Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen: Bd 1: Untersuchungen. Bd 2: Wörterbuch [Reprint 2012 ed.] 9783110895223, 9783110178289

The historical study of specialist registers normally starts at a point where there is no doubt about the existence of e

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Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen: Bd 1: Untersuchungen. Bd 2: Wörterbuch [Reprint 2012 ed.]
 9783110895223, 9783110178289

Table of contents :
I. Einleitung
II. Medizingeschichtliche Grundlagen und Voraussetzungen
1. Grundzüge der Medizingeschichte vom Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit
1.1 Das frühe Mittelalter
1.2 Das hohe und das späte Mittelalter
1.3 Die beginnende frühe Neuzeit
2. Medizinische Texte und medizinische Fachsprachen im Griechischen und Lateinischen
2.1 Zur Herausbildung einer griechischen medizinischen Fachsprache
2.2 Zur Herausbildung einer lateinischen medizinischen Fachsprache
3. Die deutschsprachige medizinische Überlieferung von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert
3.1 Die althochdeutsche Zeit
3.2 Die mittelhochdeutsche Zeit
3.3 Die frühneuhochdeutsche Zeit
III Möglichkeiten der Erschließung älterer fachspezifischer Wortbestände
1. Sprache der Medizin und historische Fachsprachenforschung
2. Die Corpusbildung
3. Prinzipien historischer Wortforschung
3.1 Die lexikographische Ebene
3.2 Die textuelle Ebene
3.3 Die lexikologische Ebene
IV. Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts
1. Die althochdeutschen medizinischen Zaubersprüche
1.1 Die Texte
1.2 Die Merkmale der Textsorte
1.3 Der heilkundliche Wortschatz
2. Die althochdeutsche Rezeptliteratur
2.1 Die Texte
2.2 Die Merkmale der Textsorte
2.3 Der heilkundliche Wortschatz
3. Die althochdeutschen heilkundlichen Glossen
3.1 Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften
3.2 Glossen zu lateinischen Rezepten
3.3 Glossen zu lateinischen botanischen Schriften
3.4 Körperteilglossare
4. Heilkundliche und anatomische Kontexte in nicht-medizinischen Texten
4.1 Heilkundliche und anatomische Textbausteine in „Literarischen Denkmälern“
4.2 Heilkundliche Glossen in nicht-medizinischen Glossen-Kontexten
5. Resümee
V. Die Auswertung des Wörterbuches
1. Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen
1.1 Lateinisch – althochdeutsches Glossar
1.2 Onomasiologische Gliederung
1.3 Die Gebrauchsfrequenz
1.4 Herkunft und zeitliche Schichtung
1.5 Morphologische und semantische Analysen
1.6 Resümee
2. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen
2.1 Lateinisch – althochdeutsches Glossar
2.2 Onomasiologische Gliederung
2.3 Die Gebrauchsfrequenz
2.4 Herkunft und zeitliche Schichtung
2.5 Morphologische und semantische Analysen
2.6 Resümee
3. Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit
3.1 Lateinisch – althochdeutsches Glossar
3.2 Onomasiologische Gliederung
3.3. Die Gebrauchsfrequenz
3.4 Herkunft und zeitliche Schichtung
3.5 Morphologische und semantische Analysen
3.6 Resümee
4. Die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen
4.1 Pflanzenbezeichnungen und Heilkunde
4.2 Pflanzenbezeichnungen mit heilkundlich motivierten Morphemen
VI. Konstanz und Wandel. Entwicklungstendenzen im medizinischen Fachwortschatz des Mittelalters und der frühen Neuzeit – Ein Ausblick
1. Die Texte
2. Die Wörter
3. Ein Fazit
VII. Die Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung im Deutschen – Eine abschließende Zusammenfassung
Abkürzungen
Literatur
Wortregister
Vorbemerkungen
1. Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen
2. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen
3. Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit
4. Die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen
5. Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

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Jörg Riecke Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen Band 1

Jörg Riecke

Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen Band 1: Untersuchungen

w DE

G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-017828-1 Bibliografische Information Der Deutschen

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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2004 by Walter de Gruyter G m b H & Co. K G , D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. D a s gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2003 vom Fachbereich 05 „Sprache - Literatur - Kultur" der Justus-Liebig-Universität Gießen als Habilitationsschrift angenommen. Ihr lag der Plan zu Grunde, die Genese und die Entfaltung einer medizinischen Fachsprache im Mittelalter und der frühen Neuzeit zu erschließen und darzustellen. Die unerwartete Vielfalt des frühmittelalterlichen Materials hat eine Konzentration auf die Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung im Deutschen erforderlich gemacht. Die weitere Entwicklung konnte daher nur noch abschließend beispielhaft skizziert werden. Mehr konnte in Anbetracht begrenzter Lebens- und Arbeitszeit vorerst nicht geleistet werden. Wohlwollende Leserinnen und Leser werden vielleicht dennoch Spuren des ursprünglichen Planes wiedererkennen. Sonst gilt mit Francesco da Barberino: „sed non omnia omnibus possunt glossari" („Nicht alles, was ich tat, kann allen begreiflich gemacht werden"). Das Erscheinen dieser Studie wäre ohne die Unterstützung vieler Kollegen und Freunde nicht möglich gewesen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Hans Ramge, der mir in Gießen die Möglichkeit zur unabhängigen wissenschaftlichen Tätigkeit gegeben und die Entstehung der Arbeit über viele Jahre mit großer Geduld begleitet und gefördert hat. Wichtige Anregungen gaben als wietere Gutachter Prof. Dr. Albrecht Greule (Regensburg), Prof. Dr. Otfrid Ehrismann (Gießen) und Prof. Dr. Manfred Landfester (Gießen). Wertvolle Ratschläge und Hinweise habe ich darüber hinaus in verschiedenen Stadien der Arbeit von Herrn Prof. Dr. Jost Benedum (Gießen), Herrn Prof. Dr. Rolf Bergmann (Bamberg), Herrn Dr. Thomas Gloning (Marburg), Herrn Prof. Dr. Gundolf Keil (Würzburg), Frau Svetlana Riecke, M.A. (Fronhausen), Frau Dr. Britt-Marie Schuster (Gießen), Frau Dr. Christiane Thim-Mabrey (Regensburg) und Herrn Prof. Dr. Heinrich Tiefenbach (Regensburg) erhalten. Für hilfreiche Unterstützung bei der Erstellung der Druckvorlage danke ich Herrn Dr. Sascha Feuchert, Herrn Gerd Richter, M.A. und Frau Alicja Thomanek, M.A. (Gießen). Herrn Albrecht Günther danke ich für seine beständige Bereitschaft, mir bei der Erschließung der Bibliothek des Instituts für Geschichte der Medizin der JustusLiebig-Universität behilflich zu sein. Schließlich danke ich Herrn Dr. Heiko Hartman vom Verlag Walter de Gruyter für sein Interesse an dieser Arbeit und ihre Aufnahe in das Verlagsprogramm.

Fronhausen, am Freitag den 13. Februar 2004

Inhalt Band 1: Untersuchungen I.

Einleitung

II.

Medizingeschichtliche Grundlagen und Voraussetzungen Grundzüge der Medizingeschichte vom Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit Das frühe Mittelalter Das hohe und das späte Mittelalter Die beginnende frühe Neuzeit Medizinische Texte und medizinische Fachsprachen im Griechischen und Lateinischen Zur Herausbildung einer griechischen medizinischen Fachsprache Zur Herausbildung einer lateinischen medizinischen Fachsprache Die deutschsprachige medizinische Überlieferung von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert Die althochdeutsche Zeit Die mittelhochdeutsche Zeit Die frühneuhochdeutsche Zeit

1. 1.1 1.2 1.3 2. 2.1 2.2 3. 3.1 3.2 3.3 III 1. 2. 3. 3.1 3.2 3.3

Möglichkeiten der Erschließung älterer fachspezifischer Wortbestände Sprache der Medizin und historische Fachsprachenforschung Die Corpusbildung Prinzipien historischer Wortforschung Die lexikographische Ebene Die textuelle Ebene Die lexikologische Ebene

IV. 1. 1.1 1.2 1.3

Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts Die althochdeutschen medizinischen Zaubersprüche Die Texte Die Merkmale der Textsorte Der heilkundliche Wortschatz

1

6 6 6 16 24 26 27 32 35 37 39 48

55 55 63 66 66 73 83 91 92 95 106 110

VIII 2. 2.1 2.2 2.3 3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 4.

Inhalt 116 116 119 123 127 127 127 136 138 138 140 140 140 155 156 157 161 167 195

5.

Die althochdeutsche Rezeptliteratur Die Texte Die Merkmale der Textsorte Der heilkundliche Wortschatz Die althochdeutschen heilkundlichen Glossen Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften Die Texte Der heilkundliche Wortschatz Glossen zu lateinischen Rezepten Die Texte Der heilkundliche Wortschatz Glossen zu lateinischen botanischen Schriften Die Texte Der heilkundliche Wortschatz Körperteilglossare Die Handschriften Die Quellen Zur Glossierungspraxis Zur Wortwahl Heilkundliche und anatomische Kontexte in nicht-medizinischen Texten Heilkundliche und anatomische Textbausteine in „Literarischen Denkmälern" Heilkundliche Glossen in nicht-medizinischen Glossen-Kontexten Resümee

V. 1. 1.1 1.1.1 1.2 1.2.1 1.3 1.3.1 1.4 1.4.1 1.5 1.5.1 1.5.2 1.6

Die Auswertung des Wörterbuches Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen Lateinisch - althochdeutsches Glossar Auswertung des Glossars Onomasiologische Gliederung Die Auswertung Die Gebrauchsfrequenz Die Auswertung Herkunft und zeitliche Schichtung Die Auswertung Morphologische und semantische Analysen Morphologie Semantik Resümee

209 209 209 251 253 261 263 273 274 285 287 287 290 32Q

4.1 4.2

199 199 203 207

Inhalt

2. 2.1 2.1.1 2.2 2.2.1 2.3 2.3.1 2.4 2.4.1 2.5 2.5.1 2.5.2 2.6 3.

Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen Lateinisch - althochdeutsches Glossar Auswertung des Glossars Onomasiologische Gliederung Die Auswertung Die Gebrauchsfrequenz Die Auswertung Herkunft und zeitliche Schichtung Die Auswertung Morphologische und semantische Analysen Morphologie Semantik Resümee Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit 3.1 Lateinisch — althochdeutsches Glossar 3.1.1 Auswertung des Glossars 3.2 Onomasiologische Gliederung 3.2.1 Die Auswertung 3.3. Die Gebrauchsfrequenz 3.3.1 Die Auswertung 3.4 Herkunft und zeitliche Schichtung 3.4.1 Die Auswertung 3.5 Morphologische und semantische Analysen 3.5.1 Morphologie 3.5.2 Semantik 3.6 Resümee 4. Die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen 4.1 Pflanzenbezeichnungen und Heilkunde 4.2 Pflanzenbezeichnungen mit heilkundlich motivierten Morphemen VI.

1. 2. 3. VII.

IX

324 324 374 376 386 388 402 402 417 418 418 422 435 439 439 450 451 455 456 461 462 468 468 468 471 476 478 478 480

Konstanz und Wandel. Entwicklungstendenzen im medizinischen Fachwortschatz des Mittelalters und der frühen Neuzeit - Ein Ausblick Die Texte Die Wörter Ein Fazit

484 484 495 524

Die Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung im Deutschen Eine abschließende Zusammenfassung

527

X

Inhalt

Abkürzungen

531

Literatur

535

Wortregister

589

Band 2: Das „Althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch" Vorbemerkungen

1

1.

Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen

2

2.

Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen

279

3.

Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

537

4.

Die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen

597

5.

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

635

I. Einleitung Die Anfange des Schreibens über den menschlichen Körper, über seine Krankheiten und ihre Heilung gehören zu den ältesten Textbeständen der jüngeren europäischen Volkssprachen. Im deutschen Sprachraum reichen diese Anfänge bis in die frühmittelalterliche Zeit zurück. Trotz starker landschaftlicher und zeitlicher Unterschiede sowie einer gelegentlich problematischen Abgrenzung gegenüber dem hochmittelalterlichen Deutsch sind wir gewohnt, die Überlieferung von der Mitte des 8. bis etwa zur Mitte des 11. Jahrhunderts einheitlich als „althochdeutsch" zu charakterisieren. Die soziokulturelle Einbettung dieser frühen volkssprachigen Schriftlichkeit in die Welt des benediktinischen Mönchtums hat eine erste Blüte religiöser Dichtung und religiöser Gebrauchstexte hervorgebracht. Auch die Anfänge einer deutschen Wissenschaftssprache fallen, man denke etwa an NOTKERS Traktat DE MUSICA, in diese Zeit. Darüber hinaus sind jedoch noch weitere Texte entstanden, die von der Forschung bisher - soweit es die Medizin betrifft - noch nicht unter einem funktionalen Gesichtspunkt zusammenhängend betrachtet worden. Das Thema der vorliegenden Untersuchung ist nun die Frage, welche Möglichkeiten den frühmittelalterlichen Schreibern bei der Aneignung und Wiedergabe des medizinischen Wissens ihrer Zeit in der Volkssprache zur Verfügung standen. Die Darstellung der lexikalischen und textuellen Gestaltungsmöglichkeiten fuhrt zu der Überlegung, ob die frühmittelalterlichen fachspezifischen Gebrauchstexte und ihr Wortschatz bereits fachsprachliche Züge besitzen. Überträgt man die an modernen Vorstellungen von Fächern und Fachsprachlichkeit orientierten Kriterien der Fachsprachenforschung auf das Mittelalter, so wird man dies vermutlich verneinen. Versucht man jedoch, diese Kriterien in historischer Perspektive aus der Medizin- und Sprachgeschichte zu entwickeln, dann tritt die Fachlichkeit auch der frühen Textzeugen deutlicher zu Tage. Dies zeigt sich besonders dann, wenn sich der Blick nicht ausschließlich auf die fachspezifische Lexik richtet, sondern wenn auch die fachspezifischen Texte mit ihren Strukturen in die Betrachtung einbezogen werden. Die Fachlichkeit althochdeutscher medizinischer Gebrauchstexte äußert sich ganz offensichtlich primär in bestimmten fachspezifischen Textmustern. Wenn in dieser Arbeit dennoch der Wortschatz in den Mittelpunkt gerückt wird, so geschieht dies aus einem anderen Grund. In den medizinischen Gebrauchstexten vollzieht sich nämlich nur ein Teil des Aneignungsprozesses des zeitgenössischen medizinischen Wissens. Die Trümmerhaftigkeit der Überlieferung, das klerikale Bildungsmonopol und die Überlegenheit der lateinischen

2

Einleitung

Schriftsprache, neben der sich das Althochdeutsche erst langsam entwickelt, haben zudem zur Folge, dass dieser Teil in quantitativer Hinsicht nicht besonders ergiebig ist. Einen weitaus besseren Einblick in diesen Aneignungsprozess erhält man dann, wenn nicht nur fachspezifische Gebrauchstexte und ihr Wortschatz, sondern der Gesamtbestand des althochdeutschen Wortschatzes untersucht wird. An der Herausbildung des heilkundlichen Fachwortschatzes sind nicht nur die wenigen medizinischen Gebrauchstexte allein, sondern auch alle übrigen Texte und Textsorten des Althochdeutschen mehr oder weniger stark beteiligt. Damit ist ein wesentlicher Unterschied zu den anderen wissenschaftlichen und technischen Lebensbereichen und ihrer Sprachen benannt. Im Unterschied etwa zur Rhetorik, Grammatik, Dialektik oder Mathematik, deren Fragestellungen stets nur einem kleinen Teil von Spezialisten und Interessierten etwas zu sagen haben, betrifft die Medizin alle Menschen, Ärzte wie Patienten, Fachleute wie Laien, gleichermaßen zu allen Zeiten. Die Medizin steht daher wie kein zweiter Bereich des Lebens im Spannungsfeld von fachwissenschaftlicher Spezialisierung und menschlichen Alltagserfahrungen. Aspekte des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung können so in den unterschiedlichsten Textzusammenhängen aufgegriffen werden. Vor allem in der benediktinischen Auseinandersetzung mit altorientalisch-biblischer und antiker Kultur gibt es zahlreiche Anlässe, medizinisches Wissen auszudrücken. Damit gerät der gesamte althochdeutsche Wortschatz in den Blick. Spezifische heilkundliche Verwendungsweisen eines Wortes sind bezeugt, wann immer auch in nicht-medizinischen Texten punktuell von medizinischen bzw. anatomischen Zusammenhängen die Rede ist. Die „proprietas verborum", das Vorhandensein einer ausreichenden Menge von bezeichnungsadäquaten Wörtern, wird auch in den Fachsprachen durch die Ausbildung und Differenzierung des Allgemeinwortschatzes vorbereitet. In dieser breit angelegten Aneignung des traditionellen medizinischen Wissens liegt auch die eigentliche Leistung der althochdeutschen Schreiber auf diesem Gebiet. Während die fachspezifischen Textmuster aus der lateinischen Schriftlichkeit und zumindest im Falle der Zaubersprüche auch aus der einheimischen mündlichen Tradition endehnt werden konnten, musste der fachspezifische Wortschatz selbst erst neu geformt werden. Es stellt sich also die Frage, auf welche Weise die endehnten Textmuster lexikalisch gefüllt werden konnten. Dazu sind Überlegungen zur Morphologie und Semantik der Lexeme, zur räumlichen und zeitlichen Schichtung des Wortschatzes sowie zu den verschiedenen Bezeichnungsmotiven der Sprecher erforderlich. Die Grundlage der empirischen Wortschatzuntersuchung bildet also der gesamte Wortbestand des Althochdeutschen, bzw. das, was bisher in der Forschung dem Althochdeutschen zugerechnet wird. Einzelne Modifikationen kommen hinzu. Die empirische Analyse mündet ein in das „Althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch", das alle heilkundlichen Verwendungsweisen althochdeutscher Lexeme enthält. Aus dem Corpus der althochdeutschen Texte werden dann in

Einleitung

3

einem zweiten Schritt diejenigen herausgelöst, in denen dieser Wortschatz gehäuft auftritt. Bei diesen Texten, die primär medizinische bzw. anatomische Gegenstände beschreiben, handelt es sich um Kandidaten für Vertreter der Textklasse „Texte medizinischen Inhalts" im Althochdeutschen. Sie umfasst gleichermaßen Zaubersprüche, Rezepte, Schultexte, Glossare und lateinische Glossenhandschriften. Spätestens an dieser Stelle drängt sich die Frage auf, welche Funktion den volkssprachigen medi2inischen Texten vor dem Hintergrund der dominierenden lateinischen Schriftkultur überhaupt zugewiesen werden kann. Die Vielfalt der Texte legt es nahe, die Intentionen der Schreiber nicht auf eine einzige Textfunktion zu reduzieren. Eine Untersuchung des althochdeutschen Wortschatzes und der althochdeutschen Texte bliebe letztlich unvollständig, würde man nicht auch deren Anteil an der weiteren Entwicklung der deutschen Sprache zumindest kurz umreißen. Dies geschieht durch einen Vergleich der althochdeutschen Überlieferung mit einigen ausgewählten mittel- und frühneuhochdeutschen medizinischen Texten und Teilwortschätzen. Damit wird abschließend auch ein Beitrag zur diachronen Fachtextforschung geleistet. Die zentralen Fragen der Untersuchung lassen sich in sieben Punkten zusammenfassen: 1. Welche im weitesten Sinne heilkundlich motivierten Bezeichnungen stehen am Anfang der Überlieferung? 2. Wann und in welcher Art von Texten hat das Schreiben über Körper, Krankheit und Heilung im Deutschen begonnen? 3. Welche Aussagen über medizinisches Wissen und medizinische Vorstellungen können mit Hilfe der Analyse des volkssprachigen Wortschatzes getroffen werden? 4. In welchem Maße tragen die ältesten volks sprachigen Bezeichnungen und „Texte medizinischen Inhalts" bereits fachsprachliche Züge? 5. Welchen Anteil hat der heilkundliche Wortschatz bei der Herausbildung medizinischer Texte und spezifisch medizinischer Textsorten? 6. Welche Aussagen können über die Gebrauchsfunktion mittelalterlicher medizinischer Fachtexte getroffen werden? 7. Welchen Anteil haben die ältesten volkssprachigen Bezeichnungen und Textsorten bei der Ausbildung einer deutschen medizinischen Fachsprache? Die Beantwortung dieser Fragen soll auf den folgenden Seiten versucht werden. Eine Wortschatzuntersuchung, wie sie mit dieser Arbeit angestrebt wird, bleibt also nicht auf die Sammlung von Teilwortschätzen und die Ermittlung von Wortbedeutungen beschränkt. Sie behandelt vielmehr den Wortschatz in Texten und versucht die Funktionen dieser Texte zu ermitteln. Sie behandelt den Wortschatz in Feldern und beschreibt seine architektonischen Prinzipien. Sie beachtet schließlich auch die individuelle Wortgeschichte und fragt nach den jeweiligen Be-

4

Einleitung

Zeichnungsmotiven - die als Motivationsinhalte von Sprechern aufgefasst werden - und den sie bestimmenden Vorstellungen. Auf diese Art wird die Fachwortforschung text- und pragmalinguistisch, aber auch kulturgeschichtlich eingebettet und kann - so steht es zu hoffen - auch für weiterführende sprachwissenschaftliche und medizingeschichtliche Fragestellungen nützlich werden. Zu den übergeordneten Zielen dieser Untersuchung gehört es daher auch, traditionelle philologische Methoden und moderne linguistische Erkenntnisinteressen miteinander zu verbinden und so einen Beitrag zur Einheit der Sprachwissenschaft zu leisten. Die historische Fachsprachenforschung ist für diese Aufgabe besonders geeignet, wenn sie die untersuchten Texte und Wortschätze nicht in einer verengten Perspektive als noch unvollkommene Vorläufer einer heute gültigen Praxis, sondern als selbständige Vertreter einer älteren, zunächst einmal nur anderen Praxis beschreibt. In vergleichbarer Weise würde heute ebenso wohl kaum jemand bei der Untersuchung lyrischer Dichtkunst WALTHER VON DER VOGELWEIDE als einen noch unvollkommenen Vorläufer etwa PAUL CELANS oder RAINER MARIA RlLKEs betrachten. Die Beschreibung einer „anderen" Praxis rückt die Erforschung mittelalterlicher Fachsprachen, wenn sie den diachronischen Vergleich zur heutigen Praxis sucht, damit in die Nähe der kontrastiven Fachsprachenforschung. In einem Paradigma der synchronen Fachsprachenforschung und der zu ihr vermeintlich hinführenden Vorstufen geht sie nicht restlos auf. Die Untersuchung ist wie folgt aufgebaut: Kapitel II liefert zunächst die für das Verständnis der lexikalischen und textuellen Befunde erforderlichen medizingeschichtlichen Grundlagen. Es beruht auf der Annahme, dass historische Fachsprachenforschung nur in enger Anbindung an die jeweilige Fachgeschichte betrieben werden kann. Die Bedeutung einer ausgeprägten historisch-sachkundlichen Perspektive für die linguistische Analyse ist bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von Vertretern der Forschungsrichtung „Wörter und Sachen" deutlich gemacht worden. Einige Hinweise auf die fachsprachlichen Merkmale der „Sprache der Medizin" im Griechischen und Lateinischen, die auch für die Entwicklung in den neueren Volkssprachen maßgeblich sind, schließen sich an die medizingeschichtliche Übersicht an. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Abriss der deutschsprachigen medizinischen Überlieferung von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Auf diese Weise wird die Möglichkeit eröffnet, die Entwicklungen im Wortschatz und im Textsortenensemble mit den Entwicklungen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Medizin in Beziehung zu setzen und die Einflüsse medizinischer Neuerungen auf den Sprachgebrauch wahrzunehmen. Die Daten der Medizin- und Überlieferungsgeschichte setzen den Rahmen für einen mittelalterlichen Kommunikationsraum, in dem sich das Schreiben über medizinische Zusammenhänge vollzieht. In Kapitel III werden die Möglichkeiten der Erschließung historischer Fachwortschätze vorgeführt. Es beginnt mit einem Überblick über die bisherige wissen-

Einleitung

5

schaftliche Beschäftigung mit der Fachsprache der Medizin, insbesondere in historischer Perspektive. Eine knappe Charakteristik des in dieser Arbeit untersuchten Corpus' schließt sich an. Das Kapitel endet mit Ausführungen zu den Möglichkeiten historischer Wortforschung und ihrer gleichermaßen text- und pragmalinguistischen wie kulturgeschichtlichen Einbettung. Auch der Aufbau des „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuchs" wird in diesem Zusammenhang vorgestellt. Wegen seines Umfangs wird das Wörterbuch selbst in einem zweiten Band gesondert vorgelegt. Kapitel IV stellt die medizinischen Gebrauchstexte des Althochdeutschen vor und befragt sie auf ihre Struktur, ihre Funktion und ihren fachsprachlichen Charakter. Es soll aufgezeigt werden, welche Rolle der Wortschatz bei der Etablierung fachsprachlicher Merkmale in Texten spielt. In Kapitel V wird der frühmittelalterliche heilkundliche Wortschatz des Deutschen in seiner Gesamtheit untersucht. Die Analyse beruht auf dem in das sprachstadienbezogene semasiologische Wörterbuch aufgenommenen Lexembestand. Es wird versucht, durch onomasiologisch und semasiologisch motivierte Zugriffe die Strukturen innerhalb des althochdeutschen heilkundlichen Wortschatzes offen zu legen. Die onomasiologische Gliederung wird dabei kognitivistisch gedeutet. Der Abschnitt beginnt jedoch mit einer Zusammenstellung der lateinisch-althochdeutschen Übersetzungsgleichungen, die in quantitativet und qualitativer Hinsicht zunächst Aufschlüsse über die Umsetzung medizinischer Wissensbestände in die Volkssprache geben soll. Im Anschluss daran wird der Wortbestand in onomasiologische Felder untergliedert und hinsichtlich seiner Herkunft und Verankerung in der Indogermania, sowie seiner zeitlichen Schichtung bis hin zu den Neubildungen aus althochdeutscher Zeit befragt. Beobachtungen zu morphologischen und semantischen Besonderheiten runden diesen Teil ab. In Kapitel VI schließlich sollen die anhand der ältesten Überlieferung gewonnenen sprachlichen Daten aus den Bereichen Wortschatz und Texte für die Beurteilung der Gesamtentwicklung der deutschen medizinischen Fachsprache fruchtbar gemacht werden. Unter dem Aspekt von „Konstanz und Wandel" wird dabei das Fortleben der ältesten volkssprachigen Bezeichnungen untersucht und zugleich gefragt, wie sich der Wortschatz im Verlauf der fachlichen Entwicklung verändert hat. Die Untersuchung umfasst deshalb über die althochdeutsche Zeit hinaus die volkssprachige Überlieferung von den Anfängen der Schrifdichkeit im 8., bis zu den ersten umfassenden fachsprachlichen Zeugnissen im 16. Jahrhundert. In diese Zeitspanne fällt der Versuch, medizinisches Wissen in der Volkssprache schriftlich festzuhalten und damit für weitere Kreise verfügbar zu machen. Die Ergebnisse der Untersuchung werden abschließend in Kapitel VII kurz zusammengefasst.

II. Medizingeschichtliche Grundlagen und Voraussetzungen 1. Grundzüge der Medizingeschichte vom Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit Die Bezeichnung Mittelalter erscheint in lateinischer Gestalt als medium aevum seit dem 15. Jahrhundert.1 Die Gelehrten jener Zeit erstrebten eine Renaissance der antiken Geisteswelt und prägten für die zwischen ihnen und den antiken Autoren liegenden Jahrhunderte den Begriff der „mittleren Zeit", als einer minderwertigen, barbarischen Epoche. Wie jede Definition ex negativo erschwert sie den Zugang zum eigentlichen Gehalt der Frage und damit zu seiner inhaltlichen Bestimmung. Nicht zuletzt deshalb ist die Abgrenzung gegenüber der Antike wie gegenüber der frühen Neuzeit bis heute kontrovers geblieben. Aus heutiger Perspektive scheint es zudem ratsam, für viele Bereiche des Lebens - trotz der unterschiedlichsten Wandlungen und Neuansätze im einzelnen - die Zeit etwa vom 5. bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert als Einheit aufzufassen.2 Auch aus einer medizinhistorischen Perspektive müsste eine zusammenhängende Darstellung der Vor- und Frühgeschichte der europäischen medizinischen Theorien, Therapien und Texte das Mittelalter und den Beginn der frühen Neuzeit gleichermaßen umfassen. Allerdings lässt sich nicht nur der Begriff des „europäischen Mittelalters" und der Übergang zur frühen Neuzeit, sondern auch der Gegenstand der „mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Medizin" selbst kaum exakt bestimmen.3

1.1 Das frühe Mittelalter Der Beginn der neuzeitlichen Medizin ist für den Südwesten Europas eher, für den Nordosten Europas später anzusetzen. Doch zumindest bei der Bestimmung der Epochengrenze von Antike zum Mittelalter im 4. oder 5. Jahrhundert stimmt die Entwicklung der Medizin und der allgemeinen Geschichte weitgehend überein: In den Sog des Untergangs der antiken Welt gerät auch die antike wissenschaftliche Medizin, die GALEN VON PERGAMON (129-199) am Ende des 2. Jahr1 2

Nhd. Mittelaller als Übersetzung von medium aevum kommt erst Mitte des 18. Jahrhunderts in Gebrauch; siehe DWB. 6,2393. Zur Charakteristik der Epoche siehe E. PITZ, Mittelalter. Man vergleiche etwa E. HASSINGER, Das Werden des neuzeitlichen Europa.

3

G . BAADER - G . KEIL, Einleitung, S. 1.

Giundzüge der Medizingeschichte

7

hunderte noch einmal großartig zusammen gefasst hatte.4 Die Sprache von Naturphilosophie und Medizin war griechisch, und sie ist griechisch geblieben, auch nachdem Rom die politische Führung in der antiken Welt übernommen hatte. Der Verlust von Fachtexten und textgebundenem medizinischen Fachwissen ergibt sich daher vor allem aus einer Rezeptionsbarriere zwischen Antike und Frühmittelalter, die an der griechisch-lateinischen Sprachbarriere ihren Ausgang nahm.5 Hinzu kommt, dass auch das spätantike Christentum dem medizinischnaturwissenschaftlichen Erbe des klassischen Altertums eher ablehnend gegenüber stand. Da die frühmittelalterliche Medizin aus antiken, also heidnischen Quellen schöpfte, traf sie der Vorwurf parum esse veram, „sie ist nicht wahr genug". Der Kontrast zwischen einer neuen, vom Mönchtum bestimmten gallo-fränkischen Mentalität und der spätantik-christlichen Nachblüte im westgotischen Spanien wird sichtbar beim Vergleich ISIDORS VON SEVILLA (556-636) mit GREGOR VON TOURS (um 540-594), wobei der hispanische Bischof Offenheit und Kenntnisnahme, der merowingische Geschichtsschreiber dagegen Verweigerung und Geringschätzung erkennen lässt.6 So kommt GREGOR im 6. Kapitel des 5. Buches seiner HISTORIAE FRANCORUM im Zusammenhang mit den Wunderheilungen am Grab des Heiligen Martin auf die Dummheit derjenigen zu sprechen, die wegen einer Krankheit: erst den himmlischen Beistand suchten und dann sich noch nach irdischen Heilmitteln umsahen. (...) Was vermögen schon die Arzte mit ihren Instrumenten? Sie verursachen mehr Schmerzen, als sie lindern. Und wenn sie das Auge aufsperren und mit ihren spitzen Lanzetten hineinschneiden, so lassen sie jedenfalls die Qualen des Todes vor Augen treten, ehe sie wieder zum Leben verhelfen. Und soweit nicht alle Vorsichtsmaßnahmen genau befolgt sind, ist es mit dem Sehen ganz vorbei. Unser lieber Heiliger dagegen hat nur ein Stahlinstrument. Das ist sein Wille. Und nur eine Salbe. Das ist seine Heilkraft.

Diese bei GREGOR, der geistig führenden Persönlichkeit des Merowingerreiches, zum Ausdruck gebrachte skeptische Haltung steht in der Tradition von einigen Kirchenlehrern des 2. Jahrhunderts wie MARKION, ΤATI AN oder TERTULLIAN, nach deren Auffassung jede Krankheit ein von Gott gesandtes Mittel sei, das den Menschen zu Umkehr und Sühne veranlassen sollte. Die Heilkunde wurde von ihnen als verwerfliche, weil in unzulässiger Weise in den Heilsplan Gottes eingreifende Tätigkeit angesehen. Der Gebrauch von Heilmitteln und allem, was damit zusammenhängt, galt als betrügerische Kunst.7 Wem aber sollte die Sorge für die Kranken überlassen werden? Die medizinfeindliche Haltung der frühen Kirchenlehrer hat sich letztlich nicht durchgesetzt,

4 5 6 7

Ebd. G. KEIL, Möglichkeiten und Grenzen, S. 227. Ebd., S. 226. Siehe auch G. KEIL - A. PLATTE, Zur Heilkunde, S. 16f. Man vergleiche U. STOLL, Das 'Lorscher Arzneibuch', S. 45f.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

auch wenn sie noch bis in karolingische Zeit hinein wirksam war.8 Vielmehr waren es BENEDIKTS VON NURSIA (um 480-um 547) Sorge um die Pflege der Kranken und AURELIUS' CASSIODOR (um 485-nach 580) Zusammenfuhrung von antikem Wissen und christlichem Mönchtum im Kloster Vivarium, die für das europäische Mittelalter prägend wurden. Im Geiste des Kirchenvaters HIERONYMUS sollten nach der Regel des BENEDIKT nicht nur kranke Mitbrüder, sondern auch die übrige Bevölkerung behandelt und gepflegt werden. Ausgangspunkt dieses Bewusstseinswandels war also weniger die Sorge um den kranken Körper, sondern vor allem die christliche Nächstenliebe. So trägt das 36. Kapitel der REGULA B E N E D I C T I den Mönchen auf: „Für die Kranken soll man vor allem und über alles Sorge aufwenden, dass ihnen so gedient werde, wie in Wahrheit Christus dem Herrn."9 Den allgemeinen Ausführungen sind spezielle Anweisungen hinzugefügt, die sich mit den Krankenzellen der Patienten, dem „Infirmarius" als Arzt, dem „Servitor" als Krankenwärter sowie mit Bade- und Diätvorschriften befassen. Hier spiegeln sich aus der Spätantike überkommene diätetische Überlegungen wider, und es wird darüber hinaus versucht, dem Umgang mit Kranken gewisse Organisationsformen zu geben, die für die Entwicklung des Pflegegedankens, des Hospitalwesens, aber auch für die ärztliche Bildung überhaupt fruchtbar geworden sind. Der Diätetik als einer aktiven Kunst der Gesunderhaltung steht ein Verständnis von Krankheit als Mangel und Unterlassung gegenüber. Den Neubeginn auf wissenschaftlicher Grundlage - ebenfalls aus benediktinischem Geiste - markiert dann CASSIODORs Leseplan der medizinischen Literatur für das Kloster Vivarium.10 Hier liegen die Anfange der wissenschaftlichen mittelalterlichen Medizin. Sie sind geprägt von dem Versuch, ein Kloster zu verwirklichen, das antike Kultur und christliches Mönchtum in einer Synthese zusammenführen sollte, um damit das medizinische Erbe der Antike zu retten und erneut fruchtbar zu machen.11 CASSIODOR hatte die Medizin den Septem artes liberales gleichgestellt, wobei er allerdings im Gegensatz zu CELSUS und VARRO nicht die Einbindung ins ^Irtkr-Schema versuchte, sondern die Gleichstellung der Medizin aus dem Auftrag

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Siehe dazu G. ZIMMERMANN, Ordensleben, S. 155-158; E. FARBER, Mittelalterliche Kritik; G. KEIL, Medizin und Demographie, S. 174. Infimorum am ante omnia et super omnia adhibtnda est, ut siait rtvera Christo ita eis sematur. BENEDICTI REGULA X X X V I .

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CASS. INST. I, 21,1. Zu Aurelius CASSIODOR siehe E. R. CURTIUS, Europäische Literatur, S. 51, 84f. u. S. 4 4 4 - 4 4 6 ; J . M. ALONSO-NÜSEZ-J. GRUBER, Cassiodor(us). Z u Cassiodors Leseplan

siehe C. WENDEL, Bibliothek, S. 257f., G. BAADER, Naturwissenschaft und Medizin, S. 39f., ders., Die Anfänge, S. 678f. sowie J . O'DONNELL, Cassiodorus. - Für die Bibliothek nachgewiesen sind CAEUUS AURELIUS, der Herbarius des PSEUDO-APULEIUS, hier d e m DLOSCURIDES

zugeschrieben, Galenische und Hippokratische Schriften, Exzerpte aus THEODORUS PEISCIANUS, der sog. AURELIUS, der sog. ESCULAPIUS sowie GARGIUUS MARTIAUS; siehe auch CASS. INST., S. 1 8 8 - 1 9 1 sowie A. FRANZ, M. Aurelius Cassiodorus, S. 92.

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K. SUDHOFF, Aufgaben und Forschungswege, S. 99-101.

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der Benediktinertegel begründete.12 Während in den aus der Antike überkommenen Städten vor allem die Laienmedizin von den zum Handwerk zählenden Badern und Chirurgen praktiziert wurde, trat die wissenschaftliche Medizin zumeist die Flucht in die Klöster an.13 In seinen ETYMOLOGIAE skizziert ISIDOR VON SEVILLA die Rolle der Medizin und die Aufgaben des frühmittelalterlichen Arztes: 14 Manche fragen sich, warum die Kunst der Medizin nicht den freien Künsten zugerechnet wird. Der Grund dafür liegt darin, daß diese die einzelnen Grundlehren enthalten, jene aber alle zugleich umfaßt. Der Arzt muß die Grammatik kennen, um das, was er liest, verstehen und erklären zu können. Er muß die Rhetorik kennen, damit er seine Behandlung mit treffenden Argumenten begründen kann; ihre Dialektik, damit er imstande ist, die Ursachen der Krankheiten und ihre Behandlungsweisen mit Hilfe von Vernunftgründen zu erforschen. Er muß die Arithmetik kennen, um berechnen zu können, wie viele Stunden Krankheitskrisen dauern und wie viele Tage einen Zyklus ausmachen. Das gleiche gilt für die Geometrie, damit er aufzeigen kann, was jeder aus der Beschaffenheit der Gegenden und aus der geographischen Lage ersehen sollte. Außerdem darf ihm die Musik nicht fremd sein, denn es heißt, daß bei kranken Menschen vieles mit dieser Disziplin wieder ins Lot gebracht worden sei; so steht zu lesen, daß David durch den Vortrag von Melodien bei Saul einen unreinen Geist ausgetrieben hat. Auch hat der Arzt Asklepiades einen Tobsüchtigen mit Hilfe eines Konzertes wieder gesunden lassen. Schließlich muß der Arzt die Astronomie kennen, um die Gesetze zu berücksichtigen, die den Lauf der Gestirne und den Wechsel der Jahreszeiten bestimmen, denn unsere Körper, so sagt der Arzt, ändern sich je nach dem Stand der Sterne und Gezeiten. Deshalb wird die Medizin als zweite Philosophie bezeichnet; tatsächlich nimmt die eine wie die andere Disziplin den ganzen Menschen in Anspruch. Wird durch die eine die Seele behandelt, so durch die andere der Körper. Die enge Beziehung zwischen Philosophie und Medizin war bereits in vorhippokratischer - und damit vorsokratischer - Zeit gegeben durch die Modellfunktion der philosophischen Suche nach einem Urstoff, aus dem die Welt bestehe und der ärztlichen Suche nach den wesentlichen Bestandteilen des Körpers. 15 Jedoch war die frühmittelalterliche europäische Medizin, als ISIDOR VON SEVILLA diese berühmt gewordene Passage verfasste, noch weit davon entfernt, sich dem Ideal einer „zweiten Philosophie" wieder anzunähern.16 Als der letzte und zugleich schwerste frühmittelalterliche Pestzug um a. 750 zum Erliegen kam, hatte sich das west- und mitteleuropäische Siedlungsgebiet grundlegend verändert. Zusammenhängende Siedlungsräume waren aufgebrochen, die besiedelten Landstriche lagern sich clusterartig in die Landschaft und werden durch siedlungsfreie Räume voneinander getrennt. Die alten städtischen Ballungszentren hatten sich aufgelöst und

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G. KEIL, Möglichkeiten und Grenzen, S. 229. C. STOLL, Arznei und Arzneiversorgung, S. 156.

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ISIDOR VON SEVILLA, Etymologiae IV, 13. Zu seinen medizinischen Schriften siehe auch W. D. SHARPE, Isidore of Seville.

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K.-D. FISCHER, Vom Säfteschema,S. 81. Man vergleiche D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 218.

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nur hier und da verteilten sich kleine städtische Inseln über das Ruinenfeld.17 In West- und Mitteleuropa schien der Strom der Überlieferung antiken Wissens unterbrochen. Wenn dennoch ein beträchtliches Maß an Kenntnissen gerettet werden konnte, so verdankt sich dies vor allem der frühmittelalterlichen Klosterkultur. „Klöster trugen das antike Erbe, Klöster vermittelten dem Frankenreich eine der grundlegenden Organisationsstrukturen, Klöster teilten sich mit den Kathedralschulen das Bildungsmonopol, Klöster beteiligten sich am Erschließen dünn besiedelter Räume, Klöster stellten als Siedlungsmittelpunkte die medizinische Versorgung, und Klöster sind es gewesen, die als Schaltstellen der Wissensvermittlung über Umfang und Auswahl des medizinischen Textangebotes entschieden." 18

Die von CASSIODOR gesammelten Schriften, die sich — wenn auch nicht in bester Textgestalt - teils inhaltlich verdünnt, teils sprachlich vergröbert durch die Pflege der Klöster erhalten haben, finden sich nun um volksmedizinische Elemente angereichert vor allem wieder in festen, oft sachlich oder nach dem literarischen Genus orientierten Corpora oder in Kompendien.19 Es liegen ihnen vulgärlateinische Übersetzungen des 6. Jahrhunderts zu Grunde, mit denen allerdings des Griechischen kaum mehr mächtige Ärzte für ihre des Griechischen ganz unkundigen Kollegen nicht unbedingt die bedeutendsten Werke der antiken Medizin, meist byzantinischer Herkunft, in ein frühmittelalterliches Latein übertrugen. Die Manuskripte überliefern neben einigen Schriften der griechischen Medizin vor allem pharmazeutische Rezepte und Mixturen sowie Ratgeber für die ärztliche Praxis, in denen sich knappe Beschreibungen von Krankheiten und Aufzählungen von Behandlungsweisen finden. Als Vorlagen diente das Rezeptbuch des QUINTUS SERENUS SAMMONICUS, D E MEDICINA PRAECEPTA SALUBERRIMA, d e r LIBER MEDICINAE EX ANIMALIBUS d e s SEXTUS PLACITUS PAPYRENSIS, die MEDICINA EX OLERIBUS ET POMIS d e s GARGILIUS MARTIALIS s o w i e e i n T r a k t a t D E EXPERTIS REMEDIIS d e s VLNDICIANUS. D a z u k a m e n n o c h d i e MEDICINA PLINII, e i n e R e z e p t s a m m l u n g D E MEDICAMENTIS EMPIRICIS d e s MARCELLUS BURDIGALENSIS, s o w i e d i e HERBARUM VIRES ET CURATIONES e i n e s PSEUDO APULEIUS. D e m

6. Jahrhundert entstammt dann die SAPIENTIA ARTIS MEDICINAE, ein anonymes

Kompendium, in dem hippokratisches und galenisches Gedankengut mit eigen-

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D. HERLIHY, Outline of population developments, S. 10. Siehe auch G. KEIL, Möglichkeiten und Grenzen, S. 225. G. KEIL, Möglichkeiten und Grenzen, S. 225. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 11. Siehe auch G. BAADER, Lehrbrief, S. 248. Einen ersten, noch nicht ersetzten Uberblick über die im Frühmittelalter bekannten medizinischen Schriften gibt W. PUHLMANN, Die lateinische medizinische Literatur. Man vergleiche auch A. BECCARIA, I Codici di Medicina del Periodo Presalemitano. Beccaria ermittelte in 53 Bibliotheken 145 Codices, in denen ein oder mehrere medizinische Traktate enthalten sind. Beispielhaft ist der Codex St. Gallen 217 aus dem 9. Jahrhundert. Man vergleiche dazu P. KÖPP, Das Handbuch.

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ständigen Puls- und Harntraktaten zusammengewachsen sind.20 Diese Überlieferungskorpora dienten „als Grundlage für einen medizinischen Individualunterricht und zur Ausübung einer primitiven ärztlichen Praxis am Rande von Kloster und Kathedrale".21 Die auf schriftlich überlieferten antiken wissenschaftlichen Traditionen fußende frühmittelalterliche Heilkunde geht demnach Hand in Hand mit volksmedizinischen Heilverfahren, die auf empirischer Beobachtung und magischen Praktiken beruhen. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Rezeption der um 400 entstandenen lateinischen Rezeptsammlung des M A R C E L L U S B U R D I GALENSIS. 2 2 Der Begriff „Klostermedizin" reicht daher - trotz der Verdienste der Klöster - als Charakterisierung der Heilkunde des frühen Mittelalters allein nicht aus.23 Der Begriff umschreibt weniger eine heilkundliche Praxis, sondern wirft ein Licht auf die theologischen Voraussetzungen der frühmittelalterlichen Medizin. „In keinem Kulturkreis und zu keiner Epoche waren Gesundheit und Krankheit stärker mit existentiellen Fragen des Menschen verbunden als im Mittelalter. Im Kranksein erfuhr der Mensch die Erlösungsbedürftigkeit der ganzen Schöpfung, und in der Heilung sah er ein Zeichen des ewigen Heils."24 Schon für BASILEUS den Großen, den Mönchsvater der Ostkirche, war Krankheit nicht nur eine Strafe für Sünden, sondern sie diente dem wahren Mönch auch als Weg der Erkenntnis und der völligen Hingabe an den göttlichen Willen.25 Krankheit und die Leiden der Kranken werden in einem neuen Licht gesehen. Während im Alten Testament der Kranke als unrein betrachtet und aus der sozialen Gemeinschaft ausgeschlossen wurde,26 wird mit dem Neuen Testament das - trotz mancher Widerstände für das Mittelalter prägende „Christus-medicus-Motiv" vorbereitet. Die Figur Jesu, der als „Heiland" in die Welt kommt, und dessen heilende Praxis als Teil der göttlichen Botschaft verstanden wurde, sorgt für eine Aufwertung sowohl der Kranken als auch jener, die sich ihrer annahmen.27 Durch das Beispiel Christi wird der Kranke in der christlichen Gemeinschaft ein Objekt besonderer Für-

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Man vergleiche H. Schipperges, Medizin, S. 452f. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 12, G. BAADER, Die Anfänge, S. 676f. - Zur Therapie in der klösterlichen Krankenbehandlung siehe auch G. ZIMMERMANN, Ordensleben, S. 178-188 mit weiterer Literatur. MARCELLI DE MEDICAMEL-ras UBER. Siehe dazu U. SCHWAB, Sizilianische Schnitzel, S. 267f., J. GRIMM, Uber Marcellus. Für die angelsächsische und skandinavische Welt vergleiche man D. BLANKE (Hg.), Die pseudohippokratische 'Epistule de sanguine cognoscendo'; W. BONSER, The medical background of Anglo-Saxon England; V. MOLLER-CHRISTENSEN, Middelalderens Laegekunst i Danmark; H. REIER, Heilkunde im mittelalterlichen Skandinavien, sowie CH. KAISER, Heilkunde, S. 200. Siehe G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 12 sowie die Einträge unter www.Klostermedizin.de. H. SCHIPPERGES, Die Kranken im Mittelalter, S. 9. Die meisten der genannten Schriften werden als Vorlagen althochdeutscher Glossen erneut begegnen. W. F. REDDIG, Bader, Medicus und weise Frau, S. 33. M. HONECKER, Christus Medicus, S. 39. H. SCHIPPERGES, Die Kranken im Mittelalter, S. 203f.

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sorge. Der Kampf gegen die Krankheit kann nun auch als Kampf gegen den Antichrist verstanden werden, an dessen Ende ein neues, intaktes Leben stehen soll. So entsteht ein neuer «wrtar-Gedanke, der den Kranken in einen hilfsbedürftigen Mitbruder verwandelt und der wohl als der größte Beitrag des Christentums zur Medizin gelten kann.28 Ganz in dieser Tradition wird seit karolingischer Zeit in zunehmenden Maße auch die Vereinigung von Kloster und Hospital durchgesetzt. Das im Zusammenhang mit der karolingischen Renaissance um 795 im Kloster Lorsch entstandene L O R S C H E R A R Z N E I B U C H mit seiner „Rechtfertigung der Heilkunde" aus christlicher Sicht, seiner „Ärztlichen Pflichtenlehre" und den umfangreichen Rezeptsammlungen fasst das vorhandene Wissen und seine ethischen Grundlagen eindrucksvoll zusammen.29 Das Aachener Konzil von a. 817 hat die Ausübung von Heilkunst und Krankenpflege fast ausschließlich in die Hände von Mönchen und Nonnen gelegt.30 Der — allerdings nie umgesetzte — sogenannte Klosterplan von St. Gallen zeigt den Versuch, den Konzilsbeschluss in idealer Form zu realisieren.31 Im Vordergrund des benediktinischen medizinischen Interesses stehen in diesen Jahren also offensichtlich theologische sowie eher auf die medizinische Praxis ausgerichtete Fragen. Demgegenüber fällt es schwer, „in der Fülle der medizinischen Literatur des Mittelalters, also in Übersetzungen, Adaptionen und Originalwerken, eine theoretische Einstellung oder eine klar definierte medizinische Grundidee zu entdecken."32 Trotzdem lässt sich auch hier eine kontinuierliche Tradition ausmachen.33 Sie ist geprägt von der Verbindung der medizinischen Grundsätze des G A L E N V O N P E R G A M O N mit der Philosophie des A R I S T O T E L E S . In der Vorstellungswelt der Griechen galt Krankheit zunächst als ein Zustand, der von den Göttern als Strafe für eine Schuld oder als Sühne verhängt wurde. Wie man sich von einer göttlichen Strafe durch die katbarsis, die kultische Reinigung, befreien konnte, so sollte die Heilkunst zur Reinigung des Körpers vom Übermaß eines dieser Säfte dienen.34 Das erste System einer natürlichen Krankheitslehre wurde dann von HlPPOKRATES und seinen Nachfolgern begründet. 28 29 30

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M. HONECKER, Christus Medicus, S. 41 f. Man vergleiche Gundolf KEIL - Paul SCHNITZER (Hg.), Das Lorscher Arzneibuch. Eingeschränkt wird die medizinische Praxis der Geistlichen durch das Edikt von Clermont a. 1130 und das Konzil von Tours a. 1163 mit den Worten tccksia abhöret a sanguim. Im IV. Laterankonzil a. 1215 wurde dann die Ausübung operativer Tätigkeiten für Kleriker explizit untersagt. Mit dieser Entscheidung koppelte man die „Klostermedizin" von der weiteren medizinischen Entwicklung ab. Auch die Zweiteilung in medizinische Theorie und chirurgische Praxis hat sich dadurch entscheidend vertieft. Man vergleiche H. SCHIPPERGES, Der Garten der Gesundheit, S. 96 u. 288. Diese Entwicklung ist aber auch als Konsequenz aus der durch die ersten Universitätsgründungen veränderten Gesamtsituation zu verstehen. Siehe Der ST. GALLER KLOSTERPLAN. Faksimile-Wiedergabe, sowie J. DUFT, Der karolingische Klosterplan; W. BERSCHIN, Der St. Galler Klosterplan. D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 218. Ebd. S. 219. Man vergleiche W. F. REDDIG, Bader, Medicus und weise Frau, S. 10.

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HlPPOKRATES sah den Menschen als Teil des Kosmos, beeinflusst von Wetter, Wind, Wasser, Nahrung und Örtlichkeit. Diese Faktoren sah er gleichzeitig als wichtigste Ursachen für Krankheiten an. Die Bedeutung GALENs beruht schließlich darauf, dass er die wichtigsten philosophischen Strömungen von PLATON und ARISTOTELES über HlPPOKRATES bis hin zu den Erkenntnissen der wichtigsten zeitgenössischen Medizinschule wie der Alexandrias zu einem stark schematisierten Konzept zusammengefasst hatte. Am Beispiel des AGNELLUS VON RAVENNA zugeschriebenen Kommentars des Traktats GALENs „Über die [medizinischen] Schulen"35 läßt sich die Anwendung des Systems der vier aristotelischen Grundtypen von „Ursachen" erkennen. Die „wirkende Ursache" ist das medizinische Handeln beziehungsweise die Medizin selbst. Die „stoffliche Ursache" ist der menschliche Körper, „instrumentale Ursachen" sind etwa die Lanzette, das Skalpell oder andere therapeutische Hilfsmittel, die „Zielursache" ist die Wiederherstellung des ursprünglichen Gleichgewichtes, der Gesundheit. Die gute Mischung, die sogenannte Eukrasie, galt bei GALEN als oberstes Prinzip des medizinischen Denkens. Sie zielte darauf ab, ein Gleichgewicht der vier verschiedenen Körpersäfte zu erhalten oder, wenn erforderlich, wieder herzustellen. Der Zustand und die Verfassung des Menschen, das heißt seine Gesundheit, gilt dann als vollkommen, wenn sich seine Körperelemente hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, ihrer Wirkung und ihrer Qualität im richtigen Gleichgewicht befinden und daher richtig gemischt sind. Als fassbare Entsprechung der vier natürlichen Grundelemente Feuer, Wasser, Erde und Luft boten sich im lebendigen Körper die wichtigsten, das heißt zunächst die auffälligsten körpereigenen Säfte an: das Blut, der Schleim, die gelbe Galle und die schwarze Galle. Die Lehre von den vier Körpersäften als den konstitutiven Bestandteilen des menschlichen Körpers bildete die Grundlage der hippokratischen Krankheitslehre. Das Mischungsverhältnis der Säfte ist ausschlaggebend für das Befinden eines jeden Menschen. Unter Gesundheit verstand man die ausgewogene Mischung der Säfte, unter Krankheit ein gestörtes Mischungsverhältnis. Eine Störung im Säftehaushalt betraf immer, auch bei scheinbar lokal begrenzten Erkrankungen, den ganzen Organismus und bedingte in Anbetracht der bei jedem Menschen individuell verschiedenen Säftemischung eine Vielzahl individueller Krankheitsformen. Die vier Körpersäfte sind zudem mit den Qualitäten der vier Urelemente versehen: warm, feucht, trocken und kalt. Sie selbst sind wiederum den vier wichtigsten Organen zugeordnet: dem Herzen, dem Gehirn, der Leber und der Milz. Schließlich entsprechen sie den hauptsächlichen Lebensaltern des Menschen und der Einteilung der Jahreszeiten. Diese Dynamisierung des Säfteschemas eröffnete die bis ins 17. Jahrhundert nicht aufgegebene Möglichkeit, eine direkte Beziehung vom Mikrokosmos des menschlichen Organismus zum Makrokosmos der gesamten Natur herzustellen.36 Die 35 36

AGNELLUS VON RAVENNA, Commentari» in librum de secüs Galeni, um 600 n.Chr. Man vergleiche E. SEIDLER, Geschichte der Medizin, S. 45-49, bes. S. 46f. Siehe auch H. SCHIPPERGES, Antike und Mittelalter, S. 241 sowie Th. BEIN, Lebensalter und Säfte.

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Grundlagen der Humoralpathologie, die Unterscheidung der vier Temperamente des Sanguinikers, des Phlegmatikers, des Cholerikers und des Melancholikers gehört, mit Abweichungen im Detail, über Jahrhunderte zum festen Bestand der medizinischen Theorie. Indem G A L E N den Körper nicht als eine eher zufällige Ansammlung von Atomen beschrieb, sondern davon ausging, dass der Schöpfer der Lebewesen jedes Organ für einen bestimmten Zweck geschaffen habe, war sein medizinisches System dem Christentum wie dem Islam gleichermaßen willkommen.37 Außerdem übernahm das lateinische Abendland eine klare Verteilung der Gegenstände der Medizin. An erster Stelle stand wie in der Philosophie die Unterscheidung von Theorie und Praxis. „Die Theorie war bestrebt, um der Sache selbst willen zu erkennen, wie der menschliche Körper funktioniert oder aber in Unordnung gerät. Auch die Praxis unterstand der Reflexion, doch sollte sie zur Therapie überleiten; diese wiederum war unterteilt in Erhaltung der Gesundheit und Behandlung der Krankheit, wobei letztere die Chirurgie, die Pharmazie und die Diätetik mit einbezog."38 Besonders die Diätetik als Vorsorge zur Erhaltung der Gesundheit ist für die Antike wie auch für das Mittelalter bestimmend gewesen.39 Bei der Bekämpfung von Krankheiten konnten am Ausgang des frühen Mittelalters neben den Heilkundigen der Volksmedizin nun auch der chirurgisch tätige Wundarzt, der gelehrte Physicus und der Apotheker behilflich sein. Dabei geriet die Chirurgie als ein Handwerk und auf Grund ihres praxisorientierten Selbstverständnisses in das Spannungsfeld zwischen theorica und practica. Die Praxisorientierung der Chirurgen, die meist kein Studium der artes durchlaufen hatten, hat auch dazu geführt, dass das wundärztliche Fachschrifttum in der lateinischen frühmittelalterlichen Medizinliteratur nur eine untergeordnete Rolle spielt. Eher sind es paläoarchäologische und ikonographische Untersuchungen, aber auch die Auswertung außerchirurgischer Texte wie der germanischen Volksrechte, die einen gewissen Einblick in die frühe chirurgische Praxis geben können.40 Trotz mancher wissenschaftlicher und praktischer Fortschritte dürfte im Bewusstsein der Bevölkerung allerdings noch lange Zeit eine dämonistisch geprägte Krankheitsauffassung im Vordergrund gestanden haben, wie sie auch heute noch in einigen außereuropäischen Kulturen zu finden ist. In der germanischen Vorstellungswelt war es ein Dämon, der den Kranken durch Hieb, Stich oder Stoß 37

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Man vergleiche W. F. REDDIG, Bader, Medicus und weise Frau, S. 18. Andere Konzepte, wie die in den Geiertraktaten fassbare Organotherapie, treten deutlich hinter der Humoralpathologie zurück. Zu Medikamenten tierischer Herkunft in griechischer und römischer Antike siehe M. LANDFESTER, Wissenschaft, S. 79 und 138f. Siehe D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 219f., hier S. 220. Eine Übersicht gibt P. GIL SOTRES, Regeln für eine gesunde Lebensweise. Man vergleiche auch P. SCHNECK, Galens diätetisches Weltbild sowie H. SCHIPPERGES, Die Kranken im Mittelalter und ders., Der Garten der Gesundheit. Siehe G. KEIL, Chirurg, Chirurgie, S. 1845f.; A. NIEDERHELLMANN, Arzt und Heilkunde.

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befiel. Noch heute vertraut sind uns Bezeichnungen wie Hexenschuß oder Aipdruck. Wichtig war daher die Besprechung mit magischen Formeln und Gesängen, die den Krankheitsdämon vertreiben sollten.41 Die Wurzeln der Heilkunde im frühen Mittelalter entstammen also nicht nur der griechisch-römischen Antike, sondern auch der Kultur der germanischen und gallo-keltischen Völker. Die mit Bädern, pflanzlichen Medikamenten, Amuletten und Zauberformeln vertrauten Heilkundigen - offenbar zunächst meist Frauen - waren die Vorgänger der Laienärzte, wie sie in den ersten germanischen Reichen des Mittelalters bekannt wurden.42 Während die Klöster die Krankenpflege ausbauten und die Klosterärzte die Wirksamkeit von pflanzlichen, tierischen und mineralischen Substanzen wissenschaftlich untersuchten und beschrieben und damit die Schriften der medizinischen Autoritäten um neue Erkenntnisse bereicherten, vertrauten große Teile der Bevölkerung nach wie vor auf volksmedizinische Erfahrungen und die Kraft der religiösen Medizin. Zwar waren die vorchristlichen Götter in der Volksfrömmigkeit des Mittelalters nach und nach durch zahlreiche Heilige ersetzt worden, die man nun allgemein zum Schutz vor Krankheiten und im Krankheitsfall anflehen konnte. Als göttliche Strafe war Krankheit durch Buße heilbar, wobei die Heiligen mit ihrer Fürbitte die Rolle von Vermittlern übernahmen 43 Aber aus der synkretistischen Vermischung heidnischer Kulte und magischer Handlungen mit christlichem Gedankengut erwuchsen über das Mittelalter hinausreichende Praktiken, welche die frühmittelalterliche Heilkunst sicherlich stärker geprägt haben als die Rezeption antiker Vorstellungen und Theorien. „Die Verbindung von Krankheiten und Heiligen stellt einen festen und überaus wichtigen Bestandteil in der Lebenswelt des Mittelalters dar."44 Die Bedeutung der wissenschaftlichen Klostermedizin wird dadurch jedoch nicht geschmälert.45 Durch die ärztliche Tätigkeit der Mönche, durch das Kopieren medizinischer Bücher und durch den Unterhalt von Kräutergärten bildete sich in den Klöstern ein reicher Schatz empirischer medizinischer Kenntnisse. Und eben dies ist das erste große Verdienst der bis ins 12. Jahrhundert hinauf so blühenden klösterlichen Heilkunde,

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W. F. REDDIG, Bader, Medicus und weise Frau, S. 26. Man vergleiche auch Alf ÖNNERFORS, Zaubersprüche in Texten der römischen und frühmittelalterlichen, sowie ders., Antike Zaubersprüche. C. STOLL, Arznei und Arzneiversorgung, S. 152f. Ebd. S. 27. Ebd. S. 29. Das folgende Zitat bei L. RABER, Geschichte des Benediktinerordens, S. 37f. Siehe auch C. STOLL, Arznei und Arzneiversorgung, S. 166. Die am häufigsten genannten Krankheiten, denen die klösterliche Heilkunde begegnen sollte, waren Erkältungs- und Katarrherscheinungen, Nasenbluten und Erbrechen, Augen- und Magenleiden, Gicht, Wassersucht und Lähmungen, sowie die mit Fieber, Blutspucken und inneren Schmerzen verbundene Pleurisis. Man vergleiche G. ZIMMERMANN, Ordensleben, S. 188-192, für Skandinavien auch CH. KAISER, Krankheiten. Grundlegend für die frühmittelalterliche Medizin sind auch A. CZARNETZKI - C. UHUG - R. WOLF, Menschen des Mittelalters und G. KOENIG, Schamane und Schmied.

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dass die Medizin als Wissenschaft im Frühmittelalter nicht unterging, sondern die medizinische Tradition von der Antike her aufrecht erhalten blieb. Der Einfluss dieser Medizin auf die Volksmedizin wurde im Laufe der Zeit größer und größer, und so entstanden Mischformen wie die lateinische Hausrezeptliteratur und die altenglischen „Leechbooks". In die mittelalterliche Schule ist aber zunächst nur medizinisches Allgemeinwissen im Rahmen der Enzyklopädien eingegangen. Dieses medizinisch-anatomische Wissen sollte allerdings bereits den Kindern vermittelt werden.46 Hier begründet sich die Tradition der medizinischen Kapitel der mittelalterlichen lateinisch-deutschen Sachglossare. Die Vermittlung von medizinischem Spezialwissen erfolgte jedoch wie in der Antike abgesondert von der schulischen Tradition im Individualunterricht in einem Lehrer - Schüler Verhältnis.47 Textsorten wie Lehrbrief und Kurztraktat spielen daher in den überlieferten medizinischen Kompendien eine wesentliche Rolle.48 Im Ganzen aber wird die Schiiftlichkeit bei der Vermittlung medizinischen Spezialwissens außerhalb der Artes-ΎΐΛάίύοη nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Wo sie dennoch zum Vorschein kommt, darf sie nicht losgelöst von primär mündlich geprägten Kommunikationssituationen betrachtet werden. 1.2 Das hohe und das späte Mittelalter Viele Bereiche der frühmittelalterlichen Medizin liegen aber noch immer im Dunkeln. Für die abendländische Medizin des hohen und späten Mittelalters sieht das Bild jedoch, nicht zuletzt wegen der insgesamt breiter gestreuten Überlieferung, sehr viel günstiger aus. Vor dem Betrachter entfaltet sich nun eine - allen neuzeitlichen Vorstellungen zum Trotz - bis ins 16. Jahrhundert reichende Zeit der Blüte. Sie ist geprägt vom Glanz der medizinischen Fakultäten der großen mittelalterlichen Universitäten, von den Fortschritten in der praktischen Ausübung der Medizin und den zahlreichen Impulsen zur Schaffung und Ordnung eines öffentlichen Gesundheitswesens. Ihren Ausgangspunkt nimmt diese Entwicklung vor allem aber in zwei mittelalterlichen Übersetzerschulen, durch deren Arbeiten die arabische und damit zugleich die antike Medizin an das lateinische Mittelalter zurückgegeben wurde. Erst durch die Übersetzungen aus dem Arabischen werden die frühmittelalterlichen Texte deutlich erkennbar als Fragmente einer Tradition, die das medizinische Denken auch in den folgenden Jahrhunderten bestimmen sollte.

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Man vergleiche Capit. reg. Franc. 43,7; G. BAADER, Gesellschaft, Wirtschaft und ärztlicher Stand, S. 180f. Siehe G. BAADER, Lehrbrief, S. 253. Ebd. S. 253f.

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Am Ende des 11. Jahrhunderts hat die neue universitäre Medizin des Abendlandes ihr erstes großes Zentrum in der Schule von Salerno am Golf von Neapel gefunden.49 Seit 848 sind dort Ärzte bezeugt und seit dem Ende des 10. Jahrhunderts hat sich ihr Ruf soweit herumgesprochen, dass 985 sich ein Bischof Adalbero II. zur Behandlung auf den weiten Weg von Verdun nach Salemo begibt.50 Die Ärzte nennen sich hier Magistri, sind aber noch Kleriker und in der Nähe der Kathedralschulen anzusiedeln. Einer der frühesten von ihnen ist der Subdiakon GARIOPONT aus dem 11. Jahrhundert, der das vulgärlateinisch geschriebene und bei CASSIODOR angezeigte funfbändige Überlieferungscorpus, das sich an die Übersetzung der byzantinischen Bearbeitung von GALENs GLAUKOMA anschloss, sachlich neu geordnet und sprachlich geglättet hat. Unter dem Titel PASSIONARIBUS GALENI wurde es bis ins 15. Jahrhundert überliefert.51 Die Übersetzungstätigkeit aus dem Griechischen wird durch den Theologen und Arzt, Erzbischof ALPHAN I. VON SALERNO weiter ausgebaut. Durch die Zusammenarbeit vieler Mediziner entsteht neben der Kathedralschule eine Vorform universitärer Organisation, die schließlich in die Gründung der ersten, von einer LaienÄrztegilde getragenen Universität einmündet. Sie verdrängt die Klöster und Kathedralschulen nach und nach aus ihrer wissenschaftlichen Vorrangstellung. In Salerno bestimmt nun nicht mehr der Individualunterricht frühmittelalterlicher Prägung das Bild.52 Salernos eigentliche Bedeutung ist damit aber noch gar nicht erfasst. Ausschlaggebend fur die herausgehobene Stellung der salernitanischen Medizin wurde vielmehr, erst nach diesen ersten Ansätzen bei GARIOPONT und ALPHAN, „die Rezeption antiker Medizin im arabischen Gewände und der auf dieser Grundlage weiterentwickelten arabischen Medizin, vor allem ihres praxisorientierten Teils".53 Hierfür war die Übersetzertätigkeit des CONSTANTINUS AFRICANUS (1020-1087) entscheidend, der im Auftrag der salernitanischen Ärzteschaft von seinen Reisen im Mittelmeerraum die wichtigsten arabischen medizinischen Texte vielleicht selbst nach Süditalien gebracht hatte. Als Frucht seiner Arbeit entstand eine Sammlung der wichtigsten arabischen Grundlagenwerke zur theoretischen und praktischen Medizin in lateinischer Sprache. Auch Teile des GALEN, das CORPUS HlPPOCRATICUM sowie weiterer byzantinischer Autoren wurden durch ihn in Europa bekannt. Dazu übersetzte er die ARTICELLA. Diese „kleine Kunst" umfasste medizinische Einfuhrungsschriften, die sich in den Universitätsstädten weit über das Mittelalter hinaus großer Beliebtheit erfreuten. Unmittelbar auf diese Rezeption der arabischen Medizin folgte in Salerno deren

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G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 13. Man vergleiche P. O. KR] STELLER, Beitrag der Schule von Salemo; G. BAADER, Die Schule von Salemo. Man vergleiche auch D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 221-228. G. BAADER, Naturwissenschaft und Medizin, S. 40. Ebd. Ebd., S. 4 2 .

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G . BAADER - G . KEIL, E i n l e i t u n g , S. 14.

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Assimilation und Weiterentwicklung, so dass neue theoretische und praktische Fächer ebenso entstanden wie neue universitätsähnliche Strukturen im institutionellen Bereich. Auf dieser Grundlage entwickelte sich ein curricular bestimmter Unterricht, der praxisorientierte und frühscholastische Züge aufweist.54 Erstmals wird in Salerno auch die Chirurgie als Teil der Medizin anerkannt und die Ausbildung der Chirurgen den Magistri selbst überantwortet. Zugleich kommt es demgegenüber auch in Salerno zur Ausgliederung der Arzneimittelherstellung aus dem Tätigkeitsfeld des Arztes.55 Ein neues „Arzneibuch", das zwischen 1160 und 1200 in Salerno entstandene ANTIDOTARIUM NICOLAI spiegelt die Veränderungen in der pharmazeutischen Praxis.56 Die salernitanischen Meister waren darüber hinaus darauf bedacht, der Medizin einen Platz innerhalb des anerkannten Kanons des menschlichen Wissens zu verschaffen. Da die Medizin nach wie vor nicht zu den Septem artes liberales gehörte - sie gliedern sich in das „Trivium" aus Grammatik, Rhetorik und Dialektik und das „Quadrivium" aus Arithmetik, Geometrie, Rhetorik und Dialektik - wurde sie nun meist als Teil der artes mechanicae betrachtet und damit als eine menschliche Tätigkeit, die nur auf die Praxis ausgerichtet sei und nicht zur Forschung und Theoriebildung neige. Am konsequentesten ist diese Einordnung durchgeführt im einflussreichen DlDASCALICON des HUGO VON ST. VICTOR (um 1100-1141). Die demgegenüber bei ISIDOR VON SEVILLA vertretene Einstufung der Medizin als „zweiter Philosophie" war noch zu vage, als dass sie an der Unterordnung der Medizin unter die mechanischen Künste etwas hätte ändern können. Die salernitanischen Meister der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts griffen nun das Stichwort „Philosophie" erneut auf, unterteilten jetzt aber die Philosophie als Gesamtheit des auf Vernunft basierenden menschlichen Wissens in drei Zweige: in die Ethik, die Logik und die unter der Bezeichnung „theorica" subsumierten Fächer Metaphysik, Mathematik und Physik. Diesem letzten Fach wurde auch die Medizin zugeschlagen und diese ihrerseits wieder in theoretische und praktische Zweige untergliedert. Beide Seiten der Medizin wurden als eigenständige Wissenschaften konzipiert, also als Disziplinen, die auf Überlegung und Urteilsvermögen fußten.57 In diesem System konnte sich in Salerno das Modell eines gelehrten Praktikers herausbilden, der nach den theoretischen Grundsätzen der galenischen Medizin erst nach den Ursachen sucht und dann mit der Therapie beginnt. Es war die Schule von Salerno, die der Medizin Stück für Stück den Weg zur Aufnahme an den Universitäten bahnte. So stehen wir am Ende des 12. Jahrhunderts vor einem geschlossenen medizinischen System. Die Heilkunde gliedert sich nun in die Physiologie als Lehre vom Gesunden, die res naturales, die zu einer Gesund54 55 56 57

Ebd. Ebd. S. 15f. G. KEIL, Zur Datierung des 'Antidotarium Nicolai'; D. GOLZ, Mittelalterliche Medizin. Zu den verschiedenen Textmustern der „Arzneibücher" siehe O. RlHA, Wissensorganisation, S. 7-17. D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 224-228, bes. S. 226.

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heitslehre ausgebaut wird, die Pathologie als Lehre von den Krankheiten, die res contra naturam und die Therapeutik als Lehre vom Heilen, der res non naturales. Dieser praktische Bereich, die eigentliche Heilkunst, besteht aus der Chirurgie, der Arzneimittellehre und der Diätetik als ordo Vitalis.™ So unterscheidet sich die salernitanische Medizin von der Volks- und Klostermedizin weniger in den Details der Therapie als in der diagnostischen Praxis und in der theoretischen Fundierung.59 Für die Chirurgie vermittelte die Salemer Schule allerdings keine weiterreichenden Anstöße. „Zwar ist sie der Ursprung der .Trotula'-Legende, zwar führte sie frühmittelalterliche Traditionen weiter, indem sie noch im 14. Jahrhundert Frauen zu Lizensiatinnen der Chirurgie promovierte, und auch für zusätzliches Fachschrifttum hat sie gesorgt."60 Die Summe des Salerner chirurgischen Wissens, die CHIRURGIA CONSTANTINI hat aber nur in der BAMBER-

GER CHIRURGIE Spuren hinterlassen und blieb für die spätere Entwicklung des Faches ohne nennenswerte Bedeutung.61 Bereits im späten Salerno sind nun auch Reflexe einer zweiten Übersetzerschule nachzuweisen, die allerdings in Form und Tendenz mit den Arbeiten in der Tradition eines CONSTANTINUS AFRICANUS nicht zu vergleichen ist. Es ist dies die Übersetzerschule von Toledo (1135-1284).62 Auf der iberischen Halbinsel war es ab a. 1031 zur Rückeroberung der von den Arabern besetzten Gebiete gekommen. In deren Folge entwickelte sich ein zunächst friedliches Zusammenleben von Arabern, Christen und Juden, das zur Voraussetzung für das Gedeihen der europäischen Islamwissenschaften wurde. Die Schule von Toledo zeichnet sich insbesondere durch die systematische Übertragung des CORPUS ARISTOTELICUM aus und hat damit einen entscheidenden Beitrag zur Aristoteles-Rezeption im Abendland geleistet. So konnte auch das naturkundliche Werk des Aristoteles seine Wirksamkeit an den spätmittelalterlichen europäischen Universitäten erst durch arabische Vermitdung entfalten. Heinrich Schipperges hat neben der Wirkung dieses griechisch-arabisch-lateinischen Corpus auf die europäische Medizin auch auf die in gleichem Maße wegweisende Bedeutung eines weiteren, des arabisch-lateinischen CORPUS TOLETANUM hingewiesen, in dessen Zentrum Übersetzungen der Werke des IBN SlNÄ, des AR-RÄZI und des ABÜ 'L-QÄSIM AZZAHRÄWI stehen.63 Als Übersetzer nachweisbar sind meist die selben Männer e t w a GERHARD VON CREMONA, ALFRED VON SARESHEL o d e r MICHAEL SCOTUS

- die auch an der Aristoteles-Rezeption beteiligt waren. Ihre Übersetzungstätigkeit umfasste offenbar verschiedene Fachgebiete und keineswegs nur die Medizin. Ihre Arbeiten sind daher nicht fachspezifisch und praxisbezogen wie die der

58 59 60 61 62 63

Man vergleiche Η. SCHIPPERGES, Medizin, S. 454. W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 57. G. KEIL, Mittelalterliche Chirurgie, S. 49. Man vergleiche ebd. H. SCHIPPERGES, Zur Rezeption und Assimilation; G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 17. H. SCHIPPERGES, Zur Rezeption und Assimilation; G. BAADER- G. KEIL, Einleitung, S. 18.

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Schule von Salerno, sondern stärker wissenschaftstheoretisch motiviert und an der für den Bibeltext gültigen Wort-für-Wort-Übersetzungstechnik orientiert.64 In dieser Gestalt finden die Texte etwa zwischen a. 1270 und 132065 Eingang in die ebenfalls stärker wissenschaftstheoretisch und zugleich streng scholastisch ausgerichteten Universitäten, vor allem Frankreichs, und setzen eine Auseinandersetzung zwischen Galenismus und Aristotelismus in Gang, bei der es zu heftigen Zusammenstößen kam.66 Die neuen Texte dienen in Frankreich aber auch zu einer Neubestimmung der Hierarchie der Wissenschaften unter der Vorrangstellung der Theologie und dem Ausbau der Heilkunde als wissenschaftlichem System. Wer Medizin studiert hatte, sollte durch die Kenntnis der anerkannten Basisliteratur, also der Schriften des CORPUS H l P P O C R A T I C U M , des D l O S K U RIDES, GALENs und IBN SfNÄs in der Lage sein, das Arbeitsfeld der Heilkunde zu überblicken, die Natur und Zeichen der Krankheiten zu erkennen, die Fieber-, Puls- und Urinlehre zu beherrschen sowie die wichtigsten inneren Heilmethoden und die Prinzipien der Wundbehandlung anzuwenden. Der systematische Aufbau des Studiums zielte dabei zwar auf praktische Belange, beruhte jedoch mit Ausnahme des letzten Studienjahres auf Bücherwissen.67 Für eine wirklich praktisch ausgerichtete Heilkunst war an den großen Universitäten in Paris und Montpellier offensichtlich zunächst kein rechter Raum.68 Trotz der salernitanischen Idee vom „gelehrten Praktiker" verfestigte sich zumindest in West- und Mitteleuropa das Bild der Medizin als eines schwer durchschaubaren Zwitterwesens: Auf der einen Seite eine durch die Wiederentdeckung und Rezeption der Grundlagentexte immer ausgefeiltere medizinische Theorie der gelehrten doctores als Universitätsfach, auf der anderen Seite als Teil der ars mechanicae die Welt der Wundärzte und Bader, deren chirurgische Praxis aus Aderlassen, Starstechen, Zahnbrechen und Amputationen bestand.69 Etwas anders war die Wirkung der toletanischen Übersetzungsliteratur an den Universitäten Italiens. „Diese italienischen Universitäten zeigen trotz ähnlicher Unterrichtsmethoden wie die scholastischen Universitäten Frankreichs eine andersartige innere Struktur. Für sie wird die neue aus der Übersetzerschule von Toledo zugeflossene Stoffulle vor allem eine Materialzufuhr als Basis für praktische Ausführung der Heilkunst, weniger fiir eine wissenschaftstheoretische Einordnung der Heilkunde wie in Frankreich."70 Auf der Basis dieser Materialzufuhr beginnt in Italien etwa eine Blütezeit der Anatomie. 64 65 66 67 68

69 70

G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 18f.; I. OPPELT, Zur Übersetzungstechnik. D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 234. Ebd. E. SEIDLER, Geschichte der Medizin, S. 104. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 19. - D. JACQUART weist aber darauf hin, dass zumindest im 14. Jahrhundert auch in Paris durchaus die via pragmatica gepflegt wurde; siehe Die scholastische Medizin, S. 230. Man vergleiche H. SCHIPPERGES, Der Garten der Gesundheit, S. 96f. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 20.

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Nicht nur in diesem noch überwiegend theoretischen Fach, auch in der praktischen Heilkunst ist Norditalien an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert führend. Neuen Aufschwung erfahrt durch toletanischen Einfluss auch die Chirurgie, ihre Integration als Lehrfach an den norditalienischen Universitäten und ihr Einfluss auf den Anatomie-Unterricht steht in direkter Nachfolge Salernos. Dabei erhält die Chirurgie hier auch entscheidende Anstöße aus der einheimischen langobardischen Tradition wundärztlicher Praxis. Und es gelingt ROGER FRUGARDI um 1170 im Rahmen des iJrtfcr-Unterrichts der Vorstoß auf die akademische Ebene. Seine nach Hörernachschriften redigierten Vorlesungen an der Universität von Parma umfassen das ganze Fachgebiet. Noch die glättende Bearbeitung GuiDOs D'AREZZO des Jüngeren (1180) zeigt ihre Herkunft aus dem Bereich handwerklicher, einheimischer althochdeutsch-langobardischer Tradition. Bezeichnenderweise bleibt ROGER von der CHIRURGIA CONSTANTINI unabhängig. 71

Die Wirkungsgeschichte der Roger-Chirurgie „zeigt eine lawinenartige Textausbreitung, die mehrfach die volkssprachige Grenze überschreitet und bei wiederholtem Sprachwechsel und ausgeprägtem Gestaltwandel bis in die frühe Neuzeit ausgreift."72 Noch im 14. und 15. Jahrhundert ist es kaum möglich, ein wundärztliches Rezeptbuch aufzuschlagen, ohne auf Roger-Versatzstücke zu stoßen.73 Die Verpflanzung dieser norditalienischen Chirurgie des 13. und 14. Jahrhunderts nach Frankreich setzt schließlich den Beginn einer Blüte der Chirurgie auch nördlich der Alpen in Gang.74 Es ist der neue Naturalismus, auf den Anneliese Maier hingewiesen hat 75 der diese Periode nicht nur in der Medizin im Italien des späten Mittelalters bestimmt. „Die Voraussetzungen auch dazu wurden in gleicher Weise wie für die mehr theoretisch orientierte französische Heilkunde durch die neuen Ideen gelegt, die durch die Übersetzungen des Rezeptionszentrums Toledo zugänglich geworden waren."76 Dennoch versteht es sich wegen der unterschiedlichen Schwerpunktbildung in Theorie und Praxis fast von selbst, dass ein in Frankreich oder Italien akademisch ausgebildeter Arzt in seiner medizinischen Ausrichtung nicht ohne weiteres vergleichbar war. Da die meisten deutschen Studenten ihre Ausbildung in Paris oder Montpellier erhalten haben, und sich auch die neuen deutschen Universitäten eher an dem Vorbild von Paris orientierten, so ist die ebenfalls „stark wissenschaftstheoretische Ausrichtung der Schulmedizin nördlich der Alpen im späten Mittelalter gut verständlich".77 Die Pariser Chirurgie, die ihre Begründung dem a. 1290 als Ghibelline verbannten LANFRANC VON MAILAND u n d s e i n e r CHIRURGIA PARVA ( v o r 1 2 9 5 ) u n d CHIRURGIA MAGNA

71 72 73

G. KEIL, Mittelalterliche Chirurgie, S. 49f. G. KEIL, Chirurg, Chirurgie, S. 1848. Ebd. S. 1849.

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G . BAADER - G . KEIL, Einleitung, S. 21.

75

A. MAIER, Studien zur Naturphilosophie; G . BAADER - G . KEIL, Einleitung, S. 21.

76

G. BAADER-G.KEIL, Einleitung, S. 21. Ebd.

77

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(nach 1296) verdankt, hatte sich zwar zu einer Zunft zusammengeschlossen und führte im Auftrage des Stadtpräfekten Prüfungen für die in der Hauptstadt praktizierenden Wundärzte und Ärztinnen durch. Als „College de St. Come" konkurrierten die Chirurgen in einer fast zweihundert Jahre währenden Auseinandersetzung nicht ohne Erfolg gegen die medizinische Fakultät der Universität.78 Akademisch gebildete Wundärzte wie etwa ORTOLF VON BAIERLAND oder der CHIRURG VON DER WESER blieben aber zumindest im deutschsprachigen Raum trotz des Vorstoßes der Chirurgie auf die Hochschulebene eher die Ausnahme. Für die meisten wundärztlichen Praktiker begann sich im Rahmen der hochmittelalterlichen Stadtentwicklung eine handwerkliche Lehre abzuzeichnen79. Die Wirkung anderer, stärker humanistisch-philologisch ausgerichteter Schulen und Traditionen ist dagegen begrenzt geblieben. Zwar treten seit dem 12. Jahrhundert in zunehmendem Maße Übersetzungen auf, die wie BURGUNDIOs VON PISA Galen-Übersetzung oder die Arbeiten der Übersetzerschule am Hof der A n j o u s im Neapel des 14. Jahrhunderts direkt aus dem Griechischen angefertigt waren, doch lassen sich davon nur wenige Spuren in den Curricula der Universitäten u n d Kommentaren der gelehrten Magistri finden.80 Dagegen kann die Rolle jüdischer Ärzte wie etwa MOSES MAIMONIDES bei der Rezeption der griechisch-arabischen Medizin im Islam wie auch bei der Assimilation der arabischlateinischen Kultur im Abendland insgesamt k a u m überschätzt werden. 81

Auf einer anderen Ebene schließlich liegen die Maßnahmen staatlicher, städtischer und geistlicher Gesundheitspolitik. Sie erfolgen außerhalb der Schulmedizin, im Rahmen der Vorsorge der Städte und der landesherrlichen Gewalt 82 Vor allem die großen Seuchen, insbesondere die Pest, erforderten entschiedene staatliche Eingriffe. Die Vielzahl größerer und kleinerer Texte, die dem Kampf gegen die Seuche gewidmet sind, verändern das Ensemble medizinischer Texte und Textsorten nachhaltig.83 Vorbild hierfür wurde das Pestgutachten der Magister der Pariser Fakultät vom Jahre 1348, aus dem eine Flut von Pesttraktaten, Gesundheitsregeln und Pflegeanleitungen hervorging. Die Pariser Meister, die ausdrücklich das „Gemeinwohl" ihrer Arbeit hervorhoben, versuchten durch eine genaue

78 79 80 81

82

83

G. KEIL, Chirurg, Chirurgie, S. 1849. Siehe auch Ε. SEIDLER, Die Heilkunde des ausgehenden Mittelalters. Ebd. Zum Stand der Bader und Wundärzte siehe auch G. KEIL, Die medizinische Versorgung. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 22f. Man vergleiche auch G. BAADER, Galen im mittelalterlichen Abendland; R. WEISS, The translators of the greek. Zur Bedeutung der jüdischen Ärzte siehe M. GUMPERT - A. JOSEPH, Medizin, S. 460-464 sowie H. SCHIPPERGES, Maimonides, S. 57; P. ASSION, Jakob von Landshut; V. ZIMMERMANN, Jüdische Ärzte. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 23. Man vergleiche auch G. BAADER, Gesellschaft, Wirtschaft und ärztlicher Stand im frühen und hohen Mittelalter; G. KEIL, Medizin und Demographie, S. 177f. Zur Auswirkung der Pest etwa G. STICKER, Abhandlungen aus der Seuchengeschichte; D. HERLIHY, D e r s c h w a r z e T o d .

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Regelung der Sonnenbestrahlung, der Speisen, des Schlafes und der Gemütsbewegungen eine Ansteckung zu verhindern. 84 Die Pest hat entscheidend zu einer nachhaltigen Veränderung des medizinischen Denkens in Europa beigetragen. Die Seuche, die weder bei H L P P O K R A T E S noch bei G A L E N genannt und im System der auf die Ermittlung individueller Störungen ausgerichteten Humoralpathologie überdies schwer zu erfassen ist, galt im Bewusstsein der Menschen als ansteckend und besonders leicht übertragbar. Schon bald wurden in Italien erste Maßnahmen zur Isolierung der Kranken als wirksam erkannt und in Angriff genommen. Das mittelalterliche gelehrte Dogma von der Ansteckung durch verdorbene Luft war nicht mehr unantastbar. Der Boden war bereitet für jene Einsicht in die Übertragbarkeit von Krankheiten, die sich schließlich erst im 19. Jahrhundert allgemein durchsetzen konnte. 85 Bis dahin war es jedoch noch ein weiter Weg. In den Augen der Gesellschaften des späten 14. und beginnenden 15. Jahrhunderts „waren die Ärzte mit Unfähigkeit geschlagen." 86 Dass sich offensichtlich fast jeder Mediziner dazu aufgerufen fühlte, Consitia (Ratgeber) und Regimina (Anleitungen) zu verfassen, änderte daran nichts. Aber im Zuge der durch die großen Epidemien erfolgten Umwälzungen lässt sich neben einer Hinwendung zu astrologischen Berechnungen und Spekulationen 87 vor allem eine Aufwertung der medizinischen Praxis beobachten. Tendenzen in dieser Richtung waren keineswegs neu, aber jetzt war die Zeit der Praktiker gekommen. Verstärkt mag sie auch durch die Rezeption der Schriften W I L H E L M S V O N O C K H A M worden sein, für den erst die sinnliche Wahrnehmung als Grundlage aller wissenschaftlichen Erkenntnis galt 88 Dadurch, dass die Medizin ein rein spekulatives Ziel ins Auge gefasst hatte, war es ihr einst gelungen, sich als Hochschuldisziplin durchzusetzen. Zwar behielt die Unterscheidung von universitärer Theorie und alltagsweltlicher Praxis, die sich wie ein roter Faden durch die hochund spätmittelalterliche Medizingeschichte zieht, auch noch in der Renaissance ihre Gültigkeit. Doch es ändert sich nach und nach ihre Beurteilung. Mit Beginn der Renaissance kam es zu einer maßlosen Überbewertung des Bereichs Praxis. Die auf Vernunftgründen basierende Unterteilung der Medizin war für die Organisation der Hochschullehre bestimmend gewesen, die klar zwischen theorica und practica unterschied. Diese Aufgliederung ist in den zwischen a. 1270 und 1274 verfassten Pariser Statuten festgehalten. In Bologna setzte sie sich seit den dreißiger Jahren des 14. Jahrhunderts durch, in Padua am Ende des 14. Jahrhunderts. Sie führte dazu, dass sich an den italienischen Universitäten zwei verschiedene Typen von Professoren herausbildeten. Während die Meister in practica im 14. Jahrhundert noch nicht sehr zahlreich und zudem nur gering geachtet waren, überwogen sie gegen Ende des Mittelalters und in der Renaissance. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts übten auch die

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E. SEIDLER, Geschichte der Medizin, S. 113. J.-N. BIRABAN, Das medizinische Denken, S. 401. D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 251. Ebd. S. 252-255. Ebd. S. 249.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

größten Meister Paduas die Medizin praktisch aus. Die theoretische Unterweisung hingegen sank vielerorts auf die Stufe einer Propädeutik herab.89 Gleichzeitig war es mehr und mehr auch der praktisch ausgebildete Wundarzt, der die Hauptlast der medizinischen Versorgung der Bevölkerung zu tragen hatte. Durch die eigenhändige Arzneimittelherstellung aus heimischen Substanzen konnten die Wundärzte den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Unter- und Mittelschichten entgegen kommen. Wenn man sich dagegen vergegenwärtigt, dass der Preis einer einzigen regulären Verordnung eines akademisch ausgebildeten Pariser Chirurgen etwa dem zweifachen Tagelohn eines Handwerkers entsprach90, so wird deutlich, dass sich mit der Ausbreitung der Chirurgie an den Universitäten nun auch innerhalb der Chirurgie selbst zwei Gruppen einander gegenüberstanden: der wuntanpt und der physicus oder natiurliche mästet, der gvtg hemn für grölen Ion betreute.91

1.3 Die beginnende frühe Neuzeit Das 16. Jahrhundert kann als eine Zeit des Aufbruchs und des Wandels gelten. Was aber hat das fur einen Arzt des 16. Jahrhunderts bedeutet? „War es eine Medizin in der Gefolgschaft des Galen, wie es die Humanisten sahen? War es der Hippokratismus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts? War es der Versuch, die antiken Vorbilder mit ihrer eigenen Methode zu übertreffen? Oder war es die Emanzipation von den Autoritäten und der Sieg der Empirie oder, vorsichtiger, das zunehmende Vertrauen auf die eigene Anschauung?"92 Diese Fragen müssen für die verschiedenen Bereiche der Medizin und auch für einzelne Autoren unterschiedlich beantwortet werden. Für die theoretische Medizin und die Erforschung der inneren Krankheiten gilt wohl vor allem der humanistische Ruf ad fontes. Prägend war die neue intensive Beschäftigung mit der textkritisch verbesserten Überlieferung der antiken Autoritäten. Aus „den Ärzten werden zunächst einmal Philologen".93 Der Ruf ,ad fontes' vereint reformatorische und humanistische Bewegung, er macht aber auch die Unterschiede deutlich. Für LUTHER bedeutet er Wiedergewinnung des reinen und lauteren Evangeliums, des geoffenbarten Gottesworts, der Gnadengabe Gottes, die des Menschen nicht zu ihrer Vervollkommnung bedarf. Die humanistischen Ärzte wollten die Reinheit der alten Quellen wiederherstellen, um mit ihrer Hilfe 89 90 91

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D. JACQUART, Die scholastische Medizin, S. 252. G. KEIL, Chirurg, Chirurgie, S. 1853. Ebd. - Einblicke in den medizinischen Alltag am Ausgang des Mittelalters geben die von L. SCHUBA, Die medizinischen Handschriften, S. XXXIIf., erschlossenen Bestände der Bibliotheca Palatina. R. WITTERN, Kontinuität und Wandel in der Medizin, S. 551. Siehe auch J . H. WOLF, Medizin im Widerstreit. G. FICHTNER, Reformation oder Renaissance, S. 945.

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die Wirklichkeit besser zu begreifen, um mit deren Weltsicht, deren Theorie, eigene Erfahrung einordnen zu können, aber doch so, daß Erkenntniszuwachs und damit Korrektur möglich blieb, und sei es nur in so bescheidener Weise, w i e Zwerge auf den Schultern von Riesen trotz ihres begrenzten eigenen V e r m ö g e n s weiter sehen als diese. 94

Das neuzeitliche europäische Wissenschaftsverständnis setzte sich dagegen zuerst auf den Gebieten durch, die ganz wesentlich an einet äußeren, sinnlichen Wahrnehmung orientiert sind: der Botanik95, der Chirurgie96, der Anatomie97 und der klinischen Beobachtung.98 Und es ist daher gewiss kein Zufall, dass gerade auf diesen Gebieten zuerst volkssprachige Texte, seien es Übersetzungen oder eigenständige Schriften, ausgebildet werden.99 So entwickelt sich etwa aus den alten Consilia, jener im Mittelalter entstandenen Textsorte, die einzelne besonders eindrückliche oder spektakuläre Krankheitsfälle umfasst100, das Urbild und Schema der modernen Krankengeschichte.101 Der seit dem Ende des 15. Jahrhunderts sichtbare, sich langsam vollziehende Wechsel der Blickrichtung von den überlieferten Texten auf den menschlichen Körper selbst findet seine Parallele in den recht ausgedehnten Studien der Renaissance-Künstler, allen voran denen LEONARDOS u n d MICHELANGELOS. 102

Im deutschsprachigen Raum seien mit HANS VON GERSDORFF (um 1 4 5 0 und ANDREAS VESALIUS ( 1 5 1 4 - 1 5 6 4 ) drei Ärzte genannt, die — wenngleich auf sehr unterschiedliche Weise — den neuen Typus des Praktikers repräsentieren können. Sie führen in vielerlei Hinsicht bereits in eine neue Entwicklung der Heilkunde hinein, sind aber zugleich auch noch auf je unterschiedliche Weise in die Welt des späten Mittelalters und der medizinischen Tradition eingebunden.103 Bei ihren Schriften angelangt, kommt auch die hier vorliegende Untersuchung zu einem Abschluss. Sie endet damit zu einer Zeit, da zum ersten Mal in größerer Zahl selbständige medizinische Texte auf deutsch vorliegen, die teils laienmedizinischen, teils fachmedizinischen Charakter tragen. Deutsch hat sich als Sprache der Medizin etabliert. Die alleinige Vorherrschaft des Lateins ist gebrochen. 1 5 2 9 ) , PARACELSUS ( 1 4 9 3 - 1 5 4 1 )

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Ebd. Siehe P. SEIDENSTICKER, „die seltzamen namen all". Hierzu M. MC VAUGH, Therapeutische Strategien, bes. S. 309-311; G. KEIL, Mittelalterliche Chirurgie sowie ders., Chirurg, Chirurgie. Man vergleiche R. WITTERN, Kontinuität und Wandel in der Medizin, S. 551. G. FICHTNER, Reformation oder Renaissance, S. 949. Zur Chirurgie siehe M. MC VAUGH, Therapeutische Strategien, S. 311. W. F. KÜMMEL, Spätmittelalterliche Medizin, S. 27-37, bes. S. 31f. G. FICHTNER, Reformation oder Renaissance, S. 949. Man vergleiche R. WITTERN, Kontinuität und Wandel in der Medizin, S. 563; B. SCHULZ, Art and Anatomy. Die Abhängigkeit gerade des Paracelsus von mittelalterlichen medizinischen Konzepten hat G. KEIL, Mittelalterliche Konzepte, überzeugend nachgewiesen.

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Medizingeschichdiche Grundlagen

Bereits im 17. Jahrhundert kommt diese Entwicklung wieder ins Stocken. Auch der eben erst begonnene methodische Pluralismus in medizinischer Theorie und Praxis wird wieder zurückgedrängt. Fragt man sich, mit welchem Akt des Umdenkens die moderne, naturwissenschaftliche Medizin beginnt, so lässt sich dafür ein genauer Zeitpunkt angeben: Es ist das Jahr 1637, das Erscheinungsjahr der Abhandlung über die Methode, die Vernunft richtig zu gebrauchen und die Wahrheit in den Wissenschaften zu suchen' (DISCOURS DE LA METHODE) v o n R E N E DESCARTES. 1 0 4

Im Gefolge D E S C A R T E S ' verliert sich der therapeutische Zugriff auf den ganzen Menschen. Die Auffassung des Körpers als Maschine fuhrt zu einem Dualismus von „Körperwelt" (res extensa) und Seele (res cogitans), deren Wechselwirkung im Körper des Menschen aus der mechanischen Bewegung physikalisch erklärbarer Einzelbestandteile abgeleitet wird. Auch die Medizin beginnt zu rechnen, zu messen und zu experimentieren.105 An die Stelle der traditionellen Auffassung von Krankheit und Gesundheit tritt jetzt ein säkularisierter Krankheitsbegriff und ein mechanistisches Therapiemodell. Und die Schriften der jetzt den europäischen medizinischen Diskurs beherrschenden sogenannten Iatrophysiker wie D E S C A R T E S , V A N H E L M O N T , D E L E B O E , H A R V E Y oder B A G L I V I A , aber auch die ihrer Kritiker wie S Y D E N H A M , erscheinen nun zuerst wieder in lateinischer Sprache. Versuche einzelner Autoren, am wissenschaftlichen Gespräch in ihrer Volkssprache teilzunehmen, konnten sogar zu einem Publikationsverbot fuhren.106 Deutschsprachige medizinische Texte des 17. Jahrhunderts unterliegen folglich ganz anderen Entstehungs- und Rezeptionsbedingungen. Eine Beschreibung der modernen medizinischen Fachsprache hätte daher in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts neu einzusetzen.

2. Medizinische Texte und medizinische Fachsprachen im Griechischen und Lateinischen Da das Abfassen volkssprachiger medizinischer Texte und die Arbeit am Wortschatz in enger Verbindung mit lateinischen Vorlagen erfolgte, ist es zum Verständnis der Entwicklung des deutschen medizinischen Wortschatzes und der deutschen medizinischen Texte geboten, zuerst einen Blick auf die lateinische Sprache zu werfen. Die Untersuchung von Endehnungen, Lehnbildungen und 104 G. RUDOLPH, Der Organismus als Maschine, S. 203. Der Titel lautet im französischen Original: DISCOURS DE LA METHODE POUR BIEN CONDUIRE SA RAISON, ET CHERCHER LA VERITE DANS

LES SCIENCES, Leyden 1637. 105 E. SEIDLER, Geschichte der Medizin, S. 127. Von einer von anderen Epochen zu unterscheidenden „Heilkunde im Zeitalter des Barock" spricht auch J. BENEDUM, Die Medizinische Fakultät, S. 49 Anm. 1. 106 Siehe dazu J. TELLE, Arzneikunst und der „gemaine Mann", bes. S. 43-45.

Medizinische Texte

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Lehnübersetzungen aus dem Lateinischen gehört seit langem zum festen Bestandteil einer jeden Untersuchung historischer Fachwortschätze. Darüber hinaus gilt auch für die Textsortenforschung, dass mehr und mehr die Bedeutung von übereinzelsprachlichen Texttraditionen erkannt wird.107 Solche Traditionen haben im Bereich der europäischen Medizin ihren Ursprung in erster Linie im griechischen Kulturkreis. Damit gerät auch das Griechische in den Blick. Bei Texten, die der Tradition verschiedener historischer Sprachen angehören, wie etwa die Vertreter einer bestimmten literarischen Gattung, „dürfte es unmittelbar einleuchten, daß es so etwas wie eine Tradition der Gestaltung solcher Texte gibt, die völlig unabhängig von der Tradition des Sprechens nach einem bestimmten historisch tradierten Muster ist, d.h. unabhängig von einer historischen Einzelsprache".108 Für fachsprachliche Textsorten ist von einer analogen Entwicklung auszugehen. Medizinische Textmuster wie die der Arzneibücher oder Regtmina sind ebenfalls zunächst übereinzelsprachliche Größen und Beispiele für bestimmte Organisationsformen medizinischen Wissens. Ihre Erforschung ist daher primär ein Bestandteil der Medizingeschichte. Im Schnittpunkt der linguistisch motivierten Fach-Wortschatzforschung und der Fach-Textsortenforschung steht schließlich die Fachsprachenforschung. Welche Textmuster haben sich innerhalb einer Texttradition gebildet und wie werden sie einzelsprachlich tradiert? Die sprachliche Form, in der über ein Sachgebiet geschrieben wird, ist gleichermaßen Bestandteil der jeweiligen Fachgeschichte und der Sprachgeschichte. In der Medizingeschichte dominiert die Frage: „Was wird geschrieben?" In der Sprachgeschichte steht die Frage „Wie wird geschrieben?" im Vordergrund. Da sich über das „wie" aber auch ältere, sonst nicht mehr greifbare Zustände des „was" aufhellen lassen, schließt sich an dieser Stelle der Kreis. Mit einer kurzen Übersicht über die - bisher aber erst ansatzweise erforschten — griechischen und lateinischen medizinischen Fachsprachen des Altertums und des europäischen Mittelalters soll zunächst eine Grundlage für die Darstellung und Beurteilung auch der deutschsprachigen medizinischen Bezeichnungen und Texte gelegt werden.109 2.1 Zur Herausbildung einer griechischen medizinischen Fachsprache Im antiken Griechenland gehörten die Ärzte zu den ersten, die das Schreiben in Prosa auf einem Fachgebiet, das einer jahrhundertealten Tradition verpflichtet war, als Mittel der Kommunikation systematisch genutzt haben. (...) Die schriftliche Fixierung der 107 Siehe E. COSERIU, Textlinguistik, S. 53f.; man vergleiche C. KNOBLOCH, Grundlegende Begriffe. 108 E. COSERIU, Textlinguistik, S. 54. 109 Die Zusammenfassung ist vor allem den im folgenden wiederholt zitierten Darstellungen von G. BAADER und J. KOLLESCH verpflichtet. Man vergleiche auch A. ÖNNERFORS, Das medizinische Latein.

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Medizingeschichtliche Grundlagen Beobachtungen, die die Ärzte im Umgang mit den Patienten gemacht hatten, bot ihnen einerseits die Gelegenheit, Wissen zu speichern und zu verbreiten, andererseits aber auch die Chance, aus den engen Bahnen der Tradition auszubrechen, indem sie ihre ganz persönlichen Ansichten in schriftlicher Form bewußt in Gegensatz zu den überkommenen Anschauungen stellten und damit zugleich der Gefahr entrissen, von diesen wieder verschüttet zu werden. 110

Die ältesten überlieferten medizinischen Texte in griechischer Sprache stammen von der Wende vom 5. zum 4. vorchristlichen Jahrhundert. Sie sind Teile einer umfangreichen Textsammlung, die unter dem Namen des HlPPOKRATES VON KOS tradiert worden ist. Auch wenn die Verfasserschaft der verschiedenen Schriften im einzelnen unsicher ist, so ist allen gemeinsam doch die hippokratische medizinische Sichtweise und der griechisch-ionische Dialekt. Inhaltlich umfassen sie verschiedene Spezialgebiete von der Chirurgie bis zur Diätetik. Die Formen der Darstellung zeigen neben häufigen Sammlungen von Krankheitsbeschreibungen auch problemorientierte Untersuchungen, Sammlungen von Aphorismen, sogenannte hypomnematische Aufzeichnungen und Reden.111 Auf die formale Gestaltung der einzelnen Texte haben offensichtlich verschiedene Kommunikationssituationen eingewirkt. Die Frage nach den Rezipienten und Textfunktionen hat die Forschung in der Regel so beantwortet, dass die meisten Texte durch die Beschreibung von Krankheiten, des Krankheitsverlaufs und von Therapiemethoden Fachwissen vermitteln und demnach von Ärzten für Arzte geschrieben seien.112 „In der hippokratischen Sammlung finden sich aber auch Schriften, die zwar auch von den Ärzten gelesen wurden, aber in erster Linie für eine breite Leserschicht geschrieben worden sind und sich als Aufklärungsschriften für den medizinischen Laien verstehen."113 Schwieriger als bei diesen laienmedizinischen Schriften ist die exakte Funktion der fachmedizinischen Textstücke zu bestimmen. Sie zeichnen sich nämlich durch typische Formen der Ausdrucksverknappung aus, die durch das Ziel, „mit möglichst geringem sprachlichen Aufwand möglichst viel Informationen zu vermitteln, durch Stilmittel wie formelhafte Sprache, Substantivierung, Parataxe, Nominalsatzgebrauch oder Asyndese gekennzeichnet ist."114 Während man in diesen Texten zunächst „tagebuchartige Aufzeichnungen eines Arztes für den eigenen Gebrauch" erkennen wollte,115 hat die Untersuchung der sprachlichen Form inzwischen wohl eindeutig erwiesen, dass die Texte Teil eines öffentlichen medizinischen Diskurses sind.116 Die exakte funktionale Zuweisung der Texte scheint aber über diese allgemeine Einordnung 110 111 112 113 114 115 116

J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2270. Ebd. Ebd. Ebd. S. 2270f. Ebd. S. 2272. Ebd. V. LANGHOLF, Syntaktische Untersuchungen zu Hippokrates-Texten; R. HELLVCEG, Stilistische Untersuchungen zu den Krankengeschichten.

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hinaus noch offen. Als Fazit dürfte gelten, dass die Autoren, die ihre Werke für im weitesten Sinne ärztliche Kollegen verfassten, davon ausgehen konnten, „daß der von ihnen angesprochene Leserkreis über das erforderliche Fachwissen verfügte, das es ihnen ermöglichte, nur angedeutete Fakten in einen größeren Zusammenhang zu stellen."1'7 Das Phänomen der „nur angedeuteten Fakten" und der vermeintlich hypomnematischen, also gedächtnisstützenden Texte, weist aber auch für den Bereich der griechischen Medizin auf einen Sachverhalt, der in außereuropäischen Kulturen noch heute vielfach Gültigkeit hat.118 Es ist nämlich vielmehr davon auszugehen, dass nicht wenige der Texte des hippokratischen Corpus Teil der medizinischen Ausbildung waren. Sie bilden das schriftliche Gerüst einer Unterweisung und sind nur innerhalb einer mündlichen Kommunikationssituation verständlich. Dieser Sachverhalt ist auch für die griechische Medizin im Grunde klar erkannt worden, hat aber offensichtlich nicht zu einer genaueren Bestimmung der Textfunktion geführt. Die Voraussetzungen waren dafür jedoch gegeben: Wie der Hippokratische Eid uns zeigt, spielt sich die medizinische Ausbildung damals im Rahmen eines Lehrer-Schüler-Verhältnisses ab. Berufsgeheimnisse wurden dabei vermittelt, anfangs nur an Familienangehörige und später dann mit der Maßgabe, daß der Lehrvertrag auch zwischen Schüler und Lehrer ein Familienverhältnis begründe. Inwieweit Lehrvorträge vor einer größeren Anzahl von Schülern (wie man sich das gerne vorstellt) im Rahmen der Ausbildung eine Rolle spielten, vermögen wir nicht zu sagen, doch verfügte die sogenannte Ärzteschule von Kos zumindest über ein Archiv mit einer Sammlung medizinischer Literatur, darunter Aufzeichnungen von Krankengeschichten in Notizform. 119

Eine Untersuchung der griechischen medizinischen Texte kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. Es mag an dieser Stelle der Hinweis genügen, dass exakt die gleichen Spekulationen hinsichtlich Funktion und Rezipientenkreis bei der Beschäftigung mit den deutschsprachigen medizinischen Schriften des Mittelalters erneut begegnen werden. Unter der Voraussetzung, dass Fachtextsorten in einer übereinzelsprachlichen Texttradition stehen, dürfte für beide Textgruppen die Beurteilung ähnlich sein. Die Aufhellung der jeweiligen Form der Wissensvermitdung und die Bedeutung der Weitergabe des Wissens von einem Lehrer an einen Schüler — und gegebenenfalls auch an Patienten — ist dabei entscheidend. Ob die Texte, die der medizinischen Ausbildung dienten, die Abhandlungen über die verschiedenen Spezialgebiete der Medizin und die Aufklärungsschriften für medizinische Laien in einer besonderen medizinischen Fachsprache verfasst wurden, ist noch nicht endgültig geklärt. Die Tatsache, dass sich die laienmedizinischen Texte „weder im Wortgebrauch, noch in ihrem wissenschaftlichen

117 J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2272. 118 Man vergleiche J. RLECKE, Syntax und Semantik, S. 32 mit Anm. 19. Dort mit weiterer Literatur. 119

K.-D. FISCHER, V o m Säfteschema, S. 78.

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Anspruch von denen unterschieden, die fur Ärzte geschrieben wurden", 120 spricht nicht ohne weiteres gegen die Existenz einer Fachsprache. Festzuhalten bleibt, dass „die medizinischen Begriffe, die von den Autoren der hippokratischen Schriften verwendet wurden, Bestandteil des allgemein üblichen Wortschatzes und somit auch fur den Laien verständlich waren."' 21 In diesem Rahmen bildete sich ein dem Gegenstand entsprechender allgemein verständlicher Fachwortschatz heraus, der wie in der modernen Medizin Bezeichnungen für Körperteile und Organe, Krankheiten, Symptome, Untersuchungsmethoden und therapeutische Verfahren umfasst.122 „Für diese .medizinische Sprache' ist es jedoch kennzeichnend, dass weder die Wörter, mit denen medizinische und speziell anatomische Gegebenheiten benannt werden, in ihrer Bedeutung eindeutig festgelegt waren noch für eine bestimmte Gegebenheit immer dasselbe Wort benutzt wurde."123 Auf diesen Sachverhalt wird bei der Behandlung volkssprachiger Lexeme wie ahd. ädra mit seinen Bedeutungen 'Blutgefäß, Ader, Sehne, Nerv, Muskel, Darm, Eingeweide, jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' noch ausführlicher einzugehen sein. Die große semantische Spannbreite dürfte gerade bei Körperteilbezeichnungen, und dabei besonders bei der Bezeichnung der nicht sichtbaren inneren Organe und Körperstrukturen mit der Tatsache zusammenhängen, dass für die ganzheitliche hippokratische Medizin anatomische Klassifizierungen nur von untergeordneter Bedeutung waren. Als fachsprachliche Bezeichnungen konnten daher durchaus die Wörter der Alltagssprache beibehalten werden, ohne dass sie in der Regel einer genaueren Fesdegung bedurft hätten. Eine spezielle anatomische Fachlexik hat sich im Griechischen nicht herausgebildet.124 Ebenfalls als Folge der medizinischen Theorie, die im humoralpathologischen Sinne angesichts der bei jedem einzelnen Menschen individuell verschiedenen Säftemischung eine Vielfalt individueller Krankheitsformen annahm, ist die Tatsache anzusehen, „daß die Hippokratiker in ihren Krankheitsbeschreibungen zwar mit größter Sorgfalt alle Symptome des Krankheitsverlaufs und auch den Ausgang der Krankheit erfaßten, daß sie aber häufig darauf verzichteten, die verschiedenen Symptome zu einem Krankheitsbild zu bündeln und dieses als solches zu diagnostizieren."125 Wenn Bezeichnungen für Krankheiten auftreten, dann scheinen sie oft für verschiedene, stark voneinander abweichende Verlaufsformen zu stehen, die kaum ein und demselben Krankheitsbild entsprochen haben können.126

120 121 122 123 124 125 126

J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2271. Ebd. Man vergleiche ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. S. 2271f.

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Auch diese sprachlichen Merkmale werden bei der Untersuchung älterer deutscher medizinischer Texte erneut begegnen. Die Terminologiebildung verläuft nach folgenden Prinzipien:127 -

nach dem von der Krankheit betroffenen Körperteil, etwa πλευρϊτις 'Rippenfellentzündung'; nach den auffälligsten Symptomen, etwa σπασμός 'Krampfzustände'; nach beiden genannten Faktoren zugleich, etwa κεζαλαλγία 'Kopfschmerz'; nach der angenommenen Krankheitsursache, etwa χολέρα 'eine von der Galle hervorgerufene Darmerkrankung'; metaphorisch nach der Ähnlichkeit mit äußeren Erscheinungen, etwa καρκίνος 'Krebs'; nach demjenigen, der die Krankheit zuerst behandelt hat, etwa das nach dem Kentauren Cheiron benannte Geschwür; nach dem Namen eines berühmten Patienten, etwa das nach dem trojanischen Helden Telephos benannte Geschwür.

Fortschritte in der Anatomie und im Anschluss daran auch der Chirurgie haben dann in der Epoche des Hellenismus auch auf diesen Gebieten Neuerungen gebracht, die zur Schöpfung neuer und differenzierterer Termini gefuhrt haben. Für sie gelten im wesentlichen die selben Bildungsprinzipien. Im Vordergrund dürften hier aber metaphorische Bezeichnungen stehen, man denke etwa an Begriffe wie Zwölffingerdarm (lat. duodenum) nach der Länge von zwölf Fingerbreiten - oder Netzhaut (retina) - nach der Ähnlichkeit mit einem Fischernetz, das, wenn es aus dem Wasser herausgezogen wird, seinen Inhalt in ähnlicher Weise umschließt wie die innere Augenhaut den Glaskörper des Auges. Da die Schriften der hellenistischen Ärzte nahezu völlig verloren und nur noch durch lateinische Texte der römischen Kaiserzeit nachweisbar sind, lassen sich genauere Aufschlüsse über die Terminologiebildung in der Anatomie und Chirurgie nicht gewinnen.128 Die außergewöhnliche Bedeutung der Schriftlichkeit in der Medizin des griechischen Altertums hat das Fach jedoch insgesamt über viele Jahrhunderte hinweg mit wechselnder Intensität, entscheidend geprägt.129

127 Ebd. 2272. Die Sammlung der Bezeichnungsmotive geht auf GALEN VON PERGAMON zurück. Siehe dazu R.J. DURLING, A dictionary. Einige Motive spielen auch heute noch bei der Terminologiebildung der klinischen Medizin eine Rolle. Man vergleiche I. WIESE, Fachsprache der Medizin, S. 49f. 128 J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2272f. 129 Nicht zu Unrecht siehet D. GOUREVITCH, Le nozze, S. 227, in den Anfangen dieser Schriftlichkeit, in den Texten des Corpus Hippocraticum, die „Hochzeit von Philologie und Medizin" verwirklicht.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

2.2 Zur Herausbildung einer lateinischen medizinischen Fachsprache „Anders als in Griechenland konnte sich in Rom eine auf empirisch gewonnenen Kenntnissen und religiös-magischen Bräuchen beruhende Hausmedizin, die von Laien praktiziert wurde, über viele Jahrhunderte hin als bestimmende Form der Heilkunde behaupten."130 Dies änderte sich schrittweise erst mit der Rezeption der griechischen Medizin, als nach der Eroberung der griechisch-hellenistischen Staaten viele griechische Ärzte nach Rom kamen und durch ihre Heilerfolge auf die Qualität der wissenschaftlich begründeten und theoretisch fundierten griechischen Medizin aufmerksam machten. Wie die medizinische Praxis, so blieb auch die Pflege der Medizin als Wissenschaft in Rom eine Domäne der Griechen. Für die Römer war der Arzt auch noch zur Zeit des VARRO ein faber, ein Vertreter eines Erwerbszweiges, der eines Freien unwürdig sei.131 Die Leistung der Römer beschränkte sich eher darauf, die griechischen Texte unter dem Gesichtspunkt der praktischen Nutzanwendung zu sammeln, zu ordnen und sie der lateinischsprachigen Welt zugänglich zu machen. Als ein herausgehobenes Beispiel gilt das medizinische Buch DE MEDICA aus der während der Regierungszeit Kaiser Tiberius (14-37) geschriebenen Enzyklopädie des AURELIUS CORNELIUS CELSUS,

die ursprünglich auch die Disziplinen Landwirtschaft, Rhetorik, Rechtswissenschaft, Philosophie und Kriegswesen enthielt und das Heilwissen der Zeit umfasste.132 Wichtig wurden weiter die Rezeptsammlungen des SCRIBONIUS LARGUS (1. J h . ) , d e s THEODORUS PRISCIANUS ( u m 4 0 0 ) , d e s CASSIUS FELIX ( 4 4 7 ) s o w i e

die Schrift über akute und chronische Krankheiten des CAELIUS AURELIANUS (um 450). Abgesehen vom Werk des CELSUS hat es eine lateinische medizinische Fachliteratur bis ins 5. Jahrhundert hinein nicht gegeben, obgleich PLINIUS DER ÄLTERE heilkundliches Wissen in größerem Umfang seiner „Naturgeschichte" einverleibte133, obwohl sich an seine NATURALIS HISTORIA ein therapeutisch ausgerichtetes Nachfolgeschrifttum anschloss und obwohl VARRO und CELSUS selbst versucht hatten, die Medizin den freien Künsten anzulagern.134 Da die überkommene römische Medizin ganz anders ausgerichtet war, verfugte auch die lateinische Sprache zunächst nicht über die zur Übersetzung oder gar Assimilation der Texte erforderlichen Ausdrucksmöglichkeiten. Die Folge war eine relativ große Zahl von Endehnungen aus dem Griechischen, denen vielfach lateinische Entsprechungen oder Umschreibungen an die Seite gestellt wurden.135 Zu den wich130 Ebd. S. 2275. 131 Man vergleiche G. BAADER, Die Entwicklung der medizinischen Fachsprache in der Antike, S. 421. 132 AURELLII CORNELII CELSI, Corpus Medicorum Latinorum 1. - Siehe auch D. LANGSLOW, The Formation; J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2272f. 133 Zu PUNIUS siehe Α. BORST, Das Buch der Naturgeschichte. 134 Man vergleiche G. KEIL, Möglichkeiten und Grenzen, S. 228; G. BAADER, Die Entwicklung der medizinischen Fachsprache in der Antike, S. 423. 135 D. LANGSLOW, The development, S. 108f.; ders., Some historical developments, S. 228f.

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tigsten sprachlichen Mitteln zur Bildung lateinischer Termini gehört auch hier wieder der metaphorische Gebrauch von Wörtern aus der Alltagssprache wie musculusy eigentlich "kleine Maus' zur Bezeichnung des Muskels oder catbunculus, eigentlich 'Kohle', zur Bezeichnung eines bösartigen Geschwürs.136 Auffällig wird jetzt auch die systematische Verwendung bestimmter Substantivbildungen, insbesondere mit den Suffixen wie -ies, (etwa in caries 'Fäulnis"), -ities (in durities 'Verhärtung'), -igo (in prurigo 'juckender Schorf) und -or (in rigor 'Kälteschauer) zur Kennzeichnung jeweils unterschiedlicher klinischer Befunde.137 Die Beispiele zeigen zugleich, dass auf dem Wege zur Herausbildung einer lateinischen medizinischen Fachsprache neben den Endehnungen aus dem Griechischen vor allen die Übernahme von Begriffen aus der Alltagssprache eine Rolle spielte. Gerhard Baader hat gezeigt, dass sich die medizinische Fachsprache dabei vor allem am Vorbild des gesprochenen Lateins orientiert hat.138 Zwar ist bereits im ersten vorchristlichen Jahrhundert in Rom ein hellenisiertes Hochlatein entstanden, das, etwa bei CICERO, für viele Sachgebiete wissenschaftliche Fachterminologien besessen hat. Allerdings blieb diese Entwicklung zunächst auf die Fächer Grammatik, Rhetorik und Dialektik sowie Geometrie, Arithmetik, Musik und Astronomie beschränkt, die allein als Teil der Septem artes liberales angesehen wurden. „Nur im Bereich dieser Artes entwickelte sich eine neue wissenschaftliche Terminologie auf schriftlicher Grundlage, nur die Texte der vorher erwähnten Fächer standen unter der Obhut der Grammatiker und unter Kontrolle der Schule."139 Die Medizin ist auch in der Spätantike nie Teil dieses Kanons geworden. Was von der Medizin in die Schulbildung des frühen Mittelalters eingegangen ist, ist nur das Wenige, das von ISIDOR VON SEVILLA im

4. und 11. Buch seiner ETYMOLOGIAE exzerpiert wurde. In den romanischen Ländern orientierte sich die Sprache der medizinischen Texte bis ins 11. Jahrhundert hinein an den bereits stark romanisch gefärbten gesprochenen Varianten des Lateins.140 Eine Veränderung tritt erst ein mit Beginn des Wirkens der Übersetzerschule in Salerno. Die erste, gewissermaßen selbst noch vorsalernitanische Phase der Schule ist von dem Bestreben gekennzeichnet, das bekannte medizinische Wissen der Zeit zusammenzustellen und neu zu systematisieren. Zwar noch nicht bei GARIOPONT, der zu Anfang des 11. Jahrhunderts das lange verwendete, aus vulgärlateinischen Fachschriften des frühen Mittelalters zusammengestelltes Handbuch der Medizin, die sogenannten PASSIONARIUS GALIENI verfasste, aber bei ALPHANUS VON SALERNO macht sich eine neue Art des Schreibens bemerkbar. 136 Man vergleiche J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2276. Siehe auch D. LANGSLOW, The development, S. 112f.; ders., Some historical developments, S. 227f. 137 J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2276. 138 G. BAADER, Die Entwicklung der medizinischen Fachsprache, S. 89f. 139 Ebd., S. 90. 140 Ebd. S. 94. Siehe auch ders., Lehrbrief, S. 253.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

G A R I O P O N T S Arbeit bestand vor allem im Glätten und Verdeutlichen des sprachlichen Ausdrucks.141 A L P H A N U S benutzt jedoch in seiner Übersetzung eines byzantinischen Werks des N E M E S I O S V O N E M E S A als erster eine der griechischen Vorlage adäquate lateinische medizinische Terminologie. „Hier tritt uns zum ersten Mal eine medizinische Fachsprache entgegen, die eine Schriftsprache, nämlich das Mittellatein dieser Zeit, zur Grundlage hat."142 Jetzt finden wir die aus den wissenschaftlichen Aries-Texten bekannten Verbalabstrakta auf -tio, Adjektive auf -bits oder -ivus und vor allem neugebildete Komposita, die teils - als Lehnübersetzungen aus dem Griechischen - auf A L P H A N U S beschränkt bleiben, teils aber auch Eingang in die mittelalterliche scholastische Terminologie gefunden haben.143 Die weitere Entwicklung der lateinischen medizinischen Fachsprache wird dann durch die Übersetzungen des C O N S T A N T I N U S A F R I C A N U S bestimmt. „Er hat nämlich den von Alphan beschrittenen Weg zur Schöpfung einer am Schriftlatein orientierten medizinischen Fachsprache konsequent weiterverfolgt."144 Einflüsse des Arabischen, so die - wenn auch in beschränkter Form - Wiedergabe der typisch arabischen Synonymhäufungen, die hohe Zahl an Lehnübersetzungen bei gleichzeitig sparsamer Entlehnung arabischer Fachbegriffe auf der einen und Merkmale der lateinischen Wissenschaftssprachen der Artes auf der anderen Seite, besonders in der Wortbildung, stehen einander gegenüber.

Mit dieser Sprache hatte Konstantin eine der Schriftsprache verpflichtete Sondersprache auch für die Medizin geschaffen, die vor allem im Gegensatz zum Frühmittelalter die Kraft der Abstraktion besaß. Sie hat sich allerdings unter direktem Einfluß seiner arabischen Vorlage entwickelt, aber auch unter dem Zwang, das an Aristoteles geschulte Gebäude des galenischen Werkes adäquat ins Lateinische zu übertragen. 145

Dagegen bleibt die Bedeutung der toletanischen Übersetzerschule mit G E R H A R D V O N C R E M O N A wegen der von ihnen gepflegten Wort-für-Wort-Übersetzungen, die im Einklang mit der mittelalterlichen Tradition des fidus interpres der Übersetzungen des Bibeltextes stehen,146 fast ausschließlich auf die Entwicklung der Terminologie beschränkt. Für die Ausbildung der lateinischen medizinischen Fachsprache in weiterem Sinn blieb sie eher unbedeutend, dagegen ist sie für die scholastischen Wissenschaftssprachen insgesamt, besonders auch mit ihren aus dem Arabischen übernommenen Synonymketten, sehr wichtig geworden.147 Da die scholastische Methode aber im hohen Mittelalter auch für die Medizin die herrschende Lehre geworden war, hat der toletanische Stil auf diesem Wege schließlich doch Eingang in die hochmittelalterliche und frühneuzeitliche Medizin

141 142 143 144 145 146 147

G. BAADER, Die Entwicklung der medizinischen Fachsprache S. 96f. Ebd. S. 98. Ebd. S. 99. Ebd. S. 104. Ebd. S. 110. I. OPELT, Zur Übersetzungstechnik, S. 151-154. G. BAADER, Die Entwicklung der medizinischen Fachsprache, S. 122.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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gefunden. Man darf davon ausgehen, dass scholastische Terminologie und salernitanische Wissenschaftssprache mit je unterschiedlichem Schwergewicht gemeinsam das Aussehen der lateinischen medizinischen Fachtexte geprägt haben. Zusammenfassend können wir also sagen, daß die Tendenzen der Sprachentwicklung, die wir bei Constantinus Africanus feststellen konnten, sich vom 12. bis zum 14. Jahrhundert kaum geändert haben. Denn die Zeit der Hochscholastik prägte durch den Zwang ihrer Methode zusehends die gesamte Fachsprache auch in der Medizin, ja sie verwischte durch ihren universalen Charakter die nationalen Unterschiede, die im frühen Mittelalter durch den Einfluß der Volkssprachen selbst im Medizinerlatein recht groß gewesen waren. Mit dieser Sprache der Scholastik ist aber auch zum ersten Male eine wissenschaftlich medizinische, am Schriftlatein orientierte Fachsprache entstanden, wie sie nach den ersten Ansätzen im 5. Jahrhundert in den darauf folgenden Wirren der ausgehenden Antike versunken war. Diese neue Entwicklung wurde besonders durch die Entstehung des universitätsmäßigen Unterrichts in Europa gefördert; der Preis für ihre Fähigkeit zur Abstraktion war jedoch eine größere Künstlichkeit der Sprache, die auch in Italien eine in Spätantike und Frühmittelalter im Medizinerlatein nicht in dem Maße vorhandene Kluft zum Volgare aufriß.' 48 Diese Kluft ist auch für die Entwicklung der lateinischen und der volkssprachigen Literatur im deutschsprachigen Raum prägend geworden. Sie tritt erst dann wieder in eine neue, zunächst nicht weniger spannungsreiche Phase ein, wenn im 15. Jahrhundert durch humanistische Ideen die Tragfähigkeit des scholastischen Gedankengebäudes erschüttert wird. 149

3. Die deutschsprachige medizinische Überlieferung von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert Zur Binnendifferenzierung, zur Vielschichtigkeit und Plurizentrik mittelalterlicher Medizin gehört auch eine Differenzierung in lateinische und landessprachige Heilkunde. Zwar ist der überwiegende Teil des medizinischen Fachschrifttums das ganze Mittelalter hindurch die lateinische Sprache, doch kennt diese Regel seit dem 8. Jh. zunehmend Ausnahmen.'50 Das Diktum Karl Sudhoffs 151 , dem zu Folge alles Volkssprachige, vor dem 15. Jahrhundert Entstandene „übersetzt, und zwar aus dem Lateinischen übersetzt" sei, trifft in dieser Ausschließlichkeit nach heutigem Kenntnisstand nicht zu. Bereits ein Blick auf die angelsächsische LACUGNAGA 1 5 2 oder den thüringischen BARTHOLOMÄUS 1 5 3 macht deutlich, in welchem Umfang eigenständiges Fach148 149 150 151 152 153

Ebd. S. 123. Siehe dazu K.-H. WEIMANN, Probleme der medizinischen Fachsprache, bes. S. 373f. G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 25. Beiträge zur Geschichte der Chirurgie, 2, S. 481. Siehe Ch. H. TALBOT, Medicine in medieval England. G. KEIL, Verfasserlexikon 1, S. 609-615; G. KEIL - J. STÜRMER, Verfasserlexikon 2, S. 11381140.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

Schrifttum schon im 11. und 12. Jahrhundert dem englischen bzw. dem deutschsprachigen Praktiker zur Verfugung stand. Aber für die Mehrzahl der Texte behält die Sudhoffsche Provenienz-Regel dennoch ihre Gültigkeit. Für die volkssprachige Medizinliteratur gilt daher insgesamt, dass ihre Texte - zumeist wie „Zwerge auf den Schultern von Riesen" - auf dem Boden des lateinischen Fachschrifttums stehen.154 Diese Bewertung beschreibt weniger die konkret gegebenen überlieferungsgeschichtlichen Abhängigkeiten einzelner Texte, sondern sie betont die Bedeutung des breiten Informationsflusses, der vom internationalen lateinischen Textbestand in die Volkssprachen mündet. Sie berücksichtigt zudem die Tatsache, dass trotz dieser Rezeptionsbewegung vom Lateinischen in die Volkssprachen hinein das volkssprachige Fachschrifttum mit dem internationalen Textbestand nicht identisch ist. Seine Besonderheit und Andersartigkeit wird bedingt durch zahlreiche Voraussetzungen, die auf sprachlicher wie geographischer und politischer Ebene liegen, vor allem aber von sozialen Momenten her gegeben sind. Grundvoraussetzung für die Eigenart landessprachigen Fachschrifttums ist die andersartige Trägerschicht: Während die internationale lateinische Fachliteratur zunächst von klerikalen und dann zunehmend von akademischen Gruppen getragen wird, herrscht auf der landessprachigen Ebene das laikale Element. Richten sich die lateinischen Fachschriften an Mönchsbzw. Akademikerärzte, werden umgekehrt die landessprachigen Texte von Wund- und Laienärzten gelesen. Diese Zuordnung zum medizinischen Praktiker bestimmt die Inhalte wie die Formen des landessprachigen Fachschrifttums, das in der Regel praxisbezogen ist und bei dem erwartungsgemäß der direktive Anteil den deskriptiven überwiegt.155

Diese Zuordnung hat zugleich auch dazu geführt, dass die medizinhistorische Forschung der volkssprachigen mittelalterlichen Medizinliteratur bis in die jüngste Zeit meist sehr skeptisch gegenübersteht. Viele neuere Darstellungen der „Geschichte der Medizin" erwähnen sie kaum. Es wirkt hier allem Anschein nach noch immer eine Feststellung des Medizinhistorikers Max Neuburgers aus dem Jahre 1911, dass der deutschsprachigen medizinischen Literatur des Mittelalters wegen ihres „vorwiegend populären oder halbpopulären Charakters" kein Wert für die Geschichte der medizinischen Wissenschaft zukomme. 156 Für eine nicht an normativen Grammatiken und Texten ausgerichtete Sprachwissenschaft wird diese Literatur jedoch besonders wegen ihres „populären" Charakters interessant. Bedenkt man weiter, dass annähernd 10 % der gesamten deutschsprachigen mittelalterlichen Literatur Medizinliteratur ist,157 diese Texte also eine nicht unerhebliche Rolle im Prozess der Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache gespielt haben, bedarf die Beschäftigung mit der volksprachigen mittelalterlichen

154 G. BAADER - G. KEIL, Einleitung, S. 26f. 155 Ebd. 156 M. NEUBURGER, Geschichte der Medizin, 2, S. 444. Man vergleiche B. SCHNELL, Vorüberlegungen, S. 90f. 157 Siehe B. SCHNELL, Vorüberlegungen, S. 91.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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Medi2inliteratur zumindest in linguistischer Hinsicht kaum einer weiteren Begründung.158 Es soll nun zunächst festgestellt werden, welche deutschsprachigen Texte überhaupt zu dem so skizzierten volkssprachigen Fachschrifttum gerechnet werden können. Dabei soll die früh- und hochmittelalterliche Überlieferung nach Möglichkeit vollständig erfasst werden. Für den Zeitraum nach a. 1350 und insbesondere dann nach etwa a. 1520 ist ein solches Vorgehen angesichts der Fülle der Texte und der vor allem für die kleineren Texte noch kaum geleisteten Auswertung nicht möglich. Beinahe jeder Bibliothekskatalog bietet unedierte und unkommentierte medizinische Texte des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Für diesen Zeitraum bleibt die Darstellung deshalb auf die Vorstellung der verschiedenen Textsorten mit ihren wichtigsten Textzeugen beschränkt.159

3.1 Die althochdeutsche Zeit Die deutsche medizinische Literatur ist so alt wie die das deutsche Schrifttum selbst. Am Anfang der Überlieferung der deutschsprachigen medizinischen Literatur stehen die sogenannten B A S L E R R E Z E P T E . Von den drei Rezepten einer Basler Handschrift, die noch aus dem 8. Jahrhundert stammen, ist das erste ein lateinisch geschriebenes Fiebermittel und das zweite eine um mehr als das Doppelte erweiterte ostfränkische Überarbeitung desselben. Das kürzere dritte, wohl von einem Angelsachsen in insularer Schriftform und angelsächsisch-bairischer Sprachmischung aufgezeichnete Rezept enthält unter der Überschrift uuidhar concur ein Rezept gegen Hautgeschwüre.160 Sie sind die ältesten Zeugen eines Typs, der als Vorläufer der späteren volkssprachigen Arzneibuchliteratur gelten kann.161 Anders als im angelsächsischen Sprachraum, wo vergleichbare Anfänge im 9. und 10. Jahrhundert in eine Reihe von Rezeptaren, den L A E C E B O C S , einmündeten, stehen sie, wenn auch vermutlich gewissermaßen nur als Spitze eines Eisbergs, in der Überlieferung des Althochdeutschen ziemlich vereinzelt. In einer - gemessen am gesamten Textbestand - etwas größeren Zahl begegnen daneben Zauber- und Segensprüche, wie die MERSEBURGER ZAUBERSPRÜCHE, der Spruch PRO NESSIA und verschiedene Blutsegen, die meist zu Unrecht aus der Vor- und Frühgeschichte der Medizin verbannt wurden.162 Allerdings stammen sie aus einer ganz anderen, durchaus vorchristlichen geistigen 158 Siehe dazu jetzt auch ST. STRICKER, Medizinische Literatur. 159 Man vergleiche besonders G. Eis, Mittelalterliche Fachprosa; ders. Mittelalterliche Fachliteratur; P. ASSION, Altdeutsche Fachliteratur, G. KEIL, Die deutsche medizinische Literatur; B. SCHNELL, V o r ü b e r l e g u n g e n .

160 H.-H. STEINHOFF, Verfasserlexikon 1, S. 628. 161 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 32. 162 So bei P. ASSION, Altdeutsche Fachliteratur, S. 136. Man vergleiche dazu B. MURDOCH, Peri Hieres Nousou, S. 143.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

Sphäre und nehmen daher eine Sonderstellung ein.163 Das unverkennbare Interesse der frühmittelalterlichen Christen spricht für ihre Wirksamkeit in jener Zeit. Im Rahmen der christlichen Mission wollten die Mönche den einheimischen Zauberern zwar das Heilmonopol entreißen, auf die Technik der Heilung selbst wollten sie zum Zeichen ihrer eigenen Macht jedoch nicht verzichten.164 Die Verwandtschaft zwischen Zaubersprüchen in aller Welt ist vor allem typologisch, nicht unbedingt genetisch bedingt.165 Die unbestreitbare Tatsache, dass sie auf Grund ihrer sprachlichen Form auch zum Gegenstand der Literaturgeschichtsschreibung gehören, ändert nichts an ihrer Funktion im Rahmen der mittelalterlichen Heilkunst. Es lassen sich im Frühmittelalter sonst nur vereinzelte Reflexe einer Beschäftigung mit Texten medizinischen Inhalts ermitteln, so durch die volkssprachige Glossierung einiger lateinischer Autoren - wie beispielsweise A N T H I M U S , C A S S I U S F E L I X oder G A R G I L I U S M A R T I A L I S - und einiger lateinischer Rezepte. Da der Übergang von lateinischem Rezept mit volkssprachiger Glossierung, zweisprachigem Rezept und rein volkssprachigem Rezept fließend ist,166 ist eine Trennung von volkssprachiger medizinischer Glosse und volkssprachigem Rezeptbestandteil nicht immer leicht möglich. Die ebenfalls über weite Strecken zweisprachigen B A S L E R R E Z E P T E stehen daher letztlich im Frühmittelalter doch nicht ganz so isoliert, wie es die bisherige Editionspraxis suggeriert. Eine vor allem quantitativ größere Bedeutung kommt aber der Überlieferung der althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen zu. Am Anfang steht die erst spät entdeckte - wenngleich spärliche - Glossierung im lateinischsprachigen LORSCHER A R Z N E I B U C H . 1 6 7 Vermutlich in Anlehnung an dessen sozialmedizinisches Programm168 nennt dann das CAPITUALARE DE V l L L I S , ein Erlass Karls des Großen zur Regelung der Landgüter, über 70 Pflanzen, die im Garten anzubauen seien169. Auch der bereits erwähnte S T . GALLER KLOSTERPLAN enthält einen Kräutergarten mit 16 und einen Gemüsegarten mit 18 eingezeichneten Pflanzenbezeichnungen. Aus etwa derselben Zeit stammt W A L A H F R I D s S T R A B O lateinisches Gedicht in 444 Hexametern über die Freuden des Gartenbaus und die

163 Man vergleiche P. ASSION, Literatur zwischen Glaube und Aberglaube; H. STUART - F. WALLA, Die Überlieferung; B. MURDOCH, Peri Hieres Nousou; E. HELLGARDT, Die deutschen Zaubersprüche. Siehe auch W. HAUBRICHS, Die Anfange, S. 412-436. Zu den rationalen Grundlagen der magischen Heilkunst jetzt auch M. SCHULZ, Magie oder die Wiederherstellung der Ordnung, S. 37f. 164 Man vergleiche ARNO SCHIROKKAUER, Form und Formel, S. 363f. 165 Siehe B. SCHLERATH, Zu den „Merseburger Zaubersprüchen". 166 Man vergleiche etwa die WÜRZBURGER REZEPTE, siehe dazu in Kapitel V. 2. 167 Siehe U. STOLL, Das 'Lorscher Arzneibuch'; G. KEIL - R. MÜLLER, Mittelniederfränkisch s i f eU. 168 G. KEIL, Einleitung, S. 14-16. 169

C. BRÜHL, Capitulare de Villis, S. 22. Zum Bestand der klösterlichen Heilkräuter siehe auch G. Zimmermann, Ordensleben, S. 179f.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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medizinische Anwendung von 23 Pflanzen.170 Zu diesem Werk liegen ebenfalls volkssptachige Pflanzenglossierungen vor. Die Annahme liegt nahe, dass die Pflanzenglossen und -glossare den nötigen Apparat zur Identifizierung der Pflanzen boten und damit zur praktischen Anwendung des gelehrten Wissens dienten.171 Dagegen stehen die ebenfalls recht zahlreichen Körperteilglossare, die aus ISIDOR VON SEVILLA und den spätantiken sogenannten HERMENEUMATA ge-

schöpft sind, in der Tradition der enzyklopädisch ausgerichteten Schul- und Laienbildung. Sie sind aber zugleich ein Beleg auch für die Offenheit der Bereiche „Wissenschaft" und „Allgemeinbildung" im frühen Mittelalter. Die Körperteilglossare finden darüber hinaus Eingang in die großen Sachglossare des 11. und 12. Jahrhunderts, die das spätantike Wissen noch einmal systematisch sichten und für die Zeitgenossen lexikalisch aufschlüsseln. Vor allem das SUMMARIUM HEINRICI und die GLOSSAE SALOMONIS liefern in ihrer Auseinandersetzung mit der

römisch-antiken Sachkultur die Erklärung für die bemerkenswerte Tatsache, dass gleichzeitig mit der Blütezeit der weltlichen Literatur um das Jahr 1200 auf manchen Gebieten eine bereits voll ausgebildete wissenschaftliche Fachprosa in Erscheinung treten kann.172 Alle althochdeutschen Texte und Glossare medizinischen Inhalts sowie alle Bezeichnungen aus den Bereichen Körper, Krankheit und Gesundheit werden in den Kapiteln IV und V ausfuhrlich behandelt.

3.2 Die mittelhochdeutsche Zeit Standen in der ersten Phase der deutschen medizinischen Literatur Zaubersprüche, Rezepte, Glossen und Glossare in etwa gleichem Umfang nebeneinander, so steht der zweite Abschnitt der Entwicklung vor allem im Zeichen des Rezeptes.173 Sein Anfang stimmt in etwa mit dem Beginn der mittelhochdeutschen Zeit überein. Wir stoßen nun auf größere Denkmäler, die ihre Entstehung der nun einsetzenden ausführlichen Rezeption der frühmittelalterlichen lateinischen Rezeptliteratur verdanken. Da die Wirkungen der Übersetzerschule von Salerno aber erst im Laufe des 12. Jahrhunderts bis in den deutschsprachigen Raum ausstrahlen, sind diese Texte selbst noch überwiegend von der vorsalernitanischen Medizin geprägt. Für eine Darstellung der volkssprachigen Texte medizinischen Inhalts ist daher die Mitte des 11. Jahrhunderts mit dem fließenden Ubergang vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen weniger entschei-

170 H.-D. STOFFLER, Der Hortulus; ders. Kräuter. 171 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 33. 172 Man vergleiche auch ebd. S. 34. Ob Fachprosa zugleich schon eine Fachsprache voraussetzt, bleibt in den folgenden Kapiteln noch zu klären. Es soll daher zunächst allgemeiner von „Texten medizinischen Inhalts" gesprochen werden. 173 G. KEIL, Die deutsche medizinische Literatur, S. 648.

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Medizingeschichdiche Grundlagen

dend. Vielmehr sind die althochdeutsche und frühmittelhochdeutsche Zeit bis etwa zur Mitte des 12. Jahrhunderts in medizinhistorischer Hinsicht als eine Einheit anzusehen. Aus dem 12. Jahrhundert sind insgesamt sechs eigenständige deutsche Texte ü b e r l i e f e r t . 1 7 4 Z u n ä c h s t d a s PRÜLLER STEINBUCH u n d d a s PRÜLLER KRÄUTER-

BUCH,175 dann die Vertreter der älteren Rezept- und Arzneibuchliteratur mit dem INNSBRUCKER ARZNEIBUCH u n d d e m s o g e n a n n t e n ARZENIBUOCH IPOCRATIS

sowie die erste Krankheitsprognostik in deutscher Sprache, die pseudohippokratische CAPSULA EBURNEA und der unter dem Titel „Frauengeheimnisse" bekannt gewordene Text AD INFIRMATEM MVLIERUM POST PARTVM. Auch die

deutschen Bestandteile in den medizinischen Schriften der HILDEGARD VON BINGEN (1098-1179) gehören noch ganz der älteren, volks- und klostermedizinischen Tradition an und können den sechs Denkmälern des 12. Jahrhunderts zur Seite gestellt werden. Mit den genannten „Arzneibüchern" setzt die Überlieferung der deutschsprachigen Rezeptsammlungen ein. In der Tradition der lateinischen Sammlungen folgen sie zumeist dem Schema a capite ad cakem. Die Anordnung der Rezepte gliedert sich also nach dem Ort einer Erkrankung, angefangen vom Scheitel bis hin zur Sohle. Nicht genau lokalisierbare Krankheiten stehen am Ende. Auch das INNSBRUCKER ARZNEIBUCH ist in dieser Weise gegliedert, auch wenn das Prinzip nicht streng durchgehalten wird. Es ist, wie viele der einzeln überlieferten kleineren Rezepte, in einer lateinisch-deutschen Mischsprache verfasst. Nur ein Rezept ist ausschließlich auf deutsch, nur eines ausschließlich auf lateinisch geschrieben. Erst eine jüngere Handschrift des 13. Jahrhunderts bietet den Text vollständig in deutscher Sprache. Das zweite im 12. Jahrhundert entstandene und nach dem gleichen Schema aufgebaute „Arzneibuch", das ARZENIBUOCH IPOCRATIS, ist dagegen schon in der ältesten Fassung fortlaufend in deutscher Sprache abgefasst. Nur die Indikationen, die Namen der Symptome, gegen die die Vorschriften wirken sollen, sind lateinisch.176 Elf Autoren der spätantik-frühmittelalterlichen Rezeptliteratur nennt Gundolf Keil als nachgewiesene Quellen.177 Die Ordnung der Rezepte nach den anzuwendenden Mitteln finden wir dagegen im PRÜLLER STEINBUCH. Es behandelt auf lateinisch die Farben der zwölf biblischen Edelsteine in der Reihenfolge der Apokalypse. Der zweite Teil des Textes bringt dann die medizinischen Anwendungen der zwölf Steine, wobei der Schreiber mitten im ersten Kapitel ins Deutsche hinüberwechselt und bis zum Schluss in der Volkssprache bleibt.178 Das PRÜLLER STEINBUCH steht am Anfang einer langen Tra174 175 176 177 178

B. SCHNELL, Vorüberlegungen. Siehe B. SCHNELL, Das 'Prüller Kräuterbuch'. Siehe W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 42. Verfasserlexikon 1, S. 505. Man vergleiche CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 43; G. KEIL, Verfasserlexikon 7, S. 875f.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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dition von Steinbüchem, die im 14. Jahrhundert mit VOLMARS STEINBUCH fortgesetzt wird. Die Überlieferung der Steinbücher in medizinischen Sammelhandschriften zeugt von der Bedeutung der Edelsteintherapie im Mittelalter.179 Auch d a s PRÜLLER KRÄUTERBUCH ist g e m e i n s a m m i t d e m PRÜLLER STEINBUCH u n d

dem INNSBRUCKER ARZNEIBUCH in einer der großen medizinischen Sammelhandschriften überliefert. Es steht am Anfang einer Tradition, die am Ende des 15. Jahrhunderts in den GART DER GESUNDHEIT einmündet. 180 In 18 Kapiteln

werden nach Angabe der Heilpflanzenbezeichnung ganz knapp jeweils eine bis drei medizinische Anwendungen vorgestellt.181 Die Existenz eines deutschen heilkundlichen Fachwortschatzes kommt schließlich besonders deutlich im Werk HILDEGARDS VON BINGEN zum Vorschein. Die Äbtissin des von ihr gegründeten Nonnenklosters Rupertsberg bei Bingen ist die erste namentlich fassbare Autorin eines mittelalterlichen medizinischen Textes. Unter dem Einfluss von Visionen schrieb sie eine Reihe von Werken verschiedener literarischer Gattungen, darunter auch zwei naturwissenschaftlich-medizinische Werke, die ursprünglich wohl zusammen gehörten, aber getrennt überliefert sind: das auch als PHYSICA bekannte LIBER SIMPLICIS MEDICINAE und das LlBER COMPOSITAE MEDICINAE oder CAUSAE ET CURAE. Gerade in diesen medizinischen Werken greift HILDEGARD immer wieder auf volkssprachige Bezeichnungen zurück. Hildegard gilt dabei als Vollenderin der frühmittelalterlichen sogenannten Klostermedizin. Bei ihr mischen sich aber humoralpathologische, klostermedizinische Traditionen mit dem Wissen der Volksmedizin. Durch ihre genaue Beobachtung der Pflanzenwelt leitet sie bereits in eine neue, stärker empirisch geprägte Epoche über. Für die Geschichte der Botanik wird sie dadurch vermutlich fast noch wichtiger als für die Geschichte der Medizin selbst.182 Neben den genannten Schriften stehen kleinere Formen, so die vereinzelten, in einer lateinisch-deutschen Mischsprache aufgezeichneten Rezepte C O N T R A P A R A L I S I M 1 8 3 (11. Jh.) oder das G Ö T T I N G E R R E Z E P T G E G E N H A L S E N T Z Ü N D U N G (12. Jh.). Als Einzelrezepte aufgezeichnete rein volkssprachige Rezepte wie das aus dem 12. Jahrhundert überlieferte R E Z E P T G E G E N S T E I N aus dem C O D E X F A L K E N S T E I N E N S I S begegnen außerhalb der Arzneibücher nur sehr selten.184 Nicht nur die aus althochdeutscher Zeit bekannten Rezepte und Rezeptsammlungen, auch Zaubersprüche begegnen uns im Frühmittelhochdeutschen wieder.

179 180 181 182

Man vergleiche CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 65. Siehe ebd., S. 44. Ebd.; siehe auch G. KEIL, Verfasserlexikon 4, S. 396-398. G. BAADER, Naturwissenschaft und Medizin, S. 49-54. Siehe auch W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 37f.; CH. MEIER, Verfasserlexikon 3, S. 1257-1280. 183 H.-H. STEINHOFF, Verfasserlexikon 2, S. 10; W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 37. 184 Zu Kurzrezeptaren und Einzelrezepten vergleiche man G. KEIL, Prosa und gebundene Rede.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

Und auch hier zeigt sich erneut eine Gruppe von Heilzaubem, die von einer ungebrochenen Tradition der magisch-religiösen Volksmedizin zeugen.185 Für das medizinische Schreiben verlieren diese Texte jedoch mehr und mehr an Bedeutung. Als älteste diätetische Schrift erscheinen dann Anfang des 13. Jahrhundert die GRAZER MONATSREGELN in lateinisch-deutscher Mischsprache. 186 In diesem

kleinen Text lassen sich vermutlich zum ersten Mal zusammenhängende Spuren einer Rezeption salernitanischen Gedankengutes feststellen. Etwa um das Jahr 1200 stoßen wir dann mit dem LUCIDARIUS auf einen weiteren Text, der für ein laikales Publikum verfasst sein dürfte. Hier handelt es sich um den ersten volkssprachigen enzyklopädischen Prosatext des hohen Mittelalters. Auch wenn damit erstmals in breiterer Form ein naturkundliches Interesse des Publikums befriedigt worden sein dürfte, so ist nicht zu übersehen, dass dieser Text in erster Linie dem geistlichen Schrifttum zuzurechnen ist. Es geht nämlich zunächst vor allem darum, die Wunder der Schöpfung zu preisen und für die religiöse Unterweisung fruchtbar zu machen. Erst in einer Neubearbeitung, die Anfang des 14. Jahrhunderts entstand und die naturkundlichen Teile unter Vernachlässigung der theologischen Zusammenhänge betont, kann der LUCIDARIUS der weltlichen Sachprosa zugerechnet werden.187 Vorbereitet und ermöglicht wurde der enzyklopädisch-naturkundliche Charakter des Werkes durch die Arbeit am anatomischheilkundlichen Sachwortschatz, wie sie etwa im SUMMARIUM HEINRICH und den GLOSSAE SALOMONAE, d e n S c h r i f t e n HILDEGARDS VON BINGEN o d e r

dem

HORTUS DELICIARUM d e r HERRAD VON HOHENBURG z u m A u s d r u c k k o m m t .

Die salernitanische Medizin hat den deutschsprachigen Raum also keineswegs im Sturm erobert. Von einem raschen Eindringen einer Fülle von präzise übersetzten salernitanischen Werken kann keine Rede sein. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass es der Volkssprache selbst im 12. Jahrhundert noch an der notwendigen Reife zur Übertragung wissenschaftlicher Texte gefehlt haben könnte. Bereits ein gutes Jahrhundert zuvor hatte NOTKER VON ST. GALLEN gezeigt, dass komplizierte Zusammenhänge auf hohem sprachlichen Niveau dargestellt werden konnten.188 Dass die lateinischen Werke der Frühsalernitaner gut bekannt waren, ist sehr wahrscheinlich. Aber es sind anscheinend im deutschsprachigen Raum abgesehen von der schlichten Übersetzung in den GRAZER MONATSREGELN -

185 Siehe etwa F. WILHELM, Denkmäler, Nr. XX-XIV. 186 Man vergleiche G. KEIL, Die Grazer frühmittelhochdeutschen Monatsregeln, S. 137-141. Die bisherige Datierung ins 12. Jahrhundert lässt sich nicht aufrecht erhalten, siehe B. SCHNELL, Vorüberlegungen, S. 96. 187 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 50. 188 Man vergleiche H. TlEFENBACH, Aus den althochdeutschen Anfangen des Schreibens über Musik.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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zunächst keine Versuche unternommen worden, sie auch als individuelle Einzelwerke ins Deutsche zu übertragen.189 Statt dessen entstehen etwa gleichzeitig mit dem älteren LUCIDARIUS zwei „Texte medizinischen Inhalts", die wenigstens zum Teil auf salemitanische Vorlagen zurückgehen. Daher sind sie zu überaus wichtigen Quellen der deutschen Medizinliteratur der folgenden Jahrhunderte geworden: der BARTHOLOMÄUS und der deutsche MACER. Die breite Wirkung dieser Schriften spiegelt sich in den Predigten BERTHOLDs VON REGENSBURG, der wenige Jahre später „Bartholomäus" und „Macer" zu den hervorragendsten Ärzten der Weltgeschichte zählt. Erwähnt werden hier auch HLPPOKRATES und GALEN, in einem zweiten Überlieferungszweig auch CONSTANTINUS AFRICANUS und AVICENNA (IBN SLNA). BERTHOLD hat damit je zwei Vertreter der antiken, der arabisch-salernitanischen und der volkssprachig-deutschen Medizin genannt und so erstmals eine Kontinuität der Überlieferung und der thematischen Beziehungen hergestellt.190 Zwar ist nicht auszuschließen, dass BERTHOLD an die beiden lateinischen Vorbilder der volkssprachigen Medizinbücher gedacht haben könnte, also an den lateinischen BARTHOLOMÄUS SALERNITANUS und den lateinischen MACER FLORIDUS, aber gerade der volkstümliche Charakter der Predigten legt es nahe, dass hier die vermutlich auch dem Publikum bekannten volkssprachigen Texte gemeint waren. Noch sint etliche siechtüeme die der sieche hat. Sumeliche liute hant den siechtuom, den alle meister niht vertriben künnent, unde giengen alle meister zuo, die von erzenie ie gelasen, die künden etelichen siechtuom niemer vertriben noch gebüezen. Unde lebete meister Ypocras noch hiute, der meister was über alle meister die von erznie ie gelasen, er kündez niemer gebüezen; unde lebete noch her Galienus unde her Constantmue unde her Avicenna unde her Macer unde her Bartholomaeus, die waren die aller hohesten meister, die von erzenie ie gelasen, unde habent alle künste erfunden und erdaht, diu von erzenie ie wart erdaht, unde lebeten die alle noch, sie möhten etelichen siechtuom niemer gebüezen. Daz ist uzsetzikeit und ist diu vallende suht. 1 "

Im Falle des deutschen MACER liegt eine lateinische Abhandlung in HexameterVersen aus der Zeit um 1100 zu Grunde. Der Grundstock dieses lateinischen MACER FLORIDUS geht auf spätantike und frühmittelalterliche Quellen zurück, eine spätere Neubearbeitung zeigt Spuren einer Rezeption von Texten aus der salemitanischen Schule, so dass mit dem überarbeiteten MACER FLORIDUS eine neue Epoche der mittelalterlichen Medizinliteratur eröffnet wird.192 Es war ein 189 Siehe W. L. WARDALE, Der hochdeutsche Bartholomäus, S. III, 2. Man vergleiche in sprachlicher Hinsicht auch R. TAZI, Asrabismen im Deutschen, S. 76-105. 190 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 51. 191 BERTHOLD VON REGENSBURG l,509f. (Hervorhebungen von mir; J.R.) 192 W. CROSSGROVE, Zur Datierung des 'Macer Floridus', S. 61, vermutet „einen 'Urmacer' von etwa 50 Kapiteln, der später entstand als der HORTULUS des WALAHFRID Strabo (WALAHFRID starb im Jahre 849). Danach entstand wahrscheinlich um 1100 unter Benutzung des von CONSTANTINUS AFRICANUS aus dem Arabischen des IBN AL-GAZZAR übersetzten LLBER DE GRADIBUS eine Neufassung". Man vergleiche auch HÖHEPUNKTE DER KLOSTERMEDIZIN, S. V XXXIV. - Zum deutschen „Macer", seinen Vorläufern und Vorlagen siehe jetzt auch die

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Medizingeschichtliche Grundlagen

wissenschaftlich bedeutsamer Text entstanden, der im Bereich der akademischen Medi2in und der Schule maßgeblich wurde. In seinem Zentrum stehen Pflanzen, ihre Primärqualitäten und ihre Anwendung bei der Behandlung von Krankheiten.193 Der überarbeitete lateinische Text bildet die Grundlage für mehrere deutsche Bearbeitungen, die durch den Verzicht auf die Hexameterform gekennzeichnet sind. Es lassen sich derzeit zwei mittelalterliche Übertragungen nachweisen: Der ÄLTERE DEUTSCHE MACER, der vermutlich in der ersten Hälfte des

13. Jahrhunderts entstand und dessen Überlieferung bis in die Neuzeit reicht und der WIENER ÄLTERE DEUTSCHE MACER, eine ebenfalls aus d e m 13. Jahrhundert

stammende zweite, eigenständige Neuübersetzung, die allerdings nur einzelne Kapitel umfasst.194 Weitere Übersetzungen des 15. und 16. Jahrhunderts folgen nach. Ihnen voraus gehen Abschriften des lateinischen Textes, deren volkssprachige Glossierung von einer intensiven Bearbeitung zeugt. Der ÄLTERE DEUTSCHE MACER diente der Übermittlung von gelehrtem, na-

turkundlichem und medizinischem Wissen in der Volkssprache. In einer gereimten Vorrede erklärt der Autor, er wolle es „ohne Reim" schreiben, damit der Sinn klar erkannt werde.195 An die Vorrede schließt sich ein kleiner Traktat über die Viersäftelehre und ihre Anwendung in der Humoralpathologie an. Es geht dabei um die Wahl einer Pflanze nach ihren Primärqualitäten warm, kalt, feucht, trocken als Gegenmittel gegen Krankheiten, die vom Überfluss einer dieser Qualitäten verursacht sind. So dient der Traktat zugleich als Erläuterung zu den Qualitätsangaben zu Anfang der jeweiligen Artikel.196 Erst dann folgen die eigentlichen Pflanzenkapitel in einer recht getreuen Übersetzung der lateinischen Vorlage. Die Überlieferung des deutschen MACER geht dabei schon frühzeitig vom lateinischen MACER FLORIDUS getrennte Wege. Der deutsche MACER war vorrangig ein Text für die medizinische Praxis geworden. Auffällig sind die zahlreichen Erklärungen lateinischer Begriffe, die nur dann sinnvoll sind, wenn bei den Rezipienten weder besondere Kenntnisse in der lateinischen Sprache noch in der zeitgenössischen Medizin vorausgesetzt werden können.197 Die gemeinsame Überlieferung in Sammelhandschriften zusammen mit BARTHOLOMÄUS-Texten und ORTOLFS

ARZNEIBUCH untermauert ebenfalls die medizinisch-praktische Funktion. Speziell als Drogenkunde, wie seine lateinische Vorlage, scheint er nicht angelegt gewesen zu sein.

193 194 195 196 197

grundlegende Studie von B. SCHNELL und W. CROSSGROVE, Der deutsche „Macer", die vor der Drucklegung dieser Arbeit nicht mehr ausgewertet werden konnte. W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 54, sowie ders., Verfasserlexikon 5, S. 11091116. Siehe jetzt auch B. SCHNELL - W. CROSSGROVE, Der deutsche ,Macer'. Siehe B. SCHNELL, Übersetzungen in der Fachliteratur, S. 187. W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 54. Ebd. Ebd. S.62f.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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In der hochmittelalterlichen akademischen Welt dürfte dann auch der lateinische M A C E R F L O R I D ü S nur noch als Einfuhrung in die Pharmakologie gelesen worden sein. Für die Fachausbildung kamen auf dem Gebiet der Arzneimittelkunde nun andere Werke aus der salernitanischen Schule in Umlauf, die systematischer und umfangreicher waren. So der CIRCA INSTANS aus der Mitte des 12. Jahrhunderts - allerdings liegen deutsche Bearbeitungen erst aus dem 14. Jahrhundert vor - und für kompliziertere zusammengesetzte Substanzen das ANTIDOTAR1UM NICOLAI, dessen volkssprachige Bearbeitung in mehreren europäischen Sprachen bereits im 13. Jahrhundert einsetzt. Diese Werke bahnen den Weg zu den großen Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts und gehören eher zur Vor- und Frühgeschichte der Pharmazie als der Medizin. Sie werden im weiteren Verlauf der Arbeit daher nicht weiter verfolgt.198 Neben den deutschen M A C E R , tritt aber nun mit dem BARTHOLOMÄUS etwa zur gleichen Zeit ein neuer und vergleichsweise umfangreicher Vertreter der Textsorte „Arzneibuch". Er ist über weite Strecken den bereits genannten älteren deutschen Arzneibüchern sehr ähnlich, denn er gründet sich wie diese auf der älteren frühmittelalterlichen vorsalemitanischen Rezeptliteratur.199 Um dieses Rezeptar haben sich jedoch am Anfang und am Ende kürzere Traktate über verschiedene Spezialgebiete herumgruppiert, so etwa den „Kurzen Hamtraktat" 200 , die zum Teil auf die neue salernitanische Medizin zurückgehen. Damit durchbricht der BARTHOLOMÄUS den Rahmen eines reinen Rezeptbuches. Für den BARTHOLOMÄUS gibt es Bruchstücke aus der Zeit um 1200 und zahlreiche Handschriften aus den folgenden Jahrhunderten. Bis heute liegt der Text in keiner kritischen Edition vor. Der Aufbau ließ es leicht zu, daß man Rezepte und Traktate hinzufugte, strich oder umstellte. Es ist der Forschung noch nicht gelungen, Endgültiges über die Uberlieferungsgeschichte des Textes zu sagen. Reste und Einzelstücke in Streuüberlieferung tauchen bis zum Ende des Mittelalters in immer neuen Kombinationen auf. Das hängt auch damit zusammen, daß der BARTHOLOMÄUS eine echte Kompilation ist. Eine einzige direkte lateinische Quelle gab es entweder nicht, oder wenn schon, dann war es eine, die sonst unbekannt geblieben ist. Der deutsche Text war also gewissermaßen von den lateinischen Quellen freigesetzt. Es stand kein autoritativer Text dahinter, der immer wieder auf den deutschen Text einwirken konnte.201

Der BARTHOLOMÄUS war durch seine offene Form daher besonders gut geeignet, neue medizinische Kenntnisse aufzunehmen und seinen praktischen Wert beständig zu vermehren. Mit über 200 Handschriften und Fragmenten gehört er in die Spitzengruppe der mittelalterlichen Bestseller. Der Verfasser - wahrscheinlich Klerikerarzt - beherrscht die einheimische Fachsprache und erweist sich als Meister der deutschen Prosa, indem er frei übersetzt, ge-

198 Zu diesem Themenkomplex siehe G. KEIL - P. DlLG, Kräuterbücher, sowie P. SEIDENSTICKER, „die seltzamen namen all". 199 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 52. 200 G. KEIL, Der medizinische Kurztraktat. 201 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 53.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

schickt kompiliert, straff aufbaut und den gemeinsprachlichen Tendenzen der Blütezeit folgt: durch seinen schlichten, aber klaren, von Provinzialismen freien Stil sicherte er dem Arzneibuch weiteste Verbreitung und machte den Text zu einem der wirkungsmächtigsten Denkmäler altdeutscher Fachprosa, wenn nicht zum wirkungsmächtigsten überhaupt.202 Im 13. Jahrhundert galt er als das maßgebliche Arzneibuch des deutschen Sprachgebietes. D a die Rezepte aber nur lose aneinandergereiht und nicht in übergreifende Textstrukturen eingebunden waren, hat der BARTHOLOMÄUS den zentrifugalen Kräften der Überlieferung zahlreiche Angriffsflächen geboten. Die Rezepte wurden in alle Winde zerstreut, sie begegnen dann ein2eln oder in Gruppen und sind oft als Bausteine in andere Sammlungen aufgenommen worden (DÜDESCHE ARSTEDIE, Arzneibuch des ERHART HESEL) und nicht selten haben Schreiber unterschiedliche Überlieferungsstränge des BARTHOLOMÄUS verflochten (DEUTSCHES SALERNITANISCHES A R Z N E I B U C H ,

BREMER ARZNEIBUCH,

LEIPZIGER

BARTHOLOMÄUS).203 Auch konnte der BARTHOLOMÄUS seine Herkunft aus der frühmittelalterlichen Medizin zumindest in seinem Kernstück auf die Dauer nicht verbergen. Zumindest dort nicht, wo auch praktizierende Arzte mit akademischer Ausbildung einen volkssprachigen Text zur Verfugung haben wollten. Sei es zum Nachschlagen einzelner Behandlungsmethoden, sei es zum Gebrauch bei der Ausbildung des medizinischen Nachwuchses. So verdrängt seit dem Ende des 14. Jahrhunderts nach und nach das Arzneibuch ORTOLFs VON BAIERLAND den BARTHOLOMÄUS, zumindest dort, wo neben den praktisch verwendbaren Rezeptaren auch Hinweise auf Theorien und Zusammenhänge der akademischen Medizin gefragt waren. Von vorn herein weniger verbreitet als der BARTHOLOMÄUS war das BENEDIKTBEURER RJEZEPTAR, das allerdings bis in die oberrheinische Arzneibuchliteratur des 15. Jahrhunderts ausstrahlt.204 Kennzeichnender Vertreter dieser südwestdeutschen Medizinliteratur ist das vor a. 1400 in Straßburg verfasste ELSÄSSISCHE ARZNEIBUCH.205 Ein anderes Überlieferungskorpus, das im 13. Jahrhundert ein ostmitteldeutscher Übersetzer zusammengestellt hat und das bereits auf salernitanischen Quellen fußt, das heute so benannte DEUTSCHE SALERN ITANISCHE ARZNEIBUCH206, blieb hingegen im wesentlichen auf Mitteldeutschland und Österreich beschränkt. Im Gegensatz zum BARTHOLOMÄUS steht das DEUTSCHE SALERN ITANISCHE ARZNEIBUCH nicht mehr auf dem Boden der Klostermedizin allein. Sein Kompilator schreibt für Akademikerärzte, wobei die praxisbezogene Textauswahl seine Kompilation auch für Wund- und Laienärzte ver202

G. KEIL, Bartholomäus, S. 609.

203

Man vergleiche ebd. S. 613.

204

Siehe H. FISCHER, Mittelhochdeutsche Rezeptare; G. KEIL, Verfasserlexikon 1, S. 691-693.

205

G. KEIL, Verfasserlexikon 2, S. 509f. Zur Nachwirkung siehe exemplarisch das DARMSTÄDTER ARZNEIBUCH. G . KEIL, Verfasserlexikon 2, S. 45f.

206

Früher „Diemers Arzneibuch" oder „Breslauer Arzneibuch". Siehe G. KEIL,Verfasserlexikon 2, S. 69-71.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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wendbar machte.207 Eine Zusammenstellung des medizinischen Wissens zumindest aus dem Bereich der Klostermedizin erfolgt um 1300 in der Bamberger Handschrift SB, Msc. med. 22, 51r-78v, 87v-103r. Mit der heute unter dem Namen „Korpus der Klostermedizin" bekannten Kompilation tritt uns erstmals ein vergleichsweise festes deutschsprachiges medizinisches Korpus entgegen, das in weiteren Handschriften fortgewirkt hat.208 Ihren mittelalterlichen Höhepunkt erreicht die deutsche Arzneibuchliteratur aber um a. 1300 mit dem Arzneibuch ORTOLFs VON BAIERLAND. Mit ihm beginnt der dritte Abschnitt der deutschsprachigen Medizinliteratur, der den Zeitraum bis ins 16. Jahrhundert hinein umspannt. ORTOLF gibt sich selbst als Autor zu erkennen und bearbeitet souverän wichtige Schriften der gelehrten Medizin, zum Teil nach salernitanischen Quellen und zum Teil nach Quellen der zweiten arabischen Rezeptionswelle über Toledo und Montpellier. Sein hoher Anspruch geht schon aus der Vorrede seines Arzneibuchs hervor, in der er die edelkeit der Medizin betont: Der ewige got, sprichet Salomon in der prophecien, hot ertzneie beschaffen durch ir edelkeit vnd durch ir kraft, vnd der weise schol sie niht ver smehen. Daz ertzneie edeler sei dann ander kvnst alle, daz sihet man wol, wirt ain maister sich, daz in sein kvnst niht gehelfen mage, dar vmb gert er ertzneie, daz er seinen gesvnt behabe. Dar vmb wil ich maister ortolf, von pairlant geport, ain artzzet in wirtzpurch ain tevtsch puch machen auz allen arztpuchen, die ich in latein ie ver nam.209 „Ortolfs ^Arzneibuch' rangiert derzeit an erster Stelle der mittelhochdeutschen bestselkr-Liste. Seine Spitzenposition als meistgelesenes Werk mittelhochdeutscher Literatur' verdankt es den bisher nachgewiesenen über 400 gedruckten wie handschriftlichen Textzeugen."210 Es ist ein „fachwissenschaftliches Kunstwerk"211, in dem erstmals ein größerer Fachtext inhaltlich und sprachlich als ein einheitliches Ganzes hervortritt. Es gliedert sich in drei Bücher, die aus je zwei Traktaten bestehen: Im ersten Buch handelt es sich um die res naturales, das heißt die von der Natur gegebenen Elemente des Lebens und die res non naturales, die Lebensgewohnheiten, die man selbst regulieren kann. Im zweiten Buch erscheinen Diagnostik und Prognostik, während das dritte Buch die in die (innere) Leibarznei und die (chirurgische) Wundarznei unterteilte Therapie umfasst.212 Dabei ist es bezeichnend, dass die Wundarznei nicht primär auf eigenen Aufzeichnungen aus der praktischen Erfahrung beruht, sondern auf einer Bearbeitung verschiedener Texte aus der Tradition der akademischen Medizin.213 Diese akademische chirurgische

207 208 209 210 211 212 213

Ebd. S. 71. Siehe dazu W. HlRTH, Verfasserlexikon 5, S. 321-325. Zitiert nach W. CROSSGROVE, Ein frühes Zeugnis, S. 236. G. KEIL, „ein teutsch puech machen", Vorwort, S. XVIII. G. KEIL, Verfasserlexikon 7, S. 72. G. KEIL, Bartholomäus, S. 61. Ebd.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

Tradition hat allerdings nur verspätet Einzug in die volkssprachige Überlieferung gefunden. Eigenständige chirurgische Texte begegnen im deutschsprachigen Raum erst im 15. Jahrhundert.

3.3 Die friihneuhochdeutsche Zeit Ein typischer Vertreter der Medizinliteratur des Spätmittelalters sind die sogenannten „Gesundheitsregeln". Hier handelt es sich meist um Anweisungen zur Erhaltung der Gesundheit, die vor allem an Laien gerichtet sind. Sie sind um die res non naturales, also um Luft, Ernährung, Bewegung und Ruhe, Schlafen und Wachen, Ausscheidung und Auffüllung sowie Gemütsregungen gruppiert. Der richtige Umgang mit diesen sechs Aspekten verleiht den Menschen die unmittelbare Kontrolle über die Bewahrung der Gesundheit.214 Am bekanntesten ist das REGIMEN SANITATIS SALERNITANUM.215 Nicht weniger wichtig für die Geschichte der medizinischen Literatur wurden die lateinischen Gesundheitsregeln, die der Arzt und Geschäftsmann KONRAD VON EICHSTÄTT in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zusammenstellte. Seine in zahlreichen Handschriften überlieferten Texte bilden die wichtigste Quelle für eine ganze Reihe von volkssprachigen Gesundheitsregeln des 14. und 15. Jahrhunderts. 216 Im heutigen Verständnis würde man in diesen Anweisungen vorbeugende Maßnahmen sehen und die Texte sind in diesem Sinne an Laien gerichtet. Das kann man schon in HlLTGARTs VON HÜRNHEIM Einleitung ihrer Übersetzung des SECRETUM SECRETORUM-Kompendiums vom Jahre 1282 erkennen: Nun wil ich dir kunt tuen ain ertzlich lere und sämlich taugenhait, die dir wenüegent zue der wehalltnüsse der gesunthait, daz du nichtt wedürfft kaines artztes (.. .).217 Zu den wichtigsten Bestandteilen dieser Ratschläge zur Erhaltung der Gesundheit gehörte die Diätetik, also die Lehre von der richtigen, das heißt gesunden Ernährung. Diese Anweisungen waren allen lesenden Menschen potentiell zugänglich und ohne spezielle medizinische Kenntnisse verständlich. Einen Ausläufer dieser Tradition finden wir in der Neuzeit in der Kalender- und Almanachliteratur.218 Allerdings können auch die Gesundheitslehren nicht auf eine einzige Textfünktion reduziert werden. Zwar sind sie in erster Linie als Ratgeber für Laien wichtig gewesen, sie haben aber daneben auch in der ärztlichen Praxis eine gewisse Rolle gespielt. Zum einen ist die Vorbeugung von Krankheiten durch diätetische Maßnahmen stets ein Grundpfeiler der hippokratischen Medizin gewesen und greift damit in ihrer je spezifischen Form unmittelbar in die medi214 215 216 217 218

W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 68. G. KEIL, Verfasserlexikon 7, S. 1107-1111. G. KEIL - Μ. P. KOCH, Verfasserlexikon 5, S. 162-169. R. MÖLLER (Hg.), Hiltgart von Hümheim, S. 59. W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 70.

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

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zinische Theorie und Praxis hinein. Zum anderen wird sie besonders dort wichtig, wo Ärzte für das Wohl bestimmter Patienten über einen längeren Zeitraum hin verantwortlich sind. Wenn man bedenkt, dass eine ganze Reihe der volkssprachigen Bearbeitungen der Gesundheitsregeln KONRADS VON EICHSTÄTT auf die Anregung adliger Auftraggeber zurückgehen, so wird man bei den Benutzern der Regeln eben nicht ausschließlich an Laien denken, sondern auch an die Leibärzte dieser Adligen, die aus den Gesundheitsregeln ihre diätetischen Vorschriften entnehmen konnten.219 Als Beispiel für einen solchen adligen Auftraggeber kann die sogenannte ORDNUNG DER GESUNDHEIT FÜR RUDOLF VON HOHENHEIM gelten.220 Vorrangig für Laien hatte um 1350 auch KONRAD VON MEGENBERG sein BUCH DER NATUR geschrieben, eine Bearbeitung der naturkundlichen Enzyklop ä d i e LLBER DE NATURA RERUM d e s F l a m e n THOMAS DE CANTIMPRE. 221 D i e

Liste seiner lateinischen Werke umfasst theologische, philosophische, hagiographische und auch kirchenpolitische Abhandlungen. Auf dem Gebiet der Naturkunde hat er mit deutschsprachigen Schriften auf sich aufmerksam gemacht. V o r a. 1350 übersetzte er die SPHAERA MUNDI des JOHANNES VON

SACROBOSCO, ein wichtiges Lehrbuch der Astronomie. Mit seinen deutschen Texten wandte sich Konrad nach eigener Aussage an Leser, die sonst ihre Kenntnisse über die Welt aus der nicht immer glaubwürdigen erzählenden Literatur schöpften. Das BUCH DER NATUR gehört zu den populärsten Schriften des späten Mittelalters. Es wurde wiederholt gedruckt und übte noch im 16. Jahrhundert einen großen Einfluss auf die naturkundlichen Schriftsteller aus.222 Es steht in der Tradition des eineinhalb Jahrhunderte älteren LUCIDARIUS, konzentriert sich aber von Anfang an auf Gegenstände der natürlichen Welt. Die theologische Ausdeutung tritt demgegenüber in den Hintergrund. In medizinischer Hinsicht besonders bedeutsam ist das Kapitel über die menschlichen Körperteile. Diese, mit den althochdeutschen Körperteilglossaren und den auf Körperteile bezogenen A b s c h n i t t e n i m SUMMARIUM HEINRICI u n d d e n GLOSSAE SALOMONAE b e g o n -

nene Arbeit am volkssprachigen anatomischen Fachwortschatz zeigt bei KONRAD VON MEGENBERG ihre Früchte. Sie wird darüber hinaus in den großen spät-

219 Ebd. 220 Ch. HAGENMEYER, Die „Ordnung der Gesundheit". Einen Einblick in die Rezeptionsbedingungen derartiger Texte, die in einer Übergangszone von Fach- und Laienbildung stehen, bietet der Gießener Überlieferungsträger der „Ordnung der Gesundheit". Die zwischen 1420 und 1473 entstandene Handschrift Gießen, UniversitätsB. Cod. 104, enthält heute neben der Gesundheitslehre „Die sieben weisen Meister", Niklas von Wyles „Guiscard und Sigismunda", Heinrich Steinhöwels „Griseldis" und Thüring von Ringoltingens „Melusine". Die „Ordnung der Gesundheit" rückt hier in die Nähe der sogenannten „Volksbücher". Man vergleiche zu diesen Texten H.-J. Kreutzer, Der Mythos. Zur Handschrift siehe. U. SEELBACH, Katalog, Nr. 104. 221 G. STEER, Konrad von Megenberg. 222 W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 89.

50

Medizingeschichtliche Grundlagen

mittelalterlichen Vokabularien wie dem VOCABULARIUS EX QUO und dem VOCABULARIUS OPTIMUS aufgegriffen und weiter fortgesetzt. Neben immer neuen Arzneibüchern, wie dem Arzneibuch ANTON TRUTMANNs, Wundarzneien, Gesundheitslehren und der enzyklopädischen Literatur können wichtige Kleinformen, wie die „Wunderdrogentraktate"223 (ElCHENMISTELTRAKTAT, GEIERTRAKTAT, KRANEWITTBEERTRAKTAT, ROSMARINTRAKTAT) oder die in der Folge des Pestgutachtens der Pariser Medizinischen Fakultät entstandenen „Pesttraktate" P E R SINN DER HÖCHSTEN MEISTER VON PARIS, DER PESTBRIEF AN DIE FRAU VON PLAUEN)224 hier nur kurz erwähnt werden. Das gilt ebenso für die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen medizinischen Kompilationen, die von ihrem Umfang her geradezu als Gegenstück zu den erwähnten Kleinformen gelten könnten. Bei genauerem Hinsehen wird allerdings meist deutlich, dass es vielfach gerade die Kleinformen sind, die - insbesondere in der Zeit vor Einführung des Buchdrucks — nur selten allein, sondern in Gesellschaft anderer Texte überliefert sind. Sie erscheinen in einem größeren Zusammenhang, in einer Sammlung, die ein oder mehrere Schreiber für sich oder einen Auftraggeber abgeschrieben haben. Auch Teile der größeren Texte wie das Arzneibuch des BARTHOLOMÄUS, ORTOLF VON BAIERLAND, der MACER FLORIDUS oder das SECRETUM SECRETORUM gehen in die Kompendien ein. Dieser Handschriftentyp, der oft unter dem Titel „Buch vom Menschen, Tier und Garten" beschrieben wird, richtete sich einerseits an medizinische Laien, insbesondere wohl an adelige oder bürgerliche Gutsbesitzer, die für die Bedürfnisse des täglichen Lebens einer großen Zahl von Menschen Sorge zu tragen hatten. Der wohl wichtigste Rezipientenkreis waren andererseits aber die spätmittelalterlichen Wundärzte und Bader, die in den volkssprachigen Kompendien einen zuverlässigen Leitfaden für ihre tägliche Praxis suchten.225 Dabei können die Kompilatoren unterschiedliche Schwerpunkte setzten, wie etwa die deutsche THESAURUS PAUPERUM-Tradition226, der hauswirtschaftlich-laienärztliche KODEX KOHLHAUER227, die OLMÜTZER CHIRUGIE228 oder der SCHÜPFHEIMER CODEX229 zei223

Z u m „Geiertraktat" siehe G . KEIL - J . STÜRMER, Verfasserlexikon 2, S. 1 1 3 7 - 1 1 4 0 ; zur vermeintlich althochdeutschen Textbasis J . STÜRMER, Zur Übersetzung, S. 447, 4 5 7 - 4 6 9 , 471; kritisch dazu B . MEINEKE, Zur Frage eines althochdeutschen Geiertraktats, S. 2 5 4 - 2 6 3 . Z u m KRANEWITTBEERTRAKTAT siehe G . KEIL, Verfasserlexikon 5, S. 3 3 8 - 3 4 0 ; ZU VOLMARS STEINBUCH W . CROSSGROVE, D i e deutsche Sachliteratur, S. 6 3 - 6 5 .

224

Z u m Pesttraktat SINN DER HÖCHSTEN MEISTER VON PARIS siehe G . KEIL, Verfasserlexikon 8, S. 1 2 8 1 - 1 2 8 3 ; zum „ P e s t b n e f ders., Verfasserlexikon 1, S. 1 0 3 5 - 1 0 3 6 .

225

Man vergleiche V. ZIMMERMANN, Rezeption und Rolle der Heilkunde, S. 118f. Sowie O . RlHA, Wissensorganisation, S. 1 8 - 2 5 ; J . G . MAYER, Das „Arzneibuch", bes. S. 5 1 - 6 0 .

226

Siehe J . TELLE, Petrus Hispanus in der altdeutschen Medizinliteratur; ders. Verfasserlexikon 7, S. 5 0 4 - 5 1 1 sowie V . ZIMMERMANN, Rezeption und Rolle der Heilkunde, S. 5 8 - 6 3 . - D e r volkssprachige T e x t zeigt, wie ein für den gelehrten Physicus geschriebenes lateinisches Rezeptar durch die deutsche Rezeption zu einem Basistext für Laienärzte und lateinunkundige Heiler wird.

227

Siehe G . KEIL, Verfasserlexikon 5, S. 3^».

Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

51

gen. Derartige Textzusammenstellungen sind kennzeichnend für das mittelalterliche volkssprachige Fachschrifttum. Das „Buch von Menschen, Tier und Garten" erweist sich zumindest in seinem medizinischen Teil darüber hinaus als spätmittelalterlicher Vorläufer und Quelle für den medizinischen Teil der „Hausväterliteratur" des 16. bis 18. Jahrhunderts. 230 Beispielhaft untersucht ist etwa die PETRONELLER CIRCA INSTANS-Handschrift mit einer lateinischen CIRCA INSTANS-Fassung und deutscher Übersetzung sowie weiteren medizinischen und prognostischen Kleintexten. 231 Die bekannteste Kompilation ist aber wohl PFALZGRAF LUDWIGS MEDIZINISCHE SAMMLUNG, die Kurfürst Ludwig V. von der

Pfalz während seiner Regierungszeit 1508-1544 anlegte.232 Als weitere Gruppe von medizinischen Texten begegnet schließlich im 15. Jahrhundert die chirurgische Literatur. Bei der überwiegend handwerklichen Ausrichtung der Wundarznei verwundert es nicht, das man hier lange Zeit weitgehend ohne Texte auskommen konnte. Auch die Zahl der lateinischen chirurgischen Texte ist um ein Vielfaches geringer als die anderer medizinischer Textsorten. Das ganze Mittelalter hindurch konkurrieren eigentlich nur drei Autoren miteinander: R O G E R FRUGARDI, LANFRANK VON MAILAND u n d G U Y D E CHAULIAC. W ä h -

rend eine als ROGERGLOSSE bekannt gewordene Bearbeitung der Chirurgie FRUGARDIS eine wichtige Quelle für den wundärztlichen Teil von ORTOLFs Arzneibuch wurde, ist eine Nachwirkung von Guys CHIRURGIA MAGNA erst etwa a. 1425 in der deutschen CHIRURGIA PETERs VON ULM fassbar. Peter war Anfang der 20er Jahre des 15. Jahrhunderts Stadtarzt in seiner Heimatstadt Ulm und kam a. 1423 von dort als Leibarzt an den kurpfälzischen H o f nach Heidelberg. Hier verfasste er um a. 1425/30 seine CHIRURGIA, deren einfache Form für große Wirkung sorgte. Ein neues Publikum, die nun meist auch im Schreiben und Lesen deutscher Texte ausgebildeten Wundärzte, sicherte ihr einen Platz über viele Generationen hinweg.233 Auch die Chirurgie-Handbücher LANFRANKs VON MAILAND verbreiteten sich seit dem Ende des 13. Jahrhunderts von Paris aus über ganz Europa. Deutschsprachige Fassungen oder Auszüge seiner CHIRURGIA PARVA und CHIRURGIA MAGNA gibt es aber erst seit dem 15. Jahrhundert. Sie sind alle nur bruchstückhaft oder in wenigen Exemplaren überliefert.234 Zu einer Blüte der chirurgischen Literatur im Deutschen kommt es erst gegen Ende des Jahrhunderts mit dem BUCH DER CLRURGIA des HIERONYMUS BRUNSCHWIG und

der Wundarznei seines Nachfolgers HANS VON GERSDORFF. 228

Siehe dazu L. VANKOVÄ, Die Olmützer Chirurgie'.

229

K. WÄCKERLIN-SWIAGENIN, Der Schüpfheimer Kodex.

230

Ebd. S. 127. Zur Hausväterliteratur siehe B. ZIMMERMANN, Das Hausarzneibuch; B. v. BENTHEM, Die laienmedizinische Fachsprache sowie O. PFEFFERKORN, Möglichkeiten und Grenzen, S. 41 Of.

231

Ν. F. PALMER - K. SPECKENBACH, Träume und Kräuter.

232

G. KEIL, Verfasserlexikon 5, S. 1016-1030; CH. HAGENMEYER, Die Entstehung.

233

Ebd. S. 74f.; G. KEIL, Verfasserlexikon 7, S. 45»-464.

234

W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 75f., G. KEIL, Verfasserlexikon 5, S. 560-572.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

Diese Blüte steht im Zusammenhang mit dem neuen, auf sinnliche Anschauung und Empirie gelichteten Wissenschaftsverständnis der humanistischen Gelehrten. Sie zeigt sich zuerst in den praktischen Disziplinen Chirurgie, Anatomie, Botanik und der klinischen Betrachtung. Neben Chirurgie und Botanik, die bereits auf eine längere Tradition zurückblicken, profitiert besonders die Anatomie von diesen Veränderungen. Allerdings muss man bedenken, dass geringe anatomische Kenntnisse in älterer Zeit nicht unbedingt als Zeichen für geringes medizinisches Wissen gedeutet werden können. Im humoralpathologischen Konzept spielt, wie auch heute in der tibetischen oder chinesischen Medizin, die genaue Lage und Gestalt einzelner Organe oder Knochen nur eine untergeordnete Rolle. In der europäischen Medizin steht dagegen ein anatomisches Lehrbuch „am Anfang der medizinischen Grundlagenforschung auf dem Boden exakter Naturbeobachtung".235 Das am 1. August 1543 von ANDREAS VESALIUS veröffentlichte Werk DE HUMANI CORPORIS FABRICA LIBRI SEPTEM („Vom Bau des menschlichen Körpers in sieben Büchern") entstand als Resultat seiner kritischen Arbeit an menschlichen Leichen, die er selbst präparierte und die er folglich anders wahrnahm, als sie in den klassischen Kompendien auf der Basis einer meist spekulativen Anatomie oder der Tieranatomie beschrieben wurden. Viele ältere Irrtümer konnte er ausräumen, anderen traditionellen Ansichten wagte auch VESAL noch nicht zu widersprechen. So hat auch er an GALENs Lehre der Blutbewegung noch festgehalten, obwohl er die gedachten Poren vom rechten zum linken Herzen bei seinen Sektionen selbst nicht finden konnte.236 Über 300 Abbildungen des Tizian-Schülers JAN STEPHAN VON KALKAR und VESALs genaue Beschreibungen geben eine neue Sicht auf den menschlichen Körper. Die erste deutsche Ausgabe erscheint in der Übersetzung JACOB BAUMANNs 1551 in Nürnberg als ΑΝΑΤΟΜΙΑ DEUDSCH. EIN KURTZER AUSZUG DER BESCHREIBUNG ALLER GLIDER MEN SCHLICHS LEYBS. Dabei konnte BAUMANN auf einen sehr fein differenzierten Wortschatz zurückgreifen, den ALBRECHT DÜRER in Nürnberg bereits 1528 in seinen VIER BÜCHER VON MENSCHLICHER PROPORTION ausgebreitet hatte. Die wichtige Rolle des Buchdrucks ist für die Herstellung und Verbreitung dieser neuen medizinischen Literatur ganz unbestritten. Eigene Beobachtung ist auch das Stichwort für die medizinische Sicht und die medizinischen Schriften des PARACELSUS. Inwieweit er dabei tatsächlich Neues bringt, oder durch seine radikale Ablehnung des mittelalterlichen Denkens in den Mustern der Personlautorität nur erst den Anstoß zu einer Neuorientierung gegeben hat, ist heute umstritten. Zu seinen Lebzeiten haben seine Schriften zudem wenig Beachtung gefunden. Seine Anstöße betreffen auch weniger einzelne Fachgebiete der Medizin, obwohl er auch dazu veröffentlicht hat: etwa ELF TRAKTAT VON URSPRUNG, URSACHEN, ZEICHEN UND KUR EINZELNER KRANKHEITEN

235 E. SEIDLER, Geschichte der Medizin, S. 124. 236 Ebd.

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Die deutschsprachige medizinische Überlieferung

(um 1520),

V O M HOLZ GUAJACO GRÜNDLICHER HEILUNG

FRANZÖSISCHEN KRANKHEIT 3 BÜCHER. PARA

(1529),

(1529),

V O N DER

V O N URSPRUNG UND

HERKOMMEN DER FRANZOSEN SAMPT DER REZEPTEN HEILUNG. 8 BÜCHER ( 1 5 2 9 ) , D A S BUCH VON DEN TATARISCHEN KRANKHEITEN ( 1 5 3 7 / 3 8 ) u n d d i e

allerdings nicht vollständig ausgeführte GROSSE WUNDARZNEI ( 1 5 3 6 ) . Seine Bedeutung liegt wohl vor allem in seinem Versuch, die alte Humoralpathologie nicht nur durch empirische Analysen ins Wanken zu bringen und so zu einem genaueren Verständnis einzelner medizinischer Phänomene vorzudringen. Charakteristisch für sein Werk ist vielmehr das Bemühen, der Humoralpathologie ein neues, geschlossenes naturphilosophisches Weltbild entgegenzusetzen. So sollte er heute auch vor allem als Philosoph, weniger als medizinischer Praktiker und Schriftsteller gelesen werden. Nur 16 Titel aus seinem heute fast unüberschaubaren schriftstellerischen Werk konnte er zu seinen Lebzeiten in den Druck bringen, davon nur vier mit einer im engeren Sinne medizinischen Thematik. Die große Mehrzahl seiner Schriften zirkulierte handschriftlich und in Abschriften im kleinen Kreis seiner Anhänger.237 Erst 20 Jahre nach seinem Tod beginnt die Edition seiner medizinisch-naturkundlichen Texte. Eine breitere Wirkung blieb seinem Denken zunächst versagt, nicht zuletzt wegen seines Stils, der von den meisten Lesern als „dunkel", „monoton" und „unklar" empfunden wurde. Auch die medizinischen Schriftsteller des 16. und 17. Jahrhunderts haben seine Sprache abgelehnt. Der Anteil des PARACELSUS an der Entstehung einer leistungsfähigen Wissenschaftsprosa ist eher gering.238 Hier dürfte die Bedeutung der übrigen, meist weitaus weniger bekannten medizinischen Fachschriftsteller des 16. Jahrhunderts sehr viel größer sein. Neben den schon genannten VESALIUS und GERSDORFF ist hier etwa an Abhandlungen zu denken wie die 1 5 8 3 in Dresden gedruckte ο ζ δ α λ μ ο δ ο λ ε ι α , DAS IST AUGENDIENST. NEWER VND WOLGEGRÜNDTER BERICHT VON VRSACHEN VND ERKENTNÜS ALLER GEBRECHEN ( . . . ) DER AUGEN VND DES GESICHTES d e s G E O R G BARTISCH.

Es entwickelt sich in dieser Zeit nicht nur eine auf bestimmte Krankheiten oder Körperregionen bezogene volkssprachige medizinische Spezialliteratur, es entsteht ebenso eine spezielle Literatur für verschiedene Bevölkerungsgruppen wie Frauen, Kinder und Greise239. Auf diese Weise wird medizinische Literatur in immer größerem Maße auch für Laien konzipiert und wird für Laien verfügbar. Gleichzeitig wird mit der Entstehung einer fachwissenschaftlichen volkssprachigen Literatur im 16. Jahrhundert das Monopol des Lateins als Sprache der medizinischen Wissenschaften erstmals nachhaltig erschüttert. Dies hat zur Folge, dass auch ein in der Volkssprache verfasster Fachtext nicht mehr von vornherein 237 Μ. KUHN, De nomine, S. 20. 238 J. TELLE, Die Schreibart des Paracelsus, S. 99f. 239 Siehe G. KEIL, Die deutsche medizinische Literatur, S. 650-652.

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Medizingeschichtliche Grundlagen

für alle Bevölkerungskreise verständlich sein musste. Es vollzieht sich - bei fließenden Übergängen - eine Differenzierung in volkssprachige fachorientierte Schriften und volkssprachige laienorientierte Schriften.240 In dieser Umbruchphase entstehen neue Textsorten, deren Lebensdauer begrenzt ist; die verschiedenen Texttraditionen sind noch nicht einmal ansatzweise untersucht.241 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach einer ersten Phase in althochdeutscher Zeit, die außerhalb der magischen Heilkunst vornehmlich der Verständnissicherung lateinischer Texte und der Arbeit am volkssprachigen Wortschatz diente, medizinische Texte in größerer Zahl erst gegen Ende des 12. Jahrhundert ans Licht treten. Dass es schon vorher solche Texte gegeben haben muss, ist wahrscheinlich. Die BASLER REZEPTE und einige der erhaltenen althochdeutschen Zaubersprüche bezeugen, dass zumindest diese beiden prototypischen Formen medizinischen Schreibens auch im deutschsprachigen Frühmittelalter vorhanden waren. In den folgenden Jahrhunderten vollzieht sich ein Ausdifferenzierungsprozess, der schließlich gleichermaßen laienmedizinische wie fachmedizinische Texte in deutscher Sprache verfugbar macht.

240 Siehe dazu J. TELLE, Arzneikunst und der „gemeine Mann"; sowie die laienmedizinischen Sammeltexte der Hausväterliteratur bei B. ZIMMERMANN, Das Hausarzneibuch. 241 Insbesondere die Funktion der Abbildungen ist dabei zu prüfen. Zwei Beispiele sollen hier für viele andere stehen: MICHAEL HERR, Schachtafeln der Gesuntheyt (...) vß arabisch in latin vnd yetzt in teütsche sprach verdolmetscht. Straßburg 1533. Ebenso eindrucksvoll ist die durch eingeklebte aufklappbare Abbildungsteile ermöglichte dreidimensionale Ansicht des menschlichen Schädels in GEORG BARTISCHs „Augendienst". Grundlegend zu den Text-Bild-Beziehungen in Fachtexten am Beispel der Kräuterbücher M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 150-155. Siehe auch H.-M. GROSS, Illustrationen.

III. Möglichkeiten der Erschließung älterer fachspezifischer Wortbestände 1. Sprache der Medizin und historische Fachsprachenforschung Die medizinische Fachsprache der Gegenwart, aber auch Aspekte des medizinischen Schreibens seit der frühen Neuzeit, sind in den vergangenen Jahren Gegenstand verschiedener sprachwissenschaftlicher Untersuchungen geworden. Im Mittelpunkt stehen lexikologische242, lexikographische243 und kommunikativ-pragmatisch ausgerichtete Fragestellungen.244 Besonders für die neuere Sprachgeschichte sind Überlegungen zur medizinischen Alltagssprache und zu den Möglichkeiten der Vermitdung des gelehrten medizinischen Wissens an lateinunkundige Bevölkerungsgruppen fruchtbar gemacht worden.245 So sind wir für die Zeitspanne vom 16. Jahrhundert bis heute über viele zumindest für die Text- und Kommunikationsgeschichte des Deutschen prägend gewordene Etappen und Einschnitte recht gut unterrichtet. Der gesamte Entwicklungsprozess des Werdens der medizinischen Fach- und Alltagssprache ist jedoch noch nicht beschrieben worden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die historische Fachsprachenforschung ihren Gegenstand in der Untersuchung bereits voll ausgebildeter Fachsprachen sieht und sich darüber hinaus vor allem für die Wechselwirkungen zwischen Fach- und Standardsprache interessiert. Die historischen, lexikalischen und textuellen Voraussetzungen, die das Entstehen einer voll ausgebildeten Fachsprache überhaupt erst ermöglichen, haben bisher demgegenüber nur wenig Beachtung gefunden.246 Daher liegen die Anfänge der Wort- und Textgeschichte der Sprache der Medizin noch weitgehend im Dunklen. Dies ist für die gesamte

242

Siehe I. WIESE, Fachsprache der Medizin.

243

Siehe H. LlPPERT, Die Fachlexikographie der Medizin: eine Übersicht; sowie ST. DRESSLER - B.

244

Siehe beispielsweise H. LlPPERT, Sprachliche Mittel in der K o m m u n i k a t i o n ; sowie T h . BLIES-

SCHAEDER (Hg.), W ö r t e r b ü c h e r der Medizin. ENER - K . KOHLE, D i e ärztliche Visite; E. VON BURG, D i e schriftliche Arbeitssprache der Medizin; J. REHBEIN, Ärztliches Fragen; A. REDDER, Eine alltägliche klinische Anamnese; D. GOLTZ, Krankheit und Sprache. 245

Β. V. BENTHEM, Die laienmedizinische Fachsprache; A . BECKER, Populärmedizinische Vermittlungstexte; S. YLÖNEN, Entwicklung sowie M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte. Hier ordnet sich aus anderem Blickwinkel auch die Studie H. BÖNINGs, Medizinische Volksaufklärung, ein.

246

Ansätze dazu, am Beispiel der „Fachsprache der Elektrizitätslehre", bei CHR. UNGER, V o m Sach- z u m Fachwortschatz. - Siehe dazu auch den Abschnitt III. 3.2.

56

Möglichkeiten der Erschließung

Fachsprachenforschung misslich, weil beispielsweise Aussagen zur Funktion auch neuzeitlicher fach- und laienmedizinischer Texte eigentlich erst dann getroffen werden können, wenn gesicherte Erkenntnisse über die Genese der medizinischen Textsorten überhaupt vorliegen. Solange nicht einmal hinreichend geklärt ist, ob und wenn ja seit wann es vor dem 18. Jahrhundert eine volkssprachige medizinische Fachsprache gegeben und welche Merkmale diese Fachsprache gegebenenfalls getragen hat, ist auch die Behandlung und die Einordnung jüngerer laienmedizinischer Texte schwierig. Für den derzeitigen Forschungsstand der historischen Fachsprachenforschung repräsentativ sind das Handbuch „Fachsprachen" und das Handbuch „Sprachgeschichte" aus der Reihe „Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft".247 Im Handbuch „Fachsprachen" reicht die Darstellung der Sprache der Medizin für den Bereich des Deutschen in historischer Perspektive nicht über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus.248 Einen Artikel zur spätmittelalterlichen oder frühneu2eitlichen Fachsprache der Medizin sucht man vergeblich. Es finden sich allenfalls einzelne Beobachtungen, die für eine Aufhellung des Entwicklungszusammenhanges fruchtbar gemacht werden können, an verschiedenen Stellen über das gesamte Handbuch verstreut.24' Auch in der Neuauflage des Handbuchs „Sprachgeschichte" gibt es keinen gesonderten Beitrag zur „Sprache der Medizin". Allenfalls am Rande der Behandlung der Naturwissenschaftssprachen wird die Medizin mit einigen kurzen Bemerkungen berücksichtigt.250 Bei der Durchsicht der Handbücher wird vor allem deutlich, dass die sprachwissenschaftliche Forschung für die historische Dimension anderer Sachbereiche wie etwa „Sprache und Recht", „Sprache und Theologie" oder „Sprache und Philosophie" schon zu sehr viel zusammenhängenderen Analysen und umfassenderen Ergebnissen gekommen ist.251

247

248

249

250 251

L. HOFFMANN - H. KALVERKÄMPER - Η. E. WLEGAND ( H g . ) , F a c h s p r a c h e n . E i n i n t e r n a t i o -

nales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft, sowie W. BESCH A. BETTEN - O. REICHMANN - ST. SONDEREGGER (Hg.), Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. I. WIESE, Die neuere Fachsprache der Medizin. Zur Sprache der Medizin im 19. Jahrhundert vergleiche man auch U. FRATZKE, Untersuchungen zum Fachwortschatz der Medizin. Ansätze für die Erforschung der Frühgeschichte der Fachsprachen der Artes und damit auch der Medizin finden sich dagegen bei B. D. HAAGE, Anwendungsmöglichkeiten. Zu nennen wären etwa J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache im Altertum; D. GOTTSCHALL, Lucidarius; K.-H. WEIMANN, Paracelsus und der Fachwortschatz der Artes mechanicae; P. SEIDENSTICKER, Botanik und Fachsprache in den Kräuterbüchern der Renaissance; R. K. FRENCH, The special language of anatomy in England from the Middle Ages. Man vergleiche U. PÖRKSEN, Deutsche Sprachgeschichte und die Entwicklung der Naturwissenschaften. Zu Bereich „Sprache und Recht" siehe etwa R. SCHMIDT-WlEGANDs Artikel Deutsche Sprachgeschichte und Rechtsgeschichte bis zum Ende des Mittelalters, Deutsche Sprachgeschichte und Rechtsgeschichte seit dem Ausgang des Mittelalters sowie Rechtssprache im Althochdeutschen und ihre Erforschung, mit der dort aufgeführten Literatur. Von exemplarischer Bedeutung für

Sprache der Medizin

57

Dabei bietet die im Rahmen der Germanistik von Gerhard Eis angeregte und insbesondere durch Peter Assion und Gundolf Keil fortgeführte Erforschung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen medizinischen Fachliteratur und ihren volkssprachigen Überlieferungstraditionen252 durchaus eine Grundlage, von der aus fachsprachliche Untersuchungen im Bereich „Sprache und Medizin" ausgehen könnten. Auch wenn sich die Fachprosaforschung selbst nicht als sprachwissenschaftliches, sondern eher als ein literaturwissenschaftliches Konzept im Rahmen einer interdisziplinären Mittelalterforschung versteht,253 so liefert sie doch mit ihren editionsphilologischen, rezeptions- und überlieferungsgeschichtlichen Analysen bereits Vorarbeiten auch zu einer lexikologischen und textlinguistischen Bearbeitung.254 Zentraler Gegenstand der neueren medizinischen Fachprosaforschung ist die Aufhellung der Überlieferungsgeschichte medizinischer Texte. Das Augenmerk ist dabei nicht nur auf die inhaltliche Konstanz der überlieferten Textzeugen gerichtet, sondern bezieht auch die Mitüberlieferung, also das Neben- und Miteinander verschiedener Texte in einem Gesamtgefüge von Sammelhandschriften mit in die Überlegungen ein. So eröffnen sich Einblicke in die mittelalterlichen Gebrauchsbedürfnisse und Gebrauchsvorlieben. Dazu kommt die sogenannte Streuüberlieferung, denn aus wirkungsmächtigen Texten konnten Bausteine, größere Versatzstücke oder kleine Textsplitter, nach der üblichen Kompilationstechnik mit weiteren Exzerpten neu zusammengesetzt werden. Ziel der neueren Fachprosaforschung ist es, nicht nur die Herkunft der verschiedenen Exzerpte aufzudecken, sondern gegebenenfalls auch den Funktionswandel sichtbar zu machen, der durch die Kompilation zum Ausdruck kommt.255 Es zeigt sich so die enge Verbindung von Textgeschichte und Wirkungsgeschichte. Besonders den in neuerer Zeit verstärkt nachgegangenen Fragen der „Wissensorganisation" und der „Textorganisation" kommen dabei eine große Bedeutung zu.256 Vermutlich sind es vor allem die komplizierten Überlieferungsverhältnisse und nicht zuletzt die Fülle der seit dem hohen Mittelalter entstandenen medizinischen Texte selbst, die noch längst nicht alle in adäquaten Editionen vorliegen, die bisher eine Gesamtdarstellung der „Sprache der Medizin" in historischer Per-

252 253

254 255

256

sorte Gerichtsprotokoll, H. RAMGE, Heinrich Waldschmidts Erbe, sowie ders., Dialoge im Rechtsprotokoll. Man vergleiche etwa G. B A A D E R - G. K E I L , Einleitung; G. K E I L , Die medizinische Literatur sowie die einschlägigen Artikel im V E R F A S S E R L E X I K O N . Die deutsche Literatur des Mittelalters. Für die Anfange der Forschungsrichtung siehe G. Eis, Mittelalterliche Fachliteratur, S. 68-83; P. A S S I O N , Altdeutsche Fachliteratur, S. 18-26; G. K E I L , Literaturbegriff und Fachprosaforschung. Dazu vergleiche man den 1993 von G. KEIL herausgegebenen materialreichen Sammelband „ein teutsch puech machen". Man vergleiche O . R I H A , Das systematologische Defizit der Artesforschung, siehe auch M . H A B E R M A N N , Deutsche Fachtexte, S. 7 2 , mit weiterer Literatur. Siehe G. K E I L , Organisationsformen medizinischen Wissens; O. R I H A , Wissensorganisation.

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Möglichkeiten der Erschließung

spektive verhindert haben. Zudem sind viele ältere Texte medizinischen Inhalts durchaus nicht immer leicht verständlich und - was noch gravierender ist - die Beziehungen zu den zumeist vorauszusetzenden lateinischen Vorlagen sind im Detail nicht selten noch ungeklärt. Wahrend so einerseits das medizinische Schrifttum im Rahmen einer Darstellung der mittelalterlichen Sachliteratur einen überaus breiten Raum einnimmt,257 sind andererseits die Aussagen zur historischen Fachsprache der Medizin bisher von wenigen Ausnahmen abgesehen meist eher nur punktueller Natur.258 Auch der auf vielen Gebieten sichtbare Aufschwung der Fachsprachenforschung seit den 80er Jahren hat daran nichts ändern können. Größer angelegte Darstellungen wie die von John A. Dirckx für das Englische259 haben für den deutschen Sprachraum keine Nachahmer gefunden. Immerhin hat jetzt Mechthild Habermann mit ihrer Untersuchung zur naturkundlich-medizinischen Wissensvermittlung in der frühen Neuzeit eine erste Brücke zwischen den Forschungsinteressen der Sprachwissenschaft und den Arbeitsschwerpunkten der Fachprosaforschung geschlagen. Die Arbeit enthält Aussagen zur Wortwahl, Ubersetzungsstrategie und zur Wiedergabe lateinischer Fachbegriffe260 im Deutschen, die eingebettet werden in umfangreiche Analysen der Text- und Wissensorganisation medizinisch-naturkundlicher Fachtexte um 1500. Die Arbeit folgt darin der in jüngerer Zeit vermehrt erhobenen Forderung, die auf das Fachwort ausgerichtete Fachsprachenforschung durch text- und pragmalinguisdsche Untersuchungen zu ergänzen. Im Gefolge der Pragmatisierung der Sprachgeschichtsschreibung kommt vor allem einer historischen Textlinguistik besondere Bedeutung zu, die Hugo Steger als „Geschichte der Ausgliederung und des Ausbaus von funktionalen Sprachvarietäten und Texttypen/ Gattungsinventaren für kommunikative Aufgaben in einer sich differenzierenden Welt" versteht.261 Und zugleich sucht die gegenwartssprachlich orientierte Fachsprachenforschung nach einer historischen Perspektive, die ein schärferes Licht auf die Genese der zur Zeit im Mittelpunkt stehenden Fragen zur Stilistik der

257 Siehe W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 57-79. Man vergleiche auch G. KEIL, „ein teutsch puech machen", S. Vlllf. mit Anm. 24. M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 72, schätzt den Anteil medizinischer Texte am Gesamtbestand des deutschsprachigen Schrifttums vor 1500 auf 10%. 258 Einen kurzen Abriss der historischen Fachsprachenforschung mit gelegentlichen Hinweisen auf medizinische Texte und Wortschätze geben H.-R. FLUCK, Fachsprachen, S. 27-31; W. V. H A H N , Fachkommunikation, S. 12-60. Ein Überblick über die germanistische Wortforschung auf dem Gebiet der mittelalterlichen Fachliteratur der Artes bis 1971 findet sich bei B. D. H A A G E , Germanistische Wortforschung. 259 The language of medicine. 260 Deutsche Fachtexte, S. 390-408. 261 H. S T E G E R , Sprachgeschichte als Geschichte der Textsorten, S. 297.

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Fach- und Wissenschaftssprachen oder zum Problem der Verständlichkeit wirft.2«2 Die auf das Früh- und Hochmittelalter ausgerichtete medizinische Fachsprachenforschung ist von einer text- und pragmalinguistischen Ausrichtung jedoch noch weit entfernt. Wie in den übrigen Bereichen der Fachsprachenforschung auch, sind die Anfänge der sprachwissenschaftlichen Beschäftigung mit der Geschichte der deutschen medizinischen Fachsprache vor allem von der Untersuchung der vermeintlichen oder tatsächlichen fachspezifischen Lexik geprägt. Die wissenschaftliche Betrachtung des medizinischen Fachwortschatzes des Deutschen beginnt vermutlich 1884 mit Joseph Hyrtls Arbeit über „Die alten deutschen Kunstworte der Anatomie". Als reine Belegsammlung älterer, dass heißt frühneuzeitlicher anatomischer Fachbegtiffe in alphabetischer Ordnung scheint sie von der Sprachwissenschaft kaum zur Kenntnis genommen worden zu sein. Einen ersten Höhepunkt markiert jedoch 1898 Max Höflers „Deutsches Krankheitsnamen-Buch". Bezeichnungen für Krankheiten, in Auswahl aber auch Körperteilbezeichnungen und Bezeichnungen aus dem Bereich Heilung und Gesundheit werden hier aus Quellen und älteren Wörterbüchern gesammelt und in einem alphabetischen Wörterbuch notiert. Trotz einiger Schwächen in linguistischer Hinsicht, die vor allem darauf beruhen, dass Höfler - wie übrigens auch Hyrtl — Mediziner und kein Sprachwissenschafder war, gehört sein Wörterbuch doch zu den beeindruckendsten Leistungen der deutschen Lexikographie des 19. Jahrhunderts. Ein solches Wörterbuch kann aber bestenfalls ein Nachschlagewerk sein, das einen Eindruck vom Umfang des medizinischen Wortschatzes eröffnet und punktuell Aufschluss über einzelne Verwendungsweisen und die Herkunft der Lexeme zu geben mag. Von den strukturellen Zusammenhängen innerhalb des Teilwortschatzes Medizin kann es als rein semasiologisch angelegtes alphabetisches Wörterbuch keine Auskunft geben. Durch die Vielzahl von seither neu aufgefundenen und teilweise auch edierten und kommentierten Texten reicht Höflers Krankheitsnamen-Buch selbst für den ursprünglich angestrebten Zweck heute nicht mehr aus.263 Eine Neubearbeitung des „Höflers" steht seit langem aus. Wünschenswert wäre allerdings keine bloße Aktualisierung der bestehenden Wortartikel, sondern eine nach Sprachstadien, Textsorten und medizingeschichtlichen Epochen gegliederte Neukonzeption. Unter den bisher erschienenen Arbeiten könnten besonders Annette Niederhellmanns Studie zu „Arzt und Heilkunde in den frühmittelalterlichen leges", Primus Lessiaks Abhandlung über „Gicht" und verwandte Krankheitsbezeichnungen sowie Karl-Heinz Weimanns Studien zum Paracelsus-Wortschatz einem „neuen

262 Siehe H. KALVERKÄMPER, Diachronie in der Fachsprachenforschung. Man vergleiche auch M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 81. 263 Man vergleiche G. KEIL, Lexer und die medizinische Fachsprache, S. 156 mit Anm. 85.

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Möglichkeiten der Erschließung

Höfler" zu Gute kommen.264 Darüber hinaus wäre eine Vielzahl von Glossaren zu nennen, die in den letzten Jahren zumeist von Gundolf Keil und seinen Schülerinnen und Schülern ihren neuen Ausgaben mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Fachtexte beigegeben wurden. Diese Glossare gipfeln in dem monumentalen A N T O N TRUTMANN-Wörterbuch, das Jörg Mildenberger auf mehr als tausend Druckseiten ausgebreitet hat. Zum Wortschatz H I L D E G A R D S V O N B I N G E N haben Reiner Hildebrandt und Dirk Schreiber wichtige Untersuchungen vorbereitet, die ebenfalls der Erforschung des medizinischen Wortschatzes zu Gute kommen.265 Fast unberücksichtigt blieb bisher jedoch die Erfassung der älteren, der althochdeutschen Lexik.266 Auch in C.D. Bucks onomasiologischem Wörterbuch ausgewählter „Synonyme" der indoeuropäischen Sprachen sind nur die vergleichsweise wenigen häufiger bezeugten Lexeme des Althochdeutschen enthalten.267 Etwas größeres Interesse haben in der Sprachwissenschaft allenfalls die in den frühmittelalterlichen Sachglossaren erfassten Bezeichnungen fiir menschliche Körperteile gefunden.268 Jedoch ist es auch hier zu weiterführenden Aussagen, die über den jeweils behandelten Einzeltext hinausfuhren, noch nicht gekommen. Demgegenüber ist die lexikologische Erforschung anderer altgermanischer Einzelsprachen, insbesondere des Altenglischen, bereits einen großen Schritt voraus.269 Es sind ansonsten noch einige wenige kleinere Wortschatzstudien zu nennen, die einzelnen medizinisch relevanten onomasiologischen Feldern gewidmet sind. Sie alle bieten wertvolle Einsichten, haben ihren großen Wert als lexikographische und lexikologische Untersuchungen, einen unmittelbaren Beitrag zur Fachsprache der Medizin - zumal sie noch weitgehend ohne Zusammenhang mit funktionalen Fragen konzipiert sind — leisten sie aber nicht.270 Am weitesten gehen noch immer

264 Die deutsche medizinische Fachsprache des Paracelsus; Paracelsus und der deutsche Wortschatz. Siehe auch ders., Paracelsus-Lexikographie in vier Jahrhunderten. 265 R. HILDEBRANDT, Hildegard-Wörterbuch; D. SCHREIBER, Untersuchungen zum Wortschatz. 266 Eine erste Annäherung von medizinhistorischer Seite versuchte 1987 H. REIER, Leben. Durch die Vermischung von althochdeutschen und übersetzten lateinischen Belegen, die Vermischung von semasiologischen und onomasiologischen Analysen sowie durch zahlreiche Fehldeutungen althochdeutscher Bezeichnungen ist der sprachwissenschaftlich Wert jedoch leider nur gering. 267 C. D. BUCK, A Dictionary, S. 196-325: Parts of the Body; Bodily Functions and Conditions. 268 Zuletzt J. SPLETT, Fachsprachliche Phänomene im Abrogans. 269 Siehe zuletzt H. SAUER, Angelsächsische Glossen und Glossare und ihr Fachwortschatz. Man vergleiche auch P. THOMPSON, The treatment of medical and botanical vocabulary; F. THÖNE, Die namen der menschlichen körperteile bei den Angelsachsen sowie für das Altsächsische J. RLECKE, Anatomisches und Medizinisches in den altsächsischen Glossen. — Auch hier gilt die Einschätzung des Indogermanisten M. MAYRHOFER, der 1991 im Hinblick auf das Althochdeutsche von „der auffallend wenig sprachwissenschaftlich behandelten Stufe des Hochdeutschen" gesprochen hat, siehe Die neuen etymologischen Wörterbücher, S. 30. 270 Man vergleiche etwa G. RICHTER, Bezeichnungen für den Heilkundigen; G. KOLLER, „Nu müez iuch got bewarn, fruot unde geil gesparn!" und ders., Historische Verschiebungen im Wortfeld 'krank'.

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Gundolf Keils im Rahmen der Fachprosa-Forschung angestellten Beobachtungen zu einer mittelalterlichen „Rezeptfachsprache" mit pharmazeutisch-medizinischen Fachausdrücken, die allerdings auch Elemente der Färberei, Seifensiederei sowie chemische und physikalische Vorgänge mit umfassen.271 Vor allem die Geschichte der PARACELSUS-Forschung, die im Bereich der Medizin in lexikologischer Hinsicht fur das Deutsche insgesamt am weitesten vorangeschritten sein dürfte, gibt ein gutes Beispiel für die Bedeutung, die auch den ältesten Sprachstufen bei der Beurteilung von lexikalischen Entwicklungen zukommen kann. So hatte sich Karl-Heinz Weimann besonders der Frage gewidmet, welchen Anteil die fachsprachlichen Neubildungen im Wortschatz des als sprachlich und fachlich innovativ geltenden P A R A C E L S U S einnehmen. Weimann war in seiner Studie von einer „unübersehbar" hohen Zahl von Neubildungen ausgegangen,272 musste dann aber mit ansehen, dass praktisch mit jeder neuen Edition oder Einzelstudie für die Zeit vor P A R A C E L S U S das eine oder andere Lexem ans Licht kam, dessen Neubildung er zunächst noch P A R A C E L S U S selbst zugeschrieben hatte.273 Eine auf die Anfänge der lexikalischen Entwicklung ausgerichtete Wortschatzuntersuchung kann solche Irrtümer in der Zukunft vermeiden helfen. Welche Möglichkeiten in diesem Zusammenhang für eine Beschreibung von Wörtern und Wortbedeutungen im Althochdeutschen bestehen, soll im folgenden Abschnitt geprüft werden. Nur wenige Arbeiten gehen bisher über den für die ältere Fachsprachenforschung insgesamt typischen Rahmen lexikalischer Einzelstudien hinaus. Bernhard D. Haage geht davon aus, dass „kennzeichnend ausschließlich die jeweilige Fachterminologie .Fachsprache' konstituiert".274 Diese Aussage ist aber wohl zumindest dahingehend einzuschränken, dass sie nur für bereits voll ausgebildete Fachsprachen Gültigkeit besitzt. Im Frühmittelalter dagegen, wenn sich der volkssprachige Fachwortschatz erst langsam ausbildet, sind es vor allem fachspezifische Textmuster und textkonstituierende Mittel, die einen Text als Fachtext kennzeichnen. Die text-, autor- und textsortenbezogene Erforschung beispielsweise der Syntax der älteren medizinischen Fachtexte steckt jedoch noch in ihren Anfängen.275 Allerdings zeigen sich hier erste Ansätze zu einer textsortenbezogenen

271

G. KEIL, Die 'Chiiurgia'. Siehe auch B. D. HAAGE, ZU deutschen Seifenrezepten.

272

Die deutsche medizinische Fachsprache des Paracelsus, S. 166.

273

M a n vergleiche G. EIS, V o r und nach Paracelsus, S. 18-50. Siehe auch H. BUNTZ, D e r Wort-

274

Wissenstradierende u n d gesellschaftliche Konstituenten, S. 242, sowie Anwendungsmöglich-

schatz der Alchemisten; B . D . HAAGE, Germanistische Wortforschung, S. 130. keiten, S. 272. Die überragende Bedeutung der Fachterminologie für die historische Fachsprachenforschung belegen auch die einschlägigen Artikel des H a n d b u c h s „Fachsprachen", wie etwa aus d e m medizinisch naturkundlichen Bereich zu „Paracelsus u n d der Fachwortschatz der Artes mechanicae" v o n K. WEIMANN u n d zur „Botanik u n d Fachsprache in den Kräuterbüchern" von P. SEIDENSTICKER. Siehe auch M. HERBERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 71. 275

Siehe G. v. BOEHM-BEZING, Stil und Syntax bei Paracelsus; Β. D. HAAGE, Z u m hypothetischen Rezepteingang; J . RLECKE, Syntax u n d Semantik. Hier wären auch Arbeiten anzuschließen, die

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Möglichkeiten der Erschließung

Untersuchung ihrer kommunikativen Funktionen.276 Diese Ansätze stehen bisher aber meist noch unverbunden nebeneinander. Breiter angelegte Versuche der Zusammenfügung von lexikalischen und kommunikativen Aspekten haben, soweit ich sehe, abgesehen von Mechthild Habermann bisher nur Michael Kuhn am Beispiel der Sprache des P A R A C E L S U S 2 7 7 und Dirk Matejovski im Rahmen seiner Darstellung des „Motivs des Wahnsinns"278 vorgenommen. Sowohl der Wortschatz des P A R A C E L S U S , als auch der mittelalterliche Wortschatz für psychische Störungen markieren aber beide gleichermaßen nur Randbereiche der Sprache der Medizin. Die frühmittelalterlichen Verhältnisse, und damit die Bedingungen der Genese von Fachsprachen im Deutschen, sind in textlinguistischer Hinsicht bisher unberücksichtigt geblieben. Für ihre Erhellung sind vor allem zwei Fragenkomplexe wichtig: 1. Wie lässt sich die Ebene der Texte in einem „textarmen" Stadium der Sprachentwicklung angemessen berücksichtigen? 2. Unter welchen Voraussetzungen sind die frühen „Texte medizinischen Inhalts" als Fachtexte einer Fachsprache zu beschreiben? Den Möglichkeiten und Grenzen, die für eine kommunikativ-pragmatische Einbettung der Untersuchung auch des ältesten medizinischen Wortschatzes des Deutschen bestehen, soll in den folgenden Abschnitten weiter nachgegangen werden. Zugleich soll aber auch gezeigt werden, dass mit der kommunikativpragmatischen Einbettung in kulturgeschichtlicher Perspektive nur ein — wenngleich wesentlicher — Aspekt der lexikalischen Forschung erfasst wird.

sich mit Sprachstrukturen in Fachtexten allgemein befassen; so etwa B. ElCHLER, Fachlich konnotierte Sprachstrukturen. Man vergleiche hier auch das Forschungsvorhaben ST. STRICKERS, Medizinische Literatur im Mittelalter. 276 D. G o l t z , Krankheit und Sprache, hier S. 242-247; W. HlRTH, Popularisierungstendenzen; O. RIHA, Handlungswissen oder Bildungswissen?; siehe auch J. RlECKE, Syntax und Semantik, S. 31f. 277 M. KUHN, De nomine et vocabulo. Man vergleiche auch K.-H. WEIMANN, Die deutsche medizinische Fachsprache des Paracelsus; D. GOLTZ, Die Paracelsisten und die Sprache. 278 D. MATEJOVSKI, Das Motiv des Wahnsinns in der mittelalterlichen Dichtung.

Corpusbildung

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2. Die Corpusbildung Zur Klärung der in Kapitel I aufgeworfenen Fragen werden Wörter und Texte aus der Zeit vom 8. bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert gesammelt und ausgewertet. Für die Auswertung werden vier Teilcorpora erstellt. Corpus 1 enthält den gesamten heilkundlichen Wortschatz des Althochdeutschen. Das Corpus ist sprachstufenbezogen, aber noch nicht textsortenbezogen. Während nämlich für die Erforschung der Anfänge der mittelalterlichen Fachtextsorten nur die Fachtexte selbst von Bedeutung sind, greift eine Analyse des heilkundlichen Wortschatzes des Althochdeutschen über die Grenzen von Textsorten hinaus. Der Bereich „Sprache und Medizin" kann für das Althochdeutsche durch die Bearbeitung der medizinischen Texte und Textzusammenhänge allein nur unvollkommen aufgehellt werden. Zwar können diese Texte durchaus schon von der herausgehobenen Bedeutung des medizinischen ssens auch im europäischen Frühmittelalter zeugen, auf Grund ihrer vergleichsweise geringen Zahl ist ihre Aussagekraft für fachsprachliche Untersuchungen jedoch begrenzt. Es zeigt sich dagegen rasch, dass gerade außerhalb der eigentlichen Texte medizinischen Inhalts auf der Ebene des Wortschatzes zahlreiche Funde gemacht werden können. In weitaus größerer Zahl als in den Texten medizinischen Inhalts begegnet heilkundlicher Wortschatz als Einzelüberlieferung außerhalb der medizinischen Kontexte. Er kommt in den ältesten volkssprachigen literarischen Texten ebenso wie in der umfangreichen volkssprachigen Glossierung lateinischer Handschriften zum Vorschein, die auch in nicht-medizinischer Umgebung eine Vielzahl von Bezeichnungen aus dem Umkreis von Körper, Krankheit und Heilung bewahren. Eine Beschränkung auf den Wortschatz der frühen Texte medizinischen Inhalts würde die tatsächliche Vielfalt der Bezeichnungen nicht erfassen. Eine Ubersicht über die verschrifteten Bezeichnungen aus dem Bereich der Medizin lässt sich folglich nur durch die Auswertung aller verfügbaren Texte und Glossare gewinnen, auch wenn diese Denkmäler selbst keine textuellen Beziehungen zur Medizin eingehen. Der Erfassung des fachspezifischen heilkundlichen Wortschatzes geht daher eine Überprüfung des gesamten althochdeutschen Wortbestandes voraus. Der Wortschatz dieses Corpus ist aus den Texten selbst geschöpft; Angaben der Wörterbücher wurden zur Kontrolle beigezogen. Das Corpus ist die Grundlage des „Althochdeutschen Heilkundlichen Wörterbuches", das — um Angaben zur Herkunft der einzelnen Lexeme erweitert - der Untersuchung als Teil 2 vollständig beigegeben ist. Seine Auswertung erfolgt in Kapitel V. Die Epochengrenze zwischen althochdeutscher und frühmittelhochdeutscher Schriftlichkeit ist allerdings fließend. Den Kembestand der dem Corpus 1 zu Grunde liegenden Texte bilden die in den neueren althochdeutschen Wörter-

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Möglichkeiten der Erschließung

büchern erfassten Denkmäler.279 Hinzu treten einige Zaubersprüche, Rezepte und „Einsprengsel"280, die wegen ihrer späten Überlieferung oder einer lateinischsprachigen Umgebung dort bisher nicht berücksichtigt wurden. Dagegen ist die Berücksichtigung einiger jüngerer Glossenhandschriften, die Elias von Steinmeyer281 wegen ihres altertümlichen Sprachstandes in seine Sammlung der althochdeutschen Glossen aufgenommen hat, durchaus nicht unproblematisch. Zuletzt hat Kurt Gärtner auf die forschungsgeschichtliche Paradoxie hingewiesen, dass Glossen und Glossare für das Althochdeutsche und ebenfalls für das Frühneuhochdeutsche als wichtige Quelle gelten, in der mittelhochdeutschen Lexikologie aber so gut wie gar keine Rolle spielen.282 Zu Recht bemängelt er, dass die vor 1200 entstandenen Glossen und Glossare oft ohne Rücksicht auf ihre Entstehungs- und Überlieferungszeit ungeprüft zum Althochdeutschen gerechnet werden. Auch eine Handschrift beispielsweise des 15. Jahrhunderts, die ein im 12. Jahrhundert entstandenes Glossar überliefert, gilt gemeinhin als althochdeutsche Glossenhandschrift. Besonders problematisch wird dieses Verfahren bei einigen der großen späten Glossare, deren Entstehungs- und Überlieferungszeit wie beim SUMMARIUM HEINRICI, b e i m

G l o s s a r d e r HILDEGARD VON BINGEN,

den

VERSUS DE VOLUCRIBUS u n d d e n GLOSSAE SALOMONIS e h e r z u m M i t t e l h o c h -

deutschen gehört.283 Der Wortschatz dieser Texte wird in Übereinstimmung mit der gesamten forschungsgeschichtlichen Tradition auch in dieser Untersuchung dem (Spät-)Althochdeutschen zugerechnet.284 Allerdings werden solche Lexeme, die zuerst und ausschließlich in den genannten oder einer vergleichbaren späten Handschrift erscheinen, durch einen Asterisk (Typ goldfinget*) gesondert gekennzeichnet. Auf diese Weise bietet das Wörterbuch bereits eine interne zeitliche Strukturierung der Daten. Es bleibt weiterer paläographischer und überlieferungsgeschichtlicher Einzelforschung überlassen, die Zuordnung der betreffenden Handschriften erneut zu überprüfen. Zumindest aus medizingeschichtlicher Perspektive ist darüber hinaus eine großzügige Auslegung des Sprachstadiums „Althochdeutsch" wünschenswert, denn es handelt sich von wenigen Ausnahmen abgesehen bei der späten Glossenüberlieferung noch immer um vorsalernitanische Handschriften, die mit der Überlieferung des 8.-11. Jahrhunderts inhaltlich eine Einheit bilden.

279 R. SCHÜTZEICHEL, Althochdeutsches Wörterbuch; T. Starck - J . C . WELLS, Althochdeutsches Glossenwörterbuch. 280 Siehe dazu E. SEEBOLD, Chronologisches Wörterbuch, S. 62-69. 281 E. STEINMEYER - E. SIEVERS, Althochdeutsche Glossen. 282 Althochdeutsch oder Mittelhochdeutsch?, S. 109f. 283 Siehe ebd. S. 111-113. 284 Man vergleiche dazu auch R. BERGMANN, Chronologische Aspekte, S. 19.

Corpusbildung

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Corpus 2 enthält dann alle Texte medizinischen Inhalts, die aus althochdeutscher Zeit überliefert sind.285 Der heilkundliche Wortschatz dieser Texte ist in Corpus 1 enthalten, Corpus 2 bietet die Grundlage für Überlegungen zur Überlieferung, Textstruktur und Textfunktion. Wegen des geringen Umfangs der Texte können sie vollständig dargeboten werden. Ihr Abdruck erfolgt im Verlauf der Untersuchung in Kapitel IV. Die für das Althochdeutsche gewährleistete Vollständigkeit ermöglicht die Arbeit mit einem im philologisch-quellenkritischen Sinne repräsentativen Corpus.286 Vollständigkeit ist jedoch wegen der in jüngerer Zeit beinahe unübersehbar werdenden Menge an Texten - und damit auch an Texten medizinischen Inhalts - für die mittelhochdeutsche Zeit kaum und für die frühneuhochdeutsche Zeit überhaupt nicht mehr zu erreichen. Ohnehin ist das Vollständigkeitspathos nach einem Diktum von Ulrich Wyss „jene philologische Kardinaltugend, die am nächsten an den Wahnsinn grenzt ...". 287 Den repräsentativen Teilcorpora 1 und 2 treten folglich zwei kleinere exemplarische Teilcorpora gegenüber, in denen heilkundlicher Wortschatz und medizinische Texte gespeichert sind. Sie treten erst in Kapitel VI in Erscheinung, wenn das Fortleben der althochdeutschen Wörter und Textsorten und ihr Anteil an der weiteren Entwicklung der „Sprache der Medizin" betrachtet werden. Corpus 3 ist die Grundlage für eine Skizze der textuellen Entwicklung bis etwa um a. 1600, Corpus 4 bildet die Grundlage einer Beschreibung der Entwicklung des heilkundlichen Wortschatzes in ausgewählten Feldern. Corpus 3 enthält medizinische Texte aus mittelhochdeutscher und frühneuhochdeutscher Zeit. Aufgenommen wurde hier eine repräsentative Auswahl der hoch- und spätmittelalterlichen volkssprachigen Arzneibücher, die heilkundlichen Abschnitte im „Buch der Natur" KONRADs VON MEGENBERG und im VOCABULARIUS OPTIMUS, die „Ordnung der Gesundheit" für Rudolf von Hohenberg und die Wundarznei des HANS VON GERSDORFF. Als Beispiele für die fachwissenschafitliche Spezialliteratur des 16. Jahrhunderts erscheinen die deutsche Übersetzung der Anatomie des ANDREAS VESALIUS und der „ A u g e n d i e n s t " des GEORG BARTISCH. In medizingeschichtlicher Hinsicht werden damit Texte der vorsalernitanischen althochdeutschen Zeit - Corpus 2 — von hoch- und spätsalernitanischen Texten - Corpus 3 - getrennt. Corpus 4 enthält den heilkundlichen Wortschatz dieser Texte. Es ist nicht mehr, wie das althochdeutsche Corpus 1, auf die Gesamtheit aller überlieferten Texte bezogen. Es wird also nur noch derjenige Wortschatz untersucht, der in medizinische Texte eingegangen ist, denn es darf davon ausgegangen werden, dass sich der hoch- und spätmittelalterliche Fachwortschatz - im Gegensatz zur 285 Für die Glossenhandschriften gelten hinsichtlich der Zuweisung zum Althochdeutschen die oben formulierten Einschränkungen. 286 W. HOFFMANN, Probleme der Corpusbildung, S. 880. 287 Die wilde Philologie, S. 176.

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Möglichkeiten der Erschließung

Situation im Frühmittelalter - zuerst und am deutlichsten in Texten medizinischen Inhalts herausbildet. Eingang in die Auswertung findet dann der Wortschatz einiger weniger ausgewählter Sachbereiche. Wie bei allen historischen Corpora ist die Datenmenge begrenzt, unabhängig davon, ob das Corpus exemplarisch oder im philologisch-quellenkritischen Sinne repräsentativ ist. Es liegen also in gewisser Weise stets nur Fragmente von Kommunikationsakten vor. Allerdings ist die Überlieferung nicht so zufällig, wie sie von Vertretern der Fachsprachenforschung gelegentlich dargestellt wird.288 Die Oberlieferung eines einzelnen Textes kann „zufällig" sein, nicht aber die kompletten Überlieferungsverhältnisse innerhalb eines Sach- oder Fachgebietes. Solange nicht die Kenntnis einer planmäßigen Vernichtung einzelner Texte dagegen spricht, reichen die Kriterien „Anzahl der überlieferten Handschriften bzw. Drucke eines Denkmals" und „Anzahl der überlieferten verschiedenen Einzeltexte innerhalb einer Textsorte" aus, »im zumindest ein exemplarisches Corpus zu erstellen.

3. Prinzipien historischer Wortforschung Die Beschreibung des heilkundlichen Wortschatzes des Althochdeutschen erfolgt in drei Schritten. Sie umfasst die lexikographische Erschließung, die textuelle Einbettung und die lexikalische Auswertung. Die für diese Untersuchung maßgeblichen theoretischen und methodischen Grundannahmen sollen im folgenden vorgeführt werden.

3.1 Die lexikographische Ebene Das grundlegende methodische Verfahren zur Zusammenstellung von Corpus 1: „Heilkundlicher Wortschatz des Althochdeutschen" ist onomasiologischer art. Der Corpusbildung geht also eine bedeutungsbezogene interpretierende Exzerption voraus.289 Diese Form der Exzerption setzt voraus, dass zu Beginn der Untersuchung ein gesichertes Verständnis der einzelnen Wortbedeutungen gewährleistet sein muss. Die „Bedeutungsermittlung" oder „Bedeutungsfesdegung" ist daher zunächst ein Bestandteil der lexikographischen Praxis. Zu dieser Praxis gehört die Erschließung von Verwendungsweisen einzelner Wörter im Kontext der überlieferten Textstelle. Diese Verwendungsweise wird im folgenden als „aktuelle Bedeutung" bezeichnet. „Unter aktueller Bedeutung ist diejenige Bedeutung zu verstehen, die das Wort an eben jener einzelnen Quellenstelle hat, deren Befind288

W . V. H A H N , F a c h k o m m u n i k a t i o n , S. 13f.

289 Zu den Grundlagen einer lexikographischen Theorie siehe Η. E. WIEG AND, Historische Lexikographie, hier S. 697.

Prinzipien historischer Wortforschung

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lichkeit das Wörterbuch im Idealfall transparent macht. Es handelt sich um den jeweiligen vorfindlichen Gebrauch in der ,Rede', das heißt in den Sprachquellen, welche die erstarrte Rede aus althochdeutscher Zeit überliefern."290 Da allerdings nur ein Teil des erfassten Wortschatzes in zusammenhängenden volkssprachigen Texten überliefert ist, ergeben sich bei der Bedeutungserschließung im Althochdeutschen besondere Probleme. Der exakte situative Gebrauch eines Wortes ist hier oft nur vage zu bestimmen. Dies gilt für die Verwendung in den sogenannten literarischen Texten, in besonderem Maße betrifft sie aber die Glossenüberlieferung. Daraus ist der Schluss gezogen worden, den Glossenwortschatz grundsätzlich von der Beschreibung des Althochdeutschen auszuschließen,291 doch lassen sich dagegen in quantitativer wie qualitativer Hinsicht gewichtige Einwände formulieren.292 Dies schon allein deshalb, weil etwa zwei Drittel des 32.000 Wörter umfassenden althochdeutschen Gesamtwortschatzes überhaupt nur durch Glossen bezeugt sind. Die Gesamtzahl ihrer Belege berechnet J. Splett auf rund 220.000.293 Fragt man zudem nach demjenigen Bestandteil des deutschen Wortschatzes, der sich vom Althochdeutschen über das Mittelhochdeutsche kontinuierlich bis in die neuhochdeutsche Zeit erhalten hat, so zeigt sich, dass die Glossen 66% der ermittelten 6000 althochdeutschen Erstbelege stellen, die literarischen Belege dagegen nur 28%. Weitere 6% erscheinen gleichzeitig zuerst in Glossen und literarischen Denkmälern.294 Auch die Übersetzungsleistung der Glossatoren wird heute in der Forschung sehr viel positiver beurteilt, als etwa zum Zeitpunkt des Erscheinens der „Deutschen Wortgeschichte".295 Von besonderer Bedeutung für die Erschließung der älteren deutschen Sach- und Fachwortschätze ist darüber hinaus die Tatsache, dass es ganz überwiegend die Glossenhandschriften sind, die uns den Zugang zu den einzelnen Sachgebieten überhaupt erst ermöglichen. Aus den literarischen Denkmälern allein erfahren wir hierzu in der Regel nur wenig. Die Möglichkeiten und Grenzen der Beschreibung althochdeutscher Wortbedeutungen haben R. Schützeichel, B. Meineke und E. Meineke umfassend dargestellt.296 Sie brauchen daher an dieser Stelle nicht mehr ausführlich referiert zu werden. Von entscheidender Wichtigkeit ist dabei zunächst der Status der aktu-

290 E. MEINEKE, Abstraktbildungen, S. 203. 291 Man vergleiche etwa J. WEISWEILER - W. BETZ, Deutsche Frühzeit, in: Deutsche Wortgeschichte, Bd. 1, S. 122f. Glossen werden hier recht pauschal als ad-hoc-Bildungen meist ohne größeren Aussagewert beschrieben. 292 Man vergleiche H. GÖTZ, Zur Bedeutung der althochdeutschen Glossen, bes. S. 318f. 293 Siehe J. SPLETT, Lexikologie und Lexikographie, S. 1197. 294 H. GÖTZ, Zur Bedeutung der althochdeutschen Glossen, S. 319. 295 Ebd., S. 320. Diese Beurteilung ist auch abhängig vom richtigen Verständnis der Funktion einer Glosse. Man vergleiche dazu besonders N. HENKEL, Die althochdeutschen Interlinearversionen. 296 Siehe R. SCHÜTZEICHEL, Kontext und Wortinhalt; ders., Textgebundenheit; B. MEINEKE, Zur Bedeutungsermitdung; sowie zuletzt E. MEINEKE, Abstraktbildungen, S. 201-204. Man vergleiche auch A. MLKELEITIS-WINTER, Der Bereich Nahrungszubereitung, S. 29-38.

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Möglichkeiten der Erschließung

eilen Bedeutungen. Die Erschließung einer einzelnen Verwendungsweise eines Wortes im Text fuhrt zur Bildung eines Übersetzungsäquivalentes. Es handelt sich um dasjenige neuhochdeutsche Wort, das an der Stelle der Übersetzung eines althochdeutschen Textes einzusetzen ist, an der das althochdeutsche Wort steht.297 Eine einzelne Verwendungsweise bzw. ihr Übersetzungsäquivalent fuhrt allerdings deshalb noch nicht mechanisch zur Angabe einer aktuellen Bedeutung, weil neuhochdeutsche Wörter polysem sein können. Dann sind weitere Bedeutungserläuterungen hinzuzufügen. „Diese Erläuterungen dürfen aber nicht zur Verquickung der Ebene der Bedeutung mit der der Bezeichnung fuhren." 298 Es dürfen also nicht sachliche Merkmale eines in der aktuellen Redesituation bezeichneten Gegenstandes zur Bedeutung des Wortes umgedeutet werden. „Alle hierarchisch höher liegenden sogenannten Bedeutungsangaben, die auf der Grundlage der tatsächlich belegten aktuellen Bedeutungen (.Sememe") in der Absicht vorgenommen werden, die lexikalische (,denotative") Bedeutung zu vergegenwärtigen (...) sind Rekonstrukte."299 Dies sollte aber nicht soweit führen, dass beispielsweise auf fachsprachliche Indizierungen im Wörterbuch gänzlich verzichtet werden. In den neuesten Auflagen des KFW. verschwinden solche Signale jedoch im Kleingedruckten, so KFW. 2,756 unter dum 'dürr, verdorrt, ausgetrocknet, vertrocknet' mit dem Hinweis „abgezehrt auch in Bezug auf Körperteile der Menschen und die Menschen selbst" für die Bezeichnung einer verdorrten Hand - oder sie sind allenfalls noch aus dem (lateinischen) Kontext einer Belegstelle herauszulesen, so etwa KFW. 2,715 unter ftr-düheti 'fest drücken, (gewaltsam) niederdrücken, -zwingen' als Bezeichnung für den Vorgang des Fiebersenkens. Von besonderer Bedeutung ist daher die Gestaltung der Bedeutungsbeschreibung. Da die Angabe von Übersetzungsäquivalenten nicht voll befriedigen kann, haben Herbert Ernst Wiegand und Oskar Reichmann wiederholt herausgestellt, dass für die meisten Wörterbuchtypen nur die phrastische Erläuterung als fachstilistisch geeignetes Mittel anzusehen ist.300 Der Erläuterungstyp der Paraphrase zwingt zur Ausformulierung des durch Interpretation von Texten Gewonnenen und damit zu seiner Begründung im Sinne einer „kommunikativen Regreßpflicht im Prozeß der Aufbereitung einer Tradition".301 Dem ist ohne Einschränkung zuzustimmen. Auf diesem Wege können in den meisten Fällen auch die Ebenen der Bedeutung und der Bezeichnung besser auseinander gehalten werden. Bei der Bedeutungsbeschreibung im „Althochdeutschen Heilkundlichen Wörterbuch" ist das Verfahren jedoch nicht durchführbar, gerade weil der Versuch einer „Aus-

297 298 299 300

Siehe E. MEINEKE, Abstraktbildungen, S. 204. Ebd. Ebd.; man vergleiche auch S. BLUM, Althochdeutsches Wörterbuch. Siehe etwa Η. E. WIEGAND, Synonyme, S. 227f. und O. REICHMANN, Neueste Autorenlexikographie, S. 219f. 301 O. REICHMANN, ebd. S. 221. hier bezogen auf Autorenlexikographie.

Prinzipien historischer Wortforschung

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Formulierung des durch Interpretation von Texten Gewonnenen" diesem spezifischen Gegenstand nicht gerecht wird. Der Kontext der Belege ist, nicht nur in den Glossen, insgesamt so vage, dass eine durchgehende und umfassende phrastische Bedeutungsbeschreibung mehr Spekulation als gesichertes Wissen vermitteln würde.302 Der Rückgriff auf Übersetzungsäquivalente, und damit auf synonymische Bedeutungsbeschreibungen, erläutert zwar vielfach nur, wie man heutzutage dasjenige bezeichnen kann, was man im Althochdeutschen mit dem betreffenden Lemmazeichen bezeichnete. Mehr scheint aber - gegebenenfalls unter Einschluss einer fachstilistischen Markierung - für eine auf die aktuellen Bedeutungen ausgerichtete Lexikographie des Frühmittelalters, zumindest fur die Mehrzahl der Gegenstände der frühmittelalterlichen volkssprachigen Sach- und Fachlexikographie, bei realistischer Sicht auch nicht möglich zu sein.303 Das Ergebnis der lexikographischen Praxis, also der bedeutungsbezogenen interpretativen Exzerption und der damit verbundenen Bedeutungsbeschreibung ist das „Althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch". Seine Funktion im Rahmen dieser Untersuchung und sein Aufbau sollen im folgenden beschrieben werden. Das Wörterbuch enthält wie Corpus 1 den heilkundlichen Wortschatz des Althochdeutschen vollständig, das heißt unabhängig von den im einzelnen geltenden Überlieferungsbedingungen. Es umfasst Körperteilbezeichnungen, Bezeichnungen für Krankheiten und Bezeichnungen aus dem Bereich Heilung und Gesundheit. Eine Auflistung der althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen vor dem Hintergrund ihrer Überlieferung rundet das Wörterbuch ab. Zwar haben Pflanzenbezeichnungen selbst keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklung einer medizinischen Fachsprache und sollen daher im Rahmen dieser Untersuchung nicht ausfuhrlich behandelt werden. Da sie im Mittelalter aber zu einem wichtigen lexikalischen Merkmal fast jeder medizinischen Textsorte werden, wird ihr Bestand zumindest gesichtet und vorgeführt. Eine vollständige Auswertung der Pflanzenbezeichnungen bedürfte einer gesonderten Studie, die dann eine Brücke zur Erforschung auch der frühneuzeitlichen Kräuterbücher darstellen könnte. Die Zusammenstellung der Lexeme erfolgt innerhalb dieser vier Sachbereiche in alphabetisch geordneten Wortartikeln. Mit Ausnahme der Pflanzenbezeichnungen werden die übrigen Lexeme ausführlich beschrieben. Diese Beschreibung beschränkt sich nicht auf die Lexeme selbst, sondern ist primär an der Ermittlung der einzelnen heilkundlichen Verwendungsweisen interessiert. Auf diese Weise kommt jeder einzelne Beleg in den Blick und findet, wenn eine heilkundliche Verwendungsweise gesichert oder zumindest wahrscheinlich gemacht werden

302 Zum Problem der für das Althochdeutsche besonders problematischen „Vagheit" von Sprachzeichen, die zugleich aber eine notwendige Bedingung der diachronen Kontinuität von Sprachzeichen ist, siehe D. WOLF, Zur Vagheit. 303 So scheint etwa auch der von J. SPLETT in seiner Einleitung zum „Althochdeutschen Wörterbuch" (SAW.) skizzierte handlungstheoretische Rahmen des Wörterbuchs ohne Auswirkungen auf die Form der Bedeutungsbeschreibung zu bleiben.

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Möglichkeiten der Erschließung

kann, Aufnahme in das Wörterbuch. Es werden deshalb nicht nur Einzelwörter, sondern gelegentlich auch Wortgruppen, also Lexeme mit mehreren Bestandteilen wie fallende suht 'Epilepsie' berücksichtigt. Eine ganze Reihe von Belegen, insbesondere des Glossenwortschatzes, deren heilkundliche Bedeutung bisher unbeachtet geblieben war, konnte auf diese Weise ermittelt werden. Dass die Darstellung damit gegenüber einer nur lexemorientierten Untersuchung sehr viel umfangreicher ausgefallen ist, musste demgegenüber als das kleinere Übel in Kauf genommen werden. Um neben der Bedeutungsermittlung schließlich auch die Voraussetzungen für eine Bestimmung der Wortbildung, der Herkunft und des Alters der althochdeutschen heilkundlichen Lexeme zu schaffen, werden die einzelnen Wortartikel durch etymologische Hinweise ergänzt. Diese Hinweise bieten zugleich auch die Grundlage fur die kulturgeschichtliche Auswertung des Wortschatzes. Auf dieses Wörterbuch wird im Verlauf der Darstellung jeweils Bezug genommen. Alle Nachweise für die im Textteil getroffenen Aussagen und Vermutungen lassen sich dem Wörterbuch entnehmen, auch ohne dass dies in jedem Einzelfall eigens vermerkt wird. Auf diese Weise wird der Textteil von Wiederholungen entlastet und kann auf die Ausarbeitung der wesentlichen Ergebnisse beschränkt bleiben. Detailergebnisse, die nur für die Etymologie und Wortgeschichte einzelner Lexeme von Bedeutung sind, werden im Textteil nicht erneut dargestellt. Auch wenn das althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch durch die sachlich motivierte Untergliederung in „Körperteilbezeichnungen", „Krankheitsbezeichnungen", „Bezeichnungen für Heilung und Gesundheit" sowie die Pflanzenbezeichnungen bereits Ansätze für eine erste Orientierung bietet, so kann die alphabetische Anordnung innerhalb dieser vier Bereiche unmittelbar nur wenig zur Aufhellung der Struktur dieser Teilwortschätze beitragen. Die Grenzen eines solchen Wörterbuchs lassen sich exemplarisch an Max Höflers „Deutschem Krankheitsnamen-Buch" ablesen. So verdienstvoll Höflers Sammlung seinerzeit auch war, so hat es doch die weitere lexikalische Forschung kaum beeinflussen können. Zu mehr als einem Nachschlagewerk für die Behandlung von Einzelfragen konnte es nicht dienen. Ähnlich dem „Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen"304 werden alphabetisch geordnete Wörterbücher zu Steinbrüchen, in denen die Früchte lexikographischer Gelehrsamkeit meist verborgen bleiben. Aus dieser Tatsache ergibt sich keine Absage an das alphabetische Prinzip, denn es ist für die gerade vor allem einzelfallbezogene Benutzung von Wörterbüchern unerlässlich. Es ergibt sich daraus vielmehr die Notwendigkeit der Kombination von alphabetischem Wörterverzeichnis und auf die Struktur des Wortschatzes und seine textuelle Einbettung abzielenden Einzeluntersuchungen.

304

H. MARZELL, Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen.

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Zum Abschluss dieses Abschnittes soll der Aufbau der Wortartikel an Beispielen verdeutlicht werden. Der Artikelkopf enthält im Regelfall das Lemma, seine grammatische Bestimmung, die Bedeutungsangabe, eine Übersicht über die Herkunft der Belegstellen und die lateinischen Interpretamente: fersna, fersana stswF. 'Ferse' (N.OT.T.; Gl.) - calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (MlatWb. 2,98), planta 'Fußsohle', tdlus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Lassen sich mehrere Lesarten voneinander abgrenzen, so werden sie in der Kopfzeile für alle Belege zusammengefasst und ohne weitere Differenzierung dargeboten. Die exakte Zuweisung einer Lesart zu einem bestimmten Beleg ist in der Regel, so wünschenswert dies wäre, nicht möglich. Mit der Ausfilterung der heilkundlichen Verwendungsweisen aus der Gesamtmenge des althochdeutschen Wortschatzes ist meist bereits das Maximum an Unterscheidbarkeit erzielt. Es kann daher dann nur festgehalten werden, dass für die jeweils aufgelisteten Belege mindestens eine der aufgeführten Lesarten gilt. Hinweise auf die Zuordnung von Beleg und aktueller Bedeutung gibt in vielen Fällen das mit seinen Bedeutungen aufgelistete lateinische Interpretament. Da hier aber nicht von einer 1:1-Entsprechung ausgegangen werden kann, soll durch eine feste Zuordnung von Einzelbeleg und einzelner aktueller Bedeutung keine Sicherheit simuliert werden, die in Wahrheit nicht existiert.305 In den eher seltenen Fällen, in denen auch innerhalb der heilkundlichen Verwendungsweisen Polysemie vorliegt, werden die Lesarten durch Ziffern voneinander abgetrennt. Polysemie wird immer dann angenommen, wenn sich die Lesarten problemlos verschiedenen onomasiologischen Feldern zuordnen lassen. Als Beispiel kann gelten: gelosuht, gelewesuht stF. 1. 'Gelbsucht', 2. 'Aussatz, Lepra* (Gl.) arcuätus 'gelbsüchtig, der Gelbsüchtige', aurügo 'Gelbsucht, Getreidebrand' (MlatWb. 1,1262), ictericus 'gelbsüchtig, die Gelbsüchtigen', morbus elephantinus {ψ elephantiasis 'Elephantiasis, eine Art Ausschlag, bei dem die Haut fleckig und hart wird wie Elefantenhaut"), morbus regius 'Rheuma'. Keine Polysemie im Sinne dieser Definition liegt dagegen vor in: drozza swF. 'Luftröhre, Gurgel, Kehle' (Gl.) - artilla 'Schlund, Kehle' (MlatWb. 1,1001), frumen 'Kehlkopf und Kehle, Schlund', glutta 'Kehle, Gurgel, Schlund', gurgulio 'Gurgel, Luftröhre', guttur 'Gurgel, Kehle'; tuba 'Röhre' (?).

305 Zur Berechtigung von summarisch aufgeführten aktuellen Bedeutungen im Wörterbuch siehe auch E. MEINEKE, Abstraktbildungen, S. 203.

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Möglichkeiten der Erschließung

Ist ein Wort erstmals in einer späten Handschrift bezeugt, deren Entstehungszeit bereits ins Mittelhochdeutsche weist, erfolgt die Kennzeichnung mit einem Asterisk (etwa in goldfinger*). Die lateinischen Interpretamente stammen zumeist aus der Glossenüberlieferung, lateinische Entsprechungen im Wortschatz der literarischen Denkmäler werden nur in eindeutigen Fällen berücksichtigt. Die Bedeutungsangaben beruhen auf dem „Lateinischen Handwörterbuch" von Heinrich und Karl Ernst Georges, nach Möglichkeit wurden sie mit den vorhandenen mittellateinischen Wörterbüchern überprüft und ergänzt. Sind innerlateinische Veränderungen für das Verständnis des Althochdeutschen wichtig, wird auf die Angaben der mittellateinischen Wörterbücher verwiesen. Es folgen die Belege in ihren Kontexten, gegliedert in literarische Belege und Glossenbelege, so im Falle von fersncr. Literarische Denkmäler: Tatian 553,24 ... ther mit mir isgit brät ther hefit uuidar mir sina fermun. Glossen zu biblischen Schriften: I, 298,51 Tali mei : minouersna, IV Rg 22,37, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. Jh., mfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 311,35 Uua cahibus uuin peri fersanom, Greg. hom. 1,15 p. 1490, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossare: III, 9,33 Calcanea : fersna, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 435,52 Cakanti: fersana, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299, Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. Glossen, deren Textzusammenhang bisher nicht ermittelt werden konnte, stehen in der Tradition Steinmeyers unter dem Stichwort „Adespota". Die Text- und Glossenüberlieferung wird in der Regel vollständig, das heißt mit allen Varianten geboten. Angaben zu den Glossenhandschriften erscheinen in Kurzform einschließlich Datierung und Lokalisierung. Ein vollständiges Verzeichnis aller zitierten Glossenhandschriften befindet sich am Ende des Wörterbuches. Die im Wörterbuch mehrfach zitierten lateinischen Texte werden in abgekürzter Form, etwa als IV Reg oder Greg, hom., zitiert. Die Abkürzungen werden im Abkürzungsverzeichnis aufgelöst. Die vollständigen bibliographischen Angaben aller lateinischen Quellen, die hier nicht mechanisch nachgedruckt werden sollen, sind über das Quellenverzeichnis des KFW., Bd. 1 und 4, leicht erschließbar. Im Anschluss an den Belegteil werden in eckigen Klammern Hinweise auf solche Belege gegeben, die entweder nicht dem hochdeutschen Sprachraum angehören oder gegebenenfalls andere als anatomisch-heilkundliche Verwendungsweisen bieten, z.B.:

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[Altsächsisch ist StSG. III, 722,30 Calx l calcanus : fersnr, vgl. J. Riecke, Anatomisches, S. 212.] oder, im Falle von droigcr. [In nicht anatomischer Bedeutung StSG. II, 455,34 Tubam : droqtn, Prud. perist. 1105, Instrument', sowie 'Ansatzrohr der Trompete'.] Es folgen Hinweise auf die Belegstellen in den relevanten althochdeutschen Wörterbüchern. Unter dem Stichwort „Herkunft" werden schließlich in komprimierter Form Angaben zur Wortbildung (bei Komposita und Ableitungen), germanische und außergermanische Vergleichsformen und etymologische Anschlüsse aufgelistet. Gegebenenfalls folgen Angaben zur Wort- und Sachgeschichte. Literaturangaben und ein Hinweis auf das Fortleben des Wortes im Mittelhochdeutschen runden die Artikel ab: Herkunft: mit as. fersna aus germ. *fersnö 'Ferse'. Daneben, mit anderer Stammbildung, ae. fiersn, jyrsn und got.fair^na. Die Bildungen sind lautlich und semantisch unklar, der Zusammenhang mit lat. perna 'Hüfte, Hinterkeule' (< *persna), heth. parsina ist wahrscheinlich. KS. 260, Pfeifer 337, DWB. 3,1543f., IEW. 1,823, H. Krähe - W. Meid, Germanische Sprachwissenschaft III, S. 106. - vgl. mhd. versen. Diese Angaben bilden die Grundlage der Auswertung des althochdeutschen heilkundlichen Wortbestandes.

3.2 Die textuelle Ebene Die Erschließung der aktuellen Bedeutungen, die in dieser Untersuchung als Bestandteil der praktischen lexikographischen Arbeit angesehen wird, erfolgt in engster Anbindung an die sprachlichen Kontexte der Belege. Die Ebene der Texte ist daher von vorn herein Bestandteil der Bedeutungserschließung. Über die unmittelbaren Kontexte einer Belegstelle hinaus sind es aber auch die Texte als Ganzes, genauer gesagt, die an eine „Texttradition" geknüpften Merkmale der Texte, die für die historische Wortforschung wichtig sind. Mit dem Begriff „Texttradition" soll dabei die geschichtliche Dimension einer synchron vorliegenden Textsorte hervorgehoben werden, denn es gibt bereits im Frühmittelalter ein in die Antike zurückreichendes, gesichertes Erfahrungswissen darüber, welche Art von Wissen — und damit auch, welche Wortschätze - in einer Textsorte entfaltet werden können. Ein Teil dieses Wissens ist daher die plausible Annahme, dass sich der charakteristische Wortschatz zum Beispiel eines Rossarzneibuchs vom typischen Wortschatz eines Kochbuchs, einer Zeitung oder eines Liebesbriefs

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Möglichkeiten der Erschließung

unterscheidet. Man kann also annehmen, dass unterschiedliche Textsorten ein jeweils charakteristisches lexikalisches Profil besitzen.306 Nach der Erfassung des Gesamtbestands der heilkundlichen Bezeichnungen richtet sich daher in einem zweiten Schritt die Aufmerksamkeit auf diejenigen Texte, in denen medizinische Inhalte ausgebreitet werden. Solche Inhalte lassen sich durch die Frequenz ermitteln, mit der heilkundlicher Wortschatz in Texten vertreten ist. Eine vergleichsweise hohe Frequenz findet sich im Althochdeutschen in Zaubersprüchen, Rezepten, Schultexten, Glossaren sowie in Glossen zu lateinischen medizinischen Texten und zu Rechtstexten. Die Rolle des textuellen Zusammenhangs und der textinternen Kontiguitätsbeziehungen ist bei der Ermittlung der Wortbedeutung bisher in der Lexikographie des Althochdeutschen allem Anschein nach nicht immer systematisch berücksichtigt worden. Zumindest für die Untersuchung des Glossenwortschatzes ergeben sich daraus erhebliche Unscharfen bei der Bedeutungsbeschreibung. Anhand von Beispielen aus Körperteilglossaren kann demonstriert werden, dass die für die Bedeutungsermittlung entscheidende Information oft erst aus der Zuordnung eines Textes zu einer Texttradition gezogen werden kann. Für ahd. brustlappo bietet das KFW. (1,1461) die Bedeutungsangaben 'herabhängende Hautfalte der Rinder, Wamme', "Brustbinde' und *Brusdatz'. Alle diese Bedeutungen liegen im Althochdeutschen tatsächlich vor. Betrachtet man nun aber die Belege als lexikalische Bestandteile einer Texttradition, so gibt zu denken, dass einer der Belege in zwei Glossaren erscheint, die menschliche Körperteilbezeichnungen auflisten: StSG. II, 431,7 Torax grecum nomen hoc est brüst lappa. Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass die Glossatoren an dieser Stelle brustlappa mit brustleffil ^Brustbein' verwechselt haben, so steht es im textuellen Zusammenhang doch außer Frage, dass als aktuelle Bedeutung für brustlappo in den Erfurter und Marburger Körperteilglossaren ebenfalls "Brustbein' angesetzt werden muss. Bezeichnenderweise wird diese Deutung auch durch den altsächsischen Schreiber der Glosse Cartulago : burstlappo gestützt. Ein etymologisierender, an as. lappo *Lappen' anschließender Bedeutungsansatz 'Brustbinde, Brusdatz' widerspricht demgegenüber der Erfahrung, dass in einem Körperteilglossar sonst ausschließlich Körperteilbezeichnungen gesammelt werden. Die Berücksichtigung der Texttradition „menschliches Körperteilglossar" macht beispielsweise ebenfalls deutlich, dass viele der mehrheitlich sonst für Nutztiere gebrauchten Bezeichnungen auch auf den Menschen übertragen werden konnten. Als Beispiel mag ahd. buog 'Schulter(stück), Schulterblatt' in einem Körperteilglossar neben der häufigeren Verwendungsweise 'Vorderkeule des Pferdes'

306

Man vergleiche T h . GLONING, Deutscher Wortschatz, Kapitel 2.2, S. 21. Die Ermittlung eines lexikalischen Profils kann verhindern, dass heutige Verhältnisse auf historische Gegebenheiten übertragen werden. Die von D . TOPHINKE, Handelstexte, S. 10, anhand kaufmännischer Rechnungsbücher des 14. und 15. Jahrhunderts vorgestellte Konzeption, die „die Soziogenese von Texttypen in den Vordergrund stellt", greift für die frühmittelalterlichen, bereits aus lateinischen Traditionen endehnten Textsorten dagegen allein noch nicht.

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genügen. Auch die Sicherung einer aktuellen Bedeutung 'Körperflüssigkeit' für ahd. fühtt und saf ist nur deshalb möglich, weil die Belege in einem Verzeichnis menschlicher Körperteilbezeichnungen enthalten sind.307 Schließlich befindet sich auch ahd. lähhi, das an mehreren Stellen in der Bedeutung 'Arzt' überliefert ist, einmal als Glosse zu lat. medicus in einem Körperteilglossar zwischen verschiedenen Fingerbezeichnungen. Es besteht daher kein Zweifel, dass es sich bei lähhi hier um eine Übersetzung von lat. digitus medicus 'Ringfinger' handeln muss. Der althochdeutschen Lexikographie sind diese Verwendungsweisen von lähhi sowie der übrigen genannten Lexeme bisher entgangen. Die Beispiele dürften daher deutlich gemacht haben, dass ohne eine Einbettung der Belege in den textuellen Zusammenhang, das heißt hier, in den Zusammenhang der Texttradition der Körperteilglossare, keine adäquate Erschließung der aktuellen Bedeutungen möglich ist. Mit der Zusammenstellung von Zaubersprüchen, Rezepten, Schultexten, Glossaren sowie Glossen zu lateinischen medizinischen Texten und zu Rechtstexten entfaltet sich ein Panorama von „Texten medizinischen Inhalts", die bisher noch kaum in die Beschreibung der Textsorten des Althochdeutschen eingegangen sind.308 Alexander Schwarz unterscheidet: 1. Schule (z.B. Glossen, Glossare, Notkers Werke) 2. Gottesdienst (kirchliche Gebrauchsprosa) 3. Lebenspraxis (Zaubersprüche, medizinische Glossen, Gespräche, Schreiberverse) 4. Erbauung (christliche Stab- und Endreimdichtung, z.B. Muspilli, Otfrid) 5. Antiquarisches Interesse (z.B. Hildebrandlied, Spottverse, Abecedarium Ν ordmannicum) 6. Verwaltung (Namen und Sachwörter in Urkunden, Markbeschreibungen, Priestereid) 7. Politik (Bruchstücke der Lex Salica, Straßburger Eide, Trierer Capitulare) 8. Traditionsbildung (Ludwigslied, De Heinrico, Vira Caroli Magni)

307 Die Definition dessen, was ein Körperteil ist, orientiert sich stets an dem weit gefassten Körperbegriff I S I D O R S V O N S E V I L L A . Körperflüssigkeiten und Körperfunktionen sind hierin eingeschlossen. 308 Eine erste Übersicht über Texte und Textsorten der literarischen Uberlieferung des Althochdeutschen bietet bei R. S C H Ü T Z E I C H E L , Aus der Werkstatt. Ein neuerer Versuch, der literarische Texte und die Glossenüberlieferung umspannt, findet sich bei A. S C H W A R Z , Die Textsorten. Eine Durchsicht der textsortenbezogenen Artikel im „Handbuch Sprachgeschichte" zeigt, woran die historisch begründete Textsortenforschung derzeit krankt: Eine Verbindung zwischen den für sich genommen wohl begründeten Klassifikationen des Althochdeutschen bei A. S C H W A R Z , des Mittelhochdeutschen bei H.J. K Ä S T N E R - B. S C H I R O K und des Frühneuhochdeutschen bei H.J. K Ä S T N E R - E. S C H Ü T Z - J. S C H W I T A L L A lässt sich noch kaum herstellen. Jedes Sprachstadium, insbesondere das Althochdeutsche, steht isoliert nebeneinander. Aber auch hier gilt, dass das Textsortenensemble des Althochdeutschen der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Textsorten im Deutschen insgesamt ist.

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A. Schwarz hat die Frühformen der fachsprachlichen Literatur außerhalb von Religion und Recht unter einem Stichwort „Lebenspraxis" zusammengefasst. Die dort genannten Texte sollen Orientierung und konkrete Hilfestellung im Alltagsleben bieten. Die Vertreter der Textsorte „Rezept" nennt er allerdings nicht. Die in dieser Gliederung mit guten Gründen zum Ausdruck kommende Konzentration auf die hinter den Textsorten stehenden „Sinnwelten" „Alltag", „Institutionen", „Technik", „Wissenschaft", „Literatur" und „Religion"309 sollte aber nicht dazu fuhren, dass die Frühgeschichte der Sach- und Fachtexte im Nebel einer wie auch immer verstandenen „alltäglichen Lebenspraxis" verschwimmt. H. J. Kästner und B. Schirock sprechen demgegenüber für das Mittelhochdeutsche immerhin, wenn auch sehr allgemein, bereits von einem „nicht-theologischem Gebrauchs- und Fachschrifttum".310 Die „Texte medizinischen Inhalts" in der Rubrik „Lebenspraxis" abzulegen, verkennt, dass sich die Medizin durch die Ausbildung spezifischer Textmuster bereits selbst aus dieser Rubrik herausgelöst hat. Es spricht daher einiges dafür, die Auflistung der „Textsorten des Althochdeutschen" um die Gruppe „Medizin" mit der Textklasse „Texte medizinischen Inhalts" zu erweitem. Offen ist jedoch noch die Frage, ob es sich bei den Vertretern dieser Textklasse noch allgemein um Sachtexte oder bereits um Fachtexte handelt, die eine eigene Texttradition bilden. Die Termini „Fachtext" und „Fachsprache" sind allerdings „bis heute nicht gültig definiert".311 Besonders häufig werden als Definitionsmerkmale die theoretische Durchdringung eines Gegenstandsbereichs,312 die Existenz einer exklusiven Kommunikationsgemeinschaft313 und das lexikalische Eindeutigkeitspostulat genannt.314 Auf der Ebene der Texte wäre dann davon auszugehen, dass eine Fachsprache zur Aufdeckung eines inneren Zusammenhangs des Untersuchungsgebietes führe und ihren Gegenstand als Begriff theoretisch erfasse. In Fachtexten vollziehen sich daher die ,.Anfänge einer Theoriebildung".315 Da diese Merkmale für die volkssprachigen Texte des Frühmittelalters im allgemeinen nicht erfüllt sind,316 zieht es W. Seibicke vor, für die althochdeutsche Zeit von Sach- und Tätigkeitsbereichen zu sprechen.317 Aller-

309 Siehe H. STEGER, Sprachgeschichte als Geschichte der Textsorten, S. 287. 310 Textsorten des Mittelhochdeutschen, S. 1377. 311 Dies hat sich seit der Feststellung H.-R. Flucks vom Jahre 1980, Fachsprachen, S. 11, die hier zitiert wird, nicht geändert. Man vergleiche auch TH. ROELCKE, Fachsprachen sowie L. GAUDINO FALLEGGER - O. WINKELMANN, Fachwissenszuwachs, S. 2529 u. 2530.

312 313 314 315 316 317

L. DROZD - W. SEIBICKE, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache, S. 3. Ebd. S. 9. Siehe dazu A. GARDT, Sprachtheoretische Grundlagen. L. DROZD - W. SEIBICKE, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache, S. 3. Man vergleiche für eine mögliche Ausnahme allerdings H. TIEFENBACH, Die Anfange. L. DROZD - W. SEIBICKE, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache, S. 10. Wegen der „Nähe zu mittelalterlichen Vertextungsweisen" könne man auch laut H. STEGER, Sprachgeschichte, S. 293, selbst im 13. Jahrhundert noch nicht von Fachsprachen sprechen. Es bleibt allerdings un-

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dings gelten die auf eine Theoiiesprache der Fächer abzielenden „Anfange einer Theoriebildung" nur für die denkbar „strengste Form der Fachsprache"318, die vor allem in Wissenschaft und Forschung benutzt wird. In einem Modell der vertikalen Schichtung der Fachsprachen sind aber neben bzw. unterhalb der „Theoriesprachen" noch mindestens zwei weitere Schichten zu unterscheiden, nämlich die „fachliche Umgangssprache" und die sogenannte „Verteilersprache".319 Die sich im Frühmittelalter herausbildende Textklasse „Texte medizinischen Inhalts" umfasst zunächst nur Elemente der „fachlichen Umgangssprache" und der „Verteilersprache". Die Rolle der „Theoriesprache" wird vom Lateinischen ausgefüllt320, die Volkssprache ist als Ganzes eine „Verteilersprache", die wissenschaftliche und fachliche Kenntnisse in das Begriffssystem der Volkssprache überfuhrt. Das Zusammenwirken von lateinischer Theoriesprache und der Volkssprache als Verteilersprache führt zu einer neuen fachlichen Alltagssprache. In Anlehnung an heute verwendete Bezeichnungen wie „wissenschaftliche Alltagssprache" oder „alltägliche Wissenschaftssprache"321 ist es ratsam, auch für die Phase der Genese und Ausbildung von Textsorten in der Volkssprache von einer „fachbezogenen Alltagssprache" oder „alltäglichen Fachsprache" zu sprechen. Dies gilt in besonderem Maße für die Medizin, da sie sich wie kein zweiter Bereich zwischen wissenschaftlicher Erfahrung und Alltagserfahrung hin und her bewegt. Mit den ersten Ansätzen einer „fachbezogenen Alltagssprache" sind auch die Anfänge einer Fachsprache gesetzt. Das Merkmal „Anfänge der Theoriebildung" gilt nur für die oberste Schicht des vertikalen Modells, nicht für die Fachsprachen insgesamt. In der Frühgeschichte der medizinischen Fachsprache des Deutschen wird dieser Bereich noch ausschließlich lateinisch besetzt. In der Volkssprache selbst gibt es noch keine fachsprachliche vertikale Schichtung.322 Auf der pragmatischen Ebene wird zur Kennzeichnung einer Fachsprache unter anderem angenommen, dass sie zur Fachkommunikation in „spezialisierten und relativ voneinander isolierten Arbeits- und Kommunikationsgemeinschaften" diene.323 Im Zuge der pragmatischen Öffnung der Fachsprachenforschung steht nun die kommunikative Dimension der Fachsprachen im Vordergrund. Fachsprache gilt als „die Variante der Gemeinsprache, die der Erkenntnis und begrifflichen Bestimmung fachspezifischer Gegenstände sowie der Verständigung über

318 319

320 321 322 323

klar, was genau damit gemeint ist und warum mittelalterliche Texte keinen fachsprachlichen Charakter tragen können. H.-R. FLUCK, Fachsprachen, S. 21. Man vergleiche dazu W. V. HAHN, Fachsprachen, S. 390f. Die späteren Modifikationen des Modells, siehe dazu etwa W. V. HAHN, Fachkommunikation, S. 77f., bieten in historischer Perspektive keine zusätzlichen Erkenntnisse. Siehe dazu auch R. TRABANT, Das Andere, S. 29. Man vergleiche K. EHUCH, Alltägliche Wissenschaftssprachen, sowie ders. „Wissenschaftsstile". Zur „vertikalen Schichtung" der modernen Fachsprachen siehe dagegen S. WLCHTER, Expertenund Laienwortschätze. L. DROZD - W. SEIBICKE, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache, S. 9.

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sie dient und damit den spezifisch kommunikativen Bedürfnissen im Fach allgemein Rechnung trägt324. Für die althochdeutsche Zeit wird vermutet, dass die verschiedenen Sach- und Tätigkeitsbereiche in der Regel noch weiten Teilen der Bevölkerung gleichermaßen zugänglich seien. Daher sei nicht geklärt, in wieweit der sach- und tätigkeitsbezogene Wortschatz „tatsächlich schon auf die exklusive fachliche Kommunikation innerhalb sozial deutlich abgegrenzter Gruppen beschränkt war".325 Es sei daher nicht gerechtfertigt, von Fachkommunikation und Fachwortschatz im heute verstandenen Sinne auszugehen.326 Folgerichtig nennt W. Seibicke die Gesamtheit sachbezogener Bezeichnungen eines Sach- und Tätigkeitsbereichs „Sachwortschatz".327 Alle Annahmen über die volkssprachigen Kommunikationsformen im frühen Mittelalter sind jedoch spekulativer Natur. Wir wissen nichts über den Allgemeinheitsgrad der volkssprachigen Bezeichnungen und nichts über die Existenz spezialisierter und exklusiver Kommunikationsgemeinschaften. Wenn ein nicht eben geringer Teil der volkssprachigen Lexeme und ihrer Verwendungsweisen aus dem Bereich der Medizin in Anlehnung und in Auseinandersetzung mit der lateinischen Schriftkultur entstanden ist, so wäre wohl eher sogar davon auszugehen, dass eine solche exklusive Kommunikationsgemeinschaft der Schreib- und Lesekundigen zumindest in einzelnen Sach- und Tätigkeitsbereichen durchaus bestanden hat. Eine sichere Grundlage lässt sich mit derartigen Überlegungen zur Kommunikationssituation für das Frühmittelalter nicht gewinnen. Allerdings scheint es geradezu ein Kennzeichen der Frühgeschichte von Fachsprachen zu sein, dass es noch keine strikte Trennving von Fachkommunikation als fachlicher Umgangssprache und spezialisierter Alltagskommunikation gibt. Beide Bereiche gehen in der Frühphase einer Fachsprache in der fachbezogenen Alltagssprache auf. Vielversprechender für das Verständnis der Genese von Fachsprachen sind daher Überlegungen H. Kalverkämpers, der die Betonung nicht auf eine Dualität von „Fachlichkeit" und „Laienschaft" legt, sondern eine gestaffelte Fachlichkeitsskala zwischen den Polen „extrem merkmalreich" und „extrem merkmalarm" voraussetzt.328 Auf der Ebene der Wörter ist es das „lexikalische Eindeutigkeitspostulat", das als herausragendes Kriterium für die Beurteilung von Fachtexten und Fachwortschätzen gilt. Das Eindeutigkeitspostulat bezeichnet zusammenfassend eine Reihe von Forderungen, die sich beschreiben lassen als der „Wunsch, fachsprachliche Äußerungen mögen sich auf einen jeweiligen Gegenstandsbereich der Wirklichkeit in einer Weise beziehen, die zeichenrelational präzise und daher aus der Sicht

324 325 326 327 328

D. MÖHN - R. PELKA, Fachsprachen, S. 26. L. DROZD - W. SEIBICKE, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache, S. 9. Ebd.; zustimmend auch CHR. UNGER, Vom Sach- zum Fachwortschatz, S. 4. L. DROZD - W. SEIBICKE, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache, S. 9. Siehe H. KALVERKAMPER, Gemeinsprache und Fachsprachen, S. 112.

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der Sprachbenutzer unmissverständlich ist". 329 Als Aufgabe der Fachsprachen gilt daher die möglichst eindeutige Informationsübertragung. Im Zentrum der lexikalischen Beschreibung steht der Terminus als Prototyp der fachsprachlichen Worteinheit. Tendenziell gilt er als „definierter Begriff, als Einheit, bei der „Bedeutung und Begriff' zusammenfallen. Im Widerspruch zum Eindeutigkeitspostulat stehen dagegen Merkmale wie „Willkür, fehlende Systematik und Einheitlichkeit sowie eine Vielzahl von Bezeichnungen für dieselben Objekte". 330 Aspekte wie Qualität und zeichenrelationale Eindeutigkeit können aber eigentlich nur dann herangezogen werden, wenn eine Fachsprache als Medium der wissenschaftlichen Aneignung der „objektiven Realität" eines außersprachlichen Gegenstandsbereichs betrachtet wird.331 Und wirklich gelten Fachsprachen in der Forschung explizit oder implizit „meist als Mittel der Kommunikation über einen Gegenstandsbereich der Wirklichkeit".332 Historische Fachsprachen geben jedoch ein Bild von der Tatsache, dass Sprache keine nur wirklichkeitsabbildende, sondern, durch die Beeinflussung der Begriffskonstitution der Sprecher, eine wirklichkeitskonstituierende Funktion besitzt.333 Im Mittelalter wird diese wirklichkeitskonstituierende Funktion durch das Nebeneinander einer lateinischsprachigen und einer volkssprachigen Begriffswelt noch zusätzlich gebrochen. Es ist oft gerade die begriffliche Unschärfe mittelalterlicher Fachsprachen, die den Gedanken nahe legt, dass auch der Gegenstand, den man begrifflich konstituiert und sprachlich bezeichnet, eben diese Dimension der Unschärfe besitzt. Die hier beobachtbare „Unschärfe" ist aber das Resultat des begrenzten menschlichen Erkenntnisvermögens, nicht ein Bestandteil der außersprachlichen Welt selbst. Eine „objektive", jenseits der Begriffsbildung und sprachlichen Bezeichnung gegebene Existenz der Gegenstände gibt es nicht.334 Ein Lexem wie ahd. 3andwurm 'Wurm, der Zahnschmerzen erzeugt', zöge sonst nämlich den Schluss nach sich, dass eine aktuelle Bedeutung "Wurm, der Zahnschmerzen erzeugt' die Wirklichkeit abbilde. Das Fehlen einer solchen Bedeutung im heutigen Deutsch wäre dann das Resultat einer Änderung in der außersprachlichen Welt. Diese Schlussfolgerung ließe sich aber nicht aufrecht erhalten. Statt dessen versucht man, die aktuelle Bedeutung des Lexems dem sprachrealistischen Konzept nachträglich anzupassen und setzt als Bedeutung 'Wurm, der Zahnschmerzen erzeugen soll' an (so etwa StWG. 753). Gibt man die naive Abbildsemantik jedoch zugunsten eines sprachtheoretischen Relativitätsdenkens auf, so entfällt in der historischen Perspektive das Eindeutig329

Man vergleiche A. GARDT, Sprachtheoretische Grundlagen, S. 35.

330

L. HUMS, Zur bildlichen Darstellungsweise, S. 225. Zur Definition und zur Exaktheit von Fach-

331

CHR. UNGER, V o m Sach- zum Fachwortschatz, S. 5.

332

Man vergleiche A. GARDT, Sprachtheoretische Grundlagen S. 51.

wortschätzen siehe auch TH. ROELCKE, Fachsprachen, S. 5 3 - 6 7 .

333

Ebd.

334

Zu den Positionen des sprachtheoretischen Relativitätsdenkens in der Fachsprachenforschung siehe ebd. S. 5 0 - 5 5 . Man vergleiche auch H. GlPPER, Zur Problematik der Fachsprachen, bes. S. 175-177.

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keitspostulat als Definition der Fachsprachlichkeit. Das Eindeutigkeitspostulat greift offensichtlich erst dann, wenn die historisch gewachsenen Fachsprachen im 19. und 20. Jahrhundert durch einen Prozess der Terminologisierung hindurchgehen und so eine neue Qualität gewinnen. Die sprachrealistische Position der Gegenstandsbindung wird dabei künstlich erzeugt, um die fur moderne Fachsprachen notwendige Eindeutigkeit erst herzustellen. Anders dürfte die Bewältigung des fachsprachlichen Alltags kaum zu leisten sein. Moderne Fachsprachen bewegen sich daher in einem künstlichen Raum, die Abbildsemantik entspricht nicht den außerhalb der Fachsprachen geltenden Gesetzmäßigkeiten, und sie gilt daher auch nicht für die vormodeme Frühgeschichte der Fachsprachen. Im Zuge der pragmatischen Öffnung der Fachsprachenforschung hat sich das Schwergewicht der Forschungsinteressen ohnehin mehr und mehr von den Fragen der zeichenrelationalen Eindeutigkeit und der Gegenstandsbindung der Fachsprachen entfernt. Betont wird nun stärker die Bedeutung der Verständigung zwischen handelnden Individuen, das Ideal ist „Zugänglichkeit" und "Fasslichkeit" der Fachsprache für die beteiligten Kommunikationspartner.335 In einer historischen Perspektive tritt darüber hinaus die Notwendigkeit hinzu, fachspezifische Schreib- und Denkstile, welche eine „Zugänglichkeit" und "Fasslichkeit" zum Ziel haben, überhaupt erst herauszuarbeiten. In diesem Zusammenhang kann die Fachsprachenforschung zusätzlich eine kognitive Dimension erhalten.336 Entscheidend ist in kommunikativ-pragmatischer Hinsicht für die Bestimmung einer historischen Fachsprache letztlich nicht das Ergebnis, der zeichenrelational präzise Terminus vor dem Hintergrund einer zeichentheoretisch naiven Gegenstandsbindung, sondern es sind die Kommunikationsverfahren, die zu dem Terminus erst hinführen. Daher kann eine im heutigen Verständnis „vorwissenschaftliche Terminologie"337 ebenso Bestandteil einer Fachsprache sein wie eine zeichenrelational eindeutige Terminologie. Merkmale dieser Art sagen ausschließlich etwas über die Qualität einer Fachsprache aus; sie tragen nichts zur Definition von Fachsprachlichkeit selbst bei. Auf dem Wege der Untersuchung des Wortschatzes und der Ermittlung der zeichenrelational eindeutigen Termini allein kann das Problem der Bestimmung von Fachsprachlichkeit nicht gelöst werden. Entscheidend für diese Bestimmung darf nicht die Beurteilung der Qualität des verwendeten Wortschatzes sein, sondern der sprachliche Kontext, in den dieser Wortschatz eingebettet wird. Es soll daher vorgeschlagen werden, immer dann von einem Fachwortschatz zu sprechen, wenn dieser Wortschatz in Texte bzw. Textmuster eingebettet ist, die speziell für die Beschreibung von Gegenständen und Zusammenhängen eines Sachbereichs herausgebildet wurden. Der Wortschatz, der in solchen frühen Texten auftritt, sollte dann auch als Fachwortschatz beschrieben werden. Sach335 A. GARDT, Sprachtheoretische Grundlagen, S. 47. 336 Siehe ebd. 337 L. HUMS, Zur büdlichen Darstellungsweise, S. 225.

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Wortschatz in Fachtextsorten ist demgemäss zugleich Fachwortschatz. Es wären dann vier Entwicklungsstufen zu unterscheiden: 1. Die Existenz von volkssprachigem Sachwortschatz. 2. Die Verwendung dieses Sachwortschatzes in Texten, die für den Sachbereich typische Muster entwickeln. 3. Die Verfestigung solcher Muster fuhrt zur Bildung einer Texttradition und berechtigt, von Fachtexten zu sprechen. 4. Der Sachwortschatz, der in diesen Fachtexten verwendet wird, ist als Fachwortschatz zu beschreiben. Er ist dann Fachwortschatz - etwa im Unterschied zum Sachwortschatz der menschlichen Kleidung oder Nahrung338, der weiterhin Sachwortschatz bleibt, weil sich hier keine spezifischen Textmuster bzw. Textsorten herausbilden. Neuzeitliche Vorstellungen von „Fachlichkeit" dürfen bei der Bestimmung von Fachsprachen keinerlei Rolle spielen. Von frühmittelalterlichem Fachwortschatz ist also auch dann zu sprechen, wenn auf Grund der fragmentarischen Überlieferung des Althochdeutschen nur ein Teil des heilkundlichen Wortschatzes in solchen frühen Fachtexten auftritt. Maßgeblich ist, dass die Textsorten vorhanden sind und der heilkundliche Wortschatz komplett in diese Textsorten eingefugt werden könnte. Der gesamte heilkundliche Wortschatz des Althochdeutschen bildet das Reservoir, aus dem die Textsorten lexikalisch gefüllt werden.339 Daher stellt sich die Frage, welche Merkmale gegeben sein müssen, um einen frühmittelalterlichen Fachtext zu konstituieren. Wenn Fachsprache verstanden wird als die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen Menschen zu gewährleisten, 340 dann sollte bei der Beschreibung der Frühgeschichte von Fachsprachen besonders darauf geachtet werden, ob sich typische Textmuster abzeichnen, die in spezifischer Weise für die Vermittlung von medizinischen Inhalten verwendet werden. Wenn das so ist, dann ist man berechtigt, auch bei den althochdeutschen „Texten medizinischen

338 Man vergleiche etwa M. MOLLER, Die Kleidung; A. MlKELEITIS-WlNTER, Der Bereich Nahrungszubereitung. 339 Wörter können darüber hinaus auch dann Hinweise auf ausgebildete fachliche Tätigkeitsbereiche geben, wenn kaum oder keine Texte vorhanden sind. Dies ist möglich, weil Texte in der Regel nach Mustern oralen Handelns gebildet sind. Man vergleiche dazu I. WARNKE, Leitideen, S. 335-337, der einen Gedanken B. Sandigs weiter ausfährt. 340 Man vergleiche L. HOFFMANN, Vom Fachwort zum Fachtext, S. 116.

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Möglichkeiten der Erschließung

Inhalts" von Fachtexten zu sprechen.341 Die Geschichte der medizinischen Fachsprache im Deutschen reicht dann bis in die althochdeutsche Zeit zurück.142 Eine erste Übersicht über die Gruppe der „Texte medizinischen Inhalts" macht allerdings deutlich, dass sich ganz unterschiedliche Textsorten in dieser Textklasse vereinen. Ein Ansatz zu einer übergreifenden Beschreibung ergibt sich aus der Darstellung ihrer Funktion. „Texte medizinischen Inhalts" können einerseits Kenntnisse des menschlichen Körpers vermitteln und dienen damit als Grundlagenwissen für das Verständnis von Krankheit und Heilung. Andererseits können die „Texte medizinischen Inhalts" aber auch selbst bereits konkrete Anleitungen zur Heilung von Krankheiten geben. Ihre Verfasser tun dies - im Zauberspruch und im Rezept - auf verschiedene Weise. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Texte begreift man auf der Ebene der Textlinguistik am besten dadurch, dass man eine Trennung in eine produzentenbezogene und eine rezipientenbezogene Dimension von Texten vornimmt. Mit Christiane ThimMabrey343 wird die produzentenbezogene „Texthandlung" als „die kommunikative Handlung, die der Emittent gemäß einer konventionellen Kommunikationsabsicht mittels eines Textes (bzw. in Form eines Textes) vollzieht"344, von der rezipientenbezogenen „Textfunktion" unterschieden als „die für den Rezipienten an einem Text und seinen Merkmalen erkennbare kommunikative Funktion, die ein Text im gegebenen Kommunikationszusammenhang hat und die stets einer ganzen Klasse von Texten zukommt". 345 Texthandlung und Textfunktion müssen folglich nicht identisch sein. Ältere historische Texte können meist — wenngleich vielfältig gebrochen — Auskunft über die Kommunikationsabsicht eines Textproduzenten geben. Die für zeitgenössische Rezipienten daraus ableitbare kommunikative Funktion bleibt uns heute jedoch weitgehend unzugänglich. Der Schwerpunkt der Analyse älterer historischer Texte liegt also auf der Ebene der Texthandlung. Die Textfunktion wird in der Regel nur dann deutlich, wenn ein Rezipient die Textfunktion in eine neue eigene Texthandlung überführt. Deutlich wird sie aber indirekt auch in extremen Sonderfällen wie den Zaubersprüchen, wo die Stelle des Rezipienten im herkömmlichen Sinne gar nicht besetzt ist. Mit der Unterscheidung von „Texthandlung" und „Textfunktion" liegt ein brauchbarer Rahmen vor, der die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der 341 Siehe dazu Kapitel IV. - Auch TH. ROELCKE, Fachsprachen, S. 160-170 spricht von „mittelalterlichen Fachsprachen", allerdings ohne Berücksichtigung des Frühmittelalters und ohne Sammlung definitorischer Merkmale. B. SPILLNER, Von der Terminologienormung, S. 5, spricht von mittelalterlichen Fachtextsorten. 342 Das gilt um so mehr, wenn Fachsprachen mit R. TRABANT, Das Andere, S. 37, als relationale Größen aufgefasst werden. 343 Grenzen der Sprache, S. 25-34. 344 Ebd. S. 33. 345 Ebd. - Mit „Polyfunktionalität" und „Mehrfachadressierung" rechnet auch O. PFEFFERKORN, Möglichkeiten und Grenzen, S. 404f., im Besonderen bei der Untersuchung historischer Textsorten.

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„Texten medizinischen Inhalts" beschreibbar macht. Für die Untersuchung des heilkundlichen Wortschatzes ist die Feststellung ausreichend, dass die Gemeinsamkeiten überwiegen und daher den Ansatz einer eigenen Textklasse rechtfertigen. Eine über diesen Rahmen hinausfuhrende textlinguistische Analyse wird an dieser Stelle nicht beabsichtigt.346

3.3 Die toxikologische Ebene Auf der lexikologischen Ebene erfolgt die Auswertung aller durch die lexikographische Erschließung und die textuelle Einbettung des Wortschatzes gewonnenen Daten. Unter lexikologischer Auswertung soll hier eine Methode verstanden werden, die den diachronen Aufbau und die synchrone Struktur, also die Architektur eines historischen Wortschatzes genauer bestimmen hilft. Die von Thomas Gloning zu Recht herausgestellte „Organisationsdynamik"347 historischer Wortschätze greift erst im Anschluss an die synchron ausgerichtete Beschreibung. Mit der Zusammenstellung der althochdeutschen „Texte medizinischen Inhalts" und dem „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" ist bereits ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur lexikologischen Auswertung vollzogen worden. Es kann ein Teilwortschatz herauspräpariert werden, an dem sich exemplarisch zeigen lässt, in welchem Rahmen spezifisches Sachwissen im Frühmittelalter in der Volkssprache ausgedrückt werden konnte. Darüber hinaus kann eine den Sprachgebrauch ins Auge fassende, kommunikativ-pragmatische Analyse für das Althochdeutsche keine weiteren nennenswerten Ergebnisse ans Licht bringen. Allenfalls können Daten des Althochdeutschen im Zusammenhang diachronisch angelegter handlungstheoretischer Untersuchungen zum Sprechen gebracht werden,348 in synchroner Perspektive sind jedoch unsere Kenntnisse der Kommunikaüonsbedingungen für weitere Aussagen deutlich zu gering. Je spärlicher die Daten zu den Rahmenbedingungen historischer Kommunikationsformen sind, um so größer wird zudem die Gefahr, kommunikative Verlaufsgeschichten wahlweise als Verfalls- oder als Erfolgsgeschichten zu konstruieren. Daher hat es immer wieder Versuche gegeben, historische (Teil-)Wortschätze mit anderen Mitteln genauer auszuleuchten. Besonders langlebig sind etymologische und onomasiologische Methoden zur Interpretation von Bedeutungen und zur Darstellung der Architektur eines Wortschatzes. So hat Oskar Reichmann beispielsweise exemplarisch gezeigt, auf welchen Wegen eine methodisch kontrollierte Verwendung etymologischer und wortfeldbezogener Einsichten bei der Be346 Man vergleiche dazu die Hinweise bei C. KNOBLOCH, Grundlegende Begriffe und zentrale Fragestellungen sowie B. GÄRTNER, Johannes Widmanns „Behende vnd hübsche Rechenung", S. 71-77 und B.-M. SCHUSTER, Perspektiven einer texttypologischen Analyse. 347 Deutscher Wortschatz, Kapitel 2.1, S. 1. 348 Man vergleiche etwa G. FRITZ, Metonymische Muster, hier S. 99f.

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Möglichkeiten der Erschließung

deutungserschließung schwieriger Textstellen möglich ist.349 Die methodisch nicht reflektierte Verwendung dieser Methoden hat jedoch zu Recht Kritik hervorgerufen350, nicht zuletzt deshalb, weil unklar bleibt, was im einzelnen unter lexikalischer „Bedeutung" genau verstanden wird. Eine „etymologische" Bedeutung oder eine „Wortbedeutung auf der Ebene des Systems" darf nicht mit einer aktuellen Bedeutung gleichgesetzt werden. Je geringer und unverständlicher die textliche Überlieferung, desto größer wird augenscheinlich die Neigung, rekonstruierte etymologische „Bedeutungen" ungekennzeichnet auszubreiten. Dies Vorgehen trägt dann in der Regel aber nichts zum genaueren Verständnis einer Textstelle bei und erweckt in systematischer Hinsicht zum mindesten den Eindruck eines falsch verstandenen Bedeutungsminimalismus, weil die etymologischen „Bedeutungen" naturgemäß ganz undifferenziert bleiben. Konsequenterweise müssten solche „Bedeutungen" mit einem Asterisk versehen werden. Die Kritik an diesen Methoden sollte sich jedoch nicht gegen diese Methoden selbst, sondern gegen die unsachgemäße Interpretation der mit diesen Methoden gewonnenen Daten richten. Selbst die stets besonders umstrittene onomasiologische Forschung lässt sich dann, wenn man die herkömmlich Wortfelder351 genannten Einheiten als „Frames" im Rahmen der kognitiven Semantik deutet, in einen plausiblen theoretischen Zusammenhang einbetten.352 Die Kognitionsforschung geht davon aus, dass Wahrnehmungen über Strukturen aktiviert werden, die als „Frames" („Rahmen") bezeichnet werden können.353 Die der Sprachfähigkeit zu Grunde liegende Organisation im Gehirn, die als relativ stabil angenommen wird, beinhaltet selbst schon wort- oder begriffsfeldartige Strukturen.

349

Möglichkeiten der Erschließung. Zu diesen Methoden gehört auch das Wortfamilienkonzept. D a es primär nur morphologische Strukturen erläutert, wird es in dieser Untersuchung nur am Rande verwendet. Zu einem neueren Versuch, das Wortfamilienkonzept in ein umfassenderes semantisches Modell zu integrieren, siehe G. ÄUGST, .Jedes Wort hat seine Geschichte". Zur grundsätzlichen Bedeutung onomasiologischer Verfahren siehe R. R. ANDERSON - U. GOEBEL - O . REICHMANN, Ein Vorschlag.

350

Man vergleiche etwa H. GECKELER, Strukturelle Semantik, S. 151-160; O. REICHMANN, Germanistische Lexikologie, S. 44-46, ders., Historische Lexikologie, S. 612-614, G. FRITZ, Historische Semantik, S. 55-60, F. HUNDSNURSCHER, Die „Lesart", TH. GLONING, Ausprägungen, S. 734f. sowie D. HELLER, Wörter und Sachen, S. 22-25. Man vergleiche auch H. GlPPER, Jost Trier und das sprachliche Feld, S. 326-329.

351

Besser wäre die Bezeichnung „Begriffsfelder". — Die Begründung der Wortfeldtheorie erfolgte 1931 i n j . TRIER, Der deutsche Wortschatz. Ein Resümee bietet H. GlPPER, Jost Trier und das sprachliche Feld. Siehe auch L. SCHMIDT (Hg.), Wortfeldforschung; A. MlKELEms-WlNTER, Der Bereich Nahrungszubereitung, S. 24-29.

352

Siehe R. P. LUTZEIER, Wortfeldtheorie und kognitive Linguistik sowie ders., Wortfelder als kognitive Orientierungspunkte. R. P. Lutzeier siehet in der Wortfeldtheorie sogar den „eigentlichen Vorläufer der kognitiven Linguistik", man vergleiche ders., Lexikalische Felder, S. 26.

353

Zum theoretischen Hintergrund siehe M. SCHWARZ, Einführung in die Kognitive Linguistik, S. 36.

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Wortfelder besitzen demnach allem Anschein nach eine physiologische Realität.354 Die Sprache stellt folglich Lexeme als Prädikatoren bereit, mit deren Hilfe auf außersprachliche Entitäten und Ereignisse interpretierend, typisierend und konstituierend Bezug genommen wird. Die Erschließung des situationsspezifisch verfugbaren Wissens, das mit der Verwendung von lexikalischen Ausdrücken verbunden ist, erfolgt über solche Frames.355 Dies setzt voraus, dass auch die Repräsentation von Wissen nicht atomistisch anhand isolierter Gegenstände oder Sachverhalte, sondern holistisch unter Berücksichtigung des betreffenden Wirklichkeitsausschnitts oder Kontexte erfolgt. Ein Wortfeld ist dann kein auf subjektiv-willkürlichem Wege gewonnenes künstliches Gebilde, sondern das Ergebnis kognitiv verankerter Assoziation. Ein solcher Wirklichkeitsaus schnitt oder „Rahmen" ist gemäß seiner Bestimmung eine Datenstruktur, die eine in gewisser Weise stereotype Situation repräsentiert. Ein Rahmen ist folglich eine musterhafte Ausformung von Sachen, Personen und Handlungen unter einem bestimmten Stichwort, etwa: „Was gehört zum menschlichen Körper?" Will man dieses Konzept in lexikalischer Hinsicht verwerten, muss man es als Beschreibungsanweisung umformulieren und den jeweiligen Rahmen bestimmen als Beschreibungstext über eine lexikalische Datenstruktur.356 Der lexikalische Rahmen hat ein Rahmenstichwort, hier: „Der menschliche Körper", verschiedene Kategorien, welche die Beschreibung leiten, etwa „der Körper als Ganzes", „Kopf", „Oberkörper", „innere Organe" etc. und schließlich das sprachliche Beschreibungsinventar. Zu einem Krankheits-Frame gehören dann beispielsweise die in Kapitel III ausgebreiteten medizingeschichtlichen Wissensbestände, etwa das stereotype Wissen darüber, dass Krankheiten als Strafe Gottes angesehen werden konnten oder dass verschiedene Dämonen Krankheiten hervorrufen. Die einzelnen Kategorien und Subkategorien, die „Slots" oder „Dimensionen", die sich dem Rahmenstichwort zuordnen lassen, können durch systematisches Fragen erschlossen werden.357 Sie entsprechen den traditionell „Wortfeld" genannten Einheiten. Der „Rahmen" stellt also einen Sinnzusammenhang her, vor dessen Hintergrund einzelne Wortbedeutungen erfasst werden können.358 Führt ein solcher Sinnzusammenhang in den Bereich „Medizin", dann werden die Vertreter dieser Kategorie, also das entsprechende sprachliche Beschreibungsinventar, in die Analyse des althochdeutschen medizinischen Fachwortschatzes aufgenommen. Der „Rahmen", und damit

354

Siehe R. P. LUTZEIER, Wortfelder als kognitive Orientierungspunkte, S. 204, sowie ders., Lexikalische Felder, S. 9.

355

Man vergleiche K.-P. KONERDING, Wortfeld, S. 165.

356

Man vergleiche dazu K.-P. KONERDING, Frames, S. 149f. Siehe auch H. HENNE, Ein erweiterter Rahmen, S. 282f. — Die Strukturierung des Wortschatzes nach Handlungszusammenhängen ist auch in traditionelle Wortschatzdarstellungen auf versteckte Weise immer wieder eingeflossen, insbesondere bei Franz Domseiff.

357

Siehe dazu H . HENNE, Ein erweiterter Rahmen, S. 283f., am Beispiel des „Rahmenstichworts" Nebe/. Man vergleiche auch K.-P. KONERDING, Wortfelder, S. 168f.

358

Siehe dazu TH. ROELCKE, Was bringt die kognitive Semantik, S. 58f.

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Möglichkeiten der Erschließung

auch das Wortfeld, enthält Bezeichnungen eines Sinnzusammenhangs unabhängig von der Wortart der einzelnen Lexeme. Wird ein Wortfeld in einem zweiten Schritt nach Wortarten gegliedert, dann soll von einem „onomasiologischen Paradigma" gesprochen werden. Dieser Sinnzusammenhang kann selbst noch weiter als „prototypischer Kontext" aufgefasst werden und zu ganzen „Rahmensystemen", den sogenannten „Scripts" ausgebaut werden.359 „Der menschliche Körper", seine „Krankheiten" und ihre „Heilung" ergeben dann zusammen ein „Medizin-Script" im Sinne der kognitiven Semantik. Im Sinne des prozedural-dynamisch verstandenen Charakters der „Scripts" wäre der Sachbereich „Medizin" dann ebenfalls dynamisch als ein „Handlungsfeld" aufzufassen. In einem lexikalischen Modell scheint es jedoch angemessener zu sein, Frames als Teile von „Wissensnetzen" zu beschreiben, die geeignet sind, die Struktur auch größerer Sachzusammenhänge zu veranschaulichen. Die Frames sind dann gewissermaßen die Maschen eines „Wissensnetzes". Was durch eine der Maschen hindurchgleitet, entspricht den „Slots" oder „Dimensionen" und konstituiert ein Wortfeld. Die kognitivistische Einbettung der Wortfeldforschung, die die begriffliche Gliederung der Welt als kognitive Wirklichkeitsbewältigung durch Kategorisierung deutet, befreit das Wort- bzw. Begriffsfeld vom Geruch der Beliebigkeit des Feldforschers. Dem oft wiederholten Einwand, eine inhaltliche Gliederung des Wortschatzes sei nur ein Konstrukt der Sprachwissenschaft, ist dann der Boden entzogen. Zugleich wird klar, dass es sich dabei stets um offene Reihen von bedeutungsassoziativ miteinander verbundenen Wörtern, nicht aber um geschlossene Systeme handelt. Ziel der Anlage von Wort- oder Begtiffsfeldern ist letztlich mit O. Reichmann die Aufhellung der „onomasiologischen Vernetzung" 360 einer jeden Einzelbedeutung eines Wortes. Die Wortfelder enthalten also die Einzelbedeutungen, nicht das „Signifikat als Gesamtbedeutung des Wortes". 361 Wenn Etymologie, Wortgeschichte und Wortfeldforschung als Bestandteile der historischen Wortforschung akzeptiert werden können, wird zum entscheidenden Maßstab für die Interpretation der mit ihrer Hilfe gewonnenen Daten die Vorstellung davon, was „Bedeutung" überhaupt ist oder zumindest sein kann. Die aus den sprachlichen Kontexten gewonnenen aktuellen Bedeutungen sowie die durch Etymologie, Wortgeschichte und Wortfeldforschung vermittelten Bedeutungssegmente sind offensichtlich nicht identisch. Erstere sind auf die Texte bezogen, letztere auf die Begriffsgeschichte. Dabei zielen die einzelnen Begriffe auf die Fixierung, zusammenhängende Begriffsfelder auf die Gliederung der „Wirklichkeit". Die Akte der Fixierung und Gliederung konstituieren durch Sprache eine bestimmte, zeitlich bedingte Sicht der „Wirklichkeit". Diese Sicht ist mit 359

Ebd.

360

Siehe J . KLEIN, Frame, S. 165. Man vergleiche auch W. HOLLY, 'Frame' als Werkzeug, S. 128 u.

361

O. REICHMANN, Hinweise, S. 125.

134.

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der gegenstandsbestimmenden Funktion von Sprache verbunden und nicht mit der an die menschliche Kommunikation geknüpften Oberfläche der Sprache. Auch hier zeigt sich, wie bereits bei der Bestimmung der textuellen Ebene, dass eine sprachrealistische Abbildsemantik nicht ausreicht, um komplexere sprachliche Zusammenhänge zu beschreiben. In der Zeitspanne vor der künstlichen Terminologisierung der neueren Fachsprachen stehen die medizinischen Gegenstände, wie alle übrigen Gegenstände der Welt auch, in einem Kontinuum. Da die Übergänge zu benachbarten Einheiten, etwa der Psychologie oder „Seelenkunde" hier, der Diätetik oder „Kunst der richtigen Lebensführung" dort, fließend sind, können durch die Begriffe sinnvollerweise nur das „Schwerpunktfeld" und die „verebbenden Grenzen" eines Gegenstandes angegeben werden.362 Bei der Begriffsbildung wird die „Wirklichkeit" dann nicht aus dem Nichts heraus konstruiert, sondern die Sprecher greifen bei der Begriffsbildung spezifische Aspekte aus dem Kontinuum heraus und konstituieren damit das, was sie als Wirklichkeit betrachten.363 Bei der Klärung des Bedeutungsbegriffs sollte daher grundsätzlich zwischen einer kommunikativen Dimension von Bedeutung und einer begriffsgeschichtlichen Dimension von Bedeutung unterschieden werden. Nur so lassen sich die beiden hier vorausgesetzten Grundfunktionen von Sprache, nämlich Kommunikation und Gegenstandskonstitution in einem integrativen Modell verbinden.364 Eine vergleichbare Unterscheidung, die Sprache nicht auf die Funktion als Kommunikationsmittels reduziert, findet sich etwa auch in der in letzter Zeit viel beachteten Unterscheidung von „kommunikativem Gedächtnis" und „kulturellem Gedächtnis" wieder.365 Der begriffsgeschichtlichen Dimension von Bedeutung liegt eine Definition von „Begriff' zu Grunde, die nicht identisch ist mit der Definition von „Begriffsgeschichte" in den „Geschichtlichen Grundbegriffen" von O. Brunner, W. Conze und R. Koselleck.366 Vielmehr wird ein Begriff verstanden 362 Man vergleiche U. PÖRKSEN, Die Reichweite, S. 129f. u. 136; siehe auch A. GARDT, Sprachtheoretische Grundlagen, S. 54f. 363 Für die Bestimmung der sprachlichen Bedeutung bisher nicht angemessen rezipiert wurde meines Wissens die grundlegende Arbeit E. CASSIRERs, Philosophie der symbolischen Formen. Teil 1: Die Sprache. Man vergleiche etwa S. 18: „Das [sprachliche (J.R.)] Zeichen ist keine bloß zufällige Hülle des Gedankens, sondern sein notwendiges und wesentliches Organ. Es dient nicht nur dem Zweck der Mitteilung eines fertiggegebenen Gedankeninhalts, sondern ist ein Instrument, kraft dessen dieser Inhalt selbst sich herausbildet und kraft dessen er erst seine volle Bestimmtheit gewinnt." Zur erkenntnisbildenden Kraft symbolischer Formen siehe zudem M. ELIADE, Ewige Bilder und Sinnbilder, S. 24 und folgende. 364 Man vergleiche dazu auch A. BURGHARDT, Vom Nutzen und Nachteil, S. 14. 365 Siehe J. ASSMANN, Das kulturelle Gedächtnis. - Auch die Arbeiten A. LlNKEs, die die sozialsymbolische Funktion von Sprache hervorheben, betonen das Sprachleben jenseits der Kommunikation. Man vergleiche etwa A. LINKE, Sprachkultur und Bürgertum, S. 250 und folgende. 366 Siehe R. KOSELLECK, Einleitung, S. XII-XXVII, bes. S. XXII: „Der Begriff haftet zwar am Wort, ist aber zugleich mehr als das Wort. Ein Wort wird - in unserer Methode - zum Begriff, wenn die Fülle seines politisch-sozialen Bedeutungs-Zusammenhanges, in dem — und für den —

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als „die unter dem Aspekt der Kognition und Konstitutivität betrachtete Bedeutung unter Absehung von pragmatischen, konnotativen und syntaktischen Merkmalen".367 Bedeutungen existieren demgegenüber nur in der Form von Bedeutungserklärungen. Die Aufgabe der Bedeutung ist die intersubjektive Verständigung. Begriffe sind Abkürzungen von Sachverhaltsbeschreibungen. Sie zielen auf Angemessenheit und Wahrheit der durch sie komprimierten Beschreibung.368 „Das Ideal des Begriffs ist seine nachweisliche Wahrheit und Angemessenheit, das der Bedeutung ihre allgemeine Anerkennung durch den Gebrauch. Der Begriff ist demnach, alles in allem, die subjektiv kreative und kognitiv konstitutive, die Bedeutung die intersubjektive, tendenziell konservative und kommunikativ-konventionale Seite der Sprache. Bedeutung und Begriff sind nichts ontologisch Verschiedenes, sondern zwei Aspekte der Inhaltsseite von Sprachzeichen oder genauer: zwei verschiedene Betrachtungsweisen dessen, was Wörter vermitteln." 369 In eine ähnliche Richtung zielen Überlegungen Oskar Reichmanns, der bei den neueren, strikt handlungstheoretischen Ansätzen die Vernachlässigung der „Rolle der Inhaltlichkeit lexikalischer Einheiten" beklagt.370 „Vor lauter Betonung der Rolle des Wortes im kommunikativen Handlungsspiel, der Konstruktion von Sinn im einzelnen Redeakt tritt die Strukturiertheit des Lexikons in den Schatten der eigentlichen fachtextlichen Mitteilung."371 Zwischen den Positionen des Strukturalismus und der Handlungstheorie „gibt es keine Vermittlung".372 Ein Ansatz zu einer Vermitdung besteht aber vielleicht in einem „integrierten Semantik-Pragmatik-Modell der Bedeutung", wie es von Armin Burghardt vorgeschlagen wurde.373 Es dürfte nämlich deutlich geworden sein, dass die Untersuchung von „Bedeutung" im Gebrauch und „Begriff mit seinem Inhalt auf zwei grundverschiedenen Ebenen der Sprache liegt. Wenn diese Ebenen nicht getrennt werden, kommt es zur Vermischung von Kontext, Etymologie und Wortschatzstruktur: Das Textverständnis wird, abgesehen von der in Einzelfällen möglichen kontrollierten Verwendung dieser Methoden, unweigerlich scheitern. Hält man beide Bereiche aber als zwei verschiedene Ebenen der Sprache deutlich auseinander, dann können sie wie die zwei Seiten einer Münze betrachtet werden. Die Vorderseite zeigt die kommunikative Bedeutung eines Wortes in einer (historischen)

367 368 369 370 371 372 373

ein Wort gebraucht wird, insgesamt in das eine Wort eingeht". — Begriffe sind aber nichts „überwortmäßiges" und auch keine „übergeordneten Einheiten", die Wort und Sachverhalt miteinander verbinden. Die Vorstellung einer solchen Ebene ist ontologisch höchst fragwürdig. A. BURGHARDT, Vom Nutzen und Nachteil, S. 13. Ebd., S. 12. Ebd. Historische Lexikologie, S. 627f. Ebd., S. 629. Ebd. Von Nutzen und Nachteil der Pragmatik, hier S. 11.

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Verwendungsweise,374 die Rückseite zeigt seine Interpretationsmöglichkeiten.375 Die Vorderseite der Münze ist sprecherbezogen, die Rückseite ist rezipientenbezogen. Dabei kann der Rezipient zwar potentiell ein Zeitgenosse des Sprechers sein, in der Regel wird es sich aber um den heutigen sprachwissenschaftlich geschulten Interpreten handeln. Zu einer Theorie des Verstehens sprachlicher Ausdrücke gehört auch die begriffs- oder inhaltsgeschichtliche Seite der Bedeutung hinzu. Hier gehen ausdrucksseitig fixierte Wissenssegmente ein, die über das kommunikative Wissen der historischen Sprecher und Hörer hinausgehen können. Sie zielen auf die begriffliche Substanz, die hinter der Kommunikation steht. Zu unterscheiden ist also eine kommunikative Semantik und eine kulturelle Semantik. Für diese Untersuchung ergibt sich daher, dass die aus den Kontexten und dem Wissen um die Existenz medizinischer Textsorten des Althochdeutschen gewonnenen Bedeutungsangaben im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" auf die kommunikative Seite der Bedeutung abzielen. Die Untersuchung der medizinischen Textsorten steckt dafür den kommunikativen Rahmen ab. Die über die jeweils aktuelle kommunikative Bedeutung hinausgehende Untersuchung des heilkundlichen Wortschatzes zielt dagegen auf die begriffsgeschichtliche, inhaltliche Dimension der Bedeutung ab. Es wird nicht angenommen, dass etymologische und onomasiologische Tatsachen Eingang in die Gebrauchsmodalitäten von Wörtern haben. Beide Seiten der Münze bleiben getrennt, aber nur gemeinsam bilden sie eine Einheit. Jeder Untersuchung von Bedeutungswandel und Begriffsgeschichte muss eine synchrone Untersuchung von Bedeutung und Begriff vorausgehen. Die Untersuchung von Begriffen lässt sich dabei zwar nur selten ganz auf die synchrone Dimension reduzieren, da sie eine Begriffsgeschichte entweder vom Zeitpunkt der Verwendung eines Wortes in einem Text aufwärts bis zur Gegenwart oder vom Zeitpunkt seiner Verwendung rückwärts bis zu seiner erstmaligen Bildung und dessen Voraussetzungen umfassen kann. Als methodisches Prinzip ist am Vorrang der Synchronic jedoch festzuhalten.376 Die Prozesse des Wortschatz-

374 Der Einwand F. HüNDSNURSCHERS, Die „Lesart", S. 240, „so etwas wie eine autonome, selbständige Wortbedeutung" könne es nicht geben; das eigentliche Ziel semantischer Forschung liege „letztlich in der Klärung satzsemantischer Zusammenhänge" überzeugt dagegen nicht. Er ist geradezu ein Beispiel für die nicht vollzogene Trennung der Bereiche „Begriff* und „Bedeutung". Darüber hinaus ließe sich mit gleicher Berechtigung feststellen: Das eigentliche Ziel semantischer Forschung liege aber letztlich in der Klärung textsemantischer Zusammenhänge, eine selbständige Satzbedeutung könne es nicht geben ... 375 Von den „zwei Seiten der Bedeutung" spricht, auf der Ebene der Gegenwartssprache, auch E. W E I G A N D , Grundlagen einer lexikalischen Semantik, S. 698, die zu Recht betont, dass eine Gleichsetzung von Bedeutung und Gebrauch nicht ausreicht, um eine semantische Theorie begründen zu können. Bedeutung sei allein vom Bewusstsein der Menschen abhängig, nicht von den Gegenständen, aber auch nicht von den sprachlichen Ausdrücken. 376 Damit verbunden ist die grundsätzliche Abhängigkeit der Theorie von der Empirie. Wege zu einem fruchtbaren Verhältnis von Theorie und Empirie beschreitet J. E. Schmidt, 18 Thesen.

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wandele377 unterliegen eigenen Gesetzmäßigkeiten, die selbst wieder bedeutungsgeschichtlich und begriffsgeschichtlich beschrieben werden können. Integrative historische Wortforschung ist folglich kontextbezogen, textsortenbezogen, wort- und begriffsfeldbezogen und begriffsgeschichtsbezogen. Kontext, Textsorte und in methodisch kontrollierter Form »inter Umständen auch das Wortfeld sind Bestandteil der kommunikativen Semantik.378 Begriffsfeld und Begriffsgeschichte sind demgegenüber Bestandteil der kulturellen Semantik. Eine strikte Trennung der kommunikativen Dimension von Bedeutung und der begriffsgeschichtlichen Dimension von Bedeutung hat Folgen, die weit über den in dieser Arbeit gesteckten Rahmen hinausreichen. Einige sollen hier zumindest Erwähnung finden: 1. Eine Interpretation von Sprachgeschichte als Kommunikationsgeschichte lässt sich nicht aufrecht halten. Kommunikationsgeschichte ist immer nur ein Teil, wenn auch der vielleicht wichtigste Teil der Sprachgeschichte. 2. Sprachgeschichte lässt sich nicht als Textsortengeschichte konzipieren. Die Geschichte der Textsorten umfasst nur die kommunikative Seite der Sprache.37» 3. Der Widerspruch zwischen den Annahmen der Bedeutungsminimalisten und Bedeutungsmaximalisten380 ist ein Scheinwiderspruch. Bedeutungsmaximalismus ergibt sich zwanglos aus den vielfältigen Formen menschlicher Kommunikation. Er ist eine Annahme der kommunikativen Dimension von Bedeutung. Bedeutungsminimalismus ergibt sich demgegenüber zwanglos aus etymologischer und wortgeschichtlicher Forschung. Er ist eine Annahme der inhaltlich-begriffsgeschichtlichen Dimension von Bedeutung. Es sollte deutlich geworden sein, dass es zur Erforschung von Wortschätzen unterschiedlicher Konzepte bedarf. Eine die Kommunikationsgeschichte und die Begriffsgeschichte gleichermaßen umspannende lexikalische Analyse ist damit zugleich ein Plädoyer für Methodenkombination und gegen den Dogmatismus eines einzelnen Konzepts in der lexikalischen Semantik. Die Wahl des Beschreibungsmodells ist in jeder Einzelanalyse abhängig vom Erkenntnisinteresse des jeweiligen Interpreten.

377 Siehe Η. H. M U N S K E , Lexikologie und Wortgeschichte, S. 37. 3 7 8 Wortfelder wären in dieser Hinsicht dann mit T H . G L O N I N G , Ausprägungen, S . 7 2 9 , als „Verwendungsweisenfelder" zu beschreiben. „Wortfeld" könnte dann als Oberbegriff für „Begriffsfelder" und „Verwendungsweisenfelder" fungieren. 379 Und auch auf der kommunikativen Seite markieren Texte bzw. Textsorten stets nur Ausschnitte aus dem Bereich der Kommunikation. Man vergleiche dazu auch N. R. W O L F , Sprachgeschichte als Textsortengeschichte? 380 Siehe dazu T H . G L O N I N G , Bedeutung, Gebrauch, S. 369f.

IV. Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts Die Zahl der althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts ist gering. Texte, auch Übersetzungstexte, die auf einer theoretischen Ebene über einzelne Gegenstände der Medizin reflektieren, gibt es im frühen Mittelalter in der Volkssprache nicht. Die karolingische Renaissance hat sich, nicht zuletzt wegen persönlicher Vorbehalte KARLS DES GROSSEN, für die volkssprachige medizinische Überlieferung nicht als besonders förderlich erwiesen.381 Allerdings gibt es Reflexe der Beschäftigung mit lateinischen medizinischen Schriften, die durch einige, meist spätalthochdeutsche Glossen sichtbar werden. Glossiert werden aus diesen Schriften jedoch vorrangig Pflanzen- und Körperteilbezeichnungen. Ansätze für eine volkssprachige medizinische Terminologie finden sich daher auch hier nicht. Bei den wenigen erhaltenen genuin volkssprachigen medizinischen Texten handelt es sich im weitesten Sinne um Gebrauchstexte. Dies hat seinen Grund darin, dass die frühmittelalterliche Heilkunde - wo sie über die vorwiegend prophylaktische Diätetik hinausgehen muss - vor allem praktisch ausgerichtet ist. Sie ist dabei von einem Nebeneinander zweier unterschiedlicher Konzepte gekennzeichnet: Die magisch-spirituelle Heilung durch die Kraft des Wortes und die medikamentöse Heilung mit Hilfe von pflanzlichen, mineralischen oder organischen Substanzen. Als archetypische Vertreter dieser Konzepte erscheinen auf der Ebene der Schriftlichkeit die Textsorten „Zauberspruch" und „Rezept". Zu diesen beiden Textsorten sowie den Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften treten in etwas größerer Zahl Sachglossare. Sie repräsentieren in spätantiker enzyklopädischer Tradition das gelehrte Schulwissen der Zeit. Zum Bereich der Heilkunde zählen in den Sachglossaren Körperteilglossen und Pflanzenglossen. Die Texte werden im Folgenden vorgestellt. Dabei wird in diesem Kapitel auch auf den Wortschatz der Texte immer dann eingegangen, wenn es zur Beschreibung der Textsorte erforderlich ist. Die genauere Untersuchung des heilkundlichen Wortschatzes erfolgt dann im Kapitel V.

381 Siehe G. BAADER, Die Anfänge, S. 679f. Über die vereinzelte wissenschaftliche und praktische Beschäftigung mit medizinischen Texten unterrichtet G. BAADER, Mittelalterliche Medizin, am Beispiel der bayerischen Klöster. Für die Zeit vor a. 1100 siehe dort besonders S. 275-279.

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

1. Die althochdeutschen medizinischen Zaubersprüche Überliefert sind Zaubersprüche verschiedenen Inhalts, die größte Gruppe bilden medizinische Texte. Nicht wenige der älteren volkssprachigen Zauber- und Segenssprüche sind im 11. und 12. Jahrhundert aufgezeichnet worden. Althochdeutsche und frühmittelhochdeutsche Merkmale stehen in diesen Handschriften nebeneinander oder sind nicht klar voneinander zu scheiden. Anders als bei einer Vielzahl der späten Glossenhandschiiften aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die als Abschriften älterer Vorlagen sprachlich noch eindeutig dem Althochdeutschen zuzuweisen sind, ist dies bei den seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts aufgezeichneten volkssprachigen Zaubersprüchen meist nicht mehr möglich. Dennoch kann — schon aus Gründen der sprachlichen Form - kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um ältere, frühmittelalterliche Texte handelt, die nicht erst zum Zeitpunkt ihrer Niederschrift neu entstanden sind. Diese späten Zaubersprüche sind daher dem Bestand des Althochdeutschen zuzurechnen.382 Während Glossen, da sie meist nicht in einen volkssprachigen Kontext eingebettet sind, ihre archaische sprachliche Gestalt beim Vorgang der Abschrift länger bewahren als zusammenhängende Texte, werden die Zaubersprüche bei der Niederschrift zumindest punktuell den frühmittelhochdeutschen Gebrauchsweisen angepasst. Diese sprachliche Anpassung kann als Indiz dafür gelten, dass die Zaubersprüche nicht primär aus antiquarischen, sondern aus alltagspraktischen Erwägungen aufgezeichnet wurden. Dabei wird die Existenz schriftlicher lateinischer Heilzauber zweifellos mit dazu beigetragen haben, dass auch volkssprachige Zaubersprüche den Weg aufs Pergament gefunden haben.383 Von besonderer Bedeutung ist die lateinische Rezeptsammlung des christlichen aquitanischen Hofbeamten M A R C E L L U S B U R D I G A L E N S I S aus der Zeit um 400 n. Chr., die im gesamten Mittelalter stark rezipiert wurde. Sie enthält nebeneinander medizinisch-pflanzliche Rezepte und magisch-religiöse Zauber- und Segensformeln. Ein Beispiel mag genügen: Gegen Mandelschmerz wird neben allerlei Mixturen folgendes carmen mirum ad glanduhs empfohlen: .Weißliche Mandel, du sollst nicht schmerzen, nicht schaden und keine Niednägel entstehen lassen, sondern du sollst zergehen wie Salz in Wasser.' Wahrend man dies dreimal neunmal sagt, spuckt man auf die Erde und streicht, während man den Spruch sagt, mit Daumen und Ringfinger über die Mandeln selbst, doch tue man dies vor Aufgang der Sonne ..,384

382 So verfahren fiir einzelne Texte - allerdings ohne dies weiter zu kommentieren - auch W. HAUBRICHS, Die Anfange, S. 412-436 u. E. MEINEKE - J . SCHWERDT, Einfühlung, S. 119f. 383 Man vergleiche H. RUPP, Forschung, S. 62. Für die lateinischen Texte siehe A. ÖNNERFORS, Zaubetsprüche. 384 MARCELU DE MEDICAMENTIS UBER, Corpus Medicorum Latinorum V, Nr. X V , 101.

Zauberspriiche

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Derartige lateinische magische Sprüche wurden in den karolingischen Klöstern abgeschrieben und gehörten zum alltäglichen Gebrauch.385 Ihre Niederschrift hat nichts mit einem sonst funktionslosen „antiquarischen Interesse" zu tun.386 Die Verschriftung der Zaubersprüche diente vermutlich vor allem als Vorlage zur Herstellung von heilkräftigen magischen Amuletten.387 Die enge Beziehung zwischen Rezepten und Zaubersprüchen in der medizinischen Literatur der Spätantike und des Frühmittelalters lässt erkennen, dass beide Therapiemodelle gleichzeitig und nebeneinander angewendet wurden und als gleichrangig galten.388 Es steht daher außer Frage, dass auch die Zaubersprüche als Teil der medizinischen Fachliteratur anzusehen sind.389 Die Verschriftung kann - wie bei den Rezepten auch — punktuell der Endastung des Gedächtnisses gedient haben. Mehr aber noch trägt sie zu einer neuen „Ordnung des Wissens" bei. Auch im Rahmen der christlichen Mission waren Zaubersprüche einsetzbar. Die Aufzeichnung „sicherte Textgut, dessen Kenntnis den ersten Glaubensboten bei ihrer Arbeit belangvoll schien, ja bei der Mission wohl sogar neu zur Verwendung kam, um auch auf diesem Wege Vertrauen zu erwecken" 390 Genötigt, bei zwangsmissionierten Volksstämmen Prestige und Vertrauen zu erlangen, hatten sie die traditionelle Zauberspruch-Überlieferung zum Bestandteil ihrer Missionsstrategie gemacht und sich dazu genau auf die Bedürfnisse einer Bevölkerung eingestellt, die seßhaft geworden war, Viehzucht trieb, das entsprechend in den Sprüchen einseitig bevorzugte Pferd hoch schätzte und ärztliche Versorgung vorwiegend vom Priester erwartete.391 Wie hat man sich nun die Wirkung eines solchen Zaubers in christlicher Umgebung vorzustellen? Im Zauber versucht der Zaubernde Macht über die den meisten Menschen sonst unzugänglichen, daher fur sie übersinnlich erscheinenden Kräfte der Natur zu gewinnen. Durch die Macht des Wortes soll die Krankheit oder ein die Krankheit bewirkender Dämon unter seinen Willen gezwungen werden. Auch die christliche Liturgie kennt ja Beschwörungen und Exorzismen, die der Austreibung unreiner Geister dienen, sie kennt Schutzformeln, Benediktionen und Segen. Zwar glaubt der christliche Exorzist, dass die Hilfe allein im 385 U. SCHWAB, Sizilianische Schnitzel, S. 271f. Siehe auch W. HENZEN, Der Rotulus, S. 16f. 386 Siehe dazu auch P. ASSION, Literatur, S. 175 sowie H.-J. BEHR, Von Wodan bis Henne, S. 348. 387 Überzeugende Nachweise bei U. SCHWAB, ebd. S. 290f. Man vergleiche auch K. DÜWEL, Buchstabenmagie, bes. S. 94f. 388 Man vergleiche U. SCHWAB, Sizilianische Schnitzel, S. 269. Dort zahlreiche weitere Beispiele. Siehe auch dies., In sluthere bebunden, S. 564, S. FEIST, Runen und Zauberwesen, S. 277, sowie A. ÖNNERFORS, Antike Zaubersprüche, S. 20-22 und die Sammlung J.JÖRIMANNs, Frühmittelalterliche Rezeptarien. Für die weitere Wirkung siehe auch L. SCHUBA, Die medizinischen Handschriften, S. 299f., zu der in Rom, Vat. Pal. Lat. 1254, 1255 und 1293 erhaltenen zusammengehörigen medizinischen Enzyklopädie aus der Zeit um 1400. 389 So auch - trotz Zweifel an der Funktion der Sprüche - B. MURDOCH, Drohtin uuerthe so!, S. 34. Sie auch U. SCHWAB, Glossen, S. 347 u. 351 f. 390 P. ASSION, Literatur, S. 175 mit Hinweis auf A. SCHIROKAUER, Form und Formel, S. 355. 391 Ebd. S. 177.

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Ratschluss Gottes steht, jedoch konnte dieser Unterschied für den kranken Menschen in der Praxis der Beschwörung bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen.392 Zwischen Heil und Unheil etablierte sich so eine mächtige Zone des Kontakts zwischen laikaler und klerikaler Kultur, von der wir wohl nur weniges, das mehr oder weniger zufallig aufs Pergament gelangte, fassen. Noch dieses Wenige zeigt, daß die alten Formen des Zaubers die neuen Kraftträger des Christentums, den Herrn, die Gottesmutter, die Heiligen aufnahmen, sich in christlicher Einkleidung und Kontrafaktur gleichsam selber segneten. (...) Der Mentalität des frühen Mittelalters sind auch Credo und Paternoster incantationes ('Zaubergesänge"), die im übrigen zur Unterstützung und Bekräftigung magischer Formeln immer wieder eingesetzt wurden. Das Poenitentiale des Bischofs Burchard von Worms (fl025) offenbart diese befremdliche Gleichung, indem es den Priester die Gläubigen daraufhin examinieren lässt, ob sie .Heilkräuter mit anderen Zaubergesängen als dem Glaubensbekenntnis oder dem Vaterunser besungen haben'. Schon die frühmittelalterliche .Homilia de sacrilegiis' ("Predigt über religiöse Frevel") teilt Burchards Ansicht. Mit incantatio ist aber auch ein oberflächlich christianisierter Verwandter des heidnische Götter zitierenden .Zweiten Merseburger Zauberspruchs', der .Trierer Pferdesegen', in der Handschrift überschrieben. Hier gingen offenbar die Kategorien in lebendigem Synkretismus ineinander über. 393

Dies ist in religionsgeschichtlicher Hinsicht allerdings weniger „befremdlich" als folgerichtig.394 Auch Lutz Röhrich hat für den europäischen Raum festgehalten, dass im Volksglauben „Erfahrungs- und Zaubermedizin, heidnischer Zauber und christliches Gebet (...) oft untrennbar" miteinander verbunden seien.395 Form und Technik des Zauberns wichen in der spätantiken Magie und in der magischen Praxis der Germanen nicht wesentlich voneinander ab. Auch die Textsorte „Zauberspruch" darf daher als eine übereinzelsprachliche Größe aufgefasst werden. Die christlichen Zaubersegen und die oberflächlich „christianisierten" Zaubersprüche sind Erben dieser Tradition. „Zauber und Segen entspringen dem selben Geiste, der den Ritualismus der frühmittelalterlichen Liturgie bewirkte."396 Eine Unterscheidung in Zaubersprüche als „Anrede an ein dämonisches Wesen" und Segenssprüche als „Anrede an einen Leidenden"397 ist aus den Texten nicht begründet und daher nicht aufrecht zu halten. Die Funktionsbereiche der Beschwörung und der Besegnung im christlichen und im vorchristlichen Denken ähneln einander. Man wird sich also mit der Tatsache abfinden müssen, dass nicht nur Rezepte und Zaubersprüche durch ihre identische Funktion miteinander eng verbunden sind. Auch das christliche und das altgermanisch-vorgermanische religiöse Denken stammen letztlich aus derselben Quelle, wie die Handlungen des Beschwörens, Segnens und magischen Heilens selbst auch. Die gegen Zauber und Zeichendeutung altorientalischer Völker gerichteten Bibelstellen (etwa Dt 18,9392 393 394 395 396 397

Siehe dazu mit Beispielen W. HAUBRICHS, Die Anfänge, S. 412f. Ebd. S. 414f. Siehe M. EUADE, Das Heilige. Zaubersprüche, S. 1873 W. HAUBRICHS, Die Anfänge, S. 423. Siehe dazu auch U. SCHWAB, Glossen, S. 345f. So bei W. NÖTH, Dynamik semiotischer Systeme, S. 43.

Zaubersprüche

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12; Apg 8,9ff.; 19,19) stehen neben Beispielen für die Beschwörung der Dämonen durch Jesus Christus (Lc 4,31-37; Apg 3,1-10). Auch daher ist die Suche nach „heidnischen Zaubersprüchen" und „schriftlich überlieferter vorchristlicher Magie" in frühmittelalterlicher Perspektive anachronistisch.398 Die frühmittelalterlichen medizinischen Zaubersprüche werden nun - soweit möglich - in chronologischer Abfolge aufgelistet. Die Angaben zu den einzelnen Handschriften verstehen sich nicht als explizite Handschriftenbeschreibungen. Sie dienen ausschließlich der Verdeutlichung der Überlieferungszusammenhänge. 399

1.1 Die Texte A. WURMSEGEN PRO NESSIA (PN.) München, Bayerische StaatsB. Clm 18524b, fol. 203 v . (SchW. 35; StSG. Nr. 434, BV. 647; VL. 7,853 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 24; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 374; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 7-30; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 26f. u. 92f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.c.l; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 423f., 429f.; K.A. Wipf, Poetische Texte, S. 74£; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 22; E. Meineke - J . Schwerdt, Einfuhrung, S. 119). Wohl von einer Hand aus der Mitte des 10. Jahrhunderts, aus Tegernsee. Der Zauberspruch steht auf dem letzten Blatt einer Handschrift mit Predigten, sowie A u s z ü g e n a u s HIERONYMUS u n d ISIDOR: B l . 1 - 1 6 EPISTVLA SANCTI HLERONIMI DE ORDINIBUS ECCLESIASTICIS u n d N o t i z e n D E OBSERUATIONE I U I OR TEMPO-

RUM. Bl. 27r-105v ISIDORS DE OFFICIIS, im Anschluß daran Exzerpte und Predigten. Gang u^j Nesso, mit niun msanchthnon, u^fonna marge in deo adra, vonna den adrun in da% fltisk,fonna demu fleiske in dasJel,fonna dtmo vette in tulh. Ter Pater noster! Die altsächsische Fassung CONTRA VERMES (Wien, ÖNB 751) wird zum Vergleich ebenfalls angeführt: Gang üt, nesso, mid nigun nessikünon, ut Jana themo margi an that ben, Jan themo bene an that ßesgf utfan themo flesge an thia bud, utfan thera hud an thesa strata, drohtin, uuerthe so! B. DER ZWEITE MERSEBURGER ZAUBERSPRUCH (MZ.) Domstift Merseburg, Archiv u. Bibl., Cod. 136 fol. 85'. (SchW. 28; VL. 6,410-418 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 2; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 365f.; A. Schirokauer, Form und Formel, S. 363f.; H. Tiefenbach, Gelimidä; H. Mettke, Älteste deutsche 398 Siehe Β. MURDOCH, Drohtin uuerthe so!, S. 14, P. ASSION, Literatur, S. 171. 399 Ausführliche Beschreibungen sind den jeweiligen Bibliothekskatalogen zu entnehmen sowie E. v. STEINMEYER, Die kleineren althochdeutschen Sprachdenkmäler. Man vergleiche auch E. HELLGARDT, Die deutschen Zaubersprüche, bes. S. 12-17. Wenn nicht anders vermerkt, werden die Zaubersprüche nach der „Sprachdenkmälern" Steinmeyers zitiert.

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Dichtung, S. 26f. u. 84f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.b.l; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 433f.; K.A. Wipf, Poetische Texte, S. 64-66; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 16; E. Meineke - J . Schwerdt, Einfuhrung, S. 120f.) Von einer Hand aus dem ersten oder zweiten Drittel des 10. Jahrhunderts auf einem freien Vorsatzblatt eines lateinischen Sakramentars aus dem 9. Jahrhundert, dessen Reste heute den Schluss einer sechsteiligen Sammelhandschrift bilden. Ausführliche Beschreibung bei E. von Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 23-25. Auf den Einfluss spätantiker Medizin, insbesondere von MARCELLUS EMPIRICUS BURDIGALENSIS, hat zuerst Arno Schirokauer hingewiesen. Phol ende Uuodan uuorun 37 holya. du mart demo Baldens uolon sin uuo\ birenkit. thu biguolen Sinthgunt, Sünna era suister, thu biguolen Friia, Uolla era suister, thu biguolen Uuodan, so he uuola conda: sose benrenki, sose bluotrenki, sose htürenkt: ben 37 bena, bluot s j b/uoda, lid sj geüden, sose gelimida sin! C. LONGINUS BLUTSEGEN (BS.) Zürich, ZentralB., Ms. Rh. 51 fol. 23v (SchW. 19; VL. 1,6 s.u. Abdinghofer Blutsegen - E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 379; R. Schützeichel, Grenzen des Althochdeutschen, S. 23-38; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 427; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 80f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 42; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119). Lateinischer Longinussegen mit althochdeutschen Wörtern; 10. Jahrhundert. Die Handschrift enthält lateinische Predigten. Dem am unteren Blattrand nachgetragenen Blutsegen voran gehen zwei lateinische Fiebersegen. Es folgt ihm der Text „vom blutflüssigen Weib" aus Matth. 5,20-22 von anderer Hand. Longinus miles, lango %ile. cristes thegan ast astes. Adiuro sanguisp patre & filiü. & spin s c f f i vt ή fluas. plus qua iordanis aha... nelo (?) xpe. In ea bapti^atus e & a... α. III. uicib;pat nr. cügla. D . TRIERER PFERDESEGEN INCANTATIO CONTRA EQUORUM EGRETITUDINEM

(TS.) Trier, StadtB., Ms. 40/1018 fol. 36v-37v. (SchW. 38; VL. 9,1055f.; StSG. Nr. 738, BV. 879; - E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 367; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 48-52; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 86-89; N. Kruse, Die Kölner volkssprachige Überlieferung, S. 179-187; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.a.4; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 434f.; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 66f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 35; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119).

QUAM NOS DICIMUS SPURIHALZ

Im 10. Jahrhundert auf die unteren Ränder einer lateinischen Glossenhandschrift gesetzt. Provenienz aus dem Zisterzienserkloster Himmerod/Eifel, aber dort nicht geschrieben; mittelfränkisch mit Spuren einer altsächsischen Vorlage. Der Spruch ist Teil einer Sammlung medizinischer Texte und Glossare am unteren Rand von Blatt l-64 r .

Zaubetspriiche

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Quam Kris! endi santit Stephan vj ther burg sj Sakmun: thar uuarth sancte Stiphams hros entphangan. Soso Krist gibuotfa themo sancte Stephanes hrosse tha% entphangana, so gibuoq the it mid Kristesfullesti thessemo hrosse. Pater noster. Uuala Krist, thu geuuertho gibuo^ian thuruch thina gnatha thesemo hrosse tha% antphangana atha tha% spurial^a, sose thu themo sancte Stephanes hrosse gbuo^tos s j thero burg Saloniun. Amen. E . BONNER GESCHWÜRSEGEN CONTRA MALUM MALANNUM, B o n n , U n i v B . 2 1 8 ;

Bl. 41' (StSG. Nr. 39, BV. 71; VL. 2,9 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 26; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 383; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 109116; R. Reiche, Ein rheinisches Schulbuch, S. 432-436, 82-89; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.d.6; W. Haubrichs, Die Anfange, S. 424; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 88f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 6; E. Meineke - J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119). Eine von einer Hand der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts angelegte Sammelhandschrift mit astronomischen Texten, einer Grammatik des PHOCAS, einer Abhandlung über Zahlen und Bibelkommentare; Schulflorileg; mittelfränkisch. Der untere Rand von Bl. 40 v und 41r wurde von einer Hand des 11. Jahrhunderts zum Eintrag lateinischer Rezepte, eines lateinischen und des deutschen Zauberspruchs benutzt. Tunc fac crucem per medivm f et die: Ih bimuniun dih, suam, pi gode iouh pi Christe. daζ tu mewedar nigtuo noh tolc noh tot houpit. F. VATIKANISCHER (HEIDELBERGER) PFERDESEGEN A D PESTEM EQUI, R o m .

Vat. Pal. 1158, Bl. 68" (VL. 10,184 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 29; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 370; F. Wilhelm, Denkmäler, Nr. XVI; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.a.5; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 70f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 31; E. Meineke - J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119). Die Handschrift stammt wohl aus dem 12. Jahrhundert; nach Wilhelm ist sie rheinfränkisch oder hessisch-thüringisch. Der Spruch ist eingetragen als Nachtrag am oberen Rand der letzten Seite einer medizinischen Handschrift, die auch das LIBER VIATICUM CONSTANTINI AFRICANI enthält.

Ad pestem (qui. quod dicitur morth. die. Iohan. vuas ein man. Fares sin svn. genäsin thes. so do di% ris. desmordes. Paternoster, ter. G . VATIKANISCHER (HEIDELBERGER) PFERDESEGEN A D EQUUM INFUSUM,

Rom. Vat. Pal. 1158, Bl. 68" (VL. 10,184 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 30; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 370; F. Wilhelm, Denkmäler, Nr. XVI; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 97; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D. a.5; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr.31; E. Meineke - J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119). (s.o. F.)

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Item ad tquum infusum. die. Xrist ward an erthe geboren. in cribbi gwotfen. in slüthere bebünden. sa uerüren. Der heilige Crist böce disime rosse .N. ouerväggenes. geräys. thes wämbiijges. thes murmes. unte alles thes. the ime scathene si. in nomine domini! Daζ tir bo^e. Pater noster. post eadem ter. H . STRASSBURGER BLUTSEGEN GENZAN UNDE IORDAN, S t r a ß b u r g , v e r b r a n n t .

(VL. 9,375f. - M. Müller, Über die stilform, Nr. 4; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 375; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 94f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. E . l ; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 428f.; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 78f.; U. Schwab, Sizilianische Schnitzel, S. 261 f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 2; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119. Man vergleiche dazu auch den SCHLETTSTÄDTER BLUTSEGEN, E. v. Steinmeyer, S. 380, VL. 8,714f.). Von einer Hand des 11. Jahrhundets, alemannisch. Zum „Tumbo-Spruch" existiert i n d e r S a m m l u n g D E MEDICAMENTIS d e s MARCELLUS EMPIRICUS BURDI-

GALENSIS eine lateinische Parallele bzw. Vorlage. Singula ter äcat. Genzan unde Iordan kecken sament soqpn. to uerso% Genzan lordane te situn. to uerstont ta-^ plöt. uerstande ti^ plot, slant plot, stant plöt Jasto. Vro unde La^akere ke'ktn molt petritto. Tumbo saz in berke mit tumbemo kindt enorme, tumb hie% ter berth, tumb hieζ tat kint: ter hei&go Tumbo uersegene tivsa uunda. Ad strigendum sangmnem. I. REGENSBURGER AUGENSEGEN, Clm 14472, Blatt I66 v (VL. 6,752f. - E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 386; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 96f.; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 88f. und S. 290; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 20; E. Meineke — J. Schwerdt, Einführung, S. 119). Von einer Hand des 11. Jahrhunderts am unteren Rand des Schlussblattes einer lateinischen Predigthandschrift des 9. Jahrhunderts aus St. Emmeram aufgezeichnet. Zur Heilung des Blinden durch Christus vergleiche man Io 9,1-41 (Jesus sendet einen Blinden zu einem Teich, damit er die Augen wasche). Es handelt sich hier im engeren Sinne nicht um einen Zauberspruch, sondern nur um die Anleitung zur Verwendung eines Zauberspruches. Der Spruch, den der Heiler sagen soll, folgt Io 9,7. In neuhochdeutscher Übersetzung: „Geh zum Teich Siloah und wasche dich." Ganc demo fiesgentemo wasgera unta ne%e imo sine ougen unta quit mit demo selben segena, so der alemahtige got dtmo regenplinten segenita siniu ougan, der der daζ tages Seht nie negesah, unta imo sin gesiune mite gap: da mite si dir din ouga gesegenet. da% dir φ büs^a. amen. J . ZÜRICHER PFERDESEGEN CONTRA REHIN, Zürich, Stadtbibl. C 58; Bl. 47 r

(StSG. Nr. 658, BV. 1001; VL. 2,10f. - J. Bächtold, Geschichte der deutschen Literatur, S. 14; M. Müller, Über die stilform, E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler,

Zaubersprüche

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S. 372f.; F. Wilhelm, Denkmäler, XXV, S. 384-392; G. Roethe, Zu den altdeutschen Zaubersprüchen, S. 280-282; A. Schirokauer, Form und Formel, S. 359f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. A.2; Nr. 17; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 422; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 72-74; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 40; E. Meineke - J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119). 11. Jahrhundert; ein unter den lateinischen Ergänzungen zum mittelhochdeutschen ZÜRICHER ARZNEIBUCH als planmäßiger Eintrag überlieferter Spruch. Er ist als einziger bisher nicht sicher gedeutet. Nur wenige Forscher haben es gewagt, dem Text einen gewissen Sinn abzutrotzen; an überzeugendsten ist Toblers Versuch in J. Bächtholds Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz, S. 14: „Mahr fahre hin! Nirgends, wo Schutz war. war Mahr! Wohin kamst du damals? Fahre in deine Gebirge, in deine Wasserseen zurück! Das dir zur Abwehr." Sieh dazu auch V. Holzmann, „Ich beswer dich". S. 62. Contra rehin. Prima die pattr noster. in dextram aurtm. Marh phar. nienetar. mvntwas. marhwas. war come dv do. vor in dime, eiprige. in dine, marisere. da% dir be^e. ter et pater noster. K . ABDINGHOFER (LONGINUS-)BLUTSEGEN A D RESTRINGENDUM SANGUINEM,

New York, Pierpont Morgan library Hs. Μ 863 f. 5V (VL. 1,6 - C. Selmer, An unpublished old german blood charm, S. 345-354; Ε. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 27). Von einer Hand vom Ende des 11., Anfang des 12. Jahrhunderts aus dem Kloster Abdinghof bei Paderborn; rheinfränkisch. Auf f. l r -5 v der medizinischen Handschrift ein lateinischsprachiges Aderlasstraktat des ROGER FRUGARDI, in den kurz vor Schluss der Spruch eingefugt ist. Es folgt MACER FLORIDUS, De viribus herbarum. Zur Seitenwunde Christi vergleiche man Io 19,34. C. Selmer: Ad restringend sanguine. Longinfus) stach den eigen crist mit einimo spere in sine cesewen sidin / dan uz ran tvascer undt bluod mid dem btuode der aberlost wart al mankun ne / middemo wascere da abege wascen wart al menischtich sunda / dannen abege biden ich dir tichama da^ du me mer ne bluo des Pat(er) n(oste)r. L. MÜNCHNER HALSSEGEN, Clm 23390; Bl. 59 v (VL. 6,761 - G. Roethe, Ein la-

teinischer Segen, S. 220f.; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 387f.; F. Wilhelm, Denkmäler, Nr. XIX; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 90f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 24; E. Meineke - J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119). Eine oberdeutsche Handschrift mit Predigten des Weihnachtsfestkreises vom Anfang des 13. Jahrhunderts mit lateinischem Blasiussegen mit spätalthochdeutscher Überschrift und Handlungsanweisung. BLASIUS VON SEBASTE ist der ständige Nothelfer bei Halskrankheiten (s. E. Gorys, Lexikon, S. 66f.). Die deutschen Sprachformen weisen auf eine ältere Vorlage, vermutlich des 10. oder 11. Jahr-

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hunderte. Den Inhalt der Handschriften bilden Reste verschiedener Handschriften des 12. u. 13. Jahrhunderts, die beim Einbinden mehrfach in Unordnung geraten sind. Der Spruch füllt die letzten 5 Zeilen eines Blattes, auf dessen Vorderseite ein BREVIARIUM APOSTOLORUM abschließt. Die Rückseite enthält verschiedene lateinische Notizen. Abweichend vom Abdruck bei Steinmeyer wird die ursprüngliche Schreibung famuk und tarn (hier Zeile 2) beibehalten. In der Handschrift wurden die Feminina erst nachträglich zu famuli und eum korrigiert. Die ursprünglich femininen Formen weisen auf die Herkunft des Spruches aus einem Frauenkloster. Dies erklärt vermutlich auch den deutschsprachigen Rezepteingang· Suemo du ktla. virsuillit. Segeno. Domine. Ihesu Christe per orationem famuli tut sancti Blasit. Festina in adiutorium famuk dei .N. et mox in eum fac misericordiam tuam ad gltriam et laudem nominis tut domine. Dar nach, sprich, dristunt. Pater noster qui es in c(lis. s. n. t.

Bamberg, SB, Mise. Med. 6, BL. 139* ( V L . 1,593 M. Müller, Über die stilform, Nr. 20 u. 35; A. Jacoby, Der Bamberger Blutsegen, S. 200-209; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 377; StSG. Nr. 13; F. Wilhelm, Denkmäler, Nr. X V I I I ; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 94f.; H. Stuart F. Walla, Die Überlieferung, Nr. A.10; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 427; R. Bergmann, Die Bamberger Glossenhandschriften; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 78-81; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 4; E. Meineke J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119; M. Schulz, Magie, S. 327-336). M . BAMBERGER BLUTSEGEN,

Von einer Hand des 12. Jahrhunderts, ostfränkisch. Eine ausfuhrliche Beschreibung der Medizin-Handschrift bei StSG. Nr. 13. Der Spruch steht zwischen Exzerpten einer lateinischen Rezeptsammlung zur Blutstillung (LIBER PAUPERUM). Das Motiv des Blutsegens findet sich im EVANGELIUM INFANTIAE ARABICUM. Crist unte Iudas spikten mit Spieka, do wart der heiügo Xrist nmd in sine siton. de nämer den dvmen. unte uordühta se uorna. So uerstant du bluod söse Iordanis aha uerstunt. do der heiügo lohannes den heilanden Crist in in tovfta. da^ dir ζο bv%a. Crist wart hi(en) erden wnt. daζ wart da χι himek chunt. nebar. ta% was ein fikguote stunte. heil sis tu wnte!

neblötete, noch nesvar. noch nechein eiter

Paris, Nouv. acquis, lat. 229; Bl. 9" (VL. 2,11 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 13; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 373f.; F. Wilhelm, Denkmäler, Nr. XVII; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 92f.; A. Borst, Ein Forschungsbericht, S. 444-459; L. Sturlese, Die deutsche Philosophe, S. 63. H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr.B.10; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 420 u. 425; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 74f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zauberspriiche, Nr. 28; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119).

