Die Erdkunde im Verhältniß zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder allgemeine vergleichende Geographie, als sichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in physicalischen und historischen Wissenschaften: Band 9, Teil 2 Klein-Asien [2., stark verm. und umgearb. Ausg. Reprint 2018 ed.] 9783111421377, 9783111056890

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Die Erdkunde im Verhältniß zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder allgemeine vergleichende Geographie, als sichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in physicalischen und historischen Wissenschaften: Band 9, Teil 2 Klein-Asien [2., stark verm. und umgearb. Ausg. Reprint 2018 ed.]
 9783111421377, 9783111056890

Table of contents :
Inhaltsverzeichniß und Blattweiser
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Klein-Asien. Zweiter Band
Das Halbinselland Klein-Asien ober Anatolien. Fortsetzung. Theil II
Vierter Abschnitt
22. Vier und zwanzigstes Kapitel. Die großen cilicifchen Landströme zum mittelländischen Meere
23. Fünf und zwanzigstes Kapitel. Der cilicische Rüstensanm zwischen den Sarus- und Pyramus-Mündungen
24. Sechs und zwanzigstes Kapitel. Das Stromgebiet des Seihan Tschai, des Sarus der Alten
25. Sieben und zwanzigstes-Kapitel. Tersus-Tschai, der Strom von Tarsus, Kvơyog der Alten
26. Acht und zwanzigstes Kapitel. Der cilicifche alpine Gebirgsftod des Antitaurus, Ala -Dagh, Bulghar -Dagh, Dumbelef- Dagh
27. Neun und zwanzigstes Kapitel. Das cilicifche Vorland, das rauhe (Silicien, die Tracheotis Kıλıxíu ŕ, TϱaϞeĩa, Tϱaˑ̷Ϟeɩὢrɩiϛ, Cilicia aspera der Autoren. Die heutige Provinz Itsch-eli der Türken mit dem Stromsystem des Gjök Su; Calycadnus der Alten und das peninfulare Gestadeland bis Tarsus
28. Dreißigstes Capitel. Die Gebirgslandschaften der Südtaurusketten im Westen von Cilicien, nämlich in Jfauria, Pamphylia, Pisiria der Alten; die ehemaligen Sandschake Tekeh und Hamid der Türken
29. Ein und dreißigstes Kapitel. Die Uebergänge von dem gebirgigen Pisidien nach dem südlicheren ebenen Pamphylieu durch die Stromsysteme bis zum Meere
30. Zwei und dreißigstes Kapitel. Das Stromsystem des Cestrus, Ak Su, d. i. Weißwasser. S. 534-598
31. Drei und dreißigstes Kapitel. Der Küstensaum Pamphyliens das Gestadeland der kleinen Küstenflüsse von dem rauhen Cilicien zu Alaja (Coracesium) in Ost gegen West nach Lycien bis Adalia (Attalia) und Olbia
32. Vier und dreißigstes Kapitel. Der Küstensaum Pamphyliens und das Gestadeland der kleinen Küstenflüsse im rauhen Cilicien bis Lycien und Adälia; Fortsetzung
33. Fünfunddreißigstes Kapitel. Das lycische Verland; das alte Lucien (Avxia) zwischen Pamphulien und Carien, südwärts Bisidien, ßbrugien und Lydien, die heutige türkische Landschaft Mentesche
34. Sechs und dreißigstes Kapitel. Die cibnatische Plateaulandschaft. Die Hochebene von Almalh und Awlan im Osten, die centrale Hochebene von Guzilhissar oder die Ciburatis im engeren Sinne im Westen, mit den vier Bunde-städten Cibyra, Dubon, Dalbura und Oenoanda, mit den Nordabsällen de- Massicytu-System- und deren Quellströme
Sieben und dreißigstes Kapitel. Das Hochland der Cibhratis gegen N.D. und der Nordlaus des Gerenis Tichai bis zur Karajyk Owassy und dem Ehonas Dagh
36. Acht und dreißigstes Kapitel. Das Stromsystem des Dolaman Tschai (Jndns) aus der hohen Plateaulandschast der Cibyrati- durch da- Tiesthal bis zu seiner Mündung am Meere. Der Gerenis-, Gürlik-, Dolaman-Tschat und sein Gebirgsbegleiter gegen die Seite von Carien; das carische Grenzgebirze, Boz Dagh, Salbacus
37. Neun und dreißigstes Kapitel. Das vom hohen Plateauboden abfallende vielgegliederte Gebirgsland Lyciens im engeren Sinne gegen den Süden und das Gestadeland zwischen dem Gels von Makri und der Bai von Phineka
38. Vierzigstes Kapitel. Das Stromsystem des Xanthus
39. Ein und vierzigstes Kapitel. Die Küstenanlicht des südlichen Gestadelandes Lhcien von Xanthus bis zur Phineka Bai und dem Ghelidoniscktn Vorgebirge
40. Zwei und vierzigstes Kapitel. Das südliche Glestadeland Lhciens von seiner kontinentalen Seite, durch Landreisen von Fellows. Echönborn, Epratt, Forbes und Rost erforscht
41. Drei und vierzigstes Kapitel. Allgemeine Resultate der Naturforschung auf dem Boden Lyciens durch Cdw. Forbes

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„Citlus emergit veritas ex errore, quam ex confuaiono” Baco de form. calicL Aphor. X.

Die Erdkunde von

Asien, von

Carl Ritter.

Band IX.

Klein * Asien.

Theil II.

Berlin, 1859. Gedruckt und verlegt bei Georg Reimer.

Die Erdkunde im Verhältniß zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder

allgemeine

vergleichendeals Geographie, sichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in physikalischen und historischen Wissenschaften von

Carl Ritter,

Dr. u. Pros. p. Ord. a.b. Univ. in Berlin, Mitgl. d. Kön. Acad. d. Wissensch. das., Ritter v. roth. Adl.-Ord. 2.Kl. m.Eichl., wied. Ord. p.leM6rite Friedenskl.; Command. 2. Kl. d. Kurh.Hausord. v. gold. Löw., Command. d. Erlös.-Ord. v. Griechenl.u. d. Kgl. Bayer. St. Michaels-, wie Maximil.-Ord. f.K. u.W., Ritt. d.Dannebrog-,Nordstern-u.K.Sächs. Civ.-Verd.-Ord., R. d. Stanisl.-Ord. 2. Kl. m. d. St.; Wirkt. Mitgl. d.Wetterauisch. Ges. f. d. ges. Naturk.; corresp. Ehr.-M. d.Ges. f.alt. deutsche Gesch.; ausw. Mitgl. d.K. Soc. d. Miss, m Gott., d. Senkenberg. Naturf. Ges. z. Franks, a. M.; ausw. Mitgl. d. Soc. Asiat, ti. Geogr. in Par., t>. Roy. Asiat. Soc. of Gr.Br., fe.Roy. Geogr.Soc. in Lond.,d. K.DUn. Ges.d.W.inKopenhag., wied.K.Ges.f.nord.Alterthsk.das.; Ehr.-M.d.Kais.R.Acad.d. W. in St. Petersb. u. d. Naturf. Ges. in Moskau, wie d. Kais. R. geogr. Ges. in Petersb. u. d. geogr. Ges. in Frankf.a.M., d. Soc. d. W. in Stockh.; Corresp.et Associö ötranger de l’Acad.Roy. deslnscr. etBell.Lettr. del’Inst. Imperial de Fr., Mitgl. b.Soc.Egypt. in Kairo, b. New-York Hist. Soc., b.Amer. Ethnolog. Soc., d. Soc.Ethnol.inPar., d. Cornw. Polytechn.Soc., d. Soc. scient. d.Pyrän. oriental, in Perpign., d. Bas. Naturf. G., Membre corresp. delaComm. centr. de Statist, du Royaume de Belg.; ord. M. d.dtsch.morgl. Ges., EHr.-M. d.Kais. Acad. d.W. in Wien u. d.dort. K.K. geogr. Ges.; For. Member of theRoy. Soc. of Lond. f. the prom. of Natural Knowledge, auch d. Archäolog. Soc. in Athen, d. Kön. Bayer. Acad. d.W. in München, ord.ausw.M. u. ausw. Ehr.-M. d. Amer. Acad. d. Künste u. Wiss. zu Boston, Massachusetts, d. Americ. Geogr. and Stab Soc.; Corresp. dell lmper. e Reale Ateneo Ital. Firenze u. d. Magyar Academia in Pesth, wie der Böhm. Soc. d. W. in Prag Mitgl.

Neunzehnter Theil. DrittesBuch. West-Asien. Klein-Asien. Band II. Zweite stark vermehrte und umgearbeitete Ausgabe.

Berlin, 1859. Gedruckt und verlegt bei Georg Reimer.

„Citius emcrgit vcritas ex errore, quam ex confusione.11 Baco de form, calid. Aphor. X.

Vergleichende Erdkunde des

Halbinsellandes Klein-Asien,

Carl Ritter.

Zweiter

Theil.

Berlin, 1859. Verlag von G. Reimer.

„Citius emcrgit vcritas ex errore, quam ex confusione.11 Baco de form, calid. Aphor. X.

Jnhaltsverzeichniß und Blattweiser Allgen»eine Erdkunde Th. XIX. Drittes Buch.

West- Asien. Die westlichen Gliederungen.

Sechste Abtheilung. Das Halbinselland Klein-Asien oder Anatolien. Fortsetzung.

Theil II.

Zweiter Baud. Vierter Abschnitt. Die großtu Landströme Kleinasiens mit ihren Stromgebieten auf der Südseite der Halbinsel. $. 22. Vier und zwanzigstes Kapitel.

Die großen cilicifchen Land­

ströme zum mittelländischen Meere. S. 1—6. 1. Der Dschihan oder Pyramus und sein Stromgebiet. S. 6—119. Uebersicht. Erläuterung 1.

S. 6—8. Der obere Lauf deS Dschihan Systems bis Marasch.

S. 8—38. Erläuterung 2.

Der mittlere Lauf deS Dschihan-SystemS von Ma­

rasch bis in die cilicische Tiefebene.

S. 38—56.

Die Stadt Marasch und ihre Umgebung bis Anazarba. S. 46—56. Erlauterung 3.

Der Fluß und die StadtAnazarba (Navarza), jetzt

Ain Zarba, die alte Residenzstadt der Rhupenier, die Lage von Adamodana, Tumlo Kalessi.

S. 56—67.

v,n

Jnhaltsverzeichniß.

Erläuterung 4. Der Dschihanzufluß von Sis, die Stadt Sis, die neuere Residenzstadt der Könige von Klein-Armenien von 1182—1374 und der Patriarchensitz von Klein-Armenien bis heute. S. 67—81. 1. Willebrand von Oldenburg Wanderung nach Sis im I. 1211. 2.

S. 69—73. Cvt. Ehcsney's Wanderung vom Gülek-Boghaz am Düvabhange des Antitaurus entlang nach Sis im Januar 1836.

S. 73.

3.

I. Nusseggers Wanderung von Missis nach Sis und von da zur Erforschung der turkmanischen Eisenerzgrubcn bis Hudh, im Mit­ telläufe des Seihun-Tschai Thales im August 1836. S. 73. Erlauteruuz 5. Sis nach Lucas Jndschidschean. S. 81—87. Erl au terun z 6.

Lict. Lauglois Besuch und Aufenthalt in Sis im

November und December 1852. S. 87—96. Erlauteruu g 7. Missis, Mopsuestia der Alten, Mamistra der Kreuz­ fahrer und das Muudungsland des Dschihan (Pyramus) bis Mallos auf dem Vorgebirge Karatasch Burnu.

S. 96—119.

§.23. Fünf und zwanzigstes Kapitel. Der cilicische Küstensanm zwischen den Sarus- und Pyramus-Mündungen. S. 119—129. Erläuterung 1. E. Fr. Beauforts Erforschung der Küste Ciliciens zwischen der Sarus- und der Pyramus-Mündung bis Aegae, am Ein­ gänge des Golfs von Jskenderun, auf dem Schiffe Fredcricksteen, im Aufträge der engl. Admiralität, 1812.

S. 120—129.

§.24. Sechs und zwanzigstes Kapitel. DaS Stromgebiet des Seihan Tschai, des Sarus der Alten. S. 129—181. Uebersicht. S. 129—136. Erläuternng 1. Der obere Lauf des Sarussystems von der Quelle bis zu ihrem Durchbruche gegen Sud durch den Kermes- und AlaDagh bei Hadschin und Farasch. S. 137—143. Erläuterung 2. Der mittlere Lauf des Sarussystems und die Be­ völkerungen seines Stromgebietes.

S. 143—152.

Erläutern ng 3. Die Türkin anen als Eindringlinge und Usurpatoren im cilicischen AntitauruS; die Dynastie des Ramadhan Ogblu. S. 152 — 161. Erläuterung 4. Die Expedition der Bergleute Szlabey und Ginsberg im mittleren Thalgebiete des Sarussystems, von Hudh am Südfusre des Karmes Dagh an bis Günik Tepessi, zur Aufsuchung der turkmanischen Eiseuminen und Eisenhüttenwerke, im Aufträge von Russegger (1836). S. 161—164. Erl äuterung 5. Der untere Lauf des Sarussvstems vom vereinigten Stromlaufe des Scihan über Adana zum Meere.

S. 165—181.

§.25. Sieben und zwanzigstes-Kapitel. Tersus-Tschai, der Strom von Tarsus, Ctzdnus der Alten. S. 181—226. Uebersicht.

S. 181 — 188.

JnhaltSverzeichniß.

li

Erläuterung 1. Die Quelle des Eydnus oder TersuS Tschai am Westende deS Bulghar Dagh, nach Th. Kotschy. S. 188—197. lrrlauterung 2. Die Stadt Tersus, TarsuS, am Mittelläufe deS CybnuS mit ihren nächsten Umgebungen. S. 197—220. Erläuterung 3. Der untere Lauf de- EydnuS mit seinem Gestade­ lande bis zu dem Gülek Boghaz, am Fuße des Bulghar Dagh. S. 220 -226. Erläuterung 4. Das cilicifche Land unter der Verwaltung des tür­ kischen Paschalyks vvii Atana in der Gegenwart (1853). 0.226—235. $. 26. Acht iiiit zwanzigstes Kapitel. Der cilicifche alpine GebirgSftvrf des Antitaurus, Ala Dagb, Bulgbar Dagb, Dumbelek Dagh. 0. 236—291). Uebersicht. 0. 236—210. (Lrläuterung 1. Die Nordseite des AlpenstockS der cilicischen TaurnSkctte, der Ala Dagb und Bulghar Dagb. S. 240—244. (Lrläuterung 2. Die alten Stätte Tnana und tzubistra, die heutigen Kilisfe - Hifsar und (rregli, am Nordfuße des cilicischen Taurus. S. 245—265. 1. Von Audabitis über Tuana, Faustinopolis, Podandue zu den heißen Quellen u. s. w. 0. 245—254. 2. Hamiltons Weg von Intimi nach (Zregli. S. 254—260. 3. Ainswortbö Marsch von (Zregli. 0. 260—265. 2l n mcrkun g. Ueber die Marschroute des ersten Kreuzfahrerznges unter Gottfried von Bouillon, von (?regli durch Cilicieu, Lucaonien, Cappadecien, über Marasch nacli Antiochia am Qrontes. 0. 265—272. 8. 27. cun und zwanzigstes Kapitel. Das cilicifche Vorland, daS rauhe (Silicicn, die TracheotiS, KtXixCa rj TQaxtla, Tgaxitäue, Cilicia aspera der Autoren. Die heutige Provinz Itsch-eli der Tür­ ken mit dem Stromsvstem deS Gjök Sn; CalycadnuS der Alten und das peninfularc Gcstadcland bis Tarsus. 0. 299—414. Ueberncht. 0. 299—303. rläuteru n g 1. Die nördliche TracheotiS, die Wasserscheidehöhe deS Hochplateaus mit den Gebirgsketten gegen West bis znr Senkung nach Isaurien gegen den Soghla-Gjöl, und der Nordabfall gegen die centrale Plateauebene von Karaman, nach Maj. Fischer. 0. 303—306. 6 rläuterun g 2. Das Stromsustem des kalvcadnuS der Alten, jetzt Gjök-Su, lnmcntk-Su oder Fluß von Selefke (Saleph, Selephica, Selencia). 0. 306—321. lrläuteru ng 3. Das Mündungsgebiet des Calycadnus mit der Stadt Selefke (Selcucia) und dem cilicischen Gestadelandc nordostwärtS über Perschembe, Korghos, Mezetlü, Soli (PompejopoliS) bis zur Mün­ dung dcs TarnlsstromeS. 0. 321—334.

x

JnhaltSverzeichniß.

Erläuterung 4. Landweg vom CalycadnuS an dem cilicischeu Gestade­ lande nordwärts über den LamaSfluß hinaus nach PompejopoliS. S. 334—354. Erläuterung 5. Die südliche Tracheoti-, da-Küstenland de- rauhen EilitienS; Berg JmbaruS bei PliniuS und seine Nebersteigung nach dem Hasenorte Celenderis durch Olivier, Leake und Kinneir. S. 355 —363. Erläuterung 6. Durchschnitt durch das rauhe Cilicien von der Küste zu dem Eentralplateau der hohen isaurisch - pisidischen Binnenseen. A. SchönbornS Querreise von Kelenderi über Anamur und Ermenek, nordwärts über den cilicischen Taurus nach SiriS-Ma'aden über Arwan und den Seghla Gjöl in Zsaurien zum TinaS Dagh und nach Sidi Schehr (vom 17. bis 29. Sept. 1851). S. 364—376. Erläuterung 7. Der Küstensaum deö rauhen EilicienS, der TracheotiS oder Cilicia aspera. 0. 376—398. I. Don Alaja (Coraeesium) in West bis zum Vorgebirge Anamur (Anemurium) in 0.0. Westliche Abtheilung. 0. 376—398. Erläuterung 8. Der Küstensaum des rauhen CilicienS, der TrachcotiS eder Cilicia aspera. 0. 398—414. II. Dom Vorgebirge Anamur (Anemurium) gegen 91.0. bis Capo Cavaliere (AphrodisiaS) und Agha Liman (Holmi). Nach Beaufort- Küftensaumweg im Jahre 1812. Mittlere Abtheilung. Dom Cap Anamur bis Kilindria. 0. 396—414. $.28. Dreißigstes Capitel. Die Gebirgslandschaften der SüdtauruSketten im Westen von Cilicien, nämlich in Jfauria, Pamphylia, Pisidia der Alten; die ehemaligen Sandschake Tekeh und Hamid der Türken. 0. 415—467. Uebersicht. Umfang und die früheren ethnographischen Zustände. 0. 415—434. Erläuterung 1. Wanderung durch Jsaurien von Laranda biSKerelü (nach Hamilton im I. 1837). Entdeckung der alten Zfaura bei Olu Bunar, die 0chmelzhütte TiriS Ma'aden, der 0oghla Gjöl und der Kerelü oder Bei 0chehr Gjöl. Die Alpenscen TrogitiS und CaralitiS des Strabo. S. 434—459. Erläuterung 2. Die alte Landschaft Pisidien, Hamid der Türken. Wanderung von Kerelü am caralitischen See zum Nordende des Sees von Egerdir durch das nördliche und östliche Pisidien; über Karaghatsch, Ialobatsch bis zur Stadt Olu Durlu an der pisidischen Mestgrenze gegen da- alte Phrygien und Lvcien. 0. 459—466. Erläuterung 3. Die Nordumgebung de- Egerdir-See- mit den an­ tiken Städten Antiochia Pisidiae, Mordiaeum und Apollonia und ihre heutigen Zustände. S. 467—477. 1. Antiochia Pisidiae. S. 468.

InhaltSverzeichniß.

11

2. Olu Burlu, da» alte Mordiaeum oder Apolloma. S. 473. Erläuterung 4. Die alte Landschaft Pifidien, da» heutige Hamid; Fortsetzung. Da- Binnenland de- hohen Pisidien» in der Umgebung de» Egerdir-See» di» zu seinem Südende und der Stadt Egerdir (Seleucia Sidera). S. 477—487. $.29. Ein und dreißigstes Kapitel. Die Uebergänge von dem ge­ birgigen Pisidien nach dem südlicheren ebenen Pamphylieu durch die Stromsyfteme bi» zum Meere. S. 487—534., Uebersicht. G. 487—491. Erläuterung 1. Der Eurymedon, Kjöprü-Sn (d. i. Drückenfluß), auch Ajwaly Tschai, Kassimler Tschai, Ak Su u. a. der Türken, S. 491—497. Erläuterung 2. Der mittlere Stromlauf de» Eurymedon, der Ak Su von Kassimler bi» Sürk (Selge), Zindan, Ke»me. S. 497—507. Erläuterung 3. Der Eurymedon (mittler Lauf). Fortsetzung. Die Entdeckung der Ruinen der alten Selge zu Sürk oder Serge am Bozburun auf der Grenze vvtt Pisidien und Pamphylien durch Schönborn und DaniellS (1842). S. 507—518. Erläuterung 4. Der Eurymedon, Fortsetzung; sein unterer Lauf in der pamphylischen Ebene bis zum Meere. Die alte A»pendu» bei Balkesü (BolkaS). Nach Texter (1836), Fellow» (1838), Schönborn (1642 im Mai) und DaniellS (1842 im Juni). S. 518—534. $.30. Zwei und dreißigstes Kapitel. Das Sttomsystem de- Cestru-, Ak Su, d. i. Weißwasser. S. 534—598. Uebersicht. S. 534—539. Erläuterung 1. Der obere Lauf de- CestruS oder Aksu, J-batta (Bari-), Aghlasan (SagalassuS), Girme (Cremna). S. 539—560. Erläuterung 2. Der mittlere Lauf de- CestruS oder Aksu, nach A. SchönbornS Entdeckungen (im Jahre 1841 und 1851). S. 560 —562. Uebersicht. Der Seekessel Sürlik, der Gjök bunar, der Gjödeh Gjöl und der Emissär de» Egerdir-See- zu der Region der unterirdischen Wasserläuse (Duden). S. 560. Die Erforschung de- Teekessels Sürlik mit dem Meneschlü-Manastyr, de- großen Quellstroms Gjökbunar wie der Dudenregion am Gödeh Gjöl bis zum Egerdir-Südende. S. 562. Erläuterung 3. Der mittlere Lauf des CestruS oder Aksu, Fort­ setzung. Die Erforschung de» Kütschük Su und der Ruinen von Karabauulo (PednelissuS) und Bauulo (Dinzela?). S. 569—576. Erläuterung 4. Die Ebene Pambuk-Owassy (die BaumwollenEbene), die Dorstisse de» Hochlande» im mittleren Sttomgebiete des Cestru» und ihre südlichen Eingänge, nach Schönborn» Deg au» der

XH

JnhaltSverzeichniß. pamphylischen Ebene durch die Kyrtgetschiv-Passage am Karo. Dagh Nach Tschandyr (vom 10. bis 13. November 1841). S. 577—583.

Erläuterung 5. Der untere Lauf des Akfu oder CestrnS durch die pamphylische Ebene bis zum Meere; Mnrtana (Perge), Assar kjöi (Syllaeum). S. 583—598. 1. Perge bei Murtana. S. 585. 2. Sylleum, Assar kjöi. 8. 595. $. 31. Drei und dreißigstes Kapitel. Der Küstensaum Pamphylienund daS Gestadeland der kleinen Küstenflüsse von dem rauhen Cilicien zu Alaja (Coracesium) in Ost gegen West nach 2weitn bis Adalia (Attalia) und Olbia. Uebersicht.

S. 598-623.

S. 598.

Erläuterung 1.

Die östliche Abtheilung der pamphylischen Küste von

der Mündung des Eurymedvn bis zum Vorgebirge von Alaja (Coracesium) an den Grenzen der (Siliern Trachea; Side, Manawgat, der Melas, die kleine Cibyra. S. 599—610. Erläuterung 2. Die Querstraße von der pampbylischen

Küste bei

Alaja und von AspenduS direet gegen 9!ord durch die TauruS-Küstenkette zum Plateanlande der earalitischen und trogitischen Alpensecn, nach v. Richter (1816) und Schönborn (1851). S. 611—622. 1. O. v. Richters Routicr von Alaja über das Gebirge nach Bei 2.

Schehr (vom 7. bis 11. April 1816). S. 611—618. A. Schönborns Abstieg vom hohen Plateaulande zwischen den trogitischen und earalitischen Seen von Sidi Schehr über das Gebirge zur pamphylischen Küste nach Aspendns am Eurymedon

(vom 29. September bis 4. Oktober 1851). S. 618—622. $. 32. Vier und dreißigstes Kapitel. Der Küstensaum PamphylienS und das Gestadeland der kleinen Küstenflüsse im rauhen Cilieien bis Lycien und Adälia; Fortsetzung.

S. 623—716.

Uebersicht. S. 623. Erläuterung 1. Der Gols von Adalia mit "der alten Olbia und den Eingängen von Lyeien nach Pamphylien durch die Solymer-Gebirge. S. 624—636. Erläuterung 2.

Aufsuchung der alten Olbia durch Spratt, Forbes

und Schönborn. Erläuterung 3.

S. 636—640. Die Stadt Adalia,

S. 640—655. Erläuterung 4.

Der Dudenfluß (CatarracteS) und die Region der

Attalia

und ihre Umgebung.

Katabothren oder der verschwindenden Flüsse (Duden) auf der Grenze von Pisidien,

Lyeien und Pamphylien,

S. 655—674. Erläuterung 5.

naeh A. Schönborn u. A.

DaS westliche pisidische Hochland, daS MilyaS-Pla-

teau mit dem Kestel-See, dem Jstenaz Tschai und dem Gebren Tschai

Jnhaltöverzeichniß.

X,H

üb« Tescnü bis zum Luldur-Sce und AScania an der Südgrenze PhrvglenS. S. 674—695. 1. Corancez erstes Rentier (1812). S. 674. 2. Schönborns Rentier (1641). S. 681. 3. Schönborns Rentier am unteren Laufe des Jstenaz Tschai. S. 684. 4. Schenborns Rentier durch das pistdische Hechlgnd (1842). S. 686. 5. Schenborns Rentier zum Kestel Gjel (1842). S. 690. 6. Schenborns Umwanderung des Kestcl-Sees. S. 691. Erläuterung 6. Das Plateau des Kestcl-Sees, Fortsetzung. Rück­ blick auf die alte Geschichte. Die Landschaft Milnas der Alten, zwi­ schen Pamphulien, Pisidien, Phrugien, Lycien. Die Paßeingänge der Ostscite aus Pamphulien, CretopoliS, TermessuS Miner bei PadamAgbatsch und Susuz. S. 696—716. §.33. $ tut sunt dreißigstes Kapitel. Das lucische Verland; das alte Lucicn (Avxitt) zwischen Pamphulien und Carien, südwärts Pisidien, Pbrugien und Lvdien, die heutige türkische Landschaft Mentesche. S. 716—800. Uebersicht. S. 716—741. Erläuterung 1. Das Kustcngebirgc der Solumer (Tachtaly Dazh) am Ostrande Lueicns een dem heiligen Vorgebirge (Iegä axg«) oder Cap Chelidonia (Schelidan der Türken), über SideruS, Olympus, Phaselis und JdyreS bis zum Climax und der Insel Raschat (Atelebusa) in Pamphulien. Die Chimaera. S. 741—765. Erläuterung 2. Die Westgehänge der Selumer-Gebirge gegen die Ebene von Almalu zu. Schenborns Weg von Tschandyr über Kardutsch Jaila, die Ruinen von Gjöldschuk und Gödene nach Olympus und een da über Tschukurba und Cerudallus nach Limyra. S. 765—768. Erläuterung 3. Die Äiedercntdcckung der großen Stadt TermessuS im Selumer-Gebirge und ihres HanptgrenzpasseS von Lucien und Pi­ sidien nach Pamphulien, mit vielen Denkmalen, durch Spratt, Ferbes, A. Schönborn und A. v. Peurtales. S. 768—766. Erläuterung 4. Die Wanderung durch die hohe Plateauebene von Nerdlucien aus dem Engpässe von TermessuS, von Gülik Chan und Jstenaz am Jstenaz Tschai (CelebatuS) den Strom aufwärts durch die MiluaS, Cabalia und die Ciburatis am Surt Gjöl (Caralitis), am Rahat Dagh und dem Gulhiffar Gjel vorüber zur Ebene am obe­ ren Gercniö Tscbai (Indus) zu der großen Ruincnstadt Cibura bei Chorzum, nach Spratt und Fvrbeü. S. 786—600. §.34. Sechs und dreißigstes Kapitel. Die ciburatische Plateaulandschaft. Die Hochebene von Almalu und Awlan im Osten, die centrale Hochebene von Guzilhissar oder die Ciburatis im engeren

m

Jnhaltsverzeichniß. Sinne im Westen, mit den vier Bunde-städten Cibyra, Dubon, Dalbura und Oenoanda, mit den Nordabsällen de- Massicytu--System- und deren Quellströme. S. 800—846. Uebersicht.

S. 800—803.

Erläuternng 1. Das ostcibyratische Plateau von Almaly und Awlan mit seinen Zuflüssen und Sttomsystemen, durch Schönborn von Nord nach Süd durchwandert. S. 804—805. Erläuterung 2.

Schönborns Wanderung von Gülik Chan südwärts

über Almalv und Awlan zum Limyrusflusse und der Meeresküste von Phineka und Myra (vom 0. bi- 14. Dez. 1841).

S. 805—809.

Erläuterung 3. Das ostcibyratische Plateau von Almalv, Fort­ setzung. Der britischen Reisenden Wege von West gegen Ost, von Oenoanda über E-kihissar zur Stadt Almalv.

Da- Gewerbe

von

Almaty, nach Ho-kvnS, Fellows, Spratt und Korbe-. S. 809—817. Erläuterung 4. Die Westseite der Umgebung de- Awlan-Seeü und seine-Zuflusses, de- Aktschai mit Armudly (Ruinen der alten Thema?). S. 818—821. Erläuterung 5.

Da- centrale Massengebirge in Lvcien, das CraguS-

System mit dem At Dagh (weißen Berge) und

die vier Querpässe

über dasselbe zur Verbindung de- Ostens mit dem Westen.

Der mitt­

lere hohe Alpenpaß von Armudly zum GeriSburun Tschat int mittleren Lanthusthale. 0. 821—830. Erläuterung 6. Die beiden südlichen Querpässe durch den centralen GebirgSstock de- CraguS von Armudlv; der Kasch Jailassv-Paß nach Arsa und der südliche maritime Paß über den Jailanv-Tschai nach Kalamaki,

FnrnaS und Patara,

0. 830—837. 1. Kasch Jailassv-Paß. 2.

beide

zum

unteren L'antbuSthale.

S. 830.

Der südliche maritime Querpaß von Armudlv.

Erläuterung 7. tieferen Stufe

S. 833.

Die Nordwegc vom Awlan See oder der südlichen

der bibvratis über Oenoanda

und

weiter am Surt

Gjöl zur oberen Stufe des nordwestlichen cibyratifchen Plateaulandcs. Nach

zwei

verschiedenen

im April 1842. Erläuterung 8.

Expeditionen Schönborn- im Februar und

S. 837—846. Fortsetzung der Wanderung Schönborn-

an

der

N.W.-Seite der großen Almalvstnfe von der Sckia Owassv und Ocne anda nordwärts bis Balbura, Dirmil und von da ostwärts über Jazvr und Kossatsch zum Surt Gjöl, vom 25. bis 28. April 1842. S. 846 —854. z. 35. Sieben und dreißigstes Kapitel.

Das Hochland der Cibv-

ratis gegen N.D. und der Nordlaus de- GcreniS Tfchai bis zur Karajyk Owassy und dem EhonaS Dagh. S. 854—691. Uebersicht.

S. 854.

Jnhaltsverzeichniß. Erläuterung 1.

xv

Da- Plateaugebiet de- oberen Stromgebiete-

de-

Gereni- oder Dolaman Tschai nach seinen drei großen Quellströmen: Daindyr (LysiS, Eaularis),

Jazyr - Gjöl-Tschai zum Gülhissar und

Pirna--Tschai (ZnduS) mit dem PirnaS-Passe und den Ruinm von Bubon und Ebedschik. S. 856—870. Er lauterung 2. Da- Plateaugcbiet de- oberen Stromsystem- deGereni- oder Dolaman Tschai (ZnduS) von Bubon an Eibyra vor­ über zur Karajyk Owassy am Südfuße de- Cadmu-system-.

S. 870

—887. Erläuterung 3. Ein Durchflug durch da- nördliche Hochland der EibyratiS mit Umblick auf einige seiner characteristischen Zustände durch v. PourtaleS im Jahre 1842. S. 887—891. $. 36. Acht und dreißigste- Kapitel. laman Tschai (Jndn-1

Da- Sttomsystem de- Do­

au- der hohen Plateaulandschast der Ciby-

rati- durch da- Tiesthal bi- zu seiner Mündung am Meere.

Der

Gerenis-, Gürlik-, Dolaman-Tschat und sein GebirgSbegleiter gegen die Seite von Carien; das carische Grenzgebirze, Boz Dagh, Salbacus.

S. 891—934.

Uebersicht. S. 891—894. Erläuterung 1. Da- Nordende debacuS), der Kvzvlhissar Dagh

(arischen Grenzgebirge- (Sal

und die Paßübergänge aus der Eibu

ratiS vom ZnduSsvstem westwärts nach dem angrenzenden Carien, durch die tiefe Einsenkung von TrapezopoliS (Makuf) und über den DawaSHochpaß nach Kvzvldschik (SebastopoliS), Medet (Heradea pros Salbaco) nach DawaS (Tabae).

S. 894—903.

Erläuterung 2. Der mittlere Lauf de- Gereni- oder Dolaman Tschai von der Karajvk - Owassu südwärts bis zum Einfluß de- Gürlik Tschai und dessen Quellströme auf der großen cibyratischen PlateauQuerstraße von PirnaS bis zur Wildniß von Gürlik-kjöi. —906. Anmerkung.

Der Zufluß

des

Gürlik Tschai,

S. 903

Ostzufluß zum

Dolaman Tschai und daS Gebiet seiner Quellströme in der westlichen Gliederung deS MassicytuS-SvstemS. ©.907—909. Erläuterung 3.

Der untere Lauf deS Dolaman Tschai, von Gürlik

kjöi an mit den westlichen Seitenwegen zum Kjöigez-See und dessen Ausfluß durch den Dolaman Tschai zum Meere. Der EalbtSfluß und die Ruinen der antiken Hafenstadt CaunuS (Kavvog). S. 909—924. Erläuterung 4. Das Mündungsland de- Dolaman Tschai (Indus) und da- Gestadeland von ihm ostwärts mit seinen AlterthumSresten und antiken Ort-lagen von Calynda, Crva, Daedala, am Golf GlaucuS (Golf von Makri).

S. 925—934.

$. 37. Neun und dreißigste- Kapitel. boden abfallende

Da- vom hohen Plateau-

vielgegliederte Gebirgsland LycienS im engeren

XVI

Jnhaltsverzeichniß. Sinne gegen bcu Süden nnd das Gcstadeland zwischen dem Gels ven Makri und der Bai von Phineka. Uebersicht.

S. 934—982.

S. 934—938.

Erläuterung l.

Die Makri - Bai, Sinus GlaucuS, Telmissus mit

ibrcn Umgebungen im Norden und Süden, auf der Westseite des L'anthuSsystemS. S. 938—940. Erläuterung 2. Der Golf von Makri mit dem Hafenort Makri, der Stadt Levifst und den Ruinen des alten Telmissus.

S. 940—955.

Erläuterung 3. Die Nordscite der Makri-Bai mit den alten Städten Cadyanda (bei Üzümlü) und Symbra. S. 955—959. Erläuterung 4. Die Südseite der Makri-Bai mit der Küstenseite des EraguS und AnticraguS und den Bergstadten Pinara und Sidyma.

S. 959—980.

1. 2. 3.

Die Ruincnstadt Pinara bei dem Dorfe Minara. S. 963—970. Die Ruinen der antiken Sidyma bei Durdurkar. S. 970—974. Die westlichen Thaler und Hügel des Cragusgebirges bis zur

4.

Pvdna, Kvdna, ein Festungsberg der ^anthier. S. 977—980.

Meeresküste.

S. 974—977.

Anm erkung. Eonjecturen über die Lage des Gebirges und der Stadt Cragus auf der Ostscite des Xanthus (nach Schönboru).

S. 980—982.

g. 38.

Vierzigstes Kapitel. Das Stromsvstem des Lanthus. S. 982 —1059. Uebersicht. S. 982—987. Erläuterung 1. Der obere Lauf des Lanthus auf dem Platcaulande als Ak Tschai bis zu seinem Durchbruche durch das Centralgebirge VeS Massicytns, die drei Qnellströme und die beiden cibyratischen alten Städte Balbura

S. 988—995. Erläuterung 2.

bei

Katara und Oenoanda bei Urludscba.

Der mittlere Lauf des Xanthus, die Mittelstufe von

Oren (Araxa) und die große Hauptquelle im Süden der MassicytusFelswand,

an den warmen Schwefelquellen und Duwar vorüber zu

den Ruinen der antiken Stadt TloS. Erläuterung 3.

S. 996—1014.

Der untere Lauf des Xanthus

bis

zum Meere.

S. 1015—1022. Erläuterung 4. Die ältesten Denkmäler der Ruinenstadt .LanthuS (Arina). S. 1022-1030. Anmerkung 1. Das sogenannte Harpyienmonument der Acropole von Xanthus nach E. Curtius. S. 1030—1036. Anmerkung 2. Der sogenannte Obelisk mit der lytischen 3nschrist.

S. 1036-1041.

Anmerkung 3. Harpagus.

Das ionische Tropäum oder das MausoleumdeS S. 1041—1047.

Inhaltsverzeichmß.

XVII

G r l ä u t e nt u :>. Die moderne Stadt .^'antbuS feit der Gäsaren Zeiten bis in die (Gegenwart und ihre Bewohner. E. 10iS—1059. $ 39. Gi!i und vierzigstes Kapitel. Die Küstenannckt des süd lichen (Aestadelandes Vvciai von .Vanthti* bis zur Phineka-Bai und dem Ghelidoniscktn Vorgebirge. E. 1059—1111. Ucbernckt. S. 1059—1005. Erläuterung 1. DeS t^estadelandes westliche Abtheilung von Patara an der Mündung des ä'anthus bis zum l^olf von Sevedo und Antiphcllus, nach Gart. Beauforts Küstenausnahme im I. 1M1 u. 14) Qnatremere in Makri/i Hist, des Sultans Mamelmikfl. Paria 1ÄA0. A. T. L 2 n. 209.

72

Klein-Aflerr.

§. 22.

Vertagung die Gewalt über die GebirgSprovinzen an sich »gerissen. Obwol die Stadt unter dem türkischen Pascha von Adaua steht, so zahlt sie doch keine Abgaben die Pforte und hat sich stets der Aufnahme eines KaimakanS des Pascha in ihren Mauern widersetzt, seufzt aber unter dem Druck der Turkmanm. AuS der kriegerischen Periode der Rhupenischen Könige und der Herrschaft der Armenier während der Kreuzzüge bis zum Untergänge deS Reichs, haben sich int ganzen Taurus lind in Cilicien nur we­ nige alte Denkmäler erhalten'"). Schon die Aegypter unter den Mameluken-Sultanen, zumal unter Sultan BibarS im J. 1274, hatten sehr vieles wie den Pallast des Takafur"), d. i. deS Königs, und seine Lustgärten zerstört, und viele Schätze, Heerden uyd Volk dem damaligen Herrscher entführt, der unter dem Titel SurpThakavor, d. i. Sacer Rex, (bei Willebrand in Subtacfol ver­ dreht) hochverehrt war. Sein Schloß, Tarbas gmannt, enthielt die Münzstätte und eine Kirche der Jungfrau Maria geweiht; es wurde später wol. wieder hergestellt, als der Friede mit den Sul­ tanen im Jahr 1285 n. Chr. G. durch die Vermittlung der Groß­ meister des Templer-OrdenS zu Stande kam, in welchem der gedemüthigte König von Sis sich zu vielen Opfern und einem jähr­ lichen Tribut von einer Million DirhemS bequemen mußte. Aber im Tractat war ihm verboten, die Festung herzustellen und keine neue zu bauen17). Makrizi hat die Artikel des abgeschloffenen TractateS mitgetheilt, aus dem sich ergiebt, daß die Tribute, welche damals SiS zu liefern hatte, vorzüglich auS guten Pferden (ikdisch genannt, d. i. von guter Ra?e), Maulthieren und Eisenplatten bestand, welche die Aegypter zu ihren Schuppenpan­ zern und Hufeisen für ihre Reiterei bedurften. Für eine Eisenplatte konnte man damals ein Kind kaufen, so hoch stand ihr Preis, sagt Makrizi. Dyi armenischen Kaufleuten war ein freiet Handel nach Aegypten zugestanden. Unter den nachfolgenden Wechseln und Dielen UnglückSfällen der Fürsten auS dem Hause Rhupen, wie der cyprischen Lusignans, konnte sich die Residenz SiS zu keiner Blüthe wieder erheben. ,15) Ueberfichl des armenischen Königreichs in Cilicien wahrend der Kreuzzüge; f. Wilken, Geschichte der Kreuzzüge. Th. Vis. 2. Stil. S. 34—53. ,6) Quatremere 1. c. p. 123 sq. tT) Quatremere I. c. 1842. Tom. II. 1. p. 201—212.

SiS nach Che-vey im Januar 1836.

73

2. Col. CheSney'S Wanderung von Gülek-Boghaz am Südabhange des AntitauruS entlang nach SiS im Januar 1836. Col. CheSney ging im Januar 1836 von dem cilicische« Paß zu Gülek-Boghaz längs der Südkette des AntitauruS und auf den Grenzterritorien der beiden einander damals gegmüberstrhendeu Mächte, der ägyptischen und der türkischm Herrschaft, gegen den Osten, um SiS zu erreichen"). Diese Gebiete waren durch Räuberei« in jener Zeit so übel berüchtigt, daß Memand seine Pferde und Maulthiere, auS Furcht vor Beraubung, vermiethen wollte. Er wanderte also mit seinem Gefährt« W. AinSworth zu Fuß und ohne Führer, sich nur nach dem Compaß richtend, nach SiS, wo Lieutnant Murphy und Staunton, auf einem andern Wege gehend, mit ihnen zusammentrafen. Sie durchzog« eine Strecke von 50 Stunden Weges (125 engl. Meilen) über die meist bewaldet« südlich« Verzweigung« des AntitauruS durch höchst ro­ mantische Gegend«, wo man die ganz ansehnlich« Sttöme de» Seihun und Dschihan (dieß konnte nur ein westlicher Zufluß des Muffe» von SiS sein, und nach der Routmzeichnung") werd« mehrere Flüffe in West von SiS mit diesem Ramm belegt), auch dm Korrykoon (Korkun bei Fischer) nebst einig« kleiner« durch­ setz« mußte, welche daS schöne Land bewässern, ehe man dm Patriarchmsitz SiS erreich« konnte. Vorherrschend hatte auf dieser ganz« Strecke tertiärer Sandstein (Ostrazitm-Sandstein) denBodm bedeckt, und nur wohlgesinnte Bewohner traf man in dem schön« fruchtbaren Lande vor. Nach dem Besuche de» armmisch« Patriar­ ch«, dem dritten seines Range», der hier in seinem ansehnlich« Pallaste auch einem sehr groß« Convmte vorsteht, wurde von Si» aus eine Excursion in den nahen Taurus zum Berge Kara SiS (d. i. Schwarz.SiS) gemacht, deff« Gipfel man über crystallinisch-plutonische Formation« zu ersteigen hatte; man kehrte dann über SiS nach Ain Zarba zurück. 3. I. RusseggerS Wanderung v'on.MissiS nach SiS und von da zu Erforschung der turkmanischen Eisenerz­ gruben und Hüttenwerke bis Hudh, imzMittellaufe de» Seichun Tfchai-ThaleS, im August 1836. '•) Col. Chesney, General Statement of the Eiped. etc. 1. c. Roy. Geogr. Joorn. of the Lond. Soc. 1837. Vol. VII. p. 420—421. ") Col. Chesney, Map. 1849. The Rirer Euphratea with the Cilician Tanros, and Northern Syria.

74

Klein-Afien.

$. 22.

I. Russeggrr'«) ging von der großen Ebene bei Misst», der Tschokur Owa am Dschihan au», und verfolgte dies« direct nordwärts, die sich gleich einer Savanne, einer ununterbrochenen GraSebene zwischen den beiden Flüssen Dschihan und Seichun 13 Stunden weit gegen dm Nordm nur allmählig erhebt bi» SiS; früher ein gefürchtetes Raubfeld der Kurden, da» zu durchziehm ei» große« Wagestück war, seit Ibrahim Pascha, der die Horden bald in ihre Raubburgm am oberen Euphrat zurückjagte, aber ein sicherer Karawanenweg gewordm. Wir verdankm diesem unserem vielgewandertrn Frmnde die beste Nachricht über bidfe Zugänge zur Hauptstadt und der ihr nördlich anliegendm Gebirgslandschaft de» Tauruö bis zum oberen Seichun nach Hudh, die er in der heißest« Jahreszeit, im August 1836, besuchte, nicht ohne Nachtheil für seine Gesundheit, da ihn ein heftiges Fieber leider zu früh zur Umkehr nach Adana nöthigte. Er ließ die Ruinm veralten Anazarba zur rechtm Hand liegen, ohne sie zu erblickm, und hörte nur, daß sie seit einigen Iahrm gänzlich von Mmschm verlass« sei. Drei Stunden im Norden von MissiS erreichte er mit sein« Ge­ fährten eine Grabstätte der Kurdm, die in der Ebme haust«, wo eine bloße Pfütze in der öden Steppe den Durst in der Mittag«-hitzr am 7. August löschen mußte. Sie wurde von dem nahm östlich« isolirtm Fel» überragt mit einem ruinirtm Castell, Schach Meram oder Elam-Castell gmannt, von dem die Sage von Riesenschlangen umging, welche die Mmschm aufftäßm, daher e» Niemand wagte, die Ruine auf dem Fels zu besuchm. Weiter nördlich kam man dicht an der Ruine Tumlo Kalessi vorüber, di« auf einem spitzm Berge die weite Ebme überragt; zur rechtm Hand jenseit des Dfchihan«FluffeS zeigte sich der Durdun Dagh mit dm Borbergm des AntitauruS, die sich von Meraasch von Nord gegm Süd erstrecken und durch den Gjaur Dagh mit dem Berge Syriens sich verbinden. Gegen Nord des Wege- erhob sich in der Feme der bis 10,000 Fuß hohe KarmeS Dagh, an dessen südlich« Borbergm gegm die Ebene die Felsspitzen von SiS sich erheb«, die weithin kenntlich sind, da sie sich in vier nebm einander liegmdm sehr spitzm und scharf gezeichneten Pyramiden erheb«, von deren Gipfeln die Ruinm deS Castells von SiS, gleichsam die Wächter der Berg«, in die weite Ebme hinauSschauen. Die dortigen "°) I. Ruffegger, Reis«. Stuttgart 1843. Sb. I. Th. 2. 6. Abichu. 6. 52».

RufseggerS Weg nach -Afien.

§24.

folgte (Appiao. Alex. Histor. de Bell. Mithrid. 237), trab dafür hielt, baß sie zum Ackerbau angehalten, ihr Räuberleben tabcnt würden (Plutarch in Pompejus 28). PliniuS (V.22) und PtolemäuS (V. 8. f. 129) nennen Adana, aber ProcopiuS (de Aedif. V. 5) rühmt den Kaiser Iustinian wegm seiner vortreff­ lichen Brückenbauten über den Pyramus zu Mopsuestia und bei Adana über den SaruS, den er hier schiffbar nennt, der auf keiner Furth durchsetzt werden könne. Die großen Steinpfeiler im Strome, welche weit über den Fluß aus sehr alten Zeiten her her­ vorragten und nur noch ein paar Bogen trugen, sonst aber ganz verfallen waren, stellte der Kaiser, indem er den Strom aus feinem Bette ablenken ließ, vollkommen wieder zum Uebergange her, und ließ dann die Wasser in ihr früheres Bette wieder zurückkehren. Sonderbar ist die Angabe des Steph. Byz., der (s. v. 'Ada*a) einen Adan und Sarus, die er einen Krieg gegen TarsuS füh­ ren läßt, als die Erbauer der Stadt nennt, und sagt, daß nach dem einen die Stadt, nach dem andern der Fluß, an dem sie liege, genannt sei, der früher KoiranoS geheißen. Adan aber sei ein Sohn der Gaea und des UranoS. Bei Adan hat schon G. I.. VossiuS an Adam den Urahn gedacht, den ein von Ste­ phanus excerpirter, wahrscheinlich syrischer Autor in die Mythe der cilicischen Stadt zu ihrer Verherrlichung verflochten habe, wie man in Sar das hebräisch-phönicische Wort Schar, d. i. Herr, wieder erkennt. Daß schon früher assyrische, babylonische Colonisati on hier stattgefunden, mit welcher jene Mythe wie auch mit den Erinnerungen an die Schemiram (SemiramiS, s. oben S.107) hier Eingang finden konnte, geht aus der Nachbarschaft von TarsuS hervor, daS nach BerosuS (in Euseb. Chron. Arm. I. p. 43, 63 und Barhebr. Chronic. Syr. p. 26) von Sanherib erbaut toar246), weil sich hier die große Handelsstraße vom Euphrat mit der von Westen her durch Kleinasien begegnete, und der Name des schützenden GotteS Baal-Tarz (Ztvg Tugotog)*1) sich auch seit Erato st heneS Zeiten, der ihn noch, wie Eustachius sagt, als Gott (TarfoS) der Stadt genannt hatte, im dortigen Stadtnamen erhalten hat. Auch auf cilicischen Münzen hat sich assyrischer Schl und in der Geschichte manche Erinnerung an diese frühesten ,4f) F. (5. Movers, die Phönizier. Bd. I. 1841. S. 459- 468; Dd. II. Th. 1. S. 400. 41) Blau, Zeitschr. d. deutsch, morgen!. Ges.

IX. S. 86.

Adana seit der Römer Zeiten.

m

Zeiten CilicienS vorgefunden (wie bei Solinus 38, 3: Ciiicia . . . ab Assyriis subacta in breviorem rnodum scripta est). Daß aber, wennschon die älteste Geschichte von Adana längst verklungen war, doch eine frühere nebenbuhlerische Fehde zwischen Adana und Tarsus nicht ganz ohne historischen Grund gewesen sein mag, wird wol selbst von dem nüchternen Dio Cassius bestätigt, der noch im I. 712 a. U. c. von der beständig dauernden Feindseligkeit zwi­ schen den Bewohnern von Adana und Tarsus Zeugniß giebt (Dio Cass. Hist. Rom. cd. Sturzius. Lips. 8. 1824. Vol. II. lib. XVLIL 31. p. 532).

Aus der römischen Kaiserzeit ist nur selten von Adana die Rede, obgleich ihre Münzen^), mit den Köpfen von Kaiser Trajan und Balerian als Zeichen ihrer Gunst geziert, ans jener Periode nicht selten sind, und unter den syrischen Königen hatte sie den Ehrennamen einer der vielen von ihnen gestifteten Antiochias, nämlich der Antiochia ad Sarum erhalten, wie Tarsus die Antiochia ad Cydnum, Selinus die ad Cragum und MalluS die Antiochia maritima hieß (Steph. Byz.). Nur ein paar grie­ chische Jnscriptionen hatte schon Paul Lucas dort aufgefunden^), von denen die eine kürzere ein Grabmal bezeichnet, die andere in .Hexametern und Pentametern zu Ehren eines Architecten errichtet wurde, der die Stadt von einer Ueberschwemmung des Flusses be­ freite (Boeckh, Inscr. Cilic. Nr.4440u.4441). Auch V. LangloiS hat durch neuere Ausgrabung dort ein paar Jnscriptionen aus der Epoche der Seleuciden entdeckt mit 0JHM02 ANTIOXESiN. Von Bauwerken aus jener Zeit hat sich fast nichts erhalten, aber nur weil dieselben zerstört und zu anderen Bauten verschleppt und verbaut worden, wie denn die dortigen armenischen Kirchen ganz davon aufgerichtet sind, daher vom antiken Aquäduct daselbst, den Paul Lucas noch im Januar 1707 als bestehend beschreibt, bei B. LangloiS Besuche in Adana im Jahr 1853 keine Spur mehr aufzufinden war. Da Adana, auf der großen Hauptstraße nach Syrien gelegen, aus den cilicischen Pässen des Taurus fortwährend von allen Heeren der Kriegführer, der Pilger (wie im Hin. Hierosol. ed. Wessel, p. 580 von Pargais (?) über Adana nach Mansista, d. i. Mopsuestia), Kreuzfahrer, Eroberer durchzogen 48) V. Langlois, in Revue numismatique. Annee 1854. p. 11 — 13. 4*) Paul Lucas, Voy. de laGrecc, de l’Asie Mineure etc. Amsterdam 1714. T. I. p. -71. Nr. 64 u. 65.

172

Klein-Afien.

§. 24.

und verheert, immer wieder neu aufgebaut werden mußte, ist nicht anders zu erwarten.

dies

AuS der Periode der ersten Ueberfälle der Araber auS Syrien in

Cilicien

geht hervor,

daß

diese

die

Städte

Germanieia,

Anazarba, Adana und TarsuS mit ihren Statthaltern besetzt hatten, welche daselbst so starke Festungen zu vertheidigen wußten, daß die byzantinischen Kaiser, wie z. B. Basilius im Jahr 876 n. Chr. G., diese Festungen bei wiederholten Belagerungen^") nicht wieder gewinnen konnten

als durch Verrath, wobei denn Adana

(bald Adata oder Adapa von byzantinischen Autoren irrig genannt) besonders viel Mord, Plünderung und Blutvergießen erdulden mußte. Während der Periode der Kreuzfahrer51) hörten seit der Besitznahme TarsuS durch Boemund, Adana's und Mamistra'S (MissiS) durch Tancred diese wechselnden Fehden um diese cilicischen Städte mehrere Jahrhunderte hindurch nicht auf, da die byzantinischen Kaiser, die Könige von Kleinarmenien und die Kreuzfahrer als Fürsten von Antiochia

fortwährend,

wie auch

die Sultane von Jeonium

um

deren Besetzung in Streit lagen, bis die ägyptischen Sultane unter Sa lad in gegen Ende des 12. Jahrhunderts und dann die Seldfchuken und Osmanen sie ganz in ihre Gewalt bekamen. AuS dm älteren arabischen Autoren theilt v. Krem er die Aus­ sage mit, daß die alte Griechenstadt Slfcona52) unter der Herrschaft der Abassiden neu aufgebaut ward, da sie damals wüste lag, waS durch den Chalifen Harun ar Raschid im Jahr 758 n. Chr. G. begonnen, aber erst von seinem Sohne beendet wurde.

Die Brücke,

welche damals zu Stande kam, soll nur aus einem einzigen gewölb­ ten Bogen bestanden haben, das Schloß sei aber schlecht gebaut wor­ den und bald eingestürzt, dagegen von Sultan Suleiman auf der Westseite der Stadt neu errichtet; die Stadt habe einen Graben und 8 Thore erhalten.

Dieselbe Erzählung wird auch von der Verödung

von Sis bei Beladori^) gegeben, wohner von SiS

nach welchem Autor die Be­

im Jahr 809 n. Chr. G.

ihre Stadt verlassen

und sich weiter in das Gebirge im Lande der Byzantiner zurückge­ zogen haben sollen, bis die Stadt von dem Nachfolger Haruns, dem

Weil, Geschichte der Ehaltfen. Th. 11. S. 471 u. f. III. S. 18. 161. M) Willen, Gesch. der Kreuzige. I. @.161; II. ). Die Hügel bestehen meist aus kreidigen Erd- und Gesteinslagern, sie sind nur spärlich mit niedriger Strauchvegetation überwachsen, dazwischen immergrüne Eichen (Quere, coccifera u. a.), Kreuzdorn (Rhamnus), Terpentinbäume hervorragen. Diese ebmm Landstriche von 30 bis 40 Stun­ den Ausdehnung von Merfln über Missis hinaus sind nur selten mit Ackerstückm bebaut, ihre höheren Stellen werden von krüpplig wachsendm Sträuchern stärker und üppiger überwachsm, so wie der Helle Kreidebogen zurücktritt und von einer schwarzm Lehmerde

Römerstraße zum Triumphbogen M. Aurels. 225 bedeckt wird. Durch ein längeres 4 Stunden langes allmäligeHöherfleigen zwischen stachligen, höheren Gesträuchen erreicht man die vordem steiler abfallenden TaumSbezirke, die von stachligem Buschwerk mit RhamnuS-Arten (Rh. oleoides und altemans), von Christdorn (Paliurus Orient.), Weißdorn (Crataegus pyracantha) und anderm Dickicht überwachsen der LieblingSaufenthalt der Leoparden sind. Auf einer schon 1500 Fuß hohen üb. d. M. gelegenen Ebene, mit dunkelgrünem dichtem Gebüsch überzogen, da­ neben meist dürre, noch karge Vegetation, tritt etwa 2 Stunden in N.W.N. von TarsuS überraschend ein Triumphbogen^) an einer geplatteten antiken Heerstraße hervor, die wol eine gute Stunde anhält, ehe sie wieder aufhört, und direct von TarsuS gegen Nord zu den berühmten cilicischen Pässen geführt erscheint, von deren südlichem Eingänge der Triumphbogen etwa noch 3 Stunden entfernt ist, und unstreitig als Ueberrest einer römischen Heerstraße (mit dem Namen Marc Aurels) durch Cilicien an­ gehörte^). Wo gegenwärtig diese Heerstraße am Saume eines sehr fruchtbaren Thales zu Ende geht, dringt man unter Schatten von Platanen in einen ergiebigm Boden voll Ackerland tiefer in die Berge ein, wo Terpentinbäume und Eichen zu mächtigen Stämmen heranwachsen, und neue Baumgruppen von Pinusarten (Pinus bruttia) statt der bisherigen traurigen und öden, nun entzückende Berglandschaften darbieten. 9teue Gesträuche von Quercus, Cercis und Elaeagnus begrünen die Felswände, Myrthen- und Oleander­ gebüsche die feuchten Thalgründe, Platanen von wildrankenden Rebm überwölbt und prächtige Wallnußbäume schmücken die Flußufer, bis man den vielbesuchten Chan Mezarlyk (d. i. des BegräbnißplatzeS, cormpt bei Kotschy Mesierolugh) nahe dem Dorfe Bostanlyk Kjöi (d. i. Gartendorf) erreicht. Hier ist die erste Station von TarsuS, welche daS Itiner. Hierosol. XII. Mill., d. i. 5 Stunden von ihr entfernt, Mansucrinae nannte, andere Angaben aber be­ richtigter Mopsucrene (ed. Wessel, p. 579), von wo die Pylae Ciliciae nordwärts in 5',, Stunden (14 Mill.) erreicht wurden. Ammian. Marcell. XXL 15 sagt, daß Kaiser Constantius in Mopsucrene auf der sehr beschwerlichen Reise von Tarsus starb, und HieronhmuS im Chron. Euseb. wie Theophr. Cbronogr. 39 S2S) Seine Lage ist auf (Sol. CbeSney's Karte the River Euphrates with the Cilician Taurus. I. 1849 eingetragen. ,h) f. Abbildung bei Viel. Langlois in Revue Archeolog. Paris 1856. 8. Livr. p. 48t.pl. 294. Ritter Erdkunde XIX.

P

226

Kletn-Asien.

r. 25

bestätigte es, daß er seinen Tod zwischen.Cilicim und Cappadocier» auf dem Gebirgseingange fand, wodurch die Lage der alten Mopsucrene auf der Südseite des TauruspasseS wol gesichert erscheint gegen die frühere Ansicht, diese wenig bekannte Station auf dessen Nordseite zu verlegen (Constantius, sagt Ammian. Marcell. in der angeführten Stelle, petiit per vias difficiles Mopsucrcnas Ciliciae ultimam, hinc Tarso pergentibus, stationem sub Taun Montis radicibus positam).

Von dem genannten Chan, an einem östlichen und obern Zu­ fluß des Tarsus Tschai, der von diesem Chane den Namen Mezarlyk Tschai führen mag, betritt man in etwa 20 Stunden Ferne von der Stadt Tarsus die in den Vorketten des.hohen TauruS sich ausbreitende reizende Alpenlandschaft Gülek, berühmt durch den Gülek Bogha;, d. i. den eilicischeu Paß, der von ihr als Eingang gegen Norden durch die Mitte deS Bulghar Dagh über Eregli und Konieh nordwestwärtS nach Lyeaonien oder nordwärts über Eregli und Tyana und Nigdeh nach Cappadocien führt. Hier tritt die mediterranische Flora der Ebene schon ganz zurück, sobald die tiefen Bergschluchten mit ihren engen Saumwegen in die lichten Föhren­ bestände eintreten; Myrthen-, Oleander-, Lorbeergebüsche sind hier schon verschwunden, die Kermeseiche (Quere, coccifera) und der Terebinthenbaum (Pistacia terebinthus) ist hier nur noch schwach vertreten; dagegen tritt hier auf einer Meereshöhe von 3800 Fuß, auf welcher der Ort Gülek liegt, die bisher fast ungekannt gebliebene herrliche Taurusflora in ihrer reichsten Wald­ fülle neuer prachtvoller Baumarten und eine alpine taurische Flora eigenthümlicher Art hervor, deren Entdeckung und Erforschung die Wissenschaft dem zuerst in diese merkwürdige TauruSvegetation und Alpennatur eindringenden Studium unseres verehrten FreundeHerrn Th. Kotschy verdantt. Erläuterung 4. Da- cilicische Land unter der Verwaltung des türkischen Paschaliks von Adana in der Gegenwart (1853).

Ehe wir jedoch in die cilicischen Engpässe von Gülek Boghaz und in die alpinen Wildnisse des taurischen Bul­ ghar Dagh eintreten, habe» wir zuvor noch einen allgemeinen

Paschalyk Adana 1855, nach Th. Kotschy. 227 Rückblick auf das cilieische Land, feine gegenwärtigen Zu­ stände, Verwaltungen und Einrichtungen, wie auf seine Bewohner und ihre Gewerbe zu werfen, wie dieses aus den uns mitgetheilten Thatbeständen der jüngsten sorgfältigern Beobachter hervorgeht; dieß ist hier um so nothwendiger zu berücksichtigen, da Ciliciens Weltstellung ihm auch einen Weltberuf, sei es über kurz oder lang, in den immer mehr und mehr sich gegenseitig befreundenden Verhältnissen des Orients und Occidents an­ weiset, zu welchem die Erinnerung an eine ältere Vergangenheit als eine glänzende Folie unterliegt; zugleich aber ist dieses cilieische Gebiet an der ganzen Südküste Kleinasiens leider das einzige, welches durch vielfache vorher gegangene Beobachtung und Verkehr tüchtiger Männer solche belehrende Mittheilungen möglich macht, nach denen wir uns an dem ganzen Südrande Kleinasiens westwärts bis Cilicien vergeblich umsehen, dessen Bevölkerung fast noch ganz außerhalb des Weltverkehrs mit dem civilisirteren Europa geblieben ist. Das Paschalik von Adana, sagt B. 23arfer327), der acht Jahre als Agent in Tarsus gewohnt hatte, habe 300,000 Einwohner, davon in Adana 18,000, in Tarsus 6000 angesiedelt seien; es sind zu einem Drittheile Muselmänner, über ein Drittheil Ansairier, die übrigen Armenier und Griechen, die insgesammt über 300 Dörfer der Ebene bewohnen, jedes zu 200 Seelen, meist Türken und Ansairier. Sis hat an 2000 armenische, Missis an 200 bis 300 Bewohner, in Tarsus sind nur wenige Cyprioten ansässig, die eben so wie die andern im Sommer in die Iailas ziehen. Daß alles dies nur ungefähre Schätzungen sein können, ver­ steht sich auf einem türkischen Boden von selbst; von den umher­ ziehenden Horden der Turkmanen und Kurden hat man nicht einmal Schätzungen. Wie viele davon nach einem Jahrzehend noch übrig sein werden, ist schwer zu ermitteln, aber wahrscheinlich nur eine verminderte Zahl, da das allgemeine Resilltat der besondern Beob­ achtung dieses schönen Landes die traurige Erscheinung einer Ver­ minderung der Population darbietet, da der despotische Druck, der auf ihm lastet, und die unsinnigsten Verwaltungsmethoden das Land immer mehr und mehr entvölkern und veröden statt es emporzubringen2^). Eine Hauptcultur des Landmannes im Paschalik 327) B. Barker, Lares and Penates or Cilicia etc. 1. c. p. 113—120.

") Graf A. Pourtales, Journal einer Reise von Smyrna nach Syrien. 1843. Mscr. an vielen Stellen.

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Klein-Asien.

8. 25.

ist Baumwolle, die aber großm Abzug dadurch erleidet, daß der Erntearbeiler dem Bauer davon ein Zehntel kostet, der Reiniger deS SammS von der Baumwolle ein Zehntel für sich behält, daS Gouvernement ebenfalls ein Zehntel fordert und außerdem noch sehr schwere Zollabgaben davon eintreibt, so daß dem Bauer nur der Ueberrest deS Gewinns bleibt, für den er sich mit den Capitalisten wegen des von ihnen geleisteten Vorschusses abzufinden hat, ehe der Reinertrag für ihn bleibt. Eine sehr vernachlässigte Cultur der älterm Zeit ist die der Olivenbäume, die einst von denGenuesm durch ihre großartigen Anpflanzungen sehr in die Höhe gebracht war, aber seit ihrem Ab­ gänge auS Cilicien durch Verwilderung dieser Bäume in fruchtlosere dornige Stämme ausgeartet sein soll (s. oben bei Zeitun S. 27). Erst in neuerer Zeit sind durch die Cultivatoren der Familie Bar kerS, die durch ihre Obstanlagen berühmt ist (Erdk. Th. XVII. 2. 0/1225,1231 u. a. £).), veredelte Obstsorten, wie Muscattrauben, Pfirsiche, Apricosen, Kirscharten, Tomaten (Liebes­ äpfel), Artischoken, französische Bohnen uudandreObst- und Gemüsearten in die Gärten von TarsuS eingeführt und viele Maulbeerpflanzungen für die Zucht der Seidenwürmer angelegt, die aber bei den großen Hitzeextremen leicht absterben. Von Thieren fand schon der Baseler Reismde Ä. L. Burckhardt^o) in den Bächen bei TarsuS häufig kleine Schildkröten; große Jagdthiere lernte B. Barker auf seinen Streifereim in den TauruSbergen kennen; eS sind Unzen, deren Fell man gern zu Satteldecken braucht; Luchse mit schwarzen Ohren (Kara Kulak), aber selten in den Klüften; Leoparden (^iwr der Araber, Kaplan der Türken), nicht so selten wie jene, eine beliebte Beute, da ihre schönen Felle von den Paschas zu ihrem Reiterschmuck gery aufge­ kauft oder zu Geschenken nach Constantinopel verwendet werdm; Bären, im Taurus nur in den Nächten umherstreifend, daher we­ nig bemerkt, wenn sie nicht in den Gärtm getroffen werdm, wo sie dem Obst nachgehen. Hyänen, Wölfe, Schakale, Stachel­ schweine und kleinere Thiere sind allgemeiner verbreitet. In dm Ebenen streifm Damm Hirsche und die flüchtigeren Ga­ zellen in Heerden, zuweilen zu 30 bis 60 Stück, umher und machen eine Lieblingsjagd auS, seltener auf die sogenannte rothe 3”) Ebenvas. S. 356, 276—280.

Provinzen von Karamanien.

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Art, bereit Fleisch weniger genießbar als auf die weiße Art die einen sehr Beliebten Braten giebt. Dazu dienen die schö­ nen und tüchtigen Jagd- und Schäferhunde, die mau aus dem innern Hochlande zur Zucht erhält; früher zog man die Falken­ jagd vor, die nur noch bei Turkmaum üblich ist. Im HochtauruS und dem Bulghar Dagh lebt der Steinbock3") (mit dem türki­ schen Wort für alle Hirscharten bloß Geik genannt, nach Forbes, Trav. in Lycia EL p. 62), die wahre Capra Ibex, die auch in Creta nach Pashley dieselbe Species ist, von ihm ist weiter unten im Bulghar Dagh die Rede. Die vielen See- und StrandVögel geben dm Jägern Beschäftigung; die Jagd der Francoline in der Nähe der Lagunen und Sumpfgegendm ist sehr einträglich, da diese rebhühnerartigen Vögel (Perdix francolinus) wie die Fa­ sanen zur Speisung sehr gesucht sind, und Wachtelfang ist bei dem Durchstrich dieser Zugvögel ein allgemeines Geschäft. In einem weiteren Sinne hat V. Langlois, in Folge seiner Mission nach Kleinarmmien im Jahre 1852 bis 1853, in seinem Berichte über Karamanien und Gilicten31) aus dm Angabm der Consulm, Kaufleute und AghaS der Turkmanm folgmde lehrreiche Thatsachen eingesammelt, die wir ihrem wesentlichm Inhalte nach hier zur Vervollständigung unserer Aufgabe folgen lasten. Zu Karamanien, daS erst feinen modernen Namen im Mit­ telalter feit dm Kämpfen der OSmanm mit Seldschuken und beren sich noch überlebenden Provinzen erhalten hattet), gehörm in Kleinasim die älterm Landschaftm: Lycaonien, Isaurien, Cataonieu, Cappadocien zum Theil und Cilicien ganz, so wie heutzutage die ihnen mehr oder weniger mtsprechenden PaschalikS von Iefchil, Konia, Cäsarea und Adana mit Marasch. Hauptstädte sind darin Konia, die alte Seldschuken-Residenz, Ermenak, Anemur, Cäsarea, die aber tiefer landein liegm; nach der Meeresseite zu Selefke und zumal Adana, Marasch und TarsuS, von denm hier hauptsächlich die Rede ist. Die Gesammtbevölkerung dieses Gebietes, in festen Sitzen oder Nomadenlagern, wird auf nur 450,000 Seelen geschätzt, was keine Ueberschätzung zu *°) W. F. Ainswortb, Not. b. B. Barker 1. c. p. 280. 3I) V. Langlois, Chargä de l’Exploration Scientif. de la Petite Anndnie: Du Commerce et de VAgriculture de la Karamanie en Asie Mioeure, in Revue de VOrient. Paris. 111. Ser. Annee XIV. Avril. 1856. p. 265—280. 3a) I. v. Hammer, Gesch. des vornan. Reichs. Tb. I. S. 195 ff.

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Klein-Afien.

§. 25.

sein scheint. Die Mehrzahl machen Türken und Turkmanen aus, dann folgen Armenier, nach ihnen Griechen, Araber, Nasairier und einige Tribus der Kurden. Ihr Land zwischen dem Gjök-Su (Calycadnus) und dem Ostarm des Dschihan hat ein excessives Clim a, große Hitze, aber auch schroffe Kälte auf dem Gebirge, ist meist sehr gesund zur Erhaltung eines schönen Men­ schenschlages, nur das Litoral ist durch die stagnirenden Sümpfe und Lagunen ein Fieberrevier, dessen jährlicher Ueberfüllung durch Schneewasser gleicht durch Canäle und Ableitung gereinigter Fluß­ mündungen abzuhelfen wäre, wodurch, statt der vielen Hemmungen des Landtransports auf Kameelen zu den Hafenorlen, eine regel­ mäßige Schiffahrt zu den Hauptstädten und Emporien gewonnen werden würde. Hierdurch könnte der blühende Verkehr Ciliciens in antiker Zeit der Assyrier, Phönicier, Cyprioten, wie der Armenier und Kreuzfahrer, Genuesen, Venetianer und Sicilianer im Mittelalter, sich wieder hervorrufen lassen, wo Ajas (Lajazzo), Tarsus, Seleueia (Selefke) und Mer sin große Emporien des Welthandels waren, wogegen unter türkischer Verwaltung und Verwilderung in dem dortigen Verkehr die größte Erschlaffung eintrat, seit der Aegypter-Periode Mehemed Ali's sich wieder etwas zu heben den Anfang gemacht hat, wozu die Gesammtbelebung des mittelländischen Meeres durch Dampfschiffe, wenn auch jetzt noch wenig, doch schon etwas beigetragen haben mag, wodurch ein anderer Entwicklungsgang des Handels sich anzubahnen beginnen muß. Adana und Tarsus, die Hauptstädte des Litorals, stehen mit dem Innern Kleinasiens nur durch Cäsarea in Verkehr. Die ein­ heimischen Kaufleute in Tarsus haben nur wenig direct mit Euro­ päern zu thun, ihre Manufactur- und Colonialwaaren beziehen sie meist aus Syrien über Beirut. Die Marseiller Schiffe gehen erst nach Beirut und von da auf die Rhede von Mersin zum Absatz ihrer Waarenreste. Die Einkäufe von Landesproducten wie von Baumwolle, Wolle, Wachs und Sesam geschehen in Tarsus meist für syrische Kaufleute in Aleppo, Beirut, Cypern; selten direct von Häusern in Marseille, Smyrna oder Constantinopel. Die Kaufleute zu Tarsus haben nur wenig Capital, machen daher nur kleine Geschäfte; die Seecapitäne aus den syrischen Häfen auf ihren soge­ nannten Bombarden bringen nur kleine Ladungen, daher der große Wechsel im Preise der Waaren auf dem dortigen Markt zu Tarsus, der zumal im Winter bei böser Schiffahrt sehr auffallend ist und

Handelsverkehr.

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dem Verkehr nur nachtheilig sein kann. Er trifft das Hauptconsum in Adana und Tarsus oft empfindlich; denn dieß ist Reis aus Aegypten, Kaffee und Seife aus Jaffa und Tripoli, Anderes aus Beirut. Die Verkäufe gehen bei selten baaren Zahlungen auf 2 bis 3 Monat Zeit. Die Besitzer von Capitalien verwenden sie lieber im Lande; sie schießen den Landbauern ihre Gelder zu enormen Procenten vor, berechnet auf die Verluste, die,sie bei schlechten Ernten treffen wer­ den; bei langsamem Verkauf des Geernteten werden die Interessen auch noch gesteigert. Die Handelsgeschäfte fangen meist erst im September an, sind im Januar uüd Februar für die Groß­ händler, am günstigsten im April und Mai für die Klein­ händler, und mit dem Mai hören alle Geschäfte auf, weil dann die Auswanderung der Städter für das Sommerhalbjahr auf die Jailas beginnt. Die Turkomanen, die Jürüken, wie die übrigen nicht seß­ haften oder städtischen und mehr von ihren Heerden lebenden türki­ schen Bewohner des karamanischen Berglandes steigen mit dem September von ihren Bergen wieder hinab in die Ebene von Tarsus und Adana, überlassen den Weibern und Kindern die Hütung ihrer Heerden, werden Kameelführer, scheeren gegen das Frühjahr ihre Schafe, verhandeln die Wolle, kaufen ihre übrigen Bedürfnisse dafür ein, kehren dann zu ihren Weibern zurück und entziehen sich so der Sommerhitze und der Fieberluft in der Ebene. Ende Sep­ tember, nach der Baumwollenernte, körnen ihre Handarbeiter die Baumwolle aus und graben bei ihren Wohnungen oder Zelten die wenigen Ackerfelder um, die sie zu neuen Pflanzungen der Baum­ wolle auserfehen. Die Kaufleute aus Cäsarea und anderen Orten des inneren Kleinasiens, welche vorzüglich den Aufkauf dieser Waare betreiben, ziehen sich, wenn sie die Vorräthe der Paschaliks erschöpft sehen, bis zur folgenden Ernte mit dem Transport derselben in ihre Heimath zurück, um diesen weiter landeinwärts zu verwerthen. Adana hat den wichtigsten Verkehr mit dem Innern von Klein­ asien, zumal mit dem großen Hauptmarkt in Kaisarieh, am Fuß des Argäus in Cappadocien, wohin jeden Monat zweimal große Karawanen regelmäßig mit den Baumwollenballen gehen; die Manufactur- und Colonialwaaren erhält Adana nur in kleinen La­ dungen meist aus Cypern oder Syrien; daher der Absatz derselben von da nicht viel weiter geht; denn Marasch erhält seine Bedürfniffe aus Aleppo. In Tarsus könnte ein accreditirtes und wohl

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Klein-Afien.

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25.

versehenes Handelshaus gute Geschäfte machen, wenn eS mit Waaren zu Preisen, wie die von Cypern, Beirut oder Smyrna gestellt find, daS Innere Kleinasiens verproviantiren wollte. Eine Hauptindustrie im Paschalyk Adana ist die Verfertigung der AbaS Maschlak oder Mäntel von Ziegenhaar, die bei allen Einwohnern im täglichen Gebrauch sind. Teppiche, gil^e zu Zelten und Zeuge allerlei Art, auch L-einwand, werden hier gefertigt, und viele Holzwaaren zum Hausgebrauch der vielen, zumal im Districte von TarsuS festgesiedelten Turkmanen. Außerdem haben sich durch Association einzelner Gewerkvorstände, Nazir genannt, die von den Civilautoritäten unabhängig geblieben sind und eine eigene Jurisdiction über ihre Arbeiter besitzen, gar manche Industriezweige unter dem Volke ausgebildet, davon folgende im Jahr 1855 die wichtigsten waren: 40 Oelfabrike« für Sesam, 50 Wollwebereien, 22 Zeugdruckereien, 40 Färbereim, 2 Gerbereien, 10 Filzfabriken. Seit 1833 hatte sich ein ganz neuer Handelszweig ausgebildet, der sich seitdem sehr erweitert hat. ES ist der Fang und die Ausfuhr der Blutigel, der hier wie in man­ chen andern Orten Kleinasiens (Kleinasien Th. I. 182) ins Große getrieben wird, wozu sich die stehenden Wasier im Lande sehr eignm. Anfangs war die Einsammlung frei, seit 1842 ist sie von der Pforte verpachtet an ein Marseiller Handelshaus (Freres Artus), daS in Marasch, Azophi (?), Alasson(?), Adana und Tar­ suS seine Einfangsorte und Comtoire hat. Auch Tarsus steht in nicht geringem Verkehr Mit Kaisarieh, wovon schon oben die Rede war, wozu noch der Seeverkehr der Stadt durch Mersina kommt, der Adana fast gänzlich bis auf we­ nige Cabotage fehlt. Ueber den Mittelpunkt des kleinasiatischen LandverkehrS ist schon bei Tokat und SiwaS die Rede gewesm, und wird bei Kaisarieh noch weiter zur Sprache kommen. Marasch, die dritte Hauptstadt deS PaschalikS, hat eine eigenthümliche Industrie, die vorzüglich in meisterhafter Bearbeitung von sehr geschätzten Lederwaaren besteht, wie Pferdegeschirr, Sättel, Zäume, Patron- und Munitionstaschen, Säbel­ scheiden und Gehenke, Pistolenhalfter, Gürtel und dergl. mit den schönsten Leder- und Goldstickereien, die einen starken Absatz durch Syrien, Aegyptm und ganz Kleinasien habm. Der Ackerbau im Paschalik von Marasch wirft bedeutenden Ertrag ab, wozu vorzüglich auch Reis gehört (jährlich an 150,000 bis 200,000 Kilo­ gramm), eben soviel liefert es Wolle, nur 20,000 Kilogr.; Gelb-

Industrie und Ackerbau.

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beere zur Färberei 3000 bis 4000 Kilogr.; Wachs; an Gerste und Korn aber so viel Ueberfluß, daß eS im Lande von der gerin­ gen Bevölkerung nicht consumirt werden kann. In Marasch sind nur einige Kaufleute auS Aleppo, die daselbst ihre Waaren ab­ setzen, aber nur Geld zur Rückzahlung annehme«, da ihre Wege zum Transport von Rohproducten zu schlecht sind. Diese gehe» meistentheilS nach dem Innern Kleinasiens, wo man sie gegen Colonialproducte umsetzt. Aber seitdem Marasch mit dem Paschalik von Adana vereinigt ward, hat sich auch sein Handel mehr und mehr nach Adana, der Residenzstadt, gezogen. Seit einigm Jahren haben sich manche Veränderungen durch europäischen Einfluß gezeigt, der im Fortschritt begriffen ist; die Bewohner des PaschalikS haben seitdem zu Trinkgefäßen de» Gebrauch von Gläsern und Fayence angenommen, eben so werden europäische Möbel, wie Stühle, Schuhe, Stiefel und anderes, eingeführt und der Lederhandel hat um vieles zugenommen. Der Boden des PaschalikS Adana ist im Ganzen fruchtbar genug, dennoch liegt sehr vieles Land unbenutzt, und die wenige Benutzung ist schlecht genug, da der Türke faul zur Arbeit ist und die Behörde unfähig zur Förderung des LandeSwohls. Die Abgaben sind nicht allein enorm, sondern auch die Form der Abforderung höchst beschwerlich und drückend. Dennoch ist die Production sehr mannichfaltig und noch eine der begünstigsten in Kleinasien. Vom Westende der Pedias bei Soli und Mersin ostwärts bis zum Amanus hat die immense von vielen Flüssen gutbewäfferte Ebene einen großen Reichthum von Ernten auszuweisen, die bei so lauem Culturbetrieb doch bedeutende Ausfuhr darbieten an Baumwolle, Korn, Gerste, Sesam, Tabak, Wachs, in erster Reihe, und in zweiter auch Linsen, Oliven, Gemüse, Käse und Butter. In der Reihe von 5 Jahren betrugen die Exporte »ach officiellen Angaben: an Werth an Korn 900,000 starke Kameelladunge» (KileS) 15,750,000 FrcS. an Baumwolle 100,000 Centn« .... 15,000,000 an Sesam 110,000 Kameellasten................. 1,250,000 an Wolle 2000 Centn«.......................... 350,000 an Tabak 2000 Centn«.......................... 200,000 Bei schlechten Ernten beschränkt man sich auf die eigene Consumtion, ohne Einfuhr von Korn von außen her, weil diese zu schwierig und zu theuer sein würde; bei reichm Ernten kann sehr

234

Klein-Asien.

§. 25.

starke Ausfuhr stattfinden nach Syrien, Constantinopel, dem Archipel, Südfrankreich und Italien. Düngung der Aecker findet bei J>er Indolenz der Türken noch nicht statt; zur Brachezeit lassen sie ihr Vieh auf den Aeckern weiden und brennen, wenn die Grasung vertrocknet ist, alles mit Flammen nieder zu Asche; eigentliches Düngen des Bodens geschieht nur in den Gärten; auf Bewässerung verwendet man nur geringe Kosten, von Schöpfrädern wird nur noch in Selefke einiger Gebrauch ge­ macht. Im November und December, wenn der Boden durch die Regen hinreichend erweicht ist, wird die Aussaat gemacht; im Juni ist die Ernte. Dann kommen Schnitter aus dem Gebirge als Tagelöhner zu Hülfe, die guten Tagelohn (18 Piaster -----13 Sgr.) und Nahrung erhalten. Das Ausdreschen geschieht durch gezähnte Schlitten von Pferden gezogen, und zwar in der Hitze, damit die trockenen Aehren leicht aufspringen. Man verspeiset zweierlei Arten Korn, sogenanntes rothes und weißes Korn; das weiße kommt aus den inneren Landschaften, ist beliebter und theurer als das rothe. Das Mehl ist in der Regel sehr gut, nur bei zu viel Regen ver­ unreinigt es sich durch das was man Zivan(?) nennt. Die Gerste hat wenig Werth, und steigt nur bei schlechten Ernten bis zur Höhe des Kornpreises. Die Sesamcultur hat sich sehr vermehrt, sie bedarf einiger Pflege. Die Baumwolle wird im März ausgesäet, im September und October geerntet, sie wirft den bedeutendsten Ertrag im Handel ab; die Kaufleute von Kaisarieh exportiren jährlich 25,000 Ballen aus ihrer Provinz, jeder zu 100 Oken, aber diese Ausfuhr geschieht nur bei guter Ernte, wenn diese 35,000 bis 40,000 Ballen über­ steigt. Die schlechte Ernte giebt nur so viel, als im Lande selbst verbraucht wird. Die Baumwolle von Tarsus und Adana gehört zu den feinen und groben Arten; die groben werden meist nach Europa ausgeführt, die feinere Sorte, Mawie genannt, ver­ theilt sich in verschiedene Häfen von Kleinasien; die dritte Qua­ lität, die gemeine Baumwolle, geht auch nach Europa, wird aber meist durch Betrug gemischt, wodurch die Baumwolle von Tarsus im Handel in Mißcredit gekommen ist. Die Leinsaat ist nur von geringem Werth. Die Weinberge sind sehr zahlreich, zumal in Adana, aber schlecht bebaut und liefern keine reife Trauben, da die Reben bis zu den schattigen Wipfeln der Baumkronen aufsteigen, wo ihnen die

Industrie und Gewerbe.

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Sonne fehlt. Um Tarsus rechnet man über 100,000 Rebstöcke, die man eben so wild wuchern läßt. Die Traube ist dunkelblau, die Beere bleibt sehr klein, der daraus gepreßte Wein wird berbon genannt. Eine Art Gelee aus Trauben gekocht, das schon P. Be­ ton im 16. Jahrhundert in Karamania (P. Belon ed. 1554. p. 165) im Gebrauch vorfand, ist noch heute beim türkischen Volke sehr be­ liebt und heißt Bundurma, bei Arabern Malban (?). Viel Tabak wird hier gebaut, aber nur von mittelmäßiger Qualität, der von Karadowar und in den Bergen ist die bessere Qualität; die schlechtere geht in Menge nach Aegypten. Viele Olivenbäume sind durch Vernachlässigung der Cultur verwildert; man sagt, sie sollen aus den Pflanzungen der Genue­ sen im Mittelalter stammen, wie diejenigen, die in Menge nord­ wärts Sis auf den Bergen von Zeitun (d. h. Olive im arabi­ schen und türkischen) genannt werden (s. oben S. 226). Der Name Dsch i n ew iz i wird auch hier im Munde der Türken, wie so gewöhnlich bei Bauresten, Burgen u. dgl., im Gegensatz der älteren Bevölkerung des Landes, nur die des Mittelalters, nicht aber wirklich früher hier angesiedelte genuesische Colonien bezeichnen, da von eigentlicher Besitz­ ergreifung der Genuesen in der Periode der Kreuzzüge oder sonst uns keine bestimmten Angaben an diesen Gestaden bekannt sind. Die Seidenzucht von den Vorhöhen ist von geringem Be­ lang, es wird der Ertrag nur auf 400 bis 500 Kilogramm geschätzt; die Maulbeerbaumblätter sollen von gröberer Art sein und daher der Seidenfaden gröber als der von den syrischen Cocons. Die Schafschur, im April und Mai, giebt eine feine, weiße Wolle, die mehr in das Innere des Landes in den Handel kommt, während die dunkle und schwarze Wolle zu dem beliebten Tuch der Mäntel oder Abas im Lande selbst verarbeitet wird, in die alle Turkmanen gekleidet gehen. Das Wachs des inneren Berglandes ist weißer als das von Cilicien, das erst gebleicht werden muß, ehe es nach Smyrna ver­ führt wird. Hierzu kommt noch der Ertrag von Metallen und anderen Mineralproducten, deren Verarbeitung noch vieles zu wün­ schen übrig läßt.

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Alein-Asleu.

$. 26.

§. 26. Achtundzwanz-igsteS Capitel. Der cilicische alpine GebirgSstock des AntitauruS: Ala» Dagh, Bulghar-Dagh, Dümbelek-Dagh.

