italien freigelassen wurde, verborgen oder gefesselt hält oder gefesselt hatte, verkauft oder kauft oder wer bei dieser Angelegenheit Mittäter war. Anschließend folgt im ersten Kapitel desselben Gesetzes die Strafe. Wenn ein Sklave mit Wissen seines Herrn handelt, wird sein Herr nach demselben Kapitel zu 500.000 Sesterzen verurteilt. 5. Nach dem zweiten Kapitel des Gesetzes macht sich schuldig, wer einen fremden Sklaven überredet, vor seinem Herrn zu fliehen oder wer einen fremden Sklaven gegen den Willen seines Herrn versteckt, in betrügerischer Absicht verkauft oder kauft, oder wer bei dieser Angelegenheit Mittäter gewesen ist. Und es wird verordnet, an die Staatskasse 500.000 Sesterzen zu zahlen. Und so weiter. Dig. 48.15: De lege Fabia de plagiariis 15,1. (Ulpian) Si liberum hominem emptor sciens emerit, capitale crimen adversus eum ex lege Fabia de plagio nascitur, quo venditor quoque fit obnoxius, si sciens liberum esse vendiderit. Wenn ein Käufer wissentlich einen freien Menschen gekauft hat, so geht aus der lex Fabia über plagium2010 hervor, dass er ein Kapitalverbrechen begangen hat. Dadurch wird auch der Verkäufer straffällig, wenn er wissentlich einen Freien verkauft hat. 15,3. (Marcianus) Legis Fabiae crimine suppressi mancipii bona fide possessor non tenetur, id est qui ignorabat servum alienum et qui voluntate domini putabat id eum agere, et ita ‚de bona fide possessore‘ ipsa lex scripta est: nam adicitur ‚si sciens dolo malo hoc fecerit‘. Unter das Vergehen des gewaltsam unterdrückten Eigentums auf Grund der lex Fabia fällt ein gutgläubiger Besitzer nicht, d. h. wer einen fremden Sklaven nicht kannte und wer glaubte, dass dieser mit Willen seines Herrn handele. Und so lautet das Gesetz selbst über den gutgläubigen Besitzer; denn es wird hinzugefügt „wenn er das wissentlich in betrügerischer Absicht getan hat“. 15,4. (Gaius) Lege Fabia tenetur qui sciens liberum hominem donaverit vel in dotem dederit, item qui ex earum qua causa sciens liberum esse acceperit, in eadem 2010

Laut Berger, Lex Fabia 2), RE Suppl. 7 (1940) 387, ist plagium eine Sammelbezeichnung, die mit einem einzigen deutschen Wort kaum wiedergegeben werden kann. Meist wird es übersetzt als „Menschenraub“; Mommsen (StrafR ) schreibt „Anmassung des Herrenrechts“; Rein, Criminalrecht 386, führt zwei Bedeutungen an: Menschenraub, d.h einen freien Menschen gegen seinen Willen unfrei machen, und „die sich über einen fremden Sclaven widerrechtlich angemasste Gewalt“.

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causa haberi debeat, qua venditor et emptor habetur. idem et si pro eo res permutata fuerit. Unter die lex Fabia fällt, wer wissentlich einen freien Menschen verschenkt oder ihn in eine Mitgift gibt. Ebenso muss einer, der aus einem dieser Gründe wissentlich einen Freien angenommen hat, ebenso betrachtet werden wie der Verkäufer und der Käufer. Dasselbe gilt auch für ihn, wenn die Sache getauscht worden ist. 15,6 (Callistratus): 2. Lege Fabia cavetur, ut liber qui hominem ingenuum vel libertinum invitum celaverit invinctum habuerit emerit sciens dolo malo quive in earum qua re socius erit, quique servo alieno servaeve persuaserit, ut a domino dominave fugiat, vel eum eamve invito vel insciente domino dominave celaverit, invinctum habuerit emerit sciens dolo malo quive in ea re socius erit, eius poena teneatur. Durch die lex Fabia wurde angeordnet, …2011 15,7 (Hermogenianus): Poena pecuniaria statuta lege Fabia in usu esse desiit: nam in hoc crimine detecti pro delicti modo coercentur et plerumque in metallum damnantur. Die gemäß der lex Fabia festgelegte Geldstrafe hat aufgehört in Gebrauch zu sein; denn die bei diesem Vergehen Entdeckten werden entsprechend der Art ihres Verbrechens bestraft und meistens zur Arbeit im Bergwerk verurteilt. Dig. 40.1,12 (Paulus): Lege Fabia prohibetur servus, qui plagium admisit, pro quo dominus poenam intulit, intra decem annos manumitti. Durch die lex Fabia wird verboten, dass ein Sklave, der ein plagium begangen hat und für das sein Herr die Strafe auf sich lud, innerhalb von zehn Jahren freigelassen wird.2012 Inst. 4.18,10: Est inter publica iudicia lex Fabia de plagiariis, quae interdum capitis poenam ex sacris constitutionibus irrogat, interdum leviorem. Zu den öffentlichen Strafverfahren gehört auch das gemäß der lex Fabia de plagiariis (über die Menschenräuber), die in manchen Fällen entsprechend den kaiserlichen Konstitutionen die Todesstrafe und in manchen eine geringere Strafe verhängt.2013 Apul. met. 8.24,4: (Ein Ausrufer preist den Esel auf dem Markt zum Verkauf an. Zu einem Käufer:) Quamquam enim prudens crimen Corneliae legis incurram, si civem Romanum pro servo tibi vendidero, quin emis bonum et frugi mancipium, quod te et foris et domi poterit iuvare. Obwohl ich nämlich wissentlich in ein Vergehen nach der lex Cornelia hineingerate, wenn ich dir einen römischen Bürger als Knecht verkaufe, warum kaufst du nicht diesen guten und braven Sklaven, der dir außerhalb des Hauses und auch im Hause nützlich sein kann?2014 2011

Inhaltlich übereinstimmend mit den Worten von Paulus (Coll. 14.2,1) und Ulpian (Coll. 14.3,4), daher wird auf eine erneute Übersetzung verzichtet. 2012 Erläuterung zu diesem Text bei Kaser, Verbotsgesetze 43 m. A.2a; vgl. dazu die Rezension von Sturm, ZRG 99, 1982, 432. 2013 Weitere Belegstellen aus dem Codex Theodosianus (9.18) und dem Codex Justinianus (9.20) zeigen mit vielfältigen neuen Regelungen die fortdauernde Geltung des Gesetzes in der Kaiserzeit, das weiterhin den Namen lex Fabia trägt. 2014 In diesem Text erfüllt der Ausrufer den Tatbestand des plagium, damit hätte er nach der lex Fabia eine Strafe verdient. Er beruft sich jedoch auf eine sonst unbekannte lex Cornelia, die

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Eine lex Fabia republikanischen Ursprungs hat das Delikt plagium zum Thema, das offenbar in verschiedene Tatbestände gegliedert ist. Vermutlich enthielt das Gesetz von Anfang an mehrere Kapitel, denn Ulpian (Coll. 14.3,4–5) führt schon zwei Kapitel der lex Fabia an. Im ersten wurde vorgeschrieben, dass einer, der einen freien römischen Bürger oder einen Freigelassenen oder einen fremden Sklaven verborgen oder gefesselt festhält, den Tatbestand der lex Fabia erfüllt. Ebenso dürfen diese Personen weder verkauft noch gekauft werden. Ein Mittäter in dieser Angelegenheit macht sich genauso schuldig. Und schließlich enthielt das erste Kapitel noch die im Gesetz vorgesehene Strafe. Ulpian führt diese nur für den Fall weiter aus, dass ein Sklave mit Wissen seines Herrn gegen die lex Fabia verstieß: Der Herr wird zu einer Geldstrafe verurteilt. Offenbar war die Strafe nach der lex Fabia überhaupt zunächst eine Geldstrafe (poena nummaria)2015, zahlbar an die Staatskasse, das aerarium. Von Ulpian (Coll. 14.3,4) wird diese mit 500.000 Sesterzen beziffert, was jedoch möglicherweise eine erst in der Kaiserzeit geltende Summe bezeichnet. Nach Hermogenian (Dig. 48.15,7) ist diese Strafe später nicht mehr in Gebrauch. Das ist auch aus den juristischen Quellen ersichtlich; denn die Strafbestimmung der lex Fabia wurde durch kaiserliche Verordnungen deutlich verschärft (Arbeit im Bergwerk bzw. Kreuzigung für humiliores, Konfiszierung der Hälfte des Besitzes und Relegierung auf unbegrenzte Zeit für honestiores nach Paulus2016; Todesstrafe oder eine nicht genauer beschriebene mildere Strafe nach den Institutionen2017). Die ursprüngliche Geldstrafe hat sich vielleicht nur in dem oben angeführten Fall erhalten, wenn der Herr für eine Tat seines Sklaven bezahlen musste, weil sie mit seinem Wissen geschah. Ob der Sklave ebenfalls bestraft wurde, geht aus den Quellen nicht hervor.2018 Allerdings wurde die Freilassung des Sklaven innerhalb von zehn Jahren von der lex Fabia verboten (Dig. 40.1,12).

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wohl auf Sulla zurückgehen soll. Da Apuleius in den Metamorphosen oft mehr oder weniger explizit auf rechtliche Dinge anspielt und sie dabei ins Komische oder sogar Lächerliche verkehrt, scheint am ehesten die Erklärung von Fritz Norden (Apuleius und das römische Privatrecht 82–84) plausibel, dass Apuleius sich hier einen Scherz erlaubt, indem er Wohlbekanntes falsch zitiert. Nach Mommsen, StrafR 780 A.2, nennt Apuleius das cornelische Gesetz „wohl aus Versehen“. Nicht zutreffend ist dagegen die Auffassung, dass es sich hier um eine sonst nicht bekannte Bestimmung der lex Cornelia de falsis (vgl. Lex Nr. 146) handelt, da deren Inhalt kaum zu einem Vergehen wie plagium passt, vgl. R. G. Summers, A Legal Commentary on the Metamorphoses of Apuleius, Princeton University, PhD 1967 (Ann Arbor, Michigan 1969), 280–282. Auch Zumpt, Criminalrecht 2,2.36, lehnt diese Beziehung ab, stattdessen sieht er die capitale Bestimmung aus der lex Fabia von Sulla in dessen Gesetz über Mord (lex de sicariis et veneficis, Lex Nr. 147) aufgenommen; Manfredini, Sodalitas 5.2222–2223, schließt sich dem an. Coll. 14.2,1. Coll. 14.2,2–3. Inst. 4.18,10. Rein, Criminalrecht 387, hält für erwiesen, dass der Sklave „ohne Strafe sey“.

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Das zweite Kapitel beinhaltet weitere Tatbestände in Bezug auf fremde Sklaven: Es wird unter Strafe gestellt, wenn man einen fremden Sklaven überredet, seinem Herrn zu entfliehen, oder einen fremden (geflohenen) Sklaven bei sich aufnimmt oder ihn verkauft. Und auch der Käufer eines fremden Sklaven macht sich strafbar, wenn der Verkauf ohne das Einverständnis seines Herrn geschieht. Allerdings gilt der Grundsatz, dass bei diesen Rechtsgeschäften wissentlich eine böse Absicht (sciens dolo malo) vorliegt. Ein gutgläubiger Besitzer oder Käufer wird nicht bestraft. Ebenso wie im ersten Kapitel gilt ein Mittäter auch bei den Tatbeständen des zweiten Kapitels dem Täter gleich. Über die zwei Kapitel hinaus, welche die lex Fabia mindestens enthielt, ist nicht sicher festzulegen, ob weitere Teile des Digestenkapitels über die lex Fabia (48.15) dem ursprünglichen Gesetz zuzuordnen sind, so etwa der Abschnitt 4 über das Verschenken eines Freien, allgemein oder als Teil einer Mitgift. Berger2019 hält diese von Gaius überlieferte Bestimmung für späteres Recht, Rein2020 dagegen für republikanisch. Huvelin2021 konstruiert für die lex Fabia ein drittes Kapitel, das sich mit der Verfolgung flüchtiger Sklaven befasste und Nachforschungen bzw. Hausdurchsuchungen bei Verdächtigen gestattete.2022 Doch die Vorkehrungen, die in Verbindung mit servi fugitivi getroffen wurden, passen auch zum Inhalt von Kapitel zwei. Möglicherweise wurde ein dort vorhandener Grundsatz durch kaiserzeitliche Zusätze ausgeweitet und mit weiteren Einzelheiten versehen. Eindeutig überliefert ist nur der Name des Gesetzes, lex Fabia. Mehrdeutig und unsicher bleiben die Datierung und der Urheber der lex. Aus Ciceros Rede de  Rabirio ergibt sich lediglich, dass die lex Fabia zu diesem Zeitpunkt (63) bereits in Kraft und auch offenbar allseits bekannt war, so dass Cicero sich damit begnügen kann, einen Punkt des Inhalts hervorzuheben. Weitere Quellen aus republikanischer Zeit fehlen, die häufigen Darstellungen und Erläuterungen zu diesem Gesetz bei den klassischen und spätklassischen Juristen zeigen aber, dass die lex Fabia – wenn auch mit gravierenden Modifikationen, etwa bei den Strafen – bis weit in die Kaiserzeit gültig war und offenbar eine große Rolle spielte. Und weil als Autor ein Mitglied der gens Fabia in Betracht kommt, erübrigt sich eigentlich jede Spekulation.2023 Nicht einmal das Amt des Fabiers lässt sich 2019