N . PARISER WURMSEGEN CONTRA UERMEM EDENTEM,

Zauberspräche

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Von einer Hand des 12. Jahrhunderts zusammen mit sechs deutschen und einigen lateinischen Sprüchen am Schluss eines lateinischen Medizintraktates; rheinfränkisch. Auf Auszüge aus dem medizinischen Handbuch des byzantinischen Arztes ANTHIMUS (6. Jahrhundert) folgen in lateinischer Sprache diätetische Anweisungen für einzelne Monate, ein Abriss der Säftelehre, Regeln für den Aderlass, Rezepte gegen Kopfschmerzen, Augenkrankheiten, Zahnschmerzen, Steinleiden und Epilepsie. Magische Beschwörungen, die ins Ohr geraunt oder - auf Pergament geschrieben — aufgegessen werden sollen, werden empfohlen. Auf die teils lateinisch-deutschen, teils ganz volkssprachigen Zaubersprüche folgt ein lateinischer Fiebersegen, demzufolge Hostien mit Kreuzen, Sakralworten und dem Namen des Kranken zu beschriften und diesem zu verabreichen seien. Die medizinischen ANTHIMUS-Exzerpte und die Zaubersprüche stammen von derselben Hand. Auf f. 10v-66r schließen sich dann mathematisch-astronomische Schriften, besonders aus dem Umkreis HERMANNS DES LAHMEN, an, u.a. der sogenannte Komputus NOTKERS DES DEUTSCHEN.

Contra utmtftt edentem. Ih gebiude Mr, wurm, du in dtmo flash /igest, si Mn einer, sin din qtene, suie filo din si, in nomine patris et filii et spiritus sancti, bi Ihesu Na^areno, der Bethleem geboren wart, influmineIordanis getoufet wart, Iherusalem gemarteret wart, monte oüueti himilefuor, da% du des flashes niewet mer engest unde des bluotes niewet mer trinkest des mannes .N. t des wibes. in gotes namen amen, f Quicumque bomini hat mediana vermem emendart ueüt, caueat, ne ahcui iumento per earn emendet, quia postea bomini non proderit. O . PARISER FALLSUCHTSEGEN CONTRA CADUCUM MORBUM, Paris, Nouv. acquis, lat. 229; Bl. 9" (VL. 2,8f. - M. Müller, Über die stilform, Nr. 10; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 380f.; G. Baesecke, Contra caducum, S. 234— 236; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 98-101; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. B.8; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 422; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 84—87; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 28; E. Meineke - J. Schwerdt, Einfuhrung, S. 119).

(s.o. N.). Die Handlungsanweisung des Fallsuchtsegens ist lateinisch, in der parallelen Überlieferung DONER DUTIGER dagegen deutsch. Die Parallelversion stammt von einer älteren Hand, ist aber sprachlich jünger. Für den Pariser Spruch ist daher ein höheres Alter als das 12. Jahrhundert anzunehmen. Contra caducum morbum. Accede ad infirmum iacentem. et a sinistra vsque ad dextrum latvs spadans. sicque super eum stans die ter. Donerdutigo. Metenngo. do quam des tiufeles sun. uf adames bruggon. unde sciteta einen stein ce wite. do quam der adames sun. unde sluog des tiufeles sun %einero studon. petrus gesanta. paulum sinen bruoder. da %er aderuna. aderon jerbunde pontum patum. /erstieg er den satanan. also tuon ih dih unreiner atbmo. Jon disimo christenen kchamen. also sciero werde buo% Msemo christenen kchamen. so säen so ih mit den handon. die erdon beruere. et lange terram utraque manu . et die pater noster. Post h(c transiüas ad dextram et dextro pede dextrum latus eius fange et die. stant uf wa% was Mr. got der gebot Mr «ζ. hoc terfac. et mox uidebis infirmum surgere sanum.

102

Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

Die frühmittelhochdeutsche Parallelversion wird zum Vergleich beigefugt: REGENSBURGER FALLSUCHTSEGEN DONER DUTIGER (PRO CADENTE MORBO),

Clm 14763; Bl. 88v (VL. 2,8 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 10; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 380f.; J. A. Huisman, Contra caducum morbum, S. 39-50; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.d.4; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 422; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 84f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 21). Von einer Hand des 11. Jahrhunderts, baltisch. Ursprünglich in Versform. Zwischen einer lateinischen Grammatik des PR1SCIANUS und einer Dialektik zusammen mit dem lateinischen Spruch PRO FLUXU SANGUINIS als Nachtrag auf freigebliebenem Raum. Doner dutigerp cadente mor diet mahtiger stuont uf der adame^p'ucche schitote den stein %emo Wite. Stuont des adtsmeζ sjtn. unt she den tieueUs vjtn. φ der studein. Santpef. sante sjtten prüderpaukn da% er arome adren ferbunte frtpunte den paten. frigetgden samatb fiiwi^e dih unreiner ate. Jon disemo menesche sp sciero diu hant wentet %er erden, ter cüpat nr. P. PARISER ÜBERBEINSEGEN CONTRA UBERBEIN, Paris, Nouv. acquis, lat. 229; Bl. 9' (VL. 2,11 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 12; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 386; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 98£; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr.B.9; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 90f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 28; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119). (s.o. N.). Der Sprachstand ist spätalthochdeutsch, die Handlungsanweisung ist lateinisch. Lignum de sepe uel aliunde sumptum pone super uberbein faciens crucem et ter dicens pater noster, odditis his teutonicis uerbis: Ih besueren dih uberbein, bi demo hol^e, da der abnahtigo got an ersterban wolde durich meneschon sunda, da% du suinest unde in al suachost. Si hoc tribus diebus dilueulo feceris, uberbein euanescere citius uidebis. Q. PARISER BLUTSEGEN AD FLUXUM SANGUINIS NARIUM, Paris, Nouv. acquis, lat. 229; BL. 10r (VL. 1,29 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 14; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 379; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. B.13; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 420; K.A. Wipf, Poetische Denkmäler, S. 82f.; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 28; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119). (s.o. N.). Christ und Iohan gengon spo der Iordan. do sprach Christ: 'stant, Ionian, bi% ih unde lohan über dih gegan'. also Iordan do stuont, so stant du .N. illivs bluot. hoc dicatur ter et singulis uicibus fiat nodvs in crine hominis.

Zaubersprüche

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R . PARISER PFERDESEGEN A D EQUUM ERREHET, P a r i s N o u v . a c q u i s , lat. 2 2 9 ; B l .

10r (VL. 1,27 - W. Scherer, Kleine Schriften, S. 584-587; M. Müller, Über die stilform, Nr. 11; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 373; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 86f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. B. 11; W. Haubrichs, Die Anfange, S. 422 u. 430; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 28; E. Meineke - J . Schwerdt, Einführung, S. 119). (s.o. N.). Der Zaubersptuch gibt durch seinen altertümlichen Wortschatz, etwa arngrihte zu ahd. eragvhti 'Herrlichkeit, Huld, Gnade, Bamherzigkeit' (L.O.) und grisel zu ahd. crisil 'grau' (N.) deutliche Hinweise auf sein hohes Alter. Diese Lexeme sind im Mittelhochdeutschen bisher nicht bezeugt. Auch das Fehlen des unbestimmten Artikels beim ersten Wort erscheint als altertümlicher Zug. Ad equum errfhet. Man geng after wege, %oh sin ras in handon. do begagenda imt min trvhlin mit sinero arngrihte. ,wes, man, gestu? φ neridestu?' mag ih ritenl min ros ist errfhet.' ,nu ^juheζ da bifiert, tu rune imo in da^ ora, drit an den cesewenfuo% so wirt imo des errtheten buo%. Pater noster. et terge crura eius et pedes, dicens 'also seien werde disemo — cuiuscumque colons sit, rot, suar^ blanc, nah, grisel,feb - rosse des errtheten buo% samo demo got da selbo buo^ta'. S . PARISER WURMSEGEN CONTRA UERMES PECUS EDENTES, P a r i s , N o u v . a c q u i s ,

lat. 229; Bl. 10r (VL. 2,11 - M. Müller, Über die stilform, Nr. 28; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 373; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 92f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. B.12; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 28; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119). (s.o. N.). Contra uermes pecus edentes. Ib besuere dih sunno, bi saneto Germano, da% tu hiuto nescin, e dtmo die colorem - fiehe die wurme u^sin. Altsächsischer Herkunft sind: -

D i e altsächsische PRO NESSIA-Fassung CONTRA VERMES (s. ο. A.)

-

DER WIENER SPRUCH D E HOC QUOD SPURIHALZ DICUNT, W i e n , Ö N B 7 5 1

(StSG. IV, Nr. 599, BV. 922; VL. 4,75f. - M. Müller, Über die stilform, Nr. 25; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler S. 372; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 53-57; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 88f.; H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.c.2; U. Schwab, Sizilianische Schnitzel, S. 288-290; E. Hellgardt, Die deutschen Zaubersprüche, Nr. 38; E. Meineke - J. Schwerdt, Einführung, S. 119; M. Schulz, Magie, S. 303-322). -

D e r TRIERER BLUTSEGEN A D CATARRUM DIC, T r i e r , 4 0 / 1 0 1 8 ( B V . 8 7 9 ; V L

1,27f. - E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 378, H. Stuart - F. Walla, Die Überlieferung, Nr. D.a).

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

Die frühmittelalterlichen volkssprachigen Zaubersprüche zerfallen inhaltlich in zwei Gruppen: in humanmedizinische und hippiatrische Formeln. Meist handelt es sich um Wundsegen oder um Blutsegen. Allerdings ist die Zuweisung zu einer der beiden Gruppen von vornherein nicht immer eindeutig. Sie kann wie beim Spruch PRO NESSIA und CONTRA UBERBEIN von der Deutung eines einzelnen Lexems abhängig sein.400 Auf menschliche Krankheiten zielen: 1. Blutsegen 1.1 LONGINUS BLUTSEGEN 1.2 STRASSBURGER BLUTSEGEN GENZAN UNDE IORDAN 1.3 ABDINGHOFER (LONGINUS-)BLUTSEGEN AD RESTRINGENDUM SANGUINEM 1.4 BAMBERGER BLUTSEGEN 1.5 PARISER BLUTSEGEN AD FLUXUM SANGUINIS NARIUM 2. Wurmsegen 2.1 PARISER WURMSEGEN CONTRA UERMEM EDENTEM 2.2 PARISER WURMSEGEN CONTRA UERMES PECUS EDENTES 3. Geschwürsegen 3.1 GESCHWÜRSEGEN CONTRA MALUM MALANNUM 4. Fallsuchtsegen 4.1 PARISER FALLSUCHTSEGEN CONTRA CADUCUM MORBUM 5. Halssegen 5.1 MÜNCHNER HALSSEGEN 6. Augensegen 6.1 MÜNCHNER (ST. EMMERAMER) AUGENSEGEN Hilfe bei der Heilung eines erkrankten oder verwundeten Pferdes versprechen: 1. DER ZWEITE MERSEBURGER ZAUBERSPRUCH 2. TRIERER PFERDESEGEN INCANTATIO CONTRA EQUORUM EGRETITUDINEM QUAM NOS DICIMUS SPURIHALZ 3. VATIKANISCHER (HEIDELBERGER) PFERDESEGEN AD PESTEM EQUI 4. VATIKANISCHER (HEIDELBERGER) PFERDESEGEN AD EQUUM INFUSUM 5. ZÜRICHER PFERDESEGEN CONTRA REHIN 6. PARISER PFERDESEGEN AD EQUUM ERREHET Nicht mit letzter Sicherheit einer der beiden Gruppen zuzuordnen sind: Der Spruch PRO NESSIA und der PARISER ÜBERBEINSEGEN. Die vergleichsweise große Anzahl hippiatrischer Sprüche erklärt sich vor allem durch die Bedeutung der Pferde fur die frühmittelalterliche Gesellschaft und die aus der nicht-literaten Schicht der Stallmeister, Schmiede und Hirten stammende Gruppe der Pferdeheiler. Ihre Verschriftung wurde möglicherweise dadurch er400 Zum Spruch PRO NESSIA vergleiche man G. EIS, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 7-30; R. REICHE, Neues Material, S. 1-24.

Zaubersprüche

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leichtert, dass die Aufzeichnung und auch die Anwendung eines magischen Heilzaubers bei Pferden weniger Anstoß erregt haben könnte als eine humanmedizinische Verwendung. Einen plausiblen Grund für die Aufzeichnung von Zaubersprüchen gleich welcher Art wird man nur dann erkennen, wenn man davon ausgeht, dass die Schreiber die Sprüche auch unabhängig von ihrer gedächtnismäßig mündlichen Existenz im neuen Medium der Schrift verfügbar machen wollten. „Dies konnte aber nur gewährleistet sein, wenn er am Ort seiner Aufzeichnung auch wieder auffindbar war und zwar nicht nur für den Schreiber selbst, sondern für jeden berufenen Dritten."401 Die Wiederauffindbarkeit richtet sich dann vor allem danach, in welchen Textzusammenhängen ein Zauberspruch niedergeschrieben wird. Die Zusammenstellung zeigt, dass die große Mehrzahl der medizinischen Zaubersprüche in Sammelhandschriften in Gesellschaft mit anderen lateinischen medizinischen Texten überliefert ist. Dies trifft vermutlich deshalb nur auf die Mehrzahl, nicht aber auf alle medizinischen Zaubersprüche zu, weil „es in der vorsalernitanischen Periode des medizinischen Schrifttums im frühen Mittelalter in Deutschland nur relativ wenige Kompendien dieses Typs gegeben hat, die sich als Eintragungsort der deutschen Segen angeboten hätten."402 Vielleicht wäre auch die absolute Zahl der überlieferten medizinischen Zaubersprüche größer, wenn die Anzahl der medizinischen Kompendien höher gewesen wäre.403 Die erhaltenen Kompendien, allen voran die Handschrift Paris, Nouv. acquis, lat. 229, bezeugen wie schon die Rezeptsammlung des MARCELLUS BllRDIGALENSIS eindringlich das Nebeneinander von empirisch-medikamentöser und magisch-spiritueller Heilkunst im frühen Mittelalter. Bei den Zaubersprüchen handelt es sich in der Regel nicht um irgendwelche nachträglichen Randeintragungen, sondern um „planmäßig inserierte Stücke", die in einen lateinisch-medizinischen Kontext eingebettet sind.404 Die näheren lateinischen Kontexte gehören also weit häufiger, als es ein überlieferungsgeschichtlicher Zufall hervorrufen könnte, in den Bereich der Medizin. Und die Überlieferungslage zeigt auch, dass diese Art der Medizin im Unterschied zu heutigen Vorstellungen im Mittelalter durchaus Teil eines naturkundlich-wissenschaftlichen Weltverständnisses sein konnte.405

401 E. HELLGARDT, Die deutschen Zaubersprüche, S. 9. 402 Ebd., S. 30f. Zu den möglichen Eintragungsorten siehe A. BECCARIA, I Codici di Mediana. 403 Allerdings lassen sich auch einzelne nicht glossierte Kompendien finden, man vergleiche etwa R. LAUX, Ars medicinae. Die Seltenheit lateinischer Kompendien reicht als alleinige Erklärung also nicht aus. 404 E. HELLGARDT, Die deutschen Zaubersprüche S. 32. 405 Dies kann E. HELLGARDT, Die deutschen Zaubersprüche, S. 37f. in kritischer Auseinandersetzung mit A. BORST am Beispiel der Handschrift Paris, Nouv. acquis, lat. 229 überzeugend nachweisen. Der von A. BORST, Ein Forschungsbericht, S. 447 u. 459 ausgehend von einem modernen Wissenschaftsverständnis postulierte Gegensatz zwischen dem „rein wissenschaftlichen", „mathematisch-astronomischen" Teil und einem primitiven, medizinisch und magisch-medizi-

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

1.2 Die Merkmale der Textsorte Die ältere Forschung hat vor allem versucht, zwei Gruppen von Zaubersprüchen voneinander abzugrenzen: Einen ersten, stärker narrativ-legendenhaften Typ mit Rahmenhandlung, der auf der Analogiewirkung von Rahmen- und Heilhandlung beruht und einen zweiten Typ ohne epische Einkleidung, der vor allem durch Imperativische Formeln gekennzeichnet ist. Diese Gliederung ist zur ersten Orientierung nützlich, doch sind die Übergänge zwischen beiden Typen fließend.406 Im Vordergrund sollten statt dessen, insbesondere in einem fachgeschichtlichen Zusammenhang, die inhaltlichen und funktionalen Gemeinsamkeiten der Zaubersprüche stehen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Typen sollen im Folgenden herausgearbeitet werden. Viele medizinische Zaubersprüche enthalten eine direkte Handlungsanweisung. Oft wird sie durch einen analogischen Bezug auf eine Vorbildhandlung eingeleitet. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Handlungsanweisung oder die Vorbildhandlung in der Volkssprache oder auf Latein wiedergegeben wird.407 Das charakteristische Handlungsmuster dieses Typs ist die Tätigkeit des Heilens durch den Akt der Beschwörung. Manchmal wird die Beschwörungshandlung durch ein performatives Verb (biguolen, bimunian, biden, gibiuden, besuenn, runeri) explizit gemacht.408 Wenn über die Handlungsanweisung hinaus ein „Verbum der Beschwörung", etwa in Ih bimuniun dih „ich beschwöre dich", tu rune imo in da% ora „raune es ihm in das Ohr" oder thu biguokn Uuodan „da besprach ihn Wodan ..." erscheint, dann vertritt das performative Verbum der Beschwörung im Zauberspruch den Platz des Heilmittels. Daneben treten jedoch in eher noch größerer Zahl implizite performative Akte auf {gang ni gituo, var tri). Zwei Beispiele (DER ZWEITE MERSEBURGER ZAUBERSPRUCH, PARISER PFERDESEGEN A D EQUUM ERREHET,

Teil 1) machen deutlich, dass es darüber hinaus sogar ausreicht, über den Vorgang einer Beschwörung zu sprechen, ohne sie selbst explizit auszuführen {thu biguokn Sinthgunt...). Es genügt hier, die Situation einer bereits früher, von anderen vollzogenen Beschwörungshandlung erneut zu vergegenwärtigen. Dennoch kann auch dieser Typ zur Heilung eingesetzt werden, also unmittelbar einen Zustandswechsel in der Welt herbeifuhren. Die Klassifikation nach Sprechakten ist daher

nischen Teil der Handschrift hat in dieser Form nicht bestanden. - Eine kommentierte Faksimileausgabe der für die Sprüche einschlägigen Seiten bereitet U. SCHWAB vor. Zur Bedeutung der Handschrift vergleiche man auch L. Sturlese, Die deutsche Philosophie, S. 63. 406 Man vergleiche auch H.-J. BEHR, Von Wodan bis Henne, S. 338f. Eine Zusammenstellung der in der Forschung bisher vorgeschlagenen Gliederungsmöglichkeiten gibt U. SCHWARZ, Sizilianische Schnitzel, S. 261-263. 407 Man vergleiche auch S. FEIST, Runen und Zauberwesen, S. 278. „Im Wort ist die Zauberkraft erhalten, einerlei, ob es für den Sprechenden einen Bedeutungsinhalt hatte oder nicht. Nur der geheiligte Brauch war entscheidend." 408 Siehe J. AUSTIN, How to do things with words. Man vergleiche auch den Typ „Deklarationen" in der Klassifikation J. SEARLEs, A classification.

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zwar geeignet, einige wesentliche Merkmale der Textsorte „Zauberspruch" offen zu legen, sie reicht aber offensichtlich allein noch nicht zur ihrer vollständigen Beschreibung aus. Maßgeblich für die erfolgreiche Durchführung des Handlungsmusters „Heilung" ist entweder ein einzelnes Wort oder die sprachliche Form der Zaubersprüche insgesamt. Den Typ 1 des narrativ-legendenhaften Prosa-Zauberspruchs repräsentieren die Blutsegen. Auch einige der Pferdesegen gehören in diese Gruppe. Sie unterscheiden sich sprachlich auf den ersten Blick nicht oder nur wenig von anderen Kurzprosatexten. Ihre magische Wirkung erreichen sie vor allem durch die Funktion ihrer Textteile, etwa durch Imperativische Anreden und die Nennung des Namens einer wirkungsmächtigen Instanz, meist durch Jesus Christus oder einen Heiligen. Oft wird mit Hilfe der Schilderung der Vorbildhandlung (Jesus stillt eine Wunde, Jesus bringt das Fließen des Jordans zum Stillstand) die Macht dieser Instanz demonstriert. Die Nennung des Namens genügt, um die mit der Person verbundene Kraft zu aktualisieren. Durch die analogische Beziehung zwischen Vorbildhandlung und Erkrankung wird die Kraft auf die zu behandelnde Stelle gelenkt. Die sprachliche Form des gesamten Spruchs, also sein Rhythmus und die Syntax etc., ist für den Heilerfolg nicht unmittelbar maßgeblich. Sie beruht hier, wie in vielen archaischen Kulturen, allein auf der magischen Kraft des Wortes.409 Anders beim zweiten Typ. Nicht zuletzt deshalb haben die poetisch durchgeformten Verstexte stets im Mittelpunkt des Interessen der Zauberspruch-Forschung gestanden. Hierher gehören etwa der Spruch PRO NESSIO, die MERSEBURGER ZAUBERSPRÜCHE, d i e VATIKANISCHEN PFERDESEGEN u n d d e r ZÜ-

RICHER PFERDESEGEN. Sie entfalten ihre Wirkung nicht über ein magisches Wort allein, sondern sie steigern die Wirkung noch weiter mit Hilfe der sprachlichen Form. So schaffen sie eine Atmosphäre, in der die Konzentration vollständig auf die zu behandelnde Krankheit gerichtet ist. In der maximalen Bündelung der Konzentration liegt ihre heilende Kraft. Charakteristisch für diese innere sprachliche Form ist zunächst ihre eigentümliche Syntax. Das syntaktische Muster dieser Zaubersprüche ist streng geregelt. Es überwiegen einfache Strukturen des Typs sose bennnki, sose bluotrenki oder ben % bena, bluot i j bluoda (MERSEBURGER ZAUBERSPRUCH). Der starre Gleichlauf des parataktischen Satzbaus wird durch Wörter aus dem Bereich der Krankheits- und Körperteilbezeichnungen angefüllt. Im Spruch PRO NESSIA wird so „das beschworene tatsächliche Ereignis, die Wan409 Die Theorie des magischen Wortes beruht auf der gedachten Identität von res und signum. Man vergleiche dazu etwa M. FOUCAULT, Die Ordnung der Dinge, S. 67, W. Porzig, Das Wunder, S. 210f. sowie M. SCHULZ, Magie, S. 175f. mit weiterer Literatur. Zum Verständnis der magischen Wirkung sei darauf hingewiesen, dass ihr keine perlokutionären Akte zu Grunde liegen, die beim Patienten bzw. Rezipienten bestimmte Wirkungen hervorrufen sollen. Dieser menschliche Rezipient steht im Zauberspruch außerhalb der Betrachtung. - Hier und im folgenden soll es nicht darum gehen, die Theorie des magischen Wortes und die Wirksamkeit der Zaubersprüche als „wahr" zu erweisen. Das Ziel ist allein, Einblicke in die Intentionen der Sprecher und Verfasser von Zaubersprüchen zu gewinnen.

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

derung des Wurmes aus dem Körper des kranken Tieres, sprachlich abgebildet. Es wird - zumindest bei den damaligen Rezipienten - evoziert durch eine lineare Zeichenverkettung, der eine homologe zeitliche Reihe im Objektbereich entspricht. Das magische Vertrauen in die Kraft der poetischen Reihe basiert auf der Ähnlichkeit, der evokativen Äquivalenz, die zwischen dem gesprochenen (und gespielten) Ereignis und dem Heilungsvorgang selbst bestehen soll."410 Damit gilt für diese Vertreter der Textsorte „Zauberspruch", was Roman Jakobson bei der Untersuchung moderner Lyrik als „Überstrukturierung" bezeichnet hat.411 So soll zum Ausdruck kommen, dass ein poetisches Sprachkunstwerk gegenüber Prosatexten über zusätzliche bzw. mehrdimensionale Strukturen der Zeichenverkettung verfügt. Sie weisen möglicherweise auf das von Walter Benjamin so bezeichnete ursprüngliche „mimetische Vermögen" des Menschen hin.412 Gegen die Charakteristik des Poetischen im Rahmen einer Abweichungsstilistik als Ergebnis einer sprachlichen „Überstrukturierung" ist allerdings mit Recht eingewendet worden, dass es in der Sprache keine mitdere Ebene gebe, von der aus betrachtet ein poetischer Text als „überstrukturiert" gelten könnte.413 Was für poetische Texte gelten kann, muss aber nicht ohne weiteres auch für Zaubersprüche gültig sein. Im Unterschied zu sprachlichen Kunstwerken, die eine ästhetische, aber keine bestimmte Gebrauchsfunktion erfüllen müssen, macht es gerade das Wesen des Zauberspruches aus, dass mit Hilfe der Sprache eine konkrete Wirkung erzielt werden soll. Im Vordergrund steht dabei die Intention, die mit der Formulierung eines Zauberspruches verbunden ist. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob der Zauberspruch in einem modernen Verständnis „funktioniert" oder nicht oder ob er zum Zeitpunkt der Niederschrift „funktioniert" hat.414 Das Moment der unmittelbaren magischen Wirkung, hier der Heilung einer Krankheit durch Sprache, die nur im Zauberspruch und verwandten Texten auftreten kann, unterscheidet Zaubersprüche von allen übrigen Textsorten. Und die sprachlichen Strukturen, die das Besondere des Zauberspruchs ausmachen, und nur diese, können zur Abgrenzung von allen anderen Texten als „Überstrukturierung" bezeichnet werden. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte jedoch besser statt von „Überstrukturierung" von einer „Maximalstruktur" gesprochen werden. Damit entfällt das Konstrukt einer mitderen sprachlichen Ebene, von der aus poetische Strukturen beschrieben werden. In den althochdeutschen poetischen medizinischen Zaubersprüchen beruhen diese maximalen Strukturen der Zeichenverkettung 410 Man vergleiche M. GEIER, Die magische Kraft der Poesie, S. 365. 411 R. JAKOBSON, Linguistik und Poetik, S. 142-178, bes. S. 153. Siehe dazu M. GEIER, Die magische Kraft der Poesie. S. 376f. 412 W. BENJAMIN, Lehre vom Ähnlichen, S. 204. 413 E. COSERIU, Textlinguistik, S. 146-149. 414 Man vergleiche dazu die letztlich am Kern der Sache vorbeigehenden Vorstellungen von H. STUART - F. WALLA, Zur Überlieferung. Siehe dazu auch B. MURDOCH, Peri Hieres Nousou, der die medizinische Bedeutung zwar anerkennt, jedoch glaubt, dass ihre Wirkung auf Einbildung beruht und H.-J. BEHR, Von Wodan bis Henne, S. 347f.

Zaubersprüche

unter anderem auf dem Stabreim (etwa gang

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Nesso, mit niun nessinchilinon), auf

morphologischen Parallelismen (etwa sose benrenki, sose bluotrenki, sose Udirenki oder fonna demu fleiske in da%Jel,fonna demo velle in di% tulh), synonymischen Beziehlingen (etwa thes wambtrqges. thes würmts. unte alles thes), rhythmischen Gleichläufen (etwa thu biguolen Sinthgunt, Sünna era suister, thu biguokn Friia, Uolla era suister, thu biguolen Uuodan, so he uuola conda) u n d d e m archaischen Wortschatz (wie e t w a Marh, bigatan, arngrihte, bifieri).

Die Entfaltung der magischen Kraft durch das Mittel der rhythmischen Gleichläufe beschreibt U. Schwab überzeugend am Beispiel des Straßburger Blutsegens (H.) 415 Es kommt also auf das Wort tumbo bei dieser unsinnigen Unhandlung allein an, auf die monotone Wiederholung, die beim Aufsagen auch tonal herausgehoben worden sein mochte. Bei der wie auch immer zu erfolgenden Verlautung spielt natürlich auch der Rhythmus eine Rolle: zweimal zwei paarweise gleichgebaute Vierheber enthalten tumbo an der ersten betonten Stelle; die bei dem ersten Paar klingenden, beim zweiten stumpfen Kadenzen ersetzen in ihrer Übereinstimmung Reim oder Assonanz. Die Energie konzentriert sich auf das Wort tumbo selbst.

Unter den genannten Merkmalen sind es vor allem die synonymischen Beziehungen, die auch im narrativen Prosa-Zauberspruch für ein hohes Maß an Komplexität sorgen. Synonymische Beziehungen kennzeichnen hier die Verknüpfung von Vorbildhandlung und analogem Heilzauber, so etwa die Beziehung zwischen demo ßeigentemo watgera und regenplinten i m MÜNCHNER AUGENSEGEN o d e r bi demo hol^e u n d uberbein i m PARISER ÜBERBEINSEGEN. I m ZWEITEN MERSEBURGER ZAUBERSPRUCH treffen viele dieser M e r k m a l e auf e n g s t e m R a u m z u s a m m e n . Ein Syntagma w i e sose benrenki, sose bluotrenki, sose

lidirenki ist morphologisch parallel gebaut, zeigt rhythmischen Gleichlauf und archaischen Wortschatz. Dies machte früher seine besondere Wirksamkeit, heute seinen hohen ästhetischen Rang und seinen Bekanntheitsgrad aus. Diese Maximalstrukturierung führt zu einem Mehr an kontextueller Struktur und zugleich auch zu einem Weniger an Variation und narrativer Ausführlichkeit. So ist etwa für Attribute oder komplexere Nominalgruppen in den poetisch durchgeformten Zaubersprüchen — wie auch in den meisten narrativen Zaubersprüchen — in der Regel kein Platz. Allenfalls Besitz- oder Zugehörigkeitsverhältnisse, wie demo Baldens uolon bzw. demo Balderes uolon sin uuo% (ZWEITER MERSEBURGER ZAUBERSPRUCH) o d e r themo sancte Stephanes hrosse aus d e m TRIERER PFERDESEGEN wer-

den durch Nominalgruppen geklärt.416 Durch ihre sprachliche Form stehen die poetischen Zaubersprüche am oberen Rand der Skala dessen, was an Komplexität in der Sprache möglich ist. Ihre „Maximalstruktur" wird im Rahmen expliziter oder impliziter performativer 415 U. Schwarz, Sizilianische Schnitzel, S. 265f. 416 Ausführlicher zur Syntax der alt- und mittelhochdeutschen Zaubersprüche J. RlECKE, Beobachtungen zur Syntax, S. 30-33.

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

Sprechakte zum charakteristischen Merkmal der Textsorte „Poetischer Zauberspruch". Gemeinsam ist beiden Typen dagegen ihre Funktion. Für alle Zaubersprüche ist charakteristisch, dass sich die zentrale Handlungsanweisung nie an das kranke Lebewesen selbst richtet. Angesprochen wird der Krankheitsverursacher bzw. die Wunde oder - seltener — der Heiler. Zu unterscheiden sind Imperativische Formen {gang ...; var in ...; heil sis tu wnte ...; ganc demo ßesgentemo waigera ...) und Anweisungen des Typs „werde buo£ oder „ihgebiude dir"411. Eine vermeintliche Ausnahme, die Anweisung des R E G E N S B U R G E R A U G E N S E G E N S Ganc φ demo ßetgentemo wavgera ..., gehört zur Exposition des Spruchs, nicht zum Zauberspruch selbst. Beim Zauberspruch fehlt also der sprachliche Bezug auf den Patienten als Rezipienten, das Augenmerk ist ganz auf den Sprecher gerichtet.418 Dieser Sprecher richtet seinen Sinn nicht auf den kranken Menschen, sondern letztlich, auch wenn ein Krankheitsverursacher, die Wunde oder ein Heiler angesprochen werden, an eine höhere Macht. Die Texthandlung ist in allen Zaubersprüchen daher keine im üblichen Sinne sprachlich-kommunikative, sondern sie ist unmittelbar auf die Heilung gerichtet. Sie vollzieht sich in unterschiedlichen, aber jeweils festen sprachlichen Formen. Einen individuellen Sprecher, der die Texte entsprechend seinen Zwecken individuell formuliert, gibt es ebenfalls nicht. Da die höhere Macht nicht als Rezipient im kommunikativ-pragmatischen Sinne gedeutet werden kann, entzieht sich die Textsorte Zauberspruch damit auch einer rezipientenorientierten Analyse. Es gibt keine von der sprecherbezogenen Texthandlung abweichende Textfunktion. Damit ist aber zugleich ein festes Textmuster gefunden, das für die medizinischen Zaubersprüche typisch ist. Abschließend ist zu prüfen, welchen Anteil der Wortschatz bei der Beschreibung dieser Textsorte spielt.

1.3 Der heilkundliche Wortschatz Der Wortschatz der hippiatrischen und der humanmedizinischen Sprüche ist nahezu identisch, jedoch stechen einige wenige Krankheits- und Körperteilbezeichnungen heraus, die nur in einem hippiatrischen oder allgemein tiermedizinischen Kontext verwendet werden konnten. Diese Bezeichnungen haben daher keinen Eingang in das humanmedizinisch konzipierte „Althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch" gefunden. Der historische tiermedizinische Wortschatz des Deutschen bedarf einer gesonderten Untersuchung. Es handelt sich hier aller Voraussicht nach um veterinärmedizinischen Fachwortschatz, denn es ist nicht 417 Es handelt sich dabei kaum um eine Selbstidentifizierung eines Beschwörers mit der Gottheit unter Verwendung der „ich-Form". Die Anrede erfolgt vielmehr „per deum" bzw. im Namen der Trinität oder der Heiligen. Siehe M. SCHULZE, Magie, S. 34. 418 Man vergleiche auch H.J. BEHR, Von Henne bis Wodan, S. 346.

Zaubersprüche

111

erkennbar, dass die Bezeichnungen allgemein verbreitet und der Mehrzahl der Sprecher des Althochdeutschen bekannt waren. Die einschlägigen Lexeme, die der ältesten Schicht des volkssprachigen hippiatrischen Wortschatzes entstammen, werden an dieser Stelle nur erklärend aufgelistet: ent-phähan 'verfangen, an der Rähe, einer rheumatischen Entzündung der Hüfdederhaut mit Gliedersteifheit leiden' (TS. entphangatr, substantiviert tbaξ antpbangana 'das Verfangensein, Pferderähe). Zu ahd. fähan 'fangen'; SchW. 123, G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 49-52. ouer-vähan 'an der Rähe, einer rheumatischen Entzündung der Hüfdederhaut mit Gliedersteifheit leiden' (VatPS II. ouerväggenes). Zu ahd. fähan 'fangen'; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 97. Sieh auch U. Schwab, in sluthere bebunden, S. 554. geraeh 'Rähe, Gliedersteifheit' (VatPS ll.gerays). Sonst erst bezeugt in mhd. rahe stF. 'Rähe, rheumatische Entzündung der Hüfdederhaut mit Gliedersteifheit (von Pferden)'; das Substantiv gehört wohl zu mhd. ragen, DWB. 8,13 u. Räch, 8,62 u. Rah u. 8,556 u. Reh 'gliederlahm, steif, KS. 675 s.u. Rehe, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 489f.; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 97. morth 'Rotz, Maleus' (VatPS I. m&rth, des mordes). Neben ahd. mord Tod, Mord' mit einer speziellen Bedeutungsentwicklung wie in ae. morp Tod durch Zauber oder Gift'; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 88-94; M. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch 1,2204. er-rehen 'an der Rähe, Gliedersteifheit leiden' (Pariser PS emhei). (Ein weiterer Beleg findet sich StSG. IV, 369,22 Ad equurn qui est irreiht, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd.; StWG. 471 ir-rähhen, SAW. 1,722.]. Das Verbum gehört zu mhd. rahe, ahd. geraeh; s. J. Riecke, Die schwachen janVerben, S. 379. spurihak^ 'lahm' (TS. spurihal^dj. Zu ahd. spur 'Spur' u. hal%_ lahm'. Das Bestimmungswort ist abgeleitet vom starken Verb germ. *spurna- 'treten'. Im Trierer Pferdesegen hat sich die ältere Bedeutung 'Knöchel' erhalten, die noch in griech. σφυρόν 'Knöchel, Ferse' vorliegt. IEW. l,992f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 216; SchW. 267, SAW. 1,349 u. 1,908. Sieh auch W. Haug B.K. Vollmann, Frühe deutsche Literatur, S. 1158f. wambiζ 'Rotz, Maleus' (VatPS II. wämbivfy. Mit mnd. wanbete als wati-bi^ „Wahn-biß"; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 94f. wurm 'Rotz, Maleus' (VatPS II.). Zu ahd. wurm "Wurm, Schlange', als Krankheitsdämon und als (Pferde-)Krankheit selbst; G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 98. —> wurm. Unklar ist marisere, Züricher Pferdesegen. Wenn nicht aus mari-sewe *Wassersee' entstellt, dann handelt es sich vielleicht um eine Pferdekrankheit, in Anlehnung an mlat. marisca, marissa *Blase, Blatter, Feigwarze'; s. L. Diefenbach, Glossarium, S. 349.

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

Dazu treten als Körperteilbezeichnungen: tulli 'Hornsohle des Pferdefußes' (PN.; nach G. Eis, Altdeutsche Zaubersprüche, S. 13-20) oder Tfeil'; SchW. 288. Die Herkunft ist unklar; s. KS. 840. und eventuell auch —> Überbein. Heilkundlicher Wortschatz ist in allen Zaubersprüchen, wenngleich in unterschiedlicher Dichte vorhanden. In medizinischer Hinsicht können fünf Kategorien unterschieden werden: 1. Die Bezeichnung der Krankheit 2. Der Verursacher der Krankheit 3. Der betroffene Körperteil bzw. Körperteile, die am Heilungsprozess beteiligt sind 4. Therapeutische Anweisungen, die zur Heilung führen sollen 5. Das Heilmittel, hier die Beschwörung, die zur Heilung führen soll. Eine Tabelle kann dies veranschaulichen: Text

Krankheit

PN.

MZ. II

birenkit benrenki bluotrenki lidirenki

Körperteil Verursacher marg nesso nessinchilinon adra fleisk fei tulli vuoz bluot ben lid

BONNER GS. VATPS. I VATPS. II

STRASSB. BS.

Heilmittel

sose gelimida sin

biguolen (bigalan)

(sanguis)

BS. TS.

Anweisung gangüz

entphangan spurihalza tolc töthoupit morth ouervaggen gerays wambizig wurm wunta

(adiuro) geuuertho gibuozian

swam

nigituo so do diz rös boce

(wurm) situn plot

uerstande uersegene

bimuniun

113

Zaubersprüche

Text MÜNCH.

Krankheit Verursacher regenplint

Körperteil

Anweisung ganc zu

Heilmittel

AS. ZÜRI-

var in dinee cipriKe

marisere ?

CHERPS. ABDH.BS.

bluod

MÜNCH.

kela virswilit wnt (ne) bluotete (ne) svar (nehein) eitar (nebar) wurm, du in demo fleiske ligest

HS. BAMBBS.

PARISER WS.I

wurm

biden ih dir

cesewen sidin bluod kela

sprich

siton bluot

heil sis tu wnte

fleisk bluot

Ih gebiude niewet mer ezzest, niewet dir mer trinkest werde buoz

PARISER FS. PARISER

uberbein

ÜS.

bluot

PARISER

suinest suachost stant

besueren

werde buoz

ziuh, rune, drit

BS. PARISER PS.

PARISER

ist errehet des erreheten

fuoz (ora) wurm

besuere

WS.II

Welche Rolle spielt also der heilkundliche Wortschatz in den althochdeutschen medizinischen Zaubersprüchen? Ein medizinischer Zauberspruch kann ohne die Bezeichnung der Krankheit auskommen, gegen die der Spruch angewendet werden soll. Die Kraft des Wortes bzw. des mit Namen Aufgerufenen ist nicht an die Darstellungsfunktion der Sprache gebunden. Beispiele fur diesen Typ bieten die meisten Blutsegen. Die Mehrzahl der Zauberspriiche enthält jedoch eine Krankheitsbezeichnung oder zumindest eine Umschreibung der Art der Erkrankung oder Verletzung. Das kann in eher allgemeiner Form unter Verzicht auf eine exakte Krankheitsbezeichnung geschehen {so stant du .N. HUvs bluot — Crist

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Die althochdeutschen Texte medizinischen Inhalts

wart hien erden nmt). Seltener nennen sie den betroffenen Körperteil oder lokalisieren den Krankheitsverursacher und machen ihn namhaft [wurm, du in dema fleiske ligest... daζ du desfleiskes niewet mer eilest unde des bluotts niewet mer trinkest). In einigen Zaubersprüchen wird ein exakter Terminus zur genauen Bezeichnung der Krankheit oder Verletzung verwendet, der so ebenfalls in Rezepten und Arzneibüchern auftreten kann. Ein solches Verfahren begegnet hier überwiegend in den hippiatrischen Sprüchen. Wir finden Texte mit einer (märth), zwei (entphangan, spurihafy, drei (benrenkt, bluotrenki, lidirenki] oder vier Krankheitsbezeichnungen (ouvervaggenes, gerays, wambiq wurni). In den sicher humanmedizinischen Zaubersprüchen ist dagegen nur eine Krankheitsbezeichnung überliefert, nämlich regenpHnt. Übet die Lokalisierung des Schmerzverursachers hinaus kommt es einzig bei den humanmedizinischen Zaubern häufiger zur Benennung des betroffenen Körperteils, so der Augen, der Kehle oder der verwundeten Körperseite. Eine Ausnahme bildet der allerdings wohl hippiatrische Spruch P R O NESSIA, bei dem die Nennung von fünf Körperteilen zum inneren Ablauf des Zaubers selbst gehört. Falls auch die Handlungsanweisung in der Volkssprache überliefert ist, dann tritt zur minimalen lexikalischen Füllung ein althochdeutsches Verb hinzu. Auf der Ebene des Wortschatzes sind nur die performativen Verben ein Kennzeichen von Zaubersprüchen. Nur dadurch unterscheiden sie sich vom Wortschatz etwa der älteren Rezepte.419 Das wesentliche Merkmal der althochdeutschen medizinischen Zauberspriiche ist also nicht der heilkundliche Wortschatz, sondern — zumindest im Falle der poetisch geformten Sprüche - ihre sprachliche Maximalstruktur, gepaart mit der Möglichkeit des Gebrauchs performativer Verben. Dadurch grenzen sie sich deutlich von anderen medizinischen Textsorten ab. In der alltäglichen Lebenspraxis aber - wie in vielen Handschriften auch stehen Zauberspruch und Rezept im gleichen Funktionszusammenhang. Ein Beispiel für die inhaltliche Nähe von Texten beider Textsorten auch in der volkssprachigen Überlieferung gibt der MÜNCHNER HALSSEGEN. Auf einen klassischen Rezepteingang Suemo du kela virsuitöt, wie er für die mittelhochdeutschen Arzneibücher typisch wird, folgt ein lateinischer Blasiussegen mit Handlungsanweisung: Dar nach, sprich, dristunt. Pater noster qui es in c(lts. s. n. t. So hätte die Entwicklung in eine Verschmelzung von Rezept und (narrativem) Zauberspruch einmünden können, denn mit der Formulierung der Funktionsbestimmung Suemo du kela virsuillit tritt ein wesentliches Merkmal der Textsorte „Rezept" in unmittelbaren Kontakt zum Zauberspruch. In diese Richtung deuten auch die lateinischsprachigen Inhaltsanzeigen des Typs Ad strigendum sanguinem (STRASSBURGER BLUTSEGEN), Ad restrigend(um) sanguine(m) (ABDINGHOFER BLUTSEGEN) oder Contra rehin (ZÜRICHER PFERDESEGEN). D a s s d e r MÜNCHNER HALSSEGEN v e r m u t -

419 Der althochdeutsche Wortschatz des Zaubers und der Weissagung ist aufgeführt bei W. WESCHE, Der althochdeutsche Wortschatz. Die Sammlung bedarf allerdings der Ergänzung und der Neukommentierung nach religionsgeschichtlichen Gesichtspunkten.

Zaubersprüche

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lieh in einem Frauenkloster aufgezeichnet und erst später umgeschrieben wurde, unterstreicht wohl den Einfluss der überwiegend weiblichen Volksmedizin und damit unter den Texten zugleich auch seine Außenseiterstellung. Mit der Wiederentdeckung der antiken Medizin des G A L E N und der hippokratischen Schriften hat die Geschichte jedoch einen anderen Verlauf genommen. Zwar begegnen einzelne Zauberformeln weiterhin auch in medizinischen Handschriften wie etwa im Arzneibuch B A R T H O L O M Ä U S 4 2 0 oder in verschiedenen ORTOLF-Bearbeitungen 421 und Ergänzungen zum T H E S A U R U S P A U P E R U M 4 2 2 . Die zeitgleiche Übernahme der frühmittelalterlichen Rezeptliteratur verhinderte jedoch im mitteleuropäischen Raum eine einseitige Dominanz der „Zaubermedizin". „Gleichwohl erlitt die Zauberspruch-Überlieferung dadurch keine entscheidende Einbuße oder soziale Degradierung."423 Bis in die frühe Neuzeit hinein scheint die Tradition noch ungebrochen fortzuleben. Medizinischer Wortschatz, wie noch in den ältesten Textzeugen, wird aber in der Regel nicht mehr tradiert.424 Auf lange Sicht scheidet der Zauberspruch in Europa aus der Klasse der medizinischen Textsorten aus. In einer Welt, in der Sprache in erster Linie als Kommunikationsmedium betrachtet wird, kann er seine volle Wirkung nicht mehr länger entfalten. Da die Textsorte „Zauberspruch" Bestandteil der medizinischen Textsorten des Althochdeutschen ist, muss auch der heilkundliche Wortschatz, der in den althochdeutschen Zaubersprüchen erscheint, zum frühmittelalterlichen Fachwortschatzes der Heilkunde gerechnet werden. Erst der weitere Gebrauch in anderen, nicht magischen medizinischen Textsorten entscheidet dann darüber, ob der Wortschatz der Zaubersprüche langfristig ausgesondert oder in den deutschen Wortschatz der Heilkunde integriert wird.

420 Ein Beispiel gibt G. Eis, Nachweise, S. 56f.; siehe auch P. ASSION, Literatur, S. 180. 421 J. FOLLAN, Manuscripts of Ortolf. 422 J. TELLE, Petrus Hispanus, S. 169-209. 423 P. ASSION, Literatur, S. 181. 424 Man vergleiche O. EBERMANN, Blut- und Wundsegen; F. HÄLSIG, Der Zauberspruch bei den Germanen bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts; I. HAMPP, Beschwörung, Segen, Gebet.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

2. Die althochdeutsche Rezeptliteratur Zaubersprüche repräsentieren im Althochdeutschen die archaischste medizinische Textsorte. Aber betrachtet man allein das Alter der Textüberlieferung, dann setzt die medizinische Texttradition mit den ältesten Vertretern der Rezeptliteratur im 9. Jahrhundert ein. So steht mit den BASLER REZEPTEN ganz am Anfang der gesamten volkssprachlichen Überlieferung zusammenhängender Texte ein medizinischer Text. Bei der Trümmerhaftigkeit insbesondere der nicht christlich motivierten Überlieferung kann dieser Befund nicht hoch genug veranschlagt werden. Man ist geneigt, in den BASLER REZEPTEN nur die Spitze eines Eisberges zu sehen, die in den ersten Jahrhunderten volkssprachiger Schriftlichkeit für die Heilkunde eine ebenso große Bedeutung wahrscheinlich macht, wie sie dann für das hohe Mittelalter und die Neuzeit auf Grund der dichten Überlieferung ganz unbestritten ist. Da die B A S L E R R E Z E P T E nicht nur durch ihr hohes Alter ausgezeichnet sind, sondern — vom ersten Teil des ersten Rezepts abgesehen — auch durchgängig volkssprachig überliefert sind, haben sie schon früh eine gewisse Aufmerksamkeit erfahren.425 Dagegen wurden Rezepte in lateinisch-deutscher Mischsprache, die als Typ wie der erste Teil des ersten B A S L E R R E Z E P T S vermutlich am Anfang der Rezepttradition des deutschen Sprachraums stehen, weit weniger beachtet. Darüber hinaus sind auch aus dem 11. und beginnenden 12. Jahrhundert weitere volkssprachige Rezepte überliefert, deren altertümlicher Sprachstand auf eine ältere, althochdeutsche Vorlage weist. Alle Rezepte werden hier erstmals - soweit bisher bekannt — vollständig zusammengestellt.

2.1 Die Texte A. BASLER REZEPTE (BR.) Basel, UniversitätsB. F III 15a; Bl. 17r; um 800 (VL.

l,628f.; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 39f.; W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 420; G. Eis, Austemschalen, S. 125-150; H. Mettke, Älteste deutsche Dichtung, S. 256-259; E. Seebold, Chronologisches Wörterbuch, S. 23f.). Die Rezepte befinden sich in einer Handschrift vom Anfang des 9. Jahrhunderts. Sie enthält ISIDORS VON SEVILLA „De ordine creaturum". Es folgen der älteste Fuldaer Bibliothekskatalog sowie lateinische Blutsegen. Das erste Rezept soll gegen Fieber, das zweite Rezept soll gegen hartnäckige, mit fressenden Geschwüren einhergehende Haut- und Konstitutions-Krankheiten wir Räude, Hautrotz, Perlsucht und vielleicht auch Aussatz wirken. Es gilt wegen der Verwendung von Austernschalen wohl vorwiegend für Pferde; da es in der arabischen Rezeptparallele des ABU BEKR IBN BEDR aber auch für Menschen empfohlen wird, sind

425 Siehe G. Eis, Austernschalen, mit weiterer Literatur.

Rezeptliteratur

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vermutlich nicht nur hippiatrische, sondern auch humanmedi2inische Anwendungen möglich.426 Die Austernschalen gelangen aus den vermuteten lateinischen Vorlagen in den Text. Das Fieber-Rezept dürfte fränkisch mit bairischem Substrat sein, das Geschwür-Rezept hat stärker nördliche Formen und zeigt vermutlich altenglische Einflüsse. Das Fieber-Rezept bietet im zweiten Teil bei der Aufzählung der Vorschriften zur Einnahme des Heilmittels Anklänge an rituell magische Gebräuche.427 [1. Rezept]

II putdiglas, III, ή plus necessarium est. murra, s u f f f o r , piperus, plantagines tuos, Sabina, incensum tuos, fenuglus, ρίραοΐζ, absintia, antor. II stauppo in uno die. XL dies ieiunet, quod nullus, quod in eadem die adquesttum sit, non manducat neque bibat, non panem, non aqua, non leguminum, non carnem. non oculos tauet, in eadem die adquesttum cullentrum non manducat. III node stet. murra, seuina, uuiroh da%_ rata, p t f f u r , uuiroh daζ uuijga, uueramote, antar, suebal, fenuhal, pipot^ uuegabreita, uuegarih, heimuur^ ψα jhsgun mines, deo uur^t ana ribanne, eogiuueähha suntringun. enti danne geos^ vjsamane enti la%e drio naht gigesen enti danne trincen, Stauf einan in morgan, danne in t^fahe, andran in naht, danne he en petti gange, feonqtc nahto uuarte he e tages getanes, da% he niprotes ni tides ni neouuihtes, des e tagesgitan si, ni des uua^ares nenpi^e, des man des tages gesohe, ni in demo nidmahe ni in demo nipado, ni cullantres niinpiisp ni des eies, des in demo tage gilegit si. ni eino nisi, ni in tag ni in naht, eino nislaffe, ni neouuiht niuutrce, nipus^ de gisehe, de imo dav^ tranc gebe enti simp/um piuuartan habe, erist do man es einaflasgun, un^n dera giuuere; ipu noh danne fahe, danne diu nah gftruncan si, danne gigare man de antra flasgunfolta. [2. Rezept]

uuidhar concur, braenni sa/ζ endi saiffun endi rhoζ aostorscala. al 3esamene gemisc(. mit aldu uuaiffu aerpu hrpie. rip anan da% simpk, un\ bbde.ftlu oft analfgi, nmbk pui ana, od d{, it%s arinne lot p(t al aba arinn(. ende nelaζ nae^en nesmeruen hrinan daemo dolge. thanne ίζ al ob siae rhaeno, do sgsamone aegero dfz uuiysae aende hounog rhene: lachina mit diu dae% dolg. B . ZWEITES WÜRZBURGER REZEPT, W ü r z b u r g , U B . M. p. th. f. 1 4 6 ; Bl. 2a; Nr.

647, BV. 995. (StSG. III, 602,14-17; MLIIL; G. Sticker, Die gebräuchlichen Heilkräuter, S. 24). Wohl 10. Jahrhundert, ostfrk. Die Handschrift beginnt mit zwei ursprünglich leeren Vorsatzblättern, auf der Vorderseite des zweiten befinden sich die Rezepte. Das ERSTE WÜRZBURGER REZEPT ist lateinisch mit althochdeutschen interlinearen Heilpflanzenglossen. Die Handschrift enthält weiter die sogenannte WÜRZBURGER KANONESSAMMLUNG mit einem Glossar zur DLONYSIANA und Rand-

426 Man vergleiche ebd., S. 146. 427 Man vergleiche auch U. SCHWAB, Glossen, S. 350.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

glossen, vom Anfang des 9. Jahrhunderts aus mainfränk. Skriptorium sowie einen Pöenitentalkanon (9./10. Jh.). Fac puluertm subttüssimum dabis bibere ad omnes necissitates cum uino calido. uel aqua caüda. quantum cum tribus digitis capere potest. Tillesamo. dosto. fenicuü. semen. Antron. Betenia. Mago. poki. Apii semen. Petrosilini. Cumin. Gnamomum. gingiber. galangan. haWürzburg, UB. M. p. th. f., 146; Bl. 2a; Nr. 647, BV. 995. (StSG. III, 602,17-18; MLIII.; G. Sticker, wie oben B.). C . DRITTES WÜRZBURGER REZEPT,

(s.o. B.) Infusio capitis, mirra. Sauina. Marrubtum. Husuuurs^ Apium. Feniculum. Thus masculinum. Halasaiζ. Erdebuh. D. ERSTES EINSIEDELNER REZEPT, Einsiedeln, StiftsB. cod. 356; Nr. 124, BV.

134. (StSG. IV, 370,9-10.18-19, MLXd; Beccaria S. 362f. Nr. 127). 10-/11- Jahrhundert; der erste Teil der Handschrift, Bl. 1-64, 10. Jahrhundert, enthält ein Martyrologium, Tafeln und Annalen. der zweite Teil, Bl. 65-118, 10. Jahrhundert, das LLBER GALLIENILOGICI, ein Arzneibuch in 94 Kapiteln. Im Anschluss daran folgt das Rezept. Der dritte Teil, 119-152, 11. Jahrhundert, enthält d e n SERMO BEATI AUGUSTINI EPI. DE PSALMO.

Contra acutam/«[ssionem] Sumat thv'. myram. cundereba. radices urtyce. brahuurξ indicum. granum persici. omnia contunde et cum uino bibat ieiunv1. E. CONTRA PARALISIN. ID VERGIHT, Clm 23479, Bl. lv. (VL. 2,10; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 385; F. Wilhelm, VI, B. 54f.). Eine Sammelhandschrift des 11. Jahrhunderts mit lateinischen Medizintexten. Die Krankheit und ihre Lokalisierung werden in lateinischer Sprache gegeben und dann in Kurzform ins Deutsche übersetzt. Die zur Heilung vorgeschlagenen Pflanzen und tierischen Substanzen werden auf deutsch geboten, die Erläuterungen zur Anwendung dann nur auf lateinisch. Contra paratisin. id vetgiHt. Si quis paratisin patiatur. id est uirgihtdigot werde in dextera parte, minuatur ei sanguis in postremitate id est in demo balkn minimi digiti sinistra manus. et in summitate id est in demo balkn minimi digiti. id est dem cehon dextri pedis. Si autem ei contingat ipsa paratisis in sinistra parte, minuatur ei sanguis in postremitate minimi digfti dextere manus. et in postremitate minimi digiti sinistri pedis. Deinde tollatur auena trita et non trita. id est gedroschen unde ungedroschen. atehc. farn. ameiqm. wermoten. heterne^elon. et paretur ei balneum, in quo lauetur per triduum. Deinde tollatur uinum et mel. ingtbern. der tvi^on widort hub. kirsebömin loub. phirsihcböimin lob. salbeia. ruta. storchessnabel. peratrum. et ex his conficiatur potus. de quo cottidie per ipsum triduum in balneo bibat. pondus unius unci f . et sanus erit.

Rezeptliteratur

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F. CONTRA PARALYSIN THEUTONICE, Bein, BB. Cod. 803; Zeile 775-791; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem.; RoUe der Grafen von Mülinen. (VL. 2,10; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 384f., Κ. A. Wipf, Poetische Texte, S. 86-89). Die Entstehung der Handschrift liegt an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert, zur Beschreibung sieh Steinmeyer. Nach H.-H. Steinhoff (VL.) handelt es sich um zwei inhaltlich eng verwandte, aber nicht direkt voneinander abhängige Prosarezepte. Es dürfte aber kein Zweifel daran bestehen, dass das deutsche Rezept der Mülinschen Rolle die komplette Verdeutschung eines lateinischen Rezeptes darstellt, das im Clm 23479 in lateinisch-deutscher Mischsprache aufgezeichnet wurde. Contra parajydn theutonice. Siuuelich man oder wtbfirgihdigöduuerde. sgseuuen bälbuti. so Ιά^α man imo in dero uuinsterun hende an demo ballen, des minnisten uingeres. unde ane dero minnistun cehun ballen, des vgseuuen füovgs. Ohe imo abor uuinsturunhalbun si. so lang man imo in dero ceseuuen hende ane demo balkn des minnisten uingeres. unde an dero uuinsterun minnistun cehun ballen. Dan nach neme man haberen gedrosgenan unde ungedrosgenan. unde adech. unde ebah. unde uarn. unde emei^un. unde uuermudun. unde heiderneigelun. unde mache ein badh unde bade in demo drie daga. unde nemo danne gingibern. min. unde honak. unde dero uuit^tn uuidun loub. unde kirseboumes loub. unde phirnhboumes hub. unde salbeiun. unde rutun. unde storchessnabeL unde berehtram. unde mideuuir.ζ. iegliches einen uwtyngeuuiht. und mache ein drank, unde drinke da%_ in demo uuarmen bade, so uuird es imo bä% Die Rezepte der KAISHEIMER REZEPTSAMMLUNG, Clm 7999, Bl. 143a2-146b2; Nr. 363, BV. 546, (StSG. IV, 368,13-16. 28-31. 369,1-41, MLIVb) stammen aus einer oberdeutschen Handschrift des 13. Jahrhunderts. Wegen ihres weithin altertümlichen Sprachstandes wurden sie von E. v. Steinmeyer in die Steinmeyer-Sieversche Glossensammlung aufgenommen. Die heilkundlichen Lexeme haben daher immer dann, wenn ihnen ältere Belege vorausgehen, auch in das „Althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch" Eingang gefunden. Die spät überlieferten Rezepte können trotz einzelner altertümlicher Züge als Ganzes nicht mehr dem Althochdeutschen zugerechnet werden. Auf eine eingehendere Betrachtimg wird daher in diesem Kapitel verzichtet.428

2.2 Die Merkmale der Textsorte Der Autor eines Rezeptes hat im Sinn, den Leser anzuleiten, wie er eine Krankheit heilen kann. Dazu gibt er Anweisungen: „Wenn χ vorliegt, dann soll er (mit Hilfe von y) z tun." Ein Rezept besteht also aus einem Textteil „Beschreiben, für welche Krankheit (= x) das Rezept gilt" (Siuuelich man oderrnbftrgihdigöd uuerde), dazu gegebenenfalls „Beschreiben, aus welchen Substanzen (= y) sich ein Rezept zusammensetzt" (haberen gedrosgenan unde ungedrosgenan. unde adech. unde ebah. unde 428 Der Wortschatz ist überdies ausführlich beschrieben bei E. FAZZINI GlOVANNUCCI, Malattie.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

uarn ...) und einem Textteil „Anweisen" (= z) (so Iä%a man imo ..unde mache ein bad unde bade in ...). Die sprecherbezogene Texthandlung setzt sich aus diesen Teilen zusammen, das Anweisen ist im Rezept das bestimmende Merkmal der Texthandlung. 429 Nun ist jedoch der Rezipient in keiner Weise verpflichtet, den Anweisungen des Sprechers bzw. Autors eines Rezeptes zu folgen. Der Rezipient kann das Rezept wie eine Beschreibung lesen: „Wenn ich erkranke, kann möglicherweise eine Verbesserung meines Gesundheitszustandes eintreten, wenn ich χ tue." Aus der rezipientenbezogenen Perspektive erscheint als grundlegendes Textmuster eine „Beschreibung, für welche Krankheit das Rezept gilt", eine „Beschreibung, aus welchen Substanzen sich eine Rezept zusammensetzt" und eine „Beschreibung, wie man die genannten Substanzen anwendet".430 Die Texthandlung (Anweisen) und die Textfunktion (Beschreibung) sind beim Rezept folglich nicht identisch. Dem Rezipienten wird — in welcher Form auch immer — Handlungswissen angeboten. Ob er das Handlungswissen anwendet, oder ob er die Textfunktion ausschließlich als Bildungswissen abspeichert, liegt außerhalb der Texte. Die sprachliche Struktur der Rezepte, für die ja ausschließlich die Sprecherperspektive gilt, ist geprägt durch Imperative, die im Idealfall jemanden anleiten, wie man eine Krankheit heilt. Der Typ „danne gigare man", „so läza man imo", ist daneben selten. Im Prinzip gelten dabei die von Thomas Gloning für Kochrezepte beschriebenen syntaktischen Realisierungsmuster (Imperative, Partizipien, das Muster „man nehme") auch für die medizinischen Rezepte.431 In der frühmittelalterlichen medizinischen Rezeptliteratur werden jedoch viele dieser Muster nicht besetzt. Erhellender ist daher der Vergleich mit den etwa gleich alten medizinischen Zaubersprüchen. Beide medizinischen Textsorten haben, trotz ihrer gänzlich verschiedenartigen Gestalt, die gleiche Funktion. Zaubersprüche sind, wie gesehen, explizit performative Sprechakte, mit denen ein Beschwörungsakt unmittelbar vollzogen wird. Die verschiedenen Teilfunktionen, die zum Gelingen eines Rezepts erforderlich sind, haben im Zauberspruch jedoch nur wenig Bedeutung. Die gemeinsame Absicht, die Heilung eines kranken Lebewesens, wird auf völlig unterschiedliche Weise verfolgt. Texthandlung und Textfunktion stimmen in Rezept und Zauberspruch nicht überein. Gewisse sprachliche Gemeinsamkeiten kommen aber auf einer anderen Ebene zum Vorschein. Beide Textsorten zeichnen sich nämlich durch sehr einfache syntaktische Strukturen aus. Auffällig ist bei der Mehrzahl der Rezepte wie im Zauberspruch das fast völlige Fehlen von Nominalgruppen. Sie treten nur dann

429 Zu der im Anschluss an CHR. THIM-MABNREY vorgenommenen Unterscheidung von „Texthandlung" und Textfunktion" vergleiche man in Abschnitt III. 3.2. 430 Man vergleiche TH. GLONING, Handschriftliche Rezeptnachträge, S. 364f., der diese Textfunktion auch für Kochrezepte ermittelt hat. Sie wird dort allerdings absolut gesetzt und soll fur die Textsorte insgesamt gelten. 431 Ebd.

Rezeptliteratur

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auf, wenn ein Heilmittel genau bestimmt und von anderen abgegrenzt werden soll (uuiroh da% uui^a, uuiroh rota), oder wenn ein zu behandelnder Körperteil, etwa beim Aderlass, genau bezeichnet werden muss {in den uuinsterun hende, one demo ballen des minnisten uingeres). Die beiden letzten Beispiele mit den etwas komplexeren Nominalgruppen - die einzigen komplexeren syntaktischen Strukturen der älteren Rezeptliteratur - stammen aber aus dem Rezept CONTRA PARALYSIN THEUTONICE aus der im 12. Jahrhundert aufgezeichneten Mülinschen Rolle. In der älteren, in lateinisch-deutscher Mischsprache geschriebenen Version CONTRA PARALISIN sind gerade diese komplexeren Phrasen nur in lateinischer Sprache wiedergegeben. Deutet man die in der Mülinschen Rolle neu ins Deutsche übersetzten Passagen als Ergebnis einer noch genauer zu bestimmenden Neuerung, so lässt sich für die übrigen sicher althochdeutschen Rezepte das Fehlen komplexerer Nominalgruppen zum charakteristischen Merkmal erheben. Die verbleibenden einfachen Formen, also Heilmittel und Handlungsanweisungen, werden aneinandergereiht. Damit liegen die althochdeutschen Rezepte im Vergleich zu den poetisch ausgeformten Zaubersprüchen in einer alle denkbaren Texte umfassenden Menge ganz am anderen Ende der Skala sprachlicher Strukturen. Statt einer „Maximalstruktur" deutet sich hier eine „Minimalstruktur" an, die sprachlich am unteren Rand der Komplexitätsskala anzusiedeln ist. Auffällig ist weiter der ausgedehnte Abschnitt im zweiten B A S L E R R E Z E P T , wo - auch hier in aneinanderreihender Form, aber an zwei Stellen durch die Konnektoren ende und thanne verbunden — verschiedene medizinische Indikationen abgehandelt werden. Ein Vergleich mit den frühmittelhochdeutschen Arzneibüchern kann zeigen, dass die Rezeptliteratur im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung eine Phase größerer Systematisierung durchläuft. Die sprachlichen Eigenschaften der Textsorte, aber auch die Funktion der Rezepte in der medizinischen Praxis kommen dann deutlicher zum Vorschein als noch in den kurzen althochdeutschen Einzelrezepten.432 Im Althochdeutschen zeichnen sich zwei Formen ab. Für die Mehrzahl der Rezepte ist es kennzeichnend, dass zwar Handlungsanweisungen gegeben werden, dass aber nicht deutlich wird, wie das Rezept genau zubereitet und verwendet wird. So fehlen Mengenangaben meist völlig. Dieses Verfahren bleibt auch für die aus Einzelrezepten bestehenden Arzneibücher charakteristisch. Der verschriftete Teil eines Rezepts bietet - nicht zuletzt als Gedächtnisstütze - das materielle Gerüst einer Handlungsanleitung. Genauere Informationen über die Art und Weise der Zubereitung, die zum Gelingen der Anwendung erforderlich sind, werden in der Regel nicht verschriftet. Sie sind Bestandteil mündlicher Unterweisungen zwischen Arzt und Patient433 oder Arzt und Schüler. Ohne Hilfe eines Fachkundigen können - und sollen - die Rezipienten die Texte nicht entschlüsseln, das angelegte Handlungswissen nicht anwenden.

432 Siehe dazu J. RlECKE, Beobachtungen zu Syntax und Semantik, S. 32f. 433 Man vergleiche W. Hirth, Popularisierungstendenzen, bes. S. 74.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Eine Ausnahme scheint wieder das Rezept CONTRA PARALYSIN THEUTONICE aus der Mülinschen Rolle zu markieren. Es enthält für die Anwendung der Heilmittel eine aus der lateinischen Vorlage übernommene Mengenangabe: iegliches einen trnvjin geuuiht. In einem solchen Fall, wenn derartige Angaben bereits in der Vorlage explizit formuliert werden, können sich auch im deutschen Text etwas komplexere Nominalgruppen einfinden. Das lateinische Vorbildrezept gehört offensichtlich einer anderen Rezepttradition an oder wurde von dieser beeinflusst. Neben den bisher erwähnten Rezepten, die erst im Zusammenhang mündlicher Erläuterungen vollständig werden, steht nämlich eine zweite Rezeptgruppe, in der das Spezialwissen, also Mengenangaben und Zubereitungshinweise, Angaben zur Dosierung und Gewichtung, ebenfalls niedergeschrieben wird. Ulrich Stoll hat diese beiden Grundtypen am Beispiel des Lorscher Arzneibuchs ausfuhrlich beschrieben. Sie lassen sich vermutlich „auf zwei unterschiedliche Stränge in der Entwicklung der (spät)antik/frühmittelalterlichen Rezeptliteratur zurückfuhren".434 Der Strang der ausführlichen Vollrezepte nimmt seinen Ausgangspunkt bei GALEN und wird vor allem in der byzantinischen medizinischen Tradition weitergepflegt. Den zweiten Überlieferungsstrang finden wir hauptsächlich im lateinischsprachigen Bereich, und zwar mit dem Beginn der lateinischen Rezeptliteratur bei CORNELIUS CELSUS und SCRIBONIUS LARGUS im 1. Jahrhundert nach Christus.435 Beide Traditionen kreuzen sich in der Rezeptsammlung des M a r c e l l u s BüRDIGALENSIS. 4 3 6 Hier wird wiederholt auch ein Verfahren sichtbar, bei dem das Rezeptgerüst in lateinischer Sprache, das zusätzliche Spezialwissen beziehungsweise damit kombinierte magische Heilzauber dann aber in griechischer Sprache niedergelegt werden.437 Auf diese Weise ist sichergestellt, dass spezielles Handlungswissen nur einem kleinen Kreis von Fachkundigen zugänglich bleibt. Im frühen Mittelalter konnte es dann im deutschsprachigen Raum vertretbar erscheinen, auch das gelegentlich detailliertere Spezialwissen ins Lateinische zu übertragen, denn hier war das Lateinische ohnehin nur einer begrenzten Zahl von Klerikern verständlich, war also, wie das Griechische in der Spätantike, für die Mehrheit der Bevölkerung eine Geheimsprache. Die lateinische Vorlage des Rezepts CONTRA PARALYSIN THEUTONICE aus der Mülinschen Rolle stellt ein sehr schlichtes Beispiel dieser Tradition dar. Wollte man die Rezepte nun im Kontext der medizinischen Ausbildung oder zum Gebrauch auch für nicht lateinkundige Laien bereitstellen, so konnte man das Rezeptgeriist problemlos in die Volkssprache übersetzen. Das eigentliche Handlungswissen blieb je nach Rezepttyp entweder ausgespart oder wurde nicht mitübersetzt und blieb in der lateinischen Fassung erhalten. Im 12. Jahrhundert scheint im europäischen Mittelalter dann die hermetische Sicht auf die materia medica zurückzutreten. Etwa zeitgleich 434 435 436 437

U. STOLL, Das 'Lorscher Arzneibuch', S. 72. Ebd. S. 72f. Man vergleiche die schetnatische Darstellung bei U. STOLL, Einleitung, S. 75. Siehe dazu die Textauszüge bei U. SCHWAB, Sizilianische Schnitzel, S. 268f.

Rezeptliteratur

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zu den Übersetzungsbemühungen der Schule von Salerno macht sich auch im Norden ein Bestreben zur „Demokratisierung" medizinischen Wissens bemerkbar.

2.3 Der heilkundliche Wortschatz Ein neben der sprachlichen Minimalstruktur weiteres wesentliches Merkmal der Textsorte ist der Einsatz von Pflanzenbezeichnungen. Ihre Betrachtung leitet über zur Beschreibung des heilkundlichen Wortschatzes der Rezeptliteratur. Dieser Wortschatz wird nachfolgend tabellarisch aufgegliedert. Wie nicht anders zu erwarten, sind die medizinischen Sachbereiche, die in Zaubersprüchen und Rezepten aufgerufen werden, nur zum Teil identisch. Dennoch überwiegen die Gemeinsamkeiten. Nur die Frage nach dem Verursacher der Krankheit, dem Krankheitsdämon, wird in den Rezepten nicht gestellt. Da diese Rubrik aber nur bei etwa einem Viertel aller überlieferten althochdeutschen Zaubersprüche überhaupt mit einem Lexem gefüllt wird, handelt es sich insgesamt um keinen sehr auffälligen Unterschied. Das wesentliche unterscheidende Merkmal auf der Ebene des Wortschatzes liegt vielmehr im Bereich der Kategorie Heilmittel. Die Heilmittel weichen in Art und Häufigkeit deutlich voneinander ab. Der ausgiebige Gebrauch von verschiedenartigen Heilmitteln in der Rezeptliteratur legt in der nun folgenden Tabelle die Abgrenzung von pflanzlichen und den sonstigen, meist mineralischen oder organischen Heilmitteln nahe.

124 Text

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Krankheit

murra seuina peffar uueramote fenuhal pipoz uuegabreita uuegarih heimuurz

BR.I

BR.II

dosto Antron Betenia Mago polei gingiber galangan figa

REZII

REZIII EINS. REZI

(Infusio capitis)

Heilmittel (Sonstige) uuiroh suebal uuin

Anweisung ana zi nbanne geoze zisamane laze drio naht gigesen danne trincen

danne gigare man salz braenni al zesamene saiffun rhoz aosterscala gemisce rip unz dez hounog iz blöde uuaiffu nelaz iz lachina mit diu

uuidhar cancur

WÜRZ.

WÜRZ.

Heilmittel (Pflanzen)

mirra Hüsuuurz Erdebuh acutam cundereba passionem brahuurz

Tillesamo

Ηalasalz

Körperteil

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Rezeptliteratur

Text

Krankheit

CONTRA

uitgihtdigot

Heilmittel (Pflanzen) atehc

Heilmittel (Sonstige)

Anweisung

ameizon

ballen cehon

farn

PARALISIN

Körperteil

wermoten heternezelon ingibern wizon widon loub kirsebomin loub phirsihcboimin lob salbeia rata storchessnabel firgihdigöd

haber

emeizun

läza man imo

zesseuuen

PARALY-

adech

uuln

mache ein bad

hälbun

SIN

ebah

honak

bade

THEUTO-

uarn

drinke daz

uuinsterun

NICE

uuermudun

nemo danne

hende

CONTRA

heidernezzelun

ballen des

gingibern

min nistern

uuizun loub

uingeres

rutun storches-

uuinistern

snabel

minnistun

berehtram

cehun

mideuuirz

126

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Während das Heilmittel des Zauberspruchs auf lexikalischer Ebene durch den Einsatz eines „Verbums der Beschwörung" aufgerufen wurde, sind es im Rezept pflanzliche, organische und mineralische Substanzen, die für die Heilwirkung sorgen sollen. Die Heilkraft des Rezeptes beruht nicht auf der Kraft des Wortes, sondern auf der Kraft der angegebenen Substanzen und ihrer richtigen Verwendung. Dies sind im frühen Mittelalter vor allem Pflanzen.438 Die heilkundliche Krankheitsterminologie der Rezepte steckt aber darüber hinaus insgesamt noch in den Anfängen. Sie bleibt überraschenderweise sogar noch hinter der Gegrifflichkeit der Zaubersprüche zurück. Es können aber zumindest — wenn auch in weit geringerer Zahl - einzelne Pflanzenbestandteile (tilksamo) oder weiterverarbeitete Substanzen {uuin, bonak) auftreten. Mineralische und organische Stoffe spielen nur eine untergeordnete Rolle. Ameisen werden im Rezept gegen Lähmung, und Hallsalz w i r d i m DRITTEN WÜRZBURGER REZEPT genannt. N u r die BASLER RE-

ZEPTE, insbesondere das zweite Rezept, tradieren in etwas größerer Menge nichtpflanzliche Substanzen. Sie demonstrieren damit auch in diesem Bereich ihre Sonderstellung. Auch Hilfsmittel bei der Heilung, wie etwa ein Verband {uuaiffii) finden sich nur ein einziges Mal im zweiten BASLER REZEPT. Bezeichnungen für Heilmittel finden sich in den Zaubersprüchen dagegen nicht. In den übrigen Bereichen unterscheiden sich Rezepte und Zaubersprüche nur wenig. Die Krankheit wird in den Rezepten zumeist genannt, teils auf deutsch, teils auf lateinisch. Es können darüber hinaus Anweisungen an den Arzt oder Patienten gegeben werden, auch der zu behandelnde Körperteil kann bei speziellen Rezepten - hier nur bei den beiden Rezepten gegen Lähmung - festgehalten werden.

438 Auf die althochdeutschen Heilpflanzenbezeichnungen wird in Kapitel V. 4 näher eingegangen.

Die heilkundlichen Glossen

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3. Die althochdeutschen heilkimdlichen Glossen Sehr viel reichhaltiger als die Überlieferung althochdeutscher Rezepte und Zaubersprüche erscheint auf den ersten Blick die Anzahl der volkssprachig glossierten lateinischen medizinischen Texte. Ihre Überlieferung setzt im 8./9. Jahrhundert ein, also gleich zu Beginn der volkssprachigen Schriftlichkeit. Zwar ist die Gesamtmenge der dem Althochdeutschen zugeschriebenen medizinischen Glossenhandschriften eher gering, doch können auch hier die absoluten Zahlen nur vor dem Hintergrund der bruchstückhaften Überlieferung zutreffend eingeschätzt werden. Da diese Handschriften aber selten mehr als drei oder vier althochdeutsche Bezeichnungen enthalten, können diese Texte insgesamt die Materialbasis doch nicht wesentlich erweitem. Dazu kommt, dass in die Steinmeyer-Sieverschen Glossensammlung auch einige medizinische Handschriften aufgenommen wurden, deren Glossierung erst im 12., 13. und 14. Jahrhundert erfolgt ist. Sofem keine sprachlichen und sachlichen Gründe für eine ältere Vorlage vorliegen, werden diese jüngeren Glossen im folgenden abgetrennt. In jedem Falle aber gewährt die volkssprachige Glossierung lateinischer medizinischer Handschriften einen wichtigen Einblick in die Rezeptionsformen der antiken medizinischen Fachliteratur. Zu den glossierten lateinischen Autoren treten Glossen zu anonymen lateinischen Rezeptsammlungen. Die Autoren und Werke werden nun mitsamt den an verschiedenen Orten edierten Glossen im einzelnen aufgelistet.

3.1 Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften 3.1.1 Die Texte Es konnten 61 Glossen in 14 lateinischen medizinischen Texten aufgefunden werden. Neun Handschriften mit 35 Glossen gehören auch im strengen Sinn zum Althochdeutschen. Fünf weitere Handschriften und ein späterer Teil der Handschrift Rom, BV. Pal. lat. 1088 sind von der Forschung bisher dem Althochdeutschen zugerechnet worden. Da die Glossierung in diesen Handschriften jedoch ohne erkennbare Vorlagen erst im 12., 13. und 14. Jahrhundert einsetzt, wird sie hier von den älteren Texten abgegrenzt. Das bei T. Starck und J. C. Wells439 im Anhang abgedruckte alphabetische Gesamtverzeichnis „Nachweis der glossierten lateinischen Werke" kann im folgenden weiter ergänzt werden. Im Quellenverzeichnis des Leipziger Althochdeutschen Wörterbuches440 fehlen die Ausgaben der glossierten lateinischen medizinischen Texte bisher sogar fast völlig. Auch in W. Haubrichs' kurzer Zusammenstellung 439 Althochdeutsches Glossenwörterbuch, S. 862-877. 440 E. ICARG-GASTEltSTÄDT - TH. FRINGS, Althochdeutsches Wörterbuch, 1,1-XVI.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

der im Althochdeutschen glossierten Sachbereiche fehlt ein Hinweis auf die medizinischen Texte.441 In der Steinmeyer-Sieverschen Sammlung erscheinen die „Glossen zu medizinischen Schriften" im Kapitel „Das Pflanzenreich".442 Es ist jedoch ratsam, diese Schriften, wie die Texte aller übrigen Sachbereiche auch, gesondert kenntlich zu machen. Im folgenden werden alle glossierten lateinischen Texte aufgeführt und die althochdeutschen Glossen, die an verschiedenen Orten ediert sind, vollständig wiedergegeben. Die Lesungen wurden an Mikrofilmen bzw. Papierkopien überprüft. A . AESCULAPIUS, D E CHRONICIS PASSIONIBUS ( A u r e l i u s - A e s c o l a p i u s )

Edition: Liber Esculapii de chronicis passionibus, Straßburg bei Johann Schott, 1533. Glossen: 3 (StSG. III, 599,15. 29; IV, 404,13; MXLTV) Handschriften): Karlsruhe, BLB. Aug. CXX; Nr. 57, BV. 300, 10. Jh. (Handschriften der badischen Landesbibliothek V, S. 304f. u. 671 f.; A. Baader, Die Anfänge, S. 712: Hs. 9. Jh., Norditalien, vermutlich Verona), f. 36v- 95v. Literatur: A. Beccaria Nr. 56, S. 214-217; A. Baader, Die Anfänge, S. 698; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literarur, S. 412; G. Helmreich, Zum sogenannten Esculapius, S. 24—32. Vgl. auch V. Rose, Anecdota graeca et graeco-latina 2,171 f. StSG. IV, 404,13 {pustellas tuberosas): simil ide suuä — 611 — nicht auffindbar, zu ahd. swam 'Schwam, Auswuchs, Geschwür'; StWG. 613. Infacie pustellas tuberosas. (simil ide suuä, Randglosse). StSG. III, 599,15 (Rugantuf): &uhchont-81v - Ed. LXI, 1. zu ahd. ^uckön 'rupfen, sich zusammenziehen'; StWG. 770, hier in der Bedeutung 'verkrampfen' (von den Gesichtszügen). Sequitur eos tabitudo totus corporis quam maxime uultu rugantur autem insigo erficie. (ζuhchont, Randglosse). StSG. III, 599,26 {Loca tubensa): suuä bacan - 83r - Ed. LXII, 27. zu ahd. swambag 'aufgedunsen'; StWG. 613. rotaceo oleo perun guen dum est loca tuberosa. (suuä bacan, Randglosse). B . ANTHIMUS, EPISTULA DE OBSERVATIONE CIBORUM LIBER

Edition: Anthimus, De observatione ciborum, hg. v. E. Liechtenhan. Glossen: 2 (StSG. III, 600,1. 9; JJ 206,25; MXLV) Handschriften): London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, 11. Jh. (A. Baader, Die Anfänge, S. 713: Hs. Ende des 11. oder Anfang des 12. Jhs. in Deutschland), f. 51r-56v.

441 W. HAUBRICHS, Die Anfange, S. 252-234. 442 Ε. V. STEINMEYER - E. SIEVERS, Die althochdeutschen Glossen, III, 599-605.

Die heilkundlichen Glossen

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Literatur: A. Beccaria Nr. 77, S. 252-254; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 403. StSG. III, 600,1 Perca: agapu^- 54r - Ed. 18,7 zu ahd. agabü^ 3arsch'; StWG. 16. [Kap. XXXVIII De piscibus.] De pisciü ratione, qe inhis partib' s tructa perca. StSG. III, 600,9 () Porti: swin - 54v - Ed. 21,8 zu ahd. swin 'Schwein'; StWG. 619. vgl. JJ 206,25; die Randglosse lautet qs porci manducant und bezieht sich laut Verweiszeichen auf Pastanace, Kap. LIII: Depastinacis, vgl. H. Thoma, Altdeutsches, S. 206. C. CASSIUS FELIX, LIBER DE MEDICINA

Edition: Cassius Felix, Cassii Felicis de Medicina, hg. v. V. Rose. Glossen: 3 (StSG. III, 600,2. 3.10; MXLVI) Handschriften): St. Gallen, StiftsB. 105; Nr. 156, BV. 181, 2. Hälfte 10. Jh., f. 167-208. Literatur: A. Beccaria Nr. 130, S. 368f.; D. Langslow, TTie Formation and Development of Latin Medical Vocabulary; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 403. StSG. III, 600,2 Cantabro: chlia- 170 - Ed. 8,11 zu ahd. klia, kltwa 'Kleie'; StWG. 336. Kap. I (Edition): Ad tardum sive inveteratum capitis dolorem quem Grecci cephalaeam appellant (...). (Handschrift:) ... oculis clausis 1 sup[ra] linteola ligatis totufm] caput catafricabis & adiecta aq[ua] calida lauabis & p[ost]quam laueris asp[er]so cantabro manib[us] moderate fricabis & iterum lauabis. Lat. cantabrum bezeichnet hier eine Kleiemasse als Heilmittel. StSG. III, 600,3 Gesastere: uuormo - 174 - Ed. 88,11 zu ahd. wurm 'Wurm, Krankheitserreger'; StWG. 750. Kap. XXXVIIII: Ad emoptyicos. (...) Similiter aestate firigidum hieme tepidvm. Aliud Gesastere & amilvm [Ed. ampylum] cvm posca propiatur. StSG. III, 600,10 Specular -.spatl- 174 - Ed. 88,16 zu ahd. spät, spat Treibhausfenster'; StWG. 571 mit der Bedeutungsangabe 'Spat'. (...) Alivd picis siccae . partes dvas. Specular assati partem vnam teres & exinde ieiunoda bis coclearium vnvm siue hieme siue aestate cum posca frigida. D . CONSTANTINUS AFRICANUS, VIATICUS PEREGRINANTIS

Edition: Breviarium dictum viaticum, Omnia opera ysaac, Bartholomäus Trot, Johannes de Platea: Lyon 1515. Glossen: 2 (RR 223; Η. Thoma, Altdeutsches, S. 223).

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Handschriften): Rom, BV. Pal. lat. 1158; BV. 807,12. Jh., f. 2ra-68vb. Literatur L. Schuba, Die medizinischen Handschriften, S. 116f.; R. CreutzKöln, Der Arzt Constantinus, S. 13-19; H. Schipperges, Die Assimilation, S. 17f.; E. v. Steinmeyer, Sprachdenkmäler, S. 370. Übersetzt nach IlBN -ABI HALID AL-ÖAZZÄR RR 223,5 Ivniperi: weckoldor- 13r - Ed. II, 11 zu ahd. wehhaltar, wehholter"Wachholder'; StWG. 704f. [De Paralysi ... Dicta paraliticorum ... ] Ite: Balneü frequentandu ex h'bif ifti. R. Ivttiperi. eder? t*teste's. RR 223,5 abntani: .i dost t - 38r - Ed. IV, 18 zu ahd. dost 'Dost'; StWG. 105. afcaridib9 cü fuco abntani:./. dost (Interlinerar). E. G a r g i l i u s M a r t i a l i s , Medicinae e x o l e r i b u s e t pomis Edition: Gargilius Martialis, Medicinae ex oleribus, hg. v. V. Rose, 2, S. 128160. Glossen: 2 (StSG. III, 600,8; JJ 207,3; MXLVIII) Handschriften): London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. (A. Baader, Die Anfänge, S. 713: Hs. Ende des 11. oder Anfang des 12.Jhs. in Deutschland), f. 56v-64r. Literatur: A. Beccaria, Nr. 77, S. 252-254; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 401, L. Schuba, Die medizinischen Handschriften, S. 19f. StSG. III, 600,8 De melone: erdapfel- 59r - Ed. 141,7 [Ed. Depepone| zu ahd. erdaphu/'Yinoüe des Alpenveilchens, Kürbis'; StWG. 130. Glosse zur Kapitelüberschrift; recte: erdapfol. JJ 207,3 De Ziqfa: ζ elsenbom - 63v - Ed. 145,25 [Ed. De vqvarum] zu ahd. elsenboum 'Erle, Traubenkirschbaum' (?); StWG. 125. Glosse zur Kapitelüberschrift; recte: De Zihisa : elsenbom (Randglosse). F. Gariopontus, Passionarius-Galeni (I) Edition: Gariopontus, Passionarius. Opera Ysaak, Basel: Heinricus Petrus 1536. Glossen: 17 (StSG. IV, 367,28. 66,368,1-8,17-23, RR 242; MXLVIb) Handschriften): Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806, Glossen 9./10. Jh. (Blatt 33r) u. 12./13. Jh., (Blatt 34r-36v), fränk. (A. Baader, Die Anfänge, S. 717), f. 31r-50r. Literatur: A. Beccaria, Nr. 103, S. 313-316; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 404, L. Schuba, Die medizinischen Handschriften, S. 18f.; VD 16, G 409. StSG. IV, 367,28 Emigvnium: Zanewrm — 33r zu ahd. zanwurm 'Wurm, der Zahnschmerzen verursacht'; StWG. 753. hoc folet 'migraniü reprimere.

Die heilkundlichen Glossen

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StSG. IV, 367,55 Aprotano: Sco^wr^- 33r zu ahd. sco%n>ur\ "Eberreis'; StWG. 547. It1 aprotano tria bibat. StSG. IV, 368,1 Emigranium: Zanewrm — 33r zu ahd. ipmvurm, s.o. Ad emigraniü iabuci coma modiana. StSG. IV, 368,2 Sambuä: Holdirn - 33r zu ahd. holdira 'Holunder'; StWG. 283 s.u. holuntra. Ad emigtaniü iabuci corna modiana. StSG. IV, 368,3 Nepta: «ηψτ^- 33r zu ahd. ηήφίΜΓζ "Diptam, Wiesen-Augentrost'; StSG. 743. It* fupuulnif nepta & puleio tundif cüfalmodico fupuulnif inponif omne uenenü excuti&. StSG. IV, 368,4 Malagma: flaster- 33r zu ahd. pflastar 'Heilpflaster'; StWG. 462. & napiffemen aequolimen faraitiai exacetü malagma facif. StSG. IV, 368,5 Ammoniaco: SalGimma [recte: Salgimmd\ — 33r Die Glosse besteht vermutlich aus lat. sal (bei CELSUS ein im Sande der Ammonsoase gefundenes Salz, bei PLINIUS u.a. als sal Ammoniacum) sowie aus ahd. gimma 'Edelstein, Juwel'. Lat. ammoniaco wäre dann mit lat. sal 'Salz' und präzisierend ahd. gimma als 'Salzkristal' übersetzt worden. Der Beleg für ahd. gimma nicht KFW. 4,260f. u. StWG. 214. & fanat dolorem ad χϊρ exdolore ammoniaco decaldaf aloe exteplif inpositü mirefanare uidetur. Die Glossen der Seiten 34r bis 35v sollten nicht mehr dem Althochdeutschen zugerechnet werden. G . (PSEUDO) HIPPOCRATES, EPISTOLA AD ANTIOCHUM REGEM

Edition: Marcelli de medicamentis Uber, hg. v. M. Niedermann, S. 181-25. Glossen: 8 (StSG. IV, 368,9-12,25-27; RR 242; MXLVIIb) Handschriften): Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd.; 26r—26v. Literatur: A. Beccaria Nr. 104, S. 316-317; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 405; A. Nelson, Zur pseudohippokratischen Epistula ad Antiochum regem, mit Edition einer anderen Überlieferungstradition. RR 242,32 origano : tosto - 26r - Ed. 20,11 zu ahd. dosto T)ost, Origanum'; StWG. 105 s.u. dost. Id origani tofto Indici hoc eft deindia & ysopicomä inmulfa. Edition: ysopi uel origani Indici coma iniecta defruto siue mulsae. StSG. IV, 368,9 Alopitia: crint - 26r - unediert zu ahd. grint 'Grind'; StWG. 240.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Fit cerebri motuf & fonituf. Inde lippitudinef & diuerfa oculorü uitia. Inde ulcera & alopitia capitis & fluentia capillorü, inde Jcrofae. StSG. IV, 368,10 Scrofae: pula - 26t - (unediert; s.o.) zu ahd. büla 'Schwellung, Beule'; StWG. 83. RR 242 (radices) : ratih - 26v - Ed. 22,1 zu ahd. ratih 'Rettich*; StWG. 473. debet minutatim rafani radicef manducare eafque uel fucum earum tranfmittere. StSG. IV, 368,11 (Nasturtium): msso - 26v - Ed. 22,3 zu ahd. kresso 'Gartenkresse, Brunnenkresse'; StWG. 346. cardamum quoque, id eft nasturcium. StSG. IV, 368,25 (CiHacus): kelacunt- 26v - Ed. 22,20 zu ahd. gelogunt 'Gelbsucht, Aussatz, Lepra'; StWG. 196. Qui haec adhibere ceffauerit, hif patebit iniuriif, ut aut ciliacuf fiat aut meatibuf ruptif inmoderato uentrif fluore uexetur. StSG. IV, 368,26 Desinteria: u^kan - 26v - Ed. 22,21 zu ahd. ü^gattg Ourchfall, Dysenterie'; StWG. 686. Hinc dyfinteria oritur & iliacuf morbuf & ad fuperiora fimuf redundanf uomitü. StSG. IV, 368,9 (Emomidas): pula in arse - 26v - Ed. 22,24f. zu ahd. büla 'Schwellung, Beule'; StWG. 83. hinc et fanguinif per interioref meatus, id eft per aemorrhoidaf, fluor multuf emanat. H.

mittelalterliche Rezeptsammlung Edition: [»angedruckt] Glossen: 7 (StSG. III, 600,4-7,11-13; MXLVII) Handschriften): St. Gallen, StiftsB. 877; Nr. 215, BV. 248, Hs. 8./9. Jh., f. 3349.

A R S MEDICINALIS HIPPOCRATIS,

Literatur: A. Beccaria Nr. 138, S. 390-91, sowie S. 465. StSG. III, 600,4 Findebitur: sni ät - 34 zu ahd. snidan 'behauen, beschneiden, einschneiden'; StWG. 565. [unleserlich] caput findebitur [unleserlich]. StSG. III, 600,5 GINGIBAS: pihrna- 36 zu ahd. bilarn 'Zahnfleisch, Kieferränder'; StWG. 54. uteris pro gingibas StSG. III, 600,6 Humon: afronito. id: cartuur36 zu ahd. gartwur.ζ 'Eberraute, Stabwurz'; StWG. 193. exhumore afronito. id [est] cartuurz. StSG. III, 600,7 Edera temstria: ebej- 36 zu ahd. ebewi'Efeu'; StWG. 115. Colliger edera temstria inlignu[m] condis StSG. III, 600,11 Puki: cymesfeldchonala — 37 zu ahd. ijmis, cymes 'Quendel'; StWG. 763.

Die heilkundlichen Glossen

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zu ahd.feldquenek 'Quendel*; StWG. 146. origanu[m] & pulei cymes inmulsa emina deco quis adiercias StSG. III, 600,12 Pete: melda - 37 zu ahd. metta, melda 'Melde'; StWG. 407. Jtem peteradices sucus cusinape adiertu mellis uelacetu ciatussin gulis repefactu[m] catcalidium dabis StSG. III, 600,13 Epullitione: atuh - 37 zu ahd. atuh 'Zwergholunder'; StWG. 36. inposita scuti infantu[m] epulitione pedudoru[m] extinguit I.

PSEUDO PLINIUS, MEDICINA PLINII

Edition: A. önnerfors, Plinii Secundi Iunioris; R. Heim, Incantamenta magica graeca latina, S. 463-579, hier 555-561. Glossen: 1 (StSG. III, 601,2; ML) Handschriften): St. Gallen, StiftsB. 751; Nr. 207, BV. 238, 2. Hälfte 9. Jh, obd. (A. Baader, Die Anfange, S. 717: Hs. aus Italien), f. 183-292. Literatur: A. Beccaria Nr. 133, S. 372-381. V. Rose, Ueber die Medicina Plinii, S. 53-55. A. önnerfors, Die mittelalterlichen Fassungen. StSG. III, 601,2 (Ramicem) i. hola - 244 - Ed. 559 zu ahd. höla "Bruch'; StWG. 282. Ramicem reprimen dadit [unleserlich]. (ramosthola, Randglosse). Edition: Ranae rubetae vivae pedes posteriores testiculo alligato pueroque immobile respupinato rtmicem adversa rana saepius tundito dicisque ... Nicht mehr dem Althochdeutschen zugerechnet werden sollten die Glossen aus den im folgenden genannten Handschriften: J.

CONSTANTINUS AFRICANUS, D E INDIGNATIONE VUE

Edition: [ungedruckt] Glossen: 5 (StSG. IV, 380,34. 35. 39; 381,3. 5) Handschrift: Bamberg, StB. Msc. Med. 6; Nr. 13, BV. 24,12./13. Jh., f. 140v2 Literatur: StSG. IV, 378-380; R. Bergmann, Die Bamberger Glossenhandschriften. Die Handschrift enthält das Kräuterglossar und Antidotar des NORTHUNGUS, verschiedene medizinische Excerpte und den BAMBERGER BLUTSEGEN. StSG. IV, 380,34 Tussim, Adpeste que die- uulgo ääppe. .i. asma- 140v2,141rl. zu ahd. dampho 'Schnupfen'; StWG. 89. StSG. IV, 380,35 Fung acdpit's herba qu( dr luncm\ .i. lingua ceruina. - 140v2 zu ahd. lungvur\ 'Lungenkraut'; StWG. 389. StSG. IV, 380,39 glandosam .i. dröhswr^ - 141rl zu ahd. druoswur^ üraunwurz, Fetthenne'; StWG. 109.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

StSG. IV, 381,3 spie- 141rl zu ahd. spie Oeutscher Speik, Narde, Baldrian' (?); StWG. 574. StSG. IV, 381,5 caricas .i. Sien - 141rl zu ahd. sleha 'Schlehe'; StWG. 557. K . GARIOPONTUS, PASSIONARIUS-GALENI (II)

(s.o. F.) StSG. IV, 368,6 Ebuli: atichc- 34r zu ahd. atuh 'Zwergholunder'; StWG. 37. StSG. IV, 368,6 Anm. lAdglandulas: .diineegirde - 34r zu ahd. inergirde 'Rachenmandeln' (?); StWG. 302. StSG. IV, 368,7 Millefotia : Game - 35r zu ahd. gararva Tausendblatt, Schafgarbe'; StWG. 191. StSG. IV, 368,8 Cagarmm: cranip - 35r zu ahd. krampf Krampf; StWG. 344. StSG. IV, 368,17 Auripimento: silbinpm - 35r zu ahd. nlbirschüm 'Silberglätte (= erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe), Silberschaum'; StWG. 523. StSG. IV, 368,18 Simphottiace: ossirt^unge — 35r zu ahd. ossen^unge 'Ochsenzunge'; StWG. 450. StSG. IV, 368,19 Rumicis: ebechowe - 35v zu ahd. tbahewi "Efeu'; StWG. 115. StSG. IV, 368,20 Arnogloxca: .ossinqmge. - 36v (s.o.) StSG. IV, 368,21 Marrubio: .andor. - 36v zu ahd. andorn 'Andorn'; Beleg fehlt StWG. 28, 788 u. XXXVII. StSG. IV, 368,22 Aprotano: wuton - 36v zu ahd. wulltna 'Königskerze' (?); StWG. 747. Eher eupbrasia 'Augentrost, Salbei'; vgl. Diefenbach 213 u. 16 aphrodt 'Wolfsmilch'. StSG. IV, 368,22 Masturtii: burnt cnsse. — 36v zu ahd. brunnekreiso *Brunnenkresse'; StWG. 80. L . NORTHUNGUS, ANTIDOTARIUS

Edition: [ungedruckt] Glossen: 2 (StSG. IV, 378f.) Handschriften): Bamberg, Msc StB. Med. 6, Nr. 13, BV. 24,12./13. Jh., f. 40r118rl; 132. Literatur: — StSG. IV, 378,37 Spatuk: Suerdek - 54v2 zu ahd. swertale 'Schwertlilie'; StWG. 617.

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StSG. IV, 379,36 Eanunculü: lovfrosc- 132r2 zu ahd. loubfnsc "Laubfrosch'; StWG. 385. M.

Sextus PLACITUS PAPYRENSIS, LIBER MEDICINAE EX ANIMALIBUS Edition: S. Placitus Papyrensis, Liber medicinae ex animalibus, hg. v. E. Howald - Η. E. Sigerist, S. 234-298. Glossen: 3 (GGG 10,1-10) Handschriften): Wien, ÖNB. Cod. 187; BV. 957a, 14. Jh., obd. (althochdeutsch?) Literatur: R. Reiche, Deutsche Pflanzenglossen, S. 8-11; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 401. GGG 10,1-10 Hystemcepni^an : wulujt-1,7Ed. 10 zu ahd. wulst 'aufgeworfene Lippen'; StWG. 747. Mull ierfi a uulua offocatur quod uitium grece / Hystemccpniyan dr. GGG 10,1-10 De Wulpe: fuchs-II, 1 - Ed. 10 zu ahd.fuhs 'Fuchs, Füchsin'; StWG. 182 u. 812. Glosse zur Kapitelüberschrift. GGG 10,1-10 De thauro: ochfe - IX, 1 - Ed. 10 zu ahd. ohso 'Ochse'; StWG. 450. Glosse zur Kapitelüberschrift.

N . Q u i n t u s SERENUS SAMMONICUS, LIBER MEDICINALIS

Edition: Fr. Vollmer, Corpus medicorum latinorum II, 3, S. 5—52 (Zürich); Aemilius Baehrens, Poetae latini minores 3 (Prag). Glossen: 2 (StSG. III, 601,3; V, 44; MLI) Handschriften): Prag, Universitni knihovna, MS VII G 25; Nr. 529, BV. 784, Hs. 13. Jh., f. 53v—73r. Zürich, C 78/451, Ende 14. Jh., f. 114v-116r. Literatur: F. Vollmer, Nachträge zur Ausgabe, S. 132f.; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 401, L. Schuba, Die medizinischen Handschriften, S. 18f. StSG. III, 601,3 Lupini: vichbone - 55v - Ed. 82 (Prag) zu ahd.figböna 'Feigbohne, Wolfsbohne'; StWG. 151. StSG. V, 44,6 Auis cum tremuüs pellibus simulans alas est vespertilio, uulgo calua sorix, apud nos mustro. — 114v - Ed. 33,64 (Zürich) zu ahd. müstro 'Fledermaus'; StWG. 428. O . THEODORUS MEDICUS, DIAETA THEODORI

Edition: K. Sudhoff, Diaeta Theodori, S. 381-403 (London). R. Reiche, Deutsche Pflanzenglossen (Wien). Glossen: 3 (StSG. III, 601,4; JJ 207,7; GGG 10,1; MLII)

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Handschriften): London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. (A. Baader, Die Anfänge, S. 713: Hs. Ende des 11. oder Anfang des 12. Jhs. in Deutschland), f. 64-66. Wien, ÖNB Cod. 187; BV. 957a, 14. Jh., obd., f. 29r2-170. Literatur: R. Reiche, Deutsche Pflanzenglossen, S. 1-11, Kritische Nachträge, S. 496; W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 406, K. Sudhoff, Diaeta Theodori, S. 377-381. StSG. III, 601,4 Frumeati: chernin - London 64r - Ed. 382 zu ahd. kerno 'Kern, Körnchen, Korn'; StWG. 328. JJ 207,7 tritici \ London 64v - Ed. 382 [Sudhoff liest weisses] zu ahd. mei^t Weizen'; StWG. 707. GGG 10,14f. Pulegiü calefac . uitri / et urinam prouocat. partü expellit. et naufeam prohibet.: vuillidun - Wien - 10 zu ahd. wulüda oder wullido 'Übelkeit'; nicht StWG. 746. Die Glosse zu: PASSIONALIS LlBER, StSG. III, 601,1; MXLIX, St. Gallen, StiftsB. 752; Nr. 208, BV. 239, Hs. 10./11. Jh., A. Beccaria Nr. 134, S. 381-385, gehören nach Hinweis von R. Bergmann dem 15. Jahrhundert an. Auch die acht Pflanzenglossen aus einer Rezeptsammlung zu HIPPOCRATES, PERI FLEBOTOMIA, (JJJJ 495,12-23) aus der Handschrift Prag, Universitni knihovna, MS IV Ε 16; BV. 787a, 14/15. Jh., sind nicht mehr althochdeutsch. Die Rezeptsammlung wird Johannes von Aquila zugeschrieben.443

3.1.2 Der heilkundliche Wortschatz Die 14 lateinischen medizinischen Handschriften beinhalten 61 volkssprachige Glossen, 35 können dem Althochdeutschen zugerechnet werden. Es handelt sich in der Mehrzahl um Pflanzenbezeichnungen. Genuin heilkundlicher Wortschatz ist dagegen eher selten. Unter den 59 Glossen konnten 20 heilkundliche Lexeme ermittelt werden, die vor allem in GARIOPONTs PASSIONARIUS-Compilation nach GALEN und in den Hippocratischen EPISTULAE in etwas größerer Zahl erscheinen. Es handelt sich hier um Texte aus der von CASSIODOR angelegten Sammlung lateinischer medizinischer Schriften, die in den benediktinischen Skriptorien am leichtesten zugänglich gewesen sein dürften. Es fällt darüber hinaus auf, dass der Anteil der alten Handschriften des 8. und 9. Jahrhunderts in dieser Gruppe besonders hoch ist. Die Glossierung zeugt von dem Bemühen, den noch verfügbaren, aber häufig verderbten Texten der vorsalemitanischen Zeit einen adäquaten Sinn abzuringen. Einzelne Wörter, wie ahd. silbinym 'Silberglätte (= erstarrtes kri443 Edition: A. MORGENSTERN, Das Aderlaßgedicht des Johann von Aquilla und seine Stellung in der Aderlaßlehre des Mittelalters; man vergleiche R. REICHE, Kritische Nachträge, S. 495.

Die heilkundlichen Glossen

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stallinisches Bleioxyd von heller Farbe)' und vielleicht auch salgimma 'Salzkristall' galten bisher als Neubildungen des 16. Jahrhunderts. Die 20 Lexeme verteilen sich auf die Bereiche „Körper" (2): inergierde 'Rachenmandel', bilarn 'Zahnfleisch, Kieferränder' „Krankeit" (14): swambag 'aufgedunsen', swam 'Schwamm, Auswuchs, Geschwür', zweimal ipnewurm Wurm, der Zahnschmerzen verursacht', kramp "Krampf, dampho 'Schnupfen', grint 'Grind', büla 'Schwellung, Beule' sowie als pula in arse 'Hämorrhoiden' zu lat. emorroidas, gelogunt 'Gelbsucht, Aussatz, Lepra', üsgang TDurchfall, Dysenterie', höla "Bruch', wullida, -o "Übelkeit' und vjtckön, wohl "krampfen, sich zusammenziehen' - unklar ist die Glosse gesastere : uuormo, die zu ahd. wurm in der Bedeutung 'Krankheitserreger' gehören dürfte sowie den Bereich „Heilung" (4): flaster 'Heilpflaster', chlia 'Kleie, Kleienmasse', silbirspm 'Silberglätte (= erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe), Silberschaum'; salgimma 'Salzkristall'. Silberglätte ist erst wieder im 16. Jahrhundert als Heilsalbe gegen Pocken und Blatternarben bezeugt. Das Lexem Silberschaum scheint in der heilkundlichen Bedeutung im 16. Jahrhundert unterzugehen. Zur Deutung von Salgimma als 'Salzkristall' s.o. Die Bezeichnung ist als lat. sal gemmae (u.ä.) in mehreren jüngeren Arzneibüchern bezeugt,444 vereinzelt kann aber auch dort eine volkssprachige Entlehnung vorliegen. Der Ansatz als Kompositum kann vielleicht auch durch eine im DWB. (8,1696) unverstandene Bildung Salgemer (?, ein Salz) erhärtet werden. In diätetischem Zusammenhang verwendeter Wortschatz kommt nur mit der Erwähnung von ahd. agabü^ 'Barsch' als Glosse zu ANTHIMUS in den Blick. Der Bereich „Heilung" ist vermeintlich schwach repräsentiert, doch sind hier die 43 ermittelten Pflanzenbezeichnungen zu ergänzen. Trotz der Dominanz der heilkundlichen Flora bleibt es aber sinnvoll, „das Pflanzenreich" und den medizinischen Bereich bei der noch ausstehenden Neustrukturierung des deutschen Glossenwortschatzes voneinander zu trennen. Nur die hier in medizinischen Kontexten angeführten Pflanzen können mit Sicherheit dem heilkundlichen Sachgebiet zugerechnet werden. Die als Glossen zu den lateinischen medizinischen Schriften überlieferten heilkundlichen Bezeichnungen dürfen dem Grundbestand des deutschen heilkundlichen Wortschatzes zugerechnet werden.

444 Siehe J. MlLDENBERGER, Anton Tmtmanns 'Arzneibuch', S. 1645.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

3.2 Glossen zu lateinischen Rezepten Neben den zweisprachigen Rezepten haben sich in allerdings eher geringer Zahl auch lateinische Rezepte erhalten, die in althochdeutscher Zeit mit volkssprachigen Glossen versehen wurden. Dabei überwiegen die Pflanzenglossen. Genuin heilkundlicher Wortschatz ist selten.

3.2.1 Die Texte A . BERNER REZEPTE ( M L I V )

StSG. III, 602,19-34.47-62. 603-604,1-15. 23-36 Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. A. Beccaria S. 358f. Nr. 124; E. Hellgardt, Deutsche Handschriften 1100-1400, S. 53,57 Nr. 48; Walter Henzen, Der Rotulus, S. 28f.; Chr. von Steiger, Bemerkungen; H.-R. Fehlmann, Hochmittelalterliche Heilpflanzen-Glossare, S. 399f. Neben 121 Pflanzenglossen findet sich: StSG. III, 602,31 Glandula: Trvse - 92 zu ahd. druose 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'; StWG. 109. StSG. III, 602,48 Tortat: uuindit- 542 zu ahd. wintan 'winden, drehen'; StWG. 734. StSG. III, 602,49 Aprinumfeleher609 zu ahd. ebur'Eber'; StWG. 802. StSG. III, 602,62 Mel atticum : humbelhunek - 638, ebd. 603,2 Mel attico : hunbelhunek — 643 zu ahd. humbalbonag 'Hummelhonig'; StWG. 291 *Bienenhonig'. StSG. III, 603,3 Ius: saf-644 zu ahd. /^'Körperflüssigkeit'; StWG. 501. StSG. III, 603,4 Alramentum : dincda - 644 zu ahd. tincta Tinte', hier vielleicht wie saf Kn eine Körperflüssigkeit als 'schwarze Galle'; StWG. 626. StSG. III, 603,14 Argilk: leimo - 657 zu ahd. kimo 'Ton, Lehm'; StWG. 346. StSG. III, 603,15 Ranamm: mda- 659 zu ahd. kreta 'Kröte'; StWG. 346. StSG. III, 603,31 Furfures: cliwn - 686 (ebenso 603,44 diuun) zu ahd. klma 'Kleie'; StWG. 336. StSG. III, 603,33 Sanguisugam: F ^ - 6 9 0 zu ahd. egala 'Blutegel'; StWG. 117. StSG. III, 603,47 Stercus: cvat-ΙΟΠ zu ahd. quit 'Kot, Mist'; StWG. 466. StSG. III, 603,75 Calcis: calk - 754

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Die heilkundlichen Glossen

zu ahd.

kalc

'Kalk, Kalkstein'; StWG. 319.

S t S G . III, 603,78 Lexiuam:

longa - 7 6 0

zu ahd. huga Tauge'; StWG. 386. StSG. III, 604,2 Sandaraca: weidwuur\ - 774 zu ahd. weitwur.ζ 'Färberwaid, Mennige, roter Farbstoff; StWG. 707. StSG. III, 604,3 Arsintticum: orbrimint- 774 zu ahd. örpirmnt, ortirmint 'Schwefelarsenverbindung, Auripigment, rotes Operment'; StWG. 452. StSG. III, 604,10 Micas: brusima - 831 zu ahd. brösama 'Krumen, Bröckchen'; StWG. 79. S t S G . III, 604,11 Rufa: ηώ - 831

zu ahd. rät 'scharlachrot, braunrot'; StWG. 492f. S t S G . III, 604,23 Argentum uiuum: queksilber-

848

z u ahd. quecsilabar 'Quecksilber'; S t W G . 467. B . BONNER REZEPT ( M L V I )

StSG. III, 604,17 Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. A. Beccatia S. 204-207, Nr. 52; G. Eis, Zaubersprüche, S. 109-116. Eine Glosse StSG. III, 604,17 Cataplama: plastra - 71v zu ahd. pßastar 'Heilpflaster'; StSG. 462. C . LONDONER REZEPTE ( M L X )

StSG. III, 605,9-11.19-21 London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. Neben vier Pflanzenglossen findet sich: StSG. III, 605,20f. Sagtmitie quodfeceris ex illo ueitjden. quod dicitur zu ahd. hochrippe 'Rippenfett'; StSG. 281.

hochrippe. —

80r

D . ERSTES WÜRZBURGER REZEPT (MLIII)

StSG. III, 601,5.6; 602,1-13. 35-46 Würzburg, UB. M. p. th. f. 146; Bl. 2a; Nr. 647, BV. 995, wohl 10. Jh., ostfrk.; vgl. G. Sticker, Die gebräuchlichen Heilkräuter: um 880. Zum „Pulvis contra omnes febres et contra omnia venera" sind interlinear 27 Heilpflanzenglossen überliefert, die im Anhang des „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuchs" vermerkt sind. Sieh auch H.-R. Fehlmann, Hochmittelalterliche Heilpflanzenglossare, S. 390 mit Abb. S. 393. Pflanzenglossen zu lateinischen Rezepten von einer Hand des 11. Jahrhunderts enthält auch die Handschrift St. Gallen, StiftsB. 878; Nr. 216, BV. 249.

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Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

3.2.2 Der heilkundliche Wortschatz Unter den Glossen zu lateinischen Rezepten befinden sich neben erneut zahlreichen Pflanzenglossen auch einige heilkundliche Bezeichnungen. Abgesehen von ahd. plastra 'Heilpflaster' (Bonner Rezept) und hochrippe 'Rippenfett' (Londoner Rezepte) bietet vor allem die Berner „Mülinsche Rolle" volkssprachigen Wortschatz. Die meisten der zwischen den Pflanzenbezeichnungen aufgezeichneten Einträge, wie etwa kalk, louga, örpirmtnt, queksilber oder weitwur^ zählen allerdings nicht zum Sachbereich der Heilkunde. Vielmehr überliefert die Handschrift nicht ausschließlich medizinische Rezepte, sondern gleichzeitig, was durchaus üblich war, auch Färbemittel und ähnliche Rezepturen. Solche Sammlungen können als Vorläufer der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ratgeberliteratur der „Bücher von Menschen, Tieren und Garten" gelten. Sicher zur Heilkunde zählen nur aus dem Bereich „Körper" ahd. saf 'Körperflüssigkeit' als der - wenn nicht auch tincta als 'schwarze Galle' hierher gehört neben fühti 'Körperflüssigkeit' einzige ältere volkssprachige Beleg, der unmittelbar in Bezug zur „Säftelehre" der Humoralpathologie steht445, sowie aus dem Bereich „Krankheit" tnfse 'Geschwulst' und aus dem Bereich „Heilung" humbelhunek 'Hummelhonig'.

3.3 Glossen zu lateinischen botanischen Schriften Auch in den glossierten botanischen Schriften begegnen wieder neben einer großen Zahl von Pflanzenbezeichnungen einige wenige Lexeme aus den Bereichen „Körper", „Krankheit" und „Heilung". Im Vordergrund stehen hier naheliegenderweise jedoch stets die Pflanzenglossen.446

3.3.1 Die Texte Bei den glossierten botanischen Schriften handelt es sich um DE HERBARUM MEDICAMINIBUS d e s s o g e n n a n t e n PSEUDO-APULEIUS, u m das DYNAMIDIORUM LLBRI III, u m d e n O D O MAGDUNENSIS z u g e s c h r i e b e n e n MACER FLORIDUS m i t

der älteren deutschen MACER-Glossierung und der jüngeren deutschen MACERGlossierung. Zunächst soll am Beispiel der volkssprachigen Glossierung von Heilpflanzenbezeichnungen aus dem PSEUDO-APULEIUS ein exemplarischer Einblick in den

445 Zu „Schleim", ahd. slim als Glosse zu ütyo siehe im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch". 446 Siehe dazu in Kapitel V. 4.

Die heilkundlichen Glossen

141

Bestand und die Tradierung älterer deutscher Pflanzenbezeichnungen gegeben werden. A.

Lucius A P U L E I U S P L A T O N I C U S , D E M E D I C A M I N I B U S H E R B A R U M U B E R (Pseudo-Apuleius) Edition: Corpus medicorum latinorum IV, hg. v. E. Howald - H.E. Sigerist, S. 15ff., S. 127-156. - StSG. III, 587,20.37-590,1-3. 28; H. Mayer, Althochdeutsche Glossen, S. 18; JJ 206,9; GGG 8,1-16, 9,1-15; JJJJ 496; H. Mayer, Althochdeutsche Glossen, S. 137 (MXXXII-MXXXV). Literatur: W. Puhlmann, Die lateinische medizinische Literatur, S. 413f., G. Keil, VL 11, S. 122-125.

Volkssprachige Glossen zum P S E U D O - A P U L E I U S finden sich in acht Handschriften. Fünf Handschriften bieten Glossen in größerer Zahl. Sie werden in der vermuteten Reihenfolge ihrer Entstehung aufgelistet: a) Kassel, Murh. u. LB. 2° Ms. phys. et hist. nat. 10; Nr. 75, BV. 328, 9./ 10. Jh. [überliefert ab Kap. XXI] (StSG, III, 589f.). A. Beccaria, Nr. 58, S. 218-220. b) London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, 11. Jh. (StSG. III, 587f.). Weitere jüngere Pflanzenglossen bei Thoma, JJ 206,9. c) München, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, 13. Jh., bair., aus Scheiem (StSG. III, 587) d) Wien, ÖNB Cod. 187; BV. 957a, 12.-14. Jh.?, obd.?, vermutlich aus Süddeutschland (GGG 8-11) e) Oxford, BL. Jun. 116f; Nr. 496, BV. 727 [in Kopie von F. Junius] (StSG. III, 589). Es konnten insgesamt 63 Pflanzenbezeichnungen ermittelt werden, von denen 62 wohl sicher zu deuten sind. alant 'Alant'; KFW. l,188f., StWG. 20. a) b) III, 588,47 [Inula campana]: Alant, XCV c)

d) e)

anatret 'Vogelknöterich, Silberdistel'; KFW. 1,452, StWG. 27. b) III, 588,20 Pmetpinaca: anatret, XIX c)

d) GGG 8, Nomen herbe Poliganus: Anatret, (XVIII ?) e) III, 589,12 Pnserpinaca: anatret, ebd.

142

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

ateh 'Zwergholunder'; KFW. l,689f„ StWG. 37. a) III, 589,39 Ebulum./". adech, XCI b) c) III, 587,16 (Herba ebulum): Atech, ebd. d) e)

betonige "Betome, Mangold'; KFW. l,933f., StWG. 48f. a)

b) c) III, 587,20 (Vettonica) Uthonica: patöuge, I d) e)

pilisa "BUsenkraut'; KFW. 1,1052, StWG. 55. b) III, 588,6 Pilisa Iusquiamus l caniculata. lusqutamus: pilsen, V c)

d) GGG 8 Nomina herbe Jusciami: Pilisa, (IV ?) e) III, 589,3 Hyoscyamus: pilsa, V bletehha 'Sauerampfer'; KFW. 1,1201, StWG. 65f. a)

b) c) d) e) III, 589,10 Artemisia : bktechä XI (wohl zum XIV folgenden Lapathon, lapathium). brahwutz 'Wolfsmilch, Odermennig, Wiesenknöterich'; KFW. l,1306f., StWG. 73. a) III, 590,28 Branca saluatica : bracbwr£ CXXVII (von dritter Hand, 12.

Jh·)· b) c)

d) e) bucha "Beifuß'; KFW. 1,1477, StWG. 83. a)

b) III, 588,15 [Artemisia]: bucha, XI c)

d) GGG 8 Nome herbe Arthemesia et Agantes: Buccha, XI

e)

denngras 'Vogelknöterich'; StWG. 94. a) III, 589,20 Gramen .i. demgRas, LXXVII b)

Die heilkundlichen Glossen

C) d) e)

distil TDistel'; StWG. 103. a)

b) III, 588,51 [Cardus]: Distil, CIX c)

d) e)

dosto *Dost'; StWG. 105. a)

b) III, 588,58 Origanum: Oste, CXXII c) III, 587,33 (Herbam origanum): dosto, ebd. d) e) III, 589,36 Origanum: ctosta, ebd. eberwutz «Eberwurz, Eberraute'; KFW. 3,29, StWG. 116. a)

b) c) d) e) ephih a) b)

III, 587,27 (Herbe cardus siluatici) : Eberwr.^ MXXXII GGG 9 Nomen herbe cardusfiluaticus: Eb'w'fy (CX) 'Eppich, SeUerie'; KFW. 3,321f., StWG. 128. III, 588,13 Apium siluesf \ wild eppeich, IX III, 588,52 Appium: ephich, CXVIII

c)

d) e) III, 589,35 Apium: epficb, ebd. erdaphel 'Knolle des Alpenveüchens, Kürbis"; KFW. 3,370f., StWG. 130. a)

b) III, 588,18 Tem malvm: erdaphel, XVIII c)

d) e)

farn 'Farnkraut, Engelsüß'; KFW. 3,628f., StWG. 141. a) III, 589,19 Felicem .i. Farn, LXXVI b) c)

d) JJJJ 496 Herba FiHx -.farn, ebd. e)

fenihhal 'Fenchel'; KFW. 3,735f., StWG. 147. a)

143

144

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

b) c)

d) e) III, 589,38 Feniculum: fenichal\ CXXIV vünfblatt 'Fünffingerkraut, Fingerkraut'; KFW. 3,852, StWG. 153. a)

b) III, 588,2 Pentafilon velquinqutfolium: νpkf, III c) d) e)

garwe 'Tausendblatt, Schafgarbe'; KFW. 4,103, StWG. 191. «0 b) c) d) GGG 9 Nomen herbe. Milkfoävm: Garwe, LXXXIX e)

gartkresso *Brunnenkresse'; KFW. 4,122, StWG. 192. a)

b) III, 588,22 [Nasturtium]: cart cresso, XXI c)

d) e)

grintwurz 'Schöllkraut*; KFW. 4,434f., StWG. 240. a)

b) c) III, 587,13 {Herba chelidonia): Grint, LXXII d) e) III, 589,31 Celidonia: scellawrζ / erintwr$ ebd. hamila 'Knabenkraut'; KFW. 4,667, StWG. 252. a)

b) III, 586,16 [Satirion] Natarmrc hamila, XVI c) d) e)

haninfuoz 'Hahnenfuß'; KFW. 4,672f., StWG. 253. a)

b) III, 588,30 Galticrus: haninfc XLV III, 588,31 Galticrus: hanin % ebd. c)

d) e)

Die heilkundlichen Glossen

haninkamp 'Klappertopf, Ziest'; KFW. 4,673, StWG. 253. a)

b) III, 588,39 Heraclea: haninchamp, LXXII c)

d) GGG 9 Nomen herbe. He / radia: banne kam, (LXXIII ?) e)

hartinhewi 'Tüpfel-Hartheu'; KFW. 4,733, StWG. 257. a)

b) III, 588,29 Equiseia: hartinheuui, XL c)

d) JJJJ 496 Nomen herba hypirium: hart / beut. e)

hasinfuoz 'Hasenklee, Nelkenwurz'; KFW. 4,754, StWG. 259. a) III, 589,16 Leporispes .i. hasenuut, LXII b) III, 588,34 Benedicta: Hasin ebd. c)

d) e)

heimwurz 'Schutt-Bingelkraut'; KFW. 4,855, StWG. 264. «0 b) III, 588,45 [Mercurial^ : heimmrc, LXXXII c) d) e) III, 589,33 Mercmiaüs: heimwur^ ebd. himilprant 'Königskerze, Beifuss'; KFW. 4,1078f., StWG. 275. a)

b) III, 588,28 Brittannica: Himilprant, XXX c)

d) e)

hirceszunge 'Hirschzunge'; KFW. 4,1094, StWG. 279. a) III, 589,15 (Spienium) .i. hirceszunge, LVII b) c) d) GGG 9 Nomina herbe Spleniö. hirt^pvng, (LVI ?) e) huntzzunge 'Echte Hundszunge, Echte Ochsenzunge'; StWG. 279. a)

b) c)

d) GGG 9 Nomen herbe. Narciss.: hunt\ %unge, LV e)

146

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

huswurz 'Hauswurz'; StWG. 296. b) III, 588,60 [Sempennva] : huswurc, CXXIII c) III, 587,35 (Tolle herkam domesticam): huswr^ CXXIII d) e) Ibisca' Eibisch'; StWG. 297. a) b) c) d) Nomen herba alteer. Ibijche, XXXVIII e) isinina 'Eisenkraut'; StWG. 313. a) b) III, 588,36 Verbena: Isinenin, LXV c) d) G G G 8 Herba Ierebotana: Innin, (III ?) e) III, 589,2 Verbenaca: uarna (Steinmeyer, 1. tsarna), LXV

isernkrut ΎεΛεηβ'; StWG. 313. a) b) III, 588,4 Ubena l columbina: isencrut od taubecropf, IV c)

d) e) kervela ΈΛίεΓ Kerbel, Wiesenkerbel'; StWG. 328. a) III, 589,47 Certifolium kerne h, CIV

b) c)

d) e)

kletto 'große Klette, Klettfrucht*; StWG. 335. a) b) III, 588,26 Minor camemehn: Cletto, XXIV c)

d) e) III, 589,14 Cameleon chetiio l chletto, XXIV

collinder 'Koriander'; Nicht StWG. 340. a) III, 589, 45 Coliandrum colltn der, CH

b) c) d) e)

Die heilkundlichen Glossen

147

chonilo, quenula 'Quendel, Bohnenkraut'; StWG. 340. a) III, 589,42 Serpullum./. colli, XCIX b) III, 588,32 Polion: Chonilo, LVIII III, 588,33 [Potion]: Quenula, LVIII öra 'Ohr' (nicht SchW. 230) Ogen·.oculi-, zu ahd. —> ouga 'Auge' (nicht SchW. 230) Munda: bucca; zu ahd. —> mund 'Mund' (nicht SchW. 216) Zunguen : denies, zu ahd. —> i;unga 'Zunge', hier jedoch einem falschen Lemma zugeordnet (nicht SchW. 337) 7. Bart: barba, zu ahd. hart *Bart' (nicht SchW. 93) 8. An ·. manus, zu ahd. hant 'Hand, Arm' (nicht SchW. 159) 9. Ansco : Guantr, zu ahd. hantscuoh 'Handschuh', wohl irrtümlich unter die Körperteilbezeichnungen geraten 466 Man vergleiche G. B A E S E C K E , Vocabularius Sd. Galli, S. 44f.; siehe auch W. P F I S T E R , In francia fui.

HAUBRICHS -

M.

200

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

10. Brust: pectus; zu ahd. -> brüst Thrust, Herz' (nicht SchW. 103) 11. Guanbe: uuenter, zu ahd. —> »awta *Leib, Körper, Bauch' (nicht SchW. 308) Die althochdeutschen Einträge zeigen große Ähnlichkeit mit den Körperteilglossen der KASSELER GLOSSEN und dem LIBELLUS STI. GALLI. Damit führen sie wie diese Glossare auf die Tradition der lateinschen HERMENEUMATA-Glossen. Dem Bearbeiter der Gespräche wird eine der vielen Versionen, vermutlich eine romanisierte HERMENEUMATA-Fassung, vorgelegen haben. Die Pariser ALTDEUTSCHEN GESPRÄCHE stehen daher im Althochdeutschen nicht isoliert, sondern fügen sich ein in die neben dem ABROGANS älteste althochdeutsche Texttradition. Das Besondere der Pariser ALTDEUTSCHEN GESPRÄCHE ist dabei allerdings das umgekehrte Verhältnis von Latein und Volkssprache. Erstmals dient das Latein hier nicht als Ausgangssprache. Die Gespräche gehen vom Althochdeutschen aus. Sie sollen den Reisenden in die Lage versetzen, in der fremden Sprache Gehörtes zu verstehen und ins Latein zurück zu übersetzen. Nicht auf die praktische Verwendung anatomischer oder heilkundlicher Begriffe im Alltag, sondern auf das Verständnis von Analogien und Metaphern richtet sich NOTKERS Übertragung der CONSOLATIO PHILOSOPHIAE des BOETHIUS. Im ersten Buch erscheint dem Erzähler eine Frauengestalt, die Göttin der Philosophie. Als sie die Dichtermusen, die mein Lager umstanden und meiner Tränenflut Worte liehen, erblickte, sprach sie etwas erregt und mit finster flammendem Blicken: Wer hat diesen Dirnen der Bühne den Zutritt zu diesem Kranken erlaubt, ihnen, die seinen Schmerz nicht nur mit keiner Arznei lindern, sondern ihn obendrein mit süßem Gifte nähren möchten. Sind sie es doch, die mit dem unfruchtbaren Dorngestrüpp der Leidenschaften die fruchtreiche Saat der Vernunft ersticken, die der Menschen Seelen an die Krankheit gewöhnen, nicht sie davon befreien. 467

NOTKER greift in seiner althochdeutschen Bearbeitung das Bild der Krankheit auf: Er schreibt über die Dichtermusen: Unde menniskon müot sto^ent sie in dia süht. sie nelosent sie nibt.m „Und das menschliche Bewusstsein stoßen sie in die Krankheit. Sie erlösen es nicht." Und weiter: „Doch dieser, ist er nicht mit der Wissenschaft der Eleaten und Akademiker ernährt worden? Darum hinweg ihr Sirenen, die ihr süß seid zum Verderben, überlasst ihn meinen Musen zur Pflege und Heilung."469 NOTKER: Aber disen chriechiskero mästerskefte . unde achademiskero dürh-lerten. Rument sirenes . lüst-same ün^ an dia uerlörntsseda ... unde latent mth tmo sin müot neren . ünde heilen!*10 „Aber diesen in griechischer und akademischer Wissenschaft hochgelehrten? Macht Platz, Sirenen, begehrenswert bis in den Untergang ... und lasst mich ihm seine Sinne retten und heilen." 467 Übersetzung nach B O E T H I U S , Trost der Philosophie, S. 5. 4 6 8 N O T K E R , Consolatio, S . 10. 469 Übersetzung nach B O E T H I U S , Trost der Philosophie, S. 7. 4 7 0 N O T K E R , Consolatio, S. 1 0 .

Heilkundliche und anatomische Kontexte

201

Die durch lat. innütro 'ernähren' eröffnete Anspielung des BOETHIUS auf die Diätetik als Kunst der richtigen Lebensführung, wie sie in der philosophischen Tradition der Antike bei EPIKUR angelegt ist, übernimmt NOTKER in seiner Bearbeitung nicht. Vermutlich ist sie im entgangen, da ihm über den BOETHIUS-Text hinausgehende philosophische Zusammenhänge nicht unbedingt bekannt gewesen sein müssen. So sind ihm etwa an der selben Stelle offensichtlich auch die Eleaten wie ZENO oder Ρ ARMENIDES im einzelnen unbekannt, übersetzt er doch eleatis studiis allgemein mit chriechiskero meisterskefte. Aber das Bild der „Philosophie als Ärztin" wird von NOTKER weiterverfolgt. Im ersten Buch der CONSOLATIO folgt er BOETHIUS bei einem therapeutischen Gespräch zwischen der Ärztin und ihrem Patienten. „Gestattest Du wohl zuerst, dass ich mit einigen kleinen Fragen deinen Geisteszustand prüfe und untersuche, damit ich wisse, auf welche Weise deine Heilung einzurichten sei? Frage du, sagte ich, nach deinem Gutdünken, was du willst; ich werde antworten.471 NOTKER nachdem er einen nicht von BOETHIUS stammenden Binnentitel „Attrectio uulneris" eingefugt hat: Nä säge φ erest. Uut'k du mir hingen . fragende begmßn . finde bestochen din muot. uuio stände? Τάζ th uuivg. uuio ih tth heilen stile. After dtnemo uuilkn fröuua chad ih . frage des tu mih uuellest äntumrten.m „Nun sage zuerst, willst du mir erlauben, fragend zu erfassen, und deine Gemütsverfassung zu untersuchen, wie sie sich befinde? Damit ich weiß, wie ich dich heilen soll. Nach deinem Willen, Herrin, sagte ich. Frage worauf du möchtest, das ich antworte." Mit diesem Text macht uns NOTKER zum Zeugen der vermutlich ältesten geschriebenen Anamnese in deutscher Sprache. Sein Text ist im Gegensatz zur Vorlage des BOETHIUS verbal konstruiert, etwa heikn sük statt curationis, fragende begreifen statt pauculis rogationibus. Seine Formulierungen sind so einfach und konkret wie möglich. Τάζ ih uuiye . uuio ih tth heikn sük. Und um Heilung, nicht um Tröstung oder eine abstrakte Rettung geht es in dieser Anamnese. Und auch der Name der Krankheit kommt wenig später zur Sprache. „So habe ich mich also nicht getäuscht, sagte sie, dass hier etwas fehlt, so dass wie durch die Bresche eines Walles die Krankheit der Verwirrung in deinen Geist eingedrungen ist."473 NOTKER: Neuuissa ih uuöla chäd si. dir eteuuär gemengen . tar müot-süht in sliefen mag. sämo dürh sketero getana spt'vgün.m „Ich weiß wohl, sagte sie, dass es dir an irgend etwas fehlt, da eine Verwirrung der Sinne eindringen konnte, wie durch lockeres Pfahlwerk." So wird am Ende des therapeutischen Gesprächs der Weg zur Heilung beschritten: „Ich kenne nun auch die andere und größere Ursache deiner Krankheit, sagte sie: du weißt nicht mehr, was du selbst bist. So habe ich also vollauf den Grund deines Leidens, aber auch den Weg, dir wieder Genesung zu verschaffen, ge-

471 Übersetzung nach BOETHIUS, Trost der Philosophie, S. 35. 472 NOTKER, Consolatio, S. 36.

473 Übersetzung nach BOETHIUS, Trost der Philosophie, S. 35. 474 NOTKER, Consolatio, S. 37.

202

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

funden."475 NOTKER: Föne diu häbo ih nu uuöla fernömen . iöh uuio du sieh sist. iöh uuio man ψο jähen süle. tib tinero gesündedo gerechemnne.m „So habe ich nun gewiss vernommen, und zwar auf welche Weise du krank bist, und auch auf welche Weise man vorgehen solle, um dir deine Gesundheit wieder herzustellen." Und BOETHIUS beendet das erste Buch mit einer Beschreibung des Heilungsprozesses: „Aber noch ist es nicht Zeit, stärkere Heilmittel anzuwenden; auch ist es die Natur des Geistes, dass er, sobald er die wahren Meinungen verworfen hat, falsche annimmt, aus denen dann der Nebel der Verwirrung steigt und das rechte Schauen trübt. Diesen Nebel will ich allmählich durch milde und leichte Behandlung zu lockern versuchen, auf das sich das Dunkel der trügerischen Leidenschaften zerstreue."477 NOTKER: Uuända aber nöh s$t neist stärcheren lachenes. ünde öub menniskSn muot so getan ist. sih ten uuärheite gelöubendo. sär heftet an den lükken uuän. föne demo diu timberi chümet. ten m&ot-trübedo . tiu uuärra άηα-siht irret. so ebenen dia ttmberi erest über nemen . mit lenen ünde mengen gebähedon. „Nämlich noch ist aber nicht Zeit für stärkere Heilmittel. Und auch ist das menschliche Gemüt so beschaffen, dass es sich, wenn es sich der Wahrheit entäußert hat, sofort an den verlockenden Schein heftet, aus dem dann die Finsternis kommt, die Trübung der Sinne, die die wahrhaftige Schau verhindert. So versuchen wir die Finsternis zuerst zu überwinden, mit sanften und milden heilenden Umschlägen." Zur Charakterisierung der geschilderten Krankheit, der Trübung der Sinne und des Gemütes, prägt NOTKER als Übersetzung von morbus perturbationum ein neues Wort, ahd. muotsuht. Wie das ebenfalls nur bei NOTKER bezeugte Adjektiv muotsuhtig 'verwirrt, bedrückt' nimmt es eine Bezeichnung vorweg, die erst im 18. Jahrhundert als Übersetzung von lat. melancholicus und morbus animi wieder Konjunktur hat und geradezu wie eine Lehnübersetzung aus dem Althochdeutschen daherkommt: gemütskrank und Gemütskrankheit. In mhd. muotsiech lebt es noch eine Zeidang fort. Das lateinische Vorbild hat also zweimal, im 11. und im 17./18. Jahrhundert zu ganz ähnlichen Wortneubildungen geführt. Weniger gelungen scheint dagegen seine Übersetzung von fomentis als gebähedon. Lat. fämentum trägt die Bedeutungen 'erwärmender Umschlag, Verband* und 'Linderungsmittel'. Es dürfte kein Zweifel bestehen, dass BOETHIUS hier die zweite, allgemeinere Bedeutung im Sinne hatte, als er vorschlug, die umnebelten Sinne „allmählich durch milde und leichte Behandlung zu lockern". NOTKER, dessen Bearbeitung der Dialoge stets so konkret und realistisch wie möglich ausfällt, griff an dieser Stelle nicht zu dem weiter oben schon gebrauchten Substantiv läbhen in der allgemeinen Bedeutung 'Heilmittel', sondern übersetzt lat. /omentum in der Bedeutung 'erwärmender Umschlag, Verband' und wählt daher ahd. gebäida. Die konkrete Vorstellung des Auflegens warmer Umschläge und Kompressen gesellt sich aber nur mühsam zum Bild der Heilung eines Gemütskranken durch die 475 Übersetzung nach BOETHIUS, Trost der Philosophie, S. 37. 476 NOTKER, Consolatio, S. 39. 477 Übersetzung nach BOETHIUS, Trost der Philosophie, S. 38f.

203

Heilkundliche und anatomische Kontexte

„Ärztin Philosophie". Während die Qualität der Übersetzung an dieser Stelle durch eine zu konkrete Formulierung gestört ist, so gibt das Bild zugleich doch einen Einblick in die frühmittelalterliche Heilkunde und die Bezeichnung eines der wichtigsten Heilmittel, eben den wärmenden Umschlag. Mit der Wiedergabe eines therapeutischen Gesprächs in NOTKERS Übersetzung der CONSOLATIO PHILOSOPHIE beginnt eine neue Art des Schreibens über Krankheit und Heilung, die über die Aufzeichnung von zweckgebundenen Rezepten, Heilzaubern und Glossierungen hinausgeht. Wie in vielen anderen Bereichen von Literatur und Wissenschaft wird es aber auch hier noch einige Jahrhunderte dauern, bis die bei NOTKER angelegten Ansätze bei anderen Autoren wieder zum Vorschein kommen.

4.2 Heilkundliche Glossen in nicht-medizinischen Glossen-Kontexten Etwas anders liegen die Verhältnisse bei einigen Glossenhandschriften, die beispielsweise als Trägerin von Bibelglossen einem primär nicht-medizinischem Sachbereich entstammen, die aber dennoch eine auffällig hohe Zahl von heilkundlich-anatomischen Bezeichnungen überliefern. Solche Handschriften werden im folgenden tabellarisch aufgelistet. Aufgenommen werden Handschriften, die wenigstens in einem der drei medizinischen Bereiche mehr als 25 Glossen aufweisen können. Nicht berücksichtigt wurden dabei die ABROGANS-, die SUMMARIUM HEINRICI- und die reinen GLOSSAE SALOMONIS-Handschriften, deren hoher Anteil an thematischem Sachwortschatz bereits untersucht wurde. Handschrift

Körperteile

Krankheit

Heilung

Inhalt

Gm 18140

89

155

37

Bibelgl Μ 1

Clm14689

129

58

23

Bibelgl. Μ 7 Körperteilglossar

Clm 19440

85

75

34

Bibelgl. Μ 2; Greg.; Aldh.

Wien Cod. 2723

61

92

17

Bibelgl. Μ 3, Monsee;

Wien Cod. 2732

58

93

19

Bibelgl. Μ 4, Salzbg.

Karlsruhe IC

92

57

5

Bibelgl. Rz

Wien Cod. 804

122

31

-

Körperteilglossar

Oxford Jun. 83

130

18

3

Körperteilglossar

Schlettstadt Ms. 7

95

45

8

Berlin 4° 674

102

31



Hildegard von Bingen

Oxford )un. 25

55

53

10

Bibelgl. Ja; Greg.; BR.

Somnium Danielis

Bibelgl. Rz; Gl. Id Körperteilgl.; Alphab. GL; div. Autoren

204 Handschrift

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts Heilung

Krankheit

Körperteile

Inhalt

Clm14395

41

60

7

Prüden tius

Clm17403

43

47

13

Bibelgl. Μ 8; Gl. Salom.; Ps. Apul.; Kräutergl.

Clm 22201

49

38

15

Bibelgl. Μ 9; Gl.

Göttweig 46/103

42

39

14

St. Gallen 242

87

5

2

Salom. Bibelgl. Μ 5 Körperteilglossar; Aldh.; Sedulius Innsbruck 711

66

22

1

Körperteilglossar; div. Autoren; Bibelgl. Rz

Clm 13002

36

40

11

Bibelgl. Μ 6; Gl. Salom.

Bern Cod. 803

35

35

9

Rezepte, Pflanzengl.; lat.-dt. Vocabular; Zauberformeln

RomReg.lat. 1701 63

16



Trier Hs. 61

20

42

4

Körperteilgl.; Alphab. Gl.; Sedulius; Beda.; Prud.

St. Gallen 913

45

14

4

Voc.; Sachgl.

Clm 4606

26

27

6

Bibelgl. Rz

Fulda C 11

57

-

-

Körperteilglossar

Clm 14584

33

21

1

Clm14754

57

1

-

Clm 27329

45

15

-

Kassel theol. 24

57

7

1

Erfurt CA 8° 8

48

-

-

Marburg Mscr. 39

47

-

-

Florenz Plut 16.5

14

26

1

Wien Cod. 901

68

8

-

Körperteilgl.; Sachgl.

Körperteilgl.; Sachgl.; Bibelgl. Rz. Körperteilgl.; Bibelgl. R.; Orosius Versus de Volucribus; Alphab. Gl. Körperteilgl.; Gl. Casselanae Körperteilgl.; lat.-dt. Voc. Körperteilgl. lat.-dt. Voc. Körperteilgl.; Sachgl.; lat.-dt. Voc.; Prud. Prise., Aldh. Körperteilgl.; Alphabet. Gl.

Heilkundliche und anatomische Kontexte

205

Auf diese Weise wurden 32 Handschriften ermittelt. Es zeigt sich, dass es unter den nicht-medizinischen Glossenhandschriften vor allem die Handschriften mit Bibelglossaren sind, die in größerer Zahl heilkundlichen Wortschatz bieten. Hier tritt insbesondere die bereits von E. v. Steinmeyer beschriebene sogenannte Handschriftengruppe Μ in den Vordergrund.478 Aber auch andere Überlieferungsstränge verblüffen mit zum Teil weit mehr als 100 heilkundlichen Einträgen, so vor allem die Handschrift Karlsruhe IC mit dem Bibelglossar Rz mit 154 Belegen. Diese Zahlen sind jedoch zunächst nur von relativer Aussagekraft, da ihre Bedeutung erst in Verbindung mit den absoluten Zahlen der Glossen pro Handschrift richtig eingeschätzt werden kann. So ist etwa der Clm 18140, der mit 281 heilkundlichen Lexemen mit großem Abstand am häufigsten vertreten ist, zugleich auch die mit über 6.000 Einträgen insgesamt am dichtesten glossierte althochdeutsche Glossenhandschrift überhaupt. Da für kaum eine der erfassten Handschriften bisher genaue Zahlen vorliegen, ist ein exaktes Bild der Überlieferungsfrequenz des althochdeutschen heilkundlichen Wortschatzes in nicht-medizinischen Handschriften noch nicht zu gewinnen. Einen gewissen Orientierungspunkt bietet jetzt eine Untersuchung der substantivischen Bibelglossen der Handschrift Clm 19440.479 Die Auswertung der dort behandelten 1750 Glossen fuhrt 56 Körperteilbezeichnungen, 23 Krankheitsbezeichnungen und 6 Bezeichnungen aus dem Bereich „Heilung und Gesundheit" zu Tage. Die 85 Bezeichnungen stellen damit etwa 4,85 % der Substantivbildungen des Clm 19440. Nimmt man alle Wortarten zusammen, so stoßen noch einmal 22 Bezeichnungen hinzu, so dass die 107 Lexeme bei insgesamt etwa 1.920 Bibelglossen dieser Handschrift mit etwa 5,57 % vertreten sind. Die Tabelle zeigt, dass die gesamte Handschrift, die über die Bibelglossen hinaus u.a. noch Glossen zu GREGORs Homilien, ALDHELM und CANONES-Glossen bietet480, 194 heilkundliche Lexeme enthält. Vor dem Hintergrund der insgesamt etwa 6.000 Glossen dieser Handschrift liegt der heilkundliche Anteil damit nur noch bei etwa 3,2 %. Dieses Verhältnis lässt sich auch nach der Durchsicht der übrigen Handschriften, die Bibelglossare enthalten, tendenziell bestätigen. Damit gehört der heilkundliche Wortschatz aber noch immer zu den am häufigsten aufgerufenen Sachbereichen. Die naheliegendste Erklärung für die im Vergleich zu anderen Texten stärkere heilkundliche Glossierung vor allem in Bibelhandschriften ist gewiss die relative Häufigkeit von Körperteil· und Krankheitsbezeichnungen im Bibeltext selbst. Dafür ist die realistische Schilderung anatomischer und medizinischer Zusammenhänge, aber nicht zuletzt auch der intensive Bezug auf die Formen der altorientalischen Körperteilsymbolik ausschlaggebend.481

478 479 480 481

Die Familie M, in: StSG. V, S. 408-472. Siehe da2u H. DAVIDS, Studien zu den substantivischen Bibelglossen. Zur Handschrift siehe ebd. S. 32-44. S. SCHROER - T h . STAUBLI, Die Körperteilsymbolik.

206

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Es fällt darüber hinaus auch auf, dass gerade die Handschriften, die ein Körperteilglossar beinhalten, auch in den übrigen Teilen überproportional viel heilkundlichen Wortschatz enthalten. In der Kombination beider Bereiche, die ja exemplarische Stoffe des Schulunterrichts waren, macht sich ein gewisses thematisches Interesse an der Medizin durchaus bemerkbar. Ganz außerhalb von Bibel- und Körperteilglossaren steht in der Tabelle nur die Handschrift Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61. Sie enthält Prudentiusglossen. Auch hier handelt es sich wieder um eine der großen Glossenhandschriften, aber es überrascht doch besonders die vergleichsweise hohe Zahl von 42 Krankheitsbezeichnungen.482 Auch hier ist ein gewisses thematisches Interesse des Glossators ablesbar. Die Parallelhandschrift Paris, BN Nouv. acquis, lat. 241 hat diesen Wortschatz nicht.483 Auffällig ist weiter der relativ hohe Anteil von Bezeichnungen aus dem Bereich von „Heilung und Gesundheit" in den GLOSSAE SALOMONIS. Damit zeichnet sich im Vergleich zur körperteilzentrierten Glossierung im SUMMARIUM HEINRICI eine gewisse Schwerpunktbildung innerhalb der Texttradition der Sachglossare ab. Für weiterreichende Schlüsse, die die Vorstellung von einer gezielten medizinisch motivierten Glossierungspraxis in nicht-medizinischen Handschriften erhärten könnten, ist die Glossierungsdichte im einzelnen aber doch wohl nicht hoch genug. Dennoch sollte die heilkundliche Glossierung in den hier aufgelisteten Handschriften von der außerhalb jedes medizinischen Kontextes stehenden Einzelüberlieferung abgegrenzt werden.

482 Zur Handschrift siehe R. BERGMANN, Mittelfränkische Glossen; H. LAUFFER, Der Lehnwortschatz; P. KATARA, Die Glossen des Codex Seminarii Trevirensis. Siehe auch W. SCHRÖTER, Walahfrids deutsche Glossierung. 483 Zur Handschrift siehe J. BERG, Die althochdeutschen Prudentiusglossen.

Resümee

207

5. Resümee Das Schreiben über Körper, Krankheit und Heilung beginnt mit Rezepten, Zauberspriichen, Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften, Körperteil- und Pflanzenglossaren. In spätalthochdeutscher Zeit werden medizinische Zusammenhänge bei Notker erstmals auch in seinen Schultexten zur Philosophie aufgegriffen und ausgebreitet. Die Textklasse „Texte medizinischen Inhalts" besteht aus Vertretern der Textsorten „Rezept", „Zauberspruch", „Glossenhandschrift", „Glossar" und „Schultext". Rezept, Zaubersprüche und Glossare erscheinen einsprachig oder als lateinisch-deutsche Mischtexte. Dabei nehmen WALAHFRIEDs STRABO sogenanntes Körperteilglossar und das SUMMARIUM HEINRICI als volkssprachige Bearbeitungen eines oder mehrerer lateinischer Werktexte eine Sonderstellung ein. Alle genannten Textsorten sind nicht ausschließlich auf medizinische Inhalte bezogen, es können im Rahmen dieser Textsorten auch andere Themen behandelt werden. Bei Rezepten und Zaubersprüchen steht die Medizin allerdings deutlich im Vordergrund, bei den Glossaren liegen medizinische Themen im Vergleich zur gesamten Uberlieferung im oberen Mittelfeld, medizinische Glossenhandschriften und Medizinisches in Schultexten bilden demgegenüber nur einen Bruchteil des sonst in diesen Textsorten Abgehandelten. Daher sind es Rezepte, Zaubersprüche und Glossare, die in der medizinischen Texdandschaft den breitesten Raum einnehmen. Gemeinsam ist den Texten der Textklasse die Texthandlung, nämlich die dem jeweiligen Verfasser unterstellte Absicht, durch seinen Text etwas zur Heilung von Krankheiten oder zum Wissen über den menschlichen Körper beizutragen. In NOTKERS BOETHIUS-Übertragung wird solches Wissen dann sogar bereits vorausgesetzt und zur Verdeutlichung psychologischer Abläufe bildhaft eingesetzt. Es kristallisieren sich Textmuster heraus, die für das Schreiben über Körper, Krankheit und Heilung typisch werden. Das Muster „a capite ad calcem" gibt eine Form für die terminologische Fixierung von Körperteilbezeichnungen aus einer großen Zahl von Varianten. Für die meisten volkssprachigen Körperteilbezeichnungen hat sich während der Überlieferungszeit des SUMMARIUM HEINRICI eine - nicht selten bis heute gültige Leitvariante herausgebildet. Zaubersprüche und Rezepte zeigen, wie die Glossare, eine sehr einfache sprachliche Struktur. Allerdings wird der Zauberspruch durch Verweise auf die magische Kraft des Wortes und darüber hinaus oft auch auf eine Vorbildhandlung poetisch aufgeladen. Unterstützt wird die poetische Form durch performative Verben, parataktischen Satzbau, Stabreim und archaischen Wortschatz. Das Rezept kennt dagegen diese zusätzliche Dimension nicht. Es enthält in der Regel einen rezepttypischen Rezepteingang (etwa uuidher concur). Imperative (etwa braennt), die zur Heilung einer Krankheit anleiten, sowie die Bezeichnungen der Heilmittel (etwa salt^ saiffun, aosterscala). Meist erscheinen Rezepteingänge und Handlungsanweisungen in lateinischer Sprache. Es sind die Heilmittel, die - um Eindeutigkeit herzustellen — zuerst in die Volkssprache übertragen werden. Eine

208

Die althochdeutschen Texte heilkundlichen Inhalts

Untersuchung der Textsorte „Rezept" im Mittelalter kann daher nur unter Einschluss der vollständig deutsch geschriebenen mittelhochdeutschen Rezepte erfolgreich sein. Durch ihre poetische Ausformung erhalten viele Zaubersprüche eine sprachliche Maximalstruktur; durch das Fehlen jedweder Ausformung bei gleichzeitig streng formelhaftem Aufbau besitzen die Rezepte eine sprachliche Minimalstruktur. Maximalstruktur und Minimalstruktur, die dem Typus des Heilens durch Magie bzw. durch pflanzliche Heilmittel entsprechen, prägen die Textsorten „Zauberspruch" und „Rezept". Sie sind Merkmale frühmittelalterlicher medizinischer Fachtextsorten. Werden diese Textsorten mit Bezeichnungen aus dem Bereich der Heilkunde lexikalisch gefüllt, entstehen Texte medizinischen Inhalts und folglich medizinische Textsorten. Da sich in der Volkssprache das Schreiben über Körper, Krankheit und Heilung im Frühmittelalter in diesen Textsorten vollzieht, handelt es sich um frühe Fachtexte. Der in diesen Texten verwendete Wortschatz ist Fachwortschatz. Wortschatz und Textsorte stehen somit in wechselseitiger Abhängigkeit. Hat sich in einem Sachgebiet eine spezifische Textsorte gebildet, wird der in diesen Texten verwendete Sachwortschatz zum Fachwortschatz. Die Texthandlung und die an sie geknüpfte Auswahl des Wortschatzes bestimmt, welcher Textklasse der Text schließlich angehört. Ein Text mit juristischem Fachwortschatz gehört zur Textklasse „Texte juristischen Inhalts", ein Text mit heilkundlichem Fachwortschatz gehört zur Textklasse „Texte medizinischen Inhalts". Auch wenn der Anteil des heilkundlichen althochdeutschen Wortschatzes in Texten im Vergleich zur Gesamtzahl des überlieferten heilkundlichen Wortschatzes anfangs nur gering ist, so zeigt sich doch, dass er bei der Etablierung medizinischer Textsorten eine gewichtige Rolle spielt.

V. Die Auswertung des Wörterbuches Die Auswertung des althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuchs zielt auf die chronologische, die morphologische und auf die begriffsgeschichtliche Ebene des Wortschatzes. Sie erfolgt für jeden der drei Teilbereiche „Körper", „Krankheit" und „Heilung" in vier Schritten. Die Überlieferungsbedingungen des frühmittelalterlichen Deutsch machen es unerlässlich, dass dabei zuerst ein Blick auf die lateinische Sprache geworfen wird. Welchen lexikalischen Rahmen geben die lateinischen Texte vor? Gibt es bereits feste Entsprechungen zwischen lateinischen und althochdeutschen Lexemen oder variiert die Übersetzung? Erst wenn auf diesem Wege ein etwas genaueres Bild von den lexikalischen Voraussetzungen entstanden ist, richtet sich der Fokus auf die althochdeutschen Bezeichnungen selbst. Es wird dann zunächst eine onomasiologische Gliederung des gesamten heilkundlichen Wortschatzes vorgelegt.484 Auf der Basis dieser onomasiologischen Felder wird in einem dritten Abschnitt nach der Herkunft und zeitlichen Schichtung gefragt, ehe abschließend morphologische und vor allem semantische Aspekte, insbesondere die Entfaltung der Lexeme in ihren Wortfeldern, zur Sprache kommen. Einige Bemerkungen zu den althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen runden die Auswertung des Wörterbuches ab.

1. Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen 1.1 Lateinisch - althochdeutsches Glossar Da sich der althochdeutsche Wortschatz vor dem Hintergrund und in Auseinandersetzung mit der lateinischen Sprache entwickelt, wird zunächst, beginnend mit den Körperteilbezeichnungen, ein lateinisch—althochdeutsches Glossar angefertigt. Das Verzeichnis umfasst nicht den kompletten Bestand aller althochdeutschen heilkundlichen Bezeichnungen, da zumindest in den literarischen Denkmälern nicht jedem althochdeutschen Lexem eine lateinische Entsprechung zugeordnet werden kann. Vollständigkeit wird nur hinsichtlich der tatsächlich vorhandenen Übersetzungsgleichungen, also insbesondere innerhalb der Glossenüberlieferung, angestrebt. Um ein Verzeichnis der Übersetzungsgleichungen im engeren Sinne handelt es sich hier allerdings nicht, denn auf der Seite des Althochdeutschen wird jeweils das gesamte Bedeutungsspektrum eines Lexems auf-

484 Zur Deutung der Wortfelder als „Slots" im Rahmen der Frame-Theorie siehe in Abschnitt III. 3.3.

210

Die Auswertung des Wörterbuches

gefuhrt. Die Übersetzungsgleichungen selbst können im Einzelnen bequem über das Wörterbuch ermittelt werden. Hier geht es vielmehr darum, einen Einblick in die verschiedenen Tendenzen zu gewinnen, die bei der Übersetzung von heilkundlichem Wortschatz ins Althochdeutsche eine Rolle gespielt haben. Auch für die lexikalische Erschließung des Lateinischen kann dieses Verzeichnis hilfreich sein, denn bis heute ist der heilkundliche Wortschatz des Lateinischen weder vollständig erfasst noch aufgearbeitet. Die althochdeutschen Übersetzungsgleichungen können dabei in einigen Fällen auch bei der Deutung lateinischer Bezeichnungen fruchtbar gemacht werden. Die Bedeutungsangaben der lateinischen Lexeme sind in einem ersten Bearbeitungsschritt aus dem Lateinischen Handwörterbuch von Κ. E. Georges geschöpft worden. Sie wurden dann in einem zweiten Schritt im Hinblick auf ihre Entwicklung im Mittellatein mit den Angaben des Mittellateinischen Wörterbuchs (Buchstabe A-C) und des Wörterbuchs von L. Diefenbach ergänzt und korrigiert. Ergänzend wurde auch das Glossarium von Du Cange herangezogen. Ist ein Wort erst im Mittellateinischen bezeugt, wird dies in der Kopfzeile des Wörterbuches vermerkt. Ein dritter Bearbeitungsschritt hat dann gegebenenfalls von J. Andre bzw. D. Langslow erfasste heilkundliche Verwendungsweisen lateinischer Lexeme verarbeitet,485 die über die Angaben der Wörterbücher hinausreichen. Eine im Rahmen dieser Arbeit abschließende Überprüfung konnte schließlich mit Hilfe des Lateinisch-Althochdeutschen Wörterbuchs von H. Götz durchgeführt werden. Die vollständige Erfassung und Bearbeitung des lateinischen heilkundlichen Wortschatzes steht weiterhin noch aus.486

J. A N D R E , Le vocabulaire latin de l'anatomie; D. L A N G S L O W , The Formation and Development of Latin Medical Vocabulary. 486 Der heilkundliche Wortschatz in lateinischen Arzneibüchern wird derzeit am Institut für Geschichte der Pharmazie der Universität Marburg unter Leitung von Prof. P. Dilg bearbeitet. 485

Körperteilbezeichnungen

acies 'Auge, Pupille' adeps 'das weiche Fett zwischen den Pergamenthäutchen bei Menschen und nicht wiederkäuenden Tieren, Schmalz'

211

seha swF. Tupille, Augapfel' seho swM. Tupille, Augapfel'

smero, smer stN. 'Fett; fetter Bauch' smeroleib stM. "Bauch, Bauchfettgewebe' spint stM. 'Fett'

äla 'Achsel, Achselhöhle, Arm; Flügel'

uohsa swF. 'Achselhöhle, Arm' uohsala stF. 'Achselhöhle, Arm' uohsana stF. 'Achselhöhle, Oberarm'

albügo 'das Weiße des Auges'

giseha stswF. 'Auge' wlzouga swN. 'das Weiße im Auge'

alenus 'Ellenbogen'

elinbogo swM. 'Ellenbogen, der gebeugte, angewinkelte Unterarm'

allox 'großer Zeh'

zeha swF. 'die große Zehe' meistarzeha swF. 'die große Zehe'

alvus Unterleib, Mutterleib, Bauch, Magen'

büch stM. *Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' innöd stM. Έingeweide; Mutterleib' (?) muodar stN. 'Leib, Gebärmutter' (?) wamba, womba stswF. *Leib, Körper, Bauch; Mutterleib, Schoß; Gebärmutter'

angle 'Knie(kehle)'

hamma stswF. 'Kniekehle, Wade(nbein)'

antarticus 'Darmausgang'

üztragel stM. 'Darmausgang'

änuläris 'Fingerring'

fingarläri stM. 'Ringfinger' goldfingar stM. 'Ringfinger' goldtrago swM. 'Ringfinger'

212

Die Auswertung des Wörterbuches

änus 'Mündung des Mastdarms, After'

aquakcutus 'Magen, Unterleib'

ars stM. 'Gesäß, After, Darmausgang' arsloh stN. 'After, Mündung des Mastdarms' gulidatm stM. Teil des Darmes, Magen' mago swM. 'Magen, Bauch' wamba, womba stswF. 'Leib, Körper, Bauch; Mutterleib, Schoß; Gebärmutter'

armus 'Schulterblatt, Oberarm'

buog stM. 'Schulterblatt'

arteria "Luftröhre, Arterie, Schlagader'

halsädra stF. TMackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader' herzädra stswF. '(Herz)schlagader, Arterie, lebenswichtige Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere' herzerebe swMF. '(Herz) Schlagader, Arterie' senoädra stswF. 'Sehne' weisunt stF. 'Luftröhre, (Ader)' (?) wintädra swF. 'Luftröhre, (Ader)' (?)

arteria gurgila, gurgulio 'Gurgel, Luftröhre'

slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre'

articulätus 'mit Gelenken versehen'

altee (?) '(Ring-)Finger' (?)

articulus 'das kleine, mehrere Glieder verbindende Gelenk, der Knochen, Knöchel', mlat. auch 'Finger, Zehe'

gelid stN. 'Glied, Gelenk' gilidilln stN. 'Gelenk, (kleines) Körperglied' knobel stM. '(Finger-)Knöchel' lid stMFN. 'Glied, Gelenk; Körperteü' lidilln stN. '(kleiner) Finger, Fingerglied' zeha swF. 'die große Zehe'

artilla 'Schlund, Kehle'

drozza swF. 'Luftröhre, Gurgel, Kehle'

Körperteilbezeichnungen

213

artus 'Gelenke mit ihren Gliedern, Gliedmaßen'

fingar stM. 'Finger' fomönti 'Glied, Finger' lid stMFN. 'Glied, Gelenk; Körperteil' lidugiläz stMN. 'Gelenk, Umrisse des Körpers'

arvina 'Schmer, Fett, Speck'

smero, smer stN. 'Fett; fetter Bauch' smeroleib stM. Tiauch, Bauchfettgewebe' spint stM. 'Fett' spunne stF. 'Muttermilch; (Brust)' smerolln stN. 'Fett, Baucheingeweidefett'

arvinuta 'Fett'

ascella 'Achselhöhle, Achsel'

uohsa swF. 'Achselhöhle, Arm' uohsala stF. 'Achselhöhle, Arm' uohsana stF. 'Achselhöhle, Oberarm'

aspectus 'Gesicht, Gesichtskreis'

gisiuni stMN. 'Gesicht, Augen'

auriculäris 'zu den Ohren gehörig', mlat. auch Tdeiner Finger'

örfingar stM. 'der kleine Finger'

auris 'Ohr'

öra swN. 'Ohr'

aversa 'die hintere Seite'

Β basis 'Fuß, Schenkel'

hegidruos(a), hegidruosi stF. 'männliche Genitalien, Hoden'

sola stswF. 'Sohle, Fuß(sohle)' deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?)

bathma 'Oberschenkel' bliis 'Galle'

galla swF. 'Galle (als das von der Leber erzeugte Sekret), Gallenblase (mit Gallenflüssigkeit)'

brachium 'Unterarm, Arm'

arm stM. 'Arm'

branchiae 'Kiemen, Kehle, Kiefer'

kinnibahho swM. 'Kinnbacken,

214

Die Auswertung des Wörterbuches

Wange; Schläfen' britr, wohl nicht zu bria 'Weingefäß,

hirnhüt stF. 'Hirnhaut'

Weinmaß'; eher wohl eine Verstümmelung aus pia mater

'Hirnhaut' bucca 'Backe, Wange, Mund'

C cacatergito 'Arschwisch' calamel "Wadenbein' calcaneus 'Ferse'

mund stM. 'Mund' wanga swN. Wange, Backe', PI. 'Gesicht'

arswisc stM. 'Mittelfinger' (?) widarbeini stN. Wadenbein* fuozspor stN. 'Ferse, Hacke'

callus 'verhärtete, dicke Haut, Schwiele; Knochengeschwulst'

swil stN. 'Schwiele, verhärtete, dicke Haut'

calväria 'Hirnschale, Schädel'

gebal stM. 'Hirnschale, Schädel' gebalsceinl stF. 'Hirnschale, Schädel' gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel* hitnikopf stM. 'Hirnschale' houbitskiula swF. 'Schädel' sciula swF. 'Schädel(stätte)'

calvitium 'Glatze'

gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf houbitskiol stM. *Schädel(knochen)'

calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß'

fersna, fersana stswF. 'Ferse' fuoz StM. 'Fuß' flezza swF. 'Ferse' (?) hacka swM. 'Ferse, Hacke' sola stswF. 'Sohle, Fuß (sohle)' stairoht (?) 'Ferse' (?), 'Sporn' (?)

caninus 'Augenzahn, Spitzzahn'

hunteszand stM. "Eckzahn"

Körperteilbezeichnungen

215

scharpfzan(d) stM. 'Schneidezahn' capillätüra 'Haar'

swart stF. 'behaarte (Kopf)Haut'

caput 'Kopf

houbit stN. 'Kopf (als Körperteil, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnung fur den ganzen Menschen)' nac stM. 'Hinterkopf, Nacken' houbitsfil stF. 'oberer Teil der Wirbelsäule, Halswirbelsäule' (?) säule, Halswirbelsäule' (?)

caputium 'Kopfbedeckung, Kapuze; Weißkohl; (kapuzenförmiger) Teil eines Metallschmelzgerätes'; auch "Wirbelsäule' (vgl. J. ANDRE, Le vocabulaire, S. 195 s.u. caput ossis) can 'Heisch, Fleischpartie'

fleisc(h) stN. 'Fleisch, Leib, Körper'

caröticus venae 'Hauptschlagadern'

herzädra stswF. '(Herz)schlagader, Arterie, (lebenswichtige) Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere'

cartella 'Knorpel' cartilägo 'Knorpel'

krustila stF. 'Knorpel' brastbeini stN. "Brustknochen' (?), •Brustbein (?)' brusdappo swM. Brustbein' (?) brustleffil stM. "Brustbein' knoster 'Knorpel' krosel stM. 'Knorpel' krosila swF. 'Knorpel' krospil stMF. 'Knorpel' krustila stF. 'Knorpel' krustilln stN. 'Knorpel'

caudistrum (zu cauda 'Schwanz")

zagilbein stN. 'Steißbein, Schwanzknochen'

cavea 'Höhlung' cerebellum "kleines Gehirn'

kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel' hirni stN. 'Gehirn' himireba, hirnirebo stswF. 'Hirnschale' himiscala stswF. 'Hirnschale'

216

Die Auswertung des Wörterbuches

cerebrum 'Gehirn'

hirni stN. 'Gehirn' hirnibolla swF. 'Schädel, Gehirn' hirnikopf stM. 'Hirnschale'

cervical 'Kopfkissen, Nackenwulst', zu cervix "Nacken, Genick' cervix "Nacken, Genick, Hals, KopP

hirnibolla swF. 'Schädel, Gehim' hals stM. 'Hals, Genick' halsädfa stF. *Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader'

alium 'das Augenlid', bes. 'das untere Augenlid'

bräwa, brä stF. 'Augenlid, Braue' obarbräwa stF. 'Augenbraue' oug(en)bräwa stF. 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' ougafel stN. 'Augenlid' (?) ouglid stN. 'Augenlid' slegebräwa stF. 'Augenlid, Wimper' undetbrä stN. 'die Stelle zwischen den Augenbrauen, das dritte, innere Auge'

cinga 'Gürtellinie*

gurtil stM. Taille'

ckffal1 Hand'

tenar stM. 'hohle Hand' tenara F. "hohle Hand'

cli (s. clünis)

deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) muriot 'Oberschenkel'

clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule' PI. 'Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weiche, Hoden'

arsbelli stN. 'Gesäß, Hinterbacken' deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) goffa swF. 'Hinterbacken, Hinterteil' hodo swM. 'Hoden, Schamgegend' huf stF. 'Hüfte, Hüftgelenk' hufbein stN. 'Hüftknochen' Isbein stN. 'Hüftbein, Hüfte, Oberschenkelknochen, Oberschenkel' lancha stswF. Lende, Weiche, Seite, Hüfte' stiuz stM. 'Steiß' fust 'Faust'

colaphus (?)

Körperteilbezeichnungen

217

cölefius 'Hüftknochen, Hüftbein mit dem Fleisch' (?)

buosum stM. "Busen; Schoß; Hüftknochen' (?)

cotöcium 'Halswirbel' collum 'Hals'

halsbein stN. 'Halswirbel' kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel'

collus' Hals'

hals stM. 'Hals, Genick'

compäges 'Zusammengefugtes, Organismus', mlat. auch 'Körperbau'

lidugiläz stMN. 'Gelenk, Umrisse des Körpers'

condiculus 'Knöchel' condylus 'der mittlere Gelenkknochen der Finger'

knuchel stM. 'Knöchel' knubilln stN. 'Fingerknöchel'

coniünetio 'Verbindung' conix, wohl zu conexum Teil der Verknüpfung'

giläz stN. 'Gelenk' knuchel stM. 'Knöchel'

cor 'Herz'

herza swN. 'Herz' herzl stN. 'Herz, kleines Herz' herzilln stN. 'Herz, kleines Herz' hetzl stN. 'Herz, kleines Herz' herzilln stN. 'Herz, kleines Herz'

corcoculum 'Herzchen (als Kosewort)'

corium "harte Haut, Fell, Leder'

hüt stF.'Haut'

corpus 'Körper'

potah swM. 'Körper' gorpoto (?), gorpo[r]o (?) swM. 'Körper, Gestalt' (?) llh stFN. 'Leib, Körper; Gestalt' IIh(h)amo swM. 'Leib, Körper, (leibliche) Gestalt; Fleisch; Leichnam' Uhh(i)namo swM. 'Körper, Leib'; •Leichnam' (?) llhamilo swM. *Leib'

corpusculum "kleiner (menschlicher) Körper' costa 'Rippe'

ribba, ribbi stF.stN. 'Rippe'

coxa 'Hüfte', PL 'Hüftgelenk'

deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte,

218

Die Auswertung des Wörterbuches

Hüftbein, Seite' (?) deohskenchil stM. 'Oberschenkel' goffa swF. 'Hinterbacken, Hinterteil' huf stF. 'Hüfte, Hüftgelenk' lancha stswF. "Lende, Weiche, Seite, Hüfte' muriot 'Oberschenkel* cratis 'Rost'; mlat. auch 'Rippe' (für ribba, die regio epigastica, die linterhalb des Schwertfortsatzes des Brustbeins beginnt und rechts und links von den Rippen begrenzt wird? Vgl. K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 347f.)

ribbi

stF.stN. 'Rippe'

eruor 'das rohe, dicke Blut'

bluot stN. *Blut' niuwibluot stN. 'frisches Blut'

crüs 'Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein'

bein stN. 'Knochen, Gebein; Bein (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein)' peinna stF. 'Knochen' kniebein stN. TJnterschenkelknochen' menschenbein stN. 'Unterschenkel' scina F. 'Schienbein, Unterschenkel' scincha swF. 'Schienbein, Unterschenkel' scinkel stM. 'Schenkel' scincho swM. 'Unterschenkel, Schienbein' wado swM. Wade, Unterschenkel, Wadenbein' munt stF. '(flache) Hand, Hand als Längenmaß' arm stM. 'Arm' elina stF. "Unterarm, Elle, Ellenbogen' elinbogo swM. "Ellenbogen, der gebeugte, angewinkelte Unterarm'

cubitum 'Ellenbogen, Unterarm' cubitus 'Ellenbogen, Unterarm'

culiaum 'Hüftbein'

Isbein stN. 'Hüftbein, Hüfte, Oberschenkelknochen, Oberschenkel'

Körperteilbezeichnungen

219

cuius 'Mündung des Mastdarms, After'

aftero swM. 'After, Darmausgang' ars stM. 'Gesäß, After, Darmausgang' arsbelli stN. 'Gesäß, Hinterbacken' arsdarm stM. 'Mastdarm, das letzte zum After führende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang'

curva ossa

ruggibein stN. 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen'

cutis 'weiche Haut'

hüt stF. 'Haut'

D dicolätio 'Enthauptung'

houbit stN. 'Kopf (als Körperteil des Menschen, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnung für den ganzen Menschen)'

dens 'Zahn' densgenuinus "Backenzahn'

ζ an, zand stM. 'Zahn' ldndeszand stM. 'Milchzahn' (?) chinnezan, kinnizand, -zan stM. "Backenzahn'

dextra 'die rechte Hand'

hant 'Hand, Arm' zeso, zesuwa stN. 'die rechte Hand'

digitus 'Finger, Zehe'

dümo swM. "Daumen, große Zehe' fingar stM. 'Finger' zeha swF. 'die große Zehe' muosfingar (?), muotfingar (?) stM. 'Zeigefinger' mittiläri stM. 'Mittelfinger'

(digitus) demönsträtörius [digitus) impudicus 'der mitdere (unzüchtige, dem Penis ähnliche) Finger' (idigitus) index 'Zeigefinger' {digitus) index 'Zeigefinger' digitus medicus 'Ringfinger, Goldfinger' (digitus) salütäris 'Zeigefinger'

muosfingar (?), muotfingar (?) stM. 'Zeigefinger' zougere stM. 'Zeigefinger' lähhi stM. 'Ringfinger' muosfingat (?), muotfingar (?) stM. 'Zeigefinger'

220

Die Auswertung des Wörterbuches

dorsum 'Rücken, Rückgrat'

pahho swM. 'Rücken' mittidwerahl stF. Taille' tuggi stM. 'Rücken, Rückgrat' ruggo swM. "Rücken'

dracca 'implecio manus' (zu dragma, drachma 'ein Gewicht")

gousena F. "hohle Hand'

Ε (vgl. auch A) ephod Triestergewand' (quod superhumeraU) ahsalbein stN. 'Schulterknochen' eucharistia 'Abendmahl'

l!h(h)amo swM. *Leib, Körper, (leibliche) Gestalt; Fleisch; Leichnam'

exta 'Eingeweide, Gedärme, Darmkanal'

dann stM. "Darm, Mastdarm', PI. 'Eingeweide' gibuzzi stN. "Eingeweide' inädiri stN. 'die inneren Organe, Eingeweide' innovili stN. "Eingeweide, innere Organe' intuoma stF. "Eingeweide' afterling stM. 'Mastdarm' arsdarm stM. 'Mastdarm, das letzte zum After fuhrende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang' dann stM. Darm, Mastdarm', PI. "Eingeweide' drozdarm stM. "Darmausgang' (?), 'Mastdarm' gidarmi stN. "Eingeweide' grözdann stM. "Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide' grözmago swM. 'Mastdarm, Dickdarm; After; Eingeweide' innödili stN. "Eingeweide, Gedärme; Hoden'

extdlis 'Mastdarm, After'

extrex 'Kopf, Hinterkopf

nac stM. 'Hinterkopf, Nacken' nol stM. 'Hinterkopf, Schädel' (?) nüwe swM. "Kopf, HinterkopP

Körperteilbezeichnungen

221

F fades 'äußere Gestalt, Gesicht'

anasiuni stN. 'Gesicht, Gestalt, äußere Erscheinung' annuz(z)i stN. 'Gesicht' antlizzi stN. 'Gesicht' antlutti stN. Gesicht* an(t)luzzi stN. 'Gesicht, Gestalt, äußere Erscheinung* getät stF. 'Gestalt' wanga swN. "Wange, Backe', PI. 'Gesicht*

facultas 'Kraft, Vermögen'

gimaht stF. 'männliche Genitalien'

fartimen "Wurst'

ingeweide stN. 'Eingeweide'

faux 'der obere, enge Teil des Schlundes, neben dem Eingang der Kehle', dann metonym. 'die ganze Kehle; Eingang, Engpass, Meerenge'

giumo swM. 'Gaumen, Kehle' goumo swM. 'Gaumen, Kehle, Schlund' rahho swM. 'Rachen; der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund'

^ί/'Gallenblase mit Galle'

galla swF. 'Galle (als das von der Leber erzeugte Sekret), Gallenblase (mit Inhalt)'

femur 'Oberschenkel, Dickbein'

deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) hofft) swM. 'Hüfte' huf stF. 'Hüfte, Hüftgelenk' Isbein stN. 'Hüftbein, Hüfte, Oberschenkelknochen, Oberschenkel' ubarkniuwi stN. 'Oberschenkel'

fibra 'Faser an den Eingeweiden, bes. an der Leber, Eingeweide'

ädra st.swF. "Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' darm stM. "Darm, Mastdarm', PI. "Eingeweide' halsädra stF. "Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader'

222

Die Auswertung des Wörterbuches

hetzädfa stswF. '(Herz)schlagader, Arterie, lebenswichtige Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere' innida stF. 'Eingeweide, das Innere' leuerin lappa F. 'der von den Adern durchzogene Leberlappen' weisunt stF. "Luftröhre, (Ader)' (?) filum 'Faden, Faser, Lebensfaden'

ädra st.swF. "Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band'

fiscus 'Hodensack'

sllhmo swM. 'Hodensack'

flexura "Biegung, Krümmung, Windung'

hammo swM. 'Hinterschenkel' (beim Tier ?)

folks "Ballon, Schlauch, Sack'; auch 'Hodensack' (J. Andre, Le vocabulaire, S. 179)

wanga swN. "Wange, Backe'; Gesicht'

frenum 'Gebiss, Zaum, Zügel'; mediz. auch 'das Bändchen, womit die innere Vorhaut an der Eichel haftet', auch 'Hirnhaut' (?); (vgl. K. D.Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 348)

vellihhin stN. 'Zwerchfell' (?), Netzhaut (?)' vellihhin stN. 'Zwerchfell' (?), Netzhaut (?)'

fröns 'Stirn'

endi stM. 'Stirn' endiluz stM. Stirn' endin stN. 'Stirn' gebal stM. 'Hirnschale, Schädel' gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, K o p f houbit stN. 'Kopf (als Körperteil des Menschen, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnung fur den ganzen Menschen)' stirna stswF. 'Stirn' tinna stswF. 'Stirn'

Körperteilbezeichnungen

frumen 'Kehlkopf und Kehle, Schlund"

223

drozza swF. "Luftröhre, Gurgel, Kehle' Ovo swMF. 'Gaumenzäpfchen'

G gamba 'das zwischen Huf und Schienbein befindliche Gelenk, Fessel', mlat. auch 'Schienbein'

hamma stswF. 'Kniekehle, Wade, Wadenbein'

gemus (wohl genus 'Geburt, Geschlecht, Gestalt")

anasiuni stN. 'Gesicht, Gestalt, äußere Erscheinung'

gena "Wange", eigentl. 'die fleischige Erhöhung unterhalb des Auges, zwischen Schläfe »and Unterkiefer, deren Farbe Gemütsstimmung, Gesundheit, Krankheit etc. anzeigt; Augenlider, Augen'

buhelln stN. Wange* hüfil stFN. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' hüfila, hiuffela swF. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange, Schläfe' hiufelln stN. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' wanga swN. "Wange, Backe", PI. "Gesicht"

geniculum 'Knie (bei Kindern)'

kniulln stN. "Knie (bei Kindern)"

genitale 'Geburtsglied, Penis'

gimaht stF. "männliche Genitalien" giziugi stN. 'männliche Genitalien' hodo swM. "Hoden, Schamgegend' era stF. 'männliche Genitalien, Vorhaut'

genitalia loca 'Schamteile'

genu, genuculum 'Knie'

knio stN. 'Knie' kniorad stN. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle"

genutnus 'zu den Wangen gehörig'; 'Backenzahn", zu gena 'Kinnbacke, Wange; Augenlid'

backozand stM. "Backenzahn' kinnistoc stM. "Backenzahn'

gingiva 'Zahnfleisch'

bilam stM. 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder'

224

Die Auswertung des Wörterbuches

zandfleisch stN. 'Zahnfleisch' glabttr 'unbehaart, kahl; Kahlkopf

gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf

glandulae *Mandeln, Drüsen am Hals'

druos stF. 'Rachenmandel; Hoden' druosilln stN. 'Rachenmandel' inergirde (?) 'Rachenmandeln'

globus 'runder Körper, Ballen'

deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) drozza swF. T,uftröhre, Gurgel, Kehle'

glutia 'Kehle, Gurgel, Schlund' gremium 'Schoß'

gula 'Speiseröhre, Kehle, Gurgel, Gaumen'

barm stM. 'Schoß' buosum stM. *Busen; Schoß; 'Hüftknochen* (?) scöz stM. 'Schoß' gurgula swF. 'Gurgel, Schlund, Speiseröhre, Kehle' kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel' rahho swM. 'Rachen; der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund' slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre'

gurgulio 'Gurgel, Luftröhre'

ätemdrozze swF. 'Luftröhre' drozza swF. *Luftröhre, Gurgel, Kehle,' gurgula swF. 'Gurgel, Schlund, Speiseröhre, Kehle' kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel' querca F. 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' quercala F. 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' sluntbein stN. *Luftröhre, Gurgel'

gurgusttum (?), zu güsto 'etwas zu sich nehmen', statt gurgustium 'Hütte, Kneipe'; oder irrtümlich statt

kelur stM. 'Kehle, Schlund, Wamme'

Köiperteilbezeichnungen

225

gurges 'Schlund' oAtx gurgulio •Luftröhre· (?) guttur 'Gurgel, Kehle'

drozza swF. "Luftröhre, Gurgel, Kehle' goumo swM. 'Gaumen, Kehle, Schlund' kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel'

Η

haustus 'Schöpfen, Trunk'

slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre' lebera stswF. *Leber' lunga swF. "Lunge'

hepar 'Leber' hiatus 'Öffnung, Schlund; offener Mund, Rachen' hilta (zu hilla "Darm, Eingeweide' ?) hirniosus 'mit einem Bruch behaftet' I iecur 'Leber' iecurficätum 'gemästete Leber* iie Unterleib, Magen, Eingeweide' ilium Unterleib, Magen, Eingeweide'

slüh stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre' huf stF. 'Hüfte, Hüftgelenk' innervel stN. "Bauch-, Zwerchfell' (?)

lebera stswF. 'Leber' lebera stswF. "Leber" smaladarm stM. "Dünndarm, Unterleib, Eingeweide' darm stM. *Darm, Mastdarm', PI. "Eingeweide' era stF. 'männliche Genitalien, Vorhaut' (?) gilenki stN. Unterleib, Eingeweide' grözdarm stM. *Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide' grözmago swM. 'Mastdarm, Dickdarm; After; Eingeweide'

226

Die Auswertung des Wörterbuches

innana 'Eingeweide' (eigentlich 'im Inneren") ingetüeme stN. "Eingeweide' lancha stswF. "Lende, Weiche, Seite, Hüfte' lanco swM. Weiche, Flanke' lentinbräto swM. "Lende, Hüfte, Niere, (Milz)' lenld stF. Unterleib, Flanke, Weiche' impudicus {digitus) 'der mittlere (unzüchtige, dem Penis ähnliche) Finger'

langmar stM. 'Mittelfinger'

index 'Anzeiger, Entdecker, Angeber, Register'

zeigäri stM. 'Zeigefinger' zeigil stM. 'Zeigefinger'

indigina, zu indigenus 'eingeboren, inländisch' (?)

innödi stN. "Eingeweide, die inneren Organe'

ingluvies "Vormagen der Vögel, Kröpf, Kehle'

mago swM. 'Magen, Bauch'

inguen 'Leistengegend, Unterleib, Penis'

druos stF. 'Rachenmandel; Hoden' gimaht stF. 'männliche Genitalien' hagaldruos stF. 'männliche Genitalien, Hoden' hegidruos(a), hegidruosi stF. 'männliche Genitalien, Hoden' hegidruos8tal stM. 'Schamgegend, Vertiefung für die männlichen Keimdrüsen, Hoden' lancha stswF. *Lende, Weiche, Seite, Hüfte' lanco swM. "Weiche, Flanke' lenld stF. "Unterleib, Flanke, Weiche' smalaherdar stN. "Dünndarm' (?), "Unterleib, Gedärm'

intetfinium 'Zwischengrenze, Scheidelinie' nasakrustila, -krosila F. *Nasenknorpel'

Köiperteilbezeichnungen interciüum 'der Zwischenraum zwischen den Augenbrauen'

intercus 'unter der Haut befindlich'

227

ouglid stN. 'Augenlid' wetanbrä(wa) stF. 'das dritte, innere Auge' zilere 'das dritte, innere Auge' inwartl stF. 'Eingeweide, das Innere'

interna 'die Eingeweide'

inwartigl stF. 'das Innere, Innerste, Eingeweide' inwertiga stF. 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide'

intemödium 'Raum zwischen zwei Gelenken'

innovili stN. 'Eingeweide, innere Organe' ruggibein stN. 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen'

intestinum "Darm, Eingeweide'

dann stM. "Darm, Mastdarm', PI. *Eingeweide' gidarmi stN. *Eingeweide' giweidi stN. TEingeweide' herder stN. Έingeweide' inädiri stN. 'die inneren Organe, Eingeweide' innana 'Eingeweide' (eigentlich 'im Inneren") innida stF. "Eingeweide, das Innere' inniherdar stM. 'Eingeweide' innödili stN. 'Eingeweide, Gedärme; Hoden* innovili stN. Έingeweide, innere Organe'

iugulus 'Schlüsselbein am Halse, Höhlung über dem Schlüsselbein an der Kehle, Kehle'

brüst stF. "Brust, Herz, das Innere; Brustwarze'

ir, ht'r 'die hohle Hand'

tenar stM. *hohle Hand' tenara F. "hohle Hand'

irnodiu, zu nödulus Tdeiner Knoten' (?)

knoche swM. 'Knochen'

iünctüra 'Verbindung, Band, Gelenk'

gelid stN. 'Glied, Gelenk'

228

Die Auswertung des Wörterbuches

lidugiläz stMN. 'Gelenk, Umrisse des Körpers'

L labium Tippe, Lefze'

lefüit stM. lippe, Lefze' lefs stM. "Lippe' lefso swM. "Lefze, Lippe'

lacertus 'Muskeln, Muskeln des Oberarms, Oberarm'

arm stM. 'Arm' müs stF. 'Muskel im Oberarm* uohsana stF. 'Achselhöhle, Oberarm'

laeva (manus) 'die linke Hand'

lenka stF. 'die linke Hand' winstera 'die linke Hand'

latus 'Seite am menschlichen oder tierischen Körper'

slta stswF. 'Seite (des menschlichen Körpers), Hüfte'

Iten 'Milz'

krä stM. 'Milz' lentinbräto swM. "Lende, Hüfte, Niere, (Milz)' milza F. 'Milz' milzi stN. 'Milz'

ligula 'kleine Zunge (meist in übertragenem Sinne)'

luzzilzunga stF. Ideine Zunge'

Itneämentum Umrisse, Konturen; Gestalt, Gesichtszüge'

lidugiläz stMN. 'Gelenk, Umrisse des Körpers'

lingua 'Zunge, Sprache'

lixa "Wasserträger*

zuoga swF. 'Zunge' zungilln stN. "kleine Zunge' zunga swF. 'Zunge' zungilln stN. *kleine Zunge' slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre' riho swM. 'Kniekehle, Wade'

locus conigie

Körperteilbezeichnungen

229

longanon 'Mastdarm'

dann stM. "Darm, Mastdarm', PL 'Eingeweide'

lötium Urin'

harn stM. 'Harn, Urin' seih stM. 'Harn' lentinbräto swM. "Lende, Hüfte, Niere, (Milz)' goffa swF. 'Hinterbacken, Hinterteil (von Menschen und Tieren)' hufbein stN. 'Hüftknochen' lancha stswF. Lende, Weiche, Seite, Hüfte' lenk! stF. Unterleib, Flanke, Weiche' lentln stF. "Lende, Hüfte, Niere* lentinbräto swM. "Lende, Hüfte, Niere, (Milz)' lumbe swM. "Lende' nabulo, nabil swM. 'Nabel'

lumbulus "kleine Lende, kleine Rippe' lumbus "Lende, Schamteile*

lümen "Licht, Augenlicht, Augen'

Μ mala 'Kinnbacken, Kinnlade'

malum 'Apfel, Augapfel' mamilla "Brustwarze, Brust'

mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze'

ouga swN. 'Auge'

backo swM. 'Kinnbacken, Kinn, Unterkiefer' bracko swM. "Wange, Backe' kinnibacko swM. 'Kinnbacken' kinnibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' kinnibeini stN. "Unterkiefer^ünn' kinnibracko swM. 'Kinnbacke' wanga swN. "Wange, Backe', PI. 'Gesicht' aphul stM. 'Augapfel' tutta swF. "Brustwarze, Zitze, Brust' tutti stM. "Brustwarze, Zitze, Brust' tuttilln stN. 'Brustwarze, Brust; Pünktchen' tutto swM. "Brustwarze, Brust; Zitze' brüst stF. "Brust, Herz, das Innere; Brustwarze'

230

Die Auswertung des Wörterbuches

tutta swF. "Brustwarze, Zitze, Brust' tutta swF. "Brustwarze, Zitze, Brust' tuttilln stN. "Brustwarze, Brust; Pünktchen' tutto swM. 'Brustwarze, Brust; Zitze' ütar stM. 'weibliche Brust, Busen' warza stswF. "Brustwarze, Brust' zitze swF. 'Zitze, Brustwarze, Brust' mandibula 'Kinnbacken, Kinnlade'

backo swM. 'Kinnbacken, Kinn, Unterkiefer' kinnibahho swM. 'Kinnbacken, Wange; Schläfen' küuiibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' kinnibeini stN. *Unterkiefer, Kinn' kiuwa, kewa swF. "Unterkiefer, Kinnbacken, Gaumen'

manus 'Hand*

hant 'Hand, Arm'

marisceficusnatium, zu mariscae, wohl 'Wucherungen im Anal- und Genitalbereich' (vgl. K.D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 349)

grözdarm stM. "Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide'

materia (zu mäter)

lehtai stMN. 'Gebärmutter, Nachgeburt' ref stN. '(Mutter-)Schoß. Mutterleib, Gebärmutter'

mätrix 'Gebärmutter, Mutterleib'

bind stN. 'Gebärmutter, Mutterleib' giburtmuoter stF. 'Gebärmutter' gilehtar 'Gebärmutter' kindelegi stF. 'Gebärmutter' lehtar stMN. 'Gebärmutter, Nachgeburt'

mäxiläris (denies) "Backenzähne'

chinnezan, ldnnizand, -zan stM. "Backenzahn'

Körperteilbezeichnungen

231

mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn'

kinna F. 'Kinnbacken, Kinn' kinni stN. 'Kinnbacken, Kinn' kinnibahho swM. 'Kinnbacken Wange; Schläfen' kinnibacko swM. 'Kinnbacken' kinnibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' kinnibracko swM. 'Kinnbacken' marczan stM. 'Backenzahn' wanga swN. "Wange, Backe', PI. 'Gesicht'

medius (digitus) 'der mittlere Finger*

langmar stM. 'Mittelfinger' metamösto swM. 'Mittelfinger' mittarösto 'Mittelfinger'

medulla 'Mark, das Innerste' (etwa dorsalis medulla 'Rückenmark')

inwattigl stF. 'das Innere, Innerste, Eingeweide' inwertlga stF. 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide' mark stN. 'das Mark'

membräna 'dünne, zarte Haut, Häutchen, Hirnhaut'

vellelln st.N. vellihhln stN. 'Zwerchfell'(?), Netzhaut (?)' gelid stN. 'Glied, Gelenk' hitnifel stN. 'Hirnhaut' liesa F. 'Häutchen' vellelln st.N. vellihhln stN. 'Zwerchfell' (?), Netzhaut (?)'

membränula 'das dünne, innere Häutchen, Augenmembran', auch 'Hirnhaut* (vgl. K.D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 348) membrum 'Körperglied; Penis'

anka swF. 'Hinterkopf, Nacken, Glied (des menschlichen Körpers)' lid stMFN. 'Glied, Gelenk; Körperteil' lidugiläz stMN. 'Gelenk, Umrisse des Körpers'

meninga 'Hirnhaut'

hirnifel stN. 'Hirnhaut'

232

Die Auswertung des Wörterbuches

mentum 'Kinn'

ldnni stN. 'Kinnbacken, Kinn' Idnnibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' kinnibeini stN. Unterkiefer, Kinn'

minco (zu mingo 'pissen', Glosse zu veretro) zers stM. Tenis' mala 'Mühlstein; Mahlzahn' (vgl. J. Andre, Le Vocabulaire, S. 65 u. 248) molaris (dens) "Backenzahn, Stoßzahn'

kinni stN. 'Kinnbacken, Kinn' kmnibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' backozand stM. 'Backenzahn' bilarn stM. 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' vähenzand (?) stM. Eckzahn' winkilzand stM. *Eckzahn, Backenzahn' chinnezan, kinnizand, -zan stM. "Backenzahn' kewel 'Backenzahn' stoc stM. "Backenzahn, Mahlzahn'

müscuks 'Maus; Muskel'

müs stF. 'Muskel im Oberarm'

Ν näris "Nasenloch, Nase' näsus "Nase'

nasa *Nase' naseloch stN. "Nüster, Nasenloch' nasa "Nase'

nates (PI.) 'Gesäß'

arsbelli stN. "Gesäß, Hinterbacken' arsbille F. "Gesäß, Hinterbacken' belle stN. "Gesäß, Hinterbacken'

nectar "Nektar'

speihhila stswF. 'Speichel'

nervus 'Sehne, Flechse, Muskel, Nerv, Penis; Darmsaite'

ädra st.swF. 'Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein "jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' done stF. 'Sehne' sen(e)wa stswF. 'Sehne' (?)

Körperteilbezeichnungen

nigrido, nigritüdo 'die Schwärze, schwarze Farbe', mlat. nigrum (oath) 'Iris, Pupille' (D. Langslow, The formation, S. 418)

233

senoädra stswF. 'Sehne' waltowahso swM. 'Sehne, Nerv' swatzouga swN. Tupille'

nödulus 'kleiner Knoten'

knuchel stM. 'Knöchel'

nödus 'Knoten (am Gelenk)

gileihhi stN. 'Gelenk, (Finger)Glied' ruggibein stN. 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen'

ocäpitum 'HinterkopP

anka swF. 'Hinterkopf, Nacken, Glied (des menschlichen Körpers)' hahil 'HinterkopP nol stM. 'Hinterkopf, Schädel' (?) nulla swF. 'HinterkopP (?) afrirnel stM. 'HinterkopP hahil 'HinterkopP hinderhoubet stN. 'HinterkopP chopf stM. 'KopP nac stM. 'Hinterkopf, Nacken' nacko swM. 'Hinterkopf, Nacken'

occiput 'Hinterkopf

ocellus 'Äuglein, Augapfel' oculus 'Auge'

ougilln stN. 'Äuglein' ouga swN. 'Auge' ougilln stN. 'Äuglein'

omentum 'Fetthaut, Netzhaut, die die Gedärme bedeckt und zusammenhält, die fetten Eingeweide'

budeming stM. Tkuchfell, der die Eingeweide umschließende Hautsack' innersmero swM. 'Eingeweidefett, Bauchfett' kräling stM. 'die fetten Eingeweide'

orbis 'Rundung, Kreis, Augenhöhlen'

ougstal stM. 'Augenhöhle, Augenwinkel'

234

Die Ausweitung des Wörterbuches

ordines (?)

Organum "Werkzeug, Gliedmaß'

os 'Gebein, Knochen'

os meuor

bilarn stM. 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' lidugiläz stMN. 'Gelenk, Umrisse des Körpers' senoädra stswF. 'Sehne' bein stN. 'Knochen, Gebein; Bein (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein)' gibeina stF. 'Gebein' gibeini stN. 'Gebein, Bein' deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?)

ös 'Gesicht, Mund'

anasiuni stN. 'Gesicht, Gestalt, äußere Erscheinung' antlizzi stN. 'Antlitz, Angesicht' antlutti stN. 'Antlitz, Gesicht' gino 'Rachen' (?) gesihene stN. 'Gesicht' mund stM. 'Mund'

palatum 'Gaumen'

kiuwa, kewa swF. 'Unterkiefer, Kinnbacken, Gaumen' bilam stM. 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' giumo 'Gaumen, Kehle' goumo swM. 'Gaumen, Kehle, Schlund' huriwa swF. 'Gaumen' slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre'

palätus 'Gaumen'

palma 'die flache Hand'

breta stswF. 'flache Hand, Handfläche' folma stF. 'flache Hand' flazziu hant 'flache Hand'

Körperteilbezeichnungen

235

flazza F. 'flache Hand, hohle Hand' hant 'Hand, Arm' munt stF. '(flache) Hand, Hand als Längenmaß' spanna stswF. 'flache Hand' tenar stM. "hohle Hand'

palma extenso

hantbreita stF. 'die geöffnete, flache Hand mit ausgestreckten Fingern'

palpebra 'das Augenlid'

bräwa, brä stF. 'Augenlid, Braue' oug(en)bräwa stF. 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' seha swF. Tupille, Augapfel' seho swM. Tupille, Augapfel* slegebräwa stF. 'Augenlid, Wimper'

papilla "Brustwarze, Zitze*

brüst stF. *Brust, Herz, das Innere; Brustwarze' houbit brusti "Brustwarze' warza stswF. "Brustwarze, Brust' tila, tilla stswF. "Brustwarze, Zitze' tilli stF. "Brustwarze, Zitze' tutta swF. "Brustwarze, Zitze, Brust' tutti stN. "Brustwarze, Zitze, Brust' tuttilln stN. "Brustwarze, Brust; Pünktchen' tuttünhoubit stN. "Brustwarze'

parisahra 'Schlund'

slunt stM. "Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre'

pars corporis

lid stMFN. 'Glied, Gelenk; Körperteil' brüst stF. "Brust, Herz, das Innere; Brustwarze'

pectus "Brust, Brustknochen, Brustbein'

brustbein stN. "Brustbein' luntussa F. "Briistchen; Bruststück' (?)

pelts "Fell, Pelz, Haut; Leder' pectusculum "Briistchen*

hüt stF.'Haut'

236

Die Auswertung des Wörterbuches

fei stN. 'Haut, Fell, Häufchen' penes caput 'im Inneren des Kopfes',

hirnibolla swF. 'Schädel, Gehirn'

penis 'männliches Glied, Schwanz'

gimaht stF. 'männliche Genitalien'

perna 'Speckseite'

backo swM. 'Kinnbacken, Kinn, Unterkiefer'

pes 'Fuß'

fuoz stM. 'Fuß' stapho swM. Fußsohle'

phrenesis 'Hirnhautentzündung'

hirnifel stN. 'Hirnhaut'

pinnula, eigentl. "kleine Feder, Flügelchen' (als "Nasenflügel' u. 'Leberlappen' bei J. Andre, Le Vocabulaire, S. 41 u. 153)

ötlappa F. 'Ohrläppchen'

plana, eigentlich 'Hobeleisen'

planta 'Fußsohle'

braithand stF. 'die breite Hand, Handbreite' hant 'Hand, Arm' fersna, fersana stswF. 'Ferse' fuoz StM. 'Fuß' fiiozsola stswF. 'Fußsohle' sola stswF. 'Sohle, Fuß(sohle)' stapho swM. Fußsohle' treno swM. 'Fußsohle'

plantärium "Baumschule', (hier wohl mit planta verwechselt)

sola stswF. 'Sohle, Fuß(sohle)'

plectrum 'Stäbchen, Zither' (auch 'Zäpfchen, hinterster Teil der Zunge; Zungenspitze'

huriwa swF. 'Gaumen'

pödex 'Öffnung des Mastdarms, After'

podiscus 'Arschwisch'

afitero swM. 'After, Darmausgang' ars stM. 'Gesäß, After, Darmausgang' darm stM. *Darm, Mastdarm', PI. *Eingeweide' arswisc stM. 'Mittelfinger'

Kötperteilbezeichnungen

237

pollex 'Daumen, große Zehe'

doub "Daumen' doum *Daumen' dümo swM. "Daumen, große Zehe' zeha swF. 'die große Zehe'

ponderosus 'mit einem Bruch behaftet'

innervel stN. "Bauch-, Zwerchfell' (?)

popks 'Kniekehle, Knie'

hamma stswF. 'Kniekehle, Wade(nbein)' kniorad stN. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' kniorada swF. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle; Knöchel' kniorado swM. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' kniosciba swF. 'Kniescheibe, Kniegelenk' riho swM. 'Kniekehle, Wade'

popus, püpilla, püputa 'Augapfel, Augenstern'; eigentl. 'das unmündige Mädchen'

seha swF. Tupille, Augapfel'

porus 'Kanäle im menschl. Körper'

sweizloch stN. 'Schweißpore'

posterior 'Rückseite des Körpers'

hinterteil stMN. 'Gesäß'

postrema, s. parte (von der Skylla gesagt)

nidarbruohes 'unterhalb der Körpermitte'

praecordia 'Herzzentrum, die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen' 0. Andre, Le Vocabulaire, S. 220f.)

foraherzida stF. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen)' vofbrust stF. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle Zwerchfell,' vorherze stN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle Zwerchfell' (?) furiherza stN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle Zwerchfell' (?)

238

Die Auswertung des Wörterbuches

furiherzl stN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle Zwerchfell' (?) furiherzida stF. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle Zwerchfell' (?) herzädra stswF. '(Herz)schlagader, Arterie, lebenswichtige Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere, Herzzentrum' umbihetza swN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle Zwerchfell' (?) praepütium 'Vorhaut'

era stF. 'männliche Genitalien, Vorhaut' fiirigiwahst stF. "Vorhaut' furewahst, furiwahst stF. 'Vorhaut' genzl stF. "Vorhaut (als Symbol der Unversehrtheit)'

pnctsor 'Schneidezahn'

varrozan(d) stM. 'Schneidezahn' vorderzan(d) stM. 'Schneidezahn'

pübes 'Zeichen der Mannbarkeit, Schamgegend' pübetenus (s. pübes)

hodo swM. 'Hoden, Schamgegend'

pudellus, putel 'Darm, Mastdarm'

darm stM. 'Darm, Mastdarm', PI. 'Eingeweide' gimaht stF. 'männliche Genitalien'.

pudenda 'Schamglieder, After'

gimaht stF. 'männliche Genitalien'.

püga 'der Hintere, Steiß' pugllus "kleine Faust'

arsbelli stN. 'Gesäß, Hinterbacken' fingar stM. 'Finger' fust stF. 'Faust; (hohle Hand, Handvoll)' goufe(na) stF. 'hohle Hand, Handvoll' gousena F. 'hohle Hand' hantfol stF. 'die hohle, geöffnete Hand, Handvoll'

pügnus 'Faust'

füst stF. 'Faust'

Köiperteilbezeichnungen

239

pügnus, pugllus 'Faust* pulmo 'Lunge'

greffe (?) swM. 'Faust' lunga swF. 'Lunge' lunganna stF. "Lunge' lungina stF. "Lunge' lungula, lungel stswF. "Lunge' lungun stF. 'Lunge' lungunna stF. "Lunge" milzi stN. 'Milz'

pulpa 'das Fleischige (am Körper), Muskelfleisch; das Fleischige am Obst' (vgl. J. Andre, Le Vocabulaire, S. 113 u. 202)

örspinna F. 'Ohrknorpel'

püpilla 'Augapfel, Augenstern'; eigentl. 'das unmündige Mädchen'

ougapfiil stM. Tupüle, Augapfel' oug(en)bfäwa stF. 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' ougsehe F. Tupille' seho swM. Tupille, Augapfel' aphul stM. 'Augapfel'

püpillus, püpulla 'Augapfel, Augenstern'; eigend. 'das unmündige Mädchen'

R rädix "Wurzel' rämus 'Zweig, Ast; Penis' rtcessus 'Rückzug, Vertiefung, Inneres'

wurza stswF. 'Haarwurzel' zers stM. 'Penis' innida stF. 'Eingeweide, das Innere' inwertlga stF. 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide'

rediäsium 'Vormagen'

krfisa swF. 'Vormagen'

ήη 'Niere, Lenden'

lancha stswF. TLende, Weiche, Seite, Hüfte' lanco swM. "Weiche, Flanke' lentin stF. "Lende, Hüfte, Niere' lentinbräto swM. "Lende, Hüfte, Niere, (Milz)' milzi stN. 'Milz'

240

Die Auswertung des Wörterbuches

nnunculus 'die kleine Niere'

nioro swM. 'Niere; Hoden' (?) lendelin stN. "kleine Niere, (Nebenniere)' (?) lentinbräto swM. 'Lende, Hüfte, Niere, (Milz)' lumbal stM. 'Lende' nioro swM. "Niere; Hoden' (?) nierlln stN. "kleine Niere'

reticulum "Netz (über der Leber)'

nezzi stN. 'netzartiges (Fett-)Gewebe (über der Leber)' nezzismero stN. 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' smeronezzi stN. 'Bauchfettgewebe' smerevel stN. "Bauchfettgewebe'

rüma "Kehle, Gurgel, Schlund; säugende Brust'

kelabrät stN. 'Kehle' (?), 'Haut- und Fleischteile unter dem Kinn, Doppelkinn' (?) kof stM. 'Kehlkopf slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre' sluntbein stN. "Luftröhre, Gurgel'

rümen 'Kehle, Gurgel, Schlund, die säugende Brust'

sagtna 'Fett, Fettigkeit'

höhrippe stN. Hippenfett'

sacra spina 'Heiligenbein, Kreuzbein'

lendenbein stN. 'Kreuzbein'

saliva 'Speichel'

speihhaltra swF. 'Speichel' speihhila stswF. 'Speichel'

sanguis 'das dünne (Leben erhaltende und die Glieder durchströmende) Blut'

bluot stN. m i t '

secundarium, secundina 'Nachgeburt'

lehtar stMN. 'Gebärmutter, Nachgeburt'

Köiperteilbezeichnungen άΐα, sela (?) silla (?)

241

slta stswF. 'Seite (des menschlichen Körpers), Hüfte' ribba, ribbi stF.stN. *Rippe'

sinäput 'der halbe Kopf, Votderkopf, Schädel, Hirnschale*

forahoubet stN. 'Vorderteil des Kopfes von der Stirn bis zum Scheitel, VorderkopP gilse stN. 'Hirnschale, Vorderkopf (?) nel stM. 'Hinterkopf nol stM. 'Hinterkopf, Schädel' (?)

sinistra 'die linke Hand'

hant 'Hand, Arm' winstera 'die linke Hand'

sinus 'Schoß, Krümmung, Rundung, Busen; Meeresarm' (?)

arm stM. 'Arm' barm stM. 'Schoß' buosum stM. *Busen; Schoß; 'Hüftknochen' (?) scöz stM. 'Schoß' ougring stM. "Bogen, der die Augenhöhle begrenzt und die Braue trägt'

nnus oculörum

scapula 'Schulterblatt, Achselblatt, Schultern, Achseln, Rücken'

ahsala stswF. 'Achsel, Schulter, Oberarm' hertl, hartin stF. 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' scult(i)ra stswF. 'Schultern, Schulterblatt'

scia 'Hüftbein'

deoh stN. '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein, Seite' (?)

scino 'Schienbein'

scina F. 'Schienbein, Unterschenkel' scincha swF. 'Schienbein, Unterschenkel'

solta 'Sandale, Fußsohle (der Tiere)'

afterflazza sw.F. 'Fußsohle' sola stswF. 'Sohle, Fuß(sohle)' treno swM. 'Fußsohle'

spatula Torderbug, Schulterblatt'

hertl, hartin stF. 'Schulterblatt, Schulter, Achsel'

242

Die Auswertung des Wörterbuches

Spina 'Rückgrat, Dorn'

scult(i)ra stswF. 'Schultern, Schulterblatt' grät stM. 'Rückgrat' ruggi stM. 'Rücken, Rückgrat' ruggibein stN. 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' ruggibeini stN. 'Rückgrat' ruggelende stF. 'Rücken'

spirämentum 'Luftloch, Luftröhre, Öffnung*

sweizloch stN. 'Schweißpore'

spien 'Milz'

milza F. 'Milz' milzi stN. 'Milz'

spondylus 'das runde Wirbelbein, der Wirbelknochen des Halses'

halsbein stN. 'Halswirbel' ruggibein stN. 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen'

spüma 'Schaum'

seivaf stM. 'Speichel' speihhila stswF. 'Speichel'

sputum 'Spucke, Speichel, AuswurP stantinus [= extanus z u extalis ?]

gtözdarm stM. 'Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide'

stomachus 'Schlund, Magen'

mago swM. 'Magen, Bauch'

stupidus,betäubt', abgestumpft'

lam 'lahm, gelähmt, gebrechlich, abgestumpft'

sub brachia 'Höhlung unter dem Arm'

uohsana stF. 'Achselhöhle, Oberarm'

sublinguium 'Kehldeckel'

rahho swM. 'Rachen; der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund' üvo swMF. 'Gaumenzäpfchen'

submentum 'das Unterkinn'

subtel 'Fußhöhle'

kinnibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' untarkinm stN. TJnterkinn' untarkmnibein stN. 'Unterkinn, Unterkiefer' (?) scröto 'Fußhöhle'

Körperteilbezeichnungen

243

südor 'Schweiß'

sweiz stM. 'Schweiß'

suffrägo 'Hinterbug (eines vierfußigen Tieres)'

diohbräto 'Oberschenkel' swM. hamma stswF. 'Kniekehle, Wade(nbein)' hammo swM. 'Hinterschenkel' (beim Tier ?) wado swM. *Wade, Unterschenkel, Wadenbein'

suffüsio 'grauer Star'

rinnan 'fließen, strömen, laufen'; Part, 'triefäugig'

sücus 'Saft, jede dickflüssige Substanz'; auch 'Saft als Arznei' (vgl. D. Langslow, The formation, S. 456 "an unspecified fluid of body".)

saf stMN. 'Körperflüssigkeit'

summa manus

fingar stM. 'Finger' kubilo (?) swM. 'Spitze, (Finger-) kuppe' bräwa, brä stF. 'Augenlid, Braue' obarbräwa stF. 'Augenbraue' oug(en)bräwa stF. 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' wintbräwa F. 'Augenbraue' hamma stswF. 'Kniekehle, Wade(nbein)' riho swM. 'Kniekehle, Wade' wada F. Wade, Unterschenkel, Wadenbein' wado swM. "Wade, Unterschenkel, Wadenbein'

superciüum 'die Augenbraue'

sura "Wade, Wadenbein'

Τ tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'

ankala stF. 'Knöchel, Fußgelenk' anchläo stF. 'Knöchel, Fußgelenk' encha swF. 'Fußknöchel' enkil stM. 'Fußknöchel, Fußgelenk' enkilln stN. 'Fußknöchelchen' fersna, fersana stswF. 'Ferse'

244

Die Auswertung des Wörterbuches

gec(h)nupfe stN. 'Gelenk' kniorada swF. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle; Knöchel' lentfn stF. "Lende, Hüfte, Niere' tama [cruot sanguinis] '(blutige) Geschwulst an den Füßen'

tautones "Braue'

tempus 'Schläfe'

tergum 'Rücken, der hinterste Teil'

tergus 'Rücken, Haut, Fell (der Tiere)' testa 'Geschirr, Topf; Hirnschale, Knochenstück'

bluot stN. "Blut'

bfäwa, brä stF. 'Augenlid, Braue' obarbräwa stF. 'Augenbraue' wintbräwa F. 'Augenbraue' thumrabein stN. 'Schläfe, Schläfenknochen' dunwengi, -wanga st.N. 'Schläfe' hüfila, hiuffela swF. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange, Schläfe' kinnibahho swM. 'Kinnbacken, Wange; Schläfe' släf stM. 'Schläfe' släfbein stN. 'Schläfe' aftanonüg 'Rücken' bah stF. *Rücken' goffa swF. 'Hinterbacken, Hinterteil' hintarbahho swM. 'Hinterbacken' hintanontlg 'Rücken' ruggi stM. "Rücken, Rückgrat' ruggo swM. "Rücken' hüt stF.'Haut" anka swF. 'Hinterkopf, Nacken, Glied (des menschlichen Körpers)' gibil, gibili stM. 'Schädel, Hirnschale, Schädeldecke' gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf houbit stN. 'Kopf (als Körperteil des Menschen, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnung für den ganzen Menschen)'

Körperteilbezeichnungen

testiculus 'Hoden'

245

nac stM. 'Hinteikopf, Nacken* nel stM. 'Hinterkopf gimaht stF. 'männliche Genitalien' hodo swM. 'Hoden, Schamgegend' innödili stN. 'Eingeweide, Gedärme; Hoden' innovili stN. "Eingeweide, innere Organe' nioro swM. "Niere; Hoden' (?)

thöräx "Brust, Brustbekleidung'

brustlappo swM. Brustbein' (?)

tibia 'Schienbein, Schienbeinknochen'

bein stN. 'Knochen, Gebein; Bein (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein)' kniosclba swF. 'Kniescheibe, Kniegelenk' scina F. 'Schienbein, Unterschenkel' scinabein stN. 'Schienbein' scincha swF. 'Schienbein, Unterschenkel'

tincta Tinte, schwarze Flüssigkeit'

tincta 'schwarze Galle' (?)

titillus 'das Kitzeln', titillicus *kitzelig'

kuczleich (?) stM. 'Zwerchfell' (?) kutzfleisch 'Zwerchfell'

tönsilla eigend. "Pfahl am Ufer, an den die Schiffe angebunden werden' tönnllae 'Mandeln im Halse'

backozand stM. 'Backenzahn'

torus 'jeder runde, hervorragende, wulstige Gegenstand', Muskel, Ellenbogen'

dickl stF. 'angespannter Muskel' halsbein stN. 'Halswirbel' müs stF. 'Muskel im Oberarm' renula swM. 'Muskel' halsädra stF. 'Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader'

torus (tori venarum "Erhöhung der aufschwellenden Ader") trigeminus 'dreifach* ('mit drei Köpfen*)

druosilln stN. "Rachenmandel'

houbit stN. 'Kopf (als Körperteil des Menschen, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnung fur den ganzen Menschen)'

246

Die Auswertung des Wörterbuches

tuba 'Röhre* (?)

drozza swF. "Luftröhre, Gurgel, Kehle' kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel'

turpitüdo 'Schändlichkeit, Unsittlichkeit'

U über Hilter, Zitze, säugende Brust'

ulna 'Ellenbogenknochen, Arm'

umbilicus *Nabel'

erhell stF. 'männliche Genitalien'

mamma swF. 'säugende Brust' manzo swM. '(Mutter-)Brust' warza stswF. "Brustwarze, Brust' tila, tilla stswF. "Brustwarze, Zitze' tutta swF. "Brustwarze, Zitze, Brust' arm stM. 'Arm' elina stF. Unterarm, Elle, Ellenbogen' elinbogo swM. "Ellenbogen, der gebeugte, angewinkelte Unterarm' nabulo, nabil swM. 'Nabel'

(,b)umerus 'Knochen des Oberarms, Oberarm mit Schulter, Schulter'

ahsala stswF. 'Achsel, Schulter, Oberarm' hertl, hartin stF. 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' scult(i)ra stswF. 'Schultern, Schulterblatt'

ümor 'Feuchtigkeit, Flüssigkeit (des Blutes, im Leib, der Tränen)'

bluot stN. *Blut' fühtl stF. 'Körperflüssigkeit, Lebenskraft'

utida "Woge, Welle; jede fließende Feuchtigkeit'

bluot stN. "Blut'

unguis 'Fingernagel, Zehennagel; Klaue, Tatze' ungulus 'Zehennagel'

chläwa stF. 'Fingernagel' nagal stM. 'Fingernagel' chläwa stF. 'Fingernagel'

ünctüra (eigentlich) 'das Salben der Toten', zu ünctus 'fett'

smero, smer stN. 'Fett; fetter Bauch'

ürina 'Ham, Urin'

harn stM. 'Harn, Urin' seih stM. 'Harn'

Körperteilbezeichnungen

247

titer 'Schlauch' uterus 'Leib, Unterleib, Bauch; Mutterleib, Gebärmutter'

ütar stM. 'weibliche Brust, Busen' buch stM. "Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' gulidarm stM. Teil des Darmes, Magen' innödi stN. Έingeweide, die inneren Organe' Hb stMN. 'Unterleib' ref stN. "(Mutter-)Schoß, Mutterleib, Gebärmutter' rifilo swM. 'Gebärmutter, Mutterleib' wamba, womba stswF. "Leib, Körper, Bauch; Mutterleib, Schoß; Gebärmutter'

üva 'Traube; Zäpfchen im Hals'

blat stN. 'Gaumenzäpfchen'

V varix 'Krampfader, Kropfader (bes. an den Schenkeln)'

enküing stM. 'Achillessehne' (?)

vis 'Gefäß', vasa PI. auch 'Hoden, Schamglied'

faz stN. "Penis'

vena 'Blutader, Pulsader'

ädra st.swF. "Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein "jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' plotädra stswF. "Vene' inädiri stN. "die inneren Organe, Eingeweide' herzädra stswF. "(Herz)schlagader, Arterie, lebenswichtige Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere'

vena iecoris "Blutader, Pulsader (Leber)'

venter "Bauch, Leib, Mutterleib'

bfich stM. "Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' mago swM. "Magen, Bauch' wamba, womba stswF. "Leib, Körper, Bauch; Mutterleib, Schoß; Gebärmutter'

248

Die Auswertung des Wörterbuches

ventricuks 'der kleine Bauch, Magen'

mago swM. 'Magen, Bauch' wamba, womba stswF. *Leib, Körper, Bauch; Mutterleib, Schoß; Gebärmutter' nabulo, nabil swM. "Nabel"

verecunda 'Schamglieder' verenda 'Schamglieder'

gimaht stF. 'männliche Genitalien' era stF. 'männliche Genitalien, Vorhaut' hegidruos(a), hegidruosi stF. 'männliche Genitalien, Hoden' hegidruosstal stM. 'Schamgegend, Vertiefung für die männlichen Keimdrüsen, Hoden' arsdann stM. 'Mastdarm, das letzte zum After führende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang' gimaht stF. 'männliche Genitalien' kumpfo swM. 'Geschlechtsorgan, Vagina' zers stM. "Penis' zumpfo swM. Tenis'

veretrum 'Schamglied'

versipellis 'verwandeln', eigentl. 'das Fell, seine Gestalt wechseln'

fei stN. 'Haut, Fell*

vertex 'Wirbel, Scheitel; Kopf, das Höchste'

gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf nella F. 'Scheitel, Kopf niulla, nuilla F. 'Scheitel, Kopf (?) sceitila stswF. 'Scheitel, höchster Punkt des Kopfes; Kopf

verticem capilli

fahssceitela swF. 'Schädel'

vertibulum, vertebra 'Gelenk, Wirbelsäule'

werfbein stN. 'Gelenk; Kniescheibe' (?) obarösto 'der oberste Punkt der Wirbelsäule', wohl 'Dornfortsatz des 7. Halswirbels'

Körperteilbezeichnungen

249

vesica 'Harnblase; Geschwulst'

bläsa F. '(Harn)blase' blätera, blätra swF. 'Harnblase; (Eingeweide)'

vestigium 'Fußsohle'

fiioz stM. 'Fuß'

vigor 'Lebenskraft'

fühtl stF. 'Körperflüssigkeit, Lebenskraft'

virilia 'die männlichen Schamglieder' virils 'Zeugungskraft, Zeugungsglieder'

erhell stF. 'männliche Genitalien' gimaht stF. 'männliche Genitalien' giziugi stN. 'männliche Genitalien' swenkel swM. 'Hoden'

viscus *Eingeweide'

ädra st.swF. 'Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band* blätera, blätra swF. 'Harnblase; (Eingeweide)'. brüst stF. "Brust, Herz, das Innere; Brustwarze' darm stM. Darm, Mastdarm', PI. "Eingeweide' herder stN. "Eingeweide' hodabalg stM. 'Hodensack' inädiri stN. 'die inneren Organe, Eingeweide' ingetuome stN. Έingeweide' inniherdar stM. 'Eingeweide' innödi stN. "Eingeweide, die inneren Organe' innödili stN. Έingeweide, Gedärme; Hoden' innovili stN. "Eingeweide, innere Organe' inwartl stF. "Eingeweide, das Innere' inwartigl stF. 'das Innere, Innerste, Eingeweide' inwerflga stF. 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide'

250

Die Auswertung des Wörterbuches

vitälis 'die edlen Teile des Körpers, auf denen das Leben beruht, Eingeweide'

gimaht stF. 'männliche Genitalien' herzädra stswF. '(Herz)schlagader, Arterie, lebenswichtige Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere' inädiri stN. 'die inneren Organe, Eingeweide' inwertlga stF. 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide'

vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'

bal, ballo stswM. 'Handballen, Fußballen' breta stswF. 'flache Hand, Handfläche' füst stF. 'Faust' haut 'Hand, Arm' flazza F. 'flache Hand, hohle Hand' inhenti stN. 'hohle Hand, Handteller' tenar stM. "hohle Hand' quid stM. 'Gebärmutter' ref stN. '(Mutter-)Schoß. Mutterleib, Gebärmutter' wamba, womba stswF. 'Leib, Körper, Bauch; Mutterleib, Schoß; Gebärmutter'

volva 'Gebärmutter, Hülle*

vultus

'Gesichtsausdruck, Gesicht'

analutte stN. 'Gesicht' anasiuni stN. 'Gesicht, Gestalt, äußere Erscheinung' antlizzi stN. 'Antlitz, Angesicht' antlutti stN. 'Antlitz, Gesicht' an(t)luzzi stN. 'Gesicht, Gestalt, äußere Erscheinung' getaene stFN. 'Gesichtszüge, Miene' houbit stN. 'Kopf (als Körperteil des Menschen, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnving für den ganzen Menschen)' ougsiuni stNF. 'Angesicht, Gesicht'

Körperteilbezeichnungen

251

1.1.1 Auswertung des Glossars Das Verzeichnis bietet mit 361 lateinischen und 886 althochdeutschen Verwendungsweisen ein deutliches Übergewicht des Althochdeutschen. Statistisch gesehen stehen damit jeder lateinischen Bezeichnung etwa 2,4 Übersetzungsversuche gegenüber. Lässt man den seltenen lateinischen Wortschatz einmal außer acht, der in althochdeutscher Zeit jeweils nur ein einziges Mal übersetzt worden ist, so gelangt man für den Rest der häufiger bezeugten Belege zu einem durchschnittlichen Wert von vier althochdeutschen Bezeichnungen für jedes lateinische Lexem. Für dieses Ungleichgewicht gibt es im Wesentlichen zwei Ursachen. Zum einen wird deutlich, dass es für weite Bereiche des menschlichen Körpers im Althochdeutschen noch keine festen und eindeutigen Bezeichnungen gibt, die auf dem gesamten Sprachgebiet gleichermaßen gelten. Es war bereits bei der Untersuchung der Körperteilglossare deutlich geworden, dass in der schriftlichen Überlieferung erst mit dem SUMMARIUM HEINRICI in spätalthochdeutscher Zeit größere Einheitlichkeit erzielt wird. Feste Gleichungen, wie etwa lat. auris — ahd. öra, caput — houbit, collus — hals, manus - hand oder näsus - nasa sind eher die Ausnahme. Für die Mehrzahl der Körperteile gilt, dass zu ihrer Bezeichnung ein Spektrum von Varianten zur Verfügung steht, bzw. zur Verfügung gestellt wird. Diese Varianten lassen sich drei Gruppen zuordnen. Es finden sich darunter gelegentlich rein morphologische Varianten, wie etwa ahd. seha swF. für lat. acies neben seho swM. oder her^a swN. für lat. cor neben henj stN. Dieser Typ ist auch bereits unter den lateinischen Körperteilbezeichnungen gut vertreten, als Beispiel sei cubitum N. neben cubitus Μ. "Ellenbogen' genannt. Auch das Nebeneinander von Lexemen mit unterschiedlichen Stammbildungselementen gehört hierher; man vergleiche etwa ahd. uohsa, uohsala und uobsana 'Achselhöhle'. Beide Varianten dieses ersten Typs treten auf etwa bei der Verdeutschung von lat. labium als lejfur, lefs, lefso™ 'Lippe' oder von pulmo als lunga, lunganna, lungina, lungula, lungun und lungunna 'Lunge'. Solche Fälle leiten über zu einer zweiten Gruppe, die sich durch lexikalische Varianz innerhalb einer einzelnen Wortfamilie auszeichnet. In reiner Form zeigt sich das bei den Verdeutschungen von lat. cerebrum 'Gehirn' als ahd. hirni, hirnibolla, hirnikopf und cerebellum "kleines Gehirn' als hirni, hirnireba, hirnirebo und hirniscala. Ausgeprägte Beispiele bietet auch die Glossierung zu lat. submentum oder superciüum. Die wichtigste der drei Gruppen ist aber sicherlich diejenige, in der bei der Übersetzung verschiedene etymologisch nicht verwandte althochdeutsche Lexeme miteinander konkurrieren. Hierfür können in Einzelfällen für das Althochdeutsche oft nicht sicher festzumachende regionale oder auch innerhalb des

487 Siehe dazu auch N. WAGNER, Ahd. leffur: lefs : ae. lippa.

252

Die Auswertung des Wörterbuches

Sprachstadiums zeitliche Unterschiede maßgeblich sein. Große Varianz zeigen beispielsweise Übersetzungsgleichungen zu lat. extrex 'Kopf, HinterkopP (ahd. nac, no/, nüws),fnns 'Stirn' (endi, endilu^ endin, gebal, gbilla, houbit, stirna, tinna), gurgulio 'Gurgel, Luftröhre' (ätemdro^e, dronga, gurgula, kela, quena, quertala, sluntbeiii), palma 'die flache Hand' (Jmta,flasgiu hant,ßa^a,folma, hant, munt, spanna, tenai), supercilium 'Augenbraue' (brätva, brä, obarbräwa, ougbräwa, wintbräwa), oder volva 'Gebärmutter' (quiti, ref, wamba, womba). Insbesondere bei den nicht sichtbaren Teilen des Körpers ist die Zahl der Varianten gelegentlich annähernd so groß, wie die Zahl der Übersetzungsversuche selbst. Man vergleiche etwa lat. arteria 'Luftröhre, Arterie, Schlag- oder Pulsader' mit den Übersetzungsgleichungen halsädra, her^ädra, her^erebe, weisunt, wintädra, senoädra, lat. praecordium 'Herzzentrum; die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell, Eingeweide, Brusthöhle, Brust, Herz als Sitz der Empfindungen' als ahd. forahenjda, vorbrust, vorherig, furihenp, furiheng, furihenjda, her^ädra, umbihenp oder lat. viscus *Eingeweide' als ädra, blätera, brüst, darm, herder, hodabalg, inädiri, ingetuome, inniherdar, tnnödi, innödiä, innovik, inwarti, inwartigt, inwertiga. Eine Leitvariante hat sich hier in althochdeutscher Zeit noch nicht herausgebildet. Dies liegt zwar nicht zuletzt daran, dass auch das Lateinische - das zeigen vor allem die letzten Beispiele - für nicht sichtbare Körperteile ebenfalls keine präzisen Bezeichnungen herausgebildet hat. Die Beispiele zeigen aber ebenso, dass es auch innerhalb der einzelnen, vom lateinischen Lexem vorgegebenen Bedeutungsfelder bei der Übersetzung zu großen Unterschieden kommt. Es sind jedoch nicht nur die solcherart miteinander um den Status einer Leitvariante konkurrierenden Lexeme, die für die Vielfalt des althochdeutschen Wortbestandes verantwortlich sind. Eine zweite Ursache ist vielmehr bereits das Ergebnis einer begrifflichen Präzisierung der lateinischen Bezeichnungen. Auch diese kontextgebundenen Präzisierungsversuche führen zur Ausdifferenzierung der Übersetzungsgleichungen, zeigen erste Möglichkeiten der Exaktheit einer neuen volkssprachigen Begrifflichkeit, und können als erster Schritt zur Terminologiebildung und damit als Schritt hin zum Fachwortschatz verstanden werden. Als einfaches Beispiel kann lat. ös 'Gesicht, Mund' herangezogen werden, das im Althochdeutschen je nach Kontext entweder als 'Gesicht' (anasiuni, antli^pj, antlutti, gisihene) oder als 'Mund' (mund) erscheint. Bei der Übersetzung wird die Bedeutung eindeutig festgelegt. Deutliche und etwas komplexere Fälle zeigen sich etwa bei den volkssprachigen Differenzierungen in den Wortfeldern von „Hand" und „Finger". Darauf wird im Zusammenhang mit der onomasiologischen Gliederung des Wortschatzes noch näher einzugehen sein.

Körperteilbezeichnungen

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1.2 Onomasiologische Gliederung Die unmittelbaren lateinisch-althochdeutschen Übersetzungsgleichungen bilden nur einen Teilbereich des althochdeutschen Wortschatzes, wenn auch einen großen. Die Gesamtzahl der althochdeutschen Körperteilbezeichnungen beträgt 489. Sie lassen sich auf 16 Sachbereiche verteilen, die gelegentlich noch weiter untergliedert werden können. Auf diese Weise entstehen 26 für die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen charakteristische onomasiologische Felder, die als „Slots" verstanden werden. Ausgangspunkt der Gliederung ist die Frage: „Was gehört alles zum menschlichen Körper?" Es folgt die Frage: „Welche Bereiche des Körpers lassen sich voneinander abgrenzen?" Die Präsentation der Felder folgt dem mittelalterlichen Gliederungsprinzip „a capite ad calcem". Körperteilbezeichnungen stimmen für Mensch und Tier gewöhnlich überein, nur eindeutig auf tierische Anatomie bezogene Lexeme werden ausgesondert.488 Eine erste Orientierung über die Struktur der indoeuropäischen Körperteilbezeichnungen gibt bisher nur C.D. Buck 489 . Seine auf die gesamte Indogermania ausgerichtete Einteilung ist - trotz der onomasiologischen Grundausrichtung — durch die Orientierung an Archilexemen sehr stark semasiologisch geprägt. Für den Aufbau der jeweiligen einzelsprachigen Wortschätze bietet sie daher nur grobe Anhaltspunkte. Sie enthält die Lexeme der wichtigsten indoeuropäischen Sprachen, aber nur die jeweiligen Leitwörter. Die nun folgende onomasiologische Gliederung ist demgegenüber für das Althochdeutsche auf Vollständigkeit angelegt. Bezeichnungen für den menschlichen Körper in seiner Gesamtheit werden vorangestellt: A. Der ganze Körper B. Der Kopf und seine Teile 1. Kopf und Nacken. 2. Schädel und Him. 3. Gesicht. 4. Auge, Braue und Lid. 5. Ohr. 6. Nase; 7. Mundraum. 8. Zähne C. Hals und Kehle D. Oberkörper (ohne sekundäre Geschlechtsmerkmale) E. Obere Extremitäten 1. Arme. 2. Hände. 3. Finger. F. Untere Extremitäten 1. Beine. 2. Füße. 3. Zehen. G. Rücken H. Unterleib I. Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale J. Innere Organe 488 Siehe dazu auch C. D. BUCK, A. Dictionary, S. 198; J.N. ADAMS, Anatomical Terms. 489 A. Dictionary, S. 197-325.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Κ. L. M. N. O. P.

Haut Knochen und Mark Gelenke Muskeln, Sehnen und Gewebe Gefäße Körperflüssigkeiten

Bei der Zuweisung zu den einzelnen Feldern sind Mehrfachnennungen möglich. Das liegt zum einen an der Offenheit des Gliederungsprinzips. Lexeme können verschiedenen „Slots" angehören. Bei der Abfolge „a capite ad calcem" werden genau lokalisierbare Knochen wie Schädelknochen, Brustbein oder Fußknöchel sowohl dem jeweiligen Bereich des Körpers, also hier „Kopf', „Oberkörper" und „Fuß" zugeordnet, als auch unter dem Stichwort „Knochen" noch einmal zusammenhängend aufgeführt. Mehrfachnennungen können aber andererseits auch der Ergebnis unterschiedlicher Verwendungsweisen eines Lexems sein. So erscheinen etwa ahd. giumo 'Gaumen, Kehle* und goumo 'Gaumen, Kehle, Schlund' in der Bedeutung 'Gaumen' unter dem Stichwort B. 7 „Mundraum" und in der Bedeutung 'Kehle' unter dem Stichwort C. „Hals und Kehle"; ahd. mago erscheint in der Bedeutung 'Bauch' unter dem Stichwort H. „Unterleib", in der Bedeutung 'Magen' ist es dem Stichwort J. „Innere Organe" zuzuordnen. Auf diese Weise ergeben sich 615 Verwendungsweisen.

A. Der ganze Körper (11) anastuni 'Gestalt, äußere Erscheinung' - an(t)lusgi 'Gestalt, äußere Erscheinung' botah 'Körper' - ferah 'Körper (als Sitz des Lebensprinzips)' - ß e i s c ( h ) 'Leib' - getät 'Gestalt' - gorpoto (?) 'Körper, Gestalt' (?) - Ith 'Leib, Körper; Gestalt' - iihamilo 'Leib' - tih(h)amo 'Leib, Körper, (leibliche) Gestalt; Fleisch; Leichnam' - tihh(i)namo 'Körper, Leib'; 'Leichnam' (?). B. Der Kopf und seine Teile Β. 1 Kopf und Nacken (18) aftirnel 'Hinterkopf' - anka 'Hinterkopf, Nacken' - forahoubet 'Vorderteil des Kopfes, Vorderhaupt' - gibilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf' - gilsi, gilse 'Hirnschale, Vorderkopf' (?) - hahil 'Hinterkopf' - hinderhoubet 'Hinterkopf' houbit 'Kopf (als Körperteil des Menschen), Kopf (als Sitz des Verstandes)' - chopf 'Kopf - nac 'Hinterkopf, Nacken' - nacko 'Hinterkopf, Nacken' - nel 'Hinterkopf' - nella 'Scheitel, Kopf - niulla 'Scheitel, Kopf' (?) - nol 'Hinterkopf, Schädel' (?) nulla 'Hinterkopf (?) - nüwe 'Kopf, Hinterkopf - sceitila 'Scheitel, höchster Punkt des Kopfes'.

Körperteilbezeichnungen

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Β. 2 Schädel und Him (17) fahssceiteh 'Schädel* - gebal 'Hirnschale, Schädel' - gebakceini 'Hirnschale, Schädel' gibt/, gibili 'Schädel, Hirnschale, Schädeldecke' - gibilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf - gibt, gilse 'Hirnschale, Vorderkopf (?) - hirni 'Gehirn' - hirnibolla 'Schädel, Gehirn' - hirnifel 'Hirnhaut' - hirnhüt 'Hirnhaut' - birnikopf'Hirnschale' hirnireba, birnirebo 'Hirnschale' - hirniscala 'Hirnschale' - houbitskiol 'Schädel(knochen)' - houbitskiula 'Schädel' - nol 'Hinterkopf, Schädel' (?) - sciula 'Schädelknochen'. B.3 Gesicht (37) anaktte 'Gesicht' — anasiuni 'Gesicht' — annu%(%)i 'Gesicht' - antlivgi 'Gesicht' — antlutti 'Gesicht' - an(t)lu^t 'Gesicht' - backo 'Kinnbacken, Unterkiefer, Kinn' bracko Wange, Backe' - buhiltn 'Wange' - thunnubein 'Schläfe, Schläfenknochen' dunwengi, -wanga 'Schläfe' - endi 'Stirn' - endilu% 'Stirn' - endin 'Stirn' — forahoubet "Vorderteil des Kopfes, Vorderhaupt' - gesihene 'Gesicht' - gisiuni 'Gesicht (mit Augen)' - getaene 'Gesichtszüge, Miene' - hüfil 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' - hüfila, hiuffela 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange, Schläfe' — hiufeltn 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' — kitrna 'Kinnbacken, Kinn' - kinni 'Kinnbacken, Kinn' — kinnibahho 'Kinnbacken, Wange; Schläfen' — kinnibacko 'Kinnbacken' - kinnibein 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' - kinnibeini "Unterkiefer, Kinn' - kinnibracko 'Kinnbacke' — kiuwa, kewa 'Unterkiefer, Kinnbacken' - ougnuni 'Angesicht, Gesicht' - släj 'Schläfe' - släfbein 'Schläfe' — stirna 'Stim' - tinna 'Stirn' - untarkinni TJnterkinn' - untarkinnibein 'Unterkinn, Unterkiefer' (?) - wanga Wange, Backe', PL 'Gesicht'. B. 4 Auge, Braue und Lid (24) aphul 'Augapfel' - bräwa, brä 'Augenlid, Braue' - vellihkin 'Häutchen, dünne innere Haut', Netzhaut' (?) - vellelin 'dünnes, inneres Häutchen', Netzhaut' (?) - giseba 'Auge' - obarbräwa 'Augenbraue' - ouga 'Blick' - ougafel 'Augenlid' (?) - ougapjul 'Pupille, Augapfel' - oug(en)bräwa 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' - ougiltn 'Äuglein' ouglid 'Augenlid' - ougring "Bogen, der die Augenhöhle begrenzt und die Braue trägt' - ougsehe "Pupille' - ougstal "Augenhöhle, Augenwinkel' - seha "Pupille, Augapfel' - seho 'Pupille, Augapfel' - slegebräwa "Augenlid, Wimper' - swar^ouga 'Pupille' - underbrä 'die Stelle zwischen den Augenbrauen, das dritte, innere Auge' u>etanbrä(n>a) 'das dritte, innere Auge' - wintbrawa 'Augenbraue' - m^ouga 'das Weiße im Auge' - sj/ere 'das dritte, innere Auge'. B. 5 Ohr (4) öra Ohr' - örkrosila 'Ohrknorpel' - örlappa 'Ohrläppchen' - örspinna 'Ohrknorpel'. B. 6 Nase nasa "Nase'(3) - nasakrustila, nasakrostla "Nasenknorpel' - naseloch "Nüster, Nasenloch'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Β. 7 Mundraum (22) bilarn 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' - blat 'Gaumenzäpfchen' - druos 'Rachenmandel' - druosilin 'Rachenmandel' - gino 'Rachen' (?) - giumo 'Gaumen' - goumo 'Gaumen' - huriwa 'Gaumen' - inergirde (?) 'Rachenmandeln' - kiuwa, keu/a 'Gaumen' - kffur 'Lippe, Lefze' - lefs 'Lippe' - lefso 'Lefze, Lippe' - luvgil^unga 'kleine Zunge' - mund 'Mund' - rahho 'Rachen; der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund' - slüh 'hinterer Teil der Mundhöhle, einschließlich der ganzen Speiseröhre, Anfang der Speiseröhre im Hals' - slunt 'hinterer Teil der Mundhöhle, einschließlich der ganzen Speiseröhre, Anfang der Speiseröhre im Hals' - üvo 'Gaumenzäpfchen' - Rindfleisch 'Zahnfleisch' - vpnga 'Zunge' - tpngilin 'kleine Zunge'. B. 8 Zähne (14) backoyand 'Backenzahn' - vähen^and (?) 'Eckzahn' - varro%an(d) 'Schneidezahn' vorder%an(d) 'Schneidezahn' - huntes^and 'Eckzahn' - kewel 'Backenzahn' - kindes%and 'Milchzahn' (?) - kinnistoc "Backenzahn' - chinne^an, kinnivpnd, 'Backenzahn' - marc^an "Backenzahn' - scharpfoan 'Schneidezahn' - stoc "Backenzahn, Mahlzahn' - wnkilapnd 'Eckzahn' - ^an, χαηά 'Zahn'. C. Hals und Kehle (17) ätemdro^e 'Luftröhre' - dro^a 'Luftröhre, Gurgel, Kehle' — giumo 'Kehle' — goumo 'Kehle, Schlund' - gurgula 'Gurgel, Schlund, Speiseröhre, Kehle' — hals 'Hals, Genick' — houbitsül 'Halswirbelsäule' - kela 'Kehle, Rachen, Gurgel' — kelabrät 'Kehle' (?) - kof 'Kehlkopf' - querca 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' - quercala 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' - slüh 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle einschließlich der ganzen Speiseröhre' — slunt 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle einschließlich der ganzen Speiseröhre' - sluntbein 'Luftröhre, Gurgel' - misunt 'Luftröhre, (Ader)' (?) — mntädra 'Luftröhre, (Ader)' (?). D. Oberkörper (ohne sekundäre Geschlechtsmerkmale) (28) ahsala 'Achsel, Schulter' - ahsalbein 'Schulterknochen' - brüst 'Brust' - brustbein 'Brustbein' - brustbeini 'Brustknochen, Brustbein' (?) - brustlappo "Brustbein' (?) brustleffil 'Brustbein' - buog 'Schulterblatt' - vellihhin 'Häutchen, dünne innere Haut', wohl 'Zwerchfell' - forahergda 'Herzzentrum* - vorbrust 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?) - vorher.φ 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?)- furiher^a 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) - furihenj 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), Zwerchfell' (?) - furihenjda 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) - herti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - höhrippe 'Rippenfett' - inbrust 'Brust, Herz' - kuc^leich (?) 'Zwerchfell' (?) - kuttfleisch 'Zwerchfell' - luntussa 'Brüstchen; Bruststück' (?) - ribba, ribbi 'Rippe' - scerte (PI.) 'Schultern' - scult(i)ra

Körperteilbezeichnungen

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'Schultern, Schulterblatt' - umbihenp 'Herzzentrum, Zwerchfell' (?) - uohsa 'Achselhöhle' - uohsala 'Achselhöhle' - uohsana 'Achselhöhle'. E. Obere Extremitäten Ε. 1 Arme (9) ahsala 'Oberarm' - arm 'Arm' - armo 'Arm' - elina Unterarm, Elle, Ellenbogen' elinbogo 'Ellenbogen, der gebeugte, angewinkelte Unterarm' - hant 'Arm' - uohsa 'Arm' - uohsala 'Arm' - uohsana 'Oberarm'. E.2 Hände (21) bal, ballo 'Handballen' - braithand 'die breite Hand, Handbreite' - breta 'flache Hand, Handfläche' -βαχχα 'flache Hand, hohle Hand' - folma 'flache Hand' - füst 'Faust; (hohle Hand, Handvoll)' —goufe(na) 'Handvoll, hohle Hand' -gousena "hohle Hand' - g r e f f e (?) 'Faust' - hant 'Hand' - hantbreita 'die geöffnete, flache Hand mit ausgestreckten Fingern' - hantfol 'die geöffnete Hand, Handvoll' - inhenti 'hohle Hand' - lenka 'die linke Hand' - munt 'flache Hand' - rist 'Handrücken, Handgelenk' - spanna 'flache Hand' - tenar 'hohle Hand* - tenara 'hohle Hand' - ιvinstera 'die linke Hand' - ^eso, vgsuwa 'die rechte Hand'. E.3 Finger (25) altee (?) '(Ring-)Finger* - arswisc 'Mittelfinger* - doub "Daumen' - doum 'Daumen' dümo 'Daumen' —fittgar'Finger' —fingarläri'Ringfinger' — fornönü 'Glied, Finger' — goldßnger 'Ringfinger' — goldtrago 'Ringfinger' - chtäwa 'Fingernagel' — kubilo 'Spitze, Fingerkuppe' (?) - quetifingar 'Zeigefinger' - lähhi 'Ringfinger' - langmar 'Mittelfinger' - metamösto 'Mittelfinger' — mittarösto 'Mittelfinger' - mittiläri 'Mittelfinger' — muosfingar 'Zeigefinger' — muotfingar 'Zeigefinger' - nagal 'Fingernagel' - örfmgar 'der kleine Finger' - ^eigäri 'Zeigefinger' - ^/'/'Zeigefinger' — spugere 'Zeigefinger'. F. Untere Extremitäten F.l. Beine (29) bein "Bein' — deoh '(Ober)schenkel, Hüfte, Hüftbein' - deohbräto 'Oberschenkel' deohskenkil 'Oberschenkel' — hamma 'Kniekehle, Wade, Schenkel' — hammo 'Hinterschenkel' (beim Tier ?) - boffo 'Hüfte' - huf Hüfte, Hüftgelenk' - huflein 'Hüftbein* - isbetn 'Hüftbein, Hüfte, Oberschenkelknochen, Oberschenkel' - knio 'Knie' kniebein "Unterschenkelknochen' - kniorad 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' kniorada 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle; Knöchel' — kniorado 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' — knioskiba 'Kniescheibe, Kniegelenk' — kniultn 'Knie (bei Kindern)' — menschenbein 'Unterschenkelknochen' - muriot 'Oberschenkel' - riho 'Kniekehle, Wade' — scina 'Schienbein, Unterschenkel' - scinabein 'Schienbein' säncha 'Schienbein, Unterschenkel' — sänket 'Schenkel' — säncho "Unterschenkel, Schienbein' - ubarknium 'Oberschenkel' - wada "Wade, Unterschenkel, Wadenbein' - mado "Wade, Unterschenkel, Wadenbein' - mdarbeini "Wadenbein*.

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Die Auswertung des Wörterbuches

F. 2. Füße (20) aftetflasga 'Fußsohle' - ankala 'Knöchel, Fußgelenk' - anchläo 'Knöchel, Fußgelenk' - bal, ballo 'Fußballen' - encha 'Fußknöchel* - enkil 'Fußknöchel, Fußgelenk' enkilin 'Fußknöchelchen' - enkiling 'Achillessehne' - fersna, fersana 'Ferse' - flesga 'Ferse' (?) - juo^ 'Fuß' - fuoqola 'Fußsohle' - fuo^spor 'Ferse, Hacke' - hähsina 'Achillessehne, Fußsehne', hier: 'Fersensehne des Pferdes' - hacka 'Ferse, Hacke' - scröto 'Fußhöhle' - sola 'Sohle, Fuß(sohle)' - stapho 'Fußsohle' - stairoht 'Ferse, Sporn' (?) — treno 'Fußsohle'. F. 3. Zehen (3) dümo 'die große Zehe' - meistarsvha 'die große Zehe' - \eha 'die große Zehe'. G. Rücken (13) aftanonttg 'Rücken' - bah 'Rücken' - bahho 'Rücken' - grät 'Rückgrat' - hintanontig 'Rücken' — lendenbein 'Kreuzbein' - mittidwerahi 'Taille, Rückgrat' — obarösto 'der oberste Punkt der Wirbelsäule', wohl 'Dornfortsatz des 7. Halswirbels' - ruggi 'Rücken, Rückgrat' - ruggibein 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' - ruggibeini 'Rückgrat' - ruggelende 'Rücken' - ruggo 'Rücken'. H. Unterleib (43) aflero 'After, Darmausgang' — ars 'Gesäß, After, Darmausgang' — arsbelli 'Gesäß, Hinterbacken' - arsbille 'Gesäß, Hinterbacken' — arsloh 'After, Mündung des Mastdarms' - belle 'Gesäß, Hinterbacken' - buch "Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' budeming 'Bauchfell, der die Eingeweide umschließende Hautsack' — deoh 'Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) - gilenki 'Unterleib, Eingeweide' (?) -goffa 'Hinterbacken, Hinterteil (von Menschen und Tieren)' — gurtil 'Taille' - hintarbahho 'Hinterbacken' Unterteil 'Gesäß' - hoffo 'Hüfte' - /(«/'Hüfte, Hüftgelenk' - innervel 'Bauchfell' (?) innersmero 'Eingeweidefett, Bauchfett' - isbein 'Hüfte' - lancha 'Lende, Weiche, Seite, Hüfte' — lanco "Weiche, Flanke' - lenkt 'Unterleib, Flanke, Weiche' - lentin 'Lende, Hüfte' - lentinbräto 'Lende, Hüfte' — Itb '(Unter)Leib' - lumbal 'Lende, kleine Niere' - lumbe 'Lende' - mago 'Bauch' - mittidwerahi 'Taille, Rückgrat' - nabulo, nabil 'Nabel' - nidarbruohes 'unterhalb der Körpermitte' - sita 'Seite (des Körpers), Hüfte' - smaladarm 'Unterleib' - smalaherdar 'Unterleib' - smerevel 'Bauchfettgewebe' smero 'fetter Bauch' - smeroleib 'Bauch, Bauchfettgewebe' - smerolin 'Fett, Baucheingeweidefett' - smeronesgi 'Bauchfettgewebe' - stiu^ 'Steiß' - üytragel 'Darmausgang' - wamba "Bauch' - ^agilbein 'Steißbein' (?). I. Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale (49) barm 'Schoß' - birid 'Gebärmutter, Mutterleib' - buosum *Busen; Schoß' - druos 'Hoden' - era 'männliche Genitalien, Vorhaut' - erheli 'männliche Genitalien' - fa^ 'Penis' - furigiwahst "Vorhaut' - furewahst, furiwahst "Vorhaut' - gensp "Vorhaut' - giburtmuoter 'Gebärmutter' - gilehtar 'Gebärmutter' - gimaht 'männliche Genitalien' -

Körperteilbezeichnungen

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gvjugi 'männliche Genitalien' - bagaldruos 'männliche Genitalien' - hegidruos(a), hegidruosi 'männliche Genitalien' - hegdruosstal 'Schamgegend, Hoden' - hodabalg 'Hodensack' - hodo 'Hoden, Schamgegend' - houbit brusti "Brustwarze' - innödili 'Hoden' - kindelegi 'Gebärmutter' - kumpfo 'Geschlechtsorgan, Vagina' (?) - quitt 'Gebärmutter* - lehtar 'Gebärmutter, Nachgeburt' - mamma 'säugende Brust' - man^o '(Mutter-)Brust' - muodar "Leib, Gebärmutter' - nioro 'Hoden' - ref '(Mutter-) Schoß, Mutterleib, Gebärmutter' - rifilo 'Gebärmutter, Mutterleib' - scös^ 'Schoß' scö^rfa 'Schoß' - scö^o 'Schoß' - slihmo 'Hodensack' - swenkel 'Hoden' - tila, tilla *Brustwarze, Zitze' — tilli "Brustwarze, Zitze' - tutta 'Brustwarze, Zitze, Brust' tutti "Brustwarze, Zitze, Brust' — tuttilin "Brustwarze, Brust; Pünktchen' — tutto "Brustwarze, Brust; Zitze' - tuttünhoubit 'Brustwarze' - ütar 'weibliche Brust, Busen' - wamba 'Mutterleib, Schoß; Gebärmutter' - ιναιχα "Brustwarze, Brust' %ers "Penis' — sjtr^e 'Zitze, Brustwarze, Brust' - nympfo 'Penis'. J. Innere Organe (55) ädra 'Eingeweide' - afterling 'Mastdarm' — arsdarm 'Mastdarm, das letzte zum After führende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang' — blüsa '(Harn)blase' blätera, blätra 'Harnblase; (Eingeweide)' - brüst 'Herz, das Innere' - darr» Darm, Mastdarm', PI. *Eingeweide' - dro^darm 'Mastdarm' - ferah 'Herz (als Sitz des Lebensprinzips)' -galla 'Gallenblase (mit Gallenflüssigkeit)' - gtbu^pi "Eingeweide' - gidarmi 'Eingeweide' - giweidi *Eingeweide' - grö^darm "Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide' - grö^mago 'Mastdarm, Dickdarm; After; Eingeweide' —gutidarm Teil des Darmes, Magen' - herder "Eingeweide' - hersp 'Herz' - heng'Herz, kleines Herz' — herqlin 'Herz, kleines Herz' — inädiri 'die inneren Organe, Eingeweide' ingetuome "Eingeweide' - ingeweide "Eingeweide' - innana "Eingeweide' - innida "Eingeweide, das Innere' - inniherdar "Eingeweide' - innöd "Eingeweide' - innödi "Eingeweide, die inneren Organe' - innödili "Eingeweide, Gedärme' - innoviU "Eingeweide, innere Organe' - intuoma "Eingeweide' - inwartt 'Eingeweide, das Innere' inwartigi "das Innere, Innerste, Eingeweide' - inwerttga "das Innere, die inneren Organe, Eingeweide' - krä Milz' - krdüng "die fetten Eingeweide' - krüsa "Vormagen' - lebera 'Leber' - lendelin 'kleine Niere, (Nebenniere)' (?) — lentin 'Lende, Hüfte, Niere' - kntinbräto 'Niere, (Milz)' - kuerin lappa 'die von Adern durchzogenen Leberlappen' - lunga *Lunge' - lunganna "Lunge' - lungula, lungel "Lunge' - lungina 'Lunge' - lungun 'Lunge' - lungunna 'Lunge' - mago 'Magen' - mil^a 'Milz' - milii 'Milz' - nioro TSIiere' - nierltn Tdeine Niere' - smaladarm "Dünndarm, Eingeweide' smalaherdar "Dünndarm' (?), 'Gedärm'. K. Haut (8) fei 'Haut, Fell; Häutchen' - veltihbin 'Häutchen, dünne innere Haut', 'Zwerchfell' (?), Netzhaut' (?) - vellelin 'dünnes, inneres Häutchen', 'Zwerchfell' (?), Netzhaut' (?) - hüt 'Haut' - liesa 'Häutchen' - swart 'behaarte Haut' - swei^foch 'Schweißpore' - swil "Schwiele, dicke Haut'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

L. Knochen und Mark (70) ahsalbein 'Schulterknochen' - ankala 'Knöchel, Fußgelenk' - anchläo 'Knöchel, Fußgelenk' - bein 'Knochen, Gebein; Bein (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein)' - beinna 'Knochen' - brustbein 'Brustbein' - brustbeini "Brustknochen' (?), "Brustbein' (?) - brustlappo *Brustbein' (?) - brustleffil'Brustbein' - buog 'Schulterblatt' - buosum 'Hüftknochen' (?) - deoh 'Hüftbein' - thunnubein 'Schläfe, Schläfenknochen' - encha 'Fußknöchel' - enkil 'Fußknöchel, Fußgelenk' - enkilin 'Fußknöchelchen' - fahssceitela 'Schädel' - gebal 'Hirnschale, Schädel' - gebalsceini 'Hirnschale, Schädel' - gibetnna 'Gebein' - gibeini 'Gebein, Bein' gibil, gibili 'Schädel, Hirnschale, Schädeldecke' - gibilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf' - gilsi, gilse 'Hirnschale, Vorderkopf (?) - grät 'Rückgrat' - halsbein 'Halswirbel' - berti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - hirnibolla 'Schädel, Gehirn' - hirnikopf 'Hirnschale' - hirnireba, hirnirebo 'Hirnschale' - hirniscala 'Hirnschale' - houbitskiol 'Schädel(knochen)' — houbitskiula 'Schädel' — houbitsül 'oberer Teil der Wirbelsäule, Halswirbelsäule' (?) - huflein 'Hüftbein' - isbein 'Hüftbein, Oberschenkelknochen' — kniebein 'Unterschenkelknochen' — kniorada 'Knöchel' — chnodo 'Knöchel' — knobel '(Fmger-)Knöcher — knoche 'Knochen' — knoster 'Knorpel, Sehne' (?) - knubilin 'Knöchel' - knuchel 'Knöchel' - krosel 'Knorpel' - krosila 'Knorpel' - krospil 'Knorpel' - krustila 'Knorpel' - krustiltn 'Knorpel' - lendenbein 'Kreuzbein' — mark 'das Mark' — menschenbeiti 'Unterschenkelknochen' - nasakrustila, nasakrosila 'Nasenknorpel' - örkrosila 'Ohrknorpel' — örspinna 'Ohrknorpel' - ribba, ribbi 'Rippe' - ruggi 'Rückgrat' - ruggibein 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' — ruggibeini 'Rückgrat' - ruggo 'Rücken' - scina 'Schienbein' - sanabein 'Schienbein' - scincha 'Schienbein' - sciula 'Schädelknochen' - stiu^ 'Steiß' - untarkinnibein 'Unterkinn, Unterkiefer' (?) - wada 'Wadenbein' - wado "Wadenbein' mdarbeini "Wadenbein' — 3agilbein 'Steißbein' (?) M. Gelenke (24) ahsala 'Achsel' - anka 'Glied (des menschlichen Körpers), Gelenk' (?) - elina 'Ellenbogen' - elinbogo 'Ellenbogen' - gec(h)nupfe 'Gelenk' - gilanco 'Gelenk' - gilä^ 'Gelenk' -gileihhi 'Gelenk, (Finger)Glied' -gelid 'Glied, Gelenk' -gilidilin 'Glied' goffa 'Hüftgelenk' - hertt, hartin 'Achsel' - huf 'Hüfte, Hüftgelenk' - knio 'Knie' kniorad 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniorada 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniorado 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniosciba 'Kniescheibe, Kniegelenk' - kniulin 'Knie (bei Kindern)' - lid 'Glied, Gelenk; Körperteil' - lidilin 'Gelenk, Knöchel' - lidugilä\ 'Gelenk, Umrisse des Körpers' - rist 'Handgelenk' - werßein 'Gelenk; Kniescheibe' (?). N. Muskeln, Sehnen und Gewebe (19) ädra 'Sehne, Muskel' - dickt 'angespannter Muskel' - done 'Sehne' - enkiling 'Achillessehne' (?) - ßeisc(h) 'Fleisch' - halsädra 'Nackensehne, Nackenmuskel, 'Hals(schlag)ader' - müs 'Muskel im Oberarm' - ne^pi 'netzartiges Fettgewebe (über der

Körperteilbezeichnungen

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Leber)' (?) - newsmen 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' (?) - renuh 'Muskel' - sen(e)wa 'Sehne' - senoädra 'Sehne' - smerevel "Bauchfettgewebe' - smero 'Fett' - smerokib 'Bauchfettgewebe' - smerolin 'Fett, Baucheingeweidefett' - smerortesgi "Bauchfettgewebe' - spint 'Fett' - waltowahso 'Sehne, Nerv*. O. Gefäße (6) ädra "Blutgefäß, Ader'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' - bluotädra *Blutader, Vene' - halsädra 'Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader' - her^ädra '(Herz)schlagader, Arterie, (lebenswichtige) Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere' - her^enbe '(Herz)schlagader, Arterie' - wintädra "Luftröhre, Ader' (?). P. Körperflüssigkeiten (16) bluot "Blut' — ferhbluot 'das dem verwundeten Körper ausströmende Blut' — fühti 'Körperflüssigkeit, Lebenskraft' - galla 'Galle (als das von der Leber erzeugte Sekret)' - harn 'Harn, Urin' - hisämo 'Samenflüssigkeit' - niuwibluot 'frisches Blut' — saf 'Körperflüssigkeit' — seih 'Harn' - seivar 'Speichel' - speihhaltra 'Speichel' — speihhila 'Speichel' - spuntu 'Muttermilch; Brust' - swei\ 'Schweiß' - tincta 'schwarze Galle' (?) - *tn\- 'Harn'. 1.2.1 Die Auswertung Wie schon bei der Betrachtung der althochdeutschen Körperteilglossare und der lateinisch-althochdeutschen Übersetzungsgleichungen deutlich wurde, ist der anatomische Wortschatz des Althochdeutschen vor allem für die sichtbaren Teile des menschlichen Körpers umfangreich und durchaus recht differenziert. Besonders die Bezeichnungen des Kopfes und seiner Teile, der Hände, Finger, Beine und Füße sind überraschend vielfältig. Aber auch ein Bereich wie der der Geschlechtsorgane und Geschlechtsmerkmale, der in späteren Jahrhunderten deutlichen Tabuisierungen unterworfen war, ist stark vertreten. Im Bereich der äußerlich nicht sichtbaren Körperteile sind die Wortfelder, wie nicht anders zu erwarten, weniger gut ausgebaut. Diese Beobachtung betrifft nicht einmal in erster Linie die Bezeichnungen für innere Organe — hier sind alle auch heute zumindest im Laiendiskurs allgemein bekannten Organe bereits vertreten — und auch nicht so sehr die Quantität der Bezeichnungen. Die vielen unspezifischen Sammelbezeichnungen für „Eingeweide" sind jedoch ein Indiz dafür, dass in vielen Kontexten eine genauere Kennzeichnung der einzelnen Organe entweder nicht möglich oder nicht nötig war. Dagegen ist es von größerer Bedeutung, dass der Grad an Differenziertheit in Feldern wie etwa „Oberkörper" oder „Unterleib", die in unspezifischer Weise Bezeichnungen für äußere und innere Partien des Körpers enthalten, geringer bleibt. Zwar gibt es auch hier Ansätze zu einer Differenzierung, so etwa mit Hilfe von

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Die Auswertung des Wörterbuches

Partikelkomposita auf -brüst oder -her^ doch sind dies, nicht selten nach lateinischem Vorbild, in der Volkssprache allenfalls erste tastende Versuche, die verschieden Körperfunktionen genauer einem Körperteil zuzuordnen. Größere Aufmerksamkeit finden hier allein die sekundären Geschlechtsmerkmale, die gesondert behandelt werden. Die größte Unklarheit herrscht daher ganz offensichtlich beim Schreiben über Muskel, Sehnen, Gewebe und Gefäße. Hier bieten die althochdeutschen onomasiologischen Felder ein getreues Abbild des geringen anatomischen Kenntnisstandes der vorsalernitanischen Zeit. Beide Bereiche, einerseits „Muskel, Sehnen, Gewebe", andererseits die „Gefäße", lassen sich nur schwer voneinander trennen. Dies zeigen auch nicht zuletzt die zwischen beiden Bereichen diffundierenden Verwendungsweisen von ahd. ädra. Während eine Differenzierung von „Vene" und „Ader" beim frühmittelalterlichen Kenntnisstand ohnehin noch nicht gegeben war, so wird darüber hinaus deutlich, dass auch die Unterscheidung von „Blutgefäß", „Sehne" und „Nerv" sprachlich nur erst ansatzweise ausgebildet war. Eine Gesamtwürdigung des althochdeutschen anatomischen Wortschatzes sollte aber weniger die „Mängel", sondern vor allem die Vielfalt der überlieferten Bezeichnungen und die Fülle der von ihnen erfassten Sachbereiche herausstellen. Ein Vergleich mit den neuhochdeutschen Körperteilbezeichnungen in Franz Dornseiffs „Deutschem Wortschatz nach Sachgruppen"490 zeigt, dass der althochdeutsche anatomische Wortschatz — mit Ausnahme der zuletzt genannten Bereiche — hinsichtlich Umfang und Vielfalt nicht wesentlich hinter dem neuhochdeutschen Laienwortschatz zurückbleibt. Umfang und Vielfalt der althochdeutschen Körperteilbezeichnungen erklärt sich nicht zuletzt durch eine vergleichsweise hohe Zahl von „Synonymen". Als „Synonyme" sollen hier solche Bezeichntingen gelten, die vor dem Hintergrund der im Althochdeutschen nur annäherungsweise exakt ermittelbaren aktuellen Bedeutungen offensichtlich die gleiche Bezeichnungsfunktion erfüllen. Die Übersicht über die lateinisch-althochdeutschen Übersetzungsgleichungen hat sie in großer Zahl sichtbar gemacht. „Synonyme" in einer historischen Corpussprache werfen zunächst die Frage nach der zeitlichen und räumlichen Schichtung der Lexeme innerhalb des Sprachstadiums auf. Sie werfen ein helles Licht auf die Tatsache, dass von einer eindeutigen Zuordnung von Körperteil und Körperteilbezeichnung im Sinne einer Terminologiebildung noch nicht gesprochen werden kann. Allerdings können die - zumindest in den onomasiologischen Feldern — miteinander konkurrierenden Bezeichnungen aber etwas über die lexikalische Norm des Althochdeutschen aussagen. Eine Gliederung nach der Häufigkeit der Lexeme kann tendenziell einmalige Gelegenheitsbildungen oder Lehnübersetzungen von solchen Bezeichnungen abgrenzen, deren vergleichsweise hohe Frequenz sie zu einem möglichen Kandidaten für die Aufnahme in den nur in Umrissen

490 S. 194-196.

Körperteübezeichnungen

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greifbaren Grundwortschatz des Althochdeutschen macht. Daher wird nun zunächst eine Aufstellung nach der Gebrauchsfrequenz angeführt.

1.3 Die Gebrauchsfrequenz Zur Ermittlung der Gebrauchsfrequenz werden die Körperteilbezeichnungen in drei Gruppen untergliedert: 1. Gruppe: Häufige Bezeichnungen mit sechs oder mehr Belegen 2. Gruppe: Ausreichend belegte Bezeichnungen mit zwei bis fünf Belegen 3. Gruppe: Einzelbelege oder Belege mit nur einer Belegstelle incl. Abschriften. A. Der ganze Körper 1. Gruppe: (1) lih(h)amo 'Leib, Körper, (leibliche) Gestalt; Fleisch; Leichnam'. 2. Gruppe: (3) ßeisc(h) 'Leib' - Ith "Leib, Körper; Gestalt' - lthh(i)namo 'Körper, Leib; Leichnam'. 3. Gruppe: (7) anasiuni 'Gestalt, äußere Erscheinung' — an(t)luvgi 'Gestalt, äußere Erscheinung' botah 'Körper' - ferah 'Körper (als Sitz des Lebensprinzips)' - getät 'Gestalt' - gorpoto 'Körper, Gestalt' (?) - lihamilo "Leib'. B. Der Kopf und seine Teile: Β. 1 Kopf und Nacken 1. Gruppe: (5) anka 'Hinterkopf, Nacken' - gibilta 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf - houbit 'Kopf (als Körperteil des Menschen), Kopf (als Sitz des Verstandes)' - nac 'Hinterkopf, Nacken' - sceitila 'Scheitel, höchster Punkt des Kopfes'. 2. Gruppe: (8) forahoubet 'Vorderteil des Kopfes, Vorderhaupt' — gilsi, gibe 'Hirnschale, VorderkopP (?) - hahil 'HinterkopP - nacko 'Hinterkopf, Nacken' - nel 'HinterkopP - nol 'Hinterkopf, Schädel' (?) - nulla 'Scheitel, KopP (?) - nulla 'HinterkopP (?). 3. Gruppe: (5) aftirnel 'HinterkopP - hinderhoubet 'HinterkopP - chopf 'KopP - nella 'Scheitel, KopP - nüwe 'Kopf, HinterkopP. B. 2 Schädel und Hirn 1. Gruppe: (4) gebal 'Hirnschale, Schädel' - gibilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, KopP - hirni 'Gehirn' — himiscala 'Hirnschale'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

2. Gruppe: (7) gibil, gbili 'Schädel, Hirnschale, Schädeldecke' -gist, ff be 'Hirnschale, Vorderkopf (?) - hirnibolh 'Schädel, Gehirn' - hirnifel 'Hirnhaut' - hirnikopf 'Hirnschale' hirnireba, birninbo 'Hirnschale' - nol 'Hinterkopf, Schädel' (?). 3. Gruppe: (6) fahssceitela 'Schädel' - gebalsceim 'Hirnschale, Schädel' - hirnhüt 'Hirnhaut' - houbitskiol 'Schädel(knochen)' - houbitskiula 'Schädel' - sdula 'Schädelknochen'. B.3 Gesicht 1. Gruppe: (11) antuiuni 'Gesicht' - antlutti 'Gesicht' - an(t)lusgi 'Gesicht' - backo 'Kinnbacken, Kinn, Unterkiefer' - duttweng, -wanga 'Schläfe' - htfila, hiuffela 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange, Schläfe' — kintii 'Kinnbacken, Kinn' — kinnibahho 'Kinnbacken, Wange; Schläfen' - kinnibein 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' — kinnibeini 'Unterkiefer, Kinn' - tvanga Wange, Backe', PI. 'Gesicht'. 2. Gruppe: (14) annuzfäi 'Gesicht' - etidi 'Stirn' — endin 'Stirn' - forahoubet 'Vorderteil des Kopfes, Vorderhaupt' — gtsiuni 'Gesicht (mit Augen)' — hüfil 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' — hiufeltn 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' kinnibacko 'Kinnbacken' - kinnibracko 'Kinnbacke' - kiuwa, kern TJnterkiefer, Kinnbacken' - ougsiuni 'Angesicht, Gesicht' - stirna 'Stirn' - tinna 'Stirn' - untarkinrti TJnterkinn'. 3. Gruppe: (12) analutte 'Gesicht' - antüsgi 'Gesicht* - bracko 'Wange, Backe' - buhilin "Wange' thunnubein 'Schläfe, Schläfenknochen' - endik\ Stim' - gesihene 'Gesicht' - getaene 'Gesichtszüge, Miene' - kinna 'Kinnbacken, Kinn' — släf 'Schläfe' — släfbein 'Schläfe' - untarkinnibein 'Unterkinn, Unterkiefer' (?). B. 4 Auge, Braue und Lid 1. Gruppe: (9) aphul 'Augapfel' - bräwa, brä 'Augenlid, Braue' - obarbräma 'Augenbraue' — ouga 'Auge' - ougapful Tupille, Augapfel' - aug(en)bräwa 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' - seha Tupille, Augapfel' - slegebräwa 'Augenlid, Wimper' - wintbrätva 'Augenbraue'. 2. Gruppe: (3) velklin 'dünnes, inneres Häutchen', Netzhaut' (?) - ougilin 'Äuglein' - seho Tupille, Augapfel'. 3. Gruppe: (12) vellihhtn 'Häutchen, dünne innere Haut', Netzhaut' (?) - ff seha 'Auge' - ougafel'Augenlid' (?) - ougüd 'Augenlid' - ougring "Bogen, der die Augenhöhle begrenzt und

Körperteilbezeichnungen

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die Braue trägt' - ougseht 'Pupille' - ougstal "Augenhöhle, Augenwinkel' - swanpuga Tupille' - underbrä 'die Stelle zwischen den Augenbrauen, das dritte, innere Auge' - mtanbrä(wa) 'das dritte, innere Auge' - wispuga 'das Weiße im Auge' - vjkrt 'das dritte, innere Auge'. B. 5 Ohr 1. Gruppe: (1) öra Ohr*. 3. Gruppe: (3) örkronla 'Ohrknorpel' - örlappa 'Ohrläppchen' - örspinna 'Ohrknorpel'. B. 6 N a s e t. Gruppe: (1) nasa 'Nase'. 2. Gruppe: (2) nasakrustila, nasakrosila 'Nasenknorpel' - naseloch 'Nüster, Nasenloch'. B. 7 Mundraum 1. Gruppe: (8) bilarn 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' - goumo 'Gaumen' - huriwa 'Gaumen' - lefs *Lippe' - mund 'Mund' - rahho 'Rachen; der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund' - slunt "hinterer Teil der Mundhöhle, einschließlich der ganzen Speiseröhre, Anfang der Speiseröhre im Hals' ^unga 'Zunge'. 2. Gruppe: (7) druosilin 'Rachenmandel' — giumo 'Gaumen' - leffur "Lippe, Lefze' - lefso "Lefze, Lippe' — vpndfleisch 'Zahnfleisch' — üvo 'Gaumenzäpfchen' - ^ungtltn "kleine Zunge'. 3. Gruppe: (7) blat 'Gaumenzäpfchen' - druos 'Rachenmandel' - gino 'Rachen' (?) - inergirde (?) 'Rachenmandeln' — kiuwa, kewa 'Gaumen' — luigilyunga 'kleine Zunge' - slüh 'hinterer Teil der Mundhöhle, einschließlich der ganzen Speiseröhre, Anfang der Speiseröhre im Hals'. B. 8 Zähne 1. Gruppe: (3) backoapttd "Backenzahn' — chinne^an, kinniyand 'Backenzahn' - ΐζαη 'Zahn'. 2. Gruppe: (1) mamgm "Backenzahn'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

3. Gruppe: (10) vähen^and (?) 'Eckzahn' - ναττοψη(ά) 'Schneidezahn' - vordenpn(d) 'Schneidezahn' huntesvpnd 'Eckzahn' - kewel "Backenzahn' - kindes^and 'Milchzahn' (?) - kinnistoc "Backenzahn' - scharpf^an 'Schneidezahn' - stoc "Backenzahn, Mahlzahn' - winkil%and 'Eckzahn'. C. Hals und Kehle 1. Gruppe: (6) drovga 'Luftröhre, Gurgel, Kehle' - goumo 'Kehle, Schlund' - hals 'Hals, Genick' kela 'Kehle, Rachen, Gurgel' - slunt 'Schlunt; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle einschließlich der ganzen Speiseröhre' - weisunt 'Luftröhre, (Ader)' (?). 2. Gruppe: (5) giumo 'Kehle' - gurgula 'Gurgel, Schlund, Speiseröhre, Kehle' - querca 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre' - quercala 'Hohlraum des Halses mit Luftund Speiseröhre' - sluntbein 'Luftröhre, Gurgel'. 3. Gruppe: (6) ätemdrosge 'Luftröhre' — houbitsül 'Halswirbelsäule' — kelabrät 'Kehle' (?) - £o/"'Kehlkopf - slüh 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle einschließlich der ganzen Speiseröhre' - wintädra 'Luftröhre, (Ader)' (?). D. Oberkörper (ohne sekundäre Geschlechtsmerkmale) 1. Gruppe: (8) ahsala 'Achsel, Schulter' - brüst 'Brust' - brustlejfil 'Brustbein' - herti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - ribba, ribbi 'Rippe' - scult(i)ra 'Schultern, Schulterblatt' - uohsa 'Achselhöhle' — uohsana 'Achselhöhle'. 2. Gruppe: (4) buog 'Schulterblatt' - vorher.'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) - furiher\a 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) - uohsala 'Achselhöhle'. 3. Gruppe: (16) ahsalbein 'Schulterknochen' - brustbein "Brustbein' - brustbeini Έηκίίαιοΰΐιεη' (?), 'Brustbein' (?) - brustlappo "Brustbein' (?) - vellihhtn 'Häutchen, dünne innere Haut', wohl 'Zwerchfell' - forahenqda 'Herzzentrum' - vorbrust 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?) - furiher^i 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) — furihersjda 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) - höhrippe 'Rippenfett' - inbrust 'Brust, Herz' - kuc^leich (?) 'Zwerchfell' (?) - kutrfleisch 'Zwerchfell' - luntussa 'Brüstchen; Bruststück' (?) - scerte (PI.) 'Schultern' — umbiher^a 'Herzzentrum, Zwerchfell' (?).

Körperteilbezeichnungen

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Ε. Obere Extremitäten Ε. 1 Arme 1. Gruppe: (6) ahsala Oberarm' - arm 'Arm' - etina "Unterarm, Elle, Ellenbogen' - elinbogo 'Ellenbogen, der gebeugte, angewinkelte Unterarm' - uohsa 'Arm' - uohsana 'Oberarm'. 2. Gruppe: (2) hant 'Arm' - uohsala 'Arm'. 3. Gruppe: (1) armo 'Arm'. E. 2 Hände 1. Gruppe: (4) füst 'Faust; (hohle Hand, Handvoll)' - hant 'Hand' - munt 'flache Hand' - tenar •hohle Hand'. 2. Gruppe: (7) breta 'flache Hand, Handfläche'- fla^ga 'flache Hand, hohle Hand' — gousena 'hohle Hand' - inhenti 'hohle Hand' •- tenara 'hohle Hand' - winstera 'die linke Hand' ^eso, %esuwa 'die rechte Hand'. 3. Gruppe: (10) bal, ballo 'Handballen' - bratthand 'die breite Hand, Handbreite' — folma 'flache Hand' - goufe(na) 'Handvoll, hohle Hand' - griffe (?) 'Faust' - hantbreita 'die geöffnete, flache Hand mit ausgestreckten Fingern' — hantfol 'die geöffnete Hand, Handvoll' - lenka 'die linke Hand' - rist 'Handrücken, Handgelenk' - spanna 'flache Hand'. E. 3 Finger 1. Gruppe: (3) dümo 'Daumen' —fingar'Finger' - nagal 'Fingernagel'. 2. Gruppe: (5) arswisc 'Mittelfinger' - goldfinger 'Ringfinger' - chläwa 'Fingernagel' - örfingar 'der kleine Finger' - s^igäri 'Zeigefinger'. 3. Gruppe: (17) altee (?) *(Ring-)Finger' - doub "Daumen' - doum "Daumen' - ftngarläri 'Ringfinger' fornönti 'Glied, Finger' - goldtrago 'Ringfinger' - kubilo (?) 'Spitze, (Finger-)kuppe' quetifingar 'Zeigefinger' - läbhi 'Ringfinger' - langmar 'Mittelfinger' — metamösto 'Mittelfinger' — mittarösto 'Mittelfinger' - mittiläri 'Mittelfinger' - muosfingar 'Zeigefinger' - muotfingar 'Zeigefinger' - ^wjp'/'Zeigefinger' - spugen 'Zeigefinger'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

F. Untere Extremitäten F. 1 Beine 1. Gruppe: (10) deoh '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein' - bamma 'Kniekehle, Wade, Schenkel' - huf 'Hüfte, Hüftgelenk' - knio 'Knie' - kniorada 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle; Knöchel' - kniorado 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' — kniosciba 'Kniescheibe, Kniegelenk' - riho 'Kniekehle, Wade' - säncha 'Schienbein, Unterschenkel' - ivado *Wade, Unterschenkel, Wadenbein'. 2. Gruppe: (9) deohskenkil 'Oberschenkel' — hammo 'Hinterschenkel' (beim Tier ?) - huflwin 'Hüftbein' - isbein 'Hüftbein, Hüfte, Oberschenkelknochen, Oberschenkel' — kniorad 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniultn 'Knie (bei Kindern)' - muriot 'Oberschenkel' — sctna 'Schienbein, Unterschenkel' — sänabein 'Schienbein'. 3. Gruppe: (10) bein Hein' - deobbräto 'Oberschenkel' - hoffo 'Hüfte' - kniebein 'Unterschenkelknochen' — menschenbein 'Unterschenkelknochen' - sänke/ 'Schenkel' — säncbo "Unterschenkel, Schienbein' - ubarkniuwi 'Oberschenkel' - wada "Wade, Unterschenkel, Wadenbein' - mdarbeini "Wadenbein'. F. 2 Füße 1. Gruppe: (5) ankala 'Knöchel, Fußgelenk' - enkil 'Fußknöchel, Fußgelenk' - fersna, fersana 'Ferse* - fuoζ 'Fuß' - sola 'Sohle, Fuß(sohle)'. 2. Gruppe: (3) enkilin 'Fußknöchelchen' - hähsina 'Achillessehne, Fußsehne', hier: 'Fersensehne des Pferdes' - stapho 'Fußsohle'. 3. Gruppe: (12) afletflas^a 'Fußsohle' - anchläo 'Knöchel, Fußgelenk' - bal, ballo 'Fußballen' - encha 'Fußknöchel' - enkiUng 'Achillessehne' - fle^a 'Ferse' (?) - fuo^sola 'Fußsohle' fuo^spor 'Ferse, Hacke' - backa 'Ferse, Hacke' - scroto 'Fußhöhle' - stairoht (?) 'Ferse' (?), 'Sporn' (?) - treno 'Fußsohle'. F. 3 Zehen 1. Gruppe: (1) %eha 'Zehe, große Zehe'. 2. Gruppe: (1) dümo 'Zehe, große Zehe'. 3. Gruppe: (1) meistaryha 'die große Zehe'.

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G. Rücken 1. Gruppe: (3) ruggi 'Rücken, Rückgrat' - ruggibein 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' - ruggibeini 'Rückgrat'. 2. Gruppe: (1) mittidwerahi Taille, Rückgrat'. 3. Gruppe: (9) aftanontig 'Rücken' - bah 'Rücken' - bahho 'Rücken' - grät 'Rückgrat' - hintanontig 'Rücken' - lendenbein 'Kreuzbein' - obarösto 'der oberste Punkt der Wirbelsäule', wohl "Dornfortsatz des 7. Halswirbels' - ruggelende 'Rücken' - ruggo 'Rücken'. H. Unterleib I. Gruppe: (15) ars 'Gesäß, After, Darmausgang' - arsbelü 'Gesäß, Hinterbacken' - deoh 'Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) - g o f f a 'Hinterbacken, Hinterteil (von Menschen und Tieren)' huf 'Hüfte, Hüftgelenk' - kncha "Lende, Weiche, Seite, Hüfte' - lanco 'Weiche, Flanke' - lenkt 'Unterleib, Flanke, Weiche' - lentin "Lende, Hüfte' - kntinbräto 'Lende, Hüfte' - mago "Bauch' - nabulo, nabil "Nabel' - Sita 'Seite (des Körpers), Hüfte' - smero 'fetter Bauch' - wamba 'Bauch'. 2. Gruppe: (11) aftero 'After, Darmausgang' - arsbille 'Gesäß, Hinterbacken' - arsloh 'After, Mündung des Mastdarms' - buch "Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' - budeming "Bauchfell, der die Eingeweide umschließende Hautsack' — innervel "Bauchfell' (?) — isbeitt 'Hüfte, Hüftbein, Oberschenkel' - lumbal'Lende, kleine Niere' - mittidwerahi 'Taille, Rückgrat' - smeroleib "Bauch, Bauchfettgewebe' — stiu\[ 'Steiß'. 3. Gruppe: (17) belle 'Gesäß, Hinterbacken' - gitenki (?) Unterleib, Eingeweide' - gurtil Taille' hintarbahho 'Hinterbacken' - hinterteil 'Gesäß' - hoffo 'Hüfte' - innersmero "Eingeweidefett, Bauchfett' - lib *(ünter)Leib' - lumbe 'Lende' — nidarbruohes 'unterhalb der Körpermitte' - smaladarm Unterleib' - smalaherdar 'Unterleib' — smerevel "Bauchfettgewebe' - smerolin 'Fett, Baucheingeweidefett' — smeronesgi "Bauchfettgewebe' - ΰζtragel 'Darmausgang' - ^agtlbein 'Steißbein' (?). I. Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale 1. Gruppe: (12) barm 'Schoß' - buosum "Busen; Schoß' - furewahst, furiwahst "Vorhaut' - gimaht "männliche Genitalien' - hegidruos(a), hegdruosi "männliche Genitalien' — hodo 'Hoden, Schamgegend' - lehtar 'Gebärmutter, Nachgeburt' - rs/"'(Mutter-)Schoß, Mutterleib, Gebärmutter' - tila, tilla *Brustwarze, Zitze' - tutta "Brustwarze, Zitze, Brust' - tuttilin "Brustwarze, Brust; Pünktchen' — ιναηςα "Brustwarze, Brust'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

2. Gruppe: (10) era 'männliche Genitalien, Vorhaut' - irheli 'männliche Genitalien' - gilehtar 'Gebärmutter' - hodabalg 'Hodensack' - tutti "Brustwarze, Zitze, Brust' - tutto 'Brustwarze, Brust; Zitze' - ütar 'weibliche Brust, Busen' - wamba 'Mutterleib, Schoß; Gebärmutter' - %ers 'Penis' - qt^e 'Zitze, Brustwarze, Brust'. 3. Gruppe: (27) bind 'Gebärmutter, Mutterleib' - druos 'Hoden' 'Penis' - furigiwahst "Vorhaut' - gen^t "Vorhaut' - giburtmuoter 'Gebärmutter' - gt^jugi 'männliche Genitalien' hagaldruos 'männliche Genitalien' - hegidruosstal 'Schamgegend, Hoden* - houbit brusti 'Brustwarze' - innödilt 'Hoden' — ktndelegi 'Gebärmutter' — kumpfo 'Geschlechtsorgan, Vagina' (?) - quiti 'Gebärmutter' - mamma 'säugende Brust' - mansp '(Mutter-)Brust' - muodar 'Leib, Gebärmutter' - nioro 'Hoden' - rifilo 'Gebärmutter, Mutterleib' - scö^ 'Schoß' — scö%_(%)a 'Schoß' - scöyo 'Schoß' - slthmo 'Hoden sack' - swenkel 'Hoden' - tilli 'Brustwarze, Zitze' - tuttünhoubit "Brustwarze' %umpfo 'Penis'.

J. Innere Organe 1. Gruppe: (19) arsdarm 'Mastdarm, das letzte zum After fuhrende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang' - bläsa "(Harn)blase' - blätera, blätra 'Harnblase; (Eingeweide)' darm 'Darm, Mastdarm', PI. 'Eingeweide' - galla 'Gallenblase (mit Gallenflüssigkeit)' - grör^darm 'Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide' — her%a 'Herz' - inädiri 'die inneren Organe, Eingeweide' — innödilt 'Eingeweide, Gedärme' — innovili 'Eingeweide, innere Organe' — inmrtiga 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide' - lebera 'Leber' - lentin 'Lende, Hüfte, Niere* - lentinbräto 'Niere, (Milz)' lunga 'Lunge' — lungina 'Lunge' - mago 'Magen' — mil^i 'Milz' — nioro 'Niere'. 2. Gruppe: (14) brüst 'Herz, das Innere' - dro^darm 'Mastdarm' - gidarmi 'Eingeweide' - grö^mago 'Mastdarm, Dickdarm; After; Eingeweide' - herder 'Eingeweide' - innida 'Eingeweide, das Innere' - innödi 'Eingeweide, die inneren Organe' - inwarti 'Eingeweide, das Innere' — imvartigt 'das Innere, Innerste, Eingeweide' - krüsa "Vormagen' - lungula, lungel 'Lunge' - lungun 'Lunge' — lungunna 'Lunge' - mil^a 'Milz'. 3. Gruppe: (22) ädra 'Eingeweide' - afierling 'Mastdarm' — ferah 'Herz (als Sitz des Lebensprinzips)' — gibutgi 'Eingeweide' — giweidi 'Eingeweide' - guhdarm 'Teil des Darmes, Magen' heng 'Herz, kleines Herz' — hersglin 'Herz, kleines Herz' - ingetuome 'Eingeweide' ingeweide 'Eingeweide' — innana 'Eingeweide' - inniherdar 'Eingeweide' - innöd 'Eingeweide' - intuoma 'Eingeweide' - krä 'Milz' - kräling 'die fetten Eingeweide' leuerin lappa 'die von Adern durchzogenen Leberlappen' — lendelin 'kleine Niere, (Nebenniere)' (?) - lunganna 'Lunge' - nierlin 'kleine Niere' - smaladarm 'Dünndarm, Eingeweide' - smalaherdar 'Dünndarm' (?), 'Gedärm'.

Körperteilbezeichnungen

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Κ. Haut 1. Gruppe: (2) fei 'Haut, Fell; Häutchen' - but 'Haut'. 2. Gruppe: (3) velleltn 'dünnes, inneres Häutchen', 'Zwerchfell' (?),'Netzhaut' (?) - swart 'behaarte Haut' - /»»/'Schwiele, dicke Haut'. Gruppe 3: (3) velühbin 'Häutchen, dünne innere Haut', 'Zwerchfell' (?), Netzhaut' (?) - liesa 'Häutchen' — swet^loch 'Schweißpore'. L. Knochen und Mark 1. Gruppe: (17) ankala 'Knöchel, Fußgelenk' - bein 'Knochen, Gebein; Bein (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein)' - brustlefftl Tirustbein' - deoh 'Hüftbein' - enkil 'Fußknöchel, Fußgelenk' - gebal 'Hirnschale, Schädel' - gibilia 'Hirnschale, Schädel' - hertt, hartin 'Schulterblatt' - hirniscata 'Hirnschale' - krustila 'Knorpel' - mark 'das Mark' — ribba, ribbi 'Rippe' — ruggi 'Rückgrat' - ruggibein 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' - ruggibeini 'Rückgrat' — säncha 'Schienbein' — ιvado 'Wadenbein'. 2. Gruppe: (19) buog 'Schulterblatt' — buosum 'Hüftknochen' (?) - enkilrn 'Fußknöchelchen' — gibeini 'Gebein, Bein' - gibil, gibili 'Hirnschale, Schädel' - gilsi, gilse 'Hirnschale' - halsbein 'Halswirbel' — hirnibolla 'Schädel, Gehirn' - hirnikopf 'Hirnschale' - hirnireba, hirnirebo 'Hirnschale' - huflein 'Hüftbein' - isbein 'Hüftbein, Oberschenkelknochen' knuchel 'Knöchel' — krosel 'Knorpel' - krodla 'Knorpel' - nasakrustila, nasakrosila 'Nasenknorpel' - säna 'Schienbein' - scinabein 'Schienbein' - stiu\ 'Steiß'. 3. Gruppe: (34) ahsalbein 'Schulterknochen' - anchläo 'Knöchel, Fußgelenk' — beinna 'Knochen' — brustbein Urustbein' — brustbeini *Brustknochen, Brustbein' (?) - brustlappo 'Brustbein' — thunnubein 'Schläfe, Schläfenknochen' - encha 'Fußknöchel' - fahssceitela 'Schädel' — gebalsceint 'Hirnschale, Schädel' - ff beinna 'Gebein' — grät 'Rückgrat' houbitskiol 'Schädel(knochen)' - houbitskiula 'Schädel' - houbitsül 'oberer Teil der Wirbelsäule, Halswirbelsäule' (?) — kniebein Unterschenkelknochen' — kniorada 'Knöchel' — chnodo 'Knöchel' - knobel '(Finger-)Knöchel' — knoche 'Knochen' - knoster 'Knorpel, Sehne' (?) - knubiltn 'Knöchel' - krospil 'Knorpel' - krustilin 'Knorpel' - lendenbein 'Kreuzbein' - menscbenbein Unterschenkelknochen' - örkrosila 'OhrknorpeP - örspinna 'OhrknorpeP - ruggo 'Rücken' - säula 'Schädelknochen' untarkinnibein 'Unterkinn, Unterkiefer' (?) - wada "Wadenbein' - widarbeini "Wadenbein' — ^agilbein 'Steißbein'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Μ. Gelenke 1. Gruppe: (13) ahsala 'Achsel' - elina 'Ellenbogen* - elinbogo 'Ellenbogen' - gelid 'Glied, Gelenk' goffa 'Hüftgelenk' - herti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - ^«/"'Hüfte, Hüftgelenk' - knio 'Knie' - kniorada 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniorado 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniosciba 'Kniescheibe, Kniegelenk' - lid 'Glied, Gelenk; Körperteil' - lidugiläζ 'Gelenk, Umrisse des Körpers'. 2. Gruppe: (4) gileihhi 'Gelenk, (Finger)Glied' - kniorad 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' kniulin 'Knie (bei Kindern)' - lidilin 'Gelenk, Knöchel'. 3. Gruppe: (7) anka 'Glied (des menschlichen Körpers), Gelenk' (?) — gec(h)nupfe 'Gelenk' - gilanco 'Gelenk' - gilä\ 'Gelenk' - gilidilin 'Glied, Gelenk' (?) - rist 'Handgelenk' - weijbein 'Gelenk; Kniescheibe' (?). N . Muskeln, Sehnen und Gewebe 1. Gruppe: (8) ädra 'Sehne, Muskel' — halsädra 'Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader' müs 'Muskel im Oberarm' — neypi 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' (?) newsmen 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' (?) - senoädra 'Sehne' - smero 'Fett' - waltowahso 'Sehne, Nerv; Bogensehne'. 2. Gruppe: (4) dickt 'angespannter Muskel' — fleisc(b) 'Fleisch' — smeroleib "Bauchfettgewebe' — spint 'Fett'. 3. Gruppe: (7) done 'Sehne' — enkiling 'Achillessehne' (?) - renula 'Muskel' - sen(e)wa 'Sehne' - smerevel 'Bauchfettgewebe' - smeroltn 'Fett, Baucheingeweidefett' - smerone^pj 'Bauchfettgewebe'. 0 . Gefäße 1. Gruppe: (2) ädra 'Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' — halsädra 'Nackensehne, Nackenmuskel, 'Hals(schlag)ader\ Gruppe 2: (1) her^ädra '(Herz) Schlagader, Arterie, (lebenswichtige) Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere'.

Körperteilbezeichnungen

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Gruppe 3: (3) bluotädra "Blutader, Vene' - hengrebe '(Herz)schlagader, Arterie' - wintädra 'Luftröhre, Ader' (?). P. Körperflüssigkeiten 1. Gruppe: (5) bluot "Blut' - galla 'Galle (als das von der Leber erzeugte Sekret)' - barn 'Ham, Urin' - spcihhila 'Speichel' - swei^ 'Schweiß'. 2. Gruppe: (5) fühti 'Körperflüssigkeit, Lebenskraft' - seih 'Harn' - seivar 'Speichel' - speihhaltra 'Speichel' - spunne 'Muttermilch; Brust'. 3. Gruppe: (6) ferhbluot 'das dem verwundeten Körper ausströmende Blut' - hisämo 'Samenflüssigkeit' - niuwibluot 'frisches Blut' - /^"'Körperflüssigkeit' - tincta 'schwarze Galle* (?) - *tn\- 'Harn'.

1.3.1 Die Auswertung Die Untersuchung der Gebrauchsfrequenz althochdeutscher Körperteilbezeichnungen bringt in quantitativer Hinsicht nur wenig Auffalliges hervor. Im Normalfall sind häufig, durchschnittlich und selten bezeugte Lexeme in den Feldern annähernd gleich stark vertreten. In 10 der 26 Felder zeigt sich jedoch eine signifikante Abweichung zu Gunsten der nur einmal bezeugten Lexeme. Die onomasiologischen Felder für „Zähne", „Schultern und Oberkörper", „Hände", „Finger", „Füße", „Rücken", „Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale", „Knochen und Mark" sowie „Gefäße" enthalten neben einem häufig verwendeten Kernbestand nämlich noch zahlreiche einmalige, meist im Althochdeutschen erstmals auftretende Bezeichnungen. Dabei kann es sich um morphologische Varianten handeln, es können aber auch, wie etwa im Feld „Finger", Beispiele für die schon angedeuteten Versuche zur exakteren Differenzierung des Wortschatzes vorliegen. Nur einmal, im Feld „Muskeln, Sehnen und Gewebe", sind es die häufig verwendeten Lexeme, die deutlich in der Uberzahl sind. Neben dem Kernbestand mit einander überlappenden Bedeutungsbereichen konkurrieren nur noch einige wenige seltene Lexeme. In diesem Bereich, in der die geringe Kenntnis der Sache kaum Anstöße zur sprachlichen Differenzierung gibt, bleibt auch der Anlass für kreative Neubildungen aus. Eine zweite, auf die quantitative Schichtung des Wortschatzes abzielende Frage bezieht sich auf die möglichen Ursachen insbesondere für die hohe Gebrauchsfrequenz einzelner Lexeme. Dabei können verschiedene Gründe eine Rolle spielen. Zu berücksichtigen sind Aspekte der Textsorte, der Sache selbst,

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Die Auswertung des Wörterbuches

der Stilebene und damit verbunden hier auch die altorientalisch-biblische Körperteilmetaphorik. Daneben ist für die nur selten bezeugten Lexeme davon auszugehen, dass sie meist für solche Körperteile stehen, die nur selten in den Blick des Betrachters geraten. Dabei kann es sich um sichtbare, aber im Alltag vergleichsweise unwichtige Körperteile wie das Gaumenzäpfchen (ahd. blat) oder den Ohrknorpel (ahd. örkrosild) handeln. Gelegentlich steht ein Lexem auch in Konkurrenz zu häufiger verwendeten Bezeichnungen und setzt sich nicht durch (etwa ahd. nnula 'Muskel' neben müs) oder steht erst am Anfang seiner kommunikativen Karriere (etwa ahd. köpf neben houbit). Insbesondere die Lehnübersetzungen werden vielfach nicht zum Bestandteil der Norm. Ahd. furihenj, furihenjda 'Herzzentrum, Brust, Brusthöhle, Herz' oder umbiher^a 'Herzzentrum, Zwerchfell (?)' bleiben kommunikative Eintagsfliegen. Diese Überlegungen, die das Althochdeutsche allein in synchroner Hinsicht befragen, reichen aber nicht aus. Zu fragen ist auch nach der Herkunft und der zeitlichen Schichtung des Wortschatzes, um so den alten, schon voreinzelsprachlichen Wortschatz von den jüngeren althochdeutschem Neubildungen abzugrenzen, die oft nicht Teil der sprachlichen Norm geworden sind. Erst die Verbindung von Gebrauchsfrequenz und Alter der einzelnen Lexeme lässt Aussagen über die Struktur und die Dynamik innerhalb eines historischen Wortschatzes zu.

1.4 Herkunft und zeitliche Schichtung Auch hier werden wieder drei Gruppen gebildet. Unterschieden werden: 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie, das heißt Wörter, für die in mindestens einer weiteren indoeuropäischen Einzelsprache eine Entsprechung gefunden werden kann.491 2. Wörter mit einer germanischen Etymologie, das heißt Wörter, für die in mindestens einer altgermanischen Einzelsprache eine Entsprechung gefunden werden kann. Innergermanische Endehnungen werden dabei, sofern sie sicher nachweisbar sind, nicht berücksichtigt. 3. Wörter mit einer hochdeutschen Etymologie, das heißt hier Wörter, die erstmals im Althochdeutschen bezeugt sind und daher vermutlich - von noch genauer zu bezeichnenden Ausnahmen abgesehen - als Neubildungen einzustufen sind.

491 Die Angaben beruhen auf dem IEW. und verschiedenen Einzeluntersuchungen, soweit sie mir bekannt geworden sind. Die lexikographische Aufbereitung des Wortschatzes der indoeuropäischen Sprachen entspricht seit geraumer Zeit nicht mehr dem Forschungsstand. Ein vollständiger Überblick ist für Nicht-Indogermanisten daher derzeit nicht mehr möglich.

Körperteilbezeichnungen

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Es muss dabei immer berücksichtigt werden, dass diese Angaben im Einzelfall infolge der Trümmerhaftigkeit der Überlieferung auch falsch sein können. Die Aussagekraft der Übersicht speist sich daher vor allem aus dem Gesamtbild der zeitlichen Schichtung. A. Der ganze Körper 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) ferah 'Körper (als Sitz des Lebensprinzips)'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (6) anasiuni 'Gestalt, äußere Erscheinung* - botah 'Körper' - ß e i s c ( h ) 'Leib' - getät 'Gestalt' - Ith 'Leib, Körper; Gestalt' - lih(b)amo Ixib, Körper, (leibliche) Gestalt; Fleisch; Leichnam'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (4) ati(t)lu%pj 'Gestalt, äußere Erscheinung' - gorpoto (?) 'Körper, Gestalt' (?) - Ithamilo 'Leib' - lihh(i)namo 'Körper, Leib'; 'Leichnam' (?). B. Der Kopf und seine Teile: Β. 1 Kopf und Nacken 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (2) houbit 'Kopf (als Körperteil des Menschen), Kopf (als Sitz des Verstandes)' - nac 'Hinterkopf, Nacken'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (4) anka 'Hinterkopf, Nacken, Glied (des menschlichen Körpers)' - forahoubet ΎΟΓderteil des Kopfes, Vorderhaupt' - gbilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf chopf Kopf. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (12) aftirnel 'Hinterkopf - gilsi, gilse 'Hirnschale, Vorderkopf (?) - hahil 'Hinterkopf hinderhoubet 'Hinterkopf - nacko 'Hinterkopf, Nacken' — nel 'Hinterkopf - nella 'Scheitel, Kopf - nol 'Hinterkopf, Schädel' (?) - niulla 'Scheitel, Kopf' (?) - nulla 'Hinterkopf (?) - nüwe 'Kopf, Hinterkopf - sceitila 'Scheitel, höchster Punkt des Kopfes'. B. 2 Schädel und Hirn 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (2) gebal 'Hirnschale, Schädel' - hirni 'Gehirn'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) gibil, gtbiH 'Schädel, Hirnschale, Schädeldecke* — gibilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf - hirniscala 'Hirnschale'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (12) fahssceitela 'Schädel' - gebalsceini 'Hirnschale, Schädel' - ff Ist, gilse 'Hirnschale, Vorderkopf (?) - hirnibolla 'Schädel, Gehirn' - hirnifel 'Hirnhaut' - hirnhüt 'Hirnhaut' htrnikopf 'Hirnschale' - hirninba, hirnirebo 'Hirnschale' - houbitskio! 'Schädel(knochen)' - houbitskiula 'Schädel' - nol 'Hinterkopf, Schädel' (?) - sciula 'Schädelknochen'. B.3 Gesicht 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (5) backo 'Kinnbacken, Kinn, Unterkiefer' - endi 'Stirn' - kintia 'Kinnbacken, Kinn' kinni 'Kinnbacken, Kinn' - stirna 'Stirn'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (8) anasiuni 'Gesicht' - antütgt 'Gesicht' - dunwettg, -wanga 'Schläfe' - forahoubet ΎΟΓderteil des Kopfes, Vorderhaupt' - kiuwa, kewa Unterkiefer, Kinnbacken' - slaf 'Schläfe' - Unna 'Stirn' - wanga Wange, Backe', PI. 'Gesicht'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (24) analutte 'Gesicht' - annuzfäji 'Gesicht' - antlutti 'Gesicht' — an(t)lu^pj 'Gesicht' — bracko Wange, Backe' - buhiltn *Wange' - thunnubein 'Schläfe, Schläfenknochen' endilu^ 'Stirn' - endin 'Stirn' -gestbene 'Gesicht' - giüuni 'Gesicht (mit Augen)' - getaene 'Gesichtszüge, Miene' - hüfil 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' - hüfila, hiuffela 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange, Schläfe' - hiufelin 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' - kinnibahho 'Kinnbacken, Wange; Schläfen' - kinnibacko 'Kinnbacken' - kinnibein 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' — kinnibeini "Unterkiefer, Kinn' — kinnibracko 'Kinnbacke' - ougsiuni 'Angesicht, Gesicht' - släßein 'Schläfe' - untarkinni TJnterkinn' - untarkinnibein 'Unterkinn, Unterkiefer' (?). B. 4 Auge, Braue und Lid 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) ouga 'Auge'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) aphul 'Augapfel' - bräwa, brä 'Augenlid, Braue' - ougapful 'Pupille, Augapfel' - seho "Pupille, Augapfel' - mntbräwa 'Augenbraue'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (18) vellihhtn 'Häutchen, dünne innere Haut, Netzhaut' (?) - vellelin 'dünnes, inneres Häutchen, Netzhaut' (?) -giseha 'Auge' - obarbräwa 'Augenbraue' - ougafel'Augenlid' (?) - oug(en)bräwa 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' - ouglin 'Äuglein' - ouglid 'Augenlid' - ougring "Bogen, der die Augenhöhle begrenzt und die Braue trägt' ougsehe 'Pupille' - ougstal 'Augenhöhle, Augenwinkel' - seha 'Pupille, Augapfel' slegebräwa 'Augenlid, Wimper' - swanpuga Tupille' - underbrä 'die Stelle zwischen

Körperteilbezeichnungen

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den Augenbrauen, das dritte, innere Auge' - wetanbrä(wa) 'das dritte, innere Auge* - wtypuga 'das Weiße im Auge' - qlere 'das dritte, innere Auge'. B.5 Ohr 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) öra 'Ohr'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (3) örkrodla 'Ohrknorpel' - örlappa 'Ohrläppchen' - örspinna 'OhrknorpeF. B. 6 Nase 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) nasa "Nase'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) nasakrustila, nasakrosila "Nasenknorpel' - naseloch "Nüster, Nasenloch'. B. 7 Mundraum 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (4) goumo 'Gaumen' - mund 'Mund' - rahho Hachen; der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund' — %unga 'Zunge'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (4) kiuwa, kewa 'Gaumen' - lejfur "Lippe, Lefze' - slüh "hinterer Teil der Mundhöhle, einschließlich der ganzen Speiseröhre, Anfang der Speiseröhre im Hals' - slunt "hinterer Teil der Mundhöhle, einschließlich der ganzen Speiseröhre, Anfang der Speiseröhre im Hals'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (14) bilarn 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' - blat 'Gaumenzäpfchen' — druos 'Rachenmandel' - druonltn 'Rachenmandel' — gino 'Rachen' (?) - giumo ' G a u m e n ' — huriwa ' G a u m e n ' - inergtrde (?) "Rachenmandeln' — lefs

"Lippe* — lefso "Lefze, Lippe' — lu%%tl%unga "kleine Zunge' — üvo 'Gaumenzäpfchen' — qmdfleisch 'Zahnfleisch' — t(tmgiltn "kleine Zunge'. B. 8 Zähne 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) %and 'Zahn'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) varro^att(d) 'Schneidezahn' - stoc "Backenzahn, Mahlzahn'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung. (11) batkotpnd "Backenzahn' - vähensptid (?) "Eckzahn' — vorder%an(d) 'Schneidezahn' huntes^and "Eckzahn' - kewel "Backenzahn' - kindes^and 'Milchzahn' (?) - kinnistoc

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•Backenzahn' - chinnespn, kinnispnd, -%an 'Backenzahn' - marc^an *Backenzahn' scharpfipn 'Schneidezahn' - winkil^and 'Eckzahn'. C. Hals und Kehle 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (3) goumo 'Kehle, Schlund' - hak 'Hals, Genick' - kela 'Kehle, Rachen, Gurgel'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) drovga 'Luftröhre, Gurgel, Kehle' - slüh 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle einschließlich der ganzen Speiseröhre' - slunt 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle einschließlich der ganzen Speiseröhre' - weisunt "Luftröhre, (Ader)' (?) - mntädra 'Luftröhre, (Ader)' (?). 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (9) ätemdrotge 'Luftröhre' - giumo 'Kehle' — gurguia 'Gurgel, Schlund, Speiseröhre, Kehle' - houbitsül 'Halswirbelsäule' — kelabrät 'Kehle' (?) — ^of'KehlkopP - querca 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' — quercala 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' - sluntbein "Luftröhre, Gurgel'. D. Oberkörper (ohne sekundäre Geschlechtsmerkmale) 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (4) ahsala 'Achsel, Schulter' — buog 'Schulterblatt' - ribba, ribbi 'Rippe' - uohsa 'Achselhöhle'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) brüst "Brust' — brustbein "Brustbein' - scult(i)ra 'Schultern, Schulterblatt'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (21) ahsalbein 'Schulterknochen' — brustbeini *Brustknochen' (?), "Brustbein' (?) - brüstlappo "Brustbein' (?) - brustleffil "Brustbein' - vellihhtn 'Häutchen, dünne innere Haut', wohl 'Zwerchfell' — forahenjda 'Herzzentrum* — vorbrust 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?) - vorher.'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) - furiher^a 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell (?)' - furihervj 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' ( ? ) - f u r i h e r y d a 'Herzzentrum, Brusthöhle' (?), 'Zwerchfell' (?) hertt, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - höhrippe 'Rippenfett' - inbrust "Brust, Herz' - kuc^jeich (?) 'Zwerchfell' (?)- kuttfleisch 'Zwerchfell' - luntussa "Brüstchen; Bruststück' (?) - scerte (PI.) 'Schultern' - umbiher^a 'Herzzentrum, Zwerchfell' (?) uohsala 'Achselhöhle' - uohsana 'Achselhöhle'. E. Obere Extremitäten E.l Arme 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (4) ahsala 'Oberarm' - arm 'Arm' - elina "Unterarm, Elle, Ellenbogen' - uohsa 'Arm'.

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2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) elinbogo 'Ellenbogen, der gebeugte, angewinkelte Unterarm' — hant 'Arm'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (3) armo 'Arm'- uohsala 'Arm' - uohsana 'Oberarm'. E. 2 Hände 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (7) bat, balk 'Handballen' -folma 'flache Hand' -fast 'Faust; (hohle Hand, Handvoll)' - munt 'flache Hand' - rist 'Handrücken, Handgelenk' - tenar Tiohle Hand' - tenara 'hohle Hand'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (7) braithand 'die breite Hand, Handbreite' - breta 'flache Hand, Handfläche' - goufe(na) 'Handvoll, hohle Hand' - hant 'Hand' - hantbreita 'die geöffnete, flache Hand mit ausgestreckten Fingern' - spanna 'flache Hand' - mnstera 'die linke Hand'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (7) flazga 'flache Hand, hohle Hand' - gousena 'hohle Hand' -gnffe (?) 'Faust' - hantfol 'die geöffnete Hand, Handvoll' - inhenti 'hohle Hand' - knka 'die linke Hand' ipso, vgsuwa 'die rechte Hand'. E. 3 Finger 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) dümo 'Daumen'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) ftngar 'Finger' - goldfinger 'Ringfinger' - chläwa 'Fingernagel' - nagal 'Fingernagel' ötfingar 'der kleine Finger'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (19) altee (?) '(Ring-)Finger' - arswisc 'Mittelfinger' - doub "Daumen' - doum "Daumen' fingartäri 'Ringfinger' — fornönti 'Glied, Finger' - goldtrag) 'Ringfinger' - kubilo 'Spitze, (Finger-)kuppe' (?) - quetifingar 'Zeigefinger' - lähhi 'Ringfinger' — ktngmar 'Mittelfinger' — metamösto 'Mittelfinger' - mittarösto 'Mittelfinger' - mittiläri 'Mittelfinger' - muosfingar 'Zeigefinger' — muotßngar 'Zeigefinger' - vgigäri 'Zeigefinger' - yeigil 'Zeigefinger' - ?ougm 'Zeigefinger'. F. Untere Extremitäten F. 1 Beine 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (5) hamma 'Kniekehle, Wade, Schenkel' - bammo 'Hinterschenkel' (beim Tier ?) - huf 'Hüfte, Hüftgelenk' - knio 'Knie' - muriot 'Oberschenkel'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

2. Wörter mit germanischer Etymologie: (8) deoh '(Oberschenkel, Hüfte, Hüftbein' - deohskenkil 'Oberschenkel* - isbein 'Hüftbein, Hüfte, Oberschenkelknochen, Oberschenkel' - sana 'Schienbein, Unterschenkel' - sänabein 'Schienbein' - scincha 'Schienbein, Unterschenkel' — wada *Wade, Unterschenkel, Wadenbein' - wado Wade, Unterschenkel, Wadenbein'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (16) beirt "Bein' - diohbräto 'Oberschenkel' - hoffo 'Hüfte' - hufbein 'Hüftbein' - kniebetn 'Unterschenkelknochen' - kniorad 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniorada 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle; Knöchel' — kniorado 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' — kniosciba 'Kniescheibe, Kniegelenk' — kniutiti 'Knie (bei Kindern)' - menschenbein TJnterschenkelknochen' - riho 'Kniekehle, Wade' - sänket 'Schenkel' - scincho 'Unterschenkel, Schienbein' — ubarknium 'Oberschenkel' mdarbeitii 'Wadenbein'. F. 2 Füße 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (5) ankala 'Knöchel, Fußgelenk' - bal, ballo 'Fußballen' - enkil 'Fußknöchel, Fußgelenk' —fersna,fersana 'Ferse' — fuo£ 'Fuß'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) ancbtäo 'Knöchel, Fußgelenk' - hähstna 'Achillessehne, Fußsehne' - sola 'Sohle, Fuß(sohle)' - stapho 'Fußsohle' - treno 'Fußsohle'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) afterflatga 'Fußsohle' - encha 'Fußknöchel' - enkilin 'Fußknöchelchen' - enkiltng 'Achillessehne' - flevga 'Ferse' (?) - fuoysola 'Fußsohle' - fuo^spor 'Ferse, Hacke' hacka 'Ferse, Hacke' - scröto 'Fußhöhle' - stairoht (?) 'Ferse, Sporn' (?). F. 3 Zehen 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) dümo 'die große Zehe' - %eha 'die große Zehe'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (1) meistarzgha 'die große Zehe'. G. Rücken 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) ruggi 'Rücken, Rückgrat'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) bah 'Rücken' - bahho 'Rücken'.

Körperteilbezeichnungen

281

3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) aftanontig 'Rücken' - grdt 'Rückgrat' - hintanontig 'Rücken' - lendenbein 'Kreuzbein' mittidwerahi 'Taille, Rückgrat' - obarosto 'der oberste Punkt der Wirbelsäule', wohl 'Dornfortsatz des 7. Halswirbels' - ruggibein 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' - ruggibeini 'Rückgrat' - ruggelende 'Rücken' - ruggo 'Rücken'. H. Unterleib I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (4) A«/"'Hüfte, Hüftgelenk' - mago 'Bauch' - nabulo, nabil 'Nabel' - smero 'fetter Bauch'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (13) an 'Gesäß, After, Darmausgang' - buch 'Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' - deoh 'Hüfte, Hüftbein, Seite' (?) - g o f f a 'Hinterbacken, Hinterteil (von Menschen und Tieren)' — gurtil 'Taille' - isbeirt 'Hüfte' - lancha 'Lende, Weiche, Seite, Hüfte' - lanco "Weiche, Flanke' - lentin 'Lende, Hüfte' - Hb '(Unter)Leib' - Sita 'Seite (des Körpers), Hüfte' - ulamba "Bauch' - stiu^ 'Steiß'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (26) aftero 'After, Darmausgang' - arsbelli 'Gesäß, Hinterbacken' — arsbilk 'Gesäß, Hinterbacken' - arsloh 'After, Mündung des Mastdarms' - belle 'Gesäß, Hinterbacken' - budeming 'Bauchfell, der die Eingeweide umschließende Hautsack' - (?) gUenki 'Unterleib, Eingeweide' - hintarbahho 'Hinterbacken' - hinterteil 'Gesäß' - hoffo 'Hüfte' - inneruel'Bauchfell' (?) - innersmera 'Eingeweidefett, Bauchfett' - /^/'Unterleib, Flanke, Weiche' - lentinbräto 'Lende, Hüfte' - lumbal 'Lende, kleine Niere' - lumbe 'Lende' — mittidwerahi 'Taille, Rückgrat' — nidarbruohes 'unterhalb der Körpermitte' - smaladarm 'Unterleib' — smalaherdar 'Unterleib' — smerevel 'Bauchfettgewebe' — smeroleib 'Bauch, Bauchfettgewebe' - smeroliti 'Fett, Baucheingeweidefett' - smerone^pj 'Bauchfettgewebe' - ü^tragel 'Darmausgang' - ^agilbein 'Steißbein' (?). I. Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (4) hodo 'Hoden, Schamgegend' - kumpfo 'Geschlechtsorgan, Vagina' (?) - utar 'weibliche Brust, Busen' - war^a 'Brustwarze, Brust'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (11) barm 'Schoß' - buosum *Busen; Schoß' - druos 'Hoden' - hegidruos(a), hegidruosi 'männliche Genitalien' - quiti 'Gebärmutter' - n?/"'(Mutter-)Schoß, Mutterleib, Gebärmutter' - scö% 'Schoß' - scötfuja 'Schoß' - scö^o 'Schoß' - wamba 'Mutterleib, Schoß; Gebärmutter' 'Zitze, Brustwarze, Brust'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (34) birid 'Gebärmutter, Mutterleib' - era 'männliche Genitalien, Vorhaut' - erheli 'männliche Genitalien' 'Penis' - furigiwahst ^ t h a u l ' - furewahst, furiwahst 'Vorhaut' - gensj 'Vorhaut' - giburtmuoter 'Gebärmutter' - gilehtar 'Gebärmutter' —

282

Die Auswertung des Wörterbuches

gimaht 'männliche Genitalien' - giving? 'männliche Genitalien' - hagaldruos 'männliche Genitalien' - hegidruosstal 'Schamgegend, Hoden' - hodabalg 'Hodensack' houbit brvsti "Brustwarze' - innödili 'Hoden' - kindekgi 'Gebärmutter' - lehtar 'Gebärmutter, Nachgeburt' - mamma 'säugende Brust' - man^o '(Mutter-)Brust' - muodar 'Leib, Gebärmutter* - nioro 'Hoden' - rifilo 'Gebärmutter, Mutterleib' - slihmo 'Hodensack' - swenkel 'Hoden' - tila, tilla *Brustwarze, Zitze' - tilli "Brustwarze, Zitze' - tutta "Brustwarze, Zitze, Brust' - tutti 'Brustwarze, Zitze, Brust' - tuttilin "Brustwarze, Brust' - tutto "Brustwarze, Brust; Zitze' - tuttünhoubit "Brustwarze' vgrs "Penis' - ^umpfo 'Penis'. J. Innere Organe 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (8) ädra 'Blutgefäß, Ader, Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide' - ferah 'Herz (als Sitz des Lebensptinzips' -galla 'Gallenblase (mit Gallenflüssigkeit)' - her^a 'Herz' - inädiri 'die inneren Organe, Eingeweide' - lebera *Leber' - mago 'Magen' - nioro 'Niere'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (11) bläsa *(Harn)blase' - blätera, blätra 'Harnblase; (Eingeweide)' - brüst 'Herz, das Innere' - darm "Darm, Mastdarm', PI. "Eingeweide' - herder 'Eingeweide' - innöd 'Eingeweide' - innovili "Eingeweide, innere Organe' - lentin 'Lende, Hüfte, Niere' lunga 'Lunge' — mil^a 'Milz' - milsj 'Milz'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (36) afterling 'Mastdarm' — arsdarm 'Mastdarm, das letzte zum After fuhrende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang' - dro^darm 'Mastdarm' - gibu^pj *Eingeweide' gidarmi "Eingeweide' — gtweidi 'Eingeweide' -grö^darm "Dickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide' — grö^mago 'Mastdarm, Dickdarm; After; Eingeweide' - gulidarm "Teil des Darmes, Magen' - herg "Herz, kleines Herz' - henjlin "Herz, kleines Herz' ingetuome 'Eingeweide' - ingeweide "Eingeweide' — innana 'Eingeweide' — ittnida 'Eingeweide, das Innere' - inniherdar *Eingeweide' - innödi 'Eingeweide, die inneren Organe' - innödili "Eingeweide, Gedärme' - intuoma "Eingeweide' — inwarti 'Eingeweide, das Innere' - inwartigi "das Innere, Innerste, Eingeweide' - inwertiga "das Innere, die inneren Organe, Eingeweide' - krä 'Milz' - kräling 'die fetten Eingeweide' — krüsa 'Vormagen' — leueriti lappa 'die von Adern durchzogenen Leberlappen' - lendeltn 'kleine Niere, (Nebenniere)' (?) - kntinbräto 'Niere, (Milz)' - lunganna 'Lunge' - lungula, lungel 'Lunge' - lungina 'Lunge' — lungun 'Lunge' — Imgunna 'Lunge' - nierltn "kleine Niere' - smaladarm "Dünndarm, Eingeweide' - smalaherdar 'Dünndarm' (?), 'Gedärm'. K. Haut 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (2) fei'Haut, Fell; Häutchen' - hüt 'Haut'.

Körperteilbezeichnungen

283

2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) jwart 'behaarte Haut' - swii 'Schwiele, dicke Haut'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (4) vellihhin 'Häutchen, dünne innere Haut', 'Zwerchfell' (?), Netzhaut' (?) - vellelin 'dünnes, inneres Häutchen', 'Zwerchfell' (?), Netzhaut' (?) - liesa 'Häutchen' sweiidoch 'Schweißpore'. L. Knochen und Mark 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (7) ankala 'Knöchel, Fußgelenk' - buog 'Schulterblatt' - enkil 'Fußknöchel, Fußgelenk' -gebal 'Schädel' - mark 'das Mark' - ribba, ribbi 'Rippe' - ruggi 'Rückgrat'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (16) anchläo 'Knöchel, Fußgelenk' - beiti 'Knochen, Gebein; Bein (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein)' - brustbein "Brustbein' - buosum 'Hüftknochen' (?) - deoh 'Hüftbein' - gibil, gibili 'Schädel, Hirnschale, Schädeldecke' - gibilla 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf' - hirniscala 'Hirnschale' isbein 'Hüftbein, Oberschenkelknochen' - menschenbein 'Unterschenkelknochen' scina 'Schienbein' - scinabein 'Schienbein' - säncba 'Schienbein' - stiu^ 'Steiß' - wada "Wadenbein' - wado 'Wadenbein'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (47) ahsalbeiti 'Schulterknochen' - beinna 'Knochen' - brustbeini 'Brustknochen, Brustbein' (?) - brustlappo 'Brustbein' (?) - brustlefftl 'Brustbein' - thunnubein 'Schläfe, Schläfenknochen' — encha 'Fußknöchel' — enkilin 'Fußknöchelchen' — fahssceitela 'Schädel' — gebalsceini 'Hirnschale, Schädel' — gibeinna 'Gebein' - gibeini 'Gebein, Bein' - gilsi, gilse 'Hirnschale, Vorderkopf' (?) — grät 'Rückgrat' - halsbein 'Halswirbel' — herti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - hirnibolla 'Schädel, Gehirn' — hirnikopf 'Hirnschale' - himireba, hirnirebo 'Hirnschale' - houbitskiol 'SchädelB o c h e n ) ' — houbitskiula 'Schädel' — houbitsül 'oberer Teil der Wirbelsäule, Halswirbelsäule (?)' - hufbein 'Hüftbein' - kniebein 'Unterschenkelknochen' - kniorada 'Knöchel' - chnodo 'Knöchel' - knobel '(Finger-)Knöchel' - knoche 'Knochen' knoster 'Knorpel, Sehne (?)' - knubilin 'Knöchel' - knuchel 'Knöchel' - krosel 'Knorpel' - krosila 'Knorpel' - krospil 'Knorpel' - krustila 'Knorpel' - krustilin 'Knorpel' — lendenbein 'Kreuzbein' - nasakrustila, nasakrosila 'Nasenknorpel' — örkrosila 'Ohrknorpel' - örspinna 'Ohrknorpel' - ruggibein 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' — ruggibeini 'Rückgrat' - ruggo 'Rücken' - sdula 'Schädelknochen' — untarkinnibein 'Unterkinn, Unterkiefer' (?) - mdarbetni "Wadenbein' - 3agilbein 'Steißbein' (?). M. Gelenke 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (6) ahsala 'Achsel' - elina 'Ellenbogen' - huf 'Hüfte, Hüftgelenk' - knio 'Knie' - lid 'Glied, Gelenk; Körperteil' - rist 'Handgelenk'.

284

Die Auswertung des Wörterbuches

2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) anka 'Glied (des menschlichen Körpers), Gelenk' (?) - elinbogo 'Ellenbogen' - goffa 'Hüftgelenk'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (15) gec(h)nupfe 'Gelenk' - gilanco 'Gelenk' - gila^ 'Gelenk' - gileihhi 'Gelenk, (Finger)Glied' -gelid 'Glied, Gelenk' -giliälin 'Glied, Gelenk' (?) - herti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' - kniorad 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniorada 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniorado *Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' - kniosciba 'Kniescheibe, Kniegelenk' - kniulin 'Knie (bei Kindern)' lidiltn 'Gelenk, Knöchel' - lidugilä^ 'Gelenk, Umrisse des Körpers' - wetjbein 'Gelenk; Kniescheibe' (?). N . Muskeln, Sehnen und Gewebe 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (5) ädra "Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band' - done 'Sehne' - müs 'Muskel im Oberarm' — sen(e)wa 'Sehne' - smero 'Fett, fetter Bauch'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) ßeisc(b) 'Heisch' - Spitt/ 'Fett' - waltowabso 'Sehne, Nerv; Bogensehne'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (11) dickt 'angespannter Muskel' - enkiling 'Achillessehne' (?) — halsädra "Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader' - ne^i 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' (?) — ne^sjsmero 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' (?) — renula 'Muskel' senoädra 'Sehne' — smerevel 'Bauchfettgewebe' - smeroleib 'Bauchfettgewebe' — smeroItn 'Fett, Baucheingeweidefett' - smerortetgi 'Bauchfettgewebe'. 0 . Gefäße 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) ädra "Blutgefäß, Ader; Sehne, Nerv, Muskel; Eingeweide'; allgemein 'jedes den Körper durchziehende Gefäß oder Band'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) mttiädra 'Luftröhre, Ader' (?). 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (4) bluotädra 'Blutader, Vene' - halsädra 'Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader' - henpdra '(Herz)schlagader, Arterie, (lebenswichtige) Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere' - her^erebe '(Herz)schlagader, Arterie'.

Köiperteilbezeichnungen

285

P. Körperflüssigkeiten 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (3) galla 'Galle (als das von der Leber erzeugte Sekret)' - jqf'Körperflüssigkeit' - swei% 'Schweiß'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (4) bluot T31ut' - seivar 'Speichel' - speihbaltra 'Speichel' - speihhila 'Speichel'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (9) ferhbluot 'das dem verwundeten Körper ausströmende Blut' - fühti 'Körperflüssigkeit, Lebenskraft' - harn 'Harn' - hisämo 'Samenflüssigkeit' - niuwibluot 'frisches Blut' - seih 'Harn' - spunne 'Muttermilch; Brust' - tincta 'schwarze Galle' (?) - *ίη\'Harn*.

1.4.1 Die Ausweitung Hinsichtlich des Alters der Körperteilbezeichnungen ergeben sich in den meisten Feldern keine auffälligen Unterschiede. Der zahlenmäßige Anteil ist innerhalb der drei Gruppen fast überall ungefähr gleich. Von der indoeuropäischen Zeit bis zum Althochdeutschen lässt sich meist eine kontinuierliche Ausweitung der Felder beobachten. Die Zahl der im Althochdeutschen erstmals bezeugten Lexeme ist dann etwa doppelt so groß wie die der schon für die indoeuropäische Zeit nachweisbaren Bezeichnungen. Davon auszunehmen ist allein das Feld „Hand". Hier zeigt sich schon seit ältester Zeit eine sehr differenzierte Palette von Lexemen. Der besonderen Bedeutung dieses Feldes wird im Abschnitt 1.5.2 weiter nachgegangen. Die insgesamt gesehen große Zahl der Erstbelege, unter denen viele althochdeutsche Neubildungen zu vermuten sind, macht deutlich, dass der althochdeutsche Wortschatz nicht allein in solchen Lebens- und Sachbereichen, die durch die Christianisierung umgestaltet wurden, starke Veränderungen erfahren hat. Auch der alltägliche Wortschatz, wie er in den meisten alten Körperteilbezeichnungen zum Vorschein kommt, hat einen starken Erneuerungsschub erfahren. Dass dies nicht nur eine Folge der Überlieferungsbedingungen ist, zeigt ein Seitenblick auf die altenglischen Körperteilbezeichnungen.492 Die unmittelbaren Entsprechungen, die auf eine gemeinsame, voreinzelsprachliche Bezeichnung weisen, liegen nur etwa bei 35 %. Die Neubildungen lassen sich unterscheiden in vermutlich occasionelle adhoc-Bildungen, die weder im Althochdeutschen noch in späterer Zeit Teil der sprachlichen Norm geworden sind.493 Die zweite Gruppe bilden dagegen solche 492 Man vergleiche die Hinweise aufs Altenglische im „Althochdeutschen Heilkundlichen Wörterbuch" sowie die älteren Arbeiten von F. THÖNE und W.T. ARNOLDSON. 493 Zum Begriff der Norm siehe E. COSER1U, System, Norm und Typus.

286

Die Auswertung des Wörterbuches

Neubildungen, die eine Lücke schließen und sich in der Norm auch durchgesetzt haben. Beide Typen unterstreichen den Charakter des Experimentierfeldes, der dem Althochdeutschen im Hinblick auf die Ausbildung des deutschen Wortschatzes zugeschrieben werden kann. Setzt man nun die im Althochdeutschen erstmals bezeugten Lexeme in Bezug zu ihrer Beleghäufigkeit, so kristallisiert sich eine vergleichsweise kleine Anzahl von 51 Lexemen heraus, die zugleich schon sehr häufig, das heißt mit sechs oder mehr Einzelbelegen vertreten sind. Bei nur einem Teil dieser erstmals bezeugten Bildungen wird es sich tatsächlich um Neuschöpfungen handeln. Einige Simplizia, wie ahd. herti, lenkt oder riho sowie Lexeme mit altertümlichen Stammbildungsmorphemen wie etwa ahd. uobsana oder lungina sind vermutlich schon älter und nur zufällig nicht für die voralthochdeutsche Zeit nachweisbar. Echte Neubildungen wird man wohl vor allem im Kreise der Komposita finden können. Die meisten von ihnen sind auch in mittelhochdeutscher Zeit gebräuchlich, einige, wie ahd. backo^and, halsädra, kniosciba, ougenbräwa oder untarkinni haben einen Fortsetzer im Neuhochdeutschen. Von diesen wenigen Fällen abgesehen sind unter den althochdeutschen Körperteilbezeichnungen aber vor allem diejenigen häufig bezeugt, die sich zugleich auch in mehreren anderen germanischen und weiteren indoeuropäischen Einzelsprachen ausgebreitet haben. Der Kernbestand der althochdeutschen Körperteilbezeichnungen ist ganz offensichtlich altererbt und war schon in voralthochdeutscher Zeit ausgebildet. Der durch die neugebildeten Komposita gekennzeichnete Erneuerungsschub trifft also auf eine homogene Gruppe alter Bezeichnungen, die für die wichtigsten Körperteile gelten und die bis heute konstant geblieben sind. Zu nennen sind, in der Abfolge der onomasiologischen Gliederung nach Abschnitt 1.2: ahd. nac, hirni; backo, kinni, stirna, ougar, örar, tiasa; mund, junger, ^an\ goumo, hals, kela, racbo·, absah,ribbl·,arm, eünar,füst, dümo; knio\ fersna,fuo% ruggt; mago, nabilo; hodo\ ädra, galta, hers^r, lebera, mago, nioro; fei, büt, mark, müs, sen(e)wa. Vereinzelte Abweichungen, wie die Ersetzung von boubit durch jüngeres köpf, von ahd. gebal durch jüngeres mhd. schedel, oder das vergleichsweise späte Auftreten von zentralen Bezeichnungen wie bhtot, bein in der heutigen Bedeutung Έεϊη' oder hand sind jeweils gesondert zu erklären.494 Da sich der menschliche Körper seit der Zeit der Ausbreitung der indoeuropäisch sprechenden Völker nicht wesentlich verändert hat, besteht für die zentralen Bereiche des Körpers auch kein veränderter Bezeichnungsbedarf. Sofern beim Prozess der Ausbildung der indoeuropäischen Einzelsprachen mit guten Gründen von unterschiedlich starken Einflüssen der verschiedenen nicht-indoeuropäischen Substratsprachen ausgegangen werden kann, so bleibt für das Althochdeutsche beim gegenwärtigen Forschungsstand jedoch zu konstatieren, dass ein älteres mit-

494 Siehe dazu Abschnitt 1.5.2.

287

Körperteilbezeichnungen

teleuropäisches Substrat offensichtlich keinen Einfluss auf die Bezeichnung des menschlichen Körpers gewonnen hat. 1.5 Morphologische und semantische Analysen 1.5.1 Morphologie Unter dem Stichwort „Morphologie" soll ein kurzer Blick auf die Wortbildung der althochdeutschen anatomischen Bezeichnungen geworfen werden. Das Corpus enthält: -

auf der Ebene des Althochdeutschen nicht weiter analysierbare SlMPLIZIA (188)

- darunter morphologisch integrierte

ENTLEHNUNGEN

(7)

- ÄLTERE SUFFIXBILDUNGEN

mit im Althochdeutschen unproduktiven Suffixen

(35)

- J Ü N G E R E SUFFIXBILDUNGEN

mit im Althochdeutschen produktiven Suffixen - darunter FLEXIONSMORPHEME

(68)

- d a r u n t e r DERIVATIONSMORPHEME

(30)

- PRÄFIXBILDUNGEN

(26)

-KOMPOSITA

- darunter morphologisch integrierte

(38)

(161) ENTLEHNUNGEN

(1)

- EXPLIZITE ABLEITUNGEN

(3)

- KONVERSIONEN

(3)

- ZUSAMMENRÜCKUNGEN

(4)

- SYNTAGMEN

(1)

Unter dem Aspekt der Wortbildung dürfen in althochdeutscher Zeit im Zuge des Ausbaus des deutschen anatomischen Wortschatzes nur die Komposita ein gewisses Interesse beanspruchen. Die übrigen Wortbildungstypen haben keinen spezifischen Anteil an diesem Prozess. Auch die Zahl von acht Entlehnungen aus dem Lateinischen igorpoto ?, gurgula, isbeitt, lumbal, lumbe, sola, üvo, sjlere), die morphologisch integriert und teils auch früh umgedeutet werden (isbein), ist überraschend gering. Unter den zumindest noch eingeschränkt produktiven Suffixbildungen ist zwischen den reinen Flektiven wie -o, und -a (etwa in lefso, krüsd) und Wortbildungsmorphemen wie -i(n) ifühti, dickt, velühhiri), -Itn {druosilin, krustiliti), -ling (aßerüng, kräling), -ontig (aßanontig, hintanontiij), -äri {fmgarläri, yeigäri), -ida (foraheraida, furihenjda) oder -il (ü^tragil, ^eigil) zu unterscheiden. In drei Fällen erscheint auch der Superlativ -östo: metamisto, mittarösto, obarösto. In etwas größerer Zahl treten unter den Suffixbildungen nur die Diminutive hervor, auch sie haben jedoch zunächst keinen Anteil an der volkssprachigen Terminologiebildung.

288

Die Auswertung des Wörterbuches

Einzig für die voralthochdeutsche Zeit lässt sich an Hand einer Übersicht über die nominalen Stammbildungsmorpheme ablesen, dass bestimmte Suffixe bei der Bildung von Körperteilbezeichnungen bevorzugt wurden. So zeigen sich unter den älteren Suffixbildungen, etwa auf germ. *-nö-, -r-, -m- oder -/- vor allem einige -/»-Bildungen, wie etwa arm, barm, dorm, dümo oder folma und einige -nöBildungen wie ahd. fersna, goufena oder uohsana, die unter den Körperteilbezeichnungen im Althochdeutschen etwas häufiger sind.495 Eine alte Gruppe der Konkreta mit -«»-Suffix bilden auch einige meist ursprünglich neutrale Körperteilbezeichnungen wie ahd. hersp (aus germ. *hertan-), Imganna neben lunga, ouga (zu ai. aksan-), manga; als alte Maskulina und Feminina daneben auch ahd. anka, galla, guomo, hodo, dros^a, müla, nac,rihooder %eha. Die Bildungen gelten als grundsprachlich.496 Sie sind im Althochdeutschen in der Regel verdunkelt. Ältere Stammbildungsmorpheme können im Althochdeutschen nur noch dann wahrgenommen werden, wenn sie unmittelbar neben einem Simplex stehen, wie etwa die /-Bildungen ankala neben anka, gibilla neben gbil oder lungula neben lunga. Neubildungen können auf diese Weise nicht mehr entstehen. Ein neues Suffix speziell zur Bildung von Körperteilbezeichnungen ist im Althochdeutschen nicht mehr gebildet worden. Die Erweiterung des anatomischen Wortschatzes erfolgt fast ausschließlich mit Hilfe der Komposition. Die 161 Komposita verteilen sich mit Ausnahme weniger, teils unklarer Bildungen auf drei Gruppen: 1. Das Kompositum bezeichnet die Lage des Körperteils 2. Das Kompositum bezeichnet die Form oder Beschaffenheit des Körperteils 3. Das Kompositum bezeichnet die Funktion des Körperteils. Die Gliederung des kompletten Bestandes ergibt das folgende Bild:

1. Das Kompositum bezeichnet die Lage des Körperteils 1.1 Grund- und Bestimmungswort sind Körperteilbezeichnungen (KT + KT): ahsalbein, arsdarm, backoipnd, brustbein, brustbeini, deohbräto, deohskenchil, dro^darm, fahssceitela, fuotpola, fuo^spor, halsädra, halsbnn, herqidra, hirnifel, hirnhüt, houbit brusti, houbitskiol, houbitskiola, hufoein, kelabrät, kinnibahho, kinnibacko, kinnibein, kinnibracko, kinnistoc, chinnespn, kniebein, lendenbein, lentinbräto, nasakrustila, örkrosila, ougafel, oug(en)brätva, ougsehe (?), ruggibein, ruggibeini, ruggelende, scinabein, s/afbein, sluntbein, thunnubein %agilbein, %andfleisch. 1.2 Präposition + KT: afteifla^a, aflirnel, varm%an(d) (?), forahoubet, vorbrust, vorder%an(d), vorher^, furiherqa, furihenj, hintarbahho, hinderhoubet, inädiri, inbrust, ingeweide, inhenti, innervel, innersmero,

495 Man vergleiche W. Meid, Wortbildungslehre, S. 124 u. 106. 496 Ebd. S. 95f.

Körperteilbezeichnungen

289

inniherdar, innöd, innödi, innodili, inttovili, nidarbruohes, obarbräma, ubarkniutvi, umbiher%a, underbrä, untarkinni, untarkinnibein, widarbeini. 1.3 KT + -i/W'Stelle': hegidruosstal, ougstal. 1.4 Präposition + Substantiv: hinterteil, inergirde (?), ingetuome, intuoma. 2. Das Kompositum bezeichnet die Form oder Beschaffenheit des Körperteils 2.1 KT + Substantiv: arsbelü, arsbille, arsloh, brustlappo, brüstleffil, eiinbogo, jerhbluot, gebalscetni, hantbreita, her^erebe, hirnibolla, hirnikopf, hirnireba, hirniscala, hodabalg, houbitsül, kniorad, kniorada, ktiiorado, kniosaba, lidugilä^ Hh(h)amo, lihh(i)namo, naseloch, örlappa, örspinna, ougapful.\ ougring. 2.2 Adjektiv + KT: braithand, dumvengi, grö^darm, grötyiago, lungilapnga, mumbluot, smaladarm, smalaherdar, su>ar%ouga, wintädra, wintbräwa, wiyouga. 2.3 KT + KT: nevgismero, smeroleib, senoädra, smenm^pj, smerevel, tuttunhoubit. 2.4 Substantiv + KT: huntes^and, kindes^atid, meistar^eba, varn^an(d) (?). 3. Das Kompositum bezeichnet die Funktion des Körperteils 3.1 Substantiv + KT: ätemdro^e, vähen^and, giburtmouter, goldfinger, goldtrago, gulidarm, muosfingar; muotfingar. 3.2 K T + Substantiv: arswisc, erheli, ouglid, ougsiuni, swei^loh. 3.3 Adjektiv + KT: scharfen. 3.4 Verb + KT: quetifingar, slegebräwa, weijbein. 3.5 Präposition + KT: fureivahst, furigewahst. 3.6 KT + KT: bluotädra. 4. Unklare Bildungen und Sonderfälle: endilühagatdruos, hegidruos(a), hisamo, hochrippe, kindelegi, marc^an, menschenbein, waltowahso, wetanbräwa.

290

Die Auswertung des Wörterbuches

Es handelt sich in der Regel um Determinativkomposita. Unter ihnen ist der hohe Anteil an Komposita mit einer Präposition als Bestimmungswort auffällig. Räumliche Präpositionen erweisen sich bei der Bestimmung der Lage eines Körperteils als besonders geeignet. Bemerkenswert ist auch die gemessen am Gesamtwortschatz große Gruppe der „Präpositionalen Rektionskomposita" des Typs vorher^. Ihnen scheint allerdings mit lat. praecordia stets ein lateinisches Muster zu Grunde zu liegen.

1.5.2 Semantik Nachdem in den vorangehenden Abschnitten schon wiederholt Bemerkungen zu Bedeutung und Gebrauch einzelner Körperteilbezeichnungen gefallen sind, sollen in diesem Kapitel die Körperteilbezeichnungen in ihren jeweiligen semantischen Feldern in einem begriffsgeschichtlichen Zusammenhang betrachtet werden. Die Felder bieten den verschrifteten Ausschnitt aus der Gesamtmenge der in einem Zeitraum von mehr als 300 Jahren in den verschiedenen hochdeutschen Sprachlandschaften des frühmittelalterlichen Deutsch gebildeten Bezeichnungen. Die Felder können daher wegen der Ungleichzeitigkeit des Gebrauchs ihrer Elemente die Sprachwirklichkeit nicht unmittelbar widerspiegeln. Sie können allenfalls zeigen, über welche Möglichkeiten ein „idealer Sprecher/Hörer" am Ende der althochdeutschen Zeit verfügt haben könnte. Auch daher geht es bei der Beschreibung der Felder nicht um die bereits im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" verzeichneten aktuellen Bedeutungen der Lexeme. Im Rahmen einer „kulturellen Semantik" sind es vor allem wortgeschichtliche und strukturelle Merkmale, die für den Platz der Lexeme in einem onomasiologischen Feld ausschlaggebend sind. So gibt die Interpretation der Felder Aufschlüsse über die Architektur eines fachbezogenen Wortschatzes, der die anatomischen Lexeme der gesamten vorsalernitanischen Epoche umfasst. Es eröffnen sich auf diese Weise auch Hinweise darauf, auf welcher Grundlage sich der Wandel des anatomischen Wortschatzes bis hin zur Gegenwart vollzogen hat. Für die Dichte eines Feldes und die Gebrauchsfrequenz der einzelnen Lexeme sind in althochdeutscher Zeit verschiedene Faktoren wichtig: 1. Der spätantike und frühmittelalterliche anatomische und allgemeinmedizinische Kenntnisstand. 2. Die Bedeutung eines Körperteils im Alltagsleben der Bevölkerung in arbeitspraktischer und medizinischer Hinsicht. 3. Die Bedeutung eines Körperteils in der dem althochdeutschen Corpus zu Grunde liegenden schriftlichen Überlieferung, insbesondere der biblischen Bücher mit ihrer ausgeprägten Körperteilsymbolik. 4. Die mit Punkt 1 und 2 verbundene Ausbildung von Lexemen und Feldern in der lateinischen Sprache.

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5. Die einheimische frühmittelalterliche Körperteilsymbolik. 6. Regionale und chronologische Unterschiede im Wortgebrauch. Diese Punkte werden im Folgenden nicht für jedes Feld systematisch abgehandelt, sondern nur an den Stellen berücksichtigt, wo sie etwas zur Interpretation eines Feldes beitragen können.

A. Der ganze Körper Es scheint in den alten Kulturen Europas ein insgesamt nur geringes Bedürfnis zu bestehen, den gesamten Körper „als solchen" zu benennen. So lässt sich beispielsweise in den homerischen Epen ein Wort für den ganzen menschlichen Körper nicht ausfindig machen.497 Daher verwundert es nicht, dass dieses Feld auch im Althochdeutschen nur dünn besetzt ist. Es konnten neun verschiedene Bezeichnungen für den ganzen menschlichen Körper ermittelt werden. Am häufigsten bezeugt ist !ih(h)amo, das als verdeutlichendes Kompositum zu älterem Ith gebildet wurde. Ith bedeutet auch 'Fleisch' und wird daher zunächst für den lebendigen Körper gebraucht. Da aber schon früh die Bedeutungen 'Leichnam' ( O T F R I D , TATIAN), sowie "Bedeckung, Überzug aus Leinwand' möglich wurden, hat es seine Eindeutigkeit verloren und wird durch lth(h)amo und seine Variante lthh(i)namo ersetzt. Doch auch der Gebrauch dieser Lexeme wurde schon bald wieder auf den toten Körper ausgedehnt. Die Vorstellung vom Körper als der vergänglichen Hülle der Seele hatte diese Bedeutungsübertragung nahe gelegt. Sie wurde durch die Tatsache begünstigt, dass auch Ith(h)amo und Ithhinamo als Bildungen mit dem Grundwort westgerm. *hamön 'Hülle, Kleidung. Leib' leicht in diesem Sinne verstanden werden konnten. Daher haben sich sowohl Ith als auch Hh(h)amo und seine Varianten als ungeeignet für die Bezeichnung des lebendigen menschlichen Körpers erwiesen. Das selbe gilt für ßetsc(h), das wie Ith ebenfalls zur Bezeichnung des menschlichen Körpers gebraucht werden konnte. Betont wird stets die Lebendigkeit des Körpers, nicht aber die Körpergestalt selbst. Es ist überdies nur in der noch heute gebräuchlichen Bedeutung 'Fleisch' weiter verbreitet und in diesem Wortfeld nicht heimisch geworden. Eine besondere Stellung erlangt in diesem Feld ahd. ferah. Das Wort bezeichnet zunächst die stoffliche Lebenskraft des menschlichen Körpers, das „Lebensprinzip". Es tritt folglich aus einem anderen Bedeutungszusammenhang in das Feld der Körper(teil)bezeichnungen über. Nach dem Verblassen der Vorstellung eines stofflichen Lebensprinzips neben Körper und Seele in christlicher Zeit konnte ferah in metonymischer Übertragung für den „Sitz des Lebens" verwendet werden. Damit war die Bezeichnung von Körperteilen möglich, die - wie das Herz — als „Sitz des Lebens" galten oder für den ganzen Körper selbst. 497 Siehe dazu H. ADOLF, Wortgeschichtliche Studien, S. 67 u. 91 f. mit weiterer Literatur.

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Die übrigen Bildungen, botah wohl in expressiver Verwendung, getät im Sinne von Gestalt, Form und gorpoto, das vielleicht aus lat. corporis entstellt ist, sind einmalige, erfolglose Versuche die Lücke zu schließen. Erst in mittelhochdeutscher Zeit kommt mit korper, kärper das heute allein gültige Wort als Endehnung von lat. corporis in Gebrauch. Das gilt ebenso für lib, das zunächst nur in der Bedeutung 'Leben, Lebensprinzip'498 verwendet wird und zuerst im PHYSIOLOGUS einmal als 'Unterleib' erscheint. Im Verlauf des 11. Jahrhunderts tritt es an die Stelle des älteren lth(h)amo. Die Konkurrenz zwischen Körper und Leib bei der Bezeichnung des lebendigen Körpers entfaltet sich daher erst in mittelhochdeutscher Zeit. Dann wird auch !ih(h)amo ausschließlich für tote Körper verwendet. Das onomasiologische Feld „Der ganze Körper" wurde folglich in nachalthochdeutscher Zeit komplett umgestaltet. Im Althochdeutschen stehen neben ferah und den semantisch synchron undurchsichtigen Simplizia fleisc und Ith vier Metaphern mit potach („Bottich") nach der Form sowie lih(h)amo (Kleid, Hülle des Körpers) und seine Varianten nach der Funktion. Dazu tritt mit gorpoto aus corpus vermutlich eine Endehnung und mit getät (zu tuori) als „das Geschaffene" eine theologische Interpretation. B. Der Kopf und seine Teile Die Vielfalt der Bezeichnungen macht eine Untergliederung des Feldes erforderlich: Β. 1. Kopf und Nacken Es stehen sich hier Bezeichnungen für den Kopf in seiner Gesamtheit und Bezeichnungen für die vordere, hintere oder obere Seite des Kopfes gegenüber. Im Althochdeutschen konkurrieren 17 Bezeichnungen, sechs können für den ganzen Kopf gebraucht werden, 10 für den behaarten Hinterkopf und Nacken sowie drei für den Scheitel als höchstem Punkt des Kopfes. Der Scheitel entspricht der Lage der Stirnfontanelle499 und gehört damit zugleich zu den sieben Chakren, den Energiezentren des Körpers. Es ist daher denkbar, dass die erstaunliche Häufigkeit der Bezeichnung des „Scheitels" in althochdeutscher Zeit Rückschlüsse auf energetische Kenntnisse erlaubt. Dazu treten vier Lexeme, deren Bedeutung 'Hirnschale, Schädel' vermutlich auch auf den ganzen Kopf übertragen werden konnte. Das fast allein gültige Wort für den ganzen Kopf ist houbit, erst in einem späten Glossar erscheint erstmals das sich zum Neuhochdeutschen hin durch-

498 Siehe B. L a F a r g e , 'Leben* und 'Seele', S. 211, 241f. u. 227. Für die weitere Entwicklung vergleiche man O. EHR1SMANN, Ehre und Mut, S. 126-128. 499 Man vergleiche dazu und zu den griechischen und hebräischen Entsprechungen J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S.48f. Siehe auch die Abbildungen in: Orientalische Medizin, S. 31 und 69.