Uebersicht. DaS Mittelglied des AntitauruSshstemS zwischen den nordischen pontischen Gebirgsketten und dem südlichen medi­ terranen TauruSzuge steht mit diesem letzteren gegen den Süden in Einem großen Zusammenhange, und geht nur in eine verän­ derte Normalrichtung aus S.S.W. direct gegen W. über (s. KleinAsien. Th. I. S. 13). Dieser Uebergang zeigt sich mit großer Bestimmtheit in dem mächtigen cilicischen AlpengebirgSstock, der mit feinen langen und breiten Hauptmasten, die auch die größten alpine« Höhen von mehr als 10,000 Fuß üb. d. M. erreichen, die centrale Emporschwellung deS anatolifchen Plateanlande«, nämlich die lycaonische Hochebene (int Mittel 3300 Fnß üb. d. M.) mit Laranda (Karaman), Eregli (Chbistra), Kilisse Hissar (Tyana und Nigde, s. Kleinasim Th. I. 6.33—35) abscheidet von dem südlichern Gestadelande deS cilicischen Tief­ landes, der Tschokur Owa, welche einen großen Theil deS heu­ tig« Itschyli ausmacht und ganz speziell die flache Borebene von Adana und TarsuS (f. Kleinasim Th. I. S. 19, 24 u. obm) einnimmt. Der eine große Zusammenhang zerlegt sich aber in diesem mächtigen Alpenstock in drei von einander natürlich gesonderte Gliederungm, die durch verschiedenartige Gestaltungen und Berhältniffe in drei Hauptgruppm geschieden, auch unter drei verschiedmm Hauptbmennungen ihren Bevölkerungm bekannt sind und von ihnm genannt werdm: Ala Dagh im N.O., Bulghar Dagh in der Mitte und Dümbelek Dagh gegen S.D. Bon diesem letzteren an weiter westwärts folgt das GebirgSland des rauhen CilicienS (Cilicia Trachea), das westwärts bis zum 32° O. L. v. Grernw. und nordwestlich zum hohen Gjök Dagh reicht. Der Ala Dagh (d. i. bunter Berg, nicht Allah Dagh, waS

Eiltcischer alpiner Gebirgsstock des AntitauruS. 237 Gottesberg heißen würde) ist der westlich« Strombegleiter des Zamantia Sn an feinem rechten oder westlichen Ufer, und »acht da» Südeude de» AntitauruS im engeren Sinne au», wo deffe» mächtiger Querriegel durch da» Centralland feinen feste» Mauerzusammenhang mehr und mehr verliert und durch die Quer­ durchbrüche der beiden Hauptarme de» SaruSsystem», wie vieler stch hier zusammenschaareuder gegen sie concentrirender Sei­ tenflüsse, in wilde» Tiesthälern quer zu durchbrechen und gleichsam in kleinere Gruppen zu zerbröckeln beginnen, bi» sie im Tiefthale de» verewigten Saru»- oder Adanastrom» ihn gänzlich abscheide» von feiner westlich anliegende« und gleich mächtig sich erhebend« Gruppe de» Bulghar Dagh. Diese sich couc«trir«dm westlich« Seit«stüsse zum SaruSsystem sind dieselb«, von den« ob« die Rede war, daß sie erst hier zur Sprache kommen könnt« (s. ob« Erl. 3. Unterer Lauf de» SaruSsystem». S. 131 u. flg.). Der Bulghar Dagh mit gebog«er westlicherNormaldirectiou ist die Mittelgruppe, welche besonder» die Ebene von Tarsu» im Nord« überragt und durch d« berühmten Paß der Pylae Ciliciae schon den Alten bekannt war, welcher heutzutage unter dem Nam« Gülek Boghaz und die ihn umgebmd« Berschanzungm seine historische Bedeutung in der alt« mittler« uud »«er« Geschichte sich erhalt« hat. Der ihn umgebend« Metallreichthum seiner Gebirge und der Pflanzenreichthum feinet Gehänge hat ihm eine größere Beachtung al» seiner Nachbargruppe zu Wege gebracht; doch ist hier kein Stromthal, da» seine Mitte durchbricht, wie da» Süd«de seiner östlichen Nachbargruppe; er bildet eine undurchbrochene Wasserscheide zwisch« dem cmtrat« Hoch- und dem südlich« Ties«-Küstenland«, nur seinem Südabhange gegen sein südwestliche» Ende entstürzt der berühmt« Eydnu», Tarsu» Tschai, desten Quelle wir in obigem k«nm gelernt hab«; auch d« übrigen Südgehängen fließ« mehrere GebirgSströme abwärt» und südwärts al» linke Zuflüffe zum Cydnu» hinzu. Sein Hochgrat scheint in einer mittleren Höhe von 10,000 Fuß üb. d. M. zu bleiben und nirgend» unter 3400 Fuß in fein« wmigm Bergpässeu herabzusinken, wa» ihm seinen wilden Hochcharacter giebt. Die Gipfel seine» östlichen Nachbar», de» Ala Dagh, sollen nach Schätzung noch etwa» höher bi» zu 11,000Fuß aufsteige».

«») Kiepert, Mem. a. a. O. S. 72, Note **.

238

Klein-Afien.

§.

26.

Der westliche Nachbar, die dritte Hauptgruppe, der Dümbelek Dagh (d. i. Paukenberg) sinkt zu geringeren Tiefen hinab und verändert auch seinen Tauruscharakter in sofern, daß sein Kamm in sehr zerklüftete Bergrücken sich zertheilt, von denen das westlichste Glied, der Gugluk Dagh (Ghughuluk? d. i. Taubenort), zwar noch bis zu 7000 Fuß Meereshöhe aufsteigt, der größere Theil aber nur eine breite Plateaufläche von4500Fuß erreicht, über welche nur noch einzelne Berge sich höher erheben. Dieses Plateau zieht sich vom Gugluk Dagh gegen West bis zu den Quellgebirgen des Calycadnus (Gjök'Su) und nimmt hier eine größere Breite im Vorsprunge des rauhen Ciliciens (Cilicia Trachea) ein, deren Bergmassen sich an die des isaurischen Taurus anreihen. Wei­ terhin setzt dieser westliche Theil des Dümbelek Dagh gegen Nordwest bis zur Hochebene Ka^ramans gegen den Hadschi Baba Dagh, der sich wieder zu 8000Fuß Höhe erhebt, fort, und eben so südwärts gegen das mittelländische Meer. Es ist zwar mehrfach von höheren Bergen überragt oder von tiefen Thälern durch­ schnitten, aber nach v. Fischers Beobachtungen, dem wir hier allein folgen, nur an einer Stelle durchbrochen, nämlich im Kara Sekiz Boghaz (Schwarzpeitschenpaß), 3 Meilen südlich von Karaman. Hier ist der 300 Fuß tiefe Felsspalt, durch den die sehr beschwer­ liche Straße von Karaman nach Itsch Jli durch das Strom­ gebiet des Calycadnus zur Küstenprovinz führt, welche wir auf Kieperts Karte näher angezeigt finden. Die Wasserscheide zwischen der nördlichen Hochebene und dem Mittelmeere, bemerkt v. Fischer, unser kürzlich verstorbener hochgeehrter Freund, der hier fast als einziger Augenzeuge nur gründlichen Bericht geben konnte, liegt mit Ausnahme dieses Passes überall auf einer Höhe von wenigstens 4500 Fuß üb. d. M. Westwärts von da beginnt der isaurische Taurus und der mehr südwärts wieder im rauhen Cilicien bis zu 10,000 Fuß hohen Gipfeln aufsteigende Gjök Dagh, der im Süden des Soghla Gjöl (Trogitis-See) den Uebergang zu Pamphylien bil­ det. Ostwärts des Kara Sekiz Boghaz, zwischen dem Düm­ belek und Bulghar Dagh, führt ein mit jenem paralleler, aber nordwestlicherer Gebirgsweg, der Kara Kismes Boghaz, in S.O. von Eregli über die dortige Plateauhöhe. Er führt direct über Pambuk Deressi (das Baumwollen-Thal), das Thal von Güzil Torreh (Güzel-Dere bei Kiepert und Kotschy) nach Tarsus in Cili­ cien. Er überschreitet die dortigen hochgelegenen Kara Jaila, die

Cilicischer alpiner Gebirgsstock des Antitaurus. 239 dortigen Sommerweideplätze der Turkmanen, die bis jetzt aber noch

Terra IneoKinta geblieben sind. der

von Lenophon

Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieß angegebene kürzeste Weg durch Iconium und

Lycaonien ist, auf welchem die cilicische Königin mit den Truppen des

Menon auf

geradestem Wege nach Tarsus

geschickt

wurde,

während Cyrus des Jüngern großes Heer den Umweg durch Cappadocien über Tyana und die cilicischen Pässe nahm (Xenophon 1. c. I. 2). Denn Epyaxa kam 5 Tage früher als Cyrus in Tarsus an, und erst als Syennesis auf seiner Station in den cilicischen Pässen von der Ankunft des Menon in den cilicischen Bergen Nach­ richt erhalten hatte, verließ er seinen Gebirgspaß und zog sich nun auch nach Tarsus zurück.

Derselbe Westpaß soll, wie Th. Kölschy

in jüngster Zeit von den Bergbewohnern erfuhr, auch von Ibra­ him Pascha seiner Zeit befestigt, aber bei seinem Rückzüge auch wieder gesprengt worden sein, wie jener Kara Kapu-Paß, von dem in der Nähe

der

jener Passage

soll man

Chdnusquelle

die

Rede

viele Ueberreste

war

(s. oben).

Auf

von Steinarbeiten sehen;

noch hat ihn kein europäischer Reisender begangen; Höhenmessungen hat auch v. Tschichatscheff hier noch keine angegeben. Wir können nun nach dieser Uebersicht zu den specielleren characterisirenden Verhältnissen der Nord- und Südabfälle dieses cili­ cischen,

einige 50 Meilen von N.O. gegen S.W.

alpinen Gebirgsstocks

übergehen,

einnehmenden,

bei dem wir die Verdienste

der genauesten Beobachter dieses früher so wenig gekannten Gebirgstypus nicht hoch genug in Anschlag zu bringen haben, weil nur ihnen allein ein so bedeutender Fortschritt in diesem sonst sehr vernachläs­ sigten Theile der Erdkunde Kleinasiens verdankt wird. Ueber des

damaligen Majors,

spätern Generals v. Fischer

detaillirte Aufnahme des ganzen Nordgehänges, zur Zeit der Errich» tung türkischer Berschanzungslinien im cilicischen Taurus gegen die Angriffe der

ägyptischen Truppen und Ibrahim Paschas,

hat schon Kieperts inhaltreiches Memoir^) zu seiner Karte von Kleinasien die hinreichende Auskunft gegeben. dem wir hier zu folgen haben,

Der Bericht selbst,

ist eben daselbst verzeichnet^),

er

betrifft aber nur insoweit die Beobachtung gegen Süden, als da­ mals die politisch-türkische Grenze

gegen

das ägyptische schon in

Besitz genommene cilicische Paschalik dieß gestattete.

334) H. Kiepert, Menr. a. a. O. S. 73 ff. 35) Ebendas, v. Fischer, geographische Notizen über Kleinasien. S. 25—29.

240

Z. 26.

Klein-Afie«.

Die Ergänzung dieser räumlich beschränkter« Beobachtung ha­ ben wir, wa» die eilicische Südseite de« Bulghar Dagh betrifft, großeatheils der wohlwollenden handschriftlichen Mittheilung unseres geehrten Freundes, des Botanikers Herrn Th. Kotschy zu verdankru, der unS sein im Bulghar Dagh im Jahr 1855 ge­ führtes inhaltreiche» Tagebuch gütigst zur Benutzung mitgetheilt hat und dessen lehrreiche Beobachtungen als Naturforscher die Leser auS den Schilderungen der Flora des MonS CasiuS in Syrien wie der Frühlingsflora in Aleppo schon hinreichend kennen (Erdk. Th. XVII. 2. S. 1137—1146 und S. 1712-1732).

Erläuterung

1.

Die Nordseite des Alpenstocks der cilicischen Tauruskette; der Ala Dagh und Bulghar Dagh. Der Ala Dagh zeigt von Nordost gegen Südwest einen zusammenhängenden, an 10 Meilen ununterbrochenen Gebirgs­ rücken, dessen gerader Kamm, an 7000 bis 8000 Fuß hoch, doch noch von einzelnen Hörnern überragt wird, wie vom spitzen Apisch Kar, der in der Mitte des Zugs sich bis zu 11,000 Fuß erhebt; südwärts von ihm der Marinenö Dagh (Märmüneh? d.i. schlangenähnlich) uud der Karanfil Dagh (Nelkenberg) zwischen 9000 bis 10,000 Fuß mit massenhaften Formen. Nirgends sinkt dieser wilde Alpendamm um seine Mitte unter diese alpine Höhe herab, auf dem sich die wildestm pyramidalen Zack« über den westlich auliegmden Bereketlü Ma'adrn emporthürmen. Aber er ist bis jetzt fast unbekannt geblieben, ob er gleich sehr pittoresk anziehende Formen seiner Höhen darbietet. Im West« dieses GebirgSstockS d«S Ala Dagh, parallel mit feinem Kamm, zieht von N. gegen S. ein Thal mit schmaler Sohle, an wenigen Stell« von niedrig« Felswänden eingeschlosien, dessen niedere Theile des Thalrande» sich al» sanftere Lehnen öffnen. Diese Felswände begleiten eine» stark« Gebirgsbach, d« Korkun-Su; längs denselben zieht sich die be­ queme Sttaße vou Kaisari eh (Mazaca-Cäsarea) nach dem Gülek Boghaz uud Adana hin. Von diesem flachen Fuß steigt dann aber das Gebirge sehr jähe, an einzeln« Stellen mit mehr als 2000 Fuß hohen senkrechten Felswänden zum Kamm des Ala Dagh

Nordrand des Bulghar Dagh.

241

hinauf. Dessen östliche Wand hat, nach Ruffegger, ähnliche Ge­ staltung und stürzt nach dem In De refft (Höhlen-Thal), zu dem westlichen Hauptarm des Sarusfystems ab, welchem auch die westlich des Ala Dagh und nördlich vom Bulghar Dagh im nördlichen Borgebirge entspringenden Gewässer zufließen. Der Korkun Su, der westliche Begleiter des Ala Dagh, desien weiter südwärts gehender Lauf plötzlich durch den quervorliegenden Kyzyl Dagh (rothen Berg) gehemmt wird, findet feinen östlichen Ausweg in einer engen, zum Theil von gewaltigen Felfentrümmern wieder bedeckten Felsenspalte deö TauruS, den zwischen einem Querjoch des Boz Dagh (grauen Berges), wie hier das Süd­ ende des Ala Dagh heißt, und dem Nordabsturz des Kyzyl Dagh zu durchströmen ihm zwar möglich wurde, desien Umgebungen aber so unzugänglich sind, daß noch heute die Landesbewohner dieselbe Ant­ wort über das Verbleiben des Flusses geben, wie zu Strabo'S Zeit: sie wisien nämlich nicht, ob er über- oder unterirdisch fort­ streicht. Hier ist keine Hauptstraße bekannt, welche von einem Kriegsheere ostwärts direct bis nach Marasck am mittleren PyramuS durch daS wildeste Gebirgsland hätte genommen werden können, wie dies doch in Will. Tyrensis Archicp. Berichte von Gottfried von Bouillons Kreuzfahrerheere aus seinem Stillschweigen, aber irrthümlich, geschloffen werden könnte (Will. Tyr. Historia Lib. III. 18 u. 19; IV. 7, s. unten bei Eregli). Der Bulghar Dagh stürzt an seinem Nordrande eben so steil ab wie der Ala Dagh; in seiner östlicheren Hauptmaste über­ trifft er desien Höhe noch um 1000 Fuß; einzelne daraus hervor­ ragende Hörner, wie der Ala-Tepeh (falsch von Ruffegger Allah Tepessi geschrieben), steigen jedoch nur noch etwa zu 10,000 Fuß auf. Westlich von diesem theilt sich der Kamm des Bulghar Dagh in zwei Gabeln: die eine direct westlich gegen Eregli ziehende läuft im Jwriö-Dagh aus, der im Süden des Ak-Gjöl, eines kleinen Sees bei den Ruinen von Derbe, sein Ende in der Hochebene findet; die andere südwestlich als Hochgrat bis über die CydnuSquelle hinausstreichend, die eigentliche Fortsetzung des TauruS, findet in dcr dritten Hauptgruppe, im Dümbelek Dagh (Trommelberg), nach Art der obigen Angabe ihre westlichste Ausbreitung. Der Westrand des Ala Dagh fällt sehr stetig bis zum Thale des Korkun-Su ab; vor dem Nordrande des Bul­ ghar Dagh liegen dagegen eine Menge schr unzugänglicher FelSmauern, welche den ganzen Raum zwischen dem Bulghar Dagh Ritter Erdkunde XIX. Q

342

Klein-Afien.

Z. 26.

und Ala Dagh einerseits, und der Ebene zwischen Eregli und Nigde andererseits bedecken. Die höchste derselben streicht auf der Westseite des Korkun-Su nahe in 7000 Fuß absoluter Höhe im Karyndscha-Dagh (Ameisenberg), Armud Beli (Birnen-Paß), Kyrkbunar-Dagh (40 Quellen-Berg) und Ütsch Kapu Dagh (drei Thore-Berg) von Süd

fast nordwärts bis in die Nähe

von N.igde, nur mit geringer Neigung gegen Westen. An ihrem Südende hängt dieser Zug durch einen Sattel mit dem noch zum Ala Dagh gehörenden Kyzyl Dagh zusammen, und durch zwei Aeste, von denen der eine östlich nach der Mar menömauer des Ala Dagh, der andere nach Süden gegen das östlichste Horn des Bulghar Dagh gerichtet ist, hing er ursprünglich auch mit der Grundmasse des Taurus - Hauptkammes zusammen. Der Durch­ bruch der Thäler, der ihn gegenwärtig von dieser Grundmafse trennt, ist an beiden Stellen am engsten und tiefsten. In Verbindung mit jenem vorgenannten Sattel bei Kyzyl Dagh bildet dieser Gebirgskamm die Wasserscheide zwischen dem den .Ala Dagh nördlich vom Kyzyl Dagh durchbrechenden Korkun-Su und dem Tarbas Tschai, welcher, südlich des Kyzyl Dagh und in streng östlicher Richtung strömend, die im Norden des Bulghar Dagh entspringenden Bäche dem Seichun (Sarus) zuführt. Von den zwischen diesen Felsrissen entspringenden Thälern öffnet sich nur eins gegen West nach Eregli hin. Die anderen fallen fächerartig nach Ost oder Südost ab, indem sie sich mit dem Tarbas Tschai, dem Hauptdurchbruche durch den Taurus, vereinen. Die große Hauptstraße, die Weststraße von Konia, über Eregli, Uln-Kyschla, Tschifte-Chan (Doppel-Chan), Tachta-Kjöprü (Bohlenbrücke), Ak-Kjöprü(weißeBrücke) durch den Gülek Boghaz nach Adana,

durchzieht das bequemste

dieser Thäler — das des Tarbas Tschai. Daffelbe wird oft durch Felswände von bedeutender Höhe sehr eingeengt und kann dann leicht gesperrt werden; Nachhülfen durch Wegsprengung von Felsen­ vorsprüngen machten dies Thal aber schon früher für Fuhrwerk Passirbar, wenn nicht ungewöhnlich starke Gebirgswafferdie Sttaße an einigen Stellen überfluthen. Reste aus allen Zeitaltern finden sich längs und neben dieser uralten Heerstraße von Kleinasien, welche durch die cilicischen Pässe gehen.

So ohnweit Eregli bei IwriS ein Felsenbild

altassyrischer Kunst, und kaum 100 Schritt davon entfernt, in der Mauer einer Moschee, Bausteine mit Äohanniterkreuzen; bei

Zwei Hauptstraßen von West nach Ost.

243

Toni und weiter östlich abwärts bei Seiwe Ruinen alter, wahr­ scheinlich vorgriechischer Ortschaften; unterhalb Tschifte Chart die noch heute benutzten Aquae Calidae (in Tabul. l*eut. XXXlX Mill. = 8 geogr. Meilen in Süd von Tyana) aus der späteren Kaiserzeit und bei Ulu Kyschla (d. i. große Winterwohnung) ein gewaltiger Chan und die Trümmer einer schönen Moschee auS der Zeit Selim II. Die zweite große Hauptstraße vom Norden her, von Angora und Cäsarea Mazaca, dem heutigen Kaisarieh, und von Nigde herwärts lenkt südwärts ebenfalls in die Haupt­ straße nach Ada na ein. Sie durchzieht ein anderes der TauruSthäler, daS des Kirk Getschid (d.i. der vierzigUebergänge), welches sich bei Tachta Kjöprü (Bohlenbrücke) mit dem Thale des TarbaS Tschai vereinigt und dann an Tachta Kjöprü vorüber zN dm Pylen fortgeht. ES ging durch dasselbe Thal die alte Straße von Tyana nach Ada na, von welcher sich aber nur in der Nähe deS ersteren Ortes, bei Karadfcha Ewren (d. i. schwärzliche Ruinm) und bei Boghaz-kjöi (Engpaßdorf) Reste, auch in und bei Pa sch maktschy (d. i. Sandalenmacher) die Ueberbleibsel von FaustinopoliS in kolossalen Fundamenten alter Gebäude vorfindm. An daS in der Kaiserzeit berühmte Gestüte in der Nähe von FanstinopoliS erinnert nur noch der Name des Dorfes Imrahor (d.i. Stallmeister), welches in einem weiten GebirgSkeffel liegt, der ein­ zigen Stelle, wo sich dieses Thal ausweitet. Im Uebrigm ist das­ selbe sehr rauh und der Reilpfad zieht sich an den mit großem Gerölle bedeckten Hängen desselben hin. Bon ähnlicher und noch rauherer Beschaffmheit find die meisten Thäler in tiefen Vorbergen, indem sie in der engen Sohle zwischen 2500 und 4000 Fuß liegen, die Felsenkämme dazwischen dagegen 6000 bis 7000 Fuß absoluter Höhe hoch emporsteigen. DaS Vorgebirge zwischen diesem hohm TauruSwalle «nd der nordischm Hochebme ist daher sehr unzugänglich; dennoch aber viel belebter als die-westwärts liegende Ebene. Die Karte von v. Fischer^) von diesen Nordabhängen zwifchm Eregli und dem 3,fi) Karte von den Nordabhängen deS Bulghar Dagh (TauruS) nnb Ala Dagh (Antilaurus), zwischen Eregli. Nigde und dem Gülek Boghaz (Pylac Ciliciae) nach der Ausnahme deS Majors v. Fischer. Berlin bei Schropp, 1845. Leider ist der Abdruck des nur nutalt logra phirten Blattes weit hinter der Klarheit und vollendeten Schönheit des Originals zurückgeblieben, welches sich im König!. Genrralstabe befindet.

QL

244

Klein-Asien.

$. 26.

Apischkar-Dagh, im Maaßstabe von 1:150,000 der natürlichen Größe, giebt insehr lehrreicher Weise die Anschauung dieser Terrainbildung. Die Karte entstand während eines fünfmonatlichen Aufenthaltes in ihrem Bereiche, sagt der Herr Verfasser, für daS militärische Bedürfniß. Sie ist nur in ihrer Originalhandschrift ein köstliches Musterbild dieses Abschnittes von Kleinasien, dem wir nur wenig andre Localitäten zur Seite zu stellen haben, besten Werth durch die Mühsamkeit der Arbeit unter den schwierigsten Umständen und Entbehrungen doppelt erhöht wird, da man in ihr ein Unicum von einer Terra incognita kennen lernt. Bis in die hohe Region hinauf sind die verwitterten Lagen der flacheren Theile des hier durchgehend vorherrschenden Kalkgebirges theils mit Nadelholz bewachsen, theils gewähren die wohlbewästerten niederen Theile eine gute Weide, und einzelne Felder eignen sich zu jeder Art des Anbaues. Die Bleiminen von Eski Ma'aden (d. i. altes Bergwerk) auf dem Ala Dagh, wie die zu Bulghar Ma'aden (4500 Fuß üb. d. M.) am Nordhange deS Bulghar Dagh beschäftigen auch eine Anzahl von Leuten. Außerdem ziehen einige Nomadenstämme aus den Winterlagern von Tarsus in diese Sommerlager nordwärts deS Bulghar und Ala Dagh ein (f. oben S. 227), wo sie frische Weide und reinere Luft als in der Tiefebene von Tarsus und Adana finden. Wohl angebaut ist indeß nur allein daS einzige gegen West sich absenkende Thal, dessen breitere Sohle durch Irrigation sehr fruchtbar ist und in die gut angebauten Um­ gebungen von Eregli übergeht. Bon der westlichen dritten Gruppe deS Dümbelek Dagh (Paukenberges) und ihrem ver­ änderten mehr plateauartigen Gebirgscharacter ist schon oben die Rede gewesen; sie ist uns wenig bekannt. Hier verlassen wir die lehrreichen Angaben Major Fischers, dem es nicht vergönnt war, die damalige türkische GebirgSgrenze auf die Südseite des Bulghar Dagh zu überschreiten; wir werden dem trestlichen Beobachter weiter westwärts in der Bewanderung des rauhen Ciliciens (Cilicia Trachea) wieder begegnen. Für jetzt werden wir nur einige Anmerkungen zu obigen Angaben hinzufügen, und dann zur Characteristik des Südabfalles des Bulghar Dagh übergehen.

Nordsiraße über Tyana zu den cilicischen Paffen. 245 Erläuterung 2. Die alten Städte Tyana und Cybistra, die heutige Kilisse Hiffar und Eregli am Nordfuß des cilicischen TauruS.

1. Bon AndabiliS über Tyana, FaustinopoliS, PodanduS zu den heißen Quellen und von Eregli über IwriS, Seiwe und Tschifte Chan bis zu den heißen Quellen und der Brücke Tachta Kjöprü amVerein beider Straßenzüge. Nigde, Kilisse Hissar (Tyana) und Eregli (Cybistra) sind die Hauptorte, welche am Nordsaum dieser GebirgSabfälle auf der Grenze der anstoßenden cataonischen Hochebene liegen, bei Strabo zur Präfectur Tyanitis gehörig, welche die nördlich« Paßeingänge zu der großen cilicischen Gebirgsstraße durch den TauruS beherrschte (Strabo XII. 537, und Kleinasien Th. I. S. 72, 73). Tyana war einst die Hauptstadt, von der die Land­ schaft den Namen erhielt; sie liegt unter dem Taurus, sagt Strabo, nahe den cilicischen Pässen (nvXcu Kih'xiat), wo die bequemsten Uebergänge nach Syrien sind. Diese Tyanitis ist dem größer« Theile nach eine zur Ebene gehörige, sehr fruchtbare Provinz, daher sie auch für die Durchreisenden hinlängliche Nahrungsmittel dar­ bietet, die dem rauhen Gebirgslande fehlen. Die Stadt Tyana ist auf einem Erdhügel oder Kunstdamme der SemiramiS (intxmut ^lofiun ~ef.itQui.udos) erbaut und gut befestigt (wie Melite am Euphrat und Zela in der Nähe des Iris (s. ob. Klein­ asien I. S. 139). Schon dieses beweiset die Begründung der Stadt im hohen Alter, in der Nähe der großen assyrisch-persischen KönigSstraße^), die vom Euphrat durch ganz Kleinasien über diese und andere Orte, wie Comana, durch Leucosyrien, über den Halys nach Ancyra und Pessinus, über die Tempelorte der syrischen Göttin bis Sardes und Ephesus (Herod. V. 52) fortlief. Die große und reiche stark besuchte Stadt Dana, die Lenophon auf des jüngeren Cyrus Heeresmarsche nach den cili­ cischen Pässen durchzogt), wo er 3 Tage rastete, hat schon Cellarius^) mit Recht als identisch mit Tyana nachgewiesen; denn 337) H. Kiepert, in MonatSbcr. der Bcrl. Arad. d. Wtffensch. 1857. S. 130. *s) Xenoph. de Cyri Eiped. I. 3, 21. ") Orbis Antiq. Notit. Asia. p. 344.

246

Kletn-Aflen.

§. 26.

von da schritt das Heer sogleich südwärts zu dem HauptgebirgSpafle fort. Auch Alexander M. ging denselben Weg, als er vom HalyS südwärts zum Lager des Cyrus und Xenophon an den Eingang der cilicischm Paffe kam, wenn schon die Stadt Tyana nicht von Arrton340) genannt wird; denn es ist die einzige für Heere gangbare Straße, die an den Pässen zwar ihre feindliche Besatzung hatte, welche aber die Flucht ergriff und den Macedoniern den freien Durchzug nach Tarsus gestattete. Spätere Autoren (Arrian. Peripl. Eux. p. 6) schreiben den Na­ men Thoana, als bezöge er sich auf den taurischen König ThoaS, der mit in die Sage der Stiftung der Heiligthümer zu Comana verwickelt ist. Strabo nennt die Stadt mit einem späteren Namen auch Eusebeia am Taurus, den sie vielleicht von dem benachbar­ ten Heiligthum eines IupitertempelS erhielt, der am heiligen See und der Quelle Asbarn aeoö lag, die Ammian. Marcell. (XXIII. 19) als eine Wunderquelle beschreibt, weil sie aus dem See sich empor­ hebe und wieder hinabsinke, aber niemals den Seerand überfließe, daher Jupiter ASbamäus dm Namen erhalten habe. ES ist eine Quelle, von der Philostratus dasselbe sagt, daß sie wie kochendes Waffer auS einem Kessel aufwalle und dann wieder versinke (im Leben des Apollonius von Tyana 1.4, der hier geboren war, s. Vopiscus Aurelian, c. 24). Unter Kaiser Valens hatte die Stadt einen christlichen Bischofssitz.Nach Strabo lag Tyana drei Tagereisen im Süden von Cäsarea Mazaca, auf dem Wege zu den cilicischm Pässen (Strabo XII. 539). Diese Stadt Tyana, wie ihr Name, ist längst ver­ schwunden, aber ihre Lage ist von Hamilton gegen 6 Stunden Weges (14 MileS) in S.S.W. von Nigde, südlich eine halbe Stunde von Bor, an dm Ufern desselben Flüßchmö, an welchem dieser Ort liegt, mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder aufgefunden wordm, bei dem Dorfe, das er Kis-hiffar, Andere richtiger Kilisse oder Konisse hissar nennen. Die Ueberreste an diesem Orte hattm M. Kinneir (er schreibt ihn irrig Ketsch hissar, d. h. Ziegen­ schloß) schon früher darauf geführt, mit ihnen daS alte Tyana zu identificiren. Hamilton schrieb es Kyz hissar (d. i. Mädchenschloß), v. Moltke Kisse hiffar (d. i. Beutelschloß), v. Tschichatscheff Keffer hissar. Aber richtig ist, nach Bischof Kyrillos und der tür­ kischen Erdbeschreibung Dschihannüma"), der schon von Col. Leake 340) Arriani de Exped. Alex. 11. p.4.

41) H. Kiepert, Note in Mem. S. 71.

Misse hiffar, Epi-copalfitz von Tyana.

247

aufgenommene Name Kilisse hissar, d. i. Kirchenschloß (nicht wie Col. Leake meinte42), von Kthoou), gleichbed«t«d auch Konisse oder Kenisse (nach v. Fischer), waS nur die arabische, wie Kliffesar (bei Texter und Kyrillos) corrumpirte vulgär-türkische Aus­ sprache ist. Der Name Kirchenschloß, wenn auch wahrscheinlich im Munde deS türkisch« Volks nur auf die Baudenkmäler der alten Stadt bezogen, hat doch für den alten Episcopalsttz von Tyana seine Bedeutung noch immer erhallen; wenn schon die Residenz deS Bischofs etwas nördlich von Nigde in das benachbarte Dorf Fertik verlegt ist, so reicht seine Diöcese über die griechischen Christ« doch weit gegen Norden hinauf bis zum Fuße deS Erdschisch und süd­ wärts bis zum Fuße des Bnlghar Dagh, nach Karaman und Konieh (Iconium) hinab. Schon Ätnnetr43), der den Ort von Nigdeh her nach 4stündigem Marsch durch ein« paradiesischen, von unzähligen klar« Bächen durch­ rieselten Obsthain erreichte, dem hier auch alte Kaisermünzen mit dem Namen Tyana'S angeboten wurden, sah am genannten Orte mafsenhafte Grundmauern an verschiedenen Stellen einer alten Stadt von einst großen Gebäuden, viele Säulen und PiedestalS mit Schutt überdeckt, und nahe einem schönen alten Bau auch noch eine steh« gebliebene Säule von schönem Granit, zumal aber Ueberreste eines AquädnctS, der nach Aussage der Einwohner über 2 Stund« vom Gebirge bis hieher geleitet sei, und d« sie wie die ander« Baut« dem Sag«helden Nimrud zuschreiben; Kinneir erklärte ihn für römische Arbeit. Inschriften zur Bestätigung der Lage wur­ den aber weder von Kinneir noch von Hamilton44) entdeckt, wol aber scheinen einige Umstände dafür «tscheidend zu sein. Hamilton bemerkte, daß diverse Ruinen in der Mitte der Ebene, aber auf einem kleinen Erdhügel lagen, welcher der Angabe des Strabo ganz entsprechwd ist. Um das Wasser auf diesen Hügel zu bringen, ward der Aquäduct wol von den Römern (nicht aus Granit, wie Kinneir sagt, sondern aus Kalkstein) erbaut, der über die Ebene von Ost her aus den Bergen die Gärten des Ortes noch heute mit einer reichen Quelle bewässern kann. Zwischen den klein« Hüttm auf dem Hügel sah auch Hamilton viele Reste von Grundbaut«, 4?) Col. M. Leake, Journ.l.c. p. 61, Not.; Maj. v. Fischer, in Mem. a.a.O. S. 25. 43) Macd. Kinneir, Journey Ihr. Asia Minor 1. c. Lond. 1818. 8. p. 114, 115. 44) W. Hamilton, Notes of a Journ. in Asia Mi­ nor, in Journ. Roy. Geogr. Soc. of London. 1838. Vol. VIII. p. 152— 154; bris. Research, in Asia Minor etc. Vol. II. p. 300—304.

248

Klein-Asien.

§. 26.

darunter auch die Basis eines antiken dorischen Tempels, von dem noch eine flach cannelirte 30 Fuß hohe Säule an ihrer ur­ sprünglichen Stelle stehen geblieben. Biele der Hütten sind aus alten Architecturstücken aufgebaut. In der Benennung einer niedern Berg­ kette im Norden der alten Tyana, die voll Höhlen und Grabstättm Sielleicht die Necropole der antiken Stadt bezeichnet, und bei den heutigen Anwohnern Iftijan kasch oder Iftijan - keler heißt (Kasch heißt eigentlich Augenbraue, hier übertragen: Abfall eines Hügels, Keler ist das lateinisch-byzantinische cellarium, d. i. Keller), hat sich wahrscheinlich noch die letzte Spur des antiken Namens Tyana erhalten. Mehrere dieser älteren Grabstätten waren später zu christlichen Capellen benutzt. Von den hohen Klippen breitete sich ein weiter Ueberblick über die Umgebung und westwärts auch über von Kalksteinschichten überlagerte Hügel von Peperit aus. Was die Localität der alten Tyana noch entschiedener bestätigt, ist die Auffin­ dung der Quelle, welche der sogenannten Asmabaeos, nach Ha­ miltons Erforschung, am vollkommensten entspricht und im Süden des Ortes liegt. Im N.O. der Stadt entspringt in einer halben Stunde Entfernung aus fcent Fuß eines niedern KalksteinbergS, zwar auch aus einem 100 Fuß langen, kleinen See, eine reiche Wafferquelle, welche in einem Mühlgraben abläuft, und von vielen Marmorblöcken und behauenen Cornischen umlagert ist, und in geringer Ferne, gegen 0.303. der "Necropole, tritt eine andere Quelle von 30 Fuß Breite, auö einer Erdspalte hervor, die sogleich nach einem unterirdischen Laufe von 40 Fuß einen größern Teich bildet; beide scheinen aber nur künstlichen Anlagen zu Irrigationen umliegender Gelände zu entsprechen. Die dritte der auf Hinweisung des Orts-Aghas von Hamilton besuchten Quellen wurde auf einem Wege südwärts des Ortes, der durch eine Grä­ berstätte, die voll Säulen aus weißem Marmor und schönen Breccien liegt, besucht, wo auch jene Säule aufrecht stehen geblieben und wo ein paar griechische Inscriptionen copirt werden konnten (Boeckh, Corp. Inscr. Graec. As. Min. No. 4193 u. 4194). Der Bodm ist hier salpeterreich und liefert aus seinen dortigen Gruben jährlich an 40,000 Oken zur Schießpulverfabrikation (nvQixtg xovig nennt ihn Kyrillos). Der Boden ist sehr sumpfig, von vielen Quellen schwarzen schlammigen WafferS durchzogen. Etwa eine halbe Stunde südlich von Kilisse Hissar liegen salzige Quellen, und hinter diesen fand sich das Phänomen der Wun­ derquelle AsbamaeoS bestätigt. In der Mitte einer vollkom-

Wunderquelle ASbamaeoS an der Königsstraße. 249 menen Ebene breitet sich ein kleiner runder Teich von 40 Fuß Durch­ messer mit trübem Wasser aus, in dessen Mitte ein natürlicher Springbrunnen bis zu einem Fuß Höhe und von 1 Fuß im Durch­ messer mit ziemlichen Geräusch fortwährend wie aufkochend emporgeworfen wird, ohne daß der See Liber den Rand fluthet, ungeachtet doch kein natürlicher Ausfluß des kleinen Sees wahrzunehmen ist. Das Wasser ist kalt, etwas schwefelhaltig, der Dunst des HydrogenGases, der sich um die Quelle verbreitet, zeigt die Ursache ihrer Entladung und ihres Aufkochens aus der Tiefe an, und erklärt das Phänomen, das die Alten in Verwunderung setzte. Im S.O. des kleinen Sees bemerkte Hamilton eine Gypslage und Alabaster, den er als Absatz einer Mineralquelle in antiklinischer Senkung er­ kannte, und obenauf lag ein eleganter cannelirter Altar mit einem großen Bohrloch, der wol einst der Gottheit der Quelle geweiht gewesen. P. v. Tschichatscheff^) fant> &te absolute Höhe der Ebene, in welcher die beiden rundlichen Seebecken nur etwa 10 Minuten weit auseinander liegen, 3501 Fuß Par., und das westlicher gele­ gene, als das größte, 59 Schritt in Umfang und noch keinen Fuß tief, das Wasser säuerlich von Geschmack, kohlensaures Gas aus­ strömend, die Umgegend der Ebene von weißlichem Ansehen, wie von Salzeffloreseenz oder durch den Niederschlag aufgelöster Kalktheilchen tingirt. Der Boden des größeren Bassins war eben, so daß die Eingeborenen ihn zum Baden benutzten; das Wasser dieses Bassins war durch das Schlammaufstoßen der Quelle schwarz und schlammig, das kleinere Bassin hatte klares Wasser. Durch diese mit der alten Tyana verificirte Moralität ist ein sicherer Ausgangspunkt für die Bestimmung der anderen Hauptorte des Zuges der antiken KönigSstraße t>urd> die cilicifchen Pässe gewonnen, sowie auch die astrononlische Breitenbestimmung der näch­ sten nordanliegenden Station dieser Straße Rigde, die von Ha­ milton^) gemacht, 37" 56' 30" (im Texte falsch 37" 5'). Die neueren griechischen Berichterstatter^) geben Korinthen und grobe Teppiche als Hauptprodutte der jetzigen Einwohner von Klissesar an; auch nennen sie uns einen zweiten Ruinenort, südlich von jenem Dorfe an den Borbergen des Taurus gelegen, mit einer Menge alter Marnlorfragmente (vielleicht Ruinen eines Tempels) und einer alten Kirche des St. Kosmas. Nigde, nur etwa 345) Asie Mineure. T. I. p. 363. 4*) W. Hamilton, Research, etc. Vol.II. p. 298 u. 39 i. 4 ) Km illos a. a. O. S. 32; Rizas, Kappadokika. Cooslantinopel 1856. p. 113.

250

KleinAfien.

§.26.

3 Stunden weiter nördlich, ist zwar kein aus dem Alterthum nam­ haft bekannter Ort, aber der Weg von ihm südwärts läuft eine Streke von einer halben Stunde weit parallel mit einer alten Römerstraße hin, an welcher mehrere solche antike Hügelhöhen in der Ebene liegen, wie sie als Semiramisdämme bei Strabo beschrieben werden, bis man die Gartenumgebung der Stadt Bor erreicht, die im Norden der alten Tyana liegt und viele aus dem heutigen Kilisse Hissar dahin zu Grabstätten verschleppte Mar­ morstücke zeigt, auf denen auch Inschriften sich finden. Südwärts dieser Bor, nach dem alten Tyana zu, bildet eine niedere Kalkstein­ kette die Nordgrenze der Ebene von TyanitiS. Als Ebn Batuta (1330) diese Stadt, die sein Uebersetzer irrig Nacdeh^) schreibt, auf seinem Wege von Kenia und Laranda nach Kaisarieh besuchte, gehörte sie noch einem persischen Fürsten (dem Könige von Irak) an und hatte einen Commandanten, Achy Dscharuk genannt, der zu der gastlichen Brüderschaft gehörte. Sie war noch bedeutend und sehr stark bevölkert, lag aber doch zum Theil in Ruinen. Ein ziemlich großer Fluß, der Kara su, an dem man nach persischer und syrischer Art hydraulische Räder zur Bewäflerung der Umgebungen ange­ bracht hatte, in deren Gärten Obst die Fülle war, war auf drei Brücken innerhalb der Stadt und auf zwei Brücken außerhalb der­ selben zu überschreiten. Rigdeh nennt fttnnetr48*) zwar eine Pascharesidenz, dabei aber eine sehr armselige Landstadt von etwa 5000 Seelen bewohnt, auf einem konischen Felsenhügel gelegen, der nicht nur von zahlreichen Höhlenkammern mit Thüren und Fensteröffnungen durchbohrt ist, sondern auch zum Theil sehr alte Mauern trägt, in denen sich noch viele alte Reste von Marmorsäulm und andern Architekturstücken finden, waS ihn bewog die alte Stadt Cadyna (bei Sttabo) damit zu identificiren. Nach Hamilton hat es 900 bis 1000 türkische, 40 armenische und 30 griechische Häuser und ein Castell auf einer isolirten Anhöhe zwischen weitläufigen Gärten. Im West soll in einer guten Stunde Ferne der Ort Eski (d. h. alt) Arawan mit einer Kirche St. TheodosiuS liegen, der vielleicht einem antiken noch unbekannt gebliebenen Orte entspricht; auch sind eS noch andere Orte, die in westlicher Nähe gegen Bergzüge liegen, wie Ieni (Neu-) Andaval, Hagios NikolaoS, Iilanly Panagia(d.i. heilige Maria von den Schlangen) und Firmasun (d. i. Frei34*) Ebn Batouta

b. Defreraery 1. c. T. II. p. 287.

48a) a. a.O. @.112.

Jeni- und Eski-Andarval, AndabaliS.

251

Maurer), auch Kraut (richtigere Aussprache Fireng) -Deressi (d. i. Fraulenthal) genannt, und größere Aufmerksamkeit verdimen, aber von Hamilton nicht näher untersucht werden konnten. Sein Barometer, das ihm bisher so treue Dienste geleistet hatte, zerbrach hier, so daß er seine hypsometrischen Beobachtungm nicht weiter fortsetzen konnte. Bon der weitern nördlichen Route und der Lage dortiger Orte in fruchtbarer cappadocischer Ebme wird weiter unten am gchörigen Orte die Rede sein; hier ist nur der genannte Ieni-Audawal, als eine an der großen Königsstraße gelegene antike Oertlichkeit, noch zu erwähnm. Zwar warm in Jeni- und Eski-Andawal^) keine alten Ruinen, als nur die einer Kirche St. ConstantinuS sichtbar, aber im Itiner. Autonin. Provinc. 145*') ist diese AndabaliS eine Station auf der großen Hauptstraße nach Cilicien: Bon AndabaliS nach Tyana XVI M. P. nach FaustinopoliS XVIII M. P. nach PodanduS XVI M. P. nach Nampsucrene XXVII M. P., d. i. Mopsucrme (s. S. 225), und von da nach Aegae XXI M. P. Die Entfernung von 16 Mill. P. = 6'/, Stundm Wegs oder eine Tagereise, entspricht auch heute der Distanz von Eski- oder Alt-Andawal nach Kilifse Hiffar, denn über Nigde und Bor dahin rechnet Hamilton 14, in directer Linie 11 geogr. MileS, und 16 Mill. P. sind ziemlich genau 12 engl, geogr. MileS (60 auf den Grad). Im Itin. Hierosolym. ebendas, p. 273 ad 577 u. 576 sind folgende Stationen noch vollständiger angegeben: Mansio Andavilis „ibi est villa Panipali, linde veniunt equi curules”, Civitas Thiana, inde fuit Apollonius Magus Civitas Faustinopoli XII Mil., Mutatio Caena XIII Mil., Mansio Opodando XII Mil. (jetzt Bozanti), Mutatio Pilas (Pylae Ciliciae) XIV Mil. Finis Cappadociae ct Ciliciae Mansio Mansucrinae (d. i. Mopsucrinae) XII. Civitas Thar so. 4S) W. Hamilton, Res. 1. c. II. p. 296; dcrs. in den Notes im Lond. Geogr. Journ. 1838. VIII. p. 152. *") Itiner. Antonini Augusli et Hierosolym. ed. Partbey et Finder. 1848. p. 67.

252

Klein-Asien

§. 26.

Ehe man von Norden her 2V? Stunden vor Nigde diesen Ort erreicht, sieht man im niedern flachen Thäte einige reiche Quellen entspringen, die einen Strom bilden, der gegen S.W. durch Bor und Nigde fließt und die dortigen reichen Gärten und Wiesen bewäffert. Die obengenannten Neugriechen, Kyrillos und Rhizas, nennen Bor, griechisch Tlogog, eine weitläufige Landstadt mit Dielen Moscheen, einer Kirche und zwei christlichen Schulen, da die Bevöl­ kerung auS Türken und Christen gemischt ist, umgeben von Wein­ gärten und bamnreichen Wiesen, in allen Straßen von klaren Bächen durchrieselt, wohlhabend durch Kattunweberei und Färberei, wozu einheimische Wurzeln die Farbstoffe liefern; außer dem Dorfe Sazala zwischen Nigde und Bor, wo die Flüßchen der Ebene in einen kleinen See untrinkbaren Wassers versinken, werden in der Nachbar­ schaft noch die Ortschaften Oktschular, Fislene, Adilmoson genannt. Zwei Stunden oberhalb Nigde gegen N.N.O. liegt jenes Eski Andawal, welches in beiden Itinerarien, der verschiedenen Schreibarten Andabaliö und Andavilis ungeachtet, doch derselbe Ort ist, zu dem der Pilger von Burdigala, ihn als Station (mansio) bezeichnend, die merkwürdige Glosse von dem Pferdezüchter hinzu­ fügt. DaS Itinerar bei Wesseling (p. 577) nennt ihn Pampalus, andre PampituS, I. GothofreduS Palmatius. Ein Pal­ mat inS ist aus Leg. I. C. Th. de Greg. Dom. zur Zeit des Imperator Valerianus in Cappadocia als ein schr angesehener Mann bekannt, der durch seine Palläste, seine Pferd eheerden und andere große Reichthümer dem Kaiser Balerian fast gleich ge­ achtet wurde, so daß seiner Besitzungen und seiner Pferdezucht wol hier Erwähnung geschehen konnte. Das Thal, welches hierdurch näher characterisirt wird, ist nach Hamilton wirklich ausgezeichnet durch die Frische und sein Griin; keine andere Gegend, hielt er dafür, könne geeigneter für Pferdezucht sein. Vermuthlich sei hier die Stuterei des Pampalns oder Palmatius gewesen, dessen Güterbesitz dem des Kaiser Balerian gleichkam. Doch hörte er noch von einem anderen Torfe Andaval, das eine kleine Stunde in Ost von Nigde zwischen den Bergen liegen sollte, und von einem dritten Dorfe dieser Gegend, Imrohor, war schon oben (@. 100) die Rede, das so viel als Stallmeister heißt und vielleicht auch eine Erinnerung an jene alterthümlichen Stutereien enthalten mag. Schon Strabo sagte, daß die besten Pferde der Cappadocier in ihren südlichsten Provinzen sind, und Dionys. Perieg. v. 974 nennt die „Cappadoces periti equitationis”. Die großen

Kriegslager am Nordfuße der cilicifchen Paffe. 253 und ebenen Heerstraßen des centralen Hochlandes, wo man auch mit LrabaS (Räderkarren) fahren konnte, machen eS begreiflich, daß man hier besondere Sorgfalt auch auf Zucht der Wagenpferde (equi curules) verwenden mußte. Vielleicht war die Pferdezucht schon zur Perserzeit in diesen Gegenden CilicienS besonders ausgezeichnet, da Herodot III. 90 in der vierten Satrapie zu Cilicien angiebt, daß diese außer dm 500 Talenten Silber an den König der Perser auch so viel weiße Pferde als Tage im Jahr, also 360 Schim­ mel, zu liefern verpflichtet war; es ist der einzige Pferdetribut, der genannt wird. Als nächste Station ist in beiden Jtinerarien FaustinopoliS, 12 Mill., d. i. 5 Stunden südwärts angegeben, welche nach Major Fischer mit dem heutigem Ort Paschmaktschy^i) zusammen­ fällt. Die colossalen Grundbauten bei diesem Dorfe bezeichnen diese dem Fuße des Taurus nahe gerückte jüngere Stadt, die ihren Ra­ mm von der Faustina, Gemahlin des Kaisers MarcuS AureliuS, erhielt, die auf einer Rückreise aus Syrien hier starb, welcher zu Ehren ein Tempel und die Stadt errichtet wurde (Jul. Capit. M. Aurel, c. 26). Früherhin war diese Localität unbestimmt geblieben, in welcher wahrscheinlich daS Lager des jüngeren CyruS zu suchen ist, in dem er, nach kenophons Berichte, südwärts von Tyana (Dana) einen Tag verweilte, ehe er durch die cilicifchen Pässe, die Syennesis mit seinen Truppen verlaffm hatte, durch den TauruS in Cilicien eindrang (Xenoph. de Exp. Cyri I. 2. 20). Zwar nennt Lenophon dies Lager nicht, wol aber Arrian (de Exped. Alex. II. 4), der mit Q. Curt. Rufus (de Gestis Alex. Lib. III. IV. 1) übereinstimmend sagt, daß hier unter Parmenio, im Lager des CyruS, die schwer bewaffneten Cohorten Alexan­ ders zurückblieben, während er selbst mit den Schildträgern (Hypaspisten), Bogenschützm und Agrianern gegen die Phlen rasch in der ersten Nachtwache anstürmte, um den Feind zu überraschen, der aber schon die Flucht ergriffen hatte. Auch Strabo nennt hier das Lager des CyruS, 6 Tage­ märsche von Mazaca (Kaisarieh), am Eingänge der cilicifchen Pylen (Strabo XII. 539). Die nächste Station beider Jtinerarien von FaustinopoliS (Paschmaktschi) südwärts ist Podandus (Podando, Poduando oder Opodanda), mit etwas abweichender Angabe der Entfernung, jetzt Station Bozanti nach Kölschy; zwischen 3ei) H. Kiepert, Not. zu Hamiltons deutsch. Uebers. S. 393.

254

Klein-Asien.

§.26.

beiden schiebt aber die Tabul. Peuting., welche FaustinopoliS nicht anführt, vor Podandus die Station der warmen Bäder (in Aquis calidis mit einem großen Badegebäude) ein, welche die an­ dern Jtinerarien nicht anführen. Warme Quellen sprudeln noch heute hier, ostwärts des Tschifte Chan am Zusammenstoß beider Thalwege von Tyana und von Cregli her, über deren Verein beider Flußlänfe die Tachta Kjöprü (d. i. Bohlenbrücke) führt. Nur das durch jene Quelle erwärmte Wasser des Flusses, zu dem Ainsworth hinabstieg, seinen Durst zu löschen, ward von ihm wahrgenommen. Die Lage dieser Aquae Calidae wurde erst durch v. Fischer genauer auf seiner Karte bestimmt. Auch P. v. Tschichatscheff^5-) hat die heiße Quelle im Thale von Ulu-Khschla auf dem linken Ufer des Bartante su, zwischen der Tachta Kjöprü und dem Tschifte Chan, am Fuß zackiger Felswände angegeben, doch ohne sie näher erforscht zu haben; doch hält er sie mit größter Wahrscheinlichkeit für dieselbe, die der auf­ merksame P. Selon53) auf seinem Marsche durch die cilicischen Pylen an der Nerdseite, im nächsten Thale bei einem Karawanserai auf dem Wege nach Cregli kennen lernte, und mit den berühmten versteinernden, wohlbekannten Tuffqnellen bei Clermont in seiner Heimath in der Auvergne verglichen hat (im I. 1548), wo auch heute die Bai ns de VAlyrc am Pont naturel von unS besucht wurden. Unterhalb dieses Vereins beider von Tyana und von Cybistra zuführenden Hauptstraßen unterhalb der Tachta Kj öprü und der nahen Ak Kjöprü, bei der Station Bozanti (Podandus) fängt der Gebirgspaß des cilicischen TanrnS im engeren Sinne an, die wilden Höhen des Bulghar Dagh zu übersteigen. Wir verfolgen daher fürs erste noch den westlichen Straßenzug von Cybistra oder Cregli bis zu diesem Verein, um dann von da an den berühmtesten cilicischen Gebirgspaß selbst zu übersteigen. 2. Hamiltons Weg von Tyana nach Cregli. Von den Ruinen der alten Tyana und dem heutigen Kilisse­ tz issar zieht ein flacher, seichter Strom gegen W. und W.S.W. durch die weite cappadocisch-lycaonische Ebene, an dessen Südseite Hamilton5**) seinen Weg 13 Stunden weiter in gleicher Rich1S2) TchihalchelT, Asie Mineure I. c. I. p. 361. 53) P. Belon du Mans, Observations etc. cd. Paris 1554. 4. II. ch. CXI. fol. 166. b. * ) W. Hamilton, Research. 1. c. II. p. 304—305.

Hamiltons Weg nach Eregli.

255

lung fortsetzte, bis er die Stadt Eregli erreichte, an deren West­ seite sich der Steppensee Ak-Gjöl ausbreitet, in welchem der genannte Fluß mit seinem von Ost herkommenden geringen Zuflusse sein Ende findet. Für diesen Steppenfluß zum Binnensee, der zuweilen auch zum bloßen Sumpfe versiegt, wie ihn v. Moltke nannte55), auch Bektik-Gjöl nach dem nördlich benachbarten Orte (Bettik oder Batik bei Kyrillos und Nhizas genannt), nach v. Tschichatscheff, der seine Meeresh'öhe auf 3194 Fuß P. angiebt, wird uns nur von dem mehrerwähnten Bischof Kyrillos ein Name ge­ nannt: Kyzyldscha-Su, d. i. röthliches Wasser. Bon der Süd­ seite

fließt

ein anderer Steppenfluß durch Sümpfe

in ihn ein

(s. Kleinasien Th. I. S. 34 u. 71). Auf dem Wege nach Eregli blieben Hamilton die hohen pittoresken Bogen des Aquäducts von Tyana zur rechten, während im Süden die hohen Schneegipfel des cilicischen Tauruszuges sich emporhoben, im Norden und N.W. der Karadscha Dagh aber die Ebene der Tyanitis begrenzte.

Der ausgetrocknete dürre Boden

war mit Salzefflorscenzen bedeckt, und int Norden traten einige Vulcankegel des Hassan Dagh noch sichtbar hervor (s. Kleinasien Th. I. S. 17). Zwischen den Sumpfebenen an trockenen Boden­ stellen sah man aufgeschlagene Turkmanenzelte und ihre in der Nähe weidenden Kameelheerden. Je weiter nach Süden, desto rother färbte sich der Alluvialboden der.Ebene, bis die ersten Hügel von Porphyr und Trachyt, groben Sand- und Kalksteinschichten mit der Annäherung gegen die TauruSkctten sich erhoben, bis zu denen der salzführende, rothe Sandstein reicht, von dem früher schon die Rede war (Kleinasien Th. I. S. 74).

Dagegen aber im

fernsten Norden sanken nun die bis dahin weißschimmernden Hoch­ spitzen des riesigen Argäus unter den Horizont hinab. Gegen Abend wurden die Gärten erreicht, welche das Städt­ chen (yjo/iiünoXig — Dorfstadt nennt sie Kyrillos) Eregli, von nur 1000 Häusern, darunter 50 armenischen, umgeben, aus denen die Minarets zwischen den Pappelreihen hervorragend einen ganz male­ rischen Eindruck machen, während das Innere der Stadt eben so elend ist wie fast alle Städte Kleinasiens.

Auf einer Holzbrücke

übersetzte man den Steppenfluß; das Volk war auf gepflasterten Erdstellen mit dem Ausdreschen des Korns beschäftigt (5. August).

6E) Briefe über Zustände in der Türkei a. o. O. S. 322.

256

Klein-Afien.

§. 26.

C. SRiebufyr356), der im I. 1766 durch die fruchtbare Ebene von Eregli zog, beobachtete die Breite des Ortes unter 37% N.Br. und gab ihr 1700 Wohnhäuser. Die durch Größe und Süßigkeit besonders ausgezeichneten Birnen der hiesigen Obstgärten rühmt der spanische Reisende Domingo Badia (Ati Bei). Die Stadt scheint keine besonderen Merkwürdigkeiten darzubieten; auch Ainsworth, der im I. 1838 am 24. November hier übernachtete und bei einem Armenier eine gute Ausnahme fand, nennt sie nur einen ärmlichen Ort von 800 türkischen und 50 armenischen Häusern, der aber am Fuß der Berge gelegen sei, die von da an südwärts allmälig aufzusteigen anfangen, bis sie sich zu den Schneegipfeln des hohen Bulghar Dagh erheben. Was indeß ihre Lage recht characteristisch auszeichnet, ist eine merkwürdige Gruppe von Schwefelquellen3'), die nördlich von Eregli mitten aus der Ebene hervortreten, durch einen Niederschlag von Tnffgestein an einem Riffe von Schwe­ felkiesen arbeiten, das eine halbe Stunde lang 20bis 50Fuß hoch, durch sie selbst über die Fläche aufgebaut ist, worin Höhlen eingearbeitet sind, von denen einige durch ihre menschliche Verzie­ rung an die Zeit der Byzantiner erinnern. Die directe Entfernung von hier bis zu dem westlich gelegenen alten Crater am Fuße des Karadfcha Dagh, dessen unterirdischer Hitzheerd vielleicht nicht ohne fortdauernden Einfluß auf dieses Onellenphänomen geblieben sein mag, beträgt keine 10 Stunden Wegs. Hamilton^) hat am 6. August diese Gruppe von Quellen, die er Kekrout nennt (richtiger Kükürt, welches int türkischen Schwefel bedeutet), 2 Stunden im Norden von Eregli genauer erforscht, und sie in der Richtung eines Erdspalles von S.S.O. nach N.N.W. nachgewiesen, ans dem sich ihr Riff bis zu 60 bis 70 Friß emporgebaut hat. Ttlrkmanenzclte waren umher aufgeschla­ gen. Das Riff besteht ans Kalktuff und Gypslagen, welche die Quellen selbst in früheren Zeiten, wol vor Jahrtausenden, aufgehöhet. Stuf beiden Seiten fällt es wellig ab; am Südende sind die Quellen geschwunden und der Riff liegt trocken; weiter gegen N.W. zieht ein enger, aber langer Spalt auf dem Grat hin, aus welchem an 9 oder 10 verschiedenen Stellen die neuen Quellen in dem Maaße hervortreten, wie die älteren südlichen sich zu verstopfen 356) (S. Nicbnhr, Ncisebeschr. III. S. 111; Ainsw., Res. 11. p. 70; Alibeiel-Abassi, Voy. en Asiv eie. Paris 1814. Vol. 111. p. 200; Aueber Eloy, Relat. p. 158. 5T) Major Fischer, in H. Kieperts Mem. a. a. O. S. 29. ") W. Hamilton, Research. I. c. II. p. 306—310.

DaS Riff der Schwefelquellen.

257

scheinen. DaS S.O.-Ende des Riffs ist aber entschieden älter als das Nordende, welches gegenwärtig, auf seiner jetzigen Bildungsstufe stehend, nur ein steiler schmaler Grat ist, mit einer Aufeinanderfolge kleiner Becken und Quellen und kleiner Kegelspitzen auf dem Rande der Spaltenlinie, in der ganzen Länge von 200 bis 300 Schritten, welche daS Riff entlang einnimmt. Die Kegelchen sind Niederschläge deS Quellwassers, das erst runde Tümpel, die durch schnelle Ver­ dampfung und den Kalkniederschlag zu Kegeln anwachsen, bildet, die jene verstopfen und daS verdampfende Waffer zu immer weiterem Fortschreiten gegen daS Nordende nöthigen, wodurch daS ganze Riff mit fortwächst. Die fortwährende Gasausdünstung, das Wallen und Kochen im Innern, bringt ein unterirdisch scheinendes Tosen hervor; daS Waffer ist ohne Eisengehalt, aber salzig, schwefel­ haltig und Kalkauflösung enthaltend. Seltsam, sagt Ha­ milton, ist der Fortschritt dieses wachsenden Riffs, indem die nach oben zu sich verstopfenden Quellen sich auch in großen tiefen Rinnm Seitenabflüffe bahnen, die bis zu 3 Fuß Tiefe haben, während tau­ sende von kleineren Seitenrinnen nur erst ein paar Zoll Tiefe zeigen, in benot sich aber fortwährend Kalkauflösung ansetzt. Die Quellen stehen zwar alle in Zusammenhang, aber ihre Niederschläge sind doch sehr verschieden, bald war reines Salz um ihre Oeffnungen abgelagert, bald Schwefel oder Schwefel kalk oder GyPS, pon dem die mehrsten Massen sich bilden. In den älteren Niederschlägen fand sich keine Spur von Salz mehr vor, wahrscheinlich weil daffelbe atmosphärisch verdunstet war. Auch war in den Temperaturen der Quellen eine namhafte Differenz. Meh­ rere waren ganz kalt, andere zeigten bis 30° R. Hitze; auS ihnen entschlüpften auch mehrere GaSarten. Das Wasser wurde leicht schaumig. Auf der Nordostseite des Riffes hatten sich statt hori­ zontaler vielmehr senkrechte Niederschläge gebildet, von denen Stalactiten herabhingen und seltsame Formen gebildet hatten, wie diese bei Tropfsteinen vorkommen. Auch zeigten sich hie und da kleine Wasserfälle und hohle Röhren, aus denen salzige Waffer sich auSgoffen, so zart gebildet, daß ein Windstoß ihre Kalkschalen zerbrechen konnte. In den Bassins der Quelle flottirten auch kleine, feste, von den aufwallenden Blasen selbständig gebildete harte Körperchen, die, wenn sie größer oder schwerer werden, zu Boden sinktn, wo sie dann zu oolitischem Kalkstein werden. DaS ganze Phänomen, sagt Hamilton, scheine in einer Sandsteinmulde zu liegen und mit der Quellenbildung in Asbamaeos und denen um Tyaua eine Ritter Erdkunde XIX. R

258

Klein-Asten.

§. 26.

analoge Entstehung zu haben. Nach dieser Untersuchung, über die P. v. Tschichatschefs^), der die Quellen nicht selbst besuchen konnte, nur die Angaben des Briten referirt, kehrte Hamilton nach Eregli zurück und setzte seinen Weg auf der großen Karawanen­ straße westwärts nach Laranda und Koni eh fort, da er weder durch Inschriften, noch durch Münzen oder sonstige Architecturreste Aufschlüffe über das Alterthum von Eregli erhalten konnte, daS erst in jüngster Zeit von H. Kiepert6") als identisch mit der alten Cybistra nachgewiesen worden ist. Strabo sagt, in der sechsten Präfectur Cappadociens, die er Tyanitis nennt, liege nur eine Stadt Tyana, denn die später hinzugekommenen Städte, nämlich der eilften Präfectur, Castabala und Cybistra nennt er nicht, und auch die von Cilicia Trachea zählte er nicht mit auf (Strabo XII. 537), Denn nach ihm war Groß-Cappadocien in frühester Zeit ein unbekannter 9tame imb erst seit ArcheläuS, des letzten Königs von Cappadocia, Tode als eine Provinz der Römer erklärt und in zehn Präfecturen vertheilt; sie fügten aber später erst eine eilfte Präfectur hinzu, welches Gebiet von Castabala und Cybistra bis Derbe gebildet, dem Räuber Antipater gehörte und den Pira­ ten zum Asyl bis zur Cilicia Trachea gedient hatte (Strabo eben­ das. 536). Genauer hatte er sich nicht über die Lage von Cybistra ausgedrückt. Daß dieser Ort aber mit den andern in der Nähe des wilderen cilicischen Taurus liegen mußte, südwärts und nicht nord­ wärts von Tyana, geht schon daraus von selbst hervor (Allg. Erdk. 1855. Th. XVII. 2. S. 1798, 1808, 1838). Dieß wird durch M. T. Cicero während seiner Präfectur in Cilicien zur Bän­ digung der Ränberrotten in dem Taurusgebiete auch bestätigt, wo er nach Besiegung von Castabala und Zerstörung ihrer Raub­ burgen im Amanus wie in den Bergen der Elentherocilicier oder des freien GebirgsvolkS sich in seine Winterquartiere nach dem südlichsten Cappadecien an den Nordfuß des Taurus, nämlich nach Cybistra zurückzog (Cicero Lib. XV. Epist. 4 ad Catonem: Itaque in Cappadocia extrema non longe a Tauro apud oppidum Cybistra castra feci, ut et Ciliciam tuerer et Cappadociam tenens nova finitimorum Consilia impedirem).

Die früheren sehr verschiedenen Meinungen der Commentatoren hat I. A. Cramer angegeben61), ohne die einzig richtige zutreffen, S5*) P. de Tehihatcheff, Asie Mineure. Vol. I. p. 361. f0) H. Kiepert in Mem. a. a. O. S. 71. •*) J. A. Cramer, Asia Minor. 11. p. 131

259

Heraclea, jetzt Eregli.

welche stch aus allen von Kiepert nachgewiesenen Combinationen für die Identität mit der heutigen.Eregli ausspricht6?). In HierocL Synecd. gehört Cybistra als Episcopalsitz zur cappadocischen Hrarchie (Wessel, p. 700), in der Tabul. Peuting. ist eine nördlichere Cyzistra, zwischen Cäsarea und Tyana, mit der südlichern alten Cybistra von Rennell verwechselt worden. Denn zwar steht in der Tabul. Peuting. auch Cybistra, ed. Män­ nert, aber PtolemäuS V. c. 6 ed. Wilberg p. 338 nennt sie KvtyöTQa in Praefect. Cappad. unter 39° 20' Lat., die alte süd­ lichere aber KvßtorQn unter 38“ 15' Lat. in Praefect. Cataoniae, ebendas, p. 341. In Lequien, Oriens Christianus heißt diese letz­ tere, wie bei allen Orientalen, als ein christlicher Bischofssitz He­ raclea, woraus daS neuere Eregli, nicht, wie Leake dafürhielt, auS Archalla bei Ptolemäus, entstehen konnte, das offenbar nahe bei Cybistra liegen mußte. Leake glaubte in der Schreibart Ernchia, bei einigen Kreuzfahrern noch die Bestätigung zu finden, daß der Ort einst richtiger Orchalla hieß, und Eregli nur ein Irrthum des Mittelalters fei63). Sehr wahrscheinlich konnte dieser Irrthum ent­ stehen, weil die heißen Bäder in der Nachbarschaft, wie so häufig bei den Alten, dem Heracles geweiht waren, wo ihm auch ein Tempel errichtet sein mochte, dessen Name aus Dankbarkeit auch auf die angesiedelten, dankbaren Heraclesverehrer in der Stadt über­ gegangen sein mag, eine Vermuthung, die schon v. Moltke daselbst geäußert hatte. DaS Thal, das sich westwärts vom Nordrande deS Bulghar Dagh gegen Eregli hinabsenkt, nannten wir schon in obigem (s. oben S. 242) das bequemste der nördlichsten ZugangSthäler zu deü Hauptpässen, das auch schon frühzeitig fahrbar gemacht war, und viele Spuren seiner früheren Wegsamkeit aufweisen kann. ES ist das einzige, sagt Maj. Fischer6*), von den nördlich un­ mittelbar anliegenden gegen West absinkenden Thälern, das wohlangebaut sei, dessen breitere Sohle durch Irrigation sehr fruchtbar ist und in die gut angebauten Umgebungen von Eregli übergeht, wohin alle Gebirgswaffer von O. und N.O. ihren Ablauf zum Ak Gjöl nehmen, der ungeachtet der großen Wechsel derselben in den verschiede­ nen Jahreszeiten doch immer denselben Wasser st and beibehalte, weshalb vermuthet wird, daß er unterirdische Abflüsse haben möge^). *•) H. Kiepert. Mem. S. 71- 72 u. Not. M) W. M. Leake, Joum. 1. e. p. 318. 64) M. Fischer ln Mem. a. a. £>. S. 28—29. ") Ebendas. 6. 23.

R2

260

Klein-Asien.

§. 26

Zu den schon angeführten Spuren seiner frühesten Wegsamkeit ge­ hört das von Fischer copirte und danach von Kiepert in den Beilagen zum ersten Theil dieser Erdkunde von Kleinasien zuerst publicirte Felsenbild assyrischer Kunst, das ohnweit Eregli ostwärts bei Iwris (‘Y/ty/L; bei Kyrillos) an der uralten KonigSstraße den Verkehr durchziehender Affyrier vor alter Perser- und Macedonierzeit beurkundet ls. ob. S. 202—203,242). Die Erklärung desselben müssen wir den Kennern assyrischer Denkmale überlasten, da wir seine Beziehung zu dem Denkmale in Anchiale schon in obi­ gem angedeutet und dabei auf die erste Beachtung destelben bei Otter360) (der den Namen, ihn irrthümlich aus dem Persischen er­ klärend, falsch Abriz schreibt) hingewiesen haben. Bon allen andern Reisenden scheint es bis jetzt übersehen zu sein. So auch von AinSworth, der uns sein weiteres Routiervon Eregli bis zu den Pylen mittheilt. Nach KyrilloS, desten Angaben auch Fischer bestä­ tigt, sollen auch die benachbarten Dörfer Zanapa und Kaleli voll antiker Reste sein. 3. AinsworthS Marsch von Eregli den 25. Novbr. 183867). Der Weg zu den cilicischen Pylen führte von hier nicht gegen Ost unmittelbar in die Berge hinein, sondern gegen N.O. entlang dem aus rothem Sandstein bestehenden Bergrande der Thalebene derTyanitis, über die sich im Nord der Hassan Dagh (an 8000 F.) emporthürmt. Dieß gab Ainsworth Aufschluß, was ihm keine Karte hatte nachweisen können, warum Cyrus und Alexander ihre Lager in der Nähe von Tyana (Dana bei Tenophon, jetzt Kilisse Hiffar) so weit gegen Norden auf einem Umwege, dem einzig bequem gangbaren, aufschlugen. In gerader Linie ist der Zugang von Eregli zu,den Pylae Ciliciae unwegsam für Heere, eben so wie die directen Wege von Iconium (Konieh) dahin wegen der zwischenliegenden Moräste unmöglich gewesen wärm. Nach dem Marsch von 4 Stunden von Eregli in nordöstlicher Richtung bis zum Dorfe Kayan wechselte erst die Richtung des Wegs, der, wie umgebogen, nun erst südwärts in die Mitte der Gebirge hineinführte. Andert­ halb Stunden (4 Mil. engl.) von Kayan (richtiger bei v. Moltke, Fischer, Kyrillos u. A. Tschajan) fangen die bisher südwestwärts laufenden Bergwaster an ihren Ablauf nach Osten zu nehmen; sie sammeln sich zum Fluste des SeihungebieteS. Nachdem ein enger 36S) Oller, Voy. I. c. I. p. 64. 6T) W. Ainsworth, Trav. and Research. 1. c. II. p. 71 74. Journ. R. Geogr. Soc. Vol. XI. p. 499—503.

Der große Ufa Kyschla Chan.

261

auS Basaltfelsen bestehender Paß durchschritten war, wurde noch eine Stunde weiter am Abend Ulu Kyschla (irrig bei Ainsworth Kolukischla, bei Kinneir Tchekisla, Ouloucouchela bei Paul LucaS,

d.

u daS große Winterquartier) erreicht, eine Gruppe turkmanifcher Häuser unter prachtvollen großen Nußbäumen mit einem großen

Chan, bereit Bewohner'aber schon zudem unabhängigen Stamme deS GebirgSlandeS gehörten, und voll Grobheit und Widerspenstigkeit dem Tartaren, der im Namen deS Gouvernements Forderungen an sie machte, jeden Gehorsam versagten.

Schon C. Niebuhr^) (int

1.1766) beschrieb hier den großen Chan von 250 Fuß Länge mit eben so großen Seitengebäuden, mit vielen Zimmern, Waarenlagern, Bä­ dern, Moscheen, und doch campirten nur zur Winterszeit die Pilger in ihm, da man zur Sommerzeit int Freien lagerte; auch viele Bu­ den waren da zu einem Markte aufgerichtet.

Zum Chan gehörten

12 große gewölbte Pferdeställe, mit breiten gemauerten Bänkm um­ her für Reisende zum Nachtlager, ein paar Gewölbe für Kaufleute und besondere Wohnzimmer, Bäder, Viehtränken, eiserne Ringe zum Anbinden der Thiere, kurz — waS man nur wünschen konnte. Viele große Karawanserais,

sagt er, waren damaliger Zeit von Paschas

und Vezieren mit großen Kosten erbaut, da sie ihr Vermögen doch nicht auf ihre Kinder vererben konnten, weil nach ihrem Tode so­ gleich das Vermögen vom Sultan eingezogen zu werden pflegte, oder er sie auch erhallen.

noch strangulirte,

um ihr Vermögen desto früher zu

Einwohner fand Niebuhr in Ulu Kyschla keine.

Zweiter Tagemarsch.

26. Nov.

Der

Weg

folgte dem

Thale deS Ulu kyschla b ach es, das sich allmälig vertieft und durch ein paar Dörfer bis zum Fuße der Berge belebt wird;

diese sind

noch von Weinbergen und Wäldchen von Wallnußbäumen um­ geben, die zumal den Ufern des FluffeS zum Schmuck gereichen. DaS Gebirge besteht auf der Nordseite aus Trapp, auf der Süd­ seite gegen den Hauptrücken hin aus tertiären Schichten, namentlich Gypsablagerungen, häufig durchbrochen iritb verworfen durch Plutonische Felsgebilde.

Nach anderthalb Stunden

weitet sich das Thal

bedeutend und geht in das Thal eines größeren Flusses über, jen­ seit welches schon die felsigen mit Waldung bewachsenen Bergreihen sich

erheben.

Längenthal,

Nur noch ein letztes das

von Alaguga,

den Haupttücken

war zu passiren,

begleitendes

und man war

schon dicht vor die hohe Centralkette des Bulghar Dagh ge-

") C. 9tic6us>r, Reisebeschr. III. S. 108.

262

Kletn-Afien

§. 26.

rückt. Hier, nach 3 Stunden Wegs erreichte man am Zusammen­ fluß der großen Bedgströme Tschifte Chan (d. i. Doppel-Chan, falsch Tschiftlik Chan bei Ainsworth, Chefete camp bei P. Lucas)^0), die Stelle, an welcher damals die Hauptverschanzung der türkischen Seite des Gülek Boghaz (Kövelek BoghaS bei Niebuhr) oder des cilicischen Engpasses sich befand. Eine Pallisade setzte mitten durch das Thal und stieg zu beiden Seiten die Berghohen hinauf; auf t>em Abhange zur Linken waren zwei kleine Batterien in verschiedenen Hohen zum Bestreichen des Durch­ ganges angebracht. Zur rechten Seite waren ähnliche Traucheen, eine am Fuß des Berges, die zweite, am Abhange, und hinter ihr Batterien mit Kanonen und Mörsern besetzt. Bei dieser Stelle geht eine Brücke über den Strom, die damals von ein paar Kano­ nen vertheidigt und mit einer Truppe Albaneser besetzt war, derm Hauptgeschäft im Auffangen der Deserteure bestand, die durch den Paß dem Dienste zu entlausen suchten. Da hier kein Rastort war, mußte Ainsworth in dem südlichen Seitenthale eine Stunde auf­ wärts steigen zur Kyschla, d. i. dem Winterdorfe von Alaguga, das eben so leer von Bewohnern war wie das noch eine halbe Stunde höher in prachtvoller Waldscenerie gelegene Sommerdorf, da die Bauern sich im Freien in ein Walddickicht an der Bergseite gelagert hatten, über welchen sich die senkrechten Felsabstürze des Bulghar Dagh an 1000 Fuß hoch erhoben, an deren pittoresken Abhän­ gen hie und da Weinberge und in den umliegenden Thälern Gär­ ten mit schönen Wallnuß- und Uirschbäumen, die drei verschiedene Sorten Kirschen trugen, angepflanzt waren, deren Früchte zu den beliebtesten auf den Märkten von Konia und Adana gehören. Noch eine Stunde höher hinaus soll in demselben Thale eine Mine von silberhaltigem Bleiglanz (Galvna) liegen. Dritter Tagemarsch. 27. Nov. Am frühen Morgen des nächsten Tages zum Berein der Ströme nach dem Chan zurück­ gekehrt, verfolgte Ainswodth die Windungen des Flusies. Zu dessen Ufer hinabgestiegen, um an seinem Wasser den Durst zu löschen, fand er dasselbe ganz warm; vielleicht in Folge der dahin ablaufenden Aquae culidae der Talmi. Peuting., (f. oben S. 254). Jndschidschean^"), der 3 Chane anführt: Tschiste Chan, Tschat.yd Chan und Bairam Pascha Chan (die beiden letzten 36*) Paul Lucas, Voy. I. c. p.-259. ') Jndschidschean a. a. O. S. 360, ii. .fiivvvu--? Ucbcisehung aiiv dem Armenischen.

Grenzpaß bei Bozanti, Podando.

269

jedoch schon auf der Südseite des Gebirges in Cilicien), und auch die heißen Quellen kennt, nennt den Fluß Kyrk-getfchid (d. i. 40 Fürthen, falsch Kara gechid su bei Chesney)^). Ein und eine halbe Stunde abwärts im Thale traf man eine zweite Pallisade quer über den Paß des EngthaleS geführt, mit einer darüber erbauten Batterie. Dieser Paß war gut bewaldet, aber weiter ab­ wärt- in harten steil emporsteigenden Kalkfels eingehauen, eine halbe Stunde weiter um eine Ecke sich wendend, passirte man daS letzte Außenwerk der türkischen Verschärfung, welches in einer kleinen Mauer bestand, die quer über das Thal gezogen war, bei der ein Wachthaus stand. Auch an jenen beiden Pallisadirungen standen einige Wachtposten. Unmittelbar jenseit dieser türkischen Quermauer hatten seit kurzem erst die Aegyptier eine Brücke erbaut, vielleicht Ak Kjöprü (die weiße Brücke), neben welcher eine Quelle Scheker Bunar (d. i. Zuckerquelle) genannt wurde. In dem nun sich etwas erweiternden Thale traf Ai usw orth die ersten Wachthäuser der Aegyptier. Hier war also damals die temporäre Grenze zwischen dem türkischen Reiche und dem des Bicekönigs Mehemed Ali, wol in der Gegend der modernen Poststation Bozanti^), welche die Stelle des alten Podando (s. oben S. 253) am Sarusufer bezeichnet. Die Lage der alten Station PodanduS ist von V. LangloiS näher bezeichnet, drei Stunden im Norden vom Gülek-Paß, wo das dortige Thal sich wieder enger zusammenzieht, desien Waffer nordwärts, von hohen Bergen beschattet, hinabfließen, links vom Allah Tepessi, rechts vom Anascha Dagh und dem Devek Dagh begleitet, und zum Thale des Bozanti su (oder Tachti tschai) eilen. Ein Chan gleiches Namens (Jaila de Romagcn oglou, richtiger Ramadhan-oghlu, wie ein Turkmanenstamm in dieser Gegend heißt, im Itin. de la Mckke v. Bianchi genannt, p. 19) 7 Stunden vom Gülek Boghaz bildet jetzt dort die Douane (Gttmrük). Das alte Schloß über der großen Heerstraße auf dem Anascha Dagh, Gülek Kalessi genannt (Doulek im Itin. de la Mekke), aus schwarzem Marmor erbaut, liegt auf steiler Berghohe, dessen Felswände viele kleine eingehauene Kreuze älterer Kreuzfahrer zeigen, die dasselbe Thal Val de Butrente nannten, ein Name, der mit Bodendron der 1l) Col. Chesney, Eiped. 4. I. c. T. I. p. 353. 78) Th. Kotschy, Skizze einer Karte des Bulghar Daqh; Viel. Langlois in Revue Archäolog. Paris 1856. Livrais. 8. p. 489—490; Planche -9s, le Chäteau de l’Anacha, Podandus.

264

Klein-Afien.

§. 26.

früheren Autoren und PodanduS und dem heutigen Bozanti identisch erscheint. Hier an dieser Stelle des SaruSthaleS ist heute die Grenze des PaschalykS von Adana und Kaisarieh. Hier ergießt sich daS sehr kalte Schwarzwasser (Kara su der Türken) in den Sarus, das diese Lei der weißen Brücke (Ak kjöprü) für ungesund hal­ ten, und für die Ursache der bösartigen Fieber, welche die Anwohner des Sarus oder Seichun Tschai, zumal in Adana alljährlich zu decimiren pflege. Eben hier bei BoZanti verließ die Hauptstraße des Gülek Boghaz, d. i. der Pylae Ciliciae, sehr bald den großen Zufluß zum Seichun und desien Tiefthal. Bis zu dieser Stelle drang Th. Kotschy bei seinen botani­ schen Wanderungen von Giilek durch die cilicischen Pässe in der Mitte September zum Bette des Sarusflusies vor, desien Waffer hier doppelte Breite wie der Cydnuslauf zeigte. Nur an breiteren bis 100 Klafter weiten Stellen konnte er durchritten werden, aber eine höher gelegene Mühle ließ auf einen höheren Wafferstand zu anderen Jahreszeiten schließen. Die Mühle liegt noch 2500 Fuß üb. d. M.; der starkbrausende Strom hat hier also noch ein starkes Gefälle. Er ist ungemein fischreich, die von den Fischern hieher gebrachten Körbe waren in kurzer Zeit einer Stunde ganz gefüllt und wurden von hier nach dem Städtchen XNülek auf den Bazar ge­ bracht. ES waren verschiedene Arten von Fischen, dieselben welche auch in Syrien zu Aleppo von Kotschy gefangen wurden. Hier, nur eine Stunde aufwärts der Mühle, liegt daS zu Adana gehörige Dorf Anafcha, wo ein Zollhaus (Gümrek), bei desien Durchmarsch 6 Piaster Zoll entrichtet werden. Man kommt an den Ruinen einer großen christlichen Kirche vorüber, welche nach der Sage eine armenische Königstochter vor mehreren Jahrhunderten erbauen ließ, als sie von ihrer Wallfahrt auS Jeru­ salem hieher zurückkehrte. Um die Kirche siedelte sich eine kleine armenische Gemeinde an, bei der noch Reste größerer Bauten sich vorfinden. Nur eine halbe Stunde in S.O. derselben steigt eine alte Burgveste empor, die vor Jahrzehenden noch Eisenthore, vier mächtige Eckthürme und sechs Bastionen hatte, welche ihre Magazine beschützten. Sie liegt eine Stunde im Süden der heutigen Bozanti, 800 Fuß über dem Sarusspiegel und erhält ihre Wasier durch einen hinzugeführten Aquäduct. DaS Sarusthal, daS hier westlicher, als eS auf den Karten eingetragen ist, liegen soll, verengt sich gegen Süd in eine Felsschlucht, ehe es in die Ebene von Adana eintritt. Dahin führt ein breiter besuchter Weg über steile Bergrücken, die

Ueber Gottfr. v. Bouillon- Marschroute n. Eilicien. 265 dem Stamme Mechlemendschi gehör«, aas welchem mau in östlicher Rückwmdung au 8 Stunden früher die Stadt Adaua er­ reicht als über Gülek Boghaz. Doch ist dieser Weg nur für Fuß­ gänger gangbar, seitdem Ibrahim Pascha ihn zersprengen ließ. Lm Sarus stehen Kurdenzelte, deren Bewohner hier zahlreiche Pferde­ heerden weidm. Der ostwärts wild aufsteigende Ak Dagh herbergt viele Steinböcke und Leoparden. Die große cilieische Heerstraße setzt südwestwärt-über mehrere niedere Paßh'öhen hinweg und steigt dann au dm Ufern eines Bergstromes empor, der schon fernen Lauf gegen S.W. nimmt. An dieser Stelle hatte Ibrahim Pascha eine Quarautaine von zehn Tagen eingerichtet, die damals aber kurz zuvor schon wieder aufgehobm war, so daß man ohne Aufmthalt im neuen Thale an 2 Stunden weit aufwärts bis zum Paßrückm reiten konnte, wo man noch die einzige von dm Aegyptern bedeutmde Berschauzuug am Gebirgspasse selbst vorfand, in den wir, dem engern Sinne nach, nun erst eintreten sönnen.

Anmerkung. Ueber

die Marschroute

des ersten Kreuzfahrerzuge- unter

Gottfried von Bouillon, von Eregli durch Cilicien, Lycaonien, Cappadocien, überMarasch nachAntiochia amOronte-. Ehe wir die Nordseite dieser ctlicischen Tauruskette und Creglt (Heraclea) verlassen, müssen wir, nach Willermus, Erzbischof von Tyru»373), bemerken, daß das große Kreuzfahrerheer, nachdem es unter

Gottfried von-Bouillon bis Iconium (Konieh) in Lycaouien vorgedrungen war, seinen Marsch auch weiter nach dieser Heraclea (Eregli) und Maresia fortsetzte, wo man 3 Tage Halt machte, weil hier die Ge­ mahlin Balduins, die edle Mattone Gutuera, eine in England Geborene, ihrer schweren Krankheit unterlag und auch daselbst begraben wurde. Bal­ duin und Tancred hatten sich indeß schon abgezweigt vom Hauptheere, und letzterer war der erste, der auf nächstem Wege in Cilicien nach TarsuS vordrang, wohin Balduin ihm bald folgte. An dieser Stelle seines Berichtes hört Will. Tyr. plötzlich mit seiner Erzählung vom Hauptheere auf, die erst nach Balduin- und Tancred- Pri­ vatunternehmungen bi- Edessa in Lib. IV. c. 7 mit den kurzen Worten fort­ gesetzt wird: „interea rnajor exercitus (nämlich unter Gottfr. von

B.), ut

37S) Willen». Tyrens. Archiep. Histor. III. c. 18 et 19 ed. Bongars. Hanov.

266

Klein-Nfken.