Berger, RE Suppl. 7 (1940) 390. Rein, Criminalrecht 387. 2021 Huvelin, Furtum 107, 112–114; vgl. dazu Berger, RE Suppl. 7 (1940) 390–391. Auch Cuq, DS 3,2.1143, hält ein drittes Kapitel für möglich. 2022 Die von Huvelin, Furtum 115, als Belegstelle angeführte Szene aus Plaut. Merc. 663–665, muss keinen gesetzlichen Hintergrund haben, sie spiegelt mit dem Gang zum Praetor eher eine polizeiähnliche Vorgehensweise wider. 2023 Die Datierung bewegt sich zwischen „vermutlich 209 v. Chr.“ (Rotondi, Leges 258; Inst. 4.18, S.258 A.1), vor Plautus (Botsford, Roman Assemblies 357; Cuq, DS 3,2.1143; Huvelin, Furtum 116), Gesetz des Konsuls Q. Fabius Labeo, 183 (Lange, Alterthümer 2.663), und dem 1. Jh., jedenfalls vor 63 – wegen Cic. Rab. perd. 3,8 – (Kunkel, Quaestio 747; Crawford, 2020

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bestimmen, es werden erwogen das Konsulat (Lange), aber auch Praetur (Niccolini) oder Volkstribunat (Niccolini, Thommen)2024. Lediglich ein Anhaltspunkt für die Datierung lässt sich aus den überlieferten juristischen Texten gewinnen. Unter der Voraussetzung, dass Paulus, Ulpian und Callistrat den ursprünglichen Gesetzestext bewahrten2025, ist eine Gleichzeitigkeit mit den inschriftlich überlieferten spätrepublikanischen Gesetzen vom Beginn des 1. Jhs. denkbar; denn in ihrer Sprache ist die gleiche umständliche Genauigkeit mit der Abfolge mehrerer Möglichkeiten (domino dominave, servo alieno servaeve, celaverit vinxerit vinctumve habuerit, vendiderit emerit) zu beobachten. Die lex Fabia gilt als eine der leges iudiciorum publicorum, der Gesetze über die öffentlichen Strafverfahren.2026 Doch bleibt ungewiss, ob für plagium eine eigene quaestio eingerichtet wurde.2027 Lit.: Bauman, ANRW 2,13.106; Bauman, Crime 24, 30, 110–114; Behrends, Zwölftafelprozeß 15 A.27; Adolf Berger, Lex Fabia 2), RE Suppl. 7 (1940) 386–394; Botsford, Roman Assemblies 357; Broughton, MRR 2.469; Crawford, Roman Statutes, Nr. 51, 2.755; Cuq, DS 3,2.1143; Daube, Collected Studies 502–504; Fabre, Libertus 13, 25, 76; Ferrini, Diritto penale 425–427; Gardner, Women 220; Gruen, Roman Politics 264; Huvelin, Furtum 105–116; Jones, Criminal courts 57, 74; Kaser, Verbotsgesetze 43 m. A.2a; Kunkel, Quaestio 747–748; Lambertini 2028, Plagium 9–41; Lange, Alterthümer 2.663, 3.5; Lengle, Strafrecht 29; Manfredini, Sodalitas 5.2222–2223, 2225; Mommsen, StrafR 780–782; Niccolini, FTP 437; Nörr, Rechtskritik 131; Rein, Criminalrecht 386–389; Robinson, Criminal law 3, 32–34; Rotondi, Leges 258–259; Santalucia, Diritto 70; Santalucia, Studi 202 A.159; Strachan-Davidson, Criminal Law 2.170; Sturm, ZRG 99, 1982, 432; Thommen, Volkstribunat 66 m. A.171; Zumpt, Criminalrecht 2,2.33–37.

Roman Statutes, Nr.51, 2.755). – Vgl. die Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen bei Huvelin, Furtum 114–116, und Berger, RE Suppl. 7 (1940) 386. 2024 Lange, Alterthümer 2.663. – Niccolini, FTP 437. – Thommen, Volkstribunat 66 m. A.171. 2025 Vgl. Berger, RE Suppl. 7 (1940) 388–389. 2026 Inst. 4.18,10. – Bauman, ANRW 2,13.106; Jones, Criminal courts 57; Kunkel, Quaestio 747. Thommen, Volkstribunat 66, ordnet die lex Fabia m. E. fälschlicherweise dem Privatrecht zu. Ebenso bestreitet Santalucia, Jura 31, 1980, 255–256, dass das Verfahren ein iudicium publicum ist. Die angeführte Aufzählung der Strafverfahren aus den Digesten (48.1,1) erhebt jedoch offensichtlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit; denn die Phrase wird mit ut (wie) eingeleitet. Andererseits wird der lex Fabia ebenso wie den übrigen, namentlich aufgezählten Gesetzen ein eigenes Kapitel in Buch 48 gewidmet. 2027 Jones, Criminal courts 57, hält es für möglich; Kunkel, Quaestio 747–748, denkt nicht an eine quaestio perpetua, sondern an eine ad hoc zusammengestellte Geschworenenbank. Mommsen, StrafR 782, dachte eher an eine populare Multklage, die im Zivilprozess geltend gemacht wurde; vgl. die Entgegnung von Kunkel, Quaestio 747. 2028 Das Buch konnte nicht eingesehen werden, die Angaben sind übernommen aus der Rezension von Santalucia, Jura 31, 1980, 249–256.

Lex Nr. 161

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161 Lex Sulpicia rivalicia

Fest. s.v. sifus, p.458, 5–11 L: Sifus …cis ipsis, id quod Graece … ge rivalicia sic est … ae populum Ser. Sulpi… tani paganive sio, donec eam inter se  … s iudicatio esto. Sifus (Wasserröhre), das, was griechisch σίφων , kommt in dem Kanalnachbarngesetz  …, das Servius Sulpicius dem Volk vorgelegt hat, wie folgt vor … Die Leute, die auf den Hügeln und in der Ebene wohnen2029, sollen das Wasser durch Röhren verteilen. Bis sie es unter sich , soll die richterliche Entscheidung gelten. Der bei Festus überlieferte Text bietet den einzigen Hinweis auf dieses Gesetz. Die Stelle ist allerdings nur bruchstückhaft überliefert, in jeder Zeile fehlt die linke Hälfte. Aus diesen Lücken ergibt sich eine Vielzahl von Unsicherheiten in der Deutung, die sich auf verschiedene Bereiche erstrecken. So hängt die Datierung von der Person des Ser. Sulpicius ab. Träger dieses Namens tauchen in mehreren Zweigen der Gens häufiger auf, so etwa als Konsuln der Jahre 345, 144, 108, 51.2030 Eine Einordnung des Gesetzes in das zweite oder erste Jahrhundert ist wahrscheinlich; denn seit Beginn des zweiten Jahrhunderts nehmen die Probleme mit der Wasserversorgung der Stadt Rom offensichtlich zu. Das wird an der Reinigung und dem Ausbau des Kloakensystems durch den Zensor Cato (184) deutlich und am Bau einer vierten Wasserleitung nach Rom durch den Stadtpraetor Q. Marcius Rex (144–143)2031. Durch eine lex Titia 2032 geht die Aufgabe der Wasserversorgung dann wohl endgültig auf die Quaestoren über; seit Augustus werden senatorische Kuratoren mit der cura aquarum betraut. Die richterliche Entscheidungsgewalt, auf die am Ende des Textes hingewiesen wird, fällt entweder in die Kompetenz des Zensors oder der Aedilen.2033 Doch letztlich bleibt unklar, welche Streitigkeiten hier zu schlichten waren. Außerdem zitiert Festus wahrscheinlich aus einem umfangreicheren Gesetzestext, was auch erklären könnte, warum die nach ihrem Wohnort benannten Privatpersonen 2029

2030 2031 2032 2033

Girard / ​Senn, Nr. 5, 12 (86), bezieht die Worte auf einen Teil der Stadt Rom, den pagus Montanus. Diese Auffassung ist mit der Verknüpfung der beiden Begriffe paganus und montanus durch -ve nicht zu vereinbaren. Nach Mommsen bezeichnen montes und pagi die „gesammte hauptstädtische Bevölkerung“ (StR 3.114–116). Broughton, MRR 2.622–624; a. a. O. weitere Magistrate mit Gesetzgebungsbefugnis. Kunkel, Staatsordnung 2.458 m. A.227. – Das Imperium des Praetors wird prolongiert bis zur Fertigstellung des Vorhabens, dazu vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.16 A.40. Vgl. Lex Nr. 90. Diese Aufgabenzuweisung nach Frontin. aq. 95–97. Vgl. Mommsen, StR 2.436–347, 462; die Konjektur Orsinos (s) stuft Bruns, FIR 1.48 zwar als zweifelhaft ein, sie ist jedoch auch denkbar, vgl. Kunkel, Staatsordnung 2.148 A.182.

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pagani oder montani in einem Staatsgesetz erwähnt werden, das sich ansonsten mit der öffentlichen Wasserversorgung befasst. Der Erhaltungszustand des Textes lässt demnach sowohl im Hinblick auf die Datierung als auch auf den Inhalt keine abschließende Deutung des Gesetzes zu.2034 Lit.: Adolf Berger, Leges Sulpiciae 5), RE Suppl. 7 (1940) 413–414; Ancient Roman Statutes, Doc. 57, 61–62; Bruns, FIR 1.48; Crawford, Roman Statutes, Law 42, 2.727–728; Crook, Athenaeum 74, 1986, 45–53; Cuq, DS 3,2.1165; Girard / ​Senn, Nr. 5, 12 (86); Kunkel, Staatsordnung 2.148 A.182, 464, 488–489; Mommsen, StR 2.436–437, 462, 3.114–116; Riccobono, FIRA 1.81; Rotondi, Leges 481; Weiß, ZRG 45, 1925, 92–93.

162 Lex Titia (de nefanda Venere)2035

Auson. 92,4: semivir ipse SCANTINIAM metuens non metuit TITIAM. Sogar ein Hermaphrodit, der die lex Scantinia fürchtet, fürchtet nicht die lex Titia. Das Gesetz ist nur aus der Antithese bei Ausonius bekannt. Da die lex Scantinia 2036 vielleicht in das Jahr 149 gehört, ist die lex Titia wohl – mit aller Vorsicht – in die 2. Hälfte des 2. Jhs. zu setzen. Verschiedentlich wird sie mit Sex. Titius, Volkstribun im Jahr 99,2037 in Verbindung gebracht. Andere ziehen eine Verbindung zur lex lenonia2038, die bei Plautus genannt wird. Daraus würde sich eine Entstehung des Gesetzes um 200 ergeben.2039 Es bleibt festzustellen, dass sich weder die zeitliche Einordnung noch der Inhalt des Gesetzes zweifelsfrei erschließen lassen. Aus der Verbindung zur lex Scantinia lässt sich lediglich auf ein Sittengesetz schließen, das wie jene ein Vorgehen gegen Unzucht (stuprum) oder homosexuelle Verführung junger Männer ermöglich2034

2035 2036 2037 2038 2039

Crook, Athenaeum 74, 1986, 45–53, versucht umsichtig und scharfsinnig, sich dem Sachverhalt des Gesetzes von verschiedenen Ansätzen her zu nähern, endet jedoch mit dem Eingeständnis, dass es nicht möglich ist, den historischen Kontext definitiv zu erschließen. Der Titel ist eine analoge Bildung zur lex Scantinia. Elster, Gesetze 422–424 (Lex Nr. 201). Botsford, Roman Assemblies 396 A.5. Unter dem Titel bei Elster, Gesetze 261 (Lex Nr. 121). Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 276–279. Er schließt aus dem Text von Ausonius, dass die lex Scantinia mit Paederastie verbunden sei, die lex Titia dagegen „ein Gesetz wider das von Weibern begangene stuprum ist“ (277). Darüber hinaus weist er der lex Titia noch andere, recht spekulative Inhalte zu. – Cuq, DS 3,2.1165 und Rotondi, Leges 474, führen zur Interpretation der lex Titia die Darlegungen von Voigt an.

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te.2040 Allerdings wird aus der Gegenüberstellung bei Ausonius deutlich, dass die lex Titia offenbar eine Strafmilderung oder eine Änderung des Geltungsbereichs enthielt. Da die lex Titia wohl die jüngere der beiden leges ist, haben beide Gesetze zumindest über einen gewissen Zeitraum hinweg gleichzeitig existiert; denn die lex Scantinia wird außer bei Cicero noch bis in die Kaiserzeit genannt.2041 Lit.: Botsford, Roman Assemblies 396 A.5; Cuq, DS 3,2.1165; Elster, Gesetze 422–424; Lange, Alterthümer 2.668; Niccolini, FTP 413; Rotondi, Leges 474; Voigt, Abh. Kgl. Sächs. Ges. 42, 1890, 276–279.

163 Lex de sepulcro C. Poplicii Bibuli

CIL 12 .2,1 n.834 (= 635): C. Poplicio L. f. Bibulo aed. pl. honoris virtutisque caussa senatus consulto populique iussu locus monumento quo ipse postereique eius inferrentur publice datus est. Dem plebeischen Aedilen C. Poplicius Bibulus wurde ehrenhalber und seiner Tüchtigkeit wegen durch Senatsbeschluss und durch Volksentscheid auf Staatskosten ein Platz für ein Grabmal gegeben, wo er selbst und seine Nachkommen bestattet werden sollten. [Ebenso: CIL 6 n.1319 u. Dessau, ILS 862.] Es ist nicht überliefert, welcher Art die Verdienste des Poplicius Bibulus waren, so dass wegen seiner Grabstätte nicht nur ein Senatsbeschluss gefasst, sondern darüber hinaus auch das Volk befragt wurde. Wie aus einer der Philippischen Reden Ciceros deutlich wird, geschah es nicht oft, dass ein Platz für ein Grabmal bereitgestellt wurde; die Aufstellung einer Statue wurde häufiger genehmigt.2042 Der Senat gestattete das Begräbnis Sullas auf dem Marsfeld,2043 und auch Pansa und Hirtius werden durch Senatsbeschluss mit einem Staatsbegräbnis geehrt.2044 Umso bemerkenswerter erscheint, dass einem C. Poplicius Bibulus eine solche Ehre zuteil wird, zumal die Überlieferung nur zwei Träger dieses Namens kennt, den tribunus militum L. Publicius Bibulus (216)2045 und den Volkstribun 2040 2041 2042 2043 2044 2045

Zum strafrechtlichen Aspekt vgl. Elster, Gesetze 424. Belegstellen bei Ryan, CPh 89, 1994, 159 u. A.4. Cicero (Phil. 9.6,14 u. 9.7,17) beantragt beim Senat die Aufstellung einer Statue, der Konsul aber soll einen Platz für die Grabstelle des Ser. Sulpicius ausweisen. Liv. per. 90. Vell. 2.62,4. – Mommsen, Staatsrecht 2,1.625 A.1, hält einen Beschluss des Senats am Ende der Republik für ausreichend. Liv. 22.53,1–2.