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setzende köpf.*00 In der altorientalisch-biblischen Symbolik ist der Kopf die Krone des Menschen.501 Daher wird im Althochdeutschen zu seiner Bezeichnung houbit stets in Anlehnung an lat. caput mit seiner subjektiven oder objektiven Vorrangigkeit verbunden. Damit war aber zugleich für kraftvolle, affektgeladene, abwertende oder geringschätzige Verwendungsweisen kein rechter Raum. So konnten seit dem 11. Jahrhundert^«»/, sowie später auch htrnikopf, hirnieba und htmiscala, die seit dem 12. Jahrhundert den Schädel bezeichnen, schließlich auch als Kraftwörter für den Kopf als Ganzen gebraucht werden. Weiter können auch gibilla, nella, niulla und nüwe offensichtlich als Bezeichnung für den gesamten Kopf dienen. Es ist aber meist nicht zu entscheiden, wann der ganze Kopf oder der Schädel {gbilla), wann der ganze Kopf oder der Scheitel {nella, niulla) oder wann der ganze Kopf oder der Hinterkopf (ttüwe) gemeint sind. Die Grenzen zwischen den Wortfeldern „Kopf und Nacken" und „Schädel und Hirn" sind an dieser Stelle fließend. Speziell für den vorderen, unbehaarten Teil des Kopfes erscheinen nur forahoubet und gilse. Für die weitere Differenzierung vergleiche man unter B.3 „Gesicht". Ein sehr viel größerer Bezeichnungsbedarf scheint für den Hinterkopf und Nacken zu bestehen. In der biblischen Körperteilsymbolik steht der Nacken für Kraft und Stärke bzw. für die Unterwerfung und Demütigung eines Feindes.502 Er wird daher häufig beschrieben. Da Hinterkopf und Nacken ineinander übergehen, sind auch die Lexeme crftirnel, anka, hahil, hinterhoubet, nac, tiacko, nel, nol\ nulla und nüwe nicht immer deutlich zuzuordnen. In indoeuropäische Zeit zurück reicht von ihnen allein nac. Es ist zugleich auch das am häufigsten gebrauchte Wort dieser Gruppe. Eine semantische Binnendifferenzierung ist für die Lexeme nicht auszumachen. Wie die Ausbreitung von köpf gegenüber haupt, so vollzieht sich auch eine deutlichere sprachliche Differenzierung zwischen den Bereichen „Hinterkopf* und „Nacken" erst in nachalthochdeutscher Zeit. Dabei geht das vermutlich onomatopoetisch gespeiste Wortfeld um nel spurlos unter, für den Hinterkopf ersetzt fnhd. hinterkopf älteres hinderhoubet. Neben köpf sowie nac und nacko bleibt nur sceitila für den Scheitel als höchstem Punkt des Kopfes erhalten. Die Mehrzahl der Bezeichnungen war im Althochdeutschen nicht mehr durchsichtig. Ahd. houbit und das neu entstandene köpf sind als alte Gefäßbezeichnungen expressive metaphorische Bezeichnungen nach der Form, sceitila (zu „scheiden") als die Stelle, wo sich die Haare zu beiden Seiten des Kopfes schei-

500 Bereits um 1170 erscheint auch mhd. köpf in der Bedeutung 'Kopf im KÖNIG ROTHER. Ob die Vorlage des Glossenbelegs als älter einzustufen ist, ist nicht zu entscheiden. Zum gesamten Wortfeld vergleiche man G. ÄUGST, Kopf und Haupt, mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse S. 448f. 501 S. SCHROER - Th. STAUBLI, Die Körpersymbolik, S. 93f. - Grundlegend zur europäischen Tradition der Körperteilmetaphorik: E.R. CURT1US, Lateinische Literatur, S. 146-148. 5 0 2 S. SCHROER - TH. STAUBLI, Die Körperymbolik, S. 103f.

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den, ist eine metaphorische Bezeichnung nach der Funktion. Den vielen unmotivierten Simplizia, insbesondere um nol und nac, treten als Neubildungen durchsichtige Komposita zur Seite, die die Lage des Körperteils bestimmen: so aftirnel, forahoubet und hinderhoubet. Die von G. Äugst503 herausgearbeiteten „Metaphernfelder" und „Metaphernketten" kommen bei der Beschränkung auf den althochdeutschen Wortschatz allenfalls ansatzweise zum Vorschein. B. 2. Schädel und Hirn Das Feld umfasst Bezeichnungen für den Schädel und für das in ihm enthaltene Gehirn. Die Bereiche von Schädel, Köpf und Hirn scheinen in älterer Zeit nicht deutlich unterschieden worden zu sein.504 Für Schädel konkurrieren im wesentlichen gebal und seine Varianten gfbil, gibilla und gebalskeitii mit den verschiedenen Komposita mit dem Bestimmungswort hirni-, insbesondere hirniscala. Als einziges Wort reicht gebal in voreinzelsprachliche Zeit hinab. Ahd. gebal und gibilla dominieren in den älteren Belegen, beide Lexeme konnten vermutlich auch als Kraftwort oder neutrale Bezeichnung statt gehobenem houbit in der Bedeutung 'Kopf verwendet werden. Als verdeutlichendes Kompositum überwiegt daher für Schädel in den späteren Belegen hirniscala. Daneben sind gilse, houbitsciula, no! und sciula (vgl. ne. skull 'Schädel") in dieser Bedeutung nur einmal bezeugt und spielen im Wortfeld keine weitere Rolle. Durchgesetzt hat sich in dieser Gruppe nur hirniscala, das nach dem Aufkommen von mhd. schedel in nachalthochdeutscher Zeit immerhin noch für den oberen Teil des Schädels verwendet wird. Die übrigen Wörter sind untergegangen. Für das Gehirn ist im Althochdeutschen hirni die konkurrenzlose Bezeichnung. Als einziges Wort neben gebal reicht es aus diesem Feld in die indoeuropäische Zeit zurück. Das Gehirn ist im altorientalisch-biblischen Verständnis nicht als Organ wahrgenommen worden505, es ist „das im Kopf Befindliche". Möglicherweise erklärt dies das Fehlen eines differenzierteren Feldes. Lat. cerebrum findet sich in der VULGATA nur ein einziges Mal (Idc 4,21), und wird noch von LUTHER nicht als Hirn, sondern als schlaf im Sinne von Schläfe übersetzt.506 Eine größere Bedeutung scheint demgegenüber die Hirnhaut gehabt zu haben. Als Bezeichnung gilt ahd. hirnifel Zuerst in einem Glossar des 13. Jahrhunderts tritt daneben auch hirnhüt für lat. pia (mater) auf, so dass sich hier vielleicht erstmals die sprachliche Differenzierung der oberen und unteren bzw. der harten und dünnen Hirnhaut, lat. dura mater und pia mater andeutet.507

503 504 505 506

Zur Entwicklung, S. 41 f. HWdLA. 4,74f. S. SCHROER- TH. STAUBU, Die Körperymbolik, S. 46. Zur Bezeichnung des „Gehirns" im Alten Testament vergleiche man R. NORTH, Brain and Nerve. 507 Siehe dazu auch jel und hut im Feld K.

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Auch in diesem Feld sind die meisten alten Bezeichnungen nicht mehr durchsichtig. Transparent sind eigentlich nur die Komposita hirnhüt und hirnife! (nach der Lage) und hirnibolla (als „Hirnkugel" nach der Form). B. 3 Gesicht Große Vielfalt zeigt sich im onomasiologischen Feld „Gesicht". Zusammengefasst werden hier Bezeichnungen für das Gesicht und Gesichtszüge, für das Kinn, die Wangen, die Stirn und die Schläfen. Besonders zahlreich sind die Bezeichnungen für das Gesicht. Es überwiegen Präfixbildungen auf germ. *ana- und and-, auf die auch nhd. Antlit^ und Angesicht zurückgehen. Häufig sind vor allem gleichbedeutend anasiuni, antlutti und ati(t)lusgi, von denen einzig anasiuni ein höheres Alter aufweist. Ahd. gisiht erscheint nur in der Bedeutung 'Sehen, Anschauen, Anblick' und gehört dem Wortfeld „Gesicht" noch nicht an. Seine Bedeutungsentwicklung ist aber typisch auch für die übrigen althochdeutschen Bezeichnungen des Feldes. Eine Sonderstellung nimmt hier nur wanga ein, das im Singular Wange', im Plural aber 'Gesicht' bedeuten kann. Für die Wangen konkurrieren backo, bracko, bubitin, hüfil, hüfila, hüfiltn, kinna, kinni, kiuwa, wanga sowie einige jüngere Komposita auf kinni-, insbesondere kinnibahho. Es kristallisieren sich dabei drei Bezeichnungsbereiche heraus: Zum einen die Wangen als „Kinnbacken", das heißt der Bereich der Wange vom Kinn aus betrachtet nach oben {backo, kinni und kinnibahho), dann der Bereich der Wange von den Schläfen aus abwärts betrachtet (wanga) und schließlich als Übersetzung von lat. gena der Bereich der fleischigen Erhöhung über dem Jochbein (hüfila und Varianten). Im Verlauf der althochdeutschen Zeit wird wanga dann mehr und mehr auch für die unteren „Kinnbacken" und für das Kinn selbst gebraucht Da es im Plural wie gesehen auch 'Gesicht' bedeuten kann, wird die Verwendungsweise von wanga immer unspezifischer und dehnt sich auf den gesamten Bereich vom Kinn bis unterhalb der Schläfen aus. Nur für lat. gena, das einen in medizinischer Hinsicht interessanten Punkt für die sog. Gesichtsdiagnose bezeichnet, erscheint wanga ein einziges Mal in einem späten Glossar des 14. Jahrhunderts. Die fleischige Erhöhung über dem Jochbein, an deren Farbe der Heilkundige Gemütsstimmung und Gesundheitszustand des Patienten erkennt, wird sonst ausschließlich mit hüfila und seinen Varianten wiedergegeben. Mit Ausnahme zweier älterer Belege des 9. Jahrhunderts, die lat. tempus 'Schläfe' übersetzen, hat sich zwischen gena und hrfil, hüfila, hiuffela und hiufelin im Althochdeutschen eine feste Beziehung herausgebildet, deren gehäuftes Auftreten in Körperteilglossaren die Annahme einer terminologischen Verwendung stützt. Auf dem Weg zum Neuhochdeutschen werden die sprachlichen Differenzierungen im Bereich der Wangen wieder abgebaut. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil die medizinische Praxis der Gesichtsdiagnose zurückgeht. Für die Region zwischen Schläfen und Kinn gilt Wange, daneben ist umgangssprachlich nur noch

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Die Auswertung des Wörterbuches

Backe möglich. Weder zwischen Kinn und Wange, noch zwischen Wange und Gesicht kommt es zu Überschneidungen. Für das Kinn kommen ebenfalls eine Reihe von althochdeutschen Bezeichnungen in Frage: backo, kinna, kinni, kinnibahho, kinnibacko, kinnibein, kinnibeint, kinnibracko und kiuwa. Speziell fur das Unterkinn gelten untarkinni und untarkinnibein. Ahd. backo und kinni sind Fortsetzer indoeuropäischer Lexeme und haben im Wortfeld die höchste Gebrauchsfrequenz. Als Glosse zu lat mandibula bezeichnet backo den Unterkiefer, kinni als Glosse zu mentum das gesamte Kinn, in einem Fall, wie auch einmal kinna, auch als Glosse zu mäxillla wohl den Oberkiefer. Wegen der Ausweitung des Bedeutungsbereiches von kinni auf die „Kinnbacken" verdeutlichen Komposita wie kinnibein, kinnibeint die Kennzeichnung des Kinns als Unterkieferknochen. Auch fur den Bereich der Schläfe lassen sich zwei Lexemgruppen ausfindig machen. Allerdings ist die Beleghäufigkeit in althochdeutscher Zeit noch eindeutig verteilt. Die Leitform ist unangefochten dunwanga (zu dunni 'dünn"). Die Schläfen befinden sich an der dünnsten Stelle der beiden oberen Backenknochen zu beiden Seiten der Stirn; es erscheint daher meist im Plural dunwengi. Die Ersetzung von dunwengi durch Schläfe bereitet sich in zwei Belegen des 13. Jahrhunderts für ahd. släf und släfbein vor. Als letzter Bereich des Feldes ist die Stim zu betrachten. Hier konkurrieren ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied endi, endilus^ und endin, sowie stirna und tinna, die allesamt schon für die voralthochdeutsche Zeit nachweisbar sind. Dazu treten vereinzelt als Glosse für lat. fröns auch houbit, gebal und gibila. Die älteren Körperteilglossare bieten endi. Nach der Jahrtausendwende scheinen endi, endiluζ und endin unterzugehen; das SUMMARIUM HEINRICI hat nur noch stirna und tinna. Das Gesicht ist als Antlit\ „das Entgegenblickende", „Entgegensehende" und damit zunächst immer das Gesicht „des Anderen". Wie die übrigen alten komplexen Bildungen, etwa dunwengi als dünnste Stelle der beiden oberen Backenknochen sind sie aber in althochdeutscher Zeit wohl nicht mehr durchsichtig. Anders die neuen Komposita forahoubet, kinnibahho, släfbein, untarkinni oder untarkinnibein, die die Lage eines Körperteil plastisch markieren. B. 4 Auge, Braue und Lid In diesem Feld werden die Bezeichnungen für das Auge und die es umgebenden Teile, die Augenbraue und das Augenlid zusammengefasst. Als Bezeichnung für das ganze Auge gelten seit indoeuropäischer Zeit ouga bzw. seine Vorläufer. In Anlehnung an sehan 'sehen, hinsehen, blicken, anblicken' erscheint in einer frühen Glosse einmal als weiter gefasste Sammelbezeichnung auch ahd. giseha-508

508 Wenn im Alten Testament von den Augen eines Menschen oder den Augen Gottes die Rede ist, so steht nie die Form oder physische Funktion des Auges im Vordergrund, sondern immer die

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Größere Differenzierung stellt sich bei der Bezeichnung der einzelnen Bestandteile des Auges ein, vor allem beim Augapfel und der Pupille. Hier stehen sich im wesentlichen wieder Bildungen zu ouga und zu sehan gegenüber. Zwar ist auch ouga von einem alten Verbum in der Bedeutung 'sehen' abgeleitet, doch steht es im Althochdeutschen isoliert und dürfte den Sprechern nicht mehr durchsichtig gewesen sein. Für die Pupille als das eigentliche „Sehloch" wurde daher früh seha und seho verwendet, besonders plastisch ist das allerdings nur einmal spät bezeugte Kompositum ougseha. Für den Augapfel gelten ougaphul und etwas häufiger auch aphul allein. Da die Metapher schon im Lateinischen gebräuchlich war, ist nicht zu entscheiden, ob in althochdeutscher Zeit die Kugelgestalt des Augapfels tatsächlich bekannt war. Dagegen könnte sprechen, dass bei der Verwendung von ougaphul und aphul, seha und seho anscheinend nicht immer deutlich zwischen Augapfel und Pupille unterschieden wurde. Da es im Althochdeutschen keine gesonderte Bezeichnung für die Iris gibt, steht zu vermuten, dass die farbige Regenbogenhaut als Teil der Pupille oder des Augapfels mitgemeint wurde. Je einmal bezeugtes swanpuga "Pupille' und wi^ouga 'das Weiße im Auge' stammen aus der selben Handschrift und haben als schematische Lehnübersetzungen sicherlich keinen Anteil an der Sprachwirklichkeit. Sehr vielfältig ist das Bezeichnungsinventar im Bereich von Augenlid, Augenwimper und Augenbraue. Die Übergänge zwischen den Bereichen sind fließend. Geht man vom Alter der Bezeichnungen aus, so stehen sich zunächst brä, bräwa und das Kompositum wintbräwa gegenüber. Ahd. brä, bräwa gehören als Konkreta zu germ. *brashm-/braegwö- Wimper, Braue,' und damit zum starken Verb germ. *bregda- 'zücken', das älteres *brü, brüti ersetzt. Die im Althochdeutschen nicht bezeugten germ. *irw-Bildungen (ae. brü "Braue; Lid, Wimper', aisl. bnin 'Braue') waren ursprünglich Bezeichnungen für die über den Augen befindliche Skelettwölbung sowie der darauf wachsenden haarigen Umrandung der Augenbrauen und standen im Gegensatz zu der von idg. *bherek-\ bhrek- abgeleiteten ursprünglichen Bezeichnung des mobilen, sich ruckweise bewegenden Augenlids (ein- oder ausschließlich der Wimpern). Der lautliche Anklang und die begriffliche Nähe haben im Laufe der Zeit zur kompletten Vermischung beider Wörter geführt, der Fortsetzer von germ. *brü dürfte im Althochdeutschen mit brä, bräwa zusammengefallen sein. Ahd. bräwa bedeutet zunächst also "Wimper', da 'zucken' kaum auf die fest angewachsene Braue bezogen ist. Im Althochdeutschen erscheint erst bei NOTKER und beim NOTKER-GLOSSATOR brauua auch in der Bedeutung 'Augenbraue'. Die Herkunft aus germ. *bregda- 'zücken' war nun nicht mehr durchsichtig. Die Vermischung der Bedeutungen und der Untergang von germ. *brü haben dann zur Bildung eines neuen Kompositums geführt, das zunächst eindeutig die Au-

Qualität und Dynamik des Blickes. Man vergleiche S. SCHROER - TH. STAUBLI, Die Körpersymbolik, S. 117f.

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Die Auswertung des Wörterbuches

genbraue bezeichnet. Es handelt sich um ahd. wintbräwa, dessen Bestimmungswort mint- zu winden in der Bedeutung 'schief, gebogen' gehört. Da wint- in dieser Bedeutung aber schon früh isoliert stand und vermutlich nicht mehr durchsichtig war, erscheint schon bald das Syntagma obara bräwa, das im Laufe der Zeit auch als Kompositum obarbräwa 'Augenbraue' fest wird. Die Verteilung lat. alia = bräwa "Wimper, Augenlid' und superäüa — opara brauua oder wintbräwa 'Augenbraue' gilt dann bis ins späte Althochdeutsche und gerät erst bei NOTKER und in den GLOSSAE SALOMONIS erneut in Unordnung. Ahd. wintbräwa ist im Neuhochdeutschen zu Wimper umgestaltet worden und hat seinen Bezeichnungsbereich damit mit Braue getauscht. Der dritte Bezeichnungsbereich, das Augenlid, wird nicht immer von den Augenwimpern unterschieden. Es kann mit bräwa bezeichnet werden, häufiger findet sich aber das Kompositum skgebräwa, das zum starken Verb germ. *staha- 'schlagen' gehört und das obere, bewegliche Augenlid bezeichnet, einmal auch unter Einschluss der Wimpern. Es scheint sich um ein oberdeutsches Wort zu handeln, in zwei späten fränkischen Handschriften erscheinen dann erstmals auch ougafel und ouglid als Bezeichnung des Augenlides. Beide Komposita sind eindeutige Bildungen, deren Grundwörter fei 'Haut' und germ. *h!ida- "Verschluss' keine Verwechslung mit Wimpern und Brauen eröffnen. Ebenfalls in der Bedeutung 'Augenlid' erscheint oug(en)bräwa, auffälligerweise auch in einigen Körperteilglossaren. Es knüpft an bräwa in der Bedeutung Wimper, Augenlid' an und ist wohl in Verbindung mit ouga- als verdeutlichendes Kompositum anzusehen, das die Bezeichnung als Braue ausschließen sollte. Da aber das Problem gerade darin bestand, dass bräwa nicht mehr eindeutig zuzuordnen war, treten außerhalb der Körperteilglossare wiederum auch die Bedeutungen 'Augenwimper' und 'Augenbraue' auf. Im weiteren Verlauf der Entwicklung wird es folgerichtig gemeinsam mit bräwa ganz zur Bezeichnung der Augenbraue verwendet. Die Bezeichnungen im Bereich von Braue, Wimper und Lid sind also schon in voralthochdeutscher Zeit in Bewegung. Die Wandlungen, die schließlich zu einem kompletten Tausch der Bedeutungen fuhren, sind in althochdeutscher Zeit in vollem Gange. Innerhalb dieser Veränderungen ist es um so bemerkenswerter, dass die heute gültigen Bezeichnungen selbst, also Braue, Augenbraue, Wimper und Augenlid. bräwa, ougenbräwa, wintbräwa und ouglid im Althochdeutschen allesamt schon vorhanden waren. Als zusätzliche Differenzierung erscheint schließlich einmal ougring bei HILDEGARD VON BINGEN zur Bezeichnung des Bogens, der die Augenhöhle begrenzt und die Braue trägt. Ein Glossenbeleg des 11. Jahrhunderts bezeichnet mit ougstal die Augenhöhle. Dagegen gibt es im Feld von Auge, Braue und Lid eine kleine Parzelle, die im Neuhochdeutschen nicht mehr eigens bezeichnet wird. Es handelt sich um die Stelle zwischen den Augenbrauen, die in anderen Kulturen auch als das „Dritte Auge" bekannt ist. Sie zählt zu den sieben Energiezentren des Körpers. In der jüdischen Tradition werden an dieser Stelle Priester und Könige gesalbt; in der

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Bibel ist es die Stelle, wo die Gebote sein sollen, „zu binden zwischen den Augen" (Ex 13,16).509 Die Stelle ist also auch im Frühmittelalter bekannt, als Übersetzung von lat. interäüum erscheinen drei Belege außerhalb der Bibelglossen, nämlich underbrä bei NOTKER, wetanbräm unter den Körperteilglossen des SUMMARIUM HEINRICI und qlere in einem Wiener Körperteilglossar des 12. Jahrhunderts. Die Bildungen haben keine Fortsetzer gefunden, da die Stelle in der westlichen Medizin nicht berücksichtigt wird. Besonders die Bezeichnungen für Augenbrauen und Augenlider mit den Wimpern entwickeln in althochdeutscher Zeit eine große Dynamik. Zur Differenzierung und Abgrenzung der Gegenstandsbereiche werden neue Komposita gebildet, die das Körperteil nach der Form {ougring, wetanbräwa), nach der Lage (obarbräwa, underbra), nach der Funktion {ouglid, slegebräwa) oder nach der Beschaffenheit iougafel) eindeutig bezeichnen sollen. B. 5 Ohr Für das Ohr herrscht konkurrenzlos ahd. öra Ohr'. Daneben überrascht die Existenz von drei verschiedenen Bezeichnungen für das Ohrläppchen bzw. den Ohrknorpel: örkrosila, örlappa und örspinna. Eine Erklärung liefert auch hier wieder die biblische Tradition. Auf dem rechten Ohrknorpel salbte man den Priester (Ex 29,20), die vom Aussatz Geheilten werden an dieser Stelle mit Opferblut benetzt (Lv 14,14).510 Die Metapher örlappa lebt als Ohrläppchen bis heute fort. B. 6 Nase Ahnlich liegen die Verhältnisse auch im Bereich der Nase. Hier gilt konkurrenzlos nasa "Nase*. Daneben erscheinen auch nasakrustila und nasakrosila für den Nasenknorpel, der vielleicht beim Bruch der Nase in das Blickfeld geriet. Auch naseloch für das Nasenloch ist bezeugt. Die Nase gewinnt ihre symbolische Bedeutung durch die Vorstellung, dass Gott den Menschen Leben in Form von Atem eingehaucht habe. Solange ein Mensch lebt, geht dieser Atem durch die Nasenlöcher ein und aus.511 B. 7 Mundraum Für den Bereich des Mundraumes finden sich Bezeichnungen für den Mund, die Lippen, die Zunge, das Zahnfleisch, den Gaumen mit den Gaumenmandeln und den Rachen. Wie bei Auge, Ohr und Nase gibt es auch für den Mund und die

509 Man vergleiche J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 78. Siehe auch die Abbildungen in: Orientalische Medizin, S. 31 und 69. 510 Zu diesen und weiteren Funktionen, so etwa zum Verstopfen des Ohres mit dem Ohrläppchen, um nichts Unwürdiges hören zu müssen siehe ebd. S. 86. 511 Siehe S. SCHROER-TH. STAUBLI, Die Körpersymbolik, S. 105; siehe auch B. La Farge, 'Leben' und Seele', S. 48.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Zunge jeweils nur eine Bezeichnung, die im gesamten Sprachgebiet gilt und sich bis heute fortgesetzt hat: ahd. muttd und ahd. t^tnga. Im Bereich des Zahnfleisches konkurrieren dagegen zwei, im Bereich der Lippe sogar drei Lexeme. Für das Zahnfleisch gilt bis in spätalthochdeutsche Zeit noch ausschließlich bilarn, das sowohl für das Zahnfleisch als auch allgemeiner für die mit Zahnfleisch überkleideten und mit den Zähnen besetzten Kieferrändern verwendet wird. Das Wort ist bereits im 8./9. Jahrhundert bezeugt und gehört zu den althochdeutschen Körperteilbezeichnungen mit der höchsten Gebrauchsfrequenz. Man darf daher auf eine weite Verbreitung von Erkrankungen des Zahnfleisches schließen, da hier andere Verwendungsmotive nicht in Sicht sind. Das Wort steht allerdings völlig isoliert und dürfte schon für die Sprecher des Althochdeutschen nicht mehr durchsichtig gewesen sein. Nachdem in spätalthochdeutscher Zeit ein neu motiviertes Kompositum wie spndfleisch gebildet wurde, das erstmals in einer SUMMARIUM HEINRICI-Handschrift und einem weiteren späten Sachglossar erscheint, geht die kommunikative Karriere von ahd. bilarn, mhd. bikrn langsam zu Ende. Als Bezeichnung für die Lippe stehen sich im Althochdeutschen l e f f u r , kfs und lefso gegenüber, für die kein Bedeutungsunterschied festgestellt werden kann. Alle drei können vermutlich sowohl die menschliche Lippe, wie auch die tierische Lefze bezeichnen. Einzig kfs, das auch die höchste Gebrauchsfrequenz erzielt, kommt in den Körperteilglossaren vor.512 Stärker differenziert ist auch der Bereich von Gaumen, Rachen und Schlund. Da diese Körperregion von außen betrachtet als Teil von Kehle und Hals aufgefasst werden konnte, sind fast alle Lexeme zugleich auch zur Bezeichnung der Kehle, bzw. des inneren Hohlraumes des Halses verwendet worden. Diese Übergänge werden im Abschnitt „Hals und Kehle" beschrieben. Als Bezeichnung für den Gaumen erscheinen gumo, goumo und huriwa. Häufig bezeugt sind goumo und hüriwa, letzteres allerdings nur in alemannischen und bairischen Handschriften des ausgehenden 10. und des 11. Jahrhunderts. Im Unterschied zu goumo erscheint es stets in der Bedeutung 'Gaumen'. Eine Ausweitung der Bedeutung auf 'Kehle* erfolgt nicht. Für das Gaumenzäpfchen finden sich als spezielle Bezeichnung blat und üvo. Als Bezeichnung für den Rachen, das heißt für den gesamten Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund gilt rahho, nur einmal bezeugt ist daneben auch gino. Für die Rachenmandeln erscheinen druos, druonlm und einmal inergierde. Als Bezeichnung für den Schlund, der den hinteren Teil des Mundraumes mit dem Anfang der Speiseröhre im Hals umfasst, finden sich slmt und einmal bei Notker bezeugtes s/üb. Im Bereich des Mundraumes dominieren alte, im Althochdeutschen nicht mehr durchsichtige Simplizia. Nur für das Gaumenzäpfchen treten mit blat als

512 Man vergleiche auch N. WAGNER, Ahd. ießur ·. kfs.

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metaphorische Bezeichnung nach der Form und üvo als Lehnwort neue Simplizia hinzu. Als neugebildetes Kompositum erscheint einzig ahd. :ymdfleisc als Zusammensetzung zweier alter Körperteilbezeichnungen als durchsichtige Kennzeichnung der Lage des Körperteils. B. 8 Zähne Für die Zähne gelten als Sammelbegriff ahd. %an und %and. Das Nebeneinander beider Formen, für das keine räumliche oder zeitliche Verteilungsregel auszumachen ist, erklärt sich durch die Verallgemeinerung zweier unterschiedlicher Kasusformen (sieh dazu im Wörterbuch unter χαη). Ein Bedeutungsunterschied besteht daher nicht. An einzelnen Zähnen wird unterschieden der Backenzahn: chinne^an als häufigste Bildung, sowie backo^and, kewel,\ kinnistoc, stoc und marc^an. Der Eckzahn: vahen^and, huntes^and und winkil^and. Der Schneidezahn: varro^and, vorderhand und scharpfzpnd. Der Milchzahn: kindes^and. Mit Ausnahme von chinne^an und backovpnd handelt es sich bei allen Lexemen um seltene, meist Einzelbelege. In den ältesten Handschriften und auch in den meisten Körperteilglossaren gilt chinneipn, doch wird es, vermutlich wegen der schwankenden Bedeutung von ahd. kinni, im SUMMARIUM HEINRICI und der folgenden Zeit durch das eindeutiger motivierte backo^and ersetzt. Alle übrigen Lexeme sind in nachalthochdeutscher Zeit untergegangen. Unter den Komposita dominieren Bezeichnungen nach der Lage (ibackospnd, vorderhand, kinnistoc, chinne^an, wintdl^and) und nach der Qualität (scharpf%and und wohl auch vähen^pnd, huntes^and, kindesyand und man^ati). C. Hals und Kehle Im Bereich von Kehle und Hals gilt als umfassende Bezeichnung für den gesamten Bereich, einschließlich der hinteren, in die Schultern einmündenden Partien, die Bezeichnung hals. Als Bezeichnung für den oberen Teil der Wirbelsäule, also vermutlich der Halswirbelsäule findet sich in einem späten Körperteilglossar auch einmal houbitsül. Stärkere Differenzierung erfährt der Bereich der Kehle, der im Gegensatz zum Hals nicht nur die äußere Erscheinung als Verbindung zwischen Kopf und Oberkörper meint. Hier wird unterschieden zwischen der äußerlich sichtbaren, fleischigen Partie des Halses und dem inneren Hohlraum, in dem Luft- und Speiseröhre liegen. Auch in altorientalisch-biblischer Tradition umfasst die Kehle nicht nur den sichtbaren Körperteil, sondern ebenso die hörbare, rufende Kehle, die begierige, hungrige und durstige Kehle und die verschlingende und nach Luft schnappende Kehle. Sie wird so zum Symbol des bedürftigen, begehrenden Menschen. Im Hebräischen verschmelzen Kehle und Atem, als die wichtigste Nahrung des Menschen, zu ein und der selben Bedeutung. Die Kehle erscheint in

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Die Auswertung des Wörterbuches

dieser Tradition als der Sitz der grundlegenden Lebenskraft, ja der Seele selbst.513 Der Bereich wird auch heute zu den sieben Energiezentren des Körpers gezählt. Dies könnte den hohen Bezeichnungsbedarf in dieser Körperregion im Althochdeutschen erklären. Zur Bezeichnung der Kehle als äußerliches Verbindungsstück beim Zusammentreffen von Kinn und Hals am Kopf, unter Ein- oder Ausschluss des inneren Hohlraums können kela, kelabrät, keloro, kelur, dro^a, giumo, goumo und gurgula verwendet werden. Für den inneren Hohlraum mit Luft- und Speiseröhre stehen droiga, kela, goumo, gurgula, querca und quertala zur Verfügung. Die Bezeichnungen können nicht eindeutig zu einem Bereich zugeordnet werden. Zudem gehört die Mehrzahl der Belege für goumo und gurgula zum Bereich des Mundraumes. Die Häufigkeit der Lexeme und ihrer Verwendungsweisen lässt vor dem Hintergrund der Struktur des Wortfeldes immerhin tendenziell eine Zuweisung der Lexeme zu je einem zentralen Bezeichnungsbereich zu. Vergleicht man zunächst die beiden häufigsten Lexeme, so gelten kela und seine Varianten insbesondere für die Kehle als Ganzes, die Wörter können aber pars pro toto auch für die übrigen inneren und äußeren Partien der Kehle verwendet werden. Demgegenüber liegt der Bedeutungsschwerpunkt bei drovga eindeutig auf den inneren Bereichen von Gurgel und Luftröhre. Von den übrigen Wörtern hat vor allem das Lehnwort gurgula eine etwas höhere Gebrauchsfrequenz. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf den inneren Halspartien, neben der Gurgel wird aber hier die Speiseröhre bezeichnet. Für die Speiseröhre gelten ebenfalls slüh und slunt, wenngleich unter Betonung des Anfangspunkts in der Mundhöhle. Diese beiden Wörter markieren wie goumo und gurgula den Übergang zwischen den Feldern „Mundraum" und „Hals und Kehle". In unspezifischer Weise für den inneren Hohlraum der Kehle werden zudem noch querca und quercala verwendet. Ohne Bedeutungsüberschneidung mit kela stehen in diesem Feld nur vier Lexeme, die vermutlich zur Bezeichnung der Luft- und der Speiseröhre verwendet werden. Das häufige und schon voralthochdeutsch bezeugte weisunt, sowie einmal ätumdrosga und mntädra für die Luftröhre, schließlich sluntbein für die Speiseröhre. Ahd. weisunt und ιvintädra übersetzen lat. arteria und stehen so auch in Verbindung mit dem Wortfeld „Gefäße". Die Belege verdeutlichen, dass in frühmittelalterlicher Zeit noch keine Sicherheit bei der Funktionsbestimmung und Funktionsweise der Luftröhre gegeben war. Ihren Platz im Wortfeld „Hals und Kehle" haben die Wörter aber dennoch bereits eingenommen. Mehrheitlich handelt es sich um alte, im Althochdeutschen nicht mehr transparente Simplizia. Wie bei den Bezeichnungen für das Gaumenzäpfchen im Bereich des Mundraumes sind es auch hier wieder die nicht äußerlich sichtbaren, kleineren Teile des Körpers, die erst in althochdeutscher Zeit mit neu gebildeten

513 Siehe S. SCHROER - Th. STAUBU, Die Körpersymbolik, S. 62-64 sowie die Abbildungen in: Orientalische Medizin, S. 31 und 69.

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durchsichtigen Komposita bezeichnet werden. Hervorzuheben sind ätumdrosga und wintädra für die Luftröhre als Bezeichnung nach der Funktion, sowie sluntbein für die Speiseröhre als Bezeichnung nach der Lage. D. Oberkörper (ohne sekundäre Geschlechtsmerkmale) Im Althochdeutschen fehlt ein Wort, das den Oberkörper als Ganzen bezeichnet. Unterschieden werden nur größere Regionen, so die Brust, die Schultern mit den Schulterblättern und die Achseln mit dem Übergang zum Oberarm. Dazu kommen Bezeichnungen für Knochen, etwa für die Rippen und das Brustbein sowie für das Zwerchfell und für eine heute weniger beachtete Stelle in der Mitte des Brustkorbes. Für die menschliche Brust in einem nicht geschlechtsspezifischen Sinne gilt allein ahd. brüst. Größere Varianz begegnet im Bereich der Schultern und Achseln. Hier ist mit ahsala 'Achsel, Schulter', auch 'Oberarm' der Übergang zum Feld „Arme" gekennzeichnet. Für den Bereich der Schultern konkurrieren scultira und herti, ahsala und uobsa mit Varianten. Das Leitwort für die Schultern inklusive Schulterblatt ist scultira. Es gilt seit Beginn der Überlieferung in allen Sprachlandschaften und ist Bestandteil fast aller Körperteilglossare. Nur ein einziges Mal wird es als Glosse zu lat. humerus auch auf den Oberarm bzw. den Oberarmknochen ausgedehnt. Ebenfalls gut bezeugtes herti, hartin erscheint im Vergleich seltener und ist auf das bayerische und alemannische Sprachgebiet beschränkt, vor allem in älteren Handschriften. Es glossiert wie scultira meist lat. scapula, spatula und wird ebenfalls nur einmal auch für humerus verwendet. Beide Lexeme beziehen sich allem Anschein nach auf den gleichen Bezeichnungsbereich. Der zweite Bezeichnungsbereich umfasst das Gebiet der Schultergelenke. Es handelt sich um diejenige Stelle, an der sich der Oberarm mit dem Oberarmknochen an der Schulter dreht. Es gilt meist ahsala, das zur Wortfamilie um Achse gehört. Sein Bezeichnungsbereich kann von der Achsel aus nach oben ausgedehnt werden und dann auch als Glosse zu scapula das Schulterblatt und die Schulter einschließen. Zur Verdeutlichung erscheint hier einmal ahsalbein. Wenn die Schulter von der Achsel aus abwärts betrachtet wird, kommt der hintere Teil des Oberarms in den Blick. Für diese Ausdehnung der Achsel nach unten gelten als Glosse zu lat. ala ahd. uohsa und seine Varianten uohsala und uohsana. Im Bereich der Schultern konkurrieren also scultira, herti und ahsala, im Bereich der Achseln mit dem angrenzenden Oberarm ahsala und uohsa mit seinen Varianten. Dazu tritt einmal buog in der Bedeutung 'Schulter, Schulterstück, Schulterblatt'. Ahd. ahsala als „die sich drehende Achse" markiert das Bindeglied zwischen beiden Bereichen. Die ausgeprägte Bezeichnungsvielfalt dürfte für die Wichtigkeit von Schultern und Oberarmen sowohl in der Arbeitswelt, als auch in der medizinischen Praxis sprechen. Dass in Kulturen, in denen das Tragen schwerer Lasten zum Alltag gehört, die menschlichen Schultern differenziert bezeichnet

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werden, zeigen auch die semitischen Sprachen. Dort wird zwischen einem vorderen und einem hinteren Teil der Schulter unterschieden.514 Möglicherweise spiegelt auch das Nebeneinander von herti und scultira diese Tradition, doch lässt sich das aus den belegten Kontexten nicht mehr herauslesen. Auch wird die für diese Unterscheidung aufschlussreiche Bibelstelle (lob 31,22) leider nicht glossiert. In jedem Fall wäre es ungewöhnlich, wenn zwei anscheinend gleichbedeutende althochdeutsche Lexeme bereits in den ältesten Handschriften ohne eindeutige landschaftliche Zuordnung gut bezeugt aufträten. Da Lastenträger ihre Lasten auf der härteren Hinterschulter tragen515 und ahd. herti wohl als Ableitung zur Wortfamilie um hart zu stellen ist, könnte herti ursprünglich die Hinterschulter bezeichnet haben. Ungewöhnlich vielfältig sind auch die Bezeichnungen für einzelne Stellen im Brustraum. Im Bereich der Knochen lassen sich die Bezeichnungen relativ leicht zuordnen, es erscheinen brustbein, brustbeini, brustlefft! und brustktppo in der Bedeutung "Brustbein'. Das mit Abstand häufigste Lexem ist brustleßl, das allerdings als Glosse zu cartilägo 'Knorpel' recht allgemein verwendbar ist. In jüngeren Glossaren erscheinen zur Verdeutlichung je einmal brustbein und brustbeini. Als Glosse zu lat. thöräx erscheint einmal das unklare brustlappo. Unklar ist auch ahd. höhrippe, wohl 'Rippenfett'. Eindeutig ist dagegen die Zuordnung des häufig gebrauchten ribba, rippi zu den Rippen. Eine weitere Gruppe von Bezeichnungen verweist auf einen Raum rechts vom Herzen in der Mitte der Brust, der in heutiger Medizin allenfalls durch das an seinem unteren Rand angesiedelte Zwerchfell Beachtung findet. Das Zwerchfell selbst wird im Althochdeutschen je einmal wohl als vellihhtn sowie mit den undurchsichtigen Bildungen kuc^ktch und kucvfleisch bezeichnet. Da das Zwerchfell auch als Sitz des Lachens galt, gehört das Bestimmungswort vermutlich zu ahd. kutgilön 'lachen'. Das Zwerchfell konnte aber auch im Zusammenhang mit einer etwas größeren Körperregion mitgemeint werden, die durch das Zwerchfell in zwei Hälften geteilt wird. Es handelt sich um das sogenannte Herzzentrum, das als der Sitz der Gefühle und Empfindungen galt. Im Althochdeutschen stoßen wir dabei in der Regel auf verschiedene Lehnübersetzungen und Lehnbildungen zu lat. praecordicr. forahenjda, vorbrust, vorher^, further^?, furiherQ, furiher^tda, inbrust, umbiher^a. Die Stelle gilt in der altorientalisch-biblischen Tradition als der „Sitz des Lebens" und wird auch heute zu den sieben Energiezentren des Körpers gerechnet.516 Die griechisch-römische Antike hielt diese Körperregion für einen der Bereiche, in denen die menschliche Seele wohne. Im T l M A I O S (70b) unterscheidet PLATON verschiedene Seelenbereiche im Körper des Menschen. In hierarchischer Ordnung befinde sich der unsterbliche Teil der Seele im Kopf, der sterbliche 514 Siehe J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 52. 515 Ebd. S. 53. 516 Man vergleiche - trotz einiger missverständlicher Formulierungen - zunächst ebd. S. 120f. Siehe auch die Abbildungen in: Orientalische Medizin, S. 31 und 69.

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unterhalb des Halses. Der sterbliche Seelenteil zerfalle wiederum in einen oberen, von PLATON männlich genannten und in einen unteren, weiblich genannten Teil, der durch das Zwerchfell getrennt wird. Der männliche Seelenteil habe die Aufgabe, zwischen der göttlichen Vernunft und den weiblichen Begierden zu vermitteln, wobei ihm das Herz zu Diensten stehe.517 Diese Sicht liegt lat. praecordia und seinen althochdeutschen Entsprechungen zu Grunde. Die Bedeutung des Bereichs auch in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Medizin bezeugen zahlreiche Erwähnungen in den Arzneibüchern.518 Zur Bezeichnung der häufig verwendeten, äußerlich sichtbaren Körperteile dominieren alte Simplizia. Jüngere Komposita erscheinen zur Bezeichnung der Brustknochen (brustbein, brustbeini nach der Lage sowie brustkffil und brustlappo nach der Form), des Zwerchfells (kuc^leich und kuctfleisch) und für das Herzzentrum als „Sitz des Lebens". Die Übersetzungen von lat. praecordia sind allesamt Bestimmungen der Lage des (vermuteten) Körperteils. E. Obere Extremitäten E.l Arm Zu unterscheiden sind hier Bezeichnungen für den Arm als Ganzen, für den Oberarm, der in die Schultern einmündet, sowie für den Unterarm mit Ellenbogen. Für den gesamten Arm gilt fast konkurrenzlos ahd. arm, nur ganz vereinzelt erscheinen daneben die schwach flektierte Variante armo sowie hant, dessen Bedeutungsbereich von unten ausgehend auch auf den ganzen Arm ausgeweitet werden kann. Dies entspricht auch dem Gebrauch von hebr. jad in den semitischen Sprachen.519 Für den Oberarm können ahsala, uohsa, uohsala und uohsana verwendet werden, die ursprünglich die Achsel mit der Achselhöhle als Drehpunkt bezeichnen und von diesem Punkt auch auf den Oberarm ausgeweitet wurden. Für den Unterarm schließlich steht etna, speziell für den Bogen und den angewinkelten Unterarm steht eÜnbogo zur Verfügung. E. 2 Hände „Die Hand ist der Mensch" soll der Vorsokratiker ANAXIMANDER behauptet haben.520 Jede körperliche Tätigkeit geschieht durch die Hände. So verwundert es nicht, dass auch das Wortfeld „Hand" reich ausgebildet ist. Mit über 1600 Be-

517 Man vergleiche S. SCHROER - Th. STAUBU, Die Körpersymbolik, S. 57f. Sie wird noch heute in ganz Asien als „Sitz des Bewusstseins" angesehen. 518 Siehe dazu vorerst DWB. 12,2,939 u. 12,2,1199 unter Vmimst und Vorherζ Zu lat. praecordia vergleiche man J. ANDRE, Le Vocabulaire, S. 220f. 519 Siehe dazu J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 55; S. SCHROER - T h . STAUBLI, Die Körpersymbolik, S. 171. 520 Siehe S. SCHROER-TH. STAUBLI, Die Körpersymbolik, S. 171.

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legen gehört beispielsweise hebr. jad 'Hand' zu den häufigsten Wörtern der hebräischen Bibel überhaupt.521 Unterschieden werden im Althochdeutschen die Hand als Ganzes, die flache Hand, die hohle Hand, die breite Hand, der Handrücken, der Handballen, die Faust, die linke und die rechte Hand. Für die Hand als Ganzes steht konkurrenzlos ahd. hant. Besonders variantenreich sind dagegen die Bereiche „flache Hand, Handfläche" und „hohle Hand, Handvoll". Man unterscheidet hier also die ebene Handfläche von der hohlen, geöffneten Hand. Mit der Handfläche waren verschiedene Funktionen verbunden.522 Die hohle Hand kann Gegenstände, z.B. Speisen aufnehmen und eröffnet durch die nach oben gekrümmten Finger den Übergang zur Faust (goufena, gousend) und die Verwendung als Maßeinheit. Die flache Hand entspricht in der Regel lat. palma, die hohle Hand lat. ir und vola. Diese Scheidung ist ziemlich fest, einzelne Abweichungen begegnen erst in späten Glossaren und beruhen vermutlich auf Missverständnissen. Für die flache Hand gilt: bnta, flavzga, flatgiu hant,folma, hantbraita, munt, spanna, tenar. Als Leitwort erweist sich munt, das als einziges dieser Gruppe in indoeuropäische Zeit zurückweist. Der einmalige Gebrauch von tenar als 'flache Hand' beruht auf einem Irrtum. Für die hohle Hand gilt: flauet, füst, goufena, gousena, hantbraita, hantfol, inhenti, tenar und tenara. In dieser Gruppe überwiegt tenar, das seinerseits wieder als einziges der Gruppe neben einmal im 9. Jahrhundert bezeugten folma bis in indoeuropäische Zeit zurückverfolgt werden kann. Die Verwendung von füst als "hohle Hand' begegnet nur in Prudentiusglossen und verweist auf die Abhängigkeit der Handschriften untereinander, nicht aber auf einen weiter verbreiteten Sprachgebrauch. Auch die rechte und die linke Hand werden unterschieden. Besonders in den rituellen Vorschriften aller alten Kulturen ist die Unterscheidung von rechts und links, von rechter Hand und linker Hand elementar.523 Für die rechte Hand steht %eso, für die linke Hand gelten winstera, einmal erscheint daneben im Abrogans auch lenca. Es bleiben noch die Bereiche Faust, Ballen und Handrücken. Zur Bezeichnung der Faust gilt fast ausschließlich ahd. füst, dessen Vorläufer in vorgermanische Zeit zurückführen. Ein später mittelfränkischer Beleg bietet daneben g n f f e - Auch goufena und gousana, die mehrheitlich die hohle, geöffnete Hand bezeichnen, können vereinzelt zur Bezeichnung der Faust herangezogen werden. Für den Handballen und den Handrücken stehen mit bal, ballo und rist nur je eine Bezeichnung zur Verfügung. Beide Lexeme sind altererbt, treten aber in der Überlieferung des Althochdeutschen nur vereinzelt auf. 521 Ebd. 522 J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 56. Siehe auch M. JANDA, Die hohle und die geschlossene Hand. 523 Siehe dazu auch S. SCHROER - Th. STAUBU, Die Körpersymbolik, S. 180f.

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Der hohe Grad an Differenziertheit wird fast ausschließlich durch Simplizia erreicht. Das Feld war offensichtlich in althochdeutscher Zeit schon so stark besetzt, dass Neubildungen nicht erforderlich schienen. E.3 Finget Auch die verschiedenen Finger sind im Althochdeutschen durch unterschiedliche Bezeichnungen stark vertreten. Das Interesse verdankt sich hier wieder vermutlich nicht allein den alltäglichen Gebrauchsfunktionen dieser Körperteile, sondern ebenso den verschiedenen symbolischen Verwendungsweisen der Finger im Bibeltext. So hat Moses mit dem Finger Gottes eine politische Macht besiegt (Ex 8,15), und Jesus vertreibt mit dem Finger Gottes die Dämonen - und wo das geschieht, bricht das Reich Gottes an (Lc ll,19f.). Die frühmittelalterlichen Kirchenväter deuten den Finger fast durchweg als Symbol des Heiligen Geistes.524 So ist auch ftngar, konkurrenzlos als Bezeichnung fur den unspezifisch gebrauchten Finger eine der häufigsten Körperteilbezeichnungen in althochdeutscher Zeit. Nur einmal erscheint daneben fornönti als 'Finger' im Sinne von „das vorne befindliche Glied" im Abrogans. Die einzelnen Finger werden nach ihrer Form (dümo, tangmar), nach ihrer Lage (metamösto, mittarösio, mittiläri) oder nach ihrer Funktion bezeichnet (arswisc, goldfinger, goldtrago, quetifingar, tähhi, muosfinger; örfingar sowie ^eigäri und Varianten). Eine herausragende symbolische Funktion kommt unter den einzelnen Fingern allein dem Daumen zu. Vom ihm als dem kräftigsten der Finger glaubte man, er sei mit übersinnlichen Kräften begabt.525 So ist es auch mit ahd. dümo eine Bezeichnung für den Daumen, das als einziges Lexem des Feldes bis in indoeuropäische Zeit zurückreicht. Ahd. doub und doum sind daneben zwei nur je einmal spät bezeugte Entsprechungen, die die Alleingültigkeit von dümo nicht berühren. Auch für den kleinen Finger ist mit ötfinger nur eine Bezeichnung gültig. Sie erscheint jedoch nur im SUMMARIUM HEINRICI und übersetzt Isid. 11,1,71: „weil wir uns mit ihm am Ohr kratzen". Allerdings scheint er auch eine Rolle in Zauber und Weissagung zu spielen.526 Eine andere Funktion, nämlich das Reinigen des Afters mit dem Mittelfinger der linken Hand, fuhrt zur Bezeichnung des Mittelfingers als arswisc, daneben ebenfalls je einmal belegtes langmar, metarösto, mittarösto und mittiläri zielen auf die Form, bzw. die Lage des Fingers in der Mitte des Fingerkranzes. Anders beim Zeigefinger. Hier dominiert auch im Althochdeutschen die Zeigefunktion. Es konkurrieren je einmal quetifingar, yeigl, trugen sowie ^eigäri, das dreimal seit ältester Zeit und auch im SUMMARIUM HEINRICI bezeugt ist. Daneben weist ahd. muosfinger auf die Möglichkeit hin, das Essen mit dem Zeige -

524 Siehe ebd. S. 192f. 525 Siehe HWdA 2,174f., J . PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 57f. 526 HWdA. 2,1490f.

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finget der rechten Hand einzunehmen. Paralleles muotfinger ist wohl nur eine Umdeutung oder Verschreibung. Eine besondere medizinische Funktion wird dem Ringfinger zugeschrieben. Da von ihm aus eine Ader direkt zum Herzen führe, sei er besonders geeignet, um heilkräftiges Gold zu tragen. Es konkurrieren goldßnger (SUMMARIUM HEINRICl) und goldtrago (GLOSSAE SALOMONIS). Beide Bezeichnungen setzen sich im Mittelhochdeutschen fort. Schon im Lateinischen galten flir den Ringfinger unter anderem Bezeichnungen wie medicus oder medicinalis. Dies hat in einem Fall auch zur Verwendung des Wortes lähhi, eigentlich 'Arzt', für den Ringfinger geführt. Schließlich begegnen für den Fingernagel sehr häufig noch ahd. nagal und zweimal chläwa, das anfangs noch unspezifisch für Mensch und Tier gebraucht werden konnte sowie - allerdings unsicheres — kubih im Sinne von Fingerkuppe. Das Wortfeld zeigt, dass äußerlich sichtbare, mit Gebrauchsfunktionen belegte und zugleich noch symbolisch aufgeladene Körperregionen im Althochdeutschen besonders differenziert glossiert werden. Der hohe Anteil an nur einmal bezeugten Bildungen deutet aber zugleich darauf hin, dass wohl nur ein Teil von ihnen dem Grundwortschatz des Althochdeutschen zuzuordnen wäre. Häufiger bezeugt sind allein ftngar, dümo und nagel sowie bei mittlerer Frequenz %eigäri, arswisc, goldßnger und ötfinger. So kristallisiert sich bis zum Ende der althochdeutschen Zeit über die Gebrauchsfrequenz eine Leitform für jeden einzelnen Finger heraus. F. Untere Extremitäten F. 1 Beine Für das Bein erscheint ahd. beirt sicher bezeugt nur bei WILLIRAM VON EBERSBERG und in einigen späten Körperteilglossaren. Es handelt sich um eine Bedeutungsübertragung von ahd. beiti 'Knochen', die nahe lag, weil die größten Knochen des menschlichen Körpers die Schenkel- und Beinknochen sind (vgl. lat. os /ηαίοή. Ein anderes Wort für das Bein hat sich im Althochdeutschen nicht herausgebildet. Keinen unmittelbaren Bezeichnungsbedarf scheint es auch im Hebräischen gegeben zu haben, wo reget' Fuß' auch auf das ganze Bein ausgeweitet wurde.527 Dies ist für ahd. ßo% jedoch nicht nachzuweisen. Das Bein in seiner ganzen Ausdehnung scheint im Althochdeutschen erst in anatomischen Zusammenhängen eine Rolle zu spielen. Es hat auch im biblischen Umkreis keine gesonderte symbolische Funktion. Stärker differenziert sind jedoch die Bezeichnungen für die verschiedenen Abschnitte des Beins: Zu unterscheiden sind:

527 Man vergleiche J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 60. Das Gleiche lässt sich noch heute im Bayerischen beobachten.

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1. die Hüfte als der am menschlichen Körper zwischen den letzten Rippen und den Schenkeln befindliche äußere, etwas hervorgehobene Teil, der die benachbarten Schenkelpartien mit umfassen kann 2. der Oberschenkel 3. das Knie 4. der Unterschenkel und die Waden. Die Hüftregion markiert den Übergang zum Unterleib. Ein Unterschied zwischen der Hüfte im Allgemeinen und dem Hüftknochen ist bei den meisten Belegen nicht ersichtlich. Insgesamt erscheinen im Althochdeutschen: deoh, hoffo, huf, hupein und isbein. Ahd. huf und hufbein bezeichnen eher den Knochen, deoh und isbein eher die Hüfte als Ganze, mal mit, mal ohne den Knochen. Die höchste Gebrauchsfrequenz haben deoh und huf, nur letzteres ist altererbt, fur deoh und isbein ist zumindest eine germanische Etymologie nachweisbar. Zur Bezeichnung des Oberschenkels begegnen erneut deoh und isbein. Auch in der Bedeutung 'Oberschenkel' hat deoh im Feld die höchste Gebrauchsfrequenz. In Abgrenzung zur Bedeutung 'Hüftbein' erscheinen deohbräto und schon voralthochdeutsch deohskenkil als verdeutlichende Komposita. Die übrigen Wörter sind selten und spielen keine weitere Rolle. Bemerkenswert sind allerdings das einmal im ABROGANS als Glosse zu lat. femur bezeugte ubarkniuwi, das sich trotz seiner klaren Motivation nicht durchgesetzt hat und das in den GLOSSAE SALOMONIS überlieferte muriot, das vermutlich aus dem Keltischen oder einer anderen ehemals benachbarten Sprache endehnt ist. Für das Knie dominiert, wenn auch nicht mit Alleingültigkeit, ahd. knio. Daneben erscheinen zwei weitere Lexeme, die allerdings nicht das Knie mit der Kniescheibe allein, sondern darüber hinaus auch die Kniekehle mit den darüber und darunter liegenden Schenkeln und Waden mitbezeichnen: ahd. hammo und riho. Speziell für die Kniescheibe gelten reich bezeugtes kniorada, kniorado, knioskiba und selten, kniorad. Das Knie wird im biblischen Kontext vielfach verwendet und ist symbolisch aufgeladen, da es die Knie sind, die sich im Gebet vor Gott beugen.528 Der letzte Bereich, die Region von Unterschenkel, Wade und Schienbein, ist ebenfalls vielfältig besetzt. Wie gesehen gilt ahd. hamma für die Kniekehle, aber auch für Schenkel und Wade. Das häufigste Wort speziell für den vorderen Teil, also für das Schienbein und den Unterschenkel, ist skincha bzw. skincho, das häufigste Wort für den hinteren Teil, also für Wade und Unterschenkel, ist wado bzw. ivada. Ausschließlich für das Schienbein scheinen scina und scinabein sowie die jeweils einmal bezeugten späten Neubildungen kniebein und menschenbein zu gelten. Komplementär dazu für die hintere Seite erscheint einmal widarbeini in der Bedeutung "Wadenbein' als der gegenüber (ahd. ινίάαή dem Schienbein liegende Röhrenknochen als Kennzeichnung der Lage des Knochens. Da viele Bezeich528 Man vergleiche J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 62.

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Die Auswertung des Wörterbuches

nungen gleichermaßen auf Fleisch und auf Knochen bezogen werden, entstehen neue Komposita auf -bein in der Bedeutung 'Knochen', die den Bezeichnungsbereich dann erst, meist ebenfalls als Kennzeichnung der Lage, eindeutig festlegen. Metaphorische Bildungen nach der Form bestimmen dagegen die Bezeichnung der Kniescheibe: kniorad, kniorada, kniorado und knioskiba. F. 2 Füße Im Mittelpunkt steht ahd.fuo^ als Bezeichnung für den ganzen Fuß. Er gehört wie die Hand zu den häufig erwähnten Körperteilen in den biblischen Büchern und ist symbolisch stark aufgeladen als Zeichen der Unterdrückung und Demütigung.529 Anders als beim Bein gibt es einen großen, über das rein Anatomische hinausreichenden Bezeichnungsbedarf. Die bezeichneten Regionen des Fußen sind: 1. Die Fußsohle mit ahd. afietflasga, fuo^sola, sola, stapho und treno. Sie ist als der Punkt, an dem der Mensch den Boden berührt, also „geerdet" wird, ebenso bedeutsam wie als medizinischer Punkt, wo er noch heute in der Fußreflexzonenmassage geläufig ist. Häufig bezeugt ist das lateinischen Lehnwort sota, das daneben auch in der Bedeutung 'Sandale* erscheint. Als verdeutlichendes Kompositum bildet HILDEGARD VON BINGEN daher zuerst fuo^sola. Auch die übrigen Lexeme sind nur ein oder zweimal bezeugt und setzten sich nicht durch. Einmal bezeugtes treno ist vermutlich ebenfalls ein Lehnwort, aber aus dem Keltischen oder einer anderen, unbekannten benachbarten Sprache. 2. Der Fußballen mit ahd. bal, ballo. Das Wort ist nur im SUMMARIUM HEINRICI überliefert. 3. Die Fußhöhle mit ahd. scröto. Diese spezielle Bezeichnung für die Vertiefung der Fußsohle ist nur einmal bezeugt. 4. Die Ferse und die Hacke mit ahd.fersna,fle^a, hacka, stdroht. Mit sehr hoher Gebrauchsfrequenz erscheint hier nur altererbtes fersna. Die übrigen Lexeme sind nur einmal erwähnt. Zur Bezeichnung der Fuß- bzw. Achillessehne finden sich darüber hinaus häcbsina und einmal enkikng. Ahd. hächsina scheint jedoch vor allem auf die Sehnen von Pferden bezogen zu sein und hat sogar mit ahd. hachsenen in der Bedeutung 'Pferde durch Zertrennen der Fußsehnen lähmen' eine schwache Verbalbildung hervorgebracht. 5. Der Fußknöchel bzw. das Fußgelenk mit ahd. ankala und anchläo, encha, enkil und enketin. Im Mittelpunkt steht das häufig verwendete enkil, doch gehören alle Bezeichnungen für den Fußknöchel zur gleichen Wortfamilie um ahd. anka. Es dominieren alte Simplizia. Einzig im Bereich der Fußsohle konkurrieren durchsichtige Komposita wie aftetfasga und fuo^sola als Kennzeichnung der Lage des Körperteils.

529 Siehe S. SCHROER- TH. STAUBLI, Die Köipersymbolik, S. 208f.

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F. 3 Die Zehen Das Leitwort für die Zehe, insbesondere für die große Zehe, ist ahd. %eha. Das Wort ist alt, findet aber keinen außergermanischen Anschluss. Daneben tritt ahd. dümo als Glosse zu lat. pollex 'Daumen, Zehe' in beiden Verwendungsweisen auf. In vielen Glossaren ist nicht sicher zu entscheiden, welche Bedeutung vorliegt. Als spezielle Kennzeichnung der großen Zehe erscheint einmal als Kompositum, einmal als unfeste Nominalgruppe meistargha bzw. %ehi maisteo. G. Rücken Für den Rücken gilt ahd. ruggi konkurrenzlos im ganzen Untersuchungszeitraum und Untersuchungsgebiet. Es reicht als einziges Lexem des Feldes in indoeuropäische Zeit zurück. Daneben ist nur im SUMMARIUM HEINRICl die Variante ruggo bezeugt. Ältere Handschriften des 8. und 9. Jahrhunderts bieten je einmal aflanonitg, hintanontig, bah und pahho, die sich im weiteren Verlauf nicht durchgesetzt haben. Das jüngere Erfurt/Marburger Körperteilglossar, das viele Komposita enthält, zeigt ruggelende. Als spezielle Bezeichnung für die Taille erscheinen gurtil und das bisher wohl meist falsch gedeutete mittidwerahi. Die Bedeutungsangabe 'Körpermitte' oder 'Rücken' für die Glosse zu lat. dorsum 'Rücken, Rückgrat' würde das Lexem unspezifisch in das Feld setzten, erst etymologisch aufgehellt - als Kompositum aus mitti und dwerah - findet es seinen Platz. Im Kontext lautet die Stelle (III Rg 12,10): „Mein kleiner Finger ist dicker als der Rücken meines Vaters." Der Glossator wählt zur Übersetzung von lat. dorsum nicht ruggo, ruggi oder pahho, sondern interpretiert den Vergleich mit dem kleinen Finger sehr scharfsinnig als Vergleich mit der schmälsten Stelle des Oberkörpers, der Taille, als das in der (Körper-)Mitte (zu ahd. mitti) quer (zu ahd. dwerah) Liegende. Da es sich bei mittidwerahi vermutlich um eine Ad-hoc-Bildung handelt, spricht einiges dafür, das die etymologische und aktuelle Bedeutung hier zusammenfallen. Da ruggi sowohl den Rücken, als auch die Wirbelsäule bezeichnen kann, lassen sich beide Bereiche nicht klar trennen. Zur Verdeutlichung wurden daher schon früh Komposita eingesetzt, wenn die Wirbelsäule ausschließlich bezeichnet werden sollte: ruggibein, ruggtbeini, in der jüngeren, nicht mehr althochdeutschen Überlieferung des SUMMARIUM HEINRICl dann auch rückeknoche. Zur Abgrenzung von ruggi 'Rücken' erscheint in einem späten Glossar auch einmal grät "Wirbelsäule', das in nhd. Rückgrat fortlebt. Für zwei Punkte der Wirbelsäule findet sich, abgesehen von dem bereits unter C. behandelten houbitsul 'Halswirbelsäule', eine spezielle Bezeichnung. Je einmal für das Kreuzbein ahd. lendenbein und für den Dornfortsatz des 7. Halswirbels ahd. obarösto. Auch in diesem Feld sind es wieder vor allem die Knochen, die erst in althochdeutscher Zeit, und dann mit durchsichtigen Komposita zur Kennzeichnung der Lage des Knochens, bezeichnet werden.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Η. Unterleib Im Bereich des Unterleibes können fünf Bezeichnungsbereiche unterschieden werden: 1. Der Unterleib allgemein 2. Bauch mit Bauchfell und Bauchfettgewebe 3. Lenden, Hüfte und die Seite des Körpers 4. Gesäß 5. Nabel Als allgemeine Bezeichnungen für den Unterleib erscheinen glenki, lenkt, Hb und nidarbruoches. Sie treten erst in althochdeutscher Zeit auf. Häufig bezeugt ist allein lenkt, das als Ableitung von Ltncha "Lende, Weiche, Seite, Hüfte' verhüllend auch auf den Unterleib bezogen werden konnte. Ahd. lib erscheint in diesem Feld nur einmal im Zuge des Überganges von der Bedeutung "Leben, Lebenskraft* zu der erst mittelhochdeutsch belegten Bedeutung 'Körper'. Für den Nabel gilt ausschließlich ahd. nabib. Es gehört zu den im Althochdeutschen am häufigsten verwendeten Körperteilbezeichnungen. Allerdings ist die Überlieferung fast ausschließlich auf Glossenbelege beschränkt. Hier gab es viele Anlässe auch zur symbolischen Verwendung des Wortes, denn der Nabel gilt als der Mittelpunkt und erscheint biblisch meist übertragen als „Nabel der Erde". Auch das Wachstum eines Kindes im Mutterleib dachte man sich als vom Nabel ausgehend.530 Zudem wird der Nabel in medizinisch-energetischer Hinsicht zu den sieben Energiezentren des menschlichen Körpers gezählt. Auch dies dürfte, wie etwa im Falle von sceitila, die hohe Gebrauchsfrequenz erklären.531 Größere Differenzierung haben die Felder von „Bauch", „Gesäß" sowie „Lende und Hüfte" erfahren. Zur Bezeichnung des Bauches konkurrieren buch, mago und wamba, die alle häufig bezeugt sind. Als einziges reicht mago in indoeuropäische Zeit zurück, die Bedeutung 'Magen' hat sich dabei im Laufe der Zeit auch auf den Bauch ausgedehnt, so dass schließlich sowohl Bauch, als auch Magen bezeichnet werden konnten. Seit germanischer Zeit sind buch und wamba bezeugt. Letzteres zeigt Übergänge zu Bedeutungen wie 'Mutterleib, Gebärmutter' und grenzt sich daher gut gegen mago ab. Die Außenperspektive der Betrachtung betont gegenüber mago und wamba vor allem buch, das als Ableitung von der Wurzel *bbeu- 'aufblasen, schwellen' wohl zunächst auf die dicke, aufgeblasene Form eines gefüllten Bauches bezogen ist. Das Bauchfett und Bauchfettgewebe wird durch ahd. smero und seine jüngeren Weiterbildungen smerolin, smenleib, smerevel, smeronetgi und innersmero bezeichnet. Für das Bauchfell treten hinzu budeming und innervel.

530 Die Vorstellung gilt in den meisten traditionellen Gesellschaften. Siehe J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 65f. 531 Man vergleiche die Abbildungen in: ORIENTALISCHE MEDIZIN, S. 31 und 69.

Körperteilbezeichnungen

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Reich ausgeprägt ist das Feld „Lende, Seite, Hüfte". Es konkurrieren 12 Lexeme, die meist unspezifisch für den gesamten Bereich verwendet werden. Für die Seitenpartie des Körpers gilt stta, das als „das sich räumlich lang Hinziehende" allgemein gebraucht wurde, aber speziell auch die Hüfte bezeichnen konnte. Die anatomische Bedeutung ist schon in germanischer Zeit bezeugt, die Ausweitung auf andere Gegenstandsbereiche (vgl. nhd. Seite) vollzieht sich erst in nach-althochdeutscher Zeit. Das hervorstechendste Körperteil des Feldes ist die Hüfte. Neben Sita erscheinen hier deoh, hüf, isbein und einmal hoffo sowie lancha, lentin und kntinbräto. Die erste Gruppe markiert den Übergang vom Oberschenkel zum Unterleib und wurde bereits im Abschnitt F.l behandelt. Den Bedeutungsübergang von 'Lende* zu 'Hüfte' zeigen lancha, kntin und kntinbräto. Alle drei sind häufig bezeugt, lancha und lentin reichen bis in germanische Zeit zurück. Nur in der Bedeutung 'Flanke, Weiche' ist ahd. lanco belegt, daneben stehen für *Lende' noch seltenes lumbal und lumbe. Vergleichsweise viele Bezeichnungen finden sich auch für das Gesäß. Häufig bezeugt sind ars und g o f f a , beide reichen bis in germanische Zeit zurück. Für beide Lexeme ist im Althochdeutschen noch keine pejorative Verwendungsweise erkennbar, beide erscheinen in Körperteilglossaren bzw. Rezepten. Auch eine zeitliche oder landschaftliche Differenzierung ist nicht ersichtlich. Der einzige Unterschied scheint der zu sein, dass g o f f a auf da? Gesäß bei Menschen und Tieren bezogen werden konnte, während ars vermutlich auf den Menschen beschränkt blieb. Aus der Verwendung für das Hinterteil von Tieren kann sich bei g o f f a dann leicht eine pejorative Bedeutung entwickelt haben, die später zum Untergang des Wortes geführt hat. So ist es schon in althochdeutscher Zeit ausschließlich ars, das im Bereich der menschlichen Körperteile zur Bildung neuer Wörter herangezogen wurde: so arsbelli, arsbille und arsloh. Gegen Ende des Zeitraums deuten sich mit Neubildungen wie φτο (NOTKER-GLOSSATOR) und hinterteil (SUMMARIUM HEINRICl) — zuvor im 9. Jahrhundert einmal, wenngleich in nicht ganz klarer Verwendung, ahd. hintarbahho - neue verhüllende Bezeichnungen an, die darauf hindeuten, dass auch ars nun stärker pejorativ aufgefasst wurde. Einzelne Bereiche des Gesäßes bezeichnen stiu\ 'Steiß' und ^agilbein 'Steißbein' sowie für den Darmausgang arsloh und einmal im 12. Jahrhundert umfraget, wohl ebenfalls in verhüllender Absicht in einem Körperteilglossar I. Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale Das Feld der Geschlechtsorgane und Geschlechtsmerkmale überrascht auf den ersten Blick durch seine reiche Ausgestaltung. Allerdings steht die Bezeichnungsvielfalt durchaus in der Tradition der übrigen altorientalischen und europäischen Kulturen. Vielleicht spielt auch die Bezeichnung des „Sexualpunktes" als eines der sieben Energiezentren des Körpers eine Rolle. Zudem ist vor allem die Zahl der Bezeichnungen für das männliche Glied überall sehr hoch, „offenbar weil man

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Die Auswertung des Wörterbuches

sich scheute, ,das Ding beim rechten Namen zu nennen' und daher zu Umschreibungen und Andeutungen seine Zuflucht nahm."532 Unterschieden wird in diesem Abschnitt zunächst zwischen männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen und -merkmalen. Als männliche Geschlechtsorgane erscheinen der Penis: u.a. ahd. %ers und apmpfo und die Hoden: u.a. ahd. druos, nioro und swenkel. Als Sammelbezeichnungen für die männlichen Genitalien, die aber auch auf Hoden oder Penis allein bezogen werden konnten, erscheinen weiter: ahd. era, erheli,fä^ gimaht, gi^ugi, hagatdruos, hegidruosa, hodo, inttödili und kumpfo. Als gesonderte Bezeichnung für den Hodensack findet sich darüber hinaus hodabalg und slihmo. Die häufige Erwähnung der männlichen Vorhaut dürfte vor allem eine Folge der jüdischen Tradition der Beschneidung sein. Zu nennen sind era, furigiwahst, fumvahst und geriet. Alle Bezeichnungen sind erst seit althochdeutscher Zeit bezeugt, mit Ausnahme des häufig verwendeten fumvahst sind es kommunikative Eintagsfliegen, die nur biblische Stellen glossieren. Größere Verbreitung haben neben fumvahst nur hodo in der Bedeutung 'Hoden, Schamgegend', hegidruosa 'männliche Keimdrüsen, Hoden, Schamteile' und gi^tugi als Sammelbezeichnung für die Geschlechtsteile gefunden. Nur diese Lexeme reichen in voralthochdeutsche Zeit zurück. Bei den übrigen handelt es sich um wenig gebrauchte Neubildungen, die teils euphemistisch (era), teils metaphorisch (fäi^ %umpfo) verwendet wurden. Übertragungen von anderen Körperteilen vollzieht sich bei druos und nioro 'Hoden'. In noch größerer Zahl begegnen Bezeichnungen für weibliche Geschlechtsorgane und -merkmale. Dies liegt nahe, weil neben dem weiblichen Unterleib hier noch die Brüste und die Gebärmutter hinzukommen. Diese beiden Bereiche stehen denn auch, was die Bezeichnungsvielfalt betrifft, im Vordergrund. Für die weibliche Brust findet sich: ahd. buosum, mamma, mansp, tila, tilü, tutta, tutti, tuttiltn, tutto, ütar, ιναηςα und ijt^e, die Brustwarzen speziell bezeichnen: ahd. houbit brusti und tuttunhoubit, aber auch warup, ipttp und die Onomatopoetika um tila, tutta und tutti. Besonders gut bezeugt sind buosum, tila, tutta und tuttiltn sowie tvar^a. Mit Ausnahme von buosum sind alle Lexeme nicht vor der althochdeutschen Zeit belegt. Für den weiblichen Unterleib konnte als Sammelbezeichnung das häufig gebrauchte barm verwendet werden, das auch in anderen altgermanischen Einzelsprachen gilt. Als Ableitung zu *bera- 'tragen' ist es als „der tragende Mutterschoß" zu deuten. Als verhüllende Bezeichnungen treten hinzu ahd. scö^ scösga und scös^o 'Schoß', doch sind sie nur selten bezeugt. Ob zusätzlich eine spezielle Bezeichnung für die Vagina verschriftet wurde, ist unsicher. Einerseits konnte giapugi vermutlich auf männliche und weibliche Geschlechtsmerkmale gleichermaßen bezogen werden, andererseits wäre wohl nur ahd. kumpfo ein ernstzuneh-

532 Siehe J. PREUSS, Biblisch-talmudische Medizin, S. 124.

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mender Kandidat, da die metaphorische Verwendung von ahd. kumpfo 'Trinkgefäß' am ehesten in diese Richtung deutet. Die größte Bezeichnungsvielfalt herrscht schließlich im Bereich „Gebärmutter": ahd. bind, gjburtmuoter, gikhtar, kindikgi, quitt, khtar, muodar, r e f , rifilo und wamba. Häufig gebraucht wurde khtar als verhüllende Bezeichnung zu liegen im Sinne von „Ort, wo das Kind liegt", r i f , verwandt mit lat. corpus und wohl ebenfalls verhüllend verstanden als „Körpermitte" sowie wamba, das aber meist "Bauch* bedeutet und nur selten für lat. vulva erscheint. Es konkurrieren also khtar und rif und bei diesem Paar ist nicht auszuschließen, dass der Ausgangspunkt für ihr synonymes Verhältnis landschaftlich begründet ist. Ahd. khtar scheint seinen Schwerpunkt im Oberdeutschen zu haben, rif strahlt vermutlich von Norden aus zunächst ins fränkische Sprachgebiet. Die übrigen Bezeichnungen sind selten, auffällig ist vor allem ihre Durchsichtigkeit, was dafür spricht, dass das Thema Geburt und damit zusammenhängend die Gebärmutter weit weniger tabuisiert war, als die übrigen Geschlechtsmerkmale. J. Innere Organe Nach dem Knochenbau sind die „Inneren Organe" das Feld mit der größten Bezeichnungsvielfalt. Vergleichsweise viele Lexeme sind altererbt und reichen bis in die indoeuropäische Zeit zurück. Die bezeichneten Organe sind: 1. Darm (aßerling, arsdarm, dorm, dro^darm, grö^darm, gro^mago, gulidarm, smalaherdar), 2. Lunge (Junga, lunganna, lungina, lungula, lunguna, lungunna), 3. Niere (kndeltn, kntin, kntinbrät ο, nioro, nierlin), 4. Milz (kra, kntinbräto, mil^a, mil^i), 5. Herz (ferah, her^a, herg, herein), 6. Magen (gulidarm, krüsa, mago), 7. Leber (kbara, kberin lappa), 8. Harnblase (bläsa, blätara), 9. Galle (galla). Damit sind bereits im Althochdeutschen alle inneren Organe des Menschen erfasst. Für jedes Organ hat sich eine Leitform herausgebildet, die meist eine schon indoeuropäische Bildung fortsetzt, so bei galla, her^a, kbara, mago, nioro, in den übrigen Fällen zumindest schon in anderen altgermanischen Einzelsprachen bezeugt ist, so bläsaj blätara, darm, lunga, mil^i. Einzig im Falle der Niere konkurriert im Althochdeutschen neben dem Leitwort nioro mit kntin und seinen Varianten noch ein weiteres Lexem. Da mit kntin, nhd. Lende zunächst die von außen betrachtete Nierengegend des menschlichen Körpers bezeichnet wird, war eine Bedeutungsübertragung auf das Organ selbst leicht möglich. Sie ist bereits im Lateinischen (vgl. ren 'Lende, Niere' vollzogen worden. Auch die Bedeutung 'Hoden' die neben 'Niere' für ahd. nioro gilt, ist schon im Lateinischen und Griechischen angelegt (DWB. 7,832). Da die Nieren

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Die Auswertung des Wörterbuches

u.a. als Sitz der Lebenskraft angesehen wurden, war auch diese Bedeutungserweiterung naheliegend. Im Falle des Darms hat die anatomische Differenziertheit des Organs selbst (man vgl. nhd. Oickdarm, Dünndarm, Mastdarm, Zwölffingerdarm) zu einer größeren Zahl von Neubildungen gefuhrt, die sich um das Simplex ahd. dam gruppieren. Für den Mastdarm stehen afterling und arsdarm (nach der Lage) auch dorm sowie dro^darm, grö^darm, grö^mago (nach der Form); für den Dickdarm gö^darm und gn^mago und für den Dünndarm smalaherdar. Schließlich findet sich noch ahd. gulidarm, das nicht genau zuzuordnen ist, wie überhaupt eine eindeutige Zuweisung zu den verschiedenen Teilen des Darms, wenn sie denn überhaupt bestanden hat, aus den Belegen nicht klar erkennbar ist. Auch hier waren die Übergänge fließend. Eine gesonderte Bezeichnung für den Zwölffingerdarm gibt es zumindest noch nicht. Das Herz als stofflicher Körperteil erscheint als hersp, hervj, aber es gilt auch als der eigentliche „Sitz des Lebens". In der biblischen Tradition der Vulgata wird zwischen der Seele als dem persönlichen Lebensprinzip des Menschen und dem Herzen als geistigem und eigentlich persönliches Lebenszentrum unterschieden.533 Es ist der Ort der Sinneswahrnehmungen.534 Hier ordnet sich auch die Verwendung von ahd. ferah in der Bedeutung 'Herz (als Sitz des Lebensprinzips)' ein, da sich vereinzelt eine metonymische Übertragung von der Bezeichnung des „Lebensprinzips" auf einen vermuteten „Sitz des Lebensprinzips" vollzogen hat. Sie konkurriert mit der durch lat. praecordium vorgegebenen älteren Vorstellung, dass der „Sitz des Lebens" nicht im Herzen selbst, sondern im „Herzzentrum" rechts neben dem Herzen zu suchen sei. Die häufige Bezeichnung von ahd. mago und Verwandten kann unter anderem darauf zurück zu führen sein, dass der Bereich des Magens mit dem „Solar Plexus" identifiziert werden konnte. Dieser Punkt zählt wie etwa der Scheitel, das „dritte Auge", die Kehle, das Herzzentrum oder der Nabel zu den sieben Energiezentren des Körpers, die in althochdeutscher Zeit allesamt gut bezeugt sind. 535 Die Schwierigkeit, die inneren Organe über das Maß der gut bekannten Organe wie Herz, Lunge, Magen oder Leber hinaus genau zu bezeichnen, spiegelt sich vor allem in der großen Zahl von Sammelbezeichnungen. Sie deuten auf eine insgesamt nicht sehr ausgeprägte anatomische Kenntnis vom Inneren des menschlichen Körpers. Bei den Kollektive handelt es sich oft um umschreibende Bezeichnungen mit der Präposition in-, die allgemein auf die im Inneren des Körpers liegenden Eingeweide bezogenen sind. Auch kollektivierende Bezeich-

533 Siehe Χ. V. ERTZDORFF, Zum Begriff des Heraens, S. 27-42. 534 Siehe B . L A F A R G E , 'Leben' und 'Seele', S. 156f. sowie H. S C H I P P E R G E S , Die Welt des Herzens. Für die weitere Entwicklung im Mittelhochdeutschen vergleiche man O. E H R I S M A N N , Ehre und Mut, S. 86-91. 535 Man vergleiche zur Lage der Punkte die Abbildungen in: ORIENTALISCHE MEDIZIN, S. 31 und 69.

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nungen mit ^-Präfix können diese Funktion übernehmen. Der Übergang vom Darm zu den Eingeweiden (vgl. nhd. Gedärme) wird ebenfalls deutlich. Die beiden häufigsten Bezeichnungen für Eingeweide sind inädiri und innovili. Germ. *ädan steht zunächst für die Eingeweide, im Althochdeutschen vollzieht sich bei ädara eine Bedeutungsverengung zu 'jedes den Körper durchziehende Band oder Gefäß'. Zur Abgrenzung wurde daher mit dem Kompositum in-ädiri der eindeutige Bezug zu den Eingeweiden wieder hergestellt. Ahd. innovili und seine Varianten innödili, itrnödi und innod sind vermutlich etymologisch ebenfalls zu germ. *άάη gebildet, vermutlich unterschiedlich alte und mit unterschiedlichem Wortakzent gebildete Fortsetzer. Die übrigen Bezeichnungen für Eingeweide haben keine kommunikative Bedeutung erlangt. K. Haut Das Feld ist nicht sehr stark ausgebildet. Zwei Lexeme sind schon indoeuropäisch bezeugt und werden im Althochdeutschen häufig verwendet. Es handelt sich um fei und hut, für beide gilt die Bedeutung 'Haut'. Es zeigt sich, dass hüt vornehmlich für lat. cutis, das heißt für die weiche Haut des Menschen verwendet wird. Demgegenüber steht fei vor allem für lat. pellis, also für die äußere, harte Haut des Menschen. Dazu tritt es als Ubersetzung von lat. membräna, so dass sich hier eine Bedeutung zeigt, wie sie sich noch in nhd. Rippenfell oder Zwerchfell erhalten hat. Für membräna erscheinen sonst je einmal liesα und velklin. Für die harte Haut kann swil eintreten, speziell für die behaarte Kopfhaut auch smart. L. Knochen und Mark Die Mehrzahl der Bezeichnungen für Knochen und Mark wurden bereits im Zusammenhang mit der Körperregion behandelt, zu der der jeweilige Knochen gehört. Der althochdeutsche Wortschatz bietet Bezeichnungen für Knochen im Kopf- und Halsbereich, der Brust, der Schulter, der Hüfte, des Rückens, des Steiß sowie im Bereich von Fuß und Bein. Die Mehrzahl der Lexeme sind erstmals im Althochdeutschen bezeugt. Ganz besonders gilt dies für die mit kn- und kr- anlautenden Wörter für verdickte Gegenstände, deren Lautbedeutsamkeit sich erst im Althochdeutschen ausgebildet zu haben scheint.536 Es bleiben vier Bezeichnungen übrig, die für die Knochen in einer allgemeinen Verwendung stehen können: beitt, beinna, gineina und gtbeini. Das Leitwort ist

bein, bei den Kollektivbildungen mit jz-Präfix deutet sich ein Übergang zur Bedeutung 'Skelett' an. Für Mark gilt konkurrenzlos das in indoeuropäische Zeit zurückführende Substantiv ahd. mark.

536 Man vergleiche die Erklärungsversuche bei H. SCHÜWER, Knochen.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Μ. Gelenke Auch die Mehrzahl der althochdeutschen Bezeichnungen für Gelenke wurde bereits bei der Beschreibung der einzelnen Körperregionen behandelt. Es erscheinen das Kniegelenk mit der Leitform knio und den ebenfalls gut bezeugten, im Althochdeutschen neu gebildeten Varianten, die als Komposita auf -rad, -rada, -rado bzw. -sktba den Charakter des beweglichen Gelenkes deutlicher zum Ausdruck bringen, als es das Simplex selbst tut, das vermutlich in etymologischer Hinsicht nur die verdickte Kugelgestalt des Knies hervorhebt. Daneben erscheint als alte Bezeichnung für das Hüftgelenk unangefochten ahd. huf, für den Ellenbogen ώna und elinbogo. Sowie absala 'Achsel, Schulter, Oberarm* und herti, hartin 'Schulterblatt, Schulter, Achseln' wohl unter anderem auch für das Schultergelenk. Etwas mehr Aufmerksamkeit als die vier hervorgehobenen Spezialgelenke von Arm und Bein beanspruchen Bezeichnungen, die in allgemeiner Form für die Bedeutung 'Gelenk' verwendet wurden. Hier dominiert lid, das bereits in indoeuropäische Zeit zurückreicht. Häufig sind aber auch die mit lid im Althochdeutschen neu gebildeten Komposita wie lidugilä^ bzw. Präfixbildungen wie gelid. Die übrigen Lexeme haben keine nennenswerte kommunikative Bedeutung erlangt, auch nicht das zu tverban 'drehen' gehörige w&fbein, das in einem Körperteilglossar des 12. Jahrhunderts sehr durchsichtig die Funktion des Gelenks zum Ausdruck bringt. N. Muskel, Sehnen und Gewebe Muskel, Sehnen und Gewebe werden in einem Feld zusammengefasst, weil sich viele der Bezeichnungen nicht eindeutig einem einzigen Teilbereich zuordnen lassen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von ahd. ädara, das ausgehend von der Bedeutung 'Eingeweide' zunächst allgemein auf jedes den Körper durchziehende Band oder Gefäß, dann aber auch speziell auf Sehnen und Muskeln übertragen werden konnte. Der Versuch, die drei Teilbereiche zumindest ansatzweise voneinander abzugrenzen, ergibt als Bezeichnungen für die Muskeln: ahd. ädara, dicki, halsädra, renula und müs. Unter ihnen gilt dicki speziell für den gespannten, daher „dicken" Muskel, halsädra für den Nackenmuskel, müs meist für den besonders gut sichtbaren Muskel im Oberarm. Unspezifisch verwendet werden ädara und einmal renula, ädara und müs sind altererbt, die übrigen Bezeichnungen erscheinen erstmals in althochdeutscher Zeit. Auch der Bereich der Sehnen ist reich ausgebildet. Nur enkiüng, vermutlich für die Achillessehne, und halsädra für die Nackensehne sind einem speziellen Bereich zuzuordnen. Die übrigen Bezeichnungen ädara, done, senewa, senoädara und waltowahso stehen für die Sehne allgemein. Neben ädara, das wegen seines breiten Bedeutungsspektrums wenig eindeutig ist, sind vor allem senoädara und waltowahso gut bezeugt. Beide glossieren, wie das in anatomischer Bedeutung nur einmal überlieferte altererbte senewa lat. nervus. Während die Gleichung waltowahso : nervus ausschließliche Gültigkeit besitzt, tritt senoadra einmal auch als Glosse zu arteria auf,

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was wieder dafür spricht, dass der Unterschied zwischen Sehnen und Gefäßen noch weitgehend unbekannt gewesen ist. Unter dem Stichwort „Gewebe" wird schließlich eine Reihe von Bezeichnungen zusammengefasst, deren exakte Funktion meist unklar bleibt. Nur mvgi und seine Varianten nesgismetv und smeromtgi, die für „netzartiges Fettgewebe" stehen, sind vergleichsweise eindeutig. Die Wortfamilie um ahd. smero 'Fett', hier neben smerone^pj mit smerevel, smenleib und smeroltn umspannt ein Spektrum von Bauch über Fett bis hin zum Fettgewebe. Ahd. Jpint 'Fett' und fleisc 'Fleisch' komplettieren das Feld.

0 . Gefäße Blicken wir auf die Gefäße, so erscheint hier wieder ädara als das althochdeutsche Leitwort dieses Feldes. Es ist als einziges der Gruppe alt ererbt und häufig bezeugt. Daneben stehen vier Komposita, die der Verdeutlichung einer speziellen Funktion dienen. Hervorzuheben sind her^ädra und hen^tbe zur Bezeichnung der Arterie, der Herzschlagader. Zumindest der Versuch, die Bedeutungsvielfalt von ädara durch die Ersetzung mit dem Grundwort rebe zu begrenzen, bleibt ohne Folgen, her^ertbe ist nur einmal in einem späten Glossar bezeugt. Ebenfalls im Althochdeutschen nur einmal bezeugt, aber auf lange Sicht sehr viel erfolgreicher war das Kompositum bluotädara, das für eine deutliche Abgrenzung von ädara in der Bedeutung Oand, Sehne, Nerv* oder "Eingeweide* sorgt. Ihm gegenüber steht wintädara, wohl in der Bedeutung 'Luftröhre' in einem Glossar des 12. Jahrhunderts. Die geringe Zahl von Bezeichnungen, die zudem alle selten in dieser Bedeutung belegt sind, spiegelt die geringe Kenntnis des Gegenstandsbereiches in vorsalernitanischer Zeit. P. Körperflüssigkeiten Abschließend werden die althochdeutschen Bezeichnungen für Körperflüssigkeiten vorgeführt. Zu unterscheiden sind Bezeichnungen für: 1. Blut (bluot,ferhpluot, niuwbluot), 2. Ham {harn, seih, *tri$ 3. Speichel (seivar; speihhaltra, speihhita) 4. humoralpathologische Säfte (fühti, saf, eventuell dincda) 5. Schweiß (swei$ 6. Samen (htsämo) und 7. Muttermilch (spunne). Häufig bezeugt ist in dieser Gruppe nur ahd. bluot. Das germanische Wort hat die alten indoeuropäischen Wörter für "Blut', etwa in lat. aser und cruor, zurückgedrängt. Es ist wohl als verhüllendes Tabuwort entstanden. In älterer Zeit wird Blut nicht nur in Verbindung mit Wunden und Erkrankungen thematisiert, Blut

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Die Auswertung des Wörterbuches

verkörpert darüber hinaus das Lebensprinzip.537 Zwei markante Bibelstellen, die dies bezeugen (Dt 12,12. Lv 17,11) werden allerdings nicht glossiert. In Verbindung mit Blut hat sich nur einmal für das dem Verwundeten ausströmende Blut als Austreten der Lebenskraft ahd. ferhpluot erhalten. So scheint es, dass bluot im Althochdeutschen vor allem das stofflich-vegetative Element des Blutes betont und keine spirituellen Aspekte umfasst. Solche Aspekte sind allenfalls im System der humoralpathologischen Säftelehre enthalten, doch sind mit fühti, saf und vielleicht dincta nur erst drei Reflexe der Rezeption salernitanischen Gedankengutes bezeugt. Auffällig ist immerhin, dass die drei einzigen Vertreter einer semantischen Teilgruppe, die eine Spezialisierung der Referenz auf einen medizinischen Sachverhalt zum Ausdruck bringt, ausgerechnet für humoralpathologische Flüssigkeiten stehen. Im Unterschied etwa zu einer Metapher apful 'Augapfel', die nur die Form des Apfels übernimmt, stehen saf fühti und dincta weiterhin für Flüssigkeiten, nur dass sie jetzt in einem speziellen medizinischen Kontext stehen.

1.6 Resümee Der anatomische Wortschatz besteht aus einem stabilen Kernbereich von altererbten einheimischen Bezeichnungen und einer Vielzahl von Neubildungen, die, zumeist als Lehnbildungen nach lateinischem Vorbild, für eine zunehmende Differenzierung des althochdeutschen anatomischen Wortschatzes sorgen. Die Differenzierungsphase ist am Ende der althochdeutschen Zeit noch nicht abgeschlossen, wenngleich der anatomische Wortschatz des SUMMARIUM HEINRICI offensichtlich eine Vorbildfunktion für spätere terminologische Bemühungen einnimmt. Auf den gesamten Zeitraum bezogen wird deutlich, dass es im Althochdeutschen für weite Bereiche des menschlichen Körpers noch keine festen und eindeutigen Bezeichnungen gibt, die auf dem ganzen Sprachgebiet Gültigkeit besitzen. Abgesehen vom Kembereich der wichtigsten Organe gilt, dass zur Bezeichnung der Mehrzahl der Körperteile ein breites Spektrum von Varianten zur Verfügung steht. Vielfach sind darunter zwar bereits Leitvarianten zu erkennen, doch haben sie sich in der Regel noch nicht durchgesetzt. Die Einteilung des Wortschatzes in onomasiologische Felder zeigt deutlich, dass den Schreibern des Althochdeutschen noch kein ausgebildeter überregional eindeutiger Fachwortschatz zur Verfügung steht. Es sind aber gerade die vielfältigen Übersetzungsversuche, die durch ihre Varianz einerseits Uneinheitlichkeit erzeugen, andererseits aber ein beredtes Zeugnis abgeben von dem Versuch, anatomische Kenntnisse in der Volkssprache präzise auszudrücken. Gerade in dieser Varianz sind die ersten Ansätze für eine fachsprachliche Terminologiebildung zu sehen.

537 Man vergleiche etwa HWdA. l,1434f.

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Eine Lehre für die historische Fachsprachenforschung sollte es daher sein, Fachsprachlichkeit nicht nach dem Gelingen einer Terminologiebildung zu beurteilen, sondern bereits die ersten tastenden Versuche mit all ihren Umwegen und Sackgassen als Teil des fachsprachlichen Entwicklungsprozesses anzuerkennen. Sieht man einmal von den Bereichen „Muskel, Sehnen, Gewebe" und „Gefäße" ab, so zeigt sich nämlich, dass der althochdeutsche anatomische Wortschatz zumindest an Umfang und Vielfalt nicht wesentlich hinter dem neuhochdeutschen anatomischen Wortschatz zurückbleibt. Die Differenzierung und Erweiterung des Wortschatzes in althochdeutscher Zeit erfolgt vor allem durch Komposita. Damit geht auch eine Verschiebung der Bezeichnungsmotivation einher. Während im alten Kernbestand der indoeuropäischen Körperteilbezeichnungen Simplizia stehen, die die zentrale Funktion eines Körperteils kennzeichnen: „Auge" als „das Sehende" zu „sehen", „Zahn" als „der Beißende" zu „beißen", „Nase" als „die Atmende" zu „atmen"538, überwiegen bei den Komposita nun solche Bezeichnungen, die die genaue Lage eines Körperteils bestimmen sollen. Auch bei den meist jüngeren metaphorischen Bildungen, die den Bestand der Simplizia insgesamt aber nur unwesentlich erweitern, überwiegt die Bezeichnung nach der Form. Die von der Fachsprachenforschung herausgearbeiteten sieben Wege der Fachwortbildung539 werden in althochdeutscher Zeit mit unterschiedlicher Intensität beschritten. Unterschieden werden: 1. Endehnungen 2. Eigennamen 3. Bedeutungserweiterungen 4. Komposita und Syntagmen 5. Derivationen 6. Neologismen 7. Abkürzungen Im Althochdeutschen kommen nur die Typen 1, 3, 4 und 5 in Betracht. Darunter können die Endehnungen mit nur sieben Beispielen ganz außer acht bleiben. Es leuchtet ein, dass in der Phase der volkssprachigen Erschließung lateinischer Fachtexte Endehnungen in größerem Ausmaß keine Bedeutung haben. Dies wird erst in späterer Zeit anders, wenn volkssprachige Texte als Ganzes an die Stelle lateinischer Schriften treten sollen. Auch Suffixbildungen geraten eher zufallig in einen anatomischen Zusammenhang und haben keinen Anteil an der Terminologiebildung. Die Erweiterung des althochdeutschen anatomischen Wortschatzes verläuft fast ausschließlich mit Hilfe von Komposita.

538 Man vergleiche M. FRITZ, Das urindogermanische Wort für "Nase", S. lf. 539 Siehe D. LANGSLOW, The Development, S. 107f., J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2272, H.-R. FLUCK, Fachsprachen, S. 47-55.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Es bleiben somit nur noch die Vertretet des Typs 3, deren Anteil am Fachwortschatz noch ungeklärt ist. Mit David Langslow lassen sich hier drei Untergruppen unterscheiden:540 a) Metaphern b) Der Gebrauch als „abstractum pro concreto" c) Spezialisierung und Ausdehnung der Referenz Die 17 metaphorisch gebildeten Simplizia der Gruppe a) haben keinen nennenswerten Anteil an der Fachwortbildung. Immerhin zeigt ihre Existenz, dass der Typ im Althochdeutschen verwendet werden konnte. Neben 16 Bildungen nach der Form apful, bal, blat, bläsa, blätara, botah,fas^ köpf, kumpfo, müs, nagal, nevgi, scina, stoc und wur%a steht eine Metapher, die die Funktion des Körperteils kennzeichnet: lähhi 'Ringfinger'. Der Typ b), „abstractum pro concreto" ist mit maximal vier Vertretern allenfalls ansatzweise vorhanden. Hierher gehören vermutlich era, gität, släf und stapho. Noch seltener scheint Typ c) zu sein: saf, fühti und vielleicht dincta. „Spezialisierung und Ausdehnung der Referenz" auf medizinische Zusammenhänge meint hier, dass die Besonderheit im Unterschied zu einer metaphorischen Bildung darin besteht, dass nicht ausschließlich die Form oder Funktion einer Sache auf einen anderen Referenzzusammenhang übertragen wird, sondern dass die ursprüngliche Bedeutung komplett erhalten bleibt. Sie wird nur um eine medizinische Bedeutung erweitert. Ahd. saf, fühti und dincta bedeuten 'Flüssigkeit'. Diese Bedeutung verändert sich im medizinischen Kontext nicht. Aber im Wortfeld „Kötperflüssigkeiten" wird die Bedeutung spezifiziert für eine bestimmte Art der Flüssigkeit. Diese semantische Erweiterung ist ein charakteristisches Merkmal medizinischer Fachwortbildung.541 Es ist sicher kein Zufall, dass die einzigen althochdeutschen Vertreter dieses Typs im anatomischen Bereich erst mit einem wiederentdeckten humoralpathologischen Begriff aus der salernitanischen Medizin zu Tage treten. Da die Mehrzahl der Sach- und Fachwortschätze des Althochdeutschen noch keine eingehende Untersuchung erfahren haben, ist die Beurteilung der spezifischen Qualität des anatomischen Wortschatzes schwierig. Ein gewichtiger Unterschied scheint aber der zu sein, dass nur ein eher geringer Teil der anatomischen Bezeichnungen ausschließlich zum Zwecke des besseren Verständnis lateinischer Texte gebildet worden sind. Auch wenn die meisten Neubildungen in althochdeutscher Zeit einem lateinischen Vorbild folgen, so sind sie doch in aller Regel lebensfähige Lexeme, die eine kommunikative Funktion erfüllen können. 542

540 The Development, S. 113-115. Zum Typ der Metaphern- und Metonymiebildungen siehe besonders C. MELLADO BLANCO, Das bildliche Potential. 541 Ebd. S. 115. 542 N. HENKEL hat in mehreren Studien gezeigt, dass das in vielen Bereichen des althochdeutschen Glossenwortschatzes deutlich anders aussieht. Man vergleiche etwa: Die althochdeutschen Interlinearversionen, S. 72.

Körperteilbezeichnungen

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Eine größere Rolle als die sprachliche Nachbildung formaler lexikalischer Strukturen scheint die inhaltliche Orientierung an biblisch-altorientalischen Vorstellungen zu spielen. Das kulturelle Umfeld, aus dem die Schreiber und Glossatoren ihr Wissen und auch ihre Sachinteressen schöpfen, scheint bisher bei der Beurteilung des althochdeutschen Wortschatzes noch nicht ausreichend gewürdigt worden zu sein.543 Im Bereich der Anatomie ist es zumindest die Gebrauchsfrequenz einzelner Lexeme, die ganz wesentlich von der symbolischen Bedeutung eines Körperteils im biblisch-altorientalischen Kontext mitbestimmt wird. Da die Zahl der menschlichen Körperteile begrenzt ist, kann und darf die Zahl der Körperteilbezeichnungen einer Sprache nicht unbegrenzt erweitert werden. Vor uns liegt daher ein relativ geschlossenes Bezeichnungssystem mit einem über Jahrhunderte festem Kern, das sich nur an den Rändern, das heißt bei den nicht sichtbaren Eingeweiden, Knochen, Sehnen, Bändern und Gefäßen ausfächert. Verantwortlich ist hier der mangelnde Kenntnisstand der Schreiber, nicht aber ein Defizit der Sprache selbst. Denn abgesehen von den äußerlich sichtbaren Körperteilen wie Hand oder Fuß beruht die Bezeichnung der nicht-sichtbaren Körperteile und Regionen, wie auch die Bezeichnung für den ganzen Körper selbst,544 auf einer vom menschlichen Geist vorgenommenen Einteilung des Körpers. Da die Kriterien dieser Einteilung vom jeweiligen Kenntnisstand, aber auch von der jeweils vorherrschenden medizinischen Theorie abhängen, ist auch das System der Körperteilbezeichnungen veränderbar. Einige Aspekte dieses Wandels sollen abschließend im Kapitel VI zusammengefasst werden. Es folgt aber zunächst die Auswertung der althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen.

543 Erste Hinweise bei A. LlNDQUIST, Studien, S. 30: „Die Geschichte der Septuagintaübersetzung ist vom Sprachcharakter, Stil und Wortbestand der hebräischen Bibel stark beeinflusst. Somit pflanzt sich dieses hebräische Gepräge durch die Bibelsprache über das Griechische und das Lateinische weiter ins Deutsche fort." Man vergleiche H. ADOLF, Wortgeschichtliche Studien, S. 31, die den Gedanken noch einmal aufgreift. In neueren Arbeiten findet dieser Aspekt nur noch bei ST. SONDEREGGER, Sprachgeschichtliche Aspekte, S. 1047-1055 Erwähnung. Auf das Problem der „Bewältigung der biblischen Latinität und der religiös-theologischen Inhalte mir den Mitteln einer germanischen Sprache" weist aber auch R. SCHÜTZEICHEL, Wortforschung und Antike, S. 280 u. 282. 544 Siehe dazu H. ADOLF, Wortgeschichtliche Studien, S. 85.

324

Die Auswertung des Wörterbuches

2. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen 2.1 Lateinisch - althochdeutsches Glossar545 A abortio 'das zu frühe Gebären', mlat. auch 'Fehlgeburt' abortivus 'Früh-, Fehlgeburt'

aborttvus 'zu früh geboren, abtreibend'

fruowerf stM. 'Frühgeburt' äwerf stN. 'Fehlgeburt' firwerf stM. 'Fehlgeburt* firworf stM. 'Fehlgeburt* urwerf stMN. 'Fehlgeburt, Kehricht' tötgiboran 'totgeboren'

absonus 'misstönend, nicht in Einklang stehend'

tobäri stM. Tobender, Wahnsinniger' ? toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig'

absurdus 'die Ohren beleidigend, widrig klingend, unbegabt, unfähig', mlat. auch 'töricht'

toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig' tumpllch 'töricht'

aderro "heranirren'

hufhalz "hinkend, lahm'

aeger 'physisch unwohl, unpässlich, krank, leidend, erschöpft'

kümlg 'krank, schwach, krafdos, gebeugt' sioh "krank, schwach, ohnmächtig'; subst. 'der Kranke'

aegilöpium TränenfisteP, mlat. auch 'Augengeschwür'

zinco swM. "weißer Fleck im Auge, Leukom, Augengeschwür; Zinke'

aegrimönia ΎβΓβώηηιΛείΐ des Gemüts, Arger' aegrimönium 'Kränklichkeit'

siehtuom stMN. 'Krankheit, Schwachheit' siehtuom stMN. 'Krankheit, Schwachheit' lanc-, lantsuht stF. 'Gelenkrheumatismus' (?), Herzkrankheit' (?)

egritudo 'Krankheit' (vgl. D. Langslow, The formation, S. 483 'physical disease")

545 Man vergleiche die Hinweise zur Anlage der Glossare unter V. 1.

Krankheitsbezeichnungen

325

egrotatio (zu aegrotus 'der Kranke', vgl. D. Langslow, The formation, S. 484) aegrotus 'krank'

swero swM. 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür'

aer corruptus 'verdorbene Luft'

suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche'

agönia 'äußerste Angst, Todeskampf

angust stF. "körperliche Bedrängnis, Krankheit, (Husten)Krampf

albicium (irrtümlich statt alopecia)

grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)'

albios aculus, zu albus 'blass, bleich, fahl'

starablint 'stockblind, starblind'

albugo 'der weiße Fleck im Auge', mlat. auch 'grauer Star'

glasougi stN. 'grauer, grüner Star' (?) ougafel stN. 'grauer Star' ougisal stN. 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom' ougstal stM. 'weißer Homhautfleck im Auge, Leukom' zinco swM. 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom'

alienätus 'besinnungs-, bewussdos'

ufsinni 'wahnsinnig, unsinnig'

alopeda 'Fuchsräude, das Ausfallen der Kopf-, Bart- und Augenbrauenhaare'

grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' ruf stF. 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag; Grind-Ampfer' scurf stM. 'Schorf, Grind, Krätze' grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, grindig, kahlköpfig'

alöpeäösus 'mit der Fuchsräude, dem Fuchsgrind behaftet' ämens 'unsinnig, außer sich'

suhtfg trank, räudig; übel, schlaff

äwizzilös 'von Sinnen, nicht bei sich' tobönto "Besessener, Wahnsinniger' urmuot 'irrsinnig, verrückt, verzweifelt' urmuotf 'wahnsinnig' ursinnlg 'töricht, unsinnig, verrückt,

326

Die Auswertung des Wörterbuches

wahnsinnig, rasend, besessen* wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' wuotenti 'wütend, unsinnig' ämentia 'Verstandeslosigkeit, Verrücktheit' tobasuht stF. "Wahnsinn' unsin stM. 'Verrücktheit, Wahnsinn' unsinnlga stF. "Verrücktheit' unsinnigl stF. "Verrücktheit, Wahnsinn, Raserei' wuot stF. "Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' ämenticus 'wahnsinnig' urmuotl 'wahnsinnig' anasus 'ohne Nase'

nasalös 'ohne Nase'

angina 'Halskrankheit, Bräune'

kelasuht stF. 'Angina, Bräune' kelwarch stN. 'Schweinepest' (?); auch 'Halserkrankung, Angina, Bräune' suht, suffit stF. 'Krankheit, Seuche' wassl stF. 'Angina* worgunga stF. 'Halsentzündung, Angina'

angustia 'Kurzatmigkeit'

angust stF. 'körperl. Bedrängnis, Krankheit, (Husten)Krampf*

anhelitus 'das erschwerte Atemholen, das kurze Atmen, das Schnauben, Keuchen, Engbrüstigkeit" anbelo 'stark, mühsam Atem holen, schnauben, keuchen'

huosto swM. 'Husten' rihunga stF. 'das Keuchen, Würgen'

anthrax 'Quecksilbererz; ein fressendes Geschwür' (vgl. D. Langslow, The formation, S. 488 antbraäon)

goteswilo swM. 'Karbunkel, Abszess, Geschwür'

anus 'entnervt'

irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig', im Part. Perf. 'blödsinnig, närrisch, hinfällig, alt'

aporia 'Verlegenheit'

swlmo swM. 'Schwindel, Ohnmacht' swindled stM. 'Schwindel' swintilunga stF. 'Schwindel'

lispen 'lispeln'

Krankheitsbezeichnungen

327

aporior 'in Verlegenheit sein'

swintilön 'Schwindelgefuhle haben, Schwindel'

apostema 'Abszess, Geschwür'

giswer stN. 'Geschwüre, Blasen, Eitergeschwüre; Schmerzen' goteswilo swM. 'Karbunkel, Abszess, Geschwür'

aquiUnus 'adlerähnlich'

kermundi 'schiefmäulig, gekrümmt (nach Art des Adlerschnabels)'

arcuätus 'gelbsüchtig, der Gelbsüchtige'

gelosuht, gelewesuht stF. 'Gelbsucht; Aussatz, Lepra'

ärisco 'dürr werden, vertrocknen, verschmachten'

serewen 'dahinschwinden (an Kräften und Körperfülle), sich verzehren'

äridus 'trocken, dürr; erstarrt', mlat. auch 'gelähmt, krafdos'

durri 'verdorrt' lam 'lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft'

arrepticius 'begeistert, besessen; vom Teufel besessen'

behafter 'Besessener' tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' tiufalwiiuianti 'vom Teufel besessen' tiufalwinnlg 'vom Teufel besessen' toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobend 'wahnsinnig, hirnwütig, besessen' tobesuhtig 'rasend, wahnsinnig' tobönter 'Rasender'

arthrisis 'Gliederkrankheit, Arthritis', arthesis 'Halserkrankung' (vgl. H. Götz, Wörterbuch, S. 55)

halssuht stF. 'Halserkrankung' kelasuht stF. 'Angina, Bräune' krampfo swM. 'Klaue, Haken, Kramp Γ lidusuht stF. 'Gicht, Gliederkrankheit'

asthma "Engbrüstigkeit, Beklemmung'

dampfo swM. 'schwerer Katarrh, Schnupfen' fü-musken 'zerquetschen, verstümmeln'

attero 'reiben, aufreiben, schwächen, zertreten'

328

Die Auswertung des Wörterbuches

aurüginösus 'gelbsüchtig' aurügo 'Gelbsucht; Getreidebrand'

Β babosus TSIarr, Tor' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 64) baccho, bacchor 'lustschwärmen, sich wütend gebärden, wüten' bacchor 'jauchzen, frohlocken, lärmen, wüten, toben, rasen' balbo'lallen* balbus 'stammelnd, lallend'

balbütio 'stammeln, lallen'

gelosuhtfg 'gelbsüchtig, aussätzig' gelawt stF. "Blässe (im Gesicht), Gelbsucht' (?) gelosuht, gelewesuht stF. 'Gelbsucht; Aussatz, Lepra'

eeivarSrOummkopf, Schwachsinniger'

tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' tobönto Oesessener, Wahnsinniger' wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' wuotenti 'wütend, unsinnig' stamalön 'stammeln' lallöd stM. 'das Stammeln' stam 'stammelnd' etamal 'stammelnd' stamaläri stM. 'Stammler' stamalöd 'das Stammeln' stamalön 'stammeln' stum 'stumm' blunkazzen 'stammeln, lallen' lallöd stM. 'das Stammeln' lallön 'stammeln, lallen' lefsmammalön 'stammeln' lispen lispeln' stamalön 'stammeln' stammen 'stammeln'

basis 'Grundlage, Fußgestell'

stumph 'taubes, gefühlloses Bein'

bi/iösus 'voll Galle, gallenkrank'

gallin 'voll von (schwarzer) Galle, reizbar' gallenfol 'voll von (schwarzer) Galle, reizbar'

blatero 'plappern, schwafeln'

lisp£n lispeln'

eichnungen bksus lispeln' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 77)

branches 'Heiserkeit* (bronchus morbus)

brongdus (?)

329

lisp lispelnd' lispäri stM. lispler' lispen 'lispeln' dampfo swM. 'schwerer Katarrh, Schnupfen' dempfo swM. 'Katarrh, Schnupfen' bructolehter (?) "heiser' (?)

brütesco 'stumpf, gefühllos werden'

irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig', im Part. Perf. 'blödsinnig, närrisch, hinfällig, alt*

brütus 'schwer, schwerfällig, geistig stumpf, gefühllos, dumm'

tumb 'stumpfsinnig, einfaltig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' tuslg 'stumpfsinnig, töricht'

bugaeus 'verschnitten'

hodalös 'mit Kryptochismus behaftet, an einem Bruch leidend' (und durch die Behandlung der Hoden beraubt ?)

bulla "Blase, Wasserblase'

blätara swF. 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen'

C cabi stercoris (?)

kröpf stM. 'Kröpf, Geschwulst am Hals'

cadücum morbus 'Fallsucht, Epilepsie'

fallantiu suht 'Fallsucht, Epilepsie' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche'

caecus "blind' de caeco nato caecüüo 'wie blind sein, geblendet sein, schlecht sehen'

blint 'blind, verblendet, dunkel' blintboran 'blindgeboren' sürougi 'triefäugig, halbblind'

cagarrum, zu catarrhus

krampf stM. 'Krampf, Gicht, Katarrh' (?)

330

Die Auswertung des Wörterbuches

pfiffiz, stM. "Pips, Schnupfen'(?) cältgo 'Nebel, Dampf, Rauch, Dunkelheit, Verdunklung der Augen, Augenschwäche, Schwindel, Trübsal' tuncalen 'die Sehkraft verlieren, cältgo 'Dampf aufsteigen lassen, dunkel machen' Schwindel erregen, in Dunkel gehüllt sein, trübe, blöde, schwach (an Sehkraft) sein' calculus 'das Steinchen; Blasenstein'

stein stM. *Blasenstein' steinsuht stF. 'Steinkrankheit'

callum, callus 'verhärtete, dicke Haut, Schwiele, Schwarte; Knochengeschwulst'

swil 'Schwiele, Geschwulst, schwammiges Gewächs, Auswuchs' swilo swM. 'Schwiele* giswil stN. 'Schwielen, verhärtete Haut'

cancer 'Gitter, Krebs, Krebsgeschwür*

kancer stM. 'Geschwür' krebaz stM. 'Geschwür' krebizo swM. 'Geschwür' seri stN. 'Geschwür' scalm stM. Test, Seuche, Viehsterben'

cantharida 'die spanische Fliege, der Kornwurm'

siura swF. 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen' siuro swM. 'Krätzmilbe'

carbunculus 'ein bösartiges, an den edlen Teilen des Körpers (z.B. der Zunge) Geschwür, das meist tödlich wird'

soto stM. 'Geschwür, Schwellung' ubilblätara swF. 'Karbunkel, Geschwür'

cardia, cardiace 'Herzleiden'

herzsuht stF. 'Herzkrankheit' herzsuhdg 'herzkrank' herzsioh 'herzkrank' herzsuhdg 'herzkrank' tebedig 'krankhaft'

cardiacus 'magenkrank' (zu lat. cor, cordis 'Herz', vgl. cardiace 'Herzleiden")

coro crescens in vulnere

wildfleisc stN. *Narbenfleisch, Narbengewebe'

catarrbus 'Katarrh, Schnupfen'

dampfo swM. 'schwerer Katarrh, Schnupfen'

Krankheitsbezeichnungen

331

snudel stM. 'Schnupfen' snuderäta stF. 'Schleimfluss, Nasenkatarrh' snuz stM. 'Rotz, Nasenschleim' strfiche stswF. 'Schnupfen, Katarrh' gibrähhi, gibrehhi stN. 'Katarrh' nasabuz stM. 'Schnupfen, Sekret auf der Nasenschleimhaut' catäx *hinkend, lahm'

diohhalz lahm, hinkend' hufhalz 'hinkend, lahm' hufelhalz *hüfdahm' huofslah Tunkend, lahm'

cephalargia 'Kopfschmerz'

houbitsuht stF. 'Kopfschmerz'

absque cerebro 'ohne Hirn'

himiwuoto 'wahnsinnig'

chiragra 'Handgicht, (Chiragra)'

hantsuht stF. 'Handgicht, Fingergicht'

cholera 'Galle; Gallenbrechruhr, Cholera'

kolero swM. '(Gallenbrech-)ruhr, Darmkolik, Bauchschmerz'

cicatrix "Narbe, Schramme'

anamäli stN. "Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' hllouga, hllouuua swN. 'Wundmal, Narbe' quedilla F. "Bläschen, Eiterpustel' llhloa stF. "Narbe' Uhlöi, lihlewe stF. 'Körpermal, Narbe' mäsa swF. 'Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal* wuntmäli stN. "Wundmal, Narbe'

clädes 'Verletzung eines Gliedes, Bruch, Verlust, Schaden, Unglück, Unheil'

balo stM. 'Krankheit, Seuche, Pest' sterbo swM. 'ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben'

claudico 'etwas lahmen, hinken'

hinkan 'hinken (auf Grund von körperlicher Behinderung)'

332

Die Auswertung des Wörterbuches

claudus 'der Lahme, Krüppel'

bi-rapfen 'verharschen, verkrusten, vernarben' halz lahm, hinkend' lam lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' lurzihho swM. *Lahmer, Gelähmter'

clävona 'Abszess, Geschwür'

lihdorn stM. 'Hühnerauge' (?)

clinicus 'der bettlägerige Kranke; Arzt am Krankenbett; Leichenbettbereiter'

bettiriso swM. 'Kranker, Gelähmter, Betdägeriger' lidrenkl stF. 'Gliederverrenkung' liduscart 'verstümmelt'

coeliacus lienterie, Gelbsucht' (?) (vgl. D. Langslow, The formation, S. 508 coiliacos, coeliacus 'a disease of the stomach, one suffering in the bowls')

gelogunt stM. 'Gelbsucht'

colus 'Darmkrampf, Kolik'

üzsuht stF. "Durchfall, Dysenterie'

conspersus 'von (Todes-)Flecken entstellt'

suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche'

cönsttpätio 'das Zusammendrängen, Gedränge', mlat. auch 'Verstopfung'

forastelli stN. 'Verstopfung'

contäbesco 'zusammenzehren, zusammenschwinden, sich aufzehren, dahinschwinden'

ir-siehhen "krank, krafdos, matt werden, erschlaffen'

contägo 'Berührung, Ansteckung'

biwollannussida stF. 'Ansteckung' biwollida stF. 'Ansteckung' hudun (?) 'Seuche' (?) rüda stswF. 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' kruppel stM. 'verwachsene, lahme Person, Krüppel'

ciaudo 'schließen, verstopfen' claudus 'lahm, hinkend'

contägium 'ansteckende Berührung, Ansteckung' contractus 'zusammengezogen' copadium 'Hautwucherung, Warze'

warza stswF. Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide'

Krankheitsbezeichnungen

333

corpukntus 'wohlbeleibt, korpulent, dick und fett'

swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'

corruptus aer 'verdorbene Luft'

suhtluomi 'ansteckend, verpestet' suhtluomlg 'verpestet'

cremo 'verbrennen'

smerzan 'verwunden, leid tun, schmerzen'

cruento 'blutig machen'

smerzan 'verwunden, leid tun, schmerzen'

cruentus 'blutend' cynoglässa 'Hundszunge'

bluoten 'bluoten, blutig sein' swlnsuht stF. 'Schwindsucht'

damnum 'Schaden, Verlust, Nachteil'

unheil stN. 'Schaden, Krankheit'

debacchor 'schwelgen, sich ereifern, lärmen und toben'

toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobend Svahnsinnig, hirnwütig, besessen' tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' tobönti 'unsinnig, verrückt, rasend' tobönto Oesessener, Wahnsinniger'

decumbo 'sich niederlegen, krank darniederliegen'

swahhön 'schwach werden, krank werden'

daemoniacus 'dämonisch, teuflisch' daemoniösus 'dämonisch, teuflisch'

tiufalwinnlg 'vom Teufel besessen' tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' tobesuhtig 'rasend, wahnsinnig' kranc 'schwach, hinfällig' halz lahm, hinkend' lam "lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' lern! stF. 'Verstümmelung, Lähmung' wan(a)heil "krank, schwach, gebrechlich, Lahm, schwächlich'

debilis 'geschwächt, entnervt, entkräftet, gelähmt, verkrüppelt'

334

Die Auswertung des Wörterbuches

debilitäs 'Geschwächtheit, Nervenschwäche, Gebrechlichkeit, Lähmung, Verkrüppelung'

siuhhl, siuhhln stF. 'Krankheit* wanaheill stF. 'Schwäche, Gebrechlichkeit' weihhi stF. 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Kraftlosigkeit, Verzagtheit' zi-urheilön 'gelähmt, gebrechlich'

debiütätus 'gelähmt, gebrechlich, verkrüppelt' debilito 'schwächen, lähmen, verkrüppeln' ir-helzen 'lähmen' ir-siehhen trank, kraftlos, matt werden, erschlaffen' giwuntöt 'verwundet' wanaheilen 'schwächen, lähmen' dificio 'abnehmen, schwinden, sich verfinstern, die Besinnung verlieren'

tuncalen 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen' gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, kraftlos werden

defirmts 'missgestaltet, entstellt' deförmitäs 'Missförmigkeit, Missgestaltetheit, Missbildung'

missiscapfan 'missgestaltet' missigiscaft stF. 'Missbildung' missiwerft stM. 'Missförmigkeit, Missgestalt'

delicior 'sich der Lust hingeben, frohlocken'

tobönto Oesessener, Wahnsinniger'

delträmentum 'albernes Zeug, Geschwätz, Possen*

affenheit stF. 'Tollheit, törichtes Geschwätz' tobaheit stF. Unsinn, Wahnsinn' tobezzunga stF. Torheit, Unsinn, Wahnsinn' tobunga stF. 'törichtes Zeug, Geschwätz, Wahnsinn, Torheit, Unsinn' unsinnecheit stF. 'Unsinn, Verrücktheit, Wahnsinn, Unvernunft' ursinnlgheit stF. 'Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' äwizzlg 'wahnsinnig, besessen' äwizzön 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein' rasen "wahnsinnig sein, außer sich sein'

delirius 'wahnsinnig' deltrio 'von der geraden Linie abgehen, verrückt sei, irre reden'

Krankheitsbezeichnungen

detirus 'irre, wahnsinnig, schwachsinnig'

335

tantarön 'irre reden, wahnsinnig sein' toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' äkallönti 'irre, wahnsinnig, schwachsinnig' tobend 'wahnsinnig, himwütig, besessen' tobönto Oesessener, Wahnsinniger'

ursinnig 'töricht, unsinnig, verrückt, demens 'unvernünftig, wahnsinnig, wahnsinnig, rasend, besessen' verrückt' dementia "Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit' unsälida stF. Unglück, Wahnsinn' unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' unsinnecheit stF. Unsinn, Verrücktheit, Wahnsinn, Unvernunft' ursinnida stF. 'Wahnsinn' ursinnlgheit stF. Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' ursinnigl stF. 'Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' wanawizzl stF. Wahnsinn' wuotnissa stF. Torheit, Wahnsinn' desipio 'sich der Torheit überlassen, unsinnig sein (als Krankheitszustand)'

tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln' tumbizzen 'töricht sein, unsinnig handeln' ursinnen 'unsinnig, aberwitzig sein' wanawizzen 'verwirren, töricht machen'

desölo 'vereinsamt, verödet'

lam 'lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft'

disperätus 'aufgegeben, verzweifelt, hoffnungslos'

urmuot 'irrsinnig, verrückt, verzweifelt'

336

Die Auswertung des Wörterbuches

devötätio 'Aufopferung, Verwünschung'

unheil stN. 'Schaden, Krankheit'

diarrhoea 'DurchfalT

üzgang stM. Ourchfall, Ruhr'

dipsas 'eine giftige Schlange, deren Biss heftigen Durst verursacht'

wazzarkalb stN. Wassersucht'

distortus 'verdreht, verzerrt, verwachsen' kermundi 'schiefmäulig, gekrümmt (nach Art des Adlerschnabels)' doleo 'Schmerzen haben, leiden' dolor 'Schmerz, schmerzliche Empfindung'

dolor dintium 'Zahnschmerz' dolor hteris 'Seitenstechen'

dysenteria 'Ruhr, Schmerz in den Eingeweiden, verbunden mit Durchfall'

Ε (vgl. auch A) edento 'zahnlos machen' edentulae 'Zahnlose, Alte' edentulus 'zahnlos'

effüsio 'Ausgießen, Herausströmen'

seten leiden, Schmerzen haben' sweran 'schmerzen, leiden' giswer stN. 'Geschwüre, Blasen, Eitergeschwüre, Schmerzen' smerzan 'verwunden, leid tun, schmerzen' smerzanto 'schmerzend' swer(a)do swM. 'Schmerz, Leiden' swero swM. 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' zandswero swM. 'Zahnschmerzen' sitisuht stF. 'Seitenstechen' bluotsuht stF. "Blutfluss, Ruhr, krankhaftes Ausfließen von Blut, Hämorrhoiden' rötwe stN. "Dysenterie, rote Ruhr' üzgang stM. Ourchfall, Ruhr' üzsuht stF. Ourchfall, Dysenterie'

ir-zennen 'der Zähne berauben' äzendi 'zahnlos' äzendi 'zahnlos' kanecezech 'zahnlos' zandlezzlg 'zahnlos' zan(d)lös 'zahnlos' rinnan 'fließen, strömen, laufen'; Part, 'triefäugig'

Krankheitsbezeichnungen

337

elanguesco 'erschlaffen, schlaff werden, ermatten'

siehhen "krank, erschöpft sein (wegen etwas), krank, schwach werden' ir-siehhen 'krank, kraftlos, matt werden, erschlaffen' gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, krafdos werden'

elephantinus 'mit Elephantiasis behaftet' elphantinus morbus, elephantiasis 'eine Art Aussatz, bei dem die Haut fleckig und hart wird wie Elefantenhaut' elephanticus morbus, elephantiasis 'Aussatz' elinguis 'ohne Zunge, mit gelähmter Zunge, unberedt'

gelosuhtlg 'gelbsüchtig, aussätzig' rioben 'Schorf bilden'

elumbis 'lendenlahm, entnervt'

unchreftlg "kraftlos, schwach' weihhi stF. 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Krafdosigkeit, Verzagtheit'

eluvies 'Ausspülung, Überschwemmung, Abfuhrung' emarcesco 'welk werden, dahinschwinden'

üzfluxus stM. 'Ausfluss'

emetritea 'Kehlsucht' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 200; vgl. H. Götz, Wörterbuch, S. 224 'fieberhafte Erkrankung")

kelasuht stF. 'Angina, Bräune'

emigraneus 'Hauptwurm', d.h. „Wurm der Kopfschmerzen erzeugt" (L. Diefenbach, Glossarium, S. 200)

zandswero swM. 'Zahnschmerzen' zandwurm stM. "Wurm, der Zahnschmerzen erzeugt'

enetgia "Wirksamkeit'

tobezzunga stF. Torheit, Unsinn, Wahnsinn' tobig 'tobend, rasend, wütend, unsinnig, verrückt, wahnsinnig' wuotunga stF. 'Raserei, Wut'

energümenos 'der vom Teufel Besessene'

äwizzigi stF. "Besessenheit' äwizzöd stM. "Besessenheit'

misalsuht stF. 'Aussatz' sprähhalös 'stumm, sprachlos' stamalön 'stammeln' zungelös 'ohne Zunge, sprachlos' (?)

hinkan 'hinken (auf Grund von körperlicher Behinderung)'

338

Die Ausweitung des Wörterbuches

äwizzön 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein' tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' tobesuhtig 'rasend, wahnsinnig' toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobend "wahnsinnig, himwütig, besessen' tobönto Tiesessener, Wahnsinniger' ursinnig 'töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' utsinnigl stF. 'Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' enervätus 'entnervt; entkräftet, gelähmt, weichlich, schwach' enervo 'die Nerven herausnehmen, schwächen, lähmen'

bihahsantllhho 'gelähmt, kraftlos'

epilemsia, epilepsia 'Fallsucht, Epilepsie* epikmpsis, epilepticus 'fallsüchtig, epileptisch'

fallantiu suht 'Fallsucht, Epilepsie'

epilepticus 'fallsüchtig, epileptisch'

hahsnen '(durch Zertrennen der Fußsehnen) lähmen'

ursinnig 'töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' tobesuhtig 'rasend, wahnsinnig'

eiysipelas "Wundrose, Antoniusfeuer, Entzündung'

fiur, wildaz fiur, flehtantaz fiur stN. Wundrose, Antoniusfeuer' flehtenta (?) 'Hautausschlag, Flechte, Wundrose' (?) wildfiur stN. 'Erysipel, Wundrose'

exanimis 'atemlos, halbtot, betäubt vor Schreck'

unmahüg 'schwach, krafüos, unfähig, krank'

excessus 'Heraustreten, Hervortreten, Abschweifung, Digression'

twalm 'Verwirrung, Betäubungsmittel), Schlafkrankheit, [Mandragora; Zaunrübe]' (?)

exitiälis 'zum Untergang führend, unheilvoll'

tödhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen'

Krankheitsbezeichnungen

extübero 'aufschwellen'

masaloht 'angeschwollen, knotig'

exukero 'zum Schwären, Eitern bringen, in Betrübnis versetzen, erbittern'

werten 'zum Schwären bringen'

F fästidium "Ekel, Widerwillen', Überdruß'

339

söde stMN. 'Sodbrennen' wullo swM. 'Ekel'

fatuus 'albern, einfältig, blödsinnig, narrenhaft'

irtobet 'töricht, albem, schwachsinnig', im Part. Perf. "blödsinnig, närrisch, hinfällig, alt'

febriäto 'im Fieber liegen, fiebern'

riden 'fiebern' rito swM. 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche' fiebar stN. 'Fieber' rito swM. 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' lancsuht, lantsuht stF. 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?)

febris 'Fieber'

febris synocha 'eine Herzkrankheit'

fellittösus 'gallenkrank' ficus 'Feige, Feigwarze'

gallln 'voll von (schwarzer) Galle, reizbar' fig stN. 'Feigwarze (Kondylom), durch einen Virus hervorgerufene warzenartige Hautwucherung, Ausschlag'

fistula "Wasserrohre, Hirtenpfeife, Katheter'

urwuoni Tränenfistel, Geschwür' (?)

flemina 'Krampfadern'

masala F. 'Krampfader'

foetor 'Geruch, Gestank'

fülida stF. 'Fäule, Fäulnis, übler Geruch' full stN. "Verwesung, Fäulnis, Sterblichkeit; das Brandige, Eitrige (von Wunden), Knochenfäule' (?)

fräctus 'krafdos, schwach, matt'

kfimlg 'krank, schwach, kraftlos,

340

Die Auswertung des Wörterbuches

fragititäs 'Zerbrechlichkeit, Gebrechlichkeit'

gebeugt' lThlihht 'Gebrechlichkeit, Hinfälligkeit, Sterblichkeit*

fragitida 'Zange, Griffel'

anamäli stN. "Narbe, Wunde, Mal auf der Haut' Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'

frägmentum 'abgebrochenes Stück, Bruchstück, Splitter, Trümmer'

leml stF. 'Verstümmelung, Lähmung'

fremo 'brummen, murren'

wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' wuotenti 'wütend, unsinnig'

fungus "Erdschwamm, Pilz; schwammartiges Gewächs an Menschen und Tieren'

suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' hofar stM. 'Schwellung, Buckel, Beule' houbitswam stM. 'Nasenpolyp' swil 'Schwiele, Geschwulst, schwammiges Gewächs, kranker Auswuchs'

funiculus 'dünnes Seil' (wohl zu fungus oder verschrieben aus furunculus)

druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'

fünus "Beerdigung, Leiche'

töd stM. Tod'

furens 'wütend'

tobend 'wahnsinnig, hirnwütig, besessen'

furfurts (PI.) 'Schuppen auf der Haut des menschlichen Körpers'

grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' wuotunga stF. 'Raserei, Wut' kallazzen 'wüten, rasen' wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' wuotenti 'wütend, unsinnig' tobig 'tobend, rasend, wütend, unsinnig, verrückt, wahnsinnig' tobönter 'Rasender' tobönto "Besessener, Wahnsinniger' wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein'

fünero 'bestatten'

furia Wut, Raserei' furibundus 'wutschnaubend; begeistert'

furiösus 'voller Wut, Raserei, unsinnig (sowohl durch Geisteszerstörung als auch durch leidenschaftliche Aufregung)'

Krankheitsbezeichnungen

furor "Raserei, Wut, Verzückung'

fürunculus "Blutschwären'

341

wuotenti 'wütend, unsinnig' wuotlg "wütend, tobend, wahnsinnig, tollwütig' tobahalmo swM. 'Raserei' ursinnigl stF. 'Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' wuot stF. 'Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' wuotunga stF. "Raserei, Wut' angasezzo swM. '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut*

G

gargara "Wurm' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 257)

siura swF. "Krätzmilbe, Hitzblatter', das davon verursachte Eiterbläschen'

gemursa "kleine Geschwulst zwischen den Fußzehen' gibber "bucklig'

toumado swM. 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' scelah 'schielend, scheel; bucklig' hoggaroht 'einen Auswuchs habend, buckelig' hofar stM. 'Schwellung, Buckel, Beule' hofaroht(i) "bucklig, voller Schwellungen' hoggar stM. "Auswuchs, Buckel'

gibberösus "buckelig, höckerig' gjbbus "Buckel, Höcker, Geschwulst'

glabelks "glatt, unbehaart'

gtabrio "unbehaart, kahl' gkbrus "unbehaart, kahl'

glandiok 'die (geschwollenen) Drüsen am Hals, Mandeln'

grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, grindig, kahl' üfdruos (?) stF. 'Geschwür'

342

Die Auswertung des Wörterbuches

glandulae 'Mandeln, Drüsen am Halse, die geschwollenen Mandeln; Halsstück vom Schwein* glans 'Kernfrucht, Bleikugel; Eichel am Penis'

druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'

glaucoma 'Verdunklung des Glaskörpers im Auge, grüner Star'

blehanougl stF. Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star' brehanougl stF. 'grüner Star' gilüh 'grauer Star' glasougi stN. 'grauer, grüner Star' (?) starablint 'stockblind, starblind' gleslnougi 'am grünen Star, Leukom leidend'

gtaucus 'bläulich, grünlich, lichtgrau' grassätor 'Herumstreicher, Herumschwärmer, Raufbold'

druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'

grosser 'losschreiten, (hart) zu Werke gehen, herumschwärmen, umhertoben'

toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobend 'wahnsinnig, himwütig, besessen' toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' wuoten "wüten, rasen, wahnsinnig sein' wuotenti 'wütend, unsinnig'

grossesco 'dick werden, anschwellen' (vgl. H. Götz, Wörterbuch, S. 295)

swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'

Η haemorrhoida 'Hämorrhoidenader, die goldene Ader' (eventuell als Verwechslung mit haemorrhoia 'der Blutfluss")

bluotfluzzida stF. "Blutfluss, Ruhr, Hämorrhoiden* bluotsuht stF. *Blutfluss, Ruhr, krankhaftes Ausfließen von Blut, Hämorrhoiden' figblätara swF. 'Hämorrhoide, Feigblatter' warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide'

Krankheitsbezeichnungen

343

hebes 'stumpf, ohne Gefühl, schwerfällig, tüfar 'stumpfsinnig, blöd' tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, blöde, dumm' unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' tuslg 'stumpfsinnig, töricht' hebeto 'stumpf machen, abstumpfen, ir-tumben 'stumpf werden' tuncalen 'die Sehkraft verlieren, entkräften' dunkel machen' dabl stF. 'Stumpfsinn' (?) hebetüdo 'Gefühllosigkeit, Stumpfheit' muotflewl stF. 'Stumpfsinn' hepaticus 'die Leber betreffend'

leberlich 'die Leber betreffend'

hernia 'Bruch als Leibesschaden'

gil, gfl stF. "Bruch' hölä F. "(Leisten-)bruch' warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' glloht 'an einem Bruch leidend' hirniwuotlg 'wahnsinnig' hodalös 'mit Kryptochismus behaftet, an einem Bruch leidend und durch die Behandlung der Hoden beraubt' höloht, hölaht 'an einem Leistenbruch leidend'

herniösus 'einen Bruch habend'

hordeolus 'das Gerstenkorn im Auge' hordiolum 'Gerstenkömchen, eitrige Entzündung einer Talgdrüse am Augenlid' hyaena (wohl zu hyalus 'glasgrün") hydröptcus "wassersüchtig'

hydrops "Wassersucht'

hystemcepni^an

hertbfät stN. 'Gerstenkorn am Augenlid* eitarflecko swM. (?) 'Gerstenkorn am Auge' starablint 'stockblind, starblind' lam lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' wazzarsioh 'wassersüchtig' wazzarsuhtlg 'wassersüchtig' wazzarkalb stN. "Wassersucht' wazzarsuht stF. "Wassersucht' wulst stM. "Wulst, aufgeworfene Lippe'

344

Die Auswertung des Wörterbuches

I ictmcus 'gelbsüchtig, die Gelbsüchtigen'

gelosuht, gelewesuht stF. 'Gelbsucht; Aussatz, Lepra' gelosuhtlg 'gelbsüchtig, aussätzig' wazzarsuht stF. "Wassersucht"

ignis sacer "Wundrose, Antoniusfeuer, Entzündung'

fiur, wildaz fiur, flehtantaz fiur stN. "Wundrose, Antoniusfeuer'

ignöbilitäs 'Ruhmlosigkeit, niedrige Herkunft'

tüfatheit stF. "Ungeschicklichkeit, Blödsinn'

ignöminia "Brandmarkung (als Strafe)'

ursiaht stF. 'Krampfader' (?)

imbeällis 'schwach, kränklich, unwirksam (von Heilmitteln)'

unchrefttg 'kraftlos, schwach' unmahtlg 'schwach, kraftlos, unfähig, krank' weih 'schwach, weich, krank' unkrafit stF. 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit' unmaht stF. 'Machtlosigkeit, Unvermögen, Schwäche, Krankheit, Gebrechen' wanaheill stF. 'Schwäche, Gebrechlichkeit' weihhi stF. 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Krafdosigkeit, Verzagtheit' weihhill stF. 'Schwäche'

imbeällitäs 'Schwäche, schwächliche Gesundheit, Kränklichkeit'

indigents 'Mangel an Verdauung'

füsmelzunga stF. 'Verdauungsstörung' unirsmalzitf 'Mangel an Verdauung'

ineptus 'unpassend, ungehörig, unschicklich, läppisch'

tüfarheit stF. 'Ungeschicklichkeit, Blödsinn' tüfarllh 'töricht, albern, blöd* tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm'

infatuo "betören'

irtobet 'töricht, albem, schwachsinnig', im Part, "blödsinnig, närrisch, hinfällig'

Krankheitsbezeichnungen

345

infirmatus 'geschwächt, entkräftet*

uncreftigöt 'schwach, geschwächt, kraftlos* bettiriso swM. 'Kranker, Gelähmter, Bettlägeriger' infirmitäs 'Schwäche, Krankheit' azzil 'Nagelfäule' harawinte swF. 'Harnwinde (wenn der Harn nur tropfenweise kommt)' cümida stF. 'Krankheit' unkraft stF. 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit' unmaht stF. 'Machdosigkeit, Unvermögen, Schwäche, Krankheit, Gerechen' weihhi stF. 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Kraftlosigkeit, Verzagtheit' inprmoT 'schwach, entkräftet, krank sein' swahhön 'schwach werden, krank werden' sioh 'krank, schwach, ohnmächtig'; infirmus 'körperlich schwach, angegriffen, unwohl, unpäßlich, krank, sioh "krank, schwach, ohnmächtig'; schwachsinnig' subst. 'der Kranke' suhtlg trank, räudig; übel, schlaff tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' unchreftig "kraftlos, schwach' unmahtlg 'schwach, krafdos, unfähig, krank' weih 'schwach, weich, krank' unfertig 'krank' inguina 'Geschwulst in der Schamgegend' scelm stM. 'Seuche, Pest' scehno swM.'Seuche, Pest' inmundo ... piaclo 'schmutzige ... Untat' biwollida stF. 'Ansteckung' inpetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf

grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' grintlüs stF. '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze'

346

Die Auswertung des Wörterbuches

juckido swM., juckida stF. 'Krätze, Räude, Skabies' lohafiut stN. 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' rfida stswF. 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' rüdig 'räudig, von Krätze befallen' rüdlgi stF. 'Räude, Krätze' rüdo swM. 'Hautausschlag, Räude, Krätze' warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' zitdruos stF. 'Räude. Krätze' zittarlüs stF. 'Räude, Krätze' zittaroh stM. "Räude' impius 'gotdos, verrucht'

tobönto "Besessener, Wahnsinniger' tobönti 'unsinnig, verrückt, rasend'

impostor "Betrüger'

unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig'

tnsänäbilis 'unheilbar'

unheilllh 'unheilbar' ursinnlgheit stF. Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' unheill stF. 'Krankheit, Wahnsinn, Tollheit' wuot stF. 'Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' toben 'toll sein, lärmend herumschwärmen' tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' unheil£n 'toll sein' tobönter 'Rasender' tobönto "Besessener, Wahnsinniger' unheil 'krank, wahnsinnig' unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig'

tnsänia "Vernunfdosigkeit, Tollheit'

insänio 'vernunftlos, toll sein (als med. Terminus), unsinnig sein, den Verstand verloren haben'

insänus 'seelenkrank, wahnsinnig, unsinnig, wütend'

Krankheitsbezeichnungen

347

ursinnlg 'töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' ursinno 'auf wahnsinnige, auf unsinnige Weise' wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' wuotenti 'wütend, unsinnig' insomnia 'Schlaflosigkeit' insomnis 'schlaflos' (wx) insomnis 'schlaflos'

släflösl stF. 'Schlaflosigkeit' släflös 'schlaflos' unsläfan 'schlaflos' unsläftgl 'Schlaflosigkeit'

intomiscere

swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'

tnsulto 'übel mitspielen, verspotten, verhöhnen'

wuoten "wüten, rasen, wahnsinnig sein'

invaüdus 'schwach, kraftlos, krank'

unchreftlg 'kraftlos, schwach' unmahtlg 'schwach, kraftlos, unfähig, krank'

ira 'Zorn, Erbitterung' iugulätio 'das Erwürgen, Erstechen, Ermorden'

wuotunga stF. 'Raserei, Wut' smerzan 'verwunden, leid tun, schmerzen'

L läbes 'Sturz, Unheil, Schaden; Gebrechlichkeit des Körpers, Seuche'

balo stM. 'Krankheit, Seuche, Pest' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche'

lacer 'zerrissen, zerfleischt, verstümmelt'

örlös 'ohne Ohren, taub'

laesio 'Verletzung, Schädigung'

tara stF. 'Verletzung, Schaden' tarunga stF. 'Schaden, Verletzung' tarunga stF. 'Schaden, Verletzung'

laesüra "Verletzung, Schädigung' langueo '(durch Krankheit) matt, ermattet, abgespannt, sein'

siehhen "krank, erschöpft sein (wegen etwas), krank, schwach werden' suhtlg 'krank, räudig; übel, schlaff

348

Die Auswertung des Wörterbuches

languesco 'matt, krank werden' languidus 'matt, lässig, träge, schwach'

languor '(krankhafte) Mattigkeit, Schwäche, Nervenschwäche'

gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, kraftlos werden sioh 'krank, schwach, ohnmächtig'; subst. 'der Kranke' siohh£r 'der Kranke' kancer stM. 'Geschwür' siuhhl, siuhhln stF. 'Krankheit' suht, sufft stF. "Krankheit, Seuche'

lascive 'mutwillig, übermütig, zügellos'

wuotenti 'wütend, unsinnig'

lasseseo 'müde werden'

ir-siehhen 'krank, kraftlos, matt werden, erschlaffen' siehhen trank, erschöpft sein (wegen etwas) krank, schwach werden'

lepra 'Krätze, Räude, Aussatz'

misalsuht stF. 'Aussatz' rioben 'Schorf bilden' horngibruoder stM. 'Leprakranker' malätes 'aussätzig' misal 'aussätzig' misaloht 'aussätzig' misalsuhdg 'aussätzig' üzsazzo, Ozeazzeo swM. 'Aussätziger'

leprous 'räudig, aussätzig'

lithargia 'Schlafsucht' lethargus 'der Schlafsüchtige; die Schlafsucht'

letifer 'den Tod bringend, tödlich' letum 'Tod'

lancsuht, lantsuht stF. 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?) muotsuht stF. 'Gemütskrankheit, Sinnesverwirrung; die Schlafsucht' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' tobend 'wahnsinnig, hirnwütig, besessen' twalm "Verwirrung, Betäubungsmittel), Schlafkrankheit, [Mandragora; Zaunrübe]' (?) twälsuht stF. "Lethargie, Schlafkrankheit* släfsuht stF. *krankhafte Neigung zu schlafen' unganz *krank; unheilvoll' (?) töd stM. Tod'

Krankheitsbezeichnungen

349

lichena 'Flechte'

warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide'

limbus 'Streifen, Saum, Gürtel'

wulst stM. "Wulst, aufgeworfene Lippe'

Uncus zu fynceus 'scharf sehend'

scilihen 'schielen, Schielender'

lippitüdo 'Augenentzündung, Augen(lider)blennorrhöe'

blehanougl stF. Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star' zaharougi stN. 'Augenentzündung' zaharougi 'triefäugig' lippius 'triefäugig sein, entzündete blitihhen 'triefäugig sein' Augen haben, an der Augenbrehan 'entzündet, triefend (von den brennorhöe leiden' Augen)' brehanbräwi 'triefäugig' Uppus 'triefäugig, mit entzündeten Augen' blehan (?) 'triefäugig' blehanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben' blehanougi 'triefäugig' einougi 'einäugig; triefäugig' (?) fliezougi (?) 'triefäugig' sürougi 'triefäugig, halbblind' weihougi 'triefäugig' USCHS (?) (vielleicht verschrieben aus lippus) sürougi 'triefäugig, halbblind' lividus 'bleifarbig, bläulich, blau (als Färbung eines Kranken)' livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)'

gieitarit, gieitaröt 'mit Gift versehen sein, vergiftet' bleiza swF. 'blauer Heck, Striemen, Wundmal' fret! stF. "blauer Reck, blutunterlaufene, wunde Stelle' giswulst 'Geschwulst, (blutige) Schwellung' gunt stM. "Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' smeiza stswF. 'Schmerz' tolk stN. "Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' warah stN. "Eiter, Geifer, Eiterbeule' wunta stswF. "Wunde, Verletzung'

350

Die Auswertung des Wörterbuches

luctor 'ringen, sich abmühen, gegen etwas ankämpfen'

t o b e n 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen'

lues 'Seuche, Pest, ansteckende Krankheit' a n g w e i z stM. "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag kleines Geschwür' b a l o stM. 'Krankheit, Seuche, Pest' 8celm stM. 'Seuche, Pest' s c e l m o swM. 'Seuche, Pest' suht, suffit stF. 'Krankheit, Seuche' lumbricus 'Eingeweidewurm, Spulwurm; Regenwurm'

b ü h w u r m stM. 'Spul-, Madenwurm, Bandwurm' s p u o l w u r m stM. 'spulenförmiger Eingeweidewurm' uhvurm stM. "Eingeweidewurm' (?)

lünäticus 'auf dem Monde lebend, epileptisch'

m ä n ö d f a l l ö n t i 'irrsinnig' ( ^ / m o n d süchtig' m ä n ö d t u l d o swM. 'Irrer, Mondsüchtiger' m ä n ö d w e n t l g 'mondsüchtig, epileptisch' (?) m ä n ö d w f f l g 'mondsüchtig, irrsinnig'

(?)

m ä n ö d w i l i n 'mondsüchtig' lüridus 'blassgelb, fahl, leichenblass (wie bei Gelbsüchtigen)'

riob 'aussätzig, schorfig, räudig' unheilida stF. Unheil, Unglück'

luscus 'mit verschlossenem Auge, einäugig, halbblind'

e i n o u g i 'einäugig; triefäugig' (?)

(parotis) luxata 'Verrenkung'

w a r g w a n g a swN. 'Vereiterung der

luxo 'verrenken'

Ohrspeicheldrüse' it-lenken 'verrenken'

jymphäticus 'wasserscheu, wahnsinnig, wie besessen, besinnungslos*

ir-trinkan 'ertrinken' PP. ertrunken 'toll, besessen' (?) w u o t l g 'wütend, tobend, wahnsinnig, tollwütig' t o b ö n t o Oesessener, Wahnsinniger' wuotenti 'wütend, unsinnig'

Krankheitsbezeichnungen

Μ macula 'der (entstellende) Fleck, das Mal, Makel'

351

anamäli stN. *Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' unganzl stF. 'Krankheit, Makel'

malannus 'Alb, Dämon' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 344)

ähhalm stM. 'Geschwür, Frostbeule' ähhelmo swM. 'Geschwür, Frostbeule' albe F. 'Alpdrücken (meist als Atembeschwerden und Angstzustand im Schlaf)' blätara swF. 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen'

malandrium *Blasen (am Hals), Aussatz, Räude'

ubilblätata swF. 'Karbunkel, Geschwür'

malefortis 'nicht recht gesund' makfactio Obeltat'

weih 'schwach, weich, krank' unmahtl stF. 'Schwäche, Gebrechen, Ohnmacht' misaloht 'aussätzig' ursinni 'wahnsinnig, unsinnig'

maksänus eigentl. 'beschränkt, nicht bei Sinnen' malitia 'schlechte Beschaffenheit, Schurkerei' malum 'Übel, Leiden, Fieber, Gebrechen, Fehler'

unheilida stF. 'Unheil, Unglück'

mancus 'verstümmelt, verkrüppelt, gebrechlich an den Gliedmaßen'

einhenti 'nur eine Hand habend, einhändig' einhentlg 'nur eine Hand habend, einhändig' hantlam 'mit gelähmter Hand' handelös 'ohne Hände' lam 'lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' wan(a)heil 'krank, schwach, gebrechlich, lahm, schwächlich'

ähhelmo 'Geschwür, Frostbeule' albe 'Alpdrücken'

352

Die Auswertung des Wörterbuches

membräna 'dünne, zarte Haut' (mente exäderat)

fei 'Star' tobönto "Besessener, Wahnsinniger'

mokstia Ueschwerde, Pein, Missbehagen, Gedrücktheit'

siuhhl, siuhhln stF. 'Krankheit' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' unkraft stF. 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit'

monophthalmus

einougi 'einäugig; triefäugig' (?)

morbidus trank, siech' morbus 'Krankheit, Verdruss, Kummer' morbus elephantinus "Elephantiasis, eine Art Ausschlag, bei dem die Haut fleckig und hart wird wie Elefantenhaut") morbus ngius 'Rheuma'

suhtlg "krank, räudig; übel, schlaff siuhhl, siuhhln stF. 'Krankheit' gelosuht, gelewesuht stF. 'Gelbsucht; Aussatz, Lepra' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' üzsazzen suht 'Aussatz' gelogunt stM. 'Gelbsucht' gelosuht, gelewesuht stF. 'Gelbsucht; Aussatz, Lepra' suhtlg *krank, räudig; übel, schlaff tewen, touwen 'im Sterben liegend'

moribundus 'im Sterben liegend'

mörio 'Erznarr, Hofnarr' morior 'sterben'

mors 'Tod' mortälis 'sterblich, vergänglich' morticinus 'gestorben, abgestorben (meist von Tieren)' mortifer 'todbringend'

tör, töte stN. "Narr, Tor' tewen, touwen 'im Sterben liegend' tödSn 'sterben' tot 'tot, gestorben' töd stM. Tod' tödhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen' scelmig 'verpestet, an der Seuche leidend, verreckt, abgestorben' (?) tödhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen' töd beranti 'todbringend' töd traganti 'todbringend'

mücukntus 'rotzig, schleimig'

roz stMN. 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' rozzag 'rotzig, schleimig'

mucus 'dicker Nasenschleim, rotzartiger Schleim am menschlichen Körper'

roz stMN. 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut'

Krankheitsbezeichnungen

353

snegil, snegele stM. 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' multo 'strafen, verlustig erklären'

tewen, touwen 'im Sterben liegend'

mulitiplico 'vervielfältigen'

tewen, touwen 'im Sterben liegend'

mungio 'schnäuzen'

snegil, snegele stM. 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit'

murcus 'verstümmelt'

lidrenld stF. 'Gliederverrenkung' liduscart 'verstümmelt'

mütus 'stumm, sprachlos'

stum 'stumm' tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm'

Ν naetms 'Muttermal, Fleck; Fehler, Makel' lebado swM. 'Muttermal, Auswuchs' nausia 'Seekrankheit; Übelkeit, Erbrechen' splwa swF. 'das Erbrochene' splwan 'sich erbrechen, speien' nausea 'Seekrankheit, Übelkeit' unwillido swM. 'Ekel, Erbrechen' willido swM. "Übelkeit, Ekel' wullida stF. 'Übelkeit, Ekel, Überdruss' wullido swM. 'Übelkeit, Ekel' wullöd stM. "Übelkeit, Ekel, Überdruss' wullunga stF. "Überdruss, Ekel, Übelkeit, das Erbrechen' nauseo 'Seekrankheit haben, sich unwillön 'sich erbrechen müssen' erbrechen müssen' wullön "Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen' ntcmmantea Totenbeschwörung'

töd stM. Tod'

nervus 'Sehne, Muskel; Nervenkrämpfe'

krampfo swM. 'Klaue, Haken, Kramp Ρ

354

Die Auswertung des Wörterbuches

nessia (Krankheitsbezeichnung)

hetdo swM. (?) [eine Krankheit] krampfo swM. 'Klaue, Haken, Kramp f nagado swM. *Bauchschmerz' (?) tropho stM. 'Vereiterung' (?)

nex Tod, Mord'

töd stM. Tod'

nödösus 'voll Knoten, knotig*

masaloht 'angeschwollen, knotig* masaroht 'geschwollen, mit Geschwülsten bedeckt'

nota 'Zeichen, Merkmal, Körpermal, Brandmal'

mäsa swF. 'Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal'

Ο

obbrütesco 'den Verstand verlieren'

irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig', im Part. Perf. 'blödsinnig, närrisch, hinfällig, alt' töd stM. Tod'

obliquus 'seitwärts (gehend), schräg, schieP hofaroht(i) "bucklig, voller Schwelobitus Untergang, Hinscheiden' lungen' scelah 'schielend, scheel; bucklig' scilihen 'schielen, Schielender' obscuro 'verdunkeln'

blinden 'erblinden'

obtundo 'schlagen, durch Schlagen stumpf machen, abstumpfen'

ir-touben "betäuben'

obturgesco 'schwellen, anschwellen'

swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'

offöco 'erwürgen, ersticken'

dempft stF. 'Erstickung' dempfida stF. 'Erstickung' dempfunga stF. 'Erstickung' dempfungl swF. 'Erstickung'

Krankheitsbezeichnungen

355

ophthalmia 'Augenkrankheit'

ougswero swM. 'Augenentzündung'

opstupesco 'betäubt werden, erstatten, (vor Erstaunen) stumm werden'

ir-tophsen 'taub werden'

opium Opium, Mohnsaft'

twalm Verwirrung, Betäubungsmittel), Schlafkrankheit, [Mandragora; Zaunrübe]' (?)

orbus 'einer Sache beraubt, der Augen beraubt, blind'

blint "blind, verblendet, dunkel'

Ρ paeder 'Schmutz, Gestank'

lüssuht stF. 'das Verlaustsein, Läusekrankheit'

palpito 'zucken'

lühougön 'mit den Augen zucken'

pänsa 'breitfüßig, ein Breitfuß'

scief 'krumm(fußig), schieP scieffuoz 'einer der schief auf den Füßen geht'

papilla "Brustwarze; Blatter, (Hitz-) Bläschen'

warza stswF. 'Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' angasezzo swM. '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' angweiz stM. "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag kleines Geschwür' angweiza swF. 'Hautausschlag' angweizo swM. 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' blätata swF. 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen' boula F. 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' büla, bulla stswF. '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden'

papula "Blatter, (Hitz)bläschen*

356

Die Auswertung des Wörterbuches

paralysis 'Nervenlähmung an einer Körperseite, Schlagfluss'

paralyticus 'der an einer Körperseite Gelähmte'

parötida 'Geschwür an der Ohrendrüse' passio 'körperliches Leiden, Krankheit'

eiz stM. 'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' quedilla F. "Bläschen, Eiterpustel' ruf stF. 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag; Grind-Ampfer' tolk stN. "Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' firgihti stF. *Lähmung durch Schlaganfall* firgihtigl stF. 'Schlaganfall, Gliederlähmung' firgihtigötl stF. "Lähmung, Gicht' giht stF. 'Schlaganfall, einseitige Körperlähmung' gigiht stF. 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' gigihtl (?)'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht* bettiriso swM. 'Kranker, Gelähmter, Bettlägriger' bettisioh 'gelähmt, betdägerig krank' firgihtfg substantiviert 'vom Schlaganfall Getroffener, von Gliederlähmung befallener' firgihtigöt 'gichtbrüchig, gelähmt sein' firgihtigötl stF. *Lähmung, Gicht' fügihtit 'gichtbrüchig, gelähmt' gigihtigöt substantiviert 'vom Schlaganfall Getroffener' lam lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst' angust stF. 'körperliche Bedrängnis, Krankheit, (Husten)KrampP

pello 'stoßen, schlagen, fortstoßen'

ir-spfwan 'ausspeien, von sich geben'

percussüra 'Schlag, Stich, Stoß', im Kontext wohl 'Grind, Ausschlag'

anamäl stN. "Narbe, Mal einer Verwundung; Stigma, Mal als Erkennungszeichen; Grind, Ausschlag'

Krankheitsbezeichnungen

357

anamäli stN. "Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' petfurn 'wüten'

wuotenti 'wütend, unsinnig'

peripsema Unreinheit'

urwerf stMN. 'Fehlgeburt, Kehricht*

pernio 'Frostbeule an den Füßen'

toumado swM. 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge'

perturbatio 'Verwirrung, Gemütsstörung'

muotsuht "Erkrankung der Sinne, des Gemüts'

pestifer 'todbringend' pestilens 'verpestet, ungesund, verseucht, Unheil stiftend' pestilentia 'Seuche, jede ansteckende Krankheit'

töd traganti 'todbringend' wuotenti *wütend, unsinnig'

pestis 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest*

scelm stM. 'Seuche, Pest' scelmo swM. 'Seuche, Pest' sterbo swM. 'ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' suhtluomi 'ansteckend, verpestet' angweiz stM. "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag kleines Geschwür' balo stM. 'Krankheit, Seuche, Pest' bisleht (?) 'Seuche' riofa stF. Test, Aussatz' scalmo swM. 'Seuche, Viehsterben' sterbo swM. 'ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' tobezzunga stF. Torheit, Unsinn, Wahnsinn'

petigo 'Räude'

beinsuht stF. *Beinleiden, Fußgicht' juckido swM., juckida stF. 'Krätze, Räude, Skabies'

phytonicus TDesessen' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 237)

unsinnig! stF. "Verrücktheit, Wahnsinn, Raserei' ursinnig! stF. 'Verrücktheit, Wahn-

358

Die Auswertung des Wörterbuches

sinn, Unsinn, Raserei' phkgma 'zähe Feuchtigkeit im Körper, Schleim'

phrtnesis 'der durch Entzündung der Gehirnhäute entstandene Wahnsinn'

phnneticus 'wahnsinnig, geisteskrank'

phthisis 'Schwindsucht' pipita, pituita 'zähe Feuchtigkeit, kalter Schleim, eiterartige Flüssigkeit, Schnupfen; Pips der Hühner' pläga 'Schlag, Stoß', im Kontext 'Krankheit'

roz stMN. 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' üzriustere stM. 'Schleim, Sputum' äwizzl stF. 'Hirnwut' hirniwuotigl stF. "Wahnsinn' lancsuht, lantsuht stF. 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?) tobaeuht stF. *Wahnsinn' tobezzunga stF. Torheit, Unsinn, Wahnsinn' ursin 'Wahnsinn' unsinnig! stF. 'Verrücktheit, Wahnsinn' (?) biben "Wahnsinniger' hirniwuotlg 'wahnsinnig' toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobend 'wahnsinnig, hirnwütig, besessen' tobentlg 'geisteskrank, wahnsinnig' tobönter 'Rasender' tobönto Oesessener, Wahnsinniger' wuotenti 'wütend, unsinnig' wuotfg 'wütend, tobend, wahnsinnig, tollwütig' dumpfe swM. 'Schwindsucht' pfiffiz stM. Tips, Schnupfen' (?) gibrähhi, gibrehhi stN. 'Katarrh' grecko swM. 'Schleim in den Augenwinkeln' anamäli stN. 'Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' bleiza swF. *blauer Fleck, Striemen, Wundmal' wunta sswF. "Wunde, Verletzung'

Krankheitsbezeichnungen

359

pkctoricus 'Vollblütigkeit, Bluterguss im Auge' (?)

ougflecko swM. 'Glaukom; Hornhauttrübung'

pkurisis 'Seitenstechen'

lentinswero swM. 'Seitenstechen' sitisuht stF. 'Seitenstechen' stehhado swM. 'Seitenstechen'

podagra 'Fußgicht'

fuozsuht stF. 'Fußgicht, Podagra' lidusuht stF. 'Gicht, Gliederkrankheit'

ponderösus 'schwergewichtig; mit einem Bruch behaftet'

höloht, hölaht 'an einem Leistenbruch leidend'

porrigo 'Grind an den behaarten Teilen des Körpers, Kopfgrind'

gulla, gulll, gullo (?) stF. 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?)

praencco 'vorher trocknen (von Wunden)' bi-rapfen 'verharschen, verkrusten, vernarben' prurigo 'das Jucken, juckender Grind am Körper'

bronado swM. 'juckender Grind' brunst stF. 'Hautentzündung' juckentl stF. 'das Jucken' juclüdo swM., juckida stF. 'Krätze, Räude, Skabies' juckiligl stF. 'das Jucken' rüdo swM. 'Hautausschlag, Räude, Krätze'

prürio 'das geile Jucken, der juckende Grind am Körper'

siura swF. 'Krätzmilbe, Hitzblatter, das davon verursachte Eiterbläschen' (?) siuro swM. 'Krätzmilbe' toi 'dumm, töricht'

prürio 'jucken, wirr sein, lüstern sein' pruris, wohl zu püs, püris 'der weiße und zähe Eiter'

swer stM. 'Geschwür' (?)

pügno 'kämpfen, streiten'

toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre'

360

Die Auswertung des Wörterbuches

pürgämentum "Unrat, Schmutz, AuswurP

kawahsa (?) 'AuswurP

purpurans, eigentlich 'rot, mit Purpur gefärbt'

bluoten 'bluten, blutig sein'

pürukntus 'eiterig'

eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' riob 'aussätzig, schorfig, räudig' eit(t)at stN. 'Gift, Eiter, eiternde Wunde' gunt stM. 'Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' watah stN. *Eiter, Geifer, Eiterbeule'

püs 'der weiße und zähe Eiter'

püstula "Blase, Bläschen; Hautbläschen, Blatter, Pustel', die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdrüsen, bes. am Halse; dicker Hals'

angasezzo swM. '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' angweiz stM. "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag kleines Geschwür' angweiza swF. 'Hautausschlag' angweizo swM. 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' bläsa F. "Pustel, Hautblase' blätara swF. 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen' büla, bulla stswF. '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' gisprinc stN. 'Ausschlag, Pustel' giswer stN. 'Geschwüre, Blasen, Eitergeschwüre, Schmerzen' quedilla F. "Bläschen, Eiterpustel' ruf stF. 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag; Grind-Ampfer' swam stM. 'schwammiger Auswuchs' (?) wimmer stM. 'Auswuchs, Bläschen, Warze'

puter 'in Verwesung übergegangen, frat 'entzündet, eitrig' faul, brandig' pütor 'Fäulnis, das Brandige, Morschheit' fulida stF. 'Fäule, Fäulnis, übler

Krankheitsbezeichnungen

putride 'Fäulnis, das Brandige'

361

Geruch' füll stN. 'Verwesung, Fäulnis, Sterblichkeit; das Brandige, Eitrige (von Wunden), Knochenfäule' (?) fülida stF. 'Fäule, Fäulnis, übler Geruch'

Q querela 'Klage, Beschwerde; körperliche suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' Beschwerde, Übelkeit, Unpässlichkeit' quinancia 'Kehlsucht' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 479) R rabidus 'wütend, toll, hirnwütig, rasend' rabies Tollheit, Wildheit, Raserei, Wahnsinn'

rabula 'ein tobender, schreiender Zungendrescher'

kelasuht stF. 'Angina, Bräune'

räzal 'reißend, rasend, tobend' räzl stF. *Wut, Wildheit, Tollheit' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' wewo swM. 'Schmerz, Qual, Leid, Krankheit, Ärger, Verderben' räzal 'reißend, rasend, tobend'

rämex "Bruch (am Leibe), Aderbruch, Hodenbruch'

hölä F. '(Leisten-)bruch'

rancor 'das Ranzige, der ranzige Geschmack, Geruch'

kocko swM. 'Fäulnis, Verwesung'

raucedo 'Heiserkeit'

rauco 'schnarren, heiser sein' raucus "heiser (durch Krankheit oder Reden), dumpf, rau'

heisar "heiser' heisarl stF. 'Heiserkeit' heisarunga stF. 'Heiserkeit' heisl stF. 'Heiserkeit' heiso swM. 'Heiserkeit' heisunga stF. 'Heiserkeit' heisen "heiser sein' heis *heiser, dumpP heisar "heiser'

recidiuafebris (zu recido Zurückkommen, wieder eintreten', s. Plinius 28,228) recido 'zurückkommen, wieder eintreten

avursturz stM. 'Rückfall, rückfälliges, schleichendes Fieber' itslag stM. '(Fieber-)Rückfall'

362

Die Auswertung des Wörterbuches

(vom Fieber)'

itslaht stF. '(Fieber-)Rückfall' itslahtt stF. '(Fieber-)RückM' itslahtigi stF. '(Fieber) Rückfall' recogito 'bei sich überdenken, überlegen' (?) tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln' recrüdesco "wieder roh werden, wieder ausbrechen (von Wunden)'

nfero 'zurückfuhren, heimkehren'

rapfen 'verharschen, verkrusten (von Wunden)' bi-rapfen 'verharschen, verkrusten, vernarben' widar-rouwen 'wieder verschorfen' (?), 'wieder blutig machen' (?), 'wieder blutig werden' (?) tewen, touwen 'im Sterben liegend'

rtsipio 'einen Nachgeschmack haben, nach etwas schmecken' (?)

tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln'

rttraho 'zurückziehen, zurückhalten, hinziehen' (?)

tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln'

rheuma 'Katarrh, Rheumatismus'

gibrähhi, gibtehhi stN. 'Katarrh' roz stMN. 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut'

röbtgo 'Rost, Mehltau (Getreidebrand)', (vgl. D. Langslow, The formation, S. 628 rubrica 'a typ of impetigo')

ango swM. 'Geschwür, bösartige Geschwulst*

rügo 'runzeln'

zuckön 'sich krümmen, sich zusammenziehen, krampfen' (?)

rümex 'Ampfer'

ruf stF. 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag; Grind-Ampfer'

S saevio 'wütend sein, toben' saevis 'wütend'

wuotenti 'wütend, unsinnig' ursinnig 'töricht, unsinnig, verrückt,

Krankheitsbezeichnungen

363

saevitia "Wut, Heftigkeit, Strenge'

wahnsinnig, rasend, besessen' wuot stF. Terrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn'

sanguinolentus 'voll Blut, blutig'

bluoten *bluten, blutig sein'

sanies 'verdorbenes Blut und andere Kötpersäfte, die noch nicht in weißen und zähen Eiter übergegangene Wundjauche'

eit(t)ar stN. 'Gift, Eiter, eiternde Wunde' gunt stM. "Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' swer stM. 'Geschwür' (?) swero swM. 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' warah stN. "Eiter, Geifer, Eiterbeule' riob 'aussätzig, schorfig, räudig'

saniösus 'voll Jauche' sarabaita (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 512, H. Götz, Wörterbuch, S. 588 'unaufrichtiger, scheinheiliger Mönch")

lubetsch stM. Tor, Narr'

saturiasses 'Würmer' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 514 s.u. satinus)

siuro swM. 'Krätzmilbe'

sauäo 'verwunden, verletzen' sauäus 'verwundet, verletzt'

giwuntöt 'verwundet' giwuntöt 'verwundet'

scaber 'rau, räudig'

lohanti 'räudig, schorfig' rüdig 'räudig, von Krätze befallen' rüdo swM. 'Hautausschlag, Räude, Krätze' ruf stF. 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag; Grind-Ampfer* scuoboht 'räudig, rau' gulla, gulll, gullo (?) stF. 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst* (?) juckido swM., juckida stF. 'Krätze, Räude, Skabies' kläwido swM. 'Schorr riubl stF. *Räude, Ausschlag, Krätze' rüda stswF. 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze'

scabies 'Räude, Krätze, Aussatz'

364

Die Ausweitung des Wörterbuches

scabiösus 'krätzig, räudig, aussätzig, rau'

rüdi F. "Räude, Krätze' rüdo swM. 'Hautausschlag, Räude, Krätze' scabado swM. 'Räude, Krätze, Aussatz' rüdig 'räudig, von Krätze befallen' rüdo swM. 'Hautausschlag, Räude, Krätze' scaboht 'räudig, schäbig' scebig 'räudig' scuoboht 'räudig, rau'

scaurus 'der herausstehende Knöchel hat, der Klumpfuß'

lezfuoz stM. 'Klumpfuß'

scotoma 'Dunkelheit vor den Augen, Schwindel'

swintilöd stM. 'Schwindel' swintilunga stF. 'Schwindel*

scömaticus 'mit Schwindel behaftet'

zoranougi 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen'

scrofulae 'Halsdrüsen, Halsgeschwulste, Skrofeln'

druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'

scurio (?)

siuro swM. 'Krätzmilbe'

semianimis Tialb entseelt, halbtot'

wanaheili "krank, schwächlich'

sine sensu 'ohne Verstand'

hirniwuoto 'wahnsinnig'

serpedo 'RodauP (hier verwechselt mit serpigo ?; L. Diefenbach, Glossarium, S. 530)

touwurm stM. 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?)

serpigo 'Schorf, Flechte'

flehte F. 'Hautausschlag, Hechte'

sevens 'ernst, streng, grausam'

riob 'aussätzig, schorfig, räudig'

sevio (?)

toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel)

Kiankheitsbezeichnungen

365

besessen, wahnsinnig, irre' silicernius 'alt, tot, sterblich' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 533)

altriso swM. 'der durch das Alter hinfällige, dem Tode nahe Mensch'

mgultus 'Schluchzen, Schlucken, Röcheln' rihunga stF. 'das Keuchen,Würgen' worgal "Würgen beim Erbrechen' worgalozannen 'die Zähne beim Erbrechen zusammendrücken' (?) söcordia 'geistige Trägheit, Geistesschwäche, Sorglosigkeit'

narraheit stF. 'Geistesschwäche, Wahnsinn'

spalangium (L. Diefenbach, Glossarium, spuohvurm stM. 'spulenförmiger S. 544, vgl. phalangfum 'eine Art gif- Eingeweidewurm' tiger Spinnen") spasmus 'Zuckung, Kramp Γ

kramme swM. 'Kramp Γ krampf stM. 'Krampf, Gicht, Katarrh' (?)

krampfo swM. 'Klaue, Haken, Krampf ramme swM. 'Krampf spütus 'das Speien'

sterilis 'unfruchtbar' stenütäs Unfruchtbarkeit' stigma "Brandmal'

snegil, snegele stM. 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' splwa swF. 'das Erbrochene' unbirlg 'unfruchtbar' geisinl stF. Unfruchtbarkeit' anamäl stN. 'Narbe, Mal einer Verwundung; Stigma, Mal als Erkennungszeichen; Grind, Ausschlag' anamäli stN. TSIarbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' blätara swF. 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen' hantmäli stN. 'Stigma, Wundmal der Hand'

366

Die Auswertung des Wörterbuches

llhlöi, Ühlewe stF. 'Körpermal, Narbe' mäsa swF. 'Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal' wunta stwF. "Wunde, Verletzung' stiiapbus (aus sclopus, stlopus in Kontamination mit coktphus} so L. Diefenbach, Glossarium, S. 519 als 'Einblasung, Geschwulst")

swilidi (?) stN. 'Aufschwellung'

stolidus 'tölpelhaft, albern, brutal, unsinnig' stumbal 'verstümmelt, stumpfsinnig' irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig', im Part. Perf. "blödsinnig, närrisch, hinfällig, alt' toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig' strabönus 'schielend' strabus 'schielend'

scelahougi 'schielend, schieläugig' scelah 'schielend, scheel; bucklig' scelahougi 'schielend, schieläugig' scilihen 'schielen, Schielender'

sträges 'das Hinsinken, Niedersinken (durch Krankheit oder Schwert)'

gihelzida stF. "Lahmheit, Gebrechlichkeit, Verkrüppelung' helzida stF. "Lahmheit, Gebrechlichkeit' leml stF. "Verstümmelung, Lähmung'

strangulo 'erwürgen, erdrosseln, ersticken' strengila stF. '(Pferde)Katarrh, Druse' stranguria 'Strangurie, Harnzwang, gidwang stM. 'Harnzwang' Harnwinde' struma 'die skrofulöse Anschwellung und büla, bulla stswF. '(eiternde) Beule, Vereiterung der Lymphdrüsen, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; bes. am Halse; dicker Hals' Hämorrhoiden' bütil stM. 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst' kancer stM. 'Geschwür' kröpf stM. 'Kröpf, Geschwulst am

Krankheitsbezeichnungen

strümösus 'mit angeschwollenen Drüsen behaftet*

stultitia Torheit, Albernheit' stultus 'betört, töricht, einfältig, albem'

stultus 'der Einfältige, Tor'

367

Hals' hofaroht(i) 'bucklig, voller Schwellungen' kelahoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' ursinnigl stF. 'Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' toi 'dumm, töricht' tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' tumpllch 'töricht' seivarer Oummkopf, Schwachsinniger'

stupor (corporis) 'Gefühllosigkeit'

biluh stM. "Lähmung, Starrheit'

subnervo 'unten die Sehnen einschneiden, durch Zerschneiden der Sehnen lahmen'

hahsnen '(durch Zertrennen der Fußsehnen) lähmen (von Pferden)' ir-helzen lahmen'

supeißuus (sanguis) 'überflüssig, das Überflüssige, Abgang'

ubarbluotlg 'an Blutungen leidend'

surdus 'taub, unempfindlich, stumpf

toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig' ir-touben "betäuben' unbiwaröt 'stumpfsinnig, taub'

surigo (L. Diefenbach, Glossarium, S. 538 als Variante zu siro TusteF)

siura swF. 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen'

syncope 'Ohnmacht'

magabizzado swM. "Bauchschmerzen' magabizzida stF. 'Bauchschmerzen'

Τ tabes 'das allmähliche Vergehen durch Schmelzen, Fäulnis, Krankheit, Schwindsucht, die zergehende Flüssigkeit, Jauche'

gunt stM. "Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' swer stM. 'Geschwür' (?) warah stN. liiter, Geifer, Eiterbevile'

368

Die Auswertung des Wörterbuches

täbidus 'schwindend, verwesend, auszehrend'

täbitüdo 'Schwindsucht, Auszehrung' täbum 'ansteckende Krankheit, Eiter, das verwesende Blut'

eitarllh 'giftig, eiterig, verwesend' eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' gunt stM. *Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' guntlg "krank, dahinschwindend, vereitert* (?) suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche' trör stM. 'ausgetretenes Blut, Eiter' (?)

tardus langsam, schwer von Begriff, stumpf, stumpfsinnig, dumm'

tüfat 'stumpfsinnig, blöd'

telum "Wurfgeschoß, Seitenstechen'

stehhado swM. 'Seitenstechen'

tempestäs 'Sturm, Ungewitter, ungestümer Andrang'

suht, sufft stF. 'Krankheit, Seuche'

tinctio 'Taufe'

bismizzanl stF. 'Ansteckung, Befleckung' (?)

tineösus 'voller Würmer, verlaust'

tinia 'der nagende Wurm'

gulla, gulll, gullo (?) stF. 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) zittarohti 'mit Räude behaftet' scurf stM. 'Schorf, Grind, Krätze'

tinnio 'klingen, klingeln'

touben 'taub werden'

töles 'Kröpf am Halse'

druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst'

tormentum 'Folterwerkzeug), Marter, Plage'

plna stswF. 'körperlicher Schmerz, Qual, Drangsal, Not'

torpeo 'taub, betäubt, steif, starr, erstarrt, regungslos, gefühllos sein, geistig gelähmt ein' torpor "Betäubung, Erstarrung, Stumpfheit, Erschlaffung, Erlahmen der Geisteskraft'

siehhelön "krank sein, ermatten, kränkeln' (?)

torsio 'Marter, Plage, Grimmen'

truobl stF. 'Verwirrung, Trübung'

magabizzado swM. "Bauchschmerzen'

Krankheitsbezeichnungen

369

tortuösus 'voller Windungen, Krümmungen; schmerzend' tortüra *Bauchgrimmen, Verrenkung'

kümlg trank, schwach, kraftlos, gebeugt' magabiz stM. "Bauchschmerzen' magabizzida stF. *Bauchschmerzen' magabizzado swM. *Bauchschmerzen'

toxicum 'Gift, Pfeilgift'

gieitarit, gieitaröt 'mit Gift, Eiter versehen sein, vergiftet'

tribulätio Trübsal, Not'

pina stswF. 'körperlicher Schmerz, Qual, Drangsal, Not'

truncus 'verstümmelt'

stumbal 'verstümmelt, stumpfsinnig'

tüber krankhafter Auswuchs am Körper, Buckel, Beule, Geschwulst'

hofar stM. 'Schwellung, Buckel, Beule' kancer stM. 'Geschwür' kröpf stM. *Kropf, Geschwulst am Hals' masar stM. 'Geschwulst' wimmer stM. *knorriger Auswuchs (am Holz), Bläschen, Warze' masaroht 'geschwollen, mit Geschwulsten bedeckt' swambag 'aufgedunsen' (?) wimmer stM. "knorriger Auswuchs (am Holz), Bläschen, Warze'

tüberösus 'voller Buckel'

tubusfistula 'Auswuchs, Warze'

tumeo 'geschwollen, aufgeschwollen sein, strotzen' tumidus 'aufgeschwollen, schwellend, strotzend' tumor 'Geschwulst, Erhöhung'

swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen' swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen' büla, bulla stswF. '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' giswollanl stF. 'Geschwulst, das Aufschwellen' giswulst 'Geschwulst, (blutige) Schwellung' swulst stF. 'Geschwulst'

turbidus 'in Unruhe, Verwirrung'

truobl stF. 'Verwirrung, Trübung'

370

Die Auswertung des Wörterbuches

turgeo 'strotzen, aufgeschwollen sein'

swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'

tussis 'Husten'

fnehantiu kelasuht 'Keuchhusten' huosta stF. 'Husten' huosto swM. 'Husten' kelasuht stF. 'Angina, Bräune' huostön *husten'

tussio 'husten'

U üligo 'die natürliche Feuchtigkeit der Erde', auch 'eine Art von Ausschlag oder Krätze'

slim stM. 'Schleim'

ulcerosus 'voller Geschwüre, voller Beulen' blezllh 'voll von Geschwüren, schorfig' ulcus 'Geschwür, Schwären' ango swM. 'Geschwür, bösartige Geschwulst' eiz stM. 'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' giswer stN. 'Geschwüre, Blasen, Eitergeschwüre, Schmerzen' rüda stswF. 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' sweto swM. 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' tolk stN. Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' wunta stwF. "Wunde, Verletzung' ümor 'Feuchtigkeit, Flüssigkeit'

fühtl stF. '(eitriger) Ausfluss'

uredo TJrand' (Getreidekrankheit)

brunnido 'Getreidebrand' (?), 'das brennende Jucken (der Haut)' (?) brunnihizza stF. 'das brennende Jucken' angweiz stM. "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür'

urica, ürüca, erüca 'Raupe, Kohlraupe'

swtaeslüs stF. 'Schweinefinne (als Parasit)'

Krankheitsbezeichnungen

371

Uhdorn stM. 'Hühnerauge' (?)

V valetudo (,Mala uaütudine) 'der Gesundheitszustand, Krankheit'

lancsuht, lantsuht stF. 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?) unkraft stF. 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit'

varix 'Krampfader, Kropfader'

llhloa stF. "Narbe' masala F. 'Krampfader' sparrädta 'Krampfader' (?), 'Sehne' (?) ursiaht stF. 'Krampfader* urslahti stF. 'Krampfader' warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' werna, wem stswF. 'Krampfader' werra stswF. 'Krampfader'

varus 'auseinandergebogen, auseinandergewachsen gehend, krummbeinig'

krumbbein 'Krummbeiniger'

vecordia "Wahnwitz, Unsinnigkeit, Wahnsinn' vecors 'wahnwitzig, unsinnig, verrückt'

narraheit stF. 'Geistesschwäche, Wahnsinn' äneherzlg 'ohne Verstand, töricht' wanawizzi 'unsinnig, töricht, ohne Verstand' weherz ig 'töricht, unsinnig' eit(t)ar stN. 'Gift, Eiter, eiternde Wunde'

vertenum 'der lebenzerstörende, giftige Saft' ventriculus 'Bach, Magen'

ktopf stM. 'Kröpf, Geschwulst am Hals'

vermis "Wurm' vermis porci

härwurm stM. 'Spulwurm' swlneslüs stF. 'Schweinefinne (als Parasit)'

Verruca 'Auswuchs, die raue, schorfige Warze'

warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader; Hämorrhoide'

372

Die Auswertung des Wörterbuches

(kariosus) zu verrucosus verrucosus 'warzenreich' vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'

warzala F. "Warze' wimmer stM. 'knorriger Auswuchs (am Holz), Bläschen, Warze' warzig 'mit Warzen behaftet, (voller Krampfadern' (?) warzoht 'mit Warzen behaftet' swimo swM. 'Schwindel, Ohnmacht' swindel stM. 'Schwindel' swintilöd stM. 'Schwindel' 8wintilön 'Schwindelgefühle haben, Schwindel' swintUunga stF. 'Schwindel' swintUungl stF. 'Schwindel'

narraheit stF. 'Geistesschwäche, Wahnsinn' unheil stN. 'Schaden, Krankheit* vesänus 'wahnsinnig, unsinnig, überspannt' unheil 'krank, wahnsinnig' unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' utsinnlg 'töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' vesänia Wahnsinn, Raserei'

vesica 'Geschwulst; Harnblase'

vesicuh 'KropP

blätara swF. 'Hautbläschen, Blatter, Pustel (kleines) Geschwür, Brandbläschen' kröpf stM. 'Kröpf, Geschwulst am Hals' füda stswF. 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' bläsa F. Tustel, Hautblase' kröpf stM. 'Kröpf, Geschwulst am Hals' kropfilln stN. 'Kröpf

veternus 'das Alter, Schlafsucht, Lethargie (als krankhafter Zustand alter Menschen)'

rito swM. 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche'

vibix 'Strieme, Schwiele'

ren 'Strieme, Wundmal' swacca (?) 'Strieme, Wunde*

Krankheits Bezeichnungen

virösus 'stinkend, giftig' virultntus 'giftig, voll Gift' virus 'die natürliche zähe Feuchtigkeit, Schleim, Saft'

373

eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' gieitarit, gieitaröt 'mit Gift versehen sein, vergiftet* eit(t)ar stN. 'Gift, Eiter, eiternde Wunde' gunt stM. "Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür'

vissum 'Furz' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 623, H. Götz, Wörterbuch, S. 715)

fist stM. 'Furz, Darmwind'

vitiligo 'krankhafter Ausschlag auf der Haut, Flechte'

juckido swM., juckida stF. 'Krätze, Räude, Skabies' rüda stswF. 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze'

vomäx 'sich oft übergebend, zum Erbrechen geneigt'

saegil, snegele stM. 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' spiwöd stM. 'das Erbrochene' splwa swF. 'das Erbrochene' splwan 'sich erbrechen, speien' roz stMN. 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' unwillido swM. "Ekel, Erbrechen' wullunga stF. "Überdruss, Ekel, Übelkeit, das Erbrechen' wullön Έkel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen'

vomex (zu vomäx 'sich oft übergebend, zum Erbrechen geneigt") vomitus 'das Erbrechen' vomo 'sich erbrechen' vulnero 'verwunden' vulnus "Wunde, Verletzung'

X xenodocbium (morbus) Tilgerhaus, Hospiz' xenodochtum 'Pilgerhaus, Hospiz'

giwuntöt 'verwundet' snit stM. 'Schnittwunde' tolk stN. "Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' wunta stwF. "Wunde, Verletzung'

siuhto swM. 'Krankheit' suht, suift stF. "Krankheit, Seuche'

374

Die Auswertung des Wörterbuches

Y yrurcbus 'glatzköpfig' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 310)

Ζ \erna 'Hautflechte mit knötchenförmigen Schwellungen' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 635)

grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, glindig, kahlköpfig'

adel stM. "kleines Geschwür'

2.1.1 Auswertung des Glossars Auch das Verzeichnis der Krankheitsbezeichnungen bietet mit 524 lateinischen und 1073 althochdeutschen Verwendungsweisen ein klares Übergewicht des Althochdeutschen. Statistisch gesehen stehen damit jeder lateinischen Bezeichnving etwa 2,07 Übersetzungsversuche gegenüber. Allerdings ist die Zahl der nur ein einziges Mal bezeugten althochdeutschen und lateinischen Krankheitsbezeichnungen sehr hoch, sie beträgt fast 50 %. Für den Rest der häufiger bezeugten Belege gelangt man daher ebenfalls zu einem durchschnittlichen Wert von knapp vier althochdeutschen Bezeichnungen pro lateinischem Lexem. Auch für die Krankheitsbezeichnungen gilt, dass im Althochdeutschen nur erst eine begrenzte Zahl von festen und eindeutigen Bezeichnungen vorrätig ist, die auf dem gesamten Sprachgebiet gleichermaßen verwendet werden. Relativ feste Gleichungen, wie etwa lat. caecus: ahd. blint oder podagra : fuo^suht sind ausgesprochen selten. Die Krankheitsbezeichnungen treten also entweder nur ein einziges Mal auf, so beispielsweise 14 von insgesamt 26 Lexemen der Buchstabenstrecke A {adel, affenheit, ähhalm, äkallönti, albe, ango, äneher^tg, ämigt, äwisgig, äm^pjgi, äuns^jlös, ämigöd, ä^endi, a^sjl), oder es steht zu ihrer Übersetzung wie bei den Körperteilbezeichnungen ein gewisses Spektrum von Varianten zur Verfügung. Diese Varianten lassen sich ebenfalls in drei Gruppen einteilen. Es gibt einige wenige rein morphologische Varianten, wie etwa den η-Stamm ahd. dampho swM. für lat. branchus morbus neben dem jan-Stamm dempho swM., swil stN. fiir lat. callus neben swilo swM. und giswil stN. oder magabiζ stM., magabitgado swM. und magabisgida stF. für lat. tortüra "Bauchgrimmen'. Etymologisch verwandte Lexeme mit unterschiedlichen voreinzelsprachlichen Stammbildungselementen konnten im Gegensatz zu den Körperteilbezeichnungen nicht ermittelt werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Wortbildungsmorpheme in der Regel sehr viel älter als die einzelsprachlichen Krankheitsbezeichnungen sind. Offensichtlich wurden sie erst nach Abschluss der produktiven Phase dieser Morpheme gebildet.

Krankheitsbezeichnungen

375

Die zweite Gruppe zeichnet sich durch lexikalische Varianz innerhalb einer einzelnen Wortfamilie aus. Bei den Krankheitsbezeichnungen geschieht dies in der Mehrzahl der Fälle mit Hilfe von Suffixbildungen, vereinzelt auch mit Verbalpräfixen, dem Nominalpräfix gi- sowie »»-/ur-. Es fällt auf, dass Komposita bei der Bildung von Krankheitsbezeichnungen eine geringere Rolle spielen. Als Beispiel für stammbildungs- und wortbildungsmorphologische Varianz kann die Übersetzung von lat. nausea 'Seekrankheit, Übelkeit' gelten: wulüda stF., wullido swM., sowie wullöd und wullunga. Ein weiteres Beispiel findet sich unter lat. raucedo 'Heiserkeit'. Ausgeprägte suffixale Varianz im Rahmen einer Wortfamilie zeigt sich auch bei der Übersetzung von lat. vertigo 'Schwindel': swtmo, swindel, swintilöd, smntilön, swintilunga, smntilungi. Variierende Präfixbildungen übersetzen lat. abortivus 'Früh-, Fehlgeburt': äwetf,firweif,firworfund urweif. Varianz durch Komposition mit identischem Grundwort findet sich einmal in ahd. diobhal^ hußafy hufelhals^ huofslah zu lat. catäx 'hinkend, lahm'. Die größte der drei Gruppen ist aber auch hier diejenige, in der bei der Übersetzung verschiedene etymologisch nicht verwandte althochdeutsche Lexeme miteinander konkurrieren, so dass einzelne Verwendungsweisen den Status von „Synonymen" erlangen. Hierfür können in Einzelfällen die für das Althochdeutsche oft nicht sicher festzumachenden regionalen — oder auch innerhalb des Sprachstadiums zeitliche — Unterschiede maßgeblich sein. Starke Varianz zeigen beispielsweise Übersetzungsgleichungen zu lat. alopecia 'Fuchsräude, Fuchsgrind': ahd. grint, ruf, scutf, zu lat. täbes 'Fäulnis, Krankheit, Schwindsucht': gunt, suht, swer, warah oder zu lat. ulcus 'Geschwür, Schwären': ango, eiv^ giswer, rüda, swero, tolk, wunta. Alle drei Typen begegnen sich bei der Verdeutschung von lat. inpetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf, papula IMatter, (Hitz)bläschen' und püstula "Blase, Hautbläschen, Blatter, Pustel'. Dies sind zugleich auch die lateinischen Interpretamente mit der größten Zahl unterschiedlicher Übersetzungsgleichungen. Erkrankungen der Haut sind offensichtlich — neben den nicht immer eindeutig zu beschreibenden Bezeichnungen für Geisteskrankheiten und psychische Störungen — die am häufigsten auftretenden Probleme. Sie rufen den größten Bezeichnungsbedarf hervor. Verschiedene Leitvarianten für die Bezeichnung der verschiedenen Hautkrankheiten haben sich in althochdeutscher Zeit offensichtlich noch nicht herausgebildet. Ansätze zur Terminologiebildung lassen sich bei den Übersetzungsgleichungen der Krankheitsbezeichnungen noch nicht so deutlich erkennen, wie das im Bereich der Körperteilbezeichnungen der Fall war.

376

Die Auswertung des Wörterbuches

2.2 Onomasiologische Gliederung Die unmittelbaren lateinisch-althochdeutschen Obersetzungsgleichungen bilden nur einen Teilbereich des althochdeutschen Wortschatzes, wenn auch einen großen. Die Gesamtzahl der Krankheitsbezeichnungen beträgt 650. Sie lassen sich auf 23 Sachbereiche verteilen, die gelegentlich noch weiter untergliedert werden können. Auf diese Weise entstehen 37 für das Althochdeutsche charakteristische onomasiologische Felder. Ausgangspunkt ist die Frage: „An welchen Krankheiten leiden die Menschen im Frühmittelalter?" Es folgt die Frage: „Welche Krankheitsbilder lassen sich voneinander abgrenzen?" Die Präsentation der Felder schließt sich an das Gliederungsprinzip der Körperteilbezeichnungen an. Da die einzelnen Verwendungsweisen eines Lexems (720) verschiedenen Feldern angehören können, sind Mehrfachnennungen möglich. Allgemeine Bezeichnungen für den kranken Menschen und für Krankheiten werden vorangestellt: A. B. 1. C. D. E. F. G. 1. 5. H. I. I. J. 1. K. L. M. N. O. P. Q. R. S. T. U. V.

Der kranke Mensch Krankheit Krankheit, Seuche, Schwäche. 2. Schmerz. 3. Schwindel. 4. Übelkeit. Wunden, Narben Missbildungen Lähmungen Geschwulste und Schwellungen Erkrankungen der Haut Geschwüre. 2. Schorf, Grind, Aussatz. 3. Eiter, Fäule. 4. Warzen. Schwielen, Hühneraugen Erkrankungen im Kopfbereich Kopf, Hirn. 2. Augen. 3. Mund, Zähne. 4. Nase. 5. Ohren. 6. Hals. Erkrankungen der Extremitäten Erkrankungen der inneren Organe Herz und Leber. 2. Magen-Darmtrakt. 3. Unterleib. Fieber Blutungen Sprachstörungen Wahnsinn, Besessenheit, Epilepsie, Stumpfsinn, Unvernunft Krampfadern Parasiten Tuberkulose Wassersucht Krampf Schlaflosigkeit Schlafsucht Sonstige

W. Tod

Krankheitsbezeichnungen

377

Α. Der kranke Mensch (25) altriso 'der durch das Alter hinfällige, dem Tode nahe Mensch' - bettiriso 'Kranker, Gelähmter, Betdägriger' - biben "Wahnsinniger' - bihafter "Besessener' - bistumbaliter, bistumbalöter 'Verstümmelter, Verkrüppelter' - horngibruoder 'Leprakranker krumbbein 'Krummbeiniger' - kruppel 'verwachsene, lahme Person, Krüppel' lispari 'Lispler' - lubetsch 'Tor, Narr' - lursjhho 'Gelähmter' — mänödtuldo 'Irrer, Mondsüchtiger' - seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger' - nob subst. 'der Kranke' - siohher 'der Kranke' - scteffuo^ 'einer der schief auf den Füßen geht' — stamalänr 'Stammler' - tobdri 'Tobender, Wahnsinniger' (?) - tobenter "Wahnsinniger, Besessener' - tobönter 'Rasender' - tobönto 'Besessener, Wahnsinniger' — tör, töre 'Narr, Tor' - tüfar 'der töricht Handelnde' - unheiläri 'Wahnsinniger' - ü^sa^o, üysasgeo 'Aussätziger'. B. Krankheit Β. 1 Krankheit, Seuche, Schwäche (63) angust 'körperliche Bedrängnis, Krankheit, (Husten)Krampf' — balo 'Krankheit, Seuche, Pest' - biskht (?) 'Seuche' - bismivgani 'Ansteckung, Befleckung' (?) - birnllannussida 'Ansteckung' — biwollida 'Ansteckung' — guntig "krank, dahinschwindend, vereitert' (?) - herdo (eine Krankheit) - hudun (?) 'Seuche' (?) - krank 'schwach, hinfällig' - cümida 'Krankheit' — kümig 'krank, schwach, krafdos, gebeugt' - liblihht 'Gebrechlichkeit, Hinfälligkeit, Sterblichkeit' - serewen 'dahinschwinden (an Kräften und Körperfülle), sich verzehren' - sioh 'krank, schwach, ohnmächtig' - siehheit 'Krankheit, Schwachheit' — siehhelheit 'Krankheit' — siehhelön 'krank sein, ermatten, kränkeln' (?) - siehhen 'krank, erschöpft sein (wegen etwas), krank, schwach werden' - ir-siehhen 'krank, kraftlos, matt werden, erschlaffen' - siehhetago 'Krankheit' siehhi 'Krankheit; Schwäche' - siuhhi, siuhhin 'Krankheit' - siuhto 'Krankheit' siehtuom 'Krankheit, Schwachheit' - scalm 'Pest, Seuche, Viehsterben' (?) - scalmo 'Seuche, Viehsterben' - seeIm 'Seuche, Pest' - scelmig 'verpestet, an der Seuche leidend, verreckt, abgestorben' (?) - scelmo 'Seuche, Pest' - smehhar 'schwächlich' sterbo 'ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben' - suht, sufft 'Krankheit, Seuche' - suhtig 'krank, räudig; übel, schlaff' - subtluomi 'ansteckend, verpestet' suhtluomig 'verpestet' - swabhön 'schwach werden, krank werden' - fer-sweinen 'schwächen' - swero 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' - tebedig 'krankhaft' - ubil 'krank' - undräti 'Schwäche' - unfertig 'krank' - ungan·.ζ 'krank; unheilvoll' (?) — unganvg 'Krankheit, Makel' - unheil 'Schaden, Krankheit' - unheil 'krank, wahnsinnig' - unkraft 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit' - unchreftig 'krafdos, schwach' - unchrefiigi 'Schwäche' - uncreftigöt 'schwach, geschwächt, kraftlos' - unmaht 'Machdosigkeit, Unvermögen, Schwäche, Krankheit, Gebrechen' gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, kraftlos werden - unmahti 'Schwäche, Gebrechen, Ohnmacht' - unmahtig 'schwach, kraftlos, unfähig, krank' - \i-urheilön 'gebrechlich, gelähmt sein' - wan(a)heil 'krank, schwach, gebrechlich, lahm, schwächlich' - ivanaheili 'krank, schwächlich' - wanaheili 'Schwäche, Gebrechlichkeit' - weih

378

Die Auswertung des Wörterbuches

'schwach, weich, krank' - weihhi 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Kraftlosigkeit, Verzagtheit' - »«AM"'Schwäche' - ^vrkatön 'krank sein'. B. 2 Schmerz (10) giswer 'Schmerzen' -pitta "körperlicher Schmerz' - serin leiden, Schmerzen haben' - smer^a 'Schmerz' - smeryan 'verwunden, leid tun, schmerzen' - smer^anto 'schmerzend' - swerart 'schmerzen, leiden' - swer(a)do 'Schmerz, Leiden' - mewa 'Schmerz, Qual, Leid, Unglück, Verderben' - wewo 'Schmerz, Qual, Leid, Krankheit, Ärger, Verderben'. B. 3 Schwindel (7) swimo 'Schwindel, Ohnmacht' - swindel 'Schwindel' - swintitöd 'Schwindel' swintilön 'Schwindelgefiihle haben, Schwindel' - gi-swintilön 'schwindlig machen' swintilunga 'Schwindel' - swintilungi 'Schwindel'. B. 4 Übelkeit (16) söde 'Sodbrennen' - spiwöd 'das Erbrochene' - spiwa 'das Erbrochene' - spiwan 'sich erbrechen, speien' - ir-spiwan 'ausspeien, von sich geben' - uttwilkdo 'Ekel, Erbrechen' — unwillön 'sich erbrechen wollen' - willido "Übelkeit, Ekel' - worgal Würgen beim Erbrechen' — worgah^anrten 'die Zähne beim Erbrechen zusammendrücken' (?) - wullida 'Übelkeit, Ekel, Überdruss' - wullido 'Übelkeit, Ekel' - wullo 'Ekel' - wullöd 'Übelkeit, Ekel, Überdruss' - wullön "Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen' - mlluttga "Überdruss, Ekel, Übelkeit, das Erbrechen'. C. Wunden, Narben (28) anamäl 'Narbe, Mal einer Verwundung Stigma; Grind, Ausschlag' - anamäli 'Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' — balgbrust 'Hautriss' - bistumba&ter, bistumbalöter 'Verstümmelter, Verkrüppelter' — blei^a *blauer Fleck, Striemen, Wundmal' — pulislac 'trockene offene Schlagwunde' - frett 'blauer Fleck, blutunterlaufene, wunde Stelle' - btlouga, htlouuua "Wundmal, Narbe' - liduscart 'verstümmelt' - Ithloa 'Narbe' — lihlöi, Ithlewe 'Körpermal, Narbe' - mäsa "Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal' — rapfen 'verharschen, verkrusten (von Wunden)' - bi-rapfett 'verharschen, verkrusten, vernarben' — ren 'Strieme, Wundmal' — suit 'Schnittwunde' - stumbal 'verstümmelt, stumpfsinnig' - swacca (?) 'Strieme, Wunde' - tara "Verletzung, Schaden' - tarunga 'Schaden, Verletzung' — tolk "Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' - werten 'zum Schwären bringen' - wertisal 'Verletzung, Beschädigung - widar-rouwett 'wieder verschorfen' (?), 'wieder blutig machen' (?), 'wieder blutig werden' (?) - wildfleisc "Narbenfleisch, Narbengewebe' - wunta "Wunde, Verletzung' — wuntmäli "Wundmal, Narbe' - giwuntot 'verwundet'.

Krankheitsbezeichnungen

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D. Missbildungen (14) durri 'verdorrt' - gekrüppelt 'verkrüppelt, mit dem Leiden eines Krüppels behaftet sein' - hofar 'Schwellung, Buckel, Beule' - hofamht(i) "bucklig, voller Schwellungen' - boggar 'Auswuchs, Buckel' - boggarobt 'einen Auswuchs habend, buckelig' kermundi 'schiefmäulig, gekrümmt (nach Art des Adlerschnabels)' - kruppel 'verwachsene, lahme Person, Krüppel' - mälbaft 'fehlerhaft, gebrechlich' missigiscaft 'Missbildung' - missiscapfan 'missgestaltet' - missiweift 'Missförmigkeit, Missgestalt' - fir-musken 'zerquetschen, verstümmeln' - seeiah 'bucklig'. E. Lähmungen (35) bettiriso 'Kranker, Gelähmter, Betdägeriger' - bettiäoh 'gelähmt, betdägrig krank' biluh 'Lähmung, Starrheit' - bihahsantUhho 'gelähmt, krafdos' - diohhal:ζ 'lahm, hinkend' - firgibti 'Lähmung durch Schlaganfall' - firgihtig subst. 'vom Schlaganfall Getroffener, von Gliederlähmung befallener' —firgihtigi'Schlaganfall, Gliederlähmung' - firgihtigöt 'gichtbrüchig, gelähmt sein' - firgihtigöti 'Lähmung, Gicht' ßrgibtit 'gichtbrüchig, gelähmt' - fuo?suht 'Fußgicht, Podagra' - gibt 'Schlaganfall, einseitige Körperlähmung' - gigibt 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' - gigihti (?) 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' - gigihtigöt subst. 'vom Schlaganfall Getroffener' - hal% lahm, hinkend' - bam lahm, gebrechlich' - bantlam 'mit gelähmter Hand' - bantsuht 'Handgicht, Fingergicht' - gigi-hefytt 'lähmen' - ir-bel^en lahmen' - helvida 'Lahmheit, Gebrechlichkeit' - gihelijda 'Lahmheit, Gebrechlichkeit, Verkrüppelung' - hufhal^ 'hinkend, lahm' — hufelhal£ 'hüfdahm' — buofslah 'hinkend, lahm' — lam 'lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' — lancsubt, lantsuht 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?) — lernt 'Verstümmelung, Lähmung' — lidusubt 'Gicht, Gliederkrankheit' - lunjhho 'Gelähmter' - tropbo 'Schlagfluss, Erkrankung der Gelenke' (?) - wanabeilen 'schwächen, lähmen' - ijurheilön 'gelähmt sein'. F. Geschwulste und Schwellungen (s. auch C. für Verletzungen der Haut) (23) bütil 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf - druos 'die (geschwollene) Drüse, Halsmandel, Geschwulst' — giswollani 'Geschwulst, das Aufschwellen' — giswulst 'Geschwulst, (blutige) Schwellung' - gulla, gullt, gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst* (?) - gutter 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' - hofar 'Schwellung, Buckel, Beule' — bofarobt(i) "bucklig, voller Schwellungen' - boggar 'Auswuchs, Buckel' hoggarobt 'einen Auswuchs habend, buckelig' - irspemda 'Aufschwellung' — kelab 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst' - kelabobt 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' kröpf 'Kröpf, Geschwulst am Hals' — kropfilin 'Kröpf - masalobt 'angeschwollen, knotig' - masar 'Geschwulst' - masarobt 'geschwollen, mit Geschwülsten bedeckt' — swambag 'aufgedunsen' — swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen' — swtllidi (?) 'Aufschwellung' - swulst 'Geschwulst' - ubarbein 'Überbein'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

G. Erkrankungen der Haut G.l Geschwüre (27) adel 'kleines Geschwür' - ähhalm 'Geschwür, Frostbeule* - äbhelmo 'Geschwür, Frostbeule' - angasesgo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' - ango 'Geschwür, bösartige Geschwulst' - angvet% 'Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' - angwei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' - bk^fih 'voll von Geschwüren, schorfig' - boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' - büla, bulla, büilta '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' - « ζ 'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' - giswer 'Geschwür, Blase, Eitergeschwür' - goteswilo 'Karbunkel, Abszess, Geschwür' - kancer 'Krebs' (?), 'Geschwür, Karzinom' - kreba% 'Krebsgeschwür' - krebi^o 'Krebsgeschwür' - lebado 'Muttermal, Auswuchs' - khafiur Svie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' - rüda 'Hautausschlag, Räude, Krätze; Geschwür' - sen 'Geschwür' - soto 'Geschwür, Schwellung' - swam 'schwammiger Auswuchs' - swer 'Geschwür' (?) - toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' - ubilblätara 'Karbunkel, Geschwür' - üfdruos (?) 'Geschwür' - urwuoni TränenfisteP (?), 'Geschwür' (?). G. 2 Schorf, Grind, Aussatz (66) angasevgo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' - angwets^ TMäschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' - angwei^a 'Hautausschlag, Bläschen' - angtvei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' — bläsa "Pustel, Hautblase' - blätera 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen' - ble^lih 'voll von Geschwüren, schorfig' - boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' — bronado 'juckender Grind' - brunnido 'Getreidebrand' (?), 'das brennende Jucken (der Haut)' (?) - brunnihitga 'das brennende Jucken' brunst 'Hautentzündung' - velleht 'schorfig, schuppig' (?) — feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen' - figblätara 'Hämorrhoide, Feigblatter' —fiur,milda^fiur, jlehtanta\ fiur 'Wundrose, Antoniusfeuer' - flehte 'Hautausschlag, Flechte' — flehtanta (?) 'Hautausschlag, Flechte, Wundrose' (?) - gelosuht, gelewesuht 'Aussatz, Lepra' — gelosuhtig 'aussätzig' — gisprinc 'Ausschlag, Pustel' - grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' — grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' - grintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze' - grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, grindig, kahlköpfig' - gulla, gulli, gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - horngibruoder *Leprakranker - juckenti 'das Jucken' juckido, juckida 'Krätze, Räude, Skabies' — juckiligi 'das Jucken' — kläwido 'Schorf quedilla "Bläschen, Eiterpustel' - lohafiur 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' - lohanti 'räudig, schorfig' - malätes 'aussätzig' - misal 'aussätzig' - misaloht 'aussätzig' - misalsuht 'Aussatz' - misalsuhttg 'aussätzig' - rinda 'Schorf —riob'aussätzig, schorfig, räudig' — Hoben 'Schorf bilden' riobsuhttg 'aussätzig' - riofa 'Pest, Aussatz' - riubt 'Räude, Ausschlag, Krätze' - rüda 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' - rüdi 'Räude, Krätze' - rüdig 'räudig,

Krankheitsbezeichnungen

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von Krätze befallen' - rüdigi 'Räude, Krätze' - rüdo 'Hautausschlag, Räude, Krätze'- n^f'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag' - siura 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen' (?) - siuro 'Krätzmilbe' - scabado 'Räude, Krätze, Aussatz' - scaboht 'räudig, schäbig' - scebig 'räudig' - scuoboht 'schäbig, räudig' - Jw/f'Schorf, Grind, Krätze' - touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) - üysavgen suht 'Aussatz' - ütgango, ü^satgeo 'Aussätziger' - witdftur 'Wundrose' sjtdruos Tläude. Krätze' - qttarlüs 'Räude, Krätze' - qttaroh 'Räude' - vjttarohti 'mit Räude behaftet'. G. 3 Eiter, Fäule (14) 'Nagelfäule' - eit(t)ar 'Gift, Eiter, eiternde Wunde' - eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' — eitarlih 'giftig, eiterig, verwesend' — frat 'entzündet, eitrig' - fühti stF. '(eitriger) Ausfluss' - füli "Verwesung, Fäulnis, Sterblichkeit; das Brandige, Eitrige (von Wunden), Knochenfäule' (?) - fütida 'Fäule, Fäulnis, übler Geruch' -gieitarit, gieitaröt 'mit Gift, Eiter versehen sein, vergiftet' - gunt "Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' - kocko 'Fäulnis, Verwesung' — trör 'ausgetretenes Blut, Eiter' - ütfluxus 'Ausfluss' - warah "Eiter, Geifer, Eiterbeule'. G. 4 Warzen (6) fig 'Feigwarze (Kondylom), durch einen Virus hervorgerufene warzenartige Hautwucherung, Ausschlag' - νατχα *Warze, Hautauswuchs, Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' - η/απζαΐα Warze' - wangg 'mit Warzen behaftet, voller Krampfadem' (?) - war^oht 'mit Warzen behaftet' - wimmer 'Auswuchs, Bläschen, Warze'. G. 5 Schwielen, Hühneraugen (4) giswil 'Schwiele, verhärtete Haut* - Ithdorn 'Hühnerauge' (?) - swil 'Schwiele' - swilo 'Schwiele'. H. Erkrankungen im Kopfbereich H . l Kopf, Hirn (8) äivisgt 'Hirnwut' - feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen' — gebalsceini 'Abschürfung der Kopfhaut' - grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' - grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' - gutta, gullt,gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' - boubitsuht 'Kopfweh' - ungehuhtigo 'mit getrübtem Gedächtnis'. H. 2 Augen (42) blehan (?) 'triefäugig' - blehanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben' blehanougi 'triefäugig' - blehanougi Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star' blint *blind, verblendet, dunkel' - blintboran 'blindgeboren' - blinden 'erblinden' - irbtinden 'erblinden' - blinti "Blindheit' - blitihhen 'triefäugig sein' - brehan 'entzündet,

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triefend (von den Augen)' - bnhanbräwi 'triefäugig' - brehanougt 'grüner Star' - einougi 'einäugig; triefäugig' (?) - eitarflecko (?) 'Gerstenkorn am Auge' - fei 'Star' fäe^ougi (?) 'triefäugig' - glüh 'grauer Star' - glasougi 'grauer Star, grüner Star' (?) gksinougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?) - grecko 'Schleim in den Augenwinkeln' - hertbrät 'Gerstenkorn am Augenlid' - luhougön 'mit den Augen zucken' ougafel 'grauer Star' - ougelös 'ohne Augen, augenlos' - ougflecko 'Glaukom; Hornhauttrübung' - ougisal 'Homhautfleck im Auge, Leukom' - ougstal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom' - ougswero 'Augenentzündung' - regenblint 'blind' -rinnentiuougen 'triefäugig' - scelah 'schielend, scheel' - scelahougi 'schielend, schieläugig' - sälihen 'schielen, Schielender' - starablint 'stockblind, starblind' - sürougj 'triefäugig, halbblind' - tuncakn 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen' - weihougi 'triefäugig' upharougi 'Augenentzündung' - apharougi 'triefäugig' - sjnco 'Hornhautfleck im Auge, Leukom' - vyranougt 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen'. H. 3 Mund, Zähne (10) ä^endi 'zahnlos' — kanece^ech 'zahnlos' - kermundi 'schiefmäulig' - wulst Wulst, aufgeworfene Lippe' — %andlesgjg 'zahnlos' — %ati(d)lös 'zahnlos' — ^andswero 'Zahnschmerzen' — vpndwurm "Wurm, der Zahnschmerzen erzeugen soll' — ir-spnnen 'der Zähne berauben' - ngelös 'ohne Zunge, sprachlos' (?). H. 4 Nase (16) dampfo 'schwerer Katarrh, Schnupfen' - dempfo 'Katarrh, Schnupfen' - gibrähhi, gibrehhi 'Katarrh' - houbitswam 'Nasenpolyp' - nasabu^ 'Schnupfen, Sekret auf der Nasenschleimhaut' - nasalös 'ohne Nase' - pfiffig pfipfiζ "Pips, Schnupfen' (?) - ro^ 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' — mvgag 'rotzig, schleimig' — snegil, snegele 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' — snuderäta 'Schleimfluss, Nasenkatarrh' — snudel 'Schnupfen' — snu% 'Rotz, Nasenschleim' - stnngila *(Pferde-)katarrh' - stricht 'Schnupfen, Katarrh' üspusten 'Schleim, Sputum'. H. 5 Ohren (8) örlös 'ohne Ohren, taub' — örscarti 'Ohrverletzung, das Abschneiden der Ohren mit nachfolgender Taubheit' - scardi Ohrverletzung, das Abschneiden der Ohren ohne nachfolgende Taubheit' - ir-tophsen 'taub werden' — toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig' - touben 'taub werden' - ungihönnü 'taub' - wargwanga 'Vereiterung der Ohrspeicheldrüse' (?). H. 6 Hals (34) bructolehter (?) 'heiser' (?) - bütil 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf - dempfi "Erstickung' - dempfida "Erstickung' - dempfunga 'Erstickung' - dempfungi lirstickung' druos 'die (geschwollene) Drüse, Halsmandel, Geschwulst' - fnehantiu kelasuht 'Keuchhusten' - kawahsa (?) 'AuswuiP - gulla, gullt, gullo (?) 'Kopfausschlag, Hals-

Krankheitsbezeichnungen

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geschwulst* (?) - gutter 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' - halssuht 'Halserkrankung' - heis "heiser, dumpf - heisar "heiser' - beisari 'Heiserkeit' - beisarunga 'Heiserkeit' heisett "heiser sein' - heist 'Heiserkeit* - heiso 'Heiserkeit' — heisunga 'Heiserkeit' — huosta 'Husten' - huosto 'Husten' - huostön "husten' - kelab 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst* - kelahoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' - kelestopfe 'Halsentzündung; Angina, Diphtherie' - kelasuht 'Angina, Bräune' - kelwarch 'Halserkrankung, Angina, Bräune' - knpf'YLio$i, Geschwulst am Hals' - kropftUn 'Kröpf - rihunga 'das Keuchen, Würgen' — snegil, sttegele 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' - wassi 'Angina' - wrgunga 'Halsentzündung, Angina'. I. Erkrankungen der Extremitäten (20) beinrenki *Beinverrenkung' - beinsubt "Beinleiden, Fußgicht' - einbenti 'nur eine Hand habend, einhändig' - einhentig 'nur eine Hand habend, einhändig' - fuo^suht 'Podagra, Fußgicht' — gnitabamma 'Klumpfuß' - bandelös 'ohne Hände' - hantlam 'mit gelähmter Hand' - hantmäli 'Stigma, Wundmal der Hand' - bantsubt 'Handgicht, Fingergicht' — binkan 'hinken' — krumbbein 'Krummbeiniger' - lerfuo^ 'Klumpfuß' - ir-Ienken 'verrenken' - lidrenki 'Gliederverrenkung' - bi-nnkett 'verrenken' - sceiben 'o-beinig gehen' - scief 'krumm (fußig), schief — scieffuo^ 'einer der schief auf den Füßen geht' - stumpb 'verkrüppeltes, gefühlloses Bein'. J. Erkrankungen der inneren Organe J . l Herz und Leber (9) albe 'Alpdrücken (meist als Atembeschwerden und Angstzustand im Schlaf)' gelawt "Blässe (im Gesicht), Gelbsucht' (?) - gelogunt 'Gelbsucht' —gelosuht, gelewesuht Gelbsucht' - gelosubtig 'gelbsüchtig' - hervptoh "herzkrank' - beraubt 'Herzkrankheit' - ber^subttg "herzkrank' - leberlich "die Leber betreffend'. J.2 Magen-Darmtrakt (15) bkotsuht "Blutfluss, krankhaftes Ausfließen von Blut, Hämorrhoiden' — firsmel^unga "Verdauungsstörung' —fist"Furz, Darmwind' — forastelli 'Verstopfung' — fur^dwang *Blähung' - gorawunt 'am Darm, an der Darmwand verwundet' — kolero '(Gallenbrech-)ruhr, Darmkolik' - magabi\ *Bauchschmerzen' - magabisgado 'Bauchschmerzen' — magabi^ida "Bauchschmerzen' - nagado "Bauchschmerzen' (?) — rötwe "Dysenterie, rote Ruhr' - unirsmafyti "Mangel an Verdauung' - ü^gang 'Durchfall, Ruhr' - ü%sübt 'Durchfall, Dysenterie'. J.3 Unterleib (14) ffdwang 'Harnzwang' - geisini "Unfruchtbarkeit' - gil, gil *Bruch'- gilobt 'an einem Bruch leidend' - hamwinte 'Harnwinde (wenn der Harn nur tropfenweise kommt)' - hefemuoter 'Unterleibserkrankung bei Frauen (Dysmenorrhoe), Magenkolik' — hodalös 'mit Kryptochismus behaftet, an einem Bruch leidend' (und durch die Behandlung der Hoden beraubt ?) - hölä *(Leisten-)bruch' - böhtht, bölabt 'an einem

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Leistenbruch leidend' - hrevavunt 'am Bauch, am Unterleib, an den inneren Organen verletzt' - stein "Blasenstein' - steinsuht 'Steinkrankheit' - unbirig 'unfruchtbar' unbirigi 'Unfruchtbarkeit'. K. Fieber (8) avurstur\ 'Rückfall, rückfälliges, schleichendes Fieber' - fiebar 'Fieber' - itslag " (Fieber-)Rückfall' - itslaht '(Fieber-)Rückfall' - itsIah ti '(Fieber-)Rückfall' - itslabtigi '(Fieber) Rückfall' - riden 'fiebern' - rito 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche'. L. Blutungen (8) ädarkräti 'Verletzung der Ader' - bluoten 'bluten, blutig sein' - bluotflusgtda "Blutfluss, Hämorrhoiden' - bluotrenki "Blutstauung, Bluterguss' (?) - bluotruns "Bluterguss' - tötbluot 'krustiges, geronnenes Blut' - trör 'ausgetretenes Blut, Eiter' (?) ubarbluotig 'an Blutungen leidend'. M. Sprachstörungen (15) blunka^en 'lallen' - lallöd 'das Stammeln' - lallön 'stammeln' - lefsmammalön 'stammeln' - lisp 'lispelnd' - lispäri 'Lispler' - lispen 'lispeln' - sprähhalös 'stumm, sprachlos' - stam 'stammelnd' - stomal 'stammelnd' - stamaläri 'Stammler' - stamalöd 'das Stammeln' — stamalön 'stammeln' — stammen 'stammeln' - stum 'stumm'. N . Wahnsinn, Besessenheit, Epilepsie, Stumpfsinn, Unvernunft (108) affenheit 'Tollheit, törichtes Geschwätz' — άkallönti 'irre, wahnsinnig, schwachsinnig' - aneherqg 'ohne Verstand, töricht' - äwivgi "Wahnsinn' - äwivgig 'wahnsinnig, besessen' — am^ggi "Besessenheit* — äwisgilös 'von Sinnen, nicht bei sich' — äwi^ppd 'Besessenheit' - äwivgön 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein' - biben "Wahnsinniger' — behafter "Besessener' — dabi 'Stumpfsinn' — fallantiu suht 'Fallsucht, Epilepsie' - ketrugede "Wahn' - hirniivuotig 'wahnsinnig' - hirniwuotigi "Wahnsinn' hirniwuoto 'wahnsinnig' - kalkigen "wüten, rasen' - lubetsch Tor, Narr' - mdnödfallönti 'irrsinnig' (?), 'mondsüchtig' - mänödtuldo 'Irrer, Mondsüchtiger' - mänödwenttg 'mondsüchtig, epileptisch' (?) - mänödwiltg 'mondsüchtig, irrsinnig' (?) - mänödwilin 'mondsüchtig' - muotflewi 'Stumpfsinn' - muotsuht 'Gemütskrankheit, Sinnesverwirrung' - muotsuhtig 'gemütskrank, verwirrt, bedrückt' - muottrübeda 'Sinnesverwirrung' — narraheit 'Geistesschwäche, Wahnsinn' — rasen 'wahnsinnig sein, außer sich sein' - rä^al 'reißend, rasend, tobend' - rä^t "Wut, Wildheit, Tollheit' seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger' - sinnelös "nicht mit Sinnen begabt, wahnsinnig' - sinnelösi "Wahnsinn, Torheit, Stumpfsinn' - tantarön "irre reden, wahnsinnig sein' - diubilsiuh '(vom Teufel) besessen' - tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' tiufalwinnanti 'vom Teufel besessen' - tiufahvinnig 'vom Teufel besessen' - tobahalmo 'Raserei' - tobaheit 'Unsinn, Wahnsinn' - tobäri 'Tobender, Wahnsinniger' (?) tobasuht "Wahnsinn' - tobesuhtig "rasend, wahnsinnig' - toben "toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' - tobenter "Wahnsinniger, Besessener, Herumschwär-

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mer' - irtobet 'töricht, albem, schwachsinnig' - tobentig 'geisteskrank, wahnsinnig' tobeagunga Torheit, Unsinn, Wahnsinn' - tobig 'tobend, rasend, wütend, unsinnig, verrückt, wahnsinnig' - tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' - tobönter 'Rasender' - tobönti 'unsinnig, verrückt, rasend' - tobönto "Besessener, Wahnsinniger' - tobunga 'törichtes Zeug, Geschwätz, Wahnsinn, Torheit, Unsinn' - /o/'dumm, töricht' - tör, tore "Narr, Tor' - ir-trinkan 'ertrinken' PP. irtrunkan 'toll, besessen' (?) - truobe 'trübe; dunkel, verdunkelt, betrübt, verwirrt' - truobi "Verwirrung, Trübung' - tüfar 'stumpfsinnig, blöd' - tüfar 'der töricht Handelnde' - tüfarheit "Ungeschicklichkeit, Blödsinn' tüfarlih 'töricht, albern, blöd' - tulisc 'töricht' - tumb 'stumpfsinnig, einfaltig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' - tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln' - ir-tumben 'stumpf werden' - tumbivgen 'töricht sein, unsinnig handeln' - tumplih 'töricht' - tumbmuoti 'unverständig, töricht' - tumbnisä, tumbnissi Torheit' - tusig 'stumpfsinnig, töricht' - unbiwaröt 'stumpfsinnig, taub' - ungebärda Toben'- ungerech 'verwirrt' - unhei! trank, wahnsinnig' - unheiläri *Wahnsinniger' - unheilin 'toll sein' - unheiti 'Krankheit, Wahnsinn, Tollheit' - unsälida "Unglück, Wahnsinn' - unsin 'Verrücktheit, Wahnsinn' unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' - unsinniga 'Verrücktheit, Wahnsinn' - unsinnecheit TJnsinn, Verrücktheit, Wahnsinn, Unvernunft' - unsinnigi "Verrücktheit, Wahnsinn, Raserei' — urmuot 'irrsinnig, verrückt, verzweifelt' — urmuoti 'wahnsinnig' — urün "Wahnsinn' - ursinnen 'unsinnig, aberwitzig sein' - ursinni 'wahnsinnig, unsinnig' — ursinnida "Wahnsinn' - umnnig 'töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' - uninnigheit "Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' - ursinnig\i "Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' - ursinno "auf wahnsinnige, auf unsinnige Weise' — wanamagen 'verwirren, töricht machen' - wanamvgi 'unsinnig, töricht, ohne Verstand' - wanawisgj "Wahnsinn' - wehenjg 'töricht, unsinnig' - wuot 'Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' - feiwuot 'töricht, unsinnig' — wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' - ir-wuoten 'den Verstand verlieren' - wuotig Wütend, tobend, wahnsinnig, hirnwütig'- wuotnissa 'Torheit, Wahnsinn' - wuotunga 'Raserei, Wut'. O. Krampfadern (6) masala 'Krampfader' - sparrädra 'Krampfader' - ursiaht 'Krampfader' - urslahtt 'Krampfader' - werna, wem 'Krampfader' - werra 'Krampfader'. P. Parasiten (11) bühwurm 'Spul-, Madenwurm, Bandwurm' - grintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze' - härwurm 'Spulwurm' - lüssuht 'das Verlaustsein, Läusekrankheit' - nesso "Wurm, Krankheitserreger' — spuolmrm 'Spulwurm' - swineslüs 'Schweinefinne (als Parasit)' - toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' — touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) — ulwurm 'Eingeweidewurm' — wurm 'Wurm, Krankheitserreger'.

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Q. Tuberkulose (2) dumpfe 'Schwindsucht* - swinsubt 'Schwindsucht'. R. Wassersucht (5) swambag 'aufgedunsen' (?) - wa^arkalb 'Wassersucht' - wa^arsiob 'wassersüchtig' - wasgarsuht 'Wassersucht' - ιva^arsubtig 'wassersüchtig'. S. Krampf (5) kramme 'Krampf - krampf Krampf, Gicht, Katarrh' (?) - krampfo 'Klaue, Haken, Krampf - ramme 'Krampf - quckön 'sich verkrampfen'. T. Schlaflosigkeit (4) släflösi 'Schlaflosigkeit' - släflös 'schlaflos' - unsläfan 'schlaflos' - unsläßgt 'Schlaflosigkeit'. U. Schlafsucht (4) muotsuht 'Schlafsucht' - släfsuht 'Schlafsucht' - twalm 'Schlafkrankheit' - twälsubt 'Lethargie, Schlafkrankheit'. V. Sonstige (12) emiigig 'chronisch' - gallenfoll 'voll von schwarzer Galle, reizbar' - gallin 'voll von schwarzer Galle, reizbar' - lentinswero 'Seitenstechen' - sitisubt 'Seitenstechen' - slim 'Schleim' — Stehbado 'Seitenstechen' — ir-touben 'betäuben' - ungenistig 'unheilbar' — unbeilida Unheil, Unglück' - unheillth 'unheilbar' - »*«//»»&»/'trunksüchtig'. W. Tod (18) äweif 'Fehlgeburt' - jercbwunt 'tödlich verwundet' - firwetf 'Fehlgeburt' — firworf 'Fehlgeburt' — fruowetf 'Frühgeburt' — bina^toban 'im Sterben liegen' — tawalön 'todkrank sein, im Sterben liegen' - tewen, toumen 'im Sterben liegend' - töd Tod* töden 'sterben' — tödhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen' - tödslaf 'Todesschlaf tot 'tot, gestorben' - tötgiboran 'totgeboren' - tötheit 'Sterblichkeit' - töt houpit Tod' - töti 'Tod, Sterben' - »«'«/"'Fehlgeburt, Kehricht'.

2.2.1. Die Auswertung Die Architektur des onomasiologischen Feldes „Krankheitsbezeichnungen" erschließt sich am besten im Vergleich mit den althochdeutschen Körperteilbezeichnungen. Die Menge der Körperteilbezeichnungen bildet ein relativ geschlossenes System. Die endliche Zahl menschlicher Körperteile, gepaart mit dem sprachökonomischen Grundprinzip der Sprecher, über einen längeren Zeitraum hinweg keine unbegrenzte Menge von Synonymen in ein und demselben Be-

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zeichnungsbereich zuzulassen, fuhrt zu einer letzten Endes begrenzten Anzahl von Lexemen, die den Sprechern für ihre kommunikativen Bedürfnisse genügen. Der Krankheits-Frame kennt solche Begrenzungen nicht. Die Zahl der denkbaren Krankheiten ist vermutlich unendlich, ihren Bezeichnungen können je unterschiedliche medizinische Symptome und Interpretationen zu Grunde liegen. Es verwundert daher nicht, dass die Zahl der onomasiologischen Felder hier deutlich größer ist, nicht wenige Felder sind zudem sehr reich besetzt. Besonders große Vielfalt der Bezeichnungen zeigen die Felder der „Erkrankungen der Haut", der „Erkrankungen der Augen" und das Feld im Bereich von „Wahnsinn und Besessenheit". Ganz offensichtlich haben wir es hier mit den Bezeichnungen für die im Mittelalter am häufigsten diagnostizierten Krankheiten und Gesundheitsstörungen zu tun.546 Wie schwach die meisten anderen Feldern ausgebaut sind, wird erst im Vergleich wirklich deutlich. Einige Felder enthalten nur zwei, drei oder vier Lexeme, nicht selten, wie bei „Krampfadern" oder „Schlafsucht" besteht das Feld ohne weitere Spezifizierungen nur aus unterschiedlichen konkurrierenden Bezeichnungen für das Archilexem selbst. Noch stärker als bei den Körperteilbezeichnungen kommt zum Vorschein, dass die Felder einen Gegenstandsbereich, wie das die ältere Forschung angenommen hatte, gerade nicht lückenlos wiedergeben. Auch wenn man einräumen könnte, dass die Wortfelder, die den frühmittelalterlichen medizinischen Diskursen zu Grunde liegen, nicht ausschließlich durch volkssprachliche Lexeme besetzt sein müssen und dass allgemeine Bezeichnungen des Typs Krankheit, Schmer.^ Schwäche Übergangszonen zwischen den Domänen der einzelnen Fachbezeichnungen schaffen, so drängt sich doch die Feststellung auf, dass die lexikalische Auffüllung der Felder in aller erster Linie abhängig von Sachwissen der Sprecher und ihrer Interpretation der außersprachlichen Welt ist. Dies kommt in fachsprachlichen Zusammenhängen sehr viel deutlicher zum Ausdruck, als etwa in einem Bereich wie dem „Sinnbezirk des Verstandes". Einen Hinweis auf die Grenzen des Fachwissens geben viele verstümmelte oder schwer verständliche oder unverstandene Bezeichnungen des Typs bructolehter. Da die Bezeichnungsmotive für Krankheitsbezeichnungen sehr vielfältig waren, waren die Lexeme vor allem für Laien weniger durchsichtig und daher in höherem Maße als Körperteilbezeichnungen Umdeutungen und Fehldeutungen ausgesetzt. Das Fehlen vieler adäquater Krankheitsbezeichnungen in der Volkssprache macht den Rückgriff auf lateinische Bezeichnungen unerlässlich. Es hat auch dazu geführt, dass eine große Zahl von Lexemen entstehen konnte, die wie die bereits genannten in eher allgemeiner Form verschiedene Krankheitszustände wie Seuchen, Schwäche, Schmerz und Schwindel bezeichneten. Sie konnten bei unklaren Krankheitsbildern eingesetzt werden, aufgefüllt durch Adjektive bzw. Partizipial-

546 Man vergleiche auch G. ZIMMERMANN, Ordensleben, S. 188f.; sowie oben in Kapitel II. 1.

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adjektive wie etwa in falkntiu suht. Es zeichnet sich hier bereits ab, welche Rolle Nominalgruppen bei der Ausbildung einer Fachterminologie spielen können.547 Wie im Abschnitt über den menschlichen Körper, so sollen auch hier zunächst die Gebrauchsfrequenz und die zeitliche Schichtung der Lexeme aufgehellt werden, um weitere Merkmale der Struktur des Feldes sichtbar zu machen. 2.3 Die Gebrauchsfrequenz A. Der kranke Mensch 1. Gruppe: (3) bettiriso 'Kranker, Gelähmter, Bettlägriger* - tobenter "Wahnsinniger, Besessener' tobönto Oesessener, Wahnsinniger'. 2. Gruppe: (9) bistumbaliter, bistumbalöter "Verstümmelter, Verkrüppelter' - horngbruoder 'Leprakranker - krumbbein "Krummbeiniger' - kruppel 'verwachsene, lahme Person, Krüppel' - mänödtuldo 'Irrer, Mondsüchtiger' - nohher 'der Kranke' - stamaläri 'Stammler' - tobönter 'Rasender' - tör, tön *Narr, Tor'. 3. Gruppe: (13) attriso 'der durch das Alter hinfällige, dem Tode nahe Mensch' — biben 'Wahnsinniger' - bihafter Oesessener' - lispäri lispler' - lubetsch Tor, Narr' — lunjhho 'Gelähmter' — seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger' — stob 'der Kranke' — scieffuo^ 'einer der schief auf den Füßen geht' - tobäri Tobender, Wahnsinniger' (?) — tüfar 'der töricht Handelnde' — unheiläri 'Wahnsinniger' - ü^sasgo, ü^scKgeo 'Aussätziger'. B. Krankheit Β. 1 Krankheit, Seuche, Schwäche 1. Gruppe: (14) kümig 'krank, schwach, kraftlos, gebeugt' — sieh "krank, schwach, ohnmächtig' — siehhen *krank, erschöpft sein (wegen etwas), krank, schwach werden' - ir-siehhen "krank, kraftlos, matt werden, erschlaffen' - stuhhi, siuhhin 'Krankheit' - suht, sujft 'Krankheit, Seuche' - suhtig 'krank, räudig; übel, schlaff - swero 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' — unkraft 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit' - unchrefttg 'krafdos, schwach' - unmahtig 'schwach, kraftlos, unfähig, krank' wan(a)heil 'krank, schwach, gebrechlich, lahm, schwächlich' - weih 'schwach, weich, krank' - weihhi 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Kraftlosigkeit, Verzagtheit'. 2. Gruppe: (21) angust "körperliche Bedrängnis, Krankheit, (Husten)Krampf - balo 'Krankheit, Seuche, Pest' - bimlüda 'Ansteckung' - guntig 'krank, dahinschwindend, vereitert' 547 Man vergleiche J. RlECKE, Beobachtungen zur Syntax und Semantik.

Krankheitsbezeichnungen

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(?) - serewen 'dahinschwinden (an Kräften und Körperfülle), sich verzehren' - siebhelön 'krank sein, ermatten, kränkeln' (?) - siehtuom 'Krankheit, Schwachheit' - scelm 'Seuche, Pest' - sterbo 'ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben' - suhtluomi 'ansteckend, verpestet' - tebedig 'krankhaft' - ubil "krank' - Ungarn^ trank; unheilvoll' (?) - ungansp 'Krankheit, Makel' - unheil 'Schaden, Krankheit' - unheil 'krank, wahnsinnig' - uncrtfligöt 'schwach, geschwächt, krafdos' - unmaht 'Machtlosigkeit, Unvermögen, Schwäche, Krankheit, Gebrechen' — gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, kraftos werden' - unmahti 'Schwäche, Gebrechen, Ohnmacht' - wanaheili 'Schwäche, Gebrechlichkeit'. 3. Gruppe: (28) biskht (?) 'Seuche' - bismiigani 'Ansteckung, Befleckung' (?) - biwolbnnussida 'Ansteckung' - herdo (eine Krankheit) - hudun (?) 'Seuche' (?) - krank 'schwach, hinfällig' - cümida 'Krankheit' - ÄMM/'Gebrechlichkeit, Hinfälligkeit, Sterblichkeit' siehheit 'Krankheit, Schwachheit' - siehhelheit 'Krankheit' - äehhetago 'Krankheit' nehht 'Krankheit; Schwäche' - Hubto 'Krankheit' - scalm Test, Seuche, Viehsterben' (?) - scalmo 'Seuche, Viehsterben' - scelmig 'verpestet, an der Seuche leidend, verreckt, abgestorben' (?) - scelmo 'Seuche, Pest' - smehhar 'schwächlich' - suhtluomtg 'verpestet' - swahhön 'schwach werden, krank werden' - fer-sweinen 'schwächen' undräti 'Schwäche' - unfertig 'krank' - unchreftigi 'Schwäche' - sj-urheilön 'gebrechlich, gelähmt sein' - wanaheili "krank, schwächlich' - weihhili 'Schwäche' - tgrkalön trank sein'. B. 2 Schmerz 1. Gruppe: (1) pina "körperlicher Schmerz'. 2. Gruppe: (6) smersp 'Schmerz' - smer^an 'verwunden, leid tun, schmerzen' - sweran 'schmerzen, leiden' - swer(a)do 'Schmerz, Leiden' - wwa 'Schmerz, Qual, Leid, Unglück, Verderben' - wewo 'Schmerz, Qual, Leid, Krankheit, Ärger, Verderben'. 3. Gruppe: (3) giswer 'Schmerzen' - serin leiden, Schmerzen haben' - smervpnto 'schmerzend'. B.3 Schwindel 1. Gruppe: (3) swintilöd 'Schwindel' - swintilön 'Schwindelgefühle haben, Schwindel' - swintilunga 'Schwindel'. 2. Gruppe: (2) swindel 'Schwindel' - swintilungi 'Schwindel'. 3. Gruppe: (2) swimo 'Schwindel, Ohnmacht' - gi-swintilön 'schwindlig machen'.

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Β. 4 Übelkeit 2. Gruppe: (9) söde 'Sodbrennen' - spiwa 'das Erbrochene' - spitvan 'sich erbrechen, speien' - irspiwan 'ausspeien, von sich geben' - ivillido 'Übelkeit, Ekel' - wullido 'Übelkeit, Ekel' - tvullöd "Übelkeit, Ekel, Überdruss' - wullön 'Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen' - wullunga "Überdruss, Ekel, Übelkeit, das Erbrechen'. 3. Gruppe: (7) spiöd 'das Erbrochene' - untvillido "Ekel, Erbrechen' - unwillön 'sich erbrechen wollen' — worgal "Würgen beim Erbrechen' - worgalo^annen 'die Zähne beim Erbrechen zusammendrücken' (?) — wulüda "Übelkeit, Ekel, Überdruss' - wullo *Ekel'. C. Wunden, Narben 1. Gruppe: (6) anamäli "Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' — liduscart 'verstümmelt' - mäsa 'Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal' - bi-rapfen 'verharschen, verkrusten, vernarben' tolk "Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' - wunta "Wunde, Verletzung'. 2. Gruppe: (12) anamäl 'Narbe, Mal einer Verwundung; Stigma; Grind, Ausschlag' - bistumbalitir, bistumbalöter "Verstümmelter, Verkrüppelter' - bleibet "blauer Fleck, Striemen, Wundmal' — puüslac "trockene offene Schlagwunde' - htlouga, bilouuua "Wundmal, Narbe' - lihloa "Narbe' - lihlöi, Ithlewe 'Körpermal, Narbe' - snit 'Schnittwunde' stumbal 'verstümmelt, stumpfsinnig' - tara "Verletzung, Schaden' - tarunga "Schaden, Verletzung' - giwuntöt 'verwundet'. 3. Gruppe: (10) balgbrust 'Hautriss' — freti 'blauer Heck, blutunterlaufene, wunde Stelle' - rapfen 'verharschen, verkrusten (von Wunden)' - nn 'Strieme, Wundmal' — swacca (?) 'Strieme, Wunde' — werten 'zum Schwären bringen' - wertisal "Verletzung, Beschädigung — wtdar-rouwen 'wieder verschorfen' (?), 'wieder blutig machen' (?), 'wieder blutig werden' (?) - mldßeisc "Narbenfleisch, Narbengewebe' - wuntmäli Wundmal, Narbe'. D. Missbildungen 1. Gruppe: (2) hofar 'Schwellung, Buckel, Beule' - hofarohtfi) "bucklig, voller Schwellungen'. 2. Gruppe: (2) kermundi "schiefmäulig, gekrümmt (nach Art des Adlerschnabels)' - kruppel "verwachsene, lahme Person, Krüppel'.

Krankheitsbezeichnungen

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3. Gruppe: (10) dum 'verdorrt' - gekrüppelt 'verkrüppelt, mit dem Leiden eines Krüppels behaftet sein' - hoggar 'Auswuchs, Buckel' - hoggaroht 'einen Auswuchs habend, buckelig' mälhaft 'fehlerhaft, gebrechlich' - missigiscaft 'Missbildung' - missiscapfan 'missgestaltet' - missiweijt 'Missförmigkeit, Missgestalt' - ftr-musken 'zerquetschen, verstümmeln' — scelab 'bucklig'. E. Lähmungen 1. Gruppe: (6) bettiriso 'Kranker, Gelähmter, Bettlägeriger' - fuo^suht 'Fußgicht, Podagra' - hatv^ 'lahm, hinkend' 'hinkend, lahm' - lam 'lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' - lancsuht, lantsuht 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?). 2. Gruppe: (12) bettisioh 'gelähmt, betdägerig krank' - ftrgihtig subst. 'vom Schlaganfall Getroffener, von Gliederlähmung befallener' - firgihtigöt 'gichtbrüchig, gelähmt sein' - firgihtit 'gichtbrüchig, gelähmt' — gigiht 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' — hantlam 'mit gelähmter Hand' - hantsuht 'Handgicht, Fingergicht' - gi-hel^en 'lähmen' - ir-hel^en 'lahmen' - huofstah 'hinkend, lahm' - lernt 'Verstümmelung, Lähmung' - lidusuht 'Gicht, Gliederkrankheit'. 3. Gruppe: (17) biluh 'Lähmung, Starrheit' - bihabsantlihho 'gelähmt, krafdos' - diohhalv^ 'lahm, hinkend* - firgihti 'Lähmung durch Schlaganfall' - firgihtigi 'Schlaganfall, Gliederlähmung' - firgihtigött 'Lähmung, Gicht' - gibt 'Schlaganfall, einseitige Körperlähmung' - gigihti (?) 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' - gigihtigit subst. 'vom Schlaganfall Getroffener' — ham 'lahm, gebrechlich' - hel^tda 'Lahmheit, Gebrechlichkeit' - gihefyda 'Lahmheit, Gebrechlichkeit, Verkrüppelung' - hufelhal\ 'hüfdahm' - lungbho 'Gelähmter' - tropho 'Schlagfluss, Erkrankung der Gelenke' (?) - wanaheilen 'schwächen, lähmen' - vjurheilön 'gebrechlich, gelähmt sein'. F. Geschwulste und Schwellungen (s. auch C. für Verletzungen der Haut) 1. Gruppe: (7) druos 'die (geschwollene) Drüse, Halsmandel, Geschwulst' - giswulst 'Geschwulst, (blutige) Schwellung' - hofar 'Schwellung, Buckel, Beule' - hofaroht(i) 'bucklig, voller Schwellungen' - kelah 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst' - kröpf 'Kröpf, Geschwulst am Hals' — swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'. 2. Gruppe: (3) bütil 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf - gulla, gullt, gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - masar 'Geschwulst'.

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3. Gruppe: (13) gtswollant 'Geschwulst, das Aufschwellen' -gutter 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' hoggar 'Auswuchs, Buckel' - hoggarobt 'einen Auswuchs habend, buckelig' - kekhoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' - kropftUn 'Kröpf - masaloht 'angeschwollen, knotig' - masaroht 'geschwollen, mit Geschwülsten bedeckt' - irsperreda 'Aufschwellung' - swambag 'aufgedunsen' - swillidi (?) 'Aufschwellung' - swulst 'Geschwulst' — ubarbein Oberbein'. G. Erkrankungen der Haut G. 1 Geschwüre 1. Gruppe: (6) angasesgo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' - angweiζ "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' - angn>ei%o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' - büla, bulla, büilla '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' 'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' —giswer 'Geschwür, Blase, Eitergeschwür'. 2. Gruppe: (9) ähhelmo 'Geschwür, Frostbeule' - kancer 'Krebs' (?), 'Geschwür, Karzinom' krebavi 'Krebsgeschwür' — lebado 'Muttermal, Auswuchs' — khaftur "wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' — rüda 'Hautausschlag, Räude, Krätze; Geschwür' - swer 'Geschwür' (?) - toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' - ubilblätara 'Karbunkel, Geschwür'. 3. Gruppe: (12) ade! 'kleines Geschwür' - ähhalm 'Geschwür, Frostbeule' - ango 'Geschwür, bösartige Geschwulst' — ble^lih 'voll von Geschwüren, schorfig' — boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' — goteswilo 'Karbunkel, Abszess, Geschwür' - krebi^o 'Krebsgeschwür' — seri 'Geschwür' — soto 'Geschwür, Schwellung' - swam 'schwammiger Auswuchs' - üfdruos (?) 'Geschwür' - urwuoni Tränenfistel, Geschwür' (?). G. 2 Schorf, Grind, Aussatz 1. Gruppe: (10) angasetgo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' - angveis^ ^Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' — angwei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' - biätera 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen' - gehsuht, gelewesuht 'Aussatz, Lepra' - grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' - juckido, juckida 'Krätze, Räude, Skabies' - riob 'aussätzig, schorfig, räudig' - rüda 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' - /»/"'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag'.

Krankheitsbezeichnungen

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2. Gruppe: (30) angwei^a 'Hautausschlag, Bläschen' - brunst 'Hautentzündung' - fittr, wlda^ftur, flebtanta^ fiur 'Wundrose, Antoniusfeuer' - flehtanta (?) 'Hautausschlag, Hechte, Wundrose' (?) - gelosuhtig 'aussätzig' -gisprinc 'Ausschlag, Pustel' - grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' - grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, glindig, kahlköpfig' - gulla, gulli, gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - horngbruoder 'Leprakranker' - juckenti 'das Jucken' - quedilla "Bläschen, Eiterpustel' - lohaftur 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' - hhanti 'räudig, schorfig' - misalsuht 'Aussatz' — misalsuhtig 'aussätzig' - rinda 'Schorf - rüdig 'räudig, von Krätze befallen' - rüdigi 'Räude, Krätze' - rüdo 'Hautausschlag, Räude, Krätze'- siura 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen' (?) - nun 'Krätzmilbe' - scabado 'Räude, Krätze, Aussatz' scuoboht 'schäbig, räudig' — scurf 'Schorf, Grind, Krätze' — touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) - wildfiur "Wundrose' - qtdruos 'Räude, Krätze' - TQttarlüs 'Räude, Krätze' - yttaroh 'Räude'. 3. Gruppe: (26) bläsa 'Pustel, Hautblase' — ble^fih 'voll von Geschwüren, schorfig' - boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' — bronado 'juckender Grind' — brunnido 'Getreidebrand' (?), 'das brennende Jucken (der Haut)' (?) — brutmihitga 'das brennende Jucken' — velkht 'schorfig, schuppig' (?) - feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen' — figblätara 'Hämorrhoide, Feigblatter' — flehte 'Hautausschlag, Flechte' - grintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze* — juckiligi 'das Jucken' kläwido 'Schorf — malätes 'aussätzig' - misal 'aussätzig' - misaloht 'aussätzig' - Hoben 'Schorf bilden' - riobsuhtig 'aussätzig' - riofa 'Pest, Aussatz' - riubi 'Räude, Ausschlag, Krätze' - rüdi 'Räude, Krätze' - scaboht 'räudig, schäbig' - scebig 'räudig' üt^sa^en suht 'Aussatz' - ü^sa^o, ü^sa^eo 'Aussätziger' - spttarohti 'mit Räude behaftet'. G.3 Eiter, Fäule 1. Gruppe: (3) eit(t)ar 'Gift, Eiter, eiternde Wunde' - gunt 'Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' - warah "Eiter, Geifer, Eiterbeule'. 2. Gruppe: (5) eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' - eitarlih 'giftig, eiterig, verwesend' - fült 'Verwesung, Fäulnis, Sterblichkeit; das Brandige, Eitrige (von Wunden), Knochenfäule' (?) - fülida 'Fäule, Fäulnis, übler Geruch' - gieitarit, gieitaröt 'mit Gift, Eiter versehen sein, vergiftet'. 3. Gruppe: (6) avgil "Nagelfäule' - frat 'entzündet, eitrig' - fühti stF. '(eitriger) Ausfluss' - koeko 'Fäulnis, Verwesung' - trör 'ausgetretenes Blut, Eiter' - üsfiuxus 'Ausfluss'.

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G. 4 Warzen 1. Gruppe: (1) ιναηζα *Warze, Hautauswuchs, Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide'. 2. Gruppe: (2) war%ala Warze' - wimmer 'Auswuchs, Bläschen, Warze'. 3. Gruppe: (3) fig 'Feigwarze (Kondylom), durch einen Virus hervorgerufene warzenartige Hautwucherung, Ausschlag' - warzig 'mit Warzen behaftet, voller Krampfadern' (?) war^oht 'mit Warzen behaftet'. G. 5 Schwielen, Hühneraugen 2. Gruppe: (4) giswil 'Schwiele, verhärtete Haut' - Ithdorn 'Hühnerauge' (?) - swi! 'Schwiele' - swilo 'Schwiele'. H. Erkrankungen im Kopfbereich H . l Kopf, Hirn I. Gruppe: (1) grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)'. 2. Gruppe: (2) grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' - gulla, gulli, gullo 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst'. 3. Gruppe: (5) 'Hirnwut' - feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen' - gebalsceint 'Abschürfung der Kopfhaut' — houbitsuht 'Kopfweh' - ungehuhtigo 'mit getrübtem Gedächtnis'. H. 2 Augen I. Gruppe: (6) blint 'blind, verblendet, dunkel' - einougi 'einäugig; triefäugig' (?) - ougisal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom' - scelah 'schielend, scheel' - sälihen 'schielen, Schielender' - sürougi 'triefäugig, halbblind'. 2. Gruppe: (13) blehanougi 'triefäugig' — blehanougi 'Triefaugigkeit, Augenentzündung, grüner Star' — irblinden 'erblinden' - blinti 'Blindheit' — fei 'Star' — glasougi 'grauer Star, grüner Star' (?) — glesinougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?) — ougstal 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom'— scelahougi 'schielend, schieläugig' — starablint 'stockblind, starblind' - tuncalen 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen' — %aharougi 'triefäugig' — sjnco 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom'.

Krankheitsbezeichnungen

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3. Gruppe: (23) bkhan (?) 'triefäugig' - blehanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben' - blintboratt 'blindgeboren' - blinden 'erblinden' - blitihhen 'triefäugig sein' - brehan 'entzündet, triefend (von den Augen)' - brehanbräwi 'triefäugig' - brehanougt 'grüner Star' - eitarfkcko (?) 'Gerstenkorn am Auge' - fl'iespugi (?) 'triefäugig' - gilüh 'grauer Star' - grtcko 'Schleim in den Augenwinkeln' - hertbrät 'Gerstenkorn am Augenlid* - luhougön 'mit den Augen zucken' - ougafel 'grauer Star' - ougelös 'ohne Augen, augenlos* - ougflecko 'Glaukom; Hornhauttrübung' — ougstvero 'Augenentzündung' rtgenblint 'blind' - rinnentiu ougen 'triefäugig' - iveihougi 'triefäugig' — harougi 'Augenentzündung' — ^oranougi 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen'. H . 3 Mund, Zähne 2. Gruppe: (4) kermundi 'schiefmäulig' - wulst Wulst, aufgeworfene Lippe' - \andswero 'Zahnschmerzen' — ^andwurm 'Wurm, der Zahnschmerzen erzeugen soll'. 3. Gruppe: (6) äyendi 'zahnlos' - kanece^ech 'zahnlos' - ^andletgtg 'zahnlos' - %an(d)lös 'zahnlos' — trennen 'der Zähne berauben' - ^ungeläs 'ohne Zunge, sprachlos' (?). H. 4 Nase I. Gruppe: (2) 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' — rovgag 'rotzig, schleimig'. 2. Gruppe: (4) dampfo 'schwerer Katarrh, Schnupfen' - gibrähhi, gibrthhi 'Katarrh' - pfiffig pßpfiz Tips, Schnupfen' (?) — snegil, snegele 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit'. 3. Gruppe: (10) dempfo 'Katarrh, Schnupfen' - houbitswam 'Nasenpolyp' - nasabuζ 'Schnupfen, Sekret auf der Nasenschleimhaut' - nasalös 'ohne Nase' - snuderäta 'Schleimfluss, Nasenkatarrh' - smdel 'Schnupfen' - snu% 'Rotz, Nasenschleim' - stnngila '(Pferde-) katarrh* - strüche 'Schnupfen, Katarrh' - ü^riustere 'Schleim, Sputum'. H . 5 Ohren I. Gruppe: (1) toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig'. 3. Gruppe: (7) örlös 'ohne Ohren, taub' — örscarti Ohrverletzung, das Abschneiden der Ohren mit nachfolgender Taubheit' - scardi 'Ohrverletzung, das Abschneiden der Ohren

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ohne nachfolgende Taubheit* - ir-topbsen 'taub werden' - touben 'taub werden' - ungihömtti 'taub' - wargvanga 'Vereiterung der Ohrspeicheldrüse' (?). H . 6 Hals I. Gruppe: (6) druos 'die (geschwollene) Drüse, Halsmandel, Geschwulst' - huosta 'Husten' huosto 'Husten' - kelab 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst' - kelasubt 'Angina, Bräune' — kropf'Yiiopi, Geschwulst am Hals'. 2. Gruppe: (11) bütil 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf - kawahsa (?) 'Auswurf - gutta, gullt, gulto (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - halssuht 'Halserkrankung' - heis 'heiser, dumpf - heisar "heiser' - brisen "heiser sein' - buostön liusten' - kelwanh 'Halserkrankung, Angina, Bräune' - rihunga 'das Keuchen, Würgen' - stiegt, snegete 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit'. 3. Gruppe: (17) bructolebter (?) 'heiser' (?) - dempfi 'Erstickung' - dempfida "Erstickung' — dempfunga 'Erstickung' — dmpfungi "Erstickung' - fnebantiu kelasubt 'Keuchhusten' — gutter 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' - beisari 'Heiserkeit' - brisamnga 'Heiserkeit' - brist 'Heiserkeit* — heiso 'Heiserkeit' — brisunga 'Heiserkeit' - kelahoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' - kekstopfe 'Halsentzündung; Angina, Diphtherie' - kropfilin 'Kröpf - wassi 'Angina' — tvorgunga 'Halsentzündung, Angina'. I. Erkrankungen der Extremitäten 1. Gruppe: (2) einbenti 'nur eine Hand habend, einhändig' - fuo^subt Todagra, Fußgicht'. 2. Gruppe: (6) hantlam 'mit gelähmter Hand' - hantmäü 'Stigma, Wundmal der Hand' - hantsuht 'Handgicht, Fingergicht' — hinkan "hinken (auf Grund von körperlicher Behinderung)' - krumbbrin 'Krummbeiniger' - ir-tenken 'verrenken'. 3. Gruppe: (12) brinrenki 'Beinverrenkung' - brinsuht Έeinleiden, Fußgicht' - rinhetttig 'nur eine Hand habend, einhändig' - gnitahamma 'Klumpfuß' - handelös 'ohne Hände' - te^fuoζ 'Klumpfuß' — lidrenki 'Gliederverrenkung' — bi-renkett 'verrenken' - sceiben 'obeinig gehen' - säef "krumrr^fiißig), schief - scieffuo^ 'einer der schief auf den Füßen geht' - stumph 'verkrüppeltes, gefühlloses Bein'.

Krankheitsbezeichnungen

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J. Erkrankungen der inneren Organe J. 1 Herz und Leber 1. Gruppe: (4) gelosuht, gekwesubt 'Gelbsucht' - hsr^sioh 'herzkrank' - beraubt 'Herzkrankheit' herysuhtig 'herzkrank'. 2. Gruppe: (2) gelogunt 'Gelbsucht' -gelosuhttg 'gelbsüchtig'. 3. Gruppe: (3) albe 'Alpdrücken (meist als Atembeschwerden und Angstzustand im Schlaf)' gelawiHlasse (im Gesicht), Gelbsucht' (?) - leberlich 'die Leber betreffend'. J. 2 Magen-Darmtrakt 1. Gruppe: (2) ü^gang 'Durchfall, Ruhr' - ü^suht 'Durchfall, Dysenterie'. 2. Gruppe: (4) bluotsubt *Blutfluss, krankhaftes Ausfließen von Blut, Hämorrhoiden' - kolero '(Gallenbrech-)ruhr, Darmkolik' - magabi^ado 'Bauchschmerzen' magabi^da 'Bauchschmerzen'. 3. Gruppe: (9) firsmeltynga *Verdauungsstörung' - fist 'Furz, Darmwind' - forastelli 'Verstopfung' fur^dwang "Blähung' - gorawunt 'am Darm, an der Darmwand verwundet' - magabi\ "Bauchschmerzen' — nagado 'Bauchschmerzen' (?) — rötwe 'Dysenterie, rote Ruhr' — unirsmaltgti'Mangel an Verdauung'. J.3 Unterleib 1. Gruppe: (1) höloht, hölaht 'an einem Leistenbruch leidend'. 2. Gruppe: (6) geisini 'Unfruchtbarkeit' — hodalös 'mit Kryptochismus behaftet, an einem Bruch leidend' (und durch die Behandlung der Hoden beraubt ?) - hölä '(Leisten-)bruch' - hrevavunt 'am Bauch, am Unterleib, an den inneren Organen verletzt' - unbirig 'unfruchtbar' - unbirigi 'Unfruchtbarkeit'. 3. Gruppe: (7) gidwang 'Harnzwang* - gil, gil 'Bruch'- giloht 'an einem Bruch leidend' - harnwinte 'Harnwinde (wenn der Harn nur tropfenweise kommt)' - hefemuoter 'Unterleibserkrankung bei Frauen (Dysmenorrhoe), Magenkolik' - stein *Blasenstein' - steinsuht 'Steinkrankheit'.

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Κ. Fieber 1. Gruppe: (1) rito 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche'. 2. Gruppe: (3) avurstur^ 'Rückfall, rückfälliges, schleichendes Fieber' - fiebar 'Fieber' - itslaht ' (Fieber-)Rückfall'. 3. Gruppe: (4) itslag '(Fieber-)Rückfall' - itslahti '(Fieber-)Rückfall' - itslahtigi\Fieber) riden 'fiebern'.

Rückfall' -

L. Blutungen 2. Gruppe: (2) bluoien 'bluten, blutig sein' - bluotfluvgida 'Blutfluss, Hämorrhoiden'. 3. Gruppe: (6) ädarkräti 'Verletzung der Ader' - bluotrenki "Blutstauung, Bluterguss' (?) - bluotruns *Bluterguss' - tötbluot 'krustiges, geronnenes Blut' - trör 'ausgetretenes Blut, Eiter' (?) - ubarbluotig 'an Blutungen leidend'. M. Sprachstörungen 1. Gruppe: (3) lispen 'lispeln' - stamalön 'stammeln' - Jtum 'stumm'. 2. Gruppe: (3) lisp 'lispelnd' - stam 'stammelnd' - stamaläri 'Stammler'. 3. Gruppe: (9) blunkaigen 'lallen' - lallöd 'das Stammeln' — lallön 'stammeln' — kfsmammalön 'stammeln' - lispäri 'Lispler' — sprähhalös 'stumm, sprachlos' - stomal 'stammelnd' stamalöd 'das Stammeln' - stammen 'stammeln'. N. Wahnsinn, Besessenheit, Epilepsie, Stumpfsinn, Unvernunft 1. Gruppe: (9) hirniwuotigi "Wahnsinn' — irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig' — tobenter Wahnsinniger, Besessener, Herumschwärmer' - tobesgunga 'Torheit, Unsinn, Wahnsinn' — tobönto 'Besessener, Wahnsinniger' — tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' — ursinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' — ivuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein' - wuotig 'wütend, tobend, wahnsinnig, hirnwütig'. 2. Gruppe: (42) fallentiu suht 'Fallsucht, Epilepsie' - himiwuotig 'wahnsinnig' - hirniwuoto 'wahnsinnig' - mänödtuldo 'Irrer, Mondsüchtiger' - mänödwilin 'mondsüchtig' - narraheit 'Geistes-

Krankheitsbezeichnungen

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schwäche, Wahnsinn' - ra^al 'reißend, rasend, tobend' - ray "Wut, Wildheit, Tollheit' - tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' - tiufalwinnig 'vom Teufel besessen' tobaheit 'Unsinn, Wahnsinn' - toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' tobig 'tobend, rasend, wütend, unsinnig, verrückt, wahnsinnig' - tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' tobönter 'Rasender' - tobönti 'unsinnig, verrückt, rasend' - tobunga 'törichtes Zeug, Geschwätz, Wahnsinn, Torheit, Unsinn' - W d u m m , töricht' - tör, töre 'Narr, Tor' - truobi 'Verwirrung, Trübung' - tüfar 'stumpfsinnig, blöd' - tüfarheit 'Ungeschicklichkeit, Blödsinn' - tufarlth 'töricht, albern, blöd' - tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln' - tumbiigen 'töricht sein, unsinnig handeln' - tumplih 'töricht' - tumbmuoti 'unverständig, töricht' — tumbnissi, tumbnissi 'Torheit' - tusig 'stumpfsinnig, töricht' - unheil 'krank, wahnsinnig' unheili 'Krankheit, Wahnsinn, Tollheit' - unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' unsinnecheit 'Unsinn, Verrücktheit, Wahnsinn, Unvernunft' - unsinnigi 'Verrücktheit, Wahnsinn, Raserei' — urmuoti 'wahnsinnig' - ursinni 'wahnsinnig, tinsinnig' ursinnigheit 'Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' - ursinnigi 'Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' — lvanawi^en 'verwirren, töricht machen' — wanawi^t 'unsinnig, töricht, ohne Verstand' - wuot 'Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' wuotunga 'Raserei, Wut'. 3. Gruppe: (57) affenheit 'Tollheit, törichtes Geschwätz' - äkallönti 'irre, wahnsinnig, schwachsinnig' - aneherqg 'ohne Verstand, töricht* - äwitgi 'Wahnsinn' - äwitgig 'wahnsinnig, besessen' — äwi^igi 'Besessenheit' - äwivgilös 'von Sinnen, nicht bei sich' — äm^ppd 'Besessenheit' — äivi^ppn 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein' — bibe'n "Wahnsinniger* - behafier "Besessener' - dabt 'Stumpfsinn' — ketrugede Wahn' - kollagen 'wüten, rasen' — lubetsch 'Tor, Narr' - mänödjallönti 'irrsinnig' (?), 'mondsüchtig' - mänödwentig 'mondsüchtig, epileptisch' (?) - mänödwilig 'mondsüchtig, irrsinnig' (?) - muotflewi 'Stumpfsinn' - muotsuht 'Gemütskrankheit, Sinnesverwirrung' - muotsuhtig 'gemütskrank, verwirrt, bedrückt' - muottrübeda 'Sinnesverwirrung' rasen 'wahnsinnig sein, außer sich sein' - seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger' sinnelös 'nicht mit Sinnen begabt, wahnsinnig' — sinnelösi Wahnsinn, Torheit, Stumpfsinn' — tantarön 'irre reden, wahnsinnig sein' — diubilsiuh '(vom Teufel) besessen' - tiufalwinnanti 'vom Teufel besessen' - tobahalmo 'Raserei' - tobäri 'Tobender, Wahnsinniger' (?) - tobasuht "Wahnsinn' - tobesuhtig 'rasend, wahnsinnig' tobentig 'geisteskrank, wahnsinnig' - ir-trinkan 'toll, besessen' (?) - truobe 'trübe; dunkel, verdunkelt, betrübt, verwirrt' - tüfar 'der töricht Handelnde' - ir-tüfaren 'töricht werden' - tulisc 'töricht' - ir-tumben 'stumpf werden' - unbiwaröt 'stumpfsinnig, taub' - ungebärda 'Toben' - ungerech 'verwirrt' - unheiläri "Wahnsinniger* - unheilen 'toll sein' - unsälida 'Unglück, Wahnsinn' - unsin 'Verrücktheit, Wahnsinn' unsinniga 'Verrücktheit, Wahnsinn' - urmuot 'irrsinnig, verrückt, verzweifelt' - ursin "Wahnsinn* - ursinnen 'unsinnig, aberwitzig sein' - ursinnida "Wahnsinn' — ursinno

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Die Auswertung des Wörterbuches

'auf wahnsinnige, auf unsinnige Weise' — wanaivi^j "Wahnsinn' - wehenjg 'töricht, unsinnig' - ferwuot 'töricht, unsinnig' - ir-wuoten 'den Verstand verlieren' - wuotnissa 'Torheit, Wahnsinn'. 0 . Krampfadern 1. Gruppe: (2) masaia 'Krampfader' — mrna, wem 'Krampfader'. 2. Gruppe: (3) ursiaht 'Krampfader' - urslahti 'Krampfader' - werra 'Krampfader'. 3. Gruppe: (1) sparrädra 'Krampfader'. P. Parasiten 2. Gruppe: (5) spuolwurm 'Spulwurm' — toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' - touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) - ulwurm 'Eingeweidewurm' - wurm "Wurm, Krankheitserreger'. 3. Gruppe: (6) bühwurm 'Spul-, Madenwurm, Bandwurm' — grintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze' - härwurm 'Spulwurm' - lüssuht 'das Verlaustsein, Läusekrankheit' - nesso "Wurm, Krankheitserreger' - swineslüs 'Schweinefinne (als Parasit)'. Q. Tuberkulose 3. Gruppe: (2) dumpfe 'Schwindsucht' - swtnsuht 'Schwindsucht'. R. Wassersucht 2. Gruppe: (4) wasgarkalb "Wassersucht' — wa^arsioh 'wassersüchtig' - wa^arsuht *Wassersucht' wcKgarsuhtig 'wassersüchtig'. 3. Gruppe: (1) swambag 'aufgedunsen' (?). S. Krampf 1. Gruppe: (1) krampfo 'Klaue, Haken, Krampf'. 2. Gruppe: (1) krampf'Kizmipi,

Gicht, Katarrh' (?).

Kiankheitsbezeichnungen

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3. Gruppe: (3) kramme 'KrampF - ramme 'KrampP - reckon 'sich verkrampfen'. Τ. Schlaflosigkeit 2. Gruppe: (1) släflös 'schlaflos'. 3. Gruppe: (3) släßöst 'Schlaflosigkeit' - unsläfan 'schlaflos' - unsläfigi 'Schlaflosigkeit'. U. Schlafsucht 2. Gruppe: (1) twalm 'Schlafkrankheit'. 3. Gruppe: (3) muotsubt 'Schlafsucht' - släfsuht 'Schlafsucht' - twdlsuht "Lethargie, Schlafkrankheit'. V. Sonstige 2. Gruppe: (4) gallin 'voll von schwarzer Galle, reizbar' - ntisuht 'Seitenstechen' - tr-touben 'betäuben' - unheilida Unheil, Unglück'. 3. Gruppe: (8) emi^pjg 'chronisch' - gallenfoH 'voll von schwarzer Galle, reizbar' — kntinswero 'Seitenstechen' - slim 'Schleim' - stehhado 'Seitenstechen' — ungenistig 'unheilbar' - unheillih 'unheilbar' - wintrunkal 'trunksüchtig'. W.Tod 1. Gruppe: (4) tewen, touwen 'im Sterben liegend' - töd Tod' - todhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen' - tot 'tot, gestorben'. 2. Gruppe: (3) ferchwunt 'tödlich verwundet' - j?nm/"'Fehlgeburt' - «nw/"'Fehlgeburt, Kehricht'. 3. Gruppe: (11) äwerf 'Fehlgeburt' —firwotf'Fehlgeburt' - fruoweif 'Frühgeburt' - hinasjohan 'im Sterben liegen' — tawalön 'todkrank sein, im Sterben liegen' — töden 'sterben' — tötgiboran 'totgeboren' - ήϊώνί^'Todesschlaf - tötheit 'Sterblichkeit' - tot houpit 'Tod' töti 'Tod, Sterben'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

2.3.1 Die Auswertung Im Regelfall stehen sich pro Feld eine verhältnismäßig kleine Zahl von häufig verwendeten Lexemen und eine große Menge von nur einmal bezeugten Bezeichnungen gegenüber. Auch dieses Verhältnis unterstreicht wieder den Charakter des Althochdeutschen als das Laboratorium des deutschen Wortschatzes. Von den 338 im Althochdeutschen nur einmal bezeugten Verwendungsweisen haben sich allerdings nur 24 langfristig als adäquat erwiesen und Fortsetzer bis in die neuhochdeutsche Zeit gefunden: ahd. albe, bläsa, blintboran, einhenttg, figblätara, flehte, gibt, krank, krebi^o, lallön, rasen, s/äfsuht, slim, smenpnto, stein, swam, swambag, tobasuht, tobesuchtig, tötgiboran, unsin, wangg, wuntmäli, Randlos. Dies entspricht einem Anteil von 7,14 % der einmalig bezeugten Lexeme. Die übrigen Lexeme dieser Gruppe konnten sich über das vorsalernitanisch-benediktinische Zeitalter hinaus nicht durchsetzen. Aus dem Kreise der im Althochdeutschen bereits häufig, das heißt mit sechs und mehr Belegen bezeugten Bildungen ist die Zahl der kommunikativ länger haltbaren Verwendungsweisen deutlich größer. Hier haben von 104 Lexemen gleich 31, immerhin 32,24%, eine Fortsetzung bis in die neuhochdeutsche Zeit gefunden: blätera, blint, bluoten, büla, einougi, eitar, gelosuht, giswer, giswulst, grint, huosto, kröpf, lam, ros^ rovgag, sioh, scilihen, stamalön, stum, suht, suhtig, swellan, swintilön, töd, toub, tot, tumb, unsinnig, warqa, wunta, wuoten. Dies ist zwar nur eine Momentaufnahme auf der Basis des schriftlich Überlieferten, sie zeigt aber doch, dass sich auch in einem so dynamischen Feld wie den Krankheitsbezeichnungen bereits ein fester Kern von Verwendungsweisen herausgebildet hat, um den herum sich Erweiterungen und Präzisierungen in hochmittelalterlich-salernitanischer Zeit gruppieren konnten. Im Althochdeutschen sind unter den häufig gebrauchten Bezeichnungen zumeist noch solche, die ein Krankheitsbild in eher allgemeiner Form umschreiben, so etwa suht, suhtig oder giswer, giswulst und wunta. Exaktere Bezeichnungen, die sich sachlich einem Krankheitsbild präzise zuordnen lassen und die darüber hinaus sprachlich durchsichtig sind, finden sich unter den häufig verwendeten Lexemen noch eher selten. Beispiele wie gelosuht, hirnwuotigi oder sümugi zeigen aber, dass prägnante volkssprachliche Bezeichnungen vereinzelt durchaus schon vorhanden waren und mehrfach verwendet wurden.

2.4 Herkunft und zeitliche Schichtung A. Der kranke Mensch 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) kruppel 'verwachsene, lahme Person, Krüppel'.

Krankheitsbezeichnungen

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3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (24) altriso 'der durch das Alter hinfällige, dem Tode nahe Mensch* - bettiriso 'Kranker, Gelähmter, Bettlägeriger' - biben "Wahnsinniger' - bihafier "Besessener' - bistumbaliter, bistumbalöter "Verstümmelter, Verkrüppelter' - horngibruoder 'Leprakranker krumbbein 'Krummbeiniger' - lispäri lispler' - lubetsch 'Tor, Narr' - lurqhho 'Gelähmter' - mänödtuldo 'Irrer, Mondsüchtiger' - seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger' - sioh subst. 'der Kranke' - stohher 'der Kranke' - saeffuo£ 'einer der schief auf den Füßen geht' - stamaläri 'Stammler' - tobäri Tobender, Wahnsinniger' (?) tobenter 'Wahnsinniger, Besessener' - tobönter 'Rasender' - tobönto "Besessener, Wahnsinniger' - tör, tore "Narr, Tor' - tüfar 'der töricht Handelnde' - mheiläri "Wahnsinniger' — üngavgo, üipasgeo 'Aussätziger'. B. Krankheit Β. 1 Krankheit, Seuche, Schwäche 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) sioh "krank, schwach, ohnmächtig'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (8) angust "körperliche Bedrängnis, Krankheit, (Husten)Krampf - balo 'Krankheit, Seuche, Pest' - krank "schwach, hinfällig' — siehtuom 'Krankheit, Schwachheit' sterbo "ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben' - suht, s u f f t "Krankheit, Seuche' — ubil 'krank' — weih "schwach, weich, krank'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (54) biskht (?) 'Seuche' — bismivgani 'Ansteckung, Befleckung' (?) - biwollannussida 'Ansteckung' — biwollida 'Ansteckung' — guntig 'krank, dahinschwindend, vereitert' (?) — herdo (eine Krankheit) - hudun (?) 'Seuche' (?) - cümida 'Krankheit' - kümtg "krank, schwach, krafdos, gebeugt' - lihlihht "Gebrechlichkeit, Hinfälligkeit, Sterblichkeit' - serewen "dahinschwinden (an Kräften und Körperfülle), sich verzehren' - siehheit "Krankheit, Schwachheit' - siehhelhett 'Krankheit' - siehhelön 'krank sein, ermatten, kränkeln' (?) - siehhen 'krank, erschöpft sein (wegen etwas), krank, schwach werden' — ir-siehhen "krank, krafdos, matt werden, erschlaffen' — siehhetago 'Krankheit' siehhi "Krankheit; Schwäche' - siubht, duhhin 'Krankheit' - siuhto 'Krankheit' - scalm Test, Seuche, Viehsterben' (?) - scalmo 'Seuche, Viehsterben' - scelm 'Seuche, Pest' - scelmig 'verpestet, an der Seuche leidend, verreckt, abgestorben' (?) - scelmo 'Seuche, Pest' - smehhar 'schwächlich' - suhtig *krank, räudig; übel, schlaff - suhtluomi 'ansteckend, verpestet' - suhtluomtg 'verpestet' — swabhön 'schwach werden, krank werden' — fer-sweinen 'schwächen' - swero 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' - tehedig 'krankhaft' - undräti 'Schwäche' - unfertig 'krank' - Ungarn^ 'krank; unheilvoll' (?) - unganq 'Krankheit, Makel' - unheil 'Schaden, Krankheit' mheil "krank, wahnsinnig' - unkraft "Schwäche, Schwachheit, Krankheit' - unchrtftig "kraftlos, schwach' - mchrefltgi 'Schwäche' - uncreftigöt 'schwach, geschwächt, kraftlos' — unmaht 'Machdosigkeit, Unvermögen, Schwäche, Krankheit, Gebrechen' —

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Die Auswertung des Wörterbuchs

gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, kraftos werden - unmahti 'Schwäche, Gebrechen, Ohnmacht' - unmahtig 'schwach, kraftlos, unfähig, krank' - sj-urheilön 'gebrechlich, gelähmt sein* - tvan(a)heil "krank, schwach, gebrechlich, lahm, schwächlich' - wanaheili 'krank, schwächlich' - wanaheili 'Schwäche, Gebrechlichkeit' weihhi 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Kraftlosigkeit, Verzagtheit' - weihhilt 'Schwäche' - vprkalöti "krank sein'. B. 2 Schmerz 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (4) ptna "körperlicher Schmerz' - smerqt 'Schmerz' - smerqin 'verwunden, leid tun, schmerzen' — sweran 'schmerzen, leiden'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (6) giswer 'Schmerzen' — serin leiden, Schmerzen haben' — smerupnto 'schmerzend' — swer(a)do 'Schmerz, Leiden' - wewa 'Schmerz, Qual, Leid, Unglück, Verderben' — memo 'Schmerz, Qual, Leid, Krankheit, Ärger, Verderben'. B. 3 Schwindel 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (7) swimo 'Schwindel, Ohnmacht' - swtndel 'Schwindel' - swintilöd 'Schwindel' - switttilön "Schwindelgefühle haben, Schwindel' - gi-swintilön 'schwindlig machen' - swintilunga 'Schwindel' - swintilungt 'Schwindel'. B. 4 Übelkeit 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) söde 'Sodbrennen' — spimöd 'das Erbrochene' - sptwan 'sich erbrechen, speien'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (13) spiwa 'das Erbrochene' - ir-sptwan 'ausspeien, von sich geben' - unmlhdo 'Ekel, Erbrechen' - unwiliön 'sich erbrechen wollen' - willido 'Übelkeit, Ekel' - worgal Würgen beim Erbrechen* — mrgalovptinen 'die Zähne beim Erbrechen zusammendrücken' (?) - wulüda 'Übelkeit, Ekel, Überdruss' - ιvullido "Übelkeit, Ekel' - wullo 'Ekel' - wullöd "Übelkeit, Ekel, Überdruss' - mllön "Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen' - wullunga "Überdruss, Ekel, Übelkeit, das Erbrechen'.

Krankheitsbezeichnungen

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C. Wunden, Narben 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) bkitp 'blauer Fleck, Striemen, Wundmal'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) snit 'Schnittwunde' - tara 'Verletzung, Schaden' - tolk "Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' - werten 'zum Schwären bringen' - wunta 'Wunde, Verletzung'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (22) anamäl 'Narbe, Mal einer Verwundung; Stigma; Grind, Ausschlag' - anamäli •Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' balgbrust 'Hautriss' — bistumbaliter, bistumbalöter 'Verstümmelter, Verkrüppelter' — pulislac 'trockene offene Schlagwunde' — freti "blauer Fleck, blutunterlaufene, wunde Stelle' — hilouga, hilouuua "Wundmal, Narbe' — liduscart 'verstümmelt' — Ithlöa "Narbe' — lihlöi, lihlewe "Körpermal, Narbe' - mäsa "Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal' - rapfeti "verharschen, verkrusten (von Wunden)' — bi-rapfen 'verharschen, verkrusten, vernarben' — ren 'Strieme, Wundmal' — stumbal 'verstümmelt, stumpfsinnig' - swacca (?) Strieme, Wunde - tarunga 'Schaden, Verletzung' - mertisal 'Verletzung, Beschädigung - tvidarrouwen 'wieder verschorfen' (?), 'wieder blutig machen' (?), 'wieder blutig werden' (?) - wildfleisc 'Narbenfleisch, Narbengewebe' - wuntmäli "Wundmal, Narbe' - giwuntöt 'verwundet'. D. Missbildungen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) dum 'verdorrt'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) hofar "Schwellung, Buckel, Beule' - hofaroht(i) "bucklig, voller Schwellungen' kruppel Verwachsene, lahme Person, Krüppel' - fir-musken "zerquetschen, verstümmeln' - scelah 'bucklig'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (8) gckrüppelt "verkrüppelt, mit dem Leiden eines Krüppels behaftet sein' - hoggar "Auswuchs, Buckel' — hoggaroht "einen Auswuchs habend, buckelig' — kermundi "schiefmäulig, gekrümmt (nach Art des Adlerschnabels)' - mälhtrft "fehlerhaft, gebrechlich' — missigiscaft 'Missbildung' - misstscapfan 'missgestaltet' - missiwerft 'MissfÖrmigkeit, Missgestalt'. E. Lähmungen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (8) gibt 'Schlaganfall, einseitige Körperlähmung' - hafy "lahm, hinkend' - ham lahm, gebrechlich' - hantlam 'mit gelähmter Hand' - gt-helspti 'lähmen' - ir-hehpn lahmen'

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- lam "lahm, gelähmt, verdorrt, verkrüppelt, gebrechlich, abgestumpft' - tropho 'Schlagfluss, Erkrankung der Gelenke' (?). 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (27) bettiriso 'Kranker, Gelähmter, Betdägeriger' - bettisioh 'gelähmt, bettlägerig krank' — biluh *Lähmung, Starrheit' - bihahsantlihho 'gelähmt, kraftlos' - diohhalζ "lahm, hinkend' - firgihtt 'Lähmung durch Schlaganfall' - firgihtig subst. 'vom Schlaganfall Getroffener, von Gliederlähmung befallener' - firgihtigi 'Schlaganfall, Gliederlähmung' - firgihtigöt 'gichtbrüchig, gelähmt sein' - firghtigöti "Lähmung, Gicht' - firgihtit 'gichtbrüchig, gelähmt' - fuo^suht 'Fußgicht, Podagra' - gigiht 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' - gigihtt (?) 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' - gigihtigöt subst. 'vom Schlaganfall Getroffener' - hantsuht 'Handgicht, Fingergicht' - helsjda "Lahmheit, Gebrechlichkeit' — gihefyda "Lahmheit, Gebrechlichkeit, Verkrüppelung' - huflal^ 'hinkend, lahm' — hufelhal·^ 'hüftlahm' — huofslah 'hinkend, lahm' - kncsubt, lantsuht 'Gelenkrheumatismus' (?), 'Herzkrankheit' (?) — lernt 'Verstümmelung, Lähmung' - lidusuht 'Gicht, Gliederkrankheit' lunjhho 'Gelähmter' - wanaheilen 'schwächen, lahmen' — qiurheilön 'gebrechlich, gelähmt sein'. F. Geschwulste und Schwellungen (s. auch C. für Verletzungen der Haut) 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (7) druos 'die (geschwollene) Drüse, Halsmandel, Geschwulst' - hofar 'Schwellung, Buckel, Beule' - hofaroht(i) 'bucklig, voller Schwellungen' - kelah 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst' - kröpf 'Kröpf, Geschwulst am Hals' - masar 'Geschwulst' swellan 'schwellen, aufgedunsen sein, strotzen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (16) bütil 'angeschwollene Halsdrüsen, KropP - giswollani 'Geschwulst, das Aufschwellen' -giswulst 'Geschwulst, (blutige) Schwellung' - gulla, gulli, gallo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - gutter 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' - hoggar 'Auswuchs, Buckel' — hoggaroht 'einen Auswuchs habend, buckelig' — irspemda 'Aufschwellung' - kelahoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' - kropfilm 'Kröpf - masaloht 'angeschwollen, knotig' - masaroht 'geschwollen, mit Geschwülsten bedeckt' - swambag 'aufgedunsen' - swilidi, swilido (?) 'Schwellung' swulst 'Geschwulst' - ubarbein 'Überbein'. G. Erkrankungen der Haut G. 1 Geschwüre 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (3) büta, bulla, büilla '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' - «ξ'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' - swer 'Geschwür' (?).

Krankheitsbezeichnungen

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2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) ähhalm 'Geschwür, Frostbeule' - ähhelmo 'Geschwür, Frostbeule' - angaseigo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' - knba% 'Krebsgeschwür' - rüda 'Hautausschlag, Räude, Krätze; Geschwür'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (19) adel "kleines Geschwür' - ango 'Geschwür, bösartige Geschwulst' - angweiζ 'Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' - angwei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' - ble^lih 'voll von Geschwüren, schorfig' - boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' - giswer 'Geschwür, Blase, Eitergeschwür' goteswilo 'Karbunkel, Abszess, Geschwür' - kancur 'Krebs' (?), 'Geschwür, Karzinom' - krebi^p 'Krebsgeschwür' - lebado 'Muttermal, Auswuchs' — lohaftur 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' seri 'Geschwür' - sota 'Geschwür, Schwellung' - swam 'schwammiger Auswuchs' toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' - ubilblätara 'Karbunkel, Geschwür' - üfdruos (?) 'Geschwür' - urwuoni 'Tränenfistel' (?), 'Geschwür' (?). G. 2 Schorf, Grind, Aussatz 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) riob 'aussätzig, schorfig, räudig'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (12) angaseigo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' - bläsa Tustel, Hautblase' - blätara 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen' — bronado 'juckender Grind' — brunst 'Hautentzündung' — gelosuht, gekwesuht 'Aussatz, Lepra' — gisprinc 'Ausschlag, Pustel' — rinda 'Schorf — rüda 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze' - ruf 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag' - scabado 'Räude, Krätze, Aussatz' - scurf'Schotf, Grind, Krätze'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (53) angweiiζ "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' - angwetsp 'Hautausschlag, Bläschen' — angwei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür' blesfih 'voll von Geschwüren, schorfig' - boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule' - brunnido 'Getreidebrand' (?), 'das brennende Jucken (der Haut)' (?) brunnihiiga 'das brennende Jucken' - velleht 'schorfig, schuppig' (?) — feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen' —figblätara 'Hämorrhoide, Feigblatter' — fiur, mlda^fiur, flehtanta^Jiur "Wundrose, Antoniusfeuer' - flehte 'Hautausschlag, Flechte' - flehtanta (?) 'Hautausschlag, Flechte, Wundrose' (?) - gelosuhtig 'aussätzig' - grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' - grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' - grintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze' — grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, grindig, kahlköpfig' - gulta, gullt, gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - horngibruoder 'Leprakranker juckenti 'das Jucken' - juckido, juckida 'Krätze, Räude, Skabies' - juckiligt 'das

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Jucken' - klämdo 'Schorf - quedilla 'Bläschen, Eiterpustel' - lohafiur 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' — hhanti 'räudig, schorfig' - malätes 'aussätzig' - misal 'aussätzig' - misaloht 'aussätzig' — misalsuht 'Aussatz' - misalsuhtig 'aussätzig' - Hoben 'Schorf bilden' - riobsuhtig 'aussätzig' - riofa Test, Aussatz' - riubt 'Räude, Ausschlag, Krätze' — rüdi 'Räude, Krätze' — rüdig 'räudig, von Krätze befallen' - rüdig "Räude, Krätze' - rüdo 'Hautausschlag, Räude, Krätze' - dura 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen' (?) - nuro 'Krätzmilbe' - scaboht 'räudig, schäbig' - scebig 'räudig' - scuoboht 'schäbig, räudig' - touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) - üi(satgen suht 'Aussatz' - ü^sa^o, üqaigeo 'Aussätziger' - wildftur 'Wundrose' tqtdruos 'Räude, Krätze' - qttarlüs 'Räude, Krätze' - qttaroh 'Räude' - igttarohti 'mit Räude behaftet'. G.3 Eiter, Fäule 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) gunt "Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) eit(t)ar 'Gift, Eiter, eiternde Wunde' - eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' - eitarlib 'giftig, eiterig, verwesend' - gieitarit, geitant 'mit Gift, Eiter versehen sein, vergiftet' - warah *Eiter, Geifer, Eiterbeule'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (8) asgil 'Nagelfäule' - frat 'entzündet, eitrig' - fühtt stF. '(eitriger) Ausfluss' - fült 'Verwesung, Fäulnis, Sterblichkeit; das Brandige, Eitrige (von Wunden), Knochenfäule' (?) - fülida 'Fäule, Fäulnis, übler Geruch' — kocko 'Fäulnis, Verwesung' trör 'ausgetretenes Blut, Eiter' - ütfluxus 'Ausfluss'. G. 4 Warzen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) fig 'Feigwarze (Kondylom), durch einen Virus hervorgerufene warzenartige Hautwucherung, Ausschlag' - wanp Warze, Hautauswuchs, Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' - wimmer 'Auswuchs, Bläschen, Warze'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (3) ιvarspla "Warze' - wanjg 'mit Warzen behaftet, voller Krampfadern' (?) - war^ohi 'mit Warzen behaftet'. G. 5 Schwielen, Hühneraugen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) giswil 'Schwiele, verhärtete Haut' - swil 'Schwiele'.

Krankheitsbezeichnungen

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3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) lihdorn 'Hühnerauge' (?) - swilo 'Schwiele*. H. Erkrankungen im Kopfbereich H . l Kopf, Hirn I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (8) äwiigi 'Hirnwut' -feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen' - ^ ^ « « / " A b s c h ü r f u n g der Kopfhaut' - grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' - grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' - gulla, gulli, gullo 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' - houbitsuht 'Kopfweh' - ungehuhtigo 'mit getrübtem Gedächtnis'. H. 2 Augen I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) fei' Star'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (10) blint 'blind, verblendet, dunkel' - blintboran 'blindgeboren' - blinden 'erblinden' - irblinden 'erblinden' - blintt 'Blindheit' - glesinougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?) - regenblint 'blind' - seelab 'schielend, scheel' - sürougi 'triefäugig, halbblind' zpranougi 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (30) blehan (?) 'triefäugig' - bkhanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben' blehanougi 'triefäugig' - blebanougi 'Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star' blitihhen 'triefäugig sein' - brehan 'entzündet, triefend (von den Augen)' - brehanbräwi 'triefäugig' — brehanougt 'grüner Star' - einougi 'einäugig; triefäugig' (?) - eitarflecko (?) 'Gerstenkorn am Auge' — ßie^ougi (?) 'triefäugig' — gilüh 'grauer Star' — glasougi 'grauer Star, grüner Star' (?) - grecko 'Schleim in den Augenwinkeln' - hertbrät 'Gerstenkorn am Augenlid' - lühougön 'mit den Augen zucken' - ougafel 'grauer Star' - ougelös 'ohne Augen, augenlos' - ougßecko 'Glaukom; Hornhauttrübung' ougtsal 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom' - ougstal 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom' - ougswero 'Augenentzündung' - rinnentiu ougen 'triefäugig' scelahougi 'schielend, schieläugig' - scilihen 'schielen, Schielender' - starablint 'stockblind, starblind' - tuncalen 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen' — iveihougi 'triefäugig' — spharougi 'Augenentzündung' - %aharougi 'triefäugig' - %inco 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom'. H. 3 Mund, Zähne I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0)

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2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) a^endi 'zahnlos' - kanecetpch 'zahnlos' - kermundi 'schiefmäulig' - wulst Wulst, aufgeworfene Lippe' - spndlezzjg 'zahnlos' - %an(d)lis 'zahnlos' - ^andsmro 'Zahnschmerzen' - %wdwurm "Wurm, der Zahnschmerzen erzeugen soll' - ir-sgnnen 'der Zähne berauben' - spngelös 'ohne Zunge, sprachlos' (?). H . 4 Nase I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) gibrähhi, gibrehhi 'Katarrh' - ro\ 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' — strengila '(Pferde-)katarrh\ 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (13) dampfo 'schwerer Katarrh, Schnupfen' - dempfo 'Katarrh, Schnupfen' - houbitswam 'Nasenpolyp' - nasabu% 'Schnupfen, Sekret auf der Nasenschleimhaut' - nasalös 'ohne Nase' - pfiffig pftpfiz 'Pips, Schnupfen' (?) - migag 'rotzig, schleimig' - snegil, snegele 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' - snuderäta 'Schleimfluss, Nasenkatarrh' - snudel 'Schnupfen' — snu^ 'Rotz, Nasenschleim* — strüche 'Schnupfen, Katarrh' - üvpustere 'Schleim, Sputum'. H. 5 Ohren I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) touben 'taub werden'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (6) örlös 'ohne Ohren, taub' - örscarti 'Ohrverletzung, das Abschneiden der Ohren mit nachfolgender Taubheit' - scardi 'Ohrverletzung, das Abschneiden der Ohren ohne nachfolgende Taubheit' — ir-tophsen 'taub werden' — ungihönnti 'taub' — wargwanga 'Vereiterung der Ohrspeicheldrüse' (?). H . 6 Hals I. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) huosto 'Husten'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (4) druos 'die (geschwollene) Drüse, Halsmandel, Geschwulst' - heis 'heiser, dumpf kelah 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst' - kröpf'Kröpf, Geschwulst am Hals'.

Krankheitsbezeichnungen

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3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (29) bmctokhter (?) 'heiser' (?) - bütil 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf - dempfi 'Erstickung' - dempfida 'Erstickung' - dempfunga 'Erstickung' - dempfungt 'Erstickung' fnehantiu kelasuht 'Keuchhusten' - kawahsa (?) 'AuswurP - gulla, gulli, gullo (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) - gutter 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' - halssuht 'Halserkrankung' — heisar 'heiser' — heisari 'Heiserkeit' — heisarunga 'Heiserkeit' - heisen 'heiser sein' — heisi 'Heiserkeit' - heiso 'Heiserkeit' — heisunga 'Heiserkeit' - huosta 'Husten' - huostön 'husten' - kelahoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' - kelestopfe 'Halsentzündung; Angina, Diphtherie' - kelasuht 'Angina, Bräune' - kehvarch 'Halserkrankung, Angina, Bräune' - kropfilin 'Kröpf' - rihunga 'das Keuchen, Würgen' — snegil, snegele 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' - wassi 'Angina' - worgunga 'Halsentzündung, Angina'. I. Erkrankungen der Extremitäten 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (6) einhenti 'nur eine Hand habend, einhändig' - handelös 'ohne Hände' — hantlam 'mit gelähmter Hand' — hinkan 'hinken (auf Grund von körperlicher Behinderung)' bi-renken 'verrenken' - j«5f'krumm(füßig), schief. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (14) beinrenki 'Beinverrenkung' - beinsuht 'Beinleiden, Fußgicht' - einhentig 'nur eine Hand habend, einhändig' - fuo^suht 'Podagra, Fußgicht' - gnitahamma 'Klumpfuß' - hantmäli 'Stigma, Wundmal der Hand' - bantsuht 'Handgicht, Fingergicht' krumbbein 'Krummbeiniger' - letfuo^ 'Klumpfuß' - ir-lenken 'verrenken' - lidrenki 'Gliederverrenkung' - sceibett 'o-beinig gehen' - saeffuo% 'einer der schief auf den Füßen geht' - stumph 'verkrüppeltes, gefühlloses Bein'. J. Erkrankungen der inneren Organe J. 1 Herz und Leber 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) gelosuht, gelewesuht 'Gelbsucht' - her^sioh 'herzkrank'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (7) albe 'Alpdrücken (meist als Atembeschwerden und Angstzustand im Schlaf)' - gelawi 'Blässe (im Gesicht), Gelbsucht' (?) - gelogunt 'Gelbsucht' - gelosuhtig 'gelbsüchtig' - henyuht 'Herzkrankheit' - her^suhtig 'herzkrank' - lebertich 'die Leber betreffend'. J. 2 Magen-Darmtrakt 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0)

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2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) bluotsuht *Blutfluss, krankhaftes Ausfließen von Blut, Hämorrhoiden' - fist 'Furz, Darmwind'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (13) firsmetynga "Verdauungsstörung' - jorastelli "Verstopfung' - fur^dwang "Blähung' gprawunt 'am Darm, an der Darmwand verwundet' - kokro '(Gallenbrech-)ruhr, Darmkolik' — magabiζ 'Bauchschmerzen' — magabiigado "Bauchschmerzen' magabi^pjda ΈβυΛεΛπιεΓζεη' - nagado "Bauchschmerzen' (?) - rötwe 'Dysenterie, rote Ruhr' - unirsmahjti 'Mangel an Verdauung' - Hinang 'Durchfall, Ruhr' - ü^suht 'Durchfall, Dysenterie'. J. 3 Unterleib 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (2) gil, gil Tiruch'- hölä '(Leisten-)bruch'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) höloht, hölaht 'an einem Leistenbruch leidend' - steinsuht 'Steinkrankheit'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) gidmang 'Harnzwang' - geisini 'Unfruchtbarkeit' - giloht 'an einem Bruch leidend' harnwinte 'Harnwinde (wenn der Harn nur tropfenweise kommt)' — hefemuoter 'Unterleibserkrankung bei Frauen (Dysmenorrhoe), Magenkolik' - hodalös 'mit Kryptochismus behaftet, an einem Bruch leidend (und durch die Behandlung der Hoden beraubt* (?) — hrevawunt 'am Bauch, am Unterleib, an den inneren Organen verletzt' - stein "Blasenstein' - unbirig 'unfruchtbar' - unbirigi 'Unfruchtbarkeit'. K. Fieber 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) rito 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) fiebar 'Fieber' - riden 'fiebern'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (5) avurstur.χ 'Rückfall, rückfälliges, schleichendes Fieber' - itslag '(Fieber-) Rückfall' itslaht '(Fieber-)Rückfall' - itslahti '(Fieber-)Rückfall' - itslahtigi '(Fieber) Rückfall'. L. Blutungen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) bluoten 'bluten, blutig sein'.

Krankheitsbezeichnungen

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3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (7) ädarkräti 'Verletzung der Ader' - bluotfluzgida *Blutfluss, Hämorrhoiden' - bluotrenki 'Blutstauung, Bluterguss' (?) - bluotruns "Bluterguss' - trör 'ausgetretenes Blut, Eiter' (?)- tötbluot 'krustiges, geronnenes Blut' -ubarbluotig 'an Blutungen leidend'. M. Sprachstörungen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) tallön 'stammeln'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (5) lisp 'lispelnd' - sprähhalös 'stumm, sprachlos' - stam 'stammelnd' - stammen 'stammeln' - stum 'stumm'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (9) blunkavgen 'lallen' - lallöd 'das Stammeln' - lefsmammalön 'stammeln' - lispäri 'Lispler' - lispen 'lispeln' - stamal 'stammelnd' - stamatim 'Stammler' - stamalöd 'das Stammeln' — stamalön 'stammeln'. N. Wahnsinn, Besessenheit, Epilepsie, Stumpfsinn, Unvernunft 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) /n/'dumm, töricht'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (8) diubilsitth '(vom Teufel) besessen' - toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' - truobe 'trübe; dunkel, verdunkelt, betrübt, verwirrt' - tulisc 'töricht' - tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' — tumbltcb 'töricht* - wuot 'Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' - wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (99) affenheit 'Tollheit, törichtes Geschwätz' - äkallönti 'irre, wahnsinnig, schwachsinnig' - anehenig 'ohne Verstand, töricht' - äwi^t "Wahnsinn' - äwi^vjg 'wahnsinnig, besessen' - äwi^pjgi "Besessenheit' - äwsgtJos 'von Sinnen, nicht bei sich' - äivt^od 'Besessenheit' - äwiigön 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein' - bibeti "Wahnsinniger' - behafter "Besessener' - dabt 'Stumpfsinn' - ketrugede Wahn' hirniwuotig 'wahnsinnig' - hirniwuotigi Wahnsinn' - hirniwuoto 'wahnsinnig' - kallavgen 'wüten, rasen' - lubetsch 'Tor, Narr' - mänödfallönti 'irrsinnig', (?) 'mondsüchtig' - mänödtuldo 'Irrer, Mondsüchtiger' - mänödwentig 'mondsüchtig, epileptisch' (?) - mänödmlig 'mondsüchtig, irrsinnig' (?) - mänödwilin 'mondsüchtig' — muotflem 'Stumpfsinn' - muotsuht 'Gemütskrankheit, Sinnesverwirrung' - muotsuhtig 'gemütskrank, verwirrt, bedrückt' - muottrübeda 'Sinnesverwirrung' - narraheit 'Geistesschwäche, Wahnsinn' - rasen 'wahnsinnig sein, außer sich sein' - räyal 'reißend, rasend, tobend' - rä^i "Wut, Wildheit, Tollheit' - seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger' - sinnelos 'nicht mit Sinnen begabt, wahnsinnig' - sinnelösi "Wahnsinn, Tor-

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heit, Stumpfsinn' - fallantiu suht 'Fallsucht, Epilepsie' - tantarön 'irre reden, wahnsinnig sein' - tiufalsuhtig '(vom Teufel) besessen' - tiufahvinnanti 'vom Teufel besessen' - tiufalwinnig 'vom Teufel besessen' - tobahalmo 'Raserei' - tobaheit 'Unsinn, Wahnsinn' - tobdri Tobender, Wahnsinniger' (?) - tobasuht "Wahnsinn' - tobesuhtig 'rasend, wahnsinnig' - tobenter 'Wahnsinniger, Besessener, Herumschwärmer' irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig' - tobentig 'geisteskrank, wahnsinnig' - tobe^ipnga Torheit, Unsinn, Wahnsinn' - tobig 'tobend, rasend, wütend, unsinnig, verrückt, wahnsinnig' - tobön 'wahnsinnig sein, toll sein, toben, rasen, wüten', PP. '(vom Teufel) besessen, wahnsinnig, irre' - toböntir 'Rasender' - tobönti 'unsinnig, verrückt, rasend' — tobönto *Besessener, Wahnsinniger' — tobunga 'törichtes Zeug, Geschwätz, Wahnsinn, Torheit, Unsinn' - tör, tön 'Narr, Tor' - irtrunkan 'toll, besessen' (?) — truobi "Verwirrung, Trübung' - tüfar 'stumpfsinnig, blöd' — tüfar 'der töricht Handelnde' - tüfarheit 'Ungeschicklichkeit, Blödsinn' - tüfariih 'töricht, albern, blöd' — tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln' - ir-tumben 'stumpf werden' - tumbt^en 'töricht sein, unsinnig handeln' tumbmuoti 'unverständig, töricht' — tumbnissi, tumbnissi Torheit' - tusig 'stumpfsinnig, töricht' — unbiwaröt 'stumpfsinnig, taub' — ungebärda Toben'— ungerech 'verwirrt' - unheil 'krank, wahnsinnig' - unheiläri "Wahnsinniger' — unheilin 'toll sein' unheili 'Krankheit, Wahnsinn, Tollheit' - unsälida 'Unglück, Wahnsinn' - unsin "Verrücktheit, Wahnsinn' - unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' — unsinniga "Verrücktheit, Wahnsinn' - unsinnecheit "Unsinn, Verrücktheit, Wahnsinn, Unvernunft' - unsinnigf "Verrücktheit, Wahnsinn, Raserei' - urmuot "irrsinnig, verrückt, verzweifelt' — urmuoti 'wahnsinnig' — ursin "Wahnsinn' - ursinnen 'unsinnig, aberwitzig sein' — ursinni "wahnsinnig, unsinnig' - ursinnida 'Wahnsinn' - ursinntg "töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' — ursinnigheit "Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' - ursinnigt "Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' - ursinno "auf wahnsinnige, auf unsinnige Weise' - wanawivgen "verwirren, töricht machen' wanawvgQ "unsinnig, töricht, ohne Verstand' - wanawitgi "Wahnsinn' - weherqg "töricht, unsinnig' - fenvuot "töricht, unsinnig' - ir-wuoten 'den Verstand verlieren' lvuotig 'wütend, tobend, wahnsinnig, himwütig' - wuotunga 'Raserei, Wut' - wuotnissa 'Torheit, Wahnsinn'. 0 . Krampfadern 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) werra 'Krampfader'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (5) masala 'Krampfader' - sparrädra 'Krampfader' - urshht 'Krampfader' - urslahti 'Krampfader' - werna, wem 'Krampfader'.

Krankheitsbezeichnungen

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P. Parasiten 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) wurm "Wurm, Krankheitserreger' 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) bühwurm 'Spul-, Madenwurm, Bandwurm* - gintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze' - bärwurm 'Spulwurm' - lüssuht 'das Verlaustsein, Läusekrankheit' - nesso *Wurm, Krankheitserreger' - spuohvurm 'Spulwurm' - swineslüs 'Schweinefinne (als Parasit)' - toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' - touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) - ulwurm 'Eingeweidewurm'. Q. Tuberkulose 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) dumpfe 'Schwindsucht' - swtnsuht 'Schwindsucht'. R. Wassersucht 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (5) swambag 'aufgedunsen' (?) - watgarkalb Wassersucht' - wa^arsioh 'wassersüchtig' - wa^arsuht *Wassersucht' - wazgarsubtig 'wassersüchtig'. S. Krampf 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) krampf'Ktampi, Gicht, Katarrh* (?). 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (4) kramme 'Krampf - krampfo 'Klaue, Haken, Krampf - ramme 'Krampf - ψckön 'sich verkrampfen*. T. Schlaflosigkeit 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0)

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3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (4) släßösi 'Schlaflosigkeit' - släflös 'schlaflos' - unsläfan 'schlaflos' - unslafigi 'Schlaflosigkeit'. U. Schlafsucht 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) twalm 'Schlafkrankheit'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (3) muotsuht 'Schlafsucht' - släfsuht 'Schlafsucht' - twälsuht "Lethargie, Schlafkrankheit' V. Sonstige 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) slim 'Schleim'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) ir-touben 'betäuben'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) emisgtg 'chronisch' — gallenfoll 'voll von schwarzer Galle, reizbar' — gallin 'voll von schwarzer Galle, reizbar' - kntinswero 'Seitenstechen' — ätisuht 'Seitenstechen' — stehhado 'Seitenstechen' - mgenistig 'unheilbar' — unheilida Unheil, Unglück' — unheillih 'unheilbar' - wintrunkal 'trunksüchtig'. W.Tod 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) tewen, touwen 'im Sterben liegend' — töd T o d ' - tot 'tot, gestorben'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (15) awetf 'Fehlgeburt' - ferchwunt 'tödlich verwundet' - firweif 'Fehlgeburt' - firworf 'Fehlgeburt' - fruowerf 'Frühgeburt' - hinaijohan 'im Sterben liegen' - tawalön 'todkrank sein, im Sterben liegen' - töden 'sterben' - tötgiboran 'totgeboren' - todhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen' - AMW^TodesschlaF - tötheit 'Sterblichkeit' - tot houpit 'Tod' - /«//Tod, Sterben' - »n»w/'*Fehlgeburt, Kehricht'.

Krankheitsbezeichnungen

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2.4.1 Die Auswertung Die Gliederung der Lexeme nach Alter und Herkunft gibt ein im Vergleich zu den althochdeutschen Körperteilbezeichnungen gänzlich anderes Bild. Nur 15 Krankheitsbezeichnungen sind altererbt und reichen bis in die indoeuropäische Zeit zurück: ahd. bkinp, büla, ei% g l , gunt, hölä, huosto, lallön, riob, rito, stob, slim, swer, toi und toub. Dabei handelt es sich meist um Verwendungsweisen mit sehr allgemeiner Bedeutung, wie blei^a "blauer Fleck', büla "Beule", ei\ 'Geschwulst' oder wie bei sioh um das althochdeutsche Leitwort für 'krank' selbst. Nur gelegentlich, etwa bei hölä "Leistenbruch' (aus 'Geschwulst") oder swer 'Geschwür' (aus "Wunde") ist im Althochdeutschen eine etwas stärker eingegrenzte Bedeutung aus einer älteren allgemeinen hervorgegangen. Nur sieben dieser altererbten Lexeme {büla, huosto, lallön, sioh, slim, toi und toub) haben bis in die neuhochdeutsche Zeit überdauert. Auch wenn man davon ausgeht, dass in Einzelfällen vergleichbare Bildungen in anderen Einzelsprachen nur zufällig nicht überliefert sind, so ändert dies doch nichts Grundsätzliches an diesem eindeutigen Befund. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen sind fast ausnahmslos nicht alt, sie wurden erst in germanischer und vor allem althochdeutscher Zeit neu gebildet. Einen den Körperteilbezeichnungen vergleichbaren größeren Kernbestand und eine Kontinuität der schrittweisen Wissensaneignung in der Volkssprache gibt es hier nicht. Krankheiten wurden in älterer Zeit, etwa aus Gründen des Sprachtabus, in Folge einer veränderten Wahrnehmung, oder schlichtweg aus mangelnder Kenntnis, entweder gar nicht bezeichnet oder die Bezeichnung geschah unter Umständen auf eine Weise, die in christlicher Zeit nicht mehr akzeptabel erschien. Alle Sachbereiche sind durch im Althochdeutschen erstmals bezeugte Lexeme geprägt, sie sind größtenteils als Neubildungen anzusehen. Von diesen 566 erstmals bezeugten Verwendungsweisen haben nur 60 eine Fortsetzung in neuhochdeutscher Zeit gefunden. Dies entspricht einem Anteil von 10,7%. Allerdings sind nicht wenige dieser Lexeme heute, wie etwas ιvewo : Weh oder unheil: Unheil, nur noch eingeschränkt (etwa in Kopfweh, Zahnweh) oder gar nicht mehr in medizinischen Kontexten verwendbar. Der größte Teil der länger haltbaren Verwendungsweisen stammt aus dem insgesamt umfangreichsten Bereich von Wahnsinn und Besessenheit (12). Hier ist die Zahl der heute noch alltagssprachlich gebrauchten Bezeichnungen wie hirnwütig (hirnwuotig), Narrheit (narraheit) oder Tobsucht (itobasuhi) besonders hoch. Letztlich bestätigt aber auch dieser Befund, dass die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen mehrheitlich nicht bis in die Neuzeit überdauert haben.

Die Auswertung des Wörterbuchs

418

2.5 Morphologische und semantische Analysen 2.5.1 Morphologie Unter dem Stichwort „Morphologie" soll auch für die Krankheitsbezeichnungen ein kurzer Blick auf ihre Wortbildung geworfen werden. Das Corpus enthält: -

auf der Ebene des Althochdeutschen nicht weiter analysierbare SlMPLIZIA

-

d a r u n t e r m o r p h o l o g i s c h i n t e g r i e r t e ENTLEHNUNGEN

-

ÄLTERE SUFFIXBILDUNGEN

(14)

mit im Althochdeutschen

unproduktiven Suffixen -

(141)

JÜNGERE SUFFIXBILDUNGEN

(24) mit im Althochdeutschen

produktiven Suffixen

(268)

- d a r u n t e r FLEXIONSMORPHEME

(123)

- DARUNTER DERIVATIONSMORPHEME

(145)

-

PRÄFIXBILDUNGEN

-

KOMPOSITA

(64)

-

IMPLIZITE ABLEITUNGEN

(7)

-

KONVERSIONEN

(5)

-

SYNTAGMEN

(3)

-

ZUSAMMENRÜCKUNGEN

(1)

(137)

Anders als im anatomischen Bereich vollzieht sich der Ausbau des Wortschatzes hier vor allem durch Suffixbildungen. Kennzeichnend für die gänzlich andere Struktur des Paradigmas ist auch, dass neben den bei den Körperteilbezeichnungen allein dominierenden Substantiva nun auch Adjektiva und Verba eine Rolle spielen. Besonders im Feld von „Wahnsinn und Besessenheit" sind Adjektive zur Beschreibung einer Verhaltensweise häufig. Adjektive erscheinen unter den Simplizia, den Komposita und den Suffixbildungen gleichermaßen. Die Simplizia gehören in der Regel zum ältesten Bestand der Krankheitsbezeichnungen. 15 reichen in die indoeuropäische Zeit zurück, bei weiteren 14 handelt es sich um morphologisch integrierte Endehnungen: fiebar, gil, gutta, gutter, kancer, malates, misal\ nesso, p f i f f i g pina, siura, soto, strength, swam. Ihre Zahl ist, wie bei den Körperteilbezeichnungen, überraschend gering. Die Komposita sind auch im Feld der Krankheitsbezeichnungen häufig vertreten, aber sie dominieren es nicht. 58 Lexeme enthalten eine Bezeichnung für den betroffenen Körperteil, teils als Bestimmungswort (Typ vpndwurvi), teils als Grundwort (Typ jlie^ougt). 63 Lexeme enthalten als Grund- oder Bestimmungswort selbst eine Krankheitsbezeichnung (Typ eitarflecko\ ubi/biätera). Eine spezielle Krankheitsbezeichnung kann dann als voll etabliert gelten, wenn sie als Spezifi-

Kxankheitsbezeichnungen

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zierung in Verbindung mit einer allgemeinen Bezeichnung wie suht oder suhtig erscheint, so misal in misalsuht oder riob inriobsuhtig.In der Mehrzahl der Fälle werden jedoch eine Körperteilbezeichnung und eine Krankheitsbezeichnung miteinander kombiniert (Typ beinrenki, blehanougi). Besonders zu beachten sind Komposita mit einer Krankheitsbezeichnung im Grundwort und einer Bestimmung des Krankheitssymptoms im Bestimmungswort, so in gebgunt, gelosuht (zu gel 'gelb"), släfsuht, wtngprsioh oder watgarsuht. Den Komposita auf -suht und -stob entsprechen im Bereich von „Wahnsinn und Besessenheit" Bildungen auf -muot wie in tumbmuoti. Die Bezeichnung eines Symptoms wie der Gelbfärbung der Haut, der wässrigen Aufschwellung des Leibes oder der chronischen Schläfrigkeit markiert in diesem Bereich einen ersten Schritt auf dem Weg der Terminologiebildung. Das gilt ebenso für Komposita, die über das beobachtbare Symptom hinaus bereits Hinweise auf die angenommene Krankheitsursache enthalten: so die Komposita auf -wurm, -mado und lüs-. Die Zahl der Komposita, die weder einen Körperteil, noch eine selbständig gebräuchliche Krankheitsbezeichnung, noch die Bezeichnung eines Krankheitsverursachers enthalten, sondern erst in der Kombination den Bezug zu einer Erkrankung herstellen, sind dagegen verschwindend gering. Als Beispiele können avurstur^ (als Lehnbildung), brunnihisga, lohafiur und vielleicht angse^pp gelten. Sie sind an Symptomen orientiert und liefern eine Deutung der Krankheit mit. Im Althochdeutschen ist dieser Typ noch nicht ausgebaut. Die größte Gruppe unter den Krankheitsbezeichnungen stellen die Suffixbildungen. Zieht man hier die rein morphologisch motivierten Flexionsmorpheme (123) ab, so bleiben 145 jüngere Suffixbildungen, die sich auf 21 Suffixe verteilen. Nicht mitgerechnet werden hier die älteren Suffixbildungen mit im Althochdeutschen bereits unproduktiven Suffixen (20, Typ brunst, heisaf). Ihre Zahl ist weitaus geringer als unter den Körperteilbezeichnungen, weil nur wenige Krankheitsbezeichnungen überhaupt alt genug sind, um an voralthochdeutschen Wortbildungsprozessen teilgenommen haben zu können. Folgende Suffixe werden zur Krankheitsbezeichnung verwendet: -tgl-ag. (36) anebengg, ämugig, einhenttg, eiterig, emesgtg, ßrgihtig, gelosuhtig, guntig, her^suhtig, hirniwuotig, kümig, mänodwenttg, mänödwiliig, misalsubtig, muotsuhtig, rüdig, scebig, sce/mig, suhtig, suhtkomig, tebedig, tiufalsuhtig, tiufalmnnig, tobesuhtig, tobentig, tobig, tusig, unchreftig, unmahttg, unsinnig, warsgg, waigarsuhtig, wehersjg, wuottgj rosgag, swambag. -eht/-oht/(-loht)·. (14) giloht, grintoht, bofaroht(i), hoggaroht, höloht, kelahoht, masaloht, masaroht, misaloht, scaboht, scuboht, wartyht / velkht / bructolehter (?). -adol-idtr. (15) bronado, lebado, magabiigado, nagado, scabado, stehbado, swerado/ brunnido,juckido, kläwido, magabiigido, swilido (?), unwilUdo, wilUdo, rvullido.

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D'e Ausweitung des Wörterbuchs

-mga. (12) dempfunga, ftrsmelqmga, heisarunga, heisunga, rihunga, swintilunga, tarunga, tobeigunga, tobunga, mrgunga, wullmga, motunga. -ida. (11) biwollida, dempfida, jülida, gthelt-ida, hefyda, irspemda, juckida, cümida, unheilida, ursinnida, wullida. -lös·. (11) äwi^lös, handelös, hodalös, nasalös, örlös, ougelös, sinnelös, släflös, sprähhatös, Zandlös, yungelös. -heit. (9) affenheit, narnheit, nehhnt, siehhelheit, tobaheit, tötheit, tüfarheit, unsinnecheit, ursinnigheit. -lth(ho)\ (6) bihahsantlihho, eitarlih, kberlih, tüfarlih, tumblih, unbeilth. -öd. (6) äwis^öd, lallöd, spiwöd, stammalöd, swintilöd, wullöd. -I-öm (5) siehhelön, stamma/ön, swintilön, tawalön, vgrkalön (?). -äri: (4) lispäri, stammalän, tobäri, unheiläri. -asgenf-iigen·. (3) blunkasgen, kollagen,

tumbisgen.

-07s48: (3) firgihtigöt, gigihtigöt, uncnftigöt. -nissi·. (2) tumbnissi, wuotnissi. -nusnda. (1) biwollanusnda. -.saP(1)

wertisal.

-tuorrr. (1) jiehtuom. -äta. (1) snuderäta. -haft. (1) tödhaft. -isc. (1) tulisc. -lim (1) kropfilin. Analog zur Terminologiebildung in der lateinischen medizinischen Fachsprache des frühen Mittelalters550 versuchen auch die Schreiber des Althochdeutschen durch Suffixbildungen zur Präzisierung des Gemeinten vorzudringen. Auch wenn dies in quantitativer Hinsicht noch wenig ins Gewicht fällt, so haben sich im Althochdeutschen in Ansätzen doch bereits die selben Prozesse vollzogen, die zuvor 548 SAW. 2 nicht in der Liste der althochdeutschen Suffixe. Siehe aber R. BERGMANN, Rückläufiges morphologisches Wörterbuch, S. 358. 549 SAW. 2 nicht in der Liste der althochdeutschen Suffixe. Siehe aber R. BERGMANN, Rückläufiges morphologisches Wörterbuch, S. 283. 550 Siehe dazu in Kapitel II. 2.2.

Krankheitsbezeichnungen

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im Lateinischen zu einer abstrakten medizinischen Beschreibungssprache gefuhrt haben. Diese Fähigkeit zur Abstraktion spiegelt sich in Suffixbildungen, die beispielsweise einen Zustand + -heit oder einen Zustand + -unga in den Rang einer medizinischen Fachbezeichnung erheben. Als sehr geeignet zur Beschreibung von Krankheitsbildern erwies sich weiter die Kombination von Adjektiv + -ig als „x sein" und Symptom + -eht/-oht als „mit χ versehen sein".551 Besondere Aufmerksamkeit beanspruchen darüber hinaus die Bildungen mit dem Suffix -ado/-ido. Dieses Suffix ist auffällig häufig zur Bezeichnung von Krankheitszuständen gebraucht worden. Insgesamt sind im Althochdeutschen 22 Bildungen mit dem Suffix -ado/ -ido bezeugt. Davon zu -ado: anado *Neid, Nacheiferung, Eifersucht', bronado, holado 'Höhlung' (?), 'Pfuhl der Hölle', Ubado, magabi^ado, nagado, scabado, stehhado, swerado, wagado Taumel'; zu -idtr. brunnido,fülido 'Verfaultes, Fäulnis', irrido 'Ärgernis, Hindernis, Sünde, Irrtum', juckido, kläwido, magabiigido, scebido, swebido 'Schlaf, swilido (?), unmllido, wilUdo, wulUdo. Mit beiden Suffixvatianten gebildet werden scabado/ scebido sowie magabisgado/ magabisgido. In seinem Verzeichnis der althochdeutschen Suffixbildungen fuhrt J. Splett unter -ido (SAW. 2) darüber hinaus noch leitido 'Führer, Geleit', werido 'Insel' sowie sewido (?) 'Gewässer' auf, doch handelt es sich bei leitido und werido nur um schwache Maskulina neben ahd. leitid stM. 'Führer' und tuend stM. 'Insel', nicht aber um Bildungen mit dem Suffix -ido. Statt sewido swM. (?) ist mit StWG. 518 wohl sewida stF. (?) anzusetzen. Doch auch bei den übrigen -adol -/^-Bildungen handelt es sich nicht nur um Krankheitsbezeichnungen. Nicht im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" enthalten sind: anado 'Neid, Nacheiferung, Eifersucht', holado 'Höhlung' (?), "Pfuhl der Hölle', fülido *Verfaultes, Fäulnis', irrido 'Ärgernis, Hindernis, Sünde, Irrtum' und swebido 'Schlaf. Die fünf Substantive können als sekundäre Maskulina neben starken Feminina wie fülida und irrida stehen und daher nachträglich entstanden sein. Da sie sich aber bis auf swebido semantisch nahe stehen, ist es ebenso denkbar, dass das Suffix zunächst etwas umfassender zu einer allgemeinen Bezeichnung negativer Zustände herangezogen wurde. Ahd. swebido wäre dann zumindest von seiner systematischen Bedeutung her nicht primär als 'Schlaf, sondern wie auch von den verwandten Bildungen swebben 'einschläfern' und swebal 'Schwefel' nahegelegt, als "Betäubung' aufzufassen. Bereits im Verlauf der althochdeutschen Zeit ist das Suffix dann zur Bezeichnung von Krankheitszuständen produktiv geworden, zahlreiche Einträge in Max Höflers „Deutschem Krankheitsnamen-Buch" zeigen, dass es sich im Frühneuhochdeutschen und älterem Neuhochdeutschen weiter ausgebreitet hat. Es gibt daher ein gutes Beispiel für den semantischen Wert einzelner Suffixe in althochdeutscher Zeit.

551 Siehe auch für den Sprachgebrauch HILDEGARD: VON BINGEN R. HILDEBRANDT, Die Adjektive auf -echt.

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Die Auswertung des Wörterbuchs

2.5.2 Semantik Die Überlieferungslage und der Stand des medizinischen Wissens im europäischen Frühmittelalter haben zur Folge, dass nur ein Teil der in der Nosologie möglichen Gegenstandsbereiche durch onomasiologische Felder in der Volkssprache besetzt ist. Des weiteren sind diese Felder, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur bruchstückhaft gefüllt. Der fragmentarische Charakter der verschrifteten volkssprachigen Bezeichnungen aus dem hier errichteten Krankheits-Frame legt es daher nahe, die Felder nicht isoliert, sondern den Wortschatz im Zusammenhang zu behandeln. Da es sich bei den Krankheitsbezeichnungen im Gegensatz zu den Körperteilbezeichnungen um eine offene Menge handelt, in der es in althochdeutscher Zeit vermutlich mehr Lücken als spezifische Lexeme gibt, können über die Sammlung und Auflistung der Lexeme hinaus für die meisten Felder kaum weiterführende Aussagen getroffen werden. Auf eine vollständige Beschreibung aller Felder wird daher verzichtet. Nur die bereits in althochdeutscher Zeit reich bestückten Felder „Erkrankungen der Haut" und „Erkrankungen der Augen" sowie die „Bezeichnungen von Wahnsinn und Besessenheit" bieten eine ausreichende Datenmenge für eine Mikroanalyse. Im Zusammenhang dieser Untersuchung zur Genese der medizinischen Fachsprache im Deutschen werden die Felder „Erkrankungen der Haut" und „Erkrankungen der Augen" stellvertretend für den gesamten Wortbestand abschließend etwas genauer untersucht. Der Wortschatz im Umkreis von Wahnsinn und Besessenheit bedarf hingegen einer gesonderten Untersuchung im Rahmen der Genese des psychiatrischen Fachwortschatzes. Da unklar ist, ob in frühmittelalterlichem Verständnis bei den mit „Wahnsinn" oder „Besessenheit" bezeichneten Zuständen überhaupt von einer Krankheit im herkömmlichen Sinne gesprochen werden kann,552 eignet sich dieses Feld für eine repräsentative Untersuchung zum heilkundlichen Wortschatz nicht. Am Beginn des Abschnitts steht eine Übersicht über charakteristische Merkmale des gesamten Feldes. Die Bezeichnungen für den kranken Menschen sind meist explizit auf eine spezifische Form der Erkrankung gerichtet, etwa kruppel für eine verwachsene, lahme Person oder üipasgp für einen Aussätzigen. Es überwiegen allerdings Bezeichnungen für psychisch Kranke oder zumindest von der Norm abweichende Verhaltensformen: etwa bihafter 'Wahnsinniger', seivamr TDummkopf, Schwachsinniger' oder tobäri Tobender, Wahnsinniger'. Die Grenze zwischen einem als „krank" empfundenen Verhalten und einer tolerierbaren Nonnabweichung ist stets, in historischer Perspektive aber besonders schwer zu ziehen. Dies gilt ebenso für tispäri 'Lispler' und stamaläri 'Stammler'. In einem allgemeinen Sinne erscheinen als Bezeichnung für den kranken Menschen nur zwei Substantivbildungen zum Adjektiv siot. sioh und siohher 'der Kranke'. In

552 Siehe dazu H. SCHIPPERGES, Melancolia, S. 734.

Krankheitsbezeichnungen

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einigen Kontexten ist auch bettiriso in dieser Verwendung bezeugt. Das Feld entspricht damit aber im Kern durchaus dem, was auch in der Gegenwartssprache anzutreffen ist. Abgesehen vom Substantiv Kranker, Erkrankter bietet auch die heutige medizinische Alltagssprache, abgesehen von der jüngeren Endehnung Patient, keine weiteren Bezeichnungen. Den allgemeinen Bezeichnungen für den kranken Menschen stehen die allgemeinen Bezeichnungen fur Krankheit, Schmerz, Schwäche und Schwindel gegenüber. Mit fast 100 Lexemen gehört dieses Feld zu den größten des Bereiches. Hier kommt zum Ausdruck, dass für viele Erkrankungen in der Volkssprache noch keine spezielle Begrifflichkeit zur Verfügung steht. Eine allgemeine Klassifizierung als „Krankheit" muss daher in vielen Fällen genügen. Es erscheinen vor allem siuhht, suht und swero. Auffällig wird dies besonders am Beispiel der Bezeichnungen für Seuchen, die sich heute leicht aus dem Feld der allgemeinen Krankheitsbezeichnungen ausgliedern lassen. In althochdeutscher Zeit ist für balo und suht aber sowohl die Bedeutung 'Krankheit', als auch die Bedeutung 'Seuche' bezeugt, vermittelt wohl über eine Bedeutung 'ansteckende Krankheit' wie bei sterbo. Nur für die deutlich durch Veränderungen der Hautoberfläche sichtbaren Formen des Aussatzes lassen sich früh eigenständige Bezeichnungen nachweisen, die aus der allgemeinen Kennzeichnung als „krank" herausfallen. An Adjektiven zur allgemeinen Kennzeichnung eines Krankheitszustandes begegnen: guntig, krank, kümtg, sieh, suhtig, ubil, unfertig, ungan\j unheil, unmahtig, wanaheil(i) und weih. Ahd. bösi gehört dem Feld im Gegensatz zu mhd. boese nicht an. Es drückt die Nichtigkeit einer Sache oder Person aus, in verschiedenen Verwendungen bringt es ethisch Verwerfliches und den Mangel vor allem an moralischer Kraft zum Ausdruck (KFW. l,1270f.). Im Althochdeutschen häufig gebraucht werden dagegen kümtg, sioh, suhtig, wanaheil und weih. Altererbt ist einzig sieh, es ist als germ. *seuka- die gemeingermanische Bezeichnung fur „krank". Der Schwerpunkt der Bedeutung liegt auf der Hervorhebung eines anhaltenden, chronischen Krankseins, das als Zustand der Schwäche gedeutet wird. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Zustand als Folge einer inneren Erkrankung oder einer äußeren Verletzung hervorgerufen wird. Ahd. kümtg bezieht sich ebenfalls auf einen Zustand der Schwäche und kann etwa bei OTFR1D (Lazarus dergüato uuard kümigfilu dräto) und als Glosse zu lat. aeger als 'krank, physisch unwohl' übersetzt werden. Das Wort stammt aber als Ableitung vom Verbum ahd. kümen *(be)klagen' (vgl. as. kumian 'trauern, klagen") aus der Sphäre psychischer Schwäche. Der NOTKER-Beleg (So min geist chümtg uutrdei) zeigt, dass diese Bedeutung auch im Althochdeutschen noch lebendig ist. Ahd. wanaheil als durchsichtige Bildung mit dem Präfixoid wan- (zu wan 'mangelnd, fehlend") und heil 'gesund' erscheint demgegenüber vor allem als Glosse zu lat. mancus 'verstümmelt, verkrüppelt' und bringt das Fehlen von Unversehrtheit zum Ausdruck. So treten Bedeutungen wie 'gebrechlich, lahm' hinzu, der Schwerpunkt liegt also auf der Bezeichnung äußerer Verletzungen. Ahd. weih bedeutet dagegen vor allem 'weich, mild, schwach' und ist nur mit einem kleineren Teil seiner Ver-

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Die Auswertung des Wörterbuchs

wendungsweisen als 'kränklich, schwächlich' auf das Feld der Krankheitsbezeichnungen bezogen. Von größerer Wichtigkeit fur die Entwicklung des gesamten Feldes ist das Adjektiv suhttg. Hier deutet sich die Ausdehnung der Bedeutung auf ansteckende Krankheiten an, die schließlich auf sioh übergreift und in mittelhochdeutscher Zeit zu Verschiebungen innerhalb des gesamten Feldes fuhrt.553 Ahd. suhttg erscheint im TATIAN in der Bedeutung 'räudig' und ist vor allem im Kompositum riobsuhtig leprosus' eindeutig auf den Aussatz bezogen. Da das Substantiv suht in Ermangelung einer spezifischen Bezeichnung schon früh auch für morbus elephantine, pestilentia und pestis gebraucht wurde, war es naheliegend, dass auch das Adjektiv suhttg diese besonderen Formen der Krankheit bezeichnen konnte. Von hier aus wurde die Bedeutung 'räudig, aussätzig' dann auf das lautlich nahe stehende Adjektiv sioh übertragen, das als Bezeichnung für chronische Erkrankungen dafür auch semantisch gut geeignet war. Ahd. suhttg ist dann ganz mit sioh zusammengefallen, nach dem 10. Jahrhundert ist es nicht mehr bezeugt. Mhd. siihtec 'krank, krankhaft' ist daher mit größter Wahrscheinlichkeit eine Neubildung aus mhd. suht. Die Bedeutungsverschiebung bei äoh hat in mittelhochdeutscher Zeit dazu geführt, dass kein Lexem mehr vorhanden war, das „krank" ausschließlich im Sinne einer inneren Erkrankung bezeichnen konnte. In diese Lücke stößt mhd. krank, das zunächst 'schwach' im Sinne von 'krafdos, leibesschwach' bedeutet.554 Im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" erscheint krank erst ein einziges Mal als Übersetzung von lat. debilis aus einem Glossar des 13. Jahrhunderts. Es gehört daher offensichtlich schon ganz in die mittelhochdeutsche Zeit. Keines der schon in althochdeutscher Zeit bezeugten Lexeme konnte sonst in diese Lücke hineinwachsen. Die Dominanz von ahd. sioh als allgemeiner Bezeichnung war zunächst so stark, dass sich unheil 'krank, wahnsinnig', ungan\ trank, unheilvoll' und ubi! 'krank, böse' bereits in eine je andere Richtung fortentwickelt hatten. Am ehesten noch hätte ahd. unmahtig 'schwach, krafdos, unfähig, krank' diese Lücke schließen können, doch hatte das zu Grunde liegende Substantiv ahd. unmaht, ausgehend von der Bedeutung 'Krankheit, Schwäche', inzwischen seine Bedeutung soweit zu Ohnmacht' verengt, dass auch das lautlich nahe stehende Adjektiv nicht mehr in der Lage war, als Sammelbezeichnung für „krank" aufzutreten. Nach diesem Überblick über die allgemeinen Krankheitsbezeichnungen des Althochdeutschen werden nun die Bezeichnungen für die verschiedenen Krankheitsbilder betrachtet. Vergleichsweise gut ausgebaut ist der Wortschatz für äußere Verletzungen und Missbildungen. Wie im Bereich der Körperteilbezeichnungen sind äußerlich sichtbare Partien des Körpers stärker differenziert worden. Zu unterscheiden sind: „Wunden und Narben", „Missbildungen" und „Lähmungen". Im Bereich der „Wunden und Narben" steht mit blei^a eines der 553 Siehe dazu E. KOLLER, Historische Verschiebungen; G. FRITZ, Historische Semantik, S. 88, H. H E N N E , Semantik, S. 1 8 1 - 1 8 6 . 554 E. KOLLER, Historische Verschiebungen, S. 227.

Krankheitsbezeichnungen

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wenigen altererbten Lexeme. Es bringt in einem allgemeinen Sinn die Verfärbung der Haut nach einer Schlag- oder Stoßverletzung zum Ausdruck. Zwei jüngere, erst althochdeutsch bezeugte Lexeme bezeichnen dann speziell die verheilte Wunde mit den stehen gebliebenen Narben und Wundmalen, wobei die Lehnbildung anamäk vor allem in religiösem Zusammenhang (die Wundmale Christi) verwendet wird, mäsa dagegen konkreter medizinisch die „gemaserte" Textur der Haut nach der Vemarbung in den Blick nimmt. Für die Blaufärbung einer frischen Stoßwunde stehen die Gruppe um hilouga, Ithloa, seltener auch freti und blei^a selbst. Ahd. Ten betont demgegenüber die blutig verkrustete Haut an einer frischen Narbe. Eine neue, kommunikativ langfristig erfolgreichere Neubildung als Oberbegriff ist ivuntmäli (nhd. Wundmai), doch ist das Substantiv im Althochdeutschen nur einmal in einem Glossar des 11. Jahrhunderts bezeugt. Aus der Gruppe der Bezeichnungen für offene Wunden ist tok gelegentlich auch in den Bereich der Wundmale übergetreten. Es kann also für eine (offene) Schlagwunde, aber auch für die Blaufärbung nach einer äußeren Verletzung der Haut verwendet werden. Für offene Wunden dominiert unangefochten ahd. ιvunta, nur am Rande seien obd. tarunga, tara erwähnt, die in der Bedeutung "Verletzung' ebenfalls in diesem Bereich verwendet werden. Eine ansatzweise Differenzierung des Feldes ergibt sich durch ahd. snit für Schnittwunden und tok für Schlagwunden. Für eine Schramme, vielleicht bezogen auf Peitschenhiebe, erscheint darüber hinaus einmal swacca. Im Bereich der „Missbildungen" konnten 12 Lexeme ermittelt werden, häufig bezeugt sind hofar 'Schwellung, Buckel, Beule' und das davon abgeleitete Adjektiv hofaroht(i). Allerdings ist meist nicht genau zu entscheiden, wann die Bedeutung "Buckel' für eine „Missbildung" und wann die Bedeutung 'Schwellung, Beule' für einen vorübergehenden Krankheitszustand vorliegt. Stärker, mit 35 Lexemen, ist der Bereich der „Lähmung" ausgebildet. Hier dominieren die Angehörigen der Wortfamilien um die Adjektive hah^ und lam sowie gibt mit seinen Varianten, das zunächst eine allgemeine Bezeichnung für Körperlähmungen war.555 Als allgemeine Sammelbezeichnung für Lähmungen an die Gliedern steht daneben noch lidusubt.iS6 Spezifische Bezeichnungen sind dagegen lancsucht (zu gi-lanco, lancha) 'Gelenkrheumatismus' (?), das allerdings schon früh umgedeutet wurde und mhd. als lantsucht fortlebt, sowie vor allem hantsuht und fuosguht, die als Lehnbildungen nach griech. lat. chiragra, podagra Beispiele für den Versuch einer fachsprachlichen Terminologiebildung sind. Beide Bezeichnungen sind bis weit in die frühneuhochdeutsche Zeit geläufig, haben sich also gegenüber den einheimischen Bildungen mit hal·^ und lam weitgehend durchgesetzt. Vergleichsweise gut ausgebildet ist auch der Wortschatz für äußerlich sichtbare Schwellungen und Geschwulste, der von den Bezeichnungen für die eben-

555 Man vergleiche M. HEYNE, Körperpflege, S. 124f. Siehe auch P. LESSIAK, Gicht. 556 Man vergleiche M. HEYNE, Körperpflege, S. 123.

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Die Auswertung des Wörterbuchs

falls äußerlich sichtbaren Erkrankungen der Haut, etwa Geschwüre und Schorf, Grind und Aussatz, Eiter und Fäule sowie Warzen und Schwielen, abgegrenzt wird. Einige Bezeichnungen lassen sich bestimmten Körperregionen oder Körperteilen zuweisen, etwa gebalsceint 'Abschürfung der Kopfhaut', gulla 'Kopfausschlag' oder kelah 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst', so dass sich zusammen mit Bezeichnungen für einige typische lokale Erkrankungen wie Zahnschmerzen, Husten oder Taubheit auch eine Einteilung nach den Körperregionen analog zur Gliederung a capite ad calcem bei den Körperteilbezeichnungen vornehmen ließe. Die einzelnen Felder sind aber, abgesehen vom Bereich der Augen, meist nur dünn besetzt und geben wenig Anhaltspunkte für eine semantische Mikroanalyse. Noch stärker gilt dies für die Bezeichnung der inneren Organe. Zu unterscheiden sind Erkrankungen für „Herz und Leber", für den Magen-Darmtrakt und im weitesten Sinne für den Unterleib. Im Bereich von Herz, Leber, Magen und Darm dominieren durchsichtige Komposita auf -suht (bluotsuht, ü^suht zu dysenterict, hersguht zu cardio) sowie Suffixbildungen auf -ado/-ido (magabitgado/ magabitgido, ttagado). Beides zusammen genommen macht sich eine Tendenz zur Terminologisierung auch hier bemerkbar. Es werden dann noch einige markante Krankheitsbilder bezeichnet: Krampfadem, Parasitenbefall, Tuberkulose, Wassersucht, Krampfzustände, Schlaflosigkeit und Schlafsucht, doch ist hier in der Regel das Archilexem selbst, gegebenenfalls ergänzt durch Varianten und Adjektivableitungen, der einzige Vertreter im Feld. Eine viel größere Rolle als die Beschreibung einzelner physischer Erkrankungen spielt die Bezeichnung psychischer Anomalien. Vor allem die Bibel bietet zahlreiche einschlägige Zusammenhänge. Von den psychischen Anomalien abzugrenzen sind einige Bezeichnungen für Sprachstörungen, wenngleich diese nicht selten gerade in Verbindung mit der Beschreibung von Wahnsinn und Besessenheit auftreten. Auffällig wird hier, dass fast alle Bezeichnungen mit einer oder mehreren Liquida gebildet wurden: lallön, kfsmammalön, lispen, stomal\ stamalön und Ableitungen. Eine Auswahl (früh-)neuhochdeutscher Verben des Feldes bietet M. Höfler (S. 373): lallen, lispeln, latschen, lorpsen, lurken, lirken, lurtsehen. Man wird hier von Lautbedeutsamkeit sprechen dürfen. Abschließend sollen nun die beiden umfänglicheren Felder, die Bezeichnungen für Hauterkrankungen und die Bezeichnungen für Augenerkrankungen etwas genauer betrachtet werden. Erkrankungen der Augen gehören in biblischer Zeit, wie auch im frühen Mittelalter, zu den häufigsten Krankheiten.557 Im Vergleich mit den Feldern für Erkrankungen der übrigen Sinnesorgane erhalten wir ein gut besetztes und relativ genau differenziertes Bild. Wie schon das Feld der allgemeinen, unspezifischen Krankheitsbezeichnungen ist auch der Bereich der Erkrankungen des Auges geprägt durch zahlreiche Adjektive. Erstmals begegnen darüber hinaus in nennens-

557 Man vergleiche ebd., S. 138f.

Krankheitsbezeichnungen

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werter Zahl auch Verben. Es können hier also drei verschiedene gut gefüllte onomasiologische Paradigmen eröffnet werden: 1. Adjektive (18): bleban (?) 'triefaugig', blehanougi 'triefäugig', blint 'blind, verblendet, dunkel', büntboran 'blindgeboren', brehan 'entzündet, triefend (von den Augen)', brehanbräwi 'triefaugig', einougi 'einäugig; triefäugig' Q)Jlievpugi (?) 'triefäugig', glesinougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?), ougelös 'ohne Augen, augenlos', regenblint 'blind', scelah 'schielend, scheel', scelahougi 'schielend, schieläugig', starablint 'stockblind, starblind', sürougi 'triefäugig, halbblind', iveihougi 'triefäugig', ^aharougi triefäugig', spranougi 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen'. 2.

Substantive (16): blebanougt 'Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star', blinti "Blindheit', brehanougt 'grüner Star', eitaiflecko (?) 'Gerstenkorn am Auge', fei 'Star', gilüh 'grauer Star', glasougi 'grauer Star, grüner Star' Q),grecko 'Schleim in den Augenwinkeln', hertbrät 'Gerstenkorn am Augenlid', ougafel 'grauer Star', ougflecko 'Glaukom; Hornhauttrübung', ougisal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom', ougstal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom', ougswero 'Augenentzündung', %aharougi 'Augenentzündung', %inco 'Hornhautfleck im Auge, Leukom'.

3. Verben (8): blehanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben', blinden 'erblinden', irblinden 'erblinden', blitihhen 'triefäugig sein', lühougön 'mit den Augen zucken', rinnentiu ougen 'triefäugig', sälihen 'schielen', tuncalen 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen'. Adjektive können einen Krankheitszustand bezeichnen ohne ihn begrifflich genau festlegen zu müssen. Sie erweisen sich in der Frühphase der Fachsprachlichkeit daher wegen ihrer relativen Offenheit als besonders gut geeignet, um ein breites Spektrum von Symptomen abzudecken. Am deutlichsten wird diese Funktion der Adjektive im Feld von „Wahnsinn und Besessenheit"558, aber auch hier ist das vergleichsweise große Paradigma ein deutliches Zeichen für ihre Rolle innerhalb der fachbezogenen Alltagssprache. Unter den häufig bezeugten Lexemen des Feldes dominieren die Adjektive unangefochten. Verben begünstigen ebenfalls das „Sprechen über" eine Krankheit, ohne sie genauer bezeichnen zu müssen. Thematisiert wird vor allem das Sprechen über das Erblinden und über das Schielen. Auch das Triefäugig-Sein wird durch eine Verbalbildung bzw. eine Partizipialkonstruktion ausgedrückt.

558 Der Vorrang der Adjektivbildungen zeigt sich exemplarisch in der Wortfamilie um ahd.

1

ιvana-

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Die Auswertung des Wörterbuchs

Für die fachsprachliche Entwicklung ist aber auch hier wieder die Gruppe der Substantive von größerem Interesse. Allerdings ist es selbst beim einzigen Substantiv aus der Gruppe der häufig bezeugten Bezeichnungen, bei ahd. ougisal, nicht genau festzustellen, welche Belege auf die Erkrankung von Pferden und welche auf die Erkrankung von Menschen zielen. In einem zweiten Schritt wird nun eine Gliederung der verschiedenen Bezeichnungstypen versucht. Sie geht aus von den im Kapitel II. 2.1. vorgestellten Typen der nosologischen Bezeichnungsmotive in der auf Galen zurückführenden Tradition. Im Althochdeutschen begegnet der Typ „Bezeichnung nach auffälligen Symptomen" der Typ „Metaphorische Bezeichnung nach der Ähnlichkeit mit äußeren Erscheinungen" und der Typ „Bezeichnung nach der angenommenen Krankheitsursache". Als vierter Typ kommen „Entlehnungen" hinzu. Typ 1 und 2 sind nur in sprachlicher, nicht aber in medizinischer Hinsicht zu unterscheiden. Im Feld der Augenerkrankungen dominiert unangefochten der Typ „Bezeichnung nach auffälligen Symptomen" (15): blehanougt Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star', blinti "Blindheit", brehanougt 'grüner Star', eitatßecko (?) 'Gerstenkorn am Auge',^/ 'Star', gilüh 'grauer Star', glasougi 'grauer Star, grüner Star' (?), bertbrät 'Gerstenkorn am Augenlid', ougafel 'grauer Star', ougßecko 'Glaukom; Hornhauttrübung', ougfsal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom', ougstal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom', ougswen 'Augenentzündung', iphamugi 'Augenentzündung', sjnco 'Hornhautfleck im Auge, Leukom'. Darunter befindet sich mit ahd. fei 'Star' eine „metaphorische Bezeichnung nach der Ähnlichkeit mit äußeren Erscheinungen". Kombiniert wird das Muster vielfach mit der Nennung des von der Krankheit betroffenen Körperteils. Unklar ist gpcko 'Schleim in den Augenwinkeln' und daher nicht sicher zuzuordnen. Für die übrigen Typen lassen sich keine Beispiele finden. Die angenommene Krankheitsursache gerät nicht ins Blickfeld. Die Bezeichnungsmotive bleiben auf der Ebene der Symptome. Dabei lassen sich zunächst sieben Krankheitsbilder unterscheiden, zu denen vier weitere Bereiche hinzutreten, die nur durch Adjektive oder Verben ausgefüllt sind. 1. Triefäugigkeit blehanougt Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star'. blehan (?) 'triefäugig', blehanougt 'triefäugig', brehan 'entzündet, triefend', brehanbräwi 'triefäugig', einougi 'einäugig; triefäugig' (?),ße^ougi (?) 'triefäugig', sürougi 'triefäugig, halbblind', weihoug 'triefäugig', vpharoug 'triefäugig'. bkhanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben', blitihhen 'triefäugig sein', rinnentiu ougen 'triefäugig'.

Krankheitsbezeichnungen

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2. Glaukome (Star) blehanougi 'Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star', brehanougi 'grüner Star',7W 'Star', glasougt 'grauer Star, grüner Star' (?), ougafel 'grauer Star', ougflecko 'Glaukom; Hornhauttrübung'. glestnougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?), starablint 'stockblind, starblind'. 3. Leukome ougflecko 'Glaukom; Hornhauttrübung', ougisal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom', ougstal 'Hornhautfleck im Auge, Leukom', sjnco 'Hornhautfleck im Auge, Leukom'. glestnougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?). 4. Entzündungen blehanougi 'Triefäugigkeit, Augenentzündung, grüner Star', ougswero 'Augenentzündung', 3aharougi 'Augenentzündung'. brehan 'entzündet, triefend (von den Augen)'. blehanougen 'triefäugig sein, entzündete Augen haben'. 5. Gerstenkorn eitaiflecko (?) 'Gerstenkorn am Auge', hertbrät 'Gerstenkorn am Augenlid'. 6. Schleimbildung grecko 'Schleim in den Augenwinkeln'. 7. Blindheit ^«//"Blindheit'. blint 'blind, verblendet, dunkel', blintboran 'blindgeboren', ougelös 'ohne Augen, augenlos', regenblint 'blind', starablint 'stockblind, starblind'. blinden 'erblinden', ir-btinden 'erblinden', tuncalen 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen'. Dazu kommt schließlich „Augenflimmern", „Augenzucken", „Schielen" und „Einäugigsein", zu deren Bezeichnung sich kein Substantiv belegen lässt. einougi 'einäugig; triefäugig' (?), scelah 'schielend, scheel', sce/ahougi 'schielend, schieläugig', yoranougi 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen'. lühougön 'mit den Augen zucken', scilihen 'schielen, Schielender'. Keine der Verwendungsweisen ist bereits für die indoeuropäische Zeit bezeugt. Immerhin 10 Bezeichnungen lassen sich aber zumindest für eine zweite altgermanische Einzelsprache nachweisen: blehanougi, bündin, ir-blinden, blint, blintboran, blinti, brehan, glestnougi, scelah, sürougi, Zpranougi.

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Die Auswertung des Wörterbuchs

Damit konnten die Krankheitsbereiche „Triefäugigkeit" (bUhanougi, brehan, glestnougi, sürougi), „Blindheit" (blinden, ir-bündin, bßnt, btintboran, blintt), „Augenentzündung" (brehan), „Glaukome" (gUsinougij, „Schielen" (seeiah) und „Augenflimmern" (xpranougi) früh zumindest schon ansatzweise abgebildet werden. Dennoch erforderte die im frühen Mittelalter hohe Zahl von Augenerkrankungen einen deutlich stärker differenzierten Wortschatz. Dies gilt besonders für die Triefäugigkeit. Wie gesehen, konkurrieren im Althochdeutschen 13 Bezeichnungen. Häufig bezeugt ist mit sürougf nur das einzige alte Lexem. Es erscheint in 14 über den ganzen Sprach- und Zeitraum verteilten Glossenbelegen und stellt sich zu germ. *süra- 'sauer, feucht'. Bezeichnet wird „das rinnende Auge" mit chronischem Bindehautkatarrh, dessen ätzendes Sekret wie Salzwasser schmeckt.559 Von mittlerer Häufigkeit treten dazu bkhanougf (Adj.) mit fünf Nachweisen und bkhanougt (Subst.), beide mit einem bair.-alem. Schwerpunkt. Das Adjektiv ist seit dem 10. Jahrhundert bezeugt. Beide Lexeme gehören wie das Verb bkhanougen (1 Beleg, 11. Jh., bair.) zu blehan, das selbst nur an einer Stelle, allerdings bereits im Alemannischen des 8./9. Jahrhunderts, überliefert ist. Die Wörter gehören, wie auch einmal bezeugtes brehan, zu einer Bedeutung 'Glanz, glänzen'. Zweimal belegt ist auch flte^ougi, jedoch erst im Alemannischen des 12. Jahrhunderts. Die übrigen Lexeme sind nur einmal bezeugt: blitihhen 'zucken, blinzeln' (9. Jh., südrheinfrk.), brehanbräm (9. Jh., bair.), weihougi (12. Jh., frk.) und rinnentiu ougen (13. Jh., obd.). Bei einougi als Glosse zu lippus 'triefäugig' neben sonst glossiertem luscus 'einäugig, halbblind' handelt es sich vielleicht um einen Übersetzungsfehler. Zur Bezeichnung der Triefäugigkeit lassen sich folglich mindestens acht verschiedene Morpheme isolieren (bleh-, blitih-, breh-, fliez-, rinn-, sür-, weih- und zahar-), die sich folgenden Motivgruppen zuordnen lassen: FEUCHT/FLIESSEN: fliez-, rinn-, sür-, zaharGLÄNZEN: bleh-, brehKRANK/SCHWACH: weihZUCKEN: blitihEs folgt nun abschließend die Behandlung der Bezeichnungen für Hauterkrankungen560. Als „Erkrankungen der Haut" werden hier alle äußerlich sichtbaren Beschädigungen und Verformungen des Hautbereichs verstanden. Es können, abgestuft nach der Gefährlichkeit der Erkrankung, fünf Krankheitsbilder unterschieden werden. Die Übergänge zwischen den beiden ersten Gruppen sind fließend. 1. Geschwüre 2. Schorf, Grind und Aussatz 3. Eiter und (Haut-)Fäule 559 Siehe M. HÖFLER, Krankheitsnamen-Buch, S. 22. 560 Man vergleiche M. HEYNE, Körperpflege, S. 132f.

Krankheitsbezeichnungen

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4. Warzen 5. Schwielen und Hühneraugen Im Zentrum des Interesses stehen die beiden ersten Gruppen, die mit 28 bzw. 66 Lexemen auch zahlenmäßig überwiegen. Geschwüre werden als Entzündungen der Haut mit örtlichem Substanzverlust definiert. Unter Schorf wird eine Wunddecke aus geronnenem Blut und Wundsekret verstanden, Grind steht für Schuppen· und Krustenbildung nach Entzündung und Verletzung speziell der Kopfhaut. Aussat% gilt heute als veraltete Bezeichnung für die Lepra, im Frühmittelalter umspannen die Bezeichnungen dieser Gruppe jedoch ein breiteres Spektrum von Hauterkrankungen, das im Extremfall die Lepra, aber auch vielfältige Hautschwellungen mit Schuppung, Hautverfärbung und warzenartigen Wucherungen enthalten kann. Als harmlosere Erkrankungen fallen unter den „Aussatz" noch die Räude, Krätze oder Skabies, eine durch Krätzmilben hervorgerufene Infektionskrankheit der Haut. Auch im Bereich der Hauterkrankungen treten neben die fast alle übrigen Felder dominierenden Substantive in nennenswerter Zahl Adjektive in Erscheinung. Aus dem Feld der Bezeichnungen für „Schorf, Grind und Aussatz" kann daher ein adjektivisches onomasiologischen Paradigma herausgelöst werden: bk^fih, velleht, gehsuhtig, grint, grintoht, hhanti, malates, misal, misaloht, misalsuhtig, riob, riobsuhtig, rüdig, scaboht, scebig, scuoboht, qttarohti. Den 17 Wörtern steht, mit Ausnahme der nur einmal belegten Entlehnung malates, jeweils ein Substantiv als Basis zur Seite, das selbst ebenfalls im Wortfeld bezeugt ist. Die Adjektive bezeichnen auch hier einen Krankheitszustand, ohne ihn begrifflich genau festzulegen. Das Leitwort dieses Paradigmas ist riob, es hat die höchste Gebrauchsfrequenz und reicht als einziges Adjektiv bis in die indoeuropäische Zeit zurück. Die übrigen Adjektive sind dagegen Neubildungen und seltener bezeugt. Das adjektivische Leitwort in mittelhochdeutscher Zeit, mhd. miselsühtic, das riob vollständig verdrängt, erscheint bezeichnenderweise einmal mehr zuerst im SUMMARIUM HEINRICI. Es werden nun die Substantive betrachtet, beginnend mit dem Feld „Schorf, Grind, Aussatz". Ausgangspunkt sind auch hier die verschiedenen Typen der galenischen nosologischen Bezeichnungsmotive. Unter den Hauterkrankungen begegnen „Bezeichnungen nach auffälligen Symptomen", „Metaphorische Bezeichnungen" und „Bezeichnungen nach der angenommenen Krankheitsursache". Als vierter Typ kommen „Endehnungen" hinzu. Bezeichnungen nach dem betroffenen Körperteil oder die Kombination aus Körperteil und Symptom sind nicht vorhanden. Zur „Bezeichnung nach auffälligen Symptomen" stellen sich (35): angpei\ "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür', angwei^a 'Hautausschlag, Bläschen', angwei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür',

Die Auswertung des Wörterbuchs

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bronado 'juckender Grind', brunnido 'Getreidebrand' (?), 'das brennende Jucken (der Haut)' (?), brunnihivga 'das brennende Jucken', brunst 'Hautentzündung',

feilen 'Kopfausschlag, Haarschuppen', fiur, ivilda^ftur, fkhtanta^fiur Wundrose, Antoniusfeuer', jkhtanta (?) 'Hautausschlag, Flechte, Wundrose' (?), gelosuht, gekwesuht 'Aussatz, Lepra', gisprinc 'Ausschlag, Pustel', grint 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)',^^«»//'das Jucken', juckido, juckida 'Krätze, Räude, Skabks'./w&iSgt 'das Jucken', kläwido 'Schorf, quedilla "Bläschen, Eiterpustel', lohafwr 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze', misalsuht 'Aussatz', rinda 'Schorf, riofa Test, Aussatz', riubi 'Räude, Ausschlag, Krätze', rüda 'Geschwür, Hautausschlag, Räude, Krätze', rüdi 'Räude, Krätze', rüdigi 'Räude, Krätze', rüdo 'Hautausschlag, Räude, Krätze', ruf 'Geschwür, Schorf, Grind, Ausschlag', scabado 'Räude, Krätze, Aussatz', scutf 'Schorf, Grind, Krätze', itysatgen suht 'Aussatz' mldfiur Wundrose', qtdruos 'Räude, Krätze', %ittarlüs "Räude, Krätze',

^tttaroh 'Räude'.