§. 26.

praemUsom est, per abropta montium et vallium devexa Maresiam usque pervenerat”, wo christliche armenische Bewohner waren, von denen man über die benachbarte Artasia (die auch Calquis hieß, nämlich Chalcis bei Aleppo), die beide Suffraganstädte der großen Antiochia waren, diese letztere Stadt erreichte. Wie und auf welchem Wege aber das große Heer mit dem indeß wieder genesenen Gottfried von Bouillon in dieser so weit gegen Ost liegenden M aresia angelangt war, ist nicht an­ gegeben : denn die Worte „ut praemissum est” können sich nur auf Anfang Lib. IV. 1 beziehen, wo jedoch nur die Worte stehen: cum igitur .... major exercitus apud Maresiam jam pervenissct etc.", von wo Balduin wieder aufs Neue auf Expeditionen ausging. Es hat diese zweimal wiederholte Angabe einer Marasta oder Maresia, im vierten wie im dritten Buche, wo sie unmittelbar der Heraelea als nächste östliche Station angereiht erscheint, etwas sehr auffallendes, wo bisher keine Station Marasia dieses Namens bekannt war. Wenn nun, nach vielen Zwischenreden, erst im vierten Buche, ganz abgesehen von jener ersten Nennung, nur mit der kurzen Hinweisung „ut praemissum"" wieder von einer Maresia die Rede ist, die keine andre als die am Pyramus, aber wenigstens 40 bis 50 deutsche Meilen von jener entfernten erstge­ nannten auf der Seite des SaruSflusseS wie in der Nähe von Heraelea (Eregli) gelegene fein kann, so könnte man auf den Gedanken kommen, daß hier von zwei verschiedenen Stationen, einer Maresia im Westen und einer andern Marasia im Osten, die Rede sein dürfte. Eine solche westlichere Maresia scheint durch eine Angabe de) armenischen Chro­ nisten zu Edessa ans der Mitte des 12. Jahrhunderts, des Matthias^»), auch nach dem ersten Blicke bestätigt zu werden, der in seinem Werke aus­ drücklich sagt: das Frankenheer der Kreuzfahrer unter Gottfried von Bouillon int Jahr 1097 durchzog Bithvnien und Cappadoeien in geschlossenen Zügen, die zu steilen Abhängen deS TauruSfußeS, dessen Engpässe nach Mieten durchsetzten, und weiter über Anazarba nach Antjochia gelangten. Denn eben darin, daß nach den vier Tagrasten in Hera elea (bald Eraechia bei Balderie. Archiep. oder föeclct bei Albert. Ag. oder Eractea bei Fulcher Carnot., daS heutige Eregli) soglei ch n a ch h er die A btrennung der Einzelheere unter Tancrcd iutt> Balduin durch die Va llis Bothremthrot (Botrentot bei Balder., Betrentroh bei Gllib. Abbas), d. i. durch daö Thal von Podand u S bei den eilieischen Polen, angegeben wird, scheint diese Localität einer Maresia an diejer Stelle im Norden der Zugänge der Pylae Ciliciae festgestellt zu sein. Denn v. FischerS Sp ccialkarte dieser Landschaft in diesem Thäte des TarbaS Tschai an der großen Heerstraße zur Tachta Kjöprü, hat einen Marasch Chan in W. 314) Rdcit de la premiere Croisade de la Chronique de Matthieu d’Edesse, trad. de 1’Armenien par Ed. Dulaurier. Paris 1850. 4. p. 12.

Ueber Gottfr. v. Bouillon- Marschroute n. Cilicien. 267 von Muradeh eingetragen, und Colonel CheSney nennt in der ersten Thalebene daselbst auch ein Castell Marasch, daS an der Straße gegen Nigde hin liege, so daß ein solcher Name auch wol schon zur Äreuzfahrer­ zeit dort int Gebrauche gewesen sein und zur Kenntniß des Willerra. Tyrensis gekommen sein könnte. Und doch scheint des Bischofs von Tyrus erstgenannte Marasia mit seiner zweitgenannten Marcsia am PyramuS identisch sein zu müssen, so daß hier nur eine große Lücke im Texte des Autors voraus­ zusetzen sein wird. Dieß ergiebt sich entschieden aus Albertus Aq. 75), wo er sagt, daß daS große Heer unter Godefredus Dux durch die Mitte von ganz Romanien und durch die wilden Gebirge (per mediam Romaniam, per abrupta montium et declivia vallium incedens ad civitatem Marasch etc.) nach Marasch vorgerückt sei, in welcher Stadt die edle Gemahlin Balduins Godwera aus England, welche den Dux Godefredus bis dahin begleitet hatte, gestorben und begraben sei. Von dieser Marasch aber sei man zum Orontes nach Antiochia vorgerückt. Hieraus ergiebt sich nun entschieden, daß der sonst so sorgfältig be­ richtende und einsichtige Will. Tyr., der auch in geographischen Dingen bis Jconium und Heraclea gute Auskunft giebt, wie weiterhin zwischen An­ tiochia und Jerusalem, an dieser Stelle im Texte defect sein muß, entweder aus eigener Unwissenheit, was weniger zu erwarten, oder aus Sorglosigkeit seiner Copisten, denn eine förmliche- Auslassung so wichtiger und den ganzen Zug bis in den Anfang October hinein verzögernder Umstände dürste nicht durch die eine große Lücke des Berichtes ausfüllenden paar Worte: „interea per abrupta et vallium devexa etc. ” beschönigt werden. Denn die ganze Krankheitspcriode des obersten Heerführers, der durch den vorhergegangenen heroischen Zweikampf mit dem Bären auf das Todtenlager geworfen, erst mit der Ankunft in Marasch wieder genesen war, ferner der Marsch durch die Centralcapitale Kleinasiens, die griechische Cae­ sarea Cappadociae, und durch die Landschaften KleinarmenienS (damals media Romania genannt), welche den Kreuzfahrern so hülfreich entgegen kamen und mit ihnen Bündnisse schlossen, und vieles Andere waren wichtige Begebenheiten genug und von bedeutenden Folgen für die Wallfahrer, um sie nicht so gänzlich mit Stillschweigen zu übergehen, wie dies leider auch der Fall in den Berichten Iaeobus Vitr. 76) gewesen war. Aber auch Wilkens Meisterwerk77) hat leider dasselbe Stillschweigen über den Zug von Heraclea bis Marasch behauptet und nichts von dem allergefahrvollsten gwischcnmarsche gesagt, als nur im allgemeinen von einem furchtbaren Gebirge und steilen Pfaden für Menschen und Thiere voll Mühseligkeiten 75) Albertus Aquensis, Histor. Hierosol. ed. Bongars. Lib. III. cap. 27. fol. 224. 7ti) Jacobus de Vitriaco 1. c. II. c. 16. 71) fflWfen, Geschichte der Kreuzzüge. Th. I. 6. 159, 160, 164, 165 u. 170,

268

Klein-Aflen.

§. 26.

gesprochen, von denen man aber unbenachrtchtigt bleibt, wo derselbe statt­ gefunden. Auch auf Grimms Karte zu Willen sucht man hierüber ver­ geblich Belehrung. Nur I. S. Jacobs^) hat diesen großen nörd­ lichen Umweg, doch nur skizzenhaft, ohne detaillirte Localkenntniß in seinem Theatrum Bellorum eingetragen. Wir verweisen auf diese Karte, glauben aber nach unsern vorherge­ gangenen Localuntcrsuchungen der ganzen hierher gehörigen cappadoc i sch - ly c a o n i sch e n A n t i t a n ru S g c b i ct e zwischen Heraclea - Cybistra und Marasch am Pyramus, über die dort in neuerer Zeit fast verschollene alte Pilgerstraße, nach Anleitung verschiedener Daten der Gesta Bei per Francos s. Orientalium Expcditionum, durch den höheren Norden über Caesarea Mazaca einigen Nachweis geben zu können, der für fortzu­ setzende geographische Forschung an Ort und Stelle für den künftigen Rei­ senden einige Fingerzeige zur Auffindung nicht unwichtiger Oertlichkeiten darbieten dürfte, um so die bei den Autoren der Kreuzzugfahrtcn gelassene Lücke zu ergänzen. Von Heraclea (Cregli, auch Reclei und Stancona bei Albert. Aq. III. c. 3. toi. 215, oder Crachia in Gesta Francor. et alior. Hierosol. c. 10. toi. 8) trennten sich Tancred und Balduin in dem Tarbas TschaiThale (Vallis Botremthrot I. c.) von dem großen Heere, zogen durch Gebirge und eine Felsenge, Porta Juda genannt (Albert. Aq. III. c. 5. fol. 216), wol die Pyleu Ciliciens, über Tarsus (vulgär Tarsolt), und von da über Azara (bei den mehrsten Autoren jener Zeit Athenae genannt, d. i. Adana) und Mamistra (auch Mamustra, Manustra, d. i. Missis) nach Syrien. Aber das große W allsah rtS he er unter den Fürsten (Optimales) © o t b fried, Boemund, Raimund u. A., trat nun ein in das Land der Armenier (in terram Armeniorum b. Balduin Archiepisc. II. fol. 100; oder in terram Herminiorum, in Gesta Francorum ct aliorum II. fol. 9). In Heraclea (Eregli) hatte ein glanzendes Meteor in Gestalt eines feurigen Schwertes, dessen Spitze gegen den Orient gerichtet war, und als Zeichen blutiger Kämpfe gedeutet wurde, das Heer in Verwunderung gesetzt. Die erste Stadt, zu der mau nach der Erscheinung dieses Meteors kam, sagt zwar Fulcheriuö Carnotens. (c. 5. fol. 390 in Gesta Franc. Expugn. Hierusalem. fol. 564), sei „ad Marisam” gewesen, wo man 3 Tage Rast hielt, aber da Fulcher als Capellan Balduins diesen auf seiner Südexpedition begleitete, wie er selbst sagt, so kann er diesen Nordmarsch nicht mitgemacht haben und als Augenzeuge beschreiben. Nur durch die irrige Angabe bei Willermus (III. 18. fol. 676: inde Heracleam pertranseuntes ad urbem

37#) Jacobs im Theatrum Bellorum a cruce signatis gestorum etc. zu Will. Tyr. Histor. Paris. 1842, im Auftrage der Acad. des Inscript.

Ueber Gottfr. v. Bouillons Marschroute n. Cilicien. 269 Marasiam applicati castra metati sunt,

moram ibi per triduum continuum

facientes etc.), wie auch der andere Autor, wird er irre geführt sein. Keiner der übrigen Annalisten der Kreuzfahrer wiederholt hier diesen Namen Mariscum oder Marasa;

sondern

alle sind darin einig, daß Dux

Godofredus mit dem großen Heere nach Caesarea Cappadociae, also nach Norden zu der alten Mazaca (Kaiserieh) weiter marschirte, wo sie bei den Castellen,

die von Armeniern bewohnt waren,

und gastliche Aufnahme fanden.

An einem der dortigen,

herrschten Castell vorüberkommend,

eine hulfreiche von Türken be­

welches eine von Natur so feste Lage

hatte, daß es jeder Belagerung Trotz bieten konnte, wo man sich auch nicht lange auf dem Durchznge verweilen wollte (Robert. Mon. III. fol. 43), über­ ließen es die Fürsten der Kreuzfahrer einem tapfern einheimischen (wol ar­ menischen?) Krieger,

mit Namen Simeon,

das Schloß

heiligen Grabes in Jerusalem in Besitz zu nehmen. fol. 100 ist der einzige,

zu Chren des

Baldric. Archiepisc. II.

der es auch mit dem Namen Alfia nennt.

Wir

wissen es mit keinem der bekannt gewordenen Ortsnamen auf dieser Route, wie etwa mit den verschiedenen in der Gegend

von Tyana oder Nazianz

sich erhebenden Trümmerburgen, zu identisiciren. Von da zog daS große Wallfahrtsheer glücklich nach Cäsaren Cappadociae, wurde.

welche

in der Provinz nördlich von Syrien angegeben

Die Bewohner der Stadt übergaben sich willig und gastfreundlich

dem Christenheere

und versahen dasselbe reichlich.mit Lebensmitteln (Gesta

Fr., Rob. Mon., Baldric. Episc., Guib. Abbas einstimmig).

Jenseit Cäsarea,

sagt der Autor (der Gesta Franc, et alior. cap. 11. fol. 9) als Augenzeuge, erreichten wir

eine

gewisse prächtige und reich versehene Stadt

(Civitatem pulcerrimam et opimam in Gesta Fr. et alior. fol. 9; Rob. Mon. fol. 44), die kurz zuvor drei Monate lang von den Türken belagert war, ohne daß sie dieselbe hätten einnehmen können.

Ihre Bewohner, als Chri­

sten, öffneten ihre Thore und übergaben sich freudig den Fürsten der Kreuz­ fahrer,

die sie einem tapfern Krieger,

darum bat,

zum Schutz

für

das

dem

Petrus de Alpibus,

der

heilige Grab in Jerusalem überließen.

Baldric. Archiep., Lib. II. fol. 100, ist der einzige der Berichterstatter, welcher diese Stadt mit Namen Plastentia nennt Petrus de Alfia. Nähe

sein

sollten,

und

den Lehnsmann

Cin blinder Lärm von 20,000 Türken, welche Boemund

vergeblich

die in der

aufzusuchen ausritt, legte

sich bald.

Damals galt noch,

Porphyrog.

(deThematibus I. p. 21) Zeit, für die drei benachbarten durch

Raubhorden

wie schon früher,

unsichersten Provinzen

zu Kaiser

Constantin

des römischen Reichs,

die mit

einem „K" anfangen, Kappa docia, Kreta, Kilikia, das Svrüchwort

»TQltt xdnna xdxiara\ waö bis heute seine Bedeutung behalten hat. Der nächste Marsch

führte wieder zu einer Stadt Coxon (bei Rob.

Mon. auch Cosor), die eine vornehme und an allen Bedürfnissen reiche (nobilis et copiosa bei Baldric. Archiep. 1. c.) genannt wird,

deren

Söhne

270

Klein-Asien

§.

20*

(Alumni genannt) mit ihren christlichen Brüdern und mit ihrem Ueberfluß dem ermatteten Heere so gastlich entgegen kamen, Naft

jeder Wallsahrtsbruder wieder

sättigen,

daß

sich

bei dreitägiger

neu

kleiden und kräftigen

es nicht schwer

die heutige Göksün,

konnte zum Weitermarsche. Zn dieser zweiten Station ist

die alteCocussus wieder zu erkennen, von der oben die Rede war, welche als Exil des Johannes Chrysostomus bekannt geworden Nach

dieser

Angabe

wird

nun der Heerweg

(s. oben S. 33).

von Cäsarea bis

dahin

entschieden eine südöstliche Richtung, also durch eins der Sarusthaler oder beide genommen haben müssen, in welchem, nach Strabo, die Coinnn fl Cappadociae lag.

Da die antike Straße int Itinerar. Provinciar.

180, von Cäsarea über Artaxata (oder Arassaxa, das heutige Seresek nach Kiepert) wie nach Cocussus eine zu ihrer Zeit sehr bezogene war, so ist zu erwarten, daß dieselbe in jenem schwer passirbaren Gebirgslande als die begangenere auch von dem Kreuzheere genommen sein wird. Das

nächste Noutier

im Itiner. Anton. Aug.

(ed. Wessel, p. 211)

nach dem berichtigten Itin. Provinciar.379) beträgt zwischen Cäsarea und Co­ cussus --- 22 y2 deutsche Meilen; nämlich: Von Cäsarea nach Arassaxa

24 M. ----- 4% t>. Meil.

-

-

-

Coduzabala

24 M. — 4%

-

-

-

-

Comana Cappadociae 24 M. = 43/4

-

-

-

-

Sirici.s

16 M. ----3^

-

-

-

-

Cocuso

25 M. --- 5

-

(unbekannt)

Goksün.

Siricis wäre vielleicht identisch mit Saris der Karte, einem Orte, an welchem v. Moltke bei seinem flüchtigen Durchritt (s. ob. S. 12, 132) nach einer handschriftlichen Mittheilung bedeutende Trümmer von Säulenschästen

gesehen

hat,

die freilich auch erst dahin geschleppt sein könnten.

Diese Entfernungen stimmen auf so ungleichem Boden durch die zwei Thal­ gebiete

der beiden Sarusarme und die zwischenliegenden Gebirgszüge hin­

reichend genau mit einander auf der Karte, und fallen ziemlich mit den von Vincke und Moltke gegebenen Routiers zusammen, so daß hier auch die Lage der berühmten Comana Cappadociae auf eine annähernde Weise sich zeigt, die wir in Obigem (s. S. 142) in der Gegend zwischen Saris und Ulukaja vermuthet haben.

Bedenkt man nun, daß diese Gegend an

bedeutenden.Städten arm ist, daß aber die einst mit Tempeln und Pracht­ bauten (nach Strabo) noch immer

geschmückte Comana

den Namen Aurea Comana

zur Zeit Kaiser Justinians und

selbst

den Prachtnamen

„Xqvotj ' (Justinian. Novella XXXI. und bei Proeop.) führte, aber mit Um­ wandelung in christliche Kirchen, so gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, daß die sonst unbekannte,

aber von Baldric. Archiep. genannte Plastentia,

379) ed. Parthey. No. 211. p. 98.

Ueber Gottfr. v. Bouillons Marschroute n. Gifteten. 271 wie auch von Rob. Mon. puleerrima und opima genannte Stadt, welche noch kräftig genug gewesen, der Türkenbelagerung drei Monate lang wi­ derstehen zu können, nun von so gastlichen Christen bewohnt und noch zur Zeit des Hierocles als Bischofssitz in der Cparchie Armenien genannt wurde (Hierocl. Synecd. ed. Wessel, p. 703), keine andre als die berühmte So­ malia Cappadociae bezeichnen konnte, deren stattliche Bauten noch da­ mals das erste Kreuzfahrerheer wol in Bewunderung versetzen konnten, wenn sie auch schon in Trümmer zerfallen waren. Vielleicht wären sie auch heute noch wieder aufzufinden; sie würden dann für die Archäologie vielleicht manchen interessanten Fund darbieten können, da wegen der großen Unweg­ samkeit der Zugänge von hier nur weniger verschleppt sein möchte als aus andern Ruinen Klein.asiens. Das Gerücht von Annäherung eines türkischen Feindes in diesen Oedeneien, die auch damals ihre Naubhorden hatten (Turcos sylvestres nennt sie Histor. Hierosol. fol. 1761), entspricht zu allen Zeiten gleichen Umständen, wie in gegenwärtiger den dort hausenden Turkmanen, wie sie v. Moltke in denselben Sarusthälern und zu Tomarse kennen lernte. Wie der tapfere Krieger Petrus de Alpibus, der letzte genannte Fürst dieser so berühmten, jetzt ganz verschollenen Comaua, nämlich nun die Stadt Plastentia, zu Gunsten des heiligen Grabes verwaltet haben mag, darüber fehlt uns jede weitere Angabe. In Coxon (Cocussus) wurden dem großen Raimund manche Gerüchte über das Ziel der Heerfahrt, nämlich über die berühmte Antiochia in Nord­ syrien, die damals im Besitz des Türkenfeindes war, aber kürzlich von ihm verlassen sein sollte, mitgetheilt, die sich zwar später als irrig erwiesen, aber doch zur Folge hatten, daß eine Truppe von 500 Reitern vorangeschickt wurde, um Besitz von den Zugängen der Stadt Antiochia zu nehmen. Das große Heer folgte ihnen aber von Coxon aus nur langsam nach. „Wir, die wir zurückgeblieben waren, sagt der unbekannte Autor der Gesta Franc, et aliorum, 1. c. c. XL fol. 9, der aber als Augenzeuge deS weiteren Marsches von ihm Bericht giebt, traten von Coxon nun ein in „das Teufels ge birge" („intravimus in Diabolicam Montanem”), das so hoch und so eng war, daß keiner von uns auf dem schmalen Pfade dem andern vorangehen konnte, sondern alle hinter einander hergehen muß­ ten, die Pferde, zumal ein Lastpferd (Saumarius) dem andern oft nach­ stürzte in die Tiefe des Abgrundes. Die Kriegsmänner standen überall traurig, in Jammer und Verzweiflung die Hände ringend und über den Kopf zusammenschlagend, ohne zu wissen, was sie, mit ihren Waffen bela­ den, thun sollten, denn sie vermochten sie oft nicht weiter zutragen. Gern hätten viele der Ermatteten ihre Waffen, Schilde, Panzer und Helme zu geringem Preise, für 3 bis 5 Denare, verkauft, wenn nur Jemand da ge­ wesen wäre, der sie ihnen abgenommen hätte. Jedermann suchte, um nur weiter schreiten zu können, wie er nur konnte, sie los zu werden, und viele

272

Klein-Afien.

§. 26.

Warfen sic von sich in die Abgründe hinab, die ihnen zu der einen Seite selbst den Hinabsturz und mit dem Tode drohten, wahrend an der andern Seite die Felswände sich unerklimmbar über sie emporthürmten. Endlich auS dieser „verfluchten Gebirgslandschaft" (execrata Montana) gerettet, kamen wir hinaus in die Stadt welche Maresi heißt, deren Be­ wohner uns mit Lebensmitteln entgegen kamen." In diesen Jammerzustand des großen Heeres stimmen auch die übrigen Berichterstatter mit ein (Rob. Mon. Lib. III. fol. 44; Baldric. Archiep. Hist. II. fol. 101; Albert. Aq. III. c. 27, fol. 224 ; Guib. Abb. Hist. IV. fol. 448), welche die Noth des Durchmarsches und die Verzweiflung des dort so un­ glücklichen Heerzuges der Wallfahrtsbrüder mit den lebhaftesten Farben schildern, da in den Thalklüstcn über den rauschenden Stromthälern der Pfad kaum einen Fuß Breite einnahm, auf dem kein Fußgänger dem andern ausweichen, kein Reiter mehr auf dem Pferde sitzen, kein Saumthier mehr seine Lasten, ohne hinabzustürzen in die Tiefe, weiter tragen konnte, und Niemand dem Andern in seiner Noth beizustchen und zu helfen int Stande war. DaS dadurch entstehende Gedränge und die Verwirrung eines so zahlreichen HeereszugeS mußte mit dem Fortschritt um so fürchterlicher wer­ den, da Jeder nur darauf bedacht blieb, wenigstens sein Leben zu erhalten, wenn auch alles übrige verloren ging. Diese Diabolica Montana für ein ganzes Kriegsheer haben wir schon oben auS dem Durchmärsche des einzelnen Wanderers, des Patriarchen MacariuS, im Strom spalt des Pyramus hinreichend kennen gelernt (s. ob. S.25U.26), woraus sich ergiebt, daß die Angaben der Kreuzfahrerberichte keineswegs allgemeine Lamentationen und übertrieben waren, son­ dern einer ganz bestimmten Localität angehören, die man nur aus jenem treuen Berichte des armenischen Patriarchen und seines Diaconus Paul zu erwägen im Stande ist, da jeder andere Augenzeuge bis heute darüber gefehlt hat. Erst mit dem Austritt aus diesen lange sich fortwindcndcn Engpässen in die fruchtbare Thallandschast der wahren Marasa, der heu­ tigen Stadt Marasch, wo die Lücke in Willerm. Tyrens. Archiep. Berichte aufhört, läßt sich dieser Zug von da weiter bis Antiochia auch geographisch bei ihm verfolgen. Also nicht durch Ei li eien ging das große Kreuzfahrer he er Gottfried von Bouillons im I. 1097 auf den bekannteren und directeren Wegen über Tarsus, A d a n a und A n t i o ch i a nach Syrien und Palästina, sondern in weiten nördlichen Umwegen durch die Mitte von Eappadocien, durch die oberen Sarusthäler mit Eomana (per mediam Romaniam) über EocussuS und im PyramuSdurchbruch, durch die wilden Schluchten der Diabolica Montana hinaus, über Aharasch nach Antiochia zum OronteS in Nordsyrien.

©fites Boghaz,

Pylae Ciliciae im

engeren Sinne. 273

Erläuterung 3. Der cilicische Gebirgspaß durch den Bulghar Dagh, der Gülek Boghaz, Pylae -Ciliciae im engeren Sinne.

Nachdem wir durch das nördliche Passageland auf de« Zugängen zum eigentlichen Gebirgspaß, der im engern Sinne durch die Pylae Ciliciae bezeichnet wird, gelangt sind, steigen wir nun die sich südwärts senkenden Tiefthäler des SaruSsystemS (nämlich die Seitenschluchten des vereinigten TarbaS Tschai und Körkün-su), die Ak Kjöprü und Station Bozanti (PodanduS) verlaffend, zu der GebirgShöhe und der Paßlücke deS Bulghar Dagh selbst hinauf, welcher daS Engthor (Gülek Boghaz, fast unkenntlich durch Culebougage bei P. LucaS wiedergegeben) zu dem Eingänge nach Cilicien bildet, das schon zu -kenophonS Zeitm als der einzige fahrbare, fchr steile und für ein Kriegsherr gang­ bare, von ihm bezeichnet wurde (Xenoph. de Cyr. Exp. I. 2. 21: jj äi iigßoXfj ijv bäog ufiagtTog bg9la loyvQÜg x. r. X.). Den Gipfel dieses Paffes (t« «xp«) hatte SyennesiS zwar besetzt, aber bald wieder verlaffen. Gleicherweise konnte auch durch Alexan­ ders Marsch in der ersten Nachtwache aus demselben CyruSlager (f. oben S. 246) dieselbe Paßhvhe, welche von der Perserbesatzung verlassen war, eingenommen werden, und schon am folgenden Tage mit der Morgenröthe stieg das Macedonierheer hinab durch die Phlen nach Cilicien. Wir unterscheiden also wol mit Recht die Zugänge zu dem cilicischen Passe, der mit dem Lager des jüngeren CyruS wie Alexanders erst feinen Anfang nimmt, von dem Engpässe selbst im engeren Sinne, der eben an seinem Nordeingange bei dem Lager des CyruS nach Strabo 6 Tagemärsche von Mazaca (oder von Tyana bi- PodanduS nur 14 Stunden oder 2 bis 3 Tage­ märsche nach Itin. Antonin.) entfernt war (s. oben S. 253 u. f.), währmd die Pylae im engeren Sinne in einem Tagemarsche durch­ setzt werden sonnten. Auch gilt jener Eingang, nämlich bei Po­ danduS, bis spät in daS Mittelalter hinein, wie bei ConstanttnuS Porphyrog. in feinen Thematm, als die politische Grenze der nördlichen Provinzen, Klein-Cappadocien int Thema Armeniacum von dem südlichen Cilicien; denn jene reichte immer nur „ad Podandum usque”, fti'ygig uvrijs HoStvdov, eben so wie Ritter (httuntc XIX. S

274

Klein-Lfien.

• 28.

auch bis heute die Grenze der Paschaliks von Adana und Kaisarieh daselbst dieselbe geblieben ist380). Dieß stimmt auch mit DiodorS Beschreibung vom cilicischen Passe. Dieser ist, sagt er (Diod. Sic. Hist XTV. 20), enge und zu beiden Seitm steil und gegen 30 Stadien lang. Nahe bei demselben, zu beiden Seiten, sind außerordentlich hohe und unzu­ gängliche Berge, von denen Mauern bis an den Weg herabziehen, über welchem Thore erbaut sind. Durch diese führte CyruS d. I. sein Heer in eine Ebene, welche keiner andern in Asien an Schön­ heit nachsteht. Die 20 Stadien (nur eine Stunde Ausdehnung) verkürzen aber den Paß zu sehr, wenn man ihn nicht aus die engste Stelle des Engpasses deuten will, da dieser zwischen Podandus und Mopsucrene nach dem hin. Antonin. doch 27 Mill., d. i. 216 Stadien oder 10'/, Stunden, und gut übereinstimmend mit dem Itiu. Hierosolym. 28 Mill., d. i. 224 Stadien oder 10'/4 Stunden Länge haben würde. Auch die Tab ul. Peuting. giebt von „Poduando, in monte Tauro” bis zur Ebene 50 Mill., d. i. 12'/ Wegstunden an, was mit unserer heutigen nur ungefähren Kennt­ niß der Uebergänge ziemlich übereinzustimmen scheint. KinneirS Beschreibung8*) des Paßüberganges vor der Aeghptier Zeit int 9. 1818 ist ziemlich flüchtig, er hielt das Flüßchen, dessen Thal er von Ulukyschla (TschekiSla schreibt er falsch 8.115) an folgte, irrig für den Hauptfluß deS Sihun; er bemerkt 3/St. östlich von da die Reste eines römischen Lagers, 2/ St. weiter die Sperrung des Thales durch ein auf engem steilen Pfad zu überstei­ gendes Querjoch und enges Defilli, durch das der Fluß sich windet, ly St. weiter an der Mündung eines kleinen Zuflusses einen Chan (der oben genannte Tschifte Chan), nach 3 St., während deren die Breite de- Thales von 50—200 Schritt wechselt, den alten Brücken­ bogen über den Fluß, worauf das Thal sich wieder bis zu y4 Stun­ den Weges erweitert; dann nach 1/, St. wieder ein Chan, wo sich die Wege nach Adana und Tarsus trennen; an vielen Stellen des Wege- waren die Spuren der alten theilweise in die Felsertseiten des Thales gehauenen Straße sichtbar. Kinneir schlug von hier den südlich nach Tarsus durch eine Engschlucht führenden Weg ein, der nach 11/2 St. sehr steil und eng über Berghohen, und mit noch 1% St. zum Posthause führte; eine kleine Stunde südlich von dem***) Conslantin. Porpbyrog. de Tbematibos. Lib. I. Thema sec. **) Maed. kiooeir, Jouroey 1. c. Lond. 1618. p. 116—119.

Die Verschanzimg de- eilicischen Passe-.

275

selb« beginnt die Felsschlucht der eigentlich« Pylen, an manch« Stell« nur 10—12 Schritt breit; der Weg führt hoch über Ab­ gründe hin, stellenweise sehr gefährlich, nach 2 Stunden wird der Chan am AuSgange der Schlucht erreicht, noch 3 Stund« oberhalb der eilicischen Eb«e geleg«. Die steilen Bergseit« zeigten sich überall von prachtvoll grünenden PinuSwäldern bedeckt. Spätere Schilderungen deffelben Wege- durch Aucher Eloy (1836) und dteale82) (1850) sind eben so wenig belehrend wie CohenS Routicr83), der im Gefolge von Ibrahim Pascha's Truppen im Januar 1833 den Paß überstieg, oder des älteren des Spaniers Domingo Badia im Jahre 180784). Die einzige uns bekannt geword«e beacht«swerthere Beobachtung über die Paßhöhe ist die Fort­ setzung deS Routiers von AinSworth, den wir vom Quaran­ täneposten und dem tief« Flußthale am Eingänge des eig«tlichen Bergpasies zwei Stunden bergan auf der Höhe zur Seite des Paß­ dorfe S verlast« haben. ES war am Mittag des 27. Novembers ^), wo er bei diesem Bergdorf am Wegpaß die einzige bedeutende Berschanzung der Aegypter vorfand. In dem Dorfe dehnte sich eine lange Reihe elender Häuser längs einem Bazar aus, der für die Bedürfniffe der Soldat«besatzung eingerichtet war, die umher meist unter Zweighütt« wohnt«, ein einziges gutes HauS war für d« Pascha er­ richtet, und ein paar Holzschuppen, in deren einem eine Officierstube, die eb« von ihrem Besitzer verlasten war, den Reisenden zur Her­ berge überlast« wurde, wo Mangel an Postpferdm sie d« ganzen folg«d« Tag zum Auf«thalt nöthigte. Die Poststation war ver­ legt worden, nur für Depeschen wurden Couriere gehaltm. Reisende mußt« sich aus den ferneren Dörfern Pferde zu verschaff« suchen. Die Berschanzung« bei diesem Dorfe fand AinSworth viel bed«t«der, als er sie erwartet hatte; sie waren so großartig und dauerhaft angelegt, daß man wol sah, wie die Aegypter dabei an eine dauernde Gr«ze ihres ägyptischen Reichs gedacht hatten. Die kleine Hochebene, welche diese Culmination deS Passes zwischen dem Seichun und dem Zufluffe des TarsuS-Tschai einnimmt, hat die Breite einer kleinen halb« Stunde; man nähert sich ihr durch eine bewaldete, uneb«e Waldstrecke nur sehr allgemach ") F. A. Neale, Syria. 1. c. p. 273—278. ") Mendes J. Cohen, Notes etc. Mscr. lf c. *4) Alibey el Abassi, Voyages en Afrique et en Aaie. Paris 1814. T. 111. p. 292. *5) W. Ainsworth, Trav. and Res. 1. c. 11. p. 75; Journ. R. Geogr. Soc. Yol. X. p. 503 sq.

276

Klein-Afien.

§. 26

ansteigend; sie war in ihrer langen Erstreckung durch 8 Steinbatterien vertheidigt, deren jede mit einem Graben umgeben, über dm eine Zugbrücke, mit Toppelthoren versehen, in die bombenfesten, von Stein trefflich erbauten Magazine führte, rings um den Graben casemattirt. Diese, von ausgezeichneter Construction, lagen meist unter der Erde, die Gräben waren in soliden Fels gehauen. Alle Balterim bestrichen dieselbe Fronte und kreuzten sich durch ihr Feuer, so daß keine Stelle ohne Schutz bleibt und jede Batterie besonders belagert und zuvor eingenommen sein muß, ehe man Herr des Paffes selbst werden kann. Auf den Hohen gegen Osten befanden sich weit ziehende Linien, jenseit welcher aufwärts bis zu dem Gipfel des BergeS Observalionsthürme errichtet waren und am Westende noch ein Steinfort mit Barracken. Tie genaueren Maaße dieser Verschanzungen, welche der polnische Colonel Ingenieur Schultz (Iuffuf Agha)^) in 8 Hauptwerken zu Stande brachte, die von 3000 Mann Soldaten, darunter 1000 Kanoniere zum Dienst von 100 Kanonen, vertheidigt werden konnten, hat Vict. Langlois mitgetheilt. Die Hochebene, auf welcher diese großartigen Vertheidigungs­ anstalten von den ägyptischen Ingenieuren errichtet wurden, liegt nach einer Meffung mit dem Kochapparate nur 3812 engl. Fuß (3576 Fuß Par.) üb. d. M., also ein wenig mehr als Brockenhohe; die Wasierrinnen, welche von den unverbarricadirt oder ungeschützt gebliebenen Wegen abflössen, in welchen die Wohnungen der Sol­ datm errichtet waren, sind schon Waffcrzuflüsse zu dem System des TarsuSflusses gegen S.W. ziehend. Die genaueste Beschreibung der einzelnen Verschanzungswerke hat B. Langlois gegeben. 29. November. Nach scharfen Frösten, denm man in diesem Dorfe des Engpaffes, welcher Gülek Boghaz genannt wird, in beiden Nächten ausgesetzt war, ritt Ainsworth am nächste-Mor­ gen zwischen Eis und Reif durch sehr enge Schluchten hinab, welche ihm die gefährlichste Stelle der ganzen Passage zu sein schienen. Zwischm senkrechten Klippen, die auf beiden Seiten zu großen Höhen aufsteigen, während der enge Zwischmraum zwischm beiden von einem wildm GebirgSstrom eingenommen wird, kann nur dieser, bei 2 bis 3 Fuß Tiefe in seinem Bette, das aber durch viele herabgestürzte Felsblöcke angefüllt ist, über Hunderte von Schrittm weit zum höchst 3S6) Vict. Langlois, la Route de Tarse en Cappadocie p. les Ddfiles du Taurus, in Revue Archäolog. Paris 1856. P. XII. 8 Livr. p. 481—484.

Die Berschanzung d. ctfic. Paffes durch Ibrahim P. 277 beschwerlichen nassen Fußpfade deS Reiters dienen. Spuren alter FelSfprengungen bezmgm Fleiß und Arbeit der frühere» Beherrscher dieses Gebirgspasses, um dm Durchgang der Engklust zu eröffn«, der durch eine Handvoll Vertheidiger, gleich den Thermophleu, gesperrt werden konnte. Eine antike, aber unlesbar gewordme — (nach B. Langlois sind eS Ueberreste zweier lateinischer Jnschrifttn87), in denm er entziffern konnte, daß die Restauration deS Baues von Kaiser Hadrian herrühren sollte; AinSworth hatte sie für eine lateinische, P. v. Tschichatscheff sür eine persische Keilschrift gehalten. Auch Badia (Ali Bei) hatte sie schon im I. 1807 völlig unleserlich gefunden)88) — Inschrift ist mit der Fels­ wand, auf der sie eingegraben war, herabgestürzt, und liegt abwärts in das Master des FlusteS gekehrt. Durch diese Wege ließ Ibrahim Pascha dennoch mit unsäg­ licher Anstrengung daS schwere Geschütz bis zur Paßhöhe hinaus­ schaffen, daS die Türken nicht einmal wieder im Stande warm hemnterzubringen. Bei dem Rückzug ließ der Pascha zwar die Bauten deS PasteS in die Luft sprengen, aber der größte Theil blieb zurück. Bon 120 Kanonen großen Kalibers, die Reale88) noch im I. 1850 oben in der Türkenverschanzung stehen sah, hatt« diese nur 28 Herne Kanonen wieder herunterbringen können, die sie nach Coustantinopel in die Münze schickten. Sechs Schiffe, jedes von 250 Tonnen Last, wurde mit Pulver und Kriegsmaterial, ebenfalls aus dm Berschanzung« deS Kulek BoghaS, beladen, das die Aeghpter dort zufällig in den Magazinen zurückgelasten hatten, obgleich Ahmed Menikli Pascha die Magazine in die Luft gesprmgt hatte. Dieser Waffmvorrath ward nicht nur im Paschalik Ada na femerhin unnütz, sondem eS schien auch dem türkischm Gouverne­ ment, unter einem so leicht rebellischen Volke ihn zurückzulassen, für zu gefährlich, deshalb man ihn fortzuschaffen suchte. Polnische Ingmieure hatten die Fortificationen geleitet, die nicht bloS zur Zu­ rückweisung jedes UeberfalleS, sondem auch der ägyptischen Artillerie nach Ibrahims Absicht zum Modell und zur Ingenieurschule dimm sollten. Bei der Retirade im Jahre 1840 wurde in die Luft gesprengt, waS 8 Jahr hindurch 10,000 Mann fortwährende Arbeit und viele Millionen dem Vicekönig von Aegypten gekostet hatte. Der 87) V. Langlois in kerne Archeolog. Paris 1856. 8. Livr. p. 484. 89) Voyages d'Alibey el Abassi. Paris 1814. Yol. 111. p. 293. ") Neale, Syria 1. c. p. 275—278; B. Barker, Lares et Penates or Cilicia etc. 1. c. p. 112.

278

Klei'n-Afken.

§. 26.

Plan an der Nordgrenze von Mehemed Alis Reiche war. so ange­ legt, daß er gegen Invasion der Türken wie der Russen berechnet war. Er schien so unüberwindbar, daß es zum Sprüchwort der Araber wurde: „Wer den Bogha; nicht fürchtet, der fürch­ tet auch Allah nicht." Unterhalb dieses Felspasses jenseit der engen Felskluft gewinnt die Südseite des Taurus ein anderes Ansehen; das veränderte Clima verkündigt sich sogleich durch den hohen und überraschenden Luxus der Vegetation gegen die ernsten Hohen. Zu den Nadelholz­ wäldern der hohen Bergwände gesellen sich die schonen Laubwaldun­ gen der Platanen die Flußläufe der Thäler entlang, die Tief­ thäler füllen sich mit den immergrünen Eichen, mit Taxus, Cedern, Lorbeeren, Quitten, wilden Feigen und wilden emporrankenden Rebengewinden, unter denen Ende November das blaue Cyclamen und der gelbe Crocus den Boden mit ihrem Blumenflor schmückten. Erst etwas tiefer abwärts bei zunehmender Milde der Lüfte zeigten sich Gebüsche von Myrthen, Kornel­ kirschen (Physalis Alkekcngi? Arbor Juclae, Cercis siliquastrum), wilden Oliven, Iujuben (Zizyphus vulg.. Judendorn) und an allen Uferrändern der Bäche der Schmuck der prächtigen Olean­ dergebüsche. Den ganzen Paß überhaupt nennt Ainsworth nach seiner romantischen immer wechselnden Scenerie den schönsten unter den vielen von ihm überstiegenen Tauruspässen, selbst den über den Dürdün Dagh am oberen Pyramus führenden durch seine un­ beschreibliche Großartigkeit übertreffend. Gegen den Austritt der Südseite des Passes ragen noch zwei steilabfallende Felsgipfel über ihrer Waldumgebung hervor, der westlichste trägt die Ruine eines alten Bergschlosses Gülek Kala, das man gewöhnlich mit dem Namen eines Genuesencastells belegt, unter welchem unmittelbar dar­ unter an der Bergseite in Baumgruppen eingehüllt das Dorf Gülek liegt, und in einem nur wenig südlichern Thäte das Gruben- und Hüttenwerk dieses Namens Gülek Ma'aden mit seinen Blei­ gruben, darin geringer Silbergehalt die Hoffnungen des Ertrags unter Ibrahim Pascha, der damit seine Kisten voll Silber zu füllen gedachte, .sehr überspannt hattet). Das ältere Dorf Gülek, das wegen seiner Lage am Eingang des Boghaz (d. i. der Engschlucht) auch Gülek Boghaz heißt, wurde auf Ibra­ him Paschas Befehl unter Aufsicht eines seiner Officiere der Armee 39°) Col. Chesncy, Exped. I. c. I. p. 353.

Der Ort Gülek; das Gülek Kala.

279

neu aufgebaut mit Schweizerhänschen, um durch eine Colonie seiner Bauern bevölkert zu werden, welche die Besatzung des Gebirgspasses mit Proviant versehen sollte, da der Boden, auf dem es liegt, ungemein fruchtbar ist und für alle Lebensbedürfnisse reichen Ertrag geben kann, reich an Melonen,

Trauben,

Aprikosen und anderen

Früchten ist, das beste Gemüse im Paschalik, gutes Geflügel und reichliches Wasser darbietet, womit es die Märkte von Tarsus und Adana versorgt^), und das Clima, sehr-heilsam in seiner mittelhohen Lage, vor vielen Krankheiten des Tief- wie des Hochlandes eine Gesundsheitsstation abgeben würde. Nur VA Stunden weiter abwärts von Gülek bei einem Chan, in der Nähe unterhalb Bostanly Kjöi (d.i. Gartendorf), der ein­ stigen Mopsucrene oder vielmehr bei der Quelle Mezori Kolon (?), und einem Chan 4 Stunden vom Gülek Boghaz, denn ein Dorf Bostanly auf Kieperts und Tschichatschesfs Karte soll nach V. Lauglois gar nicht mehr qciftiren02), spaltet sich der Weg in die Straße über einige niedere Berghohen und durch die Badindschan-Ebene, die ein angesehener Turkmane beherrscht, südostwärts nach Adana, während die directe Südstraße nach Tarsus führt. Jene berührt in der Ebene keine Dörfer, die alle seitwärts liegen bleiben, nur ein paar alte Castellruinen, deren Baustyl nach Ains Worths) auf Anlage durch Europäer (also im Mittelalter) schließen läßt. Col. Chesney^), der die ganze Länge der beiden Extremitäten dieser Tauruspassage auf 16'< deutsche Meilen (83 Meil. engl.) berechnete,

die cs

ihm auf guten

Pferden gelang

in Zeit von

26% Stunden zu durchreiten, bemerkt sehr richtig, daß ihr Eigen­ thümliches darin bestehe, daß auf ihr statt wie bei anderen Alpen­ pässen einen sehr hohen Berg der bis 10,000 und 11,000 Fuß hohen Tauruskette

zu passiren,

man

vielmehr nur eine mäßig hohe

Vergebene (nur von 3570 Fuß, also niedriger als der niedrige Brenner-Paß in Tyrol) zu übersteigen habe, deren enge Zugänge aber, wahre Felsklüfte von beiden Seiten, zumal aber von der Südseite, die eigentliche und selbst fürchterliche, wenn schon kurze Beschwerde des cilicischen Passes darbieten. Diese Stelle, be­ merkt er, entspreche ganz besonders der furchtbarsten Kluft, die Q. Curtius beschreibe, wo Alexander sein eigenes Feldherrnglück 91) F. A. Neale, Syria 1. c. p. 275. 92) V. Langlois, la Route de Tarse, in Revue Archeol. Paris 1856. P. XIII. p. 482. 0 i) Res. p. 78, Journ. Geogr. Soc. p. 506. 94) Col. Chesney, Exped. 1. c. 1. p. 353.

280

Klein-»fien
stch aber mit großer Wahrscheinlichkeit auf da­ nachfolgende Gebirge in der Umgebung von Claudiopolis bezie­ hen lasse. Die Gründung von Olba in der Mitte der TracheotiS war nicht unbedeutend, da ihre Priester zugleich, nach Strabo, Beherrscher de- inneren Gebirgslandes waren, die nur eine Zeit lang durch Tyrannen, welche daraus ein Räuberland machten, aus ihrem Besitzthum verdrängt wurden, zu welchem sich die Lage am Zusammenfluß beider Hauptströme nicht wenig eignete. Strabo, der gern die Geschichte der antiken Priesterstaaten, die in Kleinasien eine so merkwürdige Rolle gespielt hatten, bespricht, weil seine eigenen Borfahren ihnen angehörten, sagt, , daß zu seiner Zeit durch die Römer der Rau bst aa t in der TracheotiS zerstört und das Principal des Teurer und seines PriesterthumS wieder hergestellt wurde, auch halten die mehrsten Priester desselben die Namen Teucer und Ajax geführt. Dann habe aber eine ge­ wisse Aba, die Tochter des Tyrannen ZenophaneS, sich durch Heirath an jene Prinzenfamilie angeschlossen und berat Besitzthum, das ihr Vater zuvor als Vormund administrirt hatte, an sich ge­ rissen. Als die Römer unter Antonius und Cleopatra dort die Gewalt bekamen, habe sie dieselben bestürmt und auch durch sie, die alles nach Willkühr vergeudet, das Besitzrecht an diese Usurpa­ tion bestätigt erhalten, aber nachher wurde ihr dieß wieder ge­ nommen und die Familie der Teucer wurde in ihrem Eigenthume rehabilitirt. Es ist dieß ein interessanter Blick in die früheren Zustände der TracheotiS, die uns sonst unbekannt geblieben. Zu einem so wichtigen Mittelpunkt des Priesterstaates wie Olba mußte sich die Localität allerdings recht eignen, welche später durch Kaiser Claudius die Colonie zugeführt erhielt. Ob volle Identität beider Orte anzunehmen sein kann, bleibt noch zweifelhaft, da Hierocles int Synecd. p. 709 in der Eparchie Isauria die beiden Orte Olba und Claudiopolis nebeneinander al- verschiedene Bischofssitze aufzählt, und auch Unterschriften der Olbischen Epi-copie auf dem Concil zu Constantinopel bekannt sind, die von Claudiopolis in Isauria auf den Concilien zu Nicäa und Chalcedon sich als Episc. EtesiuS und TheodoruS unterschrieben haben, zur Eparchie von Isauria aber auch Cilicia Trachea gehörte.

316

§. 27.

Klein-Afien.

Ju Theophancs Chronographia (cd. Bonn. 1839. Vol. I. P. 118. p. 212) wird Claudiopolis die 3tabt »»zwischen bei­ den

Taurusketten"

(utru^v xuiv övo Tuvqwv

xtt/ntvr,) sehr richtig bezeichnet,

tV nfduo

da sie im Engthal zwischen beiden

an der Nord- und Südseite aufsteigenden Ketten liegt, auch wird durch ihn von dem Kriege des Kaisers Anastasius (im I. 485 n. Chr. Geb.), den er gegen die damals rebellirenden raubsüchtigen Isaurier bis Claudiopolis zu führen hatte, Bericht gegeben, woraus hervorgeht, das; seine Heere dieselben Uebergänge über den Taurus von der Nerdseite her übersteigen mußten, um das Raub­ gesindel in Schluchten bei dieser Stadt und durch Einnahme ihrer Feste zu vernichten, wobei der Bischof Conon einer der byzan­ tinischen Feldherrn war, aber verwundet wurde und seinen Tod fand. Wahrscheinlich

hat damals auch eine Zerstörung

dieser einst mit

Denkmälern geschmückten Colonie stattgefunden. Doch bestand sie noch zur Zeit Constantinus Porphyrog.*22) und gehörte zu der sogenannten Decapolis int inneren Cilicien, westwärts von Seleucia, wo sie als die sechste der dortigen zehn Coloniestädte Claudiopolis aufgeführt wird, von denen die mehrsten ihre Na­ men von ihren Stiftern erhalten hatten. Bei dem Durchmärsche des Kreuzfahrerheeres unter Kaiser Friedrich!. Barbarossa im I. 1190 von ^arenda (Karaman), der südlichsten Grenzstadt des Seldschukenreiches von Iconium, durch das wilde cilicische Gebirgsland kennte der tapfere Kaiser keinen andern Weg nach Seleucia zum Calycadnus nehmen, als denselben über den schon genannten einzigen Gebirgspaß des Kara Sekiz Boghaz. Er wird frei­ lich nicht mit Namen genannt, aber bis dahin reichte damals das Königreich ^eo'S von Klein-Armenien, der ihm auch seine Boten bis an seine Grenze entgenschickte, um ihn seiner Freundschaft und wohlwollenden Ausnahme zu versichern. Kaum hatten sich die ermüdeten Pilger einige Tage in ^aranda ausgeruht und zu neuen Strapazen gestärkt, als sie gleich in den ersten Stunden ihres Süd­ marsches von da aus dem Gebiete der Ungläubigen an die Gebirgsgrenze des christlichen Armeniens kamen,

wo sie der

Anblick der auf den Feldmarken der Dörfer ausgerichteten Kreuze mit Wonne erfüllte23). Ihre Hoffnung, hier unter ihren Glaubens-

4”) Const. Porph. de Themat. I. Thema XIII. Seleuciae, ed. J. Bekkeri. Bonn. Vol. III. p. 36. 9. 2') Fr. Hilfen, Gesch. der Kreuzzüge. TY. IV. S. 135.

ClaudiopoliS zur Zeit der Kreuzfahrer.

317

genossen eine Erleichterung ihrer biSherigm Beschwerden und Gefahrm zu finden, wurde jedoch getäuscht, da in dem rauhett Cilicien, das sie von da bis zum Calycadnus bei Seleucia (Selefkeh) zu durchschreiten hatten, die größten Wildnisse entgegentraten, da eS so sehr an Lebensmitteln wie an aller menschlichen Hülfe fehlte, daß sie oft in die größte Noth und Verzweiflung geriethen. Je weiter sie in daS Gebirge eindrangen, desto höher wurden die Berge, desto steiler die weglosen Abgründe; und die kleinen armenischen Fürsten, welche seit dem Verfalle des seldschukischen Reiches diese Gebirgsgaue beherrschten und es heimlich mit beiden Parteien nicht verderben wollten, wagten es aus Furcht vor dem mächtigen Sultan Sa lad in nicht, der sie im Rücken von Syrien beständig mit grau­ samen Ueberfällen bedrohte, seinem gehaßten Feind, der ihm entge­ genzog, mit Eifer beizustehen, weil sie seine Rache bei dessen wieder wachsender Uebermacht kannten. Selbst der armenische kleine Fürst von Sibilia, der im festen Schlosse an der nördlichen christlichen Grenzmark (seine Lage ist unbekannt geblieben) dem Kaiser auf der Straße, welche das Pilgerheer einschlug, mit großen Ehren ent­ gegenkam, weil er dort die Wacht hatte, konnte ihm nur geringe Hülfe bieten. Beim Uebersteigen des weglosen HochgebirgspaffeS überraschte die Kreuzfahrer ein Erdbeben, das ihre Noth nur ver­ mehrte, und bei weiterm Fortschritt durch immer weglosere Wild­ nisse hielt der Kaiser die wenig tröstlichen Aussagen der Boten, welche ihm König Leo als Wegweiser entgegengesandt hatte, geheim, um das geplagte Volk nicht noch mehr vor der Zukunft zurückzu­ schrecken. Viele von ihnen blieben vor Hunger und Ermattung liegen, viele erkrankten, die Bischöfe, welche früher ihre Rosse wacker getummelt und an manchem gefährlichen Kampfe in den Schlachten Theil genommen, konnten hier nur in Sänften sich tragen lassen, viele Ritter in ihren schweren Rüstungen mußten wegen völliger Hinfälligkeit durch ihre Knappen über das Gebirge getragen werden. Es scheint, daß ihr Weg nicht in der direct südlichen Richtung nach Claudiopolis oder Mut führte, sondern daß ihre Wegweiser sie den kürzern östlichern Weg nach Seleucia am untern Laufe deS Stromlaufes nehmen ließen, der vielleicht wegen der mehrfach zu übersetzenden Gebirgsketten und Tiefthäler noch beschwerlicher sein mochte als der oben beschriebene. Eine solche Route ist auch vom Südabfall des Kara Sekiz Boghaz südostwärtS abzweigend über Kestel, Mahile und Sarykawak auf der Karte angezeigt, der zum untern Calycadnus bei dem heutigen Selefkeh führte. Hier

Klein-Asien.

318

§. 27.

als«, an einer Paßenge des Stroms (erat locus in siuu Ciliciae, quem hinc montes ardui, liinc Selefic flumen praeterdueus coartabat; in Historia Hicrosolymitana toi. 1162 ed. Bongars), erreichte den so frommen und tapfern wie besonnenen und großsinnigen Kaiser Friedrich I. sein tragisches Schicksal, daß er nach Ueberwindung so großer Kämpfe und Mühseligkeiten so eben am Orte der Erholung angekommen, in der wildreißenden Flut des Stromes bei dessen Uebergange den unerwarteten und so plötzlichen Tod finden mußte, der sein ganzes Heer in die größte Betrübniß und in so große Berzweiflung versetzte, daß von diesem Tage an auch der ganzen Pilgerschaar der Muth sank zu weiterer Fortfüh­ rung ihrer Unternehmung. Die verschiedenen Angaben über den traurigen Untergang des Kaisers in den Stromeswellen sind bei den Geschichtschreibern nachzusehen^). Die Stelle in Tagenos Bericht über den Pilgerzug Kaiser Friedrichs I., wo es von dessen Kriegs­ heere heißt: descendcntcs igitur juxfa praedictani aquam/Sclcphica nomine (d. i. Strom von Selefkeh oder Seleucia), juxta lapideum pontem castra mutati sumus, hat den Geschichtschrei­ ber der Kreuzzüge zu der Bemerkung veranlaßt, dies möchte wol dieselbe Steinbrücke sein, die M. Sinnen* am Mut-Su übersetzt habeein Irrthum, der nur aus der früheren Unkenntnis der Oertlichkeiten hervorgehen konnte, da diese Steinbrücke bei Mut über den Nebenfluß wenigstens 3 bis 4 Tagereisen den Strom auf­ wärts weit in West von Selefkeh oder Seleucia lag, in dessen Nähe der Untergang des Kaisers stattfand. Weshalb dieser Fluß, der nach europäischer Aussprache, wie schon Büsching sagte, Saleph und Selephica geschrieben ward, auch den Namen ZidrtQonoTUfiog, d. i. der Eisenfluß, hatte, wie ihn schon die Kreuzfahrer (Jacobi de Vitriaco Ilistoria Jherosol. ed. Bong. II. fol. 1121 einen „fluvium ferreum ”) nannten, ist uns unbekannt geblieben. Nach Meletius (III. 183 bei Mitten) sollen ihn die Türken auch Sale-Sui genannt haben. Leake und Kinneir geben die Breite der Thalebene des Calycadnus von Mut, das am nördlichen Hügelrande liegt, längs des Mut-Su oder Girama bis zu seiner Vereini­ gung mit dem int Februar 260 Schritt breiten, flachen, aber rei­ ßenden Flusse von Erminak auf 2 Stunden, von da bis zum süd4tschönbornS Tagebuch. .Nachlaß im Manuskript.

Bl. 1—13.

Küstenweg landein über Ermenek. wo der Fluß erreicht wurde.

366

An seinem Westufer zeigten sich mch-

rere Baureste bis zu einer kleinen westlicher gelegenen Halbinsel, die, einst eine Insel, gegenwärtig durch einen schmalen, sandigen Isthmus mit dem Festlande verbunden ist.

Der Fluß bricht zwischen Felsen­

schluchten, auch reichen Waldungen von Platanen, Lorbeer, Myrten, Eichen- und PinuSbäumen hervor, die von ihm trefflich bewäffert werden. Die Halbinsel ist aber ganz öde, obwol voll Reste von Bauwerken, zu denen eine Treppe vom MeereSufer zu ihrer Höhe hinaufführt. Auch in der Ebene am Fuße derselben liegen viele antike Baureste von Quadersteinen, die näher zu erforschen die zu große Hitze hinderte.

Die schwarzen Felsen der Halbinsel warm

nach der offenen Meeresseite in schauerliche Höhlungen von dm Wo­ gen ausgewaschen. Ama6 Dorf Achyrly kjöi

(d. i. Stalldorf),

daö vorzüglich

von

Schuhmachern und Schmieden bewohnt schien, welche eben beschäftigt waren das Dach ihrer Dschamie mit Eisenblech zu beschlagen. In den Mauern der Häuser, auch in Brunnen des Ortes sah man hie und da Sarcephagendeckel und andere antike Reste eingefügt, auf denen man auch zwei griechische Jnscriptionen aus verschiedenen Zeiten entdeckte. Von da hinabgestiegen zum See kam man zum Dorfe Kara Ören (d. i. schwarze Ruine) zwischen Feldern gelegen, denen zur Westseite linker Hand

jedoch 700 bis 1000 Fuß hohe

Felsberge so dicht am Seerande emporstiegen, daß kein Uferweg an ihnen vorüberführte. Um zu dem nahen jenseitigen langen Arwan zu kommen, mußte man daher ohne allen Pfad die fürchterlich steile Felswand emporklettern, worüber X Stunden vergingen, ehe man jenseit auf der schlechtesten Felsentreppe wieder hinab nach Arwan gelangen konnte, daö tief unten im Grunde zwischen weißen Pappeln

und

Wassermühlen um 1 Uhr bei einem Gewitterschauer erreicht Aa2

372

Klein-Asien.

§. '27.

werden konnte. Das Gestein, welches so überklettert ward, sagt Schönborn, hatte strichweise ein ganz schwarzes Ansehen und glänzte dabei wie Glas (ob Laven?), dazwischen lagen lange Strecken hellrothen Gesteins. Nur eine Viertelstunde von Arwan am Rande des Sees bemerkte er mehrere Duden, d.i. in die Erde versin­ kende Flüsse. Einer dieser Dufcen war ziemlich groß, in ihn fließt in der Regel während der Sommerzeit das Seewasser hinein; ein anderer Düben war damals verstopft, in noch andere strömt der See nur hinein, wenn sein Wasserstand sehr hoch ist. Denn dessen Niveau wechselt nach den Jahreszeiten; er grenzt an sehr tief liegende Ebenen, weshalb auch seine Ausdehnung sehr verschieden ist, wie er denn im Herbst stets kleiner an Umfang ist als im Früh­ jahr. Bei Arwan wurde Tabak gebaut, den die Griechen von Konieh aufzukaufen pflegen. An der Wand eines Hauses war der Schädel eines Thieres, Gejik (der gewöhnliche türkische Name des Hirsches) genannt befestigt, dessen Hörner viel über eine Klafter weit auseinander standen, es sollte auf den Bergen der Umgegend sehr häufig vorkommen. Schönborn läßt es ungewiß, ob es ein Stein­ bock war oder zu welcher Gattung eS gehört haben mag. Er war noch viel zu sehr von dem Fieber, das ihn in Ermenek überfallen, angegriffen, um größere Forschungen int Gebirge anzustellen, und seinen Heimweg durch das Gebirge direct zur Küste zurückzunehmen. Doch wagte er es, wenigstens noch den hohen Tinas Dagh in West von Arwan, auf dessen Bedeutung schon vor ihm Hamilton hingewiesen hatte, näher zu untersuchen. Den 26. September. Ersteigung des TinaS Dagh. Durch Waldungen von Thuja, Eichen, PinuS und Wachholder stieg Schönborn gegen 2 Stunden auswärts bis zum Fuße des Tinas Dagh, wo die JürükS mit Holzfällen beschäftigt waren. Bei wei­ terem Emporsteigen sah man gewaltige behauene Quadern umher­ liegen, die einem früheren Gebäude angehört haben mußten, obwol sich keine Grundmauern und keine Sarcophage zeigten. Nach einet Stunde Fortkriechens fast auf allen Vieren ohne Wegspur am stei­ nigen Bergabhange traf man auf der Höhe eine große 50 Schritt lange Unterhöhlung der Felsen, in deren Hintergründe noch drei andere, kleinere niedrigere Höhlungen sich zeigten, die jedoch natürliche zu sein schienen. An anderen Theilen eines Felsabstnrzes stieß man auf colossale unübersteigliche Steinhaufen, bis man ost­ wärts von ihnen am Bergabhange eine mehrere Fuß mächtige Mauer aus Bruchsteinen und Quadern antraf, durch die ein breites großes

Schönborns Ersteigung des Tinas Dagh.

373

Fahrthor geführt hatte, zu dem aber jetzt der Weg ganz fehlte, denn in ihm lagen nur Felsblöcke von herabgestürzten Mauern und Klip­ pen, die jetzt ben Zugang zur Felsburg hinderten.

Noch dreimal

wiederholten sich solche Unterhöhlungen von Felsgrotten wie die vo­ rigen an der Nordseite, und noch zweimal im Inneren zwischm den Mauern, bis man den hohen und 30 Fuß breiten Eingang zu einer bedeutenden Grotte auffand, in die man 50 Schritt tief Hineinschreiten konnte, bis es darin ganz dunkel wurde.

Nachdem

man nun ein paar Stunden umhergesucht hatte, erreichte man erst den Zugang zur obersten Fläche des Berges,

die ganz voll von

Trümmern, Mauern und Häusern lag, aber ohne behauene Quatent lind ohne eine größere Architectur, auch keine Spur von Sarcophagen, Todtenkammern, Inscriptionen, so daß dieser Burgfelsen wol nur einem Asyl des Mittelalters angehört haben mochte. Die Aussicht von der Höhe war weit umsaffend und prachtvoll auf die Hochgebirge in W. und S., deren zahlreiche Kettenzüge ihr Stteichen gegen S.S.O. hintereinander nahmen.

Der Berggipfel, auf dem

man stand, war durch einen Bergkessel noch von dem höheren Gipfel des Tinas Dagh gegen S.W. getrennt, der Ort Arwan lag aber gegen O.S.O.

Noch anderes näher bei dieser Stadt ge­

legenes Mauerwerk aufzusuchen war Schönborn zu schwach. Den 27. September von Arwan nach Sidi Schehr. Den directen Weg dahin zu nehmen war dem Patienten wegen Un­ gleichheit des BodenS noch unmöglich, er blieb also auf der Ostseite der trockenen Ebene, die am Westufer des Sees hinläuft, wo noch streckenweise grüne Weideplätze, die von großen Heerden von Eseln, Kameelen, Rindern, Schafen, Ziegen und Düffeln belebt waren, da­ zwischen von einem früher höheren Seestande viele Bänke von Süßwassermnscheln sich lagerten oder auch hie und da Ackerfelder noch mit Hülsenfrüchten bebaut waren. Der See, erfuhr Schön born hier, solle nie auf seiner Ostseite abfließen, sondern nur durch Grä­ ben leite matt dahinwärtö künstlich zur Bewässerung dortiger Felder sein Wasser ab; aitds) an der Nordseite des Sees finde kein regel­ mäßiger Abfluß statt; nur zuweilen, behaupteten die Türken, breite er sich auch dahin aus bis in die Gegend von Konia, die dann versumpfe, aber seit 5 bis 6 Jahren sei dieß nicht der Fall gewesen, indeß in 2 bis 3 Jahren erwarte man wol, daß es wieder geschehen werde.

Gegenwärtig versänken die Wasser aber in die Dudön,

verstopften sich diese aber und werde der Zufluß zum See unge­ wöhnlich groß, so würde er sich auch nach andern Seiten ergießen.

374

Klein-Asien.

§. 27.

An seiner Westseite starrten gegegenwärtig viele kleine Klippen auS seinem Wasserspiegel empor. Gegen 9 Uhr kam man an einem großen Dorfe Ialyk (Jalijük) mit einer Dschamie vorüber, um 12 Uhr nach Göjük an einem einen Fuß tief in die Ebene ein­ gefurchten Abfluß des nördlichern Bei Sch ehr Gjöl (desCoraliSSees) und dann nach Sidi Schehr, wo man einen großen Chan vorfand und schöne Weintrauben. Die Einwohner waren mit ihrem südlichen Nachbarlande und den dortigen Bergzügen völlig unbekannt; sie gaben nur die Entfernung von hier (gegen S.O.) nach Pilergonda auf 18 Wegstunden an, und eben so weit die Ent­ fernung nach Marla, unbekannte Orte, die man noch auf der Karte vergeblich zu suchen hatte. Den 28. September. Bon Sidi Schehr nach Kirlü. Am Morgen wurde zu Sidi Schehr, das zuvor auch Hamilton schon berührt hatte (s. unten, worauf wir daher hinweisen), eine sehr große Höhle besucht, die hoch an den südlichen Bergen liegen sollte, wegen einer Inschrift, von der die Türken sprachen, die aber Schönborn nicht auffinden konnte; doch fand er in ihr Blenden oder Nischen von Menschenhand ausgehauen, die wol auf frühere Benutzung deuten konnten. Die Höhle war sehr kühl und schien tief in den Fels hineinzugehen; unter ihr zeigten sich Teiche und Quellen, die ostwärts zur Ebene hinabfließen. Die Uebersicht von dortiger Höhe über die Stadt und Umgebung war belohnend, nur ein paar Architecturreste, eine Säulengruppe und wenige be­ hauene Quadern zeigten sich in ihr, sonst keine Alterthümer. Erst am Nachmittage ritt Schönborn weiter durch die gegen Süden sich ausbreitende hohe Centralebene, in welcher Sidi Schehr liegt, um nach dem ersten Versuche Otto von Richter-, des russischen Reisenden (im April 1816), es zum zweitenmale zu versuchen, von hier aus das cilicische Taurussystem zu überschreiten, um direct südwärts die pamphylifche Küstenebene zu erreichen, worüber unten das Weitere (Z. 29. Erl. 2.) nachzusehen sein wird. Da aber Schönborns Weg östlicher geht als der deRussen und erst beidenl Gebirgsorte Kirlü, seinem ersten und des Russen letztem Nachtquartier vor Sidi Schehr, mit v. RichterRoutier zusammentrifft, so begleiten wir auch noch an diesem Tage seine Wanderu g bis zu jenem Nachtquartiere und setzen erst weit« unten zur Vergleichung mit v. Richters Routier auch erst Schön­ borns weitere Wanderung am Südgehänge der TauruSkette durch Pamphylien fort.

SchönbornS Südweg zum Küstenlandpaffe bei Kirlü. 375 Unser unermüdliche Landsmann wollte auf ganz unbekannt« noch östlicher gelegenen Berghohen, als das russische Routier über Kirlü, Maria und Ilwat, die Hochpäffe des Küstensaumes zum Meere hinabsteigen; aber die Führer wollten durchaus von keinem anderen Wege wissen als von dem über Kirlü und Marla, daher mußte er sich ihnen schon fügen. Gegen 2 Uhr kam er an einigen Brunnen vorüber, wo Säulenreste lagen, links stiegen die felsigen Berge am Rande der hohen Plateauebene vorüber, auf der man auf guten Wegen hinritt. Man kam zu den hübschen Gärten von Jokdüjük (?) und eine halbe Stunde später gegen 3 Uhr zu einem sehr großen Gräberplatz Karadschan, der große Quaderplatten zeigte, mit kleinen Thujas, herrlichen Nußbäumen und hochstämmigen Pappeln umpflanzt war, wo viele Schafheerden weideten und wie­ derum noch zweirädrige Arabahs in Gebrauch waren. Aber schon eine halbe Stunde später stand man am Randgebirge der Ebene, das man fast 2 Stunden bis zur Höhe eines Berg pass es hinauf­ zusteigen hatte, der durch schöne Waldung, dem Sidi Schehr gegen S.O. liegt, hinwegführt, von desien Höhe sich die 4 bis 6 hohen, kahlen, hintereinander anreihenden Gebirgsketten emporthürmen, die nun südwärts nicht ohne Beschwerde zu übersteigen waren. Obm quellen die schönsten, aber sehr kalten Wellen hinab zum Thal von Kirlü, das erst um 7 Uhr am Abend zu erreichen war.

Der

rothe Boden zeigte hier reichen Eisengehalt, die schwarzen Dächer der Wohnhäuser,

in denen nur einige 20 Familim Hausen soll«,

waren gegen die Stürme wie die Schweizerhütten mit schweren Stei­ nen belastet.

Die Entfernung« von hier gab man nach Budania

(Potamia bei v. Richter) auf 4, nach IareS auf 4, nach Marla auf 5 und nach Doleiman auf 3 Stunden au. Aber nach Kaffaba und Ibrail rechnete man noch

12 Stunden weiter.

DaS Dorf

Kirlü liegt nach SchönbornS Schätzung an 2000 Fuß über der Hochebene von Sidischehr; im Winter soll der Schnee in ihm 4 Monate, auf den höheren Bergen 6 Monate im Jahre liegen, wo­ durch der Verkehr mit jener Nordseite deS Hochlandes dann ganz gehemmt ist. Auch wird dieser GebirgSort schon zu dem D ist riete von Alaja, daS ist zu dem antiken Küstenlande PamphylienS, gerechnet, wo wir seiner weiter unten wieder zu gedenken hab«, wenn wir ihm auf v. Richters aufsteigender Gebirgsroute von daher wieder begegnen.

Auch Schönborn verlaffen wir hier, der weiter

im Westen, in Pisidien und Lycien, unser sicherster und ge­ nauester Wegweiser sein wird.

376

Kleiri-Afien,

27.

Erläuterung 7. Der Küstensaum des rauhen CilicienS, der TracheotiS oder

Cilicia aspera. I. Von Alaja (Coracesium) in West bis zum Vor­ gebirge Anamur (Ancmurium) in S.O. Westliche Abtheilung. Strabo eröffnet seine Beschreibung von der Cilicia Trachea mit Coracesinm an deren Westgrenze (Strabo XIV. 668); dieses sagt er, ist eine Feste aus steilen Felsen gelegen. Diodotus Tryphon, der syrische 'Nebenkönig, benutzte Coracesium als Wasfenplatz zu seinen Feldzügen, von wo er daö syriscke Land den seleucidischen Königen Antiochus V. und Antiochus VI. (im Jahr 144 vor Chr. Geb.) zu entreißen suchte und bald mit Vortheil, bald mit Verlust sie bekriegte, bis Antiochus, Sohn des Demetrius, ihn zwang, sich in eine Feste einzuschließen, wo er sich selbst den Tod gab (141 v. Chr. Geb.). Dieser Diodotus Tryphon, sagt Strabo, an derselben merkwürdigen Stelle die Entstehung der Piraten­ kriege bezeichnend, brachte zur Zeit des Zwiespalts jener schwa­ chen syrischen Regenten die Cilicier (die unter den seleucidischen, wie von den ägyptisch -ptolemäischen immerfort an ihren Küsten der Herrschaft nach wechselnden und doch so ohnmächtigen Fürsten so vieles zu leiden hatten) auf den Gedanken, einen selbständigen Seeräuberbund unter sich zu gründen. Als Diod. Tryphon zuerst gegen die Könige in Syrien sich auflehnte, fielen auch andere Untergebene von ihnen ab, die seinem Beispiele folgten. Die Königsbrüder unter sich in Zanksucht und mit ihren inneren Bürgerkriegen beschäftigt, ohne Macht, nach außen gegen die Rebellen aufzutreten f öffneten dadurch allen Feinden die Thore ihres Reiches. Cilicien fing an der Sammelplatz von Seeräubern und rhrer Beute zu werden, wozu seine ganze Lage auf daö Trefflichste geeignet war. Der große Gewinn durch den Verkauf der Gefangenen als Sclaven war für sie sehr verführerisch; sie konnten sehr viele Sclaven durch leichten Krieg machen und ihr Verkauf war ungemein einträglich. Man hatte den glänzendsten und reichsten Weltmarkt damaliger Zeit, die Insel DeloS, in der Nähe, wo man an Einem Tage Tausende

Ursprung de- Seeräuberkriegs. von Sclaven, sagt Strabe,

absetzm konnte/

377

Daher auch da-

Sprichwort von Delos entstand: "Lande, Kaufmann! lade nur aus, du wirst Alles verkaufen!" Die Römer selbst, giebt Strabo deutlich zu verstehen, waren Mitbeförderer dieser Sclaven-Kapereien (z. B. Marc. Antonius theilte mit ihnm die Beute), denn nach der Zerstörung von Korinth und Karthago warm sie überreich geworden, der Luxus zu größter Höhe steigend machte .ihnen den Besitz vieler Sclaven zum unentbehrlichen Bedürfniß, die Kaper aber, welche sahen, daß ihr Raub so gut anzubringen war, wuchsen zahllos empor, raubten Menschenhandel.

überall und trieben den größten

Wer ihnen begegnete, wurde seiner Freiheit beraubt,

und selbst Römer scheinen (Cicero Orat. V. in Verrem) nicht ganz ohne Antheil an diesem Gewinn gewesen zu sein. Auch die Könige von CYpern und von Aegypten trugen

durch ihre Feindschaft

gegen Syrien zu diesem Unwesen bei, und den mächtigen Rhodiern fehlte es auch an Interesse, die Syrer gegen die Piraten zu schützen, die unter dem Vorwände des Sclavenhandels alle Gestade des in­ nern Meeres beraubten.

Anfänglich hatten die Römer noch wenig

Aufmerksamkeit auf die Länder jenseit des Taurus gerichtet;

zwar

schickten sie, sagt Strabo, den Scipio Aemilianus und andere Officiere als Inspectoren zu jenen Völkern und Ortschaften; aber diese sahen bald ein, daß die Feigheit und Unfähigkeit der Nach­ folger Seleucus NicatorS

und ihre Zänkerei unter sich als

LandeSregenten, dieses Piratenwesen fördern mußte;

da aber der

römische Smat selbst die Succession der Seleuciden garantirt hatte, so wollte er nicht mit Gewalt in dieselbe eingreifen. So fiel ein Theil der seleucidischen Oberherrschaft jenseit deS Euphrat in die Gewalt der Part her, dann der Armenier und diese setzten ihre Eroberungen bis diesieit des Taurus fort, bis nach Phönicien, vernichteten die Macht der syrischen Könige und ihre Geschlechter und überließen (Tigranes verheerte Cilicien) daS Meer den ci.licischen Piraten, die sich mit ungeheurer Macht bald über daS ganze innere Meer verbreiteten. cilicischen Unfuge

Die Römer hatten bisher diesem

keinen Widerstand geleistet; sie hätten, sagt

Strabo entschuldigend,

zu Hause zu viel zu thun,

um für die

Ferne zu sorgen. Aber das Uebel rückte ihnen näher, auch bis nach dem Archipelagus, nach Italien und Spanien, wie sich auS Ciceros Rede (in Verrem. V. 24) ergiebt, wonach auch für ihre eigenm Kaufleute daS Meer unsicher geworden war, ihre über das Meer geschickten Consuln, Lictorm, Gesandtm von den Piratm

378

§. 27.

Klein-Afien.

gefangen wurden, die reichsten Seeplätze wie KniduS, Colophon, Samos und viele ihrer Häfen, die ihnen (wie Cicero sich ausdrückt) doch zum Leben und Athmen unentbehrlich, in die Häude der Räuber gefallen waren; ja selbst ihre italischen Häfen von Brundusium, Gavta, Misenum, Ostia waren von den Piraten überfallen, die Tempelschätze auf Claros, Didyme, Hermione, EpidauruS, auf dem JsthmuS,

zu TaenaruS, Kalauria, Actium, Sa-

moS, ArgoS, auf den leucadischen Inseln und am Promonto­ rium Lacinium waren geplündert, und zahllose Reisende, Obrig­ keiten,

Weiber,

Mädchen,

erst durch theures Losegeld von ihnen

wieder gewonnen und unzählige Männer von

ihnen als Sclaven

verkauft. Zu ernsten Maßregeln gegen die Piraten gezwungen,

erhielt

der Proconsul Publius Servilius Batia daS Commando, die Piraten in ihrem Hauptsitze in Pamphylien, Pisidien, Cilicia Trachea aufzusuchen und zu vertilgen Chr. Geb.).

(im Jahre 75 und 74 vor

Er führte feine Aufgabe durch und erhielt dafür den

Beinamen Isauricus und den Triumph.

Er zerstörte ein See­

räubernest auf der Insel Rhodus, besiegte ihre Flotte in Lycien am Olympus und Phaselis, gewerbe aufzugeben;

und

zwang sie, dort ihr Raub­

dann ging er auf die Zerstörung der Raub­

nester und Felsenburgen in Pamphylien und Isaurien aus, die daS Asyl der Piraten waren, und zerstörte auch da ihre Orte, ver­ heerte weit das Land, sagen die Römerberichte, und führte viele der Räuber zu Rom im Triumphe auf.

Isaurien wurde zur Pro­

vinz Lycaonien geschlagen, die aber eben so wenig zu bändigende Bevölkerungen hatte.

Aber damit war wenig gewonnen, denn einen

tüchtigen Nachfolger hatte Serv. Batia nicht, und daS ganze Mittelmeer durchschwärmten noch ihre Genossen, und ihr Hauptsitz, die cilicische Tracheotis, ward zwar als römische Provinz genannt, blieb aber noch ungebändigt.

Rom selbst litt an HungerSnoth,

da die

Zufuhr des Getreides durch die Piraten gehemmt und der Brotpreis unerschwinglich

für das Bolk geworden war.

Aber die Macht des

ProconsulS Publ. ServiliuS, feines Erfolges und Triumphes un­ geachtet, war unbedeutend und beschränkt gegen die Macht der BundeS-Admirale Plutarch

und

Oberhäupter

(Vita Pompej. 24),

über

der

Piraten,

die,

nach

1200 große Schiffe in See

hatten, über 400 Festungen und viele Inseln commandirtm und von der Meerenge bei den Säulen des HeracleS (Gibraltar) an bis zum

Bosporus

von Byzanz und an die syrische Küste allen Verkehr

Cn. Pompejus Piratenkrieg.

379

zu hemmen im Stande waren. Hiergegen mußte eine außerordent­ liche kaiserliche Macht in die Schranken treten, und diese wurde durch bett Vorschlag de- Tribun A. Gabiniu- dem Cn. Pompeju-, nämlich da- „Imperium totius orae mariti mae”, und der Krieg gegen die Piraten übertragen (im Ä.687n. R. E. oder 65 vor Chr. G.). Er erhielt den Befehl über 120,000 Mann römische Landtruppen, über die doppelte oder dreifache Zahl Bundes­ genossen, über 500 Schiffe, 5000 Mann Reiterei und 24 Legatm, die er sich als consularische Männer au- dem Senate erwählen konnte. Der Erfolg seines Commando- übertraf alle Erwartung. Da- Meer, fein Schlachtfeld, theilte er in 13 Bezirke, gab jedem seiner Befehlshaber mit einer bestimmten Anzahl von Schiffm und Mannschaft einen zur Säuberung. So wurde zugleich auf alle Seeräuber Jagd gemacht; welchen eS noch zu entschlüpfm gelang, sagt Plutarch, die flohen alle nach Cilicien wie in einen Bie­ nenstock. Diesen wollte P ompejus zuletzt selbst mit einer Flotte der besten 60 Schiffe entgegenziehen, nachdem er zuvor die sardinischen, corsischen, sicilischen Meere gesäubert hatte. Biele der Piratm hatten es nicht gewagt, gegen solche Uebermacht Wider­ stand zu leisten; schon waren ihm 378 Galeeren ausgeliefert oder von den pompejischen Commandeuren in Grund gebohrt; 120Häfm hatte er in kürzester Zeit unbrauchbar gemacht, 10,000 Seeräuber getödtet, 20,000 gefangen genommm. Durch Italien zog er über Brundus ium nach Athen, wo er den Göttern Opfer brachte, und dann gegen die hartnäckigsten der Piraten nach Kleinasien, die dort ihre Familien, ihre Reichthümer und alles unbrauch­ bare Volk in den festen Schlösiern und Burgen des TauruS unter­ gebracht hatten. Sie selbst hatten ihre beste Flotte bestiegen und bemannt und, so ausgerüstet, wollten sie die Flotte des Pompejus bei Cora cesium empfangen (Plutarchs Pompejus 28). Hier kam eS zum Treffen, sie wurden geschlagen und darauf in ihren Festm belagert. Endlich jedoch, sagt Plutarch, baten sie durch Abgeord­ nete um Gnade, ergaben sich mit allen ihnen noch unterworfenm Städten und Inseln, in denen sie sich befestigt hatten, betten man mit Gewalt auch schwerlich etwas anhaben konnte. So ward der Piratenkrieg geendigt in einer Zeit von nicht mehr als 3 Mo­ naten, das Meer überall vom Raubgesindel gesäubert, und von Brundusium bis zum Sieg bei Coracesium hatte, im Spät­ herbst desselben Jahres, der Feldzug nur 49 Tage gekostet. Außer den in den südlichen Strichen Kleinasiens durch die vielen Ge-

380

§.

Klein-Asien.

27.

fangenen neu angesiedelten Städten, wie die schon genannten, wurde eine größere Zahl derselben, nach dem sehr verödeten corinthischen Meerbusen,

auch

in der nördlichen Peloponnesus bis nach

Dy me in Achaja als Colonisten angesiedelt. Nahe an ein und ein halbes Jahrhundert (von 144 bis 65 vor Chr. Geb.) hatte dieses Piraten leben an der Südküste Kleinasiens und zumal in Pamphylien und Cilicien bis nach Jsaurien hinein vorgeherrscht und an diesen Küsten die Beute so vieler anderer Gestade des mittelländischen Meeres angehäuft; ihre Besitzer hatten sich aus den geplünderten Reichthümern und mit den Armen ihrer Gefangenen und Sclaven nicht nur ihre Flotte, son­ dern auch unzählige Festen, Burgen, ummauerte Städte, Häfen und Asyle erbauen können, darin in Rohheit und Barbarei ihren Raub zu verprassen.

Daher bei der Armuth und Einöde an Menschen

und Civilisation im Innern jener Küstengebiete doch die merkwür­ dige Fülle von oft kiihnen, mächtigen Befestigungen, Castellen, Um­ mauerungen, Hafenstätten, Aquäducten und anderen Architecturen mit wenig entwickeltem Kunstsinn und Geschmack, die auf allen Vor­ gebirgen, Felsspitzen, Klippen und Inseln den Borüberschissenden auch heute noch in nicht geringe Verwunderung setzen und von außen oft glänzende Prachtblicke aus der Ferne gewähren, aber im Innern des dahinter liegenden Reviers wenig Tröstliches und Erquickliches darbieten können. Zeiten hindurch

Die wilde Schönheit der Natur diente hier lange dem Mißbrauch

der Bewohner;

denn was jene

früheren Zeiten begonnen halten, wurde in den späteren Jahrhun­ derten nur mit geringerem Erfolg und fortschreitender Erniedrigung fortgesetzt bis in die Gegenwart.

Ein anderes Menschengeschlecht,

eine andere Zeit wird hoffentlich an diesem großartigen Gestade­ lande, auf dem nächsten Uebergange vom Occident zum Orient, noch einmal der Civilisation in neuen Colonisationen ent­ gegenreifen ; an einladenden Oertlickkeiten an dieser maritimen Straße von Griechenland nach Syrien, Phönicien und Palästina ist kein Mangel. Alaja, Coracesium.

Das Vorgebirge von Alaja steigt

steil und plötzlich aus einem sandigen Isthmus empor, der durch eine breite Plaine von den nahen nordöstlichen Bergen des inneren Landes getrennt ist475).

Zwei Seiten der 500 bis 600 Fuß Liber

das Meer emporsteigenden nackten Felsen von dichtem weißem Kalk4,v) Fr. Beaufort, Karamania 1. c. Cb. VIII. p. 169—176.

381

Alaja, Coracesium.

stein, die an 60 bis 70 Fuß eben so steil in die Tiefe des Meeres hinabsinken, steigen ganz perpendiculär empor, während ihre dritte oder Ostseite, sanfter abfallend, doch die so steil an ihr emporgebaute Stadt trägt, daß ihre Gebäude nur übereinander zu stehen scheinen und schon

eine so natürliche Feste bilden,

daß diese an sich schon

uneinnehmbar sein konnte; doch ist überall noch Mauerwerk früherer Verschan Zungen übertüncht, wurden, Schutz

aber sind.

sichtbar,

die hie und da

mit

weißem GypS

wegen ein paar Kanonen zwar ein Castell gegenwärtig Außer

ganz

unbedeutend

einem Stück

eines

und

genannt

ohne

allen

cyclopischen MauerresteS

und ein paar Säulenfragmenten boten dieselben gar nichts beachtenswerthes dar. hat

Die Stadt selbst,

nur elende Wohnhäuser,

ebwol der Sitz

eines Paschas,

höchstens 1500 bis 2000 Bewohner,

wenige kleine Moscheen, die größten aus Kirchen umgewandelt, und gar keinen Handelsverkehr.

Ueber einem corinthischen Capitäl mit

ein paar geflügelten Köpfen in Stein gehauen fand sich eine ara­ bische Inschrift, in welcher der Name A lad in vorzukommen schien. Der Mechemeh, d. i. der Stadtrath,

schickte,

weil der Pascha

abwesend war, dem Capitän eine Botschaft zur höflichen Begrüßung entgegen, die durch eine Visite bei dem Vorstande erwiedert wurde, der sie höflich empfing und den Fremdlingen freien Besuch in Stadt und Castell gestattete, auch ein Geschenk von einem Ochsen für die Mannschaft auf die Fregatte sandte.

Dennoch wurden die Officiere

beim Durchmarsch durch die Stadt zum Castell vom rohen Pöbel mit Schimpfnamen und Geschrei von Ghiaurs, wie mit Steinwürfen so verfolgt, daß diese den Rückzug nehmen mußten.

Sogleich wurde

das Geschenk dem Mechemeh zurückgeschickt, mit derben Vorwürfen über die schändliche Mißhandlung seiner Gäste und die Verletzung der Gastfreundschaft, wurden,

worauf

zwar

einige Bastonaden verfügt

was denn zu keiner näheren Vertraulichkeit führen konnte,

aber einen Einblick in die Zustände des Landes gestattete und waS man von ihnen zu erwarten habe.

Das Anerbieten von Pferden zu

einem Ritt 15 Stunden landein gegen Nord, wo viele Ruinen einer alten Stadt mit griechischen Inschriften

sein sollten, wahrschein­

lich blos inhaltleeres Gerede, totirbe natürlich nicht angenommen, da man so manche Täuschungen bei solchem Vorgeben kannte und an­ dere Zwecke zu verfolgen hatte. die

isaurischen

Es würde dieß

Gebirgslandschaften

des

allerdings wol in hohen Gjök- und

Ala-Dagh geführt haben, und hätte solche Angabe doch für künftige Reisende beachtenswerth werden können.

382

Klein-Asien.

§. 27.

Die Bay von Alaja ist gegen Süden offen, hat jetzt schlech­ ten Ankergrund; sie war früher wol durch einen Molo beffer als heute geschützt. Die Ansicht dieses Vorgebirges von Alaja, von der Hafenseite, bildet einen wahren Prachtanblick durch die hohe», kühnen, weißen Kalksteinfelsen, der nur mit sanstrothem Anflug, wie die Felsen von Adalia, noch verschont wird, dar, und entspricht ganz der von Strabo angegebenen grandiosen Lage von Coracesium, die schon zur Zeit Antiochus III. M. und seiner Flotte von 300 großen und kleinen Fahrzeugen, denen sich alle anderen cilicischen Hafenorte unterworfen hatten, allein stolz genug war, ihm ihren Hafen und ihre Thore zu verschließen (Tit. Livius XXXIII. 20, im I. 199 vor Chr. G. 555 a. U. e.). Bei AntiochuS Belage­ rung von Coracesium erhielt er die bedrohliche Gesandtschaft der Rhodier, nicht weiter vorwärts zu rücken, um den Römern in ihrem Kriege mit Macedonien nicht hinderlich zu sein. Schon Col. Seale476) hatte int März des Jahres 1800 auf seiner Rückfahrt von Cypern die Bai von Alaja berührt und die Lage der merkwürdigen Coracesium mit der von Gibraltar auf dem Vorsprung ihres Isthmus verglichen, als eine natürliche, wenn durch Kunst verschanzt und vertheidigt, uneinnehmbare Festung, ganz den Angaben der Alten entsprechend. Die Westfeite ist natürlich unzugänglich durch die hohe senkrecht aufstei­ gende Felswand, die entgegengesetzte Seite durch steilen Abfall zum Meere gesichert. Die gattze Seite des Berges war von soliden hohen Mauern, darunter auch noch einige Reste althellenischer, näm­ lich cyclopischer Construction, und mit Thürmen umgeben, der unterste Theil nur mit der Stadt bebaut, die eine Meile in Um­ fang einnimmt. Die Häuser stehen so übereinander, daß die Plattdächer der unteren die Straßen oder Zugänge der oberen Häuser bilden. Zm Ost der Stadt ist ein Ankerplatz für die großen Schiffe, die kleinen werden noch heute, wie zur Trojanerzeit, auf daS Land gezogen; noch sieht man Gewölbbogen aus dem Mittelalter, etwa zur Genuesenzeit erbaut, zunt Schutzort für diese leichten Schiffchen, die jetzt bei den Türken Ghyrlanghytsch, d. i. Schwalben, heißen, weil sie mit ihren dreieckigen Segeln und dem kühnen Bug­ spriet Schnellsegler sind. Solche Schiffchen, von 20 bis 60 Tonnen Last, gehörten einigen der Einwohnet von Alaja als Eigen thum. Den modernen Namen soll die Stadt von Ala-eddin S. 47€) Col. W. M. Leake, Journ. of Asia Minor 1. c. p. 125—126.