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Lex Nr. 164

C. Publicius Bibulus des Jahres 2092046. Vorausgesetzt, dass der Jüngere von beiden nach dem Volkstribunat auch zum plebeischen Ädilen gewählt wurde, könnte er mit diesem Grabmal geehrt worden sein. Die Inschrift selbst stammt bis auf den Namen Poplicius aus spätrepublikanischer Zeit und erhielt wohl bei einer Restaurierung des Grabmals die heutige Form.2047 Vielleicht wollte ein Nachfahre mit der neuen Steinsetzung die Besitzansprüche an der Grabstätte dokumentieren. Lit.: Broughton, MRR 1.340 m. A.1 (S.342); Frank, CPh 19, 1924, 78; Lange, Alterthümer 2.679–680; Niccolini, FTP 420–421; Mommsen, Staatsrecht 2,1.625 A.1; Rotondi, Leges 475; Willems, Sénat 2.347–348.

164 Lex Visellia

CIL 12 .2,1 n.744 (= 593): L. VO[l] CA [cius] CUR(ATOR) VIAR(UM) E LEGE VISELLIA DE CONL(EGARUM) SEN(TENTIA) CN. CORNELI Q. MARCI L. HOSTIL[I] C. ANTONI C. FUNDANI C. POPILI M. VALERI C. ANTI Q. CAECILI. OPUS CONSTAT N(UMMUM) XXI milibus LXXII.2048 Im Text dieser Inschrift, die Mommsen2049 wegen der Aufzählung des vollständigen Volkstribunenkollegiums in das Jahr 72 oder 71 setzt, wird eine lex Visellia genannt, die in einer inhaltlichen Verbindung zu dem unmittelbar vorher genannten Beamten (curator viarum) oder seiner Aufgabe (cura viarum) steht. Dementsprechend werden für Willems2050 durch die lex Visellia, die er ans Ende des 2. Jhs. setzt, die curatores viarum als besondere Kommission eingerichtet. Mommsen2051 hält ebenfalls nicht für ausgeschlossen, dass diese Einrichtung im Zuge der gracchischen Maßnahmen für den Straßenbau geschaffen wurde. Niccolini2052 datiert vor 81, weil den Tribunen durch Sulla das Recht zur Gesetzgebung entzogen wurde. Lange2053 und Rotondi2054 hingegen verlegen die lex Visellia in 2046

Liv. 27.20,11–21,5; vgl. Elster, Gesetze 240–242 (Lex Nr. 111) und 242–243 (Lex Nr. 112). Frank, CPh 19, 1924, 78. 2048 Die Auflösung der Abkürzungen und der Zahlzeichen folgt Mommsen, GS I,3.28. 2049 Mommsen, GS I,3.28: drei Namen aus diesem Tribunenkollegium stehen auch in der lex Antonia de Termessibus, bei Mommsen für die Jahre 682 oder 683 (= 72 oder 71). Broughton, MRR 2.138, setzt das Tribunenkollegium ins Jahr 68, Begründung in A.8 (S.141). 2050 Willems, Sénat 2.401. 2051 Mommsen, StR 2,1.670. 2052 Niccolini, FTP 422–423. 2053 Lange, Alterthümer 2.695. 2054 Rotondi, Leges 367. 2047

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die Zeit der Inschrift, während Broughton2055 das Gesetz dem Volkstribunen C. Visellius Varro und dem Jahr 69 zuschreibt. Zum Inhalt der lex Visellia lassen sich über die oben festgestellte Verbindung hinaus kaum Aussagen machen. Mommsen2056 fand weitere Erwähnungen von curatores viarum, hält sie jedoch weder für ordentliche Magistrate noch „von Fall zu Fall eingesetzte Specialbeamte“; ihr Aufgabengebiet begrenzt er wegen der Beteiligung von Volkstribunen auf die Stadt Rom. Dem widerspricht Niccolini2057 mit Blick auf die Inschrift, in der ein Volkstribun (Volcacius) vom übrigen Kollegium mit der cura viarum beauftragt wurde. Dann habe auch, so folgerte er daraus, die Möglichkeit bestanden, den so Beauftragten von anderen Pflichten, z. B. von der Anwesenheitspflicht in Rom, zu entbinden. Weil auch ein Praetor in der Zeit vor seinem Konsulat curator viis sternendis2058 war, könne das Aufgabengebiet nicht auf die Stadt Rom beschränkt gewesen sein. Für den Inhalt der lex Visellia lässt sich daraus keine verbindliche Aussage ableiten, weder ob sie die Einsetzung dieser curatores viarum allgemein geregelt hat2059 noch ob den Volkstribunen diese Aufgabe vorübergehend übertragen wurde. Mommsen2060 möchte die lex Visellia in einen größeren Rahmen einbinden. Weitere Nachrichten aus juristischen Quellen führten ihn dazu, Angaben aus dem strafrechtlichen Bereich über Freigelassene mit der oben behandelten lex Visellia zu einem Gesetz zu verbinden, das damit zu einer allgemeinen hauptstädtischen Polizeiordnung wird. Insoweit folgt ihm Niccolini2061. Rotondi2062 dagegen verzeichnet zwei Gesetze unter diesem Namen; das zweite mit dem Titel de libertinis datiert er ins Jahr 24 n. Chr. und sieht im Konsul L. Visellius Varro dessen Urheber. Diese Auffassung überzeugt eher als Mommsens Versuch, die Aufsicht über Straßen bzw. über Baumaßnahmen in diesem Bereich mit Straf­ bestimmungen über Freigelassene wegen Anmaßung der Ingenuität in einem Gesetz zusammenzuführen. Über den Antragsteller der lex Visellia de cura viarum lassen sich ebenfalls nur Vermutungen anstellen. Ein Namensträger ist bekannt, C. Visellius Varro, ein 2055

Broughton, MRR 2.132 m. A.6 (136). Mommsen, StR 2,1.668–669. 2057 Niccolini, FTP 423. 2058 C. Claudius Pulcher, CIL 12 ,1. 200. Mommsen, StR 2,1.669; Niccolini, FTP 423; Brough­ ton, MRR 2.16. 2059 In Zweifel gezogen von Lange, Alterthümer 1.922. 2060 Mommsen, GS I,3.27–32. Im Staatsrecht schreibt er an zwei verschiedenen Stellen (2,1.­ 668–670 und 3,1.424 A.3) über die unterschiedlichen Inhalte der lex Visellia, ohne dass deutlich wird, ob er dasselbe Gesetz meint. Allerdings schreibt auch er dem Konsul des Jahres 24 n. Chr. eine lex Visellia zu, nämlich die in StR 3,1.424 A.3, genannte. 2061 Niccolini, FTP 422. 2062 Rotondi, Leges 367 (lex Visellia de cura viarum, 682/72?), und 464 (lex Visellia de libertinis, 777/24). 2056

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Lex Nr. 165

Cousin von Cicero. Nach Meinung von Rotondi2063 kommt er vielleicht, nach Niccolini2064 jedoch nicht in Frage, was bei beiden von der jeweils vorgeschlagenen Datierung abhängt. Lit.: Broughton, MRR 2.132; Lange, Alterthümer 1.828, 922, 2.695; Mommsen, GS I,3.27–32; Mommsen, StR 2,1.668–670; Niccolini, FTP 422–423; Rotondi, Leges 367; Thommen, Volkstribunat 132 A.15; E. Weiss, Lex Visellia 1), RE 12,2 (1925) 2418; Willems, Sénat 2.401; Williamson, Laws 251.

165 Lex Cornelia (municipalis)

CIL 10 n.113 u. n.114: M’ ∙ MECONIO ∙ …. ∙ IIIIVIR ∙ LEG ∙ COR ∙ …2065 Für einen M’. Meconius wurden in Petelia zwei Inschriften gefunden. Unter seinen Ämtern wird auf beiden Inschriften das eines quattuorvir lege Cornelia aufgeführt. Darüber hinaus gibt es keine weiteren Zeugnisse für diese lex Cornelia. In der Literatur finden sich mehrere Interpretationsvorschläge: Dessau2066 meint, dass diese Lex die innerstädtische Verwaltung des Municipiums Petelia regele; Rotondi2067 setzt sie ins Jahr 81 und reiht sie als lex data ein, ebenso wie Riccobono.2068 Mommsen2069 lässt immerhin die Möglichkeit offen, dass es auch eine lex rogata sein könnte. Hinter der Jahreszahl verbirgt sich offensichtlich die Annahme, dass Cornelius Sulla für das Gesetz verantwortlich zeichnet. Niccolini schließt sich der Meinung an, dass es sich um eine lex municipalis handelt, hält als Autor aber einen Volkstribun Cornelius für möglich. Eine zeitliche Einordnung und eine Zuweisung an eine bestimmte Person sind jedoch gleichermaßen unsicher. Lit.: Dessau, ILS n. 6468 und 6469; Mommsen, Lex Municipii Tarentini 154; Niccolini, FTP 428; Riccobono, FIRA 1.160; Rotondi, Leges 491–492. 2063 2064 2065 2066 2067

2068 2069

Rotondi, Leges 367. Niccolini, FTP 423. Auch abgedruckt: Dessau, ILS n. 6468 und 6469. Dessau, ILS n. 6468, A.1, 606. Rotondi, Leges 491. Rotondi behauptet außerdem, dass nach Riccobono, FIRA 1.160, den Petelinern durch die lex Cornelia am Beginn des Bundesgenossenkrieges das Bürgerrecht verliehen worden sei. Riccobono (a. a. O.) konstatiert jedoch nur, dass den Petelinern das Bürgerrecht verliehen wurde und setzt die lex Cornelia als lex data ebenfalls ins Jahr 81. Riccobono, FIRA 1.160. Mommsen, Lex Municipii Tarentini 154.

Lex Nr. 166

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166 Lex de civitate Cn. Publicii Menandri

Cic. Balb. 11,28: Neque enim sine causa de Cn. Publicio Menandro, libertino homine, quem apud maiores legati nostri in Graeciam proficiscentes interpretem secum habere voluerunt, ad populum latum est ut is Publicius, si domum revenisset et inde Romam redisset, ne minus civis esset. Es wurde nämlich nicht ohne Grund wegen des Freigelassenen Cn. Publicius Menander, den unsere Gesandten nach Griechenland zur Zeit unserer Vorfahren als Dolmetscher bei sich haben wollten, ein Gesetz verabschiedet, dass er, wenn er nach Hause zurückkehre und von dort wieder nach Rom komme, weiter römischer Bürger sei. Dig. 49.15,5,3: … et ideo in quodam interprete Menandro, qui posteaquam apud nos manumissus erat, missus est ad suos, non est visa necessaria lex, quae lata est de illo, ut maneret civis Romanus: nam sive animus ei fuisset remanendi apud suos, desineret esse civis, sive animus fuisset revertendi, maneret civis, et ideo esset lex supervacua. … und ebenso scheint im Falle des Dolmetschers Menander, der zu seinen Leuten geschickt wurde, nachdem er bei uns freigelassen worden war, das Gesetz nicht notwendig gewesen zu sein, das seinethalben verabschiedet wurde, damit er römischer Bürger bleibe; denn hätte er vorgehabt, in seine Heimat zurückzukehren, hätte er aufgehört, Bürger zu sein, hätte er aber vorgehabt zurückzukehren, wäre er Bürger geblieben – daher war das Gesetz überflüssig. Cn. Publicius Menander war offensichtlich als Kriegsgefangener nach Rom gekommen, dann aber freigelassen worden. Mit seiner Freilassung erwarb er das römische Bürgerrecht. Wenn er nun in seine Heimat zurückkehrte, selbst wenn er im Auftrag Roms dorthin ginge, würde er nach römischer Auffassung wieder zum Bürger seiner Heimatgemeinde; denn eine doppelte Staatsangehörigkeit war nach römischen Recht nicht möglich. Damit das römische Bürgerrecht für Menander bei der Rückkehr nach Rom sozusagen wieder auflebte bzw. eine Fortdauer seines Bürgerrechts für die Zeit der Abwesenheit fingiert werden konnte – der „Normalfall“, dass ein römischer Bürger bei seiner Heimkehr auf Grund des ius postliminii (Rückkehrrecht) wieder in seine alten Rechte eintrat, galt nicht für Menander, weil er nur dann angewendet wird, wenn ein römischer Bürger aus Kriegsgefangenschaft heimkehrt2070 –, wurde beim Volk ein Gesetz beantragt und nach Ciceros Worten auch verabschiedet. Der Jurist Pomponius2071, der das Gesetz für Menander in seiner Stellungnahme zum Rückkehrrecht als offenbar bekanntes Beispiel anführt, zeigt ein geändertes Rechtsverständnis: Er stuft das Gesetz als überflüssig ein. Seine Begründung geht dahin, dass die Absicht 2070 2071

Vgl. die Ausführungen von Coşkun, Bürgerrechtsentzug 88–96, 105–106. 2.  Jh. n. Chr.