Als „metaphorische Bezeichnung" des auffälligen Symptoms können gelten (5): bläsa 'Pustel, Hautblase', blätara 'Hautbläschen, Blatter, Pustel, (kleines) Geschwür, Brandbläschen', boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule', figblätara 'Hämorrhoide, Feigblatterflehte 'Hautausschlag, Hechte'. Zur „Bezeichnung nach der angenommenen Krankheitsursache" gehören (3): angasesgp '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut", grintlüs '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze', touwurm 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?). Zu den „Entlehnungen" zählen (2-3): siura 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen' (?), siuro 'Krätzmilbe' sowie möglicherweise auch gutta, gulli, gutta (?) 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst'. In der Gruppe der besonders häufig bezeugten Lexeme lassen sich zunächst fünf verschiedene Bezeichnungsbereiche voneinander abgrenzen: 1. „(eitrige) Ausschläge" mit ahd. angweiisp, angweiζ.

2. „Hautbläschen, Pusteln" mit ahd. atigasesgo und ebenfalls angweisp, angwei^. Als metaphorische Bildung tritt ahd. blätara hinzu. 3.,.Aussatz; Elephantiasis" (als abnorme Pigmentierung der Haut bei Formen der Lepra) mit ahd. gelosuht. 4. „Krätze, Räude, Skabies" mit ahd. rüda und ruf sowie juckido. 5. „Grind" (als Ausschlag auf der Kopfhaut) mit ahd. grint.

Kiankheitsbezeichnungen

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Keines der Substantive lässt sich unmittelbar in die indoeuropäische Zeit zurückfuhren. Voralthochdeutsch sind aber immerhin rüda und ruf als Bezeichnungen für Krätze, Räude, oder Skabies, gelosuht für die Elephantiasis sowie blätara als metaphorische Bezeichnung für Hautbläschen und atigaseigp, wobei unklar bleibt, welche Bedeutung dieses Lexem ursprünglich hatte. Vermutlich handelt es sich um eine Bezeichnung nach der Krankheitsursache für einen „eng" auf der Haut sitzenden Dämon. Dazu treten in althochdeutscher Zeit noch angvet^o, angwei^ und selteneres angvei%a, deren Verwandtschaft mit auf ursprünglich eitrige Ausschläge weist. Im Althochdeutschen wird der eitrige Ausschlag von den Hautbläschen und Pusteln lexikalisch jedoch nicht mehr deutlich unterschieden. Es bildet sich für den gesamten Bereich vielmehr eine regionale Verteilung attgveiip, angvei^ = oberdeutsch : angasesgo = fränkisch heraus und damit eines der seltenen Beispiele für eine regionale Differenzierung der althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen. Als Bezeichnung für „Grind" als Ausschlag auf der Kopfhaut tritt ahd. grint, gulla und einmal auch feilen hinzu. Ebenfalls neu sind im Althochdeutschen die Bereiche: 1. „feuriger Glanz" mit ahd. khaftur, mldattfiur. 2. „Schorf mit ahd. kläwido,rinda,scabado, scurf. 3. „Flechten" mit ahd. flehte,flehtanta, touwurm. Auch in den bereits in voralthochdeutscher Zeit ausgebildeten Bezeichnungsbereichen kommt es nun zu vielfältigen Erweiterungen, so mit den Endehnungen ahd. siura, nun als Bezeichnungen für die durch Krätzmilben hervorgerufene Skabies oder durch \itdruos, sgttarlüs und sgttanh, die etymologisch an ein Wort für „Hechte" anzuschließen sind und eine entsprechende Bezeichnungsfunktion erfüllt haben dürften. Im Althochdeutschen sind sie aber nur noch in der Bedeutung 'Räude, Krätze' bezeugt. Auffällig ist die rasche Vermehrung der meist undifferenziert verwendeten Bezeichnungen für die vielfältigen Formen des Aussatzes: Im Althochdeutschen erstmals bezeugt sind riofa, scabado und ü^savgen suht. Insgesamt bleiben die Bezeichnungsbereiche der Lexeme im Althochdeutschen relativ deutlich unterschieden. Übergänge wie im Bereich der Geschwüre, so wie etwa bei angvei^p, artgveis^ angveiip sind eher selten. Dies liegt vermutlich daran, dass die äußerlichen Erkrankungen der Haut gut sichtbar und daher besser voneinander abzugrenzen waren, als die verschiedenartigen Ausprägungen im Bereich der Geschwüre, die sich nicht immer von den Geschwulsten trennen lassen. Die Neubildungen aus althochdeutscher Zeit erweitem das Feld allenfalls punktuell, so für den „feurigen Glanz der Haut" als Wundrose oder Antoniusfeuer und den „Schorf mit ahd. kläwido,rinda,scabado, scurf. Mit diesen wenigen Erweiterungen aber lässt sich festhalten, dass das im Frühmittelalter bekannte Spektrum der Hautkrankheiten in der Volkssprache angemessen abgebildet werden konnte.

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Die Auswertung des Wörterbuchs

Es folgt nun die Gliederung nach Krankheitsbildern im Feld der Bezeichnungen für „Geschwüre". Die in diesem Feld nicht immer durchsichtige Unterscheidung von Symptom und Ursache wird in runden Klammern hinter den Lexemen zusammenfassend erläutert. Zur „Bezeichnung nach auffälligen Symptomen" stellen sich (10): angwei^ "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür', angwei^o 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür', 'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' (zu „Eiter"); giswer 'Geschwür, Blase, Eitergeschwür' (zu „Geschwür"); khafiur 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' (zu „Feuer"); rüda 'Hautausschlag, Räude, Krätze; Geschwür' (zu „Räude"); seri 'Geschwür', jwer 'Geschwür' (?) (zu „Schmerz"); ubilblätara 'Karbunkel, Geschwür' (zu „bösartigen Bläschen") und üfdruos (?) 'Geschwür' (zu „geschwollenen Drüsen"). Als „metaphorische Bezeichnung" des auffälligen Symptoms können gelten (5): boula 'Hautbläschen, Geschwür, Eiterbeule', büla, bulla, büilla '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' (zu „Beule"); kancttr 'Krebs' (?), 'Geschwür, Karzinom', kreba^ 'Krebsgeschwür', krtbi^o 'Krebsgeschwür' (zu „Krebs" nach der Form des Symptoms); swam 'schwammiger Auswuchs' (zu „Schwamm"). Zur „Bezeichnung nach der angenommenen Krankheitsursache" gehören (7): ähhalm 'Geschwür, Frostbeule', ähbelmo 'Geschwür, Frostbeule' (zu „Frost"); angasevgo '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut', ango 'Geschwür, bösartige Geschwulst' (zu einem „Dämon"); goteswilo 'Karbunkel, Abszess, Geschwür' (zu einem „göttlichen Zeichen"); lebado "Muttermal, Auswuchs' (zu „Leber", als Zeichen einer Überbelastung des Organs); toumado 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' (zu „Made"). Zu den „Endehnungen" zählen (2): kancur 'Krebs' (?), 'Geschwür, Karzinom' (s.o.) und soto 'Geschwür, Schwellung': Die übrigen Lexeme: adel "kleines Geschwür' und urwuoni Tränenfistel' (?), 'Geschwür' (?) sind semantisch unklar und daher nicht sicher zuzuordnen. In der Gruppe der besonders häufig bezeugten Lexeme lassen sich schließlich drei Bezeichnungsbereiche voneinander abgrenzen. Ahd. büla als metaphorische Bezeichnung, dessen begrifflicher Kern auf Schwellungen der Haut bezogen ist, ahd. und die etymologisch verwandten Komposita atigwetζ und angweisp deren begrifflicher Kem auf Bezeichnungen für eitrige Schwellungen der Haut abzielt und schließlich ahd. swer und giswer als allgemeine Bezeichnung für schmerzende

Krankheitsbezeichnungen

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Geschwüre mit einem Wort für „Schmerz" als begrifflichem Kern. Die Wortfamilien um büla, und swer können bis in indoeuropäische Zeit zurückverfolgt werden. Sie bilden den Kernbestand des Wortfeldes. Ihre ursprüngliche Differenzierung haben sie aber in althochdeutscher Zeit bereits verloren. Sie werden weiter verwendet, aber vor allem als allgemeine Bezeichnungen, die sich nicht länger exakt einem Krankheitsbild zuordnen lassen. Das gilt für den Bereich der Geschwüre, aber auch fur den gleitenden Übergang zur Domäne von „Schorf, Grind und Aussatz". Die sich bei den Leitwörtern des Feldes abzeichnende Bedeutungserweiterung führt zur Bildung einer Reihe von neuen Lexemen, die einzelne Krankheitsursachen oder Symptome herausstellen. Als besonders langlebig erweisen sich darunter die durchsichtigen metaphorischen Bildungen kancerj kreba% und swam.

2.6 Resümee Auch für die Krankheitsbezeichnungen gilt, dass im Althochdeutschen nur erst eine begrenzte Zahl von festen und eindeutigen Bezeichnungen vorhanden ist, die auf dem gesamten Sprachgebiet gleichermaßen gelten. Unter den häufiger gebrauchten Wörtern finden sich meist solche, die ein Krankheitsbild in eher allgemeiner Form umschreiben, so etwa suht, suhtig oder giswer, giswulst und wunta. Exaktere Bezeichnungen, die sich sachlich einem Krankheitsbild präzise zuordnen lassen und die darüber hinaus sprachlich durchsichtig sind, finden sich unter den häufig verwendeten Lexemen demgegenüber noch eher selten. Allerdings zeigen einzelne Beispiele wie gelosuht, hirnwuotigi oder sürougi doch, dass prägnante volkssprachige Bezeichnungen vereinzelt durchaus schon vorhanden waren und mehrfach verwendet wurden. Solche Leitvarianten haben sich bei der Bezeichnung der verschiedenen Krankheitsbilder aber insgesamt nur selten herausgebildet. Auch können mit ein und derselben Bezeichnung durchaus mehrere Krankheitsbilder gemeint sein, etwa gelosuht für Aussatz, Elephatiasis und vielleicht Rheuma. Im Regelfall stehen sich in jedem „Slot" eine verhältnismäßig kleine Zahl von häufig verwendeten und eine große Menge von nur einmal bezeugten Bezeichnungen gegenüber. Auch dieses Verhältnis unterstreicht wieder den Charakter des Althochdeutschen als das Laboratorium des deutschen Wortschatzes. Ansätze zu einer festen Beziehung von Lexem und Krankheitsbild und damit zur Terminologiebildung lassen sich bei den Krankheitsbezeichnungen daher noch nicht so deutlich erkennen, wie das im Bereich der Körperteilbezeichnungen der Fall war. Der lexikalische Kernbestand des Frames lässt sich im Bereich der Krankheitsbezeichnungen nur durch eine Untersuchung der Gebrauchsfrequenz ermitteln. Die historische Dimension spielt hier fast keine Rolle. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen sind fast ausnahmslos nicht alt, sie wurden erst in germanischer und vor allem althochdeutscher Zeit neu gebildet. Nur 15

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Die Auswertung des Wörterbuchs

Krankheitsbezeichnungen sind altererbt und reichen bis in die indoeuropäische Zeit zurück. Einen den Körperteilbezeichnungen vergleichbaren größeren indoeuropäischen Kernbestand und eine Kontinuität der schrittweisen Wissensaneignung in der Volkssprache gibt es hier also nicht. Alle Sachbereiche sind durch im Althochdeutschen erstmals bezeugte Lexeme geprägt, sie sind größtenteils als Neubildungen anzusehen. Der Ausbau des Wortschatzes erfolgt, wie in der lateinischen medizinischen Fachsprache auch, vor allem durch Suffixbildungen. Krankheitsbezeichnungen stehen damit im deutlichen Gegensatz zu den Körperteilbezeichnungen, deren Neubildungen im wesentlichen durch Komposition entstehen. Hervorzuheben ist unter den Krankheitsbezeichnungen das Suffix ado/-ido, das eine eigene Klasse bildet. Solche sachspezifischen Wortbildungstendenzen werfen jedoch allenfalls ein Licht auf die sprachlichen Möglichkeiten der frühmittelalterlichen Volkssprache. Die Sprecher sind durchaus in der Lage, komplizierte Sachverhalte angemessen zu bezeichnen. In quantitativer Hinsicht können diese Bildungen insgesamt aber nur wenig zur Terminologiebildung beitragen. Neben Suffixbildungen, den Komposita, die insbesondere mit dem Grundwort suht häufiger sind und vereinzelten Präfixbildungen, die oft mit Negationspartikeln wie ä- oder un- gebildet werden, lassen sich nur noch wenige weitere Muster ausfindig machen, die an der Fachwortbildung beteiligt sind.561 Es handelt sich um Bildungen, die bereits im Bereich der Körperteilbezeichnungen in ebenfalls geringer Zahl begegnet sind. Abgesehen von 14 Endehnungen aus dem Lateinischen, im Falle von solo 'Geschwür' wohl durch lateinische Vermitdung aus dem Arabischen, ist es der Typ der Bedeutungserweiterung, der im Material vereinzelt vertreten ist. Es finden sich a) Metaphern bläsa, blätara, bottla, brunst, büla, bulk, büilla, bütil, fig(blätara), flehte, fei, kancur, kreba^j krebi^o, kröpf, ntäsa, stein, swam. Der überwiegende Teil der Metaphern ist bereits im Zusammenhang mit der Bezeichnung der verschiedenen Hautkrankheiten behandelt worden. Insgesamt ist ihr Anteil auch in diesem Frame erstaunlich gering. b) Die Verwendung als „abstractum pro concreto gtdwang 'Harnzwang' (zu „Zwang"), söde 'Sodbrennen' (zu „Sieden") c) Spezialisierung und Ausdehnung der Referenz slim 'Schleim' (als im Körper vorhandene zähe Flüssigkeit, die Zeichen einer Erkrankung ist), tropho 'Schlagfluss' (in hippokratischer Vorstellung wörtlich gemeint als ein Krankheit hervorrufender „Tropfen" im Körper).

561 Zu den Mustern vergleiche man D. LANGSLOW, The Development, S. 113-115, J. KOLLESCH, Medizin und ihre Fachsprache, S. 2272 sowie die Abschnitte II. 2 und V. 1.6 dieser Arbeit.

Krankheitsbezeichnungen

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Auffällig ist hier, dass wie im Bereich der Körperteilbezeichnungen, die einzigen möglichen Vertreter dieses Typs in Verbindung mit der Bezeichnung humoralpathologischer Vorstellungen stehen. Für die meisten Bezeichnungen gilt, dass die Motivation der Bildungen unabhängig von den Wortbildungsmitteln im einzelnen fast immer im Bereich der Krankheitssymptome liegt. Nicht ganzen selten wird das Symptom in Verbindung mit dem betroffenen Körperteil genannt: ädarkrati, beitmnki, beinsuht, bluotrenki, fuospuht, gebalsceint, g&vougi, hahsuht, hantmäli, hantsuht, her(sioh, beraubt, hirnwuotig, hirnwuoUgi, hirnwuoto, houbitsuht, houbitswam, hufbals^ hufelhak> huofslah, kekstopfe, kelasuht, kelwarch, kermtmdi, krumbbein, lebado, lentinswero, letfuo^ lidrenki, liduscart, lidusuht, lühougön, magabiv^ magabivgado, -ida, -ido, nasabus^ örscarti, ougafel, ougflecko, ougisa/, ougstal, ougswero, hrevawunt, sitisuht, scebhougt, säeffuosparrädra, sünugt, wargwanga, weihougi, spharougi, npnswero, i(oranougi. Viele Lexeme sind mechanisch mit dem Grundwort -suht gebildet. Nur vergleichsweise wenig Lexeme bringen, wie etwa ipndmrm, die Krankheitsursache unmittelbar zum Ausdruck. In dieser Gruppe kristallisiert sich aber eine kleine Gruppe von Bezeichnungen heraus, die für das frühmittelalterliche Verständnis von Krankheit wichtig ist. Es handelt sich um Bezeichnungsmotive, die den Makrokosmos bzw. die Kontaktaufnahme mit dem Makrokosmos zum Thema machen: a) Dämonen albe, angasetgo, scalm, scalmo, scelm, scelmo, dieft«/i»/-Kompositaund wurm. b) Gott, Gottheiten regenbünt c) Elemente die manöd-Komposita. Die Kontaktaufnahme mit dem Makrokosmos erfolgt über die d) Beschwörung gibt (sowie über die Beschwörungsverben der Zaubersprüche). Nur aus dem Gesundheits-Frame schließt sich hier als zweite Bezeichnung noch lähbi an. Der Typ ist zahlenmäßig nur klein, vermutlich ist er in althochdeutsch Zeit, etwa im Gegensatz zu den Verhältnissen im Altnordischen, als Folge der Christianisierung bereits auf dem Rückzug. Er bildet auf der lexikalischen Ebene das Gegenstück zu den Zaubersprüchen auf der Ebene der Textsorten. Während die Menge der Körperteilbezeichnungen ein relativ geschlossenes System bildet, kennt der Krankheits-Frame solche Begrenzungen nicht. Die Zahl der denkbaren Krankheiten ist vermutlich unendlich, ihren Bezeichnungen können je unterschiedliche medizinische Symptome und Interpretationen zu Grunde liegen. Es verwundert daher nicht, dass die Zahl der onomasiologischen Felder

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Die Auswertung des Wörterbuchs

hier deutlich größer ist, einige wenige Felder sind zudem sehr reich besetzt. Besonders große Vielfalt der Bezeichnungen zeigen die Felder der „Erkrankungen der Haut", der „Erkrankungen der Augen" und das Feld im Bereich von „Wahnsinn und Besessenheit". Ganz offensichtlich haben wir es hier mit den Bezeichnungen für die im Mittelalter am häufigsten diagnostizierten Krankheiten und Gesundheitsstörungen zu tun. Noch stärker als bei den Körperteilbezeichnungen kommt zum Vorschein, dass die Felder einen einzelnen Gegenstandsbereich, wie das die ältere Forschung angenommen hatte, gerade nicht lückenlos wiedergeben. Das Fehlen vieler adäquater Krankheitsbezeichnungen in der Volkssprache macht den Rückgriff auf lateinische Bezeichnungen unerlässlich. Es hat auch dazu geführt, dass eine große Zahl von Lexemen entstehen konnte, die wie die bereits genannten in eher allgemeiner Form verschiedene Krankheitszustände wie Seuchen, Schwäche, Schmerz und Schwindel bezeichneten. Sie konnten bei unklaren Krankheitsbildem eingesetzt werden, aufgefüllt durch Adjektive bzw. Partizipialadjektive wie etwa in fallantiu suht. Nur in den besser ausgebauten Feldern, wie etwa im Bereich des Auges, fehlen solche allgemeinen Bezeichnungen. Ein Lexem wie *oug-suht 'Augenerkrankung' o. ä. gibt es nicht. Letztlich aber erweist sich die lexikalische Ausbildung der einzelnen Felder als abhängig nicht von den Möglichkeiten der Sprache, sondern als abhängig vom Kenntnisstand dere Sprecher und von den Vorgaben der jeweils geltenden medizinischen Theorie.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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3. Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit 3.1 Lateinisch - althochdeutsches Glossar562 A abstinentia 'das Sich-Enthalten, Enthaltsamkeit'

furiburt stF. "Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)'

alabastrum 'Salbenfläschchen'

salbfaz stN. 'Salbfläschchen'

altptes 'der Einsalber (der Athleten etc.)', mlat. auch 'Arzt'

heiläri stM. 'Heiler, Salber, Arzt'

apoqema 'Absud'

puza stF. "Würztrank, Kräuterabsud'

assum balneum "heißes, trockenes Bad'

sweizbad stN. 'Schwitzbad'

äträmntum 'schwarze Flüssigkeit, Tinte, Kupfervitriol', mlat. auch 'Metallsulfat'

tincta swF. Tinktur, Heilmittel'

auripigmentum 'Auripigment, Operment' (= Arsenikerz)

silbirschüm stM. 'Silberglätte (= erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe), Silberschaum'

Β bolus armenicus

bonus 'gut, trefflich, gesund, heilsam, nützlich'

C cataplasma Umschlag, Breiumschlag'

bluotstein stM. *Blutstein [zum Blutstillen], Hämatit' gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich'

faska stF., faski stN. "warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband'

562 Zur Anlage der Glossare vergleiche man das unter V. 1.1 Gesagte.

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Die Auswertung des Wörterbuches

cataplasmo 'einen Breiumschlag auflegen'

gifaski stN. "heißer Umschlag' pflastar stN. "Wundpflaster' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' föskön "Umschlag, Pflaster auflegen, jem. Linderung verschaffen' gi-faskön 'mit einem Umschlag versehen' gi-pflastarön "Wundpflaster auflegen'

catapotium Tille'

cauterium 'Brenneisen, Beizmittel'

chirürgus "Wundarzt, Chirurg'

bellilln stN. "Pille' brennlsen stN. "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' arzät stM. "Arzt, Heilkundiger; Kräuter- und Salbenmischer' grabo swM. "Wundarzt, Chirurg' wuntarzät stM. "Wundarzt, Chirurg'

colfyrium 'in Form eines Zäpfchens zubereitete teigartige (Augen-)Salbe'

ouggiselbi stN. 'Augensalbe' ougilsalba stswF. 'Augensalbe' ouglubbi stN. 'Augensalbe' ougsalba stswF. 'Augensalbe'

condo 'einlegen, einmachen'

salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-) streichen'

contingo 'berühren, bestreichen, benetzten' salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-)streichen' contrecto "befühlen, betasten'

hantalön "behandeln, befühlen, betasten'

convalesce 'erstarken, zu Kräften

nesan 'gesund werden, genesen'

kommen, gesund werden, genesen' crocys "Wollflocke, Wickel, Umschlag'

beneduoh stN. 'Kompresse' (?)

heilnussida stF. 'Heilung' cürätio "Besorgung, Behandlung, Heilung' Hbheili stF. 'Heilung' suhtneri stF. 'das Heilen'

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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euro 'sorgen für, pflegen, (Wunden) reinigen'

heilen "heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' krefügen Tieilen' gi-heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' erretten, wiederherstellen' nerien "heilen, gesund machen'

dilibuo "benetzen, bestreichen'

salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-) streichen'

Ε emplastrum "Pflaster'

exeubärt "wachsam sein, besorgt sein'

F fascia "Binde, Band, Bandage'

faska stF., faski stN. "warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' gretetuoh stN. Wundpflaster, Verband' pflastar stN. 'Wundpflaster' gi-ambahten 'am Krankenbett Wache halten, sorgen (für)'

faska stF., faski stN. 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband'

fibula 'Klammer, Schnalle, Kopfnaht'

heftfizzilo swM. 'eine Art Wundverband, Heftpflaster' (?)

flebotomum 'Aderlasseisen, Lanzette'

bluotfsa(r)n stN. 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' bluotsahs stN. 'Aderlassmesser, Lanzette'

fömento "bähen, erwärmen' fimentum 'der wärmende Umschlag

lähhinön Tieilen, gesund machen' bäunga stF. 'warmer Umschlag, Ge-

442

Die Auswertung des Wörterbuches

um den kranken Teil des Leibes, Linderungsmittel'

schwüre, Wunden mit warmen Umschlägen heilen' fäska stF., fäski stN. 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' faskunga stF. Wundumschlag' gibäida stF. 'warmer Umschlag' giswedi stN. "warmer Umschlag' lähhintuom stM. 'Arznei, Heilmittel' lähhituom stM. 'Heilmittel, Arznei' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' swedl stF. 'warmer Umschlag' swedunga stF. 'warmer Umschlag'

fötus 'das Wärmen, Brüten (der Hühner), das Bähen' (als medizin. Terminus)

foveo 'wärmen, warm halten'

frugalitas 'Mäßigkeit, Enthaltsamkeit' frugalis 'vernünftig, rechtschaffend, mäßig'

bäunga stF. 'warmer Umschlag, Geschwüre, Wunden mit warmen Umschlägen heilen' bäwizzöd stM. 'Heilen mit wärmenden Umschlägen' bäwizunga 'Wärmen zu Heilzwecken, Erquicken' swedl stF. 'warmer Umschlag' bäen 'wärmen, mit Umschlägen heilen' nerien "heilen, gesund machen' salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-)streichen' furiburt stF. "Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)' furiburtig 'enthaltsam, genügsam (in Bezug auf Speise und Trank)'

G gestätörio Tragsessel, Sänfte'

bära stF. 'Krankenbahre, Krankenbett'

globus 'Kugel, kugelförmige Masse, Kloß' (als med. Terminus sonst globulus Tille")

bellilin stN. Tille'

grabätus 'niedriges Ruhebett für Kranke'

siohhtrago swM. (?) 'Krankenbett'

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

443

Η berbärius 'Kräuterkenner' herbipotens 'der Kräuter kundig'

wurzäri stM. 'Kräuterkenner, Kräutersammler' wurzmahtlg 'der Kraft der Kräuter kundig'

I iltaesus 'unverletzt, unangefochten'

implicabilis (?)

incolumins 'unverletzt'

incolumitäs IJnverletztheit'

ganz 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt' unliduweih 'unbiegsam, an den Gliedern gesund' gisuntida stF. 'Gesundheit' gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' gisuntif stF. IJnverletztheit' gisunt stM. 'Gesundheit, Wohlbefinden'

inlitus 'das Aufstreichen, Bestreichen'

salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-) streichen'

inpinguo 'fett machen, fett werden'

salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-) streichen'

intäctus 'unberührt, unverletzt'

ganz 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt*

integer 'unberührt, unverletzt, unvermischt, ungeschwächt, ungekürzt'

ganz 'vollständig, heil, gesund, unverletzt'

invulsus 'unverwundet'

L laniena 'Fleischbank, Verstümmelung', hier laniena carnificinae als

unliduweih 'unbiegsam, an den Gliedern gesund'

snitimezzif stN. 'Messer, Skalpell, Stichel'

444

Die Auswertung des Wörterbuches

'die Metzelei der Wundätzte' lapis haematites

bluotstein stM. 'Blutstein [zum Blutstillen], Hämatit'

ligämen "Band, Binde, Verband' Ugämentum "Verband'

binta stF. 'Wundverband' zelga swF. 'Verband' giföski stN. "heißer Umschlag'

tigätüra "Band, ärztlicher Verband'

zelga swF. "Verband'

Μ malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag'

föska stF., föski stN. 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' faskön "Umschlag, Pflaster auflegen, jem. Linderung verschaffen' gifäski stN. *heißer Umschlag' lähhintuom stM. 'Arznei, Heilmittel' pflastar stN. 'Wundpflaster' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel* swedil stM. 'erwärmender Umschlag'

mälobathron 'ein indisches Gewächs, aus dem eins der kostbaren Salbenöle bereitet wurde' (nach einigen der Mutterzimt, nach anderen der Bethel; Zimtöl)

salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel'

mandragpräs 'Alraune'

atzatwurz stF. 'Heilkraut'

medela 'Heilung, Heilmittel'

medeor 'heilen, helfen'

lähhida stF. 'Arznei' lähhintuom stM. 'Arznei, Heilmittel' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' lähhinön "heilen, gesund machen'

mediätrix 'Mitderin'

lähha swF. 'Heilkundige, Hebamme'

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

medicämen 'Arznei, Gift, Färbemittel' medicämentum 'Arzneimittel' medicator 'Heiler, Heilkünstler' mediana 'Heilkunst, Arzneikunst; Heilmittel, Arzneimittel, Abhilfe'

mediänak ferrum

medico "heilen, mit Arzneimitteln versehen' medicus 'Arzt, Wundarzt'

445

salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' lähhituom stM. 'Heilmittel, Arznei' aizinäri stM. 'Heilbringer, Heiler, Arzt' arzentuom stN. 'Medizin, Heilkunde' arzetuom stMN. 'Heilkunde' lähhenunga stF. 'Arznei' lähhintuom stM. 'Arznei, Heilmittel' lähhituom stM. 'Heilmittel, Arznei' bluotfsa(r)n stN. 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' reinön '(Wunden) reinigen' arzät stM. 'Arzt, Heilkundiger' arzäto swM. 'Arzt, Heilkundiger' lähhi stM. 'Arzt'

mel atticum

humelhunck stN. 'Hummelhonig'

mtgma 'Mischung'

gifaski stN. "heißer Umschlag' seifsalbe stswF. 'Salbenmischung' (?)

mundo 'reinigen'

sübiren '(Wunden) reinigen, abwischen'

Ν nardus 'Narde, Nardenbalsam'

gisalbi stN. 'Salbe' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' siohhüs stN. 'Krankenhaus'

nosocomtum 'Krankenhaus' Ο obduco 'vorziehen, bedecken, verschließen'

obstetrix 'Hebamme'

gi-heilen "heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' erretten, wiederherstellen' hevanna, hevamma, hevihana F. 'Hebamme'

446

Die Auswertung des Wörterbuches

hevila stF. 'Hebamme' lähha swF. 'Heilkundige, Hebamme'

Ρ parvus 'sparsam, sich mäßigend'

furiburtlg 'enthaltsam, genügsam (in Bezug auf Speise und Trank)'

parsimönia 'Sparsamkeit, Fasten'

furiburt stF. *Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)'

pästillus 'Kügelchen, Arzneikügelchen, Pastille'

bellilin stN. Tille'

phkbotumo 'zur Ader lassen'

fliedemön 'zur Ader lassen' stingan 'schröpfen, zur Ader lassen' stiuwen 'schröpfen, zur Ader lassen' fliedema stFM. *Lanzette, Aderlasseisen'

Phlebotomus 'Lanzette, Aderlasseisen'

pigmentärius 'Salbenhändler, Quacksalber, Einbalsamierer, Leichenbesorger'

arzät stM. 'Arzt, Heilkundiger' salbäri stM. 'Salbenmischer, -händler'

pilula 'Kügelchen, Pille'

billilin stN. Tille'

prtssus 'gemäßigt, zurückgedrängt'

fir-dühen '(Fieber) senken, niederdrücken'.

prösperitäs 'glücklicher Zustand, Gedeihen, Glück' prösperus 'erwünscht, günstig, glücklich'

gisuntida stF. 'Gesundheit' gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich'

ptöcbium 'Armenhaus'

hospitälhüs, hospitarohüs stN. 'Armenhaus, Hospital' (?)

pythonissa 'Wahrsagerin' pythön "Wahrsager'

lähhinära swF. 'Heilerin' lähhinäri 'Heiler'

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

R nmedium 'Gegenmittel, Heilmittel'

447

lähhen stN. 'Arznei, Heilmittel' lähhunga stF. 'Heilmittel'

rtstnngo liemmen, zurückhalten'

fir-streden "Blutungen stillen'

röbur 'Hartholz, Körperkraft, Kraft'

sunt stM. 'Kraft, Gesundheit' sunta stF. 'Kraft, Gesundheit'

S sä/ 'Salz' sal ammoniacum salübris 'gesund, heilsam' salübriter 'gesund, heilsam' salüs 'Gesundheit, Heil, Glück'

salvätus 'wohlbehalten, gesund, unverletzt' salvifico 'erretten'

salvus 'heil, gesund, unverletzt' salvus sum 'wohlbehalten, unverletzt' sänätor 'Heiler, Gesundmacher' sänitäs 'Gesundheit, Genesung'

säne 'vernünftig' Adv. säno "heilen, gesund machen'

salz stN. 'Salz' salgimma (?) stswF. 'Salzkristall' heilentllh, heilenllh 'heilsam, gesund' heilllh 'heilsam' heil(e)sam 'heilsam, gesund' heil(e)samo 'heilsam, gesund' ginist stF. 'Genesung, Heilung' (?) gisunt stM. 'Gesundheit, Wohlbefinden' heill, heila stF. 'Gesundheit; Heilung' heil *heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' gi-heilen "heilen, (physisch und psychisch) gesund machen, erretten, wiederherstellen' heil 'heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' nesan 'gesund werden, genesen' heiläri stM. 'Heiler, Salber, Arzt' genzl stF. 'Gesundheit, Vollkommenheit, Unbeschnittenheit' gisunt stM. 'Gesundheit, Wohlbefinden' heill, heila stF. 'Gesundheit; Heilung' heilida stF. 'Gesundheit, Heilung' heilllhho 'auf gesunde Weise' heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen'

448

Die Auswertung des Wörterbuches

sänus 'gesund, heil'

nerien "heilen, gesund machen' ganz 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt' gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' heil 'heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' heilhaft 'gesund, heilsam, glücklich'

saräo 'flicken, ausbessern'

gi-scinen 'gebrochene Knochen schienen' zeigen 'gebrochene Knochen schienen'

jcalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'

grablsatn stN. 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' grabmezzer stN. 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' scabamezzir stN. 'Federmesser, Skalpell' scalpellln stN. 'Schreibmesser, kleines Messer; Skalpell' (?) scrötlsarn stN. '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' scrötmezzer stN. '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument* snitimezzir stN. 'Messer, Skalpell, Stichel' snidsam stN. 'Skalpell, scharfes Schneidemesser'

solium "Badewanne'

sweizbad stN. 'Schwitzbad'

söspes 'wohlbehalten, unverletzt, vinversehrt, glücklich'

gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' gisunti 'gesund, wohlverwahrt, glücklich' gisuntida stF. 'Gesundheit' gi-genzen 'gesund, ganz machen'

söspitäs 'Heil, Wohl' söspito 'erhalten, erretten, behüten, beglücken', (auch 'gesund sein', L. Diefenbach, Glossarium, S. 544)

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

449

stuppa *Werg'

abursta 'Masse eines Wundpflasters, Werg'

suiphur' Schwefel*

swebal stM. 'Schwefel'

temperämentum ^Verhältnis, Mischung'

fäska stF., föski stN. 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' lähhituomlih 'mildernd, lindernd' lähhinönto *heilend'

temperätivus 'mildernd' tempern 'mäßigen, mischen' thermae 'Warmbad, Therme*

badastat stF. Hadeeinrichtung, (Heil)bad'

tracto 'schleppen, behandeln, berühren, besprechen'

haotalön "behandeln, befühlen, betasten'

U ungo 'salben, bestreichen' unguen 'Salbe, Fett' mgtientäria 'Salbenhändlerin'

unguentum 'wohlriechende Salbe, Salböl'

V vako 'bei Kräften sein, gesund' vakus 'bei Kräften, gesund sein, wirksam sein (von Heilmitteln)'

salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-) streichen' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' salbära swF. 'Salbenhändlerin, Salberin' (?) salbärin stF. 'Salbenhändlerin' salbmahhe swF. 'Salbenmischerin, Salbenhändlerin' salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel*

gi-sunten 'gesund sein' (?) gisuntida stF. 'Gesundheit' ganz 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt'

450

Die Auswertung des Wörterbuches

fintüsa swF. 'SchröpfkopP galizenstein 'Kupfervitriol (als Heilmittel)'

ventösa 'SchröpfkopP vitriolum 'Kupferwasset'

Ζ smegma 'Reinigungsmittel'

salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel'

3.1.1 Auswertung des Glossars Das Verzeichnis der lateinisch-althochdeutschen Übersetzungsgleichungen aus dem Bereich „Heilung und Gesundheit" bietet vergleichsweise wenig Anlass zur Kommentierung. Auf 125 lateinische Interpretamente kommen 207 althochdeutsche Glossierungen. Das entspricht weniger als zwei Übersetzungsvarianten pro Interpretament. Die große Mehrheit der lateinischen Bezeichnungen aus diesem Bereich ist allerdings nur ein einziges Mal glossiert worden. Daher kann die Zahl nichts über die Festigkeit der althochdeutschen Bildungen aussagen. Nur eine kleine Gruppe von Wörtern ist mehrfach bezeugt. In dieser Gruppe herrscht dann auch eine überdurchschnittlich große Wortvarianz. Sie erstreckt sich auf die bereits von den vorangehenden Verzeichnissen bekannten Bereiche „stammbildungsmorphologische Varianz" so etwa fäska, fäski zu lat. cataplasma Umschlag, Breiumschlag, emplastrum 'Pflaster', fascia *Binde, Band, Bandage', fömentum 'der wärmende Umschlag', malagma 'erweichender Umschlag' und temperämentum 'Verhältnis, Mischung' „wortbildungsmorphologische Varianz" etwa als Komposita die Glossen zu lat. colh/rium 'Augensalbe' ouggiselbi, ougilsalba, ouglubbi, ougsalba und zu scalpellum 'chirurgisches Messer' grabisarn, grabmeiger, scabameigir, scalpellin, scrötisarn, scrötmcvger, snitimer^r, sniüsarn und „synonymische Varianz" man vergleiche etwa die Glossen zu cataplasma fäska,fäski,gifäski,pflastar, salba sowie zu chtrürgus oder fömentuni). Eine besondere Bedeutung für das Alltagsverständnis kommt den lateinischen und althochdeutschen Bezeichnungen für „gesund" als Antonyme zu „krank" sowie „Arzt" zu. Auf der Basis der Übersetzungsgleichungen ist für diese Bezeichnungen noch keine feste Zuordnung auszumachen. Eine diachrone wortfeldbezogene Untersuchung wird hier deutlichere Ergebnisse bringen. In keinem Bereich sind auch nur Ansätze zu einer terminologischen Fixierung einzelner Heilmittel oder Heiltechniken zu entdecken. Es hat den Anschein, als ob sich die heilkundliche Begriffsbildung in frühmittelalterlicher Zeit noch ganz auf die volkssprachige Erschließung der Pflanzenbezeichnungen konzentriert habe.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

451

3.2 Onomasiologische Gliederung Die Gesamtzahl der althochdeutschen Verwendungsweisen aus dem Umkreis von Heilung und Gesundheit beträgt 167. Sie lassen sich auf 7 Sachbereiche verteilen, die gelegentlich noch weiter untergliedert werden können. Auf diese Weise entstehen 22 für diesen Bereich im Althochdeutschen charakteristische onomasiologische Felder. Ausgangspunkt ist die Frage: „Was gehört im Frühmittelalter zum Bereich Heilung und Gesundheit?" Daran anschließend folgt die Frage: „Auf welche verschiedenen Weisen und mit welchen Mitteln wird Heilung vollzogen?" Die Präsentation der „Slots" schreitet, soweit möglich, von Allgemeinen zum Spezielleren. A. Heilkundiger 1. Arzt, Heiler. 2. Kräuter- und Salbenmischer B. Medizin, Heilkunde C. Gesundheit, Heilung D. Heilmittel 1. Allgemeine. 2. Umschläge, Verbände, Pflaster. 3. Salben. 4. Pillen. 5. Pflanzliche Heilmittel. 6. Mineralische Heilmittel. 7. Organische Heilmittel. 8. Sonstige Heilmittel. E. Medizinische Instrumente F. Behandeln, Heilen, Pflegen 1. Allgemeine. 2 warme Umschläge, Pflaster, Salben auflegen, zu Heilzwecken wärmen. 3. Wunden reinigen. 4. Schröpfen, zur Ader lassen. 5. Fieber senken. 6. Gebrochene Knochen schienen. 7. Blutungen stillen, Kauterisieren. G. Medizinische Einrichtungen und Hilfsmittel 1. Einrichtungen. 2. Hilfsmittel. A. Heilkundiger Α. 1 Arzt, Heiler (11) ar^ät 'Arzt, Heilkundiger; Kräuter- und Salbenmischer' - ar^ätgot 'Gott der Ärzte (Äskulap)' - αηζάίο 'Arzt, Heilkundiger' - arqnäri 'Heilbringer, Heiler, Arzt' - grabo "Wundarzt, Chirurg' - heitäri 'Heiler, Salber, Arzt' - lähha 'Heilkundige' - lähbi 'Arzt' - lähhinära 'Heilerin' - lähhinäri 'Heiler' - wuntar^ät "Wundarzt, Chirurg'. A. 2 Kräuter- und Salbenmischer (7) pimentän 'Kräuterkenner' - salbära 'Salbenhändlerin, Salberin' (?) - salbäri 'Salbenmischer, -händler' - salbärin 'Salbenhändlerin' - salbmahhe 'Salbenmischerin, händlerin' - wur^äri 'Kräuterkenner' - wur^mahtig 'kräuterkundig'. A. 3 Hebamme (2) hevanna 'Hebamme' - hevila 'Hebamme'.

452

Die Auswertung des Wörterbuches

Β. Medizin, Heilkunde (2) aryentuom 'Medizin, Heilkunde' - ar^etuom 'Heilkunde'. C. Gesundheit, Heilung (35) buo^a 'Besserung, Heilung von Krankheit' - furiburt 'Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)' - furiburtig 'enthaltsam, genügsam (in Bezug auf Speise und Trank)' — gan^ 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt' — gan^da 'Gesundheit' - gewy 'Gesundheit, Vollkommenheit, Unbeschnittenheit' — ginist 'Genesung, Heilung' (?) - gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' - gisunt 'Gesundheit, Wohlbefinden' - gisunti 'gesund, wohlverwahrt, glücklich' - gisunti 'Unverletztheit' - gisuntida 'Gesundheit' - guot 'Heilung, Genesung, Gesundheit (als Gottesgabe)' - beil'heü, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' - heil 'Heilung' (?) - heilen 'heilen, heil werden' - firheilen 'verheilen' - heilentlth, heiknlih 'heilsam, gesund' - heilhaft 'gesund, heilsam, glücklich' — heilt, heila 'Gesundheit; Heilung' - heilida 'Gesundheit, Heilung' - heillih 'heilsam' - hallihho 'auf gesunde Weise' - heilnussida 'Heilung' - heil(e)sam 'heilsam, gesund' - heil(e)samo 'heilsam, gesund' - heilunga 'Heilung' - lähhenhafte 'heilsam' lähhituomlih 'mildernd, lindernd' - libbeili 'Heilung' - nesan 'gesund werden, genesen' - sunt 'Kraft, Gesundheit' - sunta 'Kraft, Gesundheit' - gi-sunten 'gesund sein' (?) - unliduiveih 'unbiegsam, an den Gliedern gesund'. D. Heilmittel D . l Allgemein (6) lähhen 'Arznei, Heilmittel' - lähhenunga 'Arznei' - lächida 'Arznei' - lähhintuom 'Arznei, Heilmittel* - lähhituom 'Heilmittel, Arznei' - lähhunga 'Heilmittel'. D. 2 Umschläge, Verbände, Pflaster (19) abursta 'Masse eines Wundpflasters, Werg' - bäunga 'warmer Umschlag, Geschwüre, Wunden mit warmen Umschlägen heilen' - bineduoh 'Kompresse' (?) - binta 'Wundverband' - cufia 'Haubenbinde' (eine Art Kopfverband) -fäska,fäski 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' - fäskunga "Wundumschlag' - gibäida 'warmer Umschlag' - gifäski 'heißer Umschlag' - giswedi 'warmer Umschlag' - gretetuoh 'Wundpflaster, Verband' - heftft^pilo 'eine Art Wundverband, Heftpflaster* (?) - pflastar "Wundpflaster, auf Binden oder Leder gestrichene Heilsalbe' - swad (?) 'warmer Umschlag' - swedi 'warmer Umschlag' swedil 'erwärmender Umschlag' - smdunga 'erwärmender Umschlag' - «w/*Binde' - %elga 'Verband'. D . 3 Salben (10) gisalbi 'Salbe' - ouggiselbi 'Augensalbe' - ougilsalba 'Augensalbe' - ouglubbi 'Augensalbe' - ougsalba 'Augensalbe' - pimin^salba 'Kräutersalbe' - salb 'Salbe, Salböl; Sal-

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

453

D. 4 Pillen (2) bellilin 'Pille' - bmiin 'Pille'. D. 5 Pflanzliche Heilmittel (5) ar^atwur\ 'Heilkraut' - pu^a "Würztrank, Kräuterabsud' - wi(h)rouh Weihrauch' min Wein' - wur^ 'Kraut, Gewürz, Wurzel; Schwarze Nieswurz'. D. 6 Mineralische Heilmittel (7) bluotstein Tilutstein [zum Blutstillen], Hämatit' - gali^enstein 'Kupfervitriol' halasal\ 'Salz (aus der Salzquelle)' - salgimma 'Salzkristall' - sal^ 'Salz' - silbirschüm 'Silberglätte (erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe)' - tincta 'schwarze Galle' (?), 'Metallsulfat' (?). D.7 Organische Heilmittel (2) humelhonig 'Hummelhonig' - osterscäla 'Austernschale'. D. 8 Sonstige Heilmittel (2) saiffa 'Seife' - swebal 'Schwefel'. E. Medizinische Instrumente (13) bluotisarn 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette' - brennisen "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' - fintüsa 'Schröpfkopf — ßiedema 'Lanzette, Aderlasseisen' - grabisarn 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' - grabmesger 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' — scabame^sjr 'Federmesser, Skalpell' - scalpelltn 'Schreibmesser, kleines Messer; Skalpell' (?) - scröttsarn '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' - scritmesger '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' - snitimevgir 'Messer, Skalpell, Stichel' — snitisarn 'Skalpell, scharfes Schneidemesser'. F. Behandeln, Heilen, Pflegen F. 1 Allgemein (15) gi-ambahten 'am Krankenbett Wache halten, sorgen (für)' - gi-ar^aton 'verarzten' gt-ar^enön 'verarzten' - buo^en 'Krankheit heilen' - gi-gen^en 'gesund, ganz machen' - hantalön 'behandeln, befühlen, betasten' - heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' - heilen 'heilen, heil werden' - gi-heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen, erretten, wiederherstellen' - kreftigen 'heilen' - lähhinön 'heilen, gesund machen' — lähhinönto 'heilend' — nerien 'heilen, gesund machen' — gireinen '(von Krankheit) reinwaschen, läutern' - suhtneri 'das Heilen'.

454

Die Auswertung des Wörterbuches

F. 2 wanne Umschläge, Pflaster, Salben auflegen, zu Heilzwecken wärmen

CO

bäen '(zur Stärkung, Kräftigung) wärmen, mit Umschlägen heilen' — bätvisgöd 'Heilen mit wärmenden Umschlägen' - bäwispnga "Wärmen zu Heilzwecken, Erquicken' - fäskön "Umschlag, Pflaster auflegen, jem. Linderung verschaffen' — gifäskön 'mit einem Umschlag versehen' - gi-pflastarön 'Wundpflaster auflegen' salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-)streichen'. F. 3 Wunden reinigen (2) nittön '(Wunden) reinigen' — sübiren '(Wunden) reinigen, abwischen'. F. 4 Schröpfen, zur Ader lassen (8) bluotisam 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' bluot Ιάΐζαη 'zur Ader lassen, die Adem öffnen' - bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette' - fintüsa 'Schröpfkopf - βedema 'Lanzette, Aderlasseisen' - fliedemön 'zur Ader lassen' — stingan 'zur Ader lassen' — stiuwen 'zur Ader lassen'. F. 5 Fieber senken (1) ftr-dühett '(Fieber) senken, niederdrücken'. F. 6 Gebrochene Knochen schienen (3) geltmida 'feste Verbindung' - gi-scinen 'gebrochene Knochen schienen' — %e!gen 'gebrochene Knochen schienen'. F. 7 Blutungen stillen, Kauterisieren (2) bnnnisen "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' —fir-streden '(Wunden) verglühen, Blutungen stillen.' G. Medizinische Einrichtungen und Hilfsmittel G. 1 Einrichtungen (5) badastat 'Badeeinrichtung, (Heil)bad' - heilbrunno 'Heilquell' - hospitälhus, hospitarohüs 'Armenhaus, Hospital' (?) - siohhüs 'Krankenhaus' - swei^bad 'Schwitzbad'. G. 2 Hilfsmittel (4) bära 'Krankenbahre, Krankenbett' - salbfa^ 'Salbgefäß, Salbfläschchen' - siohtrago (?) 'Krankenbett' - n>un(bet(t)e 'Kräuterbeet'.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

455

3.2.1 Die Auswertung Die Bezeichnungen aus dem Umkreis von Heilung und Gesundheit bilden die kleinste Gruppe innerhalb des althochdeutschen Wortschatzes von Körper, Krankheit und Heilung. Zählt man jedoch die in dieser Untersuchung ausgesonderten Bezeichnungen für Heilpflanzen hinzu, dann erhält man für die Bereiche Körper, Krankheit und Heilung wieder drei annähernd gleich große, im Vergleich zur frühmittelalterlichen Verschriftung anderer Lebensbereiche reich gefüllte Paradigmen. Im Bereich „Heilung und Gesundheit" können Bezeichnungen für den Arzt und für die Medizin, allgemeine Bezeichnungen für den Zustand der Gesundheit, für Heilmittel und Heilmethoden sowie spezielle Heilmittelbezeichnungen, Bezeichnungen für medizinische Instrumente und für Behandlungsmethoden unterschieden werden. Die speziellen Bezeichnungen lassen erkennen, welche Heilmethoden bekannt waren und Eingang in die volkssprachige Vermittlung des Wissens gefunden haben. Warme Umschläge und Salben dürften demnach am häufigsten angewendet worden sein, erst gegen Ende der althochdeutschen Zeit finden sich dann auch die ersten Belege für das Schröpfen und den Aderlass, die beiden das hohe Mittelalter maßgeblich bestimmenden Therapiemethoden. Im Frühmittelalter dominiert die Phytotherapie. Abgesehen von den Heilpflanzenbezeichnungen geraten allerdings mit ar^atwun^ pu%a, wthrouh, win und wur\ nur wenige Lexeme der Phytotherapie in den Gesichtskreis des Wörterbuchs. Die konkurrierenden Therapieformen der mineralischen und organischen Medizin treten, wie auch in den lateinischen medizinischen Schriften insgesamt, hinter der Phytotherapie deutlich zurück. Das wenige in der Volkssprache Uberlieferte macht aber immerhin deutlich, dass es sie auch in der einheimischen Tradition noch gegeben hat. Gleiches gilt auch für den Bereich der Chirurgie und der chirurgischen Eingriffe. Das Feld ist in der Volkssprache zwar kaum besetzt, aber einige Bezeichnungen für medizinische Instrumente, auch wenn deren genaue Funktion nicht immer gesichert werden kann, sind doch gebildet worden. Insgesamt aber ist der Wortschatz im Bereich von „Heilung und Gesundheit" wenig ausgebildet und noch kaum differenziert. Es wäre allerdings sicherlich verfehlt, hieraus den Schluss zu ziehen, die medizinischen Kenntnisse der Zeit wären dafür zu gering gewesen. Zwar ist der Kenntnisstand der Bevölkerung für die Ausbildung eines Sachbereichs wichtig, doch zeigt gerade das Feld der Gesundheitsbezeichnungen, dass historische Wortfelder nicht unmittelbar den Kenntnisstand der Sprecher abbilden, sondern eben nur das, was von den Sprechern in der Volkssprache versprachlicht bzw. verschriftet wurde. Die Darstellung komplizierterer Heilverfahren, die vermutlich nur einem verschwindend geringen Anteil der Bevölkerung zugänglich waren, dürften nicht ohne die Vermittlung des Lateins möglich gewesen sein. In viel größerem Maße als bei den Körperteil- und Krankheitsbezeichnungen dominiert im Bereich Heilung und Gesundheit das La-

456

Die Auswertung des Wörterbuches

teinische. Das Streben nach Schutz und Geheimhaltung therapeutischen Wissens dürfte sich darüber hinaus gerade in diesem Feld besonders nachteilig auf die lexikalische Entwicklung in der Volkssprache ausgewirkt haben. 3.3 Die Gebrauchsfrequen2 Zur Ermittlung der Gebrauchsfrequenz werden die Lexeme wieder in drei Gruppen untergliedert: 1. Gruppe: Häufige Bezeichnungen mit sechs oder mehr Belegen 2. Gruppe: Ausreichend belegte Bezeichnungen mit zwei bis fünf Belege 3. Gruppe: Einzelbeleg oder Belege mit nur einer Belegstelle incl. Abschriften. A. Heilkundiger Α. 1 Arzt, Heiler 1. Gruppe: (1) ατζάί 'Arzt, Heilkundiger, Kräuter- und Salbenmischer'. 2. Gruppe: (3) heiläri 'Heiler, Salber, Arzt' - lähhi 'Arzt' - lähhittära 'Heilerin'. 3. Gruppe: (7) ar^ätgot 'Gott der Ärzte (Äskulap)' - aryäto 'Arzt, Heilkundiger' - anjnäri 'Heilbringer, Heiler, Arzt' - grabo "Wundarzt, Chirurg' - lähha 'Heilkundige' - lähhinäri 'Heiler' - wuntanpt *Wundarzt, Chirurg'. A. 2 Kräuter- und Salbenmischer 2. Gruppe: (1) salbära 'Salbenhändlerin, Salberin' (?). 3. Gruppe: (6) ptmentän 'Kräuterkenner' - salbäri 'Salbenmischer, -händler' — salbärin 'Salbenhändlerin' - salbmahhe 'Salbenmischerin, -händlerin' - wunpri 'Kräuterkenner' - wur^mahtig "kräuterkundig'. A.3 Hebamme (2) 2. Gruppe: (2) hevanna 'Hebamme' - hevila 'Hebamme'. B. Medizin, Heilkunde 3. Gruppe: (2) arqntuom "Medizin, Heilkunde' - argtuom 'Heilkunde'.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

457

C. Gesundheit, Heilung 1. Gruppe: (5) buo^a Έεββεηιι^, Heilung von Krankheit' - gan\ 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt' - gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' - heil 'heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' - heilt, heila 'Gesundheit; Heilung'. 2. Gruppe: (12) furiburt 'Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)' - furiburttg 'enthaltsam, genügsam (in Bezug auf Speise und Trank)' - ginist 'Genesung, Heilung' (?) - gisunt 'Gesundheit, Wohlbefinden' - gisunti 'gesund, wohlverwahrt, glücklich' - gisunti 'Unverletztheit' - gisuntida 'Gesundheit' - heilhaft 'gesund, heilsam, glücklich' - heilida 'Gesundheit, Heilung' - heil(e)samo 'heilsam, gesund' - nesan 'gesund werden, genesen' -gi-sunten 'gesund sein' (?). 3. Gruppe: (18) gawjda 'Gesundheit' - genvj 'Gesundheit, Vollkommenheit, Unbeschnittenheit' guot 'Heilung, Genesung, Gesundheit (als Gottesgabe)' - heil 'Heilung' (?) - heilen 'heilen, heil werden' - fir-heilen 'verheilen' - heilentlth, heilenlih 'heilsam, gesund' heillih 'heilsam' - heillihho 'auf gesunde Weise' - heilnussida 'Heilung* - heil(e)samo 'heilsam, gesund' - heilunga 'Heilung' - lähhenhafte 'heilsam' - lähhttuomlih 'mildernd, lindernd' - libheili 'Heilung' - sunt 'Kraft, Gesundheit' - sunta 'Kraft, Gesundheit' - unliduweih 'unbiegsam, an den Gliedern gesund'. D. Heilmittel D. 1 Allgemeine 2. Gruppe: (4) lähhen 'Arznei, Heilmittel' - läehtda 'Arznei' - lähhintuom 'Arznei, Heilmittel' lähhituom 'Heilmittel, Arznei'. 3. Gruppe: (2) lähhenunga 'Arznei' - lähhunga 'Heilmittel'. D. 2 Umschläge, Verbände, Pflaster 1. Gruppe: (3) bäunga 'warmer Umschlag, Geschwüre, Wunden mit warmen Umschlägen heilen' -fäska,fäski 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' -pflastar 'Wundpflaster, auf Binden oder Leder gestrichene Heilsalbe'. 2. Gruppe: (6) binta Wundverband' - fäskunga *Wundumschlag' - gjfäski 'heißer Umschlag' giswedi 'warmer Umschlag' - swedt 'warmer Umschlag' - splga "Verband'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

3. Gruppe: (10) abursta 'Masse eines Wundpflasters, Werg' — beneduoh 'Kompresse' (?) - cufia 'Haubenbinde' (eine Art Kopfverband) - gibäida 'warmer Umschlag' -gretetuoh 'Wundpflaster, Verband' - hefiß^pjlo 'eine Art Wundverband, Heftpflaster' (?) - swad (?) 'warmer Umschlag' - swedil 'erwärmender Umschlag' - swedunga 'erwärmender Umschlag' - »«//"'Binde'. D. 3 Salben 1. Gruppe: (2) ougsalba 'Augensalbe' - salba 'Salbe, Umschlag, Heilmittel'. 2. Gruppe: (2) ouglubbi 'Augensalbe' - salb 'Salbe, Salböl; Salbung'. 3. Gruppe: (5) gisalbi 'Salbe' - ouggiselbi 'Augensalbe' - ougilsalba 'Augensalbe' - pimin^salba 'Kräutersalbe' - seifsalbe 'Salbenmischung' (?). D. 4 Pillen 2. Gruppe: (1) belltltn 'Pille'. 3. Gruppe: (1) billiltn 'Pille'. D. 5 Pflanzliche Heilmittel 2. Gruppe: (1) pu^a 'Würztrank, Kräuterabsud'. 3. Gruppe: (4) ar^atwur^ 'Heilkraut' - m(h)rouh Weihrauch' - win Wein' - wur^ 'Kraut, Gewürz, Wurzel; Schwarze Nieswurz'. D. 6 Mineralische Heilmittel 1. Gruppe: (1) sal\ 'Salz'. 2. Gruppe: (2) bluotstein "Blutstein [zum Blutstillen], Hämatit' -gali^enstein 'Kupfervitriol'. 3. Gruppe: (4) halasal^ 'Salz' - salgimma 'Salzkristall' - nlbirschüm 'Silberglätte (erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe)' - tincta 'schwarze Galle' (?), 'Metallsulfat' (?).

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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D. 7 Organische Heilmittel 3. Gruppe: (2) humelhonig 'Hummelhonig' - osterscäla 'Austernschale'. D. 8 Sonstige Heilmittel 2. Gruppe: (1) swebal 'Schwefel'. 3. Gruppe: (1) saiffa 'Seife*. E. Medizinische Instrumente 1. Gruppe: (1) ßedema "Lanzette, Aderlasseisen'. 2. Gruppe: (5) bluotisarn 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' grabisarn 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' - scabamesgir 'Federmesser, Skalpell' - scrötisam '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' - snitimen^jr 'Messer, Skalpell, Stichel'. 3. Gruppe: (7) bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette' - brennisen Urenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' -fintüsa'SchröpfkopP — grabmet^er 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' — scalpelltn 'Schreibmesser, kleines Messer; Skalpell' (?) - scrötmeiger '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' — snitisarn 'Skalpell, scharfes Schneidemesser'. F. Behandeln, Heilen, Pflegen F. 1 Allgemein 1. Gruppe: (1) heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen'. 2. Gruppe: (4) hantalön 'behandeln, befühlen, betasten' - gi-heilen "heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' - lähhinön 'heilen, gesund machen' - nerien 'heilen, gesund machen'. 3. Gruppe: (10) g-ambahten 'am Krankenbett Wache halten, sorgen (für)' - buo^en, gi-buo^en 'Krankheit heilen' - gi-ar^atön 'verarzten' — gi-arsgnän 'verarzten' — gi-gen^en 'gesund, ganz machen' — heilen "heilen, heil werden' - kreftigen "heilen' — lähhinönto 'heilend' — gininen '(von Krankheit) reinwaschen, läutern' — suhtneri 'das Heilen'.

460

Die Auswertung des Wörterbuches

F. 2 warme Umschläge, Pflaster, Salben auflegen, zu Heilzwecken wärmen 1. Gruppe: (2) bäen '(zur Stärkung, Kräftigung) wärmen, mit Umschlägen heilen' - salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-)streichen'. 2. Gruppe: (2) fäskön 'Umschlag, Pflaster auflegen, jem. Linderung verschaffen' - gi-fäskön 'mit einem Umschlag versehen' 3. Gruppe: (3) bäwisgöd 'Heilen mit wärmenden Umschlägen' - bäwi%unga 'Wärmen zu Heilzwecken, Erquicken' —gi-pflastann 'Wundpflaster auflegen' F. 3 Wunden reinigen 3. Gruppe: (2) reinön '(Wunden) reinigen' - sübiren '(Wunden) reinigen, abwischen'. F. 4 Schröpfen, zur Ader lassen 1. Gruppe: (1) fiedema 'Lanzette, Aderlasseisen'. 2. Gruppe: (1) bluotisarn 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette'. 3. Gruppe: (6) bluot Ιάψη 'zur Ader lassen, die Adern öffnen' - bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette' - fintüsa 'Schröpfkopf - ßedemön 'zur Ader lassen' - stingan 'schröpfen, zur Ader lassen' — stiuwen 'schröpfen, zur Ader lassen'. F. 5 Fieber senken 3. Gruppe: (1) ftr-dühen '(Fieber) senken, niederdrücken'. F. 6 Gebrochene Knochen schienen 3. Gruppe: (3) gelimida 'feste Verbindung' - gi-scinen 'gebrochene Knochen schienen' - geigen 'gebrochene Knochen schienen'. F. 7 Blutungen stillen, Kauterisieren 3. Gruppe: (2) brenntsen "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' -fir-streden'(Wunden) verglühen, Blutungen stillen'.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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G. Medizinische Einrichtungen und Hilfsmittel G. 1 Einrichtungen 2. Gruppe: (2) badastat 'Badeeinrichtung, (Heil)bad' - swei^bad 'Schwitzbad'. 3. Gruppe: (3) hospitälhüs, hospitarohüs 'Armenhaus, Hospital' (?) - heilbrunno 'Heilquell' - nohhüs 'Krankenhaus'. G. 2 Hilfsmittel 1. Gruppe: (1) salbfas^ 'Salbgefäß, Salbfläschchen'. 2. Gruppe: (1) bära 'Krankenbahre, Krankenbett1 3. Gruppe: (2) siohtrago (?) 'Krankenbett' - nmrs(bet(t)e 'Kräuterbeet'. 3.3.1 Die Ausweitung Nur 16 der 160 Lexeme gehören zur Gruppe der häufiger bezeugten Bezeichnungen aus dem Umkreis von Gesundheit und Heilung: απζάΡ, salbärar, gans^ gsunt, heil, heilt, baünga, fäska, pßaster, ougsalbe, salbe, salbörr, sa/%fiecUma,heilen; salbja^. Zählt man das viermal im 9. Jahrhundert bezeugte lähhi hinzu, so enthält die kleine Gruppe der häufigen Verwendungsweisen vor allem die wichtigen Bezeichnungen für den Arzt bzw. Heiler und die Kräuter- bzw. Salbenmischerin. Die Geschlechterverteilung spiegelt hier die vermutete Trennung in vorrangig von Männern ausgeübte medizinische Tätigkeiten, bei denen die Verschriftung von Rezepten und therapeutischen Modellen eine Rolle spielt und die vorrangig weibliche Kräutermedizin auf magischer Grundlage. Ebenfalls häufig gebraucht werden Bezeichnungen für „gesund" und das „Gesundsein", sowie für (warme) Umschläge, Salben und für das Aderlasseisen. Damit treten auch bei einer Sortierung nach der Häufigkeit die therapeutischen Kernbereiche „Heilkräuter", „Umschläge", „Salben" und „Aderlass" deutlich in den Vordergrund. Für die ebenfalls häufig gebrauchten Lexeme wie salbfaζ und salv^ wie auch für das viermal in heilkundlicher Verwendung vermutete swebal kann nicht immer mit letzter Sicherheit ein im engeren Sinne heilkundlicher Kontext ermittelt werden. Aus dieser kleinen Gruppe sind dann im Verlaufe der weiteren Entwicklung mit baüunga, fäska, ßedema und lähhi auch noch vier zentrale Bezeichnungen geschwunden. Die Kontinuität ist also bei den Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit alles andere als ausgeprägt.

462

Die Auswertung des Wörterbuches

Die Zahl der im Althochdeutschen nur einmal bezeugten Verwendungsweisen ist demgegenüber mit 97 zwar wesentlich größer, allerdings sind in dieser Gruppe mit wuntar^ät und brenntsen nur zwei Bezeichnungen zu finden, deren kommunikative Karriere in althochdeutscher Zeit beginnt und sich bis ins Neuhochdeutsche fortsetzt. Die übrigen seltenen Lexeme sind auch längerfristig kein Bestandteil des heilkundlichen deutschen Wortschatzes geworden.

3.4 Herkunft und zeitliche Schichtung Auch hier werden wieder drei Gruppen gebildet: 1. Wörter mit einer indoeuropäischen Etymologie 2. Wörter mit einer germanischen Etymologie 3. Wörter mit einer hochdeutschen Etymologie A. Heilkundiger Α. 1 Arzt, Heiler 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (1) lähhi 'Arzt*. 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) grabo Wundarzt, Chirurg*. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (9) ar^ät 'Arzt, Heilkundiger; Einbalsamierer' (?)- ar^ätgot 'Gott der Ärzte (Äskulap)' anpto 'Arzt, Heilkundiger' - argnäri 'Heilbringer, Heiler, Arzt' - heiläri 'Heiler, Salber, Arzt' - läbha 'Heilkundige' - lähhinära 'Heilerin' - lähhinäri 'Heiler' - wuntarz>ät "Wundarzt, Chirurg'. A. 2 Kräuter- und Salbenmischer 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (7) pimtntän 'Kräuterkenner' - salbära 'Salbenhändlerin, Salberin' (?) - salbäri 'Salbenmischer, -händler' — satbärin 'Salbenhändlerin' - salbmahhe 'Salbenmischerin, -händlerin' - wur^än 'Kräuterkenner' - wurgnahfig "kräuterkundig*. A. 3 Hebamme 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) hevanna 'Hebamme' - hevila 'Hebamme'.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (0) B. Medizin, Heilkunde 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) angntuom 'Medizin, Heilkunde' - angtuom 'Heilkunde'. C. Gesundheit, Heilung 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (10) buo^a "Besserung, Heilung von Krankheit' - furiburt 'Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)' - furiburtig 'enthaltsam, genügsam (in Bezug auf Speise und Trank)' - gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' - heil 'heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' heilen 'heilen, heil werden' - heikntlth, beiknlih *heilsam, gesund' - heilunga 'Heilung' - lähhituomlih 'mildernd, lindernd' - nesan 'gesund werden, genesen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (24) gan^ 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt' - gant^da 'Gesundheit' - gen^j 'Gesundheit, Vollkommenheit, Unbeschnittenheit' - ginist 'Genesung, Heilung' (?) gisunt 'Gesundheit, Wohlbefinden' — gisunti 'gesund, wohlverwahrt, glücklich' — gisunti TJnverletztheit' — gisuntida 'Gesundheit' — guot 'Heilung, Genesung, Gesundheit (als Gottesgabe)' - heil 'Heilung' (?) - heilhaft 'gesund, heilsam, glücklich' - heilt, heila 'Gesundheit; Heilung' - heilida 'Gesundheit, Heilung' — heillth 'heilsam' - heillihho 'auf gesunde Weise' - heilnusada 'Heilung' - heil(e)sam 'heilsam, gesund' — heil(e)samo "heilsam, gesund' - lähhenhafte "heilsam' - libheili 'Heilung' — sunt 'Kraft, Gesundheit' — sunta 'Kraft, Gesundheit' - gi-sunten 'gesund sein' (?) - unliduweih 'unbiegsam, an den Gliedern gesund'. D. Heilmittel D. 1 Allgemein 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) lähhintuom 'Arznei, Heilmittel' - lähhituom 'Heilmittel, Arznei'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (4) lähhen 'Arznei, Heilmittel' - lähhenunga 'Arznei' - lähhida 'Arznei' - lähhunga 'Heilmittel'.

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Die Auswertung des Wörterbuches

D. 2 Umschläge, Verbände, Pflaster 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (4) fäski 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' - gifdski 'heißer Umschlag' - pflastar 'Wundpflaster, auf Binden oder Leder gestrichene Heilsalbe' — yelga "Verband'.

fäska,

3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (15) abursta 'Masse eines Wundpflasters, Werg' - bäunga 'warmer Umschlag, Geschwüre, Wunden mit warmen Umschlägen heilen' - beneduoh 'Kompresse' (?) - binta *Wundverband' — cufia 'Haubenbinde' (eine Art Kopfverband) — fäskunga 'Wundumschlag' — gibäida 'warmer Umschlag' - giswedi 'warmer Umschlag' - gretetuoh "Wundpflaster, Verband' - heftfisgilo 'eine Art Wundverband, Heftpflaster' (?) swad 'warmer Umschlag' (?) — swedi 'warmer Umschlag' — swedil 'erwärmender Umschlag' - swedunga 'erwärmender Umschlag' wwfBinde'. D . 3 Salben 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) jalba 'Salbe, Umschlag, Heilmittel'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (9) 'Salbe' - ouggiselbi 'Augensalbe' - ougilsalba 'Augensalbe' — ouglubbi 'Augensalbe' - ougsalba 'Augensalbe' - ptmin^salba 'Kräutersalbe' - salb 'Salbe, Salböl; Salbung' - salbunga 'Salbung' - seif salbe 'Salbenmischung' (?).

gisalbi

D. 4 Pillen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) belliltn 'Pille' - billilin 'Pille'. D. 5 Pflanzliche Heilmittel 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie (1): tvurs^ 'Kraut, Gewürz, Wurzel; Schwarze Nieswurz'. 2. Wörter mit germanischer Etymologie (2): wt(h)rouh 'Weihrauch' - win "Wein'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2): ar^atwur^ 'Heilkraut' - puzp 'Würztrank, Kräuterabsud'.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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D . 6 Mineralische Heilmittel 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) sa/% 'Salz'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (6) bluotstein "Blutstein [zum Blutstillen], Hämatit' - gak^nstein 'Kupfervitriol' halasalζ 'Salz' - salgmma 'Salzkristall* - nkirschüm 'Silberglätte (erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe)' - tincta 'schwarze Galle' (?), 'Metallsulfat'. D. 7 Organische Heilmittel 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) humelhonig 'Hummelhonig' — osterscäla 'Austernschale'. D. 8 Sonstige Heilmittel 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (2) saiffa 'Seife' - swebal 'Schwefel'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (0) E. Medizinische Instrumente 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette' - brcnnisen *Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' —fitdtma"Lanzette, Aderlasseisen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (10) bluotisarn 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' — fintüsa 'SchröpfkopP - grabisarn 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' — grabrniger 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' - scabame^pjr 'Federmesser, Skalpell' — scalpelltn 'Schreibmesser, kleines Messer; Skalpell' (?) - scröttsarn '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' - scrötmes^er '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' - snitime^ir 'Messer, Skalpell, Stichel' — snitisarn 'Skalpell, scharfes Schneidemesser'. F. Behandeln, Heilen, Pflegen F. 1 Allgemeine 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0)

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Die Auswertung des Wörterbuches

2. Wörter mit germanischer Etymologie: (8) gt-ambahten 'am Krankenbett Wache halten, sorgen (für)' - buozgn, gi-buo^en 'Krankheit heilen' - hantalön 'behandeln, befühlen, betasten' - heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' - gi-heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' - heilen 'heilen, heil werden' - kreftigen 'heilen' — lähhinön 'heilen, gesund machen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (7) gi-arsptön 'verarzten'- gi-ar^enön 'verarzten' - gi-gen^en 'gesund, ganz machen' - lähhinönto "heilend' — nerien 'heilen, gesund machen' — gi-reinen '(von Krankheit) reinwaschen, läutern' — suhtneri 'das Heilen'. F. 2 warme Umschläge, Pflaster, Salben auflegen, zu Heilzwecken wärmen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-) streichen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (6) bäen '(zur Stärkung, Kräftigung) wärmen, mit Umschlägen heilen' - bäwivjinga 'Wärmen zu Heilzwecken, Erquicken' - bäwisgöd 'Heilen mit wärmenden Umschlägen' - fäskön 'Umschlag, Pflaster auflegen, jem. Linderung verschaffen' — gifäskön 'mit einem Umschlag versehen' - gi-pflastarön 'Wundpflaster auflegen'. F. 3 Wunden reinigen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) reinen '(Wunden) reinigen' - sübiren '(Wunden) reinigen, abwischen'. F. 4 Schröpfen, zur Ader lassen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (3) bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette' - ßedema 'zur Ader lassen'.

"Lanzette, Aderlasseisen' - stingan

3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (5) bluotisarn 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' bluot Ιάψη 'zur Ader lassen, die Adern öffnen' - fintüsa 'Schröpfkopf - ßedemön 'zur Ader lassen' - stiuwen 'zur Ader lassen'.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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F. 5 Fieber senken 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (1) fir-dühett '(Fieber) senken, niederdrücken'. F. 6 Gebrochene Knochen schienen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) tilgen 'gebrochene Knochen schienen'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (2) gelimida 'feste Verbindung' -gi-scinen 'gebrochene Knochen schienen'. F. 7 Blutungen stillen, Kauterisieren 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) brennisen "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (1) fir-streden '(Wunden) verglühen, Blutungen stillen.' G. Medizinische Einrichtungen und Hilfsmittel G. 1 Einrichtungen 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (0) 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (5) badastat 'Badeeinrichtung, (Heil)bad' - heilbrunno 'Heilquell' - hospitälhüs, hospitarohüs 'Armenhaus, Hospital' (?) - siohhüs 'Krankenhaus' - swei^bad 'Schwitzbad'. G. 2 Hilfsmittel 1. Wörter mit indoeuropäischer Etymologie: (0) 2. Wörter mit germanischer Etymologie: (1) bära 'Krankenbahre, Krankenbett'. 3. Althochdeutsche Erstbezeugung: (3) salbfa% 'Salbgefäß, Salbfläschchen' - siohtrago (?) 'Krankenbett' - wur^bet(t)e 'Kräuterbeet'.

468

Die Auswertung des Wörterbuches

3.4.1 Die Auswertung Nur ahd. lähhi und wui\ sind altererbt. Die große Mehrzahl der Lexeme ist erstmals in althochdeutscher Zeit bezeugt. Dies bestätigt nachdrücklich den Charakter des althochdeutschen Feldes als jung und instabil. Doch immerhin 42 Verwendungsweisen sind zumindest schon in einer anderen altgermanischen Einzelsprache vorhanden. Meist handelt es sich dann um Bezeichnungen für Gesundheit und Heilung, die, wie buo^a, gisunt und heil, ursprünglich oder zumindest parallel eine religiöse Bedeutung tragen. Daneben stehen Konkreta wie s a f y saiffa, swebal, wihrouh und wtn, deren heilkundliche Verwendungsweise ebenfalls nur eine unter verschiedenen anderen ist. Einzig im Bereich der medizinischen Instrumente und der heilenden Umschläge beginnt sich schon in voralthochdeutscher Zeit ein etwas festerer und differenzierterer heilkundlicher Wortschatz herauszubilden. Der Anteil der längerfristig kommunikativ wichtigen Lexeme ist auch unter den 116 Erstbezeugungen und Neubildungen des Althochdeutschen verschwindend gering. An erster Stelle ist hier auf ahd. ar(ät zu verweisen, dessen kommunikative Karriere im 9. Jahrhundert beginnt. Daneben sind allenfalls noch ahd. binta, bluotsein und ougsalba eine längere Lebensdauer beschieden gewesen. Unter den Erstbezeugungen dominieren Wortbildungen, die sich um die Kerne απζάί, gan^ gisunt, heil, lähhi, salba und wur^ gruppieren. Die Erweiterung des althochdeutschen Wortschatz im Umkreis von Heilung und Gesundheit vollzieht sich ganz offensichtlich innerhalb einzelner, besonders produktiver Wortfamilien.

3.5 Morphologische und semantische Analysen 3.5.1 Morphologie Das Corpus enthält 161 Lexeme: -

auf der Ebene des Althochdeutschen nicht weiter a n a l y s i e r b a r e SlMPLIZIA - darunter morphologisch integrierte ENTLEHNUNGEN

-

ÄLTERE SUFFIXBILDUNGEN

-

JÜNGERE SUFFIXBILDUNGEN

mit im Althochdeutschen unproduktiven Suffixen mit im Althochdeutschen produktiven Suffixen - darunter FLEXIONSMORPHEME - darunter DERIVATIONSMORPHEME - darunter morphologisch integrierte ENTLEHNUNGEN -

PRÄFIXBILDUNGEN - darunter morphologisch integrierte ENTLEHNUNGEN

-

KOMPOSITA

(32) (8) (1)

(68) (9)

(57) (2) (17) (2) (40)

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit KONVERSIONEN SYNTAGMEN

469 (2)

0)

Da der althochdeutsche Wortschatz im Umkreis von Heilung und Gesundheit erst ansatzweise ausgebildet ist, können auch zunächst noch keine auffälligen morphologischen Tendenzen beobachtet werden, die dieser Ausbildung zu Grunde liegen. Wie im Bereich der Krankheitsbezeichnungen überwiegen in den meisten Feldern Suffixbildungen. Im Unterschied dazu wird zur Bezeichnung von Heilsalben und medizinischen Instrumenten mehrheitlich auf Komposita zurückgegriffen. Eine systematische Erweiterung des Wortbestandes zum Zwecke der Terminologiebildung hat es im Bereich „Heilung und Gesundheit" in althochdeutscher Zeit in der Volkssprache nicht gegeben. Prozentual ist der Anteil an Endehnungen in diesem Bereich daher höher (6,21 %), in absoluten Zahlen (10) ist die Gruppe jedoch wie in den anderen Bereichen auch nur klein: fintüsa, ßiedema,pflastar,pu%a, tincta, wirr, ptmentäre, scalpelltrr, gi-ambahterr, hospitälhüs. Das Augenmerk wurde allerdings schon im vorangehenden Abschnitt auf die Existenz einiger weniger markanter Wortfamilien gelegt, die im Umkreis der Bezeichnungen von Heilung und Gesundheit dennoch eine gewisse Rolle gespielt haben. Vor allem innerhalb dieser Wortfamilien kommt dann auch den Komposita und Suffixbildungen eine etwas größere Bedeutung zu. Die charakteristischen Wortfamilien des Paradigmas sind: arzät arvpt 'Arzt, Heilkundiger; Einbalsamierer' (?) ar(äto 'Arzt, Heilkundiger' anjnäri 'Heilbtinger, Heiler, Arzt'; ars^ntuom 'Medizin, Heilkunde'; angtuom 'Heilkunde' ar(ätg>t 'Gott der Ärzte (Äskulap)' gi-ar^atön 'verarzten'; gt-ar%ptön 'verarzten' wuntanpt 'Wundarzt, Chirurg'. gisunt gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' gisunti 'gesund, wohlverwahrt, glücklich' gisunt 'Gesundheit, Wohlbefinden'; gisunti TJnverletztheit' gisuntida 'Gesundheit' g-suntin 'gesund sein' (?) sunt 'Kraft, Gesundheit'; sunta 'Kraft, Gesundheit*. heU heil 'heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' heil 'Heilung' (?), heilt, heila 'Gesundheit; Heilung'

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Die Auswertung des Wörterbuches

heiläri 'Heiler, Salber, Arzt'; heilida 'Gesundheit, Heilung'; heilnussida 'Heilung'; heilunga 'Heilung' heikntlih, heiknlih "heilsam, gesund'; heilhaft 'gesund, heilsam, glücklich'; heillih 'heilsam'; heillthho 'auf gesunde Weise'; heil(e)sam "heilsam, gesund'; hei!(e)samo 'heilsam, gesund' heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen'; heilen 'heilen, heil werden'; gi-heilen "heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' erretten, wiederherstellen' libheili 'Heilung'. lähhi tähhi 'Arzt' lähha 'Heilkundige, Hebamme' (?); lähhen 'Arznei, Heilmittel' lähhinära 'Heilerin'; lähhittäri 'Heiler'; lähhemnga 'Arznei'; lähhida 'Arznei'; lähhintuom 'Arznei, Heilmittel'; lähhituom 'Heilmittel, Arznei'; lähhunga 'Heilmittel' lähhenhafte "heilsam'; lähhituomlth 'mildernd, lindernd'; lähhinönto *heilend' lähhinön 'heilen, gesund machen'. salba salba 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' salb 'Salbe, Salböl; Salbung' salbära 'Salbenhändlerin, Salberin' (?); salbäri 'Salbenmischer, -handler'; salbärin 'Salbenhändlerin' gisalbi 'Salbe' salbmahhe 'Salbenmischerin, -händlerin'; salbfaζ 'Salbgefäß, Salbfläschchen' ouggiselbi 'Augensalbe'; ougilsalba 'Augensalbe'; ougsalba 'Augensalbe'; ptmin^salba 'Kräutersalbe'; seifsalbe 'Salbenmischung' (?) jalbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-)streichen\ Die Erweiterung des althochdeutschen Wortschatzes im Umkreis von Heilung und Gesundheit vollzieht sich also - mit Ausnahme der Komposita im Bereich der Instrumentenbezeichnungen - in einzelnen zentralen Wortfamilien. Vermutlich sind es spärliche therapeutische Kenntnisse, die es mit sich bringen, dass in erster Linie nur an alltagssprachlich bereits Bekanntes, das heißt hier an die häufig verwendeten Archilexeme der größeren Wortfamilien angeknüpft wird. Nur innerhalb dieser Wortfamilien vollzieht sich ansatzweise eine Differenzierung mit Hilfe von Komposita und Suffixbildungen.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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3.5.2 Semantik Im Unterschied zum Körper-Frame lassen sich wie im Krankheits-Frame auch im althochdeutschen Gesundheits-Frame nur wenige Felder zusammenstellen, die mit einer größeren Anzahl von Bezeichnungen aufwarten können. Die Felder sind nur dann etwas reicher ausgebildet, wenn, wie im Falle von „Gesundheit und Heilung" oder „Behandeln, Heilen, Pflegen", überwiegend Alltagswortschatz aus den Wortfamilien um gan^ gisunt, guot oder heil verwendet werden konnte. Die meisten Felder sind fur eine Mikroanalyse insgesamt zu klein. Ihr fragmentarischer Charakter lässt es daher ratsam erscheinen, die Bezeichnungen zunächst im Zusammenhang zu behandeln. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei zunächst die Wörter für den Heilkundigen bzw. die Heilkundige, weil sich hier möglicherweise Spuren des Nebeneinanders der idealtypischen Konzepte der magischen Volksmedizin und der wissenschaftlich-empirischen Buchmedizin finden lassen. Die beiden Kandidaten für dieses Nebeneinander der Heilkunst der Zaubersprüche und der Heilkunst der Rezepte sind ahd. lähhi und ahd. ar^ät mit ihren Wortfamilien.563 Beide Wörter bezeichnen den Arzt oder Heiler. Da das Spektrum der ärztlichen Tätigkeiten im Frühmittelalter anders gestaffelt war, können im Unterschied zur Gegenwart neben der Bedeutung 'Arzt, Heilkundiger' auch Bedeutungen wie 'Kräutermischer, Salbenmischer' hinzutreten, wie sie für ahd. arspt bezeugt sind. Ein Bedeutungsunterschied ist zwischen den Lexemen nicht festzustellen. Ihr Nebeneinander erklärt sich vielmehr aus einem zeitlichen Nacheinander. Ahd. lähhi erscheint bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts im T A T I A N und in den M U R B A C H E R H Y M N E N , sowie einmal, in der Bedeutung 'Ringfinger' für digitus medicus in den G L O S S A E C A S S E L L A N A E . Ahd. arspt beginnt dagegen seine kommunikative Karriere erst im 9. Jahrhundert bei O T F R I D und ist dann in Glossenhandschriften des 10. und 11. Jahrhunderts gut bezeugt. Die Ablösung eines Lexems durch ein anderes lässt sich selten in so reiner Form beobachten, wie an dieser Stelle. Da die aktuellen Bedeutungen von ahd. lähhi und αηζάί keine Unterschiede zeigen, bleibt auf der Ebene der kommunikativen Semantik unklar, was den Untergang von lähhi und seine Ersetzung durch ar^at hervorgerufen hat. Die Hintergründe des Wortschatzwandels erhellt die Begriffsgeschichte. Ein Blick auf die Etymologie der Lexeme verdeutlicht, dass sie den zwei jeweils unterschiedlichen Aspekten der Heiltätigkeit genau zugewiesen sind. Ahd. lähhi gehört zu lat. lego 'sammeln, auswählend auflesen (von Runen), lesen, deuten, vortragen, reden' und bezeichnet jemanden, der Krankheiten beschwörende, sie hemmende, austreibende Worte oder Sprüche aufsagt. Der begriffliche Kern des Lexems entspricht der Methode des Heilens durch Beschwörung, der lähhi ist der Heiler der Zaubersprüche und der Beschwörungsformeln der medizinischen Sammelhand-

563 Siehe dazu auch F. TSCHIRCH, Geschichte der deutschen Sprache, S. 160-162.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Schriften. Ahd. απζάί liegt demgegenüber griech. arthiatros, mlat. archiater 'Oberarzt, Leibarzt' zu Grunde. Es ist daher in seinem begrifflichen Kern ein Titel, der dem am fränkischen Königshof angestellten Oberarzt in hellenistisch-römischer Tradition verliehen wurde. In der eingedeutschten Form ist der Titel zur Berufsbezeichnung geworden. Die hellenistisch-römische Tradition der Bezeichnung deutet, wie auch das einmal von NOTKER verwendete ar^ätgot für den Gott Äskulap, auf die Wahrscheinlichkeit, dass ar(ät den gelehrten, mit den Schriften GALENs und dem hippokratischen Corpus vertrauten Heilkundigen bezeichnen sollte.564 Auch wenn bereits deutlich geworden ist, dass die in Klöstern und Kathedralschulen gelehrte und praktizierte Medizin durchaus beide Seiten der frühmittelalterlichen Heilkunde und Heilkunst umspannen kann, gibt das Nebeneinander der verschiedener Bezeichnungen für den Beruf des Arztes doch einen Hinweis darauf, dass die beiden unterschiedlichen medizinischen Konzepte verschiedene Schwerpunkte setzen und aus unterschiedlichen Traditionen stammen. Ahd. lähhi stellt sich in den Kontext der heilenden Zaubersprüche, ar^ät steht im Kontext der Kloster- und Kathedralschulmedizin. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass lähhi oder ein anderes Wort der Wortfamilie im Frühmittelalter negativ konnotiert ist.565 Die magische Medizin zieht sich aber aus der Schriftlichkeit mehr und mehr zurück. Wenn in Texten vom Beruf des Arztes die Rede ist, wird seit der Mitte des 9. Jahrhundert stets vom αηζάί gesprochen. Man kann daher fur das Althochdeutsche nicht von einem „Bedeutungswandel" von 'medicus' zu 'Zauberer' sprechen.566 Es hat sich auch kein „Übergang zur Zauberbedeutung"567 vollzogen. Ahd. lähhi hat seine Bedeutung nicht verändert. Vielmehr ist der durch lähhi repräsentierten einheimischen magischen Medizin mit der neuen wissenschaftlichen Klostermedizin ein mächtiger Konkurrent erwachsen. Mit der Bevorzugung des neuen Wortes ar^ät bringen die schreibenden Kleriker ihre Zugehörigkeit zur neuen Medizin deutlich zum Ausdruck. So verwundert es fast, dass der Tatian um 830 noch am älteren lähhi festhält. Vielleicht zeigt sich hier einmal mehr angelsächsischer Einfluss. Ahd. lähhi umspannt das gesamte Spektrum der zunächst allgemeingültigen magischen Medizin. Mit dem Aufkommen der wissenschaftlichen Medizin ändert sich das Berufsbild des Heilers. Die Anhänger des neuen Berufsbildes tauschen die Bezeichnung aus. Bezeichnenderweise bricht sowohl die Verwendung von lähhi, als auch des Verbums lähhinön in den Glossen ab. Einzig in einer GregorGlosse des 11. Jahrhunderts scheint es als Übersetzung von lat. medeor *heilen, helfen' noch einmal in etwas allgemeinerer Verwendungsweise auf. Das Wortfeld um lähhi geht also nicht völlig unter, da auch die magische Medizin weiter be564 Man vergleiche G. RICHTER, Bezeichnungen, S. 262f. 565 Erstmals in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts bezeugtes lähhinön "Wahrsager' betont den Unterschied (eines Teils) der Volksmedizin zur neuen Medizin. 566 So aber G. RICHTER, Bezeichnungen, S. 260. 567 So ebd., S. 275.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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stehen bleibt. Aufs Pergament gelangen die Bezeichnung zwischen dem späten 9. und dem 12. Jahrhundert aber nur noch dann, wenn der Unterschied zwischen Volksmedizin und Klostermedizin, so in einigen Notker-Belegen, besonders betont werden soll. In diesem Zusammenhang erscheinen auch die auffälligen movierten Femina wie lähhinära für die Heilerin und „weise Frau". Der Wortschatzwandel ist in diesem Feld also nicht das Ergebnis veränderter kommunikativer Bedürfnisse und Regeln, sondern das Ergebnis eines Wandels in der außersprachlichen Welt. Der Verzicht auf die Verwendung von ahd. lähhi in der Bedeutung 'Heiler' ist kein „Phänomen der dritten Art", sondern des Resultat bewusster Vermeidung der Schreiber. Der im Mittelhochdeutschen dann tatsächlich erkennbare Bedeutungswandel von lachemin und lächente, die in den Texten fortan nur noch negativ besetzt in der Bedeutung 'Zauberer' und 'Zauberei' erscheinen,56* ist das Resultat der Marginalisierung der magischen Medizin und ihr Rückzug auf die Randgebiete der medizinischen Praxis. Entscheidend ist aber, dass eine Bedeutungsverschlechterung von lähhi und seiner Wortfamilie im Frühmittelalter, also in althochdeutscher vorsalernitanischer Zeit, noch nicht feststellbar ist. Warum sich ar^ät gegenüber lähhi durchsetzt, erklärt sich erst durch die Aufhellung des begrifflichen Kerns der Wörter, die aktuellen Bedeutungen verraten darüber nichts. Neben arvpt, lähhi und ihren Varianten begegnen noch einige weitere Lexeme zur Bezeichnung des Heilkundigen, die für die zunehmende Differenzierung des Berufstandes sprechen. Da lähhi als Oberbegriff nach dem Aufkommen von ar^ät nicht mehr tauglich war, ar^ät selbst aber den Aspekt des Buchwissens betont, fehlen Bezeichnungen für die empirisch-alltagspraktische, auf die Wirkung der Heilpflanzen ausgerichtete Dimension der Volksmedizin. Eine Reihe von Neubildungen wie pimentäre, salhära, salbäri, salbärin, salhmahhe und wurspri, von denen allerdings nur salbära 'Salbenhändlerin, Salberin' etwas häufiger bezeugt ist, belegen die Notwendigkeit auch der lexikalischen Differenzierung. Eine Leitvariante bildet sich noch nicht heraus. Bezeichnend ist jedoch der vergleichsweise hohe Anteil an movierten Femina, was für die hervorgehobene Rolle der heilkundigen Frauen im Frühmittelalter spricht. Ergänzt wird das Bild durch zwei Bezeichnungen für die Hebamme: hevanna und hevila. Ergänzt wird das Feld von einer anderen Seite auch durch zwei Glossen zu lat. chirurgus·. ahd. grabo und wuntämpt. Beide Lexeme sind erst je einmal bezeugt, es erweist sich hier einmal mehr, dass es mit wuntar^ät die Bezeichnung des SUMMARIUMs HEINRICI ist, die sich langfristig durchsetzt, obwohl grabo älter und in der Germania weiter verbreitet ist. Der Anschluss an die Wortfamilie um ar^ät war aber wohl geeignet, der chirurgischen Tätigkeit höheres Prestige zu verschaffen, als dies beim einheimischen grabo (zu graban) möglich war. Als letzter Vertreter des Feldes ist ahd. hetläri 'Heiler, Salber, Arzt' zu nennen. Es gehört zu ahd. heil *ge-

568 Siehe dazu G. RICHTER, Bezeichnungen, S. 260f.

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Die Auswertung des Wörterbuches

sund', das im 8. und 9. Jahrhundert das Wortfeld „gesund" beherrscht. Das mittelhochdeutsche Wortfeld und seine Geschichte wurde bereits von E. Koller gründlich untersucht und muss an dieser Stelle nicht erneut ausgebreitet werden.569 Es genügt der Hinweis, dass heil in den ältesten Texten bis hin zum TATIAN dominiert und erst gegen Ende der althochdeutschen Zeit durch gisunt abgelöst wird. Ahd. gisunt bedeutet zunächst 'günstig, wohlbehalten' und erscheint dann auch als Glosse zu lat. sänus 'gesund, heil' erstmals Ende des 10., Anfang des 11. Jahrhunderts. E. Koller hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es die Homonymie mit dem substantivischen Sakralbegriff das Heil und die Zugehörigkeit des Adjektivs zum magisch-religiösen Bereich im Sinne von „Heil bringend, heilvoll" ist, die für das Ausscheiden von heil aus dem Wortfeld „gesund" verantwortlich ist.570 „Mit der Zuweisung der Medizin an die artes mechanicae [...] lockert sich der Zusammenhang zwischen Theologie und Medizin entscheidend. Die Medizin wird zur Technik. Das Christus-medicus-Motiv wird für die Medizin bedeutungslos und *heil' wird zu gesund."^11 Auch ahd. heiläri konnte sich deshalb als Oberbegriff für den Berufsstand nicht durchsetzen und erscheint in spätalthochdeutscher Zeit nur noch dann, wenn das religiöse Christus-medicus-Motiv betont werden soll. Im frühmittelalterlichen volkssprachigen Gesundheits-Frame spiegelt sich somit ein zweifacher Ablösungsprozess: Zunächst erfolgt in der Mitte des 9. Jahrhunderts mit dem Zurücktreten von ahd. lähhi die Verdrängung der magischen Volksmedizin aus der Schriftlichkeit außerhalb der Textsorte der Zaubersprüche. Dann, etwa gleichzeitig beginnend und bis in spätalthochdeutsche Zeit fortdauernd, vollzieht sich die Ersetzung des religiös aufgeladenen Leitworts heil durch des neutrale, die Stärke und Unverletztheit eines Körpers betonende gisunt. Aus einer fünffachen Differenzierung in magisch-religiöse Heilkunde {lähhi) — christlich-religiöse Heilkunde {heil, heiläri) — Kräuterheilkunde {pimentäre, salbära, wurzäri) - Chirurgie (grabo, wuntar^ät) und gelehrter Buchmedizin {aryät) wird so zum Ende der althochdeutschen Zeit in den Texten eine reduzierte dreifache Differenzierung, aus der der magisch-religiöse und der christlich-religiöse Aspekt — zumindest auf der Ebene der Lexik - herausfallt. Für die Stärke der neuen Buchmedizin spricht nicht zuletzt, dass mit ahd. ar^entuom und ar^etuom nur zu ahd. απζάί ein Abstraktum in der Bedeutung 'Medizin, Heilkunde' gebildet wurden. Die übrigen medizinischen Konzepte, die einen „modernen" systematischen Anspruch nicht erhoben haben, haben hier auch keine Begriffe hervorgebracht. Da sich Kräuterheilkunde, Chirurgie und gelehrte Medizin in althochdeutscher Zeit durchsetzen, darf man in diesen Bereichen auch den größten Anteil am heilkundlichen Wortschatz erwarten. Zur Kräutermedizin stellen sich neben den 569 Nu müez iuch got bewarn, bes. S. 130—137. 570 Ebd., S. 134. 571 M. HONECKER, Christus medicus, S. 37.

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bereits erwähnten Tätigkeitsbezeichnungen salbära, ptmentäre, salbäri, salbärin, salbmahhe und wuryäri vor allem die zahlreichenden Heilpflanzenbezeichnungen.572 Daneben finden nur wenige pflanzliche Heilmittel Erwähnung: ar^atwur^ pu^a, n>i(h)rouh, min Wein' und n>un(. Ein spät bezeugtes Wort wie ar^atwur^ zeigt, dass die Domänen von tähhi, ar^ät und salbära nicht strikt voneinander getrennt sind. Die hauptsächliche Verbreitung kräutermedizinischer Bezeichnungen findet sich bei den Wörtern für warme Umschläge, Salben und Pflaster. Es dominieren hier die Lehnwörter fäska, fäski, salba und mit einigem Abstand pßastar. Unter den einheimischen Bezeichnungen ist nur die Neubildung bäunga gut bezeugt. Auch insgesamt ist die Zahl der Lehnwörter in diesem Bereich recht hoch: fäska, fäski 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband', gifäski 'heißer Umschlag', $ZwAzr "Wundpflaster, auf Binden oder Leder gestrichene Heilsalbe', ptminigalba 'Kräutersalbe', salb 'Salbe, Salböl; Salbung', salba 'Salbe, Umschlag, Heilmittel\gisalbi 'Salbe', dazu die Weiterbildungen mit einheimischen Suffixen in bellilin 'Pille', billiltn cP\i\&',fäskuttga 'Wundumschlag', und in Kombination mit einem einheimischen Grund- oder Bestimmungswort in ouggiselbi 'Augensalbe', ougilsalba 'Augensalbe', ougsalba 'Augensalbe', seifsalbe 'Salbenmischung' und wohl auch in beneduoh 'Kompresse'. Es entsteht der Eindruck, dass die einheimische Kräutermedizin in ihrem lexikalischen Bestand bereits fast völlig von der lateinischen Schriftkultur überformt ist. Schon die spärlichen volkssprachigen heilkundlichen Glossen des LORSCHER ARZNEIBUCHS haben im späteren Althochdeutschen keine Fortsetzer gefunden. Nur die Pflanzenbezeichnungen erinnern noch an die ältere einheimische Tradition. Einheimischer Tradition entstammen auch die allerdings nur spärlichen Reste der Organotherapie, von der die mittelalterlichen Geiertraktate noch ein letztes Zeugnis ablegen.573 In althochdeutscher Zeit begegnen auf der Ebene der Wörter nur osterscäla der Basler Rezepte und humelhonig der Mülinischen Rolle. Aus der Gruppe der mineralischen und sonstigen Heilmittel treten aus einheimischer Tradition noch bluotstein, halasafy saiffa, sal% und swebal hinzu. Als typische Bezeichnungen aus dem Tätigkeitsbereich des Wundarztes begegnen: bluotisarn 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette', bluotsahs 'Aderlassmesser, Lanzette', brettntsen "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden, der Kauterisierung)', fintüsa 'Schröpfkopf, fliedema 'Lanzette, Aderlasseisen', grabisam 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette', grabmetger 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette', scabamesgir 'Federmesser, Skalpell', scalpelltn 'Schreibmesser, kleines Messer; Skalpell' (?), scrötisarn '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument', scrötmesger '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument', snitimesgir 'Messer, Skalpell, Stichel' und snittsarn 'Skalpell, scharfes Schneidemesser'. Erkennbar sind die 572 Siehe dazu in lexikalischer Hinsicht das folgende Kapitel. 573 Man vergjeiche G. K E I L - J . STÜRMER, Geiertraktat; B. MEINEKE, Zur Frage eines althochdeutschen Geiertraktats.

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Die Auswertung des Wörterbuches

Bereiche „zur Ader lassen", „schröpfen", „chirurgische Schnitte vornehmen" und „Wunden ausbrennen". Am häufigsten bezeugt ist ßedema für das Aderlasseisen, das einheimisches bluotsahs verdrängt. Zu ßedema ist vermutlich auch ein schwaches Verb ßedemön hinzugebildet worden. Als Glosse zu lat. phkbotomo erscheinen mit stingan und stiuwen einheimische Wörter in der Bedeutung 'zur Ader lassen' erst in den späten KAISHEIMER REZEPTEN. Die neben dem Aderlass wichtigste Tätigkeit des frühmittelalterlichen Wundarztes, das Schröpfen, erscheint nur einmal durch fintüsa als Übersetzung von lat. ventösa 'SchröpfkopP in einem Bemer Pflanzenglossar des 11./12. Jahrhunderts. Daneben stehen noch einige wenige weitere Instrumentenbezeichnungen, einerseits das einmal bezeugte morphologisch integrierte Lehnwort scatpellin, das an der betreffenden Stelle aber auch ein Schreibwerkzeug bezeichnen kann, und eine Reihe einheimischer Bildungen mit den Grundmorphemen -mevger und -tsarn. Zumindest voralthochdeutsches Alter besitzt hier neben bluotsahs und ßedema nur ahd. brtnnisen als einziger lexikalischer Zeuge der Kauterisation. Die häufiger gebrauchten grabtsarn (zu grabo), scabame^vir, scröttsarn und snitimetgir sind Neubildungen ebenso wie seltenes grabme^er, scrötme^er und snitisarn. Auch wenn nicht für jeden einzelnen Beleg dieser Instrumentenbezeichnungen mit letzter Sicherheit eine medizinische Bedeutung festgemacht werden kann, so überrascht doch insgesamt der vergleichsweise hohe Anteil an einheimischem Wortschatz in diesem Bereich. 3.6 Resümee Beim althochdeutschen Wortschatz von Heilung und Gesundheit handelt es sich fast ausschließlich um jüngere Neubildungen. Nur zwei Lexeme sind altererbt und reichen in indoeuropäische Zeit zurück. Der Rahmen wird dominiert von Heilpflanzenbezeichnungen, der sonstige, im engeren Sinne appellativische Wortschatz ist noch gering. In althochdeutscher Zeit erfolgt ein erst schrittweiser Ausbau der einzelnen Felder, der sich meist innerhalb bestehender Wortfamilien vollzieht. Dieser schrittweise Ausbau spiegelt die tastende Suche nach neuen Heilund Bezeichnungsmöglichkeiten, die immer am bereits Bekannten orientiert ist. Nur in einzelnen Bereichen, wie der Chirurgie mit den Bezeichnungen für chirurgische Instrumente, steigt die Zahl der Lexeme schneller, nur hier konnten in nennenswerter Zahl Komposita und Suffixbildungen gefunden werden. Das bisher Gesagte macht deutlich, dass der überwiegende Anteil des heilkundlichen Wortschatzes im Gesundheits-Frame zu den Bereichen der Kräutermedizin und der Chirurgie gehört. Die neue wissenschaftliche Buchmedizin ist in der Volkssprache noch kaum präsent. Das kann aber schon deshalb nicht überraschen, weil die frühmittelalterliche benediktinische Rezeption des antiken Wissens noch in den Anfängen steckt. Es wird eine Reihe von Jahren dauern, bis das gelehrte Wissen aus den lateinischen Texten in die Volkssprache transferiert wird.

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

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Auch darf nicht vergessen werden, dass vor allem die Gegenstände der Kräutermedizin nicht scharf von den Inhalten der Buchmedizin getrennt werden können. Aber einen spezifisch diätetischen oder humoralpathologischen Wortschatz haben die Schreiber in der Volkssprache noch nicht gebildet. Ahd. furiburt und furiburtig, die in der diätetischen Tradition der „gesunden Lebensführung" stehen, scheinen eher aus einer religiösen Umgebung des maßvollen, monastischen Lebens zu stammen und sind kein Bestandteil des mittelalterlichen (Fach-)Wortschatzes geworden. Auch die Adjektive warm, kalt, feucht, trocken, die in späterer Zeit zur Bezeichnung humoralpathologischer Qualitäten herangezogen werden konnten, stehen in althochdeutschen Texten noch nicht in einem heilkundlichen Zusammenhang. Humoralpathologischer Herkunft sind daher einzig die bereits im vorausgehenden Abschnitt behandelten Bezeichnungen für Körperflüssigkeiten wie saf und fühtt. Mit der Säftelehre korrespondieren allerdings die Therapieformen des Aderlasses und des Schröpfens, für die sich immerhin die ersten spärlichen lexikalischen Zeugen finden ließen. So fragmentarisch das Feld der Bezeichnungen für Heilung und Gesundheit im Althochdeutschen auch besetzt ist, so hoch ist doch darin zugleich der Anteil an spezifisch heilkundlichen Bezeichnungen. Es versammeln sich hier beispielsweise mehr Lehnwörter, als in den beiden großen Frames zum Körper und zur Krankheit zusammen. Die Fachwortbildung erfolgt daher ausschließlich durch Komposition, Derivation und Endehnung. Die Endehnungen sind allesamt als fachsprachliche Terminologiebildungen einzustufen, die den fachsprachlichen Charakter der althochdeutschen Sprache der Medizin wesentlich verstärken. Entlehnungen und Pflanzenbezeichnungen werden in nach-althochdeutscher Zeit für viele Jahrhunderte zu den prägenden Faktoren der volkssprachigen Fachsprache der Medizin.

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Die Auswertung des Wörterbuches

4. Die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen 4.1. Pflanzenbezeichnungen und Heilkunde Bezeichnungen für Heilpflanzen bilden im Rahmen des Wortschatzes der Heilkunde eine Sondergruppe. In sprachlicher Hinsicht haben sie an der Ausbildung und Entwicklung eines deutschen Fachwortschatzes der Medizin keinen Anteil. Ihre Überlieferung, der Bestand, die volkssprachigen Bezeichnungen und die ihnen zu Grunde liegenden Bezeichnungsmotive wären in einer für die ältere Zeit noch zu schreibenden Geschichte der botanischen Fachsprache offen zu legen.574 Dennoch sind Pflanzenbezeichnungen bei der Untersuchung des Wortschatzes der Heilkunde von großer Bedeutung. Da jede Pflanze beziehungsweise ihre Substanzen medizinischen Zwecken dienen und daher potentiell in jedem medizinischen Text erscheinen können, werden volkssprachige Pflanzenbezeichnungen zu einem wesentlichen Faktor fast jeder medizinischen Textsorte. Krankheitsbezeichnungen, Bezeichnungen fur medizinische Maßnahmen und Pflanzenbezeichnungen stehen in den Rezeptsammlungen und Arzneibüchern des hohen und späten Mittelalters in engster textueller Verbindung. Frühmittelalterliche Pflanzenbezeichnungen können daher als ein entscheidendes Merkmal bei der Herausbildung volkssprachiger medizinischer Textsorten gelten. Daher werden sie auch in dieser Untersuchung berücksichtigt. Am Beginn der volkssprachigen Überlieferung erscheinen die Pflanzenbezeichnungen aber, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zumeist nur in Sachglossaren oder in Einzelglossaren zu unterschiedlichen lateinischen Texten.575 Es ist dabei vor allem bei den Sachglossaren derzeit noch nicht sicher zu entscheiden, welche Pflanzenbezeichnungen in einem enzyklopädischen oder schulischen Zusammenhang aufgezeichnet wurden, welche Glossare einem eher botanisch-klassifikatorischen und welche Glossierungen einem im engeren Sinne medizinischen Interesse dienten. Ein heute noch erkennbarer medizinischer Funktionszusammenhang besteht für althochdeutsche Pflanzenbezeichnungen außer in den frühen Rezepten nur für die wenigen Glossen, die entweder zu lateinischen Rezepten, lateinischen medizinischen Texten oder zu speziellen Abhandlungen über die Wirkung von Heilpflanzen verfasst wurden. Die Bedeutung der Heilpflanzen und ihrer Wirkweisen für die Heilkunde steht aber auch für das frühe Mittelalter außer Frage. Gerade im heilkundlich-pflanz-

574 Man vergleiche vorerst H. REIER, Die altdeutschen Heilpflanzen; für die frühe Neuzeit P. SEIDENSTICKER, „die seltzamen namen all". 575 Wichtige Vorarbeiten, die auch hier immer wieder auf ISIDOR VON SEVILLA zurückweisen, hat H. R. Fehlmann vorgelegt. Man vergleiche etwa ders., Hochmittelalterliche Pflanzenglossare. Ebd., S. 399 werden 16 Handschriften genannt, deren Pflanzenglossare als Heilpflanzenglossare gedeutet werden. Die Forschungen sind auf diesem Gebiet jedoch noch lange nicht abgeschlossen, ein Vorgriff auf Ergebnisse der historisch-botanischen Forschung kann hier nicht geleistet werden.

Pflanzenbezeichnungen

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liehen Bereich haben sich Benediktiner und die aus ihren Reihen hervorgegangenen karolingischen Hofbeamten besonders bemüht, aus einem vor allem praktisch motiviertem Interesse eine gewisse Systematik zu entwickeln. Allein das CAPITULARE DE V l L L l S , ein Erlaß Karls des Großen vom späten 8. Jahrhundert zur Regelung der Landgüter nennt — in lateinischer Sprache — über 70 Pflanzen, die im Garten angebaut werden sollen.576 Dieser Erlass steht vermutlich in Zusammenhang mit dem sozial-medizinischen Programm des lateinischsprachigen LORSCHER ARZNEIBUCHS, was den fachlichen Bezug zur Heilkunde zusätzlich unterstreicht.577 Auch der Klosterplan von St. Gallen enthält einen Kräutergarten mit 16 eingezeichneten lateinischen Pflanzenbezeichnungen und einen Gemüsegarten mit 18 weiteren Bezeichnungen.57* Aus etwa der gleichen Zeit stammt der „Hortulus" des WALAHFRIDs STRABO, der seit 842 als Abt dem Kloster Reichenau vorstand und ein lateinisches Gedicht in 444 Hexameterversen über die Freuden des Gartenbaus und die medizinische Verwendung von 23 Pflanzen verfasst hat. 579 Neben diesen herausragenden Zeugnissen von der Beschäftigung mit der Heilkraft der Pflanzen stehen schließlich jene volkssprachigen Pflanzenbezeichnungen, die als Glossen in lateinischen Handschriften auftreten. Es wäre reizvoll, die lateinischen Bezeichnungen einer Pflanze zuzuweisen und zugleich auch diejenigen volkssprachigen Bezeichnungen, die dem entsprechenden lateinischen Lemma zuzuordnen sind, als Bezeichnungen für Heilpflanzen zu verbuchen. Es besteht aber keine Sicherheit darüber, dass sich lateinische und parallele althochdeutsche Bezeichnungen stets auf die selbe Pflanze beziehen. Ohnehin muss man mit William Crossgrove davon ausgehen, dass erst die volkssprachigen Bezeichnungen sowie die verdeutschten lateinischen Bezeichnungen und Entlehnungen den notwendigen Apparat zur Identifizierung der einheimischen Pflanzen geliefert haben580. Erst die Glossare zeugen deshalb von der praktischen Anwendung des gelehrten Pflanzenwissens. Bei der Bestimmung einer volkssprachigen Pflanzenbezeichnung als Heilpflanzenbezeichnung kann beim derzeitigen Stand der Forschung nur der volkssprachige Wortschatz selbst herangezogen werden. Eine Ausnahme bilden

576 Siehe C. BRÜHL (Hg.), Capitulare de Vitts, S. 22. Man vergleiche auch W. CROSSGROVE, Die deutsche Sachliteratur, S. 32f. 577 Siehe G. KEIL, Einleitung, S. 14-16. 578 W. SÖRRENSEN, Gärten und Pflanzen im Klosterplan; K. HECHT, Der St. Galler Klosterplan. Man vergleiche auch J. DUFT, Notker der Arzt 579 H.-D. STOFFLER, Der Hortulus des Walahfrid Strabo, bes. S. 11-15. Zu einigen wenigen lateinischen Bezeichnungen sind althochdeutsche Glossen überliefert. Man vergleiche StSG. II, 767f. Die Glossen ne^il, andern, lubtsttckel, smrtttta, scaraünga und min^a müssen aber nicht zwingend in einem heilkundlichen Zusammenhang stehen. 580 Die deutsche Sachliteratur, S. 33.

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Die Auswertung des Wörterbuches

für die frühmittelalterliche Zeit allenfalls die sog. WÜRZBURGER REZEPTE, die schon früh genauer untersucht worden sind.581 In einem Anhang zum „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" sind die volkssprachigen Pflanzenbezeichnungen deshalb vollständig aufgenommen. Besonders die Identifizierung der Pflanzen in den hoch- und spätmittelalterlichen Arzneibüchern wird auf diese Weise wesentlich erleichtert. Auch die Frage nach Kontinuität oder Neubildung einzelner Bezeichnungen kann auf dieser Basis so sicher wie bei Corpussprachen überhaupt möglich beantwortet werden. Alle Pflanzenbezeichnungen, die in einer deutlichen textuellen Verbindung zur Heilkunde stehen, also in Rezepten und als Glossen zu lateinischen medizinischen oder pharmakologischen Schriften, werden gesondert markiert. Es handelt sich dabei um Belege aus den BASLER REZEPTEN, dem LORSCHER ARZNEIBUCH, den WÜRZBURGER REZEPTEN, den Glossen zum PSEUDO APULEIUS, dem BERNER ROTULUS, den ÄLTEREN MACER FLORIDUS-GLOSSEN sowie aus sonstigen Rezepten und Glossenhandschriften.

Demgegenüber werden in dem nun folgenden Abschnitt in einer sprachwissenschaftlichen Perspektive nur diejenigen Bezeichnungen herausgehoben, deren Ausdrucksseite selbst bereits in einen medizinischen Zusammenhang weist. Dabei ist zu beachten, dass eine Körperteilbezeichnung oder eine Krankheitsbezeichnung als Teil einer Pflanzenbezeichnung nicht in jedem Fall schon einen medizinischen Zusammenhang herstellen muss. Möglich sind Bezeichnungen nach der Form wie in her^blatt und leberkrüt (hier nach dem leberartig gelappten Vegetationskörper) oder Bezeichnungen, die eine andere, nicht primär heilkundliche Verwendungsweise des Lexems tradieren wie eitarwurz^ eiiarne^pjla zu ahd. eitar 'Eiter, Gift' nach dem brennenden Geschmack. Daneben ist stets mit volksetymologischen Umdeutungen zu rechnen, wie in nasawur^ 'Große Brennessel, Frauenhaar', das wohl aus nass-wur^ 'Schuppenwurz' (Lathraea squam.; Marzell 2,1187) umgedeutet ist. 4.2. Pflanzenbezeichmingen mit heilkundlich motivierten Morphemen Eine Reihe von Bezeichnungen aus dem heilkundlichen Bereich sind jedoch mehr oder weniger durchsichtige Bildungen, die die Funktion eines Heilmittels unmittelbar kenntlich machen. Daher deuten bereits im Althochdeutschen viele Pflanzenbezeichnungen auf einen medizinischen Zusammenhang auch dann, wenn kein textueller medizinischer Kontext besteht. Solche sprachlich ganz oder teilweise durchsichtigen Bildungen scheinen auf das Pflanzenreich beschränkt zu sein, vergleichbare Tierbezeichnungen wie lat. sanguisugam für den Blutegel können 581 Siehe G. STICKER, Die gebrauchlichen Heükräuter, mit weiterer Literatur. G. Sticker geht von einem Bestand von 120 Kräutern der „fränkisch-germanischen Apotheke" aus, von denen 67 als „Drogen im Würzburger Rezept verwendet sind"; sieh ebd. S. 35.

Pflanzenbezeichnungen

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im Althochdeutschen nicht ermittelt werden. Hierin spiegelt sich noch einmal, wie groß im frühen Mittelalter die Bedeutung und der Bezeichnungsbedarf der Phytotherapie gerade im Vergleich zu anderen, mineralischen oder organischen Heilmethoden gewesen ist. Die Pflanzenbezeichnungen mit heilkundlich motivierten Morphemen werden im folgenden zusammengestellt. Es lassen sich unterscheiden: a) Pflanzenbezeichnungen, die eine Krankheitsbezeichnung enthalten oder auf eine Krankheit hinweisen b) Pflanzenbezeichnungen, die eine Körperteilbezeichnung enthalten oder auf eine Körperfunktion verweisen c) Pflanzenbezeichnungen, die eine Heilmittelbezeichnung enthalten oder einen Heilvorgang kennzeichnen d) Pflanzenbezeichnungen, die einen Heiligennamen enthalten oder religiös motiviert sind582. a) Pflanzenbezeichnungen, die eine Krankheitsbezeichnung enthalten oder auf eine Krankheit hinweisen: adeldorn 'Kreuzdorn' (?) wohl zu ahd. —> adW "kleines Geschwür', vgl. zur Deutung EWA. 1,53. [unsicher; vielleicht eher entstellt aus agettdorn 'Sauerdorn' (Berberis vulg.), Marzell l,568f.] ei^bresta 'Gemeines Kreuzkraut' (Senecio vulg.), Marzell 4,281 f. zu ahd. —> vgl. EWA. 2,1029. Die Pflanze gilt als eiterziehend und wird gegen Schwellungen und Geschwüre verwendet. fieberkriit Tausendgüldenkraut' (?); 'Mutterkraut' (Chrysanthemum parth.), Marzell 1,947 zu ahd. —> Jübar, hier als Übersetzung von hx. febrifugia Tausendgüldenkraut'. fieberwur^ 'Osterluzei, Hauhechel' (?) (Aristolochia dem.) [die Zuordnung ist unsicher, das Bezeichnungsmotiv ist unklar] Marzell l,389f. zu ahd. —> fiebar. figfu^j figvunp TMutwurz' (Potentilla erecta), Marzell 3,1018 zu ahd. fig. Die Pflanze wird zur Heilung von Feigwarzen verwendet. gihtwur^ "Diptam' (Dictamus albus), Marzell 2,124 zu ahd. —> gibt. Die Pflanze wird gegen die „Gichter" (= Epilepsie) verwendet. sthwurq 'Schwarzer Nieswurz' (Helleborus niger) zu ahd. —> siob.

582 Zum Problem der „christlichen Benennungsmotivation" sieh W. F. Daems, Synonymenvielfalt, S. 30. Zum medizinischen Kontext siehe auch in Kapitel II. 1.

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Die Auswertung des Wörterbuches

skitmur^ schi^wur^ 'Zaunrübe' (Bryonia), Marzell 1,687 zu ahd. pisavgano (Part.), mhd. schicen. Das Motiv liegt in der abfuhrenden Wirkung der Pflanze. scoijktihha 'Grind-Ampfer' (Rumex obtusif.), Marzell 3,1528 smtjwur.ζ 'Gemeines Kreuzkraut' (Senecio vulg.), Marzell 4,281 zu ahd. —> scutf. Die Pflanzen werden zur Heilung von verschorften Wunden verwendet. swintwur^ swinwur^ 'Schwarze Nieswurz' (Helleborus niger), 'Meisterwurz' (Peucedanum ostruthium), Marzell 2,801 u. 3,645. zu ahd. swinan, swintan, vgl. —> swindel, swinsuht.

wuntwur.ζ Wiesen Augentrost, Kriechender Günsel' [wohl Euphrasia rostk., Marzell 2,393] zu ahd. wunt 'verwundet', —> wunta. Das Motiv ist unklar. b) Pflanzenbezeichnungen, die eine Körperteilbezeichnung enthalten oder auf eine Körperfunktion verweisen: beinwella, beinwalla "Beinwell' (Symphytum off.), Marzell 4,539 zu ahd. —» bein und einem Substantiv *wella, das zu dem in der Bedeutung '(Knochenbrüche) heilen' erst mhd. bezeugtem sw. Verb wellen gebildet ist, vgl. EWA. 1,520. Vgl. auch nhd. Walhvur% Die Pflanze gilt als Heilpflanze für Knochenverletzungen und Beinbrüche. beinwur.ι 'Gemeines Kreuzkraut' (Senecio vulg.), Marzell 4,286. wohl ursprünglich nicht zu bein, sondern, wenn nicht mit beinwella verwechselt, eine Entstellung aus brennwur.ζ. bluotkraut 'Hirtentäschel' (Capsolla Bursa past.), Marzell l,796f. bluotwur^ 'Hirtentäschel' (Capsolla Bursa past.), Marzell l,796f., TJlutwurz' (Potentilla erecta), Marzell 3,1018 zu ahd. - » bluot, vgl. EWA. 2,213f. Das Motiv ist die blutstillende Wirkung der Pflanzen. barnkrut 'Frauenflachs' (Linaria vulg.), Marzell 2,1323f. harnwinde 'Hamwinde' (?), 'Winden-Knöterich' (Polygonum convolv.) zu ahd. —> harn. Die Pflanze gilt als harntreibend. leberbluome 'Sumpf-Herzblatt' (Pamassia pal.), Marzell 3,585 zu ahd. —> lebera. Die Pflanze wirkt gegen Leberleiden. lentinwur\ 'Grind-Ampfer' (Rumex obtusif), Marzell 3,1534 zu ahd. —> lentin. Das Bezeichnungsmotiv ist unklar. liduwur^ lidewur^e 'Gemeines Labkraut' (Gallium mollugo), Marzell 2,579f. zu ahd. —» lid. Die Pflanze wird angewendet bei Gliederschwäche. lungmrζ 'Lungenkraut' (Pulmonaria off.), vielleicht auch 'Lungenflechte' (Lobaria pulmonaria), Marzell 3,1187f. zu ahd. —» lunga. Die Pflanze ist ein Mittel gegen Lungenkrankheiten und Atembeschwerden.

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Pflanzenbezeichnungen

magemvunζ 'Tausendgüldenkraut' (Erythracea cent.), Marzell 2,326 zu ahd. - > mago. Die Pflanze gilt als Mittel gegen Appetidosigkeit und Magenschwäche. c) Pflanzenbezeichnungen, die eine Heilmittelbezeichnung enthalten oder einen Heilvorgang kennzeichnen: 'Johanniskraut' (Hypericum perforatum), Marzell 2,939f. gahheila 'Schafgarbe' (Achillea millef.), Marzell 1,87; "Beinwell' (Symphytum off.), Marzell 4,539 zu ahd. gahi 'schnell, rasch* und —> hei! als „schnellheilende Pflanze"; vgl. selbheila. heilhopfe, heilhoubit 'Herbstzeitlose' (Colchicum autumnale), Marzell 1,1098 zu ahd. —> heil, vgl. EWA. 2,274, als allgemeiner Verweis auf die Heilwirkung. buo^wur^ "Purgierwinde' (Convolvulus Scammonia), Marzell 1,1149 zu ahd. —> buo^a, vgl. EWA. 2,454, als allgemeiner Verweis auf die Heilwirkung. salbwur^ 'Salbwurz' [unklar] zu ahd. —> salb. selbes^unga "Brennender Hahnenfuß' (Ranunculus flamm.), Marzell 3,1263 selbeiga 'Gemeines Kreuzkraut' (Senecio vulg.), Marzell 4,281 selbheila Wiesen Augentrost' (Euphrasia rostkov.), Marzell 2,393 selblahha 'Gemeines Kreuzkraut' (Senecio vulg.), Marzell 4,281 zu ahd. selb 'selbst' als „selbstheilende Pflanze"583. Die Pflanze soll von sich aus, ohne Unterstützung durch andere Heilmittel zu heilen in der Lage sein, zu ahd. ezgen 'ätzen' nach der ätzend-eiterziehenden Wirkung584, —> heil und —> lähha. d) Pflanzenbezeichnungen, die einen Heiligennamen enthalten oder religiös motiviert sind: benedicta "Benedikte' ("Echter Baldrian' (?). 'Tausendgüldenkraut' (?), 'Muskatellerkraut' (?)) (Valeriana off.), vgl. Marzell 4,990f. zum Heiligennamen wegen der hilfreichen Heilwirkung. heitigenber 'Zaunrübe' (Bryonia), Marzell 1,687 zu ahd. heilag "heilig, heilbringend'. sancte marien mittle 'Frauenblatt' (Tanacetum bals.), Marzell 4,575f. zum Heiligennamen wegen der hilfreichen Heilwirkung, hier gegen Menstruationsbeschwerden.

siftli, bes. S. brtnnkrüt (Polygonum hydrop).

583 Man vergleiche G. KEIL - R. MÜLLER, Mittelniederfränkisch 584 Dies gilt möglicherweise auch für ahd.

184f.

VI. Konstanz und Wandel. Entwicklungstendenzen im medizinischen Fachwortschatz des Mittelalters und der frühen Neuzeit - Ein Ausblick Am Ende der Untersuchung der althochdeutschen Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung stellt sich die Frage, auf welche Weise die gewonnenen Daten und Einsichten aus den Bereichen Text, Wortschatz und Uberlieferung für die Gesamtentwicklung der Sprache der Medizin im deutschsprachigen Raum fruchtbar gemacht werden können. Wie mündet die frühmittelalterliche, althochdeutsche Periode, also die Frühgeschichte der deutschen medizinischen Fachsprache, in den breiten Strom hochmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Fachtexte ein? Aus der Perspektive des Althochdeutschen ist zu klären, in welchem Ausmaß die frühmittelalterlichen Bezeichnungen lebendig geblieben und Bestandteil auch der mittelhochdeutschen und frühneuhochdeutschen Sprache geworden sind. Damit verbunden ist die Frage, inwieweit auch die sprachliche Form der ältesten einheimischen Texte medizinischen Inhalts bereits als grundlegend fur das medizinische Textsortenensemble der späteren Jahrhunderte gelten kann. Als Bindeglied zwischen Wortschatz und Texten ist schließlich die Frage anzusehen, welchen Anteil die Wörter überhaupt - also im Althochdeutschen und auch später — bei der Entwicklung der Fachsprachlichkeit einnehmen. Da die Entwicklungstendenzen im medizinischen Fachwortschatz nicht losgelöst von der textuellen Entwicklung beurteilt werden können, sollen zunächst die für die Wortschatzentwicklung wichtigsten Aspekte der Überlieferung kurz skizziert werden.585 Im Vordergrund stehen dabei die soziokulturellen Voraussetzungen der Texte und ihre Einflüsse auf Wortschatzentwicklung.

1. Die Texte Am Ende der althochdeutschen Zeit steht mit Zaubersprüchen, Rezepten, Sachglossaren, „Schultexten" und den Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften bereits eine Reihe von Textsorten zur Verfügung, um das medizinische Wissen der Zeit in der Volkssprache auszubreiten. Diese Textsorten bestimmen, wenngleich in stärker systematisierter Form, im Wesentlichen auch das volkssprachige 585 Man vergleiche dazu allgemein im Abschnitt II. 3, für das Althochdeutsche in den Abschnitten IV. 1 und IV. 2.

Die Texte

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medizinische Textsortenensemble des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Bis zum 12. Jahrhundert begegnen solche Texte insgesamt noch selten, doch im 14. und 15. Jahrhundert setzt eine Phase geradezu massenhafter Textproduktion ein. Den meist einfachen, anonym überlieferten einheimischen Texten stehen die „klassischen" lateinischen Werke des universitären Schriftenkanons gegenüber. Die ältere Fachprosaforschung hatte daraus eine Gleichung „Lateinische Werke der berühmten Klassiker = Universität = Minderheitenwissen gelehrter Ärzte" einerseits und „Landessprachige (sehr einfache) Texte = Alltag = Praktiken für Wundärzte und Barbiere" abgeleitet.586 „Bildungswissen" würde folglich durch die lateinischen Fachtexte, „Handlungswissen" durch die volkssprachigen medizinischen Texte vermittelt. Dabei besteht zumindest hinsichtlich der in den verschiedenen volkssprachigen Schriften verbreiteten medizinischen Kenntnisse allenfalls ein gradueller, kein grundsätzlicher Unterschied. Die wenigen nachweislich von Medizinern benutzten Kodizes entsprechen den übrigen in Aufbau und Inhalt. Es zeichnet sich lediglich eine gewisse Betonung von Rezeptliteratur und Materia medica ab, von Textsorten also, deren Gebrauchsfunktion unbestritten ist.587 „Bisher sieht es so aus, als gäbe es darüber hinaus in den von heilkundlich Tätigen geschriebenen Kodizes keine fachspezifischen Texte höheren Niveaus oder völlig anderer Thematik, so dass wir davon ausgehen können, dass — innerhalb der Volkssprache — professionelles und laienhaftes Buchwissen zum Thema Medizin de facto deckungsgleich gewesen sein dürfte."588 Bereits bei der Behandlung der althochdeutschen Rezeptliteratur ist deutlich geworden, dass sich die Texte nur selten auf ein und dieselbe Funktion — im Sinne der älteren Forschung also die Vermitdung von Handlungswissen — reduzieren lassen. Ebenso ist für die überwiegende Mehrzahl der älteren medizinischen Fachliteratur davon auszugehen, dass die Texte gleichermaßen Handlungs- und Bildungswissen vermitteln konnten. Auch für die weitere Entwicklung gilt: „In den volkssprachigen heilkundlichen Texten vereinigen sich somit Elemente typischer Laieninteressen und Charakteristika, die die mittelalterliche Medizin auf allen Ebenen gemeinsam auszeichnen.589 Laien und lesefähige medizinische Praktiker schöpfen ihr Wissen aus den selben Texten. Die polarisierende Alternative „Bildungs- oder Handlungswissen" greift für die medizinischen Texttraditionen nicht.590 Nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein guter Schuss magischer Vorstellungen, als die gemeinsame Verankerung im naturphilosophischen Hintergrund der Viersäftelehre und als der Glaube an die Autorität der großen Lehrer der Heilkunde verbindet das universitäre und das populäre Schrifttum. Phyncus und belesener Stadtbürger treten un586 587 588 589 590

O. RlHA, Handlungswissen, S. 6. Man vergleiche ebd., S. 7. Ebd. Ebd., S. 18. Ebd.

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Konstanz und Wandel

ter diesen gleichen Prämissen einander gegenüber, und ersterer ist gegenüber dem Nicht-Lateiner nur durch sein größeres theoretisches Wissen im Vorteil (...). Die Basis des heilkundlichen Vorgehens, die Interpretation von Krankheit und die Strategie der Behandlung ist jedoch dieselbe. (...) Bildungswissen und Handlungswissen sind daher zur selben Zeit in jedem lateinischen, aber auch in jedem volkssprachigen Text enthalten, und dies ist auch der Grund, warum Fachleute und Laien die gleichen Texte lesen.591 (...) Mediziner hatten folglich mit durchaus informierten Patienten zu rechnen, „die aufgrund ihrer Kenntnisse zu einer Eigendiagnose ohne weiteres in der Lage waren, bzw. ihr Wissen bei der Krankheitserkennung mit einbrachten. Die Spuren, die uns zu den medizinischen Laien führten, werden im übrigen von ganz anderer Seite bestätigt, denn unsere volkssprachigen Texte bilden den ergänzenden Hintergrund zu anderen Quellen (Tagebuchaufzeichnungen, Haushalts- und Rechnungsbücher, Briefe), aus denen genau dieser souveräne Umgang des Kranken mit Ärzten und Heilern hervorgeht. Die Traktate sind also für ihre Rezipienten nicht nur interessant, und sie sind auch nicht bloß eine gewisse allgemeine Lebenshilfe, die das beruhigende Gefühl vermitteln, dass im Notfall ein Nachschlagewerk vorhanden ist, sondern sie können in der Tat im konkreten Einzelfall das Gesundheits- bzw. Krankheitsverhalten in gebildeten Schichten bestimmen. Für Nichtmediziner sind sie damit Bildungs- und Handlungswissen zugleich.592 Mittelalterliche „Texte medizinischen Inhalts" sind daher mit dem Stichwort „Lebenshilfe" auch in einer Textsortenklassifikation nur unzureichend beschrieben. So wenig wie sich die volkssprachigen „Texte medizinischen Inhalts" auf die Funktion „Vermittlung von Handlungswissen" reduzieren lassen, so wenig lassen sich beispielsweise die lateinisch-deutschen Vokabulare des Spätmittelalters, die am anderen Ende des Spektrums zu Recht als typische Vertreter für die Vermittlung von Bildungswissen gelten, auf diese eine Funktion beschränken. 593 Die Vokabulare sind zunächst zwar maßgeblich an der Sicherung und Weitergabe der lateinischen Tradition beteiligt und erschließen den lateinischen Wortschatz der wichtigsten Texte. 594 Auf diese Weise vermitteln sie Bildungswissen. In einem zweiten Schritt werden die lateinischen Vokabeln - und damit die lateinischen Wissenstraditionen - von volkssprachigem Wissen jedoch so stark überformt, dass die Vokabulare unmittelbar auch zur volkssprachigen Erfassung der Welt beitragen. „Die übliche Adaptionsrichtung kehrt sich dabei um." 595 In einem dritten Schritt schließlich, so ließe sich hinzufügen, kann das Bildungswissen der lateinischen Wissenstraditionen zumindest im Bereich der Medizin selbst zum Ausgangspunkt für konkrete medizinische Anwendungen werden und gewinnt damit die Dimension des Handlungswissens hinzu. Die Textfunktion geht also auch hier weit über die Texthandlung hinaus. Auf allen Ebenen und das heißt in allen hier maßgeblichen Textsorten zeigt sich, dass spätestens im 14. und 15. Jahrhundert Latein und Volkssprache im Kontakt zueinander stehen, nicht mehr im Kon-

591 592 593 594 595

Ebd., S. 18. Ebd., S. 11. Man vergleiche auch R. JÜTTE, Ärzte, Heiler und Patienten, S. 241. Siehe dazu K. GRUBMÜLLER - H.-J. STAHL, Volkssprachig indizierte Wissensfelder. Ebd., S. 165. Ebd., S. 168.

Die Texte

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trast.596 Dies ist die wesentliche Voraussetzung dafür, dass auch in den „Texten medizinischen Inhalts" Handlungs- und Bildungswissen nebeneinander bestehen können. Die Texte fördern dadurch die Laienbildung, aber auch die Kenntnisse der nicht lateinkundigen Praktiker. Medizinische Laien aller Stände - sowohl als potentielle Patienten bei der Selbstbehandlung, als auch als „Hausväter"597 in der Verantwortung für größere Personengruppen in Abwesenheit eines Arztes — und die medizinischen Praktiker — etwa Bader, Barbiere, Chirurgen, Hebammen und viele weitere informelle Heiler — konnten aus den Texten Bildungs- und Handlungswissen schöpfen.598 Mit der Emanzipation der Medizin als selbständiger Wissenschaft und Praxis bekommen die Begriffe „Laie", „Laienkultur" und „Laienliteratur" im Spätmittelalter ohnehin eine neue Dimension. Unterhalb einer Opposition clericus : laicus bildet sich eine Differenzierung in „medizinischer Praktiker" und „medizinischer Laie". Die Gruppen begegnen sich bei der Ausformung einer laikalen Kultur des Spätmittelalters, die wesentlich durch die Volkssprache geprägt ist.599 Vor allem der „Laie" profitiert von dieser Entwicklung. Die Volkssprache „baut ihn auf, verhilft ihm zum Verständnis seiner selbst, seines Standes, seiner Pflichten. Dazu gehört religiöses Schrifttum (Predigten, Traktate katechetischen und erbaulichen Inhalts, Gebetsbücher, biblische Geschichte, Legenden) ebenso wie das Wissen um die Krankheit und die Techniken (artes mechanicae), was in der sog. 'Fachliteratur' angeboten wird (.. ,)".600 Das Zusammenwirken von Laien und Experten jedweder Art führt zu einer neuen Form der Literatur. „Laien-Erziehungsprogramme der Kleriker-Literaten und von Laien selbst artikulierte Bedürfnisse nach einer Literatur, die ihrem Lebens,stände' als Laien gemäß ist, stecken den Rahmen ab, innerhalb dessen sich allmählich - beginnend mit dem 12./13. Jahrhundert - eine Laien-Wissensliteratur ausbildet".601 Neu sind dabei die Zielsetzung und im einzelnen auch die Inhalte. In sprachlicher Hinsicht ist diese Entwicklung aber bereits im Spektrum der Textsorten des Althochdeutschen angelegt. Auf der Ebene des Wortschatzes im SUMMARIUM HEINRICI, auf der Ebene der Texte bei NOTKER. 602 Die Veränderungen sind hier vor allem quantitativer, nicht qualitativer Natur.

5 9 6 EBD., S. 1 7 2 .

597 Zur Rolle des „Hausvaters" siehe G. KEIL, Der Hausvater als Arzt. 598 O. RLHA, Handlungswissen, S. 6 - 8 .

599 600 601 602

Siehe dazu G. STEER, Imagines mundi-Texte, S. 26. K. RUH, Überlieferungsgeschichte mittelalterlicher Texte, S. 263f. G. STEER, Imagines mundi-Texte, S. 28. Deutlicher noch als in medizinischer Hinsicht wird dies in seinem Traktat „De Musica". Der Text enthält ein anspruchsvolles theoretischen Konzept der musikalischen proportions und bietet zugleich eine „laienspezifische" Verschmelzung diese Konzepts der liturgischen Praxis, bis hin zu Anweisungen fur das Stimmen der Instrumente. Siehe dazu H. TIEFENBACH, Die Anfange, bes. S. 30-36.

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Konstanz und Wandel

Die neue Laien-Wissensliteratur stellt potentiell gleiches Wissen für alle, Laien und Kleriker, zur Verfügung.603 Man kann also nicht pauschal von „der Laienliteratur" sprechen,604 denn ganz unterschiedliche Einflüsse strömen hier zusammen. Laien- und Expertenliteratur unterscheidet sich allenfalls in der Wissensauswahl.605 Die Schwerpunkte der Laienliteratur liegen in den Bereichen Naturwissen, Geschichtswissen und daneben und darüber hinaus in der Vermittlung von Handlungswissen.606 KONRADs VON MEGENBERG „Buch der Natur", die ORDNUNG DER GESUNDHEIT bis hin zur Fachliteratur des 16. Jahrhunderts sind als „Laien-Wissensliteratur" in diesem Umfeld entstanden. Den Texten kann vom medizinischen Laien und vom medizinischen Praktiker Handlungs- oder Bildungswissen gleichermaßen entnommen werden. Beispielhaft für die Verschmelzung von Handlungs- und Bildungswissen scheint auch das 1495 entstanden Arzneibuch ANTON TRUTMANNs ZU sein. Es bietet schlichte Rezeptformeln volksmedizinischer Herkunft, schöpft aus den typischen Quellen des wundärztlichen Schrifttums, etwa aus der Chirurgie PETERS VON ULM und greift sowohl auf die chirurgische Literatur der mittelalterlichen Universität (HEINRICH VON MONDEVILLE), als auch auf Autoritäten der scholastischen Schulmedizin (ARNALD VON VILLANOVA, AVICENNA) zurück. Das „Arzneibuch" verbindet damit Spezialisierungstendenzen, wie sie schließlich im BUCH VON ALTEN SCHÄDEN, bei Hans von GERSDORFF, Andreas VESALIUS oder Georg BARTISCH immer deutlicher werden und zugleich Popularisierungstendenzen, wie sie in der ORDNUNG DER GESUNDHEIT und der „Hausväterliteratur" deutlich zum Vorschein kommen.607 Damit ist der kommunikative Rahmen, in dem sich die „Texte medizinischen Inhalts" im Mittelalter und der frühen Neuzeit entfalten, in Umrissen skizziert. Etwas schwieriger sind in diesem Rahmen nur diejenigen Texte zu beurteilen, die deutlich erkennbar tatsächlich vor allem praktisches Handlungswissen vermitteln sollen. Bereits im Althochdeutschen waren hier die Vertreter der Textsorte „Rezept" aufgefallen. Im Mittelhochdeutschen weiten sich die Sammlungen von Einzelrezepten zu „Arzneibüchern" aus, die zunächst vollständig, später zumindest noch zu beträchtlichen Teilen aus Rezepten bestehen.608 Einem Leser steht es zwar stets frei, ob ein Rezept als Anweisungstext (mit Handlungswissen) oder als

603 Ebd., S. 31. 604 So etwa Β. v. BENTHEM, Die laienmedizinische Fachsprache, S. 7f. pauschal für das 14. bis 18. Jahrhundert. Die Rede von der medizinischen Laienliteratur greift zu kurz. Differenzierter, aber noch nicht hinreichend ist der Ansatz A. BECKERS, Populärmedizinische Vermittlungstexte, S. 156. 605 Zu den hier zusammenwirkenden mittelalterlichen „Kommunikationsgruppen" siehe auch N. R. WOLF, Probleme wissensliterarischer Kommunikation. 606 Ebd. 607 Siehe dazu mit weiteren Nachweisen TH. GLEINSER, Anton Trutmanns „Arzneibuch", S. 253f. 608 Man vergleiche G. KEIL, Arzneibuch, O. RLHA, Wissensorganisation, S. 7-18.

Die Texte

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Beschreibungstext (mit Bildungswissen) gelesen wird.609 Die Textfunktion zumindest ist bei Rezepten und Rezeptsammlungen im Gegensatz zu den übrigen Fachtexten aber eindeutig auf die Vermitdung von Handlungswissen festgelegt. Allerdings ist es durchaus fraglich, ob die Rezeptsammlungen überhaupt für Leser verfasst wurden.610 In sprachwissenschaftlicher Hinsicht ist es dabei nicht von so großer Bedeutung, ob die in den Rezepten aufgeführten Heilmittel tatsächlich wirksam waren. Hier beschäftigt vielmehr die Frage, ob die in den Rezepten enthaltenen Anweisungen überhaupt ausreichten, um die Heilmittel im Sinne der Verfasser der Rezepte anwenden zu können. Das kleine althochdeutsche Rezeptcorpus ließ dafür noch keine genaue Einschätzung zu.611 Umfangreichere Texte, wie das ARZENIEBUOCH IPOCRATIS, das INNSBRUCKER ARZNEIBUCH, der BARTHOLOMÄUS oder Zumindestens in den Teilen, die Rezeptsammlungen enthalten - auch das Arzneibuch ORTOLFs VON BAIERLAND bringen die spezifische Struktur der Rezepte jedoch deutlicher zum Ausdruck. Beispiele aus den Arzneibüchern können dies verdeutlichen: ARZENIEBUOCH IPOCRATIS (B) 612 Ad capillof cadentef. Brenne den linfamen. v. mifche in mit ole. v. falbe daz här. Brenne dez widirf horn, νή nivez mit dem ole. v. falbe daz höbit. dir mite. (...) Ad aurium dolorem. Nim daz faf der wizzvn bilfun. v. lawiez. v. tö ez in daz ore. Sint ioch die wrme dar inne. fie erftirbint. Nim def faffes daz man da duhit uzzer dem grünen heneffamin. v. tröfez in diu orin. Nim daz genfefmer. zirlazef. v. tröfez in div oren. Nim daz fö dez fevibömif. v. der rutun. ν die gemalnnun mirrun .v. mifche fie mit ole. v. mit dem ezzike. v. falbe daz höbit. v. die nafe. v. div orin. fo wirdit im baz. INNSBRUCKER ARZNEIBUCH (B)613 1. Swem daz höbet we t9. der m^le wegrich mit win νή netze daz höbet da mit νή tv daz dikche f ο wirt im baz. 2. Er fol öch den ephich m^len mit wine νή ole νή mit ezich. vn Ilde daz zefamne. vn falbe daz höbet da mit. 3. Swem daz div ögen we tun . der falbe fi mit hafen galle νή mit honige . so vllhet daz gefvht. 609 Man vergleiche dazu oben in Abschnitt III. 3.2. 610 Siehe auch O. RJHA, Handlungswissen, S. 9. 611 Man vergleiche oben in Abschnitt IV. 2. 612 F. WILHELM, Denkmäler, S. 54. - Hervorhebungen hier und im folgenden von mir. 613 Ebd., S. 96.

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4. Dem div ögcn zacheren, der Che r^ten faf dvr ein t^ch vn honich . vn falbe da mit div ögen. 5. Dem div oren fuhtich fin . der nem die wizen maden die vnder den amaizen fint. vn tröfe ß in daz ore. 6. Dem di zend we ftfn . der nem pfepher vn fenif vn ezich . vn mifcche daz zefamne. vn lege daz in den mvnte. 7. Der div wange beftrichet mit falze vn mit faiphen . daz ist och g^t. BARTHOLOMÄUS 614

Swem die brä set sint, der nem antimonium unde sliphe daz an einem steine unde beize daz in einem ezich unde giuz daz in ein erin vezelin unde setze ez an den luft dri naht, dar nah salbe die brä da mit, so werdent si heil. Swem diu ougen tunchel sin, der nem patonjen unde welle si in einem wazer unde trinch des wazers gein einen guoten trinchen: diu erzenie tribet daz ubel von den ougen. (...) Swem die oberen brä ser sint oder dem si sus we tuont, der neme wilden cressen unde mül in unde temper in mit wizem wine unde leg über daz sere: so werdent si schiere heil. So diu ougen ser sint, chumet der siechtuom von dem bluote, so sint diu ougen rot unde heiz unde griekech unde gent die schüze vaste dar in, sone wart nie nehein erzenie bezzer denne daz er diu ougen hebe in ein wazer, daz gerregenet si, so wirt im als balde baz. Das prägende Textmuster der Rezeptsammlungen sind die charakteristischen Rezepteingänge. Das Grundmuster besteht entweder aus einer lateinischsprachigen Krankheitsbeschreibung + deutschsprachiger Handlungsanweisung (ARZENIEBUOCH IPOCRATIS, B), oder beide Teile sind bereits volkssprachig formuliert. Dann erscheinen Texteingänge des Typs „Swem daz div ogen we tun ..." (INNSBRUCKER ARZNEIBUCH, B), „ S w e m die brä ser sint . . . " (BARTHOLOMÄUS), die in

verschiedenen Variationen auftreten können.615 Charakteristisch für die gesamte Rezeptstruktur ist die schlichte Addition einzelner Handlungsanweisungen einschließlich der Aufzählung diverser Heilmittel. Der lineare Aufbau wird durch keinerlei deiktische Verweise durchbrochen.616 Auch wenn bereits im BARTHOLOMÄUS und stärker noch bei ORTOLF VON BAIERLAND einzelne Rezepte aus-

fuhrlicher angelegt sind,617 so bleibt doch das einfache Grundmuster dominant. Mengenangaben und genaue Hinweise zur Zusammensetzung und Anwendung 614 F. PFEIFFER, Zwei deutsche Arzneibücher, S. 145f. 615 Zu Rezepteingängen als prägende Muster vergleiche man B. D. HAAGE, Anwendungsmöglichkeiten, bes. S. 272f. mit weiterer Literatur, sowie H. BAYER, Praxis, S. 420. 616 Die Struktur der Texte lässt sich, wie die der in Abschnitt IV. 2 behandelten althochdeutschen Rezepte, als „Minimalstruktur" beschreiben. 617 Zu dieser zweiten, ausführlicheren Rezepttradition siehe oben in Abschnitt IV. 2.

Die Texte

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der Heilmittel fehlen meist. Dies entspricht genau der Tradition der asiatischen Medizin, über die wir heute besser Bescheid wissen, weil sie in ihrem Kulturkreis nicht in vergleichbarer Weise durch eine positivistische Weltsicht an den Rand gedrängt wurde. Die freie Verfügbarkeit von medizinischem Detailwissen wird von den Heilkundigen in keinem Fall angestrebt, wohl wissend, welche Gefahren in einer falschen, heute als Missbrauch bezeichneten Anwendung von Heilmitteln liegen.618 Die schriftlichen Aufzeichnungen dienen vor allem als ordnende und wissenssystematisierende Grundlage.619 Es handelt sich hier um das schriftliche Gerüst einer mündlichen Kommunikationssituation. Zu einer ähnlichen Einschätzung der Rolle der Mündlichkeit kommt Peter Koch im Rahmen seiner Untersuchung eines Kaufmannsbriefs aus dem Duecento. Wichtig ist seine Beobachtung, dass in dem nämlichen Kaufmannsbrief „fachliche Inhalte durchaus in konzeptionell mündlicher Form versprachlicht werden".620 Sein Hinweis, dass im 13. Jahrhundert „Fachlichkeit nicht an konzeptionelle Schriftlichkeit gebunden" sei,621 gilt auch für die früh- und hochmittelalterlichen Rezepte und Rezeptsammlungen im deutschsprachigen Raum. Die Ursache dafür liegt aber nicht allein auf der sprachlichen Ebene, etwa im Fehlen einer entsprechenden Schrifttradition der Volkssprachen.622 Sie liegt gleichermaßen an den Bedingungen der Fächer und der insgesamt von Mündlichkeit geprägten Form der Wissensvermitdung im Mittelalter.623 Diese Texte sind eine unmittelbare Folge des Aufeinandertreffens von Schriftkulturen und mündlichen Kulturen.624 Die überlieferten volkssprachigen Fachtexte sind deshalb nicht allein „Teilrekonstrukte von Kommunikationssystemen" 625 in dem Sinne, dass sie vor dem Hintergrund einer trümmerhaften schriftlichen Überlieferung zumindest fragmentarische Einblicke in die Möglichkeiten der schriftlichen Fachkommunikation vergangener Zeiten liefern. Jeder einzelne Text ist darüber hinaus in seiner schriftlichen Form selbst nur ein Fragment, das erst mit seiner mündlichen Einbettung zu einem vollständigen, das heißt verwendbaren Fachtext wird, der Handlungswissen eröffnet. Seine Untersuchung erlaubt unmittelbar nur die Rekonstruktion der schriftlichen Anteile der Fachkommunikation, nicht mehr. Das vermittelnde mündliche Element bleibt ver-

618 Siehe dazu mit weiteren Nachweisen J. RlECKE, Beobachtungen zur Syntax und Semantik, S. 32. 619 Zumindest die Besonderheit dieser speziellen Form der Wissensvermittlung auch in der mittelalterlichen europäischen Tradition ist bereits von Michael Giesecke erkannt worden, allerdings unter einer vom eigenen medialen Erkenntnisinteresse verengten Perspektive. Siehe M. GIESECKE, Syntax für die Augen, S. 340. 620 Fachsprache, S. 31. 621 Ebd. 622 So ebd. 623 Man vergleiche dazu U. SCHAEFER, Zum Problem der Mündlichkeit. Siehe auch K. GRUBMÜLLER, Mündlichkeit; V. HONEMANN, Funktionen des Buches, S. 545. 624 Man vergleiche dazu P. KOCH - W. OESTERREICHER, Sprache der Nähe, S. 32. 625 F. PATOCKA, Zur Problematik, S. 53.

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Konstanz und Wandel

borgen. Für die schriftliche Kommunikation gilt: Die Bedeutung eröffnet sich im Text. Für die mündliche Kommunikation, wie für die schriftlichen Gerüste mündlicher Kommunikation dagegen gilt: Die Bedeutung eröffnet sich im Kontext.626 Zumindest für die Textsorte „Rezept" ist daher in historischer Perspektive der Begriff „Diskurstradition" dem Begriff „Texttradition" vorzuziehen.627 Auch als Lesetexte, so wie sie uns überliefert sind, müssen Rezepte und Rezeptsammlungen aber schon deshalb als Fachtexte gelten, weil das Gelesene vom (Laien-)leser zwar verstanden, ohne die mündliche Erläuterung aber nicht benutzt werden kann. Die Texte als Ganzes setzen Spezialwissen voraus, das im Textverlauf nicht mitgeliefert wird. Dies allein ist bereits ein Merkmal von Fachsprachlichkeit. Die Texte sind ein Paradebeispiel für den wechselseitigen Austausch von schriftlicher und mündlicher Kultur- und Wissensvermitdung.628 Auch in der gedruckten Fachprosa am Übergang vom 15. zum 16. Jahrhundert dominiert weiterhin das Rezept, wenngleich integriert in vielfältige fachliche Textzusammenhänge.629 Während in Konstruktionen wie „Wiltu + Verb/ Infinitiv — so + Verb/Imperativ" ebenso wie in unpersönlichen Konstruktionen des Typs „Swem + Nominalgruppe + Verb - der + Imperativ" die traditionelle Zuwendung zu einem Kommunikationspartner die Funktion eines steuernden Gliederungsmittels einnimmt630, so wird in den Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts dieser Rezeptanfang, der zugleich Ausdruck der primären, mündlichen face-to-face-Kommunikation ist,631 noch einmal grundsätzlich erweitert. Der Rezepteingang enthält nun einen Hinweis auf den Inhalt des kommenden Kapitels, das oft mit einem Rezept identisch ist oder ein Rezept integriert. Es finden sich dann Anfänge wie „Das. ij. Capitel sagt von ...", „Das. iij. Kapitel lert...", wobei die Verben variieren können.632 Bei G E O R G B A R T I S C H , dem Verfasser eines in der Vereinheitlichung des Aufbaus und der Kapitelgliederung besonders weit fortgeschrittenen Lehr- und Arbeitsbuchs der Augenheilkunde lauten die Kapiteleingänge dann a. 1583 ganz stereotyp „Das XI. Capitel meldet ...", „Das XII. Capitel meldet ...". 633 Diese Gliederungssignale wollen den Leser einstellen „auf den seinem Wesen nach monologischen Textproduktionsprozess bei druckschriftlicher Kommunikation".634 Entscheidend ist jetzt, im Unterschied zur mittelalterlichen Zeit, der monologische Rezeptionsprozess. Auch andere Entwicklungen, die in gedruckten 626 Für eine Einbettung in den Forschungsdiskurs von Mündlichkeit und Schriftlichkeit siehe D. OLSON, From Utterance to Text, sowie P. KOCH - W. OESTERREICHER, Sprache der Nähe. 627 Siehe dazu W. OESTERREICHER, Zur Fundierung von Diskurstraditionen. 628 Grundlegend dazu H. U. GUMBRECHT, Schriftlichkeit, sowie K. GRUBMÜLLER, Mündlichkeit. 629 B. DÖRING, Fachtexte, S. 38. 630 Ebd. 631 In diesem Sinne auch gedeutet von B. DÖRING, Fachtexte, S. 38. 632 Man vergleiche ebd. mit weiteren Beispielen. 633 Zu G. BARISCH siehe weiter unten. 634 B. DÖRING, Fachtexte, S. 39.

Die Texte

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Büchern sichtbar werden, gehen in die gleiche Richtung. Wenn aus dialogischer Wissensvermittlung ein monologischer Aneignungsprozess wird, müssen die Texte mehr und anderes leisten. An die Stelle des sprechenden Lehrers treten im gedruckten Buch Abbildungen635 sowie Gliederungs- und Orientierungshilfen, die den Lehrer ersetzen sollen. Das Selbstlesen erfordert andere Texte. Jetzt muss auch deutlich mehr eindeutiger Fachwortschatz verwendet werden, der über den für Laien verständlichen Wortschatz der Rezepte und „Arzneibücher" hinausgeht. Hier liegen daher auch die Anfänge einer vertikalen Schichtung des volkssprachigen medizinischen Fachwortschatzes. „Laien-Wissensliteratur" ist erst im 16. Jahrhundert nicht mehr von vom herein für jeden lesefähigen Laien gleichermaßen verständlich.636 Der Buchdruck beschleunigt, ja ermöglicht erst die Durchsetzung dieser Entwicklung bis hin zur Möglichkeit des Selbststudiums, das Medium ist aber selbst nicht schon der Auslöser der Veränderungen.637 In die nun folgende lexikalische Auswertung einfließen konnte nur eine kleine Zahl der mittel- und frühneuhochdeutschen Texte medizinischen Inhalts. Die Auswahl ist aber insgesamt repräsentativ für die Entwicklung deutschsprachiger fach- und laienmedizinischer Texte und Wortschätze bis etwa um das Jahr 1600. Das Corpus: A. Mittelhochdeutsche Texte: ARZENIEBUOCH IPOCRATIS

Herkunft: alemannischer Raum. Fassung A: Bamberg, StaatsB. Ε VII 19 (Hist. 146); Bl. lr-2v; 12. Jh.; Textabdruck: F. Wilhelm, Denkmäler deutscher Prosa, XXV B; G. Keil, VL. 1,505. Fassung B: Zürich, StadtB. C 58/275; Bl. 44va-47rb; um 1200; Textabdruck: F. Wilhelm, Denkmäler deutscher Prosa, XXV; G. Keil, VL. 1,505. INNSBRUCKER ARZNEIBUCH

Herkunft: oberdeutscher Raum. Fassung A: Innsbruck, UniversitätsB. 652; Bl. 76v-78r, 12. Jh.; Textabdruck: F. Wilhelm, Denkmäler deutscher Prosa, XI; G. Keil, VL. 4,395f. Fassung B: München, Clm. 14851; Bl. 115v-119r; 13. Jh.; Textabdruck: F. Wilhelm, Denkmäler deutscher Prosa, XI, Anhang I; G. Keil, VL. 4,395f.

635 Besonders anschaulich sind etwa BARTISCHs dreidimensionale, eingeklebte Schädeldarstellungen. 636 Zu den ersten Spuren dieser Differenzierung im volkssprachigen medizinischen Wortschatz bei GEORG BARTISCH siehe unten unter VI. 2. 637 Zur sogenannten „Medienrevolution" in der frühen Neuzeit siehe M. GLESECKE, Der Buchdruck und die kritische Rezeption seiner Thesen bei F. SCHANZE, Der Buchdruck, hier bes. S. 298 sowie die Besprechungen des Bandes von G. DICKE und J. RLECKE. Man vergleiche auch V. HONEMANN, Funktionen des Buches, S. 543; zum soziolinguistischen Hintergrund K. GRUBMÜLLER, „Deutsch".

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Konstanz und Wandel

BARTHOLOMÄUS

Herkunft: mitteldeutscher Raum, doch stammt Hs. Α aus Tegernsee. Mehr als 200 Textzeugen; die ältesten annähernd vollständig erhaltene Hss.: A: München Cgm 92; Bl. 1-18; 13.Jh.; Textabdruck: F. Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher aus dem 12. und 13. Jahrhundert, S. 127—158; B: Handschrift Breslau: Wroclaw, StB. R. 291; Bl. 9 4 b - l l l a ; 13.Jh.; Textabdruck: C. Külz - E. Külz-Trosse, Das Breslauer Arzneibuch R. 291, S. 116— 138; G. Keil, VL. 1,609-615. „Physica" („Liber simplicis medicinae") Herkunft: rheinfränkischer Raum. Neun Handschriften; vgl. R. Hildebrandt, Hildegard von Bingen, S. 53; die älteste Hs.: Florenz: Bibliotheca Medicea Laurenziana, Cod. Ashbumham 1323; kurz nach 1300. Textabdruck bei J.-P. Migne, S. Hildegardis opera omnia, S. 1117-1352 (nach der Hs. Paris, Bibliotheque Nationale, Ms. lat. 6952; Bl. 156-232; um 1430); Chr. Meier, VL. 3,1257-1280).

HILDEGARD VON BINGEN,

VOCABULARIUS OPTIMUS

Herkunft: Raum Luzern. 20 Handschriften und Drucke; die älteste Hs. Bai: Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, Cod. F III 21; Bl. 1-27; a. 1328-1330; Kapitel 1: „De membris humani corporis", Kapitel 43: „De quibusdam egritudinibus hominum". Textabdruck: E. Bremer, Vocabularius optimus; E. Bremer, VL. 5,325f. „Buch der Natur" („Buch von den natürlichen Dingen") Herkunft: mittelfränkischer Raum. Mehr als 100 Handschriften, 8 Drucke; Textabdruck: F. Pfeiffer (Hg.), Das Buch der Natur von Konrad von Megenberg; Kapitel I, Abschnitt 1-44 „Von dem menschen in seiner gemainen natur", nach der Hs. München, Cgm 38; 14.Jh.; G. Steer, VL. 5,231-234, G. Heyer, Konrad von Megenberg.

KONRAD VON MEGENBERG,

B. Frühneuhochdeutsche Texte: ORTOLF VON BAIERLAND

Herkunft: aus Würzburg. Mehr als 400 Textzeugen, darunter mindestens 208 Handschriften; die älteste edierte Hs.: Köln, Stadtarchiv, Cod. W. 4° 24*; Bl. lv-57r; a. 1398; Textabdruck: J. Follan, Das Arzneibuch Ortolfs von Baierland. - Das Original des Arzneibuchs dürfte aber bereits in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sein, s. G. Keil, VL. 7,67-82. (Hochberger Regimen sanitatis) Herkunft: alemannisch-schwäbischer Raum. Mehr als 29 Textzeugen; die älteste Hs.: Gießen, UniversitätsB. Cod 104; Bl. 90r-119v; um 1420; nicht ediert; vgl. U. Seelbach, Katalog, Nr. 104, III, sowie Chr. Hagenmeyer, Die Ordnung der Gesundheit' für Rudolf von Hohenberg,

ORDNUNG DER GESUNDHEIT

Die Wörter

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S. 28f., dort Edition eines weiteren Textzeugen; Μ. P. Koch - G. Keil, VL. 5,162-169. ANTON TRUTMANNS „ARZNEIBUCH"

Herkunft: Raum Basel. Handschrift Bern: Bern, Burgerbibliothek Ms. Hist. Helv. XI.61; Bl. lr-141v; um 1495; Textabdruck: R. Sutterer, Anton Trutmanns 'Arzneibuch'; G. Keil J. Mildenberger, in VL. 9,1107-1109. HANS VON GERSDORFF, „Feldbuch der W u n d a r t z n e y "

Herkunft: elsässischer Raum. Erstdruck: Johannes Schott: Straßburg 1517; Faksimile, hg. v. d. Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt 1967; Passau, Staatliche B. Cod. II 37a 20; Überlingen, Leopold-Sophien-B. Erweiterte Fassung: Frankfurt/M., Christian Egenolffs Erben: 1551, 1556; Bl. 1-106. A. v. Gersdorff, Medizin und erwachende Neuzeit, S. 25f.; M. Habermann, Deutsche Fachtexte, S. 468-486; J. Frederiksen, VL. 4, 626-630. (Der Untersuchung liegt die erweiterte Fassung von 1551 zu Grunde.) ANDREAS VESALIUS, „Anatomia Deudsch. Ein kurtjer Auf3ug der befchreibung aller glider menfchlichs Leybs aus den buchern des Hochgelerten Hern D. Andree Vesalij von Brüssel (...)". Herkunft: übersetzt in Nürnberg. Gedruckte Ausgabe: Nürnberg, Jul. Paulo Fabricio 1551; Bl. 1-78; Faksimile hg. v. A. Bäslack, Reprint-Verlag-Leipzig, Verlagsarchiv. GEORG BARTISCH, οφδαλμοδουλεια das ist, augendienst. newer vnd wolgegründter bericht von vrsachen vnd erkentnüs aller gebrechen (...) der äugen vnd des gesichtes Herkunft: aus Dresden. Gedruckte Ausgabe: Dresden: Matthes Stockei 1583; Bl. 1-274 + Register; Faksimile hg. v. R. Toellner, Hannover 1983; Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek 38.1.1 Phys. 2°.

2. Die Wörter Erkenntnisse über die „Haltbarkeit" der althochdeutschen Bezeichnungen auf dem Gebiet von Körper, Krankheit und Heilung sollten sich zunächst ganz mechanisch durch einen Vergleich des „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuchs" mit den Wörterbüchern des Mittel- und Frühneuhochdeutschen gewinnen lassen. Der Stand der Lexikographie der historischen Sprachstadien des Deutschen ermöglicht allerdings derzeit nur Aussagen von begrenzter Gültigkeit. Matthias Lexers „Mittelhochdeutsches Handwörterbuch" erfasst medizinische Be-

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Konstanz und Wandel

Zeichnungen nur gelegentlich und oft unzutreffend.638 Das große „Frühneuhochdeutsche Wörterbuch" (FEW.) steckt noch immer in den Anfangen und ist zudem durch die Beschränkung auf ausgewählte edierte Texte für diese Untersuchung nur bedingt geeignet.639 Eine leidlich sichere Vergleichsgrundlage bietet nur das „Deutsche Wörterbuch", dessen Quellenverzeichnis alles in allem eine überraschend hohe Dichte fachsprachlicher Texte aufweist.640 Über die Intensität der Auswertung dieser Texte ist damit allerdings noch nicht viel ausgesagt. Ein auf den Quellen basierendes „Mittel- und frühneuhochdeutsches heilkundliches Wörterbuch" würde daher vermutlich im Detail andere Ergebnisse bringen, als sie in dieser Studie möglich sind. An der allgemeinen Tendenz der lexikalischen Entwicklung, so wie sie hier auf der Basis des „Lexers" und des „Deutschen Wörterbuchs" dargestellt wird, dürfte sich aber kaum mehr etwas ändern. Zudem wird das Fehlen lexikographischer Vorarbeiten dadurch gemildert, dass für ausgewählte Sachbereiche und ausgewählte Texte der mittel- und frühneuhochdeutschen Zeit kurze Einzeluntersuchungen angefertigt wurden, deren Ergebnisse das unvollständige Gesamtbild ergänzen können. Auch die Daten aus Max Höflers „Deutschem Krankheitsnamen-Buch" fließen in die Auswertung ein.641 Eine Untergliederung in die drei Frames „Körper", „Krankheit" sowie „Heilung und Gesundheit" ergibt dann das im folgenden skizzierte Bild. Die Zahlen beziehen sich jeweils auf das Fordeben einer im weitesten Sinne medizinischen Verwendungsweise, nicht auf das Fortleben der Lexeme in einer beliebigen anderen Bedeutung. Unterschieden werden außer dem Althochdeutschen die Sprachstadien „Mittelhochdeutsch", „Neuhochdeutsch" und die deutsche Gegenwartssprache. Der Mangel an einschlägigen Vorarbeiten macht eine Differenzierung von frühneuhochdeutschem und neuhochdeutschem Wortschatz unmöglich. Als „Neuhochdeutsch" soll daher hier der gesamte Zeitraum von ca. 1350 bis ca. 1950 gelten, Frühneuhochdeutsch (ca. 1350-1650), älteres Neuhochdeutsch (ca. 1650-1800) und mittleres Neuhochdeutsch (ca. 1800-1950/70) werden zusammengefasst.

638 Man vergleiche G. KEIL, Lexer und die medizinische Fachsprache. 639 Damit soll die forschungspraktische Notwendigkeit dieser Beschränkung allerdings nicht in Zweifel gezogen werden. 640 Siehe dazu J. SCHIEWE, Fach- und Wissenschaftssprachen im Deutschen Wörterbuch, S. 243 u. 260. 641 Um die Darstellung dieses Überblicks nicht noch weiter anschwellen zu lassen, werden die aus den Corpora 3 und 4 erhobenen Angaben zum Fortleben der Bezeichnungen im Textverlauf nicht gesondert dokumentiert. Nur der Hinweis auf das Fortleben im unmittelbar anschließenden Sprachstadium Mittelhochdeutsch, der auch als einziger im Einzelfall exakt ermittelbar ist, ist im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" enthalten.

497

Die Wörter

Α. Körper: Althochdeutsche Lexeme Fortsetzer im Mittelhochdeutschen Fortsetzer im Neuhochdeutschen Fortsetzer in der Gegenwartssprache

489 255 215 94

(52,15%) (43,97 %) (19,22 %)

B. Krankheit: Althochdeutsche Lexeme Fortsetzer im Mittelhochdeutschen Fortsetzer im Neuhochdeutschen Fortsetzer in der Gegenwartssprache

650 279 247 69

(43,05 %) (38,12 %) (10,65 %)

C. Heilung und Gesundheit: Althochdeutsche Lexeme Fortsetzer im Mittelhochdeutschen Fortsetzer im Neuhochdeutschen Fortsetzer in der Gegenwartssprache

161 64 51 25

(39,75 %) (31,67 %) (15,53 %)

In den drei Frames verläuft die Entwicklung annähernd gleichartig. Die Haltbarkeit des ältesten medizinischen deutschen Wortschatzes nimmt in allen Bereichen und in allen Sprachstadien deutlich ab. Etwas stabiler ist der anatomische Wortschatz, im Bereich von Krankheit und Heilung vollzieht sich der Wortverlust etwas schneller. Im Mittelhochdeutschen sind, je nach Sachgebiet, immerhin noch 40 bis 50 % der aus dem Althochdeutschen überkommenen heilkundlichen Verwendungsweisen bezeugt. Im Verlauf der frühneu- und neuhochdeutschen Zeit gehen dann aber weitere 5 bis 10 % des Wortschatzes verloren. Erst in der Sprache der Gegenwart scheint die überwiegende Mehrzahl der Lexeme endgültig unterzugehen. Es bleibt schließlich nur ein Rest von ca. 20 % im Bereich des Körpers, 15 % im Bereich von Heilung und Gesundheit und sogar nur 10 % bei den Krankheitsbezeichnungen. Es zeigt sich also ein fortschreitender Wortschatzverlust, der aber, sofern die Angaben des DWB., gepaart mit der eigenen Sprachkompetenz, repräsentativ sind, erst im 20. Jahrhundert geradezu dramatische Formen annimmt. Eine jahrhundertelange Kontinuität geht schließlich zu Ende. Und auch die vergleichsweise wenigen Lexeme, die sich mit einer medizinischen Verwendungsweise bis in die Gegenwart gehalten haben, gehören nicht mehr alle dem einheimischen Fachwortschatz der Medizin an. Unter einheimischem Fachwortschatz sollen dabei solche Lexeme verstanden werden, die in einem ArztPatienten-Diskurs zur Bezeichnung eines medizinischen bzw. anatomischen Sachverhalts verwendet werden können. Hierher gehören dann Wörter wie Ader (ahd. ädra), Achsel (absah), Arm (arm), Backe (backo), Backenzahn {backo^and), Ballen (ballo) oder Blase (bläsa). Sie sind heute Bestandteil der laienmedizinischen Fachsprache der Medizin. Nicht hierher gehören dagegen Wörter wie Arsch (ars), Arschloch (arsloh) und Wampe (wambd), die nur noch umgangssprachlich gebraucht werden kön-

498

Konstanz und Wandel

nen. Nur in archaisierend-poetischer Sprache können schließlich noch Antlit\ (antlusgt), Gebein {gibeint) und Steiß (stiu$ erscheinen. Ähnlich ist es im Bereich der Krankheitsbezeichnungen: Wörter wie Blatter (ahd. blätara), blind (blint), Beule (bükt), Fieber φebaή, Gelbsucht {gelosuht) oder Gicht (gibt) gehören seit den Anfängen zur Sprache der Medizin hinzu. Dagegen sind Alb (albe), Grind (grint), Siechtum (siehtuom), Tor (tör), tumb (tumb), Unsinn (unsin), unsinnig {unsinnig) und Aussätziger {ü^satgo) heute in einem medizinischen Kontext nur noch in archaisierend-poetischer Verwendung denkbar. Koller {kolero) und Krüppel {kruppel) dürften dagegen als umgangssprachlich gelten. Demgegenüber ist der Anteil des bis in die Gegenwartssprache erhaltenen medizinischen Wortschatzes im Gesundheits-Frame zwar insgesamt geringer, doch sind die wenigen erhaltenen Verwendungsweisen fast alle ein Bestandteil zumindest des laienmedizinischen Diskurses geblieben. Es handelt sich hier um Lexeme wie Ar%t (ahd. ατψί), Bahre {bära), gesund (gisunt), Hebamme {hevannd), heil {heil), Pflaster {pjlastai) oder Salbe {salba). Einzig Wundarzt {umntar^ät) gehört heute eher dem archaisierend-poetischen Wortschatz an. Ein Wort wie Blutstein (ahd. bluotstein) für den Hämatit, vor allem aber Heiler {heilari) und Weihrauch {wihrouh) verweisen darüber hinaus heute auf das Gebiet der sogenannten Natur- oder Altemativmedizin, deren Vertreter eine ganz eigene Sprache ausgebildet haben, die gesondert zu untersuchen wäre. Die anhand der Auswertung der Wörterbücher gewonnenen Ergebnisse sollen nun durch drei Längsschnitte ergänzt werden. Untersucht wird die Entwicklung des Wortschatzes dreier ausgewählter Bereiche, für die jeweils Bezeichnungen der Anatomie, Nosologie und gegebenenfalls der Therapie zusammengefasst werden. Ausgewählt wurden die Bereiche „Auge", „Haut" sowie „Nerven, Sehnen und Gefäße". Bei den Augen und der Haut handelt es sich um äußerlich sichtbare Regionen des Körpers, die schon früh das medizinische Interesse auf sich gezogen haben. Haut- und Augenkrankheiten gehören im Mittelalter zu den häufigsten Krankheitsbildern. Beide Bereiche verfügen daher schon im Althochdeutschen über eine vergleichsweise große Zahl an Bezeichnungen, insbesondere von Krankheitsbezeichnungen. Darüber hinaus gehört das Auge zu den im Mittelalter symbolisch stark aufgeladenen Körperteilen, so dass die verschiedenen Einzelheiten im Augenbereich schon relativ früh genauer unterschieden werden. Ganz anders sieht es schließlich im Bereich der Nerven, Sehnen und Gefäße aus. Gefäßbezeichnungen lassen sich anfangs kaum eindeutig zuweisen, da Adern, Sehnen und Gefäße allem Anschein nach weder sprachlich, noch sachlich präzise unterschieden worden sind. Bei der Erstellung eines Wortfeldes „Gefäßbezeichnungen" muss daher weiter ausgeholt werden. Die verschiedenen Adem, Nerven und Gefäße waren, da sie zu den nicht sichtbaren Teilen des menschlichen Körpers gehören, im Frühmittelalter nur ungenau bekannt und haben dementsprech-

499

Die Wörter

end zunächst nut wenig Sputen im Wortschatz hinterlassen. Hier ist eine starke Erweiterung des lexikalischen Bestandes erwartbar. Es folgt die Auswertung der Texte. Wegen der in vielen Texten nur geringen Zahl einschlägiger Lexeme werden die drei Bereiche „Körper", „Krankheit" und „Heilung" in den Tabellen zusammengefasst. Lexeme, die eine althochdeutsche Bezeichnung fortsetzen, sind mit einem nachgestellten „°" versehen.

ARZENtEBUOCH IPOCRATIS (A)

Auge

Haut

gefwulft" das Geh fweren0 wndun0 demo gewndeden

Gefäße, Nerven, Sehnen halsaderen0

ARZENIEBUOCH IPOCRATIS (B)

öge0 finfterniffe der ögon vngefore der ögon fel° Gefehlt öch der nivt

grind0 rvde° rudig0 Unfvbirlich flahte wndun

D e r medizinische Wortschatz des ARZENIEBUOCH IPOCRATIS ist gering. Wie in

den althochdeutschen Einzelrezepten dominieren Pflanzenbezeichnungen als Bezeichnungen für Heilmittel. Der Wortschatz des Arzneibuchs unterscheidet sich von althochdeutschen Rezepten nicht. Der verwendete Fachwortschatz entspricht dem Bestand des „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuchs". Hinzu tritt lediglich das ßch 'Erkrankung' als Substantivierung von ahd. sioh sowie unfvbtrlich, das zwar für das Althochdeutsche durch ahd. unsübarlthht 'Schmutzigkeit' vorausgesetzt wird, dort aber selbst noch nicht bezeugt ist. In einem heilkundlichen Zusammenhang steht die Wortfamilie jedoch bereits durch ahd. -> sübiren. Die übrigen Krankheitsbezeichnungen erscheinen entweder lateinisch oder durch eine volkssprachliche Umschreibung mit Hilfe von Nominalgruppen.

500 INNSBRUCKER ARZNEIBUCH (A)

Konstanz und Wandel

Haut

Auge

Gefäße, Nerven, Sehnen

blatern" flehten0 flesch zende des nageles fure° ezzent INNSBRUCKER ARZNEIBUCH (B)

öugen0 ovgen we ögen zaeheren den tuncheln ovgen dem daz wizze oder die vleche werrent

blatern" gefwlst0 herte hut dem Geh div hut erhevet milwen nizze

Für die beiden Fassungen des INNSBRUCKER ARZNEIBUCHS gilt dasselbe, wie für das ältere ARZENIEBUOCH IPOCRATIS. Einheimischer medizinischer Wortschatz ist selten. Auch in der mit 78 Rezepten recht umfangreichen jüngeren Fassung B, deren Rezepteingänge erstmals fast durchgängig volkssprachig gehalten sind (etwa: „Dem di zend we n?n ..." statt „Ad dolorem dentivm" noch in Fassung A), spielt Fachwortschatz kaum eine Rolle. Das gilt nicht nur für die drei ausgewählten Bereiche, auch insgesamt sind mit b/atern,ßeber, gelsuht, gefwlst, rite, spnchekn, steche und der unsinnige nur acht Krankheitsbezeichnungen vorhanden. An die Stelle der lateinischen Bezeichnungen treten zunächst Syntagmen wie dem das^ tvis^e oder die vkche memn und Nominalgruppen wie flesch %ende des nageles. Diese Ersatzformen sind durchsichtig und daher leicht verständlich. In einem laienmedizinischen Kontext erfüllen sie ihre Funktion besser, als ein möglicherweise schwer verständliches neues Fachwort.

501

Die Wörter BARTHOLOMÄUS

Haut

Auge

(A)

ougen0 — sint hol fel° daz fei si für daz ouge gegangen an den ougen verlenchet swem vor den ougen nebelet - bloede werden der grüene rinch vor den ougen grüene sin under den ougen daz ubel vor den ougen so zehert im daz winster ouge gesihen tunchelt im'z gesihen griekech bra°

geswer0 geswern grint0 mase0 milwe morphea riude0 roudich0 swer° swern° unsüberliche

Gefäße, Nerven, Sehnen halsader0

502

Konstanz und Wandel

Auge

BARTHOLOMÄUS

Haut

(B)

ougen0 - rinnen

Gefäße, Nerven, Sehnen

uleisch0 — beginnet fulen vnde roten masen° milwen morphea rudic0

— rot vnde heiz — seric sint - tunkel werden - vblen tropfen habent swern° Dem es vor den ougen schimet Swer an den ougen warzen0 uer(l]enket wirt — etwas gesieht in wunden0 daz ouge obern bra — seric sint obern ouchbran - (uil) seric sint

Der althochdeutsche BARTHOLOMÄUS ist umfangreicher und enthält vereinzelt neuere medizinische Erkenntnisse.642 Auf der Ebene des Wortschatzes unterscheidet sich der Text jedoch von den älteren Arzneibüchern nicht. Fachwortschatz (etwa masert, rudic, swern) spielt auch hier weiterhin nur eine untergeordnete Rolle. Während das Gebiet der Gefäße, Nerven und Sehnen - mit Ausnahme von halsader in Hs. Β - völlig ausgeblendet bleibt, erfahren Augenkrankheiten im BARTHOLOMÄUS eine recht intensive Behandlung. Dabei kommt der Verfasser bzw. Kompilator jedoch ganz ohne Fachwörter aus. Er arbeitet vor allem mit Relativsatzkonstruktionen und umschreibenden Nominalgruppen. An der Erweiterung des fachsprachlichen Wortschatzes hat der Text in seiner ältesten Form daher keinen Anteil.

642 Siehe dazu in Abschnitt II. 3.2.

Die Wörter

HILDEGARD VON BINGEN

503

Auge

Haut

Gefäße, Nerven, Sehnen

ougenlider0

blader 0

halsader0

ougensweren"

brustswere

senadern 0

fei 0

bule°

herbrado 0

buleht

maczerecht

deinen

schilichen0

deinen rüden deinen grint grindich grint0 grintflecken iuchedo 0 nessede orsime quedchit quedelechte ruf 0 schuppecht sneuelzen suere° swarten0 urslehte 0 uzdiezen velleht0 vellen 0 vich vßgeslagen zitterdruse0

In der „Physica" erscheint volkssprachiger heilkundlicher Wortschatz erstmals in größerer Zahl im textuellen Zusammenhang eines Einzeltexts. In ihrer großen Mehrzahl stammen die Lexeme aus dem Bereich von Haut und Hautkrankheiten. Hier ist auch die Zahl der erstmals bezeugten Verwendungsweisen besonders groß. Nur etwa ein Drittel der Lexeme setzt eine althochdeutsche Bezeichnung fort. Da der volkssprachige Hildegard-Wortschatz sehr stark von rheinfränkischen

504

Konstanz und Wandel

Regionalismen geprägt ist,643 wogegen im Althochdeutschen eher das Oberdeutsch-Ostfränkische dominiert, dürfte ein beträchtlicher Teil der lexikalischen Besonderheiten HILDEGARDS VON BINGEN auf diatopische Unterschiede zurückzufuhren sein. Gut sichtbar wird die regionale Wortschatzerweiterung im Bereich des Auges, wo fünf von sechs Lexemen eine althochdeutsche Bildung fortsetzen. Hinzu tritt allein mhd. mac^mcht 'triefäugig', das als rheinfrk. 'matzäugig' bis in die neuhochdeutsche Zeit fortlebt.644 Ansonsten finden Augenkrankheiten bei HILDEGARD keine sonderliche Beachtung. Anders sieht es im Bereich der Haut aus. Erstmals begegnet in einem Text eine relativ breit differenzierte Palette von Bezeichnungen für ein Krankheitsbild. HILDEGARD nennt allein 17 verschiedene Hautkrankheiten: blader *Blatter, Pocken, Hautblase', buk "Eitergeschwür", deinen 'Krätze', deinen rüden „kleine Räude" (?), deinen grint „kleiner Grind" (?), gint 'Kopfausschlag', gintflecken 'Flechte',645 iuchedo 'Hautjucken', nessedt *Eiterpöckchen, flüssiges Hautsekret', orsime 'Hautentzündung, Sommersprossen',646 ruf 'Schorf, Grind, Aussatz', sneuetyn 'Krätzmilben', suere 'Schwären, Geschwür', urslehte 'Ausschlag', Vellen 'Kopfausschlag, Haarschuppen', vich 'Feigwarze', qtterdruose 'flechtenartiger Ausschlag'. Der verhältnismäßig reichhaltige Hildegard-Wortschatz kann jedoch nicht unmittelbar als Beleg auch für einen wesentlichen Fortschritt in der fachlexikalischen Ausgestaltung volkssprachiger medizinischer Texte herangezogen werden. Die vergleichsweise hohe Fachwortfrequenz in der „Physica" ist ein Resultat der klösterlichen „pragmatischen Zweisprachigkeit".647 Die „Physica" ist als lateinischer Text gezielt mit volkssprachigen Erläuterungen und Ergänzungen versehen worden. Dies geschieht vor allem an den Stellen, an denen ein lateinischer Terminus nicht zur Verfugung stand oder HILDEGARD zumindest nicht bekannt war.648 Es ergibt sich daraus zwangsläufig eine viel dichtere fachsprachliche lexikalische Füllung als bei den einsprachigen Arzneibüchern, die im 12. und 13. Jahrhundert auf einem lexikalisch deutlich bescheideneren Niveau angesiedelt sind. Während dort mit Hilfe von Nominalgruppen und Relativsatzkonstruktionen einfache und für Laien möglichst durchsichtige Strukturen geschaffen werden, benötigt HILDEGARD im lateinischen Textfluss in viel größerer Zahl präzise fachlexikalische Verdeutschungen. Der reichhaltige Hildegard-Wortschatz stützt

643 Siehe etwa R. HILDEBRANDT, Historische deutsche Wortgeographie, S. 45f., sowie ders., Die pragmatische Zweisprachigkeit, S. 281, 284 und ders., Neues zum rheinfrankischen Wortschatz. 644 Siehe R. HILDEBRANDT, Wörterbuch, u. mac^tnchf. Man vergleiche auch rhein. Mat^eljauge. 645 R. HILDEBRANDT, Die pragmatische Zweisprachigkeit, S. 281.

646 Ebd., S. 284. 647 Man vergleiche ebd. - Grundlegend zur lateinisch-deutschen Zweisprachigkeit M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 7-68. Siehe auch G. KEIL, Deutsch und Latein. 648 R. HILDEBRANDT, Die pragmatische Zweisprachigkeit, S. 276f.

505

Die Wörter

daher vielmehr einen Eindruck, den auch schon die Analyse des althochdeutschen Wortguts eröffnet hat: Fachsprachlicher Wortschatz ist vorhanden, auch wenn er in den einsprachigen volkssprachigen Texten medizinischen Inhalts wie Rezepten und Arzneibüchern noch kaum in Erscheinung tritt.

Auge

VOCABULARIUS OPTIMUS

Haut

ögopfel0

hud° abgeschunden hut

augrinck0 augwinckel ougwis

vichs hud menschenhud leder

seh° braw0 oberbraw0 vnderbraw0 fliczögin0 hochsunig ögflicz ögswer0 schel0 schilcher walzend ögen

bleterli0 d ursiaht eiss0 figwerzen flecht0 Rrint° kratz krebs0 lihtorn0 löbfleckel milwin misel° miselglich rosem ruda° sant antonien fur schelm0 Snebeltzin swer, geswer" giftig geswer vssetzikeyt wolf zittermal

A

OUR

η

Gefäße, Nerven, Sehnen ader aten-, autenader blütader0 halsader0 hertzenspisad er leberader spisader waltewahs0

506

Konstanz und Wandel

Nur wenig später als HILDEGARDS „Physica" entsteht der VOCABULARIUS OPTIMUS. Er enthält eine große Zahl von Bezeichnungen aus dem Umkreis von Körper und Krankheit. Bereits die ältesten Bearbeitungsstufen des Vokabulars demonstrieren, wie reichhaltig und differenziert der volkssprachige Wortschatz in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nun ist. Selbst im Bereich der Gefäße, Nerven und Sehnen stehen acht Bezeichnungen, die den Zuwachs der Ausdrucksmöglichkeiten der Volkssprache zum Ausdruck bringen. ader 'vena'; atenader, autenader 'arteria, trachea'; blutader 'vena'; halsader 'ceruix'; hertsgnspisader 'portalactis'; kberader 'kilis', spisader 'isophagus, portalactis', waltewahs 'nerws'. Unterschieden werden Venen und Arterien als oder bzw. blutader für die bluttransportierenden Gefäße und atenader, autenader für die lufttransportierenden Gefäße. Einzelne Abschnitte werden durch halsader, hertsgnspisader und kberader abgegrenzt. Die Speiseröhre findet als spisader Erwähnung. Daneben steht waltewahs — wie ahd. waltowahso - als Bezeichnung für Sehnen und Nerven. Neben den Neubildungen setzt ein überraschend hoher Anteil des Wortschatzes aber auch verschiedene, bereits im Althochdeutschen bezeugte Lexeme weiter fort. Im Bereich der Gefäße, Nerven und Sehnen sind es drei von acht, im Bereich des Auges sind es 10 von 17 und im Bereich der Haut sogar 11 von 28 Lexemen. Zählt man die Ableitungen und Weiterbildungen von im Althochdeutschen bezeugten Basen, wie figvergn, miselgüch, vssetsQgkeyt und ^ittermal noch hinzu, so erhält man sogar eine Quote von 15 zu 28. Damit liegt der ererbte heilkundliche Wortschatz des VOCABULARIUS OPTIMUS noch deutlich über dem für das Mittelhochdeutsche insgesamt errechneten Wert. Er übersteigt auch den ererbten Anteil in HILDEGARDS „Physica". Es zeigt sich, dass der oberdeutsch dominierte althochdeutsche Wortschatz in einem oberdeutschen Vokabular des 14. Jahrhunderts weitgehend erhalten geblieben ist. Regionale Kontinuität ist daher für die Haltbarkeit älteren Wortgutes von großer Bedeutung. Die Existenz von medizinischem Fachwortschatz in einem Vokabular des 14. Jahrhunderts bestätigt noch einmal eindrucksvoll, dass die fachlexikalische Armut der älteren Arzneibücher ein Merkmal der Textsorte „Arzneibuch" ist, aber noch nichts über den Zustand der medizinischen Fachsprache im Spätmittelalter insgesamt aussagt.

507

Die Wörter

KONRAD VON MEGENBERG

Auge

Haut

auge° augäpfelein0

haut 0 Häutlin

augenprawen0 überpräwe siben röcke, daz sint siben häutel ein holen äder (opticus)

vel°

Gefäße, Nerven, Sehnen äder 0 ädern, die pluttragerinne sint pantädern gaistädern gerüewige ädern gruntäder hauptäder miderinne runstädern slahend äder ein holen äder (opticus)

Das „Buch der Natur" bietet in allen drei Bereichen nur anatomischen Wortschatz. Es ist kein Arzneibuch, sondern will in diesem Abschnitt das Wissen über den menschlichen Körper bei Laien verbreiten und vertiefen. Der mittelfränkische Text weist, abgesehen von einigen Bestandteilen des Grundwortschatzes wie auge, augertprawn, haut und äder, nur wenig Gemeinsamkeiten mit dem heilkundlichen Wortschatz des Althochdeutschen auf. Dies dürfte vor allem an KONRADs, seinen Vorlagen verpflichtetem Versuch liegen, den Bereich der Gefäße genauer darzustellen. Er erreicht hier erstmals ein gewisses Maß an Differenziertheit, das in althochdeutscher Zeit noch nicht möglich und in den zur praktischen Anwendung geschriebenen mittelhochdeutschen Arzneibüchern nicht nötig war. Anders als in den übrigen Sachbereichen versucht KONRAD hier, neue Fachtermini zu bilden. Nominalgruppen (gerüewige ädern, slahend äder) und Relativkonstruktionen {ädern, die pluttragerinne sint) bleiben die Ausnahme. Seine substantivischen Fachwörter sind allesamt Erstbelege: pantäder 'Sehne, Nerv' (lat. nervus), zu mhd. bani 'Band'. gaistäder 'Arterie' (lat. arterie) als „Lebensader", zu mhd. geist 'Geist'; vgl. lat. spiritus. gruntäder 'die den Ausgangsort des Blutes bildende Ader' (lat. epatica, banked), zu mhd. grünt 'unterste Räche eines Körpers'; vgl. DWB. 4,1,6,752.

Konstanz und Wandel

508

hauptader 'Hauptader' (lat. vena cephalicd), zu mhd. houbet 'Kopf; vgl. DWB. 4,2,606 (wo der Megenberg-Beleg fehlt). mitlerinne 'Mittelader' (lat. medianae), zu mhd. mitteler 'der in der Mitte ist'; vgl. DWB. 6,2425 (wo der diese Bedeutung unter dem Lemma Mittlerin fehlt). runstäder "Blutader' (lat. vena), zu mhd. runst 'das Fließen'; vgl. DWB. 8,1523. KONRADs Terminologie setzt sich jedoch nicht durch. Dass die Darstellung der Gefäße des menschlichen Körpers nicht nur ein sprachliches Problem darstellt, demonstriert KONRAD VON MEGENBERG SELBST eindrucksvoll: 649

Kap. I, 43. Von den Adem. Nun schüll wir sagen von den ädern, als daz puoch sagt, wie daz sei, daz der ärzt püecher anders da von reden; wan hie ist ain krieg zwischen den ärzten und den maistern von der nätür, und daz man daz dester paz verste daz unser puoch sagt, so schol man wizzen, daz dreierlei ädern sint in dem menschen ...

Die Wahl der Terminologie ist - besonders in derart umstrittenen Gebieten - abhängig von der zu Grunde gelegten medizinischen Theorie. KONRADs sprachlicher Gliederungsversuch erscheint aus heutiger Perspektive unzutreffend, bildet jedoch den damaligen Wissensstand getreu ab. Seine Wortwahl bestätigt einen Befund, der schon bei der Analyse des Althochdeutschen deutlich wurde: Die Neubildung von Körperteilbezeichnungen erfolgt in der Frühgeschichte der medizinischen Fachsprache vor allem mit Hilfe von Komposita. Außerhalb des Bereichs der Gefäße, Nerven und Sehnen, in dem KONRAD VON MEGENBERG besonders um terminologische Klärung bemüht ist, dominieren jedoch weiterhin die Nominalgruppen. Sie scheinen ein Charakteristikum älterer (laien)medizinischer Texte zu sein. Durch den insgesamt geringen Anteil an Fachwortschatz ähnelt das „Buch der Natur" auf der lexikalischen Ebene so vor allem dem Typ der älteren „Arzneibücher".

649 F. Pfeiffer, Das Buch der Natur, S. 35.

509

Die Wörter ORTOLF VON

Haut

Auge

BAIERLAND

oughen0 wynbru deme de oughen we tun ... Syn blatern in den oughen ... swerende oughen

blatere" geswer0 gtindich

Gefäße, Nerven, Sehnen ader 0 äderen laten

rude0 rudicheyt vssetisch vzsetzczecheyt vynnyg

Die Durchsicht des Ortolfschen Arzneibuchs bietet hinsichtlich der lexikalischen Füllung der drei ausgewählten Sachbereiche ein verblüffendes Ergebnis. Das wirkungsmächtigste „Arzneibuch" der frühen Neuzeit besitzt - zumindest in der ältesten bisher gedruckt vorliegenden Fassung - kaum fachspezifischen Wortschatz. Abgesehen von Elementen des Grundwortschatzes (oder "Vene, Arterie',650 ougen und wynbru 'Wimper') enthält es im Bereich der Hautkrankheiten nur einige wenige elementare Bezeichnungen. Etwa die Hälfte der Lexeme setzt althochdeutsche Bezeichnungen fort, sofern man Komposita und Weiterbildungen wie ffindich, rudicheyt, vssetisch, v^set^echeyt und aynbru hinzuzählt. Ganz offensichtlich liegt die unbestrittene innovative Kraft des Arzneibuchs65' nicht auf der lexikalischen Ebene. Auch wenn in einzelnen anderen, hier nicht näher untersuchten Sachgebieten der fachspezifische Wortschatz etwas größer ist, so ändert das nichts an der Allgemeingültigkeit der Feststellung. „Bisweilen hat man fast den Eindruck, als spare Ortolf ganz bewußt mit seinen Termini. (...) Der Wortschatz ist insgesamt relativ klein gehalten, und weist auch keinerlei Extravaganzen auf. Dennoch ist der Ausdruck stets treffend (.. ,)."652 Es spricht beim bisherigen Stand der Untersuchung daher einiges dafür, im Fehlen dieses fachspezifischen Wortgutes - die Ausnahme bleiben nach wie vor die Pflanzenbezeichnungen - geradezu ein Merkmal der Textsorte „ A r z n e i b u c h " zu sehen. Als Vertreter nicht vorhandener volkssprachigen Fachwörter treten in den älteren Rezeptsammlungen und „Arzneibüchern", wie bereits am Beispiel des

650 Zur Bedeutungsfestsetzung siehe G. KEIL, Beobachtungen, S. 11. 651 Man vergleiche dazu die Beiträge in: G. KEIL (Hg.), „Ein teutsch puech machen"; zusammenfassend bes. O. RlHA, Ein Buch machen, S. 38. 652 G. KEIL, Beobachtungen, S. 9f.

510

Konstanz und Wandel

BARTHOLOMÄUS gesehen, Relativsatzkonstruktionen und Nominalgruppen auf. Insgesamt bleibt aber bei ORTOLF VON BAIERLAND auch die Anzahl der syntaktischen Ersatzformen vergleichsweise gering. Nominalgruppen etwa können im Zusammenhang mit der Bezeichnung von Mengenangaben erscheinen, etwa: eyrt loth quentsituers (...), tive tot wynstetne^ hanigev^ vnde swinen smaltes^ vnde ghense smalter^ iclike% eynen vyrdung oder sie dienen gelegentlich der Spezifizierung von Heilmitteln: so calc, de nicht geleschet sy, twe punt, ttyseworagn dy wie.ζ sy, sap van deme crude, daζ dat heyt portulata.1553 Allerdings vermehrt sich ihre Zahl jetzt in den Rezepteingängen. In den 54 überwiegend volkssprachigen Rezepteingängen der Kölner Handschrift finden sich immerhin 32 Nominalgruppen des Typs Epylencia heys^et der vollende wehen-, Polipus ist eyn suchtage der nasen oder auch erweitert als Scrophule beysqen dnsen vnde wasqen itwanne an deme habe eder anderswo. Diese komplexeren Nominalgruppen dienen der Erklärung der lateinischen Begrifflichkeit. Sie treten also ganz offensichtlich vor allem an der Stelle auf, wo eine genaue terminologische Identifizierung unbedingt erforderlich ist, nämlich in den Rezepteingängen. Nur ein einziges Mal, in Nr. 124, wählt ORTOLF VON BAIERLAND mit gelen suht als Bezeichnung für die Gelbsucht einen volkssprachigen Terminus. 654

Haut

Auge

ORDNUNG DER GESUNDHEIT

äugen"

haut0

Gefäße, Nerven, Sehnen ader0 haupt ader leber ader median ader Occident ader am nack ader lassen laßeifen

Für die ORDNUNG DER GESUNDHEIT gilt das Gleiche wie für ORTOLF VON BAIERLAND. Fachwortschatz spielt in diesem Text, abgesehen von einigen we-

nigen Gefäßbezeichnungen, ebenfalls keine Rolle. Der Text mit seinem diätetischen Schwerpunkt berücksichtigt einzelne Körperteile und Erkrankungen kaum. Auch für die Textsorte der Gesundheitsregeln ist daher die Armut an fachspezifischem Wortschatz charakteristisch. Anders als bei den behandelten „Arz-

653 Siehe dazu, mit allen Nachweisen, J. RlECKE, Beobachtungen zu Syntax und Semantik, S. 36. 654 Zur weiteren Entwicklung der Nominalgruppe in medizinischen Fachtexten vergleiche man ebd. S. 36f.

511

Die Wörter

neibüchem" steht die geringe Frequenz jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit den diätetischen, der Prophylaxe dienenden Stoffgebieten. Die ORDNUNG DER GESUNDHEIT ist zudem auch als Ganzes nicht ausschließlich als Fachtext gelesen worden. Die Überlieferung der Handschrift Glessen, UniversitätsB. Cod. 104, zeigt den Text in Gesellschaft der SIEBEN WEISEN MEISTER, NIKLAS VON WYLES „Guiscard und Sigismunda", HEINRICH STEINHÖWELs „Griseldis" und THÜRING VON RlNGOLTINGENs „Melusine". Die ORDNUNG DER GESUNDHEIT rückt in die Nähe der sogenannten „Volksbücher".655 Sie dient in diesem Überlieferungszusammenhang der Erbauung und vermittelt gleichzeitig Bildungswissen.

ANTON

Auge

Haut

TRUTMANN

ouge° ougapfel0 ougebrä0 ougelit0 ougenwasser agelsterouge brä° snebeliz starblintheit tunkel vel° vlec zapfe

aezen aezpulver aezunge angesihte andütte0 biule" bizen blätere" brant brant gelit brest brustswere bütze enwecaezen fistel ge-swellen geswer0 Rrint° grintec harwurm0 hüt° krebez0 loch

Gefäße, Nerven, Sehnen äder° geaeder houbetäder

655 Zur Handschrift siehe U. SEELBACH, Katalog, Nr. 104; grundlegend zu den „Volksbüchern" H.J. Kreutzer, Der Mythos.

512

Konstanz und Wandel

Auge

Haut

lüssalbe mal malätzige maläz mäse° mäser0 misel suht0 morphe, morfe ölschenkel riseme riude° riudec0 roete ruf° sant Antonius räch ser° snebeliz swellen0 swern0 ungenande urviule üzsaz üzsetzic üzsetzige fressen Α Λ VIC vicbläter0 vicwarze vlec° warze0 wit wunde0 wunt° wurm0 zapfe zittermal

Gefäße, Nerven, Sehnen

Die Wörter

513

Der Wortschatz von Auge und Gefäßen spielt in ANTON TRUTMANNs „Arzneibuch" kaum eine Rolle. Ausgeprägt ist jedoch der Bereich der Haut und Hauterkiankungen. Hier findet sich die dichteste lexikalische Füllung, die bisher in einem einzelnen Text beobachtet werden konnte. Neben hut als Bezeichnung für die menschliche Haut im Allgemeinen erscheinen angenhte und antlütte für die Gesichtshaut. Den breitesten Raum nehmen jedoch die verschiedensten Krankheitsbezeichnungen ein. Sie sind von J. Mildenberger gesammelt und ausfuhrlich kommentiert worden.656 An dieser Stelle soll es daher genügen, das substantivische Paradigma der Bezeichnungen für Hauterkrankungen zur Verdeutlichung zusammenzustellen. Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf die Belegstellen in Mildenbergers Wörterbuch: biule 'Eiterbeule' (221 f.), blaten 'Hautblase, Blatter, Pustel' (227), brant 'Brand, Verbrennung, Entzündung' (253f.), brant ge/it 'entzündete Extremität' (254), brest 'Gebrechen, Geschwür' (259), brustswert 'Brustdrüsenerkrankung, Brustgeschwür' (272), bütsg Wundvertiefung, Eiterpropf (285), fistel 'Fistel, eiterndes Geschwür' (624), geswer 'Abszeß, Geschwür, Ulkus' (700f.), grint 'körniger, borkiger Hautausschlag mit Knotenbildung' (735f.), barwurm 'flechtenartiger, um sich fressender Ausschlag' (783f.), krtbe\ 'fressendes Geschwür' (994f.), loch 'lochähnlich vertieftes Geschwür, Wundvertiefung' (1097f.), mal 'Knötchen, Geschwulst, Eiterblase' (1136f.), malätsjge lepröse Hauterscheinung' (1138), most 'fleckige Texturveränderung der Haut' (1160f.), mäser 'Hautknoten, Abszess-Geschwulst' (1161), misel suht 'Aussatz, Lepra' (1235), morphe 'Morphea, Hautflecken bei Lepra' (1253), ölschenkel 'durch Ödem geschwollenes Bein' (1366f.), risrne 'roter Hautausschlag' (1590f.), riude T)ermatose, chronische, fleckige Hautausschläge' (1592), roete 'roter Hautausschlag' (1596), ruf 'krustenbildende Dermatose' (1622f.), sant Antonius räch 'Infektion mit geschwürigem Gewebszerfall' (1669f.), ser 'offene schmerzhafte Wunde, Kopfgrind' (1748), snebelit^ 'Hautgeschwür um die Augen' (1813f.)657, ungenande 'entzündliche, eitrige Wundinfektion' (2049), urviule 'faulendes Geschwür' (2070), 'Aussatz, Lepra' (2082f.), vtc 'Feigwarze' (2142), wcblater 'Feigwarze, Hämorrhoiden (2143), vicwarq 'Feigwarze, Hämorrhoiden' (2145f.), wang "Warze, hornige Wucherung der Haut' (2243), wunde "Wunde, geschwüriger Gewebszerfall' (2324f.), wurm Wurm, Hautgeschwür' (2332f.), %apfe 'hängende Hautwarze, Hervorwölbung der Augen' (2347f.), qtttrmal 'fleckige Hautausschläge, Grindausschlag' (2367f.).

656 Anton Trutmanns „Arzneibuch". Teil II: Wörterbuch, Bd. 1-5. 657 Man vergleiche ahd. snebliζ 'Mücke'.

514

Konstanz und Wandel

Die Vielfalt der volkssprachigen Krankheitsbezeichnungen wird dadurch eindrucksvoll dokumentiert. Dennoch hat die Volkssprache das Latein in dieser Textsorte noch lange nicht ersetzt. Das Zusammenspiel von frühneuhochdeutschen und lateinischen Krankheitsbezeichnungen, die auch in ANTON TRUTMANNs „Arzneibuch" nach wie vor häufig sind (so im Bereich der Haut etwa anthrax, cancer, cancrosus, carbunculus, codosella, collirium, comävum, impetigo, lepra, lupus, macula, pustula, rubedo, rubor, scotomia, serpigo, ukeratus, ulcus und vermi), bedürfte einer gesonderten Untersuchung. Im Gegensatz zu den älteren „Arzneibüchern" werden jedoch, soviel lässt sich immerhin schon festhalten, die Krankheiten auch in dieser Textsorte immer häufiger durch einheimische Fachwörter bezeichnet. Nominalgruppen und Relativsatzkonstruktionen treten nun in den Hintergrund, sei es, weil die Zahl einheimischer Fachwörter inzwischen größer ist, sei es, weil wieder häufiger als bei ORTOLF auf das Latein zurückgegriffen wird. Das Repertoire an neuen Fachwörtern, das TRUTMANN zur Verfugung steht, besteht jedoch ausschließlich aus Simplizia und Komposita. Suffixbildungen, die im althochdeutschen Wortschatz bereits den produktivsten Typ der Neubildungen unter den Krankheitsbezeichnungen stellen und die schon bei der Ausbildung der lateinischen medizinischen Fachsprache eine entscheidende Rolle gespielt haben, verwendet er nicht. Die mit den Suffixbildungen einhergehende „Kraft zur Abstraktion"658 wird in dem auf praktische Bedürfnisse ausgerichteten „Arzneibuch" gerade nicht angestrebt. Gegenüber dem Gesamtbestand des Althochdeutschen haben die Bezeichnungen für Hauterkrankungen aber in quantitativer Hinsicht eine deutliche Umgestaltung erfahren, nur 21 der 5 9 bei ANTON TRUTMANN bezeugten Wörter sind bereits aus althochdeutscher Zeit ererbt. Erhalten hat sich allerdings die kleine Gruppe von Lexemen, die den Einfluss von Dämonen und anderen übersinnlichen Kräften widerspiegelt. Zu den bereits aus dem Althochdeutschen bekannten harwurm und wurm tritt mit fnhd. die ungenande, wörtlich „die Nicht-Genannte", durch einen Dämon hervorgerufene Krankheit, sogar noch ein weiterer Vertreter dieses Typs.659

658 Siehe dazu in Kapitel II. 2.1 659 Siehe dazu J. MlLDENBERGER, Wörterbuch, S. 2049.

515

Die Wörter H . v . GERSDORFF,

Auge

Haut

WUNDARZNEY augen° augapfel0 augbrawen0

hut° fygbloteren0 fiftel

augenwinckel augglider bewegende ader fehende ader fehende nerui regenbogen üben fellin weynlöcher

flachten0 grint° krebs 0 lepra malt3ey malt3ig morphea Mußelfucht 0 fchwarje mußelfucht weiffe mußelfucht rude°

Gefäße, Nerven, Sehnen hauptader hert3ader°

(ftatt der lufft oder des geiftlichen bluts) hirnaderlin leberader median ader banden fchnurlin fennen

vßfet3igkeit

wolff wunde 0 wurm 0 3yttermolen

Die umfangreiche „Wundarznei" HANS VON GERSDORFFs enthält weniger Fachwortschatz als erwartet werden konnte. Im Bereich von Augen, Gefäßen, Nerven und Sehnen wird nur der wichtigste Wortschatz der Zeit geboten, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Krankheitsbezeichnungen nennt GERSDORFF hier nicht. Etwas ausführlicher ist seine Behandlung von Haut und Hautkrankheiten. Es erscheinen in diesem Feld 18 Krankheitsbezeichnungen. Im Vergleich zum annähernd gleich langen „Arzneibuch" ANTON TRUTMANNs aber ist auch dies nur eine geringe Zahl. Abgesehen von der Unterscheidung von fchwarjer mußelfucht und weißer mußeljucht bietet der Text lexikalisch nichts Neues. Nur mit der Bezeichnung ΜΌ/Jf'fressendes Geschwür' geht GERSDORFF über den Wortbestand TRUTMANNs hinaus. Die Verdeutschung von lat. lupus vulgaris war aber bereits im VOCABULARIUS OPTIMUS begegnet, ist also keine Neubildung GERSDORFFs. Die hier gebotene lexikalische Zusammenstellung deckt sich mit dem Wenigen, das bisher

516

Konstanz und Wandel

über die Sprache dieses Wundarztes bekannt ist: Sie ist nicht innovativ, sondern vor allem um Einfachheit und Verständlichkeit bemüht.660

Auge

A N D R E A S VESALIUS,

Haut

ΑΝΑΤΟΜΊΑ

äugen0 augapffel0 augfedem augglieder0 das weiße jn äugen bogen krön winkel

haut0 hirnheudein

Gefäße, Nerven, Sehnen ader° Arterifche ader außmelckende ader gemeine Ader, Gemein ader die hole ader die lincksblutfamens ader die rechte famens ader achßlenader Blutader Blutaderlein der holen Blutadern Mundloch halfader0 hauptader kroß aderlein Kronader lufftader Median ader mittelader, mitteladerlein lufft- oder pulfader Milt3ader

660 Man vergleiche die knappen Angaben bei J. FREDER1KSEN im Verfasserlexikon. Einige Hinweise auf GERSDORFF, vor allem aber auf WALTHER HERMANN RYFFs Bearbeitung der „Wundarzney" von a. 1556 finden sich bei M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 486-502 Zum Aufbau und der Bebilderung des Textes vergleiche man auch K.W. GRABERT, Die Nomina Anatomica.

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Die Wörter

Auge

Haut

Gefäße, Nerven, Sehnen Portader famader ein famlich ader fchulterader fchlaffader fchlimme ader oder Einbogens ader fennader fennen fpanader troßelader uchffenader aftlin artery aderige arterie blutaderige arterie groffe arterie oder groffe lufft ader hole arterie famarterien fcharpfe arterie fchlaff arterien banden ein rund bandt bandtriemen krofpichte bandtriemen

Auge und Haut werden bei VESALIUS nur knapp abgehandelt. Seine Anatomie umfasst, abgesehen von den inneren Organen, vor allem Knochen, Muskeln, Nerven, Sehnen und Gefäße. So kommt es nun erstmals in der Geschichte des Deutschen durch den Übersetzer JACOB BAUMANN zu einer umfangreichen Versprachlichung dieses Bereichs. Es konnten allein 44 Bezeichnungen für „Gefäße, Nerven und Sehnen" ermittelt werden. Dabei handelt es sich aber nur zum Teil um einfache Lexeme (27), die teils zusammen (lufftadei) und teils getrennt {luffi

518

Konstanz und Wandel

αώή geschrieben werden. Häufig sind kleine Nominalgruppen, die wahlweise aus Artikel + Adjektiv + Substantiv (die hole ader) oder nur aus Adjektiv + Substantiv (arterijche Αώή bestehen. Wo im Deutschen kein Fachwort zur Verfügung steht, bildet BAUMANN im gesamten Textverlauf, also nicht nur innerhalb der den Rezepteingängen entsprechenden Kapitelüberschriften, neue Nominalgruppen. Lateinische Termini werden in der Regel nur noch am Textrand verwendet und dienen dort der raschen Orientierung.661 Sie erscheinen im Textverlauf daher nur noch in Ausnahmefällen, etwa wenn lateinische Fachwörter in metasprachlichen Kontexten problematisiert und diskutiert werden. Da der lateinische Wortschatz in der Regel deshalb nicht mehr zugleich auch im fortlaufenden Text zur Erläuterung eines Sachverhalts verwendet wird, bleibt nur die Möglichkeit, neue einheimische Termini zu bilden oder Umschreibungen mit Nominalgruppen zu verwenden. Indem BAUMANN der Nominalgruppe eindeutig den Vorzug gibt, überlässt er die terminologische Fixierung nach wie vor dem Latein. Zugleich vermeidet er damit, dass die deutschsprachigen Erläuterungen durch undurchsichtige, gegebenenfalls landschaftlich gebundene Fachwörter unverständlich werden. Neue volkssprachige fachsprachliche Komposita werden nur dann eingeführt, wenn sie so durchsichtig sind, dass vom Verständnis des Wortes unmittelbar auf das Verständnis der Sache geschlossen werden kann.662 Dies gelingt vor allem, wenn ein Körperteil als Ausgangs- oder Endpunkt der Adern angenommen wird und die Bildung dadurch motiviert wird: etwa Milt^ader (zu milt^ 'Milz'), fchlaffader (zu släf 'Schläfe'), fchulterader (zu Schulter 'Schulter'), troßelader (zu drösle 'Schlund, Kehle') oder uchjjenader (zu uohse 'Achselhöhle'). Bei anderen Bezeichnungsmotiven, etwa nach der Form {fchlimme αώκ Oblique uem ... Auch haben fie die Jelben / die Jcblimme ader genennet / von jrs Jchlimmen und krummen gangs wegen-, zu mhd. jlimp, slim 'schief, schräg') oder nach der Funktion {außmelckenώ ader „die das Blut vom Herzen abführende Ader"; zu mhd. ύζ-melchen 'melken, aussaugen') erscheint in der Regel eine Nominalgruppe. Besonders die Nominalgruppen und Relativsatzkonstruktionen haben dazu geführt, dass der deutsche Text gegenüber de Vorlage stark an Umfang gewonnen hat. Eine Überprüfung des lateinischen Originals, die hier nicht im Detail ausgebreitet werden kann, macht deutlich, dass sich VESALIUS meist darauf beschränkt hat, die Gestalt oder Lage eines durch einen griechischen Terminus bezeichneten Körperteils zu beschreiben. Einen lateinischen Terminus prägt bzw. verwendet er hingegen nur selten. Die deutsche Übersetzung folgt in diesen Fällen der Beschreibung, setzt zusätzlich aber oft eine neue fachspezifische Nominalgruppe hinzu. Bei der Lektüre der deutschen Übersetzung der Anatomie des VESALIUS wird rasch deutlich, dass es bei der naturwissenschaftlichen Durchdringung eines Fach-

661 Siehe auch M. HABERMANN, Latinismen, S. 40. 662 Zum Zusammenspiel von Wort- und Sachkenntnis in Fachtexten der frühen Neuzeit vergleiche man M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 239f.

Die Wörter

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gegenstände im 16. Jahrhundert nicht nur spezifische Sachprobleme, sondern vor allem ein Sprachproblem gegeben hat (XLVr): Von den Namen der Adern / fo auff dem Arm / vnd oben auff der Handt befunden werden. Den Eften fo 311m eufferen ort der obern handt gehen / werden mancherley namen vonn vnfem Aert3ten und Doctoribus geben / Welche Namen / dieweyl fie fehr vntereinander vngleych fein / vnnd doch allenthalben hin vnnd wider befunden werden / acht ich für gut / etwas yetjund dauon zu melden. (...) Vber dife yet3gemelte namen / wirftu kaum andere bey jnen finden. So du aber inn der Arabier Bücher lifeft / werden dir allenthalb hauffen begegnen / dem namen /welche difer ader etwan kaum hetten mögen 3ugelegt werden. Gelegentlich hat B A U M A N N auch über die Schwierigkeiten der deutschen Fachwortbildung nachgedacht (XLIIIv): Die eufferft troffelader. Etlich aber nenen die troffelader (so Grichisch σφαγιτιδαι lateinisch lugulares genenet werden) dife / welche bald in der bruft / vnter dem oberften orth des Bruftbeyns / von der jwitheylten holen ädern / herfurbracht werden. Ettlich wollen nicht / das diefelben gant3 / oder volkomliche ftock feyner theylung / Troffel ädern follen genendt werden / Sonder das /was auß denfelben vber den Troffelbeynen in dem nacken oder halß gefehen wirdt. In der Arabier dolmetscher lefen wir das die Troffeladern fast alfo findt genennet worden. Guidez, Guades, vnd nach der 3erftorten corrupten Grichifchen wortlein Grandes, Sphragitidas, iuueniles, penfiles, organicx, fubetic?, uertiginof?, apoplecticae, uenae fomni. Vnd alfo nennen fie / fo wol die innerften als die eufferften. Vnd dife heyffen fie die öffentliche oder fcheinliche / jhene aber die verporgene. Auf der Ebene der Textproduktion ermöglichen es die lateinischen Vorlagen und Vorbilder, aber auch die einheimischen volkssprachigen Vorläufer, umfangreiche und theoretisch ambitionierte Fachtexte zu schreiben. Auf der lexikalischen Ebene zeigt sich jedoch, dass der aus alt- und mittelhochdeutscher Zeit überkommene einstmalige Fachwortschatz dazu nun nicht mehr ausreicht. Die detaillierte Darstellung der Anatomie des menschlichen Körpers erfordert in B A U M A N N S Vesalius-Ubersetzung erstmals eine enorme sprachliche Differenziertheit. Die lexikalischen Lücken werden durch Komposita, sofern sie durchsichtig sind, vor allem aber durch Nominalgruppen aufgefüllt. Auch diese Maßnahme bezeugt den stärkeren Praxisbezug der deutschen Ausgabe, die sich wohl vor allem an medizinische Praktiker richtete.663 Wie groß die Anzahl der Neubildungen in diesem Text ist, wird sich erst nach einer genaueren Auswertung weiterer Fachtexte des 15. und 16. Jahrhunderts zeigen. Fest steht jedoch schon jetzt, dass der erste

663 Man vergleiche M. HABERMANN, Latinismen, S. 41.

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Konstanz und Wandel

volksspiachige medizinische Fachtext, der eine Teildisziplin des Faches theoretisch abhandelt, keinerlei fachsprachliche Wurzeln mehr mit dem Wortschatz des Althochdeutschen verbindet.

GEORG BARTISCH,

Auge

Augenkrankheit

Augen 0

Augenartjt Das beiffen / jucken vnd krimmen der Augen Schnitart3t Blick vnd Feuerflammen der Augen

Heilung

AUGENDIENST

Eitern vnd Schweren der Augen Feuchtigkeit in dem Auge Hit3blattem der Augen hit3e / ent3undung vnd brunft der äugen loch des Auges Rinnen vnd Wasser der Augen Groffe Rote vnd Blutfchebigkeit der Augen Sand vnd Stein der Augen Schielende Augen Schielheit Schwinden vnd Welck werden der Augen das fparren/ fchrimpfen vnd fchrinden der Augen Threnen der Augen hitzige 3auberey der Augen

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Die Wörter

Auge

Augenkrankheit kalte 3auberey der Augen das 3ubachen und 3udorren der Augen hit3ige Augenfluffe kalte Augenfluffe alte Augen fluffe Abnemen des Geüchtes Afcherfchrimpff blodigkeit des Geüchtes blind blindheit Eiterfluffe Fewerfchreben Fliegenmaul Glafeftar Kat3enauge weiffer Milchftar Muckenmahl Sonnenglan3 Sonnenfchein Sonnenfchuß Star Blawer Star Gelber Star Grawer Star Grüner Star Schwart3er Star Weiffer Star Starblind

Augapfel 0 Augenbrunnen Augen heutlin vnd fellichen

Heilung

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Konstanz und Wandel

Auge Augenlieder0

Augenkrankheit Blatterfelle Brandfelle weiffe und grawe Felle Fiftel Gefchwur Gewechfe der Augenliede Grützgraupen Hafenauge Hafenfchlaff Hit3blattem Krebs Wart3en Wafferfelle Waffergalien

Heilung

Augenwinckel das Weiffe in den Augen Hagelftein HirnfeUe Iris Regenbogen das Schwart3e kindlin Seheader die Sehe der Stern Threnlochlin das wetterleuchten der Augen „Augendienst" ist nach der „Anatomie" des ANDREAS die zweite vollständige deutschsprachige Behandlung eines medizinischen Teilgebietes und zugleich der erste Originaltext, der nicht aus dem Lateinischen übersetzt wurde. BARTISCH stellt sein Fachgebiet auf 274 Blättern umfassend dar und erreicht im Bereich des Wortschatzes einen hohen Grad von Differenziertheit. Wie VESALIUS verwendet er Fachlexeme und - in geringerer GEORG BARTISCHS

VESALIUS

Die Wörter

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Zahl - Nominalgruppen, die dann aber nicht selten durch und koordiniert zu längeren Syntagmen auswachsen. Mit dem „Augendienst" ist zweifellos ein erster Höhepunkt der volkssprachigen medizinischen Fachliteratur im Deutschen erreicht. Zusammen mit BAUMANNs Vesal-Übersetzung markiert der Text in lexikalischer Hinsicht einen völligen Neuanfang. Nur zum kleineren Teil fließen hier regionale Besonderheiten des Sprachgebrauchs ein. Es ist vor allem das Maß an Differenziertheit der Darstellung, die den überlieferten Wortschatz, obwohl er nach Ausweis der Wörterbücher ja noch in gewissem Umfang existiert, für eine im 16. Jahrhundert moderne fachsprachliche Abhandlung unbrauchbar macht. Stärker noch als BAUMANN versucht BARTISCH, einheimische Fachtermini aufzugreifen oder selbst neue zu bilden. Ein Beispiel mag sein Vorgehen verdeutlichen (124r): Das XV Capitel meldet vom Blick vnd Fewerflammen der Augen. Es ift vielen Menschen / das es ihnen vor den Augen /fonderlichen bey der nacht vnd im fchlaffe / erfcheinet vnd firkombt / als fchwebete vnd funckelte ihnen glant3 / fewer und flammen fur den Augen (welches gemeine Leute das wetterleuchten der Augen nennen) zu Latein / Splendores noctumi (...). BARTISCH beschreibt, dass einige Menschen in der Nacht den Eindruck haben, als fchwebete vnd funckelte ihnen giantJ / fewer und flammen fur den Augen. Aus der Doppelformel fewer undflammen leitet er für die Kapitelüberschrift ein neues Fachwort, das Fewerflammen der Augen ab. Für sein ausgeklügeltes Registersystem benötigt er solche Termini, da seinen Lesern die volkssprachige Einträge zur Orientierung im Text dienen sollen.664 Bei seinen fachsprachlichen Neubildungen handelt es sich teils um Ubernahmen aus der Standardsprache wie etwa Fewerflammen, das zuerst bei HANS SACHS in einem literarischen Kontext bezeugt ist, Iris665 oder Regenbogen666. Teils liegen echte Neuwörter vor wie Blutfchebigkeifi61 oder Femrfchrebeifi6*. GEORG BARTISCH bildet das Kompositum Fewerflammen, obwohl offenbar in der laienmedizinischen Alltagssprache bereits eine Bezeichnung für das Krankheitsbild vorhanden ist: „das wetterleuchten" der Augen.669 Als weiteres Beispiel für eine laienmedizinische Alltagsbildung sei das bisher nur im „Augendienst" belegte Afcherfchrimpff angeführt (108r): Das beifjen, jucken und krimmen der äugen nennet der gemeine man den Afcherfchrimpff und die gelehrten τςάχωμα / aspretudinem / und vermeinen die-

664 Grundlegend zur Bedeutung der Register in frühneuzeitlichen Fachtexten M. HABERMANN, Deutsche Fachtexte, S. 133-144. 665 Fehlt DWB. 4,2,2159. 666 DWB. 8,518 in der Bedeutung 'Iris' ein Beleg aus dem späten 18. Jahrhundert. 667 DWB. 2,190 Blutschäbigkeit 31utschwäre' ein Beleg aus BARTISCH. 668 DWB. 3,1603 ein Beleg aus BARTISCH. 669 Die medizinischer Verwendungsweise wird nicht erwähnt DWB. 14,l,2,744f. unter Wetterleuchten.

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Konstanz und Wandel

felbigen leute, wenn Tie gehen über einen ort / dahin man einen afcher / darvon lauge gemacht ift / hat aufgefchuttet / fo fei es deffelben fchuld und urfach. 670 Daneben treten noch einige fachmedizinische volkssprachige Termini, die bei den Ärzten der Zeit in Gebrauch gewesen sein müssen (174r): ... es ift eine art des uberftulpens der Augenliede / welches gefchiehet an den obem Augenliedern, das nennen etäliche erjte Hafenaugen, oder Hafenfchlaff, bei den Gelehrten λαγωφδαλμια, leporinus oculus genant, ist eine folche art, das die menfchen die ober liede nicht können zuthun. Bildungen wie Hafenaug£n und Hafenfchlaff672, aber ebenso Fliegenmaul, Katzenauge, Muckenmahl, Sonnenfchuß oder das Schwärty kindlin geben einen kleinen Einblick in Bereiche des historischen (Fachwortschatzes, die für gewöhnlich den Weg aufs Papier nicht gefunden haben. Im Idealfall bietet BARTISCH damit außer der Beschreibung der Krankheitssymptome ein daraus abgeleitetes neues volkssprachiges Fachwort, also ein Neuwort wie Fewetflammetl·1*, einen bereits bestehenden volkssprachigen Ausdruck aus der fachmedizinischen Alltagssprache wie Hajenauge, Hafenfchlaff, ein laienmedizinisches Alltagswort wie Wetterleuchten und Afcherfchrimpff sowie einen griechischen und einen lateinischen Terminus. Nicht mit letzter Regelmäßigkeit, aber tendenziell verwendet BARTISCH für seine Termini — Neuwörter wie fach- und laienmedizinische Ausdrücke — die Großschreibung, für die übrigen Substantive, die als Bestandteile in umschreibenden Nominalgruppen auftreten, verwendet er Kleinbuchstaben.

3. Ein Fazit Die abschließende Frage nach dem Anteil fachspezifischen medizinischen Wortschatzes in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen „Texten medizinischen Inhalts" lässt sich nicht pauschal beantworten. Das sprachliche Niveau der Terminologiebildung liegt bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in allen Texten in etwa auf der gleichen Stufe, denn die Texte sind für ein und dieselbe Zielgruppe verfasst und enthalten alle in unterschiedlicher Abstufung gleichermaßen Handlungs- und Bildungswissen. Eine vertikale Schichtung des Wortschatzes gibt es

670 Man vergleiche DWB. 1,585, wo das Wort einmal mit diesem Beleg aus BARTISCH verzeichnet wird. 671 DWB. 4,2,535 mit einem Beleg aus BARTISCH. 672 DWB. 4,2,541 in der medizinischen Bedeutung 'Augenkrankheit' mit einem Beleg aus BARTISCH. 673 Zum Begriff des Neuwortes siehe A. GREULE, Erbwort, Lehnwort, Neuwort, S. 272. - Mehr und mehr breiten sich unter den Neuwörtern jetzt auch terminologische Abstraktbildungen des Typs cnt^undung aus (DWB. 3,672 ein Beleg aus dem 18. Jahrhundert), wenngleich sie bei GEORG BARTISCH noch selten sind. In fachsprachlicher Hinsicht grundlegend zu diesem Typ: B. ElCHLER, Fachlich konnotierte Sprachstrukturen, S. 277-287.

Ein Fazit

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daher bis dahin nicht. Fachspezifischer Wortschatz ist insgesamt eher selten, in den verschiedenen Textsorten jedoch mit unterschiedlicher Dichte vertreten. Die Frequenz ist vor allem in den Sachglossaren und lateinisch-deutschen Mischtexten naturgemäß etwas höher. Diese Texte leisten einen wichtigen Beitrag, um den lateinischen medizinischen Fachwortschatz in der Volkssprache verfugbar zu machen. Ihre autorenbezogene Textfunktion liegt in der Vermittlung von Bildungswissen. Am anderen Ende des Spektrums stehen die als Rezeptsammlungen konzipierten primär anwendungsbezogenen „Arzneibücher" im engeren Sinne. Ihre Textfunktion ist die Vermittlung von Handlungswissen. Sieht man von Pflanzenbezeichnungen sowie den gelegentlich vermerkten Bezeichnungen für mineralische Heilmittel ab, so zeichnen sich diese Texte geradezu durch eine auffallend geringe Frequenz von fachspezifischem Wortschatz aus. Dies liegt vor allem daran, dass in den Rezeptsammlungen das Streben nach laiengemäßer Verständlichkeit im Vordergrund steht. Die Verfasser der „Arzneibücher" suchen offensichtlich nicht den treffendsten, genauesten Ausdruck, sondern den verständlichsten. So zieht der Verfasser des INNSBRUCKER ARZNEIBUCHS die Nominalgruppe da^ irknchita einem Fortsetzer des im Althochdeutschen schon gebildeten Fachwortes lidurenki 'Gliederverrenkung' vor. Statt des in Vokabularien belegten mhd. ougenvkcke, einem Fortsetzer von ahd. ougflecko 'Glaukom, Hornhauttrübung', erscheint dem da% wiige oder die vleche wemnt. Auch anstelle anderer umständlicher, aber durchsichtiger Nominalgruppen wie flesch vgnde des nageks wird kein Fachwort neu gebildet. Die primär auf Handlungswissen angelegten Rezeptsammlungen enthalten in der Regel keine theoretische Reflexion. Sie sind der schriftliche Teil einer anwendungsbezogenen mündlichen Kommunikationssituation, in der auch lexikalische Spezifizierungen von Fall zu Fall mündlich erfolgen konnten. Bedenkt man, wie umfangreich der heilkundliche volkssprachige Wortschatz am Ende der althochdeutschen Zeit bereits gewesen ist, so zeigt sich bei der Beurteilung der älteren Rezeptsammlungen und „Arzneibücher" — wie auch bei den vorausgehenden althochdeutschen Einzelrezepten - ein Ungleichgewicht zwischen dem vorhandenen Wortschatz einerseits und seiner Anwendung in den Fachtexten andererseits. Die Textsorte „Arzneibuch" und der medizinische Fachwortschatz sind verfügbar, aber die Verfasser der „Arzneibücher" nutzen die terminologischen Möglichkeiten der Zeit nicht aus. Man könnte dies als die „Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen" bezeichnen. Erst Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts, wenn Fachtext und Fachwort zusammenkommen, also ein Gleichgewicht zwischen Text und Lexikon hergestellt ist, entsteht eine voll funktionsfähige Fachsprache. Sie ist Ausdruck und Bestandteil einer neuen Laien-Wissenskultur. Aus der Frühgeschichte der medizinischen Fachsprache treten wir damit in ihre erste Blütephase ein. Erst jetzt begegnet ansatzweise auch eine vertikale Schichtung des medizinischen Wortschatzes, der einer neuen, noch sehr heterogenen Rezipientengruppe gerecht zu werden versucht.

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Konstanz und Wandel

Der überlieferte ältere Fachwortschatz spielt - von anatomischen Bezeichnungen des Grundwortschatzes abgesehen - in den neuen gedruckten Fachtexten keine Rolle mehr. Für die neuen Aufgaben innerhalb der Laien-Wissenskultur, aber auch für die Darstellung fortgeschrittener medizinischer Erkenntnisse, scheint er mehrheitlich nicht mehr brauchbar gewesen zu sein. Aber auch manches, was schon im 12. Jahrhundert strukturell angelegt war, scheint später wieder in Vergessenheit zu geraten.674 Ein gewisser Mangel an treffendem Fachwortschatz zu Beginn der frühen Neuzeit ist also primär kein Problem der Sprache oder der Fähigkeit bzw. Vergesslichkeit der Sprecher. Er ist eine Folge der gravierenden Veränderungen in der medizinischen Theorie und Praxis, und der Schwierigkeit, für die heterogene Zielgruppe medizinischer Texte ein alle befriedigendes Sprachniveau zu treffen. Das Latein festigt in dieser Konstellation in der frühen Neuzeit seine Rolle als Sprache der Terminologie, das Deutsche wird zur Beschreibungssprache. Wie dabei auch die weniger gebildeten Praktiker und Laien einbezogen werden können, demonstriert GEORG BARTISCH in seinem „Augendienst". Zur Identifizierung einer Krankheit kann nämlich nicht nur das lateinische Fachwort, sondern auch ein volkssprachiges Wort dienen, das dem „gemeinen Mann" vertraut ist. Prägnante Beispiele sind das wetterleuchten der Augen oder der Afcherfchrimpff. Die weitere Entwicklung geht aber einen anderen Weg, vor allem deshalb, weil die volkssprachig eingebürgerten Fachwörter in aller Regel landschaftlich gebunden waren. Hier macht sich das Fehlen einer einheitlichen sprachlichen Norm des Deutschen besonders bemerkbar. Derartige volkssprachige Bezeichnungen haben im weiteren Verlauf keinen Anteil an der medizinischen Terminologiebildung. So bestimmen Konstanz der Textsorten und Wandlung im Wortschatz die Entwicklung der medizinischen Fachsprache in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Die in diesem Abschnitt vorgelegten Untersuchungsergebnisse dienen vor allem dazu, die Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung in althochdeutscher Zeit in die Gesamtentwicklung einzuordnen. Eine detaillierte Analyse, so wie sie hier für das Althochdeutsche vorgelegt wird, können und wollen sie nicht ersetzen.

674 B. EICHLER, Fachlich konnotierte Sprachstrukturen, S. 287, kommt zu den gleichen Ergebnissen für den Übergang vom 16. Jahrhundert zum 17. und 18. Jahrhundert. B. SCHUEBEN-LANGE, Wissenschaftssprache, S. 124, hatte dagegen noch undifferenziert von einem fachlexikalischen Vakuum im 17. und 18. Jahrhundert sprechen können, weil für die Frühgeschichte der Fachsprachen noch keine Studien vorlagen.

VII. Die Anfange des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung im Deutschen - Eine abschließende Zusammenfassung Die eingangs gestellten Fragen können nun, soweit möglich, beantwortet werden. Die heilkundlich motivierten Bezeichnungen des Althochdeutschen wurden erfasst und im „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuch" niedergelegt. Es konnten 489 Körperteilbezeichnungen, 650 Krankheitsbezeichnungen und 161 Bezeichnungen aus dem Bereich „Heilung und Gesundheit" ermittelt werden, die in verschiedenen Verwendungsweisen auftreten können. Insgesamt 990 der 1300 Bezeichnungen sind ausschließlich in den Glossenhandschriften und Glossaren belegt. Weitere 1127 Pflanzenbezeichnungen, die im älteren Deutsch einen wesentlichen Anteil des heilkundlichen Wortschatzes stellen, wurden dem Wörterbuch als Anhang beigegeben. In diesem Wörterbuch wird damit erstmals der volkssprachige Fachwortschatz eines frühmittelalterlichen Sachbereichs komplett, das heißt mit all seinen bezeugten Verwendungsweisen, erfasst. Dabei wird deutlich, dass einzelne heilkundliche Verwendungsweisen bisher in der Lexikographie des Althochdeutschen übersehen, bzw. wegen der fehlenden fachsprachlichen Indizierung in den Wörterbüchern kaum kenntlich wurden. Die Untersuchung des Alters, der Gebrauchsfrequenz, der Wortbildung und die etymologische Verortung der Lexeme ermöglicht über die Beschreibung der Funktion des Einzelworts hinaus einen genauen Einblick in die Struktur mittelalterlicher Teilwortschätze. Es hat sich gezeigt, dass sich der Wortschatz in den drei Bereichen, „Körper", „Krankheit" und „Heilung" durchaus unterschiedlich entwickelt hat. Viele Körperteilbezeichnungen sind altererbt; der Ausbau des Bestandes erfolgt im Althochdeutschen vor allem mit Hilfe von Komposita. Krankheitsbezeichnungen sind dagegen überwiegend Neubildungen, zum Teil sind sie ebenfalls Komposita, in stärkerem Maße aber - analog zur Entwicklung der lateinischen Fachsprache der Medizin - handelt es sich um Suffixbildungen, die vom Einzelfall abstrahieren und zu Termini werden können. Bezeichnungen aus dem Umfeld von Krankheit und Heilung sind insgesamt viel seltener. Nur hier spielen aber schon früh Entlehnungen eine gewisse Rolle. Der Ausbau des einheimischen Wortschatzes vollzieht sich in wenigen Wortfamilien, deren Leitwörter fest in der Alltagssprache verwurzelt sind. Die Aufhellung der Struktur historischer Teilwortschätze bezieht sich nicht allein auf die kommunikative Seite der Sprache. Der kommunikativen Oberfläche

528

Die Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung

steht eine begriffsgeschichtliche Tiefenstruktur gegenüber, die sich aus etymologischen und wortgeschichtlichen Fakten zusammensetzt. Ein Begriff wird verstanden als die unter dem Aspekt der Kognition und Konstitutivität betrachtete Bedeutung unter Absehung aller pragmatischen, konnotativen und syntaktischen Merkmale. Die Gliederung der Begriffe erfolgt über den Aufbau von Begriffsfeldern. Sie entsprechen den sogenannten „Rahmen" oder Frames, die als das Ergebnis kognitiv verankerter Assoziationen angesehen werden. Der „Rahmen" stellt einen Sinnzusammenhang her, vor dessen Hintergrund einzelne Wortbedeutungen erfasst werden können. Dies gewährleistet, dass die sprachliche Repräsentation von Wissen nicht atomistisch anhand isolierter Gegenstände oder Sachverhalte, sondern holistisch unter Berücksichtigung der betreffenden Wirklichkeitsausschnitte bzw. Kontexte erfolgt. In Abgrenzung zur kommunikativen Semantik wird die begriffsgeschichtlich ausgerichtete Semantik hier als „kulturelle Semantik" bezeichnet. Ein Wörterbuch, das heißt der empirische Zugriff auf die sprachlichen Daten, schafft die Voraussetzungen für eine kommunikative und begriffsgeschichtliche Auswertung. Die Geschichte eines Wortschatzes, die in Form eines Wörterbuchs veröffentlicht wird, ist daher weit mehr als die lexikographische Übersetzung von lexikologischen Arbeiten. Die lexikographische Arbeit geht der lexikologischen stets voraus.675 In den Texten eröffnet sich dann die kommunikative Seite der Wortsemantik. Es zeigt sich, dass heilkundlicher Wortschatz in allen Bereichen der Überlieferung des Althochdeutschen begegnet. Er ist nicht auf bestimmte Texte oder Textsorten beschränkt. Die Mehrzahl der ermittelten Verwendungsweisen steht nicht in medizinischen, sondern etwa in theologischen, juristischen oder literarischen Kontexten. Es lassen sich dennoch bereits am Beginn der althochdeutschen Schriftlichkeit einige Texte isolieren, in denen der heilkundliche Wortschatz - zumindest in Form von Pflanzenbezeichnungen - in etwas größerer Dichte auftritt. Bei diesen Texten handelt es sich um Rezepte, Zaubersprüche, Glossen zu lateinischen medizinischen Schriften, Sachglossare und Schultexte. Die Ausbildung dieser Textsorten erfolgt nach lateinischem Vorbild. Die Textmuster, die die Textsorten konstituieren, sind aus dem Lateinischen entlehnt. Nur für die Zaubersprüche darf auch eine ältere einheimische Texttradition vorausgesetzt werden. Die genannten Texte bilden eine Textklasse von „Texten medizinischen Inhalts". Es besteht kein Zweifel, dass diese Texte im medizinischen Alltag verwendet wurden. Die Untersuchung dieser ältesten Wort- und Textbestände erhellt den Ablösungsprozesses der älteren magisch-medizinischer Konzepte durch die wissenschaftlich-empirisch ausgerichtete „neue Medizin". Unter den Textsorten betrifft dies den Zauberspruch, der im Verlauf der weiteren Entwicklung mehr und mehr zurückgedrängt wird. Auch der Anteil an spezifisch heilkundlichen Bezeichnungen im Zauberspruch, der im Althochdeutschen noch häufig war, geht fast ganz

675 Siehe auch D. GEERAERTS, Entfernung, Fortschritt und Unvollständigkeit, S. 9.

Zusammenfassung

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zurück. In den verschrifteten Bereichen des Wortschatzes selbst hat die magische Medizin nur noch in vereinzelten Bezeichnungen wie albe, tähhi, gibt oder wurm mitsamt seinen Komposita Spuren hinterlassen. Derartige Bezeichnungen verdeutlichen exemplarisch die im Mittelalter noch ganz enge Verflechtung von Sachkenntnis und Wortkenntnis. Dieser Zusammenhang fußt in sprachlicher Hinsicht auf der etymologischen Durchsichtigkeit der Lexeme.676 Beispiele wie ahd. gallenfol, gallin 'voll von (schwarzer) Galle, reizbar', regenbknt "blind', tiufalwinntg 'vom Teufel besessen', tropho 'Schlagfluss' oder ^andwurm 'Zahnwurm, Wurm, der Zahnschmerzen erzeugt' machen zugleich deutlich, dass nicht eine irgendwie „objektiv" zu verstehende Realität abgebildet wird, sondern dass diese „Realität" erst durch die Sprecher konstituiert wird. In dieser medizinisches „Realität" spielen sowohl energetische Prinzipien, als auch die altorientalische Körperteilsymbolik eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die „Texte medizinischen Inhalts", in die diese Konzepte einfließen, enthalten verschiedene Textmuster, die fachtypisch sind. Beispielhaft sind die Rezepteingänge in der Textsorte „Rezept". Die Existenz solcher Textmuster legt es nahe, bereits fur eine frühen Phase der Entwicklung der deutschen Sprache fachsprachliche Züge vorauszusetzen. In einem zweiten Schritt werden diese Textmuster lexikalisch aufgefüllt. Der Sachwortschatz, der in diesen Texten verwendet wird bzw. werden kann, wird als früher Fachwortschatz betrachtet. Aus ungeordneten, unspezifischen Teilwortschätzen wird so durch Übernahme in fachliche Textmuster ein Fachwortschatz. Generell ist der Fachwortschatz aber - abgesehen von den Pflanzenbezeichnungen - in althochdeutscher Zeit noch nicht konstitutiv für die fachsprachlichen Textmuster. Denkbar wären daher im Althochdeutschen Fachtexte, die ohne fachspezifischen Wortschatz auskommen. Da ganz offensichtlich vor allem Durchsichtigkeit und Verständlichkeit angestrebt wird, treten gerade in den „Texten medizinischen Inhalts" Fachwörter hinter umschreibende Relativsatzkonstruktionen und Nominalgruppen zurück. Die Auswertung des gesamten althochdeutschen Wortschatzes hat gezeigt, dass nur ein kleiner Teil des lexikalisch Möglichen auch in die Fachtexte selbst eingeht. Fachtextsorten und Fachwortschatz sind in althochdeutscher Zeit zwar gleichermaßen vorhanden, doch scheinen sie unverbunden nebeneinander zu existieren. Die frühmittelalterliche deutsche medizinische Fachsprache befindet sich gewissermaßen in einer Phase der „Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen". Es empfiehlt sich daher, für das Alt- und Mittelhochdeutsche von der „Frühgeschichte der medizinischen Fachsprache des Deutschen" zu sprechen. Erst wenn die fachsprachlichen Textmuster mit Fachwortschatz gesättigt werden können, entsteht eine voll wirksame Fachsprache.

676 Etymologie wird so zum „Schlüssel zur Welt". Man vergleiche E. R. CURTIUS, Europäische Literatur, S. 53f. u. 486-490; W. SANDERS, Grundzüge. - Zur Bedeutung der Sprache in der frühmittelalterlichen Erfassung der Welt sieh auch M. AMSLER, The role of linguistics.

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Die Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts stehen dann mit der „Anatomie" des und G E O R G B A R T I S C H S .Augendienst" erstmals derartige volkssprachige medizinische Fachtexte zur Verfugung. Sie können das gesamte medizinische Fachwissen der Zeit zur Sprache bringen. Damit sind sie Ausdruck einer laikalen „Laien-Wissenskultur". Der Weg von der Frühgeschichte bis zur ersten Blüte der medizinischen Fachsprache im Deutschen ist nun abgeschlossen. An die Stelle der mündlichen Unterweisung, die ein wesentlicher Bestandteil der gesamten handschriftlichen Überlieferung der Fachliteratur ist, tritt das Selbststudium eines Lesers. An einen Fachtext sind daher in der frühen Neuzeit ganz andere Anforderungen gestellt. Das Handlungs- und Bildungswissen, das im frühen und hohen Mittelalter im mündlichen Austausch mit einem Lehrer vermittelt wurde, muss nun vom Buch allein ausgehen. An die Stelle des Lateins tritt die Volkssprache, die Position des Lehrers vertreten Abbildungen, Bildunterschriften, Verweise und Register. Ohne das Korrektiv einer vermittelnden Mündlichkeit sind an Syntax und Lexikon weit höhere Ansprüche gestellt. Fachtexte müssen nun auch in lexikalischer Hinsicht zwangsläufig genauer, und damit „fachsprachlicher" werden. Erst dann entsteht ein gewisses Gleichgewicht zwischen Fachwort und Fachtext. Mit diesen Änderungen ist ein solcher Innovationsschub verbunden, der sich auch auf das Lexikon auswirkt. Mehr als die Hälfte der althochdeutschen heilkundlichen Bezeichnungen geht im Laufe des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit unter. Während es dabei im Bereich der Körperteilbezeichnungen zumindest einen festen Kern von Lexemen gibt, die seit althochdeutscher Zeit gelten, wird der Wortschatz von Krankheit und Heilung fast völlig umgestaltet. Nur für die Sprache der Anatomie gilt, dass ihr einheimischer Wortbestand bis zu den Anfängen der Überlieferung zurückreicht. Die in der frühen Neuzeit einsetzende Terminologisierung der Fachsprachen scheint heute unausweichlich, aber sie ist nicht ohne Schattenseiten. Statt die Gegenstände und Konzepte offen zu halten, werden sie in Begriffen konserviert. Die „Verfachsprachlichung" der Sprache der Medizin sollte daher nicht ausschließlich als Fortschrittsgeschichte betrachtet werden.677 Sie ist zunächst nichts anderes als das Ergebnis eines veränderten Wissenschaftsverständnisses. Die vorliegende Untersuchung der Anfänge des Schreibens über Körper, Krankheit und Heilung im Deutschen dient daher nicht zuletzt der Erinnerung an ein älteres, heute weitgehend untergegangenes Wissenschaftsverständnis und den Strategien seiner Versprachlichung. VESALIUS

677 Zu den Problemen, die mit der Terminologisierung verbunden sind, vergleiche man auch U. PÖRKSEN, Die Reichweite, bes. S. 133 sowie N. SCHRÄDER, Termini, S. 330.

Abkürzungen Die aufgeführten Siglen (insbesondere fur Zeitschriften und häufig zitierte Werke) dienen der raumsparenden Verkürzung der Bibliographie, der Wortartikel und des Anmerkungsapparats. Gängige Abkürzungen für Sprachen und Sprachstadien (des Typs ahd., lat.), sodann Abkürzungen in Handschiiftensignaturen (Clm, ÖNB etc.), weiterhin die Siglen für althochdeutsche literarische Denkmäler (Β., Η., I., Μ., Ο., T. etc.) werden nicht aufgeführt. Für die literarischen Denkmäler des Althochdeutschen werden die Siglen verwendet, die in der fünften Auflage des Althochdeutschen Wörterbuchs von Rudolf Schützeichel aufgeführt sind. Die Siglen der Glossenhandschriften, sofern sie nicht in den StSG. erscheinen, wurden dem Verzeichnis des Althochdeutschen Glossenwörterbuchs von Taylor Starck und J.C. Wells entnommen. Abweichend werden nur die Abkürzungen des Typs „3H", „3J" in „HHH" bzw. „JJJ" aufgelöst. Häufig zitierte lateinische Quellen werden ebenfalls abgekürzt. Die Abkürzungen werden in einem gesonderten Verzeichnis aufgelöst. Die Abkürzungen der biblischen Bücher folgen der Vulgata-Ausgabe R. Webers.

1. Zeitschriften und Literatur BV. CGL. Du Cange DWB. DWB. N. EWA. HWdA. IEW. JEGP.

Rolf BERGMANN, Verzeichnis der althochdeutschen und altsächsischen Glossenhandschriften G. Goetz, Corpus Glossariorum Latinorum Carolus du Fresne dominus Du CANGE, Glossarium Jacob GRIMM - Wilhelm GRIMM, Deutsches Wörterbuch Jacob GRIMM - Wilhelm GRIMM, Deutsches Wörterbuch. Neubearbeitung. Albert L. LLOYD - Otto SPRINGER, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen HANDWÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN ABERGLAUBENS.

Julius POKORNY, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch Journal of English and Germanic Philology

Abkürzungen

532

KFW. KS. LM. MGH. Mayer MlatWb. PBB. Pfeifer RGA.

Elisabeth KARG-GASTERSTÄDT - Theodor FRINGS, Althochdeutsches Wörterbuch Friedrich KLUGE - Elmar SEEBOLD, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache LEXIKON DES MITTELALTERS.

Monumenta Germaniae Historica Hartwig MAYER, Althochdeutsche Glossen MITTELLATEINISCHES WÖRTERBUCH

(Hermann Paul - Wilhelm Braune) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Wolfgang PFEIFER, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen REALLEXIKON

DER

GERMANISCHEN

ALTERTUMS-

KUNDE

SAW. SchW. StSG. StWG. VEW. V D 16

ZfdA. ZfdPh. ZfvglSpr.

Jochen SPLETT, Althochdeutsches Wörterbuch Rudolf SCHÜTZEICHEL, Althochdeutsches Wörterbuch, 5. Aufl. Elias STEINMEYER - Eduard SIEVERS, Die althochdeutschen Glossen Taylor STARCK - J.C. WELLS, Althochdeutsches Glossenwörterbuch Elmar SEEBOLD, Vergleichendes etymologisches Wörterbuch der germanischen starken Verben Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts Zeitschrift für deutsches Altertum Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen [Ab Band 101 (1988) Historische Sprachforschung].

2. Quellen Acta apost. Ale. gramm. Aldh. enigm. Aldh. laud. virg. Aldh. oct. princ. Arat. Beda hist, eccles. Beda in Matth.

Acta apostolorum apocrypha Alcuini Grammatica Aldhelmus de metris et enigmatibus Aldhelmus de laudibus virginum Aldhelmus de virginitate, V. 2446-2904 Arator Venerabiiis Bedae de historia ecclesiastica Venerabiiis Bedae in Matthaei evangelium exposito

Abkürzungen

Beda de orthogr. Beda rat. temp. Beda schem. Boeth. cons. Can. apost. Can. conc. Afric. Can. conc. Ancyr. Can. conc. Antioch. Can. conc. Carth. Can. conc. Chalc. Can. conc. Neocaes Can. conc. Nie. Can. conc. Sard. Can. deer. Innoc. Can. deer. Leon. Can. deer. Sir. Can. deer. Symm. Can. Halitg. Can. lib. Can. syn. Rom. Cap. reg. Franc. Cass. inst. Eut. ars. Greg, cura Greg. dial. Greg. hom. Greg. mor. Hieron. Epist. Hieron. in Matth. Hor. Hor. carm. Hor. epist. Hor. epod. Hor. serm. Isid. etym. Isid. off. Juven. Lib. Com. Lex Al am. Lex Baiv. Prise, inst.

533

Venerabilis Bedae liber de orthogr. Venerabilis Bedae de temporum ratione Venerabilis Bedae de schematis et tropis sacrae scripturae liber Boethii consolatio Philosophiae Canones apostolorum Canones diversorum conciliorum Africanae provinciae Canones Ancyrani concilii Canones Antiocheni concilii Canones concilii congragati apud Carthaginem Canones Calchedonensis concilii Canones Neocaesariensis concilii Canones Nicaeni concilii Canones concilii Sardicensis Canones Decreta Inocentii papae Canones Decreta Leonis papae Epistula decretalis papae Siricii Decreta Symmachi papae Halitgar, Paenitentiale Liber de ecclesiasticis dogmatibus Canones Synodus Romana Capiularium regum Francorum Cassiodori Senatoris Institutiones Eutychis ars de verbo Gregorii cura pastoralis Gregorii dialogi Gregorii homiliae Gregorii moralia in Job Hieronymus Epistulae Hieronymus in Matthaeum Q. Horati Flacci opera Q. Horati Flacci opera, carminvm libri IV Q. Horati Flacci opera, epistvlarvm libri II Q. Horati Flacci opera, epodon liber Q. Horati Flacci opera, sermonvm libri II Isidorus, Etymologiarvm Isidoras de offieiis D. Ivniijwenalis satvrarvm Liber Comitis Lex Alamannorum Lex Bajuvariorum Prisciani institutiones

534 Prosp. epigr. Prud. apoth. Prud. cath. Prud. ham. Prud. perist. Prud. psych. Prud. symm. Reg. Ben. Ruf. hist. eccl. Sed. carm. pasch. Sulp. Sev. dial. V. Mart. V. patr. Verg. Aen. Verg. Ekl. Verg. Georg. (Vulgata):

Walahfr. cult. Walahfr. vis. wett.

Abkürzungen

Prosperi epigrammata Prudentius, Liber Apotheosis Prudentius, Cathemerinon Prudentius, Hamartigenia Prudentius, Peristephanon Prudentius, Psychomachia Prudentius, Contra Symmachum Regula Benedicti Evsebii ecclesiasticae historiae Sedulius paschalis carminis Sulpicii Severi dialogue Vita Martini auctore Sulpicio Severo Vitae patrum Vergil, Aeneis Vergil, Eklogen Vergil, Georgica Gn Ex Lv Nm Dt los Idc Rt I-II Sm III-IV Rg I—II Par I-II Esr Idt Est lob Ps Prv Ct Sap Sir Is Ier Lam Ez Dn Os Ioel Am Mi Hab Za Mal I-II Mcc Mt Mc Lc Io Act Rm I-II Cor Iac Walahfrid Strabo de cultura hortorum Walahfrid Strabo, Visio Wettini

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Wortregister Das Wortregister enthält den Wortschatz des „Althochdeutschen heilkundlichen Wörterbuchs" mit Ausnahme der Pflanzenbezeichnungen. Eine fett gedruckte Ziffer bezieht sich auf das Wörterbuch, die übrigen Ziffern auf den Untersuchungsband.

abursta ädarkräti adel ädra

537; 449, 452, 458,464 279; 384, 398, 413 279; 153,155, 374, 380, 392, 407, 434, 481 2; 112,164, 165,169,190, 195, 221, 222, 232, 247, 249, 252, 259, 260, 261, 262, 270, 272, 282, 284,

altee

2 8 6 , 3 1 7 , 3 1 8 , 3 1 9 , 497 279; 334, 374, 384, 399, 413,420 3; 163, 244, 258, 269, 281, 287,311 3; 241, 258, 268, 280, 288, 310 4; 220, 259, 270, 282, 287, 315, 316 4; 192, 233, 254, 263, 275, 288, 293, 294 4; 219, 236, 258, 269, 281, 313 280; 351, 374, 380, 392, 407, 434 280; 351, 380, 392,407, 434 4; 163,165,170, 193,194, 241, 246, 256, 257, 260, 266, 267, 272, 278, 283, 286, 303, 305, 318,497 6; 163, 220, 256, 260, 266, 271, 278, 283, 288, 303 280; 335, 374, 384, 399, 413 280; 351, 374, 383, 397, 402, 4 1 1 , 4 3 7 , 4 8 9 , 529 7; 167, 212, 257, 267, 279

altriso gi-ambahten

281; 365, 377, 388, 403 537; 441, 453, 459, 466, 496

affenheit aftanontig afterflazza afterling aftimel aftero ähhalm ähhelmo ahsala

ahsalbein äkallönti albe

analutte anasiuni

7; 250, 255, 264, 276 7; 221, 223, 234, 250, 252, 254, 255, 263, 264, 275, 276, 295

anamal anamäli

281; 356, 365, 378, 390, 405 281; 331, 340, 351, 357, 358,

angasezzo

365, 378, 390, 405, 425 283; 341, 355, 360, 380, 392, 407, 432, 433, 434, 437

ango angust angweiz

angweiza angweizo anka

ankala anchläo annuz(z)i antüzzi antlutti antluzzi

284; 380, 284; 388, 284; 357, 407, 285; 407, 286; 407,

362, 370, 374, 375, 392, 407, 434 362, 370, 374, 377, 403 151,155, 350, 355, 360, 370, 380, 392, 431, 432, 433, 434 355, 360, 380, 393, 431, 433 355, 360, 380,392, 431,432,433,434

8; 1 6 3 , 1 6 9 , 1 7 0 , 1 9 1 , 1 9 2 , 231, 233, 244, 254, 260, 263, 272, 275, 284, 288, 293, 310 9; 194, 243, 258, 260, 268, 271, 280, 283, 288, 310 9; 170, 243, 258, 260, 268, 271, 280, 283, 310 10; 221, 255, 264, 276 10; 221, 234, 250, 252, 255, 264, 276 10; 163, 165, 234, 250, 255, 264, 276, 295 11; 163,165, 190, 195, 221, 250, 254, 255, 263, 264, 275, 276, 295, 498

590 äneherzlg (k)anecezech aphul arm

armo ars arsbelü

arsbille arsdarm arsloh arswisc arzät

arzätgot arzäto gi-arzätön arzatwurz arzinäri gi-arzenön arzentuom arzetuom ätemdrozze aurigol avursturz äwerf äwizzi äwizzlg äwizzigi äwizzilös äwizzöd

Wortregister 287; 371, 374, 384,399, 413, 419 287; 382, 395, 410 12; 229, 239, 255, 264, 276, 297, 320, 322 13; 163,167,168, 188, 213, 218, 228, 241, 246, 257, 267, 278, 286, 288, 305, 497 15; 257, 267, 279, 305 15; 212, 219, 236, 258, 269, 281, 313, 497 15; 164,169,171,192, 216, 219, 232, 238, 258, 269, 281, 289, 313 16; 232, 258, 269, 281, 289, 313 17; 219, 220, 248, 259, 270, 282, 288, 315, 316 17; 171, 212, 258, 269, 281, 289, 313, 497 18; 214, 236, 257, 267, 279, 289, 307, 308 537; 440, 445, 446, 451, 456, 461, 462, 468, 469, 471, 472, 473, 474, 475, 498 538; 451, 456, 462, 469, 472 539; 445, 451, 456, 467, 469 539; 453, 459, 466, 469 539; 444, 453, 455, 458, 464, 475 539; 445, 451, 456, 462, 469 539; 453, 459, 466, 469 539; 445, 452, 456, 463, 469, 474 540; 445, 452, 456, 463, 469, 474 18; 190,196, 224, 252, 256, 266, 278, 289, 302, 303 211 287; 361, 384, 398, 412, 419 287; 324, 375, 375, 386, 401,416 288; 358, 374, 381, 384, 394, 399, 409, 413 288; 334, 374, 384, 399, 413, 419 288; 337, 374, 384, 399, 413 288; 325, 374, 384, 399, 413, 420 289; 337, 374, 384, 399, 413, 420

äwizzön äzendi azzil

289; 334, 338, 384, 399, 413 289; 336, 374, 382, 395, 410 290; 345, 374, 381, 393, 408

badastat bäen bah bahho

540; 449, 454, 461, 467 540; 153, 442, 454, 460, 466 18; 244, 258, 269, 280, 311 19; 191, 220, 258, 269, 280, 311 19; 229, 230, 236, 255, 264, 276, 286, 295, 296, 497 20; 192, 198, 223, 232, 245, 256, 265, 277, 286, 288, 301, 497 20; 121, 125, 171, 195,198, 250, 257, 258, 267, 268, 279, 280, 306, 310, 322, 497 290; 378, 390, 405 290; 331, 347, 350 357 541; 442, 454, 461, 467, 498 21; 224, 241, 258, 269, 281, 288, 314 541; 441, 442, 452, 457, 464, 475 542; 442, 454, 460, 466 542; 442, 454, 460, 466 21; 107, 112, 168, 169, 170, 189,192, 218, 234, 245, 257, 260, 268, 271, 280, 283, 286, 308, 317, 482 23; 164,218,260,271,283, 317 291; 107, 109,112, 114, 383,396, 411,419,437 24 291; 357, 383, 396, 411, 437 24; 232, 258, 269, 281 543; 440, 442, 446, 453, 458, 464, 475 543; 440, 452, 458, 464, 475 291; 332, 345, 356, 377, 379, 388, 391, 403, 406, 423 292; 356, 379, 391, 406 292; 358, 377, 384, 388, 399, 403, 413 292; 338, 379, 391, 406, 420 293; 327, 384, 399, 403, 413 24; 132, 137,168, 169, 190, 223, 232, 234, 256, 265, 277, 300 543; 446, 453, 458, 464, 475

backo backozand

bal, ballo

balcbrust balo bära barm bäunga bäwizzöd bäwizunga bein

beinna beinrenkl bein scinkel beinsuht belle bellihn beneduoh bettiriso bcttisioh biben bihahsantlihho behafter bilarn

billilln

Wortregister

591

biluh

293; 367, 379, 391,406

bluoten

301; 113, 333, 360, 363, 384,

binta

543; 444, 452, 457, 464, 468 26; 230, 258, 270, 281, 315

bluotfluzzida

302; 342, 384, 398, 413

bluoösa(r)n

544; 459, 544; 302;

birid bisleht bismizzanl bistumbaliter

293; 357, 377, 389,403 293; 368, 377, 389, 403

294; 377, 378, 388,390,403 biwollannussida 294; 332, 377, 389, 403, 420 biwollida bläsa1

bläsa2 blat blätera1 blätera 2

blehan blehanougen blehanougi blehanougi bleiza blezlih blint

blintboran blinden ir-blinden blintJ blitihhen blunkazzen bluot

bluotädra

294; 332, 345, 377,388, 403,420 26; 195, 249, 259, 270, 282, 315, 322, 380, 393,402, 407, 432, 436, 497 294; 153, 155, 360, 372 27; 195, 247, 256, 265, 274, 277, 300, 322 27; 170,195, 249, 252, 259, 270, 282, 315, 322 295; 329, 330, 351, 355, 360, 365, 372, 380, 392, 402, 407, 432, 433, 436, 498 296; 349, 381, 395, 409, 427, 428, 430 297; 349, 427, 428, 297; 349, 419, 427,

381, 429, 381, 428,

395, 409, 430 394, 409, 430

297; 342, 349, 381, 394, 409,427, 428, 429,430 298; 349, 358, 378, 390, 405, 417, 424, 425 298; 370, 380, 392, 393, 407, 431 299; 329, 355, 374, 381, 394, 402, 409, 427, 429, 430, 498 300; 329, 381, 395, 402, 409, 427, 429, 429, 430 300; 354, 381, 395, 409, 427, 429, 430 300; 394, 409, 427, 429, 430 300; 381, 394, 409,427, 428, 429, 430 300; 349, 381, 395, 409, 427, 428, 430 301; 328, 384, 398, 413, 420 28; 107, 112, 113, 114,164, 165, 170, 193, 218, 240, 244, 246, 261, 273, 285, 286, 319, 320, 482 30; 164,165, 170, 247, 261, 273, 284, 289, 319

398, 402, 412

bluot läzan bluotrenkl bluotruns bluotsahs bluotstein bluotsuht botah boula bracko -brät bräwa

brehan brehanbräwi brehanougi brenmsen braithand breta bronado bructolehter brunnido brunnihizza brunst brüst

441,445,453,454, 460, 465, 466, 475 454, 460, 466 107,109,112, 114,

384, 398, 413 302; 384, 398, 413 544; 441, 453, 454, 459, 460, 465, 466, 475, 476 545; 439, 444, 453, 458, 465, 468, 475, 498 302; 336, 342, 383, 397, 412, 426 30; 217, 254, 263, 275, 292, 322 303; 355, 380, 392, 393, 407, 432, 434, 436 30; 191, 229, 255, 264, 276, 295 31 31; 169, 216, 235, 243, 244, 252, 255, 264, 276, 288, 297, 298 303; 349, 381, 395, 409, 427, 428, 429,430 303; 349, 382, 395, 409, 427, 428, 430 303; 342, 382, 395, 409, 427, 428, 429 545; 440, 453, 454, 459, 460, 462, 465, 467, 475, 476 32; 171, 236, 257, 267, 279, 289 32; 164, 169, 171, 234, 250, 252, 257, 267, 279, 306 304; 359, 380, 393, 407, 419, 421, 432 304; 329, 382, 387, 396, 411,419 304; 370, 380, 393, 407, 432 305; 370, 380, 393, 407, 419, 432 305; 359, 380, 393, 407, 419, 432, 436 32; 163, 165,169, 191, 200, 227, 229, 235, 249, 252, 256, 259, 262, 266, 270, 278, 282, 303

592 brustbein brustbeini brustlappo

brustleffil budeming buch buhelln bühwurm büla pulislac buog buosum buoza buozen bütil

dabl dampfo darin

dempfi dempfida dempfo dempfunga demp fungi deoh

deohbräto diohhalz deohskenchil

Wortregister 34; 192, 235, 256, 260, 266, 271, 278, 283, 288, 304, 305 35; 215, 256, 260, 266, 271, 278, 283, 288, 304, 305 35; 194, 215, 245, 256, 260, 266, 271, 278, 283, 289, 304, 305 36; 215, 256, 260, 266, 271, 278,283,289,304, 305 37; 192, 233, 258, 269, 281, 312 37; 211, 247, 258, 269, 281, 312 38; 223, 255, 264, 276, 295 305; 350, 385, 400, 415 306; 132, 137, 355, 360, 366, 369, 498 307; 378, 390, 405 38; 212, 256, 260, 266, 271, 278, 283, 303 39; 217, 224, 241, 258, 260, 269,271,281,283,314 546; 112, 452, 457, 463, 468, 483 546; 112, 453, 459, 466 307; 366, 379, 382,391, 396,406, 411,436

dicld

307; 384, 399, 413 308; 133,137, 327, 329, 330, 374, 382, 395, 410 39; 168, 169,191,195, 220, 221, 225, 227, 229, 236, 238, 249, 259, 270, 282, 288, 315, 316 308; 354, 382, 396, 411 308; 354, 382, 396, 411, 420 308; 329, 374, 382, 396, 411 308; 354, 382, 396, 411, 420 309; 354, 382, 396, 411 41; 164,168,169, 189,190, 197, 213, 216, 217, 221, 224, 234, 241, 252, 257, 258, 260, 268, 269, 271, 280, 281, 283, 309, 313 44; 164, 243, 257, 268, 288, 309 309; 331, 375, 379, 391, 406 44; 218, 257, 268, 280, 288, 309

einhenti einhenfig

done doub doum drozdarm drozza druos1

druos2

druosifin fir-dühen dümo

dumpfe dunwengi durri

einougi eit(t)ar eitarflecko eitang eitarlih eiz

elina

elinbogo

emizzlg

44; 245, 260, 272, 284, 287, 318 45; 232, 260, 272, 284, 318 45; 237, 257, 267, 279, 307 45; 237, 257, 267, 279, 307 46; 220, 259, 270, 282, 288, 315,316 46; 212, 223, 224, 225, 246, 252,256,266, 278, 288,302 47; 163,190, 224, 226,256, 258, 265, 270, 277, 281, 300, 314 309; 138,140, 153,155, 340, 342, 356,364, 366, 368, 379, 382, 391, 396, 406, 410 47; 190,198, 224, 245, 256, 265, 277, 287, 300 547; 68, 446, 454, 460, 467 48; 164, 169,193, 219, 237, 257, 267, 279, 286, 307, 308, 310 311; 153, 155, 358, 386, 400, 415 49; 170, 194, 244, 255, 264, 276, 289, 296 311; 68, 327, 379, 391, 405 312; 351, 383, 396, 411 312; 351, 383, 396, 402, 411, 419 312; 349, 350, 352, 382, 394, 402, 409, 427, 428, 429, 430 314; 113, 360, 363, 371,373, 381, 393, 402, 408, 480 315; 343, 382, 395, 409, 418, 427, 428, 429 315; 360, 368, 373, 381, 393, 408, 419 315; 368, 381, 393, 408, 420 316; 356, 370, 375, 380, 392, 406, 417, 433, 434, 435, 481 51; 163, 170, 189, 194, 218, 246, 257, 260, 267, 272, 278, 283, 286, 305, 318 53; 163,168,188,189, 211, 218, 246, 257, 260, 267, 272, 279,284, 289, 305, 318 316; 386,401,416

593

Wortregister

endi

54; 168,190, 222, 252,255,

ferhbluot

endiluz endin encha

54; 222, 252, 255, 264, 276,

ferchwunt

318; 386, 401, 416

289, 296

fersna

61; 167,188, 214, 236, 243, 258, 268, 280, 286, 288, 310

55; 222, 252, 255, 264, 276, 296

ferwuot

526; 385, 400, 414

55; 243, 258, 260, 268, 271,

fiebar

318; 339, 384, 398, 412, 418, 481, 498

280, 283, 310 enkil enkilin

319; 339, 381, 394, 408, 481

2 6 8 , 2 7 1 , 2 8 0 , 2 8 3 , 310

f'8 figblätara

57; 2 4 3 , 2 5 8 , 2 6 0 , 268, 271,

fingar

63; 1 2 1 , 1 2 5 , 1 6 4 , 1 6 8 , 1 8 9 ,

55; 170,194, 243, 258, 260,

era

fingarläri

65; 188,211, 257,267, 279,

fintüsa

551; 4 5 0 , 4 5 3 , 454, 459,460,

287

57; 223, 225, 238, 248, 258, 270, 281, 314, 322

erhell

267, 279, 307, 308

57; 247, 258, 2 6 0 , 2 6 8 , 2 7 2 , 280, 284, 310, 318

465, 466, 469, 475, 476

58; 246, 249, 258, 270, 281, 289, 314

319; 342, 380, 393, 402, 436 213, 219, 238, 243,257,

280,283, 310 enkiling

61; 2 6 1 , 2 7 3 , 2 8 5 , 2 8 9 , 319, 320

264, 276, 296

firgihü

319; 356, 379, 391, 406

firgihüg

320; 356, 379, 391, 406, 419

fadam

58; 194

firgihtigi

320; 356, 379, 391, 406

vähenzand

58; 192,198, 232, 256, 266,

firgihügöt

320; 119,125, 356, 379, 391,406,420

277, 284, 301 fahssceitela

58; 248,255, 260, 264, 271,

firgihtigöti

320; 356, 379, 391, 406

276, 283, 288

firgihtit

321; 356, 379, 391, 406

fallantiu suht

317; 70, 329, 338, 384, 398,

firsmelzunga

321; 344, 383, 397, 412, 420

414, 438

firwerf

321; 324, 375, 386, 401, 416

59; 193,198, 238, 256, 266,

firworf

321; 324, 375, 386, 401, 416

277, 288, 289, 301

fist

322; 373, 383, 397, 412

547; 151, 155, 439,441,

fiur

322; 338, 344, 380, 393,

flazza

65; 171, 235,250, 2 5 2 , 2 5 7 ,

varrozan(d) fdska

442, 444, 449, 450, 452, 457, 461, 464, 475

407, 432

fäskön

550; 440, 444, 454, 460, 466

gi-fäskön

550; 440, 454, 460, 466

flazziu hant

65; 171, 234, 252, 306

fäskunga

550; 442, 452, 457, 464, 475

flehte

322; 153,155, 364, 380,

faz

59; 247, 258, 270, 281, 314, flehtenta

323; 338, 380, 393, 407,

322 fei'

267, 279, 306

393, 402, 407, 432, 433, 436

59; 109,112, 169, 236, 248, 259, 271, 282, 286, 294,

432, 433 flehtantaz fiur

298, 317 fei2

317; 352, 382, 394, 427, 428,

323; 338, 344, 380, 393, 407, 432

fleisc(h)

429, 436

66; 1 0 9 , 1 1 2 , 1 1 3 , 1 1 4 , 215, 2 5 4 , 2 6 0 , 263, 272, 275,

velleht

318; 380, 393, 407, 419, 431

feilen

318; 380, 3 8 1 , 3 9 3 , 3 9 4 , 4 0 7 ,

flezza

66; 2 1 4 , 2 5 8 , 2 6 8 , 2 8 0 , 3 1 0

409, 432, 433

fliedema

551; 446, 453, 454, 459, 460,

vellihhin

vellelln ferah

284, 291, 292, 319

60; 190,198, 222, 231, 255,

461, 465, 466, 469, 475, 476

256, 259, 264, 266, 271,

fliedemön

552; 4 4 6 , 4 5 4 , 460, 466, 476

276, 278, 283, 287, 304

fliezougi

323; 349, 382, 395, 409,

60; 190,198, 222, 231, 255,

418, 427, 428, 430

259, 264, 271, 276, 283, 317

fnehantiu kela-

61; 254, 259, 263, 270, 275,

suht

282, 291, 292, 315, 316

323; 370, 382, 396, 411

594 folma foraherzida forahoubet forastelli vorbrust vorderzan(d) vorherze fornönti frat fretJ fruowerf fuhö 1 fuht? fub" fülida fuoz

fuozsola fuozspor fuozsuht furiburt furiburflg furigiwahst furiherza furiherzi furiherzida furewahst (urzdwang fust

Wortregister

67; 171, 192, 234, 252, 257, 267, 279, 288, 306 67; 237, 252, 256, 266, 278, 287, 304 67; 241, 254, 255, 263, 264, 275, 276, 288, 293, 294, 296 324; 332, 383, 397, 412 67; 237, 252, 256, 266, 278, 288, 304 68; 193,198, 238, 256, 266, 277, 288, 301 68; 237, 252, 256, 266, 278, 288, 290, 304 68; 164, 213, 257, 267, 279, 307 324; 360, 381, 393, 408 324; 349, 378, 390, 405, 425 324; 324, 386,401,416 69; 140, 170,194, 246, 249, 261, 273, 285, 319, 320, 322 324; 370, 381, 393, 408 325; 339, 361, 381, 393, 408 325; 339, 360, 361, 381, 393, 408, 420, 421 69; 109, 112,113,168,192, 214, 236, 249, 258, 268, 280, 286, 308, 310 71; 236, 258, 268, 280, 288, 310 71; 214, 258, 268, 280, 288 326; 359, 374, 379, 383, 391,396,406, 411,425,437 552; 439, 442, 446, 452, 457, 463, 477 552; 442, 446, 452, 457, 463, 477 71; 238, 258, 270, 281, 314 71; 193, 237, 252, 256, 266, 278, 288, 304 72; 237, 252, 256, 266, 274, 278, 288, 304 72; 238, 252, 256, 266, 274, 278, 287, 304 72; 238, 258, 269, 281, 289, 314 327; 383, 397, 412 73; 164,165, 169, 193, 238, 250, 257, 267, 279, 286, 306

galizenstein galla

gallenfol galSn

553; 450, 453, 458, 465 75; 190, 213,221,259,261, 270, 273, 282, 285, 286, 288, 315 327; 328, 401, 386, 416, 529 327; 328, 329, 401, 386, 416, 529

ganz

553; 443, 448, 449, 452, 457, 461, 463, 468, 471

ganzida gebal

554; 452, 457, 463 76; 214, 222, 252, 255, 260, 263, 271, 275, 283, 286, 293, 296 78, 214, 255,260, 264, 271, 276, 283, 289, 294 328; 381, 394,409, 426, 437 328; 365, 383, 397, 412

gebalsceinl 1 gebalsceinl 2 geisinl gel gelawl gelogunt gelosuht

gelosuhflg

gi-genzen genzl1 genzi2 gibäida gibeina gibeini gibil gibiUa

gibrähhi giburtmuoter gibuzzi gidarrru gidwang gieitant

78 328; 328, 383, 397, 411 328; 132, 137, 332, 352, 383,397, 411,419 329; 152, 155, 327, 328, 344, 352, 380, 383, 392, 397, 402,407, 411,419, 432, 433, 435, 498 331; 152,155, 328, 337, 344, 380, 383, 393, 397, 407, 411,419,431 554; 448, 453, 459, 466 78; 238, 258, 270, 281, 314 554; 447, 452, 457, 463 554; 202, 442, 452, 458, 464 79; 234, 260, 271, 283, 317 79; 234, 260, 271, 283, 317, 498 79; 234, 255, 260, 264, 271, 275, 283, 288, 294 79; 167,188, 214, 222, 224, 243, 248, 252, 254, 255, 260, 263, 271, 275, 283, 288, 293, 294, 296 332; 331, 358, 362, 382, 395, 410 81; 230, 270, 281, 289, 315 81; 220, 259, 270, 282 81; 168, 220, 227, 259, 270, 282 332; 355, 383, 397, 412, 436 332; 349 369, 373, 381, 393, 408

595

Wortregister gifäski gigiht gigihti gigihtigöt gihei gihelzida giht gechnupfe gekrüppelt g>l gilanco giläz gilehtar gileihhi gilenki gelid gilidilln gellmida giloht gilse

555; 439, 444, 445, 450, 452,457,464,475 333; 356, 379, 391,406 333; 356, 379, 391,406 333; 356, 379, 391,406, 420

giswer

335; 336, 360, 370, 375, 378, 380, 389, 392, 402, 404,407,434,435

giswil giswoUanl

333 334; 366, 379, 391, 406, 420 334; 379, 391, 402, 405, 425, 437, 481, 498, 529 81; 244, 260, 272, 284 334; 379, 391, 405 334; 343, 383, 379, 412, 417, 418 82; 260, 272, 284 82; 164,167, 217, 260, 272,

giswulst

336; 330, 374, 381, 3 9 4 , 4 0 8 336; 369, 379, 392, 406 337; 349, 369, 379, 391, 402, 406, 435

getaene getät giumo kawahsa giweidi giwuntöt

284 82; 230, 258, 270, 281, 315 82; 188, 233, 260, 272, 284

giziugi

83; 225, 258, 269, 281, 312

glasougi

83; 191, 212, 227, 231,260, 272, 284, 318 84; 212, 260, 272, 284

gleslnougi

87; 195, 250, 255, 264, 276 87; 190, 221, 254, 263, 275, 292, 322 87; 221, 234, 254, 256, 265, 266, 277, 278, 300, 302 337; 360, 382, 396, 411 88; 191, 227,259, 270, 282 525; 334, 363, 373, 378, 390, 405 88; 223, 249, 259, 270, 282, 314 338; 325, 342, 382, 394, 409, 427, 428, 429, 437 338; 342, 382, 394, 409, 427, 429, 430

555; 112, 454, 460,467 335; 343, 383, 397,419 84; 241, 254, 255, 260, 263, 264, 271, 275, 276, 283, 293, 294 335; 342, 382, 399, 409,

grutahamma goffa

427, 428 84; 195, 221, 223, 226, 236, 238, 245, 248, 249, 250, 258, 269, 282, 314

goldtrago gorawunt gorpoto

90; 211, 257, 267, 279, 289, 307, 308 338; 383, 397, 412 90; 217, 254, 263, 275, 287,

ginist gino

555; 447, 452, 457, 463 86; 234, 256, 265, 277, 300

goteswilo

292 339; 153,155, 326, 327,

gisalbi

556; 445, 452, 458, 464, 470, 475 86; 211, 255, 264, 276, 296 86; 234, 252, 255, 264, 276 86; 163, 167, 213, 255, 264, 276 335; 360, 380, 393, 407, 432 556; 439, 443, 446, 448, 452, 457, 461, 463, 468, 469, 471, 474, 498 557; 443, 447, 452, 457, 463, 469

gilüh gimaht

giseha gesihene gisiuni gisprinc gisunt1

gisunt2 gisunti gisunti gisuntida giswedi

558; 558; 559; 452, 559;

448, 443, 443, 457, 327,

452, 452, 446, 463, 375

457, 463, 469 457, 463, 469 448, 449, 469

goldfinger

338; 383, 396, 411 88; 189, 197, 216, 218, 229, 243, 258, 260, 269, 272, 281, 284, 313 90; 188, 198, 211, 257, 267, 279, 289, 307, 308

380, 392, 407, 434 goufe(na) goumo

gousena grablsarn grabmezzer grabo grät

90; 171, 238, 257, 267, 279, 288, 306 91; 1 6 3 , 1 6 5 , 1 6 8 , 1 6 9 , 1 9 0 , 192, 221, 225, 234, 254, 256, 265, 266, 277, 278, 286, 300, 302 92; 171, 220, 238, 257, 267, 279, 306 559; 448, 450, 453, 459, 465, 475, 476 560; 448, 450, 453, 459, 465,475, 476 560; 440, 451, 456, 462, 473, 474 92; 242, 258, 260, 269, 271, 281,283,311

596 grecko greffe gretetuoh grint1

grint2 gnntlüs grintoht grözdarm grözmago gulidamn gulla

gunt

guntig guot gurgula gurtil gutter

Wortregister 339; 358,382, 395,409, 427, 428, 429 93; 171, 238, 257, 267, 279, 306 560; 441, 452, 458, 464 339; 131, 137, 325, 340, 341, 345, 375, 380, 381, 392, 394, 402, 407, 409, 432, 433, 498 341; 341, 375, 380, 381, 393, 394,407, 409, 431 341; 345, 380, 385, 393, 400, 407, 415, 432 341; 325, 341,374, 380, 393, 407, 419, 431 93; 190,220,225,230, 242, 259, 270, 282, 289, 315, 316 95; 220, 225, 259, 270, 282, 289, 315, 316 95; 212, 247, 259, 270, 282, 289, 315, 316 342; 359, 363, 368, 379, 380, 381, 382, 391, 393, 394, 396, 406, 407, 409, 411,418, 426,432,433 342; 349, 360, 363, 367, 368, 373, 375, 381, 393, 408, 417 344; 368,377, 388,403, 419,423 560; 452, 457, 463, 471 95; 190,196, 224, 252, 256, 266, 278, 287, 302 96; 167, 216, 258, 269, 281, 311 344; 379, 383, 392, 396, 406, 411,418

halsbein

100; 217,242, 245, 260,271, 283,288

halssuht halz

344,327, 383, 396,411,437 345; 332, 333, 379, 391, 405, 425

ham hamma

346; 379, 391, 405 100; 168,194, 211, 223, 237, 243, 257, 268, 279 101; 222, 243, 257, 268, 279, 309 101; 121,164,165,168,171, 191,192, 199, 219, 230, 235, 236, 241, 250, 251, 252, 257, 267, 279, 305, 306 561; 440, 449, 453, 459, 466 104; 171,192, 235, 257, 267, 279,289,306

hammo hant

hantalön hantbreita hantfol hantlam handelös hantmäli hantsuht harn harnwinte härwurm hevanna hefemuoter hevila heftfizzilo hegidruos(a) hegidmosstal

hagaldruos hahil hähsina hahsnen hacka halasalz hals halsädra

96; 226, 259, 270, 282, 289, 314 96; 192,233, 254, 263, 275, 293 97; 258, 268,280,310 344; 338, 367 97; 214, 258, 268, 280, 310 561; 124, 453, 458, 465, 475 97; 163, 165,167, 216, 217, 251, 256, 266, 278, 286, 301 99; 188,189, 212,216, 221; 245, 252,260,261, 272, 284, 286, 288, 318

heil1

heil2 heiläri heilbrunno heilen gi-heilen

104; 171, 238,257, 306 346; 351, 379, 383, 396.405, 411 346; 351,383, 396, 346; 365, 383, 396, 347; 331, 379, 383,

267,279, 391, 411,420 411,437 391,

396.406, 411,425,437 105; 195, 229, 246, 261, 273, 285, 319, 482 347; 345, 383, 397, 412 347; 153,155, 371, 385, 400,415 562; 445, 451, 456, 462, 473, 498 348; 153,155, 383, 397, 563; 446, 451, 456, 462, 563; 441, 452, 458, 464 106; 168, 191, 213, 226, 259, 269, 281,289 107; 226,248, 259, 270, 289 563; 447, 448, 461, 463, 468, 473,474,483, 564; 452, 457, 564; 439, 447,

452, 457, 469, 471, 498 463,469 451, 456,

462, 470, 565; 454, 565; 441, 461, 466, 566; 441, 459,461,

474, 498 467 453, 459,

473, 461, 447, 470 445, 466,

447, 453, 470

412 473 248, 282,

Wortregister

heilen fir- heilen heilentBh heilhaft heill heilida heilBh heillihho heilnussida heil(e)sam heil(e)samo heilunga heis heisar heisari heisarunga heisen heis! heiso heisunga gi-helzen ir-helzen helzida herder herdo hertbrät herti

herza

herzädra

herzerebe herzT herzilln herzsioh herzsuht herzsuhfig hilouga hinkan

566; 452,453,457,459, 463, 466, 470 566; 452, 457, 463 566; 447, 452, 457, 463, 470 567; 448, 452, 457, 463, 470 567; 447,452,457,461, 463,469 568; 447, 452, 457,463, 470 568; 447, 452, 457,463, 470 568; 447, 452, 457,463, 470 568; 440, 452, 457, 463, 470 568; 447, 452, 457, 463, 470 569; 447, 452, 457, 463, 470 569; 452, 457, 463, 470 348; 361, 383, 396, 410 348; 361,383,396,411,419 349; 361, 383, 396, 411 349; 361, 383, 396,411, 420 349; 361,383, 396,411 349; 361,383, 396,411 350; 361, 383, 396, 411 350; 361, 383, 396,411,420 350; 379, 391, 405 350; 334, 367; 379, 391, 405 350; 366; 379, 391, 406, 420 108; 227, 249, 250, 259, 270, 282 350; 354, 389, 403 351; 343,382, 395,409,427, 428, 429 108; 163, 170, 241, 246, 256, 260, 266, 271, 272, 278, 283, 284, 286, 303, 304, 318 109; 164,165,167,189, 217, 251, 259, 262, 270, 282, 286, 288, 315, 316 HO; 212, 215, 222, 238, 247, 250, 252, 261, 272, 284, 288, 319 110; 212, 252, 261, 273, 284, 289, 319 111; 217, 251, 259,270,282, 315,316 111; 217, 259, 270, 282, 315 351; 330, 383, 397,411,437 351; 330, 383, 397, 411,426, 437 352; 330, 383, 397, 411, 419 352; 331, 378, 390,405, 425 352; 331, 337, 383,396, 411

hintanontig hintarbahho hinderhoubet hinterteil hirni hirnibolla himifel himhüt himikopf himireba hirniscala

hirniwuoüg himiwuotigT himiwuoto hlsämo hiufelln hodabalg hodalös hodo

hofar hofaroht(i) hoffo hoggar hoggaroht höhrippe höla

597 111; 163, 244, 258, 269,281, 287, 311 111; 244, 258, 269, 281, 288, 313 111; 233, 254, 263, 275, 288, 293,294 112; 237, 258, 269, 281, 289, 313 112; 163,167, 189, 215, 216, 251, 255, 263, 275, 286, 294 113; 163, 216, 236, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 289, 295 114; 169, 192, 231, 236, 255, 264, 276, 288, 294, 295 114; 214, 255, 264, 276, 288, 294, 295 114; 214, 216, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 289, 293 114; 189, 215, 251, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 289, 293 115; 189, 215, 251, 255, 260, 263, 271, 275, 283, 289, 293, 294 353; 343, 358, 384, 398, 413, 419 353; 358, 384, 398,413 353; 331, 364, 384, 398,413 115; 261, 273, 285, 289, 319 124; 223,255,264, 276, 295 116; 249, 252, 259, 270, 282, 289, 314 354; 329, 343, 383, 397, 412, 420 116; 164,167, 190,194, 216, 223, 238, 245, 259, 269, 281, 286, 288, 314 354; 340, 341, 369, 379, 390, 391, 405, 406, 425 355; 341, 354, 367, 379, 390, 391, 405, 406, 419, 425 117; 221, 257, 258, 268, 269, 280,281, 309, 313 356; 341, 379, 391, 392, 405,406 357; 341, 379, 391, 392, 405, 406, 419 117; 139, 140, 240, 256, 266, 278, 289, 304 357; 133,137,343, 361, 384, 397

598 höloht horngibruoder hospitälhüs houbit

houbit brusti houbitskiol houbitskiula houbitsuht houbitsül houbitswam hudun huf

hufbein

hufhalz hüfll hufelhalz hüfila humelhunck hunteszand huofslah huosta huosto huostön huriwa hüt

Wortregister 357; 412, 358; 393,

343, 359, 384, 397, 419 348, 377, 380, 388, 403,407

569; 446, 454, 461, 467, 469 117; 1 6 3 , 1 6 5 , 1 6 7 , 1 8 9 , 215, 219, 222, 244, 245, 250, 251,252, 254, 263,274, 275, 286, 292, 293, 294, 296 119; 192, 235, 259, 270, 282, 288, 314 119; 214, 255,260, 264,271, 276, 283, 288 119; 214, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 288, 294 359; 331, 381, 394, 409, 437 119; 215, 256, 260, 264, 271, 278, 283, 289, 301, 311 359; 340, 382, 395, 410, 437 359; 332, 377, 389, 403 120; 189, 190, 197, 216, 218, 221, 225,257, 258, 260, 268, 269, 272, 281, 283, 309, 313, 318 122; 191, 216,229, 225, 257, 260, 268, 271, 279, 280, 283, 288, 309, 313 360; 324, 331, 375, 379, 391, 406, 437 123; 223, 255, 264, 276, 295 360; 331, 375, 375, 379, 391, 406, 437 123; 168,170,190, 223, 244, 255, 264, 276, 295 569; 138, 140 125; 189, 214, 256, 266, 277, 289, 301 360; 331, 375, 379, 391, 406, 437 361; 370,383, 396, 411 361; 410, 362; 125; 277, 125; 235, 294,

326, 370, 417 370, 383, 192, 234, 300 168,189, 259, 271, 317

inädiri

127; 195, 220, 227, 247, 249, 250, 252, 259, 270, 282, 288, 317

inbrust

128; 128; 277, 128; 282,

inergirde ingetuome

217, 219, 282, 286,

266, 137, 265, 249,

278, 224, 277, 252,

288, 256, 289, 259,

304 265, 300 270,

ingeweide inhenti

129; 221, 259, 270, 282, 288 129; 171, 250, 257, 267, 279, 288, 306

innana innervel

129; 226,227, 259,270, 282 129; 225, 237, 258, 269, 281, 288, 312

innersmero

130; 288, 130; 270,

innida

192, 233, 258, 269, 281, 312 168, 222, 227, 239, 259, 282

inniherdar

130; 227, 249, 252, 259, 270, 282, 289

innöd

131; 211, 259, 270, 282, 289, 317

innödi

131; 226, 247, 249, 252, 259, 270, 282,289, 317 131; 170, 220, 227, 245, 249, 252, 259, 270, 282, 289, 314, 317

innödili

innovili intuoma inwarfl

132; 259, 133; 133;

195, 270, 220, 227,

220, 282, 259, 249,

227, 289, 270, 252,

245, 252, 317 282, 289 259, 270,

282 inwartigi

133; 2 2 7 , 2 3 1 , 2 4 9 , 2 5 2 , 2 5 9 , 270,282

inweröga

134; 252, 362; 466; 354, 134;

227, 259, 379, 326, 366, 216,

231, 270, 392, 329, 385, 218,

239, 282 406, 339, 398, 221,

249, 250,

260, 281, 363; 363; 363; 363;

268, 283, 361, 362, 362, 362,

269, 287, 384, 384, 384, 384,

271, 309 398, 398, 398, 398,

280,

irsperreda irtobet Isbein

383, 396, 402, 396, 411 236, 256, 265,

256, 134, 256, 226, 289

itslag itslaht itslahtl itslahtigi juckenfl juckido, -a

420 344, 414 257, 258,

412 412 412 412

364; 359, 380, 393, 407, 432 364; 346, 357, 359, 363, 373, 380, 392, 407, 419, 420,421,432

599

Wortregister

juckiligi

365; 359, 380, 393, 407, 432

chläwa

144; 194, 246, 257, 267, 279,

kallazzen

366; 340, 384, 399, 413, 420

kläwido

370; 363, 380, 393, 408,

kancer

366; 124, 207, 330, 348,

308

366,369, 380, 392 kela

419, 421, 432, 433 knio

286, 309, 318

215, 217, 224, 225, 246, 252, 256, 266, 278, 286, 302 kelabrät kelah

kniebein kniorad

368; 367, 379, 383, 392,

310, 318 kniorada

368; 379, 383, 396, 4 1 1 , 4 3 7

kelasuht

368; 326, 327, 337, 361,

289, 309, 310, 318 kniorado

kermundi

309, 310, 318

370; 153,155, 326, 383, 396, 4 1 1 , 4 3 7

kniosdba

370; 327, 336, 379, 382, 137; 232, 256, 266, 277, 301

kindelegi

137; 230, 259, 270, 282, 289,

kindeszan kinna kinni

kinnibahho

309, 310, 318 kniulln

280, 284 knobel

148; 212, 260, 271, 283

137; 219, 256, 266, 277, 289,

knoche

149; 227, 260, 271, 283

301

chnodo

149; 260, 271, 283

137; 2 3 1 , 2 5 5 , 2 6 4 , 276, 295,

knoster

149; 215, 260, 271, 283

296

knubiUn

149; 217, 260, 271, 283

138; 163, 169,192, 231, 232,

knuchel

150; 217, 233, 260, 271, 283

255, 264, 276, 286, 295,

kocko

371; 361, 381, 393, 408

296, 301

kof

154; 240, 256, 266, 278

140; 170,191, 196, 213, 230,

kolero

371; 331, 383, 397, 412, 498

231, 244, 255, 264, 276,

chopf

150; 233, 254, 263, 275, 293,

140; 229, 231, 244, 255, 264,

322 krä

151; 191, 198, 228, 259, 270,

141; 1 6 9 , 1 9 1 , 1 9 2 , 1 9 6 , 229,

kräling

151; 233, 259, 270, 282, 287

230, 231, 232, 242, 255,

kramme

371; 365, 386, 401, 415

264, 276, 288, 296

krampf

372; 134,137, 329, 365,

kramp fo

372; 327, 353, 354, 365,

krank

373; 333, 377, 389, 402,

276, 288, 296 kinnibein

kinnibeini

386, 400, 415

142; 223, 256, 266, 277, 288, 301

chinnezan

386, 400, 415

142; 191, 196, 229, 231, 255, 264, 276, 288, 296

kinnistoc

282, 315

142; 163,168, 229, 230, 232, 255, 264, 276, 296

kinnibracko

403, 423, 424 krebaz

373; 330, 380, 392, 407,

krebizo

374; 330, 380, 392, 402,

143; 1 6 3 , 1 6 9 , 1 9 1 , 1 9 2 , 219, 2 3 0 , 2 3 2 , 256, 265, 278,

434, 435, 436

288, 301 kiuwa

148; 223, 257, 260, 268, 272,

315

288,295,296 kinnibacko

148; 237, 245, 257, 260, 268, 272, 280, 284, 286, 289,

390, 395 kewel

147; 164,193, 237, 257, 260, 268, 272, 280, 284, 289,

370, 382, 383, 396, 411, 437 kelwarch

146; 237, 244, 257, 260, 268, 271, 272, 280, 283, 284,

396,406, 4 1 1 , 4 1 9 kelestopfe

146; 223, 237, 257, 260, 268, 272, 280, 284, 289, 309,

366; 379, 383, 391, 396, 406, 410, 426

kelahoht

146; 218, 257, 260, 268, 271, 279, 280, 283, 288, 309

136; 240, 256, 266, 278, 288, 302

145; 164, 168, 190, 223, 257, 260, 268, 272, 279, 283,

135; 1 1 3 , 1 6 3 , 1 6 8 , 1 9 0 , 196,

144; 191, 230, 234, 255, 256, 264, 265, 276, 277, 295, 296

407, 434, 436 kreftigen

570; 441, 453, 459, 466

600

kröpf

kropfilin krosel krosila krospil krumbbein kruppel krüsa krustila krustiHn kubilo cufia cürruda kümlg kumpfo kuczleich kutzfleisch quedilla querca quercala quetifingar quiti

lähha lähhen lähhenhafte lähhenunga lähhi' lähhi2

lähhida lähhinära

Wortregister

151, 374; 194, 329, 366, 369, 371, 372, 379, 383, 391, 396, 402, 406, 410,436 376; 372, 379, 383,392, 396, 406, 411, 420 151; 215, 260, 271, 283 151; 189,215, 260,271, 283 152; 215, 260, 271, 283 376; 371, 377, 383, 388, 396,403, 411,437 376; 332, 377, 379, 388, 390, 402, 405, 422, 498 152; 239, 259, 270, 282, 315 152; 215, 260, 271, 283 153; 215, 260, 271, 283, 287 153; 243, 257, 267, 279, 308 570; 452, 458, 464 376; 345, 377, 389, 403, 420 377; 324, 339, 369, 377, 388, 403, 419, 423 154; 248, 259, 270, 281, 314, 322 154; 245, 256, 266, 278, 304, 305 154; 245, 256, 266, 278, 304, 305 377; 331, 356, 360, 380, 393,408, 432 155; 168, 196, 224, 252, 256, 266,278, 155; 190, 266, 278, 155; 257, 156; 250, 315

302 196, 224, 252, 256, 302 267, 279, 289, 307 252, 259, 270, 281,

570; 444, 446, 451, 456, 462, 470, 483 570; 202, 447,452, 457, 463, 470 571; 452, 457, 463, 470 571; 445, 452, 457, 463, 470 156; 169, 219, 257, 267, 307, 308, 322 571; 445, 451, 456, 461, 462, 468, 470, 471, 472, 473, 474, 475, 529 571; 444,452,457,463,470 572; 446, 451, 456, 462, 470, 473

lähhinäri lähhinön lähhinönto lähhintuom lähhi tuom lähhi tuomllh lähhunga lallöd lallön lam

langmar lancha

lanco lancsuht lebado lebera leuerin lappa leberKh leffur lefs lefsmammalön lefso lehtar leml lendelln lendenbein lenka ir-lenken lenkl

572; 446,451, 456, 462, 470, 472 572; 441,444, 453,459, 466, 470, 472 572; 449, 453,459, 466, 470 573; 441, 444, 445, 452, 457,463,470 573; 441, 444, 445, 452, 457,463,470 573; 449, 452, 457, 463, 470 574; 447, 452, 457, 463, 470 378; 328, 384, 398, 413, 420 378; 328, 384, 398, 402, 413, 417, 426 378; 242, 327, 332, 333, 335, 343, 351, 356, 379, 391, 402, 406, 425 156; 190,198, 226, 231, 257, 267, 279, 307 156; 168,190, 216, 218, 226, 229, 239, 258, 269, 281, 312, 313 158; 226, 239, 258, 269, 281, 313 380; 324, 339, 348, 358, 371, 379, 391, 406, 425 380; 353, 380, 392,407, 419, 421, 434, 437 159; 164, 165, 168,190, 225, 259, 270, 282, 286, 315, 482 161; 222, 259, 270, 282, 315 381; 343, 383, 397, 411, 420 161; 163, 168, 228, 251, 256, 265, 277, 300 162; 168,191, 228, 251, 256, 265, 277, 300 381; 328,384, 398, 413,426 162; 228, 251, 256, 265, 277, 287, 300 163; 230, 240, 259, 269, 282, 315 381; 333, 340, 366, 379, 391, 406 164; 240, 259, 270, 282, 315 164; 194, 240, 258, 260, 269, 271, 281, 283, 288, 311 164; 164, 228, 257, 267, 279, 306 382; 350, 383,396,411 164; 226, 229, 258, 269, 281, 286, 312

601

Wortregister lenfln

lentinbräto

lentinswero lezfuoz Üb Dbheili Ud

lidiün lidrenki lidugiläz liduscart lidusuht liesa ligaring lih tiharrulo lihdorn tih(h)amo Bhh(i)namo lihlihKl Ehloa Ghlöi lisp lispän lispen lohafiur lohanti lubetsch lühougön

165; 164, 169,191,193, 229, 239, 244, 258, 259, 269, 270, 281, 282, 313, 315, 482 166; 168,193, 226,228,229, 239,240, 258,259,269, 270, 281, 282, 288, 313, 315 382; 359, 386, 401, 416, 437 382; 364, 383, 396, 411, 437 168; 247, 258, 269, 281, 292, 312 574; 440, 452, 457,463, 470 169; 112,164,165,169, 188,191,212, 213,231, 235,260,272, 283,318,482 170; 167, 188, 212, 260, 272, 284 383; 109,112,114,332, 352,383, 396, 411,437, 525 171; 213, 217, 228, 231, 234, 260, 272, 284, 289, 318 383; 332, 352, 378, 390, 405, 437 383; 327, 359, 379, 391, 406, 425, 437 171; 231, 259, 271, 283, 317 171 172; 217, 254, 263, 275, 291, 292, 172; 217, 254, 263, 275 384; 332, 371, 381, 394, 409 173; 153, 155, 217, 254, 263, 275, 291, 292, 174; 167, 217, 220, 254, 263, 275, 291 384; 340, 377, 389, 403 384; 331, 371, 378, 390, 405,425 385; 331, 366, 378, 390, 405 385; 329, 384, 398, 413 385; 329, 377, 384, 388, 398, 403, 413, 420, 422 385; 326, 328, 329, 384, 398, 413, 426 387; 346, 380, 392, 393, 407, 408, 419, 432, 433, 434 387; 363, 380, 393, 408, 431 387; 363, 377, 384, 388, 399, 403, 413 387; 355, 382, 395, 409, 427, 429, 437

lumbal

174; 240, 258, 269, 281, 287,

lumbe

313 174; 229, 258, 269, 281, 287,

lunga lunganna lungina lungula lungun lungunna luntussa lurzihho lüssuht luzlg fingar luzzilzunga magabiz magabizzado

313 174; 193, 225, 270, 282, 288, 176; 169, 239, 282, 288, 315 176; 239, 251, 286, 315

239, 251, 259, 315, 482 251, 259, 270, 259, 270, 282,

176; 239, 251, 259,270,282, 288, 315 177; 239, 251, 259, 270, 282, 315 177; 164, 165, 169, 239, 251, 259, 270, 282, 315 177; 235, 256, 266, 278 388; 332, 377, 379, 388, 391,403,406 388; 355, 385, 400, 415 178 177; 228, 256, 265, 277, 289 388; 369, 374, 383, 397, 412, 437 389; 367, 368, 369, 374, 383, 397, 412, 419, 421, 426, 437

magabizzida miera pein mago

malätes mamma mänödfallönti mänödtuldo mänödwentJg mänödwffig mänödwifin manzo mark marczan mäsa masala

389; 367, 369, 374, 383, 397, 412 178; 169 178; 164, 165,170, 194, 212, 226, 242, 247, 248, 254, 258, 259, 269, 270, 281, 282, 286, 312, 315, 316, 483 389; 348, 380, 393, 408 179; 246, 259, 270, 282, 314 390; 350, 384, 399, 413 390; 350, 377, 384, 388, 398,403, 413 390; 350, 384, 399, 413, 419 391; 350, 384, 399, 413, 419 391; 350, 384, 398, 413 179; 246, 259, 270, 282, 314 180; 112, 169,191,231,260, 271, 283, 286, 317 181; 231, 256, 265, 278, 289, 301 391; 331, 354, 366, 378, 390, 405, 425, 436 392; 339, 371, 385, 400, 414

ßQ2

masaloht masar masaroht meistarzeha menschenbein metamösto milza milzi misal misaloht misalsuht misalsuhög missigiscaft missiscapfan missiwerft mittarösto mittidwerahi mittiläri mund

munt muodar muosfingar

Wortregister

393; 339, 354, 379, 392, 406, 419 393; 369, 379, 391, 406 393; 354, 369, 379, 392, 406,419 181; 211, 258, 268, 280, 289, 311 181; 218, 257, 260, 268, 271, 280, 283, 289, 309 181; 231, 257, 267, 279, 287 182; 228, 242, 259, 270, 282,

nagado

315 182; 170,194, 228, 239, 242, 259, 270, 282, 315 394; 348, 380, 393, 408, 418, 419, 431 394; 348, 351, 380, 393, 408, 419, 431 394; 337, 380, 393, 408, 419, 432 395; 348, 380, 393, 408, 419, 431

nasa

395; 334, 379, 391, 405 395; 334, 379, 391, 405 395; 334, 379, 391, 405 184; 169, 231, 257, 267, 279, 287, 307 184; 258, 269, 281,311 184; 219, 257, 267, 279, 307 185; 163, 165,169, 199, 214, 234, 252, 256, 265, 277, 286, 300 187; 171, 218, 235, 252, 257, 267, 279, 306

fir-musken

188; 211, 259, 270, 282, 315 188; 190, 198, 219, 257, 267, 279, 307 396; 343, 384, 399, 413 396; 202, 348, 357, 384, 386, 399, 401 396; 384, 399, 413, 419 396; 384, 399, 413 189; 216, 218, 257, 268, 279, 309 189; 191,194, 228, 232, 245, 260, 272, 274, 284, 286, 318, 322 397; 327, 379, 391, 405

nabulo

191; 164,168,170,194, 229,

muotflewl muotsuht muotsuhög muottrübeda muriot müs

246, 248, 258, 269, 281, 312

nagal

397; 416, 193; 267,

354, 383, 397, 412, 421, 426 164,170, 194, 246, 257, 279, 308, 322

nac

194; 190,192, 220, 233, 245, 252, 254, 263, 275, 286, 288,293, 294

nacko

195; 163, 233, 252, 254, 263, 275, 293 397; 365,371, 372, 384,

narraheit

nasabuz nasakrustila nasalös naseloch nel nella nerien nesan nesso nezzi nezzismero nidarbruohes nioro

nierlln niulla niuwibluot nol

nulla nüwe

oberarm obarbräwa

398, 413,417 195; 163,169,192, 232, 251, 252, 255, 265, 277, 286, 299 398; 331,382,395,410, 437 197; 191, 198, 226, 255, 260, 265, 271, 277, 283, 288, 299 398; 326, 382, 395, 410, 420 197; 192, 232,251, 252, 255, 265, 277, 289, 299 197; 241, 245, 254, 263, 275, 293 198; 170, 248, 254, 263, 275, 293 574; 441, 442, 448, 453, 459, 466 575; 440, 447, 452, 457, 463 398; 385, 400,415, 418 198; 169, 195, 240, 260, 272, 284, 319, 322 199; 193, 240, 261, 272, 284, 289, 319 199; 237, 258, 269, 281, 289, 312 200; 170,193, 239, 240, 245, 259, 270, 282, 286, 314, 315 201; 240, 259, 270, 282, 315 201; 195, 248, 254, 263, 275, 293 202; 261, 273, 285, 289, 319 202; 192, 220, 241, 252, 254, 255, 263, 264, 275, 276, 293, 294 202; 254, 263, 275, 293 202; 220, 252, 254, 263, 275, 293 203 203; 163,170,194,197, 216, 243, 252, 255, 264, 276, 289, 298, 299

603

Wortregister obarösto öra örfingar aurigol örkrosila örlappa örlös örscarti örspinna osterscila ouga

ougafel1 ougafel 2 ougapful ougelös oug(en)bräwa

ougflecko ouggiselbi ougilln ougilsalba ougisal ouglid ouglubbi ougring ougsalba ougsehe ougsiuni

204; 248, 258, 269, 281, 287,311 204; 113, 167, 199, 213, 251,255, 265, 277,286,299 205; 213, 257, 267, 279, 307, 308 205 206; 255, 260, 265, 271, 274, 277, 283, 288, 299 206; 193, 236, 255, 265, 277, 289, 299 399; 347, 382, 395, 410, 420 399; 382, 395, 410, 437 206; 239, 255, 260, 265, 271, 277, 283, 289, 299 575; 124, 207, 453, 459, 465, 475 206; 163, 165, 169,189, 192,199, 229, 233, 255, 264, 276, 286, 288, 296, 297 208; 216, 255, 264, 276, 288, 298, 299 399; 325, 382, 395,409, 420, 427, 428, 429, 437 209; 193,196,197, 239, 255, 264, 276, 289, 297 399; 382, 395, 409,420, 427, 429 209; 192, 193,194,196, 197, 216, 239, 243, 252, 255, 264, 276, 288, 298 399; 359, 382, 395, 409, 427, 428, 429, 437, 525 575; 440, 450, 452, 458, 464, 470, 475 210; 192, 233, 255,264, 276 576; 440, 450, 452, 458, 464, 470, 475 400; 325, 382, 394, 409, 427, 428, 429, 437 210; 196, 216, 227, 255, 264, 276, 289, 298, 299 576; 440, 450, 452, 458, 464 211; 241, 255, 264, 276, 289, 298, 299 576; 440, 450, 452, 458, 461, 464, 468, 470, 475 211; 239, 255, 265, 276, 288, 297 211; 250, 255, 264, 276, 289

ougstal1 ougstal2 ougswero

pfiffiz pflastar

gi-pflastarön pimentäre plminzsalba ptna puza

rahho ramme rapfen bi-rapfen rasen räzal räzl ref hrevawunt regenblint gi-reinen reinön ren bi-renken renula ribba

riden rifilo riho rihunga rinda

212; 233, 255, 265, 276, 289, 298 401; 325, 382, 394, 409, 427, 428,429,437 401; 355, 382, 395, 409, 427, 428, 429, 437 401; 330, 358, 382, 395, 410, 418 577; 131, 137, 139, 140, 440, 441, 444, 450, 452, 457, 461, 464, 469, 475, 498 578; 440, 454, 460, 466 578; 451, 456, 462, 469, 473, 474, 475 579; 452, 458, 464,470,475 402; 378, 389, 404 579; 439, 453, 455, 458, 464, 469, 475 212; 168, 190, 194, 221, 224, 242, 256, 265, 277, 300 403; 365, 386, 401, 415 403; 359, 362, 378, 390, 405 403; 332, 362, 378, 390, 405 404; 334, 384, 399, 402, 413 404; 361, 384, 399, 413 404; 361, 384, 399, 413 213; 170, 230, 247, 250, 252, 259,269, 281,315 405; 384, 397, 412, 437 405; 109, 113, 382,395, 409, 437, 529 579; 453, 459, 466 579; 445, 454, 460, 466 405; 372, 378, 390, 405, 425 406; 112,383, 396, 411 214; 245, 261, 272, 274, 284, 318 214; 168,189, 217, 218, 241, 256, 260, 266, 271, 278, 283, 304 406; 338, 384, 398, 412 215; 195, 247, 259, 270, 282, 315 215; 169, 191, 228, 237, 243, 257, 268, 280, 286, 288, 309 406; 326, 365, 383, 396, 411,420 406; 380, 393, 407, 432, 433

Wortregister

604 rinnan

407; 243, 336, 382, 395, 409, 427, 428, 430

riob

407; 350, 360, 363,364, 380, 392, 407, 417, 419, 431 408; 337, 348, 380, 393, 408 408; 380, 393, 408, 419, 424, 431 408; 357, 380, 393, 408, 432, 433 216; 171, 257, 260, 267, 272, 279, 283, 306 408; 338, 372, 384, 398, 412, 417 409; 363, 380, 393, 408, 432 410; 336, 383, 397, 412 410; 362, 378, 390, 505

rioben riobsuhfig riofa rist rito riubl rötwe widar-rouwen roz rozzag rüda

rüdi rüdig rüdlgi rüdo ruf

ruggi

ruggibein

ruggibeiru rückeknoche ruggelende ruggo

saf salb

410; 352, 358, 373, 382, 395,402,410 412; 352, 382, 395, 402, 410, 419 413; 332, 346, 370, 372, 373, 375, 380, 392, 407, 432, 433, 434 414; 364, 380, 393, 408, 432 414; 346, 363, 364, 380, 393, 408, 431 415; 346, 381, 393, 408, 432 415; 346, 359, 363, 364, 381, 393, 408, 432 416; 325, 356, 360, 362, 363, 375, 381, 392, 407, 432, 433 216; 163,168,189,193, 220, 242, 244, 258, 260, 269, 271,280,283,286, 311 218; 193,194, 219, 227, 233, 242, 258, 260, 269, 271, 281,283,288,311 219; 170,193, 242, 258, 260, 269, 271, 220 220; 193, 281,288, 220; 189, 260, 269,

281, 283, 288, 311 242, 258, 269, 311 220, 244, 258, 271, 281, 283, 311

salba

salbära salbäri salbärin salbfaz salbmahhe salbön salgimma salz seha

seho saiffa seifsalbe seih seivar seivarer sen(e)wa senoädra seren serewen seri silbirschüm sinnelös sinnelösi sioh

220; 138, 140, 243, 261, 273, 285, 319, 320,477 580; 452, 458, 464, 470,

siehheit siehhelheit siehhelön

475, 483,

siehhen

580; 440, 442, 444, 445, 449, 450,452, 458, 461, 464,468,470, 475,498 582; 449, 451, 456, 461, 462, 470, 473, 474, 475 582; 446,451, 456, 462, 470, 473, 475 582; 449,451, 456, 462, 470, 473, 475 582; 439, 454, 461, 467, 470 583; 449,451, 456, 462, 470, 473 583; 440,441, 442, 443, 449, 454, 460, 461, 466, 470 585; 131,137, 447, 453, 458, 465 586; 124, 207, 447, 453, 458,461,465,468, 475 221; 163,165,169, 188, 193, 196, 211,235,237,251, 255, 264, 276, 297 223; 211, 235, 239, 251, 255, 264, 276, 297 586; 124, 207, 453, 459, 465, 468, 475 586; 445, 452, 458, 464, 470, 475 223; 229,246, 261,273, 285, 319 223; 242,261,273, 285, 319 417; 328, 367, 377, 384, 388, 399, 403, 413, 422 224; 232, 261, 272, 284, 286, 318 224; 212, 233, 234, 252, 261, 272, 284, 289, 318 417; 336, 378, 389, 404 417; 327, 377, 389, 403 418; 330, 380, 392, 407, 434 587; 134,136, 137, 439, 453, 458,465 418; 384, 399, 413, 420 418; 384, 399, 413 419; 324, 345, 348, 377, 388, 402, 403, 417, 422, 423, 424, 481, 499 420; 377, 389, 403, 420 420; 377, 389, 403, 420 420; 368, 377, 389, 403, 420 420; 337, 347,348; 377, 388, 403

605

Wortregister ir-siehhen siohher siehhi siehhetago siuhhl siuhto siohhüs siohhtrago siehtuom sita sitisuht siura siuro scabado scabamezzir scaboht scalm scalmo scalpel&n scardi scharpfzan scebig sceiben gi-scinen sceitila scelah

scelahougi scelm scelmig scelmo scerte scief scieffuoz

421; 332, 334, 337, 348, 377, 388, 403 422; 348, 377, 388,403 422; 377, 389, 403 422; 377, 389, 403 422; 334, 348, 352; 377, 388, 403 423; 373, 377, 389, 403 587; 445, 454, 461, 467 587; 442, 454, 461, 467 423; 324, 377, 389, 403, 420, 498 225; 112,113,168,191, 228, 240, 258, 269, 281, 313 423; 336, 359, 386, 401, 416, 437 424; 330, 341, 359, 367, 381, 393, 408, 418, 432, 433 424; 330, 359, 363, 364, 381, 393, 408, 432, 433 425; 364, 381, 393, 407, 419, 421, 432, 433 588; 330, 448, 450, 453, 459, 465, 475, 476 425; 357, 381, 393, 407, 419, 421, 431 426; 377, 389, 403, 437 426; 377, 389, 403, 437 588; 448, 450, 453, 459, 465, 469, 475, 476 426; 382, 395, 410 226; 189, 198, 215, 256, 266, 278, 289, 301 426; 364, 381, 393, 408, 419 427; 383, 396, 411 588; 448, 454, 460,467 226; 163, 165,170,195, 248,254,263, 275,293, 312 427; 341, 354, 366, 379, 382, 391, 394, 405, 409, 427, 429, 430 428; 366, 382, 394, 409, 427, 429, 437 428; 345, 350, 357, 377, 389, 403, 437 429; 377, 389, 403, 419 429; 377, 389, 403, 437 227; 256, 266, 278 429; 355, 383, 396, 411 429; 355, 377, 383, 388, 396, 403, 411, 437

scilihen scina

scinabein scincha

scinkel scincho sciula scöz scöz(z)a scözo scröto scröäsarn scrötmezzer scult(i)ra scuoboht scurf släf släfbein släflös släflösl släfsuht slegebräwa

stihmo sSm slüh slunt

430; 349, 354, 366, 382, 394, 402, 409, 427, 429 227; 189, 218, 241, 245, 257,260,268, 271, 280, 283,309, 322 228; 194, 245, 257, 260, 268, 271, 280, 283, 288, 309 228; 170, 218, 241, 245, 257, 260, 268, 271, 280, 283, 309 230; 218, 257, 268, 280 230; 194, 218, 257, 268, 280, 309 230; 214, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 294 231; 224, 241, 259, 270, 281, 314 231; 259, 270, 281, 314 231; 259, 270, 281, 314 232; 242, 258, 268, 280 588; 448, 450, 453, 459, 465, 475, 476 589; 448, 450, 453, 459, 465, 475, 476 232; 193,194, 241, 246, 256, 266, 278, 303, 304 430; 356, 364, 381, 393, 408, 431 431; 325, 368, 375, 381, 393, 407,432, 433, 482 233; 244, 255, 264, 276, 296, 322 234; 244, 255, 264, 276, 288, 296 431; 347, 386, 401, 416, 420 432; 347, 386,401, 416 432; 348, 386, 401, 402, 416, 419 234; 169,192,196, 216, 235, 255, 264, 276, 289, 298, 299 235; 195, 222, 259, 270, 282, 314 432; 370, 416, 417, 436 235; 225, 256, 265, 266, 277, 278, 300, 302 237; 190, 192, 196, 212, 224, 225, 228, 234, 235, 240, 256, 265, 266, 277, 278, 300, 302

Wortregister

606 2 4 7 ; 1 9 3 , 1 9 8 , 224, 240,

spTwan

437; 3 5 3 , 3 7 3 , 3 7 8 , 3 9 0 , 4 0 4

256, 266, 278, 288, 300,

ir-splwan

4 3 7 ; 356, 378, 3 9 0 , 4 0 4

302, 303

spiwöd

437; 3 7 3 , 3 7 8 , 3 9 0 , 4 0 4

2 3 7 ; 190, 225, 258, 259,

sprähhalös

4 3 7 ; 337, 384, 3 9 8 , 4 1 3 , 4 2 0

269,270,281, 282,289

spunne

243; 1 8 8 , 1 9 5 , 213, 261,

270, 281, 282, 289, 315, 316

spuolwurm

438; 3 5 0 , 3 6 5 , 385, 4 0 0 , 4 1 5

smehhar

432; 377, 389, 4 0 3

stairoht

244; 2 1 4 , 258, 268, 280, 3 1 0

smero

2 3 8 ; 1 6 7 , 1 7 0 , 1 8 8 , 1 9 5 , 211,

stam

438; 328, 384, 398, 4 1 3

213, 246, 258, 261, 269,

stamal

439; 384, 398, 413, 4 2 6

272, 281, 284, 312, 319

stamaläri

439; 3 2 8 , 377, 384, 388,

sluntbein

smaladarm smalaherdar

smeroleib

smerolln smeronezzi

273, 285, 319

2 3 7 ; 226, 258, 259, 269,

3 9 8 , 4 0 3 , 413, 420, 4 2 2

239; 163, 2 1 1 , 2 1 3 , 2 5 8 , 261, 269, 272, 281, 284,

stamalöd

439; 328, 384, 3 9 8 , 413, 4 2 0

289, 3 1 2 , 319

stamalön

439; 328, 337, 3 8 4 , 398,

272, 281, 284, 312, 319

stammen

441; 328, 384, 398, 4 1 3

239; 240, 258, 261, 269,

stapho

2 4 4 ; 169, 236, 2 5 8 , 2 6 8 ,

starablint

441; 325, 342, 3 4 3 , 4 8 2 , 494,

402, 4 1 3 , 420, 4 2 6

239; 213, 258, 261, 269,

280, 310, 3 2 2

272, 281, 284, 289, 312, 319 smerevel

239; 240, 258, 261, 269,

smerza

432; 349, 378, 3 8 9 , 4 0 4

smerzan

433; 333, 336, 347, 378,

4 0 9 , 427, 4 2 9

272, 281, 284, 289, 312, 319

389, 404

stehhado

442; 359, 368, 386, 401, 4 1 6 , 4 1 9 , 421

stein

442; 3 3 0 , 384, 3 9 7 , 4 0 2 ,

smerzanto

433; 336, 378, 389, 402, 4 0 4

snegil

4 3 4 ; 3 5 2 , 365, 373, 382,

steinsuht

4 4 3 ; 3 3 0 , 384, 3 9 7 , 4 1 2

383, 395, 396, 4 1 0 , 4 1 1

sterbo

443; 3 3 1 , 357, 3 7 7 , 389,

412, 4 3 6

snit

434; 373, 378, 390, 405, 425

snitmezzir

589; 443, 448, 450, 453,

stingan

590; 4 4 6 , 454, 4 6 0 , 4 6 6 , 4 7 6

4 5 9 , 4 6 5 , 475, 4 7 6

stirna

244; 190, 222, 252, 255,

snitisarn

403, 423

264, 276, 286, 2 9 6

590; 4 4 8 , 450, 453, 459, 465, 475, 4 7 6

stiuwen

590; 4 4 6 , 454, 4 6 0 , 4 6 6 , 4 7 6

snudel

435; 331, 382, 395, 4 1 0

stiuz

245; 216, 2 5 8 , 260, 269,

snuderäta

435; 331, 382, 395, 410, 4 2 0

snuz

435; 331, 382, 395, 4 1 0

stoc

245; 2 3 2 , 256, 266, 277,

söde

435; 153, 155, 339, 378, 390, 404, 436

fir-streden

590; 4 4 7 , 454, 4 6 0 , 467

240; 169, 193, 213, 214,

strengila

443; 366, 382, 3 9 5 , 4 1 0 , 4 1 8

236, 241, 258, 268, 280,

strüche

444; 331, 382, 395, 4 1 0

287, 3 1 0

stum

444; 3 2 8 , 352, 3 8 4 , 398,

sola

soto

271, 281, 283, 313, 4 9 8 301, 3 2 2

402, 413

436; 330, 380, 392, 407, 418, 434, 436

stumbal

444; 3 6 6 , 369, 378, 390, 4 0 5

241; 1 6 9 , 1 7 1 , 235, 252, 257,

stumph

445; 328, 383, 396, 411

267, 279, 306

sübiren

591; 4 4 5 , 454, 4 6 0 , 4 6 6 , 4 9 9

sparrädra

436; 371, 385, 400, 414, 437

suht

445; 1 5 3 , 1 5 5 , 325, 326,

speihhaltra

242; 2 4 0 , 261, 273, 285, 3 1 9

329, 332, 339, 3 4 0 , 347,

speihhila

242; 169, 193, 232, 240,

3 4 8 , 350, 352, 3 5 7 , 361,

242, 2 6 1 , 273, 285, 3 1 9

367, 368, 373, 3 7 5 , 377,

spint

243; 167, 2 1 1 , 2 1 3 , 2 6 1 ,

388, 4 0 2 , 4 0 3 , 4 1 9 , 4 2 3 ,

272, 2 8 4

4 2 4 , 4 3 2 , 435, 4 3 6

spanna

splwa

436; 353, 365, 373, 378, 390, 4 0 4

607

Wortregister

suhfig

suhtluomi suhtluomlg suhtneri sunt sunta gi-sunten sürougi

swahhön swacca swam swambag swart swarzouga swebal swedl swedil swedunga fir-sw einen sweiz sweizbad sweizloch

448; 325, 345, 347, 352, 377, 388, 402, 403, 419, 424, 435 448; 333,357,377, 388, 402,403 449; 333, 377,388, 402, 403, 419 591; 440, 453, 459, 466 591; 447, 452, 457, 463, 469 591; 447, 452, 457, 463, 469 592; 449, 452, 457, 463, 469 449; 329, 349, 382, 394, 402, 409, 427, 428, 429, 430, 435, 437 450; 113, 377, 389, 403 450; 372, 378, 390, 405, 425 451; 112,128,137, 360, 380, 392, 402 451; 128,137, 369, 379, 386, 392, 400, 402, 406, 415, 419 246; 215, 259, 271, 283, 317 246; 233, 255, 265, 276, 289, 297 592; 124, 449, 453, 459, 461, 465, 468, 593; 442, 452, 593; 444, 452, 593; 442, 452, 451; 377, 389, 246; 170, 194, 273, 285, 319

475 457, 464 458, 464, 482 458, 464 403 243, 261,

swilidi

593; 439, 448, 461, 467 247; 237, 242, 259, 271, 283, 289 452; 333, 347, 369, 370, 379, 391, 402, 406 453; 113,114, 342,354 247; 249, 259, 270, 282, 314 453; 359, 363, 367, 375, 380, 392, 406, 417, 434, 435 454; 336, 378, 389, 404, 419, 421 454; 336, 378, 389, 404 454; 325, 336, 363, 370, 375, 377, 388, 403, 423 247; 214, 259, 271, 283, 455; 152, 155, 214, 330, 340, 374, 408 456; 366, 379, 392, 406,

swilo

419, 421 456; 330, 374, 381, 394, 409

swellan fir-swellan swenkel swer s\ver(a)do sweran swero swil1 swil !

swlmo swindel swineslüs

456; 389, 456; 457;

326, 372, 375, 378, 404 372, 375, 378, 389, 404 330, 371, 385, 400, 415

swJnsuht swintilöd

457; 333, 386, 400, 415, 482 457; 326, 364, 372, 375, 378, 389,404, 420

swintilön

458; 153,155,327, 372, 375, 378, 389, 402, 404, 420 459; 378, 389, 404

gi-swintilön swintilunga swintilungi swulst tantarön tara tarunga tawalön tebedig

459; 326, 378, 389, 460; 372, 460; 369,

364, 404, 375, 379,

372, 375, 420 378, 389, 404 392, 406

460; 335, 384, 399, 461; 347, 378, 390, 461; 347, 378, 390, 425 461; 386, 401, 416, 461; 330, 377, 389,

414 405, 425 405, 420, 420 403, 419

tenar

248; 171, 216, 227, 235, 250, 252, 257, 267, 279, 306

tenara

249; 171, 216, 227, 257, 267, 279, 306 462; 352, 353, 362, 386, 401,416 249; 164, 170, 235, 246, 259, 269, 282, 314 250; 235, 259, 270, 282, 314 250; 138,140, 245, 261, 273, 285, 319, 320 594; 439, 453, 458, 465, 496 250; 190, 222, 252, 255, 264, 276, 296 462; 384, 399, 413 462; 327, 333, 338; 384, 399, 414, 419 463; 327; 384, 399, 414 463; 327, 333, 384, 399, 414, 419, 529 463; 341, 384, 399, 414 464; 334, 384, 399, 414, 420

tewen tila tilli tincta1 tincta 2 Unna diubilsiuh tiufalsuhtig tiufalwinnanti tiufalwinnig tobahalmo tobaheit tobäri tobasuht tobesuhtig

464; 324, 402, 414, 464; 326, 402, 414, 464; 327, 399, 402,

377, 417 358, 417 333, 414,

384, 399, 384, 399, 338, 384, 419

608

toben

toben ter toben ti tobenög tobentiu suht tobezzunga tobig tobön tobönter tobön ti tobön to

tobunga töd töd beranti töden tödhaft tödslaf töd traganti ir-tophsen toi tolk tör töt tötbluot tötgiboran tötheit töt houpit töö toub ir-touben touben toumado touwen

Wortregister

465; 342, 364, 465;

327, 346, 384, 377,

403, 414 465; 327, 342,348, 467; 358, 465 467; 334, 385, 398, 468; 337, 414, 419

333, 350, 399, 384,

335, 338, 358, 359, 413 388, 398,

333, 338, 340, 358 385, 399, 414, 419

touwurm treno *triz ir-trinkan

251; 319 479; 350, 385, 399, 414

tropho

480; 354, 379, 391,406, 436, 529 480; 368, 481, 384, 393, 398, 408, 413 480; 385, 399, 413 481; 368, 369, 385, 399, 414 481; 343, 368, 385, 399, 414 481; 377, 385, 388, 399, 403, 414 481; 344, 385, 399,414, 420 482; 344, 385,399,414,420 482, 385,399,413,420 482; 329, 343, 344, 345, 353, 367, 385, 398, 402, 413, 498 483; 335, 362, 385, 399, 414 483; 343, 385, 399, 414 484; 335, 385, 399, 414, 420 484; 324, 367, 385, 399, 413, 420 484; 385, 399, 414, 419 484; 385, 399, 414, 420 485; 330, 334, 343, 382, 394, 409,427, 429 251; 244, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 288 485; 385, 399, 414, 419 251; 191, 229, 230, 235, 246, 259, 269, 282, 314 252; 229, 235, 259, 270, 282, 314 252; 191, 229, 230, 235, 259, 269, 282, 314 253; 164,168, 229, 230, 259, 270, 282, 314 254; 164,169, 235, 259, 270, 282, 289, 314

trör 337, 357, 358, 414, 420 340, 385, 399,

469; 328, 333, 335, 342, 346, 359, 364, 385, 399, 414 469; 327, 340, 346, 358, 377, 385,388, 399,403,414 470; 333, 346, 385, 399, 414 470; 325, 328, 333, 334, 335, 338, 340, 346, 350, 352, 358, 377, 385, 388, 399, 403, 414 472; 334, 385, 399, 414, 420 472; 340, 348, 352, 353, 354, 386, 401, 402, 416 472; 352 473; 352, 386, 401, 416 473; 338, 352, 386, 401, 416,420 474; 386, 401, 416 472; 352, 357 474; 355, 382, 396 474; 359, 367, 385, 399 475; 112, 349, 356, 370, 373, 375, 378, 390, 405 476; 352, 377, 385, 388, 399, 403, 414, 498 476; 352, 386, 401, 402, 416 476; 384, 398, 413 477; 324, 386, 401, 402, 416 477; 386, 401, 416, 420 477; 112,386, 401,416 477; 386, 401, 416 477; 324, 366, 367, 382, 396, 402 478; 354, 367, 386, 401, 416 478; 368, 382, 396, 410 479; 341, 357, 380, 385, 392, 400, 407, 415, 434 462; 153,155, 386, 401, 416

479; 364, 381, 385, 393, 400, 408, 415, 432, 433 251; 236, 241, 258, 268, 280, 310

truobe truobi tüfar' tüfar* tüfarheit tüfarEh tulisc tumb

tumben ir-tumben tumbizzen tumbSh tumbmuoti tumbnissi tuncalen thunubein tusig tutta tutti tuttilln tutto tuttünhoubit twalm twälsuht ubarbein ubarbluotig ubarkniuwi

486; 338, 348, 355, 386, 401,416 486; 348, 386, 401, 416 486; 487; 254; 280,

109,113, 379, 392, 406 367, 384, 398, 413 164, 221, 257, 268, 289, 309

609

Wortregister

ubil

487; 377, 389, 403, 423, 424

ubilblätara

487; 330, 351, 380, 392,

unsinnig!

497; 326, 341, 357, 358, 385, 399, 414

407,434

unsläfan

üfdruos

488; 341, 380, 392, 407, 434

unsläfigi

497; 347, 386,401, 416

ulwumn

488; 350, 385,400, 415

untarkinni

255; 170,194, 242, 255,

umbiherza

254; 238, 2 5 2 , 2 5 7 , 266, 274, 278, 289, 304

unbirig

488; 365, 384, 397, 412

unbirigi

488; 384, 397, 412

unbiwaröt

489; 367, 385, 399, 414

underbrä

254; 216, 255, 265, 276,

497; 3 4 7 , 3 8 6 , 4 0 1 , 416

264, 276, 286, 289, 296 untarkinnibein

255; 194,198, 242, 255, 260, 264, 271, 276, 283, 289, 296

unwillido

498; 353, 373, 378, 390,

289, 299

unwtllön

498; 353, 378, 390, 404

undräti

489; 377, 389, 403

uohsa

255; 167, 2 1 1 , 2 1 3 , 2 5 1 ,

unfertig

489; 345, 377, 389, 403, 423

unganz

489; 348, 377, 389, 403,

uohsala

256; 188, 2 1 1 , 2 1 3 , 251,

404, 419, 421

257, 266, 267, 278, 303, 305 257, 266, 267, 278, 279,

423,424 unganzl

489; 351, 377, 389, 403

ungihörenti

490; 382, 396, 410

ungerusäg

490; 386, 401, 416

ungerech

490; 385, 399, 414

Unheil

490; 346, 372; 377, 385,

303, 305 uohsana

257; 163, 2 1 1 , 2 1 3 , 2 2 8 , 242, 251, 257, 266, 267, 278, 279, 286, 288, 303, 305

zi-urheilön

498; 334, 377, 379, 389,

491; 333, 336, 372; 377, 389,

urmuot

498; 325, 335, 385, 399, 414

403, 417

urmuotl

498; 325, 326, 385, 399, 414

491; 377, 385, 388, 399,

ursin

499; 358, 385, 399, 414

403, 414, 420

ursinnen

499; 335, 385, 399, 414

unheilen

491; 346, 385, 399, 414

ursinni

499, 385, 399, 414

unheil!

491; 346, 385, 399, 414

ursinnida

499; 335, 385, 398, 414, 420

unheiüda

492; 350, 351, 386, 401,

ursinnig

499; 325, 338, 346, 347,

389, 399, 403, 4 1 4 , 4 2 3 , 424 unheil unheiläri

391,404

416, 420

362, 385, 398, 414

unheillih

492; 346, 386, 401, 416, 420

ursinniger

499

unirsmalziö

492; 344, 383, 397, 412

ursinnlgheit

500; 334, 335, 346, 385,

unkraft

492; 344, 345, 371, 377, 403

unchre füg

493; 337, 344, 345, 347,

ursinnigi

500; 335, 338, 357, 367,

Unehre fflgj

494; 377, 389, 403

ursinno

501; 347, 385, 399, 414

uncreftigöt

494; 345, 377, 389, 403, 420

ursiaht

501; 344, 371, 385, 400, 414

unmaht

494; 344, 345, 377, 389,

ursiah α

501; 371, 385, 400, 414

403, 424

urwerf

502; 324, 357, 375, 380,

399, 414, 420

377, 388, 403, 419

385, 399, 414

gi-unmahten

494; 334, 3 3 7 , 3 7 7 , 3 8 9 , 4 0 4

unmahti

495; 351, 377, 3 8 9 , 4 0 4

urwuoni

503; 339, 380, 392, 407, 434

unmahtig

495; 338, 344, 345, 347,

ütar

258; 230, 247, 259, 270,

üvo

258; 223, 242, 256, 265,

401, 416

377, 388, 404, 419, 423, 424 unsälida

496; 3 3 5 , 3 8 5 , 3 9 9 , 4 1 4

unsin

496; 3 2 6 , 3 8 5 , 3 9 9 , 4 0 2 ,

unsinnig

281, 314 277, 287, 300, 301

414,498

üzfluxus

503; 3 8 1 , 3 9 3 , 4 0 8

496; 335, 372, 385, 399,

üzgang

503; 132,137, 336, 383,

414, 429, 498

397, 412

unsinniga

496; 326, 385, 3 9 9 , 4 1 4

üzriustere

504; 153, 155, 358, 382, 395

unsinnecheit

497; 334, 335, 385, 399,

üzsazzo

504; 348, 377, 381, 388,

414, 420

393, 403, 408, 422, 498

Wortregister

610 üzsazzen suht

504; 381, 393, 408, 432, 433

üzsuht

504; 332, 336, 383, 397,

üztragel

weihhi

388, 404

412,426

weihhili

516; 344, 378, 389, 404

258; 211, 258, 269, 281,

weihougi

516; 349, 382, 395, 409, 427,

weisunt

267; 188,193, 212, 222, 252, 256, 266, 278, 302 267; 195, 248, 260, 272,

428, 430, 437

287, 313 wada

259; 243, 257, 260, 268,

wado

259; 194, 218, 243, 257,

271, 280, 283, 309

waltowahso wamba

werfbein

284, 289,318 516; 371, 385, 400, 414 517; 371,385, 400,414

260, 268, 271, 280, 283, 309

werna

261; 2 3 3 , 2 6 1 , 2 7 2 , 2 8 4 , 2 9 0 ,

werra

318

werten

262; 170,195,200,211,

wertisal

212, 247, 248, 250, 252,

wetanbrä(wa)

517; 339, 378, 390, 405 518; 378, 390, 405, 420 268; 191, 198, 227, 255,

wewa

265, 277, 290, 299 518; 378, 389, 404

258, 259, 269, 270, 281, 312,315,497 wan(a)heil

515; 334, 337, 344, 345, 378,

505; 333, 351,377,388,

wewo

404,423

wI(h)rouh

518; 361, 378, 389, 404, 417 594; 121, 124, 453, 455, 458, 464, 468, 475, 498

wanaheilen

506; 334, 379, 391, 406

wanaheili

506; 364, 377, 389, 404, 423

wanaheill

506; 344, 377, 389, 404

wanawizzen

506; 335, 385, 399,414

wanawizzi

507; 371, 385, 399, 414

wanawizzi

507; 3 3 5 , 3 8 5 , 4 0 0 , 4 1 4

wildfiur

wanga

264; 163, 191,214,221,

wildfleisc

518; 338, 381, 393, 408, 432 519; 154,155, 330, 378, 390, 405

264, 276, 288, 295

wildiwahso

268

507; 3 4 9 , 3 6 0 , 3 6 3 , 3 6 7 ,

willido

519; 353, 378, 390, 404, 419,

widarbeini wildaz fiur

407, 432, 433

222, 223, 229, 231, 255, warah

421

375, 381, 393, 408 wargwanga

508; 154,155,350,382,

268; 167, 214, 257, 260, 268, 271, 280, 283, 289, 309 322; 338, 344, 380, 393,

wimmer

519; 360, 361, 372, 381, 394, 408

396, 410, 437 warza 1

266; 192,230,246,259,

win

595; 124, 126

269, 281, 314

winkilzand

268; 232, 256, 266, 278, 301

warza 2

508; 154,155,332,342,

winstera

268; 164,193, 228, 241,

wintädra

269; 212, 252, 256,261,

257, 267, 279, 306

343, 346, 349, 355, 371, 381, 394, 402, 408 warzala

511; 372, 381, 394, 408

warzig

511; 372, 381, 394, 408

warzoht

511; 372, 381, 394, 402, 408,

wassi

512; 326, 383, 396,411

wazzarkalb wazzarsioh wazzarsuht

513; 343, 344, 386, 400, 415,

266, 273, 278, 284, 289, 302, 303, 319 wintbräwa

269; 194, 243, 244, 252, 255, 264, 276, 289, 297, 298, 299

512; 3 3 6 , 3 4 3 , 3 8 6 , 4 0 0 , 4 1 5

wlntrunkal

512; 3 4 3 , 3 8 6 , 4 0 0 , 4 1 5 , 4 1 9

wlzouga

520; 386, 401, 416 270; 211, 255, 265, 277, 289, 297

419

520; 365, 378, 390, 404 520; 365, 378, 390, 404 520; 326, 383, 396, 411,420

419

worgal

wazzarsuhtig

513; 343, 386, 400, 415, 419

worgalozannen

weherzig

514; 371, 385, 400, 414, 419

worgunga

waif

594; 124, 126, 452, 458, 464

wullida

weih

514; 344, 345, 351, 377, 388,

521; 136, 137, 353, 375, 378, 390, 404, 420

wulUdo

521; 136,137, 353,375, 378, 390,404, 419, 421

403,423

611

Wortregister wullo wullöd wullön wullunga wulst wunta

wuntarzät wuntmäli wuot wuoten ir-wuoten wuoten ti wuoüg wuotnissa wuotunga wurm

wurz wurza wurzäri wurzbet(t)e wurzmahflg zagilbein zaharougi zaharougi zan

521; 339, 375, 378, 390, 404, 521; 353, 375, 378, 390, 404, 420 522; 154, 155, 353, 373, 378, 390, 404 522; 353, 373, 375, 378, 390, 404, 420 522; 135, 343, 349, 382, 395, 410 523; 112,113, 349, 358, 366, 370, 373, 375, 378, 390, 402, 405, 425, 435, 482 595; 440, 451, 456, 462, 473, 474, 496, 498 524; 331, 378, 390, 402, 405, 425 525; 326, 341, 346, 363, 385, 399, 413 526; 326, 328, 340, 342, 347, 385, 398, 402, 413 529; 385, 400, 414 526; 326, 328, 340, 341, 342, 347, 348, 350, 357, 362 529; 341, 350, 358, 385, 398, 414, 419 529; 335, 385, 400, 414, 420 529; 337, 340, 341, 347, 385, 399, 414, 420 530; 1 1 1 , 1 1 2 , 1 1 3 , 1 1 4 , 129,137, 385, 400, 415, 437, 529 595; 453, 455, 458, 464, 468, 475 270; 169, 322 595; 443, 451, 456, 462, 473, 474, 475 595; 454, 461, 467 596; 443, 451, 456, 462 271; 215, 258, 260, 281,283, 288,313 530; 349, 382, 394, 427, 428, 429, 437 531; 349, 382, 395, 428 271; 163, 168,189, 265, 277, 286, 301

zandfleisch zandlezzig zan(d)lös zanswero zanwurm zeha zeigäri zeigil zelga zeigen ir-zennen zers zeso zilere zinco

190, 277, 336, 336,

198, 288, 382, 382,

151, 155, 410, 437 130,131, 395, 410, 125,169, 237, 258,

336, 337, 382,

274; 267, 274; 279, 596; 596; 532; 274; 259, 275; 279, 275; 277, 532;

168, 279, 190, 287, 444, 448, 336, 195, 270, 189, 306 191, 287, 324,

226, 257, 307, 308 257, 267,

190, 287, 226, 307 452, 454, 382, 232, 282, 219,

224, 300, 395, 395,

137, 418, 211, 268,

457, 460, 395, 239, 314 257,

256, 301 410 402, 410,

337, 437, 529 212, 280, 311

464 467 410 248, 267,

227, 255, 265, 299 325, 382, 394,

zungilln

409, 427, 428, 533; 346, 381, 432, 433 533; 346, 381, 432, 433 534; 346, 381, 432, 433 534; 368, 381, 276; 230, 259, 534; 364, 382, 427, 429, 430, 535; 378, 389 276; 219, 257, 535; 128,137, 401,415 276; 195, 248, 282, 314 276; 163, 165, 199, 228, 256, 286, 300 278; 168, 228,

zungelös

535; 337, 382, 395, 410, 420

zitdruos zittarlüs zittaroh zittarohti zitze zoranougi zorkalön zougere zuckön

269, 271, zumpfo 409, zunga 409, 427, 256,

273; 265, 531; 531; 420 531; 395, 532; 382, 273; 219,

429 393, 408, 393, 408, 393, 408, 393, 408, 431 270, 281, 314 395, 409, 437 267, 279, 307 362, 386, 259, 270, 168, 191, 265, 277, 256, 265, 277

Jörg Riecke Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen Band 2

Jörg Riecke

Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen Band 2: Wörterbuch

w DE

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-017828-1 Bibliografische Information Der Deutschen

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© Copyright 2004 by Walter de Gruyter G m b H & Co. K G , D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. D a s gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen

Vorbemerkungen Das Wörterbuch enthält: 1. Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen 2. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen 3. Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit 4. Als Anhang die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen vor dem Hintergrund der heilkundlichen Überlieferung 5. Ein Verzeichnis aller Glossenhandschriften, aus denen der heilkundliche Wortschatz entnommen wurde. Verschiedene Hinweise zum Aufbau und zur Benutzung des Wörterbuches befinden sich im 1. Teil der Arbeit im Abschnitt 1.3. Das althochdeutsche heilkundliche Wörterbuch ist als Sprachstadienwörterbuch angelegt und enthält heilkundliche Lexeme aus Handschriften, die in der Forschung gemeinhin zum Althochdeutschen gerechnet werden. Insbesondere im Bereich der Glossenüberlieferung ist die Abgrenzung zum Mittelhochdeutschen oft nur schwer zu ziehen. Nicht wenige der späten Handschriften könnten mit ebenso großer Berechtigung als (früh)mittelhochdeutsche Glossenhandschriften klassifiziert werden. Im folgenden Wörterbuch werden daher Lexeme, deren Belege ausschließlich in den späten Handschriften überliefert sind, mit einem Asterisk (*) gekennzeichnet und hervorgehoben: Typ αηίΰφ?*. Es handelt sich um die Handschriften der Überlieferung: 1. des SUMMARIUM HEINRICI 2. HILDEGARDS VON BINGEN 3. der VERSUS DE VOLUCRIBUS 4. der GLOSSAE SALOMONIS 5. des HORTUS DELICIARUM der HERRAD VON LANDSBERG 6. der jüngeren deutschen MACER-Glossierung, sowie 7. der jüngeren medizinischen Glossen und Texte: KAISHEIMER REZEPTE, Clm 7999; GARIOPONTUS, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088 8. sowie um Glossare der Handschriften Oxford, BL. Jun. 83 (13. Jh., mfrk.); Wien, Ö N B 901 (13. Jh., obd.); London, BMMss. Add. 24068 (13. Jh.) und Engelberg, StiftsB. Codex 6/8 (14. Jh.).

1. Die althochdeutschen Körperteilbezeichnungen A ädra st.swF. 1. "Blutgefäß, Ader'; allgemein 'den Körper durchziehendes Gefäß oder Band', 2. 'Sehne, Muskel', 3. *Eingeweide' (PN.; Gl.) -fibra 'Faser, Faser an den Eingeweiden, bes. an der Leber, Eingeweide', 'Faden, Faser, Lebensfaden', nervus 'Sehne, Flechse, Muskel, Nerv, Penis; Darmsaite', vena "Blutader', viscera "Eingeweide'. Literarische Denkmäler: Pro Nessia 374, Β 3 fonna marge in deo adra, vonna den adrun in dasjhisk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 395,49 {Fila, uenas) : adra, Prud. perist. 903, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II,453,47 Fila, venas : adra, ebd., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: I, 26,24 Auenis : fon athroni, Abrogans, Pa. — uon adhrom, Abrogans, K. - Jon adrom, Abrogans, Ra. III, 4,2 Ner: adra, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 52,54 Nerui : äderen, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. II, 6,97 vene: adarun, Summ. Heinr. HSH. II, 546,01.2 vena: adra, Summ. Heinr. HSH. 1,131,213 venp adrun, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,54.178,32. 264,3). III, 354,14 llia fibra : adir, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 361,35 Fibra: adir, Gruppengl., ebd. III, 363,44 Ueno : adra, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,64 Tabeiaüz uena: adra, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 436,40 Fibra: adra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd.

afterflazza

3

III, 438,67 Vene : ädern, t uiscera, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 106,56 Vena: adra, Glossae Salomonis (i). IV, 126,71 adra ./. i. uena iecoris. her^adra./., Glossae Salomonis, Fragment Laibach. JJ 215,9 Fibra interiora . uentris interanea, adra Λ. uena iecoris. her^ader./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 218,17 Vena : ädere, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Daneben die Bedeutung "Wurzelfaser einer Pflanze', StSG. II, 678,53 Fibris wrs^ spn l adera, und 'Wasserader', II, 34,38 Uenis : aderon, 772,75 Uenis : aderon, 326,22 LJenas: adera] KFW. 1,31 f., SchW. 82, StWG. 15, SAW. 1,6. Herkunft: mit as. -adara, afries. ed(d)ere, ae. ädre, an. ceir aus germ. *äd(a)rö 'Eingeweide, Ader, Sehne'; die Einengung auf 'Blutgefäß' in Abgrenzung zu Nerv und Sehne erfolgt erst im Neuhochdeutschen. Zu Grunde liegt wohl ie. *et-r- mit verschiedenen Erweiterungen und morphologischen Umdeutungen, so in griech. ήτορ 'Herz', ήτρον "Bauch, Eingeweide' sowie air. inathar "Eingeweide' (s. auch ahd. inädere). EWA. l,54f., KS. 15, DWB.N. l,1476f., IEW. 1,344. Zu vena: ida Wasser-, Erzader' und vena : ädra 'Körperorgan' sieh E. Karg-Gasterstädt, Aus der Werkstatt, S. 130-134. - vgl. mhd. öder. aftanontlg 'Rücken' (Gl.) - tergum 'Rücken, der hintere Teil'. Glossare: I, 256,30 Terga : afianondic, Abrogans Κ - aftanontic, Abrogans Ra. (Parallelhs. hrucki). [Die übrigen Belege als Adjektiv.] KFW. 1,36, StWG. 15 aftanontig "hinter', SAW. 1,8. Herkunft: Suffixbildung zu ahd. aftan 'von hinten' mit dem nur im Hochdeutschen vorkommenden Suffix ahd. -ontig. EWA. 1,64. Zur Deutung als Substantiv s. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 385 und ders., Fachsprachliche Phänomene, S. 2307. afterflazza sw.F. 'Fußsohle' (Gl.) - solea 'Sandale, Fußsohle (der Tiere)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: RR 232,1 sola : qftetfla^an, Prud. apoth. 666, Rom, BV. Pal. lat. 1710; BV. 812, Hs. 10./11. Jh. StWG. 16; KFW. 3,943 und SAW. 1,241 fassen den Beleg als Präpositionalgruppe. Herkunft: Kompositum; zu after "hinter, hinten' u. —>flangtr,s. auch —> aftero,fte^Za. EWA. 1,67.

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Körperteilbezeichnungen

afterling stM. 'Mastdarm' (Gl.) - extälis 'Mastdarm, After'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,398,22f. Extales : gro^darma. I aphtarlinga, I Sm 5,9, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. cro^darma. I aphtertinga, Göttweig, StiftsB. 46/103. - .i. aßirtinga. gro^a darma, Clm 14689. - aphtünge, Clm 4606. - aft'tinge, Clm 6217. - aft'ling, Clm 14745. aftirlinga, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - qftertinga, Stuttgart, WLB. HB IV 26. astertinga, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - aftemnga, Clm 14584. IV, 265,28 Extales : arstelinga, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., frk.-obd. (Parallelhs.:./. intestinagedarme). KFW. 1,48, StWG. 16, SAW. 1,8. Herkunft: Eine Suffixbildung zu ahd. after liinter, hinten' mit dem Suffix -ting. StSG. IV, 265,28 arstelinga ist wohl volksetymologisch umgedeutet aus ars. EWA. 1,68. —> aftero u. ars. afärnel stM. 'HinterkopP (Gl.) - occiput 'HinterkopP. Glossare: III, 437,21 Occiput : aftirnel,\ Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. KFW. 1,48, StWG. 16, SAW. 1,675. Herkunft: Kompositum; zu ahd. efter "hinter, hinten' u. —> nel 'HinterkopP. EWA. 1,68 mit Verweis auf net, s. auch —» aftero, nel. aftero swM. 'After, Darmausgang' (NG.; Gl.) - cuius 'Mündung des Mastdarms, Ailtt',pödex 'Öffnung des Mastdarms, After'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 9,286,1 Vnde stuont u f . vnde sluog sie in posterioria {an den äfteriti). Glossare: HSH. II, 6,106 cuius, podex: afden, Summ. Heinr. HSH. 1,132,231 cuius, podex: after, Summ. Heinr. (StSG. III, 178,45). KFW. 1,49 s.u. aftero adj., SchW. 82, StWG. 16, SAW. 1,8. Herkunft: Eine nur deutsche Substantivierung des nur deutschen Adjektivs ahd. aft(e)m, mhd. efter 'hinter, nachfolgend', gebildet zum germ. Adverb * after- in got. eftam, ae. aftera u.a., zu ie. *op- "hinten, hinter'. KS. 13, EWA. 1,68, DWB.N. 2,5f. ahsala stswF. 1. 'Achsel, Schulter', 2. Oberarm', 3. 'Achsel' (als Gelenk) (B.GB. N.NG.RhC.; Gl.) - (b)umerus 'Knochen des Oberarms, Oberarm mit Schulter, Schulter', scapula 'Schulterblatt, Achselblatt, Schultern, Achseln, Rücken'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 78,2 insaerjs umeris suis digna r&ur inponere. ah sa torn sine kauuer donti ana tec kan.

ahsala

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Notker 3,230,4 tmo feimegota der e'ber Me ähselä . mit tien er den himel inthäben söka. (u.ö.) Notker-Glossator 10,409,3 unde bediu teilo ih mine humeros (ahsela) in misselichen donis. Rheinisches Cantilena 303,16 spreidit uetechon sine unde vponimit sie ioh dregit in ahselon sinen. Glossen zu biblischen Schriften: I, 280,65 Humerus: ahsala, I Sm 9,2, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. - hahsala, Oxford, BL. Jun. 25. 1,409,64f. Ab humero et sursum eminebat: Jona ahsalu inti uffartson fora lineta, ebd. Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 686,31 Scapulam : harti. i ahsala, Za 7,11, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - ahsala, Clm 14689. Clm 22201. - ahsila, Clm 13002. - ahsla, Göttweig, StiftsB. 46/103. ahsil, Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 221,27 Humen : ahslu, Greg, cura 2,3 p. 15, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. 11, 618,40 Scapu/is : ahslun, Sed. carm. pasch. III, 98, Clm 18628; Nr. 439, BV. 654, Mitte 11. Jh., bair. Glossare: 1,138,1 Ephod quod superhumerale : das^ upar ahsla, Abrogans, Pa. — thas^ upar ahslcoa, Abrogans, K. [vgl. 137,40 Ephod uestis sacerdotalis, Abrogans, R. Es ist wohl nicht das Kleidungsstück selbst, sondern der Körperteil gemeint. —» ahsalbein\. III, 4,6 Umerus : ahsla, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,14 Scapulas : ahsla, Glossae C.assellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 9,15 Humerus: ahsla, ebd. III, 18,52 Vmerus : ahsla, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,128,81 humerus: ahsela, Summ. Heinr. HSH. II, 5,81 humerus \ ahsela, Summ. Heinr. HSH. II, 325,73 humerus: assela, Summ. Heinr. (Parallelhs. sculterra). HSH. II, 479,350.1 scapula: hasilla, Summ. Heinr. (Parallelhs. sculterra). (StSG. III, 71,29.178,3. 241,33.34.35. 301,49. 308,69. 318,43. 336,37. 345,42). III, 362,49 Humerus : assela, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,1 Scalnjo. humerus: asla, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk.