383

AlajaS Blüche tm Mittelalter.

von KaikhoSru Kaikobad, dem zehnten der seldschukischeu Sul­ tane (reg. von 1220—1236 n. Chr. G.), angenommen haben, unter denen dieser Ort das Hauptarsenal der karamanischen Für­ sten geworden war. Aus dieser Zeit giebt uns ein Augenzeuge, der ehrenwerthe Ebn Sotuta77), folgende Nachricht über Alaja, die er bei seiner Ueberfahrt aus Syrien von Latakieh nach Kleinasien besuchte (gegen 1340 n. Chr. G.), wo er sagt, daß eben da daLand Rum (damaliger Zeit) seinen Anfang nahm, welches seiner Ansicht nach das schönste Land der Welt sei,

wo Allah alle

Schönheiten der übrigen Länder zusammengefaßt habe. Die Männer seien die schönsten unter den Menschen, schön gekleidet, mit den besten Nahrungsmitteln, die wohlwollendsten Creaturen Allahs, daher man auch sage: der Segen ruhe auf Syrien und die Güte auf Rum. Wo er nur bei einer Familie einkehrte, ward er gastlich empfangen, und wenn er gegangen sei, haben die Frauen geweint, als gehöre er zu ihrer Familie. Die Männer brachten ihm das Brot zu im Namen der Frauen und baten ihn nur dafür, für sie zu beten.

Er

rühmt sie als fromme Hanefiten, die keiner anderen Sekte anhän­ gen, aber doch Haschisch (d. i. Opium oder Hanf) genießen, dessen Gebrauch

sie nicht verwerfen.

Die Stadt Alaja sei groß,

von

Türken (Turkmanen?) bewohnt; Kaufleute von MiSr (Aegyp­ ten) und Syrien schifften dahin, vorzüglich werde Holz von da

nach

Aegypten

ausgeführt.

Der

berühmte

Sultan Ala-

eddin er-Rum habe die Stadt bewundernswürdig fest ausgebaut, deren Citadelle der Kadi des Ortes ihm zeigte. Der Kadi ritt mit ihm zur Visite des Sultans von Alaja, Iusuf Beg, Sohn Karamanö, dessen Wohnung 2 Stunden fern von der Stadt lag. saß allein auf einem Berge am Meere;

Er

die Emirs und Veziere

standen etwas tiefer um ihn her und seine Soldaten standen rechts und links zur Seite geordnet. Er hatte sein Haar schwarz gefärbt, fragte nach des Gastes Herkunft, der ihm auf alles Antwort gab und beim Abschied von ihm ein Geschenk erhielt. Ebn Batuta weiter nach

Antaliah,

Von Alaja ging

einer der schönsten Städte

der Welt. In der vorhergehenden Periode der Kreuzfahrer, als Genue­ sen, Venetianer, Lombarden, Catalanen jene Gestade so häusig mit dem Kreuzführerheere beschissten und ihnen Proviant zu­ führten, hatte diese Feste auf ihrer alten Schifferkarte den Namen 77) Ebn Batouta, ed. Defrcmery etc. Paris 1854. T. II. p. 256.

384

Klein-Asien.

§. 27.

des Castello Lombards (auf Mar. SanutuS Mappa III. vom 1.1321)478) erhalten, und eben so auf der catalanischen Mappa Mondo vom I. 1375, wo auch die Namen CsaftcI U6albo79) (wol von einem lombardischen Ritter) ihm zur Seite gestellt sind und eine Festungszeichnung sie vor allen anderen hervorhebt. Der­ selbe Name waltet das ganze folgende Jahrhundert bis zu Ende desielben (noch aus Contos Hoctoimui Fredutiis de Ancöna 1497. Mscr. der Wolfenbüttler Bibl.) vor, verschwindet dann aber; auch ist, wie Col. Leake nachwies, keine Erinnerung an einen Namen Ubaldo an Ort und Stelle vorhanden. Von Alaja schweift daS flache Ufer sich gegen S.O. fort bis zum aufsteigenden Cap Selendi (SelinuS), das von hier aus sichtbar ist, auf der Zwi­ schenstrecke dahinwärtS aber auf einem Landwinkel eine Baumgruppc zeigt, welche die Ruine einer alten Stadt überwachsen soll; auch von Ruinen im Norden von Alaja hörte Leake wie Beaufort, die beide jedoch noch unbesucht lassen mußten. Von Alaja, wo Colon. Leake wegen Krankheit einige Tage verweilen mußte, trennte sich sein Reisegefährte, General Koelcr, der seinen Landweg west­ wärts durch Pamphylien nach Constantinopel fortsetzen mußte; Leake schiffte an der Küste weiter westwärts. Corancez, der ein Jahrzehend später (1809) Alaja besuchte, konnte nichts bedeutendes zu obigen Angaben hinzufügen""); in Folge innerer Parteitämpse der Behörden war die Stadt aber sehr verheert, verödet, von den wohlhabendsten Handelsleuten verlassen und durch die Obermacht der brutalen Sieger, die von keinem Agha mehr in Zaum gehalten werden konnten, in größte Erniedrigung und Ver­ wirrung gerathen. Beaufort setzte von hier seine Aufnahme der Küste Ciliciens weiter gegen Osten fort, und ihm folgen wir nun fast als dem einzigen Führer bis Celenderis, zum Verständniß dessen, waS uns Strabo und der Stadiasmus Anen. über die ferne Küste gesagt haben. Plinius rückte zwar die Küste der Cilicia aspera aus alten Zeiten, wie er sagt, an 26 Miles weiter west­ wärts bis an den Fluß Melaö (Plin. V. 22: finisque antiquus Ciliciae Melas amnis), dagegen Pompon. Mela 50 Miles 4:6) In Gesta Dei p. Fraocos cd. Bongurs. ,9) Atlas en Langue Catalanc, Mscr. de Tastn. Paris 1839. Carte II. p. 103. Partie peu connuc de VAsie Mineure p. 363 -367.

T. II. in Lib. Fidel. Cruc. Tan. 1375 ed. p. Buclion et v') Corancez, Ilmeruirc d’unc (1808—1809). Paris 1816.

Landreise von Alaja bis Anemurium. (de Situ orbis I. 13) weiter

ostwärts

bis

385

Anemurium vor,

beide nach den bei Geographen so verschiedentlich vorkommende« Theorien, Flüsse oder Berge als Grenzen anzunehmen, statt dem historisch herkömmlichen Gebrauche zu folgen,

der, wie bei

Strabo sich zeigt, seine guten Gründe hatte, hier mit der Haupt­ feste der Cilicia Trachea auch ihr Gebiet zu identificiren, da diese hier ihre ttotzigste Stirne gegen den

Feind erhebt und da­

ganze dahinter liegende cyprische und cilicische Gestade beherrscht. Auf Coracesium, sagt Strabo (XIV. 669), folgt Syedra, eine Stadt; dann Hamaxia, ein Städtchen, auf einer Anhöhe mit kleinem Hafen, zu dem man daS Schiffszimmerholz von den Bergen herabbringt, -zumal die Cedern, die hier so häufig wachsen, daher M. Antonius auch diese Küste an Cleopatra zum Bau ihrer Flotten abtrat.

Dann

folgt daS Castell LaerteS,

auf einem

Berge gelegen, der die Gestalt einer Weiberbrust und eine Landungs­ stelle hat. Dahinter folgt der Fluß SelinuS und der CraguSberg mit Steilfels gegen die Meeresseite hervorragend, und dann das Castell Charadrus mit einem Ankerplatz, über dem der Berg Andricus herabhängt mit felsigem Gestade, das Platanisteö heißt.

Dann aber folgt daS Vorgebirge Anemurium.

Wenn wir in Porigem nur der Küf^enbesckiffung des Seecapitäns Beaufort folgen konnten, so bietet und die Landreise deGrafen A. Pourtales von der Landseite einige andere Ansichten deö Gestadelandes von Alaja bis zum Vorgebirge Anemur dar, eine Wegstrecke, die er vom 21. bis 27. Okt. 1845 zurücklegte. Von der ebenen Küstengegend von Alaja, die man ostwärts bald verläßt, fangen die grauen und weißen Marmerberge de- rau­ hen Ciliciens sogleich an dicht an daS Meer heranzutreten und bezeichnen die Naturgrenze der dort zu Ende gehenden Cilicia Trachea. Durch Dickichte von Myrten, Carnben, LentiScuS steigt man die abrupten Küstenabstürze hinüber, die hier an die Lage von Amalfi erinnern und in einer bewundernswürdig reichen Frucht­ barkeit und üppigen Vegetation über unübersteigbaren felsigen Vor­ gebirgen voll Burgen, alter cilicischer Festen aus den Zeiten dePompejuö und des Mittelalters an der Küste die Lage von Alaja, dem alten Coracesium, erblicken lasten. . Von den hohen FelSabstürzen steigt man auf Zickzackpfaden durch Platanen, Feigen, Caruben von gigantischer Größe hinab in die Ebene von Alaja, die wie ein wundervoller Obstgarten zwischen dem Meer und der TaurusgebirgSwand sich in lieblichster Schönheit ausbreitet. Citronen, Orangen, Miner Erdkunde XIX.

Bb

386

Klein-Asien.

§♦

27.

Limonen und einige schöne Dattelpalmen wachsen fast spontan in der Ebene, in welcher oft die Feigenbäume ganze Schattengewölbe für sich über ihrem eigenen Wurzelstcck bilden, unter desien Dom man Schutz vor dem brennenden Sonnenstrahl und Labung an seinen Früchten findet. In der Mitte des Thales sieht man hie und da kleine Casinos zerstreut, deren Plattdäcber von Erde nach jedem 9?e« gen wieder festgemacht werden müsien, über denen hie und da in den wohlhabenderen Wohnungen auch wol kleine Tomgewölbe sich empor­ heben. Die Start selbst, höchst phantastisch gelegen, zeigte vom Belvedere eines Hauses eine entzückende Umgebung, von desien Pa­ norama es schwer hielt sich wieder zu trennen. Tie bisherigen Führer von Adalia kehrten hier in ihre Heimath zurück und neun andere Maulthicre mit eben so vielen Führern mußten zum Weiter­ marsch gemiethet werden. Einige Stunden lang zog

man nach

zweitägigem Aufenthalt

weiter entlang durch die paradiesische Ebene, die aber wie eine ver­ zauberte Welt fast ganz verlassen dalag. Man pflückte Weintrauben am Wege, groß wie die von Canaan,

mit Beeren süß wie Honig

und von der Größe kleiner Pflaumen;

sie werden nicht ausgeführt,

kaum geerntet, kein Wein davon bereitet, die Bögel des Himmels genießen ihrer eben so viele wie die Eigenthümer der Weingärten, und vorzüglich ernten die Fasanen, die hier in vielen Schaaren hausen, das beste Theil. Wie die Weinberge, so sind auch die Obst­ gärten verödet, in denen man die Biehheerden sich umhertummeln sah, und alle Torfhütten waren verfallen, denn seit hundert Jahren sollten sie unbewohnt sein und auch jetzt standen sie leer. Die Thürme auf den Höhen waren eingefallen, denn Wächter, die früher sie bewohnten, hatten nichts mehr weder oben, noch in der Ebene zu vertheidigen; auch die Brunnen am Wege, die hie und da als Zeichen früherer moslemischer Wohlthätigkeit noch ihr Wasser spendeten, wo einst Reisende unter Hospitalen Platanen lagerten, waren verfallen und

ihre sentenziösen arabischen Inschriften

halb verlöscht.

Äeiu

Feuerheerd, kein Segelschiff, kein Handelsverkehr zeigte sich in diesem Eden früherer Lust, wo jetzt alles in Schlaf versunken war, und nur hie und da etwa ein Kameel von seinem Führer geleitet wurde. Doch kamen einmal einige Kameeltreiber mit ihren bebuschten Last­ thieren einher; sie hatten Myrtengebüsch geladen, weil am nächsten Tage das Beyram zu Alaja gehalten ward und am Todtenfeft die Muselmänner die Gräber der Verstorbenen mit Myrten zu schmücken pflegen.

387

Landweg nach Anemurtum.

Um 3 Uhr Nachmittags wurde das Dorf Sedra zwischen den Hügeln und

dem Meere in Citronen-, Orangen- und Granaten­

wäldchen gelegen und von Eichen umgeben, zu deren Wipfeln die Reben emporsteigen, erreicht, vielleicht das Syedra bei Strabo, wo ein heftiges Gewitter niederrauschte, dessen Riegen die Lüfte kühlte. Unter den Regengüssen setzte man den Marsch an etwa 2 Dörfern weiter gegen S.O. fort, bis man ant Abend das Dorf Selindi erreichte, welches aber verschieden von Beauforts beschriebenem Orte Selinty sein must, da hier keine Castellruine zu finden war. Das Dorf war aber groß und bei dem Derebey das Nachtquartier genommen. Da das Behramfest auf den folgenden Tag fiel, verweilte man dort nur bis um 10 Uhr am Morgen des 25. October,

wo die Cere­

monie vorüber war, und setzte dann den Marsch weiter nach Osten zum Hochgebirge des Cragus fort, das hier dicht zum Meere tritt. Hier kehrte man in einem Dorfe ein, das der Reisende Keuchker (Köschker) güneh nennt, ein sonst unbekannt gebliebener Name, dessen Agha die Fremden mit großer Gastlichkeit bei sich aufnahm; es schieuen die dortigen Ruinen aus

einem 300 Fuß hohen Hügel

der antiken Antiochia ad C rag um anzugehören.

Doch stimmen

die hier mitgetheilten Nachrichten nicht mit der Beatlfortschen Auf­ nahme überein, wie denn diese wilde Küste, die nur flüchtig vorübergeschisst wurde, gewiß mancher genaueren Aufnahme bedürftig sein wird.

Der Blick von der Ruinenstelle auf das empörte Meer, das

sich in schaumigen Wogen

an deut in tausend Spalten zerrissenen

furchtbaren Fclssaume hinbricht, und auf das ferne im rothen Däm­ merungsschimmer liegende Eiland von Cypern war großartig.

Kein

großes Gebäude war hier aus alter Zeit zu sehen, meist nur spä­ teres Mauerwerk,

der Rest eines Tempels oder Mausoleums

von weißent Marmor in einem schon verderbten eorinthischen Styl und große Marmorblöcke von 12 Fuß Länge, wol Frontons einer einstigen Fa^ade mit geflügelten Figuren, wol Genien der Winde, eine Muschel haltend, in deren Mitte eine verstümmelte Büste noch sichtbar war, zeigten nebst Resten von Colonnaden wol, daß hier einst eine Prachtstadt gestanden, die gänzlich untergegangen war. Die Säulen waren zum Theil zerbrochen, zunt Theil ganz erhalten, lagen aber alle umgestürzt, bis zum Ende der Säulenstraße, vor der eine Art Triumphbogen sich erhalten hatte, der wol den Eingang zum einstigen Forum bildete.

Im N.O. der Colonnade springen jetzt

unzugängliche Felsen gegen das Meer vor, die von einem Fort. gekrönt sind, ras mit Mauern umgeben und von Thürmen flankirt B b 2

388

Klein - Asien.

§. 27.

wurde; darunter starren ein paar furchtbare Felsen über eine kleine Hafenbucht hervor, die etwa für 5 bis 6 kleinere Schiffe geräumig genug vom Meer and zugängige, aber von ihm ans fast unsichtbare Eingänge haben must, und daher wol ein eckles Piraten-Asyl zu PompejuS Zeilen gewesen sein dürfte. Sonst zeigten sick noch in einiger Ferne der Stadt verfallene Ueberreste eines Aquädukts und in der Umgebung des wahrfckeinlicken Forums einige Inscriptionen, die nur stüchtig zu besehen waren, da die Dunkelheit zur Rückkehr in daS Quartier nöthigte. Der 26. Oktober war ein wolkiger, düsterer Regentag, der auf den gräßlichsten Felswegen durch die prachtvollsten malerischsten Landschaften hindurckführte. Beim Austritt aus dem geschloffenen Gebirgskeffel, in welchem Köschker güneh liegt, tritt man auf ein hobeS Ufer, das, durch parallel fortziehende Bergketten dem Meere entlang gebildet, die schönsten Aussichten darbietet, aber bei den schlüpfrigsten glatten Felspfaden des Auf- und Absteigend die größte Vorsicht der Tritte der Maulthiere nothwendig macht, um nickt wie an diesem Tage bei Nebel, Regengüssen und fortwährendem Blitzen und Krachen der schweren Gewitterwolken und abströmenden Wildbäche in große Gefahr zu gerathen. Zwischen Myrten-, Lorbeer-, Oleandergebüsch und dem Geranke der Neben stürzten viele kleine CaScaden die Steilhöhen hinab, oft in dunkle Haine und Wald­ dickichte, die in ihren Laubgrotten wol zu verborgenen Sitzen von Nymphen und Najaden geeignet schienen, aber hier im Gebiete der Barbaren wol eher Asyle alter Piraten oder heutiger Iürüken ab­ geben tonnten, von wo sich das nahe Gestade over die Berghohe beherrschen ließ. Heraustretend auS diesem wilden Felslabyrinthe erreichte man wieder eine kleine Ebene von einziger Schönheit durch ihr Grün, ihre idyllische Umschloffenheit und den Reiz der anschla­ genden Meereswellen, wo das Dörfchen Kala dran mit unbedeu­ tenden Ruinen auS dem Mittelaller zwischen fruchtbaren und gut angebauten Feldern von Baumwolle und Sesam liegt. Gr. PourtaleS hielt eS für die Lage des antiken Eharadrus (Charadran der Karte), wenn schon keine Reste der antiken Stadt vorgefunden wurden, die ebenfalls durch ihre höchst versteckte Lage im Innern der kleinen Felsenbuchten recht eigentlich zum Piratenhafen der Rö­ merzeit, wie der spätern Periode der Byzantiner, Iohannitter-Ritter und Muselmänner geeignet war. Von hier wurde noch am Abend deffelben TageS unter Regengüßen ein fürchterlicher Felsvorsprung überklettert, um daS nächste elende Dorf Keuras zu erreichen, wo

Landweg zum Vorgebirge Anemur.

389

man die Nacht zubrachte und am folgenden, dem 27. Oktober, den ganzen Tag unter fortwährenden Regengüssen stets auf und ab die beschwerlichsten Felsabhänge des Cragus überkletternd, endlich am Abend mit dem freundlich wiederkehrenden Sonnenstrahl die lieb­ lichere Ebene am Vorgebirge Anemur erreichte (s. unten). Dieselbe Küste wird von dem unbekannten Autor des StadiaSmus M. 99t. nur in entgegengesetzter Ordnung von Ost nach W. Nr. 196—203 auf folgende Weise beschriebm und durch die Noten deS Herausgebers erläutert, wodurch wir noch genauer an ihr orieutirt werden, obwol dann eine Lücke eintritt, die einige Unsicherheit der Wiedererkennung der Localitäten erzeugt481). Nr. 198. Bon Anemurium nach PlatanisteS sind 80 Stadien. — Hierbei bemerkt die Note MüllerS: von Anemurio bis SelinuS sei eine rauhe Küste, voll nackter Felsen, die an zwei Stellen von Strömen durchbrochen werde: die eine 160 Stadien in W. von Anemurium mit den Karadran-Ruinen (wol XaqaÖQüg in Nr. 199), die andre zwischen beiden Orten Auemurium und Karadran gelegen, von beiden gleich weit abste­ hend, wo einst Platanen stehen mochten, daher vom StadiaSmuS die Stelle PlatanisteS genannt, während Strabo den Ramm auf das ganze Gestade ausdehnt. Nr. 199. Von PlatanisteS zum Orte CharadruS 80 Stadien. Ueber CharadruS aber erhebt sich der hohe Berg AndrocoS genannt, 30 Stadien fern — dieß ist der Andricos bei Strabo. CharadruS ist nach HecataeuS Asia ein Hafen und ein Arsenal (inivttov) in Cilicien (cf. Steph. Byz. 8. v.). Nr. 200. Von CharadruS zum CraguS find 70 Sta­ dien. — Strabo nennt zwar nur einen Fels mit diesem Namen, darunter aber wol der zugehörige Berg, der sich hier erhebt, zu ver­ stehen, an dem nach Ptolem. V. 7 die Antiochia ad Cragum liegt, die nach Wesselings Dafürhalten (Hierocl. Synecd. 709) in Theophan. Chron. p. 119 eine Stadt IsaurienS heiße. Nr. 201. Bon Cragus zur Seestadt Nephelium sind 85 Stadien. Nr. 202. Von Nephelium zum peninsularen Vorge­ birge sind 80 Stadien. — Dies wird im Text Ntl. M. I.eakv. Journal etc. I. c.

Bon Celenderis bis Anemurium, n. d. StadiaSmuS. 399

nirngen der Alten können bei großen Distanzen nur weniger genügen, da sie dieselben als Küstenfahrer nie direct zurücklegten, während sie in den kleinen Küstenabständen hinreichende Genauigkeit zeigen. Jen­ seit Anemurium, fährt Strabo weiter fort, folgt die Stadt Nagidus, dann Arsino«", die Schisferstation, dann der Ort Melania und Celenderis, die Stadt mit Hafen, von welcher manche, wie auch ArtemidoruS, die Grenze von Cilicien beginnen und nicht von Coracesium. Hierauf folgt Holmi, wo anfänglich die später nach Seleucia am Calycadnus Uebergesiedelten wohnten. — Mit größerer Vollständigkeit in der Aufzählung der Küstenorte führt uns der StadiaSmuS M. M. von Celenderis bis Anemurium (von Nr. 192—196)93): Nr. 192. Bon Celenderis nach Mandane, sagt er, sind 100 Stadien. — Bei Strabo folgt ein Ort Melania, der dem sonst unbekannten Mandane des StadiaSmuS entsprechen mag, aber eben so unbekannt wie jener geblieben ist. HecataeuS und Sey lax nennen hier, statt dieses Ortes, die Stadt MyuS. Nr. 193. Dann folgt von Mandane daS Posidium Promontorium 60 Stadien. — Schon Leake erkannte eS für das heutige Cap Kys Liman Burun, weil es daS einzige hervor­ ragende zwischen Anemurium und Celenderis ist, und auch die Di­ stanzen stimmen. Nr. 194. Auf halbem Wege dahin liegt DionysophaniS, 30 Stadien. Ein sonst unbekannter Ort, der vielleicht nur verschrieben (?) und mit Posidium identisch ist. Nr. 195. Von diesem Orte (Dionysophanis oder Posidium) zu den Rhygmanen sind 50 Stadien.— Strabo nennt auf diesem Intervall auch die Schifferstation Arsinoö, wol den Ruinen bei dem heutigen Softa Kalessi entsprechend9*), auf der Ostseite des Sigy-Tschai. Der angegebene Ort Rhygma ist sonst unbekannt. Doch weiset die Distanzangabe auf Ruinen hin, die an der rechten Ufermündung eines.dortigen FluffeS, dem heutigen Gosulischi tschai (s. Kieperts Karte) liegen, der dann der Orymagdus des PtolemäuS (Ptol. V. 7) fein muß, den dieser in C etidis, östlich von Anemurium und westlich von Arsinoö ansetzt. Diesen Ruinen, welche denen von Rhygma na entsprechen, liegen nahe gegenüber am linken Flußufer, etwas landein ebenfalls **) Anonymi Stadiasmus Maris Magni, in Oogr. Graue. Min. ed. (J. Müller 1. c. p. 485—486. ’4) Col. M. Leake, Journal 1. c. p. 201.

400

Klein-Asien.

Z. 27.

Ruinen, welche die Lage der Stadl NagiduS bei Strabo bezeich­ nen, die der Stadiasmuö übergangen hat, welche aber schon von Hecataeus (bei Stcpli. Byz. s. v. Atlyn)oc) und auch bei Scylax, Mela (I. 17) genannt ist. 9ir. 196. Bon Rhygma nach Anemurium sind 50 Stadien. So weit die besondern Angaben des StadiasmuS, bei denm in den Distanzen manches zu berichtigen sein mag, die aber in der Aufeinanderfolge der Positionen zuverlässig sich zeigen. Begleiten wir nun die Ausnahme Beausorts. Das heutige Cap Anamur (Anemurium)^s) bildet, nach Adm. Beaufort, die äußerste Südspitze des rauhen Gilt* cienS und der dortigen TauruSketten; es endet in einem steilen, hohen GebirgSstock, dessen eine Seite ganz unzugänglich, die andere aber gut befestigt ist und }ii den Außenwerken und der Berschanzung auf dem Gipfel führt, von dem eine mit Thürmen flankirte Mauer den Berg^bis ;unt Meereöufer wieder hinabsteigt und diesen Theil des Berges von dem übrigen Borgebirge abscheidet. Eine zweite Mauer ohne solche Flanken, aber 6 Fuß mächtig, zieht mit jener fast parallel, scheint jedoch erst später gebaut zu sein. Zwei Aquädukte, die sich in verschiedenen Niveaus von der Höhe herabwinden, versahen aittf mehreren Meilen Ferne vom dortigen hohen Gebirge die Festung mit Wasser. Cs sind ;um Theil Ca­ näle in Felsen gehauen; wenn sie durch die Thäler ziehen, werden sie von Bogenpfeileru getragen; auch liegen innerhalb der Mauern mehrere große Wa sserbecken zur Ausnahme ihrer Borräthe; gegen« wärtig sind sie aber mit Schutt gefüllt. Zwischen beiden genannten Mauern sind große Gebäude vorhanden; so von zwei Theatern, welche beide den Prachtblick gegen das Meer haben; daS eine sehr gut erhalten, von 100 Fuß Länge und 70 Fuß Breite, mit 6 Sitz­ reihen, einst wohl bedacht, ein Oteum, und ein zweites zum Theil aus dem Felsen gehauen, mit 200 Fuß im Diameter. Wie die Säulen und Ornamente, die man einst von Trajanopolis weg­ schleppte, so waren auch hier viele Säulen und Marmorblöcke ent­ führt, was so leicht durch Schiffahrt war, zumal nach dem gegen­ überliegenden CYpern, das sich in den spätern Jahrhunderten mit dem architektonischen Schmuck des ihm gegenüberliegenden Festland­ gestades vielfach bereichern konnte, oder auch nach Constantinopel, 4*') Fr. Beaufort, Karam. I. c. p. 195.

Anemuria; die drei verschiedenen Grabdenkmale. 401 das sich mit solchem Kunstraube, wie früher Venedig, geziert hat. Außerhalb der Mauern liegt die Neeropolis,

wo

viel

mehr

Sorgfalt auf die Erhaltung der Todten und ihre Behausungen als auf die der Lebenden verwendet ward ;

denn v:n den Wohnhäusern

der Stadtbewohner hat sich fast gar keine Spur erhalten, während unzählige Gräber rmd Grabkanunern die weite Umgegend bedecken. Hier sind es meist kleine Grabhäuser mit zwei Kammern, einer inneren für die Leiche::

und eines äußeren Gemaches für die Dar­

bringung der Todtenopfer und die Aufnahme der Aschenurnen, wie für die Abhaltung der Lamentationen, wozu überall eigene Vorge­ mächer oft sehr nett mit Mäandern und anderen Ornamenten ver­ ziert sind. Es war die dritte Form der Grabdenkmale, welche man,

bemerkt Beaufort,

beim Vorüberschiffen an der Südküste

Kleinasiens wahrgenommen hatte: Die erste:

Felögrüfte und

ausgehauene Catacomben mit Ein­

gängen, die :uan mit eingesetzten Steinen zu schließen pflegte, welche durch täuschende Ornamentirung die wahren Zugänge verbergen sollten, wie zu Matri, Myra u. a. O. (s. Klein­ asien. Th. I. die Midiaia). Die zweite allgemeiner Art in Bildung von Stein-Sarcophagen aus Monolithen, mit abzuhebendem Steindeckel und Sculpturen; so zu Patara, Phaselis u. a. O. Die dritte, wie hier, erbaute Grabhäuser mit Gewölbdecken und Doppeltammern im Innern für die Todtenklage und die Leiche. Diese drei verschiedenen Anlagen waren wol auch durch einen verschiedenen Todtencultus bedingt, und vielleicht, meint Beaufort, ließe sich daraus auch auf verschiedene Abkunft ihrer Bewohner oder ihrer Stämme zurückschließen.

9htr wenig andere Todtenbestattungen

kamen zwischen diesen vorherrschenden an ihren jedesmaligen Localitäten vor.

Obgleich die Ruinen dieser Stadt sehr bedeutend zu

nennen sind, so haben doch Strabo und Mela keine Stadt Anemurium aufgezählt, die doch Scylax, Plinius, Ptolemäus nennen.

Zwar hat auch Steph. Byz. diesen Ort nicht genannt,

wol aber ein anderes Anemoria in Phocis bei Delphi (Ilias II. 521) in Griechenland, wo derselbe Name von dem beständigen Wehen der Winde, Tag und Nacht (wie der Scholiast zu Lycophron und Eustathius sage, von ävtfioc, uvtfuaö^g) herzu­ leiten sei;

und dieses südlichste Vorgebirge ist ganz vorzugs­

weise denselben Stürmen tum iRittcv Erdkunde XIX.

allen Seiten zunächst EC

ausgesetzt

402

§. 27.

Klein-Asien,

(Steph. Byz. Avtfnogua); es verdankt diesem wol auch seine Be­ nennung. Zwei Stunden in Ost des Cap Anamur liegt heute das moderne Castell An am uxm), wo der Agha residirt, da­ dicht anr Rande des Meeres in der Ebene steht und den türkischen Castellen auS dem Mittelaller sehr ähnlich im Baue ist.

Die Cita­

delle steht auf einer kleinen Felshöhe, die zwei offene Hofräume beherrscht, welche durch eine Kette von Thürmen umzogen sind, von allerlei Gestalten:

zwölfseitige, achteckige, viereckige, dreieckige, runde

und halbrunde Sauten. Sie stehen in Intervallen von 300 bis 800 Fuß auseinander, zwischen ihnen ist alles verschanzt und selbst spätere Durchbrüche zu Schießscharten für Kanonen sind darin an­ gebracht.

Durch einen Thurm der Westseite führt neben zwei klei­ nen Thoren der Haupteingang mit einer arabischen Inschrift. Sie wurde durch den Dolmetscher übersetzt:

„A ladin, Sohn deS

„tapferen Mehemed, durch eigene Tapferkeit und starkes Heer unter* „warf dieß Castell für den edlen Sherif Tunisi, den treuen Diener „seines Fürsten und

übergab das zweite Commando dem Pilger

„Mustafa Esmer." Dieses Castell liegt unfern der Mündung eines reißenden Stroms Direk Ondelsy genannt (wol corrnpter Name, Direk bedeutet Säule,

die letzte Sylbe ist wol Su, Wasser, aber Ondel ist kein

türkisches Wort), der hier 150 Fuß breit war, wol der Acymagdus des Ptotem aus. Er wurde von einigen Osficieren rer Ex­ pedition auf einer Fähre überschifft, um an seiner Ostseite an einigen Säulenresten und kleinen Dörfern auf einer Cultnrstrecke vorüber das Kiosk des Beys von Anamur zu erreichen, der als Erb­ herr djeses Districtes, Jtsch-ili

sich erstreckt,

dessen Autorität bis an die Grenze von ihnen Audienz gab.

Osficiell werde der

Name des Distrikts Memorijeh (Mamurijeh nach v. Hammer) geschrieben; er selbst sei aber ganz unabhängig vom Pascha von Kon iah, unter dessen Controlle sonst alle andern ProvinzialgouverneurS dieser Küste stehen. Der Name Karamania, den Beaufort seiner Küstenaufnahme gegeben hat, paßte nur für einen Theil desselben, der damals unter dem Oberbefehl des Pascha von Koniah oder Karaman stand, nicht aber für diese independenten Theile von Jtsch-ili, wie Mamurijeh,

TarsuS und Adana.

Die Einladung zu einem Besuch auf der königlichen Fregatte, die ihn sehr zu interessiren schien, nahm er wohlgefällig für den folgenden

496) Fr. Beaufort i. c. Cb. X. p. 202, und die Abbildung des Castells.

Nagidus und das Jnselchen Nagidusa.

403

Tag an, erschien auch ant Ufer, blieb aber daselbst sitzen, mit einem Telescop das Schiff beobachtend, da er sich nicht bereden ließ, sich der heftigen Brandung wegen zum Schiffe hindurch rudern zu lassen. Dicht am Castell liegt ein Jnselchen, nur 200 Fuß lang, mit zwei großen Wasserbecken und einigen Bauresten, die für die Briten sehr geeignet waren, dort ihre astronomischen Instrumente zu Obser­ vationen aufzustellen. Sie diente einst unstreitig zu einem Außen­ posten für das Festland, auf dem eine gute halbe Stunde landein auf einem Berggipfel die Ruinen einer alten Stadt erblickt wur­ den, welche der Vage des alten Nagidus bei Hecataeus und Strabo entsprechen. Pomp. Mela (I. 13) nennt diese NagiduS eine Colonie der Samier: nach ihren Silbermünzen, die Eckhel n. A. beschreiben, mnß sie eine der wichtigsten Hauptstädte an dieser Küste gewesen sein, die aber durch das nahe Anemnrium, welches für die Piratenperiode bald zu höherer Macht gelangen konnte, in Verfall gerathen zu sein scheint-*?). Nach Steph. Byz. soll sie ihren Namen von Nagis, dem Erbauer, erhalten, und ein vorliegendeJnselchen Nagidusa (Steph. Byz. s. v. vttaog Nuyidovoa) ge­ heißen haben, unstreitig dasselbe, welches Beaufort zur Aufstellung der astronomischen Instrumente diente. Jeden Fels, auch jedes kleinste Jnselchen, die heutzutage alle verödet liegen, wußten die alten Bewohner für sich benutzbar zu machen. Auch Sey lax (p. 102) hatte schon die Insel bei Nagiduö erwähnt. Weiter gegen Ost von da erreichte man auf einer Anhöhe eine zerstörte Festung, welche die Eingeborenen Softa Kalessi (Gelehrten-Castell, s. ob. S. 363 nach Kinneir) nannten; sie schien in derselben Zeit wie das Anamur-Castell erbaut zu sein, die Thore halten flache Spitzbogen. Das historisch so merkwürdige Gebiet von Anemurium ist vor und nach Beauforts Zeit nur von wenig Beobachtern besucht worden; zwar haben M.Kinneir und auch Schönborn neuerlich, im I. 1851, von Kilindrla dahin kurze Ausflüge gemacht, aber nichts näheres darüber mitgetheilt; mit so dankenswerther ist es, daß Gr. A. Pourtales auf seiner kühueu cilicischen Küstenreise von Alaja und Selindi (Coracesium und Trajanopolis) auch den interessanten Distrikt von Anemur besuchte und mehrere Tage da­ selbst (28. und 29. Oktober 1843) verweilte und uns Einiges über dessen neuere Zustände mittheilt08). ”) Lol. M. Leake, Journ. I. c. p. 200. 1843. Mscr. Bl. 30—40.

'■'*) Gr. A. Pourtales, Journ. Ci C 2

404

Klein-Asien.

§. 27.

Den Tag zuvor halte er die wildesten Bergwände des KüstenTaurus (Cragus)

von Westen her überstiegen, und von Chara-

dran über Körat zwei Tage auf und ab, immer auf halber Höhe unter Regengüssen und grauen Wolken, Vorgebirg zu Vorgebirg mit seinen Rossen überklettert, hervortrat und

von der

als endlich die Höhe der

erste

cilicische Sonne wieder Blick

auf die reichere

Ebene von Anamur mit ihren Dörfern und ihr kräftiges Grün fiel, das von einigen Küsleufliissen durchzogen, den freundlichsten An­ blick gegen die bisherige Wildheit bewährte.

und

felsige Nacktheit der Küste

Noch turntet: sprangen bizarrgeformte Felsencaps in das

Meer vor, am Fuße des amphitheatralischen Halbkreises der umher gelagerten Borhöhen der Taurusketten krönten einige Felsburgen aus alter Zeit

deren Gipfel.

Das Dorf Anamur,

zunächst

zu den.

Füßen auf den ersten Hügeln über der Ebene gelagert, sah zwar lieblich aus,

aber eö war ganz leer von Männern, die den bösen

Fiebern der feuchten Küstenplaine 31t entgehen noch auf ihren Jailas mit den Heerden verweilten. den,

man

zog

Griechen wohnen. damals

wie

Auch Lebensrnittel waren nicht zu fin­

also weiter zum nächsten Dorfe Tschorak, wo Schon zu Major Fischers Zeiten hatte sich

in Selefkeh

hundert Familien hier

eine

griechische Colonie von einigen

auf diesem fruchtbaren Erdflecke angesiedelt

gehabt (s. ob. S. 356), bei denen man jetzt ein Obdach fand. stand eine Gruppe schöner Palmen,

mit Baumwolle und Sesam bebaut. Distrikt von Anamur würde

Hier

und man sah wieder Felder Der ungemein fruchtbare

unter einem guten Gouvernement

eine reich bevölkerte Herrschaft im größten Wohlstände sein; denn in diesem

südlichsten Vorsprunge der'Halbinsel

ist es

ein gesegneter

Landstrich, dem alle Bedürfnisse zu Gebote stehen. Am nächsten Morgen, den 28. Oktober, erschien sehr frühzeitig der jetzige Bey von Anamur, der Erbherr des Distrikts, aber der Despot seiner Bewohner, die unter ihm seufzen, ohne ihm entfliehen zu können.

Nur Neugier,

unter dem Borwande,

welche die Gäste mit sich führten,

die Landkarten,

einsehen zu wollen, schienen ihn

zu seiner Visite veranlaßt zu haben, von der er sich jedoch bald zu­ rückzog.

Dann ritten die Reisenden zu dem Castell, das am Ost­

ende der vom Gebirge umschlossenen Küstenebene liegt, und wie auch Beaufort bemerkte, Anamur selbst ist.

verschieden von dem westlicheren Castell von

Mehrere Küstenflüßchen bewässern und erfrischen

diese ein paar Stunden sich ausdehnende östliche Ebene, die von der ausgezeichnetsten Fruchtbarkeit

auf ihrem lockeren Boden die reich-

Die fruchtbare Küstenebene in Ost von Anamur.

405

lichsten Ernten von Mais, Sesamum und Baumwolle liefert, die nur von Wächtern gegen die Zerstörungen der wilden Schweine und zumal der dort gewaltigm Eber geschützt werden muffen, die in Schaaren in den großen Schilfsümpfen der Ebene ihr paradiesischeLeben führen, da sie keiner Jagd der Muselmänner unterliegen und sich daher in Unzahl vermehren, und nicht selten große Verheerungen anrichten.- Doch bleiben große Strecken der Ebene auch ganz unbe­ baut liegen, da die wenigen Dörfer, nur um der Fieberluft zu. ent­ gehen, sich am Hügelrande der Ebene angebaut haben, nicht in ihrer Mitte, und die Eigenthümer dieser fruchtbarsten Ebenen viel zu faul sind,

sie selbst anzubauen, und sie vielmehr den Bergbauern über­

laffen, die vom Gebirge herabkommen, um gegen den halben Ertrag der Ernte den größten Nutzen von ihnen zu ziehen. DaS Schloß am Ostende dieser Ebene, wahrscheinlich aus den Zeiten des Seldschukenregiments, ist mit seiner doppelten Ummaue­ rung, und

seinen Thürmen und sonstigen Berschanzungen gut erhalten,

die

arabische

Ueberschrift über dem EingangSthor,

die sich

Beaufort entziffern ließ, besteht daselbst noch, so wie zwei Mo­ scheen im Innern der Burg, wo sich jetzt ein cypriotischer Kaufmann mit seinem Kramladen etablirt hatte,

der aus seinem Magazin die

Bewohner des Distriktes mit Zucker,

Kaffee u. a. tu. versah,

im Vertrauen bemerkte,

aber

daß er die Bedrückungen des habsüchtige»

Beys nicht länger mehr würde ertragen können. Von da zu den Ruinen von Anamur am Westende der Ebene auf dem hohen Vorgebirge zurückgekehrt, wurde der Abhang deffelben,

der die Necropolis der antiken Stadt,

das Wichtigste,

was sich von ihr erhalten hat, enthält, durchwandert, fast

nichts

erinnert.

mehr an ihre Lebenden,

Man erstaunt

da von ihr

Alles aber an ihre Todten

über die Menge der Gewölbbauten und

Grabstätten aller Art, von denen schon Beaufort Bericht gegeben, während

von

einer so stark

bevölkerten Stadt sich nur die Spur

eines Theaters, der Unterbau eines allerdings riesigen Aquädukts, etwas cyclopisches Mauerwerk von 40 bis 50 Fuß Höhe und andres Gemäuer

bis 30 Fuß hoch

Einen Ruinenrest Grundmauern von

von

erhalten hat,

aber

bedeutendem Umfang

keine Inscription.

konnte

man für die

Thermen oder einer christlichen Kirche ansehm.

Es war eben die Zeit des Wachtelfangs

mit kleinen Wachtel­

falken (emerillons), dem man eifrig nachging, da diese feisten Vögel auf ihrer südlichen Heimfahrt im Herbst nach dem wärmeren Süden in Schaaren vorüberzogen und treffliche Nahrung geben. Zu gleicher

406

Klein-Asten.

S. 27.

Zeit halte eine Viehseuche fast alle Rinderheerden vertilgt, und der ganze Distrikt voll verreckter Kühe, die man, wo sie fielen, liegen lieh, ohne sie in die Erde zu scharren, ging wol auch einer Pestseuche für seine menschlichen Bewohner entgegen. Kein Schutz war von dem despotischen Bey zu erwarten, der mit seinen Schergen, den ZeyliakS, das Volk bis aufs Blut auSsog, das in seiner Armuth, seinem Jammer und den Erpressungen, die eS zur Verzweiflung brachten, nur zu beklagen war. Ihr Hülfeschrei nach Constantinopel gegen den Vater des Bey, der vor kurzem gestorben war, hatte ihnen nichts geholfen; denn eine Commission des Diwan war nur gekom­ men, dessen gesammelten und verborgenen Schatz durch die Folter von den Söhnen zu erpressen, die ihn auch herausgeben muhten. Eine Epecutionstruppe von 1000 Mann Soldaten, die dem Bey zur Strafe dienen sollten, war nur dem Volk zur Last gefallen, das sie ernähren muhte. Dem ältesten Sohn, dem jetzigen Dere Bey, hatte man als Erben das Regiment und die Gewalt des Vaters überlassen, von dem Hartherzigen wurde das Land vollends aufge­ fressen; wer tonnte, entzog sich seinen Avanien und wanderte nach Smyrna oder anderwärts aus. Der Distrikt entvölkerte sich zuse­ hends, sein sich aufsammelnder Schatz konnte dann später, wenn auch sein Loos gefallen, um so bequemer zu seiner Zeit in die Kaffe deS Diwans fließen. Durch die Folter einer glühenden Knpferplatte, die man auf den nackten Schädel des jungen Bey nach dem Tode seines Vaters gelegt, hatte man ihn zum Geständnih gebracht, wo dessen Schatz verborgen gewesen, und war dann mit dessen Aus­ plünderung abgezogen. Mit desto größerer Härte suchte nun der erbitterte Bey sich an dem armen Bolke zu erholen. Um das Schicksal der Bewohner und den Ersatz ihrer Verluste und Ungerechtigkeiten, die gegen sie begangen waren, bekümmerte man sich bei der Hohen Pforte nicht, sondern hatte in der Einsetzung des grausam gefolterten Erben in die Würde des verstorbenen Beys alle Mittel zu neuer noch ärgerer Willkür in der Verwaltung Preis gegeben. Das nannte man eine patriarchalische türkische Fürsorge für ein von der Natur merkwürdig gesegnetes Küstengelände, das seiner immer größeren Verarmung und Verödung entgegengeht und zehnmal mehr Einwohner ernähren könnte, deren geringer zurückgebliebener Rest eben so, wie daS Land physisch, so auch moralisch immer mehr in Sumpf und Verpestung zurücksinkt. Der fieberischen Sumpfluft dieses doppelt verpesteten Unglücklichen Thales noch glücklich zu entgehen, eilte der Reisende am

DaS

Magazin am MeereSufer unter Sofia

jfafä. 40T

Morgen des 30. Oktobers weiter, am östlichen Schlöffe vorüber, wo die TauruSvorsprünge mit ihren schönen PinuSwäldern und Felstuwänden wieder

bis an das Meer vorspringen und die Beschwerde

der Landwege von neuem beginnt,

der man durch eine bequemere

Schiffahrt an der Küste vorüber allerdings leicht ausweichen kann. Hier erreichte man nach einigen Stunden die auch von Beaufort bezeichnete Schloßruine Softa Kalö, welche durch ihre fantastische Lage der Aladinburg Bild gab.

gleich

für

den Maler

ein höchst pittoreSke-

Am MeereSufer traf man gewaltige groteske Ruinen

von Felsblöcken und cyclopischen Mauern, die an die Monumente zu Alatri

im Sabinerlande

erinnerten;

am Abend erreichte Graf

A. PourtaleS ein am Meere bei Akra gelegenes sumpfiges Thal, daS aber reiche Baumwollfelder trug, mit dessen Ernte eine An­ zahl von Iürüken

beschäftigt war.

Hier wurde die Karawane deS

Grafen von einem respectabeln Muselmann,

einem Sherif,

Nach­

kommen des Propheten, mit schwarzem Bart und grünem Turban freundlich begrüßt,

der ihn als Gast zum Meere führte,

Magazin stand, das er ihm als Herberge anbot.

wo fein

Es war daS ein­

zige Gebäude in der weiten Einsamkeit am Meere und diente dem Besitzer zur Aufspeicherung von Landesprodukten, die er an vorüberfahrende Schiffer gegen Waaren, die im Lande Absatz fanden, ver­ tauschte, zumal gegen Reis, Kaffee und Zucker, Fremden auch voll Zuvorkommenheit gastirte.

womit er seine

Nach der Abendspei­

sung im Dunkel der Mondscheinlandschaft ging die Versammlung zum Gebet an den Meeresstrand,

wo die Ablution in feierlich«

Stille vor sich ging und nach Beendigung der ganzen Ceremonie, in welcher der Sherif die Stelle des Mullah einnahm, mit seiner lauten Schlußsentenz „Allah ist groß!" thetischer Stille sich ergreifender war

der

in

seine

Eindruck

der Zug in feierlich« und pa­

nächtliche Ruhe zurückzog. dieser

in

Um so

größter Einsamkeit und

Stille sich entfaltenden seltenen Scene für die Reisenden, da sie den ganzen Tag nur ein paar braungebrannte Jürükenfamilien mit ihren in Lumpen gehüllten Weibern und fröhlich jubelnden Ämtern und Biehheerden begegnet waren, die vom Gebirge in die Winterquar­ tiere herabzogen, und sonst keiner Spur von Behaglichkeit ansichtig geworden waren. Der nächste Tag, der 31. Oktober, wurde auf dm gräßlich beschwerlichsten Felswegen, aber durch ein höchst reizendes und pitto­ reskes Gestadeland in 6 Stunden bis zumSo'uksu Liman zurück­ gelegt,

und von da eine Stunde weiter der Hafenort Gelin dreh

406

Klein-Afien.

(Celmderis) erreicht;

Z. 27.

die gigantischen Platanen- und Feigenbäume,

das schöne Myrtengebüsch und die frische Bewässerung der schönsten grünenden Thalschluchten, mußten für die Roth entschädigen, die eine so verlassene und verödete Küstenstrecke dem Wanderer entgegmhielt; denn außer reizenden Einsamkeiten mit schauerlichen Walddickichten, von forellenreichen Bergströmen durchzogen, hie und da mit Resten vielleicht eines alten Klosters oder sonstiger verfallener Hütten, ward wenigem Beobachtenswerthen begegnet. Bequemer war es den Schiffenden mit Beauforts Brigg, die weiter im Osten von Sosta Kalessi,

einer kleinen aber hohen

Halbinsel, die ganz mit Ruinen von stattlichem Aussehen bedeckt war; aber ein wüstes Bolk, sagt Beaufort^), das ihm da bös­ willig entgegentrat, hielt von der Ersteigung der Ruinenstadl ab; an ihrer Ostseite lag eine kleine Bai, die einst wol einen größeren Hafen tiefer landein vorgeschoben hatte, ArsinoL

als Hafenort bei Strabo

und der Lage der alten

entsprechen mochte.

hier folgende Cap des Kyz Lim an (Mädchenhafens)

Das

steigt kühn

mit steilen weißen Kalksteinklippen empor, deren Schichtengegen R.W. in Winkeln von 50" abfallen; ein niedriger, sehr regelmäßig prismatisch

geschichteter Isthmus,

schichten vielfarbig in violetroth,

in

dem die dünneren Tafel-

braungelb und tiefblau spielen,

verbindet die kühne Felstlippe mit dem Festland, und der seit Alaja unter dem Kalksteinfels verschwundene braune Schiefer tritt hier am Meeresrande wieder unter demselben sichtbar hervor. Dieß ist das

Posidium Promontorium des Stadiasmus,

das

auch Scylax, aber dabei die Stadt und Hafen ^r^uy nennt, das man für ein Ce tum, Äitim aus antiker Zeit der Phönizier als ein Heiligthum des Poseidon, in Anspruch genommen hat (Scylax 102 b. Müller, Geogr. Miu. I. p. 36).

Bon hier, sagt Beaufort,

blieb die Küste hoch und felsig, nur von einzelnen Engklüften durch­ brochen, in denen hie und da eine einsame Hütte steht mit zerstreuten Ruinmresten umher, bis zu einer kleinen ringSummauerten Halb­ insel mit modernen HauSruinen. Die Karten setzen hier einen Ort Aksas (d. i. weiße Binsen) an, und Strabo's Melania (Mhus bei Scylax) müßte hier gesucht werden. Man fuhr aber ohne ge­ nauere Erforschung und ohne Aufenthalt auch an einer weiter ost­ wärts gelegenen gerundeten Bai vorüber, an deren Seite man den Rest eines Molopfeilers wahrnahm und auf dem nahen Festlande 4") Fr. Beaufort, Karamania I. c. p. 207.

Küstenstationen von Kilandria bis Holmi. 400 viele Sepulcralhäuser wie bei Anamur, so wie einige noch sehr gut aussehende Ruinen, deren Untersuchung künftigen Beobachtern vor­ behalten blieb; born man eilte, den Hafen von CelenderiS, daheutige Kilandria oder Gülnar der Türken, zu erreichen. III. Oestliche Abtheilung. Bon Kilandria bis Holmi.

Von CelenderiS bis Holmi giebt Strabo gar keine spe­ cielle Nachricht über die Küste, von der er erst jenseit dem Sarpedonium wieder lehrreiche Angaben mittheilt (Strabo XIV. 670); auch Scylax nennt nur das einzige dazwischen liegende AphrodisiaS eben so wie Ptolemäus. Plinius nennt auch dieses nicht, sondern nur die regio Celenderitis cum oppido (Plin. V. 22); wir sind also hier fast nur aus deS Unbekannten Stadiasmus Maris MagniM)) hingewiesen, der uns Vergleichungen mit der Gegenwart gestaltet: Nr. 181. Von Holmi zum Vorgebirge und Orte MylaS sind 40 Stadien. Nur bei Plin. (H. N. V. 22) sind nach dem Vorgebirge Sarpedon gegen West 2 Städte genannt: Oppida Holmoe, Myle und dann Promontorium et oppidum Veneris. Dieses Myle ist identisch mit Mylas (Mvlag) und gehört zu den Ruinen im West von At Liman, der Bucht von Holmi. Nr. 182. Vom Vorgebirge Mylas zum Hafeuorte und dem Vorgebirge Nesulium sind 60 Stadien; — ein sonst unbekannter Ort; vielleicht yr^iöiov^ ein Inselchen? wo in der Nähe Ruinen. 9tt. 183. Vom Vorgebirge nach Palaea 30 Stadien und von MylaS zusammen auf kürzestem Wege nach Pa­ laea (eigentlich (DiXaiuv) sind 50 Stadien. — Ein solches Fort Palaea am Meere, das die isaurischen Räuber vergeblich belagerte», nennt aber hier Amm. Marc. XIV. 2.13 als eine Feste Isauriens und zu Hierocl. Synecd. führt Wesseling p. 708 die Stelle der Schiffahrt auS den Act. 8. Barnabae T. II. p. 432 an, wie er nach Palaea in Isauria und von da auf eine gewisse Insel Pityussa geschifft sei, die int nächsten Satze erwähnt wird. Nr. 184. Von Palaea zur Insel Pityussa sind 30 Stadien. — Vom Ende (d. i. dem Westende) dieser Insel bis Aphrodisias sind 45 Stadien. — Vom Nordende dieser Pityufsa' ") Stadiasm. M. M. in Geogr. Graeci Min. 1. c. p. 483—485.

410

Klein-Afini.

27.

Insel, die heute Dana Adassh heißt, erreicht man in derselben Zeit den heutigen Porto Cavaliere, wo Ruinen sind. Nr. 185 und 186 ist von Aphrodisiaö die Rede, aber der Text lückenhaft""). — Durch Conjectur unterscheidet man hier ein zweite- Zephyrium Promont., jetzt Porto Cavaliere, und etwas westlicher eine Aphrodisias acra, d. i. daS Capo Cava­ liere der Schiffer, und in West von dieser die Stadt AphrodisiaS; dieß ist bei PliniuS das Promontorium et oppidum Veneris.

Nr. 187. Von Aphrodisias zum Ort und Fluß CephisuS oder Melas sind 35 Stadien. Nr. 188. Vom MelaSfluß zum CraunoS-Borgebirge find 40 Stadien; jetzt Vorgebirge Cranni (wol von CeraunoS, daS Vorgebirge der Donner). Rr. 189. Vom CraunoS nach Pifurgia (?), dem die Crambusa-Insel links liegen bleibt, sind 45 Stadien. Nr. 190. Bon Pifurgia zum Hafen Berenice (?) sind 50 Stadien. Nr. 191. Von Berenice nach Celenderis sind 50 Sta­ dien (?). Diese letzteren fünf Stationen sind im Text sehr lücken­ haft und nur durch Conjecturen ergänzt, weshalb sie keine Sicherheit zur Vergleichung gewähren, worüber die Kritik des Herausgebers deS StadiaSmus nacbzusehen ist. Fr. Beausorts Küstenausnahme giebt folgende That­ sachen: VonKilandria oder Celenderis war schon früher voll­ ständig alles mitgetheilt, was wir darüber erfahren haben ; aber in Front von Kilandria liegen drei kleine Inseln und noch weiter ost­ wärts zwei dergleichen, welche Schiffer die Papa dula?), d. i. Schmetterlingsinseln, nennen. Eine von diesen mit einem ungemein hohen thurmartigen Fels, der wie von der Klippe nach dem Meere zu hängt, hat ein sehr sonderbares Ansehen. Die Alten scheinen sie nicht erwähnt zu haben, doch sah man aus ihnen hie und da antike Reste von Architecturen, ein Beweis, daß sie einst doch bewohnt waren; jetzt schweben um ihre Felsspitzen nur Adler, die durch seltene Besucher aufgeschreckt, die Boote und die Fregatte mit Angstgeschrei in großen Kreisen umzogen, da sie ihre Brut für f,ni) Asiae ora maritima a Carno ad Cibyram secundum Stadiasmum Mar. Magni b. C. Müller, Geogr. Gr. Min. tab. XXIV. 2) Fr. Beaufort, Karamania 1. c. p. 210 — 218.

Die Küstenfahrt von Beaufort gefährdet halten mochten. ein hohes, rauhe- Gestade,

bis

Cap Cavaliere. 411

Die vor den Inseln liegende Küste ist nur von ein paar Küsteuflüßchen mit

fruchtbaren Thälern durchzogen, in denen sich wenig Menschen sehen ließen; die vielen Holzhaufen, die man hier am Ufer zur Ausfuhr bereit liegen sah, zeigten, daß die nahe Waldung voll Holzschläger und nicht ganz ohne Benutzung sein mußte. Hier wäre bei längerem Verweilen die Crambusa-Insel, das Cap CraunoS

und

die Lage

der AphrodisiaS

Promontorium und Oppidura Veneris des Plinius gewesen,

oder daS zu suchen

wovon man bei einer nur flüchtigen Vorüberfahrt jedoch

keine Ruinenstätte wahrnehmen

konnte.

Daß Aphrodisias kein

ganz unbedeutender Ort war, ergiebt sich aus LiviuS (XXXIII. 20) beide ihn

unter den bedeutenderen

festen Orten der cilicischen Küste nennen.

und Diodor (XIX. 64),

die

Alle Felsen dieser Küste

bis zum Innern der Bai von Cap Cavaliere, sagt Beaufort, wechseln sehr an Gestein,

bestehen auS schwarzem schiefrigem

Kalkstein, weiterhin auS Breccien oder Nagelflue

aus wink­

ligen Bruchsteinen in weißen Kalk eingebettet oder in eine rothe oder gelbe Cementmasie,

die auch ein sehr harter Kalk ist und großen

Antheil an der Maflenbildung

selbst nahm.

Wo dieses Conglo-

merat aber fehlt, da stehen die Felsen nackt und sehr steil gegen die Küste;

wo eS vorhanden,

da ziehen sich die Felszüge in langen

Reihen mit allmäligem Abfall weit aus, Sattelvertiefungen

hängen aber

mit der Hauptkette zusammen,

als

nur durch wäre ihre

Maffe erst jenen Einsenknngen entrissen worden, die sie früher aus­ gefüllt.

AuS den Felsspalten selbst brechen mehrere Quellen hervor,

an denen sich nicht selten Bildungen von herabhängenden Stalactiten und von Tuffrändern ihrer Bettrinncn zeigen.

An der Nordostecke

einer engen Bai, wo eine kleine Ebene von einem Bach durchfioffen, durch einige zerstreute Ruinen und Säulenreste die Aufmerksamkeit auf sich zog, mochte eine Stadt gestanden haben, die noch unbekannt geblieben.

Hier sah Dr. Sibthorp

auf seiner Borüberfahrt im

Jahre 1787 nach Cypern ein sehr fischreiches Meer, Doraden (Coryphaena pompilius),

in dem viele

Meernadeln (Syngnathus

hippocamp.), Meerbrossen (Spams), Labrus, Julis, Meer­ aale (Muracna Conger vulg.) von den Matrosen gefangen wurden, und das Land war voll Stachelschweine. Die Halbinsel Cap Cavaliere der heutigen Schiffer ist daS

■') In Hob. Walpole, Trav. in Vanous Countr. Lond. \. 1820. p. 9.

412

Kletrr-Afieri.

K. 27.

letzte mrd höchste dieser Vorgebirge an der großen bisher ver­ folgten erhabenen Steilküste, deren weiße Marmorklippen sich 600 bis 700 Friß senkrecht und majestätisch emporheben. Daß sie bei ihrer Emp orhebung aus der Tiefe gar manche Zufälle erduldet, zeigen die vielen Contortionen und Umkehrungen^) ihrer seltsam über einander geschobenen, jetzt ruhenden Steinlagen und Schichten, die früher in Verschiebung sich befinden mußten, ehe sie ihr jetziges Gleichgewicht gewannen und festrannten. Jeder Zugang zu dieser Halbinsel der Aphrodisias acra oder dem Vorgebirge AphrodisiaS, daS der Venus geheiligt war, ist durch Mauerverschanzungen vertheidigt, und selbst der IsthmuS, der mit einer Breite von 400 Schritt die Halbinsel mit dem Festlande verbindet, war verschanzt und mit dem Meere durch einen Damm oder Schleuse versehen, um, wie es schien, im Fall der Noth denselben mit Meer­ wasser zu überschwemmen und die Halbinsel zur Insel zu machen. Da- Innere der Halbinsel mußte hier jetzt unbesucht bleiben, nur wenige Bauten zeigte die äußere Umgebung, aber im Innern einer Bucht an der Westseite traf man viele Lorbeerbäume, die an dieser Küste im Ganzen nur sehr selten vorkommen und nur da, wo sie in der Nähe sehr antiker Ruinen als alte Anpflanzungen erscheinen, was auch hier an einem Götterheiligthum wol der Fall gewesen sein mag. Im Osten dieses Vorgebirges liegt ein kleineInselchen, auch Cavaliere genannt, und nur wenig MileS östlicher die von den Schiffern genannte Isle Provenyale ^). Sie ist sehr stell und hoch gegen daS Meer, aber von der Nordwestseite mit sehr vielen Ruinm von Bauwerken, Kirchen, Säulen, Sarcophagm überdeckt. Auch bemerkt man ein weitläuftigeres Gebäude, gleich einem antiken Gymnasium, und aus dem höchsten Pik eine Citadelle. Die ganze Insel ist aber verschanzt und war einst eine sehr feste Position, die auch stark bewohnt gewesen sein muß, wie die Ruinm zeigen. Aber sie. ist ohne Quelle und nur Wafferbecken sicht man zwischen ihren Ruinen. Gegenwärtig ist sie unbewohnt, wird Marawat von den Türken, den den griechischen Schissern aber Provenqal genannt. Wahrscheinlich eine Erinnerung auS den älteren Kreuzfahrerzeiten, als hier ganz andere Herren die Inseln und Küsten beherrschten. Schon Beaufort führt an, daß, nach Abbv Bertots Berichten, der Orden der Hospitaliter oder der St. Iohannesritter ■ °4) S. die Zeichnung bei Beaufort p. 220: Cuntortions of the Strata oear Cape Cavaliere. ') Fr. Beaufort, Karamama 1. c. p. 214.

Die Küstenfahrt von Beaufort -iS Holmi. 413 nach seiner Vertreibung aus dem gelobten Lande und der Ansiedlung auf Rhodos, auch mehrere Inseln und Festen als Vorposten an der Südküste Kleinasiens sich behauptete, um als Aufbewahrungsorte christlicher Gefangenen zu dienen, und armenische Geschichtschreiber (de Jaunn im 1.1196) sagen, daß König Leo l. in Kleinarmenien, der von dem Bischof von Würzburg gekrönt und mit dem Haupt der katholischen Kirche in Unterhandlungen getreten war, dem Pabst drei Festungen und Inseln an dieser Küste zum Schutz des Jo­ hanniter-Ordens abgetreten habe, der bekanntlich in acht Ritter­ klassen vertheilt war, davon auch eine Klasse der Lingua Proven^al angehörte. Diese dahier genannte sei wahrscheinlich eine der nicht näher bekannt gewordenen abgetretenen Jnselchen, wie dieß auch aus dem benachbarten Namen des Porto Cavaliere aus gleicher Zeit sich zu bestätigen scheine. Auch fanden sich unter den Ruinen der kleinen Insel noch so viele Ruinen von Capellen, daß diese wol zur Bestätigung dienen konnten, es möge dieselbe einst einer religiösen Corporation angehört haben. Der auf den Hauptansiedlungen des Johanniterordens, auf Malt ha und Rho­ dos, so sehr günstig für ihre Befestigungswerke sich vorfindende weiche Baustein (fvcestone), der allein ihre colossal tiefen Ein­ schnitte von Festnngsgräben in die Felswände und das Aufthürmen derselben zu unübersteiglichen Mauern und prächtigen Bauwerken bei nur beschränkter Zahl der Bevölkerung möglich pachte, findet sich auch hier auf der Insel Proven3. p. 43.

mer, (Äesch. ves cömau. Reichs. Th. I. S. 185.

3 ) 3. v. Ham­

Die südliche Querstraße zum Meere.

451

Nur eine Viertelstunde von der Stadt gegen N.N.W. springen auf dem Rücken eines von S.O. nach N.W. streichenden bewaldeten KalkbergeS warme Quellen hervor, die zu Bädern benutzt werden; in vielen Rinnen fließen die lauwarmen Wasser ab, die so viele Tuffmassen absetzen, wo sie hinkommen, daß sie Steinbrücken bilden und lose Steinhaufen in feste Steinwälle verwandelt haben und selbst die blauen Kalksteine in Conglomerate zusammengebacken, auf deren Grund ein Theil der Stadt erbaut werden konnte. Bei einem alten Thore fand sich eine einzige Inscription aus den Zeiten der By­ zantiner. Gern hätte Hamilton von hier auS die TauruSkette südwärts zum Meere nach Side oder Manawgat an der Mün­ dung des MelaS der Alten (Strabo XIV. 668) überstiegen; dieser letztere Ort sollte 24 oder gar 35 Stunden fern sein. Als Ha­ milton nach Pferden schickte, dahin zu gehen, ließ der Agha sagen, daß die Pferde bis Ibraide, einem großen Dorfe im Sandschak Alaja, gehen würden, von da seien noch 16 Stunden bis Manawgat, aber alle Ortsbewohner seien jetzt auf den Iailas und die Orte ständen ganz leer. Diese Route mag die alte Straße von Jconium nach Side auf der Tab. Peuting. bezeichnen, die aber nicht direkt, sondern erst durch Zwischenstationen dahin führte. Ein an­ derer Querpaß sollte von Tris Ma'aden in 24 Stunden nach Manawgat führen, von dem aber bei jener Schmelzhütte keine Kunde gegeben wurde. Die Querreife durch den Taurus mußte daher von Hamilton ausgegeben werden. Ueber diese Querwege haben schon früher O. v. Richter und später Schön born durch ihre Routiers einigen annäherndm Auf­ schluß gegeben, der darnabs Hamilton unbekannt blieb (f. oben S. 364— 375 u.unten §. 29. Erl. 2). In der Tab. Peut. (Segm. X. F.), dem einzigen Jtinerar, in welchem Isaura (irrig Isaria) angezeigt ist, wird von Iconium dahin eine Straße (24Mill.) über Taspa nach Isauria und von da (in 15 Mill.) nach Anemuriunt (Ammurio) angegeben, von wo die Küstenstraßen nach Selinus (Selinunte) und Side (Sidi) einerseits, andererseits über Arfinoe nach Celenderis und Seleucia eingetragen sind. An­ dere westlicher gangbare Querstraßen fehlen. Dagegen konnte jetzt nur das Längenthal gegen N.W. gegen Bei Schehr von Ha­ milton weiter verfolgt werden bis zum gleichnamigen See, der auch Kerelü heißt (Caralitis oder KwQuhg, der größere See, sagt Strabo, der kleinere dieser Seen heißt TgcoyTng bei Strabo XII. 568, cie er beide zu Lycaonien rechnet), bis zu desien Südende

Ff2

453

Klein-Afien.

§. 28.

der TauruSzug von S id i Sch ehr nordwärts streicht, sich aber hier in zwei Aeste theilt, welche die West- und die Ostseile des Kerelüseebegleiten br«), 16. Augusts). Von Sidi Schehr ging Hamilton an 6 Stunden weit fast in ganz nördlicher Richtung zum Kerelüsee. DaS Thal in der Breite einiger MileS dehnt sich ununterbrochen in fast gerader Linie dahin aus, in der ganzen Strecke von Bei Schehr ist, eS vom Fluß bewässert,

mit vielen Dörfern zu beiden Seiten

der Anhöhen beseht, die auf Vorsprüngen der Kalksteinketten erbaut sind,

welche oft in ihren Schichtungen anticlinische Richtungen

und Windungen zeigen, also ihr Entstehen Pluto nischen Hebun­ gen verdanken. einen

ES zeigte sich bald, daß die beiden Seen niemals

zusammenhängenden See gebildet haben können, wie dieß

(Eta nt et40) vermuthet hatte, daß dies zur Zeit der Byzantiner der Fall gewesen sei,

da sie durch eine höhere Gebirgskette ausein­

ander gehalten werden, durch welche der Bei Schehr Su sich nur erst nach starkem

östlichen Ausweichen

von dem Normallaufe ein

Bett hat durchbrechen können. Die hohen Berge zur Linken bestanden aus halbcrhstallinischem blauen Kalkstein mit Lagern von Thonschiefer imt> Sandstein,

der

öfter glimmerreich, sehr dünnschalig und lmtev rem Kalkstein liegt, wahrend die Thonschieferlager mitunter ungemeine Krümmun­ gen und Verdrehungen zeigen und von Quarzgängen durchsetzt wer­ den. Sie scheinen zu derselben GebirgSart zu gehören, die zwischen Smyrna und Nimfi vorherrscht und wol die ganze Kette deö TmoluS bildet.

Nach 5 Stunden Weges vom AuSmarsche wurde

da- Dorf Aufschar erreicht, desien Grabstätten voll Marmorblöcke, Säulen, Architrave und anderer antiker Baureste lagen, von denen mehrere sehr reiche Sculpturen zeigten. Wildniß einst höhere Civilisation!

Also auch in dieser jetzigen

Nur eine Viertelstunde dahinter

wurde die Hauptkette überstiegen, welche das südlichere Thal von dem nördlichernThale scheidet, in welchem der Kerelüsee liegt, der von der erstiegenen Paßhöhe wie ein schöner blauer Schwei­ zersee das Auge entzückte, ringsum von hohen Bergen umgeben, mit noch schöneren malerischen Umriffen und wärmerem Colorit, als

B3e) Ueber die Straße durch Pisidien u. f. w. f. Kiepert S. 35 in Joh. Frani, Fünf Inschriften und fünf Städte in Kleinasien. Berl. 1840. 4. fl. v. St. ") W. Hamilton, Res. 1. c. II. p. 347. 40) J. A. Gramer, Asia Minor. Vol. II. p. 78.

Der Kerelü-See; Caralitis.

453

selbst die Inseln im griechischen Archipelagus sich zeigen. Er erin­ nerte sehr an dm gleich malerischen nördlicher« See von Egerdir. Sein prächtiger Seespiegel breitet sich von S.S.O. «ach N.N.W. über 8 Stunden weit aus und an seinem unmittelbLren Westufer steigm die Fels- und Bergwände ganz steil empor. Do« der Höh« ging der klippige rauhe Abstieg über fast senkrechte Schicht« von Thonschiefer, glimmerhaltigen Sandstein und dünnschaliges, blaues Kalksteingebirge, das gegen N.O. abfiel, bis man niedrigere Hügel blauen tertiären Kalksteins erreichte, in besten oberm Schichten sich etwa 200 bis 300 Fuß über dem jetzigen Niveau des Seespiegele bünne"faltige Thonschiefer voll Süßwassermuschel» vorfandm, unter denen Hamilton sogleich die Planorbis, Limnam, Paludina erkannte, sammt anderen wmiger bekannten, offenbar in Folge einstiger plutonischer Erhebung dieses HügelbodenS. Bald darauf betrat man die Stadt Bei Sch ehr (d, i. Fürstenstadt)") zu beiden Seiten des FlusteS, der hier gegen N.O. aus dem See hervortritt und erst nach mehreren MileS Derlauf in derselbm Rich­ tung sich plötzlich gegen Südost uuiwendet und durch die südliche Bergkette seinen Weg zum TrogitiSsee verfolgen kann. Der bedeutendere Theil der gewerbe- und handeltreibendm Stadt liegt an dem Norduser des Stroms, den man aus einer Steinbrücke von 7 Bogen überschreiten kann. Die Stadt hat einige gut gebaute Häuser, der größere Theil ist aber in Verfall und war durch die dort herrschmde Pest so verödet, daß Hamilton sie sogleich wieder verließ und an der Nordseite außerhalb des noch ziemlich gut et» halten« Thores sein Lager nahm, wo auch eine gut gebaute Mo­ schee, ein Bad und der Bezestan in der Nähe lag. Der See sollte 32 Stund« (wol alle Buchten und Vorsprünge mitgerechnet) in Umfang haben. Seine Ostseite ist sehr seicht, mit Ried und Schilf bewachsm, dazwischen einige flache Inseln, auf denen der Posthalter im Sommer seine Pferde weiden läßt. An der Westseite des SeeS und an besten Nordende liegen einige klippige Inseln, und derglei­ chen würden auch an der Westseite deS südlichen Soghla Gjöl hervorgetreten sein, wenn er bei höherem Wasterstande gewesen wäre. Solche Wechsel der Oberflächen bringen nicht selten manche Verwir­ rung in der Localbeschreibung, und auch dieser Kerelü Gjöl hat in früheren Zeiten offenbar einen größeren Bodenraum unter Wasser 4I) Gihan Numa eck. M. Norberg I. c. 11. p. 390; I. v. Hammer, Gesch. de« cemnn. Reichs. Th. 1. S. 185.

454

Klein-Tlflni.

§. 28.

gesetzt, wie dieß die ihm gegen O. und N.O. anliegende und mit Tertiärniederschlägen bedeckte Fläche beweiset, aber auch um einige hundert Fuß höher gestanden, wie dieß die obengenannten Süß­ wassermuschelbänke bezeugen, die unstreitig an Ort und Stelle ihre Ansiedlung fanden, ehe noch der See in dem Durchbruch deS Bei Schehr Su durch die südwärts vorliegende Bergkette seinen Abfluß und niederen Wafserstand gewinnen konnte. Zuweilen sollen sehr große Fische im süßen Wasser des Sees gefangen werden. 17. Augusts). Von Bei Schehr wurde der Weg nord­ wärts nach dem Nordende des Sees angetreten, wo in 6 Stunden Ferne der Ort Kerelü liegt, in dem sich der antike Name des Sees Cara litis bis heute erhalten hat, und vernicht mit der ersten Sta­ tion^) Kirli (Kirlü) bei v. Richter und Schönborn verwechselt werden darf, welche am Südrande des Sees, etwas gegenS.W. gelegen, einen damit verwandten ähnlichen Namen 31t haben scheint (s. oben S. 374 u. unten). Nach den ersten 2 Stündchen am Ost ufer des SeeS über einen Boden, der nichts bemerkenSwertheS darbot, wurden etwas ostwärts vom gewöhnlichen Uferwege auf den dortigen Hügeln dieselben Arten der Muschelbänke wie zuvor ge­ gen Süden überschritten, ein Beweis auch auf dieser Seite für den einstigen höheren Stand des Seeniveaus als in der Gegenwart. Auf devl Wege, der hier direkt über Serki ©erat nach Tyriaöum, dem heutigen Ilgün, geführt haben würde, wenn man ihn weiter verfolgt hätte, wurde das Dorf Eflatun (besser Isla tun, wie Kiepert bemertt, die morgenländische Form des griechischen Namens Platon, der in den Sagen des Orients wie Iskander und Sukeiman für einen mächtigen Zauberer gilt) und noch etwa 4 Stunden von Bei Schehr die Quelle von Eflatun erreicht, bei welcher ein bemerkenSwertheS sehr altes Denkmal") steht. ES ist in einen Halbkreis von Kalksteinfelsen hineingebaut, wo viele süße Wasserquellen hervorsprudeln und einen kleinen See bilden, der seinen bedeutenden und raschen Ablauf zum großen See nimmt. DaS Denkmal erinnert durch seinen Baustyl an Ueberreste zu Persepolis und datirt unstreitig aus der vormacedonischen Zeit, als drittes unS bis jetzt bekannt gewordenes Sculpturdenkmal, wie die zu Iwris (). oben S. 260) und zu Zazylykaja bei Tavium Mv) W. Hamilton, Res. 1. c. II. p. 350. Kieperts Karte eingetragen. 44) milton II. p> 350. Nr. 25.

41) Beide 91 amen sind auf

S. die Abbildung bei W. Ha­

Die Quelle von Eflatim und das Sculpturbild. 465 (f. Erdk. Kleinasien I. S. 382 ff.). Die Steiublöck«, aus dmm «S aufgerichtet wurde, sind wahrhaft gigantisch; der oberste Quader hat eine Länge von 22 Fuß 5 Zoll und 2 Fuß 6 Zoll Dicke. Der Bau selbst hat eine Höh« von 11 Fuß unt war einst mit seiner Fronte gegen die Felswand gelehnt, von welcher er später durch einm Fußpfad abgelöst worden ist. Seine Vorderseite ist gegen Süd gerichtet; am Ostende sind noch die Reste sehr kunstmäßig be­ hauener, umränderter Quadern; das Ganze ist von einem völlig verschiedenen Charakter aller früher von Hamilton gesehen«Bau­ werke in Kleinasien. Von den in fünf Feldern in der Fronte wie in Lobpreisung aufrecht stehenden zehn männlichen Figuren sind nur flüchtige Umriffe, wie reliefartige Sculpturen, von Hamilton gegeben, die dereinst wol eine genauere Abzeichnung verdienten. DaGanze schien ihm ein Denkmal des Dankes und der Verehrung ge­ gen dm reichm und herrlichen Quell zu sein, der hier durch seine Füll« im vorherrschmd dürren Lande um so mehr zur Bewunderung auffordern konnte. Auch Texier, der schon von der Entdeckung diese- DmkmalS durch einen Franzosen im Jahr 1833 gehört hatt«, aber die Lokalität noch nicht kannte, bemerkt, baß noch keine Zeich­ nung davon in Europa vorhandm fei45). Weiterhin gegen N.W. zwischen reichen Weizenfluren hin wurde nach einer guten Stund« unter einem schattigen Kalksteinfels eine zweite reichliche Quelle vor dem Dorfe Manafer erreicht, bei der zahlreiche Heerde» von Zie­ gen, Schafm und Rindern lagerten, die hier getränkt wurden. In der nächst« Stunde Nachmittags konnte man von einer Anhöhe das Nordwestende des SeeS gut übersehen, der sich hier sehr verengt, aber mehrere felsige Inseln zeigte, auf deren einigen Castelle und alt« Kirchm liegen sollten, die aber bei Mangel eines Bootes nicht näher besche« werdm konnten. DaS westliche Ufer steigt steil und felsig vom Seerande empor und zeigt viele Klüfte und Einbuchten. So wie man von der letzten Anhöhe in die gut angebaute vorliegmde Ebene hinabstieg, erreichte man sehr bald gegen halb 3 Uhr Nachmittags die Gärten von Kerclü, die von Erdwällm umgebm sind, und bald daraus durch ein ttockenes Flußbett voll Steinblöcke und Marmor die halb zerstörte und ganz verödete Stadt (Haupt­ ort eines Bezirks von 20 Dörfern), in der fast kein lebmdeS Wesen zu sehen war. Die Pest hatte auch hier furchtbar gewüchet; das Zelt wurde unter dem Schatten einer Trauerweide bei einer bet» ") Texier, Voy. II. p. 139.

456

Klein-Asien.

§♦

28.

(offenen Medreffeh zwischen einigen frischen Grabstellen aufgeschlagen, wo sich nur ein paar Männer sehen ließen, die von der Seuche ver­ schont geblieben warm. Viele hattm die Stadt verlassen, oder wa­ rm mit der Kornernte auf den Feldern beschäftigt. An dieser Stelle mußte die antike Stadt Koralia gestanden haben, von welcher der See dm Ramm erhielt^). Zahllose Marmore, aber alle- in Trümmer und Zerstreuung, scheinen dieß 311 beweisen, doch wurde keine Inscription mit dem Localnamen zur Bestätigung hiervon aufgefundm. Karalia nennt sie Hierocl. Synecd. p. 682 als EpiScopalstadt in Pamphylien, Steph. Byz. aber Karallia als Stadt Isauriens. Im Mittelaller kommt dieser See, wie schon Stamet47) nachwies, zur Zeit des byzantinischen Kaisers Joan­ ne- Comnenus (reg. 1118—1113) unter dem wahrscheinlich nach­ gebildeten Namen einer uns unbecannt gebliebenen türkischen Benen­ nung, nämlich als Pusgusa vor (Nicetas Choniat. Histor. ed. I. Bekkeri. Bonn. 1835. p. 50, slovgyovou). Er hatte mehrere Inseln, sagt Nicetas, mit christlichen Bewohnern, die aber den Griechm aufsässig warm, weil sie den türkischen Bewohnern von Ieonium nahe wohnten und ihnen in Sitte und Umgang mehr vertraut warm, als denen ihrer eigenen Religion. Der Kaiser wollte sie gern loswerden, da sie aber Widerstand leisteten, suchte er sie auf ihren Inseln im See mit Booten und durch hinübergeschlagme Brücken zu besiegen. Dieß war (wol im I. 1131) eine sehr schwere Arbeit, zumal da viele Stürme hinzukamen, welche die Wellen hoch aufhieben und viele der Belagerer in den Fluthen umkamen. So ward er gezwungen, die Belagerung aufzuheben, er zog sich von da nach Isaurien zurück, was damals zn Pamphylien geschlagen war. I. Cinnamus (Epitome cd. A. Meineke. Bonn. 1836. p. 22, 8) vervollständigt noch des Nicetas Angabe von diesem See, den er Pasgusa (fluayoroa) nennt, indem er von außerordentlicher Länge und Breite sei und in seiner Mitte Inseln habe, auf bcnen alte Castelle errichtet waren, deren Bewohner schon durch die Wasser sich hinreichend für unüberwindbar hielten, die Iconium so bmachbart wohnten, daß sie in einem und demselben Tage­ marsche dahin gehen und auch wieder heimkehren konn­ ten, wodurch diese Nähe von Iconium, dem heutigen Konia, (m 6 Stunden Ferne) die Lage des Sees mit einiger Sicherheit 64e) Gihan Noma I. c. p. 391. Vol. II. p. 76.

4') J. A. Gramer, Asia Minor.

Der Kerelü-See; Caralitis.

457

(da man, wie Arundell, dm Pusgufa vielmehr mit dem EgirdirSee zu identificiren versuchte)") bestimmt erscheint. Bom Egirdir wäre dieser tägliche Verkehr aber mit Konia unmöglich; auch wird in der ÄelagerungSgeschichte durchaus nicht eines Ortes Egirdir, der doch so dicht bei den Inseln deS EgirdirseeS liegt, daß er von NicetaS und CinnamuS nicht hätte übersehen werden könnm, erwähnt, der aber in der Belagerungsgeschichte der Egirdir-In­ seln TamerlanS vorkommt und sicher älter ist, als die Bevölke­ rung der Inseln erwähnt wird (s. unten Egirdir). Dieser Verkehr mit dem türkischen Feinde in Iconium bestimmte vorzüglich dm Kaiser, dieses Inselvolk, daS auch schon früher mit den Persem in trautem Verkehr gestanden, aus ihren Inseln zu verjagm. Dazu ließ er viele Kähne und Pontons mit Brücken überbauen, auf dmm er Belagerungsmaschinen gegen die insulirten Castelle errichtete; aber die Stürme waren der schweren Arbeit zu hinderlich,.und er zog von da wieder nach Cilicien ab, um diese Provinz sich wmigstenS gegm die Feinde zu sichern. An einer anderen Stelle wird gesagt, daß später daS Ziel doch erreicht wurde, der See aber, welcher jetzt Pungusa (slovyyovvu) heiße, in älteren Zeiten ScleruS («SxA^'poc b. Cinnam. 1. c. p. 58,14) genannt worden sei, worin Cramer nur eine Korruption des antiken NamenS Karalis bei Strabo vermuthete. Die Contour des Sees von Kerelü ist auf der Bolotowschm Karte sehr verschieden von der ihm durch Hamilton und Schön­ born gegebmen Form gezeichnet und hat mehr die Gestalt einer eiförmigm von N.W. gegen S.O. gestreckten Ellipse erhatten, mit Zuspitzung gegen N.W. wie gegen S.O.; ob nach wirklicher Küsten­ aufnahme oder bloßer Ocularinspection bei vielleicht selbst etwas verändertem Wasserstande, darüber werden erst spätere Augmzeugen genauere Auskunft zu gebm haben, v. Tfchichatfcheff") giebt daS Areal deö SeeS auf 40 QuadratlieueS, die Länge auf 12, die Breite in der Mitte auf 5, am Nordende auf 3, am Südende auf VA Limes und daS Niveau der Oberfläche auf der Karte auf 2670 F. Par. (868 Metr.), im Text aber auf fast 1000 Fuß höher, nämlich auf 3541 Fuß Par. (1151 Metr.) an; welcher Zahl soll man nun trauen? Solche häufig vorkommenden Widersprüche in den publicirten Resultaten des sonst so verdienstvollen Reisenden sind in 48) Arundell, Discoveries in Asia Minor. Vol. I. p. 338—347. 41) v. Tchihatcheff, Asie Mineure. I. p. 117—114.

458

§. 28.

Klein-Aste«.

hohem Grade störend.

Hier ist die letztere Angabe von 3541 F. P.

wol die richtige,

da sich die nachfolgenden Reductionen der Rand­

erhöhungen

sie beziehen,

auf

und

wir

erführen somit,

daß der

Soghla Gjöl nur um 57 Fuß Par. niedriger liege, daS Gefälle des Bei Sch ehr S u also nur das Gefälle eines schleichenden Flusses bis zu diesem südlichern See sein kann.

Das Wasser des SeeS

soll durch viele Sumpfpflanzen und durch den Einfall des Sonnen­ strahls bei großer Sonnenhitze (eö hatte 20" Wärme, während die Lufttemperatur nur 15" hatte) so verderbt sein, daß es den Sommer hindurch nicht trinkbar, aber fiebererzeugmd ist, vielleicht auch durch die vielen aus der Tiefe des Sees

und

aus senkrechten Schichten-

spalten hervorsprudelnden Quellen, die fortwährend Blasen empor­ werfen.

Vermuthlich andere au$ den Bergspalten am Ufer hervor­

brechende klare Wafferquellen sollen sich dagegen meist, ohne in dm See abzufließen, wieder in den Klüften verlieren, so daß man wegen Mangel an Trinkwaffers bei großer Sommerhitze auf dem Westufer, wie von Äenischehr nordwärts 4 Stundm weit bis BeldscheiS, obwol von Mastern umgeben,

fast verschmachten könnte,

bis man

wieder eine trinkbare Quelle trifft, die dann aber von Thieren und Menschm wie belagert zu sein pflegt.

Bom Ostufer deS SeeS er­

öffnet sich dem Blicke gegen 9Zorb die ganze Gebirgskette deS heutigm Sultan Dagh (ParoreuS), die mächtige pisidifche

und gegen Süden jenseits des SeeS

Tauruskette

in Uebersicht,

in derm

Mitte in S.W. von Ienischehr der majestätische DipoiraS Dagh sich vor allen andern auszeichnet, aus dem der Eurymedonstrom ge­ gen Süden hervorbricht. Diese Westküste des Sees

bei Ienischehr ist nur allein von

Schönbornbb")

(ant 11. Mai 1842) besucht worden, um sich über die Quellen des Eurymedon auf der Westseite des SeeS zu orientiren.

Er kam aus dessen Thäte bei Ajwaly und eilte im Süden

der Sindan Owassi

gegen N.O.

über Kobakja

kjöi

über die

Hochebene am Nordfuße des DipoiraS vorüber zum CaralitiSsee. Ein modernes Castell und hatte Noth,

am Berge

ließ

er zur rechten Hand liegm,

ein paar geschwollene Bergströme,

Schneewaster des DipoiraS

die mit dem

gefüllt waren, zu durchsetzen,

und er­

reichte auf dem Hochlande, unter beständigen Regengüstm über daS Dorf Iaka

gegm N.O. 3 Stunden weiter reitend, die Nähe des

WestuferS des Caralitis bei dem Dorfe Badamly (d. i. Mandelort),

Nach A. SchönbornS Tagebuch. Mscr. 1842.