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Lex Nr. 166

­Menanders, dauerhaft hier oder dort zu sein, für dessen Status als Bürger ausschlaggebend ist, nicht der bloße Ortswechsel. Zeitlich ist das Gesetz vermutlich dem 2. oder beginnenden 1. Jh. zuzuordnen, Ciceros Rede für L. Cornelius Balbus im Jahr 56 ist der terminus ante quem. Es fügt sich ein in die Reihe der Gesetze, durch die das römische Bürgerrecht an Einzelpersonen verliehen wird – aus welchen Gründen auch immer.2072 Lit.: Coşkun, Bürgerrechtsentzug 88–96, 105–106; Kreller, ZRG 69, 1952, 191; Kunkel, Staatsordnung 2.129 m. A.112; Lange, Alterthümer 2.685; Mommsen, StR 3,1.656–657 A.1; Rotondi, Leges 479; Sherwin-White, Citizenship 292–293.

2072

Erste Beispiele sind aus dem 2. Punischen Krieg überliefert; vgl. Elster, Gesetze 232–234 (Lex Nr. 106 u. Nr. 107).

Anhang Bibliographie Quellen Ausgaben (A), Übersetzungen (Ü), Kommentare (K)

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Anhang

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Zeichenerklärung *

Gesetze von zweifelhafter Echtheit

( )

Auflösung von Abkürzungen

[ ]

Ergänzungen

{ }

Tilgungen

< >

Einfügungen oder Veränderungen

[….]

Lücken von unbestimmbarer Zahl der ausgefallenen Buchstaben

558

Anhang

Listen der Gesetze chronologisch Lex Nr. 1

Lex Sempronia agraria

621/133

2

Lex Sempronia de magistratu M. Octavio abrogando

621/133

3

Lex Sempronia agraria altera

621/133

4

Rogatio Sempronia de pecunia regis Attali

621/133

5

*Rogatio Sempronia de civitate sociis danda

621/133

6

Rogatio Sempronia militaris

621/133

7

Rogatio Sempronia de provocatione

621/133

8

Rogatio Sempronia iudiciaria

621/133

9

Lex Papiria tabellaria

623/131

10

Rogatio Papiria de tribunis plebis reficiendis

623/131

11

Lex de bello cum Aristonico gerendo

623/131

12

*Lex de regno Aegypti

624/130

13

Lex de iurisdictione triumviris obroganda

625/129

14

Plebiscitum reddendorum equorum

625/129

15

Lex Iunia de peregrinis

628/126

16

Rogatio Fulvia de civitate sociis danda

629/125

17

Rogatio Fulvia de provocatione

629/125

18

Plebiscitum de tribunis plebis [reficiendis]

623–631/131–123

19

Lex Sempronia de abactis

631/123

20

Lex Sempronia de capite civis romani

631/123

21

*Lex Sempronia de M. Popillio Laenate

631/123

22

Lex Sempronia agraria

631/123

23

Lex Sempronia frumentaria

631/123

24

Rogatio Sempronia iudiciaria (= de senatu)

631/123

25

Lex Sempronia militaris

631/123

26

Lex Sempronia de provincia Asia

631/123

27

Lex Aufeia de provincia Asia

631/123

28

Lex Sempronia de coloniis deducendis

631/123

29

Lex Rubria de colonia Carthaginem deducenda

632/122

30

Lex Sempronia de novis portoriis

631–632/123–122

31

Lex Sempronia viaria

631–632/123–122

32

Lex Sempronia de horreis

631–632/123–122

33

Lex Sempronia de provinciis consularibus

631–632/123–122

Listen der Gesetze

559

34

Lex Sempronia ne quis iudicio circumveniatur / ​circumveniretur

631–632/123–122

35

Lex Sempronia iudiciaria

631–632/123–122

36

Lex (Acilia) repetundarum

631–632/123–122

37

Rogatio Sempronia de suffragiorum confusione

631–632/123–122

38

Rogatio Sempronia de civitate sociis danda

631–632/123–122

39

Rogatio Marcia de tribunis militum

632/122

40

Rogatio Livia duodecim coloniis deducendis

632/122

41

Rogatio Livia agraria

632/122

42

Rogatio Livia de Latinis

632/122

43

Lex Acilia Rubria de cultu Iovis Capitolini

632/122

44

Lex de lege Rubria abroganda

633/121

45

Leges Minuciae de legibus Semproniis abrogandis

633/121

46

Lex Porcia de provinciis magistratuum

circa 633/121

47

Lex agraria

circa 633/121

48

Lex Calpurnia de P. Popillio Laenate revocando

633–634/121–120

49

Lex Octavia frumentaria

633–667/121–87?

50

Rogatio frumentaria

635/119

51

Lex Maria de suffragiis ferendis

635/119

52

Lex Thoria agraria

635–636/119–118

53

Lex fragmenti Tarentini

54

Lex latina tabulae Bantinae

621–636/133–118

55

Lex de colonia Narbonem deducenda

636/118

56

Lex Porcia de aere alieno

636/118?

57

Lex Aemilia sumptuaria

639/115

58

Lex Aemilia de libertinorum suffragiis

639/115

59 Lex Peducaea de incestu virginum Vestalium

641/113

60

Lex Memmia de absentibus

vor 641/113

61

Lex agraria

643/111

62

Lex de bello Iugurthae indicendo

643/111

63

Lex Memmia de Iugurtha Romam ducendo

643/111

64

Lex Iunia militaris

645/109

65

Lex Mamilia de coniuratione Iugurthina

645/109

66

Lex Mamilia de limitibus

645/109

67

Lex Manlia de bello Iugurthino gerendo

647/107

68

Lex Coelia tabellaria

647/107

69

Lex Servilia Caepionis iudiciaria

648/106

70

Plebiscitum de imperio Q. Servilio Caepioni abrogando

649/105

71

Lex Clodia de victoriato

um 650/104

560

Anhang

72

Rogatio Marcia agraria

650/104

73

Lex Cassia de senatu

650/104

74

Lex Domitia de sacerdotiis

650/104

75

Lex Licinia sumptuaria

ante 651/103

76

Lex Aufidia de feris Africae

ante 651/103

77

Lex de quaestione auri Tolosani

650/104 o. 651/103

78

Lex Appuleia frumentaria

651/103

79 Rogatio Appuleia de Cn. Mallio / ​Manlio

651/103

80

Lex Appuleia de maiestate minuta

651/103

81

Lex Appuleia de coloniis in Africam deducendis

651/103

82

Lex Servilia Glauciae repetundarum

653/101

83

Lex Appuleia de coloniis in Siciliam Achaiam Macedoniam deducendis

654/100

84

Lex Appuleia agraria

654/100

85

Lex Appuleia de Q. Caecilio Metello

654/100

86

Lex de provinciis praetoriis

654/100

87

Rogatio Porcia Pompeia de Q. Caecilio Metello revocando

Dezember 654/100

88

Lex Titia de agris dividundis

655/99

89

Lex Titia de tutela

655/99 o. 711/43?

90 Lex Titia de provincia aquaria? / ​de provinciis quaestoriis

655/99?

91

Lex Calidia de Q. Caecilio Metello revocando

656/98

92

Lex Valeria de civitate Calliphanae Veliensi danda

656/98 o. 658/96

93

Lex Duronia de lege (Licinia) sumptuaria abroganda

656/98?

94

Lex Caecilia et Didia de modo legum promulgandarum

656/98

95

Lex Licinia et Mucia de civibus redigundis

659/95

96

Lex Livia de coloniis deducendis

663/91

97

Lex Livia agraria

663/91

98

Lex Livia frumentaria

663/91

99

Lex Livia nummaria

663/91

100

Lex Livia iudiciaria

663/91

101

Rogatio Livia de civitate sociis danda

663/91

102

Lex Saufeia agraria

663/91?

103

Lex Minicia de liberis

ante 664/90

104

Lex Iulia de civitate Latinis (et sociis) danda

664/90

105

Lex Varia de maiestate

664/90

106

Lex Calpurnia de civitate militum

665/89

107

Lex de civitate Minato Magio danda

circa 665/89

108

Lex de civitate Tudertibus danda

circa 665/89

Listen der Gesetze 109 Lex Pompeia de Transpadanis

561 665/89

110

Lex Plautia Papiria de civitate sociis danda

665/89

111

Lex Papiria semunciaria

665/89

112

Lex Plautia iudiciaria

665/89

113 Rogatio / ​L ex Plotia agraria

665/89 o. 684/70

114

Rogatio de exulibus revocandis

666/88

115

*Lex de provincia Q. Pompeio Rufo danda

666/88

116

Lex Sulpicia de novorum civium libertinorumque suffragiis

666/88

117

Lex Sulpicia de revocandis vi eiectis

666/88

118

Lex Sulpicia de aere alieno senatorum

666/88

119

Lex Sulpicia de bello Mithridatico C. Mario decernendo

666/88

120

*Lex Cornelia de exilio Marianorum

666/88

121

Lex Cornelia Pompeia de comitiis centuriatis et de tribunicia potestate

666/88

122

Lex Cornelia Pompeia unciaria

666/88

123

Lex Cornelia de coloniis deducendis

666/88

124

Lex (Cornelia) de exulibus revocandis

125 Lex / ​SC de consulatu Cinnae abrogando

667/87 667/87

126

Plebiscitum de imperio Ap. Claudio abrogando

667/87

127

Lex Valeria de aere alieno

668/86

128

*Lex Papiria de novorum civium libertinorumque suffragiis

670/84

129

*Rogatio de imperio Cn. Papirio Carboni abrogando

670/84

130

Lex Iunia de colonia Capuam deducenda

671/83

131

Lex Valeria de Sulla dictatore

672/82

132

Lex Cornelia de proscriptione

672/82

133 Lex Cornelia de tribunicia potestate

672/82

134

Lex Cornelia de magistratibus

672/82

135

Lex Cornelia iudiciaria

672/82

136

Lex Cornelia de sacerdotiis

672–673/82–81

137

Lex (?) de ludis Victoriae instituendis

673/81

138

Lex Cornelia de civitate Volaterranis adimenda

673/81

139

*Lex Cornelia de provinciis ordinandis

673/81

140

Lex Cornelia de praetoribus octo creandis

673/81

141

Lex Cornelia de quaestoribus XX creandis

673/81

142

Leges (?) Corneliae agrariae

673/81

143

Lex (?) Cornelia frumentaria

673/81

144

Lex Cornelia sumptuaria

673/81

145

Lex Cornelia de confirmandis testamentis eorum qui in hostium potestate decessissent

673/81

562

Anhang

146 Lex Cornelia de falsis (testamentaria, nummaria)

673/81

147

Lex Cornelia de sicariis et veneficis

673/81

148

Lex Cornelia de iniuriis

673/81

149 *Lex Cornelia de adulteriis et de pudicitia

673/81

150

Lex Cornelia de maiestate

673/81

151

Lex Cornelia de repetundis

673/81

152

Lex Cornelia de peculatu (?)

673/81

153

*Lex Cornelia de vi

673/81

154

Lex Cornelia de ambitu (?)

673/81

155

*Lex Cornelia de supplendo senatu *Lex Cornelia de censura

673/81

156

Lex Cornelia de sponsu

673/81

157 Lex Titia alearia / ​L ex Publicia alearia / ​L ex Cornelia de aleatoribus de? ad 673/81 158

Lex Remmia de calumniatoribus

ante 674/80

159

Lex Cornelia de reditu Cn. Pompei

673/81 od. 674/80

160

Lex Fabia de plagiariis

161

Lex Sulpicia rivalicia

162

Lex Titia (de nefanda Venere)

163

Lex de sepulcro C. Poplicii Bibuli

164

Lex Visellia

165

Lex Cornelia (municipalis)

166

Lex de civitate Cn. Publicii Menandri

thematisch Agrargesetze Lex Sempronia agraria Lex Sempronia agraria altera Lex Sempronia agraria Rogatio Livia agraria Lex agraria Lex Thoria agraria Lex agraria Rogatio Marcia agraria Lex Appuleia agraria Lex Titia de agris dividundis Lex Livia agraria Lex Saufeia agraria Rogatio / ​L ex Plotia agraria Leges (?) Corneliae agrariae

Lex Nr. 1 Lex Nr. 3 Lex Nr. 22 Lex Nr. 41 Lex Nr. 47 Lex Nr. 52 Lex Nr. 61 Lex Nr. 72 Lex Nr. 84 Lex Nr. 88 Lex Nr. 97 Lex Nr. 102 Lex Nr. 113 Lex Nr. 142

621/133 621/133 631/123 632/122 circa 633/121 635–636/119–118 643/111 650/104 654/100 655/99 663/91 663/91? 665/89? 673/81

Listen der Gesetze

563

Amtsenthebung Lex Nr. 2 Lex Nr. 70 Lex Nr. 125 Lex Nr. 126 Lex Nr. 129

621/133 649/105 667/87 667/87 670/84

Lex de lege Rubria abroganda

Lex Nr. 44

633/121

Leges Minuciae de legibus Semproniis abrogandis

Lex Nr. 45

633/121

Lex Duronia de lege (Licinia) sumptuaria abroganda

Lex Nr. 93

656/98?

Lex Sempronia de magistratu M. Octavio abrogando Plebiscitum de imperio Q. Servilio Caepioni abrogando Lex / ​SC de consulatu Cinnae abrogando Plebiscitum de imperio Ap. Claudio abrogando *Rogatio de imperio Cn. Papirio Carboni abrogando Aufhebung von Gesetzen

Aufwandsgesetze / ​Luxusgesetze Lex Aemilia sumptuaria

Lex Nr. 57

639/115

Lex Licinia sumptuaria

Lex Nr. 75

ante 651/103

Lex Cornelia sumptuaria

Lex Nr. 144

673/81

Rogatio Sempronia de pecunia regis Attali

Lex Nr. 4

621/133

*Lex de regno Aegypti

Lex Nr. 12

624/130

Lex Sempronia de provincia Asia

Lex Nr. 26

631/123

Lex Aufeia de provincia Asia

Lex Nr. 27

631/123

*Rogatio Sempronia de civitate sociis danda

Lex Nr. 5

621/133

Lex Iunia de peregrinis

Lex Nr. 15

628/126

Rogatio Fulvia de civitate sociis danda

Lex Nr. 16

629/125

Rogatio Sempronia de civitate sociis danda

Lex Nr. 38

631–632/123–122

Rogatio Livia de Latinis

Lex Nr. 42

632/122

Lex Aemilia de libertinorum suffragiis

Lex Nr. 58

639/115

Lex Valeria de civitate Calliphanae Veliensi danda

Lex Nr. 92

656/98 o. 658/96

Lex Licinia et Mucia de civibus redigundis

Lex Nr. 95

659/95

Rogatio Livia de civitate sociis danda

Lex Nr. 101

663/91

Lex Iulia de civitate Latinis (et sociis) danda

Lex Nr. 104

664/90

Lex Calpurnia de civitate militum

Lex Nr. 106

665/89

Lex de civitate Minato Magio danda

Lex Nr. 107

circa 665/89

Lex de civitate Tudertibus danda

Lex Nr. 108

circa 665/89

Lex Pompeia de Transpadanis

Lex Nr. 109

665/89

Auswärtige Angelegenheiten

Bürgerrechtsgesetze

564

Anhang

Lex Plautia Papiria de civitate sociis danda

Lex Nr. 110

665/89?