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Körperteilbezeichnungen

III, 433,26 Scapula: ahsala, EinzelgL, Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. - hassata, Clm 14754. - achsala, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 434,31 Humeri : scuhirrun ./. hominum. I ashla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,15 Humera: ahsla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,4 Humerus : achsele, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 71,5 Humerum : ahsata, Glossae Salomonis (f). pkci achsila, ebd. (g). ahsal (i). achsel (k). aschili (c). IV, 145,55 Humerus : ahsala ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [In nicht anatomischer Bedeutung StSG. 1,349,6 hacerta : achsel (Lv 11,30). Es handelt sich um eine mundartliche Variante von ahd. egdehsa 'Eidechse'; in dieser und in weiteren Varianten auch in der Parallelüberlieferung. EWA. 1,114f., KFW. 1,71 s.u. ahsla. Die Fehlübersetzung dürfte durch eine Verwechslung von lat. lacertus 'Oberarm' und lat. lacerta "Eidechse' entstanden sein.] SchW. 83, KFW. l,70f., StWG. 18, SAW. 1,11. Herkunft: mit as. ahsla, afries. axle, ae. eaxel, an. oxl aus germ. *ahs!ö 'Achsel'. Daneben als dehnstufige Bildung ahd. uohasa, ae. öxn 'Achselhöhle'. Bezeichnet wird zunächst die Stelle, an der sich der Oberarm an der Schulter dreht. Von diesem Punkt aus wird die Verwendung nach oben auf die Schulter und nach unten auf den Oberarm ausgedehnt. Die Wörter gehören wohl als Bildungen mit AFormans zusammen mit ahd. ahsa 'Achse' zu ie. *aks 'Achse, Achsel'. Außergermanisch vergleicht sich lat. äla 'Achsel, Flügel' aus *aksld mit dem Diminutiv axilla 'Achselhöhle, kleiner Flügel'. In anderen Einzelsprachen stehen Formen ohne /-Formans. KS. 12, EWA. l,114f., DWB.N. l,1356f.; IEW. 1,6. - vgl. mhd. ahsel. ahsalbein stN. 'Schulterknochen' (Gl.) - ephod Triestergewand' {quod superhumerale). Glossare: 1,136,40 Ephod: ahsalpain, Abrogans, Pa. — ahsalpeiti, Abrogans, K. Ra. [Vermutlich ist nicht das Kleidungsstück gemeint, sondern das betreffende Körperteil; vgl. unter ahsala sowie KFW. 1,70: „für unverstandenes ephod quod superhumerale". Lat. superhumerak hat der Glossator als super 'über' und umerus 'Schulter' gefasst und von daher das unverstandene ephod Triestergewand' als ahsalbein 'Schulterknochen' übersetzt.] KFW. 1,70, StWG. 18, SAW. 1,11 u. 1,46. Herkunft: Kompositum; zu ahsala, bein. KS. 12, EWA. 1,114, DWB.N. 1,1360; J. Splett, Abrogans-Studien, S. 208. - vgl. mhd. ahselbein.

anasiuni

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altee (?) *(Ring-)Finger' (?) (Gl.) - zu articulätus 'mit Gelenken versehen'; mlat. auch 'gelenkig, beweglich*. Glossare: III, 9,47 Articulata : altee, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. StWG. 22. Herkunft: Ungedeutet. Es kann sich um eine verstümmelte Bezeichnung für einen Finger handeln, im Textzusammenhang wäre der Ringfinger zu erwarten, oder um ein entstelltes Wort für oder, das als Glossierung missverstanden wurde; vgl. EWA. 1,177f. analutte stN. 'Gesicht' (N.) - vultus 'Gesichtsausdruck, Gesicht'. Literarische Denkmäler: Notker 1,11,5 Et intuens meum uultum grauem luctv. Unde άηα sehende min analutte ... Atque detectum in humum memore. Unde fine trureg nidergehängte^. [Daneben meist in der übertragenen Bedeutung bezogen auf Gott bzw. das Antlitz als Spiegel der wechselnden seelischen Verfassung (N. NG.).] SchW. 87, KFW. l,433f., StWG. 26, SAW. 1,577. Herkunft: Wohl mit dem Präfix germ. *ana- zu germ. *!udja-, einer Nominalbildung zum starken Verb germ. *leuda- 'wachsen'. EWA. 1,231 mit Verweis auf analutti, VEW. 335f. s.u. antlutti, DWB. 1,501 s.u. Anility ->· antlutti. anasiuni stN. 1. 'Gesicht', 2. 'Gestalt, äußere Erscheinung' (N. NG.; Gl.) - fades 'äußere Gestalt, Gesicht', gemus (wohl zu genus) 'Geburt, Geschlecht, Gestalt', (super oculos) 'Gesicht', vultus 'Gesichtsausdruck, Gesicht'. Literarische Denkmäler: Notker 4,121,2 Pectus eius . faäemque tractantes. Im brüste unde in anastune bändelonde. (u.ö.) Notker Glossator: 9,259,26 (facie adfaciem) fine an-siitne ^e ansiune. (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 336,76 Cornutam faciem mcyn : hornohtaζ anasiuni mcysenes, Ex 34,30, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 644,61 Inaurem super oculos : orinchupanastvni, Ez 16,12, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. — orinch uper anasiuni, Göttweig, StiftsB. 46/103. — orinc über anasiuni, Clm 14689. (Parallelhs.: über da^gesibine, Clm 22001). I,734,42 Ant faciem : fra a siune, (Steinmeyer, zur Stelle: fora anasiuni), Lc 2,31, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 636,17 Ora : anasivni, Verg. Georg. III, 9, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair.

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Körperteilbezeichnungen

II, 727,23 Constricto uultu : piuuntancmo anasiune, V. patr. II, 467a, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. - ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. II, 731,36 Constrictu vultu : pivuntinemo antuiune, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. Glossare: 1,190,17 gemus: anasiuni, Abrogans, Pa. K. [Daneben steht die nicht anatomische Bedeutung 'das Äußere, äußere Erscheinung, Oberfläche (eines Dinges)', (N..NG.; StSG. 1,291,69, 11,218,33. 298,7. 634,55). Als späte Nebenform daneben auch anaäuni 'Angesicht, Antlitz' (N.) in nicht anatomischer Bedeutung "Blick, das Anblicken' (StSG. II, 422,56, WH. 66, 14. 82,5).] SchW. 87, KFW. 1,446f. s.u. anasiuni, ebd. 1,448 s.u. anasiuni, StWG. 26, SAW. 1,799. Herkunft: wie as. ansiuni mit dem Präfix germ. *ana- letztlich zu germ. *seha'sehen'; daneben das Adjektiv got. anasiuns. Ahd. anasiuni vergleicht sich mit afries. onsiune. EWA. 1,234, VEW. 387f. - vgl. mhd. ansiune, ansüne. anka swF. 'Hinterkopf, Nacken, Glied (des menschlichen Körpers)' (Gl.) - occipitum 'Hinterkopf, testa 'Geschirr, Topf; Hirnschale, Knochenstück',· membrum 'Glied des menschlichen Körpers'. Glossare: III, 3,54 Testa : ancha, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,29 Ocepidus : anca, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 432,8f. Ocäpitium : hahil. ancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, 10. Jh., bair. - hail ancha, Clm 14689 - Fulda, Hessische LB. C 11 - hahil. Ancha, Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1817. III, 434,3 Occtpium : hohilancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 436,29 Menbra : anhan, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,11 Ocäpium : hohlancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. KFW. 1,528, StWG. 29, SAW. 1,23. Herkunft: Es gibt keine unmittelbaren Entsprechungen. Die etymologisch nahe verwandten Bildungen auf -al, -il, -ul mit der Bedeutung 'Knöchel, Fußgelenk' sind sehr viel häufiger. Das Wort gehört wohl zu einer Basis ie. *ang- (*hieng-), verwandt ist vermutlich ai. änigam 'Glied'. Nach O. Schräder, Etymologisches, S. 461, soll es sich ursprünglich um eine Gefäßbezeichnung handeln. Eine Weiter-

anchläo

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bildung zu anka ist ahd. ankala, enkit 'Fußknöchel'. EWA. l,258f., KS. 222 s.u. Enkel1. DWB.N. 2,1074, IEW. l,46f., E. Knetschke, Genick und Knöchel, S. 21 f., KFW. 1, 528 verweisen auf got. [hals-]agga, s. dazu aber EWA. 1,259. Sieh auch G. Äugst, Zur Entwicklung, S. 41 f. - vgl. mhd. anke. ankala stF. 'Knöchel, Fußgelenk* (Gl.) - tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,294,13 Tali: anchalo, II Sm 22,37, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,424,41 Talus : anchala, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.9. Jh., alem. Glossare: III, 432,24 Talus : anchla. I chtorada, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. III, 433,68 Tali : anchala, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, 10. Jh., bair. - anachla, Clm 14689. - id ancü, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 436,61 Talia : anchila, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. IV, 100,41 f. Talus : anchala, Glossae Salomonis (f, g), ebd. anchilla enchik (i); (Parallelhs.: enchila, enchil). [Umstritten ist StSG. III, 437,42 ... calla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. Da der Eintrag im Zusammenhang hinter Glossen für Niere, Magen, Mil% etc. erscheint, ist mit Steinmeyer (1. fei) eher von einer Glosse [fei] : calla auszugehen und der Beleg daher zu ahd. galta zu stellen. Er wird KFW. 1,529 dagegen zu „ancalla" ergänzt und so gedeutet auch bei StWG. - Dort (und nicht KFW.) steht auch die unklare Glosse StSG. V, 38,40 Zomntum %echa, Sachglossar, Der Mensch. Körperteile, Glasgow, University of Glasgow. The Library S. 2. 17; Nr. 699, BV. 258, Hs. 12. Jh. (zu lat. mentum 'Kinn*).] KFW. 1,529, StWG. 29, SAW. 1,23. Herkunft: zu —> anka. Dazu sind ankala und —> enkil 'Fußknöchel' Weiterbildungen, die mit /-Formans zur Basis germ. *ank-, ie. *ang- "biegen' in ai. angüli 'Finger, Zehe* gehören. EWA. l,260f., KS. 222 s.u. Enkefi, DWB.N. 2,1074. E. Knetschke, Genick und Knöchel, S. 21 f. anchläo stF. 'Knöchel, Fußgelenk* (Gl.) - tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel*. Glossare:

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Körperteilbezeichnungen

III, 9,32 Talauun : anchlao, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. KFW. 1,529, StWG. 29 ankläo "Enkel', SAW. 1,1209. Herkunft: vgl. afries. anklew, ae. an-, oncleow sowie mnd. anclef mnl. anclau. Es handelt sich um eine an ahd. ktäma, kläo volksetymologisch angelehnte Kontamination auf der Basis von ahd. —> ankala. Die ältere Forschung hat stattdessen eine an sich nahe liegende Konjektur aus anchalo vermutet, doch sprechen die Belege in den übrigen germanischen Einzelsprachen für eine selbständige (Neu-)bildung. EWA. l,260f. s.u. anchala. annuz(z)i stN. 'Gesicht' (O.OT.T.) - fades 'äußere Gestalt, Gesicht'. Literarische Denkmäler: Otfrid 4,19,71 Tho spiun sie ouh ubar thät^in ännutgi stna% (u.ö.) Tatian 477,20 sin annusj mit suei^duohugibuntan. (u.ö.) SchW. 88, KFW. 1,531 f., SAW. 1,577. Herkunft: Das nur im Tatian und bei Otfrid überlieferte Wort ist wohl durch Ausfall des t und folgender Assimilation von nl zu nn aus —> antluigi entstanden. EWA. 1,265 mit Verweis auf anthngi, DWB. 1,501 s.u. Anility antlizzi* stN. 'Gesicht' (Gl.) - fades 'äußere Gestalt, Gesicht', 6s 'Gesicht', vultus 'Gesichtsausdruck, Gesicht'. Glossare: HSH. 1,125,135 fades : antlisgi. Summ. Heinr. (Parallelhs. antlüagi, s.u. an(t)lu^t). (StSG. III, 69,60). KFW. 1,553, StWG. 31, SAW. 1,577; HSH. 3,7 s.u. antlutti, -lu^i. Herkunft: wie aisl. andlit, ae. andwlita, afries. and-/ondkte, anfrk. *antlito 'Antlitz' eine Zusammensetzung mit dem Präfix germ. *and- und *wlit-, das u. a. in got. wlits 'Aussehen, Gestalt, Angesicht' vorkommt und zu germ. *wkita- 'blicken', ie. *wleid'blicken, sehen' gehört, einer Erweiterung von ie. *rvel- 'sehen', in lat. vultus 'Gesicht, Gesichtsaudruck'. Germ. * and-wtit- bedeutet also ursprünglich 'das Entgegenblickende'. Nach dem selben Muster sind etwa auch nhd. Angesicht und frz. visage gebildet. Statt zu erwartendem *antli% oder * arm. ars stM. 'Gesäß, After, Darmausgang' (GSp.PG.; Gl.) - anus, cuius 'Mündung des Mastdarms, After', pödex 'Öffnung des Mastdarms, After'. Literarische Denkmäler: Pariser Gespräche 42 Vndes ars intine naso ./[d est] canis culu\m] intuonaso. St. Galler Sprichwörter 403,86,2 So di% rehpochchillißet, so pleccet imo ter ars. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,27 (Emmorroidas) : pula in arse, Hippocrates Epistola ad Antiochum regem 7,24, Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd. IV, 455,19 Plasenars sustacul, Rezept, St. Gallen, StiftsB. 878; Nr. 216, BV. 249, 9. Jh. Glossare: HSH. 1,132,231 cuius, podex: ars, Summ. Heinr. HSH. II, 170,353 anus, alibi: ars, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,30. 294,5. 311,41). III, 392,46 Dorniel. cuius : hers, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. KFW. 1,662, SchW. 91, StWG. 34f., SAW. 1,31 u. 1,39. Herkunft: mit as. ars(-belH), ae. ears, an. ars und mit tabuisierender Metathese rass aus germ. *arsa- aus ie. *orso- 'Hinterteil'. Wohl eine Weiterbildung zu ie. *oros~ 'Kuppe, Anhöhe' in griech. όρρος 'Anhöhe, Berg'. Vermutlich ein Hüllwort für eine ältere Bezeichnung. KS. 54, EWA. 1,346, Pfeifer 61, DWB. l,564f., IEW. 1,340. - vgl. mhd. ars. arsbelü stN. 'Gesäß, Hinterbacken' (Gl.) - nates (PI.) 'Gesäß', cuius 'Mündung des Mastdarms, After', clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule', PI. .Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weiche; Hoden' (MlatWb. 2,732); püga 'der Hintere, Steiß'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 398,15 Natium : arspello, I Sm 5,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB.

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Köiperteübezeichnungen

46/103. - arspelli, Clm 14689. - arspelle, Clm 22201. Clm 17403. - arspelk, Clm 13002. QQ 106,2 (inse cr&icri parte naticem): arsbelli, I Sm 5,12, Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 499, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. I, 409,41 Et percussit in secretion parte natium inti sluac sie dem tauganor^ halbo arspelle, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. I,604,50 Natibus : arspellun, Is 20,4, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - arspellon, Clm 18140. Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - arspellon, Clm 22201. - arspelün, Clm 13002. - arspelle, Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 482,1 Nates: arsbelli, Prud. perist. 697, Kiel, UB. Cod. MS. KB 145; Nr. 245, BV. 340, um 1000/Anfang 11. Jh., bair. u. alem. Glossare: I,256,32fuga: arsbelli, Abrogans, K. III, 19,16 Nates: arsbelli, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. II, 380,93 nates: arsbelli, Summ. Heinr. HSH. 1,132,232 nates: arsbelle, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,36. 248,41f. 281,59. 304,46. 321,13. 349,33). 111,433,55 Nates : arsbelli, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, 10. Jh., bair. - arspelli, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. II,/12. Jh., alem., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,66 Nates : arsbebelä, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,54 Nates : aspelle, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,40 Nates : arspelli, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. IV, 216,41 Nas. natis .i. cuius arspelle, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg, UB. M. p. th. q. 60. [Altsächsisch sind: StSG. II, 582,23 Nates : arsbelli und 725,26 Clunis : isben uel ars belli; man vergleiche J. Riecke, Anatomisches, S. 211.] KFW. l,662f., StWG. 35, SAW. 1,31 u. 1,39. Herkunft: Kompositum; zu ars, bal. DWB. 1,566, IEW. 1,121, EWA. l,346f. vgl. mhd. arsbelle. arsbiIle*F. 'Gesäß, Hinterbacken' (Gl.) - nates (PI.) 'Gesäß'. Glossare: HSH. II, 380,93 nates : arsbille, Summ. Heinr., Hs. Wien, ÖNB 160; Nr. 628, BV.894,13. Jh.; HSH. 3 s.u. arsbelli. (StSG. III, 248,42; Parallelhs.: bilk).

arsloh

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III, 363,37 Nates: arsbillen, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 1,663, StWG. 35, SAW. 1,31 u. 1,39; nicht HSH. 3,9. Herkunft: Kompositum; vgl. -> arsbelli. Das Verhältnis von e und /' in belle und bilk ist ungeklärt. EWA. 1,347. arsdarm stM. 'Mastdarm, das letzte zum After fuhrende Stück des Dickdarms, After, Darmausgang' (Gl.) - cuius 'Mündung des Mastdarms, After', extalis 'Mastdarm, After'/ veretrum 'Schamglied'. Glossare: III, 19,49 Extalis: da:m (Steinmeyer: 1. arsdarm), Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 250, 04.24 colus: arsdarm, Summ. Heinr. (StSG. III, 315,68. 348,43 Extalis t aristarum, Summ. Heinr.). III, 439,42 Extalis ·. arstarm, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 532,48 Veretrum : arsdarm, Pflanzengl. MXX, Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd. IV, 59,45 Extales ·. ... arsdarma (i). arsgO^darma velarsdarma (k), Glossae Salomonis. IV, 185,65 Extalis : arsdär, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. Jh., bair. - arsdarn, Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. IV, 214,38 Extalis: arstarm, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg, UB. M. p. th. q. 60. StWG. 35, SAW. 1,31 u. 1,126. Herkunft: Kompositum; zu -> ars, darm. EWA. 1,347. DWB. 1,566. - vgl. mhd. arsdarm. arsloh stN. 'Mündung des Mastdarms, After' (Gl.) - änus 'Mündung des Mastdarms, After'. Glossare: HSH. 1,132,232 anus: arsloch, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,34). III, 433,54 Anus : arsloch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. III, 642,46 Anus : brslph (Steinmeyer: dh. arsloh, wohl Schreiberzusatz), Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Waffen und Geräte, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. KFW. 1,663, StWG. 35, SAW. 1,31 u. 1,570. Herkunft: Kompositum; zu -> ars u. ahd. loh "Loch, Öffnung'. EWA. 1,347; DWB. 1,567. - vgl. mhd. arsloch.

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Körperteilbezeichnungen

arswisc stM. 'Mittelfinger' (?) (Gl.) - cacatergto (MlatWb. 2,7), podisccus 'Arschwisch' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 443). Glossare: HSH. 1,132,232podiscus: arswisc, Summ. Heinr. (StSG. 73,32) III, 695,19 Cacatergito lpudusca : arscuuisch, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. KFW. 1,663, StWG. 35. Herkunft: Kompositum: zu —> ars u. ahd. ιvishen 'abtrocknen'; ahd. wise erscheint nur einmal in der Bedeutung "Bündel aus Stroh', EWA. 1,347. L. Diefenbach weist auf synonymischen Gebrauch von mlat. podiscus und verpus in mittelalterlichen Glossaren. Zu verpus kann er die Bedeutung 'der längste Finger, Mittelfinger' sichern (S. 613). Da diese Bedeutung auch für arswisc angenommen werden kann, erklärt sich die Erwähnung des Wortes in einem Körperteilglossar. Dafür spricht auch eine Beobachtung Höflers: „der bei gemeinen Leuten den After reinigende Mittelfinger, Langmar, Schandfinger"; M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 809. DWB. 1,567. - Vermutlich handelt es sich aber letztlich um eine Neuinterpretation eines in got. mwiski 'Schande' vorliegenden und im Althochdeutschen nicht mehr verstandenen Wortes, das als Bezeichnung für den Mittelfinger verwendet wurde. Man vergleiche dazu ae. dwisc-berend 'Mittelfinger' als „Schamfinger". - vgl. mhd. arswisch. ätemdrozze swF. "Luftröhre' (Gl.) -gurgulio 'Gurgel, Luftröhre'. Glossare: III, 439,3 Gurgillo : atedro^e, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nt. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 1,693, StWG. 37, SAW. 1,34 u. 1,154. Herkunft: Kompositum; zu ahd. atum 'Atem, Hauch, (Heiliger, böser) Geist' u. —> drosga. EWA. 1,391. - vgl. mhd. ätemdrovge "Luftröhre'.

Β bah stF. 'Rücken' (Gl.) - tergum 'Rücken, der hintere Teil'. Adespota: IV, 221,21 post tergum : indi bah [dh. binär bah], Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. KFW. 1,779, StWG. 40, SAW. 1,37. Herkunft: mit as. bak, afries. bek, ae. bete, an. bak zu germ. *baka- Rücken'. Die ausschließlich germanische Bildung fuhrt wohl auf ie. *bbeg-, bbog- 'sich biegen, wölben' zurück und ist hier auf Teile des menschlichen und tierischen (vgl. ne. bacon) Körpers bezogen. Daher besteht auch Verwandtschaft mit Backe, wenn

backo

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nicht gar eine jüngere Bedeutungsübertragung vorliegt. EWA. l,417f., DWB. 1,1061 s.u. Bache. bahho swM. 'Rücken' (Gl.) - dorsum 'Rücken, Rückgrat*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 218,7 (Dorsa) : pahbun, Greg, cura 1,1 p. 3, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. [Alle übrigen Belege zeigen die Bedeutung 'Rücken, Speckseite (von Tieren)' als Glossen zu lat. perna und petasunculus.] KFW. 1,780, StWG. 40, SAW. 1,37. Herkunft: —> bah·, der «-Stamm lebt fort in nhd. Bache '(wildes) Mutterschwein', das in dieser Bedeutung seit dem 16. Jahrhundert bezeugt ist. Sieh auch an. baka 'Speckseite' aus mnd. bake. KS. 53 s.u. Bache, EWA. l,417f., DWB. 1,1061 s.u. Bache M. und Bache F. - vgl. mhd. bache swM. 'Schinken, geräucherte Speckseite'. backo swM. 'Kinnbacken, Unterkiefer, Kinn' (Gl.) - mandibula 'Kinnbacken, Kinnlade', mäla 'Kinnbacken, Kinnlade', perna 'Speckseite' durch Vermischung mit bacho in kinnibacko und kinnibacho. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 337,66 Perne • paccho, Hör. II, 2,117, Clm 375; Nr. 305, BV. 450, 1. Hälfte 12. Jh., bair. Glossare: III, 52,24 Mandibula : bacche, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. II, 5,65 mandibula: bacco, Summ. Heinr. HSH. 1,126,152 mandibula: baccho, Summ. Heinr. HSH. II, 365,124 mala, maxilla, mandibula: baccho, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,28.177,53. 246,15). III, 362,36 Mandibula : bacco, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,45 Οήηζ. mandibula : backko, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 410,56 Mandibula : bakke, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 410,69 Mandibula: bakken, ebd. III, 411,51 Mandibula: bakke, ebd. III, 419,44 Mandibula : bakken, ebd. KFW. 1,783, StWG. 40, SAW. 1,39. Herkunft: als Simplex nur ahd., aber auch as. in kinnibacco. Villeicht gehört das Wort wie —> pahho zu einer gemeinsamen Wurzel *bbeg- '(sich) biegen, wölben'. Wenn jedoch das griechische Glossenwort φαγόνες 'Kinnbacken' zu vergleichen ist, kann eine von pahho unabhängige Herkunft vorliegen, die auf germ. *bak-n

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Körperteilbezeichnungen

fuhrt und eine Deutung von backo als 'der Fresser' erlaubt. So auch C. MelladoBlanco, Das bildliche Potential, S. 250. Unklar ist auch, ob vielleicht ein Zusammenhang zu lat. bucca 'aufgeblasene Backe' besteht. Dieses ist vermutlich onomatopoetischer Herkunft. EWA. 1,421 f., KS. 72, DWB. 1,1063, IEW. 1,107. vgl. mhd. backe. backozand* stM. "Backenzahn' (Gl.) — molaris dem "Backenzahn, Stoßzahn', genutnus 'zu den Wangen gehörig; Backenzähne', tunsilla wohl zu tönsilla, eigend. "Pfahl am Ufer, an den die Schiffe gebunden werden'. Glossare: HSH. II, 5,74 molares, genuini: bacche^ene, Summ. Heinr. HSH. 1,127,166 molares, genuini: bacchoceni, Summ. Heinr. HSH. 1,127,166 molares, genuini: bacchenspnde, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,63. 65.177,65). III, 73,63 Tunsilla: bacce^ät, Summ. Heinr. III, 353,58 Genuinus : bak^ant, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 391,50 Osinsp/alskir. molaris dem : bachke^an, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfränk. III, 410,72 Molarem dentem : bake%an, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 410,73 Molares: bakkeqene, ebd. KFW. l,784f. (dort auch III, 70,65 vahncynd, „verstümmelt"); StWG. 40, SAW. 1,39 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu - » backo, spn(d). EWA. l,422f., DWB. 1,1067. bal, ballo* stswM. 1. 'Handballen' (und oder) 2. 'Fußballen' (Gl.) - ir 'hohle Hand', vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'. Glossare: HSH. 1,129,193 vola: bal, Summ. Heinr. HSH. II, 5,86 vola: bal, Summ. Heinr. (vgl. StSG. III, 71,62 Vola : bal. Ir. uel clessal... ballo, Summ. Heinr., aus Hs. Darmstadt; ballo nicht HSH. 3.) [Daneben stehen die nicht anatomischen Bedeutungen "Bissen, rundlicher Brocken' (StSG. III, 256,32f. und 'Kugel, Ball' (StSG. III, 152,41. 191,61); alle Belege Summ. Heinr.] KFW. 1,797, StWG. 40 s.u. bal, StWG. 41 s.u. ballo, KFW. 1,785, SAW. 1,39; HSH. 3,11. Herkunft: ahd. bal 'Ball, Kugel' gehört mit an. böllr zu germ. *balla\ballu^ einer Ableitung von der Wurzel *bhel- 'aufblasen, schwellen'. Die Übertragung auf Körperteile ist naheliegend, so in me. bal(le) in der Bedeutung *Ballen, Hoden', lat.

bein

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follis 'Hoden(sack)'; daneben steht als »-Stamm ahd. ballo. KS. 76. EWA. 1,443, DWB. l,1060f. Das Nebeneinander von Bedeutungen wie 'Handballen' und 'Fußballen' infolge der äußeren Ähnlichkeit der Denotate ist in der Indogermania häufug, vgl. C. Mellado-Blanco, Das bildliche Potential, S. 250. - vgl. mhd. bal stM. und balle swM. barm stM. 'Schoß' (N.O.OT.Ph.T.; Gl.) - sinus 'Krümmung, Rundung, Busen; Schoß', gremium 'Schoß'. Literarische Denkmäler: Notker, 4,44,16 er sorgeta . nio cyllenius in sinero chenun barme fine slajergi tragi geßenge. (u.ö.). Otfrid 1,11,41 wola thiu nan tu^ta inti in tra barm sa^ta. (u.ö.). Physiologus 126,40 ist siu denne uuarhafto magt, so sprinet in in parm unde spiüt mit iro. Tatian 363,15f. gisah abrahaman rumana Inti latprum In sinemo barme. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 280,41 Gremium : parm puasum, Gn 48,12, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 436,1 Lactante \sinü\ hapalunte mo parma, Prud. perist. 571, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: 1,164,23 sinus: parm, Abrogans, Pa. K. Ra. - sinus: scao^a iparm, Abrogans, R. IV, 69,52 Gremium: parm, Glossae Salomonis (a, c, d, f). (In nicht anatomischer Bedeutung übertragen auf die Erde als Lagerstätte StSG. II, 652,25; übertragen auf das, was im geistigen Sinne Ruhe und Schutz gewährt, StSG. II, 297,16.] KFW. l,815f., SchW. 93, StWG. 42, SAW. 1,51. Herkunft: mit as. barm, ae. beam, aisl. barmr, got. barms aus germ. *barma%} einer Ableitung aus germ. *bera- zur Wurzel *bber- 'tragen, gebären'. EWA. l,476f., VEW. 104, DWB. 1,1134, IWE. 1,131. Die Grundbedeutung wäre dann 'der tragende Mutterschoß'. Außergermanische Entsprechungen stehen in semantischer und morphologischer Hinsicht weit ab. —> arm, bind. - vgl. mhd. barm, barn. bein stN. 1. 'Knochen, Gebein', 2. T3ein' (als Ganzes und als Kombination aus Oberschenkel und Schienbein) (MZ.N.NG.O.OT.T.WH.; Gl.) - crüs Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.), os 'Gebein, Knochen', tibia 'Schienbein, Schienbeinknochen'. Literarische Denkmäler: Merseburger Zaubersprüche 366,8 ben % bena bluot % bluoda. Notker 8,19,18 Heile mih. uuanda miniu bein üngerech sint. (u.ö.). Notker Glossator 8,177,20 ossa humilitata - ke-diemuotiu bein.

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Köiperteilbezeichnungen

Otfrid 5,20,29 irstantent alleJon thes Bekamenfalle (...) Mit themo selben hätte. (u.ö.). Tatian 651,28 bei» nibnhet irfon imo. Williram 42r,l 9 StNIV ΒύΐΝ sint märmorine sule! dtedergesendet sint üffegtildine füoige. Glossen zu biblischen Schriften: 1,500,20 Os : pein, lob 2,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Clm 22201. Clm 17403. - bei», Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. I, 505,27 Os : pein, lob 30,17, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 22201. Clm 17403. - bein, Clm 4606. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 588,33 Crurum : beno, Prud. perist. 140, Düsseldorf, Heinrich-Heine Institut F 1; Nr. 100, BV. 105,10. Jh. as. u. mfrk. II, 769,5 Crura : bjkn, Walahfr. vis. wett. 212,16, Rom, BV. Reg. lat. 356; Nr. 542, BV. 823,10./11. Jh., fränk. IV, 369,32 Ossum : bein, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh.; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. Glossare: III, 9,28 Os maior : dasptarapein (deohes übergeschrieben), Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. III, 9,30 Tibia: pein, ebd. III, 19,25 Cms : bein, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. III, 19,32 Os: bein, Gruppengl., ebd. HSH. 1,131,217 ossa: bein, Summ. Heinr. HSH. 1,131,245 crura: bein, Summ. Heinr. HSH. II, 6,113 crura: bein, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,59. 74,10.178,53). III, 354,21 Crus : bein, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,36 Crus : bein scinkel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. (Kompositum?) III, 392,58 CUuan?. os : bein, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2. III, 433,63 Crura : bein, Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,67 Crura : bein, Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,42 Crura : pein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem.

beinna

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III, 505,34 Os : bei», Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. IV, 36,57 Asema os. : bein, Glossae Salomonis (a, d, e, p). os. bein, ebd. (g). osbein (c). os. bain (k). IV, 37,14 Arom: bein, Glossae Salomonis (a, d, e, f, g, p). bein, ebd. (b).peni (c). Adespota: IV, 230,2 Cms: bein, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588,9. Jh., bait. [Altsächsisch ist: StSG. II, 584,46 Diuaricatis cruribus : mid scancodon benon, man vergleiche J. Riecke, Anatomisches, S. 211. Sieh dort auch unter benbrädo *Wade, Wadenmuskel'.] KFW. 1,846f., SchW. 93, StWG. 44, SAW. 1,46. Herkunft: zu as. afries. ben, ae. bau, an. bein aus germ. *bmna- 'Knochen'. Das Wort scheint aber in der Indogermania isoliert zu stehen. Meist wird Herkunft aus einem Adjektiv an. beim 'gerade' vermutet - dann als Bezeichnung für den langen, geraden Röhrenknochen im Gegensatz zu den Gelenkköpfen - , doch ist das Adjektiv nur altnordisch bezeugt und eröffnet selbst auch keine weiteren Anschlussmöglichkeiten. Die Herkunft ist daher wohl unklar, deshalb kann mit R. B. CateSilfwerbrand, Vlees, bloed en been, S. 153ff. eine Entlehnung aus dem Keltischen vorliegen. Die Verknüpfung mit mir. benn 'Horn, Gipfel' überzeugt aber ebenfalls nicht. Eine Bedeutungsübertragung von 'Knochen' auf "Bein' ist in jedem Fall leicht möglich, da unter allen Knochen des Körpers die des Schenkels und des Beines die größten sind; vgl. lat. os maior. EWA. l,515f., KS. 94, Pfeifer 115, DWB. 1,1381 f., F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 113. - Die Bedeutung *Bein' erscheint sicher nur Williram 173,19 (vgl. Ct 5,15: die „schoqajim wie Marmorsäulen" des hebräischen Textes sind ein Bild strotzender Kraft; zu hebr. schoq sieh J. Preuss, Biblisch-talmudische Medizin, S. 61 f.) und in den Körperteilglossaren, allerdings ist bei der Glossierung von lat. crüs (dann wohl als Unterschenkel' aus 'Unterschenkelknochen') und os ohne Kontext oft nicht zu entscheiden, ob von der Bedeutung "Bein' oder 'Knochen' auszugehen ist. - In StSG. III, 363,36 Cms: bein sctnkel ist vielleicht ein Kompositum erhalten, das analog zu dreimal bezeugtem diohskenkil 'Oberschenkel' dann wie lat. crüs die Bedeutung Unterschenkel, Unterschenkelknochen' (= 'Schienbein") tragen würde. Für den Hüftknochen, den größten Knochen des menschlichen Körpers — lat. os maior — bieten die Glossae Casselanae ein Syntagma mtera pein zu ahd. meto, mera 'größer, zahlreicher'. vgl. mhd. bein. beinna stF. 'Knochen' (Gl.) - crüs Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.). Glossare: 1,134,25 osseis : peinneom, Abrogans, Pa. - peineom, Abrogans, K. - peinom, Abrogans, Ra. KFW. 1,850, StWG. 44, SAW. 1,46.

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: als70-Stamm neben -> bein. EWA. 1,517. Vgl.

gfbeinna,gibeini.

bein scinkel 'Schienbein' (?) —> bein belle* stN. 'Gesäß, Hintetbacken' (Gl.) - nates (PI.) 'Gesäß'. Glossare: HSH. (StSG. III, 248,42 Nates: arspelle. belle, Summ. Heinr.) KFW. 1,873, StWG. 46, SAW. 1,39. Herkunft: wohl eine Verkürzung aus —> arsbelü. EWA. 1,536. bilarn stM. 'Zahnfleisch, (die vom Zahnfleisch überkleideten) Kieferränder' (Gl.) — gingiva 'Zahnfleisch'. Daneben stehen auch Glossen zu molaris (dens) Uackenzahn', ordines und palätus 'Gaumen'. Gemeint sind hier 'die mit Zahnfleisch überkleideten und mit den Zähnen besetzten Kieferränder'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 663,1 Ordines : pilarna, Dn 7,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. -pilerin, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 348,35 Gingiua, pars maxill$. can dentivm. bilkron, Juven. 10,200, Paris, BN. lat. 9345; Nr. 510, BV. 753,11. Jh., mfrk. II,494,41 Mohns : bilorna, Prud. cath. 119, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. (Parallelhs.: kinni^eni, s.u. kinniyand). IV, 369,35 Sublingua : bilarn, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. III, 600,5 GINGIBAS : pilarna, Ars Medicinalis Hippocratis, St. Gallen, StiftsB. 877; Nr. 215, BV. 248, Hs. 8./9. Jh. Glossare: III, 18,42 Palatus : bilarn, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 18,46 Gtngiue: bilarna, ebd. HSH. 1,127,167 gingiva: pilorni, Summ. Heinr. HSH. 1,127,167 gingiva bolorni, Summ. Heinr. HSH. II, 314,75 gingtvf. bilare, Summ. Heinr. HSH. II, 314,75 gingiva bilarna, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,67. 239,60. 275,49. 301,11. 318,10. 335,63). III, 391,48 Uimsgal. gingiue : bilrun, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 431,54 Gengtue : pilarn, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair.

bilarn

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III, 432,42 Gingium bilorna, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair. - bilarna, Clm 14689. - iä bilorna, Fulda, Hessische LB. C l l . 111.434.23 Gingiue. pilarna, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 111.435.24 Gingiue : pilarna, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. 111,435,43 Gingines : pilarna, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 436,8 GingfU{. bilarni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. 111,436,32 Molar : piler (Steinmeyer, z.St.: „falsche Übersetzung", wohl weil „ursprünglich Gingiue sofort folgte."), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,12. Jh., bair. III, 437,33 Ingines [1. gingines] : pikre, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,12. Jh., bair. 111,438,62 Gingiue : pilern, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. V, 39,9 Giggiue : bilorna, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702 (f. 61b); Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. III, 474,3 Gingiue dentium carnes : pilarn, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. III, 500,18 Gingiue : biterne, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 661,24 Linga l linguia : pilar, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 694,3 Gingiua : pilare, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. IV, 68,32 Gingiue. pilarn, Glossae Salomonis (c). pilarun, ebd. (f). pilaren (a, d). Pjlarn (b). IV, 144,56 Gingfuarum : bilarn:./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 170,49 Gingiva : pilari, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 186,59 Gingiua status dentium ul pilarn, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. -piler, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. IV, 202,65 Gingiua : bilarn Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. 1,1030, StWG. 54, SAW. 1,1211. Herkunft: nur ahd.; vgl. mhd. bilerfn), mnd. btllre, nl. bil. Es handelt sich vermutlich um eine rw-Bildung zu der Wurzel *bhel- 'aufschwellen' in der Bedeutung "Wulst,

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Köiperteilbezeichnungen

Schwellung, Gegenstände mit Rundungen'. Das ergibt eine geimanische Grundform *bel-u%na und dann ahd. bilorn, das noch in sechs Handschriften bezeugt ist. Durch den Wandel von /o/ zu /a/ in schwachbetonter Silbe entstand bilarn. Das Wort steht isoliert, auch sind keine anderen Ableitungen von der Wurzel *bbel- für die Bezeichnung des Zahnfleisches bekannt. Verwandt ist vielleicht —> ahd. arsbelli. EWA. 2,47f., KS. 110 s.u. Biller (obdt. arch.), DWB. 2,24f., IEW. 1,121. E. Schwyzer, Die Bezeichnungen des Zahnfleisches, S. 273f. stellt heraus, dass ein gemeinsames ie. Wort fur das Zahnfleisch nicht bestanden habe, obwohl die Sache bekannt war. Da Sprachtabu für den Wortschatzwandel hier kaum anzunehmen ist, muss man annehmen, dass die Bezeichnungen für weniger wichtige Körperteile in den Einzelsprachen einer größeren Vielfalt unterliegen. Aus dem Fehlen einer gemeinsamen Bezeichnung kann daher nicht unmittelbar auf das Fehlen der Sache selbst geschlossen werden. - vgl. mhd. bilern PL bind* stN. 'Gebärmutter, Mutterleib' (Gl.) - matrix 'Gebärmutter, Mutterleib'. Glossare: IV, 150,51 Matrix glechter .(. bind ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 1,1104, StWG. 58, SAW. 1,51. Herkunft: als eines der seltenen mit dem Suffix *-id gebildeten Nomina agentis, hier zu germ. *bera-, ahd. heran 'tragen', als „das, woraus etwas anderes hervorgeht". EWA. 2,96f., VEW. 104f. bläsa F. *(Harn)blase' (Gl.) - vesica 'Harnblase; Geschwulst'. Glossare: III, 52,44 Vesica : blase, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,136,278 vesica: blasa, Summ. Heinr. HSH. II, 527,150 vesica: blasa, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,45. 262,76). III, 363,30 Vesica : blasa, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,42 Biuan% uesica : blasa, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 492,3 Visca: blasa, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. II, Jh., bair. III, 510,54 Vesica : blasa, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 210,52 Vesica : blasa, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11/12. Jh., mfrk. [Daneben steht bläsa als Krankheitsbezeichnung in der Bedeutung 'Hautblase, Pustel'; sowie bei Notker bläsa Tuba, Trompete'.]

blätra

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KFW. 1,1177, SchW. 98, StWG. 64, SAW. 1,77. Herkunft: wie as. bläsa, mnl. blase als 'Aufgeblasenes, Aufblasbares' zu germ. *b!äsa-, ahd. bläsan "blasen', einer nur germanischen /-Erweiterung der Wurzel *bble- 'aufblasen, aufschwellen'. EWA. 2,164, KS. 115, Pfeifer 145, DWB. 2,67, VEW. 120, IEW. 1,121 f. - vgl. mhd. blase. blat* stN. 'Gaumenzäpfchen' (Gl.) - üva Traube; Zäpfchen im Hals'. Glossare: HSH. 1,128,180 vua: blat, Summ. Heinr. HSH. II, 5,80 uva: blat, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,23.178,1). KFW. 1,1183, SchW. 98, StWG. 64, SAW. 1,77. Herkunft: in der anatomischen Bedeutung nur ahd.; wie as. blad '(Pflanzen)Blatt', ae. blad 'Klinge, Ruderblatt', afries. -bled in handbled 'Handfläche' aus germ. *b!adazur Wurzel *V>li- "blühen, sprießen'. EWA. 2,167f. blätera, blätra swF. 1. 'Harnblase', (2. 'Eingeweide') (Gl.) - vesica 'Harnblase; Geschwulst'; viscus "Eingeweide' ist wohl Fehlübersetzung. Glossen zu nicht biblischen Schriften: (alle in der Bedeutung 'Eingeweide') II, 389,37 Uiscus : platra, Prud. perist. 499, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. II, 394,36 Uiscus : platra, ebd., Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 393,48 Uiscus: blatrun, Prud. perist. 56, ebd. Glossare: 1,179,1 Uissica: platra, Abrogans, R. X III, 19,19 Uesica : blatra, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,136,9 vesica: blatera, Summ. Heinr. HSH. II, 527,150 vesica, struma: blatera, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,46. 262,76. 291,19f. 347,19). III, 408,75 Uesicf : blatere, Glossae Herradinae, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 433,44 Uesica : blatra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,49 Vesica : blatra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,47 Uesica : blatra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,36 Vesica : plaitra (Steinmeyer, z. St.: oder platera), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem.

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Körperteilbezeichnungen

III, 439,45 Vesica : Platen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 510,55 Vissica: blatera, ebd. III,661,67 Uesica : blatere, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 218,9 Vesica : plater, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. Adespota: IV, 244,29 Uesica: platra, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. (Daneben die Bedeutung "Blase, Wasserblase, Seifenblase' (Summ. Heinr., StGl. 111,295,31. 225,28. 267,17. 350,47), sowie als Krankheitsbezeichnung blätera "Blatter, Pustel'. Eine eindeutige Zuordnung scheint nicht immer möglich.] KFW. l,1185f., StWG. 64, StWG. 794, SAW. 1,75. Herkunft: mit as. blädare, ae. btädre aus westgerm. *bbzdrön "Blase, Pocke', einer Instrumentalbildung auf ie. *-trä zur Wurzel *bhle- 'aufblasen, aufschwellen' in ahd. bläen "blasen, wehen'; als 'Mittel zum Aufblasen' und dann übertragen auf die Hautblase. Im Ablaut steht an. bladrcr, die Bildungen stehen aber insgesamt in der Indogermania isoliert. EWA. 2,168f., KS. 116, Pfeifer 146, DWB. 2,77, IEW. 1,121. - vgl. mhd. bläter. bluot stN. "Blut' (FP.L.M.MF.MH.MZ.N.NG.O.OT.T.WB.WH. StraßbBS. PariserWSI. PariserBS.; Gl.) - cruor 'das rohe, dicke Blut', sanguis 'das dünne (Leben erhaltende und die Glieder durchströmende) Blut', ümor 'Feuchtigkeit, Flüssigkeit (des Blutes, im Leib, der Tränen)', unda *Woge, Welle; jede fließende Feuchtigkeit'; tama [cruor sanguinis] '(blutige) Geschwulst an den Füßen'. Das Wort erscheint in den meisten literarischen Denkmälern und stets in der Bedeutung *Blut'; die Belege werden daher im einzelnen nicht aufgelistet. Glossen zu biblischen Schriften: I, 631,2 Madidus : humectus. marua^ pluod, Ier 23,9, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. (Parallelhs.: truncbaner). I, 718,72 Sanguis eius super nos diusculd sines bludts. da·.ι nemen ober unsih, Mt 27,25, Mainz, StadtB. Hs. II 3; Nr. 283, BV. 427, Hs. 1. Hälfte 11. Jh., rhfrk. I, 719,1 ... diu sculd sines pluotes, da^nemen uuir über unsih, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII; Nr. 63, BV. 309,10./11. Jh., alem. IV, 293,3f. Sanguis eius super nos thia sculd sines bluotes. nemen uui ouer unnk, ebd., Essen, Münsterschatz, Ältestes Evangeliar; Nr. 136, BV. 149, 10. Jh., as. mit vereinzelt hd. Glossen. V, 17,37f. die sculd sines plvotes, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. I, 804,29 Sanguinibus : pluotun, Lib. Com., Io 1,13, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689.

bluot

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I,805,24 Sanguini: pluote, Lib. Com., Gal 1,16, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 350,52 Sanguine : pluot, Juvencus 3,49, Clm 6402; Nr. 354, BV. 536, Hs. Letztes Viertel 8. Jh. II, 424,64 Undas : pluoth, Prud. perist. 7, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. -pluoht, Clm 14395. II, 592,18 Qnoso [sanguine] : horgemo pluto, Prud. psych. 51, Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. Glossare: I, 78,7 sanguinis: ploat, Abrogans, Pa. K. 1,126,2 exsanguis : Jona plote, Abrogans, Pa. - Jona ploate, Abrogans, K. - Jona plotu, Abrogans, Ra. — exsanguis: urploti, Abrogans, R. 1,190,35 sanguine: plotes, Abrogans, Pa. - ploades, Abrogans, K. I, 245,15 sanguine: pioatu, Abrogans, K. III, 3,74 Sanguis plo°t, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 19,34 Sanguis: bluot, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,134,254 sanguis: blut, Summ. Heinr. HSH. II, 6,117 sanguis: blut, Summ. Heinr. HSH. II, 243,01.81 cruor: blüt, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,29.178,64. 232,60). III, 363,47 Sanguis : blut, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,44 Rubian% sanguis : bluth, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 508,54 Sanguis : pluot, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 21,15 Tames : pluat, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. [Altsächsisch ist: StSG. II, 582,26 ... quam cruoris ... than bluodar, C 107,9 humorem: blod, Isid. etym. XI, CI, 48, Straßburg, UB. C. IV. 15 verbrannt; BV. 855, Hs. 10./11. Jh., as.; vgl. J. Riecke, Anatomisches, S. 211.] KFW. l,1234f., SchW. 99, StWG. 68, SAW. 1,84. Herkunft: zu as. afries. ae. blöd, an. blöi sowie got. blop aus germ. *blöda- "Blut', wohl als ursprüngliches Part. Perf. auf -to zur Wurzel *bblö- 'quellen', die im Ablaut mit *bbel- 'aufblasen, aufschwellen, sprudeln' steht. Das ausschließlich germanische Wort hat die alten ie. Wörter für "Blut*, etwa in lat. aser und cruor, zurückgedrängt und ist wohl zunächst ein verhüllendes Beiwort zu diesen. EWA. 2,21 lf., KS. 121, Pfeifer 152, DWB. 2,170f., IEW. 1,122; R. M. Cate-Süferbrand; Vlees, blood en been, S. 85—115. Blut verkörpert in alten Kulturen das Lebens-

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Körperteilbezeichnungen

prinzip, HWdA. l,1434f. Bibelstellen, die dies explizit zum Ausdruck bringen (etwa Dt 12,23, Lv 17,11) werden nicht mit bluot oder einer anderen volkssprachigen Entsprechung glossiert. Zur Vielfalt der Bezeichnungen im Indoeuropäischen s. C. D. Buck, Dictionary, S. 206; zur Vorstellung des Blutes als etwas Fließendes, Hervorquellendes H.W.J. Kroes, Gotica, S. 347. Sieh auch I. Balles, Lateinisch sanguis „Blut". - vgl. mhd. bluot. bluotädra stswF. "Vene' (Gl.) - vena "Blutader, Pulsader'. Glossare: III, 4,1 Uene : plot adra, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. KFW. 1,1239, StWG. 68, SAW. 1,6 u. 1,84. Herkunft: Kompositum; zu —> bluot, ädra·, es vergleicht sich nur mnd. blötäden, mnl. bloedäder. Die Bildung dient zunächst der verdeutlichenden Unterscheidung von ädra in der Bedeutung 'Sehne, Nerv* und später zur Differenzierung Blutader •Vene': Schlagader 'Arterie*. EWA. 2,212, DWB. 2,174. botah swM. 'Körper' (Gl.) - corpus 'Körper*. Glossen zu biblischen Schriften: I, 814,64 Corpora : potahha, Lib. Com., Dn 14,31, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. -potachi, Clm 14689. [Daneben steht die Bedeutung 'Leichnam' (Notker, Gl.).] KFW. 1,1281, SchW. 100, StWG. 70f., SAW. 1,89. Herkunft: möglicherweise eine Suffixbildung mit ^-Suffix; es vergleicht sich ae. bodig 'Statur, Körper, Rumpf, ne. body. Die Herkunft ist unsicher, vielleicht besteht ein Zusammenhang mit nhd. Bottich, s. dazu R. Lühr, Expressivität, S. 275f.; EWA. 2,256f., KS. 128 u. Bottich, DWB. 2,278f. Sieh auch H. Adolf, Wortgeschichtliche Studien, S. 24. - vgl. mhd. botech. bracko swM. "Wange, Backe' (Gl.) - mala 'Kinnbacken, Kinnlade'. Glossare: III, 432,34 Mala id est braccon, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. - brac chon (Steinmeyer: dh. bacchon) Fulda, Hessische LB. C l l - / . braon, Clm 14754. KFW. 1,1313 (man vergleiche dort den Hinweis auf Isid. etym. XI, 1,44, der nahelegt, dass zumindest das Lemma die Bedeutung 'obere Backenknochen' trägt), StWG. 73, SAW. 1,95. Herkunft: Trotz Steinmeyers Deutung als Verschreibung sprechen ahd. kintiibracko 'Kinnbacke', mhd. brache, Schweiz, brack, und rhein. brache fur einen eigenen Ansatz bracko. Ob es sich dennoch um eine Variante zu —> backo handelt und wie dieses zu erklären ist, bleibt aber unklar. Vielleicht ist von einer Kontamination

brä

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mit -> bräwa auszugehen. EWA. 2,275f.; vgl. kinnibracko, DWB. 2,290. - vgl. mhd. brocke. -brät —> diohbrät, -> kelabrät, —> lentinbräto bräwa, brä stF. 'Augenlid, Braue* (N.NG.; Gl.) - cilium 'das Augenlid', bes. 'das untere Augenlid' (mlat. auch 'Augenwimpern, Augenbraue', MlatWb. 2,575), palpebra 'das Augenlid', supercilium 'die Augenbraue', [t] autones (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 574 und 50c). Literarische Denkmäler: Notker 7,178,21 Nec nimium grauioribus superciäis premendi aut petentibus fronten nudandi sunt ocuü .i. üf ünde ntder gänden din bräuuon nist uinstrinne nöb φ uuitsehonne. Notker-Glossator 8,13,2 unde uindicta (kerich) chümet in ictu ocuü (in slago den bräuuo). Glossen zu biblischen Schriften: I, 707,4 Autones : prauua, Anhang zum AT, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. Glossare: III, 9,22 Patpebre : prauua, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. HSH. II, 216,154 citia: brawa, Summ. Heinr. HSH. II, 424,01.5 palpebra: brawa, brä, Summ. Heinr. (StSG. III, 221,Π. 252,60 sowie St. Stricker, Basel ÖBU. BIX 31, Nr. 86). III, 353,50 Cilium : bra, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,22 Cilium : brawa, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 1,1327, SchW. 101, StWG. 74, SAW. l,96f. [Die Belege für das Syntagma obara bräwa 'Augenbraue' stehen unter -> obarbräwa. Daneben die nicht anatomische Bedeutung 'Vorsprung, Abhang, Rand' inan ... brauvu thes berges, Tatian 245,11.] Herkunft: mit as. (slegt)brän>a, bräha, afries. bre, ae. breew, an. brä, got. mit Ablaut und grammatischem Wechsel in brahva augins 'im Augenblick', zu germ. *brähw0-/ bnegwö- "Braue, Wimper'; ein Konkretum zum starken Verb germ. *bregda- 'zücken', das älteres *brü, brün ersetzt. Dies setzt wie nasa vermutlich eine alte Dualform fort. Die von einer gesonderten ie. Wurzel *bhrü- abgeleiteten germ. •^«/-Bildungen (ae. brü *Braue; Lid, Wimper', aisl. brün "Braue") waren ursprünglich Bezeichnungen für die über den Augen befindliche Skelettwölbung sowie der darauf wachsenden haarigen Umrandung der Augenbrauen; im Gegensatz zu der von *bherek-·, bbrek- abgeleiteten ursprünglichen Bezeichnung des mobilen, sich ruckweise bewegenden Augenlids (ein- oder ausschließlich der Wimpern). Der

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Körperteilbczeichnungen

lautliche Anklang und die begriffliche Nähe haben im Laufe der Zeit zur kompletten Vermischung beider Wörter geführt. EWA. 2,304, KS. 131f., DWB. 2,321, IEW. 1,142. W. Griepentrog, Wurzelnomina, S. 329f. Braue bedeutet zunächst "Wimper', da eine Bedeutung 'zucken* kaum auf die feste Braue bezogen sein kann. Die Bedeutung "Braue' wird durch den Zusatz opara brauua ausgedrückt. Erst bei Notker und beim Notker-Glossator erscheint supertilia ohne den Zusatz opara als brauua 'Augenbraue'. Die Glossen unterscheiden zwischen superdüa 'opara brauua, obarbrauua' als Augenbraue und cilia, palpebra "brauua' als Augenlid; s. auch unter —> obarbräwa. Weiteres, mit eingehender Behandlung der Lexeme ab der mhd. Zeit, bei M. Dolch, Wortgeographie, sowie dems., Schöpferische und entwickelnde Sprachkräfte, S. Höf. Sieh auch C. Mellado Blanco, S. 250. - vgl. mhd. brä. braithand stF. 'die breite Hand, Handbreite' (Gl.) - plana, eigentlich 'Hobeleisen'. Glossare: III, 439,8 Plana : braithant, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 1,1341, StWG. 75 s.u. breit. Herkunft: mit O. Gröger, Kompositionsfuge, S. 295, dürfte entgegen den Wörterbüchern ein Kompositum anzusetzen sein. Im Glossar steht braithand zwischen hant (manus), tenre,fust und hant {palma). Vgl. auch ae. brädhand sowie G. Baesecke, Vocabularius, S. 52. - vgl. mhd. breithant. breta stswF. 'flache, breite Hand, Handfläche' (Gl.) - palma 'die flache Hand', vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 399,37 {Palmas) : brettin, Prud. psych. 356, Wien, ÖNB Cod. 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. Glossare: III, 4,9 Palma : preta, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,41 Palma: pr&a, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. 111,662,20 Celfal : tenir ( ) uole pte, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. KFW. 1,1374, StWG. 77, SAW. 1,102. Herkunft: mit afries. hondbrede, ae. handbret, -bradu, sowie an. brepafenn 'Schneewehe' zu urgerm. *bridö- und damit vermutlich als schwundstufige Bildung zur Wortfamilie um *braida- *breit'. EWA. 2,325, KS. 134 s.u. breit. brüst stF. 1. *Brust, Mutterbrust', 2. 'Herz, das Innere' (Ch.I.MH.N.NG.O.OT. T.WH.; Gl.) - iugulus 'Schlüsselbein am Halse, Höhlung über dem Schlüsselbein

brüst

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an der Kehle, Kehle', mamma 'Mutterbrust, Busen', papilla "Brustwarze, Brust, Zitze', pectus "Brust, Brustknochen, Brustbein', vtscus "Eingeweide', literarische Denkmäler: Christus und die Samariterin 89,20 i^sprangot irno'npmston in euuon mit luston. Isidor 41,22 Dha^s chind uuas gerondiJona muoter brustum ubar dhes aspides hol. Murbacher Hymnen 12,3,3 neotgem allemprusti so micbiles scimin ast. (u.ö.). Notker 4,122,2 Anderiu chüsta sia an den münt. tiu dritta an die brüste, (u.ö.). Notker Glossator 9,219,10 Induo iropectora - brüste. Otfirid 4,34,21 Thie dati sie tho ruun ioh iro brüsti blüun. (u.ö.). Tatian 649,15 slabentiiro brusti uuidar uurbunfer. (u.ö.). Williram 13v,29 ΜΪΝ WfNE ist mir also ein gebüntelin mtrron! in^uiscon mtnen brüsten uuonet er! (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 39,4 ... diminne dfgotdesde dibruste alledane brinnet, Arat. I, 423, Trier, StadtB. Unsigniert; Nr. 570, BV. 883, Hs. 12. Jh., mfrk. II, 487,58 Papillae: pruste, Prud. cath. 165, St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem. II, 494,53 Papilla : brüst, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem.; ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. II, 508,5 In iuguhs : kndfprxst, Prud. perist. 151, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./ll.Jh., alem. - ( ) inde prust, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. 11, 536,38 lugulos: brüste, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. II, 542,13 In iugutos : indebrusti, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 669,44 Papillom : prust, Verg. Aen. XI, 803, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 680,11 lugulis ·. erdinprustin, Verg. Georg. IV, 545, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Q, 413,9 usque ad mammas: hoc estprusth, Lex Baiv. 14,1, Wien, ÖNB Cod. 406; BV. 912,12. Jh., bair. (?) Glossare: I, 250,17 Subpectore: inprustü, Abrogans, K. I, 260,33 pectora: prust, Abrogans, Κ Ra. I, 266,28 Uiscera: prust, Abrogans, K. Ra. I, 267,13 Uiscera: innanaprustü, Abrogans, K. I, 267,22 pectore : mit prustü, Abrogans, K. III, 4,11 Pectus : prust, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,38 Pectus : prust, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair.

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Köfperteilbezeichnungen

HSH. 1,130,202 pectus: brüst, Summ. Heini. HSH. II, 6,92 pectus: brüst, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,21.178,23). III, 354,7 Pectus : prust, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,8 Pectus: brost, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,20 Burbeiscal. pectus : brüst, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 433,23 Mamille: prusti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. III, 436,25 Mamilla mulieris : prust, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 434,26 Papilla: höbit brusti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, ebd. III, 434,38 Pectv·: prust, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 434,40 Mamille: prusti, ebd. III, 436,24 Pectus uiri : prust, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,24 Pectus : brüst, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 439,49 Mamma: Jvibes brüst, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, ebd. V, 517,6 Brust: Pectus, Altdeutsche Gespräche. KFW. l,1456f., SchW. 103, StWG. 81 u. 796, SAW. 1,113. Herkunft: im Germanischen zeigt sich ein Nebeneinander zweier verschiedener Stämme, einmal ein konsonantischer Stamm mit Schwundstufe germ. *brust- in ahd. brüst, aostfr. brüst, burst, borst und got. brüsts. Im Plural gilt die Bedeutung "beide Brüste* oder 'die Brust als Ganzes'. Daneben stehen as. briost, breost, afries. br(i)ast, ae. breost, an. btjost aus dem neutralen Λ-Stamm germ. *breusta- 'Herz, Gemüt', auch "Brust'. Dies ist vermutlich eine der seltenen ί-stufigen Vjrddhibildungen zum schwundstufigen Grundwort *brust-. Dieser einsilbige Konsonantenstamm ist nur im Germanischen belegt. Außergermanische Verwandte wie aruss. brjücho "Bauch, Wanst', air. brit "Bauch, Mutterleib, Brust' sind primäre Bildungen von der /-erweiterten Wurzel *bhreu-s- "schwellen, sprießen'. Die Bedeutung zeigt sich noch in as. brustian 'aufbrechen, knospen', mhd. briustern 'anschwellen'. EWA. 2,399f., KS. 140, Pfeifer 177, DWB. 2,443f., IEW. 170f., W. Griepentrog, Wurzelnomina, S. 463-471. - vgl. mhd. brüst. brustbein stN. "Brustbein' (Gl.) - pectus "Brust, Brustknochen, Brustbein'. Glossare:

brustlappo

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III, 431,8 Pectus : Brustbein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. — burstbein, Marburg, UB. Mscr. 39. KFW. 1,1459, StWG. 81, SAW. 1,46 u. 1,113. Herkunft: Kompositum; zu —> brüst, beitr, a-Stamm; vgl. afries. burstben, ae. briostbän. EWA. 2,402, DWB. 2,447. - vgl. mhd. brustbein. brustbeini stN. *Brustknochen' (allgemein ?), "Brustbein' (?) (Gl.) - cartilägo 'Knorpel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 509,26 Cartilagncs: brustbeini, lob 40,13, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. KFW. 1,1459, StWG. 82, SAW. 1,46 u. 1,113. [Die übrigen Belege (pectusculum) in der Bedeutung "Bruststück (eines Opfertieres)', StSG. 1,287,59. 324,45. II, 163,53.] Herkunft: Kompositum; zu —> brüst, beitr, ja-Stamm neben —> brustbein. EWA. 2,402. brustlappo swM. Brustbein' (?) (Gl.) - cartilägo 'Knorpel', thöräx "Brust, Brustbekleidung'. Glossare: 111,431,7 Torax grtcum nomen hoc est brüst lappa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - burstlappa, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429; Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. [Der zweite Beleg, für den vermutlich ebenfalls die Bedeutung "Brustbein' gilt, ist altsächsisch: StSG. III, 722,23 Cartulago : burstlappo·, vgl. J. Riecke, Anatomisches, S. 212. Als Glosse zu cartilago liegt hier wohl das Ergebnis eines Missverständnisses in Anlehnung an brustlefft! vor. Sicher bezeugt ist daneben die Bedeutung 'herabhängende Hautfalte der Rinder, Brustbinde, Wamme' (HSH. 1,143,9. StSG. II, 326,51. III, 77,67). Für den Beleg aus den Erfurter und Marburger Körperteilglossaren bietet das KFW. unter Vorbehalt die Bedeutung "Brustbinde, Brustlatz'; so auch H. Götz, Lateinisch-Althochdeutsches Wörterbuch, S. 665. Für einen Eintrag in einem Körperteilglossar entbehrt diese Deutung aber jedweder Wahrscheinlichkeit.] KFW. 1,1461, StWG. 82 u. 796, SAW. 1,113 u. 1,516. Herkunft: Kompositum; zu —> brüst u. ahd. -lappa. Das Grundwort vergleicht sich mit as. lappa, afries. ae. lappa und auch an. leppr vergleichen sich mit griech. λοβός 'Lappen, Läppchen'. In brusttappen zeigt sich wie auch in örlappen ursprüngliches *bb in lautsymbolischer Form. Ähnlichkeiten in der Wortfamilie um scblaffl&sstη an Formen mit und ohne /-mobile denken. EWA. 2,403, KS. 503 u. 723, DWB. 2,450, R. Lühr, Expressivität, S. 278. - vgl. mhd. brustlappe.

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Körperteilbezeichnungen

brustleffil stM. Tirustbein' (Gl.) - cartilago 'Knorpel'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,497,23 Cartillago : prustlefil, lob 40,13, St. Gallen, StiftsB. 1395; Nr. 223, BV. 256, 9. Jh., alem. (wohl vom Nilpferd) Glossare: HSH. II, 217,158 cartilago : brustlefel, Summ. Heinr. HSH. 1,130,203 cartilago: brustleffil, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,23. 178,24. 231,19. 271,24 sowie St. Stricker, Basel ÖBU. Β IX, Nr. 149). III, 353,62 Cartilago : brustlophel.\ Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 392,21 Burbefelei^ : brustlefel, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - brustleffil, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 434,43 Kartilago : crosela. I prustlesil, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 435,49 Cartilago : prustlefil, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 437,46 Cartilago : prustkphil, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 661,33 Cartillago : grustele iprustleffil, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 689,64 Cartillago : prustlefil, Mischgl., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hafte 9. Jh., alem. IV, 44,41 Cartilago : prustleffil (a). prustlefil (d). prustleufil (c). brustkphel (g), Glossae Salomonis. (Parallelhs.: grustili). IV, 124,43 Cartilago brusthfel./., Glossae Salomonis, Fragm. Laibach IV, 134,45 Cartilago, ./. frustlofel./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 134,50 Cartilagogrun^opa, brusthfel.t., ebd. IV, 169,2 Cartilago : prustkphil, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. IV, 198,34 Cartillago : brustlepil, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. 1,1461, StWG. 82 u. 796, SAW. 1,113 u. 1,507. Herkunft: Kompositum; zu —> brüst u. ahd. l e f f i l . Das Grundwort ist vielleicht eine -/-Ableitung zu ahd. l a f f a 'Ruderblatt', denn noch schweizdt. erscheint l a f f e in der Bedeutung 'Schulterblatt'. Später dürfte es mit vermutlich nicht unmittelbar verwandtem ahd. l e f f i l 'Löffel', auch 'Hasenohr' zusammengefallen sein. Auch eine Überkreuzung mit brustlappo "Brustbein' (?) kann stattgefunden haben. EWA. 2,403, KS. 503 u. 723. - vgl. mhd. brustleffil.

buch

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budeming stM. "Bauchfell, der die Eingeweide umschließende Hautsack' (Gl.; N.) - omentum 'Fetthaut, Netzhaut, die die Gedärme bedeckt und zusammenhält'. Literarische Denkmäler: Notker 2,136,3 Tis (des Viehs) sin aller ist ten budeming φ etfülknne. Glossare: HSH. II, 390,114 omentum: budeming, Summ. Heinr. HSH. 1,135,265 omentum: budeminc, Summ. Heinr. HSH. II, 7,122 omentum: budeminc, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,18.178,76. 249,23. 282,48. 304,71. 340,24). III, 363,23 Omentum : büdemunc, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 1,1477, SchW. 104, StWG. 83, StWG. 796, SAW. 1,1212. Herkunft: Es handelt sich um eine Suffixbildung mit -/»^Suffix zu ahd. bodam *Boden, Grund, Schiffsboden'; zur Bedeutungsentwicklung vgl. mhd. bodem 'Fleisch vom hinteren Teil'; EWA. 2,415f. - vgl. auch bair. budeming mhd. budeminc. büch stM. 'Bauch, (Mutter)Leib, das Innere' (N.NG.WH.; Gl.) - alvus Unterleib, Bauch, Mutterleib, Magen', uterus 'Leib, Unterleib, Bauch; Mutterleib, Gebärmutter', venter "Bauch, Leib, Mutterleib'. Literarische Denkmäler: Notker 8,152,12 uuanda unser seta in demo stuppe dih petendo gediemuotet ist. unde unser buh nidere ligendo haftet dero erdo. Notker Glossator 8,152,13 Aide uenter (puch) be^eichenet carnales. Williram 13r,18 D er hals der treget da% e'^an in den büch. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 234,16 Uenter : puch, Greg, cura 3,19 p. 61, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. - ausgehendes 10. Jh., alem. Glossare: HSH. 1,136,270 venter, omasus: buch, Summ. Heinr. HSH. II, 7,126 venter, omasus·. buch, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,42.178,78). III, 363,18f. Uenter: buch, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 363,20 Uterus: buch sedproprie muUerum, ebd. III, 392,23 Verisapil. uenter: buch, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 436,46 Aluus: buch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,51 Venter: buch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair.

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Körperteilbezeichnungen

[Daneben in der übertragenen Bedeutung 'gewölbter Resonanzboden eines Musikinstrumentes' bei Notker.] KFW. l,1478f., SchW. 104, StWG. 83 u. 797, SAW. 1,114. Herkunft: mit afries. bük, ae. büc, an. bükr aus germ. *büka- 'Bauch'. Die nur germanisch bezeugte Bildung geht zurück auf eine Wurzel *bh(e)u-, b(e)u-, bf)ü- 'aufblasen, schwellen', mit der dicke, bauchige Gegenstände bezeichnet werden. Man vergleiche auch russ. piisp "Bauch, Wanst' aus */>«»-, das vermutlich wie *bbeu- eine Variante einer ursprünglichen Schallwurzel ist. Daher handelt es sich ursprünglich wohl um eine Lautgebärde (für die aufgeblasenen Backen). EWA. 2,420, KS. 85, DWB. l,1163f., IEW. 1,100. Sieh auch H. Adolf, Wortgeschichtliche Studien, S. 25. - vgl. mhd. buch. buhelin* stN. "Wange' (Gl.) - gena "Wange', eigend. 'die fleischige Erhöhung »interhalb des Auges, zwischen Schläfe und Unterkiefer, deren Farbe Gemütsstimmung, Gesundheit, Krankheit etc. anzeigt; Augenlider, Augen'. Glossare: III, 239,59 Gene: buhelin, (Parallelhs. hitftla). Summ. Heinr. StWG. 797, SAW. 1,114; KFW. 1,1480 nur Verweis auf hitftla, kein A nsatz HSH. 3, sondern wohl 3,82 s.u. hufelin. Herkunft: Entweder eine Verschreibung aus -> hufelin oder aber vermutlich eher mit dem Suffix -in als stN. zu buhil 'Hügel, Anhöhe'. EWA. 2,421 f., KS. 85. Die vermeintliche Ableitung ist nicht im EWA. verzeichnet. buog stM. 'Schulter(stück), Schulterblatt' (Gl.) - armus 'Schulterblatt, Vorderbug, Oberarm'; mlat. auch "Schulter(stück)' (MlatWb. 1,969). Glossare: III, 353,69 Armus : buch, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 436,36 Armut: buoch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. [Daneben meist in der Bedeutung "Vorderkeule, Schulterstück als Braten oder Opferstück (von Tieren)'. H. Götz, Lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch, S. 54 gibt für lat. armus nur die Bedeutung "Vorderbug des Pferdes' an. Dem steht jedoch die Verwendung in einem Glossar menschlicher Körperteilbezeichnungen entgegen.] KFW. l,1493f., StWG. 84 u. 797, SAW. 1,115. Herkunft: mit as. bog, ae. bäh, bog, an. bogr aus germ. *bögu- 'Arm'. Die beiden Glossenbelege tradieren daher offensichtlich die ältere Bedeutung. Außergermanisch vergleicht sich zum Beispiel ai. bähü 'Arm, bes. Unterarm; Vorderfuß beim Tier', toch. poke, pauke 'Arm'. EWA. 2,433f., KS. 143, DWB. 2,494f., IEW. 1,108. - vgl. mhd. buoc.

darm

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buosum stM. 1. "Busen; Schoß*, 2. 'Hüftknochen' (?) (APs.N.NG.OT.T.; Gl.) 'Schoß', anus 'Krümmung, Rundung, Busen; Schoß'; cöleftus 'Hüftknochen, Hüftbein mit dem Fleisch' (?). Literarische Denkmäler: Altalemannische Psalmenfragmente 296,33 puasutt sinan dergarba samanot. Notker 8,111,8 Vnde min gebet uuirt peuuendet in minen buosem. (u.ö.). Notker Glossator 8,44,21 ABSCONDITB ELEMOSINAM IN SINV PAVPERIS. ( P e r -

gremium

gint arm-hergch

keba in des tuifiigen

puosame).

Tatian 157,26 guot me^gifultar^... gebent In tuueran buosum. Glossen zu biblischen Schriften: I, 280,41 Gnmium : parm . puasum, Gn 48,12, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 697,52 Sinus : bunma, Verg. Aen. V, 16, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. Glossare: 1,164,22 Gremium : pösum, Abrogans, Pa. - posü, Abrogans, K. - puasum, Abrogans, Ra. - posum, Abrogans, R. III, 357,64 Sinus : busm (neben Kleidungsstücken), Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. IV, 114,17 Colpus: puosum, Glossae Salomonis (d), ebd. buosvm (c), (weniger als Verschreibung aus corpus sondern wohl zu cöleftus). (Daneben die Bedeutung *bauschige Rundung, Ausbuchtung' (StSG. II, 697,52 Sinus ·. btisima)·, "bauschige Falte, bauschiges Brustteil des Gewandes' (Notker).] KFW. 1,1507f., SchW. 104, StWG. 85, SAW. 1,117. Herkunft: mit as. bosom, afries. bösem, ae. bös(u)m aus westgerm. *bösma- 'Busen'. Es handelt sich entweder um eine westgermanische Neuerung oder es liegt vielleicht eine germanische -«»-Bildung zu einer /-Erweiterung der Wurzel *bbes- "blasen' vor, mit der dicke, bauchige Gegenstände bezeichnet werden. Diese Form kann auch für die mögliche Verwendungsweise 'Hüftknochen' maßgeblich gewesen sein. Es gibt keine sichere außergermanische Entsprechung. EWA. 2,451 f., KS. 147, Pfeifer 187, DWB. 2,563, IEW. 1,101. - vgl. mhd. buosen.

D darm stM. Oarm, Mastdarm', PI. *Eingeweide' (N.; Gl.) - exta 'Eingeweide, Gedärme, Darmkanal', extäÜs 'Mastdarm, After', ftbra 'Faser, Faser an den Eingeweiden, bes. an der Leber, Eingeweide', ilium Unterleib, Magen, Eingeweide', intestinum Oarm, Eingeweide', hnganon 'Mastdarm', pödex 'Öffnung des Mastdarms, After', pudtllus, putel 'Darm, Mastdarm' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 470), viscus 'Eingeweide'.

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Körperteilbezeichnungen

Literarische Denkmäler: Notker 4,136,12 Tie ingeinent tie darma an uui^egungo. Glossen zu biblischen Schriften: I, 341,44 llia: tharfma, Lv 3,4, Wien, ÖNB 1761; Nr. 613, BV. 941, Hs. 10. Jh., obd. - tharma, St. Gallen, StiftsB. 295. - darma, St.Paul, Stiftsarchiv 82/1. darama, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. - daramah, St. Gallen, StiftsB. 9; Nr. 150, BV. 173,2. Hälfte 9. Jh., aletn. I, 398,25 Extaks : gro^a darma, I Sm 5,9, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. II./12. Jh., alem. (Parallelhs.: gro^darmd). I, 279,1 Extaks: darma, ebd., Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 596,19 Fibrarum : darmana, Ruf. hist. eccl. 11,24 p. 105, Leiden, UB. Voss, lat. q. 69; Nr. 258, BV. 372, 8./9. Jh., ae. u. ahd. - diät'mana, Bern, BB. Cod. 258. Glossare: 1,154,32 uel intestinis: indarmum, Abrogans, Pa. - edho intbarmum, Abrogans, K. III, 7,38 Fibra : darm, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 8,2 Exta : tharma, ebd. III, 10,2 Putel: darm, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 10,3 Putelli: darma, ebd. III, 52,51 Extalis : darm, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,135,264 intestina: darm, Summ. Heinr. HSH. II, 7,121 intestina : darma, Summ. Heinr. HSH. 1,135,265 bngaon: entilsterdarm. Summ. Heinr. (StSG. III, 75,11. 75,17.178,74). III, 363,28 Pudellus : darm, Gruppengl, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,41 Dari% intestina : darma, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 414,31 Intestina : darme, Glossae Herradinae, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 431,43 Uiscera intestina sunt .i. tharma, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. III, 433,40 Intestina : tharama, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair. - darma, Clm 14689. - id est tharma, Fulda, Hessische LB. C 11.

deoh

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III, 435,5 Intestina : darama, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,20 Intestina : tharama, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 436,43 Intestina: darma, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. J h , obd. III, 437,6 Intestina : darme, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,12.Jh.,bair. III, 667,68 Exta l uiscera iadir 1 darmi, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13.Jh.,bair. IV, 59,44 Extales : grosse darme, Glossae Salomonis (b, g). (Parallelhs.: gro^darmä). IV, 175,28 Intestina coel chomae tharama, Glossae Abactor, Clm 14429; Nr. 389, BV. 586, Hs. 9. Jh., obd. [Altsächsisch sind StSG. 11,577,60 Exta : thermi und 111,431,43 Uiscera intestina sunt .i. tharma (Marburg, UB. Mscr. 39); J. Riecke, Anatomisches, S. 215. Neben dem Simplex stehen das Kompositum gro^darm 'Mastdarm, After' und auch die Syntagmen entilöster darm 'Dickdarm, Mastdarm', zu entilösta 'das Äußerste', großer darm 'Dickdarm, Mastdarm' als Glossen zu extälis und bnganon, und as. smaler darm 'Dünndarm'.] KFW. 2,310, SchW. 108, StWG. 91, SAW. 1,126. Herkunft: mit as. tharm, afries. therm, ae. dearm, an. parmr aus germ. *parma- 'Darm', einer Bildung mit «-Suffix wie *arma- und *barma-. Außergermanisch vergleicht sich griech. τόρμος 'Zapfenloch, Radnabe, Zapfen' aus ie. *tera- 'durchbohren'. Die Ausgangsbedeutung ist 'Loch', gemeint ist daher zunächst der Mastdarm vom After aus. EWA. 2,541f., KS. 163, DWB.N. 6,312f., IEW. 1,1072, H. Krähe - W. Meid, Wortbildungslehre, § 104,2. —> gidarmi. - vgl. mhd. darm. deoh stN. 1. '(Oberschenkel, Hüfte', 2. 'Hüfte, Seite' (?), 3. 'Hüftbein' (I.N. WH.; Gl.) - bathma 'Oberschenkel, Dickbein' (MlatWb. 1,1393), cli 'murioth, diech' (MlatWb. 2,732 s.u. clunis), clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule, PI. Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weiche; Hoden' (MlatWb. 2,732), coxa 'Hüfte', PI. 'Hüftgelenk', femur Oberschenkel, Dickbein', globus 'runder Körper, Ballen', os maior (zu os *Bein, Knochen"), jda 'Hüftbein'. Literarische Denkmäler: Isidor 33,6 Duo dhina hant undarmiin dheoh, endi suueri bi himilischingote. Notker 4,86,20 an sinen suertskeiden die über sin uuinstera dich känt. (u.ö.) Williram 22v,24 unte tr nechein nelä %et sin suert uöne sinemo diehe ... (u. ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 296,14 Femor : th/oth (Steinmeyer: 1. thioch), Idt 9,2, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. Jh., mfrk.

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Köfperteilbezeichnungen

IV, 266 A.ll Coxa e. dyech (von jüngerer Hand), im Anschluss an eine Glosse zu I Sm 13,21, Leipzig, UB. Ms. 107; Nr. 263, BV. 377,15. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 6,6 Femur: the&h, Ale. gramm. p. 515, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. AA 231,7 coxas : deoh, Greg. dial. 77,385,24, Clm 6293; Nr. 710, BV. 521, 10. Jh., bair. IV, 414,28f. ...ad mdullam dich sinistre partis tendit, Auszüge aus einer Arzneimittellehre, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. V, 58,36 Secundus planeta ex quatuor ad aquihnem sub manu uirgulam ad dieh dextra parte mittit, ebd. Glossare: 1,156,21 femora: deoh, Abrogans, Pa. - theoh, Abrogans, K. 1,225,26 Plausus: deoh slahanti, Abrogans, Ra. III, 9,27 Coxa : deoh, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 9,28 Os maior: daiptaerapein. deohes, ebd. III, 19,18 Coxsa : thioh, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,133,242 cox(, gösse '• diech, Summ. Heinr. HSH. II, 6,11 coxe, gösse: diech, Summ. Heinr. HSH. II, 217,160 coxe/coxee, clunis/clunes: diech, Summ. Heinr. HSH. II, 296,61 fernen/femur, coxa: diech, Summ. Heinr. HSH. II, 462,119 seta, coxa: diech, Summ. Heinr. HSH. II, 319,148.2 ^/»«M : tiech, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,65. 74,1. 178,51. 227,38f. 236,34. 240,68. 256,29. 268,28. 274,1. 287,45. 292,34. 296,28 (Parallelhs. huffe). 300,10. 313,41 (Parallelhs. g o f f e . gösse). 317,14. 331,3. 334,48. 348,44). III, 363,38 Coxa: äch, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,56 Crotch : dich, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - dieho, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. 111,431,37 Bathma : thioch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - thioth, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429; Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. 111,433,53 Clunes i coxe hufft ... dihe (von zweiter Hand), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem.

deoh

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III, 433,60f. Foemora ·. theoch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, 10. Jh., bair. - cUh, Clm 14689. - deoh, Fulda, Hessische LB. C 11. 111,434,65 Femora : diech, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,10 Femora: theoch, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, ebd. III, 436,57 Coxe: Deoh, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,2 Coxa : diech, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,12. Jh., bair. III, 438,41 Femora : dioh, Einzelgl, Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,33 Coxa : diech, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 499,45 Femur : diech, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 661,37 Coxa : diech, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 49,56f. Cli : diech. murioth, Glossae Salomonis (c), ebd. diech. murioth (g). deohc. murioth (p). deoch murioth diech murigot (f). diech. murigot (d). diech. murig* (e). IV, 50,1 Cox( •. diech, Glossae Salomonis (c, d, e, f). IV, 61,35f. Femora : dioch l huf, Glossae Salomonis (a, p), ebd. diech ui hvf (b). huff veldiech (k). diech (d, g). dfch (e). dich (c). IV, 61,42f. Femen : äoch (a). Diech (b). diech (d, f, g, p). dich (e), Glossae Salomonis. IV, 138,34 Coxa : dichmurgoht ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 142,43 Femen dich .t. femur huf .t., ebd. IV, 145,7 Glumas .i. tiochon./., [wohl Glosse zum folgendeng!obus\, ebd. IV, 202,8 Femen : thie, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. [Altsächsisch ist StSG. III, 722,29 Femen : the, Marienfelder Glossen; vgl. J. Riecke, Anatomisches, S. 215. Nicht hierher auch die Glossen zu lat. suffrage 'Hinterbug eines vierfüßigen Tieres'; StSG. III, 691,21. 694,26. IV, 61,35f. 172, 30 und ebensowenig ahd. diohbräto, vgl. aber M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 69.] KFW. 2,512f., SchW. 112, StWG. 101, SAW. 1,141. Herkunft: mit afries. thiäch, ae. Öeoh, an. pjö zu germ. *peuxa- aus der Wurzel *teua'schwellen'. Außergermanisch gibt es keine unmittelbaren Verwandten, im Ablaut stehen aksl. tukb 'Schmalz, Fett', lit. taukai- 'Fett, Schmer, Mark in den Knochen'. EWA. 2,671 f., DWB. N. 6,940f., IEW. 1,1081. - vgl. mhd. diech.

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Köiperteilbezeichnungen

deohbräto 'Oberschenkel' swM. (Gl.) - suffrägo 'Hintetbug (eines vierfußigen Tieres)*. Glossare: I, 233,14 suffragtnes : theopra, Abrogans, K. - deohpratun, Abrogans, Ra. (Parallelhs.: uuaduti). [Die übrigen, jüngeren Belege zeigen nur die Bedeutung 'Hinterbein von Vierfüßern'.] KFW. 2,514, StWG. 101, SAW. 1,96. Herkunft: Kompositum; zu -> deoh u. ahd. bräto. 'schieres Fleisch ohne Speck und Knochen' aus germ. *bräda-/önl-ö 'Fleischstück' in ae. knde-bräd "Lende', an. brad 'Fleisch'. Man vergleiche auch as. quekbrädo 'Oberarmmuskel', J. Riecke, Anatomisches, S. 214. Außergermanisch vergleicht sich mir. broth 'Fleisch', doch ist auch dessen Herkunft noch unklar. Das Wort hat sich erhalten in nhd. Wildbret. Da kein etymologischer Zusammenhang mit dem Verbum braten besteht, ist die Verwendung als Körperteilbezeichnung in älterer Zeit nicht weiter auffällig. EWA. 2,298f., KS. 131, Pfeifer 165, J. Splett, Fachsprachliche Phänomene, S. 2307; vgl. —» kelabrät, lentinbräto. deohskenchil stM. 'Oberschenkel' (Gl.) - coxa 'Hüfte', PI. 'Hüftgelenk'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 246,13 Coxa, quasi media axa. hüf. i theochscet,fM, Greg. dial. 1,10 p. 200, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. II, 247,30 (?) Coxa : thiosheinchil, ebd., Freiburg im Breisgau, UB. 380; Nr. 145, BV. 161, obd. (Abschrift einer fränk. Vorlage) Mayer 17,7 (coxam): dkpchstfnchkl (dh. diocbscenchit), Venantius Fortunatus, Acta SS, 785, Bologna, UB. Cod. 1702; BV. 1024, 9./10. Jh., mfrk.; rheinfrk. KFW. 2,515f., StWG. 800, SAW. 1,141 u. 1,850. Herkunft: Kompositum; zu —> deoh, Sankel, wohl als verdeutlichendes Kompositum; vgl. afries. thiäcbskunk, ae. peohsceanka. EWA. 2,673. - vgl. mhd. diecbschenkel. dickl stF. 'angespannter Muskel' (Gl.) - torus 'jeder runde, hervorragende, wulstige Gegenstand, Muskel, Ellenbogen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 402,27 [lacertorum\ Toros: dicht, Prud. perist. 124, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 427,35 (Thorns) dicchi, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - dicht, Clm 14395. II, 476,31 Thoros: dicchi, ebd., Clm 18922; Nr. 441, BV. 658,10./11. Jh., bair. II, 480,6 Thons : dicchi, ebd., Kiel, UB. Cod. MS KB 145; Nr. 245, BV. 340, Anfang 11. Jh., bair.

doum

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II,540,11 (Tom) : dikki, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. p i e Mehrzahl der Belege erscheint in der nicht anatomischen Bedeutung 'Dicke, Dichte' (Gl.) und 'Dichtheit, Dicke, Masse' (N).] KFW. 2,448, StWG. 99, SAW. 1,136. Herkunft: zum Adjektiv ahd. dicki, as. thikki, afries. thiukke aus westgerm. *pekja\ ohne Hinweis auf die Bedeutung 'angespannter Muskel'. EWA. 2,626. - vgl. mhd. dicke 'Brust'. done* stF. 'Sehne' (Gl.) - nervus 'Sehne, Flechse, Muskel, Nerv, Penis; Bogensehne'. Glossare: III, 363,45 Neruus : done, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. - Im Glossar steht done zwischen anderen Körperteilbezeichnungen. [In der nicht anatomischen Bedeutlang 'Ranke' erscheint die Prudentiusglosse StSG. II, 494,6 Palmites: (bona] KFW. 2,597, StSG. 104, SAW. 1,145. Herkunft: mit as. thona 'Fallstrick' und ae. in atf-done (als unklare Pflanzenbezeichnung) aus germ. *punö-\ dazu steht im Ablaut an. pen 'Speiler zum Trocknen', alt. ndän. tan 'Zwerchfell' aus *anö-. Damit zu der in nhd. dehnen vorüegenden Wurzel *ten(a)- 'dehnen, ziehen, spannen'; vgl. ahd. donen 'hingestreckt sein' und dennen. Außergermanisch vergleicht sich lat. tenus 'Schnur mit Schlinge', griech. τένων 'Sehne'. EWA. 2,717f., DWB. 2,1220 s.u. Dohne 'Schlinge, Sprenkel, Bügel', IEW. 1,1066. - vgl. mhd. don, done 'Spannung'. doub 'Daumen' (Gl.) - pollex 'Daumen'. Glossare: IV, 190,10 Pollex : doub, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. (Parallelhs. dovm, s.u. dümo). StWG. 105; KFW. 2,726 als Verschreibung gedeutet unter thumo. Herkunft: Unklar. Vielleicht als Variante zu doum 'Daumen' mit bairischer Schreibung für oder eher zu doubön 'bezähmen, bezwingen', doubäri "Bezwinger'. Dies ist möglich, wenn der Glossator einen Zusammenhang zwischen lat. pollex und pollere 'vermögen, stark sein' erkannt hat; dies gehört zur Wurzel *teup'stoßen'. EWA. 2,743. doum 'Daumen' (Gl.) - pollex 'Daumen'. Glossare: IV, 190,10 Pollex : dovm, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. (Parallelhs.: doub). EWA. 2,743.

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Köipertcilbezeichnungen

Herkunft: wenn nicht verschrieben aus —» doub oder dumo, —> dümo, dann mit mhd. doum 'Zapfen, Pfropf aus germ. *pauma- als »-Ableitung zur Wurzel *teus'schwellen'. d r o z d a r m stM. 'Darmausgang' (?), 'Mastdarm' (Gl.) - extähs 'Mastdarm, After'. Glossen zu biblischen Schriften: I,408,6 Extales : dro^darama, I Sm 5,9, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. III, 435,21 Extalis : cro^mago. thm^thara, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. KFW. 2,680, StWG. 108, SAW. 1,126 u. 1,154. Herkunft: Kompositum; wenn nicht ursprünglich eine Verschreibung aus grö^dam vorgelegen hat, dann zu —> dro^a und —> darm. EWA. 2,806. d t o z z a swF. 'Luftröhre, Gurgel, Kehle' (Gl.) - artilla 'Schlund, Kehle* (MlatWb. 1,1001 ),frumen 'Kehlkopf und Kehle, Schlund' (nach J. Andre, Le vocabulaire, S. 76, kein Wort der Glossare. K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 347, belegt es für den galloromanischen Raum), glutta 'Kehle, Gurgel, Schlund', gurgulio 'Gurgel, Luftröhre',guttur 'Gurgel, Kehle'; tuba 'Röhre' (?). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 318,21 Artilla : dbro^a, Greg. hom. Anhang, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. 11, 455,34 Tubam : drovpn, Prud. perist. 1105, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. Glossare: III, 353,61 Guttur : dro^ Gruppengl, Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 439,1 Glutia : drosge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 694,5 Frumen : drosga, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. J h , obd. IV, 170,50 Gurgulio : dro^a, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair.; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. Pn nicht anatomischer Bedeutung StSG. II, 455,34 Tubam : dro^un, Prud. perist. 1105, 'Instrument', sowie 'Ansatzrohr der Trompete'.] KFW. 2,681, StWG. 108, SAW. 1,154. Herkunft: mit ae. drota, afries. in throtbolla, aus westgerm. *prutö(n) 'Kehle'. Daneben stehen Formen mit /-mobile wie as. strata 'Speiseröhre', afries. in strot-bolla 'Kehlkopf', mhd. strode 'Luftröhre, Gurgel'. Daher ist dro^a vermutlich an die Wortfamilie von strotzen anzuschließen. EWA. 2,807f., KS. 196 Drossel2, DWB. 2,1435f., IEW. 1,1027. C.P. Herbermann, Strotzen, S. 69-107, R. Lühr, Expressivität, S. 256f. — vgl. mhd. drov^e u. strode.

dümo

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dtuos stF. 1. 'Rachenmandel', 2. 'Hoden' (Gl.) - glandulae 'Mandeln, Drüsen am Halse, die geschwollenen Mandeln; Halsstück vom Schwein', glans 'Kernfrucht, Bleikugel; Eichel am Penis', inguen 'Leistengegend, Unterleib, Penis'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 233,61 Inguine : druose, Greg, cura 3,16 p. 58, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX; Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. Glossare: 1,14,7 glandula : drosi, Abrogans, Pa. - dhroasi, Abrogans, K. - dm, Abrogans, Ra. - droos, Abrogans R. [vgl. ebd. 14,6 Angina: uuassi.] HSH. 1,133,241 glans, tolis: drus, Summ. Heinr. HSH. II, 6,110 glans, tolüs: drus, Summ. Heinr. HSH. II, 318,135^»/: drus, Summ. Heinr. (StSG. 111,73,57. 178,49. 240,49-51. 276,20. 301,36. 318,34. 325,43. 336,27. 348,55). III, 392,53 Liya. glandula : drus, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. [Die Mehrzahl der Belege erscheint in der Bedeutung 'geschwollene Drüse, Geschwür'.] KFW. 2,692f., StWG. 109 u. 801, SAW. 1,155. Herkunft: EWA. 2,823, DWB.N. 6,1455; -> druos 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst', hegedruos. - vgl. mhd. druos. druosilln* stN. 'Halsmandel' (Gl.) - glandulae 'Mandeln, Drüsen am Halse', tönsillae 'Mandeln im Halse'. Glossare: HSH. II, 318,136 glandula: drüsilin, Summ. Heinr. HSH. II, 6,110 glandula. tonsilla: druseün, Summ. Heinr. HSH. 1,133,242 glandula: drüsiUn [conj.], Summ. Heinr. (StSG. III, 73,60.178,50. 240,53. 276,22. 301,37. 318,35). IV, 69,2 Glandulas: drüskt, Glossae Salomonis (g). (Parallelhs. druosi). KFW. 2,693, StWG. 109, SAW. 1,155; HSH. 3,31. Herkunft: Diminutiv zu druos. EWA. 2,824, DWB. 2,1463. dümo swM. 1. 'Daumen', 2. 'großer Zeh' (BambergerBS.N.; Gl.) - pollex 'Daumen, großer Zeh'. Literarische Denkmäler: Bamberger Blutsegen, S. 377,3 do nämer den dvmen. Notker 4,79,16 Unde ein qem gäro chint kebot stilli mit sinemo chetefingen über den münt kelegetemo. Τά% ist ter nahost temo dümen stät. Glossen zu biblischen Schriften: 1,287,58 Policen : dumun, Ex 29,20, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC.

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Körperteilbezeichnungen

Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 48,32 Polliäs : dumin, Beda rat. temp. 7 p. 322, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. lat. 4° 939, Nr. 834 (früher Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 939, früher Maihingen, Fürstlich (Dettingen-Wallerstein'sche Bibliothek Ms. I. 2. 4° 3); Nr. 287, BV. 45, ca. 990, mfrk. u. obd. II, 370,73 Pollex, digitus: dumo, Prise, inst. 164,23, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair., ebenso (StSG. V, 104,17), Clm 280 A. II, 375,27 Pollex : dvmo, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. II, 499,17 Pollex: tumo, Prud. psych. 364, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. II, 521,43 Pollice : thxmfn (Steinmeyer, dh. thumeti), Prud. symm. II, 1099, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. - thumo, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. Glossare: III,4,8 Polix : thumo, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,43 Polix : dumo, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 18,62 [Pollex] : thumo, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,129,194pollex: dumo, Summ. Heinr. HSH. II, 5,87 polkx: dumo, Summ. Heinr. HSH. II, 427,01.92 pollex: dumo, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,66.178,15. 254,13). III, 362,56 Pollex : dume, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,11 Pixel, pollex : dumo, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfränk. III, 437,15 Polix : duma, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44,2. Viertel 9. Jh., alem. III, 438,10 Pollex : dumo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,14 Pollex: dume, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 506,37 Pollex : dumo, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 662,16 Pollex dumi l ?ehi maisteo, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 155,56 Pollex : dvmo ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair.

dunwanga

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IV, 190,10 Pollex : dovm, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. (Parallelhs.: doub). [Altsächsisch ist StSG. II, 582,75 Pollicem : thümorr, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215.] KFW. 2,726, SchW. 116, StWG. 110, SAW. 1,156. Herkunft: mit as. thümo, afries. thüma, ae. büma zu westgerm. * pitman- 'Daumen, Daumenbreit, Zoll'; daneben im Altnordischen kurzvokalische Formen wie pumall. Wohl als 'der Dicke', Geschwollene' anzuschließen an ai. tümra 'kräftig, stark, feist', lat. tumor 'Schwellung, Aufwallung', turnen 'geschwollen sein' als m-Ableitung an die Wurzel *teua- 'schwellen'. KS. 164, Pfeifer 259, EWA. 2,849f, DWB. 2,845f, IEW. 1,1082, HWdA. 2,174f. Sieh auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 426—432. —> doub, doum. — vgl. mhd. düme. dunwengi, dunwanga st.N. 'Schläfe' (N.; Gl.) - tempus 'Schläfe'. Literarische Denkmäler: Notker 10,498,11 släf mitten oügen ne-lätp ih . noh räuua minen touuuingen er ih stät irfäro . unde herebirga demo Gote iacobis. (1. tün-uuenge ? vgl. Wiener Notker und Windberger Psalter tuneuuengeit). Glossen zu biblischen Schriften: I, 293,67 Tympus : dunuuengi, Idc 4,21, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 383,6 Timpus : dunuuangi, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. - dun. uuengi, St. Gallen, StiftsB. 9 - thunuuengi, St. Gallen, StiftsB. 295. I, 384,41 Timpora : dunuvuengi, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. IV, 264,21 (Tempus) : dunuuenge, ebd., Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 449, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. I, 523,8 Temporibus : tunavuengi, Ps 131,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - dunavueng, Wien, ÖNB 2723. - dunavuengin, Wien, ÖNB 2732. - dunauuengin, Clm 19440. - tunauuengun, Göttweig, StiftsB. 46/103. - tuniwengin, Clm 13002. - tuniuuengen, Clm 14689. - tuniwengan, Clm 4606. - tumwingan, Clm 22258. - tunewen gen, Clm 22201. - tvniwengi, Clm 6217. - tunewange, Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 351,27 Tempore : tuniuuenge, Juvencus 4,525, Clm 19454; Nr. 452, BV. 669, Hs. 11. Jh. II, 355,30 Tempora : dxnxxfngk (dh. dunuuengi), Lucan 9,823, Clm 14505; Nr. 395, BV. 593, 2. Hälfte 11. Jh. II, 355,45 Te'mpora : dunuengiu, ebd., Leiden, UB. Voss. lat. q. 51; Nr. 257, BV. 371, 11. Jh., fränk. u. obd.

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Köfperteilbezeichnungen

IV, 339,4 Timpora : dxnxxfngk (1. dunuuengi), ebd., Clm 4593; Nr. 327, BV. 484, 11. Jh., bair. II, 478,13 Tempora./'. tu uuinga, Prud. cath. 27, Kiel, UB. Cod. MS. KB 145; Nr. 245, BV. 340, um 1000/Anfang 11. Jh., bair. u. alem. II, 534,54 Timpora: tuuenne, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. II, 684,53 Timpora : dun wengi, Verg. Ekl. VI, 22, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 714,32 Tempus : ThunuuenGe, Verg. Aen. IX, 418, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. II, 720,63 Tempora : teniuuana, Verg. Georg. 1,349, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 215; Nr. 19, BV. 50, Hs. 11. Jh., alem. II, 724,40 Temporibus : dunauuingan, Servius in Vergilium, Aen. VIII, 276, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. IV, 369,33 Timpora : dune wemt, Kaisheimer Rezept, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. Glossare: III, 18,31 Timpus : dunuuengi, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,125,134 timpora: tinnewangen, Summ. Heinr. HSH. 1,125,134 timpora: tunnewanga, Summ. Heinr. HSH. II, 5,58 timpora: tunewende, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,55.177,32. 34) III, 391,42 Scamilin. timpus : dunnewenge, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rhein-frk. III, 432,17-19 Tempora : dun uuenge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - tuniuuenga, Clm 14689, Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. - thunuuengiu, Fulda, Hessische LB. C 11; Nr. 147, BV. 167, 15. Jh., alem. (?) ostfrk. (?) - Tbuuuengui, Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1817; Nr. 25, BV. 42,10. Jh., alem. III, 434,8 Timpora : thonewengi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,23 Tempora : dunuvengi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 435,46 Tempora : thunuuengi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 437,23 Timpora : tuniuuenga, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689, Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 437,34 Timpora : tuniwang, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 438,64 Timpora: twcnge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair.

elina

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III, 510,4 Timpora : donewanga, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 510,15 Timpla: donewanga, ebd. [vgl. CGL. 556,1]. III, 661,15 Timpora : tuniwenge quod ana oeeukf est, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 102,51 Timpora: tuniwengi, Glossae Salomonis (c). tuniwengi (d), ebd. tuniwengit (e). dunewetigf (a). KFW. 2,727f., SchW. 116, StWG. I l l , SAW. 1,999 u. 1,1062; HSH. 3,192 s.u. tunnewanga, tinnewanga. Herkunft: ^Compositum; Das Grundwort -wengi ist eine ja- Ableitung zu wanga. Man vergleiche an. punnvangi, ae. punwang(e), -wenge. Für HSH. 1,125,134 timpora : tinnewangen, steht SAW. 1,999 ein gesonderter Ansatz tinna-wengf. Die Bildung erfolgt in Anlehnung an tinna, ist aber nicht unbedingt als eigenständige Variante aufzufassen. — Da sich die Schläfen an der dünnsten Stelle der oberen beiden Backenknochen zu beiden Seiten der Stirn befinden, erscheinen die Belege meist im Plural. Vgl. —> thunubein sowie dtttnen, donen, dunni.

Ε elina stF. 1. Unterarm, Elle', 2. "Ellenbogen' (Gl.) - cubitus Tlllenbogen, Unterarm', ulna "Ellenbogenknochen, Arm'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 568,32f. Accubitum : elina. t arm, Ecl 9,12, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - ellina l arma, Göttweig, StiftsB. 46/103. - elin. I arm, Clm 22201. - elina, Clm 14689. Clm 18036. (Parallelhs.: arm, armo). I, 644,15 Puluillos : elino [Glosse zu eubito], Ez 13,18, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. (Parallelhs.: chusnli,phuluvut). Glossen zu nicht biblischen Schriften: V, 30,16 Cubito : elino, Persius 4,34, Clm 19490, Nr. 723, BV. 676; Hs. 12. Jh. Glossare: III, 18,56 Ulna : elina, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,26 Cubitus : elen, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,129,185 cubitus: elin, Summ. Heinr. HSH. II, 5,82 cubitus: elin, Summ. Heinr. HSH. II, 217,157 cubitus: elina, Summ. Heinr. HSH. II, 217,157 cubitus: eile, Summ. Heinr. HSH. II, 533,265 ulna: elna, Summ. Heinr. (StSG. 71,37. 39.178,6. 227,30. 263,17. 268,26. 296,24. 313,39. 330,63).

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Köiperteilbezeichnungen

III, 353,65 Vlna : elk, Gnippengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,51 Vlna : ele, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,7 Iurstamz- cubitus: etfin, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfränk. III, 409,25 Cubitorum : ellin, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 409,48 Cubitos: ekn, ebd. III, 409,54 Cubitos: ekn, ebd. III, 430,38f. Cubitus: eknbogo. I eltn, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. — elknbogo l ekn, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 431,2 Vlnus secundum quosdamfathem. secundum quosdam ekn, ebd. 111,433,16 Cubitum : helina, Einzelgl, Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,33 Cubitus : elna, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,17 Cubitum : ellina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,5 Vlna : eine, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 661,49 Ulna : eine, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. II, 51,5 Cubitum: elin, Glossae Salomonis (c, d). IV, 109,36 Vlnus: helna. heim (i), Glossae Salomonis. IV, 138,51 Cubitus ·. elnna./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 165,52 Uligo: elnna./., ebd. FF 455,6 Vlna : alne, Alphabetisches Gl., Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362,2. Hälfte 12. Jh., nd. JJ 223,16 Okmos: gr. cubitus, inde ulna diciturpars bracchii./. elnna./., Abavusmaior, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Altsächsisch ist FF 455,6 Vlna : alne·, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 212. - Nicht in rein anatomischer Bedeutung, sondern als ^Längenmaß' bei Notker, im Tatian, sowie StSG. I, 268,8 (cubitus). 318,19. 656,14. II, 687,56 (Septem assurgit in ulnas). Man vergleiche auch 1,268,9 eliname^ das StWG. 125 irrtümlich als Tillenbogen, Elle' erscheint. Als Längenmaß erscheint auch fadam, StSG. III, 431,1 sowie klafßra] KFW. 3,263f., SchW. 123, StWG. 124, SAW. 1,179. Herkunft: mit as. elina, afries. eine, ae. ein, an. atin, got. aleina wohl aus germ. *altnö 'Elle'; einer alten Erweiterung der Wurzel *el- "biegen'. Außergermanisch steht am

elinbogo

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nächsten lat. ulna "Ellenbogenknochen', ait. uikn mit langem Mittelsilbenvokal wie im Gotischen, gtiech. ώλένη und mit /-Suffix ai. aratni. EWA. 2,1044£, KS. 217f., Pfeifer 278, DWB. 3,414, IEW. 1,307f. Der Unterarm ist in den germanischen Sprachen nach dem mit ihm verbundenen Gelenk benannt, als Grundbedeutung ist *Biegung oder Gelenkstelle des Körpers' anzunehmen. - vgl. mhd. eine, elk. elinbogo swM. 1. 'Ellenbogen', 2. 'der gebeugte, angewinkelte Unterarm' (Gl.) alenus "Ellenbogen' (MlatWb. 1,442), cubitus "Ellenbogen, Unterarm', ulna 'Ellenbogenknochen, Arm'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 734,24f. In manus ulnas suas tnelinpogun inelinpogun sino, Lc 2,28, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 438,30 Ulnas : ellinpogvn, Prud. perist. 139, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: III, 4,5 Cumito (1. cubito) : elinpogo, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,55 Cubitus : elinpogo, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,129,185 aknus: elinbogo, Summ. Heinr. HSH. II, 5,83 altenus: ellenbogo, Summ. Heinr. HSH. II, 163,213.2 alenos: ellenbogo, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,40.178,7. 293,40). III, 353,66 Cubitus : ellenboge, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,52 Cubitus : ellenboge, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,6 Luguri^. elenbogo, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - alenus : elenbogo, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfränk. III, 415,40 Cubitis : eilenbogen, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 430,38 Cubitus elenbogo. I elen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. — ellenbogo l elen, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 439,21 Alenus : elleboge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 694,7 Cubitus : ellinbogo, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. IV, 31,16 Aknus : elinbogo, Glossae Salomonis (g), ebd. ellingogo (a). cWingogo (f). elknpogo (c). einbog (k).

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Kötperteübezeichnungen

IV, 168,28 Cvbitus : ellibogi, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair.; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. IV, 185,14 Cubitus : vlna ul mensura vlnarum./. einböge, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - ellepog, Wien, ÖNB 1325. [Altsächsisch ist FF 455,6 Vlnus: ekmbota, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 212.] StWG. 125, SAW. 1,179. Herkunft: Kompositum; mit ae. elnboga, an. q!(n)bogi als bereits im Urgermanischen bezeugte Bildung zu - » el(i)na 'Unterarm' und ahd. bogo "Bogen, Biegung' im Sinne von 'Gelenk'. EWA. 2,1049, KS. 218, Pfeifer 278f., DWB. 3,414f. - vgl. mhd. ellenboge. endi stM. 'Stirn' (O.; G l . ) - f r ö n s 'Stirn'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,2,3f. Tha% scülun uuir i j uuärnn in unsen endin mätön ... Glossare: III, 18,30 Frons : endi, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. III, 432,20 Frons : endi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, 10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11; Nr. 147, BV. 167,15. Jh., alem. (?), ostfrk. (?). III, 434,7 Frons : endi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. MM 72,19 frons, frontis: endi, Grammatikgl., Wien, ÖNB Cod. Ser. nova 3647; BV. 957, Hs. 13. Jh., westmd. [Daneben die Bedeutung 'Außenseite, Außenfläche eines Gegenstandes', StSG. I, 622,23 In fronte : inende, II, 5,20. 236,37. 679,48; Ort. : ende, III, 410,5; teils auch Vermischungen mit enti "Ende, Endpunkt'.] KFW. 3,282, SchW. 123, StWG. 804, StWG. 126, SAW. 1,183. Herkunft: mit an. enni 'Stirn' aus germ. *anpija-. Außergermanisch vergleicht sich ai. äntya- 'am Ende befindlich', griech. άνήος zu ie. *hant- "Vorderseite, Stirn, Ende'. Sieh auch lat. antiae 'Stirnhaare' und kelt. etan 'Stirn'. Das Präfix ant- in Antlit^ etc. stellt sich ebenfalls zu dieser Wortgruppe. EWA. 2,1068f., KS. 220f., Pfeifer 283, DWB. 3,447f. - vgl. mhd. ende, einde 'äußerster Punkt in Raum und Zeit'. endiluz stM. Stirn' (Gl.) -fröns 'Stirn'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 338,6 Attrita frons : scru"taner endilu^ (zwischen Glossen zu Ex 12,48 und 26,19; aber wohl zu Ez 3,7), Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. [hier: 'Entzündung der Stirn"]. KFW. 3,282, StWG. 125, SAW. 1,183 u. 1,577. Herkunft: Kompositum; vermutlich nach dem Vorbild von an(t)lus^ gebildet mit dem Grundwort germ. *lutta. Das Bestimmungswort entspricht aber nicht unmit-

enkil

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telbar ahd. endi, sondern fuhrt auf ein Adverb germ. *anj>i oder *anii 'entgegen', als das dem Partner gegenüber liegende Gesicht. EWA. 2,1069. an(t)lus^i. endin stN. 'Stirn' ( M H . ) - f r ö n s 'Stirn'. Literarische Denkmäler: Isidor 35,9 ...mit dhemu unscama habendin andine quhedhant leogando ... (u.ö.) Murbacher Hymnen 24,9,3 themo mir ke^eichanta endinum (qua nos signati frontibus). KFW. 3,282 s.u. endi, SchW. 123, SAW. 1,183. Herkunft: wohl eine Substantivierung eines Adjektivs germ. *anpina- 'sich auf das Ende beziehend'. EWA. 2,1069f. encha swF. 'Fußknöchel' (Gl.) - tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,419,25 Talari .i. usque ad tabs, enchun, II Sm 13,18, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. (Parallelhs.: enchilun). KFW. 3,294, vgl. auch 1,529; StWG. 804, SAW. 1,23. Herkunft: Es dürfte sich um eine Kontamination (oder Verschreibung) handeln aus —> ankala, anka und enkil, s. auch E. Knetschke, Genick und Knöchel, S. 21 f. enkil stM. 'Fußknöchel, Fußgelenk' (Gl.) - tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 307,41 ... a talo ./. enchila, Gn 37,3, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - enchil, Clm 4606. I, 419,23 Talari .i. usque ad talos. enchilun, II Sm 8,4, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, 2. Hälfte 10. Jh., bair. - enchilin, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - enchil,\ Götteig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 17403. - enchun, Clm 14689. - enchilitiuf.i. usque talos, Wien, ÖNB 2732. IV, 282,1. 282,16 Talus: enchil teut, Ez 47,3, Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362, 2. Hälfte 12. Jh., nd. - enkilLeipzig, UB. Ms. 106. Leipzig, UB. Ms. 107. - enkel, Oxford, BL. Laud. lat. 14; Nr. 497, BV. 728,13. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 707,2 ( ) Talus : enkil, Verg. Aen. II, 239, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./ll.Jh., mfrk. IV, 369,39 Talo : enclie, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. Glossare: III, 52,49 Talus : enkil, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,134,246 talus: enkil, Summ. Heinr.; (Paralellhs.: enkilin). HSH. II, 6,113 talus: enkil, Summ. Heinr.

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Körperteilbezeichnungen

(StSG. III, 74,36.178,56). III, 354,23 Talus : enkl, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,40 Talus : inkel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,65 Croui% talus : enkil, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfränk. III, 409,78 Talos : enchel, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 431,38 Talus : enkel, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., ebenso Marburg, UB. Mscr. 39. 111,435,13 Tali : (enchila, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,54 Tali : encla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 438,45 Tali ·. enchila, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,38 Talus ·. enchel, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 662,9 Thalus : enchel, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 691,36 Talus : enchil, Mischgl., Altenburg, StiftsB. AB 13 A 11; Nr. 8, BV. 9,13. Jh., obd. III, 694,28 Talus : einchil, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. IV, 100,33 Tala : enchila, Glossae Salomonis (c, k), ebd. etnchila (g). enchil^ (i). enchil (a, d). Enchil (b). IV, 100,41 Talus: enchila, Glossae Salomonis (c, k), ebd. anchilla enchik (i). enchil (d, e). (Parallelhs.: anchald). IV, 162,13 Talus : enchil:./., Glossae Salomonis London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 192,57 Talus : enchel. compago pedis, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - compago pedis i. enchel, Wien, ÖNB 1325. Mayer 126,8 talus . compagopedic : enchal, Glossarium latinum, Isid. etym., Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. HHH 21,10 Talus : Enchil, Glossar, Ljubljana, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh. KFW. 3,295, StWG. 126, StWG. 804, SAW. 1,623. Herkunft: eine umgelautete Variante neben —> anhakt, s. auch E. Knetschke, Genick und Knöchel, S. 21 f. — vgl. mhd. enkel.

era

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enküln stN. 'Fußknöchelchen' (Gl.) - tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Glossare: III, 19,26 Talus : encü, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. [Eher eine Verschreibung aus enkil?] HSH. 1,134,246 talus: enkilin, Summ. Heinr.; (Paralellhs.: enkil). HSH. II, 513,316.34 talus: aenck, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,35. 261,56). III, 418,30 Talos : enketin, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. KFW. 3,295, StWG. 126, SAW. 1,23. Herkunft: Diminutiv zu - » enkil. EWA. 2,1075; s. auch unter anka/a. - vgl. mhd. enkilin. enkiling, engelrinch, engesint stM. 'Achillessehne' (?) (Gl.) - varix 'Krampfader, Kropfader (bes. an den Schenkeln)'; vgl. aber L. Diefenbach, Glossarium, S. 606, wo enkiling in der Bedeutung 'Achillessehne' mit senader, kniadere verbunden wird. Glossare: IV, 193,63 Varix est neruus quo rupto claudicat ullus in femore l engesint, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. - l engelrinch, Melk, StiftsB. Κ 51. KFW. 3,294, StWG. 126 'Schenkelknochen*, SAW. 1,23. Herkunft: mit dem hier die Zugehörigkeit ausdrückenden Suffix -ing zu —> enkil 'Knöchel, Fußgelenk'. EWA. 2,1075. Beide Glossen sind volksetymologisch umgedeutet. era stF. 'männliche Genitalien, Vorhaut' (Gl.) — genitalia loca 'Schamteile', tUum Unterleib, Magen, Eingeweide', praeputium ΎοΛβ^', verenda 'Schamglieder'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,312,20 Uertndor: era, Gn 9,22, St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775, 10. Jh., alem. I, 363,60 Locis genitaübus stetim dera erom edo kiburtlihhem, Nm 25,8, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 379,42 Prepuäorum: erono, los 5,3, ebd. I, 427,12 Usque ad ilia unrq φ prom, II Rg 20,8, ebd. P i e Mehrzahl der Belege (B.DH.GB.I.MH.N.NG.O.OG.WH.; Gl.) erscheint in der nicht anatomischen Bedeutung 'Ehre, Ansehen, Erhabenheit'.] KFW. 3,352, SchW. 124, StWG. 129, SAW. 1,186. Herkunft: mit as. era, afries. ere, ae. är, sowie an. eir zu germ. *ai^ö- 'Achtung'. EWA. 2,111 Of., KS. 206, DWB. 3,55,4). Die anatomische Bedeutung entsteht aus euphemistischem Gebrauch. Sie erscheint nur in Bibelglossaren.

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Köiperteilbezeichnungen

erhell stF. 'männliche Genitalien' (Gl.) - turpitude 'Schändlichkeit, Unsittlichkeit', virilia 'die männlichen Schamglieder'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,293,29 Turpitudo •. scama erheli, Ex 28,21, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 325,11 (Uriäa) : erheli, Can. apost. XXI, Bamberg, StB. Msc. Can. 2; Nr. 12, BV. 22,1. Hälfte 10. Jh., obd. KFW. 3,394f., StWG. 132, SAW. 1,186 u. 1,376. Herkunft: Kompositum; zu —» era. Das Grundwort gehört vermutlich zu ahd. heli 'Hülle'. Die Bildung ist aber auch semantisch unklar, am ehesten wird es sich um eine verhüllende Bezeichnung handeln, was aber misslich ist, da era selbst - wenn auch nur vereinzelt bezeugt - bereits verhüllend gebraucht wird. EWA. 2,1129. Vielleicht ist helt daher als Umdeutung eines älteren, noch in an. halt 'Schwanz' vorliegenden Substantivs zu deuten, das auf ai. sali- 'Stock, Spitze' zurückgeht. Das Wort erscheint nur in theologischen Texten.

F fadam —> elina vähenzand* (?) stM. Eckzahn' - molaris {dens) "Backenzahn, Stoßzahn'. Glossare: HSH. 1,127,166 molares, genuini: vahencvpnd, Summ. Heinr. (Parallelhs.: backoZand). (StSG. III, 70,65 Molares: vahnc^end, Clm 23796). KFW. l,784f., StWG. 40 s.u. backo^and, SAW. 1,197 u. 1,1171; HSH. 3,38 fahenψηά. Herkunft: Vermutlich nicht einfach eine Verschreibung aus farrencvvnd zu farm 'Stier, Ochse', vgl. —> vam^anfd), sondern eher eine volksetymologisch motivierte Umdeutung in Anschluss an ahd. fähan 'fangen, ergreifen', die auch fnhd. wieder begegnet. Dann wäre von einer Bedeutung 'Fangzahn' auszugehen'; DWB. 3, 1238. fahssceitela swF. 'Schädel' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 9,230,16 Aber. doh er mortem lite . er gefnotSt diu hoübet sinero fiendo . unde diafähs-seeitelun derofollafarenton in in missetäten. SchW. 128, KFW. 3,527; SAW. 1,199. Herkunft: Kompositum; nur ahd.; zu ahd.fahs 'Haar' u. —> seeitila 'Scheitel, Kopf, daher eigentlich 'Haarscheitel, Wirbel'.

fei

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varrozan* stM. 'Schneidezahn' (Gl.) - precisor 'Schneidezahn'. Glossare: HSH. 1,127,164 precisores : varreceni, Summ. Heinr.; (Parallelhs.: vordirceni, s.u. vorderem (dj). HSH. II, precisores: uarcene, Summ. Heinr. (StSG. III, 177,64). [Nur für den zweiten Beleg wird StWG. 173 ein Lemma vornan 'Schneidezahn' angesetzt; vgl. HSH. 3,40. - Man vergleiche auch das Syntagma StSG I, 702,3f. Taureis: uamnenvgncf, u.ö. sowie mhd. vähen^and Eckzahn' ?] KFW. 3,1176, StWG. 807; vgl. StWG. 806, SAW. 1,1171 fora-^and 'Vorderzahn, Schneidezahn'. Herkunft: Kompositum; zu ahd. farro 'Stier', als 'Stierzahn'? oder wie ae. foretep 'Schneidezähne', zu fora-. Dies ist als Verzahn 'Vorderzahn, Schneidezahn' im Deutschen seit dem 18. Jahrhundert neu belegt. DWB. 12,2,1980. faz stN. Tenis' (Gl.) - väs 'Gefäß', vasa PI. auch 'Hoden, Schamglied'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 411,51 Et fuerunt uasa pueromm sancta inti uuarun fa\ chehto uuihiu, I Sm 21,5, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. [Alle übrigen Belege in der Bedeutung 'Gefäß, Behältnis' (MF.MPs.N.NG.O.) und 'Instrument' (B.T.).] KFW. 3,669, SchW. 131, StWG. 143, SAW. 1,215. Herkunft: Es handelt sich wohl um eine Lehnübersetzung nach dem Vorbild lat. väs, vasa. Allerdings kann sich die selbe Motivation zur Bedeutungsentwicklung, die für das Lateinische gut bezeugt ist, unabhängig davon auch im Althochdeutschen vollzogen haben. Für das Mittelhochdeutsche scheint sie nicht belegt zu sein; vgl. mhd. va% 'Fass, Gefäß'. fei stN. 'Haut, Fell; Häufchen' (O.PN.; Gl.) -pellis 'Fell, Pelz, Haut'; versipellis 'verwandeln', eigend. 'das Fell, seine Gestalt wechseln'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,20,30 Thie selbe irstantent alle fon thes Itchamen falle ... Mit themo selben beine, ändere niheine, mitfleisge ioh mit feite. Pro Nessia 374, Β 4 fonna demu fleiske in dasjel, fonna demo velle in di% tulli. Glossen zu biblischen Schriften: I, 541,56 Versipellis : abuhes feiles, Prv 14,25, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossare: III, 18,20 Pelis: fei, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 354,17 Pellis : fei, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd.

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Körperteilbezeichnungen

III, 363,54 Pellis : uel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. [In nicht anatomischer Bedeutung StSG. I, 212,25 Melotis : da^fel municha fora im tragant, Abrogans, R., als 'Schaffell als Kleidungsstück der Mönche'; zu lat. melötis .Schaffell'. - Vergleiche auch IV, 414,19 thaζ innera fei 'Zwerchfell' unter tnnetfel sowie als Glosse zu membräna in der Bedeutung 'Star' unter - » fe/ im Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen".] KFW. 3,699f., SchW. 131, StWG. 145, SAW. 1,220. Herkunft: mit as. afries .fei, it. feil, an .fiall,fell, got. -fill aus germ. *fe!Ia- 'Haut, Fell'. Außergermanisch vergleicht sich etwa lat. pellis, griech. πέλλας aus der Wurzel *pel'bedecken, verhüllen'. KS. 258, Pfeifer 335, DWB.N. 9,328f., IEW. 1,803 - vgl. mhd. vel. vellihhln* stN. 'Zwerchfell' (?), Netzhaut (?)' (Gl.) -frenum 'Gebiss, Zaum, Zügel'; mediz. auch 'das Bändchen, womit die innere Vorhaut an der Eichel haftet'; möglicherweise auch 'Hirnhaut' (vgl. K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 348). Glossare: HSH. 1,135,267 fren : velüchen, Summ. Heinr. (de interioribus hominis; Parallels.: veMn). (StSG. III, 75,40). KFW. 4,728f., StWG. 147, SAW. 1,220 'Zwerchfell'. Herkunft: wenn keine Verschreibung aus —> velklin, dann als unklare Bildung zu feil, wohl ein Diminutiv. DWB. 3,1498 s.u. Fellchen. vellelln* st.N. 'Zwerchfell' (?), Netzhaut (?)' (Gl.) -frenum 'Gebiss, Zaum, Zügel'; mediz. 'das Bändchen, womit die innere Vorhaut an der Eichel haftet', membräna 'dünne, zarte Haut, Hirnhaut', membränula 'das dünne, innere Häutchen, Augenmembran', bei Cael. Aur. auch 'Hirnhaut' (vgl. K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 348). Glossare: HSH. II, 7,132 membranula, membranum: vellelin, Summ. Heinr. HSH. 1,135,276 fren : veläün, Summ. Heinr. (De interioribus hominis; Parallelhs.: vellicheii). HSH. II, 366,136 membranum, membranula : uellili, Summ. Heinr. (De homine et eius membris; Parallelhs.:^. (StSG. III, 75,37.179,1. 303,47. 320,29). [Ob StSG. II, 20,60 Seit is, tonica malt ( ) onica l pellis .i. uuillilon, Aldh. laud. virg. 179,21, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10/11. Jh., fränk. (?), mit Verschreibung hierhergehört, so vermutungsweise KFW., oder ob mit StWG. 147 feltila 'Haut' anzusetzen ist, bleibt in diesem Zusammenhang unerheblich, da die aktuelle Bedeutung 'Schale eines Apfels' lautet.]

fersna

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KFW. 4,730, StWG. 147, SAW. 1,220 (wo beide Ansätze wohl zusammengefasst werden). Herkunft: Diminutiv zu ->/*//, DWB. 3,1498 s.u. Fellein. ferah stN. 1. 'Herz (als Sitz des Lebensprinzips)', 2. 'Körper (als Sitz des Lebensprinzips)' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 4,33,27f. Ein thero knehto thi^gisäh, ioh sjferehe er nan stäh, mit speru er tharψα gülta, indeta mo this sita. Otfrid 5,1 l,42f. tha\ uuestin sie uuäre, tha% er thatferah habeta, in tichamen Ubeta. [Die übrigen Belege (H.OT.T.; Gl.) in der Bedeutung "Leben, Lebenskraft, Seele, Alter.] KFW. 3,739f., SchW. 132, StWG. 147, SAW. 1,224. Herkunft: mit as. ferah, ae. feorh, an. fjar got. fairhvus aus germ. *ferhwa- 'Lebenssaft)', das auf ie. *perkwo- bzw. *perkwu- "Leben, Lebenskraft, LebensstofP zurückfuhrt; s. W. Meid, Zum indogermanischen Wortschatz, S. 98f. Das Wort bezeichnet zunächst die stoffliche Lebenskraft des menschlichen Körpers, das „Lebensprinzip". Im Althochdeutschen ist diese Bedeutung noch resthaft bezeugt, denn auch nach dem Verblassen der Vorstellung eines stofflichen Lebensprinzips neben Körper und Seele in christlicher Zeit konnte ferah durch die metonymische Verwendung des „Lebensprinzips" für den „Sitz des Lebens" zumindest noch für Körperteile gebraucht werden, die - wie das Herz (Otfrid 4,33,27) - als „Sitz des Lebens" galten oder für den ganzen Körper selbst (Otfrid 5,11,42). Man vergleiche H. Eggers, Altgermanische Seelenvorstellungen, S. 295, B. La Farge, 'Leben* und 'Seele', S. 98f. u. S. 170f. - vgl. mhd. verch 'Leib und Leben, Fleisch und Blut'. ferhbluot 'dem verwundeten Körper entströmendes Blut' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 1,119,7f. ter roma ferbranda . unde da% hertuom sluog . sinen brüoder slüog . tinde sih tära / näh plüotegota gimmelicho. mit stnero muoterferhpluote. KFW. 3,740, SchW. 132, StWG. 148, SAW. 1,84 u. 1,224. Herkunft: Kompositum; zu —> bluot, ferh. fersna, fersana stswF. 'Ferse' (N.OT.T.; Gl.) - calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (MlatWb. 2,98), planta 'Fußsohle', tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Literarische Denkmäler: Notker 8,167,23 Vmbe gif et mih danne sa% unreht minero firsenun . da% chit mines endes. (u.ö.) Tatian 553,24f. ... ther mit mir i^pjt brät ther hefit uuidar mir sinafersnun. Glossen zu biblischen Schriften:

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Körperteilbezeichnungen

1,298,51 Tali mei: minouersna, IV Rg 22,37, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741,2. Hälfte 9. Jh., mfrk. I, 397,8f. Cake abiecisti : mit versano spurntost, I Sm 2,29, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - mit fersano, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - mituernnaspurntist, Clm 14689. - mit versin, Clm 22201. I, 517,8f. Caicanei mei : versina I sola, Ps 48,6, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. - uersina l sola, Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. Clm 22258. - versinna. I sola, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - versin. t solen, Clm 6217; (Parallelhs.: entesmines: gntgsmlings). IV, 275,3 Calcanti : uersne ui sata, ebd., Codex Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. Jh., ahd. V, 7,29 Cakanei : v'stn, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. I,740,2 Calcaneum suum. i.finem.fersna, Io 13,18, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 311,35 Uua cakibus uuin peri fersanom, Greg. hom. 1,15 p. 1490, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. SS 393,3 talus : fersna, Prise, inst. 110,6, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972,2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. II, 369,14 Calx : versina, ebd. 118,9, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./ 11. Jh., obd. II, 370,68 Calx: uersana, ebd. 164,6, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair., ebenso Clm 280 A. II, 548,68 Cakis : fersinno, Prud. psych. 653, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 593,68 Cakibus: versnun, Prud. psych. 596, Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. Glossare: III, 9,33 Cakanea : fersna, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,27 Cakaneum : fersna, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,134,248 calx, cakaneus: versina, Summ. Heinr. HSH. II, 218,162 calx, cakaneusIcakaneum: fersina, Summ. Heinr. HSH. II, 418,389 planta: fersina, Summ. Heinr. HSH. II, 6,114 calx, cakaneus: versna, Summ. Heinr. (StSG. 111,74,47. 178,60. 227,40. 252,31. 268,30. 296,31. 313,46. 331,10. 348, 8 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β X 18, Nr. 36 u. Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 87). III, 354,24 Calx et cakaneum : vers, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd.

fingar

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III, 363,41 Cats : uersana, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Ill, 392,66 Vni^a. calcaneus : versna, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. Ill, 413,36 Cake : uersene, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 435,30 Calcaneum : fersana, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,52 Cakanti : fersana, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 436,62 Calcaneum : uersina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,46 Calcaneus : uersana, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,57 Cakaneo': uerse, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 662,12 Calcaneus : :uersine, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 694,31 Calcaneus : versina, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. IV, 182,54 Catix cis versen, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. [Altsächsisch ist StSG. III, 722,30 Calx l calcanus : fersne, vgl. J. Riecke, Anatomisches, S. 212.] KFW. 3,757f., SchW. 132, StWG. 148, SAW. 1,225. Herkunft: mit as. fersna aus germ. *fersnö 'Ferse'. Daneben, mit anderer Stammbildung, ae. fiersn, jyrsn und got. fair^na. Die Bildungen sind lautlich und semantisch unklar, der Zusammenhang mit lat. perna 'Hüfte, Hinterkeule' (< *persna), heth. parsina ist wahrscheinlich. Es liegt dann eine Bildung mit -«»-Suffix vor. KS. 260, Pfeifer 337, DWB.N. 9,366f., IEW. 1,823, H. Krähe - W. Meid, Germanische Sprachwissenschaft III, S. 106. - vgl. mhd. versen. fingar stM. 'Finger' (I.M.N.O.OT.T.WH.; Gl.) - artus 'Gelenke mit ihren Gliedern, Gliedmaßen', digitus 'Finger, Zehe', pugillus 'kleine Faust' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 471), summa manus. Literarische Denkmäler: Isidor 19,6 alle dhea dhrinissa in fingn ^alu bifenc. Muspilli 72,92 dar seal denne hant sprthhan, houpit sagen, allen Udo uuelihc untq in den luqgun uinger... Notker 8,25,14 ih gestehe die himela. uuerg dtnero fingen, (u.ö.) Otfrid 1,2,3 f. Fingar thinan dua ana mitnd minan, then ouh hdnt thina in thia yttngün mtna.

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Körperteilbezeichnungen

Tatian 275,7f. er ... santa sina uingara in nnu orun. inti spiuuanti ruorta ήηα apngun. (u.ö.). Williram 37r,24 mine utngera umrdon vol den quekkeston mtrron. Glossen zu biblischen Schriften: 1,387,38 F/exo poplite: kifaldanemfingarü c edo coufanom, Idc 7,6, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. 1,422,1 Qui senos in manibus pedibusque habet digitos .i. in utraque manu. VI. digitos fingra habebat, II Sm 21,20, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. 1,423,27 dass., Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, letztes Drittel 11.Jh I,453,lf. Summas manus vornentigavingara, IV Rg 9,35, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - fornentiga uingara, Wien, ÖNB 2732. - vorntigavingara, Wien, ÖNB 2723. - uornentig} iungiri, Clm 14689. - uorentiga uingera, Göttweig, StiftsB. 46/103. (Parallelhs. dichubik). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,49,1 Pugfllo : drin fingoron, Beda schem., p. 180, Clm 14420; Nr. 388, BV. 583, Hs. 2. Hälfte 9. u . l l . Jh. II, 235,27 Digito : fingere, Greg, cura 3,23 p. 71, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. Glossare: 1,20,27 digitus: fingar, Abrogans, Pa. K. Ra. III, 9,42 Digiti: ftngra, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 18,59 Digitus : fingar, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 5,87 digitus: finger, Summ. Heinr. HSH. 1,129,194 digtus: vingere, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,63.178,14). III, 362,55 Digitus : rnnger, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,10 Zirins. digitus : finger, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 437,14 Digiti : Fingri, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 439,13 Digitus: finger, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 4,28 Artus: fingar, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 53,53 Digfti: uingir, Glossae Salomonis (d), ebd. vingir (f). uinger (e). KFW. 3,878f., SchW. 134, StWG. 153, SAW. 1,234.

flazziu hant

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Herkunft: mit as.fingar, ae.finger, za.fingr, got. figgrs aus germ. *fengra- (oder *fingra?), das mittelbar oder unmittelbar wohl zum Zahlwortfönf gehört. Aber auch der Anschluss an die Verbalwurzel von fangen ist nicht völlig ausgeschlossen. KS. 266, Pfeifer 344, DWB. 9,509f., IEW. 1,808, HWdA. 2,1478f. Muspilli 72,92 findet sich das Syntagma huygun uinger Tdeiner Finger'; s. W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 447. - vgl. mhd. vinger. fingatläri stM. 'Ringfinger' (Gl.) - anularis 'Ringfinger' (MlatWb. 1,725£). Glossare: III, 439,17 Anularis : vinger/tm, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 3,880 vingerlare, StWG. 154, SAW. 1,234 fingar-il-äri. Herkunft: zu —>fingarals fingar-il-äri oder eher eine Lehnbildung nach lat. änu/äris wie absaläri zu ahsala mit /-Erweiterung wie in nhd. Tischler, Künstler. Durch die Praxis Körperteile zu personifizieren war die Übertragung einer Bildeweise für nomina agentis auch auf den Finger möglich; s. auch DWB. 3,1649f. u. Fingeier. — vgl. mhd. vingerkr. flazza F. 'flache Hand, hohle Hand' (Gl.) - palma 'die flache Hand', vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 264,9 (Palme [manus]) : flo^on, Idc 3,16, Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 449, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. I,443,38 {Palmas) fecitpalmas cherubim Ιβαψη, III Rg 7,36, Clm 9534; Nr. 365, BV. 548, Hs. Anfang 9. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 514,27 Uo/a : fib^b (1. fia^a), Prud. apoth. 860, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., a l e m . - f l a ^ a , Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 537,45 Vola : flasga, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut. 16.5; Nr. 137, BV. 151,13. Jh., alem. Adespota: IV, 221,55 Palma : flauet, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. Paneben in der Bedeutung 'Fußsohle' StSG. 11,309,18 Sub plantis eius : untar fuaigum nnem edo flavgum, Greg. hom. 1,10 p. 1468, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Sieh auch ->· floga] KFW. 3,943, StWG. 162, SAW. 1,241. (ebenso afiarflauem?) Herkunft: nur ahd., vgl. aber schwed. flata, dän. haandfiade, eine Ableitung vom Adjektivfla^'flach'. DWB. 3,1771 s.u. 'ebene Räche', IEW. 1,834. flazziu hant 'flache Hand' (Gl.) -palma 'die flache Hand' (s.a. u. hant). Glossen zu biblischen Schriften:

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Körperteilbezeichnungen

I, 287,30 Palma : fla-giu hant, Ex 9,29, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 287,66 dass., ebd. StWG. 162. Herkunft: Nominalgruppe; s. —> flavga, hant. fleisc(h) stN. 1. 'Heisch (des menschlichen Körpers)', 2. *Leib' (N.O.T.Pariser WS; Gl.) - coro 'Fleisch'. Literarische Denkmäler: Notker 10,563,5 darslindetfleisgmin suert. Otfrid 5,20,30 Mit themo selben keine, ändere niheine, mitfleisge ioh mit feile, thöh er io niuuölle. Tatian 677,19f. gisehet mino henti Inti fuoq tha\ ih selbo bin greifet Inti gisehet bidiu uuanta getstfleisg Inti gibeini nihabet so ir mih gisehet haben. Pariser Wurmsegen, S. 373,4,1 Ihgebiude dir, wurm, du in demo fleiske Hgest... Glossen zu biblischen Schriften: I, 275,40 Caro uiuo : qhuec mardaro fteisc qhuecas^ Lv 13,10, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. - f l e i ' c queccha^ Oxford, BL. Jun. 25. I, 349,29 Can uiua : quechaifleisc, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 11. Jh., bair. - chvecha^ßeisc, Clm 14689. - quecaat^fleisc, Göttweig, StiftsB. 46/103. quecha^ fleisch, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - queccevjlesch, Clm 22201. - queci^fleisch, Clm 13002. Clm 17403. I, 295,12 Uicina carne : nahe:mu fleiske, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. - nahemufleiske, Oxford, BL. Jun. 25. Glossare: HSH. (StSG. III, 177,21 Can : fleisc, Summ. Heinr., De homine et eius membris). [Davon zu trennen sind die Bedeutungen 'Heisch, Leib (des tierischen Körpers)', da diese dann als Nahrungsträger aufzufassen sind (B.C.GB.GP.I.MF.MH.N. NG.OT.PG.PN.PT.T.WK.; GL). Für die Bibelglossen, Lv 13,10 u. 13,21, gilt wohl die Bedeutung 'wildes Heisch' als Bezeichnung einer Erkrankung; —> wildfleise.] KFW. 3,955f., SchW. 135, StWG. 163, SAW. 1,243. Herkunft: mit as. afries. flesk, ae. fläsc, dazu wohl (endehnt) an. flesk(i) 'Speck' aus germ. *fleiska- 'Heisch'. Der ie. Anschluss ist nicht ausreichend klar. KS. 271, Pfeifer 353, DWB. N. 9,602f., IEW. 1,835. - vgl. mhd. vleisch. flezza swF. 'Ferse' (?) (Gl.) - calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (MlatWb. 2,98). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 288,9 Calcibus : flei^ un, Greg. hom. 1,15 p. 1490, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair. KFW. 3,965, StWG. 810.

vorbtust*

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Herkunft: Form und Herkunft sind unklar, vielleicht eine Verschreibung aus βαψη>, vgl. —> flatga. Neben fleiga steht fle^g 'Halle, Tenne', das semantisch zu weit ab steht. Hierfür ist ein Beleg für die Bedeutung 'Fußsohle', so StWG. 164 neben 'Halle, Tenne', nicht auszumachen. Vgl. KFW. 3,965f., SAW. 1,241. folma stF. 'flache Hand' (Gl.) -palma 'die flache Hand'. Glossare: III, 432,1 Palma : folma, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. [Daneben Isidor 19,10 in der übertragenen Bedeutung 'Längenmaß'.] KFW. 3,1065, SchW. 138, StWG. 170, SAW. 1,1216. Herkunft: vgl. as. ae. folm. Wohl urverwandt mit griech. παλάμη, lat. palma, air. läm 'Hand'. IEW. 1,806. foraherzida stF. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen)' (Gl.) praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 587,20 Precordia forahercida, Sir 33,5, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. (Precordia fatui quasi rota cam. „Des Narren Herz ist wie das Rad am Wagen.") KFW. 3,1154, StWG. 171, SAW. 1,386. Herkunft: zu —> vorher^, *forahersj, als Ableitung mit dem Suffix -ida, s. auch —> furihenjda. forahoubet* stN. 'Vorderteil des Kopfes von der Stirn bis zum Scheitel, Vorderkopf (Gl.) - sinciput 'der halbe Kopf, Vorderkopf, Schädel, Hirnschale'. Glossare: III, 353,46 Sinciput :forhoibt, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,17 Sinciput: uorehouuet, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,9 Forischial. sinciput: uorhoibeth, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. KFW. 3,1154, StWG. 171, SAW. 1,404. Herkunft: Kompositum; zu ahd.fora 'vor, vorn' u. houbet, vgl. afries.farehtfl, ae. forheafod. DWB. 12,2,1172f. - vgl. mhd. vür-, vorhoubet. vorbrust* stF. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle, Zwerchfell' (Gl.) - praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'.

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Körperteilbezeichnungen

Glossare: III, 363,6 Precordium : ubroste, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 171.; nicht KFW. Herkunft: Kompositum; zu ahd. fora 'vor, vorn' u. - » brüst. DWB. 12,2,939; s. auch —> forahenjda. - vgl. mhd. vorbrust. vorderzan* stM. 'Schneidezahn' (Gl.) - prectsor 'Schneidezahn'. Glossare: HSH. 1,127,164 Precisores dicuntur anteriores vordircetti, Summ. Heinr.; (Parallelhs.: vamceni, uarcene, s.u. varro^an); (StSG. III, 70,58). KFW. 3,1188, StWG. 173, SAW. 1,1171 'Vorderzahn, Schneidezahn'; HSH. 3,47. Herkunft: Kompositum; zu ahd. fordern 'der Vordere' u. —> ψη(ά). DWB. 12,2, 977. vorheize* stN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle, Zwerchfell (?)' (Gl.) - praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'. Glossare: III, 52,53 Precordia : vorhfse, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 354,8 Precordium -.forherte, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. [wohl verlesen oder verschrieben aus verberge]. KFW. 3,1188, StWG. 171, SAW. 1,385. Herkunft: Kompositum; zu ahd. fora 'vor, vorn' u. her^a. Ursprünglich eine Zusammenbildung aus lokaler Präposition und Substantiv zu einem neuen JaStamm, s. DWB. 12,2,1199, W. Henzen, Deutsche Wortbildung, S. 136. Das Herzzentrum wird seitlich des Herzens in der Körpermitte lokalisiert und gilt in älterer Zeit als Sitz der Empfindungen. Von dort dürfte eine Bedeutungsübertragung auf das unmittelbar unterhalb des Herzzentrums gelegene Zwerchfell stattgefunden haben. Sieh aber auch zur griechischen Tradition, in der das Zentrum als Teil der Seele aufgefasst wird, S. Schroer - Th. Stäubli, Die Körperteilsymbolik, S. 57; zu lat. praecordia s. J. Andre, Le Vocabulaire, S. 220f. - vgl. mhd. vorher foraönti 'Glied, Finger' (Gl.) - artus 'Gelenke mit ihren Gliedern, Gliedmaßen'. Glossare: 1,16,37 Artus: fomonti, Abrogans Pa. (Parallelhs. fornontig). SAW. 1,256; KFW. 3,1193 s.u. fornon% Adj. 'vorn befindlich', substantivisch als 'Finger'. Herkunft: zum Adjektiv fornöntig, fornentig 'vom befindlich'; s. auch -> aftanontig.

fuoz

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fuhti stF. 'Körperflüssigkeit, Lebenskraft' (Gl.) - ümor 'Feuchtigkeit, Flüssigkeit (des Blutes, im Leib, der Tränen)', vigor "Lebenskraft'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 528,58 Uigore : fochtk (Steinmeyer, zur Stelle: dh. fuhti), Prud. symm. II, 197, Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. Glossare: III, 19,36 Umor: fuhti, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. [Die Mehrzahl der Belege ist auf Feuchtigkeit in einem allgemeineren Sinne (etwa Summ. Heinr., StSG. III, 242,1) oder wie StSG. 1,502,45 Odorem : fuhti, zu lob 14,9 allgemein auf die Lebenskraft des Wassers bezogen, nicht auf die Körperflüssigkeit selbst. Zu —»fühti in der Bedeutung '(eitriger) Ausfluss' s. im Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen".] KFW. 3,1315f., StWG. 182, SAW. 1,271. Herkunft: zum Adjektiv ahd. füht(i) 'feucht, nass, flüssig', das wohl germ. *funhtivoraussetzt. KS. 261f., DWB. 3,1578, IEW. 1,808, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 221 f. Das Wort bezeichnet eine humoralpathologische Qualität als Gegenteil von dum 'Trockenheit'. Zur Sache sieh G. Keil, Altern und Alter, S. 47, ders., Beobachtungen, S. 10. fuoz stM. 'Fuß' (Aps.B.GB.I.MH.MZ.N.NG.O.OT.PT.RhC.T.WB.WH.; Gl.) calx Terse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (MlatWb. 2,98), pes 'Fuß', planta 'Fußsohle', vestigium 'Fußsohle'. Das Wort ist mit Ausnahme der unten aufgeführten Einzelbelege in den literarischen Denkmälern in der Bedeutung 'Fuß' bezeugt, so dass alle übrigen Belege hier nicht gesondert aufgeführt werden brauchen. Glossen zu biblischen Schriften: I, 374,8 Pes tuus non est subtritus : fuaζ diner nist farstivganer, Dt 8,4, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 276,23 Cake :fua^e fine, I Sm 2,29, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 699,53f. Priorts calces: divordorII Macc 3,25, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. — diauordrorun vüo^i, Clm 19440. I, 746,36f. Super pedes : andenfuoqm, Act 14,9, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - ananden vuo^un, Wien, ÖNB 2732. - anadenuvoqn, Wien, ÖNB 2723. - αηάεηνύοψη, Clm 19440. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 278,35 Uestigia : fuoq, Greg. hom. 1,7 p. 1459, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Clm 9573. ÖNB 2723. ÖNB 2732.

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Körperteilbezeichnungen

II, 309,17 Sub pkrntis eius : untarfuaigum sinem edoflas^um,ebd. 1,10 p. 1468 Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. (s. oben auch u. flaaza) II,631,68 Temptatura pedes : pichornscolontiu uöanj, Verg. Georg. 11,94, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. Glossare: III, 9,34 Pedes : foo%, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,30 Pes : fuoζ t stapfo, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 6,114pedes Summ. Heinr. HSH. 1,134,247 pedes:Summ. Heinr. (StSG. III, 74,41.178,58). III, 363,42 Pes : Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,69 Fuscal. pes Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,70 Pes :fuo% Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689.-phuo% Fulda, Hessische LB. C 11. III, 435,29 Pes : fuo^ Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 439,55 Pedes : jhsp, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 662,14 Pes : uuo^ Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 86,16 Pes: fu%_ (d), Glossae Salomonis; (Parallelhs.: stiff). [Altsächsisch ist Wadstein 107,5 quamlibet ad cuifum vtlocejatögaripedef traga uotr, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 212. Daneben stehen in nicht anatomischer Bedeutung bei Otfrid Ύεκήιβ' sowie StSG. I, 214,11 dactilos: foa^mere, Abrogans K./w^Ra.; 'Sockel, unterer Teil eines Bauwerkes', StSG. I, 458,27 Celatas bases: hprahtafuangt, IV Rg 16,17, II, 312,58 In basibus : in fua^un edo insuuellim, Greg. hom. 1,17 p. 1501.] KFW. 3,1363f., SchW. 144, StWG. 184, SAW. 1,275. Herkunft: mit as. a t . f i t , afries.fot, an. fötr, got. fotus aus germ. *fit-, einem Wurzelnomen als Nomen agentis „Auftreter" zur Verbalwurzel *ped- '(auf dem Boden) auftreffen'. W. Griepentrog, Wurzelnomina, S. 152-183. Außergermanisch vergleicht sich etwa lat. pes, griech. πός. Möglicherweise handelt es sich um eine Lautnachahmung für schwerfälliges Auftreten. KS. 293, Pfeifer 387, DWB. 4,l,965f., IEW. 1,790, HWdA. 3,224f. Das Wort gehört zum ältesten Bestand des ie. Erbwortschatzes. - vgl. mhd. vuo%.

furiherza

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fiiozsola* stswF. 'Fußsohle' (Gl.) -planta 'Fußsohle'. Glossare: III, 392,67 Funi% planta pedis: fuqola, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(P), rheinfrk. KFW. 3,1369, StWG. 185, SAW. 1,275 u. 894. Herkunft: Kompositum; zu sola. DWB. 4,l,1042f., HWdA. 3,328f. - vgl. mhd. vuosgol. fuozspor* stN. 'Ferse, Hacke' (Gl.) - calcaneus 'Ferse'. Glossare: III, 52,50 calcaneus : wospor, Versus de Volucribus (De membtis humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. p i e übrigen Belege (StSG. III, 118,63. 211,72. 407,48) zu lat. vestigium 'Fußspur'.] KFW. 3,1369, StWG. 185. Herkunft: Kompositum; zu —> fuo\ u. ahd. spor 'Spur, Zeichen', einer Instrumentalbildung zum starken Verb germ. *spurna- 'mit den Füßen, bes. mit der Ferse treten'; vgl. lat. calcar 'Sporen des Reiters, Stachel am Füße des Hahns'. Die Wörterbücher kennen nur die Bedeutung 'Spur', doch ist die Beurteilung durch die Nennung in einem Körperteilglossar eindeutig; vgl. DWB. 4,l,1043f., HWdA. 3,240f. - vgl. mhd. vuovgpor 'Fußspur'. furigiwahst stF. 'Vorhaut' (Gl.) -praepütium 'Vorhaut'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 805,64 Preputio : furigivuahsti, Lib. Com., Col 2,13, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - furigiuuahsti, Clm 19440. - uurigauuahst, Clm 18689. (Parallelhs.: mrivuahsi). KFW. 3,1391, StWG. 186, SAW. 1,1054 s.u. wabsan. Herkunft: Kompositum; als Variante mit Präfix gi- neben —> furiwahst. furiherza stN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle, Zwerchfell' (?) (Gl.) - praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'. Glossare: HSH. I, \1Α,252ί. precordium: furiherza, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,25). III, 506,39 Precordia : wnherqi, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 156,16 Precordia : vurehersp ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 3,1392, StWG. 186, SAW. 1,385. Herkunft: Kompositum; zu ahd. Juri 'vor' u. —> hervor, s. auch —> vorbrust. DWB. 12,2,1199.

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Körperteilbezeichnungen

furihefzi* stN. 'Hetzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle, Zwerchfell' (?) (Gl.) -praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'. Glossare: HSH. II, 6,116precordium: fuerherQ, Summ. Heinr. (StSG. III, 178,63). KFW. 3,1392, StWG. 186, SAW. 1,385. Herkunft: ^Compositum; zu zu ahd.^S/n 'vor' u. —> her^a, s. auch —> furihersp. furiherzida stF. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle, Zwerchfell' (?) (Gl.) - praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 635,62 Procardia : furihercida, Verg. Georg. II, 484, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, ll.Jh.,bair. KFW. 3,1392, StWG. 186, SAW. 1,386. Herkunft: Suffixbildung mit dem Suffix -ida, zu —> furiherg, furihersgr, s. auch —> forahemjda, vorbrust. furewahst, furiwahst stF. Ύ ο ^ ^ ' (NG.; Gl.) - praepütium *Vorhaut'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 8,166,21 in domumprfputii {in hitsßre-uuähste) [metaphorisch]. Glossen zu biblischen Schriften: I, 286,29 Prepucium : furiuuahst, Gn 17,11, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,745,33 Preputium \ furivuahst, Act 11,3, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vurivuahst, Clm 19440, ebenso Wien, ÖNB 2732.-furivuahst, Clm 18140. - uuriuvast, Wien, ÖNB 2723. I, 773,3 Preputio : furevuahst, Col 2,13, Karlsruhe, BLB Aug. LXXXIII; Nr. 53, BV. 294,12. Jh., alem. I, 805,64 Preputio : vurivuahst, ebd., Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. (Parallelhs.: furigiwahsti). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 30,40 (Preputia) PREPUTL4 : Fureuuasth, Arat. II, 285, Trier, StadtB. 1093/ 1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 773,28 Preputia :fureuuahst, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814, I. Hälfte 11. Jh. II, 279,9 Preputia: furivuahsti, Greg. hom. 1,7 p. 1460, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - furiuvahiti, Clm 19440. - uuriuuabsti, ebd. (Parallelhs.: can?i). KFW. 3,1403, SchW. 145, StWG. 187, SAW. 1,1054.

fust

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Herkunft: Kompositum; zu ahd. giwahst Wuchs, Geschlechtsreife', einer Substantivbildung zu ahd. wahsan 'wachsen' u. ahd.furi 'vor'. füst stF. 'Faust; (hohle Hand, Handvoll)' (N.OT.T.; Gl.) -pa/ma 'flache Hand',/wgillus 'kleine Faust' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 471), pügnus 'Faust', vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'; colaphus 'Faustschlag'. Literarische Denkmäler: Notker 4,78,5 uuärta si btiuuendo da\ höubet. mit tero fiuste. (u. ö.) Tatian 617,31 gebal 'Hirnschale' und &bil 'Giebel'. DWB. 4,l,4,7323f., IEW. 1,423. - vgl. mhd. gibel'Gitbd, Pol'. gibilla swF. 'Hirnschale, Stirnseite, Schädel, Kopf (Gl.) - calväna 'Hirnschale, Schädel', calvitium 'Glatze', fnns 'Stirn', testa 'Geschirr, Topf; Hirnschale', (glabrer 'unbehaart, kahl'). Glossen zu biblischen Schriften:

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Kötperteilbezeichnungen

1,450,8 Caluaria : kibilla .f., IV Rg 9,35, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. (Parallelhs.: Mi!). I, 459,1 Caluaria : gbilla, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, II. Jh., teils fränk., teils alem.; ebenso St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. I, 719,31 Golgotha syrum nomen est et interpretatur caluarie./. decollatorum kibillon, Mt 27,33, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84, 10. Jh., mfrk., ebenso V, 14,48, Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6. - kibillun, Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII. - iägibiM, Mainz, StadtB. Hs. II 3. I, 719,33 Caluariae : kibillon, ebd., Brüssel, BR. 18723. - gbillun, Mainz, StadtB. Hs. II 3. V, 17,49 kibillü, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 314,37 (iCaluitium) : kibillun, Beda in Matth. 123, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem.; (Parallelhs.: houbitskiel, s.u. houbitskiol). II, 510,30 Testa: kkbkllb (dh. kibilla), Prud. perist. 762, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. - kibilla, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 563,61 Testa : gk uklla (dh. giuilla), ebd., Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. (Parallelhs.:^«/, s.u.gebal). RR 231,8 testa : gipit, ebd., Rom, BV. Vat. lat. 3860; BV. 834, Hs. 10./11. Jh., obd. Y 36,25 testa: gibt IIa, Prud. perist. 10,762, Oxford, BL. Auct. T. 2.22; BV. 723. Glossare: III, 18,18 Caluaria : gibilla, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,124,126 calvaria: gibilla, Summ. Heinr. HSH. II, 4,52 calvaria : gibilla, Summ. Heinr. HSH. II, 216,151 calvaria: gibilla, Summ. Heinr., (Parallelhs. gebil, s.u. gebal). (StSG. III, 69,20; 177,25; 227,22; 268,21). III, 362,12 Caluaria : gieuila pars capitis inter timpora, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,12 Fasin% caluaria : gibila, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 438,26 Caluarivm : gebelle, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. Adespota: IV, 226,9 Glabra : kibilla, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./ 10. Jh., alem. p i e Prudentius-Belege StSG. II, 582,36 Testa: giuillia, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 und II, 589,36 (Uerticem) .gebill, Düsseldorf, ebd. sind altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 212. Daneben steht die nicht anatomische Bedeutung 'Vorderseite' (StSG. II, 3,30).]

gechnupfe

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KFW. 4,250f., StWG. 202. Herkunft: eine /-Erweiterung zu ahd. —> gebat, vgl. as. givilla. giburtmuoter stF. 'Gebärmutter' (Gl.) - matrix 'Gebärmutter, Mutterleib*. Glossare: III, 439,53 Matrix : geburt mvter, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. KFW. 1,1566, StWG. 204, SAW. 1,52. Herkunft: Kompositum; zu ahd. gtburt 'Geburt', ein Abstraktum zu heran 'gebähren'; das Grundwort gehört zu ahd. muoder "Leib, Gebärmutter' und wurde volksetymologisch an ahd. muoter 'Mutter', in der Bedeutung 'Gebär-Organ', angeschlossen. KS. 304 u. 577. - vgl. mhd. geburtmuoter. gibuzzi stN. "Eingeweide' (Gl.) — exta ^Eingeweide, Gedärme, Darmkanal'. Glossare: III, 439,68 Exta : gebwge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 1,1579, StWG. 204, SAW. 1,121. Herkunft: Kollektivbildung; vgl. rhein. gebüdde, mnd. gebütte, neben dem sw.V. busmen 'sich aufschwellen, strotzen', das wohl zu einem nur in mnd. but, mnl. bot 'stumpf, plump' vorliegenden Adjektiv gehört. DWB. 4,1,1,1913f. s.u. Gebütte, RheinWb, 1,1100; s. auch J. Riecke, Die schwachen jan-Ve.rben, S. 500f. - vgl. mhd. gebütte. gidarmi stN. *Eingeweide' (Gl.) - extälis 'Mastdarm, After', intestinum 'Darm, Eingeweide'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 265,28 Extales .i. intestina : gedarme (Parallelhs.: arstelingd), I Sm 5,9, Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./13. Jh., bair. Glossare: III, 19,42 Intistina : gidermi, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 417,42 Intestina : gederme, Mischgl., Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. StWG. 204, SAW. 1,126. Herkunft: Kollektivbildung; zu ahd. dam. DWB. 4,l,l,1982f. - vgl. mhd. gederme. gechnupfe stN. 'Gelenk' (WH.) - tdlus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Literarische Denkmäler: Williram 49r,20 DAZ gechnupfe dinero dteho. da% sint hälssjenda! SchW. 183.

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: wohl eine Kollektivbildung zu Knopf, knüpfen, dies KS. 458. - vgl. mhd. geknüpfe. gilanco* swM. 'Gelenk' (Gl.). Glossare: IV, 414,18 Isti hehvehuth accipiant eamque aruina dasses interim inunguant et gelankin sepe circumcingant, Heilmittellehre, Glossen zu Hildegard (?), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. StWG. 210, SAW. 1,513. Herkunft: Kollektivbildung; zu -> lancha. DWB. 4,l,2,3007f.; vgl. auch giknki. giläz stN. 'Gelenk* (Gl.) - coniünctio 'Verbindung'. Glossare: III, 3,51 Coniunctura : ga/αψ, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. StWG. 210 s.u. ^^'Zugeständnis, Erlaubnis'. Herkunft: zu ahd. gi-lätftfan lassen, zulassen'; s. auch —> lidugilä% - vgl. mhd. gelä% "Erfassung, Verleihung; Zusammenfugung der Glieder; Bildung, Gestalt, Benehmen'. gilehtat 'Gebärmutter' (Gl.) - matrix 'Gebärmutter, Mutterleib'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 364,14 Matrix: gilehter, Phocae Ars 421,8, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - gikihter, Wien, ÖNB 2723. Clm 14689. Glossare: IV, 150,51 Matrix : gikchter ./. birid ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 210, SAW. 1,538. Herkunft: eine Bildung zu ahd. —> lehtar 'Gebärmutter', wobei unklar ist, wie das semantische Verhältnis zwischen beiden genau zu bestimmen ist. Für den Fortsetzer nhd. Gelichter wird vielfach von einer Soziativbildung in der Bedeutung 'Geschwister' nach dem Vorbild griech. αδελφεός *Bruder' zu δελφύς 'Gebärmutter' ausgegangen, doch zeigen die althochdeutschen Belege, dass die Bedeutung 'Gebärmutter' die ältere ist; vgl. KS. 310 („ungeklärt"), Pfeifer 419 u. Gelichter. gileihhi stN. 'Gelenk, (Finger)Glied' (Gl.) - nödus 'Knoten, Band; Knoten am Gelenk, Knöchel', artus 'Gelenke mit ihren Gliedern, Gliedmaßen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 564,10 Nodis: geieichen, Prud. perist. 890, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk., ebenso Köln, DB. LXXXI. Glossare:

gelid

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HSH. 1,131,213 artus: gleicht, Summ. Heinr. HSH. II, 6,97 artus: geieiche, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 72,45. 72,50.178,31). IV, 4,26 Artus : keleih, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 210, SAW. 1,524; mit gesondertem Ansatz 1,523^-M 'Gelenk'. Herkunft: Kollektivbildung; zur Wortfamilie um germ. *lika- Körper, Fleisch, Leiche* (?) oder mit DWB. 4,l,2,2978f. zu ahd. leihhen 'zucken, wippen', mhd. leichen 'tanzen, spielen': „wie in der Mechanik auch spielen für 'sich bewegen, drehen' gebraucht wird". — vgl. mhd. geleich. gilenki (?) stN. Unterleib, Eingeweide' (Gl.) - ilium Unterleib, Magen, Eingeweide'. Glossare: IV, 203,49 Ilia : gehenke (Steinmeyer: 1. geknke), Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 210, SAW. 1,513. Herkunft: Kollektivbildung; zu ahd. —> lenkt Unterleib, Hanke, Weiche'. Dagegen setzt mhd. geknke 'Hüftgelenk' eine andere Bedeutung fort; s. —> gelanko u. lancha. - vgl. mhd. geknke. gelid stN. 'Glied, Gelenk' (MZ.; Gl.) - articulus 'das kleine, mehrere Glieder verbindende Gelenk, der Knochen, Knöchel', mlat. auch 'Finger, Zehe' (MlatWb. 1,992), iünctüra "Verbindung, Band, Gelenk', membräna 'dünne, zarte Haut, Häutchen, Hirnhaut'. Literarische Denkmäler: Merseburger Zaubersprüche 366,2 ben ag bena, bluot bluoda, lid sg geliden, sose gelimida sin! Glossen zu biblischen Schriften: I,551,15 luncture: gilith, Ct 7,1, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Clm 17403. (Parallelhs.: lidegila^a). Glossare: HSH. II, 178,01.30 articulus: gelit, Summ. Heinr. HSH. 1,131,211 membra: glid, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,49. 223,70). III, 392,19 Gatich. menbrum : geäth, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. II, 36,42 Articuhtm: ϋά gelid, Glossae Salomonis, Iiber impressus. SchW. 196, StWG. 210, SAW. 1,533. Herkunft: Kollektivbildung zu einfachem germ. *üpu in ahd. ltd. KS. 327, DWB. 4,1,5,2f. - vgl. mhd. gelit.

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Köiperteilbezeichnungen

gilidilln* stN. 'Gelenk, (kleines) Körperglied' (Gl.) - articulus 'das kleine, mehrere Glieder verbindende Gelenk, der Knochen, Knöchel' mlat. auch 'Finger, Zehe' (MlatWb. 1,992). Glossare: HSH. 1,130,200 articulus : kltdlein, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,20). StWG. 210. Herkunft: Vermutlich eher eine Kollektivbildung zu —> lidiltn 'Gelenk, Knöchel' als ein Diminutiv zu gelid. DWB. 4,l,5,68f. gilse stN. 'Hirnschale, VorderkopP (?) (N.; Gl.) - sinciput 'der halbe Kopf, Vorderkopf, Schädel, Hirnschale'. Literarische Denkmäler: Notker 4,65,8 Quorum alia cancri cerebro ... assumpta ... dicebatur. Utide einiu uuäs kenömen ... ü^erdemogilse cancri. Glossare: III, 438,21 Sinciput: gtlse. anterior pars capitis, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 4,260, SchW. 151, StWG. 211, SAW. 1,1217. Herkunft: nur ahd. Es handelt sich um eine Erweiterung zu einer Wurzel *ghelunsicherer Bedeutung. gimaht stF. 'männliche Genitalien' (Gl.) - genitale 'Geburtsglied, Penis', inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis', penis 'männliches Glied, Schwanz', pübetenus (zu pübes 'Zeichen Mannbarkeit, Schamgegend'; vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 470), pudenda 'Schamglieder, After', testiculus 'Hoden', verecunda 'Schamglieder', veretrum 'Schamglied', virils 'Zeugungskraft, Zeugungsglieder', vitäUs 'die edlen Teile des Körpers, auf denen das Leben beruht, Eingeweide'; facultas 'Kraft, Vermögen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 324,44 Uitalia : gimaht, Ex 29,22, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. I,351,61 Testicuäs : gimahtin, Lv 22,24, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103. - gmahtin, Wien, ÖNB 2732. -gimahten, Clm 22201. -gimabte, Clm 13002. -gemäht', Clm 17403. I, 629,33 Uerecundiora : gimahti, Ier 13,22, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689. - gimacti, Clm 17403. - gimahta, Göttweig, StiftsB. 46/103. - gimaohta, Clm 13002. -gimehte, Clm 22201. I, 646,9 Uerecundiora : gimahti, Ez 22,10, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 17403.-gimethi, Clm 22201.

gimaht

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I,680,40 Pudenta : gim ahtiy Na 3,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - gimahti, Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. gimahte, Clm 13002. Clm 17403. -gimehte, Clm 22201. -ffmachte, Clm 14689. gimaht, Göttweig, StiftsB. 46/103. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 22,36 (Uentrum): kimaht, Aldh. oct. princ. 205,2, Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 263. II, 97,37 Virilia : kimaht, Can. apost. XXII, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. 11,202,17 Ad uires. ad uerenda ./. cigimahtin, Greg, cura 1,11 p. 13, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521,10. Jh., alem. 11, 230,12 Facultatem : kamaht, ebd 3,27 p. 18, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152,9./10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 949. II, 389,58 Inguine : gimahhe, Prud. perist. 1067, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. 11,396,23 Inguine : gmahte, ebd., Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 410,16 Genitalia : kimahte, ebd. 1066, Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835,11. Jh., alem. 11,455,12 Genitalia : mahti, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. -gimahti, Clm 14395. II, 511,23 Genti&a : gkmbhtf, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. - ( ) kimahte, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 600,8 Pubetenus : un qandiegi mahti, Ruf. hist. eccl. 1,8 p. 37, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,11. Jh., bair. II, 600,17 Uennda : gimahti, ebd. p. 38, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. V, 30,42 Inguine : gemähte, Persius 6,72, Clm 19490; Nr. 723, BV. 676, Hs. 12. Jh. Glossare: HSH. II, 6,107 virilia: gemehti, Summ. Heinr. HSH. 1,133,233 virilia \gemahti, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,39.178,46). III, 363,55 Ueretrum : gfmfchtf (Steinmeyer: dh. gemechte), Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. P e r Beleg StSG. II, 500,32 Penis: gimath, Prud. symm. 1,115, Karlsruhe, St. Peter perg. 87 ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 212.] StWG. 212, SAW. 1,581. Herkunft: wie mnl. gemacht(e), gemechte vermutlich zu maht in der Sonderbedeutung 'Zeugungskraft', die verhüllend auf den Körperteil bezogen wurde. Zu beachten ist aber air. maca 'Hoden' von unklarer Herkunft. Vielleicht liegt Verwandtschaft

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Köiperteilbezeichnungen

mit diesem und anschließend Sekundärmotivation vor. KS. 311, DWB. 4,1,2, 3144f. s.u. Gemächt(e). — vgl. mhd. gemäht. gino 'Rachen' (?) (Gl.) - ös 'Gesicht, Mund'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 399,71 Uasto [ore] : witumginun, Prud. psych. 456, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. SAW. 1,305; KFW. 4,261 gin 'weitgeöffhet, aufgerissen', Adj.; fehlt StWG. Herkunft: zu ahd. ginön 'gähnen', germ. *geina 'gähnen, klaffen', DWB. 4,1,4, 7348, VEW. 219. Es ist aber unsicher, ob ein Substantiv vorliegt. Die adjektivische Deutung des KFW. -wird jedoch dem Kontext weniger gut gerecht, dagegen können an. und mhd. gttt den Ansatz eines Substantivs stützen. Man vergleiche daneben die Substantivierung des «»-Verbs geinön in der Bedeutung 'aufgesperrter Mund, klaffender Rachen'. Bei diesem Substantiv handelt es sich jedoch im eigentlichen Sinne um keine Körperteilbezeichnung. Das gleiche gilt fur die übrigen verwandten Wörter ahd. gtne^unga, ginöd und ginunga 'das Aufreißen (des Maules, Mundes)'. — vgl. mhd. gin. giseha stswF. 'Auge' (Gl.) - zu albügo 'das Weiße des Auges, Kammerwasser' (MlatWb. 1,430). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Mayer 98,10 albuginem : bovisalgise, Greg, cura 24A, Clm 18550a, BV. 652, 8. u. 9. Jh. StWG. 817, SAW. 1,799. Herkunft: Kollektivbildung zum starken Verb sehan. gesihene stN. 'Gesicht' (Gl.) - ös 'Gesicht, Mund' {super oculos 'Augen"). Glossen zu biblischen Schriften: I, 644,64 Inaurum super oculos (Vulg.: super os) : orinch über das^geshihine, Ez 16,12, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallels.: uparanasiunt). StWG. 219, SAW. 1,799 gisehani. [Vgl. auch verwandtes gisiht 'Anblick, Blick, Aussicht', StWG. 220; dafür SAW. 1,799 auch 'Auge, Angesicht'; gisiuni 'Angesicht, Antlitz; Augen', I.MH.O.; Gl. (?), SchW. 253, gisiuni 'Angesicht', SAW. 1,800. Eine Bedeutung 'Gesicht' ist für ahd. gisiht aber nicht zu sichern.] Herkunft: zu ahd. sehan 'sehen'. - vgl. mhd. gesihene, gesihen 'Gesicht als Sinn, Sehkraft; Gesicht als Antlitz, Anblick'. gisiuni stMN. 'Gesicht (mit Augen)' (I.MH.O.Ph.; Gl.) - aspectus 'Gesicht, Gesichtskreis'. Literarische Denkmäler:

giumo

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Murbacher Hymnen 20,2,2 kakupa kageo^anti unkakupigen plinte ioh kasiune inkohtanter. (u.ö.). Otfrid 1,4,24 Hmtarquam tho härto ther gates euuarto, intriat er gistuni, uuänt ϊζ uuas filu scSni. (u.ö.). Glossare: III, 3,69 Aspeaus : gasiunu, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. SchW. 253, SAW. 1,799 u. 1,800 ginunr, StWG 220 'Sehkraft, Anblick'. [Daneben die nicht anatomischen Bedeutungen 'Sehen, Sehvermögen, Gesichtssinn' bei Notker, "Erscheinung, Anblick; (Traum-)Gesicht' bei Tatian, 'Augenlicht; Blick; Sehvermögen, Sehen' beim Physiologus.] Herkunft: s. —> anasiuni. - vgl. mhd. gestune 'Gesicht als Sinn, Sehkraft; Ansehen, Anblick; Gesicht, Angesicht'. getaene stFN. 'Gesichtszüge, Miene' (Gl.) - vultus 'Gesichtsausdruck, Gesicht'. Glossare: III, 430,18 Vultus : gedena, Einzelglossar, Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. -gedena, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429, Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. StWG. 224, SAW. 1,1033 g-täni. Herkunft: wohl zu ahd. mhd. tuon, bzw. der Partizipform, wie sie vorliegt in mhd. getan 'gestaltet, beschaffen, sich verhaltend'. IEW. 1,236 u. 1,237. - vgl. mhd. getaene 'Gestalt'. getät stF. 'Gestalt* (B.GB.MH.N.O.OT.T.WK; Gl.) -fades 'Gestalt, Gesicht'. Glossare: III, 438,20 Fades, a factura getat, Einzelglossar, Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Parallelhs.: scara] SchW. 280, StWG. 224, SAW. 1,1034 [Alle übrigen Belege erscheinen in der Bedeutung Tat, Erschaffung, Wandel, Form'.] Herkunft: wie got. gadeps ein ή-Abstraktum im Ablaut zu tuon. —> getaene. giumo swM. 'Gaumen, Kehle' (N.; Gl.) - palätus 'Gaumen', faux 'der obere, enge Teil des Schlundes, neben dem Eingang der Kehle', dann metonym. 'die ganze Kehle; Eingang, Engpass, Meerenge'. Literarische Denkmäler: Notker 9,234,23 Rauc( facti sunt fauces me(. Des ruoftes uuurden hits mine giümen. (U.Ö.).

Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Körperteilbezeichnungen

II, 319,1 Palatum : kiumo, Greg. hom. Anhang, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163, 9./10. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 405,199 palatus : giumo, gvimo, Summ. Heinr. (Parallelhs.: gumo, guomo, gaumutt, s.u.goumo). III, 434,24 ΡαΙαΜ : giumo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 432,44 Palatus : gumo. siue huri um, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. -guomo, Clm 14689. - gi vmo due huruua, Fulda, Hessische LB. C l l . KFW. 4,296f.giumo, goumo, guomo, SchW. 152, StWG. 236. Herkunft: s. —> goumo. giweidi stN. "Eingeweide' (Gl.) - intestinum "Darm, Eingeweide'. Glossare: III, 439,41 Intestina : gewaide, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 227, SAW. 1,1084. Herkunft: Kollektivbildung; wie in nhd. ausweiden und weidwund eine Bildung zu ie. *wei- 'drehen, biegen, winden'. Zu vergleichen ist lat. viscus, viscera (PI.) 'Eingeweide'. KS. 211, Pfeifer 269 s.u. Eingeweide, DWB. 4,1,3,5429 s.u. Geweide. - vgl. mhd. geweide. giziugi stN. 'männliche Genitalien' (Gl.) - genitale 'Geburtsglied, Penis', virils 'Zeugungskraft, Zeugungsglieder'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: FFFF 21,3 uirilia ... giciugi, Can. apost. XXI, Rom, BV. Ottob. lat. 3295; BV. 792,3. Viertel 9. Jh., südrheinfrk. Glossare: 1,164,5 Genitalia: caäugi, Abrogans, Pa. - kiquki, Abrogans, Κ Ra. [Es überwiegen die nicht anatomischen Bedeutungen 'Gerät, Ausrüstung, Werkzeug, Aufwand' sowie die Verwendung als Glosse zu lat. trastra 'Ruderbänke'.] StWG. 818, SAW. 1,1192 s.u. qohan. Herkunft: zu einer Sonderbedeutung von ahd. (gf-)i$ug 'Stoff, Ausrüstung, Gerät', die verhüllend auf den Körperteil bezogen wurde. KS. 909, DWB. 4,1,4,6987f. Diese Bedeutung scheint fur mhd. genüge 'Geräte, was zur Ausrüstung und Bewaffnung gehört, Maschine zum Kriegsgebrauch' nicht bezeugt zu sein. goffa swF. 1. 'Hinterteil (von Menschen und Tieren)', 2. 'Hüftgelenk' (Gl.) - clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule, PI. Steiß' mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weichen Hoden' (MlatWb. 2,732), coxa 'Hüfte, PI. Hüftgelenk', lumbus 'Lende, Schamteile', tergum 'Rücken, der hinterste Teil'.

goffa

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Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 363,51 Clunis : c o f f a , Phocae Ars 418,5, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732, Clm 14689. 11, 370,42f. ( ) Clunis inßexio dorn, hufteni. i g o f f a , Prise, inst. 160,11, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. - Cknis: gofpha, Clm 280 A. II, 375,10 Clunis. inflexio dorsi. hujbeni. i g o f f a , ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. II, 378,11 Cknes : copha, ebd., St. Gallen, StiftsB. 903; Nr. 219, BV. 252, Hs. 8/9. Jh. SS 395,5 clum : g o f f a , Prise, inst. 160,13, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972,2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. II, 636,71 Per lumbos : aftergophun, Verg. Georg. III, 87, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. (hier: 'Lende des Pferdes!· 11, 702,39 Terga: gpppn (Steinmeyer: dh. gopon), Verg. Georg. III, 80, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Glossare: HSH. II, 245,02.11 clunis \ g o f f a , Summ. Heinr. HSH. II, 217,160 cox(, cknes: g o f f e , Summ. Heinr. HSH. 1,132,230 clunes: goffun, Summ. Heinr. HSH. II, 6,105 clunes: goffun, Summ. Heinr. (StSG. 111,73,22. 73,64f. 74,1. 178,43. 178,51. 271,1. 313,41f. sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. BX 18. Nr. 35). III, 431,31 Clunes: gofen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., ebenso Marburg, UB. Mscr. 39. III, 450,2 Glunes : g o f f a , Tiergl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 496,5 Clunes : cuffun, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 126,34 Clunis. cosse, inßexio dorn, hußein. I g o f f a . I stivs^ Glossae Salomonis, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. IV, 136,14 Clunis cosse, inflexio dorsi hufbein l g o f f a l stiv\ .t., ebd. IV, 168,46 Clunes : goffin, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 213,50 Clunes : gmffen, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg, UB. M. p. th. q. 60 KFW. 4,320, StWG. 233, SAW. 1,1217. Herkunft: mit an. gumpr, ae. gupan aus germ. *gupan-/ön- zur Wurzel *gheub- 'biegen, bücken, bewegen'; vgl. mnl. gope, bair. g o f f e . DWB. 4,l,5,669f., IEW. 1,450; R. Lühr, Expressivität, S. 273. Die außergermanischen Verwandten zeigen andere Bedeutungsentwicklungen. - vgl. mhd. g o f f e , g u f f e .

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Körperteilbezeichnungen

goldfinger* stM. 'Ringfinger' (Gl.) - änuläris 'Ringfinger' (MlatWb. l,725f.). Glossare: HSH. 1,130,198 anularis, medicinalis: goltvinger, Summ. Heinr. HSH. II, 6,89 anularis, meäänalis: goltfmger, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,8.178,19). III, 362,59 A.10 Meäcus [anularis : golduinger, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 4,324f., StWG. 233, SAW. 1,234 u. 1,312. Herkunft: Kompositum; zu ahd. gold 'Gold' u. -> fingar, wie afries. ae. goldfinger, an. gullfinger, zu germ. *gulf)a- 'Gold'. DWB. 4,1,5,771, HWdA. 2,1494f. Nach mittelalterlicher Anschauung wirkt sich an diesem Finger die Heilkraft des Goldes aus, weil von ihm aus eine Ader zum Herzen führe. Sieh auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 443—445. - vgl. mhd. goltvinger 'anularis, medicus'. goldtrago* swM. Hingfinger' (Gl.) - anularis *Ringfinger' (MlatWb. l,725f.). Glossare: IV, 34,25 Anularis : golt trag), Glossae Salomonis (a), ebd. goldtrago (k). goltrago (d, f). golttraga (c). gplttrage (b). golfge (i). KFW. 4,326, StWG. 233, SAW. 1,312 u. 1,1007. Herkunft: Kompositum; nur ahd. DWB. 4,1,5,860; zu ahd. gold 'Gold' u. tragan 'tragen'. —> gotdfingar. — vgl. mhd. golttrager. gorpoto, gorpo[r]o (?) swM. 'Körper' (?), 'Gestalt' (?) (N.) - corpus 'Körper' (?). Literarische Denkmäler: Notker 4,141,17 Tär stigent in im , meniskinen gorpotän . die manes hei\ent a manando. da% chit rünsige. uuända sie rünnen ßne im ßrderon somen. KFW. 4,332, SchW. 152, SAW. 1,1217 s.u.gorforo. Herkunft: gorpoten ist vermutlich verschrieben statt corportn und wäre dann lat. corporibus nachgebildet; vgl. Ε. H. Sehrt, Notker-Wortschatz, S. 79. — Man vergleiche aber auch norw. gorpose, gorbelg 'großer Magen, Appetit' zu an. gor 'Flüssigkeit'. goufe(na)* stF. 'hohle Hand, Handvoll' (Gl.) - pugillus Tdeine Faust' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 471). Glossare: HSH. 11,425,01.40 pugillus : göfena [conj.], Summ. Heinr. (StSG. 111,253,24 Pugillus: göfe. gvosena). KFW. 4,371 goufa 'eine Handvoll'; ebd. goufana 'Höhlung, die durch Zusammenlegen der gekrümmten Hände entsteht, eine Handvoll', StWG. 235, SAW. 1,316. Herkunft: wie an. gaupn als Erweiterung aus germ. *gaupnö Tiohle Hand', das wohl als Ableitung zu *gaupa- "krumm' gelten kann; s. auch ae. geap 'weit, geräumig'. KS. 302; vgl. DWB. 4,1,1542f., IEW. 1,449, H. Krähe - W. Meid, Germanische Sprachwissenschaft III, S. 106, T. Arnoldson, Parts, S. 61 f. - vgl. mhd. goufe.

goumo

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goumo swM. 'Gaumen, Kehle, Schlund' (Gl.) - faux 'der obere, enge Teil des Schlundes, neben dem Eingang der Kehle', dann metonym. 'die ganze Kehle; Eingang, Engpaß, Meerenge', guttur 'Gurgel, Kehle', bei Vögeln: 'Kröpf , paktus 'Gaumen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 12,5 Bambosa fauce : luon temo guamen, Aldh. laud. virg. 137,37, Einsiedeln, StiftsB. cod. 32; Nr. 105, BV. 112,10. Jh., alem. II, 301,1 Fauces : güomun, Greg. hom. 2,25 p. 1550, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. II, 312,9 Pakto tuo : cuamin dinamo, Greg. hom. 1,17 p. 1497 (zu Ez 3,26), Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. II, 640,7 Palato : inguomin, Verg. Georg. III, 388, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 768,62 Paktus : gxpmp (dh. guomo), Walahfr. vis. wett., Rom, BV. Reg. lat. 356; Nr. 542, BV. 823,10./11. Jh., fränk. Glossare: 1,14,9 Angina ...faucium : coamono, Abrogans, Pa., K. — commono, Abrogans, Ra. gaomono, Abrogans, R. 1,639,4 Palatum: caumum, Lam 4,4, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. III, 3,63 Paktus: goomo, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,48 Guttus : guomo, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 5,75 fauces: gaumun, Summ. Heinr. HSH. II, 405,199 paktus: gumo, Summ. Heinr. HSH. II, 309,03.6faux: guomo, Summ. Heinr. HSH. 1,127,169fauces: guomun, Summ. Heinr. (StSG. 111,70,71. 177,66. 250,3. 300,70; 111,340,52 Paktus : gomo; Parallelhs. giumo,guimo, s.o. giumo sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. ΒIX 31, Nr. 459.) III, 362,44 Faux : gümo, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,52 Gukja. faux : gumo, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. 111,431,55 Paktum : coamo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair.; Nr. 443, BV. 660,9. Jh., bair. III, 436,9 Baktv'·. guomo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,27 Paktus : gvme, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 437,44 Paktus: guoma, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689, Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem.

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Körperteilbezeichnungen

III, 438,61 Palatus: gäme, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 661,27 Palatus : guome, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 60,12 Facta: guomo (d, e, p). gumo (c). gvomo (f). gumo (a). Guma (g). goumo (k), Glossae Salomonis. IV, 61,15 Faux : guomo, Glossae Salomonis (a, k, p), ebd. guomo (c). gumo (d, e, f). Güme (g). IV, 83,50 Palatus: guomo, Glossae Salomonis (c, d, e), ebd. Gumo (g). JJ 215,1 Faux : gumo .t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 236, KFW. 4,296f. s.u.giumo, goumo, guomo, StWG. 819, SAW. 1,317. Herkunft: mit unterschiedlichem Vokalstand vergleichen sich ae. göma, an. gömr, ahd. guomo, mhd. guome, ahd. giumo. Vermutlich liegen verschiedene Fortentwicklungen eines Diphthongs vor, der auf ie. *ghäumön 'Gaumen' zurückgeht. Außergermanisch am nächsten steht lit. gomurys 'Kehle, Schlund'. Offenbar lautet die ursprüngliche Bedeutung 'der aufgerissene Rachen': die Wörter gehören daher letztlich zu ie. *gbäu- 'gähnen, klaffen'. KS. 302, DWB. 4,1,1,1576, IEW. 1,449. Die Belege für —> giumo werden gesondert aufgeführt, dagegen scheinen goumo und guomo im Althochdeutschen nicht mehr voneinander zu trennen zu sein. Zum Stammvokal s. J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik §§ 96 u. 43. - vgl. mhd. guome. gousena* F. "hohle Hand' (Gl.) - pugiUus 'kleine Faust' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 471); dracca 'implecio manus' (zu dragma, drachma 'ein Gewicht', L. Diefenbach, Glossarium, S. 191). Glossare: HSH. II, 425,01.40 s.o. xx.gotfe(na); vgl. HSH. 3,62 untergorfena [conj.]. III, 362,63 Dracca •. gosne, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 4,371 goufsa 'eine Handvoll', StWG. 236, SAW. 1,1217. Herkunft: es kann sich, wie HSH. 3,62 angedeutet, um eine Verschreibung oder -—Verwechslung aus —> goufena handeln, vgl. DWB. 4,1,1,1542. Dagegen spricht allerdings das Auftreten des Wortes in zwei verschiedenen Handschriften und auch die Existenz von mnd. göpse sowie die Beleglage im Frühneuhochdeutschen; DWB. 4,l,l,1587f. Vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 471 sowie SAW. u. goufa. grät* stM. 'Rückgrat' (Gl.) - spina 'Rückgrat, Dorn'. Glossare: III, 354,5 Spina : mgbein Igrat, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd.

grözdaim

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KFW. 4,408, StWG. 238, SAW. 1,322. Herkunft: es vergleicht sich zunächst nur mhd. mnd. grät 'Rückrat, Bergrücken, Spitze, Stachel, Fischgräte'. Vielleicht gehört das Wort wie schwundstufiges russ. got 'Wurfspieß', poln. tschech. brot 'Spitze' mit Dentalsuffix zur Wurzel *gher'Spitze'. Pfeifer 471, KS. 335, DWB. 4,l,5,2029f. - vgl. mhd. grät. greife* (?) swM. 'Faust' (Gl.) - pügnus, puglks 'Faust'. Glossare: III, 362,62 Pugius: gelgreffe (Steinmeyer, z. St.: g r e f f e = nd. grepe 'Griff, gel = gehel ?), Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 4,410, StWG. 238. Herkunft: Vermutlich handelt es sich um eine Substantivbildung zum starken Verbum ahd. grifan 'greifen', das hochdeutsch sonst nur als greif in der Bedeutung 'Mistgabel, Heugabel', mnd., rnnl. als grepe 'Griff (?) erscheint. DWB. 4,l,6,10f. grözdarm stM. TDickdarm, Mastdarm; After; Eingeweide' (Gl.) - extalis 'Mastdarm, After', itium Unterleib, Magen, Eingeweide', marisce ficus natium, zu mariscae, wohl 'Wucherungen im Anal- und Genitalbereich' (vgl. K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 349); stantinus [= extanus zu extalis ?], vgl. stentinis intestinis CGL. 3,605,38 sowie L. Diefenbach, Glossarium, S. 550, H. Götz, Lateinisch-Althochdeutsches Glossar, S. 626. Glossen zu biblischen Schriften: 1,398,22f. Extales : gw^darma. I aphtarlinga, I Sm 5,9, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. cro^darma. i aphterünga, Göttweig, StiftsB. 46/103. - .i. aftirlinga. gro^a darma, Clm 14689. -groyhrm, Clm 13002. Clm 22201. Clm 17403. I,407,14 Extales : gn^darm, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. IV, 267,14 Extales : gmqhrm, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 15,68 Extales : gn^tkarm .f., Aldh. laud. virg. 162,31, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. - gm^darma, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5. - groqdram, Zürich, Zb. Ms. C. 59. - ./. gro^drä St. Gallen, StiftsB. 242. II, 19,53 Extalibus : gn^harm, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ 11. Jh., fränk. (?). Glossare: HSH. 1,135,264 extalis: gro^darm, Summ. Heinr. HSH. II, 7,121f. extalis: gro^darm, Summ. Heinr. HSH. II, 280,178 extalis: grözdarm, Summ. Heinr.

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Köiperteilbezeichnungen

(StSG. 111,75,14. 178,75. 234,52. 272,48. 299,21. 316,38. 334,9; Parallelhs.: grv^mago sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β X 18; Nr. 80 u. Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 176.) III, 433,57 Extaks : groyhrä, Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - gv^dami, Clm 14689. - cro^darm, Fulda, Hessische LB.C11. III, 435,8 Extaks: gro^darama, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,44 Extalis : go^darm, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. V, 39,31 Extaks : gro^darm, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769, 12. Jh., ostfrk. III, 476,4 Marisce ficus natium : go^darm, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. [für eine blasenartige Schwellung am After]. III, 482,19 Marisca : gn^dam, Pflanzengl. MX, Wien, ÖNB 2400; Nr. 617, BV. 945, 12./13. Jh., bair., ebenso Clm 2612. Bern, BB. Cod. 722,1. [fur eine blasenartige Schwellung am After]. III, 489,41 Marsica : gro^darm, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. [für eine Blasenartige Schwellung am After]. III, 491,25 Stantinus : gn^darm, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 504,19 Marisca : goddam, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. [für eine blasenartige Schwellung am After]. III, 509,15 Stantinus: go^darm, ebd. III, 514,35 Stantinus : goqJarm, Pflanzengl. MXV, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,12. Jh., bair. III, 521,28 Stantinus : goddam, Pflanzengl. MXVIII, Clm 9607; Nr. 368, BV. 551, Hs. 14. Jh., bair. III, 532,17 Stantinus: Gn^darm, Pflanzengl. MXX, Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd. V, 43,38 Stantinus: Gro^dam, Kräutergl., Trier, StadtB. 40/1018; Nr. 738, BV. 879,10. Jh., mfrk. 11, 59,42f. Extaks : gm^darma, Glossae Salomonis (a, c), ebd. go%darma (f). gro^darme (p). gn^darm (d, e). Gro^edarme (g). arsdarma [übergeschrieben gro$ (i). arsgro^darma velarsdarma (k). (Parallelhs.: grosse darme). IV, 170,9 Extäks: go^darm, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 201,45 Extalis : gro^harm, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. [Daneben auch das Syntagma gro^a darma, s.u. dorm.] KFW. 4,445, StWG. 241, SAW. 1,126 u. 1,327. Herkunft: Kompositum; zu ahd. grö^ 'groß* u. —> darm. - vgl. mhd. grö^darm.

gurgula

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grözmago swM. 'Mastdarm, Dickdatm; After; Eingeweide' (Gl.) - extälis 'Mastdarm, After', ilium Unterleib, Magen, Eingeweide'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 697,18 Tallos ./'. crofmagun, II Macc 14,4, Karlsruhe, BLB. Aug. CXXXV; Nr. 59, BV. 303,10. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 280,178 extalis: goddam tgro^mago, Summ. Heinr. (StSG. III, 299,21. 316,38. 334,9). III, 435,21 Extalis: cro^mago. ώτοφατά, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. KFW. 4,446, StWG. 241, SAW. 1,327 u. 1,582. Herkunft: Kompositum; zu ahd. gm^ 'groß' u. —> mago. gulidarm* stM. '(unterer) Teil des Darmes, Magen' (Gl.) - aquaUculus 'Magen, Unterleib' (MlatWb. 1,839), uterus "Leib, Unterleib, Bauch, Mutterleib, Gebärmutter'. Glossare: IV, 35,4 AquaUculum : gulidarm, Glossae Salomonis (c), ebd. gule darm (a). gukdarm (d, f, i, k). gu Idarm (e). KFW. 4,473, StWG. 243, SAW. 1,126 u. 1,331. Herkunft: Kompositum; zu —» darm. Das Bestimmungswort gehört vielleicht zu mhd. gülle *Lache, Pfütze, Sumpf, das wohl eine schwundstufige Ableitungen mit /-Formans zur Wurzel *gbeu- 'gähnen, klaffen' ist. Komposita, die die Lage eines Körperteils (Kt) genauer bezeichnen („Unterleib"), folgen allerdings in der Regel dem Muster Kt + Kt oder Präp. + Kt. So ist nicht auszuschließen, dass auch hier das Bestimmungswort eine Körperteilbezeichnung ist. Dann käme lat. gula in Frage; es wäre von einer Endehnung auszugehen. Die Deutung M. Höflers, Krankheitsnamen-Buch, S. 91 'Schweinsdarm vom Juleber' überzeugt nicht. KS. 342, Pfeifer 487. gurgula swF. 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' (Gl.) gula 'Speiseröhre, Kehle, Gurgel, Gaumen', gurguUo 'Gurgel, Luftröhre'. Glossare: HSH. 1,128,175 gurguko .gurgela, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,4). III, 362,43 Gula: gurgutta (Steinmeyer: 1. gurgulla), Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 661,32 Gufgukum : gurgle, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 689,69 Gvrgulio : gurgula, Mischgl., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. [Daneben steht die nicht anatomische Bedeutung 'gurgelndes Geräusch', StSG. II, 547,30 (Sußamitte) -.gurgulun, Prud. psych. 416.]

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Körperteilbezeichnungen

KFW. 4,518, StWG. 244, SAW. 1,334. Herkunft: nur ahd.; man vergleiche mnd. gorget, gorgelen, mnl. gorgelen. Das Wort ist endehnt aus lat. gurgulio 'Luftröhre' und verdrängt einheimisches urverwandtes querchala. KS. 343, DWB. 4,l,6,1143f. - vgl. mhd.gurgel. gurtil stM. Taille' (Gl.) - cinga 'Gürtelinie' (MlatWb. 2,579). Glossare: III, 10,12 Cinge : curti, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. KFW. 4,518 s.u. gurt '(Taillen-)Gürter, StWG. 244 s.u.gurt 'Gürtel'. Herkunft: wie ae. gyrdel, an. gyrdill eine Ableitung mit dem Suffix -ila, neben ahd. gurten, mhd. gurt. Mit Steinmeyer (zur Stelle) ist davon auszugehen, das cinge hier mit prov. cenha, altfrz. segne „im Sinne des Körperteils, den der Gürtel umschließt, der Taille" zu vergleichen ist. Ein Bedeutungsansatz 'Gürtel' verkennt, das der Beleg im Abschnitt Körperteilbezeichnungen der Glossae Cassellanae steht. Die Körperteilbezeichnung als „die Stelle des Körpers, wo der Gürtel sitzt" ist noch im 18. Jahrhundert bezeugt, vgl. DWB. 4,1,6,1170 s.u. Gurt, KS. 343 s.u. gürten sowie J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 616. Für mhd. gärte! scheint nur die Bedeutung 'Gürtel' überliefert zu sein.

Η hagaldruos* stF. 'männliche Genitalien' (Gl.) - inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis'. Glossare: HSH. 1,133,241 ingues: hagalthruos. Summ. Heinr. (StSG. III, 73,55). KFW. 4,595, SAW. 1,155; HSH. 3,67 Herkunft: Kompositum; es handelt sich vermutlich um eine mittelfränkische Variante zur Leitform —» hegidruos(a). Daher ist ein gesonderter Ansatz gerechtfertigt. hahil 'Hinterkopf (Gl.) - occipitum, occiput 'Hinterkopf. Glossare: III, 432,8f. Occipitium : hahil. ancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - haii ancha, Clm 14689. - Fulda, Hessische LB. C 11. - hahil. Ancha, Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1817. III, 437,32 Occiput: hehel.\ Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. Wohl nicht als Komposita, sondern mit KFW. 1,528 als Zusammenschreibung zweier Glossen — eventuell unter Einfluss von hoch — sind wohl die folgenden Belege aufzufassen:

hals

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111,434,3 Ocäpium : hohilancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 437,11 Ocäpium: hohlancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. (an zwei Stellen bei StWG.) KFW. 4,608, StWG. 248, SAW. 1,340 u. 1,23 hähil-anka. Herkunft: unklar; vgl. G. Äugst, Zur Entwicklung, S. 41 f. Es handelt sich wohl um eine /-Erweiterung wie etwa ahd. gibil, gibilla zu einer mit hoch verwandten Basis. Vielleicht hier mit seltener, aber möglicher Schreibung für ; vgl. W. Braune - H. Eggers, Althochdeutsche Grammatik, § 32.6. hähsina F. 'Achillessehne, Fußsehne', hier wohl: 'Fersensehne des Pferdes' (Gl.). Glossen zu biblischen Schriften: 1,414,5 Et subneruabit omnes iugaksprtädit. id est neruos hahsna equorum, II Sm 8,4, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,9./10. Jh., alem. I, 414,29 Subneruabit. precidit neruos. hahsna, ebd., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. KFW. 4,608 'Fußsehne (des Pferdes)', StWG. 248, SAW. 1,340. Herkunft: mit afries. höx(e)ne "Wade, Unterschenkel', ae. höhsinu, an. hasin aus germ. *hanh(a)-sinw0; das aus ie. *konk- neben *kalk- in lat. calx 'Ferse', *kag- in nhd. Hacken und *koks- in lat. coxa 'Hüfte' gebildet ist. Die Zusammenhänge sind unklar. Möglicherweise handelt es sich bei dem ahd. Wort aber um ein verdunkeltes Kompositum mit den Bestandteilen nhd. hängen und —> senewa. KS. 346, Pfeifer 490f., DWB. 4,2,738, IEW. 1,611. Sieh auch J. Riecke, Die schwachen janVerben, S. 362. - vgl. mhd. hachse. hacka swM. 'Ferse, Hacke' (Gl.) - calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (Mlat Wb. 2,98). Glossare: III, 439,58 Calces : säshaken (Steinmeyer: dh. Calces, scis haken), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 4,610, StWG. 248, SAW. 1,340. Herkunft: nur mnl. hac, die Wörter sind vielleicht zu vergleichen mit an. hakill 'Hinterfuß'. Die weitere Herkunft ist unklar, vielleicht ausgehend von einer Bedeutung „der gekrümmte Teil des Fußes" zu Haken. KS. 346, Pfeifer 491, DWB. 4,2,100 s.u. Hacke. Sieh auch —> hächsina. hals stM. 'Hals, Genick' (B.GB.KG.MH.N.O.PG.T.WH.; Gl.) - collus'Hals', cervix 'Nacken, Genick'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 9,18 du demu slehtin. iohhe crjstes. balsa, untar leccan keros rehtungu selp uuilHn.

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Körperteilbezeichnungen

Murbachet Hymnen 23,2,2 balsa unserepiugemes. Notker 1,12,23 LJnde ümbe den hals kechetennoter. Otfrid 2,21,10 ümbikerit sih tha% müat, selb so mo ther häls duat. Pariser Gespräche 38 Sclaphen sin als. #[d est] da ilüin coli). Tatian 317,26f. biderbi ist imo. daζ ana si hangan quirnstein in man hals. Williram 13r,l 7 D er hals der treget da% esgan in den buch. (u. ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 595,30f. Extento collo : mitparrantemo halse, Is 3,16, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - mitparrantemo halso, Göttweig, StiftsB. 46/103. - mitparrentemo halst, Clm 14689. - mitparente halso, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 158,22 Collus : hals, Donati Ars 393,31, Clm 14737; Nr. 405, BV. 608, Hs. spätes 10. Jh., bair. Glossare: III, 3,73 Collus : hals, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,13 Collo : hals, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. (Kasseler Gespräche). III, 9,18 Kadi me meo colli: skirminanhals, ebd. III, 18,45 Collum : hals, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. 111,52,58 A.ll Collum : hals, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,128,178 Collum: hals, Summ. Heinr. HSH. II, 5,79 Collum: hals, Summ. Heinr. HSH. II, 217,155 collum, cervix: hals, Summ. Heinr. (Parallelhs.: halsadri). (StSG. III, 71,17.177,72. 227,29. 268,25. 296,23. 313,33). III, 353,37 Collum : hals, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,7 Collum: hals, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,55 Koleqa. collum : hals, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,12 Collum : hals, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,13 Collum : hals, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 434,30 Collum: hals, ebd. III, 438,65 Collum : hals, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 497,40 Collus: hals, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem.

halsädra

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IV, 22,70 Torna ctruix : farrisc hals, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 46,31 Ctruix: hals, Glossae Salomonis (d, e, f). IV, 135,45 Ceruix: hals, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 136,43 Collum: hals, ebd. Adespota: IV, 230,8 Ceruix: hals, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. [Nicht in anatomischer Bedeutung StSG. 1,138,3 sine cucullo : änu hals, Abrogans, zu lat. cucullus 'am Kleid befestigte Kapuze'; s. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 208.] KFW. 4,638, SchW. 158, StWG. 250, SAW. 1,346. Herkunft: mit as. afries. hals, ae. h(e)als, an. got. hals aus germ. *halsa-. Außergermanisch vergleicht sich u.a. lat. collus, Collum 'Hals, Bergjoch', das aus ie. *kwelos•Drehung' zur Wurzel *kmel- 'drehen' gebildet sein dürfte. KS. 351, Pfeifer 500, DWB. 4,2,242f., IEW. 1,639, HWdA. 3,1362f. - vgl. mhd. hals. halsädra stF. *Nackensehne, Nackenmuskel, Hals(schlag)ader' (Gl.) - arteria 'Luftröhre, Arterie, Schlagader' (MlatWb. l,987f.), cervix *Nacken, Genick'; fibra 'Faser, Faser an den Eingeweiden, bes. an der Leber, Eingeweide', torus (tori venarum) "Erhöhung der aufschwellenden Ader'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 369,30 Arteriis : halsad'ren, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. Glossare: III, 52,56 Fibra : halsacf (1. halsadm), Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,128,179 cervix: halsadara, Summ. Heinr. HSH. II, 5,79 cervix: halsadra, Summ. Heinr. HSH. II, 217,155 cervix, Collum: halsadra, Summ. Heinr. HSH. II, 518,01.51 thorus: halsadra, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,18.177,73. 227,28. 262,44). III, 353,38 Ceruix : halsadir, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,8 Ceruix: halsadra, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,59 Koletaheia% ceruix: halsadra, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 438,66 Arterie : haladem. i ceruices (Steinmeyer: 1. halsadreii), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 213,42 Ceruix : halsadm, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg UB, M. p. th. q. 60. KFW. 4,638, StWG. 250, SAW. 1,6 u. 1,346.

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Kötperteilbezeichnungen

Herkunft: Kompositum; nur ahd., —> hals, ädnr, man vergleiche mnd. halsäder(e), mnl. halsadere. Da ädra neben "Blutgefäß' in erster Linie 'Sehne, Nerv' bedeutet, steht balsädra als Glosse zu cervix und fibra vermutlich für die Nackensehne und kann auch fur den Nacken insgesamt stehen; als Glosse zu arteria ist die Bedeutung 'Hals(schlag-)ader' möglich. DWB. 4,2,256. - vgl. mhd. halsäder. halsbein stN. 'Halswirbel' (Gl.) - colüäum 'Halswirbel' (MlatWb. 848), spondylus 'das runde Wirbelbein, der Wirbelknochen', torus 'jeder runde, hervorragende, wulstige Gegenstand', Muskel, Ellenbogen'. Glossare: HSH. 1,128,180 spondik: halsbein, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,28). III, 363,51 Torus: halsbein, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,58 Kolecruqz: halsbein, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh.(?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2. III, 440,2 Collicium : halspein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. KFW. 4,639, StWG. 250, SAW. 1,46 u. 1,346. Herkunft: Kompositum; nur ahd. —» hals, bein. DWB. 4,2,257. - vgl. mhd. halsbein. hamma stswF. 'Kniekehle, Wade, Schenkel' (Gl.) - ancyle 'Kniekehle' (MlatWb. 1,628),popks 'Kniekehle, Knie', suffrägo 'Hinterbug (eines vierfüßigen Tieres)', sura "Wade, Wadenbein'; gamba 'das zwischen Huf und Schienbein befindliche Gelenk, Fessel', mlat. gamba 'Schienbein'. Glossen zu biblischen Schriften: I,382,19 Suram .i. hamma, Idc 15,8, Karlsruhe, BLB. Aug. CXXXV; Nr. 59, BV. 303,10. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 317,28 Poplites : kamma, Greg. hom. (Anhang), Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem., ebenso Oxford, BL. Jun. 25. Glossare: I, 233,13 Pobütes: hamma, Abrogans, R. III, 12,14 Campa : hamma, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. I, 337,326 suffrage: hamma, Summ. Heinr. HSH. II, 91,82 suffrage : hamma, Summ. Heinr. HSH. II, 486,431.4 suffrage: hamma, Summ. Heinr. HSH. 1,133,244 suffragines: hammen, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,3; 154,12. 213,64 (De mensis et escis). 260,50. 218,16 Suffragines: hämen, Summ. Heinr. Anhang, Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk.).

hant

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III, 356,29 Suffrage : hamma, Grappengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. Ill, 368,25 Suffrage : hamme, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Ill, 431,34 Suffragines : kämen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Wissenschaftliche Allgemeinbibliothek octav 8; Nr. 129, BV. 141. — sowie häm, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 617,29 Suffrage : hamme, Einzelgl., Des Lebens Notdurft, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 676,65 Pobles : häme, Mischgl, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 691,37 Suffrage : Hamme, Mischgl., Altenburg, StiftsB. AB 13 A 11; Nr. 8, BV. 9,13. Jh., obd. IV, 181,6 Ancilus super gern i. häme, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. -./. h'ama, Melk, StiftsB. Κ 51. [Zunächst ist es naheliegend, dass alle suffragio-Btlege zu streichen seien, da das Wort im Lateinischen nur auf Tiere bezogen scheint. Gegen die mechanische Streichung spricht aber StSG. 111,431,34, wo die Glosse in einem Verzeichnis menschlicher Körperteile steht.] KWF. 4,667, StWG. 252, SAW. 1,349. Herkunft: mit ae. bamm, an. ham sowie mhd. bamme aus urgerm. *xammö. Außergermanisch vergleicht sich griech. χνήμη, 'Schienbein', air. cnäim Έείη, Knochen'. IEW. 1,613, DWB. 4,2,309 s.u. Hamme 'der Teü vom Knie bis zur Hüfte'. - vgl. mhd. bamme. hammo* swM. 'Hinterschenkel' (beim Tier ?) (Gl.) - flexura "Biegung, Krümmung, Windung', suffrägo 'Hinterbug (eines vierfiißigen Tieres)'. Glossare: III, 368,27 Flexura : hämo, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. HSH. 1,337,326 suffrage: hammo (?), Summ. Heinr. KFW. 4,668, StWG. 252, SAW. 1,349; HSH. 3,68 s.u. hamma. Herkunft: als swM. neben —> hamma. hant 1. 'Hand', 2. 'Arm' (APs.B.C.G.GB.I.L.LF.M.MF.MH.N.NG.O.OT.Ps.PT. T.WB.WH.; Gl.) - dextra 'die rechte Hand', manus 'Hand',palma 'die flache Hand', plana (zu planus 'flach, eben"), sinistra 'die linke Hand', vela 'hohle Hand, hohle Fußsohle'; auch als praestö sum 'gegenwärtig, bei der Hand sein'. Literarische Denkmäler: Altalemannische Psalmenfragmente 296,26 nikidennen rehte ce hunrehte henti sino. Benediktinerregel 41,8 da\ist kedancha dera %ungun augo no henteo.

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Köiperteilbezeichnungen

Carmen ad Deum 290,21 stiuri hant da% mih heilan. Georgslied 97,58 Gorio huob dia hant uf: erbibinota Aboltin. Isidor 18,4 mino hcndi chifrumidon (rdha. Ludwigslied 86,53 Herskancta ce hanton sinan fianton bitteres tides, ('behende'). Lex Salica 555,4 derfon andres henti eowiht nimit. Muspilli 72,92 dar seal dtnne hant sprehhan, houpit sagen, allem Udo uuetihe unjj in den luqgun uinger... Monseer Fragmente 4,21 man. derhapeta ardom ta. hant. Murbacher Hymnen 22,4,4 kiuuaffantiu sarfem chlauuon uuitginarra unheilara henti. Notker 9,262,12 Also moysi Got chad. sto£ in dinen buosem dina hant. Notker-Glossator 9,364,7 ... LAPIS PRECIS VS DE MONTE SINE MANIBUS (ein stein irhouuener aba berge äna hende). Otfrid 4,24,6 Thih qhen unhuldt bi mtchileru sculdi, tha% thü sus lä^ in heila hant thes keisortsfiant. Pariser Gespräche 8^4«. // man\us]. Psalm 138,106,15 nupe mih hapet äη hant. Tatian 227,9f. Inti uuas thär man thes t^sua hant thurri uuas. Würzburger Beichte 316,24 ent mit minan hantun uuorhta da%_ ih niscoha mirchen. Williram 41 v,l StNE HENTE sint guldin. sämo stneuuel. älse stegedrät sin! Glossen zu biblischen Schriften: I, 286,72 Presto sum hentipim, Gn 37,14, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,410,51 Keptans manibus : chriuanti hant um, I Sm 14,13, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. 1,425,33 Desolute sunt manus eius: vjfallano uuurtun heinti sino, II Sm 4,1, ebd. 1,469,7 Iniciauerit manum suam: inkinnit hant sina, II Par 13,9, ebd. 1,466,39 Ad manum: ψ hant, II Par 17,19, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallelhs.: sjgaganvurti). 1,729,22 Manus : t (Steinmeyer: dh. hant), Lc 1,66, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. I, 744,52f. Ad manus: pihantun, Acta 9,8, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440, Wien, ÖNB 2723, Wien, ÖNB 2732, Göttweig, StiftsB. 46/103. - qbanten, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 103,45. 48 Per emaneipationem tha\ siese uigar in henti, Can. conc. Afric. XXXV, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. II, 269,21 Manu : henti, Greg. hom. 1,2 p. 1442, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. - uvgar in heite, Clm 14407. II, 348,24 Dextram : hant, Juven. 5,71, Einsiedeln, StiftsB. cod. 34; Nr. 106, BV. 113, ll.Jh.,obd.

hant

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II, 383,54f. Melton manu : kisuntm henti, Prud. psych. 11, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bait. - kisuntm henti, Göttweig, StiftsB. 34/44. II, 462, 66 Meliore manu: kisuntemhenti, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 524,23 (Meliore manu) : kfsxntfrb hfntk (Steinmeyer: dh. kesuntera henti), ebd., Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. II, 530,13f. Meliore manu .i. gisunden hendi, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 15; Nr. 102, BV. 108, Hs. 10./11. Jh., alem. - kisunten hendi, Einsiedeln, StiftsB. cod. 302; Nr. 117, BV. 126, 2. Hälfte 10. Jh., alem. u. frank. II, 567,68f. Meliore manu : hestenhenti, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. Jh., mfrk. - kesuntera henti, Köln, DB. LXXXI. II, 426,53 Fabrili manu : smidihhen mit meistar lichen henti, Prud. perist. 69, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579,11. Jh., bair.-alem. II, 682,46 Palme : hente, Verg. Georg. IV, 498, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 711,24 Comminus : gehando. Ifnt. gehando, Verg. Aen. VII, 553, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Glossare: I, 207,4 Manuuie que manu detrahuntur id est spoke : hantfol da% mit hendi quhant das^ ist regt/ endi, Abrogans, K. I, 207,18 Manus: hant, Abrogans, K. III, 4,4 Manus : hant, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. Ill, 9,40 Manus : hant, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. Ill, 18,58 Manus: hant, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,129,5 manus: hant, Summ. Heinr. HSH. II, 5,85 manus: hant, Summ. Heinr. HSH. II, 34, App. 86-89 eins : hant, Summ. Heinr. (De stramentis et reliquis quae in usu habentur) HSH. II, 423,01.3 palma: hant, Summ. Heinr. HSH. 1,129,190 nnistra, leva: ein tenkerv hant. Summ. Heinr. (StSG. Ill, 71,48. 71,55.178,1.191,1. 252,58; 3P 129,5). Ill, 353,70 Manus et palma : hant, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. Ill, 362,54 Manus : hant, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Ill, 392,9 VnjaL manus : hant, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk.

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Körperteilbezeichnungen

III, 437,13 Manus ...an (Steinmeyer: 1. hant), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 439,6 Manus : hant, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 439,10 Palma: hant, ebd. 111,661,52 Palma : hant uola tenir, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 692,65 Chirus : hant. I manus, Mischgl., Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair.; Nr. 400, BV. 600,12. Jh., bair. Thoma 15,33 Presto sum : hente pin, Gn 37,17, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Cbehende"). P e r Beleg StSG. II, 719,48 Manibus : handtun, Verg. Aen. IV, 517, Wien, ÖNB 15306 (Suppl. 2702) ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 212. Daneben steht die nicht anatomische Bedeutung 'Seite' bei Notker 1,760,24, 1,606,20; zur Bedeutung 'Gebiet, Bereich' s. Otfrid 5,23,100 und 2,7,4; zur Umschreibung einer ganzen Person s. Otfrid 5, 12,64. In der Bedeutung Oenkmal' StSG. I, 427,8, in der Bedeutung 'Fuß eines Tieres' I, 542,59; sowie weiter in der übertragenen Bedeutung 'Gewalt, Schutz'. Zu lat. protenus 'ausgedehnt' Mayer 117,3 zu Hör. carm. III, 3,30.] KFW. 4,678f., SchW. 159, StWG. 253 u. 821, SAW. 1,352. Herkunft: mit as. hand, afries. hand, hond, ae. hond, an. hqnd, got. handus aus germ. *handu- 'Hand', dieses vielleicht — trotz morphologischer Schwierigkeiten — zum starken Verb germ. *henpa- 'fangen, ergreifen'. Außergermanische Verwandte sind nicht sicher auszumachen. KS. 353, Pfeifer 503, DWB. 4,2,324f., VEW. 255, HWdA. 3,1379f. s. auch -> flavgiu hant. - vgl. mhd. hant. hantbreita stF. 'die geöffnete, flache Hand mit ausgestreckten Fingern' (Gl.) palma externa. Glossare: III, 436,21 Palma externa : hantpreita, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. KFW. 4,695, StWG. 254, SAW. 1,100 u. 1,352. Herkunft: wohl eine Zusammenrückung aus ahd. breit, breiti "Breite, Umfang, Größe' und —> hant, vgl. afries. handbrede, ae. handbraed. DWB. 4,2,366. - » breithant. hantfol* stF. 'die hohle, geöffnete Hand, Handvoll' (Gl.) - pugillus "kleine Faust, Handvoll'. Glossare: III, 52,29 Pugillus: hant vol, Versus de Volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk.

harn

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p i e übrigen Belege (StSG. I, 207,3. II, 395,34.638,69) zu lat. manipulus in der Bedeutung *Bündel, soviel eine Hand fassen kann'.] KFW. 4,699, StWG. 254. Herkunft: wohl eine Zusammenrückung aus —> hant u. 2hd.fi/ 'voll, ganz'. DWB. 4,2,421 f. Die Wörterbücher verbuchen die Verwendung als Körperteilbezeichnung nicht. Die Aufnahme in ein Körperteilglossar spricht aber für sich. - vgl. mhd. hantvol. harn stM. 'Harn, Urin' (Gl.) - ktium 'Urin', Urina 'Harn, Urin'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 454,47 Urina: harn, IV Rg 18,27, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 22201. I, 609,43 Urinam : harn. Urina : se'ich, Is 36,12, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 16,26 (Locia) locia ./'. urina harn, Aldh. laud. virg. 168,31, Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem. II, 733,12 Vrinam : harn, V. patr. V, p. 591b, 46, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: HSH. 1,136,278 urina toaum : harn [, harm] Summ. Heinr. HSH. II, 7,132 kaum, urina: ham, Summ. Heinr. HSH. II, 537,335 urina kaum: harn, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,48f. 178,79. 263,28. 291,51. 310,39. 347,51. V, 37,27 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 592.) III, 363,48 Vrina : harn, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,43 Fluan% kaum : harn, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2. III, 502,22 Lotium : harn, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 510,28 Vrina: harn, ebd. IV, 76,4 Locia : harn, Glossae Salomonis (c, d). IV, 110,42 Vrina: harn, Glossae Salomonis (i, k [c]). IV, 166,4 Urina : harri X, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 218,18 Vrina : harn, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 358,10 (L)oaum : hart (Steinmeyer: 1. harn), Kräutergl., Clm 5125; Nr. 332, BV. 493,13./14. Jh. (?)

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Körperteilbezeichnungen

KFW. 4,723, StWG. 256, SAW. 1,356 (mit gesondertem Ansatz harm fur StSG. III, 75,49). Herkunft: vgl. mnl. harn, das Wort hat sonst keine genaue Vergleichsmöglichkeit; mit /-mobile gehören wohl hierher afries. skern, ae. scearn, an. skarn 'Kot, Mist'. Dies wohl zu ie. *skers- 'schneiden, scheiden' oder *sekör-/sakn- 'Kot, Mist' als das „Ausgeschiedene". KS. 357, Pfeifer 510, DWB. 4,2,487, HWdA. 3,1472f. - Daneben ist harn, Summ. Heinr., wohl kein Schreibfehler, sondern eine ursprünglich oberdeutsche Variante, vgl. DWB. 4,2,481 f. u. Harm. - vgl. mhd. harn. hegidruos(a), hegidruosi, heidtuose stF. 'männliche Genitalien' (Gl.) - aversa 'die hintere Seite', inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis', verenda 'Schamglieder'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 425,13 Auersa hasta in inguine : mit hintanontigemo sperascafte in hegadruasi, II Sm 2,23, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 206,10 In inguine : inhegidrusi, Greg, cura 3,16 p. 58, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521,10. Jh., alem. II, 213,11 In inguine : hegidmsi, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 228,49 Auersa asta in inguine : mit sperascafiu Inhegadrosi, ebd., Wien, ÖNB 949; Nr. 602, BV. 928, 9./10. Jh., bair. - hegadruosi, St. Florian, StiftsB. III 222 B. II, 258,29 In inguine : hegadrusa. smalaherder, Greg, dial 4,38 p. 437, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 304,37 In inguine : hegadrusa, Greg. hom. 2,38 p. 1644, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 318,45 In inguine: hekadruasin, ebd., Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163, 9./10. Jh., alem. Mayer 64,4 ininguine : si, ebd., Clm 4542; Nr. 706, BV. 477, Hs. Anfang 9. Jh., bair. II, 739,51 Verenda : hegi drüsi, Abdiae, Act. Apost., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. - beidrosi, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. II, 749,12 {Inguina) : gcdrysl, V. Mart. 21, p. 131,1.2, Clm 18547b; Nr. 437, BV. 650, um 1000, bair. [= [he\gadrusi, s. U. Thiess, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 114], II, 765,16 Inguina taurorum : hegadruosi uanio, Passio Theclae 275b, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. [auf den Stier bezogen], Glossare: III, 19,20 Inguis : hegedrus, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 333,76 inguina, pudenda: hegedrus, Summ. Heinr. HSH. II, 333,76 inguina, pudenda: hegedrüsa, Summ. Heinr.

hegidiuosstal

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HSH. 1,133,241 ingues: hegdrüse, Summ. Heinr. HSH. II, 333,76 ingmna, pudenda: hegedriisi, Summ. Heinr. HSH. II, 6,110 ingues: hegdruse, Summ. Heinr. HSH. 1,133,241 ingues : heigdrüse, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 73,52.178,48. 242,llf. 276,70. 301,66. 318,61. 325,58. 336,55 sowie St. Strieker, Basel, ÖBU. Β X18, Nr. 128.) Ill, 392,54 Am^g&^a: hegedruse, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. - hegedruse, Wiesbaden, Hessische LB. 2. Ill, 429,11 Lingeus (dh. Ingues): higidrose, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 434,47 Inguina : hegdräsi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,42 Inguies : hegadrosi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 436,52 Inguines : hegidrose, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,25 Inguines : heidruse, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 489,7 Inguines : hegedruse, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 501,40 Inguines : hegedruose, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 662,2 Ingues : hegodruise, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 689,70 Inguis : hegathruosi, Mischgl., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. IV, 146,59 Inguina : hegedruos .(., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 4,794, StWG. 261, SAW. 1,338 u. 1,367. Herkunft: Kompositum; zu —> druos, vgl. as. hegidruos. Das Bestimmungswort stellt sich zu mhd. hegen, ahd. umbi-heggen 'mit einem Hag umgeben, umzäunen' — ausgehend von einer Bedeutung 'schützen, verbergend* - als verhüllende Bezeichnung. DWB. 4,2,776; s. auch —> hagaldrus. Mit der Übertragung auf Geschwüre im hohen Mittelalter wird das Wort aus seinem angestammten Bedeutungskreis verdrängt, s. M. Heyne, Körperpflege, S. 136f. - vgl. mhd. hegedruose. hegidruosstal stM. 'Schamgegend, Hoden' (Gl.) — inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis', verenda 'Schamglieder'. Glossare: III, 474,22 Inguen pars corporis iuxta pudenta : hegidrustal, Pflanzengl. MXI, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair.

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Körperteilbezeichniingen

KFW. 4,795, StWG. 261, SAW. 1,115 u. 1,367 u. 1,920. Herkunft: {Compositum; zu -> hegdruos und ahd. stal 'Stelle'. Die Bedeutungsangabe 'Vertiefung für die männlichen Keimdrüsen' ist wohl gelehrte, aber fehlerhafte Umdeutung von stal'Stelle' zu /«/'Vertiefung'. herder stN. 'Eingeweide' (N.; Gl.) - intestinum T)arm, Eingeweide', vtscus 'Eingeweide'. Literarische Denkmäler: Notker 4,17,5 tie in herderen uui^egoton mit natürlichen sägon. (viscera). Glossare: 1,170,8 intestinis : in herdarum, Abrogans, Pa. - in hertharum, Abrogans, K. - in herdarom, Abrogans, Ra. (vgl. inniherdar) KFW. 4,968, SchW. 164, StWG. 822, SAW. 1,382. Herkunft: mit got. hairpra, ae. herpan sowie an. hreijar aus germ. *xarupja- zur Wurzel *(s)ker- 'schneiden'. IEW. l,941f., S. Feist - W.P. Lehmann, Gothic Etymological Dictionary, S. 171, J. Splett, Abrogans-Studien, S. 245. Vgl. auch —> inniherder. hertl, hartin stF. 'Schulterblatt, Schulter, Achsel' (Gl.) - (h)umems 'Knochen des Oberarms, Oberarm mit Schulter, Schulter', scapula 'Schulterblatt, Achselblatt, Schultern, Achseln, Rücken', spatula 'Vorderbug, Schulterblatt'. Glossen zu biblischen Schriften: I,686,31 Scapulam : harti, Za 7,11, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - harti. I absah, Clm 19440. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 71,73 Humens: herti, Boeth., cons. 4,7 p. 119,28, Wien, ÖNB 271; Nr. 587, BV. 904,10. Jh., bair. II, 218,49 (Superhumeralis) : upardeoharti, Greg, cura 2,3 p. 15, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652,8. u. 9. Jh., bair. Glossare: III, 4,7 Scapula : hartin, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,23 Inter scapulas : untarharttGlossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. III, 19,6 Scapula : harti, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 676,69 Spatula l priscella herte, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. KFW. 4,1017f., StWG. 257, SAW. 1,357. Herkunft: vermutlich zur Wortfamilie um hart und damit zu ie. *kart- *hart, stark' als „die Harte, Starke". Pfeifer 511. Dann vergleicht sich auch lat. cartilage 'Knorpel', mit unverschobenem t in gedeckter Stellung nach /r/.

herza

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herza swN. 'Herz' (APs.B.BG.C.E.FP.GB.I.MF.MH.N.NG.O.OG.OT.Ph.RhC. T.WH.; Gl.) - cor 'Herz'. Literarische Denkmäler: Das Wort ist in allen größeren literarischen Denkmälern in der Bedeutung 'Herz' bezeugt. Die Belege werden daher nicht einzeln aufgelistet. Glossen zu biblischen Schriften: I, 411,14 Numquid non uerbum est non concidat cor ist uuan ηist uuort ni kifalle her^a, I Sm 17,32, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alern. 1,446,22 Cor docile : henp lerrantlihhemo, III Rg 3,9, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 729,15 Corde suo vjn (Steinmeyer: dh. herein) im, Lc 1,66, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. I, 732,47 Corde suo: ira, ebd. I,735,18 Multis cordibus: er managetn ber^om, Lc 2,35, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 235,18 Corde : bercen, Greg, cura 3,22 p. 70, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 307,21 Si ara cordis : in altare des bervjn, Greg. hom. 1,5, p. 1451, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. II, 665,56 Cordi : %her?in, Verg. Aen. IX, 615, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II. Jh., bair. Glossare: I, 84,31 Corda: ber^a, Abrogans, Pa. K. 1,122,38f. Excors: urhirci, Abrogans, K. - uel sine corde: edo änu ber^a, Abrogans, Pa. ana henp, Abrogans, K. 1,136,22 α corde: Jona beRcin, Abrogans, Pa. 1,154,27 cordibus: herein, Abrogans, Pa. 1,154,31 cordarum: herspno, Abrogans, Pa. K. Ra. III,4,15 Cor : henp, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 19,37 Cor : ber^a, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,134,252 cor : her^a, Summ. Heinr. HSH. II, 6,116 cor : benp, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,22.178,62. 363,7). III, 392,32 Scoring cor: be/χα, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 437,35 Cor: ber^a, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 439,28 Cor : ber^e, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926,10. Jh.12. Jh., bair.

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Köiperteilbezeichnungen

IV, 49,15 Corcorcuium: henp (a, k). herce (b), Glossae Salomonis. Mayer 80,13 dmpkcorum : hiura hergmo, Hieron. in Matth. 34 C, Clm 6305; BV. 524,8. Jh. KFW. 4,1025, SchW. 166, StWG. 272, SAW. 1,385. Herkunft: mit as. herta, afries. herte, ae. heorte, an. hjarta, got. hairto aus germ. *hertan'Herz', ein Fortsetzer des Wurzelnomens ie. *kerd- 'Herz', das außergermanisch u.a. vorliegt in lat. cor, gtiech. καρδία. Vielleicht gehört es, ausgehend vom Schlagen des Herzens, zur Wurzel *(s)ker- 'springen' als der „Springer". KS. 372. Pfeifer 536, DWB. 4,2, 1207f., IEW. 1,580, HWdA. 3,1794f.; Das Wort zählt zum ältesten Bestand des ie. Erbwortschatzes. - vgl. mhd. her^e. herzädra stswF. 1. '(Herz) Schlagader, Arterie, (lebenswichtige) Adern, das um das Herz gelagerte Körperinnere', 2. 'Herzzentrum' (GL) - arteria *Luftröhre, Arterie, Schlagader' (MlatWb. 1,987f.), canticus venae 'Hauptschlagadern', ftbra 'Fasern an den Eingeweiden, bes. der Leber', praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen', vena iecoris "Blutader, Pulsader (Leber)', vitälis 'die edlen Teile des Körpers, auf denen das Leben beruht, Eingeweide'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 355,19 Uitalibus : herqiderin, Lucan 6,194, Clm 14505; Nr. 395, BV. 593, 2. Hälfte 11. Jh. II, 404,30 Fibras : herqtdra, Prud. apoth. 1,322, Prag, Universitnl knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 616,27 Praecordia: hfr.ζ bthrpn, (dh. her^athnn), Sed. carm. pasch. 1,110, Antwerpen, Museum Plantin-Moretus Μ 17.4; BV. 11, Nr. 10, ab letztes Drittel 9. Jh., mfrk. Glossare: IV, 126,71 Ftbra. interiora uentris interanea, adra ./. ./. uena iecoris. herqadra .t. Glossae Salomonis, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. Adespota: IV, 237,24 Caroticg g. I arterie .i. henptharun, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. P e r Beleg StSG. III, 722,21 Fibre : hertathere, Marienfelder Glossen, ist altsächsisch; vgl. J. Riecke, Anatomisches, S. 212.] KFW. 4,1037, StWG. 273, SAW. 1,6 u. 1,385. Herkunft: Kompositum; zu her^a, ädra. DWB. 4,2,1223f. herzerebe swMF. *(Herz)schlagader, Arterie' (Gl.) - arteria 'Luftröhre, Arterie, Schlagader' (MlatWb. l,987f.). Glossare:

hintanonäg

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III, 676,62 Artiria : hercerebe, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. KFW. 4,1039, StWG. 273, SAW. 1,385 u. 1,729. Herkunft: Kompositum: zu —• her^a u. ahd. reba Hebe, Weinstock'. - vgl. mhd. her^erebe. hetzt* stN. 'Herz, kleines Herz' (Gl.) - cor 'Herz', corcoculum 'Herzchen (als Kosewort)'. Glossare: HSH. III, 74,23 Cor ·. ben&, Summ. Heinr. (Parallelhs.: herber, nicht HSH. 3). IV, 169,34 Corcroculum : hen$, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. KFW. 4,1039f., StWG. 273, SAW. 1,386. Herkunft: als stN. neben —> her^a. herzilln* stN. 'Herz, kleines Herz' (Gl.) - cor 'Herz', corcoculum 'Herzchen (als Kosewort)'. Glossare: IV, 138,1 Cor corculum : herzte ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 4,1039, StWG. 273, SAW. 1,386. Herkunft: Diminutiv zu -> her^a. DWB. 4,2,1229. hintarbahho swM. 'Hinterbacke' (Gl.) - zu tergum "Rücken, der hinterste Teil'. Glossare: IV, 14,64 Protergum : hintpacho, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. KFW. 4,1116f., StWG. 277, SAW. 1,37: 'hinterrücks'. Herkunft: Kompositum; nur ahd.; zu ahd. hintar u. —> bahho. hinderhoubet* stN. 'Hinterkopf (Gl.) - occiput 'Hinterkopf. Glossare: III, 391,10 Ambila. occiput : hinderhobeth, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. KFW. 4,1109, StWG. 277, SAW. 1,404. Herkunft: Kompositum; zu ahd. hintar "hinter' u. -> houbet. DWB. 4,2,1507. hintanontig 'Rücken' (Gl.) - tergum 'Rücken, der hintere Teil'. Glossare: I, 256,33 Tcrga, dorsa.fuga uel coria ... edho hindindic, Abrogans, K. [Die übrigen Belege (post tergum) als Adjektive.] StWG. 276, SAW. 1,389.

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: Zur Deutung als Substantiv s. J. Splett, Fachsprachliche Phänomene, S. 2307; zur Bildung s. —> afianontig. hinterteil* stMN. 'Gesäß' (Gl.) - posterior 'Rückseite des Körpers'. Glossare: HSH. 1,132,231 posteriora : hinderteil, Summ. Heinr. (De homine et eius membris). HSH. II, 6,105 posteriora : hindirdeit, Summ. Heinr. (De homine et eius membris). (StSG. III, 178,44.178,44). KFW. 4,1124, StWG. 277. Herkunft: Kompositum; zu ahd. hintar "hinter' u. -> teil. DWB. 4,2,1520f. - vgl. mhd. hinderteil. hirni stN. 'Gehim' (Gl.) - cerebrum 'Gehirn', cerebellum Tdeines Gehirn'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 264,22 {Cerebrum) : hirni, Idc 4,21, Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 449, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 463,10 Cerebrum : hirni, Prud. psych. 139, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. II, 732,28 Cerebrum : hirne, V. patr. V, 565a,15, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: III, 3,55 Ceruellus: hirni, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,26 Cerebrum : hirni, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,12 Cerebrum : hirne, Versus de Volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 53,40 Cerebrum: hirne, ebd. Versus de Volucribus. HSH 1,124,127 cerebrum: hirni, Summ. Heinr. HSH II, 4,53 cerebrum: hirne, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,25; 177,27). III, 353,43 Cerebrum : hirn, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,14 Cerebrum : hirne, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,14 Ceril. cerebrum: hirne, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 435,32 Cerebrum : Hirni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem.

hamhimibolla

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III, 438,32 Cerebrum : hirne, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 496,26 Cerebrum : hirnne, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 7,11./12. Jh., alem. III, 661,2 Cerebrum : hirne, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 46,26. Cerebrum : him, Glossae Salomonis (b, c, d, e), ebd. hirno (a, p). hirna (g)· IV, 113,2 Cerebellum cerebrum : hirni, Glossae Salomonis (p), ebd. hirne (d). hirn

wIV, 183,43 Cerebrvm hirn. ul cereuellum, Alphabetisches Glossar, Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. - ul ceruellum hirne, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. JJJ 121,27 irne : cerebro, Hist, beatorum Jacobi, Simonis et Judae 4, Wien, ÖNB 534; BV. 916,10. Jh., bair. KFW. 4,1135f., StWG. 278, SAW. 1,391. Herkunft: mit an. hjarni m. 'Hirn' und vielleicht auch mnl. hersene aus germ. *her%noder *hersnja- 'Hirn'. Es handelt sich wohl um eine /-Erweiterung der Wurzel ie. *ker(a)- 'das Oberste am Körper, Kopf, Horn', zu der letztlich auch lat. cerebrum 'Gehirn' und griech. χρανίον 'Schädeldecke, Scheitel' gehören. Das zu Grunde liegende Wort für „Kopf' ist bezeugt in ai. siras und griech. κάρα. KS. 376f., Pfeifer 545, DWB. 4,2,1555f., IEW. 1,576. Als Hirn wird bezeichnet, was im Kopf befindlich ist, s. W. Meid, Bemerkungen, S. 94f. Schädel, Kopf und Hirn sind aber offensichtlich in älterer Zeit nicht deutlich voneinander geschieden worden; HWdA. 4,74f. - vgl. mhd. hirne, hirn, heme. hirnibolla swF. 'Schädel, Gehirn' (Gl.) - cerebrum 'Gehim', cervical 'Kopfkissen', mlat. auch 'Nackenwulst' (MlatWb. 2,497), vielleicht verstanden als cervicula 'kleiner Nacken, kleiner Hals', zu cervix 'Nacken, Genick', penes caput 'im Inneren des Kopfes', zu penus. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 544,25 Cerebri : himibollun, Prud. ham. 125, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. Glossare: I, 228,7 Penes caput: himipolla, Abrogans, Ra. Adespota: IV, 229,26 Ceruical: hirnibolla, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. KFW. 4,1136, StWG. 278, SAW. 1,391. Herkunft: Kompositum; zu —> himi, bat, vgl. mhd. bolle 'runder Körper'. KS. 124 s.u. Bolle, einer Variante zu Ball, IEW. 1,121; s. auch ae. heafod-bolla 'Schädel'. - vgl. mhd. hirnbolle.

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Körperteilbezeichnungen

himifel stN. 'Hirnhaut' (Gl.) - phrtntsis 'Hirnhautentzündung', membräna 'dünne, zarte Haut, Hirnhaut', meninga 'Hirnhaut'. Glossare: III, 18,27 Membranus : himifel, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,23 Frenatis: hirneuel, Versus de Volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 53,42 Menica: h'nevel, ebd. HSH 1,124,127 menica: hirnivel, Summ. Heinr. HSH II, 4,53 menica: hirneuel, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,32; 177,29). KFW. 4,1136, StWG. 278, SAW. 1,391. Herkunft: Kompositum; zu —> hirni,fel. DWB. 4,2,1558. - vgl. mhd. hirnvel. hirnhüt* stF. 'Hirnhaut* (Gl.) - bria gehört wohl nicht zu bria *Weingefäß, Weinmaß'; eher ist es wohl eine Verstümmelung aus pia mater 'Hirnhaut' (MlatWb. 1, 1581, L. Diefenbach, Glossarium, S. 432). Glossare: III, 353,45 Bria : hirnhut, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. KFW. 4,1135, StWG. 278, SAW. 1,391 u. 418. Herkunft: Kompositum; zu -> hirni, hüt. DWB. 4,2,1560, MlatWb. 1,1581. - vgl. mhd. hirnhüt. hirnikopf stM. 'Hirnschale' (Gl.) - calväria 'Hirnschale, Schädel', cerebrum 'Gehirn'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 457,9 Caluaria : hirnecob, IV Rg 9,35, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Glossare: III, 684,49 Cerebrun : Hirnicoph, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. KFW. 4,1136, StWG. 278, SAW. 1,391 u. 1,474. Herkunft: Kompositum; zu —> hirni, köpf. Das Grundwort erscheint hier in der älteren Bedeutung "Becher, Schale', nicht als Körperteil. - vgl. mhd. hirnkopf hirnireba, hirnirebo stswF. 'Hirnschale' (Gl.) - cerebellum *kleines Gehirn'. Glossare: HSH. II, 217,161 cerebella. cereuella: hirnireba. Summ. Heinr. (StSG. III, 270,68. 69; 296,29; 313,43; III, 331,5). III, 435,33 Cereuella: hirnirtua, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem.

hisämo

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III, 661,1 Ceruelh : hirnirebe, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 68,21. 24 Geruella: himireuo, Glossae Salomonis (a, b, d, k, p), ebd. hirn 'rem (e). htrmreuo (g). hyrnireuo (c). hinnireue (i). KFW. 4,1136f., StWG. 278, SAW. 1,391 u. 1,745. Herkunft: Kompositum; zu —» hinti, ribba; als Bestimmungswort erscheint -reba in der sonst nicht mehr erhaltenen Bedeutung 'Überdachung, Bedeckung', das wie das Simplex ribba auf die Wurzel *rebb- 'überwölben, überdachen' (für die Rippe als Dach der Brusthöhle) führt, sieh O. Schräder, Etymologisches, S. 469. Ahd. —> henprebe 'Halsschlagader' gehört dagegen zu reba 'Rebe'; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 499. Sieh auch G. Äugst, Zur Entwicklung, S. 41. — vgl. mhd. hirnribe, himrebe. hiraiscala stswF. 'Hirnschale' (Gl.) - cerebellum 'kleines Gehirn'. Glossare: III, 53,41 Ceruella : h'nescak, Versus de Voluctibus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,124,127 cerebella: hirniscala, Summ. Heinr. HSH. II, 4,53 cermllum: himiscala, Summ. Heinr. HSH. II, 217,161 cerevella: hirneschala, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,28; III, 177,28; III, 231,21). III, 353,44 Cerebella : hirnscal, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,15 Cerebella : hirnescata, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,15 Zirinschol. ceriuella : hirnescala, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 438,33 Ceruella : birnscale, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. V, 38,12 Cereuella : hirnechala, Gruppengl., Glasgow, University of Glasgow. The Library S. 2.17; Nr. 699, BV. 258, Hs. 12. Jh. KFW. 4,1137, StWG. 278, SAW. 1,391 u. 1,829. Herkunft: Kompositum; mit an. hjarnskdl zu —» hirni u. ahd. scala 'Schale'; DWB. 4,2,1562f. — vgl. mhd. hirneschal. hisämo swM. 'Samenflüssigkeit' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 4,151,22 duplicem rorem. pel duplicem aspergtnem. (...) Aber ümbefangentv mit uuideruuartigen draconibus. so castus amor ist. ünde turpts. ünde äntfähsiu. ünde mit im selbün ringendiu. stilta si touuederen htsämen. KFW. 4,1145f., SchW. 168, SAW. 1,393 u. 1,780.

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Körpeiteilbezeichnungen

Herkunft: Kompositum; zu ahd. häven "heiraten' im Sinne von g-htwen 'sich vereinigen' u. sämo 'Same, Nachkommenschaft'. hodabalg stM. 'Hodensack' (Gl.) - fiscus 'Hodensack', eigend. 'aus Binsen, Ruten geflochtener Korb (zum Aufnehmen der Oliven beim Ölpressen)', (L. Diefenbach, Glossarium, S. 236.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 510,9 Uiscus : k.hpalch, Prud. perist. 499, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. Glossare: IV, 63,9 Fiscus: hodepialc (i). hodpalg (f). houpt bale (k), Glossae Salomonis. KFW. 4,1164, StWG. 280, SAW. 1,40 u. 1,394. Herkunft: Kompositum; zu ahd. —> bodo. Das Grundwort gehört zu ahd. balg 'Schlauch, Sack, Blasebalg, Schote'. EWA. l,438f., KS. 75, DWB. 4,2,1654. Die Deutung des Prudentius-Belegs ist unsicher, der Kontext: nimm secatur viscus (Glosse: can) et recens cruor scalpelh tingit, lässt auch eine Deutung als 'Fleischgeschwulst' zu, so unter Vorbehalt KFW. hodo swM. 'Hoden, Schamgegend' (Gl.) - clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule, PI. Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weichen Hoden' (MlatWb. 2,732),genitale 'Geburtsglied, Penis', pübes 'Zeichen der Mannbarkeit, Schamgegend', testiculus 'Hoden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 293,47 Testiculis : hodon, Lv 22,24, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,345,8 Testiculi : hodun, ebd., St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 9. - hodein, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. Glossare: 1,232,34 Pube: haodun, Abrogans, Ra. III, 19,15 Clunes: hodon, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,133,236 testicuk: hoden, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,43). III, 433,59 Testiculi: hodun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - hodon, Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,68 Testicuk : hodon, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,9 Testiculi: hodun, ebd. III, 436,55 Genitalia : hodon, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. Federprobe:

houbit

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IV, 445,26 cers hodo, (Federprobe), St. Gallen, StiftsB. 216; Nr. 176, BV. 204, Hs. 8./9. Jh., alem. KFW. 4,1164f., StWG. 280, SAW. 1,394. Herkunft: mit afries. hothan (PL) aus germ. *hudön. Außergermanisch vergleichbar sind u.a. kymr. cwd "Beutel, Hodensack', griech. κΰτος "Rundung, Wölbung eines Schildes, Hülle, Haut', lat. cutis 'Haut', die wohl auf ie. *{s)keu- "bedecken, umhüllen' zurückführen. KS. 379, Pfeifer 549, DWB. 4,2,1653f. - vgl. mhd. hodt. hoffo* swM. 'Hüfte' (Gl.) -femur Oberschenkel, Dickbein'. Glossare: III, 363,13 Femur : hoffo, Gnippengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. KFW. 4,1173, SAW. 1,407; StWG. 289 (s.u. buj). Herkunft: als swM. neben —> buf. höhrippe stN. 'Rippenfett' (Gl.) - wohl zu sagtna 'Fett, Fettigkeit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: III, 605,21 Sagimine quod feceris ex illo ueiqden. quod diätur hochrippe, Londoner Rezepte (MLX), London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. (hinter einer Pflanzenbezeichnung) KFW. 4,1197 hochrippe 'Hochrippe*, StWG. 281, SAW. 1,396. Herkunft: Kompositum; zu ahd. höh 'hoch' u. —> ribba, vgl. nhd. Hochrippe. houbit stN. "Kopf (als Körperteil des Menschen, als Sitz des Verstandes, als Bezeichnung für den ganzen Menschen) (APs.B.GB.I.M.MPs.N.NG.O.OT.PG.PT. T.WH.; Gl.) - caput 'Kopf, ßrons 'Stirn', testa 'Geschirr, Topf; Hirnschale, Knochenstück', vertex "Wirbel (des Wassers), Kopf, vultus 'Gesichtsausdruck, Gesicht'; decolätio 'Enthauptung', trigeminus, 'dreifach' ("mit drei Köpfen"). Literarische Denkmäler: Altalemannische Psalmenfragmente 297,29 truhtin. nist erhabanaζ herup mittag noh nt erketlidiu sint ougun miniu. (u.ö.) Benediktinerregel 46,15 ana sa^tos η ub haubit im serju. Isidor 23,4 dhen titulo sines riihhes oba sinem sculdrom endi sinemu haubide. Muspilli 72,91 xe dem rihtungu ... seal denne hant sprehhan, houpit sagen. Notker 4,47,18 Unde öbeßoger^ende sämo-so iouis höubete haflendiu. (u.ö.) Otfrid 5,2,10 Drag thü ... thengtindfanon anan thirin höubiteintiin brüstin. (u.ö.) Pariser Gespräche 1 Obethe. cap[ut]. Tatian 151,28f. thanne thufastes salbo thin houbit Inti thin annuyi thuah. (u.ö.) Williram 16r,16 so ist sin uuinstra unter minemo hoibete. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 2,24 (replicatum est, incaput superbi.) über sin houbit pecherit ist, Gn 3,8, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh.

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Körperteilbczeichnungen

Thoma 25,17 Et adorauit inquit israhel ad caput lectuli, hinuf cehoubiton, zu Gn 47,31, ebd. [als Richtungsangabe]. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 73,23 Tergeminvs : houbito, Boeth. cons. 3,12 p. 86,29, Clm 18765; Nr. 440, BV. 657,11. Jh., bair. II, 262,26 Capite truncauerat : des hopitas pilösti, Greg. hom. 4,23 p. 405, Clm 2944; Nr. 315, BV. 463,10. Jh., bair. II, 315,26 Decollates : haubitu pilosit, Greg, hom., Anhang, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. - hopitepilosti, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. II, 342,68 Caput adiungitur da$äupit ψο gaheftit, Isid. off. 1,30 p. 397, Clm 6325; Nr. 348, BV. 529,1. Hälfte 9. Jh., bair. II, 690,27 {Uoluitur in caput) Stürza über houbit, Verg. Aen. 1,116, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. II, 704,30 ( ) Uoluitur in caput stursga. ubarhoubtt, ebd. IV, 350,31 Uoluitur in caput stur^ta ubarhoubtt, ebd., Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876,11. Jh., alem. Glossare: I, 56,12 capitum: haupito, Abrogans, Pa. - hoptt, Abrogans, K. I, 82,31 caput regionum: haupit chuningo, Abrogans, Pa. 1,104,23 capitis rigatis: haupites chuninclihes, Abrogans, Pa. 1,109,12 decollatum arqhuelit l haupitespilaont, Abrogans, R. I, 210,28 (.Mitra amictus) capilbrum: (nestilapant) haupito, Abrogans, K. 1,211,36 in capud muliurem: in haupit uuipo, Abrogans, K. I, 257,32 Testa hnelhaupites Abrogans, R. (Parallelhs. hnach, nach). III, 3,52 Caput: haupit, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,2 Caput: haupit, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. 1,124,124 caput: höbit, Summ. Heinr. HSH. II, 4,52 caput: höbit, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,12. 177,23). 111,391,8 HoiL caput: hoibeth, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 434,1 Caput : häbit, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III,438,13 Caput : höbet, dicitur a capiendo sensus, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 505,7 Caput häpt, Sachglossar, Cgm 649; Nr. 297, BV. 441,15. Jh., obd. [Daneben stehen die nicht anatomischen Bedeutungen 'Oberhaupt' (Monseer Fragmente, Notker, Otfrid, Williram), 'Säulenkapitell' (Tatian, StSG. I, 436,16 Capitella), 'Spitze, Kopfteil eines Flurstücks' (Hammelburger Markbeschreibung),

houbitsü)

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'eines Pfluges' (StSG. IV, 114,8), 'Anfang einer Dichtung' (Benediktinerregel, Isidor"), 'Häkchen über dem Buchstaben' (Tatian, StSG. II, 329,45 Iota ein houpit puohstapes. I apex, tit I staph), sowie 'das Höchste' (Notker, Otfirid; H. Mayer, Griffelglossen 69,135.] KFW. 4,1281 f., SchW. 170, StWG. 286, SAW. 1,404. Herkunft: wie as. höbid, afries. häved, ae. hccrfod, an. haufuS, got. haubip aus germ. *haubida- 'Haupt*. Daneben ae. hafud, an. hofud aus germ. *habuda, was mit lat. caput unmittelbar vergleichbar ist. Andere Wörter von derselben Grundlage, wie ai. kapala- 'Schale, Hirnschale, Schädel' weisen auf 'Hirnschale' als Grundbedeutung. KS. 360, DWB. 4,2,596f., IEW. 1,530; G. Äugst, „Haupt" und „Kopf. vgl. mhd. houbet. houbit brusti 'Brustwarze' (Gl.) - papilla "Brustwarze, Zitze'. Glossare: III, 436,26 Papilla : höbit bnuti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. KFW. 4,1286 und StWG. 286 s.u. houbit 'Kopf, Haupt'. Herkunft: zu —> houbit, brüst. Es ist unsicher, ob ein Kompositum vorliegt, oder ob von einem Syntagma auszugehen ist; vgl. —> houbitskiol, tuttünhoubit. houbitskiol stM. 'Schädel(knochen)' (Gl.) - calvitium 'Glatze'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 314,37 (Caluitium) houbitskiel, kibillun, Beda in Matth. 123, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem.; (Parallelhs.: kibillun, s.u. gibilla). KFW. 4,1296, StWG. 287, SAW. 1,404 u. 1,853. Herkunft: Kompositum; zu —> houbit, sciula. houbitskiula swF. 'Schädel' (Gl.) - calväria 'Hirnschale, Schädel'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,456,31 (Caluariam) hpxpkt schkxlbcn, (dh. houpit schiullun), IV Rg 9,35, Clm 9534; Nr. 365, BV. 548, Hs. Anfang 9. Jh., bair. KFW. 4,1296, StWG. 287, SAW. 1,404 u. 1,853. Herkunft: Kompositum; zu —> houbit, sciula. houbitsül stF. 'oberer Teil der Wirbelsäule, Halswirbelsäule' (?) (Gl.) - caputium 'Kopfbedeckung, Kapuze; Weißkohl; (kapuzenförmiger) Teil eines Metallschmelzgerätes'; vielleicht "Wirbelsäule' (Mlat.Wb. 2,264f.). Glossare: 111,440,1 Capucium : houbitsul, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem.

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Kötperteilbezeichnungen

KFW. 4,1297, StWG. 287 Wirbelsäule* (?), 'Standbild' (?), SAW. 1,404. "Wirbelsäule· (?). Herkunft: Kompositum; zu —> houbit. Wenn keine Verschreibung aus -hui vorliegt, vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 97b houbit-huk, gehört das Grundwort zu ahd. /»/'Säule, Pfosten, Pfahl'; vgl. G. Äugst, Kopf und Haupt, S. 17. Der Ansatz einer Bedeutung 'Standbild' (?) bei StWG. ist nicht gerechtfertigt, da die Glosse in einem Körperteilverzeichnis erscheint. huf stF. 1. 'Hüfte', 2. 'Hüftgelenk' (Lex Alam.; Gl.) - clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule, PI. 'Steiß' mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weichen Hoden* (MlatWb. 2,732), coxa 'Hüfte', PI. 'Hüftgelenk', femur Oberschenkel, Dickbein', (sub femore)·, hilta (?) vielleicht zu htlla, illa 'Darm, Eingeweide, Wurst' (vgl. J. Andre, Le Vocabulaire, S. 143,151,235,259). Glossen zu biblischen Schriften: 1,316,63 Subter femur : untar huf, Gn 24,2, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. 1,317,19 E° quod tetigerit neruum femoris eius padiu: ruarta senaadra hufft sinera, Gn 32,32, ebd. Thoma 5,31 femore : h ü f f e , Gn 24,9, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. 1,310,30f. Sub femore untdenhuffi, Gn 47,29, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vntderohuffi, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. unterderhufß, Göttweig, StiftsB. 46/103. - undirderhuffi, Clm 13002. - undirderh u f f e , Clm 17403. - vnder der h u f f e , Clm 22201. I, 331,69f. Adfemina : huffin, Ex 28,42, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - qdenhuffin, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 13002. qdenhuphin, Göttweig, StiftsB. 46/103. - vgdenhuffen, Clm 4606. Zürich, ZB. MS. Rh. 66. - qdenhuffen, Clm 6217. - qdehuffen, Clm 22201. - cedenhuffen, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - qdenhuffan, Clm 14584. - updenhuffen, Stuttgart, WLB. HB IV 26. Clm 17403. - huf, Admont, StiftsB. 508. 1,336,54 Ad femora : qt h u f f i , ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. IV, 253,33 Ad femina : spdin huffin, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 365,2 Idem et clunabulum dictum quod reügetur ad clunes huffin, Glosse zu Nm 25,7, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem., ebenso Karlsruhe St. Peter. I, 524,11 Femur: huf, Ps 44,4, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,245,34 Coxa, quasi media axa .i. huf, Greg. dial. 1,10 p. 200, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem.

huf

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II, 246,13 Coxa, quad media axa. huf. I dbeochscet,f^, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 353,1 axa : huf, Lex Alam. XC p. 165,19, Clm 19415; Nr. 445, BV. 662, II. Jh., bair. Lex Alam. 90,1, Einsprengsel: Si coxa, id est huf, abscisa fuerit Hbero hominr, Hs. Β 4, 9./10. Jh. Glossare: HSH. II, 6,109 femora: huffe, Summ. Heinr. HSH. II, 217,160 coxa, dunes: h u f f i , Summ. Heinr. HSH. 1,133,239femora: h u f f i , Summ. Heinr. (StSG. Ill, 73,49. 178,47. 296,28 sowie St. Strieker, Basel, ÖBU. Β X 18, Nr. 96.) III, 354,13 Femur etfernen : huf, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. Ill, 392,26 luncxoiL femur: huf Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. Ill, 410,68 Femori : h t f f i , Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 433,52 C/unes l coxe : h u f f i , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. II./12. Jh., alem. - huphi, Fulda, Hessische LB. C 11. (Parallelhs.: dihe). III, 434,63 C/unes : h u f f i , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,7 Clunes l coxe : h u f f i , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,53 Clunes : h u f f i , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,25 Femur: hufe, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 497,34 Coxa : huf, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, II,/12. Jh., alem. III, 661,70 Clunes : huiffi I femora, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 61,35 Femora : dioch l huf, Glossae Salomonis (a), ebd. diech l huf (p). diech ul hif{b). htgveldiech {k). IV, 61,39 Femur: huf, Glossae Salomonis (c, d, e, f, g), ebd. hüf. etfernen diech (i). IV, 127,23 Femen : huf.t., Glossae Salomonis, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. IV, 142,43 Femen : dich .t. femur huf./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 142,46 Femur: huf.t., ebd.

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Körperteilbezeichnungen

IV, 170,33 Femur : huph, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bait., obd. IV, 178,5 Coxa : hufl clunis, Alphabetisches Gl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (früher Cheltenham 7087); Nr. 81, BV. 49, Hs. 13. Jh., as.-mnd. IV, 200,19 Clunis: huhp, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. HHH 18,5 Fem : Huf, Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. Adespota: IV, 228,19 Hilta : huf Clm 6411; Nr. 357, BV. 539, Hs. 10. oder 11. Jh., wohl bair. StWG. 289, SAW. 1,407. Herkunft: wie as. afries. ae. höf, an. hifr aus germ. *höfa- 'HuP. Außergermanisch vergleicht sich ai. saphä- 'Huf, Klaue', russ. kopyto 'Huf, das zum Verb kopät 'graben, hauen' gehört. Dies könnte auf eine Grundbedeutung 'die Scharre' weisen, zu einer Wurzel ie. *kap- oder kop- mit Dehnstufe im Germanischen. KS. 386, Pfeifer 560, DWB. 4,2,1866f., IEW. 1,530, A. Niederhellmann, Arzt, S. 169f. Anders, zu *keu- .biegen', C. Mellado Blanco, Das bildliche Potential, S. 248 — vgl. mhd. huf. hufbein stN. 'Hüftbein' (GL) - clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule', PL 'Steiß' mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weichen Hoden' (MlatWb. 2,732), lumbus "Lende, Schamteile'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 370,43 ( ) Clmis inflexio dorsi. hufbeni. I g o f f a , Prise, inst. 160,11, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. II,375,10 Clunis. inflexio dorn, hufbeni. I g o f f a , ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: III, 431,29 Lumbi : hujbein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., ebenso Marburg, UB. Mscr. 39. IV, 126,33 Clunis. cosse, inflexio dorn, hufbein. I g o f f a lstivs^.t., Glossae Salomonis, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. IV, 136,14 Clunis cosse, inflexio dorn hufbein l g o f f a i stiv%_ .t. Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. P e r Beleg StSG. IV, 314,21 Clunes : hubben, Beda de orthogr., p. 56, Leiden, UB. B.F.L. 191E, ist altsächsisch bzw. mittelniederdeutsch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 289, SAW. 1,46 u. 1,407. Herkunft: Kompositum; zu -> huf, bein. DWB. 4,2,1867. - vgl. mhd. huflein.

hüftla

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hüfil stFN. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' (Gl.) -gern Wange', eigentl. 'die fleischige Erhöhung unterhalb des Auges, zwischen Schläfe und Unterkiefer, deren Farbe Gemütsstimmung, Gesundheit, Krankheit etc. anzeigt'; 'Augenlider, Augen'. Glossare: III, 437,26 Gene : bevfel\ Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. IV, 68,13 Gene : hiufil, Glossae Salomonis (f). StWG. 289, SAW. 1,392. Herkunft: vermutlich mit russ. küper 'Steißbein, Bürzel', poln. kuper zu einer Wurzel *keu-p für die Bedeutungsgruppe „Wölbung nach oben, Haufe etc.". IEW. 1,591; T. Arnoldson, Parts, S. 39, M. Dolch, Schöpferische und entwickelnde Sprachkräfte, S. 156f. - vgl. mhd. hiufel "Wange', bes. die fleischigen Teile der Wange*. hüfila, hiuffela swF. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange, Schläfe' (N.WH.; Gl.) - gena *Wange', eigend. 'die fleischige Erhöhung unterhalb des Auges, zwischen Schläfe und Unterkiefer, deren Farbe Gemütsstimmung, Gesundheit, Krankheit etc. anzeigt'; 'Augenlider, Augen' (gene 'inferiores partes oculorum"); tempus 'Schläfe*. Literarische Denkmäler: Notker 4,10,9 Unde in sine bärtenten biejelin neße^en äne mtchelen häoh ueneris. sämodahtengän. Williram 26v,32 DtNE hüffelon. sint sämo der brüch des röten apfeles. (u. ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I,371,11 Genas : hivfilun, Dt 28,35, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. I, 621,34 Genas : hiufilun, Is 50,6, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 2,58 Gents : hifftlun, Alcimus Avitus 3,212, Clm 19450; Nr. 449, BV. 666; Ende 10., Anfang 11. Jh., bair. II, 342,51 Tymporibus : hiufilun, Isid. off. 1,21 p. 388, Clm 6325; Nr. 348, BV. 529,1. Hälfte 9. Jh., bair. Glossare: 1,165,2 Gene : hiufilun, Abrogans, R., (Parallelhs. crana grana 'Schnurbart'), Abrogans, Pa. Κ Ra.. III, 9,9 Timporibus: chinnapahhun. hiuffilun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. III, 18,35 Genes : hiuftio, Sachglossar, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. II, 314,74 gene: hivfiia, Summ. Heinr.

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Körperteilbezeichnungen

HSH. II, 5,64 gene: hufelun, Summ. Heinr. HSH. II, 314,74 gene: hüftla, Summ. Heini. (StSG. III, 177,50. 239,58. 59. 275,47. 301,10. 318,8. 335,55). III, 353,54 Gene: hufel, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,32 Gene : hufelon, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,40 Wisanqt. gene : hufelun, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 432,31 Genf inferiores partes ocuhrum : hiufilon, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. - huiftlon, Clm 14689. III, 434,14 Genf : hiufftlun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 111,435,44 Gene : hirftlun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 436,4 Gen( : hufolun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 661,18 Gene : hufele, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 186,58 Gene medium maxilk . i. hüsei (Steinmeyer: Hufel), Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. [Die Abrogans-Glosse gene : crana beruht wohl auf einem Missverständnis, man vergleiche J. Splett, Abrogans-Studien, S. 238.] SchW. 168, StWG. 289, SAW. 1,392. Herkunft: hüftla ist swF. neben ahd. —» hüfit, s. J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 41. hiufelln stN. 'fleischige Erhöhung über dem Jochbein, Wange' (Gl.) — gern 'Wange', eigentlich 'die fleischige Erhöhung unterhalb des Auges, zwischen Schläfe und Unterkiefer, deren Farbe Gemütsstimmung, Gesundheit, Krankheit etc. anzeigt'; 'Augenlider, Augen'. Glossare: HSH. 1,126,149 gene: hufeli, Summ. Heinr. HSH. II, 314,74 gene: htfelin, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,18. 239,58. 59). III, 438,52 Gene : hufelin, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 289, SAW. 1,392. Herkunft: Diminutiv zu - » hüfil, hüftla.

hat

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hunteszand stM. Tickzahn' (Gl.) - cantnus 'Augenzahn, Spitzzahn'. Glossare: III, 436,7 Canini : huntesceni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. StWG. 292, SAW. 1,411 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu —• ψη(ά) und hund 'Hund' wie lat. cantnus zu canis, das Bezeichnungsmotiv liegt im Aussehen der Zähne. DWB. 4,2,1942. huriwa swF. 'Gaumen' (Gl.) - palätus 'Gaumen', pleärum 'Stäbchen, Zither' (auch 'Zäpfchen, hinterster Teil der Zunge; Zungenspitze', L. Diefenbach, Glossarium, S. 441 f.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 638,30 Palatus : horovuo, Lam 4,4, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ II. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 395,70 Plectro : hurui, Prud. perist. 988, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 454,7 Plectn : hvrivun, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - huriuun, Clm 14395. II, 447,21 Palati: hvrivun, Prud. perist. 6, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - huriuun, Clm 14395. II, 503,7 Palatum : hura, Prud. cath. 120, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. II, 510,58 Palato : hurua, Prud. perist. 933, ebd. II, 547,33 (Palato): huliuun (Steinmeyer, z.St.: 1. huriuun), Prud. psych. 422, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 405,199palatus: guimo l hura, Summ. Heinr. (StSG. III, 305,23). III, 321,43 Palatus: hör; Summ. Heinr. III, 432,44 Palatus : giumo. siue huri uua, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C H . III, 435,45 Palatus : hurua, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 435,53 Palatus: huriua, ebd. StWG. 295, SAW. 1,415 huriwa, hurim. Herkunft: unklar. höt stF. 'Haut* (N.NG.O.PG.Ph.; Gl.) - cutis weiche Haut\pellis 'Fell, Pelz, Haut; Leder', corium 'harte Haut (der Tiere), Fell, Leder', tergus 'Rücken, Haut, Fell (der Tiere)'. Literarische Denkmäler:

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Köiperteilbezeichnungen

Notker 1,7,1 Ünde slächiu hut. ridot an chräßeldsemo Uchamen. (u.ö.) Notker Glossator 9,231,17 corio siccato - irdorretero hiäte. Physiologus 131,125 so loset sih alüu ire (der Viper) hut abo. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: 1,324,40 Corium : hut, Ex 29,14, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521, 10. Jh., alem. I, 353,25 Inolita cuti : unguuonetiu dera huti, Lv 13,11, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 424,40 {[cute] Amoena) mituuolavarauum hüti, Prud. cath. 100, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh. bair.-alem. II, 578,16 Cortice: hüd, Prud. apoth. 341, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; Nr. 100, BV. 105,10. Jh., mfrk. IV, 399,2 Recinn9 c^eck an derhuet, Schreiberzusatz, Karlsruhe, BLB Aug. LXIV; Nr. 52, BV. 293, 9./10. Jh. (Zusatz 14. Jh.). Glossare: III, 18,19 Cutis : huut, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,57 Cutis: hut, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,130,207 cutis: hut, Summ. Heinr. HSH. II, 6,94 cutis: hut, Summ. Heinr. (StSG. 111,72,33. 178,25. 224,56. 266,55. 294,59. 311,59. 328,39 Vibex äs ren dotblutr. Steinmeyer z.St: ren [= Strieme] der hüte?). III, 354,16 Cutis : hut, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,53 Cutis : hut, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 434,41 Cutis : hut, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 667,61 Corium pellis tercus hut idem sunt, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 139,7 Cutis: hut X, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Daneben die nicht anatomischen Bedeutungen 'Fell; Riemenpeitsche; Schale' (etwa Otfrid 3,7,25; Pariser Gespräche); 'Kleidung', sowie 'Fell, Pelz; Leder' als Glossen zu lat. lyrsam 'Fell', corium, etwa als Bespannung der Handpauke Ps 150, 4; StSG. I, 524,43.44; vgl. H. Davids, Studien, S. 131f., und exuviae 'Kleidung, abgezogene Haut'. Die Unterscheidung zwischen menschlicher weicher Haut und tierischem Fell (so für corium 'harte Haut der Tiere, Fell, Leder', pellis 'Fell, Pelz, Haut; Leder', tergus 'Rücken, Haut, Fell der Tiere") ist nicht immer sicher zu treffen. Deutlich wohl nur StSG. III, 624,46 Corium : hit und 624,51 Hirtina cut?: poc-

inädiri

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ceschut, beide Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Kleidung. Im engeren Sinne dürften nur die Glossen zu lat. cutis hierher gehören, wenngleich sie zum Teil, etwa StSG. 1,324,40 auch auf die Haut von (Opfer-)tieren bezogen sind.] SchW. 172, StWG. 296, SAW. 1,418. Herkunft: mit as. hüd, afries. hed, ae. hyd, an. hüd aus germ. *hüdi- 'Haut'. Dies gehört zu den Dentalerweiterungen der Wurzel *(s)keu- Tjedecken', zu denen auch lat. cutis 'Haut' zählt und mit ^-mobile griech. σκότος. KS. 361, Pfeifer 517, DWB. 4,2,701 f., IEW. 1,952, HWdA. 3,1581f. - vgl. mhd. hüt.

I inädiri stN. 'die inneren Organe, Eingeweide' (Gl.) - exta *Eingeweide, Gedärme, Darmkanal', intestinum *Darm, Eingeweide', viscus 'Eingeweide', humor (uiscerum), vitälis 'die edlen Teile des Körpers, auf denen das Leben beruht, Eingeweide'; vena "Blutader, Pulsader'. Glossen zu biblischen Schriften: I,324,34 Intestina : innodHi. innadiri, Ex 29,13, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 221,9 Cum humor denne deiinnadirhir, Greg, cura 1,11 p. 13, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. 11,288,24 Ad uitalia in: uuertig. inadrvn, Greg. hom. 1,15 p. 1491, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. II, 311,45 Ad uitalia : φ innidarim, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. II, 451,38 Uiscus : inadri, Prud. perist. 499, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - innadri, Clm 14395. II, 488,34 Uenis : innadrin, Prud. H. cath. 63, St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem. II, 630,58 Extis : inadrun, Verg. Georg. 1,484, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 679,50 Ilia: inadri, Verg. Ekl. VII, 26, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 742,16 Intestina : in nuadri, Passio Barth., Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. Glossare: HSH. 1,134,251 viscera: inaden, Summ. Heinr. HSH. II, 6,116 viscera: inedrt, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,18.178,61). III, 363,21 Viscera : inedere, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk.

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Körperteilbezeichnungen

III, 368,32 Intestinum: inedre, ebd. III, 392,40 Virgin, uiscera : inedre, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 667,68 Exta t uiscera iadir./. darmi, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 203,48 Intestina : inadri, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. [Die Glosse StSG. II, 572,29 Uiscus: inathiri, Prud. perist. 56, Brüssel, BR. 9987 ist wohl niederfränkisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 303, SAW. 1,6. Herkunft: ein altes Kompositum, als Bildung mit dem Adverb ahd. inn(a) sowie zur alten Bedeutung von germ. *äd(a)n *Eingeweide', gewissermaßen als die „innersten Organe" neben den stärker nach außen gerichteten wie Herz oder Bauch, die mit Fortsetzern der Basis *eter- im Griechischen bezeichnet werden. Vgl. air. inathar 'Eingeweide'; KS. 15 s.u. Ader, 401 s.u. inne, IEW. 1,344; s.u. ädara. vgl. mhd. inadert, inader 'Eingeweide'. inbrust stF. 1. «Brust', 2. 'Herz' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 1,4,42 Gikerit er skono tha% her%afirdmno in kindo tnbrusti üjgotes änalusti. SchW. 173, SAW. 1,113. Herkunft: ein altes Kompositum, gebildet mit dem Adverb ahd. inn(a) 'innerhalb, inwendig, innen' u. —> brüst. inergirde* (?) 'Rachenmandeln' (Gl.) —glandulae 'Mandeln, Drüsen am Hals'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368, A.2 Adglandulas : .diincegtrde, Gariopontus, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806,12./13. Jh., fränk. StWG. 302. Herkunft: ein altes Kompositum, bestehend aus dem Adjektiv ahd. innen 'der innere' und einem mit nhd. Geier verwandtem Substantiv aus ie. *£ei- 'gähnen'. KS 324 s.u. Gier. ingetuome stN. Tiingeweide' (Gl.) - tlia Unterleib, Magen, Eingeweide', viscus "Eingeweide'. Glossare: III, 661,69 IL· uiscera : ingetvme, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. Paneben einmal in der Bedeutung 'Hausrat, Zubehör' StSG. I, 333,39 Suppelkx: ingedäme diuerse res mobiles, Ex 30,28.] StWG. 303, SAW. 1,1031.

innervel*

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Herkunft: Ein altes Kompositum. Es handelt sich vermutlich um das selbe Wort wie es vorliegt in nhd. Ungetüm. Dann gehört es zu der nur noch im Suffix -tum erhaltenen Bildung germ. *dömi- 'Setzung' als „was innen sitzt". KS. 848, J.A. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch, 1,95. - vgl. mhd. ingetüeme 'was in das Innere des Körpers getan, geschaffen ist, Eingeweide; Hausrat'. ingeweide* stN. *Eingeweide' (Gl.) - farcimen 'Wurst' (s. J. Andre, Le Vocabulaire, S. 142). Glossare: III, 368,30 Farctmen : ingeweide, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 303, SAW. 1,1084. Herkunft: ein verdeutlichendes Kompositum, gebildet mit dem Adverb ahd. inn(a) 'innerhalb, inwendig, innen' u. —> giweidi. Es ist unklar, ob in dem Beleg die Bedeutung 'innere Organe' oder die vermutlich daraus entwickelten jüngeren Bedeutung «Würste' vorliegt. KS. 211, Pfeifer 269, DWB. 4,2,2115f. - vgl. mhd. ingeweide. inhenti stN. "hohle Hand, Handteller* (Gl.) - vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 505,62 Uolam : fiat ( ) inhende, Prud. perist. 242, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. (Parallelhs./»//). Glossare: HSH. II, 335,109.1 ir: inhende, Summ. Heinr. III, 354,1 Vola : inhende, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. StWG. 303, SAW. 1,352. Herkunft: ein altes Kompositum, gebildet mit dem Adverb ahd. inn(a) 'innerhalb, inwendig, innen' u. -> hant. DWB. 4,2,2120. - vgl. mhd. inhant'die hohle Hand'. innana 'Eingeweide' (eigentlich: 'im Inneren") (Gl.) - ileum Unterleib, Magen, Eingeweide', intestinum *Darm, Eingeweide'. Glossare: 1,170,7 Hiliis: innena, Abrogans, Pa. - innana, Abrogans, K., Ra.; vgl. Ilits membris l intestinis, R. StWG. 304 (adv.), SAW. 1,423 (adv.). Zum Adverb s. auch SchW. 174. Herkunft: Substantivierung von ahd. innan(a), got. innana 'innen'. KS. 401 s.u. innen,]. Splett, Abrogans-Studien, S. 245. innervel* stN. "Bauchfell, Zwerchfell' (?) (Gl.) - vgl. ponderosus, hirniosus 'mit einem Bruch behaftet'.

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Körperteilbezeichnungen

Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 414,19 cum in äcca aura homo interdum siccus est inneruel, Heilmittellehre, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. Glossare: HSH. 1,309,583f. ponderosus, hirniosus: dem da% inner vel enqvei ist, Summ. Heinr. StWG. 304, SAW. 1,423 'Zwerchfell'. Herkunft: wohl ein altes {Compositum mit dem Adjektiv ahd. innere, inner 'der innere' sowie ahd. —• fei. innersmero swM. "Eingeweidefett, Bauchfett* (Gl.) - omentum 'Fetthaut, Netzhaut, die die Gedärme bedeckt und zusammenhält'. Glossare: III, 436,45 Omentum: innersmero, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. StWG. 304, SAW. 1,423. Herkunft: wohl ein altes Kompositum mit dem Adjektiv ahd. innen, inner 'der innere' sowie ahd. —> smerfo) 'Fett'. innida stF. "Eingeweide, das Innere' (Gl.) - ftbrae 'Eingeweide', intestinum T>arm, Eingeweide', recessus 'Rückzug, Vertiefung, Inneres'. Glossare: 1,154,30 Fabrum : innida, Abrogans, Pa. - innitha, Abrogans, K. - inuid:a, Abrogans, Ra. — Fibrarum chordarum: in innidom, Abrogans, R. I,155,32 ... in intestinis In innidoom, Abrogans, R. III, 10,7 (?) Intrange : indinta, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. (Steinmeyer: Graff vermutet innida). [In der Bedeutung 'inneres Gemach' zu lat. recessus 'Rückzug, Vertiefung, Inneres' I, 240,33 Recessibus: innithom, Abrogans, Κ — innidom, Abrogans, Ra.] StWG. 304, SAW. 1,423. Herkunft: wohl eine Ableitung von ahd. tnn(a) 'innerhalb, inwendig, innen', innan(a), 'innen' mit dem Suffix -ida. KS. 401 s.u. innen. inniherdar stM. 'Eingeweide' (Gl.) - intestinum "Darm, Eingeweide', viscus 'Eingeweide'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 180,68 Cum humor uiscerum ad uires .i. den"i dei itfiherdtr cidtnmahtin, Greg, cura 1,11 p. 13, Clm 21525; Nr. 456, BV. 677,9. Jh., bair. StWG. 304, SAW. 1,382. Herkunft: ein verdeutlichendes Kompositum mit dem Adverb ahd. inni, inne 'darin innen, im Innern' sowie ahd. —> herder.

haminnödili

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innöd stM. 'Eingeweide; Unterleib' (?) (Gl.) - alvus 'Unterleib, Bauch, Magen, Mutterleib'. Glossare: I, 23,27 aluus: innod, Abrogans, R. (wohl Zusatz zu Alueus: strait). StWG. 304, SAW. 1,423. Herkunft: vgl. ae. innoS; unklar. Vielleicht ist mit N. O. Heinertz, Etymologische Studien, S. 71 f., von einer Bildung aus ahd. inn(a) 'innerhalb, inwendig, innen' und dem Suffix -öd(i) auszugehen. Misslich ist daran jedoch, dass gleichbedeutend ahd. innovili dann etymolgisch abzutrennen wäre. Eher sind wohl innöd, —> innödi, innovili und inuodili Fortsetzer von unterschiedlich alten und mit unterschiedlichem Wortakzent zusammengesetzten Bildungen zu germ. *äd(a)rö 'Eingeweide'. —> inädiri; vgl. IEW. 1,344. Die genauen Zusammenhänge sind aber noch unsicher; vgl. —> innovili. innödi stN. 'Eingeweide, die inneren Organe' (Gl.) - uterus 'Leib, Unterleib, Bauch, Mutterleib, Gebärmutter', viscus 'Eingeweide'; indigina, zu indigenus 'eingeboren, inländisch' (?). Glossen zu biblischen Schriften: I, 294,48 Viscera : innodi, Gn 43,30, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 316,66 Conlidebantur filii in utero : uuarun samant sto^onti chind in inneode, Gn 25,22, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 729,51 Viscera : in nodi, Lc 1,78, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. I, 733,8 Conceperetur in utero in innode entfangan. uuari, Lc 2,21, ebd. Glossare: I, 184,2 Indigina : innotei, Abrogans, Pa. - innocte, Abrogans, K. - in innote, Abrogans, Ra. - Vgl. Indigena : lantpikengeo, Abrogans, R. StWG. 304, SAW. 1,423. Herkunft: —» innöd. innödili stN. 1. 'Eingeweide, Gedärme', 2. 'Hoden' (Gl.) - extdlis 'Mastdarm, After', intestinum 'Darm, Eingeweide', testiculus 'Hoden', viscus 'Eingeweide'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 281,44 Intestinis : innodilü, Ex 12,9, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 324,33 Intestina : innodili. innadiri, Ex 29,13, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. (Parallelhs.: innouih). I, 409,42 Prominentes extales eorum : luakenti innadoli in, I Sm 5,9, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 620,35 Extales: innidoli, ebd., I, 511,24 Nerui testiculorum : senadara inodilo, lob 40,12, ebd.

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Körperteilbezeichnungen

Glossare: III, 19,13 Uiscera : innodk, Gruppengl, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. StWG. 304, SAW. 1,423; s. auch SchW. 174 innodilu (OT.). Herkunft: innöd, vgl. IEW. 1,344. innovili stN. "Eingeweide, innere Organe' (Gl.) - exta 'Eingeweide, Gedärme, Darmkanal', internödium 'Raum zwischen zwei Gelenken', intestinum "Darm, Eingeweide', testiculus 'Hoden', viscus 'Eingeweide'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 324,32f. Intestina : moSuiü, Ex 29,13, Wien, ÖNB 1761; Nr. 613, BV. 941, Hs. 10. Jh., obd. - Innouili, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1. - innouile, St. Gallen, StiftsB. 295. - Innouilib, St. Gallen, StiftsB. 9. I,703,11 Internorum : moulo (Steinmeyer: 1. inoulo), II Macc 9,5, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. - movlo, Wien, ÖNB 2732. muh, Göttweig, StiftsB. 46/103. - (StSG. V, 97,30) uinculo (Steinmeyer: dh. innoulo), Clm 19440. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 177,51 Uisctrum : inuph, Greg, cura 1,1 p. 3, Clm 21525; Nr. 456, BV. 677, 9. Jh., bair. II, 395,55 {Exta) : inob/i, Prud. perist. 918, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. 11,453,58 Exta : inobü, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh. bair.-alem. II, 600,1 Intestina : inobti, Ruf. hist. eccl. 1,8 p. 37, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. II, 641,74 Uiscera inovb!i, Verg. Georg. III, 559, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II. Jh., bair. Glossare: III, 433,28f. Uiscera : innouili, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - inuueü, Clm 14689. - hinuo viü, Fulda, Hessische LB. C l l . [Daneben zu crüstula in der Bedeutung 'Kuchen': StSG. I, 336,57 CPrustula: inniuoü; man vergleiche weiter Tatian 79,1 thuruh Jnnuouilu miltida unsares gotes ..., zu innuovilu 'Innerstes (einer Sache), Inneres', zu Lc 1,78 per viscera misericordia; SchW. 174 als 'Eingeweide, Inneres'.] StWG. 304, SAW. 1,650: ? in-nof-ali. Herkunft: —> innöd, der Zusammenhang von ahd. innöditi und innovili ist jedoch noch nicht geklärt. Es könnte sich jedoch um ein Beispiel des von Κ Matzel fur das Gotische aufgehellten Wechsel von ß- zu pl- handeln, der für das Althochdeutsche noch genauer untersucht werden muss. (Gesammelte Schriften, S. 178-

inwartigi

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195). Für die Annahme, dass die Formen mit /die ursprünglichen seien, sprechen aisl. inniß, - y ß und - y l f i sowie ae. in(n)eß, -ifle, - y l f e und - e j f e . Im Althochdeutschen sind aber die dentalhaltigen Belege seit dem 8. Jh. bezeugt, inmovilu setzt erst im Tatian ein und überwiegt dann deutlich im 10. und 11. Jh. Der ansprechende Versuch N. O. Heinertz', Etymologische Studien, S. 71f. innovili als in-nabaü zu naba, nabil 'Nabel' als „das, was in dem Nabel sitzt" zu stellen, geht vermutlich fehl, da die Wörter um ahd. -> innödili etymologisch abgetrennt werden müssten. Sieh daher auch T. Arnoldson, Parts, S. 150f. intuoma stF. "Eingeweide* (Gl.) - exta 'Eingeweide, Gedärme, Darmkanal'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 632,55 Exta : intuoma, Verg. Georg. II, 194, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. StWG. 306, SAW. 1,1031. Herkunft: ein altes Kompositum, gebildet mit dem Adverb ahd. intt(a) 'innerhalb, inwendig, innen' u. ahd. tuom 'Macht, Herrschaft, Fähigkeit', germ. *dömi. IEW. 1,238. —> ingetuome. — vgl. mhd. intuom. inwartl stF. Έingeweide, das Innere' (Gl.) - intercus 'unter der Haut befindlich', viscus "Eingeweide*. Glossen zu biblischen Schriften: I, 794,27 Uiscera : inuvarti, I Io Brief 3,17, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs.: invuartigi, inwertigd). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 456,71 Intercute : invuartigemo, Prud. apoth. 167, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - inuartigemo, Clm 14395. StWG. 306. Herkunft: wohl als „innerwärts", „das nach innen gewendete" eine Substantivierung eines komponierten Adverbs auf ahd. inn(a) 'innerhalb, inwendig, innen', dessen Grundwort in nhd. -wärts, ahd. -wart, -wert, ae. weard, an. verdr und got. wairps enthalten ist. Pfeifer 1540. - vgl. mhd. inwart 'internus, intimus', das nur in allgemeinerer Bedeutung belegt zu sein scheint. inwartigi stF. 'das Innere, Innerste, Eingeweide' (Gl.) - interna 'die Eingeweide', medulla 'das Innerste, Mark' (etwa dorsalis medulla 'Rückenmark·), viscus "Eingeweide'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 794,27 Uiscera : invuartigi, I Io Brief 3,17, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 18530a. inuuartigi, Göttweig, StiftsB. 46/103. (Parallelhs.: inuvarti, inwertigd). Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Köiperteilbezeichnungen

II, 192,74 Medullam: invuartigi, Greg, cuta 3,24 p. 73, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. 11, 468,36 Interna : inwartig, Prud. symm. I, 532, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem. - inuariig, Clm 14395. StWG. 306, SAW. 1,1110 inwertigt 'das Innere, Innen'; inwertig Adj., subst. 'Eingeweide'. Herkunft: eine Ableitung zu einem Adjektiv ahd. inwarttg 'innerlich*. —> inwarti. inweräga stF. 'das Innere, die inneren Organe, Eingeweide' (Gl.) - interna 'die Eingeweide', medulla 'das Innerste, Mark' (etwa dorsaüs medulla 'Rückenmark"), viscus •Eingeweide', vttälis 'die edlen Teile des Körpers, auf denen das Leben beruht, Eingeweide'; recessus "Rückzug, Vertiefung, Inneres'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 794,29 Viscera: inwertiga, I Io Brief 3,17, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallelhs.: inuvarti). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 257,13 Oitakum : invuertigero, Greg. dial. 3,33 p. 352, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 268,40. 41 Medultis : mitinvuertigen, Greg. hom. 1,2 p. 1441, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - mitinuuertigen, Clm 19440. - mitinuvertigent, ebd. II, 420,61 Per latebras : afterdeninvuertigun, Prud. cath. 123, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [errabat illicper latebras uiscerurri\. II, 423,1 Per medullas : after denimmertigm, Prud. cath. 6, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 428,1 Imos recessus : deitiuphun invuertigun, Prud. perist. 150, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [ostende, quopacto queant imos recessus scrupeos discissa rumpent uiscera] (Parallelhs.: gtogm). StWG. 307. Herkunft: eine Ableitung zu einem Adjektiv ahd. inwertig 'das Innere'. —> inwarti. Isbein stN. 1. Oberschenkelknochen, Oberschenkel', 'Hüftbein, Hüfte' (Gl.) clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule, Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weiche, Hoden' (MlatWb. 2,732), femur Oberschenkel, Dickbein', cuäcium 'Hüftbein' (MlatWb. 2,2070). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 377,57 Femen : isben, Prise, inst. 238,15, Köln, DB. CCII; Nr. 92, BV. 352, II. Jh., mfrk. Glossare: III, 440,3 Culicium : ispein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,13. Jh., alem.

kela

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P e r Beleg StSG. II, 725,26 Clunis isben uel ars belli, Servius in Vetgilium 554, Oxford, BL. Auct. F. 1.16, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 313 (mhd.; as.), SAW. 1,46. Herkunft: vermutlich endehnt aus lat. iscbia 'Hüftbein, Hüftgelenk', das selbst aus griech. Ισχίον 'Hüftbein' stammt. Es handelt sich um die volksetymologische Umdeutung eines alten fachsprachlichen Wortes der Ärzte und Jäger. KS. 213, DWB. 3,362. - vgl. mhd. isben. Κ kela stswF. 'Kehle, Rachen, Gurgel' (B.GB.N.WH.; Gl.) - cavea 'Höhlung', Collum 'Hals', gula 'Speiseröhre, Kehle, Gurgel, Gaumen', gurgulio 'Gurgel, Luftröhre', guttur 'Gurgel, Kehle'; tuba 'Röhre'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 19,7 jndichekun vnerlaubantljhheem deononte. Notker 1,30,20 ...tu uerslünden habeton . ten %6h ih in ginenten u^er dero chelün. (u.ö.) Williram 54r,19 DER STANK dines mündes ist sämo der säo^en epheto! din chela . smekket sämo der tuiristo uvtn. Glossen zu nicht biblischen Schriften II, 38,16 Tuba : chela, Arat., Ad vigilium 100, Trier, Bistumsarchiv Abt. 95 Nr. 17, Nr. 566, BV. 878,14./15. Jh., fränk. nach obd. Vorlage. II, 531,57 Caueam: chelm, Prud. cath. 94, Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. [lingua sub ore latens caueam], Glossare: III, 3,59 Gula: cela, Vocabularius Libeüus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,49 Gula ·. kela raho, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,128,180 gula, guttur ·. kela, Summ. Heinr. HSH. II, 5,80 gula, guttur ·. kela, Summ. Heinr. HSH. II, 314,78 gula, comessatio: chela, Summ. Heinr. HSH. II, 194,123 [brancia], guttur, [imaxilL·i]: chela, Summ. Heinr. (StSG. 111,71,20. 177,74. 225,8. 9. 239,65. 267,4. 275,54. 295,7. 301,14. 318, 14. 329,51. 335,61). III, 362,46 Guttur : kela, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,54 Gruqa. guttur: kela, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 433,6 Gurgulio : chela l querca, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. (Parallelhs.: quuertchela).

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Kötperteilbezeichnungen

III, 433,12 Collum : hals, cuius anterior pars chela dicitur, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, 14754; Nr. 409, BV. 612,10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C l l . III, 436,14 Gula : chela, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,45 Guttur : chela, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 438,69 Guttur: chele, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. V, 39,11 GurguUo : chela, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. III, 500,33 Guttur : kela, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 500,34 Gula: kela, ebd. III, 689,68 Cvla : kela, Mischgl., St. Gallen, SdftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. IV, 187,11 Guttur : chel, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. [Nicht hierher mit der Bedeutung 'Kehle', sondern in der Bedeutung 'Kiemen' die Glossen zu Tb 6,4; StSG. 1,478,43f. Branciam : chiel. cheuutr, das gleiche gilt wohl für HSH. II, 194,123 brancia, \guttui\, maxilla : chela, Summ. Heinr. zu lat. brachiae 'Kiemen, Kiefer der Fische' und mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade, Kinn'.] SchW. 179, StWG. 325, SAW. 1,449. Herkunft: mit as. kela, ae. ceole zu westgerm. *ke!ön 'Kehle', das möglicherweise auch altnorsisch in der Bedeutung 'Kiel' erscheint. Außergermanisch vergleicht sich air. gaile 'Magen' und wohl auch lat. gula 'Schlund, Kehle' aus ie. *gel-, gwel'verschlingen', aber wegen germ. *k bestehen Schwierigkeiten im Anlaut. KS. 436, DWB. 5,395f., IEW. 1,365. Die Ableitungen ahd. keloro, kelur und kelura glossieren ausschließlich lat. palear "Wamme, Kehle, Schlund' (Verg. Georg. III, 53 und Glossae Salomonis) und beziehen sich allesamt auf die herabhängende Hautfalte am Hals von Kühen und Stieren. — vgl. mhd. kele. kelabrät* stN. 'Kehle' (?), 'Haut- und Fleischteile unter dem Kinn, Doppelkinn' (?) (Gl.) - rüma 'Kehle, Gurgel, Schlund; säugende Brust'. Glossare: III, 353,40 Ruma : kelbrat, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. [Wohl nicht in anatomischer Bedeutung erscheint der zweite Beleg StSG. III, 353 Decallo : kelebrat (De mensis et escis), der semantisch zu den Glossen Decallo : kelebrato (s. StWG. 325) gehört und auch im Kontext des Glossars zwischen Bezeichnungen für Wurst, Fett etc. steht. Der hier erfasste Beleg aus der Wiener Hs. befindet sich dagegen zwischen anderen Körperteilglossen. Lat. rüma glossiert sonst

hamkinna

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ahd. itarucki, mnd. idrig als 'Kehle des Wiederkäuers', StWG. 314, SAW. 1,770; J. Riecke, Die schwachen^/Λ«-Verben, S. 190f.] StWG. 325 'Fleischstück vom Halse', SAW. 1,449 u. 1,96 'Halsfleisch'. Herkunft: Kompositum; 2u -> chela, brät, DWB. 5,395. - vgl. mhd. kelbrät 'Bratenstück vom Hals'. kewel "Backenzahn' (Gl.) - molaris (dem) 'Mühlstein, Backenzahn, Stockzahn'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,32,67 {Moles) ·. kernel, Arat. 11,1074, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. J h , moselfrk. nicht StWG. 332 u. kiuwa, kewa, kouwa, nicht SAW. Herkunft: aus germ. *kawiv-il-a^ zu *kewwa- 'kauen'. IEW. 1,400; vgl. —• kiuwa, kewa. kindelegi stF. 'Gebärmutter' (Gl.) - matrix 'Gebärmutter, Mutterleib'. Glossare: V, 62,23 Matrixenia : chidelecchi, „Glossar mit Worterklärungen", Klagenfurt, Bibliothek der Hochschule für Bildungswissenschaften Perg. HS 11; Nr. 702, BV. 341,13. Jh., bair. StWG. 330, SAW. 1,455. Herkunft: Kompositum; zu ahd. kind 'Kind' u.. leggen 'legen'. Sieh auch —> gilechtar, sowie J.A. Schmeller, Bayrisches Wörterbuch, 2,451. - vgl. mhd. kindelege. kindeszand stM. 'Milchzahn' (?) (Gl.) - dens genuinus 'Backenzahn'. Adespota: IV, 239,3 Genuinus : chindes ?ant, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. P e r Beleg StSG. III, 722,15 Dens genuinus : kinästane, Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (früher Cheltenham 7087) ist altsächsisch bzw. mittelniederdeutsch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 330, SAW. 1,455 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu ahd. kind 'Kind' u. —> %an(d). Die Bedeutung 'Milchzahn' folgt vielleicht lat. genuinus 'angeboren, angestammt, natürlich' zu genus 'Geburt, Abstammung'. Das lateinische Lemma gehört jedoch zu genuinus 'zu den Wangen gehörig', substantiviert als 'Backenzahn', zu gena 'Kinnbacke, Wange; Augenlid'. Daher liegt vielleicht eine Umdeutung aus kinni-yand vor; s. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 841. DWB. 5,755 wird nur fnhd. Kinder^abn 'infantum denticuli' verzeichnet. kinna F. 'Kinnbacken, Kinn' (N.; Gl.) - mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn'. Glossare:

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Köfperteilbezeichnungen

IV, 150,56 Maxilla : kinna Λ., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 330, SAW. 1,456. Herkunft: als feminine Bildung zu —> kinni. kinni stN. 'Kinnbacken, Kinn' (Gl.) - maxtlla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn', mentum 'Kinn', mola 'Mühlstein' {dentis molares 'Backenzähne'). Literarische Denkmäler: Notker 8,99,3 Mit chämo unde mitfreno gduutng den chinne. Glossen zu biblischen Schriften: I, 324,30 Tyra. pannus est in capite in transuersu usque ad mentum chinni uitt{ eius, Gn 29,6, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. IV, 267,5 Mentum : kinne, I Sm 17,35, Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362, 2. Hälfte 12. Jh., ahd. - Leipzig, UB. Ms. 107; Nr. 263, BV. 377,15. Jh. I, 503,32 Maxillam meam : min kinni, lob 16,11, Clm 6225; Nr. 339, BV. 503, Hs. 9. Jh., bair. I,505,16 Mobs : chinni, lob 29,17, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 14689. Clm 17403. - chinne, Clm 22201. - churni, Clm 6225. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 326,4 Mento .i. cbinno, Hieron. Epist. LH p. 254, Salzburg, St.P. a IX 20; Nr. 550, BV. 843,12. Jh., bair. II, 326,50 Mento : kin, ebd., El Escorial (Madrid), Monasterio de San Lorenzo el Real. Bibliotheca b. III. 2.; Nr. 135, BV. 148,11./12. Jh., ostfrk. (?). II, 485,35 Mentum : chinne, Prud. perist. 560, St. Gallen, StiftsB. 136; Nr. 162, BV. 188, 9./10. Jh., alem. II, 515,58 Mento : chknnf, Prud. ham. 410, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./11. Jh., alem. - chinne, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10./11. Jh., alem. II, 537,64 Mento : chinne, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. II, 544,65 Mento : chinne, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402, 11. Jh., alem. II, 506,25 Mentum : chknnf, Prud. perist. 283, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. - chinne, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 556,10 Mentum : kinne, ebd., Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 560,68 Mentum : chinni, ebd., Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348, 11. Jh., mfrk. II, 523,16 Mento : kinne, Prud. psych. 325, Einsiedeln, StiftsB. cod. 312; Nr. 119, BV. 128,13. Jh., alem.

kinni

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II, 548,44 Mentum: chinne, Prud. psych. 592, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 696,68 Mento : kinne, Verg. Aen. IV, 250, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. Glossare: III, 3,62 Mentus: cinni, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,11 Mantun : chinni, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 18,40 Me ... (nach Steinmeyer ist Mifntus chinni] zu lesen), Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,128,173 mentum: kinni, Summ. Heinr. HSH. II, 5,78 mentum: chinne, Summ. Heinr. HSH. II, 365,125 mentum: chinne, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,1.177,69. 246,17. 338,42). III, 353,56 Mentum: kinne, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,40 Mentum : kinno, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,60 Maletin. mentum : kinne, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 431,27 Mentum : chinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. III, 433,10 Mentum : chinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. Cll. III, 434,28 Mentum : kinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,25 Mentum : chinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 435,47 Mentum : chinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 436,13 Mentum : chinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,60 Mentum : kinne, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Die Belege StSG. II, 497,60 Menta : kinni, Prud. ham. 748, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; II, 573,3 Mentum : cinni, Prud. perist. 283, Brüssel, BR. 9987; II, 587,11 Mentum : kin, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; II, 717,28 Mento : chinne, Verg. Aen. IV, 250, Oxford, BL. Auct. F. 1.16 und 11,719,46 Mento : chinne, ebd., Wien, ÖNB 15306 (Suppl. 2702), sind altsächsisch bzw. niederfrk., s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.]

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Körperteilbezeichnungen

SchW. 181, StWG. 330f., SAW. 1,546. Herkunft: mit as. kin(ni), afries. vjn- in qn-bakka, ae. cinn, an. kinn, got. kinnus aus germ. *kinnu- 'Kinnbacken, Wange', zu ie. *genu- 'Kinnlade' in lat. gena, griech. γένος. KS. 442, Pfeifer 655, DWB. 5,774f., IEW. 1,381. - vgl. mhd. kirne. kinnibahho swM. 'Kinnbacken, Wange; Schläfen' (B.GB.; Gl.) - mandibula, maxilla 'Kinnbacken, Kinnlade', tempus 'Schläfe'; branchiae 'Kieme, Kehle, Kiefer' (MlatWb. l,1562f.). Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 46,18 die kislagane [/'»] chinniba hhon. Glossen zu biblischen Schriften: I, 284,59 Maxilla : manga aliquando chinnipacho, Idc 15,19, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 284,61 Mandibula: chinnipacho, ebd. Glossare: III, 9,9 Timporibus: chinnapahhun. hiufftlun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. HSH. II, 365,125 mentum: kinnnebachi, Summ. Heinr. HSH. II, 5,65 maxilla: kinnebacho, Summ. Heinr. HSH. II, 201,03.3 brantia: kinnebacho, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,24.177,52. 277,50. 280,5). III, 353,57 Mandibular.η : kinnebach, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 435,22 Maxilla: chinnibacho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. StWG. 331, SchW. 181, SAW. 1,39 u. 1,456. Herkunft: Kompositum; zu —> kinni, bahho. EWA. 1,422 u. backo. Entstanden ist das Wort wohl durch Vermischung mit bahho 'Rücken'. Zuerst in den Zusammensetzungen verliert dann der Gegensatz zwischen —> backo 'Kinnbacke' und —» bracko 'Kinnlade' vermutlich seine distinktive Funktion. kinnibacko swM. 'Kinnbacken' (Gl.) - mala 'Kinnbacken, Kinnlade', mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 706,9 ( ) Malis : kinnibaccum, Verg. Aen. III, 257, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Glossare: HSH. 1,126,151 maxilla: kinnibaccho, Summ. Heinr. HSH. II, 365,124 Mala, maxilla : kinnebacco (Parallelhs.: kinnebraccö), Summ. Heinr. (StSG. III, 70,24. 25. 338,40).

kinnibein

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III, 391,46 Maletinosin^ : kinnebacko, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - kimebachko, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 410,71 Maxilla: kinnebakke, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 504,8 Maxilla : kinibacco, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 331, SAW. 1,39 u. 1,456. Herkunft: Kompositum; zu -> kinni, backo. DWB. 5,777f. - vgl. mhd. kinnebacke 'Kinnbacken, Kinn*. kinnibein stN. 'Kinn, Unterkiefer, Backenknochen' (Gl.) - mäla 'Kinnbacken, Kinnlade', mand(ib)u!a, mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn', mentum 'Kinn', mola 'Mühlstein' (denies molares 'Backenzähne'), submentum 'das Unterkinn'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 512,3 Molos komm : kimbein (Steinmeyer: dh. kinibetn), Ps 57,7, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 400,9 Mentum : chinnipen, Prud. psych 592, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 708,49 ( ) Malt inde maxilla : kinnibein, Verg. Aen. V, 436, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Glossare: III, 9,12 Maxillas : chirnfGlossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. HSH. 1,128,173 mentum: kindpain, Summ. Heinr. HSH. II, 365,125 mentum: chinnebein, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,3. 246,18. 320,19). III, 303,43 Mentum : chinntbä, Summ. Heinr., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. 111,430,28 Maxillf : kinnebein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - kinneben, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 437,30 Mentum : kinpatn, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 661,22 Submentum l mandula : chinibain, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 77,7 Malas: chinni bein, Glossae Salomonis (a), ebd. chinnibein (c, d). IV, 150,10 Mala punica : chindebeine ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. P e r Beleg StSG. III, 430,28 Maxille : kinneben, Der Mensch. Körperteile, Marburg, UB. Mscr. 39, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.]

142

Körperteilbezeichnungen

StWG. 331, SAW. 1,46 u. 1,456. Herkunft: Kompositum; zu -> kinni, bein. DWB. 5,778 - vgl. mhd. kinnebein. kmnibeini stN. Unterkiefer, Kinn' (Gl.) - mala, mand(ib)u!a 'Kinnbacken, Kinnlade', mentum 'Kinn'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,284,65 Mentum : chinnipeini, I Sm 17,35, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. - chinnipe'ni, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 383,45 Mandibular» : chinni beini, Idc 15,15, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. - chinnibeint, St. Gallen, StiftsB. 295. - cbinnibeni, St. Gallen, StiftsB. 9. Glossare: III, 3,60 Mandilla : cinnipeini, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 431,25 MandiU : cbinnipem, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. III, 437,43 Mali : chinnipeini, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 689,66 Mentum : cbinnibeni, Mischgl., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. StWG. 331, SAW. 1,46 u. 1,456. Herkunft: Kompositum; alsyia-Stamm neben —> kinnibein. kinnibracko swM. 'Kinnbacken' (Gl.) - mäla 'Kinnbacken, Kinnlade', mdxilla 'Kinnbacken, Kinnlade, Kinn'. Glossare: HSH. II, 365,124 Mala, maxilla : kinnebracco (Parallelhs.: kinnebacco), Summ. Heinr. III, 435,38 Maxilla : chinnibraccho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. IV, 264,33 Maxilk : des Umbrachen, Idc 15,14, Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 449, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. StWG. 331, SAW. 1,95 u. 1,456. Herkunft: Kompositum; zu —> kinni, bracko. kinnistoc* stM. "Backenzahn* (Gl.) - zu genuinus 'zu den Wangen gehörig', substantiviert als "Backenzahn', zu gena 'Kinnbacke, Wange; Augenlid' (?). Glossare: III, 325,39 Gentimus : kinnestoch, Summ. Heinr., Clm 12658; Nr. 372, BV. 556, 14. Jh., bair.-fränk. (?) StWG. 331, SAW. 1,456 u. 1,942 s.u. stok "Pflock, Pfahl'; nicht HSH. 3,93.

chinnezan

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Herkunft: ein verdeutlichendes Kompositum; zu kinni, stoc. Man vergleiche KS. 798 Stocksphn „< 15. Jh.", dort zu Stock in der Bedeutung Baumstumpf mit Verweis auf A. Niederhellmann, Arzt, S. 167f.; sowie L. Diefenbach, Glossarium, S. 352 u. 365. chinnezan, kinnizand, -zan stM. 'Backenzahn' (N.; Gl.) - dens genuinus 'Backenzahn', molaris (dens) Backenzahn, Stoßzahn', mäxiläris (denies) Backenzähne'. Literarische Denkmäler: Notker 9,197,22 Dero Uuuon chinneceneferbrichet trübten (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 284,62 Molarem dentem : ώίηώψη, Idc 15,19, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,386,25 Molarem dentem : chinniqmd, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - ώΐηηίψηί, Göttweig StiftsB. 46/103, ebenso Clm 13002. Clm 14689. Clm 4606. Clm 17403. - chiniipnt, Clm 14584. - chinne.^ant, Clm 22201. — chinna^an, Engelberg, StiftsB. Codex 66. — kinne^an, Stuttgart, WLB. HB XII 6. - kinni^an, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Ζ 68,9 Molarem dentem : chinneipnd, ebd., Reichenberg, Privatbesitz Katzer, Verbleib unbekannt; BV. 789, Hs. Ende 12. Jh., bair. IV, 263,30 Molarem : chinnecene, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I,518,18 Molas : chinniceni, Ps 57,7, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - chlnnl^nl, Clm 19440. I,669,20 Molas : chinniceni, Ioel 1,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 13002. Clm 17403. - chinmqnde, Clm 22201. - chinni^fäe, Göttweig StiftsB. 46/103. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 490,40 Molares: chinnecene, Prud. cath. 119, Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12. Jh., alem. II, 494,41 Molares : kinniqni, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem. - kinni^eni. bitoma, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. Glossare: III, 3,61 Maxillares : änniqni, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,44 Molares : chinniceni, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 316,98 genuinus dens: kinne^an. chinnezan, Summ. Heinr. (StSG. III, 240,23. 301,29. 318,28. 336,16 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β X 18, Nr. 120).

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Körperteilbezeichnungen

III, 432,40 Molares: chinni^ni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - chinniceni, Clm 14689; ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,22 Molares : chinnicen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,6 Molares : chinnispni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. IV, 7,14 Molares : khini ?eni, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. V, 39,8 Molares : kinneceni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. SchW. 181, StWG. 331, SAW. 1,456 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu —> kinni, ^an(d). DWB. 5,779. — vgl. mhd. kinne^an. kiuwa, kewa swF. 1. "Unterkiefer, Kinnbacken', 2. 'Gaumen' (Gl.) — mandibula 'Kinnbacken, Kinnlade', palatum 'Gaumen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 387,64 Palatum : chiuun, Prud. cath. 120, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. Glossare: HSH. 1,126, 152 mandibula : ein kew, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,30; Parallelhs. baccho). III, 438,68 Mandibilia : eherne, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 188,37 Mandibula eduta chiwe, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. (Die Mehrzahl der Belege gehören zu bronchia 'Kiemen', etwa die Glossen zu Tobias 6,4; vgl. dazu unter chela\ StWG. 332, SAW. 1,460. Herkunft: mit as. kio, ae. άαη aus germ. *keu>wjön 'Kiefer, Gaumen', eine Ableitung vom starken Verb germ. *keum>a- "kauen' oder eine jüngere Anlehnung daran. Nhd. Kieme mit wohl regionalem Wechsel von m zu w erscheint erst seit dem 16. Jahrhundert. KS. 440, VEW. 295, IEW. 1,400; s. auch kewel. - vgl. mhd. kiuwe, kitve, kewe, kouwe. chläwa stF. 'Fingernagel' (Gl.) - unguis 'Fingernagel, Zehennagel; Klaue, Tatze', ungulus 'Zehennagel'. Glossen: III, 354,4 Ungula : c!a, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 439,12 Vngaie': chlawen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair.

knio

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p i e meisten Belege sind in der Bedeutung 'Klaue, Kralle' auf tierische Körperteile bezogen, so in den Murbacher Hymnen, bei Notker, im Summ. Heinr. und den übrigen Glossenbelegen außerhalb der Körperteilglossare. - Der Beleg des Wiener Körperteilglossars steht zwischen hant, nagel und finger, der Beleg im Wiener Gruppenglossar folgt auf hant, tener, hantfol, just und nagel. Hinter c!a beginnt mit rügbein ein neuer Abschnitt.] SchW. 182; StWG. 334 'Klaue'; SAW. 1,463. Herkunft: ahd. kläwa, klä gehört mit afries. klawe, klä, ae. cläm zu germ. *kltsm, daneben steht ahd. k!ö(a), an. klo wohl aus *klöwö. Die Substantive sind Ableitungen eines starken Verbums mit ebenfalls unfester Lautform; KS. 447, DWB. 5,1026f., IWE. 1,361. In der Bedeutung Werkzeug zum Greifen' ist es auf Klauen und Krallen der Tiere, aber anfangs ebenso auf die menschliche Hand, insbesondere Finger und Fingernagel, bezogen. - vgl. mhd. klä, kläwe 'Klaue (der Tiere, des Teufels)'. knio stN. 'Knie' (Gl.) - genu, genuculum 'Knie'. Glossare: 1,158,14 quod super ienucukm est: dat^ upar chneo ist, Abrogans, Pa. - da^ upar edho umbi cneon ist, Abrogans, K. - umpi kniu, Abrogans, Ra. - Supergenuculum : uparchneo, Abrogans, R. I, 233,15 ue!genua: etho kneo, Abrogans, K. III, 9,29 Innuolu [wohl genuculum\ : chniu, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,21 Genu : cneo, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,133,244 genua: knie, Summ. Heinr. (StSG: III, 74,4). III, 354,19 Genu : knie, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,33 Genu: knie, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,57 Boil, genu : kni, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 433,62 Genua : chniu, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. - chuni, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 434,60 Genua : chniu, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 439,34 Genu : chnie, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 500,31 Genu : chiu, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, II./12. Jh., alem. IV, 68,19 Genu: chnie, Glossae Salomonis (d, e, f), ebd. chni (c).

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Körperteilbezeichnungen

IV, 144,52 Genua : chiwa./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nt. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 338, SAW. 1,469. Herkunft: mit as. knio, afries. knt, kne, ae. cneo, an. kne (got. in knussjan 'knien') aus germ. *knewa-, dies mit lat.genu zu ie. *genu- 'Knie'. KS. 456, DWB. 5,1421f., IEW. 1,381, HWdA. 4,1570f. Das Wort gehört vielleicht zur Gruppe der germanischen oder vorgermanischen Wörter mit kn- Anlaut für verdickte Gegenstände, doch kann auch eine Ausgangsbedeutung 'krümmen' vorliegen; vgl. dazu —> kinni sowie H. Schüwer, Knochen, Knoten, Knopf, S. 115-123. - vgl. mhd. knie. kniebein stN. 'Unterschenkelknochen' (Gl.) - crüs 'Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.). Glossare: III, 439,47 Crus ·. chmebain, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 338, SAW. 1,46 u. 1,469. Herkunft: Kompositum; zu —> knio, bein. DWB. 5,1426. — vgl. mhd. kniebein. kniorad* stN. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' (Gl.) - genu 'Knie', poples •Kniekehle, Knie'. Glossare: HSH. II, 6,12 genu: knierad, Summ. Heinr. HSH. II, 416,358 pobles: knierad, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,8.178,52. 252,8. 285,6. 342,27; Parallelhs.: knierado, knierada). III, 412,28 Poblite : knierade, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. StWG. 338, SAW. 1,469 u. 1,721. Herkunft: Kompositum; zu —> knio. Das Grundwort gehört zu ahd. rad 'Rad', für das dann eine Bedeutung 'Scheibe' anzusetzten wäre oder zu ghradi 'schnell, gewand', auch 'gerade aufgeschossen' und daraus die Bedeutung lotrecht'. Das Kniegelenk wäre dann als das Körperteil aufgefasst worden, das die gerade Streckung des Beines ermöglicht. DWB. 5,1431f., KS. 315 s.u. gerade*. - vgl. mhd. knierat, knierade. kniorada swF. 'Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle; Knöchel' (Gl.) - poples 'Kniekehle, Knie', tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 383,22 Poblite : chneorada, Idc 7,6, St. Gallen, StiftsB. 9; Nr. 150, BV. 173, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - chniuuerada, St. Gallen, StiftsB. 295. - chinneorada, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

kniorado

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II, 13,1 Poptite : cniorada circuiäone I rifio In genu, Aldh. laud. virg. 146,22, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. II, 15,1 opptite./. chneorada, ebd., Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem. (Parallelhs.: cneorado). II, 18,66 Poplite : cneorada l riho, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ 11. Jh., fränk. (?) II, 671,56 Poplite : cnioradun, Verg. Aen. XII, 927, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II. Jh., bair. Glossare: HSH. II, 416,358 pobles: knierada, Summ. Heinr. (StSG. III, 285,6. 306,28. 342,27; Parallelhs.: knierad, knierado). III, 432,24 Talus : anchla. i cheorada, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. StWG. 338, SAW. 1,469 u. 1,721. Herkunft: Kompositum; als schwaches Femininum neben —> kniorad. kniorado swM. "Kniescheibe, Kniegelenk, Kniekehle' (Gl.) - poples 'Kniekehle, Knie*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 14,72 Poplite : chinnieradin (Steinmeyer: dh. chnieradiri), Aldh. laud. virg. 146, 22, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./ 13. Jh., alem. II, 15,1 ( ) Poplite. cneorado, Aldh. laud. virg. 146,22, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. II, 623,50 Poples : kinirado, Sed. de Graeca, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 10. Jh., fränk. - knindo, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. II, 666,17 Poplite: cnioradin, Verg. Aen. EX, 762, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II. Jh., bair. Glossare: 1,233,13 Piubütes : kneoradon, Abrogans, Κ — kneoradum, Abrogans, Ra. (Parallelhs.: hamma). HSH. 1,134,245 pobles: knierado, Summ. Heinr. HSH. II, 416,358 pobles: knierado, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,7f. 252,8. 285,7. 322,32; Parallelhs.: knierad, knierada). III,662,5 Pobles : chneradi, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. JJ 219,28 Poblites: knirado./., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. Jh., bair. StWG. 338, SAW. 1,469 u. 1,721. Herkunft: Kompositum; als schwaches Maskulinum neben kniorad.

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Körperteilbezeichnungen

kniosclba swF. 'Kniescheibe, Kniegelenk' (Gl.) - popks 'Kniekehle, Knie', tibia 'Schienbein, Schienbeinknochen'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 263,12 Pobles : cbniscibe, Idc 7,6, Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./ 13. Jh., bair. IV, 263 A.19 pobles 1 genu poblex knyschibe (ebd., jüngere Hand), Leipzig, UB. Ms. 107; Nr. 263, BV. 377,15. Jh. IV, 266 (A.ll) Tybia: kny scheibe, hinter I Sm 13,21 (jüngere Hand), ebd. IV, 282 (A.6) knyschebd. Glossare: III, 52,47 Pobles : knischibe, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 354,20 Pobles: knisgib, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,35 Popks : kniesäua, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 439,35 Pobles : chnischibe, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. HHH 19,21 Pobkf: Ghnifcbeib, Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. StWG. 338, SAW. 1,469 u. 1,845. Herkunft: Kompositum; zu —> knio u. ahd. sctba 'Scheibe'. DWB. 5,14232. Das Wort löst älteres kniorad, -rada, -rado ab. Sieh auch C. Meilado Blanco, Das bildliche Potential, S. 255. - vgl. mhd. knieschibe. kniulln stN. 'Knie' (bei Kindern) (Gl.) - geniculum 'Knie' (bei Kindern), Diminutiv. Glossen zu biblischen Schriften: I, 680,28 Genicvlorum : chnieline, Na 2,10, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. V, 11,8 Geniculorum : cnüilin, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. StWG. 338, SAW. 1,469. Herkunft: Diminutiv zu -> knio. DWB. 5,1429. knobel* stM. '(Finger-)Knöchel' (Gl.) - articulus 'das kleine, mehrere Glieder verbindende Gelenk, Knoten, Knöchel, Knochen', mlat. auch 'Finger, Zehe' (MlatWb. 1,992). Glossare: III, 363,1 Articulus: knouel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 338, SAW. 1,470.

knubiEn

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Herkunft: mhd. kttübel, spätahd. knobel, knovel aus *knuwila- zur Wortfamilie um Knochen und Knöchel. KS. 456f. s.u. knobeln, DWB. 5,1448f. s.u. Knöbel, Knobel· chnodo swM. 'Knöchel' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 4,78,7 Tanne bergent sth tie fingera. ünde ougent sth tie chttoden. |ln den Glossen erscheint nur knoto in der Bedeutung 'Knoten, geflochtener Riemen'.] SchW. 183, SAW. 1,470. Herkunft: mit grammatischem Wechsel neben ahd. knoto 'geflochtener Riemen' sowie an. knüta- 'Knöchel' und den geminderten Formen as. knotto, ae. cnotta. Die Wörter setzen verschiedene Ansätze *knu-/knud-, *knut(t)- und *knüt- voraus, die es nahelegen, von Lautbedeutsamkeit des Anlauts kn- in der Gruppe der verdickten Gegenstände auszugehen. Der Ausgangspunkt dürfte in ie. *gem- 'Knie' zu sehen sein. KS. 457f., Pfeifer 682f., DWB. 5,1463. - vgl. mhd. knode. knoche* swM. 'Knochen' (Gl.) — irnodiu, zu nödulus Tdeiner Knoten' (?). Glossare: III, 73 A.10 Irnodiü : knoche, (von jüngerer Hand), Summ. Heinr. (nicht HSH. 3)· StWG. 338, SAW. 1,470. - Wohl mhd. Herkunft: eine Erweiterung zu einer in an. knüi 'FingerknöcheP vorliegenden Basis. Das Wort gehört wohl zur Gruppe der „verdickten Gegenstände", —> chnodo. KS. 457, DWB. 5,1445f. - vgl. mhd. (md.) knoche. knoster 'Knorpel, Sehne' (?) (Gl.) - cartilägo 'Knorpel'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 274,4 Cartilägo : ernster, lob 40,13, Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362,2. Hälfte 12. Jh., wohl ahd. StWG. 338. Herkunft: das Wort gehört ebenfalls zur Gruppe der „verdickten Gegenstände"; DWB. 5,1497 s.u. Knostel, Knoster 'Knorpel'. knubilln stN. 'Fingerknöchel' (Gl.) - condylus 'der mitdere Gelenkknochen der Finger'. Glossare: III, 436,23 Condiii : qunbili (Steinmeyer: 1. gnubiti), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. StWG. 338, SAW. 1,470. Herkunft: Diminutiv zu knobel, vgl. DWB. 5,1513f. u. Knäbel 'Knöchel am Finger'. Im Glossar steht qunbili nach hantbreita und tenar. - vgl. mhd. knübel 'Knöchel am Finger'.

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Körperteilbezeichnungen

knuchel* stM. 'Knöchel' (Gl.) - condiculus 'Knöchel', nödulus "kleiner Knoten'; contx wohl zu conexum Teil der Verknüpfung' (MlatWb. 2,1283). Glossare: III, 74, A.3 Cöäcks: knuchel (andere Hand), Summ. Heinr. (nicht HSH. 3). III, 392,12 Conix : cnugel, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13.Jh.(?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2 P e r Beleg StSG. III, 722,19 Nodulus : kunuchel, Gruppengl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen), ist altsächsisch, J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 338, SAW. 1,470. Herkunft: Diminutiv zu knoche. Pfeifer 681, KS. 457 „(< 15. Jh.)", DWB. 5,1451 s.u. Knöchel. Vermutlich überliefert cnugel aus den Glossae Hildegardis eine westmd. Variante, die auch noch bei Alberus gilt (vgl. DWB. 5,1452). Sie vergleicht sich mit schwed. knoge, knugge 'Knochen', dän. knog und knogle. — vgl. mhd. knuchel. kof stM. 'Kehlkopf (Gl.) - rumen 'Kehle, Gurgel, Schlund, die säugende Brust'. Glossare: III, 661,30f. Rumen est quod in gutture eminet ( ) rumen chof Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. [Daneben auch StSG. II, 545,60 Neruos, circulos u. 640,49 nexus als Windung, Geflecht'.] StWG. 339, SAW. 1,1222. Herkunft: vermutlich mit L. Diefenbach, Glossarium, S. 503, zu ahd. kiuwa, kaum und damit zur Wortfamilie um nhd. käuen. Dafür spricht das Interpretament lat. rümen und die ahd. Glossierung von rümino mit itarukken 'wiederkäuen'. Eine Verbindung mit jüngerem Kopf in der Bedeutung 'Kehlkopf, wie vom DWB 5,1769 angeregt, ist dagegen für die althochdeutsche Zeit eher unwahrscheinlich; vgl. noch E. Aumann, Aus der Werkstatt V, S. 261 f. chopf stM. 'Kopf (Gl.) - occiput 'Hinterkopf. Glossare: 111,660,46 Acäput : chopf, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. [Erstmals erscheint a.1170 köpf in dieser Bedeutung im König Rother. Es ist nicht zu entscheiden, ob der Innsbrucker Beleg einen noch älteren Sprachstand repräsentiert. Daneben ausschließlich mit zahlreichen Bedeutungen die älteren nicht anatomischen Bedeutungen "Becher' (N.; Gl.) und 'Schöpfgefäß' (Gl.).] SchW. 183, StWG. 340. Herkunft: wie ae. cuppe "Becher', an. koppr'Geschirr in Becherform, kleines Schiff endehnt aus lat. cüpa, cuppa "Becher'. Das Wort ersetzt als expressives Bild („jem.

kiosila

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den Becher einschlagen" als „den Kopf einschlagen") nach und nach älteres Haupt. Noch in mhd. köpf stehen beide Bedeutungen, Trinkgefäß' und 'Hirnschale' nebeneinander. KS. 477, DWB 5,1744f.; G. Äugst, „Haupt" und „Kopf", R. Lühr, Expressivität, S. 275f. - vgl. mhd. köpf. krä* stM. 'Milz' (Gl.) - lien 'Milz'. Glossare: HSH. 1,135,262 lien: kra, Summ. Heinr. HSH. II, 6,119 lien ·. kra, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,61.178,69). StWG. 343, SAW. 1,479. Herkunft: vgl. engl, crow 'Gekröse', air. bräge 'Hals, Nacken' und nasaliert griech. βράχος "Luftröhre, Kehle' neben βρόχδος 'Schluck, Schlund', KS. 481. Es kann wohl mit DWB. 5,1962 mit mhd. krage 'Hals, Halsbekleidung' (ebd. 1956f.) verbunden werden. - vgl. mhd. krä 'Gekröse'. kräling stM. 'die fetten Eingeweide' (Gl.) - omentum 'Fetthaut, Netzhaut, die die Gedärme bedeckt und zusammenhält, die fetten Eingeweide'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: V, 30,43 Omenta : chraknc, Persius 6,74, Clm 19490; Nr. 723, BV. 676, Hs. 12. Jh. StWG. 344, SAW. 1,479. Herkunft: zu —> krä mit dem Suffix -ling. kröpf s. Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen". krosel* stM. 'Knorpel' (Gl.) - cartilägo 'Knorpel*. Glossen zu biblischen Schriften: I, 511,43 Cartilago : crosel, lob 40,13, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. [vgl. —> knostet\ Glossare: III, 362,47 Kartilago: crosel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 348, SAW. 1,488. Herkunft: wohl eine lautmalende Variante zu den Wörtern fur verdickte Gegenstände mit ^»-Anlaut; vgl. auch DWB. 5,2407. - vgl. mhd. krosel. krosila swF. 'Knorpel' (Gl.) - cartilägo "Knorpel'. Glossare: III, 432,4 Cartillago ·. cro^la, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk.

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Köiperteilbezeichnungen

III, 434,43 Kartilago : crosela. l prustlesil, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipals Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. HSH. 1,130,203 cartilage : crosela, Summ. Heinr. (Paralellhs.: crostila) StWG. 348, SAW. 1,488; HSH. 3,101 krustila, kros(t)ila. Herkunft: als swF. neben —> krosel. krospil stMF. 'Knorpel' (Gl.) - cartilägo 'Knorpel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 507,24 Cartilage : cruspil, lob 40,13, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallelhs.: chrustuld). StWG. 348, SAW. 1,222 kruspil. Herkunft: als lautmalende Variante neben —> krosel, mit inlautendem p wie in nhd. Knspel DWB. 5,2410f., 2478f.; IEW. 1,405 - weniger wahrscheinlich - zum Schallwort krospen "knirschen'. - vgl. mhd. krospel sowie fiihd. knspelbein, knorpelbeitt. krüsa* swF. 'Vormagen' (Gl.) - redicisium (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 488 Redecisium chrusa). Glossare: IV, 121,27 Redecisium : chrusa, Glossae Salomonis (a, k, p), ebd. chrosa (c). chruse IV, 157,49 Redicisium : chrusa , ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 349, SAW. 1,489. Herkunft: Vermutlich im Ablaut zu mhd. ge-krase 'das kleine Gedärm'. Es vergleicht sich dann mhd. krüs 'kraus'. KS. 309 u. 484, Pfeifer 416, DWB. 5,2407 s.u. Krös, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 344, lehnt diese Verbindung jedoch ab. krustila, krostila stF. 'Knorpel' (Gl.) - cartella, cartilägo 'Knorpel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 507,19f. Cartilage : chrustula, lob 40,13, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. - chrustala, Clm 19440. qrustala, Clm 6225. - crustula, Wien, ÖNB 2732. crutula, Clm 14689. - crustila, Clm 4606. Clm 14584. - crostila, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Stuttgart, WLB. HB IV 26. crostilla, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - chrustikn, Göttweig, StiftsB. 46/103. (Parallelhs.: cruspil, chrustiliti). IV, 274,25 Cartilago : crustila, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossare: HSH. 1,130,203 cartilago : crostila, Summ. Heinr. (Paralellhs.: crosela)

kubilo

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HSH. II, 6,93 cartilago : crostila, Summ. Heinr. (Paralellhs.: crosek, brustlefel, brustteifei). HSH. II, 217,158 cartilage, cartillago: crostilla, Summ. Heinr. HSH. II, 217,158 cartilag), cartillago: crustila, Summ. Heim. (StSG. 111,72,26. 178,24., 271,38. 296,26. 313,1. 313,37. 324,27. 331,1 sowie St. Strieker, Basel, ÖBU. Β X18, Nr. 34 u. Basel, Β EX 31, Nr. 149b.) Ill, 435,2 Cartilagnes : crustulun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipals Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. Ill, 436,35 Kartilago : Crustulun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,31 Cartilago : crustel, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 439,75 Cartella ut cartilago : cbrustele, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 661,33 Cartillago : grustele lpmstkffil, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 694,17 Cartilago : crustila, Mischgl., Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. IV, 44,43 Cartilago: gmstile, Glossae Salomonis (1). (Parallelhs.: prustleffil). IV, 175,19 {Cartillago) : cnstel, Glossae Abactor, Clm 14429; Nr. 389, BV. 586, Hs. 9. Jh., obd. IV, 183,19 Cartilago : cbrustel, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - crustel, Wien, ÖNB 1325. Mayer 120,17 cartilago : crustel, Glossarium latinum, Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. HHH 17,16 Cartilago : chruftil\ Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14.Jh.,südbair. StWG. 349, SAW. 1,490. Herkunft: vgl. —> krosel. Wohl nicht mit IEW. 1,405 zu einem Schallwort krospen •knirschen', vgl. DWB. 5,2481 s.u. Krustel, sondern als Variante lautmalend zur Gruppe der Wörter mit kn- Anlaut für verdickte Gegenstände. - vgl. mhd. krustel. krustilln stN. 'Knorpel* (Gl.) - cartilago 'Knorpel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 507,22f. Cartilago : chrustiün, lob 40,13, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. - cnstili, Clm 6217. StWG. 349, SAW. 1,490. Herkunft: Diminutiv; zu —> krustila. - vgl. mhd. krustelin. kubilo (?) swM. 'Spitze, (Finger-)kuppe' (?) (Gl.) - zu summas manus. Glossen zu biblischen Schriften:

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Körperteilbezeichnungen

1,453,4 Summas mams : dichubile, IV Rg 9,35, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk., (Parallelhs.: fornentiga uingara). SAW. 1,1222; KFW. 3,879 s.u.fingar, fehlt StWG. Herkunft: wenn die Deutung als '(Finger-)kuppe* zutrifft, vgl. K. Matzel, Die Bibelglossen, S. 32, dann handelt es sich vermutlich um eine Entlehnung von mlat. cupula in der Bedeutung 'Kuppel'; vgl. DWB. 5,2771 u. Kuppe. Weniger wahrscheinlich ist dagegen die phantasievolle Vermutung W. Grimms, Kleine Schriften 3,430f., der dik ubilo liest und mit 'der pralle Schlimme' = 'Mittelfinger' übersetzt. Für eine solche Interpretation liefert der Kontext keinen Anhaltspunkt. Sollte eine solche Bezeichnung dennoch in einem Bibelglossar erscheinen, so müsste sie so weit lexikalisiert sein, dass ihre Herkunft nicht mehr durchsichtig wäre. Dies scheint aber bei dem nur einmal bezeugten Wort unwahrscheinlich. Zu Kuppe s. R. Lühr, Expressivität, S. 275f. kumpfo swM. 'Geschlechtsorgan, Vagina' (?) (Gl.) - veritrum 'Schamglied'. Glossare: HSH. 1,133,235 veretrum cunpo. [nicht HSH. 3] StWG. 351. Herkunft: wie mhd. kumpf, mnd. kump aus vordt. *kumpa-, daneben stehen ahd. kumpfTrinkgefäß', kumpfei Trog', mit -b ae. cumb 'Getreidemaß' und ursprünglich wohl auch nhd. Kumme 'tiefe Schale', mnd. kumme 'rundes, tiefes Gefäß'. Es vergleichen sich dann griech. κόμβος 'Gefäß, Becher' und ai. kumbh0- 'Gefäß, Topf. Die Lautstruktur und die Zusammenhänge lassen an eine Endehnung aus einer unbekannten Substratsprache denken. KS. 493. Im Althochdeutschen wird das Wort dann wohl verhüllend für 'Vagina' verwendet; vgl. aber auch ahd. —> DWB. 5,2614. - vgl. mhd. kumpf, das nur in der Bedeutung 'Gefäß' erhalten ist. kuczleich* (?) stM. 'Zwerchfell' (?) (Gl.) - zu titillus 'das Kitzeln', Milieus *kitzelig', auch £nhd. kic^Ug-fleisch (L. Diefenbach, Glossarium, S. 586). Adespota: JJ 270,29 Titillicus: kutrfkisch. I'kuczleich, London, BMMss. Add. 24068; 13. Jh. StWG. 350. Herkunft: wohl ein Kompositum; das Bestimmungswort dürfte zu kuagiiön 'kitzeln' gehören, im Grundwort steckt vielleicht in diphthongierter Form ahd. Ith •Leib, Körper'. Zu kitzelig sieh auch DWB. 16,1089 u. Zwerchfell, s. -> kutsfleisch. kutzfleisch* 'Zwerchfell' (Gl.) - zu titillus 'das Kitzeln', titillicus *kitzelig', auch fnhd. kic^ligfkisch (L. Diefenbach, Glossarium, S. 586). Adespota: JJ 270,29 Titillicus: kubisch. I'kuczleich, London, BMMss. Add. 24068; 13. Jh. StWG. 356.

quetifingai

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Herkunft: Vermutlich eine Umdeutung aus kuc^leich in Anlehnung an nhd. Kutteln, mhd. kutelvkc. -vlec ist dabei wohl mit ae. ßcce 'Speckseite' zu verbinden; dies vielleicht in fnhd. kic^jigfkich neben -fleisch (L. Diefenbach, Glossarium, S. 586 mit Hinweis auf sulc% 'Kuttelfleisch' als Glosse zu titillicus). - vgl. mhd. kut^el-, kütiflvitisch. querca F. 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' (GL) - gurgulio 'Gurgel, Luftröhre'. Glossare: III, 18,47 Gurgutio : querca, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 433,6 Gurgutio : chela i querca, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. (Parallelhs.: quuerechela). StWG. 469, SAW. 1,719. Herkunft: mit afries. querka, an. kverk 'Kröpf wohl als Kurzform aus —> quercala; IEW. 1,475, J. de Vries, Altnordisches etymologisches Wörterbuch, S. 337. quercala F. 'Hohlraum des Halses mit Luft- und Speiseröhre, Gurgel' (Gl.) - gurgutio 'Gurgel, Luftröhre'. Glossare: III, 433,5 Gurgutio: quuerechela, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - querca chela, Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,26 Gurgu/a: querechela, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III,436,11 Gurgula : querkula, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. IV, 356,30 Gurgula que racha/a, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Amiens, BM. Ms. 110; Nr. 9, BV. 10, Ende 12. Jh. IV, 203,9 Gurgflo. ei amustra, theragela, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 469, SAW. 1,719. Herkunft: entweder ein verdunkeltes Kompositum aus querh 'quer' u. —> kela 'Kehle' als *querh-kela, oder - wahrscheinlicher - eine alte reduplizierte Bildung zu kela (aus *gwel-) wie lat. gurgutio 'Gurgel', denn die Gurgel und die Kehle bzw. der Schlund sitzen gerade nicht quer zur vertikalen Körperachse. Die Reduplikation hätte dann den Vorgang des Schluckens lautmalend abgebildet. quetifingar stM. 'Zeigefinger' (N.). Literarische Denkmäler. Notker 4,79,13 Unde eintferogam chint. kebot stillt mit stnemo chetefingere über den münt ketegetemo. SchW. 189, SAW. 1,234 u. 1,714.

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: Kompositum; zu ahd. quedan, quetten 'sagen, sprechen; jemanden als jemanden bezeichnen' u. —> ftngar, s. O. Gröger, Kompositionsfuge, S. 163. quid stM. 'Gebärmutter' (GL) - volva 'Gebärmutter'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,294,21 Uttlua: quiti muater, Gn 20,18, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. - qhuiti, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. StWG. 469, SAW. 1,720. Herkunft: wohl wie got. qipus '(Mutter-)Leib', an. kvi&r Oauch', ae. cmip 'Mutterleib'; ahd. —• quitt zu germ. *kmp- 'weibliche Scham'. Dann gehört das Wort zur selben Wortfamilie wie nhd. Kutteln, mhd. kutelvkc, nd. kutte und weiter zu lat. botulus 'Darm, Wurst' mit unregelmäßigem Anlaut. KS. 496 s.u. Kutteln, IEW. 481.

L lähhi stM. 'Ringfinger' (Gl.) - digitus medicus 'Ringfinger, Goldfinger' (vgl. dazu K.D. Fischer, BesprechungJ. Andre, S. 667). Glossare: 111,9,46 Medicus : laahhi, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, bair. StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: Kompositum; wie an. laknisftngr *Ringfinger', zu —> lähhi 'Arzt', s. dazu im Abschnitt „Arzt und Heilung". Es liegt eine Lehnübersetzung aus digitus medicus vor. Das Vorbild nimmt Bezug auf die Heilkraft des Fingers; s. dazu —> goltfinger. Man vergleiche auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 441. Die Wörterbücher verzeichnen ohne Berücksichtigung des Kontextes nur die Bedeutung 'Arzt'. langmar* stM. 'Mittelfinger' (Gl.) - medius (digitus) 'der mittlere Finger', impudicus {digitus) 'der mitdere (unzüchtige, dem Penis ähnliche) Finger'. Glossare: HSH. 1,129,196 impudicus, medius: lancmar, Summ. Heinr. HSH. II, 6,89 impudicus, medius: lancmar, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,5.178,18). StWG. 360, SAW. 1,512 u. 1,598. Herkunft: Kompositum; zu ahd. lang u. vermutlich zu *mär in der Bedeutung 'groß', die durch air. mär und das schwache Verb germ. *metjen, ahd. mären gesichert ist. IEW. 1.704, s. auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 438-441, der eine Verbindung zu mär 'Incubus' herstellen möchte. lancha stswF. 'Lende, Weiche, Seite, Hüfte' (B.C.GB.N.NG.) - clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule, Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weiche, Hoden' (Mlat

lancha

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Wb. 2,732), coxa 'Hüfte, PI. Hüftgelenk', iL· Unterleib, Magen, Eingeweide', inguen •Leistengegend, Unterleib, Penis', kmbus "Lende, Schamteile', ren 'Niere, Lenden'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 14,4 edo ki baltidv cuatero tatio lanchom vnsenem. Carmen ad Deum 290,14 Christi umbo meo lumbo. Christes rantbouc. minora lancha. Notker 8,43,19 Insuper et usque ad noctem increpuerunt me renes met. Odra ψό inchöndon mih mine lancha. un\ an dta naht. (u.ö.). Notker Glossator 8,23,3 kehiginnis lust in lancbon (non delectatio carnis in renibus). Glossen zu biblischen Schriften: I, 281,67 Iba : lanchun. Ilian enimgrece uoluere dicitur, Lv 3,4, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I,421,44 IL· ·. lancha, II Sm 20,8, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - lanche, Clm 22201. - lanch, Clm 13002. Clm 17403. 1,424,39 IL· : lanchun, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.9. Jh., alem. I, 427,45 (Usque ad iL·) IZ andelanhchun, ebd., Würzburg, UB. M. p. th. f. 18; Nr. 642, BV. 982, Hs. 10. Jh., ostfrk. 1,446,37 IL· : lanca, (Erklärung zu) II Reg 8,19, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teüs fränk., teils alem. - lanka, St. Gallen, StiftsB. 292. I, 542,62 Succintus lumbuspicurtpr: lanchom, Prv 30,31, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. I, 629,27 Lumbos : lancha, Ier 13,11, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel I I . Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften: AA 231,26 inguine : hlanchun, Greg. dial. 389,40, Clm 6293; Nr. 710, BV. 521, 10. Jh., bair. 11. 412,7 IL· ./. lanchun, Prud. psych. 633, Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835,11. Jh., alem. II, 455,14 Inguine : lanco, Prud. perist. 1067, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. II, 534,22 IL· : lancha, Prud. psych. 597, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. II, 667,32 Inguem : lanchun, Verg. Aen. X, 589, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 679,49 Inguina ·. aftertinlancbon, Verg. Ekl. VI, 75, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 690,12 (IL·) : lancha, Verg. Georg. III, 507, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. Glossare: III, 19,9 IL· : hlanca, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem.

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Köfperteiibezeichnungen

HSH. 1,132,228 lumbi: kncha, Summ. Heini. HSH. II, 6,104 lumbi, iL·: kncha, Summ. Heinr. HSH. II, 333,73 iL·: kncha, Summ. Heinr. HSH. 1,132,228 lumbi: knchen, Summ. Heinr. HSH. II, 333,73 iL·: knchen, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,16.178,41. 242,50. 301,65. 318,60). 111,431,30 Ilium : knca, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429, Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. (Parallelhs.: lanco). III, 433,51 IL· : kncha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14745; Nr. 407, BV. 610,14. Jh., obd. - knchi, Fulda, Hessische LB. C 11. Clm 14689. III, 434,51 IL· : kncha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,37 IUum : kncha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 507,42 Eines : kncha, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./ 12. Jh., alem. IV, 149,64 Lumbum : kchun Λ., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 184,20 Clunes coxe : knke, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. SchW. 190, StWG. 360, SAW. 1,513. Herkunft: mit ae. hUnca, hlence 'Glied in einer Kette', an. hlekkr 'Ring, Kette' zu germ. *hknki- "Biegung". Von dort aus haben sich die Bedeutungen "Lende, Weiche, Seite, Hüfte' einerseits und andererseits 'Gelenk' entwickelt. Die außergermanischen Entsprechungen sind unsicher, bei einem Anschluss an ie. *lenk- (neben *kienk-, IEW. 1,603) vergleicht sich lit. lenkti "biegen, krümmen'. Dazu als Kollektivbildung Gelenk. KS. 310, Pfeifer 418f., DWB. 6,187. - vgl. mhd. knche, knke. lanco swM. "Weiche, Flanke' (Gl.) - iL· "Unterleib, Magen, Eingeweide', inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis', tin 'Niere, Lenden'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 400,55 Inguen : kncho, Prud. cath. 81, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 414,28 Inguen : kncho, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. II, 474,24 Inguen: kncho, ebd., Clm 18922; Nr. 441, BV. 658,10./11. Jh., bair. II, 698,23 (Inguina) : knkon, Verg. Ekl. VI, 75, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Glossare: III, 336,54 IL·: knco, Summ. Heinr. (nicht HSH. 3).

lebeia

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III, 363,10 IL·: lancon, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 363,14 Renes: lancon, Gruppengl., ebd. III, 431,30 IBum : lanco, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. (Parallelhs.: lanca). StWG. 360, SAW. 1,513. Herkunft: als swM. neben —» lanchcr, vgl. auch gilancho. lebera stswF. 'Leber' (N.; Gl.) - hepar; iecur'Leber', iecurficätum 'gemästete Leber'. Literarische Denkmäler: Notker 2,181,2 Ό hur dum satur est modis.non traxit iecur tytii. Unde sänges safer . neaz tergir min diu tytio dia lebera. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 281,56 Iecor : lebera, Ex 29,13, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 339,23 Reticulum iecoris : netti kberon, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem. - ne^pj leberü, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. IV, 254,23 Iecoris ftgidis. ficta. id lepara, ebd., Clm 14434; Nr. 390, BV. 587, Hs. 9. Jh. IV, 254,40 Ie:coris : kberun, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. I, 544,21 Iecur: lebara, Prv 7,23, Würzburg, UB. M.p.th.f. 3; Nr. 641, BV. 978, 8. Jh., ostfrk. IV, 276,17 (Iecur) : lebera, ebd., Oxford, BL. Laud. lat. 97; Nr. 500, BV. 731, Hs. 12. Jh., rhfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 370,28 Iecur: kpera, Prise, inst. 155,11, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. II, 558,21 Iecur : ffwrb (Steinmeyer: dh. lebera), Prud. cath. 180, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. II, 591,1 Iecur: kpara, Prud. cath. 48, London, BMMss. Add. 15090; Nr. 266, BV. 388, Hs. 11/12. Jh., bair. Mayer 80,15 iniecore : leparo, Hieron. in Matth. 94 C, Clm 6305; BV. 524, Anfang 9. Jh. u. 10. Jh., bair.; vgl. E. Glaser, Frühe Griffelglossierung, S. 506, K. Siewert, Glossenfunde, S. 85. Glossare: III, 4,16 Iegor: lebara, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 10,5 Figido : lepara, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair.

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Kötperteilbezeichnungen

III, 19,38 Iecur: lebara, Gruppengl, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. III, 52,30 Epar : leuen, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,135,257 iecur: lebera, Summ. Heinr. HSH. II, 6,118 iecur: lebera, Summ. Heinr. HSH. II, 333,72 iecur, iecor: lebera, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,52. 178,66. 242,9. 276,69. 301,64. 318,59. 336,52). III, 354,10 Iecur •. leber, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,27 Iecur : leuera, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,33 Ieuri% iecur: lebera, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,32 Iecor : lebera, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem., ebenso Clm 14754. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,56 Iecur. I epar: lebera, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,17 Iecor: lebara, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 436,38 Iecur: lebera, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,37 Iecora : lebera, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 438,2 Iecur : lepara, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,31 Iecur : leben, ul epar, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 474,21 Iecur : lebera, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. III, 498,32 Epar: lebera, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. III, 501,24 Iecur ·. leben, Pflanzengl. MXII, ebd. III, 613,24 Iecur : kpara, Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Nahrung, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. IV, 55,29 Ebar : lebera, Glossae Salomonis (d, e, f), ebd. lebera (g). leben (b). leberf (i). leber (a, c, k). IV, 116,12 Iecur: lepara, Glossae Salomonis (k), ebd. lebara (a). leba (i). leben (d). leber (e).

leffur

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IV, 145,66 Iecor : leber. ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 170,10 Epar : libera, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 170,67 Iecur: libera, Glossae Salomonis, ebd. [Daneben als Syntagma: reticulum iecoris: netti leberon, s.o. StSG. I, 339,23 'das Netz über der Leber'; man vergleiche —> ne^smero.] SchW. 192, StWG. 363, SAW. 1,520. Herkunft: mit afries. livere, ae. lifer, an. Ufr aus germ. *librö(n). Möglich, aber im einzelnen unklar, ist der Anschluss an ein ie. Wort *jekur 'Leber', lat. iecur 'Leber', das mit der Annahme eines ursprünglichen Anlauts R- mit den germanischen Belegen verbunden werden könnte. Dafür könnte auch it. fegato "Leber' aus lat. iecur ficätum 'gemästete Leber' sprechen. Dann vergleicht sich griech. λπαρός 'fett' zu griech. λίπος 'Fett, öl, Salbe'. Allerdings dürfte dieser Verbindung eine jüngere Umgestaltung zu Grunde liegen, in deren Verlauf das ursprüngliche Beiwort der gemästeten Leber das alte Wort für die Leber verdrängt hat und so lat. iecur ficätum 'gemästete Leber' zu it. fegato "Leber' geführt hat. Im Hinblick auf die ältere Vorstellung von der Leber als „Sitz des Lebens" ist eine Verbindung mit der Wortfamilie um das Verbum leben, germ. *!iban vorzuziehen. Pfeifer 777, KS. 508, IEW. 1,504, HWdA. 5,976f., H. Adolf, Wortgeschichtliche Studien, S. 28. DWB. 6,460f. verbindet dagegen weniger überzeugend mit lab, libbem 'gerinnen' und legt die Vorstellung der Scheidung und Sonderung des Flüssigen vom Festen zu Grunde. — vgl. mhd. lebere, leber. leuerin lappa 'die von Adern durchzogenen Leberlappen' (Gl.) - fibra 'Faser an den Eingeweiden, bes. an der Leber, Eingeweide'. Glossare: III, 431,52 Fibre : leuennlappan, Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., kuerin lapa, Marburg, UB. Mscr. 39. Nicht StWG., nicht SAW. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —> lebara. leffur stM. "Lippe, Lefze' (T.; Gl.) - labium "Lippe, Lefze', labrum lippe, Lefze'. Literarische Denkmäler: Tatian 269,27 thi^Jolc mit kffuron eeret mih iro her^a ist uerro fon mir. Glossare: III, 3,65 Labia : kffura, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 353,55 Labium et labrum : lefr, Sachgl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. SchW. 192, StWG. 364, SAW. 1,521.

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: wie as. lepor ein alter /-Stamm *lepar aus dem ie. Nom.Akk. *leb-os-, Sieh N. Wagner, Ahd. l e f f u r : lefs, S. 163f., KS. 509 s.u. Lefce, IEW. 1,656; s.u. lefs. lefs stM. l i p p e ' (B.GB.N.NG.WH.; Gl.) - labium Tippe, Lefze", labrum lippe, Lefze'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 13,10 Indi lefsa dina min spreh hen seer kihuuerebifona vbik. Notker 8,106,26 Vbe dih iro luste . so ne-la\ dina ipngun %e arge . duuing tro . unde dine lefsa. ne-trügechosoen. (u.ö.) Notker-Glossator 8,15,14 DISER UVT ERET MICH ΜfT LEFSEN. Williram 26v,10 DtNE L£FSA stnt sämo ein rata bintalmte din gekmse. ist süosge. (u. ö.). Glossen zu biblischen Schriften: S 170,6 labia mea : lefsa mina, lob 33,8, Stuttgart, WLB. HB II 35; BV. 865, 10. Jh. Glossare: III, 9,21 Labia : lefsa, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 52,22 Labrum : lefs, Versus de volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. II, 352,136 lubrum. labrum. labium : lefs, l e f f s , l e f f , (Parallelhs. lefs, s.u.), Summ. Heinr. (StSG. III, 70,52. 245,11. 279,6. 302,61. 319,58. 338,1. 2). III, 434,19 Labia : kfn, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,56 Labia : lepse, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. SchW. 192, StWG. 364, SAW. 1,520. |In nicht anatomischer Bedeutung erscheint lefs viermal in der Hs. Karlsruhe, BLB. Aug. IC, zum einen wie lat. labium in der übertragenen Bedeutung '(der umgebogene) Rand', zum anderen in der Bedeutung 'Sprache', bzw. 'Stammler'; vgl. StSG. I, 620,37 Balborum: lefso, Is 32,4, und ebd. 620,36 auch Balbuttit: h f f s mammaht 'stammeln' (I, 316,25. 336,13. 447,20. 620,37).] Herkunft: nur ahd.; eine Weiterbildung eines alten /-Stammes, der neben ie. *lebos- in ahd. —> leffur in den starken Kasus ie. *leb-s- hervorgebracht hat. Sieh N. Wagner, Ahd. leffur : lefs, S. 163f. Außergermanisch vergleicht sich lat. labium, labrum Tippe, Rand', allerdings mit Schwierigkeiten im Vokalismus. KS. 509, DWB. 6,515f., IEW. 1,656; K. v. Bahder, Zur Wortwahl, 34f. - vgl. mhd. lefs. lefso* swM. 'Lefze, Lippe' (Gl.) - labium Tippe, Lefze', labrum Tippe, Lefze'. Glossare: HSH. 1,127,162 labrum: kfse, Summ. Heinr.

lehtar

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HSH. II, 5,71 labrum. labium: kfse, Summ. Heinr. HSH. 11,352,136 lubrum. labrum. labium : kfse, (Parallelhs. lefs, s.o.), Summ. Heinr. (StSG. Ill, 70,51.177,6. 245,12. 279,7). Ill, 362,35 Labia : iefkn, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,44 Talern. labium : kspho, Glossae Hüdegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. StWG. 365, SAW. 1,521. Herkunft: als swM. eine Erweiterung neben -> lefs. Sieh N. Wagner, Ahd. l e f f u r : kfs, S. 163-165. - vgl. mhd. lefs, kfse. lehtar stMN. 'Gebärmutter, Nachgeburt* (Gl.) - matrix 'Gebärmutter, Mutterleib', secundarium, secundina *Nachgeburt'; materia (zu mätei). Glossen zu biblischen Schriften: I, 300,49 Maceria : lectar, Gn 38,29, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. 1,307,64 Maceriam uocat membranulam secundarum lehtn, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair. I, 368,25 Secundarum ./. lehtar, Dt 28,57, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, 9./10. Jh., alem. - ide lefhtar, St. Gallen, StiftsB. 9. Wien, ÖNB 1761. - I l&har, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1. I, 371,41 Secundarum : lehtn, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - lehtro, Clm 17403. - lechtro, Clm 22201. - lehtaro, Clm 4606. Stuttgart, WLB. HB IV 26. - kihtaro, Clm 14584. Engelberg, StiftsB. Codex 66. - lettharo, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. IV, 260,31 Secundarium: kitharo, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 371,7 Matrix: lentar, Prise, inst. 165,14, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair., ebenso Clm 280 A. Glossare: IV, 77,48 Matrix: lehter (a, c, d). khir (g), Glossae Salomonis. IV, 171,41 Matrix : kchtir, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. StWG. 366, SAW. 1,538. Herkunft: in anatomischer Bedeutung nur ahd., es vergleicht sich sonst wohl an. lätr (aus *logb-tro) *Lagerstelle von Tieren*. Daher ist wohl eine Ableitung vom Verbum ahd. Iig(g)en, germ. *lega- 'liegen' im Sinne von „Ort, wo das Kind liegt" anzunehmen. Vermutlich ist für diese Nominalbildung eine Bedeutung 'Lager' vor-

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Köfperteilbezeichnungen

auszusetzen. Es vergleicht sich griech. λέκτρον 'Lager, Bett'; s. IEW. 1,659 sowie KS. 310 G,ungeklärt"), Pfeifer 419 s.u. Gelichter. -> glehtar. lendelln* stN. Ideine Niere, (Nebenniere ?)' (Gl.) - rtnmculus 'die kleine Niere*. Glossare: III, 286,52 Renunculus... .t. niem. nitro kntinel.\ Summ. Heinr. (nicht HSH. 3). StWG. 369, SAW. 1,526. Herkunft: Diminutiv; zu —> lentin. lendenbein stN. 'Kreuzbein' (Gl.) - sacra spina 'Heiligenbein, Kreuzbein'. Glossare: III, 431,23 Sacra spina: lendenbein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429, Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. - lendeinhein, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. StWG. 369, SAW. 1,46 u. 1,526. Herkunft: Kompositum; zu lentin, kein. lenka stF. 'die linke Hand' (Gl.) - laeva (manus) 'die linke Hand'. Glossare: 1, 202,28 Leua: lenka, Abrogans, Κ Ra. StWG. 369, SAW. 1,526. Herkunft: zum Adjektiv mhd. lenc, line links' in der eigentlichen Bedeutung 'ungeschickt'. KS. 521, Pfeifer 1021, IEW. 1,960. lenld stF. Unterleib, Flanke, Weiche' (Gl.) - ilia Unterleib, Magen, Eingeweide', inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis', lumbus "Lende, Schamteile'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 538,19 Inguen: lenchi, Prud. cath. 81, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402, ll.Jh.,alem. IV, 346,20 Ilia : lench, Prud. psych. 597, Berlin, Ms. lat. 4° 331 (Abschrift eines Vorsatzblatts einer Grazer Handschrift, 11. Jh.; Man vgl. E. v. Steinmeyer, 2. St.). Glossare: III, 328,45 Ydum: taenhe, Summ. Heinr. (nicht HSH. 3). III, 392,27 Spinnern. ilia: lankin, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,51 Ilia : lancha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh, bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. - lanchi, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. IV, 76,32 Lumbi: lanchi, Glossae Salomonis (c).

lenäh

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P e r Beleg StSG. IV, 178,23 Ilia l lumbi kiken, Alphabetisches GL, Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossar), ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 369, SAW. 1,513. Herkunft: als stF. mit Umaut neben —> lancba, vgl. auch -> glenki. lentln stF. 1. 'Lende, Hüfte'; 2. *Niere* (B.GB.I.MF.OT.T.; Gl.) - lumbus *Lende, Schamteile', ren *Niere, Lenden', tälus 'Fesselknochen, Sprungbein, Knöchel'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 41,18 scauuontj herqun Indi lentj cot. Isidor 40,19 oh rehttunga ist bruobha sinero lumblo endi triuuua sindun sinem kndino gurdiL Monseer Fragmente 28,10 corda et rents deus. herzyn ioh kntin. Tatian 105,24f. ther selbo iohannes hab&a giuüati fon hariron olbentono Infi ftlünan bruohhäh umbisino kntin ... (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 289,60 Renes: knti, Ex 12,11, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.9. Jh., alem. - kntin, Oxford, BL. Jun. 25. I,446,35 Renes : kntin, III Rg 8,19, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, II. Jh., fränk. u. alem. - lentil (!), Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 5,36 Rten. ren l. knti, Ale. gramm. p. 514, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. II,363,41 Rien : knti, Phocae Ars 415,1, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732, Clm 14689. Glossare: I, 240,3 Renes: kndi, Abrogans, K. III, 9,26 Renes : knti, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. III, 19,8 Renes : kndi, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. II, 6,104 renes: knden, Summ. Heinr. HSH. 1,132,228 renes: kndi, Summ. Heinr. HSH. II, 347,68 lumbi: knti, Summ. Heinr. HSH. 1,132,227 renes: knien, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,9.178,39. 244,15. 278,7. 302,33. 319,30. 326,8 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 287.) III, 392,25 Tirqel. renes : knden, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 430,24 Renes : knti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem.