Die alte Landschaft Pifidten, Hamid der Türken. 459 daS nur noch eine Stunde fern vom See an 3000 Fuß hoch über dem Meere gelegen ist. Seine sehr dicht stehenden Häuser find aus nicht behauenen Baumstämmm über einander gelegt, und die sehr schrägen Dächer mit schweren «Steinen belastet. Nur Viehzucht und etwas Ackerbau giebt den Bewohnern Nahrung, aber ihr Brod war das schlechteste seiner Art und ganze Aehren mit hineingebacken. Der Ueberblick über den See, an besten Ostuser man auch die Lage der Stadt Bei Schehr in ihrer kleinen Bucht sehr wohl erkannte, war sür die Topographie sehr belehrend. Der Landweg um den «See zu ihr sollte 12 Stunden betragen, eben so weit wie über Zindan, Egirdir und Karaghatsch; nach Sidi Schehr nur die Hälfte des Weges sein. Bon einem Abfluß des Sidischehr GM wußte man nichts. Der DipoiraS mit seinen vielen Heine« ver­ einzelten Schneespitzen ragte an 8000 Fuß üb. d. M. hervor, wie der lyrische Ak Dagh, und der «Schnee bedeckte ihn bis 2000 Fuß vom Gipfel abwärts; im Sommer bleiben seine hohen Schlucht« noch voll Schneefelter, aber die Iürüken besuchen dort ihre Iaila« im Hochsommer bis hinauf. Seine Master sollen von seinen Hoch­ flächen sich in verschiedene Dudens (d. i. Katabothra) verliere». Nach diesem glücklich erreichten topographischen Anhaltspunkte zu Badamlh bei Ienischehr am Seeufer für die Orientirung der Eurymedonquelle, wo jedoch keine Spur von antiken Baut« wahr­ genommen wurde, kehrte Schönborn gegen S.W. zum oberen Eurymedvnthale zurück.

Erläuterung 2. Die alte Landschaft Pisidien, Hamid der Türken. Wanderung von Kerelü am karalitischen See zum Nordende des Sees von Egerdir durch das nördliche und nordwestliche Pisidien; über Karagatsch, Jalobatsch bis zur Stadt Olu Burlu an der pisidischen Westgrenze gegen das alte Phrygien und Lhcien. Schon in Südost der trogitischen und noch mchr in Süd­ westen der coralitischen Seebecken, welche durch die hohen Tau» ruSketten von den südlichen Küstenketten abgeschieden erscheinen, be­ ginnen die Landschaften Pamphylien und Pisidien der Sitten, deren genauere Grenzlinien uns nicht überliefert sind, die auch in verschiedenen Zeiten gewechselt haben, indem nur bei Nennung der

460

Klein-Afien.

§. 28.

Städte die eine oder die andere bald zu dieser oder jener Abthei­ lung gerechnet wurde, die Lage der mehrsten dort von den Autoren, wie bei Strabo, Plinius, PtolemäuS und anderen, genannten Ortschaftm uns aber unbekannt geblieben ist. Die Stadt am See, das heutige Kerelü, welche Steph. Byz. Corallia schrieb, wird von ihm eben so wie der trogitische See zu Jsaurien gerechnet; obwol Strabo nichts bestimmtes über die Lage des caralitischen SeeS angab, scheinen dessen Wasser, nach ihm, doch auf dem Grenzgebiete5") von Pamphylien und Pisidien zu liegen. Hier zunächst liegt nun die Stadt Pednelissus (nach Schönborn) am Südwestfuße des DipoiraS Dagh, von dem der Eurymedon der Alten (jetzt Kjöprü Su genannt) ent­ springt, welcher südwärts an Pednelissus, Selge und ASpendus vor­ über zum Meere fließt (Strabo XIV. 667). Pednelissus scheint er an dieser Stelle zu Pamphylien zu zählen, aber an einer andern Stelle führt er, nach ArtemidoruS (StraboXII. 570), auch PedneliffuS, wie Selge, SagalafsuS und andere, mit unter den pisidischen Städten auf. Wir werden also hier wenig von der Wahrheit ab­ irren, wenn wir mit der Westseite und Nordseite des caralitischen SeeS und weiterhin 'über den Egerdir-See unsere Wanderung als durch das pisidische Gebiet der Alten fortsetzen, dessen Land­ schaft ja westwärts bis Termessus an die lyrischen Grenzen reichte, südwärts aber zur Küstenlandschaft Pamphyliens sich absenkt. Die Lage der genannten und anderer zugehörigen Ortschaften der Alten in diesem Gebiete werden wir freilich meist erst in ihren Monu­ menten wieder zu entdecken haben, um ihre heutige Localität mit Sicherheit nachweisen zu können; denn die mehrsten waren schon im Mittelalter bis in die jüngste Gegenwart völlig verschollen in diesem Lande der türkischen Verheerung. Der heutige türkische Name Pisidie'nS, nämlich Hamid, stammt auS dem Mittelalter der seldschukifchen Zeiten von dem Fürsten von Hamid her, der sein Binnenland zwischen Kermian in N.W., Karaman in Ost und Tekeh (b. i. Pamphylien) in Süd nothgezwungen an den Sultan Murad, Sohn UrchanS (im Jahre 1381), verkaufen mußte, um den Rest seiner übrigen Herrschaft da­ durch zu retten52). Zu diesem an den OSmanen-Sultan abgetretoten Fürstenthum gehörten damals sechs Städte, an fischreichen B51) J. A. Gramer, Asia Minor. II. p. 66, 75. Gesch. des oSman. Reichs. Th. I. S. 185.

") I. v. Hammer,

Die 6 Städte von Hamid.

461

Seen zwischen Waldbergen gelegen: Beg Schehri am CaralitiS, die Fürstenstadt; Sidi Schehri die südlicher gelegene; Ak Schehr (weiße Stadt, Philomelium), JSbarta (Baris bei PtolemLuS und PliniuS?) im S.W. des Egerdir SeeS, damaldie Hauptstadt von Hamid; Ialawadsch oder Jalobadsch (Antiochia Pisidiae) an der Nordostseite deS Egerdir-SeeS und Kara Aghadsch^) zwischen letzterer Stadt und Kerelü. Diese sechs bezeichnen in jener Periode den Umfang des alten pifidischen Landes, damals dem seldschukischen Fürsten von Hamid gehörig, dessen Name der Statthalterschaft geblieben; denn auch einige Burgen in derselben, die sich später unter den Vasallen der Karamanier gegen Sultan Muhammed empört hatten, wie Beg Schehr, Sidi Schehr und andere, wurden im Jahre 1414 über­ wältigt^). Dieses ganze Gebiet haben wir für unsere geographische Wissenschaft in Folgendem stückweise gleichsam erst wieder wissenschaftlich und kritisch zu erobern, wobei vorzüglich Hamilton und Schönborn unsere Führer sind. Der 15. August führte W. Hamilton von Kerelü ge­ gen N.W. in 4 Stunden Wegs nach Kara Aghadsch^). Nach der ersten halben Stunde Wegs gegen N.N.W. über wellige Ebene fortschreitend, war der See Kerelü schon dem Auge entschwun­ den. Ueber ein gut bebautes Kornland, das aber noch ungeschnitten in Aehren stand, weil die Besitzer der Pest anheimgefallen waren, oder weil eS bei ihren Verheerungen überall an Arbeitern fehlte, ging eS auö einem weiteren Thale, daS sich aber bald ttippig ver­ engte, an der Seite eines sprudelnden BergstromeS bis zu einer steilen Paßh'öhe bergan. Als man von ihr nordwärts wieder hinabzusteigen begann, befand man sich auf dem Ueberrest einer antiken Römerstraße, die noch viele Spuren ihres einst soliden gepflasterten Baues erhallen hatte. Unstreitig war es die einstige große Straße, die von Apamea CibotuS nach Apollonia, von da am Nordende deS Egerdir Sees über Antiochia Pisidiae (jetzt Jalowatsch), und von da mit der Straße von Jconium (Konia) zusammenstoßend, vereinigt weiter südwärts durch Pamphhlien, wol am Eurymedon nach Side geführt hatte. Beide vereinigte Straßen von Apamea und Jconium nach Side sind auf der 63) Gihan Numa 1. c. II. p. 391. üdman. Reichs. Th. I. S. 367. II. p. 353.

") I. v. Hammer, Gesch. M 6S) W. Hamilton, Res. I. c.

463

Klein-Asien.

§. 28.

Tftbul. Peuting. mit großer Bestimmtheit eingetragen^), so daß hier auS dem isaurisch- pisidischen Lande der dritte oder vierte Querweg mitten durch die TauruSketten zum Gestadelande PamphylienS dereinst für künftige Reisende, wie schon seitdem theilweise durch O. v. Richter und Schönborn geschehen, zu verfolgen wäre, denen eine genauere Erforschung dieser wenig bekannt gewor­ denen Landschaften am Herzen Liegen sollte. Heutzutage, vermuthete Hamilton, träfen die beiden genannten Hauptstraßen wahrschein­ lich in oder bei der Stadt Sid i Sch ehr zusammen, von wo der practicabelste Durchgang wol der nach Manawgat führende sein möchte (s. oben S. 451), was sich auch in der That durch die ge­ nannten Wanderer bestätigt hat.

Leider wüthete damals, zu Ha­

miltons Zeit, die Pest abwärts durch das Land bis nach Adalia so sehr, daß an keine Querreise dahin jit denken war und eS am gerathensten schien, den kürzesten Weg in Eile über Smyrna in die Heimat zurück zu nehmen, wodurch der Wisienschaft manche Ent­ deckung, die noch zu macken war, leider verloren gegangen. Zunächst trat man nun in ein offenes, ebenes, wohlangebautes Kornland ein, das zu Kara Aghadsch gehörte. Dieser Ort wurde zwar erreicht, aber nicht betreten, um jede Berührung" mit dem Pestübel zu ver­ meiden, an dem die halbe Bevölkerung der Stadt auSgestorben war. Zahllose Häuser standen verödet und viele Gärten und Felder, in denen man außerhalb der Stadt rastete, um neue Pferde zu erhalten, waren ihrer Eigenthümer ledig.

In dem benachbarten, an der gro­

ßen Karawanenstraße gegen Nordost gelegenen Ilgün zählte man nach den Hausschlüsseln der ausgestorbenen Häuser, welche auf tem Mechemeh (RathhauS)

ausgeliefert zu werden pflegten, gegen 700

jDutd) die Pest verschwundene Familien. Die unvermeidliche Berüh­ rung durch Miethspferde und Gepäck, die zum Fortkommen doch unentbehrlich waren, erhöhte die Sorge für eigene Erhaltung und hinderte fernerhin anhaltende und genauer eindringende Erforschung. Im schattigen Garten zu Kara Aghadsch, wo man bei drückender Hitze vortreffliches Obst, zumal Trauben und Pflaumen, zur Er­ quickung vorfand,

wurde nur

so lange verweilt,

bis die frischen

Pferde zum Weitermarjch eintrafen. Der Menzildschi (Post­ halter) gab die Distanzen vom Orte so an: nach Olu Burlu 20 Stunden gegen W., nach Jalobatsch 6 Stunden gegen N.W., 8I#) Col. M. Leake, Journal of a Tour in Asia Minor I. c. über die Tauruspäjse s. S. 76 78.

GelenduS und Jalobatsch.

463

nach Jlgün 12Stund« gegmO.N.O., »ach Ak Schehr 8 Stun­ den gegen N.O. und der zurückgelegte Weg nach Kereli 4 Stunden gegen S.O. Der kürzeste Weg wurde über Jalobatsch") an da- Nord­ ufer de- Egerdir Gjöl nach Olnburlu eingeschlagen, wo die Po­ sition der antiken Stadt Apollonia bereit- früher von Arundell nachgewiesen worden war. Es war ein Iammeranblick, durch viele der fruchtbarsten Kornlandfchaften zu reifen, in welchen die Früchte noch auf.dem Halm stanken, oder schon geschnitten oder auSgwrofchen in Haufen umherlagen, weil die Besitzer gestorben und auch vieles Bich in den Ställen aus Hunger umgekommen war, so daß sich nichts vom Fleck schaffen ließ. Zur linken Seite des Weges von Kara Agadfch setzte ein Berg­ zug nordwärts fort, an besten Westseite der Egerdir-See liegt; die Berge gegen N.W. ziehend schienen sich der Kette de- Sultan Dagh anzuschließen. Nach einigen Stunden Weges über Mudu­ rah wurde ein Thälchen erreicht, welches die Seitenkette durchsetzte und von einem Zufluß zum westlichen Egirdir-See durchflossen wurde. Zu beiden Seiten des lieblich bewässernden FluffeS waren zwischen Felsklippen Mühlen erbaut und das Dorf Ak Hiffar, da», mitten in der Pestregion gelegen, (eine sehr auffallende Erschei­ nung) doch völlig von dieser fürchterlichen Seuche verschont geblieben war, was dm Reifendm zu manchen Betrachtungen über ihre BerbreitungSweise veranlaßte. Am nachfolgenden Tage (19. August) ^) wurde in großer Eile daS Dörfchen Burlu 12 Stunden im West des großen EgerdirSees erreicht, aber kaum das Nordende dieses Sees berührt. Der See blieb in dm ersten Stunden Wegs zur Linken jenseit de» Orte» GelenduS liegen; man durchritt nur nordwärts ein Thal, wttche» vom westwärts bei GelenduS vorüberfließenden Fluffe durchzogm wird, welcher von N.O. her noch einige Zuflüffe erhält, die vom Orte Jalobatsch herkommm, der aber diesmal von dem Reifendm unberührt, zur rechtm Hand in der Ferne einer kleinen Stunde lie­ gen blieb. Der Fluß von Jalobatsch, der gegen S.W. zum Egerdir See fließt, wurde schon in der nächstm Stunde, halb 9 Uhr, nach dem AuSmarsch« von Ak Hissar durchsetzt. Jenseit» des Flusse» über das Dorf Aktschasa mußte man einige bebuschte Berghöhen übersteigen, aus denen nomadische Jürüken ihre Zelte aufgeschlagm •') W. Hamilton, Res. II. p. 355.

") W. Hamilton I. c. II. p. 358.

464

8. 28.

Klein-Asien.

hatten, von denen man auf dem Reste einer alten Römerstraße am schmaleren etwas gekrümmten Theile des großen Egerdir-SeeS vorüber ritt, wo dieser zwischen klippigen Ufern sein Nordende er­ reicht. Am steilen Bergabhange stieg man auf wildzerstreuten Blöcken von plutonischem Gestein, Trapp- und Grünstein zwischen Kalk­ steinfelsen hinab, ganz eben so wie das am Südostende des großen Egirdir-SeeS im Jahre zuvor daselbst beobachtete Gestein sich ge­ zeigt hatte, und eben hier war die Kunst st raße der Römer durch die gefährlichsten Stellen hindurch gebahnt worden.

Diese Gebirgs­

bildung bestätigte die Plutonische Erhebung und die dadurch bedingten Einstürze dieser Seethäter (s. Kleinasien I. ©. 49 ff.). DaS Nordende des Sees, den nun hier gegen S.W. erblickte, wird Hoiran (Hawiran bei d'Anville) genannt;

hier sah man viele

Felsblöcke und 9titinen voll Töpferscherben, die an die Lage einer früheren Stadt erinnerten. Vielleicht, meinte Hamilton, wie schon einmal früher d'Anville's Karten dieß angezeigt hatten, durch die Namensähnlichkeit geleitet,

möchte hier einst die Stadt Oroauda

gelegen haben, die er nur wenige Tage zuvor zu Arwan Kaleh wieder nachgewiesen zu haben geneigt war (s. oben S. 446).

Hier

würde sie allerdings dem Durchmärsche des Consul ManliuS vom Stadtgebiete der Sagalassier nach Synnada

näher gelegen

haben; aber da PtolemäuS (V. 5) die Gens Orotidicorum und ihre Städte Mi st hinm und Pa ppa dicht bei Z fa ura ansetzt, dessen letztere Lage wir oben kennen gelernt (Jsanra 63" 50' Long., 38* 40' Lat.; Pappa 63" 20' Long., 38" 50' Lat.), so ist diese spätere Annahme ihrer nordwestlicheren Lage unmöglich. Nachdem das Nordende des Hoiran-SeeS zurückgelegt und die vielen Zelte dort nomadisirender brauner Juruks (oder Jürüken) durchzogen waren, fiel noch einmal von einem Berghügel der Blick auf den weit südwärts sich hinziehenden Spiegel des EgerdirSeeS, dessen Verengung bei Awschar von hier aus recht deutlich sichtbar war, wodurch er in zwei Seebecken, in ein nördliches an Hoiran und in ein südliches des eigentlichen HauptseeS von Egerdir, getheilt erscheint.

Der Weg wandte sich nun von West

an Jenidscheli vorbei, mehr gegen S.W. an einer Thurmruine am See, wol einem alten Castell und am Dorfe Sangerli vor­ über, daS eine gute Viertelstunde zur Linken liegen blieb, dessen Weinberge man durchritt und nur die Gräberstätte des Dorfes be­ rührte mit vielen Marmoren und Säulenresten, auf denen eine früher eopirte Inschrift die Namen der Kaiser Hadrian und Trajan

Westgrenze des alten PifidtenS.

465

nebst den Zahlen 29 und 30 enthielt, auf deren Gegenseite nur der Name der benachbarten einstigen Apollonia zu

entziffern war.

Hier öffnete sich noch einmal der Blick zwischen hohen Bergen, tiefen Schluchten und schön bewaldeten Thälern hindurch über daS Südund Westende des pittoresken AlpenseeS, der durch die Schattm und Lichter der westwärts sinkenden Sonne höchst magisch erleuchtet war und die frappantesten landschaftlichen Contraste darbot, über dem sich der majestätische Kapu Dagh bei Barla

gegen Süd höher als

alle anderen ihn umgebenden Bergzüge emporthürmte.

Hier mußte

Abschied von dem schönen Egerdir-See genommen werden, paar Stunden westwärts durch

da ein

die wellige vorliegende Ebene

Kara ArSlan (d. i. schwarzer Löwe) das Dorf Burlu als Nacht­ quartier zu erreichen blieb, von wo am folgenden Tage, den 20. Aug., der 4 Stunden weitere Marsch über Oluburlu (Apollonia) zu verfolgen war,

welches

an

der Westgrenze

des

alten Pisi-

diens liegt. Auch O. v. Richter^) hatte im 1.1816 denselbm Weg von Bei Sch ehr am Ostufer des südlicheren Sees nordwärts über Kara Aghatsch und Ialobatsch unter günstigeren Umständen bis zum

Nordende

des Hoiram-Sees

zurückgelegt.

Vom Sumpfufer

voll quakender Frösche bei Bei Sch ehr, das er mit bm niederen Thalsenkungen seiner Heimat, Esthlands, vergleicht, durchzog er die vorliegende nur wenig hügelige Ebene zum großen Flecken Kerelü, der am Einfluß des Ak Schehri-Baches soll.

denbäume, eben

in den See liegen

Von da an (es war Mitte April) zeigten sich häufiger Wei­ lombardische Pappeln,

Obstgärten und Weinberge

blühenden Mandelbäumen,

mit

die ihn an Heidelberg

erinnerten, wo er sie auch an geschützten Stellen, wie auch in Aleppo im Februar, hatte. Schnee.

in Constantinopel schon im

Januar gesehen

In der Ferne hingen aber die hohen Berggipfel noch voll Die hiesigen niedrigliegenden Gärten waren

mit großen

Lehmwällen umgeben, die mit Schilfrohr bedeckt waren.

Die Wohn­

häuser sind nur klein, aber nett gebaut, mit Holzgallerien und flachen Rohrdächern, zu denen hohe Treppen hinaufführten.

Die vielm vor­

springenden Räume derselben mit Gitterläden dienten zu ganz comfortablen Divans, die mit guten Teppichen belegt und Kaminen ver­ sehen waren,

in denen man seinen Kaffee bereitete.

Die Bauern

schienen wohlhabend durch die Opiumeultur zu sein, die hiervon "») O. v. Richter, Wallfahrten a. a. O. S. 354—357.

Ritter Erdkunde XU.

@g

466

Klein-Asien.

§. 28.

Süden her anfängt fund sich gegen Norden über Afium Karahissar (Synnada) fortsetzt. Büffel pflügen das Land, die Weiber gäten das Kraut, auf Arabahs fährt man den Ertrag; eine langzottige, kurzbeinige Ra^e von starken Schäferhunden, die man hier in Zucht hält, aber nicht wild wie bei den Türken zu Schaaren umherlaufen läßt, hüten die Sterben. Zu Kara Aghatsch lagerte man am Deli Tschai (tollen Muffe). An Ialobatsch, wo grüne Saaten die Kornfelder schmückten, vorüber kam man nach Jenidsche Kjöi, wo man die Nacht an der großen Poststraße herbergte, dann aber von ihr ablenkte. Glücklicher Weise hatte W. Hamilton schon im vorhergehen­ den Jahre (1836) die Ost- und Südseite des herrlichen EgerdirSees durch feine Reife von Ialobatsch südwärts bis zur Stadt Egerdir und von da westwärts nach Isbarta (Baris) näher lernten560) lernen, den er diesmal so eiligst verlaffen mußte. Vor ihm hatte auch schon der Caplan 2lninbe(lGI) von Smyrna, im Jahre 1834, von der Westseite über Ienidscheli kommend, den größten Theil desselben Sees über Ialobatsch, GelendüS, Egerdir, also im Norden, Osten und Süden gegen West bis Isbarta hin umwandert, auch Leon de Laborde6?) hatte treff­ liche Zeichnungen von dem Egerdir-See und seinen Inseln gegeben; v. Tschichatscheff hat später den See beschrieben6^ und ebenfalls zwei schöne Abbildungen des Süd- und des Nordendes des Sees bei Egerdir und dem Hoiram zu Ienidscheli beigefügt, die ganz geeignet sind, sich in das Charakteristische der Natur dieses malerischen Alpensees zu versetzen, den wir nun nach den ange­ führten Wegweisern und jüngern Erforschern, zumal Schönborn, als eines der schönsten Thalgebiete des alten PisidienS fast rings umwandern können. 6‘°) W. Hamilton. Hes. I. p. 471—487. ") Rev. F. V. J. Arundell, British Chaplain at Smyrna, Discoveries in Asia Minor. Lond. 1834. 8. Vol. I. p. 233—355. **) Leon de Laborde, Voyage de l’Asie Mineure etc. par Mr. Alex, de Laborde, Becker Hall et Leon de La­ borde. Paris 1837. ful. Livr. IX. Vue de la Ville et des trois Isles de Eerdir, et Vue de la Citadelle d’Eerdir. 63) de Tchihatcheff, Asie Mineure. Vol. I. p. 110—112 hat Planche 14. eine sehr schöne Tafel der Egerdir - Inseln gegeben, wie PI. 15 vom Nordende bee SeeS Jenidjeli et le Lac Hoyran.

Nordumgebung de- Cgerdir-SeeS.

Erläuterung

467

3.

Die Nordumgebung des Egerdir-Sees mit den antiken Städten Antiochia Pisidiae, Mordiaeum und Apollonia und ihre heutigen Zustände. Mit erhöhten! Interesse führt uns unser Weg zunächst zur ge­ nannten Antiochia

in Pisidien

zurück, auf den merkwürdigen

Schauplatz der ersten Verkündigung des Evangeliums durch den großen Apostel Paulus nicht sowöl an die dort zahlreichen, aber widerspenstigen Juden, sondern an die hier zuerst gläubig wer­ denden Heiden (Apostelgesch. Cap. 13), wo eine der ersten evan­ gelischen Gemeinden unter den heidnischen Völkern jener Zeit zu Stande kam (Cap. 14). Der See von Egerdir (Igirdir bei v. Hammer, ge­ sprochen Ejerdir nach Schönborn, Corruption aus dem Grie­ chischen Akrotiri, äxg(OTrjgiov). In der kartographischen Abbildung des Sees weicht, wie schon oben bemerkt, die Bolotowsche Karte, wie bei dem caralitischen See, nicht wenig von den von Hamilton gegebenen früheren Umrissen ab.

Nach v. TschichatscheffS Be­

schreibung^) hat er mehr die Form eines von Süden nach Norden bis auf 10LieueS ausgedehnten Ovals von 18 Quadratlieues Ober­ fläche (also um mehr als die Hälfte kleiner als der earalitische See), daS gegen Norden bis zu einer halben Neue verengt als HoiramSee einem gegen Ost etwas gebogenen Haken ähnlich erscheint, während eS sich gegen Süden mehr und mehr erweitert, aber doch die mittlere Breite nicht um mehr als 2 Neues übertrifft.

Durch

den Vorsprung bei Awschar, Ienidscheli gegenüber, wird er in den kleineren nördlichen und größeren südlichen See, den eigentlichen Egerdir Gjöl getheilt, welcher letztere mehr einen alpinen Character durch seine Felsbildung haben soll als der nördliche, was jedoch mit den Zeichnungen nicht übereinstimmt. Das Westufer soll steil und klippig, herrlich grün bewachsen sein, die Stadt Egerdir am Südende einen prachtvollen Anblick gewähren; von der oberm Straßmterrasse der Stadt entfaltet sich auf die vorliegmde Stadt und die bebauten Inselchen Dschan Ada und Nis ein besonders reizender Blick, der mit der Aussicht von Constantinopel auf daS

“) v. Tchihatcheff 1. c. I. p. 110—112. Gg2

468

Klein-Asien.

§. 28.

Meer von Marmorn verglichen wird und unstreitig zu dm malerischstm in Kleinasien gehört. Doch wir kehren für jetzt erst noch zum Nordende des Sees nach Jalobatsch zurück. Als W. Hamilton im Jahre 1836 vom Norden her am 26. Sept. sich dem Distrikte von Jalobatsch bei dem blühmdm Dorfe Sögürler(d.i. Stiere) näherte, sah er die von den südlichen Vorhöhen des Sultan Dagh herabkommenden Bergwasier sich gegm S. und S.S.W. zum Hoiram-See hinwenden. Sögürler, nur eine Stunde im Norden von Jalobatsch, ganz in reiche Cultur­ gärten und Obsthaine eingehüllt, war damals noch von wohlhabenden Bauern bewohnt. Die Ruinen der Antiochia Pisidiae565), einer antiken Stadt, sah man in der Ferne zur linken Hand am Fuße eines Berges, zu dem weite Linien von einstigen Aquäducten hinwiesen. In ihrer Nähe wurde die kleine Caffaba Jalobatsch mit 500 bis 600 modernen Häusern erreicht, die zum Distrikt von Jsbarta, das viel weiter im Süden liegt, gerechnet wird. Ein kleiner Fluß durchzieht den Ort gegen S.W. zum Egerdir-See. Ihr im N.O. nur 6 Stundm fern, jenseit des BergzugeS des Sultan Dagh, liegt Ak Sch ehr am gleichnamigen See und an der großen durch die Ebene führenden Karawanenstraße (Philomelium der Alten). 1. Antiochia Pisidiae. Von den Ruinen der alten An­ tiochia, der einst sehr blühenden Hauptstadt Pisidiens, die Plinius (H. N. V. 24) eine Colonia Cäsarea nennt (auch Ha­ milton fand auf einer lateinischen Inschrift daselbst die fragmen­ tarisch bestätigenden Worte „Antiochiac Caesare” ohne lesbare Fortsetzung)66), hatte Arundell eine so treffliche Beschreibung gegebm, daß Hamilton sich bei ihr nicht lange aufhielt. Erfand die ganze Lage der alten Stadt überall mit mächtigen Marmor­ blöcken bedeckt, die ihre Größe bezeichneten. Ein großes Gebäu von S.O. nach N.W. mit einer 4 Fuß dicken Außenmauer auS rohen Blöcken halbkristallinischen Kalksteins umgeben, in deren Mitte ein Parallelogramm von 180 Fuß Länge' und 60 Fuß Breite stehen geblieben, das später in eine Kirche verwandelt worden, war früher ein Tempel getoefen67). 'Nur ein paar hundert Schritt von ihm stand ein zweiter großer Bau, darin noch zwei sehr große Bo666) W. Hamilton, Research. Vol. I. p. 472. 66) VV. Hamilton, Res. I. p. 474. 6") Leon de Laborde, Voy. en Asie Min. I. c. Litr. X et XL PI. Restes dun tombeau pres Yalovatch, Vue d un Aqueduc; Litt. XII. Yalovatcb, Vue prise de la route.

Antiochia Pisidiae bei Jalobatsch.

469

gengewolbe zu erkennen, die zu unterirdischm Kammern führten. Der Aquäduct zeigte sich aber als der gewaltigste Ueberrest auS alter Zeit, der vom Südfuße des Sultan Dagh durch ein tiefes Thal die Waffer über die vorliegenden Höhen der oberen Stadt zuführte, in ein großes Bassin, von welchem aus die übrigm Stadttheile damit versehen werden konnten. Von der AcropoliS ist nur wenig übrig; ein Zugang zu einem einstigen Tempelbau, der sich an eine Felswand angelehnt zu habm scheint und noch viele Säulenreste und Marmore zeigt, konnte, nach Hamiltons Meinung, wol dem Cultus des pisidischen Gottes Men, des pinustragenden (s. oben S. 424), angehört haben, der hier, nach Strabe, unter dem Namen eines Men Arcäus ein großes Priesterheiligthum voll ihm geweihter Orte und einen zahlreichen Schwarm von Hierod ulen, gleich dem in Comana, besaß (Strabo XII. 577), dessen Unwesen jedoch nach AmyntaS Tode von der dahin als Erben geschickten römischen Commission ein Ende gemacht wurde. Caplan Arundell hatte schon während seines Aufenthalt- in Smyrna über die Lage altchristlicher Städte in Kleinasien und zumal auch über die der zu seiner Zeit noch gänzlich unbekannt gebliebenen Apollonia und Antiochia Pisidiae Erkundigungen eingezo­ gen^), die ihn auf die wahrscheinlich an ihrer Stelle jünger er­ bauten Ortschaften Olu Burlu und Jalobatsch, zu beiden Seiten des Egirdir-See- gelegen, hinwiesen und zur Entdeckungsreise dahin im Jahr 1833 bestimmten. Als er sich von Olu Burlu au-, wovon weiter unten die Rede fein wird, am 6. November gegen Ost durch das Dorf Uradschak in Marsch setzte, blieben ihm nackte Felshöhen und Berge von 5000 Fuß Höhe zur Linken liegen, bis er am Dorfe Burlu mit einigen alten Gräbern vorüberkam, die vielleicht einer älteren Stadt angehörten, welche aber erst im Mittel­ alter zu TimurS Zeiten als eine bedeutendere erwähnt tourt)69). Von hier siel der Blick auf das Nordende des Egerdir-Sees, der auch nach einer Stunde Wegs erreicht wurde. Ein Inselchen im See, unter hohen Ufern gelegen, mit Gebäuden, in denen Christen wohnen sollten, zeigte sich, die auch Kähne besaßm und in der heißen Jah­ reszeit ihre Iailas auf den benachbarten Gebirgen bezogen, wo sie in Grotten wohnen sollten. Bald darauf wurde das Dörfchen Ie*8) Rev. Arundell, Discoveries in Asia Minor 1. c. London 1834. Vol. 1. p. 229. ‘°) 1. c. I. p. 263-312, f. die schöne Abbildung das. Antioch of Pisidia srom the Parorcia.

470

Klein-Afien.

§. 2a

nidscheli mit Weinbergen erreicht. Bis dahin war die Ebene nackt und baumlos gewesen, nun aber zeigten sich Valoniaeichen, Zwergcedern und andere Nadelhölzer, und am Seerande zahllose Wasierv'ögel. Nach kurzer Rast um 2 Uhr am See wurde über welligen Boden gegen 5 Uhr ein elendes Dorf, Gondani, erreicht, wo man die Nacht zubrachte. Am folgenden Tage, den 7. November, von Gondani gegen halb 9 Uhr aufgebrochen, kam man an einigen Gräbern vorüber, wo man Spuren an der schon oben auch von Hamilton bemerkten Römerstraße wahrnahm, die sich fortwährend wiederholten, bis man um 11 Uhr Ialobatsch erblickte. Zn der Ferne wiesen nun weit ziehende Reihen von antiken Aquädukten auf die Lage der alten Römerstadt hin, die man suchte, der zur Seite die moderne Türkenstadt Zalobatsch bald erreicht wurde. Außer den Bogen des Aquä­ duktes zeigten auch zahllose große Steinblöcke und Sculpturfragmente, daß man sich bis zum Chan hin auf dem Boden einer antiken Stadt befinde. An der Nordseite des modernen Städtchens, dessen Sage570) Hamilton später nach einer Beobachtung der Meridianhöhe unter 38° 17' 30" N.Br. bestimmen konnte, folgte man der Richtung der Aquäduktbogen und erreichte bald die von Strabo bezeichnete Anhöhe ().6q>o$, Strabo XII. 577), auf welcher, nach ihm, die von den Magneten am Mäandrcö erbaute Stadt, die eine Colonie der Römer erhalten hatte, gelegen war. Die vielen Fragmente von Terra Cotten, welche den Boden bedeckten, zeigten schon, daß man auf dem alten Stadtboden einherrschritt. Zuerst erblickte man die prächtigen Ueberreste eines Tempels, der, nach den vielen Ornamenten des ThyrsuSstabeS an ihm, offenbar dem Dionysos, wie auch deffen Name in einer Inschrift^) bezeichnete, geweiht war. Dann kam man zu einem sehr großen Bau auS colossalen Quadersteinen, von Ost gegen West 160 Fuß lang, ohne den Porticus 80 Fuß breit, wol die einstige älteste Kirche von Antiochia, von der der Grundplan und die runde Altarseite, das Bema^), noch sichtbar war; vielleicht, meinte Arundell, an derselben Stelle erbaut, wo einst die Synagoge der zahlreichen Judengemeinde in Antiochia, zu der sich auch viele Heiden versammelt hatten, stand, in welcher der s:o) W. Hamilton, Res. Vol. i. p. 475. 1844. Fase. I. Nr. 3979—3981. ches: Antioch of Pisidia.

') Corpus Instr. Graec. Vol. III. 7?) Cf. Arundell, Plans of Chur-

Antiochia Pisidiae bei Jalobatsch.

471

Apostel Paulus den Juden und Heiden zum ersten und zweiten Male das Evangelium vom Heilande, von seiner Auferstehung und die Vergebung der Sünden predigte, was so gewaltig in die Seelen der Heiden eindrang, daß viele von ihnen froh und gläubig wurden, und das Wort des Herrn unter ihnen und die erste christliche Gemeinde unter den bisherigen Heiden durch die ganze Gegend ausgebreitet ward, während die über die ihren Glaubensgenossen in Jerusalem gemachten Vorwürfe erbitterten antiochischen Juden Paulus und Barnabas aus ihren Grenzen hinausstießen, so daß diese davon gingen und über sie den Staub von ihren Füßen schüttelten (Apostelgesch. 13. 48—52). Zunächst erreichte Arundell von da zwei prachtvolle Bogen, einen Unterbau, der tief in die Bergseite eindrang und die Plattform mit einem prächtigen Tempel trug; dann fand er eine hohe Mauer von im­ mensen Steinen ohne Cement, dann das Stadtthor und daneben die Grundmauern eines anderen Baues. Die zerfallene Stadtmauer krönte den Bergrücken gegen den Aquädukt hin bis zum Steilabfall der Felsen, wo keine Verschanzung mehr nöthig war. Den groß­ artigsten Eindruck machten aber die noch vollkommen erhaltenen 21 großen Schwibbogen des meisterhaft ausgearbeiteten Aquä­ dukts^), aus colossalen Quadern in Pfeilern hoch aufgerichtet. Von da war der Blick auf die Lage und Umgebung der alten pisidischen Capitale malerisch schön, ja entzückeyd. Im Thäte, durch daS sich ein Flüßchen (wahrscheinlich der AnteuS nach den alten Münzen der Stabt)74) hindurchschlängelt, liegt der moderne Ort von Pappelreihen und Obstgärten umgeben, aber jetzt ohne alle christliche Bewohner außer einem einzigen Griechen, der den Chan hielt. Hinter dem Städtchen und der daran stoßenden Ebene mit der Spiegelfläche des Egerdir-Sees steigen die kühnen Spitzen der schneebedeckten Taurusketten empor; im Rücken gegen Norden steigen die nackten Bergzüge des Sultan Dagh nur zu geringeren Höhen (etwa 4000 Fuß üb. d. M.) auf. Am folgenden Tage wurden noch im Osten der Kirche, auf einer kleinen Anhöhe, die Ueberreste eines Theaters von 150 Fuß im Durchmesser bemerkt, von dem aber alle Marmorsitze weggeschleppt waren. Großartige in Fels gehauene Räume mit großen weißen Marmorsäulen und corinthischen Capitäleu schienen einem "1 Cf. Arundell 1. c. Plans of Antioch of Pisidia. Afia Minor 11. p. 305.

■4)

J. A. Cnmer,

472

Klein-Afien
zur Kibla, die Leser de- Koran nahmen den Platz vor ihm und lasen mit schönen Stimmen die 3 Surten 48, 67 und 78, welche daS Herz demnthi•’') Athen. Deipnvs. I.ib. VIII. c. 2 p. 333. n*) A. Schönborns Tagebuch. Mscr. 1841. Bl. 55.

520

Kletn-Afien.

§. 29.

Ostwärts von da Breiten sich nun die mehrsten der Dielen Baureste auS, die sich durch vorherrschend schöne Gewölb- und Bogenconstructionen von sehr schönem Mauerwerk auS Ziegelsteinen auszeichnen, deren sorgfältige Technik auf eine jüngere Bauperiode hinweiset, auS der wahrscheinlich noch die dortigen Ruinen einer Kirche oder eines Bischofssitzes herstammen. Auf einem Hügel stehen die glanzvollsten Bauwerke, zu denen ein sehr schönes großes Thor führt, da- aber theilweife zugemauert ist. Die Fronte der Prachtgebäude ist antik, voll sehr schöner Gesimse, Nischen mit großen Cassetten, deren (Selen jede mit 5 Delphinen und anderen schönen Sculpturen geschmückt sind. Auch Sitzreihen sind hier noch übrig, wahrscheinlich als Tri­ bünen für Obrigkeiten, Richter und Räthe; zu allem bildete das große Portal den Eingang. Die öftere Ueberladung mit Orna­ menten, obwol sie technisch schön gearbeitet sind, weiset den Bauten doch eine spätere Zeit der schon gesunkenen Kunst an. Auf der Hügelfläche sieht man mehrere Cisternen, an dessen Ostseite einen Brunnen, und noch ist daselbst ein Thurm stehen geblieben. Bon den vielen Inscriptionen, die im Theater sich erhalten haben, konnte Schönborn jedoch keine lesen, da sie alle zu hoch stauben und keine Leiter zu haben war. Da demnach noch der Ortöname zur Bestätigung der Localität fehlte, so ließen sich wol noch manche Zweifel gegen ihre Identität mit der ASpendus der Alten erheben, zumal nach ArrianS Beschreibung, der die Stadt auf einen felsigen Gipfel zu setzen scheint, oder nach P. M ela's Worten (mare e.x edito admodum colle prospectat Aspenclos quam Argivi condiderunt I. 14), da Schönborn von diesem Trümmerort doch da-

Meer gar nicht erblicken konnte. Wahrscheinlich wol nur, weil, wie Daniell, der ihm nachfolgte, sagt, man nur von verschie­ denen Stellen dieser Höhe den Lauf des Flusses bis zur Mün­ dung sehen könne, und diese mag Schönborn vielleicht nur nicht betreten haben. Daniell nennt auch den oberen Theil der Stadt einen höher gelegenen (a lofty city). Man könnte zwar sagen, der Berg habe sich wol seit 2000 Jahren etwas verflacht und die Kü­ stendüne vorgeschoben, das Meer sei also jetzt weiter abstehend durch da- Mündungsland des Eurymedon als zuvor, indeß scheint doch die freilich nur ungefähre Angabe der heutigen Entfernung de- Ortevon 6 bis 8 engl. MileS, etwa 3 Stunden bei Daniell, der antifen Distanzangabe von 60 Stadien nicht übel zu entsprechen. Aber am wahrscheinlichsten möchte wol unseres Reisenden sonst sehr sorg­ fältige und gewissmhafte Beobachtung und Beschreibung bei der

DaniellS Besuch in ASpenduS.

521

brrzeu und eiligst auf sie verwendeten Zeit unter Lbschwächung seiner Kräfte an Ort und Stelle, wie der fortdauernden Regengüsse wegen, die ihn dort überfielen, zu unvollkommen geblieben sein, so daß fie durch DaniellS nachfolgende Angaben wol berichtigt und vervoll­ ständigt erscheinen werden; indeffen setzen wir ArrianS Stellen, auf die er fich in seinen Anmerkungen bezog, hieher, welche Daniell mehr in Schutz genommen hat. Arrian- Beschreibung von ASpenduS ist folgenbe (de Exp. Alex. I. 28). Diese Stadt liegt einem großen Theile nach auf einem rauhen und abschüssigen Felsen {enl üxqu o/vga xai anoTo/4), den der Eurymedon bespült; auf den ihn umgebenden Niederungen lagen aber auch nicht wenig Wohnungen, die von einer nicht großen Mauer umgeben waren, deren Bewohner entflohen bet Annäherung des macedonischen HeereS, da sie hier keinen Widerstand leisten konnten, ig to uxquv, d. i. in ihre Burg; in der verödeten unterm Stadt nahm Alexander M. sein Lager. Da die auf der Felsburg sich nun von allen Seiten vom Feinde umringt sahm, suchten sie durch Botschafter den Frieden. Nur zwei Monate spater als Schönborn kam, wie gesagt, auch Daniell nach Selge. Dr. Daniell 625) scheint einen ganz auderm Weg als sein Vorgänger von Selge zu den Ruinm von A-penduS gmommen zu haben, da er V/2 Tagereisen dahin brauchte, zwar nachdem er die oberen Conglomeratberge de- Boz. burun verlassen hatte, auch den Eurymedon überschritt, aber die Brücke (Kjoprü) nicht einmal nennt, welche ihn als Antiquar doch nicht ganz gleichgültig in seiner Erwähnung hätte lassen könn«. Er sagt nur, sobald er den Eurymedon in einer staunenSwerthm Schlucht, die dieser durchstürzt, erreicht hatte, befand er sich nun in einer ganz anbetn geologischen Construction de- Boden- auf plutonischem Serpentingestein mitPinuSwäldern überwuchert. Erst nach Austritt auS dieser teilten Schlucht und nach 1 /., Tage­ reisen Marsch von den Ruinen Selge'S erreichte er das Dorf BolcaS^6) (d. i. SchönbornS Balkesü), wo man etwa 3 bi3% Stunden vom Meere gelegen die öde und monotone Region der Pinu-wälder verläßt. Hier, wo man immer dem Lauf de- Eurymedou zur Seite geblieben, liege bei BolcaS die alte A-penduS •") E. T. Daniell in Spratt and Forbes, Travels in Lycia etc. Vol. II. p. 32—34. **) Daniell bei Spratt and Forbes 1. c. Vol. II. p. 32-34.

522

-lein-Afiea.

Z 29.

aas b«n recht«, daS ist dem westlich« Ufer des Stromes, zwifchm welchem «mb bet «vestlichem Mündung des Aksu sich mehrere Meilen «oeit ein Küstmfumpf ausbreitet, dm die Türlm nach der benach­ barten Brücke über den Kjöprü Sn dm Kjöprü»Sumpf nenom, die dortig« Griechm aber die Limne, womit der schon von dm Rome« gmannte Capria Palus bezeichnet wird, der nur zufällig gleichlautende Namen in alter und neuer Zeit (Kangiu Xifu>rn Strabo XIV. 667) erhalten hat, ohne daß der nmere von dem älterm Namen Übertrag« wäre. Ausdrücklich versichert Daniel!, daß er von dem hochgelegmm BolcaS, wo die Ruinm der hohen Stadt Aspendu» (the lofty city bei ihm) liegen, an verschiedenen Stellen den Lauf des Eurymedonfluffes hab« bis zu seiner Mündung zum Meere verfolgm könn«, wodurch jene Zweifel SchönboruS wol wegfallm. Dm» Strabo sagt es, daß man 60 Stadien (b. i. 3 Stund«) von der Strommündung aufwärts schiffend die Stadt erreichm könne, nnd diese Distanz ist für das scharfe Auge nicht zu groß, um Täuschun­ gen vorauszusetzen, wmn auch bei trübem Himmel, zumal bei seichtem Wasserstande die Flußspiegel dem Auge verdeckt bleib« könn« durch Vegetation oder andere Hemmnisie. Daniel! hat keine ander« Aufschlüffe über die Ruinenstadt gegebm, da er schon ant Ende seiner Laufbahn war, und bald in Folge der in der Nähe zu Eide überfallend« Fieber in Adalia sein« Tod fand. A-pendu», wiederholt Strabo, war stark bevölkert und einst von Argivern begründet. Bor der Mündung de- FluffeS lag« einige kleine In» selch« (Strabo XIV. 667) und weiter ostwärts von ihm Side. Schon zu LenophouS Zeit dient« tapfere Krieger der Aspmdier mit Ciliciem als Leibwachm der cilicischm Königin Epiaxa, der Gemahlin deS Shmnesi», welche CyruS dem Iüngem bei seinem HeereSdurchmarsche durch Pisidi« den Hof machte (Xenoph. de Exped. Cyri I. 2,12). AlS Alexander M. durch Pisidi« und Pamphhlien zog, muß Aspendu» nicht unbedeutmd gewesm sein, da der Eroberer sich den Vorschlag der ASpendier gefall« ließ, sie mit keiner Besatzung zu beschwer«, von ihn« aber 50 Talente und Auslieferung aller Pferde verlangte, die sie dem König der Perser als Tribut zu zahlen hatt«. Als sie sich aber dieser Forderung widersetzt«, rückte Alexander, wie gesagt, in ihre Stadt und legte ihn« einen doppelt« Tribut auf, nöthigte sie auch zur Herausgabe aller Ländereien, die sie ihr« Nachbar« geraubt zu hab« bei ihm verklagt Word« warm (Anrian de Exped. I. 28).

Die Flottenstation zu AspenduS.

523

Schon früher, vor Alexander, zur Zeit des dritte» persischen Krieg«-, war die Mündung des Eurymedon durch deS Atheners Cimon Doppelsieg über die 200 großen Schiffe der Perserflotte und des König TerxeS Landheer am Ufer des Eurymedon (469 vor Chr. Geb. = Olymp. 77. 4) berühmt geworden, denn seitdem mußt« die persischen Truppen sich überall von dem Gestadelande Kleinasiens, das unter der Obermacht der Griechen stand, entfernt halten. Der Eingang des Eurymedon war damals so groß und tief, daß die große aus 340 Schiffen bestehende persische Flotte, die dort vor Anker lag, auf CimouS rasche Ankunft mit seiner Flotte von 250 Schissen nach DiodorS Angaben, da sie erst noch eine Verstärkung von 80 phönicischen Schiffen abwarten wollte, ehe sie ein Seegefecht wagte, sich in den Fluß zurückziehen konnte, um der Schlacht anSzuweichen. Aber Cimon ging ihnen mit seinen Schiffen frisch entgegen und nöthigte sie zur Seeschlacht, in der er völlig den Sieg davon trug, so daß die eine Hälfte der Perserflotte auf den Waffern verfolgt und vernichtet wurde, die Mannschaft der übrigen sich auf die Küste zum Landheere rettete, wo sie aber auch an demselben Tage durch die Landschlacht besiegt wurden, den Athenern auch noch die übrigen 200 Schiffe in die Hände fielen oder in Grund gebohrt werd« konnte» (Plutarch. Kimon 12—13). Der Stadt AspenduS, die doch ganz im Angesichte des Schauplatzes dieser wichtig« Doppelsiege des Atheners lag, wird in den Berichten über dieselbe mit keinem Worte erwähnt, so daß es unbekannt bleibt, ob und welchen Antheil sie dabei genommen (Thucyd. I. 100). AlS aber 16 Jahre nach Beendigung des peloponnesifchen Krieges die Uebermacht der Athener sich in Pamphylien fühlbar machte, ThrafybnluS mit seiner Flotte im Eurymedon einlief und AspenduS Tribut abforderte, den sie auch zahlte, aber dessen Soldaten noch obenein das Land ausplünderten, übtm die Aspendier Rache an dem ThrasybuluS, deren Befehlshaber, aus, überfielen ihn in der Nacht in seinem Zelte und erschlugen ihn (Xenoph. Hist. Gr. IV. c. 8. 30; Diod. Sic. XIV. 99). Dem GarsyeriS schickte die Stadt AspenduS allein 4000 Mann Schwerbewaffnete zu Hülfe gegen Selg«, wie wir obm gesehen haben. Als während des peloponnesifchen Krieges die Prrserflotten wie auch die der Phönicier unter TissapherneS in vielfachem Ver­ kehr mit dem durch di« 30 Tyrann« in Athm verbannten AlcibiadeS trat« (Thucyd. VIH. 81, 87, 108), scheint die Rhede oder der Hafen von ASpenduS «ine Hauptstation gewesen zu sein.

524

Klein-Affen.

§. 29.

mti> auch in den späteren Fehden der Römer mit AntiochuS M. HI kurz vor der Schlacht zu Magnesia hatten die Rhodier mit der Flotte ihrer großen Schiffe vor ASPenduS ihrm entscheidmden Hauptsieg gegen die dort unter HannibalS Commando stationirte syrische Flotte davon getragen (Livius Hist. XXXVH. 23—25, im I. 192 vor Chr. G.). Alle diese wichtigm Begebenheitm trugen sich im Angesicht der Aspendier zu, die in dem darauf folgmden Raubzuge (im 1.191 v. Chr. G.) des römischen ConsulS Cn. ManliuS gegen die Gallograecen auf seiner Seitenexcursion, wie et scheint, zwar nicht wie die Telmissier von seinem Heere überfallen, aber doch genöthigt wurden, den Geldgierigm wie jene und andere Parnphylier mit einem Tribut von 50 Talenten abzufinden (Livius XXXVIII. 15). In den späteren Zeiten wird ASpendus (bei PtolemäuS V. 5 ASpendoS) kaum noch erwähnt, gegen Ende des vierten Jahrhun­ derts wird eS »och einmal mit Selge von ZosimuS unter Kaiser ArcadiuS als fester Ort genannt, der sich gegen Ueberfälle ver» theidigte, und in der Tabul. Peuting. ist sie zwischen Syllium XI M. P. und Side XVII M. P. eingetragen (Tabul. Peuting. Sec. X. F.), aber sonst in den Jtinerarien übergegangen, auch kommt sie im Synecd. deS HierocleS als Bischofssitz nicht vor. Pollux (IX. 6) bezeichnet die Aspendier auf ihren Münzen als Kämpfer (Aspendiiluctatores); Steph.Byz. nennt, nach HellanicuS, einen ASpenduS als Erbauer der Stadt, und einen Berg bei ASpendus Kastnion (s. v. 'Aon und Kuotv(ov), der uns nicht näher be­ kannt ist, eben so wmig wie das Promontorium Leucolla und der Berg SardemisuS (bei Plin. H. N. V. 26), den auch Pomp. Mela (I. 14) in Pamphylien anführt. Ueberhaupt blieb die Lage von ASpendnS gänzlich unbekannt bis in die neuere Zeit. Selbst Ge­ neral Koehler, der im I. 1800627) auf der Rückreise aus Cypern von Menawgat am MelaS 6 Stunden weit gegen N.W. bis Taschschehr zu einer klippigen Anhöhe, am Ostufer des Eurymedon gelegen, fortschritt, wo er übeniachtete und am folgendm Tage den großen Strom, der ihm namenlos blieb (es ist der Eurymedon), auf der Ruine einer prachtvollen antiken Brücke, davon noch ein Bogen stehen geblieben und den Unterbau der jetzigen modernen Brücke (über den Kjöprü Su) bildete, 6 Stunden weit seine» Weg bis Stavro» (JstavroS der Karte) fortsetzte, hatte Col. M. Leake, Journal etc. in Atia Minor 1. c. p. 131.

ASpendus, die heutige Balkefü.

525

nicht geahndet, daß er dicht südwärts der Plateauhöhe von AspenduS Ruinen vorübergezogen war. Er konnte von der felsigen Höhe zu Taschschehr daS Meer gegen Süden erblicken, gegen Norden ebenfalls in einer Ferne von 20 bis 30 MileS (8 bis 12 Stunden) die hohe Gebirgskette des TauruS (der hohe Bozburun?) mit seinen liefen Thälern und Thalschlünden. Von dem Orte deS Nachtquartiers schritt er durch die schönsten Grasungen an 2 Stunden gegen W. fort, bis er den großen Strom (den Eurymedon) erreichte, auf dessen Westufer AspenduS auf der Höhe liegt, wo auch Col. Leake sie vermuthete?«), ohne sie jedoch zu kennen. Ch. Fellows ist wol nach CH. Texier (1836) der erste, der im Jahre 1838 wiederum von Perge (am 8. und 9. April) einen Ausflug ostwärts über den Aksu (Cestrusfluß) nach Shllium und AöpenduS machend, beide antike Städte wieder auffand, aber nicht unter ihrem wahren antiken Namen erkannte, worüber Daniell, der später des Weges kam, sich wol verwundern konnte^). Von den Ruinen von Syllium, die er irrig für die von Jsionda hielt, ritt Fellows 8 Stunden weit gegen S.O. über sehr frucht­ baren, aber ganz unbebauten Boden, meist durch Waldungen, in denen die Bäume auf den Stämmen verfaulten, weil sie zu nichts benutzt wurden. Es waren die schönsten parkähnlichen Landschaften mit 7 bis 8 verschiedenen Arten Eichbäumen, mit den JudaSbäumen (Cercis siliquaslrum) in schönster Blüthe, mit Eschen, JohanniSbrodbaum (Ceratonia siliqua), Holzapfel (Malus sylvestris), rothblühenden Acazien und Weinrebengehängen überzogen, die in dicht verschlungenen Netzen ihre Traubengehänge noch erhallen hatten und die Stämme der Bäume fast überdeckten; die Myrtenstämme in Mannsdicke und die Myrtenbüsche, oft von 40 Fuß Umfangs schwirrten voll von Vögeln aller Art, und Nachtigallenschlag übertönte alles und war fast störend im Nacht­ quartier, daS man in dem Dorfe zu Balkefü erreicht hatte (BolkaS bei Fellows, BolcaS bei Daniell, BalghyS bei PourtaleS geschrieben, machen es wahrscheinlich, daß der Name deS Dorfes identisch ist mit BalkiS, dem Namen der Königs­ tochter in der OrtSfage, die Texier aus dem Munde seines Füh­ rers daselbst mittheilt). *’) Ebendas, p. 194. *9) CH. FetlowS Tagebuch auf einem AuSfiuge «ach Kleinasien, übers, von Dr. Zenker. Leipzig 1843. S. 100—104; Daniell b. Spratt and Forbes. Vol. II. p. 19.

526

Klein-Assen.

§. 29.

Beim Erwachen am Morgen des 9. Aprils in seinem Quartier, das er im Dunkel erreicht Halle, war FellowS erstaunt, auf dem felsigen Boden des Ortes alles mit jüngeren Ruinen bedeckt zu fin­ den, darunter aber auch manchen schönen Marmorfries mit griechi­ schen Sculpturen, und viele Ueberbaulen aus der Römer Zeiten, zumal auch Aquäducle. Vor allem bedeutend waren die Ueberreste eines Stadiums, Säulenhallen mit gut erhaltenen Plafonds (Fig. 33), ein gut erhaltenes Theater mit griechischer Inschrist, aber in römischen Buchstaben (?). Das Proscenium war vorzüglich gut erhalten, so wie die Ornamente mit Köpfen, Masken, Del­ phinen, Blumengewinden, dem römischen Adler, und an den Wänden waren noch buntangestrichene Farben zu erkennen. Daß dies die auch vom spätern Schönborn für Aspendus gehaltene antike Stadt war, geht nothwendig aus dessen Beschreibungen her­ vor, der öfter auf Fellows Beschreibungen hinweiset; aber Fel­ lows selbst wußte den Ruinen noch keinen Namen zu geben. Dann wurde an demselben Tage über felsige Hügel und ähnliche Holzun­ gen, darin auch mittelalterliche Bauwerke übrig geblieben, und auf der schon von Koehler genannten Brücke der Strom des Eurymedon übersetzt, um weiterhin gegen S.O. sich dem Meere über Lejlek kjöi (Storchdorf) zu nähern und die Ruinen von Side aufzusuchen. Durch Daniel! erst wurde die Identität von Balkesü oder Bolcas mit der alten Aspendus entschieden festgestellt. CH. Texier ging allen vorgenannten Besuchern von Aspen­ dus voran, als er im Jahre 1836, um von Perge dahin zu ge­ langen, auf einer der beiden Fähren (am 21. Juni) über den CestruS (oder den Aksu) schiffte und von da seine Landreise als Architect zum Ruinenorte begann, wohin wir ihn nun begleiten^). Er trat eine Stunde vom Ufer des Aksu ostwärts an einem Flüß­ chen in eine große Waldung ein, die sich längs dem Stromthale von N. nach S. weit fortzieht und von vielen Bächen durchschnitten wird. Aus dem Terrain der Kalksteinconglomerate aus Süßwafferniederschlägen und untergelagerten Sandsteinbreecien auf der Westseite des Cestrus, trat er auf dessen Ostseite heraus, wo in dem Waldgebiete nur Erhöhungen von Jurakalken mit Ueber# 63°) Ch. Texier, Descr. de VAsie Mineure. T. III. fol. 217—220. PL 232: Balkiz Facade; PL 233: das Innere des Theaters; PL 234: Grund­ riß des Theaters; PL 235—239: Details des Theaters in Aufriß, Sculptur und Gliedern; PL 240: Detail der FroutouS mit dem Bilde der Veritas.

Der Balkpz Seraj in Aspendus.

527

lagerungen von Grobsandsteinen die Hauptmasten bilden. An dem Ruinenhügel südwärts von Ässer kjöi (Sylleum) vorüber, trat man wieder in die Waldung ein, in welcher man sich jedoch bald verirrte, und an einigen Hütten (Pinarlar) vorüber, zum zweiten Male durch die Unkenntniß des schlechten Führers in Walddickicht und von neuem irre gehend an vier elenden Hütten, Kuschlar (d. i. Vögel) genannt, vorüberkam. Endlich, nach vielen Umwege», trat man zum Walde hinaus ins Freie, wo man in der Ferne einen Aquädukt erblickte, der die Lage von AspenduS verkündete. Aber durch einen großen Morast von ihm noch geschieden, mußte man diesen umgehen, um daS jenseitige Dorf am Abend zu erreichen, auS dem aber alle Männer auf die Äailas gezogen und nur einige Weiber der Jürüken, die hier wohnten, zurückgeblieben waren. Doch auch ihr Bey war noch im Orte geblieben, bei dem man Quartier suchte. Nicht wenig war man erstaunt, als ein Führer auf dessen Wohnung hinwies, einen colossalen Pallast von drei Etagen Höhe, mit einer Fronte von 18 Fenstern, gewaltiger Ausdehnung und sichtbarer antiker Pracht aufgeführt, den man Balkyz Seraj nannte. Auf dem Wege dahin theilte der turkmanische Führer die Legende mit und versicherte, der Reisende werde das Bild der Königstochter im Pallaste selbst sehen. Der König der Schlan­ gen mit Schlangenfüßen (solche Schlangenkönige aus den Titanenzeiten finden sich oft auf den Basreliefs antiker Marmorsculpturen abgebildet, so z. B. sehr schone im Kampfe begriffene auf den Friesen deö Tempels zu Aphrodisias bei Texier, Tom. III. PL 158, vgl. auch oben S. 111) habe einst in den Bergen wohnend von der Bienenkönigin im Walde gehört und von ihrer schönen Tochter, die in Höhlen und Felsen von den Honigbienen bedient werde. Auf seinen Heirathsantrag abschlägige Antwort erhaltend, sei er entschlossen gewesen, sie mit Gewalt zu holen; aber da das große Thal mit den Mastern ihn vom Walde trennte, habe er dahin erst die Brücke gebaut, dann aber die schöne Braut entführt. Da sie aber bald vor Kummer, nicht mehr von ihren süßen Bienen bedient zu werden, starb, dem Wittwcr aber eine Tochter hinterließ, die noch schöner und reizender als sie selbst war, so sei ihr zur Er­ innerung dieses Schloß erbaut worden. Allerdings sind die weiten Sümpfe umher auch voll von Schlangen und der Wald voll Bienen, auch der Pallast Balkyz Seraj steht noch, aber es ist daS immen­ seste Theater der Römer von ASpenduS, eins der schönsten und größten in der Welt, dessen Prachtfayade vom Grunde bis

528

Klein-Afien.

Z 29.

zur Höhe der Consolen, die den oberm Kranz seiner 39 Sitzreihen mit 53 gewölbten Arcaden auf dem oberm Rande derselbm umlaufm, nicht weniger als bis zu einer Hohe von 73 Fuß Par. (24 Metr.) emporsteigt. In den Consolen zeigm sich noch die Reste, welche da- Holzgestänge der Purpurzelte trugen, welche einst die große Versammlung überschattete. Neben der Fayade der Lußerm Ummauerung mit den drei Fensterreihen schließen sich andere Seiten­ gebäude und Gallerien an, die an Pracht dem Hauptbau correspondiren. Die schönsten Säulen und Ornamente schmücken das Innere der Scene, wo in der Mitte eines MarmorfrontouS mit zwei ge­ doppelten Säulen, von dem schönsten Schmuck der AcanthuSsculpturen umragt, auS der Mitte eines Blumenkelchs das schöne ganz nackte Bild einer weiblichen Gestalt, eine VeritaS(?), Blätter­ schmuck in den Händen haltend, hervortritt. Dieß sollte daS Bild der Balkiz selbst sein, die in den orientalischen Mährcheu (alS Königin von Saba) eine eben so beliebte Rolle spielt als die Schemiram in den noch älteren Sagen (f. oben S. 108). Ueber dem Hauptthore stand die Inschrift: »Den Göttern des Vaterlan­ des und dem Kaiserhause", und, nach TexierS Lesung, dar­ unter die Namen der Stifter: *A. Curtius Crispinus Aruntianus und A. Curtius Auspicatus Titianianus errich­ teten den Bau nach dem Testament des A. CurtiuS CriSpinuS". Eine zweite Inschrift sagte, daß Zeno der Bau­ meister deS Theaters war, wofür ihm von der Stadt eine Statue gesetzt und ein Garten am Hippodrom verehrt ward. Acht Tage verweilte Texier zur Aufnahme der Constructionen im Amphi­ theater, wo er alles zum antiken Theaterwesm gehörige vorfand und nur, wie er sagt, die antike Musik vermißte. DaS übrige der Stadt war ihm weniger interessant, außer einer Basilica, einer schönm von Zeno gebauten Agora mit Wasserbassins und Aquä­ dukten, die zu den großartigsten Denkmalen des Alterthums ge­ hören, und selbst die deS Pont du Gard übertreffen sollen. Da diese Wasserleitung nicht blos in der Ebene, sondern auch daS Waffer in geschloffenen Röhren über die Berge führte, mußte die hydraulische Architektur dort, sagt der Architekt, schon weit vorgerückt gewesen sein. Die Epoche dieser Bauten ist unbekannt geblieben, wie der Name der Stadt durch keine Inschrift auf die Nachwelt übertragen; nur nach ihrer Lage am Strom kann sie keine andere als AspenduS sein. Man muß sich über da- großartige dieser Prachtstädte verwundern, von denen die Geschichte fast gänzlich

Die pissdische Urbevölkerung; AspenduS.

529

schweigt. So weit Texier, deffen schone Darstellungen in einem Dutzend von Tafeln seine Beschreibungen lehrreich begleiten. SchönbornS und Daniells Bestimmungen von AspenduS werden durch des geistreichen Numismatikers W. H. Waddington Forschungen in Pamphylien und Pisidien fcejlätigt631). Der große TauruS, sagt er, zieht bis Lycien zum Meere, unfern PhaseliS aber gegen Norden beschreibt er einen großen Halbkreis bis zur ersten Stadt Coracesium in Cilicia Trachea. Im Fond dieses Amphi­ theaters von Gebirgen um den Golf von Adalia lagert sich eine weite, aber nicht tief eindringende niedrige Ebene, be­ wässert von verschiedenen Flüssen, fruchtbar, aber heiß und ungesund im Sommer; das ist Pamphylia, fast ausschließlich einst von griechischen Colonien angebaut, mit einst blühenden kleinen Staaten. Die pisidische Urbevölkerung bewohnte die Gebirge, welche Pamphylien von der Nordseite überragen und beherrschen; stolz auf ihre Macht, Zahl und Unabhängigkeit erhieltm sie sich lange durch alle Eroberungszeilen hindurch in ihrer Liberias und waren erst die letzten in Kleinasien, die sich der römischen Herrschaft unterwarfen. Ihre Specialgeschichte ist unbekannt. Seit dem Zeitalter Kaiser Augusts beginnen auch da die römischen Colonien, wie Antiochia, Cremna, Olbasa u. a., und. auch AspenduS, die meist nur noch römische Bauwerke zeigt, beweist, wie nothwendig auch dort die damaligen Herrn der Welt ihre Garnisonen haben mußten, um die unruhigsten Tribus im Zaun zu halten. AuS jener früheren Zeit mögen die von Nicolaus Damascenus in seinen Fragmenten^) angeführten eigenthümlichen Gebräuche der Pisidier sich herschreiben, wenn er sagt: sie opfern ihren Eltern bei Gast­ mahlen die Erstlinge ihrer Früchte und verehren sie wie andere Völker die Götter, als Vorstände der Bündnisse und der Freund­ schaften; der Betrüger wird bei ihnen mit dem Tode bestraft, und der Ehebrecher dadurch, daß er, nebst seiner Mitverbrecherin auf einen Esel gesetzt, mehrere Tage zum Spott durch die Stadt geführt wird. Die neueren Geographen, in ihrer Unkenntniß über jene Gebiete geblieben, hatten mehrere Ortschaften zu Pamphylien gezählt, die entschieden zu Pisidien gehören. Erst seit kurzem dringt auch die Wissenschaft ins Innere dieser Provinzen ein, und entdeckte erst die

*31) W. H. Waddington, Voy. en Asie au point de Vue numismatique, in Revue numismatiq. Annäe 1853. p. 20. ") Nicolai Damasceni Fragmenta in C. Müllen Fra gm. Hist. Gr. III. p. 4G1. 130. Ritter Erdkunde XIX.

£l

530

Klein-Asien.

§. 29.

Lage der Hauptorle, wie Termessus, Cremna, SagalassuS, Selge, AspenduS und andere; aber von vielen Ortschaften der zweiten Ordnung, deren Namen zwar durch Autoren und auch durch aufgefundene Münzen bekannt geworden, sind ihre Lagen auf der Karte bis jetzt noch unbekannt geblieben; erst nach und nach werden auch sie durch Erforschungen der Reisenden hervortreten können. Die Ruinen von AspenduS zn Balkesü amEurymedon, biS dahin ganz unbekannt geblieben, sind doch sehr groß, aber fast alle römisch, daö Theater das bedeutendste durch seine treffliche Erhaltung unter allen, die Waddington in Kleinasien geschen; denn das Proscenium ist noch vollkommen, die Gallerieu sind unter allen die höchsten und die Nischen für die Statuen ganz intact ge­ blieben. Die verschiedene Schreibart der Stadt auf der Münze der Kämpfer (bei Pollux IdanMiot nuhursKtiy Aspendii luctatores, bestätigend) mit dem Namen E2TFEJ1Y, Estefidiu, statt AspenduS, zeigt nur, wie schon oben gesagt war, die Vermischung barbarischer einheimischer Worte mit der später eingedrun­ genen Sprache der Hellenen. Außer dieser Münze fand Wad­ dington auch die Münzen der Aöpendier mit Geprägen von Schleuderern, mitder Keule, mit dem halben sich bäumenden Pferde, mit dem Greife, mit einem Aesculap, mit einer pergaeischen Diana, einer Nemesis, einigen römischen Cäsa­ ren und auch dem -'Flußgott des Eurymedon an der Urne gelagert", die Localität der Stadt selbst bezeichnend. Auch Graf A. PourtaleS hat die Ruinen von AspenduS am 16. Oktober 1843 besucht und sie sehr beachtenswerth gefunden, zumal das Theater als eines der besterhaltenen, die sich in Kleinasien vorfinden, obwol der Styl, in dem dessen Ornamente gearbeitet wurden, schon dem Geschmack einer verderbtern Zeit angehört, aber noch eine ganz vorzügliche Technik verräth. Ein schönes Medu­ senhaupt fiel ihm besonders aus; eö wurde, wie das Theater selbst, von seinem Maler Schmid abgezeichnet. Letzteres fand er wegen seiner acustischen Construction besonders beachtenswerth, da man die leisesten Zwiegespräche von den verschiedensten Standpunktm der Stufen auS doch ganz deutlich verstand. Seine Schmerzen beim Ge­ hen hinderten ihn damals an einer genaueren Durchwanderung der Denkmale. Die großen Bauten unter der Acropole, die auf einem künstlichen Hügel von Kiesel mit Mörtel zusammengekittet errichtet wurden, schienen jüngerer Zeit anzugehören und ohne Kunst-

Ruinen am Balghys an d. Stetnbrücke d. Eurymed. 531 Interesse zu sein,

auch die Aquaduktreste, die im Norden derselben

sich eine Stunde weit bis zu den ersten Vorhügeln hinziehen, sind ohne Berdienst

der Construction.

Der Blick

von

den Höhen auf

das lyrische Gebirge und auf daS Meer ist von großer Schönheit. Die mehrsten Gebäude von ASpenduS sind, wie die Acropole, aus Kieselstein ausgemauert, sie ist den Vorhügeln deS TauruS schon bi- auf eine halbe Stunde nahe gelegen, aus denen der Eurymedon schon in großer Breite hervortritt. Bon den Ruinen von Perge aus war Gr. PourtaleS am Tage zuvor durch eine dürre monotone Ebene, in der nur wenig Spuren von kräftiger Vegetation zu sehen waren, und während des 7stündigen Tagemarsches eben so wenig kein Dorf, keine Hütte, keine Menschenseele,

wo nur ein flüchtiger Wolf sich gezeigt hatte,

der

aber den Jägern nicht Stand hielt, bis an den Kjöprü Su (d. i. Brückenwafser) vorgerückt.

Die Steinbrücke, die er für byzanti­

nische Construction hielt mit türkischen Restaurationen, überschritt er nicht, fonbent ritt von ihr, auf dem westlichen Ufer bleibend, etwa eine halbe Stunde gegen Norden fort, wo er auf die Ruinen von BalghyS (Balkiz) traf, wie ihm der Name mitgetheilt wurde, der von seinen Vorgängern BolcaS bei Daniell, oder Balkrfü bei Schönborn geschrieben wurde.

Er war sehr überrascht,

auch in

diesem Dorfe, das in diesen Ruinen sich angesiedelt hat, nur erbleichte und abgehärmte Fiebergesichter vorzufinden, da aus der frühern Geschichte der Aspendier offenbar hervorgeht, daß sie ein sehr tapferes, kriegerisches und energisches Volk waren, das keineswegs durch eine malaria decimirt sein konnte, wie diese fast alle Ruinenstädte der Welt von Rom über Paestum bis Athen,

Ephesus und unzählige

andere in den neueren Zeiten verpestet hat, deren Vorherrschen doch auf diesem Hügelboden, so nahe dem frischen TauruSgebirge, man­

ches

räthfelhafte darzubieten schien. Erst am folgenden Tage, den 18. Ottober,

wurde

über die Steinbrücke des Eurymedon fortgesetzt,

der Weg

der allerdings

2 Stunden weiter südwärts sein Wasser zum Capria-Morast sendet, der im Sommer größtentheilS auszuttocknen pflegt und seine Mias­ men auch

weiter nordwärts

verbreiten

mag.

In seinen feuchten

Mederungen und anliegenden Buschwerken Hausen viele Vögelarten, von betten die schönsten

eine blaue Taube, viele Fasanen und

zumal die Abart derselben, Niederungen vorziehen,

die Francoline,

besonders auffielen.

welche die feuchten

Bon einstiger starker

Bevölkerung auch dieser jetzt ganz verödeten Ebene zeigten sich viele Ll 2

532

Kleiri-Afien.

Z. 29.

Spuren, wo man nur an einem einzigen elenden Dörfchen, Solkoum genannt, vorüberkam, als man, Side eine Stunde zur rechten Hand liegen lastend, wohin ein Aquädukt führte, den Weg nach Menawgat am Meeresufer einschlagen mußte. Ehe man indeß diesen Ort erreichte, mußte man an desten westlichem Ufer bei einem schönen Wäldchen von Pinus maritima übernachten, wo ein Dörfchen am grünen Abhang eines Hügels mit lieblicher Umgebung lag, in Bauart von Schweizerhäuschen, an besten Seite man eine Gruppe von Marmorsäulen und Grabstätten sich erheben sah, und eine Be­ völkerung fand, die, sehr gewandt und höflich, durch die Schönheit des Menschenschlages, dem sie angehörte, überraschte. Man war am Tage auch an großen Hügeln von Terracotten vorubergekommen, welche urältere, vielleicht assyrische Niederlastungen, wie einst in der Umgebung von Tarsus und Soli, bezeichnen mochten. Von der Meeresseite hat Beaufort über die Mündung deS Eurymedon einigen Aufschluß geben sönnen633), da er an der Mün­ dung deS Cestrusflustes, von Westen kommend, ostwärts die Mün­ dung des Eurymedon erreichte, ohne zwischen beiden, wie er erwartet hatte, die Spur von einer Ortschaft wahrzunehmen, den CestruS nur 300, den Eurymedon aber in einer Breite von 420 Fuß vorfand. Innerhalb der Barren an ihren Mündungen, welche nur flachen Flußbooten, die nicht über einen Fuß tief int Master gingen, den Zugang gestatteten, zeigten beide Flüste eine Tiefe von 15 Fuß Master. Große Wechsel, sagte Beaufort, mußten diese Master seit den Zeiten deS Ginton und der Rhodier Flotte gegen die Perser und Syrer erlitten haben, da damals über Hunderte von Galeeren, wenn auch noch so flach gehende Kriegsschiffe und Proviantschiffe und selbst einige 30 Quadriremen und Triremen der Rhodier, innerhalb des Flusses Eurymedon vor Anker gehen konnten. Beaufort konnte nur mit Flußkähnen den Eingang finden, in der Absicht, den Strom auswärts zu rudern, um bei einigen dort ihre Heerden weidenden Hirten den heutigen Namen des FlusteS (Kjöprü Su), der ihm unbekannt war, zu erkunden und Nachricht über Ruinenorte in der Nachbarschaft, über die ihm damals noch unbekannt gebliebene Aspendus und Perga, einzuziehen. Aber vor der Annäherung der Fremdlinge entflohen diese Hirten an dem so selten besuchten Gestade, wo man wol nur von Piraten überfallen

03)) Beaufort, Karamania 1. c. p. 142.

Die Sumpfebene der Capria Limne der Alten. 533 zu werden pflegt, daß also jede Erkundigung unmöglich blieb, und der Gegenstrom deS Eurymedon war auch so heftig, daß daS AufwärtSrudern der Expedition zu viel Zeit und Mühe gekostet ha­ ben würde, daher man von dem weiteren Eindringen in daS Land abstehen mußte. Das Uferland von Adalia an gegen Ost war zwar hoch­ gelegen, aber flach, von Sandhügeln umsäumt, hinter denen Sumpf­ ebenen liegen, die im Winter überschwemmt zu sein pflegen (wo der Capria PaluS der Alten). Im Sommer sind sie nur mit Sumpfgrasungen, Ried und Schilf bewachsen, die den Heerden einige Nahrung darbieten. Erst in der Ferne hebt sich der fruchtbarere Boden und das Gebirge empor. Strabo (XIV. 667) nennt den Capria eine Limne von bedeutender Größe, was aber weder Ptolemäus noch Steph. Byz. oder andere Autoren bestätigen. Gegenwärtig ist sie nur ein sehr weit verbreiteter Morast, dessen vieles Binsen- und Schilfgewächs mit ihren Wurzelgeflechten und dazwischen gelagerten Humusschichten unstreitig viel zur Austrocknung der Limne beigetragen haben. Der Sandboden und die geringe Höhe des Küstenstrichs macht es wahrscheinlich, daß dieser See einst als Lagune mit dem Meere in Verbindung stand, die sich leicht durch die Dünen verstopfen konnte, v. Tschichatschesf") berechnet den antiken Umfang des Sees nach seinen Uferrändern von StavroS in West bis Zeve in Ost deS Eurymedon auf 25 Quadratlieues, gleich der englischen Insel Wight, und zum AnwachS dieser Bodenfläche habe die Zeit von Strabo bis zu un­ serem Jahrhundert wol hingereicht. Im Osten deS Eurymedon kam Beaufort an mehreren kleinen Flüßchen vorüber, deren einen auch Strabo nannte, und sagte: daß vor ihm viele kleine Inselchen lägen (Strabo XIV. 667). An diesem, der eine Breite von 50 Fuß maß und eine Viertelstunde von seinem Ausflüsse zwischen einem verlassenen Dörf­ chen einige Ruinen sehen ließ, konnte Beaufort so wie an der ganzen Küstenstrecke keine einzige Insel mehr wahrnehmen. Diese mochten feit jener Zeit wol durch den Flußschutt mit dem festen Lanve zusammengewachsen sein, wenn nicht einige seichte Gründe, die man der Küste unter dem Wasser wie versunkene Felsen vor­ liegen sah, Ueberrcste derselben geblieben. Nur wenige MileS oft-

3*) P. de Tcliihaltbefi', Asie Mineure. I. p. 107.

534

Klein-Asien.

§. 3V.

wärtS an diesen Küstenflüßchen vorüber wurden von Beaufort die Ruinen der antiken Stadt Side entdeckt^), von der weiter unten die Rede sein wird.

§. 30. Zweiunddreißig st eö Capitel. DaS Stromsystem des CestruS, Ak Su (d. i. Weih­ wasser). Uebersicht.

2m S.W. des Egerdir-Sees und im West deS kleinen Gödeh Gjöl kommt der CestruS der Alten aus dem hohen TaurusgebirgSlande der pisidischen Katabothren oder der unter der Erde verschwindenden und wieder hervorbrechenden Flüsse, welche die Türken mit dem allgemeinen Namen der Duden (d. h. Höhlen und Klüfte) bezeichnen^). Von seinem östlichen myste­ riösen Anfange sind daher die Quellen nicht bekannt (auf 3000 bis 4000 Fuß Par. üb. d. M. nach v. Tsch.), sondern nur die beiden von N.W. herkomnlenden ausgezeichnetsten Quellflüsse, der JSbarta-Tschai und der Aglasan-Tschai, genannt von den beiden Städten, an denen beiden sie aus N.W. gegen S.O. vorüber­ ziehen und sich am Südfuß des hohen Dauras Dagh vereinen, wo sie auch noch ein paar kürzere Flüsse aufnehmen, von denen der östlichste für den Ablauf des Egerdir gehalten wird, und Gjök bunar (vulgär Munar, d. i. blaue Quelle) heißt, obwol darüber auch verschiedene Vorstellungen bei den Eingeborenen herrschen, wie wir durch Arundell aus der Ansicht des Erzbischofs von Pisidien erfahren, der diesen Abfluß für den Saw Su hielt, welcher zum oberen Eurymedon seinen Lauf nehmen sollte (s. oben S. 480). Durch Schönborn haben wir jedoch hierüber genauere Aufschlüsse erhallen. 63s) Beaufort, Karamania 1. c. p. 147—162. ") Schöuborn und Löw o. a. O. Progr. 1843. S. 6 u. 8—10; P. v. Tcbihatcheff, Asie Mineure. I. p. 274.

535

Stromsystem des CestruS, Ak Su. Unsere

deutschen Beobachter

Durchwauderung

geben

uns

nach

vielfacher

desselben aus eigener Anschauung folgende Nach­

richt über dieß Stromsystem,

welches

von den beiden Parallel­

strömen, CestruS und Eurymedon, zwar das längste, aber nicht, wie wir aus Beauforts Beobachtung sehen,

vollufiger sein mag.

Der Aglasan-Fluß

deS Aglasan-Berges auf demselben Gebirge, streicht

an der

der

N.O. liegt) Dagh.

Er

am Südostende

der Isbarta Tfchai aber

Südseite

antiken

fließt

(auf welchem die Stadtruine von Saga-

lasfus liegt) gegen Ost;

schen

an den Mündungen er­

daS wasserreichste zu sein scheint und wol nur zur Regenzeit

des

Isbarta - Plateaus

Stadt Isbarta

vorüber direct

hat seine Quelle

an dessen Nordabhange. und

nach Ost

dem

gegen

Sein Thal (das zwi­

Egerdir-See den

hohen

wendet sich dann an dessen Westseite

gegen

DauraS

plötzlich

gegen

Süd in die Thalkluft, welche das Südende des Dauras Dagh von dem Ostende des Aglasan Dagh Aglasan-Arme zu

scheidet,

und vereint sich mit dem

dem gemeinsamen Hauptbette des Ak Su oder

CestruS der Alten.

Nachdem

diese Wasser bisher vorherrschend

das hohe Plateauland im oberen Laufe durchzogen haben, be­ ginnt hier mit dem Lande der Thäler und Einstürze daS Bodenverhältniß des sehr eigenthümlichen mittleren Laufes deSCestruSsystemS in vielen Windungen direct gegen Süden, bis er mit gegen S.O. plötzlich veränderter Wendung oberhalb Syllaeum GebirgSland

in die pamphylische Ebene tritt

teren Lauf bis zum Meere fortsetzt.

und

aus

dem

nun seinen un­

Die Thalränder im Be­

ginn der zweiten Stufe oder dem Mittellause des Cestrus sind anfänglich zu beiden Seiten weniger markirt, werden aber mit dem Fortschreiten

des Flusses nach

und

nach

zusammentretend in enge Schluchten

höher,

schroffer,

dichter

und von hohen und schroffen

Wald- und Felsbergen ganz eingefaßt.

Nach einigen Stunden unter

dem Verein beider großen Queüarme, dessen Strombette sich hier zu einer kleinen Ebene erweitert, tischen unterirdischen, aber

hat er den schon genannten hypothe­ wieder

hervorgetretenen Abfluß des

Egerdir-Sees oder vielmehr des kleinen Gödeh Gjöl aufgenom­ men,

dessen Quelle (Gjök bunar)

Hauptfluffe hervortritt.

nur

eine Stunde fern vom

Weiter abwärts nimmt derselbe aber noch

in seinem mittleren Laufe, wo sich sein Thalgebiet zu einer größeren Ebene, Pambuk Owassy, d. i. Baumwollen-Ebene, genannt, erweitert, zumal von der Ostseite mehrere Hauptflüsse auf.

Im

West des Ak Su fehlen lange Seitenthäler fast gänzlich, sobald er

536

Klein-Asien.

die Höhe des Aglasan-

und

§. 30.

deS JSbarta - Plateaus

verlassen hat.

Seine westlichen Thalränder ragen nur unbedeutend über die west­ lichern vorliegenden Hochebenen des pisidischen GebirgSlandeS hervor, und selbst da, wo dieß der Fall ist, haben sie den Hauptablauf ihrer Wasser nicht gegen Ost zum Thale deS Ak Su, sondern gegm West genommen, zü^dem für sich abgeschlosieneu Gebirgskessel deS Kestel Gjöl,

so daß von der Seite nur wenige Wasser dem Ak Su zu

Gute kommen;

denn von der Westseite oder dem rechten Ufer des

Cestrus ist und kein einziger Zufluß geworden. Thäler, wärts

zu dessen Mittelläufe bekannt

Zwar auch auf dessen Ostseite fehlen lange, flußnährende auch da verbreiten sich Hochebenen und Hochland ost­

in

ansehnlichen Erstreckungen

Flusse hin,

aber diese

rymcdon ihre und dessen

haben

Hochränder

wie

südlichen Fortsetzungen,

nach Ost abschrägt.

gegen

den Süden neben dem

nur gegen die Ostseite zum Euim

Zarb

(Sarp)

Dagh

berufte steil gegen dessen Thal

Solche hohe Randketten fehlen ihnen gegen die

Westseite des Ak Su-Thales

fast gänzlich, und die kessel- und

muldenförmigen Vertiefungen dieser westlichen Seite ihres Hochlandes ergießen dagegen durch ihre Schluchten und Eugklüfte sich durchaus gegen den Ak Sn hin. lichen Hochlandes

die

Dazu kommt noch am Südende dieses öst­ gewaltige

hohe

Gruppe des Bozburun

(nach v. Tsch. Schätzung über 9000 Fuß absol. Höhe?), der wäh­ rend deö größten Theiles des Jahres nicht frei von Schnee ist, viele untergeordnete zwar kurze, aber hohe Bergrücken und Gipfel versam­ melt hat, deren Gewässer von drei Seiten, im Sommer und Herbst, alle gegen Westen dem Ak Su zufließen und wenn auch nicht sehr bedeutend sind,

doch zur Erhaltung der Flußwasser auch in dieser

Jahreshälfte das ihrige beitragen. Die Nebenflüsse des Ak Su sind eö vorzüglich, welche von der Ostseite in seinem mittleren Laufe in der Pambuk Owassy, d. h. die Baumwoll-Ebene, feldern genannt, ihm zueilen.

von

den

dortigen Baumwoll­

'Nordwestlich der Pambuk-Ebene,

aus der Westseite des Cestruslaufes,

erhebt sich die gegen West sich

senkende Hochebene Ghirme, die mit fast senkrechten Steilwänden zum Strombette des Cestrus gegen Ost abstürzt, ohne ihm Zuflüsse zuzusenden.

Bon dem Hochlande, das im Ost sich westwärts von

den Gebirgszügen des Zarb Dagh zur Pambuk Owassy senkt, stür­ zen sich dagegen durch viele Schluchten langgewundene Bergströme herab,

meist mit südwestlichem Laufe,

Su im Nordostwinkel der Ebene,

unter denen der Kütschük an ihrem Ostende dagegen

Lauf des Cestrus, die Pambuk Owafsy.

537

der Tschandyr Tschai mit dem Bauulo Su die bedeutendsten sind. Dieser Bauulo (int ©üben von Karabauulo, soll 3225 Fuß Par. über dem Meere liegen nach v. Tsch.) erhält sein Master bei dem gleichnamigen Dorfe, daS auf der Höhe des Sarb Dagh ganz nahe an den Abstürzen gegen das Eurymedonthal liegt, die aber ihre Bahn sich in oft tiefen Schluchten gegen Westen zum Cestruö durch­ brechen. DaS Dorf Melikler, am Nordende der Ebene, soll nach v. Tschichatscheff 1142 Fuß Par. über dem Meere liegen, und der Strom daselbst Ulanlik Tschai (wol richtiger Iilanly, d. i. Schlangenfluß) von den Eingeborenen genannt werden. Weiter süd­ wärts der Pambut Owassy erhebt sich der Gebirgsstock des Bozburun, von besten Bergabhängen gegen West sich ebenfalls mehrere Bergstr'öme zum Cestrus ergießen, unter denen der Kyrk Getschid (d. i. 40 Fürthen) den Reisenden am bekanntesten ist, weil zu seinen Stufen die Wegroute vom südlichen Adalia gegen N.O. nach Egerdir hinaufgestiegen werden muß. Daö die Zahl 40 hier wie in ähnlichm Namen (Kirke Kilissi u. a.), wie auch auf der Ostseile des Eurymedon (f. oben S. 498) nur als allgemeine Vielheit zu ver­ stehen fei, bemerkt Schönborn, und ist sonst wol allgemein be­ kannt, waS aber wieder aus diesem Namen hervorgehe, sei, daß die Zahl der hier von Ost herkommenden Bergbäche eigentlich nicht groß sei, und daß nur die den Windungen der Waldthäler genau fol­ gende Straße das oftmalige Durchsetzen dieser Bergbäche nöthig mache. Der letzte südlichste, aus einem Hochthale des Bozburun von Sürk (den Ruinen von Selge), also ganz nahe vom Eury­ medon herkommende Fluß durchfließt, bevor er westwärts in dm Cestrus einfällt, den Nordrand der Küstenebene von Pamphylien, in welche der Cestrus als Ak Su (weißer Fluß) nun selbst zwischen den antiken Städteresten an der Grenze seines untern Laufes im pamphylischen Niederlande zu Syllaeum im Osten und Per ge im Westen seines Laufes eintritt, und von da nach wenigm Meilen (Pomp. Mela I. 14 sagt: „Cestros navigari facilis”, waheutzutage schwerlich der Fall sein möchte, doch sagt auch Strabo (XIV. 667), daß er bis Perge schiffbar sei) im Westen des KjöprüSumpfeS (Capria Lacus) zum Meere eilt. Auch am oberen Cestrus, auf seiner Hochebene im Osten und weiter gegen N.O. derselben haben, wie am oberen Eurymedon, pisidische Völkerschaften lange Zeit sich in Freiheit und Un­ abhängigkeit erhalten können, wie dies aus der Beschaffenheit des Landes auch schon nach Angabe der Alten hervorging. Gegen West

538

Klein-Afien.