Lex Sulpicia de novorum civium libertinorumque suffragiis

Lex Nr. 116

666/88

*Lex Papiria de novorum civium libertinorumque suffragiis

Lex Nr. 128

670/84

Lex Cornelia de civitate Volaterranis adimenda

Lex Nr. 138

673/81

Lex de civitate Cn. Publicii Menandri

Lex Nr. 166

Exil und Rückberufung *Lex Sempronia de M. Popillio Laenate

Lex Nr. 21

631/123

Lex Calpurnia de P. Popillio Laenate revocando

Lex Nr. 48

633–634/121–120

Rogatio Appuleia de Cn. Mallio / ​Manlio

Lex Nr. 79

651/103

Lex Appuleia de Q. Caecilio Metello

Lex Nr. 85

654/100

Rogatio Porcia Pompeia de Q. Caecilio Metello revocando Lex Nr. 87

Dezember 654/100

Lex Calidia de Q. Caecilio Metello revocando

Lex Nr. 91

656/98

Rogatio de exulibus revocandis

Lex Nr. 114

666/88

Lex Sulpicia de revocandis vi eiectis

Lex Nr. 117

666/88

*Lex Cornelia de exilio Marianorum

Lex Nr. 120

666/88

Lex (Cornelia) de exulibus revocandis

Lex Nr. 124

667/87

Lex Papiria tabellaria

Lex Nr. 9

623/131

Rogatio Sempronia de suffragiorum confusione

Lex Nr. 37

631–632/123–122

Lex Sempronia de capite civis romani

Lex Nr. 20

631/123

Lex Maria de suffragiis ferendis

Lex Nr. 51

635/119

Lex Coelia tabellaria

Lex Nr. 68

647/107

Lex Caecilia et Didia de modo legum promulgandarum

Lex Nr. 94

656/98

Lex Cornelia Pompeia de comitiis centuriatis et de tribunicia potestate

Lex Nr. 121

666/88

Rogatio Sempronia de provocatione

Lex Nr. 7

621/133

Rogatio Sempronia iudiciaria

Lex Nr. 8

621/133

Rogatio Fulvia de provocatione

Lex Nr. 17

629/125

Lex Sempronia de capite civis romani

Lex Nr. 20

631/123

Rogatio Sempronia iudiciaria (= de senatu)

Lex Nr. 24

631/123

Lex Sempronia ne quis iudicio circumveniatur / ​ circumveniretur

Lex Nr. 34

631–632/123–122

Lex Sempronia iudiciaria

Lex Nr. 35

631–632/123–122

Gesetze für die Volksversammlung

Gerichtsgesetze

Listen der Gesetze

565

Lex fragmenti Tarentini

Lex Nr. 53

Ende 2.Jh.

Lex Latina tabulae Bantinae

Lex Nr. 54

621–636/133–118

Lex Memmia de absentibus

Lex Nr. 60

vor 641/113

Lex Servilia Caepionis iudiciaria

Lex Nr. 69

648/106

Lex Livia iudiciaria

Lex Nr. 100

663/91

Lex Plautia iudiciaria

Lex Nr. 112

665/89

Lex Cornelia iudiciaria

Lex Nr. 135

672/82

Lex Sempronia frumentaria

Lex Nr. 23

631/123

Lex Octavia frumentaria

Lex Nr. 49

633–667/121–87?

Rogatio frumentaria

Lex Nr. 50

635/119

Lex Appuleia frumentaria

Lex Nr. 78

651/103

Lex Livia frumentaria

Lex Nr. 98

663/91

Lex (?) Cornelia frumentaria

Lex Nr. 143

673/81

Getreidegesetze

Kriegserklärungen / ​Oberkommando Lex de bello cum Aristonico gerendo

Lex Nr. 11

623/131

Lex de bello Iugurthae indicendo

Lex Nr. 62

643/111

Lex Manlia de bello Iugurthino gerendo

Lex Nr. 67

647/107

Lex Sulpicia de bello Mithridatico C. Mario decernendo Lex Nr. 119

666/88

Koloniegründungen Lex Sempronia de coloniis deducendis

Lex Nr. 28

631/123

Lex Rubria de colonia Carthaginem deducenda

Lex Nr. 29

632/122

Rogatio Livia duodecim coloniis deducendis

Lex Nr. 40

632/122

Lex de colonia Narbonem deducenda

Lex Nr. 55

636/118

Lex Appuleia de coloniis in Africam deducendis

Lex Nr. 81

651/103

Lex Appuleia de coloniis in Siciliam Achaiam Macedoniam deducendis

Lex Nr. 83

654/100

Lex Livia de coloniis deducendis

Lex Nr. 96

663/91

Lex Cornelia de coloniis deducendis

Lex Nr. 123

666/88

Lex Iunia de colonia Capuam deducenda

Lex Nr. 130

671/83

Magistraturen / ​Senat Rogatio Papiria de tribunis plebis reficiendis

Lex Nr. 10

623/131

Lex de iurisdictione triumviris obroganda

Lex Nr. 13

625/129

Plebiscitum de tribunis plebis [reficiendis]

Lex Nr. 18

623–631/131–123

Lex Sempronia de abactis

Lex Nr. 19

631/123

566

Anhang

Lex Sempronia de provinciis consularibus

Lex Nr. 33

631–632/123–122

Lex Porcia de provinciis magistratuum

Lex Nr. 46

circa 633/121

Lex Cassia de senatu

Lex Nr. 73

648/106

Lex de provinciis praetoriis

Lex Nr. 86

654/100

Lex Titia de provincia aquaria? / ​de provinciis quaestoriis Lex Nr. 90

655/99?

*Lex de provincia Q. Pompeio Rufo danda

Lex Nr. 115

666/88

Lex Valeria de Sulla dictatore

Lex Nr. 131

672/82

Lex Cornelia de tribunicia potestate

Lex Nr. 133

672/82

Lex Cornelia de magistratibus

Lex Nr. 134

672/82

*Lex Cornelia de provinciis ordinandis

Lex Nr. 139

673/81

Lex Cornelia de praetoribus octo creandis

Lex Nr. 140

673/81

Lex Cornelia de quaestoribus XX creandis

Lex Nr. 141

673/81

*Lex Cornelia de supplendo senatu *Lex Cornelia de censura

Lex Nr. 155

673/81

Lex Visellia

Lex Nr. 164

Militär Rogatio Sempronia militaris

Lex Nr. 6

621/133

Lex Sempronia militaris

Lex Nr. 25

631/123

Rogatio Marcia de tribunis militum

Lex Nr. 39

632/122

Lex Iunia militaris

Lex Nr. 64

645/109

Münzgesetze / ​Schulden und Schuldentilgung Lex Porcia de aere alieno

Lex Nr. 56

636/118?

Lex Clodia de victoriato

Lex Nr. 71

um 650/104

Lex Livia nummaria

Lex Nr. 99

663/91

Lex Papiria semunciaria

Lex Nr. 111

665/89

Lex Sulpicia de aere alieno senatorum

Lex Nr. 118

666/88

Lex Cornelia Pompeia unciaria

Lex Nr. 122

666/88

Lex Valeria de aere alieno

Lex Nr. 127

668/86

Lex Mamilia de limitibus

Lex Nr. 66

645/109

Lex Titia de tutela

Lex Nr. 89

655/99 o. 711/43?

Lex Minicia de liberis

Lex Nr. 103

ante 664/90

Privatrecht

Lex Cornelia de confirmandis testamentis eorum qui in Lex Nr. 145 hostium potestate decessissent

673/81

Lex Nr. 156

673/81

Lex Cornelia de sponsu

Listen der Gesetze

567

Staatliche Baumaßnahmen und Steuern Lex Sempronia de provincia Asia

Lex Nr. 26

631/123

Lex Sempronia de novis portoriis

Lex Nr. 30

631–632/123–122

Lex Sempronia viaria

Lex Nr. 31

631–632/123–122

Lex Sempronia de horreis

Lex Nr. 32

631–632/123–122

Lex Sulpicia rivalicia

Lex Nr. 161

Staatsreligion Lex Acilia Rubria de cultu Iovis Capitolini

Lex Nr. 43

632/122

Lex Peducaea de incestu virginum Vestalium

Lex Nr. 59

641/113

Lex Domitia de sacerdotiis

Lex Nr. 74

650/104

Lex Valeria de civitate Calliphanae Veliensi danda

Lex Nr. 92

656/98 o. 658/96

Lex Cornelia de sacerdotiis

Lex Nr. 136

672–673/82–81

Lex de ludis Victoriae instituendis

Lex Nr. 137

673/81

Lex Mamilia de coniuratione Iugurthina

Lex Nr. 65

645/109

Lex de quaestione auri Tolosani

Lex Nr. 77

650/104 o. 651/103

Lex Cornelia de proscriptione

Lex Nr. 132

672/82

Lex Cornelia de falsis (testamentaria, nummaria)

Lex Nr. 146

673/81

Lex Cornelia de sicariis et veneficis

Lex Nr. 147

673/81

Lex Cornelia de iniuriis

Lex Nr. 148

673/81

*Lex Cornelia de adulteriis et de pudicitia

Lex Nr.149

673/81

Lex Cornelia de peculatu (?)

Lex Nr. 152

673/81

*Lex Cornelia de vi

Lex Nr. 153

673/81

Lex Cornelia de ambitu (?)

Lex Nr.154

673/81

Lex Titia alearia / ​L ex Publicia alearia / ​L ex Cornelia de aleatoribus

Lex Nr. 157

de? ad 673/81

Lex Remmia de calumniatoribus

Lex Nr. 158

ante 674/80

Lex Fabia de plagiariis

Lex Nr. 160

2. oder 1. Jh.

Lex Titia (de nefanda Venere)

Lex Nr. 162

Strafgesetze a) allgemein

b) Majestätsgesetze (Vergehen gegen die Hoheit des römischen Volkes) Lex Appuleia de maiestate minuta

Lex Nr. 80

651/103

Lex Varia de maiestate

Lex Nr. 105

664/90

Lex Cornelia de maiestate

Lex Nr. 150

673/81

568

Anhang

c) Repetundengesetze (Erpressung von Geldern) Lex (Acilia) repetundarum

Lex Nr. 36

631–632/123–122

Lex Servilia Glauciae repetundarum

Lex Nr. 82

653/101

Lex Cornelia de repetundis

Lex Nr. 151

673/81

Plebiscitum reddendorum equorum

Lex Nr. 14

625/129

Lex Memmia de Iugurtha Romam ducendo

Lex Nr. 63

643/111

Lex Aufidia de feris Africae

Lex Nr. 76

ante 651/103

Lex de sepulcro C. Poplicii Bibuli

Lex Nr. 163

Lex Cornelia (municipalis)

Lex Nr. 165

Verschiedenes

Register Quellenregister Die Fundstellen sind keine Seitenzahlen, sondern beziehen sich auf die fortlaufende Nummerierung der Gesetze. Die Stellenangaben aus den Fußnoten wurden nur ins Register aufgenommen, wenn dort Texte zitiert sind.