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Körperteilbezeichnungen

III, 431,3 Taäas: lendtn, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., ebenso Marburg, UB. Mscr. 39. III, 431,28 Renes: lenden, ebd. III, 433,47 Lumbi: kndin, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. - brnti, Clm 14689. III, 434,52 Lumbi: lenän, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 111,435,27 Lmbe : Jen/in, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 436,50 Lumbi: lenti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,39 Lumbos : lenti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 590,25 Rtnibus : Undent, Pflanzengl. MXXXVI, Macer Floridus, Clm 614; Nr. 307, BV. 454,13. Jh., obd. III, 661,65 Lumbi i renes : lentin, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 92,6 Ren: lenti, Glossae Salomonis (a, i, k), ebd. lent: (ρ), lente (d). lentin (c). IV, 157,62 Ren : lenti X, ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. Jh., bair. IV, 158,11 Rien testiculus./'. nitro ul lentimify, ebd. IV, 172,16 Ren : lenti, Glossae Salomonis, ebd. Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 414,13 tunc scarifationem in tendenun sepefacial, Heilmittellehre, Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. HHH 20,5 Renes : Lende, Latein. Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. [StWG. 1,446,35 lendil ist verschrieben aus lendin der Parallelhs. oder gehört als Diminutiv zu —> kndilin.] SchW. 194, StWG. 369, SAW. 1,526. Herkunft: mit as. lendin, afries. knden, ae. Undent* (PL), an. lend aus germ. *!andi/-jö "Lende, Niere'. Daneben mit anderer Ablautstufe ahd. lunda Talg', lat. lumbus 'Lende, Schamteile' aus ie. *&>ndb-u>o-. Außergermanisch vergleicht sich aksl. kdvyt, russ. Ijädveja, tschech. tedvi "Lende', ledvina "Niere". Die weitere Herkunft ist unklar. KS. 515, Pfeifer 791, DWB. 6,742f., IEW. 1,675. - vgl. mhd. lende, lente. lentinbräto swM. 1. "Lende, Hüfte', 2. "Niere, (Milz)' (Gl.) - ilia "Unterleib, Magen, Eingeweide', lien 'Milz', lumbus "Lende, Schamteile', lumbulus 'die kleine Lende, kleine Rippe', ren *Niere, Lenden', nnunculus 'die kleine Niere'. Glossen zu biblischen Schriften:

lendnbräto

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1,289,70 Renes: kntipraton, Ex 29,13, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., aletn. - kntipratun, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 324,37 Renes : kntipraton, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521, 10. Jh., alem. - kntipra.., London, BMMss. Add. 34248. - lentibratun, Wien, ÖNB 1761. - kndibraton, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. (Parallelhs.:./. niertn). I, 332,15 Renes : lentipratun, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. I, 336,61 Ac duos renes concisas inti %uuene lentibratun qsamani gasnides, Ex 29,17, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. 1,340,5 Lumbulos : knbradun, Lv (vgl. 3,10), Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741,2. Hälfte 9. Jh., mfrk. I, 342,2 Renibus id kntipraton, Lv 3,10, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521,10. Jh., alem. (Parallelhs.: bratori). 1, 296,32 Ilia : kndibradon, II Sm 20,8, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. Jh., mfrk. I, 297,2 Lumbi: kndibradon, Act 2,30, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 5,35 Lien : kntibrato, Ale. gramm. p. 515, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. II, 7,5 Rten : kntiprato, ebd., Clm 6404; Nr. 355, BV. 537, Hs. spätes 9. Jh., bair. II, 369,61 Rien ./'. men. Ren. kntibrato, Prise, inst. 149,7f., Clm 280A; Nr. 302, BV. 446, 10./11. Jh., obd. - 1 kntiprato, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. II, 374,39 Ren : kntiprato, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. SS 394,20 rien :rienvel ren kndibrato, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. Glossare: III, 10,4 Lumbulum : knti prato, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. 1,132,228 ren,rien: kntibrato, Summ. Heinr. HSH. II, 6,104 ren, rien : kndebrato, Summ. Heinr. HSH. II, 449,03.5 ren : kndebrato, Summ. Heinr. HSH. II, 442,100 renuneuhts: kndibrato, Summ. Heinr. (StSG. 111,73,12. 178,40. 254,72f. 286,50f. 307,23. 307,61. 322,70. 343,21 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 478b.) III, 363,15 Lumbus: kndenbrado, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 430,7 Ren : kntiprato, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem.

168

Kötperteilbezeichnungen

III, 433,45 Renes : knübratun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - kntipratun, Clm 14689. - kndibraton, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 436,49 Renes : kntipratvn, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 450,31 Renunculv': kndibrato, Tiergl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 613,21 LumbuS: kntiprato, Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Nahrung, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. - kntipratun, Clm 14689. III, 677,2 Lumbuti : kntepraten ( ) Reticulum ne^esmer, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 686,67 Rien : Lindinbred, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 92,9 Ren : kntiprato, Glossae Salomonis (i), ebd. kntibrato (k). IV, 157,63 Ren : kntiprato ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 216,16 Lumbulus : kndebrate, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg, UB. M. p. th. q. 60. Adespota: IV, 229,34 Rien: kntibrato, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. StWG. 369 'Niere, Lende, Lendenbraten', SAW. 1,96 u. 1,526. [Die Glossierung zu StSG. II, 5,35 Lien beruht vielleicht auf einer Verwechslung mit rien.] Herkunft: Kompositum; zu —> kntin u. ahd. bräto. DWB. 6,743; s.u. kntitr, s. auch —> deohbräto, kelabrät. — vgl. mhd. kndebrate. IIb stMN. 'Unterleib' (Ph.) - uterus 'Leib, Unterleib, Bauch, Mutterleib, Gebärmutter'. Literarische Denkmäler: Physiologus 126,46 sed sola voluntate patris descendit in uterum virginis et verbum can factum est. er er uon der magede übe menmsgen lihhamin fine, dar er ünsih mite losta. [Die Glossen überliefern nur die ältere Bedeutung *Leben, Lebensweise'; in den literarischen Denkmälern (B.BG.FP.FT.G.GB.GP.H.I.L.M.MF.MH.N.NG.O. OG.OT.Ph.RhC.T.WH.WK) erscheint sonst nur 'Lebensweise; Klosterleben' und "Wandel', bei Notker noch als Übersetzung von corporis substantia] SchW. 195. StWG. 372, SAW. 1,531. Herkunft: aus. germ. *kiba- 'Leben'. KS. 435, DWB. 6,580£, IEW. 1,670. Die konkrete Bedeutung 'Körper' ist jünger und scheint zuerst im 11. Jahrhundert im älteren Physiologus aufzutreten; s. aber Pfeifer 783 „ab der mittelhochdeutschen Zeit". Sieh auch H. Adolf, Wortgeschichtliche Studien, S. 13-15, 17f., 26f. - vgl. mhd. lip *Leben, Leib, Körper'.

lid

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lid stMFN. 'Glied, Gelenk; Körperteil' (B.GB.M.MF.MZ.N.O.OT.T.WB.; Gl.) artus 'Gelenke mit ihren Gliedern, Gliedmaßen', articulus 'das kleine, mehrere Glieder verbindende Gelenk, Knoten, Knöchel, Knochen', mlat. auch 'Finger, Zehe' (MlatWb. 1,992); membrum 'Körperglied; Penis'; pars corporis. Literarische Denkmäler. Benediktinerregel 86,6 omnia membra, alle lidi. Muspili 72,92 dar scat define bant sprehhan, houpit sagen, allero Udo uuelihc unsj in den lusjgun uinger. Monseer Fragmente 29,7 Daz xplr/. ist. haubit allero . cristanero . enti. alle dea . gachora nun. gote. sintun sines. haubites. lidi. (u.ö.) Merseburger Zaubersprüche 366,2 bluot nj bluoda, lid qgetiden, sosegetimida sin\ Notker 9,322,19 Nehein min lid ne-uuas iro uigenan. (u.ö.) Otfrid 5,20,93 Mino lid esfualtun, ioh mih thio däti ruartun. Tatian 141,27f. bitherbi ist thir tha%füruuerde ein thinero Udo halt thanne äl thin lihhamo sigisentit in hellafuir. (28,3). Würzburger Beichte 316,20 ih gifrumita uncusg imo site sodomitico ente mih rinento in mtnan tidin in lusti ubilero gitrogo ... Glossen zu biblischen Schriften: I,425, A.9 Rasur von tit, zu II Sm 2,23, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 48,34 Articulos : lid, Beda rat. temp. 7 p. 322 (?), Krakau, Bibliotheka Jagielloriska Berol. Ms. lat. 4° 939, Nr. 834 (früher Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 939, früher Maihingen, Fürstlich (Dettingen-Wallerstein'sche Bibliothek Ms. I. 2. 4° 3); Nr. 287, BV. 45, ca. 990, mfrk. u. obd. II, 301,19 Articulo : Ud, Greg. hom. 2,25 p. 1551, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair. II, 323,6 Cariosis artubus .i. olmohtentidin, Hieron. Epist LH p. 255, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. II, 323,19 Cartons artubus .i. olmohtentidin, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Glossare: I, 21,28 membra: Udhi, Abrogans, Κ - Ud, Abrogans, Ra. I, 259,33 membra: tihhi sint, Abrogans, Κ I, 266,29 proximapartes membrorum: nahiston deil titheo, Abrogans, K. III, 3,50 Membra : tidi, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,37 Membras: tidi, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 18,3 Membrus : Ud, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,131,211 membra: tide, Summ. Heinr.

170

Köiperteilbezeichnungen

HSH. 1,131,211 membra: Uder, Summ. Heinr. HSH. II, 6,96 membra: Hede, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,48.178,30). III, 431,15 Artus : lithe et a/iquando limus, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - lidera, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 436,30 Artus : M , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,40 Membrum: tid, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 439,69 Artus: Uder, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, ebd. IV, 36,42 Articulum: tid, Glossae Salomonis (c), ebd. gelid (k). IV, 131,41 Artus constrictus dolosus : lid./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. P e r Beleg StSG. III, 722,20 Articulus : tith, Einzelgl., Berlin, StBPK Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossar) ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213. - In der Bedeutung "Diener" zeigen sich StSG. II, 284,26 Principale : furistalidGreg, hom. 1,12 p. 1477, Clm 9573; Nr. 367, BV. 550, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732.] SchW. 196, StWG. 372, SAW. 1,533. Herkunft: mit as. lid, afries. hth, ae. tip, an. kör, got lipus aus germ. *!ipu- 'Glied'. Die Wörter fuhren wie die mit /w-Suffix gebildeten ae. lim, an. limr wohl auf eine Erweiterung der Wurzel ie. *el- 'gebogen, biegsam' zurück, die auch in nhd. Elle vorliegt. Außergermanisch vergleicht sich lat. lituus 'Krummstab der Auguren'. KS. 327, Pfeifer 456, IEW. 1,309; glid. - vgl. mhd. lit. lidilln stN. '(kleiner) Finger, Fingerglied' (Gl.) - articulus 'das kleine, mehrere Glieder verbindende Gelenk, Knoten, Knöchel, Knochen', mlat. auch 'Finger, Zehe' (MlatWb. 1,992). Glossare: III, 18,60 Articulus : lidali, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,130,200 articulus: Udttn, Summ. Heinr. HSH. II, 6,90 articulus: tidetin, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,18.178,22). III, 439,70 Articulus : tidetin, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Im Körperteilglossar zwischen Fingerbezeichnungen.] [Wohl in der nicht-anatomischen Bedeutung 'Zeitpunkt, Abschnitt' in StSG. II, 236,17 Articulumfrist lidili, Greg, cura 3,27 p. 80.] StWG. 373, SAW. 1,533. Herkunft: Diminutiv; zu -> tid, vgl. auch giliälin. - vgl. mhd. tidelin.

ligaring

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lidugiläz stMN. 1. 'Gelenk'; 2. Umrisse des Körpers' (GL) - artus 'Gelenke mit ihren Gliedern, Gliedmaßen', compäges 'Zusammengefugtes, Organismus', mlat. auch 'Körperbau' (Mlat Wb. 2,1022f.), iunctüra 'Verbindung, Gelenk', Itneämentum Umrisse, Konturen; Gestalt, Gesichtszüge', membrum 'Körperglied; Penis', Organum "Werkzeug; Gliedmaß'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 551,13f. luncture : Udagila^a, Ct 7,1, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/ 103. Clm 4606. - üdglefe, Clm 22210. - lidigla^ Clm 14689. (Parallelhs.: gilitti). I, 665,21 Conpages : Μ gila^a, Dn 5,6, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 331,23 [membrorum] Conpaginibus : Udagalazgpm, Hieron. in Matth. 56, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. II, 333,44 Artus : Udigala^ Hieron. in Matth. 112, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. II, 619,33 Organa senaderon. lidigilavgi, Sed. carm. pasch. 111,256, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: IV, 75,40 Uniamenta: Udigla^ Glossae Salomonis (c, d). IV, 149,30 Liniamentum : liägila^ Λ. ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 373, SAW. 1,518 u. 533. Herkunft: Kompositum; zu —> lid, gilä% Man vergleiche auch paralleles afries. lithmata, mhd. lidemä%, fnhd. tidmas^ gliedmas^ 'Gliedmaß, Glied'. DWB. 6,995. liesa* F. 'Häutchen' (Gl.) - membräna 'dünne, zarte Haut, Hirnhaut'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,480,10 Membranum : tiesa, Tb 11,14, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 373, SAW. 1,1224. Herkunft: vgl. ae. lesca, nl. liesche Unterleib, Haut', DWB. 6,1019f. s.u. Liese. Schon früh dehnt sich die Bedeutung aus auf Tusteln, Bläschen auf der Haut, kleines Hautgeschwür'. Unklar ist das Verhältnis zu lat. lisa "Vene', das J. Andre, Le Vocabulaire, S. 129, aus Claudius Donat belegt. Das Wort ist im Lateinischen ein hapax legomenon und nach Andre ursprünglich nicht romanisch. [ligaring (?) 'Riegel; Fußhöhle' (?) (GL) - subtil 'Fußhöhle'. Glossare: HSH. I, 372,417 subtel·. ligering, (StSG. III, 169,18-21 Subtil : scvbel. I ligirinc). StWG. 373 'Fußhöhle' (?).

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Köfperteilbezeichnungen

Wegen lat. scubel 'Riegel' gehört die Glosse kaum zu den Köfperteilbezeichnungen; vgl. auch mhd. kgerinc 'Riegel'.] llh stFN. "Leib, Körper; Gestalt' (N.; Gl.) - corpus 'Körper'. Literarische Denkmäler: Notker 8,67,12 Vmbe mtna tunicam die ih Sehe truog. (u.ö.). Glossare: 1,213,23 corpus: äh, Abrogans, K. I, 234,7 corpert: in &n, Abrogans, Κ I, 266,6 Uis corporis: mekin lihhi, Abrogans, K. SchW. 196, StWG. 374, SAW. 1,539. [Meist in der Bedeutung 'Fleisch' (Isidor; sowie als Glosse zu can), 'Leichnam' (Tatian, Otfrid; StSG. II, 747,52 Corpus : llh, V. Mart. 7 p. 117,15, s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 45, sowie als Glosse zu fünus), tergum 'Rücken, Leib, Fell' (Verg. Aen. X, 482 und 784 in der Bedeutung "Bedeckung, Überzug aus Leinwand').] Herkunft: mit as. lik, ae. lie, an. Uk, got. leik aus germ. *lika- 'Körper, Fleisch, Leiche'; der ie. Anschluss ist unklar. KS. 435f. u. Leiche, DWB. 6,612f., IEW. 1,667 sowie H. Reier, Leben, S. 13. - vgl. mhd. lieh. llhamilo swM. *Leib' (MH.) - corpusculum 'kleiner (menschlicher) Körper'. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 21,2,1 des uuih lihamilo in altar* chru^es karostit. SchW. 197, SAW. 1,350 u. 1,539. Herkunft: eine /-Erweiterung zu —> lih(h)amo. lIh(h)amo swM. *Leib, Körper, (leibliche) Gestalt; Fleisch; Leichnam' (B.FP.BG. I.M.MF.MH.N.NG.O.OT.Ph.T.WH.; Gl.) - corpus 'Körper'; eucharistia 'Abendmahl'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 25,3f. edo des lihha min rafsungujn demu seibin. (u.ö.). Freisinger Paternoster 44,41 ... forkip uns, truhtin, den dinan lichamm enti din pluot. Isidor 29,20 Dhuo a^s iungist bidhiu quham gotes sunu endi antfenc mannes Hihhamun. (ILO.). Muspilli 66,3 uuanta sar so sih diu sela in den sind arheuit enti si den Uhbamun likkan lasgjt. Monseer Fragmente 22,6 Enti nam chelih^aamo]. Murbacher Hymnen 22,3,2 egisin kirichante uueralti uui^um ioh fermanentem üchamin. (u.ö.). Notker 2,165,18 Sä sela ünde lichamo ^esamine choment. (u.ö.). Otfrid 2,9,81 Ther lichamo thüha, tha^gotnissi ni uuölta. (u.ö.).

Ehh(i)namo

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Physiologus 127,53 Tu idris be^echenet ünsirin trohtin, der an sib nam den menischen Ithhamin. (u.ö.). Tatian 153,21 tiohtfa^ thes Ithhamen ist ouga. Williram 33r,32 sämo mit den güoten salbon geheilet uuerdent die gekniston. linte die siecbon lichamon. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 25,6 Absque corporibus : an unser sekro Iichamen, Gn 47,18, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b (Addenda und Corrigenda [I]), 10., Anfang 11. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 252,33 Exanime corpus : irslaganer lihamo, Greg. dial. 1,10 p. 201, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723, Wien, ÖNB 2732. II, 308,57 Plerique in sui corporis signa uuola of to insines ühemin ^efhan, Greg. hom. I,9 p. 1465, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Mayer 61,6 corpus, -mm, Greg. mor. 1232A, Clm 4542; Nr. 706, BV. 477, Hs. Anfang 9. Jh., bair. II, 328,31 Corpuscuäum : khtno, Hieron. in Matth. 28, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. II,438,8 Labefado corpore : vondemo vjdenitin lichamin, Prud. perist. 118f., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: I, 260,27 stupor tarn corporis: piluh lihhönü, Abrogans K. III, 18,15 Corpus : Uhamo, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 394,52 Amoiga. eucharistia : gpthdeslichamo, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh.(?), rheinfrk. IV, 40,37 Bicorpor : Zmlichamer, Glossae Salomonis (i), ebd. sjmelichamer (k). Zyene iicham (g). (Parallelhs.: ^uuilichnamef). SchW. 197, StWG. 374, SAW. 1,539. Herkunft: Kompositum; mit as. likhamo aus germ. *ltka-hamön 'Körper'. DWB. 6,625f.; zu —> Ith u. ahd. -hama in gündhama 'Kampfhemd', also eigentlich 'Kleid, Hülle des Leibes'. H. Adolf, Wortgeschichtliche Studien, S. 13. - vgl. mhd. tichame, Iicham. llhh(i)namo swM. 1. 'Körper, Leib'; 2. 'Leichnam' (?) (JB.OG.; Gl.) - corpus 'Körper'. Literarische Denkmäler: Jüngere (bairische oder alemannische ?) Beichte 315,13 in piuuelüda mines Uchnamin.

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Körperteilbezeichnungen

Otlohs Gebet 183,18 ... minan gidanchan iouh minmo ühnamon, slaffentemo odo wachentemo... Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,757,54 {Corporis) : llhncm (Steinmeyer: dh. ühnamen), V. Mart. 3,18 p. 718a, Clm 18547b; Nr. 437, BV. 650, um 1000, bair. Glossare: III, 439,27 Corpus : tichnä, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 40,33 Bicorpor : spuilichnamer, Glossae Salomonis (f), ebd. spvilichnamer (c). vjuuilichnamer (a). apilichinamer (d). ymlichinanf (e). vpnlchnamer (b). (Parallelhs.: VQVtlichnamer). SchW. 197, StWG. 375, SAW. 1,539 u. 1,656. Herkunft: Kompositum; —> lih(h)amo. Das η stammt aus einer Variante mit nstämmigem Vorderglied. KS. 436, IEW. 1,557; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik § 277. — vgl. mhd. lichname. lumbal stM. "Lende' (I.; Gl.: *Lendenteil, kleine Niere") - rtnuncuks 'die kleine Niere'. Literarische Denkmäler: Isidor 40,18 oh rehtunga ist bruohha sinero lumbto endi triuuua sindurt sitiero lendino gurdiL Glossen zu biblischen Schriften: I,355,5 Rtnunculi ·. lübah, Lv 3,4, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, II. Jh., fränk. u. alem. IV, 257,19 Ranunculi : lumboh, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. P e r Beleg StSG. I, 355,5 Rtnunculi: lumbala, Lv 3,4, Karlsruhe, St. Peter perg. 87 ist wohl altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] SchW. 203, StWG. 389, SAW. 1,571. Herkunft: entlehnt aus gleichbed. lat. lumbuks, einem Diminutiv zu lat. lumbus •Lende'. KS. 527 s.u. Lümmel, DWB. 6,1289. - vgl. mhd. lumbel. lumbe* swM. "Lende' (Gl.) - lumbus "Lende, Schamteile'. Glossare: HSH. 1,132,228 lumbi: lumben, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,18). StWG. 389, SAW. 1,571. Herkunft: endehnt aus lat. lumbus "Lende'. - vgl. mhd. lumbe. lunga swF. 'Lunge' (Gl.) - pulmo "Lunge', hepar "Leber'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 522,28 Pulmonem: lungen, Prud. psych. 154, Einsiedeln, StiftsB. cod. 312; Nr. 119, BV. 128,13. Jh., alem.

lunga

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HH 315,1 Pulmonem: htngun, ebd., Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III ms. IV. G. 68; BV. 713, frühes 10. Jh. 11, 715,28 Pulmone: IxnGxn (Steinmeyer: dh. ImGun), Verg. Aen. IX,701, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. U 447,9 pulmo : lunga, Lucan, De bello civili IV, 327,103, Paris, BN. lat. 9346; BV. 754,11. Jh., mfrk. Mayer 104,3 pulmo : lunga, Persius, Satirae 1,14, Clm 23577; BV. 690, 11. u. 12. Jh. Glossare: III, 52,14 Pilmo : lüc, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,134,256 pulmo: lunga, Summ. Heinr. HSH. II, 6,118 pulmo: lunga, Summ. Heinr. HSH. 1,416,357 pulmo : lunga, Summ. Heinr. (Parallelhs. lunginna, Zunguld). (StSG. III, 74,32. 74,50.178,65. 252,6). III, 363,26 Pulmo : longo, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,34 Mollig pulmo : lunga, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 434,55 Pulmo : lunga, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 111,435,18 PuZmon : tugun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171,BV. 198,11. Jh., alem. III, 437,4 Pulmo : Zunge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 439,30 Pulmo : Zunge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 506,12 Pulmo : lunga, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 190,28 Pulmo : lüge, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. (Parallelhs.: lungel). IV, 207,66 Pulmo : lunga, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. HHH 17,29 Epar : Lunge, Latein. Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. StWG. 389, SAW. 1,572. Herkunft: mit as. lunga, ae. Zungen, an. lunga aus germ. *lungumnijö 'Lunge' (meist im Plural gebraucht und der Form nach wohl ein alter Dual). Es handelt sich um eine schwundstufige Abstraktbildung zu dem Adjektiv germ. *lenht- leicht'. Die Lungen werden als „die Leichten" bezeichnet, weil Lungen von Tieren nach dem Schlachten als einzige Innereien auf dem Wasser schwimmen. KS. 528, Pfeifer

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Köiperteilbezeichnungen

817, DWB. 6,1303f., IEW. 1,661, HWdA. 5,1455f. Sieh auch C. MeUado Blanco, Das bildliche Potential, S. 254f. - vgl. mhd. lunge. lunganna stF. 'Lunge' (Gl.) - pulmo "Lunge*. Glossare: III, 19,39 Pulmon : lunganna, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. P e r Beleg StSG. II, 718,22 Pulmone : lungandian, Verg. Aen. IX, 701, Oxford, BL. Auct. F. 1.16, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 213.] StWG. 389, SAW. 1,572. Herkunft: Suffixerweiterung zu ahd. -> lunga. - vgl. mhd. lungene. lungina stF. "Lunge* (Gl.) - pulmo 'Lunge*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: RR 227,4 pulmo : lungena, Persius 1,14, Rom, BV. Pal. lat. 1710; BV. 812, Hs. 9., lO./ll.u. 13./14. Jh. Glossare: HSH. II, 416,357 pulmo : lunginna, Summ. Heinr. (Parallelhs.: lunga, lungula). (StSG. III, 306,27. 322,31). III, 433,30 Pulmon : lungina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. (Parallelhs.: lungun). III, 436,39 Pulmo : lungina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,7 Pulmo : lungina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 613,26 Pulmonem : lungina, Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Nahrung, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. StWG. 389, SAW. 1,572. Herkunft: Suffixerweiterung zu ahd. —> lunga, vgl. auch —> lunganna. lungula, lungel stswF. *Lunge* (Gl.) - pulmo "Lunge*. Glossare: HSH. II, 416,357pulmo : lungula, Summ. Heinr. (Parallelhs.: lunga, lunginna). (StSG. III, 74,50. 252,7. 285,5). IV, 190,28 Pulmo : lungel, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair.(Parallelhs.: lüge). IV, 216,62 Pulmo : lungel, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. Mayer 123,29 pulmo : lungel, Glossarium latinum, Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. StWG. 389, SAW. 1,572.

luzzilzunga

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Herkunft: Suffixerweiterung zu ahd. - » lunga. DWB. 6,1304 s.u. Lungel. - vgl. mhd. lungel, lungele. lungun stF. 'Lunge' (Gl.) - pulmo "Lunge'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 288,23 Pkumonis : lungunna, (Lemma fehlt Vulg., Gl. hinter Nm 13,21), Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossare: III, 4,17 Pulmones : lungunne, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 10,6 Pulmone : lungunne, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 433,30 Pulmon : lungun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. (Parallelhs.: lungtnä). III, 437,36 Pulmo : lungun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44,2. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 389, SAW. 1,572. Herkunft: als stF. neben —> lunga. lungunna stF. "Lunge' (Gl.) - pulmo "Lunge'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 3,19 Pulmo : Lungunna, Alcimus Avitus 1,104, Clm 330; Nr. 304, BV. 448, 10. Jh., bair. 11, 536,63 Pulmo : lungunna, Prud. peris. 248, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. StWG. 389. Herkunft: Suffixerweiterung zu ahd. —> lunga, vgl. auch —> lunganna, lungnna. luntussa F. "Brüstchen; Bruststück' (?) (Gl.) - pectusculum "Brüstchen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 225,36 Pectusculum: luntussa, Greg, cura 2,3 p. 15, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. StWG. 389, SAW. 1,526. Herkunft: Suffixerweiterung zu ahd. lunta, lunda 'Fett', die als schwundstufige Bildungen neben ahd. lenti 'Niere' stehen. IEW. 1,675, DWB. 6,1309f. luzzilzunga stF. "kleine Zunge' (Gl.) Hgula *kleine Zunge' (meist in übertragenem Sinne). Glossare:

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KörperteUbezeichnungen

III, 436,5 Ligula : Lusgikpnga, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. StWG. 392 s.u. /«^'/Tdein'. Herkunft: wohl ein ad-hoc-Kompositum, zu ahd. lusgil 'klein' u. —> %unga. luzlg fingar —> fingar. Μ mxra pein —> bein mago swM. 1. 'Magen'; 2. "Bauch' (Gl.) - aqualiculus 'Magen, Unterleib', ingtuvies 'Vormagen der Vögel, Kröpf, Kehle', stomachus 'Schlund, Magen', venter "Bauch, Leib, Mutterleib', venUicuhts 'der kleine Bauch, Magen'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,295,29 Uentriculum : mago, Dt 18,3, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 367,28 Uentrico/um : id mago, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521, 10. Jh., alem. - mago, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil 2° 218. St. Gallen, StiftsBN. 295. - ide. mago, St. Gallen, StiftsB. 9. Glossen zu nicht biblischen Schriften: RR 227,7 aqualiculus, .i. mago ul. uentricuks, Persius 1,57, Rom, BV. Pal. lat. 1710; BV. 812, Hs. 9., 10./11. u. 13./14. Jh. Glossare: 1,180,4 Ingluuies: mago, Abrogans, Pa.KRa. (Parallelhs.: guld). 111,4,18 Stomahus : mago, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 10,8 Stomachus : mago, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,43 Stomahus : mago, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,31 Stomachus : mage, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,135,261 stomachus: mago, Summ. Heinr. HSH. II, 488,08.28 stomachus: mago, Summ. Heinr. HSH. II, 547,01.14 ventriculus: mag), Summ. Heinr. HSH. II, 6,119 stomachus: maga, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,58.178,67. 259,35. 264,14). III, 363,25 Stomachus : mago, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk.

manzo

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III, 392,35 Scauril. stomachus: mago, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. Ill, 433,38 Stomachus : mag), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. - id est mago, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 435,4 Stomachus : mago, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 111,435,19 Stomachus : mago, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 437,5 Stomachus: mage, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 437,40 ... Mago, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 438,3 Stomachus: mago, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,29 Stomachus : mage, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 509,21 Stomachus : mago, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 107,11 Ventriculus : mago, Glossae Salomonis (a, d, k), ebd. ma go (c). Mage (b). mage (i). mag (n). (Parallelhs.: varbe). IV, 164,43 Venter: mago ./., ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 604,20 Ingluuies : Mago, Glossar, Prag, Universitni knihovna, MS XXIII Ε 54; Nr. 525, BV. 786., 13. Jh., fränk.-obd. StWG. 394, SAW. 1,582. Herkunft: mit afries., ae. maga, an. magi aus germ. *magön 'Magen', zu einem Wort für *Beutel', das in kymr. megin "Blasebalg', lit. makas, aksl. mosina "Beutel' vorliegt. KS. 531, Pfeifer 823, DWB. 6,1436f., IEW. 1,698. - vgl. mhd. mage. mamma* swF. 'säugende Brust' (Gl.) - über 'Euter, Zitze, säugende Brust'. Glossare: III, 392,22 Laniscal. ubera : mammun, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. StWG. 396, SAW. 1,1225. Herkunft: zu einer weit verbreiteten Lautgebärde fur „Brust, Mutter". KS. 536, DWB. 6,1519. - vgl. mhd. mamme. manzo swM. '(Mutter-)Brust' (OT.T.) - über Euter, Zitze, säugende Brust'. Literarische Denkmäler: Tatian 203,4f. salig uuamba thiu thih truog Inti thie man^pn thie thü sugi.

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Körperteilbezeichnungen

SchW. 208, SAW. 1,1225. Herkunft: vermutlich eine Bildung zur Wurzel *mend-, mond- 'säugen, saugen', die u.a. vorliegt in alb. ment, mir. menn. Dazu gehört auch tirol. matit^ menξ 'unfruchtbare Kuh' und rhein. Min^ekalb. IEW. 1,729. Weitere Verwandte scheinen im germanischen Sprachraum nicht erhalten zu sein. Das Wort ist nur im Tatian bezeugt, s. E. Gutmacher, Der Wortschatz, S. 72. mark stN. 'das Mark' (MF.N.NG.PN.; Gl.) - medulla 'das Innerste, Mark* (etwa dorsalis medulla 'Rückenmark'). Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 27,30 conpagum quoque ad medullärem. — enti des mannes marc gafuo gita. Notker 2,167,13 Unde uuä\ öuh (es. sie da% uuelchesta so da\ märg ist. tnnerost pergent... (u.ö.) Pro Nessia 374, Β 3 usjonna marge in deo adra. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 24,8 Medullam terre.marag, suo\ rq, Gn 45,18, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,313,71 Medulüs : maragum, Greg. hom. 1,18 p. 1515, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. II, 333,45 Medullas : mark, Hieron. in Matth. 112, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: III, 19,33 medulla: marg, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. III, 52,48 Medulla : manch, Versus de volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,131,219 medulla: marc, Summ. Heinr. HSH. II, 6,100 medulla: marg, Summ. Heinr. HSH. II, 366,128 medulla: man, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,61.178,33. 246,20. 280,8. 303,44. 320,25. 338,44.) III, 354,15 Medulla : march, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,49 Medulla: mar'h, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,63 Milisch. medulla : manh, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,66 Medulla : marg, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - man, Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 435,1 Medulli : marg, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem.

metamösto

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III, 436,60 Medulla : marg, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,39 Medulla : march, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 503,12 Medulla: march, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. Im Pflanzenglossar hinter mel: honach vermutlich eher als pflanzliches Mark. SchW. 208, StWG. 401. Herkunft: wie as. marg, afries. merg, merch, ae. mearh, mtzrh, an. mergr aus germ. *maiga- 'Mark', das auf ie. *mo^gbo- 'Mark' zurückgeht. Außergermanisch vergleicht sich ai. majjän- 'Mark', aksl. mo^gu 'Gehirn'. KS. 541, Pfeifer 839f., DWB. 6,1627f., IEW. 1,750. - vgl. mhd. marc. marczan stM. "Backenzahn' (Lex Baiv., Lex Alam.) - mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Alam. 57,22, Einsprengsel: Si autem dentem absiderit, quod mainland dicunt, Hs. A2, 9. Jh. Lex Baiv. IV,16, Einsprengsel: Si quis alicui dentem maxillarem, quem march^and vocant, Hs. W, 9. Jh.(u.ö.). Herkunft: Kompositum; wohl zu —> marg u. - » %an, %and, s. A. Niederhellmann, Arzt, S. 164—167. - vgl. mhd. marc^att. meistarzeha swF. 'die große Zehe' (Gl.) - allox 'großer Zeh* (MlatWb. 1,484). Glossare: III, 435,36 Allux : meistaceha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. StWG. 755, SAW. 1,1174 (als Syntagma 'große Zehe*). Herkunft: s. —> %iha. menschenbein* stN. Unterschenkelknochen' (Gl.) - crüs Unterschenkel, Unterschenkelknochen'. Glossare: III, 392,59 Cruni% cms : menschenbein, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - meinschenbein, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. StWG. 408, SAW. 1,46 u. 1,592. Herkunft: Kompositum; zu ahd. mensch u. —» bein. DWB. 6,2040f. metamösto swM. 'Mittelfinger' (Gl.) - medius 'der Mitdere'. Glossare:

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Köiperteilbezeichnungen

III, 439,16 Medius : metenoste, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. SAW. 1,631; StWG. 411 metamo ad. metamösto 'mittel'. Herkunft: als Superlativ des Adjektivs metamo, zu ahd. mittr, s. auch —> mittansto. milza* F. 'Milz* (G1.) - lien 'Milz', spien 'Milz'. Glossare: III, 346,5 Spien: mil^a, Summ. Heinr. (nicht HSH.) IV, 75,3 Lien: mil^a, Glossae Salomonis (g). (Parallelhs.: mibj, m i f y . StWG. 414, SAW. 1,625. Herkunft: als Femininum neben —> milsj. milzi, milz stN. 'Milz' (Gl.) - lien 'Milz', pulmo "Lunge', ritt "Niere, Lenden', spien 'Milz'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 4,14 Uenis : m i f y Alcimus Avitus 1,110, Clm 14420; Nr. 388, BV. 583, Hs. 2. Hälfte 9. u. 11. Jh. Mayer 10,4 pulmonis : miü\i, Hieron. Epist. ad Nepotianum 533, Basel, ÖBU. B.VI. 3; BV. 27, 9. Jh. II, 369,60 Lien et spien mum est .i. milvj, Prise, inst. 149,7, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair., ebenso Clm 280 A. II, 369,64 Spien: mi% ebd., Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. SS 394,18 lien : lien et spien mum est id est milvj, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972,2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. II, 374,40 Spien : milq, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. RR 227,3 splene : mild, Persius 1,12, Rom, BV. Pal. lat. 1710; BV. 812, Hs. 9., lO./ll.u. 13./14. Jh. Mayer 94,1 lien: mil^ Ale. gramm. 864 A, Clm 14823; BV 615,2. Hälfte 11. Jh. IV, 369,38 Splenis : m i f y , Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh.; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. Glossare: III, 19,40 Splenis : milq, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,135,259 spien : mihi, Summ. Heinr. HSH. II, 448,01.18 ren, spien : milq, Summ. Heinr. HSH. II, 481,374 spien : mikj, Summ. Heinr. HSH. II, 6,119 spien : mikg, Summ. Heinr. HSH. II, 355,176.1 lien : milqe, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,55.178,68. 255,71. 258,1. 289,11. 303,19. 309,11. 346,5). III, 354,9 Spien et ken : milce, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd.

milzi, milz

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III, 363,12 Spkn : m i f y , Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 363,58 Lien: meiste, ebd. III, 392,36 Uiperiz- spien : milq, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,34 Spien : mi% Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. - idmikj, Fulda, Hessische LB.C 11. III, 434,62 Spien ·. m i f y , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,41 Spien : miltj, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,3 Lien : mil^e. I spien, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 437,41 Spien : miki, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagielkmska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 438,1 Spien : m i f y , Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,32 Spien : mil^e, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. V, 39,30 Spien .i. milce, Einzelgl. Der Mensch, Körperteile, Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. III, 474,45 Lien : mil% Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. III, 613,25 Spkn : mi% Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Nahrung, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. III, 661,58 Spien : mil^i. I ken, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 686,61 Spkn: Mih& Mischgl., Berlin, StBPK Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. III, 694,19 Spkn : mikg, Mischgl., Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. IV, 75,2 Lien: mikj, Glossae Salomonis (c, d), mik^ (a, p). (Parallelhs.: mil%a). IV, 122,21 Spien : mtlq, ebd. (c, i, p), mil^e (d), \k%ena milsg (g), milce (e), mih^ 00· IV, 149,9 Lien spkn milς./., ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 158,11 Rien testiculus./'. niero ul kntimikg .(., ebd. IV, 160,50 Spkn: milrq, ebd. IV, 176,6 Spkn : Id est mil^e, Glossae Abactor, Clm 14429; Nr. 389, BV. 586, Hs. 9. Jh., obd.

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Köiperteilbezeichnungen

IV, 192,5 Spkn : mil^ Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - milc^ Wien, ÖNB 1325. IV, 204,34 Lien : mil%, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. Mayer 125,19 spkn : mils^ Glossarium latinum, Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. Adespota: IV, 248,9 SVen stfbknis can est iacens super extra peccodum. nigra et sanguineo colore, paruum est fragile et dicitur milage, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. P e r Beleg FF 455,4 spien: milte, Alphabetisches Gl., Leiden, UB. B.F.L. 191 E, ist altsächsisch bzw. mittelniederdeutsch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214.] StWG. 414, SAW. 1,625. Herkunft: mit afries. ae. milte, an. mihi, milta, mjatti aus germ. *meltja- 'Milz, Milch der Fische'. Die Milz galt als das Organ, das die Speisen auflöst und verdauen hilft, daher ist wohl ein Anschluss an die Wortfamilie um schmelzen, mit den Formen ohne /-mobile wie ae. meltan, an. melta, wahrscheinlich. KS. 560, Pfeifer 872. DWB. 6,2219f., IEW. 1,718. - vgl. mhd. mil^e, mil% mittarösto 'Mittelfinger' (Gl.) - meäus 'der Mitdere'. Glossare: III, 9,45 Medius : mittarosto, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. [Die übrigen Belege (StSG. I, 703,5. III, 607,21) in nicht-medizinischer Bedeutung.] StWG. 419. Herkunft: als Superlativ zu ahd. mittar Adj. 'der Mitdere'. Sieh auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 438-441. mittidwerahl stF. Taille; Rückgrat* (?) (Gl.) - dorsum 'Rücken, Rückgrat'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 439,36 Dorso : mittid:vuergi, III Rg 12,10, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 11. Jh., bair. 1,442,49 Dorso : mkttfdxfrgk (Steinmeyer, z.St. 1. mitteduergi), ebd., Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. StSG. 419 'die Mitte des Körpers"; SAW. 1,630. Herkunft: Zusammenrückung; zu ahd. mitti 'in der Mitte, Mitte' und dwerah 'quer'; neben dem schwachen Verbum mittidwerahen, s. J. Riecke, Die schwachen ya«-Verben, S. 514f. sowie ders., Besprechung H. Davids, S. 85. mittiläri* stM. 'Mittelfinger' (Gl.) - (digitus) impudicus 'der mittlere (unzüchtige, dem Penis ähnliche) Finger'.

mund

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Glossare: III, 362,58 lmpudicus: middelere, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. [Nicht hierher StSG. I, 34,2 greci / uel medi: chrechi / edo mittilari. Lat. medi ist vom Glossator mit medius 'der mitdere' in Zusammenhang gebracht und in diesem Sinne wohl in der Bedeutung 'Anwohner des Mittelmeeres, Meder' übersetzt worden. Vgl. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 85. - Wohl ebenso wenig hierher gehört StSG. II, 5,10 (?) Parasita .i. custos concubinarum. inde diriuatur. pasitastester. [Ed. parasitosis] f . mitterita, Ale. gramm. p. 514; mitterita als Glosse zu lat. parasitaster 'Schmarotzer' ist unklar. Grundsätzlich ist fraglich, ob eine -lari Bildung vorliegt, denn der Glossenbeleg dürfte einfach 'der Mittlere' bedeuten.] StWG. 420 s.u. mittilari 'der mitdere, Mittelfinger', SAW. 1,516 u. 1,630 mittilentig 'mittelländisch*. Herkunft: als Nomen agentis zu ahd. mittil 'der mittlere, in der Mitte befindlich'. mund stM. 'Mund' (APs.B.GB.I.MF.MH.N.NG.O.OT.Ph.RhC.T.WH.; Gl.) bucca 'Backe, Wange, Mund' (MlatWb. l,1598f.), ös 'Gesicht, Mund'. Literarische Denkmäler: Altalemannische Psalmenfragmente 294,3 danta mund des suntigen ... mih intlohhan ist. Benediktinerregel 87,11 In vpngun minero sa^ta mundeminemv ke haltida. (u.ö.). Isidor 15,3 In stnes mundes gheiste instandemes chiuuisso heilegangheist. (u.ö.). Monseer Fragmente 6,18 fonaga nuht. samemo muote. sprihhit. munth. Notker 8,32,5 Des muntfolkrist ubelo sprechennis. (u.ö.). Otfrid 1,2,3 Fingar thinan dua ana mtind minan, then ouh hänt thina in thia vgtngun mina. Physiologus 126,50 so beuuillet sth diu tdris in horuue unde sprinet imo [demo körcodrillo\ in den munt. (u.ö.). Rheinfränkische Cantica 301,16 ... ^espret ist mund min. Tatian 213,8f.yö«ginuhtsami thesherben sprihhit thermund... (u.ö.). Williram 10r,2f. CVSSER MIH. ΜΓΤΟύΜΟ cüsse sines mm des. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 28,13 (O mihi si cursus facundior ora moueret) : Ohe mir dermunt uuola hortk (dh. horti), Arat. 1,459, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. - V W 19,17 bbe mkr dkrt manx xx pla hpr ä, ebd. Paris, BN. lat. 8318; BV. 750,11. Jh., alem. u. rheinfrk. AA 232,11 os : mund, Hieron. in Matth. 106,36, Clm 6272; BV. 516, Hs. 9. Jh., bair. II, 638,12 (Ore) : armunde, Verg. Georg. III, 203, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 707,62 Ora : munda, Verg. Aen. V, 200, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./ll.Jh., mfrk.

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Köiperteilbezeichnungen

Mayer 21,11 os : mund, Eut. ars 458,30 Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 739; BV. 94,10. Jh., hd. mit nd. Spuren Glossare: 1,158,25 os: mund, Abrogans, Pa. - munt, Abrogans, Κ 1.164.4 super buccas: uparmund, Abrogans, Pa. R., urnpi mund, Abrogans, K. Ra. 1.170.5 os: mund, Abrogans, Pa. - munt, Abrogans, K. I, 218,3 Ore: mund, Abrogans, Κ Ra. 1,234,3 os lampadarum: munt kohtfa^o, Abrogans, K. I, 241,28 ore: munthe, Abrogans, K. III, 3,58 Os : mund, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 52,20 Bucca : müt, Versus de volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,127,161 os: munt, Summ. Heinr. HSH. II, 5,70 os, bucca: munt, Summ. Heinr. HSH. II, 196,136 bucca, os : munt, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,48.177,60. 225,20. 267,11. 295,21. 329,64. ZZ 239,412). III, 362,37 Os : munt, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,43 Moni% os: munt, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 432,37 Os. ./. mund, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - id est mund, Fulda, Hessische LB. C 11; Nr. 147, BV. 167,15. Jh., alem. (?) ostfrk. (?) III, 434,18 Os : mund, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,57 Os: mvnt, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 505,33 Os : munt, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, II,/12. Jh., alem. III, 661,40 Os l bucca : munt, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 41,15 Bucca : mund, Glossae Salomonis (a, b, c, k, p), ebd. munt (d, f). (Parallelhs.: müter). IV, 133,39 Bacca: mund, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 369,36 Uicia oris : stinkante müdes, Kaisheimer Rezept, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. [Daneben auch die Bedeutungen 'Maul; Rede, Beredsamkeit'.] SchW. 216, StWG. 423. Herkunft: wie as. mund, müi, afries. müth, ae. müp, an. munnr, mudr, got. munps, aus germ. *mmpa-\ außergermanisch entspricht kymr. mant 'Kinnlade, Mund', lat. men-

munt

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tum 'Kinn'. Die Wörter zeigen vielleicht die Schwundstufe einer Wurzel, die auch in ie. *stomen 'Mund* vorliegt. KS. 574, Pfeifer 898, DWB. 6,2669, HWdA. 6,626f. Zu stinkante müdes sieh E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 143f. - vgl. mhd. munt. munt stF. 1. '(flache) Hand'; 2. 'Hand als Längenmaß' (Gl.) - cubitum "Ellenbogen, Unterarm', pahna 'die flache Hand; Palme'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 287,65 Palmun : munt, Ex 39,9, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I,400,66 Palmus : munt, Sm III 17,4, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - Palmo: munti, Clm 4606. - munti, Clm 6217. - miunti, Clm 14584. - mundi, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - mvnt, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. 1,407,33 Palmus : munt, ebd., St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. I, 408,24 Palmus : munt, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.9. Jh., alem. IV, 267,35 Palmus : munt, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. I, 611,11 Palmo : mitmunte, Is 40,12, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - munte, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 22201. - munde, Clm 14689. I, 621,1 Palmo : munte, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.9. Jh., alem. I, 650,46 Palmus : munt, Ez 40,43, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. mundi, Clm 6217. - mundo, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. ebenso Stuttgart, WLB. HB XII 6. Engelberg, StiftsB. Codex 66. I,651,50 Palmus : munt, Ez 43,13, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 14689. Clm 17403. - mönt, Clm 22201. I, 710,72 Cubitum unum spana. munt, Mt 6,27, Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII; Nr. 63, BV. 309, 10./11. Jh., alem. - spanna l munt, Mainz, StadtB. Hs. II 3. spanna. muntmali, Brüssel, BR. 18723. V, 12,48 (Cubitum) spanna l munt, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 46,13 Palmum : munt, Beda rat. temp. 4 p. 308, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem., ebenso Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7. II, 165,37 Cubito : munta, Greg, cura 2,8 p. 27, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. Glossare:

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Körperteilbezeichnungen

HSH. 11,423,01.4 palmula : munt, Summ. Heinr. (StSG. 111,252,59 zwischen hant und brawa) [Die Bedeutungen 'Hand' und 'Hand als Längenmaß' sind nicht immer deutlich zu trennen. Zwei literarische Denkmäler (LS. und O.) zeigen die jüngere Bedeutung 'Schutz'.] SchW. 216, StWG. 424 (die Bedeutungsangabe 'die Palme als Längenmaß' ist zu korrigieren). Herkunft: mit as. mund 'Schutz, Vormundschaft, ae. mund 'Hand, Schutz', an. mutid 'Hand' aus germ. *mundö neben an. mundr 'Kaufpreis der Frau, Vormundschaft', afries. mund 'Vormundschaft' aus germ. *munda-. Beiden zu Grunde liegt ein r/nStamm mit der Bedeutung 'Hand'. Die Bedeutungsentwicklung geht über 'Hand', 'sich in der Hand von jem. befinden', 'in seiner Macht, unter seinem Schutz sein' zu 'Schutz'. Außergermanisch vergleicht sich lat. manus. KS. 574, IEW. 1,741. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 425. - vgl. mhd. munt 'Hand, Schutz, Bevormundung, Erlaubnis'. muodar stN. "Leib, Gebärmutter* (?) (Gl.) - alms Unterleib, Bauch, Magen, Mutterleib'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 640,53 Aluum : muodar, Verg. Georg. III, 427, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. [Die Bedeutung 'Mieder, Leibchen' zu moderacula 'Kleiderfutter' (?), (L. Diefenbach, Glossarium, S. 364); StSG. III, 358,9 Modenula : müder (neben Kleidungsstücken), 377,32 Mudervula: müder. Cum legis mud' non matrem cogites sed uestem, Gruppengl] StWG. 424, SAW. 1,638. Herkunft: wie afries. mother "Brustbinde der Frauen' eine Ableitung von germ. *möder- 'Mutter'. Im Althochdeutschen liegt eine ältere Bedeutung vor, die Bedeutung verengt sich später auf das Kleidungsstück. Seit dem 18. Jahrhundert gilt die Lautung Mieder, die aus der entrundeten Pluralform mhd. miicder entstanden ist. Außergermanisch vergleicht sich griech. μήτρα, lat. matrix 'Gebärmutter'. KS. 557, Pfeifer 869, DWB. 6,2170, IEW. 1,701. - vgl. mhd. muoder. muosfingar* (?), muotfingar* (?) stM. 'Zeigefinger' (Gl.) - {digitus) demönsträtörius, (digtuf) index, {digitus) salütäris 'Zeigefinger'. Glossare: HSH. 1,129,195 Index, salutaris, demonstratorius: mvsvingr, Summ. Heinr. HSH. II, 5,88 Index, salutaris, demonstratorius: mutfinger, Summ. Heinr. (StSG. III, 178,17). StWG. 425 muosfingar, 426 muotfingar, SAW. 1,234 muotfingar u. ebd. muosfingar, HSH. 3,124 muorftnger, muotfinger.

müs

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Herkunft: Kompositum; zum Grundwort s. —>fingar. Ein Ansatz muosftngar wäre zu ahd. muos "Essen, Speise', ie. *mus- sich satt essen' als „Finger, mit dem man isst" zu stellen. Zu den indoeuropäischen Anschlüssen sieh H. Eichner, Die Vorgeschichte, S. 86. Wenn von muotfmgar auszugehen ist, wäre Anschluss an ahd. muot 'Mut' zu suchen; vermutlich ist letzteres aber eher eine sekundäre Umdeutung. Zu muot s. KS. 577. muriot 'Oberschenkel* (Gl.) - coxa 'Hüfte', PI. 'Hüftgelenk'; cli (s.u. clünis, Mlat Wb. 2,732). Glossare: III, 694,27 Coxa : muriot, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt, Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. - murgot, Cgm 5250,28 b ; Nr. 300, BV 444, Hs. 11. Jh., bair. IV, 49,56-59 Cli : diech. murioth, Glossae Salomonis (c), ebd. diech. murioth (g). deohc. murioth (p). deoch murioth diech murigot (f). diech. murigot (d). diech. murig'ie). IV, 138,34 Coxa ächmurgoht./., ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 427, SAW. 1,1226. Herkunft: unklar; vgl. langob. muriot 'Oberarm' (Edictus Rothari 384), altcymr. morduit Oickbein', altcorn. morduit 'Schenkel'. R. M. Cate-Silferbrand, Vlees, bloed en been, S. 121, F. v.d. Rhee, Die germanischen Wörter, S. 108f., A. Niederhellmann, Arzt, S. 191 f. müs stF. 'Muskel im Oberarm' (Gl.) - lacertus 'Muskeln, Muskeln des Oberarms, Oberarm', müscuks 'Maus; Muskel', torus 'jeder runde, hervorragende, wulstige Gegenstand, Muskel, Ellenbogen'. Glossen zu biblischen Schriften: 1, 496,22 Lacertos 1 musi, lob 22,9, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - miuü, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 218. I, 508,29 Lacertus. musculi brachiorum : mud, ebd., Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 504,28 Thons : muise, Prud. peris. 124, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. II, 554,65 Tons : mus(, ebd., Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 559,54 Lacertorum tons : muse, ebd., Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348, 11. Jh., mfrk. II, 680,22 Lacertos ekidehsun. I miusi in brachio (übergeschrieben), Verg. Ekl. II, 9, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. Glossare:

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Köiperteilbezeichnungen

III, 52,27 Lacertus : mus, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh.fränk. HSH. II, 347,69 lacertus: mus, Summ. Heinr. HSH. II, 5,82 tori, lacerti Musculi: muse, Summ. Heinr. HSH. 1,128,184 tori, lacerti musculi: mud, Summ. Heinr. (StSG III, 71,35. 178,5. 244,17. 278,9. 302,31. 319,31 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 288.) III, 353,68 Musculus: mvs, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 392,5 Discol. musculus: mus, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,18 Lancerti: must, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. 111,434,36 Lacerti : m'usi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,48 Lacerta : must, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. 111,436,18 Lacerti : must, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,1 Lacertus : mus, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. [Daneben häufiger die Bedeutung 'Maus', lat. güs, munm, murex, soricum, sorex\ StWG. 427, SAW. 1,647. Herkunft: wie in ae. an. müs 'Muskel am Daumenballen' wird die Bedeutung 'Maus' vergleichend auch auf Körperteile, meist für 'Muskel', übertragen, so etwa auch in griech. μΰς, lat. musculus, aber auch in ai. muskäh 'Hoden', aksl. myhca 'Arm*. Es handelt sich wohl um eine bereits „alte Nebenbedeutung" von germ. *müs-, ie. *müs- 'Maus' (*muHis), die vermutlich auf einer Übertragung der Tierbezeichnung beruht. Ein angespannter Bizeps erinnert seiner Form nach an eine Maus. Das Wurzelnomen verbindet sich als Nomen agentis "Diebin' mit ai. musnati. KS. 547, Pfeifer 851, DWB. 6,1819 s.u. Maus, IEW. l,752f.; W. Griepentrog, Wurzelnomina, S. 305-322. Einen Anschluß an ie. *mus- 'sich satt essen' aus „hat den Mund geschlossen" schlägt dagegen M. Janda, Die hohle und die geschlossene Hand, S. 18f. vor, so dass müs dann mit ie. *musti- 'geschlossene Hand, Faust' zu vergleichen wäre — vgl. mhd. müs.

nabulo

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Ν nabulo, nabil swM. "Nabel' (Ph.WH.; Gl.) - lumbus "Lende, Schamteile', umbilicus "Nabel', ventriculus 'der kleine Bauch, Magen'. Literatische Denkmäler: Physiologus 127,57 Sirene sint meremanniu undt sint uutbegeBh ΰηφ φ demo näbi&n. Williram 49v,8 DtNNÄBELD ist gedräier näphl nieuvänne drinchenes artig. Glossen zu biblischen Schriften: 1,295,39 Umbilicus: nabulo, Idc 9,37, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. - nabalo, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,383,32 Umb>lico : nabalo, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521, 10. Jh., alem. 1.385.39 Umbilico: nabalo i tiffi, ebd., Clm 4606; Nr. 328, BV. 486,12. Jh., bair. - nabilo, Stuttgart, WLB. HB IV 26. - nabulo, Engelberg, StiftsB. Codex 66. 1.385.40 Umbilico : nabil, ebd., Admont, StiftsB. 508; Nr. 6, BV. 6,12. Jh., bair., (Parallelhs.: nabilo, tiufi). I, 387,5 Umbilico : nabilo l tivffi, ebd., Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. I, 388,17 De umbilico terrt: Jona nabulin dm erda, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Ζ 68,11 [g\mno : nabil, ebd., Reichenberg, Privatbesitz Katzer, Verbleib unbekannt; BV. 789, Hs. Ende 12. Jh., bair. IV, 263,13 Vmbiäco : nabil, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 526,11 Umbilico 1 nabob, Prv 3,8, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521,10. Jh., alem. I, 540,6 VmbiHcus : nabalo, ebd., St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., fränk. u. alem. 1,551,17 Umbilicus : napolo, Ct 7,2, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,11. Jh., bair., ebenso Göttweig, StiftsB. 46/103. - napalo, Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - nabilo, Clm 13002. Clm 4606. - nabulo, Stuttgart, WLB. HB IV 26. IV, 277,19 Vmbiücus : nabulo, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. 1,551,19f. Umbilicus : nabil, ebd., Engelberg, StiftsB. Codex 66; Nr. 128, BV. 138,12. Jh., alem., ebenso Clm 22201. - nabel, Clm 17403. - nabele, Clm 6217. I, 644,42-44 Umbilicus : napalo, Ez 16,4, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. napilo, Göttweig, StiftsB. 46/103. - nabilo, Clm 13002. - nabila, Clm 17403. nabilin, Clm 22201. I, 650,9 Humbiüo terre nabalin, Ez 38,12, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair.

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Kötperteilbezeichnungen

IV, 274,5 Umbilicus : nabulo, lob 40,11, Amiens, BM. Ms. 110; Nr. 9, BV. 10, Ende 12. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 285,18 In umbiüco : inapilin, Greg. hom. 1,13 p. 1480, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. Glossare: III,4,19 Umpiculo : nabulo, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 10,13 Lumbus : napub, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. III, 10,14 Umbiüco : napub, ebd. III, 19,14 Umbiäcus : nabulo, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,32 Vmbilicus : nabel, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,132,299 umbilicus: nabulo, Summ. Heinr. HSH. II, 6,105 umbilicus: nabelo, Summ. Heinr. HSH. II, 524,102 ventriculus. umbilicus: nabob, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,19.178,42. 262,67. 291,11. 310,15. 347,9. 73,20. 262,68. 291,12. 347,9 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 582.) 111,354,11 Vmbilicus : nabl, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,9 Umbilicus: nauel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 511,1 Vmbilicus : nabel, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 392,24 Stranguli^. umbilicus: nabelo, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 433,49 Umbilicus : nabulo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Fulda, Hessische LB. C 11. - nabob, Clm 14689. III, 436,51 Umbilicus : nabulo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,38 Umbilicv': naboto, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,54 Umbilicus : nabele, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 662,18 Umbilicus : nobile, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 165,55 Umbilicus : nabele ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair.

nagal

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IV, 216,49 Omphalos, umbilicus: nabele, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburtg, UB. M. p. th. q. 60. IV, 218,16 VmbiUcus : nabele, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Die Glossen teils, wie Idc 9,37, in der übertragenen Bedeutung 'Nabel der Welt'.] SchW. 218, StWG. 429 nabalo, StWG. 429 nobel, SAW. 1,650. Herkunft: mit afries. navla, ae. nafeta, an. nafil aus germ. *nab(u)lön 'Nabel', einer /Erweiterung zu germ. *nabö 'Nabe'. Die Erweiterung steckt außergermanisch auch in lat. umbilicus 'Nabel', griech. ομφαλός "Nabel, Schildbuckel' u.a., aber der lautliche Zusammenhang ist im einzelnen unklar. Die Wörter gehen auf eine ie. Wurzel *nabb- mit der Bedeutung "Nabe, Nabel* zurück. KS. 496, Pfeifer 905, DWB. 7,5, IEW. 1,315. Für ahd. nabalo und nabel sind zwei getrennte Ansätze (so StWG.) nicht erforderlich. Ab dem 12. Jh. löst nabel die ältere Vollform ab. - vgl. mhd. nabele, nabel. nagal stM. 'Fingernagel* (Gl.) - unguis 'Fingernagel, Zehennagel; Klaue, Tatze*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 48,35 [ad\ Unguem : nagala, Beda rat. temp., De terminis rogationum, Schloss Harburg, Fürsd. Wallerstein'sche Bibliothek, 1,2 4°,14; Nr. 288, Hs. 11. Jh.(Im Kontext neben —> winstera, Hd\ II, 537,46 Vngue : nagala, Prud. apoth. 860, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut. 16.5; Nr. 137, BV. 151, 13. Jh., alem. [hinter Vota : βα^ζα, s. dort]. Glossare: III, 9,36 Uncla : nagal, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 18,61 Unguis: nagal, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,130,199 tmgula: nagel, Summ. Heinr. HSH. II, 6,90 ungula: nagel, Summ. Heinr. (StSG. 72,15.178,21) III, 354,3 Vnguis : nagl, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,64 Vnguis : nagel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,13 Salsjox. unguis : nagel, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 431,5 Vngulas : nagala, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - nagela, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 433,22 Ungula : nagal, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11.

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Kötperteilbezeichnungen

111,434,39 Vngula : nagal, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 437,16 Unges : Nagale, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44,2. Viertel 9. Jh., alem. III, 438,9 Vngues : nigiti, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,11 Vngula: nagel, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Die große Mehrzahl der Belege gehört zu lat. clävus "Nagel, nageiförmige Erhöhung', päxillus Ideiner Pfahl', serräculum 'Steuerruder'. Unklar ist StSG. 1,12,36 Anguis: nagal. Vngues: nagala neben serpens: natra, Abrogans. Nur die sicheren Fälle wurden aufgenommen.] StWG. 429 nagal, nagil'Nagel, Pflock, Riegel', SAW. 1,652. Herkunft: mit as. nagal, afries. neil, ae. naeg(e)l, an. nagl aus germ. *nag!a- 'Fingernagel, Zehennagel'. Außergermanisch entsprechen Wörter ohne /-Erweiterung wie etwa lat. unguis TsIageF, aksl. noga 'Fuß', doch ist die weitere Herkunft unklar. Vermutlich ist Nagel an die Wortfamilie von nagen anzuschließen. KS. 581, DWB. 7,257f., IEW. 1,780. Nach C. Mellado Blanco, Das bildliche Potential, S. 247 kann es sich um eine primäre Bildung handeln. - vgl. mhd. nagel. nac stM. 'Hinterkopf, Nacken' (Gl.) - caput 'Kopf, extrex 'Kopf, HinterkopP (L. Diefenbach, Glossarium, S. 220), occiput 'HinterkopP, testa 'Geschirr, Topf; Hirnschale, Knochenstück'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 414,32 homo caput ad nach, Heilmittellehre, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. Glossare: I, 257,32 Testa : hnach, Abrogans, K. nach Abrogans, Ra. (Parallelhs.: hnelhaupites, R.) HSH. 1,124,129 extrex: nac, Summ. Heinr. HSH. II, 5,55 extrex: nac, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,47.177,30). III, 353,47 Occiput: nak, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 391,18 Amsjl. extrex: nach, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 438,22 Occiput nach, posterior pars capitis, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 171,51 Occiput: nach, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd.

nasa

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[Nicht in anatomischer Bedeutung 1,32,35 cacumen : hnahc (Parallelhs.: hnol), I, 82,12 Cacumen : hnachc, I, 230,21 cacämina : Tjtene naccha, Abrogans, zu lat. cacumen 'Spitze, oberes Ende, Gipfel'.] StWG. 431, SAW. 1,656. Herkunft: mit as. nacco, an. hnakkr, hnakki aus germ. *hnakka-/-ön·, dazu mit Ablaut afries. hnecka, ae. hnecca. Man vergleiche hierzu nhd. Genick. Außergermanisch steht daneben z.B. toch. A knuk 'Hals, Nacken'. Die Wortfamilie ist möglicherweise onomatopoetischer Herkunft. Zu Grunde liegt dann ie. *knog- als Gutturalerweiterung der Wurzel *ken- 'zusammendrücken' mit ^»-Anlaut für verdickte Gegenstände. Sieh dazu C. Mellado Blanco, Das bildliche Potential, S. 250 sowie KS. 580, DWB. 7,238. Sieh auch E. Knetschke, Genick und Knöchel, S. 26f. vgl. mhd. nac. nacko* swM. 'Hinterkopf, Nacken' (Gl.) - occiput 'HinterkopF. Glossare: III 52,13 Occiput : nacke, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 362,18 Occiput: nacco, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Der Beleg StSG. III, 722,10 Occiput: nakko, Einzelgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossar) ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214.] StWG. 431, SAW. 1,656. Herkunft: als swM. neben ahd. —» nac. nasa st.sw.F. *Nase' (N.NG.PG.WH.; Gl.) - näsus 'Nase', näris "Nasenloch, Nüstern, Nase'. Literarische Denkmäler. Notker 8,11,11 Nah ta^got mit munde unde mit näsun deheinen hüoh tue. (u. ö.). Notker Glossator 8,112,2 Sättna ist sonus narispertinens ad derisionem (lüta den naso triffende φ huSe). Pariser Gespräche 42 Vndes ars intine naso ./[d est] canis culu[m\ intuonaso. Williram 51v,14 DtNNASA ist sämo uvtghus ä f f e n libano! (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I,646,52 Nasum : nasa, Ez 23,25, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/ 103. Clm 13002. Clm 22001. Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 2,2 Naribus : nasun, Alcimus Avitus 2,215, Clm 19450; Nr. 449, BV. 666; 11. Jh., bair. II, 242,22 Paruo [naso]: lucinaso, Greg, cura 1,11 p. 11, Clm (ex tabulatorio) 376. II, 560,67 Naribus : nasun, Prud. perist. 282, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk.

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Körperteübezeichnungen

Glossare: III, 3,57 Nam : nasa, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,7 Nam : nasa, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. III, 18,38 Narus : nasa, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,126,156 nasus, naris: nasa, Summ. Heinr. HSH. II, 56,7 nasus, nas: nasa, Summ. Heinr.

HSH. II, 473,270 simius: mitgeßcternasen, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,41.177,58. 344,49). III, 362,9 Nasus: nase, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,36 Nascutil. nasus: nasa, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 432,36 Nam : nasa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,17 Nasv11 nans: naso, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,53 Nasus : nase, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 505,12 Naris: nasa, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. III, 505,13 Nasus: nasa, ebd. IV, 80,41 Nasus: nasa, Glossae Salomonis (a, c, d, k, p), ebd. nase (b, g). nas (e). nase (i).

IV, 152,1 Naso : nasa .(., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Daneben stehen Belege, für die entgegen StWG. ein Ansatz nasa2 'Meerbarbe' erforderlich ist, so StSG. III, 46,29 A.14. 56,31. Mayer 93,2. HHH 21,38.] SchW. 220, StWG. 432, SAW. 1,648. Herkunft: wie an. nqs, ae. nosu, nasu, afries. nose sowie got. inrninnasaus germ. *nas(ö)-. Außergermanisch vergleicht sich ai. nas-, lat. näris aus ie. *nas- nasa, krustila. DWB. 7,413 s.u. Nasenkrostel. vgl. fnhd. nasekrostel. naseloch stN. 'Nasenloch, Nüster' (Gl.) - näris 'Nasenloch, Nüster, Nase'. Glossare: III, 362,10 Nans : naselocher, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,37 Nascugnt: naselöch, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk.; ebenso Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh.(?), rheinfrk. III, 438,54 Nares : naslocher, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 432, SAW. 1,570 u. 1,658. Herkunft: Kompositum; zu -> nasa u. ahd. loch 'Öffnung, Loch'. DWB. 4,413. vgl. mhd. nasenloch. nel stM. 'HinterkopP (Gl.) - sinäput 'der halbe Kopf, Vorderkopf, Schädel, Hirnschale', testa 'Geschirr, Topf; Hirnschale, Knochenstück'. Glossare: I, 257,32 Testa hnelhaupites Abrogans, R. (Parallelhs. hnacb, nach). III, 660,47 Sinciput : nel./. posterior pars capitis, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. StWG. 434 nel, hnel'Gipfel', SAW. 1,675. Herkunft: wohl im Ablaut mit ahd. (h)nol, ae. hnoll aus germ. *hnel-, das vielleicht zu einer Wurzel ie. *ken- in der Bedeutung 'Zusammengedrücktes, Geballtes' gehört. Außergermanisch vergleicht sich möglicherweise lett. knese 'Knüppel'. Vermutlich besteht ursprünglich ein Zusammenhang mit den Wörtern mit kn- Anlaut zur Bezeichnung verdickter Gegenstände. IEW. 1,558; s. auch G. Äugst, Zur Ent-

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Körperteilbezeichnungen

wicklung, S. 47f., T. Valtavuo, Der Wandel, S. 15f. - » aftirnel. - vgl. mhd. nel, nelk 'Spitze, Scheitel, Kopf. nella F. 'Scheitel, Kopf (Gl.) - vertex 'Wirbel, Scheitel; Kopf, das Höchste'. Glossare: III, 18,24 Vertex: nilla, Gruppengl. (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., aletn. StWG. 434 nella 'Gipfel, Spitze', SAW. 1,675. Herkunft: ein Femininum neben —> nel. nezzi stN. 'netzartiges (Fett)Gewebe (über der Leber)' (GL) - reticulum "Netz (über der Leber)'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 324,35 Reticulum : ne^, Ex 29,13, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem., ebenso Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. - nev^e, Wien, ÖNB 1761. - ne^a, St. Gallen, StiftsB. 295. St. Gallen, StiftsB. 9. I, 339,23 Reticulum iecoris : ne^pj kberü, Ex 29,13, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. IV, 254,39 Reticulum : nesj, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. 1,341,47 Reticulum : id ne^i, Lv 3,4, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. - ne^i, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. - .i. neiga, St. Gallen, StiftsB. 295. St. Gallen, StiftsB. 9. Glossare: III, 19,41 Reticulus : ne^g, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 363,11 Reticulum: ney, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 434,58 Reticulvm .;'. netgi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. [Der Beleg StSG. I, 339,23 reticulum iecoris : netti kberon, Ex 29,13, Karlsruhe, St. Peter perg. 87, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214. - Als Glosse zu rite 'Fischernetz' StSG. 1,323,60. III, 165,9 (SH.). 217,18. 255,1. 286,53. 343, 23. 358,7. 381,31. 659,30. 699,6; NG. reticulum "Netz" IV, 92,39 und wohl auch 158,7. retiäculum *Wurfnetz' 1,436,27. 446.8. 447,31. tendicula 'Fallstrick' I, 528,45. macula 'Lücke, Loch, Fleck' II, 401,5. 534,56. sinuosus II, 415,3. plaga 'Fangnetz, Garn' II, 544,27. barsa (?) III, 165,12 (SH.). sägena 'Schleppnetz' III, 718,59. panther 'großes Fangnetz' IV, 11,50.] Herkunft: mit as. net(ti), afiries. nette "Netzhaut', ae. nett, an. net, got. nati aus germ. *natja- "Netz' zu einer Wurzel *ned- 'zusammendrücken, knüpfen'. Es vergleicht sich lat. nödus 'Knoten'. KS. 586, DWB. 7,639 s.u. Net% in der Bedeutung "Netz-

nidaibiuohes

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haut um die Eingeweide', IEW. l,758f. Zur Sache sieh J. Steudel, Der anatomische Terminus „Netz". - vgl. mhd net^e. nezzismero stN. 'netzartiges Fettgewebe (über der Leber)' - reticulum "Netz (über der Leber)'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 332,14 Reticulum : newsmen, Ex 29,13, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. [vom Farren]. I, 346,22 Reticulum : newsmen, Lv 3,4, ebd. - nes^jsmero, Clm 14584, ebenso Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Engelberg, StiftsB. Codex 66. - neigesmero, Stuttgart, WLB. HB IV 26. - netqsmere, Clm 4606. - netgismer, Admont, StiftsB. 508. net^smcar, Clm 6217. I, 352,24 Reticulum iecoris : net^smere, ebd., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. IV, 256,13 Reticulum iecoris et lacert in homine : ne^ssmere, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. Jh., ahd. IV, 257,4 Reticulum iecoris ; necesmere (teut.), ebd., Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362, ahd. - nescesmere./., Leipzig, UB. Ms. 107; Nr. 263, BV. 377, 15. Jh.— nesoesmere, Oxford, BL. Laud. lat. 14. Glossare: HSH. 1,135,262 reticulum: nevgismero, Summ. Heinr. HSH. II, 6,120 reticulum: ne^smero, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,3.178,71). III, 436,48 Reticulum: tteqssmero, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. 111,613,29 Reticulum : newsmen, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, 12. Jh., Des Lebens Notdurft. Nahrung. - newsmen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701. III, 661,56 Reniculum : necesmere, Mischgl. Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 677,2 Lumbuli: lentepraten ( ) Reticulum: nevgesmer, ebd. StWG. 437, SAW. 1,665 u. 1,884; HSH. 3,128. Herkunft: Kompositum; zu —> tiesgi, smer(o); s. auch —> smeronetgi, smerevel. — vgl. mhd. net^smer. nidarbruohes 'unterhalb der Körpermitte' (Gl.) - postrema, s. parte (von der Skylla gesagt). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 695,26 Postrema, s. parte, indarbruhes (Steinmeyer: 1. nidarbruhes), Verg. Aen. III,427, Melk, StiftsB. Nr. 1545 Vergil; Nr. 292, BV. 434, 12. Jh., rheinfrk. Abschrift einer alem. Vorlage. StWG. 439.

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: Kompositum; zu ahd. nidar 'nieder' u. bruoh, as. brök, afries. ae. brec 'Hose' aus germ. *brök-. Wegen gleichbedeutend air. bräca wird vielfach eine Entlehnung aus dem Keltischen angenommen. Wörter wie ae. brec 'Hinterteil', an. bröc 'Oberschenkel' sowie die zu nhd. Backe gehörenden Lexeme sprechen aber für eine innergermanische Etymologie, die darauf schließen lässt, dass die Hose nach einem Körperteil benannt wurde. Ahd. nidarbruohes könnte einen Reflex dieser älteren Bedeutung widerspiegeln. KS 138 s.u. BruclP. nioro swM. 1. "Niere'; 2. 'Hoden' (?) (Gl.) - ritt "Niere, Lenden', rtnunculus 'die kleine Niere', testiculus 'Hoden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 289,72 Renunculi: niorun, „Gegenglosse" zum vorangehenden renes, Ex 29,13, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,324,39 Renes ./. menu, Ex 29,13, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. (Parallelhs.: kntipraton). I, 341,49 Renunculi : id neiron, Lv 3,4, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. - .i. nierfun, Wien, ÖNB Cod. 1761. - id est nieruti, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10.Jh. - neorin, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. - ide. ineorum, St. Gallen, StiftsB. 9; Nr. 150, BV. 173, 2. Hälfte 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 325,8 Renibus .i. nieron, Hieron. Epist. XVIII p. 50, Salzburg, St.P. a IX 20; Nr. 550, BV. 843,12. Jh., bair. II, 369,61 Rien .i. nien, Prise, inst. 149,7f., Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. - testiculus .i. niero, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. 11, 374,37 - Rien. testiculvs 1 niero, ebd., Wien, ÖNB Cod. 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. Mayer 94,2 rien : sniero, Ale. gramm. 864A, Clm 14823; BV 615, 2. Hälfte II.Jh. Glossare: III, 19,35 Testicu/i : niorun, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,135,262 rtnunculus: niero, Summ. Heinr. HSH. II, 6,120 rtnunculus: niero, Summ. Heinr. HSH. II, 442,100 rtnunculus: niero, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,63. 178,70. 254,72. 286,50. 307,23. 322,70. 343,20 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 478a.) III, 363,22 Rtnunculus : niero, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,38 Gloi% renunculus : niero, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk.

niulla

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III, 430,25 Renuncvü: niorin, Einzelgl., Der Mensch, Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604,12. Jh. III, 434,57 Reniculum : niero, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 437,39 Renuncuü : Nearun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44,2. Viertel 9. Jh., alem. III, 439,26 Renes: nieren, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III,661,54 Renicuks : ni-re, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 158,11 Rien testiculus ./. niero ul lentimiltg Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. HHH 20,6 Rinücl's : Nier, Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. StWG. 440, SAW. 1,670. Herkunft: mit ae. *neore, an. ttyra sowie mnd. nere, mnl. niere aus germ. *neurön-. Außergermanisch vergleicht sich griech. νεφροί, pränestin. (ital.) nefrönes (PI.) 'Nieren'. Auszugehen ist daher von ie. neg'hrös 'runde Anschwellung, Niere, Hode'. KS. 588, Pfeifer 925, DWB. 7,831f., IEW. 1,319. - vgl. mhd. niere, nier. merlin stN. 'die kleine Niere' (Gl.) - renunculus 'die kleine Niere'. Glossare: III, 52,55 Renunculus : tt'ün, Versus de volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. StWG. 440, SAW. 1,670. Herkunft: Diminutivbildung zu —» nioro. DWB. 7,835. niulla, nuilla F. 'Scheitel, Kopf (?) (Gl.) - vertex 'Wirbel, Scheitel; Kopf, das Höchste'. Glossare: III, 432,5 Vertex : sceitila. nuila, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - Sceitila. Nuilla, Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1817. - scheitih nuilla, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 434,2 Vertex ·. sceitila. niula, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. StWG. 446, SAW. 1.675. Herkunft: Ahd. niula kann als schwundstufige Beidung neben —> nulla zur Wortfamilie um ahd. —> hnol, nel gehören. Auch die Graphie kann, allerdings für gewöhnlich erst spätahd., den alten Diphthong /iu/ repräsentieren. Eine Umlautsbezeichnung kommt wohl nicht in Betracht.

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Körperteilbezeichnungen

niuwibluot stN. 'frisches Blut' (Gl.) - cruor'das (rohe, dicke) Blut'. Glossare: I,78,6 Cruor: niuuiplot, Abrogans Pa. - muplot, Abrogans, K. Ra. StWG. 442, SAW. 1,674. Herkunft: Kompositum; zu -> bluot u. ahd. niuwi 'neu, jung'; s. auch J. Riecke, Die schwachenjan-Verben, S. 308. nol stM. 'Hinterkopf, Schädel' (?) (Gl.) - extrex 'Kopf, Hinterkopf (L. Diefenbach, Glossarium, S. 220), occipitium 'HinterkopP, sinciput 'der halbe Kopf, Vorderkopf, Schädel, Hirnschale'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 380,29 Sinciput: nol,\ Prise, inst. 167,8, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. Glossare: III, 434,6 Occipitium : nol, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,39 Extrex: nol, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 435,26 Extrex : nol, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. [Daneben in nicht annatomischer Verwendung in der Bedeutung 'Anhöhe, Bergspitze' StSG. 1,25,30 (arx), 33,35. 83,12 (cacümen), 11,41,8 (.tupercilium); 'Gipfel, Scheitelpunkt' StSG. I, 65,35 (culmen). 1,109,30 (vertex).] StWG. 443, SAW. 1,675. Herkunft: mit ae. hnoll im Ablaut zu —> nel. - vgl. mhd. nol 'Möns veneris'. nulla swF. 'Hinterkopf (?) (Gl.) - occipitium 'HinterkopP. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 254,34 Occipico i nullun, Ex 28,4, Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. [Glosse zu occipico ... als 'Kopf(band)\] Glossare: III, 391,19 Guia •. nülla, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2. StWG. 446 'Gipfel, Scheitel', SAW. 1,675. Herkunft: als schwundstufige Bildung im Ablaut zu - » nel, nol. — vgl. mhd. nulle. nüwe* swM. 'Kopf, HinterkopP (Gl.) - extrex 'Kopf, HinterkopP (L. Diefenbach, Glossarium, S. 220). Glossare: HSH. II, 282,203.1 extrex: nowe, Summ. Heinr. (StSG. III, 299,40. 316,56. 334,24).

obarbiäwa

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StWG. 447, SAW. 1,675 }nuowe sw.M. "Nacken*; HSH. 3,129 nourve. Herkunft: In unklarem Verhältnis zu —• niulla, nulla, nol. - vgl. mhd. nüwe. Ο [oberarm 'Oberarm' (Gl.) - lacertus 'Muskeln, Muskeln des Oberarms, Oberarm'. Glossare: JJ 270,28 lacertus: oberarm, London, BMMss. Add. 24068; 13. Jh. (Eintrag einer Hand des 15. Jh.) StWG. 448. Herkunft: mhd.; Kompositum; zu oboro 'der obere, höher', DWB. 7,1081; —> arm] obarbräwa stF. 'Augenbraue' (Gl.) - ülium 'das Augenlid', bes. 'das untere Augenlid', supercilium 'die Augenbraue', tautones *Braue' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 574). Glossen zu biblischen Schriften: I,344,8 Supenilia : ubirbrawi, Lv 14,9, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 683,62 Supercilium : vbir prauui, Verg. Ekl. VIII, 34, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Glossare: HSH. 1,126,147 supenilia: uberbrama, Summ. Heinr. HSH. II, 475,301 supercilium, superbia: uberbrama. Summ. Heinr. (StSG. III, 70,14.177,49. 257,33. 288,34. 308,44. 345,1). III, 362,21 Supercilium : ouerbrama, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. 111,391,31 Pilsemia. supercilium : vbebrawa, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 430,20 Tautonibus : ouer (Steinmeyer, z.St. „in der nachfolgenden Lücke ist vermutlich brauua zu ergänzen), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. III, 434,12 Supenilia .i. wintpraa obirbrawa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. IV, 125,34 Cilium: öberbri, Glossae Salomonis, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. IV, 135,53 Cilium : öberbrawa ./., ebd., London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 161,57 Supercilium: oberbraw./., ebd.

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Körperteilbezeichnungen

[Dazu treten die folgenden Syntagmen: Glossen zu biblischen Schriften: I, 291,66 Superälia : obarun prao, R. (prauua, O.), Lv 14,9, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossare: III, 3,66 Superälia : opara prauua, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. 111,437,24 Superälia : oparun prä, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11/12. Jh., alem.] StWG. 448, SAW. 1,97,1,681 obara bräwa. Herkunft: Kompositum; zu ahd. oboro 'der obere, höher' u. —> bräwa. Die alte Verteilung älium - brauua 'Augenlid, Wimper' und superälia — opara brauua 'Augenbraue' gilt bis ins späte Althochdeutsche und gerät erst in den Glossae Salomonis in Unordnung; s. dazu u. —> bräwa. DWB. 7,1083. - vgl. mhd. überbrä, oberbrä. obarösto 'der oberste Punkt (der Wirbelsäule)', wohl Oornfortsatz des 7. Halswirbels' (vertebra prominens) (Gl.) - verttbulum 'Gelenk, Wirbelsäule'. Glossare: III, 436,34 Oertibula : vbirisda, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. (Steinmeyer, z.St.: Isidor erklärt: vertibula sunt summae osnumpartes). StWG. 448 s.u. obaro, obarösto 'ober; oberst', SchW. 228 oborösto 'der oberste, höchste, größte, wichtigste, äußerste' (N.NG.O.). Herkunft: Superlativ zu ahd. obaro 'ober'. öra swN. 'Ohr' (APs.B.GB.HH.I.MF.N.NG.O.OT.PG.T.WB.WH.; Gl.) - auris Ohr'. Literarische Denkmäler: Das Wort erscheint in fast allen größeren literarischen Denkmälern in der Bedeutung 'Ohr'; die Einzelbelege werden daher hier nicht eigens aufgeführt. Glossen zu biblischen Schriften: 1,447,71 Sibilus aure tenuis : uuispilod demo orin dunnas^ III Rg 19,12, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. I, 542,31 Inauris : in orum, Prv 25,12, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I,745,39 Ad aures : qnoren, Act 11,22, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallelhs.: njdengihoridun). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 52,6 Attonitis auribus : lustrenten oron, Reg. Ben. Prol., Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair.

aurigol

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II, 714,31 ( ) Aure : Oren, Verg. Aen. IX, 417, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752.10./11. Jh., mfrk. Glossare: III, 9,6 Aures : aorun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. Ill, 18,36 Auris : ora, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,126,153 auris: ora, Summ. Heinr. HSH. II, 5,66 aures: orutt, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 70,36.177,56). Ill, 362,33 Auris: ora, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Ill, 391,33 Oir. auris : ora, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. Ill, 434,16 Aures : orin, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. SchW. 230, StWG. 452, SAW. 1,687. Herkunft: wie as. öra, afries. art, ae. eare, an. eyra, got. auso aus germ. *auspn. Außergermanisch vergleicht sich etwa lat. auris, air. du, ö, aksl. ucho. KS. 599, Pfeifer 946, DWB. 7,1224f., IEW. 1,785, HWdA. 6,1204f. Das Wort gehört zum ältesten Bestand des ie. Erbwortschatzes. - vgl. mhd. ore, ör. örfingar stM. 'der kleine Finger' (Gl.) - auriculäris 'zu den Ohren gehörig', mlat. auch "kleiner Finger' (MlatWb. 1,1251). Glossare: HSH. 1,130,2 auricularis: orvinger, Summ. Heinr. HSH. II, 6,89f. auricularis: oifinger, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,12.178,20). III, 362,60 Auricularis: oruinger, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 439,18 Auricularis: orving', Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 452, SAW. 1,234 u. 1,687. Herkunft: Kompositum; zu —> öra, fingar, man vergleiche ae. earefinget. DWB. 7,1262. Gemeint ist der kleine Finger als Ohrreiniger; nach Isidor 11,1,71: „weil wir uns mit ihm am Ohr kratzen". Sieh auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 448f. Er spielt auch eine Rolle in Zauber und Weissagung, HWdA. 2,1490f. - vgl. mhd. örvittger. [aurigol 'Ohrknorpel, Ohrläppchen' (Gl.) - auricula 'Ohrknorpel, Ohrläppchen'. Glossare: A2, 66,29 auricula: aurigol, Sachglossar, Engelberg, StiftsB. Codex 6/8,14. Jh.

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Körperteilbezeichnungen

StWG. XLV. Herkunft: eine Entlehnung aus lat. auricula. Det Beleg ist mittelhochdeutsch.] örkrosila* F. 'Ohrknorpel' (Gl.) - zu oirclamsil, lingua ignota. Glossare: III, 391,35 Oirclamisil·. orcrosla, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. StWG. 452, SAW. 1,488 u. 1,687. Herkunft: Kompositum; -> öra, krosila. - vgl. mhd. örkros, nhd. nur Ohrkruspel. örlappa F. 'Ohrläppchen' (Gl.) - pinnuta, eigentl. "kleine Feder, Flügelchen'. Glossare: III, 430,30 Pinnuta : orlappa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., ebenso Marburg, UB. Mscr. 39. StWG. 452, SAW. 1,516 u. 1,687. Herkunft: Kompositum; zu —öra. Das Grundwort ahd. lappa führt mit as. afries. ae. lappa und daneben ae. lappa, an. leppr auf die Wurzel *leb-, lob-, lab- 'schlaff herabhängen^)', wozu mit /-mobile auch schlapp, schlaff etc. gehören. Eine außergermanische Entsprechung liegt vor in griech. λοβός "Lappen, Läppchen'. KS. 503, Pfeifer 765f., DWB. 7,1264; R. Lühr, Expressivität 278. - vgl. mhd. örlappe. örspinna F. 'OhrknorpeP (Gl.) - pulpa 'das Fleischige (am Körper), Muskelfleisch; das Fleischige am Obst'. Glossare: III, 431,13 Pulpa orspinna et est illud durum in aure, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - Marburg, UB. Mscr. 39. StWG. 453 mit der Bedeutungsangabe Ohrenschmalz', SAW. 1,687 u. 1,906. Herkunft: Kompositum; zu —> öra. Das Grundwort wird SAW. als -spinta gedeutet, zu ahd. jpint 'Fett, Mark'; vgl. J. H. Gallee, Vorstudien 237 u. 296 s.u. spinna 'Spinne, Spinnengewebe'; anders M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 663 'Ohrenschmalz'. Derartige Bedeutungen sind aber in einem Körperteilglossar unwahrscheinlich. Weder örspinna noch *örspinta haben im Deutschen Fortsetzer gefunden. ouga swN. 'Auge' (AB.APs.B.BG.GB.I.MF.MH.N.NG.O.OT.Ph.RhC.T.WB. WH.; Gl.) - lumen licht, Augenlicht, Augen', oculus 'Auge'. Literarische Denkmäler: Das Wort erscheint in allen größeren literarischen Denkmälern in der Bedeutung 'Auge'; Einzelbelege werden daher hier nicht eigens aufgeführt.

ouga

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Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 4,23 ougen fersk hen, Gn 20,16, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. I, 316,57 Hoc erit tibi in uelamento oculorum : da\ uuisit dir in huüdu augono, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. 1,317,4 Sed lia äppis erat oculis : usgan tia pfrthanem uuas augon, Gn 29,17, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. [sieh auch unter brechanoug.] I, 272,37 Albuginem: uuivp in demu augin, Lv 20,20, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. 1,410,59 Uidistis ipsi quia inluminati sunt oculi mei: kisahunt irselbun danta inl'uhtiu sint ougun miniu, I Sm 14,29, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.9. Jh., alem. 1,458,13 Depinxit oculos suos: kilihisota augun siniu, IV Rg 9,30, ebd. I, 543,42 Stffusio oculorum :rinnantiuaugun, Prv 23,29, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. I, 585,30 Extolkncia oculorum : arhabani augono, E d 26,12, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296,8.-9. Jh., alem. I, 734,38 Oculi met: gun niu (dh. augun miniu), Lc 2,30, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. I,768,9 In faciem : vnter öugan, Gal 2,11, Karlsruhe, BLB. Aug. LXXXIII; Nr. 53, BV. 294,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 54,9 Chleino sol man ribin. da% er in an ouga sol saiin, Expositio Reg. Ben., Karlsruhe, BLB. Aug. CCIII; Nr. 65, BV. 311,10./11. Jh. S 162,15 (?) fouit: hhotaugane ..., Greg. hom. 1,6,4, p. 1097B, Clm 14379; BV. 576, Hs. Anfang 9. Jh. V, 27,23 Eius oculis : sinen ougon, Greg. dial. 2,8, Clm 6293; Nr. 710, BV. 521, 10. Jh., bair. 11. 259,30 Depressis luminibus : forduuhtem augom, Greg. dial. 4,34 p. 425, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. II, 320,6 Oculos : oguon, Greg. mor. 27,35 p. 881, Clm 8104; Nr. 364, BV. 547, 11. Jh. fränk. II, 327,7 Lumen meum : min övga, Hieron. Epist. LH p. 260, St. Gallen, StiftsB. 159; Nr. 165, BV. 191,10./ll.Jh. II, 423,12 {Sepulta lumina) : deipUtvn ougvn, Prud. cath. 34, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 442,36 Lumine lubrico : mitluoga/inemo ougin, Prud. perist. 45, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 772,68 Ex oculis [condere] : uoqmgon, Arat. II, 36, Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814,1. Hälfte 11. Jh.

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Körperteilbczeichnungen

IV, 369,34 Effusionem oculorum : rinnet ogon, Kaisheimer Rezept, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. [s. auch in Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen" unter rinnan.] Glossare: 1,14,28 oculorum: augono, Abrogans, Pa. K. Ra. 1,170,22 pupilk lapideae sunt: seha augona stani sint, Abrogans, Pa. - aukun thes sehun stein not, Abrogans, K. III, 3,56 Oculos : augun, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,5 Oculos : augun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. 1,125,138 oculi : ogun, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,65.177,35). III, 362,20 Oculus : ouga, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,25 Lu^eia. oculus : ovga, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 430,27 Cottas (dh. wohl coronas) : ovgan, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - ougan, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 434,9 Oculi: ougin, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,49 Ocuü : igen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. SchW. 230, StWG. 455, SAW. 1,692. [Daneben einmal als Pflanzenbezeichnung StSG. III, 562,53 Oculus christi : vnsfs frren auge, wohl 'Frauenblatt'.] Herkunft: mit as. öga, afries. äge, ae. eage, an. auga, got. augo aus germ. *augön, ie. *okw-. Außergermanisch vergleichen sich etwa ai. äksi-, griech. όςςε (Dual), lat. oculus als Bildung zu einer Wurzel, die 'sehen' bedeutet. KS. 65, Pfeifer 76, DWB. l,789f., IEW. 1,777, HWdA. 1,679. Das Wort gehört zum ältesten Bestand des ie. Erbwortschatzes. — vgl. mhd. ouge. ougafel* stN. 'Augenlid' (?) (Gl.) - älium 'Augenlid', bes. 'das untere Augenlid*. Glossare: III, 52,18 Cilia : ogfel, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. [Daneben StSG. I, 479,44 Albugo : ovgaulin der Bedeutung 'grauer Star'.] StWG. 455 'grauer Star', SAW. 1,692 'Augenlid, grauer Star'. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga, fei. DWB. 1,805 mit Hinweisen auf lat. pteiygum, tunica oculorum. Während die Glosse zu albügo 'der weiße Fleck im Auge' sicher eine Augenerkrankung bezeichnet, dürfte in der Glosse zu cilia eher fei im

oug(en)bräwa

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Sinne von '(behaarte) Haut übet dem Auge' gebraucht sein. Dies wird durch den Kontext gestützt, da die Handschrift im Kapitel „De membris humanis" sonst nur Körperteilbezeichnungen bietet. - vgl. fnhd. augenfäl. ougapful stM. Tupille, Augapfel' (Gl.) - püpilla 'Augapfel, Augenstern'; eigend. 'das unmündige Mädchen'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 274,30 Pupillam : ogaphel ul sehan, Ps 16,8, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. Jh., ahd. I, 685,29 Pupillam : ougaphil, Za 2,8, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair. - oughaphel, Clm 17403. (Parallelhs.: apphol, seba) Glossare: HSH. 1,125,140 pupilk: ogapfel, Summ. Heinr. HSH. II, 416,353 pupilk: ogephel, Summ. Heinr. HSH. II, 5,59 pupilk: ogephel.\ Summ. Heinr. (StSG. III, 70,1. 177,37. 251,71). III, 362,24 Pupilk : ougappel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,27 Lu^poinpbia : ougappel, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. - Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 438,48 Pupilk : ögeaphel.\ Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 455, SAW. 1,25 u. 1,692. Herkunft: zu —> aphul, ouga, vgl. ae. eagceppel, mnl. ogbeappel. Es handelt sich um eine frühe Bezeugung für die Übertragung der Bedeutung auf kugelförmige Gegenstände, vergleichbar etwa auch an. augasteinn. KS. 46, Pfeifer 76, DWB. 1,787f.; vgl. mhd. ougapfel. oug(en)bräwa stF. 'Augenlid, Augenbraue, Wimper' (Gl.) - cilium 'das Augenlid', bes. 'das untere Augenlid', palpebra 'Augenlid', palpebrae 'Augenlider, Augenwimpern', pupilk 'Augapfel, Augenstern'; eigend. 'das unmündige Mädchen', supeixitium 'die Augenbraue'. Glossare: III, 52,17 Palpebra : ochbrä, Versus de Volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,125,139 pupilk: ovpra, Summ. Heinr. HSH. 1,126,145 palpebra: ogbrawa, Summ. Heinr. HSH. II, 5,61 palpebra: ogbrawa, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,3.177,47). III, 353,51 Supercilium •. ögebra, Gruppengl, Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd.

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Körperteilbezeichnungen

III, 362,23 Palpebra : ougebrawa, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. 111,391,30 Lusjminispier. palpebra : ovgbrawa, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 432,27 Palpebre sunt sinus oculorum a palpitations dict( : ougbraa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - oucpra, Clm 14689. - augbrauua, Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,11 Palpebrt : ougraha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,2 Palpebre : ougbra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,34 Supemtium : öpra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 438,35 Palpebra: ögebra, ebd. III, 661,8 Supälivm : öcpra, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 113,24 Cillum: oucpra, Glossae Salomonis (d), ebd. ocbra (c). StWG. 455, SAW. 1,97 u. 1,692,1,693 ougen-bräwa. Herkunft: ein verdeutlichendes Kompositum; zu —> ouga, bräma. DWB. l,788f. s.u. Augbraue, Augbraune. — vgl. mhd. ougebrä. ougilln stN. 'Äuglein' (Gl.) - ocellus 'Äuglein, Auge; Augapfel', oculus 'Auge'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 631,45 Oculos : ougili, Verg. Georg. II, 73, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II. Jh., bair. Glossare: HSH. II, 5,59 ocellus: ogelin, Summ. Heinr. HSH. 1,125,139 ocellus: ogilin, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,68.177,36). [In nicht anatomischer Bedeutung 'Knospe' StSG. III, 488,38. 497,19. 500,30.] StWG. 455. Herkunft: Diminutiv zu —> ouga. DWB. 1,815. - vgl. mhd. ötigelin. ouglid* stN. 'Augenlid' (Gl.) - cilium 'das Augenlid', bes. 'das untere Augenlid', intercikum 'der Zwischenraum zwischen den Augenbrauen'. Glossare: III, 391,29 huvjüel. Mum : ovglith, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. P e r Beleg StSG. III, 722,11 (?) Interälivm ... litht (Steinmeyer, z.St.: etwa oglitht = ouglit), Gruppengl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossar) ist alt-

ougsiuni

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sächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214. Übersetzt wird aber hier vermutlich nur citium] StWG. 455, SAW. 1,557 u. 1,693. Herkunft: Kompositum; zu - » ouga. Das Grundwort stammt mit as. afries. ae. hlid, an. hlid aus germ. *hlida- 'Verschluss', einer Ableitung vom starken Verb germ. *hktda- 'schließen'. Die weitere Herkunft ist ungewiss, doch fuhrt sie wie lat. superdlium wohl auf ie. *kel- Verbergen'. KS. 518, Pfeifer 798, DWB. l,807f., VEW. 262f. — vgl. mhd. ougeüt. ougring* stM. 'Bogen, der die Augenhöhle begrenzt und die Braue trägt* (Gl.) sinus oculörum. Glossare: III, 391,28 Lu^cna/z : ougrinch, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 12. Jh., fränk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB 2. (Die Bedeutung der übrigen Belege ist nicht sicher festzumachen, so StSG. IV, 95,55. 97,44. 160,19, Glossae Salomonis; II, 423,14 Prud. sowie II, 696,12 Sinum, s. ocuIorum. oücring, Verg. Aen IV, 30. Hier liegt wohl eine Fehlübersetzung vor aus „(sie benetzt) die Brust mit Tränen". Da aber die Hildegard-Glosse im Körperteilabschnitt zwischen ougappel und ovglith steht, ist in diesem Fall von einer Körperteilbezeichnung ougring auszugehen. Zur Sache vergleiche J. Preuss, Biblisch-talmudische Medizin, S. 77 u. gubah.] StWG. 455. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga, ring. DWB. 1,810 Augenring 'circulus oculi, Streifen um das Auge'. ougsehe* F. 'Pupille' (Gl.) - püpilla, püpula 'Augapfel, Augenstern'; eigentl. 'das unmündige Mädchen'. Glossare: III, 52,19 Pupilla : ogsehe, Versus de Volucribus. (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. StWG. 455, SAW. 1,693 u. 1,799. Herkunft: Kompositum; zu —» ouga, seha. ougsiuni stNF. 'Angesicht, Gesicht' (MF.N) - vultus 'Gesichtsausdruck, Gesicht'. Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 33,1 augta sih sid auar auc siuni manno. Notker 8,63,21 In dinen aleibon gehaltest du im ougsiüne. SchW. 231, SAW. 1,799. Herkunft: Kompositum; zu ouga u. ahd. sehan 'sehen', VEW. 388. - vgl. fnhd. ougesiune.

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Körpetteilbezeichnungen

ougstal stM. 'Augenhöhle, Augenwinkel' (Gl.) - Orbis 'Rundung, Kreis, Augenhöhlen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 553,50 Orbibus, oeulis. oucstallon, Prud. cath. 36, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. [Die übrigen Belege bezeichnen eine Augenkrankheit der Pferde; s. im Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen".] StWG. 456 nur die Bedeutungsangabe 'Augenkrankheit der Pferde', SAW. 1,694 u. 1,920. Herkunft: Kompositum; zu - » ouga u. ahd. stal'Stelle'. DWB. l,815f.; K. Siewert, Horazglossierung, S. 142f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 670, MlatWb. 1,430. - vgl. mhd. ougstal 'eine Augenkrankheit der Pferde'. Es ist aber unklar, ob es sich bei ahd. ougstal 'Augenkrankheit der Pferde' und der hier erfassten Körperteilbezeichnung um das selbe Wort handelt.

R rahho swM. 'Rachen, der Bereich von Mundhöhle, Gaumen und Schlund' (Gl.) — faux 'der obere, enge Teil des Schlundes, neben dem Eingang der Kehle', dann metonymisch 'die ganze Kehle; Eingang, Engpass, Meerenge', gula 'Speiseröhre, Kehle, Gurgel, Gaumen', sublinguium 'Kehldeckel'. Glossare: III, 18,49 Gula : kela raho, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,128,175 sübUnguium: racho, Summ. Heinr. HSH. II, 5,78 sublingium : racho, Summ. Heinr. HSH. II, 475,303 sublinguium: racho, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,5.177,68. 257,37. 308,45. 345,3). 111,353,60 Faux : räch, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,42 Palatium : raccho, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 433,8 Sublinguum est : i. racho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - brachio, Clm 14689. - id hracho, Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,27 Sublinguium: racho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 111,435,16 Sublinguum : racho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. III, 435,55 Svblinguium : racho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem.

ref

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III, 436,12 Subtinguum : racho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 436,65 Sublinguium : ragh, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. V, 39,28 Subünguium ./. racho, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702; Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. III, 661,36 Sublinguum : räche, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. StWG. 471, SAW. 1,724. Herkunft: mit ae. hraca 'Kehle', mnd. rak 'Gaumen* aus westgerm. *hrakön. Wohl zu einer Schallwurzel, die 'röcheln' bedeutet; dazu etwa auch ahd. rachisön 'spucken, röcheln', an. hräka 'Speichel'. Außergermanisch vergleicht sich gtiech. κράχτης 'Schreier' zu κράζω 'ich schreie'. KS. 662, Pfeifer 1072, DWB. 8,18f., IEW. 1,569. — vgl. mhd. räche. ref stN. '(Mutter-)Schoß. Mutterleib, Gebärmutter* (I.MF.MH.O.OT.T.WB.; Pactus legis Alam.; Gl.) - materia wohl zu mäter, uterus *Leib, Unterleib, Bauch, Mutterleib, Gebärmutter', vulva 'Gebärmutter, Hülle'. Literarische Denkmäler: Isidor 23,17 Fona hreue aer lucifere ih dhih chibar. Monseer Fragmente 7,3 so selb auh . so io nas uuas. in uuales uuambu . dri ta ga . enti drio naht. so seal uuesan mannes sum. in haerda hreuue. dri. taga. enti drio naht. Murbacher Hymnen 26,6,4 thu arlosanne anfing mannan ni leithlichetos thera magidi r e f . Otfrid 1,4,36 Jon reue thera müater. Tatian 67,33f. uuirditgfullitJon hinanfon reue ünero muoter. (u.ö.). Würzburger Beichte 317,34 mina sunta, de ih gjfrumita, giluttiri dar uona demo beilegen reue de% brunnen. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 17,21 maceria : r e f , Gn 38,29, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. (vgl. E. Meineke, St. Mihiel, S. 181). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Pactus legis Alam. 8,1/3, Einsprengsel: Si quis in revo placatusfuerit in pectus aut in latus... (u.ö.). 9./10.Jh. Glossare: III, 19,12 Vteres : href, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. SchW. 235, StWG. 476, SAW. 1,731. Herkunft: zu as. in-rif "Eingeweide', ae. hrife 'Mutterleib, Bauch', sowie ae. midhrif, afries. midref 'Zwerchfell' („in der Mitte der Leibeshöhle"). Das oft missverstandene Wort gehört mit ai. kjpa 'Gestalt, Schönheit', lat. corpus 'Leib, Körper', mir.

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Körperteilbezeichnungen

cri "Leib' zu einer Wurzel *krep- "Leib, Gestalt*. IEW. 1,620, s. auch DWB. 8,491 unter Rgf'Gestell, Gerippe, altes Weib', A. Niederhellmann, Arzt, S. 170. renula swM. 'Muskel' (Gl.) - torus 'jeder runde, hervorragende, wulstige Gegenstand', Muskel, Ellenbogen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 10,20 Tons : renula, Aldh. enigm. 258,12, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. SAW. 1,742; StWG. 481 nur *reno, wreno as., mit dem Beleg StSG. II, 583,70 Tons: wrinon, Prud. perist. 124, Düsseldorf F 1. Herkunft: es handelt sich um eine Suffixerweiterungung zu ahd. ren 'Strieme'. ribba, ribbi stF.stN. 'Rippe' (C.; Gl.) - costa 'Rippe', cratis 'Rost, Geflecht; Rippe' (MlatWb. 2,1985f.; möglicherweise für die „Regio epigastica", die unterhalb des Schwertfortsatzes des Brustbeins beginnt und rechts und links von den Rippen begrenzt wird; vgl. K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 347f.), silla (?). Literarische Denkmäler: Carmen ad Deum 290,17 arce hostis uti costis. nolle fiantes. pruuhhan rippeo. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 3,18 Cratem : riebet, Alcimus Avitus 100, Clm 330; Nr. 304, BV. 448,10. Jh., bair. II, 400,10 Castas : ripi, Prud. psych. 597, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. IV, 346,4 Costas : ripe, ebd., Berlin, Ms. lat. 4° 331 (Abschrift eines Vorsetzblatts einer Grazer Handschrift, 11. Jh.? Vgl. Steinmeyer. z.St.). II, 444,32f. Grate tenus : tm^^enripptm, Prud. perist. 148, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - un^nrippun, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: III, 10,10 Costis: rippi, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,17 Costa : rippi, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. II, 6,100 costa: ribbe, Summ. Heinr. HSH. 1,131,219 costa: ribbi, Summ. Heinr. HSH. II, 217,159 costa, costs '• fippa, Summ. Heinr. HSH. II, 217,159 costa: rippi, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,64.178,34. 227,32. 268,27. 296,27. 313,40. 330,64). III, 363,16 Costa : rebbe, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,30 Kosinqa. costa : ribbe, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk.

riho

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III, 433,24 Costt : rippi, Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689 - ribbi, Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,53 Costa: rippe, Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 437,18 Costa : rippi, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagielloriska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. III, 439,23 Costa : rippe, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 138,30 Castas : rippe Λ. Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 184,58 Costa : rippe, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - ripp, Wien, ÖNB 1325. Mayer 121,10 costa uel silla : rippe, Glossarium latinum, Isid. etym., Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. SchW. 238, StWG. 482. P e r Beleg StSG. II, 718,31 Costis : ribbun, Verg. Aen. X, 382, Oxford, BL. Auct. F. 1.16 ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214. - Die Glossen zu lat. lanceolata (StSG. III, 472,9. 472,14. 475,16. 559,48. 585,40. IV, 216,4. 362,2η zeigen eine Pflanzenbezeichnung, wohl den Spitzwegerich; man vergleiche P. Seidensticker, Die seltzamen namen all, S. 35.] Herkunft: mit as. ribbi, afries. ae. ribb, an. rif aus germ. *nbja-. Außergermanisch vergleicht sich mit anderem Suffix aksl. rebro 'Rippe, Seite'. Die Wörter fuhren auf ie. *erebh- "bedecken', das vorliegt in griech. έρέφειν 'überdachen'. Zu dieser Bedeutung gehört auch ahd. —> hirnireba 'Schädeldecke'. Die Varianten ahd. ribbi stN. und rippa stF. wurden hier zusammengefasst, insbesondere, da in den jüngeren auf -e auslautenden Belegen die Unterscheidung nicht mehr leicht möglich ist. Alle Belege, die eindeutig die Pflanzenbezeichnung zeigen, gehören zu ribba. KS. 688, Pfeifer 1130, DWB. 8,1026f., IEW. 1,853. - vgl. mhd. rippe st.NF. rifilo swM. 'Gebärmutter, Mutterleib' (Gl.) - uterus 'Leib, Unterleib, Bauch, Mutterleib, Gebärmutter'. Glossare: III, 438,8 Uterus : rifilo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. StWG. 483. Herkunft: eine Suffixerweiterung zu —> ref. riho swM. 'Kniekehle, Wade' (Gl.) - locus comgitr, poples 'Kniekehle, Knie', süra •Wade, Wadenbein'. Glossen zu biblischen Schriften:

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Körperteilbezeichnungen

I, 292,19 Suns : rihom, Dt 28,35, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. - rihott, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 371,12 In suris vuadon. I rkhpn (Steinmeyer: dh. rihon), ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. I,385,25 Poblite : rkhfn (Steinmeyer: dh. rihen), Idc 7,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,1 Poplite : cniorada circuicione t riflio (dh. riho) In genu, Aldh. laud. virg. 146,22, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. II, 18,66 Poplite : cneorada l riho, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ 11. Jh., fränk. (?) II, 20,27 Poplite: rihun, Aldh. laud. virg. 173,5, ebd. Glossare: III, 19,22 Popks ... (φ]Λ[ο]), Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,134,247 locus corrigie ·.riho,Summ. Heinr. (De membris hominis) HSH. II, 6,114 locus corrigie:rihe,Summ. Heinr. (De homine et eius membris) (StSG. III, 74,38.178,57). StWG. 484, SAW. 1,747 s.u. rihan. Herkunft: das Wort gehört zusammen mit dialektalem (hess. bair.) Reihe, Reihen 'Fußrücken', mhd. rihe 'Rist des Fußes' und wohl auch nl. vw/"'Rist' vermutlich in der Bedeutung 'Gelenk' zu ae. umgian 'sich wenden, beugen', afries. mrigia 'sich beugen'. Außergermanisch vergleicht sich u.a. avest. urvisyeiti 'wendet sich, dreht sich' als Bildung zur Wurzel *wrtik- 'drehen, umwickeln, binden'. KS. 676 s.u. Reihen, DWB. 8,642, IEW. 1,1158. - vgl. mhd. rihe. rist* stM. 'Handrücken, Handgelenk' (Gl.) - zu nilzgal, lingua ignota. Glossare: III, 392,8 Nilgai: rist, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. [Die Glossen steht zwischen Wörtern für Elle, Ellenbogen und Hand, daher ist die auch mögliche Bedeutung 'Fußrücken' auszuschließen.] StWG. 488, SAW. 1,747 s.u. rihan. Herkunft: wie afries. ae. wrist, an. rist aus germ. *wrihsti-, das als ^-Erweiterung zur Wurzel ie. *wer- 'drehen, biegen' gehört. Verwandt ist ahd.ristila,ristillo'Armband' und wohl auch —> riho 'Kniekehle, Wade'. Außergermanisch vergleicht sich lit. riesa(s). KS. 688, Pfeifer 1131, DWB. 8,1043f. - vgl. mhd. rist, riste 'Hand- oder Fußgelenk'. ruggi stM. 'Rücken, Rückgrat' (B.GB.I.MF.N.NG.O.PG.; Gl.) - dorsum 'Rücken, Rückgrat', spina 'Rückgrat, Dorn', tergum 'Rücken, der hinterste Teil'. Literarische Denkmäler:

ruggi

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Benediktinerregel 46,12 saytoos ara bejtjn hrucki un seremv. Isidor 5,19 endi ih uuendu imu chuningo hrucca. Monseer Fragmente 34,5 enti ih uuen tu imo chunningo hrucka. Notker 3,230,12 Ziu sulent ir yagolicho uuichen. finde den rukkt bieten? (u.ö.) Notker Glossator 9,228,18 dorsum {rukke). Otfrid 5,25,99 Thoh ih ώάτψα hugge, thoh scouuon no % rtigge. ('zurück') Pariser Gespräche 66 Gualdestu abe . detinen ros . ter. aht // ^etineruge ./[d est] uelles cori u\m\detuo equo // habere tncollotu o. Glossen zu biblischen Schriften: I, 388,65 Terga uertentes : rucki chenante, Idc 20,31, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. 1,409,29 Terga uertit israel: rucki cherta isrl, I Sm 4,2, ebd. 1,410,34 Exasperaueritis a tergo domini ir kParindatJona rucke truhtines, I Sm 12,20, ebd. I, 610,34f. Post tergum : hintarrucce, Is 38,17, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - hintrucce, Wien, ÖNB 2723. hinterrucce, Wien, ÖNB 2732. - hinte rucca, Clm 14689. - afterrucca, ebd. I,616,53f. Postetgur» : hintrukke, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - hinarrucce, Clm 19440. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 3,17 {Spina) : rukka, Alcimus Avitus I, 99, Clm 330; Nr. 304, BV. 448, 10. Jh., bair. 11, 16,43 {Spina) Spina 1 rucki, Aldh. laud. virg. 173,11, Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 242. 11,20,28 Spina : ruke, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ll.Jh., fränk. (?) II, 23,51 {Spinam) SpiNam : Rucki, Aldh. oct. princ. 214,16, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. II, 214,70 Post tergum : tjrugge, Greg, cura 3,28 p. 82, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 236,43 Post tergum : ceruke, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 372,38f. (Tetgus hut) Hoc tergus tergi : rucci, Prise, inst. 274,11, Clm 280 A Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. - rukke, Clm 18375. II, 376,35 Hoc tergVhuius tergi.: rukke, ebd., Wien, ÖNB Cod. 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. II, 669,9 Reiciunt: yrucke uuifun, Verg. Aen. XI, 619, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. Glossare: I, 231,26 post dorsum: aft1 ruckie, Abrogans, Ra. I, 256,30 Terga : hrucki, Abrogans, R. (Parallelhs.: aftanondic, Abrogans, K. aftanontic, Abrogans, Ra.).

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Körperteilbezeichnungen

1,256,31 dorsa: hrucki, Abrogans, K. III, 9,24 Dorsu: hrucki, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. HSH. II, 6,101 dorsum, tergum: rugge, Summ. Heinr. HSH. II, 517,01.30 tergum: rucke, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,70.178,36. 262,22). III, 354,6 Dorsum et tergum : rvcke, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 7, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,3 Dorsum : rüge, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 363,4 Tergum: rugge, ebd. III, 392,31 Rimqol. dorsum : rugge, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 436,37 Spina : Ruke, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,22 Dorsum: ruke, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III,676,60 Spinale : rukki, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 98,19 Spine: rucha, Glossae Salomonis (i). IV, 160,53 Spine : rucha ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 162,43 Tetga: ruche./., ebd. SchW. 241, StWG. 495, SAW. 1,769. Herkunft: mit as. hruggf, afries. hregg, ae. hrycg, an. hiyggr aus germ. *hrugja- 'Rücken'. Die weitere Herkunft ist unklar; am genauesten entspricht das allerdings nur einmal bezeugte air. crocenn 'Rücken'. Vielleicht vergleicht sich ai. knincati *krümmt sich, bewegt sich in Krümmungen' und die Wörter gehören zu ie. *skreu-k-, das zur Wurzel *(s)ker- 'drehen, biegen, kreisend bewegen' gebildet ist. KS. 694, Pfeifer 1142f., DWB. 8,1346f., IEW. 1,938. - vgl. mhd. rücke, rucke. ruggibein stN. 'Rückgrat, Wirbelsäule, Wirbelknochen' (Gl.) - internodium 'Raum zwischen zwei Gelenken oder Knoten an den Schenkeln' (vgl. aber auch L. Diefenbach, Glossarium, S. 304), nödus 'Knoten, Band; Knotenpunkt' (wohl verstanden als 'Zentrum"), spina "Dorn, Rückgrat', spondyiion 'das runde Wirbelbein, der Wirbelknochen des Rückgrats oder Halses'; curva ossa. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 1,12 Spine : rucke beines, Gn 2,4, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. 1,515,53 Spina : ruccipein, Ps 31,4, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./ 12. Jh., bair., ebenso Clm 17403. - rukkebein, Clm 4606. - ruccpetn, Göttweig, StiftsB. 46/103. - rugbein, Clm 22201.

niggibeini

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Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 4,13 Spina : rucciben, Alcimus Avitus 1,99, Clm 14420; Nr. 388, BV. 583, 2. Hälfte 9. u.11. Jh. II, 355,25 Nocks : mkkipein, Lucan 6,672, Clm 14505; Nr. 395, BV. 593, 2. Hälfte 11. Jh. II, 702,47 Spina : rucchibein, Verg. Georg. III, 87, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Glossare: HSH. 1,132,225 spina: ruggebein, Summ. Heinr. HSH. II, 6,103 spina: ruggebein, Summ. Heinr. (StSG. III, 73,5.178,38). III, 354,5 Spinna : rügbein i grat, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,5 Internodium : ruggebein, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 431,21 Spondiüa: rugbein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - rükebein, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 434,64 Spina : ruggibain, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 676,61 Curua ossa : rukkipmn, Mischgl, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13.Jh.,bair. HHH 18,21 Inf nodf" : Rukkepein, Glossar, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. P e r Beleg StSG. III, 722,22 Spina : ruggeben, Einzelgl., Berlin, StBPK Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossar) ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214.] StWG. 495, SAW. 1,46 u. 1,769. Herkunft: Komposium; zu —> ruggi, bein. DWB. 8,1361. - vgl. mhd. rückebein. niggibeini stN. "Rückgrat' (Gl.) - spina "Dorn, Rückgrat'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 515,52 Spina : rukkipeini, Ps 31,4, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II, Jh., bair. - rucapeini, Wien, ÖNB 2723. Clm 14689. - ruchkipeini, Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. Glossare: III, 9,25 Unosti spinale: einhruckipeini, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. [wohl uno spina, spinal^. III, 19,7 Spina : ruggipeini, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 432,3 Spna : rukkipeni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair.

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Körperteilbezeichnungen

III, 438,5 Spina : rucchipeini, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 508,32 Spinalis : ruckcebeine, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67.11./12. Jh., alem. StWG. 495, SAW. 1,46 u. 1,769. Herkunft: alsya-Stamm neben —> ruggibein. [rückeknoche* swM. *Wirbelknochen' (Gl.) - spondylion 'das runde Wirbelbein, der Wirbelknochen des Rückgrats oder Halses'. Glossare: III, 73 A.l Spödiliü: rucknochi, Summ. Heinr. (von jüngerer Hand). StWG. 495, SAW. 1,470 u. 1,769; nicht HSH. 3. Herkunft: mhd.; Kompositum; zu —> ruggi, knoche. DWB. 8,1363.] ruggelende stF. 'Rücken' (Gl.) spina 'Rückgrat, Dorn'. Glossare: III, 431,22 Spina : "gelenda, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. — rukeknde, Marburg, UB. Mscr. 39. [In der Anordnung des Glossars: Wirbelsäule, Rücken, Kreuzbein, Lende, Hüftbein, Hüfte steht ruggelende an der Stelle des Rückens.] StWG. 496, SAW. 1,526 u. 1,769. Herkunft: Kompositum; zu —» ruggi, lentin. — vgl. mhd. ruckeknde. ruggo* swM. 'Rücken' (Gl.) dorsum 'Rücken, Rückgrat', tergum 'Rücken, der hinterste Teil'. Glossare: HSH. 1,131,221 dorsum, tergum: ruggo, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,69). StWG. 496, SAW. 1,769. Herkunft: als swM. neben —> ruggi.

s s a f stMN. 'Körperflüssigkeit' (Gl.) - säcus 'Saft, jede dickflüssige Substanz'; auch 'Saft als Arznei'. Glossare: III, 363,46 Sucus: sach, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. [als sach(t) wie kracht neben hd. kraß>\ [Die große Mehrzahl der Belege trägt die allgemeine Bedeutung 'Saft, Bast'. Im Oxforder Glossar steht die Glosse allerdings zwischen uena, nervus, sanguis und vrina und bezeichnet mit Sicherheit eine Kötperflüssigkeit. Vermutlich ist hier ein

seha

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Hinweis auf die klassische Säftelehre gegeben, auf die Träger der Lebensgeister („Lebenssäfte"); M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 536f. Vgl. auch D. Langslow, The formation, S. 456: „an unspecified fluid of the body."] StWG. 501, SAW. 1,781. Herkunft: zu westgerm. *sapi in ahd. sap, saf, ae. step 'Saft, Bast*. Außergermanisch vergleicht sich lat. sapa 'Saft*. KS. 699, DWB. 8,1638f., bes. 1640 'Säfte im menschlichen Körper', IEW. 1,880. - vgl. mhd. saf. seha swF. Tupille, Augapfel' (I.N.; Gl.) - acies 'Auge, Pupille', palpebra 'Augenlid', popus,püpilla, püpula 'Augapfel, Augenstern'; eigentl. 'das unmündige Mädchen', literarische Denkmäler: Notker 8,46,5 Pehuote mih also dia sehun des ougen. Glossen zu biblischen Schriften: I, 514,55f. Pupillam : aphil. I sehe, Ps 16,8, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486,12. Jh., bair. - aphil Isehvn, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - aphollseban, Clm 22258. - aphell seun, Stuttgart, WLB. HB XII 6. - aflei i sehun, Engelberg, StiftsB. Codex 66. aphel. i sahen, Clm 6217. - seha, Clm 22201. V, 7,5 Pupillam. punctus oculi: sehe, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. IV, 274,30 Pupillam : ogaphel ul sehan, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. Jh., ahd. I, 685,30 Pupillam : seha, Za 2,8, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallelhs.: apphol, ougaphil). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 20,19 Pupille • »bun, Aldh. laud. virg. 172,2, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. Jh., fränk. (?) II, 202,13 Pupulta : seha, Greg, cura 1,11 p. 12 - St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777,9.Jh.,alem. II, 225,22 Pupillae: sehun, ebd., St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. 11,233,36 Palphehram : seun, Greg, cura 3,15 p. 56 — Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 268,49 Adern : sehun, Greg. hom. 1,2 p. 1441, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair.; ebenso Clm 19440. - sehun, Clm 19440. II, 404,7 Acumine : seha, Prud. apoth. 12, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 429,45 Acies : seha, Prud. perist. 319, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. 11,460,45 Pupula : seha l apfol, Prud. ham. 308, Paris, Nouv acquis. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. (Parallelhs.: apfol). II, 485,50 Pupula : seha, Prud. ham. 874, St. Gallen, StiftsB. 136; Nr. 162, BV. 188, 9./10. Jh., alem.

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Körperteilbezeichnungen

II, 497,26 Pupula. pupilla : seha, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem.; ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. II, 498,4 Pupula : seha, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem.; ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. II, 470,14 Adern : sebun, Prud. symm. II, 99, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. Glossare: 1,170,22 pupilk lapideae sunt: seha augono stani sint, Abrogans, Pa. - aukun thes sehun stein not, Abrogans, K. III, 3,67 Popus: seha, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254,2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 18,32 Pupilla : seha, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,125,143 aaes: seha, Summ. Heinr. HSH. II, 5,60 aaes: seha, Summ. Heinr. HSH. II, 416,353 pupilla: seha, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,5. 177,46. 251,72. 285,1; Parallelhs.: ougapfel). III, 353,53 Ades : seha, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,25 Actes: sieh, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. [Man vergleiche auch III, 326,26 Uisus: rieh, ebd.]. 111,411,83 Aciem : sehe, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 432,21 Pupilla : seha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,10 Pupille : seha apphol, (Steinmeyer: apphol übergeschrieben), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,1 Pupilla : seha, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,51 Actes : sehe, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 661,10 Pupilla : sehe, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 29,3 Actes: seha, Glossae Salomonis (c). (Parallelhs.: seho). SchW. 246, StWG. 511, SAW. 1,799. P e r Beleg StSG. II, 497,67 Speculum : seha, Prud. ham. 869, Karlsruhe, St. Peter perg. 87, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214. - Interpretamente wie lat. acumine, speculum und uisum stehen wohl für Bedeutungen wie 'Sehkraft, Spiegel' o.ä. Die Parallelglosse acies \ gispi% HSH. 1,125,43 folgt dem lateinischen Lemma in der Bedeutung 'Schärfe, Sehkraft*, auch Isidor 10,22 Dhereuuuih hrinit, hrinit nnes augin sehun]

seivar

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Herkunft: wie ae. seo zum starken Verb germ. *sehwa- 'sehen'. KS. 754, DWB. 10,1,128; vgl. gseha. - vgl. mhd. sehe. seho swM. Tupille, Augapfel' (Gl.) - actis 'Auge, Pupille', püpilla, püpula 'Augapfel, Augenstern'; eigentl. 'das unmündige Mädchen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 563,21 (Pupilla) puppa, skp (dh. sio), Prud. perist. 436, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. Glossar: III, 391,26 Fonix. pupilla : seho, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 29,3 Actes: seho (i), Glossae Salomonis (Parallelhs.: sehd). IV, 197,54 Pupilla, stip ... puptllas : siehott l seon, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. P i e Belege StSG. II, 573,52 (Pupilla) puppa : skp (dh. sio), Prud. perist. 436, Brüssel, BR. 9987 und II, 581,34 Pupilla : seo, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; Nr. 100, sind altsächsisch bzw. niederfrk., s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214.] StWG. 512, SAW. 1,798. Herkunft: als swM. neben —> seha. seih stM. 'Harn' (Gl.) - lötium Urin', ürina 'Harn, Urin'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 609,43 ürinam : harn. Urina : se'ich, Is 36,12, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 20,9 Locia, urina .i. seih, Aldh. laud. virg. 168,31, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. Jh., fränk. (?) StWG. 513, SAW. 813. Herkunft: eine nur hochdeutsche Bildung zum schwachen Verb ahd. seihhen 'harnen'. KS. 754, DWB. 10,l,166f. seivar stM. 'Speichel' (Gl.) - spüma 'Schaum' (vgl. Sputum 'Spucke"). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 293,57 Spum : seivra, Greg. hom. 1,19 p. 1515, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 428,35 Spumas : seiura, Prud. perist. 204, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [Daneben erscheint die Bedeutung 'Schaum'.] StWG. 513, SAW. 1,802 'Schaum, Speichel'. Herkunft: mit afries. sever 'Schleim, Geifer', mhd. seifer, seife! 'Speichel' sowie ahd. sib, ae. sife 'Sieb' wohl zu einem starken Verb, das vorliegt in mhd. sifen 'tröpfeln, triefen'. Dies gehört zu einer Wurzel *seip-, seih-, die wohl eine Auslautvariante zu

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Köiperteilbezeichnungen

*seikw- und der Wortfamilie um ahd. sthan 'seihen' bildet. DWB. 10,1,195 s.u. Seifer, IEW. 1,894. - vgl. mhd. seifer. sen(e)wa* stswF. 'Sehne' (?) (Gl.) - nervus 'Sehne, Flechse, Muskel, Nerv, Bogensehne'. Glossare: HSH. II, 382,03.2 nerua : senua, Summ. Heinr. - Als Glosse zu nervus nur in Buch XI, daher ist die Bedeutung nicht zu sichern. [In der Bedeutung 'Strick* StSG. IV, 277,10 Auena : senrn, Sap 5,22 - und wohl auch IV, 209,52 Thenesa : sena, Alphabetisches Gl., HSH. I, 353,90. II, 94,192 corda ·. senua, in der Bedeutung 'Bogensehne', StSG. I, 556,34; Notker 8,23,16. 9,204,15.] SchW. 248, StWG. 516. Herkunft: wie as. sinewa, afries. sine, ae. seonu, an. sin aus germ. *simvö 'Sehne', eine Weiterbildung zur Wurzel *sei- "binden'. Außergermanisch vergleicht sich avest. hinauu- "Band, Fessel' aus *si-nau. KS. 754, Pfeifer 1270, DWB. 10,1,148, IEW. 1,892. — vgl. mhd. senewe, senwe, sene 'Sehne, Bogensehne'. senoädra stswF. 'Sehne' (Gl.) - arteria "Luftröhre; Arterie, Schlagader', nervus 'Sehne, Flechse, Muskel, Nerv; Bogensehne', Organum "Werkzeug; Gliedmaß' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 400). Glossen zu biblischen Schriften: I, 313,61 Neruum : se'no adra, Gn 32,25 (32), St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775,10. Jh., alem. I, 317,19 E' quod tetigerit neruum femoris eius padiu : da^ ruarta senaadra hujji sinera, Gn 32,32, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 511,24 Nervi testiculorum: senadara inodilo, lob 40,12, ebd. I, 621,30 Nemos: senadra, Is 48,4, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 619,33 Organa : senaderon. lidiglatgi, Sed. carm. pasch. III, 256, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. II, 740,14 Arteria : senadra, Abdia, Acta. Apost. 717, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. [In der nicht anatomischen Bedeutung "Darmsaite (als Fessel)' StSG. 1,388,33 Neruieis funibus : senadrono seilum, Idc 16,7; I, 469,13 In neruum : in senadra, II Par 16,10.]

StWG. 517; SAW. 1,6 'Sehne, Ader, Muskel, Fessel*. Herkunft: Kompositum; zu -> sen(e)wa, ädra. DWB. 10,1,148. Vermutlich handelt es sich um ein verdeutlichendes Kompositum, vergleichbar ist ae. seono-wind 'Arterie*. — vgl. mhd. senader.

Sita

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Sita stswF. 'Seite (des menschlichen Körpers), Hüfte' (N.O.OT.T.; Gl.) - latus 'Seite am menschlichen oder tierischen Körper'; sila, sela (?). Literarische Denkmäler: Notker 7,161,25 Oer bebergat in litun. er t r i f f t sper in situn. (u.ö.) Otfrid 4,33,28f. ... sjferehe er nan stab, mit speru er tharqio ffiha, indeta mo thia sita. Tatian 651,21 f. oh ein thero kempbono mit speru ήηα sita ffofanota. Inti sliumo u^gieng bluot inti uuatgar. (230,6. 233,3.6). Straßburger Blutsegen, 375,2 to uerso\ Gen^an lordane te ntm. Glossare: III, 10,9 Latera : sitte, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,10 Latus : sita, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. I, 92,813 latus: sita, Summ. Heinr. HSH. 1,131,220 latus: sita, Summ. Heinr. HSH II, 455,56.14 latus: ata, Summ. Heinr. HSH II, 455,56.14 silam (oder selani), latus: sita, Summ. Heinr. (StSG. 111,63,31. 72,67 (De membris hominis). 178,35 (De homine et eius membris). 343,65). III, 363,24 Latus : sida, Sachgl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,29 Schicial. latus : sthda, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,12. Jh., fränk. III, 433,25 Latus : sita, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair., ebenso Clm 14689. Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,50 Latv': sita, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 437,17 Latus ...a (St.: die Ergänzung zu sita ist nach den Spuren zweifelhaft) — Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. [StWG. 654 unter einem Ansatz ? umsita.] Mayer 94,7 lateris : site, Hrabanus Maurus, In IV libros Regum 144D, Clm 18189; BV. 639,2. Viertel 11. Jh. [In nicht anatomischer Bedeutung StSG. 1,426,48 in kibhinissa sittono, wo wohl Verwechslung von lat. latus 'Seite' und later 'Ziegel' vorliegt; ebenso IV, 148,44 Latus : sitta, Glossae Salomonis, hinter Laterculus : schintil: t Siegel .t. sowie Notker Glossator 8,165,4 latera aquilonis: sita nirt.] SchW. 253; StSG. 528. Herkunft: mit as. sida, afries. ae. side, an. sida aus germ. *seidön 'Flanke, Seite'. Vermutlich — wohl aus dem Begriff der Ausdehnung nach unten erwachsen, aber mit letztlich unklarem Benennungsmotiv - zu einem Adjektiv, das in an. siir "herab-

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Körperteilbezeichnungen

hängend' und ahd. sito 'schlaff (Adverb) vorliegt. Die Grundbedeutung ist 'das sich räumlich lang Hinziehende', in Bezug auf die Körperseite, die sich vom Arm aus lang nach unten erstreckt. KS. 756, Pfeifer 1274, DWB. 10,l,379f., IEW. 1,891. - vgl. mhd. site. scharpfean* stM. 'Schneidezahn' (Gl.) - caninus 'Augenzahn, Spitzzahn' (vgl. huntes^an). Glossare: HSH. 1,127,165 canini: scharpceni, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,62). StWG. 534, SAW. 1,833 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu ahd. scarf sowie zu -> ^an(ä); zu ahd. scharf sieh G. Fritz, Metonymische Muster, S. 77-107, bes. S. 101, DWB. 8,2199. sceitila stswF. 'Scheitel, höchster Punkt des Kopfes; Kopf (MH., N.;G1.) - vertex "Wirbel, Scheitel; Kopf, das Höchste'. Literarische Denkmäler: Notker 8,24,10 Anima ist da^ houbet. ratio ist in scheitela. (u.ö.) Glossare: 1,108,30 De uertice : fona scaitilun, Abrogans Pa. - fona sceitilun, Abrogans Κ Ra. (Parallelhs.: nolle). 1,160,1 uertices: scaitila, Abrogans Pa. III, 3,53 Uertix : scaitila, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 8. Jh., alem. (?)-ostfrk. (?) III, 9,3 Uerticem : skeitila, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337,9. Jh., bair. HSH. 1,124,25 vertex: sceitila, Summ. Heinr. HSH. II, 4,52 vertex ·. scetela. Summ. Heinr. HSH. II, 527,145 vertex: sceitila, Summ. Heinr. (StSG. III, 69,15.177,24. 262,74. 291,17. 310,17. 347,17) III, 353,33 Vertex : sceitel, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 391,16 Scaia : sceidela, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,12. Jh., fränk. - scetdela, Wiesbaden, Hessische LB 2 III, 432,5f. Oertex : sceitila. nmla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - Sceitila. Nuilla, Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1817; Nr. 25, BV. 42, 10. Jh., alem. - scheitila nuilla, Fulda, Hessische LB. C l l . - scetila, Clm 14689. III, 434,2 Vertex : sceitila. niula, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem.

scina

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III, 435,28 Aporia : sceitela, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827, 11. Jh., obd. [Steinmeyer, z.St., vermutet für Aporia Vermischung von vertex und vertig>\ III, 438,24 Vertex : schaitele, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III,660,43 Oertex : scaitek, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 108,18 Vertex: sceidila, Glossae Salomonis, (g). - sceitek, (i). IV, 164,70 Vertex : Scheitel ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. IV, 218,15 Vertex : sahatele [Steinmeyer, z.St.: = schattet'e], Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. HSH. 1,124,7 P e r Beleg I, 541,37 (Parab 8,2) in der Bedeutung 'Anhöhe (am Weg)'; Murbacher Hymnen 2,3,3 "höchster Punkt'.] StWG. 536. Herkunft: mit as. skedita wohl als /- Erweiterung mit grammatischem Wechsel zum Verbum scheiden als der Ort, wo sich die herabhängenden Haare zu beiden Seiten des Kopfes scheiden. Hierher auch mhd. schedei. Pfeifer 1190, KS. 716, DWB. 8,2476, IEW. 1,921; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 561 f. Als Verdeutlichung fur den Bezug auf Haare und Haarscheitel tritt das Kompositum ihd.fahsscheitila hinzu. - vgl. mhd. scheite/, scheitele. scerte stMF. (PI.) 'Schultern' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 9,338,25 Mit sinen skerten scäteuuet er dir. (u.ö.). SchW. 257, SAW. 1,842 scertcr, s.u. sceran. Das Bezeichnungsmotiv bleibt bei dieser Zuweisung unklar. Herkunft: wohl zu mhd. scharte, schart in der Bedeutung 'Vertiefung'. DWB. 8,2222f., bes. 2224. s.u. Scharte u. 2593 s.u. Scherte. Das Wort hat sich erhalten in Schweiz, scherti. scina F. 1. 'Schienbein', 2. Unterschenkel' (Gl.) - cms Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.), scino (L. Diefenbach, Glossarium, S. 518), tibia 'Schienbein, Schienbeinknochen'. Glossare: III, 7,26 Crus .... (scia oder scena ?), Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. HSH. 1,143,146 (?) HSH. II, 480,364 scino : scina, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,15 (?). 258,62. 309,2. 345,52).

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Körperteübezeichnungen

III, 363,50 Tibia : sciena, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 398,70 Linien : scinun, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 12. Jh., fränk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB 2. III, 431,36 Crura: Steina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. sana, Marburg, UB. Mscr. 39. [Wohl in nicht anatomischer Bedeutung, sondern zu 'Schiene' StSG. III, 632,40 Sänonem : scinun; 634,37 Sanum : Scinun (Des Lebens Notdurft. Waffen und Geräte). IV, 178,29 Lamina : seine. Weiter die Bedeutung 'Zweig' III, 491,22 Spatula : schina, 508,51 Spatula: scina, Pflanzengl.] StWG. 543, SAW. 1,848. Herkunft: wie ae. scinu aus wgerm. *skinö 'Schiene, schmales Stück Holz', vorwiegend 'schmaler spanähnlicher Knochen, Schienbein', als autochthone Knochenbezeichnung eine Ableitung aus der Wurzel ie. *skei- 'schneiden, trennen, scheiden'. KS. 720, Pfeifer 1197, DWB. 8,15f., IEW. 1,920. - vgl. mhd. Jchin, schine. scinabein stN. 'Schienbein' (Gl.) - tibia 'Schienbein, Schienbeinknochen'. Glossare: III, 354,26 Tibia : sginben, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 439,37 Tibia : schinebain, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. 111,662,6 Tibia : scinibain, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. HHH 21,9 Tibia : Schipei, Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. StWG. 543, SAW. 1,46 u. 1,848. Herkunft: wie ae. scinbän als verdeutlichendes Kompositum zu —» scina 'Schienbein'. KS. 720, DWB. 8,15. - vgl. mhd. schinebein. scincha swF. 1. 'Schienbein', 2. Unterschenkel' (Gl.) - tibia 'Schienbein, Schienbeinknochen', cms 'Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.); scino (L. Diefenbach, Glossarium, S. 518). Glossen zu biblischen Schriften: I, 538,19 Tibias : scinchun, Prv 26,7, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - scinchin, Clm 13002. Clm 14689. - sinchen, Clm 17403. I, 659,50 Tibie : scinchun, Dn 2,33, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103.

scincha

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Clm 14689. Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. seinen, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - scinchin, Clm 13002. Clm 17403. - schinchen, Clm 4606. Clm 22201. - schinchin, Clm 6217. - ehmehaen, Clm 14745. W 97,28 Tibie: scinchun, ebd., Cgm 5248,2; Nr. 299; BV. 443,9. Jh., bair. IV, 282,8 Tibie • scinchin, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. IV, 282,13 Tibie : schinchun teut, ebd. Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362,2. Hälfte 12. Jh., ahd. I, 817,13 Bases : scinchun, Lib. Com., Act 3,7, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair.; ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 370,65 Cms : scincho ( ) scincha, Prise, inst. 163,23, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. - scincha, Clm 280 A. SS 392,32 cms : skincha, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. II, 432,31 Crure : scindiun, Prud. perist. 150, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. II, 477,43 Cmre: scinchun, ebd., Clm 18922; Nr. 441, BV. 658,10./11. Jh., bair. Glossare: III, 19,23 Tibia : scinca, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 218,164 cms, tibia: scinca, Summ. Heinr. HSH. 1,134,246 tibie '• scinkun, Summ. Heinr. HSH. II, 86,242 tibia: skineun, Summ. Heinr. HSH. II, 6,113 tibia: scincun, Summ. Heinr. HSH. II, 501,137 tibie, calami, cmra: scincun, Summ. Heinr. (StSG. 111,74,13. 178,54. 211,69. 227,43. 260,79. 268,32. 290,31. 309,53. 313, 48. 331,12). III, 392,61 Sciacmni% tibie scinkun, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2. III, 410,1 Tibias : schinche, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. 111,431,35 Tibie sankan, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as., ebenso Marburg, UB. Mscr. 39. 111,435,11 Tybie : schinchvn, Einzelgl, Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,50 Tibia : schingun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225,2. Hälfte 9. Jh., alem. III, 436,59 Tibia : sätfhun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd.

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Köiperteilbezeichnungen

III, 438,43 Tibi(: scinchun, Ekuelgl, Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 510,8 Tibia : scinca, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, II./12. Jh., alem. IV, 219 A.3,11 Copidui : [sei]ncha, Alphabetisches GL, Cgm 187; Nr. 296, BV. 440,11-/12. Jh., bair. StWG. 543, SAW. 1,849. [Wohl nicht hierher: StSG. II, 738,3 Basis : stollo. scinga, Abdiae Acta Apost., De Petro p. 403, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., fränk. u. alem. skinka, Karlsruhe, St. Peter perg. 87. s. ahd. stollo 'Fußgestell'.] Herkunft: mit as. skinka 'Schenkel, Schinken' und schwundstufigem afries. skunka, fnhd. schunke, bair. schunken 'Schenkel' als Ablautformen neben nhd. Schenkel. Dieses gehört wie ae. sceanca Unterschenkel' mit /-mobile zur Wurzel *(s)keng- Tunken, schief, schräg'. KS. 722 u. 717, Pfeifer 1201f. u. 1192, DWB. 9,203 s.u. Schinken, IEW. 1,930. Auffällig ist die Nähe von scincha und —> scina. — vgl. mhd. schinke 'Schenkel, Schinken'. scinkel* stM. 'Schenkel' (Gl.) - erüs Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.). Glossare: III, 363,36 Crus : bein scinkel, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 543, SAW. 1,849. Herkunft: wohl eine Erweiterung zu einem Substantiv, das vorliegt in as. skinka 'Schenkel, Schinken'. Es steht damit neben ahd. -skenkil, das sich in mhd. Zeit durchsetzt; s. ahd. —» thiohscenkilsowie —> scincha. DWB. 8,2543 s.u. Schenkel, IEW. 1,930, EWA. 2,673 u. diohskenkil. - vgl. mhd. Schinkel. scincho swM. Unterschenkel' (Gl.) — erüs Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 370,65 Crus : scincho ( ) scincha, Prise, inst. 163,23, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. - scincha, Clm 280 A. StWG. 543, SAW. 1,849. Herkunft: als swM. neben -> scincha. IEW. 1,930. sciula swF. 'Schädel(stätte)' (GL) - calväria 'Hirnschale, Schädel; Schädelstätte'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,815,35 Caluarie: sciullun, Lib. Com., Mt 27,33, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. ; ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. StWG. 545, SAW. 1,853 'Schädel(knochen)\

scözo

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Herkunft: es vergleicht sich nur ne. skull 'Schädel'. Das Wort ist von unklarer Herkunft; es stammt vermutlich von der selben Grundlage wie mhd. schedel, ahd. in herneschedel, Summ. Heinr. Hs. Y, 5va Z.23, HSH. 3,77, M. Lexer, Handwörterbuch 1,1304. Vermutlich handelt es sich ursprünglich um eine Gefäßbezeichnung; KS. 709 s.u. Schädel, G. Äugst, Zur Entwicklung eines Metaphernfeldes, S. 50-54, R. Lühr, Expressivität, S. 202, C. Mellado Blanco, Das bildliche Potential, S. 249. Vielleicht lässt sich das Wort jedoch anschließen an die Wurzel *skeu- 'bedecken, umhüllen', zu der eine /-Erweiterung *(s)külo- durch air. cül m. 'Rücken, Hinterteil', cül f. 'Winkel, Versteck' bezeugt ist. Hierher wohl auch lat. cucullus 'Kapuze'; IEW. 1,951. scöz* stM. 'Schoß' (Gl.) - gremium 'Schoß', sinus 'bauschige Rundung, Busen, Schoß'. Glossare: HSH. II, 315 91 gremium, sinus: sco% Summ. Heinr. HSH. II, 315 91 gremium, sinus: scoq, Summ. Heinr. (StSG. III, 240,11). [Daneben in nicht anatomischer Bedeutung für ein Kleidungsstück StSG. III, 357,63 Gremivm: sgo^ Gruppengl., Wien, ÖNB 901.] StWG. 547, SAW. 1,851. Herkunft: mit afries. skät, ae. sceat, an. skaut, got. skaut(s) aus germ. *skauta-. Zu Grunde liegt ein Wort für "Winkel', daher wohl Anschluss an schießen (im Sinne von 'vorschießen"). Davon geht die Bedeutung 'Winkel zwischen Oberschenkel und Unterleib' aus. Gotisch ist allerdings nur der zweite Bedeutungsbereich 'Saum, Ecke, Zipfel (von Kleidungsstücken)' bezeugt, doch kann auch bei den Kleidungsstücken, wie beim (dreieckigen) Kopftuch die Bedeutung 'Winkel' der Ausgangspunkt sein. Durch räumliche Kontiguität bedingte Metonymier sind bei den Körperteilbezeichnungen zwar vergleichsweise selten, aber nicht völlig ausgeschlosen; man vergleiche dazu C. Mellado Blanco, Das bildliche Potential, S. 251 f. Sieh auch KS. 741, Pfeifer 1238, DWB. 9,1538f., IEW. 1,956. - vgl. mhd. schöZ 'vom Kleide niedergehender (in Geschossform gefalteter) Teil des Kleides, Schürze, Schoß'. scöz(z)a stF. 'Schoss' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 10,495,19 Des der madart sina hant ne-gefulta . noh sin scoiga . der die garbä sämenota. (u.ö.). SchW. 258, SAW. 1,851. Herkunft: als stF. neben —> scö% scözo swM. 'Schoß* (N.). Literarische Denkmäler: Notker 4,77,18 Uuända si aber in uuitemo sco^en. alle uuerltt^erda truog. (u.ö.).

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Körperteilbezeichnungen

SchW. 258. Herkunft: als swM. neben —> scö%. scröto 'Fußhöhle' (Gl.) - subtel'Fußhöhle'. Glossare: IV, 209,20 Subtel: scrato, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 550, SAW. 1,863. Herkunft: vielleicht zu scrötan 'abschneiden'; s. auch P. Katara, Die Glossen, S. 179 A.5, 285; vgl. aber —> ligaring. scult(i)ra stswF. 'Schultern, Schulterblatt' (LT.; Gl.) - (h)umerus 'Knochen des Oberarms, Oberarm mit Schulter, Schulter', scapula 'Schulterblatt, Achselblatt, Schultern, Achseln, Rücken', spatula *Vorderbug, Schulterblatt'; (pal( = [s\pa[tü\lae). Literarische Denkmäler: Isidor 22,10 endi uuirdit siin hprduom oba sinem sculdwm. (u.ö.). Tatian 495,26f. sie bintent suuara burdin Infi ungtraganücha. Infi sezgent sia In manno scultirun. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 619,28 Scapula : scultira, Sed. carm. pasch. III, 98, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. II, 732,51 Copadium. interna uiscera. animaUum. I sculterra, V. patr. 572a, 63, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: HSH. I, 337,326 spatula, scapula: sculterra, Summ. Heinr. HSH. II, 325,73 humerus: sculterra, Summ. Heinr. (Parallelhs. ahsela). HSH. 1,132,222 scapula: scultera, Summ. Heinr. HSH. II, 91,81 spatula: scultera, Summ. Heinr. HSH. II, 479,350.1 scapula: scultirra, Summ. Heinr. (Parallelhs. ahsela). HSH. II, 6,101 scapula: scultra, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,72.154,7.178,37. 62. 241,33f. 276,49. 301,49. 308,69. 345,42). III, 363,2 Scapula: sculdera, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,2 Scaintila. scapula : sculdera, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 431,19 Scapula : scoldra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. -gescoldera, Marburg, UB. Mscr. 39. III, 431,20 Palf. scoldrin - scolderen, ebd.

233 III, 433,14 Humeri : sculterra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - scuhirun, Clm 14689. - scultyrra, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 434,31 Humen : scultirrun ./'. hominum. I ashla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,16 Scapula: scultra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,4 Scapula : scultra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 613,11 Spadula. I scapula : scultra, Einzelgl. Des Lebens Notdurft. Nahrung, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. - sculdra, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 614,21 Spatula : scultarra, Einzelgl. Des Lebens Notdurft. Nahrung, St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. Jh., alem. - Schulter, Clm 14584. III, 615,6 Spatula : scultirra, Einzelgl. Des Lebens Notdurft. Nahrung, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 615,29 Spatula: scultirra, Einzelgl. Des Lebens Notdurft. Nahrung, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,13. Jh., alem. III, 616,20 Scapula : schult, Einzelgl. Des Lebens Notdurft. Nahrung, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 667,63 Scapula copadium spadula : scultim, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 191,19 Scapula : schule, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 1325. Mayer 124,24 scapula : schule, Glossarium latinum (Isid. etym.), Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. SchW. 260, StWG. 551, SAW. 1,1233. Herkunft: mit ae. sculdor aus westgerm. *sku!drö- 'Schulter'. Es gibt keine unmittelbare Vergleichsmöglichkeit. Vorstellbar ist eine Verbindung mit griech. οχέλος 'Schenkel, Bein', der eine Bedeutung 'sich biegen, krümmen' zu Grunde liegt. KS. 744, Pfeifer 1248, DWB. 9,1971, IEW. 1,925, G. Ehrismann, Etymologien II, S. 51 f. — vgl. mhd. schulter. släf* stM. 'Schläfe' (Gl.) - tempus 'Schläfe'. Glossare: III, 362,16 Timpus : slaph (neben anderen Körperteilglossen), Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 554, SAW. 1,868. Paneben die häufigere Bedeutung 'Schlaf, StSG. 1,10,31. 248,26. 303,8. II, 310,16. III, 259,18. 260,10. IV, 160,34, NG.; 'Muße', Mayer 105,3]

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Körperteilbezeichnungen

Herkunft: Vielleicht eine Bedeutungsübertragung von ahd. släf, as. släp, afries. slip, ae. slap, got. skps 'Schlaf auf 'Schläfe' in ahd. släf und ebenso mnd. släf, mnl. slaep, afries. sliep 'Schläfe'. Bei Identität mit Schlaf ist das Benennungsmotiv zu klären, etwa weil der Schlafende für gewöhnlich auf einer der Schläfen ruht. Die Schläfen konnten daher auch als „Sitz des Schlafes" angesehen werden. Parallele Entwicklungen von lat. somnus finden sich in italienischen Dialekten; man vergleiche dazu C. Mellado Blanco, Das bildliche Potential, S. 251. Auffallig ist auch die Nähe zu serbokr. sljepd oc(n)ica, bulg. sljapo oki 'Schläfe', eigentlich 'verstecktes Auge'. Daher ist auch ein Zusammenfall zweier verschiedener Lexeme möglich. KS. 723 s.u. Schläfe u. schlafen, Pfeifer 1204 s.u. schlafen, DWB. 9,270f.; H. Frisk (1966), S. 83101, bes. 92f. - vgl. mhd. //^'Schlaf, Schläfe'. släfbein* stN. 'Schläfe' (Gl.) - tempus 'Schläfe'. Glossare: 111,353,49 Timpus : slafbein, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. StWG. 554, SAW. 1,146 u. 1,868. Herkunft: Kompositum; zu släf, bein. DWB. 9,274 Schlafbein 'os temporis' (seit Adelung). — vgl. mhd. släfbein. slegebräwa stF. 'Augenlid, Wimper' (N.; Gl.) - ciüum 'das Augenlid', bes. 'das untere Augenlid', palpebra 'Augenlid', palpebrae 'Augenlied, Augenwimpern'. Literarische Denkmäler: Notker 8,35,9 Siniü oügen sehent an den armen . sine slegebräuua frägent der menniscon chint. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 225,23 Palpebrae gnssescunt: skgipraasuuellant, Greg, cura 1,11 p. 12, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. II, 233,31 Palpebft: slechepra um, Greg, cura 3,15 p. 56, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 393,24 Palpebra : slegipra, Prud. perist. 284, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II,567,33 Cilio •. slegebraxxb (dh. slegebrauua), Prud. ham. 873, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. Glossare: III, 18,33 Palpebre : slegipra, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 438,12 Palpebre : slegiprah, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689, Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 661,9 Palpebra : slagebra, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair.

slunt

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Mayer 129,1 palpebrae : skgprau, Cassiodor, Expositio in Psalterium 94C, Salzburg, St.P. a VIII 5; BV. 840,9. u. 10. Jh., bair. p i e Belege StSG. II, 241,16 Palpebra : skgibraua, Greg, cura 1,11 p. 12, Karlsruhe, St. Peter perg. 87 und II, 498,1 Palpebralibus: sleibrauuon, Prud. ham. 872, ebd., sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214.] SchW. 261, StWG. 556, SAW. 1,97 u. 1,870. Herkunft: Kompositum; zu —> bräwa. Das Bestimmungswort gehört zum starken Verb germ. *slaha- 'schlagen*. Glossiert wird ohne Ausnahme das obere, bewegliche Augenlid, gegebenenfalls unter Einschluss der Wimpern (Köln, DB. LXXXI). - vgl. mhd. slagebrä. Sieh auch —> swellan. sllhmo swM. 'Hodensack' (Gl.) - fiscus 'Hodensack', eigentlich 'ein aus Binsen, Ruten geflochtener Korb zur Aufnahme der Oliven beim Ölpressen'. Glossare: III, 432,23 Uiscus : stihmo, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. [Die beiden übrigen Belege, StSG. II, 36,23 und JJ 254,2, zu lat. limes und squama in allgemeinerer Bedeutung 'das Schuppige, Schleimige'.] StWG. 558, SAW. 1,876. Herkunft: Eine Nominalbildung zum starken Verb ahd. slihhan 'schleichen' mit der Bedeutung 'das Verborgene', wie sie etwa auch in slih 'verborgener Weg' und in-stihhan 'einschleichen, hineinkriechen' zum Ausdruck kommt. Da in der Handschrift uiscus statt Isid. 11,104 fiscus steht, wird der Beleg StWG. als 'Schleimhaut' fehlgedeutet. Man vergleiche auch L. Diefenbach, Glossarium, S. 236 fiscus - hodabalg. slüh stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre' (N.) - hiatus 'Öffnung, Schlund; offener Mund, Rachen'. Literarische Denkmäler: Notker 4,26,12 ... gab sie den blauuun aho saturni . ferslindenne in härs^gemo slüche. SchW. 262, SAW. 1,880. Herkunft: es handelt sich um eine Substantivbildung, zu einem Verb, das vorliegt in mhd. slüchen, mnd. siüken 'hinunterschlucken'; vgl. mhd. slüch 'Haut, Schlauch, Röhre; Schlund, Kehle', von der Schwundstufe an. slok Trog, Wasserrinne', mnd. shke 'Schlund, Schluck', alle zu *sieug-, skuk- 'schlucken'. Bezeichnet wird zunächst das, womit man schluckt, also Schlund, Kehle oder Speiseröhre. DWB. 9,505 s.u. Schlauch, KS. 725, Pfeifer 1208f., IEW. 1,964. - vgl. mhd. slüch. slunt stM. 'Schlund; Anfang der Speiseröhre im Hals, hinterer Teil der Mundhöhle mit der ganzen Speiseröhre' (N.; Gl.) - arteria gurgila, gurgulio 'Gurgel, Luft-

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Kötperteilbezeichnungen

röhre', gula 'Speiseröhre, Kehle, Gurgel, Gaumen', haustus 'Schöpfen, Trunk', lixa "Wasserträger' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 334), palätus 'Gaumen', parisaltra 'Schlund' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 413; griech.?), rümen 'Kehle, Gurgel, Schlund, die säugende Brust', vorägo 'Schlund, Abgrund, Schlucht'. Literarische Denkmäler: Notker 8,66,20 Vnde min %unga haftet φ minemo stunde. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: QQ 71,3 uoraginm stun t, Greg. hom. 25,9, Würzburg, UB. M. p. th. f. 45; BV. 989, Hs. 9. Jh., ostfrk. II, 416,14 Haustibus : sluntun, Prud. cath. 45, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. 11,484,21 Austibus : sluntan, ebd., St. Gallen, StiftsB. 136; Nr. 162, BV. 188, 9./10. Jh., alem. II, 489,63 Haustibus : sluntan, ebd., Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12. Jh., alem. II, 538,52 Haustibus : sluntin, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 552,42 Haustibus : sluntin, ebd., Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 461,52 Haustu : slunte, Prud. perist. 610, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. Clm 475. II, 516,27 Haustu : slxndf, (dh. slunde), ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem.; ebenso Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 511,3 Haustus : slxndb , Prud. perist. 984, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. - slunda, Zürich, ZB. Ms. Car. C. 164. Glossare: HSH. 1,127,169 palatus, baratrum: slünt, Summ. Heinr. HSH. II, 5,75 palatus, baratrum: slunt, Summ. Heinr. HSH. II, 314,77 guilla: slunt, Summ. Heinr. HSH. II, 416,355 pumen (1. rumen) : slunt, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,74. 177,67. 239,63 .64. 275,51. 301,13. 318,12. 325,35. 335,59. 342,26 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 446.) III,431,56 Gurgulio : slunta, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. III, 435,35 Gula : slunt, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 493,43 Arteria gurgila : slunt, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, ll./12.Jh.,alem. III, 661,29 Gula : slunt, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 668,52 Parisalta : slunt, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair.

smalaherdar

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HHH 19,2 Lixia : slunt, Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. SchW. 262, StWG. 561, SAW. 1,877. P i e Belege StSG. II, 575,52 Haustibus : sluntin, Prud. cath. 45, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 und II, 582,76 Haustus: slündos, Prud. perist. 984, ebd., sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214f. - In nicht anatomischer Bedeutung erscheinen 'Höllenschlund, Abgrund' HSH. 1,127,169. 229,409. II, 5,75. 77,191. StSG. III, 406,77.] Herkunft: wie as. stund eine schwundstufige Ableitung vom starken Verb germ. *slenda- 'verschlingen', ahd. slintan, mhd. Sünden. Der Guttural in nhd. schlingen ist sekundär. KS. 729, DWB. 9,831. - vgl. mhd. slunt 'Schluck, Schlund'. sluntbein* stN. 'Luftröhre, Gurgel' (Gl.) - gurgulio 'Gurgel, Luftröhre', rümen 'Kehle, Gurgel, Schlund'. Glossare: HSH. 1, 128,177 rumen : sluntbein, Summ. Heinr. HSH. II, 5,79 rumen : sluntbein, Summ. Heinr. HSH. II, 416,355 pumen : sluntbein, Summ. Heinr. HSH. II, 447,176.1 rumen: sluntbein, Summ. Heinr. (vgl. StSG. 285,4 Pumen osgutturis quo cibus deuoratur: sluntbain, Summ. Heinr.) (StSG. III, 71,13.177,71. 252,3. 285,4. 306,26. 322,30). 111,353,63 Gurgulio : sluntheim (dh. sluntbein), Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,29 Gurgulio : elentboem (Steinmeyer, z.St.: „Entstellung aus sluntbein")·, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 561, SAW. 1,48 u. 1,877. Herkunft: Kompositum; zu —> slunt, bein. — vgl. mhd. sluntbein. smaladarm stM. 1. 'Dünndarm, Eingeweide', 2. "Unterleib' (Gl.) - tie 'Unterleib, Magen, Eingeweide'. Glossare: III, 432,26 lie : smal·^ therme, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. [Ein zweiter Beleg, StSG. III, 722,26 smaletherme, ist altsächsisch (Marienfelder Glossar). Man vergleiche J. Riecke, Anatomisches, S, 215.] StWG. 830 zu W s c h m a l ' . Herkunft: Kompositum; zu —> dam, sowie zu ahd. smala 'schmal'. smalaherdar stN. 1. "Dünndarm' (?), 'Gedärm', 2. "Unterleib' (Gl.) - inguen "Leistengegend, Unterleib, Penis'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Körperteilbezeichnungen

11,258,29 In inguine hegadrusa. smalaherder, Greg. dial. 4,38 p. 437, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. StWG. 562, SAW. 1,382 u. 882. Herkunft: Kompositum; zu —> herder, sowie zu ahd. smala 'schmal'. smero, smer stN. 1. 'Fett', 2. 'fetter Bauch', (Gl.) - adeps 'das weiche Fett zwischen den Pergamenthäutchen bei Menschen und nicht wiederkäuenden Tieren, Schmalz', arvina 'Schmer, Fett, Speck', ünctüra (eigentlich:) 'das Salben der Toten', zu ünctus 'fett' (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 626). Glossen zu biblischen Schriften: I, 336,63 Aruinam : smero, Ex 29,22, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. [Bezogen auf Opfertiere.] I, 354,11 Aruina : sm[eet], Lv 3,15, Würzburg, UB. M. p. th. f. 3; Nr. 641, BV. 978, 8. Jh., ostfrk. [Bezogen auf Opfertiere.] V, 2,1 Reticullum iecoris : smer, ebd. Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. I, 509,6 Aruina : smero, Job 15,27, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. - smero, St. Gallen, StiftsB. 292. [In übertragener Bedeutung 'fetter Bauch'.] Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,37 Aruia./'. smero, Aldh. laud. virg. 161,9, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. Glossare: III, 10,11 Unctura : smero, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 19,44 Adeps : smero, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. 1,131,210 arvina: smero, Summ. Heinr. HSH. I, 337,327 arvina: smero. Summ. Heinr. HSH. II, 160,183 arvina: smero, Summ. Heinr. HSH. II, 6,95 aruina: smero, Summ. Heinr. HSH. II, 91,83 aruina: smero, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,43.154,20. 178,29. 213,67. 222,6. 61. 265,10. 47. 294,9. 349,16.) III, 392,39 Vnguispl: aruina. smero, Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 436,28 Aruina : smero l speie, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. IV, 455,18 Adeps : smero, Rezept, St. Gallen, StiftsB. 878; Nr. 216, BV. 249, 11. Jh. [Die Mehrzahl der Belege erscheint in der Bedeutung 'Wagenschmiere, Schweinefett' als Glosse zu axungia Wagenschmiere' (meist Schweinefett, auch als Heilmittel) sowie zu sagimen 'Fettheit' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 507).]

smerevel*

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StWG. 563, SAW. 1,884. Herkunft: mit as. smero, afties. smere, ae. smeru, an. smjqr aus genn. *smenva 'Fett'. Außergermanisch vergleicht sich air. smi(u)r 'Mark' und vielleicht, dann ohne smobile, lat. medulla 'Mark'. KS. 731, DWB. 9,1030f., IEW. l,970f.; vgl. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 586 „Baucheingeweidefett, der Bauch selbst". - vgl. mhd. smer. ameroleib stM. 1. "Bauchfettgewebe', 2. *Bauch' (Gl.) - adeps 'das weiche Fett zwischen den Pergamenthäutchen bei Menschen und nicht wiederkäuenden Tieren, Schmalz', arvina 'Schmer, Fett, Speck'. Glossare: 1,16,13 aut adeps: edho smerobiba, Abrogans, K. (Parallelhs.: edo smero, Abrogans, Pa.) 1,17,9 Aruina: smero hkip, Abrogans, R. III, 368,26 Aruina : smerleis, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 686,64 Aruina : Smereleif, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. [Die Mehrzahl der Belege erscheint in der Bedeutung Wagenschmiere, Schweinefett' als Glosse zu axungia Wagenschmiere' (meist Schweinefett, auch als Heilmittel).] StWG. 563, SAW. 1,884 u. 521. Herkunft: Kompositum; zu —> smero, kib. DWB. 9,1035, Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 586. - vgl. mhd. smerleip 'Schmerlaib'. smerolln stN. 'Fett, Baucheingeweidefett', (Gl.) - arvinula 'Fett'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 353,19 Aruinulis : smerolinun, Lv 8,16, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. StWG. 563, SAW. 1,884. Herkunft: Diminutivbildung zu —> smero. DWB. 9,1035. - vgl. mhd. smerlin. smeronezzi* stN. *Bauchfettgewebe' (Gl.) - reticulum "Netz (über der Leber)'. Glossare: III, 75,5 Reticulum: nevgismero. smerneqe, Stimm. Heinr. StWG. 563, SAW. 1,884 'netzartiges Fettgewebe'; nicht HSH. Bd. 3. Herkunft: Kompositum; zu —> smero 'Fett' u. ahd. nesga "Netz"; vgl. —> neagismero. smerevel* stN. 'Bauchfettgewebe' (Gl.) - reticulum *Netz (über der Leber)'. Glossare:

240

Körperteilbezeichnungen

III, 381,33 ... Reticulum idem uidetur sed ponitur pro pellicula uitaüum id est smertuel quam phisici qrbum meant, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 563, SAW. 1,884 u. 665. Herkunft: Kompositum; zu —> smero,fel. sola stswF. 'Sohle, Fuß(sohle)' (MH.N.; Gl.) - basis 'Grundlage, Sockel', mlat. auch 'Fuß, Schenkel' (MlatWb. l,1388f.), calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (MlatWb. 2,98), planta 'Fußsohle', solea 'Sandale, Fußsohle (der Tiere)'; plantärium "Baumschule', hier wohl mit planta verwechselt. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 13,3,3 dea solun eigun lamo. Notker 4,59,10 Iro scüha uuären säkuue. äber diu sola. sph näht-färeuuo. Glossen zu biblischen Schriften: I, 517,8f. Calcanei met entesmines : versina l sola, Ps 48,6, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486,12. Jh., bair. - uersina l sota, Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. Clm 22258. - versinna. I sola, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - versin. I solen, Clm 6217; (Parallelhs.: entesmines: gntgsmüngs). IV, 275,3 Calcanti : uersne ul sala, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 297,33 Plante: solun, Act 3,7, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741,2. Hälfte 9. Jh., mfrk. I, 742,54 Bases : solun, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem.- solen, Stuttgart, WLB. HB IV 26. - solet, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - so/n, Clm 6217. Clm 14745. (Parallelhs.: stüpha). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 17,42 Planta : sola, Aldh. laud. virg. 196,33, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. 11,368,31 Plantarium .i. sola, Prise, inst. 75,8, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. 11,374,12 Plantarium .i. Sola, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. 11. 404,44 Planta: solun, Prud. apoth. 456, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 410,42 Soleas : solun, ebd., Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835, 11. Jh., alem. II, 457,53 Soleas, pedes : solun, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. II, 496,12 Solei • solun, Prud. apoth. 666, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. Glossare:

spanna

241

III, 19,31 Planta : sola, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,134,248 planta: sola, Summ. Heinr. HSH. II, 6,114 planta: sola, Summ. Heini. HSH. II, 487,01.21 solea : sola, Summ. Heinr. HSH. I, 333,273 sok : solen, Summ. Heinr. HSH. II, 487,01.21 sok • solun, Summ. Heinr. (StSG. 111,74,44. 178,59. 259,24. 289,50. 292,48; 111,218,22. Soka soyk teuton, Summ. Heinr. Anhang, Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk.). III, 354,25 Soka : sol, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. 111,418,37 Soka : sok, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 429,10 Basis : Sola, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 434,61 Plants: solun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,47 Planta : sola, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. III, 439,56 Penta (1. Planta) : sok, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III,662,15 Planta : sole l callum, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 98,7 Soka: sola, Glossae Salomonis (i, k). IV, 155,33 Plantanum : sola .t., Glossae Salomonis London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 160,28 Soka: sola./., ebd. IV, 207,8 Plantarium : sola, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. [Der Beleg StSG. II, 578,24 Sokas : sölvn, Prud. apoth. 456, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215 - Nicht hierher in der Bedeutung 'Sandale' auch: StSG. III, 651,12 Sundallo (1. Sandatio) : sola und 652,60 Cernui : soln, siln, Einzelgl., Des Lebens Notdurft. Waffen und Geräte.] SchW. 263, StWG. 568, SAW. 1,884. Herkunft: wie as. sola endehnt aus lat. solum "Boden'. KS. 769, DWB. 10,l,1408f. vgl. mhd. sol, sole. spanna stswF. 'flache Hand' (Gl.) - palma 'die flache Hand'. Glossare: III, 18,57 Palma : spanna, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem.

242

Körperteilbezeichnungen

[Die Mehrzahl der Belege erscheinen in der Bedeutung 'Längenmaß', etwa StSG. I, 710,72f. Cubitum unum spanna. munt. Beide Substantive stehen für ein Längenmaß, allerdings ist die Bedeutungsangabe StWG. 424 s.u. munt als 'Hand, die Palme als Längenmaß' zweifelhaft. Hier liegt wohl eine Verwechslung mit lat. palma 'flache Hand; Palme' in der Bedeutung 'Hand' vor.] StWG. 571 'die flache Hand als Längenmaß, Spanne'. Herkunft: mit afries. spönne, ae. spann, an. sporn aus germ. *spannö 'Spanne', einem Verbalabstraktum zu spannen. Bezeichnet wird die Strecke zwischen den Fingern der ausgestreckten Hand als Längenmaß, entweder zwischen Daumen und kleinem Finger oder zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Verwendung als Längenmaß scheint daher die ursprüngliche zu sein, die Übertragung auf ein Körperteil wäre dann sekundär. KS. 774, DWB. 10,l,1893f., IEW. 1,982, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 658 s.u. Spann 2. - vgl. mhd. spanne "Breite der ausgespannten Hand'. speihhaltra swF. 'Speichel' (T.; Gl.) - saliva 'Speichel'. Literarische Denkmäler: Tatian 451,27f. Inti t&a leimon Jon speihhaltrun Inti salbota then leimon ubar am ougun. Glossare: III, 362,39 Saliua : speicholira (1. speichaltrd), Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. 111,391,57 Firanz- saliua : speichaldra, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. P e r Beleg StSG. II, 587,13 Saliuis: specäldron, Prud. perist. 283, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215.] SchW. 265, StWG. 572, SAW. 1,907. Herkunft: mit as. spekaldra, afries. spekk, got. spaiskuldra aus germ. *spaika!dra-/ uldra-, einer Erweiterving von der auch ahd. —> speihhila zu Grunde liegenden Basis *spaik-, KS. 776, Pfeifer 1318, DWB. 10,l,2067f. s.u. Speichel. - vgl. mhd. spticholter. speihhila stswF. 'Speichel' (Gl.) - nectar "Nektar", saliva 'Speichel', Sputum 'Spucke, Speichel, AuswurP. Glossen zu biblischen Schriften: I, 291,72 Saliua : speichila, Lv 15,8, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. - speichilla, Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 426,7 Saliuas : speichellun, Prud. perist. 101, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 524,8 Saliuis : spfkchkllpn (dh. speichillon), Prud. perist. 283, Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem.

spunne

243

II, 553,49 Nectare, sputo. speichelet!, Prud. cath. 35, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. p a s Interpretament wurde offenbar als Verb aufgefasst.] Glossare: III, 18,50 Saliua : speihilla, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 486,423.15 saliva: speichele, Summ. Heinr. (StSG. III, 259,3). III, 434,42 Saliua ·. speichilla, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 567,3 Saliua : Speichele, Pflanzengl. MXXII, Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd. — Spaichel, Innsbruck, UB. 355. IV, 94,21 Saliua : speichila (a, d). spechila (c). spachila (e). speiuchulla (i). Spmchelle (b). Speichel (k), Glossae Salomonis. IV, 158,56 Saliua : spetchil: ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 572, SAW. 1,907. Herkunft: mit den Erweiterungen as. speka/dra, afries. spekle, got. spaiskuldra aus germ. *spaikl-, einer vorgermanischen /-Erweiterung zu germ. *spein>a- 'speien'. Es handelt sich wohl um lautnachahmende Bildungen. KS. 776, Pfeifer 1318, E. Seebold, Der Übergang, S. 175. -> speihhaltra. spint stM. 'Fett' (Gl.) - adeps 'das weiche Fett zwischen den Pergamenthäutchen bei Menschen und nicht wiederkäuenden Tieren, Schmalz', arvina 'Schmer, Fett, Speck'. Glossare: III, 19,45 Aruina : sput (Steinmeyer, z.St: gemeint spint), Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 356,33 Adeps : spint, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 437,38 Adeps : Spint, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagielloriska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. [Die übrigen Belege erscheinen in der Bedeutung 'Fett als Nahrung'.] StWG. 576. Herkunft: wie as. spint, ae. spind 'Fett' von unbekannter Herkunft. DWB. 10,1, 2549, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 663. - vgl. mhd. spint. spunne stF. 1. 'Muttermilch', (2. 'Brust') (N.WH.; Gl) - arvina 'Schmer, Fett, Speck'. Literarische Denkmäler: Notker 1,13,3 Neuuürte du mitminemo spunnegesouget. Williram 56v,l 5 da^ th dth brüoder min. sehe sugan die spinne miner muoter! (u. ö.).

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Körperteilbezeichnungen

Glossare: 111,431,11 Aruina : spunna. liquando nece, Einzelglossar, Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - spurte et liquamen nespthe et akquando nece, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429, Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. P e r zweite Glossenbeleg, StSG. III, 496,41, trägt die Bedeutung 'Rahm'.] SchW. 267, StWG. 581 'fette Milch, Muttermilch*, SAW. 1,916 'Muttermilch'. Herkunft: eine schwundstufige Ableitung zur Wurzel *spen- wie in germ. *spenna'spinnen', zu der mit ahd. s-pennen eine o-stufige Bildung mit der Bedeutung locken, verfuhren' gebildet wurde; s. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 636f.; DWB. 10,2,1,235, IEW. 1,990. Außergermanisch vergleicht sich lit. sperrys 'Saugwarze*. - vgl. mhd. spürte, spune, spunne 'Mutterbrust, Muttermilch'. stairoht (?) 'Ferse' (?), 'Sporn' (?) (Gl.) - calx 'Ferse', mlat. auch 'Hacken, Fuß' (MlatWb. 2,98). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 365,9 Calx ... Jnde calcaria dicuntur i. sperones a cake ( ) Stairoht, Phocae Ars 412,1, Clm 19454; Nr. 452, BV. 669, Hs. 11. Jh. StWG. 584. Herkunft: Unklar. Vielleicht am ehesten als Verschreibung zu deuten, etwa aus spornohü stapho swM. 'Fußsohle' (Gl.) -pes l¥\&\planta 'Fußsohle'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 668,71 Plantis : staphun, Verg. Aen. XI, 573, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II. Jh., bair. Glossare: III, 19,30 Pes : fuo\ l stapho, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. [Die übrigen Belege erscheinen in der Bedeutung 'Schritt' zu passus (StSG. I, 253,1. 743,62) und zu locusta 'Heuschrecke' (IV, 341,15. KK 247,2).] StWG. 586, SAW. 1,934. Herkunft: mit afries. stop, ae. stcepe als Verbalabstraktum zu westgerm. *stapja'treten, stapfen'. Außergermanisch vergleicht sich aksl. stopa 'Spur, Fährte, Schritt'. KS. 788, DWB. 10,2,l,857f. s.u. Stapf, Stapfe(n), IEW. 1,1012. Die Bedeutung 'Fußsohle* als Körperteilbezeichnung scheint nur in den beiden oberdeutschen Glossaren belegt zu sein. - vgl. mhd. stapf st.m. 'Schritt', stapfe swM. swF. 'Auftreten des Fußes, Fußspur'. stirna stswF. 'Stim' (Gl.) -frons 'Stirn'. Glossare: HSH. 1,125,137frons: stirna, Summ. Heinr. (Parallelhs. tinna).

stoc

245

HSH. II, 5,59 fron.r: stirna, Summ. Heinr. (Parallelhs. dinna, s.u. tinna). (StSG. Ill, 69,63.177,34). Ill, 353,48 From : stirne, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. Ill, 362,19 Frons : stirna, Gruppengl, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. J h , mfrk. Ill, 391,17 SUrauinvja. frons: stirna, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 499,33 From : stirna, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./ 12. J h , alem. StWG. 594, SAW. 1,1234. Herkunft: nur ahd, sowie mhd. stirne, mnd. Sterne, ae. in steomede 'frontalis'. Es gehört wohl zu *stero- 'ausbreiten' mit einer Ausgangsbedeutung 'breite Fläche'; der Vergleich mit griech. στέρνον 'Brust' würde aber eher eine Bedeutung 'das Vordere' o.a. nahelegen. KS 797, Pfeifer 1366, DWB. 10,2,2,3181, IEW. 1,1030. - vgl. mhd. stirne. stiuz stM. 'Steiß' (Gl.) - clünis 'Hinterbacken, Hinterkeule', PI. 'Steiß', mlat. auch 'Hüfte, Schenkel, Weiche, Hoden' (MlatWb. 2,732). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 371,30 Clunes: stiu^ Prise, inst. 169,11, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. J h , bair. II, 375,48 Clunis : stiv^ ebd, Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. J h , bair. Glossare: IV, 126,34 Clunis. cosse, inflexio dorsi. huflein Λ. I g o f f a . .t. i stiv\./, Glossae Salomonis, Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. J h , obd. IV, 136,15 Clunis cosse, inflexio dorsi hufbein Λ. I g o f f a . Λ. I stiv% ./, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. StWG. 595, SAW. 1,946. Herkunft: mit an. stütr 'junger Ochse, Horn, Stump Ρ und mnd. Jtut 'dicker Teil des Oberschenkels', mnl. stuut 'Hintern' wohl als 'abgestumpftes Hinterteil' zur Wortfamilie von nhd. stutzen, das im Ablaut mit stoßen auf die Wurzel *(s)teu'stoßen, schlagen' zurückgeht. Da Steiß mit Sichheit erst im 17. Jahrhundert auf Menschen bezogen wird, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die ahd. Belege ausschließlich in Verbindung mit tierischen Körperteilen stehen. KS. 699, Pfeifer 1354, DWB. 10,2,22164f, IEW. 1,1034. - vgl. mhd. stiu^. stoc stM. 'Backenzahn, Mahlzahn' (Gl.) - molaris {den?) 'Mühlstein; Backenzahn, Stockzahn'. Glossare:

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Körperteilbezeichnungen

III, 661,20 Molaris : stoiche, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. [Die Mehrzahl der Belege in der Bedeutung 'Stock, Stamm; Block um die Füße eines Gefangenen'.] StWG. 595 mit der Bedeutungsangabe 'Stock, Block um die Füße des Gefangenen, Stamm', SAW. 1,942. Herkunft: zu ahd. mhd. stoc, ae. stocc, an. stokkr 'Stock, Stab, Baumstamm'. Daneben erscheint fnhd. (Lex Baiv., 15. Jh.), nhd. (obd.) Stock^ahn in der Bedeutung 'Backenzahn' bzw. 'Mahlzahn', womit die „molares", die drei hinteren Backenzähne gemeint sind. DWB. 10,3,138, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 843; Deutscher Wortatlas 20, K. 4, S. 25f., A. Niederhellmann, Arzt, S. 167f.; s. auch kinnistoc. — vgl. mhd. stock mit der unklaren Bedeutungsangabe 'Stumpf, Storren eines Zahnes', sowie M. Lexer, Handwörterbuch 2,1207 u. Stockau. swart* stF. 'behaarte (Kopf-)Haut' (Gl.) - capillatura 'Haar'. Glossen: IV, 43,35 Capillatura : harsuanc (g), (Steinmeyer, 1. haar suart), Glossae Salomonis. IV, 134,27 Capillatura : swart, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 613, SAW. 1,973. Herkunft: mit afries. swarde, ae. sweard, an. svordr aus germ. *swardu- 'Schwarte'. Die Bedeutung ist zunächst 'behaarte Kopfhaut'. Weitere Herkunft unklar. KS. 748, Pfeifer 1257, DWB. 9,2295. - vgl. mhd. swart. swarzouga* swN. Tupille' (Gl.) - nigredo, nigritüdo 'die Schwärze, schwarze Farbe', mlat. auch nigrum (oculi) 'Iris, Pupille' (D. Langslow, The formation, S. 418). Glossare: III, 362,28 Nigredo. Nigritüdo : suat< ouga, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 614, SAW. 1,947 u. 692. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga, sowie zu ahd. swar^ 'schwarz'. DWB. 9,2321 nhd. Schwar^auge in der Bedeutung 'schwarzes Auge'. sweiz stM. 'Schweiß' (N.OT.T.; Gl.) - südor 'Schweiß'. Literarische Denkmäler: Notker 4,59,8 Τάΐζ istpoeticum . dä^ ter regen st iunonis suei%. Tatian 601,15f. uuart tho sin sueiζ sama so tropfo bluotes rinnenti In erda. Glossare: III, 19,48 :olor uel sudor suue:: (1. swei$, Gruppengl, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. 1,110,208 sudor: svvei^ Summ. Heinr.

swil

247

HSH. II, 6,95 sudor: suev^ Summ. Heinr. (StSG. Ill, 72,38.178,28). III, 392,45 Suin% sudor: swei^ Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 161,50 Sudor : swei% J., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. SchW. 278, StWG. 615, SAW. 1,978. Herkunft: mit as. afries. swei, ae. swät aus westgerm. *swaita- 'Schweiß', daneben als «-Stamm an. sveiti. Außergermanisch vergleichen sich etwa ai. sveda, griech. ίδος, lat. sudor, so dass ie. *swoid-/ sweid- zu dem in nhd. schwitzen vorliegenden starken Verb gebüdet worden ist. KS. 749, Pfeifer 1260, DWB. 9,2455, IEW. 1,1043. - vgl. mhd. swei%. sweizloch* stN. 'Schweißpore' (Gl.) - porus 'Kanäle, Röhren im menschl. Körper', spträmentum 'Lufdöch, Luftröhre, Öffnung'. Glossare: HSH. II, 6,95 pori: suei(jocher, Summ. Heinr. HSH. 1,130,209 pori, spiramenta: swei^lochir, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,39.178,27). StWG. 615, SAW. 1,978 u. 570. Herkunft: Kompositum; zu —» sivei% sowie zu ahd. loh "Loch, Öffnung'. DWB. 9,2467f. - vgl. mhd. sweizloch 'Pore'. swenkel* swM. 'Hoden' (Gl.) - virils 'Zeugungskraft, Zeugungsglieder'. Glossare: HSH. II, 538,356.1 virile: swencheln, Summ. Heinr. (StSG. III, 263,36. 310,42). StWG. 616, SAW. 1,985 swenkilo. Herkunft: Eine Instrumentalbildung zu mhd. sWengen, swenken, als 'etwas, das zum Schwingen gebracht wird, oder das schwingt'. Wohl eine Nebenform zu Schwengel. KS. 750, DWB. 9,2528f. - vgl. mhd. swenkel. swil stN. 'Schwiele, verhärtete, dicke Haut' (Gl.) - callus 'verhärtete, dicke Haut, Schwiele; Knochengeschwulst'. Glossare: III, 52,59 Calcus : Swil, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 432,25 Callo : suuil, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. III, 439,74 Callus: svil, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg UB, M. p. th. q. 60. (Die übrigen Belege sind nicht eindeutig auf den menschlichen Körper beziehbar; vgl. auch im Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen".]

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Kötperteilbezeichnungen

StWG. 619. Herkunft: mit as. sml, ae. swyk ein Verbalabstraktum zu *swel- in ahd. swellan 'schwellen'. KS. 751, DWB. 9,2615, Höfler, Krankheisnamenbuch, S. 622. - vgl. mhd. swil 'Schwiele, Fußsole'.

Τ tenar stM. "hohle Hand' (Gl.) - cleffal (s. L. Diefenbach, Glossarium, S. 126), ir, hir 'die hohle Hznd', palma 'die flache Hand', vola 'die hohle Hand, hohle Fußsohle'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 7,8 Ir: tenar, Alcuin, gramm. p. 515, Clm 6404; Nr. 355, BV. 537, Hs. spätes 9. Jh., bair. II, 363,9 Ir: tenar, Phocae Ars (Grammaticae Latini) 412,5, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. - distenar, Clm 14689. II, 371,50 (Ιή ir medietas palmt./. tenar, Prise, inst. 184,15, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. II, 375,60 Ir medietas palm( .i. tenar, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. II, 594,29 Uohm : tener, Prud. perist. 242, Clm 13108; Nr. 378, BV. 563, Hs. 13. Jh. Glossare: HSH. II, 217,161.1 ckssal, c l e f f a l , celiffal·. tenar, Summ. Heinr. (StSG. III, 296,30. 313,45. 331,7). III, 353,71 Ir : tener, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 433,21 Ir: tenar, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 435,37 Celsfar : tenar, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,22 Ir : tenar, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 661,52 Palma : hant. uola . tenir, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 662,20 Celfal: tenir ( ) uolaße, ebd. IV, 45,56f. Celffal: tenar, Glossae Salomonis (a, b), ebd. tener (g, k). (Parallelhs.: tenre, s.u. tenara). IV, 73,14 medietaspalme id est tenar, Glossae Salomonis (k, m). IV, 110,8 Vola: tenar {a). tenr (b, c), Glossae Salomonis. IV, 147,42 Ir medietas palme .i. tenr ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair.

tila

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IV, 215,39 Ir : teuer, Alphabetisches GL, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg UB, M. p. th. q. 60. Adespota: IV, 228,1 Uola: ir. I tenar, Brüssel BR. 10072; Nr. 47, BV. 83,11. Jh. StWG. 624, SAW. 1,996. Herkunft: mit giiech. θέναρ 'Handfläche, Fußsohle zu einer Wurzel *dhen- 'Fläche der Hand, des Erdbodens, flaches Brett*. IEW. 1,249, R. Lühr, Reste, S. 67f., M. Janda, Die hohle und die geschlossene Hand, S. lf. - vgl. mhd. tener 'die flache Hand'. tenara F. 'hohle Hand' (Gl.) - cleffal (s. L. Diefenbach, Glossarium, S. 126), ir, htr 'die hohle Hand'. Glossare: III, 439,7 Yr: tenre, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 45,56 C e j f f a l : teure (c), korrigiert aus tenar, Glossae Salomonis. (Parallelhs.: tenar). StWG. 624, SAW. 1,996. Herkunft: als Femininum neben —» tenar. tila, tilla stswF. *Brustwarze, Zitze' st.sw.F. (Gl.) - papilla "Brustwarze, Zitze', über Hüter, Zitze, säugende Brust'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 344,14 Papillarum. scabearum. id que dillono, Lv 14,56, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. [eine Fehlglossierung oder ein anderes Wort!] I, 352,4 Ubere : tilun, Lv 22,27, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - tilun, Wien, ÖNB 2723. - tikn, Clm 13002. Clm 17403. - tillin, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 326,39 Papillarum : tillo, Hieron. Epist. LXVI p. 393, El Escorial (Madrid), Monasterio de San Lorenzo el Real. Bibliotheca b. III. 2.; Nr. 135, BV. 148, 11./12. Jh., ostfrk. (?). II, 651,61 Ubera : tilun, Verg. Aen. III, 392, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 662,13 [circum] Ubera: tilun, Verg. Aen. VIII, 45, ebd. II, 663,54 Vbera [circum] : tilun, Verg. Aen. VIII, 631, ebd. II, 674,7 [circum] Ubera : dilon, Verg. Aen. VII, 45, Clm 305; Nr. 303, BV. 447, Hs. 11./12. Jh., alem. Glossare: III,4,12 Ubera : tilo, Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk.

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Körperteilbezeichnungen

StWG. 625, SAW. 1,997. Herkunft: mit ae. delu 'Brustwarze, Zitze' als /-Erweiterung zur Wurzel *dhe- 'saugen, säugen'. Außergermanisch vergleicht sich griech. δελε 'Mutterbrust', lat. fiüus 'Sohn' (aus 'Säugling'), mir. del'Zitze'. IEW. 1,242. -> tilli. tilli stF. "Brustwarze, Zitze' (Gl.) -papilla ürustwarze, Zitze'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 421,45 Papillae : tilli tultili mamme, Prud. cath. 165, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs. tutih). StWG. 626, SAW. 1,997. Herkunft: Vermutlich eine lautmalende Variante zu —> tila, tilla. Onomatopoetischer Herkunft sind auch vergleichbare Bildungen wie ahd. —> tutta, nhd. nd. Titte. Andernfalls wäre das Wort mit der Wortfamilie um nhd. Tülle 'Ausgussmündung von Gefäßen', ahd. tulti 'Röhre an der Pfeilspitze' (?) zu verbinden, doch ist der semantische Zusammenhang insgesamt weniger einsichtig. IEW. 1,242, KS. 840 s.u. Tülle. tincta 'schwarze Galle' (?) - tinctus 'Tunke, Brühe', mlat. (aqua) tincta 'gefärbtes Wasser'. Glossare: III, 603,4 Atramentum : äncda, Bemer Rezepte, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 626, SAW. 1,998. Herkunft: eine Entlehnung aus lat. tinctus. Zur vermuteten Bedeutung vgl. —> saf im selben Text sowie —> tincta 'Tinktur, Metallsulfat (als Heilmittel)' im Abschnitt „Heilung und Gesundheit". tinna stswF. 'Stirn' ( G l . ) - f r o m 'Stirn'. Glossare: HSH. 1,125,137frons: tinna, Summ. Heinr. (Parallelhs. stirna). HSH. II, 5,59 frons: dinna, Summ. Heinr. (Parallelhs. stirna). (StSG. III, 69,64). III, 438,23 Frons : tinne, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 660,44 Frons : tinne anterior pars capitis, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. IV, 186,45 Frons: tinne, Alphabetisches Glossar, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 1325. StWG. 626, SAW. 1,999. Herkunft: das offenbar nur hochdeutsch erhaltene Simplex in der Bedeutung 'Stirn' erscheint sonst nur schwundstufig als Grundwort in Komposita, so in an.

tutta

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punnvangt, ae. punwang(e). Es gehört mit ahd. duntti, lat. tenuis zur Wurzel *tenu'dünn, lang gedehnt'. IEW. 1,1069. - vgl. mhd. tinne 'Stirn'. treno swM. 'Fußsohle' (Gl.) - planta 'Fußsohle', solea 'Sandale, Fußsohle (der Tiere)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 443,9 Solo trenvn planta, Prud. perist. 116, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - trenunplanta, Clm 14395. StWG. 633, SAW. 1,1237. Herkunft: Unklar; vielleicht zu langobard. treno Unterarm'? Nach F. v. d. Rhee, Die germanischen Wörter, S. 127f. ist es aber fraglich, ob dieses Wort überhaupt germanisch sei. J. Grimm, Geschichte, S. 712, stellt es zu lit. trainys 'Hinterarm', doch wird laut W. Bruckner, Die Sprache der Langobarden, S. 68, langob. ai nicht zu e kontrahiert. A. Niederhellmann, Arzt, S. 193, vermutet eine Verschreibung statt treno 'Unterarm'. *trlz 'Harn' erschlossen aus tri^an 'harnen' und tris^stuol 'Nachtgeschirr'. StWG. 636, SAW. 1020. Herkunft: zum starken Verb ahd. tri^an, vgl. IEW. 1,256, VEW. 164f. thunubein stN. 'Schläfe, Schläfenknochen' (Gl.) - tempus'Schläfe'. Glossare: III,430,16 Timpora : thuinnebein, Einzelglossar, Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - tbenebh, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429, Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. KFW. 2,727 s.u. thunibein, StWG. I l l , SAW. 1,46 u. 1,999. Herkunft: Kompositum; nur ahd.; wohl nicht als thunubein zu ahd. dunu- wie in —> dunuwengi sondern zu —> bein und —> Unna. tutta swF. "Brustwarze, Zitze, weibliche Brust' (Gl.) - tnamilla "Brustwarze, Brust', mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze', papilla "Brustwarze, Zitze', über 'Euter, Zitze, säugende Brust'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 230,31 Mamme pubertatis : kauuahsano tattun, Greg, cura 3,28 p. 82, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 949. IV, 331,38 Mammilla : tuuttun, zu Greg. hom. 1,19 p. 1513 (?), Fragment St. Emmeram, verschollen; Belege aus C. Sanfds Abschrift. II, 490,53 Paptlfc. tuten, Prud. cath. 165, Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12.Jh.,alem.

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Körperteilbezeichnungen

11, 531,64 Papilk : tuttin, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. 11,553,14 Paptlk : tut ten, ebd., Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 571,20 Papillas : tutten, Prud. symm. II, 38, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. Jh., mfrk. - txtt:n, Köln, DB. LXXXI. Glossare: HSH. 1,130,205 vbera, mamm?. de^ce, Summ. Heinr. HSH. 1,130,204 vbera, mamm?. duttun, Summ. Heinr. HSH. II, 366,129 mamma, mamilla: tutten, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,28. 246,22). III, 439,50 Papilla : tute wer^e, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 153,67 Papille : tutten Λ., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 216,23 Mamma : tuta, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - tutta, Würzburg, UB. M. p. th. q. 60. Thoma 27,3 Vberum : tutton, Gn 49,25, St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. StWG. 645, SAW. 1,1026. Herkunft: Vermutlich mit Vokalvariation wie ae. tit(t) eine Lautgebärde aus der Kindersprache. Erst im Mittelhochdeutschen stehen sich lautverschobenes sjtig und tut(t)e gegenüber. Zit^e gilt dann für 'Saugwarze weiblicher Säugetiere', tutto, tut(t)e für die weibliche Brust als expressive Bildung ohne Anteil an der Lautverschiebung. Andernfalls könnte Anschluss an die Wortfamilie um nhd. Tüte erwogen werden. KS. 913, Pfeifer 1620 s.u. Zit^e, KS. 826 s.u. Titte. tutti stN. "Brustwarze, Zitze, weibliche Brust* (Gl.) - mamilla "Brustwarze, Brust', mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze', papilla "Brustwarze, Zitze'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 563,54 Papillarum : tut ti, Prud. perist. 738, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. Jh., mfrk. Glossare: HSH. II, 366,129 mamma, mamilla: tutti, Summ. Heinr. (StSG. III, 246,23. 280,9. 303,45. 320,26; Parallelhs.: tutten). StWG. 645, SAW. 1.1037. Herkunft: als stN. neben —> tutta. tuttilln stN. "Brustwarze, weibliche Brust* (Gl.) - mamilla "Brustwarze, Brust', mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze', papilla *Brustwarze, Zitze*. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

tutto

253

II, 382,3 Papilla : tuttik, Prud. cath. 165, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389,11. Jh., bair., ebenso Göttweig, StiftsB. 34/44. II, 385,12 Papilla. : tuttik, ebd., Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 400,14 Papilk: duttik, ebd., Wien, ÖNB 171; Nr. 579, BV. 896,12. Jh. 11,421,45 Papillae : tutili mamme, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - tilti tultili mamme, Clm 14395. II, 503,21 Papilk : tuttuti, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./11. Jh., alem. - txttilkn, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. 11, 559,11 Papilk : uberis tuttik, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. Jh., mfrk. II, 576,38 Papilk : tuttik, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; Nr. 100, BV. 105,10. Jh., mfrk. II, 507,54 Papillas: tutik, Prud. perist. 77, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008,11. Jh., alem. - txttklk, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316. Glossare: HSH. 1,130,205 mamill?. dvttekn, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,30. 32). III, 437,7 Mamma : tute/, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. IV, 150,20 Mamille : tutil:, London, Glossae Salomonis, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 150,22 Mamma uter.t. I cice Λ. / tuttelin .t., ebd. [Alle Belege zu vitellum 'Dotter, Eidotter' (s. L. Diefenbach, Glossarium, S. 623; StSG. IV, 109,17. 109,19. 165,39, Glossae Salomonis) sind mit StWG. 855 zu tuterlin (StWG. 645) zu stellen.] StWG. 645, SAW. 1,1037. Herkunft: Diminutivbildung zu —> tutta, tutti, tutto. tutto swM. "Brustwarze, weibliche Brust; Zitze' (N.; Gl.) - mamilla Tirustwarze, Brust', mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze'. Literarische Denkmäler: Notker 4,86,1 Ort habet er tueres in ?tlun stände . gägen dien tütton . ünde einen nideror samoso in sinemo sco^en. (u. ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 646,35f. Mamma bubertatis : tutto ivgrndi, Ez 23,3, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - tutto, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 17403. - tötto, Clm 22201. Glossare: III, 4,13 Mamilla •. tutto, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk.

254

Körperteilbezeichnungen

III, 19,4 Mamille : tutto, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. SchW. 291, StWG. 646, SAW. 1,1037 sw.M. Herkunft: als swM. neben —» tutta. Von den überlieferten Varianten anscheinend die älteste. tuttünhoubit stN. "Brustwarze' (Gl.) - papilla "Brustwarze, Zitze'. Glossare: 111,4,14 Babille : tuten haubit, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. StWG. 646, SAW. 1,1037. Herkunft: Kompositum; zu —> tutta, houbit. Die Bildung setzt voraus, dass das Simplex tutta als "Brust' und nicht selbst schon als "Brustwarze* aufgefasst wurde.

u ubarkniuwi stN. 'Oberschenkel' (Gl.) - femur "Oberschenkel, Dickbein'. Glossare: 1,158,13 Femur : uparchniuui, Abrogans, Pa. K. - upar kniui, Abrogans, Ra. uparchneo, Abrogans, R. StWG. 648. Herkunft: Kompositum; zu —> knio sowie zu ahd. ubar 'über'. umbiherza swN. 'Herzzentrum (als Sitz der Gefühle und Empfindungen), Brusthöhle, Zwerchfell' (?) (Gl.) - praecordia 'die Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt, Zwerchfell (Diaphragma); Eingeweide, Brusthöhle; Brust, Herz als Sitz der Empfindungen'. Glossare: I, 233,19 Precordia : umpiher^a, Abrogans, K. Ra. StWG. 653, SAW. 1,385. Herkunft: Kompositum; zu —> her^a sowie zu ahd. umbi 'um, herum, um ... herum'; s. —> forahernjda. underbrä stN. "die Stelle zwischen den Augenbrauen, das dritte, innere Auge' (N.) - älium "das (untere) Augenlid'. Literarische Denkmäler: Notker 4,122,1 Tero einiu chüsta sia an demo ünderbräuue. Anderiu chüsta sia an den münt. tia dritta än die brüste. SchW. 302, SAW. 1,96.

uohsa

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Herkunft: Kompositum; zu —> bräwa sowie zu ahd. untar 'unter, unterhalb, zwischen'. DWB. 11,3,1510 Unterbraue mit der Bedeutungsangabe 'Raum zwischen den Wimperhaaren und der eigentlichen Braue'. - vgl. mhd. underbrä 'intercilium'. untarkinni stN. TJnterkinn' (Gl.) - submentum 'Unterkinn'. Glossare: III, 18,39 Subment.. ..ta. chinn (nach Steinmeyer ist Submenus, un]/a[rchinn]/ zu lesen), Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 475,305 submentum : unterkinni, Summ. Heinr. HSH. 1,128,176 submentum : underkinne, Summ. Heinr. HSH. II, 5,78f. submentum : unterkinne, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,8.177.70. 257,39. 288,39. 308,47. 345,5.) III, 434,29 Submentum : vndirkinni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 689,67 Submentum : vntarchinni, Mischgl., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. IV, 176,2 Submentum. est quod sub mento Id est untarchinni, Alphabetisches Gl., Clm 14429; Nr. 389, BV. 586, Hs. 9. Jh., obd. StWG. 675, SAW. 1,456. Herkunft: Kompositum; zu —• kinni sowie zu ahd. untar 'unter, unterhalb, zwischen'. DWB. 11,3,1637. - vgl. mhd. underkinne. untafkümibein stN. Unterkinn, Unterkiefer' (?) (Gl.) - submentum 'das Unterkinn'. Glossare: HSH. 1,128,176f. submentum: νnder kinpain, Summ. Heinr. StWG. 675, SAW. 1,46 u. 1,456. Herkunft: Kompositum; zu —> untarkinni, bein 'Knochen'. uohsa swF. 1. 'Achselhöhle', 2. 'Arm' (Gl.) - äla 'Achsel, Achselgrube, Arm; Flügel', ascella 'Achselhöhle, Achsel; Flügel'. Glossen zu biblischen Schriften: 1, 526,1 Ascella .i: ochasa, Prv 19,24, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. (Parallelhs.: vcbsana). ['Hand, Arm"] I, 526,37 Ascella : ucbasa, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. I, 535,76 Ascella : öchisa, Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem. I, 536,4 Ascella : uochisa, ebd., Stuttgart, WLB. HB IV 26; Nr. 561, BV. 867, 12. Jh., alem. [s. -> uohsana[. (Parallelhs.: uohsinin).

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Körperteilbezeichnungen

IV, 276,10 Ascella : ochese, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossare: III, 19,3 Ascella: hohasa, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208, 10. Jh., alem. HSH. II, 161,186 ala: öchesa, Summ. Heinr. (StSG. 111,71,44. 178,8. 222,7. 265,11. 293,17. 310,62. 328,20 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. BX 18, Nr. 3.) III, 392,3 Iunix. ascella : höchisa, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 433,19 Ascella: ochasa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. - oah chasa, Fulda, Hessische LB. C 11. (Parallelhs. uoksina). III, 437,9 (?) O'cella : büst, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 694,14 Ascella : öcbse, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. V, 39,29 Ascella : vochasa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. Mayer 118,22 alsa uel ascella uohse, Glossarium latinum (nach Isid. eym.), Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. [In der Bedeutung 'Hügel' StSG. I, 355,2. IV, 256,10. 257,16 (Lv 1,17).] StWG. 680, SAW. 1,11. Herkunft: mit ae. öxn und an. äst mit verschiedenen Erweiterungen als dehnstufige Bildung im Ablaut zu ahsla. Außergermanisch vergleicht sich lat. äla 'Flügel', arm. anut''Achselgrube'. KS. 12, Pfeifer 10 s.u. Achsel, DWB. 11,2,714, IEW. 1,6. - vgl. mhd. uohse, üehse. uohsala stF. 1. 'Achselhöhle', 2. 'Arm' (Gl.) - äla 'Achsel, Achselgrube, Arm; Flügel', ascella 'Achselhöhle, Achsel; Flügel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 379,14 Ascelk : oslun, Prise, inst. 491,19, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. Glossare: III, 431,4 Al( : oselen, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. (fslen, Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429; Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. StWG. 680, SAW. 1,11. Herkunft: eine Suffixerweiterung zu —> uohsa.

uohsana

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uohsana stF. 1. 'Achselhöhle', 2. 'Oberarm' (Gl.) - dla 'Achsel, Achselgrube, Arm; Flügel', ascella 'Achselhöhle, Achsel; Flügel', lacertus 'Muskeln, Muskeln des Oberarms, Oberarm', sub brachia 'Höhlung unter dem Arm'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,526,1 Ascella .i. vchsana, Prv 19,24, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. (Parallehs.: ochasa). I, 535,74f. Ascella : uohsinin, Prv 19,24, Wien, ÖNB Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB Cod. 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - uosinin, Clm 19440. - uosinin, Clm 18140. - uhsine, Clm 13002. - uhsin', Clm 17403. - uohsana, Clm 14689. - ovhsena, Clm 4606. - bvoshin, Clm 6217. - uoshtn, Clm 14745. - vsina, Engelberg, StiftsB. Codex 66. (Parallelhs.: uochisä). I, 540,15 Ascella : ocha'sa, Prv 19,24, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, II, Jh., fränk. u. alem. Glossare: I, 205,4 Lacertus : oahsana, Abrogans K. Ra. HSH. II, 5,84 alt, ascelle: ochisun, Summ. Heinr. HSH. II, 5,84 al{: vchesurt [conj.], Summ. Heinr. (StSG. III, 222,8. 323,62. 350,17). III, 353,64 Ascella : vochsin, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 362,50 Ascelle •. ocsen, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs.13. Jh., mfrk. III, 433,20 Ascella : uohsina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. (Parallelhs. ochasa). III, 434,35 Subbrachia sunt ascell$ : vchsina, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 436,20 Ascella : rnhsana, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 438,6 Ascella : uohsini, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 661,38 Ascella : Ösen, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 36,51 Ascella: öhsin, Glossae Salomonis (c). IV, 131,51 Ascella .i. ochsena, Glossae Salomonis, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 180,55 Ala. ul ascella : vhsen, Glossae Salomonis (a), ebd. vgsen (b). IV, 181,48 Ascella \ husen, Glossae Salomonis (a), ebd. hausen (b). IV, 218,24 Ascella t ösana, Alphabetisches Gl., Cgm 187; Nr. 296, BV. 440, 11-/12. Jh., bair. (?)

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Körperteilbezeichnungen

Mayer 119,19 ascella : huhsen, Glossarium latinum, nach Isid. etym., Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. P e r Beleg StSG. I, 540,15 Ascella : ochasan, Prv 19,24, Karlsruhe, St. Peter perg. 87, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 214. - In der Bedeutung 'Flügel' steht StSG. 1,346,13f. (Lv 1,17).] StWG. 680, SAW. 1,11. Herkunft: eine Suffixerweiterung zu —> uohsa. ütar stM. 'weibliche Brust, Busen' (Gl.) - üter 'Schlauch', mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 708,22 Other : udra, Verg. Aen. V, 285, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./ll.Jh., mfrk. Glossare: IV, 150,22 Mamma uter.t. I cice .t. I tuttelin ./., Glossae Salomonis, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Die übrigen Belege beziehen sich auf Euter und Zitzen von Tieren bzw. auf lat. üter in der Bedeutung *(Wein-)schlauch', so StSG. IV, 186,24.] StWG. 685, SAW. 1,1046. Herkunft: mit as. ae. üder aus westgerm. *üdara- "Euter' aus ie. *üdiar-/n- 'Euter'. Außergermanisch in ai. üdhar, griech. οΰδαρ, lat. über. Letztlich zu einer Wurzel *»/-, die wohl 'schwellen' bedeutet. KS. 237f., DWB. 1,1044 s.u. Auter, 3,1197 s.u. Euter, IEW. 1,347. - vgl. mhd. üter, iuter. üvo swMF. 'Gaumenzäpfchen' (Gl.) - frumen 'Kehlkopf, Kehle, Schlund' (sieh dazu unter —> drosga), subUnguium 'Kehldeckel'. Glossare: III, 391,53 Franix : h"ubo, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. -yuula : hitbo, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 453,37 Subünguium : uvo, Tiergl., Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./ 12. Jh., bair. IV, 65,32 Trumen : wo, Glossae Salomonis (a), ebd. uuo (d). IV, 170,27 Frumen : vuo, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. StWG. 685. Herkunft: endehnt aus lat. üva 'Gaumenzäpfchen'. - vgl. mhd. üve, üfe. üztragel stM. 'Darmausgang' (Gl.) - antarticus "Darmausgang' (MlatWb. 1,687). Glossare: 111,439,44 Antarticus : ustragel, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair.

wado

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StWG. 687, SAW. 1,1008 ü^-tregil. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. ü^-tragan, als „Austräger". - vgl. mhd. üvgrtgel.

w wada* F. 1. «Wade, Unterschenkel', 2. 'Wadenbein' (Gl.) - süra *Wade, Wadenbein*. Glossare: IV, 100,13 Sur a: wada, Glossae Salomonis (c). (Parallelhs.: wada, wade). StWG. 688, SAW. 1,1049. Herkunft: als Femininum neben —> wado. wado swM. 1. Wade, Unterschenkel', 2. 'Wadenbein' (Gl.) - crüs 'Unterschenkel, Unterschenkelknochen', mlat. auch 'Schienbein' (MlatWb. 2,2046f.), süra "Wade, Wadenbein', suffrägo 'Hinterbug (eines vierfiißigen Tieres)'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 368,4 In suris: in uuadon, Dt 28,35, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. - wadon, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. I, 371,12 In suris vuadon. I rkhpn (Steinmeyer: dh. rihon), ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. IV, 260,29 Suris: wade, ebd., Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./13. Jh., bair. I, 383,44 Suram : uuadon, Idc 15,8, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; BV. 779, Nr. 521,10. Jh., alem. I, 386,22 Suras : wadun, ebd., Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair. wadin, Clm 6217. Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Stuttgart, WLB. HB IV 26. - wadun, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - waden, Clm 14745. I, 387,6 Surae : waden, ebd., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. V, 3,3 Suras : wade, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323, 14. Jh. IV, 263,29 Suras : waden, ebd., Codex Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. Jh., ahd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 16,22 Suras : uuadin Aldh. laud. virg. 168,27, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13. Jh., alem. - uuadon, Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 242. 11,20,6 Suras : uuadon, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. Jh., fränk. (?)

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Köiperteilbezeichnungen

11. 340,22 Sure : wade, Isid. etym. XI, 1 p. 18, Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./13. Jh., bair. II, 691,1 Suras : vuaden, Verg. Aen. I, 337, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. IV, 350,46 Suras, tibias crura. : uuadon, ebd., Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876,11. Jh., alem. IV, 347,49 Suras: uuado, Verg. Ekl. VII, 32, ebd. Mayer 148,3 suras : uuadon, ebd., Würzburg, UB. M. p. misc. ο. 1., Vergilfragmente; BV. 999a, 9. Jh. II, 769,4 Suras: xxbdpn (dh. uuadon), Walahfr. vis. wett. 212,16, Rom, BV. Reg. lat. 356; Nr. 542, BV. 823,10./11. Jh., fränk. II, 769,27 Suras : uuadon, ebd., Oxford, BL. Laud. misc. 410; Nr. 503, BV. 737, Hs. 11., 12. u. 15. Jh. - uuadun, Clm 18628. IV, 266 A . l l Crus wade, Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362, wohl mhd. (jüngere Hand). Glossare: I, 233,14 suffragines : uuadun, Abrogans, R. (Parallelhs.: theopra, deohpratun) I, 243,35 Suffragines: uuadun, Abrogans, R. III, 19,24 Sura : uuado, Gruppengl, (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. III, 52,46 Sura : wade, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. II, 475,304 sura : wado, Summ. Heinr. HSH. II, 475,304 sure: waden, Summ. Heinr. HSH. I, 134,246 sure : wadun, Summ. Heinr. HSH. II, 6,113 sures : wadun, Summ. Heinr. (StSG. III, 74,17. 74,33. 178,55. 258,56. 308,46. 345,20). III, 354,22 Sura : wade, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 363,39 Sura : wado brado, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 392,62 Moueni% sures : wado, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 410,67 Suram : waden, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 433,64 Surf : uuadun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - uuadon, Fulda, Hessische LB. C 11. - uuadin, Clm 14689. III, 435,12 Sure : wadun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 435,51 Svres : vuadun, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem.

waltowahso

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III, 436,58 Sure : Vuadon, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 437,8 Sura : wade, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV.'600,14. Jh., bair. III, 438,44 Sun • uuadin, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., alem. III, 439,36 Sum: wade», Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 509,23 Sure : wadun, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 662,7 Sura : wade, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 691,22 Sura : wade, Mischgl., Altenburg, StiftsB. AB 13 A 11; Nr. 8, BV. 9, 13. Jh., obd. IV, 100,13f. Sura : uuado, Glossae Salomonis (i), ebd. wado (a), wade (b). (Parallelhs.: wada). IV, 161,63 Sura : wado ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 172,32 Sura : wado, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 192,51 Sura : wade, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - .i. wald', Wien, ÖNB 1325. Mayer 126,5 sura : vvad, Glossarium latinum, Isid. etym. Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. HHH 20,30 Sura : Wad, Glossar, Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. [Die Belege StSG. IV, 209,19 Sura : uuatho, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61 und II, 716,43 Suras : uuathan, Verg. Aen. I, 337, Oxford, BL. Auct. F. 1.16, sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216.] StWG. 688, SAW. 1,1049. Herkunft: mit as. wado, an. voivi aus germ. *wapwön 'Muskel, dickes Fleisch'. Weitere Zusammenhänge sind unklar; vielleicht zu einer Wurzel *wat- 'krümmen, biegen' in lat. vatax 'krumme oder schiefe Füße habend'. KS. 870, Pfeifer 1529, DWB. 13,239£, IEW. 1,1113. In StSG. III, 363,39 Sura: wado brado, liegt vielleicht ein Kompositum vor. Zu ahd. bräto s. —> lentinbräto. - vgl. mhd. wade. waltowahso swM. 'Sehne, Nerv' (Gl.) - nervus 'Sehne, Flechte, Nerv; Bogensehne'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 285,7 Neruum uualteuuahsun, Gn 32,25 (32), Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC.

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Körperteilbezeichnungen

Thoma 13,24 turtum : uualto uuasen, ebd., St.Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. I, 506,13 In nemo : inualtiuasin, lob 33,11, Clm 6225; Nr. 339, BV. 503, Hs. 9. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 3,16 Nemos ./. uualtuhassun, Alcimus Avitus 1, 98, Clm 330; Nr. 304, BV. 448,10. Jh., bair. II, 333,46 Nemuos : uualtuabsun, Hieron. in Matth. 112, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: III, 490,14 Neruum: waltowahso, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. (CGL. 570,10) III, 505,14 Nemus: weldeuuahso, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. [Die Mehrzahl der Glossen stellt sich zu anderen, nicht anatomischen Bedeutungen copadium 'gehacktes Fleisch' (?): HSH. II, 213,119.9 copadium : weltewahso, HSH. II, 240,01.2 copadium : weltewahsa, Summ. Heinr. (StSG. III, 226,41. 231,39), pulpa 'Fleisch, Muskelfleisch': StSG. III, 676,59 Pulpa : waltewahse, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair., scorpio 'Skorpion': StSG. I, 430,45 Scorpionibvs : waltowahson. / sumirlaton., III Rg 12,11, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863, 12. Jh., alem., Parallelhs.: astalohten, stabon. affaltirinen). Dies gilt ebenso für die Variante ιvildiwahso 'Sehne' (?) als Umdeutung zu wild-, HSH. II, 110,100 copadium : wildiwahso, Summ. Heinr. (StSG. III, 219,26).] StWG. 693 und 833, SAW. 1,1053 u. 1,1057. Herkunft: mit afr. walduwaxe, mnd. wildewasse, obd. wildwachs 'Sehne' von unklarer Herkunft. Auch das Benennungsmotiv ist unklar, s. KS. 891. DWB 13,1396f. wird eine unklare Komposition aus walten und wachsen im Sinne von „Kraftwachstum" vermutet, s. auch T. Arnoldson, Parts, S. 187; N. Törnquist, Zur Terminologie, S. 132-140, versucht Anschluss an wahs. — vgl. mhd. waltewahse. wamba, womba stswF. 1. "Bauch, Leib', 2. 'Mutterleib, Schoß; Gebärmutter' (I.MF.MH.N.O.OT.Ph.PG.T.WH.; Gl.) - alvus 'Unterleib, Bauch, Magen, Mutterleib', aqualiculus 'Magen, Unterleib', uterus 'Leib, Unterleib, Bauch, Mutterleib, Gebärmutter', venter *Bauch, Leib, Mutterleib', ventriculus 'der kleine Bauch, Magen', vulva 'Gebärmutter, Hülle'. Literarische Denkmäler: Isidor 36,18 Dhinera uuomba uuaxsmin set^u ih ubarmiin hohsetli. Monseer Fragmente 41,5 bota scaf huuaif. enti in ira uuam ba. (u. ö.). Murbacher Hymnen 4,5,2 kitagi noh uuamba kaanavge. Notker 8,57,4 V^er sinero mudteruuombo. cham er. (u.ö.) Otfrid 2,12,24 ... älter intifmater, in uuamba them müater. Pariser Gespräche 11 Guanbe. ««»4er].

wamba

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Physiologus 131,118 So dann div iungtde giuudhssent in in (der Viper) uuanbe, so durehbivgent sie si uncle gant so Tatian 203,4 salig uuamba thiu thih truog. (u.ö.). Williram 17r,ll Höne dero mägede uuambon in die crippon!(u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: 1, 369,21 Uentriculum : vuäpa, Dt 18,3, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. - uuampa, Wien, ÖNB 2723. Clm 14689. - wampa, Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 4606. Clm 14584. - wamba, Clm 13002. Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Stuttgart, WLB. HB IV 26. Admont, StiftsB. 508. Clm 17403. - Jvambe, Clm 22201. - wamba, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - wamb, Clm 14745. - wambl, Clm 6217. V, 2,25 Ventriculum : ιväme, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. IV, 260,6 Uentriculum: vuamma, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 412,42 Qui phitones in uentrem habebant dhie uuitgac atü in uuambu hebiton, I Sm 28,3, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. I, 627,19 Uentrem meum doleo : min vuampa svirit mih, Ier 4,19, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - uuampa, Clm 14689. vuäpa, Wien, ÖNB 2723. uuäpa, Wien, ÖNB 2732. 1,733,29 Uuluam : uuamba, Lc 2,23, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777.9. Jh., alem. Glossare: I, 22,33 uenter: uuamba, Abrogans, Pa. 1,127,36 Ydropicus: der uuavgar hab" in uuampa, Abrogans, R. III, 19,11 Uenter: uuamba, Gruppengl., St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208.10. Jh., alem. III, 52,52 Uulua : wäbe, Versus de Volucribus, (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,135,265 ventriculus: wamba, Summ. Heinr. HSH. II, 7,122 ventriculus: wamba, Summ. Heinr. HSH. II, 546,01.5 vulva : wamma, Summ. Heinr. (StSG. III, 75,33.178,77. 264,5). III, 392,28 Tifya. uentriculus : wamba, Glossae Hildegardis, Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk., Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 433,42 Uenter: uuäba, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - uuamba, Clm 14689. - est huuamba, Fulda, Hessische LB. C l l . III, 435,6 Venter, est wamba, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem.

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Körperteilbezeichnungen

III, 437,20 Venter : uuamba, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44,2. Viertel 9. Jh., alem. III, 439,52 Aluus : wambe. ul uterus, ul uulua, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 510,32 Vulua : wamba, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./ 12. Jh., alem. IV, 15,5 Puerperium chinth inuuäbo kifestino, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 107,13 Ventriculus: varbe, Glossae Salomonis (g). (Parallelhs.: mago). IV, 164,42 Venter : wamba ./., Glossae Salomonis London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 218,42 Ventrix: wambe, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. W 96,24 Ventra meum doleο : mitt vvampa swirit mih, Glösa super Hieremiam Prophetam 4,19, Cgm 5248,2; Nr. 299; BV. 443, 9. Jh., bair. P e r Beleg StSG. IV, 196,2 Aquicolus. I aquahcolus : uuäba, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215.] SchW. 308, StWG. 693, SAW. 1,1058. Herkunft: mit afries. wamme, mmrne, ae. wamb, an. vomb, got. wamba aus germ. *ιvambö 'Bauch'; die weitere Herkunft ist unklar. KS. 874, Pfeifer 1536, DWB. 13,1442f. Das offenbar nur auf den Menschen bezogene Wort steht im Gegensatz zu ahd. wambo Wanst, Kaldaunen' (StWG. aber: 'Bauch, Gebärmutter"), das als Glosse zu lat. omäsum 'Rinderkaidaunen' erscheint und ahd. wanast, wenist (nur ahd.), das als Prudentiusglosse zu lat. abdomen bezeugt ist und den Bauch oder Magen von Schweinen bezeichnet sowie einmal als Glosse zu lat. farcimen (StSG. II, 535,64) wohl die Bedeutung 'Wurst' trägt. — vgl. mhd. wambe, wampe, wamme. w a n g a swN. 'Wange, Backe', PI. 'Gesicht' (L.O.OT.T.; Gl.) - bucca 'die aufgeblasene Backe', fades 'äußere Gestalt, Gesicht', follis "Ballon, Blasebalg, Schlauch, Sack', gena "Wange', eigend. 'die fleischige Erhöhung unterhalb des Auges, zwischen Schläfe und Unterkiefer, deren Farbe Gemütsstimmung, Gesundheit, Krankheit etc. anzeigt; Augenlider, Augen', mala 'Kinnbacken, Kinnlade', mäxilla 'Kinnbacken, Kinnlade; Kinn'. Literarische Denkmäler: Ludwigslied 86,49 Uuig uuas bigunnan, Bluot skein in uuangon. Otfrid 4,19,17 Mit uuangon tho bifilten bigab er äntuuurten. Tatian 145,2f. uspuh oba thih sihuüer slahe In thin %esuua uuangagarauui Imo tba\ι ander. Glossen zu biblischen Schriften:

wangs

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I, 284,59 Maxilla : uuanga aliquando chinnipacho, Idc 15,19, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem, ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC I, 802,30 (Buccella est quod bucca) bucca : wange, I Sm 2,36, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 329,56 Maxilla : uuanga, Hieron. in Matth. 37, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. II, 389,40 Follibus : uuangun, Prud. perist. 553, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. II, 394,46 Follibus : wangvn, ebd., Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 408,69 Follibus ./. vuangon, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1715; Nr. 539, BV. 813, 10. Jh., obd. 11, 451,67 Follibus : giplastin. I palgin ( ) vuangon, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 452,1 Follibus : palgun ( ) vuangon igiplastin, ebd., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. RR 231,6 {follibus) ... uuangun, ebd., Rom, BV. Vat. lat. 3860; BV. 834, Hs. 10./ll.Jh., obd. Glossare: III, 3,68 Fades: uuanga, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 9,10 Facias : uuangun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 52,21 Gene : wäge, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. 1,126,150 male: wange, Summ. Heinr. HSH. II, 5,65 male: wangun, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,21.177,51). III, 362,30 Maxiila : wanga, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,41 Μαίαζ maxilla : wanga, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 438,55 Maxilla : wange, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 661,21 Maxilla : wange, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. P e r Beleg StSG. II, 581,71 Follibus : vvängon, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215. - Die PrudentiusGlossierung beruht wohl auf einem Missverständnis, man vergleiche perist. 553 scatunientes perdat ut loquacitas sermonis auras petforatisfollibus.] SchW. 309, StWG. 694, SAW. 1,1062.

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Herkunft: mit as. wanga, ae. wange, an. νangi, sowie got. in waggareis 'Kopfkissen' aus germ. *wangön 'Wange'. Die Herkunft ist unklar. Vielleicht mit ahd. wang 'Feld' zu ie. *wenk- 'biegen' mit der Ausgangsbedeutung 'das Gebogene, Gekrümmte' für die gewölbte Gesichtspartie unter dem Auge. KS. 874, Pfeifer 1537f., DWB. 13,1749f., IEW. 1,1149. - vgl. mhd. wange. warza stswF. "Brustwarze, Brust' (Gl.) - mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze', papilla *Brustwarze, Zitze', über 'Euter, Zitze, säugende Brust'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 174,42 (Mamme) .i. vuarpn, Greg, cura 3,28 p. 82, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 236,38 {Mammae) : uuanpn, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. 11, 240,49 Mammtpubertatis : uarca kindesheiti, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 35; Nr. 652, BV. 1010, Hs. 10. Jh., alem. Glossare: 111,431,9 Papille · vuar(a . warnet, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. - Marburg, UB. Mscr. 39. III, 439,50 Papilla : tute wer^e, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III,437,19 Ubera ..a.... (Steinmeyer: möglicherweise uuar^a), Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. IV, 171,59 Papilk : waryn, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. [Der Beleg StSG. II, 727,8 Papilla, summitas mammt id est uuarte, Comment. Anonym. in Verg. XI, 862, Oxford, BL. Auct. F. 1.16, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215f. - In der Bedeutung 'Euter des Muttertieres* erscheint StSG. II, 654,21 Amor: uvar\a, Verg. Aen. IV, 516. Daneben steht als Glossen zu naevus 'Mal, Muttermal' bzw. lebeta, tebes 'weitbäuchige, bronzene Gefäße', II, 323,37. 324,10. 325,4 Neuum : uuar^a. Zur Bedeutung 'Hautausschlag, Warze' s. im Abschnitt „Krankheitsbezeichnungen".] StWG. 699; 476 s.u. ref[zu StSG. III, 437,19], Herkunft: mit as. warta, ae. ιvearte, an. varta zu germ. *wartön "Warze", das Anschluss an die Wurzel *wer- 'erhöhte Stelle (im Gelände oder in der Haut)' findet. Aus diesem Bedeutungsspektrum entwickelt sich einerseits *kleiner, rundlicher (krankhafter) Auswuchs der Haut', andererseits Warze' wie in nhd. Brustwarze. Außergermanisch vergleicht sich mit verschiedenen Erweiterungen der selben Grundlage aksl. vrjedu "körperlicher Schaden', lat. verruca, ae. wearr 'Schwiele' sowie

werfbein

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vielleicht auch noch ahd. - » wern(a) 'Krampfader'. KS. 778, Pfeifer 1541, DWB. 13,2197f., bes. 2201, IEW. 1.1151. - vgl. mhd. war^e, wer^e. weisunt stF. "Luftröhre, (Ader)' (?) (Gl.) - arteria 'Luftröhre, Arterie, Schlagader', fibra 'Faser an den Eingeweiden, bes. an der Leber, Eingeweide'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 254,1 Fibra : weisant, Lucan 1,623, London, BMMss. Harl. 2728; BV. 416, Hs. 11. Jh. Glossare: III, 353,59 Arterie : weisant, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 433,3 Arterie : uueisunt, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - uueisont, Clm 14689. - id uuei sunt, Fulda, Hessische LB. C 11. III, 434,25 Arterie : weisunt, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 436,10 Aceria : JJue'sant, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. V, 39,10 Arterie : weisanda, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. IV, 36,41 Arterias: weisant, Glossae Salomonis (c). IV, 131,45 Arterias venas .i. weisäta, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 196,57 Arteria : uuiesun, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. IV, 218,23 Arteria i weisant, Alphabetisches GL, Cgm 187; Nr. 296, BV. 440, II./12. Jh., bair. (?) [Der Beleg StSG. III, 430,35 Rumen : uuasend, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Marburg, UB. Mscr. 2; Nr. 284, BV. 428; 15. Jh., Hs. 12. Jh., ist niederdeutsch.] StWG. 707, SAW. 1,1238. Herkunft: vgl. ae. wäsend 'Luftröhre, Schlund', F. Holthausen, Altenglisches etymologisches Wörterbuch, S. 381. Die Verbindung mit der Wurzel *weis- 'zerfließen, fließen', IEW. 1,1134, ist unsicher; die Bildung steht isoliert. Sieh noch bair. waisel 'Speiseröhre'. werfbein stN. belsäule*. Glossare: III,431,17 Stadt- und md. u. as. -

'Gelenk; Kniescheibe' (?) (Gl.) - vertibulum, vertebra 'Gelenk, Wir-

Vertibula : vueiftein, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., uuirjbein, Marburg, UB. Mscr. 39.

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Körperteilbezeichnungen

III, 431,32 Vertebra : vuersban, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. — uuetfltran, Marburg, UB. Mscr. 39. [Diese Glossen sind in der Vorlage verlesen oder verschrieben und daher doppelt aufgenommen; s.o. zu vertibula\ StWG. 716, SAW. 1,46 u. 1,1094. Herkunft: Kompositum; zu —» bein sowie zum starken Verb ahd. werban 'drehen'; KS. 885 s.u. werben. wetanbrä(wa)* stF. 'das dritte, innere Auge' (Gl.) — interälium 'der Zwischenraum zwischen den Augenbrauen'. Glossare: HSH. 1,126,148 intercilium: wetenbra, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,17) StWG. 720, SAW. 1,97 u. 1,1115. Herkunft: Kompositum; zu —> bräu/a sowie wohl zum starken Verb ahd. weten 'verbinden, verknüpfen, jemandem zugesellen'. widarbeini stN. 'Wadenbein' (Gl.) - calamel (?) aus afrz. chalemel, lat. calamellus 'das Röhrchen' (MlatWb. 1,49). Glossare: III, 9,31 Calamel: uuidarpeini, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. p e r Beleg steht im Glossar neben anderen Körperteilbezeichnungen in der Abfolge des Glossars — chrtiu, pein, uuidarpeini, anchlao, fersna,fuotg - als der gegenüber (widar) dem Schienbein liegende Röhrenknochen (bein), das Wadenbein.] StWG. 723, SAW. 1,46. Herkunft: Kompositum; zu ahd. widar 'wieder, gegenüber' sowie zu —» bein. wildiwahso s. waltowahso winkilzand stM. 'Eckzahn, Backenzahn' (Gl.) - molaris (dens) "Backenzahn, Stoßzahn'. Glossare: III, 438,59 Molaris : mnchelqmt, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 732, SAW. 1,1171 u. 1,1128. Herkunft: Kompositum; zu —> ^an(d). Das Bestimmungswort gehört zu ahd. afries. winkil, ae. wincel aus westgerm. *wenkila- *WinkeP. KS. 892, DWB. 14,2,384. -> W 4 winstera 'die linke Hand' (Gl.) - laeva (manus) 'die linke Hand', dmstra 'die linke Hand'.

wintbräwa

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Literarische Denkmäler: Tatian 149,4f. ... niumsge thin uuinistra uua\ thin %esuua tuo. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 48,33 Leuae : vuinstrun, Beda rat. temp. 7 p. 322, Schloss Harburg, Fürstl. (Dettingen-Wallerstein'sche Bibliothek, I, 2, 4°,14 (jetzt Augsburg, UB, Ms. I, 2,4°,14); Nr. 288, BV. 276, Hs. 11. Jh. p i e Glosse steht im Kontext von ahd. dumin, lid und nagala und ist daher eindeutig Körperteilbezeichnung.] II, 295,29 Lern : vuinstri, Greg. hom. 2,21 p. 1526 (zu Ct 2,6), Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. Glossare: I, 202,29 sinixtra : uuinstra, Abrogans, K. - uuinistra, Abrogans, Ra. HSH. 1,129,190 sinistra, leva : winstera, Summ. Heinr. HSH. I, 5,85 leva, sinistra : winstra, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,55 Sinistra: winstra. ein tenkew hant). SchW. 324, StWG. 732, SAW. 1,1129 linke Hand, linke Seite'. Herkunft: mit ae. winestra 'die linke Hand' zum Adjektiv ahd. winistar 'auf der linken Seite befindlich'. DWB. 14,2,417f., IEW. 1,1147, J. de Vties, Altnordisches etymologisches Wörterbuch, S. 666f. Es stellt sich wohl mit an. vinr 'günstige Seite', eigend. 'Freund' zu ahd. mini. - vgl. mhd. winstere, ivinster. wintädra swF. 'Luftröhre, (Ader)' (?) (Gl.) - arteria 'Luftröhre, Arterie, Schlagader'. Glossare: III, 430,33 Arteri$ : vuin'hatren, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. J h , md. u. as. - uintathren Marburg, UB. Mscr. 39. StWG. 733. Herkunft: Kompositum; zu -> ädra, vgl. ae. windädran 'Arterie'. Das Bestimmungswort ist wohl ahd. wint, as. afries. ae. wind, an. vindr, got. winds aus germ. *ivenda- Wind', hier im Sinne von Luft. Außergermanisch vergleicht sich etwa lat. ventus 'Luft, Wetter*. KS. 892, DWB. 14,2,268. wintbräwa F. 'Augenbraue' (Gl.) — supemlium 'die Augenbraue'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 350,5 Superälia : mintprauua, Lv 14,9, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 619,3 Supercilium. superbia : uuintbra auia, Sed. carm. pasch. Prol. 3, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. Glossare:

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Körperteilbezeichnungen

III, 432,29 Supercilia .i. uuintbrauua, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. Jh., bair. - id est uuindbrauua, Fulda, Hessische LB. C 11; Nr. 147, BV. 167,15. Jh., alem. (?) ostfrk. (?) III, 434,12 Supercilia.;'. winntpraa obirbrawa, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipals Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 436,3 Superälia : vuintbra, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. IV, 192,47 Superciiium ... i. wintp, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. Mayer 126,3 (?) superälium typus superbia : winthia, Glossarium latinum (nach Isid. etym.), Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh., alem. (?) StWG. 734, SAW. 1,97 u. 1,1132. Herkunft: zu —> bräwa; vgl. as. windbräwia. Das Vorderglied wnt- gehört hier wohl als Ableitung zu einem Adjektiv an. vindr 'gewunden, schief aus germ. *wenda und schließt sich damit an die Wortfamilie um nhd. winden an, vgl. dazu K. Matzel, Wortgeschichtliches, S. 9f., KS. 892 s.u. windschief. Das Wort ist im Neuhochdeutschen zu Wimper umgestaltet worden. DWB. 14,2,272; KS. 891 s.u. Wimper mit anderen Deutungsmöglichkeiten; ohne ausreichende Stütze zu *wendh- 'Haar, Bart' IEW. 1,1148; s. auch M. Dolch, Schöpferische und entwickelnde Sprachkräfte, S. 155f. — vgl. mhd. wintbrä, wintbräwe. wlzouga* swN. 'das Weiße im Auge' (Gl.) - albugo 'das Weiße des Auges'. Glossare: III, 362,27 Albugo : witouga, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 743, SAW. 1,1144. Herkunft: Kompositum; zu —» ouga sowie zu ahd. wt\ 'weiß'. wurza stswF. 'Haarwurzel' (Gl.) - rädix 'Wurzel'. Glossare: III, 9,20 'Radices : uurqun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. [Die übrigen Belege tragen die Bedeutung 'Pflanzenwurzel, Pflanze, Bierwürze'.] StWG. 751 (wo die Bedeutung 'Haarwurzel' fehlt). Herkunft: Kompositum; im deutschen Sprachraum früh verdunkelt, vgl. ae. wyrtwala, das zu germ. *wurti "Wurzel, Kraut' und got. malus 'Stab' gehört. KS. 899. vgl. mhd. wur^e 'Pflanze, Kraut'.

zan

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Ζ zagilbein stN. 'Steißbein, Schwanzknochen' (Gl.) caudistrum (MlatWb. 2,387f.) zu cauda 'Schwanz, Schweif, Steißbein, Penis'. Glossare: III, 440,4 Caudistrum : %agi[bein, Einzelgl. Des Mensch. Körperteile, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,13. Jh., alem. StWG. 752, SAW. 1,1196 mit der Bedeutungsangabe 'Schwanzknochen'. Herkunft: Kompositum; zu ahd. %agel sowie —> bein. DWB. 15,26. Da der Beleg in einem Glossar mit menschlichen Körperteilen steht, ist der Bedeutungsansatz 'Schwanzknochen' eher unwahrscheinlich; die Übertragung von Tieren auf Menschen erfolgt bereits im Lateinischen, sieh J. Andre, Le Vocabulaire, S. 172 u. 258. - vgl. mhd. tpgelbein 'Schwanzbein, Schwanzstück'. zan, zand stM. 'Zahn' (APs.MF.MH.N.OT.T.WH.; Gl.) - dem 'Zahn'. Literarische Denkmäler: Altalemannische Psalmenfragmente 296,6 kiuuihter truhtin der ttikap unsih in gefangida cenim iro. Monseer Fragmente 10,6 Dar im seal uuesan. uuoft. enti %ano gagrim. (u.ö.). Murbacher Hymnen 3,4,2 kascafoe katati kambaro %an uuidar pliuue apanstigamu. (u-ö.). Notker 5,118,17 IJuir nehä^en ten nieht after rehtemo gechose qcmelosen . der %ene nehabit. (u.ö.) Tatian 143,30f. ougafuri ouga. Inti vgmfuri %άη. (u.ö.). Williram 54v,7 der sjmet... sinen lefson ünte stnen qenen spttdrükkene. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 410,48 Oencium scopuli hinc inde prerupti %eni den felisono hinont inti enont fora kipnhhane, I Sm 14,4, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 373,43 (Ad dentis) Ad denies. Dianen, Prise, inst. 443,14, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, ll.Jh.,bair. II, 376,56 Ad denies : ^anen, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. 11, 428,45 Dente infrequenti : fohemo mit managemo %anda, Prud. perist. 218, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: fohemo). Glossare: 1,154,24 dentibus : cenim, Abrogans, Pa. - %enim, Abrogans, K. 1,188,11 uel stridor dentium : edo cristcrimmod %aneo, Abrogans, Pa — edho %etii kiscrimmon, Abrogans, K. III, 9,8 Denies : ipndi, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair.

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Körperteübezeichnungen

III, 18,43 Dentes : ceni, Gruppengl. (De membtis humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. II, 5,71 dentes: cene, Summ. Heinr. HSH. 1,127,163 denies: ceni, Summ. Heinr. HSH. 1,127,163 dentes: c^end, Summ. Heinr. (StSG. III, 70,56. 177,63). III, 362,38 Dentes : ?ent, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 391,49 Malskir. dens : ytn, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 434,21 Dentes : %eni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. III, 438,58 Dens : %ant, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 356,10 Dentes : %eni, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Amiens, BM. Ms. 110; Nr. 9, BV. 10, Ende 12. Jh. III, 661,19 Dens : Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. [In übertragener Bedeutung die Glossen zu II Macc 7,1, StSG. I, 702,3f. Taureis : uarrinen^eno", Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vaninen^enon, Wien, ÖNB 2732. - varrinen %en"in, Wien, ÖNB 2723. - uamnensgn, Göttweig StiftsB. 46/103. - veninen^enon, Clm 19440. - varrin, Clm 22201 und IV, 286,6 Τ haureis .Lßagellis : uarrine ynun, ebd., Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./13. Jh., bair., als „zum Rindsleder gehöriger Zahn an der Lederpeitsche" zu lat. taureus 'lederne Stier- oder Rindsriemen (zum Schlagen und Geißeln)'. Sieh H. Davids, Studien, Nr. 1525.] SchW. 332, StWG. 753, SAW. 1,1171. Herkunft: mit as. tand, afries. töth, ae. top, an. tonn und schwundstufigem got. tunpus zu germ. *tanp-, *tunp aus ie. *dont- (*H,d0nt-) 'Zahn'. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Aoristpartizip zu *ed- (*H,ed-) "beißen'. Außergermanisch vergleichen sich u.a. griech. οδών, lat. dens. In den germanischen Einzelsprachen hat sich mit Ausnahme des Althochdeutschen die dentalhaltige Form erhalten. Das Nebeneinander von %an und ^and im Althochdeutschen, für das keine räumliche oder zeitliche Verteilungsregel auszumachen ist, erklärt sich durch die Verallgemeinerung zweier unterschiedlicher Kasusformen. Ahd. 3an basiert auf dem Nom. Sg., der auf urgerm. *tan\ und weiter urie. *(H)dons < *(H)donss < *H1dönts zurückgeht. Von dieser Stammform wurden dann teilweise die obliquen Kasus gebildet. Der reguläre oblique Stamm, wie er in den übrigen altgermanischen Einzelsprachen durchgeführt ist, basiert auf dem Akk. Sg. urgerm. *tunpus < urie. H,dönt. Der Dental schwindet also im Nom. Sg. vor der Endung -s, in den obliquen Kasus bleibt er erhalten. W. Griepentrog, Wurzelnomen, S. 479-485, H. Krähe - W.

zeha

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Meid, Germanische Sprachwissenschaft I, S. I l l ; KS. 902f., Pfeifer 1590, DWB. 15,123f., IEW. 1,289; R. Lühr, Das Wort 'und', S. 123-129. - vgl. mhd. ψηί, ·φη. zandfleisch* stN. 'Zahnfleisch' (Gl.) -gingiva 'Zahnfleisch'. Glossare: HSH. 1,127,167gingive : ^endfleisch, (Parallelhs. pilorni, s.u. bilarri), Summ. Heinr. (StSG. III, 70,69). III, 362,45 Gingium : qtntfkisc, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 753, SAW. 1,243 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; —> vpnd,fleisc. DWB. 15,164f. - vgl. mhd. %ant-, yanvieisch. zeha swF. 'Zehe, die große Zehe' (Gl.) - allox 'großer Zeh' (MlatWb. 1,484), articulus 'Gelenk, Knöchel', mlat. auch 'Finger, Zehe' (MlatWb. 1,992, vgl. auch K. D. Fischer, Eine wenig beachtete Liste, S. 350), digitus 'Finger, Zehe', pollex 'Daumen, große Zehe'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 422,2 ...in utroque pede sex digitos ^ehvn habebat, II Sm 21,20, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. I, 423,28 ... J» utroque pede sex dittos yehuti habebat, ebd., Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair. I, 659,64 OigitOTum : φοηο, Dn 2,41, Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem., ebenso Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. Clm 14584. - 3ebene, Clm 4606. - suchen, Clm 6217. - %ebtzn, Clm 14745. IV, 282,9 Digitorum : yheno, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. V, 10,15 Digi : yheno, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 655,32 In digitos : incehun, Verg. Aen. V, 426, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 708,47 In digitos : ^euuon, ebd., Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752, 10./ I I . Jh., mfrk. Glossare: I, 21,30 Articula : %aeha, Abrogans, R (vgl. Pa., K.). III, 9,35 Ordigas : %aehun, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 363,56 Digiti quoque uocantur yen sed qui ponit signanter ponere debet, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk.

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Körperteilbezeichnungen

III, 392,68 Misanz- arcuk : ceha, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB. 2. III, 439,59 Oigita : ^ebe, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 662,16 Pollex : dumi t yhi maisteo, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. Adespota: IV, 237,5 Allux. lücis meista φ a, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. StWG. 755, SAW. 1,1174. Herkunft: mit afries. täne, ae. tä(he), an. tä aus germ. *taihö(n), *taihwö(n) 'Zehe'. Daneben stehen Formen mit grammatischem Wechsel. Daher kann Zehe wie Finger als „Mittel zum Zeigen" zur Wortfamilie von nhd. geigen gehören, wie lat. digitus 'Finger, Zehe'. KS. 905, Pfeifer 1595, DWB. 15,440f., IEW. 1,188; s. auch -> meista^eha. — vgl. mhd. %ehe. zeigäri stM. 'Zeigefinger' (Gl.) - index 'Anzeiger, Entdecker, Angeber, Register'. Glossare: III, 9,44 Index: vpigari, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. 1,129,195 index, salutaris, demonstratorius : %eigare, Summ. Heinr. (StSG. III, 72,1). III, 438,11 Index : 3eigari, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. StWG. 755, SAW. 1,1186 u. qhan. Herkunft: eine Suffixbildung als Nomen agentis zu ahd. geigen. DWB. 15,507, VEW. 499f. Sieh auch W. Grimm, Über die Bedeutung, S. 433^38. - vgl. mhd. feiger. zeigil stM. 'Zeigefinger' (Gl.) - index 'Anzeiger, Entdecker, Angeber, Register'. Glossare: III, 439,15 Index: ^aigel, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 755, SAW. 1,1186 u. qhan. Herkunft: eine Suffixbildung zu ahd. geigen. DWB. 15,501, VEW. 499f. - vgl. mhd. s^igel. zers stM. 'Penis' (Gl.) - minco (zu mingo 'pissen', Glosse zu verein), rämus 'Zweig, Ast; Penis', veretrum 'Schamglied'. Glossen zu biblischen Schriften:

züere

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I, 369,60 Minco : cersa, Dt 23,1, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair. cers, Clm 6217. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 466,54 Ramo, ./. in virili rnmbro tfrsf, Prud. symm. 1,115, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 570,27 (Ramo) .i. pudor est illiutn uider.rependente ramo Zgrcg, ebd., Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. IV, 445,26 cers bodo, Federprobe, St. Gallen, StiftsB. 216; Nr. 176, BV. 204, Hs. 8./9. Jh., alem. Glossare: III, 436,56 Uetretrum : ceers, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. StWG. 758, SAW. 1,1239. Herkunft: Unklar; das Wort wird IEW. 1,210 mit ae. teors zu einer x-Erweiterung der Wurzel *der- 'schinden' gestellt; s. auch DWB. 15,753f. - vgl. mhd. ^ers. zeso, zesuwa stN. 'die rechte Hand' (LT.; Gl.) - dextra 'die rechte Hand'. Literarische Denkmäler: Isidor 18,5 miin 3esuua uuasme^ssendi himila. (u.ö.). Tatian 149,4f. ... niuuitge i\ thin uuinistra uua\ thin %esuua tuo. Glossare: HSH. 1,129,189 dextra: qsuwa, Summ. Heinr. HSH. 1,129,189 ckxtra: ?esima, Summ. Heinr. HSH. II, 5,85 dextera: φίνα, Summ. Heinr. (StSG. III, 71,50. 178,10). III, 392,16 Benigna, dextra: \eswa, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. [In der allgemeineren Bedeutung 'Rechte, rechte Seite' bei Notker, Notker-Glossator und Otfrid. Daneben unter den StWG. veranschlagten Belegen auch das Adjektiv %eso 'recht': StSG. II, 221,26 Cum armo : mit dem ces uuinpoake, Greg, cura 2,3 p. 15, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair.] SchW. 334, StWG. 758. Herkunft: zum Adjektiv %eso 'recht, auf der rechten Seite befindlich', außergermanisch vergleicht sich lat. dextra. Die Ableitung von Wörtern für die rechte Hand liegt nahe und zeigt sich etwa auch in lit. desine. DWB. 15,808, IEW. 1,190. - vgl. mhd. tpsewe, %eswe. zilere 'das dritte, innere Auge' (Gl.) - interdlium 'der Zwischenraum zwischen den Augenbrauen'. Glossare: III, 438,50 Interdlium : aire, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair.

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Körperteilbezeichnungen

KFW. 2,11 (Verweis), StWG. 762, SAW. 1,1239. Herkunft: wohl eine (Teil-)Entlehnung aus lat. (intervallum. zitze* swF. 'Zitze, Brustwarze, Brust' (Gl.) - mamma 'Mutterbrust, Busen, Zitze'. Glossare: HSH. 1,130,8 vbera vel mamma: tutta vel de^ce, Summ. Heinr. IV, 150,22 Mamma uter .t. i nee Λ. I tuttelin ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 767, SAW. 1,1037. Herkunft: vgl. ae. tit, wie in spätmhd. die regelhaft lautverschobene Form neben ahd. —> tutta, tutti, tutto·, vermutlich eine Lautgebärde aus der Kindersprache. KS. 913 s.u. Zit^e, DWB. 15,1715f.;-vgl. mhd. y t y . zougere* stM. 'Zeigefinger' (Gl.) - (digitus) index 'Zeigefinger'. Glossare: III, 362,57 Index: vpugere, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 769, SAW. 1,693 ^ougäri. Herkunft: eine Ableitung zum schwachen Verb %>ugen 'vor Augen bringen, zeigen', das selbst eine Bildung aus dem Syntagma Präposition + Substantiv wie in got. at-augjan 'zeigen' aus at augam [briggan] ist, s. J. Riecke, Die schwachenyö«-Verben, S. 415. zumpfo* swM. 'Penis' (Gl.) - veretrum 'Schamglied'. Glossare: HSH. 1,133,235 veretrum: cunpo, Summ. Heinr. StWG. 770, SAW. 1,1240. Herkunft: wohl eine nachträglich nasalierte Form zur Wortfamilie um nhd. Zapfen, s. E. Seebold, Zapfen, Zipfel, S. 154f., der den Nasalierungen den Eindruck von etwas „mehr Langsamen, Spielerischen, Lustvollen" zuschreibt. Solche Bildungen können Teil der sogenannten „familiären Sprache", den „mots populaires" sein, E. Seebold, ebd. S. 158f., DWB. 16,541, IEW. 1,227. - vgl. mhd. ?umpf Rumpfe. zunga swF. 'Zunge' (APs.B.GB.I.MH.N.NG.O.OT.Ph.Ps.T.WH.; Gl.) - lingua 'Zunge, Sprache', ligula 'kleine Zunge'. Literarische Denkmäler: Altalemannische Psalmenfragmente 294,5 uuider mih ^unga seriu ... fiantscafß. Benediktinerregel 15,1 der sprihhit νυαώφί in herein sinemv der ni teta seer In %ungun sineru... (u.ö.). Isidor 10,11 Druhtines gheist ist sprehhendi dhurah mih endi siin uuort dhurah mine spngun? (u.ö.). Murbacher Hymnen 5,4,4 Up kitati ni unreinnen t^nga ni in kifalde.

zunga

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Notker 6,15,26 Fone diu ist oratio nota . näls instrumentum. ünde ist aber diu spnga. iro instrumentum. uudnda man sprichet. mit ten qingün. (u. ö.) Otfrid 1,2,3 Fingar thinan dua ana mttnd mtnan, then ouh hänt thina in thia i&ngün mina. Physiologus 127,64 er ist halb man, halb esil, ünde be^eichinet dt dir %muältic tint in tr ψηοη ύη in iro hereon. Psalm 138,105,9 Du hapest mir de qtngun so fastopiduuungen. Tatian 75,32f. gtoffonota sih tho sliumo sin mund Infi sin tQtnga. Inti sprah got uuihenti. (u.ö.). Williram 30v,l 3 Honig /inte miloh . ist Unter diner yingon! (u. ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 344,49 Biängues: ψώ ualtem t^ngun, Isid. off. 2,8,428 (zu 1 Tim 3,8). II, 489,52 Lingua : ytnga, Prud. cath. 94, Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12.Jh.,alem. II, 618,5 Linguisque trisukis : drispaltigen ^ungun, Sed. carm. pasch. 1,133, Clm 18628; Nr. 439, BV. 654, Mitte 11. Jh., bair. II, 618,24 Linguisque trisulcis : drisuohensvngon, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. CCXVII; Nr. 66, BV. 312,9./10. Jh., teils alem., teils hd. II, 620,24 Trisulcis [Unguis] : drigabili^unga, ebd., Wien, ÖNB 2171; Nr. 614, BV. 942, Hs. 9. Jh. IV, 318,6 Etingue, sine lingua : an vpnge, Boeth. cons. 1,2 p. 7,9, Cambridge, University Library Add. MS. 2992; Nr. 50, BV. 90,13. Jh. Glossare: I, 66,22 in lingua : in %ungan, Abrogans, Pa. - in ^ungun, Abrogans, K. 1,156,8 lingue : ^ungun, Abrogans Pa. K. III, 3,64 Lingua: %unga, Vocabularius Iibellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. HSH. 1,127,163 lingua : %unga, Summ. Heinr. HSH. II, 5,71 lingua: ?unga, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 70,54.177,62). Ill, 362,41 Lingua : qtnga, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Ill, 391,56 Ran^gia. lingua : %unga, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. Ill, 430,36 Lingua : ζ unga, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Erfurt, Stadtund Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. Ill, 434,20 Lingua : vpnga, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Ill, 436,5 Lingula : Lu^il^unga, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. 111,438,63 Lingua : ?unge, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair.

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Körperteilbezeichnungen

IV, 75,10 Ungula : spttga, Glossae Salomonis (a, c, d, k), ebd. vpnge (p). (Parallelhs.: %ungil). IV, 116,44 Lingua sapientia: %üg(, Glossae Salomonis (i). IV, 149,18 Ugula : ^ung: .1. Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 149,29 Lingua: %ung:./., ebd. QQ 169,7 ml dinir &ngun, zu Greg. mor. 5,21, Stuttgart, WLB. HB VII 24; BV. 871, Ende 11. Jh. p i e Belege StSG. II, 577,16 ...an is tvngvn, Prud. apoth. Praef. II, 22, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, II, 583,3 Lingua eruta vt alosdaru tungun, Prud. perist. 992, ebd. und III, 430,36 Lingua : thungan, Marburg, UB. Mscr. 39, sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 215.] SchW. 337, StWG. 770, SAW. 1,1201. [Daneben die nicht anatomische Bedeutung 'Rede, Sprache' (etwa Otfrid 1,9,28), •Bucht, Meereszunge' (StSG. I, 316,28. 335,21. 380,34; T. 243,2) und 'Zünglein an der Waage' (StSG. IV, 98,34 Statera ... id et trutina ^vng, Glossae Salomonis). Die Bedeutungen 'Zunge' und 'Sprache' sind in den Glossaren, wo sie nicht speziell Körperteilglossen bieten, nicht voneinander zu trennen.] Herkunft: mit as. tunga, afries. ae. tunge, an. tunga, got. tuggo aus germ. *tungön 'Zunge*. Es vergleicht sich wohl aldat. dingua 'Zunge, Sprache', das unter Einfluss von lat. lingers 'lecken' zu lingua umgestaltet wurde. Weitere ie. Anschlüsse sind spekulativ, da in allen Sprachen sekundäre Einflüsse zu lautlichen Veränderungen geführt zu haben scheinen. KS. 917, Pfeifer 1626f., DWB. 16,586f., IEW. 1,223. vgl. mhd. vynge. zungilln stN. Tdeine Zunge' (Gl.) - lingua 'Zunge, Sprache', Ugula 'kleine Zunge'. Glossare: III, 18,41 Lingua : spngili, Gruppengl., (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. IV, 75,11 Lingula: %ungil(g), Glossae Salomonis. (Parallelhs.: %unga, %unge). StWG. 771, SAW. 1,1201. Herkunft: eine Diminutivbildung zu —» tynga. DWB. 16,618f. - vgl. mhd. ψngelin.

2. Die althochdeutschen Krankheitsbezeichnungen A ädarkräti 'Verletzung der Ader' (Lex Baiv.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Baiv. IV, 4, Einsprengsel: Si in eum vena percusserit, ut sine igne stangnare non possit, quod adarcrati dicunt, 8. Jh. bair. E. Seebold, Chronologisches Wörterbuch, S. 342. Herkunft: Kompositum, nur ahd.; das Grundwort ist unklar. Vielleicht gehört es als Form ohne ί-mobile zu an. skräma 'Schramme'. Das Bestimmungswort ist ahd. ädra. Vgl. KS. 741, E. Seebold, Chronologisches Wörterbuch, S. 358, A. Niederhellmann, Arzt, S. 233-235. adel* stM. 'kleines Geschwür' (Gl.) - %erna 'Hautflechte mit knötchenförmigen Schwellungen' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 635). Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 259,24 (Zeruas) Zene ... dicuntur hgwa nostra adele, Macer Floridus XLIII, 2019, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. KFW. 1,30, StWG. 15, SAW. 1,5. Herkunft: Vielleicht zu nd. adel\ ahd. atel 'Schlamm, Morast', sonst findet sich bisher keine brauchbare Anknüpfungsmöglichkeit; vgl. EWA. 1,51 f. trotz der dort gegen die Zusammenstellung vorgebrachten Argumente. Sieh auch DWB. 1,177, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 2: 'Fingergeschwär (Panaritium), Fingerwurm', seit 1645. „Vermutlich wurde der ältere Begriff der körperlichen Hautunreinigkeit, die durch den Adel-Dämon veranlasst war, auf andere unreine Sekrete übertragen." Sieh auch ebd. 705 Königs-Adlu. Gelbsucht. affenheit* stF. 'Tollheit, törichtes Geschwätz' (Gl.) - delirämentum 'albernes Zeug, Geschwätz, Possen*. Glossare: IV, 53,1 Of. Deliramenta : aphenheit. tobeheit. Lira enim sulcus est aratri. inde deUro ichrasin ./'. exorbito, Glossae Salomonis (g). (Parallelhs.: topi^unga, tobungd). KFW. 1,34, StWG. 15, SAW. 1,8. Herkunft: wohl kein Kompositum, obwohl ahd. heit noch selbständig vorkommen kann; mit dem reihenbildenden Suffixoid ahd. -heit zu ahd. affo; EWA 1,58. - vgl. mhd. affenheit 'Torheit, Albernheit, Gaukelspiel'.

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Krankheitsbezeichnungen

ähhalm stM. 'Geschwür, Frostbeule' (Gl.) - malannus 'alpe' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 344). Glossare: III, 482,6 Malannvs : ahhalm, Pflanzengl. MX, Wien, ÖNB 2400; Nr. 617, BV. 945.12./13. Jh., bair., ebenso Clm 2612. Bern, BB. Cod. 722,1. KFW. 1,68, StWG. 18, SAW. 1,10 ahhalm 'Frostbeule'. Herkunft: wie ae. äcelma als -»ra(«)-Ableitung zur Basis germ. *kal- und damit mit dem Präfix urgerm. *ά-, hier wohl im Sinne von 'widrig, böse' als ä-kal-ma{ri) zur Wortfamilie um das starke Verb ahd. kalan 'frieren'. EWA. l,37f.; sieh auch E. Björkman, Die Pflanzennamen, S. 263. ähhelmo swM. 'Geschwür, Frostbeule' (Gl.) - malannus 'Alpe' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 344), malum 'Übel, Leiden, Fieber, Gebrechen, Fehler'. Glossare: III, 476,3 Malannus : ahhelmo, Pflanzengl. MIX, Cgm 5250,28b; Nr. 300, BV 444, Hs. 11. Jh., bair. III, 516,51 Talo [dh. wohl malo] : Achelmo, Pflanzengl. MXVII, Bern, BB. Cod. 224; Nr. 29, BV. 62,10. Jh. KFW. 1,68 mit Hinweisen, StWG. 18, SAW. 1,10. Herkunft: —» ahhalm; vgl. ae. äcelma. EWA. 1,39, F. Holthausen, Altenglisches etymologisches Wörterbuch, S. 46, F. Kluge, Zur deutschen Etymologie, S. 568. äkallönti* 'einer, der irre, schwachsinnig redet' (Gl.) - dilirus 'irre, wahnsinnig, schwachsinnig'. Glossare: HSH. I, 298,407 Mrus: akallander, Summ. Heinr. StWG. 319, SAW. 1,438. Herkunft: ein substantiviertes präfigiertes Partizip 1 zu ahd. kallin 'laut sprechen, schwatzen', ae. ceallian. Man vergleiche J. Splett, Abrogans-Studien, S. 116; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 256 s.u. kalletr, kalkigen. albe F. 'Alpdrücken (meist als Atembeschwerden und Angstzustand im Schlaf)' (Gl.) - malannus 'Alpe' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 344), malum 'Übel, Leiden, Fieber, Gebrechen, Fehler'. Glossare: III, 664,59 Malus malannus : alpe, Mischgl. Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287.13. Jh., bair. KFW. 1,195, StWG. 20, SAW. 1,15. Herkunft: das Femininum ist eine Substantivbildung zu ahd. alb M.N. '(Nachtmahr, gespenstisches Wesen', auch in as. alf ae. i e j f , an. älfr. Das Wort lässt sich mit lat. albus 'weiß' verbinden, etwa als 'weißliche Nebel-, Gespenster- oder Göttergestalt' und gehört dann zur Wurzel *albh-. Außergermanisch ist keine ver-

anamäli

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gleichbare Wortbildung mit ähnlichem Sachgehalt nachweisbar. EWA. 1,159, DWB. 1,200, IEW. 1,30, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 10f., HWdA. 1,281-305. - vgl. mhd. alp, alb 'gespenstisches Wesen, Alp; das Alpdrücken'. altriso* swM. 'der durch das Alter hinfällige, dem Tode nahe Mensch' (Gl.) - silicernius 'alt, tod, sterblich' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 533). Glossare: HSH. 1,137,299 siUcernius: altriso, Summ. Heinr. HSH. II, 8,161 siUcernius: altriso. Summ. Heinr. (StSG. III, 75,45. 75,55f. 179,57). KFW. 1,306, StWG. 22, SAW. 1,17 u. 756. Herkunft: Kompositum; zu ahd. alt u. risan '(ab-)fallen'; ananlog zu —> bettiriso. EWA. 1,183, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 511 s.u. -ris. anamäl stN. 'Narbe, Mal einer Verwundung; Stigma, Mal als Erkennungszeichen; Grind, Ausschlag' (Gl.) - percussüra 'Schlag, Stich, Stoß', im Kontext wohl: 'Grind, Ausschlag', stigma "Brandmal'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 350,28f. Percussuri : anamal, Lv 14,54, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. - anmal, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Stuttgart, WLB. HB IV 26.

I, 351,11 Stigmata : animal, Lv 19,28, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66; Nr. 654, BV. 1015, Hs. 12. Jh., alem., ebenso Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. V, 2,21 Stigmata : anamal, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. Glossare: HSH. II, 460,92 stigma : anemal, Summ. Heinr. ; (Parallelhs.: lileme); (StSG. III, 256,18). KFW. l,434f, StWG. 26, SAW. 1,586. Herkunft: zu ahd. mal 'Fleck, Pünktchen'. Es handelt sich bei dem Λ-Stamm um eine junge Nebenform zu - » anamäli. EWA. 1,232. anamäli stN. 'Narbe, Wunde, Mal auf der Haut; Stigma, Wundmal Christi; Grind, Ausschlag' (Gl.) - cicatrix 'Narbe, Schramme', fragitida 'Zange, Griffel', macula 'der (entstellende) Reck, das Mal, Makel', percussüra 'Schlag, Stich, Stoß', im Kontext wohl: 'Grind, Ausschlag', pläga 'Schlag, Stoß', im Kontext 'Krankheit', stigma "Brandmal'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 349,26 Plaga : pihdi. anamalt, Lv 13,2, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair.

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Krankheitsbezeichnungen

I, 275,43 Cicatrix: anamaü, Lv 13,19, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 353,28 Cicatrix : anamali, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9.Jh., alem. I, 350,6 Plaga : anamaü, Lv 14,34, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. - animaÜ, Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 14689. Clin 22201. - meigil, Clm 13002. Clm 17403. I, 350,26f. Percussurt : anamaü, Lv 14,54, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. anamaü, Clm 4606. - anamale, Clm 13002. Clm 17403. - animaü, Wien, ÖNB 2723. Clm 14584. - aiaÜ, Clm 6217. IV, 256,45 Percussure : aial, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 351,9 Stigmata : anamaü, Lv 19,28, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - uinamaÜ, Clm 13002. - animaü, Clm 14689. Clm 4606. Clm 14584. - aiaü, Clm 6217. animaüda, Clm 17403. IV, 256,46 StiGmata : ail, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 352,33 Maculam : anamaü, Lv 24,19, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103. - animaü, Wien, ÖNB 2732. - anamele, Clm 22201. I, 631,54 Cicatrix : anamaü, Ier 30,17, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ II. Jh., bair. I, 768,26 Stigmata : änemale. ceichan ( ) änder leid manegeGal 6,17, Karlsruhe, BLB Aug. LXXXIII; Nr. 53, BV. 294,12. Jh., alem. I, 768,29 H(c stigmata adhuc in corpore meo apparent, disiu anomale skinant mir noh ana, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 409,16 Cicatrix : anemale, Prud. perist. 142, Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835,11. Jh., alem. II, 455,16 Fragitidaspreccvn notas : animaü vgichan, Prud. perist. 1076, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - anamali, Clm 14395. II, 493,12 Fragiditas, afrangendo notas .i. animate, ebd., Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12. Jh., alem. 11,556,71 (S'tnarit) stigma, animate, Prud. perist. 1080, Trier, StadtB. 1093/ 1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 564,41 (Stigmarii) stigma : animate, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. - stigma. hantmaü, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348, 11. Jh., mfrk.

angasezzo

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II, 498,32 Cicatrix, ulcer animali, Prud. psych. 167, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. - anamaks, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. Glossare: HSH. II, 460,92 stigma: anemale, Summ. Heinr.; (Parallelhs.: anemal, tilewe). HSH. II, 135,20 stigma : animate, Summ. Heinr. (StSG. III, 221,6. 307,65). III, 695,23 Cicatrix: animate, t masa, Mischgl., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. Adespota: IV, 229,15 Stigma: anamalt uuntun, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. [Übertragen auf Gegenstände als 'Bruchstelle beim Ausbau des zerstörten Tempels' ist StSG. I, 469,22 Cicatrix: anamali, II Par 24,13.] KFW. l,435f., StWG. 26, SAW. 1,586. Vgl. auch anamMda Wundmal, Stigma', SAW. 1,587. Herkunft: mit dem Präfix ana- zu ahd. mal, -mäh 'Fleck, Pünktchen'. DWB. 1,405, IEW. 1,721, H. Lauffer, Der Lehnwortschatz, S. 36 u. 504f. - vgl. mhd. anemäl 'Hecken, Muttermal'. angasezzo swM. '(kleines) Geschwür, Eiterbeule, Pustel, Bläschen auf der Haut' (Gl.) - fürunculus 'Blutschwären', papula "Blatter, (Hitz)bläschen', püstula "Blatter, Pustel; Blase, Bläschen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 703,43 Papu/( : angesehen, Verg. Georg. III, 564, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./ll.Jh., mfrk. Glossare: III, 429,14 Feruncu/uv': angeseqo, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 686,53 Ferunculus : Ancse^a, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 202,12 Ferunculus : angasesp, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. V, 107,20 (hinter IV, 211,7) Vlcus.ris,anosedo, ebd. Adespota: IV, 246,27 Pustula : angseta, Oxford, BL. Auct. F. 1.16; Nr. 491, BV. 721, Hs. 10. Jh., as. (u. hd.) KFW. 1,519, StWG. 28, SAW. 1,181 u. 1,824. Herkunft: Kompositum; wie as. angseta, ae. ang-, ongseta mit unklarem Bestimmungswort und dem Grundwort -se^o zur Wortfamilie von germ. *seta- 'sitzen' als 'etwas (auf der Haut) Festsitzendes'. Vermutlich ist das Bestimmungswort an ahd. engi, got. aggus 'eng' anzuschließen, vermutlich im Sinne von eng umschließend oder eng umschlossen. Die Verbreitung des mit einer Ausnahme nur

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Krankheitsbezeichnungen

fränkisch bezeugten Wortes hebt sich scharf von gleichbedeutend obd. —» angwei^o ab. EWA. 1,249. ango swM. 'Geschwür, bösartige Geschwulst' (Gl.) - röbigo 'Rost, Mehltau (Getreidebrand)', (vgl. D. Langslow, The formation, S. 628 rubrica 'a typ of impetigo*), ulcus 'Geschwür, Schwären'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 699,55 Rubigo uintbrant 'Rubigo ... quod ulcus uocatur .i. ang> (dh. ango), Verg. Georg. 1,151, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. KFW. 1,521 s.u. angd1, StWG. 28, SAW. 1,181. Herkunft: Entweder eine Kurzform aus —> angase^o, so EWA. l,251f., oder, wie Schweiz, angen, bair. ange 'beengende Beschwerde', mhd. ange tuon 'weh tun', eine selbständige Bildung aus der Wortfamilie um ahd. engt. Es sollte sich dann um ein Verbalsubstantiv zu ahd. * angen nach dem Muster sterbo zu sterben handeln. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 14. - vgl. mhd. ange "Bedrängnis'. angust stF. 'körperliche Bedrängnis, Krankheit, (Husten)Krampf' (O.; Gl.) - agönia 'äußerste Angst, TodeskampP, angustia 'Kurzatmigkeit', passio 'körperliches Leiden, Krankheit'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,23,144 ist mera imo in theru brüsti thes huasten ängusti. Glossen zu biblischen Schriften: I, 350,45 Passioni : achusti, Lv 15,25, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II, Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - achuste, Clm 13002; ebenso Clm 17403. - angist, Clm 22201. Glossare: III, 360,38 Agonia et angustia: angst, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. [Meist (N.NG.; Gl.) in den Bedeutungen 'seelische Bedrängnis, Angst, Sorge, Unruhe, Leid', die nicht eindeutig auf medizinisch fassbare Vorgänge zurückzufuhren sind.] KFW. l,523f., SchW. 88, StWG. 29, SAW. 1,182 Herkunft: mit afries. angst aus *westgerm. *angusti-. Es handelt sich wohl um eine schon vorgermanische - etwa in lat. angustus 'eng, schmal' - -//-Erweiterung zu einem im Germanischen als *ang-, ahd. engt 'eng' vertretenem Stamm. Außergermanisch vergleicht sich lat. angor Würgen, Angst'. KS. 40, EWA. l,253f., DWB. l,358f., IEW. 1,43, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 14, R. Endres, Zur Bedeutung von angust, S. 137-144. - vgl. mhd. angest. angweiz stM. "Bläschen auf der Haut, Blatter, Ausschlag, kleines Geschwür' (Gl.) —fürunculus "Blutschwären', lues 'Seuche, Pest, ansteckende Krankheit; Verderben',

angweizfl

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papula 'Blatter, (Hitze)bläschen*, pestis 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest; Verderben', püstula "Blatter, Pustel; Blase, Bläschen', ulcus 'Geschwür, Schwären'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,343,37 Pustula : ancwm^ Lv 13,2, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. (Parallelhs.: puilla, angwi%p,gisprinc). I, 349,20f. Pustula: anguä% ebd., Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. - ancwei^ - Clm 13002. Clm 6217. Clm 22201. Clm 17403. - anewei^ Clm 14745. - anchuuei% Clm 14584. - anchwai$ Clm 4606. Clm 14584. I, 353,1 Pustula : anchweiξ ebd., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. I, 350,32f. Papukrum : anchwi&n, Lv 14,56, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. - anguei% Clm 14689. - anchwai^ Clm 4606. (Parallelhs.: angwei^o, angweinp). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 451,21 Papulas : angve'^a, Prud. perist. 489, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - ei^a ancguei^a, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 542,33 Papulas : ancuuei^a, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402, II. Jh., alem. III, 588,24 Furunculos./. angwe^t, Glossen zu Botanischen Schriften (Apuleii de medicaminibus herbarum liber XXI p. 180 Nr. 5), London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. - GGG 8,16 Ad angwei^i .i. Furunclös Ja / nodos, Wien, ÖNB. 187. Glossare: HSH. I, 380,566 pustula : ancwei% Summ. Heinr. HSH. II, 416,360 pustula : ancweiv^ Summ. Heinr. HSH. II, 533,260 ulcus, lues,pestis: ancwei'.5 Summ. Heinr. (Parallelhs. blaterd). (StSG. 111,171,42.43. 252,10.11. 285,8.9. 306,29. 322,33. 326,54. 342,29. 347,41). III, 429,13 Pustula : angueii5 Einzelgl. (Der Mensch, Stand und Verwandtschaft), Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 473,33 Furunculus : angveir^ Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. KFW. 1,526, StWG. 29, SAW. 1,181. Herkunft: eine jüngere Nebenform zu —» angweisp. angweiza swF. 'Hautausschlag' (GL) - papula *Blatter, (Hitze)bläschen\ püstula 'Blatter, Pustel; Blase, Bläschen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 349,23 Pustula : ancbmitga, Lv 13,2, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66; Nr. 654, BV. 1015, 13. Jh., alem. - anchwat^a, Stuttgart, WLB. HB IV 26. (Parallelhs.: angivei^j angwei^p).

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Krankheitsbezeichnungen

I, 350,32f. Papularum : anweise, Lv 14,56, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair - anchwei^a, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Stuttgart, WLB. HB IV 26. anchweia, Clm 14584. - anchevesp, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - anchewi^e, Clm 17403. (Parallelhs.: angwetiv, angwety. KFW. 1,527, StWG. 788, SAW. 1,180 u. 1,1085. Herkunft: als Femininum zu —> angweiyo. angweizo swM. 'Hautbläschen, Blatter, kleines Geschwür* (Gl.) - fürunculus "Blutschwären', papula TBlatter, (Hitze)bläschen', püstula "Blatter, Pustel; Blase, Bläschen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 343,36 Pustula : angweizo, Lv 13,2, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem.; (Parallelhs.: ancwai^gisprinc,putlla). I, 349,19f. Pustula •. ancvuei^o. I chxfdkllb (dh. chuedillono), ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - anguvei^o, Wien, ÖNB 2723. - anguei^, Göttweig, StiftsB. 46/103. - anchuvei^o, Wien, ÖNB 2732.. I, 350,30f. Papularum : ancvuei^ono. chrfdkllpnp (dh. chuedillono), Lv 14,56, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. - anguvei^ono, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - anguie^no, Göttweig, StiftsB. 46/103. - anchvue^o, Clm 6217. - anchutie^p, Clm 14745. I, 345,7 Papula : anguuei^o, Lv 22,22, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 642,4 Pabuk : angve^tn, Verg. Georg. III, 564, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. SS 392,38 furunculus : anguuei^o (korrigiert aus angune^t), Prise, inst. 109,4, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. Glossare: III, 430,2 Ferunclus : angwei^ä, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13. Jh., alem. IV, 21,11 Tapax: angueyo [Tagaxfurunculus], Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 154,2 Papule papille ./. .i. angusivgiiGlossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 1,527, StWG. 29, SAW. 1,181 u. 1,1085. Herkunft: Kompositum; im Grundwort steht ahd. 'Eiterbeule, Geschwür'; wie bei ahd. -> angsevgo dürfte dem Bestimmungswort ahd. engt, got. aggus 'eng' zu Grunde liegen. Unklar ist das Verhältnis zu der in ahd. angar 'Kornwurm' vorliegende Basis ie. *anguh- mit russ. ugon, das sowohl als 'Aal' als auch als 'Hitzblatter' bezeugt ist. IEW. 1,44. Die Verbreitung des auf oberdeutschen Quellen

äwerf

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beschränkten Wortes hebt sich scharf von gleichbedeutend ahd. -> angseigo ab. EWA. 1,256; anders M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 487 s.u. Ang-Queise, zu Quest, ahd. queisa, wei^ 'Pustel'. änehetzlg 'ohne Verstand, töricht' (Gl.) - vecors 'wahnwitzig, unsinnig, verrückt'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 540,11 Vecordem sine corde stultum: aneherciken, Prv 7,7, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. [Vgl. auch StSG. 1,122,39f.] KFW. 1,610, StWG. 32, SAW. 1,25; EWA. 1,289. Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem Suffix -ig zu ahd. änu 'ohne' u. —> her%a 'Herz', hier allerdings noch in der älteren Bedeutung 'Verstand'. (k)anecezech* 'zahnlos' (Gl.) — edentulus 'zahnlos'. Glossare: III, 383,20 (A.5) Edentulus : kance^ech, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 321 unter K. Herkunft: Kompositum; wohl zu lesen als änu-^eni, zu ahd. änu 'ohne' und —> %an(d). avursturz stM. 'Rückfall, rückfälliges, schleichendes Fieber' (Gl.) - recidiua febris (zu recido Zurückkommen, wieder eintreten'; vom Fieber, s. Κ. E. Georges, Lateinisch-deutsches Handwörterbuch 2,2221 mit Verweis auf Plinius 28,228). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 168,25 (Recid'uafebris) : auarsturu£ Greg, cura 3,9 p. 45, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 187,41 f. Recidiua febris : auarstur% t itslach, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - itslaht. i auarstur^ Wien, ÖNB 2732. - itslath t auarstur.£ Clm 19440. - avarstun> Wien, ÖNB 2723. - auirstur.ζ, Clm 14689. II, 303,57 Recidiua febris ·. auarstur^ Greg. hom. 2,35 p. 1616, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. KFW. 1,751, StWG. 38, SAW. 1,957. Herkunft: Kompositum; zu ahd. avur 'wieder, abermals' u. ahd. stur^ 'Sturz, Umsturz'. EWA. 1,403. äwerf stN. 'Fehlgeburt' (Gl.) - abortivus 'Frühgeburt, Fehlgeburt*. Glossen zu biblischen Schriften: I, 500,45 Auortiuum : auvtrf, lob 3,16 Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. - avuerf, Wien, ÖNB 2723.

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Kiankheitsbezeichnungen

- awetf, Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 22201. - auuorf, Clm 14689. aiv'rfi. I, 545,32 Auortiuus : avuetf, Eccl 6,3, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. - auveif, Wien, ÖNB 2732. - auuerf, Göttweig, StiftsB. 46/103. - awetf, Clm 13002. Clm 22201. Clm 17403. (Parallelhs.: virwetf. utwetj). [In der Bedeutung 'Abschaum, Absage' (B.BG.N.NG.; Gl.) sowie 'Ehescheidung' (Gl.).] KFW. 752, StWG. 38, SAW. 1,1102. Herkunft: eine nominale Präfixbildung zu ahd. werfan nach dem Muster von firwerf, urwerf. EWA. l,403f. äwizzl stF. 'Wahnsinn' (Gl.) - phrenesis 'der durch Entzündung der Gehirnhäute entstandene Wahnsinn, Hirnwut'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 156,24 Yrenesim, ab inpedimento mentis dicta ./. .ά vui^pg, Clementis Recognitiones II, 64 p. 1278, London, BMMss. Add. 18400, Nr. 269, BV. 392, Hs. 10. Jh. StWG. 38, SAW. 1,1146; fehlt KFW. 1,758. Herkunft: mit ahd. äwi^jg, äwiqpggi 'wahnsinnig' (?), atvisgen 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein', SAW. l,1146f., zu einem erst mhd. bezeugten Substantiv äivitvg, mit dem Nominalpräfix ä- 'weg, fort' zu ahd. m^pj 'Vernunft, Verstand'. EWA. 1,404, DWB. 1,35 s.u. Aberwitz ~ vg!· mhd. dwity 'Unverstand, Wahnsinn'. äwizzJg 'wahnsinnig, besessen' (Gl.) — deltrus 'wahnsinnig'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: A2, 67,19 deltrus : awiccicge, Sachglossar, Engelberg, StiftsB. Codex 6/8, 14. Jh. (wohl als Abschrift einer älteren Vorlage). StWG. XXXVII. Herkunft: zu ahd. - » dm^pj, mhd. äwit^e. DWB. 1,35. - vgl. mhd. dwit^ec. äwizzigi stF. 'Besessenheit' (Gl.) - vgl. energümenos 'der vom Teufel Besessene'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 94,42 Enetgumini : awivgigi, Can. conc. Ancyr. XXXVII, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. (Parallelhs.: auui^ode). KFW. 1,758, StWG. 38. Herkunft: Wohl eine ad-hoc-Bildung zu dem erst später bezeugtem Adjektiv - » dwisgig. Dazu gehören auch —> dwi^ilos 'von Sinnen' und —> ämugin 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein'. EWA. 1,404. äwizzilös 'von Sinnen, nicht bei sich' (Gl.) - dmens 'unsinnig, außer sich'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

äzendi

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II, 766,31 Amens : auuiqloser, Passio Thomae, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. KFW. 1,758, StWG. 38 Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem Suffixoid -lös zu —> mviigt, mhd. awii^e. äwizzöd stM. Oesessenheit, geistige Verwirrung' (Gl.) - aporia 'Verlegenheit (als geistige Verwirrung)'; vgl. energümenos 'der vom Teufel Besessene'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 576,41 Aporia : auvi^od. suvintilunga, Sir 27,5, Clm 18140; 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suvintilunga. avui^od, Clm 19440. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 94,42 Energumini: auuisgode, Can. conc. Ancyr. XXXVII, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. KFW. 1,758, StWG. 38. Herkunft: mit dem Suffix -öd zu —> dwisgt bzw. mhd. äm%%e. EWA. 1,404; s. auch ahd. m ^ d l i h 'gesetzlich', SAW. 1,1150. äwizzön 'von Sinnen sein, vom Teufel besessen sein' (N.; Gl.) - delirio 'von der geraden Linie abgehen, verrückt sein, irre reden', energümenos 'der vom Teufel Besessene'. Literarische Denkmäler: Notker 1,13,21 Communem morbum inlusarum mentium. Keme'ine stiht tero aum'^ppnton. Glossen zu biblischen Schriften: I, 635,38 Energuminos : awiigonte, Kommentar zu Ier 48,12—52,17, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. - awiynt, Clm 6217; Nr. 337, BV. 500, Hs. 10. u. 13./14. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 738,45 Oetiro : auuitv$ny Vitae et Passiones Sanctorum, Act. Petri et Pauli auct. Marcello 650, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., fränk.; ebenso St. Gallen, StiftsB. 292. KFW. 1, 758, SchW. 92, StWG. Herkunft: eine Verbalbildung zu —> ämi^pj, mhd. amts^e. - vgl. mhd. äivit^en 'von Sinnen sein', bei Lexer 1,107 wohl irrtümlich als ά-wit^en mit Langvokal. äzendi 'zahnlos* (Gl.) - edentulu 'zahnlos', edentulae 'Zahnlose, Alte'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 563,11 Edentularum, anularum acendero, Prud. perist. 305, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. Jh., mfrk. KFW. 1,765, StWG. 39, SAW. 1,1171. Herkunft: mit dem Nominalpräfix ä- 'weg, fort' zu ahd. —> %and 'Zahn'.

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Kiankheitsbezeichnungen

azzil* 'Nagelfäule' (Gl.) - mfirmitds 'Schwäche, Krankheit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 584,26 infirmitatem in homine a^jl vel. harnwinte, Rezepte, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706, Hs. 13. Jh. und jünger (wohl 13. oder 14. Jh.). StWG. 39 (nicht KFW., SAW.). Herkunft: Nach M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 18 s.u. Assel handelt es sich um eine dialektale Variante zu nhd. Atyel, das zur Wortfamilie von essen im Sinne von „Mitesser" gehören soll. Das spät bezeugte Wort erscheint nicht im EWA.

Β balcbrust stF. ^Bluterguss' (Lex Baiv.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Baiv., Einsprengsel: et ή ossa /regit et pelle non /regit, quod palcprust dicunt, 8. Jh. bair. Lex Alam. 57,35, Einsprengsel: Si enim brachium fregerit, ita ut pelkm non rumpit, quodAlamanni 'balcbrust' ane cubitum dicunt. E. Seebold, Chronologisches Wörterbuch, S. 344. Herkunft: Kompositum, zu ahd. balg 'Schlauch, Blasebalg, Schote', einer Ableitung vom starken Verb ahd. belgan und ahd. brüst 'Riss', einer Ableitung vom starken Verb ahd. brestan. E. Seebold, Chronologisches Wörterbuch, S. 347, A. Niederhellmann, Arzt, S. 213-217. balo stM. 'Krankheit, Seuche, Pest' (Gl.) - clädes 'Verletzung eines Gliedes, Bruch, Verlust, Schaden, Unglück, Unheil', läbes 'Sturz, Unheil, Schaden; Gebrechlichkeit des Körpers, Seuche', lues 'unreine Flüssigkeit, Seuche, Pest, ansteckende Krankheit', pestis 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest, Verderben'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 257,63 Clade : palauve, Greg. dial. 4,26 p. 412, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 433,7 Pestium : palavuo, Prud. perist. 221, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem, ebenso Clm 14395. II, 505,59 Lues : palua, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./II. Jh., alem. 11, 548,11 Lues: pah, Prud. psych. 507, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 640,44 Pestis : palo, Verg. Georg. 111,419, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 731,28 Labe : palauve, V. patr. 57b, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (im übertragenen Sinne für 'Irrglauben").

bettiriso

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Glossare: IV, 76,31 Lues: pab, Glossae Salomonis (a, c, d). [Die Mehrzahl der Belege zeigt die allgemeine Bedeutung 'das Üble, Schaden, Verderben, Untergang, üble Gesinnung', unter christlichem Einfluss 'Sünde' (MH. NG.O.OT.T; Gl.)·] KFW. l,802f., SchW. 93, StWG. 41, SAW. 1,41. Herkunft: mit as. balu, ae. bealu, an. bql, sowie afties. balu-munda, got. balwarnsei aus germ. *balw-, das auf ie. *bheku- 'durch Schlagen krafdos machen' zurückgeht. Außergermanisch vergleicht sich aksl. boh 'Kranker'. EWA. l,444f., IEW. 1,125, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 455 s.u. Pab. - vgl. mhd. bale "Böses, Unrecht'. beinrenkl stF. "Beinverrenkung' (MZ.). Literarische Denkmäler: Merseburger Zaubersprüche 365,6 Jose benrenki, sose bluotrenki, sose lidirenki. KFW. 1,851, SchW. 93, SAW. 1,46. Herkunft: Kompositum; —> zu bein, bi-renkett. EWA. 1,518; W. Wilmanns, Deutsche Grammatik 2, § 238, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 505 s.u. Renke. beinsuht* stF. 'Beinleiden, Fußgicht' (Gl.) -petigo 'Räude'. Glossare: IV, 174,6 Petago. genus morbi : beinsucht, Glossae Salomonis, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13.Jh.,obd. KFW. 1,851, StWG. 44, SAW. 1,46 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu —> bein, suht. EWA. 1,520, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 702. bettiriso swM. 'Kranker, Gelähmter, Bettlägriger' (O.; Gl.) - clinicus 'Arzt am Krankenbett; der betdägrige Kranke', imbecillus 'schwach, gebrechlich, krafdos', paralyticus 'der an einer Seite des Körpers Gelähmte'. Literarische Denkmäler: Otfrid 3,14,67 Thar sint ouhgisplte bettirison alte, unmähtige man. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 709,60 Parafyticos : petterisan, Mt 4,24, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84, 10. Jh., mfrk., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII. - pettirison, Mainz, StadtB. Hs. II 3. Glossare: HSH. 11,426,01.71 paraliticus, clinicus : beteriso, Summ. Heinr. (StSG. III, 253, 64). III, 383,57 Clinicus : bedderiese, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk.

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Krankheitsbezeichnungen

III, 391,6 Stragukζ. paraliticus : behtderieso, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 197,21 Baculus, staph, cuius diminutiuum bacillus, stauiklin. unde inbecillis dicitur, biedrieso, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. l,939f., SchW. 95, StWG. 49, SAW. 1,58 u. 1,756. Herkunft: Kompositum; zu ahd. betti 'Lager, Bett' u. risan '(ab-) fallen', auch in mnd. bedderise (Adj.). DWB. 1,1738, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 511 s.u. -ris, 'ein durch Gicht, Lähmung oder Altersschwäche ans Bett gefesselter, siecher Mensch'. Man vergleiche ahd. risig, risih 'hinfällig'; J. Splett, AbrogansStudien, S. 144f.; s. auch —> altriso. EWA. l,574f., W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, 2 § 147 f. — vgl. mhd. betterise 'der Kranke, betteris 'betdägrig, krank', betterisec 'betdegrig'. bettisioh 'gelähmt, betdägrig krank' (OT.T.; Gl.) - paralyticus 'der an einer Seite des Körpers Gelähmte'. Literarische Denkmäler: Tatian 133,2 Inti brähtun imo ... manodsioche inti bettisiohhe. Intigiheilta sie. Adespota: IV, 221,6 Paralyticus lamer petti siuhher; Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, I. Viertel 9. Jh. [lamer ist gegen StWG. wohl Substantiv]. KFW. 1,940, SchW. 95, StWG. 49, SAW. 1,58 u. 1,820. Herkunft: Kompositum; auch in mnd. beddesek, mnl. beddesiekr, zu —> sioh sowie zu ahd. betti 'Lager, Bett'. EWA. 1,575, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 647 „infolge von Lähmung oder Krankheit ans Bett gefesselt". biben 'Wahnsinniger' (Gl.) - phreneticus 'hirnwütig; der Hirnwütige'. Glossare: HSH. II, 117,21 freneticus insaniens Bvtender vel tobender (Hs. Erlangen, V, „verderbt aus Bibender?"). SAW. 1,59; (Nicht KFW., StWG., HSH. 3). Herkunft: eine Substantivierung zum schwachen Verb ahd. biben 'beben, zittern'. EWA. 2,9f. bihahsantllhho 'gelähmt, krafdos' (Gl.) - enervätus 'entnervt; entkräftet, gelähmt, weichlich, schwach'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 163,23 Hneruiter: pihasantü, Greg, cura 1,3 p. 5, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. (Steinmeyer, z.St.; pihasantli\ brunnido. brunst stF. 'Hautentzündung' (Gl.) - prurigo 'das Jucken, juckender Grind am Körper'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 288,50 Prurigo luchido mit prunsti et dicta prurigo a perurendo et ardendo, Dt 28,27, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9 . J h , alem, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 371,9 Prurigine : kpchpdkn. Iprxnstk (Steinmeyer: dh. iochoditt. Iprunsti), ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: [Daneben die nicht medizinischen Bedeutungen '(Ab-)Brennen' (Gl.), 'Feuersbrunst' (Gl.; N), 'Glut, Hitze' (Gl.; Β. N.), 'Kornbrand am Getreide' (Gl.).] KFW. 1,1443f., StWG. 81 u. 796, SAW. 1,107. Herkunft: eine Ableitung auf -sti zu germ. *brenna-, auch in got. ala-brunsts 'Anzündung eines Opfers' aus germ. *brunsti- "Brand, Hitze'. EWA. 2,384, KS. 140, DWB. 2,437f., IEW. 1,145, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 78. - vgl. mhd. brunst Έ rennen, Brand, Glut, Hitze'. bühwurm stM. 'Spul-, Madenwurm, Bandwurm' (Gl.) — lumbricus 'Eingeweidewurm, Spulwurm, Regenwurm'. Glossare: III, 444,66 Lumbricus : puhwrm, Tiergl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. -puchwurm, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60. IV, 216,17 Lvmbricus : pichwurm, Mischgl, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - Pichwrm, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60. KFW. 1,1483, StWG. 83 mit der Bedeutungsangabe 'Eingeweidewurm'. Herkunft: Kompositum; -> buh, wurm. EWA. 2,425, DWB. 1,1169, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 823. Da sich zumindest der erste Beleg in einem Tierglossar befindet, wird der bühwurm hier vermutlich eher als Spul- oder Madenwurm aufgefasst. Da aber der Wurm ein Krankheitserreger ist und gelegentlich personifiziert als Krankheit auftritt, wird er dennoch an dieser Stelle verzeichnet.

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Kxankheitsbezeichnungen

büla, bulla stswF. '(eiternde) Beule, Schwäre, Pustel, Blatter, Brandblase; Hämorrhoiden' (Gl.) - papula "Blatter, Bläschen, Hitzbläschen', püstula *Blatter, Pustel, Blase, Bläschen', struma 'die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdrüsen, besonders am Halse, dicker Hals', tumor 'Geschwulst, Erhöhung'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 288,5 Papuhrum : pultono, Lv 14,56, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. - pu'llono, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./ 9. Jh., alem. I, 343,36 Pustula : puilla, Lv 13,2, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem., ebenso Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13003. (Parallelhs.: ancwai^ angweiigo, gisprinc). I, 344,16 Papula idpuilla, Lv 14,56, ebd. I, 354,32 Papula : puilla .f., ebd., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - 1 puilla, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11. 385,26 Strumas ./. tumons. puilla, Prud. perist. 258, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 402,77 Strumas: chelucbö ( ) tumores. puilla, ebd. II, 481,70 Papulas : bvlton, Prud. P. Rom. 489, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. II, 510,1 Papulas fkigf. pkxllxn (Steinmeyer: dh. eivge piulluti), ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. Jh., alem. - eiypullun, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 525,62 Papulas : bxllxn (dh. bullun), ebd., Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. II, 536,77 Papullas .i. buullun, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. IV, 368,10 Scrofae : pula, (Pseudo) Hippocratis, Epistola ad Antiochum regem, Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd. IV, 368, 27 (Emmorroidas) pula in arse, ebd., 7,24. Glossare: HSH. II, 407,224 papula: buila, Summ. Heinr. HSH. II, 416,360 pustula : bulla. Summ. Heinr. (StSG. III, 252,11. 285,8.9. 305,36. 306,29. 322,33. 341,8. 342,29). P e r Beleg StSG. II, 586,74 Strumas : bulu" kelachos, Prud. perist. 258, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F ist altsächsisch.] KFW. 1,1487, StWG. 83 s.u. büla, StWG. 84 s.u. bulla, SAW. 1,115 mit den Ansätzen }bulla und büla. Herkunft: zu as. büla, afr. bele, heil, ae. byl(e) aus westgerm. *büljö(n) "Beule'. KS. 105, EWA. 2,429f., DWB. 1,1745. Der Ansatz ist unsicher. und als Umlautbezeichnung spricht für germ. *büljö(n)-, die Gemination in den übrigen Belegen für eine Variante *buljö(n)-. Im Ablaut dazu steht got. uf-bauljan. Es han-

dab!

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delt sich um /-Erweiterungen zu einer Basis *bheu- 'aufblasen, schwellen'. Außergermanisch vergleicht sich etwa atschech. büla "Beule'; s. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 40, M. Heyne, Körperpflege, S. 134f. - vgl. mhd. biule. pulislac 'trockene, unblutige Schlagwunde' (Lex Baiv. Lex Alam.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Baiv. IV, 1, Einsprengsel: Si quis liberum per iram percusserit, quod pulislac vacant, Hs. Alt., L.; 9./10. Jh. Lex Alam. 57,1 Einsprengsel: Si quis alium per iram percusserit, quod Aiamanni 'pulislac'dicunt.; Hs. Β 1; 9./10. Jh. Herkunft: Kompositum; zu —> büla, bulla und ahd. slag .Schlag'; vgl. A. Niederhellmann, Arzt, S. 218f. vgl. auch —> huofslah. bütil stM. 'angeschwollene Halsdrüsen, Kröpf' (Gl.) - struma 'die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdriisen, besonders am Halse, dicker Hals'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 433,42 Strumas : pvtila chelcha, Prud. perist. II, 258, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [Nicht hierher wohl IV, 509,32 Contra pircil, Segen, Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd.?] KFW. 1,1570 (nur II, 433,42, wenn nicht verschrieben für builla Έειχίε"), StWG. 797 s.u. bumjn (die Bedeutung 'Krankheit' dort nur fur IV, 509,32). Herkunft: wenn die Belege zu ahd. bütil gehören, dann in übertragener Bedeutung neben as. büdil'Beutel' aus germ. *büdila- zu einer /-Erweiterung der Wurzel *bhu'aufblasen, schwellen'. KS. 105f., EWA. 2,478f., IEW. 1,99, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 41 f. Zur Bedeutung 'Aufgeschwollenes' s. R. Lühr, Expressivität, S. 270f. StSG. IV, 509,32 pircil (mhd.) eher an nhd. Bürgel (KS. 147) in der Bedeutung 'Steifheit' o. ä. anzuschließen und steht für eine Pferdekrankheit, s. V. Holzmann, „Ich beswer dich", S. 99. - vgl. mhd. biutel'Beutel, Tasche'.

D dabi stF. 'Stumpfsinn' (?) (Gl.) - hebetüdo 'Gefühllosigkeit, Stumpfheit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 321,42 EBITUDO SENSUS circa intellegentiam propagatur muatßeuui siue dabi, Greg. mor. 31,45 p. 1036, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. StWG. 89; SAW. 1,126 s.u. debben 'niederdrücken'; KFW. 2,21 als Verweis auf toubi. Herkunft: vermutlich als tabi zur Wortfamilie um ahd. —» tewen, touwen 'im Sterben liegen', sieh auch ahd. —> tebedig 'krankhaft'.

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Krankheitsbezeichnungen

dampfo swM. 'schwerer Katarrh, Schnupfen' (Gl.) - asthma 'Engbrüstigkeit, Beklemmung', branchos 'Heiserkeit' {bronchus morbus), catarrhus 'Katarrh, Schnupfen'. Glossare: HSH. II, 201,03.4 brancus morbus: dampho, Summ. Heinr. (StSG. III, 277,51). III, 489,16 Katarrus : tampho, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 502,7 Katarrus : damppho, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 380,34 Ad peste que die uulgo däppe ./. asma, Constantinus Africanus, De indignatione vue, Bamberg, StB. Msc. Med. 6, Nr. 13, BV. 24,12./13. Jh. KFW. 2,33, StWG. 89, SAW. 1,124. Herkunft: es handelt sich um eine »-stämmige Ableitung aus der gleichen Grundlage wie nhd. Dampf, evtl. unter Beeinflussung von nhd. dämpfen, ahd. t(h)empfen 'ersticken'. Dem «-Stamm entspricht mnd. dampe aus germ. *dampan- als denominale Ableitung zu *dampa- 'Dampf. EWA. 2,516, KS. 162 s.u. Dampf2 'Asthma', DWB. 2,715 s.u. Dampf 1., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 90; schwundstufig steht daneben —> dumpfe. - vgl. mhd. dampfe. dempft* stF. 'Erstickung' (Gl.) — zu offöco 'erwürgen, ersticken'. Glossare: IV, 153,13 Offocationem : demphiGlossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 2,375 'das Ersticken, Erwürgen', StWG. 93, SAW. 1,124. Herkunft: als /»-Stamm zum schwachen Verb ahd. dempfen 'bedrängen, erwürgen, ersticken, töten'. EWA. 2,577. - vgl. mhd. dempfe "Engbrüstigkeit'. dempfida* stF. 'Erstickung' (Gl.) - offöco 'erwürgen, ersticken'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 369,2 Officationem : tephid'n, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. KFW. 2,375, StWG. 93, SAW. 1,124. Herkunft: eine Bildung mit dem Suffix -ida zu ahd. dampf dempfen. dempfo* swM. 'Katarrh, Schnupfen' (Gl.) - branchos 'Heiserkeit' (branchus morbus). Glossare: HSH. II, 201,03.4 brancus morbus: dtmpbo, Summ. Heinr. (StSG. III, 295,44). KFW. 2,375, StWG. 93, SAW. 1,124. Herkunft: als /»»-Stamm neben ahd. —> dampfo. dempfunga* stF. 'Erstickung' (Gl.) - zu offöco 'erwürgen, ersticken'. Glossare:

druos

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IV, 118,14 Offocationem : dempfunga (a), deinpfunga (g). demphunga (d). dephunga (c). temphunga (f). temphungt (i). temphun (e), Glossae Salomonis. KFW. 2,375 'das Ersticken, Erwürgen', StWG. 93, SAW. 1,124. Herkunft: als ö-Stamm zu dempfen mit dem Suffix -ungcr, vgl. fir-, ir-dempfunga 'Erstickung*. EWA. 2,577. ->· dempfungi. dempfungl swF. 'Erstickung' (Gl.) - zu offöco 'erwürgen, ersticken'. Glossare: IV, 171,50 Ophocationem : demphungi, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. J h , bair, obd. KFW. 2,375, StWG. 93, SAW. 1,124. Herkunft: als /»-Stamm zu - » dempfen mit dem Suffix -ungcr, vgl. fir-, ir-dempfunga 'Erstickung', EWA. 2,577. -> dempfunga. diohhalz 'lahm, hinkend' (Gl.) - catäx 'hinkend, lahm'. Adespota: IV, 249,5 Catax : dehohaly, Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. J h , obd. KFW. 2,515, StWG. 102, SAW. 1,141 u. 1,348. Herkunft: Kompositum; zu —> dioh, halEWA. 2,673. druos stF. 'die (geschwollene) Drüse, Geschwulst' (Gl.) - fragitida 'Zange, Griffel', funiculus 'dünnes Seil' (wohl verschrieben aus furunculus), glandulae 'Mandeln, Drüsen am Halse, die geschwollenen Mandeln; Halsstück vom Schwein', glans 'Kernfrucht, Bleikugel; Eichel am Penis', parötida 'Geschwür an der Ohrendrüse', scrofulae 'Halsdrüsen, Halsgeschwulste, Skrofeln', struma 'die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdrüsen, besonders am Halse, dicker Hals', töles 'Kröpf am Halse'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,369,9 Glandium : druos, Prise, inst. 115,18, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. J h , bair. SS 393,12 glanduh : druas, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. J h , südrheinfrk. II, 470,63 Glandibus : druos, Prud. symm. II, 284, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem, ebenso Clm 14395. II, 564,36 (Fragitidas) : thruose. ai glandule l inustiones eorum quibus se stigmauerant, Prud. perist. 1076, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. J h , mfrk. -fragitida. prechpt. in manu, Köln, DB. LXXXI. JJ 257,16. 18 scrofas, strumas . druse l'apostemata, Macer Floridus II, 234, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. JJ 258,3 Parrvtidas, glanis iuxta aures / druse. Macer Floridus II, 253, ebd. Glossare:

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Krankheitsbezeichnungen

HSH. 1,133,241 glans, tohs: drüs, Summ. Heinr. HSH. II, 6,110 j/'ans, tollis: drits, Summ. Heinr. HSH. II, 3 1 8 , 1 3 5 ^ » / : drüs, Summ. Heinr. (StSG. 111,73,57. 178,49. 240,49-51. 276,20. 301,36. 318,34. 325,43. 336,27. 348,55 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β X 18, Nr. 126 u. Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 251.) III, 392,53 Liqa. glandula : drüs, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 430,1 Glans, Iglandalum truos, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13. Jh., alem. III, 434,48 Glandvla : drüs, Einzelgl, Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 488,40 Glandule : druse, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 494,35 Bisane : drose, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 500,28 Glandok : druose, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 599,21 Scrophas : drus, Pflanzengl. MXLII, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706, Hs. 13. Jh. III, 602,31 Glandulas : Trvse, Pflanzengl. MLIV, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. 111,662,4 Glandis : druos, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 686,50 Glans : Thruos, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. III, 694,33 Glandula : Oris, Mischgl, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., o b d , Cgm 5250,28 IV, 66,28 Funiculos : druos, Glossae Salomonis (a, d, f, i, k), ebd. drus (e). truos (c)· IV, 68,52f. Glandium: druos, Glossae Salomonis (c, d, f), ebd. drvos (p). drüs (a). IV, 68,55f. Glandulas : druosi, Glossae Salomonis (b, c, f, k), ebd. drvosi (p). drüsi (a). drösi (d). drüse (c). *slasj drüslut (g). IV, 144,26 Funiculus : druos ./, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. IV, 144, 64 Glandium .i. drüs .t., Glossae Salomonis, ebd. IV, 186,64 Glandula : drüse, Alphabetisches G l , Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. J h , bair. - drue^ Wien, ÖNB 1325. IV, 215,15 Glandula : drvs, Alphabetisches G l , Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. - dros, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60.

durri

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IV, 369,13 Ad glanäota. que dicuntur üf dntese, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. P e r Beleg StSG. StSG. IV, 202,61 Glandua : thruos, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61 ist wohl altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 219. - Die Bedeutungen 'Mandeln, Drüsen am Halse' für Körperteilbezeichnungen und geschwollene Mandeln, insbesondere fiit lat. glandulae sind nicht immer eindeutig zu trennen; s. dazu im Abschnitt „Körperteilbezeichnungen". In den Körperteilglossaren selbst erscheint diese Bedeutung nicht.] KFW. 2,692f., StWG. 109, SAW. 1,155. Herkunft: zu as. thrös, mhd. druos, drüese 'Körperschwellving' aus germ. *prös- aus vorurgerm. *trös- 'gedeihen, schwellen'. Nhd. Drüse (Sg.) ist aus dem Plural rückgebildet. Regelgerechtes nhd. Drus(e) steht als Bezeichnung für eine Pferdekrankheit. EWA. 2,823f., KS. 197, DWB.N. 6,1454f., M. Heyne, Körperpflege, S. 135. — vgl. mhd. druos 'Drüse, Beule, Halsdrüsengeschwür'. dumpfe* swM. 'Schwindsucht' (Gl.) - phthisis 'Schwindsucht'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 259,17 thysim, düphin (= phthisim), Macer Floridus LXIV, 1511, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. StWG. 110. Herkunft: zum Adjektiv nhd. dumpf mit der älteren Bedeutung 'engbrüstig, asthmatisch'; vgl. mnd dumpe(tt) 'Katarrh' (eigentlich "Bedeckung, Verhüllung durch Rauch, Dunst' aus germ. *dumpan-, das im Ablaut steht zu mhd. dimpfan 'dampfen, rauchen', nhd. Dampf. EWA. 2,851, KS. 199, DWB. 2,1522f. mit der Bedeutung 'Engbrüstigkeit, Asthma'; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 107. - vgl. mhd. dumpfe 'Rauch, Dampf'. durri 'verdorrt' (T.; Gl.) - äridus 'trocken, dürr'. Literarische Denkmäler: Tatian 227,9 Infi uuas thar man thes vgsua hant thurri uuas. (u. ö.) [In nicht medizinischer Bedeutung MF.N.O.; Gl.] KFW. 2,756, SchW. 116, StWG. I l l , SAW. 1,133. Herkunft: mit as. thurri, ae. Sjre, an. purr, got paurus aus germ. *pur%u-, was auf ie. 'trsii zurückführt. Außergermanisch vergleicht sich avest. tarsauu- 'trocken, fest* und altlat. tonus 'trocken'. Ob auch die medizinische Verwendung alt ist, bleibt ungewiss. Prinzipiell wird medizinischer Gebrauch jederzeit möglich gewesen sein. EWA. 2,875f., KS. 201; sieh auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 106. - vgl. mhd. dürre.

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Krankheitsbezeichnungen

Ε einhenti 'nur eine Hand habend, einhändig' (Gl.) - mancus 'verstümmelt, verkrüppelt, gebrechlich an den Gliedmaßen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,40 Mancus 1 cegenum quasi manu ancum ./. dubium. i enheindi, Aldh. laud. virg. 163,18, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. II, 19,56 (Mancum) enum quasi manu ancum. ubium heinhenti, ebd. II, 13,49 Mancos.i. quasi manu ancäs./. dubios, t einbinde, ebd. 165,28, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ 11. Jh., fränk. (?). II, 19,63 Mancos: einhente, ebd. Glossare: HSH. II, 7,141 mancus: einhender, Summ. Heinr. HSH. II, 373,02.4 mancus : einhender, Summ. Heinr. HSH. I, 309,581 mancus: einhenter, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,59.60.61. 179,47. 281,18. III, 428,65 Mancus : einhanter, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604,12. Jh. III, 681,42 Mancus : ainhentir, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. [Der Beleg StSG. III, 715,58 Mancus : einhende, ist altsächsisch bzw. mittelniederdeutsch, Marienfelder Glossen.] KFW. 3,189, StWG. 121 u. 803, SAW. 1,172f. u. 1,353. Herkunft: Kompositum; mit ae. änhende, an. einhendr zu ahd. ein u. —> hant. EWA. 2,1001. - vgl. mhd. einhende. einhentig* 'nur eine Hand habend, einhändig' (Gl.) - mancus 'verstümmelt, verkrüppelt, gebrechlich an den Gliedmaßen*. Glossare: IV, 150,26 Manchus : einhentiger./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 3,189, StWG. 121 u. 803, SAW. 1,172f. u. 1,353. Herkunft: mit -/j-Suffix zu ahd. einhenti. EWA. 2,1001, DWB.N. 7,714. vgl. mhd. einhendec. einougi 'einäugig; triefäugig' (?) (Γ.; Gl.) - lippus 'triefäugig sein, entzündete Augen haben', luscus 'mit verschlossenem Auge, einäugig, halbblind', monophthalmus. Literarische Denkmäler: Tatian 319,23 guot ist thir ein ougen in liberichisonthanne %uuei ougun habenten gisentit uuerdan in helliftur. Glossen zu biblischen Schriften:

einougi

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I, 283,14 Luscos : einauge, Ex 21,26, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 328,47 Luscos : einovgi, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. IV, 254,27 Luscus : einoger, Ex 21,26, Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. I, 724,5f. 8f. Luscum : ainovkkin, Mc 9,46, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. - ainöskin, Clm 6217. - ainiskin, Clm 14745. - enocun, Clm 22258. - ein oecher, Admont StiftsB. 508. - einovgen, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - einugen, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - einougen, Stuttgart, WLB. HB IV 26. IV, 295,22 Luscum : einoucbe, Mc 9,46, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. V, 18,37 Luscum : ainög, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798,12. Jh., fränk. I, 817,37 Luscum : &nougen, Lib. Com., Mc 9,46, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - einougen, Clm 19440, ebenso Wien, ÖNB 2732. einovhgen, Wien, ÖNB 2723. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 16,36 Monotalmus i luscus. einouge, Aldh. laud. virg. 172,4, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. J h , alem. II, 20,20 Monoptalmi : enouges, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ 11. J h , fränk. (?) II, 19,64 Luscos: einouge, Aldh. laud. virg. 165,29, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 1 0 . / l l . J h , fränk. (?) Glossare: III, 6,12 Lippus : ainaugi, Vocabularius Libellarius St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. J h , alem. u. ostfrk. HSH. I, 308,574 luscus, monoptalmus, monoculus : einoger, Summ. Heinr. HSH. II, 7,137 luscus, monoptalmus : einogger, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,25.179,15). III, 428,32 Luscus : einoger, Einzelgl, Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. \\./\2. J h , bair. III, 429,5 Luscus : ainoker, Einzelgl, Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. III, 434,46 Monoptolmv': einouger, Einzelgl, Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. J h , alem. III, 681,40 Luscus l monoculus ainökir, Mischgl, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. J h , bair. III, 690,8 Monoptalmus : einogi, Mischgl, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. J h , alem. IV, 76,40 Luscus: einoger (c). einoger {d), Glossae Salomonis.

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Krankheitsbezeichnungen

KFW. 3,21 If., SchW. 122, StWG. 122, SAW. 1,173 u. 1,693. Herkunft: Kompositum; vgl. an. eineygr. Zu —> ouga sowie zu ahd. ein. EWA. 2,1014, DWB. N. 7,507f. - vgl. mhd. einöuge 'einäugig'. eit(t)ar stN. "Gift, Eiter, eiternde Wunde' (I.MH.N.O.; Gl.) - püs 'der weiße und zähe Eiter', sanies 'verdorbenes Blut und andere Körpersäfte, die noch nicht in weißen und zähen Eiter übergegangene Wundjauche', venerium 'der lebenzerstörende, giftige Saft', virus 'die natürliche zähe Feuchtigkeit, Schleim, Saft'. Literarische Denkmäler: Bamberger Blutsegen, S. 378 neblötete, noch nesvar. noch nechein eiter nebar. Isidor 42,3 Bauhnit, innan dhiu dheodun chiuuon uuarun iuhuuanne eitarpredigen. Murbacher Hymnen 3,5,4 kalauba hisgu strede notnunfti heitar ni uuisgi. Notker 1,10,3 Tie imo (dem Kranken) sin ser nieht ein neheillent. ntibe ioh mennt. mit süoevpmo eitere tro uuörto. Otfrid 2,12,65 Then eittar thär bifiangi, thaζ er thäragiangi, in thes tSthes gähi thara %-tru säht. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 234,62 Virus : eitter, Greg, cura 3,21 p. 67, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 432,64 Virus : eitar; Prud. perist. 216, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. II, 465,53 Sanies: eäittar, Prud. psych. 40, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - eittar, Clm 14395. II, 480,69 Virus : eittir, Prud. perist. 216, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. Jh., bair. II, 600,42 Virus : eitter, Ruf. hist. eccl. II, 1,60, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. -gltter (dh. eitter), Clm 19440. Glossare: III, 53,36 Virus : eter, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. ? (nicht HSH. 3,34) III, 328,33 Hoc uirus indeclinabile : aiter, Summ. Heinr. III, 393,2 Raql. uenenum : eithder, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 94,55 Sanies : eitir, Glossae Salomonis (d, g). (Parallelhs.: gunteitef). IV, 109,5 Virus: eiter, Glossae Salomonis (i). IV, 158,68 Sanies : gunt l eiter ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 164,40 Venenum : eiter.t., Glossae Salomonis, ebd. IV, 165,29 Virus: eittir .t.fel uenenum uirigunt./., Glossae Salomonis, ebd. Adespota:

eitarlih

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IV, 236,8 Pus .!. eiter. indepurulentus. hecpustula .1. ruf, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV.71.Hs. 11. Jh., mfrk. P e r Beleg StSG. II, 586,49 Virus: ettar, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216. - In der Bedeutung 'Schlangengift' Physiologus 131,127.] KFW. 3,235f., SchW. 122, StWG. 123 u. 803, SAW. 1,177. Herkunft: zu as. ettar, ae. ät(t)or, an. eitr aus germ. *aitra- 'Eiter, Gift'. Mit unverschobenem -tr- zur selben Wurzel *oid- 'schwellen' wie ahd. 'Geschwür'. Die ursprüngliche Bedeutung von *aitra- war wohl 'die aus Geschwüren austretende giftige Flüssigkeit'. Außergermanisch vergleicht sich mit r-Suffix wie im Germanischen, aber anderer Bedeutungsentwicklung, aksl.jadra "Busen, Brust', jadro 'Mast'. EWA. 2,1025f., KS. 214, DWB.N. 7,1191f., IEW. 1,774. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. I l l , M. Heyne, Körperpflege, S. 133f. Sieh auch —> eiterg, eitarig und eiterlih 'giftig'. - vgl. mhd. eiter 'Gift; Ohrenfließen'. eitarflecko swM. (?) 'Gerstenkorn am Auge' (Gl.) — hordiolutn 'Gerstenkörnchen, eitrige Entzündung einer Talgdrüse am Augenlid'. Glossare: III, 490,20 Ordiolum : deifkcco, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. KFW. 3,963f., StWG. 803, SAW. 1,177 u.1,244. Herkunft: Kompositum; wenn die Konjektur zutrifft, zu —> eitar sowie zu ahd. fleccho 'Flecken, Makel'. EWA. 2,1027. Sieh auch M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 153. eiterig 'giftig, eiterig, verwesend' (N.; Gl.) - purulentus 'eiterig', täbidus 'schwindend, verwesend, auszehrend', virösus 'stinkend, giftig'. Literarische Denkmäler: Notker 3,229,5 Dia eiterg[im\ydram fersuänta er. Glossare: HSH. Hs. Y, lOrb Z. 17 purulentus: eteric, Summ. Heinr. HSH. Hs. Y, lOvc Z. 3 purulentus: eterich, Summ. Heinr. KFW. 3,239f., SchW. 122, StWG. 123, SAW. 1,177. Herkunft: wie as. ettarag, ae. a>t(t)rig mit /j-Suffix zu -> eitar. EWA. 2,1027, DWB. N. 7,1194. - vgl. mhd. eiterec, eiteric. eitarlih 'giftig, eiterig, verwesend' (N.; Gl.) - täbidus 'schwindend, verwesend, auszehrend'. Literarische Denkmäler: Notker 3,195,9 mit eiterlichero gtredo. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

II, 555,48 Tabidus : eitarlih, Prud. perist. 132, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. KFW. 3,237, SchW. 122, SAW. 1,177. Herkunft: wie ae. ätorlic, an. eitrligr, mit //Ä-Suffix zu —> eitar. EWA. 2,1027, H.U. Schmid, -//^-Bildungen, S. 178. eiz stM. 'Geschwür, Eiterbeule, Bläschen' (Gl.) - papula "Blatter, (Hitze)bläschen', ulcus 'Geschwür, Schwären*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 451,21 Papulas : ei^a ancgueiZa, Prud. perist. 489, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 510,1 Papulas f k i g f . pkx/lxn (Steinmeyer: dh. eivge piullun), Prud. P. Rom. 489, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./ll.Jh., alem. - ein? pullun, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 600,40 Ulcus : rude, Ruf. hist. ecd. II, 1,60, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair. - rydc, Clm 19440. II, 641,13 Ukens : ei^es, Verg. Georg. III, 454, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II, Jh., bair. IV, 350,5 Papula : Verg. Georg. III, 564, Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876,11. Jh., alem. IV, 584,27 Reif Sporen; ßir^ twanch vnde ei^e nim hauswur\ saf vnd lanch. Rezept, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706,13. Jh. (s. u. a ^ l ) . Glossare: III, 408,76 Ulcera : eisce, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. IV, 109,33 Ulcus: ei^ Glossae Salomonis (i). IV, 165,50 Ulcus ei^.t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. Jh., bair. (= ?) JJ 223,12 Vlcusputredo ipsa ... vnde et ulcera ./'. ei^ ·'·> Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. Jh., bair. MM 72,7 ulcus : Grammatikgl., Wien, ÖNB Cod. Ser. nova 3647; BV. 957, Hs. 13. Jh., westmd. KFW. 3,240f., StWG. 123, SAW. 1,178. Herkunft: wie an. eitill 'Drüse* aus germ. *aita- 'Schwellung*. Die Bildungen gehören wie ahd. —> eitar zur Wurzel *oid- in griech. οίδος 'Geschwulst' und bezeichnen giftige Geschwüre. EWA. 2,1028f., KS. 214 s.u. Eiß 'Geschwür', DWB. 3,382; s.u. eitar, IEW. 1,774, M. Heyne, Körperpflege, S. 134. - vgl. mhd. 'Geschwür, Eiterbeule'. emizzlg 'ständig, chronisch' (Gl.) - zu impetigo 'chronischer Ausschlag'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

fei

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II, 242,26 lugiem scabiem : emmicigakrudun, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), Clm (ex tabulario 376). [Die Mehrzehl der Belege steht in der Bedeutung '(be) ständig, immerwährend, täglich, häufig'.] KFW. 3,275f., SchW. 123, StWG. 125, SAW. 1,181. Herkunft: nur hochdt.; die -/^-Bildung setzt germ. *am(a)- voraus, mit weiteren Verwandten im Nordischen, aber ohne vergleichbare Bedeutung. - vgl. mhd. eme^ec.

F fallantiu suht 'Fallsucht, Epilepsie' (Gl.) - cadücum morbus 'Fallsucht, Epilepsie', epitemsia epilepsia 'Fallsucht, Epilepsie'. Glossare: HSH. I, 377,504 epilemsia: valkndiv suht, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,29. 170,53-55). III, 498,1 Cadmus morbus : uallende suht, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. [Der Beleg Wadstein C 107,47 caducum morbus : uallandia fuht, Straßburg, UB. C. IV. 15 verbrannt, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 219.] StWG. 605, SAW. 1,961. Herkunft: zu ahd. jallan und —> suht, mit Betonung des plötzlichen Hinschlagens der Kranken, s. M. Heyne, Körperpflege, S. 126. Man vergleiche auch —» gelawa suht 'Gelbsucht, Aussatz', —» tobentiu suht "Wahnsinn'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 703f., HWdA. 2,1168f. - vgl. mhd. suht 'Krankheit; Aussatz, Pest, Fieber', vollende suht 'Fallsucht', Jwinde suht 'Schwindsucht', tobiu sucht 'Tobsucht'. fei stN. 'Star' (Gl.) - membräna 'dünne, zarte Haut, Hirnhaut'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 479,45 Membranum : uel, Tb 11,14, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Göttweig, SriftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 14689. Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. Clm 17403. - vel, Clm 19440. Clm 22201. - vel, Wien, ÖNB 2732. - val, Clm 6217. - V, 93,9 / (Steinmeyer: dh. uel). I, 480,15 Membranum : fei\ ebd., Würzburg, UB. Μ. ρ .th. f. 3; Nr. 641, BV. 978, 8. Jh., ostfrk. V, 6,19 Menbranum : uel.\ ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. IV, 272,17 Membranum : uel, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd.

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Krankheitsbezeichnungen

IV, 272,18 Membranum : uel teut, ebd., Leiden, UB. B.F.L. 191 E.; Nr. 249, BV. 362, 2. Hälfte 12. Jh., nd. u. ahd./mhd. - velt., Leipzig UB. Ms. 106. - vel, Leipzig UB. Ms. 107. Glossare: HSH. II, 366,136 membranum, membranula : fei, Summ. Heinr. (Parallelhs.: uellili). (StSG. III, 246,27. 280,13). [Sieh auch unter —> fei'Haut' im Abschnitt „Körperteilbezeichnungen".] KFW. 3,699f., SchW. 131, StWG. 145, SAW. 1,220. Herkunft: mit as. afries.fei, ie.fell, a n . f j a l l , f e l l y got. -fillaus germ. *fella- 'Haut, Fell'. Außergermanisch vergleicht sich etwa lat. pellis, griech. πέλλας aus der Wurzel *pel'bedecken, verhüllen*. KS. 258, Pfeifer 335, DWB.N. 9,327f., IEW. 1,803 - vgl. mhd. vel. velleht 'schorfig, schuppig' (?) (GL). Glossen zu nicht biblischen Schriften III, 393, A.l et homo cui caput vellecht, zu Hildegard, Physica 1,122. KFW. 3,278 s.u. Vellen, StWG. 147. Herkunft: zu -> feilen mit dem Suffix -eht/-oht, s. R. Hildebrandt, Die Adjektive, S. 497. feilen PI. 'Kopfausschlag, Haarschuppen' (Gl.). Glossare: III, 393,5 Benelux : uellun, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. (A.l vgl. Vellen, Physica 1,122.) KFW. 3,728, StWG. 147, SAW. 1,220. Herkunft: wohl eine Substantivierung von ahd. felletr, man vergleiche R. Hildebrandt, Die Adjektive, S. 497. Zum schwachen Verb sieh J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 660f. ferchwunt 'tödlich verwundet' (Lex Baiv. Lex Alam.). Glossen zu nicht biblischen Schriften Lex Baiv. V, 5, Einsprengsel: Si quis eum percusserit, ut cervella eius appareant, vel in interiora membra vulneraverit, quod uerbwnt dicunt. Hs. Β 05,10. Jh. (u.ö.) Lex Alam. 65,27 Einsprengsel: Si autem interiora membra vulneratusfuerit, quodferhvunt dicunt. Hs. Β 31,10. Jh. Herkunft: Kompositum; zu —> ferch u. ahd. wunt 'verwundet'; s. A. Niederhellmann, Arzt, S. 253f. - vgl. mhd. verchwunt. fiebar stN. 'Fieber' (OT.T.WH.) -febns Literarische Denkmäler:

'Fieber'.

firgihü

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Tatian 183,12f. gisah sina suigar ligenta intiftebar habenta Inti ruorta ira hant intifurlie^ sia thasjiebar. (u. ö.) Williram 32v,19 Crocvs Usket oüh da% brinnente fieber! P e r einzige Glossenbeleg StSG. IV, 296,60 Febribus : febra, Lc 4,38, Essen, Münsterschatz, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216.] KFW. 3, 800f., SchW. 133, StWG. 150. Herkunft: wie as. fiver, ae. fifer entlehnt aus lat. fibris, eigentlich 'Hitze'. KS. 264, DWB.N. 9,469, M. Heyne, Körperpflege, S. 120, HWdA. 2,1146f. - vgl. mhd. fieber. fig* stN. 'Feigwarze (Kondylom), durch einen Virus hervorgerufene warzenartige Hautwucherung, Ausschlag' (Gl.) - ficus 'Feige, Feigwarze'. Glossen zu nicht biblischen Schriften IV, 369,21 Ficum •. datfich, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. [Die Belege StSG. II, 597,17 Petigo : tetrafa, Leiden, UB. Voss. lat. q. 69 und tetrafic, Bern, BB. Cod. 258 sind vermutlich altenglisch.] KFW. 3,806, StWG. 150 (mhd.), SAW. 1,229. Herkunft: wie a t . f i c eine Endehnung aus lat. ficus 'Feige, Vagina'. DWB. 3,1443f., Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 126f., E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 145. Zur Bedeutungsübertragung auf die Bezeichnung verschiedener Krankheitssymptome sieh D. Schreiber, Untersuchung zum deutschen Wortschatz, S. 73f. vgl. mhd. vtc. figblätara* swF. 'Hämorrhoide, Feigblatter' (Gl.) — haemorrkoida 'Hämorrhoidenader, goldene Ader'. Glossare: HSH. II, 292,05.6 emornidl: ficblatera, Summ. Heinr. (StSG. III, 317,3) KFW. 3,808, StWG. 151, SAW. 1,229. Herkunft: Kompositum; zu —> fig, blätara. DWB. 3,1443, Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 126f. — vgl. mhd. vic-bläter. firgihtl stF. 'Lähmung durch Schlaganfall' (Gl.) - paralysis 'Nervenlähmung an einer Körperseite, Schlagfluss'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 696,10 Paralisin : figihtint (korrigiert zu firgihti), I Mc 9,55, Würzburg, UB. M. p. th. f. 3; Nr. 641, BV. 978, 8. Jh., ostfrk. KFW. 4,256, StWG. 156, SAW. 1,304. Herkunft: eine Substantivbildung zu einem alten Pseudopartizip ahd. —> firgihtit. DWB. 12,1,432, vgl. J. Riecke, Pseudopartizipien, S. 177. Sieh auch —> gibt. - vgl. mhd. vergibt.

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Krankheitsbezeichnungen

firgihtlg substantiviert 'vom Schlaganfall Getroffener, von Gliederlähmung Befallener' (Gl.) -paralyticus 'der an einer Körperseite Gelähmte'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 720,13 Paraliticos : uirghtich, Mt 4,24, Clm 6217; Nr. 337, BV. 500, 13./ 14. Jh., bair. - v'gihtih, Clm 14754. (Parallelhs.: firgihta l uirgihtegote). Glossare: HSH. II, 7,143 paralyticus: firgihtiger, Summ. Heinr. HSH. I, 309,586 paraliticus : nichtiger, Summ. Heinr. (StSG. III, 146,6. 179,51). KFW. 4,257, StWG. 156, SAW. 1,304. Herkunft: eine substantivierte Adjektiverweiterung zu —> firgihtit. - vgl. mhd. vergihtic. firgihtigl stF. 'Schlaganfall, Gliederlähmung' (Gl.) - paralysis 'Nervenlähmung an einer Körperseite, Schlagfluss'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 304,62 Paralysin : firgi hti gi, Greg. hom. 2,39 p. 1660, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. KFW. 4,257, StWG. 156, SAW. 1,304. Herkunft: Substantivbildung zu —> firgihttg. firgihtigöt 'gichtbrüchig, gelähmt sein' (Gl.) - paralyticus 'der an einer Körperseite Gelähmte'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 720,12f. Paraliticos: firgihta l uirgihtegote, Mt 4,24, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. - firgihtogot, Stuttgart, WLB. HB IV 2 6 . - f i r g i t o g o t , Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - firgittogot, Engelberg, StiftsB. Codex 66. (Parallelhs.: firgihta, uirgihtich). V, 17,35 Paralithicos fiihta [= firgihta (?)] paralisis uirgihtigota, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. Glossare: HSH. I, 309,586 paraliticus: vergihtegeter, Summ. Heinr. (StSG. III, 146,8). KFW. 4,257 s.u. firgihtigön, StWG. 156 u. 209, SAW. 1,304; HSH. 3,56 s.u. firgihtigon. Herkunft: als sekundäres Pseudopartizip zum Substantiv ahd. firgihtigöti, das letztlich zu ahd. - * giht gehört; daneben steht das Pseudopartizip ahd. —»firgihtit und das Adjektiv ahd. — k e j i h t i g ö t , so dass auch eine Analogiebildung vorliegen kann; vgl. J. Riecke, Pseudopartizipien, S. 177. firgihtigötl stF. 'Lähmung, Gicht' (Gl.) - paralysis 'Nervenlähmung an einer Körperseite, Schlagfluss', paralyticus 'der an einer Körperseite Gelähmte'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

firworf

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11,748,44 Paralysis : ygrgihtlgqtl (Steinmeyer: dh. uergihtigoti], V. Mart. 16 p. 125,16, Clm 18547b; Nr. 437, BV. 650, 11. Jh., bair. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 94]. KFW. 4,258, StWG. 156, SAW. 1,304. Herkunft: als substantivierte Suffixerweiterung zu —> firgihtit. firgihtit 'gichtbrüchig, gelähmt' (Gl.) - paralyticus 'der an einer Körperseite Gelähmte'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 720,12f. Paraliticos : firgihta l uirgihtegote, Mt 4,24, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., b a i r . - f i r g i h t a , Clm 22258. (Parallelhs.: uirgihtich,firgihtogot). V, 17,35 Paralithicos fiihta [= firgihta (?)] paralisis uirgihtigota, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. KFW. 4,257 s.u.firgihten, StWG. 156, SAW. 1,304. Herkunft: als Pseudopartizip eine reguläre Ableitung vom Substantv ahd. —> gibt, vgl. J. Riecke, Pseudopartizipien, S. 167. Man vergleiche auch die Uberschrift eines Zauberspruchs gegen Gicht im Clm 23479 (11. Jh.): Contraparaksin. id vergiHt. - vgl. mhd. vergihtet 'gichtbrüchig'. firsmelzunga stF. 'Übersättigung, Verdauungsstörung' (Gl.) - indigenes 'Mangel an Verdauung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 52,23 Indigenes, id — forsmelipnga, Reg. Ben. 39, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 842 Helmstadiensis; Nr. 634, BV. 967, Mitte 9. Jh. IV, 315,5 Indigenes idest fros melyunga, ebd., Montecassino, Archivio 541; Nr. 294, BV. 438, Hs. 11. Jh. StWG. 159, SAW. 1,883. Herkunft: eine Substantivbildung zu fir-smel^an 'schmelzen' mit «»j-Suffix. firwerf stMN. 'Fehlgeburt' (Gl.) - aborttvus 'Frühgeburt, Fehlgeburt'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 545,32 Auortivus : virwetf, Eccl 6,3, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. (Parallelhs.: awerf, urwetf). Glossare: IV, 27,34 Abortiuus ·. vinvetfo, Glossae Salomonis (a) (Parallelhs.: urwetf). StSG. 160, SAW. 1,1102. Herkunft: eine implizite Ableitung aus ahd. fir-wetfan·, vgl. DWB. 12,1,2217 u. verwerfen. Dazu treten ahd. —» äwerf, firworf, urwetf. fitworf stMN. 'Fehlgeburt' (Gl.) - aborttvus 'Frühgeburt, Fehlgeburt'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

Mayer 118,4 abortivus : frivorves, Glossarium latinum zu Isid. etym., Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. StWG. 809, SAW. 1,1102. Herkunft: eine Substantivbildung im Ablaut zu ahd. —> firwerf oder vermutlich wahrscheinlicher, eine Entstellung aus —> fruowetf. fist* stM. 'Furz, Darmwind' (Gl.) - vissum 'Furz' (H. Götz, Wörterbuch, S. 715, vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 623). Glossare: IV, 109,12f. Vissum : vist, Glossae Salomonis (c), ebd. uist (d). uist (i). wist (k). mist (b). IV, 165,36 Vissum : uistGlossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 3,923, StWG. 809, SAW. 1,239. Herkunft: wie ae. fisting eine Bildungen zu einem starken Verb, das vorliegt in ahd. fistan sowie a n . f i s a 'furzen'. KS. 268 s.u. Fist 'leiser Bauchwind', DWB. 3,1691, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 149. — vgl. mhd. mhd. vist, vist. fror, wildaz fiur, flehtantaz fror* stN. *Wundrose, Antoniusfeuer' (Gl.) - erysipelas, ignis sacer "Wundrose, Antoniusfeuer'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 605,54 Ignis sacer : uvildiuviur, Ruf. hist. eccl. IX, 8 p. 519, 18140; Nr. 429, BV. 637,11. Jh., bair. Glossare: HSH. I, 379,546/47 erisipita, sacer ignis : flehtente^fivr, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,16). III, 349,13 Acer [1. Sacer] ignis : wif de uuvr, Summ. Heinr., Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 6; Nr. 96, BV. 93, Ende 12. Jh., mfrk. KFW. 3,930 u. 3,952, StWG 161 s.u. fiur u. 728 s.u. wildi, SAW. 1,304, 242 u. SAW. 1,239 s.u. "Wundrose, Rodauf'. Herkunft: zu ahd. fiur 'Feuer, Brand' u. wildi 'wild' bzw. als Partizip 2 zu flehtan-, vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 135, 137, M. Heyne, Körperpflege, S. 133. fiehtenta. flehte* F. 'Hautausschlag, Flechte' (Gl.) - serpigo 'Schorf, Flechte' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 530). Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 259,11 (Uchenas) Nota lichena ... Warthe ul' verruca et dicitur eciam seroigo in wlgo vlechte, Macer Floridus XV, 838, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, 14. Jh. KFW. 3,954 (mhd.), StWG. 163, SAW. 1,242.

fnehantiu kelasuht

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Herkunft: wie spätmhd. vlehte, an.fletta, got.flahta 'Rechte' als Substantiv zu germ. *flehta- 'flechten', einer Bildung zu ie. *plek'-. Sieh dazu auch J. Riecke, Ahd. dwesbenjehtan, sowie KS. 271, DWB.N. 9,588f., IEW. l,834f, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 151. - vgl. mhd. vlehte 'Flechte, Flechtwerk, Haarflechte'. flehtenta* swF. 'Hautausschlag, Flechte, Wundrose' (?) (Gl.) - erysipelas "Wundrose, Antoniusfeuer*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 369,16 Contra illud quod serpit in cute quod diciturflethenta, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. [KFW. 3,951 u.flehtan]. Glossare: HSH. II, 291,03.5 eresipila:ßhtinde, Summ. Heinr. (StSG. III, 277,52). StWG. 163, SAW. 1,239 u. 242. Herkunft: als substantiviertes Part. 1 zu ahd.flehta. E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 139f. vgl. —> jlehtanta^Jiur 'Hautentzündung'. flehtantaz fiur —» fiur fliezougi (?) 'triefäugig' (Gl.) - lippus 'triefaugig sein, entzündete Augen haben'. Glossare: III, 426,33 Lippu': fliege, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandschaft, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. 111,698,1 Lippv' : fliege, Mischgl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. KFW. 3,984, StWG. 165, SAW. 1,247 u. 1,693. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga sowie zu ahd. ßo^an 'fließen'; s. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 20. Zu einer möglichen weiteren Ableitung vom starken Verb flio^an, nämlich ahd. flö% 'Blutfluss, Ruhr', so K. Siewert, Horazglossierung, S. 354f., vgl. man E. Langbroek, Zwischen den Zeilen, S. 68f., die wohl zurecht stattdessen stouf Becher, Trinkgefäß' ansetzt. — vgl. mhd. vlu^öuge. fnehantiu kelasuht 'Keuchhusten' (Gl.) - tussis 'Husten'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,641,42 Tussis : chelasvht-, 43 Anhela : fnehantiv, Verg. Georg. 111,497, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. KFW. 3,1012, SAW. 1,250. Herkunft: Syntagma; s. —» kelasuht sowie ahd. fnehan 'schwer atmen, keuchen (vor Krankheit, Erschöpfung)', StSG. II, 424,44. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 466 s.u.pfnechen, DWB. 7,1786 s.u. pfnecben 'schnauben, keuchen' (bair.).

Krankheitsbezeichnungen

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forastelli stN. 'Verstopfung' (Gl.) - cönstipätio 'das Zusammendrängen, Gedränge', mlat. auch "Verstopfung' (MlatWb. 2,1623). Glossare: IV, 200,29 Constipatio : fora stelti, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. 3,1173, StWG. 172, SAW. 1,920. Herkunft: wohl eine Substantivbildung zu einem Verbum ahd. *fora-stellm, vgl. mnd. vorstet, sowie Th. Klein, Studien, S. 256. frat 'entzündet, eitrig' (Gl.) - puter 'in Verwesung übergegangen, faul, brandig' Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 433,65 Putn frate'ro, Prud. perist. 284, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, 11. Jh. bair.-alem. KFW. 3,1225, StWG. 176, SAW. 1,261. Herkunft: eine nur hochdeutsch bezeugte Bildung zur Wurzel *pre 'anzünden, anfachen'. Eine Dentalerweiterung liegt vor in afries. benfrötha 'Knochenverwundung'; außergermanisch vergleicht sich griech. ηρηδών. DWB. 4,1,1,67, E. Piiriainen,fröd, S. 77—81; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 167, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 206. - vgl. mhd. vrat. freö stF. 'blauer Fleck, blutunterlaufene, wundgeriebene Stelle' (Gl.) - livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 227,68 Uuor uulneris fr&i

dera umtun, Greg, cura 3,12 p. 51 (zu Prv 20,30),

St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. KFW. 3,1246, StWG. 177, SAW. 1,261. Herkunft: eine Substantivbildung zum Adjektiv ahd. —> frat 'entzündet, eitrig', vgl. E. Piiriainen, frod, S. 77-81; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 167. - vgl. mhd. vrete 'Entzündung, Wunde'. fruowerf stM. 'Frühgeburt' (Gl.) - abortio 'das zu frühe Gebären', mlat. auch 'Fehlgeburt' (MlatWb. 1,38). Glossare: IV, 180,4 Abortiuus : früwerf, Alphabetisches GL, Wien, Ö N B 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. StWG. 182, SAW. 1102. Herkunft: wohl als Kompositum zu ahd.fruo 'früh' und wer/an 'werfen'. fühti stF. '(eitriger) Ausfluss' (Gl.) - ümor 'Feuchtigkeit, Flüssigkeit (des Blutes, im Leib, der Tränen)'. Glossen zu biblischen Schriften:

fulida

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I, 280,60 Humor: na&fuhti, Lv 15,3, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. [vgl. dagegen KFW. 3,1316 „vom Samenfluss" Num 5,2]. [Die Mehrzahl der Belege ist auf Feuchtigkeit in einem allgemeineren Sinne (etwa Summ. Heinr, StSG. III, 242,1) oder wie StSG. I, 502,45 Οdortm •. fuhti, zu lob 14,9 allgemein auf die Lebenskraft des Wassers bezogen, nicht auf die Körperflüssigkeit selbst; daneben erscheint —> fühti zur Bezeichnung einer Körperflüssigkeit; s. im Abschnitt Körperteile.] KFW. 3,1315f.,StWG. 182. Herkunft: zum Adjektiv ahd. füht(i) 'feucht, nass, flüssig', das wohl germ. *funhtivoraussetzt; KS. 261 f., DWB. 3,1578, IEW. 1,808, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 221 f. füll stN. 'Verwesung, Fäulnis, Sterblichkeit; das Brandige, Eitrige (von Wunden); Knochenfäule' (?) (N.NG.; Gl.) — foetor 'Geruch, Gestank', putride 'Fäulnis, das Brandige'. Literarische Denkmäler: Notker 10,554,14 nube ioh fuH chöme in miniu bein . unde si uuerde uuurmen in mir. Notker Glossator 8,89,7 übe ih chömen sol in putrefactionem {in füll) also ändere mennischen? Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 423,10 Putredines : dievuli, Prud. cath. 31, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 701,68 (Renif'endi) Nidor nidoris. idfoetor. e> putredo fiuli, Verg. Georg. II, 282, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10 /11. Jh., mfrk. KFW. 3,1319, SchW. 143, StWG. 182, SAW. 1,272. Herkunft: eine Substantivbildung zum Adjektiv ahd. fü! 'faul'. KS. 252, DWB. 3,1373, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 123f. mit Hinweisen auf Knochenfäule. — vgl. mhd. viute. fülida stF. 'Fäule, Fäulnis, übler Geruch' (Gl.) - foetor 'Geruch, Gestank', pütor 'Fäulnis, das Brandige, M o r s c h h e i t ' , ' F ä u l n i s , das Brandige'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 622,35 Foetor: fulida, Is 3,24, Würzburg, UB. M. p. th. f. 20; Nr. 643, BV. 984, Hs. 9. Jh., ostfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 283,4 Foetore : unsuprido. fulidao, Greg. hom. 1,10 p. 1471, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 301,43 Fetorem -Juli da, Greg. hom. 2,24 p. 1556, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair. II, 746,4 Putoribus : fulidom, Vita Johannis Auct. Mellito (F 614, Μ 30d), Clm 14747; Nr. 408, BV. 611,10. Jh., bair.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossare: IV, 90,43 Putredo [sanies] : futida, Glossae Salomonis (a, k, p), ebd. .i.fulida (e). .i. fülida (d).ß/ide (i).fuldt (c). F«/(b). [Der Beleg StSG. II, 581,56 Dum putredo abraditur : than thiu fülitha öf giscörran vvirthid, Prud. perist. 500, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216.] KFW. 3,1319, StWG. 182, SAW. 1,272. Herkunft: eine Substantivbildung zum Adjektiv ahd. fül 'faul* mit dem Suffix -ida. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 123. fuozsuht stF. 'Fußgicht' (Gl.) - podagra 'Fußgicht, Podagra'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 251,35 Podagra -.fuozsuht, Greg. dial. 1,4 p. 169, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. -fuozsuht, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. foyuth, Clm 19440. II, 304,5 Podagra •. fuoyuhti, Greg. hom. 2,36 p. 1626, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. 11, 337,29 Podagram : fuozsuht, Hör. epod. I, 2,52, Clm 375; Nr. 305, BV. 450, 12. Jh., wohl bair. II, 451,30 Podagra, dolor pedum : fvo^suht, Prud. perist. 495, Paris, BN. Nouv. acquis. lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem.-fuozsuht, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579,11. J h , bair.-alem. II, 556,62 Podagra -.fuozsuht, ebd., Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. J h , moselfrk. II, 563,37 Podagra • fuoZ suht, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. J h , mfrk. 11, 573,59 Podagra : fuot suh, ebd., Brüssel, BR. 9987; Nr. 46, BV. 82, 11. J h , niederfrk. II,703,12 Podagras : fuoyuth, Verg. Georg. 111,299; Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. J h , mfrk. Glossare: III, 53,6 Podagra : vu^suth, Versus de Volucribus, (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. J h , fränk. HSH. II, 424,01.18podagra Jv^suht, Summ. Heinr. (StSG. III, 252,74). III, 428,67 Podagra : fuozsuht, Einzelgl, Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. J h , bair. III, 429,8 Podagra : ju^sucht, dass, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. III, 506,52 Podagra : uuo^suth, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. J h , alem. IV, 120,12 Podagra : fu o^suht, Glossae Salomonis (d), ebd. fuozsuht (i). Ju^suht (a).

galEn*

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IV, 155,52 Podagra : fvQubt Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 207,56 Podagra : fuoqucht, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. P i e Belege StSG. II, 563,37 Podagra : fuotsuh ( ) podagra, et podagria. .i. fx pt sxb, Prud. perist. 495, Köln, DB. LXXXI und II, 573,59 Podagra : fuot suh, ebd., Brüssel, BR. 9987 sind altsächsisch bzw. niederfrk., s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216.] KFW. 3,1370, StWG. 185, SAW. 1,275 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu —> fuo% suht, wohl als Lehnübersetzung. DWB. 4,1,1, 1050, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 704f., M. Heyne, Körperpflege, S. 123. - vgl. mhd. vuoysuht. furzdwang stM. 'Blähung' (Gl.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 584,27 βίηζ tivanch vnd eisge nim hauswur.ζ saf, Rezept, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706, Hs. 13. Jh. KFW. 3,1407 s.u./»r^ StWG. 813. Herkunft: Kompositum; zu ahd.fur^u. dwatig 'Zwang'; vgl. KS. 917.

G gallenfol* 'voll von (schwarzer) Galle; reizbar' (Gl.) - biliosus 'voll Galle, gallenkrank'. Glossare: IV,'40,47 Biliosus : gallenuol, Glossae Salomonis (d, e). Gallenuol (g). (Parallelhs. galliner)· KFW. 4,30, StWG. 189, nicht SAW. Herkunft: es dürfte sich um ein Kompositum mit den Bestandteilen —> galla u. ahd. fol 'voll' handeln. Man vergleiche M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 130 s.u-gallig, H. Reier, Leben, S. 89: „Gallenleiden". gallin* 'voll von (schwarzer) Galle; reizbar' (Gl.) - biliösus 'voll Galle, gallenkrank', jellinosus 'gallenkrank'. Glossare: IV, 40,47 Biliosus: galliner, Glossae Salomonis (c). (Parallelhs.gallenuol). IV, 61,29 Fellineus: galliner, Glossae Salomonis (a, c, d, e, f, i, k, p.). Galliner (g) IV, 133,12 Biliosus : gallin' .t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. (ebenso 133,17) IV, 142,42 Fellineus : galliner .t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 4,30f., StWG. 189, SAW. 1,281.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Adjektivbildung zu -> galla. Man vergleiche M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 130 s.u. gallig, H. Reier, Leben, S. 89: „Gallenleiden". gebalsceinl 'Abschürfung der Kopfhaut' (Lex Baiv.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Baiv. IV, 4, Einsprengsel: vel in capite testa appareat quod kepol sceini vocant. H s . T l . 1 0 . J h . (u.ö.). Herkunft: Kompositum; vgl. —> gebalsceini im Abschnitt „Körperteilbezeichnungen". Sieh A. Niederhellmann, Arzt, S. 241 f. geisinl stF. 'Unfruchtbarkeit' (Gl.) - sterilitäs 'Unfruchtbarkeit'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 290,51 Sterelitas : keisini, Gn 26,1, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. - ke'sem, Oxford, BL. Jun. 25. Thoma 20,9 sterilitatis : keisini. umberahafti, Comm. in Gn., zu Gn 41,30, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. KFW. 4,184, StWG. 195, SAW. 1,294. Herkunft: wohl zu einem Adjektiv, das vorliegt in ae. gesiner, zur Bildung s. W. Wilmanns, Deutsche Grammatik 2, § 236 Α. 1 sowie IEW. 1,419, wo ein Anschluss an got. gaidw 'Mangel', ae. gäd 'Mangel, Not, Verlangen', afries. gäd *Bedürfnis' und damit an die Wurzel *ghe-, ghei- 'leer sein, fehlen' vorgeschlagen wird. gelawi stF. '(krankhafte) Gelbfärbung der Haut' (Gl.) - aurügo 'Gelbsucht, Getreidebrand'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 631,48 Auruginem : gelauviu, Ier 30,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. -galavuiu, Clm 19440. -gilauuui, Wien, ÖNB 2732. -gilivui, Wien, ÖNB 2723. -giliuui, Göttweig, StiftsB. 46/103. - geliuui, Clm 14689. -gihilm, Clm 22201. (Parallelhs. gelesutb). [Im Kontext Ier 30,6: „Warum sind alle Gesichter in krankhaftes Gelb gewandelt?" Im Clm 22201 vielleicht unter Einfluss von lat. helvus 'honiggelb'. - Die Mehrzahl der Belege steht zu den Bedeutungen 'gelbe Farbe' (StSG. III, 293,54 Aurugo species colons .i. gelivi, Summ. Heinr. 311,30, ebd. IV, 182,7 und 182,8, Alphabetisches Gl.) und 'Getreidebrand' (I, 438,4 Aurugo : gilivui sowie 464,18. 819,32). KFW. 4,259, StWG. 196, SAW. 1,296 'gelbe Farbe, Getreidebrand'. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. gelo 'gelb'. KS. 309, DWB. 4,l,2,2884f., F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 240; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 188 s.u. Gilbe, Gülbe. - vgl. mhd. giltve. gelogunt stM. 'Gelbsucht' (Gl.) - cyliacus 'Dysenterie' (vgl. coeliacus 'Liesenterie, Gelbsucht' (?), MlatWb. 2,769, vgl. D. Langslow, The formation, S. 508 coiliacos.

gelosuht

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coeliacus 'a disease of the stomach, one suffering in the bowls'), morbus regius 'Gelbsucht, Rheuma'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 403,4 Morbo ... regio : gelagunt, Prud. perist. 264, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 433,49 [morbo] Regio : gelagund, ebd., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: gelasuhti). II, 481,11 Morbo - regio : gelakunt, ebd., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. Jh., bair. IV, 368,25 {Ciliacus) : kelacunt, (Pseudo) Hippocratis, Epistola ad Antiochum regem 7,18, Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd. [Nicht hierher, in der Bedeutung 'Mehltau' als Pflanzenkrankheit, StSG. I, 290,23 Rubio rost militau kelagunt.] KFW. 4,201, StWG. 196, SAW. 1,296 u. 1,332. Herkunft: Kompositum; zu —> gunt 'Eiter' sowie zu ahd. gelo 'gelb'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 208 s.u. Gelb-Gund „die gelbe flüssige Galle, also das Gift, das das Rheuma (morbus regium) oder auch den Gallfluß (Rotlauf) veranlaßt". gelosuht, gelewesuht stF. 1. 'Gelbsucht', 2. 'Aussatz, Lepra' (Gl.) - arcuätus 'gelbsüchtig', aurügo 'Gelbsucht, Getreidebrand' (MlatWb. 1,1262), ictericus 'gelbsüchtig', morbus elephantinus elephantiasis 'Elephantiasis, eine Art Ausschlag, bei dem die Haut fleckig und hart wird wie Elefantenhaut; Lepra'), morbus regius 'Gelbsucht, Rheuma'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 377,26 Arcuato [;uulnere] toucnero ( ) qui morbus regius didtur kelasuh, Os Praef., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. IV, 261,18 Arcuato : uulnere gelsuht qui regius morbus didtur, ebd., Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./13. Jh., bair. I, 631,51 Auruginem : (gelavuiu) ..., ge/esuht, Ier 30,6, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair., ebenso Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Engelberg, StiftsB. Codex 66. - gilasubt, Clm 6217. - gilasuch, Clm 14745. - gelesuth, Stuttgart, WLB. HB IV 26. [eigentlich 'bleiche Gesichter'.] V, 10,9 Auruginem : gelsuht, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. IV, 280,34 Auriginem : getesojth, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 157,47 Elephantum : gelesuht, Danielis Liber Somnialis 129a, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair.