§. 30.

und Ost durch die tiefen doppelten Stromthäler wie durch viele natürliche Schluchten mit Steilwänden gesichert, konnte das Andrin­ gen von Süden her nur unter günstigen Umständen durch die viel­ fach gewundenen Wald- und Bergthäler gelingen. Und war der Feind auch, sagt Schönborn, bis zur Ebene von Pambuk Owaffy etwa, wo an deren Osthöhen Bauulo, Karabauulo, auf den steilen Westwänden Cremna, MilyaS, CretopoliS und andere Städte mit ihren Burgen lagen, vorgedrungen, so galt eS doch nun erst noch die Hochebene selbst auf schmalen, steilen, gewundenen Pfa­ den, die leicht gesperrt werden konnten, zu erklimmen, um zu den noch nördlicheren Städten wie SagalassuS, Isbarta u. a. vordringen zu können. Und wenn auch diese Höhe erreicht war, entwich der ^andeSbewohner nur zu leicht auf den nur ihm bekannten Stegen, der Feind hingegen fand bei den steilen, engen, zuweilen mehrere 100 Fuß tiefen Schluchten, wie am Tschandyr-Tschai, am Bauulo Su u. a., nicht minder Schwierigkeiten als bei den die einzelnen Hochebenen trennenden Felskämmen, wie der Totabeli und viele andere, über die nur schmale Pfade, oft treppenartig hiuaufund hinabgehend, über und zwischen Felsblöcken hinführen. Nach Besiegung aller dieser Hemmnisse lag ihm aber endlich noch ob, daS Volk in seinen oft unangreifbaren Burgen zu belagern. So hausten die Pisidier hier sicher, während sie aus den ihnen offener vor­ liegenden mehr westlichen Gegenden der Milyas und Cibyratis oder deS-südlichern Pamphyliens, die sie mit ihren Raubzügen überzogen, sicher entkamen. Ihre Freiheit dürften sie wol zuerst nicht an auswärtige Feinde, sondern an die großen, im eigenen Gebiete liegenden Städte und daselbst übermächtig gewordenen Cor porationen eingebüßt haben. Bon dem Einflüsse dieser letzteren geben einzelne historische Daten und von ihrer einstigen Größe die mitunter bekannt gewordenen noch vorhandenen Ruinen selbst Zeugniß; so die zu Kara Bauulo und zu Bauulo am oberen Tschandyr-Tschai und andere im CestruSgebiete, zu denen wir nun, so weit sie wieder entdeckt wurden, gegenwärtig übergehen.

Oberer Lauf des Aksu, JSbarta (Baris). 539 Erläuterung 1. Der obere Lauf des CestruS oder Aksu, JSbarta (Baris), Aglafan (SagalaffuS), Girme, Cremna.

Der erste hohe Gebirgsrücken in S.W. des Egerdir-SeeS und der Hochebene, die ihn umgiebt, ist der DauraS Dagh in N.W. des Gödeh Gjöl, dem noch weiter in S.W. der langgestreck­ tere Aglasan Dagh ganz nahe gegenüber liegt, der aber bestimmt von jenem gesondert ist, da beide Berggruppen doch durch daS Thal des JSbarta Tschai, wie der Hauptquellarm deS oberen CestruS heißt, gänzlich von einander getrennt sind. 1. Die heutige JSbarta, in welcher der antike Name Baris leicht wieder zu erkennen ist, liegt am Nordabhange des Aglasan Dagh im Thale deS nördlichen Quellarmes des CestruS, daS nach v. Tschichatscheff 2824 Fuß Par. üb. d. M. liegt; am Südabhange desselben Gebirgszuges ist Aglasan erbaut. Der Name Baris kommt nur als Landschaft bei Plin. (H. N. V. 42), an die von MilyaS angrenzend, vor; Strabo nennt ihn so wenig wie Pomp. Mela, wol aber Ptolem. (V. 5), der Baris mit Comana, Lysinia und der bekannteren Cormasa als Orte PisidienS aufzählt. Auch Hierocl. Synecd. führt die Episcopalstadt Baris in der Eparchie Pisidien seit dem Nicäischen Concil (ed. Wessel, p. 673) an. Doch scheint sie im höheren Alterthum von keiner Be­ deutung gewesen zu sein. Jbn Satuta037) besuchte sie (gegen 1330) unter dem Namen Sabarta und nennt sie eine wohlgebaute Stadt mit guten Bazaren und einem Schloß auf hohem Berge, sie muß schon von Moslemen besetzt gewesen sein, denn er wohnte da­ selbst beim Kadi als Gast. Erst im 14. Jahrhundert kommt der türkische Name JSbarta als Hauptstadt deS SandfchakS von Hamid in Gebrauch, welche von dem selbständigen damaligen seldschukischen Fürsten von Hamid im I. 1381 nach Chr. Geb. mit fünf anderen pisidischen Ortschaften an Sultan Mürad dm Eroberer hatte abgetreten werden müssen (s. oben S. 460). Daher führt sie auch Hadschi Chalfa^) als Metropole der seldschukie1T) Ebn Batouta b. Dcfremcry 1. c. T. II. p. 266. ,h) Gihan Numa cd. Norberg I. c. II. p. 433, wo der Name schlecht Aeparta um­ schrieben ist.

540

Klein-Asien.

§. 30.

schen Statthalterschaft Hamid auf, und sagt, sie sei ohne Castell, habe aber sehr fruchtbaren Beden, gesunde Luft, große Kälte im Winter und würde ohne den Aquädukt, den der gelehrte Mansur (?) dahin geleitet hatte, ohne fließendes Wasser sein. Sie habe Bäder, Moscheen, Märkte, und betreibe bedeutenden Handel; ihr im Süden erhebe sich der hohe Aghlasan-Dagh. Hadschi Chalfa führt noch andere ihr gegen Ost bis 311m Egerdir-See gelegene Ortschaften der Juris­ diction von Isbarta auf, und rühmt ihre Birnen, Aepfel, Kirschen, weißen Maulbeeren, zumal aber ihre Trauben, aus denen westliche Getränke bereitet würden, zumal am Orte B au ul 0; dagegen liege eine Station im West der Stadt, noch in ihrer Juris­ diction, der Ort Asi Kara Aghatsch in weiter Ebene, der aber von rebellischen Türken bewohnt werde. Gegen Norden liege nur eine Station fern A w s ch a r, auch A k s ch a r (weiße Stadt) genannt, auf einer Ebene, nur eine halbe Stunde fern von ihr der See Egerdir. Ihre Gärten sollen die schönsten Trauben liefern; er sagt ferner, daß 23 wohlhabende Dörfer, die man kleine Städte nennen könne,

zu ihr gehören,

daß

die Luft daselbst

schwer sei. Unter den neueren Reisenden

sehr drückend und

ist wol Paul LucaS^o)

tcr

erste, der Isbarta im Jahre 1706 wieder besucht hat, als er auS Adalia nordwärts über die Stadt Aglasan und den nördlich anlie­ genden gleichnamigen Berg zu ihr auf sanftem Abhange hinabstieg. In einem Thale zwischen zwei Bergen, durch die sich ein kleiner Bach schlängelt, den er wol 40 Mal durchsetzen mußte, kam er zu einer Ebene mit mehreren

kleinen Erhöhungen,

die er für ältere

Stadtruinen hielt, und erreichte von ihnen in einer Stunde die tür­ kische Stadt, die er Sparta nannte. Er fand sie sehr klein, ohne Mauerumgebung, die Häuser in schlechten! Zustande, den Ort aber sehr günstig und angenehm gelegen, in einer Ebene voll Gärten und Obstbäume.

Biele Christen, die er dort vorfand, und mehr als in

andern Orten sich daselbst erhalten hatten, mußten jedoch eine Vier­ telstunde fern in der Berstadt wohnen und kamen nur jeden Morgen in ihre Kaufläden in die Stadt, wo sie aber vier Kirchen hatten, die in gutem Stande waren und gut bedient wurden.

Die alte

Sparta (ob Baris?) sagte man ihm,

sollte 4 Stunden fern im

Gebirge

wo

zu

Durdan

gestanden haben,

noch

große

Ruinen

•J*) Voyage du Sieur Paul Lucas f. p. Ordre du Roi dans l< Grcce, l'Asie Mineure etc. Amsterdam 8. 1714. Tom. 1. p. V 47.

Paul Qucai Weg von Jsbarta nach Egerdir. 541 seien, von denen sie viele merkwürdige Fabeleien zu erzählen wußten. Der Pascha im Orte nahm den europäischen Hakim sehr wohlwollend auf, da er sowol ihn als seine Schreiber durch Medicameute von ihren beschwerlichen Uebeln zu befreien im Stande war, wodurch eS ihm auch gelang, gute Sammlung von Münzen zu mach«, von denen er jedoch keine den antiken Ort betreffende nähere Nachricht giebt.

Nach der Aufschrift Galateon, die er auf ihnm zu lesen

vermeinte, war seine Ansicht, eine alte Stadt dieses Namens müsse in der Umgegend gelegen haben. Die Lebensmittel fand er sehr wohlfeit, die Pferde sehr theuer, die Hauptgegenstände deS Handels waren Wachs, Gummi Tragant, Opium, Storax und Wolle.

Er konnte sich großer Dankbarkeit seiner Patienten er­

freuen und setzte seinen Weg gegen N.O. zur Stadt Egerdir fort, die er Igridi nennt, und den Weg dahin also beschreibt.

Erstritt

er 6 starke Stunden durch eine schöne Ebene, dann wurde ein kleiner Berg überstiegen (wol daS Nordende des DauraS Dagh),

auf

dessen hohem Berge zur rechten Seite eine sehr steile Feste liegen blieb (wol dieselbe, von der Hadschi Chalfa sprach).

Hinter dem

kleinen Berge und zur (linken, d. i. nördlichen) Seite des hohen BergeS, der sich weit hinzieht, sagt P. LucaS, traf er den See, an dem er entlang auf sehr engen und gefährlichen Pfaden hinreiten mußte, denen rechter Hand die furchtbarsten Felsklippen emporstiegen und links zum See die steilsten Abstürze sich hinabsenkten. Der halbe Weg am See entlang hatte die Höhe des KirchthurmS von Notre Dame in Paris. Einst mochte hier ein bedeutender Weg in den Fels eingehauen sein, ohne den die steile Felswand ganz inpracticabel sein würde. Zuletzt erreichte er ein aus großen Quadern erbautes Thor mit hölzernen, aber mit Eisen beschlagenen Thor­ flügeln, die sehr verwittert waren, von denen er nach einer Viertel­ stunde die Stadt Egerdir erreichte (s. oben S. 480). Im Jahre 1816 hat Otto v. Richter von Egerdir auS ebenfalls die Stadt Jsbarta besucht (er schreibt Jöbarteh)*"), aber offenbar auf einer ganz anderen Straße, auf der von keiner Gefahr die Rede war, die er an einem dunkeln Abend bei Mond­ schein in Zeit von 3 Stunden, von 6 bis 9 Uhr, in einem fast anhaltenden Galoppritt zurücklegen konnte, bei dem er freilich keine besondere Beobachtung

über das durchflogene Land zu machen im

40) O. v. Richter, Wallfahrten im Morgenlande. Ewers. Berlin 1822.

Herausgegeben von

542

Klein Asien.

§. 30.

Stande war; nur war es, wie er sagt, eine Ebene (unstreitig auf der Plateauh'öhe), in der ihm gar keine Hemmung entgegentrat. Der Weg war zuletzt schön und breit an einem Bache entlang, der aus zahllosen Nebenquellen zusammenfloß, an dem einige größere Gebäude, ChanS und Moscheen die Annäherung an die Stadt ver­ kündeten, zu der Alleen und Gärten voll lombardischer Pap­ peln führten, die von Reitern und belasteten Eseln und Kameelen belebt waren. Durch ein Gartenthor von grauem Kalkstein mit Frieö und Sculpturen und einer griechischen Jnscription, aber auS christlicher Zeit, ritt er in die Stadt ein, ans der er aber schon am andern Mittag auf dem Wege nach Smyrna weiter eilte. Er sagt nichts vom Orte, sondern erwähnt nur ihrer vortrefflichen kleinen Aepfel, die er den Borstorfern vergleicht; sah überall viel Geflügel von Hühnern, alles voll Störche, in den dort vorherrschenden Kieferwäldern viele Bögel, zumal Finken, Lerchen und andere europäische Arten, hörte aber nur einmal den Ruf des Kukuks, der also auch hier wie in Europa zn Hause ist. Auch ans der Nordwestseite setzte derselbe dteifenbe seinen flüch­ tigen Weg von Jsbarta auf gleiche Weise 6 Stunden weit über Kongor bis zu seinem Nachtlager Ketschi Burln fort, wobei wir nichts weiter erfahren, waö uns doch bei Ermangelung anderer Be­ richte über diese Strecke ganz lehrreich ist, als daß, da er auch hier fast immer in Galopp davon jagen konnte, dieselbe Hochebene ihre weite Ausbreitung, ohne zwischen aufsteigende hö­ here Gebirge, nach jener Richtung fortsetzt. Hier hat also der Nordfuß der Ta urus ketten, der noch im Süden des Eg er dir zu mächtigen Höhen aufsteigt, mit der Lage von Jsbarta sein Nordende erreicht, und streicht von da nur südwärts weiter fort nach Lycien. Denn nach den ersten 3 Stunden Rittes von ÄSbarta folgte nur eine kurze Unterbrechung felsiger, bebuschter, aber ganz niedriger Hügel, und jenseit derselben setzte dieselbe wüste Hochebene, welche nur von den nomadischen Iürüken mit ihren Heerden von Ziegen, Schafen, Kameelen und mit Zeltgeräth durchzogen wurde, gleichmäßig weiter fort. Zur linken Hand blieb nahe der Buldur-See liegen, der schon außerhalb der isaurischen und pisidischen Kettenzüge, durch seine gegen West gezogene Längenerstreckung als einer ganz anderen Terrainformalion an­ gehörig erscheint (Erdk. Kleinasien Th. I. S. 50). Auch Arundell legte am 2. November 1834 die Strecke von Egerdir nach Jsbarta in 5Vi Stunden zurück. Nur die erste

Anfang der Hochebene am Nordfuß der Tauruskette. 543 Strecke vom Seeufer stillt bergan zwischen den die Stadt Egerdir westlich überhängenden sonderbar geformten Spitzbergen, derm Ab­ hänge mit Sebent bedeckt sind und auf betten nach der Aussage der Führer sich die Ruine eines aus großen Steinen aufgeführten Ca­ stells finden sollet). Weiterhin ist alles Ebene, über die der Weg in westlicher, wenig nach S. abweichender Richtung führt"). Nach der ersten Stunde kam man an einem Säulenstück mit einer unleser­ lichen Jnscription (vielleicht ein Meilenstein?) vorüber; eine halbe Stunde später, bei der Quelle eine- Stroms, an einen Begräbnißplatz, wo einige hübsche Pilaster lagen; drei Viertelstunden weiter bleibt in der Ebene links das Dorf PhindoS(?) und rechts der Rest eines PflasterwegS (wol einer antiken Römerstraße?) liegen. Immer in derselben Richtung gegen W.S.W. bleibend, kam man eine Viertelstunde weiter links an einem Brunnen vorüber, bei betn ein schöner Sarcophag von weißem Marmor lag und zur rechten Seite eine Moschee mit Minaret errichtet war. Nach dieser Seite zu dehnte sich die Hochebene weit aus, in deren Ferne sich eine Trümmerstelle zeigte, die aber, nach dem TeleScop zu urteilen, nur auS kleinen Steinen errichtet schien. Erst nach halb 1 Uhr kam man an einem zur linken Seite int Fels eingehauenen Grabe vor­ über, und nun stieg der Kegelberg Hissar hervor, von welchem eine Reihe von Bäumen auslaufend die Lage von JSbarta be­ zeichnete. Nur zur linken Seite stiegen hinter den nächsten Vor­ bergen die hohen Piks der Tauruökette empor; eine mächtige feststehende Regenwolke, die fortwährend wie ein düsterer gewaltiger Vogel mit ausgebreiteten Schwingen daS Land mit einem Wolken­ bruche bedrohte, beschleunigte den Ritt über die monotone Ebene, die bei einem früheren Besuche zur dürresten Jahreszeit wegen ihrer damaligen StaubatmoSphäre die Ebene der Wirbelwinde ge­ nannt werden konnte, bis man in ein paar Stündchen Zöbarta erreichte. Dieselben Wirbelwinde"), beren auch CH. Fellows bei seiner Uebersteigung deS südlichen GebirgspaffeS Erwähnung thut, schrieb er dem dortigen vulcanischen Boden zu, der mit so leichtem Tuff- und Bimsstein, wie der verschüttete Boden in Pompeji, bedeckt sei, daß er wie trockener Triebsand durch die herrschenden Winde dem Lufttreiben ausgesetzt, fortwährend durch die Atmosphäre entführt werde. Da Arundell bei diesem zweiten f41) Arundell, Discoveries in Asia Minor etc. I. c. 1834. Vol. I. p. 334. ") Ebcnd. p. 344. 41) CH. Fellows Tagebuch a. a. O. S. 85.

544

Klein-Asien.

kurzen Besuche an diesem Orte

tz. 30.

keine neue Beobachtung zu machen

Gelegenheit fand, so theilt er seine Bemerkungen während deS erstm Besuches mit, bei dem er in einem Chane sein Quartier hatte, in welchem eine armenische Kattundruckerei eingerichtet war. sagt et644),

Isbarta,

liege am Fuß hoher Berge, die, damals (Mitte April)

noch mit Schneegipfeln

bedeckt,

hinter der von Cypressenhainen

umgebenen schönen Hauptmoschee mit vergoldeter Kuppel und präch­ tigem hohen Minaret einen wahrhaft prachtvollen Anblick^) gewähr­ ten und

in

der

Nähe die graciösesten Formen

darbieten.

Auch

W. Hamilton ist bei seinem Besuche von Isbarta (im 1.1836) so sehr von der romantischen Schönheit ihrer Lage ergriffen, daß er sagt, man könne sie in kleinerem Maßstabe wol mit der von Bruffa am Olympus vergleichen"').

Tie Gesammtzahl der Moscheen wurde

ihm, wie er meint, viel zu hoch, auf 40, angegeben.

DaS grie*

chische Quartier, ganz vom türkischen getrennt, liege mit seinen vier alten Kirchen im West der Stadt, die zum Theil unterirdisch, sehr alt,

voll Bilderwerk,

gehörten,

zur Diöcese deS Bischofs von Pisidien

der jetzt zu Lysa bei Adalia residire;

die Grabsteine

hatten Aufschriften in türkischer Sprache, aber mit griechischen Buch­ staben.

Die griechischen Priester beklagten ihre eigene Unwissenheit

und waren sehr begierig nach Neuen Testamenten. schön ornamentirten weißen Marmorresten

Außer einigen

an einem Brunnen

konnte Arundell keine Reste einer antiken Stadt auffinden, obgleich er die Lage zu einer solchen für sehr geeignet halten mußte.

Die

große Zahl der dortigen Brunnen überraschte ihn nicht wenig, da er auf einem Durchgänge von 20 Minuten durch die Stadt deren einige 30 zählte und

sie weiter zu zählen unterließ.

Die Bemü­

hungen, im nahen südwestlichen Gebirge die von P. Lucas ge­ rühmten Ruinen von Durdan aufzusuchen, auch Assar oder Issar genannt, die man ihm als Bildwerke (dyukfiaiu) auf großer Berg­ höhe gelegen, zu besuchen anpries,

waren vergeblich, denn nur die

Reste eines ruinirten bedeutungslosen türkischen Castells (Hisiar bedeutet Schloß im Türkischen) fanden sich dort fcor47) und nur die grandiose Umschau von

der wilden Höhe

über die immense Hoch-

644) Visit to tbe seven Churches. p. 121 sq. 45) Ansicht von Isbarta bei Arundell, Frontisp. Vol. II. 1. c. 46) W. Hamilton, Research, I. p. 484; cf. Leon de Laborde, Asie Min. Livr. V. Planche: Isbarten, vue d’une partie de la Ville et du sommet du Taurus, Vue prise dans la Ville, ein malerisches Landfchaftsbilv der Gegend. 4T) Arundell, Visit p. 127.

Aghlasan, Sagalassus.

545

ebene bi- zum azurblauen Spiegel des Burdur-SeeS, bis zu der Thalliefe von Isbarta am Fuße des Gebirges und der Blick auf den wilden amphitheatralisch umgebenden Kranz der laurischen Hoch, gebirge, der sich im Süden emporlhürmle, konnte für die Mühe des höchst beschwerlichen Weges Leim Auf- und Absteigen des KegelbergeS entschädigen. Als CH. Fellows^) im Jahre 1838 auf seinem ersten ReiseauSfluge durch Isbarta kam, blühten die Man­ delbäume, die schon zwei Monate zuvor zu Smyrna in Blüthe gestanden, erst am Ende des Monat Märzes, woraus er auf die hohe Lage der Ebene von Isbarta zurückschloß. Noch erfahren wir durch Arundell^), aus der Aussage der Bewohner von Is­ barta, daß das von Süden her aus dem Taurus die Stadt durch­ strömende Flüßchen inmitten der Ebene versiegt, oder vielmehr, gleich so vielen anderen, in diesem Höhlenboden des Jurakalkes Plötzlich versinken soll, was jedoch der unten S. 558 berichtenden Aussage Schönborns widerspricht. 2. Aghlasan, Sagalassus (Salayaaobs b.Arrian, auch SelgessuS bei Strabo). Belohnender war der nächste Tagemarfch von Isbarta südwärts, den Arundell^) zweimal, am 14. April 1832 und am 13. November 1834, über den nächsten Gebirgspaß zu den Ruinen der alten Sagalassus machte, wozu nur ein halber Tag hinreichte, während ein 8 Stunden langer, mehr ebener Weg weiter westlich um die Berge herumführt. Die erste halbe Wegstunde (W.S.W.-Richtung) führt noch durch die Ebene zum Eingang des Thales, daS von einem weithin immer sichtbaren hohen thurmartig erscheinenden Doppelgipfel des Kalkgebirges in Süden herabkommt und von einem breiten Wafferlauf durchströmt wird, über den der Weg 18 Mal hinüber und herüber führt, selten mit Benutzung der meist in Ruinen liegenden Brücken. Auch Trüm­ mer von alten Gebäuden lagen hier, die in senkrechten Abstürzen von Brücken und Mauern mit Säulenfragmenten zumal der rechten Seite de- BergpaffeS angehört zu haben schienen, die aber gegen­ wärtig im Bette deS BergstromeS, zumal auch an der rechten Seite des Bergpaffes lagen. Nach einer Stunde verläßt der Weg das Thal und. führt die rechte Bergseile hinauf, erreicht aber weiter oben das Flußbett wieder, nachdem er an Säulenresten mit Inschriften der Kaiser Sept. Severus und Caracalla und anderen Resten der 41) CH. Fellows, Tagebuch auf einem Ausflug nach Kleinasien. Uebers. v. Zenker. Leipzig 1843. S. 83. 44) Disc. II. p. 26. •°) Arundell, Visit p. 133; Discoveries I. c. Vol. II. p. 24.

Ritter Erdkunde XIX.

Mm

546

Kleln-Afien.

§. 30.

alten Römerstraße vorbeigeführl. Die GebirgSarten des Gebirgs­ passes bestehen auS so mannichfaltigen verschiedenartigen FelSbildungen, Mauerschichten und vulcanischen Gesteinen, womit auch CH. Fellows übereinstimmte, daß sie nicht in so kurzer Zeit eine- blo­ ßen Borüberganges genauer ermittelt werden konnten. Wichtiger ist die Beobachtung des in geologischen Forschungen so erfahrenen W. £>amüton651), der bei Gelegenheit derselben Gebirgspasiage sagt, daß sich auf diesem Uebergange überall Plutonische Hebungen, trachytische Felsen, Bimssteine und vulcanische Aschen zeigen. Auf Zickzackwegen emporsteigend, erhoben sich ihm zur Seite Bimssteinfelsen, und auf dem Dop­ pelgipfel brachen wieder Kalksteinklippen, wahrscheinlich durch jene emporgehoben, hervor. Statt der öden, waldlosen Nordseite der Hochebene, die Hamilton bisher von Norden her durchzogen, auf der nur isolirte Bergkegel inselartig hervorstießen, öffnete sich nun von der Paßhöhe gegen Süden der Blick auf eine wilde, an Gebirgsketten und Waldungen reiche Landschaft. Denn statt der monotonen nördlichen Hochebene mit bloßen vereinzelten Berggruppen, zeigt sich nun eine Fülle aufeinander folgender grüner, schön bewaldeter Thäler und Schluchten, die immer wieder durch waldige Gebirgszüge begrenzt sind. Dadurch bestätigt sich also auch hier, daß wir an dieser Stelle, wie am Egerdir und inIsbarta's staubigen Bimssteinebenen, an der Westgrenze der parallelen vulcanischen Actionslinien der pisidisch-phrygischen Gebirgsformationen int Tau­ russystem angelangt sind, wovon schon oben nur im Allgemeinen ein Umriß angedeutet war (s. Kleinasien Th. I. (5. 49—51). Ha^ miltons beachtenswerthe Worte sind: An vielen Stellen der auf­ steigenden Bergschlucht stoßen Trappfelsen durch den Kreide­ kalkstein vor, und einige Miles von der Stadt befindet sich eine merkwürdige kugelförmige Trachytmasse, die bei ihrer einstigen Abkühlung aus dem geschmolzenen Zustande eine sehr eigenthümliche Gestalt angenommen hat, indem sie aus großen concentrischen Massen besteht, die durch zahlreiche Lagen von kleinen Säulen gebildet wur­ den, welche im rechten Winkel ztt den äußeren fußdicken concenlrischen Schichten stehen. Weiter aufwärts sieht man dicke Lager von bimssteinartigem Tuff gegen die grauen oder rahmfarbigen Kalksteine lagern. Es schien, als wäre ein hochgelegenes Thal 65‘) W. Hamilton, Res. 1. c. Vol. I. p. 486; in Uebels. I. p. 443.

Die Acropolis von Aghlasan.

547

oder ein Spalt in dem Kalkstein, der das Vorstoßen der Trachytfelfcn verursacht, später mit vulcanischem Schlamm und Asche ausgefüllt worden. Zwischen diesen Felsgebilden entspringen die beiden Hauptquellen des Stroms, der sich nordwärts in die trockuere Ebene von Isbarta ergießt, wo er, nach Art anderer verschwindender Flüsse jener Region, auch eine Strecke lang als Duden in die Erde versinken soll. Poch 2 Stunden von Isbarta befindet man sich am Eingänge des mit Felsbl'öcken wild überstreuten sehr steilen zerklüfteten Paffes, der bei ArundellS erster Reise im November mit einem glatten Schneefelde zugedeckt und daher viel zugänglicher gewesen, im April aber sehr mühsam zu ersteigen war. Auch an der Südseite zeigte der Abhang des GebirgSpaffes senkrecht ab­ stürzende Felswände, zwischen denen jedoch der Weg bequemer hinab­ führte und zwar bald zu der Terrasse des Borbergeö, auf welcher die Ruinen der alten Sagalassus und ihres Theaters liegen, von denen ein flüchtiger Umriß52) von Arnndell genommen wurde, worauf man auf steilem Pfade 31t Fuß, denn die Pferde hatte man zur tiefer liegenden Stadt vorausgeschickt, die felsige AcropoliS hinabstieg. Obwol es schon dunkel geworden war, entdeckte man doch die Plattform eines Mausoleums oder kleinen Tem­ pels mit dem Torso einer schönen Marmorstatue, und erreichte bald darauf das Dorf Aghlasan, welches auS 100 nur von Tür­ ken bewohnten Häusern besteht"). Dicht am Wege, ehe man die Ruinen erreichte, nahm der Aghlasanfluß, hier Urumkyzh (die Römer-, d. i. Griechen-Tochter) genannt, seinen Ursprung, der wei­ terhin mit dem Isbarta-Arme vereint, den Cestrus der Alten bildet"); seine Quelle hatte Arnndell bei seinem früheren Besuche am Wege nach Buldur 2 Stunden westlich oberhalb Aghlasan ge­ funden55). Am folgenden Morgen wurde die Acropolis erstiegen, um den schönen Marmor-Torso zu zeichnen, und dann der Tempel, welcher der Acropolis nahe steht, an einem Stück einer polygo­ nalen Mauer vorüber erklettert. Der Grundplan des Tempel­ hatte sich gut erhalten, aber alle Säulen waren an ihrer Basis umgestürzt; er zeigte sich als Pseudo -Peripteros corinthischer Orb* 6)) Ansicht Ruins of Sagalassus b. Arnndell II. p. 34—51, und Visit Io the seven Churcbes p. 139 sq.; Hamilton I. p. 487—492; FellowS. 167 des engl. Orig. ") Arundell, Visit p. 144. M) Arun­ dell, Disc. 11. p. 28. ") Visit p. 145.

Mm2

548

Klein-Asin».

§. 30.

nung mit vier Säulen an beiden Fronten und neun Säulen an den Langseiten, alle cannelirt und von 3 Fuß Durchmesser. Die Cella war 62 V engl. Fuß lang und 31' , Fuß breit, dazu die Breite deS Säulenganges mit 8', Fuß gerechnet, ergab sich die gesammte Länge zu 80 Fuß. Von ihm aufwärts zur AcropoliS zeigte ein mäch­ tiger Haufen von Marmorblocken und Säulen, daß hier ein zweiter Tempel gestanden hatte. Getrennt durch eine tiefe Schlucht von diesen Resten erhebt sich der Kegelberg der Acropole, dessen ©eiten mit Sarcophagen und Marmorgrabsteinen, und beide mit Sculpturen und Inschriften bedeckt sind. Von den Tempel­ resten zieht nordwärts gegen den Berg ein PorticuS, an 300 Fuß lang und 27 Fuß breit, bis zu einer abgeplatteten Stelle voll Piedestals, deren eines noch die Inschrift f] Suyuiuoöuov nohg trägt056), denen zur rechten Seite lange und große Bauten auS mächtigen Quadern sich erheben, in deren SDiitte zwei sehr große Gewölbbogen ausrecht stehen, die wol einst einen Oberbau trugen, an dessen noch vorhandener Nordseite der Mauer ein großes rundes Senkrechte Felswand in Nord aufsteigend Qirirflic

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MM Schild ausgehauen war, vielleicht einst ein Gymnasium, und daneben ein kreisrunder Bau mit gerader Fronte, darin ein Portico, ähnlich dem 51t Antiochia Pisidiae bei Ialobatfch gesehenen, und dem Men geweiht, oder vielleicht auch ein Odeum. Noch weiter nordwärts folgte ein getäfelter eingefaßter Raum, wol die alte Agora45'), voll Trümmer von Piedestals, Capitälen, und dann wieder Mauerwände eines anderen sehr großen Tempelgebäudes, von dem noch die Fragmente der Friese, Basreliefs mit weib­ lichen Figuren, welche schöne Guirlanden hielten, und an der Süd4’6) Arundell, Visit p. 141. Cb. Fellow-, AuSfl. a. a. O. S. 85; Raoul Röchette, Journ. d. Savans 1842. Juin. p. 370 etc.

Die Prachtruinen von Sagalaffus.

549

feite Keine Pforleneingänge sichtbar waren. Die Straße voll Mafien ornamentirter Häuserreste der antiken Stadt, die von da eine westliche Richtung verfolgt, wird gegen den Rand ihres SteilabsturzeS von den Ruinen einer mächtigen Mauer begleitet, und an ihrem Nordwestende, jenseit ungeheurer Haufen von Marmorsculpturen und Quaderblöcken, liegen die Trümmer einer sehr alten Kirche im reichsten Architekturstyl, aus großen Marmor­ quadern erbaut, mit cannelirten corinthischen Säulen von 2 Fuß im Diameter. Ihr Schiff, von O. nach W. gerichtet, ist 160 Fuß lang, 75 Fuß breit, mit eckigen Bema, das mit den Seitenschiffen 107 F. Breite einnimmt und drei Portale zu großen Eingängen hatte, von denen das mittlere das größte war, an dem ein großes Kreuz in Stein gehauen sich zeigt. Viele Säulen lagen umher und andere Baureste, die zu der Vermuthung führten, daß hier auch wie bei der St. Johannes-Kirche zu Pergamus ein Baptisterium gestanden haben möchte. Ein Theater, obwol von prächtigen Wallnußbäumen durch­ wachsen, ist hier stehen geblieben, das noch in größerer Vollkommen­ heit als die zu Laodicea und Hierapolis mit 40 Sitzreihen, Nischen, Statuen, 86 Fuß breitem und 18 Fuß tiefem Proscenium erhallen war und. von Arundell genauer beschrieben wurdet; aber jetzt wird es in der weiten Einöde nur von Füchsen, Reb­ hühnern und wilden Ebern durchstreift, deren letztere den Be­ suchern der so weitläufigen Ruinen, in denen sie sich gegenseitig verlieren und verirren konnten, leicht hätten gefährlich werden können. Unzählbar ist die Menge der an allen Bergwänden zerstreuten Grab­ mäler und Sarcophage. Keine andere Stadt in Kleinasien, sagt W. Hamilton, der diese Ruinen, da sie von Arundell schon trefflich beschrieben seien, weniger genau untersucht hat, könne auf so dicht gedrängtem Raume wie hier einen Begriff von der pracht­ vollen Combination von Tempeln, Pallästen, PorticoS, Theatern, Gymnasien, Fontainen und Todtenkammern geben, welche dem Schmuck der alten Welt so eigenthümlich waren, wie diese. Zwischen den Hauptpartieen der Stadt und den scharfen Klippen, die ihr an der Nordseite emporstiegen, lagert sich eine theils natürliche, theils künstlich erhöhte lange Felsterrasse vor, die voll dieser Archi­ tekturen, während über ihr in der steilen Felswand sich die Necropole, d. i. die Todtenstadt, wunderbar noch über dieselben emporhebt. ") Arundell 1. c. II. p. 39—42.

550

Klein-Afien.

§,30.

Nur bei Fellows^»«) findet fich die Angabe, daß die Ruinen bei der türkischen Bevölkerung den Namen Budru» führen. Strabo'S kurze, aber characteristische Beschreibung von SagalassuS, die er auch SelgessuS nennt (Strabo XII. 569, eine Contraction der Schreibart —uXayuaabg bei Arrian I. 29) und von ihr sagt, daß sie zu den Städten PisidienS gehöre, am Nordrande des TauruS, aber gegen die innere Seite nach MilyaS zn gelegen (Strabo XII. 570: SayuXuaotig hl tu ivrbg tu nQog tfj MtXvüät), und gleich andern Städten des Landes von Gebirgen wie von Festungsmauern umgeben sei (’}'/_ovTtg bgt] Ttr/sgoviu xljv ywoav uvtwv), entspricht auf das vollkommenste dieser großartigen Ruine der antiken Stadt bei dem modernen Dorfe Aghlason, das auch noch den verdrehten Namenlaut (von Sagalassus, auch AgalassuS) in sich erhalten hat; Aglafun nennt es Hadschi Chalfa50), seiner Ruinen nicht, nur seiner Lage am Berge südwärts von Isbarta erwähnend. AuS ihrer hohen Lage am steilen GebirgSabhang und den Umgebungen ergiebt es sich von selbst, weshalb sie Alexander M. bei seiner Belagerung so schwer zu besiegen war (s. oben S. 420); und aus­ drücklich bestätigt dieß Strabo, der sagt, von ihrer Acropole hätte man 30 Stadien {1% Stunden) nothwendig, um zur Stadt hinabzusteigen; wirklich liegt sie hoch und fast ganz von der Stadt abgesondert durch tiefe Thalklüfte. Indeß da Strabo (XII. 569) an dieser Stelle nicht de» Ausdruck Acropolis, sondern den Hinab­ weg der 30 Stadien „unb tov iovaujug", was auch die "ver­ schanzte Stadt« selbst bezeichnen kann, von dieser Höhe nach SelgessuS angiebt, so könnten damit auch einige Ruinen, die von Waddington in dem heutigen etwas von der hohen Festungsstadt entfernten, in der Tiefe liegenden Dorfe Aghlasän gefunden wurden, gemeint sein, die auch einst noch zu dem Orte gehörten und bedeutender als heut zu Tage sein mochten^). ConsulManliuSwagteeSnicht, die Stadt selbst, deren Bewohner zu den Tapfersten der Pisidier gehör­ ten, anzugreifen; er verheerte nur ihr Gebiet und ließ sich mit ihnen in Unterhandlungen ein (s. oben S. 427). Die alte Stadt selbst bestand aus zwei Hauptstraßen von großer Länge, die, wie man noch heute sieht, sich durchkreuzen; ihre Ruinen sind viel zu zahlreich, um ***) First Journey in Asia Minor, p. 167. **) Giban Numa b. Norborg. II. p. 436. 6”) Waddmgloti in Revue numismaliq. 1. c. Annde 1853. p. 44; vergl. AruodeU, Disc. 1. c. II. p. 76 u. 80.

Die Gräberstätte von SagalassuS.

551

sie bei einem so kurzen Aufenthalte alle deuten zu können. Die mehrsten derselben sind wol auS späterer römischer Zeit, aber einige der polygonalen (sogenannten cyclopischen) Mauern wol noch auS Alexanders Periode. Sarcophage liegen in Unzahl nach allen Directionen hin, nicht blos in und an der Acropolis, sondern auch in weiter Ferne hin zerstreut, ein Beweis von der starken Be­ völkerung und dem großen Umfange von SagalassuS, die auch Arrian schon eine keineswegs kleine Stadt (r;y de xai aixr\ ov fiugu nohg, de Exped. AL I. 29) nannte. Alle sind, der Ver­ wünschungen ungeachtet, die auf den meisten der antiken Grabschriften gegen die Zerstörer der Grabstätten zu stehen pflegen, doch erbrochen und zertrümmert. Viele der gewölbten Steinkam­ mern für Aufbewahrung der Todtenurnen sind auch durch FelSeinstürze, auch wol durch Erdbeben zu Grunde gegangen. Biele derselben sind bis in die hohen, ganz steilen, jetzt unerreichbaren Felswände angebracht, und von unten nur durch daS TeleScop zu erkennen, oft Familiengruppen mit drei und mehreren Grotten, fast alle mit Infcriptionen versehen, die aber meist unleserlich ge­ worden und häufig mit Sculpturen in Basrelief, zumal mit Guir­ landen, um Stierschädel gewunden, ornamentirt, oder andere mit Kränzen als Emblemen der Krone der Ewigkeit versehen, und dann wol auS christlichen Zeiten; denn SagalaffuS wird als EpiScopalstadt in der Eparchie PisidienS aufgeführt (Hierocl. ßynecd. cd. Wessel, p. 673). Mehrere Kreuze fand Arundell unter dm Trümmern, die ihm als Zmgnisie verschiedener Kir­ chen im Orte erschienen. Im Oriens Christianus werden vier verschiedene Bi­ schöfe von SagalassuS namentlich aufgeführt, wie IoviuS, FontejanuS, TheodofiuS und Leo unter Pabst Johann VIII. Der Blick von der Stadthöhe, auf der die Tempel und Bauwerke in ihren Ruinen liegen, ist auf die untere Ebene mit ihren Wo­ gen von grünen Bergen und Waldstrichen der antiken Landschaft Milyas zum CestruS und Eurymedon hin prachtvoll; sie hebt sich in östlicher wie westlicher Ferne zu den erhabensten SchneegebirgSketten CilicienS und LycienS empor. Die meisten der in den Ruinen copirten Inschriften sind rtitr Fragmente und zum Theil entzifferbar, ein gutes Dutzend^) ist davon mitgetheilt; ei) Im Corpus loser. Graec. T. III. 1. 1834. loser. Pisidite. Pars. XXIV. Nr. 4368-4379. fol. 177 etc.

552

Klein-Asien.

tz. 30.

in der ersten derselben nennen die Sagalassier voll Stolz ihre Stadt Sagalassus, die erste Stadt PisidienS die Freundin und Bundesgenossin der Römer (H ZATAylAZZE&N HOAIZ ÜPQTH THZ TIIZUIAZ OIAH KAI ZYMMAXOZ P£2MAinX. Andere habm die Namen der Cäsaren Tiber. Claudius, Marc. Aurel. An­ tonin u. a.; andere sind zu Ehren der Wettkämpfer und derer, die sich Verdienste um die Gladiatoren- und Iagdspiele erworben haben, genannt, da die Sagalassier sehr kriegerisch und kampflustig gesinnt waren. lehrreich sind die Münzen von SagalassuS, deren viele von Wadding ton daselbst gesammelt sich auf den Cultus deS in Pisidien wie selbst durch ganz Kleinasien weitverbreiteten Gottes Men beziehen, der in vielen Städten dieses Landes unter sehr verschie­ denen Namen verehrt wurde, und daher auch sehr verschiedene und mannichfaltige Attribute ihm auf den Münzen beigegeben sind. Denn bald zeigen sie die Dioscuren mit dem Stern, oder eine stehende Fortuna, oder einen Lunus mit der Mondsichel, meistentheilS den Gott mit dem Pinuszapfen in der Hand, oder auch nur einen Pinuszapfen mit der Mondsichel und einem ©tetn662), auch nur den PinuSzapfen allein, als Gepräge in der Mitte der Münze; immer ist dieser das vorherrschende Attribut dieser Gottheit, daö oft sehr deutlich ausgeprägt, aber auch unkennt­ licher geworden und daher öfter für eine Steinkugel von Antiquaren gehalten ward. Auch zeigten hiesige Münzen das Gepräge eines liegenden Flußgottes mit der Legende KECTPOC, die Stadt (obwol sie auf hohem Berge liegt, besten Fuß nur vom Fluß Cestrus bespült wird) selbst bezeichnend, oder vielleicht auch nur ihr Territorium, oder auch nur als dessen Grenze aufgeführt, wodurch jedenfalls sich die Identität des Fundortes als entschieden mit den Ruinen herausstellt. 3. Girmeh, die alte Cremna. Durch die Thalebene von Aghlasan am Flusse entlang erreichte Arundell am 15. Nov.n) nach Stunden die Brücke über den CestruS, in welcher Inschriftsteine sich befanden, zu deren Copirung ihm die Zeit fehlte. Das Thal des Cestrus wurde eine halbe Stunde später verlassen, und die Bergwand zur rechten Seite des Flusies emporgestiegen, zu 66?) J. H. Waddington 1. c. Tab. II. Nr. 5. Asia Minor. Vol. II. p. 52 sq.

") Arundell, Diosc. in

Dewre, auf dem Wege nach Girmeh.

553

welcher ein Bergwasser durch eine Schlucht herabkam, die fruchtbar, aber steil und felsig sich erhob, und von Balonia-Eichen, Juniperus und dem duftenden Styraxbaume (Styr. officin., Arundell nennt ihn Balsambaum) herrlich bewachsen war und von da über Berg und Thal hinwegsührte.

Nach anderthalb Stunden war ein Dorf

Assar kjöi erreicht, durch enge Schluchten und Bergchäler längs dem westlichen Ufergebirge des CestruS südwärts fortschreitend, wo sich zu beiden Seiten nackte Piks wild emporthürmten, an einem kleinen Wasserfall im Gebirge vorüber kam man doch auch durch die schönsten Waldungen, zwischen denen Steineichen, Myr­ ten, Arbutus und anderes Unterholz wuchs,

über die sich die

prachtvollsten Fichtenstämme wie Mastbäume erhoben, von denen nur viele Hunderte durch Orkane ihrem Boden entwurzelt wild überein­ ander hergestürzt die Wege versperrten. In den wärmeren Thal­ vertiefungen standen wilde Olivenbäume, Daphne oder Ole­ ander, Platanen, eine Art gemeiner Granaten und andere edlere Gewächse, aber nirgends waren bewohnte Stellen, bis man nach langem Umherirren, da man auf eine östliche Seitenstraße, die durch die Wildnisie des CestruSthaleS nach Adalia führte, gerathen war, mit vollen 3 statt mit 2 Stunden das Dorf Dewre erreichte, wo nach den Aussagen der Bauern von Aghlasan große Marmorruinen sein sollten. Hier nun erneuerten sich in dem Fremdengasthause, der Oda, diese Erzählungen; nur 1Stunden fern sollte ein Theater sein, in dem eine Prinzessin auf Teppichen von Gold und Seide sitze und Kämpfern

zuschaue.

Ein zerstörtes Bergcastell auS gro­

ßen Steinen ohne Mörtel zusammengefügt, an dem man im Walde vorüber gekommen, wurde das Schakalschloß (Tschakal-Kalessi)^) genannt. Ein Jäger hatte eine wilde Ziege erlegt und wollte den Führer dahin abgeben. Die Nacht wurde zu Dewre auf der Höhe über dem

westlichen

Ufer

deS CestruS

zugebracht (daS nach

v. TschichatfcheffS Karte in 3769 Fuß Par. Meereshöhe liegt), dessen Bewohner noch keinen Franken gesehen hatten. suppe mit Eiern,

Eine Mehl­

Zwiebeln, Pillau, PekmeS (Traubenfyrup) und

Käse war daS Abendessen; die neugierigen versammelten Türken, alte Männer und junges Volk, waren mit Stricken ihrer Sttümpfe be­ schäftigt. Was sie am meisten in Erstaunen setzte, waren die Pi­ stolen der Fremdlinge, berei gehalten wurden.

") Arund. II. p. 55.

deren Schußwirkungen von ihnen für Zau­

554

Klein-Asien^

§. 30

Am folgenden Morgen (16. Nov.) setzte sich ärunfceU665) unter der Führung des wohlbewasfneten ZiegenjägerS durch die Gärten und Wälder des flachen Hochthales, an welchem Dewre liegt, abwärts in Bewegung, um auf der anderen Seite desselben die steinige, felsige, oft fast senkrecht emporsteigende Bergwand empor zu klimmen, deren prachtvolle Fichtenwaldung ebenfalls durch Orcane entwurzelt darniederlag. Auf der Hohe des Berges erreichte man an einer ebenen Plateaustelle die Zelte von Turkmanen mit einer Steinhütte, und um den Vorsprung des Berges nach 2 Stunden Emporsteigens das Dorschen ©ernte (Girme von Schönborn und Waddington geschrieben), wo man die Pferde auf einer klei­ nen fruchtbaren Plattform zurücklief; denn von da konnte nur zu Fuß die Steilwand einer Acropolis erklettert werden, die man am oberen Absturze des Felsrandes, wie durch Kunst mit einer Felsmauer umzogen, erblickte, deren Lücken aber zum Theil mit po­ lygonalen, cyclopischen, zum Theil mit colossalen Qua­ dern und Mauerstücken in Verbindung gebracht waren. Noch jüngere, wol römische Reparaturen waren durch kleines Gemäuer auf diese ältere Grundlage gefolgt. Auf halbem Aufstiege dahin kam man an einem kleinen gut erhaltenen Mausoleum vorüber, das viereckig in die Felswand eingehauen, mit schöner Eingangs­ pforte versehen, an der einen Seite mit Festons und Zsisköpfen, an der andern Seite mit FestonS und Stierschädeln in Sculpturen ge­ ziert war. Höher auf fanden sich römische Sepulcral-Jn> schriften, von einem Titus Flavianus (Steen u. a. Ein massives Doppelthor führte in das Innere der von starken wohlerhaltenen Mauern umgebenen Stadt, in der sich ein immenser von Bäumen durchwachsener und überschatteter Ruinenhaufen emporhob. Rechts am Eingangsthor konnte man nur ein schönes Portal und einen Haufen von Marmor mit den schönsten Sculpturen unterscheiden, dessen einstigen Tempel aus jeder Seite 20 Säulen, jede 6 Fuß fern von der andern, schmückten. Weiterhin hoben sich noch viele Gewölbe itnb aufgehäufte Massen eines anderen prachtvollen Tem­ pels mit vielen Säulen empor. Ein Theater ließ man rechter Hand liegen, das etwa von der Größe dessen zu SagalassuS war. Am imposantesten zeigte sich ein Porticus, der links vom Ein­ gangsthor 10 Minuten lang der Stadtmauer parallel lief, voll ***) Aruodell, Discoveries 1. c. II. p. 60—85; s. Tafel p. 59: at Germe-Cremna.

Acropolis

©ernte, die alte Cremn«.

555

zahlloser Grauitsäulen mit corinthischen Capitalen, die aber alle niedergeworfen dalagen, mit zwischenerhaltenen und noch aufrecht stchenden Basen, an deren Piedestals einst Inschriften gestanden, von denen aber fast keine leserlich geblieben, auf denen man keine Ortsnamen auffinden konnte. Noch ein dritter Tempel mit 14 Säulen, aber von Bäumen überwuchert, ließ nur erkennen, daß er römischer oder byzantinischer Bauzeit angehörte. Prachtvoll auf die fernen schon schneebedeckten Taurusketten, und von drei fast senkrechten, natürlich abstürzenden Seiten in die tiefen vorlie­ genden grünen Pinuswälder, war die Aussicht von der Höhe dieser natürlich befestigten Stadt; nur an der vierten, obwol auch noch ziemlich abschüssigen Seite war sie durch eine mächtige Mauer für jeden Angriff ganz unzugänglich gemacht. Hier bezeichneten Sarcophage die alle Necropole der Stadt. Im Bette des Cestrus, dessen Thal man von der Höhe aus gegen Ost überschauen konnte, zu dem auch ein geringes Wasser von der Stadthöhe hinabzieht, schien damals nur wenig Wasser zu fließen. Dieß ist der einzige Zufluß, der von der steilabschüssigen Westseite dem CestruS, so viel bis jetzt bekannt ist, zufließt; er ist jedoch auch sehr unbedeutend, und ist nur zu nennen als Grenzbezeichnung deS oberen und mittleren Cestruslaufes von dieser Westseite, denn er fällt unmittel­ bar unter dm aus dem Iöbarta- und Aghlasan-Arme schon ver­ einten Strömen ein, weshalb Germe an dessen Quelle gele­ gen, der natürlichen Abtheilung nach, auch zum obern Strom­ gebiete zu rechnen sein wird. An der Ost feite des CestruS sah man von der Acropole zu Germe die ferne hohe Schneekette (wol Zarb Dagh und Bozburun) emporsteigen, und durch eine Berglücke gegen Süd konnt- man die Ebene PamphylienS mit der Meeresfläche gegen den Golf von Adalia erspähen, zugleich aber auch gegen N.W. gewendet die GebirgSterrasse von Sagalaffus am Abhange des Aghlasan-DaghS sehen. Dieser Umblick, sagt Arundell, war durch seine Größe und Herrlichkeit überwältigend, und ein Tag Aufenthalt zu kurz, um die ganze Fülle der Monumente wie die große Mannichfaltigkeit der Umgebung zu überschauen. Zwar fand sich bisher noch keine Inscription, welche den Ramm der Stadt auf einem ihrer Monumente (falls nicht das Fragment auf dem Piedestal des corinthischen Tempels:........... NATQN durch Kgr^iyunoy zu ergänzen ist)66) nachgewiesen hätte, “) Arundell, Discov. 1. c. II p, 64. Corp. loser. Graec. T. III. 1. Nr. 4379.jp. 485.

556

Klein-Asien.

§. 30.

doch entschied sich bereits Arundell aus hinreichenden Gründen gegen die Identificirung mit dem viel östlicher zu suchenden Selge, welches CH. Fellows bei seinem Besuche im Jahre 1838 (am 2. April)66') noch hier zu finden glaubte, ohne zu wisien, daß be­ reits früher Oberst Leake in seinen dem Arundellschen Werke bei­ gefügten Noten daS Nichtige

erkannt hatte;

denn alle historischen

Angaben der Alten über die Lage von Crernna stimmen mit der von ©ernte überein, ebenso wie der ziemlich genau erhaltene Name. Als Amhntas (f. Kleinasien Th. I. ©.474), sagt Strabo, zu seiner Zeit ganz Jsaurien und Pisidien bis Antiochia (Pisidiae) und Apollonia (Mordiaeum) bis zur Grenze von Apamea Cibotus besaß, so wie auch Lycaonien, wollte er den Raubüberfällen der Bewohner deö Taurus nach Phrygien und Cilicien ein Ende machen.

Er er­

oberte deshalb viele ihrer bis dahin noch niemals besiegten Burgen, zu denen auch Cremna (Strabo XII. 568) gehörte. Sandaliurn, das Arundell^) noch irrig für die Tschakal Kale in S. von Assar kjöi, in N. von Dewre hielt (s.unten, wo es erst von Schönborn entdeckt ward), das weiter in N.O. liegt, wagte er nicht einmal an­ zugreifen, weil cs zu fest war, Crem na aber wurde von einer römischen Colonie in Besitz genommen, die Strabo ausdrück­ lich als zu seiner Zeit dort bestehend bestätigt und dabei bemerkt, daß Sagalaffus von demselben römischen Präfekten verwaltet werde, unter dem das ganze ehemalige Reich des AmyntaS stehe (Strabo XII. 569).

Viele der Architekturen zu Crernna zeigen allerdings

römische Construction.

Ptolemäus

hat

Crernna Colonia

(V. 5. fol. 123) richtig in seinen Tafeln eingetragen, aber schon zu Pamphylien gezogen, obwol es noch auf dem Gebirge liegt, in welche Eparchie auch Hierocl. Synecd.,(ed. Wessel, p. 681) EpiScopalstadt verlegt, wegen

der

wobei

noch die Etymologie des

Felswände (xgr^iyög)

von

Wesseling

diese

NamenS

geltend

ge­

macht wird. Gegen Ende des dritten Jahrhunderts, unter Kaiser Pr obuS, wird der Festungsstadt Crernna noch einmal als des Asyls einer wilden Räuberrotte gedacht, die von den kaiserlichen Truppen ver­ geblich belagert wurde, ein Bericht w), der ganz mit der Localität dieser Bergfeste zu Gernte übereinstimmt.

Der Räuberhauptmann

•**) Ch. Fellows, Ausflug a. Stunden von dem Städtchen fern, wiederholt besucht, ungeachtet eS bei starker Mittagshitze am Morgen und Abend doch schon sehr empfindlich kalt wurde, und Schönborn durch diese Wechsel sehr erkrankt war. Viele Trümmer, Versumpfungen und Buschdickichte erschwerten ungemein die Erforschung der alten Ruinenstadt, die hier entdeckt wurde und keine andere sein konnte, als die viel be­ sprochene und gesuchte Pednelissus. Diese alte Stadt liegt am Abhange einer Vergebene, die im Süden durch ansehnlichere Berge mit schroffen Wänden und Walde begrenzt ist. 5in Norden liegen ihr nur unbedeutende Hohen vor, im Osten ein flacher Rücken. Die Stadtruine selbst liegt größtentheilS in einer Ebene, ihr Haupttheil aber in einer sehr liefen fel­ sigen Schlucht. Ihr int West ragt der Rest eines Castells mit Mauern und Thürmen, die auS sehr gut behauenen Quadern aufge­ führt sind, hervor, die aber ganz in Trümmern liegen. Ihnen

Die Lage der alten Pednelissu-, Bauulo.

573

gegenüber zeigt sich der Rest eine- zweiten Castell- auch in Trümmern. Zwischen beiden liegen geebnete Flächen mit größeren und geringeren Plätzen, auf denen sehr starke glatte Säuleustücke, halbzerstörte Sarcophage und eine große Menge von Quadern und Bausteinen umherliegen. Der Mittelpunkt der Stadt in dieser Ebene ist am Eingänge zu einer Schlucht, wo die Ueberreste eine- sehr großen Zeustempels sich zeigen. Sein getäfelter Fußboden ist 30 Schritt in die Länge und 17 in die Breite zu verfolgen; er ist mit vierseitigen flachen Quadern belegt. Da- übrige ist meisteuzertrümmert, aber unzählige Säulentrommeln und Säulenstücke sto­ ßen noch aus der Erde hervor. Capitäle sah mau nicht mehr, aber sonst viele Gesimstheile, die in gewaltigen Haufen umherliegen und oft colossale Baustücke von 7 bi- 9 Fuß Länge, 3 Fuß Höhe und l'z, Fuß Breite zeigen. Der Eingang zum Tempel war von Osten her; von seiner Ummauerung stand an einer Seite noch eine 50 Schritt lange Wand, auS der nur ein einziger Stein mit einem Ornamente hervortrat, nämlich mit der den Pisidiern so eigenthüm­ lichen Sculptur eines sogenannten Triquetrum, da- vorzüglich auS ihren Münzen bekannt ist. Es besteht au- deu drei Meuschenbeinen, die radienartig auseinander stehen, aber mit ihren breiten Oberschenkeln in einem Punkte der Mitte zusammenstoßen, und hier in so colossaler Größe in Stein gehauen waren, daß sie ungeachtet ihrer theilweisen Verstümmelung doch noch die Länge von einem Fuß einnahmen. Auch Postamente in der Nähe deS Tempel- waren mit Sculpturen versehen. Unfern von diesem Haupttempel führt eine colossale Treppenflncht zu einem Gebäude hinauf, da- in der Schlucht schön und groß sich erhebt. Die untersten Stufen der Treppe haben eine Länge von 30 Fuß, davon haben sich noch 19 Stufen ganz erhalten. 3ft man zu ihr hinaufgestiegen, so zeigt da- großartige Gebäude zumal einen viereckigen Thurm von mächtigen Quadern, die aber nach oben abnehmen und von schlechterem Mauerwerk überdeckt sind; umher liegen noch andere schöne Mauern antiker Bauwerke. Auch auf der Ebene vor dem zweiten Berge der Südseite liegen sehr be­ deutende Reste antiker Bauten, die groß, sehr hoch, von mehreren Stockwerken mit Fensteröffnungen sich zeigen, aber ohne Schmuck sind. Weiterhin folgt noch ein anderer Tempel, dem ZeuStempel an Größe gleich, dessen Wand noch vollständig erhalten ist; er scheint die Agora geschmückt zu haben. Die Reste der Nordseite der Stadt sind geringer als die der Südseite, aber die große Zertrüm-

574

Klein-Afien.

§. 30.

merung hindert jede genauere Beurtheilung, man bemerkt nur auch hier «och Reste einiger klemm Tempel, berat Dächer aber eingestürzt sind; die Inscription an einem derselben zeigte, daß er dem Jupiter Srrapi- geweiht war, umher lagen sehr viele Säulm. Bon Sarcophagen bemerkte man nur wenige, wahrscheinlich liegen sie in größerer Menge in der fernerm Umgebung, die nicht besucht tottrbe. Sehr viele- jener Trümmer wurde von den Iürükm weg­ geschleppt zu ihren Grabstätten wie zu den Steinumzäunungm ihrer Biehgehege (TarlaS), oder zum Pflastern an Sumpfstellm. Doch fand sich auf dem Gräberhof zu Bauulo wenig antiquarische». Glücklicher Weise war die Besichtigung der Ueberreste zu Kara» bauulo beendigt, als daselbst ein großer Waldbrand mtstand, der diese Erforschungen sonst wol gehindert haben würde. Bon dm Monummtm zu Karabauulo hat Schönborn nicht weniger als acht bedeutende griechische Inskriptionen^) copirt, von denen ab« keine dm Namen de» Orte» mthält. Die Stadt ist bei Polybiu» und Strabo nur ihre» tapf«m Widerstandes wegen im Kampfe mit Selge bekannt; Ptolem. setzt sie unter 37" 50 N.Br. in seinen Tafeln, 30 Minuten nördlicher al» Selge an (Ptolem. V. 5). Steph. Byz. nennt sie nur unter ihrem Namen, Hierocl. Syoecd. hat sie nicht aufgeführt, wenn nicht seine PastolerifsnS wie Selpe mit Wesseling p 681 für Pednelisfu» und Selge als zwei EpiScopalstädte in d« Eparchie PamphylimS zu lefm sind (cf. Cellar. III. 4. p. 198). Mehr ist über diese verschollene nörd­ liche Stadt nicht bekannt, ebenso wenig von der südlichem Bauulo, die vielleicht die schon oben bezeichnete Binzela (Ovi^iXu b. Ptol. V. 6) de» PtolemäuS, wenigsten» nach seinen Tafeln, zu sein scheint. Da» Dorf Karabauulo machte bei dem erstem Besuche, al» Gchönborn e» am 9. Mai zur Sommerzeit sah, da efl schon von allen Einwohnem verlasien war, die auf die Iaila» gezogen waren, einen seltsamen Eindruck, da alle Hütten auf 4 bi» 8 Holzpfählm mit Qu«balkm verbunden «baut waren, zu denm man auf Settern hinaufsteigen mußte; die Umgebung war mit großen Felsblöcken be­ streut. Buch Bauulo traf « fast ohne menschliche Bewohner an, da die meisten d«selben auf den gelbem bei ihren Heerden, bei Hüttm ob« auch frei auf dem Felde umh«lagm. Die Aussichten von diesen Höhm umher reichtm bei dem sehr Haren Wett« unge­ mein weit, gegen Nord und N.W. bi» zum Chono» Dagh und zum "1 Boeckb, Corp. Inscr. Graec. III. 1. Nr. 4379 C—i. p. 188-190.

BauuloS Ruine, der Tschandyr Tfchai.

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Söüdgol in Cabalia; gegen Süd bis zu dem Tachali und dem Solyme Dagh in Lycien. Sie zeigt auch einige wenn schon nur un­ bedeutende Ruinen, von denen Schönborn doch eine griechische Inschrift**) copiren konnte, die freilich keinen näheren Aufschluß über sie giebt, als daß sie ein Denkmal hatte, das vom Senat und Volk der Stadt geweiht war. Außer einigen Grabschristen lagen nur wenige Säulenreste auf dem Zugänge von O. nach W. zu einem Castell, daS aus sehr großen regulären Quadern erbaut ist und ein Thor nur auS drei colossalen Felsblöcken übereinander gelegt zum Eingang hat, in seinem Innern mit Mauern gut verschanzt war. Ein zweites Thor führte zu einer großen Höhle, von Epheu reizend umrankt, und da lagen am Abhange die Grabstätten an be­ hauenen Felswänden, in welche auch FelSkammern hineinführen. Dieses Castell liegt nicht sehr hoch, muß aber sehr fest gewesen sein, und gegen West, wo man von ihm in einen Thalkessel hinabsteigt, war eS auch durch mehrere VerschanzungSmauern geschützt, bis man in einer Tiefe von 150 bis 200 Fuß die Schlucht des Bauulo su erreicht, der sich rauschend durch viele Felsenstücke hinabstürzt bis zu einer Mühle. Nahe dabei vereinigt sich mit ihm ein kleiner Bach, jenseit welchem daS Dorf Deredeli ein paar Stunden südlich von Bauulo'S Ruinen liegt. Hier ist daS Quellgebiet des Tschandyr Tschai, der aumehreren Bächen zwischen Deredeli und dem nahen Ajy Boghaz (d. h. Bärenschlucht) zusammenfällt und seinen fast parallelen Lauf mit dem Kütschük Su gegen S.W. in die Pambuk Owassy nimmt und wie dieser durch diese große Ebene nur wenig südlicher von jener Einmündung zum CestruS ebenfalls seine Wasser in diesm Hauptstrom ergießt. Wenn jener Karabauulo von PednelissuS herabkommt und in der Ebene zwischen dem Orte Selimler und Melikler hindurchströmt, so entspringt dieser in der Nähe von Bauulo als Bauulo su nur wenig südlicher, und strömt ebenfalls gegen S.W. in der Nähe von jenem, aber an Tschandyr vorüber und hat davon den Namen des Tschandyr su erhalten^). Würde man von den Quellbächen dieses Bauulo Su über Deredeli, Ajy Boghaz direct weiter gegen Süden über die nahen Dörfer Osman kjöi und Mezarbeler fortschreiten, so träfe man weiter in S.O. in den Engpaß ein, der zwischen dem Zarb Dagh und eo) Boeckh, Corp. Inscr. Gracc. Nr. 4379. 1. Tazebuch. Nachlaß. Mscr. 1841.

8I) A. Schöaborn,

576

Klein-Afie«.

§. 30.

Bozburun hinabführen würde nach Bullasau am mittleren Eurymedon, wo einst Schönborn ein so ungastliche- Nachtquartier fand (f. oben S. 502). Stimmt man aber von Bauulo nicht jene Richtung nach S.O., sondern vielmehr nach S.W. am Nordfuße deS Bauulo Dagh ent« lang, so erreicht man sehr bald die offene und freie Pambuk Owassy und den Ort Selimler, der hier zwischen derr beiden Flüssen Tschandyr und Kütschük Su am Ostrande der Ebene Belegen ist, Hieher hatte sich Schönborn auf seinem südlichen Tagemarsche von Sürlik und dem Malek Kalessi (s. oben S. 563) verirrt, und mußte in Selimler die Nacht zubringen, von wo er am folgenden Morgen, den 8. Mai 1842, durch einige Waldungen zum ersten Male nach Bauulo gerieth. Auch auf einem Wege von Sterben her, vom Malek Kalessi und Sürlik, wie von Süden her über die Kyrkgetschid am Kara Dagh kann man Eingang in diese große centrale Ebene der Aksu-Zuflüsse an deffen Ostseite erhalten, da sie einen bedeuten^ den Raum, ringsum von weitem Hochland und Gebirgsketten um» grenzt, einnimmt. Den kurzen Eingang zu ihr vom Storden, vom Hochlande her, haben wir schon oben (S. 556) bei Sürlik angedeutet, der Eingang von Süden her aus dem pamphylischen Tieflande durch den vorliegenden Südwall der taurischen Bergketten gegen Stord ist beschwerlicher und mühsamer, da der Süddurchbruch des CestruS durch seine Engklüfte längs feinet WasierstromS auS der Pambuk Owaffy am Kara Dagh heraus, nicht zugänglich zu sein scheint, wenigstens für unS noch eine Terra incoguita geblieben ist. Dagegen hat Schönboru von Syllaeum aus den Eingang durch die Kyrkgetschid-Passage gegen Storden in die Pambuk Owassy über Kisilli nach Tschandyr gebahnt, ein paar Tagemärsche, auf denen wir ihn zu begleiten haben, um diese Ebene auch von dieser mehr ge­ schloffenen Seite zu erreichen.

Cestrus mittler Lauf; Pambuk Owassy.

577

Erläuterung 4. Die Ebene Pambuk Owassy, d. i. die Baumwollen-Ebene, die Borstufe des Hochlandes im mittleren Stromgebiete des Cestrus und ihre südlichen Eingänge, nach SchönbornS Weg aus der pamphylischen Ebene durch die Kyrkgetschid-Passage am Kara Dagh nach Tschandyr (vom 10. bis 13. Nov. 1841)682). Nach der Erforschung der Ortschaften im ebenen Pamphylien von Syllaeum aus galt eS gegen den Norden bei begin­ nender Herbstzeit zurückzukehren, wo noch viele Untersuchungen stattfinden sollten. Am 10. November wurde die Ruine von Assar fi'öi (Syllaeum) verlassen; am 11. längs dein Laufe des CestruSfluffeS, der zur linken blieb, an den Wald bergen entlang geritten, welche hier der Süd- und Westseite des hohen GebirgSstockS des Bozburun als noch völlig Terra incogmta gebliebene Waldwild­ nisse vorliegen.

Sie mußten durchsetzt werden,

um die Bort er­

raffe des Plateaulandes, die etwa 1000 bis 2000Fuß mittler Höh« üb. d. M. liegende Pambuk Owassy zu erreichen. Aber welcher Richtung folgen bei der fast gänzlichen Weglosigkeit und bei dem Mangel der Wegführer, da die Männer der sparsamen Landes­ bevölkerung noch ans den IailaS waren,

die etwa hie oder da in

den Wohnsitzen und Winterhüttcu zurückgelassenen Weiber und Kin­ der aber zur Berathung unfähig waren, ja meist, wie sich dieß öfter ergab, auS Unwisienhcit oder selbst absichtlich ganz falsche Wege angaben, um die ihnen verhaßten Fremdlinge und GjaurS in die Irre zu führen. Die Nähe von Syllaeum führte gegen Nord noch über die Dörfer Iankjöi und Tekeh (d. i. Kloster), wo einige Gräber sich zeigten, dann in die Nadelholzwälder ein, die noch mit dem südlichen Myrtengebüsch durchzogen waren, bis man um Mittag an einem von N.O. zum Aksu einfallenden Bergstrome die beiden gleichnamigen Dörfer Dschewiz (d. h. Wallnuß) erreichte. Der Weg sühtte hier nun immer nordöstlicher vom Hauptstrome ab, wenn schon zwischen niederen Borbergen hin, über Dorumlarkjöi (wol, wie Kiepert vermuthet, falsch gehört statt Urumlar, d. i. Griechendorf) und andere Dörfer, die noch in der Ebene liegen, von Myrtm, Oleander, wilden Olivengebüschen und Weingehegen um«

"') A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1841. Bl. 37-40. Ritter Erdkunde XIX.

O6

578

Klein-Afien.

§.

30.

geben, noch vegetative Marken des wilden, ja selbst jetzt noch heißen Tieflandes, obgleich die Nächte schon kalt und sehr dunkel zu werden anfingen, die Sterne am klaren Himmel aber mit unge­ meiner Helligkeit flimmerten, wie dies in den nördlichern Gegenden nur im Winter selbst der Fall ist. Am Morgen des 11. Novembers ließ man das Dorf Kairak an einem Bergabhange zur rechten Hand liegen, und nun ganz vom Cestrus, der in S.O. bei seinem Austritt aus einer engen GebirgSklust 'zwischen Kara Dagh und ficffc Dagh vorüberströmt, gegen Nord abgewendet fing man an das GebirgSland aufwärts zu steigen. Man ritt einem Bergstrome entgegen, der aus dem Wald­ gebirge von N. gegen S. zum Cestrus eilt; er wird Kyrkgetschid (40 Fürthen) genannt, sein westliches Ufer begleitet der Kara Dagh (schwarze Berg) von S. nach N., der ihn von der westlichern Kluft des Durchbruchs des Cestrus trennt; seine Ost feite bilden die Bor­ berge des Bozburun, die mit ihren gewaltigen Abstürzen gegen W. und wilden Waldbergcn eben die beschwerliche Passage deS Kyrkgetschid bilden, die auch Kyrk Boghaz (40 Pässe) ge­ nannt wird. Zwei Bergströme sind es, welche diese Gebirgspassage unter gleichem Namen Kyrkgetschid durchströmen, die beide dem hohen Bozburun an seinen Westgehängen entquellen, davon der eine aber im Norden des Kara Dagh direct gegen West mit geringer nördlicher Krümmung zum Cestrus oberhalb dessen Durchbruchs, der andere im Süden des Kara Dagh direct gegen Süd mit geringer westlicher Senkung unterhalb des Kara Dagh zum Cestrus eilt und schon außerhalb dessen Durchbruchs zur Ebene sich in ihn eingießt. Diesen stieg man die Passage empor bis zu seinen Quellen, und jenen von seinen Quellen, die beide dicht beisammen auf der Paßhöhe liegen, wieder nordwestwärts zur genannten Vorstufe, die BaumWollen-Ebene, hinab. Der südliche dieser Kyrkgetschid-, die beide wegen ihrer ungemein wechselnden Wasserfülle von Schön­ born nur mit dem aus Sicilien bekannten Ausdruck Fiumaren bezeichnet werden, hatte ein breites steiniges Bette, das der Reisende dem der Oder bei Breslau hinsichtlich der Breite vergleicht, doch war sein Wasser jetzt keinen halben Fuß tief und mit wenigen Schritten zu durchschreiten, während er bei Wasserfülle im Winter ganz unpassirbar ist. Sein Zickzacklauf, der sich von O. nach W. mehr als 20 Mal wiederholte und immer dasselbe böse Steinbett zeigte, war zwischen Nadelholzwaldnngen höchst schwierig zu durch-

Die Pambuk Owaffy, Baumwollenebene. setzen.

Noch drängten sich Oleander und Platanen

Thalschluchten hatte

zwischen

die

PinuSwälder hinein.

579

in seinen

Gegen

Mittag

man die über 1000 bis 1500 Fuß hohen östlichen Abhänge

deS Kara Dagh auf immer steileren und sich verengernden Wegen zu ersteigen; denn neben dem Flusse waren überall große Conglomeratfelsen und Blöcke, die von den Nagelfluemassen, welche die Borhöhen des Bozburun characterisiren (s. oben S. 506), herab­ gestürzt sein mußten, Massen aufgelagert.

den Kalksteinschichten

Pambuk Owafsy hinab,

dennoch

durch die Züge der Ittrüken, ihren hochgelegenen hinabwanderten.

oft in sehr bedeutenden

Alle Dörfer fehlten auf dieser Passage bis zur war sie doch ziemlich belebt

die mit ihren Heerden bereits von

Sommerstalionen

wieder in ihre Winterlager

Auf einem späteren Rückmärsche durch dieselbe sonst

menschenleere GebirgSpassage wurde Schönborn durch die Aus­ sage eines Hirtenjungen frappirt,

der ihm dort begegnete und der

ihm von einem großen Kebristan (d. i. Begräbnißplatz)^) mit großen Steinen, Säulen und Münzen sprach,

der sich dort

vorfinden sollte und wahrscheinlich ein noch ununtersuchtes Denkmal aus antiker Zeit bezeichnen mochte,

wenn nicht die von Fellows

dort etwa erwähnten Thürme im Walde damit

gemeint

waren.

Fieberanfälle hinderten Schönborn sich weiter danach umzusehen. Auf der zweiten Hälfte der Kyrkgetschid,

welche man

nordwärts wieder 4 Stunden lang hinabzusteigen hatte, traten durck Felsblöcke und überschwemmende Wasser an vielen Stellen nicht we­ niger Hemmungen ein. nicht blos zwei,

Die Türken

behaupteten,

sondern mehrere Flüsse

eS flössen hier

hindurch.

Man sah

auch oft reiche Quellen auö den Seitenthälern kommen, die sich dann bald zwischen den Geschieben verloren;

während die unteren Theile

dadurch ganz undurchgehbar wurden, waren die oberen Stellen ganz wafferleer und die Blöcke, zwischen denen die Wasser sich durchscho­ ben, nahmen nicht selten eine Höhe von 50 bis 60 Fuß ein. Endlich, al- man aus dieser waldreichen Klippenwildniß hinaus­ trat in den Anfang der Ebene, lag das Nordende des Kara Dagh schon eine ganze Stunde hinter dem Reisenden, und, sagt Schön­ born, die waldfreie Ebene machte auf ihn den angenehmsten Eindruck; sie überraschte durch ihre Größe in einer amphitheatralischen

Umgebung,

und nahm

von N. nach S. eine Länge von

2 vollen Stunden ein, von W. nach O. eine Breite von über eine

6!n) Schönborn, Tagebuch. 18V2. Nachlaß. Mscr. Bl. 93.

Oo 2

580

Klein-Asien.

§. 30.

Stunde, und wurde gegen Ost von dem an den Bozburun in Nord anstoßenden hohen Tafellande begrenzt, das mit senkrechten Wanden gegen sie abfällt. Nur sehr schmale Thäler gehen am südlichen Theile von hohen Abhängen in Osten gegen sie herein. Auch im Nord liegt ein hügeliges Hochland vor, von gleicher Hohe mit dem Vorlande, auf dem noch mäßige Bergrücken aufgesetzt sind.

An der

Nordostecke des Nordrandes setzt sie mit Steilwänden gegm N. hin­ ein, doch nicht tief. In West ragt die steile, nackte Felswand über dem Westufer deö Aksu ganz dunkel hervor, auf welcher die kleine Plateauhöhe von Milli (MilyaS) gelegen ist, deren nord­ wärts mehr waldig werdende Abhänge von den noch ferneren Hoch­ gebirgen des Kestel Dagh Liberragt werden;

aber über alles empor

noch nordwestlicher erhob sich der steile Aghlafan Dagh, und nördlicher der hohe DauraS Dagh. Die höchsten Spitzen des Bozburun-ColosseS gegen Ost, an 9000 Fuß absolut hoch, waren mit Wolken belagert.

Die weit sich ausbreitende Ebene wird

auch in ihrer Mitte von einigen niedrigen Hügelreihen unterbrochen, die ihr ein welliges Ansehen geben; den Namen Pambuk Owassy hat sie von der Baumwolle, Pambuk der Türken, erhallen. Ob dieß Wort ihnen von dem persischen pembeh

oder von der ver­

drehten Anwendung des griechischen Bombyx bei Aristoteles und PliniuS oder ursprünglicher, wie H. Brugsch in gelehrter Sprach­ forschung aus dem allägyptischen nachweiset, bumpax mit Er­ weichung deS p zu b, bömbnx deS Mutterworts, auö einer großen Gruppe von andern Stoffnamen der ältesten Zeit zugekommen ist, überlassen wir gelehrteren Sprachforschern^). Hier ist Baumwolle die Hauptcultur in der Ebene.

Ihre

Dörfer liegen fast alle an ihrer West- und Ostseile, in ihrer Mitte finden sich nur Hütten für die temporären Bodencultivatoren errichtet. Während des Sommers wird sie von Menschen und ihren Heerden gänzlich verlasien, die dann auf die Höhen der IailaS ziehen, denn die zu große Hitze und die Schwärme der Mücken, Fliegen und anderer peinigender Insekten sind dann für beide unerträglich. Beim Eintritt in diese warme Ebene, die keine volle 1000 Fuß mehr ab­ solut üb. d. M. liegt, sondern in ihrer westlichen Senkung nur noch 6S4) C. Ritter, die geographische Verbreitung der Baumwolle, I. antiqua­ rischer Theil. 1832. Verl. 4. S. 9 ff.; s. H. Brugsch, Sendschreiben an C. Ritter über den ägyptischen Ursprung der Wörter Gkndan, ByffuS, Bombyr, Goffypion, Ztilon. Berlin 1852. Bl. 20 ff. im Mscr.

Die Baumwollenebene, Panibuk Owassy.

581

höchsten- 900 Fuß nach SchönbornS Angabe (Melikler in der Mitte nach einer Meffung von v. Tschich. auf BolotowS Karte —370 M. ---1138 Fuß Par.)^), fand man noch kein Dorf in der Nähe; man durchirrte lange das dortige Myrtendickicht, kletterte wieder eine halbe Stunde weit hinauf, dem Brüllen des BieheS aus der Ferne fol­ gend, und erreichte erst in dunkler Nacht das Dörfchen Kyzylly, wo man bei sehr kalter Lust und scharfen Bergwinden vom Bozburun herab nur unter dem Schutze eines Baumes übernachten konnte. Am 12. November, erst um 10 Uhr, stieg man wieder in die Pambuk-Ebene hinab, aber mühsam durch Buschdickichte an einem Felshügel, Malagasaö Kalessi genannt, vorüber, mehrere Kales (Schlösser) sollten.

wo noch

und Manastyrs (Klöster) umherliegen

Erst nach einer kleinen Stunde traf man den ersten Fluß­

lauf, den Tschandyr-su, der 1 Fuß tief und in einer Breite von 10 bis 15 Schritten gegen W.S.W. rasch abströmend, dem Aksu zufloß, der nur eine Viertelstunde in W. entfernt und sehr wasser­ reich war. Ein besonderes Thal konnte man hier nicht wahrnehmen, durch welches der Aksu von da an die Bergkette südwärts durch­ brechen sollte, sein Bette war hier nur unmerklich tiefer als die Ebene Pambuk Owassy. Weiter gegen N.O. fortschreitend erreichte man bald einen zwei­ ten Fluß, der in vier Armen von N.O. gegen 0.333. vorüberfloß, den Kütschük Su, in dessen nördlicher Ufernähe das Dorf Me­ likler kjöi.

Eine geringe Anhöhe, die hier erstiegen wurde, ge­

stattete schon, sich in dem Laufe dieser Flüsse zum Hauptbette deS Aksu zu orientiren. Bon dieser Höhe, die nur 100 Fuß über daS Dorf aufstieg, konnte man unter den Borbergen deS Bozburun gegen die Pambuk Owassy drei Hauptthäler zwischen den drei Gliederungen derselben von N. nach S. unterscheiden: den Tschandyr Dagh, an dessen Westabhang Kyzylly liegt; denKarabrakyn Dagh und den Karakisse Dagh (Schwarzbeutelberg), dem in Südwest noch der Kara Dagh sich erhebt, den man zum Theil zwischen ihm und dem Karakisse Dagh in der Kyrkgetschid-Passage überstiegen hatte. Aus diesen drei Thälern fließen auch der Ebene Bergwasser zu, und im östlichen Rücken derselben zwischen ihnen und dem Westabhange des Bozburun-Gipfels selbst fließt noch ein Ienidschehstrom direct südwärts zum unteren Aksu, den Schön­ born erst später und nur in seinem oberen Laufe kennen lernte, als ss) P. de Tchihatcheff, Aßie Mineure. T. I. p. 571.

582

Klein-Asien.

§. 30.

er im folgenden Jahr, 1842 im SKai686), von Selge seinen höchst beschwerlichen Weg um den hohen Bozburun-Gipfel gegen Nord über die Schneeflächen verfolgte, und an dessen West abhange durch Steilwände, Schneefelder und Wälder am 17. Mai fieber­ krank zu diesem Strome der Wildniß herabschurrte und in dem Bergdorfe Ienid sch e übernachtete (doch zu krank, um Beobachtungen zu machen), am folgenden Tage, den 18. Mai, den näheren Weg gegen W. zu dem ihm schon zuvor bekannten Tschandyr nahm, wo man eben mit der Aussaat der Baumwollenstaude be­ schäftigt war, und daun südwärts zur pamphylischen Küste nach Adalia zurückeilte. Bon der Anhöhe bei Meli kl er übersah man die ganze Osthälste der Pambuk Owassh, die voll Gesträuch war, darunter man auch durch vieles Granatcngebüsch, das hier wild wuchert, sich durchzuarbeiten hatte. Auf einem der 200 Fuß hohen Hügel erreichte man eine Art Castell, Melikler Kalessi genannt, was auch die Reste einer Kirche hätte sein können, nach SchönbornS Ansicht, der jedoch keinen Weg hinauffinden konnte, um es genauer zu untersuchen. Weiterhin am Kütschük Tschai, dem Haupt­ fluß der Pambuk Owassy, der von Sümpfen und Baumdickich­ ten umwachsen war, erreichte inan erst spät in der Nacht den Ort Selimler, wo das Nachtquartier genommen wurde. Hier ward bei den Eingeborenen die Sage von mehreren Duden wiederholt, die in der Ebene ihre Wasser unterirdisch verlieren sollten, zu denen auch der Kütschük Su gerechnet wurde. Am folgenden Tage, den 13. November, wurde von Se­ limler aus das östliche Ende der Pambuk Owassy-Ebene an ihrem steilen 700 Fuß hohen Rande, dem zur Seite eine Steilkluft zum Kütschük Su in ein felsiges Thal abstürzte, gegen N. empor­ gestiegen. In verschiedenen Absätzen stieg man zu höheren, bald kahl werdenden Höhen hinauf; auf zwei Felsen, die fast ganz isolirt waren, lagen ein paar Gebäude, man nannte sie Jarymdscha und Tschalytsch (?); es sollten Manastyrö (Klöster) sein. Bald tra­ ten auch Sagen hervor, man wollte in einem Stein den Abdruck einer Roßtrappe von Ali's Pferd sehen; dann kam man wieder an einem malerischen Malagasin Kalessi vorüber, daS gut er­ halten war und auch ein Manastyr genannt wurde, dann an einer zweiten Roßtrappe vorüber, wo Ali'S Pferd einen gewaltigen 686) Schünbern, Tagebuch a. a. £>. 1842. Bl. 93. Mscr.

Unterer Lauf des Cestrus oder Ak Su. Sprung gemacht haben sollte, und dergl. mehr.

583

Man war immer

dem oberen Laufe des felsigen Kütschüt Su-FluffeS gefolgt, von dem man wieder die alte Angabe vorbrachte,

daß er ein Duden fei.

Wol möglich, da man nun dem Hochlande schon wieder ganz nahe gekommen war,

an deffen Südrande sich überall solche Angaben

wiederholten, ohne daß man sie zu verifkiren im Stande war. Man hatte hier nun in größter Einsamkeit, wo einige Iürüken-Grabstätten, die man vor der Verletzung durch die Heerden mit Holzgestänge umhegt hatte, schon aus

bei der Capelle Meneschlü Manastyr,

obigem kennen (s. oben S. 563),

die

begrenzung der Pambuk Owassy erreicht,

die wir

äußerste Nord­ die nicht weiter

erforscht werden konnte, und die wir daher für jetzt, so wie das ganze bisher durchwanderte mittlere Stromgebiet des Cestrus und seiner Nebenflüsse zu verlassen haben, da uns noch dessen unterer Stromlauf bis zum Meere zu betrachten vorliegt. merkung sei uns zuvor noch erlaubt,

Nur diese Be­

daß diese merkwürdige pisi-

dische Culturebene der Pambuk Owassy, die einzige dieser Art innerhalb

des

wilden Gebirgslandes

eingeschloffen, noch eine

genauere Untersuchung zu verdienen scheint,

da ihr früheres Ver­

hältniß zu ihren historischen Umgebungen und Einflüssen auf diesel­ ben so ganz im Dunkel geblieben ist, und ihre Naturbeschaffen­ heit doch eine ganz andere Erscheinung erwarten läßt als die einer öden menschenleeren Wildniß, einer Ebene in der Mitte der jetzigen Gebirgswildniß.

Erläuterung 5. Der untere Lauf des Ak Su oder CestruS durch die pamphylische Ebene bis zum Meere;

Murtana (Perge),

Affar kjöi

(Syllaeum). Der untere Lauf des Akfu hat in neuerer Zeit bei den we­ nigen Wanderern in diesem Gebiete einförmiger pamphylischer Ebene,

in welche der Strom von seinem noch gänzlich unbekannt

gebliebmen Austritt aus dem

südlichen Gebirgsrande der Pambuk

Owassy zwischen Kara Dagh in Ost und Kefke Dagh in West mit gegm S.O. veränderter Stromesrichtung eintritt, keine besondere Aufmerksamkeit erregt, nur der Untersuchung

weil diese in vollerem Maaße vorzugsweise der ihm zu beiden ©eiten liegenden

alten

584

Klein-Asien.

§.30

Prachtruinen der Städte Per ge in W. und Syllaeum nahe in Ost aus seinem Ufcrlande zu Theil geworden ist. Nur weil zwi­ schen beiden der Hauptstrom fließt und durchsetzt werden muß, um von einer zur andern zu gelangen, haben wir von dem lieber sahrtsorte gelegentlich ein paar Bemerkungen über den Fluß selbst erhalten und erfahren, daß ihm auch daselbst südwärts Perge ein paar kleinere Zuflüsse, der öhntana Tschai und der Karasu weiter abwärts von der Westseite zufallen; seine Ostseite scheint ohne Zuflüsse zu bleiben. Der Murtana Tschai hat von dem Torfe Murtana^) den Namen, neben welchem sich die Ruinen von Perge erheben; ein paar Brücken, die über ihn in dichtem Gebüsch hinführen, ma­ chen das Derschen zugänglich, wo der Agha sich ein stattliches auf Holzfäulen ruhendes Wohnhaus erbaut hatte, die auf die Basen corinthischer Capitale gestiitzt, unstreitig den Stadtruinen entnommen waren, wie denn auch sehr schöne Architekturstücke und Ornamente zum Aufbau der Tschamic des Ortes und seiner Brunnen gedient hatten. Auch eine lange Brücke, die von S.O. her auf dem Wege nach Murtana und Perge über den nahen Karasu führt, mochte ähnlicher Entstehung sein. An der Ueberfahrt des HauptstromS zwischen Perge und Syllaeum fand Schön born das Flußthal ziemlich breit und tief (ant 8. November 1841), seine kalkigen und erdigen Seilenwände waren steil, zwischen ihnen in viel tieferem Flußbette strömte der Aksu mit seinem trüben Wasser in raschem Laufe ab. Er hatte nur eine Breite von 25 bis 30 Fuß und eine Tiefe von 4 bis 5 Fuß, wo die Furth zum Hindurchreiten war. An den meisten andern Stellen war er nicht zu durchsetzen, und im Winter ist er so angeschwollen, daß dies dann vollends unmöglich ist; dann pflegt er das ganze Flußthal auszufüllen. Auf dem öst­ lichen Ufer der Furthstelle blieben die Orte IstavroS, wo zur Winterzeit die Ueberfahrt stattfindet, eine Viertelstunde zur rechten Hand, d. i. int Süden, der Tschiftlik, ein anderes Borwerk, Sollak, links int Norden liegen und zwischen beiden hindurch gegen N.O. liegtAghalykjöi (Herrendorf), eine Station nach Assar kjöi, dem benachbarten Syllaeum. Indeß war dahin kein gebahnter Weg; Schönborn mußte durch das Gebüsch hindurch irren an einer Gräberstätte vorüber, wo er noch eine stehende Säule mit einer Inschrift fand, mit dem einfallenden Dunkel der Nacht sein Ziel doch nicht "0 SchönboruS Tagebuch. Nach!. Mscr. 1841. Dl. 35.