LATEINISCHE TEXTSTELLEN AGRIMENSORES Agenn. Urb. CAR I.27 (Th) = 1.37–38 (La): 66 Agenn. Urb. CAR I.33 (Th) = 1.74 (La): 66 Frontin. CAR I.4 (Th) = 1.11(La): 66 Hygin. CAR I.89–90 (Th) = 1.126–127 (La): 66 Hygin. Grom. CAR I.134 (Th) = 1.169 (La): 66 Sic. Flacc. CAR I.100 (Th) = 1.136 (La): 22 Sic. Flacc. CAR I.108 (Th) = 1.144 (La): 66 AMMIANUS MARCELLINUS (Amm.) 16.5,1: 144 AMPELIUS (Ampel.) 18,14: 85 19,6: 97 26,1: 8 26,4: 101 APULEIUS (Apul.) met. 8.24,4: 160 AUSONIUS (Auson.) 92,4: 162 CAESAR (Caes.) civ. 1.5,1 u. 1.7,3: 133 civ. 1.32: 134 Corpus Caesarianum (Corp. Caes.) de bello Afr. 56,3: 81

CHARISIUS (Charis.) p.208 Keil: 39 CICERO (Cic.) Arch. 4,7: 110 Att. 1, 18, 6: 113 Att. 1.19,4: 138 Fn. Att. 2.9,1: 94 Att. 9.15,2: 131 Balb. 8,21: 104 Balb. 11,28: 166 Balb. 21,48: 83, 95 Balb. 24,54: 69, 82, 95 Balb. 24,55: 92 Balb. 27,61: 33 ad Brut. 1.5,3: 74 Brut. 12,48: 34 Brut. 26,99: 38 Brut. 28,109: 15 Brut. 33,127–128: 65 Brut. 34,128: 48 Brut. 36,136: 52 Brut. 43,160: 55 Brut. 43,161: 69 Brut. 56,205: 105 Brut. 62,222: 23, 49 Brut. 89,304–305: 105 Caec. 7,18: 138 Caec. 35,102: 138 Catil. 1.11,28: 20 Catil. 2.9,20: 123 Catil. 3.10,24: 125 Catil. 4.5,10: 20 Cluent. 35,95: 21

570 Cluent. 35,97: 150 Cluent. 37,104: 151 Cluent. 51,140: 55, 69 Cluent. 52,144: 34 Cluent. 53,147: 152 Cluent. 54,148: 34, 147 Cluent. 55,151: 34 Cluent. 56,153: 100 Cluent. 56,154: 34 Cluent. 57,156: 34 Corn 1, frg.50: 73 dom. 9,24: 33 dom. 16,41: 94, 97, 100 Fn. dom. 19,50: 97 dom 20,53: 94 dom. 30,79: 138 dom. 31,82: 21, 85 dom. 31,83: 126 dom. 32,87: 48, 91 fam. 1.7,10: 33 fam. 3.6,3: 139 Fn.,150 fam. 3.11,2: 150 Font. 1,1: 127 Font. 5,13: 55 inv. 1.49,92: 69 Lael. 25,96: 10 leg. 1.15,42: 131 leg. 1.21,55: 66 leg. 2.6,14: 78, 88, 97 leg. 2.12,31: 88, 97 leg. 3.3,9: 134 leg. 3.9,22: 133 leg. 3.10,24: 2 leg. 3.11,26: 21 leg. 3.16,35: 9 leg. 3.16,36: 68 leg. 3.17,38: 51 leg. agr. 2.5,10: 1, 22 leg. agr. 2.7,18: 74 leg. agr. 2.12,31: 1 Fn. leg. agr. 2.28,78: 142 leg. agr. 2.33,89: 130 leg. agr. 2.34,92: 130 leg. agr. 3.2,5: 131 leg. agr. 3.12: 142 Manil. 21,61: 159 Fn. Mil. 27,72: 2

Register Mur. 8,18: 90 nat. 3.30,74: 59, 65, 77, 146, 152 off. 2.21,72: 23, 49 off. 2, 21,73: 72 off. 2.23,80: 22 off. 3.11,47: 15, 95 de or. 2.25,107: 80 de or. 2.28,124–125: 79 de or. 2.47,197: 70 Fn. de or. 2.49,199: 69 de or. 2.49,201: 80 de or. 2.55,223: 55 de or. 2.68,274: 93 Fn. de or. 2.70,284: 52 part. 30,105: 80 Phil. 5.3,8: 94 Phil. 8.2,7: 116 Fn., 118 Phil. 11.8,18: 11 Pis. 21,50: 46, 150 Planc. 28,69: 91 p. red. in sen. 15,38: 48, 91, 124 p. red. ad Quir. 3,6: 48, 91 p. red. ad Quir. 4,9–10: 48, 91, 124 prov. 2,3: 33 prov. 8,17: 33 Quinct. 4,17: 127 Fn.  Rab. perd. 3,8: 160 Rab. perd. 4,12: 20 Rab. Post. 4,9: 82, 151 Rab. Post. 7,16: 100 rep. 1.3,6: 21 rep. 1.19,31: 5 rep. 3.29,41: 5 rep. 4.2: 14 S. Rosc. 19,55: 158 S. Rosc. 20,57: 158 S. Rosc. 43,125–126: 132 S. Rosc. 44,128: 132 Scaur. frg. (d): 82 Scaur. frg. (e): 105 Sest. 16,37: 84 Sest. 48,103: 1, 23 Sest. 64,135: 94 Tusc. 2.24,57: 105 Vatin. 5,12: 90 Verr. 1.17,51: 36 Verr. 2,1.9,26: 36, 82

Quellenregister Verr. 2,1.42,108: 146 Verr. 2,1.47,123: 132 Verr. 2,1.60,155: 133 Verr. 2,3.6,12: 26 Verr. 2,3.35,82: 131 Verr. 2,3.36,83: 152 Verr. 2,5.63,163: 20 CICERO SCHOLIEN, Stangl (Clark) Ascon. Pis. p.12 (3 C): 109 Ascon. Scaur. p.24 (21 C): 82, 100; p.24 (21–22 C): 105 Ascon. Mil. p.39–40 (45–46 C): 59 Ascon. Corn. I, p.48 (59 C): 150 Ascon. Corn. I, p.50 (62 C): 150 Ascon. Corn. I, p.52 (64 C): 116 Ascon. Corn. I, p.53 (66–67 C): 133 Ascon. Corn. I, p.54 (67 C): 95; p.54 (67–68 C): 64 Ascon. Corn. I, p.55 (68 C): 97, 100 Fn.  Ascon. Corn. I, p.57 (71 C): 2 Ascon. Corn. I, p.58 (73–74 C): 105 Ascon. Corn. I, p.61 (78 C): 70, 73, 133; p.61 (79 C): 105, 112 Ascon. Corn. II, p.62–63 (79–80 C): 74 Ps. Ascon. p.188: 133, 135, 136 Ps. Ascon. p.189: 35, 135 Ps. Ascon. p.217: 137 Ps. Ascon. p.218: 35, 135 Ps. Ascon. p.221: 36, 135 Ps. Ascon. p.230,28–31: 82 Ps. Ascon. p.231: 36 Ps. Ascon. p. 248: 146 Ps. Ascon. p. 250: 132 Fn. Ps. Ascon. p. 255: 133 Schol. Bob. p.78: 154 Schol. Bob. p.129: 95 Schol. Bob. p.132: 23 Schol. Bob. p.135: 1, 23 Schol. Bob. p.140: 94 Schol. Bob. p.141: 65 Schol. Bob. p.145: 90 Schol. Bob. p.157: 26 Schol. Bob. p.168: 84 Schol. Bob. p.174: 48, 91 Schol. Bob. p.175: 110 Schol. Cluniacensis p.271: 20

Schol. Gronov. p.286: 116 Fn.,119 Schol. Gronov. p.289: 20 Schol. Gronov. p.309: 158 Schol. Gronov. p. 314: 131 Schol. Gronov. p. 326: 135 Schol. Gronov. p. 338: 137 CIL 12 ,1. p.27 (Fasti Cap.): 131 Fn. 12 .1, elog. XVIII (=XXXIII), p.195: 67 12 .1, elog. XXX (=VII), p.199: 97, 102 12 .1.333: 137 12 .2,1 n.582 (= 197): 54 12 .2,1 n.583 (= 198): 36 12 .2,1 n.583 (= 198), lin. 22: 29 12 .2,1 n.585 (= 200): 1, 61 12 .2,1 n.585 (= 200), lin. 59: 29, 44 12 .2,1 n.585 (= 200), lin. 81: 41 Fn. 12 .2,1 n.587 (= 202): 141 12 .2,1 n.709: 104 12 .2,1 n.744 (= 593): 164 12 .2,1 n.834 (= 635): 163 6 n.1319: 163 10 n.113 u. n.114: 165 CODEX IUSTINIANUS Cod. Iust. 8.50 (51) 1,1: 145 Cod. Iust. 9.16, 5 (6) u. 6 (7): 147 CODEX THEODOSIANUS Cod. Theod. 9.14: 147 COLLATIO legum Coll. 1.1,2 u. 1.1,3: 147 Coll. 4.2,2: 149 Fn. Coll. 12.5,1: 147 Coll. 14.2,1–2: 160 Coll. 14.3,4–5: 160 DIGESTEN Dig. 1.2,2,32: 140 Dig. 11.5.2,1: 157 Dig. 11.5,3: 157 Dig. 22.5,13: 158 Dig. 28.1,12: 145 Dig. 28.3,15: 145 Dig. 35.2,18 pr: 145

571

572

Register

Dig. 38.2,4,1: 145 Dig. 40.1,12: 160 Dig. 47.10,1: 148 Dig. 47.10,5: 148 Dig. 47.10,37,1: 148 Dig. 48.1,7: 148 Dig. 48.2,12,4: 148 Dig. 48.5,23(22),2: 148 Dig. 48.8,1 pr,1,2: 147 Dig. 48.8,3 pr,1,5: 147 Dig. 48.8,4 pr: 147 Dig. 48.8,7: 147 Dig. 48.10,1 pr,2,5: 146 Dig. 48.10,2: 146 Dig. 48.10, 9, pr-3: 146 Dig. 48.10,12: 146 Dig. 48.10,13: 146 Dig. 48.10,16: 146 Dig. 48.10,25: 146 Dig. 48.10,30: 146 Dig. 48.10,33: 146 Dig. 48.15,1: 160 Dig. 48.15,3: 160 Dig. 48.15,4: 160 Dig. 48.15,6: 160 Dig. 48.15,7: 160 Dig. 48.16,1,2: 158 Dig. 49.15,5,3: 166

s.v. Sempronia horrea, p.370,26–28 L: 23 Fn., 32 s.v. sifus, p.458, 5–11 L: 161 s.v. unciaria, p.516,3–5 L: 122

EUTROPIUS (Eutr.) 4.21: 29 4.23: 55 5.9: 159 Fn.

GELLIUS (Gell.) 1.7,7: 21 2.24,7: 75 2.24,11: 144 2.24,12: 57 3.9,7: 77 4.4,3: 104 7.11,2: 67 10.3,2: 38 10.3,13: 20 10.20,10: 159 11.10,1: 27 11.13,1: 21 13.3,5: 112 15.8: 75 20.1,23: 75

EXUPERANTIUS 3: 119 4: 116 Fn., 125, 128 Fn. FESTUS (Lindsay) (Fest.) s.v. abacti, p.21,11–12 L: 19 s.v. centenariae, p.47,5–7 L: 75 s.v. Occisitantur, p.218–220 L: 21 s.v. osi, p.220,2–5 L: 45 s.v. potestur, p.277 L: 20 Fn. s.v. respublica, p.362,31–37–364,1 L: 15 s.v. satura, p.416,13–21 L: 94

FLORUS (Flor.) 2.1,1 (3.13): 22, 23, 24 2.1,6 (3.13): 35 2.1,7 (3.13): 23 2.2,5 (3.14): 2 2.2,6 (3.14): 1 2.3,2 (3.15): 26 2.3,4 (3.15): 45 2.4,2 (3.16): 84 2.5,3 (3.17): 8, 35 2.5,6 u. 9 (3.17): 97, 101 2.9,6 (3.21): 119 2.9,9 (3.21): 124 FRONTINUS (Frontin.) aq. 96: 90 Fronto (Front.) ad Ver. 2.1,13: 26, 29 GAIUS (Gai.) Inst. 1.78: 103 Inst. 1.185: 89 Inst. 3.124–125: 156

Quellenregister GRANIUS LICINIANUS (Gran. Lic.) (ed. Nicola Criniti, Teubner 1981) 34,24: 79 36,2: 159 Fn. INSTITUTIONES Iustiniani Inst. 1.20 pr: 89 Inst. 2.12,5: 145 Inst. 4.4,8: 148 Inst. 4.18,5: 147 Inst. 4.18,7: 146 Inst. 4.18,10: 160 LIBER COLONIARUM Campbell, RLS 168,28: 28 Campbell, RLS 170,32: 28 Campbell, RLS 187,24–25: 28 LIVIUS (Liv.) lib. 25.5,8: 26 Frg. aus lib. 66 (Cassiod. Chron.): 69 per. 58: 1, 2, 3, 4 59: 10, 11, 12, 13 Fn. 60: 22, 23, 24, 28, 29 63: 59 64: 62, 63 67: 70 69: 84, 85, 91 70: 100 71: 97, 98, 100, 100 Fn., 101 77: 115, 116, 117, 119, 120, 121, 123 79: 125, 126 Fn.  80: 110 83: 129 Fn. 84: 128 86: 116 Fn. 88: 132 89: 132, 133, 135, 136, 138, 142, 159 Fn. LUCILIUS 656–657 Krenkel (671–672 Marx): 26 Fn. MACROBIUS (Macr.) Sat. 3.14,6: 8 Sat. 3.17,7–9: 75

Sat. 3.17,11: 144 Sat. 3.17,13: 57 NONIUS (Non.) s.v. bicipitem, p.728 L (Varro): 35 s.v. ergo, p. 153 L (Sisenna): 106 s.v. iusso, p. 189 L (Sisenna): 108 s.v. Senati, p. 777 L (Sisenna): 106 OBSEQUENS (Obseq.) 37: 59 41: 69 46: 88 ORF4 (Malcovati) (= Meyer, ORF) p.131–132: 3 Fn. p.133–134: 8 Fn. p.144 frg.3: 38 p.162–167 (= 255): 57, 58 p.179–180 (= 229): 15 Fn. p.187–188 (= 241): 27 p.193: 45 p.196: 39 p.211–212 (= 273): 67 p.224–225 (= 282): 60 p.241: 55 p.243–244 (= 299): 69 p.282: 117 p.288 (= 340–341): 105 OROSIUS (Oros.) 5.8,3: 2 5.8,4: 4 5.12,1–2: 29 5.12,5: 45 5.15,1: 62 5.15,22: 59 5.15,25: 77 5.17,4: 85 Fn. 5.17,11: 87 PAULI Sententiae (Paul. Sent.) 3, IVa, 8: 145 4.7,1–2: 146 5,4: 148 5,25: 146

573

574 PLINIUS Maior (Plin.) nat. 3.24,138: 109 nat. 7.96: 159 Fn. nat. 8.24,64: 76 nat. 8.82,223: 57 nat. 33.8,34: 35 nat. 33.13,46: 71, 99, 111 PRISCIAN (Prisc.) inst. 3.11 (Keil 2,90): 56 QUINTILIAN (Quint.) inst. 6.3,44: 55, 69 RHETORICA ad C. Herennium (Rhet. Her.) 1.12,21: 78 2.28,45: 114, 117 SALLUST (Sall.) hist. frg. 1.55,11 M. (1.41,11 D.): 143 hist. frg. 1.55,12 M. (1.41,12 D.): 138 hist. frg. 1.77,14 M. (1.48,14 D.): 138 Cat. 33,2: 127 Cat. 37,6: 135 Iug. 27,3: 33 Iug. 32,1 u. 5: 63 Iug. 40,1–4: 65 Iug. 73,7: 67 Ps. Sall., ad Caes. senem ep. 2,8,1: 37 SCHOLIA SINAITICA (Schol. Sinait.) frg.20: 89 SENECA Maior (Sen.) contr. 3,9: 147 SERVIUS (Serv.) Aen. 6,73: 136 SISENNA FRH 16 F 53 = Frg. 17 Peter: 106 FRH 16 F 64 = Frg. 119 Peter: 108 FRH 16 F 65 = Frg. 120 Peter: 106 SUETON (Suet.) Augustus 33,2: 146