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Krankheitsbezeichnungen

II, 256,20 Elefantino [morbo] : geksuhti, Greg. dial. 3,15 p. 309, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Cgm 5248,2. II, 258,1 f. Ekphantino morbo : mitgeksuhti, Greg. dial. (?), Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - mitgelisunti, Clm 14685. - mitgelasuhti. tpropter duritiam./'. misalsubti, Wien, Ö N B 2723. II, 337,12 Morbus regtvs : geksuht, Hör. carm. IV, 453, Clm 375; Nr. 305, BV. 450,1. Hälfte 12. Jh., bair. II, 393,16 {Morbo regio) eleph : gelasuht, Prud. perist. 264, Wien, Ö N B 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 433,49 [morbo] Regio : geksuhti, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. (Pzt*\ie\hs.:gekgund). 11,506,15 {Morbo - regio) elefantico. keksuht, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10 /11. Jh., alem, ebenso Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 541,38 {Morbo ... regio) : kelosubcte, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 560,59f. Morbo - regio : Keksuht, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. — keksutgvlpnbsxh (Steinmeyer: dh. guhnasuh ?) Köln, DB. LXXXI. 11, 598,49 Regius morbus : keksuht, Ruf. hist. eccl. VI, 7 p. 335, X, 25 p. 49, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. II, 604,68 Regius morbus: kelasuht, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - cheksuht, Clm 19440. Wien, Ö N B 2732. II, 730,61 Morbo regio : keksuhti, V. patr. 83a, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. IV, 369,9 Ad icteridam passionem id e. Gelesut, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. IV, 414,18 Isti helwehuth accipiant eamque aruina dasses intenus inunguant et geknkin, (wohl zu Hildegard), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 414,33 Si superflue humidus est febres et gehvesuth (wohl zu Hildegard); Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 506,8 Yctericos : elesuht, Glossen zu Macer Floridus 1,15, Cgm 5250,28b; Nr. 300, BV 444, Hs. 11. Jh., bair. Glossare: III, 53,38 Regius et morbus : gelewesuth, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. I, 379,557 regius morbus: geksuht. Summ. Heinr. HSH. II, 175,411 aurugo : geksuht, Summ. Heinr. HSH. II, 443,110 regius morbus : geksuht, Summ. Heinr. HSH. II, 554,24 aurugo: geksuhth, Summ. Heinr.

gelosuhög

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(StSG. III, 171,22. 223,12.13. 235,55. 255,7. 266,23.24. 286,59. 292,9. 294,30. 307,28. 343,29 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 480.) III, 481,39 Morbus regius •. gelsuht, Pflanzengl. MX, Wien, ÖNB 2400; Nr. 617, BV. 945, 12./13. Jh., bair. - gelewesvth, Clm 2612. - gelewesuth, Bern, BB. Cod. 722,1. III, 504,23 Morbus regius : gelesath, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. 111,516,7 Lanugo .i. Elephantinus morbus geleuuasuht, Pflanzengl. MXVII, Bern, BB. Cod. 224; Nr. 29, BV. 62,10. Jh. III, 5 9 4 Λ 6 degelesuch (jüngere Hand), Pflanzengl. MXXXIX, Leiden, UB. Voss. lat. oct. 78; Nr. 256, BV. 375, Hs. 13. Jh., nd. III, 599,5 Ictericorum : gelsuht, Pflanzengl. MXLII, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706, Hs. 13. Jh. IV, 38,46 Aurugo : Gebucht, Glossae Salomonis (g). (Parallelhs.: miltou). IV, 56,29 Emetriteus : gelasuht, Glossae Salomonis (f), ebd. Gelesuth (a). gelesuth (c, k). gelsuht (e). Gelsuht (g). gelsüht (d). gelsvlt (b). IV, 141,2 Emetreteus : gelesuht ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 358,14 Morbus reius icterica passio ./. keselsucht, Kräutergl. MX a, Clm 5125; Nr. 332, BV. 493,13./14. Jh. (?) IV, 360,12 Morbus regius ./. icterica, passio. kelesut, Kräutergl., MXb, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. [Der Beleg StSG. II, 587,1 Morbo - regio thiugela süht, Prud. perist. 264, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 217, StSG. IV, 481,12yctericia : gelesucht, Medizinische Termini, Leiden, UB. Voss. lat. oct. 78, mittelniederdeutsch. KFW. 4,201 f., StWG. 196, SAW. 1,296 u. 1,961 "Blässe im Gesicht, Aussatz*. Herkunft: Kompositum; zu —> suht 'Krankheit, Seuche' sowie zu ahd. geto 'gelb'; vgl. ae. gelesouch. DWB. 4,l,2,2888f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 112, 542f., bes. 705f., HWdA. 3,583f. E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 138f. - vgl. mhd. gelsuht. gelosuhtig 1. 'gelbsüchtig', 2. 'aussätzig' (Gl.) - aurüginäsus 'gelbsüchtig', ictericus 'gelbsüchtig, die Gelbsüchtigen', elephantinus 'mit Elephantiasis behaftet'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 365,12 Hictericos : kelesuhtegen. Macer Floridus 1,15, London, BMMss. Arund. 283; Nr. 274, BV. 404, Hs. 12. Jh., oberfränk (?). JJ 256,39 Hictericos, 1 gelsuchtig, ebd., London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, 14. Jh. Glossare: III, 429,32 Aurinosv' : gelasuhtiger, Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd.

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Krankheitsbezeichnungen

III, 474,29 Ictericus auruginosus : geluuhtii" quod est effusio fellis, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. IV, 140,63 Elefanticus : gelesuhtiger, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 4,202f., StWG. 196, SAW. 1,296 u. 1,961. Herkunft: als Adjektivbildung mit -/^-Suffix zu -> gelosuht. DWB. 4,1,2,2889. - vgl. mhd. gelsühtec. gibrähhi, gibrehhi stN. 'Katarrh' (Gl.) - catarrhus 'Katarrh, Schnupfen', pituita 'zähe, Feuchtigkeit, eiterartige Flüssigkeit, feuchter Ausschlag, Schnupfen; Pips der Hühner', rheuma 'Katarrh, Rheumatismus'. Glossare: IV, 198,41 Catarrum et pituita, gibraechi, Alphabetisches Gl. (Hinweis auf Hildegard, Physica, gebrech, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. IV, 208,25 Reuma, gibrexi, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. [Der Beleg StSG. III, 722,14 Catarrum l redina (Steinmeyer: 1. reuma) gebreke, Marienfelder Glossen, Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 217.] KFW. 1,1309, StWG. 202, SAW. 1,98. Herkunft: wohl mit ae. gibrec 'Rheuma' eine Substantivbildung zu ahd. brehhan 'brechen'. DWB. 4,l,l,1839f.; s. auch J. Geldner, Krankheitsnamen, S. 32, F. Hundsnurscher, Probleme, S. 1012f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 72, M. Heyne, Körperpflege, S. 117. - vgl. mhd .gebreche 'Mangel, Beschwerde, Krankheit'. gidwang* stM. 'Harnzwang' (Gl.) - stranguria 'Strangurie, Harnzwang, Harnwinde'. Glossare: HSH. I, 378,533 stranguria: getwanc, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,36f.) [Sonst als Glossen zu censura, disäptina, districtio sowie N.NG. als 'Zwang, Gewalt, Strenge'.] SchW. 117, StWG. 205, SAW. 1,161. Herkunft: wohl als Kollektivbildung mit j/'-Präfix zu ahd. dwang 'Zwang'; vgl. —> fur^dwang. DWB. 4,1,4,7231 f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 863f. - vgl. mhd. getwanc. gieitafit, gieitaröt 'mit Gift, Eiter versehen sein, vergiftet' (Gl.) - lividus 'bleifarbig, bläulich, blau (als Färbung eines Kranken)', toxicum 'Gift, Pfeilgift', virulentus 'giftig, voll Gift'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

gihei

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II,618,20 Liuida : kettiu, Sed. carm. pasch. 1,52, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXVII; Nr. 66, BV. 312, 9./10. J h , teils alem., teils hd. Glossare: IV, 23,75 Uirolentus : kieittrit, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 103,58f. Toxicum : kieitarti, Glossae Salomonis (k), ebd. kettint (d). kettrata (a). Geifert (g). geaitert (i). Gaitert (b). geteroth (c). IV, 164,39 Venenatus : geitteroter. t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 3,238, StWG. 78 u. 803, SAW. 1,177. Herkunft: wie ae. geatred und vielleicht an. eitra als Pseudopartizip eine reguläre Ableitung zum Substantiv germ. *aitro- in ahd. eitar 'Eiter, Gift'; vgl. J. Riecke, Pseudopartizipien, S. 166. —> eitar. gigiht stF. 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' (Gl.) — paralysis 'Lähmung der Nerven an einer Körperseite, Schlagfluss'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: A2, 46,3 u. 7 ... Quibus obviavit Nessia, Nagedo, Stechedo, Troppho, Crampho, Gigihte, Paralisis, Engelberg, StiftsB. Codex 3/2, BV. 138a, 12. Jh. (Teil einer Segensformel). Glossare: StSG. III, 171,34 Paralisis: gegibt, gegicht, gihith, Summ. Heinr. KFW. 4,257, StWG. 207; nicht HSH. 3. Herkunft: eine Kollektivbildung zu —> gibt. gigihti* stN. 'Körperlähmung infolge Kälteeinwirkung, Gicht' (Gl.) - paralysis 'Lähmung der Nerven an einer Körperseite, Schlagfluss'. Glossare: III, 171,35 Paralisis: gegihte, Summ. Heinr. KFW. 4,257, StWG. 207 s.u. gegiht, SAW. 1,304; nicht HSH. 3. Herkunft: als starkes Neutrum neben —> gigiht. gigihtigöt substantiviert 'vom Schlaganfall Getroffener' (NG.) - paralyticus 'der an einer Körperseite Gelähmte'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 9,195,19 Psalterium scelle . so irstänt mortui. unde genesent... c(ä claudiparalitici (groti (blinden halben ke-iihtigote siechen). KFW. 4,258, SchW. 151, StWG. 209. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —> gibt. gihei 'Hitze, Brand' —» brunnida

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Kiankheitsbezeichnungen

gihelzida stF. 'Lahmheit, Gebrechlichkeit, Verkrüppelung' (Gl.) - sträges 'das Hinsinken, Niedersinken (durch Krankheit oder Schwert)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 27,38 Strage : gehelcido, Arat. 1,245, Einsiedeln, StiftsB. cod. 302; Nr. 117, BV. 126, 2. Hälfte 10. Jh. alem. u. fränk. (Parallelhs.: helcidü). KFW. 4,943f., StWG. 208. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. gi-hel^en 'lahmen' mit dem Suffix -ida. giht stF. 'Schlaganfall, einseitige Körperlähmung' (Gl.) - paralysis 'Lähmung der Nerven an einer Körperseite, Schlagfluss'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 414,16 cum ictuparalisis id estgith, (Glosse zu Hildegrad), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. KFW. 4,256, StWG. 209, SAW. 1,304. Herkunft: mit ae. gictha, an. ikt sowie mnd. mnl. gicht ein Verbalabstraktum zu ahd. jehan 'sagen, sprechen, bekennen'. Daher ist von einer Ausgangsbedeutung 'Beschwörung' auszugehen. Pfeifer 448, KS. 323, DWB. 4,l,4,7274f., IEW. 1,503, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 189f., HWdA. 3,836f., sowie P. Lessiak, Gicht, bes. S. 142-148, H. Schneble, Krankheit der ungezählten Namen, S. 85-88. Dagegen stellt M. Heyne, Körperpflege, S. 124, das Wort - kaum überzeugend — zu ahd .jucken. — vgl. mhd. giht 'Zuckungen, Krämpfe, Gicht'. Daneben stehen als Ableitungen: —» firgiht 'Lähmung durch Schlaganfall', —> firgihttg 'gichtbrüchig, gelähmt', —> ßrgihtigt 'Schlaganfall, Gliederlähmung', —>firgibtigöt'gichtbrüchig, gelähmt', —> ßrgihtigöti 'Lähmung, Gicht', —»firgihtit 'gichtbrüchig, gelähmt'. gekriippelt* 'verkrüppelt, mit dem Leiden eines Krüppels behaftet sein' (Gl.). Glossare: III,384,56 ... diciturgeharscart siuegecritpelt, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 349. Herkunft: ein Pseudopartizip zu ahd. —> kruppel·, vgl. J. Riecke, Pseudopartizipien, S. 171. gil, gil stF. "Bruch' (Gl.) - hernia 'Bruch als Leibesschaden'. Glossare: III, 439,76 Ernia : gil, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 4,259, StWG. 210, SAW. 1,305. Herkunft: Die Deutung ist unsicher, eher unwahrscheinlich ist mit DWB. 4,1,4, 7346f., IEW. 1,420, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 195 der Anschluss an an. gil 'Felsspalte', as. jy/ 'Schlund' als /- Erweiterung zur Wurzel *gbe- 'gähnen'.

giswer

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Eher ist mit P. Lessiak, Gicht, S. 108, eine Verbindung mit griech. 'Geschwür, Bruch* zu erwägen. Das Wort ist auch in den späteren Mundarten auf das Oberdeutsche beschränkt und kann daher aus gleichbed. slow, kila, tschech. kyla entlehnt sein. - vgl. mhd. giel. giloht 'an einem Bruch leidend' (Gl.) - hemiösus 'einen Bruch habend'. Glossare: III, 439,77 Erniosus : gilochter, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. P e r Beleg StSG. V, 106,24 Hermosus: geylacht, ebd., London, BMMss. Add. 18377, 14. Jh., ist wohl nicht ahd.] KFW. 4,259f., StWG. 211, SAW. 1,305. Herkunft: eine Ableitung mit dem Suffix ahd. iht/-obt zu ahd. —> gil. gilüh 'grauer Star' (Gl.) —glaucoma 'der grüne Star; blauer Dunst, Blendwerk'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 15,66 Claulcoma : albugo, igiluh, Aldh. laud. virg. 161,30, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. KFW. 4,314 s.u.glüh, StWG. 212, SAW. 1,1217. Herkunft: ungeklärt; vermutlich als Ableitung zum starken Verb ahd. (bi-)lühhan '(abschließen'. Daneben steht das schwache Verb luhougön 'mit den Augen zucken'. Sieh auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 351 Lauch-Wang, H. Mettke, Aldhelmglossen, S. 31 — vgl. mhd. g(e)lüh, nhd. glauch. gisprinc stN. 'Ausschlag, Pustel' (Gl.) - püstula Olatter, Pustel, Blase, Bläschen'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,343,37 Pustula : gisprinc, Lv 13,2, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. (Parallelhs.: büilla, angwei·.^ angmi^o). I, 345,16 Pustela : gisprinc, ebd., Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163, 10. Jh., alem. - crispinc, Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII. [Die Mehrzahl der Belege erscheint mit den nicht-medizinischen Bedeutungen 'Ursprung, Quelle', ebenso mhd. gesprinc] StSG. 222, SAW. 1,914. Herkunft: mit ae. spiyng, spyrng 'Pustel' als Verbalsubstantiv zu germ. *sprenga'springen' als „was einen anspringt"; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 666, DWB. 4,1,2, 4169f. giswer stN. 1. 'Geschwüre, Blasen, Eitergeschwüre', 2. 'Schmerzen' (Γ.; Gl.) apostema 'Abszess, Geschwür', dolor 'Schmerz', püstula "Blatter, Pustel, Blase, Bläschen', ulcus 'Geschwür, das Schwären'. Literarische Denkmäler:

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Krankheitsbezeichnungen

Tatian 363,1 f. Inti uuas sum arm betalari ginemnit layarus ther lag sj sinen turun jol gisuüeres ... oh bunt a quamm Inti leccodun siniu gisuuer. Glossare: I, 238,3 dolor: kisuuer, Abrogans, K. HSH. I, 380,565 ulcus: geswr, Summ. Heinr. HSH. II, 533,260 ulcus, lues, pestis: geswer, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,25. 263,16). III, 601,1 Apostoma : giswer, Einzelgl., Passionalis Liber, St. Gallen, StiftsB. 752; Nr. 208, BV. 239,15. Jh. III, 694,16 Pustula : gisuuer, Mischgl., Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. Adespota: IV, 243,5 Ulcus : gesuer, Cgm 5250,28b; Nr. 300, BV 444, Hs. 11. Jh., bair. SchW. 278, StWG. 224, SAW. 1,979. Herkunft: eine Kollektivbildung neben ahd. swer 'Geschwür', das als Verbalabstraktum zu ahd. sweran 'schmerzen, leiden', nhd. schwären gehört. Daher zunächst „etwas das schwärt, eitert". KS. 319 s.u. Geschwür, Pfeifer 439, DWB. 4,1,2, 3981 s.u. Geschwür, HWdA. 3,762. - vgl. mhd.geswer. giswil stN. 'Schwielen, verhärtete Haut' (Gl.) - callus, callum 'verhärtete Haut, Schwiele; Verhärtung, Knochengeschwullst (Kallus)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 402,30 Callum : gisuuil, Prud. perist. 177, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 602,11 Callum : gisuil, Ruf. hist. eccl. II, 23,100, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. Glossare: HSH. II, 227,281 callus: giswil. Summ. Heinr. (StSG. III, 229,39. 269,47). III, 363,43 Callus : gosuil, Gruppengl, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 224, SAW. 1,979. Herkunft: eine Kollektivbildung zu ahd. swil, das als Verbalabstraktum wie as. swil, ae. swyle aus westgerm. *swelaζ- (o.ä.) zur Wurzel *swel- in ahd. swellan 'schwellen' gehört. DWB. 4,1,2,3994 s.u. Geschwill. - vgl. mhd. j W S c h w i e l e ' . giswollanl stF. 'Geschwulst, das Aufschwellen' (Gl.) - tumor 'Geschwulst, Erhöhung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: S 158,6 tumor: kifuualloni, Greg, cura 77,13 B, Clm 6277; BV. 518, Hs. 9. Jh.; s. B. Bischoff, Nachträge. StWG. 224, SAW. 1,979 als 'Aufgeblasenheit'.

kawahsa

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Herkunft: eine Substantivbildung zum Partizip des starken Verbums ahd. swellan. giswulst 'Geschwulst, (blutige) Schwellung' (N.; Gl.) - livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)', tumor 'Geschwulst, Erhöhung'. Literarische Denkmäler: Notker 1,35,17 Τ t i e herte uuörtenen gesmlste .fine änauällönten leiden . mit lindemo uäske. geuuilchet uuerden. Glossen zu biblischen Schriften: I, 536,29 Liuor : gisuvlst, Prv 20,30, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. gisuulst, Clm 14689. - gisulst, Göttweig, StiftsB. 46/103. - giswlst, Clm 13002. giswlsts, Clm 17403. I, 593,22 Liuor •. gisvulst, Is 1,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - gisuvlst, ebd., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. - gisuulst, Wien, ÖNB 2732. - giswlst, Clm 13002. Clm 4606. Clm 6217. Clm 14745. Clm 22201. -gisuilst, Göttweig, StiftsB. 46/103. - gisuuilst, Clm 14689. -giswist, Clm 1 7 4 0 3 . - g i l v s t , Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. -gilust, Stuttgart, WLB. HB IV 26. -gilusti, Engelberg, StiftsB. Codex 66. V, 9,12 Liuor : gesuulst, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. I, 742,74 Liuore. uulnere. I gisuulsti, Act. Apost. (?), Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 205,31 Uuor uulneris : kisuulst, Greg, cura 3,12 p. 51 (II Pt 2,16), St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. Glossare: III, 510,7 Tumor : giswlt (1. giswlst), Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. SchW. 279, StWG. 224, SAW. 1,979. Herkunft: eine Kollektivbildung zu ahd. semist, einer schwundstufige Substantivbildung zu ahd. swellan. KS. 319, DWB. 4,1,2,4012, M. Heyne, Körperpflege, S. 136, HWdA. 3,760f. - vgl. mhd. geswulst. kawahsa (?) 'Auswurf (Gl.) -pürgämentum 'Unrat, Schmutz, Auswurf. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 332,43 Purgamenta : kduabsa, Hieron. in Math. 98, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. II, 764,33 Purgamenta : kauuahsa. äsueipha, Passio Simonis et Judae Secundum Abdiam Μ 298d, ebd. StWG. 324 alphabetisiert unter K. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. gi-ivahsan 'heranwachsen, nachwachsen'.

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Krankheitsbezeichnungen

glasougi stN. 'grauer Star, grüner Star' (?) (Lex Alam. Gl.) - albügo 'der weiße Fleck im Auge, Leukom', mlat. auch 'grauer Star' (MlatWb. 1,430), glaucoma 'der grüne Star'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 353,59 Albuginem habens clasaugi habenti, Lv 21,20, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,225,13 Albuginem : klasaugi, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. LLL 100,14 close ovce est glaucoma, Prud. ham. 90, Edinburg, National Library of Scodand Adv. MS. 18. 5. 10; BV. 107, Hs. 12. Jh. Lex Alam. 57,13 Einsprengsel: Si enim visus tactus fuerit de oculo, ita ut quad vitro remaneat quod Alamanni glasougi dicunt. Hs. A3, 9. Jh. KFW. 4,301, StWG. 231, SAW. 1,308 u. 1,692. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga sowie zu ahd. glas 'Glas'. DWB. 4,1,4,7671 f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 21, A. Niederhellmann, Arzt, S. 294-297. vgl. mnd. glasöge. gleslnougi 'am grünen Star, Leukom leidend' (?) (Gl.) — glaucus 'bläulich, grünlich, lichtgrau'; vgl. glaucoma 'der grüne Star'. Glossare: III, 500,36 Glaucus : gksinouger, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 684,34 Glaucus : Giesen oger, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. KFW. 4,305, StWG. 231, SAW. 1,309 u. 1,693. Herkunft: vgl. ae. glaseneage, als Adjektivbildung zu ahd. —> glasougi. - vgl. mhd. glaseöuge 'glasäugig'. gnitahamma 'Klumpfuß' (Gl.) - scaurus 'dessen Knöchel verwachsen sind, Klumpfuß'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Siewert, Horazglossierung 230 scaurufm), prauis talios : gnitabäma, Hör. serm. I, 3,47f., Rom, BV. Vat. lat. 3866; 11. Jh. SAW. 1,312 u. 1,349. Herkunft: wohl ein Kompositum zu ahd. gnitan 'einreihen, scheuern; stampfen' u. —> hamma 'Knie, Hinterbug'. gorawunt 'am Darm, an der Darmwand verletzt' (Lex Alam.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Alam. 65,27 Einsprengsel: Si autem interiora membra vulnertusfuerit, quod gonvunt dicunt. Hs. Β 19, 9. Jh.

grim

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Herkunft: Kompositum; zu ahd. gor 'Mist, Dünger' u. wunt 'verwundet'; vgl. A. Niederhellmann, Arzt, S. 251 f. goteswilo* swM. 'Karbunkel, Abszess, Geschwür' (Gl.) - anthrax 'Quecksilbererz; ein fressendes Geschwür' (MlatWb. 1,703, vgl. D. Langslow, The formation, S. 488 anthraaon), apostema 'Abszess, Geschwür' (MlatWb. 1,761). Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 258,22 {andrates [Ed. anthracas\) Nota actrata sunt magna vlcera ... Item actraga est apostema ... et dicitur theuthunice. gothesuik, Macer Floridus XI, 496, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. KFW. 4,366 s.u.goteswile, StWG. 234, SAW. 1,314 u. 1,979. Herkunft: Kompositum; zu —> swil 'Geschwür, Schwiele' sowie zu ahd. got 'Gott' als besonderen Hinweis auf die Art der Krankheit. Das Bezeichnungsmotiv ist bei diesem Wort nicht völlig klar, im Allgemeinen konnten, insbesondere wenn die Ursache unbekannt war, Krankheiten als Zeichen Gottes aufgefasst werden. Sieh M. Höfler, Krabkheitsnamen-Buch S. 198. Ein anderes Beispiel für die Verwendung von Gott- als Bestimmungswort gibt H. Adolf, OHG gotawebbi, S. 442—456. grecko swM. 'eingetrockneter Augenschleim' (Gl.) - pitmta 'zähe, Feuchtigkeit, eiterartige Flüssigkeit, feuchter Ausschlag, Schnupfen; Pips der Hühner'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: V, 29,32 Pitmta : greccun, Isid. etym. XX, 2 p. 491, Clm 18192; Nr. 716, BV. 640,11. Jh., bair. KFW. 4,412, StWG. 238, SAW. 1,1218. Herkunft: unklar; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 200: „die eingetrockneten Schmerkrüstchen der Meibom'sehen Drüsen in den Augenwinkeln". Im 16. Jh. auch für Influenza, Grippe. Nach Höfler aus krachen oder kracken (wie die gerösteten Fettgraupen); vgl. Grütsgraupen 'Gerstenkorn am Auge', wohl zu Recht ablehnend DWB. 4,1,6,2 s.u. Greek. Sieh auch R. Grosse - I. Köppe, 'Kulturelles Gedächtnis', S. 38, M. Habermann, Deutsche Fachtexte, S. 398. - vgl. mhd. greck. grint stM. 'Kopfausschlag, Schuppen; Haarausfall, Glatze (infolge des Kopfgrindes)' (Gl.) - alopecia 'Fuchsräude, Fuchsgrind, das Ausfallen der Kopf-, Bart-, und Augenbrauenhaare', albicium (wohl zu albico 'weiß machen, weißlich sein' irrtümlich statt alopecia), furfures (PI.) 'Schuppen auf der Haut des menschlichen Körpers', glabellus 'glatt, unbehaart', glabrus 'unbehaart, kahl', inpetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 343,41 Pilos in album mutatos colorem ut erfint facti, Lv 13,2, Wien, ÖNB 1761; Nr. 613, BV. 941, Hs. 10. Jh., obd. - crint, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. - grint, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1, ebenso Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. St. Gallen, StiftsB. 9.

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Krankheitsbezeichnungen

I, 707,28 Alapicias : krint, Anhang AT, zu Lv 13,3 ?, Leipzig, UB. Rep. II 6; Nr. 261, BV. 384, 2. Viertel 9. Jh., ostfrk. u. mfrk. IV, 271,16 ... alopetias grint curat, IV Rg 14,9, Clm 4112; Nr. 321, BV. 471, Hs. 12. Jh., fränk. (?) Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,9 Alopitia : crint, (Pseudo) Hippocratis, Epistola ad Antiochum regem, Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd. Glossare: III, 53,1 Alopicia : grint, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. I, 308,570 glabrio : grint, Summ. Heinr. HSH. II, 7,134 glabrio : grint, Summ. Heinr. HSH. II, 175,412 atopiaa: grint, Summ. Heinr. HSH. I, 319,149.5^^/m - grint, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,7. 179,5. 221,51. 266,25. 276,37. 294,31. 301,44. 311,57 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 46 u. 255.) III, 360,44 Alopicia : grint, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. III, 392,71 Nosing : grint, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. Wiesbaden, Hessische LB 2. 111,429,18 Alopicia : crint, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. J h , obd. III, 439,73 Alopicia : grint, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. III, 477,9 Alopicia ... .i. crint, Pflanzengl. MX, Wien, ÖNB 2400; Nr. 617, BV. 945,12./13. J h , bair. - .i. grint, Clm 2612. III, 494,1 Alopicia : grint, ruf, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. 111,660,40 Albicium : grint, Mischgl, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. J h , bair. III, 694,55 Alopicia : Grint, Mischgl, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. J h , obd. -grint, Cgm 5250,28b; Nr. 300, BV 444, Hs. 11. J h , bair. IV, 31,58 Alopicia : crint, Glossae Salomonis (f), ebd. crinth (a). grint (e). grinth (c). grind (k). est grint... uulpecule quam grea alopiciam voh dicunt (g). IV, 68,41 Glabella ... glabrion : crint, Glossae Salomonis (e), ebd. grint (d, p). grint (ΟIV, 68,43 Glabrio : Grint, Glossae Salomonis (a), ebd. grint (c). grint. *prassi (g). grint (b). IV, 144,61 Glabrio : grint./, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair.

grintoht

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IV, 167,2 Alopiaa : grint, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 215,34 Inpetigo gnnt.». sicca scabies, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., Würzburg, UB, M. p. th. q. 60; Nr. 648, BV. 998, l l . u . 13. Jh., ostfrk. u. bair. IV, 218,26 Albtctum : grint, Alphabetisches Gl., Cgm 187; Nr. 296, BV. 440, 12. Jh., bair. IV, 358,1 Furfures : crint, Kräutergl. MXa, Clm 5125; Nr. 332, BV. 493, 13./ 14. Jh. (?) IV, 360,8 Fvrfures : crint, Kräutergl MXb, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. KFW. 4,431 f., StWG. 240, SAW. 1,326. Herkunft: wohl mit mndl. grinde 'grober Sand' zu germ. *grenda- 'zerreiben', das nur in ae. grindatt erhalten ist; vgl. auch got. grinds 'zerrieben'. Bezeichnet wird meist der sandartig aussehende Ausschlag der Haut, insbesondere der Kopfhaut. KS. 338f, Pfeifer 478, DWB. 4,l ) 6,368f., IEW. 1,459; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 202f., M. Heyne, Körperpflege, S. 132. — vgl. mhd. grint. grint 'mit Kopfausschlag behaftet, kahlköpfig' (Gl.) -glabrio 'unbehaart, kahl'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 368,5 Glabrio ./'. grint, Prise, inst. 42,16, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. — inberbisgrint, Clm 280 A. Glossare: HSH. II, 319,149.5 glabrio : ffinder, Summ. Heinr. (StSG. III, 240,39). Adespota: V, 49,1 Glabrüs: grint, Clm 6267; Nr. 709, BV. 515,11. Jh. KFW. 4,432, StWG. 240 grinti 'voller Grind', SAW. 1,326, HSH. 3,64. Herkunft: eine Adjektivbildung zu grint. DWB. 4,1,6,372. grintlüs* stF. '(durch Läusebefall hervorgerufene) Räude, Krätze' (Gl.) - inpetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf'. Glossare: III, 318,68 Inpetigo grintlus. ruda, (Summ. Heinr. XI), Berlin, StBPK. Ms. Lat. 8° 445; Nr. 526, BV. 37, 11./12. Jh., alem. u. fränk. KFW. 4,432, StWG. 240, SAW. 1,573; nicht HSH. 3. Herkunft: Kompositum; zu —> grint sowie zu ahd. lüs 'Laus', vgl. blatlüs unter —» blatara. DWB. 4,1,6,376, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 355 s.u. GrintLaus. grintoht 'mit Kopfausschlag behaftet, grindig, kahlköpfig' (Gl.) - alöpeeiösus 'mit der Fuchsräude, dem Fuchsgrind behaftet', glabrus 'unbehaart, kahl', jrurchus 'glatzköpfig' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 310).

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 369,18 Glabriotiis : grintohter, Prise, inst. 120,3, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. Glossare: HSH. II, 186,04.68 alopitiosur. grindohte, Summ. Heinr. HSH. II, 169,336 alopitiosus, intercalms: grindohte. Summ. Heinr. HSH. I, 308,571 yrurcus \ grindohter, Summ. Heinr. HSH. II, yrurcus: grindohter, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,9. 179,6. 311,40. 311,58). III,660,41 Irurcus : gitohtir, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 692,39 Yrurcus: crindahter, Mischgl., Erlangen, UB. Erlangen-Nürnberg Ms. 2008, jetzt Β 22; Nr. 134, BV. 147,11. Jh., obd. - crindaci, Clm 14584. KFW. 4,434, StWG. 240, SAW. 1,326. Herkunft: eine Adjektivbildung zu ahd. grint mit dem Suffix ahd. -iht/-oht. DWB. 4,1,6, 374, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 203. - vgl. mhd. grinteht. gulla, gulll, gullo (?) stF. 'Kopfausschlag, Halsgeschwulst' (?) (Gl.) - porrigo 'Grind an den behaarten Teilen des Körpers, Kopfgrind', scabies 'Räude, Krätze, Aussatz', tineösus 'voll Würmer, verlaust'. Glossare: III, 476,48 Porrigo porcorum uitium : gullo, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. IV, 88,9 Porrigo : gulla (a, c, f), Gulla *vhri (g),gulle (d), Gulls (e),gulli (i), Glossae Salomonis. IV, 190,15 Porrigo genus morbi i. gulf i. tiniua I scabies capitis, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB Cod. 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. KFW. 4,473f. gulla, gullt, gullo 'eine Schweinekrankheit', StWG. 243 'Ferkelruß, die Bräune', SAW. 1,331. Herkunft: ein Wort unklarer Herkunft, das vielleicht als Entlehnung angesehen werden muss. Dann - mit ebenfalls unklarer Bedeutungsentwicklung - aus lat. gula 'Kehle, Schlund', vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 208. Vielleicht vergleicht sich auch slav. gula 'Beule, Geschwulst' in russ. und poln. Dialekten, s. DWB. 4,l,6,1073f. - vgl. mhd. güll 'Drüsengeschwulst bei Hunden und anderen Tieren'. gunt stM. 'Eiter, schleimige Flüssigkeit; Vereiterung, eiterndes Geschwür' (Gl.) livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)', püs 'der weiße und zähe Eiter', sanies 'verdorbenes Blut und andere Körpersäfte, die noch nicht in weißen und zähen Eiter übergegangene Wundjauche', täbes 'das allmähliche Vergehen durch Schmelzen, Fäulnis, Krankheit, Schwindsucht, die zergehende Flüssigkeit, Jauche', täbidus

gunt

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'schwindend, verwesend, auszehrend' ümor 'jede Art Flüssigkeit, Feuchtigkeit', virus 'natürliche, zähe Flüssigkeit, Schleim, Saft'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 466,60 Tabe: cunt, suhti, II Par 21,19, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. J h , bair. I, 468,15 Tabe : cunt, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 6,38 Virus : gunt, Ale. gramm. 516, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. II, 159,20 P.us : cunt, Donatis Ars 376,29, St. Gallen, StiftsB. 876; Nr. 214, BV. 247, Hs. Ende 8. Jh. II, 255,71f. Tabe : mitcunde, Greg. dial. 3,13 p. 301, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Clm 5248,2. - mitgunde, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689. 11,363,11 Pus : gund, Phocae Ars 412,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2 7 2 3 . - g u n t , Clm 14689. II, 441,69 Tabidus \humor\ : gund, Prud. perist. 132, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem, ebenso Clm 14395. II, 466,17 Pure: gunde, Prud. symm. 1,17, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. Clm 475. Glossare: I, 201,25 Liuor: kund, Abrogans, K. chund, Abrogans, Ra. III, 695,46 Pus us quod indedinabile. hoc est tabo. t uirusgunt, Mischgl., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. IV, 94,55 Sanies : gmteiter [Kompositum?] Glossae Salomonis (c). (Parallelhs.: eitii). IV, 157,7 Pus : gunt, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 158,68 Sanies : gunt t eiter ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 165,29 Virus : eittir .t. fei uenenum uirigunt ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Der Beleg StSG. II, 579,53 Pu:re : gund, Prud. symm. 1,17, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F l , ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 217.] KFW. 4,478f., StWG. 243, SAW. 1,332. Herkunft: mit as. ae. gund, got. gunds zu griech. χανδ- 'Geschwür, Geschwulst'. IEW. 1,438, S. Feist - W.P. Lehmann, Gothic etymological Dictionary, S. 163, Μ. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 208: „das tierische, durch Gift vermittelte Gift war Eiter, das durch Berührung ansteckende Gift der Seuchen = Gift, das flüssige, rinnende Gift = Gund." Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 133.

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Krankheitsbezeichnungen

guntig 'krank, dahinschwindend, vereitert' (?) (Gl.) - tabidus 'schwindend, verwesend, auszehrend', ümor 'jede Art Flüssigkeit, Feuchtigkeit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 507,46 Tabidus : gxndkg (dh. gundig), Prud. P. Caesaraug. 132, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./ll.Jh., alem. - gundigü, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. 11,541,79 Tabidus [humot\ : guntigiu, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. KFW. 4,479, StWG. 244, SAW. 1,332 'dahinschwindend, verwesend'. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —> gunt. gutter stN. 'Kröpf, Geschwulst (am Halse)' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 2,123,26 Fine diu uuärd ίάζ catullus nonium gutter hie% (hier als Schimpfname). KFW. 4,523f., SchW. 156, SAW. 1,1218. Herkunft: eine Endehnung aus lat. guttur 'Gurgel, Kehle, Kröpf'. DWB. 4,1,6, 1481 f.

Η hahsnen '(durch Zertrennen der Fußsehnen) lahmen (von Pferden)' (Gl.) - enervo 'die Nerven herausnehmen, schwächen, lahmen', subnervo 'unten die Sehnen einschneiden, durch Zerschneiden der Sehnen lahmen'. [Das Verb und auch die Präfixbildungen int-, ir- u. untar-hahsenen sowie das önVerb hahsinön werden im Althochdeutschen nur im Zusammenhang mit Pferden verwendet. Hier anzuschließen ist auch gleichbedeutend ahd. halsnestilen, das mit SAW. 1,659 als aus hahs(in) verschrieben oder in Anlehnung an bal\ als umgedeutet anzusehen ist; vgl. auch J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 199 unter halfönestilen (?) als Verbalkompositum mit adjektivischem Bestimmungswort.] KFW. 4,608f., StWG. 248, SAW. 1,340. Herkunft: zu —> hähsena 'Achillessehne'; vgl. afries. hexnia 'die Kniekehle durchschneiden'. DWB. 4,2,739 s.u. hechsnen, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 211 f.; s. auch J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 362. - vgl. mhd. hechsenen. halssuht stF. 'Halserkrankung' (Gl.) - arthrisis 'Gliederkrankheit, Arthritis' (Mlat Wb. 1,990, vgl. H. Götz, Wörterbuch, S. 55 arthesis 'Halserkrankung'). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 389,35 Arthesis : halsuth, Prud. perist. 495, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair.

halz

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II, 394,34 Arthesis : halsvbt, ebd., Wien, ÖNB Cod. 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 451,33 {Arthesis) : halsuht, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: chelasuht'Angina')· KFW. 4,644, StWG. 251, SAW. 1,346.. Herkunft: Kompositum; zu —» hals, suht. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 707: angina rheumatica ? halz 'lahm, hinkend' (G.N.NG.O.OT.T.; Gl.) - claudus 'lahm, hinkend', debilis 'geschwächt, entnervt, entkräftet, gelähmt, verkrüppelt'. Literarische Denkmäler: Georgslied 95,20 denplinten det er sehenten, den halcengangenten. Notker 4,76,19 ünde er in lemnumfallende hälv^ uuürte. (u. ö.) Notker Glossator 9,195,19 Psalterium scelle . so irstänt mortui . unde genesent qä daudi paralitici (groti (blinden halben ke-iihtigote siechen). Otfrid 3,4,14 ...so uuard er säiö ganzer, fon so rniu so er er rnas halber, (u. ö.) Tatian 283,29 mihil. menigi seochoro blintero hal^aro inti durrero. (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 426,7 Cecos claudos dicentes non ingreditur dauid hue plinte halce chuedante nolas in: kat dauid hera, II Sm 5,6, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 244,5 Claudus: halber, Greg, cura 1,11 p. 11, Wien, ÖNB 1370; Nr. 611, BV. 939, 9./10. Jh. II, 771,38 Clodus: hal^o, Arat. 1,244, Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814, 1. Hälfte 11. Jh., fränk. Glossare: III, 6,10 Claudus: halber, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. HSH. I, 309,581 claudus: halber, Summ. Heinr. HSH. II, 7,141 claudus : haltet, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,62. 179,48). III, 350,61 Claudus : halber, Gruppengl., Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 6; Nr. 96, BV. 93, Ende 12. Jh., mfrk. III, 384,58 Claudus: halber, Gruppengl, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. J h , mfrk. III, 391,2 Kolianz claudus : halber, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 126,11 Claudus. debilis : halber./, Glossae Salomonis, Fragment Laibach. IV, 136,5 Claudus: halber./, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. KFW. 4,664f, SchW. 159, StWG. 252, SAW. 1,348.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: wie as. afr. halt, ae. healt, an. haltr, got. halts aus germ. *ha!t-. Außergermanisch vergleicht sich air. coll. IEW. 1,547, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 275f., J. de Vries, Altnordisches etymologisches Wörterbuch, S. 206. Im Unterschied zu —> lam und krumb vor allem für das Hinken der Beine, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 215f., M. Heyne, Körperpflege, S. 23. - vgl. mhd. hal·.χ. ham 'lahm, gebrechlich' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 3,4,8 ... thie lägunß! al mannes sieches inti hammes. KFW. 4,665, SchW. 159, SAW. 1,348. Herkunft: mit den Erweiterungen ahd. hamal.j ae. hamola zur Wurzel *(s)kem- 'verstümmelt'. Trotz der spärlichen Bezeugung ist es nicht wahrscheinlich, dass das Adjektiv aus dem schwachen Verb hemmen rückgebildet wurde. Eher sind ham und hemmen unmittelbar an die mit /-mobile gebildeten Lexeme ahd. skam und skemmen anzuschließen. IEW. 1,929, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 278, J. Riecke, Die schwachenjan-Verben, S. 434; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 216. hantlam 'mit gelähmter Hand' (Gl.) - mancus 'verstümmelt, verkrüppelt, gebrechlich an den Gliedmaßen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 368,17 Mancus : hantlamer, Prise, inst. 49,12, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. II, 433,10 Mancum : hantalamon uuanheilo, Prud. perist. 231, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem., ebenso Clm 14395. KFW. 4,692, StWG. 254, SAW. 1,353. Herkunft: Kompositum; vgl. an. handlami\ zu hant, lam. DWB. 4,2,399, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 347. handelös 'ohne Hände' (Gl.) — mancus 'verstümmelt, verkrüppelt, gebrechlich an den Gliedmaßen'. Glossare: IV, 216,29 Mancus : handeloser, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., Würzburg, UB, M. p. th. q. 60; Nr. 648, BV. 998, 11. u. 13. Jh., ostfrk. u. bair. KFW. 4,694, StWG. 254, SAW. 1,353. Herkunft: eine Ableitung mit dem im Althochdeutschen reihenbildenden Suffix -lös·, vgl. afries. handlos, an. handlauss, zu —» hant sowie zu ahd. lös in der Bedeutung 'beraubt'. DWB. 4,2,404, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 376 und W. Henzen, Deutsche Wortbildung, § 138; s. auch —> einhenti. - vgl. mhd. handelös. hantmäli stN. 'Stigma, Wundmal der Hand' (Gl.) - stigma "Brandmal'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

härwurm*

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II, 564,42 stigma : kantmali, Prud. perist. 1080, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348, 11. Jh., mfrk. (Parallelhs.: animate). II, 573,67 {Stigmaret) stigma, hantmati, ebd., Brüssel, BR. 9987; Nr. 46, BV. 82, II. Jh., niederfrk. KFW. 4,702f., StWG. 254, SAW. 1,353 u. 1,586. Herkunft: Kompositum; zu —> hand sowie zu ahd. mal, vgl. —> anamäl. DWB. 4,2,409, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 389 „Flecken, Pigmentzeichen an der Hand". - vgl. mhd. hantmäl'Handzeichen'. hantsuht stF. 'Handgicht, Fingergicht' (Gl.) - chtragra 'Handgicht, (Chiragra)', Clm 14689 verwechselt mit chirürgia "Wundarzneikunst'. Glossare: III, 53,5 Ciragra : hant suth, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. III, 428,66 Cirurgica : hantsuht, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604,11./12. Jh., bair. III, 429,7 Ciragra : hantsucht, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 4,706, StWG. 255, SAW. 1,353 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu —> hand, suht, wohl als Lehnübersetzung. DWB. 4,2, 420, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 707, M. Heyne, Körperpflege, S. 123. — vgl. mhd. hantsuht. harnwinte swF. 'Harnwinde (wenn der Harn nur tropfenweise kommt)', (Gl.) infirmitäs 'Schwäche, Krankheit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 584,26 inftrmitatem in homine a^pjl vel. harnwinte, Rezepte, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706, Hs. 13. Jh. und jünger (wohl 13. oder 14. Jh.). StWG. 256 (nicht KFW.). Herkunft: Kompositum, mhd.; zu —> harn sowie ahd. ivintan 'winden'. DWB. 4,2, 492. - vgl. mhd. harnwinde 'Harnzwang'. härwurm* stM. 'Spulwurm' (Gl.) - vermis 'Wurm'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 258,60 harworme l'maden vermes, Macer Floridus XV, 612, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. JJ 258,61 contra vermes dictos harworme, ebd. KFW. 4,744, StSG. 258, SAW. 1,354 u. 1161. Herkunft: Kompositum; zu ahd. här u. —> wurm·, vgl. mnd. härworm, mnl. hearworm. DWB. 4,2,40, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 826: „die als Wurm früher angesehene Haarlaus", „jeder im menschlichen Barte oder Kopfhaare sitzende

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Krankheitsbezeichnungen

Hautausschlag (Räude)". - vgl. mhd. härwurm 'ein flechtenartig um sich fressender Ausschlag'. hefemuoter* stF. 'Unterleibserkrankung bei Frauen (Dysmenorrhoe), Magenkolik' (Gl.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 258,12 Nota si aliquis doleat in stncopa quam pressura crudis ad cor facit ul' dicitur heuemut'. sumat semen aneti et curatur, neben Macer Floridus X, 419, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. [Der Beleg StSG. IV, 462,1 hevemots, Göttingen, Niedersächsische Staats- und UB. Cod. Ms. St. Johannis 2"; Nr. 225. BV. 261,12./13. Jh., ist mnd.] KFW. 4,784, StWG. 274, SAW. 1,362 u. 1,644. Herkunft: Kompositum; wie mnd. hevemoder zu germ. *hajja 'heben' u. —> muodar 'Leib, Gebärmutter'. DWB. 4,2,720, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 428. vgl. mhd. hebemuoter. Die Bedeutungsangabe 'Bauchgrimmen' im StWG. ist ein Beispiel für die neuzeitliche Verniedlichung des mittelalterlichen medizinischen Wissenstandes. heis 'heiser, dumpf (N.; Gl.) - raucus 'heiser (durch Krankheit oder Reden), dumpf, rauh'. Literarische Denkmäler: Notker 4,39,5 Tergerobe lüta. in heisa ums rähta. (u.ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 20,52 Rauca : he'sui, Aldh. laud. virg. 178,11, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ll.Jh., fränk. (?). II, 346,55 Rauca : heisiu, Isid. off. 2,12 p. 431, Clm 14461; Nr. 392, BV. 590, Hs. Mitte 9. Jh., bair. u. fränk. II, 523,5 Raueos: hesin, Prud. psych. 317, Einsiedeln, StiftsB. cod. 312; Nr. 119, BV. 128,13. Jh., alem. KFW. 4,855f., SchW. 162, StWG. 264, SAW. 1,373. Herkunft: mit ae. has, an. hass aus germ. *haisa-, einer Erweiterung zur Wurzel *kai-, die vorliegt in ahd. hei 'dürr', gihei 'Hitze'. IEW. 1,519, Pfeifer 526, DWB. 4,2,897 s.u. heisch, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 228f. s.u. heisch. - vgl. mhd. heis, heise. Daneben stehen als Ableitungen: heisar 'heiser' (Gl.) - raucedo 'Heiserkeit', raucus 'heiser (durch Krankheit oder Reden), dumpf, rauh'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 533,27 Raueos: he'sir, Prud. psych. 317, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem.

heisl*

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II, 719,30 Raucae : haiser, Verg. Aen. I, 57, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 215; Nr. 19, BV. 50, Hs. 11. Jh., alem. Glossare: HSH. I, 377,514 raucedo : haiser, Summ. Heinr. (Parallelhs.: heiseri). HSH. II, 446,169 raucedo : heisir, heser, Summ. Heinr. (Parallelhs.: heist). (StSG. Ill, 171,6. 287,20). IV, 157,44 Rands : heiser .t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 4,856, StWG. 264. DWB. 4,2,902. Herkunft: —> heis. — vgl. mhd. heiser. heisarl* stF. 'Heiserkeit' (Gl.) - raucedo 'Heiserkeit'. Glossare: HSH. I, 377,514 raucedo : heiseri, Summ. Heinr. (Parallelhs.: haiser). (StSG. Ill, 171,6. 327,43). KFW. 4,856, StWG. 264, SAW. 1,373. DWB. 4,2,902 s.u. Heisere. Herkunft: —> heis. heisarunga* stF. 'Heiserkeit* (Gl.) - raucedo 'Heiserkeit'. Glossare: HSH. II, 446,169 raucedo : heiserunge, Summ. Heinr. (Parallelhs.: heisungd). (StSG. III, 255,39). KFW. 4,856, StWG. 264, SAW. 1,373. Herkunft: —> heis. - vgl. mhd. heiserunge. heisen 'heiser sein' (Gl.) - rauco 'schnarren, heiser sein'. Glossare: II, 7,39 Raucio : heisen, Ale. gramm. 533, Clm 6404; Nr. 355, BV. 537, Hs. spätes 9. Jh., bair. II, 379,35 1lautio : heiso, Prise, inst. 540,15, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. KFW. 4,856, StWG. 264, SAW. 1,373. Herkunft: —» heis. heisl* stF. 'Heiserkeit' (Gl.) - raucedo 'Heiserkeit'. Glossare: HSH. I, 377,514 raucedo : heisi, Summ. Heinr. (Parallelhs.: heisir). HSH. II, 446,169 raucedo obscuritas vocis./. heisi, heisee, Summ. Heinr. (StSG. III, 287,20. 307,55. 323,21). KFW. 4,856, StWG. 264, SAW. 1,373. Herkunft: —» heis.

Krankheitsbezeichnungen

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heiso* swM. 'Heiserkeit' (Gl.) - raucedo 'Heiserkeit'. Glossare: HSH. II, 446,169 raucedo obscuritas vocis ./. heiso, Summ. Heinr. (StSG. III, 343, 61).

KFW. 4,856, SAW. 1,373. Herkunft: —> heis. heisunga* stF. 'Heiserkeit' (Gl.) - raucedo 'Heiserkeit'. Glossare: HSH. II, 446,169 raucedo : heisunga, Summ. Heinr. (Parallelhs.: heiserunge). (StSG. III, 255,39). KFW. 4,856f., SAW. 1,373. Herkunft: —> heis. gi-helzen 'lahmen' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 5,23,141 eltinangithuinge, Thiu mo älla\ Hob insert ioh mähto nan gihelvjt. KFW. 4,943, SchW. 164, SAW. 1,348. Herkunft: mit ae. ä-hyltan 'ein Bein stellen', an. heltast 'lahm werden' zu einem Adjektiv, das vorliegt in ahd. —> hatζ 'lahm'. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 433. — vgl. mhd. helfen, gi-hel^en. Daneben als weitere Präfixbildung: ir-helzen 'lahmen' (Gl.) - debilito 'schwächen, lahmen, verkrüppeln', subnervo 'unten die Sehnen einschneiden, durch Zerschneiden der Sehnen lahmen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 277,14 Debilitatum : arlemit arhefyt, Ex 22,10.14, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. IV, 262,49 Subneruauit: erhelci, Os 11,9, Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 499, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. KFW. 4,943, StWG. 268. helzida stF. 'Lahmheit, Gebrechlichkeit' (Gl.) - sträges 'das Hinsinken, Niedersinken (durch Krankheit oder Schwert)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,27,37 Strage : helcidu. d'minutione. LaMi, Arat. 1,245, Trier, StadtB. 1093/ 1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. (Parallelhs.: gehelcido). KFW. 4,943f., StWG. 268. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. helfen mit dem Suffix -ida. herdo swM. '?' [eine Krankheit] (Gl.) - nessia (Krankheitsbezeichnung) Glossen zu nicht biblischen Schriften (Teil eines Segens):

herzsuht

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A2, 234 Sicut cervus thebeus viperam naribus producit, sic ego te nessia. tropho, crampho. herdo. nagado. accadens morbus in nomine patris et filii et spiritus saneti et in nomine omnium sanctorum edueo etc., Admont, StiftsB. 393; 12./13. Jh. StWG. XLII. Herkunft: wohl zu ahd. herd 'Herd, Boden', herda 'Feuerherd'. DWB. 4,2,1074f., im Sinne von Krankheitsherd, Ansteckungsherd'; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 229. hertbrät stN. 'Gerstenkorn am Augenlid' (Gl.) - hordeolus 'das Gerstenkorn im Auge'. Glossare: III, 476,34 Ordiolus estparuissima et purulenta colkctio in pi/ispalpebrarum constitut in medio lata, ex ex utroque conducta. ordei granum simutans hertprat, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. KFW. 4,1014, StWG. 269, SAW. 1,96 u. 1,382 s.u. herd. Herkunft: Kompositum; nur ahd.; wohl zu ahd. hart 'hart' u. —> brät. KFW.: „sicherlich nach der 'Härte' des Gebildes". Oder zu herd in der Bedeutung 'Krankheitsherd'? Neben hertbrät findet sich auch ein Kompositum Här-Brat, s. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 879, dessen Bestimmungswort dort als här 'faseriges, frisches, fleischfarbiges Augenfell', 'rotbeeriges Fleischknötchen am Lidhaare, Gerstenkorn' gedeutet wird. Es ist aber nicht zwingend, beide Bildungen miteinander zu verbinden. Sieh auch D. Schreiber, Untersuchungen, S. 77f. herzsioh* 'herzkrank' (Gl.) - cardiacus 'magenkrank' (zu lat. cor; cordis 'Herz', vgl. cardiace 'Herzleiden'). Glossare: HSH. II, 211,105 cardiacus: her^siech, Summ. Heinr. (StSG. III, 267,49 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX, Nr. 74.) III, 391,5 Silisj^ cardiacus : her^esiecho, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. KFW. 4,1038, StWG. 273, SAW. 1,385 u. 1,820. Herkunft: Kompositum; vgl. ae. heortseöc, zu —> her^a, siuh. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 648. - vgl. mhd. her^esiech. herzsuht stF. 'Herzkrankheit' (Gl.) - cardio, cardiace 'Herzleiden'. Glossare: HSH. I, 376,484 cardio : herzsuht, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,20). IV, 198,4 Cardio : herzsuht, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. 4,1038, StWG. 273, SAW. 1,385 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu - » henp, suht. DWB. 4,2,1261, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 708. - vgl. mhd. herzsuht.

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Krankheitsbezeichnungen

herzsuhtlg 'herzkrank' (Gl.) - cardio, cardiace 'Herzleiden', cardiacus (s.o. —> her.ζsioh). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 686,7 Cardio morbus cordis, inde cardiacus .i. hengsuhtiger, Vergil Glossar Schlettstadt, (Steinmeyer: aus Hör. II, 3,161 ?), Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Glossare: HSH. I, 309,585 cardiacus : ber^esuhtiger, Summ. Heinr. HSH. II, 211,105 cardiacus : ber^esubtiger, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,70. 226,12. 296,1. 312,59). IV, 25,25 Cardiacus : henguhtig, Liber Glossarum, Nürnberg, Germanische Nationalmuseum Hs. 42523; Nr. 486, BV. 716,13. Jh. KFW. 4,1038, StWG. 273, SAW. 1,385 u. 1,961. Herkunft: eine Adjektivbildung mit /^-Suffix zu - » beraubt. DWB. 4,2,1261, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 708. - vgl. mhd. het\sühtec. hilouga, hllouuua swN. Wundmal, Narbe' (Gl.) - cicärtrix 'Narbe, Schramme'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 610,45 Cicatrices : hilou gon, Sallust, Jug. 85 p. 331,10, Paris, BN. lat.10195; Nr. 511, BV. 758, Mitte 11. J h , mfrk. II, 702,4 Cicatrix : hllouuua, Verg. Georg. II, 379, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. [hier bezogen auf Baumstämme]. KFW. 4,1060, StWG. 275. Herkunft: unklar; vielleicht zu hi-, das nach J. Gallee, Vorstudien, S. 138, zu ae. htw, got. hiwi 'Form, Gestalt' gehören soll oder, weniger wahrscheinlich, zu Hie! 'Ferse'; so M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 233. Vermutlich sind aber all diese Bezüge, wie auch die Verbindung mit ahd. ouga, das Produkt volksetymologischer Umdeutungen: Anzuschließen ist wohl an das schon im Abrogans bezeugte lihlaoa, s. —> Ithloa 'Narbe'. hinkan 'hinken (auf Grund von körperlicher Behinderung)' (Gl.) - claudico 'etwas lahmen, hinken', emarcesco 'welk werden, dahinschwinden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 307,15 Emarcuit : hanc, Gn 32,25, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. (vgl. V, 89,20); ebenso Clm 4606. I, 678,24 Claudicantem : hinchenten, Mi 4,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., bair., ebenso Wien, ÖNB Cod. 2723. Wien, ÖNB Cod. 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 555,71 Claudicat: hin chot, Prud. perist. 231, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk.

hirniwuoto

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II, 560,46 Claudicat : hinchit, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. - ( ) henchit, Köln, DB. LXXXI. [„Auf Grund von mangelnder Entschlusskraft hinken", StSG. I, 440,23f. und I, 447,61 sowie Notker; die Bedeutung 'schwanken (in einer Sache)' ebenfalls bei Notker sowie Otfrid 3,1,14.] KFW. 4,1110, SchW. 167, StSG. 276, SAW. 1,388. Herkunft: mit ae. hincian, an. hinka aus germ. *henkö- (?) sw.V. Das Wort ist alt- u. mittelhochdeutsch möglicherweise sekundär stark flektiert, aber mit Ablaut vergleicht sich mhd. hanken und außergermanisch mit /-mobile griech. σχάζω 'ich hinke". KS. 375, IEW. 1,930, VEW. 255. Geht man von einem ursprünglich schwachen Verb aus, so ist die Basis der Ableitung nicht recht ersichtlich; s. DWB. 4,2,1444f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 233, HWdA. 4,58f. - vgl. mhd. hinken. hirniwuotlg 'wahnsinnig' (Gl.) - herniösus, hirniösus 'an einem Bruch leidend', phreneticus 'mit Hirnwut behaftet, geisteskrank'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Q 437,8 aut herniosum : hoc est hirniuuotic, Lex Baiv. 16,9, Wien, ÖNB Cod. 406; BV. 912, 12. Jh., bair. (?) [wohl eine Fehlübersetzung, hervorgerufen durch die lautliche Nähe von lat. herniösus, hirniösus und ahd. hirnt.} Glossare: III, 439,64 Freneticus : hirnwtig', Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. KFW. 4,1137f., StWG. 278 u. 822, SAW. 1,391 u. 1,1160. Herkunft: zu einem vorauszusetzenden Kompositum ahd. *hirniwuot, zu —> hirni, wuot. DWB. 4,2,1563, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 837. - vgl. mhd. hirnwüetec. hirniwuotigl stF. "Wahnsinn' (Gl.) - phrenesis 'der durch Entzünden der Hirnhaut entstandene Wahnsinn, Hirnwut'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 156,16 Frenesim : hirnuuotigi, Johannes Chrysostomus de reperatione lapsi LXIXc, Wien, ÖNB 1322; Nr. 609, BV. 937,10. Jh. KFW. 4,1138, StWG. 278, SAW. 1,391 u. 1,1159. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> hirniwuotig. hirniwuoto 'wahnsinnig' (Gl.) - sine sensu 'ohne Verstand', absque cerebro 'ohne Hirn'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,710,4 ... .!. sine sensu, hirni uüodo, Mt 5,22, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84,10. Jh., mfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

11, 329,60 [absque] Cerebro : hirnuuoto, Hieron. in Matth. (5,22) 37, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. KFW. 4,1137 s.u. hirniuuuot(i), StWG. 278, SAW. 1,391 u. 1,1159. Herkunft: als Adverb zu ahd. *hirnwuot. hodalös 'mit Kryptochismus behaftet, an einem Bruch leidend (und durch die Behandlung der Hoden beraubt)' (?) (Gl.) - herniösus 'an einem Bruch leidend', bugaeus 'verschnitten' (MlatWb. l,1605f.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 351,56f. Herniösus : hodoloser, Lv 21,20, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. - hodeloser, Clm 13002. - hoderhs, Clm 17403. (Parallelhs.: holohtei). Glossare: IV, 41,22 Buggeus : hodeloser, Glossae Salomonis (d, e), ebd. hodloser (c). V e r schnittener'). KFW. 4,1164, StWG. 280, SAW. 1,394. Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem Suffixoid -lös·, zu —» hodo sowie zu ahd. lös 'befreit von'. DWB. 4,2,1654, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 376. hofar stM. 'Schwellung, Buckel, Beule,' (Gl.) - fungus 'Erdschwamm, Pilz; schwammartiger Auswuchs an Menschen und Tieren', gbbus 'Buckel, Höcker, Geschwulst', tüber 'natürlicher oder krankhafter Auswuchs am Körper, Höcker, Buckel, Beule, Geschwulst'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 280,48 Gyppus : houar, Lv 21,20, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem., ebenso Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 257,43 Gippus : hover, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. IV, 258,7 Gippus tuber hofer in dorso habens, ebd., Clm 17155; Nr. 423, BV. 629, Hs. 12. Jh. V, 2,4 Gippus : hou', ebd. Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323, 14. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 197,53 Gyppus : houer, Greg, cura 1,11 p. 11, Basel, ÖBU. B.V. 21; Nr. 14, BV. 26, alem. II, 302,64 Gippo : höuare, Greg. hom. 2,30 p. 1585 Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - houare, Wien, ÖNB 2723. II, 368,7 Gibbus : hover, Prise, inst. 46,7, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. 11,377,47 Tuber : houer. velfungus, Prise, inst. 143,1, Köln, DB. CCII; Nr. 92, BV. 352,11. Jh., mfrk.

hofaroht(i)

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PBB Η 86, 394,64 tuber: houar, ebd. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. II,457,55 Gypso : hovan, Prud. apoth. 458, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem., ebenso Clm 14395. Glossare: HSH. I, 309,575 gippus, gibber: houer; Summ. Heinr. HSH. II, 7,138 gyppus: houer, Summ. Heinr. HSH. I, 315,86 gippus, gibbus: houer, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,34. 179,18. 275,52. 318,13. 336,1). III, 413,38 Gyppi : houer, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 429,9 Gippus : houer, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,60 Gippus : houer, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 686,54 Gimbus : Houar, Mischgl. Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 186,61 Gyppus pondus i. hover, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB Cod. 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. - houver, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. IV, 212,25 Gippus : houer, Alphabetisches Gl., Marburg, UB. Mscr. 2; Nr. 284, BV. 428; nd. (?) [In der Bedeutung 'Kamelhöcker' StSG. I, 607,35f. u. II, 10,31. - Der Beleg III, 715,59 Gibbus: houer, Marienfelder Glossar, ist altsächsisch.] KFW. 4,1168, StWG. 288, SAW. 1,395. Herkunft: mit ae. hofer "Buckel, Höcker' aus westgerm. *hofar, vgl. hofaroht(i) 'bucklig', hoggar, hoggaroht 'bucklig'. Außergermanisch vergleicht sich lit. kuprä 'Buckel'. IEW. 1,591, DWB. 4,2,1664 s.u. Hofer, Pfeifer 548 s.u. Höcker, M. Heyne, Körperpflege, S. 24. Im 16. Jahrhundert setzt sich die Variante Höcker gegen obd. Hofer, Hoger durch. - vgl. mhd. hover. hofaroht(i) 'bucklig, voller Schwellungen' (Gl.) - gibbus 'Buckel, Höcker, Geschwulst', obltquus 'seitwärts (gehend), schräg, schief', strümösus 'mit angeschwollenen Drüsen behaftet'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 280,48 Gyppus : houarohter houvar, Lv 21,20, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. - houarohv, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. I, 344,54f. Gyppus : houerohter, ebd., St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem., ebenso St. Gallen, StiftsB. 9. - houoroht, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. - houirohtar, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

356

Krankheitsbezeichnungen

II, 201,65 Gypus : houirohter, Greg, cura 1,11 p. 11, zu Lv 21,20, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. II, 212,34 Gippus: houirohter, ebd. II, 237,24 Gibbus : oueror, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 35; Nr. 652, BV. 1010, Hs. 10. Jh., alem. 11, 326,44 Strumosus : hoferecht, Hieron. Epist. XL p. 187, El Escorial (Madrid), Monasterio de San Lorenzo el Real. Bibliotheca b. III. 2.; Nr. 135, BV. 148, II./12. Jh., ostfrk. Glossare: I, 221,10 Oblicus: hofarohti, Abrogans K. - houorofti, Abrogans Ra. III, 6,21 Ge'berusus : houarehti, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 12,17 Gyppus: houarohter, Gruppengl, Glossae Casselanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. I, 309,576 gibberosus : houerohter, Summ. Heinr. HSH. II, 7,138 gypperosus : houerohter, Summ. Heinr. HSH. II, 315,86 gippus, gibbus : houerohter, Summ. Heinr. HSH. II, 315,86.1 gipposus: houerohter, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,36.37. 179,39. 240,3. 275,53. 301,18. 336,3.4). III, 410,50 Gypperosus: houerohte, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 429,1 Gipperosus : houerohter, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. J h , bair. III, 439,61 Gipposus : houeroht', Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. Adespota: IV, 230,26 Suber [1. Gibber ?] : houarohter, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. KFW. 4,1169f., StWG. 288, SAW. 1,395. Herkunft: wie as. hovarodi, ae. hoferede mit -e/tf-Suffix zu dem in ahd. —» hofar, ae. hofer 'Buckel, Höcker' erhaltenen Substantiv. KS. 313, Pfeifer 699. - vgl. mhd. hoveroht 'bucklig'. hoggar* stM. 'Auswuchs, Buckel' (Gl.) -gibbus 'Buckel, Höcker, Geschwulst'. Glossare: HSH. I, 309,575 gippus, gibber ·, hoger, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,35). KFW. 4,1175, StWG. 280, SAW. 1,395. Herkunft: eine Variante neben ahd. —> hofar, mhd. hover, die sich ab dem 13. Jahrhundert durchsetzt. KS. 378, Pfeifer 548 s.u. Höcker, DWB. 4,2,1651 s.u. Hocker, Höcker, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 237 s.u. Höcker. - vgl. mhd. hocker, hoger.

höloht

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hoggaroht* 'einen Auswuchs habend, buckelig' (Gl.) -gibberösus 'buckelig, höckerig'· Glossare: HSH. I, 309,576 gibberösus •. hogerohter, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,37. 240,5) KFW. 4,1175f., StWG. 280, SAW. 1,395. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —» hoggar mit -oht-Suffix. - vgl. mhd. hockereht, bogereht. höla F. '(Leisten-)bruch' (Gl.) - hernia 'Bruch (als Leibesschaden)', rämex 'Bruch (am Leibe), Aderbruch, Hodenbruch'. Glossare: III, 430,26 Ernia : hola, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. J h , bair. III, 434,59 Hernia : hola, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. III, 437,28 Ernia : hole, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. Jh., bair. III, 601,2 (Ramicem) i. hola, Pseudo-Plinius, Medicina Plinii, St. Gallen, StiftsB. 751; Nr. 207, BV. 238, Hs. 2. Hälfte 9. Jh. obd. IV, 201,28 Ernia : hola, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. 4,1204, StWG. 282, SAW. 1,397, Herkunft: wohl mit an. haull, ae. heala zu einer Wurzel *kaulä, külä 'Geschwulst'. Außergermanisch vergleicht sich griech. κήλη 'Geschwulst, Leibesschaden', von der Schwundstufe aksl. kyla. IEW. l,536f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 238, M. Heyne, Körperpflege, S. 137f. höloht, hölaht 'an einem Leistenbruch leidend' (Gl.) - herniösus, hirniösus 'an einem Bruch leidend', ponderösus 'schwergewichtig; mit einem Bruch behaftet'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 345,3 Herniösus : holohtar, Lv 21,20, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. - holohter, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. St. Gallen, StiftsB. 295. St. Gallen, StiftsB. 9. I,351,53 Herniösus : holohter, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - holoHer, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. holohter, Clm 14584. - holohv, holocter, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66, - holot'her, Engelberg, StiftsB. Codex 66. (Parallelhs.: hodelosei). I, 353,35 Herniösus : holohter, ebd., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk.

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Krankheitsbezeichnungen

IV, 257,3 Herniosus : holotehr, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 201,74 Pondensus : holohter, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. II, 214,36 Ponderosvs: holohter, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. 11,241,12 Pondensus : holiter, ebd., Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. II, 242,12 (Pondensus): holohtar, ebd., Clm 14409; Nr. 387, BV. 582, Hs. 10. Jh. II, 242,48 (Pondensus): holoht, ebd., Clm (ex tabulario 376). Mayer 6,3 (pondonsus), horlotter, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. 11, 355,3 (Sentiet axis onus) Decenter iocatur poeta in nennem. quia ramicosus erat .i. herniosus holohtar, Lucan 1,57, Clm 14505; Nr. 395, BV. 593, 2. Hälfte 11. Jh. IV, 338,31 ... quia strabo et ramicosus erat./'. herniosus : holohtar, ebd., Clm 4593; Nr. 327, BV. 484,11. Jh., bair. V, 30,3 (Senitet axis onus) Decenter iocatur poeta in nennem quia ramicosus erat, id herniosus, holohtar, ebd., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 35; Nr. 688, BV. 48, Hs. 2. Drittel 11. Jh., bair. Glossare: III, 12,15 Pondensus: haolohter, Glossae Casselanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. II, 327,92 hirniosus,pondensus : holoht, Summ. Heinr. HSH. II, 327,92 hirniosus, pondensus : holoht, Summ. Heinr. HSH. II, 415,331.1 pondensus: holoht, Summ. Heinr. (StSG. III, 241,59. 301,58. 306,21. 318,53). III, 429,22 Hirniosus : holohter, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. III, 488,45 Herniosus : holecter, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 501,16 Hirniosus : holender, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 201,29 Erniosus : holaht, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priessterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. Q 437,9 cativo : id est holoht, Lex Baiv. 16,9, Wien, ÖNB Cod. 406; BV. 912, 12. Jh., bair. (?) KFW. 4,1213f., StWG. 282 u. 822, SAW. 1,397. Herkunft: neben as. holohter eine Adjektivbildung mit -οΛί-Suffix zu —> ho ία. horngibruoder stM. 'Leprakranker' (O.T.) - lepröus 'räudig, aussätzig'. Literarische Denkmäler:

hudun

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Otfrid 2,24,8f. Er selbo thogimeinta, thär hörngibruader heilta mit sinen uuörton gähün, thar althie Hut ίζsähun ... (u.ö.). Tatian 483,6 mit diu her uuas In b&hania In huse simones thes horngibruoder. KFW. 4,1261, SchW. 170, SAW. 1,111 u. 1,401. Herkunft: Kompositum; zu ahd. bruoder mit kollektivierendem jp-Präfix u. ahd. horn 'Horn', wie as. afries. ae. an. horn, got. haunt aus germ. *hurna- 'Horn'. KS. 383. Der von Μ. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 77, 240f. u. 120 u. Horn-Fall angenommene Zusammenhang mit Horn im Sinne von 'harter, spitzer Auswuchs' ist volksetymologisch. Dies ist möglich, weil es bei der Lepra u.a. zu Zerbröckelung und Abfall von Hornteilen wie Haaren und Nägeln kommt. M. Heyne, Körperpflege, S. 150f., 166, weist jedoch nach, dass die Kranken im Frühmittelalter mit Hörnern ihr Kommen ankündigen mussten. Später ist an deren Stelle die Klapper getreten. Die leprakranken Hornbrüder lebten genossenschaftlich organisiert in Bruderschaften, erst später ist die Bezeichnung auf die Mitglieder geistlicher Orden übertragen worden, die die Aussätzigen pflegten; s. auch K. Keil, Aussatz [2], S. 1252. - vgl. mhd. hornbruoder'eine. Art Mönch' (?). houbitsuht stF. 'Kopfschmerz* (Gl.) - cephalargia 'Kopfweh, Kopfschmerz'. Glossare: IV, 199,6 Cephalaria : hoiuetsuht, Alph. Glossar, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. KFW. 4,1297, StWG. 287, SAW. 1,404 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu - » houbit, suht. DWB. 4,2,634, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 707 s.u. Hauptsucht. - vgl. mhd. houbetsuht. houbitswam stM. 'Nasenpolyp' (Gl.) - fungus 'Erdschwamm, Pilz; schwammartiger Auswuchs an Menschen und Tieren'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: V, 45,2 Fungum qui dicitur haubetsuam, Deutsches aus Rezepten, Herrnstein, Bibliothek des Grafen Nesselrode 192 (früher Herten) Kriegsverlust; Nr. 240, BV. 283, Hs. z.T. 12. Jh., nd. [Die Hs. gilt als niederdeutsch; der Beleg stammt aber vielleicht aus einer hochdeutschen Vorlage.] KFW. 4,1297f., StWG. 287, SAW. 1,404 u. 1,971. Herkunft: Kompositum; zu —> houbit, swam. Μ. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 828 u. 831; G. Eis, Zaubersprüche, S. 109f. hudun (?) 'Seuche' (?) (Gl.) — contägium 'ansteckende Berührung, Ansteckung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 676,28 Contagia : rudun. hudun, Verg. Ekl. I, 50, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. StWG. 822.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: vielleicht zu slav. chudo 'schlecht'. Möglicherweise liegt aber eine Verschreibung aus hrudun vor und der Beleg gehörte damit zu —» rüdo} hufhalz 'hinkend, hüftsteif' (Gl.) - zu aderro 'heranirren', catäx 'hinkend, lahm'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 16,42 Catax ; hujhal^ .f., Aldh. laud. virg. 172,32, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 20,25 Catax, claudus l hußalcer, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ 11. Jh., fränk. (?) IV, 414,17 quidam homines propter defectum caloris fiunt. huffehal^ Glossen zu Hildegard (?), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. Glossare: III, 647,45 Catax : hufal^e, Einzelgl., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. IV, 45,2 Catax : b u f l a f y Glossae Salomonis (a, c), ebd. hußalcer (d). (Parallelhs.: hufelhal^ei). IV, 168,62 Catax huphal^ Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 213,10 Aderantra : hvpholter, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - Hvpholter, (IV, 213, A.3 hufalc%, Hand des 14./15. Jh.), Würzburg, UB, Μ p. th. q. 60. StWG. 289, SAW. 1,348 u. 1,407. Herkunft: Kompositum; zu hüf, hol?. DWB. 4,2,1869, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 215 „hinkend durch Hüftleiden, Gicht oder Schenkelhalsbruch", im Unterschied zu —> lam und krumir, s. auch M. Heyne, Körperpflege, S. 23. — vgl. mhd. hußal%. hufelhalz* 'hüftlahm' (Gl.) - catäx 'hinkend, lahm'. Glossare: IV, 45,4 Catax: hufelhal^er, Glossae Salomonis (e). (Parallelhs.: h u ß a f y . StWG. 289, SAW. 1,348 u. 1,407. Herkunft: Kompositum; zu —> huf, hußal^. hufel- ist wohl spätahd. Diminutiv zu huf Hüfte', denn ahd hüfila, hüfel (SchW. 168, StWG. 289) scheint sonst nur in der Bedeutung "Wange' bezeugt zu sein. Der Ansatz mit Langvokal, StWG. 289, ist abzulehnen. huofslah* 'hinkend, lahm' (Gl.) - catäx 'hinkend, lahm'. Glossare: IV, 124,51 Caterua. multitude hominum, catax. huofslach. claudus. a coxa, Glossae Salomonis, Fragment Laibach. IV, 124,52 Catax. claudus coxa, hüfslach Λ. quod quasigressus cadat, ebd.

huosto

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IV, 134,61 Caierua : huofslach, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 134,63 Catax : huofslach ./., ebd. StWG. 289, SAW. 1,407 u. 1,869. Herkunft: Kompositum; wohl zu —> huof 'Huf', sowie zur Wortfamilie um ahd. slahan 'schlagen'. Das Grundwort ist vielleicht mit ae. slaugh 'durch Schlag brandig gewordener Teil' zu verbinden als „Verletzung duch einen Hufschlag"; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 569 s.u. -Schlacht u. S. 576 s.u. Huf-Schlag. huosta stF. 'Husten' (Gl.) - tussis 'der Husten'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 372,34 (Tussis) Tussis a tundento. huosta, Prise, inst. 271,4, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. 11,372,74 Tussim : huosta, Prise, inst. 329,5, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. 11, 376,31 Tvssis. a tundendo : huosta, ebd. 271,4, Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. J h , bair. Glossen: HSH. I, 377,520 tussis: husta, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,32. 290,61). 111,429,12 Tussis : housta, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. 111,462,42 Tussis : huosta, Vogelgl., Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./ 12. Jh., bair. StWG. 294, SAW. 1,414. Herkunft: als stF. neben —> huosto. huosto swM. 'Husten' (O.; Gl.) - anhelitus 'das erschwerte Atemholen, das kurze Atmen, das Schnauben, Keuchen, Engbrüstigkeit', tussis 'der Husten'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,23,144 Uident imo in hrüsti thio ererun gilusti, ist mera imo in theru hrüsti thes huasten ängusti. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 153,58 Tussis : hüsto, Cass. inst. II, 10 p. 98, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 685,29 Tussis : huosto, Vergil Glossar Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. II, 697,70 Anhelitus : huosto, Verg. Aen. V, 432, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. J h , bair. II, 739,55 Tussis : huasto, Abdia Act. Apost, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. J h , teils fränk, teils alem, teils nd. - huasto, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. J h , fränk. u. alem.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossare: HSH. I, 377,520 tussis: husto, Summ. Heinr. HSH. II, 519,02.7 tussis: hosto, Summ. Heinr. (StSG. 111,171,31.310,1). III, 510,11 Tussis : huosto, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 663,8 Tussis: hästi, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. III, 686,51 Tussis : Huosto, Mischgl, Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. J h , mfrk. III, 696,48 Tussis : hvsto, Mischgl, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms. 7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. [Der Beleg StSG. IV, 246,38 Tussis : hosto, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61 ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches (1999), S. 217.] SchW. 172, StWG. 294, SAW. 1,414. Herkunft: mit ae. hwösta, hwesan, an. hosti aus germ. *hwöstön 'Husten' zum starken Verb *hwösa- 'husten' (nur ae.); dies zu ie. *kwäs- 'husten' in ai. käste 'husten', kymr. peswch 'Husten'. KS. 389, DWB. 4,2,1977, IEW. 1,649, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 245f, M. Heyne, Körperpflege, S. 117, HWdA. 4,513f. - vgl. mhd. huoste. huostön 'husten' (Gl.) — tussio 'husten'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 729,12 Tussiens : huostenter, V. patr. 572b,70, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Salzburg, UB. Μ II 279. [Möglicherweise handelt es sich hier eher um ein jan-Vttb, s. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 345f.] II, 734,23 Qui tusciens : buastonti, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 99a; Nr. 656, BV. 1017, 9. J h , alem. II, 736,51 Tussiens : büstote, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. (IV, 648,7) huste (14./15. J h , Wien, ÖNB 2524). StWG. 294, SAW. 1,414. Herkunft: als schwaches -o»-Verb zu —> huosto, huosta. - vgl. mhd. huosten.

I irsperreda stF. 'Aufschwellung' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 4,124,9 ... dä^ chitfone inhläheni. tinde fine irsperrtdo uuortenen . sö-se chad si . tu neirspiest tisen glönken.

itslahtigi

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SchW. 265, SAW. 1,900. Herkunft: eine Erweiterung mit dem Suffix -ede zu ahd. ir-spemn 'aufschwellen', s. J. Riecke, Die schwachen jatt-Verben, S. 367. Durch „Versperren" etwa einer Ader (—• sparrädra) kommt es zu einer Stockung, die eine Aufschwellung verursacht. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 661 f. itslag stM. '(Fieber-)Rückfall' (Gl.) - recido 'zurückkommen, wieder eintreten (vom Fieber)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

II, 187,41 Reddua febris : auarstur% i itslach, Greg, cura 3,9 p. 45, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs.: itslaht). StWG. 314, SAW. 1,870. Herkunft: Präfixbildung aus ahd. it- und slag 'Schlag, Abschlagen' zu ahd. slahan 'schlagen'; vgl. zum Präfix, das wohl iterative Funktion trägt, auch H. Tiefenbach, Zur Geschichte, S. 184f., J. Riecke, Die schwachen jatt-Verben, S. 190 u. rucken. itslaht stF. '(Fieber-)Rückfall' (Gl.) - reädo 'zurückkommen, wieder eintreten (vom Fieber)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

II, 187,42 Recidua febris : itslaht. t auarstur^ Greg, cura 3,9 p. 45, Wien, ÖNB 2732; Nr. 621, BV. 950, Hs. 10. u. 11. Jh., bair. - itslath. I auarstur^

Clm 19440.

(Parallelhs.: itslach). II, 204,63 Recidiua : ithslaht, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. 11, 264,28 Recidiua febris : itslath ./, Greg. hom. 2,35 p. 1616, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - ithslath, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms. 7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. StWG. 314, SAW. 1,870. Herkunft: eine Präfixbildung aus ahd. ita- und einem ή'-Abstraktum zu ahd. slahan 'schlagen'. itslaht! stF. '(Fieber-)Rückfall' (Gl.) - reädo 'zurückkommen, wieder eintreten (vom Fieber)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 217,25 Ricidiua : itslahti, Greg, cura 3,9 p. 45, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163, 10. Jh., alem., ebenso St. Omer, Bibliotheque Municipale 150. StWG. 314, SAW. 1,870. Herkunft: eine Weiterbildung zu —> itslaht. itslahtigi stF. '(Fieber) Rückfall' (Gl.) - recido 'zurückkommen, wieder eintreten (vom Fieber)'.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 204,62 Rediuiua febris : ithslahtigi, Greg, cura 3,9 p. 45, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. II, 215,18 Recidiua febris : ithslahtigi, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. StWG. 314, SAW. 1,870. Herkunft: eine Weiterbildung mit -/j-Suffix zu —> itslaht.

J juckenü stF. 'das Jucken' (Gl.) - prurigo 'das geile Jucken, juckender Grind am Körper'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 371,10 Prurigine : iubente, Dt 28,27, Clin 6217; Nr. 337, BV. 500, Hs. 10. u. 13./14. Jh., bair. (Parallelhs.>ivfe«fo). Ζ 68,26 prurigine : iuchende, ebd. Reichenberg, Privatbesitz Katzer, Verbleib unbekannt; BV. 789, Hs. Ende 12. Jh., bair. StWG. 318, SAW. 1,435. Herkunft: eine Substantivbildung zu ΌτΑ. jucken. juckido swM., juckida stF. 'Krätze, Räude, Skabies' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf', petigo 'Räude', prurigo 'das geile Jucken, juckender Grind am Körper', scabies 'Räude, Krätze, Aussatz', vitiligo 'krankhafter Ausschlag auf der Haut, Flechte'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 288,50 Prurigo luchido mit prunsti et dicta prurigo a perurendo et ardendo, Dt 28,27, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. 1,371,9 Prurigine : kpchpdkn. I prxnstk (Steinmeyer: dh. iochodin. I. prunsti), Dt 28,27, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs. juckenti). I, 291,60 Scabia : iuchido, Lv 13,6, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. - iuhhido, Oxford, BL. Jun. 25. I,351,49 Impetigo : kxhkdp (Steinmeyer: dh. iuhido) lohafivr, Lv 21,20, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs.: war^a, citaroch). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 163,47 (Pruriginem) : Iuhchidun, Greg, cura 1,11 p. 12, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 243,1 Pruriginem : iuchedo, ebd., St. Gallen, StiftsB. 219; Nr. 178, BV. 207, Hs. 2. Hälfte 9. Jh.

juckiligi

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11,201,70 Scabiem : iuchidem, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. J h , alem. II, 359,18 Uitiligo : Iucchido, Orosius 1,8 p. 49, Clm 6408; Nr. 356, BV. 538, Hs 10./11. Jh., Einsiedeln, StiftsB. cod. 32; Nr. 105, BV. 112,10. Jh., alem. IV, 341,11 Vitiligo .i. ruda. 1 iochodo, ebd. 50,19, Clm 17210; Nr. 425, BV. 631, Hs. 12./13. Jh., obd. KK 346,5 Uitigilo (1. vitiligo) .i. ruda 1 iochoda, ebd., Leipzig, UB. Rep. I. 14; BV. 380, Ende 11. Jh., obd. II,491,37 (Prurii) uehit quasi prurit (Steinmeyer: 1. iuchit quasi perurit), Prud. perist. 254, Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12. Jh., alem. IV, 330,1 Prurigo : Iukedo, Flugentii Mythologicon, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. Glossare: III, 53,2 Prurigo : iucchede, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. I, 379,549 petigo, prurigo : iukido, Summ. Heinr. HSH. II, 411,276 petigo, prurigo : iuchido, Summ. Heinr. HSH. II, 421,443.1 prurigo : iuchido, Summ. Heinr. HSH. II, 480,367 scabies: iuchido, Summ. Heinr. HSH. II, 411,276 petigo, prurigo : iukedo, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 171,19. 251,12. 284,18. 305,58. 306,54. 309,4. 322,3. 322,52. 342,61. 346,1). III, 661,50 Prurigo : iuchide, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. Adespota: IV, 236,7 Impetigo, et Prurigo, unum sunt .i. iugtho, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. StWG. 318, SAW. 1,435. Herkunft: eine Suffixbildung auf -ido, -ida zu τϋαά. jucken, ns.jukkian, ze.giccan, eine Bildung mit Intensivgemination zu einem althochdeutsch nicht sicher bezeugten Grundverb; vgl. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 189; Pfeifer 601. KS. 412, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 252 s.u. Juck, M. Heyne, Körperpflege, S. 132; s. auch —> juckentt,juchiligi. Beide Stammbildungen sind nicht immer deutlich zu scheiden. - vgl. mhd.juckede. juckiligi stF. 'das Jucken* (Gl.) - prurigo 'das geile Jucken, juckender Grind am Körper'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 197,56 Pruriginem : iukiligi, Greg, cura 1,11 p. 12, Basel, ÖBU. B.V. 21; Nr. 14, BV. 26, alem. StWG. 318, SAW. 1,435.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Bildung mit -/j-Suffix und /-Erweiterung zu ahd. jucken, s. —> juckido.

Κ kallazzen 'wüten, rasen' (Gl.) -furibundus 'wuterfullt, wutschnaubend; begeistert'. Glossare: I, 58,34furibundo : callacento, Abrogans, Pa. - kalavgando, Kb. StWG. 824, SAW. 1,438. Herkunft: eine ^'a-Bildung zu ahd. kallön 'laut sprechen, schwatzen'; vgl. J. Riecke, Die schwachen ^»-Verben, S. 225. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 256 s.u. kallen und 265 s.u. kelstern\ vgl. auch ahd. ä-kallönti. kancer stM. 'Geschwür' (BR.?; Gl.) - cancer 'Gitter, Krebs, Geschwür', languor '(krankhafte) Mattigkeit, Schwäche, Nervenschwäche'. Literarische Dänkmäler: Basler Rezepte II, 39,21 uuidhar concur. [Überschrift; die Zuweisung zum Althochdeutschen ist nicht sicher.] Glossen zu biblischen Schriften: I, 778,3 Cancer, i. languor chäncher, II Tim. 2,17, Karlsruhe, BLB Aug. LXXXIII; Nr. 53, BV. 294,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 257,48 Cancri : chanchan, Greg. dial. 4,13 p. 392, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair. Glossare: III, 496,17 Cancrum : crancre (Steinmeyer: 1. cancri), Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 321, SAW. 1,1221. Herkunft: eine Endehnung aus lat. cancer, griech. καρκίνος (wohl nach dem Aussehen solcher Geschwüre wie gesottene Krebse) für ein um sich fressendes Geschwür. KS. 484 s.u. Krebs, DWB. 5,163 s.u. Kankerl, IEW. 1,379, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 258 s.u. Kanker, M. Heyne, Körperpflege, S. 134. kelah stM. 'Kröpf, Halsdrüsengeschwulst' (Gl.) - struma 'die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdrüsen, bes. am Halse; dicker Hals', tüber 'natürlicher oder krankhafter Auswuchs am Körper, Höcker, Buckel, Beule, Geschwulst'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 60,38 Struman : chflch (dh. chelch), Boeth. cons. 3,4 p. 58,7, St. Gallen, StiftsB. 845; Nr. 211, BV. 243,10. Jh., alem., ebenso Einsiedeln, StiftsB. cod. 179.

kelah

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II, 68,20 {Strumam) Struma vitivm in gutture. chelc, ebd., Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Betol. Ms. lat. 4° 939, Nr. 834 (früher Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 939, früher Maihingen, Fürstlich (Dettingen-Wallerstein'sche Bibliothek Ms. I. 2. 4° 3); Nr. 287, BV. 45, ca. 990, mfrk. u. obd. II, 74,31 Strumam: chelc, ebd, Clm 15825; Nr. 415, BV. 619, Hs. 11. Jh. II, 76,70 Strumam : chelc, ebd., London, BMMss. Arund. 514; Nr. 276, BV. 408, 10,/ll.u. 13. Jh., frank. IV, 316,70 Strumam. struma uitium in gutture est chelc, Boeth. cons. 3,4 p. 58,7, Paris, BN. lat. 13953; Nr. 515, BV. 766,10. Jh., alem. 11, 388,28 {Strumas) tumores. : chelch, Prud. perist. 258, Göttweig, StiftsB. 34/44; Nr. 227, BV. 263, Hs. 12. Jh., bair. II, 393,12 Strumas, tvmores : chelha, ebd., Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 402,77 Strumas : cheluchö ( ) tumores. puilla, ebd., Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. 11,408,6 Struma ./. chelch, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1715; Nr. 539, BV. 813, 10. Jh., obd. 11,433,42 Strumas : chelcha, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem. -pvtila chelcha, Clm 14395. 11, 481,5 {Struma?) : chelcha, ebd., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. J h , bair. II, 506,1 f. Strumas : crof ( ) tumores. chelcha, ebd., Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10./11. J h , alem. (Parallelhs.: chrpf, Steinmeyer: dh. chrof). II, 523,68 Strumas : che/ca, ebd, Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65, 10. J h , alem. II, 541,34 Strumas: chelc, ebd, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402, 11. J h , alem. II, 556,1 Strumas : chelca, ebd. Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. J h , moselfrk. 11,560,55 Strumas : chelca, ebd, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. J h , mfrk, ebenso Köln, DB. LXXXI. 11, 591,24 Strumas : kelca, ebd, London, BMMss. Add. 15090; Nr. 266, BV. 388, Hs. 11./ 12. J h , bair. AA 234,3 strumas: kelca, ebd, Oxford, BL. Auct. T. 2.22; BV. 723. Glossare: HSH. II, 484,408 struma : chelch, Summ. Heinr. (Parallelhs.: croph). (StSG. Ill, 258,31. 287,43. 309,32). Ill, 429,2 S'ruma : chelh, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. J h , bair. Ill, 430,3 Tuber I struma : chelich, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13. J h , alem.

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Krankheitsbezeichnungen

III, 430,6 Strvma : chetihc, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11/12. Jh., bair. III, 437.A.2 Struchel (Steinmeyer: aus Stru(ma) chel(ch) ?; Anm. zu Innsbruck 711). III, 438,70 Struma : chelch, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. III, 699,12 Struma : kelg, Mischgl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. IV, 99,13 Struma : chelh, Glossae Salomonis (k), ebd. kelch (a, b). chel (i). croph kelh (c). (Parallelhs. chroph). IV, 161,31 Struma : kelch ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. P e r Beleg StSG. II, 586,74 Strumas : bulw. kelachos, Prud. perist. 258, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 217.] StWG. 325, SAW. 1,449. Herkunft: eine alte ^-Erweiterung zu dem auch ahd. —» kela 'Kehle' zu Grunde liegenden Substantiv; vgl. an. kiälki 'Kinnlade'. IEW. 1,365, DWB. 5,504, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 264 s.u. Kelch, M. Heyne, Körperpflege, S. 136. vgl. mhd. kelch 'Unterkinn'. kelahoht 'mit einem Kröpf behaftet, skrofulös' (Gl.) - strümösus 'mit angeschwollenen Drüsen behaftet'. Glossare: III, 428,31 Strumosus : chelchohter, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. StWG. 325 s.u. keloht, SAW. 1,449. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —> kelah mit dem Suffix -oht, vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 264 s.u. kelchig. kelestopfe swM. 'Halsentzündung; Angina, Diphtherie' (Gl.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 461,40 Wed' de kelestophen, Rezepte, Göttingen, Niedersächsische Staatsund UB. Cod. Ms. St. Johannis 2"; Nr. 225. BV. 261,12./13. Jh., mnd.-hd. StWG. 325, SAW. 1,449 u. 1,957. Herkunft: Kompositum; zu —> kela und zu ahd. stopfo 'Stich, das Stupfen', das zu ahd. stopfön 'stechen, stupfen' gehört. Im Substantiv steckt die sonst nur für die Präfixbildungen bi-,fir-, gi-stopßn bezeugte Bedeutung 'verstopfen'; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 920 „Schlund- oder Kehlenverengung durch Schleimhautschwellung". kelasuht stF. 'Angina, Halserkrankung, Bräune' (Gl.) - angina '(Hals-)Bräune, Beklemmung', arthrisis 'Gliederkrankheit, Arthritis', mlat. auch 'Gelenkentzündung,

kelasuht

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Halserkrankung' (MlatWb. 1, 990), emetritea 'Kehlsucht, fieberhafte Erkrankung' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 200, H. Götz, Wörterbuch, S. 224), quinancia 'Kehlsucht' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 479), tussis 'Husten', PI. 'Hustenanfälle'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 451,33 (Arthesis) : chelasuht, Prud. perist. 495, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: halsuht). II, 542,34 (Arthesis) : chffsxt (dh. cheksut), ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. RR 231,1 (arthesis) chele [= chelesuht ?], ebd., Rom, BV. Vat. lat. 3860; BV. 834, Hs. 1 0 . / I I . Jh., obd. II, 641,42 Tussis: chelasvht, Verg. Georg. III, 497, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 703,37 Tussis hanela (Steinmeyer: = anhela) che le suht, ebd., Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. IV, 350,1 (Tussis anhela) Ango. gis. inde angina .i. morbus pecorum. quod diätur chelesuht, ebd., Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876, 11. Jh., alem. 11, 737,3 Emitreteo : khelasuht, Vita Hilarionis Auetore Hieronymo 14 p. 19, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. Glossare: III, 473,8 Angina : gelehust, Pflanzengl. MVIII, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. J h , mfrk. III, 493,36 Angl a : chelesuth, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 514,48 Angina : kelesuht, Pflanzengl. MXV, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair. III, 518,14 Angina: Chelsuht, Pflanzengl. MXVIII, Clm 9607; Nr. 368, BV. 551, Hs. 14. Jh., bair. III, 680,48 Angina : kelesuht, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 33,47 Angina : chelsuht, Glossae Salomonis (c, f), ebd. che!suth (a). chelsuth (e, p). chelsucht (k). kelsuht (g). IV, 36,39 Arthesis : chelsuht, Glossae Salomonis (c), ebd. chelsuth (d, e). chelshut (0· IV, 130,39 Angina : chelasuth, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 131,44 Arthesis: kelesut./., Glossae Salomonis, ebd. IV, 167,15 Angina : gelsuth, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd.

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Krankheitsbezeichnungen

IV, 181,16 Angina : chelsvht, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. - chelsucht, Wien, ÖNB 1325. IV, 195,15 Angina, i. kela suht, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. IV, 209,13 Sinantia : kelisuht, ebd. Adespota: IV, 241,21 Qutnacia : chelesüht, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. J h , bair. IV, 241,30 Quinanda : chelesüht, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. [Vgl. auch fnehantiu kelasuht - Der Beleg StSG. V, 43,41 Angina : kelesuth, Pflanzengl., Trier, StadtB. 40/1018, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 217.] StWG. 325, SAW. 1,449 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu -> kela, suht. DWB. 5,400, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 708f. Schon früh erfolgt bei der Übersetzung gelegentlich Verwechslung mit —> gelosuht 'Gelbsucht'. — vgl. mhd. kelsuht. kelwarch* stN. 1. 'Schweinepest' (?); auch 2. 'Halserkrankung, Angina, Bräune' (Gl.) - angina '(Hals)Bräune, Beklemmung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 257,8 angine, squinande ( ) Squinanaa est tumorgutturis ./. kelwerke, Macer Floridus II, 83, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. Glossare: HSH. II, 554,3 angina : chehvarch. morbus porcorum. Summ. Heinr. (StSG. III, 292,4). StWG. 325, SAW. 1,449 u. 1,1069. Herkunft: Kompositum; zu —> kela, warah. Pfeifer 644f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 774 u. 921 „Rankkorn als Milzbrandgift in der Schweinskehle". kermundi 'schiefmäulig, gekrümmt (nach Art des Adlerschnabels)' (Gl.) - zu aquilinus 'adlerähnlich' (MlatWb. 1,848), distortus 'verdreht, verzerrt, verwachsen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 366,29 Acylum : chlrmünden, Porphyrii Liber Isagogarum 119, Wien, ÖNB Cod. 311; BV. 907, Nr. 590,11. Jh. V, 31,9 {Adlum) kirmundien. i. distortum os habere, ebd., Paris, BN. lat. 11129; Nr. 726, BV. 761,10./II. Jh., mfrk. StWG. 328, SAW. 1,451 u. 1,636. Herkunft: Kompositum; zu ahd. ker Wendung, Biegung' sowie zu —> mund, s. R. Bergmann, Mittelfränkische Glossen, S. 134. kläwido swM. 'Schorf (Gl.) - scabies 'Räude, Krätze, Aussatz'. Glossen zu biblischen Schriften:

kramme*

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I,343,48 Scabies : glouuido, Lv 13,6, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10.Jh.,alem. StWG. 334, SAW. 1,463 kkuuido 'Krätze, Ausschlag'. Herkunft: eine Erweiterung mit dem Suffux -ido zu ahd. —> kläwa. kocko swM. 'Fäulnis, Verwesung' (Gl.) - rancor 'das Ranzige, der ranzige Geschmack, Geruch'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 155,26 Rancor : motto, köcco, Cass. inst. VII, 27 p. 469, St. Gallen, StiftsB. 183; Nr. 170, BV. 197,11. Jh., alem. StWG. 339, SAW. 1,1222. Herkunft: unklar. Es wird Herkunft aus slav. kuga 'Pest' in Erwägung gezogen. DWB. 5,1577, vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 290. Allerdings galt dieses Wort bisher erst als ab dem 14. Jahrhundert bezeugt. Angesichts der frühen Bezeugung ist für diesen Beleg eher von Urverwandtschaft auszugehen. — vgl. mhd. koge M. 'ansteckende Seuche'. kolero swM. '(Gallenbrech-)ruhr, Darmkolik, Bauchschmerz' (Gl.) - cholera 'Galle; Gallenbrechruhr, Cholera'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 562,9 Cholera : choloro, Sir 31,24, St. Gallen, StiftsB. 1395; Nr. 223, BV. 256, 9. Jh., alem. I, 578,39 Colera : choloro, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 18037. cholero, Göttweig, StiftsB. 46/103. - colero, Clm 22201. - cholere, Clm 13002. Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,600,4 Coli : cholaf, Ruf. hist. ecd. 1,8,37, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - cho lo rin, Clm 18140. StWG. 340, SAW. 1,473. Herkunft: ahd. koloro ist entlehnt aus mlat. cholera, das auf griech. χολέρα 'Gallensucht' zurückgeht. KS. 154: seit dem 10. Jh.; DWB. 5,1616f. s.u. Koller mit Hinweis auf den Zusammenhang mit dem cholerischem Temperament, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 292f. s.u. Koller, M. Heyne, Körperpflege, S. 192, M. Heyne, Körperpflege, S. 192. - vgl. mhd. kolre 'Koller, ausbrechende oder stille Wut' sowie mhd. colera. kramme* swM. 'Krampf' (Gl.) - spasmus 'Zuckung, Krampf. Glossare: HSH. I, 376,492 spasmus: chramme, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,49). StWG. 344, SAW. 1,485.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Variante zu —> krampfo mit Assimilation im Inlaut bei schwacher Flexion. DWB. 5,2003, s.u. Kramm, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 304f. s.u. Krampf. — vgl. mhd. kramme 'Krampf'. krampf* stM. 'Krampf, Brustkrampf, Katarrh' (?) (Gl.) - cagarrum (wohl als catarrum zu lesen zu catarrhus, vgl. MlatWb. 2,364), spasmus 'Zuckung, Krampf'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,8 Cagarrum : cranip, Gariopontus, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806,12./13. Jh., fränk. Glossare: HSH. (nicht 3,99) III, 327,64 Spalmus (Steinmeyer: 1. Spasmus): cräph, Summ. Heinr. [Nicht hierher 1,328,64. 329,lf. lOf. 11,561,6. IV, 30,9. 166,25 'Haken'; auch 'Krümmung, Bekrönung, Gesims' (?)]. StWG. 344 (der Beleg Cagarrum : cranip S. 89 s.u. dampf), KFW. 2,14 ungedeutet, SAW. 1,486. Herkunft: mit as. krampo 'Zusammenziehung der Muskeln' zum Adjektiv germ. *krampa- 'gekrümmt'. KS. 482, DWB. 5,2010, IEW. 1,387, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 304—308. Sieh auch H. Tiefenbach, Besprechung, S. 223. - vgl. mhd. krampf. krampfo swM. 'Gelenkentzündung, Krampf' (Gl.) - arthrisis 'Gliederkrankheit, Arthritis' (MlatWb. 1,990), vgl. H. Götz, Wörterbuch, S. 55 arthesis 'Halserkrankung', nervus 'Sehne, Muskel; Nervenkrämpfe', nessia (Krankheitsbezeichnung), spasmus 'Zuckung, Krampf. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 358,53 Contractuque neruorum, quod med spasmvm voc chräpho, Orosius 3,16 p. 182, St. Gallen, StiftsB. 621; Nr. 206, BV. 237,11. Jh. alem. II, 563,41 f. Arthesis (Ed. Arthrisis) : cramfo. articulorum dolor, Prud. perist. 495, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. - articulorum dolor. 1 crampho, Köln, DB. LXXXI. V, 28,12 (Spasmus) .i. contractio neruorum, .i. J'rampho, Haymonis Homiliae XII, p. 80, Clm 18227; Nr. 717, BV. 641, Hs. 11. Jh., obd. A2, 234 Sicut cervus theheus viperam naribus producit, sic ego te nessia. tropho, crampho. herdo. nagado. accadens morbus in nomine patris et filii et spiritus saneti et in nomine omnium sanctorum edueo etc., Admont, StiftsB. 393; 12./13. Jh. (Teil eines Segens) A2, 46,3 u. 7 ... Quibus obviavit Nessia, Nagedo, Stechedo, Troppho, Crampho, Gigihte, Paralisis, Engelberg, StiftsB. Codex 3/2, BV. 138a, 12. Jh. (Teil eines Segens). Glossare: HSH. I, 376,492 spasmus : krampfo, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,48).

krebaz

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III, 516,52 Neruus : crampho, Pflanzengl. MXVII, Bern, BB. Cod. 224; Nr. 29, BV. 62,10. Jh. IV, 160,45 Spasmos : rampho ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 191,64 Spasmus : chräphe, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. Jh., bair. - cramph\ Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. Mayer 125,15 Spasmus : cramphe, Lateinisches Glossar, Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. [Die Belege StSG. II, 573,61 (Arthesis) articulorum dolor .i. crapp, Prud. perist. 495, Brüssel, BR. 9987 und II, 581,53 Artesis, membrorum contractio. : cräpön, ebd., Düsseldorf F 1 sind altsächsisch bzw. niederfrk., s. J. Riecke, Anatomisches, S. 217. Nicht hierher in der Bedeutung 'Haken, Kralle' auch StSG. II, 14,26 (?). 451,43. 476,27. 559,50. 560,22. 580,21. 582,22. 726,46. IV, 30,6. 7.] StWG. 344 u. XLIII, SAW. 1,468. Herkunft: eine schwach flektierte Variante neben —> krampf. M. Heyne, Körperpflege, S. 126f. krank* 'schwach, hinfällig' (Gl.) - debilis 'geschwächt, entnervt, entkräftet, gelähmt, verkrüppelt'. Glossare: III, 384,64 Debilis: cranker, Gruppengl, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 345, SAW. 1,481. Herkunft: wohl mit afries. krank 'schwach, krank' ein Verbaladjektiv zu einem starken Verb germ. *krenka- 'fallen', einer Auslautvariante von gleichbedeutend *krenga-. Man vergleiche ae. crincan, cringan 'fallen, verderben'. KS. 483, VEW. 308f., F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 341 f. DWB. 5,2023f, IEW. 1,386, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 308f., M. Heyne, Körperpflege, S. 117; A. Niederhellmann, Arzt, S. 47-57, E. Koller, Historische Verschiebungen, S. 226-236. Krank ersetzt im Verlauf der Sprachgeschichte älteres siuch. - vgl. mhd. kranc 'krafdos, leibesschwach, schwach im allgemeinen Sinne'. krebaz stM. 'Geschwür' (Gl.) - cancer 'Gitter, Krebs, Krebsgeschwür'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 565,30 Cancrum : ctfuk^ Prud. apoth. 619, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. II, 703,46 Cancros : creui^a, Verg. Georg. IV, 48, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 7 5 2 , 1 0 . / l l . J h . , mfrk. IV, 350,12 Cancros crebovga ( ) Cancer cancri. crebu%. cancer canceris. pestis, scalm, ebd., Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876,11. Jh., alem. Glossare:

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Krankheitsbezeichnungen

III, 496,16 Cancer •. krebiPflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. Paneben auch als Bezeichnung für das Tier StSG. 111,46,6. 84,30. 202.59. 226.50. 267,68. 313,13. 330,37. 369,38. 684,2 {rubellio). IV, 43,3. 208,31 {rubellio)] StWG. 345, SAW. 1,483. Herkunft: vgl. as. krevit. Das Wort ist verwandt mit Krabbe und wohl kein Erbwort. Die Krankheitsbezeichnung ist vielmehr Lehnbedeutung aus griech. καρκίνος, lat. cancer. KS. 484, DWB. 5,2127f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 327. „Das Flusstier wurde von Galen zum Vergleich gewählt für die krebsfußähnlichen, radienförmigen Aderschlängelungen um das Krebsgeschwür herum." Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 134. Anders, und zwar zu *grebh- 'ritzen', IEW. 1,392. - vgl. mhd. krebe^ krtbe^e. krebizo swM. 'Geschwür' (Gl.) - cancer 'Gitter, Krebs, Krebsgeschwür'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 367,30 Cancer genus morbi ./. cancer dicitur er: p.% : (Steinmeyer, z.St. dh. crepiPrise, inst. 444,18, Clm 6411; Nr. 357, BV. 539, Hs. 9. Jh., wohl bair. Paneben auch als Bezeichnung für das Tier StSG. II, 9,2. III, 2,59 {baute). 84,30. 226.51. 296,10. 313,13. 348,40. IV, 43,3. 134,9.] StWG. 345, SAW. 1,483. Herkunft: eine Variante mit schwacher Flexion neben ahd. —> kreba£ kröpf stM. 'Kröpf, Geschwulst am Hals' (Gl.) - cabi stercoris (?), struma 'die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdrüsen, bes. am Halse; dicker Hals', tüber 'krankhafter Auswuchs am Körper, Buckel, Beule, Geschwulst', ventriculus 'Bach, Magen', vesica 'Harnblase; Geschwulst', vesicula 'Bläschen, Kröpf*. Glossen zu biblischen Schriften: I, 340,11 Uesicuh .i. crof/·, Lv 1,16, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXXXI; Nr. 68, BV. 314, 10./II. Jh., alem. - croph, St. Gallen, StiftsB. 283; Nr. 188, BV. 219, Hs. 2. Hälfte 9. Jh. alem. 1,341,18 Uessiculam : erfopf ebd., Wien, ÖNB 1761; Nr. 613, BV. 941, Hs. 10. Jh., obd. crof, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1. - crof, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218. - crofb, St. Gallen, StiftsB. 295. - cnft, St. Gallen, StiftsB. 9. I, 346,7 Uesicam : chrof ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Göttweig, StiftsB. 46/103. - chroph, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 13002. - chnphe, Clm 17403. - chorph, Clm 14584. - croph, Stuttgart, WLB. HB IV 26. Clm 22201 - chroph tplatera, Clm 4606. - chroph. i blat lid, bi-renken. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 505. liduscart 'verstümmelt' (Lex Alam.Lex Baiv.; Gl.) - murcus 'verstümmelt'; clinicus 'Arzt am Krankenbett, der bettlegrige Kranke'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 710,66 Totum corpus tuum lucidum erit, membrorum offtciis gaudebit nebist lidescart, Mt 6,22, Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII; Nr. 63, BV. 309,10./ll.Jh alem. nebist lithe scart, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84, 10. Jh., mfrk. - nkbkst Ik dfsbrt (dh. nt bist lidesart, zu lidescart), Mainz, StadtB. Hs. II 3. V, 12,45 (Totum corpus tuum lucidum erit), membrorum officiis gaudebit. ne bist lidescart, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14, 10. Jh., obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 125,18.20 Murcos : pistüpleta. lidascarta, Can. deer. Innoc. XXVII, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. - lidascarta. I pistüpl&a, Wien, ÖNB 2732. - p.st: •: mpl: t : ( ) Hdescarte, Clm 6242. - lidascarta, Wien, ÖNB 2723. Udiscarta, Clm 14689. - Hdescarte, Clm 3860a; Nr. 320, BV. 470, 9./10. Jh., bair. Lex Baiv. IV,14, Einsprengsel: Si aurtm maculaverit, ut exinde turpis appareat, quod lidscarti vacant. Hs. Alt., 10. Jh. (u.ö.). Lex Alam. 60,3 Einsprengsel: St enim medietatem auris absciderit, quod litscardi Alamanni dicunt. Hs. A 1,2, 9. Jh. (u.ö.). (Parallelhs.: orscardi). Glossare: IV, 80,15 Murcus: lidiscarter, Glossae Salomonis, Liber impressus. IV, 114,2 Clinici : Udicharter, Glossae Salomonis (c). IV, 151,61 Murcus : lidiscarter ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 373, SAW. 1,533 u. 1,843. Herkunft: Kompositum; zu —> lid 'Glied, Körperteil', sowie zu einer in ahd. scartlidi "Beschnittenheit' vorliegenden Adjektivbildung zum starken Verb ahd. scerran 'kratzen'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 557 s.u. Ud-scbart, -Scharte, s. auch A. Niederhellmann, Arzt, S. 281-285. - vgl. mhd. lideschart 'an den Gliedern zerhauen, verstümmelt'. lidusuht stF. 'Gicht, Gliederkrankheit' (Gl.) - arthrins 'Gliederkrankheit, Arthritis' (vgl. H. Götz, Wörterbuch, S. 55 arthesis 'Halserkrankung"), podagra 'Fußgicht'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

II, 510,8 (Arthens) : üdesuht, Prud. perist. 495, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10./11. Jh., alem. II, 536,75 Podagra, pestis in artubus .i. lidesuht, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13. Jh., alem. StWG. 373, SAW. 1,533 u. 1,843. Herkunft: Kompositum; zu —> lid, suht. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 707. So bezeichnet wird in allgemeiner Form jede Krankheit, die die Glieder unbrauchbar macht, s. M. Heyne, Körperpflege, S. 123. - vgl. mhd. lidesuht. llhdorn stM. 'Hühnerauge' (?) (Gl.) - clävus (wohl zu clavona 'Abszess, Geschwür', MlatWb. 2,696), ürüca 'Raupe, Kohlraupe', auch Pflanzenname (vgl. L. Diefenbach, Glossarium, S. 209). Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 259,9 (Clauuis) Clauis ... dicitur liebdorn, Macer Floridus XX, 823, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. Glossare: III, 429,35 Omca : lihtorhn (dh. lihthorn), Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. StWG. 374, SAW. 1,146 u. 1,539. Herkunft: Kompositum; zu —> Ith sowie zu ahd. thorn 'Dorn'. DWB. 6,612, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 98 s.u. Leich-Dorn „Hühnerauge, als ein Dorn im Körper (Leich) aufgefasst, der Schmerzen verursacht". lihllhhl 'Gebrechlichkeit, Hinfälligkeit, Sterblichkeit' (Gl.) - fragilitäs 'Zerbrechlichkeit, Gebrechlichkeit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 287,42 Yragilitas: lichlihi, Greg. hom. 1,15 p. 1488, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. StWG. 375, SAW. 1,541. Herkunft: zu —» Ith mit -/^-Suffix; das Substantiv setzt ein Adjektiv *lthlth voraus, das daneben mit anderer Bedeutungsentwicklung vorliegt in ae. Helte 'zum Begräbnis gehörend'; vgl. H.U. Schmid, -//^-Bildungen, S. 294. llhloa stF. 'Narbe' (Gl.) - cicatrix 'Narbe, Schramme', varix 'Krampfader, Kropfader'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 372,44 Uarix : vr slahti, Prise, inst. 279,5, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. - Varix. lihla. vrslahti, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. II, 376,38, Varix. lihla. vrslahti, Wien, ÖNB 114, Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. J h , bair. Glossare:

lispen

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I, 88,4 Cicatricem : lihlaoa, Abrogans, Pa., lihlauui, Abrogans, K. StWG. 375, SAW. 1,539 u. 1,559. Herkunft: Kompositum; zu —> Ith sowie zu ahd. loh wie in lohafiur 'Schorf, Räude', lohen 'lodern, leuchten'. IEW. 1,682; s. auch J. Splett, Abrogans-Studien, S. 152. Aus Ith loa volksetymologisch entstellt ist wohl auch —> hilouga. Sieh auch —> lihloi. llhlöi, lihlewe stF. 'Körpermal, Narbe' (Gl.) - cicätrix 'Narbe, Schramme', stigma 'Brandmal'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 258,3 Cicatrix uestigium uulneris : lilewi, Lv 22,22, Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798,12. Jh., fränk. Glossare: I, 89,4 Cicatrix: lihloi, Abrogans, R. HSH. II, 460,92 stigma : lilewe, Summ. Heinr. (StSG. III, 256,20 Stigma... .i. anemal,i. lilewi). StWG. 375, SAW. 1,539 u. 1,559 Ithlouwi, lihlewi. Herkunft: eine Variante zu —> lihlöa. lisp 'lispelnd' (Gl.) — blesus 'lispeln' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 77). Glossare: III,716,1 Blesus : list (Steinmeyer: 1. M),Gruppengl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (früher Cheltenham 7087); Nr. 81, BV. 49,13. Jh., as.-mnd. IV, 197,32 Blesus : uulisp, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11/12. Jh., mfrk. IV, 213,24 Blesus : lispär, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - Lispär, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60; Nr. 648, BV. 998, l l . u . 13. Jh., ostfrk. u. bair. StWG. 379, SAW. 1,556. Herkunft: —> lispen·, zusammen mit ae. wlisp, wlisps 'stammelnd' wohl lautmalenden Ursprungs. KS. 521 s.u. lispeln, DWB. 6,1064f. s.u. lispen. lispäri stM. 'Lispler' (Gl.) - blesus 'lispeln' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 77). Glossare: IV, 175,9 Blesus est. qui cum sibilatione loquitur : lisbe, Glossae Abactor, Clm 14429; Nr. 389, BV. 586, Hs. 9. Jh., obd. StWG. 379, SAW. 1,556. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —» lispen. DWB. 6,1065. - vgl. mhd. lisper. lispen 'lispeln' (Gl.) - zu anhelo 'stark, mühsam Atem holen, schnauben, keuchen', balbütio 'stammeln, lallen', blatero 'plappern, schwafeln', blesus 'lispeln' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 77).

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu biblischen Schriften: I,657,1 f. Anhelantia : njsplentm. lispentiv, Dn Prol., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - qsplontiv. Hspen, Clm 19440. - qsplontiu. I lispentiu, Wien, ÖNB 2732. - yspilontiu. I lispentiu, Wien, ÖNB 2723. - lispentiu, Göttweig, StiftsB. 46/103. (Parallelhs.: tyospilitiu, vneben^u). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,50 Blesses .i. lispinder, Aldh. laud. virg. 165,30, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. II, 16,9 Blessos le'pantes, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - lispint, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5. - lispante, Zürich, ZB. Ms. C 59. St. Gallen, StiftsB. 242. 11, 19,66 Ble: sos : lespante, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 1 0 . / l l . J h , fränk. (?) R 78,11 Blesus: lispende, ebd., Admont, StiftsB. 718; BV. 7, Mitte 12. Jh., as. Glossare: HSH. I, 309,579 blesus: lispenter. Summ. Heinr. HSH. 1,198,171 blesus: lispenter, Summ. Heinr. HSH. II, 7,140 blesus: lisbinder, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,48. 179,43. 225,45. 295,32. 312,47. 324,10. 330,9. 350,51 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β X 18, Nr. 24.) 350,46 Blatero l balbucio : Hspen, Summ. Heinr. III, 390,50 Keliz blesus : lisbender, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 425,43 Blessv' : lisbint, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827, 11. Jh., obd. - lisp ( ) rat lispanter, Clm 14689. III, 434,45 Blesv': Iis. pinder, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. IV, 219Λ-3, Z.7 Blesus : Äpanter, Alphabet. Gl., Cgm 187; Nr. 296, BV. 440, 11./Ί2. Jh., bair. (?) Adespota: IV, 238,6 Blesus : lispinter, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. P e r Beleg StSG. III, 716,1 Blesus : list, Berlin, StBPK, Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen), ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 218.]. StWG. 379, SAW. 1,556. Herkunft: zu ae. wlisp, ahd. —> lisp 'lispelnd', oder, da das Adjektiv seltener und später bezeugt ist, vielleicht eine primäre, onomatopoetische Bildung, aus der das Adjektiv später rückgebildet wurde. DWB. 6,1064f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 373 mit Hinweis auf den /-Anlaut zur Bezeichnung von Sprachanomalien. — vgl. mhd. lispen.

lühougön

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lohaflur stN. 'wie Feuer glänzende Haut, rote, beulenartige Geschwulst, Schorf, Räude, Krätze' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 351,49 Impetigo : kxhkdp (Steinmeyer: dh iuhido) lohafivr, Lv 21,20, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs.: warya citaroc). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 221,4 Inpetiginem : lohafmr, Greg, cura 1,11 p. 12, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. 11,225,15 Inpetiginem : lohafuir, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. StWG. 383, SAW. 1,239 u. 1,568. Herkunft: Kompositum; zu mhd. lohe 'Flamme', ahd. lohen 'lodern, leuchten', loha^en 'blitzen, glänzen' u. ahd. —> fiur. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 135 s.u. Lock-Feuer 'Rotlauf' (?). lohanti 'räudig, schorfig' (Gl.) - scaber 'rauh, räudig'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 494,56 Scabra [seges], aspera hola£ lohhanti, Prud. cath. 208, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. II, 500,63 Scabra erugo : lohantirost, lahhahtirost, Prud. symm. I, 440, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., fränk. u. alem., ebenso Karlsruhe, St. Peter perg. 87. StWG. 383, SAW. 1,568. Herkunft: als Partizip 1 in der Bedeutung 'räudig, schorfig' zu ahd. lohen 'lodern, leuchten', vgl. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 287. lubetsch stM. 'Tor, Narr' (Gl.) - sarabaita 'unaufrichtiger, scheinheiliger Mönch' (H. Götz, Wörterbuch, S. 588, vgl. auch L. Diefenbach, Glossarium, S. 512). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 155,16 Sarabaytarvm : Lubetsch, Cassianus, Coll. XVIII, 7 p. 1102, Freiburg im Breisgau, UB. 380; Nr. 145, BV. 161, obd. StWG. 387, SAW. 1,1224; vgl. M. Lexer, Handwörterbuch 1,1999, N. 304. Herkunft: unklar; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377 s.u. Lub verbindet das hapax legomenon mit ahd. lub 'Lippe', doch kann die Existenz einer solchen Variante neben l e f f u r , lefs nicht bestätigt werden. Vielleicht liegt eine Verschreibung aus lurtsch(en) 'mit der Zunge lahmen, schnarren' vor, s. ebd. S. 380; zur Wortbildung vgl. mhd. maletsch zu malät. lühougön 'mit den Augen zucken' (Gl.) - palpito 'zucken'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

II, 747,53 Palpitare : lyhqyyyn (Steinmeyer: dh. luhouuun) ( ) pliti chan, V. Mart. 7 p. 117,26, Clm 18547b; Nr. 437, BV. 650, um 1000, bair. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, S. 50 u. Nr. 46]. StWG. 388, SAW. 1,571 u. 1,692. Die Bedeutungsangabe bei U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, S. 77, als 'geschwollene Augen haben' ist nicht begründet. Herunft: unklar; das Grundwort des Kompositums gehört zu. ahd. —> ouga; das Bestimmungswort wohl zu ahd. -lübhan, mhd. luchen 'schließen, zuschließen; zupfen, rupfen'. lurzihho swM. 'Lahmer, Gelähmter' (Gl.) — claudus 'lahm, hinkend; der Lahme, Krüppel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: V, 22,9 Clodus : lurcicho, Arat. 1,244, London, BMMss. Egerton 267; Nr. 676; BV. 4 0 9 , 1 0 . / l l . J h , alem. StWG. 390, SAW. 1,573. Herkunft: unklar; wenn von lentfuo^ statt —» letfuo^ auszugehen ist, stünde die Bildung im Ablaut dazu; es ist aber wohl in Ermangelung eines starken Verbums eher eine gesonderte Bildung anzunehmen, so auch M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 380 s.u. lurtschen 'lahm gehen, mit der Zunge lahmen' u. lui\ 'matt, matsch', s. auch DWB. 6,1314, J.A. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch l,1502f., IEW. 679. lüssuht* stF. 'das Verlaustsein, Läusekrankheit' (Gl.) - paeder 'Schmutz, Gestank'. Glossare: IV, 122,44 Squalor leitliche, sicätas. ariditas. sordes. horror egestas. inquinatio. pedor lussuht, Glossae Salomonis (c). StWG. 390, SAW. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu ahd. Iiis 'Laus' u. —» suht. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 709. Neben ahd. lüs 'Laus' s. auch lüserec, tüsfol, lüsig 'voller Läuse' ipediculösus, alle Glossae Salomonis), StWG. 390, für die eindeutige Belege für einen heilkundlichen Zusammenhang nicht ermittelt wurden.

Μ magabiz stM. 'Bauchschmerzen' (Gl.) - tortüra "Bauchgrimmen, Verrenkung'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 578,47 Toriura : magpie, Sir 31,23, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair, ebenso Clm 17403. (Parallelhs.: magapiqdo, cholunga). StWG. 393, SAW. 1,582.

malätes*

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Herkunft: Kompositum; zu —> mago sowie zu ahd. bi\ "Biss'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 38 „Magengeschwür mit Magenschmerzen wie durch einen beißenden Wurm". magabizzado, magabizzido swM. "Bauchschmerzen' (Gl.) - syncope Ohnmacht', torsio 'Marter, Plage, Grimmen', tortüra 'Bauchgrimmen, Verrenkung'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 578,43f. Tortura : magapiqdo, Sir 31,23, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB 46/103. - magapisdde, Clm 14584. - magipiscido, Clm 6217. magebiscede, Stuttgart, WLB. HB IV 26. (Parallelhs.: magpi^e, cholunga). IV, 278,26 Tortura : magapisdde, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 601,49 Tortiones : magapiqdun, magipiydvn, Is 13,8, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - magapi^adun, Clm 19440, ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - magapi^adit, Göttweig, StiftsB 46/103. - magipi^adin, Clm 14689. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 257,14f. Sincopin : magapi^odo, Greg. dial. 3,33 p. 352, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - magapi^ado, Wien, ÖNB 2723. - magapiqdo, Wien, ÖNB 2732. - magepiyt, Clm 6028. StWG. 393, SAW. 1,74 u. 1,582. Herkunft: ein starkes Femininum neben häufigerem —> magabi^pjdo. magabizzida stF. 'Bauchschmerzen' (Gl.) - syncope 'Ohnmacht', tortüra 'Bauchgrimmen, Verrenkung'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 578,45 Tortura : magipiqda, Sir 31,23, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./ 12. Jh., bair. - magipisgida, Clm 4606. (Parallelhs.: magpi^e, magapitqdo, cholunga). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 257,16 Sincopin : magippi^da, Greg. dial. 3,33 p. 352, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. (Parallelhs.: magapi^odo). StWG. 393, SAW. 1,74 u. 1,582. Herkunft: Suffixerweiterung mit Suffix -ido zu —» magabi^o. malätes* 'aussätzig' (Gl.) - leprösus 'räudig, aussätzig'. Glossare: HSH. I, 309,584 leprösus: maladis, Summ. Heinr. StWG. 396, SAW. 1,1225. Herkunft: eine Endehnung aus frz. malade; s. M. Äsdahl-Holmberg, Die deutsche Synonymik, S. 46f. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 390, M. Heyne, Körperpflege, S. 150. — vgl. mhd. malat, malade, malätes 'aussätzig'.

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Krankheitsbezeichnungen

mänödfallönti 'irrsinnig' (?), 'mondsüchtig' (Gl.) - lünäticus 'auf dem Monde lebend, epileptisch'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 742,24 Lunaticos : manodfallonte, Passio Caecilliae 186b, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. J h , bair. StWG. 400, SAW. 1,596. Herkunft: Kompositum; zu ahd. mänöd 'Monat', ursprünglich auch 'Mond' u. ahd. fallan 'fallen'; vgl. —> fatlontiu suht 'Epilepsie' sowie mänödsioh (s.u. —> sioh) mänödsuht (s.u. —> suht) u. mänödsuhtig (s.u. - » suhttg). M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 120 'an der intermittierenden Epilepsie leidend'. mänödtuldo swM. 'Irrer, Mondsüchtiger' (Gl.) - lünäticus 'auf dem Monde lebend, epileptisch'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 714,43 'Lunaticus : manodiulino. manodtuldo, Mt 17,14, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84, 10. Jh., mfrk. V, 14,61 (Lunaticus) : Manod uuilino . manod tuldo, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. StWG. 400, SAW. 1,596 u. 1,1028. Herkunft: Kompositum; zu ahd. mänöd 'Monat', ursprünglich auch 'Mond' u. ahd. duften 'dulden, leiden, ertragen' und nicht mit SAW. zu ahd. tullen, be-tullen 'betören, betrügen', tulisk 'töricht'; vgl. M. Heyne, Körperpflege, S. 144 mit A. 143. Während die Ableitungen mänödtuldig und mänödtuldigi wie mänödsioh eindeutig auf menstruus 'allmonatlich, menstruierend' bezogen ist, scheint das monatlich wiederkehrende Leiden hier im Zusammenhang mit einer Bedeutung 'mondsüchtig' zu verstehen sein. Vgl. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 107. mänödwentlg 'mondsüchtig, epileptisch' (?) (Gl.) - lünäticus 'auf dem Monde lebend, epileptisch'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 290,16 Lunaticus : manuht uuendig, Mt 17,14, Essen, Münsterschatz, Ältestes Evangeliar; Nr. 136, BV. 149, 10. Jh., as. (mit vereinzelt hd. Glossen), Münsterschatz, Ältestes Evangeliar; Nr. 136, BV. 149, 10. Jh., as. [Der einzige medizinisch relevante Beleg ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 218. Nicht in medizinischer Bedeutung StSG. II, 700,69 {Menstrua luna) Menstrua, id manuth uuendi"ga, Verg. Georg. I, 353, (Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752, 10./11. Jh., mfrk.) in der Bedeutung 'allmonatlich'.] StWG. 400, SAW. 1,596. Herkunft: wohl eine Ableitung zum vorauszusetzenden Substantiv *mänöda>enti\ zu ahd. mänöd 'Monat', ursprünglich auch 'Mond' u. wenten, as. wendian 'drehen, wenden'; vgl. mänödtuldo. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 798 'mondsüchtig' oder 'an Tobsucht, Epilepsie leidend'; M. Heyne, Körperpflege, S. 144.

mäsa

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mänödwlllg 'mondsüchtig, irrsinnig' (?) (Gl.) - lünäticus 'auf dem Monde lebend, epileptisch'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 740,24 Lunaticus : manuduuitiger, Abdiae Act. Apost, De Barth, p. 674, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., fränk. u. alem. Karlsruhe, St. Peter perg. 87. (Parallelhs.: manodiulino, manodtuldo). StWG. 400, SAW. 1,596 u. 1,1224. Herkunft: eine Ableitung von einem vorauszusetzenden Substantiv *mänödwila 'Mondzeit'; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 796 „sich nach der Mondweile, Mondzeit richtend, mondsüchtig". mänödwllln 'mondsüchtig' (Gl.) - lünäticus 'auf dem Monde lebend, epileptisch'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 714,42 Lunaticus manoth wilino, Mt 17,14, Mainz, StadtB. Hs. II 3; Nr. 283, BV. 427, Hs. 1. Hälfte 11. Jh., rhfrk. - manodiulino. manodtuldo, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84,10. Jh., mfrk. V, 14,61 (Lunaticus) : Manod uuilino . manod tuldo, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. StWG. 400, SAW. 1,596. Herkunft: eine Adjektivbildung zu *mänödwila 'Mondzeit'. mäsa swF. 'Wundnarbe mit fleckigen Texturveränderungen der Haut, Wundmal' (M.; Gl.) - cicatrix 'Narbe, Schramme', nota 'Zeichen, Merkmal, Körpermal, Brandmal', stigma 'Brandmal'. Literarische Denkmäler: Muspilli 73,1 denne augit er dio masun, dio er in deru menniski ... dio er duruh desse mancunnes minna ... Glossen zu biblischen Schriften: IV, 306,12 Stigmata : masun, Gal 6,17, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 81,26 Note : masun, Cesarii Homiliae XXVIII p. 847b, St. Gallen, StiftsB. 193; Nr. 172, BV. 199, Hs. 8./9. Jh. II, 402,29 Cicatrix : masa, Prud. perist. 142, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. 11,427,51 Cicatrix : ma sa, ebd., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 441,68 Cicatrix : masay Prud. peiist. 129, Paris, BN. Nouv. acquis. lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem, ebenso Clm 14395. II, 634,61 Cicatrix : masa, Verg. Georg. II, 379, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. J h , bair. Glossare:

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Krankheitsbezeichnungen

HSH. I, 380,571 cicatrix: masa, Summ. Heinr. HSH. II, 248,02.89 cicatrix: masa, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,53. 271,49. 324,22). III, 695,23 Cicatrix animate, I masa, Mischgl., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. IV, 183,61 Cycatrix uestium : wlneris .i. masse, Alph. Glossar, Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. IV, 213,31 Cicatrix : mase, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - mase, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60; Nr. 648, BV. 998, l l . u . 13. Jh., ostfrk. u. bair. SchW. 208, StWG. 403, SAW. 1,602. Herkunft: wohl wie ablautend as. masur 'Auswuchs, Beule' zu einer Basis germ. *mas-, mäs- 'Fleck'. KS. 543 s.u. Maseru. Masern, Pfeifer 844, DWB. 6,1698f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 400f. - vgl. mhd. mase. masala F. 'Krampfader' (Gl.) - zu flemina 'Krampfadern' (und nicht mit StWG., SAW. zu flegma 'Körperschleim'), varix 'Krampfader, Kropfader'. Glossen zu biblischen Schriften: Mayer 133,1 varix i. masela varices ./. ma..lun, Biblia Latina, f. 142, Stuttgart, WLB. Cod. bibl. 2° 80; BV. 858,10. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 371,69 Flemen : masala, Prise, inst. 221, 12, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. II, 375,73 Flemen : masala, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: HSH. II, 308,01.61 flemen : masala, Summ. Heinr. (StSG. III, 239,41). III, 627,25 Flemen : masel, Einzelgl. Des Lebens Notdurft, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. 111,661,53 Flemen : masele, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. J h , bair. III, 695,22 Flemen : masila, Mischgl., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. IV, 63,35 Flemen : masala, Glossae Salomonis (a, d, f, i, p), masila (e), Masela (b), masela (g), masil(c). (Parallelhs. skob) IV, 143,35 Flemen : masala, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 155,41 Piemen : masala ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 202,9 Flemen : masala, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk.

masaroht

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StWG. 403 'Zellgewebsentzündung', SAW. 1,602 'schwärende Wunde, eitrige Schwellung, Krampfader'. Herkunft: eine Erweiterung zu —» mäsa. DWB. 6,1699. - vgl. mhd. masel 'Blutgeschwulst an den Knöcheln, Auswuchs'. Diese Bedeutungsentwicklung ist vielleicht durch - » misal beeinflusst, s. E.C. Polome, The Problem, S. 50, G. Keil, Aussatz, S. 1256. masaloht* 'angeschwollen, knotig' (Gl.) - extübero 'aufschwellen', nödösus 'knotig'. Glossare: III, 316,69 Extubero nodosusfio 1 maseloht, Summ. Heinr. StWG. 403 s.u. masenht, maseloht, SAW. 1,602; fehlt HSH. 3. Herkunft: wohl eine Adjektivbildung zu —> masala 'Krampfader' mit dem Suffix -oht. Als eine Ableitung von mäsa 'Wundnarbe', ursprünglich 'knotiger Auswuchs' mit dem Suffix ahd. *-loht würde sich die Bildung semantisch besser fügen, -loht ist aber für das Althochdeutsche als Suffix sonst noch nicht sicher nachzuweisen; s. J. Haltenhoff, Zur Geschichte; vgl. —> masaroht, —> bructolehter. masar stM. 'Geschwulst' (Gl.) - tüber 'natürlicher oder krankhafter Auswuchs am Körper, Höcker, Buckel, Beule, Geschwulst'. Glossare: III, 429,28 Tuber: masar, Gruppengl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 439,62 Tuber: maser, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, Ö N B 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 403, SAW. 1,602. [Die Mehrzahl der Belege zeigen Bedeutungen wie 'knochiger Auswuchs an Bäumen, Baumpilz, Schwamm' als Glossen zu nödus, süber und tüber. Die beiden erfassten Belege gehören hierher, weil sie im Kontext mit anderen Krankheitsbezeichnungen auftreten.] Herkunft: vgl. as. masur 'Auswuchs, Beule', an. mqsurr 'Ahorn'. Die Bildungen gehören wohl zur Wortfamilie von mäsa, doch sind die Einzelheiten unklar. Vielleicht gibt es /-/r-Varianten wie bei einigen lateinischen Lehnwörtern, man vergleiche etwa prünus und Pflaume. Von wenigen Ausnahmen abgesehen verteilt sich masala auf Geschwulste am Menschen und masar auf knorrige Auswüchse an Bäumen; s. aber DWB. 6,1701 Maser F. 'erhabener Ausschlag auf der Haut' neben Maser M.F. 'knorriger Auswuchs eines Baumstammes'. — vgl. mhd. maser 'knorriger Auswuchs am Ahorn und anderen Bäumen'. masaroht 'geschwollen, mit Geschwülsten bedeckt' (Gl.) — nödösus 'voll Knoten, knotig', tüberösus 'voller Buckel'. Glossare:

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Krankheitsbezeichnungen

III, 439,63 Tuberosus : maserochter, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. StWG. 403 s.u. maserohi, maseloht, SAW. 1,602. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —> masar mit dem Suffix -oht. DWB. 6,1701, s. -auch ahd. —> masaloht. - vgl. mhd. maseroht. misal 'aussätzig' (Gl.) - kprösus 'räudig, aussätzig'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 8,177,5 so besprengest du mih mitysopo . also leprosos (mtselen) . uttde dantte uuirdo ih kereinet. (zu Ps 50,9). StWG. 416, SAW. 1,627. Herkunft: in verhüllender Absicht aus lat. misellus 'elend, aussätzig'. Dieses ist eventuell eine Lehnbedeutung aus arab. miskin 'arm, elend' (im Deutschen unter Anlehnung an masal). KS. 562, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 417, M. Heyne, Körperpflege, S. 149, M. Äsdahl-Holmberg, Die deutsche Synonymik, S. 41 f. Sieh auch E.C. Polome, The Problem, S. 50, G. Keil, Aussatz, S. 1256. - vgl. mhd. misel. misaloht 'aussätzig' (N.) - kprösus 'räudig, aussätzig', malesänus zunächst 'beschränkt, nicht bei Sinnen'. Literarische Denkmäler: Notker 9,262,14 unde si ke^ogeniü mtselohtiü uuas. (zu Ps 73,11) SchW. 214, SAW. 1,627. Herkunft: Das Adjektiv mit dem Suffix -oht setzt ein Substantiv * misal 'Lepra' voraus. misalsuht stF. 'Aussatz' (Gl.) - elephanticus morbus, zu elephantiasis 'Aussatz', lepra 'Krätze, Räude, Aussatz'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 258,2 Elephantine morbo : mitgelasuhti. misalsuhti I propter duritiam .i. misalsuhti, Greg. dial. 4,26 p. 412, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. - Wien, ÖNB 2732. 11, 560,45 Lepra misalsxh, Prud. perist. 230, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348, l l . J h . , m f r k . Glossare: HSH. II, 278,163 elephantinus morbus, lepra : misilsuht, Summ. Heinr. III, 393,4 Pasiz lepra : miselsut, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 502,39 Lepra : miselsuth, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 416 u. 826, SAW. 1,627 u. 1,961.

missiwerft

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Herkunft: Kompositum; zu -> misal\ suht. DWB. 6,2257, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 711. - vgl. mhd. miselsuht. misalsuhtlg 'aussätzig' (Gl.) - leprösus 'räudig, aussätzig'. Glossare: HSH. I, 309,584 leprösus: miselsuhtiger, Summ. Heinr. HSH. II, 7,142 leprösus: misilsubtiger, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,67. 179,49). III, 391,7 Pasiijo. leprösus : miselsuthdiger; Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 474,42 Leprösus : miselsuhtiger, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. StWG. 416, SAW. 1,627 u. 1,961. Herkunft: eine Adjektivbildung zu -> misalsuht. DWB. 6,2257 s.u. Miselsucht. - vgl. mhd. miselsühtic. missigiscaft stF. 'Missbildung' (Gl.) - deförmitäs 'Missförmigkeit, Missgestaltetheit, Missbildung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: S 166,1 deformitate : missacascaft, Alcuin, De fide sanctae, Clm 14510; BV. 596, Hs. 9. Jh. StWG. 417, SAW. 1,841. Herkunft: als feminines ή-Abstraktum eine Ableitung vom starken Verb missi-giscapfatr, s. B. Meineke, Althochdeutsche -jira/fy-Bildungen, S. 96f. missiscapfan* 'missgestaltet' (Gl.) - deförmis 'missgestaltet, entstellt'. Glossare: IV, 169, 59 Deformis : missisäphin (Steinmeyer z.St. dh.: missiscäphin), Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair, obd. StWG. 538, SAW. 1,841. Herkunft: eine Präfixbildung zum starken Verb ahd. skepfan 'schaffen, gestalten, schöpfen', hier als Partizipialadjektiv. DWB. 6,2310, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 551. missiwerft stM. 'Missförmigkeit, Missgestalt' (Gl.) - deförmitäs 'Missförmigkeit, Missgestaltetheit, Missbildung'. Glossare: 1,141,10 deförmitäs: mistadmisuuerft, Abrogans, K. (Parallelhs.: mistat, unsconidd). StWG. 417, SAW. 1,1096. Herkunft: eine nominale Präfixbildung aus ahd. missi- u. -werft in ahd. sinawerft stF. 'Umkreis', das mit grammatischem Wechsel zu ahd. werban 'sich drehen, sich wenden' gehört. Die Bedeutung des nicht belegten Verbums %missin>erfan vergleicht

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Krankheitsbezeichnungen

sich vermutlich mit der von ahd. %-weifan 'zertrümmern, zerstören'. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 210, VEW. 282f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 799 s.u. werfen. muotflewi stF. 'Stumpfsinn' (Gl.) - hebetüdo 'Gefühllosigkeit, Stumpfheit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,321,42 EBITUDO SENSUS circa intellegentiam propagatur muatfleuut stue dabi, Greg. mor. 31,45 p. 1036, Wien, Ö N B 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. StWG. 426. Herkunft: wohl abgeleitet von einem nicht bezeugten Adjektivkompositum aus ahd. muot 'Gemüt, Gefühl, Verfassung' und flewen 'wallen'. SAW. 1,640 dagegen wird das Wort als muot-slewi zu ahd. slewen 'stumpf werden, slewön 'erschlaffen' gestellt. Die Bildung steht so oder so isoliert. muotsuht stF. 1. 'Gemütskrankheit, Sinnesverwirrung', 2. 'Schlafsucht' (N.; Gl.) - lethargus 'der Schlafsüchtige; die Schlafsucht' (?), perturbatio 'Verwirrung, Gemütsstörung'. Literarische Denkmäler: Notker 1,37,20 Neuuissa th uuola chad si . dir eteuuar gemengen . tär müot-süht in sliefen mag... (u.ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 81,5 ljethargum : modschut (Steinmeyer, z.St.: dh. muotsuht), Boeth. cons. 1,2 p. 7,11, St. Florian StiftsB. X I 75; Nr. 140, BV. 154,11. Jh. SchW. 217, StWG. 426, SAW. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu ahd. muot 'Gemüt, Gefühl, Verfassung' u. —> suht. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 713; daneben mhd. muotsiech 'am Gemüt krank'. muotsuhtlg 'gemütskrank, verwirrt, bedrückt' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 1,52,24 N « nesist töh müot-sühtig nieht. SchW. 217, SAW. 1,961. Herkunft: eine Adjektivableitung vom Substantiv —> muotsuht. muottrübeda stF. 'Sinnesverwirrung' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 1,40,5 sär heftet än den lukken uuän .fine demo diu timberi chumet. tero muottrübedo. SchW. 217, SAW. 1,640 u. 1024.

narraheit

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Herkunft: Kompositum; zu ahd. muot sowie zu truobida "Verwirrung, Aufruhr', das aus germ. *dröba-/-ija- 'trübe, verwirrt' entstanden ist; vgl. daneben mhd. muottrüebe 'betrübt'. fir-musken

'zerquetschen, verstümmeln' (Gl.) - attero 'reiben, aufreiben, schwä-

chen, zertreten'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 369,54f. Attritis : firmusk nasa sowie zu ahd. lös 'beraubt'. DWB. 7,412, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377. - vgl. mhd. naselös. nesso swM. 'Wurm, Krankheitserreger'. Literarische Denkmäler: Pro Nessia 374,2 Gang Nesso, mit niun nessinchitinon. SchW. 222. Herkunft: vermutlich aus vulgärlat. *nessio aus lat. nescius, hier als 'unbekannte Krankheit'; vgl. W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 423. Ablehnend, aber ohne eigene Deutung U. Schwab, Glossen, S. 351. Sieh auch u. -> nagado.

ougflecko

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Ο öflös* 'ohne Ohren, taub' (Gl.) - lacer 'zerrissen, zerfleischt, verstümmelt'. Glossare: HSH. I, 310,589 lacer : orloser, Summ. Heinr. HSH. II, 7,136 lacer: orloser, Summ. Heinr. (StSG. 111,146,31. 179,13). StWG. 452, SAW. 1,687. Herkunft: eine Ableitung mit dem im Althochdeutschen reihenbildenden Suffix -lor, zu —> öra sowie zu ahd. lös 'beraubt'. DWB. 7,1266, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377. - vgl. mhd. örelös 'ohrenlos, nicht hörend'. örscarti Ohrverletzung, das Abschneiden des Ohres mit nachfolgender Taubheit' (Lex Alam.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Alam. 60,3 Einsprengsel: Si enim medietatem auris absciderit, quod örscarti Alamanni dicunt. Hs. Β 14, 9. Jh. (Parallelhs.: Htscardi). Herkunft: ^Compositum; zu —> or, scardi\ s. A. Niederhellmann, Arzt, S. 281—285. ougafel stN. 'grauer Star' (Gl.) - albugo 'der weiße Fleck im Auge', mlat. auch 'grauer Star' (MlatWb. 1,430). Glossen zu biblischen Schriften: I, 479,44 Albugo : ovgauel, Tb 11,14, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66; Nr. 654, BV. 1015, Hs. 12. Jh., alem. (Parallelhs.: houvisal). [Eine zweite Glosse , StSG. III, 52,18 Cilia : ogfel, dürfte die Bedeutung 'Augenlid' tragen']. StWG. 455 'grauer Star', SAW. 1,692 'Augenlid, grauer Star'. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga, fei, vgl. ae. eägeppel. Die Glosse zu albugo bezeichnet sicher eine Augenerkrankung, fei dürfte im Sinne von 'Hautschicht über dem Auge, die eine Trübung hervorruft' gebraucht sein. DWB. 1,787f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 15. ougelös 'ohne Augen, augenlos' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 3,206,4 söltin uuir dänne. die in gesähtn ougelosen . ähton blinde? SchW. 230, SAW. 1,694. Herkunft: eine Ableitung mit dem im Althochdeutschen reihenbildenden Suffix -lös-, zu —> ouga sowie zu ahd. lös 'beraubt'. DWB. 1,808, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377. ougflecko swM. 'Glaukom; Hornhauttrübung' (Gl.) - plectoricus 'Vollblütigkeit, Bluterguss im Auge' (?)

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Krankheitsbezeichnungen

Glossare: III, 490,24 Plectorinus : ögfkcco, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. StWG. 455, SAW. 1,244 u. 1,692. Herkunft: Kompositum; zu —» ouga, fleccho. DWB. 1,806, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 153 „Hornhautflecken im Auge". - vgl. mhd. ougenvlecke. ougisal stN. 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom' (Gl.) - albugo 'der weiße Fleck im Auge', mlat. auch 'grauer Star' (MlatWb. 1,430). Glossen zu biblischen Schriften: I, 351,46 Albugo : hovuisal, Lv 21,20, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - Albuginem : ovsal, Clm 4606. - ichsat, Clm 6217. - auchsal, Clm 14745. - högasal, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - hu osal.\ Stuttgart, WLB. HB IV 26. IV, 256,47 Albigunem : huosal, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. J h , fränk.-obd. I, 479,39 Albugo : houvisal, Tb 11,14, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - hovuisal. Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. - houuisal, Wien, ÖNB 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 14689. - howesal, Clm 13002. Clm 17403. - houusal, Clm 14584. - howisil, Stuttgart, WLB. HB IV 26. - hovvisil, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - ousal, Clm 4606. - ovchsal, Clm 6217. - ovcshal, Clm 22201. (Parallelhs.: ovgauel). IV, 272,16 Albugo : houuisil, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 180,16 Albuginem : houvisal, Greg, cura 1,11 p. 11 (zu Lv 21,20), Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - hovuisal, Clm 19440. Wien, ÖNB 1723. - houuisal, Clm 14689. - ougisal, Wien, ÖNB 2732. - ögesal, Clm 6028. II, 201,67 Albuginem : houuisal, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. II, 209,9 Albuginem : wisgi l howasil, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 242,10 Albuginem: hewisal, ebd., Clm 14409; Nr. 387, BV. 582, Hs. 10. Jh. II, 242,24 Albuginem : ogisal, ebd., Clm (ex tabulario 376) Mayer 6,11 (albuginem), heuisal, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 4; BV. 13,10./11. Jh., bair. Mayer 98,10 albuginem, hovisalgise, ebd., Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. Glossare: HSH. I, 380,569 albugo : hösal, Summ. Heinr. HSH. I, 380,569 albugo : hvsal, Summ. Heinr. HSH. II, 170,339 albugo : höcsal, Summ. Heinr. HSH. II, 181,02.17 albugo : ögsal, Summ. Heinr.

pfiffiz

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(StSG. III, 171,49. 266,51. 294,3). IV, 31,3 Albugo : ougesal\ Glossae Salomonis (e), ougsal(f), oicsal(g), howisel (k). StWG. 455, SAW. 1,694, MlatWb. 1,430. Herkunft: Kompositum; möglicherweise als Variante zu -> ougstal und dann zu —» ouga u. ahd. stal 'Stelle'; so auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 671. Dieses Wort ist allerdings erst später und nur selten bezeugt. Wahrscheinlicher ist daher der Anschluss an die Wortfamilie um ahd. sah 'dunkel', salarnn 'schwärzen, färben, beschmutzen', dazu J. Riecke,^«-Verben, S. 498. Es handelt sich zumindest teilweise um eine Pferdekrankheit. Eindeutig auf Menschen bezogen aber etwa Tb 11,14. ougstal stM. 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom' (Gl.) — albügo 'der weiße Fleck im Auge' (MlatWb. 1,430). Glossare: III,661,11 Hirquus oucstal l äpfihe quod galline in lingua crescit, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. [hier vielleicht eher 'Hühnerkrankheit, Schleim?' = 'Pips'] IV, 167,44 Albugo cinco. ul oucstal, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. [Zur Bedeutung 'Augenwinkel, Augenhöhle' s. im Abschnitt „Körperteilbezeichnungen".] StWG. 456 'Augenkrankheit der Pferde', SAW. 1,694 u. 1,920. Herkunft: Kompositum; wohl zu —> ouga und ahd. stal 'Stelle'. K. Siewert, Horazglossierung, S. 142f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 670. Sieh aber auch —» ougisal. Die Belegverteilung legt es nahe, dass die althochdeutschen Belege volksetymologisch umgestaltet wurden. DWB. l,815f. - vgl. mhd. ougstal. ougswero* swM. 'Augenentzündung' (Gl.) - ophthalmia 'Augenkrankheit'. Glossare: HSH. II, 385,43 optalmo : ovcswero, Summ. Heinr. (StSG. 248,57. 282,20). StWG. 456, SAW. 1,693 u. 1,980. Herkunft: Kompositum; zu —¥ ouga, swero. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 621 s.u. schwer. - vgl. mhd. ougeswer.

Ρ pfiffiz, pfipfiz stM. 'Pips, Schnupfen' (?) (Gl.) - cäligo 'Nebel, Dampf, Rauch, Dunkelheit, Verdunklung der Augen, Augenschwäche, Schwindel, Trübsal', pipita, pituita 'zähe, Feuchtigkeit, eiterartige Flüssigkeit, feuchter Ausschlag, Schnupfen; Pips der Hühner'.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 362,30 (?) Pitumta : phiphiyn, Persius 2,57, Clin 14781; Nr. 410, BV. 613, Hs. 12. u. 13. Jh. Glossare: HSH. II, 132,53 pituita: phiphi^ Summ. Heinr. HSH. II, 412,295 pituita: phiphi% Summ. Heinr. HSH. II, 412,295 pituita: fiffi^ Summ. Heinr. HSH. II, 412,295 pituita: pfipfis, Summ. Heinr. HSH. II, 132,53 pituita: pip% Summ. Heinr. (StSG. III, 220,58 Pituita caligo l fkgma oculorum l morbus capitis. I morbus in ore gallinarum .i. phiphi£ 251,22. 284,32. 305,69. 322,8). III, 490,27 Pituita : fifiz {Pituita .i. numata), Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB Cod. 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 506,42 Pipipita : fiffi^ Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./ 12. Jh., alem. StWG. 461, SAW. 1,703. Herkunft: eine Endehnung aus lat. pituita, mlat. *pipita. KS. 633 s.u. Pips, DWB. 7,1866f., G. Müller - Th. Frings, Germania-Romana II, 392f. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 470. Der Wandel tw zu p ist wohl schon lateinisch. Zunächst handelt es sich um eine Bezeichnung für eine Geflügelkrankheit, die im Verlauf des Mittelalters auch auf die menschliche Influenza übertragen wird. Ob dies schon in spätahd. Zeit gilt, ist ungewiss. - vgl. mhd. phiphi^ 'hartes Zungenspitzenhäutlein beim Geflügel'. plna stswF. 'körperlicher Schmerz, Qual, Drangsal, Not' (M.MF.N.NG.O.; Gl.) tormentum 'Folterwerkzeug), Marter, Plage', tribulätio 'Trübsal, Not, Drangsal'. Literarische Denkmäler: Muspili 67,22 pehhespina: darpiutit der Satanasζ altist heitgan laue. Monseer Fragmente 9,14 enti ni habet. in imo .festea. uurfun . oh ist hurn/r« . uuirdit. imogataan . sum pina. Notker 10,407,12 unde die uuurden gemüohetJone dero bino uueuuon . unde leides, (u.ö.) Otfrid 1,15,46 loh uuuntot firah thina\ uuäfan filu uuässa% bitturu pina thia selbun sela thina. Glossare: I, 48,11 tormenti: pinono, Abrogans, Pa. K. SchW. 232, StWG. 464, SAW. 1,709. Herkunft: wie as. pina, afries. pine, ae. in pinian 'peinigen' entlehnt aus spätlat. pena 'Höllenstrafe'. KS. 619, DWB. 9,1038; W. Hoffmann, Schmerz, S. 30f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 458: Pein als „großer, heftiger, leiblicher (windender) Schmerz des Menschen durch Wunden und Krankheiten" steht Schmer^ gegenüber, das zunächst auf psychische Leiden beschränkt war. - vgl. mhd. pin.

bi-rapfen

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R ramme* swM. 'Krampf (Gl.) - spasmus 'Zuckung, Krampf'. Glossare: IV, 98,18 Spasmos: ram me, Glossae Salomonis (i). StWG. 471, SAW. 1,749 s.u. rampfo 'Krampf zu rimpfan. Herkunft: wohl zur Wortfamilie um an. rammt 'stark', ahd. ram, rammo 'Bock'. KS. 665, DWB. 8,75. Auffällig, aber ungeklärt, ist das Nebeneinander von ahd. ramme und kramme 'Krampf; vgl. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 491. rapfen 'verharschen, verkrusten (von Wunden)' (Gl.) - recrudesce 'wieder roh werden, wieder ausbrechen (von Wunden)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 452,79 Recrudescentibus: raphentin, Prud. perist. 798, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. StWG. 472, SAW. 1,525. Herkunft: wohl als Intensivbildung neben einem erst mhd. bezeugten Verbum raffen 'reißen, rupfen'; s. J. Riecke, Die schwachen ^»-Verben, S. 190. KS. 581, DWB. 8,117 s.u. Rappe u. 8,119 s.u. rappen 'reißen'. Als Ableitung zu rapfen steht mhd. rappe, rapfe 'Krätze, Räude', M. Lexer, Handwörterbuch 2,343. Neben rapfen steht die Präfixbildung: bi-rapfen 'verharschen, verkrusten, vernarben' (Gl.) - claudo 'schließen, verstopfen', praesicco 'vorher trocknen (von Wunden)', recrudesce 'wieder roh werden, wieder ausbrechen (von Wunden)' Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 189,55 Clausa [uulnera] : piraphto, Greg, cura 3,14 p. 54, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - piraphto, Clm 18140. Wien, ÖNB 2723. II, 392,52 (Presiccd) : piraftun, Prud. perist. 141, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 427,47 Prtsicca : pirafta, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - pirafta diepifanganun, Clm 14395. II, 476,38 Pr(sicca: pirafta, ebd., Clm 18922; Nr. 441, BV. 658,10./11. Jh., bair. 11,540,18 (Praesicco) : biraftata, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402, 11. Jh., alem. II, 545,76 Clausa [ulcera\ : biraftata, Prud. psych. 166, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 466,15 Clausam : pirafta, Prud. symm. 1,15, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., Clm 14395.

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Krankheitsbezeichnungen

II, 563,65 Recrudescentibus : berafinten, Prud. perist. 798, Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. J h , mfrk., Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. StWG. 472, SAW. 1,725. rasen* 'wahnsinnig sein, außer sich sein' (Gl.) — deliro 'von der geraden Linie abweichen, verrückt sein, irre reden'. Glossare: IV, 53,12 Lira enim sulcus est aratri. inde deliro : ichrasin ./. exorbito, Glossae Salomons, Prag, Universitni knihovna, MS XXIII Ε 54; Nr. 525, BV. 786, 13. J h , fränk.-obd. StWG. 472, SAW. 1,726. Herkunft: mit ae. risan, an. rasa zu germ. *rasa 'Sturz, Eile' in ae. ras, an. ras. KS. 668, DWB. 8,131f, IEW. 1,336; s. auch J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 380. Nach M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 493 sei das Verb „Ende des 13. Jh. aus dem ndd. endehnt". Das ist nach der Beleglage möglich, der Eintrag in den Glossae Salomonis gehört dann zu den frühesten Belegen. - vgl. mhd. rasen. räzal 'reißend, rasend, tobend' (Gl.) - rabidus 'wütend, toll, hirnwütig, rasend', rabula 'ein tobender, schreiender Zungendrescher'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 322,31 Pabulum est : rai^al, Hieron. Epist. LH p. 263, Rom, BV. Reg. lat 339; Nr. 541, BV. 821,11. Jh. II,401,28 Rapidi' (stibus : mitra^alan eppungun, Prud. cath. 85, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. J h , obd. StWG. 474, SAW. 1,729. Herkunft: eine Weiterbildung mit /-Formans zu ahd. rä^i 'wütend, wild, grimmig'. IEW. 1,854. fäzi stF. "Wut, Wildheit, Tollheit' (Gl.) - rabies 'Tollheit, Wildheit, Raserei, Wahnsinn'. Glossare: III, 411,73 Rabies rasgin, Glossae Herradinae, Straßburg, U B , Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg; Nr. 557, BV. 857,12. J h , alem. IV, 157,25 Rabies : ra^pi.(., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Bezogen auf die Wildheit der Raubtiere StSG. II, 753,49 (Rabiem) : πχί (Steinmeyer, z.St.: dh. ra^t), V. Mart. 1,25 p. 177,18. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 313]. StWG. 474, SAW. 1,729. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. rä% 'wütend, wild, grimmig'. DWB. 8,156, IEW. 1,854. - vgl. mhd. rce^e 'Schärfe, Heftigkeit, Wildheit'.

ren*

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hrevawunt 'am Bauch, am Unterleib, an den inneren Organen verletzt' (Lex Alam.Lex Baiv.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Alam. 57,55 Einsprengsel: St autem interiora membra vulneratus fuerit, quod 'hrevovunt' dicutit. Hs. A 3, 9. Jh. Lex Baiv. IV, 6, Einsprengsel: Si cervella in capite appareant, vel interiora menbra plagatafuerint, quod hrevavunt dicunt. Hs. Ad. B, 9. Jh. (u.ö.). Herkunft: ^Compositum; zu —> ref u. ahd. wunt 'verwundet', s. A. Niederhellmann, Arzt, S. 247-251. regenblint 'blind' (Münchner Augensegen). Literarische Denkmäler: Münchner Augensegen 386,2f. ... so der alemcehtige got demo regenplinten segenita siniu ougan. Herkunft: Kompositum; vgl. as. reginblind 'völlig blind'. Die Deutung des Bestimmungswortes ist nicht ganz sicher. Schon K. G. Andresen, Deutsche Volksetymologie, S. 415, hatte vermutet, dass die Verbindung mit ahd. regan 'Regen' nicht ursprünglich sei. Es spricht einiges dafür, reginblind mit S. Berr, An Etymological Glossary, S. 316f., mit as. regano-giskapu 'Bestimmung' zu vergleichen und mit as. regiu 'Schicksal', an. regln 'göttliche Regeln' und got. ragin 'Entscheidung' sowie russ. rok 'Schicksal' zu verbinden. So auch bereits M. Heyne, Körperpflege, S. 138, W. Henzen, Deutsche Wortbildung, S. 65. Es wäre also von einer etymologischen Bedeutung 'durch göttlichen Ratschluss blind' im Sinne von „schicksalhaft" auszugehen. Sieh auch E. Seebold, Chronologisches Wörterbuch, S. 236. Dagegen kann M. Höflers säkulare Herleitung (Krankheitsnamen-Buch, S. 54) aus ragen in der Bedeutung 'hervorragend', ahd. in bi-ragen 'emporragend, steil', mhd. regen 'erheben, emporragen' nicht überzeugen. Zwar setzt auch Höfler für ahd. regenblint als Bedeutung 'völlig blind, erzblind' an, doch ist regen, ragen in der Funktion eines Präfixoides sonst nicht bezeugt. Das Bestimmungswort scheint jedoch schon früh nicht mehr verstanden worden zu sein. Im Kontext der Stelle erfolgte eine Umdeutung in Anlehnung an regen 'Regen', denn die Exposition des Zauberspruchs lebt von der Analogie von regen und flieigentemo vvaigera. Vielleicht wäre dann im Heilzauber vor allem auf eine wässrige Trübung des Auges Bezug genommen worden. ren* 'Strieme, Wundmal' (Gl.) - vibtx 'Strieme, Schwiele (von Schlägen)' Glossare: III, 328,39 Vibex äs ren. dotblute, Summ. Heinr. (Steinmeyer, z.St.: ren der hiute ?)· StWG. 481, SAW. 1,742; nicht HSH. 3. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. rennen 'rinnen machen'. DWB. 8,807 s.u. Kenne 3c), IEW. 1,328; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 505 s.u. Renle

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'stigma', „die farbige Stelle, wo auf einer Wunde geronnenes Blut krustig aufliegt". Daher ist Steinmeyers Kommentar abzulehnen, denn dotblute der Hs. ist eben das krustige, geronnene Blut, das sich an der Wunde entlangzieht und als ren bezeichnet wurde. —> totbluot. bi-renken 'verrenken' (MZ.). Literarische Denkmäler: Merseburger Zaubersprüche 2, 365,2 Phol ende Uuodan uuorun % holnp. du uuart demo Baldens uolon sin uuoζ birenkit. SchW. 237, SAW. 1,742. Herkunft: mit ae. wrencan eine direkte Bildung aus der o-Stufe der nasalierten gErweiterung *wreng- der Wurzel *wer- 'drehen, biegen' oder zu einer sonst nicht bezeugten Variante *wrenka- neben dem starken Verb germ. *wnnga 'ringen'; s. J. Riecke, Die schwachen jan- Verben, S. 608f. DWB. 8,805, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 505 „den Knochen wieder ... einrenken." rlden 'fiebern' (Gl.) - febritito 'im Fieber liegen, fiebern'.' Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,250,41 Febnatare : ridan, Greg. dial. 1,4 p. 165, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. StWG. 482 'zittern', SAW. 1,746. Herkunft: mit ahd. ridön 'zittern' und ae. ridian 'fiebern' vermutlich zu einem starken Verb, das in ahd. ridan 'drehen, verdrehen' erhalten ist. DWB. 8,909 s.u. ridern, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 513 s.u. Ritt sowie unten —» rito. — vgl. mhd. riden 'zittern'. rihunga stF. 'das Keuchen, Würgen' (Gl.) - anhelitus 'das erschwerte, starke Atemholen, der kurze Atem, Schnauben, Keuchen, Engbrüstigkeit', singultus 'Schluchzen, Schlucken, Röcheln'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 267,18 Anhelitus : rihunga, Greg. hom. 1,1 p. 1439, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - rihunga. ate^uht, Clm 18140. - äte^uht, Clm 19440. - atam^ht, ebd. II, 552,79 Singultibus : rihun gon, Prud. cath. 127, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. StWG. 485, SAW. 1,1230. Herkunft: wohl zur Basis einer neben mhd rücheln 'röcheln' bezeugten /-Erweiterung richeln. DWB. 8,957; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 515, der die Bildungen mit DWB. 8,1091 s.u. röcheln, KS. 689, für lautmalend hält. rinda swF. 'Schorf' (WH.). Literarische Denkmäler:

riob

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Williram 32v,28 Die bereichertet fistula! diu der ist breuis arbuscula . ünte rote rinton hat. [Bei Notker u. Otfrid nur in der Bedeutung 'Baumrinde'.] SchW. 239, SAW. 1,754. Herkunft: wohl mit as. rinda, ae. rind(e) zu westgerm. *rendön und weiter als 'das Rissige' zu einem starken Verb, das vorliegt in ae. -rindan, afries. renda 'zerreißen'. KS. 687, DWB. 8,962f., IEW. 1,865. Daneben auch nhd. Runde 'Wundschorf'; mhd. rinde erscheint dagegen nur in der Bedeutung 'Rinde*. rinnan 'fließen, strömen, laufen'; Part, 'triefäugig' (Gl.) - effüsio 'Ausgießen, Herausströmen', suffüsio 'grauer Star' Glossen zu biblischen Schriften: I, 543,42 Suffusio oculorum : rinnantiu augun, Prv 23,29, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 369,34 Effustonem oculorum : rinnet ogon, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13.Jh.,obd. [Daneben zahlreiche Belege in nicht medizinischer Bedeutung.] SchW. 239, StWG. 486, SAW. 1,752. Herkunft: mit as. ae. rinnan, an. rinna, got. rinnan aus germ. *renna- 'rinnen, laufen'. KS. 688, DWB. 8,1020f, IEW. 1,328. Das Partizip trägt im Kontext die Bedeutung 'triefäugig'. E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 143. - vgl. mhd. rinnen. riob 'aussätzig, schorfig, räudig' (OT.T.; Gl.) - lüridus 'blassgelb, fahl, leichenblass (wie bei Gelbsüchtigen)', pürulentus 'eitrig, voller Eiter', saniösus 'voll Jauche', sevens 'ernst, streng, hart, grausam'. Literarische Denkmäler: Tatian 179,21 senu tho riob man quementigiboganemo kneuue... (u.ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 481,9 Purulenta : eittriga ( ) saniosa. t ri":ba, Prud. perist. 259, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. II, 524,58 Seuerus : rkxbfr (dh. riuber), Prud. psych. 165, Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem., BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,11. Jh., alem. II, 545,74 Seuerus : riuber, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. IV, 337,25 Lurida [membra] : riuba, Juven. 1,738, London, BMMss. Add. 19723, Nr. 270, BV. 393, Hs. 10. Jh., alem. Glossare: IV, 157,6 Purulentum : rivben ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 204,50 Luridv': hrieuer, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk.

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Krankheitsbezeichnungen

SchW. 239, StWG. 487, SAW. 1,754. Herkunft: mit grammatischem Wechsel zur Wortfamilie um ae. hreof an. hrjtifr 'schorfig'. Erhalten hat sich nhd. grob aus ge-rob und die Ableitung nhd. R«/"'Wundschorf als Fortsetzer von ahd. rw/'Lepra'. KS. 695 s.u. Rufe, DWB. 8,1396f., IEW. 1,623. Außergermanisch vergleicht sich lit. nukrüpes 'schorfig'; vgl. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 528f. u. Ruf M. Asdahl-Holmberg, Die deutsche Synonymik, S. 30f. s.u. ruf rioben 'Schorf bilden' (Gl.) - elphantinus morbus, elephantiasis 'eine Art Aussatz, bei dem die Haut fleckig und hart wird wie Elefantenhaut', lepra 'Krätze, Räude, Aussatz'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 264,52 Elefantinus morbv .i. lepra, que in modum cutis elefantum. in cute hominum coaceruatur. diutisce riubet, Greg. hom. 2,39 p. 1650, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. - (V, 103,17) rubdr, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. StWG. 487, SAW. 1,754. Herkunft: eine Verbalbildung zu ahd. —> riob. riobsuhtlg 'aussätzig' (T.). Literarische Denkmäler: Tatian 245,3 Infi manage riobsuhtige uuarun in israhel. SchW. 239, SAW. 1,754 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; vorausgesetzt wird ein Substantiv *riobsuht, zu —> nob, suhtig. riofa stF. 'Pest, Aussatz (Gl.) - pestis 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest'. Glossare: I, 203,30 pestis : hriuua, Abrogans, K. StWG. 488, SAW. 1,754. Herkunft: wie ahd. —> ruf mit grammatischem Wechsel zu ahd. —> riob. DWB. 8,1396 s.u. Rufe, s. auch J. Splett, Abrogans-Studien, S. 286. rito swM. 'Fieber, Schüttelfrost, Altersschwäche' (N.; Gl.) -febricito 'im Fieber liegen, fiebern', febris 'Fieber', veternus 'das Alter, Schlafsucht, Lethargie (als krankhafter Zustand alter Menschen)'. Literarische Denkmäler: Notker 2,139,27 Nu tiurent ten Itchamen souuioso ir uuellent. dänne ir döh uuisjnt. ter iu so uuunder-tiure ist. ίάζ ter mit tritägigemo riten mag ersterbet uuerden. Glossen zu biblischen Schriften: I, 711,22f. Febricitantem : riten uuinnenta, Mt 8,14, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84,10. Jh., mfrk. - riten uirfennda, Mainz, StadtB. Hs. II 3.

riubl

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V, 13,3 (Febriatantem) : riten uuinnanta, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 262,42 Fehns, proprie. : rito, Greg. hom. 1,4 p. 1449, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alern. - (V, 103,16) rito, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7 II, 272,46 Febribus : η tun, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. - ritun, Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. 11,337,33 Ueterno 1 rito, Hör. epist. 1,8,10, Clm 375; Nr. 305, BV. 450, 1. Hälfte 12. Jh., bair. II, 373,71 Febri: riten, Prise, inst. 94,16, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./ 11. Jh., obd. II, 409,41 Febribus : riton, Prud. perist. 251, Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835,11. J h , alem. 11,641,19 Febris : rito, Verg. Georg. 111,458, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, II, Jh., bair. Glossare: III, 430,22 Febris: ritto, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13. Jh., alem. Adespota: IV, 229,2 Fribulus : rito, (Steinmeyer, z.St.: „hier liegt ein Fehler vor"; wohl zu febribus) Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. [Die Belege StSG. II, 581,45 Febris : rido, Prud. perist. 487, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 und II, 586,64 Febribus : ridon, Prud. perist. 251, ebd. sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 218.] SchW. 240, StWG. 489, SAW. 1,746. Herkunft: mit as. hrido und ahd. riden 'fiebern', ridön 'zittern', ae. ridian 'fiebern' vermutlich zu einem starken Verb, das in ahd. ridan 'drehen, verdrehen' erhalten ist; dazu mit anderer Stammbildung ae. hrid. KS. 688, DWB. 8,1051 s.u. Ritten, Ritte, IEW. 1,937; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 513 s.u. Ritt, M. Heyne, Körperpflege, S. 119f., Außergermanisch vergleicht sich air. crith 'das Zittern'; s.u. riden. - vgl. mhd. rite, ritte. riubl stF. 'Räude, Ausschlag, Krätze' (Gl.) - scabies 'Räude, Krätze, Aussatz'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 221,2 In scabie : hriupi, Greg, cura 1,11 p. 12, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. Mayer 98,11 scabiem, riupi, Gregor, ebd. StWG. 489, SAW. 1,754.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. -> riob; vgl. auch KFW. 1,641 unter ariub 'grimmig, wild, irrsinnig'. rötwe stN. 'Dysenterie, rote Ruhr' (Gl.) - dysentena 'mit Durchfall verbundener Schmerz in den Eingeweiden'. Glossen zu biblischen Schriften: I,753,74 Desinteria : mtwa, Act 28,8, Clm 14745; Nr. 407, BV. 610, 14. Jh., obd. (Parallelhs.: v^suhti, u%ganch). StWG. 494, SAW. 1,767. Herkunft: Kompositum; zu ahd. rot wie in nhd. Rotlauf, s. dazu KS. 693, u. ahd. we •Weh, Leid'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 793. widar-rouwen 'wieder verschorfen' (?), 'wieder blutig machen' (?), 'wieder blutig werden' (?) (Gl.) - recrüdesco 'wieder roh werden, wieder ausbrechen (von Wunden)'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 482,3 Ricrudescentibus : uuider rciuuuan'dan (B. Kölling, S. 117f. verbessert in uuider-rouuuan'dan), Prud. perist. 798, Kiel, UB. Cod. MS. KB 145; Nr. 245, BV. 340, um 1000, bair. StWG. 828, 853 s.u. wider-men, SAW. 1,762. Herkunft: wohl zu ahd. rö 'roh, rau', s. B. Kölling, Kiel, S. 117f., J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 497f. roz stMN. 'Schleim, Auswurf, Absonderung der Nasenschleimhaut' (BR. Lex Alam.; Gl.) - mucus 'dicker Nasenschleim, rotzartiger Schleim am menschlichen Körper' u. mücukntus 'rotzig, schleimig' phlegma 'zähe Feuchtigkeit im Körper, Schleim', rheuma 'Katarrh, Rheumatismus', vomex (wohl zu vomäx 'sich oft übergebend, zum Erbrechen geneigt"). Literarische Denkmäler: Baseler Rezepte II, 39,21 uuidhar concur, braenni sal\ endi saiffun endi rhoζ aostorscala. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 352,4 Muccv' .i. ro^ Lex Alam. LXII p. 154,19,Clm 4460; Nr. 323, BV. 473, Hs. 11. Jh., fränk. II, 382,16 Mucculentis ./'. sordidis α tnucca ./. ro^ Prud. perist. 282, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. - rotq, Göttweig, StiftsB. 34/44; Nr. 227, BV. 263, Hs. 12. Jh., bair. II, 385,27 Muculentis. sordidis. a mucca ./'. ro^e, ebd., Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 388,32 Mucculentis, muccus : ro^ ebd., London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair., ebenso Göttweig, StiftsB. 34/44.

ΓΟΖ

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II, 393,19 Mucculentis, muccus. : Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 408,14 Muccus .i. ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1715; Nr. 539, BV. 813, 10. Jh., obd. 11, 409,44 0Mucukntis) mucus. : ebd., Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835,11. Jh., alem. II, 433,56f. Muculentis rosigen, nam muccus. ro% ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - ro^egen nam muccus sordidis a mucca ./'. rov^ Clm 14395. II, 481,13 Mucculentis ro^ger muccus ro% ebd., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. II, 484,39 (Mäculentis) mucus. ro% ebd., St. Gallen, StiftsB. 136; Nr. 162, BV. 188, 9./10. Jh., alem. II, 491,46 Mucukntis, sordidis α mucca .i. roige, ebd., Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12. Jh., alem. II, 506,19 Mucukntis : ruhigen ( ) muccum. m^ α mucca ro^ ebd., Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10./11. Jh., alem. II, 536,6 Λ mucca ro% muccukntus rosigen, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12 /13. Jh., alem. II, 541,41 Muccukntis, muccus. ro^ ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 591,34 (Mujcu/entus) sordis. α mucca ./. rov^ ebd., London, London, BMMss. Add. 15090; Nr. 266, BV. 388, Hs. 11./12. Jh., bair. II, 728,37 Muccus: n>Z V. patr., hinter 507b,41, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. 11,729,14 Fkgma : nfy V. patr. 572b, 70, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - ro% Salzburg, UB. Μ II 279. II, 765,27 In reuma : inhro^e, Passio Theclae G 125, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Lex Alam. 62,2, Einsprengsel: Si enim summitas nasi, ut muccus id est Hs. Β 9, II.Jh. Glossare: III, 7,3 Mucca : hro^ Vocabularis Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 53,37 Fkuma : ro^ Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. II, 365,126 muccus: roa^ Summ. Heinr. HSH. II, 536,319 vomex: rov^ Summ. Heinr. (StSG. 111,263,68. 280,6. 320,24. 326,22. 347,46 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 337.) III, 437,29 Muccus : ro^ Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600,14. J h , bair.

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Krankheitsbezeichnungen

III, 661,13 Muncus Iflecma ro^ Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 79,44 Muccus : ro^ (a, d, f, p), *wo^hri ro% (g), ros^ (b), r ro% DWB. 8,1328. rüda stswF. 'Hautausschlag, Räude, Krätze; Geschwür' (NG.; Gl.) - contägium 'ansteckende Berührung, Ansteckung', impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf, scabies 'Räude, Krätze, Aussatz', ulcus 'das Geschwür, Schwären', vesica 'Harnblase; Geschwulst', vitiligo 'krankhafter Auswuchs auf der Haut, Flechte'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 9,282,19 scinifes ulcera tenebr( (hunt-fliega rüdafinstrind). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 175,78 Scabiem : rudun, Greg, cura 3,33 p. 91, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 242,26 Iugiem scabiem : emmicigakrudun, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), Clm (ex tabulario 376). II, 358,27 Scabiem ac uituliginem ru dun. ioh scebidun, Orosius 1,8 p. 49, St. Gallen, StiftsB. 621; Nr. 206, BV. 237,11. Jh. alem. II, 600,40 Ulcus : eiZ rude, Ruf. hist. eccl. II, 1,60, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - rydc, Clm 19440. II, 638,70 Scabiem : rvdvn, Verg. Georg. III, 299, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 676,28 Contagia : rudun. hudun, Verg. Ekl. I, 50, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. IV, 341,11 Vitiligo .ι. ruda. I iochodo, Orosius 50,19, Clm 17210; Nr. 425, BV. 631, Hs. 12./13. Jh., obd. IV, 341,14 Vesicas .ι. rudun, Orosius 57,6, ebd. KK 346,5 Uitigilo (1. vitiligo) ./'. ruda ( iochoda, ebd., Leipzig, UB. Rep. I. 14; BV. 380, Ende 11. Jh., obd. KK 347,1 Vesica* l rudun .i. platrun, ebd. IV, 368,29 Scabiem : rud'n, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. Glossare: HSH. II, 333,82 impetigo, cutellus: ruda, Summ. Heinr. HSH. II, 480,367 scabies : ruda, Summ. Heinr. (StSG. 111,257,71. 302,2. 309,4. 318,68. 325,64. 336,61. 346,1 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, Nr. 266). (Parallelhs. dtterllus, iuchido,grintlus). III, 410,52 Scabiem : rüden, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem.

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Krankheitsbezeichnungen

IV, 95,28 Scabies : ruda, Glossae Salomonis, Clm 17152; Nr. 420, BV. 626, 12. Jh., bair. IV, 159,14 Scabiem : rudun J., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 217,40 Scabies : rude, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. SchW. 241, StWG. 495, SAW. 1,768. Herkunft: mit as. hrütho, ae. hrüde, an. hrudr aus germ. *hrüdön 'Räude, Schorf'. Die weitere Herkunft ist unklar. DWB. 8,255, IEW. 1,933. E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 138. Nach KS. 669 kann im Dental der Rest des Suffixes ahd. -edo, -ede sichtbar sein, das auch in anderen Krankheitsnamen auftaucht. Ausgangspunkt der Bildung ist wohl ie. * kreme 'rohes Fleisch' in lat. cruor u.a., M. Heyne, Körperpflege, S. 132; vgl. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 495, der den Hinweis gibt: „Das Wort Räude beginnt mit dem Zitterlaut r, der die Natur des Rauhen und der Härte ausdrückt, daher viele Bezeichnungen für Hautkrankheiten mit r beginnen, wie Räude, Rufe, Rinde, Riesel, Rappe, Runkel etc." — vgl. mhd. riude, rüde. rüdi F. 'Räude, Krätze' (Gl.) - scabies 'Räude, Krätze, Aussatz'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,633,13 Scabie : rivdi, Verg. Georg. 11,220, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. StWG. 495, SAW. 1,768. Herkunft: eine Variante zu ahd. —» rüda, rüdo. rüdig 'räudig, von Krätze befallen' (N.; Gl.) - zu impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf', scaber 'krätzig, räudig, schäbig', scabiösus 'krätzig, räudig, aussätzig, rauh'. Literarische Denkmäler: Notker 8,169,18 also ist in hello mors hirte den rudigon scäfo. Glossen zu biblischen Schriften: I, 345,1 Inpetiginem : rudich, Lv 21,20, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. - ruidik, St. Gallen, SüftsB. 9. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Mayer 96,7 scabra : rudoga, Hieron. Epist. 354, Clm 18517b; BV. 645, Ende II, Jh., bair. Glossare: III, 428,34 Scabiösus : rudiger, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. III, 439,72 Scabiösus : rivdiger, Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. SchW. 241, StWG. 495, SAW. 1,769.

rüdo

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Herkunft: eine Adjektivableitung zu —» rüda, rüdo. DWB. 8,256. - vgl. mhd. riudec, rüdec. rüdlgi stF. 'Räude, Krätze' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 345,1 Inpetiginem : rudiki, Lv 21,20, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,212,52 Impetigo : citirlus l rudigi, Greg, cura 1,11 p. 11, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. [Nicht hierher StSG. III, 629,43 Scabies : rudigi t scauatho, Einzelgl., Der Mensch. Wohnung; in der Bedeutung 'Hobel'.] StWG. 495, SAW. 1,769. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> rüdig. DWB. 8,256. rüdo swM. 'Hautausschlag, Räude, Krätze' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf', prürigo 'das geile Jucken, juckender Grind am Körper', scaber'krätzig, räudig, schäbig', scabiösus 'krätzig, räudig, aussätzig, rauh', scabies 'Räude, Krätze, Aussatz'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 374,21 Scabies, asperitas. cutis cum pruritu : mid rüden, Dt 28,27, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 359,8 Scabies : rudo, Orosius 1,8 p. 49, Clm 6408; Nr. 356, BV. 538, Hs. 10./ 11. Jh., ebenso Einsiedeln, StiftsB. cod. 32. II, 586,73 Scabiem : rhüthon endi scäuatbon, Prud. perist. 256, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; Nr. 100, BV. 105,10. Jh., as. u. mfrk. II, 590,11 Scaber : rutho, Prud. cath. 208, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. Glossare: HSH.: vgl. rüda; hierher: III, 242,20-22 Inpetigo : rvdo, rwde, rudo, rvdo, Summ. Hein. III, 257,71 Scabies: rvdo, rüde, rvden, Summ. Hein. III, 277,6.7 Inpetigo : cöterlus. rödo, cuterlo röde, Summ. Hein. III, 289,8 Scabies: rudo, Summ. Hein. III, 393,7 Monsjl. scabies : rudo, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 506,38 Prurigo : rudo, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. III, 509,3 Scapies: rudo, ebd. StWG. 495, SAW. 1,768.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Variante neben —> rüda u. —» nidi. ruf stF. 'Schorf, Grind, Aussatz; Geschwür,' (Gl.) - alopecia 'Fuchsräude, Fuchsgrind, das Ausfallen der Kopf-, Bart- und Augenbrauenhaare', papula 'Blatter, Bläschen, Hitzbläschen', püstula 'Hautbläschen, Blatter, Pustel; die skrofulöse Anschwellung und Vereiterung der Lymphdrüsen, bes. am Halse; dicker Hals; Blase, Bläschen', rümex (ursprünglich) 'Ampfer, Brandgeschoss', scaber 'krätzig, räudig, schäbig'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 353,24 Pustula lucens : rufscinenti, Lv 13,2, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. I, 354,8 Papulas : hruui, Lv 14,56, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. Glossare: 111,5,22 Stabia (scabia ?) : hruf, Vocabularius Libellus St.Galii, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 53,3 Rumex : ruf, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. J h , fränk. HSH. I, 380,568 rumex : ruf, Summ. Heinr. [im Abschnitt „De cronicis morbis"]. HSH. I, 380,568 rumex: rufe, Summ. Heinr. HSH. II, 445,141 rumex·.ruf, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,47. 255,28. 287,11. 307,42. 323,14. 327,39. 343,47). III, 392,70 Ranyl: ruf Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk., ebenso Wiesbaden, Hessische LB 2. III, 494,1 Akpicia : grint, ruf, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 121,49 Rumex·. ruf (Λ), ruf (ρ), ruf {ζ, d, e, g, i, k), Glossae Salomonis. Adespota: IV, 236,9 Pus .ι. eiter. indepurulentus. hecpustula .i. ruf Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 594,23 Palliurum uidimus. & est spina quam uocamus spicariä & in teudisco hruuis ipse sit (Steinmeyer: wohl zu ags. hiy 'spina'), Worterklärungen unbekannter Herkunft, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. Jh., mfrk. [Die Übersetzungen von lat. rumex stehen nicht, wie StWG. vermutet, als Bezeichnungen für den Grind-Ampfer, sondern schließen sich an die zweite Bedeutung 'Brandgeschoss' an.] StWG. 495, SAW. 1,754. Herkunft: mit grammatischem Wechsel neben ahd. —»riob'schorfig', ae. hreof an. hijüfr. Außergermanisch vergleicht sich kymr. crawen, crafen 'Kruste', lit. nukrüp(s 'schorfig' aus ie. * kreme- 'stockendes Blut'; vgl. mhd. ruße), mnd. röf ruf. KS. 695

serewen

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s.u. Rufe 'Wundschorf, DWB. 8,1395f. s.u. Rufe u. 8,1397f., IEW. 1,623, M. Heyne, Körperpflege, S. 149. Dazu stellt sich vermutlich auch —> Tapfen. - vgl. mhd. ruf rufe.

s seivarer 'Dummkopf, Schwachsinniger (mit Schaum vor dem Mund)' (Gl.) babosus 'Narr, Tor' (MlatWb. l,1397f.), stultus 'der Einfältige, Tor'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Μ 387,9 Babose . stulte. I seiuerer, wohl zu V. patr. 617,4, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms. 7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. Adespota: IV, 240.A.8 Babose .i. stulte. I seuere, Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. StWG. 513, SAW. 1,802. Herkunft: zu ahd. seivar 'Speichel', einer Ableitung zu dem erst später bezeugten starken Verb mhd. sifen 'tröpfeln, triefen'. DWB. 10,1,195, IEW. 1,894, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 636f. s.u. Seife, Seifer. „Speichel als seifenartig schäumende Flüssigkeit aus dem Munde", „Eiter, Eiterschleim, der sich wie Speichel entleert". Sieh auch O. Schlutter, Weitere Nachträge, S. 387. seren 'leiden, Schmerzen haben' (T.) - doleo 'Schmerzen haben, leiden'. Literarische Denkmäler: Tatian 101,2 ih Inti thtn fater serente suohtumes thih. [In der Bedeutung 'versehren, verwunden' bei Williram; sowie 'verletzen, bekümmern', Gl.] SchW. 249, SAW. 1,808. Herkunft: wohl mit ahd. seren, serön 'betrüben, verletzten' zum Adjektiv germ. *saira- 'schmerzlich, wund' in ahd. as. afries. ser, ae. sär, an. särr, vgl. nhd. versehren. KS. 754, DWB. 10,1,160 s.u. sehr, IEW. 1,876. Für das Substantiv ahd. jw-ist anders als in den meisten altgermanischen Einzelsprachen kein sicher Beleg für physischen Schmerz nachweisbar. Sieh für die übrigen Belege W. Hoffmann, Schmerz, S. 29. — vgl. mhd. seren 'versehren, verletzen, verwunden'. serewen 'dahinschwinden (an Kräften und Körperfülle), sich verzehren' (N.; Gl) - äresco 'dürr werden, vertrocknen, verschmachten'. Literarische Denkmäler: Notker 8,132,23 Vnde täte dä in sereuuen unde smeccheren . also diä spinnun. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 818,30 Arndt: serauuet, Lib. Com. (Mc 9,17), Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - serauv sioh. DWB. 10,1,851. - vgl. mhd. siehheit. siehhelheit 'Krankheit' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 5,94,24 Fone sichelheite. aide uöne eteiichero geskthte. (u.ö.) SchW. 253, SAW. 1,820. Herkunft: eine Abstraktbildung mit dem reihenbildenden Suffix -heit zu ahd. —> siehhelön. siehhelön 'krank sein, ermatten, kränkeln' (?) (N.; Gl.) - torpeo 'taub, betäubt, steif, starr, erstarrt, regungslos, gefühllos sein, geistig gelähmt sein'. Literarische Denkmäler: Notker 5,129,4 Ter %veto . socratem siecheIon ünde nestechelon. Glossare: IV, 22,18 Torpit: seuckulot (Steinmeyer, z.St. siecheloi), Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 527, SchW. 253, SAW. 1,820. Herkunft: eine Diminutiv-Iterativbildung mit /-Suffix zu —> siehhen. DWB. 10,1, 846. — vgl. mhd. siechein. siehhen 'krank, erschöpft sein (wegen etwas), krank, schwach werden' (N.WH.; Gl.) - elanguesco 'erschlaffen, schlaff werden, ermatten', langueo '(durch Krankheit) matt, ermattet, abgespannt, sein', lassesco 'müde werden'. Literarische Denkmäler: Notker 5,129,8 Siechen döh ernesi. dä^ist kelögen. (u.ö.). Williram 15v,34 uuänta ih mines uuines minnon siechon. Glossen zu biblischen Schriften: I,550,20 Langueo : siuhhan, Ct 2,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. J h , bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. I, 608,40 Elanguit: sichote, Is 33,9, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. J h , bair. u. mfrk. (Parallelhs.: iruvard). I, 663,22 Langui: sichoto, Dn 8,27, ebd. (Parallelhs.: giumaht sioh. DWB. 10,l,846f. - vgl. mhd. siechen 'krank sein oder werden, durch Krankheit abgehen, entfernt werden'. Daneben als Präfixbildung: ir-siehhen 'krank, krafdos, matt werden, erschlaffen' (O.; Gl.) - contäbesco 'zusammenzehren, zusammenschwinden, sich aufzehren, dahinschwinden', debilito 'schwächen, lahmen, verkrüppeln', elanguesco 'erschlaffen, schlaff werden, ermatten', lassesco 'müde werden'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,23,250 Odo imo tod so gie'nge tha^got io tha^gihenge, thav^ in themo riche iaman sarirsteche. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 623,10 (Contabescel) : arswchet, Is 13,7, Würzburg, UB. M. p. th. f. 20; Nr. 643, BV. 984, Hs. 9. Jh., ostfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: I, 670,15 Elangmt: irsiueheta, Ioel 1,10, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./ 12. Jh., bair. (Parallelhs.: irseigr&a, irsereuuetd). II, 729,22 Debilitaretur : irsiuh&a, V. patr. 580a,40, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - irsiveheta, Salzburg, UB. Μ II 279. Glossare: I, 251,36 langiscunt: irsiuhh&, Abrogans, K.

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Krankheitsbezeichnungen

siohher 'der Kranke' (Gl.) - languidus 'matt, lässig, träge, schwach'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 183,17 Languente : siuhhero, Greg, cura 2,7 p. 24, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. IV, 584,28 gib da^ dem sichert y fneben, Rezepte, Clm 29108a; Nr. 480, BV 707, Hs. 13. Jh. Glossare: III, 384,67 Languidus : siecher, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 527, SAW. 1,820. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> sioh. siehhetago swM. 'Krankheit' (WH.). Literarische Denkmäler: Williram 38v,29 da% ir minemo sponso kündet minen stechetägon. SchW. 253, SAW. 1,820. Herkunft: Kompositum; zu —> sioh sowie zu ahd. tago, tag 'Tag'. DWB. 10,1,852f. vgl. mhd. siechtac, siechtage. siehhi stF. 'Krankheit; Schwäche' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 3,218,27 Unde uua^ sin stechi. äne ächuste? (u.ö.) SchW. 253, SAW. 1,820. Herkunft: eine neben —> siuhht 'Seuche' seltene Abstraktbildung zu ahd. —> sioh. DWB. 10,1,846. siuhhl, siuhhln stF. 'Krankheit' (B.GB.O.; Gl.: 'Krankheit, Schwäche') - debilitäs 'Geschwächtheit, Nervenschwäche, Gebrechlichkeit, Lähmung, Verkrüppelung', languor 'krankhafte Mattigkeit, Schwäche, Nervenschwäche', molestia "Beschwerde, Pein, Missbehagen, Gedrücktheit', morbus 'Krankheit, Verdruss, Kummer'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 86,15 nisi cunt egrjtudo . njsi siuh chi. Otfrid 5,20,106 Nibüa^tut ir mir, tha% ist uuar, thürst inti hüngar, ir mih ouh niuuattut, in siuchi dröst nidätut. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 197,5 Debilitäs : siuchi, Greg, cura 3,37 p. 98, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - sivchi, Clm 19440. - siuchi i vuanaheili, Wien, ÖNB 2723. - sivchi t vuanaheili, Wien, ÖNB 2732. 11,219,54 Languor : siuchi, Greg, cura 3,37 p. 97, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. II, 296,17 Molestia : unchrephti. siuhhi, Greg. hom. 2,29 p. 1530, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair.

siüsuht

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Glossare: IV, 7,10 Morbus : sichin, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9 . J h , alem. SchW. 253, StWG. 528, SAW. 1,820. Herkunft: mit got. siukei eine Abstraktbildung zu germ. *seuka- 'krank', ahd. —> sioh. DWB. 10,l,696f., IEW. 1,915. siuhto swM. 'Krankheit' (Gl.) - zu xenodochtum 'Pilgerhaus, Hospiz' u. morbus 'Krankheit, Verdruss, Kummer'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 347,5 (Coenodoxi( morbus) Cenodoxit desuuerolt brumes siuhto, Isid. off. 2,16 p. 442, Clm 14461; Nr. 392, BV. 590, Hs. Mitte 9. Jh. bair. StWG. 528, SAW. 1,820. Herkunft: ein schwaches Maskulinum neben —> sioh bzw. siuhht. KS. 760 s.u. Seuche. Daneben steht mit dem Suffix -ede mhd. siuchede, nhd. Seuchte 'Krankheit', M. Lexer, Handwörterbuch 2,946, DWB. 10,1,699. siehtuom stMN. 'Krankheit, Schwachheit' (WH.; Gl.) - aegrimönia 'Verstimmtheit des Gemüts, Arger', aegrimönium 'Kränklichkeit'. Literarische Denkmäler: Williram 42r,l 5 dä^ er töton erquikta. ällerslähto siechetüom heileta. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 745,13 Egrimonia : siöhtom, Vita Johannis Auct. Mellito, F 608 (M 29d), Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. J h , bair. SchW. 253, StWG. 527, SAW. 1,820. Herkunft: das alte Kompositum, vgl. an. sjükdomr (zu —> sioh sowie zu ahd. tuom 'Urteil, Gericht, Recht, Macht, Tat, Ruhm'), dürfte im Althochdeutschen als reihenbildende Ableitung aufgefasst worden sei, denn die Bedeutung des Substantivs ist in siehtuom bereits verblasst. DWB. 10,l,856f., M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 647. vgl. mhd. nechtuom. sitisuht stF. 'Seitenstechen' (Gl.) - dolor lateris 'Seitenstechen', pleurisis 'Seitenstechen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 451,18 Pkurisis, dolor lateris .i. sittisvht, Prud. perist. 485, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - sitasuht : dolor laterum, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: IV, 120,6 Pleuresis: sitesuhti l lentisuer$, Glossae Salomonis (i). IV, 155,43 Pkurisis : sittesuht ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 528, SAW. 1,961.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: Kompositum; zu ahd. -> Sita, suht. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 715. siura swF. 'Krätzmilbe, Hitzblatter' (?), 'das davon verursachte Eiterbläschen* (?) (Gl.) - cantharida 'die spanische Fliege, der Kornwurm', gargara "Wurm' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 257), prürio 'das geile Jucken, der juckende Grind am Körper', surigo (L. Diefenbach, Glossarium, S. 538 als Variante zu siro 'Pustel'). Glossare: HSH. I, 55,576 surigo : suira, Summ. Heinr. HSH. II, 62,163 surigo : suira, Summ. Heinr. (StSG. III, 82,56f. 202,42 „de vermibvs"). III, 366,47 Surigo : suirra, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, I, Viertel 9. Jh., alem. 111,675,37 Bruris : siure, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. (unter Tierbezeichnungen) III, 686,39 Gargara : Sum, Gruppengl., Mischgl, Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 213,34 Cantareda : siure, Alphabetisches Gl, Wien, ÖNB Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - siure, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60. [Die Belege StSG. III, 721,24 Gargara : surin, Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen) und IV, 203,13 Gargara : siura, Alphabetisches Gl, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61 sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 219.] StWG. 528, SAW. 1,822. Herkunft: das schwache Femininum vergleicht sich mit nl. sire, sirken, mnd. sure, süre, sür 'Hitzblatter', K. Schiller - A. Lübben, Mittelniederdeutsches Wörterbuch 4,478. Man scheint sich solche Hautunreinlichkeiten als Würmer gedacht zu haben (vgl. StSGl. III, 721,24 Anm. 7); daher sind Krankeits- u. Tierbezeichnung kaum zu trennen. DWB. 10,1, 1231 s.u. Sire·, s. auch J.A. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch 2,322f, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 651 f. s.u. Sir. Es handelt sich wohl um eine Entlehnung aus mlat. siro. DWB. 8,1924 s.u. Säure 3). - vgl. mhd. siure. siuro swM. 'Krätzmilbe' (Gl.) - cantharida 'die spanische Fliege, der Kornwurm', prürio 'das geile Jucken, der juckende Grind am Körper', saturiasses "Würmer' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 514 s.u. satirius), scurio (?). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 732,12 Saturiassis: siuro, V. patr. VII, 665, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. J h , bair. Glossare: III, 36,31 Pruris : suirro, Versus de Volucribus (Versus de Bestiis), Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. J h , obd.

scaboht

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III, 453,36 Scurio : siuro, Einzelgl. Die Tiere, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. [Scurio ist wohl verlesen oder verschrieben aus surio]. III, 692,7 Pruns : suiro, Mischgl., Erlangen, UB. Erlangen-Nürnberg Ms. 2008, jetzt Β 22; Nr. 134, BV. 147,11. Jh., obd. (Parallelhs.: siver). Glossare: IV, 168,35 Cantareda : sivro, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. StWG. 528, SAW. 1,822. Herkunft: als Maskulinum neben —» siura. scabado, scebido swM. 'Räude, Krätze, Aussatz' (Gl.) - scabies 'Räude, Krätze, Aussatz'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 260,24 Scabies : scabedo, Dt 28,27, Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798, 12. Jh., fränk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 358,28 Scabiem ac uituliginem ru dun. ioh scebidun, Orosius 1,8 p. 49, St. Gallen, StiftsB. 621; Nr. 206, BV. 237,11. Jh. alem. Glossare: III, 629,43 Scabies : rudigi t scauatho (übergeschrieben), Einzelgl., Der Mensch. Des Lebens Notdurft. Wohnung, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. [Der Beleg StSG. II, 586,73 Scabiem : rhüthon endi scäuathon, Prud. perist. 256, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 218.] StWG. 529, SAW. 1,827. Herkunft: mit as. scavatho eine Suffixbildung zu einem Substantiv, das vorliegt in ae. sceabb, an. skabb. Dies ist eine Ableitung vom Verb ahd. scaban, germ. *skaba'schaben', semantisch motiviert wohl durch den mit der Erkrankung verbundenen Juckreiz. Verwandt ist lat. scabies gleicher Bedeutung, das eingewirkt haben mag, aber wohl nicht als Quelle einer Entlehnung. KS. 707 (Schabe 3), DWB. 8,1948 s.u. Schabe, IEW. 1,931, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 546f. Zum Suffix s.u. —> lebado. scaboht 'räudig, schäbig' (Gl.) - scabrösus 'rauh'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 296,26Λ·17 rem. schaboht. int.inglorisus, zu Act 28,30 (?), Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. J h , mfrk. StWG. 530, SAW. 1,827. Herkunft: Mit -eht, -oht-Suffix zu einem Substantiv, das vorliegt in ae. sceabb, an. skabb und erweitert in ahd. scabado. Ausgedrückt wird das „mit etwas versehen sein"; DWB. 8,1953 s.u. Schäbicht. - vgl. mhd. schebecht.

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Krankheitsbezeichnungen

sc aim stM. 'Pest, Seuche, Viehsterben' (?) (Gl.) - cancer 'Gitter, Krebs, Krebsgeschwür'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 350,13 Cancros crebosga ( ) Cancer cancri. crebu£ cancer canceris. pestis. scalm, Verg. Georg. IV, 48, Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876, 11. Jh., alem. {scalm steht für sich neben der folgenden Zeile). StWG. 532, SAW. 1,830. Herkunft: Nur hd. und mnd.; an. skelmir 'Teufel' ist endehnt aus mnd. schein. Die Herkunft ist nicht sicher. Der Schelm galt als böser Krankheitsdämon. Pfeifer 1191, KS. 716, DWB. 8,2096 s.u. Schalm, 8,2506 s.u. Schelm, IEW. 1,924 s.u. (s)kel'schneiden', M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 562f. s.u. Schelm. Dort der Hinweis auf „'Pestis' als dämonistische Ursache der ansteckenden Krankheiten mit Fieberdelirium." Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 155, J. Grimm, Geschichte 1,164. — vgl. mhd. schelme, schelm, schalme, schalm 'Pest, Seuche'. scalmo swM. 'Seuche, Viehsterben' (Gl.) - pestis 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 287,29 Pestis : scalmo fihusterbo, Ex 9,3, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. A2 68,8pestilentia : schalmo, Engelberg, StiftsB. Codex 6/8, 14. Jh. StWG. 532, SAW. 1,830. Herkunft: als schwaches Maskulinum neben - » scalm. scardi Ohrverletzung, Abschneiden des Ohres ohne nachfolgende Taubheit' (Lex Alam.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Lex Alam. 57,10 Einsprengsel: Si enim medietatem aurem absciderit, tjuod 'scardi' Alamanni dicunt. Hs. A 8,12, 9. Jh. (u.ö.). Herkunft: mit afries. skerd 'Schnitt', ae. sceard, an. skard 'Scharte, durch Schneiden, Bruch oder Hauen hervorgerufene Vertiefung oder Öffnung' zu einer Substantivierung des Adjektivs aus germ. *skarda 'zerhauen, beschädigt, schartig'. KS. 713, A. Niederhellmann, Arzt, S. 281-285. - vgl. mhd. scharte. scebig* 'räudig' (Gl.) - scabrösus 'rauh'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 414,32 pecora scabrosa id est scebech erunt, Heilmittellehre (Hildegardglosse), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. StWG. 535, SAW. 1,827.

scelah

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Herkunft: eine Adjektivbildung mit -/j-Suffix zu einem Substantiv, das vorliegt in ae. sceabb, an. skabb und erweitert in ahd. - » scabado. DWB. 8,1954, IEW. 1,931. vgl. mhd. schebic. sceiben 'o-beinig gehen' (Gl.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: Ζ 215,2 Varü. Ituyl sceibenten, Hör. serm. I, 3,47, Rom, BV. Chigi Η V 165; BV. 791, zweites Drittel 11. oder 12. Jh., obd.-fränk. (hurte varü distortis crurib' illum/ Balbuttit scaurü prauis fultü male talis. "Denjenigen (Sohn) mit krummen Beinen nennt er tätschelnd Varus, jenen mit verwachsenen Fußknochen neckt er schalkhaft Klumpfuß."). SAW. 1,845; StWG. 542 unter skthhen 'schielen'. Herkunft: Die Deutung ist unsicher. Wenn eine Konjektur vermieden werden soll und zugleich kein Nachweis für eine vollzogene Diphthongierung erbracht werden kann, dann ist am ehesten von einer Ableitung von einem Adjektiv germ. *skaiba auszugehen, das als nhd. dial scheib 'schief, krumm' erhalten ist. Man vergleiche an. skeifr'schief (vom Fuß auf unebenem Boden)', as. /^"'schief, schräg'; ae. in scäfföt 'mit schiefem, nach außen gebogenem Fuß'; s. auch DWB. 8,2681 u. Schief. Vermutlich handelt es sich um eine an den Kontext gebundene Ad-hocBildung; vgl. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 508, K. Siewert, Horazglossierung, S. 244f. scelah 1. 'schielend, scheel', 2. 'bucklig' (Gl.) - gibber 'bucklig', obltquus 'seitwärts gerichtet, seitwärts gehend', strabus 'schielend'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 430,54 Obltquas. anaglifas l scheleho, III Rg 6,4, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 12,23 Sceuos scelahe .i. strabones, Aldh. laud. virg. (zu 165,29), Einsiedeln, StiftsB. cod. 32; Nr. 105, BV. 112,10. J h , alem. II, 369,53 Strabo : scelaher, Prise, inst. 146,13, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10-/11- Jh., obd. - quiperuersum uisum habet .i. scelaher; Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. II, 374,32 Strabo : scelaher, Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. SS 394,16 strabo : schelaher, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. II, 465,15 Obliqua : stflbhfrp (Steinmeyer: dh. scelahero), Prud. psych. 777, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - srflbherp, Clm 14395. II, 644,36 Obliqua [luce] : scelahemo, Verg. Georg. IV, 298, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossare: III, 6,20 Gippus : sceleher, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. 111,681,39 (?) Strabo : si/i, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 686,41 Strabus : See/er, Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 98,53 Strabus [dicitur qui tortos habet oculos] sceleher (d), scheleher (a, c), scilhar (i), Glossae Salomonis. IV, 123,11 Strabus : selaher (a), kelaber (k), seleher (i), schelher (c), Glossae Salomonis. IV, 161,21 Straba : skelech Λ., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. Adespota: IV, 238,5 Strabo : scileh, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. P e r Beleg StSG. III, 715,54 Strabus l strabo scele, Gruppengl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen), ist altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 218f.] StWG. 536, SAW. 1,837. Herkunft: mit ae. sceolh 'scheu, ängstlich, schräg', mndt. Scheie aus westgerm. *skelhwa-\ daneben mit grammat. Wechsel an. skjalgr 'schief, scheeläugig'. Die Wörter gehören mit nur germanischer Erweiterung zu ie. *skel- 'krumm', das vorliegt in griech. σκολιός, arm. sei 'krumm'. DWB. 8,1484 s.u. Sehe/, KS. 714f, IEW. 1,928, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 493f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 559. - vgl. mhd. schelch, schiich. scelahougi 'schielend, schieläugig' (Gl.) - strabönus 'schielend', strabus 'schielend'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 19,65 Strabos : schelao ge, Aldh. laud. virg. 165,29, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./ll.Jh., fränk. (?) II, 337,47 Strabonem : schelöcan schilehenten, Hör. serm. I, 3,44, Clm 375; Nr. 305, BV. 450, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 536, SAW. 1,693 u. 1,837. Herkunft: Kompositum; zu -> scelah, ouga. DWB. 8,2488, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 22. scelm* stM. 'Seuche, Pest' (Gl.) - inguina 'Geschwulst in der Schamgegend', lues 'Seuche, Pest, ansteckende Krankheit', pestilentia 'Seuche, jede ansteckende Krankheit'. Glossare: HSH. I, 376,500 pestilentia, lues, inguina : scelm, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,52).

scieftuoz

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III, 417,18 Pestilentia : schelm, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. III, 420,60 Lues : schelm, ebd. StWG. 537, SAW. 1,830; HSH. 3,159 s.u. scelmo. Herkunft: eine umgelautete Variante neben ahd. —> Jcalm. Nach einer Vermutung H. Reiers, Leben, S. 104, tragen die althochdeutschen Glossen zu lat. lues die Bedeutung 'Geschlechtskrankheit'. scelmig* 'verpestet, an der Seuche leidend, verreckt, abgestorben' (?) (Gl.) - morticinus 'gestorben, abgestorben' (meist von Tieren). Glossare: III, 419,74 Mortiänum : schelmige'.ζ, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. StWG. 537, SAW. 1,830. Herkunft: eine Adjektivbildung zu ahd. —> scab», scelm. - vgl. mhd. schelmec, schelmic. scelmo swM. 'Seuche, Pest' (Gl.) - inguina 'Geschwulst in der Schamgegend', lues 'Seuche, Pest, ansteckende Krankheit', pestilentia 'Seuche, jede ansteckende Krankheit'. Glossare: HSH. I, 376,500pestilentia, lues, inguina: scelm, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,50). III, 408,74 Pestilentia : schelme, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. StWG. 537, SAW. 1,830. Herkunft: eine umgelautete Varainte neben ahd. —> scalmo. scief 'krumm(füßig), schief' (Gl.) - pänsa 'breitfüßig, ein Breitfuß'. Glossare: III, 686,43 Marapansa : Scief, Mischgl, Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. StWG. 540, SAW. 1,845. Herkunft: Das Adjektiv scief wurde übernommen aus mnd. skefi nach KS. 720 jedoch erst im 17. Jahrhundert. Die Überlieferung ist aber deutlich älter, der Beleg gilt als mittelfränkisch. Vielleicht kam es im 17. Jahrhundert zur Neuendehnung eines untergegangenen Wortes. Ahd. scief vergleicht sich mit an. skeifr 'lahm', ae. scäf-, mnl. scheef mhd. schief. DWB. 8,2681 f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 567, Th. Klein, Studien, S. 249. - vgl. mhd. schief 'schief, ungerade, verkehrt, falsch'. scieffuoz 'Plattfuß' (Gl.) -pänsa Glossare:

'breitfüßig, ein Breitfuß'.

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Krankheitsbczeichnungen

IV, 208,2 Pansa. I panseus, sceffuo^ Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. J h , mfrk. StWG. 540, SAW. 1,275 u. 1,845. Herkunft: Kompositum; zu —> scief, fuo% vgl. P. Katara, S. 285, H. Reier, Leben, S. 89. Die Bildung erscheint hier als Possesivkompositum. scilihen 'schielen, Schielender' (Gl.) - obltquus 'seitwärts gerichtet, seitwärts gehend', strabus 'schielend'; Uncus zu fynceus 'scharf sehend' (?). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 337,47 Strabonem : schelocan schikhenten, Hör. serm. I, 3,44, Clm 375; Nr. 305, BV. 450, Hs. 12. Jh., bair. II,681,55 Obliquo : skiliho, vermutlich zu einem Vergil-Glossar, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Glossare: HSH. I, 309,575 Uncus, strabo : scilihinter; Summ. Heinr. HSH. II, 487,01.24 strabo : scilehenter, Summ. Heinr. HSH. II, 354,158 Uncus, lintus : sätihinder, Summ. Heinr. HSH. II, 7,137 Uncus, strabus: scilint, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,28.179,16. 245,33. 259,28. 279,24. 303,3. 320,1). III, 390,48 Hisqn. strabo : scilender, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 161,20 Strabo : skilihenter ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 192,27 Strabus qui oblique uidet. inde straboni^at shilchet, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. StWG. 542, SAW. 1,837. Herkunft: eine Ableitung bzw. Weiterbildung zu ahd. —> skelah. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 444. - vgl. mhd. schilhen 'schielen'. scuoboht 'räudig, rauh' (Gl.) - scaber 'rauh, schäbig, räudig', scabrösus 'rauh'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,45 Srabro : scubaheremo. I uitiato, Aldh. laud. virg. 165,18, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. Glossare: III, 428,33 Scabrosv: schufohtder, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. J h , bair. III, 439,71 Scaprosus : scöpohter, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. IV, 341,9 Scabros ./. asperos : scuobohte, Orosius 18,11, Clm 17210; Nr. 425, BV. 631, Hs. 12./13. J h , obd. StWG. 552 mit der Bedeutungsangabe 'schäbig, rauh', SAW. 1,827.

släflös

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Herkunft: eine parallele Bildung neben ahd. scaboht mit -oA/-Suffix zu einem sonst offensichtlich nicht bezeugten Substantiv, das neben ae. sceabb, an. skabb steht. Dabei handelt es sich um eine o-stufige Ableitung vom starken Verb ahd. scaban, germ. *skaba- 'schaben'. Der Beleg steht im Wiener Körperteilglossar zwischen Krankheitsbezeichnungen und ist auch in den übrigen Quellen in der Bedeutung 'rauh, räudig' bezeugt. scurf stM. 'Schorf, Grind, Krätze' (Gl.) - alopecia 'Fuchsräude, Fuchsgrind, das Ausfallen der Kopf-, Bart- und Augenbrauenhaare', tinia 'der nagende Wurm'. Glossare: III, 349,22 Alopicia : scurf, Summ. Heinr., Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 6; Nr. 96, BV. 93, Ende 12. J h , mfrk. Adespota: IV, 236,2 Tinnia./. scurf, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. StWG. 546 s.u. einem Ansatz scorf, scurf, SAW. 1,843. Herkunft: als Simplex ist im Althochdeutschen allein «»//'bezeugt, scorf findet sich nur in den Pflanzenbezeichnungen scorfletihha 'Grindampfer' und scorfwur\ 'Ackerskabiose'. Bei ahd. ae. scurf, an. skurfa und ahd. scorf-, ae. gesceorf'Grind', mnd. mnl. schorfhzadeh es sich um zwei unterschiedlich ablautende Bildungen zu einem starken Verb, das vorliegt in ae. sceorfan 'abnagen, beißen'. Das gemeinsame Bezeichnungsmotiv ist der Juckreiz. DWB. 9,1575 s.u. Schorf, 9,2038f. s.u. Schürf, KS. 740, Pfeifer 1237f., IEW. 1,944. Anders M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 594f. zu ahd. „/«^»"'aufschneiden' mit dem Hinweis Schorf sei „die durch scharf schneidende Werkzeuge oder durch Aufreiben entstandene Hautwunde oder der Substanzverlust der Haut durch die Abwetzung fester Organteile derselben." Ahd. scurfen 'ausweiden, aufschneiden' ist aber ein schwaches Verb, das nicht unmittelbar mit dem Substantiv verbunden ist, s. auch DWB. 9,2040f. u. schürfen. — vgl. mhd. schorf"Sschort, Grind' und schürpf. släflös 'schlaflos' (Gl.) - insomnis 'schlaflos'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 429,27 Insomne : slaßosi^ Prud. perist. 263, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem., ebenso Clm 14395. II, 476,72 Insomne : slaflosi^ Clm 18922; Nr. 441, BV. 658,10./11. Jh., bair. II, 651,24 Insomnis: slaflosar, Verg. Aen. III, 151, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. StWG. 554, SAW. 1,869. Herkunft: eine Ableitung mit dem reihenbildenden Suffix -lös zu ahd. släfan. DWB. 9,302, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377 „übermäßig wachend bei schmerzhaften oder fieberhaften Krankheiten".

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Krankhcits Bezeichnungen

släflösl stF. 'Schlaflosigkeit' (Gl.) - insomnia 'Schlaflosigkeit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 696,6 Insomnia : slafelosi, Verg. Aen. IV, 9, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. StWG. 554, SAW. 1,869. Herkunft: eine Substantivbildung zu —» släflös. släfsuht* stF. 'krankhafte Neigung zu schlafen' (Gl.) - lethargus 'der Schlafsüchtige, die Schlafsucht'. Glossare: III, 52,64 Letargus : slaf sucht, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. StWG. 554, SAW. 1,869 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu —> suht sowie zu ahd. släf. DWB. 9,309, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 714. — vgl. mhd. släfsuht. slim* stM. 'Schleim' (Gl.) - üligo 'die natürliche Feuchtigkeit der Erde', auch 'eine Art von Ausschlag oder Krätze'. Glossare: HSH. I, 235,499 uligo : slim. Summ. Heinr. StWG. 559, SAW. 1,876. Herkunft: mit ae. slim, an. slim aus germ. *slima 'Schleim'; vgl. auch ahd. slimecht 'voll Vogelleim, klebrig'. KS. 726, DWB. 9,607f, IEW. 1,663, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 579, HSH. 3,138. Außergermanisch vergleicht sich etwa air. slemun 'glatt, schlüpfrig', aksl. sliny 'Rotz'. Es handelt sich um Bildungen mit J·mobile und Nasalsuffix zur Wurzel */«'- schleimig', die u.a. in lat. limäx enthalten ist. Ob im Summ. Heinr. die medizinische Bedeutung vorliegt, die auch als „pituita", „phlegma", „mucus" Teil der Säftelehre sein kann, ist unsicher. - vgl. mhd. slim 'Schleim, Schlamm, klebrige Flüssigkeit'. smehhar 'schwächlich' (B.GB.). Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 112,1 smecha rem soli ώα£ rahc list. SchW. 262, SAW. 883 s.u. smeckar. Herkunft: nur ahd.; wohl eine Weiterbildung zum Adjektiv ahd. smähi 'klein, gering, verächtlich', an. smär. DWB. 9,881 s.u. Schmach. Die Adjektive gehören zur Wortfamilie um nhd. Schmach, schmähen, s. KS. 729, IEW. l,966f. - vgl. mhd. smecker 'schlank, schmal, schmächtig'. smerza stswF. 'Schmerz' (O.; Gl.) - livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der bleifarbige, blaue, rotblaue Fleck (durch Stoßen, Schlagen, Quetschen)'.

smerzanto

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Literarische Denkmäler: Otfrid 1,15,48 so riu^it thir tha% her%a thuruh mihila smer^a. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 243,14 Liuor: smerp, Greg, cura 3,12 p. 51 (Prv 20,30), St. Gallen, StiftsB. 218; Nr. 177, BV. 206, Hs. Ende 9. Jh., alem. SchW. 262, StWG. 563, SAW. 1,884. Herkunft: wie ae. smeortan, mnd. mnl. smarte zu einem althochdeutsch noch stark flektierten Verb —> smer^an aus westgerm. *smerta- 'schmerzen'. Die weitere Herkunft ist umstritten, vielleicht mit /-mobile zu *merd- 'aufreiben'. KS. 731, Pfeifer 1222, DWB. 9,1036f., IEW. 1,737; vgl. W. Hoffmann, Schmerz, S. 6f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 586. Zumindest das Substantiv bezeichnet vor allem den seelischen Schmerz als Leid, Kummer, während der körperliche Schmerz durch ahd. pina 'Schmerz, Qual, Drangsal, Not' zum Ausdruck kommt. - vgl. mhd. smer^e 'Schmerz'. smerzan 'verwunden, leid tun, schmerzen' (O.; Gl.) - cremo 'verbrennen', cruento 'blutig machen', dolor 'Schmerz, schmerzliche Empfindung', iugulätio 'das Erwürgen, Erstechen, Ermorden'. Literarische Denkmäler: Otfrid 2,16,17 Sälig thie ärmber^e, ioh thie ärmu uuihti smer^e. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 29,12 lugulantia : Smer^anda, Arat. 1,775, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. 11,772,13 {lugulantia) sMercende, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814,1. Hälfte 11. Jh., fränk. V W 21,9 iügulantia, dolentia . spe»rcenta, ebd., Paris, BN. lat. 8318; BV. 750, 11. Jh., alem. u. rheinfrk. Glossare: I, 78,10 Cruentum : smer^anti, Abrogans, Pa. smervgendi, K. 1,132,38 cremare : smerzan, Abrogans, Pa. (Parallelhs.: suuethan). SchW. 262, StWG. 563, SAW. 1,884. Herkunft: mit mhd. smerten st.V., mndl. smarten stsw.V., mnd. smerten, smarten sw.V., ae. smeortan (nur Präs.), me. smerten st.V. aus westgerm. *smerta- 'schmerzen'. DWB. 9,1039f.; s.u. —> smer^a. - vgl. mhd. smerten. smerzanto 'schmerzend' (Gl.) - dolor 'Schmerz, schmerzliche Empfindung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: V W 21,11 (poenis) uulnerib; dolorib-, smen^ndo, Arat. 1,784, Paris, BN. lat. 8318; BV. 750,11. J h , alem. u. rheinfrk. StWG. 563. Herkunft: eine Adverbbildung zu ahd. —> smerzan.

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Krankheitsbezeichnungen

snegil, snegele stM. 'schleimiger Auswurf aus der Nase, dem Rachen, Schleimkrankheit' (Gl.) - mucus 'Nasenschleim', mungio (L. Diefenbach, Glossarium, S. 371, zu mungo 'schneuzen'), spütus 'das Speien', vomex (zu vomäx 'sich oft übergebend, zum Erbrechen geneigt"). Glossare: 111,18,51 (?) Sputus ... c...gul, (Graff: form von snegal?), (De membris humanis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. HSH. I, 377,510 vomex, mucco : snegil, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,56). III, 661,14 Mugio : snegelle, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. IV, 80,11 Mungio : snegal(d), snegil(i, k),/»egel(e), Glossae Salomonis. IV, 151,58 Mungio : snegel.t., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Die Mehrzahl der Belege trägt die Bedeutung 'Schnecke'; zu lat. timäx "Wegschnecke' (111,721,17, IV, 204,44), mürex 'Purpurschnecke' (IV, 245,11), sowie testüdo 'Schildkröte' (II, 42,14, III, 721,17).] StWG. 564, SAW. 1,887. Herkunft: es handelt sich wohl um eine Erweiterung zu ahd. sneggo 'Schnecke'. DWB. 9,1160 s.u. Schnägel, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 590 s.u. Schnecke. Der Bedeutungsübergang von ahd. snegil '(Nackt-)Schnecke' zu snegil 'Nasenschleim' wird durch die schleimigen Absonderungen der (Nackt-)Schnecken nahe gelegt. - vgl. mhd. snegel 'Schnecke, Blutegel'; put\ von der nasen, M. Lexer, Handwörterbuch 2,1028. snit stM. 'Schnittwunde' (Gl.) - minus Wunde, Verletzung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 30,25 Vulnere : smte, Arat. 2,190, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 773,14 Vulnere : smte, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814, 1. Hälfte 11. Jh., fränk. V W 23,27 Vulnere : snite, ebd., Paris, BN. lat. 8318; BV. 750, 11. Jh. alem. u. rheinfrk. [Die Mehrzahl der Belege zeigt die allgemeinere Bedeutung 'Schnitt, Beschneidung', sowie 'Ernte' als Glossen zu concisio 'das Zusammenhauen, Zerschneiden' (StSG. I, 772,28), lacerätio 'das Zerfetzen, Zerreissen, Zerschneiden' (II, 197,35), nixus 'das Anstemmen, der Ansatz, Schwung' (II, 734,58), sowie messis 'Ernte' (III, 351,51).] StWG. 566, SAW. 1,889. Herkunft: mit ae. snid, an. sniÖ eine Abstraktbildung zu einem starken Verb, das in ahd. snidan 'schneiden' vorliegt. Pfeifer 1231, DWB. 9,1344, IEW. 1,974, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 591. — vgl. mhd. snit.

söde

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snudel* stM. 'Schnupfen' (Gl.) - catarrhus 'Katarrh, Schnupfen'. Glossare: HSH. I, 377,511 catharrus: snvdel, Summ. Heinr. StWG. 566, SAW. 1,891. Herkunft: eine /-Erweiterung zu ahd. snüden 'schnauben', an. snydja 'schnüffeln, wittern', das selbst wiederum eine /-Erweiterung der Wurzel *snä- ist. DWB. 9.1382 s.u. Schnudel\ 9,1205 s.u. schnauden, IEW. 1,972, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 592 s.u. Schnudel·, zu den Wörtern mit sehn- s. KS. 745 u. schnauben. vgl. mhd. snudel. snuderäta* stF. 'Schleimfluss, Nasenkatarrh' (Gl.) - catarrhus 'Katarrh, Schnupfen'. Glossare: HSH. I, 377,510/11 cartharrus : snvderata, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,3). StWG. 566, SAW. 1,891. Herkunft, eine Bildung mit dem Suffix -äta zum erst mittelhochdeutsch bezeugtem Substantiv snuder 'Rotz'. Man vergleiche nhd. Schnodder und die wohl onomatopoetische sehn- Familie unter KS. 745 schnauben, 737 u. Schnodder, DWB. 9.1383 u. Schnuder sowie M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 592 s.u. Schnudrete. Zum Suffix, das wohl bei Substantiven erscheint, die eine Menge unzählbarer Dinge bezeichnen, sieh EWA. 1,378, W. Henzen, Deutsche Wortbildung, S. 175f. - vgl. mhd. snudert. snuz* stM. 'Rotz, Nasenschleim' (Gl.) - catarrhus 'Katarrh, Schnupfen'. Glossare: III, 391,39 Pusinqa. catarrus : snuv^ Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh., rheinfrk., Wiesbaden, Hessische LB. 2. StWG. 567, SAW. 1,892. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. snüden 'schneuzen', das als ^Erweiterung der Wurzel *snä- neben ahd. snüden 'schnauben' steht. DWB. 9,1425, IEW. 1,972, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 592 s.u. Schnut£ - vgl. mhd. snu% söde stMN. 'Sodbrennen' (Gl.) - fästidium 'Ekel, Widerwillen, Überdruss'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 259,53 sed effusio bilis dicitur in wlgo sode ... [Randglosse über Flecma, Melancholia und Colera], Macer Floridus LXII, 2019, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. Glossare: III, 585,22 Fästidium : sode, Pflanzengl. MXXXI, Clm 4583; Nr. 326, BV. 483, 12. Jh., bair.

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Krankheitsbezeichnungen

IV, 194,20 Fastidium : sode, Alphabetisches Gl., Clm 27329; Nr. 471, BV. 694, 14. Jh., fränk. StWG. 568, SAW. 1,819. Herkunft: mit mnd. sode, ae. seada, eigentlich 'das Sieden'. Das Substantiv steht im Ablaut zu einem starken Verb, das vorliegt in ahd. siodan. KS. 768 u. Sodbrennen-, DWB. 10,l,1394f. s.u. Sod4), Μ. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 655. Bezeichnet wird das brennende Gerfühl in Schlund und Speiseröhre nach dem Verzehr von unbekömmlichen Speisen oder Getränken. Fnhd. sötbrennen ist ein verdeutlichendes Kompositum zu söde. - vgl. mhd. sät. soto stM. 'Geschwür, Schwellung' (Gl.) - carbunculus 'ein bösartiges Geschwür an den edlen Teilen des Körpers (z.B. der Zunge), das meist tödlich wird'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 768,44 Carbunculus : soto, Walahfr. cult. 270,17, Leipzig, UB. Rep. I 53; Nr. 260, BV. 383,10. J h , obd. StWG. 569, SAW. 1,820 s.u. sod 'gekochte Speise'. Herkunft: Das Wort ist arabischen Ursprungs und aus dem Lateinischen entlehnt. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 655 s.u. Soda, C. du Cange, Glossarium Mediae et Infimse Latinitatis VII, 507. Der SAW. vorgeschlagene Anschluss ist daher zu korrigieren. sparrädra 'Krampfader' (?), 'Sehne' (?) (Gl.) - varix 'Krampfader, Kropfader' (?). Glossare: H.U. Schmid, Althochdeutsch I, 574 Varix : sparhadrin, Glossar, Graz, UnivB. Cod. 149; 12. Jh., obd. SAW. 1,6 u. 1,900. Herkunft: Kompositum; zu ahd. sperren sowie —> ädara. Das Grundwort hat den Vokal unter Einfluss von sparro 'Sparren' rückgebildet. DWB. 10,1,1946, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 8f. 'Nerv, Sehne, Ferse; Krampfader' - vgl. mhd. sparader. splwa swF. 'das Erbrochene' (Gl.) - nausia 'Seekrankheit; Übelkeit, Erbrechen', spütus 'das Speien', vomitus 'das Erbrechen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 285,25 Nausia : uuillido : spi'a, Nm 11,20, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 236,62 ([ad) Uomitum) : speie, Greg, cura 3,30 p. 86 (II Pt 2,22), Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. 11, 306,26 Sputa : spiun, Greg. hom. 1,2 p. 1443, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem.

sprähhalös

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StWG. 576, SAW. 1,907. Herkunft: mit mnd. spie, spige eine Substantivbildung zum starken Verb germ. *speiwa-, ahd. sptwan. DWB. 10,1,2074, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 660 s.u. Speie. - vgl. mhd. spie 'Speichel, das Erbrechen'. splwan 'sich erbrechen, speien' (Gl.) - nausia 'Seekrankheit; Übelkeit, Erbrechen', zu vomo 'sich erbrechen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 236,65 Uomet: spiit, Greg, cura 3,30 p. 86 (II Pt 2,22), Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 539,9 Uomentis : spigint, Prud. cath. 127, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. J h , alem. Glossare: III, 46, A.8 Nauseo ich spie, im Anschluss an „versus de piscibus", Graz, UB. 1531; Nr. 232, BV. 270,14. Jh., obd. Herkunft: mit as. spiwan, afr. spta, ae. spiwan, an. spyja, got. speirvan aus germ. *speiwa- 'speien', das mit lat. spuere ie. *spoi- 'Schaum, Speichel' voraussetzen kann. Vermutlich ist die Wortfamilie lautmalenden Ursprungs. KS. 776, DWB. 10,l,2074f., IEW. 1,999, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 660 s.u. speien. - vgl. mhd. spiiven, spien. Dazu als Präfixbildung: ir-splwan 'ausspeien, von sich geben' (Gl.) - pello 'stoßen, schlagen, fortstoßen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 487,41 Pellitur: erspiu uuen vuard, Prud. cath. 127, St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem. StWG. 577, SAW. 1,900. spiwöd stM. 'das Erbrochene' (Gl.) - vomitus 'das Erbrechen'. Glossare: III, 511,9 Vomitus : spioth, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 576, SAW. 1,907. Herkunft: eine Dentalerweiterung zum starken Verb ahd. as. ae. spiwan, afries. spia, an. spyja, got speiivan aus germ. *speiwa- 'speien'. KS. 776, DWB. 10,l,2074f. Es vergleicht sich ae. spiwath, mnd. spient, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 660 s.u. Speiwet. sprähhalös 'stumm, sprachlos' (Gl.) - elinguis 'ohne Zunge, mit gelähmter Zunge, unberedt' Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

11,447,17 Elinguis : sprahhakses, Prud. perist. 2, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem, ebenso Clm 14395. StWG. 578, SAW. 1,1201. Herkunft: eine Ableitung mit dem reihenbildenden Suffix -lös zu ahd. sprahha 'Sprache'; vgl. ae. späcleas. DWB. 10,l,2768f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377 s.u. los. - vgl. mhd. sprächlös 'frei von Ansprache, der nicht spricht oder antwortet'. spuolwurm stM. 'spulenförmiger Eingeweidewurm' (Gl.) - lumbricus 'Eingeweidewurm, Spulwurm; Regenwurm', spalangum (L. Diefenbach, Glossarium, S. 544, vgl. phalangium 'eine Art giftiger Spinnen'). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 462,1 Τφ den spolwormen, Rezepte, Göttingen, Niedersächsische Staats- und UB. Cod. Ms. St. Johannis 2"; Nr. 225. BV. 261,12./13. Jh., mnd.-hd. Glossare: IV, 208,57 Spalangion : spuoluuorm. Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 582, SAW. 1,918. Herkunft: Kompositum; zu ahd. spuol, spuola 'Spule' und ahd. —> wurm. DWB. 10,2,1,230, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 833 „der, der Weberspule oder Spindel ähnliche, runde, längliche, fleischrote Wurm im Darmkote (sehr selten im Magen) bei Menschen, Pferden und Schafen." - vgl. mhd. spuolwurm. stam 'stammelnd' (Gl.) - balbus 'stammelnd, lallend'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 608,19 Balbulorum : stamro, Is 33,9, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - stammen, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - stamen, stämalod. llalod, Clm 19440. (Parallelhs.: stambilentei). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 16,12f. Balbos: stam .f. me, Aldh. laud. virg. 165,30, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - Babbos./'. stami, St. Gallen, StiftsB. 242. Glossare: III, 425,42 Balbus : stamer, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. (Parallelhs.: stamlont). StWG. 584, SAW. 1,921. Herkunft: mit ae. stam, an. stammr, got. stamms 'stammelnd', den Erweiterungen ahd. —» stamal, ae. stamer, as. stamaren, -ön sowie schwundstufigem —» stumm zur Wurzel *stem-. Außergermanisch vergleicht sich lett. stumtties 'stammeln, stolpern'. Der Ablaut macht es wahrscheinlich, dass den Bildungen ein starkes Verb als Kern zu Grunde liegt. Die Wurzel wird einerseits über 'anstoßen, stolpern', andererseits über 'hemmen, aufhalten' zum Ausgangspunkt für die übertragene Bezeichnung von Sprachstörungen. „Stammeln" liegt demnach die Vorstellung des

stamalön

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Stolperns (mit der Zunge) zu Grunde. KS. 787, DWB. 10,2,1,648f. s.u. stammeln, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 544f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 671 f., HWdA. 7,353f. stamal 'stammelnd' (Gl.) - balbus 'stammelnd, lallend'. Glossare: IV, 197,23 Balbus : stamul.\ Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11/12. Jh., mfrk. P e r Beleg StSG. III, 715,60 Balbus : stamol, Gruppengl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen), ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 219.] StWG. 584, SAW. 1,922. Herkunft: das Adjektiv ist als stam-al eine Erweiterung zu ahd. —> stam oder als stam-al-ön eine Rückbildung aus dem Verbum stamalön. stamaläri stM. 'Stammler' (Gl.) - balbus 'stammelnd, lallend', Subst. 'der Stammler'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,608,22 Balbulorum : stamelare, Is 33,9, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. Glossare: 111,663,5 Balbus : stämiler, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287, 13. Jh., bair. III, 686,42 Balbus : Stamulare, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 39,14 balbus ·. ... stameler, Glossae Salomonis (c). (Parallelhs.: stummer). IV, 132,53 Balbus : stameler ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 167,68 Balbus : stamilari, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. StWG. 584, SAW. 1,922. Herkunft: ein Nomen agentis zu ahd. —> stamal, stamalön. DWB. 10,2,1,666f. - vgl. mhd. stameler. stamalöd 'das Stammeln' (Gl.) — zu balbus 'stammelnd, lallend'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 608,20 Balbulorum : stämero. stämalod. I lalod, Is 33,9, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./II. Jh., bair. StWG. 584, SAW. 1,922. Herkunft: eine Substantivbildung mit dem Suffix -öd zu ahd. —» stamal, stamalön. stamalön 'stammeln' (Gl.) - balbo 'lallen', balbus 'stammelnd, lallend', balbütio 'stammeln, lallen', elinguis 'ohne Zunge, mit gelähmter Zunge; unberedt'.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu biblischen Schriften: IV, 279,41 Balbärum : derestämelenten, Is 32,4, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. I, 608,21 f. Balbulorum : stambilenter, Is 33,9, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair - stambilertier, Clm 17403. - stambilent\ Clm 6217. - stammalonton, Clm 4606. - derstamolonten, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - derstämelenten, Stuttgart, WLB. HB IV 26.- derstämelenten, Engelberg StiftsB. Codex 66. I, 784,39f. Balputiat: stamma Ιο. Iplun ce% & Iac Prol, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - stammalo. t pluncetge, Clm 18530a. — stämalo. I. plunce^e, Wien, Ö N B 2732. - stämalo, Wien, Ö N B 2723. - stamalota, Göttweig, StiftsB. 46/103. - stammolata, Clm 14689. - stambilote, Clm 13002. - stamilote, Clm 22201. - stamelot, Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,51 Balbos .i. stamalonde, Aldh. laud. virg. 165,30, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. II, 16,13f. balbutiens : stanmilont, ebd., Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12-/13. Jh., alem. - balbos .i. stamelon, Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9./10. Jh., alem. II, 19,68 Balbos: stamalonte, ebd., Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. Jh., fränk. (?) II, 162,4 Balbutire : stamulon, Fulgentii Expositio Serm. Antiq., Köln, DB. CC; Nr. 91, BV. 351, teils 9., teüs 10./11. Jh., mfrk. II, 447,22 Balbuttit : stammalot, Prud. perist. 12, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - stämalut, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. RR 227,5 balba : stamaluntero, Persius 1,33, Rom, BV. Pal. lat. 1710; BV. 812, Hs. 9., 10./11. und 13./14. Jh. Glossare: HSH. II, 200,01.24 batbosus : stamelenter, Summ. Heinr. HSH. II, 196,138 balbutio : stamelo, Summ. Heinr. HSH. II, 290,01.27 elinguis: stammelenter, Summ. Heinr. HSH. II, 196,138 balbutiens: stammelonder, Summ. Heinr. (StSG. III, 225,22. 236,2. 267,12. 295,22. 330,1 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. BX 18, Nr. 25.) III, 390,49 Sani?, balbus : stamelender, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 425,42 Balbus stamlont, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827, 11. Jh., obd. (Parallelhs.: stamef). III, 434,44 Balbus : stammolonder, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem.

starablint

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IV, 39,1 If. Balbuttit: stamolot (a, c, d, e, f, p), stamelet (c, f), stamelit (e), stambelet (d), stammult (p), stamilot (i), stammelet (b), stamelt (k), Glossae Salomonis. IV, 182,16 Balbuttit : stam'lt, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. Adespota: IV, 238,7 Balbutiens : stammelenter, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. StWG. 584, SAW. 1,922. Herkunft: wie mnd. stamelen, mnl. stamelen entweder als einfaches o«-Verb zu stomal, das aber nicht häufig ist, oder - daher wahrscheinlicher - als stam-il-ön eine Erweiterung mit /-Suffix zu —> stam. DWB. 10,2,l,648f., s. auch as. stamarön. - vgl. mhd. stamelen. stammen* 'stammeln' (Gl.) - balbütio 'stammeln, lallen*. Glossare: III, 225,24 Balbutiens : stamender, Summ. Heinr. StWG. 584, SAW. 1,921; nicht HSH. 3. Herkunft: mit an. stama 'stammeln' zum Adjektiv an. stamr, ahd. —> stam oder der Basis des Adjektivs selbst. starablint 'stockblind, starblind' (Gl.) - albios oculus, zu albus 'blass, bleich, fahl', glaucoma 'eine Verdunkelung des Glaskörpers im Auge, der grüne Star', hyaena (bestia cuiuspopille lapidate sunt). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 11,6 Glaucoma : starablint, Aldh. laud. virg. 23,37, Würzburg, UB. M. p. th. f. 21; Nr. 644, BV. 985, Hs. 9. Jh., ostfrk., ebenso Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 365 Helmstadiensis; Nr. 632, BV. 965, Mitte 9. Jh. Glossare: I, 170,19 Hyena : starapHnt, Abrogans, Pa. - starapHnd, K. - staraplint, Ra. III, 12,16 Albios oculus : staraplinter, Glossae Casselanae - Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. StWG. 586, SAW. 1,81 u. 1,927. Herkunft: mit mnd. starblint, mndl. staerblint, afries. stamblind, ae. starblind aus westgerm. *stara-blenda-. Das Bestimmungswort ist das erst spät bezeugte Adjektiv an. starr, mhd. sterre 'steif, starr', das germ. *stara- voraussetzt und auch durch ahd. Staren, starön 'starren' erwiesen wird. Pfeifer 1345 s.u. starren. Bezeichnet wird die „krankhafte Starrheit der Augen". Die Kranken sehen wenig oder nichts bei geöffneten (starren) Augen, während Blinde die Augen geschlossen halten; so auch KS. 788, Pfeifer 1344 s.u. Star2, DWB. 10,2,1,264f. s.u. starblind, IEW. 1,1022. Dagegen schließt sich M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 55 s.u. staar- (starn-)blind und 669f. s.u. Staar wegen der häufigen, aber wohl sekundären Variante sternblind, der älteren Auffassung von einem etymologischen Zusammenhang mit „Stern"

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Kiankheitsbezeichnungen

als „Augenstern" an. Die Glosse zu lat. hyaena ist vermutlich beeinflusst von lat. hyalus 'glasgrün'. Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 139. - vgl. mhd. starblint. stehhado swM. 'Seitenstechen' (Gl.) - pleurisis 'Seitenstechen', tilum Wurfgeschoss, Seitenstechen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 556,56 Pleuresis : stechetho, Prud. perist. 485, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 563,26 Pkuresis : stechedo laterum dolor, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81,11. Jh., mfrk. - ( ) stfchfthp (Steinmeyer, dh. stechetho), Köln, DB. LXXXI. II, 573,57 {Pleurisis) : stfchfthp (Steinmeyer, dh. stechetho), Brüssel, BR. 9987; Nr. 46, BV. 82, 11. Jh., niederfrk. IV, 393,13 Ad stekethon, „Beschwörung", Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, (hier: 11. Jh. ?), mfrk. IV, 462,7 d' stichede, Rezept Contra ydropisim, Göttingen, Niedersächsische Staats- und UB. Cod. Ms. St. Johannis 2"; Nr. 225. BV. 261,12./13. J h , mnd.hd. IV, 649,22 Ad telum ./'. stecheden, Rezept, Wien, ÖNB Cod. 2532; Nr. 619, BV. 948,12. Jh., frank. A2, 46,3 u. 7 ... Quibus obviavit Nessia, Nagedo, Stechedo, Troppho, Crampho, Gigihte, Paralisis, Engelberg, StiftsB. Codex 3/2, BV. 138a, 12. Jh. (Teil eines Segens). Glossare: HSH. I, 376,488 Telum : stechedo, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,23, De acutis morbis, Is IV, 6). StSG. 588 u. XLVII, SAW. 1,929. Herkunft: mit dem Suffix -ido, -ado zum starken Verb ahd. stehhan 'stechen'. Das Wort scheint auf den mittelfränkischen Raum beschränkt zu sein. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 677. Man vergleiche auch Hildegard, Physica: stechedo in corde 'Herzstechen'. stein stM. "Blasenstein' (Gl.) - calculus 'das Steinchen', insbes. 'Blasenstein'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: III, 605, A.10 Contra cauculum quod dicimus stein, Rezept, London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. [Für die übrigen Belege konnte keine medizinische Bedeutung ermittelt werden.] SchW. 270, StWG. 588. Herkunft: mit as. afries. sten, ae. stän, an. steinn, got. stains aus germ. * Steina- 'Stein'. KS. 791 f., DWB. 10,2,2,2015 s.u. Stein D. 1), IEW. 1,1011; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 682f., M. Heyne, Körperpflege, S. 129. - vgl. mhd. stein 'Blasenstein'.

strengila

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steinsuht stF. 'Steinkrankheit' (Gl.) - calculus 'das Steinchen', insbes. 'Blasenstein'. Glossare: IV, 200,40 Calculus : steinsuht, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 590, SAW. 1,932 u. 1,961. Herkunft: Kompositum; zu ahd. stein sowie zu —» suht, vgl. an. steinsott. DWB. 10,2,2,2155, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 649 s.u. steinsiech „am Blasenoder Nierenstein leidend." Sieh auch Ch. Kaiser, Krankheiten, S. 309f. sterbo swM. 'ansteckende Krankheit, Pest, (häufiges) Sterben' (N.NG.; Gl) - elides 'Verletzung eines Gliedes, Bruch, Verlust, Schaden, Unglück, Unheil', pestilentia 'Seuche, ansteckende Krankheit',/>«·ώ· 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest'. Literarische Denkmäler: Notker 9,283,4 suht unde sterben an (gyptios. Notker Glossator 8,9,13 uuito uuätlonde sterbo (idest lateperuagatapestis). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 231,31 Pestilentiae : sterpun, Greg, cura 3,32 p. 91 (Ps 1,1), St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. - Wien, ÖNB 949; Nr. 602, BV. 928, 9./10. Jh., bair. IV, 534,34 (i(res pestes) dri sterben ?, aus latein. Predigten, Clm 12665; Nr. 373, BV. 557,13. u. 15. Jh. Glossare: I, 83,8 Cladis suht l uuool seu sterpo, Abrogans, R. SchW. 271, StWG. 591, SAW. 1,934. Herkunft: mit as. -stervo, ae. steorfa 'Pest', an. stjarfi 'Starrkrampf' als Verbalabstraktum, eigentlich 'das Sterben', zum starken Verbum westgerm. *sterba-, ahd. sterban. Pfeifer 1357, DWB. 10,2,2,2394f, IEW. 1,1025; vgl. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 685, dort auch fnhd. sterbet. Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 154f. - vgl. mhd. sterbe. strengila stF. '(Pferde)Katarrh, Druse' (Gl.) - zu strangulo 'erwürgen, erdrosseln, ersticken'. Glossare: III, 509,26 Strangulus : strengila, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 599, SAW. 1,947. Herkunft: Das Wort ist entlehnt aus einem Substantiv, das auf lat. strangulo zurückgeht und mit nhd. Strang nur urverwandt ist; vgl. afrz. stranguilhn, mengl. strangulhon 'Kehlsucht'. DWB. 10,3,868f. s.u. Strängel, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 693: „Nasen- und Rachen-Katarrh der Pferde, Hunde und Schafe" - so noch bei Hildegard, Physica - , auch „übertragen auf den Menschen".

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Krankheitsbezeichnungen

strüche stswF. 'Schnupfen, Katarrh' (Gl.) - catanhus 'Katarrh, Schnupfen'. Glossare: IV, 183,35 Catarrus : strüche, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. - struck, Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. Jh., bair. StWG. 601, SAW. 1,952. Herkunft: unklar; vielleicht zu altksl. struga 'das Strömen, Wogen', so DWB. 10,3, 976 s.u. Straucbe(n). Dagegen wird es von M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 694 s.u. Strauch zu ahd. strühhen 'gleiten, schlüpfrig sein' (zu strüche als 'der schlüpfrige Nasenschleim') gestellt, doch ist dieses Verb neben ahd. strühhön 'straucheln' nicht bezeugt. — vgl. mhd. strüche. stum 'stumm' (MF.N.O.OT.T.; Gl.) - balbus 'stammelnd, lallend', mütus 'stumm'. Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 5,15 blintir enti stum mer entiga heilta inan so daζ aet ga sprah enti ga sah. Notker 1,13,16 So si mih to gesäh . nicht ein suigenten . nube sämo stummen . tinde sgingelosen. (u.ö.) Otfrid 1,4,66 Nu thu thaζ ärunti, so härto bist firmönanti nu uuird thu stummer sär, un^thüs^gisehes älauuär. (u.ö.). Tatian 313,7 thu toubo intistummogeist ihgibiutu thir uvgangfon imo. (u.ö.) Glossare: HSH. I, 309,580 mutus : stummo, Summ. Heinr. HSH. II, 7,141 mutus : stum, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,56 Mvtus : stumbo, 179,46 Mutus: stummo). III, 391,1 Scarping, mutus : stummer, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 39,13 Balbuttit ... inde balbus : stummo (d, f; Subst.?), stum me (e), Glossae Salomonis. (Parallelhs.: stamelei). SchW. 273, StWG. 602, SAW. 1,954. Herkunft: mit as. afries. stumm wohl als schwundstufige Bildung zu einem nicht erhaltenem starken Verb, das auch nhd. stammeln und stemmen zu Grunde liegt. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 698f., KS. 805, DWB. 10,4,378f., IEW. 1,1021. — vgl. mhd. stum, stump, s. auch stumme, stummede 'Stummheit'. stumbal 'verstümmelt, stumpfsinnig' (Gl.) - stolidus 'tölpelhaft, albern, töricht, dummdreist, brutal, unsinnig', truncus 'verstümmelt'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 294,1 Truncus : stumbaler, I Rg 5,5, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem, ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./ 9. Jh., alem. Glossare:

suht

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I, 54,9 stolidus: stumpal, Abrogans, Pa. - stüpal, Κ. Ra. StWG. 602, SAW. 1,955. Herkunft: wohl eine Erweiterung zur Wurzel *stembb-. KS. 805, Pfeifer 1387 s.u. Stummel, DWB. 10,4,403 s.u. stümmeln, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 698 s.u. stumm. Die Beziehung zum lautlich nahe stehenden Adjektiv —> stum ist unklar. Eine Ableitung von —» stumbal ist ahd. Jlumbalen 'verstümmeln', bi-stumbalen 'abschneiden, verstümmeln, stutzen'; s. auch —> bistumbalitir. stumph stM. 'verkrüppeltes, gefühlloses Bein' (Gl.) - basis 'Fußgestell, Sockel'. Glossen zu biblischen Schriften: 1, 742,53 Bases : stüpha, Act 3,7, Wien, ÖNB Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - stumpha, Clm 19440. Göttweig, StiftsB. 46/103. - stumpha, Clm 18140. (Parallelhs. soluri). StWG. 602, SAW. 1,955 'Schenkel'. Herkunft: zum Adjektiv ahd. ^«»^/'verstümmelt'. KS. 805, DWB. 10,4,427. - vgl. mhd. stumpf. suht, sufift stF. 'Krankheit, Seuche' (MPs.N.O.OT.T.; Gl.) - aer corruptus 'verdorbene Luft', angina '(Hals-)Bräune, Beklemmung', cadücum morbus 'Fallsucht, Epilepsie', coenodxi( morbus zu xenodochium 'Pilgerhaus, Hospiz', conspersus 'von Quoten-) Flecken entstellt' (MlatWb. 2, 1613), febris 'Fieber', fünero 'bestatten', läbes 'Sturz, Unheil, Schaden; Gebrechlichkeit des Körpers, Seuche', languor 'krankhafte Mattigkeit, Schwäche, Nervenschwäche', lethargus 'der Schlafsüchtige, die Schlafsucht', lues 'Seuche, Pest, ansteckende Krankheit', molestia 'Beschwerde, Pein, Missbehagen, Gedrücktheit', morbo elephantino 'Aussatz, bei dem die Haut fleckig und hart wird', pestilentia 'Seuche, ansteckende Krankheit', pestis 'ansteckende Krankheit, Seuche, Pest', querela 'Klage, Beschwerde; körperliche Beschwerde, Übelkeit, Unpässlichkeit', rabies 'Tollheit, Wildheit, Raserei, Wahnsinn', tabes 'das allmähliche Vergehen durch Schmelzen, Fäulnis, Krankeit, Schwindsucht, die zergehende Flüssigkeit, Jauche', täbitüdo 'Schwindsucht, Auszehrung', tempestäs 'Sturm, Ungewitter, ungestümer Andrang'. Literarische Denkmäler: Notker 1,42,7 Übe ih rehto bechennet habo . uuannän din süht chömen si. tinde uuiolih si st. uuä%_tiräna si. (u. ö.) Otfrid 3,5,1 Hiar mügun uuir instantan, - tha^_ eigun uuir ouh füntan, — thaζ quement ümmahti, Jon süntono suhti. (u.ö.). Tatian 205,15 tha^ siu heil uuasfon theru suhti. (u. ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 272,53 Aer corruptus : lujtgiuemit suht, Dt 28,22, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem., ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC.

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Krankheitsbezeichnungen

I, 466,60 Tabe: cunt, suhti, II Para 21,19, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suhti, Clm 19440. Wien, Ö N B 2723. Wien, Ö N B 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - suht, Clm 13002. Clm 22201. Clm 17403. I, 577,6 Tabitudo : suht, Sir 28,7, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. Wien, Ö N B 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 13002. Clm 14689. Clm 22201. Clm 17403. - svht, Clm 18036. - suht, Wien, Ö N B 2732. I, 587,29 Tabitudo : suht, ebd., Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. I, 630,59 Peste : suhti, Ier 7,21, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Göttweig, StiftsB. 46/103. - suhte, Clm 22201. - suht, Clm 13002. Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 101,47f. Pesten suht. divin^echinit ungaloupa. andervpilincristani, Can. conc. Chalc, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. - suht. diu inychinit ungaloupa. iauh andar upil. incristani, Clm 14747. - suht; thiu in^ehnit ungalaupa iaander upilinchristani, Clm 19417. II, 115,3 Pestem suht. diu ina^chinit ungaloupa. I ander upilincristani, e b d , Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. IV, 323,35 Pestem suht. thiuin^ehnit ungalaupa ia anderupil inchristani, Canones, De fidei Chalc, Mansi VII, 727, Salzburg, Salzburger Museum Carolino Augusteum Hs. 2163; Nr. 549, BV. 838,1. Viertel 9. J h , bair. II, 223,30 Languor : suth, Greg, cura 3,2 p. 36, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9 . J h , bair. II, 227,64 Molestias : suhti, Greg, cura 3,12 p. 50, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. J h , bair. 11,247,57 Molestia : suht, Greg. dial. 1,10 p. 200, Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. J h , alem. IV, 330,21 Morbo elephantino uuhsa^in suhti (Steinmeyer: 1. uu^sa^n gen.sg. v. sa^eo), Greg, dial 2,26 p. 257, Fragment St. Emmeram). II, 249,5 Consparsio : suht, Greg. dial. 3,6 p. 288, Krakau, Bibliotheka Jagiel^ s k a Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. J h , alem. II, 266,12 Pestilentiae : suhti, Greg. hom. 1,1 p. 1436 (Lc 21,11), Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. Wien, Ö N B 2723. Wien, Ö N B 2732. 11,313,67 Febribus pressus est suhtim farduhter uuard, Greg. hom. 1,9 p. 1515, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. J h , alem. II, 347,5 (Coenodoxii morbus) Cenodoxi$ desuuerolt hrumes siuhto, Isid. off. 2,16 p. 442; Clm 14461; Nr. 392, BV. 590, Hs. Mitte 9. J h , bair. u. fränk.

suht

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II, 488,56 Languor: suht, Prud. cath. 67, St. Gallen, SriftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem. II, 545,75 Funere : sübte, Prud. psych 165, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 641,24 Tempestas : suht, Verg. Georg. III, 479, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 694,56 Lues : suht, Verg. Aen. Ill, 139, Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. II, 766,32 Tabe : suhti, Passio Thomae, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 369,31 Querelas : suth, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. Mayer 15,2 pestes, suht, Can. Lib. LH, Bern, BB. Cod. 89; Nr. 28, BV. 61, 9. Jh., alem.-bair. JJ 259,13 (litargus) Nota Litargus ... frenensis ...et dicitur in wlgo dauendesucht, Macer Floribus XX, 852, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. KK 347,21 pestikntia ... plebem foeda tabe deluit: süht, Orosius II, 12,3, Clm 6308; BV. 525, 9. oder 10. Jh., obd. [vgl. Ε. Glaser, Frühe Griffelglossierung, S. 576.] Glossare: 1,14,8 (Angina) uel morbus: edo suht, Abrogans, Pa. Ra. - edho suht, Abrogans, K. I, 64,9 morbus: suth, Abrogans, Pa. - suht, K. I, 83,8 Cladis : suht l uuool seu sterpo, Abrogans, R. I, 211,18 Morbus : suht, Abrogans, K. Ra. R. HSH. II, 427,01.47 pestis : suht, Summ. Heinr. HSH. II, 518,01.14 tabes : suht, Summ. Heinr. (StSG. III, 254,19. 262,30). III, 430,21 Morbus : suht, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandschaft, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./ 13. Jh., alem. III, 475,24 Morbus : suht, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. III, 507,32 Rabies: suth, Pflanzengl. MXII, ebd. IV, 86,18 Pestem et pestilenciam hoc interest, quia pestis suht, Glossae Salomonis, Prag, Böhm. Museum. Adespota: IV, 229,58 Labes lues suth t quicquid nocet, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. SchW. 274, StWG. 605, SAW. 1,961. Herkunft: mit as. suht, afries. sechte, ae. -siht, an. sott, got. sauhts aus germ. *suhti'Krankheit'. Das Substantiv steht im Ablaut zu ahd. —> sioh und setzt als feminines ώ-Abstraktum ein starkes Verb voraus, das in got. siukan 'krank sein' erhalten ist. Die Variante s u f f t (mit ft aus hi) erscheint nur in den Mittelfränkischen Psalmen

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Krankheitsbezeichnungen

und steht wohl umgekehrt zur as. Neuerung germ. *ft > ht (vgl. kraft >krahi). Pfeifer 1393, DWB. 10,4,858, IEW. 1,915, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 700f. E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 143. - Keine Krankheitsbezeichnung, aber mit ahd. suht gebildet, ist das Kompositum mänödsuht, mänödsuhtig 'menstruierend', das als Glosse zu Lv 12,2 wohl aus nicht verstandenen mänödstuntig der Vorlage umgebildet wurde. Eine zweite Belegstelle für Ies 64,6 Pannus menstruate. Speziell für Epilepsie wird verwendet —»fallantiu suht. — vgl. mhd. suht. suhtlg 'krank, räudig; übel, schlaff' (B.GB.OT.T.; Gl.) — aegrotus, tnfirmus 'schwach, krank', langueo '(durch Krankheit) matt, ermattet, abgespannt, sein', morbidus 'krank, siech', moribundus 'im Sterben liegend'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 21,2 indi suh tigeem iro tatim alliv (u.ö.). Tatian 693,28 obar suhtige legent sie henti Inti si habent utiola. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,8 Morbida .i. moribunda t subtiga, Aldh. laud. virg. 151,14, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs.10. Jh., alem. II, 763,4 Morbidi : suhtige, Passio Philippi, p. 12a, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: 1,110,36 uel infirmi: suhtike, Abrogans, Pa. - edo suhtike, K. I, 156,12 infirmis : suhtige, Abrogans, Pa. - suhdige, Abrogans, K. I, 211,20 moruida : suhdic, Abrogans, K. I, 214,32 languentem : suhtiker, Abrogans, K. III, 361,41 Morbidus : suhtih, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. SchW. 274, StWG. 605, SAW. 1,961. Herkunft: eine Adjektivbildung zu ahd. -> suht. DWB. 10,4,897f. - vgl. mhd. sühtec 'krank, krankhaft'. suhtluomi 'ansteckend, verpestet' (Gl.) - corruptus aer 'verdorbene Luft', pestilentia 'Seuche, ansteckende Krankheit'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 437,60f. Corruptus aer: suhtlvmiv, III Rg 8,37, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suthluomiu, Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/ 103. - suhtlovme, Clm 4606. - sutht lumi, Clm 22201. IV, 651,40 suht luomiu, ebd., Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. J h , bair. I, 819,30 Corruptus aer: suhtlumiv, Lib. Com., III Rg 8,37, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair.

swersürougi

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1,634,54 Pestilentem : suohtluomen, Ier 51,1, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suhtluomen, Clm 19440. -suhtluom, Wien, ÖNB 2732. suohtlumen, Wien, ÖNB 2723. - suohtlumen, Clm 14689. StWG. 605, SAW. 1,961. Herkunft: wohl ein altes Kompositum aus —» suht und dem im Althochdeutschen nicht mehr selbständig erscheinenden Adjektiv -luomi. IEW. 1,674 s.u. lern 'zerbrechen, zerbrochen, weich* sowie E. Rooth, Studien zu drei Adjektiven, S. 2636; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 379: „Pestilentia, der lähmungsartige Zustand von Schwäche nach ansteckenden Krankheiten", vgl. mhd. luemen 'erschlaffen', im Ablaut zu lahm. — vgl. daneben mhd. suhtluome stF. 'pestilentia'. suhtluomlg 'verpestet' (Gl.) - corruptus aer 'verdorbene Luft'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 438,2 Corruptus aer : suhtlumigir, III Rg 8,37, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. StWG. 605, SAW. 1,961. Herkunft: eine jüngere verdeutlichende Adjektiverweiterung neben —> suhtluomi zu einem erst mhd. bezeugten Substantiv suhtluome stF. 'pestilentia'. sürougi 'triefäugig, halbblind' (Gl.) - caecütio 'wie blind sein, geblendet sein, schlecht sehen', tippus 'triefäugig, mit entzündeten Augen', liscus (?) (wohl verschrieben aus lippus?). Glossen zu biblischen Schriften: I, 313,26 Lippis : brehene '"r sivero. IEW. 1,1050 als 'leiblicher Schmerz', M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 620f. - vgl. mhd. siverde. swe ran 'schmerzen, leiden* (Gl.) - doleo 'schmerzen haben, leiden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 627,19f. Uentrem meum doleo : min vuampa svirit mib, Ier 4,19, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suirit mih, Clm 19440. - smrt mih, Clm 14689. - suvirit mih, Wien, ÖNB 2723. - suirit «w'A.Wien, ÖNB 2723. W 96,24 Ventrem meum doleo : min wampa svvirit mib, ebd., Cgm 5248,2; Nr. 299; BV. 443, 9. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 451,12 Dolet: svirit, Prud. perist. 460, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. J h , bair.-alem. - suirit, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 451,45 Dolet: svirit, Prud. perist. 508, ebd. - suirit, ebd. StWG. 616, SAW. 1,979. Herkunft: zum starken Verb germ. *swera-, auch in mnl. sweren, mhd. swern, das die Basis für ahd. swero, siver und giswer 'Geschwür' bildet. KS. 748, Pfeifer 1256, DWB. 9,2282f., IEW. 1,1050. - vgl. mhd. swern. swero swM. 'Schmerz, Qual, Krankheiten, Gebrechen, Geschwür' (MH.O.OT.T.; Gl.) - dolor 'Schmerz, schmerzhafte Empfindung, Kummer', egrotatio, zu aegrotus 'der Kranke' (vgl. D. Langslow, The formation, S.484), sanies 'verdorbenes Blut und andere Körpersäfte, die noch nicht in weißen und zähen Eiter übergegangene Wundjauche', ulcus 'Geschwür, Schwären'. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 19,4,2 arlostem giu uuaftim intipeches suerom. Otfrid 5,23,151 Süht tob suero mänager, thesgiuuüagun uuir er ... Tatian 215,12 in thero selbun sjti beilta manage fon subtin intifon sueren inti fon ubilen geiston. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

swil

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II, 444,7 Dolore : sverin, Prud. perist. 95, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. II. Jh., bair.-alem. Glossare: I, 201,27 uel dolor: edho suuero, Abrogans, K. I, 211,19 egrvtatio : suuhero, Abrogans, K. - suero, Abrogans, Ra. III, 392,72 Minscol. ulcus : swero, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. - svero, Wiesbaden, Hessische LB. 2. SchW. 278, StWG. 617, SAW. 1,980. Herkunft: das schwache Maskulinum ist neben —> swer eine Ableitung vom starken Verb ahd. sweran. DWB. 9,2281 f., IEW. 1,1050. Außergermanisch vergleicht sich avest. xvara- "Wunde, Körperverletzung'. KS. 748, Pfeifer 1256; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 609 s.u. Schwär, M. Heyne, Körperpflege, S. 134. Das Wort erscheint als Oberbegriff für Schwären und Geschwüre. - vgl. mhd. swere, swer. swil stN. 'Schwiele, Geschwulst, schwammiges Gewächs, krankhafter Auswuchs' (Gl.) - callum, callus 'verhärtete, dicke Haut, Schwiele, Schwarte; Knochengeschwulst',y»»g«.r 'Erdschwamm, krankhafter Auswuchs an Menschen und Tieren'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Mayer 18,2 fungi id est boleti que nos rustice suuillis uocamus, Lucius Apuleius Platonicus, De medicaminibus herbarum liber, Breslau, Biblioteka Uniwersytecka III F 19; BV. 76,10. u. 11. Jh. Glossare: HSH. I, 380,566 callus: swil, Summ. Heinr. HSH. II, 227,281 callus: swil, Summ. Heinr. (StSG. 52,59. 171,45. 229,39. 297,41. 315,8. 324,51 sowie St. Stricker, Basel, ÖBU. BX 18, Nr. 58.) III, 407,42 Callus: swil, Glossae Herradinae, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg; Nr. 557, BV. 857,12. Jh., alem. III, 413,22 Callus : swil, ebd. 111,432,25 Calla •. suuil, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9.Jh.,bair. III, 439,74 Callus : svil, Einzelgl. Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. [Für die Mehrzahl der callus, callum-Bdege ist es nicht wahrscheinlich zu machen, dass eine Krankheitsbezeichnung vorliegt. Da aber in den Körperteilglossaren, dem Summarium Heinrici und den Glossae Herradinae wiederholt Krankheitsbezeichnungen hinter oder zwischen Körperteilbezeichnungen notiert sind, wurden zumindest diese iw//jw-Belege unter Vorbehalt aufgenommen.] StWG. 619, SAW. 1,979.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: mit as. swil. ae. swyte aus germ. *swela% einem Verbalabstraktum zu germ. *swela-, ahd. —» smllan in der Bedeutung 'schwellen'. KS. 751, DWB. 9,2615f. Daher die Grundbedeutung 'Anschwellung'; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 622. Nicht hierher dagegen ahd. swili 'Schwiele' (?) zu copadtum 'gehacktes Fleisch', StSG. II, 735,29; StWG. 831. - vgl. mhd. swil. swilidi* (?) stN. 'Aufschwellung' (Gl.) - stilaphus (aus sclopus, stlopus in Kontamination mit colaphus?, so L. Diefenbach, Glossarium, S. 519 als 'Einblasung, Geschwulst'). Glossare: HSH. II, 493,03.7 stilaphus : willidi, Summ. Heinr. (StSG. III, 309,40). SAW. 1,979; StWG. 616 s.u. swellidi, HSH. 3,207 s.u. williä. Herkunft: wenn die Lesung zutrifft, eine Erweiterung mit dem Suffix -ido-, -ado zu ahd. —> swil, swilo. swilo swM. 'Schwiele' (Gl.) - callus 'verhärtete, dicke Haut, Schwiele, Schwarte; Knochengeschwulst'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 598,12 Callos : svtlin, Ruf. hist. eccl. II, 23 p. 100, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 227,281 callus : suilo, Summ. Heinr. (StSG. III, 332,47). StWG. 619, SAW. 1,979. Herkunft: als schwaches Maskulinum neben —> swil, s. auch ahd. swiloht 'schwielig'. swfmo swM. 'Schwindel, Ohnmacht' (Gl.) - aporia "Verlegenheit', vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'. Glossare: IV, 210,36 Vertigo : suimo, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877,11./12. Jh., mfrk. [Der Beleg StSG. IV, 177,10 Aporia, uertigo : suime, Alphabetisches Gl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen), ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 219.] StWG. 619, SAW. 1,1235. Herkunft: eine Substantivbildung zu einer mitteldeutschen Variante des starken Verbs ahd. swinan 'schwinden', vgl. mnd. swimen 'schwindlig sein'. KS. 751, DWB. 9,2436 s.u. Schweimein. 9,2617f. s.u. Schwiemel, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 622. - vgl. daneben mhd. swimel, swimmel 'Schwindel'. swindel stM. 'Schwindel' (Gl.) - vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'. Glossare: III, 328,34 Uertigo : swindel, Summ. Heinr.

swintilöd

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III,491,40 Vertigo : swindel, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. StWG. 620, SAW. 1,989; nicht HSH. 3. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. swintan 'schwinden' oder, da spät bezeugt, vielleicht eine Rückbildung aus ahd. swintilön 'bewusstlos werden', was selbst eine Weiterbildung zu swintan ist. Mit /-Erweiterung steht daneben auch ahd. swintilöd, swintilunga. KS. 751, Pfeifer 1264 s.u. schwindeln, DWB. 9,2653f. s.u. Schwindel, IEW. 1,1047, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 622. - vgl. mhd. swindel. swlneslüs* stF. 'Schweinefinne (als Parasit)' (Gl.) - zu urica, erüca 'Raupe, Kohlraupe', vermis porci. Glossare: HSH. II, 548,02.10 usia : suinislus, Summ. Heinr. (III, 292,1,310,57. V, 37,53). StWG. 620, SAW. 1,984. Herkunft: Kompositum; zu ahd. swin 'Schwein' u. ahd. lüs 'Laus'. DWB. 9,2450, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 356. Es ist unklar, ob die Bezeichnung auf Menschen bezogen werden konnte. - vgl. mhd. swinlüs. swfnsuht* stF. 'Schwindsucht' (Gl.) - cynoglössus 'Hundszunge' (Pflanze), vgl. Mlat Wb. 2,2187. Glossare: IV, 361,32 Cinoglossa : swisut (Steinmeyer: = swisuht, also zu einem falschen Stichwort gesetzt), Kräutergl., Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. StWG. 620, SAW. 1,961 u. 1,985. Herkunft: Kompositum; zu ahd. swinan 'schwinden', KS. 751 f. s.u. schwinden sowie zu -> suht. DWB. 9,2680 s.u. Schwindsucht, Pfeifer 1264, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 715f. M. Heyne, Körperpflege, S. 130 sowie unter —>fersweinen. — vgl. mhd. swinsuht neben swintsuht. swintilöd stM. 'Schwindel' (Gl.) - aporia 'Verlegenheit', scotoma 'Dunkelheit vor den Augen, Schwindel', vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 562,1 Aporia. abhominatio : suuintilod, Sir 27,5, St. Gallen, StiftsB. 1395; Nr. 223, BV. 256, 9. Jh., alem. - suuintiloh, St. Gallen, StiftsB. 9. - suiutiloth, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1. I, 562,28 Aporia : suuintilo'h, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. I, 604,37 Spiritum uertiginis : suinti lodes, Is 19,14, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suintilodes, Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB

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Krankheitsbezeichnungen

2732. - suintil des, Göttweig, StiftsB. 46/103. - suintolodes, Clm 14689. - suintilod, Clm 18140. (Parallelhs.: suintilunga, svindilones). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 350,6 Vertigo polt suuintilodhimiles, Juven. 1,21, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. II, 759,9 Vertigo : suindiluduiuntes brut, V. Mart. 12 p. 122,8, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. - suindilut. vuintes, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., fränk. u. alem. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, S. 375]. II, 768,22 Vertigo : svintilot, Walahfr. cult. 268,40, Leipzig, UB. Rep. I 53; Nr. 260, BV. 383,10.Jh.,obd. Glossare: HSH. I, 376,502 scotomia: suintihda, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,26). III,511,11 Vertigo : suindelot, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. Adespota: IV, 222,26 Aporia : suintilod, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 620, SAW. 1,986; HSH. 3,185 s.u. suintiloda. Herkunft: eine Erweiterung zu ahd. —> swindel, swintilön. swintilön 'Schwindelgefühle haben, Schwindel' (Gl.) - aporior 'in Verlegenheit sein', vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 585,33 Aboriamor : suuintilomp, Sir 27,5, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 604,40 Spiritum uertiginis : svindilones, Is 19,14, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs.: suintilunga, suinti lodes). I, 615,9 Aboriatus est: suintilota, Is 59,16, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. suintiloti, Clm 14689. - suintilote, Clm 13002. Clm 22201. - swintilo", Clm 17403. - suintlot, Göttweig, StiftsB. 46/103. I, 764,5 (Aporiamur, vertiginem patimur) vns svintilot, II Cor. 4,8, Karlsruhe, BLB Aug. LXXXIII; Nr. 53, BV. 294,12. Jh., alem. I, 807,12 Aboriamur : unssuintilot, Lib. Com., II Cor 4,8, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. J h , bair. - unsuintilot, Clm 18140. Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 258,23 vertigo : smindelen, Macer Floridus XI, 503, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. Daneben als Präfixbildung:

swintilunga

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gi-swintilön 'schwindlig machen' (Gl.) - aporior 'in Verlegenheit sein'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 354,22 Aboriator: kasuintilot, Lv 22,22 (oder im Anschluss?), Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. StWG. 620, SAW. 1,986. Herkunft: das schwache Verb ist eine Iterativbildung zu ahd. swintan und gehört kaum, wie DWB. 9,2661 vermutet, zum erst später bezeugten Substantiv swindel. IEW. 1,10547. - vgl. mhd. swindeln. swintilunga stF. 'Schwindel, geistige Verwirrung' (Gl.) - aporia 'Verlegenheit (als geistige Verwirrung)', scotoma 'Dunkelheit vor den Augen, Schwindel', vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 576,41 Aporia : auvt^pd. suvintilunga, Sir 27,5, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - suvintilunga. avuisgod, Clm 19440. - suintilunga, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - suuintilunga, Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 14689. - smntilvnga, Clm 18036. - swintilunga, Clm 13002. Clm 14584. Clm 17403. - swintilunga, Clm 4606. — swintilinga, Clm 22201. — sumptilunga, Clm 6217. - subtilüga, Clm 14745. I, 583,17 Aporia uertigo. suindilunga, ebd., Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. V, 9,29 {Aporia) suin tu lunga, ebd., Bamberg, StB. Msc. Class. 3; Nr. 687, BV. 23,11. Jh. I, 604,41 Spiritum uertiginis : swintilunga, Is 19,14, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. — Swintilunga, Clm 13002. (Parallelhs.: swinthilungi, suinti lodes). Glossare: HSH. I, 376,502 scotomia: suindilunga, Summ. Heinr. (StSG. III, 170,28). III, 429,19 Aporia : vsintlunga (Steinmeyer: 1. svintilungd), Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827, 11. Jh., obd. IV, 34,52 Apori( : swintelunge, svvintlinge, Glossae Salomonis (i). IV, 130,66 Aporiet swintilv gia, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 195,26 Aporia. uertigo uu'nde lunga (Steinmeyer: 1. suuindelungd), Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. II./12. Jh., mfrk. Adespota: IV, 238,9 Vertigi: suuindilunga, Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. StWG. 620, SAW. 1,986.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Substantivbildung mit dem Suffix -ung zu ahd. swintilön. DWB. 9, 2667, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 623. - vgl. mhd. swindelunge 'Schwindel, Schwindsucht'. swintilungl stF. 'Schwindel' (Gl.) - vertigo 'Drehen, Wendung, Schwindel'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 604,42 Spiritum uertiginis : swinthilungi, Is 19,14, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk., (Parallelhs.: swintilunga, suinti /odes). Glossare: IV, 172,47 Vertigo : svintlungi, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. StWG. 620. Herkunft: eine morphologische Variante neben ahd. —> swintilunga. swulst* stF. 'Geschwulst' (Gl.) - tumor 'Geschwulst, Erhöhung'. Glossare: HSH. II, 509,268 tumor, succurratio : swlst, Summ. Heinr. HSH. II, 518,01.43 tumor, swulst, Summ. Heinr. (StSG. III, 261,27. 262,34). StWG. 620, SAW. 1,979. Herkunft: mit //-Suffix zu ahd. —> swellan 'schwellen' neben älterem —> giswulst. Es ist anzunehmen, dass swulst daher erst sekundär aus der präfigierten Form entstanden ist. Pfeifer 1266, DWB. 9,2751, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 626f. - vgl. mhd. swu/st.

Τ tantarön 'irre reden, wahnsinnig sein' (Gl.) - delirio 'von der geraden Linie abgehen, wahnsinnig sein, irre reden'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 763,3 Detirent: tantaront, Acta Petri et Pauli Auetore Marcello, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 622, SAW. 1,991. Herkunft: unklar; wohl zu nhd. Tand 'wertloses Zeug' und mnd. tant 'Nichtigkeit, leeres Geschwätz, Possen', tanten 'schwätzen' - vgl. auch mhd. tandaradei - , das wohl als Entlehnung aus dem Lateinischen oder einer jüngeren romanischen Sprache stammt. KS. 814, Pfeifer 1410 s.u. Tand, DWB. 11,1,1,103. Es ist aber nicht gesichert, ob die hoch- und niederdeutschen Wörter tatsächlich gemeinsamen Ursprungs sind. Vielleicht sind mhd. Tand und mnd. tant zu trennen und letzteres, bzw. ein ahd. Vorläufer, bildet die Basis des on-Verbs.

tebedig

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tara stF. 'Verletzung, Schaden' (Gl.) - laesio 'Verletzung, Schädigung'. Literarische Denkmäler: Notker 4,83,9 ... iro so gebörnero die chint-uuäga . netuen neheina tära . Ir sülnt tenchen . uuto st unerde inmortalis ex mortali. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 250,36 Lesione: tan, Greg. dial. 1,3 p. 164, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. SchW. 280, StWG. 622, SAW. 1,991. Herkunft: mit ae. daru vielleicht zu ai. dhärä 'Schneide, Schärfe, Klinge aus der Wurzel *dhö- 'schärfen'. IEW. 1,272, J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 355; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 730 s.u. taren. Als Ableitung des im Mittelhochdeutschen nicht mehr bezeugten Substantivs steht taren, tarn 'schaden, schädigen, verletzen'. tarunga stF. 'Schaden, Verletzung' (Gl.) - laesio 'Verletzung, Schädigung', laesüra 'Verletzung, Schädigung'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 560,6 Lesura : tarunga, Sap 18,3 Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 97,5 Lesio : mamsal. tarunga. odoscado, Can. apost. IX, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - tarunga. I. mamsal. odo scado, Clm 14747. StWG. 623, SAW. 1,991. Herkunft: eine Substantivbildung mit dem Suffix -ung zu ahd. taren, —> tara. Die Parallelglossierung bietet 'Schaden' in allgemeinerer Bedeutung. tawalön 'todkrank sein, im Sterben liegen' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 3,2,7 Quad er io bt noti lägi dauualonti ioh uuari in theru sühti mit großem ünmahti. SchW. 280, SAW. 1,1006. Herkunft: eine /-Erweiterung zu —> tewen, touwen 'sterben, fallen'. IEW. 1,260. tebedig 'krankhaft' (Gl.) - cardiacus 'den Magen betreffend, magenkrank'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 337,69 Cardiacus : tebediger, Hör. serm. II, 3,161, Clm 375; Nr. 305, BV. 450, 1. Hälfte 12. Jh., bair. Glossare: IV, 168,44 Cordiacus : tuebigir, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair, obd. StWG. 623.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: vermutlich ebenfalls zu —> teiven, touwen 'sterben, fallen', mit bairisch b für w. tewen, touwen 'im Sterben liegend' (Gl.) - morior 'sterben', moribundus 'im Sterben liegend', multo 'strafen, verlustig erklären', mulitiplico 'vervielfältigen', refero 'zurückführen, heimkehren'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 725,27 Erat moriturus uuas : teuuant, Lc 7,2, Karlsruhe, BLB. Aug. CLXX VIII; Nr. 63, BV. 309,10 /11. Jh., alem. I, 727,26 Erat moriturvs : uuas touuuinter, Lc 7,2, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipals Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. I, 726,7 Haec monebatur : terotouuita, Lc 8,42, Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84,10. Jh., mfrk. I, 727,45 Moriebatur : touuita. I hinatph, Lc 8,42, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 13,4 Multauit./'. mulitiplicauit; I tauuante, Aldh. laud. virg. 146,1, Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. II, 665,3 Refert [jmortem] : touuita, Verg. Aen. IX, 350, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. II, 760,38 Moribunda subintrant samaso touuante. pichuämun, Memoria Michaelis S 425 Μ 1523, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. V, 19,18 {Mori) teuuen : hina %ehan, Io 4,47, Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. StWG. 625, SAW. 1,1006. Herkunft: mit as. döjan unmittelbar oder über ein verlorenes starkes Verb zur Wurzel *dheu-. Daneben stehen an. deyja aus germ. *dauja- 'sterben' und got. diwans 'sterblich'. IEW. 1,260; s. auch —> suht, sowie J. Riecke, Die schwachen ya»-Verben, S. 681. — vgl. mhd. töuwen, touwen 'mit dem Tode ringen, dahin sterben'. diubilsiuh '(vom Teufel) besessen' (MF.). Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 1,1 dhem diubil stubborn. mAtinum. SchW. 282, SAW. 1,1000 u. 1,820. Herkunft: Kompositum, zu ahd. tiufal u. —> siub\ vgl. ae. deofol-seocnyssa. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 649: „teufelsüchtig, vom Teufel besessen, von krankhaftem Geschlechtstriebe behaftet, wahnwitzig, geisteskrank, aberwitzig." Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 143. tiufalsuhtig* '(vom Teufel) besessen' (Gl.) - ampticus 'begeistert, ergriffen', daemoniösus 'dämonisch, teuflisch', energümenos 'der vom Teufel Besessene', epilepticus 'fallsüchtig, epileptisch'.

tobahalmo*

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Glossare: HSH. I, 297,394 demoniosus, energuminus, epilenticus, ampticus: tiuuilsuhtiger, Summ. Heinr. HSH. II, 23,452 demoniosus, energuminus, ampticus: duffilsuhtiger, Summ. Heinr. StWG. 627, SAW. 1,961 u. 1,1000. Herkunft: das Adjektiv setzt ein nicht erhaltenes Substantiv *tiufalsuht voraus. DWB. 11,1,1,292, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 717: „die Geisteskrankheit, die man früher dem Besessensein durch den Teufel zuschrieb." - vgl. mhd. tiuvelsüchtic. tiufalwinnanti 'vom Teufel besessen' (Gl.) - ampticus 'begeistert, ergriffen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 631,43 Ampticium : tivuoluvinnanta^ Ier 29,26, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - tivuolvuinnanta% Clm 19440. - tiuuoluuinnantav^ Wien, ÖNB 2732. (Parallelhs.: tiuvolvuinnigen). StWG. 627, SAW. 1,1000 u. 1,1129. Herkunft: eine Adjektivbildung zu ahd. tiufal u. winnan 'heftig bemüht sein, leiden, wüten, ringen'. Pfeifer 446 s.u. gewinnen, IEW. 1,1147; s. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 808: „derjenige, der durch den Einfluss des Teufels (nach früherem Glauben) besessen ist und sich wütend, toll gebärdet." tiufalwinnlg 'vom Teufel besessen' (Gl.) - ampticus 'begeistert, ergriffen', daemoniacus 'dämonisch, teuflisch'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 631,45 Ampticium : tiuvolvuinnigen, Ier 29,26, Wien, ÖNB Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. - tiuuulwinnigen, Göttweig, StiftsB. 46/103. — tiuuil uuinnigen, Clm 14689. — tuluilwinnegin, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 272,32 Demoniacis : tivuoluvinnigen, Greg. hom. 1,4 p. 1448, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - tivuolvuinnigen, Clm 19440. - tiuvolvuinnigen, Wien, ÖNB 2723. - tiuuolvuinnigen, Clm 9573. - tiu uoluuinnigan, Clm 19440. StWG. 627, SAW. 1,1000 u. 1,1129. Herkunft: eine Adjektivableitung zu einer Bildung aus ahd. tiufal u. winnan. - vgl. mhd. tiuvelwinnic. tobahalmo* swM. 'Raserei' (Gl.) - furor 'Raserei, Wut, Verzückung'. Glossare: HSH. II, 307,01.45furor: tobehalmo, Summ. Heinr. (StSG. III, 239,26). StWG. 627, SAW. 1,1004. Herkunft: eine unklare Bildung zu ahd. —» toben, tobön; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 738. Das Grundwort könnte wie in ahd. ächalm, ächalmo 'Geschwür, Frostbeule' zum starken Verb ahd. kalan 'frieren' gehören, doch bleibt die

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Krankheitsbezeichnungen

Motivierung unklar; es sei denn, es sei von einer Bedeutung 'Schüttelfrost' auszugehen. — vgl. mhd. tobehalme. tobaheit stF. 'Unsinn, Wahnsinn' (Gl.) - delnämentum 'albernes Zeug, Geschwätz, Possen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 332,14 Dekramenta : töpaheit, Hieron. in Matth. (12,49.50) 88, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: IV, 53,10f. Deliramenta : aphenheit. tobeheit, Glossae Salomonis (g). (Parallelhs.: topiyunga, tobunga). StWG. 627, SAW. 1,1004. Herkunft: eine Ableitung mit dem reihenbildenen Suffix -beit zu ahd. —> toben. DWB. 11,1,1,531, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 738: „Tobsucht, Tollheit, Sinnlosigkeit, Raserei', Tollwut, Hundswut'. - vgl. mhd. tobeheit 'Sinnlosigkeit, Raserei, Tollheit, Wut'. tobäri* stM. 'Tobender, Wahnsinniger' (?) (Gl.) - absonus 'misstönend'. Glossare: IV, 28,22 Absonus : tobare, Glossae Salomonis (h). (Parallelhs.: toubei). StWG. 627, SAW. 1,1004. Herkunft: ein Nomen agentis zu ahd. —> toben, tobön. DWB. 11,1,1,530. tobasuht* stF. 'Wahnsinn' (Gl.) - amentia 'Verstandeslosigkeit, Verrücktheit', phnnesis 'der durch Entzündung der Hirnhäute entstandene Wahnsinn, Hirnwut'. Glossare: HSH. II, 117,20 frenesis: tobesuht, Summ. Heinr. StWG. 831, SAW. 1,961 u. 1,1004. Herkunft: Kompositum; zu ahd. toben, süht. DWB. 11,1,1,530, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 716f. s.u. Taub-Sucht, M. Heyne, Körperpflege, S. 145. - vgl. mhd. tobesuht. tobesuhtig* 'rasend, wahnsinnig' (Gl.) - anepticus 'begeistert, ergriffen', daemoniösus 'dämonisch, teuflisch', energümenos 'der vom Teufel Besessene', epilepticus 'fallsüchtig, epileptisch'. Glossare: HSH. I, 297,394 demoniosus, energuminus, epilenticus, ampticus : tobsvchtiger, Summ. Heinr. (StSG. III, 142,53; vgl. tüfe/suhteg) StWG. 627, SAW. 1,961. Herkunft: eine Adjektivbildung mit -/g-Suffix zu tobasuht. DWB. 11,1,1,532. vgl. mhd. tobesühtic.

tobenter

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toben 'toll sein, toben, lärmend herumschwärmen' (Gl.) - arrepticus 'begeistert, ergriffen', debacchor 'schwelgen, sich ereifern, lärmen und toben', deltro 'von der geraden Linie abweichen, irre, wahnwitzig, verrückt sein', energümenos 'der vom Teufel Besessene', grassor 'schreiten, hart zu Werke gehen, wüten, umhertoben', grassätor 'Herumstreicher, Herumschwärmer, Raufbold', insätiio 'vernunftlos, toll sein' (als med. Terminus), 'unsinnig sein, den Verstand verlieren', luctor 'ringen, sich abmühen, gegen etwas ankämpfen', phreneticus 'hirnwütig, gehirnkrank', pügno 'kämpfen, ernstlich streben', sevio (?) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 744,12 Deliras : dutobist, Passio Georgii 13 p. 272, Clm 22272; Nr. 463, BV. 684,11./12. Jh., obd. HSH. 11,319,147 grassor, luctor, pugno, sevio, insanio : ih dobeti, Summ. Heinr. (StSG. III, 336,31; vgl. tobön). StWG. 627, SAW. 1,1004. Herkunft: mit as. dovon, ae. doftan aus westgerm. *duba-, einer Ableitung vom Adjektiv germ. *dauba- 'taub'. KS. 817 u. 826, DWB. 11,1,1,528, IEW. 1,264, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 738. - vgl. mhd. toben. tobenter "Wahnsinniger, Besessener, Herumschwärmer' (Gl.) - tobenti 'wahnsinnig, hirnwütig, besessen' (Gl.) - tobentiu suht 'Hirnwut' (Gl.). - arrepticus 'begeistert, ergriffen', debacchor 'schwelgen, sich ereifern, lärmen und toben', delirus irre, wahnwitzig, aberwitzig, schwachsinnig', energümenos 'der vom Teufel Besessene', furens 'wütend', grassätor 'der Herumschwärmer, Herumstreicher, Raufbold', lethargus 'der Schlafsüchtige, die Schlafsucht', phreneticus 'hirnwütig, gehirnkrank'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 83,22 Delerantes : topentes, Canones, Definitio fidei chalc VII, 754, Paris, BN. lat. 3848; Nr. 507, BV. 742,12. Jh., bair. (Parallelhs.: toponte). IV, 319,13 Delerantes : topente, ebd., Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1741; Nr. 23, BV. 39,10. Jh. 11,115,19 Delirantes : toponta, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - tobinta, Clm 14689. - tobente, Wien, ÖNB 361. II, 124,28 Energuminos : topenter, Can. deer. Sir. VI, Wien, ÖNB 361; Nr. 591, BV. 909, Hs. 11. Jh., bair. II, 127,15 Debachandi: qtopanne, Can. deer. Innoc. XLIX, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. sjtopunne, Clm 6242. - toponnes, Wien, ÖNB 2732. II, 303,27 Freneticus : topanter, Greg. hom. 2,33 p. 1595, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - topanter, Wien, ÖNB 2723. - topont, Wien, ÖNB 2732. II, 606,48 Debachatus : topanter, Ruf. hist. eccl. XI, 22,101, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair.

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Krankheitsbezeichnungen

II, 748,41 Furens : tqpcn φ (dh. topantiu), V. Mart. 15 p. 125,2, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 91]. II, 753,13 (Energumim) : tq pcniyn (dh. topantun), V. Mart. 1,20 p. 173,10, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 11. Jh., bair. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 288]. II, 758,9 {Delirum) : tqpcntyn (dh. topantun), V. Mart. (Vita Bricci apud Greg. Tur. Hist. Franc. II p. 718b), Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. Glossare: HSH. I, 298,407 delirus : tobender, Summ. Heinr. HSH. II, 24,469 delirus: dobinder, Summ. Heinr. HSH. II, 117,21 freneticus: tobender, Summ. Heinr. HSH. II, 320,01.6 grassator: tobenter, Summ. Heinr. (StSG. III, 143,15.188,3. 241,12). IV, 36,31 f. Arrepticius : toponter (a), tobinter (d, e), Glossae Salomonis. (Parallelhs.: tobenter, tobent). IV, 145,16 Grassator : tobanter ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 170,43 Freneticus : tobintir, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair., obd. JJ 259,13 (litargus) Nota Litargus ... frenensis ... et dicitur in rvlgo dauendesucht, Macer Floribus XX, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, 14. Jh. [s. auch u. suht\. StWG. 627. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> toben, tobön. irtobet 'töricht, albern, schwachsinnig', im Part. Perf. 'blödsinnig, närrisch, hinfallig, alt'. (Gl.) - anus 'entnervt', brütesco 'stumpf, gefühllos werden',^/««! 'albern, einfaltig, blödsinnig, narrenhaft', injatuo 'betören', obbrütesco 'den Verstand verlieren', stokdus 'tölpelhaft, albern, brutal, unsinnig'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 585,21 Infatuates : artobetaξ Sir 23,19, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 313,15 Infatuatum est: ar tob&ist, Greg. hom. 1,17 p. 1504, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. II, 545,9 (Obbrutescentis) : ertobentes, Prud. ham. 651, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. Glossare: I, 4,31 Anus: artop&, Abrogans, Pa. K. Ra I, 54,16 Brudiscunt: artopent, Abrogans, Pa. Ra. R. - irpotent, Abrogans, K. 1,144,19 Fatue : ariop tobön.

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Krankheitsbezeichnungen

tobönti 'unsinnig, verrückt, rasend' (Gl.) - debacchor 'schwelgen, sich ereifern, lärmen und toben', impius 'gotdos, verrucht'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 101,64f. Inpudentius delerantes unscamalicbo toponte, Canones, Definitio fidei chalc. VII, 754, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair., ebenso Clm 14747. ... tw.onte, Clm 19417. - unschamalicho tobonti, Clm 14407. II, 606,30 Debacharetur : topoti, Ruf. hist. eccl. XI, 2,71, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. StWG. 628. Herkunft: als Parrizipialadjektiv zu ahd. —> tobön. tobönto 'Besessener, Wahnsinniger' (Gl.) - ämins 'unsinnig, außer sich' {mente exäderal), bacchor 'jauchzen, frohlocken, lärmen, wüten, toben, rasen', debacchor 'schwelgen, sich ereifern, lärmen und toben', delicior 'sich der Lust hingeben, frohlocken', energümenos 'der vom Teufel Besessene', delirus 'irre, wahnwitzig, aberwitzig, schwachsinnig', furiösus 'voller Wut, Raserei, unsinnig (sowohl durch Geisteszerstörung als auch durch leidenschaftliche Aufregung)', impius 'gotdos, verrucht', insänus 'seelenkrank, wahnsinnig, unsinnig, wütend', lymphätus 'wasserscheu, wahnsinnig, besessen', phreneticus 'hirnwütig, gehirnkrank'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 310,17 (?) Deliramnta : tobont, Lc 24,11 (?), Zürich, ZB. Ms. Rh. 99a; Nr. 656, BV. 1017, 9.Jh.,alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 28,52 Limphata : dobondiu, Arat. 1,594, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. V W 20,14 (limphata, bachata. .i. insaniens) [do]bondiu, ebd., Paris, BN. lat. 8318; BV. 750,11. Jh., alem. u. rheinfrk. II, 83,22 Delerantes : toponte, Canones, Definitio fidei chalc. VII, 754, Stuttgart, WLB. HB VI 109; Nr. 562, BV. 868, 9. Jh., bair. (Parallelhs.: topentes). II, 85,47 Delirantes : toponte, ebd., Würzburg, UB. M. p. th. f. 146; Nr. 647, BV. 995, Hs. 10. Jh., ostfrk. II, 86,50 Delerantes : tobonte, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 842 Helmstadiensis; Nr. 634, BV. 967, Mitte 9. Jh. II, 87,24 Delerantes : toponte, ebd., Bern, BB. Cod. 89; Nr. 28, BV. 61, 9. Jh., alem.-bair. 11,94,11 Delirantes. mente defiäentes. tobonte, ebd., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. II, 138,43 Deärantes : tobonte, ebd., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. II, 139,30 Delirantes : tobonde, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem.

tobönto

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II, 140,11 Oelirantes : tobonta, ebd., Bern, BB. Cod. 89; Nr. 28, BV. 61, 9. Jh., alem.-bair. II, 115,18 s.o. tobentiu suht. IV, 320,42 Delerantes : tobonte, ebd., Montecassino, Archivio 541; Nr. 294, BV. 438, Hs. 11. Jh. IV, 323,42 Inpudentius delerantes : unscamaliho toponte, ebd., Salzburg, Salzburger Museum Carolino Augusteum Hs. 2163; Nr. 549, BV. 838, 1. Viertel 9. Jh., bair. DDDD 316,23 Delerantes : teponentes, ebd., Madrid, Biblioteca de la Real Academia de la Historia 46; Nr. 281, BV. 425, Ende 10. Jh., ebenso Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1296. - deponentes, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1297. II, 127,16 Debachandi: topones, Can. decr.Innoc. XLIX, Wien, ÖNB Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. II, 190,54 Insanire : topon, Greg, cura 3,16 p. 58, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. II, 315,33 Delirat: tobot, Greg. hom. (Anhang), Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. - to bot, Oxford, BL. Jun. 25. II, 548,31 Impia : tobontiu, Prud. psych. 566, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 679,37 Insanire: tobon l spilon, Verg. Ekl. III, 36, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 727,20 Mente exciderat: topota, V. patr. II p. 473a, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair.; ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. II, 730,19 Mente exciderat: topota, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - tobota, Salzburg, Salzburger Museum Carolino Augusteum Hs. 2163. II, 730,50 Insanire : topon, V. patr., Vita Hilar, p. 79a, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 733,65 Deüdo. delero : tobon, ebd., Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. II, 733,28 Amens: toponte, V. patr. II, p. 454, ebd. II, 733,39 Amentes : toponte, V. patr. II, p. 465b, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. C 106,4 delirant : douod, Straßburger Isidorgl., Straßburg, UB. C. IV. 15 verbrannt; BV. 855,10 /11. Jh., as. Glossare: 1,103,7 delerat: topöt, Abrogans, R. (Parallelhs.: farstrihit,firdiligo,fartiligoi). StWG. 628. Herkunft: eine Substantivierung des flektierten Partizips 1 von ahd. —» tobön.

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Krankheitsbezeichnungen

tobunga stF. 'törichtes Zeug, Geschwätz, Wahnsinn, Torheit, Unsinn' (OT.T.; Gl.) - delirämentum 'albernes Zeug, Geschwätz, Possen'. Literarische Denkmäler: Tatian 669,16 Inti sie tho gihorenti tha% er lebeta Intigisehan uuasfon in, nigiloubtun In. Infi gisehan uuarun fora In samasa tobunga thisiu uuort. Inti nigiloubtun in. Glossen zu biblischen Schriften: I, 311,24 Oeleramenta : tobunga, Gn Prolog, St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775,10.Jh.,alem. IV, 250,8 Deliramenta : tobüga, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. (Parallelhs.: tobi^ung). I, 631,24 Insanient: topogen, Ier 25,15, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. (Parallelhs.: topont). Glossare: IV, 53,9 Deliramenta : tobunga, Glossae Salomonis (d, f). tobunga (c). (Parallelhs.: aphenheit, tobeheit, topispnga). Adespota: IV, 247,17 Oeleramenta : dobunga, Leipzig, UB. Rep. II 6; Nr. 261, BV. 384, 2. Viertel 9. Jh., ostfrk. u. mfrk. StWG. 628, SAW. 1,1004. Herkunft: eine Substantivbildung mit -««^-Suffix zu ahd. —> tobön. DWB. 11,1,1, 532. - vgl. mhd. tobunge. töd stM. 'Tod' (APs.B.FT.GB.I.L.M.MF.MH.N.NG.O.OT.Ph.PT.RhC.T.WH.; Gl.) - fünus 'Beerdigung, Leiche', letum 'Tod', mors 'Tod', necromantea 'Totenbeschwörung', nex 'Tod, Mord', obitus 'Untergang, Hinscheiden', töd beranti 'todbringend' (Gl.) - werter'todbringend', StWG. 628. töd traganti 'todbringend' (Gl.) - mortifer 'todbringend', pestifer 'todbringend', StWG. 628. Glossen zu biblischen Schriften: I, 584,46 A pestifero :fona tod tragantemu, Sir 11,35, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. 1,734,2 Mortem : todh, Lc 2,26, St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. I, 766,2 Όamnacionisgloria des todes ... niss.., II Cor. 3,9, St. Gallen, StiftsB. 70; Nr. 154, BV. 179, 2. Hälfte 8. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 19,12 Nicromantia : dot dohotrunu l belliruna, Aldh. laud. virg. 152,3 Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. J h , fränk. (?) II, 199,21 (Probrose mortis) : schontlkhfs tpdfs (Steinmeyer: dh. scantlihes todes), Greg, cura 1,3 p. 5, Clm 3767; Nr. 319, BV. 469,10./11. Jh., obd. II, 262,33 Que in eadem debeat morte resecari diu indemo selpin toda seal apa fermei^t uuerdan, Greg. dial. 4,24 p. 405, Clm 2944; Nr. 315, BV. 463,10. Jh., bair.

tödhaft

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11,310,33 Uicinam mortem : naban todh, Greg. hom. 1,12 p. 1479. Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. II, 360,9 Usque ad mortem wound 3ad'emotode, Pasturalis Liber 30, Clm ex tab. 376. II, 529,47 Funere : tpdf{d\\. tode), Prud. symm. II, 668, Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. II, 589,45f. Morti proprif thinemo eganon dotha, Prud. perist. 115, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; Nr. 100, BV. 105,10. Jh., as. u. mfrk. WWW 431,9 fleccö dur dod pisgt p caritate bescerinti, Vermerk auf Canones Hs., Verdun, Bibliotheque Publique 69. Glossare: I, 112,6 de morte \fona taode, Abrogans, Pa. 1,146,18 mors : taot, Abrogans, Pa I, 146,21 mortis: taodes, Abrogans, Pa. 1,146,28 mortiferis : taod tracanti, Abrogans, Pa. -tot trakandi, Abrogans, K. - tot draganti, Abrogans, Ra. - taod tragentem, Abrogans, R. 1,188,24 in morte: in taode, Abrogans, Pa. I, 202,17 mortifera: totperandi, Abrogans, K. HSH. 1,138,302 mors: tot, Summ. Heinr. HSH. II, 8,164 mors: dot. Summ. Heinr. (StSG. III, 76,4. III, 179,64). IV, 7,54 Nex : toth, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 148,61 Letum : tod ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. Mayer 21,13 nex : dot, Eut. ars 459,2, Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 739; BV. 94, 9./10. Jh., hd. mit nd. Spuren. StWG. 628, SAW. 1,1006 Herkunft: zu as. döth, afries. däth, ae. deap, an. daubr, got. daubus aus germ. *daupu'Tod', als Verbalabstraktum zum starken Verb germ. *dauja- 'sterben'. KS. 826, DWB. 11,1,1, 537f., IEW. 1,260; M. Höfler, Krankheitnamen-Buch, S. 739f., D. Rosenthal, Tod. - vgl. mhd. tot. töden 'sterben' (NG.) - morior 'sterben'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 8,82,9 lande todenton / in terra momentium. StWG. 628. Herkunft: eine Verbalableitung zu —> töd. DWB. 11,1,1,552 als schweizerisch. tödhaft 'sterblich, dem Tod unterworfen' (Gl.) - exitiälis 'zum Untergang führend, unheilvoll', morticinus 'gestorben, abgestorben, verreckt', mortälis 'sterblich, vergänglich'.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu biblischen Schriften: I, 353,17 Morticina eius cadaueris : todhaftiu des rees, Lv 7,24, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 353,22 Morticina uitabitis: todhaftiu ir bauuis&, Lv 11,11, ebd. I, 636,18 Morticinam : todhafta^ Ier 7,33, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 305,27 Mortalis: todhafter, Greg. hom. 1,1 p. 1438, ebd. II, 308,11 Morticina : tc^haftiu, Greg. hom. 1,7 p. 1459, ebd. II, 309,41 Carnem mortakm: fleisc todhafta% Greg. hom. 1,10 p. 1470, ebd. II, 735,11 Exitiales egn\ todhafta, V. patr. 586b,16; Zürich, ZB. Ms. Rh. 99a; Nr. 656, BV. 1017, 9. Jh., alem. StWG. 628. Herkunft: eine Adjektivbildung zu ahd. —> töd mit dem reihenbildenden Suffix -haft. DWB. 11,1,1,583. Daneben die Weiterbildung mhd. todthaftig. tödslaf'Todesschlaf, Schlafsucht' (?) (N.). Literarische Denkmäler: Notker 8,13,22 da%_ die sündigen ne-tuont. uuanda iro tot-släfleitet sie φ unräuuon. SchW. 283, SAW. 1,1006. Herkunft: Kompositum; zu -> tod u. ahd. /^'Schlaf'. DWB. 11,1,1,587. - vgl. mhd. /oir^'Schlafsucht'. ir-tophsen 'taub werden' (Gl.) - opstupesco 'betäubt werden, erstarren, (vor Erstaunen) stumm werden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 547,23 Ne obstupescas : Ni ertoftses, Ecl. 7,17, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 628. ir-tofsen Herkunft: wenn mit StWG. ir-tofsen zu lesen ist, steht das Verb isoliert. Die Graphie ist aber wohl besser als Schreibvariante von ahd. /b/, /p/ wie

in topaqente zu tobasgen aufzufassen. Es läge dann auch hier eine Erweiterung, nämlich mit /-Suffix, zu ahd. —> toben, tobön oder unmittelbar zu ahd. —> toub vor. toi 'dumm, töricht' (KG.; Gl.) - prürio 'jucken, wirr sein, lüstern sein', stultus 'betört, töricht, einfältig, albern'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 801,13 Prurientes : lüstrante. i töte, Anhang, II Tim 4,3, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: III, 13,1 Stultus : to ler, Glossae Casselanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. III, 13,1 Stultisunt: tolesint, ebd.

tolk

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SchW. 283, StWG. 629, SAW. 1,1038. Herkunft: mit as. dot, afries. doll, dull\ ae. dol aus westgerm. *dula 'toll', im Ablaut got. dwals 'einfältig', die wohl zum starken Verb germ. *dwela- 'verwirrt sein' gehören. Außergermanisch vergleicht sich air. dal!'blind'. KS. 827, DWB. 11,1,1, 631 f., IEW. 1,266; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 743 „bethört, unsinnig, ohne Überlegung, stumpfsinnig", M. Heyne, Körperpflege, S. 145 - vgl. mhd. toi, dol. tolk stN. Wunde, Verwundung, Strieme, Schwären' (B.BR.GB.O. Bonner Geschwürs.; Gl.) - livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)', papula 'Blatter, Bläschen', ulcus 'Geschwür, Schwären', vulnus "Wunde'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 107,7 andren tolc nl int dec chan ... Basler Rezepte 40,25f. ende nela%_ ίζ naeqen nesmemen hrinan daemo dolge. thanne al ob siae rhaeno, do sgsamone aegero uui^sae aende hounog rhene: lachina mid diu dae% dolg. Otfrid 3,25,27 Tha% sigisünt ther selbo folk thuruh thes einen mannes dölk, thuruh stno eino dott, tha^thünkit mih giräti. (u.ö.). Bonner Geschwürsegen 383,5 Ih bimuntun dih, suam, pigode iouh Christe ... da\ tu mewedar nigituo noh tolc noh tothoupit. Glossen zu biblischen Schriften: 1,295,8 Ulcus suo sponte nascitur tolc. Uulnus ferro fit et diatur uunta, Lv 13,18, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem, ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 312,13 In liuorem meum : intolc, Gn 4,23, St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775,10. Jh., alem. I, 316,20 Ocadi illum in uulnus meum arsluac ih inan in uunM'n mina e:do in tolg mina^ ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 354,1 Si papula : ibu tolc, Lv 22,22, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 264,54 Vlcus : tolc f . , Greg. hom. 2,40 p. 1650 (Lc 16,20), St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem.; ebenso Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7. II, 742,21 Liuor : tolc. apanst, Passio Ceciliae 186a, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossare: III, 5,26 Uulnus : tolc, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. SchW. 283, StWG. 629, SAW. 1,995. Herkunft: mit ae. dolg 'Wunde', an. dolg 'Feindschaft' vermutlich zu einem nur in jüngeren Ableitungen bezeugten starken Verbum germ. *delgan 'schlagen'. IEW.

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Krankheitsbezeichnungen

1,260, Η. Rosenfeld, Der Name, S. 477f., VEW. 153; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 742f., M. Heyne, Körperpflege, S. 158. Möglicherweise hat sich das Wort erhalten in nhd. tolk, dolk 'Tintenklecks, Fleck', DWB. 11,1,1,631 u. 2,1227. tör, töre* stN. (?) 'Narr, Tor' (MF.; Gl.) - mörio 'Erznarr, Hofnarr'. Glossare: III, 326,31 Murio onis ui muriceps catus wiltw'e (ul tore ?) - Summ. Heinr., XI. [In der Bedeutung 'Tür' Monseer Fragmente.] SchW. 283; StWG. 629; nicht HSH. 3. Herkunft: aus einem Adjektiv germ. *dau^-, das vorliegt in ahd. tusig, ae. dysig 'töricht'. KS. 828, DWB. 11,1,1,392, IEW. 1,270; M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 736 „Narr, Irrsiniger; Gehörloser". In gleicher Bedeutung vielleicht auch im Althochdeutschen schon narr und gouch, doch sind eindeutige Belege nicht zu sichern; vgl. M. Heyne, Körperpflege, S. 145. - vgl. mhd. töre, tör. töt 'tot, gestorben' (APs.B.(G.)GB.GP.H.I.M.MF.MH.N.NG.O.OG.OT.Ph.T. WH.WK; Gl.) - morior 'sterben'. Das Adjektiv erscheint in den literarischen Texten stets in der angegebenen Bedeutung. Die Einzelbelege werden daher nicht eigens angeführt. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 300, A.15 (?) ab arimathia - corpus ihu pi. doda (oder deda), zu Lc 23,51, Essen, Münsterschatz, Ältestes Evangeliar; Nr. 136, BV. 149, 10. Jh., as. (mit vereinzelt hd. Glossen). Glossare: I, 58,9 aut sepultura mortuorum : edo da\ crap toatero, Abrogans, Pa. — edho crap toandero, Abrogans, K. I, 82,36 mortuum : Ith taotiu, Abrogans, Pa. - lih taodiu, Abrogans, K. 1,122,25 mortuus : taot, Abrogans, Pa. - toat, Abrogans, K. I, 156,37 mortuorum : taotero, Abrogans, Pa. HSH. II, 8,164 mortuus: doter, Summ. Heinr. (StSG. III, 179,65). III, 382,34 Mortuus : dode, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. SchW. 283, StWG. 629, SAW. 1,1006. Herkunft: mit as. död, afries. däd, ae. dead, an. dauSr, got. daups aus germ. *dauda'tot', ursprünglich ein Partizip des starken Verbs germ. *dauja- 'sterben'. KS. 829, DWB. ll,l,l,588f., IEW. 1,260. - vgl. mhd. töt. tötbluot* (?) 'krustiges, geronnenes Blut, Wundmal' (Gl.) - vibix 'Strieme, Schwiele (von Schlägen)' Glossare:

toub

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III, 328,39 Vtbex cis reti. dotblute, Summ. Heinr. (Steinmeyer, z.St.: ren der hiute ?)· Herkunft: wenn der Ansatz zutrifft, ein Kompositum aus —> töt u. bluot, sieh dazu unter —> ren. Die Wörterbücher des Althochdeutschen verzeichnen den Beleg nicht. tötgiboran* 'totgeboren' (Gl.) - abortivus 'zu früh geboren, abtreibend*. Glossare: HSH. 1,120,65 abortivus: todgeporn, Summ. Heinr. (StSG. III, 67,47). StWG. 629, SAW. 1,1006. Herkunft: ein Partizipialadjektiv aus —> tot u. ahd. heran. DWB. 11,1,1,627. tötheit stF. 'Sterblichkeit' (NG.). Literarische Denkmäler: Notker Glossator 9,217,14 al totheit al uuärtnisse (Omne mortale omne coruptibile) (U.Ö.).

SchW. 283, StWG. 629. Herkunft: eine Substantivbildung mit dem reihenbildenden Suffix -heit zu —> tot. töt houpit 'Tod' (Bonner Geschwürs.). Literarische Denkmäler: Bonner Geschwürsegen 383,5 Ib bimuniun dib, suam, pigode iouh Christe ... da% tu niewedar nigituo noh tolc noh tothoupit. Herkunft: Kompositum; zu ahd. —> töt, houbit, vielleicht eine Zusammenbildung als expressive Verstärkung; s. auch W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 424. tötl stF. 'Tod, Sterben' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 3,25,28 tburuh sino e'ino dott, tha\ thünkit mibgiräti. (u.ö.). SchW. 283, SAW. 1,1006. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> töt. - vgl. mhd. täte stF. 'Tod'. toub 'taub, stumpf, empfindungslos, unsinnig' (G.N.O.OT.T.; Gl.) - absonus 'misstönend', absurdus 'die Ohren beleidigend, widrig klingend, unbegabt, unfähig', mlat. auch 'töricht', (MlatWb. 1,65), stoüdus 'tölpelhaft, albern, brutal, unsinnig', surdus 'taub, unempfindlich, stumpf. Literarische Denkmäler: Georgslied 95,19 Den tumben sprekenten, den touben horenten, den plinten det er sehenten. Notker 1,12,26 Sihet er ündanches e'rdo . tenchet er leuues an dia töubün erda . ttu mennisken töube machot. (u.ö.). Otfrid 3,9,7 Blintejoh ouh döube (,tha^ männiHh gilöube); ouh thara vj imo quamun.

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Krankheitsbezeichnungen

Tarian 313,7 thu toubo inti stummo geist ihgibiutu thir ... (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften QQ 94,4 si absurdum est doub ist, Paulus, Epist. 2,16, Oxford, BL. Laud. lat. 108; BV. 733, Hs. 9. Jh. (?), ostfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften II, 545,12 {Stolida [,aure\) : toubemo, Prud. ham. 655, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 7,136 surdus: douber, Summ. Heinr. HSH. II, 178,01.39 absous: töber, Summ. Heinr. (StSG. III, 179,12. 224,8). III, 390,47 Nosing surdus : dovber, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 509,27 Surdus : douber, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 28,20 Absonus : tovper (a), tovber (c), touber (k), tuber (i), Glossae Salomonis. (Parallelhs.: tobare, s.u. tobäri). IV, 128,16 Absonus : töber, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 180,5 Absurdus : toub·, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. SchW. 283, StWG. 630, SAW. 1,1004. Herkunft: zu afries. d ä f , ae. deaf, an. daufr, got. daufs aus germ. *dauba 'taub, gehörlos'. Es vergleicht sich griech. τυφλός 'blind' und vielleicht air. dub 'schwarz', die Ausgangsbedeutung ist wohl 'umnebelt'. In diesem Sinne drückt das Adjektiv zunächst ein Stumpfsein oder das Abgestorbensein der Sinne oder eines Sinnes aus. KS. 817, DWB. 11,1,1,162, IEW. 1,264; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 731, M. Heyne, Körperpflege, S. 141. vgl. mhd. toup. ir-touben 'betäuben' (Gl.) — obtundo 'schlagen, durch Schlagen stumpf machen, abstumpfen', surdus 'taub, unempfindlich, stumpf. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 624,9 Obtundis, surdum fades redouu es, Terenz, Andria II, 2,11, Paris, BN. lat. 9345; Nr. 510, BV. 753,11. Jh., mfrk. II, 624,22 Obtundas: redouues, Terenz, Adelphoe I, 2,33, ebd. StWG. 630. Herkunft: mit ahd. gt-touben 'zusammenschrumpfen, vermindern', ae. ä-diefan, an. deyfa, got. daubjan zu germ. *dauba 'taub, gehörlos', ahd. toub; vgl. auch J. Riecke, Die schwachenya«-Verben, S. 449f. - vgl. mhd. ertouben. touben 'taub werden' (Gl.) - tinnio 'klingen, klingeln'. Glossen zu biblischen Schrtiften:

ir-trinkan

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Mayer 90,3 tinniant, taupent, Commentarius in Jeremiam 800C, Clm 14425; BV. 584, Ende 8. Jh. StWG. 630, SAW. 1,1004. Herkunft: als «»-Bildung zu —> toub. - vgl. mhd. touben 'taub werden'. toumado swM. 'Geschwulst zwischen den Zehen, Frostbeule, Hühnerauge' (Gl.) - gemursa 'kleine Geschwulst zwischen den Fußzehen', pernio 'Frostbeule an den Füßen'. Glossare: III, 453,40 Pernio : toumado, Einzelgl., Die Tiere, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. IV, 115,21 Gemursa: toumado (d, f), tonmado (c), tonma de (e), Glossae Salomonis. StWG. 630, SAW. 1,579 u. 1,1003. Herkunft: wohl ein Kompositum; das Grundwort entspricht ahd. modo "Wurm, Made'. DWB. 11,1,1,328; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 383: Tauwürmer, „die man als parasitische Ursache des Aussatzes [Lepra] annahm" u. mada-wurm (cariosa vetustas). Die Verbindung mit tou 'Tau' ist volksetymologisch, eher ist das Bestimmungswort an ahd. —> tewen, touwen anzuschließen; vgl. ahd. —> touwurm. touwen —> tewen touwurm* stM. 'Ausschlag am Fuß, Ringelflechte' (?) (Gl.) - serpedo 'Rodauf' (verwechselt mit serpigo 'Schorf, Flechte' ?). Glossare: HSH. 1,155,576 serpedo : döwrm, Summ. Heinr. HSH. II, 62,162 serpedo : douwrm, Summ. Heinr. (StSG. III, 82,53. 55 [neben anderen Würmern], 202,41). III, 366,31 Serpedo : doworm, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. StWG. 630, SAW. 1,1003 u. 1,1162. Herkunft: Kompositum; vermutlich zu ahd. —> touwen sowie zu —> wurm 'Wurm, Schlange, Drache'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 833 s.u. Tau-Wurm „parasitäre Hautkrankheit, die durch das Gehen im Tau erworben wird." Die Verbindung zu ahd. tou 'Tau' ist volksetymologisch, s. toumado. - vgl. mhd. touwurm. ir-trinkan 'ertrinken' PP. ertrunken 'toll, besessen' (?) (Gl.) — lymphäticus 'wasserscheu, wahnsinnig, besessen, besinnungslos'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,488,51 Lymphaticum : erdrunchene^ Prud. cath., St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem. StWG. 635 mit der Bedeutungsangabe 'betrunken', SAW. 1,1014.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: zum starken Verb ahd. trinkan 'trinken'. DWB. 11,1,2,1392 s.u. trunken lay); Μ. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 755 s.u. Trunk, trunken. tropho stM. 'Schlagfluss, Erkrankung der Gelenke' (?) (Gl.) - nessia (Krankheitsbezeichnung). Glossen zu nicht biblischen Schriften: A2, 234 Sicut cervus thebeus viperam naribus producit, sic ego te nessia. tropho, crampho. herdo. nagado. accadens morbus in nomine patris et filii et spiritus saneti et in nomine omnium sanctorum edueo etc., Admont, StiftsB. 393; 12./13. Jh. (Teil eines Segens) A2, 46,3 u. 7 ... Quibus obviavit Nessia, Nagedo, Stechedo, Troppho, Crampho, Gigihte, Paralisis, Engelberg, StiftsB. Codex 3/2, BV. 138a, 12. Jh. (Teil eines Segens). [Für die übrigen Belege als Glossen zu lat. stilla, gutta, konnte kein heilkundlicher Zusammenhang nachgewiesen werden.] StWG. 636 u. XLVII, SAW. 1,1017. Herkunft: mit as. drop, ae. dropa, an. dropi aus germ. *drupön 'Tropfen'; in medizinischer Bedeutung auch ae. dropa 'Gelenkkrankheit'. Die Substantive gehören zum starken Verb germ. *dreupa-, ahd. triofan 'triefen'. KS. 838, Pfeifer 1468, IEW. 1,275; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 792. Die Bezeichnung beruht auf der hippokratischen Vorstellung, dass eine Lähmung entstehe, wenn sich im Körper scharfe Säfte bilden, die im Körperinneren Tropfen bilden und der Lebensenergie den Fluss verwehren, s. P. Lessiak, Gicht, S. 114, M. Heyne, Körperpflege, S. 122. - vgl. mhd. tropfe 'Tropfen; Schlagfluss'. trör* stM. 'ausgetretenes Blut, Eiter' (?) (Gl.) - täbum 'ansteckende Krankheit, Eiter, das verwesende Blut'. Glossare: III, 393,3 Scrimp tabo : tror, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. StWG. 637, SAW. 1,1021. Herkunft: mit as. drör, ablautend ae. drior, an. dreyri "Blut, Feuchtigkeit, Tau' zur Wortfamilie um germ. *dreusa- 'fallen'. DWB. 11,1,2,896 s.u. troren, IEW. 1,275; s. auch J. Riecke, Die schwachen ^«-Verben, S. 568; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 754 „Blutstropfen, der gefallen ist." - vgl. mhd. trör. truobe 'trübe; dunkel, verdunkelt, betrübt, verwirrt' (N.; Gl.). Literarische Denkmäler: Notker 8,92,8 Vnde min sela ist truobe uuirden . unde min buch. [Die übrigen Belege stehen nicht in medizinischem Zusammenhang.] SchW. 287, StWG. 639, SAW. 1,1023.

tüfarheit

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Herkunft: mit as. dröbt, afries. drive, ae. dröf, got. in drobjan 'verwirren' aus germ. *dröba-/-ja- 'trübe, verwirrt'. KS. 839, DWB. ll,l,2,1165f. I.A.2.c) u. I.B.2), IEW. 1,252. - vgl. mhd. trüebe. truobl stF. 'Verwirrung, Trübung' (Gl.) - turbidus 'in Unruhe, Verwirrung', torpor 'Betäubung, Erstarrung, Stumpfheit, Erschlaffung, Erlahmen der Geisteskraft'. Glossare: I, 260,24 Torpor: tropi, Abrogans, K. - troapi, Abrogans, Ra. I, 261,6 Turpo : iruobi, Abrogans, K. - tropi, Abrogans, Ra. StWG. 639, SAW. 1,1023. Herkunft: Substantivbildung zu ahd. truobi. DWB. 11,1,2,1186f., vgl. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 392. - vgl. mhd. trüebe. tüfar 'stumpfsinnig, blöd' (Gl.) — hebes 'stumpf, ohne Gefühl, schwerfällig, blöde, dumm', tardus 'langsam, schwer von Begriff, stumpf, stumpfsinnig, dumm'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 167,19 (Tardiom) : tuouirorun, Greg, cura 3,6 p. 40, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 232,44 Ebetes : tufra, Greg, cura 3,1 p. 34, Wien, ÖNB 949; Nr. 602, BV. 928, 9./10. Jh., bair. StWG. 646, SAW. 1,1026. Herkunft: das Adjektiv steht wohl im Ablaut zu —> toub; man vgl. IEW. 1,264, H. Falk - A. Torp, Wortschatz, S. 179 sowie —> tüfirlih (Otfrid) und ahd. ir-tüfaren. tüfar stM. 'der töricht Handelnde' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 2,22,31 Nist iuer nihein, tha\ ist mar, so harto sulth düfar, thin kind thih bitte brotes, thas^ thu mo Steina bietes. SchW. 288, SAW. 1,1026. Herkunft: eine Substantivierung des Adjektivs ahd. —> tüfar 'stumpfsinnig, blöd'. tüfarheit stF. 'Ungeschicklichkeit, Blödsinn' (Gl.) - ignöbilitäs 'Ruhmlosigkeit, niedrige Herkunft', ineptus 'unpassend, ungehörig, unschicklich, läppisch'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 809,22 [secundum] Ignobilitatem : tubheiti, Lib. Com. II Cor 11,21, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. - tubheit, Wien, ÖNB 2732. tuberheit, Wien, ÖNB 2732. - duerheit, Clm 14689. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 501,32 Inepta : tuferheit, Prud. cath. 35, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./11. Jh., alem. - tufirheit, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10./11. Jh., alem. StWG. 646, SAW. 1,1026.

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Krankheitsbezeichnungen

Herkunft: eine Abstraktbildung mit dem reihenbildenden Suffix -heit zu ahd. -> tüfar. tüfarllh 'töricht, albern, blöd' (O.; Gl.) - ineptus 'unpassend, ungehörig, unschicklich, läppisch'. Literarische Denkmäler: Otfrid 4,31,6 räfst er nan härto then düfarltchun uuorto. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 503,68 (Inepta) : tufirlicha, Prud. cath. 113, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10./11. J h , alem. SchW. 288, StWG. 646, SAW. 1,1026. Herkunft: eine //A-Bildung zu ahd. —> tüfar, s. H.U. Schmid, //^-Bildungen, S. 397 u. 519. tulisc 'töricht' (MH.) - stultus 'betört, töricht, einfältig, albern'. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 1,9,1 tulisco auurpilibant deo arlasctiu eigun leotkar. SchW. 288, SAW. 1,1026. Herkunft: mit aschw. dylska, dulska 'träge' mit -w^-Suffix zu ahd. —> toi,\ as. ae. dol 'töricht, albern', das selbst zum starken Verb germ, dweta- 'betäuben' gehört. IEW. 1,266, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 170, s. auch K. Matzel, Wortgeschichtliches, S. 8, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 743. tumb 'stumpfsinnig, einfältig, dumm, unverständig, unvernünftig, töricht, stumm' (G.N. NG.O.OT.T.; Gl.) - brütus 'schwer, schwerfällig, geistig stumpf, gefühllos, dumm', hebes 'stumpf, ohne Gefühl, schwerfällig, blöde, dumm', ineptus 'unpassend, läppisch, abgeschmackt', tnßrmus 'schwach, krank', rnütus 'stumm, sprachlos', stultus 'betört, töricht, einfältig, albern'. Literarische Denkmäler: Georgslied 95,19 Den tumben sprekenten, den touben horenten, den plinten det er sehenten. Notker 10,428,6 Tümb mennisco . der siü betot. umbe die geltchi den menniscon Udo. (uö.). Otfrid 4,5,15 Uuir uuärun ümbitherbe ioh härto filu dtimbe, so thte särgot nirknäent ouh tmo sih ninähent. Tatian 165,14 Inti altera giuuelih thiethar thisu minu uuortgihörit Inti siu nituot. therist gilih tumbemo man thiethar gisjmbnta sin hüs ubar sant. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 233,10 Infirmos, ebetes : tumma, Greg, cura 3,14 p. 53, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. bis ausgehendes 10. Jh., alem. II, 487,29 Bruto : tumbun, Prud. cath. 89, St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. J h , alem.

ir-tumben

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II, 581,4 Ineptus: dübo, Prud. perist. 298, ebd. Glossare: III, 12,20 Mutus ·. tumper, Glossae Cassellanae, Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair. HSH. I, 293,333 brutus: tumber, Summ. Heinr. HSH. II, 24,463 brutus, stultus: tumber, Summ. Heinr. (StSG. III, 141,33. 187,69). III, 385,11 ... he is ein vernunstiger he is ein dumber, Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 385,14 Stultus: dumb, ebd. III, 408,28 Brutus : tumber, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. IV, 4,65 Brutus tumber narro, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 25,8 Brutus : tumb, Liber Glossarum, Nürnberg, Germanische Nationalmuseum Hs. 42523; Nr. 486, BV. 716,13. Jh. P e r Beleg StSG. II, 577,59 Stolida : dumb, Prud. apoth. 194, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216.] SchW. 288, StWG. 641, SAW. 1,1028. Herkunft: zu as. afries. ae. dumb, an. dumbr, got. dumbs aus germ. *dumba- 'stumm; unerfahren, töricht'; es handelt sich vielleicht um eine nasalierte Form zur Wortfamilie von ahd. -> taub. KS. 199, Pfeifer 251, DWB. 2,1510 s.u. dumm, IEW. 1,264, M. Heyne, Körperpflege, S. 146. - vgl. mhd. tump. tumben 'töricht sein, sich albern benehmen, unsinnig, stumpfsinnig handeln' (Gl.) - desipio 'sich der Torheit überlassen, unsinnig sein (als Krankheitszustand)', recogito 'bei sich überdenken, überlegen' (?), resipio 'einen Nachgeschmack haben, nach etwas schmecken' (?), retraho 'zurückziehen, zurückhalten, hinziehen' (?). Glossare: HSH. II, 448,181 resipio, retraho, recogito : i tumbon, Summ. Heinr. HSH. II, 111,41 desipio: ich tumben, Summ. Heinr. (StSG. III, 219,38. 256,12f.). Daneben als Präfixbildung: ir-tumben 'stumpf werden' (Gl.) - hebeto 'stumpf machen, abstumpfen, entkräften'. II, 749,27 Hcebetatus : artum pet, V. Mart. 24 p. 134,8, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 128], P e r Beleg StSG. IV, 178,9 Desipio : iedumbe (Steinmeyer: 1. ic dumbe), Alphabetisches GL, Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (Marienfelder Glossen), ist altsäch-

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Krankheitsbezeichnungen

sisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 216; vgl. auch as. dumbhed 'albernes Handeln', StSG. II, 580,55 und dumbheidt 'Unverstand', Gl. L, 65,6.] StWG. 641, SAW. 1,1028. Herkunft: das schwache Verb ist eine w-Bildung zu —> tumb. DWB. 2,1518. - vgl. mhd. tumben. tumbizzen* 'töricht sein, unsinnig handeln' (Gl.) - desipio 'sich der Torheit überlassen, unsinnig sein (als Krankheitszustand)'. Glossare: HSH. II, 263,187 desipio : tumbi^o, Summ. Heinr. (StSG. III, 298,61). III, 420,9 Desipere : tumbicen, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. StWG. 641, SAW. 1,1028. Herkunft: eine Intensivbildung mit dem Suffix germ. *-atja zu ahd. —> tumben, tumbötr, vgl. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 236. tumbllh 'töricht' (NG.; Gl.: 'sinnlos, unvernünftig, töricht') - absurdus 'die Ohren beleidigend, widrig klingend, unbegabt, unfähig', stultus 'betört, töricht, einfältig, albern'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 9,235,20 doh in dunche stultum (tümptich). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 124,54 Absurdum : tüplih, Can. deer. Innoc. XIII, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. - tumplih, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - tümptich, Wien, ÖNB 361. II, 132,18 Absurdum : tüplih, Can. deer. Leon. XLIX, ebd.; ebenso Wien, ÖNB 2732. Salzburg, Salzburger Museum Carolino Augusteum Hs. 2163. — tvplih, Clm 19440. - tumplih, Wien, ÖNB 2723. StWG. 641. Herkunft: wie afries. dumlik 'dumm, töricht' eine Adjektivbildung mit ///i-Suffix zu ahd. -> tumb, afries. dumb. H.U. Schmid, /^-Bildungen, S. 398, DWB. 2,1516. vgl. mhd. tumplich. tumbmuoti 'unverständig, töricht' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 1,3,29 Htigi uueih thir sägeti, niuuis dümpmuati. (u.ö.). SchW. 289, SAW. 1,1028. Herkunft: Kompositum; zu —» tumb sowie zu ahd. muot 'Seele, Herz, Gefühl, Sinn, Verstand'. tumbnissi, tumbnissl stN. 'Torheit' (T.). Literarische Denkmäler:

tusig

Tatian 273,2 Jon bergen uygangent ubile githanca ..., ubil ouga, bismarunga tumpnessi. SchW. 289, SAW. 1,1028. Herkunft: eine Substantivbildung mit dem Suffix -nissi zu ahd. —> tumb.

485 ubarbuht,

tuncalen 'die Sehkraft verlieren, dunkel machen' (Gl.) - cäligo 'Dampf aufsteigen lassen, Schwindel erregen, in Dunkel gehüllt sein, trübe, blöde, schwach (an Sehkraft) sein', deficio 'abnehmen, schwinden, sich verfinstern, die Besinnung verlieren', hebeto 'stumpf machen, abstumpfen, entkräften'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 273,56 Caiigauerunt: nibulton (+ tu'kileton), Gn 27,1, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. I, 397,19 Deßäant: tunchlent, I Sm 2,33, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. J h , bair, ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - tunchilont, Göttweig, StiftsB. 46/103. - tunchilint, Clm 13002. Clm 17403. (Parallelhs.: %gent). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 72,9 Caligaret: tünch leti, Boeth. cons. 1,1 p. 5,42, Clm 18765; Nr. 440, BV. 657,11. Jh., bair. II, 528,12 Hebetat: txnchklkt (dh. tüncht hi), Prud. symm. I, 421, Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. II, 658,15 Hebetant: tunclent, Verg. Aen. VI, 732, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. StWG. 642, SAW. 1,1030. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zum Adjektiv ahd. tuncal aus germ. *denkw- 'dunkel'. Neben dem Simplex steht die Präfixbildung ahd. bi-tuncakn sowie mit r-Suffix as. dunkar. DWB. 2,1543f., IEW. 1,248 sowie J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 452f. — vgl. mhd. tunkein. tusig 'stumpfsinnig, töricht' (Gl.) - brütus 'schwer, schwerfällig, geistig stumpf, gefühllos, dumm', hebes 'stumpf, ohne Gefühl, schwerfällig, blöde, dumm'. Glossare: I, 54,11 ebis: tisic, Abrogans, Pa. - tusic, Abrogans, K., Ra. I, 264,9 stue brutus: edho sie, Abrogans, K. StWG. 645, SAW. 1,1037. Herkunft: die Adjektivbildung mit dem Suffix -ig setzt ein nicht erhaltenes Adjektiv ahd. *tusi 'töricht' aus germ. *deu%a- voraus, vgl. ae. dysig neben dysi sowie mnd. düsen, mhd. tüsen. J. Riecke, Die schwachen ^»-Verben, S. 511 f. s.u. bi-tussen 'töricht, verblendet sein', Pfeifer 1301, DWB. 2,1760f., IEW. 1,270, M. Heyne, Körperpflege, S. 145. Sieh auch W. Wissmann, Deutsche Grammatik, 3, S. 132, J. Splett, Abrogans-Studien, S. 109.

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Krankheitsbezeichnungen

twalm 'Verwirrung, Betäubung(smittel), Schlafkrankheit, [Mandragora; Zaunrübe (?)]' (Gl.) - excessus 'Heraustreten, Hervortreten, Abschweifung, Digression', lethargus 'der Schlafsüchtige, die Schlafsucht', opium 'Opium, Mohnsaft'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 626,56 {Letheo - somno) lethargus : tualm, Verg. Georg. I, 78, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. Glossare: I,188,16 In excessu : in tualme, Abrogans, Pa. - in tuualme, Abrogans, K. - in dualme, Abrogans, Ra. HSH. II, 393,04.4 opium: twalm, Summ. Heinr. (StSG. III, 321,37). III, 584,29 Briorua : tuualm, Pflanzengl. MXXXI, Clm 4583; Nr. 326, BV. 483, 12. Jh., bair. III, 586,15 Mandragora : twalm, ebd. IV, 74,29 Lethargus : tualm, Glossae Salomonis (d, e), ebenso tvalm (g), twalm (a, c)· IV, 148,60 Letragus : tvalm ./, ebd. London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. J h , bair. IV, 153,27 Opium : twalm ebd. StWG. 646, SAW. 1,1038. Herkunft: mit as. dwalm, ae. dwolma aus germ. *dwela-. KS. 659, DWB. 2,1229 s.u. Dolm, Tolm u. 11,1,2,1954 s.u. Twalm, IEW. 1,266; M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 485 s.u. Qualm „halb bewusster oder ganz bewussdoser Zustand des Menschen infolge von Betäubung, Gift, Fieber, Ohnmacht"; H. Marzell, Pflanzennamen, 3,13 u. 1,690; s. auch fnhd. dwalmig, twalmig 'gefühllos, abgestumpft', DWB. 2,1776 u. 11,1,2,1954. - vgl. mhd. twalm "Betäubung, Ohnmacht, Traum, Vision, betäubender Saft'. twälsuht stF. 'Lethargie, Schlafkrankheit' (Gl.) - lethargus 'der Schlafsüchtige, Schlafsucht'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,70,12 (Loetargum) : tualsuth, Boeth. cons. 1,2 p. 6,2, Wien, ÖNB 271; Nr. 587, BV. 904,10. Jh., bair. StWG. 646, SAW. 1,961 u. 1038. Herkunft: wohl als Kompositum zu ahd. —» twalm, suht, vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 713 s.u. qualmsüchtig 'lethargicus'.

u ubarbein stN. 'Überbein' (Pariserüberbeins.) Literarische Denkmäler: Pariser Überbeinsegen 386,4 Ih besueren dich, uberbein, bi dem holye ...

ubilblätara

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Herkunft: wohl ein präpositionales Rektionskompositum aus ahd. —» bein 'Knochen' und der Präposition ahd. ubar 'über'. Beim Überbein handelt es sich im eigentlichen Sinne nicht um einen Knochen, sondern um eine verhärtete Sehnengeschwulst oder einen Auswuchs am Knochen. DWB.11,2,137; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 37, ursprünglich „eine spatähnliche Exostose am VorderSchienbein und Unterkiefer des Pferdes", dann auch auf den menschlichen Körper übertragen. - vgl. mhd. Überbein. ubarbluotlg* 'an Blutungen leidend' (Gl.) - superfluus (sanguis) 'überflüssig, das Überflüssige, Abgang'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 414,14 qui superfluum sanguinem id est überblüthdich habent, Hildegard von Bingen (?), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. StWG. 647, SAW. 1,85. Herkunft: ein Partikelkompositum zu ahd. bluotig 'blutig' und ubar 'über'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 60 „eine Blutanhäufung im Mastdarm des Rindviehs". ubil 'krank' (T.; Gl.). Literarische Denkmäler: Tatian 271,29f. fon herben usgangeni ubilegithanca ... ubilouga bismarunga ubarbuht tumpnissi. [Daneben vereinzelt auch ubil wesan in der Bedeutung 'schlecht gehen, krank sein', SAW.] SchW. 293, StWG. 650, SAW. 1,1041. Herkunft: zu ahd. ubil, ubilo 'böse, übel; krank' aus germ. *ubi!a 'übel'; man vergleiche in medizinischer Bedeutung got. ubila 'krank'. KS. 844, DWB. ll,2,6f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 759. Vgl. auch ahd. ubil ouga (s.o. Tatian) u. —» rinnan. — mhd. übele, übel. ubilblätara swF. 'Karbunkel, Geschwür' (Gl.) - carbunculus 'Geschwür, Karbunkel', malandrium Ohsen (am Hals), Aussatz, Räude'. Glossare: III, 486,41 Carbunculus : ubil blatera, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 489,40 Malannum : ubel blatera, ebd. III, 496,19 Carbunculus : ubel bladera, Pflanzengl. MXII. Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 650. Herkunft: Kompositum; zu ahd. ubil 'böse' u. —> blätara. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 52 „Milzbrand, Karbunkel".

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Krankheitsbezeichnungen

üfdruos* stF. 'Geschwür' (Gl.) - glandiola 'die (geschwollenen) Drüsen am Hals, Mandeln'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 369,13 ( ) Adglandiola. que dicuntur üf druese, Kaisheimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13.Jh.,obd. StWG. 109 s.u. zu druos, SAW. 1,115 Herkunft: eine Präfixbildung zu —> druos. ulwurm stM. 'Eingeweidewurm' (?) (Gl.) - lumbricus 'Eingeweidewurm, Spulwurm, Regenwurm'. Glossare: III, 502,50 Lumbrici: uolwrmi, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 414,27 Iste de vlwrm et de iecore talpe ... unguentum faäat, Hildegard von Bingen (?), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 414,36 de vhvurme et de iecore talpe, ebd. StSG. 652, SAW. 1,1162 'Regenwurm' (?) unter einem isolierten Ansatz [uolen], Herkunft: Kompositum; vielleicht eine Entstellung aus ahd. —> spuokvurm, man vgl. aber M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch 834 u. Ull-wurm. „Ulm- oder OlmWurm?", DWB. 11,2,731 u. Ohle, Uhlen, Ulen als regionale Bezeichnung für ammocoetes branchialis u. ebd. 11,2,760. Ansprechend, aber nicht sicher, ist die von D. Schreiber, Untersuchung zum Wortschatz, S. 71 f., vorgeschlagene Verbindung mit lat. ültgo 'Feuchtigkeit des Bodens'. Bei Hildegard bezeichnet ulwurm den Regenwurm (s. ebd.), im Berliner Pflanzenglossar kommen auch sonst Krankheitsbezeichnungen vor, daher ist die Deutung hier ungewiss. unbirlg 'unfruchtbar' (N.NG.WH.) - sterilis 'unfruchtbar'. Literarische Denkmäler: Notker 10,506,9 Kitege menniscen undefreche die unbirige boüma sint. (u.ö.). Williram 25v,16f. ünte iro nechein ist ütibärig. SchW. 295, StWG. 655, SAW. 1,52. Herkunft: eine Adjektivbildung mit Negationspartikel und -/g-Suffix zu ahd. heran 'gebären'. unbirigi stF. 'Unfruchtbarkeit' (N.NG.) sterilitäs 'Unfruchtbarkeit'. Literarische Denkmäler: Notker 10,506,8 Dar hängent sie. unde suigent. uuanda iro unbirigi habet sie gesueiget. Notker Glossator 8,111,6 unde ih an iü (unbirigi) sterilitatemfand. SchW. 295, StWG. 655, SAW. 1,51. Herkunft: eine Abstraktbildung zu —> unbirig

unganzl

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unbiwaröt 'stumpfsinnig, taub' (Gl.) - surdus 'taub, unempfindlich, stumpf. Glossen zu biblischen Schriften: 1, 351,7 Surdo : dem umbewarteme, Lv 19,14 Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair, ebenso Clm 17403. (Parallelhs.: abavuartemo). StWG. 655, SAW. 1,1065. Herkunft: ein Partitizipialadjektiv mit Negationspartikel zu ahd. bi-warön 'behüten'. - vgl. mhd. unbewart 'unbehütet'. undräti stF. 'Schwäche' (N.) Literarische Denkmäler: Notker 3,239,7 Diu doh tia erda dürh skinert nemäg . ünde den mere . fore undräti den skimon. SchW. 295, SAW. 1,149. Herkunft: eine Substantivbildung mit Negationspartikel zu ahd. dräti 'heftig, jäh'. unfertig 'krank' (Gl.) - tnfirmus 'schwach, körperlich angegriffen, krank'. Glossen zu biblischen Schriften: I,309,19 lnfirmiora : unuertige, Gn 42,9, Clm 13002; Nr. 374, BV. 558, Hs. 12. Jh., bair, ebenso Clm 17403. (Parallelhs.: unfestiruri). [Die Mehrzahl der Belege gehört zu lat inaccessus, invius in der Bedeutung 'unzugänglich, ungangbar'.] StWG. 657, SAW. 1,149. Herkunft: eine Adjektivweiterbildung mit Negationspartikel zu ahd. fertig. DWB. ll,3,538f., A.II.2a), M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 130f. s . u . f e r t i g . - vgl. mhd. unvertec 'unwegsam, nicht imstande sein zu gehen, krank'. u n g a n z 'krank; unheilvoll' (?) (N.; Gl.) - letifer 'den Tod bringend, tödlich'. Literarische Denkmäler: Notker 5,97,1 aide gan%e aide ύη gan^e. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 694,57 Loetifer: ungan^ Verg. Aen. III, 139, Melk, StiftsB. Nr. 1545 Vergil; Nr. 292, BV. 434, 12. Jh., rheinfrk. Abschrift einer alem. Vorlage. SchW. 296, StWG. 658, SAW. 1,287. Herkunft: eine Adjektivweiterbildung mit Negationspartikel zu ahd. gan% DWB. 11,3, 610f. - vgl. mhd. ungan^ 'nicht ganz, unvollständig, unvollkommen'. u n g a n z l stF. 'Krankheit, Makel' (N.O.; Gl.) - macula 'der (entstellende) Fleck, das Mal, Makel'. Literarische Denkmäler: Notker 10,531,14 demo ferbindet er hier ünganq . mit sacramentis gcclesia(. Otfrid 3,4,34 tho drühtin thio linganyi nam fon themo kümigen man. Glossen zu biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

I, 658,45 Macula : ungen^ Dn 1,4, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. J h , bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 13002. - umgenq, Clm 17403. - ungenti, Göttweig, StiftsB. 46/103. (Parallelhs.: meil·). SchW. 296, StWG. 658, SAW. 1,287. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> ungan%. ungihörenti 'taub' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 8,128,19 Vnde uuard ih also der ungehorendo man. SchW. 297, SAW. 1,400. Herkunft: zum Partizipialadjektiv ahd. angehöret. DWB. 11,3,721 s.u. ungehört'taub, schwerhörig'. - vgl. mhd. ungeharet 'nicht gehört, unerhört, taub'. ungenistig 'unheilbar' (N.) - insändbiUs 'unheilbar, unverbesserlich'. Literarische Denkmäler: Notker 10,561,18 Iro uutn ist cälla draconum. unde ungenistig eiter aspidum. SchW. 297, SAW. 1,664.0 Herkunft: eine Adjektivweiterbildung mit Negationspartikel zu —> ginist 'Genesung'. ungerech 'verwirrt, aufrührerisch' (N.) - turbätus 'unruhig, verwirrt'. Literarische Denkmäler: Notker 8,19,20 Vnde min seta ist harto in üngerechen. (u.ö.). SchW. 298, StWG. 662, SAW. 1,734. Herkunft: eine Adjektivweiterbildung mit Negationspartikel zu ahd. girech 'geordnet, ordnungsgemäß, glücklich' — vgl. mhd. ungerech 'nicht in gehörigem Zustand befindlich'. unheil 'krank, wahnsinnig' (N.; Gl.) - insänus 'seelenkrank, wahnsinnig', vesänus 'wahnsinnig, unsinnig, überspannt'. Literarische Denkmäler: Notker 8,125,19 Fone dero gägenuuerti mtnero sundon. Die irrahton dtn %orn. da% mih Anheilen getan habet. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 226,73 Insanorum : unheilono, Greg, cura 3,2, p. 36, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. SAW. 1,370. Herkunft: mit ae. unhäl, an. üheill, got. unhaits als Adjektivweiterbildung mit Negationspartikel zu germ. *haila- 'gesund, ganz'. DWB. 11,3,1049, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 227.

unheill

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unheil stN. 'Schaden, Krankheit' (Gl.) - damnum 'Schaden, Verlust, Nachteil', devötätio 'Aufopferung, Verwünschung', vesänia "Wahnsinn, Raserei'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 438,17 Deuotatio id conspiratio cum voto. id ivramento. vulgo diätur. pihei% ( ) vnheil. scelta, III Rg 8,38, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. (Parallelhs.: scelta). I, 445,6 Deuotatio : unheil, III Rg 8,38, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 327,24 Damno: unheil, Hieron. Epist. LH p. 261, St. Gallen, StiftsB. 159; Nr. 165, BV. 191.10./11. Jh. IV, 23,54 Uesania : unhell, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 665, SAW. 1,369. Herkunft: mit ae. unhalu, an. üheill, got unheili als Substantivbildung mit Negationspartikel zu germ. * hatla- 'gesund, ganz', ahd. —> heil 'Gesundheit'. DWB. 11,3, 1049. - vgl. mhd. unhetl 'Unheil, Unglück, Verderben'. unheiläri stM. "Wahnsinniger' (MH.) - insänus 'der Tolle, Unsinnige'. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 22,4,4 ... kiuuaffantiu sarfem chlauuon uui^narra unheilara henti. SchW. 299, SAW. 1,370. Herkunft: ein Nomen agentis zu —> unheil. unheilen 'toll sein' (Gl.) - insänio 'vernunfdos, toll sein' (als med. Terminus), 'unsinnig, den Verstand verloren haben'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 654,29 Insaniuit : unheileta, Ez 23,5, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. StWG. 665, SAW. 1,369. Herkunft: eine schwache Verbalbildung mit Negationspartikel zu —> heilen. unheill stF. 'Krankheit, Wahnsinn, Tollheit' (O.; Gl.) - tnsänia 'Vernunfdosigkeit, Tollheit'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,16,41 Thiu kräft ist iu gimeini, tha£ nist unheili in uuörolti % uuare, nub ir sa heilet säre. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 226,74 Insaniae : unheili, Greg, cura 3,2 p. 36, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. Glossare:

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Krankheitsbezeichnungen

I, 110,26 insanta : unhaili, Abrogans, Pa. - unheili, Abrogans, K. SchW. 299, StWG. 665, SAW. 1,370. Herkunft: eine Substantivbildungen zu —> unheil, unheilen. unheilida stF. 'Unheil, Unglück' (Gl.) - lüridus 'blassgelb, fahl, leichenblass (wie bei Gelbsüchtigen)', malitia 'schlechte Beschaffenheit, Schurkerei'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 318,50 Lurida : unheilida, Greg. hom. (Anhang), Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. U 448,30 malatiam uelpasturam unheilida l venenum, Hieron. Epist. XXXIV, Paris, BN. lat. 9532; BV. 755, 9./10. Jh. u. ca. 1000, mfrk. StWG. 665, SAW. 1,370. Herkunft: eine Suffixerweiterung mit dem Suffix -ida zu —> unheilen, unheil. unheilllh 'unheilbar' (Gl.) - insänäbilis 'unheilbar, unverbesserlich'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 282,38 Insanabile : unheiUihaξ Dt 32,33, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. - Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./ 9. Jh., alem. StWG. 665, SAW. 1,371. Herkunft: eine Adjektivweiterbildung mit Negationspartikel zu —> heilih 'heilsam'. DWB. 11,3,1053. - vgl. mhd. unheilic sowie fnhd. unheiligkeit. unirsmalzitf stF. 'Übersättugung, Mangel an Verdauung' (Gl.) - indigenes 'Mangel an Verdauung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 50,37 Indigenes : ubarseti. unersmaliqtin, Reg. Ben. 39, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 667, SAW. 1,883. Herkunft: eine Substantivbildung mit Negationspartikel zu einem nicht bezeugten Verbum ahd. *(ir-)smalspn zu smal·^ wie salbön zu —> salba. unkraft stF. 'Schwäche, Schwachheit, Krankheit' (N.NG.WH.; Gl.) - imbecillitäs 'Schwäche, schwächliche Gesundheit, Kränklichkeit', infirmitäs 'Schwäche, Mattigkeit, Krankheit', molestia 'Beschwerde, Pein, Missbehagen, Gedrücktheit', valetüdo 'Gesundheitszustand, Krankheit, Schwäche'. Literarische Denkmäler: Notker 3,190,23 Chtus uuio michelunchräft tero übelon ist. (u.ö.). Notker Glossator 10,370,5 Sie ne-uuolton süfton in infirmitatem (unchräft. Williram 10v,7 Ih bekennen mine unkraft. Glossen zu biblischen Schriften:

unchreftlg

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I, 527,2f. Pre ualitudine : voraminero vnchrefti, Prv, Prolog, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - unchrefti, Wien, ÖNB 2723. - vnchrephti, Clm 19440. - uora minero unchrepti, Wien, ÖNB 2732. - uor miner unchrefti, Göttweig, StiftsB. 46/103. - vnchrefte, Clm 22201. I, 585,9 Inbecillitate : in unchrefti, Sir 19,25, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. IV, 297,13 si in sahbato curaret. arguerent eum ... aut de imbecillitate. uncraft, Lc 6,7, ebd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 296,16 Molestia : unchrefti, Greg. hom. 2,22 p. 1530, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair., ebenso Clm 9573. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - unchrephti. siuhhi, Clm 19440. [Der Beleg StSG. IV, 290,23 (Non potuerunt curare eum) hoc non propter apostolorum imbecillitatem un crefti, Mt 17,15, Essen, Münsterschatz, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 219.] SchW. 299, StWG. 667, SAW. 1,480. Herkunft: wie as. unkraft, ae. uncraft mit Negationspartikel zum Substantiv germ. *krafti-, DWB. 11,3,1105, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 304; vgl. auch ahd. kreftilös 'kraftlos, gebrechlich', kreftilosi 'Schwäche, Ohnmacht', SAW. 1,480, sowie mhd. unkraft. unchreftlg 'kraftlos, schwach' (B.GB.N.NG.; Gl.) - elumbis 'lendenlahm, entnervt', imbeallis 'schwach, kränklich, unwirksam (von Heilmitteln)', infirmus 'krank, schwach', invalidus 'schwach, kraftlos, krank'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 86,18 ... ist kesuahhit minna vn chref tigern. Notker 8,92,17 Min chraft ist ünchreftig morden in armheite. (u.ö.). Notker Glossator 9,289,12 uuanda uuirpauperes unde infirmt btrin / arme ioh ünchreftig. (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: IV, 297,3 giuuendiad quod lassi sunt et inbecilles. unkrataga, Lc 4,39, Essen, Münsterschatz, Ältestes Evangeliar; Nr. 136, BV. 149, 10. Jh., as. (mit vereinzelt hd. Glossen). Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,78,55 Inbealhons : uncreftigera, Boeth. cons. 3,9 p. 67,15, London, BMMss. Arund. 514; Nr. 276, BV. 408,10./11. Jh., fränk. II, 592,73 Elumbem : deunchreftingin, Prud. psych. 314, Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. SchW. 299, StWG. 667, SAW. 1,480. Herkunft: eine Suffixbildung mit Negationspartikel zu —> unkraft, vgl. as. unkraftag, ae. uncraftig, an. ükröptugr. DWB. ll,3,1106f. - vgl. mhd. unkreftec.