Perge, die Ruinenstadt bei Murtana.

585

erreichen konnte und in der Menscheneinöde in einer Biehhürde unter einer Mandra seine Nacht zubringen mußte. 1. Perge, die Ruinenstadt bei Murtana. Bon seinem flüchtigen Besuche in Perge, wo er nur ein paar Ständen verweilen konnte, die er vorzüglich zum copiren von Inscriptionen verwendete, giebt Schön born nur leichte Umriffe. Die antike Perge, sagt er, liegt über der Küstenniedcrung auf einer etwas erhöhten Ebene, die aber durch mehrere breite fast söhlige Einsenkungen in verschiedener Richtung hin zerriffen ist, deren Ab­ hänge sämmtlich steil, mitunter ganz senkrecht abfallen.

Auf dem

Wege von Adalia herkommend, sieht man im kurzen Thale in N. vor dem Orte, sowel rechts wie links, große Trümmerhaufen am Wege liegen, zumal von einem großen Gebäude, dem Theater, denn in einem Thale erkennt man das Stadium der Stadt; diese selbst lehnt sich an einen Hügel, der sich von W. nach O. hinzieht, dann aber am Ostende deffelben sich in die Ebene ausbreitet. Ueberschreitet man gegen N.W. den vorüberziehenden Murtana Tschai und das Dorf Murtana, so durchschneidet man die antike Gräber­ straße, die mit ihren Sarcophagen gegenwärtig theils durch Ackerland oder Sümpfe führt. Bon der Höhe des Stadthügels breitet sich eine herrliche Aussicht in weite Ferne auS, vom lyrischen Tachtaly (Solymer - Berge) ostwärts bis zum Meere, 3 Stunden von der Stadt gegen Süd entfernt liegt.

daS noch

An drei Grab-

gebäuden und höher auf an einem vierten mit langer Inschrift ge­ langt man durch ein Thor zur oberen Stadt. Ihre noch stehenden Mauern sind nicht hoch, viele Cisternen liegen aber um den Hügel, auf dem sie steht, der eine Viertelstunde lang sich hinzieht, aber nur 100 bis 150 Schritt Breite einnimmt.

Seine westliche Seite war

weniger bebaut, da sie mehr zur Verschanznng diente, als die östliche. Auf einer Felsplatte, die über der unteren Stadt sich erhebt, stehen noch vier große Säulen von 2 Fuß Durchmesser,

eine fünfte ist

umgestürzt und hinter ihr sind andere Säulenreste übrig, die viel­ leicht einer einstigen Kirche angehörten.

Diese Stelle hielt Schön­

born für dieLage des Tempels, der einst der pergäischen Diana geweiht wär, wo Ausgrabungen nicht unerfolgreich sein möchten. Die eigentliche Stadt im Thale zeigt sehr weitläufige groß­ artige Ueberreste; aber die Trümmerhaufen sind meist so dicht über­ wachsen, daß nur die hohen Mauerreste noch über dem mächtigen Schutte hervorragen.

Doch würden sich noch viele Straßenlinien

und Bauwerke der Stadt aufnehmen lassen, denn Thore, Thürme,

586

Klein-Afien.

§. 30.

Zimmer, Gewölbe und zahllose Säulenwerke von den verschiedensten Durchmessern könnten dabei zum orientiren dienen, und die schönsten Sculpturen aller Art, zumal von Cassetten, Blumengewinden an Deckeustücken, die Mühe der Arbeit belohnen. Die Stadtmauern hü­ ben eine Dicke von 3 Fuß, nach außen mit Quadern bekleidet, nach innen mit kleinen Steinen gefüllt, und sind durch viele viereckige Thürme flankirt, unter denen auch einige runde, die aber meist von schlechtem Material aufgeführt sind. Die Sitzreihen des Stadiums, meist auS schönen Quadern errichtet, hatten sich in 60 bis 70 Stufen übereinander erhalten; eben so daS Theater, mit der Außenwand der Bühne gegen die Straße gestellt, in der fünf große, 18 bis 20 Fuß hohe und 4 Fuß tiefe Nischen, für Statuen bestimmt, und die sorg­ fältig geordneten Quadern der meist erhaltenen Sitzreihen zeigen, wie in allen Ueberresten der antiken Städte unter römischer Herrschaft, daß die Hauptkräfte derselben zur Befriedigung der leidenschaft­ lichen Spielwuth ihrer Populationen verwendet wurden. Vor dem Theater ist noch ein zweites größeres Gebäude von 40 Schritt Länge und 33 Schritt Breite in einigen Resten stehen geblieben, das einer christlichen Kirche angehört zu haben scheint. An dieser zu ihrer Zeit bedeutenden Stadt Perge (JltQyTj nohg, Strabo XIV. 667) geht Strabo nur mit wenigen Bemer­ kungen vorüber; sie liegt nach ihm 60 Stadien landeinwärts vom Meere am Cestrus, bis dahin schisse mau. Hinter ihr auf der Anhöhe liege der Tempel der pergäischen Artemis, bei dem all­ jährlich ein Volksfest (eine IIuy^yvQtg) im Gebrauch sei (Scyl. Caryand. Peripl 39; Dionys. Pcrieget. v. 854). Weiterhin, nur 40 Stadien vom Meere, ist eine hohe Stadt gelegen, Sylleion, die auch von Perge aus sichtbar (im Texte des Strabo ist ihr Name ausgefallen, aber nach Arrian I. 267 entschieden zu ergänzen)^), und dann folgt der Capria-See (X/^, ein Sumpf, Lagune) und weiterhin der Eurymedon, den man 60 Stadien aufwärts schifft nach ASpendus. Zu Alexanders M. Zeit (s. oben S. 419) waren die Per­ gens er, die ihm als Führer dienten, den Macedoniern befreundet, als Alexander durch ihre Stadt gegen ASpenduS, Side und Shllium zu Felde zog, und auch nach deren Unterwerfung über Perge wieder nach TelmisiuS zurückkehrte (Arrian. de Rxp. Al. 1.26). Der rö­ mische Consul ManliuS drang auf seinem Raubzuge nicht bis •••) Strabo ed. Kramer. T. III. p. 151, Not.

Die alte Perge, ihre Götter und Münzen. 587 Perge vor. Als er aber die FriedenStractale zwischen den Rö­ mern und dem König AntiochuS abgeschlossen hatte, und dessen Städte an der Südküste Kleinasiens an die Römer abgetreten wer­ den mußten, zögerte der von AntiochuS in Perge*>) eingesetzte Commandant am längsten mit der Uebergabe der Stadt, denn sie war die einzige, in der noch eine königliche Besatzung zurückgeblieben war. Erst nach einem Aufschub von 39 Tagen, die er dazu nöthig fand, sich erst die Befehle zur Räumung der Feste von dem Könige AntiochuS einzuholen, trat er Perge, die also damals keine freie Stadt mehr war, an die Römer ab. Garsyeris, des AchäuS Feldherr, der Belagerer von Selge (Polyb. V. 72), zog auch über Perge durch das übrige Pamphylien, um sich Hülfsvölker gegen die Selgenser zur Befreiung für die Pednelissier zu werben (s. oben S. 512). Perga wird auch von PliniuS (V. 26) und Pomp. Mela (I. 14) genannt, der vom schiffbaren Strome (Cestrus navigari facilis) spricht und von dem Tempel der Diana bei der Stadt, die nach ihr Diana Pergaea heiße, welche nach CallimachuS (Hymn. in Dian, v. 187) dort ihren Lieblingsaufenthalt habe. Ihr Cultus war in Pamphylien von gleichem Range, wie der der ep he fischen Diana im westlichen Vorderasien. Sie ist besonders bekannt durch ihre umherwaudelnden Bettelpriester^), ihr Bild ist auf Münzen noch roher und unförmlicher als das der Artemis von EphesuS und Magnesia. Ihren Tempel findet man auf ihren Münzen abgebildet^). Die 14 Münzen, welche Waddingion zu Perge einsammelte^), enthalten wichtige Daten zur Kenntniß deS Ortes, von dem die Geschichte fast schweigt. Sie beziehen sich fast insge­ sammt auf den Cultus des Apollo und der Diana Pergaea, die bald von einem Hirsche begleitet, bald mit einer Mondsichel abgebildet, oder Artemis, auch Diana PhoöphoroS genannt, mit Symbolen von Schlangen, Sphinxen u. a. umgeben ist. Diese Münzen sind aus den Zeiten deö TituS, CommoduS und Kaiser ValerianS. Der in Kleinasien so vorherrschende Cultus dieser dort einheimischen Artemis war auf die drei Orte Ephe­ suS, Magnesia am Mäander und in Perge ursprünglich concentrirt, wo sie in pamphylischer Sprache auf ihren Münzen ") Polybius, Reliq. XXII. 25; Livius XXXVIII. 37. ") Preller, Griech. Mythologie. Bd. I. 1854. S. 198. ") Will. Smith, Diction. of Creek and Rom. Geogr. 1856. s. v. Perge. ”) W. ü. Waddington in Revue Bumism. Anale 1853. p. 33—35.

588

Klein-Asien.

§. 30.

MANAMA- ÜPEIIA2,

die pergäische Manapsa, heißt, deren griechisches Gepräge die Uebersetzung Agjuudog IltQyuiag führt.

Ihr Cultus war, wie der der Cybele in Pessinunt (ihr

einheimischer Name tvax Ayötng, s. Kleinasien Th.I. S. 593 ff.) und der Aphrodite in PaphoS, ein einheimischer, und alle drei (erst spater den hellenischen Göttinnen Cybele, Aphrodite und Diana assimilirt) waren unter der Gestalt von Steinen verehrt, die in Perge und PaphoS kegelartig waren. Auch Men, als phrygifcher Gott (wie die magnesische Göttin Mene), wol dieselbe Wur­ zelbenennung wie in Manapsa, war wol die männliche Vor­ stellung, die den Pinuszapfen in den Händen trug, der kegelförmig wie der heilige Stein zu Perge, die häufig auf den schwer zu erkennenden Ueberresten der Abbildungen mißkannt werden.

Es ist

ein Symbol, das sich sehr merkwürdiger Weise unstreitig mit den römischen Legionen einst in den fernen Westen der Erde bis zum römischen Stadlwappen von Augsburg verirrt hat, wo es noch heute auS antiker Gründungszeit der Augusta Vindeli-

corum in vielen kleinen und colossalen großen Steinsculpturen, auS der Erde auSgegraben, im dortigen Museum aufgestellt ist, ohne besondere Aufmerksamkeit, woher eS ursprünglich gekommen sein möchte, darauf erregt zu haben.

Nur heidnische aus

Kleinasien in jenes Soldatenlager zurückgekehrte und daselbst ange­ siedelte Colonen und Veteranen können bei ihrem vorherrschenden Ansehen dieses ihr Göttersymbol dahin übertragen haben, das die später christliche Stadt als ihr römisches Wappen bis heute beibe­ hielt. Von besonderem Interesse ist eS, in der Apostelgeschichte die Bestätigung zu finden, daß damals zwischen CYpern und Pamphylien ein reger Völkerverkehr stattfand, denn vom Apostel Paulus wird gesagt, daß er mit seinen Gefährten BarnabaS und Johannes (Markus) von PaphoS gen Perge in Pam­ phylien schiffte, von wo der letztere zwar nach Jerusalem umkehrte, die beiden anderen muthkgen Verkündiger des Evangeliums aber nicht lange verweilten, sondern eS nicht scheuten, durch die TauruSgebirge und ihre gefürchteten wilden, raubsüchtigen Bevölkerungen stromaufwärts durchzudringen bis zu der großen damals jüdischen Gemeinschaft, der sie in Antiochia, im Lande Pisidien, die ihnen neugewordenen Heilswahrheiten

als

ihren

früheren

Glaubensgenossen frisch und freudig zu verkündigen kamen, ehe sie noch daran denken konnten, sie den Heiden in Hoffnung gleicher Empfänglichkeit mitzutheilen.

Und doch sollte der Erfolg ein ganz

Erste Verkündigung des Evangeliums in Perge. 589 anderer als der erwartete fein (f. oben Antiochia Pisidiae); denn, von den Juden verstoßen, wurden sie auf ihrer Flucht zu Jconium und in dem götzendienerischen Lycaonien zu Lystra und Derbe durch ihre Wunderthaten und Heilslehre wie Götter des Landes empfangen, wo sie sich sogar gegen die göttlichen Ehren, die ihnen der Priester deS Jupiter sammt dem Volke durch Opfer er­ zeigen wollten, fast mit Gewalt wehren mußten. Zu Derbe und in der Umgegend fanden sie gläubige Jünger, ordneten die erste christliche Gemeinde an und kehrten dann noch einmal nach Perge zurück. Eben an diesen früher so zuchtlosen, dem sündlichsten Dienste der pergäischen Diana durch seinen jährlichen Zusam­ menlauf der besuchtesten Volksfeste so ganz hingegebenen Hafen-und Handelsorte fanden sie wiederum Anerkenntniß der Wahrheit; denn heißt es "daselbst redeten sie nun das Wort zu Perge" und zogen von da hinab nach Attalia (der Hauptstadt PamphylienS, f. Apostelgesch. 14, 24). Und als sie nach Antiochia in Syrien zu ihrer ersten Gemeinde, die sie als Missionare ausgesandt hatte, zurückkehrten (Erdk. XVII. 2. S. 1147, 1161, 1170), konnten sie den Ihrigen mit Freudigkeit verkündigen "wie viel Gott mit ihnen gethan, und wie er den Heiden hätte die Thür deS Glaubens aufgethan" (Apostelgesch. 14, 27). In der Eparchie PamphylienS wird später Perge als Metropolis aufgeführt, und Syllaeum, gleich darauf folgend, als Episcopalstadt (Hierocl. Synecd. b. Wessel, p. 679), deren Episcopat auch zuweilen vereinigt war; ein großer Theil der Be­ kehrung zur Heilslehre, welche wir durch das innere südliche Klein­ asien, weniger durch den Hergang der Geschichtserzählung als durch die daselbst zurückgebliebenen Gräber-und Kirchenreste fast in allen größeren Städten, aus den ersten Jahrhunderten und in den größten Wildniffen des GebirgslandeS in ihren Trümmern zerstreut vorfinden, mag eine Folge dieser frühesten Verkündigungen gewesen sein, die nach der ersten Apostel Zeiten dort auf eine bewunderungs­ würdige Weise Eingang gefunden und uns nur in ihren ersten Anfängen durch die Episteln der Apostel zu unserer Kunde gekommen ist, und durch wenige Andeutungen einzelner Kirchenväter. In neuerer Zeit hat wol General Koehler (am 16. März 1801) zuerst wieder die Ruinen von Perge, ohne sie dem Namen nach erkannt zu haben, gesehen, als er auf seinem Wege von Ma­ tt awgat gegen West auf einer Brücke über den Eurymedon und bei den Ruinen von ASpendns vorübergekommen war, und am fol-

590

Klein-Afien.

§. 30.

genden Tagemarsche von StavroS durch sumpfige Auen in den ersten 2 Stunden den Cestrus auf einer Fähre durchschiffend, nur in geringer Ferne vom westlichen Ufer, linker Hand die Ruinen mit großen Mauerresten und Gewölbbogen erreichte, welche die Türken ihm Eski ffote093), d. i. das alte Schloß, nannten, welches sich aber später als die Ruine von Per ge ermittelt hat, worauf jedoch auch die Tabul. Peuting. auf der Straße von Laodicea am Mäander (Landicium, jetzt Eski Hisiar) über Themisonium (jetzt Tefenü) und Cormasa (am Jstenaz Tschai) bis Perge (Tab. See. IX. F.) schon hätte Hinweisen können. Erst in neuerer Zeit hat CH. Texier zu wiederholtm Malen (1835 und 1836) auf seiner cilicischen Küstenreise von Adalia auS die Ruinen von Perge besucht, also noch vor Schönborn, aber nichts darüber veröffentlicht gehabt, und die ersten Vermessungen der dortigen noch vorhandenen Prachtruinen der antiken Stadt zu Stande bringen können, durch welche allein schon die einstige Be­ deutung von Perge sich verkündet, wenn wir auch über ihre Ge­ schichte in großer Unkenntniß geblieben sind. In 4 Stunden Zeit wurden die oft sumpfigen und klippigen Wege durch das meist ebene Gebiet des Dudenflusseö (des sogenannten CatarracteS) von Adalia aus von Texier zurückgelegt, bis er in einem weiten Thale, bei Murtana, Ruinen von sehr großer Ausdehnung wahr­ nahm, zu denen von einer Anhöhe ein sich windender Weg, der breiter als gewöhnlich gepflastert ward, bis an den Fuß des Berges hinabführte^). DaS Thal wird von einem 40 bis 50 Fuß breiten und sehr tiefen Flusse Sari-su (Gelbwasscr) durchzogen, der gegen S.O. in den großen Fluß A k Su (Weihwasser), d. i. den CestruS, einfließt. Er kommt von N.N.W. und fließt, ohne die Ruinen der Stadt zu durchziehen, um einen nordwärts liegenden Berg, den ein sehr großes Plateau krönt, das viermal mehr Raum einnimmt als die sehr weitläufige Ruine der antiken Stadt, die keine andere als Perge oder Perga bei Strabo ist und 60 Stadien nord­ wärts vom Meere entfernt liegt. Jene Berghohe, die einstige Acropole, kann nur einst, sagt Texier, den berühmten Tempel der Artemis Pergaea getragen haben, da eö die einzige ist, welche aus der Ebene ganz isolirt auf allen Seiten mit steilen FelS69S) Col. M. Leake, Journal .of a Tour in Asia Minor. 1824. 1. c. p. 131 b. 133 und p. 194; Arundell, Discov. II. p. 85; J. A. Gramer, Asia Minor 1. c. 11. p. 279. ,4) Cb. Tcxier, Descr. de l'Asie Mineure. Paris 1849. Fol. III. p. 211—216.

591

Perge, da- colossale Theater. abstürzen sich erhebt,

zu der von dem nördlichen Thore der Stadl

noch die Richtung einer zu ihm hinaufführenden

großen Straße

in ihren zertrümmerten Ueberresten zu erkennen ist.

Dieser isolirte

Felsberg, wie alle in dem Mnrtana-Thale bis zum CestruS umher sich erhebenden Hervorragungen,

besteht auS einem groben Con-

glomerat von lockeren Blöcken, das bis in die barocken zerrissenen Formen der von Daniell dort beobachteten Berghohen um Selge hinaufzureichen scheint, holt,

und eben so sich hier in der Ebene wieder­

aber durch Wafferströmnngen

und Fortschwemmungen

seine

Sandmaffen und lockeren Bestandtheilen zerrissen, nur hie und da in sehr wechselnden Formen

von

seltsam

gestalteten phantastischen

Blöcken, Pfeilern, Kegeln, Piksgestalten stehen geblieben, während daS ganze Thal von Murtana

und der Ruinenstadt dadurch zu einem

bloßen ErosionSthale erweitert ist, so daß die oberen Schichten oder Kappen der Anhöhen wie der AcropoliS nicht höher liegen als dieselbe westlichere

gegen den

gleichem Conglomerat

Duden zu gelegene,

hohe,

mit

überzogene nächste Strecke der pamphy-

tischen Küstenebene. Die großen Ruinenmasien der Stadt zur linken Seite, durch bohe Mauern erste liegen,

und zahlreiche Bauwerke bezeichnet,

ließ

man fürs

da daS besterhaltenste und colossalste Denkmal der

ganzen Maffe zunächst zur Erforschung anzog. tige Theater,

davon

ES ist daS präch­

nur ein kleiner Theil auf die Seite jenes

Berges angelehnt, der größere Theil auf eigenen Grundmauern, auf Blöcken von colossaler Größe noch vollständig vorhanden,

ohne Mörtel basirt wurde.

kein Stein

Es ist

ist davon durch Menschen

weggeschleppt, was etwa daran verkommen, ist durch die Verwitte­ rung und die Zeit geschehen; eö ist daS schönste von allen (nach dem in ASpenduö) noch bestehenden, sowol in Erhaltung alö in Reinheit deS Styls und seiner Ornamente und Sculpturen;

ja ein gewisser

Luxus ist dabei unverkennbar, denn was bei andern Theatern etwa auf dem Proscenium von gemeinem Stein oder Balkenwerk ausge­ führt ward, in gewölbten

ist hier mit allen Abtheilungm und Unterabtheilnngen behauenen Quadersteinen

Marmor tafeln,

voll

schönster

kleidet und trefflich erhalten. Oberhand gewonnen,

ausgeführt,

mit

weißen

meisterhafter Sculpturarbeit be­

Doch hat die Vegetation hier die

40 Sitzreihen in zwei Abtheilungm sind bis

zu den obersten derselben hinauf mit dichtem Gebüsch überwachsen, und die Inscriptionen sind

meist unleserlich geworden,

daher

kein genaues Datum seiner Erbauung bekannt; indeß da seine Masse

592

Klein-Asien.

§. 30.

bei weitem an Große die der älteren griechischen Theater übertrifft, so gehört es unstreitig auch dem Style nach der römischen Epoche, doch nicht wol den Zeiten vor Trajan oder Hadrian an. Der Baustein ist derselbe Kalk tu ff des Süßwasserniederschlags, welcher die Horizontalebene des westlichen Dudenflusses überlagert hat; die Scene, die Sitzreihen, die Getäfel, die Sculpturen sind weißer Marmor. Fünf Tage Aufenthalt im Theatergebäude reichten für Texier kaum hin, seine Vermeffungen zu Stande zu bringen, Monate würden dazu gehören, den Plan der Stadt mit seinen zahllosen Bauwerken, Portiken, Bädern, Basiliken u. s. w. aufzunehmen. Noch stehen die Stadtthore, die mit ihren Por­ tiken und Prachtcolonnaren einst zu der Anhöhe des Tempels der Artemis Pergaea hinaufführten; hunderte von umgestürzten Gra­ nitsäulen liegen noch an den Seilen. Tie Seitengebäude der Por­ tiken an der 33 Fuß breiten durch die Stadt und das Thor führenden Hauptstraße sind aus colosialen Quadersteinen von 21 Fuß Länge aufgebaut, mit Marmor und Stucco bekleidet. An sie stößt ein dritter coloflaler Bau mit zwei hohen Thürmen, die Texier für eine Basilica hielt. In dem Inneren der Stadt durchkreuzen sieb die Prachtportiken und Colonnaden nach allen Richtungen, so daß es, sagt Texier, schwer ist, von ihrer einstigen Pracht und ihrem Reichthum sich nur eine Vorstellung zu machen. Ein kreisrundes Denkmal in der Mitte der Stadt, mit zwei großen für sich beste­ henden Thürmen, mit> großen Säulen und einem Triumphthor ähn­ lichen Eingänge, jetzt aber ganz von Terebinthen durchwachsen und überschattet und mit dichtem Gebüsch umrankt, ließ sich seiner Be­ stimmung nach nicht näher erforschen, man hätte das Ganze erst durch Niederbrennung reinigen müsse». Die daranstoßenden Mauern von 600 Fuß Länge führten zur einstigen Agora, durch die Mitte derselben floß ein Bach im Marmorbette, das sich in seiner ganzen Länge vollkommen erhalten hat, und zur Seite durch Löwen­ rachen sich bei Ueberfüllung ausgießen und die ganze Agora unter Master setzen konnte. Ein sehr schön gearbeiteter Aquädukt von geringer Höhe brachte das Master von einer Anhöhe in S.M. und leitete eS durch die ganze Stadt, ist aber ganz mit Stalactiten behängt. Viele der Ruinen liegen jetzt in Sumpf und Morast, zwischen gelben Lilien und Schilfwäldern und sind unzugänglich. Die Stadtmauern sind trefflich erhalten und darin viele gute Häuser mit FrontonS, Festons und Portalen eingereiht. Drei Grä­ berstraßen, zwei gegen Ost und eine gegen West, sind mit vielen

Perge, seine Ruinen.

593

sehr einfachen Gräbern, meist von klemm Äamrnem mit Cornischm verscheu, besetzt; die größte Necropole liegt gegmS.O.; uirgmdS zeigte sich eine Inscription. Dir Stadt nimmt ein große- Quadrat ein, von S. nach N. und von W. nach O. gerichtet. Auf dem mäßig hohen, aber großen Plateau gegen Nord, wo einst der Tempel der Artemis Pergaea gestandm, fehlm alle antike Reste bis auf sechs graue Granitsäulen, die wol dem alten Portion» deTempel- angehören mochtm, an deffen Stelle nur noch wenige Ueberreste einer späteren christlichen Kirche zu bemerkm sind. Der Boden, wo einst alljährlich die wilden heidnischen Feste der Manapsa Pergaia von zuströmenden Bölkerschaaren gefeiert wnrdm, ist zu völliger Wüstenei, zur Einöde und Einsamkeit gewordm. Auch Eh. Fellows ist im I. 1838 Texier nachgefolgt, so wie Daniell im I. 1842e9s), auch Schönborn, doch Daniell nur zu flüchtig, ohne sich daselbst aufzuhaltm, um nach Shlleum über die Ostseite des CestruS fortzuschreiten. Fellows, auf seinem ersten Ausfluge von Adalia gegen Cft90), zog von dieser Stadt über die Sandebenm de- Gestades fort, die, häufig von den Küstenflüsien herbeigeführt, sich durch Cementirungen zu breccienartigen Gesteinen verhärtet hatten. Biele Strandvögel, wie IbiSarten, Flamingos, weiße Reiher, Schnepfen und Entenarten» belebtm die Küste, und die Lagunen herbergten eine solche Mmge von Blutegeln, daß sic in neuer Zeit einen bedeutmden Ausfuhr­ artikel nach Europa und Amerika abgeben konnten. Nach den ersten 3 bis 4 Wegstunden kam er an ein Piedestal mit einer Inschrist, wo, sagt Fellows, die Stadt Laara gestanden haben soll (?), und eben so viel weiter zu andern Ruinen einer Stadt, bei welchen Schafhirten ihre Heerden weideten. Dies sollte Perge sein, eine herrliche Lage an zweien Hügeln, vor ihnen ein vom CestruS bewäsierteS Thal, dahinter daS TauruSgebirge. Eine Biertelstunde, che die Trümmer dieser Perge erreicht wurden, traf man einen Bo­ gen und eine Art Burg mit der Ruine eine- Tempels. Dann folgten viele Gewölbbogen und Gebäudereste zwischm einzelnen Grä­ berreihen, bis man ein sehr großes Theater mit hohen Stufen er­ reichte, daS eine Breite von 330 Fuß einnahm. Das Stadium war jetzt ein begraseter Weideplatz für Kameelstuten mit ihren Füllen. "*) E. T. Daniell in Spratt and Forbes, Travels I. c. Vol. II. p. 18.

“) Ch. Fellow-, Tagebuch auf einem Ausfluge, übers, von Dr. Zenker. S. 97. Ritter Erdkunde XIX. Pp

594

Kleln-Afie«.

§. 30.

Die Stadt bot sehr reingriechische Architekturen dar, und noch wa­ ren die Stumm eines PallasteS von ganz außerordentlicher Größe zu erkennm (s. Fig. 31). Von anderen Tempelresten schienen die Säulen weggeführt zu sein, aber sehr viele Sculpturen, Friese und Architecturreste sind übrig geblieben und liegen als Trümmer umher. Eine Wasserleitung, die zur Stadt führt, ist so ganz von Kalktuffm überzogen, daß sie zu einer festen Steinwand geworden ist; auch viele andere Canäle und Röhren sind damit ganz angefüllt (oft von 6 Zoll Durchmesser zu Steinstücken) aber verstopft, und längst unbrauchbar geworden. Nur eine halbe Stunde von den Ruinen dieser Perge setzte Fellows über den bedeutenden Fluß CestruS, der sich im reichen fruchtbaren Boden des Thales ein tiefeS Bette gewühlt hat. Der östlicher zwischen beiden Flußmün­ dungen des CestruS und Eurymedon liegende Capria palus (Kjöprü fu)607) ist auch nur ein großes Rohrdickicht mit Schaaren von Waffervögeln aller Art, wo auch viele Schmetterlinge, Libellm und andere Insetten mit durchsichtigm Flügeln sich zeigten und selbst daS Chamäleon nicht selten, wo Klippen sind, an den Felswänden sich sonnend bemerkt wurde. Gr. A. Pourtalesov) war von Adalia am 14. Octbr. 1843 durch die merkwürdigen Tuffbildungen des Uferbodens, dann durch niedrige Hügelreihen mit der frischesten Vegetation der Myrtenwäl­ der, Lorbeer- und Olivenhaine, dann wieder durch sumpfige Schilfwälder und Dornendickichte, die vielem Wild, wie Ebern, Wölfen, Schakalen, selbst tteinen Leoparden, zum Aufenthalt dienen, die nur erst in der dürren Herbstzeit durch Feuerbrand in die Flucht gejagt zu werden pflegen, bis zu den Ruinen von Perge vorgerückt und im Dorfe Murtana eingekehrt, deffen Bewohner damals in größter Furcht vor Rekrutirung zum Türkenttiege voll Mißtrauen und Widerwillen gegen ihre Gäste waren. Nur der Maler zeichnete viele der Monumente; Unwohlsein hinderte die anderen Reisegefährten an einer genaueren Untersuchung der Ruinen, in denen man vorzüglich nur da- großartige Theater in seiner merkwürdigen Erhaltung be­ wunderte, obgleich eS auch manche Zerrüttung durch Erdbeben erlitten haben mußte. Ein Dutzend schwarzer Iürükenzelte war zwischen den Ruinen aufgeschlagm und die Heerden dtr Kameele, Kühe, Büffel, schwarzen Schafe und zumal Ziegen belebten die Trümmerwelt. In 6,T) Ch. Fellow-, ebendas. S. 104. 1843. Mscr. Dl. 25 u.26.

,8) Gr. A. PourtaleS, 2eurn.

Sylleum, Assarkjvi.

595

der Nacht erhoben die Schakale wie gewöhnlich ihr widrige- Geheul, da- der wildrauschende CestruS fortwährend unterbrach. Nach Mitternacht täuschte die große Mondhelle den HauShahn so sehr, daß sein Hahngeschrei schon in der Mitte der Nacht seiner Sipp­ schaft den Anbruch des Morgens verkündete. Am Morgen hatten die fernen TauruSgipfel die ersten Schneekappen erhalten und hobm sich majestätisch über der grünen Ebene hervor, in der noch Sonnen­ hitze vorwaltete. Da hier für die Kinderwelt keine Schule gehalten wird, und sie fortwährende Bacanzen haben, so streiften sie neugierig und munter zur Seite der Fremdlinge umher, als eine ihnm ganz neue Erscheinung.

Auf den Steinen sah man hier im Sonnen­

schein viele große Chamäleons sich an der Wärme ergötzen; die vielen Marmore der Grabstätten boten ihnen dazu die bequemste Gelegenheit. Auf Cypresienbäunicn voll leerer Storchnester hatten sich in diesen zahllose geschwätzige Krähenarten eingenistet, die Störche selbst, als ihre legitimen Besitzer, hatten schon ihre Wanderung von da «ach Afrika angetreten. Heftige Gliederschmerzen, die Folge von Verletzungen durch Dornengebüsch, hatten zu ein paar Rasttagen ge­ nöthigt, und als jene nachgelaffen, setzte man die Wanderung weiter nach Aspendus fort. 2. Sylleum, Assarkjöi. In einer halben Stunde setzt man von Perge'S Ruinen auf einer der zwei dortigen Fähren über den ($eftru899) und gelangt nach 2 Stunden gegen O.N.O. durch wildes Gesträuch zu einer andern antiken Stadt, die auf der Spitze und an der Seite eineeinzelnm Hügels, ähnlich wie der zu Perge, gelegen ist, berat «S hier sehr viele giebt.

Hie und da sind cyclopische Mauerreste und

viele alte Trümmer, die eine griechische Bauart verrathe».

Eine

lange Felswand fand Fellows zu Sitzen eines Stadium» auSgehauen. Noch standen viele feste Mauern von Tempeln und Pal­ lästen, an denen nur noch wenig Säulen und sonstige Sculpturm mit Friese« zurückgeblieben waren. Den Gipfel des Hügel» von Mauern, eine halbe Stunde in Umfang, nahm die Acropolis ein, deren innerer Raum

ganz

mit umgestürzten Mauem

und

Säulen bedeckt sein sollte, und im Umkreis sah man viele Gräber. Der modeme Ort, der auf der Anhöhe liegt, heißt heute Assar­ kjöi (Hasiar bei £ejier)7UU) und wurde von Daniel! bei seinem

*•) Ch. Fellow«, Tagebuch auf einem AuSffllge. Uebels, een Zenker a.a.D. S. 99. ’"°) Ch. Taxier, Descr. de l’Asie Min. T. Ul. p.217. PP2

596

Klein-Afien.

§. 3V.

Besuche (im I. 1842, kurz vor seinem Tode, den er sich durch die bösartigen Fieber in der pamphylischcn Ebene bei seinem dortigen Bivouakiren zuzog) als die Lage des alten Sylleum anerkannt, an welchem General Koehler (im I. 1801)7U1) von Istavros vorübergegangen war, ohne es zu bemerken. Fellows (im 1.1838) hatte diesen Ort irrig für Isionda gehalten. Ehe Daniell von Perge auS den Ort auf der Ostseite des Cestrus erregen konnte, mußte er bei einer Quelle, durch die Hartnäckigkeit seines Führers genöthigt, eine Nacht im Freien zubringen, von Muskitos geplagt7). Als er aus der Ebene zum Hügel von Assarkjöi emporstieg, fand er die Ueberreste der antiken Stadt mehr fest und stark als prächtig. Tepier war auch vorübergekcmmen (im I. 1836), ohne sie näher zu untersuchen. Tie ganze Südseite des Felsen, auf welchem die­ selbe erbaut ward, war einst zu einem natürlichen Bollwerk unstreitig mit großen Kosten behauen, und dabei sah man eine sehr große Menge künstlich in Felsen gehauener Eisternen, um die Stadt mit Wasiervorräthen zu versehen. Lange Treppenfluchten waren in die Felsen gehauen, welche die Zugänge zur Stadt mit ihren Thürmen und Tempeln bildeten; sie mußte einst sehr bevölkert, mächtig und reich sein, um solche Werke zu Stande bringen zu können. Zumal die Nordostecke der Stadt ist mit einem merkwür­ digen Gemenge von antiken und mittelalterlichen Bauten bedeckt, wo Palläste in Kirchen mit schönen Pforten und Fensteröffnungen um­ gemodelt sich zeigen. An der einen Seite befand sich eine lange und dicht aneinander gereihte in Stein ausgehauene Jnscription in einer für Daniell, wie er sagt, ganz unverständlichen Sprache, die nur theilweise hie und da mit Griechischem unter­ mischt war. Daniell konnte sie nicht copiren; die Gebäude schienen ihm auS einer Kirche in einen Festungöbau mit verwandelt zu sein, daher auch ein Theil der Inschrift mit mittelalterlichem Bauwerk bedeckt wurde, so daß zwar einzelne Worte deutlich, aber keine einzige Zeile in ihrem Zusammenhange blieb. Waddington 3), der von felsigen Höhen zu Perge sehr gut die Höhe, auf der Sylleum erbaut ist, erblicken konnte, sagt, daß die mehrsten Gepräge ihrer Münzen, die er dort einsammelte, sich auf den Cultus des Men beziehen, der also auch hier wie durch ganz Pisidien und Pam "ei) Col. M. Leake, Journal in Asia Minor 1. c. p. 132. 2) Daniell in L. Spratt and Forbes, Travels in Lycia etc. London 1847. Vol. II. p. 18—21. 3) W. H. Waddington in Revue numismatiq. Annee 1853. p. 37.

597

Syllaeum, Ruinen. phylien verehrt wurde.

Schon ?eate 4)

vermuthete, daß Syl-

leum an dieser Stelle liege, als die Ruinen noch nicht aufgefunden waren (nach Scylax Peripl. 101 und Arrian I. 26).

Seine Be­

merkung, daß diese Stadt zur Zeit des byzantinischen Reichs, auch nach Perge's Verfall, noch eine bedeutende Stadt blieb und selbst dem Range nach vor Attalia

als

Hauptsitz des Bisthums

Pamphylien sich erhob (Hierocl. Synecd. ed. Wessel, p.679) und in älterer alexandrinischer Zeit eine starke Festung gewesen, schien Daniell das Vorherrschen kirchlicher Bauten in diesen Ruinen zu bestätigen. Außer einem einzigen Felsengrab konnte er keine alten Gräber daselbst auffinden. Von hier aus war Daniell noch so glücklich, am Bozburun die Lage von Selge zu ermitteln. Auch Schönborn 5) hat noch vor Daniell, am 9. Novem­ ber 1841, die Ruinen Syllaeum

über dem Dorfe Assarkjöi

von Perge aus besucht. Durch Wald und Sumpf irrte er ein paar Stunden, ehe er zu ihnen gelangte. AuS der Ferne von Perge ge­ gen N.N.O. boten sie einen großartigen Anblick auf der Fläche eines Berges, daher sie aus weiter Ferne sichtbar sind.

In der Nähe

fand Schönborn weniger, als er erwartet hatte, jedoch wol nur, weil die Vegetation alles überwucherte, und hier der Untersuchung noch weit mehr Schwierigkeit entgegenstellte als in Perge.

Erst

nach langem Suchen konnte er durch das Dickicht seinen Weg aus die Höhe finden, ein Führer fehlte und war doch nothwendig. Unten am Abhang zogen gewaltige Mauern aus großen Quadern ohne Mörtel

vorüber und

zur Südostspitze des Hügels hinauf.

Auf

der Westseite ragt vor allem noch ein hoher Thurm von meh­ reren Stock empor, in einer Breite von 16 und 12 Fuß im Quadrat. In ihm waren keine älteren Fragmente vermauert. Das Gebüsch gestattete durchaus keinen Ueberblick über den ganzen Umfang der Trümmerstadt. In S.O. führte ein antiker Zickzackweg zu der Acropole hinauf, wo der einzige Zugang zu ihr durch die Mauern stattfand. Der Hügel ist etwas höher als der von Murtana, auch ausgedehnter. Die Acropole ist oben voll Baustücke, ihre Grund­ mauern sind antik, selbst aus der Ferne impouirend; andere Bauten sind aus älteren Baustücken aufgeführt.

Die Aussicht von der

Acropole ist grandios aus das Meer, auf das nahe Perge und den ganzen

Kranz

pamphylischer Berge

umher.

Die Umgebung ist

4) Col. M. Leake, Journ. etc. of Asia Minor, p. 145. Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 184t Bl. 38.

s) Schönborn,

598

Klein-Afien.

§. 31.

üppig bewachsen, trägt große Gamben, dicke Lorbeergebüsche, hohen Salbei und viele duftende Gewächse, die mit ihrem Aroma die Lust erfüllen.

§• 31. Dreiunddreißigstes Capitel. Der Küstensaum Pamphyliens und das Gestadeland der kleinen Küstenflüsse von dem rauhen Cilicien zu Alaja (Coracesium) in Ost, gegen West bis Lycien nach Adalia (Altalia) und Olbia. Uebersicht.

Der großen MeereSeinbucht zwischen Cilicien und Lycien, von Altaiia (jetzt Adalia) ostwärts bis Alaja (Coracesium) giebt Strabo eine Ausdehnung von nur 32 Stunden (640 Stadien oder 16 deutsche Meilen); da wir aber zwischen dem 30" 40' und 38° ofit. L. von Greenw. eine genauere Küstenaufnahme und ihrer Biegungen besitzen^'), so beträgt die ganze pamphylische Gestade­ linie etwas mehr, nämlich eine Länge von 36 bis 37 Stunden. Da die Mündungen beider großen Hauptstrome in ihrer Mitte, Cestrus und Eurymedon, nur 3l. Stunden auseinander liegen, so wird durch ihr schmales Mesopotamien dieses Gestadeland in zwei natürliche Abtheilungen gebracht, von denen die eine, die öst­ liche, vom Eurymedon bis Alaja (Coracesium), wo die pamphy­ lische Ebene ihr Ende erreicht und das wilde Hochgebirge CilicienS sich emporhebt (s. oben S. 143), mehr eine längere (22 Stunden lange) gerade Streichungslinie von N.W. gegen Südost zeigt, die andere, westliche, viel kürzere Abtheilung (von 14 bis 15 Stun­ den) vom Cestrus von Südost eine mehr gegen N.W. tiefer in das Land eindringende Bucht einnimmt, welche im engeren Sinne dm Namen deS Golfes von Adalia trägt, obgleich dieser Name im weiteren Sinne heutzutage von den Schissern auch dem ganzen pamphylischm Küstenmeere, wie bei Beaufort, beigelegt zu werden '") Fr. Beaufort, Map os the South Coast os Asia Minor. Surveyed 1811 and 1812.

Der pamphpltsche Küstensaum.

599

pflegt (Gulf of Adalia, b. i. Pamphylium Mare). Strabo giebt von West, bei Olbia und Attalia anfangend, nur kärgliche Nach­ richt, fotocs von der westlichen als von dieser östlich« Gestadelime, auf der er vom Eurymedon an nur Side alS Colonie der Cymäer mit einem Tempel der Minerva nennt, dann unfern von da die Küste der kleinen Cibyraten, dann den Fluß MelaS mit einer Aufurth, und PtolrmaiS, dahinter aber die Grenze Pamphyliens mit der Feste von Coracefium (Alaja) gegen Cilicim endet (Strabo XIV. 667—668). Dann fügt er nur noch die herodotifche Sage hinzu von der Abstammung derPamphylen (Herod. VII. 91), die wir schon oben angeführt haben (S. 424), und daß die Begleiter des zu Claros (in Ionien beim Tempel des Apollo) verstorbenm Sehers CalchaS nach besten Tode mit MopfuS Cf. oben S. 98) den Taurus überstiegen und sich in Pamphyliea niedergelassen haben sollen, von wo sie sich dann durch das ganze Südgestade bis Cilicien und Syrien zu den Phöniciern ausgebreitet hätten. Zwar haben andere Autoren und die Periplm der Alt«, zumal aber der Stadiasnius 7) des unbekannt« spätere»Autors, manche specielle Daten hinzugefügt; aber auch diese würd« ohne Fr. Beauforts Küstenaufnahme unverständlicher gebliebm sein. Wir schiffen also sogleich mit Beaufort erst an der östlichen, dann an der westlichen Abtheilung dieses pamphylisch« Ge­ stades vorüber, und fügen die Erläuterungen hinzu, die unS »och durch andere Quellen und Beobachtungen zu Theil geworden.

Erläuterung 1. Die östliche Abtheilung der pamphhlischen Küste von der Mün­ dung des Eurhmedon bis zum Borgebirge von Alaja (Coracesium) an den Grenzen der Cilicia Trachea; Side, Menawgat, der MelaS, die kleinen Cibhraten. Die erste bedeutendere Ruinenstadt vom Eurymedon ostwärts ist die antike Side, welche die Türken Eski Adalia (d. t. AltAdalia) nennen, was früherhin zu manchen Irrungen Anlaß gab. Zwar nennt Strabo, ostwärts des Flusses Eurymedon, noch eine» ) Anonymi Stadiasmus Maris Magni b. C. Müller, Geogr. Graeci Min. Vol. I. p. 487-489-

600

Klein-Afien.

§. 31.

andern namenlosen Fluß mit vielen kleinen Jnselchen, die Beau­ fort aber nicht mehr vorfand, von denen weiter eben die Rede war (S. 533). Col. ?ea(e7ü8) hatte auf seiner Schiffahrt von Maja west­ wärts nach Castell Rosse mit seinem Zweimaster von 50 Tonnen Gehalt einige Tage in der Mündung dieses namenlosen Flusses vor Anker liegen müssen, der allein am Eingang einigen Schutz gab, da die Barren der beiden viel größeren Flüsse dem Schiffchen den Eingang ganz versagten. Auch Leake fiel es auf, daß dieser Fluß weder in alten, noch in neuen Zeiten einen Namen erhalten hatte. Im StadiaSmus (Nr. 216 und 217 a. a. O.) ist von einer Stadt zwischen Eurymedon und Side die Rede, die Seleucia ge­ nannt, aber sonst nicht weiter erwähnt wird, auch sind ihre Ueber reste noch nicht wieder am Meeresstrande aufgefunden. Sie könnte leicht mit einer anderen Seleucia verwechselt werden, oder könnte auch tiefer landein sich noch vorfinden, wo noch nicht nach ihr gesucht ist 9). Col. Leake'9) meinte, sie möchte vielleicht der Hafenert von Syllaeum gewesen sein. Side dagegen, der einst so reiche Sammelplatz der Piraten­ flotten (Strabo XIV. 664) und ein bleibendes Emporium unter den späteren römischen Kaisern, in S.O. von ASpenduS gele­ gen, den auch noch Constantinus Porphyrog.") im zehnten Jahrhundert eine Piratarum officina nannte, hat sich in seinen Ruinen sichtbar erhallen, und ist umständlich von Beaufort'-) beschrieben, der auch einen Plan der Halbinsel, auf der ihre antike Stadt gelegen war, aufgenommen hat. Nach ihm hat auch Fellows den Ort besucht. General Koehler (am 15. März)") ging von Manawgat zu weit in nördlicher Ferne vom Meere nach Taschaschehr vorüber, um die Ruinen sehen zu können, die er durch einen kleinen Umweg zur linken Seite entdeckt haben würde. Er passirte nur öde und verlaffene, doch fruchtbare Thäler, voll morastiger Wege und wenig Anbau, aber wo viele Heerden während der Winterzeit und nassen Jahreszeiten weideten, die im Sommer in die JailaS von ihren Hirten getrieben wurden, welche hier nur wenige sparsame ,0*) Col. Leake, Journ. 1. c. p. 195. °) Müller, Sladiasm. 1. c. p. 488. ,0) Col. Leake, Journ. 1. e. *1') De Thematibus. Lib. I. p. 37, ed. ßekker. Bonn. 1840. ,?) Fr. Beaufort, Karamania. Sec. Ed. p. 146—162; Dian: Ruins of ancient Side p. 147, und Aufriffe der Mauern p. 139, deS Theaters p. 150. ") Col. M. Leake, Journ. 1. c. p. 131.

Die Trümmer der alten Gide und ihres Hafens. 601 Dörfer bewohnen.

Das ganze durchzogene Küstenland bestand auS

Ausläufern der Borhügel des TauruS mit zwischenliegenden Thä­ lern. Auf einer dieser felsigen Anhöhen war das Dorf Taschaschehr (Tasch-schehr? d. i. Steinstadt) zwischen ©arten und Wein­ bergen, mit Anpflanzungen von Feigenbäumen, erbaut. Beaufort, besten Schiff bei Eski Adalia vor Anker ging, fand eine vom Festlande in Ost weit gegen West vorgestreckte Halb­ insel, auf welcher, wie auf ihrem breiteren östlichen Zusammenhang mit der Küste, die bedeutenden Trümmer der alten Eide in zum Theil gutem Zustande erhalten waren; denn gleich bei der Landung erblickte man auf dem ersten Piedestal, das man dort antraf, Jnscriptionen, deren eine mit dem Gentile der Stadt: 2IJHTH2 begann und die Stadtlage bestätigte. Die Ummauerungen an der nördlichen Seeseite der Halbinsel sind nur leicht gebaut;

die gegen

die östliche breite Landfeine dagegen von bester Construction, 38 Fuß hoch, mit doppelten gedeckten Gallerien zum Werfen der Wurfgeschoste gegen die Angreifenden, und sehr gut erhalten.

In Intervallen von

je 200 Fuß ist sie von Thürmen flankirt, deren quadratische Gestalt der Außenseite mit der Außenmauer in derselben Fläche fortläuft. Ein Landthor führt von Ost durch diese Hauptmauer, und drei andere von den verschiedenen Seeseiten in N., W. und O. der Halb­ insel zum Innern der Stadt.

Von allen dreien steigt man zu den

Hafengeländen hinab, die, von mehreren Molen umschloffen, zum Theil zertrümmert sind, zum Theil noch bestehen, und geräumige Stationen für die

Frachtflotten und Kriegsflotten der Sideten

waren, die, wie Livius (XXXV. 48) angiebt, in des AntiochuS M. Flotte das linke Hern bildeten und den Ruhm hatten, von keiner andern an Gewandtheit und Tapferkeit ihrer Führer übertreffen zu werden.

Das Landthor führte durch eine gepflasterte Straße zur

weitläufigen Agora, in deren Mitte ein Piedestal stehen geblieben, daS sicher eine colossale Statue getragen hatte; an der Seite lagen Trümmer eines Tempels und eines Porticus, auf den drei anbeten Seiten sah man viele Mauerreste.

An der Nordwestseite doppelter

langer Stadtmauern, die zu dem kleinen Hafen führen, und dicht an dem Ufer des Seethores liegt ein sehr großes Amphitheater, mit dem Blick gegen Ost über die Agora hinweg und so hoch, daß man es in der Ferne einige Miles vom Schiff aus für die AcropoliS gehalten hatte. Beaufort hat es genauer beschrieben; einiges in dieser Beschreibung ist von Fell owS nach AuSmeffungen berichtigt worden.

Der äußere Umfang hat 409 Fuß, die innere

602

Klein-Afien.

§. 31.

Area 125 Fuß im Durchmesser, die Höhe 79 Fuß, zu der 220 Stufen emporsteigen, die zu 49 Sitzreihen führen, welche in einer vorderen und hinteren Abtheilung liegen, und alle aus weißem Marmor bestehen und nach Berechnung der Räume an 13,000 bis 15,000 Zuschauern Plätze boten, woraus sich die einstige Bevölke­ rung der bedeutenden Stadt schon entnehmen läßt. Gegenwärtig ist aber die ganze Area mit dichtem Gebüsch überwuchert; nur daS Proscenium mit seinen Säulen ist völlig zerstört, das übrige ziem­ lich gut erhalten, obwol seine Unterbauten in den späteren Jahr­ hunderten, da es als Theater ausgedient haben mochte, theilweise zu einer Festung verschanzt worden zu sein scheint, und nach den in den Gewölbgängen angebrachten kreuzen auch als Kirche benutzt gewe­ sen sein mag. Die Ruinen waren zu mannigfaltig, um sie in der kurzen Zeit, die dazu benutzt werden konnte, genauer zu erforschen. 9fur zwei Gruppen derselben fielen den damaligen Besuchern noch besonders auf: einmal, unfern des Amphitheaters sehr große lange Marmortafeln, die Reste eines kreisrunden Baues, dessen Wände mit Sternen und vielen Sculpturen ornamentirt waren, auf denen man in be­ stimmter Aufeinanderfolge die Figuren von Fisch, Widder, Stier, Zwillinge und Cancer wahrnahm, also offenbar der Rest eines Thierkreises, an die sich aber auch andere Bilder, wie von einem Schwan, und nackte Figuren, eine Lyra unv anderes anreihte; vielleicht eine Sternwarte, meinte Beaufort, oder ein Bau auf die Nautik der Sideten sich beziehend. Die zweite Gruppe betraf die Außenseite des Landthores und dortige sehr lange doppeltgezogene Mauern, denen von außen her aus einer Strecke von 200 Schritt die Reste eines Aquäduktes entgegen kommen. Die nach der Stadt zu gewandte Seite deö Landthores zeigte drei Vertiefungen, wie große Nischen, mit vielen Ornamenten und Sculpturen versehen, Krieger, weibliche Figuren und auf vielen Basreliefs mythologische Gegenstände darstellend, wie den Raub der Proserpina, die Diana mit Endymion, und auf der Menge umherliegender Marmore viele Masken und Delphine, mit dem Meißel nur roh eingehauen, als wäre der Anblick auf eine sehr hohe Stellung berechnet gewesen, von der sie hier nur herabgestürzt liegen mochten. Man dachte, daß hier vielleicht Bäder gestanden, doch sah man keine Wassercommunication, keine Quelle, kein Wasser an dem zerstörten Aquädukt, in der Nähe nur Einöde, bei dem nahen kleinen Hafen am nördlichen Seethor hingewälzte Fragmente weißer Marmorsäulen, die wol nur zum

Side, jetzt Eski Adalia.

603

Wegschleppen bestimmt waren. Einige von ihnen hatte man zu großen Steinkugeln behaum, wie man sie von den Türken für ihre großen Geschütze in den Dardanellen bearbeitet findet. Die beiden großen Häfen, welche am Westende der Halbinsel liegen und gegenwärtig ganz mit Sand und Schutt erfüllt und durch eine später angelegte Mauer von einander gesondert sind, schlossen mit ihren halb und ganz zerstörten Molen wol nur ein zusammenhängendeHafenbassin von 500 Schritt Länge ein, darin schon eine ansehn­ liche Kriegsflotte Schutz und Raum finden konnte. Bei den we­ nigen Nachgrabungen im Schutt der Stadt, die man bei der Kürze der Zeit anzustellen im Stande war, fand man doch einige 20 Änscriptionen (Nr. 4343—4361)7I4), deren eine den Namm der Stadt Side enthielt, andere die Namen späterer Kaiser, wie Geta, Marcus AurelinS AntoninuS, die mehrsten aber sich auf den Tempel der Minerva mit) das Theater, wie auf Altäre bezogen. CH. Fellows fand die Angaben bei Beaufort genau, aber den Styl der Monumente zu Side, unter denen er nichts griechi­ sches, sondern nur römisches Machwerk erblickte, zu lobpreisend"). Nur die Wände des Theaterbaues waren noch glatt behauen, alles andere an den Wänden meist roh geblieben unb. die Sculpturen nur plump ausgeführt und nicht mit den Kunstarbeilen binnenlän­ discher Ueberreste des Alterthums an Schönheit zu vergleichen. Auch in der Küstennahe, wo er das einzige Dörfchen Lejlek Kjöi (d. i. Storchdorf) bei den Ruinen nennen hörte, war das Ufer flach, sandig, monoton, wie es Beaufort beschreibt, aber mehrere MileS landein fruchtbar, malerisch, von Zelten und Heerden belebt (Mitte April). Er vergleicht diese Gegend mit den Dünen von Brighton und dem waldigen Warwickshire oder Derby. Beaufort konnte von den scheuen Hirten in der Nähe der Ruinen keine Nachricht über Namen und Umgegend einziehen; kaum daß sie sich bereit finden ließen, der Schiffsmannschaft einige ihrer Kälber zu verkaufen; ihr Agha, sagten sie, stehe unter dem Gouverneur von Adalia. Daniell"), der am 28. Juli 1842 nur kurze Zeit zu Eski Adalia verweilen konnte, aber sich von ihrer Identität mit Side und der Trefflichkeit von Beauforts Beschreibung der Ruinm überzeugt zu haben scheint, so wie von Fellows Irrthum, der sie "H) Im Corp. Inscr. Gr. I. c. Pamphyliae, fol. 172—176. ") CH. Fel­ lows, Ausflug o. a. O. S. 103. **) Daniell b. Spratt and Forbea, Trav. 1, c. II. p. 34.

604

§. 31.

Klein-Afien.

noch für Jsionda ansprach, fand bald nachher seinen Tod in Adalia. Fellows war auch nach dieser Stadt von Eski Adalia auf seiner Excursion zurückgekehrt,

aber Beaufort setzte seine Fahrt weiter

gegen den Osten fort. Schon Col. Leake hat die Unwissenheit der heutigen Türken717), die gegen Zeiten und Orte ganz gleichgültig blieben, in der Benen­ nung Side's mit dem Namen Alt-Adalia nachgewiesen,

da doch

Hadschi Chalfa zu seiner Zeit den Ort Side (Seidi)^) noch gut kannte, drei Stationen fern von Maja angab, und eben so fern von Adalia (Antalia) Seilen

in W.

mit einem Castell,

Moscheen ans beiden

und einem königlichen Bade des Or Chan,

außerhalb der Stadt gelegen war.

das aber

Die Griechen nennen die Ruinen

zu Per ge ebenfalls Tlakatä 'Arrake tu. Auch Corancezio) hat den Ruinen von Side, die erSataliadan (?) nennen fyorte20),

sie aber,

aus ihrer Lage und Größe

ihrer Ueberreste, schon richtig als identisch mit jener einst sehr reichen und bedeutenden Handelsstadt erkannte, bung gewidmet,

eine umständliche Beschrei­

die mit der von Beaufort verglichen zu werden

verdient, da sie zu deren Vervollständigung der bedeutendsten antiken Stadt an diesem Gestade nicht wenig beiträgt. tigen Besuchern

die Beachtung

Zumal möchte künf­

der Hafenmauern zu empfehlen

sein, wo der dichtgedrängteste Theil der Stadtbevölkerung die mehrsten Ruinen zurückgelassen hat, die Beaufort nicht Zeit hatte alle zu erforschen, nehmen.

wo sie entlang dem Meere eine kleine Stunde ein­

Hier,

am Südwestende

des Vorsprungs der Halbinsel,

zieht an der Rhede eine Reihe von Klippen gegen West, natürliche Barriere für den Hafen bilden.

die eine

Die Lücken zwischen ihnen

sind durch eine Mauer ausgefüllt, um den Hafen gegen den An­ drang der Wogen zu schützen, und ihre Ueberreste stehen noch mit der Fortsetzung derselben Mauer auf dem Lande in Verbindung, die zum Theil noch

stehen

geblieben ist.

Diese Mauer stößt an eine

andere gegen Nord laufende Ufermauer, die noch 18 Fuß Höhe hat, aus großen Kalksteinblöcken besteht, dazwischen auch noch viele alte

717) Col. M. Leake, Asia Minor 1. c. p. 195. 18) Gilian Numa ed. Norberg. Tom. II. p. 376. 19) Corancez, Itineraire d’une Partie peu connue de l’Asie Mineure etc. An. XVI. Paris, p. 373—385. a0) Corrupter Name, in dessen letzter Silbe vielleicht, wie Kiepert bemerkt, ein mißverstandenes arabisches Wort, wie Kadlm, d. i. alt, steckt, wie deren unter den Seefahrern des levantischen Meeres und speziell an dieser Küste viele in Gebrauch sind.

Side der Sclavenmarkt.

605

Marmore eingeklemmt, die mit Inseriptionen bedeckt sind, welche aber umgekehrt gelegt beweisen, Mauer selbst angehörten, tionen sich befinden.

daß sie einer älteren Zeit als die

auf welcher jedoch auch viele Inscrip-

Im innersten Winkel des Hafens will Co-

rancez eine solche umgekehrte Jnscription von 20 Toisen Länge gesehen haben, die auS verschiedenen Architekturresten zusammengesetzt ihm unverständlich blieb. Corancez rühmt auch die schönen Münzen der Stadt, und auch darin stimmt Waddington mit ihm überein, der zumal die Pallas mit dem Oelzweige auf den Geprägen fand, die, nach Strabo, ihren Haupttempel zu Side hatte,

von dem Corancez noch die prachtvollen Ueberreste in den

colossalen mehr als 30 Säulen von parischem Marmor wieder auf­ gefunden zu haben (ebendas. S. 381) glaubte, die mit vielen Reliefs desselben zusammengestürzt, aber von der schönsten Sculptur in den Trümmerhaufen begleitet waren, so daß es wahrscheinlich wird, daß Fellows Urtheil über die dortige rohe Arbeit nur einen Theil der von ihm gesehenen Trümmer treffen kann. Außer der Pallas zeigen die dortigen Münzgepräge auch den Hercules die cyrenäischen Hirsche21) erlegend, die in der arcadischen Mythe mit Geweihen und ehernen Füßen versehen, selten auf anderen Abbil­ dungen vorkommen. Obwol ein wichtiger Schiffswerft für die ganze Südküste Ciliciens, kann Side, ungeachtet der Verehrung der Pallas mit dem Lelzweige, auf keine ruhmvolle Vergangenheit zurückblicken, da wir auS Strabo'ö Angabe (XIV. 644) wissen, daß sie ihre großen Reichthümer dem schändlichen SclavenHandel verdankte, der in ihr den größten Sclavenmarkt besaß. Beaufort verließ nur ungern die Ruinen der reichen Stadt Site22), in welcher Ausgrabungen die Mühe reichlich belohnt haben würden.

Nach wenigen Miles erreichte er die Mündung deS Flusies

Manawgat2^),

an dem die vom Westen her kommende Küsten­

strömung auch vor der Mündung deS Flusies ihr reineS Secwaffer beibehielt, und durch den Augenschein aus der Ferne die Täuschung erregt hatte, daß hier eine beschwerliche Barre die Einfahrt in den Fluß erschweren würde. Dieß war aber nicht der Fall, denn man schiffte an 4 Miles mit Leichtigkeit gegen den Strom aufwärts, bis zu einem am rechten Ufer gelegenen irregulären,- von hohen 21) W. H. Waddington in Revue numismaliq. Annee 1853. p. 35.

") Fr. Beaufort, Asia Minor, Karamania 1. c. p. 164; Col. M, Leake, Journ. 1. c. p. 196. ") Meuugat schreibt Norberg im Hadschi Chalfa ö. o. O. S. 377.

606

Kleln-Afien.

§.31.

Mauern und Thürmen umgebenen Fort, bad von wenigen Türken bewohnt war, mit einer Besatzung, die eben so elend erschien wie die Feste, an der eine arabische Sentenz aus dem Koran an der Nordmauer eingehauen war. Dieß ist Manawgat und der Fluß der antike Me las bei Strabo, der zu seiner Zeit dort einen Hafen angab, welcher gegenwärtig durch Verschlammung in eine grade Küste verwandelt ist. Vom Orte Manawgat, der auch Bazardschyk (d. i. kleiner Markt) heißt, überschisfte v. Tschichatscheff^) den Fluß, der nach ihm weit auö dem Innern kommen und daS reichste Waffervelumen unter den pamphylischen Flüssen haben soll. Er hatte bei der Ueberfahrt 6 Fuß Tiefe und gegen 200 Fuß Breite, so daß allerdings cyprische Barken in ihm ein­ laufen können; auch ist es auffallend, daß von seiner Beschiffung bei den Alten keine Rede ist, wie sie diese doch beim Eurymedon und CestruS angeben. Dom MelaS-Flusse nach Side, sagt der StadiasmuS (Nr. 214)25), sind 50 Stadien, und genau so fern liegt die Mün­ dung des Menawgat (21,, Stunden) von der Ruine zu Side. General Koehler hatte von Hadschi Ali Kjöi, am 13. März, bis Menawgat 4 Stunden zurückgelegt, durch sehr fruchtbare Ebenen, und eine Stunde von der Stadt den nicht unbedeutenden Melas zu überschiffen gehabt; das Regenwetter und Mangel an Postpferden hieltm ihn den ganzen folgenden Tag (am 14. März) in dem elenden Fort zurück, bis.er ant dritten Tage gegen West das Thal des Eurymedon zu Taschaschehr erreichen konnte. Den oberen Lauf des Melas hat O. v. Richter auf einer Ouerreise von Maja durch den Taurus nordwärts über Ilwat und Karas nach Bei Sch ehr kennen lernen (s. unten). Dom MelaS hat nur Gr. Pourtales eine Landreise von W. gegen O. über Alara bis.Alaja fortgesetzt, wie der General schon früher sie in entgegengesetzter Richtung zurückgelegt hatte. Da aber diese Küstenstrecke fast Terra incognita geblieben, begleiten wir den Grafen am 19. October, wo er sich von seinem Nachtlager am Westufer sehr frühe auf das Ostufer über den Melas über­ fahren ließ, da dieser Strom mit seinem grünlichen Wasier zu breit, reißend und tief war, um hindurchzureiten. Am östlichen Ufer, wo UA)

P. de Tchibatcheff, Asie Mineure. Vol. I. p. 277. ") C. Müller, Geogr. Graec. Min. I. p. 214; Col. M. Leake, Asia Minor 1. c. p. 131 u. 196.

Gr. Pourtales Landreise von MelaS bis Alaja. 607 ein großer Chan zur Niederlage von Waaren steht, liegt daS Dorf unter einer Gruppe von Palmbäumen,

umgeben von Feldern mit

Tabak, Baumwolle, Sesam und Mais bepflanzt, die in einem wunderbar fruchtbaren Boden durch Hecken in Gehege geschieden sind.

In dem dichten Schatten der Schilfwälder am Uferrande

hausen viele wilde Schweine,

die in den vielen Zwiebel- und

Bulbengewächsen, deren Wurzeln ihnen zur Nahrung dienen, ihren reichlichen Unterhalt finden, wie viele Kameele, verwilderte Pferde und andere- Bieh, das in den fetten Triften umherschweift.

Ein

Wegweiser (ein Mulatte aus Menawgat) war nothwendig, um durch diese üppige Landschaft einen Weg hindurchzufinden; denn der Boden wurde immer ungleicher und

oft von Dickichten von Oleandern

und Platanen überschattet,

daß man sich nur schwer orientiren

konnte.

Die Ackerfelder in der Ebene gehörten den Bewohnern deS

Dorfes, die in den Falten der Seitenthäler der Berge versteckt lagen. Auch dieser Boden, von vielen Tausenden der Völkerschaften in frü­ heren Zeilen belebt, war jetzt öde und einsam, und so mit Dorn­ gebüsch überwuchert, daß es den Packpferden oft schwer war, unge­ hindert hindurchzudringen. Erst gegen Abend erreichte man ein breiteres gut angebautes Thal mit riesigen Lorbeerbäumen, herrlichen Oliven, stattlichen Eichen, über deffen Niederung auf der Felshöhe ein kühnes Castell, wol von Seldschuken erbaut, wie ein Schloß aus Tausend und einer Nacht sich erhob, daS man Sul­ tan Aladin nannte. Hier fand man bei einigen Steinhäusern, Al ara genannt, ein gastliches Quartier in der Moschee, zu welchem der Mollah mit seinen Leuten den Gästen selbst mit Fackeln den Weg erleuchtete.

Die Nacht wurde das schaurige Geheul der Schaaren

von Schakalen und Wölfen, die sich um die Moschee versammelten, zu einem wie diabolisch verzauberten Aufenthalte im Gebiete des fabelhaften Aladin. Am 20. October, den Morgen des folgenden Tages, man

durch

reiche

Baumwollfelder,

die,

größtentheils

kam schon

eingeerntet, reichen Ertrag gegeben hatten. Die Bauern, de­ nen man hier begegnete, boten einen freundlichen Gruß und wünschten den Giaurs eine glückliche Reise, die Weiber ent­ flohen

aber,

beides

schönsten Wälder

ein

auffallendes Begegniß.

weiter zu durchziehen,

und

sah

Man hatte die die Berghöhen

mit Burgen besetzt, die an die Burgschlöffer am deutschen Rhein erinnerten; hier waren sie auS der Zeit der SeldfchukenHerrschaft.

Die außerordentliche Fruchtbarkeit des Bodens trieb die

608

Klein-Asien.

§.31.

Gräser deS Weidelandes zu einer Höhe von 15 bis 20 Fuß,

die

Rankengewächse auS dm Sumpf- und Schilfdistricten bis zur Höhe und dm Wirren der Lianen in den Tropen Amerikas, die Reben­ gewinde längs der Küste von außerordentlicher Stärke bis in die Wipfel der Bäume. Der Frühling hatte auf den vollufrigen Strö­ men viele Waldbäume mit in die Tiefen zu den Sanddünen des MeereS gewälzt. Einst waren sie von hier zu Mehemed Alis Flot­ tenbau nach Alexandria verschifft, seitdem hatten sich die Prachtstämme in die Sandmaffen eingebohrt oder verfaulten nutzlos am Strande. Das ganze Gestade des türkischen Reiches könnte schon mit dem Ueberfluß der Wälder, der hier fortwährend zu Grunde geht, alle seine Bedürfniffe befriedigen. Und zu dieser Zerstörung kommen noch die häufigen Walbbrände durch die Bernachlässigung der Hirten, und dmnoch behält das Land seine Wälderfülle. An diesem Gestade bemerkte auch Gr. Pourtales die merkwürdige Metamorphose der Sandmaffen und der Geröllsteine durch Cement und Meeran­ spülung in festes Brecciengestein, von dem schon Beaufort umständlichere Nachricht gab, das mit den eigenthümlichen ungemein reichen Kalktuffbildungen des westlichen Pamphyliens als eine be­ sonders characteristische Erscheinung dieser Landschaftsgebiete hervor­ tritt. Die hiesige Breccie bestand, nach Pourtales, oft aus den schönsten Marmorarten, nahm die trefflichste Politur an und könnte als ein edler Baustein zu allen Architekturen verwandt werden. Capt. Beaufort'^) schiffte ohne Aufmthalt von der Mün­ dung des Melas an niederen Sandhügeln vorüber, die häufig von kleinen Küstenflüßchen durchschnitten werden. Eines derselben war sehr reißend, hatte seine Ufer mit starken Baumstämmen, die eS den GebirgShöhen entrissen hatte, wild überstreut; die große Kälte seiner Wasier bezeugte sein Herkommen aus noch mit Schnee be­ deckten GebirgShöhen. Weiterhin erreichte das Schiff ein namenlos gelaffeneS Cap (türkisch Burun, d. i. eigentlich Nase),

an dem

ein Inselchen mit einer Anzahl FelSgrotten, Resten von Häusern und selbst noch Mauerresten sich zeigte.

Doch war das Inselchen nicht

über 300 Fuß lang und ragte kaum ein paar Fuß über der MeereSfläche hervor. Die Piloten behaupteten, hier sollen heftige Stürme vorherrschen, eine Aussage, der Capitän Beaufort nur wenig Glauben schenken konnte. Es ist dieß Cap das Promontorium Leucotheum

(Promontorium Leucolla b. Plin. V. 27)

") Capt. Beaufort, Karamania I. c. p. 165.

deS

Die kleine Küstenregion der Cibyraten.

609

Stadia-muS (Nr. 210), da es da- einzige an dieser Küste ist und den Distanzen nach deffen Angaben zwischen dem MelaSfluffe und Coracesium entspricht"). Leake will damit den Hafen von Leucolla in Cypern in Verbindung bringen (6. Strabo XIV. 682, vielleicht auch Leucolla b. PliniuS V. 35). Das jetzt von den Türken schwarz genannte Vorgebirge (Kara, d. i. schwarz) war bei den Alten un­ streitig der MeereSgottin Leucothea geweiht, wo ein Tempel Leucotheion stand. Gegen West von diesem Vorgebirge nur 2'A Stun­ den (50 Stadien) fern giebt der StadiaSmus die Lage von Cibhra an, die auch Scylax, PliniuS und Constant. Porphyr, de Thematibus (I. 14. p. 38) nennen. ES ist die kleine Küsten region der Cibyraten (Strabo XIV. 667: »; Kißvgaton■ naQuXia twc /uxQwy) im Gegensatz der mehr nordwestwärtS landein gelegenen Cibyra r\ ftc/ahj, Cibyratica bei Plin. (H. N. V. 29: Amnis Indus in Cibyratarum jugis ortus etc.), die erst kürzlich von Spratt und ForbeS^) am Dalamon Tschai zu Horzoom entdeckt wurde. Der Tempel der Diana, den der StadiasmnS (Nr. 212: Aqt^möos vuo>j in West der Cibyra angiebt, ist un­ bekannt geblieben. Im Ost des kleinen und niedrigen InselchenS traf Beaufort an einer Stelle, die er unter dem Namen Ptolemais in seiner Karte^) eingetragen hat, viele Spuren von ehema­ ligen Gebäuden und auch einige Reste alter cyclopischer Mauern. ES war ein Vorgebirge, zu deffen beiden Seiten Hafen gelegen wa­ ren, deren Molos aber ganz zerstört waren, so daß nur noch Reste in der Tiefe des Meeres wahrgenommen werden können. Diese bedeu­ tenden Reste auf der Westseite und die Fruchtbarkeit des Bodens von da landein, machen eS wahrscheinlich, daß hier eine nicht unbe­ deutende Stadt lag, welche der Stadt PtolemaiS bei Strabo (XTV. 667) entsprechen mochte, da dieses die einzige von ihm zwi­ schen dem MelaS und Coracesium genannte Stadt ist. Der Sta­ dia Smu S (Nr. 208 unb 209) 3°) nennt hier, wo jetzt die Küsteuorte Alara und Iürükkjöi liegen, noch andere Namen, wie Augae und Annes iS, welche jenem PtolemaiS entsprechen könnten, aber bei dem Mangel genauerer Angaben schwer zu identificiren sind, ehe die dichter vor Alaja oder Coracesium sich erhebende Ruinengruppe *’) Col. M. Leake, Voy. in Trav. 1. p. 256. ") 30) Leake 1. c. p. 197; Minor. I. p. 487, nebst Stadiasm. Mar. M.

Ritter Erdkunde XIX.

Asia Min. p. 196. ”) Spratt and Forbes, Capt. Beaufort, Karamonia 1. c. p. 166—167. C. Müller, Stadiasmus 1. c. in Geogr. Graec. Ora Asiae Minoris a Cibyra ad Miletum secund,

Qq

610

Kleln-Afien.

§.31.

von Hamaxia erreicht wird, die etwas tiefer landein liegt, für deren Hafenort Statt die westlicher gelegene Augae hielt. Die mitunter verderbten Zahlen der Periplen und die noch nicht hinrei­ chend genaue Aufnahme der Küste lasten hier manche Zweifel übrig. Bon da schiffte Capt. Beaufort noch an mehreren Dörfern, Ca­ stellen und Kirchenruinen vorüber, die, obwol alle zerstört, doch nur ein modernes Aussehen hatten, und der allgemeinen Verwüstung deS Landes unter dem türkischen Regimente entsprachen, bis man die größere Hafenstadt Ala ja, daS alte Coracefium, erreichte, die wir schon früher kennen gelernt (s. oben S. 380).

Erläuterung 2. Die Querstraßen von der pamphylischen Küste bei Alaja und von AspenduS direct gegen Nord durch die TauruS-Küstenkette zum Plateaulande der caralitifchen und trogitifchen Alpenseen, nach v. Richter 1816 und Schönborn 1851. Uebersicht. Ueber die Verbindung deS Gestadesaumes der pamphylischen Küste mit dem Binnenlande sind wir sehr wenig un­ terrichtet, da kein reger Verkehr zwischen der Ebene und dem GebirgSlande stattfindet, und außer der eben schon erwähnten Quer­ straße durch daS rauhe Cilicien über CelenderiS, welche Reisende von Laranda nach Chpern zu nehmen pflegen (f. oben S. 141), unS ostwärts deS MelaSflufseS kein Rentier eines europäischen Beobachters bekannt geworden, dem eS gelungen wäre, die TauruSkette auf den dort allerdings wol vorhandenen, aber noch unbekannten Querstraßen (f. oben S. 175), vom Meere nordwärts bis zu dem centralen Hochlande zu durchschneiden. Nur zwei Querwege sind unS bekannt geworden. Der eine Querweg des russischen Rei­ senden O. v. Richter im April deS IahreS 1816, machte hiervon früherhin eine Ausnahme, der von der Insel Cypern nach Alaja, dem alten Coracefium in Pamphhlicn, überschistend, von da den Landweg nicht auf der Küstenstraße, wie General Koehler, der über den Küstenort 8Iara731), wo er ein gut erhaltenes Castell traf, über AspenduS und Perge westwärts bis Adalia fortsetzte, sondern, bei der damals im Lande vorherrschenden Pest, nothgem) Col. M. Leake, Journ. in Asia Minor, p. 129.

0. ».Richters Querroute vonAlaja nach Bei Schehr. 611 drangen die direkteste Straße nach Smyrna einschlug und so dem Stromthale de- MelaS aufwärts folgend, dessen obere Gebirgs­ pässe im TauruS durchsetzend, über Jlwat, KaraS und Kirli, das Südufer des karalitifchen Sees zur Bei Schrhr (f. oben S. 453) erreichte, und von da gegen N.W. seinen Weg in die Hei­ mat weiter fortsetzen konnte. Dieser früherhin einzigen Querstraße ist späterhin Prof. Schönborn auf seiner zweiten Reise im Jahre 1851, vom 29. September zum 4. Oktober, aus diesem Hochlande südwärts zum Tieflande nach ASpenduS gefolgt, und ist theilweise mit v. Richters Stationen wie Potamia, das er aber Budania schreibt, zusammengetroffen, theilweise aber auch wieder davon abgewichen; so daß wir eines jeden der beiden Reisenden Routier durch diese sonst gänzlich unerforscht gebliebene Wildniß gesondert halten und mit ihnen durchwandern, um von beiden Stand­ punkten auS diese bisherige Terra iucognita zur näheren An­ schauung bringen zu können. Zuerst folgen wir der älteren, dann der jüngeren ErforschungSreise. 1. O. v. Richter- Routier von Alaja über daS Gebirge nach Bei Schehr (vom 7.—11. April 1816). Qbwol dieser Querweg O. v. Richters nur sehr flüchtig und unter ungünstigen Umständen zurückgelegt werden konnte, daher der Bericht auch zieuilich unklar geblieben, da er durch ganz unbekannte weglose Gegenden zum ersten Male hindurchführte, so ist er doch nicht ohne Belehrung für die Kenntniß dieses GebirgSlandeS, dasich von denijenigen der TauruSketten zu beiden Seiten in Ost und West wesentlich unterscheidet"). Jni Osten des Eurymedon, zwischen ihm und dem MelaSflusse, tritt mit dem Nordsüdzug deDumanly Dagh, nach Schönbornö Beobachtung, eine tiefe Ein­ senkung deS Gebirges ein; die Breite von Nord gegen Süd bleibt dieselbe wie gegen West; aber die hohen Ketten fehlen hier ganz, nur noch Waldbergc bleiben übrig, Waldrücken, die sich mannig­ faltig verzweigen, aber keine bedeutenden Höhenpunkte zur Uebersicht darbieten. Erst weiter in O., zumal gegen S.O. zur Tracheotihin erscheinen, vom Kamme deS Dumanly Dagh aus gesehen, höhere Bergzüge, nicht bedeutend lang, aber schroff und hoch mit baumlosen nackten Felsrnkämmen. Die Communication zwischen den ") Schönbora und LLw, Programm a. a. O. S. 12.

Oq»

612

Klein-Afien.

§. 31.

niederen Waldbergen ist auf nur weniger feste Wege beschränkt als in den größeren Stromthälern und zwischen den HochgebirgSrücken; daher bei blos flüchtigem Durchfluge die antiken Ruinen der Stadt­ gebiete schwieriger aufzufinden sind, weshalb auch der Reisende O. v. Richter, nach Schönborn, nicht so glücklich war, eine ein­ zige derselben, die doch dort vorhanden, zu bemerken. Nach einem längeren unfreiwilligen Aufenthalt von einigen Wochen zu Alaja, dem alten Coracesium, daS zu v. RichterZeit (1816)733) unter einem Pascha von zwei Roßschweifen stand, dessen Ayan jeden Besuch der Umgegend verwehrte, gelang eS ihm, nur im Geleite eines Tataren, der als Courier vom Pascha direct nach Constantinopel abgefertigt wurde, den Ort endlich zu verlassen. Da- anhaltende Regenwetter während der ersten Hälfte de- April-, großer Mangel an Leben-mitteln, denn weder Brod noch Fleisch war in dem verödeten Orte zu kaufen, hatten ihn, wie die Unmög­ lichkeit, Pferde zum Weiterreisen zu miethen, dort zurückgehalten. ES war die Zeit de- sogenannten Tscheiweh, in welcher die Pferde­ besitzer ihre int Winter ausgehungerten Thiere in die Grasungen und Kleefelder schickten, um sie wieder zu Kräften zu bringen; weder der Kawaß (Diener) de- Reisenden noch die drei obersten Beamten im Orte, wie der Sch ehr Emini (Stadtintendant), der Subaschi (Polizei­ vogt) und der Sarraf Baschy (Wechsler des Pascha), die bei der grenzenlosen Anarchie im Paschalyk freilich ohne allen Einfluß waren, und selbst der Pascha konnten mit allen Bemühungen keine Hülfe schaffen, bi- der Tatarencourier mit seinen Depeschen nach Constan­ tinopel sich in Bewegung setzen mußte. Noch lagen die Hochgebirge voll tiefen Schnee-, und in der Ebene fielen Regen und Hagel­ schauer; die Wege waren abscheulich und die vier Pferde,

welche

v. Richter für sich und seine Bagage zugestanden wurden, kaum hinreichend, seine Reisebedürfniffe zu befriedigen.

Ein Empfehlungs­

schreiben an den Pascha zu Bei Schehr sollte ihm feinen dortigen Empfang erleichtern. Erster Tagemarsch.

Die

Abreise

von

Alaja,

am

7. April"), konnte nur sehr langsam von Statten gehen, da keine Poststraße vorhanden war, der Führer nur zu Fuße gehen und die Packpferde am Stricke durch die grünen, aber noch sumpfigen Einöden der Ebene nachziehen mußte.

Doch bald erhob sich der Pfad

an

der

m) O. v. Richter, Wallfahrten im Morgenlandc. Abth. III. Kleinasien. Berlin 1816. S. 329-340. 34) v. Richter a. a. O. S. 343.

Querweg von Alaja nach Bei Schehr.

613

steilaufsteigenden Küste zu gepflasterten Wegen, die hoch über dem Meerufer stufenförmig aufsteigen; die Felswände, aus Breccien und Conglomeratmaffen bestehend, waren oft auch durch heftige Wasser zu Bogen und Grotten tief ausgehöhlt, die da- Fortkommen nicht wenig erschwerten, und drohende FelSbl'öcke hingen oft über den Köpfen der Wanderer, zum leichten Herabstürzen bereit. Jene- leicht verwitternde Gestein wechselte bald mit festen Glimmerschiefern und dichtem grauen KaUgestein ab. Man kam durch den Auögang mehrerer kleiner Bergthäler, deren Mündung durch kleine Buchten begrenzt wurden, an denen hie und da ein gut bewässerte- Thälchen, auch wol ein engere- Stück­ chen bebaute-, aber halb versandete- Gerstenfeld zu sehen war; doch war alles begrünt und die Abhänge der Berge voll Ruinen und zerstreuter leerer Wohnungen, die, wenn sie verlasien werden, bald in Bergesienheit und in Trümmer versinken. Eine dieser Gruppen verlassen scheinender Hütten nannte man da- Gjaur Kjöi (Chri­ stendorf), den ersten Chan im Thale eines Flüßchen- den Ak Chan und die Ruine eine- darauf folgenden Schlosse- Oerea (? wol Ören, Girren, d. i. Ruine im türkischen). Endlich erreichte man auf einer längeren angebauten Ebene am Meere hin auf einem Hügel die Trümmer eine- einst größeren Orte-, zu dem eine zer­ störte Wasserleitung durch da- Gebüsch führte. Vielleicht die alte SchifsSwerslstation Hamaxia bei Strabo (XIV. 669, obwol dieser sie ostwärts Coracesium angab),

wol identisch

mit

Aune-

siS, im StadiaSmuS, der eS 80 Stadien westlich von demselben (Nr. 208)35) ansetzt. corrumpirten Stelle

In der auch sonst noch bei Strabo etwawird

die Küste von Hamaxia durch Anto­

nius wegen ihre- CedernreichthumS an Cleopatra zum Bau ihrer Flotten überlassen. Dann kam man an mehreren antiken Resten, oft nur noch lose dastehende Mauerm,

ohne Namen vorüber, in

denen noch vorhandene Gewölbe und Spuren älterer Bevölkerung sich zeigten.

Jetzt suchten in ihnen nur einzelne Familien der nomadischen

Iürüken Schutz, die nur in der Winterzeit hier in den wärmeren Ebenen ihre kleine Ra^e schwarzen Hornvieh- weiden, welche sie im heißen Sommer auf die nahen Berge treiben. Bor den Nomaden verschwindet jedoch fast überall die Waldung, und so ist auch von hier der Hochwald zurückgedrängt, nur geringe- Gebüsch in der Ebene geblieben.

Bei jener zerstörten Wasserleitung wurde die

**) Stadiasmus M. M. in C. Müller, Geogr. Gr. Min. 1. p. 487.

614

§. 91.

Klein-Asien.

Meeresküste verlassen und der Weg mehr in der Richtung gegen

R.N.W.

und N. eingeschlagen. Hier stieß erst die übrige Karawane deS TatarS mit der des Reisenden zusammen, die zu 9 Reitern und 3 Fußgängern anwuchs.

Sie

rückte om ersten Marschtagc nicht

weiter von Alaja als 3 Stunden Wegs westwärts vor, bis zu den ärmlichen Strohhütten eines Jürükendorfs, wo man zwar böse Hunde und böse Weiber voll Widerspenstigkeit gegen ihre Einquar­ tierung vorfand, aber nach deren Züchtigung durch den Tatarcourier ein gut bereitetes Abendessen von Bohnen und Bulghur (Weizen­ grütze) und saurer Milch erhielt. Zweiter Tagemarsch, 9 Stunden Wegs nach Saberlar (8. April)73^). Mit dein frühen Tagesanfbruch fing das Auf­ steigen durch grünere Berge und Thäler an, die nun schon wieder mit Fichtenwäldern bestanden waren; die Wege wurden immer schlechter, gleich anderen Wegen durch Vorderasien. Zur linken Seite, gegen S.W., hatte man den Fernblick gegen das Meer, auf der rechten Seite, gegen N.O., die Ansicht der hohen Schneerücken des TauruS. Durch ein Flußthal, Karpus Jrmak (d. i. Wasser-melonenfluß, zu

einigen

aus

Hütten

Beauforts mit

Küstenausnahme),

Maulbcerpflanzungen

und

kam

man

Bohnenfel­

dern. Dann bald durch ein zweites Thal auf schwankender Holz­ brücke über den Ai Nie ela-su (St. Ricelauö-Fluß), an dessen Mündung in weiter Ferne man Jnselchen und Ankerstellen wahr­ nehmen konnte, 7 Stunden fern von Alaja gelegen. Im Thal sah man schöne Platanen, von Reben und Schlingpflanzen umwun­ den,

die mit den schönsten Blüthen

prangten,

antiken Ortschaften waren nicht zu erblicken.

aber Ruinen von

Nachmittags erreichte

man Saberlar(?), ein Oertchen mit kleinen zweistöckigen Häusern, deren Untergeschoß zur Stallung für die Pferde diente. Die Bauart der Häuser war von Alaja bis hierher dieselbe: rohe aufeinander­ gelegte Steine, ohne Mörtel, mit zwischengelegten schmalen Bretter­ chen; die Dächer waren mit Latten und Steinen bedeckt gegen die Stürme, gleich Schweizerhütten. Die Hütten der Iürüken hörten hier auf, man hatte nach einem Marsche von 9 Stunden Wegs ein besser angebautes Bergland erreicht. Dritter Tagemarsch, 9. April, von Saberlar nach Oeken 3ofo37). Unter beständigem Regen, der für Beobachtung Nur auf H. Kieperts Karte von Kleinasien, der dieses Routier mit kritischer Sorgfalt in derselben eingetragen, kann man diese Oncrroute verfolgen. ”) O. v. Richter a. a. 0. S. 347.

Querweg von Alaja nach Bei Schehr.

615

wenig förderlich war und die schlechten Reitwege fortwährend mit kleinen Wasserfällen überstürzte,

stieg man immer steiler werdende

Gebirge mit Kiefer- und Cedernwäldern bewachsen hinan, bis man in das Thal des Alaraflusses gelangte (Serin Su? bei Beau­ fort), welches mit schönen Platanen geschmückt ist.