Register Caes. 5: 133 Caes. 11: 132 Nero 2,1: 74 SOLINUS (Solin.) 27,11: 29 TACITUS (Tac.) ann. 1.72: 150 ann. 11.22: 135, 141 ann. 12.60,3: 8, 35, 69 ULPIAN (Ulp.) 5,3–4, 8–9: 103 11,18: 89 23,5: 145 Fn. VALERIUS MAXIMUS (Val. Max.) 1.1,1: 92 2.9,5: 93 3.7,9: 60 3.8,4: 85 3.8,5: 120 5.2,7: 91 6.8,1: 60 7.2,6: 1 7.5,2: 62 8.1 absol.8: 82 8.1 damn.3: 88 8.5,2: 80 8.6,4: 105 9.5,1: 16, 17 9.7, mil.1: 119 9.7, mil.2: 115 VARRO ap. Non., s.v. bicipite, p. 454 M / ​728 L (Riposati, frg. 114): 35 VELLEIUS PATERCULUS (Vell.) 1.15,4: 28 1.15,5: 55 2.2,2: 3, 5 2.2,2–3: 1, 2 2.6,2: 38 2.6,3: 22, 23, 29, 30 2.6,2–3: 35

Quellenregister 2.7,4: 21 Fn. 2.12,3: 74 2.13,2: 100 2.14,1: 101 2.16,2–3: 107 2.16,4: 104 2.18,5–6: 119 2.18,6: 116, 117 2.19,1: 120 2.20,1: 115 2.20,2: 116 Fn. 2.20,3: 125 2.20,5: 124 2.23,2: 127 2.24,5: 129 Fn. 2.27,6: 137 2.28,3–4: 132 2.30,4: 133 2.32,3: 135 2.89,3: 140 (AUCT.) DE VIRIS ILLUSTRIBUS (Vir. ill.) 62,1–2: 85 62,1–3: 91 64,3: 1 64,4: 2 64,5: 4 65,3: 22, 23, 28 65,5: 45 66: 97, 100, 101 66,1–2: 158 69,2: 124, 125 72,5: 57, 58 73,1: 81 73,5: 83, 84 73,6: 85 75,8: 119 75,11: 133, 136 77,2: 159 Fn. VOLUSIUS MAECIANUS (Vol. Maec.) assis distributio 45: 71

GRIECHISCHE AUTOREN APPIAN (App.) civ. 1.9,37–10,38: 1 civ. 1.12,51: 2 civ. 1.12,54: 1, 2 civ. 1.19,79–80: 13 civ. 1.21,87: 16 Fn. civ. 1.21,89: 23 civ. 1.21,90: 18 civ. 1.22,92–93: 35 civ. 1.23,98: 28, 31 civ. 1.23,99: 38 civ. 1.23,101: 40 civ. 1.24,102: 29 civ. 1.24,104: 29 civ. 1.24,105: 44 civ. 1.27,121: 47 civ. 1.27,122 u. 124: 52 civ. 1.27,123 u. 124: 61 civ. 1.29,130–132: 84 civ. 1.30,133–134: 84 civ. 1.31,139: 85 civ. 1.31,140: 85 civ. 1.33,147 u. 149: 87 civ. 1.34,152: 16 civ. 1.35,155: 101 civ. 1.35,156: 96 civ. 1.35,157–158: 100 civ. 1.36,162: 96, 97 civ. 1.37,165–166: 105 civ. 1.49,212, 214: 104 civ. 1.53,231: 110 civ. 1.55,241: 119 civ. 1.55–56,242–243, 249:116 civ. 1.59,266–267: 121, 135 civ. 1.59,268: 118 civ. 1.60,271: 120 civ. 1.63,283: 115 civ. 1.65,296: 125 civ. 1.70,323–324: 124 civ. 1.78,358–359: 129 civ. 1.80,368: 159 Fn. civ. 1.99,461–462: 131 civ. 1.100,466: 134 civ. 1.100,467: 133 civ. 1.100,468: 135

575

576

Register C.Gracch. 8,3: 28, 38 C.Gracch. 9,2: 28, 40 C.Gracch. 9,4: 41 C.Gracch. 9,5: 38, 42 C.Gracch. 10,2: 29 Ti.Gracch. 8–13: 1 Ti.Gracch. 12,1 u. 5: 2 Ti.Gracch. 14,1: 4 Ti.Gracch. 16,1: 6, 7, 8 Comp. Ag. et Cleom. et Gracchi 2,1: 24 Mar. 4,2 u. 6: 51 Mar. 4,7: 50 Mar. 29,2: 84 Mar. 31,1–2: 87, 91 Mar. 34,1: 119 Mar. 35,5: 119 Mar. 43,2–3: 124 Pomp. 14: 159 Fn. Sulla 8,2: 116 Sulla 8,4: 118 Sulla 8,5: 119 Sulla 10,1: 120 Sulla 31,5–8: 132 Sulla 33,1–2: 131 Sulla 35,3–4: 144 Comp. Lys. et Sull. 3,2: 149

civ. 1.100,470: 138, 142 Lib. (Pun.) 136: 29, 44 CASSIUS DIO (Cass. Dio) 24.frg. 83,7: 6, 8 30–35.frg. 102,8: 124 37.9,3: 109 37.37,1: 74, 136 42.51: 140 DIODORUS SICULUS (Diod.) 34–35.7,1: 2 34–35.25,1: 25, 35 36.16,1: 91 37.10,3: 100 Fn. 37.11,1: 101 DIONYS v. HALIKARNASS (Dion. Hal.) 5.77.4: 135 5.77,5: 133 8.80,2: 132 Inscriptiones Graecae IG Rom 4.1028, Z. 10–12: 43 PLUTARCH (Plut.) C.Gracch. 4,1: 19, 20, 21 C.Gracch. 4,1–3: 21 C.Gracch. 5,1: 22, 25 C.Gracch. 5,2: 23, 38 C.Gracch. 5,2–3: 24 C.Gracch. 6,3: 28, 31, 32 C.Gracch. 7,1: 31

POLYBIOS (Pol.) 6.16,5: 2 Fn. 6.39,15: 25 Fn. STRABON (Strab.) 4.1,13 (188 C.): 77

Personenregister Die Fundstellen sind keine Seitenzahlen, sondern beziehen sich auf die fortlaufende Nummerierung der Gesetze. Die Personen werden, wenn möglich, durch Ämter und Amtsjahr charakterisiert (Abkürzungen: aed. Aedil, cens. Zensor, cos. Konsul, cos. suff. Ersatzkonsul, dict. Diktator, Kg. König, mag. eq. Reiterführer, pont. max. Pontifex maximus, pr. Praetor, procos. Prokonsul, propr. Propraetor, quaest. Quaestor, tr. pl. Volkstribun). Acilius Glabrio, M’. (tr. pl. 122) 36, 43 Aemilius Scaurus, M. (cos. 115) 57, 58

Antonius, M. (quaest. 113) 60 Appuleius Saturninus, L. (tr. pl. 103, 100) 54, 78–81, 83–85, 86

Personenregister Aquillius, M’. (cos. 129, procos. 128–126) 27 Aristonicus (Eumenes III.), Kg. von Pergamon (133–129) 11 Attalos III. Philometor, Kg. von Pergamon (138–133) 4 Aufeius 27 Aufidius, Cn. (tr. pl.) 76 Baebius (tr. pl. 103) 81 Baebius, C. (tr. pl. 111) 63 Caecilius Metellus Delmaticus, L. (cos. 119, pont. max. 114) 59 Caecilius Metellus Nepos, Q. (cos. 98) 94 Caecilius Metellus Numidicus, Q. (cos. 109, cens. 102) 48, 67, 84, 85, 87, 91 Calidius, Q. (tr. pl. 98) 91 Calliphana, Priesterin 92 Calpurnius Bestia, L. (tr. pl. 121 od. 120, cos. 111) 21, 48, 62 Calpurnius Piso, L. (tr. pl. 89) 104, 106 Cassius Longinus Ravilla, L. 59 Cassius Longinus, L. (pr. 111) 63 Cassius Longinus, L. (tr. pl. 104) 73 Claudius Pulcher, Ap. (cos. 143) 1 Claudius Pulcher, Ap. (propr. 87) 126 Coelius Caldus, C. (tr. pl. 107) 68 Cornelius (tr. pl.?) 165 Cornelius Cinna (cos. 87–84) 116, 124, 125) Cornelius Merula, L. (cos. suff. 87) 125 Cornelius Scipio Africanus Aemilianus, P. (cos. 134) 3, 10, 13 Cornelius Scipio Nasica, P. (cos. 111) 62 Cornelius Sulla, L. (cos. 88, 80, dict. 82–79) 74, 119, 120–123, 132–136, 138–157, 159 Didius, T. (cos. 98) 94 Domitius Ahenobarbus, Cn. (tr. pl. 104) 74 Duronius, M. (tr. pl. 98) 93 Fabius 160 Fannius, C. (cos. 122) 38 Fulvius Flaccus, M. (triumvir 130, cos. 125) 13, 15, 16, 17, 38 Furius, P. (tr. pl. 100) 87

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Iulius Caesar Strabo, C. (Xvir) 81 Iulius Caesar, C. (Xvir) 81 Iulius Caesar, L. (cos. 90) 104 Iunius Brutus, M. (tr. pl. 83) 130 Iunius Pennus, M. (tr. pl. 126) 15 Iunius Silvanus, M. (cos. 109) 64 Jugurtha, Kg. von Numidien (118–104) 62, 63 Licinius Crassus Dives, P. (cos. 97) 75 Licinius Crassus Mucianus, P. (pont. max. 132, cos. 131) 1 Licinius Crassus, L. (cos. 95) 55, 95 Livius Drusus, M. (tr. pl. 122) 40, 41, 42 Livius Drusus, M. (tr. pl. 91) 96–101 Mallius Maximus, Cn. (cos. 105) 70, 79 Mamilius Limetanus, C. (tr. pl. 109) 65, 66 Manlius Mancinus, T. (tr. pl. 108) 67 Marcius Censorinus, Cn. 39 Marcius Philippus, L. (tr. pl. 104, cos. 91, cens. 86) 72, 96, 126 Marcius Rex, Q. (cos. 118) 55 Marcius Rex, Q. (pr. 144–143) 161 Marius, C. (tr. pl. 119, cos. 107, 104–100, 86) 50, 51, 67, 83, 87, 116, 119, 120, 124 Matrinius, T. 83 Memmius, C. (tr. pl. 111) 63 Minatus Magius 107 Minicius 103 Minucius Rufus (tr. pl. 121) 45 Mithridates VI. Eupator, Kg. von Pontos 119 Mucius Scaevola, P. (cos. 133) 1 Mucius Scaevola, Q. (cos. 95) 95 Norbanus (tr. pl. 105 od. 104) 70, 77, 80 Octavius, Cn. (cos. 87) 124, 125 Octavius, M. (tr. pl. 133) 1, 2, 19 Octavius, M. (tr. pl.) 49 Opimius, L. (cos. 121) 45 Papirius Carbo, C. (tr. pl. 131) 9, 10 Papirius Carbo, Cn. (cos. 84) 128, 129 Papirius Carbo, Cn. (tr. pl. 89) 110, 111

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Register

Peducaeus, Sex. (tr. pl. 113) 59 Plautius Silvanus, M. (tr. pl. 89) 110, 112 Plotius (tr. pl.) 113 Pompeius (Magnus), Cn. (propr. 82–?) 152, 159 Pompeius Rufus, Q. (tr. pl. 99, cos. 88) 87, 115, 121, 122 Pompeius Strabo, Cn. (cos. 89) 104, 109 Popillius Laenas, P. (cos. 132) 21, 48 Poplicius Bibulus, C. (aed. pl.) 163 Porcius Cato, L. (tr. pl. 100) 87 Porcius Cato, M. (pr. 121, cos. 118) 46, 55, 56 Postumius, Albinus Sp. (cos. 110) 65 Ptolemaeus VIII. Euergetes II., Ägypten (145–116) 12 Publicius 157 Publicius Menander, Cn. 166 Remmius (tr. pl.) 158 Rubrius, C. (tr. pl. 122) 29, 43 Saufeius (tr. pl. 91) 97, 102 Sempronius G ­ racchus, C. (tr. pl. 123, 122) 1, 19–26, 28, 30–35, 37–38

Sempronius G ­ racchus, Ti. (tr. pl. 133) 1–8 Servilius Caepio, Q. (cos. 106) 69, 70, 73, 77, 82 Servilius Caepio, Q. (quaest. 103 od. 100) 78 Servilius Glaucia, C. (pr. 100) 54, 82, 86 Sulpicius Rufus, P. (tr. pl. 88) 67, 114, 116–119, 120 Sulpicius, Ser. (2./1. Jh.) 161 Thorius, Sp. (tr. pl.) 52 Titius 157 Titius 89, 90 Titius, Sex. (tr. pl. 99) 88, 162 Valerius Flaccus, C. (pr. 98 od. 96, cos. 93) 92 Valerius Flaccus, L. (cos. 100, interrex 82, mag. eq. 82–79) 131 Valerius Flaccus, L. (cos. 131) 11 Valerius Flaccus, L. (cos. suff. 86) 127 Varius Hybrida, Q. (tr. pl. 90) 105 Visellius Varro, C. (tr. pl. 69) 164