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Kranlcheitsbezeichnungen

unchreftfgf 'Schwäche' (B.GB.). Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 91,3 fora si ke sehan vn ehreftjgii. (u.ö.). SchW. 299, SAW. 1,480. Herkunft: eine Substantivbildung zu unchreftig. DWB. 11,3,1108 s.u. Unkräftigkeit. uncrefügöt 'schwach, geschwächt, kraftlos' (N.RhC.) - infirmatus 'geschwächt, entkräftet'. Literarische Denkmäler: Rheinfränkische Cantica 301,22 hata kintguncreftigot uuart. [Bezogen auf das Erbe bei Notker II, 255,7.] SchW. 299, SAW. 1,480 unkreftigön 'schwach, gebrechlich, kraftlos'; R.-M. S. Heffner, A word index, S. 94 giunkreftigun. Herkunft: eine Adjektivweiterbildung mit Suffix zu —> unchrefltg. unmaht stF. 'Krankheit, Gebrechen, Ohnmacht, Schwäche' (N.O.OT. T.; Gl.) imbecillitäs 'Schwäche, schwächliche Gesundheit, Kränklichkeit', infirmitds 'Schwäche, Mattigkeit, Krankheit'. Literarische Denkmäler: Notker 2,130,20 Tär diu mäht äba gat tiu sälige tüot . tär gät tiu tinmäht νφ . diu uuenege tüot. (u.ö.). Otfrid 3,2,8 Quad, er to bi ηδύ lägt däuualonti ioh uuäri in theru siihti mit großem ünmahti. (u.ö.) Tatian 341,31 senu tho uuib thiu habetageist unmahtiahtoyehen iär ... (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 492,51 Exanimata est : inunmahti vuard, Est 15,18, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 50,33 Inbeciiii : un maht, Reg. Ben. 37, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. [In der Bedeutung 'Hingesunkener, Gestorbener' StSG. II, 663,45.] SchW. 300, StWG. 668, SAW. 1,581. Herkunft: wie ae. unmeaht, an. umättr, got. unmahts mit Negationspartikel zu germ. *mahti-, DWB. 11, 3,1155f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 382. Das Wort bezeichnet die körperliche Hinfälligkeit im allgemeinen, s. M. Heyne, Körperpflege, S. 117. - vgl. mhd. unmaht. gi-unmahten 'ohnmächtig, schwach, kraftos werden' (Gl.) - deficto 'abnehmen, schwinden, sich verfinstern, die Besinnung verlieren', elanguesco 'erschlaffen, schlaff werden, ermatten', languesco 'matt, krank werden'. Glossen zu biblischen Schriften:

unmahög

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1,385,6 Defeat: gümahtote, Idt 5,27, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair. - gummahtote, Clm 17403. (Parallelhs.: gtunmageta, qgincti). I, 663,20 Langui : giümahteta, Dn 8,27, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - giummaht&a, Clm 19440. - gunmag&a, Wien, ÖNB 2732. -gummag&, Wien, ÖNB 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103. - giunmagota, Clm 14689. (Parallelhs. sichoto.) Mayer 8,3 elangui k:.-: nmht:t- (dh. kiunmahteta), Greg. dial. 277C, Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 10; BV. 15,10. Jh., bair. StWG. 668, SAW. 1,581. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu —> unmaht. - vgl. mhd. unmechten. unmahtl stF. 'Schwäche, Gebrechen, Ohnmacht' (B.GB.; Gl.) - malefactio 'Übeltat'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 93,12 mtssilichero um mab tim (u.ö.). Adespota: IV, 244,19 Malfactio : unmahti, St. Gallen, StiftsB. 270; Nr. 185, BV. 214, 2. Hälfte 9. Jh. SchW. 300, StWG. 668, SAW. 1,581. Herkunft: als Variante neben —> unmaht. unmahtlg 'schwach, krafdos, unfähig, krank' (B.GB.JB.N.NG.O.OT.T.WB.; Gl.) - exanimis 'atemlos, halbtot, betäubt vor Schreck', imbecillis 'schwach, gebrechlich, kränklich', tnfirmus 'schwach, krank', invalidus 'schwach, kraftlos, krank'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 30,9 nahhutan vvattan unmahtjgan uuison totanpi craban (u.ö.). Jüngere Beichte 315,20 Ih giho tir, trohtin, daζ ih unmahtigero unti dero ... nigiuuisota. Notker 2,143,8 Souuä^ ünmähttg ist ioner äna . tär άηα ist tüijtig änderes hetfo. Tatian 167,15 ünmahtige heil&, tote uüek unmaht, vgl. ae. unmeachtig, an. umättigr, got. unmahteigs. DWB. 11,3,1157. - vgl. mhd. unmehtec, unmehtic. unsälida stF. 'Unglück, Wahnsinn' (Gl.) - dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit'. Glossare: 1,110,25 Dementia : unsalida, Abrogans, Pa. Ra. - unsaltha, Abrogans, K. StWG. 671, SAW. 1,787. Herkunft: mit Negationspartikel zu ahd. sälida 'Heil, Glück', s. H. Götz, Leitwörter, S. l l f . KS. 66, DWB. 11,3,1301 s.u. Unsal, M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 537f. s.u. Saide. — vgl. mhd. unscclde. unsin* stM. 'Verrücktheit, Wahnsinn' (Gl.) - ämentia 'Verstandeslosigkeit, Verrücktheit'. Glossare: III, 360,43 Amentia : vnsin, Gruppengl, Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. StWG. 671, SAW. 1,818. Herkunft: mit Negationspartikel zu ahd. sin. DWB. 11,3,1393, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 651. - vgl. mhd. unsin. unsinnig 'töricht, verrückt, wahnsinnig' (Gl.) - dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit', impostor *Betrüger', insänus 'seelenkrank, unsinnig, tobend', vesänus 'wahnsinnig, unsinnig, wütend'. Glossare: III, 439,67 Insanus : unsinnig', Einzelgl., Der Mensch. Körperteile, Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. IV, 72,33 Inpostor : unsinniger (=Subst.?), Glossae Salomonis, Clm 17152; Nr. 420, BV. 626, 12. Jh., bair. (Parallelhs.: truginari). IV, 164,73 Versanus : unsinniger Λ., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. JJ 213,20 Dementia ... insinger (dh. unsinniger), ebd. StWG. 671, SAW. 1,819. Herkunft: eine Suffixbildung zu —> unsinn oder eine Präfixbildung zu ahd. sinnig 'mit Sinnen, Vernunft begabt'. DWB. 11,3,1397. - vgl. mhd. unsinnec. unsinnlga* stF. 'Verrücktheit' (Gl.) - ämentia 'Verstandeslosigkeit, Verrücktheit'. Glossare:

unsläftgT

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IV, 32,39 Amentia : msinniga, Glossae Salomonis (c). StWG. 671, SAW. 1,819. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> unnsinmg. unsinnecheit* stF. 'Unsinn, Verrücktheit, Wahnsinn, Unvernunft* (Gl.) - delträmentum 'albernes Zeug, Geschwätz, Possen', dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit'. Glossare: HSH. II, 266,01.2 dementia : unsinnecheit, Summ. Heinr. (StSG. III, 234,2). III, 361,2 Oeliramentum : vnsincheit, Gruppengl., Wien, ÖNB 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. StWG. 671, SAW. 1,819. Herkunft: eine Substantivbildung mit reihenbildendem ^«/-Suffix zu —> unnsinmg. DWB. 11,3,1401 f. - vgl. mhd. unsinnecheit. unsinnigl stF. 'Verrücktheit, Wahnsinn, Raserei' (Gl.) - ämentia r Verstandeslosigkeit, Verrücktheit', phitonis (?), zu phrenesis 'der durch Entzündung der Gehirnhäute entstandene Wahnsinn' (?). Glossen zu biblischen Schriften: I, 746,75f. [spiritum] Phitonis : unsinnig, Act 15,16, Göttweig, StiftsB. 46/103; Nr. 228, BV. 264, 12. Jh., bair. - unsinnige, Clm 13002. - unsinge, Clm 17403. unsinger, Clm 22201. (Parallelhs.: coucalheit, ursinnigi, vui^actuomes). IV, 130,9 Amentia : vnsinnigila^ (Steinmeyer: dh. vnsinnigi la^j, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 671, SAW. 1,819. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> unsinnig. unsläfan 'schlaflos' (Gl.) - insomnis 'schlaflos'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Mayer 54,18 insomnem, unslafaner, Greg. hom. 1203B, Clm 4542; Nr. 706, BV. 477, Hs. Anfang 9. Jh., bair. StWG. 672, SAW. 1,869. Herkunft: eine Adjektivbildung mit Negationspartikel zu ahd. släfan. - vgl. mhd. unsläfende (part, adj.) unsläfigl 'Schlaflosigkeit' (Gl.) - (nox) insomnis 'schlaflos'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 332,16 ([noctem] Insonnen) : inuns'afigi, Greg. hom. 2,26 p. 1558, Oxford, BL. Laud. misc. 275; Nr. 502, BV. 736, Hs. 9. Jh., ostfränk. StWG. 672, SAW. 1,869. Herkunft: mit Negationspartikel wohl zu einem nicht bezeugtem Adjektiv *s!äfig zu ahd. släfan. - vgl. fnhd. unschläfig, DWB. 11,3,1330.

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Krankheitsbezeichnungen

unwillido swM. 'Ekel, Erbrechen' (Gl.) - nausea 'Seekrankheit, Übelkeit'. Glossare: HSH. II, 380,91 Nausia; uomitus: unwiledo, Summ. Heinr. (III, 304,45). StWG. 678, SAW. 1,1088. Herkunft: mit Negationspartikel zu —> willido. unwillön 'sich erbrechen müssen' (Gl.) - nauseo 'Seekrankheit haben, sich erbrechen müssen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 357,6 Nausiat: vnwillot, Nm 21,5, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. (Parallelhs.: vuilloi). StWG. 678, SAW. 1,1089. Herkunft: mit Negationspartikel zu einem Substantiv, dem ahd. willön 'sich erbrechen wollen, Übelkeit empfinden' zu Grunde liegt. DWB. 11,3,2219. Mit unwäre dann hier der Unterschied von „erbrechen wollen" und negiertem „nicht erbrechen wollen" als „erbrechen müssen" angezeigt. Dies entspricht auch lat. nauseo, die Bedeutungsangabe im StWG. ist dahingehend zu ändern. — vgl. mhd. Unwillen. zi-urheilön, zi-urheilen 'gebrechlich, gelähmt sein' (Gl.) — debilitätus 'gelähmt, gebrechlich, verkrüppelt'. Glossare: I, 90,15 debilitätus: 3aurheilonti, Abrogans, Pa. - 3vrheilendi, Abrogans, Kb. StWG. 832, SAW. 1,369. Herkunft: wohl eine Lehnbildung aus lat. debilitätus zu ahd. —> heilen-, zum Ansatz s. J. Splett, Abrogans-Studien, S. 155 u. 546. urmuot 'irrsinnig, verrückt, verzweifelt' (Gl.) - ämens 'unsinnig, außer sich', desperätus 'aufgegeben, verzweifelt, hoffnunglos'. Glossare: I, 108,5 dispemtus: urmoat, Abrogans, Pa. Ra. — urmot, Abrogans, K. 1,166,36 Hamens: urmot, Abrogans, Pa. Ra. - urmod, Abrogans, Κ StWG. 683, SAW. 1,641. Herkunft: wohl eine Lehnbildung aus lat. ämens zu ahd. muot. urmuotl 'wahnsinnig' (Gl.) - ämenticus 'wahnsinnig', ämens 'unsinnig, außer sich'. Glossare: I, 111,28 ämenticus : urmoti, Abrogans, R. - unme^pittenti, Abrogans, Pa. K. IV, 2,20 Ämenticus : urmuati, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 683, SAW. 1,642.

ursinnig

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Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> urmuot nach dem Muster ämens ämenticus. ursin* "Wahnsinn' (Gl.) - phrenesis Wahnsinn, Hirnwut'. Glossare: III, 52,60 Frenesis : ursin, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. StWG. 683, SAW. 1,818. Herkunft: eine Präfixbildung zu ahd. sin. DWB. 11,3,2534 s.u. ursinnig. Nhd. Ursin 'eigentlicher, ursprünglicher Sinn' ist eine unabhängige Neubildung. ursinnen 'unsinnig, aberwitzig sein' (Gl.) - desipio 'unsinnig sein'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 769,20 Desipiat: xrsknnf (dh. ursinne), Walahfr. vis. wett. 215,12, Rom, BV. Reg. lat. 356; Nr. 542, BV. 823,10./11. Jh., fränk. StWG. 683, SAW. 1,818. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu ahd. —> ursinni. ursinni 'wahnsinnig, unsinnig' (Gl.) - alienätus 'besinnungs-, bewusstlos' (?), malesänus zunächst 'beschränkt, nicht bei Sinnen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 187,11 Alienati : ursinne, Greg, cura 3,9 p. 42, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vrsinne, Clm 19440. - ursinna, Wien, ÖNB 2723. - vrsinna, Wien, ÖNB 2732. II, 758,32 (sMale sanas) -.yrslnnl:: (dh. ursinni), V. Mart., Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. StWG. 683, SAW. 1,818. Herkunft: wohl eine Präfixbildung zu ahd. sin. utsinnida stF. "Wahnsinn' (Gl.) - dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Ν 274,16 dementia : ursinnida, Avianus 7,15, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1132; BV. 773, 9./10. Jh., obd. StWG. 683, SAW. 1,818. Herkunft: wohl eine Weiterbildung mit dem Suffix ahd. -ido, -ado zu —> ursin. utsinnlg 'töricht, unsinnig, verrückt, wahnsinnig, rasend, besessen' (Gl.) - ursinniger "Wahnsinniger' (Gl.) - ämens 'unsinnig, außer sich', demens 'unvernünftig, wahnsinnig, verrückt', energümenos 'vom Teufel besessen', epilempsis, epilepticus 'fallsüchtig, epileptisch', insänus 'seelenkrank, unsinnig, tobend', saevis 'wütend', vesänus 'wahnsinnig, unsinnig, wütend'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

500

Krankheitsbezeichnungen

II, 91,35 (Energumim) : ursinniga, Can. apost. XXXVII, Würzburg, UB. M. p. th. f. 146; Nr. 647, BV. 995, Hs. 10. Jh., ostfrk. II, 166,51 (Insanorum) : ursinnigem, Greg, cura 3,2 p. 36 (I Tim 6,17), Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 173,3 ([quidj Dementius) : ursinnigorin, Greg, cura 3,22 p. 69, ebd. II, 261,18 Saeuientes : ursinnige, Greg. dial. 1,2 p. 157, Luxemburg, BN. 44; Nr. 280, BV 424, Ende 10. Jh., mfrk. Glossare: IV, 108,25 Uesanus : vrsinniger, Glossae Salomonis (c), ursinniger (i). JJ 209,4 Amens stupidus sine sensu, Orsinniger sensu carens Γ siue mente vnsinnigi Ιαζ Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. Jh., bair. IV, 201,16 Epilempsis. insania. unde epilenticus, ursinihg, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 683, SAW. 1,819. Herkunft: eine Suffixbildung zu —> ursin, ursinni. DWB. 11,3,2534, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 651. ursinnigheit stF. 'Unsinn, Wahnsinn, Verrücktheit' (Gl.) - delirämentum 'albernes Zeug, Geschwätz, Possen', dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit', tnsänäbilis 'unheilbar'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 261,23 Insanabile [venenum] : inuresinnichiet, Dt 32,33, Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 499, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. Glossare: HSH. II, 257,89.9 delirämentum : ursinnecheit, Summ. Heinr. HSH. II, 266,01.2 dementia : vrsinnecheit, Summ. Heinr. (StSG. III, 233,29. 234,2). StWG. 683, SAW. 1,819. Herkunft: eine Weiterbildung mit dem reihenbildenden Suffix -heit zu —> ursinnig. DWB. 11,3,2534. - vgl. mhd. ursinnecheit. ursinnigl stF. "Verrücktheit, Wahnsinn, Unsinn, Raserei' (Gl.) - dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit', energümenos 'vom Teufel besessen sein', furor 'Raserei, Wut, Verzückung', phitoms (?), stultitia 'Torheit, Albernheit'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 746,72 [sptritum] Phitonis : vrsinnigi l vuivpctuomes, Act 15,16, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. - ursinnigi, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

urslahti

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II, 37,19 Furores: ursinnigi, Arat. 2,834, St. Gallen, KantonsB. 336; Nr. 149, BV. 171, alem. II, 457,45 Energima •. vrsinnigi, Prud. apoth. 400, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: topa^ungd). II, 747,17 Dementia, .i. stultitia. vrsinnigi, V. Mart. 1, p. 110,21, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 16]. StWG. 683, SAW. 1,819. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> ursinnig. ursinno 'auf wahnsinnige, auf unsinnige Weise' (Gl.) - insänus 'seelenkrank, wahnsinnig, unsinnig, wütend'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 457,3 Insane : ursinno, Prud. apoth. 179, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. StWG. 683, SAW. 1,818. Herkunft: eine Adverbbildung zu ahd. —> ursinni. ursiaht stF. 'Krampfader' (Gl.) - ignöminia 'Brandmarkung (als Strafe)', varix 'Krampfader, Kropfader'. Glossare: III, 5,24 Ignöminia : ursiaht, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 429,15 Uarix : urslath, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 430,4 Varix : urslath. I werna, Sachgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. J h , obd. IV, 172,50 Varix : urslath, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. Jh., bair., obd. IV, 210,29 Varis uuern, l ursiaht, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. J h , mfrk. [In nicht medizinischer Bedeutung erscheint ursiaht als 'Eintiefung' im Sinne von 'Einsenkung des Ufers' in der Würzburger Markbeschreibung.] StWG. 683, SAW. 1,872. Herkunft: eine Präfixbildung aus ahd. ur- und ahd. slahta 'Gemetzel, Schlachtung, Ermordung, Tod' im Sinne von Ausschlag, einer Substantivbildung zu ahd. slahan 'schlagen'. DWB. ll,3,2528f, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 571 s.u. Urschiächten, M. Heyne, Körperpflege, S. 153. - vgl. mhd. ursiaht, ursleht, ursliht und daneben auch mhd. üsplaht. urslahti stF. 'Krampfader' (Gl.) - varix 'Krampfader, Kropfader'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

II, 371,3 Uarix : urslahti, Prise, inst. 165,12, Clin 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./II. Jh., obd. SS 395,23 varix : uuern vel urslehti, ebd., Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. 11, 377,56 Varix : urslati. vel vena, Prise, inst. 167,6, Köln, DB. CCII; Nr. 92, BV. 352, l l . J h . , m f r k . II, 372,44 Uarix : vr slahti, Prise, inst. 279,5, ebd. - Varix. : lihla. vrslahti, Clm 18375. II, 376,38 Varix lihla. vrslahti, ebd., Wien, ÖNB 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. SS 397,5 varix: uuern vel urslahti, ebd. StWG. 683, SAW. 1,872. Herkunft: eine Variante neben —> ursiaht. urwerf stMN. 'Fehlgeburt, Missgeburt; Abschaum' (Gl.) - abortivum 'Frühgeburt, Fehlgeburt; Abtreibungsmittel', peripsema 'Unreinheit'. Glossen zu biblischen Schriften: Mayer 85,20 abortium : uruueif, Num 12,12, Clm 14018; BV. 564, 2. Hälfte 11.Jh. I, 545,33 Auortiuus : vrweif, Ecl 6,3, Clm 6217; Nr. 337, BV. 500, Hs. 10. u. 13./14. Jh., bair. (Parallelhs.: avuetf, virwerf). I, 762,5 Peripsima : urwerf, I Cor 4,13, Clm 14179; Nr. 380, BV. 568, 1. Hälfte 9. Jh., bair. I, 763,23 Auortiuum : uruuerpf, I Cor 15,8, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. Glossare: IV, 27,33 Ahortiuus [dicitur eo quod non oritur sed aboriatur et exddat] .i. vrvetf (h), .i. urwerf (i), vulgariter sälicet id est vrwetff (k), urvvotfun (c), Glossae Salomonis. (Parallelhs.: virweifo). IV, 128,11 Ahortiuus : uirvverf (uir zweifelhaft), Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [In nicht medizinischer Bedeutung StSG. I, 370,13 (?) Repudii : uriuueifis, Dt 24,1, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. (Parallelhs.: ψη/uerfes, gisciedites); I, 572,60 Spadonis : uriuuerfts, Sir 20,2, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./ 12. Jh., bair. (Parallelhs.: utfures). I, 572,60 Spadonis: uriuueifis, Sir 20,2, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. (Parallelhs.: utfures)·, wohl im Sinne von „Versuch, Entwurf' 1,136,32 Experientia : uruuetf unlat, Abrogans, Pa. K. Ra. (Parallelhs.: pifindunga). StWG. 685, SAW. 1,1102. Herkunft: eine Präfixbildung auf ahd. ur- zu ahd. werfan 'werfen'.

üzgang

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urwuoni (?) 'Tränenfistel' (?), 'Geschwür' (?) (Gl.) - fistula 'Wasserröhre, Hirtenpfeife, Katheter'. Glossare: III, 473,30 Fistula : uruuni (oder urtiuni, vgl. Anm. 24), Pflanzengl., Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. StWG. 685. Herkunft: Die Bildung ist unklar. üzfluxus stM. 'Ausfluss' (Gl.) - eluvies 'Ausspülung, Überschwemmung, Abfuhrung'. Adespota: IV, 229,Al Eluuies : hutfluxus (Steinmeyer: 1. hutflu·^ lat. u. dt. gemischt), Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. StWG. 686, SAW. 1,247. Herkunft: eine hybride Bildung zu ahd. und lat. flüxus 'fließend'. H. Reier, Leben, S. 81 als „Aus- und Abfluss der Unreinigkeiten'. üzgang stM. 'Durchfall, Ruhr' (Gl.) — djisenteria 'mit Durchfall verbundener Schmerz in den Eingeweiden', diarrhoea 'Durchfall'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,753,73 Desinteria : u^ganch, Act 28,8, Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair., ebenso Stuttgart, WLB. HB IV 26. Clm 22201. - v^ganch, Clm 6217 (Parallelhs. v^suchti, rötwa). IV, 305,36 Desinteria : hu^ganc, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. (Parallelhs.: u^suhte). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,26 Desinteria : u^kan, (Pseudo) Hippocratis, Epistola ad Antiochum regem 7,20, Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd. V, 27,14 Disinteria : u^canch, Greg. hom. 1,4 p. 1449, Clm 4542; Nr. 706, BV. 477, Hs. Anfang 9. Jh., bair. JJJ 118,30 disinteria : u^ganc, Passio Sancti Pauli, 5, Wien, ÖNB Cod. 534; BV. 916,10. Jh., bair. Glossare: HSH. I, 378,536 diarria: uyganc, Summ. Heinr. (StSG. III, 171,39. 348,25 Desinteria : humane). III, 599,20 Dissentericos •. v^ganch, Pflanzengl. MXLII, Clm 29108a; Nr. 480, BV. 706, Hs. 13. Jh. III, 599,22 Dissentericorum : v^ganch, ebd. IV, 54,14 Disinteria : u^ganc, Glossae Salomonis (d), vyganc (e), Upgant {f), uvganch (a,e). IV, 54,18 Disentericos : usganc, ebd. (a, c, d, f, g), u^ganch (e), u^canc (i), v^ganc (b), vycane (k).

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Krankheitsbezeichnungen

IV, 169,67 Dissintericos : vsganc, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. Jh., bair, obd. Paneben zahlreiche Belege in der Bedeutung 'Ausgang (aus dem Haus)' etc.] StWG. 686, SAW. 1,284. Herkunft: Partikelkompositum; zu ahd. und gang, gangan. DWB. 1,865, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 181. - vgl. mhd. ü^ganc 'das Herausgehen, Ausgang; Durchfall'. üzriustere* stM. 'Schleim, Sputum' (Gl.) - phlegma 'Schleim'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 257,15 flecma ·. vvrustere, Macer Floridus 11,234 (als Randglosse zu tysicos), London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. JJ 263,19 Flecma est vqnesFe, ebd. StWG. 687, SAW. 1,759. Herkunft: Partikelkompositum; zu ahd. und einem zu erschließenden Verbum *riusteren 'räuspern'; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 509. — M. Lexer, Handwörterbuch 2,471. üzsazzo, üzsazzeo swM. 'Aussätziger' (Gl.) - leprösus 'räudig, aussätzig', üzsazzen suht 'Aussatz' (Gl.) - morbus elephantinus. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 330,21 Morbo elephantine uuhsaqn suhti, Greg. dial. 2,26 p. 257, Fragment St. Emmeram. Glossare: III, 5,21 Leprosus : u^sea^eo (Steinmeyer: 1. u^sa^eo), Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. StWG. 687, SAW. 1,825 ü^sä^p. Herkunft: Partikelkompositum; zu ahd. «ζ und ahd. sa%o. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 541 (seit 2. Hälfte 13. Jh.), M. Heyne, Körperpflege, S. 150; s. auch M. Äsdahl-Holmberg, Die Synonymik, S. 32f. - vgl. daneben mhd. ü%sa%_ 'Aussatz'. üzsuht stF. 'Durchfall, Dysenterie' (Gl.) - cölus 'Darmkrampf, Kolik', dysenteria 'mit Durchfall verbundener Schmerz in den Eingeweiden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 753,71 f. Desinteria : vyuhti, Act 28,8, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - u^suhti, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103.-fu^suht, Clm 13002. Clm 17403. (Parallelhs.: u%ganch, ruetwa). IV, 305,36 Desinteria : uyuhte, ebd., Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./ 13. Jh., bair. (Parallelhs.: bwganc).

\van(a)heil

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Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 272,43f. Dissenteria : mitvsyihti, Greg. hom. 1,4 p. 1449, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - miuyuhti, Wien, ÖNB 2723. - inu^suhti, Clm 9573. - uquhti, Clm 18140. Clm 19440. - üyuhte, Clm 6028. II, 738,28 Dissenteria : uqoth, Abdiae acta apost. p. 449, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., fränk. u. alem. IV, 360,1 Sinteria : husuth, Kräutergl., Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. Jh., obd. Glossare: III, 430,23 Sinteria : ψ','suht, Sachgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. III, 483,47 Sinterea : nuyuht, Pflanzengl. MX, Wien, ÖNB 2400; Nr. 617, BV. 945,12./13. Jh., bair. - nvyuth, Clm 2612. - nuyuth, Bern, BB. Cod. 722,1. III, 498,17 Dissintericus : u^ suht, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 140,21 Dissenteria : v^suht ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 140,24 Dissinteria : u^suht J., ebd. IV, 200,9 Colus •. hussuht, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 687, SAW. 1,961. Herkunft: Partikelkompositum; zu ahd. und —> suht. DWB. 1,994, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 701 „Krankheit, bei der eine Ausleerung erfolgt". vgl. mhd. ü^suht, nu^suht.

w wan(a)heil 'krank, schwach, gebrechlich, lahm, schwächlich' (B.GB.N.T.; Gl.) debilis 'geschwächt, entnervt, entkräftet, gelähmt, verkrüppelt', mancus 'verstümmelt, verkrüppelt, gebrechlich an den Gliedmaßen'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 77,13 debile erat / uuan heil(u.ö.). Notker 8,136,15 Fone mtnen uuänaheilen Udert. Tatian 425,5 ... Inti so uuelihe irfindet, thurftige Inti uuanaheile lnti blinte Inti hakg giladot % thero brütloufti. (u.ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 402,69 Mancum : uuanheilo, Prud. perist. 231, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 433,10 Mancum : hantalamon uuanheilo, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - vuanheilo, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem.

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Krankheitsbezeichnungen

II, 541,26 Mancum: vuanheilo, ebd., London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. Glossare: IV, 150,24 Marianus : wanaheiler.(., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. SchW. 308, StWG. 694, SAW. 1,370 u. 1,1059. Herkunft: ein Partikelkompositum mit dem reihenbildenden Präfix ahd. wan- zu ahd. wart 'mangelnd, fehlend' und —> heil 'gesund' im Sinne von „mangelhaft oder fehlerhaft heil". M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 221 i., KS. 871. Zum Adjektiv wan s. DWB.13,639f., IEW. 1,345. wanaheilen 'schwächen, lähmen' (Gl.) - debilito 'schwächen, lähmen, verkrüppeln'. Glossare: I, 91,15 debilitatus : kauuanaheiät, Abrogans, R. I, 262,4 debilitat: uuanaheilit, Abrogans, K. Ra. StWG. 694, SAW. 1,370 u. 1,1059. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu —» wanaheil. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 468. wanaheili 'krank, schwächlich' (Gl.) - semianimis 'halb entseelt, halbtot'. Glossare: III, 18,14 Semianimis : uuanaheli, Gruppengl., (De membris hominis), St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. Jh., alem. StWG. 694, SAW. 1,370 u. 1,1059. Herkunft: eine Adjektiwariante neben ahd. —> wanaheil. wanaheili stF. 'Schwäche, Gebrechlichkeit' (Gl.) - debilitäs 'Geschwächtheit, Nervenschwäche, Gebrechlichkeit, Lähmung, Verkrüppehmg', imbedllitäs 'Schwäche, schwächliche Gesundheit, Kränklichkeit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 197,6 Debilitatis : siuchi l vuanaheili, Greg, cura 3,37 p. 98, Wien, ÖNB 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. J h , bair. - sivchi l vuanaheili, Wien, ÖNB 2732. IV, 330,3 Inbecillitatem : uuanehoä, Greg, cura 1,10 p. 10, Oxford, BL. Laud, misc. 263; Nr. 501, BV. 735, Hs. 10. Jh., fränk. StWG. 694, SAW. 1,370 u. 1,1059. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. —> wanaheil und wanaheilen. wanawizzen 'verwirren, töricht machen' (Gl.) - desipio 'unsinnig sein'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

warah

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II, 72,33 Desipis: uuanavuiyst, Boeth. cons. 5,5 p. 139,12, Wien, ÖNB 271; Nr. 587, BV. 904, bair., 10. Jh., bair. Mayer 132,1 (?) desipientes : vvarauui^onte, Beda rat. temp. 470C, Schaffhausen, StadtB. Ministerialbibliothek Cod. 61; BV. 848, 9. Jh. StWG. 694, SAW. 1,1059 u. 1,1146. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu ahd. —> wanau>i^i\ waram^ön ist Verschreibung oder volksetymologische Umdeutung unter Einfluss von ahd. wäri 'wahr'. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 494. wanawizzi 'unsinnig, töricht, ohne Verstand' (Gl.) - vecors 'wahnwitzig, unsinnig, verrückt'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 530,67 Uecordem : uvanauvi^en, Prv 7,7, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - uvanevui^e, Clm 19440. - vuanavui^a, Wien, ÖNB 2732. vuanevui^a, Wien, ÖNB 2732. - uuanevvisp, Göttweig, StiftsB. 46/103. - uuanauuttga, Clm 14689. - wanam^a, Clm 4606. - wanwivge, Clm 13002. Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 10,30 Vecos : uuaneuui^er, Aldh. enigm. 260,27, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem. StWG. 694, SAW. 1,1059 wanawi^ön Part.Präs. 'töricht, wahnsinnig', 1,1147 wanawivgi 'töricht, ohne Verstand'. Herkunft: ein Partikelkompositum mit dem reihenbildenden Präfix ahd. wan- zu ahd. wan 'mangelnd, fehlend' und ahd. wisgi 'Vernunft, Weisheit' zu wivgan 'wissen'. KS. 895 s.u. Wi% DWB. 13,685, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 811: „Geisteskrankheit, die sich durch Wahnsinn, Unsinnigkeit, Verstandesleere, Ideenverwirrung äußert". Sieh auch H. Schipperges, Melancholia, S. 723 mit weiterer Literatur. - vgl. mhd. wamvit^e 'unsinnig'. wanawizzi stF. "Wahnsinn' (Gl.) - dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 620,53 Dementia : uuanauuisgi, Sed. carm. pasch. I, 245, Karlsruhe, BLB. Aug. CCXVII; Nr. 66, BV. 312, 9./10. J h , teils alem, teils hd. StWG. 694, SAW. 1,1059 u. 1,1146. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> tvanawi^i, wanawi^en. warah stN. 'Eiter, Geifer, Eiterbeule' (Gl.) - Itvor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)', püs 'der weiße und zähe Eiter', sanies 'verdorbenes Blut und andere Körpersäfte, die noch nicht in weißen und zähen Eiter übergegangen sind, Wundjauche', (stomachus), täbum 'Eiter, verwesendes Blut, ansteckende Krankheit.' Glossen zu biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

I, 509,40 Qui testa saniem deradebat : der dhahun uuarab scar, lob 2,8, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8 /9. Jh., alem. QQ 108,2 {saniem) sanie. uuarc, ebd., Würzburg, UB. M. p. th. f. 147; BV. 996, Hs. 9. Jh., ostfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 319,38 Sanie : uuarache, Greg. hom. 2,2,6 p. 1626, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163, 9./10. Jh., alem. Mayer 56,14 äuore : uuarche, Greg. Horn. 1280B, Clm 4542; Nr. 706, BV. 477, Hs. Anfang 9. Jh., bair. II, 424,35 Tabo : vuarahga, Prud. cath. 97, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 531,4 Sanies : uuarahc, Prud. psych. 100, Einsiedeln, StiftsB. cod. 15; Nr. 102, BV. 108, alem. II, 598,54 Supporatis. insanie fluentis ./. purulentis. pus : wark, Ruf. hist. eccl. VIII, 18,.502, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. Mayer 10,3 (stomach) : uuarh, Hieron., Epist. ad Nepoticanum 533, Basel, ÖBU. B.VI. 3; BV. 27, 9. Jh. Glossare: HSH. II, 416,366 pus, sanies : ware, Summ. Heinr. (StSG. III, 322,34. 327,10. 327,58 Sannies sanguisputridus .i. wart\ [Steinmeyer, z. St.: aus ware]). III, 697,48 Pus : wark, Mischgl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. StWG. 697, SAW. 1,1069. Herkunft: mit ae. wearh, weargbrade 'Geschwür' aus germ. *warha-, wie ahd. war^a eine Bildung zur Wurzel *wer- 'erhöhte Stelle'. Daneben steht mit grammatischem Wechsel *warga, s.u. wargwanga. DWB. 13,1985f, IEW. 1,1151; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 774. — vgl. mhd. ware, warch 'Eiter'. wargwanga* swN. 'Vereiterung der Ohrspeicheldrüse' (?) (Gl.) - (parotis) luxata 'Verrenkung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 257,12 (luxata) Luxatum dicitur a luxu ...et dicitur warwangh'e, Macer Floridus II, 128, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. StWG. 697, SAW. 1,1062 u. 1,1069 'vereiterte Wange, Ohrentzündung'. Herkunft: Kompositum; zu —> watg, warab sowie —> wanga. warza stswF. "Warze, Hautauswuchs, (rote) Pustel, Muttermal, Krampfader, Hämorrhoide' (Gl.) - capadia (wohl copadium 'Hautwucherung, Warze', MlatWb. 2, 1865), haemorrhoida 'Hämorrhoidenader, goldene Ader', hernia Tiruch als Leibesschaden' (?), impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf, Itchena 'Flechte', papil-

warza

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la T3rustwarze; Blatter, (Hitz-)Bläschen', varix 'Krampfader, Kropfader', Verruca 'Auswuchs, die rauhe, schorfige Warze'. Glossen zu biblischen Schriften: I,351,49 Impetigo : wany citaroJ>, Lv 21,20, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair. - market citaroch, Stuttgart, WLB. HB IV 26. - war^a cittarovga, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66; Nr. 654, BV. 1015, Hs. 12. Jh., alem. (Parallelhs. lohafiur, qittarocfi). IV, 257,1 Inpetigo : warce. Sicca roth, Lv 21,20, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 7,35 IJarix: uuar^a. I vuerna, Ale. Gramm. 516, Clm 6404; Nr. 355, BV. 537, Hs. spätes 9. Jh., bair. Mayer 94,4 varix : wary, Ale. Gramm. 866 B, Clm 14823; BV 615, 2. Hälfte 11.Jh. II, 242,14 Impetigo : uuar^a, Greg, cura 1,11 p. 12, Clm 14409; Nr. 387, BV. 582, Hs. 10. Jh. 11, 337,51 Verrucis: uvangun, Hör. I, 3,74, Clm 375; Nr. 305, BV. 450,1. Hälfte 12. Jh., bair. IV, 334,5 Uerrucis : warben, ebd., Dillingen, Studienbibliothek Hss-Fragmentesammlung Nr. 18, Nr. 97b, BV. 97,12. Jh., hd. JJ 245,2 Uerrucis : warcen, Hör. serm. 1,2,29, London, BMMss. Royal 15 Β. VII; BV. 422, Hs. 12. Jh., fränk. 11,360,7 Verrucosa : uuar^ohta. uerruca. : uuarvp, Persius 1,77, Wien, O N B 85; Nr. 575, BV. 890, Hs. 11. Jh., bair. II, 686,50 Plinius dicit equos habere in fronte quandam carnem .i. warvpn, Verg. Aen. IV, 516, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. („Hautauswuchs"; kaum Krankheit, Teil des Liebestranks). IV, 414,34 si siccus war^un nascuntur, Heilmittellehre, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. JJ 259,1 papulas : waf^en, Macer Floridus XV, 661, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, Anfang 14. Jh. JJ 259,10 (Lichenas) Nota lichena ... Warthe «/' verruca et diettur eciam serpigo in w/go vlechte, ebd. XX, 838. JJ 262,20 (papulas) Papo. pas. comedere diatur ...et inde papula./'. pustule ...et dicuntur wart^cen, ebd. XL, 1488. Glossare: III, 6,23 Uerrug : uuar^a, Vocabularius Libellus St. Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. III, 52,61 (?) Ernia : war^e. Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. HSH. II, 526,133 veruca : ιναηζα, Summ. Heinr. HSH. II, 541,377.20 varix: war^a, Summ. Heinr.

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Krankheitsbezeichnungen

(StSG. III, 263,48. 263,71. 291,68. 310,56. 326,39. 347,13). III, 392,18 Waring inpetigo : ιναιχα, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51,13. Jh. (?), rheinfrk. III, 429,31 Vuarenabla et uarix et coccinum : vuarca, Einzelgl., Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827, 11. Jh., obd. [s. Steinmeyer, zur Stelle sowie StWG. 784 varentilla 'roter Ausschlag' („Latinisierte Wörter und Namen germanischen Ursprungs").] III, 480,2 Emoroida : ίνα/χα. i morrinta, Pflanzengl. MX, Clm 2612; Nr. 313, BV. 461.12./13. Jh., bair. - wenp l morruita^J'vtn, ÖNB 2400. 111,491,37 Verruca : warp, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 510,44 Verruca : warp, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 514,34 Werruca : ware, Pflanzengl. MXV, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair. III, 521,37 Verruca : wart^ Pflanzengl. MXVIII, Clm 9607; Nr. 368, BV. 551, Hs. 14. Jh., bair. III, 661,47 Verruca l uarix : wane, Mischgl., Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287.13. Jh., bair. III, 680,40 Uerruca : varca, ebd. III, 697,44 Verruca : wair^a, Mischgl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. IV, 56,37 Emorrodia : warvp, Glossae Salomonis (a, d, k), war.^a (c), weer^a (f), war^e (e), *bradavice warra (g). IV, 106,16 Varix : ιναηζα, ebd. (a, c, k), uuarrg (i), wer^e (b). IV, 137,62 Capadia, : warra ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 141,8 Emorrogia. emorroida : war^aebd. IV, 170,17 Emorrodia : νναηζα, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689.12. Jh., bair., obd. IV, 172,55 Varix: vvarya, Glossae Salomonis, ebd. IV, 357,30 Emorroida i morruita : war^a, Kräutergl., Clm 5125; Nr. 332, BV. 493, 13./14. Jh. (?) IV, 360,6 Emorroida. t morriuta, .i. warwa% Kräutergl., Clm 7999; Nr. 363, BV. 546.13. Jh., obd. V, 43,37 Verruca : uuarta, Kräutergl., Trier, StadtB. 40/1018; Nr. 738, BV. 879, 10. Jh., mfrk. IV, 185,54 Emorrogida : war^e, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. Adespota: IV, 226,12 Uerunca ./'. f . uuarta, Kassel, Murh. u. LB. 2° Ms. astron. 2; Nr. 74, BV. 325, l l . J h . , o s t f r k .

warzoht

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IV, 231,1 Emorroidi : ιναηςα, Leiden, UB. Voss. lat. q. 51; Nr. 257, BV. 371, I I , Jh., fränk. u. obd. HHH 18,17 Impetigo : nf% Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. [Daneben zahlreiche Belege mit der anatomischen Bedeutung "Brustwarze', s.o. Nicht hierher als Pflanzenbezeichnungen wohl verrücäria (herba) 'Heliotropeum, Warzenkraut' und JJ 268,26 (?) De colubrina: naterwort$ Macer Floridus LIV.] StWG. 699, SAW. 1,1070. Herkunft: mit as. warta, a fries, warte, ae. warte, an. varta aus germ. * wartön "Warze". KS 876. Außergermanisch vergleicht sich akslav. vredu 'körperlicher Schaden' und mit anderer Erweiterung lat. verruca, ae. wearr 'Schwiele' und vielleicht ahd. werna 'Krampfader', nhd. Wem 'Gerstenkorn am Auge'. Es handelt sich um Bildungen zur Wurzel *wer- 'erhöhte Stelle'. DWB. 13,2197f., IEW. 1,1151; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 780. - vgl. mhd. war^e. warzala F. "Warze' (Gl.) - verrüca 'Auswuchs'. Glossare: III, 683,30 Verruca : Warzala, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 211,4 Verruca : uuarcela, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 699, SAW. 1,1070. Herkunft: eine /-Erweiterung zu —> wanp wie runnjla neben runnel. DWB. 13, 2203f. warzig 'mit Warzen behaftet, (voller Krampfadern ?)' (Gl.) - kariosus = variocosus, zu verrucosus 'warzenreich' (?). Glossare: IV, 215,54 Kariosus : warciger, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. - lVoriger, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60; Nr. 648, BV. 998, l l . u . 13. Jh., ostfrk. u. bair. StWG. 699, SAW. 1,1070. Herkunft: eine Adjektivbildung zu —> war^a mit ^-Suffix. DWB. 13,2209. warzoht 'mit Warzen behaftet' (Gl.) - verrucosus 'warzenreich'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 360,7 Verrucosa uuar^ohta. uerruca. uuarvp., Persius 1,77, Wien, ÖNB 85; Nr. 575, BV. 890, Hs. 11. Jh., bair. StWG. 699, SAW. 1,1070. Herkunft: eine Adjektivbildung mit -echt-/-oht-Suffix zu - > war^a, DWB. 13,2209. - vgl. mhd. warc^echt.

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Krankheitsbezeichnungen

wassl stF. 'Angina, Halserkrankung, Bräune' (Gl.) - angina 'Halsbräune, Beklemmung'. Glossare: I,14,6 Angina : uuassi, Abrogans Pa.; ebenso K. - huuassi, Abrogans Ra. huassi, R. [In 52 weiteren Belegestellen trägt wassi die Bedeutung 'Schärfe, Spitze, Stachel'.] StWG. 700, SAW. 1,1070. Herkunft: zu ahd. was 'scharf, rauh, stachelig'. IEW. 1,636; J. Splett, AbrogansStudien, S. 533. Zu nhd. Wasse, Wässe 'Schärfe, Schneide' s. DWB. 13,2295. wazzarkalb stN. Wassersucht' (Gl.) - dipsas 'eine giftige Schlange, deren Biss heftigen Durst verursacht', hydrnps *Wassersucht'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 739,49 Hydrops : uua^arkatb, Acta apost. (?), Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. (Parallelhs.: wasgersoht). Glossare: HSH. Hs. Y 6ra Z.7 dypsas: wassercalb, Summ. Heinr. (vgl. 1,152,524) StWG. 701, SAW. 1,1074; HSH. 3,202. Herkunft: Kompositum; zu ahd. waygar u. kalb 'Kalb'. DWB. 13,2431f. Im Grundwort hat sich allerdings eine ältere Bedeutung erhalten, die auch gallo-lat. galba 'Schmerbauch', griech. δελψύς 'Gebärmutter', ai. garbha- 'Mutterleib, Leibesfrucht' zu Grunde liegt. Auch kalp bedeutet im Mittelalter nicht nur 'junges Rind', sondern steht auch für den Fötus schlechthin. Weiter fand eine Bedeutungsübertragung auf breiige, schleimige Massen statt. So bezeichnet kalb im Rheinland auch den Weinabsatz in der Flasche oder das Faule am Obst. Es ist aber unklar, ob es sich ursprünglich um homonyme, oder nur um polyseme Bildungen handelt. Das Bezeichnungsmotiv für wasgarkalb ist der durch die Wassersucht zum Wasserbauch anschwellende Leib, die als durch ein inneres Gewächs hervorgerufen angesehen wurde; vgl. auch an. kalß "Wade', engl, in catf'trächtig'. KS. 418, IEW. 1,359, R. Hildebrandt, Wörterbuch, S. 165; M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 255 „eine im Leibe wachsende, den Bauch blähende Geschwulst, das fötalrhachitisch geborene (kretinöse) Kind, das man mit dem Wasser-Büttling aus Kalbsbalg verglich." - vgl. mhd. wa^erkalp. wazzarsioh 'wassersüchtig' (Gl.) - hydröpicus 'wassersüchtig'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,818,22 Ydropicus : uua^arsiuhh, Lib. Com. Lc 14,2, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vua^arsiußß, Wien, ÖNB 2732. - vuaqrsiuher, Wien, ÖNB 2723. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

wazzarsuhtlg*

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FFFF 51,10 hydropici : uua^ra^ (=uua^arsioh ?), Halitgar, Paenitentialgl. 1,12, Rom, BV. Ottob. lat. 3295; BV. 792, 3. Viertel 9. Jh., südrheinfrk. Glossare: III, 276,44 (?) Hidropicus: wassersuhtigir. wav^'söch, Summ. Heinr. StWG. 701, SAW. 1,820 u. 1,1074; nicht HSH. 3. Herkunft: Kompositum; vgl. ae. waterseoc, zu ahd. watgar u. —> sioh. DWB. 13, 2507, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 649, s.u. wassarsuht. - vgl. mhd. ιναζ^ersiech. wazzarsuht stF. Wassersucht' (Gl.) - hydrops 'Wassersucht', ictericus 'gelbsüchtig, die Gelbsüchtigen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 600,15 Ydropis : uua^arsuht, Ruf. hist. eccl. I, 8,38, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vua^arsuht, Wien, ÖNB 2732. II, 739,49 Hydrops : wa^ersoht, Acta apost. (?), St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., fränk. u. alem. (Parallelhs.: uua^arkalb). Glossare: III, 53,7 Idropis : wa' suht, Versus de Volucribus (De membris humanis), Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. Jh., fränk. [Die Belege StSG. IV, 481,12 ydropesis : wat' sucht und 111,594 A.3 hictericos .i. wat'suht, Pflanzengl., aus der Handschrift Leiden, UB. Voss. lat. oct. 78; Nr. 256, BV. 375, Hs. 13. Jh., sind mittelniederdeutsch.] StWG. 701, SAW. 1,961 u. 1,1074. Herkunft: Kompositum; zu ahd. wasgar u. -> suht. DWB. 13,2525f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 717f. „diejenige Krankheit, bei der sich wässerige Ansammlungen unter der Haut oder in den Leibeshöhlen ausbilden, vor allem die Bauchwassersucht." - vgl. mhd. waygersuht. wazzarsuhtlg* 'wassersüchtig' (Gl.) - hydröpicus 'wassersüchtig'. Glossare: HSH. I, 309,585/86ydropicus : wa^ersuhtiger, Summ. Heinr. HSH. II, 7,143ydropicus : wa^ersuhtiger, Summ. Heinr. HSH. II, 323,29 hydröpicus : wangirsuhtiger, Summ. Heinr. (StSG. III, 146,3. 179,50. 241,26. 276,43. 301,48. 318,41). III,391,4 Phani^chin. idropicus : iva^ersutdiger, Glossae Hildegardis, Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. IV, 70,35 Hydröpicus: wa^ersutiger, Glossae Salomonis (c). IV, 145,37 Hidroptcus : waigersuhtiger Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 166,36 Ydropicus .i. wa^ersuhtiger./., ebd.

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Krankheitsbezeichnungen

P e r Beleg StSG. III, 594, A.8 Ydropicis : wat'suchtighen, Pflanzengl, Leiden, UB. Voss. lat. oct. 78; Nr. 256, BV. 375, Hs. 13. Jh., nd., ist mittelniederdeutsch.] StWG. 701, SAW. 1,961 u. 1,1074. Herkunft: eine Adjektivbildung mit /g-Suffix zu —» wan^arsuht. DWB. 13,2527f. vgl. mhd. wavgersüchtic. weherzig 'töricht, unsinnig* (Gl.) - vecors 'wahnwitzig, unsinnig, verrückt' (L. Diefenbach, Glossarium, S. 608). Glossen zu biblischen Schriften: I, 627,26 Uecordes : weheryge, Ier 4,22, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (Parallelhs.: unvruote). StWG. 704 (irrtümlich 'wehmütig'), SAW. 1,1075. Herkunft: es ist unsicher, ob das Adjektiv ein sonst nicht bezeugtes Substantiv ahd. *wehers^ voraussetzt, oder ob eine unmittelbare, dann wohl Zirkumfixbildung zu ahd. henp vorliegt, möglichweise analog zur Bildeweise von nhd. wehmütig. DWB. 14,1,1,103, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 231 „ohnmächtig infolge von Herzweh". weih 'schwach, weich, krank' (N.; Gl.) - imbecillis 'schwach, kränklich; unwirksam (von Heilmitteln)', tnßrmus 'schwach, krank', malefortis 'nicht recht gesund'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 279,64 Infirmos : vueiha, Greg. hom. 1,8 p. 1462, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vueihha, Clm 19440. - uueihhe, ebd. 11,471,14 Male fortia \fila\ : vueicha, Prud. symm. 11,454, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. II, 752,56 (Inßrmus) jyglbgr (dh. uueiher), V. Mart. 1,18 p. 178,11, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 277]. Glossare: I, 26,39 inbicilis: uuaih, Abrogans, Pa. K. 1,185,29 inbicili: unsilli endi uueih, Abrogans, K. 1,185,36 infirmus : uueih, Abrogans, K. (Paralellhs.: siuh). HSH. II, 342,01.27 imbecillis : weicher, Summ. Heinr. (StSG. III, 243,30 InbeciHis: weicher. I murwer). III, 384,46 Mollis : weihher, Sachgl. Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. IV, 146,19 Inbeälles, waich Λ. I broder./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 150,13 Malefortis : weicher .t., ebd. [Die meisten Belege zeigen 'weich, mild' oder 'schwach' in einer allgemeineren Bedeutung, so zu inertia 'müßig, träge' (Notker 8,25,5; StSG. II, 715,40), lasso 'müde, ermattet' (11,665,25), kntus 'weich, träge' (11,218,36. 220,49. 631,11. 659,7.

weihhi

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671,14), hquens 'flüssig, fließend' (1,283,32), mollis 'weich, biegsam' (Τ.; 1,202,8. 211,32), molestia 'beschwerlich, lästig' (I, 28,1), tabes 'das Schmelzen, Fäulnis, Zersetzen einer Sache' (I, 255,29), üdus 'feucht, nass' (II, 708,38) oder als Glosse zu sorbite ouum: weich ei, StSG. III, 372,53 - sowie bei N. und O. 'schwach'.] SchW. 313, StWG. 706, SAW. 1,1122. Herkunft: mit as. wek, ae. wäc, an. veikr aus germ. *waika, als Verbaladjektiv zu ahd. wthhan 'weichen'. KS. 880, DWB. 14,l,l,455f., IEW. 1,1130; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 795. — vgl. mhd. weich. weihhi stF. 'Schwäche, Schwachheit, Weichheit, Kraftlosigkeit, Verzagtheit' (N. NG.; Gl.:) — debilitas 'Geschwächtheit, Nervenschwäche, Gebrechlichkeit, Lähmung, Verkrüppelung', elumbis 'lendenlahm, lahm', imbecilhtäs 'Schwäche, schwächliche Gesundheit, Kränklichkeit', tnfirmitäs 'Schwäche, Mattigkeit, Krankheit'. Literarische Denkmäler: Notker 5,129,23 tinde ünreht rehte. uueichi dero stärchi (u.ö.). Notker Glossator 9,317,10 In auctoritas t r i f f t ünsera infirmitatem / uueichi. (u. ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 572,45 Inbecillitate : vueihhi, Sir 19,25, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2732. - vuehhi, Wien, ÖNB 2723. - uveihi, Clm 18140. - vveihi, Clm 18036. - uueihi, Clm 14689. - uueihi, Göttweig, StiftsB. 46/103. - weiche, Clm 13002. Clm 17403. - weche, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,43,11 Debilitate : Uueichi, Avian, Fabulae, Theodosio 16,12, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 201,56 Inbecillitatem : uuechi, Greg, cura 1,10 p. 10, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. II, 212,50 Inbecillitas : weicht, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 237,22 Inbecillitatem : uueichi, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 35; Nr. 652, BV. 1010, Hs. 10. Jh., alem. Mayer 5,28 {inbecillitatem) : uueihi, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 4; BV. 13,10./11. Jh., bair. II, 271,22 Debilitate : vueihhi, Greg. hom. 1,3 p. 1447, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. uueihhi, Clm 19440. II, 480,68 Elumbe : vuechi, Prud. perist. 216, Kiel, UB. Cod. MS. KB 145; Nr. 245, BV. 340, um 1000, bair. Glossare: 1,185,29 inbecillia : uueihhi, Abrogans, R. FFFF 40,29 imbecillitatem : uueihi, Can. Halitg. Ep. Eb., Rom, BV. Ottob. lat. 3295; BV. 792, 3. Viertel 9. Jh., südrheinfrk.

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Krankheitsbezeichnungen

[Zu mollis 'weich, biegsam' StSG. I, 211,34; zu teneritüdo 'Zartheit' II, 167,46 (Tenentudinem) : uueihi, Greg, cura 3,8 p. 42. SchW. 314, StWG. 706, SAW. 1,1122. Herkunft: eine Substantivbildung zu weih. DWB. 14,l,l,480f. - vgl. mhd. weiche •Weichheit, die Weiche am menschlichen Körper'. weihhill stF. 'Schwäche' (Gl.) - imbecillitäs 'Schwäche, schwächliche Gesundheit, Kränklichkeit'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 319,56 Ecce quam dementer su( irfbecillitatis reminiscitur sienu 3agendoddergudida tejetit xxfcflkn (Steinmeyer: dh. uuecelin), Greg. mor. 27,24 p. 873, Clm 8104; Nr. 364, BV. 547, 11. Jh. fränk. StWG. 706, SAW. 1,1122. Herkunft: eine /-Erweiterung zu —> weihhi. weihougi 'triefäugig' (Gl.) - lippus 'triefäugig'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 257,44 Lippus weih ouger. I surouger, Lv 21,20, Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798,12. Jh., fränk. StWG. 707, SAW. 1,1122. Herkunft: Kompositum; zu —> weih, ouga. werna, wem stswF. 'Krampfader' (Gl.) — varix 'Krampfader, Kropfader'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 6,41 Varix : uuerna, Ale. gramm. 516, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. J h , alem. II, 7,35 Uarix: uuar^a. t vuerna, ebd., Clm 6404; Nr. 355, BV. 537, spätes 9. Jh., bair. 11, 364,12 Uarix : vuerna, Phocae Ars 421,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., bair, ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. uuerna, Clm 14689. SS 395,23 varix: uuern vel urslehti, Prise, inst. 165,12, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. J h , südrheinfrk. SS 397,5 varix : uuern velurslahti, Prise, inst. 279,5, ebd. Glossare: III, 430,4 Varix : urslath. I werna, Einzelgl.; Der Mensch. Stand und Verwandtschaft, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151, 12./13.Jh, alem. IV, 106,19 Varix : uuerna, Glossae Salomonis (i), werna (k). IV, 164,16 Varix : wem: Λ., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair.

werten

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IV, 210,29 Varis : uuern, l ursiaht, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. Adespota: IV, 230,28 Uarix: uuern in boue, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. IV, 240,1 Uarix : uicerna (Steinmeyer: 1. uuerna), Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. V, 107,23 Uarix : Uicerna, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipals Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. StWG. 717, SAW. 1,1107. Herkunft: mit «-Suffix wie in schwed. verna, dän. verne, engl, warnet zur selben Grundlage *wers- 'erhöhte Stelle' wie ae. wearr 'Schwiele', lat. Verruca·, vgl. —> werra, war^a. DWB. 14,l,2,442f. s.u. Wem, IEW. 1,1151. werra stswF. 'Krampfader' (Gl.) - varix 'Krampfader, Kropfader'. Glossare: HSH. II, 548,02.2 varix: werra. Summ. Heinr. (StSG. III, 291,58. 310,46. V, 37,44). III, 684,64 Varix: vuer, Mischgl., Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. StWG. 717, SAW. 1,1107. Herkunft: mit ae. wearr 'Schwiele, Warze' aus ie. *wers~ 'erhöhte Stelle'; außergermanisch vergleicht sich lat. verrüca. KS. 887, Pfeifer 1541, DWB. 14,l,2,442f., IEW. 1,1151, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 801. Seit frühneuhochdeutscher Zeit gilt ausschließlich die Bedeutung 'Gerstenkorn, Geschwulst am Augenlid', sieh auch —> werna, wem. werten 'zum Schwären bringen' (Gl.; N.) - exuleero 'zum Schwären, Eitern bringen, in Betrübnis versetzen, erbittern'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 221,5 Exulcerat : uuartit, Greg, cura 1,11 p. 12, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. Zur Stelle: Impetigo quippe sine dolore corpus occupat, et absque occupati tadio excrescens membrorum decorem Joedat, quia et avaritia capti animum dum quasi delectat, exulcerat. „Ein Hautausschlag befällt ja den Körper ohne Schmerzen, breitet sich von der befallenen Stelle ekelhaft aus und verunstaltet die schönen Glieder. So bringt auch die Habgier die Seele des Befallenen zum Schwären, während sie ihn zugleich erfreut." [Bei Notker in der Bedeutung 'ins Verderben bringen, verletzen'.] SchW. 320, StWG. 718 Herkunft: Mit as. a-wardian, afr. werda, ae. ä-, ge-wierdan 'verderben, zerstören', got. fra-wardjan 'verderben' zu ahd. werdan 'werden, geschehen' aus germ. *werpa'werden'. IEW. 1,1157; vgl. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 601. - mhd. nur in der Bedeutung 'schädigen, verderben'.

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Kiankheitsbezeichnungen

wertisal stN. 'Verletzung, Beschädigung (Ο.). Literarische Denkmäler: Otfrid 4,18,23 Thes selben mäg es thär giuüag, themo er thaζ ora thanasluag, quad, er nan in thergäbt in themo gärten gisähi. „Thu däti, ih sagen thir in uuär, tha% selba uuertisa! thär, uuanta ihgistuant thin märten thär in them gärten ...". SchW. 320, SAW. 1,1100. Herkunft: eine Suffixbildung mit dem Suffix -sal zu - » werten. wewa stswF. 'Schmerz, Qual, Leid, Unglück, Verderben' (N.NG.O.SG.). Literarische Denkmäler: Notker 10,516,20 Vnrehten mangefähent uueuun ferlornissido. (u.ö.). Notker-Glossator 9,318,23 et in aduersis / unde in uueuuon. (u.ö.). Otfrid 3,10,6 Si quam rüajenti, kümta thio iro thürfti, klägota ira uuewa bira dohter liaba. SchW. 321, StWG. 720, SAW. 1,1075. Herkunft: eine Substantivbildung zur Interjektion ahd. we. DWB. 14,l,l,19f., IEW. 1,1111; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 788. - vgl. mhd. ivewe, we swM. stswF. wewo swM. 'Schmerz, Qual, Leid, Krankheit, Ärger, Verderben' (O.SG.; Gl.) rabies 'Tollheit, Wildheit, Raserei, Wahnsinn'. Literarische Denkmäler: Otfrid 5,8,56 Fon theru selbün henti, the thöd giscankt tu enti, ioh uueuuon thö manne gab drinkanne, Fon theru intfähent, theist ouh uuib, nu tha%_ euutntga Hb. Sigiharts Gebet 102,5 Ginade uns in uun, Da% uui niltden uueuuün. Glossen zu nicht biblischen Schriften: Mayer 22,2 rabies : ueuuon, Eut. ars 459,8, Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 739; BV. 94, 9./10. Jh., hd. mit nd. Spuren. SchW. 321, StWG. 721, SAW. 1,1075. Herkunft: als schwaches Maskulinum neben —> wewa. wildaz fiur —> fiur wildfiur (?) stN. 'Erysipel, Wundrose' (Gl.) - erysipelas 'eine rot aussehende Hautentzündung'. Glossare: III, 487,28 Derisipila : wiltuur.^ Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 498,16 Den'ipila : wildiwur^ Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, ll./12.Jh.,alem. StWG. 728, SAW. 1,239 unter Vorbehalt.

wimmer

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Herkunft: Kompositum; das Bestimmungswort ist ahd. wtldi 'wild', im Grundwort wird ahd. —> fiur gesehen, sieh auch ae. wylde jyr. DWB. 14,2,78f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 137 „das aus dem wilden Walde kommende Feuer, das zum Gesichte herausschlägt". Die Belege müssten dann als Verschreibungen aus wildfiur gedeutet werden. Eine Pflanzenbezeichnung ahd. wildwur^ ist jedenfalls nicht bezeugt, zumindest der Glossator des Berner Pflanzenglossar könnte das ihm unverständliche ιviltuur\ jedoch so gedeutet haben. Gemeint wäre dann eine Pflanze, die gegen die Wundrose wirksam ist. wildfleisc* stN. 'Narbenfleisch, Narbengewebe' (Gl.) - caro crescens in vulnere. Glossen zu nicht biblischen Schriften: JJ 258,9 [crescentes ... in wittere] carnes, .i. wiltfleisch, Macer Floridus X, 415, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, Anfang 14. Jh. [In der Bedeutung •Wildbret' StSG. II, 690,58 u. III, 682,1 Ί ferina] StWG. 728, SAW. 1,243. Herkunft: Kompositum; zu ahd. midi 'wild' u. - » ß e i s c . DWB. 14,2,79, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 157f. willido swM. 'Übelkeit, Ekel' (Gl.) - nausea 'Seekrankheit, Übelkeit'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 285,25 Nausia : uuilhdo : spia, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./ 9. Jh., alem. - uuillido, Nm 11,20, Oxford, BL. Jun. 25. Glossen zu nicht biblischen Schriften: I, 81,6 nausia : uuillidho, Abrogans, K. GGG 10,14f. Pulegiü calefac . uetre / et urinam prouocat. partü expellit. et naufeam probibet. : vuillidun, Theodorus Medicus, Diaeta Theodori, 170Wien, ÖNB Cod. 187; BV. 957a, 14. Jh., obd. StWG. 746, SAW. 1,1088. [In der Bedeutung 'Überdruss' StSG. I, 100,7 Dissidia : uuullido, Abrogans.] Herkunft: mit dem Suffix -ido zu ahd. wellan 'wälzen'; vgl. —> unwilhdo, wullido. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 815. wimmer stM. 'Auswuchs, Bläschen, Warze' (Gl.) - püstula "Blatter, Pustel, Blase, Bläschen', tuber 'natürlicher oder krankhafter Auswuchs am Körper, Höcker, Buckel, Beule, Geschwulst', tubusfistula, verruca 'Auswuchs, Warze'. Glossare: IV, 193,50 Tvberpustula verruca I tumor i. wymer, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. Mayer 126,27 tubus fistula uel rumor vvimer, Glossarium latinum, Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. StWG. 730, SAW. 1,239.

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Herkunft: die Herkunft ist unklar, vgl. ae. wommas. DWB. 14,2,222, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 805f. Vermutlich liegt eine onomatopoetische Bildung vor. — vgl. mhd. wimmer. wintrunkal 'trunksüchtig' (B.GB ). Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 31,7 nalles vvesan ub mua tan nalles win trunchal nalles fil u e^alan. SchW. 325, SAW. 1,1016 u. 1,1127. Herkunft: Kompositum; zu —> win und einem Adjektiv -trunkal\ das mit dem Suffix ahd. -all-il vow der Schwundstufe des starken Verbs trinkan gebildet ist. H. Tiefenbach, unscripulo, S. 104. - vgl. daneben mhd. wintrunken. worgal "Würgen beim Erbrechen' (Gl.) - singultus 'Schlucken, Schluchzen, Röcheln'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 421,10 Singultibif : vuorgalun, Prud. cath. 127, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: uvorgalo^anan). StWG. 746, SAW. 1,1160. Herkunft: wohl mit dem Suffix germ. *ila zu ahd. würgen 'würgen, ersticken, erwürgen'. DWB. 14,2,2191, IEW. 1,1154. Daneben stehen die erst später bezeugten Verbalbildungen auf -/- wie nhd. (md.) worgeln, die wohl Rückbildungen sind, DWB. 14,2,1460 s.u. worgeln, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 816 „singultibus vomentis monstri = das Aufstoßen der Schwangeren, das man wohl dem sich würgend erbrechenden Alp (Alpkind = monstrum) im Mutterleibe zuschrieb." worgalozannen 'die Zähne beim Erbrechen zusammendrücken' (?) (Gl.) — singultus 'Schlucken, Schluchzen, Röcheln'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 421,11 Singultibi : uvorgalo^anan, Prud. cath. 127, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. (Parallelhs.: vuorgalun). StWG. 833. Herkunft: Kompositum; zu —> worgalu. ahd. Rannen 'die Zähne fletschen'. worgunga stF. 'Angina, Halserkrankung, Bräune' (Gl.) - angina 'Halsbräune, Beklemmung'. Glossare: III,451,35 Angina : worunga, Einzelgl. Die Tiere, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. StWG. 746, SAW. 1,1160. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. würgen 'würgen'. DWB. 14,2,2224f., M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 816 s.u. „1. das Gefühl des Würgens bei der

wullöd

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Halsentzündung oder beim Erbrechen. 2. Milzbrand der Schweine mit Würgebewegungen". Da der Beleg sich im Abschnitt „Die Tiere" befindet, ist hier mit einem Beleg für die Schweinkrankheit zu rechnen. wullida stF. 'Übelkeit, Ekel, Überdruss' (Gl.) - nausea 'Seekrankheit, Übelkeit'. Glossare: IV, 206,9 Nauseo : uuullitha, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 746, SAW. 1,1088. Herkunft: mit Dentalsuffix zu —> wullön 'Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 815. wullido swM. 'Übelkeit, Ekel' (Gl.) - nausea 'Seekrankheit, Übelkeit'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 363,26 Uertatur in nausiam si kacheirit in uuulltdun, Nm 11,20, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossare: I, 80,6 nausia : uuullido, Abrogans, Pa. - uuillidho, Abrogans, K. — wullido, R. [In der Bedeutung 'Überdruss' StSG. 1,100,7 Dissidia : uuullido, Abrogans; in der Bedeutung 'umgeschlagener Wein, Fusel, verkommener Mensch' HSH. 11,541, 377.31 vappa : wullido, Summ. Heinr. (StSG. III, 263,54).] StWG. 746, SAW. 1,1088. Herkunft: mit Dentalsuffix zu —> wullön 'Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen'; vgl. —» willido. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 815. - vgl. mhd. wullede. wullo swM. 'Ekel' (Gl.) -fästidium 'Ekel, Widerwille, Überdruss'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: U 449,8 fastidia : uulfun, Hieron. Epist. 4,955, Paris, BN. lat. 9532; BV. 755, 9./10Jh. u. ca. 1000, mfrk. StWG. 747, SAW. 1,1088. Herkunft: wohl eine postverbale Bildung zu —> wullön 'Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen'. DWB. 14,2,1754 s.u. Wullen. wullöd stM. 'Übelkeit, Ekel, Überdruss' (Gl.) - nausea 'Seekrankheit, Übelkeit'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 360,42 Nausiam : vuillod, Nm 11,20, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. J h , bair. - vuilloth, Wien, ÖNB 2723. - uvil:oth, Wien, ÖNB 2732. - willoth, Clm 4606. - wulloth, Göttweig, StiftsB. 46/103. - wlloth, Clm 6217. Clm 14745. - wllot, Clm 14584. - wllöt, Clm 22201. - wllit, Clm 13002. Clm 17403. (Parallelhs.: unwilloth). Glossare:

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Krankheitsbezeichnungen

III, 505,11 Nausium : wlluot (Steinmeyer: 1. wulloi), Pflanzengl., Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. StWG. 747, SAW. 1,1088. Herkunft: mit Dentalsuffix zu —» wullo. wullön 'Ekel empfinden, sich erbrechen wollen, sich erbrechen' (Gl.) - nauseo 'Seekrankheit haben, sich erbrechen müssen', vomo 'sich erbrechen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 326,13 Nauseo : uullon, Clementis Ars, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. SS 398,4 nauseo : uullon, Prise, inst. 476,10, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. JJ 257,10 (Nausea) Nausea est voluntas vomendi quod dicitur w hm, Macer Floridus II, 87, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403,14. Jh. Glossare: IV, 206,8 Nauseo : vuullon, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 747, SAW. 1,1088. Herkunft: das schwache Verb steht als schwundstufige Bildung neben ahd. wallan 'wälzen, sieden, kochen'. DWB. 14,2,1754 s.u. wullen. wullunga stF. 'Überdruss, Ekel, Übelkeit, das Erbrechen' (Gl.) - nausea 'Seekrankheit, Übelkeit', vomitus 'das Erbrechen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 379,10 Nausea : wllinga, Prise, inst. 476,10, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. Glossare: III,410,16 Nausiam : wullunge, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. IV, 81,6 Nausea uomitusfüllunge (1. uullunge), Glossae Salomonis (i). IV, 152,7 Nausea : wllunga ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. StWG. 747, SAW. 1,1088. Herkunft: eine Substantivbildung mit -««^-Suffix zu —> wullön. — vgl. mhd. wullunge. wulst stMF. "Wulst, aufgeworfene Lippe' (Gl.) - hystemeepni^an (griech.), limbus 'Streifen, Saum, Gürtel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 507,10 (Peripetasmatis) .i. desuper adiectionibus .i. limbus wlsti, Prise, inst. 263,1, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. Glossare:

wunta

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GGG 10,2 Mutier Da uulua offocatur quod uitium grece Hyfibtcepnispn dr. wului,1 Pflanzengl., Wien, ÖNB Cod. 187; BV. 957a, 14. Jh., obd. [In nicht-medizinischer Bedeutung StSG. I, 328,66 Coronam : port I wist, Ex 25,11, Admont, StiftsB. 508; Nr. 6, BV. 6,12. Jh., bair. (Parallelhs.: prorth, champ)] StWG. 747, SAW. 1,1086. Herkunft: Ausgangspunkt ist vermutlich ein feminines ώ-Abstraktum wulst zur Wortfamilie von nhd. wölben, es setzt daher ein starkers Verb germ. *hwelba voraus, das im Altnordischen und Altfriesischen resthaft bezeugt ist, s. J. Riecke, Die schwachen jan- Verben, S. 604. KS. 898; anders DWB. 14,2,1754, vgl. auch ahd. wulsta 'Rand' sowie M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 815. - vgl. mhd. wulst. wunta stswF. Wunde, Verletzung' (MH.N.NG.O.T.WH.StraßburgerBs.; Gl.) livor 'die bleiartige Farbe einer Stelle am Körper, der rotblaue Fleck (durch Drücken, Stoßen, Schlagen, Quetschen)', pläga 'Schlag, Stoß, Wunde', stigma 'Brandmal', ulcus 'Geschwür, Schwären, Auswuchs', vulnus "Wunde'. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 19,10,1 kaauctem im uunton in Christesfleisgeperahtemu. Notker 1,19,7 Übe du genesen uuellest. ünde annates helfa uuellest. so äuge dia uuündun. (U.Ö.).

Otfrid 5,23,134 Nimaht äfur thav^gimächon, thära ingegiti rachon, uuio mänagfalto uuunta hiar thülten thuruh stintä. Tatian 433,27 ... Inti sih nahenti bant sina uuvntungo\ thara ana oli Inti uuin. (u.ö.) Williram 19r,22 Gehüge ouh minero uuvnton . die ih an demo cräce dürh dih leit. Straßburger Blutsegen 375,8 ter heilego Tumbo uersegene tivsa uunda. Glossen zu biblischen Schriften: I, 276,33 Casso uulnere farmisseru uuntun, I Rg 19,10, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 295,9 Ulcus suo sponte nascitur tolc. Vulnus ferro fit et dicitur uunta, Lv 13,18, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. I, 312,12 In uulnus meum inuuntun, Gn 4,23, St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775,10. Jh., alem. I, 316,19 Occidi illum in uulnus meum : arsluac ih inan in uuntu'n mina e:do in tolg mina% Gn 4,23, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 349,40 Ulcus : xxntb (Steinmeyer: dh. uunta), Lv 13,18, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. I, 354,7 Ulcus : uunta, ebd., Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. I, 411,26 Cassa uulnereperlata est in parietem italer: in uuntunprungan uuard in uuant, I Rg 19,10, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Krankheitsbezeichnungen

II, 227,68 Liuor uulneris fr&i dera uuntun, Greg, cura 3,12 p. 51 (Prv 20,30), St. Florian, StiftsB. Ill 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. Mayer 5,27 (uulnus) uunten, Greg, cura 22D, Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 4; BV. 13,10./11. Jh., bair. II, 395,1 Rüsädis liuoribus : na^en uuntun, Prud. perist. 705, Wien, ÖNB 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 452,51 Roscidis liuoribus : na^en vuntvn, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - vuntun, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. J h , bair.-alem. II, 427,50 Ulcera : vuntvn, Prud. perist. 141, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 663,23 Vulniftcius [chalyps] : uuntuntuonta£ Verg. Aen. VIII, 446, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. Mayer 100,11 (?) defixo : vuontin, Johannes Cassianus, Collocationes 1157A, Clm 18556a; BV. 653,10./ll.Jh., bair. Glossare: I, 44,12 Australis plaga : suntaruunta, Abrogans, Pa. - suntaruuinda, Abrogans, K. - suntaruuinta, Abrogans, Ra. - (Parallelhs.: sundarhalpd). I, 62,22 motaplaga : kahrorto uunta, Abrogans, Pa. — kihroto uuntun, Abrogans, K. I, 88,5 uuestigium uulneris : spor uulneris uuntun, Abrogans, Pa. - spor uuntun, Abrogans, K. III, 5,25 Plaga : uunta, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. Adespota: IV, 229,15 Stigma anamali uuntun, Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. J h , bair. SchW. 330, StWG. 747, SAW. 1,1156. Herkunft: mit as. wunda, afries. wunde, ae. wund, an. und zum Adjektiv germ. *wunda- 'verwundet' in ahd. as. ae. wund, got. wunds. KS. 898, DWB. 14,2,1771, IEW. 1,1108; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 816f, M. Heyne, Körperpflege, S. 157. Das Adjektiv hat sich erhalten in ahd. wunt 'verwundet', Bamberger Blutsegen, sowie dem Syntagma wunt mahhön, StWG. 747 - vgl. mhd. wunde. wuntmäli stN. Wundmal, Narbe' (Gl.) - cicatrix 'Narbe, Schramme*. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 366,15 Cicatrix : vuünt male, Porphyrii Liber Isagogarum p. 115, Wien, ÖNB 311; BV. 907, Nr. 590,11. Jh. StWG. 748, SAW. 1,586 u. 1,1156. Herkunft: Kompositum; zu -> wunta u. mäh. DWB. 14,2,2009, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 390 „der nach einer Wunde oder Verletzung zurückbleibende andersartige (Narben-)Fleck".

wuot

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giwuntöt 'verwundet' (Gl.) - debilito 'schwächen, lahmen, verkrüppeln', säum 'verwunden, verletzen', saucius 'verwundet, verletzt', vulnero 'verwunden'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 485,33 Debititabant: uvntotvn, Idt 15,4, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - mntotun, Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. - mantotun, Wien, ÖNB 2723. - uuntotan, Göttweig, StiftsB. 46/103. - wntotin, Clm 13002. Clm 17403. (Parallelhs.: virbosten). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 170,12 Sautiatur : giuuntot, Greg, cura 3,15 p. 55, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 766,19 Saucius : kiuuntoter, Passio Thomae, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. FFFF 46,23 sauciatur : giuundot, Halitg. 1,1, Rom, BV. Ottob. lat. 3295; BV. 792, 3. Viertel 9. Jh., südrheinfrk. Glossare: I, 257,2 quod uulnerat: da^ uuntod, Abrogans, K. StWG. 748, SAW. 1,1156 als wunton. Herkunft: es könnte sich um ein Pseudopartizip zu —» wunta handeln, für das eine Paraphrase „mit Wunden versehen" anzusetzen wäre. Es ist aber nicht sicher zu erweisen, ob es nicht ein schwaches Verb ahd. wuntön 'verwunden, verletzen' — vgl. ae. wundian, afries. undia - gegeben hat, zu dem die Form giwuntöt dann das reguläre Partizip wäre. DWB. 14,2,1780. wuot stF. 'Verrücktheit, Tollheit, Wut, Raserei, Wahnsinn' (Gl.) - ämentia f Verstandeslosigkeit, Verrücktheit', furor 'Raserei, Wut, Verzückung', insänia 'Vernunftlosigkeit, Tollheit', saevitia *Wut, Heftigkeit, Strenge'. Glossare: I, 117,1 In amentia : In uuoti, Abrogans, R. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 223,31 Insanie : derauuoti, Greg, cura 3,2 p. 36, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. II, 256,70 Seuitia : vüti, Greg. dial. 3,28 p. 340, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. II, 607,5 (Furore) : uatun, Ruf. hist. eccl. VIII, 6,471, Clm 6375; Nr. 351, BV. 532, Hs. 1. Drittel 9. Jh., bair. StWG. 749, SAW. 1,1159. Herkunft: mit ae. wp 'Stimme, Gesang', an. dir 'Leidenschaft, Dichtung' zum Adjektiv germ. *wöda- 'besessen, erregt' in ahd. wuot, ae. wöd, an. odr, got. wods. KS. 900, DWB. 14,2,2474, IEW. 1,1113; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 836, M. Heyne, Körperpflege, S. 144f. Hierher auch der Göttername Odin, Wodan. vgl. mhd. wuot.

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Krankheitsbezeichnungen

ferwuot 'töricht, unsinnig' (NG.) - insensätus 'unvernünftig'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 8,92,16 ich sah fer-uuudte unde suant. SchW. 331, StWG. 160, SAW. 1,1159. Herkunft: eine Adjektivbildung zum schwachen Verb ahd. fir-wuoten. wuoten 'wüten, rasen, wahnsinnig sein', wuotenti 'wütend, unsinnig' (N.T.; Gl.) ämens 'unsinnig, außer sich', bacchor 'jauchzen, frohlocken, lärmen, wüten, toben, rasen', fremo 'brummen, murren', furibundus 'wutschnaubend, begeistert', furiösus 'wütend, rasend, unsinnig', grassor 'losschreiten, hart zu Werke gehen, wüten, umhertoben', insänus 'seelenkrank, wahnsinnig', insulto 'übel mitspielen, verspotten, verhöhnen', lascive 'mutwillig, übermütig, zügellos', fymphätus 'wahnsinnig, besessen', petfuro 'wüten', pestilens 'verpestet, ungesund, verseucht, Unheil stiftend', phreneticus 'hirnwütig, gehirnkrank', saevio 'wütend sein, toben'. Literarische Denkmäler: Notker 3,193,13 Νά/s er neuuüote chadih. (u.ö.) Tatian 463,18 thö quadun manage fort in er hab& dtuual Inti uuvotit. Glossen zu biblischen Schriften: I, 296,15 Fugibundusgrencendi. I uothdien, III Rg 20,43, Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. Jh., mfrk. I, 383,61 f. Bachati sunt vuotton, Idt 20,25, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. - uuatintiuuaron, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1. - uuotinti uuarun, St. Gallen, StiftsB. 9. I, 411,55 An desunt nobis furiosi edo uuan sint uns uuuatente, I Rg 21,15, Karlsrahe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. I, 422,36 Crassatur: vüotit, II Rg 24,21, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair. - vuotit, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - uuotit, Clm 14689. - ivuotit, Clm 4606. - rntit, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - wotit, Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 6217. Stuttgart, WLB. HB IV 26. - metit, Clm 13002. Clm 17403. - witto, Clm 22201. I, 446,45 Furibundus : Vuadender, III Rg 20,43, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. - vvuadender, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. J h , fränk. u. alem. I, 543,30 Pestilens : uuatanter, Prv 15,12, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. I, 763,20 Insanitis : uuuaten*, I Cor 14,23, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 47 Weissenburg; Nr. 637, BV. 970, Hs. 9. Jh., südrheinfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,3,46 (Bachatur) : uüotit, Alcimus Avitus 321, Clm 330; Nr. 304, BV. 448, 10. Jh., bair. 11, 16,62 Bachabatur : uagabatur. I uuötha, Aldh. laud. virg. 176,17, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. Jh., alem.

wuoten

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II, 35,50 Furit: uuotda, Arat. 2,1073, Frankfurt a.M., Stadt- und UB. Ms. Barth. 139, Nr. 142, BV. 158,12. J h , frank II, 83,30 Furiosus : uuotenter, zu Can. conc. Sard. I, Stuttgart, WLB. HB VI 109; Nr. 562, BV. 868, 9. Jh., bair. - umtentes, Paris, BN. lat. 3848; Nr. 507, BV. 742, 12. Jh., bair. - s uuotentes, Madrid, Biblioteca de la Real Academia de la Historia 46. II, 85,54 Furiosus: uuotenter, ebd., Würzburg, UB. M. p. th. f. 146; Nr. 647, BV. 995, Hs. 10. Jh., ostfrk. II, 87,48 Furiosus : uuotontei*, ebd., Bern, BB. Cod. 89; Nr. 28, BV. 61, 9. Jh., alem.-bair. II, 94,49 Furiosus : uuotanter, ebd., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - mtander, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7. IV, 319,19 Furiosus : uuotenter, ebd., Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1741; Nr. 23, BV. 39,10. Jh. Mayer 112,1 acrius furiosus uuotentes, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1297; BV. 774,12./13. Jh. II, 104,31 Furiunt: vuotant, Can. conc. Afric. XCIII, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - uuötant, Clm 14747. - uuottant, Clm 19417 II, 121,39 Furiunt : uvotant, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. IV, 324,29 Debacchandi : Jona uuatanne, Can. deer. Innoc. XLII, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 3 Weissenburg; Nr. 635, BV. 968, 9./ 10. Jh., südrheinfrk. 11, 172,46 {Crassantuf) : uuatant, Greg, cura 3,20 p. 66, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 192,11 Grassantur: vuottent, Greg, cura 3,21 p. 66, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, Ö N B 2723. - vuo'tent, Wien, Ö N B 2732. II, 300,52 Seuire : vuottan, Greg. hom. 2,25 p. 1550, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair. II, 351,11 (Furibunda) : uuottinta, Juvencus 1,434, Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana Marc. Lat. XII. 138; Nr. 571, BV. 885, Hs. 12. Jh., obd. II, 431,39 Seuire : vuotan, zu Prud. perist. 58, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 439,64 Estuante nupta vu ο tantero quenun, Prud. perist. 24, ebd. II, 442,63 Uota cakntia dina vüotanta vuillvn, Prud. perist. 76, ebd. II, 461,57 Grassarier: vuotin, Prud. ham. 649, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. II, 515,64 Insultat: xxptkt (Steinmeyer: dh. uuotit), Prud. ham. 404, Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./11. J h , alem.; ebenso Zürich, ZB. Ms. Car. C 164.

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Krankheitsbezeichnungen

II, 547,74 Grassantia : uuotinta, Prud. psych. 468, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 554,23 Lymphatam : uuo tinti, Prud. cath. 92, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 557,3 Petfurit: uuodit, Prud. ham. 364, ebd. 11,566,39 Petfurit : uuoät, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. 11,603,41 Grassatur : vuotta, Ruf. hist. eccl. 111,23,145, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair.- vvotta, Cgm 5248,2. II, 637,4 (Furit) : uvotit, Verg. Georg. III, 100, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. Jh., bair. II, 665,1 JPetfurit: uvotta, Verg. Aen. IX, 343, ebd. 11, 669,1 Fremit: uvötta, Verg. Aen. XI, 559, ebd. DDDD 317,16f. Aerius, furiosius : uuotentes, Can. conc. Sard. II, Madrid, Biblioteca de la Real Academia de la Historia 46; Nr. 281, BV. 425, Ende 10. Jh. Aerius furiosius : uuotentes, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1297; BV. 774, 12./ 13. Jh. Glossare: I, 111,16 amens : uuotenti, Abrogans, R. I, 205,12 Lasaue : uuotenti, Abrogans, K. Ra. (Parallelhs.: unstillo). HSH. II, 117,21 freneticus : bvtender, Summ. Heinr. St. Stricker, Basel, ÖBU. IX 31, Nr. 556 Bachor. ich iv°te. furio\ Summ. Heinr. IV, 97,21 Seuiens wötenter., Glossae Salomonis (i), wietender (k). IV, 144,28 Füret : wtet./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. IV, 169,49 Grassatur : vüit, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. J h , bair, obd. IV, 200,62 Demente : uuudon, Alphabetisches Gl, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. J h , mfrk. Adespota: IV, 222,15 Freniticus: uuotenter, Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. J h , bair. [In nicht-medizinischer Bedeutung zu lat. insolesco 'physisch erstarken, sich unangenehm benehmen, übermütig werden', aber zu ahd. tvuoten gehört StSG. II, 217,7 Insolentem : νuuo hun, Greg, cura 1,4 p. 5, StWG. 687 wohl irrtümlich als ? vuuohun 'tobend' (?), 'wütend' (?).] SchW. 331, StWG. 749, SAW. 1,1159. Herkunft: als deadjektivische Bildung mit as. wödian, ae. wedan, an. oeSa aus germ. *wödija- 'besessen sein, erregt sein'. DWB. 14,2,2492f, IEW. 1,1113, J. Riecke, Die schwachen jan- Verben, S. 458. - vgl. mhd. wüeten. Daneben als Präfixbildung:

wuotunga

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ir-wuoten 'den Verstand verlieren' (Ν.). Literarische Denkmäler: Notker 10,399,2 so ferro iruuuotin. SchW. 331, SAW. 1,1159. wuotfg 'wütend, tobend, wahnsinnig, tollwütig' (N.; Gl.) - furiösus 'wütend, rasend, unsinnig', lymphäticus 'wahnsinnig, wie besessen, besinnungslos', phreneticus 'hirnwütig, gehirnkrank'. Literarische Denkmäler: Notker 1,17,8 Ntibe echert fine uuüotigero tnigheite . rätelöslicho dara linde dära gefüoret uuirt. (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 280,20 Furiosi uatage dicti a furore, I Reg 21,25, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,423,28 Lymphaticum : vüotic, Prud. cath. 57, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. II, 443,38 Furiata : vuotigiv, Prud. perist. 26, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - vuötigiu, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. J h , bair.-alem. II, 459,36 (Lymphatico) : vuotagemo, Prud. ham. praef. 59, Paris, BN. Nouv. acquis. lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. - vuotigemo, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Glossare: III, 429,3 Freneticus : wotiger, Einzelgl. Der Mensch. Stand und Verwandschaft, Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. Jh., bair. SchW. 331, StWG. 749, SAW. 1,1160. Herkunft: eine Erweiterung mit dem Suffix -ig zu —> wuot. DWB. 14,2,2538f. Daneben steht auch das Adverb wuotigo 'rasend, grausam', Notker. — vgl. mhd. wüetic. wuotnissa stF. 'Torheit, Wahnsinn' (Gl.) - dementia 'Unvernunft, Wahnsinn, Narrheit'. Glossare: IV, 6,57 Dementia : uuot nissa, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. StWG. 749, SAW. 1,1160. Herkunft: mit dem Suffix -nissa als Abstraktum zu —> wuot wie ae. wödness zu wöd. DWB. 14,2,2548. wuotunga stF. 'Raserei, Wut' (Gl.) - energia 'Wirksamkeit' (glossiert wohl unter Einfluss von energümenos 'der vom Teufel Besessene"), furia Wut, Raserei', furor 'Raserei, Verzückung', ira 'Zorn, Erbitterung'.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,594,60 (Energia) enegia ./. wotunga, Prud. apoth. 400, Clm 13108; Nr. 378, BV. 563, Hs. 13. Jh. II, 646,49 Furor : uuotunga, Verg. Aen. I, 348, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634, 11. J h , bair. II, 707,28 ( ) Furios : uudunga, Verg. Aen. IV, 474, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./ll.Jh., mfrk. IV, 337,30 (Iras) : vuotunga, Juvencus 2,27, London, BMMss. Add. 19723, Nr. 270, BV. 393, Hs. 10. Jh., alem. [In nicht medizinischer Bedeutung für heftige sexuelle Erregung StSG. II, 638,42 In furias: inuuotunga, Verg. Georg. III, 244, Clm 18059.] StWG. 749, SAW. 1,1160. Herkunft: ein Verbalabstraktum mit dem Suffix -unga zu —» wuoten, vgl. ae. weding. DWB. 14,2,2553f. wurm stM. "Wurm, Krankheitserreger* (PariserWs. I, II.; Gl.) -gesaster (?). Literarische Denkmäler: Pariser Wurmsegen I, 373,1 Ihgebiude dir, wurm, du in demo fleiske /igest... Pariser Wurmsegen II, 373,2 Ih besuere dih, sunno, bi sancto Germane, da% tu hiuto nescin, e demo - die coiorem —fiehedie wurme u^sin. Glossen zu nicht biblischen Schriften: III, 600,3 Gesastere : uuormo, Cassius Felix, Liber de Medicina 88,11, St. Gallen, StiftsB. 105; Nr. 156, BV. 181, 2. Hälfte 10. Jh. [Die übrigen Belege tragen die nicht-medizinischen Bedeutungen 'Wurm, Schlange, Drachen'. — Daneben als Pferdekrankheit 'Rotz, Maleus' auch im Vatikanischen Pferdesegen II.] SchW. 332, StWG. 750, SAW. 1,1161. Herkunft: mit as. wurm, afries. wirm, ae. wyrm, an. ormr, got. waurms aus germ. *>vurma. KS. 899, DWB. 14,2,2226f, bes. 2243f. „Wurm als Krankheitserreger" u. 2246f. „Wurm als Krankheitsname"; s. auch M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 820-835, P. Lessiak, Gicht, S. 120-129, HWdA. 9,841f. mit weiteren Hinweisen auf dämonische Wurmkrankheiten sowie V. Holzmann, „Ich beswer dich", S. 99f.; vgl. auch —> härwurm. — vgl. mhd. wurm.

Ζ zaharougi* stN. 'Augenentzündung' (Gl.) - lippitüdo 'Augenentzündung, Augen(lider)blennorrhöe\ Glossare: IV, 75,49 Uppitudo : phehinouge. t ^arrougt, Glossae Salomonis (d). (Parallelhs.: vprrovger).

zanswero

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StWG. 753, SAW. 1,692 u. 1,1169. Herkunft: Kompositum; zu ahd. %ahar 'Träne' u. ouga. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 23 s.u. Zähr-Auge. Anders DWB. 15,383, wo unter Zarrauge Anschluss an ^arren 'sich spannen' gesucht wird. zaharougi 'triefäugig' (Gl.) - lippitüdo 'Augenentzündung, Augen(lider)blennorrhöe'. Glossare: III, 474,43 Lippitüdo : xarruk" est dolor l uitium oculorum quod humore defluente fit, Pflanzengl. MIX, Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. IV, 75,48 Lippitüdo : phehinovge l vprmvger, Glossae Salomonis (c). (Parallelhs.: ^arrougt). StWG. 753, SAW. 1,692 u. 1,1169. Herkunft: Kompositum; zu yaharougi st.N. zandlezzlg 'zahnlos' (Gl.) - edentulus 'zahnlos'. Glossare: III, 383,20 Edentulus : kanceyecb (vgl. Steinmeyer, Anm. 5 1. canleyech oder canlokech), Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. SAW. 1,517 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; bei einer Lesung canle^ecb wohl zu —> ^an(d) und zu ahd. letzen 'hemmen', ksgi 'widerspenstig, verkehrt', vgl. mhd. lae^licb, fnhd. leidig 'schadhaft verletzt'. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 367 s.u. Let% zan(d)lös* 'zahnlos' (Gl.) - edentulus 'zahnlos'. Glossare: HSH. I, 309,579 edentulus: Randloser, Summ. Heinr. HSH. I, 309,579 edentulus: ^anloser, Summ. Heinr. HSH. II, 7,140 edendius: tonloser, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,51. 179,44). StWG. 753, SAW. 1,1171. Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem reihenbildenden Suffix -lös u. ahd. —> ψη(ά). DWB. 15,172, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377. - vgl. mhd. %>nt, %anlos. zanswero swM. 'Zahnschmerzen' (Gl.) - dolor dentium 'Zahnschmerz', emigraneus 'Hauptwurm', d.h. „Wurm der Kopfschmerzen erzeugt" (L. Diefenbach, Glossarium, S. 200). Glossen zu nicht biblischen Schriften: III, 589,22 Oencium dolore : %ansueRe, Lucius Apuleius Platonicus, De medicaminibus herbarum liber, Kassel, Murh. u. LB. 2° Ms. phys. et hist. nat. 10; Nr. 75, BV. 328,10./II. u. 12. Jh.

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Krankheitsbezeichnungen

Glossare: IV, 201,46 Emigraneum : 3antsuero, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. J h , mfrk. StWG. 753, SAW. 1,980 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu -> ψη(ά), swero. DWB. 15,180, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 377. - vgl. mhd. \ant-, ^answer. zanwurm stM. 'Zahnwurm, Wurm, der Zahnschmerzen erzeugt; Zahnschmerzen' (?) (Gl.) - emigraneus 'Hauptwurm', d.h. „Wurm, der Kopfschmerzen erzeugt" (L. Diefenbach, Glossarium, S. 200). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 367,28 Emigranium : Zanewrm, Gariopontus, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806, 9./10. J h , frank. IV, 368,1 Emigranium : Zanewrm, ebd. Glossare: III, 503,14 Migraneus : %mewrm, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. J h , alem. III, 687,24 Emigraneus : Zant uurm, Mischgl, Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. J h , mfrk. StWG. 753, SAW. 1,1162 u. 1,1171. Herkunft: Kompositum; zu —> %an(d), wurm. DWB. 15,188, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 834. ir-zennen* 'der Zähne berauben' (Gl.) - edento 'zahnlos machen'. Glossare: IV, 55,47 Edentat: ermannet, Glossae Salomonis (f). StWG. 758. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu —» %an(d). zinco swM. 'weißer Hornhautfleck im Auge, Leukom' (Gl.) - aegilöpium 'Tränenfistel', albugo 'das Weiße, der weiße Fleck'. Glossen zu biblischen Schriften: IV, 272,10 Albugo : cingge, Tb 6,9-11,14, Clm 5515; Nr. 335, BV. 497,12. Jh. (?) Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 220,66 Alpuginem : denhuui^uncincun, Greg, cura 1,11 p. 12, Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. J h , bair. Glossare: IV, 30,17 Aegilöpium : cincho, Glossae Salomonis (a, c). IV, 166,26 JEghpium : cinco, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. J h , bair. IV, 167,44 Albugo : cinco. ul oucstal, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. J h , bair, obd.

zittarlüs

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IV, 212,46 Albugo : cincho, Alphabetisches Gl., Wien, ÖNB 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair., ebenso Würzburg, UB, M. p. th. q. 60. StWG. 763, SAW. 1,1189. Herkunft: unsicher, ob nach der vermeintlich zackigen Form des Flecks zu ahd. %nko, nhd. Zinken 'Zacke'. KS. 912, DWB. 15,1410, IEW. 1,289; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 853 „Augenfell, Leukom". Allerdings heißt es DWB. 1,816 s.u. Augstal·, „cincho ist das böhm. cink 'Augenfleck'". - vgl. mhd. %inke. zitdruos stF. 'Räude, Krätze' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,241,11 Impetigo : qtdruas, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem., teils nd. II, 607,9 Petigo cit thruos id derda, Ruf. hist. eccl. (?), Einsiedeln, StiftsB. cod. 32; Nr. 105, BV. 112,10. Jh., alem. IV, 204,2 Inpetigo : citerv', Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. V, 90,34 (nach I, 353,34) Impetigo : citrus, Lv 21,20, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. StWG. 766, SAW. 1,155 u. 1,1197. Herkunft: ein morphologisch undurchsichtiger und unverstandener Fortsetzer von ai. dardrü 'Art Hautausschlag', das ebenfalls vorliegt in ae. tetra, teter 'Flechte'. DWB. 15,1709 s.u. Zittrach(t), IEW. 1,209; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 106 „konsensuell oder sympathisch anschwellende Drüsen beim Zitterach" u. 856 s.u. Zitteroch. Es handelt sich um eine Bildung zur Wurzel *der- 'schinden'. Das scheinbare Bestimmungswort druos ist Resultat einer volksetymologischen Umdeutung. Die überraschend hohe Zahl an Belegen für ein nicht mehr motiviertes Wort erklärt sich vielleicht durch den Einfluss von ahd. tawar, sjtwer 'wilder Galgant' das über arab. ^adivär aus pers. ^ardwär 'gelb' ins Deutsche endehnt wurde. Durch die medizinische Verwendung der Pflanze könnte sie das unverständliche sjtdruos und seine Verwandten gestützt habe. Zu pers. ^ardutar s. J. Ibrahim, Kulturgeschichtliche Wortforschung, S. 181 f. zittarlüs stF. 'Räude, Krätze' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, Schorf. Glossen zu biblischen Schriften: I, 354,2 Si 'npetiginem ibu cittarlus, Lv 22,22, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 201,72 Inpetiginem : cittirlus, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,21), St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem.

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Krankheitsbezeichnungen

II,212,52 Impetigo : atirlus l rudigi, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 333,82 impetigo, cutellus: citerlus, Summ. Heinr. (StSG. III, 242,21. 277,6. 302,2. 336,61). III, 501,41 Inpetigo : citterläs, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67.11./12. Jh., alem. StWG. 767, SAW. 1,573 u. 1,1197. Herkunft: Kompositum; zu einem Substantiv, das vorliegt in ae. tetra, teter 'Flechte' und /«J, s. dort; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 356f. „der im Zitterach-Ausschlag lebende Läuse-Parasit", IEW. 1,209; vgl. —> tqtdruos. zittaroh stM. 'Räude' (Gl.) - impetigo 'chronischer Ausschlag, Räude, S c h o r f . Glossen zu biblischen Schriften: I, 351,50f. Impetigo : wary citaroc\ Lv 21,20, Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. Jh., bair. - wanp citaroch, Stuttgart, WLB. HB IV 26. - warsp cittarovga, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. - qttaroch, Clm 4606. - citroh, Clm 6217. - citroch, Clm 14745. (Parallelhs.: lohafivi). IV, 257,1 Inpetigo warce. Sicca roth, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 242,47 Vigiem : titturuh, Greg, cura 1,11 p. 11 (Lv 21,20), Clm (ex tabulario 376). Der Beleg ist wohl altsächsisch. StWG. 767, SAW. 1,1198. Herkunft: wie —> %ttdruos ein morphologisch undurchsichtiger und unverstandener Fortsetzer von ai. dardrti 'Art Hautausschlag'; vgl. M. Höfler, KrankheitsnamenBuch, S. 856 s.u. Zitteroch „trockener, abschuppender, die Oberhaut schwielig verhärtender ... Hautausschlag"; s. auch 23 u. Zitterach-Auge 'eine mit Zitterach-Ausschlag entstellte Augengegend', wo auf den Beleg war^a ättarovga, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66, Bezug genommen wird; s. auch DWB. 15,1709f., J. Ibrahim, Kulturgeschichtliche Wortforschung, S. 181 f. - vgl. mhd. vjterocb. zittarohti 'mit Räude behaftet' (Gl.) - tineösus 'voll Würmer, verlaust'. Glossare: V, 107,19 (Jinniosus), citruu oddt (IV, 209,58), A l p h a b e t i s c h e s Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. \ \./\2. Jh., mfrk. StWG. 767, SAW. 1,1198. Herkunft: mit -eht-, -oht-Suffix zu -> yttaroch. P. Katara, Die Glossen, S. 183, 292. zoranougi 'schwindelig, mit Flimmern vor den Augen' (Gl.) - scotömaticus 'mit Schwindel behaftet'.

zungelös*

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Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 11,24 Scotomaticos : %oranouga, Aldh. laud. virg. 42,4 Würzburg, UB. M. p. th. f. 21; Nr. 644, BV. 985, Hs. 9. Jh., ostfrk., ebenso Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 365 Helmstadiensis; Nr. 632, BV. 965, Hs. 10. Jh. StWG. 768 'triefäugig', SAW. 1,693 u. 1,1182. Herkunft: Kompositum; vgl. ae. tyrneage, zu ahd. %orn, einer Bildung aus der Wurzel *der- 'spalten' u. —> ouga. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 23 „ZornAuge". zorkalön 'krank sein' (Gl.). Literarische Denkmäler: Otfrid 3,23,25 So drühtin thogihorta, tha\[ er so ^örkolita. SchW. 337, SAW. 1,1240. Herkunft: unklar; vielleicht im Ablaut zu (fir-)^eran 'zunichte machen'. zuckön 'sich verkrampfen' (Gl.) - rügo 'runzeln'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: III, 599,15 (Rugantur) : quhchont, Aesculapius, De chronicis passionibus, Karlsruhe, BLB. Aug. CXX; Nr. 57, BV. 300,10. Jh. StWG. 770; SAW. 1,1192. [Die Mehrzahl der StWG. aufgeführten Belege trägt die Bedeutung 'runzeln', zu %ucka 'Runzel'.] Herkunft: Wenn es sich wirklich um ein β»-Verb handelt, ist synchron von zwei homonymen Bildungen ckötl· 'runzeln' als Denominativum zu yucka und %uckön2 'runzeln, sich verkrampfen' als Intensivbildung zu sjohan 'ziehen' auszugehen. Die hier erfasste Bedeutung erscheint offenbar nur an dieser Stelle. KS. 915f. zungelös* 'ohne Zunge, sprachlos' (Gl.) - elinguis 'ohne Zunge, mit gelähmter Zunge'. Glossare: HSH. I, 309,580 elinguis: qyngeloser, Summ. Heinr. HSH. II, 7,140 elinguis : ^ungiloser, Summ. Heinr. (StSG. III, 145,54. 179,45). StWG. 771, SAW. 1,1201. Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem reihenbildenden Suffix -lös zu —> xunga. DWB. 16,614, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 376 'sprachlos'. - vgl. mhd. %unge-, jungen lös.

3. Die althochdeutschen Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit A abursta stF. 'Masse eines Wundpflasters, Werg' [d.h. die beim Schwingen und Hecheln des Flachses oder Hanfes abfallenden kürzeren Fasern] (Lorscher Arzneib.) - stuppa Werg'. Einsprengsel: Lorscher Arzneibuch II, 226 tens cum albumine ouorum ad spissitudinem mellis et inducts super cum penna aut spatula, ubi tumor uel dolor fuerit et stuppa[m] desup[tt] ponis, hoc est aburstun, Greg. dial. 4,55 p. 465, Clm 6300; BV. 523, Ende 8./ Anfang 9. Jh., bair. Herkunft: nur ahd.; eine Präfixbildung, wohl als ab-bursta zu ahd. bursta, borst(a) 'Borste, steifes Haar' eine Parallelbildung zu ahd. ä-werc, ά-werki Werg, Abfall (beim Flachsschwingen). Pfeifer 160 s.u. Borste, EWA. 1,404, DWB. 1,152 (zu äwerc), DWB. 14,1,2,317 (zu Werg)·, L. Diefenbach, Glossarium, S. 558 s.u. stuppa. gi-ambahten 'am Krankenbett Wache halten, sorgen (für)' (Gl.) - excubäre 'wachsam sein, besorgt sein'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: AA 231,58 excubäre : kaanpahten, Greg. dial. 4,55 p. 465, Clm 6300; BV. 523, Ende 8./Anfang 9. Jh., bair. KFW. l,318f., StWG. 23, SAW. 1,19. Herkunft: wie ae. geambahtan und die nicht präfigierten Grundformen eine jaAbleitung zu ahd. ambaht, ae. ambeht 'Aufgabe, Dienst, Amt, Aufgabe', einer Entlehnung aus gall, ambactus. IEW. 1,4. Die medizinische Bedeutung erscheint nur in der präfigierten Form. EWA. 1,196, J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 263f. Im Mittelhochdeutschen hat sich nur ambahten 'dienen' erhalten. arzät stM. 'Arzt, Heilkundiger; Kräuter- und Salbenmischer' (N.NG.O.; Gl.) medicus 'Arzt, Wundarzt', pigmentärius 'Quacksalber, Einbalsamierer, Leichenbesorger', cbirürgus Wundarzt, Chirurg'. Literarische Denkmäler:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Otfrid 3,14,11 niuuäs giuuisso er αιχαί niheiner ... ther hülft iru in theru noti (zu Lc 8,42f. mulier quaedam ... quae in medicos erogaverat omnem substantiam suam neque ab ullo poterat curari). Notker 1,19,7 Si expectas operam medicantis . detegas uulnus. Übe du genesen uuellest. und annates helfa uuellest. so äuge dia uuundun. (u.ö.). Notker Glossator 9,321,4 Aide sint doh-eine medici (anrate) so guöte doh sie lebenden helfen . da% sie tote erchtcchen? ('Christus, der Arzt der Seele'). Glossen zu biblischen Schriften: I, 582,56 Pigmentarii: abates, Sir 49,1, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB Cod. 2723. Wien, ÖNB Cod. 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 14689. Clm 4606. Clm 6217. Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. Clm 22201 - ar^atis, Clm 13002. Clm 4606. - arpti, Clm 17403. IV, 278,34 Pigmentarii : ar^atis, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., frk.-obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 189,44 Pygmentorum : αιχαίο, Greg, cura 3,13 p. 53, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 21525. II, 258,21 Pigmentarius: salpari. I ar^at, Greg. dial. 4,36 p. 432, Wien, ÖNB Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB Cod. 2732. Clm 14689. IV, 345,27 Chirurgos: areata, Prud. perist. 501, Berlin, StBPK. Ms. Hamilt. 542; BV. 36, Nr. 21, Hs. Ende 9. Jh. Glossare: HSH. I, 295,354 pigmentarius, medicus : ar^at, Summ. Heinr. HSH. II, 23,438 medicus, pigmentarius: ar^at, Summ. Heinr. (StSG. III, 187,28. 142,6). KFW. l,669f., SchW. 91, StWG. 35, SAW. 1,32. Herkunft: aus mlat. archiater aus griech. αρχίατρος 'Erz-arzt', dem Titel antiker Hofärzte, wohl zu griech. ιάομαι 'heile', vgl. mhd. arv$t, mnl. arsatere. KS. 55, EWA. 1,358, DWB. 1,577; 14,2,1769f.; M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 17f.; G. Richter, Bezeichnungen für den Heilkundigen, S. 258-275. Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 178. Daneben stehen die Ableitungen artetuom, ar^atön, ar^enön. vgl. mhd. ar%ät, ar^et. arzätgot stM. 'Gott der Ärzte' (N.) - 'Äskulap'. Literarische Denkmäler: Notker 4,8,17 Sämilih uutlto chad si ist öuh äna demo är^atgöte. KFW. 1,670, SchW. 91, SAW. 1,32. Herkunft: Kompositum: zu —> ar^ät u. ahd. got. HWdA. 1,609 s.u. Ar^t.

arzentuom

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arzäto* swM. 'Arzt, Heilkundiger' (Gl.) - medicus 'Arzt, Wundarzt'. Glossare: III, 187,29 Medicus : anrate. Summ. Heinr., Fragmenta seminarii Brixiensis (12. Jh.). KFW. 1,669, StWG. 35 s.u. arpt, XXXVII s.u. ar^äte, SAW. 1,32. Herkunft: als morphologische Variante neben —> αηςάί. gi-arzatön 'verarzten' (WH.). Literarische Denkmäler: Williram 128,20 mit sola superfine divini verbi geanptant sie thie infirmos auditores. KFW. 1,670, SAW. 1,32. Der Beleg stammt aus dem Leidener Williram, zitiert nach J. Seemüller. Herkunft: ein schwaches «»-Verb zu —> ar^ät. EWA. 1,360; vgl. mnd. arsten, mnl. arsateren, fnhd. arsten. arzatwurz stF. 'Heilkraut' (WH.) mandragoräs 'Alraune'. Literarische Denkmäler: Williram 55v,21 DIE ARZAT IVIKZE. stinkent uile dräho in unseren porton. KFW. 1,670, SchW. 91, SAW. 1,32. Herkunft: Kompositum; zu —> arspt, wurζ. arzinäri stM. 'Heilbringer, Heiler, Arzt' (N.) - medicator'Heiler, Heilkünstler'. Literarische Denkmäler: Notker 3,218,30 rector ad medicator mentium deus. / ane got ten menmskon müoto rihtare. iöh är^enare. KFW. 1,671, SchW. 91, SAW. 1,32. Herkunft: alsy ατχάΐ. EWA. 1,360. gi-arzenön 'verarzten' (WH.). Literarische Denkmäler: Williram 56r,28 samo tuont doctores . mit sola superftäe diuini uerbi geäryenont sie die infirmos auditores! KFW. 1,671, SchW. 91, SAW. 1,32. Herkunft: eine durch das Vorbild —> lähhinön zu —> lähhinäri beeinflusste -inön-Ableitung zur Basis —> ar^ät. Möglich wurde die Bildung auch deshalb, da aus Komposita wie —> ar^en-, ar^e-tuom eine Form ar^e(n)- ohne -t abstrahiert werden konnte. EWA. 1,360. - vgl. mhd. arspen, erzenen, engn 'heilen'. a r z e n t u o m stN. 'Medizin, Heilkunde' (Gl.) - medicina 'Heilkunst, Arzneikunst; Heilmittel, Arzneimittel, Abhilfe'. Glossare:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

III, 475,26 Medidna : arantum l lachintüM, Pflanzengl., Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. KFW. 1,671, StWG. 35, SAW. 1,32. Herkunft: eine Ableitung mit dem reihenbildenden Suffix -tuom zu —> ar%ät, gebildet nach dem Muster - > lachintüm zu - » lähhinäri. vgl. mhd. ar^ntuom 'Heilkunde'. arzetuom stMN. 'Heilkunde' (N.) - medicina 'Heilkunst, Arzneikunst; Heilmittel, Arzneimittel, Abhilfe'. Literarische Denkmäler: Notker 4,140,9 ünde är^etuom säget greaa asclepio. filio appollinis et coront ascribit asclepio graeaa medicinam. KFW. 1,671, SchW. 91, StWG. 35 (?), SAW. 1,32. Herkunft: eine morphologische Variante neben —> ärgerttuom.

Β badastat stF. Tiadeeinrichtung, (Heil)bad' (Gl.) - thermae Warmbad, Therme'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 258,31 Terms [recte Thermis] : padast&in, Greg. dial. 4,40, Wien, Ö N B Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair., ebenso Wien, Ö N B Cod. 2732. - padastetin, Clm 18140. Clm 19440. Clm 14689. (Parallelhs. Badestaine, Clm 6028; s. dazu EWA. 1,424). Adespota: IV, 248,15 Therme : padasteti, Clm 6411; Nr. 357, BV. 539, 9. Jh., wohl bair. KFW. 1,772, StWG. 39, SAW. 1,36 u. 1,924. Herkunft: Kompositum; zu ahd. had 'Wasserbad, Badeanstalt, Taufe' u. stat 'Ort, Platz, Stelle'. EWA. 1,423. In badestaine liegt vielleicht eine Verschreibung vor, so KFW. 1,773, doch mag mnd. badestein 'der in warmen Bädern sich ansetzende Stein' darauf hinweisen, dass das Wort durchaus, wenn auch in anderer, nicht medizinischer Bedeutung, hier vorliegen kann. - vgl. mhd. badestat. bäen '(zur Stärkung, Kräftigung) wärmen, mit Umschlägen heilen' (N.; Gl.) — foveo 'wärmen, heilen'. Literarische Denkmäler: Notker 4,24,4 Ünde uuären die sih uuöltongerno mite gebähet. ünde gebädot uuerden. Glossen zu biblischen Schriften: I, 617,20 Tota nuirta : gebeit (Steinmeyer, X.fota nutrita), Is 1,6, Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. J h , mfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

bäunga

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II, 225,69 Foueantur : käpäit, Greg, cura 2,6 p. 23, Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. III, 499,46 Foueo : beuuo, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. IV, 414,24 uentrem et genua tllius sepe beute, Hildegard von Bingen (?), Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. JJ 259,26 Decoque äcutam et venas contractus /bewe/ cum ea sepe in balneo, Macer Floridus LXIII, 2052, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, Anfang 14. Jh. [Nicht in medizinischer Bedeutung wohl die Glossen aus dem Abrogans (StSG. I, 110,3) und den Glossae Salomonis (IV, 73,28. 173,47).] KFW. l,774f, SchW. 92, StWG. 39, SAW. 1,37. Herkunft: ein ehemals starkes, schon im Althochdeutschen nur noch schwach flektiertes Verb; sieh K. Matzel, Zu den verba pura, S. 17, EWA. 1,425. - vgl. mhd. bcetn, bähen, bajen, bcewen. bära stF. 'Krankenbahre, Krankenbett' (MF.; Gl.) -gestätörio 'Tragsessel, Sänfte'. Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 1,8 saar butun imo befora laman licchentan in baru — iacentem in lecto. Glossen zu biblischen Schriften: I, 703,13 Gestatorio : tragestuole Iparo, II Macc 9,8, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - tragastuoie. para, Clm 14689. paro. I tragestuole, Wien, ÖNB Cod. 2723. Wien, ÖNB Cod. 2732. - para. I tragistuol, Clm 4606. - para. I tragestvol, Clm 6217. - para. I tragastöla, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. -para l tragastuoh, Stuttgart, WLB. HB IV 2 6 . - p a r a , Clm 14584. IV, 286,8 Gestatoria : para, ebd. Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., frk.-obd. V, 12,27 Gestatoria : pa, ebd. Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 764,10 Gestatorium : para, Vitae et Passiones Sanctorum F 620 (M 297), Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. [Die große Mehrzahl der Belege (Otfrid, Tatian, Gl.) erscheint allgemein in der Bedeutung 'Tragbahre, Sänfte', auch 'Totenbahre'.] KFW. 1,81 Of., SchW. 93, StWG. 42, SAW. 1,50. Herkunft: mit as. bära, afries. bere, bäre, ae. bär, an. bära mit Dehnstufe zu germ. *bera- 'tragen, bringen'. EWA. l,469f, KS. 74, IEW. 1,131. - vgl. mhd. bäre. bäunga stF. 'warmer Umschlag, Geschwüre, Wunden mit warmen Umschlägen heilen' (Gl.) - fimentum 'der wärmende Umschlag um den kranken Teil des Leibes,

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Linderungsmittel', fötus 'das Wärmen, Brüten (der Hühner), das Bähen' (als medizin. Terminus). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 15,49 Fotu : baunga f., Aldh. laud. virg. 157,9, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 1 0 . / I I . Jh., bair. -papunga, Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5. -foto./. paunga, St. Gallen, StiftsB. 242. Zürich, ZB. Ms. C 59. II, 19,5 Fotu \ baunga, Aldh. laud. virg. 151,9, Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. Jh., fränk. (?) 11, 228,18 Fomentis : paunga, Greg, cura 3,13 p. 53, St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. II, 497,22 Fotibus. nutrimentis : bahungon, Prud. ham. 303, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221, 11. Jh., alem. u. fränk. - boungan, Karlsruhe, St. Peter perg. 87. II, 739,53 Fomentum : baunga, Abdia acta, De Johanne, St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. Jh., alem. u. fränk. Glossare: IV, 143,41 Fomenta : paunga ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 1,831 f., StWG. 43, SAW. 1,37. Herkunft: eine Ableitung mit dem Suffix -unga zum Verbum —> bäen. EWA. 1,430, DWB. 1,1080. bäwizzöd stM. 'Heilen mit wärmenden Umschlägen' (Gl.) — fötus 'das Wärmen, Brüten (der Hühner), das Bähen' (als medizin. Terminus). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 15,12 Fotu : pavui^ode, Aldh. laud. virg. 150,16, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. KFW. 1,783, StWG. 40, SAW. 1,36. Herkunft: eine Ableitung mit dem Suffix -it, -öd zu einem nicht bezeugten Verbum *bäwivgen, einer Intensivbildung zu —> bäen 'wärmen, mit Umschlägen heilen', und zwar aus der iv-haltigen Variante bäwen. EWA. 1,430 s.u. bäi^ppd. b ä w i z u n g a * Wärmen zu Heilzwecken, Erquicken' (Gl.) - fötus 'das Wärmen, Brüten (der Hühner), das Bähen' (als medizin. Terminus). Glossare: IV, 143,57 Fotum refectum : bawi^unga ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 1,783, StWG. 40, SAW. 1,36. Herkunft: Ableitung mit dem Suffix -unga zu einem nicht bezeugten Verbum *bäwisgen, einer Intensivbildung zu —> bäen, und zwar aus der ölhaltigen Variante bäwen. EWA. 1,430 s.u. bäivgunga.

binta

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bellilln stN. 'Pille' (Gl.) - catapotium 'Pille', globus 'Kugel, kugelförmige Masse, Kloß' (als med. Terminus sonst globulus 'Pille'), pästillus 'Kügelchen, Arzneikügelchen, Pastille'. Glossare: III, 494,19 Bastiilus : balklin, Pflanzengl., Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, II./12. Jh., alem. III, 497,17 Catapodias : bellilin, ebd. III, 500,32 Globus: ballelin, ebd. KFW. 1,873, StWG. 46, SAW. 1,39. Herkunft: ein Diminutiv zu WKügelchen'. EWA. 1,537. beneduoh stN. 'Kompresse' (?) (Gl.) - crocys "Wollflocke, Wickel, Umschlag'. Glossare: III, 496,12 Cntus : beneduoh, Pflanzengl, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. KFW. 1,875 („unverständlich"), StWG. 46. Herkunft: wohl ein Kompositum; Starck-Wells deuten die Glosse als „bene-duoh, dh. bein-tuoh", EWA. 1,539 wird unter Vorbehalt ein Pflanzenname in Erwägung gezogen, für den es aber ebenfalls keinen sicheren Nachweis gibt. Wenn das lateinische Lemma als crnys 'Wollflocke, Wickel, Umschlag' identifiziert werden kann, ist jedoch ein Zusammenhang mit ahd. —> bäen 'wärmen, mit Umschlägen heilen' sehr viel naheliegender. In Verbindung mit dem Grundwort tuoh und im Kontext eines Pflanzenglossars hätte die dann erwartbare Bedeutung 'Kompresse' hohe Wahrscheinlichkeit. Das Bestimmungswort bene- wäre am ehesten als Verschreibung oder Entstellung aus ahd. bäen, bäewen erklärbar, sodass beweduoh zu lesen ist. Allerdings findet sich auch bei Hildegard von Bingen in verschiedenen Handschriften benetuob. Vielleicht ist /n/ statt der sonst bezeugten Gleitlaute /h/, /g/, /]/, und /w/ unter Einfluss von lat. bene eingeschoben wurden und weist auf eine gelehrte etymologische Umdeutung hin; s. auch D. Schreiber, Untersuchungen, S. 106f. — vgl. fnhd. bähtüchlein. billilln stN. 'Pille' (Gl.) -pilula 'Kügelchen, Pille'. Glossare: III, 506,27 Pillule : billilin, Pflanzengl, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./ 12. J h , alem. KFW. l,1054f, StWG. 55, SAW. 1,39. Herkunft: formal wohl wie —> bel/ilin ein Diminutiv zu bal, doch erfolgt die Bildung in Anlehnung an lat. pilula. EWA. 2,65. binta stF. *Wundverband' (Gl.) - tigämn "Band, Binde, Verband'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

II, 164,68 (Ligamen) : pintta, Greg, cura 2,6,p. 23, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 182,68 Ugamen : pinta, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB Cod. 2723. Wien, ÖNB Cod. 2732. Clm 14689. Clm 21525. KFW. 1,1063, StWG. 56, SAW. 1,63. [In nicht medizinischer Bedeutung StSG. I, 574,3 Loramentum : pinta, Sir 22,19 zu lat. loramentum in der Bedeutung 'Gebinde für Balkenwerk am Haus'; I, 487,4 Cidaris ·. pinta, Idt 4,16, zu lat. cidaris 'Turban, Barett' sowie die Summ. Heinr.Glossen zu lat. vitta 'Kopfbinde, Stirnband'.] Herkunft: eine Substantivbildung zum Verbum germ. *benda- 'binden', ahd. hintan. EWA. 2,72, DWB. 2,31 f. - vgl. mhd. binde 'Binde, Band'. bluotIsa(r)n stN. 'spitzes, zweischneidiges ärztliches Messer, Aderlasseisen, Lanzette' (Gl.) - flebotomum 'Aderlasseisen, Lanzette', medicinaleferrum. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 173,48 (Mediänale ferrum) i. pluotisarn, Greg, cura 3,24 p. 72, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9.Jh,bair. AA 233,10 atque in lingua mea medianale ferramentum id / est flebotomum posuit bluo thisan, Greg. dial. 1,4 p. 169,28, Würzburg, UB. M. p. th. f. 19; BV. 983, Hs. 9./ 10. Jh., ostfrk. oder rheinfrk. IV, 369,40 Fleotomum, plut isarn, Rezept, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. J h , obd. KFW. 1,1241, StWG. 68, SAW. 1,84 u. 1,428. Herkunft: Kompositum; zu —> bluot u. ahd. isarn. EWA. 2,212; M. Heyne, Körperpflege, S. 107f, H. Michiels, Bestandteile S. 13f, H. Kempf, Die Lehnbildungen der althochdeutschen Gregorglossen, S. 48. Sieh auch H. Meritt, German Scratched Glosses, S. 233, W. Schulte, Die althochdeutsche Glossierung, S. 267f. E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 144f. bluot läzan 'zur Ader lassen, die Adern öffnen'. Literarische Denkmäler: Notker 2,131,30 der [medicus] imo bluot tieζ in demo bdde. Sieh auch Np 78,3 sie lietgen iro bluot. samo undurlicho so uua^er - effuderent sanguinem. KFW. 1,1336, SchW. 99, SAW. 1,84. Herkunft: ein Syntagma aus —> bluot u. ahd. lä^an 'lassen'. bluotsahs stN. 'Aderlassmesser, Lanzette' (Gl.) - flebotomum 'Aderlasseisen, Lanzette'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

brennlsen

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II, 244,7 Flebotomum : blöd saex, Greg. dial. 1,4, Leiden, UB. Voss. lat. q. 69; Nr. 258, BV. 372, 8./9. Jh., ae. u. ahd. - blodsax, Fulda, Hessische LB. Aa 2. St. Omer, Bibliotheque Municipale 150. II, 247,10 Flebotomum : b/ödsex, ebd., Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825; Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. [Der Beleg StSG. IV, 682,41 Flebotomum : Blodsachs, Lindenbrogsche Glossen, verschollen, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 220.] KFW. 1,1241, StWG. 794, SAW. 1,84 u. 1,786. Herkunft: die verdeutschte Glosse ist altenglischen Ursprungs; vgl. ae. blödseax. EWA. 2,213, KS. 612; W. Schulte, Die althochdeutsche Glossierung, S. 296f, 305, 311, 377f. Zu sahs sieh IEW. 1,895 u. sek 'schneiden'. bluotstein stM. TMutstein [Stein zum Blutstillen], Hämatit' (Gl.) - bolus armenicus, lapis haematites. Glossare: III, 528,42 (mit A. 24) Edera nigra. Ematides. Edera siluestris. bludstein, Pflanzengl. MXX, Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd. III, 537,15 Bolus: blutstein, Pflanzengl. MXXI, Wien, ÖNB Cod. 2524; Nr. 618, BV. 947, letztes Viertel 13. Jh., obd.-plutstain, Rom, BV. Pal. lat. 1259. III, 541,11 Ematites : blut stein, ebd., Wien, ÖNB Cod. 2524; Nr. 618, BV. 947, letztes Viertel 13. Jh., obd. - blutstant, Rom, BV. Pal. lat. 1259. III, 549,29 Amatitus : blütstain, Pflanzengl. MXXII, Innsbruck, UB. 355; Nr. 241, BV. 285,14. Jh., bair. - blutsteyn, Clm 615. - blutstyne, Clm 13057. III, 550,13 Bolus : blutstain, ebd., Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.obd. — blutstey, Clm 13057. - [umgedeutet als: Bruchstein, Innsbruck, UB. 355.] KFW. 1,1241, StWG. 68, SAW. 1,84 u. 930. Herkunft: Kompositum; zu —» bluot, stein-, vgl. mnd. blütstein, nhd. Blutstein. EWA. 2,213, DWB. 2,192, HWdA. l,1456f., H. Luschen, Der Name der Steine, S. 235f. Nach dem Grundsatz „similia similibus curantur" galt der Stein wegen der blutroten Farbe seine Splitter, die bei der Bearbeitung abfallen, als Heilmittel bei Blutungen jeder Art. - vgl. mhd. bluotstein. brennlsen stN. "Brenneisen (als chirurgisches Instrument zum Ausbrennen von Wunden)' (Gl.) - cauterium Έrenneisen, Beizmittel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 594,58 CauteribW: prennisen, Prud. perist. 490, Clm 13108; Nr. 378, BV. 563, Hs. 13. Jh. [Die Mehrzahl der Belege trägt nicht primär medizinische Bedeutungen, so 'Brenneisen (zum Einbrennen von Kennzeichen)', StSG. I, 776,20. II, 326,27. 734,36. 765,25. IV, 307,9; 'Folterinstrument', 11,598,14; 'Feuerrost (als Foltergerät)', II, 594,57. Nicht zu entscheiden ist die Zuordnung der Glossenwörter in

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

HSH. I, 355,124 caracter : brunisen, Summ. Heinr. (StSG. III, 123,54f. Cauterium : brenisin, birnisen, brunisen). KFW. 1,1361, StWG. 76, SAW. 1,106 u. 1,428. Herkunft: Kompositum; vgl. ae. bcernisen, mhd. brenntsen, zu ahd. brennan 'brennen* u. isarn 'Eisen'. EWA. 2,320, DWB. 2,365. - vgl. mhd. brenntsen. buoza st.F. "Besserung, Heilung von Krankheit' (N., Bamberger Blutsegen, Contra paralysin theutonice, Pariser Fallsuchtsegen, Pariser Pferdesegen I, Pariser Pferdesegen II, Regensburger Augensegen, Vatikanischer Pferdesegen). Literarische Denkmäler: Notker 3,200,2 ... to teta in is mercurius puo^ . mit sinero uirga . diu caduceus kenemmet uuäs. tiugägen allen dingen lückenhafte uuäs. Bamberger Blutsegen 377,4 da^dir^o bv^a. (u.ö.). Contra paralysin theutonice 385,15 so uuird es imo bü% Pariser Fallsuchtsegen 381,4 also sciero werde buo%. disemo christenen tichamen. Pariser Pferdesegen Ad equum errehet 373,12 so wirt imo des errfheten buo£ (u.ö). Regensburger Augensegen 386,5 da% dir bä^a. Vatikanischer (Heidelberger) Pferdesegen Ad equum infusum 370,8 Da% tir sv bö%e. [Die Mehrzahl der Belege erscheint in der Bedeutung Ένιβε als Besserung, Buße als Wiedergutmachung' bzw. im christlichen Sinne als 'kirchliche Buße'.] KFW. l,1509f., SchW. 104; StWGl. 85 u. 797; SAW. 1,117. Herkunft: mit as. böta "Besserung, Heilung', afries. böte "Buße, Entschädigung, Wahrsagen', ae. böt 'Hilfe, Heilmittel, Buße, Sühne', an. bot Besserung, Ersatz, Buße' aus germ. * botö "Besserung', das als dehnstufige Abstraktbildung zur Wurzel *bat in ahd. bav^ bevgiro 'besser' betrachtet wird. KS. 147; EWA. 2,452. Zu den endungslosen Formen von femininen o-Stämmen (buo$ s. W. Braune - H. Eggers, Althochdeutsche Grammatik, § 207 A. 2. Ein gesonderter Ansatz buo^ st.F. 'Besserung (als Heilung)', so KFW. 1,1509, ist für die hier erfassten heilkundlichen Verwendungsweisen nicht erforderlich. Sieh auch J. Weisweiler, Buße, S. 60. - vgl. mhd. buo^e. buozen, gi-buozen 'Krankheit heilen' (N., TS., Vatikanischer Pferdesegen). Literarische Denkmäler: Notker 4,30,7 Τάηηαη chad mercurius. sib öuh mügen sühte btio^en. (u.ö.). Trierer Pferdesegen 367,2f. Soso Krist gibuo^ta themo sancte Stephanes hrosse thas^ entphangana, sogibuo^ ihc it midKristesfullesti thessemo hrosse. (u.ö.). Vatikanischer (Heidelberger) Pferdesegen Ad equum infusum 370,6 Oer heilige Crist böce disime rosse. Pariser Pferdesegen Ad equum errehet 373,15 werde disemo ... rosse des err^heten • buo%.

fäska

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[Die Mehrzahl der Belege erscheint in der Bedeutung 'ausbessern, berichtigen; Buße leisten, sühnen'.] KFW. l,1512f. u. l,1515f., SchW. 104; StWG. 85 u. 797; SAW. 1,117. Herkunft: mit as. bötian, afries. beta, ae. betan, an. boeta, got. botjan als Facientiv zu germ. *bötö, -» buo^a. EWA. 2,453; KS. 147. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 337-339.

D flr-dühen '(Fieber) senken, niederdrücken' (Gl.) - pressus 'gemäßigt, zurückgedrängt'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11,313,67 Febribus pressus est suhtim farduhter uuard, Greg. hom. 1,9 p. 1515, Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8./9. Jh., alem. [Die Mehrzahl der Belege erscheint in der Bedeutung 'unterdrücken, untertänig machen'; in der Bedeutung 'drücken, pressen' Bamberger Blutsegen.] KFW. 2,715, StWG. 110, SAW. 1,156. Herkunft: zu ahd. dühen 'drücken', das zur Wortfamilie um germ. *pwingan 'zwingen' gehört. EWA. 2,842f.

F fäska stF., fäski stN. 'warmer Umschlag, Pflaster, (psychisches) Linderungsmittel, Busenband' (N.; Gl.) - cataplasma 'Umschlag, Breiumschlag', emplastrum 'Pflaster', fascia "Binde, Band, Bandage', /omentum 'erwärmender Umschlag, Verband, Linderungsmittel', malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag', temperämentum 'Verhältnis, Mischung'. Literarische Denkmäler: Notker 1,35,17 tie herte uuörtenen gesuulste .Jone änauallonten leiden . mit lindemo uäske . geuuilchet uuerden. (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: I, 554,29 Malagna id ufasgi, Sap 16,12, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. -faski, St. Gallen, StiftsB. 1395. I, 555,18 Malagma .i.facs'e, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. I, 555,21 Malagma : vaske, ebd., St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. -fasge, Stuttgart, theol. et phil. fol. 218. I, 558,15 Malagma : uascha. emplastrum .i. fasga, ebd., Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ll.Jh., bair. - uascha, Clm 18140. - vascha, Wien, ÖNB Cod.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

2723. - uasche, Clm 13002. Clm 17403. - uasca, Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 14689. (Parallelhs. phlastar). V, 8,23 Malagma : väscha, ebd., Bamberg, StB. Class. 3; Nr. 687, BV. 23,11. Jh. I, 590,34 Cataplasmannt ./'.faski inponerent, Is 38,21, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alern. 1,618,36 Cataplasmannt ... Cataplasma : plästar. xbsck (Steinmeyer: d.h. uasct), ebd., Wien, Ö N B Cod. 751; Nr. 599, BV. 922,1. Hälfte 9. Jh., mfrk. I, 622,37 Pn> fascia ·. furifaasgi, Is 3,24, Würzburg, UB. M. p. th. f. 20; Nr. 643, BV. 984, Hs. 9. Jh., ostfrk. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 11,11 Cataplasma : fasca, Aldh. laud. virg. 26,31, Würzburg, UB. M. p. th. f. 21; Nr. 644, BV. 985, Hs. 9. Jh., ostfrk., ebenso Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 365 Helmstadiensis; Nr. 632, BV. 965, Hs. 10. Jh. II, 70,61 Fomenta : uasca, Boet., cons. 2,5 p. 35,1, Wien, Ö N B Cod. 271; Nr. 587, BV. 904,10. Jh., bair. II, 161,12 (Epithema, .i. emplastrvm) : fäsche, Florus super Epist. Pauli ad Romanos 124, St. Gallen, StiftsB. 279; Nr. 187, BV. 217, 9. Jh. II, 203,14 Temperamentum : faski, Greg, cura 2,6 p. 23, St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. 11,216,19 Temperamentum : fäsge, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 185,63 (Fomenta) : uasca, Greg, cura 3,2 p. 36, Clm 21525; Nr. 456, BV. 677, 9. Jh., bair. II, 204,16 Fomenta : faske, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779, 10. Jh., alem. 11. 212,17 Fomenta : faske, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. J h , alem. II, 189,46 Fomentis Jascun, Greg, cura 3,13 p. 53, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. Wien, Ö N B Cod. 2723. Wien, Ö N B Cod. 2732. Clm 14689. Clm 21525. II, 171,16 (Fomenta) : uasca, Greg, cura 3,17 p. 59, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. J h , bair. II, 191,3 Fomenta : uascba, e b d , Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. - vascha, Wien, Ö N B Cod. 2723. - väsca, Wien, Ö N B Cod. 2732. AA 233,14 fomentis : fascun, Greg, cura 71,38 p. 130, St. Gallen, StiftsB. 217; BV. 205, 9. Jh. II, 303,34 Fomentis : uascun, Greg, hom 2,34 p. 1601, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. - vascun, Wien, Ö N B Cod. 2723. Wien, Ö N B Cod. 2732.

fäska

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II, 372,26 Cataplasmatis : fasern, Prise, inst. 268,20, Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. - Cataplasma. : faschi, Clm 18375; Nr. 43, BV. 642, 9. Jh., bair. 11,376,26 Cataplasma :faschi, Prise, inst. 268,20, Wien, ÖNB Cod. 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. II, 406,3 FotibV : uascun, Prud. ham. 303, Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. II, 729,44 Cataplasma : uasca, V. patr. V, p. 605b,85, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - vasca, Folium Salzburg. II, 733,17 Cataplasma :fd'ske, ebd., Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. 11. 735,32 Cataplasma :fasgi. salua, ebd., Zürich, ZB. Ms. Rh. 99a; Nr. 656, BV. 1017, 9. Jh., alem. GGG 8,27 Herba dracontee radix cum / axungia factü qasi malagma : fascha, Lucius Apuleius Platonicus, De medicaminibus herbarum liber, XIV, Wien, ÖNB Cod. 187; BV. 957a, 14. J h , obd. Glossare: HSH. II, 362,63 malagma (confectio medicorum): fasce, Summ. Heinr. (StSG. III, 245,59. 303,24). III, 517,33 Malagma : vaschi, Pflanzengl., Bern, BB. Cod. 224; Nr. 29, BV. 62, 10. Jh. IV, 44,58 Cataplasma : uasca lplidi (Steinmeyer: 1. bilidi), Glossae Salomonis (c). IV, 56,46 Emplastrum : faska, Glossae Salomonis (a,b,c,d,e,f,k,p) (Parallelhs.: plastf). IV, 77,5 Malagma : vaska, Glossae Salomonis (c), uaska (d). IV, 124,48 Cataplasma. medicamentum, faska J. I pilidi .f., Glossae Salomonis, Fragment Laibach. IV, 134,60 Cataplasma, faska ./. Ipilidi./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 141,5 Emplastrum : faska, Glossae Salomonis, ebd. IV, 150,9 Malagina : faska./., Glossae Salomonis, ebd. IV, 170,8 Emplastrum -.faska, Glossae Salomonis, Clm 23496; Nr. 467, BV. 689, 12. J h , bair, obd. IV, 173,42 Emplastrum : faska, Glossae Salomonis, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. J h , obd. IV, 358,20 Malagina .i. vasche, Kräutergl, Clm 5125; Nr. 332, BV. 493, 13./ 14. Jh. IV, 359,5 Malagma, .i. uaske, Kräutergl, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. J h , obd. Mayer 17,4 (malagmate) : xbsgf(1. uäsge], Venantius Fortunatas, Vita S. Germani, 22,12, Bologna, UB. Cod. 1702; BV. 1024, 9./10. J h , m f r k , rheinfrk.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

JJ 206,9 malagma : fascha, Pseudo Apuleius IX, 15, London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. JJ 219,17 Peripetasma : faski .(., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. KFW. 3,642f., SchW. 130, StWG. 142 u. 807, SAW. 1,212. Herkunft: fäska und fäski sind vielfach nicht voneinander zu trennen, sie stammen mit got. fäskja,fäski aus lat. fascia, vgl. -> gifaski. DWB.N. 9,155. - vgl. mhd.fasch, fasche 'Binde'. fäskön 'Umschlag, Pflaster auflegen, jem. Linderung verschaffen' (N.; Gl.) - cataplasmo 'einen Breiumschlag auflegen', malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag'. Literarische Denkmäler: Notker 1,76,8 Uüanda dib toh tu ingant mine redä. mit tien th tih nü fäscota. Glossare: HSH. II, 362,63 malagma : fascon, Summ. Heinr. HSH. II, 205,35.1 cataplasmo : faschon, Summ. Heinr. (StSG. III, 295,56. 312,51. 330,18. 338,28). KFW. 3,643f., SchW. 130, StWG. 142, SAW. 1,212. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu fäska, fäski. M. Heyne, Körperpflege, S. 188 Anm. 335b, S. 312 Anm. 249b. Dazu als Präfixbildung: gi-fäskön 'mit einem Umschlag versehen' (Gl.) - cataplasmo 'einen Breiumschlag auflegen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 610,41 Cataplasmarent: giuascofin, Is 28,21, Clin 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10 /11. Jh., bair. - giuascotin, Wien, ÖNB Cod. 2723. Wien, ÖNB Cod. 2732. Clm 14689. Clm 6217. - giuascoten, Clm 14689. - kimscoten, Clm 4606. -givascotun, Clm 18140. - giuascotun, Göttweig, StiftsB. 46/103. - gauascoten Cataplasmo dicitur quod sola inductio mannt sit, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66. Stuttgart, WLB. HB IV 26. Engelberg, StiftsB. Codex 66. (Parallelhs.: giphlasteroteti). IV, 279,46 Cataplastarent : kauascoten, ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., fränk.-obd. Glossare: HSH. III, 205,35.1 cataplasmo :gafascon, Summ. Heinr.; s.o. —>fäskön. fäskunga stF. 'Wundumschlag' (Gl.) - fömentum 'erwärmender Umschlag, Verband, Linderungsmittel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 166,49 (Fomenta) : uascunga, Greg, cura 3,2 p. 36, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair.

fliedema

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II, 169,60 Fomentis: mitfascunun, Greg, cura 3,13 p. 53, ebd. KFW. 3,644, StWG. 142, SAW. 1,212. Herkunft: eine Substantivbildung mit ««g-Suffix zu —> faskön. fintüsa swF. 'Schröpfkopf' (Gl.) - ventösa 'Schröpfkopf'. Glossare: III, 511,10 Ventosa : uiniusa, Pflanzengl., Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. KFW. 3,887, StWG. 809, SAW. 1,1216. Herkunft: wie mnd. ventos, mnl. venlose eine Entlehnung aus mlat. (Cucurbita) ventosa, afrz. ventouse für ein blutaufsaugendes Gefäß. W. von Wartburg, Französisches etymologisches Wörterbuch 14,254, DWB. 12,2,361, M. Heyne, Körperpflege, S. 112f. Sieh auch R. Grosse - 1 . Köppe, 'Kulturelles Gedächtnis', S. 38. - vgl. mhd. vintüse 'SchröpfkopP. fliedema stFM. 'Lanzette, Aderlasseisen' (Gl.) — Phlebotomus 'Lanzette, Aderlasseisen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 245,30 Fleotomum : fliodema, Greg. dial. 1,4, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. II, 246,31 Fleotomum : fledima, ebd., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. II, 250,48 Fleotomum : fiedima, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. Glossare: HSH. I, 374,452 flebotomum : fiidima, Summ. Heinr. HSH. II, 40,160 fleotomum: fiedem, Summ. Heinr. HSH. I, 252,304 fleotomum: fliedema, Summ. Heinr. HSH. II, 294,33 fleotomum : fliedema, Summ. Heinr. (StSG. III, 123,43.193,44. 236,7. 334,41). IV, 63,39 Fleotomus : fleiäma (a, ρ ) , f l d i m a (i?),fiedim (d, t), fiedem ( b ) , f i d i m (c), vliedem (i),fiemo (g), Glossae Salomonis. IV, 143,34 Fleotomus : fiodem: ./, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 186,27 Flebotomus: fiedem, Alphabetisches Gl., Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432, 14. Jh., bair. — sliem [vermutlich verlesen oder verschrieben aus fliem\, Wien, ÖNB 1325. IV, 196,55 Atamum et fleboto"mm, fleitma, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. IV, 214,41 Flebotomum :fleidme, Alphabetisches Gl, Wien, ÖNB Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. J h , bair. -fleideme, Würzburg, UB, M. p. th. q. 60. KFW. 3,968f, StWG. 164, SAW. 1,240.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Herkunft: wie ae. flithme entlehnt aus lat. Phlebotomus aus griech. φλεβοτομεω. KEW. 273 s.u. Fliete, FEW. 8,391, W. Schulte, Die althochdeutsche Glossierung, S. 327, 352, 538; M. Heyne, Körperpflege, S. 108. - vgl. mhd. vliedeme, vlieme 'Aderlasseisen'. fliedemön 'zur Ader lassen' (Gl.) - phkbotumo 'zur Ader lassen'. Einsprengsel: Mayer 20,19 fletumo.as.i.fl.:tm::n Q.flietmon], Juven. Die Glosse steht unabhängig vom Text auf dem unteren Rand von f. 50v., Cambridge, King's College Ms. 52; BV. 87, Ende 9. Jh., eventuell as. oder anfrk. KFW. 3,968 s.u.fliodema, acc. pl.?; StWG. 810, SAW. 1,240. Herkunft: wenn der Ansatz als Verbum zutrifft, eine Ableitung von —» fliedema. M. Heyne, Körperpflege S. 108f. furiburt stF. 'Enthaltsamkeit, Maßhalten (in Bezug auf Speise und Trank)' (B.; Gl.) - abstinentia 'das Sich-Enthalten, Enthaltsamkeit', frugalitas 'Mäßigkeit, Enthaltsamkeit', parsimöma 'Sparsamkeit, Fasten'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 95,14 far traganiifuijburti / quibus au[tem] donat ^[eu].r tolerantia[m] abstinentiae. (u.ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 51,36 Tollerantia .fat thultfurib (1.furiburt), Reg. Ben. 40, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. [zu abstinentiae, s.o.] Glossare: I, 223,29 Passimonia frugalitas abtinentia : teilondi furipurt firhabitha, Abrogans K. furipurt, Abrogans, Ra. [Die meisten Belege beziehen sich in einem allgemeineren Sinne auf Enthaltsamkeit, vor allem als religiöse Übung, daneben speziell auch auf Keuschheit, so N. NG.O.; Gl. und Sparsamkeit, Gl.] KFW. 3,1388, SchW. 144, StWG. 186, SAW. 1,51. Herkunft: eine Präfixbildung zu ahd. burt "Wesenheit' wie in nhd. Geburt zu —> heran und ahd.furi- 'vor, für'. IEW. 1,812; vgl. ac.forbyrd. furiburtlg 'enthaltsam, genügsam (in Bezug auf Speise und Trank)' (Gl.) - frugalis 'vernünftig, rechtschaffend, mäßig', parous 'sparsam, sich mäßigend'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 583,40 Frugis .i. partus. : furiburtigor, Eccl 31,19, Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 552,72 Parcus : furiburdiger, Prud. cath. 66, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk.

ganz

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II,729,42 Parcus . furipurtiger, V. patr. V, p. 597,11, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Salzburg, UB. Μ II 279. (Die Mehrzahl der Belege erscheint wie beim Substantiv in einem allgemeineren Sinne.] KFW. 3,1389f., StWG. 186, SAW. 1,52. Herkunft: eine Adjektivbildung mit -^-Suffix zu —>furiburt, vgl. zt. forbyrdtg.

G galizenstein 'Kupfervitreol (als Heilmittel)' (Gl.) - vitriolum 'Kupferwasser'. Glossare: III, 568,42 Vitreolum : galicienstein, Pflanzengl. (MXXII), Clm 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd. - Galit^enstain, Innsbruck, UB. 355. JJ 262,7 (alumen) Nota duo sunt genera aluminis / aliud rotundum. aliud sässum et dtätur ... gatöycienstein, Macer Floridus MMMIV, 1238, London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, Anfang 14. Jh. KFW. 4,29, StWG. 189, SAW. 1,281 u. 1,931. Herkunft: Kompositum; zum Ländernamen galten (Nordwestspanien) u. —> stein. Kupfervitreol wurde aus Galizien nach Mitteleuropa eingeführt; vgl. S. Grosse — I. Köppe, Kulturelles Gedächtnis, S. 47f. Sieh auch DWB. 4,1,1,1180, H. Lüschen, Die Namen der Steine, S. 340 („seit dem 15. Jahrhundert"). ganz 'ganz, vollständig, heil, gesund, unverletzt' (N.O.; Gl.) — integer 'unberührt, unverletzt, unvermischt, ungeschwächt, ungekürzt', intäctus 'unberührt, unverletzt', illaesus 'unverletzt, unangefochten', sänus 'gesund, heil, vernünftig', valeus 'bei Kräften, gesund sein, wirksam sein (von Heilmitteln)'. LiterarischeDenkmäler: Notker 1,68,10 Habet tir nob kitpehältengän^. (u.ö.). Otfrid 3,4,14 so uuard er särio ganzer, Jon uuiu so er er uuas halber. — sanus fiebat. (U.Ö.).

Glossen zu biblischen Schriften: I,711,45 llalentibus : kanten, Mt 9,12, Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII; Nr. 63, BV. 309, 10./11. Jh., alem. -ganzen, Mainz, StadtB. Hs. II 3; Nr. 283, BV. 427, Hs. 1. Hälfte 11. J h , rhfrk.; ebenso Brüssel, BR. 18723 V, 13,13 Ualentibus -.ganzen, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 421,9 Intäctus : gan^ar, Prud. cath. 126, Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. Jh. bair.-alem. Glossare: I, 244,31 salus: kanv^ Abrogans, K.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

[Die übrigen Belege in der Bedeutung 'unversehrt (von Abstraktem)' StSG. II, 101,60f. 115,14. IV, 323,40. II, 648,38. Weißenburger Katechismus, S 31,57, Notker; 'ganz, ungeteilt, vollkommen (von Menschen, Gegenständen oder Abstraktem)' Notker. StSG. III, 1,38. 243,42. 259,75. IV, 147,34; Vollkommen (von den Abmessungen eines Gebäudes)' II, 465,23.] KFW. 4,100f., StWG. 191, SAW. 1,287. Herkunft: nur ahd., aus vorahd. *ganta- 'heil'; außergermanisch vergleicht sich alit. gandqaus 'im Gegenteil, vielmehr'. KS. 299, Pfeifer 397, DWB. 4,l,l,1286f, F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 232; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 184. — vgl. mhd. gan%. ganzida stF. 'Gesundheit' (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 3,2,36 tha^ imo drühtin sogilia^ thie selbängän^tdägihia^. KFW. 4,101, SchW. 148, SAW. 1,287. Herkunft: eine Suffixbildung mit -ίώ-Suffix zu —> gan%. gi-genzen 'gesund, ganz machen' (Gl.) - söspito 'erhalten, erretten, behüten, beglücken', (auch 'gesund sein', L. Diefenbach, Glossarium, S. 544). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 426,22 Sospitant : gigen %ent, Prud. perist. 117, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso gigen^nt, Clm 14395. 11,475,64 Sospitat : gigenynt, ebd., Clm 18922; Nr. 441, BV. 658, 10 /11. Jh., bair. [Vielleicht hierher auch StSG. II, 484,15, Prud. H. a. cib. 180.] KFW. 4,217, StWG. 197, SAW. 1,287. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu - » gann\ DWB. 4,l,l,1308f., J. Riecke, Die schwachen jan- Verben, S. 430. — vgl. mhd. gen^en 'ganz machen'. genzl stF. 'Gesundheit, Vollkommenheit, Unbeschnittenheit' (N.) - sänitäs 'Gesundheit, Genesung'. Literarische Denkmäler: Notker 5,108,7 Te'ro qualium sümelichiζ. iehent sie min gänrq . ünde min rehtis häben . dänne da%_ ander. i. tingän^era uuesen. (u.ö.). [Daneben in der Bedeutung "Vorhaut (als Symbol der Unversehrtheit)', s.u. II. „Krankheit" sowie 'Vollständigkeit, Vollkommenheit', Notker]. KFW. 4,217f., StWG. 191 (gany), SAW. 1,287. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> gan% DWB. 4,1,1,1308. - vgl. mhd. gen^e. gibäida stF. 'warmer Umschlag' (N.) - /omentum 'erwärmender Umschlag, Verband, Linderungsmittel'. Literarische Denkmäler:

ginist

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Notker 1,40,3 Uuända aber noh qt neist stärcheren lächenes ...so choroen dia ttmberi inst über-nemen . mit lenen tinde mengen gebähedon. KFW. l,782f., SchW. 92, SAW. 1,37. Herkunft: eine Suffixbildung zu —> bäen 'wärmen, mit Umschlägen heilen'. IEW. 1,113. gifäski stN. 'heißer Umschlag' (Gl.) - cataplasma 'Breiumschlag', ligämentum 'Verband', malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag', migma 'Mischung'. Glossen zu biblischen Schriften: I,607,68 Migma : giusahi, Is 30,24, Stuttgart, WLB. HB IV 26; Nr. 561, BV. 867,12. Jh., alem. -giuasgi, Engelberg, StiftsB. Codex 66. (Parallelhs.: gavessahi) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 200,10 (Ligamenta) : dkxgkxbsscf (St.: dh. giuassce), Greg, cura 2,6 p. 23, Clm 3767; Nr. 319, BV. 469,10./11. Jh., obd. QQ 115,2 (fomenta) geuäsge, Greg, cura 3,2 p. 52, Würzburg, UB. M. p. th. f. 42; BV. 988, Hs. 9. Jh., ostfrk. Glossare: HSH. II, 362,63 malagma {conjectio medicorum) : gefasce, Summ. Heinr. (StSG. III, 320,12). III, 696,51 Cataplasma : giphaisce, Mischgl., Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. StWG. 206, SAW. 1,212. Herkunft: eine Substantivbildung zu —> gi-faskörr, vgl. —>fäska,fäski. gellmida stF. 'feste Verbindung' (MZ.). Literarische Denkmäler: Merseburger Zaubersprüche 366,2 ben bena, bluot vj bluoda, lid geädert, sose gelimida sin! SchW. 198. Herkunft: mit dem Suffix -ida zu ahd. gi-ltmen 'leimen, zusammenkleben, zusammenfügen' s. W. Haubrichs, Die Anfänge, S. 433, H. Tiefenbach, Gelimidä. ginist stF.'Genesung, Heilung' (?) (Gl.) - saliis 'Gesundheit, Heil, Glück'. Literarische Denkmäler: Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 29,32 Salus : Genist, Arat. I, 844, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. II, 772,25 Salus : kernst, ebd., Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814, 1. Hälfte 11. Jh., fränk. [Zumeist in der Bedeutung 'Rettung', so AB.BG.NG.TV. Sonst zu lat. cibärius 'Nahrungsmittel, Unterhalt' StSG. I, 310,6, zu recuperätio "Wiedererlangung' II, 174,

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

50, zu reparätio 'Wiederherstellung, Wiederaufbau, Erneuerung' 11,51,31. 52,31. Als „Gottes heilbringende Verzeihung": Isidor.] SchW. 224, StWG. 215, SAW. 1,664. Herkunft: eine Substantivbildung zum starken Verb ahd. ginesan. DWB. 4,1,2, 3470f., IEW. 1,766. - vgl. mhd. genist 'Heilung, Genesung, Rettung'. gisalbi stN. 'Salbe, Salböl' (Gl.) - nardus 'Narde (Pflanze), Nardenbalsam'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 483,48 (Nardum) : f fselbe, Prud. psych 359, Kiel, UB. Cod. MS. KB 145; Nr. 245, BV. 340, um 1000, bair. u. alem. StWG. 219, SAW. 1,788. Herkunft: eine Kollektivbildung zu salba. DWB. 4,1,2,3783. gisunt 'gesund, heil, wohlbehalten, lebend; gedeihend, gerettet, glücklich' (L.LS. MPs.N.O.Ph.WS.; Gl.) — bonus 'gut, trefflich, gesund, heilsam, nützlich', incolumis 'unversehrt, wohlbehalten', prösperus 'erwünscht, günstig, glücklich', sänus 'gesund, heil', söspes 'wohlbehalten, unverletzt, unversehrt, glücklich'. Literarische Denkmäler: Ludwigslied 86,40 So utter so hier in ellian Giduotgodes uuilhon, Quimit he gisund Ihgilonon imo% Lorscher Bienensegen 396,2 nußiuc du, uihu mina^ heraßridu frono in godes munt, heim comonne gisunt. Notker 2,132,5 Tie beide uwltön sih kerno ύ%όη . iro geuuältes. ün^siegesunde uuären. Otfrid 4,13,54 ,JSIist er" quädun, „thäre, ther ίο thih so itfäre, gisünten uns thir derien; uuir uuollen thih in wuuerien!" Physiologus 126,51 ... so bivget siun tnan. un^in er stirbit, linde uerit siügesunt Wiener Hunde Segen 394,7 Der heiligo Christ unta sancte Marti de frumma mir sa hiuto alia hera heim gasunta. Glossen zu biblischen Schriften: I, 299,33 Uita comite : kisuntemo libre, Gn 18,10, St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. Jh., alem. I, 312,56 Comite [uita] : gisuntemu, ebd., St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775, 10. Jh., alem. I, 704,4f. Bene ualemus : gisuntipirumes, II Mcc 11,28, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. - gisuntipir uuir, Göttweig, StiftsB. 46/103. - wolgesuntpinwir, Clm 22201. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 6,14 Sospes ./. gisunter, Ale. gramm. 515, Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163, 10. Jh., alem. 11,38,27 Sospes : gsunter, Arat. 11,798, Clm 19451; Nr. 450, BV. 667; 10. Jh., bair. nach südrhfrk. Vorlage.

gisunt

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II, 383,54 Meliore manu : kisuntero henti, Prud. psych. 11, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. - ./. kisuntere henti, Göttweig, StiftsB. 34/44; Nt. 227, BV. 263,11. Jh., bair. II, 462,66 Meliore manu : kisunterohenti, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. II, 524,23 {Meliore manu) kfsxntfrb hfntk (Steinmeyer: dh. kesuntera henti), Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. II, 530,13 Meliore manu .i. gisundero hendi, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 15; Nr. 102, BV. 108, alem. - ( ) kisuntero hendi. Einsiedeln, StiftsB. cod. 302; Nr. 117, BV. 126, 2. Hälfte 10. Jh., alem. mit fränk. Merkmalen. II, 567,68 Meliore manu : kestenhenti, ebd Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. - ( ) kesuntera henti, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348, 11. Jh., mfrk. II, 613,16 Aueto nu west gesunde, Sallust, Cat. 35 p. 180,12, Clm 14515; Nr. 397, BV. 597, Hs. 11./12. Jh., obd. II, 770,15 Sanum : gisunten, Alcimus Avitus 3,73, Cgm 187; Nr. 296, BV. 440, 11./12. Jh., bair. (?) Glossare: 1,113,10 prosperum : kasunti, Abrogans, R. I, 199,13 Incolomnis: kisunt, Abrogans, K. Ra. I, 244,14 (salubris) uel incolomnid: edho kis, Abrogans, K. I, 249,21 Sospis sanus salus uel incolomnis: kis, Abrogans, K. IV, 19,24 Secundis : heilen, kisunten, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. Thoma 8,15 Sanus : heiler, keisunt, Gn 29,6, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Thoma 8,18 Valet imo ist uuola. gesunt, ebd. [Nicht hierher Glossen zu lat. tütus 'wohl verwahrt, außer Gefahr', StSG. I, 260,7 Tuta : kis. kimis^ Abrogans, K. — kisunt, Abrogans, Ra. und II, 82,6 Tuti : kesunti, Caesarii Horn. XXIX.] SchW. 275, StWG. 223 u. 818, SAW. 1,966. Herkunft: mit afries. sund, ae. gesund aus germ. *ga-sunda- 'gesund', wohl als schwundstufige Bildung zu as. swiSi, ae. swi'S, an. svinnr, got. swinps 'kräftig, stark, gesund' in nhd. geschwind. KS. 321, Pfeifer 442, DWB. 4,l,2,4292f, IEW. 1,1048; vgl. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 721, H. Reier, Leben, S. 14. Beide Bildungen gehen von der Vorstellung der inneren, ungebrochenen Lebenskraft aus und betonen die Abwesenheit äußerer Krankheiten; s. M. Heyne, Körperpflege, S. 116. - vgl. mhd. gesunt. gisunt stM. 'Gesundheit, Wohlbefinden' (NG.; Gl.) - incolumitäs 'Unverletztheit', sänitäs 'Gesundheit, Genesung', salus 'Gesundheit, Heil, Glück'. Literarische Denkmäler:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Notker Glossator 8,46,1 Gib inftrmis (siechen) fine minero hende sanitatem (den gesünt). (u.ö.). [Zu lat. tütela 'Fürsorge, Obhut, Schutz' StSG. I, 260,29, Abrogans, K., Ra., s.o. —> gisunt, zu lat. päx 'Friede, Ruhe' StSG. I, 421,7 f. Estne pax \puero\ absahn : ist ff sunt, II Sm 18,29, Göttweig, StiftsB. 46/103; ebenso Clm 13002. Clm 17403. - ist ge sunt, Clm 22201; zu lat. rectus 'gerade, recht, natürlich' StSG. I, 451,20f. Rectene : istdirgisunt, II Rg 4,26, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - isf'irgisunti, Wien, ÖNB Cod. 2732. - istirgisunti, Wien, ÖNB Cod. 2723. - istirgesunte, Clm 22201. - istirgisunt, Clm 14689. - istgiesunt, Göttweig, StiftsB. 46/103. man vgl. —» gisunti ] SchW. 275, StWG. 223, SAW. 1,966. Herkunft: eine Substantivierung aus —> gisunt 'gesund'. DWB. 4,1,2,4331 f. - vgl. mhd. gesunt 'Gesundheit, Unverletztheit, Heil'. gisunti 'gesund, wohlverwahrt, glücklich' (N.; Gl.) - söspes 'wohlbehalten, unverletzt, unversehrt, glücklich'. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 22, 29 Sospes : kesunte, Gn 43,28, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. [Keine medizinische Bedeutung tragen die Belege StSG. 1,113,10 prosperum : kasunti, Abrogans, zu lat. prösperus 'erwünscht, günstig, glücklich' und II, 82,6 Tuti: kesunti, zu lat. tütus 'sicher, gefahrlos'. SchW. 276, StWG. 818, SAW. 1,966. Herkunft: eine morphologische Variante neben —¥ gisunt 'gesund'. gisunti stF. 'Unverletztheit' (FG.N; Gl.) - incolumitäs 'Unverletztheit'. Literarische Denkmäler: Fränkisches Gebet 60,2 ... thina minna indi rehtan uuilleon, heiti indi gasunti indi thinaguodun huldi. Notker 5,95,11 Also uuärmi. ünde chälti. siecht ündegesündi. (u.ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 114,60 Incolumnitate : gisunti, Can. conc. Chalc. XIX, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - gisunte, Clm 19440; ebenso Wien, ÖNB 2732. Wien, ÖNB 2723. Clm 14689. Wien, ÖNB 361. [Die große Mehrzahl der Belege trägt keine medizinische Bedeutung, so StSG. I, 451,20.21 Rectene : istdirgisunt, IV Rg 4,26 zu lat. rectus 'gerade, recht, natürlich'; I, 785,36 In pace : gisunti, Iac 2,16, I, 421,6 Estne pax \puero] absahn : ist gisunti, II Sm 18,29, zu lat. päx 'Friede, Ruhe' und I, 260,29 tutela : kis, Abrogans, K. - kisunti, Abrogans, Ra. zu lat. tütela 'Fürsorge, Schutz, Ernährung'; sowie Otfrid.] SchW. 276, StWG. 223, SAW. 1,966. Herkunft: eine Substantivbildung zu - » gisunt 'gesund'. DWB. 4,l,2,4317f. - vgl. mhd. gesunde.

grablsam

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gisuntida stF. 'Gesundheit' (Ν.; Gl.) - incolumis 'unverletzt', pröspeHtäs 'glücklicher Zustand, Gedeihen, Glück', söspitäs 'Heil, Wohl', valeo 'bei Kräften sein, gesund'. Literarische Denkmäler: Notker 3,218,27 Uuä% mag ändern sin des müotes kestindeda. änegüoti? (u. ö.). Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 31,61 VALE : Gesundida, Arat. II, 829, Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881,11. Jh., moselfrk. II, 150,5 Facta incolumnis de *tat dera *suntida, Can. conc. Neocaes. XLVI, London, BMMss. Arund. 393; Nr. 275, BV. 407, Hs. 9. Jh., bair. FFFF 67,16 incolomis : miti gisuntdidu, Can. Halitg. IV, 14, Rom, BV. Ottob. lat. 3295; BV. 792, 3. Viertel 9. Jh., südrheifrk. FFFF 80,24 incolomes : gisundidu, Hrab. Paenitentium liber, Praef., ebd. FFFF 80,30 sospitas : gisunida, ebd. Glossare: I, 231,22 Prosperitas: casuntida, Abrogans, R. SchW. 276, StWG. 223 u. 818, SAW. 1,966 mit Hinweis auf das Syntagma gisuntida girehhanön 'heilen'. Herkunft: eine Substantivbildung mit dem Suffix -ida zu —» gisunt 'gesund'. giswedi stN. 'warmer Umschlag' (Gl.) — /omentum 'Umschlag, Verband, Linderungsmittel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 65,23 Fomenta : gisuuedi, Boeth. cons. 2,3 p. 29,11, St. Gallen, StiftsB. 844; Nr. 210, BV. 242, Hs. 10. Jh., alem. 11, 70,48 {Fomenta) : gisuuedi, ebd., Wien, ÖNB Cod. 271; Nr. 587, BV. 904, 10. Jh., bair. StWG. 224, SAW. 1,976 s.u.gi-swad. Herkunft: eine Substantivbildung zu ahd. gi-sweden 'wärmen', einer Ableitung vom starken Verb ahd. swedan 'brennen, verbrennen'. J. Riecke, Die schwachenya»-Verben, S. 645; vgl. ahd. swedi, swedil, swedunga. grablsarn stN. 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' (Gl.) — scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 650,35 Scalpture : grabisen, Ez 40,22, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. [Parallelhs. greftr, hier als Vokabelglosse wohl eine Verwechslung von scalptüra 'Schneiden mit dem Grabstichel, Schnitzwerk' mit scalprum, im Kontext kein medizinischer Zusammenhang.] Glossare: IV, 208,54 Scalpellum : grab isan, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

[In der Bedeutung "Werkzeug zum Anfertigen von Reliefarbeiten' StSG. I, 339,4 Celatura. est sculptura eminentior. a c(lo grashisarn. (Steinmeyer: 1. graßisarrt) uocata quod est genus ferramenti, Ex 27,10, zu caelum 'Meißel, Grabstichel'.] [Die Belege StSG. II, 581,55 Scalpella : thiagräf isarn, Prud. perist. 500, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; IV, 345,20 Scalpellum : graßsänr, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 44 (früher. Unsigniert) und II, 582,59 Scatpellum : grafisarn, Prud. perist. 902, ebd., sind altsächsisch; s. J. Riecke, Anatomisches, S. 220.] KFW. 4,389, StWG. 237, SAW. 1,428 u. 1,318. Herkunft: Kompositum; zu ahd. grabati 'graben' und ahd. tsarn 'Eisen'. Wenn ein direkter Bezug zu einer medizinischen Tätigkeit nachweisbar ist, wäre unmittelbar an grabo "Wundarzt' anzuschließen oder die Bildung ist durch grabo neu motiviert worden. DWB. 4,1,2,1543f. - vgl. mhd. grabisen 'Grabstichel'. grabmezzer* stN. 'Instrument des Arztes, Messer, Lanzette' (Gl.) - scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossare: IV, 159,18 Scalpellum : grabmesger Λ. schrotmevger, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. (vgl. ebd. grabtsarn). StWG. 237, SAW. 1,318 u. 1,621. Herkunft: Kompositum; zu ahd. graban 'graben' und ahd. mesgir 'Messer'. Wenn ein direkter Bezug zu einer medizinischen Tätigkeit nachweisbar ist, wäre an ahd. grabo anzuschließen. DWB. 4,l,2,1543f. grabo swM. Wundarzt, Chirurg' (Gl.) - cbtrürgus 'Wundarzt, Chirurg'. Adespota: IV, 234,22 chirurgus : crafo diätur, Leiden, UB. Voss. lat. oct. 15; Nr. 254, (495), BV. 373,11. Jh., hd. KFW. 4,396, StWG. 237, SAW. 1,318. Herkunft: mit afries. greva, greve zu germ. *graba- 'graben'; vgl. ahd. graban 'etwas ausgraben' (venas). KFW. 4,389 s.u. graban 4. gretetuoh* stN. 'Wundpflaster, Verband' (Gl.) - emplastrum 'Pflaster'. Glossare: HSH. II, 290,01.16 emplastrum: gretetvoch, Summ. Heinr. (StSG. III, 235,62). KFW. 4,419, StWG. 239, SAW. 1,322 u. 1,1030 s.u. grät 'Rückgrat'. Herkunft: unklar; als Kompositum zu ahd. tuoh und vielleicht zu einem in fnhd. gret 'gewebtes Bild, gewebte Struktur' erhaltenem Substantiv. DWB. 4,1,6,197; dagegen deutet der Ansatz HSH. 3,58 als g(i)retetuoch auf ein anderes Verständnis hin; vgl. auch —» benetuoch. guot stN. 'Heilung, Genesung, Gesundheit (als Gottesgabe)' (O). Literarische Denkmäler:

hantalön

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Otfrid 3,14,48 „Far", quad er thd innati this, „töhter, heimortes mitfridu job mitgüatu, mit giloubu so giheiltu. (u.ö.). [Meist aber in Bedeutungen wie 'das Gute, Beste, Wohlergehen, Gesundheit, Heil' (APs.B.GB.MF.MH.N.NG.O.OT.W.WH.WK.; Gl.)·] KFW. 4,502 s.u. guot Ie), SchW. 156, StWG. 244, SAW. 1,333. Herkunft: eine Substantivierung des Adjektivs ahd. guot aus germ. *göda-. KS. 343, DWB. 4,l,6,1353f.; F. Heidermanns, Primäradjektive, S. 250f. Im Mittelhochdeutschen erscheint nur die Bedeutung 'Gutes, Vermögen, Besitz, Landbesitz'.

Η halasalz 'Salz (aus einer Salzquelle)' (WürzburgerRez.). Literarische Denkmäler: Würzburger Rezepte, StSG. III, 602,18 Infusio capitis, mirra. Sauina. Marrubium. Hüsuuur^. Apium. Feniculum. Thus masculinum. Halasal^. Erdebuh. [Der zweite Beleg, StSG. V, 45,1 Sal: hasah^ Herrnstein, Bibliothek des Grafen Nesselrode 192 (früher Herten) Kriegsverlust; Nr. 240, BV. 283, Hs. z.T. 12. Jh., ist niederdeutsch.] KFW. 4,611, StWG. 250, SAW. 1,341 u. 1,790. Herkunft: Kompositum; zu ahd. hall- u. —> sal%_ 'Salz'. Zu den Anschlussmöglichkeiten für hall- s. E. Seebold, Die Benennungsmotive, S. 127. hantalön 'behandeln, befühlen, betasten' (N.; Gl.) - contrecto 'befühlen, betasten', tracto 'schleppen, behandeln, berühren, besprechen'. Literarische Denkmäler: Notker 4,76,2 linde iro Ilde händelon. linde chelen näh iro minnon (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I,794,16 Contrectauerunt : creifotum hanthotun (Steinmeyer: 1. hantlotun), Io 1,1, Wien, ÖNB Cod. 1239; Nr. 608, BV. 936, Hs. 10. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 395,45 Tractat: hantalota, Prud. perist. 899, Wien, ÖNB Cod. 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. 11,453,41 Tractat : hantalot, ebd., Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395. II, 510,49 Tractat : hbndflptb, ebd., Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129,10./11. J h , alem. - handilota, Zürich, ZB. Ms. Car. C 164. II, 641,46 Tractanti : hantalentemo, Verg. Georg. III, 502, Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. [Die Belege StSG. II, 582,57 Tractat: händloda, Prud. perist. 899, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1; Nr. 100, und IV, 345,19 Tractat: händloda, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 44 sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

220. - Daneben stehen in der Bedeutung 'ergreifen, fassen; rauben, sich aneignen; mit den Händen bearbeiten' StSG. I, 582,60 Tractauerunt: hantalotun, 695,13. 18-21 Tractabant: hantalotun ./. nu^un, 697,12 Contectabat .i. hantilota, II, 2,1 Retractat: hantlota, II, 3,43 Retractat: hantalota, II, 117,52 Contrectant: hantlont, II, 458,34 (Contrectans) : hantalent, II, 661,48 Retractat: hantalota sowie Notker und 'jem. in bestimmter Weise behandeln; etwas besprechen, behandeln* StSG. I, 743,63 Tractabant: hantalotun, II, 32,77 Tempt are : handetan, II, 774,78 Temptare, tractare : handelon, II, 53,31 Tractauerit: hantalot, II, 102,70 Contrectant: hantulont, II, 112,66 Contingere : hantolon, II, 144,41 (Adtrectare) bithian. hantahn, II, 587,25 Tractare : handlon sowie Otfrid und als Glossenwort StSG. IV, 163,29.] KFW. 4,692f., StWG. 253, SAW. 1,353. Herkunft: mit -/-Suffix zu —» hand, germ. *handu-\ vgl. as. handlön, afries. handelia, ae. handUan, an. handla sowie mhd. handeln. KS. 353, Pfeifer 504, DWB. 4,2,373f. vgl. mhd. handeln. hevanna, hevamma, hevihana F. 'Hebamme* (Gl.) - obstetrix 'Hebamme'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 285,49 Obstetrix : hefihanna, Gn 35,17, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem.; ebenso Karlsruhe, BLB. Aug. IC. Thoma 15,14 Obstetrix : heuinna i heutIIa I mediatrix, lacha, ebd., St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 728,13 Obstetrices : heuannun, V. patr. (?), Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. Glossare: III, 408,56 Obstetrices : heuammen, Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg; Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. StWG. 273, SAW. 1,362 u. 24 s.u. ano. Herkunft: ungeklärt. Der erste Bestandteil geht sicher auf ahd. heffen 'heben' zurück, der zweite Bestandteil ist verdunkelt. Unklar ist, ob es sich dabei ursprünglich um das Grundwort eines Kompositums oder um ein Suffix handelt. Die ansprechende Hypothese F. Kluges, Etymologisches Wörterbuch, S. 238, der eine Entstehung aus *hajjan(d)jö 'die Hebende' annimmt, scheitert wohl daran, dass der Dental im Partizip 1 sonst nie an den Nasal assimiliert wird; man vergleiche M. Virkkunen, Die Bezeichnungen, S. 16. Plausibler schien daher die Deutung als Kompositum. W. v. Helten, Grammatisches, S. 250, sieht im Vorderglied das Verbalabstraktum haßni und möchte weiter ana 'Großmutter', hier in der Bedeutung 'alte Frau' erkennen; IEW. 1,37 s.u. an- 'Bezeichnung für männliche oder weibliche Ahnen', so zuletzt auch SAW. Nun stört allerdings der ausnahmslos überlieferte Doppelnasal, der als Ergebnis einer expressiven Nasalierung (Virkkunen, S. 19), für die allerdings das Motiv fehlt oder als Ergebnis volksetymologischer Umgestaltungen, etwa zum PN (H)anna, gedeutet wird, so in hefihanncr, s. auch

hei!

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DWB. 4,2,715 f. Der jüngste Beleg aus dem Hortus deliciarum zeigt deutlich, dass die Entwicklung von volksetymologischen Prozessen geprägt sind, die schließlich zu dem Grundwort -amme in nhd. Heb-amme geführt haben. Es hat daher doch einiges für sich, dass die bereits im Althochdeutschen erkennbaren Umdeutungen an einem nicht mehr verstandenen Suffix ansetzen, das dann durch ana oder einen weiblichen PN ersetzt wurde. In Frage käme eine Ableitung von der in ahd. heffen 'heben' vorliegenden Grundlage mit einem Suffix -ina, das auch in ahd. meisterina 'Leiterin' enthalten ist. Dafür könnte die parallele Bildung ahd. hevila mit -ilaSuffix sprechen. Für das so gebildete movierte Femininum hevtnna ist jedoch kein Maskulinum auszumachen. Aus einem solchen Maskulinum, das in einer anderen Bedeutungssphäre als 'der Heber' existiert habe müsste oder eher noch aus einem analogen Bildungsprozess wäre dann das Femininum hervorgegangen. Da die Tätigkeit der Hebamme Frauen vorbehalten war, liegt es nahe, dass ein grammatisches Femininum analog, unter Umgehung einer maskulinen Basis, gebildet werden konnte. Zur Sache s. HWdA. 4,1587f. Sieh auch M. Heyne, Körperpflege, S. 172. — vgl. mhd. hebeamme 'Hebamme'. hevila stF. 'Hebamme' (Gl.) - obstetrix 'Hebamme'. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 15,15 Obstetrix : heuinna i heuilla I mediatrix, lacha, Gn 35,17, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Glossare: IV, 206,21 Obstetrix : heuila, Alphabetisches Gl., Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. StWG. 274, SAW. 1,365. Herkunft: eine Substantivbildung mit /-Suffix zu ahd. heffen, hevan 'heben'; vgl. —> hevanna. heftfizzilo swM. 'eine Art Wundverband, Heftpflaster' (?) (Gl.) -fibula 'Klammer, Schnalle, Kopfnaht'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 82,26 Fibula : hei^ilo, Caesarii Homiliae XXXII, St. Gallen, StiftsB. 193; Nr. 172, BV. 199, Hs. 8./9.Jh. StWG. 261, SAW. 1,240 u. 364. Herkunft: Kompositum; zu ahd. heften 'binden' und *fi^ilo, einem Diminutiv zu ahd.^^o 'Gebinde, Gewebe, Faden'. heil 'heil, gesund, geheilt, wohlauf; unversehrt, wohlbehalten' (MF.N.O.OT.PT. T.; Gl.) - salvus, salvätus 'wohlbehalten, gesund, unverletzt', sänus 'gesund, heil, vernünftig'. Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 4,29 hant... uuart saar so sama heil so diu ander.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Notker 8,125,13 Min lichamo ne-ist heil... Corruptio liget imo άηα. unde mortalitas. Otfrid 4,17,24 ... so erruartaimo tha%ora, ersä^ta^uuidarheila% (u.ö.) Tatian 191,17 Inti gisehanemo imo. Inti then man sivgentan fon themo thie diuuala άζgiengun giuuatitan Inti heilemo muote sinen fuo^in. (u.ö.) Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 8,15 Sanus : heiler, keisunt, Gn 29,6, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Glossare: III, 3,42 Sanus : hailer, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, SüftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. IV, 19,24 Secundis : heilen, kisunten, Glossae Affatim, Oxford, BL. Jim. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. [Man vergleiche auch Bamberger Blutsegen, S 377,10 heil sis tu wnte. - Der Beleg C 107,52 ave vel chere hei uues, Isid. etym. VII, 24, Straßburger Isidor Glossen, ist altsächsisch. Die Merzahl der althochdeutschen Belege steht zu den Bedeutungen 'errettet, erlöst' (Weißenburger Katechismus, Benediktinerregel, Carmen ad Deum, Notker, Otfrid, Tatian) bzw. zu heil als Grußformel, Interjektion (Notker, Otfrid, Tatian, StSG. I, 691,70. II, 159,14. 327,2. 604,39. 732,3. III, 65,11. 65,36-39. 414,72f. IV, 150,3. 307,7 (?). 311,12. Mayer 131,45).] KFW. 4,81 Of., SchW. 161, StWG. 262 u. 821 adj. interj., SAW. 1,370. Herkunft: mit as. hei, afries. ae. hat, an. heill, got. hails aus germ. *haila- 'heil, ganz, gesund'; außergermanisch vergleicht sich aksl. celu 'gesund, ganz, unversehrt', apreuß. kailüstikun 'Gesundheit'. KS. 364, DWB. 4,2,815f., IEW. 1,520. Betont wird durch hei! die Abwesenheit äußerer Körperschäden, M. Heyne, Körperpflege, S. 116. Sieh auch R. Grosse - I. Köppe, 'Kulturelles Gedächtnis', S. 50. vgl. mhd. heil. heil stN. 'Heilung' (?) (O.). Literarische Denkmäler: Otfrid 3,4,12 Engilgotes ... tha^ uuä^ar eryrscutita joh in (den Kranken) 37 heile garota. [Alle übrigen Belege zu 'Heil, (Seelen-)Rettung, Wohlergehen, Glück; Vorzeichen'.] KFW. 4, 812f, SchW. 161, StWG. 262. Herkunft: mit as. afries. hei, ae. häl, an. heill aus germ. *haila'Vorzeichen', dessen Verhältnis zum Adjektiv unklar ist. Ahd. heil in der Bedeutung 'Heilung' ist vermutlich vom Adjektiv beeinflusst worden. DWB. 4,2,817f. - vgl. mhd. heil 'Gesundheit'. heiläri stM. 'Heiler, Salber, Arzt' (NG.; Gl.) - sänätor 'Heiler, Gesundmacher', aliptes 'der Einsalber (der Athleten etc.)', mlat. auch 'Arzt' (MlatWb. 1,457). Literarische Denkmäler:

heilen

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Notker Glossator 9,235,22 Dir irbäront sie tro uulnera . uuanda dü in sanator {heilare) bist. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 348,1 Aliptes./'. h f i f r f (Steinmeyer: dh. helere), Juven. 3,76, Einsiedeln, StiftsB. cod. 34; Nr. 106, BV. 113,11., obd. [Bei Otfrid und Hildegard (III, 390,4 Liuionξ saluator : heilere) zu lat. salvätor 'Erretter, Erhalter' speziell als Benennung für Christus in der Bedeutung 'Heiland'.] KFW. 4,827, SchW. 162, StWG. 262; SAW. 1,370 mit der anachronistischen Bedeutungsangabe 'Heilpraktiker'. Herkunft: ein Nomen agentis zum /Λ»-Verb - » heilen. DWB. 4,2,826. vgl. mhd. heilare. heilbrunno swM. 'Heilquell' (WH.). Literarische Denkmäler: Williram 14r,21f. ünte ist ouh peccatoribus qui per hedos significarttur heilbrunno uuordan! uuänte sie in dero toife tro sünton gereinet uuerdent. SchW. 162 heibrunno. Herkunft: Kompositum; zu —» heil und ahd. brunno 'Brunnen, Quelle, Wasser'. DWB. 4,2,823. heilen 'heilen, (physisch und psychisch) gesund machen' (MF.N.O.OT.T.WH.; Gl.) - cüro 'sorgen für, pflegen, (Wunden) reinigen', säno 'heilen, gesund machen'. Literarische Denkmäler: Monseer Fragmente 4,22 muo^ man in uirratagum heilan. Notker 1,36,16 Tä^ih uut\e. uuio ih tih heilen süle. (u.ö.) Otfrid 3,14,64 Thie ouh mo sünnun, thie mit dtufele uuunnun, hömgibruader tbanne, thie heilt er särio alle. (u. ö.) Tadan 131,30f. Inti brdhtun imo alle ubil habante Inti mit messalihhen suhtin Inti mit uuivgiu befangane Inti thie thär hab heil. - vgl. mhd. heilen 'gesund werden'. heilentllh, heilenllh 'heilsam, gesund' (Gl.) - salübris 'gesund, heilsam'. Glossare: I, 244,12 Salubris : heilanlih, Abrogans, K. - heilantlih, Abrogans, Ra. R. KFW. 4,832, StWG. 262, SAW. 1,371.

heila

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Herkunft: zu —> heilen als -//^-Bildung; ae. hälendltc, heilentlth stammt dagegen aus der Form des Partizips 1; vgl. H.U. Schmid, //^-Bildungen, S. 255. - Dagegen beruht der Ansatz eines Adverbs ahd. heilentlihho 'heilsam' zu lat. salübriter 'gesund, heilsam' (StWG. 262, zu Mayer 76,3 salübriter : heilantliho, Greg. mor. 3,5 p. 654, Clm 6300) wohl auf einer Fehllesung. E. Glaser, Frühe Griffelglossierung, S. 215f. liest helhaftlicho-, —> heilhaft. heilhaft 'gesund, heilsam, glücklich' (Gl.) sänus 'gesund, heil, vernünftig'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 163,58 Sana : heilhaftero, Greg, cura 2,4 p. 17, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. Glossare: I, 265,10 Uesania. male sana : heilhaft, Abrogans, K. — heilhart, Abrogans, Ra. [In der Bedeutung 'glücklich' StSG. I, 54,27. 152,6f. sowie im christlichen Sinne als 'erlöst, heilbringend, heilsam' Notker und StSG. IV, 158,61.] KFW. 4,832f., StWG. 262, SAW. 1,371. Herkunft: eine Adjektivbildung aus —> heil mit dem reihenbildenden Suffix -haft. Daneben helhaftlicho (zu Mayer 76,3 salübriter, vgl. E. Glaser, Frühe Griffelglossierung, S. 215f.), Greg. mor. 3,5 p. 654, Clm 6300; BV. 523, Ende 8 , Anfang 9. Jh., bair. Im Mittelhochdeutschen findet sich nur die Bedeutung 'Glück habend'. heill, heila stF. 'Gesundheit; Heilung' (FG.FP.MH.N.O.OT.T.; Gl.) - sänitäs 'Gesundheit, Genesung', salüs 'Gesundheit, Wohl, Rettung'. Literarische Denkmäler: Fränkisches Gebet 60,2 forgip mir... heili indtgasunti indi thinaguodun huldi. Murbacher Hymnen 25,6,2 siuchem heili auur kicovgan ist. Notker 8,143,4 Mines änaäütes heilt ist min Got. Des iiho ih imo. Er heilet mtn änaliüte ... Otfrid 3,14,29 Sih drühttn ... ther thia heili thärgibot, ioh frägeta bi noti, uuer nan thär thd marti. (u.ö.) Tatian 227,24 inti herarthenita inti arse^it uuard heili sin hänt. (u.ö.) Glossare: I, 158,12 sanitas : heili, Abrogans, Pa. [In der Bedeutung 'Heil, Wohlergehen, Glück' Notker, Murbacher Hymnen, Otfrid, Tatian, in der Bedeutung 'Heil, Rettung, Erlösung (im christlichen Sinne)' Benediktinerregel, Exhortatio ad plebem christianam, Notker, Notker Glossator, Weißenburger Katechismus, StSG. 1,136,37, 172,31. 742,33. IV, 221,4 sowie 'Rettung' im allgemeinen Sinne Notker, Tatian.] KFW. 4,834f., SchW. 162, StWG. 263, SAW. 1,370. Herkunft: eine Substantivbildung zu —» heil. - vgl. mhd. heile 'Heil, Glückseligkeit'.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

heilida stF. 'Gesundheit, Heilung' (O.; Gl.) - sänitäs 'Gesundheit, Genesung'. Literarische Denkmäler: Otfrid 3,11,30 Giuuän mit ägalei^e ... thia heilida άηα duäla. Glossare: I, 209,7 remedium uel sanitatem : labunka edho heiätha, Abrogans, K. [In der Bedeutung 'Heil, Rettung' Isidor, Notker Glossator.] KFW. 4,836f., SchW. 162, StWG. 263, SAW. 1,370. Herkunft: eine Substantivbildung mit dem Suffix -ida zu —> heil. heilllh 'heilsam' (Gl.) - salühris 'gesund, heilsam'. Glossare: I, 244,12 Salubris : heilih, Abrogans, R. - heilanlih, heilantlih, Abrogans, K., Ra., R. KFW. 4,842, StWG. 263, SAW. 1,371. Herkunft: eine //^-Bildung zum Adjektiv —> heil, vgl. H.U. Schmid, //^-Bildungen, S. 254. heilllhho 'auf gesunde Weise' (Gl.) - säne 'vernünftig' Adv. Glossare: I, 243,7 Sane : heillihho, Abrogans, K. - heilliho, Abrogans Ra. KFW. 4,842, StWG. 263, SAW. 1,371. Herkunft: eine Adverbialbildung zu —> heillih. Es liegt eine Fehlübersetzung vor; vgl. H.U. Schmid, //^-Bildungen, S. 254. heilnussida stF. 'Heilung' (Gl.) - cürätio 'Besorgung, Behandlung, Heilung'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 72,42 Curationum : heilnussido, Boeth. cons. 2,3 p. 29,11, Clm 18765; Nr. 440, BV. 657,11. Jh., bair. KFW. 4,842, StWG. 263, SAW. 1,371. Herkunft: eine Suffixerweiterung zu einem suffigierten Substantiv ahd. *heilnussi, vgl. ae. hälnes. heil(e)sam 'heilsam, gesund' (N.; Gl.) - salübris 'gesund, heilsam'. Literarische Denkmäler: Notker 1,37,8 Ünde nü ist mih harto uuunder. du an so heilesämero redo stände . doh uuänchoest. (u. ö.) Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 487,72 Salubri : heilsamun, Prud. cath. 189, St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10.Jh.,alem. [In der Bedeutung 'heil-, segenbringend' Notker, Williram, vielleicht ebenso StSG. II, 487,72.] KFW. 4,839, SchW. 162, StWG. 263, SAW. 1,371.

humelhunck

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Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem Suffix -sam zu —» heil, heilen, DWB. 4,2,849. - vgl. mhd. heilsam 'Heil bringend, heilsam (von Arzneimitteln)'. heil(e)samo 'heilsam, gesund' (N.) - salübriter'gesund, heilsam'. Literarische Denkmäler: Notker 1,84,12 Tie Hute slifett do heilesamo an demo grase. (u.ö.) [In der Bedeutung 'glückverheißend' zu lat. auspicätö 'unter guter Vorbedeutung' StSG. II, 581,28.] KFW. 4,839, SchW. 162, StWG. 263, SAW. 1,371. Herkunft: eine Adverbialbildung zu —» heilsam. heilunga stF. 'Heilung' (T.). Literarische Denkmäler: Tatian 403,29 inti infahenti thie thendar notthutf uuas heilunga giheilta ... KFW. 4,843f., SchW. 162, SAW. 1,371. Herkunft: wie ae. haling eine Substantivbildung mit dem Suffix germ. *-inga/-unga zu germ. *haila- 'heil, ganz, gesund', ahd. —> heil, germ. *hailjan 'gesund machen, heilen', ahd. -> heilen. DWB. 4,2,852f. - vgl. mhd. heilunge. hospitälhüs, hospitarohüs stN. 'Armenhaus, Hospital' (?) (Gl.) - ptöchium 'Armenhaus'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 114,14 Pthochiis .i. hospitaro hunsun, Can. conc. Chalc. VIII, Wien, ÖNB Cod. 2732; Nr. 621, BV. 950, Hs. 10. u. 11. Jh., bair. - ospitan husun, Clm 19440. - os pitaro hu sun, Clm 18140. - hospitälhüs, Wien ÖNB Cod. 361. KFW. 1281, StWG. 286, SAW. 1,403. Herkunft: Kompositum; zu ahd. bus u. ahd. *hospitäl, einer Entlehnung aus lat. hospitäle. Wohl teils ein Pflegehaus für Alte und Arme, teils ein Krankenhaus. DWB. 4,2,1843 s.u. Hospital, die Variante ospitaro ist vermutlich durch lat. hospitäri 'sich als Gast aufhalten' beeinflusst. humelhunck stN. 'Hummelhonig' (Gl.) met atticum. Glossen zu nicht biblischen Schriften: III, 602,62 Mel atticum : humbelhunek Pflanzengl. (MXII), Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./12. Jh., alem. III, 603,2 Mel attico : hunbelhunek, ebd. [Für die übrigen Belege, StSG. III, 486,4. 492,15. 517,4, ist eine heilkundliche Verwendung nicht zu sichern.] StWG. 291 mit der wohl unzutreffenden Bedeutungsangabe "Bienenhonig', SAW. 1,399 u. 1,409. Herkunft: Kompositum; zu ahd. humbala 'Hummel' u. honag 'Honig'.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Κ kreftigen 'heilen' (Gl.) - cüro 'sorgen für, pflegen, (Wunden) reinigen'. Glossen zu biblischen Schriften: Mayer 32,7 curate infirmos +taton creftigent, Lc 10,9, St. Gallen, StiftsB. 49; BV. 177, Hs. 2. Hälfte 9. Jh. Im Kontext: et curate infirmos qui in illa sunt et dicite Ulis ... StWG. 345 u. 851, SAW. 1,480. Herkunft: wie afries. kreftegia eine Verbalbildung zu einem Adjektiv, das vorliegt in ahd. kreftig. DWB. 5,1950; s. auch J. Riecke, Die schwachen jan- Verben, S. 462f. vgl. mhd. kreftigen 'kräftigen, stärken, mehren'. cufla stF. 'Haubenbinde' (eine Art Kopfverband)' (Lorscher Arzneib.). Einsprengsel: Lorscher Arzneibuch II, 4 Axungium uetus exaltvn imponis a uertice contra frontem et cufia caput ligabis. SchW. 185, StWG. 353. Herkunft: nur ahd.; wohl eine Bildung zu nhd. Kufe 'Gefäß', das ahd. in den Formen kuofa, kufa und kupa 'Fass, Bottich, Gefäß', entlehnt aus lat. cüpa, erscheint. Vermutlich konnte kufa als Kraftwort für den Kopf oder den gesamten Körper verwendet werden, darauf deutet die Angabe bei L. Diefenbach, Glossarium, S. 165, Cuuina : boting, kueff. Sieh auch KS. 491 s.u. Kufe1.

L lähha swF. 'Heilkundige' (Gl.) - mediätrix 'Mittlerin', obstetrix 'Hebamme'. Glossen zu biblischen Schriften: Thoma 15,16 Obstetrix : heuinna I heuilla t mediatrix, lacha, Gn 35,17, St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Sieh auch E. Meineke, St. Mihiel, Nr. 338c. StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: das Substantiv steht als swF. neben —» läbhi. Zur Bedeutungsfestlegung vergleiche man H. Tiefenbach, Besprechung, E. Meineke, S. 423. lähhen stN.'Arznei, Heilmittel' (N.NG.) - remedium 'Gegenmittel, Heilmittel'. Literarische Denkmäler: Notker 1,12,29 Nä ist äber doh mir . lachennis tänne chlägo. (u.ö.). Notker Glossator 10,415,16 %euuinaltiu lachenne. SchW. 190, StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: als starkes Neutrum neben —> lähhi. - vgl. mhd. lachen 'Heilmittel'.

lähhida

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lähhenhafte 'heilsam' (N.). Literarische Denkmäler: Notker 3,200,2 ...to teta in is mercurius püo\. mit sinero uirga . diu caduceus kenemmet uuäs. tiu gägen allen dingen lachenhäjte uuäs. SchW. 190, SAW. 1,509. Herkunft: eine Adjektivbildung mit dem Suffix -haft zu —> lähhen 'Arznei'. lähhenunga stF. 'Arznei' (NG.) - mediana 'Heilkunst, Arzneimittel'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 8,175,22 Stis-lth uutinda ne-mäg keheilet uuerden . äne dina märun medicinam (lachenunga). SchW. 190, StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: eine Weiterbildung mit -«»g-Suffix zu —» lähhen 'Arznei'. lähhi stM. 'Arzt' (MH.OT.T.; Gl.) - medicus 'Arzt, Wundarzt'. Literarische Denkmäler: Murbacher Hymnen 24,14,4 thu unseren prustio eino spurrento pist thu uuntono luigentero cuater αζ standanter lachi. Tatian 197,19f. tha\ tho gihortemo ther heilant quad in nihabent notthurfti thie heilon laches, {medicum) 205,1 f. senut hö uuib tha^thar bluotes flu\ thol&a spelif iar. Infi uuas managu tholenti fon uuola managen lachin. (medicis) (zu Mt 9,18f.) 243,12f. Inti quad her in i(tsperi qued& ir mir thi% bilidi lahhi heiß thih selbon. (medice) - (Zu Lc 4,23). [Die Glosse StSG. III, 9,46 Medicus: taahhi, Glossae Cassellanae, trägt die Bedeutung 'Ringfinger', s. dazu im Abschnitt „Körperteilbezeichnungen".] SchW. 190, StWG. 358 mit der Bedeutung 'Arzt' für den Beleg aus den Glossae Cassellanae; SAW. 1,508. Herkunft: mit ae. lace, an. laknir, got. leikeir, außergermanisch vergleicht sich air. liaig, aksl. leku, wohl eine Bildung zur Wurzel * leg- 'zusammenlesen, sammeln'. IEW. 1,658, vgl. DWB. 6,32 s.u. hachsner 'Besprecher, Zauberer, Quacksalber überhaupt', 1,577 s.u. Ar%t, M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 356 s.u. Laxner, HWdA. 5,885f. Charakteristischerweise bezeichnen engl, leech, russ. lekar' nur noch den Wundarzt. Man vergleiche auch die Pflanzenbezeichnungen rotlähha und selblähha. Nach M. Heyne, Körperpflege, S. 175, soll es sich um eime Endehnung aus dem Keltischen handeln, doch scheint die Bildung in den keltischen, germanischen und slavischen Sprachen gleichermaßen alt zu sein. lähhida stF. 'Arznei' (B.GB.; Gl.) - medela 'Heilung, Heilmittel'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 78,16f. ibu sal bun ki spansteo ibu lahchida cot chun dera. Glossare:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

I, 209,4 Mediila : lachita, Abrogans, K. - lahida, Abrogans, Ra. SchW. 190, StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: wohl eine alte Weiterbildung mit dem Suffix -ida zu —> lähhi. lähhinära swF. 'Heilerin' (N.; Gl.) - p y t h ö n i s s a 'Wahrsagerin' Literarische Denkmäler: Notker 1,14,16 Unde uuärd th sinnig. sia ^e bechennenne! tä·^ si lachenarra uuäs. Glossare: A2, 68,10 phitones lachnera. phitonissa lachnera, Alphabetisches Gl, Engelberg, StiftsB. Codex 6/8,14. Jh. SchW. 190, StWG XLIV, SAW. 1,508. Herkunft: eine movierte feminine Form neben —» lahhinäri 'Heiler'. lähhinäri* 'Heiler' (Gl.) - python 'Wahrsager'. Glossare: A2, 68,10 phitones lachnera. phitonissa lachnera, Alphabetisches Gl, Engelberg, StiftsB. Codex 6/8,14. Jh. SchW. 190, StWG XLIV. Herkunft: ein Nomen agentis mit dem Suffix -äri zu —> lähhen 'Arznei'. - vgl. mhd. lächentere 'Besprechet, Zauberer'. lähhinön 'heilen, gesund machen' (BR.N.OT.; Gl.) - medeor 'heilen, helfen', fömento 'bähen, erwärmen'. Literarische Denkmäler: Basler Rezepte 40,26 do vgsamone aegro uuit^sae aende hounog rhene: lachina mit diu dae^ do lg. Notker 1,36,11 Pedtu söl ih tih stätelicho läcbenon . ändern uuis nemäg tihen. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 272,52 Medere : lachinun, Greg, hom 1,4 p. 1449, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - lahinon, Clm 19440. Glossare: III, 8,8 Fomentat : lahinot, Vocabularius Libellus St.Galli, St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. Jh., alem. u. ostfrk. [Die Belege StSG. II, 582,56 Medetur: läcnö, Prud. perist. 889, Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 1 und IV, 345,18 Medetur: läkno, ebd., Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 44 sind altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 200.] SchW. 190, StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: eine Verbalbildung zu —» lachen 'Arznei, Heilmittel'. — vgl. mhd. lachenen 'mit Heilmitteln bestreichen, ärztlich (zauberisch) behandeln'. lähhinönto 'heilend' (Gl.) - tempern 'mäßigen, mischen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

lahhituomllh

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II, 294,59 Temperando : hchinonto, Greg, hom 1,20 p. 1522, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. J h , bair. - lahhinonto, Clm 9573. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. StWG. 358. Herkunft: eine Adverbialbildung zu —> lahhinön. lähhintuom stMN. 'Arznei, Heilmittel' (Gl.) - fimentum 'Verband, wärmender Umschlag, Heilmittel', malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag', medicina 'Heilkunst, Arzneimittel', medela 'Heilung, Heilmittel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 94,51 Fomentorum : lachintoumo i salbono, Can. deer. Sir. VII, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - lachintuomo I salbono, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipals Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. Glossare: HSH. II, 374,03.8 malachma: lachentuom, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 303,33). III, 475,26 Mediana : arcintüm l lachintüM, Pflanzengl., Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. \arcintuom als 'Medizin, Heilkunde, s.o.], IV, 150,58 Medelam : lehentöm ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. IV, 150,59 Medicina : lechentöm, ebd. StWG. 358, SAW. 1,508. Herkunft: eine Suffixbildung zu - » lähhen mit dem reihenbildenden Suffix -tuom. vgl. mhd. lachentuom 'Heilmittel, Heilung'. lähhituom stM. 'Heilmittel, Arznei' (Gl.) - medieämentum 'Arzneimittel', fimentum "Verband, wärmender Umschlag, Heilmittel', medicina 'Heilkunst, Arzneimittel'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 50,28 Fomenta : lahtuam, Reg. Ben. 28, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9 . J h , alem. II, 381,7 Remedia : thie lehduoma, Prosp. epigr. 76, Antwerpen, Museum PlantinMoretus Μ 17.4; BV. 11, Nr. 10, ab letztes Drittel 9. Jh., mfrk. Glossare: 1,150,40 uel mediana : edo lächhitoam, Abrogans, Pa. I, 151,40 edho lihhitoam, Abrogans, K. I, 209,5 medieämentum : lachitoä, Abrogans, K. - lahtom, Abrogans, Ra. StWG. 358, SAW. 1,509. Herkunft: Kompositum; zu —» lähhi 'Arzt' und dem reihenbildenden Suffix ahd. -tuom, vgl. ae. kecedöm. lähhituomllh 'mildernd, lindernd' (Gl.) - temperdtivus 'mildernd'. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

II, 294,55 Temperativ : lachituomlihero, Greg. hom. 1,20 p. 1522, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - lahhituomlihero, Clm 9573. - lahhituomlihben, Wien, ÖNB 2723. - lahbitvötibhero, Wien, ÖNB 2732. StWG. 358, SAW. 1,509. Herkunft: eine Adjektivbildung mit -//Ä-Suffix zu —> lähbituomr, s. auch ae. lacedömlic 'medizinisch, heilsam'. H.U. Schmid, -//^-Bildungen, S. 289. lähhunga stF. 'Heilmittel' (Gl.) - remedium 'Gegenmittel, Heilmittel'. Glossare: I, 209,6 remedium uel sanitatem : labunka edho heilitha, Abrogans, K. StWG. 358, SAW. 1,509. Herkunft: eine Suffixbildung mit ««j-Suffix zu —> lähhi. llbheili stF. 'Heilung' (NG.) - cürätio 'Besorgung, Behandlung, Heilung'. Literarische Denkmäler: Notker Glossator 9,288,10 gratiam curationum habentibus (mit kenada lib-heili häbenten). SchW. 195, StWG. 372, SAW. 1,531. Herkunft: Kompositum; zu —> lib u. —> heil\ heilen.

Ν nerien 'heilen, gesund machen' (N.; Gl.) - cüro 'sorgen für, pflegen, (Wunden) reinigen', foveo 'wärmen, heilen', säno 'heilen, gesund machen'. Literarische Denkmäler: Notker 1,10,21 Unde latent mih imo sin müot neren . unde heilen! mit mtnen carminibus. Glossen zu nicht biblischen Schriften: S 163,20 fouent : nerten, Greg. hom. 1,17,8 p. 1142, Clm 14379, BV. 576, Hs. Anfang 9. Jh. [Die große Mehrzahl der Belege (I.MF.; Gl.) trägt die Bedeutung 'nähren, ernähren', 'retten' und 'spenden, austeilen' - daneben steht auch ahd. gi-nerien 'heilen, gesund machen'.] SchW. 222, StWG. 436, SAW. 1,664. Herkunft: mit as. nerian, afries. nera, ae. nerian, got. nasjan zum starken Verb ahd. nesan 'genesen', germ. *nisa-. DWB. 7,303f., IEW. l,766f.; s. auch J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 642. Die Bedeutung 'heilen' erscheint wohl zunächst nur im Althochdeutschen. - vgl. mhd. nern 'heilen, gesund machen; retten, schützen'.

ouggiselbi

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nesan 'gesund werden, genesen' (Gl.) - convalesco 'erstarken, zu Kräften kommen, gesund werden, genesen', salvus sum 'wohlbehalten, unverletzt'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 609,62f. Conualuisset: ginari, Is 38,9, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. Clm 14689. -giriere, Clm 22201. -guiari, Clm 13002. guia", Clm 17403. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 108,21 Conualuent: ginisit, Can. conc. Nie. XIII, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. -g.n.s.t., Clm 6242. -giniset, Wien, ÖNB 361. - nkskt (Steinmeyer, z.St.: dh. nisif), Clm 3860. [Zu lat. convivo 'mit jem. zusammen leben, speisen' StSG. II, 33,29. 775,17 sowie V W 29,18, evädo 'herausgehen' 1,125,2, rettäscor 'wieder geboren werden' I, 239, 37, resipisco 'wieder zu sich kommen, wieder zu Einsicht kommen', II, 174,37, respire 'entgegen wehen, Atem schöpfen' I, 483,1 f , vivo 'leben, nicht untergehen' I, 294,53. 450,21. 738,19, II, 616,4.] SchW. 222, StWG. 436, SAW. 1,664. Herkunft: mit as. ginesan, ae. nesan, got. ginisan aus germ. *nesa- 'überstehen'. DWB. 4,l,2,3384f, IEW. l,766f. - vgl. mhd.genesen 'gesunden, geheilt werden'.

Ο osterscäla stF. 'Austernschale' (BR.) Literarische Denkmäler: Basler Rezepte II, 39,20 uuidhar cancur. braennni saliζ endi saiffun endi rhoζ aostorscala. SchW. 90, SAW. 1,829. Herkunft: Kompositum; zu ahd. *ostor 'Auster', vgl. ae. ostre, an. ostra, u. ahd. skäla 'Schale'. EWA. 1,295, G. Eis, Austernschalen, S. 11 f. ouggiselbi stN. 'Augensalbe' (Gl.) - coltyrium 'in Form eines Zäpfchens zubereitete teigartige (Augen-)Salbe\ Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 246,16 Collmum dicitur. multa medicamina in unum collect a ./'. ougkise'lbi, Greg, dial. 1,10, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12.Jh,alem. StWG. 455, SAW. 1,693 u. 1,788. Herkunft: Kompositum; zu -> ouga, gi-salba, s. auch unter —> ougsalba.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

ougilsalba stswF. 'Augensalbe' (Gl.) - collyrium 'in Form eines Zäpfchens zubereitete teigartige (Augen-)Salbe'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 799,54 Collirio : ogilsalbe, Apc. 3,18, Stuttgart, WLB. HB IV 26; Nr. 561, BV. 867,12. Jh., alem. (Parallelhs.: augsalbe). StWG. 455, SAW. 1,694 u. 1,788. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga, als Verschreibung aus ougi- oder als Diminutivbildung sowie zu —> salba, s. auch —> ougsalba. ouglubbi stN. 'Augensalbe' (Gl.) - collyrium 'in Form eines Zäpfchens zubereitete teigartige (Augen-)Salbe\ Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 39,18 Colirium : oucluppe, Arat. 1,14, Wien, ÖNB Cod. 2171; Nr. 614, BV. 942, Hs. 9. Jh. 11,225,26 Clolirio : augluppi, Greg, cura 1,11 p. 12 (Apc 3,18), St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. Jh., bair. Glossare: HSH. II, 222,216 colhnum : öchluppe, Summ. Heinr. (StSG. III, 231,28). StWG. 455, SAW. 1,693. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga sowie ahd. lubbi 'Gift, Zauberei', ae. fybb, an. l y f , got. in lubja-leis. M. Höfler, Krankheitsnamen-Buch, S. 378 s.u. lüppen. ougsalba stswF. 'Augensalbe' (Gl.) - collyrium 'in Form eines Zäpfchens zubereitete teigartige (Augen-)Salbe'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 798,40 Collirio : ouchsalpun, Act 3,18, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. - ouchsalbun, Göttweig, StiftsB. 46/103. - ouchsalbin, Clm 13002. Clm 17403. - oucsalpun, Wien, ÖNB 2723. Clm 14689. - ovgsalbo, Clm 22201. [... et coltyrio inungue oculos tuos ut videas. - „... und salbe deine Augen mit Augensalbe, damit du siehest."] I,799,53 Collirio : ovcsalba, ebd., Clm 4606; Nr. 328, BV. 486, 12. Jh., bair. öcsalbe, Clm 6217. - augsalbe, Clm 14745. (Parallelhs.: ougilsalbe). IV, 308,11 Collirio : ogisalpe , ebd., Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. u. 15. J h , fränk. u. obd. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 180,53 Collirio : ovchsalpun, Greg, cura 1,11 p. 12 (Apc 3,18), Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. - oucsalpun, Wien, ÖNB 2723. Clm 14689. - ouchsal, Wien, ÖNB 2732. II, 199,51 (Collirio) : ... sblbp (Steinmeyer: dh. [ouc]salbo), ebd, Clm 3767; Nr. 319, BV. 4 6 9 , 1 0 . / l l . J h , obd.

pflastar

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Mayer 6,10 collirio : oucsdben, ebd., Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 4; BV. 13, 10./11. Jh., bair. Pahinter im Kontext (albuginem) : heuisal, zu —» ougisal'grauer Star']. 11, 337,54 Colliria : öchsalbun, Hor. I, 5,30, Clm 375; Nr. 305, BV. 450,1. Hälfte 12. Jh., bair. Glossare: HSH. II, 222,16 collirium : oucsalba, Summ. Heinr. (StSG. Ill, 271,34). [Als Glosse zu lat. stibium in der Bedeutung 'Mittel zur Schwarzfärbung der Augenbrauen' StSG. I, 452,57 Stibio : ouchsalpun, IV Rg 9,30, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. - ovchsalpun, Wien, ÖNB 2732. - ouchsalpon, Göttweig, StiftsB. 46/103. - oucsalbun, Clm 14689. - oucsalben, Clm 13002. Clm 17403. - ogsalbon, Clm 22201; II, 604,47 Stibiis : ouchsalpun, Ruf. hist. eccl. V, 18 p. 292, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., Wien, ÖNB 2732. - es ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob nicht auch einzelne colfyrium-Glossen in diesem Sinne zu verstehen sind.] StWG. 455, SAW. 1,693 u. 1,788. Herkunft: Kompositum; zu —> ouga, salba, vgl. ae. eάgseaξe. DWB. 1,810. - vgl. mhd. ougensalbe.

Ρ pflastar stN. "Wundpflaster, auf Binden oder Leder gestrichene Heilsalbe' (Gl.) cataplasma 'Umschlag, Breiumschlag', emplastrum 'Wundpflaster; Bindemittel für Steinbau', malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,558,18 Malagma : phlast, Sap 16,12, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. - phlaster, Clm 4606. Stuttgart, WLB. HB IV 26. -phlast', Clm 6217. Clm 14745. - plaster, Engelberg, StiftsB. Codex 66. - plastir, Zürich, ZB. Ms. Rh. 66 (Parallelhs.: faski). IV, 277,21 Malagma : plaster, ebd, Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266,14. u. 15. Jh., fränk.-obd. V, 8,19 Malagma : phlas?, ebd., Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323, 14. Jh. I, 617,37 Cataplasma .i. plastar, Is 38,21, Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324,11. Jh., teils fränk., teils alem. 1,618,35 Cataplasmarent ... Cataplasma : plastar. xbsck (Steinmeyer, z.St.: dh. uasci), ebd, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,4 Malagma : flaster, Gariopontus, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806, 9./10. J h , fränk. Glossare:

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

III, 349,4 Malagma ./'. phlaster. Summ. Heinr.; Excerpt, München, UB, 4° Cod. ms. 914 vermisst; Nr. 483, BV. 711,12. Jh. St. Stricker, Basel, ÖBU. Β X 18, Nr. 139 Malagina medtnalis ./. plasf·, 14. Jh., obd. III, 486,38 Cataplasma : plaster, Pflanzengl. MXI, Wien, ÖNB Cod. 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. III, 496,30 Cataplasma : plaster, Pflanzengl. MXII, Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67,11./12. Jh., alem. III, 498,26 Emplastrum: plaster, ebd. III, 506,48 Palester : blaster, ebd. III, 604,17 Cataplama : plastra, Pflanzengl. MLVI, Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. IV, 56,47 Emplastrum : plasP, Glossae Salomonia (g), (Parallelhs.^jvfea). HHH 19,7 Malagma : Phlast', Sachglossar; Ljubljana, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh., südbair. P e r Beleg StSG. V, 24,11 Malagma : Piastar, Caesarii Homiliae 39,2219, Berlin, StPKB. Ms. theol. lat. 2° 355, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 200. Die große Mehrzahl der althochdeutschen Belege stellt sich zu lat. caementum 'Zement', so auch HSH. I, 365,323. II, 10,214. 219,181; pavtmentum u. astricus 'Estrich' sowie lutum 'feuchte Erde' und litüra 'das Streichen, Ausstreichen'.] StWG. 462, SAW. 1,704. Herkunft: wie ae. plaster, an. plästr in den Bedeutungen 'Fußboden' und 'Heilpflaster' früh endehnt aus lat. emplastrum "Wundpflaster; Bindemittel für Steinbau'. KS. 626, DWB. 7,1723f., M. Heyne, Körperpflege, S. 188. - vgl. mhd. phlaster. gi-pflastarön "Wundpflaster auflegen' (Gl.) — cataplasma 'einen Breiumschlag auflegen'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 610,47 Cataplasmarent: giphlastenten, Is 38,21, Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. Jh., bair. u. mfrk. (ParaUelhs.: jwwjrflö» u.a.) StWG. 462, SAW. 1,704. Herkunft: eine Verbalbildung zu - » pflastar. DWB. 7,1726f. - vgl. mhd. phlastern. plmentäre stM. 'Kräuterkenner' (WH.). Literarische Denkmäler: Williram 40v,33f. Die pimentare . dtede uvür^bette sd^toti. dä^ sintprophete et apostoli! SchW. 232, nicht SAW. Herkunft: Nomen agentis zu ahd. piment 'Schminke, Spezerei, Parfüm', auch 'Pfeffer' (?), einer Endehnung aus mlat. pimentum, pigmentum. DWB. 7,1858. - vgl. mhd. pigmentiere, pimentäre.

reinön

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plminzsalba swF. 'Kräutersalbe' (OT.T.). Literarische Denkmäler: Tatian 653,29 Intfiengun sie tho thes heilantes lichamon Inti bmtun tnan mit sabonon mit bimin^salbun ... (u.ö.). SchW. 232, SAW. 1,709 u. 1,788. Herkunft: Kompositum; zu ahd. piment, piminζ 'Schminke, Spezerei, Parfüm' u. —>· salba. puza stF. 'Würztrank, Kräuterabsud' (Gl.) - apo^ema 'Absud'. Glossare: III, 477,8 Apoxima : pi^a, Pflanzengl. MX, Wien, ÖNB Cod. 2400; Nr. 617, BV. 945,12./13. Jh., bair., ebenso Clm 2612. IV, 359,25 Apocima, ./. puq>, Kräutergl. MX, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546, 13. Jh., obd. [Nicht hierher StSG. I, 208,11 Murina : pu^e 'Salzlake, Pökel'.] StWG. 466, SAW. 1,709. Herkunft: wohl eine Entlehnung aus lat. apo^ema 'Absud' und nicht zu ahd. P(f)usXa> mhd. p(h)üt%e "Brunnen, Pfütze'.

R gi-reinen '(von Krankheit) reinwaschen, läutern' (N.). Literarische Denkmäler: Notker Glossator 8,177,5 so besprengest du mih mitysopo . also leproses (misekn) . unde danne uuirdo ih kereinet. (zu Ps 50,9). [Bei Otfrid in der allgemeinen Bedeutung 'reinigen, säubern']. SchW. 237, StWG. 479, SAW. 1,740. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu ahd. reini 'sauber, rein'. KS. 677; sieh auch J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 478f. reinön '(Wunden) reinigen' (Gl.) - medico 'heilen, mit Arzneimitteln versetzen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 700,37 Medicare : reinon, Verg. Georg. 1,193, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. [Bei Otfrid in der allgemeinen Bedeutung 'reinigen, säubern'.] SchW. 237, StWG. 479, SAW. 1,740. Herkunft: wie —» reinen eine schwache Verbalbildung zu ahd. reini 'sauber, rein'. KS. 677.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

s salb stN. 'Salbe, Salböl; Salbung' (I.N.NG.) - unguen 'Salbe, Fett'. Literarische Denkmäler: Isidor 5,11 Jone dhes chrismen salbe ist chiuuisso Christ chinemnit. Notker 8,155,16 Vua% ist salb? ist spirituals unde inuisibile (u.ö.). Notker Glossator 10,390,12 der regali unguento unctvs ne-si (mit chunio salbe gesalbot). SchW. 243, SAW. 1,788. Herkunft: als stN. neben —• salba. salba stswF. 'Salbe, Umschlag, Heilmittel' (B.GB.O.OT.T.WH.; Gl.) - cataplasma 'Umschlag, Breiumschlag', fömentum 'wärmender Umschlag, Verband, Linderungsmittel', malagma 'erweichendes Mittel, erweichender Umschlag', mälobathron 'ein indisches Gewächs, aus dem eins der kostbaren Salbenöle bereitet wurde, nach einigen der Mutterzimt, nach anderem der Bethel; Zimtöl', medeh 'Heilmittel', medicämen 'Arznei, Gift, Färbemittel', nardum 'Narde (Pflanze), Nardenbalsam, Nardenöl', temperämentum 'Mischung', unguen 'Salbe, Fett', unguentum 'wohlrichende Salbe, Salböl'. Literarische Denkmäler: Benediktinerregel 78,16 ibu sal bun ki spansteo ibu Iah chida. Otfrid 4,2,19 Thiu diuri thera salba stank in älahalba. Tatian 483,28 maria habenti salbfa% salbun Jon narthu gitana diura Inti gtbrohanemo go^ubar sin houbit. (u.ö.) Williram 33r,31 sämo mit den güoten sälbon geheilet uuerdent die gekntsiton. unte die siechon Itchamon. (u.ö.). Glossen zu biblischen Schriften: I, 802,28 Malagma : salpa, Anhang zum AT; Sap 16,12, Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. Jh., bair. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 82,25 Malagma : salpa, Caesarii Horn. XXXII, St. Gallen, StiftsB. 193; Nr. 172, BV. 199, Hs. 8./9.Jh. 11, 94,52 Fomentorum : lachintoumo I salbono, Can. deer. Sir. VII, St. Gallen, StiftsB. 299; Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. Jh., alem. - lachintuomo I salbono, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem. II, 165,6 Temperämentum : salba, Greg, cura 2,6, p. 23, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 399,45 (Nardum) : salbun, Prud. psych 359, Wien, ÖNB Cod. 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. J h , bair. II, 489,1 Medicamine : selbo, Prud. cath. 52, St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem.

salba

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II, 542,68 Unguine : salba, Prud. apoth. 344, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. Jh., alem. II, 565,11 Unguine, errore I salba I suco, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk., Köln, DB. LXXXI. II, 574,1 17nguine, erron uel salba I sum, ebd., Brüssel, BR. 9987; Nr. 46, BV. 82, 11. Jh., niederfrk. II, 600,19 Medelts : salpun, Ruf. hist. eccl. I, 8 p. 38, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637,3. Viertel 11. Jh., bair. II, 703,32 Unguine : sblxxn (Steinmeyer: dh. saluun), Verg. Georg. III, 450, Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. II, 735,32 Cataplasmä : jasgi. salua, V. patr. V, p. 598a,21, Zürich, ZB. Ms. Rh. 99a; Nr. 656, BV. 1017, 9. Jh., alem. Glossare: I, 48,27 Alapastrum : salpja^ Abrogans, Pa. K. R - salpa, Abrogans, Ra. 1,80,14 untio : salpa uuih anti fraehtic, Abrogans, Pa. - salba uuih endi frehdic, Abrogans, K. 1,150,37 Fomenta : salpa, Abrogans, Pa. K. Ra. I, 210,24 ungentum : salpa, Abrogans, K. Ra. I, 269,22 Unctus: salpa edho uuihi, Abrogans, K. III, 503,17 Malagma : salba, Pflanzengl., Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, II,/12. Jh., alem. III, 510,51 IJnguentum : salba, ebd. IV, 165,60 Unguentum : salb: ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. Siewert, Horazglossierung, 283,22 Malabathro : selbtin, Hör. carm. II, 7,8, Rom, BV. Reg. lat. 1703; BV. 817,10./11. J h , alem.; vgl. Mayer 116,12. [Der Beleg StSG. IV, 370 A.l Grunesalva, Deutsches Rezept, Herrnstein, Bibliothek des Grafen Nesselrode 192 (früher Herten), Kriegsverlust, ist altsächsisch, s. J. Riecke, Anatomisches, S. 220. - In nicht-medizinischer Bedeutung zu lat. stibium 'Mittel zur Schwarzfärbung der Augenbrauen', StSG. IV, 161,15 Stipium \ salba ./, Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391, 13. J h , bair. und zu lat. ^megma 'Reinigungsmittel' StSG. I, 664,15 Zmigmata : salpun, Dn 13,17, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689; I, 813,68 Smigmata : salpun, Lib. Com. Dn 13,17, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689 und IV, 209,10 Smigma : salua. Alphabetisches Gl, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. J h , mfrk.] SchW. 244, StWG. 504, SAW. 1,788. Herkunft: mit as. salba aus westgerm. *salbö 'Salbe'. Da das zugehörige schwache Verb häufiger ist, liegt vielleicht eine Rückbildung vor. Die nominale Basis wäre dann nur außergermanisch erhalten, etwa in ai. sarpts 'zerlassene Butter',

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

toch. A. säiyp, B. safype, griech. έλπος. KS. 701, Pfeifer 1160, DWB. 8,1684f., IEW. 1,901. - vgl. mhd. salbe. salbära swF. 'Salbenhändlerin, Salberin' (?) (Gl.) - unguentäria 'Salbenhändlerin'. Glossen zu biblischen Schriften: 1,398,49 Unguentarias : salparun, I Rg 8,13, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. (Parallhs.: salbariti). I, 409,58 Unguentarias : salbarun, ebd., Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. StWG. 504, SAW. 1,788. Herkunft: als moviertes Femininum zu —> salbäri. salbäri stM. 'Salbenmischer, -händler' (Gl.) — pigmentärius 'Salbenhändler'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 258,20 Pigmentärius : salpari, Greg. dial. 4,36 p. 432, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair., ebenso Clm 19440. - salpari. i anpt, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689. StWG. 504, SAW. 1,788. Herkunft: ein Nomen agentis zu ahd. —» salba. DWB. 8,1693. salbärin stF. 'Salbenhändlerin' (Gl.) - unguentäria 'Salbenhändlerin'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 398,51 Unguentarias : - salbarin, I Rg 8,13, Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair. - salbari', Clm 17403. - salberin, Clm 22201. - salparinni, Göttweig, StiftsB. 46/103. - salbari, Clm 14689. (Parallhs.: salbära). StWG. 504, SAW. 1,788. Herkunft: ein moviertes Femininum neben —> salbäri. salbfaz stN. 'Salbgefäß, Salbfläschchen' (T.; Gl.) — alabastrum 'Salbenfläschchen'. Literarische Denkmäler: Tatian 483,28 maria babenti salbfa^salbun Jon narthugitana diura intigibrohanemo go% ubar sin houbit. Glossen zu biblischen Schriften: I, 727,3 Alabastrum : ampullunfa^ l salbfas^ Lc 7,37, Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849,12. Jh., alem. I, 808,19 Alabastrum : salpua£ ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel II. Jh., bair., ebenso Clm 19440. I, 815,6 Alabastrum : salpua^ Lib. Com. Mt 26,7, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair., ebenso Clm 14689. - sa'pua^ Wien, ÖNB 2723. - salpfa% Wien, ÖNB 2732. Glossen zu nicht biblischen Schriften:

salbön

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II, 314,21 Alabastrum : salp fa% Anhang zu Greg. hom. 2,33 p. 1592, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725, 1. Viertel 9. Jh., alem. - salpfa^ Karlsruhe, BLB. Aug. IC. II, 762,4 Alabastrum •. salpua^ Sermo in Nicolaum, Clm 19162; Nr. 442, BV. 659,10. Jh., bair. Glossare: I, 48,27 Alapastrum : salpfaAbrogans Ra. K. R. III, 360,45 Alabastrum : salbva^ , Gruppengl, Wien, ÖNB Cod. 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. IV, 3,10 Alabastrum: oltfa% salpfaζ (Mt 26,7), Glossae Affatim, Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. IV, 30,60 Alabastrum : salbiua\ (a), salyaias (c), Glossae Salomonis. IV, 129,41 Alabastrum : salpua§ Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair. V, 16,51 (Alabastrum) Genus est marmoris. Sal^buhsa p [das p kann Korrektur zu salpbuhsa sein, so StWG. 518, mit diesem als einzigem Beleg für ein Lemma salbbuhsa.] Salpfa^ Mt 26,7, Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. [Es ist nicht zu entscheiden, zu welchen verschiedenen, ggf. auch nicht-medizinischen Zwecken Salbgefäße verwendet wurden.] SchW. 244, StWG. 504, SAW. 1,215 u. 1,788. Herkunft: Kompositum; zu -> salb, salba u. ahd.fa^. - vgl. auch mhd. salbenva£ salbmahhe swF. 'Salbenmischerin, Salbenhändlerin' (Gl.) - unguentäria 'Salbenhändlerin'. Glossare: III, 659,6 Vnguentaria : salbmache, Einzelgl. Der Mensch. Des Lebens Notdurft, Wien, ÖNB Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. StWG. 504, SAW. 1,788. Herkunft: Kompositum, zu —> salba u. ahd. mahha. - vgl. fnhd. salbmacher, DWB. 8,1693. salbön 'salben, (mit (Heil-)Salbe oder Parfüm) (be-)streichen' (I.N.NG.O.OT. WH.; Gl.) - condo 'einlegen, einmachen', contingo 'berühren, bestreichen, benetzen', delibuo 'benetzen, bestreichen', foveo 'wärmen, heilen', inlitus 'das Aufstreichen, Bestreichen', inpinguo 'fett machen, fett werden', ungo 'salben, bestreichen'. Literarische Denkmäler: Isidor 4,19 bidhiu auur chisalboda dih got dhiin got mit freuuuidha olee fora dhinem chihlo^ssom. Notker 8,155,14 Font diu sälbota dih Got. (u.ö.). Notker Glossator 10,390,12 mit chunio salbegesalbot. Otfrid 4,2,17 So siu [Maria] tha% sälbon tho biuuarb, mit irufähse siegisuarb.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

Williram 13v,24 Närdus ist... diu salba. da mit maria magdalena sälbotapedes ihesu. recumbentis in domo symonis leprosi. Glossen zu biblischen Schriften: I, 533,68-534,1 f. Inpinguat: gisaipot, Prv 15,30, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair, ebenso Clm 19440. Wien, ÖNB 2732. - salpot, Wien, ÖNB 2723. Göttweig, StiftsB. 46/103. - salbit, Clm 13002. Clm 14689. Clm 17403. I, 593,32 Vota : gisalpotiv, Is 1,6, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair., ebenso Clm 14689. - gisalpotiu, Clm 19440. Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Göttweig, StiftsB. 46/103. - gisalbotö, Clm 22201. - gisalbitiu, Clm 13002. -gisalbitiv, Clm 17403. I, 673,17 Delibuti : gisaipota, Am 6,6, Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./ II. Jh., bair., ebenso Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. Clm 14689. - gisalbota, Göttweig, StiftsB. 46/103. - gisalboth, Clm 22201. - gisalbit, Clm 13002. Clm 17403. I, 765,21 Unxit: ta (Steinmeyer: dh. sa/bota), II Cor 1,21, St. Gallen, StiftsB. 70; Nr. 154, BV. 179, 2. Hälfte 8. Jh., alem. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 60,25 lllita : gksblbptfn (Steinmeyer: dh. gisalboten), Boeth. cons. 3,2 p. 55,19, St. Gallen, StiftsB. 845; Nr. 211, BV. 243, 10. Jh., alem.; ebenso Einsiedeln, StiftsB. cod. 179. II, 65,50 {Iniita) -.gisalbotiu, ebd., St. Gallen, StiftsB. 844; Nr. 210, BV. 242, Hs. 10. Jh., alem. 11,71,21 {Inltta) : gisalbotiu, ebd., Wien, ÖNB Cod. 271; Nr. 587, BV. 904, 10. Jh., bair. HH 306,10 (Iniita) -.gisalbotiu, ebd. Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III ms. IV. G. 68; BV. 713, frühes 10. Jh. 11, 165,3 Foueantur: gisaipotuurtin, Greg, cura 2,6 p. 23, Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. II, 183,3 Foueantur: gisalpotvuerden, ebd., Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. - gisaipot, Wien, ÖNB 2723. Wien, ÖNB 2732. — gisaipoti, Clm 21525. II, 282,54 Condiuntur : gisaipot, Greg. hom. 1,10 p. 1470, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair, ebenso Clm 19440. 11,546,47 (Detibuta) : kisalbotiu, Prud. psych. 312, London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402,11. J h , alem. II, 600,20 Fouendum : v.salponw [Steinmeyer: Rasur von «], Ruf. hist. eccl. I, 8 p. 38, Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. J h , bair. II, 696,44 Fluentem [crinem], unguentatum. kesalboti$ Verg. Aen. IV, 147, Melk, StiftsB. Nr. 1545 Vergil; Nr. 292, BV. 434, 12. J h , rheinfrk. Abschrift einer alem. Vorlage.

salgimma

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II, 748,54 Contingere : salpon, V. Mart. 19 p. 128,18, Clm 18547b; Nr. 437, BV. 650, um 1000, bair. [s. U. Thies, Die volkssprachige Glossierung, Nr. 103]. II, 770,31 Conditus : gisa! pot, Alcimus Avitus 3,253, München, Fragment (DIVb). Glossare: I, 98,4 unctus: casalpot, Abrogans, Pa. I, 269,22 Christus unctus : christ salpa edho uuihi, Abrogans, K. - krist kisalpot, Abrogans, Ra. IV, 53,55 Delibutus: Gf/salbeter, Glossae Salomonis (g). [Unter den literarischen Belegen konnten keine sicheren medizinischen Bedeutungen ermittelt werden, auch im Falle der Glossen ist eine eindeutige Entscheidung meist nicht zu fallen, die Belege sind daher von wenigen sicheren Ausnahmen abgesehen hier aufgeführt. Ausgesondert wurde nur etwa die Glosse zu lat. litus 'das Beschmieren, Bestreichen' StSG. I, 283,21. 22, V, 89,5 Uta : kasalbot. kisalbot, Oxford, BL. Jun. 25; zu Ex 29,2 als „mit Öl gesalbtes Brot".] SchW. 244, StWG. 504, SAW. 1,788. Herkunft: mit as. salbon, afries. salva, ae. sealftan, got. salbon aus germ. *salbö 'Salbe', oder wenn dies eine jüngere Rückbildung aus dem β«-Verb ist, zu der unter —» jalba beschriebenen nominalen Grundlage. DWB. 8,1689f., IEW. 1,901. - vgl. mhd. salben. salgimma (?) stswF. 'Salzkristal' (Gl.) - salAmmoniacum (aus lat. sal.\ bei Celsus ein im Sande der Ammonsoase gefundenes Salz, bei Plinius u.a. dann als sal Ammoniacum). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,5 Ammoniaco : SatGimma, Gariopontus, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806, 9./10. Jh., fränk. Nicht KFW. 4,260f., StWG. 504, SAW. 1,305 s.u. gimma sowie StWG. 214 s.u. gimma 'Edelstein, Juwel'. Herkunft: möglich ist die Deutung als Kompositum aus lat. sal als Bestimmungswort und ahd. gimma 'Edelstein, Juwel' (s. KS. 256) als Grundwort als Bezeichnung für einen Salzkristall. Auch eine Verschreibung aus sonst nicht bezeugtem salvgimma wäre möglich. Dass es sich um ein rein lateinisches Wort handelt, ist nicht auszuschließen, doch ist ein Kompositum lat. sal-gemma ebenfalls nicht bezeugt und die Graphien geben keine Stütze für eine solche Deutung. Der Ansatz als volkssprachiges oder zumindest hybrides Kompositum kann dagegen durch eine DWB. 8,1696 unverstandene Bildung Salgemer (?) erhärtet werden. Belegt wird „ein anders salz ist salpeter, ein anders vitrill, und ein anders salgemer" aus Leonh. Thurneisser, Zehn Bücher von kalten, warmen, minerischen vnd mettalischen wassern, 1612. - Zur medizinischen Anwendung von Salz vergleiche man die Basler Rezepte; Salzkristall ist in der Naturmedizin vielseitig verwendbar.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

sab: stN. 'Salz' (BR.O.; Gl.) - säl'Salz*. Literarische Denkmäler: Basler Rezepte II, 39,20 uuidhar concur, braenntii sah^ endi saiffun endi rho\ aostorscala. Glossen zu nicht biblischen Schriften: 11, 8,28 De sale .i. sal^ Aldh. enigm. 250,11, St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. J h , alem. Glossare: I, 244,31 Salus : kan^ Abrogans, K. - s a f y Abrogans, Ra. - Saturn man, Abrogans, R. III, 372,15 Sal : s a f y Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. III, 407,67 Sal : sah^ Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg; Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. 111,508,8 Sal : sal^ Pflanzengl., Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11./ 12. Jh., alem. [Die medizinische Verwendung ist für die meisten Glossenbelege nicht zu sichern. Auszuscheiden sind zweifellos in der Bedeutung 'Salztal' StSG. I, 426,34 In ualle saünarum : in tale sal^o, II Sm 8,13; ebenfalls nicht hierher III, 212,39 Sal: sal^ Summ. Heinr. (De marmoribus et aliis lapidibus), sowie der Tatian-Beleg. Als „Salz der Erde" Otfrid 2,17,1.] SchW. 244, StWG. 505, SAW. 1,790. Herkunft: wie as. salt, ae. sealt, an. got. salt eine Substantivbildung zum starken Verbum germ. *salta-, ahd. saltan. Außergermanisch vergleicht sich lat. sollen 'salzen'. KS. 702, DWB. 8,1706 s.u. SalZ lb) „Salz als Arznei", IEW. 1,879, HWdA. 7,897f. Sieh auch E. Seebold, Die Benennungsmotive, S. 126f., H. Lüschen, Die Namen der Steine, S. 307f. - vgl. mhd. sal% saiffa swF. 'Seife' (BR.; Gl.). Literarische Denkmäler: Basler Rezepte II, 39,20 uuidhar concur, braennni sak(_ endi saiffun endi rhos^ aostorscala. [Bei den zahlreichen Glossenbelegen für s e i f f a und seifa können keine eindeutig medizinischen Verwendungsweisen ermittelt werden.] SchW. 247, StWG. 512f. u. XLVI, SAW. 1,802. Herkunft: mit ae. säpe 'Seife', ae. säp, ahd. seifa 'Harz' zu einem Verbum, das vorliegt in ae. sipian, mhd. sifen 'tröpfeln*. KS. 754f., DWB. 10,1,189 s.u. Seife 2) für medizinische Verwendung, IEW. 1,894, HWdA. 7,1625f. - vgl. mhd. seife. seifsalbe* stswF. 'Salbenmischung' (?) (Gl.) - migma 'Mischung'. Glossare: HSH. II, 361,44 Migma. commixtum. I mixtura .i. selfsalba. seifsalba, Summ. Heinr.

siohhtrago

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(StSG. III, 279,52). StWG. 513 (hier zu smegma 'Reinigungsmittel'), SAW. 1,802. Herkunft: Kompositum; vermutlich zu —> seiffa und —> salba. Sieh M. Heyne, Körperpflege, S. 87, sowie den Hinweis auf lat. conficere 'mischen' und Konfekt als Bezeichnung für ein Arzneimittel, ebd. S. 200. Es kann sich um Heilsalben, aber auch um Schminke und Salben zur Hautreinigung handeln. silbirschüm* stM. 'Silberglätte (= erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe), Silberschaum' (Gl.) - auripigmentum 'Auripigment, Operment' (= Arsenikerz). Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 368,17 Auripimento : silbinpm, Gariopontus, Passionarius-Galeni, Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806,12 /13. Jh., (Blatt34a-36a), frk. StWG. 523, SAW. 1,814 u. 1,865. Herkunft: zu ahd. silbirschüm 'Silberglätte (= erstarrtes kristallinisches Bleioxyd von heller Farbe), Silberschaum', einer Lehnübersetzung von lat. spuma agenti. Das nur hochdeutsch bezeugte Wort scheint im 16. Jahrhundert unterzugehen. Bedeutungsgleiches Silberglätte ist erst wieder im 16. Jahrhundert als Heilsalbe gegen Pocken und Blatternnarben bezeugt. DWB. 10,l,1039f. u. 10,l,1007f., s. auch M. Heyne, Körperpflege, S. 193f. Man vergleiche auch ahd. örpirment, auripigment, ortirmint 'Arsentrisulfit', eine Schwefelarsenverbindung; StWG. 452. Die Belege für dieses Wort geben jedoch keine Sicherheit, ob es ebenfalls in medizinischen Kontexten verwendet wurde; man vergleiche etwa den Beleg der Berner Rezepte. siohhüs* stN. 'Krankenhaus' (Gl.) - nosocomtum 'Krankenhaus*. Glossare: HSH. I, 264,206 nosochomium: siechhus, Summ. Heinr. (StSG. III, 127,60). StWG. 527, SAW. 1,820, SAW. 1,417. Herkunft: Kompositum; zu —> siob sowie zu ahd. hüs. DWB. 10,l,850f. - vgl. mhd. siechhüs. siohhtrago swM. (?) 'Krankenbett' (Gl.) - grabätus 'niedriges Ruhebett für Kranke'. Adespota: IV, 220,21 In grabbatis : in secchimgom, Fragment St. Emmeram (Steinmeyer: etwa seochtragom? formal näher läge scechungom, von scecho 'stragulum' gebildet). StWG. 527 als siohhunga stF. (?), nicht SAW. 1,820. Herkunft: Das lateinische Interpretament macht mit Steinmeyer eine Deutung als sioh-trago wahrscheinlich. Die daher vorauszusetzende Verschreibung ist auf der Ebene der Graphien leicht nachvollziehbar.

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Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

scabamezzir stN. 'Federmesser, Skalpell' (Gl.) - scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossar: III, 641,27 Scalpellum : scabeme^er, Einzelgl. Der Mensch. Des Lebens Notdurft, Wien, ÖNB Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. JJ 264,7 Scalpellum : schabeme^er, Glossae Salomonis, London, BMMss. Harl. 2610; Nr. 277, BV. 410, Hs. 10./ll.Jh. u. 13./14. Jh. StWG. 529, SAW. 1,826, SAW. 1,621. Herkunft: Kompositum; zu ahd. scabatt 'schaben, kratzen, ausradieren' u. mesger. DWB. 8,1948f. - vgl. mhd. schabemesger. scalpellln stN. 'Schreibmesser, kleines Messer; Skalpell* (?) (Gl.) - scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibmesser'. Glossen zu biblischen Schriften: I, 636,60 Scalpello : scalpellin, Ier 36,23 Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. [hier aber in der Bedeutung 'Schreibmesser'.] StWG. 532, SAW. 1,1232. Herkunft: eine Entlehnung aus lat. scalpellum. DWB. 10,1,1306. gi-scinen 'gebrochene Knochen schienen' (Gl.) - saräo 'flicken, ausbessern' Glossen zu nicht biblischen Schriften: II,564,11 Sardens : ^elgente, gescknenti (Steinmeyer, z.St.: dh. gescinenti), Prud. perist. 10,890, Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. StWG. 543, SAW. 1,848. Herkunft: eine Verbalbildung zu ahd. —> scina 'Schienbein', ae. scinu 'Schiene' aus westgerm. *skinö 'Schiene, Röhre, Streifen'. DWB. 9,18 s.u. Schienen 2) „wundärztlich"; s. auch J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 352f. scrötisarn stN. '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' (Gl.) - scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 389,38 Scalpella : scrötisarn, Prud. perist. 500, London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. Jh., bair. II, 394,38 Scalpella : scrotisarin, ebd., Wien, ÖNB Cod. 247; Nr. 584, BV. 901, Hs. 11. Jh., bair. II, 563,44 Scalpella, scalprum. : scrot isarn, ebd., Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. Jh., mfrk. II, 563,45 Scalpella, scalprum ./. scröhisar, ebd., Köln, DB. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk. II, 573,63 (.Scalpella) scalprum 1 scröhisar, ebd., Brüssel, BR. 9987; Nr. 46, BV. 82,11. Jh., niederfrk. Glossare:

snitimezzir

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Κ 25,76 ... Scrotisan, Sachgl., Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Beiol. Ms. Lat. Quart. 676; Nr. 825 (früher Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676, davor Cheltenham 18908); Nr. 84, BV. 44, 9. Jh., alem. [Nicht medizinisch sind die Belege fur lat. scalprum 'scharfes Schneideinstrument (Werkzeug des Kürschners)', so StSG. IV, 328,21 Eut. ars 455,3; III, 11,35 Glossae Casselanae; HSH. 1,251,290. 11,39,152. 11,488,01.38; StSG. 375,45 Gruppengl., Oxford, BL. Jun. 83; III, 633,12 Einzelgl. (Des Lebens Notdurft, MCI); 111,637,2 Einzelgl. (Des Lebens Notdurft, MCVII); 111,639,11 Einzelgl. (Des Lebens Notdurft, MXC); 111,678,30 Mischgl., Innsbruck, UB. 711; IV, 95,47 Glossae Salomonis (i); IV, 208,53 ebd.; vgl. K. Grubmüller - H. J. Stahl, Volkssprachig indizierte Wissensfelder, S. 168 - sowie zu lat. bipennis 'Doppelaxt', III, 682,29 Bursa (Steinmeyer: 1. bipennis) : Scrothisaran, Mischglossar, Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; IV, 197,46 Bursa : scrotöarn, Alphabetisches GL, Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61 und lat. emünctörium 'Lichtschere', III, 409,60 Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg. Sieh auch St. Stricker, Basel, ÖBU. Β IX 31, S. 697f.] StWG. 550, SAW. 1,428 u. 1,863. Herkunft: Kompositum; wohl zu ahd. scrötan 'schneiden' aus germ. *scrauda- und ahd. isarn. DWB. 9,1781 f. - vgl. mhd. schrötisen. scrötmezzer* stN. '(chirurgisches) Messer, Skalpell, scharfes Schneideinstrument' (Gl.) - scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossare: IV, 95,40 Scalpellum : scrot me^gr (a), scrotmesgir (d), scrotmevger (i), scrbtmesgir (e), scrohtme^er (c), Glossae Salomonis. IV, 159,18 (JJ 221,6) Scalpellum \ grabmen^er .t. sckrotmevger .t. diminutiuum α scalpro .i. scmtmevger ./., Glossae Salomonis, London, BMMss. Add. 18379; Nr. 268, BV. 391,13. Jh., bair. [Zu lat. scalprum 'scharfes Schneideinstrument' als Werkzeug des Kürschners StSG. IV, 159,20 Scalprum : schrotme^r: (Steinmeyer: schrotme^ras ?), Glossae Salomonis.] StWG. 550 s.u. scrötme^pjsahs, scntmes^er, SAW. 1,621 u. 863. Herkunft: Kompositum; wohl zu ahd. scrötan 'schneiden' aus germ. *scrauda- sowie zu ahd. me^pir. DWB. 9,1795. Man vergleiche auch —» scrotisarn. snitimezzir stN. 'Messer, Skalpell, Stichel' (Gl.) - laniena 'Fleischbank, Verstümmelung', hier: laniena carnificinae als 'die Metzelei der Wundärzte', scalpellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 451,36 (Lammina) Al Laniena snitkmfoggs (Steinmeyer, z.St.: dh. sniiime^s), Prud. perist. 498, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem.; ebenso Clm 14395.

590

Bezeichnungen im Umkreis von Heilung und Gesundheit

11,451,39 Scalpella : mfirfs (Steinmeyer, z.St.: dh. metres), Prud. perist. 500, Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. metres ( ) snita meqrehs, G m 14395. [In den Bereich Gartenbau gehört als Glosse zu lat. falx 'sichelförmiges Werkzeug, Winzermesser, Gartenmesser', wohl StSG. II, 699,65 zu Verg. Georg. I, 157.] StWG. 566 s.u. snitame^sahs, -mevgtrsahs·, SAW. 1,621 u. 1,889. Herkunft: Kompositum; zu ahd. snidan 'schneiden', snita 'Schnitt' sowie zu ahd. mesgir. DWB. 9,1357 s.u. Schnittmesser 3) „in der Chirurgie". - vgl. mhd. snitmevger. snitisarn stN. 'Skalpell, scharfes Schneidemesser' (Gl.) - scaipellum 'chirurgisches Messer, Skalpell, Lanzette, Schreibermesser'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 492,68 Scalpella : snitisarn, Prud. perist. 500, Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12.Jh.,alem. StWG. 566, SAW. 1, 428 u. 1,889. Herkunft: Kompositum; zu ahd. snidan 'schneiden', snita 'Schnitt' und ahd. isarn. stingan* 'zur Ader lassen' (Gl.) - phtebotomo 'zur Ader lassen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 369,41 Fleotomare : stingen, Kaishaimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13.Jh.,obd. StWG. 593, SAW. 1,939. Herkunft: mit ae. stingan, an. stinga, got. stiggan aus germ. *stenga- 'stechen'. KS. 787, M. Heyne, Körperpflege, S. 108, E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 142f. stiuwen* 'zur Ader lassen' (Gl.) - phlebotomo 'zur Ader lassen'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: IV, 369,29 Fleotomare : stiuan, Kaishaimer Rezepte, Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13.Jh.,obd. StWG. 595, SAW. 1,1234. Herkunft: unklar; vgl. mhd. stuwen 'schröpfen' neben stuchen 'schröpfen', mnd. stugen. M. Heyne, Körperpflege, S. 108, E. Fazzini Giovannucci, Malattie, S. 143f. Sieh auch M. Lexer, Handwörterbuch 2,1283. fir-streden '(Wunden) verglühen, Blutungen stillen' (Lex Alam.; Gl.) - restringo 'hemmen, zurückhalten'. Glossen zu nicht biblischen Schriften: II, 768,39 Restringen : streden duuingan, Walahfr. cult. IX, 239, Leipzig, UB. Rep. I 53; Nr. 260, BV. 383,10. Jh., obd.

sunta

591

Lex Alam. 65,5 Si manum transpunxerit, ita ut focus non intret ad coquendum venas vel sanguinem stagnandum (id est sgvirstreddene) solium unum et semis conponat. Hs.B9, ll.Jh. StWG. 595, SAW. 1,900. Herkunft: eine schwache Verbalbildung zu einem nur im Althochdeutschen bezeugten starken Verb stredan '(er-)glühen', das germ. *strepa- 'wallen' voraussetzt; s. J. Riecke, Die schwachen jan-Verben, S. 643 sowie A. Niederhellmann, Arzt, S. 81. Im Lex. Alam. findet sich die Bedeutung '(Wunden) verglühen' als Hinweis auf die Technik der Kauterisation zur Stillung starker Blutungen. Die WalahfridGlosse bedeutet in einem allgemeinerer Sinne 'Blutungen stillen': Infirmis diuisa licet Macedonia ramis spargitur et crebris ignobik semen aristis suffiät, illa tarnen toto reparabiüs aeuo pauperiem largo solatur munere plebis indiguae, nec non restringere sanguinis undas corpore facili jölet obuia gustu. „Der Kerbel, der aus Macedonien kommt, verbreitet sich aufgeteilt in dünne Zweige und bringt wertlose Samen hervor auf zahlreichen Ähren. Dennoch erleichtert er durch sein großzügiges Vorkommen die Not des armen Volkes das ganze Jahr hindurch. Und er wird gewöhnlich angewandt, um innere Blutungen zu stillen und ist angenehm durch seinen leichten Geschmack." sübiren '(Wunden) reinigen, abwischen' (T.) - mundo 'reinigen'. Literarische Denkmäler: Tatian 167,15f. ünmahtige heil %elga 'Flurabteilung unter Dreifelderwirtschaft, bestelltes Feld', auch 'Verband'. DWB. 15,602.

4. Die althochdeutschen Pflanzenbezeichnungen. Eine Zusammenstellung im Kontext der heilkundlichen Überlieferung* A Β L A C W R Μ S aberrütan 'Eberreis' abrüta 'Eberraute' adeldorn 'Kreuzdorn' affaltarboum 'Apfelbaum' affoltra 'Apfelbaum' agaldorn 'Stechdorn' agaleia 'Akelei' agen 'Feldrittersporn, Weber-Karde' agresse 'Stachelbeere' agrimanna 'Odermennig' ahascäla 'weiße Seerose' ahorn 'Ahorn' aiterbirne (?) 'Erdbeere' alada 'Nieswurz' alahsan "Wermut' alant 'Alant' alar 'Erle, Holunder' albar 'Pappel' alen (?) zu sigillaria 'Frauenfarn' (?) alesina "Wermut' aloe 'Aloe' alrün, alrüna 'Alraune' altee 'Eibisch' alün, alüne 'Alant' älwurz Waid, Weberkarde' alze 'Erle' ambrösie Έείίιιβ' ameizeri 'Schafgarbe'

X

Gl

598

Ρ

flanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S ampfara, -ο 'Sauerampfer' ampher 'Sauerampfer' anatret 'Vogelknöterich, Silberdistel' andar 'Andorn' andorn 'Andorn' anls 'Anis, Dill' aphul 'Apfel' arawiza 'Kichererbse' arliz-, erlizboum 'Kornelkirsche, Herlitze' arskizzill 'Hagebutte' asca 'Esche, Eberesche' aschboum 'Esche, Eberesche' asclouh 'Eschlauch, Zwiebel' aspa, aspünrinta 'Espe, Esche' astrenza 'Strenze, Meisterwurz, Osterluzei' astriza 'Meisterwurz, Frauenmantel, Löwenfuß' atihho 'Attich, Koriander' atuh 'Zwergholunder' aurina 'Tausendgüldenkraut' avaruza, abrizza, ebarrioza 'Eberreis' avermonia 'Odermennig'

X

X X

X X X

X

X X

X

Β bachminze TBachminze' baldriän 'Baldrian' balsamle Oalsamkraut, Krauseminze' balsamo 'Pfefferminze, Krauseminze' balster 'Pestwurz' basllie 'Basilienkraut' bedewar "Weinrose' begelari 'Lorbeere, Olive' beinwalla 'große Wallwurz, Beinwell' beinwurz 'Beinwell, Gemeines Kreuzkraut' beizgras 'Mangold' beizköl 'Mangold' beizzalboum 'Haselnußstrauch' belina 'Bilsenkraut'

Gl

X

599

bioso

Β L A C W R Μ S belit 'Silberpappel, Schwarzpappel' benedicta "Benedikte, Tausendgüldenkraut, Muskatellerkraut' beonla 'Pfingstrose' berantboum 'Fruchtbaum' berawinka 'Immergrün, Hauswurz' berenbunge "Bachbunge' berawurz "Bärwurz' berenkläwe "Bärenklau' beresboto (?) 'Lolch, Unkraut' berhtram "Bertram' beri 'Beere, Weintraube, Erdbeere' beriboum 'Baum im Rebgarten' berikorn "Weinbeere' berinwurz 'Haarstrang, Ölsenich, Bärwurz' berwurz 'Eberwurz' berwurze "Bärwurz' besemmalte 'Beifuß' betonia 'Betonie, Mangold' bettibere 'Erdbeere' bibargeili "Bibergeil' blbluomo 'Thymian' blböz 'Beifuß, Melone, Runkelrübe' bieverbluome 'Osterluzei' bieverkrüt 'Tausendgüldenkraut' bieverwurz 'Osterluzei' bieza 'Mangold, Runkelrübe' biezkrüt 'Mangold' bilisa "Bilsenkraut' blminze 'Krause-Minze' binibluomo 'Thymian, Thymianblüte' binikrüt 'Thymian' binisoga 'Thymian, Ackerhonigklee' binisüga 'Klee, Thymian, Bienenblume' biniwurz 'Biensaug, Thymian, Melisse' binsuc "Boretsch' binuz 'Binse' binuzza "Binse' binuzzahi "Papyrusrohr, Binse' bioso "Binse, Papyrusstaude*

X

X

X

X X

X X

X X

X

Gl

600

Pflanzenbezeichnungen

Β

L

A C W R Μ S

bira 'Birne, Schmerbirne, birnenförmige Olivenart' bitaboum "Birnbaum' bisantia, bisanzia 'Pfennigkraut' bittergalle 'Tausendgüldenkraut' bitterwurze 'Zaunrübe' biünwurz 'Taubnessel' blwutz 'Taubnessel' blwurze "Bachminze' bläswertele 'Deutsche Schwertlilie' blatelöse 'Mauerpfeffer' blatessin (?) 'Pletschen, Ampfer' (?) bletahha 'Ampfer, Sauerampfer, Klee'

X

bluotwurz 'Hirtentäschel' blutkraut 'Hirtentäschel' (?) bockesbart 'Wiesenbocksbart, Erdrauch' bocsürampfe "Waldsauerampfer' bocwurz 'Bibernelle, Quecke, Tollkirsche' bona 'Bohne, Kichererbse' bönwinta 'Ackerwinde' bönwurz "Braunwurz, Fetthenne' borit 'Seifenkraut' bortage "Borretsch' borretsche "Borretsch' borse 'Sumpfporst, Gagelstrauch' boumnuz "Walnuß' brächheil 'Johanniskraut' brähkrüt 'Odermennig, Kohl-Lauch' brählouh 'Kohl-Lauch' brähwutz "Wolfsmilch, Odermennig, Wiesenknöterich' brächwurze "Wolfsmilch' bräma, -o "Brombeerstrauch; Dornbusch' brämahi 'Brombeerstaude; Dickicht' brämalbusc 'Brombeerstrauch' brämelkrüt 'Hahnenfuß' brämelstoc 'Brombeerstrauch' brämberestrüch 'Brombeerstrauch' brämberewurz "Brombeerpflanze' brämberi 'Brombeere, Erdbeere'

X

X

Gl

601

cuokar

Β

L A C W R Μ S

Gl

brämberibusc "Brombeerbusch' brämekrüt (?) ΈΓοηΛεεφίίΒηζε' bramenstruch 'Brombeerstrauch' btamilln 'Dornstrauch' breitdistele 'Mariendistel, Schuttkarde' breitlouch 'Porree' brema "Brombeer-, Dornstrauch' btemekrüt 'Hennenfuß' brenbräma 'Brombeere' brennikrüt 'Gift-Hahnenfuß' brenniwurz 'Gift-Hahnenfuß, Scharbockskraut, Schwarzkümmel' brimma 'Ginster, Heidekraut' brötwurze 'Schwarzkümmel' broz 'Spätfeige (grossus); Knospe' brünwurz 'Braunelle' buhholter 'Schierling' bugga üeifuß' buggila "Wasserschierling, Beifuß'

X

buhs, buhsboum 'Buchsbaum, Eibe' bungel 'Bachbunge, Gänsedistel' buga 'Bachbunge' bungo 'Bachbunge' buohha 'Buche' burgele 'Portulak, Großer Sauerampfer' buozwurz 'Purgierwinde' burnekresso 'Brunnenkresse' burnekrüt 'Hahnenfuß' busc 'Brombeerbusch; Strauch'

X

C cletto 'Große Klette' cliton "Wiesenklee, Echter Steinklee' cuokar 'Zwiebel' (?) (calciculum)

602

Pflanzenbezeichnungen

D Β dahsboum 'Eibe' denemarca "Baldrian, Akelei, Lavendel' denngras 'Vogelknöterich' denswurz 'Fetthenne, Kreuzdorn' depandorn, debandorn 'Dornstrauch' dictam 'Diptam' distil 'Distel' distilkarta 'Kardendistel' donerswurze 'Minze' donerwurz 'Große Fetthenne' dost 'Dost' dosto 'Dost' draga 'Estragon, Johanniskraut' dragel 'Estragon, Johanniskraut' druosebluome "Braunwurz, Fetthenne' druoswurz 'Braunwurz, Fetthenne' druoswurze 'Knoten-Braunwurz' dub-, tübberi 'Heidelbeere' düdistel 'Saudistel, Kohldistel, Karde' duriseslizzi, dir-, dutlizzi, durlizzi 'Kornelkirsche'

L A

c

W R Μ

S

Gl

X

X

X

X

X

X

X

Ε ebah 'Efeu' ebahboum 'Efeu' ebahhi 'Efeu, Gundermann' ebechloup 'Efeu' ebareiza 'Eberreis, Eberraute' ebboum 'Efeu' ebewi, ebahewi 'Efeu' eburesboto "Windhafer' eburwurz 'Eberwurz, Eberraute' edetboum 'Efeu' egal-, egilgras 'Pfennigkraut' eih 'Eiche' eihfarn 'Engelsüß, Frauenhaarfarn'

X

X

X

X X

eskilboum

603

Β L A C W R Μ S eihha 'Eiche' einberi 'Wacholder' einkorn 'Einkorn, Sommerdinkel' einkurni 'Einkorn, Sommerdinkel' eitarnezzila "Brennessel' eitarwurz 'Wollwurz' eitareurze "Wasserschierling' eizbresta 'Kreuzkraut' elm, elmboum 'Ulme' elira 'Erle' elsenboum 'Erle, Traubenkirschbaum' engelsueze 'Engelsüß' engilwurze Gartenringelblume, Engelwurz' enzian 'Enzian' epfi, -o 'Sellerie, Eppich, Petersilie' epfih 'Eppich, Sellerie' epfilln 'Apfel' epfiwurz 'Diptam' epolwurz (?) 'Betonie' erbisib 'Sauerdorn' erdampfer 'Osterluzei' erdapful 'Knolle des Alpenveilchens, Kürbis' erdberi 'Erdbeere' erdberenkrüt 'Erdbeerkraut' erdbräma 'Erdbeere' erdebah 'Gundermann' erdgalla 'Tausendgüldenkraut' erdhopfo 'Johanniskraut' erdkrüt 'Erdbeere' erdnuz 'Erdschwamm, Wurzelknolle des Alpenveilchens' erdpfeffar 'Mauerpfeffer, Fetthenne' erdrouh 'Erdrauch, Feldraute' erdwurz 'Erdschwamm, Wurzelknolle des Alpenveilchens' erila 'Erle' erlboum, erllnboum, erilünboum 'Erle' erlizboum 'Kornelkirsche, Esche, Eiche' ert (?) 'Sadebaum' eskilboum 'Sperberbaum, Eberesche'

Gl

X

X X

X X

X

X X

604

Pflanzenbezeichnungen

Β

L

A C W R

Μ S

Gl

eschenboum 'Esche' evina 'Hafer'

F X

farn 'Farnkraut, Engelsüß' valkenwurz 'Drachenwurz* farnahi 'Farn, Farnkräuterich' federskella 'Petersilie' fehdistil 'Fechdistel, Mariendistel, Wiesenknöterich' feldkervola 'wilder Kerbel' feltkrüt 'Johanniskraut, Geißbart' feldkumi, feldkumin 'Kümmel, Kreuzkümmel, Wiesenkümmel' feldkumih 'Kreuzkümmel, Schwarzkümmel, Quendel' veldkümel 'Kümmel, Wiesenkümmel' veltkumin 'Kümmel' veltkürbiz 'Koloquinte' feldmago 'Feldmohn, Klatschmohn' feldminza 'Ackerminze, Zimtbaum' feldmorhila 'Mohrrübe' feldquenela 'Quendel, Feldthymian, Bohnenkraut' feldquenelln 'Quendel, Feldthymian' veltrüte 'Johanniskraut' velwer Weide, Korbweide' felwo "Weide' fenihhal 'Fenchel' ferbena, verbena 'Eisenkraut' fereheih 'Eiche, Steineiche' ferza 'Enzian' fieberkrüt 'Tausendgüldenkraut' fiebarwurz Osterluzei, Hauhechel' Aga 'Feige' ftgböna 'Feigbohne, Wolfsbohne, Weißlupine' figboum 'Feigenbaum' wilder figboum 'Sykomore, Eselsfeige'

X

X

X

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X X

605

gartwurz, -a

Β L A c ftgwurz 'Feigwurz, Scharbockskraut' ftgwurze 'Blutwurz, Odermennig' viheböne 'Feigbohne, Wolfsbohne' vünfblat 'Fünffingerkraut' fimfblata 'Fünffingerkraut' fiol 'Veilchen' violinkrüt 'Veilchen' flolkrüt 'Ackerveilchen' verbizzene 'Teufelsabbiß' vergiftwurz 'Sturmhut' fiscminza 'Fischminze, Bachminze' fiuhta 'Fichte' viuenwrcz, wienwrz, vuenuurz (finicia herba) fogalkrüt 'Vogelmiere, Futterwicke' fogalunkrüt 'Vogelwicke' vogelwicke 'Vogelwicke' foraha 'Föhre, Kiefer' frigwurz 'Fingerkraut' frl-, frigwurz 'Blutwurz' friudilwurz 'Alraun' vrouwenkriec 'Hauhechel' fuhswurz 'Echter Sturmhut' fülboum 'Tamariske'

w R Μ S

X

Gl

X

X

G gähheila 'Beinwell' galgan 'Galgant' gamanderbluome 'Gamander' gamendre 'Gamander-Ehrenpreis' garawa 'Tausendblatt, Schafgarbe' garthago 'Eberraute, Stabwurz' gartkresso 'Brunnenkresse' gartkummil 'Kümmel, Kreuzkümmel' gartquenela 'Quendel, Pfefferkraut, Bohnenkraut' gartminza 'Krauseminze, Waldminze' gartwurz, -a 'Eberraute, Stabwurz'

X

X

X

X

X

X X

606

Ρ flanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S geizboum 'Zürgelbaum' geizilboum 'Zürgelbaum' geneste 'Ginster' genester 'Ginster' gensebhiome 'Glockenblume' gensekresso 'Hirtentäschel' gerboum 'Nesselbaum' germara 'Nieswurz' gers, gires 'Giersch, Osterluzei, Petersilie' gersta 'Gerste' gertiwurz 'Eberraute' gibroz 'Geißklee' gihtwurz 'Diptam' gimagada 'Lavendel, großer Speik' girgila 'Basilienkraut' gingiber, ingiber 'Ingwer' gingibero 'Ingwer' gisloch 'Kichererbse' gleie 'Schwertlilie' gleiekriit 'Schwertlilie' gletero 'Große Klette' glitzenbluome 'Butterblume' golde 'gelber Affodil, Türkenbundlilie, Ringelblume' goldwurz 'Schöllkraut, Affodil' gotesampfer 'Waldsauerklee' gotvergezze 'weißer Andorn' gouhhesampfara 'Waldsauerklee' greander 'Andorn' grintwurz 'Schöllkraut' griozboum *Wacholder' griozruoba 'Rauke' grözgamandre 'Ehrenpreis' grözletihha 'Großklette' gröznezzila 'große Brennessel' guggula "Waldsauerklee' gundram 'Gundermann' guntreba 'Gundermann'

X

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Gl

607

hasala

Η Β L A C W R Μ S haber 'Hafer' habarnezzila 'kleine Brennessel' habaro 'Hafer, haferähnliches Getreidekraut' habersäme 'Habichtspilt ?, Knöterich?' babarwurz 'Wiesenbocksbart' hagan "Weißdorn' haganboum 'Hainbuche' haganbutta 'Hagebutte' hagandom 'Weißdorn' hagudorn 'Weißdorn; Dorngesträuch' hamila 'Knabenkraut' hanaf 'Hanf hana-, hanenbein 'Hühnerhirse' hana-, hanenberi "Bittersüß' hana-, hanenfuoz 'Hahnenfuß' hanafwurz 'eine Art Rettich' hanehoubit 'Esparsette' hana-, hanenkamb 'Klappertopf, Ziest' hanenkopfe 'Esparsette' hanekrüt 'Hahnenfuß' haneminze 'Wiesensalbei, Muskatellersalbei' hane-, hanenwurz 'Hahnenfuß, Knöterich' hanenwutze 'Hahnenfuß' han-, hanenöra 'Diptamdosten' harnkrüt 'Frauenflachs' harnwinde 'Harnwinde' hartentrugilln 'Hartriegel' harthewi, -houwi 'Tüpfel-Hartheu' harthöuwel 'Tüpfel-Hartheu' harttrugil 'roter Hartriegel' harttrugila 'roter Hartriegel' harttrugilboum 'roter Hartriegel' harttrugilln 'Hartriegel' harttrugiling 'roter Hartriegel' hartwurz 'Tüpfel-Hartheu' hesebrier 'Haselstrauch' hasal 'Hasel, Haselnuß' hasala 'Hasel, Haselnuß'

X X

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X

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X

Gl

608

Pflanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S hasalberi 'Heidelbeere' hasalboum 'Hasel' heselinc 'Hasel' hasalmusca 'Haselwurz' hasalnuz 'Haselnuß' hasalwutz 'Haselwurz' hasenberi 'Heidelbeere' hasenfuoz 'Hasenklee, Nelkenwurz' hasenletihha 'Dach-Feste, HerbstLöwenzahn' hasenöra 'Knabenkraut, Wegerich' hasensürampfer 'Sauerklee' hasenwurz 'Haselwurz, Nelkenwurz' hederlh 'Hederich, Ackersenf hedetwurz 'Koriander' heida 'Heidekraut, Quendel' heidahi 'Heidekraut' heidiberi 'Heidelbeere' heidistüda Uesenginster, Heidekrautgewächs' heilhopfe 'Herbstzeitlose' heilhoubit 'Herbstzeitlose' heilhoubita 'Herbstzeitlose' heilhoubito 'Herbstzeidose' heiligenber 'Zaunrübe' heimgras 'Schutt-Bingelkraut' heimkonila 'Quendel, Feldthymian' heimwutz 'Schutt-Bingelkraut' heiznezzel 'kleine Brennessel' hemera 'Germer' hemerwurz 'Germer' herbestbluome 'Herbstzeitlose' hermata 'Beifuß' herzblatt 'Herzblatt' (?) heviwurz 'Stechpalme' hewibluomo 'Heublume, Herbstzeitlose' himilbrant 'Königskerze, Bittersüß' himilbranta 'Bittersüß' himilheta 'Eisenkraut' himiling 'echter Haarstrang'

X

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X

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X

Gl

holzlilje

609 Β L A C W R Μ S

himelker *Beifuß' himellouch 'Wegwarte' himilsluzzil 'Schlüsselblume' himilwutz 'Schlüsselblume' hintberi 'Himbeere' hintlouf 'Wegwarte' hintloufa "Wegwarte, Ringelblume, Beifuß' hintloufte 'Wegwarte, Ringelblume' hiofa 'Hundsrose, Brombeerstrauch, Dornenstrauch' hiofaltar 'Hundsrose, Heckenrose, Dornenstrauch' hiofaltra 'Dornenstrauch, Hundsrose, Weißdorn' hiofbrämi 'Heckenrosenstrauch' hiofdorn 'Hundsrose' hiofo 'Hundsrose' hirnuzboum 'Kornelkirsche' hirsi 'Hirse' hitzghewlge 'echter Speik' hirzhorn 'Hirschhorn' hirzminze 'Hirschminze' hirzwurz 'Hirschzunge' hiruzzunga 'Hirschzunge' höhboum 'hochragender Baum, Zeder' hollouh 'Schalotte, Winterzwiebel' holarn 'Holunder' holawurz 'Pfeifenblume, runde Osterluzei, hohler Lerchensporn' langa holawurz 'Pfeifenblume, Osterluzei' sinawel holawurz 'Pfeifenblume, hohler Lerchensporn' holdem, holarn 'Holunder' holwurze 'Pfeifenblume' holuntar 'Holunder' holuntarboum 'Holunder' holuntarrih 'Holunder' holuntra, holdira 'Holunder' holuntraboum 'Holunder' holzapfel 'Holzapfel' holzlilje 'Türkenbundlilie'

Gl

X

X

610

Pflanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S holzmorhele 'Möhre' honagbluoma 'deutsches Geißblatt, Zaunwinde' hopfo 'Hopfen' homboum 'Kornelkirsche' horawitu 'Segge' hugudistil 'eine Distelart' hulis 'Stechpalme' hulisboum 'Stechpalme, Mäusedorn' huiiso 'Stechpalme, Mäusedorn' humbel 'Engelsüß' humbelwurze 'Hahnenfuß' humesla 'Wolfsmilch' hüne 'Andorn' hünisca, hunisc drübo "Bauernweinbeere' hünisciu wurz 'schwarze Nieswurz' hünischwurz 'schwarze Nieswurz, Wolfsmilch, Salbenblume, Odermennig' hundesdistel 'Stinkkamille' huntesberi 'Brombeere, Nachtschatten, Schmerwurz' hundesbluome 'Hundskamille, Stinkkamille' hunteskervola 'Wasserschierling' huntesklobalouh 'Weinbergslauch' hundeskürbiz 'Zaunrübe' huntestilli 'Hundskamille, Möhre' huntestropfo 'Zaunrübe, Nachtschatten' hunteszunge 'echte Hundszunge, echte Ochsenzunge' huntlouh 'Herbstzeitlose' huntesrippe 'Spitzwegerich, Hundskamille' hunteswurz 'Andorn, echte Hundszunge* huofklette 'große Klette' huofletih 'Huflattich' huofletihha 'Huflattich, Pestwurz' huonesarba 'Vogelmiere' huonersdarm 'Vogelmiere, AckerGauchheil' hüslouh 'Hauswurz' hüsminze 'Krause-Minze' hüswurz 'Hauswurz'

X

X

Gl

käriöfel

611

I Β L A Ibisca 'Eibisch' igelgras 'Pfennig-Feibetich' Igo 'Eibe' Ih 'Eibe' Ilboum 'Steineiche' ilm, ilme, ilmene 'Ulme' ilmboum 'Ulme' insuoza 'Engelsüß' Isenbluome 'Eisenkraut' Isendecke 'Eisenkraut' Isatnina, Isanina 'Eisenkraut' Isatnkletta 'Eisenkraut' Isernkrüt 'Eisenkraut' Isenwurz 'Eisenkraut' isenwutze 'Eisenkraut' Iseich 'Stechpalme, Wintereiche' isop, -a, -o, ispe Tsop' itgruöd 'Gewächs' (?) (genimen) Iwa 'Eibe' iwinboum 'Eibe' Jwo 'Eibe'

c

W R Μ

X X

J jetto 'Ackerunkraut, Ackerspergel' judenkle *Wiesenbocksbart' juncfrouwenhär 'Frauenhaar'

Κ kabuz 'Kohl' kaffer 'Kampfer' kalbesfuoz 'Aronstab' kamille, kamillln 'echte Kamille' kardamöm, kardamuome 'Kardamon' käriöfel 'Nelkenwurz'

X

S

Gl

612

Pflanzenbezeichnungen

Β

L

A C W R Μ S

karta 'Schutt-Karde, Weber-Karde' karto 'Karde' kassaldar 'Alant' kastänie 'Echte Kastanie' kastänienboum 'Echte Kastanie' kastilboum 'Kastanienbaum' katzenbere 'Nachtschatten' katzenkrüt 'Katzenminze' katzenwutz 'Mauerpfeffer' kazzünzagil 'Acker-Schachtelhalm' kelberscherne 'Pasternak, Schierling, Kälberkropf kelberskrüt 'echter Schierling' kembl 'Schutt-Karde' kernapful 'Granatapfel' kerngersta 'Zweizeilige Gerste' kervil 'Echter Kerbel, Wiesenkerbel' kervola 'Echter Kerbel, Wiesenkerbel' wildiu kervola 'Wiesenkerbel'

X

X

X

kestina 'Echte Kastanie' kestinaboum 'Echte Kastanie' kestlenboum 'Kastanienbaum' kienboum 'Kiefer' kihhira 'Kichererbse' kil 'Porree, Zwiebel' kitsa 'Kirsche' kifsboum 'Kirschbaum' kirsih 'Kirsche' klär 'Alaun' klebekrüt 'Odermennig' kleblat "Wiesenklee' kleibere 'Wiesenklee' kleinkletta Odermennig' kleo 'Klee' kletta 'große Klette, Klettfrucht' kletto 'große Klette, Klettfrucht' klettewurz 'Klette' kliba 'Klettfrucht, Große Klette' klobalouh, knobelouch 'Knoblauch'

X X

X X

X

Gl

krispila

613 Β L A C W R Μ S

hundes klobolouh 'Kohl-Lauch' (?), r Weinbergs-Lauch' (?) wilde klobelouch 'Meerzwiebel' knackere, knacker 'Lupine, Taubenkropf köla, -o 'Kohl' kölgras 'Koriander, Grünkohl' köli, koel 'Kohl' kollindet 'Koriander' kollo "Weiße Seerose' kollrewurz 'Weiße Seerose' konila, quenela 'Quendel, Bohnenkraut' kopfwurze 'Nachtschatten' koppernic 'Bärwurz' kornapfel 'Granatapfel' kornella 'Kornelkirsche' kornminze 'Ackerminze' kornul 'Kornelkirschbaum' kost 'Minze' kosto 'Frauenminze, Quendel' kottana 'Quitte' kottanboum 'Quittenbaum' kozzana 'Quitte' kräenfuoz 'Engelsüß' kranafuoz 'Kriechender Hahnenfuß' kranaboum 'Wacholder' kranewitber "Wacholderbeere' kranewitboum "Wacholder' kranewitstüde 'Wacholder' kranawitu "Wacholder' kranawurz 'Storchenschnabel' ktanensnabul 'Storchenschnabel' kranecheswurze 'Drachenwurz' kranuchsnabul 'Reiherschnabel' kreb 'Laichkraut' krebezenwurze 'Kahles Bruchkraut, VogelKnöterich' krebezwurz 'Kahles Bruchkraut, VogelKnöterich, Wurzel der Kranzlichtnelke' (?) kren, -e 'Meerrettich' kressa, -o 'Gartenkresse, Brunnenkresse' krispila 'Hirtentäschel'

Gl

X

X

X

X

X

X

X

X

X

614

Pflanzenbezeichnungen

Β

L A C W R Μ S

kristiäne 'Berg-Platterbse' kristwurz 'Schwarze Nieswurz' krotüntilli 'Hundskamille' krotenwurz 'Echter Speik' kruogo 'Safran' krüsminza 'Krause-Minze' kriuzekrüt 'Echter Speik' krüzminza 'Benediktendistel, Kreuzkraut' kruziwurze 'Benediktendistel, Kreuzkraut, Echter Speik' kübebe 'Kubebenpfeffer' kullantar, kolinder 'Koriander'

X

kumih 'Schwarzkümmel' kumil 'Kümmel' kumin 'Kümmel' kuneguntkrüt "Wasserdost' kunsele 'Kriechender Günsel' kuowurz "Bingelkraut' kupre-, kupferboum 'Zypresse' kurbiz 'Kürbis, Flaschen-Kürbis, Melone' wildiu kurbiz 'Koloquinte* kürbizrebe 'Rainfarn' kutbizwurz 'Rainfarn' kurniberi 'Kornelkirsche' kurniboum 'Kornelkirschbaum' kurnil-, quirnilberi 'Kornelkirsche' kurnil-, quirnilboum 'Kornelkirschbaum' kurnilokutina 'Quitte' kutani 'Quittenbaum, Quitte' kutina 'Quittenbaum, Quitte' kutinboum 'Quittenbaum' kuttinlattuh 'Huflattich'

L lakerize 'Süßholz' lactuh 'Garten-Lattich' lactura 'Garten-Lattich' lampfrlda, lantfrida 'Lamprete'

X

Gl

615

louh

Β lampfrldilln 'kleine Lamprete' langpfeffar 'Stabpfeffer' lattuh 'Lattich' latuhha 'Garten-Lattich' wildiu lattuhha 'Stachel-Lattich' lavendel 'Lavendel' lavendula 'Lavendel' leber "Binse' leberbluome 'Leberblümchen' leberkrüt 'Leberblümchen, Sternlebermoos' leberwurzkrüt 'Lebermoos' leinvloke, lyncnotte 'cremium' (?) lentinwurz 'Grind-Ampfer' lese, lesca 'Liesch, Binse' letih, latih 'Ampfer, Große Klette, Lattich' gröze letih 'Große Klette' letihha, latihha 'Stumpfblättriger Ampfer, Große Klette' letechln 'Stumpfblättriger Ampfer' lewenfuoz 'Frauenmantel' lewenwurz 'Frauenmantel' liduwurz 'Gemeines Labkraut' lidewurze 'Labkraut' lilia 'Lilie' unser frouwen lilie 'Sanctae Mariae, Salomonssiegel' llmento 'Hafer' line 'Spitz-Ahorn' lln-, lintboum 'Spitz-Ahorn' linsa 'Linse' llnsämo 'Leinsamen' linsin 'Linse' linta 'Linde' lisca 'Liesch, Schilf, Sumpfgras' liuhta 'Leuchte, Wiesen-Augentrost' loie 'Echter Gamander' lörberi 'Lorbeere' lörberboum 'Lorbeer' lörboum 'Lorbeer' louh 'Porree'

L A C W R Μ S

X

X

X

X

Gl

616

Pflanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S X

wilder louh *Weinbergs-Lauch' lubbiwurz 'Sturmhut' lubistehhal, lubistuckil 'Liebstöckel' lubistehho, -stecko 'Liebstöckel' lubistec 'Liebstöckel' lubisteckila 'Liebstöckel' luffina 'Lupine' luft 'Wiesen-Augentrost' lungwurz 'Lungenkraut' lus 'Liesch' (?) lüswurz 'scharfer Rittersporn'

Μ mädalger 'Kreuz-Enzian' mageraten 'Salomonssiegel, Ehrenpreis' magewurz 'Tausendgüldenkraut' magenhoubit 'Mohn' mago 'Mohn' wilder mago 'Klatsch-Mohn' mähen, man 'Mohn' malta 'Melde' malve 'Roßpappel' malzapful 'Holzapfel' malzihha 'Holzapfel' mangolt 'Mangold' mandalboum 'Mandelbaum' mandragora 'Alraun' matdistil 'Große Eberwurz' maredioh 'Andorn' sancte Mariün dorn 'Wein-Rose' mariendistil, sancte Mariün distil 'Mariendistel' marobel 'Andorn' marsilia 'Schwarze Nieswurz' masticboum 'Mastixstrauch' materna 'Mutterkraut' mazwlza 'Huflattich' mazzoltat 'Feld-Ahorn'

X

X X

Gl

morahila

617

Β mazzoltarboum 'Feld-Ahorn' mazzoltra 'Feld-Ahorn' meigedistele 'Gemeine Gänsedistel' meiolan 'Majoran' melta 'Melde, Garten-Melde' menwa 'Meerrettich, Grind-Ampfer' meriratih 'Meerrettich' merispoto (?) 'Ackerunkraut' mere 'Sellerie' mespila 'Mispel' meterwurze 'Basilienkraut' metukrüt 'Basilienkraut' metuwurz 'Wiesen-Geißbart, Kreuz-Enzian' milizi 'Quellgras' milli 'Hirse' minio 'Mennig, Zinnober' minnewurz 'Frauenhaar' minza 'Minze' sanete Mariün minza 'Frauenblatt' unser frouwen minze 'Frauenblatt' walahisc minza 'Frauenblatt' wildiu minza 'Acker-Minze, Roß-Minze' wlziu minza 'Frauenblatt' mios 'Moos' mirihboum 'Gagel, Myrte' mirochze (?) 'Gagel' mirra 'Myrrhe' mirte-, mirrenboum 'Myrte' mirtil 'Gagel, Myrte' mirtilboum 'Myrte, Gagel' mispele 'Mispel' mistil 'Mistel' mistila 'Große Eberwurz' mistilberi 'Mistelbeere' mistilla 'Mistel' mistilmelta 'Melde' mittilklette 'Klette, Kleine Klette' molta 'Melde' moraha 'Möhre' morahila 'Möhre'

L A C W R Μ S

X

X

X

ρ

X

X

Gl

618

Pflanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S mör-, mülbet 'Maulbeere' mülberboum 'Maulbeerbaum, Maulbeerfeige' wildi mülboum 'Maulbeerfeige' morkrüt 'Sumpf-Herzblatt, Pastinak' mörkrüt 'Echter Schwarzkümmel' munza 'Minze' muordistil 'Feld-Mannstreu' muskätbluome 'Muskatblüte' müsöra 'Kleines Habichtskraut'

X

Ν nahtscato 'Nachtschatten* nasawurz 'Große Brennessel, Frauenhaar' nätarwurz 'Gemeine Schlangenwurz, Nattern-Knöterich' nebelwurz 'Haselwurz' negilihhln 'Gewürznelke' negillln 'Gewürznelke' nepita 'Katzenminze' nespila 'Mispel' nespilboum 'Mispelstrauch' nezzila Urennessel' nezzilln 'Brennessel' nezzilwurz 'Brennessel, Frauenhaar' nezziwurz 'Große Brennessel' nioswurz 'Schwarze Nieswurz, Germer' wiz niuswurz 'Germer' niowihtholz 'Faulbaum' niuwiholz 'Faulbaum' nortman 'Königskerze' nuzboum 'Nußbaum, Walnußbaum, Mandelbaum'

X

X

X

X

X

Gl

619

peterlln

Ο Β L A C W R Μ S Ohsenbritta 'intibum' (?) ohsennabe 'Klebkraut' ohsennabel 'Klebkraut, Schutt-Bingelkraut' ohsennabalo 'Klebkraut' ohsenwurz 'Ochsenzunge' ohsenzunga 'Ochsenzunge' oleiberi 'Olive' oleibaum 'Ölbaum' olibaum 'Ölbaum' olimägo 'Schlaf-Mohn' orval 'Ruprechtskraut' oringel 'Feld-Mannstreu' ostirluzie 'Osterluzei' ostriz 'Meisterwurz'

Ρ paffür 'Papyrus' palm 'Palme, Palmbaum' palmboum 'Palme, Palmbaum' papele 'Roßpappel' wenaga papele 'Roßpappel' wilde papele 'Roßpappel' papelbluome 'Eibisch, Syrischer Eibisch' paradisapful 'Granatapfel' partic TOut-Wegerich' pastanila 'Pastinak' pastinaca 'Möhre, Pastinak' pastinel 'Pastinak' peemarun (?) 'Bergamottbime' pedema, pfedema 'Melone, Kürbis' pedemo, pfedemo 'Melone' pedena 'Melone' pedeml 'Melone' pepano 'Melone' pepinna 'Melone' peterlln 'Petersilie'

X

Gl

X

620

Pflanzenbezeichnungen

Β

L

A C W R Μ S

petersil, petersilje 'Petersilie' pherdessatel 'Acker-Schachtelhalm' pherdeszagel 'Acker-Schachtelhalm' phasöl 'Bohne' pfeffar 'Schwarzer Pfeffer' phefferboum 'Pfefferstrauch' phefferkrüt 'Pfefferkraut, Bohnenkraut'

X

pfefferwurz 'Pfefferkraut' phellekrüt 'Seidelbast' phenih, fenih 'Welscher Fench' pfersih 'Pfirsich, Pfirsichbaum' pfersihboum 'Pfirsichbaum'

X

pfersihin 'Pfirsich' pforro, potro 'Porree' pfrüma, pflüma 'Pflaume' pfrüm-, pflümboum 'Pflaumenbaum, Kriechenpflaume' plnboum 'Kiefer' polei 'Polei, Flöhkraut' poleia 'Polei, Flöhkraut' poleige 'Polei, Flöhkraut' pomzedern 'Zitrone' pomzidraboum 'Zitronenbaum'

X

popel-, papilboum 'Pappel' priselouh 'Schnittlauch' puparella, pubarella, boberelia 'Blasenkirsche' purzelän 'Portulak' purzih 'Portulak' purzilla 'Portulak'

X

Q queckolter Wacholder' quellar-, kellerhals 'Seidelbast' quitina, quodana 'Quitte' quitinboum 'Quittenbaum' quitinletihha 'Huflattich'

X

X

Gl

621

roemischköl

R Β L A C W R Μ S räba 'Steckrübe, Rübe' rada 'Kornrade' radan, ratan 'Kornrade, Lolch, AckerSchwarzkümmel' radao 'Kornrade, Lolch' raga 'Osterluzei' tamese 'Bärlauch' tamesadra 'Bärlauch rammo 'Bärlauch' (?) ranca 'Zaunrübe' räsenber 'Nachtschatten' ratih, retih 'Rettich' ratil 'Kornrade' rato, ratto 'Kornrade, Lolch, AckerSchwarzkümmel' reba 'Weinrebe' reba-, rebüntorso "Bacchusstab' (?) reinfano 'Rainfarn' reingras 'Sumpfgras, Riedgras, Schilf reckaltar 'Wacholder' reckaltarboum *Wacholder' retih 'Floh-Knöterich, Riedgras' ribba 'Spitz-Wegerich' ribbi 'Spitz-Wegerich' rindeszunga 'Ochsenzunge' ringila, rinelo 'Ringelblume' ringelbluome 'Ringelblume' ringelwurze 'Ringelblume' riotahha 'Floh-Knöterich, Riedgras' riotahhil 'Floh-Knöterich, Riedgras' riotahhi 'Ried, Röhricht, Floh-Knöterich' riotgras 'Sumpfgras, Schilf riotahha 'Floh-Knöterich, Riedgras' rogan 'Roggen' roggo, r 0 g o 'Roggen' roemischgras 'Mangold' toemischkle 'Bockshornklee' roemischköl 'Wirsing, Mangold'

X

X

Gl

622

Pflanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S römiscminza 'wilde Minze' rör 'Rohr' rösa 'Rose' roshuof 'Huflattich' rosminza *Bachminze, Rossminze' rosphlüme 'Kriechenpflaume' roswurz 'Zaunrübe' rötapful 'Granatapfel' rötdost 'Dost' roetepfellln 'Granatapfel' rötih 'Floh-Knöterich' rötkosto 'Dost' (origanum) rötlähha "Brunnenkresse, Kreuzkraut, Rohknöterich' rötmähen 'Klatsch-Mohn, wilder Mohn' rötnabala 'Spargel' rötnätarwurz 'Nattern-Knöterich' rötswettala 'Siegwurz' rötwurz 'Alkannawurzel, Kriechender Günsel' ruf, rufe 'Grind-Ampfer' rüca 'Quellrauke' ruoba 'Rübe' ruobigras 'Kohlrabi' ruorwurz 'Spring-Wolfsmilch' ruost 'Ulme, Rüster' rüta 'Raute, Aronstab'

X

X

X

X

X

X

s safrän 'Safran' (crocus) sahar 'Segge, Rietgras, Schilf salaha 'Salweide' salewurz 'Salweide' salbei 'Salbei' wilder salbei "Wald-Gamander' salbeia 'Salbei' wildi salbeia 'Wald-Gamander' salbwurz 'Salbwurz'

X

X

G

623

sisimbra

Β L A C W R Μ S saltrian 'Nachtschatten' salvia 'Salbei' sandeli 'Sandelholz' sanikel 'Sanikel' sancte Johannes bröt 'Johannisbrot' sancte Johannes kfüt 'Tüpfel-Hartheu* saterie "Bohnenkraut1 satutei 'Saturei' schaemholer 'Christusdorn' seegar 'Segge, Riedgras' seim 'Nektar, Honig, Seegras' selbeszunge "Brennender Hahnenfuß' selbezza 'Kreuzkraut' selbheila 'Wiesen-Augentrost' selblähha 'Kreuzkraut* selbzanta "Wasser-Schwertlilie' selvia 'Salbei' semida *Binse' sene 'Kassie, Sennespflanze' senaf 'Senf wilder senaf, wlz senaf 'Gartenrake' sinice, sinize 'Gemeines Kreuzkraut' seblat "Weiße Seerose' sebluome "Weiße Seerose' sevina 'Sadebaum' sebina, sevina 'Sebenkraut' sevinboum 'Sadebaum' sibunblat 'Großer Wegerich' sigewurze "Blutwurz1 slhwurze 'Schwarzer Nießwurz silermontän "Berg-Laserkraut' siminza, sigiminza 'Minze, Andorn, Katzenminze' singruona 'Immergrün, Dach-Hauswurz' singruoni 'Immergrün, Buchsbaum' sinter 'Koriander' sintvarwe 'Safran' (crocus) sinwurz 'Zaunrübe' sireno 'Flieder' sisimbra 'Minze, Frauenblatt, Bachminze'

X X

X

X X

X X

Gl

624

Pflanzenbezeichnungen

Β L A C W R Μ S sitro 'Schwarze Nieswurz' sitterwurz 'Schwarze Nieswurz' scäfeszunga 'Wegerich' scafthouwi 'Acker-Schachtelhalm' scalteihha 'Eiche' scaraleia 'Muskat-Salbei, Borretsch' scaralinga 'Muskat-Salbei' scarno 'Echter Schierling' skelliwurz 'Schöllkraut' schellewurze 'Schöllkraut' skerning 'Echter Schierling' Sternefluch 'Echter Schierling' scherewurz 'Spring-Wolfsmilch' schertwurze 'Gelber Enzian' skiemahhal "Wasser-Schwertlilie' schiemehe 'Ried' skiemo 'Schilfrohr, Kalmus' skiltstein 'Alant' skimina "Besenginster' sldtwurz 'Zaunrübe' schlzwurz 'Schärfe-Wolfsmilch, Zaunrübe' scorfletihha 'Grind-Ampfer' scorfwurz 'Acker-Skabiose, Gemeines Kreuzkraut' scozmalta 'Beifuß' scozwurz 'Eberreis' slangwurz 'Drachenwurz' sleha 'Schlehe' slehaboum 'Schlehenstrauch' siehdorn 'Schlehenstrauch' sleizeih 'Eiche' slingköl *Waldrebe' slintboum 'Esche' sllzletihha 'Spitz-Ampfer' smelha 'Rasen-Schmiele' smergela 'Scharbockskraut' snitalouh 'Schnitdauch' spehteszunga (pici lingua) spelt 'Dinkel' spelza, -o 'Dinkel'

G

X

X

X X

X

X

X

625

stinca

Β L A C w R Μ S spenel 'Kriechenpflaume' spenelinc 'Kriechenpflaume' spenelincboum 'Spillingbaum' spetbita 'Speierling' sperboum 'Speierling' sperameisa (Birnensorte) spetawa 'Speierling, Arlesbeere' spie 'Deutscher Speik, Narde, Baldrian' spinät 'Spinat' spinaz 'Spinat' spinnwurz 'Spring-Wolfsmilch' spite 'Speierling' spltboum 'Speierling' splwurz 'Spring-Wolfsmilch' spota-, sporngras 'Vogel-Knöterich, AckerSchwarzkümmel, Sommerlolch' spotah 'Wacholder' sporahboum Wacholder' springa 'Spring-Wolfmilch' springkorn 'Spring-Wolfmilch' springwurz 'Spring-Wolfmilch' sprinze 'Spring-Wolfmilch' sprinzwurz 'Spring-Wolfmilch' spurigras 'Vogel-Knöterich' sputca Wacholder' stabekrüt 'Eberreis' stabawutz 'Eberreis, Diptam' steinbtehha 'Steinbrech, Knollen-Geißbart, Brauner-Milzfarn' gtöz steinbrehha 'Knollen-Geißbart' steindistil 'Schutt-Karde, Arnika' steinfar 'Brauner-Milzfarn' steinfarn, -farm 'Brauner-Milzfarn' Steinminze 'Acker-Minze' steinpheffer 'Scharfer Mauerpfeffer' steinrüte 'Mauerraute' steinwurz 'Engelsüß, Steinbrech' steckidi 'Spitz-Ampfer' stentilwurz 'Knabenkraut' stinca 'Knabenkraut'

X

X X

X X X

Gl

626

Pflanzenbezeichnungen

Β

L A C W R Μ S

stinkel 'Knabenkraut' stopfwurz 'Tollkirsche' storahessnabul 'Reiherschnabel, Schierling' stripf 'Schutt-Bingelkraut' stripfa 'Grind-Ampfer' stripfwurz 'Grind-Ampfer' stur 'Liegender Fuchsschwanz' südistil, -a 'Gemeine Gänsedistel' süga 'Wiesen-Klee' X

sunnawirbil, -a Wegwarte' sunnenhirs 'Echter Steinsame' sunnenhirse 'Echter Steinsame' sunnenkora 'Echter Steinsame' sunnenkreiz (gyra solis) süra 'Sauerampfer' sürach 'Sauerdorn' sürampfe 'Sauerampfer, Sauerklee' surpilboum 'Spierling' surra (cepa, surella) surro 'Porree, Sauerampfer' swarchuniboz 'Osterluzei' swarzberi 'Heidelbeere, Brombeere' swarzkümel 'Echter Schwarzkümmel' swarzpfeffer 'Schwarzer Pfeffer' swarzwurz Έεύπνεΐΐ, Heidelbeere, Brombeere' swelcboum 'Spierling' swertaha 'Deutsche Schwertlilie' swertala 'Deutsche Schwertlilie, WasserSchwertlilie' bläo swertala 'Deutsche Schwertlilie' gelawa swertala 'Wasser-Schwertlilie' röta swertala 'Siegwurz' wlz swertala 'Florentinische Schwertlilie' (?) swertelbluome *Wasser-Schwertlilie' swertilin 'Deutsche Schwertlilie' swintwurz 'Schwarze Nießwurz' swlnwurz 'Schwarze Nießwurz' swinzwurz 'Beinwell'

X

X

X

X

G

umbitreta

627

Τ Β L A tanna 'Edeltanne, Fichte, Kiefer' tederboum 'Kirschbaum' (?) tenemarca "Baldrian' testila 'Distel' thobati, tobari 'Kamille, Osterluzei' tidolosa 'Herbstzeitlose' tilla, tilli 'Dill' tirn 'Kornelkirsche' tirnboum 'Kornelkirsche' tolawurz 'Nachtschatten, Tollkirsche' tolo 'Tollkirsche' torso 'Pflanzenstengel, Thyrusstab' totoro 'Seide' (Schmarotzerpflanze) touwurz 'Acker-Schachtelhalm, Hohlzahn' tragant 'Bocksdorn, Tragantgummi' trahhenwurz 'Drachenwurz' trackenwurz 'Drachenwurz' trazawurz 'Schwalbenwurz' trefs 'Roggen-Trespe' triakel 'Theriakskraut' tribwurz 'Spring-Wolfsmilch' troufwurz 'Knoten-Braunwurz' tübenkropf 'Eisenkraut, Erdrauch' turning 'Tollkirsche' turd 'Roggen-Trespe, Taumel-Lolch' turnella 'Blutwurz'

υ ubarsnit 'Schnitdauch' uersbotdo (Unkraut) vferheyde 'Beinwell' ugera 'Herbstzeitlose' ulm 'Ulme' ulmboum 'Ulme' ulve 'Alge, Sumpfgras' umbitreta 'Vogel-Knöterich'

c w

R Μ

X

X

X

X

X

S

Gl

628

Pflanzenbezeichnungen

Β ungerischampfe 'Echter Haarstrang' ungerischwurz 'Osterluzei'

L A C W R Μ S X

unilouh, ullouh 'Zwiebel' unkrüt 'Ackerunkraut' uoquemil, -a, -o, 'Traubenkamm, Traubengewächs' uoquemiling 'Traubenkamm, Traubengewächs'

X

w wahsholuntar 'Stechpalme, Wacholder' wahsholuntra 'Stechpalme' waldberi 'Heidelbeere' waldeih 'Stiel-Eiche' wentelisca 'Schwarze Johannisbeere, Wendelbeere' wasbletihha 'Grind-Ampfer, Spitz-Ampfer' waschwurz 'Seifenkraut' wätwurz 'Deutsche Schwerttlilie, Salomonssiegel' wazzarbluome 'Weiße Seerose' wazzarkresso "Brunnenkresse' wazzarseim 'Brennender Hahnenfuß' wazzarwurz "Weiße Seerose' wegabreita 'Großer Wegerich' wegarlh 'Wegerich' minnir wegarlh 'Spitz-Wegerich' wegerüte 'Vogel-Knöterich' wegaspreitf 'Großer Wegerich' wegatrata Vogel-Knöterich, Wegerich' wegawahta 'Schwarzes Bilsenkraut, Wegerich, Vogel-Knöterich' wegawart, -e 'Wegwarte, Wegerich, VogelKnöterich* wegewartbluome 'Wegwarte' wehhaltar, wehholder 'Wacholder' wehhaltarberi 'Wacholderbeere'

X X X

X

X

X

X

wehhaltarboum *Wacholder' wehhaltardorn "Wacholder' wehhaltarlnberi Wacholderbeere'

X

Gl

wildmoraha

Β L A C W R Μ S wehhaltaiindorn Wacholder' weiheih 'Stecheiche' wcpdorn 'Hunds-Rose' X X X X wetmuota, -i, weramöte 'Wermut' weskinza 'Mispel' wetimgras 'Gemüsekohl' ? wipblüete 'Weibsblüte' wlberwur2 'Hauhechel' wiberkriec 'Hauhechel' wida "Weide' widertän 'Brauner Milzfarn, Widertonmoos' wihboum 'Zimtkassie' wlhrouhboum 'Storaxbaum' wlhsila 'Sauerkirsche' wlhsilboum 'Sauerkirschbaum, Mastixstrauch' (?) wicka "Wicke, Vogel-Wicke, Futterwicke' wickeböne 'Saubohne' wildepfi 'Gift-Hahnenfuß' wildgalgan 'Zypergras' wildhabero 'Windhafer' wiltholunder, -holer 'Roter Holunder' wildaz beri 'Maulbeerfeige' wilder kresso 'Brunnenkresse' wildiu kutbiz 'Koloquinte' wilder senf 'Ackersenf wildiu salbeia *Wiesen-Salbei' wildkarto 'Schutt-Karde' wildkervola 'Wiesenkerbel; Meerzwiebel' (?) wildklobelouch 'Meerzwiebel' wildkonila 'Quendel' wildkresso 'Brunnenkresse' wildkumel Wiesen-Kümmel' wildkurbiz 'Koloquinte, Zaunrübe' wildletihha 'Stachel-Lattich' wildmago 'Klatsch-Mohn' wildmähen 'Klatsch-Mohn' wiltminza 'Acker-Minze, Bach-Minze, RoßMinze' wildmoraha 'wilde Mohre'

629

Gl

630

Pflanzenbezeichnungen

Β wildmülboum 'Maulbeerfeige, wilder Feigenbaum' wildoleiboum 'wilder Ölbaum'

L A C W R Μ S

Sykomore,

wiltpapele 'Eibisch' wildrätih 'Hederich' wildreba 'wilde Rebe, Weinrebe, Schmerwurz' wildrösa 'wilde Rose' wildrüta 'Hamelraute, Haselwurz ' (?)

X

wildsalbei 'Wald-Gamander' wildsalbeia "Wald-Gamander' wildsenaf 'Acker-Senf wildskelliwurz 'Schöllkraut' wildwicka 'Vogel-Wicke' wilga 'Weidenbaum' win "Wein' winberi "Weinbeere'

X

winigifta 'Birne' wlnrebünboum "Weinbeere' winsam 'Lavendel' winta 'Ackerwinde, Windenknöterich'

X

wintarberi 'wilde Weinbeere' wintarbluomo 'Hauswurz' wintargruoni 'Dach-Hauswurz' wintwurz 'Dürrwurz, Große Fetthenne' wisawurz 'Spring-Wolfsmilch' wisboum 'Heubaum' wlskila 'Hauhechel' witesa (carciola) wittel (carciola) wituwinta 'Geißblatt, Efeu, Zaunwinde' wizboum 'Berg-Ahorn, Feld-Ahorn' wizdorn "Weißdorn' wizdosto 'Katzenminze' wlzebluoma 'Hundskamille, Echte Kamille' wizminza 'Frauenblatt, Katzenminze' wlzmunza 'Roß-Minze' wlznioswurz 'Germer' wlzpfeffar "Weißer Pfeffer' -wlzsenaf 'Gartenrauke'

X X

Gl

631

wurz

Β L A c wlzsürampfo 'Sauerklee' wlzswertele 'Florentin. Schwertlilie' X wizwurz 'Diptam, Wiesen-Augentrost, Salomonssiegel' wolmuot, wolgemuot 'Dost' wolfberi 'Schwarzer Nachtschatten' wolvesdistel 'Arnika, Schuttkarde' wolvesleber 'Pastinak' wolveslehte 'Pastinak* wolfesmiluh 'Wolfsmilch' wolvespflfe 'Acker-Schachtelhalm' wolfesseifa "Wolfsmilch' wolfeszagil 'Schutt-Karde' wolfesgelegena 'Gelber Sturmhut' wolfkamb 'Schutt-Karde' wolfkrüt 'Spring-Wolfsmilch' wolfeswurz 'Gelber Sturmhut, GiftX Hahnenfuß, Wolfsmilch' wolfwurza 'Gift-Hahnenfuß' wolfeszeisa 'Arnika, Schutt-Karde' wolfeszeisala 'Schutt-Karde' wollakambo 'Krempeldiestel' wollkle 'Königskerze' wulfina 'Lupine' wullin 'Königskerze' X wundarboum "Wunderbaum' wuntkrüt 'Kriechender Günsel, Kleine Braunelle, Wiesen-Augentrost' wuntwurz "Wiesen-Augentrost, Kriechender Günsel' wuotskerning "Wasserschierling' wurmkrüt 'Kleines Habichtskraut, Wurmkraut' wurmwurz 'Immergrün, Wiesen-Augentrost' wurz 'Gewürz, Kraut, Wurzel' X

W R Μ S

X

Gl

X

X

X

X

632

Pflanzenbezeichnungen

Ζ Β L A C W R Μ S zeisalo 'Schutt-Karde' zenitu (?) 'Saubohne' zenter 'Tausendgüldenkraut' zepfo 'Geißklee' zhlim, ζ hin (?) 'Zimt' zibolla, -o 'Küchen-Zwiebel' zirminze 'Dost' zirmunze 'Dost' zigenbart 'Großer Geißbart' zigenbein 'Kornblume' ziclamma 'Alpen-Veilchen' zinamomim 'Zimt' zingele 'Ringelblume, Warzenkraut' ziperboum 'Zypresse' zipre 'Zypresse' zipresboum 'Zypresse' zipresse 'Zypresse' zipressenboum 'Zypresse' zisa 'Kichererbse' zitawar 'Zitwer, Wilder Galgant' heidanisc zitawar 'Kalmus' heimisc zitawar 'Kalmus' zltlös 'Herbstzeitlose' ziulint, -a, zigenlint 'Seidelbast' zizeri 'Kichererbse' zucker 'Zuckerrohr' zündistil 'Gemeine Gänsedistel' zünlilje 'Deutsches Geißblatt'

X

Gl

633

salbeiünbla

Bezeichnungen für Pflanzenteile Β L A C W R Μ S alrünrinta 'Rinde der Alraune' arlizbet 'Kornelkirsche' bilssäme 'Bilsensamen' bitteremandelkerne "Bittermandel' bungenrinde 'Rinde der Bachbunge' (?) ebahberi 'Efeubeere' (corymbus) ertbernblat 'Erdbeerblatt' fenihhelsämo 'Fenchelsamen' vogelzunge 'Eschensamen' hanafsämo 'Hanfsamen' härwurz 'Wurzelstock der Seerose' holuntarberi 'Holunderbeere' holunterbluome 'Holunderblüte' holunternknopf 'Holunderknospe' holuntarknod 'Holunderknospe' holuntaφf!fa 'Holunderpfeife' holunterwurz 'Holunderwurzel' hüswurzsaf 'Saft der Hauswurz' kölsämo 'Kohlsamen' krolbast 'Tamariskenrinde' löföle 'Lorbeeröl' magenkopf 'Mohnkopf (codion) magasämo 'Mohnsamen' magöl 'Mohnöl' mähenhoubit 'MohnkopP (codion) mänkopf 'MohnkopP (codion) mähensaf 'Opium' meltänsämo 'Samen der Melde' morahsämo 'Samen des Echten oder Unechten Ammis' nezzilsämo 'Samen der Nessel' nuz 'Nuß' pedemensämo 'Melonenkern, Kürbissamen' pehhila 'Zedernpech, Zedernharz' pforrasämo 'Poreesamen' räbensäme 'Rapssamen' rütensäme 'Samen der Raute' salbeiünbla 'Salbeiblatt'

X

X

X

Gl

634

Pflanzenbezeichnungen

Β

L A C W R Μ S

salbeienbluome 'Salbeiblüte' swertalwurz "Wurzel der Schwertlilie' tillisämo 'Dillsamen' trahhenbluot 'Harz des Drachenbaums' zisnuz 'Piniensamen'

Gl

X X

* Zur Anlage und Funktion des Zusammenstellung vergleiche Abschnitt V, 4.1. Die Abkürzungen stehen für folgende Texte: Β L A C W R Μ S Gl

= = = = = = = = =

Basler Rezepte Lorscher Arzneibuch Pseudo Apuleius Anonyme Compilation Würzburger Rezepte Berner Rotulus Altere Macer Floridus-Glossen Sonstige Rezepte Glossen zu lateinischen medizinischen Texten

5. Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften* Admont, StiftsB. 3; Nr. 1, BV. 1, ll./12Jh, bair. Admont, StiftsB. 269; Nr. 4, BV. 4,12. Jh., bair. Admont, StiftsB. 393; 12./13. Jh. Admont, StiftsB. 508; Nr. 6, BV. 6,12. Jh., bair. (teilweise as. Vorlage) Admont, StiftsB. 718; BV. 7, Mitte 12. Jh., meist as. Altenburg, StiftsB. AB 13 A 11; Nr. 8, BV. 9,13. Jh., obd. Amiens, BM. Ms. 110; Nr. 9, BV. 10, Ende 12. Jh. Antwerpen, Museum Plantin-Moretus Μ 17.4; BV. 11, Nr. 10, ab letztes Drittel 9. Jh., mfrk. Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 4; BV. 13,10./11. Jh., bair. Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 6; Nr. 685, BV. 14,10. Jh., obd. Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek Hs 10; BV. 15,10. Jh., bair. Augsburg, s. Schloß Harburg. Bamberg, StB. Msc. Can. 2; Nr. 12, BV. 22,1. Hälfte 10. Jh., obd. Bamberg, StB. Msc. Class. 3; Nr. 687, BV. 23,11. u. 1. Hälfte 11. Jh. Bamberg, StB. Msc. Med. 6, Nr. 13, BV. 24,12./13. Jh. Basel, ÖBU. B.V. 21; Nr. 14, BV. 26, alem. Basel, ÖBU. B.VI. 3; BV. 27, 9. Jh. Basel, ÖBU. F. 15a; BV. 31, Hs. 8. u. 9. Jh. Berlin, StBPK. Ms. Hamilt. 542; BV. 36, Nr. 21, Hs. Ende 9. Jh. Berlin, StBPK. Ms. Lat. 8° 445 (früher Prag, Fürstlich Lobkowitzsche Bibliothek 435, danach Prag, Universitni knihovna, MS XXIII Ε 55); Nr. 526, BV. 37, 11./ 12. Jh., alem. u. fränk. Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1650; Nr. 689, BV. 38, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., alem. Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1741; Nr. 23, BV. 39,10. Jh. Berlin, StBPK. Ms. Phillips. 1817; Nr. 25, BV. 42,10. Jh., alem. Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676: s. Krakau. Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 939: s. Krakau. Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 35; Nr. 688, BV. 48, Hs. 2. Drittel 11. Jh., bair. Berlin, StBPK. Ms. lat. 2° 735 (früher Cheltenham 708η; Nr. 81, BV. 49, Hs. 13. Jh., as.-mnd.

636

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 215; Nr. 19, BV. 50, Hs. 11. Jh., alem. Berlin, StBPK. Ms. lat. 4° 674 (früher Cheltenham 9303); Nr. 82, BV. 51, 13. Jh. (?), rheinfrk. Berlin, StBPK. Ms. lat. 8° 73; Nr. 17, BV. 52, Hs. 11. Jh., mfrk. Berlin, StPKB. Ms. theol. lat. 2° 355; Nr. 691, BV. 55, Hs. 8./9. Jh. Berlin, StPKB. Ms. theol. lat. 2° 481; Nr. 20, BV. 57, Hs. 10. Jh., alem. Berlin, s. auch Krakau. Bern, BB. Cod. 89; Nr. 28, BV. 61, 9. Jh., alem.-bair. Bern, BB. Cod. 224; Nr. 29, BV. 62,10. Jh. Bern, BB. Cod. 258; Nr. 31, BV. 64,11. J h , ahd. u. ae. Bern, BB. Cod. 264; Nr. 32, BV. 65,10. Jh., alem. Bern, BB. Cod. 722,1; Nr. 34, BV. 66,12./13. Jh., fränk.?-alem.? Bern, BB. Cod. 803; Nr. 27, BV. 67, 11/12. Jh., alem. (Rolle der Grafen von Mülinen) St. Blasien, StiftsB., verschollen; Nr. 35, BV. 68, 14. Jh., alem. Bologna, UB. Cod. 1702; BV. 1024, 9./10. Jh.Jh, mfrk.; rheinfrk. Bonn, UB. S 218; Nr. 39, BV. 71, Hs. 11. Jh., mfrk. Bonn, UB. S 476; Nr. 37, BV. 72,12./13. Jh., mfrk. Bremen, StB. Ms. b. 52; Nr. 41, BV. 75, Hs. 10. Jh., alem. Breslau, Biblioteka Uniwersytecka III F 19; BV. 76,10. u. 11. Jh. Brüssel, BR. 3641; Nr. 43, BV. 79, Hs. 11. Jh. Brüssel, BR. 3701-15; Nr. 44, BV. 80, Hs. 12. Jh. Brüssel, BR. 9968; Nr. 45, BV. 81, 11. J h , mfrk. nach obd. Vorlage Brüssel, BR. 9987; Nr. 46, BV. 82,11. J h , niederfrk. Brüssel, BR. 10066-77; Nr. 47, BV. 83,11. Jh. Brüssel, BR. 18723; Nr. 48, BV. 84, 10. J h , mfrk. [bei Steinmeyer und im KFW. irrtümlich 18725]. Cambridge, King's College MS. 52; BV. 87, Ende 9. J h , eventuell as. oder anfrk. Cambridge, University Library Add. MS. 2992; Nr. 50, BV. 90,13. Jh. Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 6; Nr. 96, BV. 93, Ende 12. J h , mfrk. Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek 739; BV. 94, 10. J h , hd. mit nd. Spuren. Dillingen, Studienbibliothek Hss-Fragmentesammlung Nr. 18; Nr. 97b, BV. 97, 12. J h , hd. Düsseldorf, Heinrich-Heine Institut F 1; Nr. 100, BV. 105, 10. Jh. as. u. mfrk.

Frankfurt

637

Düsseldorf, Heinrich Heine Institut F 44 (früher. Unsigniert); Nr. 101, BV. 106, 10. oder Anfang 11. Jh., as. Edinburg, National Library of Scotland Adv. MS. 18. 5.10; BV. 107, Hs. 12. Jh. Einsiedeln, StiftsB. cod. 15; Nr. 102, BV. 108, alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 29; Nr. 104, BV. I l l , 10. Jh. Einsiedeln, StiftsB. cod. 32; Nr. 105, BV. 112,10. Jh., alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 34; Nr. 106, BV. 113,11. Jh., obd. Einsiedeln, StiftsB. cod. 179; Nr. 112, BV. 120, alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 184; Nr. 113, BV. 121,10./11. Jh., alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 205; Nr. 114, BV. 122,10. Jh., alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 302; Nr. 117, BV. 126, 2. Hälfte 10. Jh. alem. u. frank. Merkmale. Einsiedeln, StiftsB. cod. 312; Nr. 119, BV. 128,13. Jh., alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 316; Nr. 120, BV. 129, 10./11. Jh., alem. Einsiedeln, StiftsB. cod. 321; Nr. 121, BV. 131,10. Jh. Einsiedeln, StiftsB. cod. 356; Nr. 124, BV. 134,11. Jh. Enemonzo in Friaul, Bibliothek des Pfarrers Don Luigi Pascoli; Nr. 127, BV. 137,14. Jh. Engelberg, StiftsB. Codex 66; Nr. 128, BV. 138,12. Jh., alem. Engelberg, StiftsB. Codex 122; BV. 138c, 14. Jh., alem. Engelberg, StiftsB. Codex 33; BV. 138a. Engelberg, StiftsB. Codex 6/8, 14. Jh. Erfurt, Stadt- und Regionalbibliothek CA 8° 8; Nr. 129, BV. 141, 2. Hälfte 12. Jh., md. u. as. Erlangen, UB. Erlangen-Nürnberg Ms. 2008 jetzt Β 22; Nr. 134, BV. 147,11. Jh., obd. El Escorial (Madrid), Monasterio de San Lorenzo el Real. Bibliotheca b. III. 2.; Nr. 135, BV. 148,11./12. J h , ostfrk. (?). Essen, Münsterschatz, Ältestes Evangeliar; Nr. 136, BV. 149, 10. J h , as. (mit vereinzelt hd. Glossen). Florenz, Biblioteca Medicea Laurentiana Plut 16.5; Nr. 137, BV. 151,12./13. J h , alem. St. Florian, StiftsB. III 222 B; Nr. 138, BV. 152, 9./10. J h , bair. St. Florian StiftsB. XI 54; Nr. 139, BV. 153,14. J h , bair. St. Florian StiftsB. XI 75; Nr. 140, BV. 154,11. Jh. Frankfurt a.M, Stadt- und UB. Ms. Barth. 64; Nr. 141, BV. 157, Mitte 9. J h , frk. Frankfurt a.M, Stadt- und UB. Ms. Barth. 139; Nr. 142, BV. 158,12. J h , frk.

638

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

Freibutg im Breisgau, UB. 380; Nr. 145, BV. 161, obd. (Abschrift einer fränk. Vorlage) Freiburg im Breisgau, UB. 981; BV. 162, 2 Hälfte 10. Jh., alem. Fulda, Hessische LB. Aa 2; Nr. 146, BV. 163,10. Jh., alem. Fulda, Hessische LB. C 11; Nr. 147, BV. 167,15. J h , alem. (?), ostfränk. (?) St. Gallen, KantonsB., Vadianische Sammlung Ms. 336; Nr. 149, BV. 171, alem. St. Gallen, StiftsB. 9; Nr. 150, BV. 173, 2. Hälfte 9. Jh., alem. St. Gallen, StiftsB. 28; Nr. 151, BV. 174, 9. Jh., obd . St. Gallen, StiftsB. 49; BV. 177, Hs. 2.Hälfte 9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 70; Nr. 154, BV. 179, 2. Hälfte 8. Jh., alem. St. Gallen, StiftsB. 105; Nr. 156, BV. 181, 2. Hälfte 10. Jh. St. Gallen, StiftsB. 134; Nr. 160, BV. 186,10. Jh., alem. St. Gallen, StiftsB. 136; Nr. 162, BV. 188, 9./10. Jh., alem. St. Gallen, StiftsB. 159; Nr. 165, BV. 191,10./11. Jh. St. Gallen, StiftsB. 183; Nr. 170, BV. 197,11. Jh., alem. St. Gallen, StiftsB. 184; Nr. 171, BV. 198,11. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 193; Nr. 172, BV. 199, Hs. 8./9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 216; Nr. 176, BV. 204, Hs. 8./9. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 217; BV. 205, 9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 218; Nr. 177, BV. 206, Hs. Ende 9. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 219; Nr. 178, BV. 207, Hs. 2. Hälfte 9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 242; Nr. 179, BV. 208,10. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 245; Nr. 180, BV. 209,10./11. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 270; Nr. 185, BV. 214, Hs. 2. Hälfte 9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 279; Nr. 187, BV. 217, 9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 283; Nr. 188, BV. 219, Hs. 2. Hälfte 9. Jh. alem. St. Gallen, StiftsB. 292; Nr. 190, BV. 221,11. J h , fränk. u. alem. St. Gallen, StiftsB. 295; Nr. 192, BV. 223, Hs. 9./10. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 299, Nr. 194, BV. 225, 2. Hälfte 9. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 621; Nr. 206, BV. 237,11. Jh. alem. St. Gallen, StiftsB. 751; Nr. 207, BV. 238, Hs. 2. Hälfte 9. J h , obd. St. Gallen, StiftsB. 844; Nr. 210, BV. 242, Hs. 10. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 845; Nr. 211, BV. 243,10. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 876; Nr. 214, BV. 247, Hs. Ende 8. Jh. St. Gallen, StiftsB. 877; Nr. 215, BV. 248, Hs. 8./9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 878; Nr. 216, BV. 249, 9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 903; Nr. 219, BV. 252, Hs. 8./9. Jh. St. Gallen, StiftsB. 911; Nr. 220, BV. 253, 8. J h , alem. St. Gallen, StiftsB. 913; Nr. 221, BV. 254, 2. Hälfte 8. J h , alem. u. ostfrk. St. Gallen, StiftsB. 1395; Nr. 223, BV. 256, 9. J h , alem.

Kassel

639

Glasgow, University of Glasgow. The Library S. 2. 17; Nr. 699, BV. 258, Hs. 12. Jh. Güttingen, Niedersächsische Staats- und UB. Cod. Ms. St. Johannis 2"; Nr. 225. BV. 261,12./13. Jh., mnd.-hd. Göttweig, StiftsB. 34/44; Nr. 227, BV. 263, Hs. 12. Jh., bair. Göttweig, StiftsB. 46/103; Nr. 228, BV. 264,12. Jh., bair. Goslar, Stadtarchiv, vorl. Nr. Β 4374; Nr. 230, BV. 266, Hs. 14. u. 15. Jh., frk.obd. Graz, UB. 1531; Nr. 232, BV. 270,14. Jh., obd. Schloß Harburg, Fürsd. Oettingen-Wallerstein'sche Bibliothek, 1,2, 4°,14 (jetzt Augsburg, UB, Ms. I, 2,4°,14); Nr. 288, BV. 276, Hs. 11. Jh. Heiligenkreuz, StiftsB. 17; Nr. 236, BV. 278,12. Jh., bair. Herrnstein, Bibliothek des Grafen Nesselrode 192 (früher Herten) Kriegsverlust; Nr. 240, BV. 283, Hs. z.T. 12. Jh., nd. Innsbruck, UB. 355; Nr. 241, BV. 285,14. Jh., bair. Innsbruck, UB. 711; Nr. 243, BV. 287,13. Jh., bair. Karlsruhe, BLB Aug. LXIV; Nr. 52, BV. 293, 9./10. Jh. Karlsruhe, BLB Aug. LXXXIII; Nr. 53, BV. 294,12. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. IC; Nr. 54, BV. 296, 8.-9. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. CXI; Nr. 55, BV. 298, 9. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. CXX; Nr. 57, BV. 300,10. Jh. Karlsruhe, BLB. Aug. CXXXV; Nr. 59, BV. 303,10. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. CCIII; Nr. 65, BV. 311,10./11. Jh. Karlsruhe, BLB. Aug. CCXVII; Nr. 66, BV. 312, 9./10. Jh., teils. alem., teils hd. Karlsruhe, BLB. Aug. CCXX (Rc.); Nr. 67, BV. 313, ausgehendes 9. - ausgehendes 10. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. CCXXXI; Nr. 68, BV. 314,10./11. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. CCXXXVII; Nr. 695, BV. 315, 9./10. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Aug. CLXXVIII; Nr. 63, BV. 309,10./11. Jh., alem. Karlsruhe, BLB. Hs. Oehningen 1; Nr. 696, BV. 323,14. Jh. Karlsruhe, St. Peter perg. 87; Nr. 73, BV. 324, 11. Jh., teils fränk., teils alem,. teils nd. Kassel, Murh. u. LB. 2° Ms. astron. 2; Nr. 74, BV. 325,11. Jh., ostfränk. Kassel, Murh. u. LB. 2° Ms. phys. et hist. nat. 10; Nr. 75, BV. 328, 10./11. u. 12. Jh. Kassel, Murh. u. LB. 2° Ms. theol. 32; Nr. 77, BV. 330, 9./10. Jh., ostfrk. Kassel, Murh. u. LB. 4° Ms. theol. 24; Nr. 79, BV. 337, 9. Jh., bair.

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

640

Kiel, UB. Cod. MS. KB 145; Nr. 245, BV. 340, um 1000/Anfang 11. Jh., bair. u. alem. Klagenfurt, Bibliothek der Hochschule für Bildungswissenschaften Perg. HS 11; Nr. 702, BV. 341,13. Jh., bair. Köln, DB. Köln, DB. Köln, DB. Köln, DB. Köln, DB.

XIX; Nr. 86, BV. 346, Hs. 9. Jh., mfrk. LXXXI; Nr. 88, BV. 348,11. Jh., mfrk., teils nd. CXCXI; Nr. 90, BV. 350, Hs. Ende 11. J h , mfrk. (?). CC; Nr. 91, BV. 351, Hs. teils 9., teils 10./11. Jh., mfrk. CCII; Nr. 92, BV. 352,11. Jh., mfrk.

Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. Lat. Quart. 676, Nr. 825 (früher Cheltenham 18908, Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 676); Nr. 84, BV. 44, 2. Viertel 9. Jh., alem. Krakau, Bibliotheka Jagiellonska Berol. Ms. lat. 4° 939, Nr. 834 (früher Berlin, PStB. Ms. lat. 4° 939, früher Maihingen, Fürstlich Oettingen-Wallerstein'sche Bibliothek Ms. I. 2. 4° 3); Nr. 287, BV. 45, ca. 990, mfrk. u. obd. Krakow, s. Krakau. Laibach, Archiv des Erzbischofs, Rkp 3; BV. 358a, 14. Jh. [mhd. Abschrift einer ahd. Vorlage], südbair. Laibach, Städtisches Archiv; Nr. 247, BV. 359, Hs. 12. Jh., obd. Leiden, UB. B.F.L. 191 E; Nr. 249, BV. 362, 2. Hälfte 12. Jh., nd. u. ahd./mhd. Leiden, UB. Voss. gr. q. 7; Nr. 251, BV. 366, 2. Hälfte 9./1. Hälfte 10. Jh. Leiden, UB. Voss. lat. q. 51; Nr. 257, BV. 371,11. J h , fränk. u. obd. Leiden, UB. Voss. lat. q. 69; Nr. 258, BV. 372, 8./9. J h , ae. u. ahd. Leiden, UB. Voss. lat. oct. 15; Nr. 254, (495), BV. 373,11. J h , hd. Leiden, UB. Voss. lat. oct. 78; Nr. 256, BV. 375, Hs. 13. J h , nd. Leipzig, UB. Ms. 106; Nr. 262, BV. 376,13. J h , md.-obd. Leipzig, UB. Ms. 107; Nr. 263, BV. 377,15. Jh. Leipzig, UB. Rep. I. 14; BV. 380, Ende 11. J h , obd. Leipzig, UB. Rep. I. 53; Nr. 260, BV. 383,10. J h , obd. Leipzig, UB. Rep. II. 6; Nr. 261, BV. 384, 2. Viertel 9. J h , ostfrk. u. mfrk. Liberec, s. Reichenbach. Lindau, Privatbesitz des Freiherrn Max Lochner von Hüttenbach, Verbleib unbekannt; Nr. 264, BV. 385,10. J h , as. Ljubliana, s. Laibach. London, BMMss. Add. 15090; Nr. 266, BV. 388, Hs. 11./12. J h , bair. London, BMMss. Add. 16894; Nr. 267, BV. 389, Hs. 11. J h , bair. London, BMMss. Add. 18379, Nr. 268, BV. 391,13. J h , bair.

München

641

London, BMMss. Add. 18400, Nr. 269, BV. 392, Hs. 10. Jh. London, BMMss. Add. 19723, Nr. 270, BV. 393, Hs. 10. Jh., alem. London, BMMss. Add. 23931; Nr. 272, BV. 400,10. Jh., alem.-rheinfrk. London, BMMss. Add. 34248; Nr. 273, BV. 402, 11. Jh., alem. [Comitum de Apponyi]. London, BMMss. Arund. 225; BV. 403, Anfang 14. Jh. London, BMMss. Arund. 283; Nr. 274, BV. 404, Hs. 12. Jh., oberfränk (?). London, BMMss. Arund. 393; Nr. 275, BV. 407, Hs. 9. Jh., bair. London, BMMss. Arund. 514; Nr. 276, BV. 408, Hs. 10./11. u. 13. Jh., fränk. London, BMMss. Egerton 267; Nr. 676, BV. 409,10./11. Jh., alem. London, BMMss. Harl. 2610; Nr. 277, BV. 410, Hs. 10./11. u. 13./14. Jh. London, BMMss. Harl. 2728; BV. 416, Hs. 11. Jh. London, BMMss. Harl. 3095; BV. 418,10. Jh., mfrk. London, BMMss. Harl. 4986; Nr. 279, BV. 421, Hs. 11. Jh. London, BMMss. Royal 15 Β. VII; BV. 422, Hs. 12. Jh., fränk. Luxemburg, BN. 44; Nr. 280, BV 424, Ende 10. Jh., mfrk. Madrid, Biblioteca de la Real Academia de la Historia 46; Nr. 281, BV. 425, Ende 10. Jh. s. auch El Escorial. Mainz, StadtB. Hs. II 3; Nr. 283, BV. 427, Hs. 1. Hälfte 11. Jh., rhfrk. Marburg, UB. Mscr. 2; Nr. 284, BV. 428; 15. Jh., nd. Marburg, UB. Mscr. 39; Nr. 285, BV. 429; Hs. 12. Jh., md. mit as. Bestandteilen. Melk, StiftsB. Nr. 883/1; Nr. 289, BV. 431,13./14. Jh., nd. Melk, StiftsB. Κ 51; Nr. 290, BV. 432,14. Jh., bair. Melk, StiftsB. Nr. 1545 Vergil; Nr. 292, BV. 434, 12. Jh., rheinfränk. Abschrift einer alem. Vorlage. Melk, StiftsB. unsigniert unauffindbar; Nr. 293, BV. 435, Hs. 9. Jh., bair. St. Mihiel, Bibliotheque Municipale 25; BV. 437b, 10., Anfang 11. Jh. Montecassino, Archivio 541; Nr. 294, BV. 438, Hs. 11. Jh. München, BSB. Cgm 187; Nr. 296, BV. 440,11./12. Jh., bair. (?) München, BSB. Cgm 649; Nr. 297, BV. 441,15. Jh., obd. München, BSB. Cgm 5248,2; Nr. 299, BV. 443, 9. Jh., bair. München, BSB. Cgm 5250,28 b ; Nr. 300, BV 444, Hs. 11. Jh., bair. München, BSB. Clm 280 A; Nr. 302, BV. 446, Hs. 10./11. Jh., obd. München, BSB. Clm 305; Nr. 303, BV. 447, Hs. 11./12. J h , alem. München, BSB. Clm 330; Nr. 304, BV. 448,10. Jh., bair. München, BSB. Clm 375; Nr. 305, BV. 450,1. Hälfte 12. Jh., bair. München, BSB. Clm 475; Nr. 306, BV 453, Hs. 11./12. J h , bair.

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

642 München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB.

Clm Clm Clm Clm Clm

614; Nr. 307, BV. 454,13. Jh., obd. 615; Nr. 308, BV. 455, Hs. 14. Jh., md.-obd. 666; Nr. 310, BV. 457,15. Jh. 2612; Nr. 313, BV. 461,12./13. Jh., bair. 2944; Nr. 315, BV. 463,10. Jh., bair.

München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB. München, BSB.

Clm Clm Clm Clm Clm Clm Clm Clm

3215; Nr. 316, BV. 464,13 /14. Jh., bair. 3767; Nr. 319, BV. 469,10./11. Jh., obd. 3860a; Nr. 320, BV. 470,10. Jh., bair. 4112; Nr. 321, BV. 471, Hs. 12. Jh., fränk. (?) 4460; Nr. 323, BV. 473, Hs. 11. Jh., fränk. 4542; Nr. 706, BV. 477, Hs. Anfang 9. Jh., bair. 4583; Nr. 326, BV. 483,12. Jh., bair. 4593; Nr. 327, BV. 484,11. Jh., bair.

München, BSB. Clm 4606; Nr. 328, BV. 486,12. Jh., bair. München, BSB. Clm 4614; Nr. 707, BV. 488, Hs. 8./9. Jh. München, BSB. Clm 4622; Nr. 329, BV. 489; 12. Jh. München, BSB. Clm 5125; Nr. 332, BV. 493,13./14. Jh. (?) München, BSB. Clm 5515; Nr. 335, BV. 497,12. Jh. (?) München, BSB. Clm 6028; Nr. 336, BV. 499, Hs. 12./13. Jh., bair. München, BSB. Clm 6217; Nr. 337, BV. 500, Hs. 10. u. 13./14. Jh., bair. München, BSB. Clm 6225; Nr. 339, BV. 503, Hs. 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6267; Nr. 709, BV. 515,11. Jh. München, BSB. Clm 6272; BV. 516, Hs. 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6277; Nr. 345, BV. 518, Hs. 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6293; Nr. 710, BV. 521,10. Jh., bair. München, BSB. Clm 6300; BV. 523, Ende 8./Anfang 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6305; BV. 524, Anfang 9. u. 10. Jh., bair. München, BSB. Clm 6308; BV. 525, 9. oder 10. Jh. München, BSB. Clm 6325; Nr. 348, BV. 529,1. Hälfte 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6375; Nr. 351, BV. 532, Hs. 1. Drittel 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6402; Nr. 354, BV. 536, Hs. letztes Viertel 8. Jh. München, BSB. Clm 6404; Nr. 355, BV. 537, Hs. spätes 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 6408; Nr. 356, BV. 538, Hs. 10./11. Jh. München, BSB. Clm 6411; Nr. 357, BV. 539, Hs. 9. Jh., wohl bair. München, BSB. Clm 6416; Nr. 361, BV. 543, Hs. 10. oder 11. Jh. Die Sprache ist obd., wohl bair. München, BSB. Clm 7999; Nr. 363, BV. 546,13. J h , obd. München, BSB. Clm 8104; Nr. 364, BV. 547,11. Jh. fränk. München, BSB. Clm 9534; Nr. 365, BV. 548, Hs. Anfang 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 9573; Nr. 367, BV. 550, Hs. 10./11. Jh., bair. München, BSB. Clm 9607; Nr. 368, BV. 551, Hs. 14. Jh., bair.

München

643

München, BSB. Clm 12658; Nr. 372, BV. 556,14. Jh., baii.-fränk. (?) München, BSB. Clm 12665; Nr. 373, BV. 557,13. Jh. u. 15. Jh. (versus). München, BSB. Clm 13002; Nr. 374, BV 558, Hs. 12. Jh., bair. München, BSB. Clm 13057; Nr. 375, BV. 559, Hs. 14. Jh., fränk. München, BSB. Clm 13108; Nr. 378, BV. 563, Hs. 13. Jh. München, BSB. Clm 14018; BV. 564, 2. Hälfte 11. Jh. München, BSB. Clm 14179; Nr. 380, BV. 568, Hs. 1. Hälfte 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 14221; Nr. 381, BV. 569. Hs. 10. Jh. München, BSB. Clm 14253; BV. 570, Ende 9. Jh. München, BSB. Clm 14379; BV. 576, Hs. Anfang 9. Jh. München, BSB. Clm 14395; Nr. 384, BV. 579, Hs. 11. J h , bair.-alem. München, BSB. Clm 14401; Nr. 385, BV 580, Hs. 10./11. u. 14. Jh., bair. München, BSB. Clm 14407; Nr. 386, BV. 581, Hs. 2. Hälfte 9. oder 10. Jh., bair.fränk. München, BSB. Clm 14409; Nr. 387, BV. 582, Hs. 10. Jh. München, BSB. Clm 14420; Nr. 388, BV. 583, Hs. 2. Hälfte 9. u. 11. Jh., München, BSB. Clm 14425; BV. 584, Ende 8. Jh. München, BSB. Clm 14429; Nr. 389, BV. 586, Hs. 9. Jh., obd. München, BSB. Clm 14434; Nr. 390, BV. 587, Hs. 9. Jh. München, BSB. Clm 14456; Nr. 391, BV. 588, 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 14461; Nr. 392, BV. 590, Hs. Mitte 9. Jh., bair. u. fränk. München, BSB. Clm 14505; Nr. 395, BV. 593, 2. Hälfte 11. Jh. München, BSB. Clm 14510; BV. 596, Hs. 9. Jh. München, BSB. Clm 14515; Nr. 397, BV. 597, Hs. 11./12. Jh., obd. München, BSB. Clm 14569; Nr. 399, BV. 599, Hs. 11. Jh. München, BSB. Clm 14584; Nr. 400, BV. 600, 12. (Bibelgl.) u. 14. J h , (Körperteilgl.), bair. München, BSB. Clm 14689; Nr. 403, BV. 604, Hs. 11./12. J h , bair. u. (Körperteilgl.) alem. München, BSB. Clm 14737; Nr. 405, BV. 608, Hs. spätes 10. Jh. München, BSB. Clm 14745; Nr. 407, BV. 610,14. J h , obd. München, BSB. Clm 14747; Nr. 408, BV. 611, Hs. 10. J h , bair. München, BSB. Clm 14754; Nr. 409, BV. 612, Hs. 10. J h , bair. München, BSB. Clm 14781; Nr. 410, BV. 613, Hs. 12. u. 13. Jh. München, BSB. Clm 14804; Nr. 411, BV. 614, 9. u. 10. J h , bair. München, BSB. Clm 14823; BV 615, 2. Hälfte 11. Jh. München, BSB. Clm 14851; Nr. 413, BV 617, Hs. 13. u. 14. Jh. München, BSB. Clm 15825; Nr. 415, BV. 619, Hs. 11. Jh. München, BSB. Clm 17142; Nr. 418, BV. 623,12. J h , bair. München, BSB. Clm 17151; Nr. 419, BV. 625,12. J h , fränk.-obd. München, BSB. Clm 17152; Nr. 420, BV. 626,12. J h , bair. München, BSB. Clm 17153; Nr. 421, BV. 627,12. J h , fränk.-obd.

644

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

München, BSB. Clm 17155; Nr. 423, BV. 629, Hs. 12. Jh. München, BSB. Clm 17194; Nr. 424, BV. 630, 12. u. 14. (versus) Jh., fränk-obd. München, BSB. Clm 17210; Nr. 425, BV. 631, Hs. 12./13. Jh., obd. München, BSB. Clm 17403; Nr. 426, BV. 632, Hs. 13. Jh., bair. München, BSB. Clm 18059; Nr. 428, BV. 634,11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18140; Nr. 429, BV. 637, 3. Viertel 11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18189; BV. 639, 2. Viertel 11. Jh. München, BSB. Clm 18192; Nr. 716, BV. 640,11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18227; Nr. 717, BV. 641,11. Jh., obd. München, BSB. Clm 18375; Nr. 43, BV. 642,11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18517b; BV. 645, Ende 11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18530a; Nr. 436, BV. 649, 3. Viertel 11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18547b; Nr. 437, BV. 650, um 1000, bair. München, BSB. Clm 18550a; Nr. 438, BV. 652, 8. u. 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 18556a; BV. 653, um 10 /11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18580; BV. 710g. München, BSB. Clm 18628; Nr. 439, BV. 654, Mitte 11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18765; Nr. 440, BV. 657,11. Jh., bair. München, BSB. Clm 18922; Nr. 441, BV. 658,10./11. Jh., bair. München, BSB. Clm 19162; Nr. 442, BV. 659,10. J h , bair. München, BSB. Clm 19410; Nr. 443, BV. 660, Hs. 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 19415; Nr. 445, BV. 662, 9. (Lex Bai.) u. 11. (Lex Alam.) Jh., bair. München, BSB. Clm 19417; Nr. 446, BV. 663,1. Drittel 9. Jh., bair. München, BSB. Clm 19440; Nr. 448, BV. 665, Hs. 10./11. Jh., bair. (Greg. Gl. um 1000). München, BSB. Clm 19450; Nr. 449, BV. 666, Ende 10, Anfang 11. J h , bair. München, BSB. Clm 19451; Nr. 450, BV. 667; 10. J h , bair nach südrhfrk. Vorlage München, BSB. Clm 19454; Nr. 452, BV. 669, Hs. 11. Jh. München, BSB. Clm 19490; Nr. 723, BV. 676, Hs. 12. Jh. München, BSB. Clm 21525; Nr. 456, BV. 677, 9. J h , bair. München, BSB. Clm 21562; Nr. 457, BV. 678,12. J h , alem. München, BSB. Clm 22201; Nr. 460, BV. 681, Mitte 12. J h , bair. u. mfrk. München, BSB. Clm 22258; Nr. 462, BV. 683,12. J h , bair. München, BSB. Clm 22272; Nr. 463, BV. 684,11./12. J h , obd. München, BSB. Clm 23486; Nr. 466, BV. 688, Hs. 10./11. J h , fränk. München, BSB. Clm 23496; Nr. 467, BV. 689,12. J h , bair, obd. München, BSB. Clm 23577; BV. 690,11. u. 12. Jh. München, BSB. Clm 23796; Nr. 468, BV. 691, 15. J h , bair. München, BSB. Clm 27329; Nr. 471, BV. 694,14. J h , fränk. München, BSB. Clm 29108a; Nr. 480, BV. 707, Hs. 13. Jh. München, UB, 4° Cod. ms. 914 vermißt; Nr. 483, BV. 711,12.Jh

St. Paul

645

Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III ms. IV. G. 68; BV. 713, frühes 10. Jh. Nürnberg, Germanische Nationalmuseum Hs. 42523; Nr. 486, BV. 716,13. Jh. St. Omer, Bibliotheque Municipale 150; Nr. 488, BV. 718, Hs. 10. u. 12. Jh., fränk., mfrk. Oxford, BL. Auct. F. 1.16; Nr. 491, BV. 721, Hs. 10. Jh., as. u. hd. Oxford, BL. Auct. T. 2.22; BV. 723. Oxford, BL. Jun. 25; Nr. 493, BV. 725,1. Viertel 9. Jh., alem. Oxford, BL. Jun. 83; Nr. 494, BV. 726, Hs. 13. Jh., mfrk. Oxford, BL. Jun. 116f; Nr. 496, BV. 727. Oxford, BL. Laud. lat. 14; Nr. 497, BV. 728,13. Jh. Oxford, BL. Laud. lat. 92; Nr. 499, BV. 730, Hs. 9. Jh., mfrk. Oxford, BL. Laud. lat. 97; Nr. 500, BV. 731, Hs. 12. Jh., rhfrk. Oxford, BL. Laud. lat. 108; BV. 733, Hs. 9. Jh. (?), ostfrk. Oxford, BL. Laud. misc. 263; Nr. 501, BV. 735, Hs. 10. Jh., fränk. Oxford, BL. Laud. misc. 275; Nr. 502, BV. 736, Hs. 9. Jh., ostfränk. Oxford, BL. Laud. misc. 410; Nr. 503, BV. 737, Hs. 11. Jh., 12. u. 15. Jh. Oxford, BL. Laud. misc. 429; BV. 738, Hs. 9. Jh. (?), ostfränk. Paris, BN. lat. 2685; Nr. 506, BV. 741, 2. Hälfte 9. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 3848; Nr. 507, BV. 742,12. Jh., bair. Paris, BN. lat. 7640; Nr. 508, BV. 747, 8-/9. Jh., bair. Paris, BN. lat. 8318; BV. 750,11. Jh., alem. u. rheinfrk. Paris, BN. lat. 9344; Nr. 509, BV. 752,10./11. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 9345; Nr. 510, BV. 753,11. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 9346; BV. 754,11. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 9532; BV. 755, 9./10. Jh. u. um 1100, mfrk. Paris, BN. lat. 10195; Nr. 511, BV. 758, Mitte 11. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 11129; Nr. 726, BV. 761,10./11. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 11219; BV. 762,11. Jh., mfrk. Paris, BN. lat. 13953; Nr. 515, BV. 766,10. Jh., alem. Paris, BN. lat. 13955; BV. 767, 9./10. Jh., nd. oder fränk. Paris, BN. lat. 16702, Nr. 727, BV. 769,12. Jh., ostfrk. Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 241; Nr. 518, BV. 771, Hs. 11. Jh., bair.-alem. Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1132; BV. 773, 9./10. Jh., obd. Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1296; BV. 774d, Hs. Ende 10. Jh. Paris, BN. Nouv. acquis, lat. 1297; BV. 774,12./13. Jh. St. Paul, Stiftsarchiv 37/6; Nr. 522, BV. 775,10. Jh., alem. [Fragment St. Paul] St. Paul, Stiftsarchiv 903/0; Nr. 729, BV. 776, 9./10. Jh., alem. St. Paul, Stiftsarchiv 1/1; Nr. 519, BV. 777, 9. Jh., alem. St. Paul, Stiftsarchiv 19/1; Nr. 520, BV. 778,13. Jh.

646

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

St. Paul, Stiftsarchiv 82/1; Nr. 521, BV. 779,10. Jh., alem. Pommersfelden, Graf von Schönbornsche Schloßbibliothek 12 (2671); Nr. 523, BV. 781,12. Jh., mfrk. Prag, Universitni knihovna, MS IV Ε 16; BV. 787a, 14./15. Jh. Prag, Universitni knihovna, MS VII G 25; Nr. 529, BV. 784, Hs. 13. Jh. Prag, Universitni knihovna, MS VIII Η 4; Nr. 530, BV. 785, Hs. 11. Jh., obd. Prag, Universitni knihovna, MS XXIII Ε 54; Nr. 525, BV. 786., 13. Jh., fränk.obd. Prag, Knihovna Närodnflio Muzea Χ A 11; Nr. 528, BV. 788, Hs. 13. Jh., ahd. Praha, s. Prag. Reichenbetg, Privatbesitz Katzer, Verbleib unbekannt; BV. 789, Hs. 12. Jh., bair. Rom, BV. Chigi Η V 165; BV. 791, zweites Drittel 11. oder 12. Jh., obd.-fränk. Rom, BV. Ottob. lat. 3295; BV. 792, 3. Viertel 9. Jh., südrheinfrk. Rom, BV. Pal. lat. 288; Nr. 533, BV. 798,12. Jh., fränk. Rom, BV. Pal. lat. 1088; Nr. 536, BV. 806, 9./10. Jh. u. 12./13. Jh., fränk. Rom, BV. Pal. lat. 1158; BV. 807, Ende 11., Anfang 12. Jh. Rom, BV. Pal. lat. 1259; Nr. 53, BV. 808,13. Jh., obd. Rom, BV. Pal. lat. 1710; BV. 812, Hs. 9., 10./11. u. 13./14. Jh. Rom, BV. Pal. lat. 1715; Nr. 539, BV. 813,10. Jh., obd. Rom, BV. Pal. lat. 1716; Nr. 540, BV. 814,1. Hälfte 11. Jh., fränk. Rom, BV. Reg. lat 339; Nr. 541, BV. 821, Hs. 9. u. 11. Jh. Rom, BV. Reg. lat. 356; Nr. 542, BV. 823,10./11. Jh., fränk. Rom, BV. Reg. lat. 598; Nr. 544, BV. 825, Hs. 2. Hälfte 9. Jh., obd. Rom, BV. Reg. lat. 1143; Nr. 734, BV. 826,11. Jh. Rom, BV. Reg. lat. 1701; Nr. 545, BV. 827,11. Jh., obd. Rom, BV. Reg. lat. 1703; BV. 828,10./11. Jh., alem. Rom, BV. Vat. lat. 625; BV. 833,12.-13. Jh. Rom, BV. Vat. lat. 3860; BV. 834, Hs. 10./11. Jh., obd. Rom, BV. Vat. lat. 3866; 11. Jh. Rom, BV. Vat. lat. 5821; Nr. 547, BV. 835,11. Jh., alem. Salzburg, Salzburger Museum Carolino Augusteum Hs. 2163; Nr. 549, BV. 838, 1. Viertel 9. Jh., bair. Salzburg, St.P. a VIII 5; BV. 840, 9. u. 10. Jh., bair. Salzburg, St.P. a IX 20; Nr. 550, BV. 843,12. Jh., bair. Salzburg, UB. Μ II 279; Nr. 551, BV. 846, 2. Hälfte 11. Jh., bair. Schaffhausen, StadtB. Ministerialbibliothek Cod. 61; BV. 848,10. Jh. Schlettstadt, Bibliotheque et Archives Municipales Ms.7; Nr. 552, BV. 849, 12. Jh., alem.

Wien

647

Straßburg, UB. A. 157 verbrannt; Nr. 554, BV. 853, Hs. 12. Jh., obd. Straßburg, UB. C. IV. 15 verbrannt; BV. 855, Hs. 10./11. Jh., as. Straßburg, UB., Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg; Nr. 557, BV. 857, um 1175, alem. Stuttgart, WLB. Cod. bibl. 2° 80; BV. 858,10. Jh. Stuttgart, WLB. Cod. theol. et phil. 2° 218; Nr. 560, BV. 863,12. Jh., alem. Stuttgart, WLB. HB II 35; BV. 865,10. Jh. Stuttgart, WLB. HB IV 26; Nr. 561, BV. 867,12. Jh., alem. Stuttgart, WLB. HB VI 109; Nr. 562, BV. 868, 9. Jh., bair. Stuttgart, WLB. HB VII 24; BV. 871, Ende 11. Jh. Stuttgart, WLB. HB XI 8; BV. 873, 9. Jh. Stuttgart, WLB. HB XII 6; Nr. 563, BV. 874,12. Jh., alem. Trient, Biblioteca Communale 1660; Nr. 565, BV. 876,11. Jh., alem. Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs. 61; Nr. 567, BV. 877, Hs. 11./12. Jh., mfrk. Trier, Bistumsarchiv Abt. 95 Nr. 17, Nr. 566, BV. 878, 14./15. Jh., fränk. nach obd. Vorlage. Trier, StadtB. 40/1018; Nr. 738, BV. 879,10. Jh., mfrk. Trier, StadtB. 1093/1694; Nr. 569, BV. 881, Hs. 11. Jh., moselfrk. Trier, StadtB. 1124/2058; Nr. 568, BV. 882, ausgehendes 12. oder 13. Jh. u. 14. Jh., mfrk. nach rheinfrk.-obd. Vorlage. Trier, StadtB. Unsigniert; Nr. 570, BV. 883, Hs. 11. u. 12. Jh., mfrk. Uppsala, Universitetsbiblioteket C. 664; BV. 884, Anfang 11. Jh. (Apuleius), 12. Jh. (Beschwörungsformel). Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana Marc. Lat. XII. 138; Nr. 571, BV. 885, Hs. 12. Jh., obd. Verdun, Bibliotheque Publique 69; BV. 1052. Wien, ÖNB Cod. 9 und 10; Nr. 573, BV. 887, Hs. 11. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 85; Nr. 575, BV. 890, Hs. 11. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 114; Nr. 576, BV. 892, Hs. 10. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 134; Nr. 739, BV. 893,12. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 171; Nr. 579, BV. 896,12. Jh. Wien, ÖNB Cod. 187; BV. 957a, 14. Jh., obd. Wien, ÖNB Cod. 271; Nr. 587, BV. 904, bair., 10. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 311; BV. 907, Nr. 590,11. Jh. Wien, ÖNB Cod. 361; Nr. 591, BV. 909, Hs. 11. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 406; BV. 912,12. Jh., bair. (?) Wien, ÖNB Cod. 534; BV. 916,10. Jh., bair. Wien, ÖNB Cod. 751; Nr. 599, BV. 922,1. Hälfte 9. Jh., mfrk.

648 Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB Wien, ÖNB

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

Cod. 804; Nr. 600, BV. 926, Hs. 12. Jh., bair. Cod. 901; Nr. 601, BV. 927, Hs. 13. Jh., obd. Cod. 949; Nr. 602, BV. 928, 9./10. J h , bair. Cod. 1239; Nr. 608, BV. 936, Hs. 10. Jh., bair. Cod. 1322; Nr. 609, BV. 937,10. Jh. Cod. 1325; Nr. 610, BV. 938, Hs. 14. Jh., bair. Cod. 1370; Nr. 611, BV. 939, 9./10. Jh. Cod. 1761; Nr. 613, BV. 941, Hs. 10. Jh., obd. Cod. 2171; Nr. 614, BV. 942, Hs. 9. Jh. Cod. 2400; Nr. 617, BV. 945,12./13. Jh., bair. Cod. 2532; Nr. 619, BV. 948,12. Jh., frank. Cod. 2524; Nr. 618, BV. 947, Hs. letztes Viertel 13. Jh., obd. Cod. 2723; Nr. 620, BV. 949, Hs. 2. Hälfte 10. Jh., bair. Cod. 2732; Nr. 621, BV. 950, Hs. 10. u. 11. Jh., bair. Cod. 15306 (Suppl. 2702); Nr. 624, BV. 953,11. Jh., as. Cod. Ser. nova 3647; BV. 957, Hs. 13. Jh., westmd.

Wiesbaden, Hessische LB. 2; Nr. 628, BV. 958, Hs. 13. Jh., fränk. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 56.18 Augusteus 4°; Nr. 630, BV. 960, Hs. 9. Jh., as. mit obd. Vorlage. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 365 Helmstadiensis; Nr. 632, BV. 965, Hs. 10. Jh. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 842 Helmstadiensis; Nr. 634, BV. 967, Mitte 9. Jh. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 3 Weissenburg; Nr. 635, BV. 968, Hs. 9./10. Jh., südrheinfrk. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 47 Weissenburg; Nr. 637, BV. 970, Hs. 9. Jh., südrheinfrk. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 50 W; BV. 972, 2. Hälfte 9. Jh., südrheinfrk. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 77 W; Nr. 640, BV. 976, 3. Viertel 9. Jh., alem. (?) fränk. (?) Wroclaw, s. Breslau. Würzburg, UB. M. p. th. f. 3; Nr. 641, BV. 978, 8. Jh., ostfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 18; Nr. 642, BV. 982, Hs. 10. Jh., ostfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 19; BV. 983, Hs. 9./10. Jh., ostfrk. oder rheinfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 20; Nr. 643, BV. 984, Hs. 9. J h , ostfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 21; Nr. 644, BV. 985, Hs. 9. J h , ostfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 42; BV. 988, Hs. 9. J h , ostfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 45; BV. 989, Hs. 9. J h , ostfrk. Würzburg, UB. M. p. th. f. 79; BV. 994, 9. J h , ostfrk.

ZwettI

Würzburg, Würzburg, Würzburg, Würzburg,

UB. UB. UB, UB.

649

Μ. p. th. f. 146; Nr. 647, BV. 995, Hs. 10. Jh., ostfrk. M. p. th. f. 147; BV. 996, Hs. 9. J h , ostfrk. M. p. th. q. 60; Nr. 648, BV. 998,11. u. 13. Jh., ostfrk. u. bair. M. p. misc. ο. 1., Virgilfragmente; BV. 999a, 9. Jh.

Zürich, ZB. Ms. C 59; Nr. 659, BV. 1002, Hs. 9. u. 10. Jh., alem. Zürich, ZB. Ms. C 68; Nr. 649, BV. 1003, Hs. 8. u. 9. Jh., obd. Zürich, C 78; BV 1019b. Zürich, ZB. Ms. C 184; Nr. 749, BV. 1005,12. Jh. Zürich, ZB. Ms. Car. C 164; Nr. 651, BV. 1008, Hs. 10 /11. Jh., alem. Zürich, ZB. Ms. Rh. 35; Nr. 652, BV. 1010, Hs. 10. Jh., alem. Zürich, ZB. Ms. Rh. 56; Nr. 675, BV. 1013, Hs. 10. Jh., alem. Zürich, ZB. Ms. Rh. 62; Nr. 653, BV. 1014, Hs. 12. Jh., alem. Zürich, ZB. Ms. Rh. 66; Nr. 654, BV. 1015, Hs. 12. Jh., alem. Zürich, ZB. Ms. Rh. 99a; Nr. 656, BV. 1017, 9. Jh., alem. ZwettI, StiftsB. 1, BV. 1020, Nr. 660,13. Jh., bair.

*Die Datierungen beziehen sich - wenn nicht durch den Zusatz „Hs." ausdrücklich gekennzeichnet - soweit bekannt auf das Alter der Glossierung. Ich danke Herrn Prof. Rolf Bergmann sehr herzlich für die Erlaubnis, die Angaben im Archiv des Bamberger Katalogs der althochdeutschen Glossenhandschriften zu aktualisieren.

650

Verzeichnis der zitierten Glossenhandschriften

Nicht im Einzelnen aufgeführt werden die Handschriften der folgenden Glossenfamilien: Abtogans: Pa. = Paris, BN. lat. 7640 (s.o.). K. = St. Gallen, StiftsB. 911 (s.o.). Ra. = Karlsruhe, BLB. Aug. CXI (s.o.). R. = Wien, ÖNB Cod. 482; Nr. 594, BV. 915, 9. Jh., bair.

Die Glossae Salomonis-Handschnften des von Steinmeyer gemeinsam edierten damaligen Kernbestandes. Zu den komplizierten Handschriftenverhältnissen vergleiche man B. Meineke, Zu einer Edition, bes. S. 23. Die Auflösung der Siglen: a= Zwettl, StiftsB. 1 (s.o.). b= Wien, ÖNB Cod. 2276; Nr. 616, BV. 944,14. Jh., bair. c= Clm 22201 (s.o.). d= Clm 13002 (s.o.). e— Clm 17403 (s.o.). Admont, StiftsB. 3 f= g= Prag, Knihovna Närodniho Muzea (s.o.). h= Cgm 187 (s.o.). i= Clm 17152 (s.o.). Liber impressus; Nr. 663 k= 1= Innsbruck, UB. 711 (s.o.). m - o= Clm 29121; Nr. 481, BV. 708,11 .-12. Jh. Heiligenkreuz, StiftsB. 17 (s.o.). Ρ= Zu den Handschriften der Summarium Heinrici-Überlieferung sieh StSG. III, 58 sowie R. Hildebrandt, Summarium Heinrici, Bd. 1.