Sachregister (incl. geographische Namen) Die Gesetze (lex, plebiscitum, rogatio) in alphabetischer Reihenfolge sollen ein detailliertes Inhaltsverzeichnis ersetzen, Gesetze mit gleichem Titel werden durch Jahreszahlen (in Klammern) unterschieden. Hier wie bei den übrigen Stichworten sind als Fundstellen keine Seitenzahlen angegeben, sondern die fortlaufende Nummerierung der Gesetze. Abrogation – von Gesetzen 44, 45, 64, 83, 96–98, 100, 116, 117, 118 – von Magistraten 2, 70, 125, 126, 129 Abstimmungen (Volksversammlung) 9, 37, 51, 68, 94, 121 Achaia, Provinz 83 Ägypten 12 Agrargesetze 1, 3, 22, 41, 47, 52, 61, 72, 84, 88, 97, 102, 113, 142 ambitus (Wahlbestechung) 37, 93, 154

Amtsführung der Provinzstatthalter 46, 86 Africa 38, 61, 76, 81, 159 Arausio (Gallien) 69, 70, 79 Ariminum 138 Asia, Provinz 26, 27, 86 Aufwandsgesetze siehe Luxusgesetzgebung Baumaßnahmen 31, 32, 164 Bürgerrecht / ​Stimmrecht – Ausgrenzung, Entzug 15, 95, 138 – Freigelassene 58, 116, 128

Sachregister – Recht der Kinder aus Mischehen 103 – Verleihungen an Einzelpersonen 92, 107, 166 – an Latiner und socii 16, 38, 42, 83, 101, 104, 106, 108, 110, 116, 128 Cales 38 Capua 28, 130 curator viarum 164 Diktator 131 Ehrungen 92, 163 Etrurien, Etrusker 104 Exil und Rückberufung 21, 48, 79, 85, 87, 91, 114, 117, 120, 124 Ferentinum 38 flamen Martialis 11 Freigelassene s. Bürgerrecht Gesetzgebung 9, 51, 94 Getreideversorgung 23, 49, 50, 78, 98, 143 Herakleia 104 interdictio aquae et ignis (Ächtung) 21, 79, 85, 117, 120, 146, 147, 148 Interrex 131 Iunonia (Karthago) 28, 29, 44 ager Campanus / ​K ampanien 28, 126, 130, 142 Koloniegründungen 28, 29, 40, 55, 81, 83, 96, 123, 130 Korinth 61 Konsuln – Gesetzgebung 16, 17, 57, 58, 94, 95, 104, 109, 121, 122 – Vorschriften 134 Kriegserklärung 62 Landverteilung 1, 22, 41, 52, 81, 84, 88, 97, 102, 142 Latium, Latiner 1, 5, 15, 38, 42, 61, 82, 86, 89, 95, 101, 103, 104, 109 Leges Corneliae agrariae 142

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Leges Minuciae de legibus Semproniis abrogandis 45 Lex (Acilia) repetundarum 36 Lex (Cornelia) de exulibus revocandis (87) 124 Lex / ​SC de consulatu Cinnae abrogando 125 Lex Acilia Rubria de cultu Iovis Capitolini 43 Lex Aemilia de libertinorum suffragiis 58 Lex Aemilia sumptuaria 57 Lex agraria (111) 61 Lex agraria (121) 47 Lex Appuleia agraria 84 Lex Appuleia de coloniis in Africam deducendis 81 Lex Appuleia de coloniis in Siciliam Achaiam Macedoniam deducendis 83 Lex Appuleia de maiestate minuta 80 Lex Appuleia de Q. Caecilio Metello 85 Lex Appuleia frumentaria 78 Lex Aufeia de provincia Asia 27 Lex Aufidia de feris Africae 76 Lex Caecilia et Didia de modo legum promulgandarum 94 Lex Calidia de Q. Caecilio Metello revocando 91 Lex Calpurnia de civitate militum 106 Lex Calpurnia de P. Popillio Laenate revocando 48 Lex Cassia de senatu 73 Lex Clodia de victoriato 71 Lex Coelia tabellaria 68 Lex Cornelia (municipalis) 165 Lex Cornelia de adulteriis et de pudicitia 149 Lex Cornelia de ambitu 154 Lex Cornelia de civitate Volaterranis adimenda 138 Lex Cornelia de coloniis deducendis 123 Lex Cornelia de confirmandis testamentis eorum qui in hostium potestate decessissent 145 Lex Cornelia de exilio Marianorum 120 Lex Cornelia de falsis (testamentaria, nummaria) 146 Lex Cornelia de iniuriis 148

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Register

Lex Cornelia de magistratibus 134 Lex Cornelia de maiestate 150 Lex Cornelia de peculatu152 Lex Cornelia de praetoribus octo creandis 140 Lex Cornelia de proscriptione 132 Lex Cornelia de provinciis ordinandis 139 Lex Cornelia de quaestoribus XX creandis 141 Lex Cornelia de reditu Cn. Pompei 159 Lex Cornelia de repetundis 151 Lex Cornelia de sacerdotiis 136 Lex Cornelia de sicariis et veneficis 147 Lex Cornelia de sponsu 156 Lex Cornelia de supplendo senatu / ​L ex Cornelia de censura 155 Lex Cornelia de tribunicia potestate 133 Lex Cornelia de vi 153 Lex Cornelia frumentaria 143 Lex Cornelia iudiciaria 135 Lex Cornelia Pompeia de comitiis centuriatis et de tribunicia potestate 121 Lex Cornelia Pompeia unciaria 122 Lex Cornelia sumptuaria 144 Lex de bello cum Aristonico gerendo 11 Lex de bello Iugurthae indicendo 62 Lex de civitate Cn. Publicii Menandri 166 Lex de civitate Minato Magio danda 107 Lex de civitate Tudertibus danda 108 Lex de colonia Narbonem deducenda 55 Lex de iurisdictione triumviris obroganda 13 Lex de lege Rubria abroganda 44 Lex de ludis Victoriae instituendis 137 Lex de provincia Q. Pompeio Rufo danda 115 Lex de provinciis praetoriis 86 Lex de quaestione auri Tolosani 77 Lex de regno Aegypti 12 Lex de sepulcro C. Poplicii Bibuli 163 Lex Domitia de sacerdotiis 74 Lex Duronia de lege (Licinia) sumptuaria abroganda 93 Lex Fabia de plagiariis 160 Lex fragmenti Tarentini 53 Lex Iulia de civitate Latinis (et sociis) danda 104

Lex Iunia de colonia Capuam deducenda 130 Lex Iunia de peregrinis 15 Lex Iunia militaris 64 Lex latina tabulae Bantinae 54 Lex Licinia et Mucia de civibus redigundis 95 Lex Licinia sumptuaria 75 Lex Livia agraria 97 Lex Livia de coloniis deducendis 96 Lex Livia frumentaria 98 Lex Livia iudiciaria 100 Lex Livia nummaria 99 Lex Mamilia de coniuratione Iugurthina 65 Lex Mamilia de limitibus 66 Lex Manlia de bello Iugurthino gerendo 67 Lex Maria de suffragiis ferendis 51 Lex Memmia de absentibus 60 Lex Memmia de Iugurtha Romam ducendo 63 Lex Minicia de liberis 103 Lex Octavia frumentaria 49 Lex Papiria de novorum civium libertinorumque suffragiis 128 Lex Papiria semunciaria 111 Lex Papiria tabellaria 9 Lex Peducaea de incestu virginum Vestalium 59 Lex Plautia iudiciaria 112 Lex Plautia Papiria de civitate sociis danda 110 Lex Pompeia de Transpadanis 109 Lex Porcia de aere alieno 56 Lex Porcia de provinciis magistratuum 46 Lex Remmia de calumniatoribus 158 Lex Rubria de colonia Carthaginem deducenda 29 Lex Saufeia agraria 102 Lex Sempronia agraria (123) 22 Lex Sempronia agraria (133) 1 Lex Sempronia agraria altera (133) 3 Lex Sempronia de abactis 19 Lex Sempronia de capite civis romani 20 Lex Sempronia de coloniis deducendis 28 Lex Sempronia de horreis 32 Lex Sempronia de M. Popillio Laenate 21

Sachregister Lex Sempronia de magistratu M. Octavio abrogando 2 Lex Sempronia de novis portoriis 30 Lex Sempronia de provincia Asia 26 Lex Sempronia de provinciis consularibus 33 Lex Sempronia frumentaria 23 Lex Sempronia iudiciaria 35 Lex Sempronia militaris 6 Lex Sempronia ne quis iudicio circum­ veniatur / ​circumveniretur 34 Lex Sempronia viaria 31 Lex Servilia Caepionis iudiciaria 69 Lex Servilia Glauciae repetundarum 82 Lex Sulpicia de aere alieno senatorum 118 Lex Sulpicia de bello Mithridatico C. Mario decernendo 119 Lex Sulpicia de novorum civium libertinorumque suffragiis 116 Lex Sulpicia de revocandis vi eiectis 117 Lex Sulpicia rivalicia 161 Lex Thoria agraria 52 Lex Titia alearia / ​Lex Publicia alearia / ​Lex Cornelia de aleatoribus 157 Lex Titia de agris dividundis 88 Lex Titia de nefanda Venere 162 Lex Titia de provincia aquaria? / ​de provinciis quaestoriis 90 Lex Titia de tutela 89 Lex Valeria de aere alieno 127 Lex Valeria de civitate Calliphanae Veliensi danda 92 Lex Valeria de Sulla dictatore 131 Lex Varia de maiestate 105 Lex Visellia 164 Luxusgesetzgebung (ll. sumptuariae) 57, 75, 144 Magistratur – Vorschriften 13, 19, 134 maiestas (Hoheit des römischen Volkes) – Vergehen gegen maiestas durch ­Magistrate 80, 105, 150 – Verletzung der Amtspflichten 150 Makedonien, Provinz 33, 83, 86 Mord 147 Münzprägung 71, 99, 111

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Münzfälschung 146 Narbo (Narbonne) 55 Narbonensis, Provinz 140 Neapel 104 Numidien, Numider 62, 63, 65, 67 Plebiscitum de imperio Ap. Claudio abrogando 126 Plebiscitum de imperio Q. Servilio ­Caepioni abrogando 70 Plebiscitum de tribunis plebis [reficiendis] 18 Plebiscitum reddendorum equorum 14 pontifex maximus 11, 59, 74, 136 Praetoren – Anzahl 107, 140 – Gesetzgebung 46, 75, 92, 106 – praetorische Provinzen 86 Privatrecht – Bürgschaft 156 – Grundstücksgrenzen 66 – iniuria (Verletzung der Person) 148 – Recht der Kinder aus Mischehen 103 – Testament 145, 146 – Tutor (Vormund) 89 Provinzen – Verwaltung 46, 86, 139, 150 – Zuteilung 11, 33, 67, 115, 119 provocatio 7, 17, 20 Quaestionen – für Einzelfälle 59, 65, 77 – ständige Gerichtshöfe 36, 146, 147, 150, 152, 154 – Besetzung 8, 24, 35, 69, 100, 112, 135 Quaestoren – Anzahl 141 – Aufgaben 54, 78, 86, 90 Religion – Besetzung von Priesterämtern 74, 136 – Vestalinnen 59 – Verpflichtungen für Priester 11 Rogatio / ​Lex Plotia agraria 113 Rogatio Appuleia de Cn. Mallio / ​Manlio 79

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Register

Rogatio de exulibus revocandis (88) 114 Rogatio de imperio Cn. Papirio Carboni abrogando 129 Rogatio frumentaria 50 Rogatio Fulvia de civitate sociis danda 16 Rogatio Fulvia de provocatione 17 Rogatio Livia agraria 41 Rogatio Livia de civitate sociis danda 101 Rogatio Livia de Latinis 42 Rogatio Livia duodecim coloniis dedu­ cendis 40 Rogatio Marcia agraria 72 Rogatio Marcia de tribunis militum 39 Rogatio Papiria de tribunis plebis reficiendis 10 Rogatio Porcia Pompeia de Q. Caecilio Metello revocando 87 Rogatio Sempronia de civitate sociis danda (123–122) 38 Rogatio Sempronia de civitate sociis danda (133) 5 Rogatio Sempronia de pecunia regis Attali 4 Rogatio Sempronia de provocatione 7 Rogatio Sempronia de suffragiorum confusione 37 Rogatio Sempronia iudiciaria (= de senatu) (123–122) 24 Rogatio Sempronia iudiciaria (133) 8 Rogatio Sempronia militaris 6

Spoletium 83 Statthalter der Provinzen (proconsul, propraetor) – Amtsführung 46, 86 – Vergehen im Amt (Erpressung) 36, 82, 151 Straßenbau 31

Sardinia, Provinz 140 Schulden, Schuldentilgung 56, 118, 122, 127 Scolacium 28 Senat 24, 73, 135, 155 Sicilia, Provinz 83, 140 Sklaven 103, 120, 132, 143, 145, 146, 147, 148, 160 Spanien (Hispania), Provinz 140 Spiele (ludi Victoriae) 137

Würfelspiel 157

Tabellargesetze 9, 68 Tarent 28 Teanum Sidicinum 38 Testamente – Fälschungen 146 – von Kriegsgefangenen 145 Tolosa (Toulouse) 77 Transpadanien 109 Tuder 108 Unterhaltung 76, 137 Unterschlagung 152 Unzucht 59, 149, 162 Venusia 38 Vibo 97 Volaterra 138 Volkstribunen – Einschränkung des Amtes 121, 133 – Interzession 1, 105, 114, 133, 134, 150, 159 – Wiederwahl 10, 18

Zensoren – Aufstellung der Senatsliste 53, 54, 118, 135, 155 – Ausstoßung aus dem Senat 93 – Bürgerlisten 58, 61, 109, 116, 128 – Verpachtung 26, 28 – Wasserversorgung 90, 161