Durch einsehr

enges wildes Thal traf man an dem durch einen kühnen über den Alarafluß gesprengten saracenischen Brückenbogen ein mit dichten Bäumen überwachsenes Berg schloß, und erreichte von da auf der Berghohe einen Chan zwischen herrlichen Waldungen von Buchen, Platanen

und

Arlmtus Andrachne (? dessen Blätter den Aepfel-

bäumen glichen, die Rinde feuerroth war) und vielem reichlich blühen­ dem Buschwerk.

Aus den Wäldern ragten hohe mit buntfarbigem

Moose überkleidete Felsen und zwischen blühenden Gebüschen male­ risch empor; das Gestein war meist dichter grauer oder röthlicher Kalkstein mit weißen Adern und dazwischen traten Glimmerschiefer und Conglomeratgestein

hervor.

Am nun felgenden Kargha-su

(Krähen-Fluß), der hoch angeschwollen, tosend durch das Gebirgsthal dahinschoß und bis zum Hafenorte Kargha (im Lande der kleinen Cibyraten) schiffbar sein sollte, wurde sein Strom auf dem Bogen einer sehr langen Brücke,

Egri oder Tschenget Kjöprü (d. i.

krumme oder Haken-Brücke) genannt, überschritten und jenseit im Chane, der nahe einer Gräberstätte im Schatten schöner alter Bäume aus rothen Steinen erbaut ist, das Mittagsessen eingenommen. Von da mußten die Bergrücken förmlich überklettert werden, um in einem weiten grünen Thale, das von steilen seltsam gezackten Bergen um­ geben war,

den

Chan

zu erreichen,

der jenseit

des reißenden

Ak Su (Weißwasser) erbaut ist, über den eine Brücke hinwegführt. Dieser Fluß soll sich 4 Stunden von Adalia ins Meer ergießen, und ist unstreitig

ein rechter Arm des Melas,

der unter dem

NamenAkSu bei Menawgat, östlich der Ruinen von Side, zum Meere fließt, wo ihn General Koehler übersetzt hatte. Ein Eng­ paß führte im Stromthale aufwärts durch hohe, steile und schwarze Felsen, wo der Wasserlauf die ganze geringe Breite des Engthaleö mit seinem Bette einnimmt.

Hinter dem Engpaß wurde das an­

liegende Thal durch viele zusammenstoßende Zuflüsse des Ak Su überschwemmt, so daß man nur mit Schwierigkeit über dieselben und zwischen den vielen dort zerstreut umherliegenden Felsenklippen und Blöcken, im Dunkel der

das zwischen denselben erbaute

Dorf Oeken Iaka, den Rastort, erreichen konnte, welches schon

616

31.

Klein-Asien

dem Paschalyk von Hamid und ZSbarla (irrig als Druckfehler Tfchimit und Morba bei v. Richter) angehört. Vierter Tagemarsch,

10. April,

von O/ken Iaka

nach fitrli738). Kalte Winde wehten über zertrümmerte nur dünn mit Gesträuch bewachsne Felsbergc, bis man nach den ersten 4 Weg­ stunden das große Dorf, Ilwat oder Al Seki (?) genannt, er­ reichte, das zum Paschalyk Alaja gehörte und als Poststation frische Pferde gab. Die Felder umher waren mit Sommerweizen und Baumwolle bebaut, die nahe» Berge waren ohne Holzung, die fernen noch mit Schnee bedeckt, der erst im Juni wegschmilzt; die Höhe also nur eine mäßige. Die Bewohner, hohe schlanke Ge­ stalten mit griechischem Profil und dichten schwarzen Bärten, gehören einem sehr schönen Menschenschläge an. Die Mädchen trugen eigen­ thümliche zuckerhutförmige Mützen, die mit Silbermünzen verziert waren. Leider sind wir nicht näher über diese GebirgSvölkerpämme unterrichtet.

Mit den erst spät um 10 Uhr gelieferten Maulthieren,

als Postpferde, mußte man nun oft die folgende» steilen FelShöhm überklettern, doch

öfter auch bequemere hochgelegene und lang sich

hinziehende Bergthäler, die mit Eichen bestanden, aber noch laubleS waren, durchreiten; auf den Höhen standen aber nur Fichten. Die Landschaft und die Verwahrlosung der Wälder erinnerte den russi­ schen Reisenden öfter an seine nordische Heimat. brannte Baumstämme,

Große halb ange­

öfter halb angehauen und

über den Weg

gestürzt, mußten erst durchhauen werden, um den Durchmarsch zu gestatten. Nur zu Balken und Bohlen wurden sie mit der Axt zerspalten, nicht durchsägt, da es hier gänzlich an Mühlen fehlte. An mehreren kleinen ChanS vorüber und auf öftere» Umwegen, um große Wafferstreckcn zu meiden, erreichte man, immer gegen N.W. ziehend, zwischen hohen Bergen und an einer Felswand gelegen daS Dorf KaraS, von Fichtenwäldern und Schnecgipfeln überragt. Unfern dem Orte sah v. Richter an einem Gräberplatze Säulen­ fragmente, auf dem nahen Fels einen hohen Quaderthurm, ans dem Wege dahin das Fragment eines SarcophagS mit Sculpturen von Guirlanden geziert, oberhalb dem Thurm eine Plattform, auf der noch ein Tempel stand, den überall Masse« von großen Quadern umlagerten. Er hat von N. nach S. eine Breite von 20 Schritt, von W. nach O. 10 Schritt Breite; an der Ostseite lagen 4 cannelirte Säulenreste mit corinthischem Capitäl;

"") r. Richter a. a. O. S. 349.

Querweg von Alaja nach Bei Schehr.

617

sein Innere- zeigte viel Sculplur von Ornamenten mit Schlangen­ eiern, Zahneinschnitten, an der Westseite Triglyphe, Büsten, an der Ostseite einen Altar mit Lorbeerkränzen und eine sehr verwitterte griechische Inschrift, von der nur wenige Worte zu lesen, aber auch später kein Sinn herauszubringen toar39). Da dieser Ort KaraS 16 Stunden südwärts von Bei Schehr liegt, so scheint er dem Gebiete der Homonaden angehört zu haben, ist aber dem Namen nach unbekannt geblieben. Wo dieses antike Denkmal stand, wird es nicht da- einzige Zeugniß früherer Civilisation sein, und künftige Forschung wol noch zu anderen Denkmalen der Vorzeit führen. v. Richter bemerkt hier, daß er sich alle Tage seiner Wande­ rung bisher nach den höchsten Bergrücken der Tauruskette umge­ sehen und sie vergeblich gesucht habe; aber täglich habe daS Klettern von neuem begonnen, neue Schneeberge zwischen den hochgelegenen Thälern seien immer wieder hervorgetreten; von Ilwat an folgten und umgaben ihn Schneeberge von allen Seiten, so daß eS ihm schien, als ob die Gipfel des Tauruö hier aus einer Menge paral­ leler und etwa gleich hoher Bergreihen bestehen. Hervorragende Gipfel bemerkte er nicht, der Weg ging über die niedrigsten Stellen; in West gegen Eurymcdon und in Ost gegen die Tra­ ch eotiS schienen ihm die Gebirgszüge höher zu werden. Der Wanderer hatte also hier nicht sowol eine hohe Gebirgs­ kette, als vielmehr einen hohen Plateaurücken erreicht, den die alpinen Hochketten zu beiden Seiten von 6000 und 8000 Fuß weit überragten, der selbst nur durch viele zwar felsige steilaufstarrmde, aber nur niedrigere aufgesetzte Bergstrecken, doch immer von mehr als 3000 Fuß Höhe, durchzogen war. Potamia (bei Schön­ born Budania), wo das MittagSessen eingenommen wurde, lag schon auf diesem hohen Tafellande, und von da wurde noch auf bösen, durch aufgethauten Schnee beschwerlichen Wegen am Abend die Station Kirli erreicht, die 8 Stunden von KaraS fern liegt; auch hier mußten die Weiber zur Aufnahme der Reisenden durch Prügel des vom Pascha gesendeten tatarischen Couriers gezwungen werden. Fünfter Tagemarsch, 11. April, von Potamia nach Bei Schehr. Auf dem Boden der Hochebene, von dem letzten ”) Corpus Inscr. Graec. Nr. 4379. fol. 483; s. bei v. Richter S. 596. Nr. XLV1II.

618

Klein-Asien.

§.31.

Nachtlager an, wurden die Wege bester als zuvor, man konnte schneller vom Fleck kommen und schickte daS Gepäck langsamen Schritte- nach.

Än raschem Trabe erreichte man eine mäßige Hohe,

von der sich eine weite Aussicht über

eine

große Ebene

(die

v.Richter der Ebene von Bekaa zwischen den beiden Ketten des Libanon vergleichen konnte) darbot; die bisher steilen Berge gingen hier schon in wellige Hügel über, und die Thalebene durchwästerten viele Bäche, die insgesammt süd ostwärts dem See von Sidi Sch ehr, d. i. dem Soghla Gjöl, zueilten. Noch war keine Spur von Cultur wahrzunehmen, so weit das Auge reichte; hinter der Ebene erhoben sich noch die viel niedrigeren, aber doch noch schneebedeckten Züge deS Antitaurus (wol hier Ak Dagh und Sultan Dagh). Ter Boden sammt den Hügeln aus einem gelbrothen Sande verlor bald das magere Gestrüpp und ging in völlig magern Sand­ boden (?) über,

auf dem jedoch vereinzelte kleine Heerden von Ka-

meelen und anderem Vieh ihre sparsame Nahrung suchten. Am Mittag wurde die schon früher bekannte Stadt Bei Schehr am Südende des caralitischen Sees erreicht (s. oben S. 453), der ärmliche Sitz eines Pascha von drei Roßschweifen. Die beiden Haupttheile deS Ortes waren durch einen sehr langen, aber schlechten Steindamm verbunden,

welcher unter einigen Bogen dem dortigen

Flusie den Durchzug auS dem See gestattete, von der Stadtebene begrenzt wurde,

der nur gegen Ost

während er auf den anderen

drei Seiten von Berghohen umschlossen erschien. Ben dieser Station, die wir aus Obigem hinreichend kennen, kennte nun die bekanntere Straße

über Egerdir

und Isbarta weiter verfolgt

werden.

II.

A. SchonbornS Abstieg vom hohen Plateaulande zwischen den trogitischen und caralitischen Seen, von Sidi Schehr über daS Gebirge zur pamphylischen Küste nach Aspendus am Eurhmedon (vom 29. September

bis 4. October 1851)™). Wir haben in Obigem den unermüdeten Wanderer schon auf seiner Fahrt von Sidi Schehr über die

nächste Paßhöhe bis

74 n) A. Schönbern, Tagebuch. Nachlaß a. a. O. Mstr. Zweite Reise. Bl. 13 ff.

SchönbornS Abstieg von Sidi Schehr n. ASpenduS. 619 ftirlü begleitet, fto er sein erstes Nachtquartier auf einer Höhe etwa 2000 Fuß über der Plateauebene von Sidi Schehr fand, eine Station, die schon dem District von Alaja gehörte (s. oben S. 374). Er hatte diese Station am ersten Tage seines AuSmarfcheS von Sidi Schehr erreicht, unstreitig dieselbe, die Kirli bei O. v. Richter heißt. Den 29. September, am zweiten Tage, ritt Schönb ern um 7*4 Uhr fort von Kirlü gegen Süd, durch zwei große von kahlen Bergwänden geschiedene Hochthäler, setzte nach 2 Stunden (9'/4 Uhr) auf einer Brücke über einen trockenen Bach, dann über eine Paßhehc, über ein zweites Thal, Delleiman genannt, das in seiner horizontalen ^age noch mit Arabahs befahren wurde; in ihm versank aber der Bach als ein Duden in rothem Boden zwischen Ackerfeldern. Der Delleiman Dagh gegen S.S.O. gab ihm den Namen. Weiter gegen Süden wurde als nächster Ort Budania genannt (O. v. Richters Petamia, f. oben S. 617, aus wel­ cher griechischen Form vielleicht jener Name erst corrumpirt ist), ein Ort, der, wie Kiepert bemerkt, früher bedeutender gewesen sein muß, da er bereits von Abulfeda genannt wird, in dessen Text der Name durch einen Schreibfehler, veranlaßt durch die Aehnlichkeit der arabischen Buchstaben r und u, in Berdanieh entstellt ist. Der nächste Ort von da ist IaraS, 4 Stunden fern. Auf sehr beschwerlichen Gebirgöpfaden sollte dieses Budania von Sidi Schehr in 8, ja selbst schon in 4 Stunden zu erreichen sein. Ibra di sei 8—9 Stunden fern, Ilwats (das v. Richter Passirte) 11—12 Stunden. Die Häuser von Budania bestehen aus übereinander geschichteten Baumstämmen, dazwischen Balken und Bretter gelegt sind, und Dächer mit Steinen belastet sie decken. Der Bach von Budania, wenn vollufrig, soll in den Sillalur fallen, und dieser in den Menawgat. Ten 30. September nach Marla, das von Ibradi auf 5 Stunden Ferne angegeben wurde. Zwischen ganz kahlen Bergen und einzelnen Wäldern ging der Weg vorherrschend gegen Süd; doch war die Orientirung sehr schwierig. Der sehr beschwerliche Weg, der öfter über schreckliche Steinwälle wegführt, wurde doch von klei­ nen Kameelkarawanen bezogen und schien eine sehr alte Straße zu sein. Sie führte nach IaraS, daS auf felsigen Hügeln gelegen und von großen Ouadern umgeben ist. ES schien ein antikes Castell zu sein, darin ein Gebäude mit ärchitectonischen Ornamenten und Säulen steht, mit Architrav, darauf eine dreizeilige Inschrift.

620

Klein-Asien.

$.31.

Auch Grabmäler mit Sitzbänken für die Leidtragende», wie sie nicht selten in de» Necropolm sich zeigen, kamen hier vor, und ein colossaler Sarcophag; auch die Sculptur eines weiblichen Kopfes konnte man bemerken. Welcher antike Ctt fowol dieser Localität als dem Tempelorte bei KaraS, nach v. Richter, entsprechen möchte, ist ganz unbekannt geblieben. Durch schöne PinuSwälder an einem Chan, einem ganz statt­ lichen Gebäude vorüber, stieg man hinab zu einem ansehnlichen Städtchen Maria, daü ganz von Türken bewohnt ist. Die Wände waren nach Türkenart ganz mit weißen, GypS angestrichen, ein Kaffee war von Griechen stark besucht. Die Stadt sollte 500 Häuser haben und 14 Stunden von Eski Adalia, 18 von Maja, IX St. in S.W. von Jlwat liegen; Ruinen sollten viele umherliegen; man nannte auf dem Wege über Saradschylar (1 St), Hadschylar (X St.), Kraugunva (1 St.), Dedere (1 St.) die Ruinen von SülweS, die man in 8 Stunden erreiche. Noch nannte man Rui­ nen in Sarybelh, in Güneh (13 Stunden fern) und in Scharabdfchy, 2 Stunden von Alaja, und 1 Stunde in O.S.O. von Maria sollte ein großes Dorf Dschimmu mit 500 Häusern liegen. Hier wären also in den auf unserer Karte bisher ganz wüst gelegmen Räumen noch bedeutende Entdeckungen zu machen, weitn die Aussagen auch nur zum Theil der Wahrheit entsprechen sollten. Jetzt hinderten Regen und anhaltende Stürme die Untersuchung, obwol die eigentliche Regenzeit erst Ende October eintreten sollte; der Schnee bleibe dann aber 3 Monat liegen, unwrgbar sei. Den 1. October, dritter Tag.

wo daS Land ganz

Die klippigen Wege mach­

ten daS Beschlagen der Pferde zu Maria nothwendig, daher man erst um 10 Uhr weiter schritt. Der rothe Boden war voll Geschiebe von Felsen, welche eine Wasserfluth dahin geschoben, die aber zur Westseite um 50 Fuß hoher als zur Ostseite aufgestiegen zu sein schien. 9?ur kleine Strecken hatte man von den Steinen gesäubert und dm daselbst fruchtbaren Boden bebaut, zumal mit Baumwolle, die man überall,

wo nur zwischen nackten Felsen sich ein Raum

zeigte, hineingesäet hatte;

eS war eben die Zeit der Ernte.

Gegend zeigte sich voll Dörfer und sehr bevölkert.

Die

DaS eigen­

thümliche dieses Bodens erinnerte an den ähnlichm zu KeSme (Orbanasa) am oberen Eurymedon. Mitten zwischm diesmStein­ wüsten und fruchtbarm Fleckchen stieg man auf abscheuliche» FelSwegm, immer dieselbe Steinwüste vor Augm habmd, hinab nach

SchöubornS Abstieg von Sidi Schehr n. ASpenduS. 621 Sarybeli, ein Sommerdorf angeschmer Bewohner der Umgebung; die Häusrr zeigten Wohlhabenheit, große Fenster, dichte bunt« Holz­ gitter für die Harem-, und eben so waren die von Budschak, eine halbe Stunde fern von Ilwat, da- größte Dorf von alle«, beschaffen. Zu diesem Budschak stieg mau auf gleichen Fel-wegm hinab und erreichte eS um 2 Uhr Mittag-, zwischen Weingrhänge» und Feigengärten gelegen und Baumwollfelder umher, die über eine Stunde weit bi- Dedere reichten. In 2 Stunden abwärt- steigend erreichte man um 5 Uhr da- Dorf Kraugunda gegen S.O. an Terraffen erbaut, die sich zu hohm kahlm Gipfeln erheb« und dem Orte da- Ansehen geben, als bestehe er nur au- dürren Felsblöcken. Hier brachte man die Nacht zu. 2. Oktober. Von Kraugunda nach Sülwe». Krau­ gun d a ist merkwürdig durch seinen völlig untürkischen Namen, der eher der in diesen Bergregionen zahlreichen Reihe von Ort-namen, die sich au- dm antiken Benennungm erhalten haben, anzugehören scheint. Ueber Marla hatte Schönborn seitwärts der gewöhnlichm Straße nun den höchst beschwerlichen Weg eingeschlagen, um von da da» nahe Sülwe- zu berühren, da- um 9'; Uhr auch erreicht ward. Der Weg dahin ging gräßlich zwischen nackten Felsen hin, wo höch­ sten- kleine bi- tischgroße Fleckchen bebaut waren; nur von Treppe zn Treppe gelangte man dahin, denen zur Seite hie und da lat* lad (Biehgehege) angebracht warm. Auch dir- Dorf Sülwe» liegt zwischm steilen Felsen und zeigt wol Mauern, aber keine Spur antiker Baureste. Bon hier gegen S.W. nannte man Firsün, 3 Stundm fern, und Sai-rla- (O. v. Richter» Saberlar), 10 Stunden fern. Man schritt bald weiter durch etwa» bewaldeter« Schluchtm, wo man wieder einige Platanen, Pinu», Carira» bäume traf, und dann durch eine zweite Schlucht voll Platanm und Mhrtmgebüsch eine sehr schöne Brücke au-Quadern ge­ baut erreichte. Sie führte am Abmd nach Firsün zwischm präch­ tig« Gartenumgebungm gelegm, einem Sommerort, in dem alle Männer fehltm und nur Weiber sich vorfanden, die gar keinen Be­ scheid geben konnten. Weinreben und Feigenbäume vou außer­ ordentlicher Stärke ließen auf alte Cultur zurückschließen, Oleander und Myrten blühten hier zum zweiten Male im Jahr, aber Reste einer antiken Ortschaft fehltm. Fünfter Tag, den 3. Oktober. Um 7 Uhr brach Schön­ bor» au- dm Gärten von Firsün auf, stieg eine Stund« zum Winterdorf deflelbm Namen- fort, da- zwischm Felsen und Gebüsch

622

§. 31.

Klein-Asien.

liegt,

aber auch verlassen war, so daß keine Seele über den Ort

Auskunft geben konnte.

Dann kam er an einer Gräberstätte vor­

über, wo einzelne antike Quadern sich zeigten, und zerstreute Fragmente daraus hinwiesen, daß in der Nachbarschaft wol ein größerer antiker Ort liegen

möchte.

um danach zu suchen,

Die Wege waren aber zu fürchterlich,

keine Menschenseele kennte die Wege dahin

etwa zeigen, ein einziger Mensch, den man in einer Weinlaube an­ traf, war zu dumm, um irgend eine Auskunft aus ihm herauszu­ bringen.

Als man nach langem Umherirren in ganz weglesen Ge­

bieten endlich einen Wächter zwischen Gärten antraf, nannte er den nächsten Ort Karadschilar,

und

im

wo

Dunkel

pamphylische wahrnahm,

nach Arablar, Sumpfebene

der

von diesem man

Küste

gelangte man erst

bald den Eintritt in die

an

der

großen

Schwüle

welche daselbst auch in der Nacht vorherrschte, und an

der Plage der Mücken und Fliegen, welcbe das Vager unausstehlich machten. Am sechsten Tage, den 4. October, erreichte man in der Ebene

den Ort Balkezü

ASpendus.

ES war

am

eben

Eurymedon,

die

Ruinen

von

die Zeit der Baumwollenernte.

Man hatte also die von v. Richter gegen S.O. nach Alaja ge­ nommene Route, etwa in ihrer Mitte, von Zlwat, oder SülweS an gegen S.W. völlig von ihr abgewichen. als Vagabunde gefesselt zu werden.

durchkreuzt,

Kraugunda

und war von da

Hier drohte dem Reisenden das Schicksal,

von den Türken nach Adalia tranSportirt

Nur durch einen freiwilligen Abritt dahin entging er

dieser Mißhandlung. in Angst gerathen.

DaS ganze Land war durch Raub und Mord In der Nähe von Makry in Lycien war ein

Engländer auf seiner Reise ermordet worden; in Garten waren die Raubbanden zu mehreren Hunderten herangewachsen, und die Be­ hörden

in Ohnmacht,

um

Stambul Hülfe requirirt. türkischer

sie bändigen zu kennen,

hatten

von

Auf dem Wege nach Buldur war ein

Kaufmann erschossen

worden.

Der Pascha

verweigerte

jedem Reisenden den Fortschritt nach Lycien, und eben dahin mußte Schönborn doch auf seinem Rückweg in die Heimat vorschreiten.

623

Der Küstensaum PamphylienS.

§. 32. Vierunddreißi gsteS

Capitel.

Der Küstensaum PamphylienS und da- Gestadeland der kleinen

Küstenflüsse

vom

rauhen

nach Adalia.

Cilicien bi- Lycien

Fortsetzung.

Uebersicht. Der kurze Küstensaum PamphylienS zwischen ben in ihrem unteren

Laufe

(Eurymedon)

beschifsbaren und

größeren

Ak Su (Cestrus),

Landströmen

Kjöprü Sn

die unS aus Obigem näher

bekannt geworden, bietet außer der Angabe de- StadiaSmuS, der zwischen beiden Flußmündungen in der Gegend der Capria Palu-, einen Küstenort Cynosario nennt (Nr.218u. 219 Stadiasm. 1.c.), welcher uns aber sonst unbekannt geblieben, nichts Neue- für unsere Betrachtung dar; dagegen eröffnet sich westwärts des CestruS von der Küste PamphylienS, nordwärts durch Pisidien und bis zu dem höheraufsteigenden

GebirgSlande Ly eien S

noch manche wenig be­

kannte Landstrecke, über die wir nur auf eine fragmentarische Weise hinsichtlich

ihrer Naturverhältnisie

und deS gegenwärtigen Zustandes

wie ihrer

früheren Civilisation

erst feit ganz kurzem etwa- ge­

nauer unterrichtet sind. Paul Lucas ist hier zwar schon unser erster Führer durch die dortigen oft räthselhaften Bodenbildungen; obgleich er noch die Hauptthatsachen in Dunkel läßt, sind wir ihm doch Dank schuldig bei dem früherhin allgemeinen Stillschweigen über dortige Zustände. Durch die neueren Arbeiten eines Koehler, CH. Tepier,

Fel­

lows, Spratt, Forbes und Daniell ist viele-aufgeklärt, durch unsere deutschen Forscher wie Löw und vor allem den »»ermüdeten eifrigsten Forscher Schönborn da- wichtigste im weitesten Umfange geleistet,

und

kann hier auS dessen bisher auS Bescheidenheit im

Verborgenen gebliebenen Nachlaß nach seinem zu früh für unS ereilten Dahinscheiden mitgetheilt werden durch sein an unS überkommeneBermächtniß

seines Tagebuchs,

dessen Reichhaltigkeit de- Inhalt-

schön auS dem vorigen Capitel hervorgegangen fein wird, so daß wir ihn mit Recht den Wiederentdecker de- bedeutendsten Theile- von

624

Klein-Asien.

§. 32.

Pamphylien, Pisidien und des nördlichen oder inneren LycimS nen­ nen könne«. Der erste Rückmarsch, den Schönborn"-) in den ersten Tagen de» Decembers (1842) vom Aksu (CestruS) westwärts nach Adalia auf dem Küstenwege nahm, war durch die vorgeschrittene Jahreszeit zu ungünstig, um hier nur irgend lehrreichere Beobach­ tungen machen zu können. Der Aksu war so hoch angeschwollen, daß er noch nicht ohne Gefahr durchsetzt werden konnte; die ankeren Küstenflüsse waren bei ihren elenden Brücken nicht weniger gefährlich für dm Uebergang. Selbst die Bäche hatten die Küstenebene auf weite Strecken überschwemmt und gestatteten keine Beobachtung deS Lande-. Am 2. December hatte er bei JstavroS den CestruS unter anhaltenden Regengüssen übersetzt; Wetterleuchten, fortwäh­ rende Gewitter, Krachm und Donnerwetter mit wenig Unterbrechungen von 1 bis 2 Stunden begleiteten ihn auch den 3. und 4. December, wo er Adalia erreichte; sie hielten aber mit dem furchtbarsten Platzregen und fortwährenden Blitzen bis zum 8. De­ cember an, wo dann alle Wasser ihre Ufer bis 4 Fuß hoch über« fluthetm und gar kein Fortkommen mehr für die Reisenden war, wenn man sich nicht etwa durch entkleidete Türken durch die Wasser hindurchtragen ließ. Als aber die Regen aufhörten, war der ganze GebirgSkranz PamphhlienS und LycimS im Schnecbette unzugäng­ lich gewordm. Wir können daher nur erst von der trockneren West­ seite her und unter günstigeren Umständen von der lyrischen Seite her in die Umgebungen von Adalia und Olbia einschreitm.

Erläuterung 1. Der Golf von Adalia mit der alten Olbia und den Eingängen von Lhcien nach Pamphylien durch die Solymer-Gebirge. Nach PhaseliS, sagt Strabo (XIV. 667), folgt Olbia, eine große Feste, dann der CatarracteSfluß, der seinen Namen davon hat, daß er als mächtiger GebirgSstrom von hohen Felsm so tosmd herabstürzt, daß man ihn schon auS weiter Feme hörm kann. Dann folgt die Stadt Attalia, nach ihrem Erbauer AttaluS PhiladelphuS gmannt, der auch die bmachbarte Colonie CorycuS gründete und mit geringer Ummauerung umgab. Zwischen PhaseliS A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. 18«. «81. 56 ff.

625

Der Golf von Adalia.

und Attalia soll man auch die Orte Th ebe undLyrnessus zeigen, wohin, wie Callisthenes angab, die troischen Cilicier aus der Ebene der dortigen Thebe zum Theil nach Pamphylien geflüchtet seien. Weiterhin folgt der Fluß Cestrus. Bieles bleibt in diesen wenigen Angaben bei Strabo und den nachfolgenden geographischen Arbeiten der Alten, selbst bei der jüngsten Durchwanderung jener in ihren orographischen und so eigenthümlichen hydrographi­ schen Verhältnissen, unbestimmt und zweifelhaft. Der Name von Olbia ist verschwunden, ihre Lage ist nicht mit Bestimmtheit nach­ zuweisen, und die Entstehung wie die Erscheinung des Catarractes an der von Strabo angegebene» Stelle hat man vergeblich gesucht. Ueber die Lage von Phaselis an der Ostkäste LycienS am Ostfuße des Tachtali Dagh, da wo die Tauruskette, welche in West der modernen Adalia plötzlich aus der flachen pamphylischen Ebene emporgestiegen, von N. nach S. bis zum Schelidan Adasi (Cap Chelidonia der Alten) fortstreicht, ist kein Zweifel; denn bei dem türkischen Dorfe Tekirowa ist die dortige Stadtruine durch viele Marmore und Änscriptiouen, welche bis heute den Na­ men PhaseliS tragen, durch Beauforts Entdeckung^) bekannt. An diesem Tachtaly Dagh, der Küstenkette Solyma der Alten, bildet besten steiler und klippiger Ostrand zum Meere den berühmten Felspaß Climax, welcher durch Alexanders M. kühnen Marsch von der lyrischen Stadt (die jedoch zu Strabo'S Zeit selbständig war, Strabo XIV. 667) Phaselis nordwärts nach Perge bekannt genug ist (Arrian. de Exped. Al. I. 27), als er mit seinen zwei Heeresabtheilungen theils über den Gebirgspaß, theils durch den Küstenpaß, also auf Doppelwegen in das ebenePamphylien einzog. Weder Olbia, noch Attalia (die wahrscheinlich noch nicht existirte, denn Scylax Car. 100 nennt sie nicht) wurden bei Arrian oder Q. CurtiuS genannt, und mir am Nordende desselben GebirgSzugeS auf Alexanders Rückmärsche auS Pamphylien wirb der Ge­ birgspaß bei TelmissuS (TermeffuS) nach Phrygien erwähnt, wodurch die Nordwestgrenze PamphylienS ihre damalige Be­ stimmung erhielt (Arrian. 1. c. I. 28). Den Gebirgspaß am Westeingauge in Pamphylien aus Lycicn zu finden, mußte den Ma«edoniern wol schwierig sein, da nur thracische dortige GebirgSlente im Stande waren, ihnen, wie Arrian sagt, als Wegweiser zu *3) C. Beaufort, Karamania 1. e. p. 65; I. p. 195. Ritter Erdkunde XIX.

Spratl and Forbes, Travels etc.

RV

626

Klein-Asien.

§. 32.

dienen; dieselbe Schwierigkeit zeigte sich auch den neuem Reisenden Spratt und ForbeS, als sie diesen Gebirgsweg von PhafeliS nach Adalia aufsuchten, um sich über die westlichen EingaugSpLffe in Pamphylien zu orimtiren, von welchen die Ortsbestimmung von Olbia wie von Attalia und dem CatarracteSfluffe abhängig fein mußte. Denn wenn Strabo erst die große Feste (ftfya i'gvfia) Olbia als Grenzstadt, dann den wildlosenden Fluß (6 xaiagguxTtjg) im Singular, dann erst die Stadt Altalia aufzählt, so weicht da­ gegen der StadiasmuS von dieser Reihenfolge ab, der, von Ost kommend, mehrere Zwischenstationen am Gestade angiebt, vom CestruS bis zu den Catarracten (im PluraliS rovg xuraggdxuig), deren er also mehrere und auf 80 Stadien ihre Distanz an­ giebt, dann erst westwärts von diesen, nach 30 Stadien Abstand, die Stadt Attalia, und nun erst nach 20 Stadien weiter in W. den Rüstenott TenedoS aufzählt, Olbia aber gar nicht nennt, die man beide etwa für identisch halten dürfte (Stadiasm. M. M. o. a. O. 9Zr. 221 )744). Steph. Byz. schließt dagegen die Olbia Strabo'S von den Grenzen PamphylienS aus und rechnet sie (falls er sie nicht, wie HolsteniuS zeigt, mit Olbafa in Pisidien verwechselt tyot)46) zu den Solymern, wo man sie also auf dem Berglande und nicht an dem Küstensaume PamphylienS finden könnte, wo Beaufort vom Schisse aus auch keine Spur von ihr wahrnahm, und sie daher mit Adalia zu identificiren geneigt war. Da aber PtolemäuS wie Strabo, also beide sie auf gleiche Art neben einander mit dem Anfange PamphylienS in Westen aufzählen, so erwartete Col. Seafe46) wol, daß sie, wenn Strabo'S Angabe von ihr als sehr starker Feste nur eine richtige sei, sich wol noch in ihrm Resten werde wieder auffinden lasten, da der Raum von Adalia westwärts bis zu den Vorbergen der Solymer-Berge nur auf eine kurze Strecke von 3 bis 4 Stunden zu durchsuchen sei. Auch der StadiaSmuS nenne keine Olbia, weil er als PeripluS nur von der Küste, nicht aber vom Binnenlande Bericht gebe. Diesem widerspricht jedoch wieder PtolemäuS (I. 5), der eben an der pamphylischen Küste die Namen aneinanderreiht: Olbia, dann Attalia, dann erst die Mündungen des CatarracteS folgen 744) C. Müller, Ceogr. Gr. Min. 1. c. Vol. I. p. 489 und Atlas tab. XXV. 46) Luc. Holslenii Notae et Castigationes postb. in Steph. Byz. Lugd. Bataver. 1684. s. v. *OXß(ct. fol. 233; bestätigt von Waddington in Revue numismat. Annle 1853. p. 41. 4") Col. Leake, Journ. Asia Minor 1. c. p. 190.

Der Golf von Adalia.

627

läßt, hierauf den Ort MagyduS noch vor der Mündung deCestruS anreiht. Um die Widersprüche in jenen Angaben lösen zu können, hielt Capt. Beaufort die moderne Adalia für die Stelle, an der einst Olbia gestanden haben sollte, weil er keine westlichere Stadt dort vorfand, und die im Mittelalter wechselnden Namen für sie wie Sandal io n, Satalia, Antalia u. a. selbst verdächtig schienen; die alte Attalia Strabo'S glaubte er dagegen 2 Stunden weiter ostwärts der Stelle der heutigen Saara, wo er einige Reste vom Hafen, der Molos und andere alte Ruinen vorfand, bester anweisen zu sönnen47) als die noch weiter ostwärts von den unwissenden Tür­ ken E-ki Adalia (d. i. Alt-A6alia) genannten Ruinen, die d'Anville wie andere noch nicht als die alte Eide kennen gelernt hatten, wie fie sich dem Capitän durch die dort aufgefundenen Inschriften selbst ausgewiesen hatten (s. ob. S. 601). Der Name Eski Adalia war vor 150 Jahren, bemerkt Seafe48), bei den Türken noch nicht in Gebrauch, aber da auch die unwistenden Griechen den Ruinen von Perge den Namen naXatu lAixtiluu gaben, so übertrüge^ die Türken dieselbe Benennung Eski Adalia um so leichter auch auf diese östliche Ruine, für die sie keinen einheimischen Namen kannten, wie die türkischen Rhodier auch den Namen ihrer Stadt auf die heutige nahe derselben liegende Alt-Rho du s erst übertragen haben. Auch lernte Beaufort nicht nur im Westen der modernen Adalia keine pamphylische Festungsstadt kennen, sondern auch keinen über Felsen wild herabstürzenden CatarracteSfluß, sondern erforschte nur zwei kleine unbedeutende Flüßchen, die daselbst durch die sandige niedere Ebene zum Meere abfließen. Ostwärts bei Saara dagegen lernte Beaufort wildere Sturzwaffer kennen, die er daselbst be­ schrieben hat. Auch Col. Seake hatte dieselben etwas westlich von Saara in mehreren Armen bei regnichter Zeit in Wasterfülle sich über Uferklippen bei seiner Vorüberschiffung in das Meer abstürzen sehen, aber die noch vorhandenen Ruinenreste schienen ihm zu geringfügig, um sie einer SandeScapitale, wie Attalia war, die auch durch da­ byzantinische Mittelalter von Bedeutung und lange eine blühende Stadt blieb, zuschreiben zu können. Vielmehr schien ihm diese Saara dem MagyduS bei PtolemäuS zu entsprechen, das auch als Epis41) Capt. Beaufort, Karam. 1. c. p. 138. *") Col. Leake, Journ. I. c. p. 195 ; Schönborn, Programm a. a. O. S. 4.

9? r 2

628

Klein-Asien.

§. 32.

copalstadt Pamphyliens von Hierocles im Synecdem. ed. Wessel, p. 679 genannt wird. Von demselben hat Waddingtonm) Münzen mit einem Philippus und Gallienus laureatus aufgefunden und mit Geprägen der Fortuna und Mercnrs. Die fortgesetzte locale Forschung über die genannte zweifelhafte Lage von Olbia hat den deutschen Beobachter zu folgendem höchst wahrscheinlichen Resultat geführt 5"). Im Süden der alten Ter­ me ssus stürzt ein Bergstrom mit mehreren Armen von N.W. kom­ mend voll Geräusch und Tosen von dem hohen Solymer-Gebirge durch südöstliche Querthäler herab; durch seine Einigung mit dem Gebirgsstrom deö Tschandyr Tschai, der von Süden kommt, wie mit verschiedenen anderen mehr westlichen und südwestlichen das ganze Jahr hindurch sehr reichlich vom nördlichen Solyma herab­ kommenden Gießbächen wird dieser ganze Theil des Hochgebirges, das über 7000 Fuß emporsteigt, entwässert. Diese vereinigten Wasser fließen von West gegen Ost am Westende des Winkels der pamphylischen Küstenebene in das Meer, und in ihrer Nähe befinden sich mehrere Ruinen, nicht nur am Berggehänge KaramanKjöi selbst, sondern auch in der Ebene, wo diese dem Tschandyrthale gegenüber stufenförmig zum Flußthale abfällt. SarcoPhage mit anderen Bauten, die dichter am Meere liegen, sind jedoch sehr stark verwittert und scheinen keine Jnscriptionen zu haben. Also lagen in diesem Winkel der Ebene westwärts von Adalia dicht am Fuße des Taurus wie am Meeresrande, sagt Schönborn, entschieden antike Ansiedlungen, wenn auch noch keine Stadt daselbst entdeckt wurde. Die von zwei Seiten (von W. und N.) her nahen Berge, die Frische und Annehmlichkeit durch das Meer, die gesunde Lage mußte hier viel eher Städteansiedlung veranlassen als zu Adalia in der Ebene. Sollten in diesen Randbergen der Ebene sich noch einmal Olbia's Trümmer auffinden lassen, so würde dieser Fluß wol viel eher als jeder andere der Catarractes des Strabo sein. Derselbe Name würde dann wol mir erst nach der Gründung der späteren Capitale durch Attalus in der Nähe des dortigen Du­ den auf diesen Fluß übertragen sein. Auf Kieperts Karte ist daher diese Localität mit den entsprechenden Namen, und auch der Name Olbia an der entsprechenden Stelle in der Nähe von T4J) Waddinglon in Revue numismatiq. I. c. Annee 1853. p. 28. r,°) Schönborn, Programm. S. 4; s. dessen Zug AlcranderS durch Lycien. Posen 1848. S. 15. Nol. 3.

Der Tschandyr Tschai.

629

Tscharyklar eingetragen. Leider ist und noch keine genauere Erfor­ schung dieser Randberge der Ebene bekannt geworden. Daniell, der über die von seinen Landsleuten Spratt und ForbeS näher am Meeresufer in West von Attalia angegebene Lage von Olbia noch unsicher blieb (s. unten), kehrte noch einmal nach dem Tschandyrthal zu den dortigen Grabsteinen und dem Dorfe Tschandyr zurück, wo er die dortige sehr zertrümmerte Feste Tschandyr Assar (das sogenannte Genuesenschloß der Einwohner) für die alte Olbia zu halten am geneigtesten blieb, und also darin mit Schönborn zunächst ii6emnftimmte51), aber durch seinen bald darauf er­ folgten Tod abgehalten tmtrfce, darüber näheren Aufschluß zu geben. Durch Spratt und Forbes wurde das Thal des oberen Laufes des Tschandyr Tschai, der vom Bergdorfe Tschandyr, das an dem Nordgehänge der Climaxkette liegt, seinen Namen hat, besucht; aber sie scheinen einen anderen Hinabweg genommen zu haben, der aber nur wenig von der gegebenen Localität abgewichen, wie die damit übereinstimmende Karte, welche ihrem Bericht beige­ geben ist, bezeichnet, jedoch ohne die Vermuthung der Lage von Olbia an derselben Stelle Raum gegeben zuhaben. Da ihr Reise­ bericht und den genaueren Ausschluß über diese Localität der hiesigen Grenzpässe Pamphyliens gegen Lycien giebt, die wir sonst nur in allgemeinen Umrissen bei ihren Vorgängern angedeutet finden, so begleiten wir sie für jetzt auf ihrer Wanderung von Tekirowa bei dem alten Phase!is nordwärts bis nach Adalia, denn da­ durch wird auch das hydrographische System des Duden, seiner Quellen und Wasser, wie die nahe Lage von Olbia, die Schön­ born wieder auffand, und die Umgebung von Adalia näher erläutert. Nur drei Grenzpässe, sagt Schönborn^), sind auf diesem Gebiete zwischen Lycien und Pamphylien bekannt und zu unter­ scheiden: der erste als Climax durch Alexanders Zug am Meere hin ist bekannt; er führt im Ost der Solymer-Kette vorüber. Der zweite durch daS Tschandyrthal, etwas mehr westwärts, führt am Westgehänge der Solymer-Berge von S. nach N. durch die Solymer-Thäler, die sehr isolirt und gering bevölkert sind. Er ist ganz vereinsamt, darin wol einzelne Gräber, aber keine antiken Städte liegen, die erst am Nordende, wo Marmore an den Ausgängen *‘) Spratt and Forbes, Trav. T. II. p. 12. a. a. O. S. 5.

*-) Schön born, $roptaai»t

630

Klein - Asien.

§. 32.

sich zeigen, wieder anfangen. Er ist von Spratt und For­ bes beschrieben. Der dritte dieser lyeisch - pamphylischen Grenzpässe liegt noch weiter nordwärts, nicht wie jene in S.W., sondern in N.W. von Adalia. Er führt von S.O. auS Adalia gegen N.W. auf der Straße nach Zstenaz und Almaty in das nördliche Hochland von Lycien. Auf der Paßhöhe unfern antiker Befestigungen steht der Gülik Chan (derselbe Name, wie beim berühmteren cilicischen TauruSpaß, s. ob. S. 226,278) und eine Stunde südwärts von diesem auf der Culmination hoch oben in der GebirgSmulde, ganz unangetastet, liegt die alte TermessuS groß und weit ausgedehnt, mit einer Necropole von wenigstens tausend Sarcophagen. Dieser Paß (aber keineswegs die Ruine TermessuS) ist schon von Ccrancez begangen und beschrieben (s. unten). Er lag einst, wie aus der Geschichte bekannt ist, au der Hauptstraße der HeereSzüge auS der westlichen CibyratiS (Nordlycien) in die TauruSprevinzen Pisidien und Pamphylien. Er ist später von den neueren Reisenden untersucht, und wird weiter unten seine genauere Beschreibung finden. Weiterhin, sagt Schön­ born, bilden die nördlichen Randberge der Küstenebene PamphylienS einen ziemlich zusammenhängenden Bergrücken gegen Nordost, und trennen diese niedriger gelegene Küstenfläche von den auf der entgegengesetzten pisidischen Hochebene liegenden Landschaften, von denen erst weiter unten die Rede sein kann. Hier kehren wir fürs erste nur zu jenem mittleren der drei west­ lichen Pässe, dem des TschandyrthaleS, welcher uns nach Adalia führt, zurück, und bemerken vorläufig, daß nach Schön­ born S Erforschung nördlich von seinem AuSgange auS zunächst der Küste auch die antike Lage von Olbia durch ihn aufgefunden wurde, verschieden von den Hypothesen aller seiner Borgänger. Spratt und ForbeS GebirgSmarsch durch den lycischen Mittelpaß von PhaseliS durch das Tschandyrthal nach Adalia (int I. 1842)753). Ben Tekirowa an den Ruinen von PhaseliS vorüber (18. April) begann man den Versuch, den bis dahin Den Europäern unbesucht gebliebenen antiken Weg der einstigen thracischen Wegweiser der Macedonier wieder aufzusuchen, der zwar schwierig sein sollte, aber doch von einem Türken bei Seraidschik vorüber gekannt war, dem Spratt und ForbeS folgten. Doch ist zu bemerken, daß Schönborn wol gleichzeitig ") Spratt and Forbes, Trav. I. p. 200—209; s. das. Map of Lycia.

Der Gebirg-paß der Macedonier.

631

diese Wege durchforscht hatte, worüber die britischen Reisenden erst später Nachricht erhielten, und über diese Forschungen auch keine zusammenhängende Nachrichten, sondern nur hie und da verschiedene kritische Andeutungen über historische Beziehungen zu jenen Local­ verhältnissen publicirt wurden"). Die britischen Reisenden gingen zunächst über einen flachen, aber doch bedeutend hohen FelSrücken, der sich vom Fuße deS Tachtaly Dagh nordostwärtS bis zum Cap Awowa (Ajy-Owa? d. i. Bärenebene nach Kiepert) ausdehnt; dann folgte daS Hinabsteigen in die Küstenebene von Kemer (wo Egder auf Kieperts Karte), die parallel mit dem Ufer fortzieht, bis zum Fuße des Climax. Hier, bei zwei merkwürdigen ifolirt stehenden Basaltpiks, welche auch Beauforts Karte verzeichnet hat und die man zur rechten Seite liegen ließ, zog man links durch eine Schlucht, die sich zwischen dem 7800 Fuß hohen Tachtaly Dagh (Bretterberg) und einem nackten und rauhen Berge Söghür Dagh (Stierberg) der Solymakette öffnet. Diese Schlucht wird immer großartiger, ihr zu beiden Seiten steigen 2000 Fuß hohe Klippen empor und ein rauschender Strom durchzieht sie, den, an niancher Stelle ein Weg seitwärts auSgchöhlt ist, um daS Wasser zu nieiden, daS viele Blöcke wild dnrchtofet. Hier hätten wenig Mann, sagt Lieutenant Spratt, den Weg auch für eine ganze Armee verrennen können; aber zu Alexanders Zeit kamen die befreundeten thracifchen Bewohner seinen Macedoniern hülfreich entgegen. Erst nördlicher deS Tachtaly Dagh, von wo ein Querweg westwärts nach dem südlicher gelegenen Gödeneh in daS Thal des südlich abströmenden Allaghyr Tschai führt, erweitert sich diese wilde Paßschlucht, deren Waldumgebnng noch daS Asyl der lyrischen Bären geblieben, deren einer auf dem nahen nördlichen Waldpfade von 3 Centnern Schwere von den Britten erlegt wurde. Drei Stunden Weges legte man von da auf der Paßhöhe des Wal­ des gegen Norden zurück, wo man zwar Spuren einstiger Terrassencultur bemerkte, aber keine Festungsanlage finden konnte, nur alpine Pflanze», die erst im Aussproflen waren, aber auch auf der größten Culmination des Paffes bei 4500 Fuß Meereshöhe verschwan­ den, welche zwischen dem Nordende deS Tachtaly Dagh im Sü­ den, den» Barakat Dagh (d. i. Berg des UcterflusfeS) im Norden und dem Siwri Dagh (Spitzberg) im Osten sich einsenkte. Drei ") A. Schönbor», der Zug Alcrandcr« durch Lycien. S. 10-16.

Posen 1848.

632

Klein-Asien.

§. 32.

prachtvolle Gebirgsthäler senkten sich von da hinab in verschiedenen Richtungen:

daS

eine

gegen

S.W.

unterhalb

Seraidschik

zum Thale des südwestlich ziehenden Fluffes Allaghyr abfallend in daS Binnenland; die zwei anderen nach der Meeresseile Pamphyliens zu.

Gegen S.O. das eine südwärts durch die Thalspalte

des zerrissenen Climax (einen Blick auf die Meeresfläche gewährend), daS andere an der Nordseile des Climax,

zwischen ihm und dem

Barakat vorüber, durch die Schlucht auch einen Blick, aber nordwärts, gewährend,

durch welche der Tschandyrfluß und der Weg nach

Adalia führt, den Alexanders Landheer nehmen mußte, um in die Ebene Pamphylienö zu gelangen. In dieser Thalsenkung setzte man noch eine kleine Strecke den Weg weiter fort, bis man zu den Zelten und Hütten von Kosarasi (3900 Fuß üb. d. M.),

einem armen

Bergdorfe kam, von etwa nur 12 Familien bewohnt, wo man die sehr kalte Nacht zubrachte, in welcher ein Haufen Wolfe sich den Hürden genaht und ein Lamm und mehrere Schafe der Heerden er­ würgt hatte. Bon diesem Flecken konnte man gegen S.W. auf der Berghohe Ruinen von Seraidschik erkennen,

an denen man

am Abend zuvor vorüber gegangen war. Zweiter Tagemarsch (19.April). Die Ruinen von Apollonia. Der Ritt einer Stunde vom Nachtlager führte gegen Süd zu den vielen Ruinen von Seraidschik (d. i. kleiner Pallast, corrupt Sarahajik bei Spratt) zurück,

deren

Untersuchung der ganze Tag gewidmet

wurde, und von dem auch eine Aufnahme^) des isolirten mit Rui­ nen bedeckten Felskegels von etwa 700 bis 800 Schritt Umfang ge­ macht wurde.

Auf seinem Plateau, wahrscheinlich der Acropolis,

war alles dicht gedrängt voll antiker Baureste und von mittelalter­ lichen cyclopischen Manerumschanzungen umgeben. daselbst

ein

massiver

großer

vierseitiger Bau

Mauerwerk und zwei christliche Kirchen;

Noch zeigten sich von

polygonalem

in der lieferliegenden

Stadtumgebung aber außerhalb derselben ein großes schönes römi­ sches Gebäude, das nachmals in eine Kirche verwandelt ward; dann ein Heroum, mannigfache Gruppen von Sarcophagen, darunter auch einer mit roher Scutptur bedeckt, und auf einer Anhöhe unfern von ihnen eine Moschee. Auf den vielen Jnscriptionen der Gräber suchte man vergeblich nach einem Namen dieser Ruinenstadt, die Schon born für identisch mit Marmara, Spratt und ForbeS dagegen für Apollonia Lyciae zu halten geneigt waren, die freilich beide VB) PI. Sarahajik, probably Apollonia, by Licutn. Spratt R. N. p. 202.

Die Ruinen Apollonias oder MarmaraS.

633

sonst wenig gekannt sind. Die erste Marmara schien der hohen Befestigung, welche Alexander einnahm, ehe er Telmissus bela­ gerte, zu entsprechen, die von Arrian (de Exped. Al. I. 25—28) nicht bekannt wird, die aber des Diodor Sie. Angabe (XVII. 28) bei Alexanders Durchzuge am äußersten Ende LycienS als dem Sitz der Marmariker zu entsprechen scheint. Es waren die Marmariker, sagt Diodor, welche das macedonische Heer beim Borübermarsche plünderten und bei Bestürmung ihrer sehr steilen Feste sich mit ungemeiner Tapferkeit vertheidigten, bis sie aufs äußerste verfolgt, ihre Häuser sammt Weibern, Kindern und Greisen den Flammen preisgaben, die junge Mannschaft aber, nur 600 an der Zahl, in der Nacht auf das Gebirge entfloh. Sollten diese Ruinen aber nicht Marmara, sondern nach Spratt und ForbeS der Rest einer der vielen Apollonias sein, eine allerdings schwache Conjectur, zu welcher nur ein auf den Ruinen gefundenes Frag­ ment einer Inschrift All] freilich nur von zwei Buchstaben, ver­ führte, so würde sie, wie die Bewohner von Apollonia Mordiaeum (f. oben S. 473) nach der Münze bei Arundell in diesem zu Milyas gehörigen Gebirgslande wol zu den „Lycii Thraces Coloni” zu zählen sein. Da nach Plinius (H. N. V. 25) die Mylier thraeische Abkömmlinge waren, so würde daraus sich die sonst sehr auffal­ lende Thatsache natürlich aufklären, wie eS kam, daß die in diese Gebirge feindlich einrückenden Macedonier in dieser Bergcolonie doch freundliche Wegweiser durch diese sonst barbarischen Be­ völkerungen fanden, da die so eifersüchtig auf die Erhaltung ihrer Freiheit bedachten übrigen Bergvölker im Taurus doch die Mace­ donier in viele Kriege bei ihren Durchmärschen durch ihre Berg­ landschaften verwickelten. Vorausgesetzt, daß diese Stadt des Hoch­ passes die Apollonia Lyciae gewesen, so war sie von befreundeten Landsleuten, von Thracier-Colonien, bewohnt, die deshalb friedlicher gesinnt, das Heer ihrer Landsleute durch die Hochpäffe führen mochten, während dagegen, wenn die Marmara eine andere nördlicher gelegene Bergstadt war, deren Bewohner, die Marma­ riker, den macedonischen Fremdling feindlich und raubsüchtig auf dem Durchmärsche überfielen. Den beiden britischen Reisenden schien diese Burg des HochpasseS eher der Apollonia Lyciae als der Marmara zu entsprechen; doch ist bisher nur erst eine einzige Mür^e mit der Legende Apol­ lonia Lyciae durch Waddington aufgefunden, welche diese Hypo-

634

Klein-Afien.

§. 32.

these unterstützen tonnte756). Doch versagte ihr auch Daniel! bei einem spateren Besuche der Ruinen seinen Beifall, ohne bei sei­ nem zu frühen Tode darüber bestimmteres zu hinterlassen. Die allerdings sehr schwache, .nur auf zwei Buchstaben beruhende Annahme, diese isolirte sonst unbekannte Gebirgsfeste mit ihren Ruinen für die Apollonia Col. Lyc. bei Arundell zu hallen, bestritt gleich anfangs Schönborn57) nach seiner Inspection der dortigen Localitäten durch siegreiche Gründe, die man bei ihm nachzusehen hat. Er hielt sie dagegen für die Marmara Diodors und zeigte, daß sie nur auf einer Seiten ex cur sion von Phaselis aus durch Alexander selbst eingenommen werden konnte, desien zweite Ab­ theilung seines Kriegsheeres ihren Weg dyrthal nehmen konnte, hinzog.

nicht durch das Tschan-

sondern westlicher über hohe Bergflächen

Der Berg kämm im Ost der Ruine wurde Schönborn

bei feinem Besuche derselben Kessep Dagh genannt, das nächste Bergdorf bei der Ruine zu Seraidschik aber Gjöldschük. Eine genauere Durchforschung jener Ruinen nach Inscriptionen bleibt zur Entscheidung dieser verschiedenen Ansichten zu wünschen übrig, und also eine Aufgabe für künftige Reisende. Dritter Tagemarsch (20. April).

Von Kosarasi durch

das Tschandyrthal nach Tschandyr Hissar.

Am Abend nach

den elenden Hütten zu Kosarasi zurückgekehrt, wurde am nächsten Morgen erst eine Anhöhe von 5000 Fuß üb. d. M. überstiegen; dann trat

man in die Straße ein,

die aus Süd von Gödene

kommt und am Westgehänge des Berges Climax hinabsteigend zum Thale des Tschandyr Tschai führt, der aber mehrere hundert Fuß tiefer in der Thalschlucht seine Wasser gegen den Norden wälzt. Drei Stunden steigt man diesen Gebirgsweg abwärts, bis man das Dorf Tschandyr erreicht,

von dem der Führer als von großen

Ruinen Tschandyr Hissar gesprochen hatte. Indeß hatte man noch eine halbe Stunde weiter zu schreiten, bis zu drei Hütten mit einem Kuhstall, der einzigen Herberge, die sich dort darbot. Das verheißene Schloß lag noch eine Viertelstunde weiter auf steilen Fels wie eine große, obwol ganz regellose Feste, noch ziemlich vollständig erhalten, die aber keine Spur antiker Bauten zeigte. Ihre Lage aber bot von der Höhe eine grandiose prachtvolle, in die pisidischen

1S4) Waddington, Revue numismatique 1853. p. 179; Spratt and Forbes 1. c. 1. p*. 204. 51) A. Schönborn. der Zug Alexanders durch Lycien. Programm. Posen 1848. S. 11 — 16.

Rückweg durch das Tfchandprthal nach Adalia. 635 Gebirge und weit über die pamphylische Ebene reichende Aussicht dar. Der völlige Mangel, hier auch nur den geringste antiken Stadt- oder beachtenSwerthm FestungSrest zu finden, war nach gro­ ßer fruchtloser Anstrmgung so niederschlagend, nach alle den gehabten Hoffnungen wichtiger Monumente auf dem einstigen Marschwege der Macedonier, daß man glauben mußte, diesen gänzlich verfehlt zu haben. Doch hatten die Führer und Bergleute über dem ihnen viel wichtiger erscheinenden modernen Fort andere zur Seite liegende Ueberreste ganz übergangen, die sie nur im gegenüberliegendm Thäte als ein paar Grabstätten anzeigten. Indeß besuchte späterhin Mr. Daniell eben diese etwas nordwestlicher liegenden Trümmer und fand dort die antiken Ruinen der vielleicht zuvor genannten alten Stadt Marmara auf. Vierter Tagemarsch. Von Tschandyr nach Adalia (21. April). Dieser Weg führte zwischen dem Castell und einem Dörfchen Atsasia (wol griechische Umformung von Aksaz? d. i. weiße Binsen, wie Kiepert vermuthet) vorüber, jenseit welchem dichter PinuSwald den Nordabhang des ClimaxzugeS bedeckt; ein Pflasterweg, wahrscheinlich eine alte Route bezeichnend, führte 2 Stunden unterhalb des AkfasiadorfeS bequem gegen die Ebene hinab, als man nur 10 Minuten abwärts vom Wege aus dem tieferliegenden PinuSwalde einen hohen Kegelfels mit einem Castell auS dem Mittelalter hervorragen sah, in dessen Wävdm man durch daS Fernrohr einige eingemauerte große Blöcke wahrnehmen konnte. Nahe dabei erhoben sich wilde und höchst phantastisch zerrissene PikS deS Climax und darunter ein pyramidal gestalteter 1000 Fuß hoher FelSthurm, den eine Skizze darstellt58). Jenseit kam man im Thale deS Tschandyr flu sseS an einem Sarcophag vorüber, der aber keine Inschrift trug, so wie auch noch weiterhin sich noch mehrere zertrümmerte Sarcophage in der Nähe des Dörfchens Gurmah (Gürmeh?), aber ohne andere Baureste zeigten. Eine Viertelstunde weiter abwärts wurde der Fuß des Climax nahe dem Westende der Bai von Adalia erreicht. Aber erst in 2 Stunden führte der Weg am MeereSufer entlang nach Adalia, deren Stadtmauern und Minarets man schon auS weiter Ferne über die Ebene hervorragen sah. ES mußten auf die­ sem Marsche die Mündungen von drei bedeutenden Strömen über­ setzt, zwei derselben mit hohen Ufern auf Holzbrücken überschritten, ") Spratt and Korbes 1. c. p. 208.

Klein-Asien.

636

der dritte mußte durchwatet werden.

§. 32.

Jene beiden brechen unmittelbar

au- der Basis der Berge schon als starke Ströme hervor, der dritte heißt Ar ab T schar (Mohreufluß)

und ist

ein breiter

nach den

Jahreszeiten wechselnder Flußlauf, der über ein KieSbett fließt, auf welchem vieles Floßholz aus dem Tschandyrthale aufgestaut lag. An ihm sah man eine türkische Grabstätte, auf der viele architectouische ältere Marmore lagen, rmd in der nahen Klippe ein FelSgrab. Hier beginnt eine Aufeinanderfolge alter Seeklippen,

die 300

bis 400 Schritt landeinwärts des gegenwärtigen KüstensaumeS liegen und

einen

steilen Abfall

gegen

diejenigen klippigen Ebenen

von Adalia bilden, über welche einst dcr CatarracteS seine Ab­ stürze nehmen mochte. tuffniederschlag

Die ganze vorliegende Ebene ist auS Kalkoder

Travertin

gebildet,

über welche viele

Waffer, mit starker Auflösung von Kohlensäurekalk geschwängert, in vielen durch ihre eigenen Niederschläge gebildeten Betten und Canälen sich durch ihre Ueberfiuthungen immer neue Bahnen bildeten. Daher erklären sich, sagten die Beobachter, die verschiedenen Berichte der früheren Autoren von denen der neueren Zeiten über diese schr beachtenSwerthen Wechsel der Flußläufe der pamphylischen Küste, die seit Jahrtausenden recht bedeutende Veränderungen in den Kü­ stenformen hervorgebracht haben müssen. auf diesem Küstenwege erreichte, Borstadt,

kam

Ehe man die Stadt Adalia man

durch

die Hütten der

die größtentheilS von muhammedanischen Arnauten be­

wohnt sind, die, erst während der griechischen Revolution aus der Halbinsel Morea, an 3000 Personen, ausgewandert, hier sich ange­ siedelt hatten.

Durch diese Vorstadt fließt der Duden Su, der

ebenfalls

viel Kalktuss

sehr

ablagert.

Erst jenseit demselben tritt

man in die dichter aueinandergebaute Vorstadt und Stadt mit ihren Bazaren und Chanenein, deren einer, der Jen i Chan (Neue Chan), zur stattlichen Herberge diente.

Erläuterung

2.

Aufsuchung der alten Olbia durch Spratt und ForbeS und durch Schönborn. 1.

Nach Spratt und ForbeS.

als identisch

mit der Strabonischen

Da

man nun Adalia

Attalia anerkennen mußte,

die Localität der westlicher gelegenen Olbia aber noch nicht auf-

Lage der alten Olbia nach Spratt und Forbes. 637 gefunden hatte, so hoffte man sie nun von Attalia aus auffinden zu können. Nahe dem genannten Ar ab $fd)(ii759) hatte man auf dem zurückgelegten Küstenwege einige Ruinen nur flüchtig in der Ferne gesehen, die man nun aufsuchte. Nicht am tiefen Meeres­ strande, sondern auf der felsigen Hochebene gegen West reitend er­ reichte man nach etwa 1’4 Stunden Weges von der Stadt Adalia plötzlich einen Mauerdamm, der eine Strecke gegen N.W. fortläuft, bis zu einer 70 bis 80 Fuß liefen Felsschlucht, durch welche der Ar ab Tsch a i sich gegen S.W. im engen FelSbett nach der Meeres­ mündung zu hindurchwindet. An dem Südende der etwa 200 Schritt von N.W. gegen S.O. sich fortziehenden mächtigen Mauer von 14 Fuß Dicke ist ein gleicher Felsabsturz gegen die MeereSseite und eben so nach allen anderen Seiten hin, so daß von ihr an gegen West ein halbinselartiges Felsplateau sich über die tiefer anliegende Küstenebene erhebt, das durch sie auch von dem östlichern Boden wie von einer Festungsmauer zwischen zwei FelSbuchten ab­ gesondert und selbständig sich erhebt. Auf diesem Felsplateau liegen nun die antiken Ueberreste einer einstigen Stadt, die freilich sehr zertrümmert erscheinen, aber für die Lage einer alten, wie Strab o sich ausdrückt, sehr starken Feste Olbia gehalten werden konnten. Dies hohe felsige Vorgebirge war leicht in eine Festungsstadt zu verwandeln, zu der nur eine einzige Felsstraße von Ost nach West mit liefen Fahrgeleisen im Travertinfels noch sichtbar, mit einem einzigen Thore am Südende der Festungsmauer, in die Mitte der Area hineinführt. Gegen die felsige Nordabstufung zum engen Flußthale sind noch Reste von Berschanzungsmanern und einer an­ tiken Steinbrücke vorhanden; die Area der Plateaufeste selbst zeigt nur wenige antike Mauerstücke, aber einige Baureste aus dem Mittelalter, eben so wie die Südwestseite außerhalb des Felsplateaus, von welchem eine zweite Fahrstraße hinabführte in die anliegende Ebene, auf welcher ein Klippenzug mit einfachen FelSgrüsten zur Necropole der Stadt dienen mochte. Die ganze Strecke zwischen dieser Felsburg und Adalia ist uncultivirbarer Travertinfels, dagegen die andere Seite gegen Lycien zu sehr fruchtbarer Boden für die einstige Olbia; weshalb Steph. Byz. vielleicht damit über­ einstimmend sagen konnte, Olbia gehöre nicht zu Pamphylia, sondern 7*°) Spratt and Forbes J. c. I. p. 216—220; cf. PL Arab-chai-Hissar, probably thc ancient Olbia, by Lieutn. Spratt R. N. ein Grundriß der Festung Zstadt.

638

Klein-Afien.

§ 32.

zu Lycia. Daß die Lage des modernen Dorfes Gurmah dann der allen Cadrema, welche Steph. Byz. eine Stadt in Lycien und eine Colonie von Olbia nennt, entspreche, ist wol eine bloß auS dem modernen (türkischen) Namen geschloffene, daher sehr unsichere Conjectur. Ueber die noch manchen Zweifeln unterworfene Küstenstrecke zwischen Adalia westwärts an dieser supponirten Olbia vorüber in West der Arab Tschai-Mündung bis zur alten TenedoS-Insel, der heutigen Raschat, s. den StadiaSmuS Mar. Magn. Nr. 224 und 225™). 2. Die Lage von Olbia nach SchönbornS Ermitte­ lung. In der ersten Woche deS April 1842 verwendete Schön boTB61) einige Tage zur Aufsuchung der wahren Lage von Olbia, da er diese genannte nur für hypothetisch hielt. DieSolymerBerge, schon durch Beaufort an ihrer Ostseite bekannter gewor­ den, waren am 4. April schon von ihren Iürüken verlassen, Dörfer waren überall nicht zu finden oder leer, die Verirrung in den Busch­ dickichten, Thälern und Sümpfen, die man von der Westseite her zu durchforschen bemüht war, nicht selten. An dieser Westseite fehlten eigentliche Thäler und selbst die Terraffenabfälle, denen man von der Ostseile folgen konnte, bis man etwas nordwärts der Kette die von Adalia westwärts nach Alma ly auf dem Hochplateau führende Querstraße erreichte, wo man das Dorf Karamani antraf, das zwar leer von Menschen war, die schon auf ihre IailaS gezogen, aber doch eine Nachtherberge darbet. DaS Thal, in dem Karamani liegt, war gegen West durch Felswände geschloffen, aber auö seiner gewaltigen Schlucht stürzte sich gegen Ost ein Bach hinab zu dem lieferen Golf von Adalia. Wahrscheinlich einer von dm dreien im unteren Tschandyrthale nahe dem Meere sich vereinigenden Flüffen, von dmm Spratt und ForbeS nur einen erwähnten (f. oben S. 628). Auf der Gräberstätte sah man einige Marmore umher, in dm Bergm einige Grabkammem und vor dem Dorfe ein gut erhaltenes Gebäude neben dem Wege, mit quadratischen Gewölbm über der Erde und Mauern aus großen Quadern, deren Ganzes eher einer einstigen Kirche oder einem Kloster als einem Castell ähn­ lich sah. Auch unterhalb deS Dorfes liegen noch große Quadern, die mehr antiken Resten anzugehören schienen; die Abhänge warm ungemein wasserreich. AlS man am Morgen, den 5. April, das "") C. Mullerus, Geogr. Min. Pars I 4. p. 489. Tagkbuch. Nachlaß. 1842. Mscr. Bl. 76-80.

") 9. Schvnborn,

Lage der alten Olbia nach Schönborn. Karamanithal

639

weiter gegen Ost bi- zu einem PinuSwalde verfolgte

und sich dann gegen 10 v2 Uhr mehr

südwärts wandte,

wo eine

liefere Stufe sich zur Küfienebene absenkte, fanden sich am Abhänge große Gewölbe und Steinhaufen, verwitterte Mauern und eine Art Thurm vor, der zur Sicherung des Weges zur Küste angelegt schien. Es waren keine Genuesenbauten, sondern antike Werke, alle Steine von gewaltigen Dimensionen, die in den Gewölben keilförmig zuge­ hauen. Man blickte von hier wieder zurück auf die steile Felswand von Karamani, von wo der wilde Bach nun gegen Süd sich wendete und dahin seinen Weg durchbrach.

Auf dem Hügel zur Seite deS

Durchbruchs lag eine große Menge zertrümmerter Sarcophage, dann folgten wieder Quadersteine, Baureste, ein runder Thurmbau, eine Cisterne am Wege angelegt,

eine Reihe von Pfeilern,

verwitterte

Säulen, dann wieder Sarcophage mit Inschriften, die aber alle unlesbar geworden,

mtb

die Reste einer ganzen verwitterten Stadt

aus dem Alterthum, die keine andere als Olbia gewesen sein konnte. Die Breite der Ebene, in welcher die Trümmer lagen, nahm von N. nach S. eine halbe Stunde ein. An ihrem Südende stieg man über Felsenmauern zu

einer zweiten tieferliegenden Terrasse ab

und von dieser zu einer dritten Küstenterraffe, die wol eine Stunde fern von den ersten Trümmerresten der Stadt ablag, wo die heutigen Großen und Reichen

von Adalia

am Karamanibache ihre Som­

merwohnungen und schönen Gärten angebaut hatten und in der schönsten Lage ihren ländlichen Aufenthalt dem städtischen vor­ zogen.

Der Karamanibach war bis hierher in fortwährenden Was­

serfällen nachgestürzt und hatte sich hier in drei Flußbetten in drei Arme der schönsten Wasserfalle getheilt, die ungemein wasserreich in voller Pracht des Frühlings den herrlichsten Anblick der Landschaft gewährten, einen

die sich

hier zum

grandiosen Eingang

unteren Tschandyrthale öffnete und

gewährte.

Dieß erkannte Schövborn

als den von Strabo angeführten CatarracteS bei Olbia an. Born daS Meer, im Rücken die hohen Schneegebirge und zur Seite die Solymer-Berge.

Als der Karaman durchsetzt war, hatte man noch

zwei andere Flußbetten und einen Bach Doiran Tschai von gro­ ßer Breite zu durchschreiten.

Am

Eingänge des

TschandyrthaleS

lagen nur einige elende Hütten, die Sommerwohnungen der Dorf­ bewohner von Bair (d. i. Hügel), das westwärts auf der Berghöhe liegt, an dem der Weg zum Plateaulande nach Almala vorüberführt. Durch das Tschandyrthal tobte der Tschaudyrfluß in einer Breite von 50 Fuß wild zwischen Felsstücken hindurch, in einer Tiefe von

640

Klein-Afien.

Z. 32.

2 bis 5 Fuß. Er war von Wäldern umgeben, in deren Dickicht man bei einigen Hirten die Nacht zubrachte. Höher auf sollte eS keine Wohnung geben, aber eine Stunde fern vom Meer auf der Höhe ein Asfar (Hifsar), d. i. ein Schloß, fein. Am 6. April des folgenden Tages wurde der Tschandyrfluß aufwärts bis zum Dorfe verfolgt, das ihm dm Namen giebt, eine wilde alpine Land­ schaft, nach dem Hypsometer 2500 Fuß über dem Meere gelegen. Auf dem Wege dahin und am Orte fanden sich manche Gemäuer, auch hie und da Sarcophage und andere Reste, aber keine Spur von ftüherm antiken Stadtlagen, die erst weiter südwärt- sich zeigm, jmseit dem Ursprung der Tschandyrquellen und der Wasserscheidehöhe, von der erst der LimyroSfluß seinen Lauf gegen Süden nimmt. Eine Gegmd im Tschandyrthale wurde von Schönborn nahe dem Dorfe noch aufgesucht, wo man Steinkohlen entdeckt habm wollte, die aber nur als bituminöser Kalkstein sich au-wiesm, beten Proben nach Adalia für die dortigen Dampfschifsahrtm ge­ schickt, sich als unbrauchbar auswiesen. Die Lage der antiken Olbia schien aber an jener Stelle des heutigm Sommeraufenthalte- der Adalier an der reizendstm und gesundestm Stelle an dem innere» Winkel des MeereSgolfeS wiedergefunden zu sein.

Erläuterung 3.

Die Stadt Adalia, Attalia und ihre Umgebung. Adalia, die alte Attalus (AituIuu bei StraboXIV. 667), erbaut von AttaluS PhiladelphuS (reg. 158—138 v. Chr. G.), hat wol durch ihr Aufblühen erst die viel ältere Nachbarstadt Olbia in Bergeffmheit gebracht, seitdem sie zur Hauptstadt von Pamphylira durch die Römer (an welche daS pergamenische Reich im 1.133 vor Chr. Geb. durch Erbschaft gekommm war) erhoben ward. Bon dem Redegebrauch der griechischen Formen der Ortsbenennung (*AtjaXi(ur) ging die Bmennung bei italienischen Schiffern in die Form Satalia, in türkischem Munde in Antalia und Adalia übet762). Die, nach Strabo'S Angabe der ersten Erbauung, etwas später nachfolgmden Colonie CorycuS scheint mit in die Stadtmauern der ™3) Col. M. Leake, Journal 1. c. p. 193; Gihan Numa 1. c. 1J. p. 376; Pomp. Mcla I. 14.

Die Stadt des AttalvS, Adalia.

641

größeren Stadt eingeschloffen wordm zu sein. Sie hatte zwar anfänglich ihren Namen an dem Borgebirge AttaliaS beibehalten (KwQvxaTos bei SuidaS), der aber später von der Hauptstadt durch ihren berühmteren Namen verschlungen sein wird. Scylax von Caryanda, der vor der Gründung der pergamenischen Attalia schrieb, konnte sie noch nicht nennen; er führt nur im innersten Winkel des Golfs Olbia an, dann MagyduS und dann den Nuß CatarracteS (Scylax Car. 100 in Lycia). Nach einer Angabe des Demetrius bei Steph. Byz. (s. v. AxxöXtm, noXtg AvSlag) konnte man dafür halten, daß derselbe Ort vor Gründung von AttaluS Ansiedlung Aygoupa oder 'AXXouqo, ge­ heißen, und Steph. Byz. statt AvSlag in Avxiag zu berichtigen wäre; aber Luc. HolsteniuS^) zeigt, daß eS nach Nicol. Damascenus in Exc. Const. Porphyrog. p. 453 zwei AttaliaS gab, von denen die eine, in Lydien gelegen, die Agroeira war, von welcher Steph. Byz. spricht, die zweite aber, die cilicische und Corycus ge­ nannte, eben die hier in Pamphylien gelegene ist, weil Pamphylien später zu Cilicien gerechnet wurde. Deshalb ist auch der frühere Text in noXig AvSlag (Meinecke ed. Steph. Byz. s. v. p. 144) beibehalten. Eine große, von H. Barth jedoch unvollständig copirte Inschrist an einem Hause in Adalia verdiente wol von Nachfolgern vervollständigt zu »erben6*). Die Münzen der lydischen «Stabt65) haben die Aufschrift A TTAAEA T£2X, die der pamphylischen Stadt aber ATTAAEQN, darauf zumal die Pallas mit einer Victoria oder einem Delphin auf der Hand, mit Schild oder Lanze, oder ein Neptun mit dem TridenS vorkommen, Zeichen deS Empo­ riums am Meere, daS zur Zeit deS Apostel Paul»», der mit BarnabaS aus Cilicien bis nach Attalia in Pamphylien vorge­ drungen war, als Hafenort zu seiner Rückkehr nach Antiochia in Syrien (Apostelgesch. XIV. 25 n. 26) dienen mußte. Später wird sie als EpiScopalstadt in der Eparchie Pamphylien genannt (Hierocl. Synecd. ed. Wessel, p. 679); sie schickte ihren Bischof im I. 431 n. Chr. Geb. auf daS Concilium zu EphesuS; und von Kaiser AlexiuS ward sie zur Metropolis erhoben. In dem Kreuz­ zuge Louis VII. (le Jeune) mit Conrad III., der auf dem Wege von EphesuS über Laodicea nach Pamphylien durch die Tücke der Griechen unter Kaiser Manuel so unglücklich ausfiel, war Attalia ") Luc. Holsten., Notae et Castigat. I. «. p. 57 f. *. **) S. im Rhei­ nischen Museum für Philologie. 9t. Folge. 7. Jahrg. 1850. S. 250 —251. ") Waddiogton, Revue numismat. Anoee 1853. p. 24Ritter Erdkunde XIX. Ss

642

Klein-Afien.

§. 32.

die letzte der griechischen von Türken noch nicht besetzten Festungen, das einzige Asyl76C) für den tapferen französischen König und seine Barone, wo sie sich noch etwas von ihren Strapazen erholen konnten (im I. 1148 n. Chr. Geb.). Sie gaben von da ihre bis­ herige Landreise aus, und mußten sich nun zu Waffer begeben und nach Antiochia in Syrien überschissen lassen. Der türkische Geograph Hadschi Chalfa^') nennt die Stadt Antalia und sagt, daß in ihrer Nähe Kilidsch ArSlan, Sohn Solimans, des ersten Herrschers der Seldschuken (im I. 1103), seinen Pallast hatte, der auf allen Seiten von Felsen umgeben war, von welchem noch zu Hadschi Chalfa's Zeiten die Reste vorhanden geblieben; seine Haupteinkünfte habe er vom Anbau der Baum­ wolle gehabt. Unter den seldschukischen Herrschern hatte sich dieser Ort ungemein gehoben; er war mit schönen Gebäuden und starken Festungswerken als ein Haupt-Emporium von Karamanien anzusehen, daS aber in dem ersten karamanischen Kriege der Türken wider die Fürsten von Zconium (Kenia) im I. 1425 nach mancher Gegenwehr an den Sultan Mürad verloren giug^). Zn dieser günstigen Periode hat Ebn Batuta^) diese Stadt, die er Anthaliah schreibt und eine der schönsten Städte der Welt nennt, besucht. Sie hatte das Eigenthümliche, daß jede Classe der Be­ wohner in einem besonderen, mit Mauern umzogenen und von ein­ ander abgesonderten Quartiere lebte. Die christlichen Kaufleute wohnten am Hafenplatz (Mina), und die Thore, die durch ihre sie umschließenden Mauern führten, wurden in der Nacht und während deS Gebets am Freitag geschlossen. Die Griechen, die alte ein­ heimische Bevölkerung, bewohnten ein besonderes von Mauern um­ schlossenes Quartier der Stadt, eben so die Juden ein drittes, und der König mit seinem Hofe und seinen Sclaven einen Raum der Stadt für sich, mit ihm die MoSlemen, wo die eigentliche Stadt mit Hauptmoscheen, Medressen, vielen Bädern und Bazaren in der schönsten Ordnung erbaut war. Die großen Stadtmauern um­ gaben die ganze Stadt und schlossen auch die anderen Quartiere mit in sich ein. Vorzüglich zu rühmen waren ihre schönen Gärten voll köstlicher Früchte, unter denen die Aprikosenart, arabisch Kamar eddin (d. i. Mond des Glaubens) genannt, mit süßem *6t) Willen, Gcsch. der .Nreuzzüge. Th. HI. 1. 67) Gilian Numa b. Norberg I. c. 11. p. 370. 6") 2. v. Hammer-Purgftall. Gesch. deS oSman. Reichs. Th. I. S. 425. ") Ebn Batouta b. Defremery I. c. T. I. p. 258 sq.

Adalia unter oSmanischer Herrschaft.

643

Mandelkern, die ausgezeichnetste war.

An trefflichen Durftet fehlte

es nicht.

der Med resse (Hochschule)

Ebn Datuta

wurde

in

bei ihrem Superior, Schihab ebbin el-Hamari, gastlich einquartiert, bei dem

es

der Gebrauch war,

Knaben mit it. 78)

schönen

alltäglich

vorlesen

zu lasten.

hieß damals Khidr Beg, Kermyan;

in der Dschamie

Stimmen die

3 Suren

von mehreren

des Koran (48, 67

Der Sultan von Anthaliah

Sohn des IunuS Beg,

Königs von

er war krank, doch erhielt der Pilger nach dem Besuche

bei ihm Gastgeschenke (über IunuS s. Vivicn St. Mart. Asie Mi­ neure I. p. 495). Sehr beachtenSwerth für damalige Sitten im Lande war auch hier das Bestehen der gastlichen Brüderschaft, der „Jungen Leute" (el Akhijet el fitum bei Ebn Batuta ge­ nannt), die sich der Gastlichkeit gegen die Fremden und eines fröh­ lichen Lebens befleißigten

und

gegen Unterdrückung von Tyrannen

verbunden waren, an deren Spitze als Haupt der Brüder ein Schuster stand. auch

Von dieser Brüderschaft unter den seldschukischen Zeiten war schon

anderwärts,

z. B.

in

SiwaS

(f. Kleinasien Th. I.

S. 254), die Rede. Die große Bedeutung dieses Emporiums Antalia unter oSma­ nischer Herrschaft in den nachfolgenden Jahrzehnden Belagerung der letzten Kreuzfahrerflotte welcher daS

von

geht aus der

int I. 1472 hervor,

bei

den Autoren genannte Satalia als wichtigster

Handelömarkt an der Südküstc Kleinasiens und als noch unein­ nehmbare Feste erscheint, die von ihrer Besatzung gegen eine große Macht sehr tapfer vertheidigt wurde. seinen

Cardinälen

Bessarion,

Pabst Sixtus IV. hatte mit

Bembo

und

Borgia

Frankreich,

Deutschland und Spanien wie Italien zu einem erneuerten Kreuz­ zuge ^")

gegen die Türkenherrschast in Bewegung

gesetzt, und die

dazu bestimmte Flotte der Kreuzfahrer, unter Pietro Mocenigo'S Oberbefehl, aus 85 Galeeren, darttnter außer päbstlichen, neapolita­ nischen, einigen rhodischen Schissen auch aus 47 venetianische« Schiffen bestehend, zog von Smyrna sogleich gegen die Hauptfesten der Tür­ ken an der Südküste Kleinasiens, vor allen zunächst vor Satalia in Pamphylien.

Der Hafen war durch eine Kette gesperrt, die jedoch

bald durch einige Kanonenschüsse gesprengt wurde, worauf 10 Ga­ leeren den Hafenbazar überfielen, der mit vielen Waaren, zumal mit Gewürzen aller Art, überfüllt war und geplündert eine reiche Beute abgab.

Die Festung

Satalia war

aber mit doppelten

7C) v. Hammer-Purgstall, ebend. II. S. 126. Ss 2

Klein-Asien

644

§. 32.

Mauern und doppelten Gräben verschanzt, und obwol die erste Mauer erstürmt ward, so konnte doch die zweite weder durch Minen gesprengt, noch durch Sturm erobert werden, da ihre Mannschaft den tapfersten Widerstand leistete. Schon war den Anstürmern der Muth gesunken, und daS Christenheer wich zurück, als eine weibliche Stimme von der hohen Mauer dessen Muth von neuem anfachte. Es war die einer christlichen Slavonierin, die seit Jahren in der türkischen Sclaverei schmachtete und noch einmal ihre Glaubensgenoffen zum Angriff anfeuerte, dann aber sich von der FestungSmauer herab in den Tod stürzte. Dennoch mußten die Kreuzfahrer sich von der Er­ stürmung mit Sonnenuntergang zurückziehen, da es ihnen an schwe­ rem Geschütz fehlte, die Mauern zu brechen; in dem nächtlich gehal­ tenen KriegSrath beschloß man den Rückzug, plünderte aber die Borstädte, sehte die Häuser in Flammen, fällte die reichen Baum­ pflanzungen der Gärten und kehrte mit der Flotte nach Rhodos zurück, von wo man erst int folgenden Jahre (in Begleitung Josafa Barbaras)77A) zur Erneuerung des Seekrieges gegen KorykoS und Selefte ant Calycadnus (s. oben S. 327) zurückkehrte. In der Sacristei zu Sct. Peter in Rom wurde indeß die Hafenkette als Siegeszeichen aufgehängt. Unter den neueren Europäern ist Paul Lucas einer der ersten, der im Ä. 1704 die Aufmerksamkeit auf Adalia (Satalie schreibt er)72) gelenkt hat, als eine Stadt von Bedeutung, die damals noch durch dreifache Mauern in drei Abtheilungen geschieden war, die durch eiserne Thore gegen einander an jedem Freitage von Mittag an bis 1 Uhr verschlossen wurden, weil nach einer in der Stadt herrschenden Prophezeihung in dieser Stunde, an einem Freitage, die Stadt von Christen überrumpelt werden würde. Er fand die Ummauerung der Stadt in einer Ausdehnung von 2 Lieues, wahr­ scheinlich die von ihm gerühmten Obstgärten, wilde Citronen- und Orangenhaine mit inbegriffen. Biel Storax gewann man hier in dem sehr heißen Clima, das man aber in der Sommerzeit flieht und diese auf den nahen Bergen zubringt oder in unterirdischen Wohnungen. Die einstige Kirche der Jungfrau Maria war in eine Moschee verwandelt, zeigte aber noch durch ihre über den Thoren angebrachten Wappenschilde, zumal Gottfried von Bouillons, m) Jos. Barbara, Viaggio nella Persia, s. b. Ramusio, (teile Navig. Venez. 1583. T. II. fol. 99. 7J) P. Lucas, Voyage 1. c. p. 243—245; Cornecille Le Bruvn, Voy. au Levant. A la Haye. 4. 1732. T. II.

p. 522—524.

Adalia in heutiger Zeit.

645

die frühere christliche Herrschaft der Franken. Der Hafen der ©tobt war unbedeutend, konnte nur kleine Barken, Tartanen und Gatte aufnehmen; die Rhede ist zwar schön, aber unsicher; am Orte konnte P. LucaS keine Inskription und keine Münzen auffinden; er ver­ ließ ihn also bald wieder. Col. Leake war leider auf seiner Rückreise von Chpern krank geworden und mußte an Adalia vorüberschiffen, ohne eS zu besuchen, aber General Koehler, sein Reisegefährte (im 1.1800)^), erreichte die Stadt von StavroS aus am Cestrus auf dem Landwege nach einem Tagemarsche von 6 Stunden. Er zog vom Ak Sn auf einem etwas erhöhten trockenen Boden bis an die Mauer von Adalia, aber eine Stunde vor der Stadt hatte er einen tiefen sehr reißenden Strom zu übersetzen, der in mehrere Arme getheilt zur künstlichen Bewäfferung der Aecker und Gärten der Stadtumgebung benutzt wird. Col. Leake, der westlich von Manawgat einige Tage an einer Flußmündung verweilen mußte, hielt diese für denselben von ihm dort gesehenen Strom, den er Duden nennt. Aber außer dem CrstruS und diesem Duden, den einzigen Hauptströmen, hatte er noch einige andere kleine Flüffe zu passiren, über deren einem eine antike Brücke mitten in einer Waldumgebung hinüberführte. Der General, der jedoch nur einen Tag sich in Adalia aufhalten konnte, nennt die Stadt groß und bevölkert; obwol nur von einem Müteffellim beherrscht, solle sie eines der besten Gouvernements in Anatolien sein durch Handel und Fruchtbarkeit des zugehörige« Di-strictS. Die Stadt liegt um den Hafen in einem Halbkreis und hinter ihr steigt die Höhe des Castells mit Bastionen und quadra­ tischen Thürmen flankirt empor. Die Borstädte und die Häuser zwischen den weitläufigen Gartenumgebungen zeigtm ihm sehr viele Reste alter Architekturen, Sculpturen und Granitsäulen, auch einen Aquäduct, der durch die ganze Länge der Vorstädte zieht, längst verfallen und von Buschwerk überwuchert ist, aber wie vieles andere an die einstige Bedeutung dieser Hafenstadt erinnerte. Im ersten Iahrzehend dieses Jahrhunderts, gegen 1809, hat der französische Consul ßorancej74) auf seiner Rückfahrt von CyPeru diese Adalia (er schreibt immer Satalie) besucht; eS war am 30. März, die Luft noch kalt, die Berggipfel umher noch mit Schnee 13) Col. M. Leake, Journ. Asia Minor 1. c. p. 132—134. T4) Corancez, ltineraire d’une partie peu connue de VAeie Mineure. 8. Paris 1816. p. 385—390.

646

Klein-Asien.

§.32.

bedeckt, die hier vorherrschenden Nordwinde, die von den kalten Gebirgshöhen herabstürmen, erschwerten den Ginlauf im Hafen, trieben dagegen die Schiffe schnell nach Cypern hinüber. Die Zahl der Häuser giebt er auf 3 bis 4000, die der Einwohner auf 15 bis 20,000 an, von denen die Christen mit) Juden nur in der weitläufigen nördlichen Dorstadt wohnten. Am Abhang eines FelörückenS erbaut beherrscht die Stadt das Meer, aber in W. und N. von Bergen umschlossen, soll ihre Lage bei cxcessiver Hitze in der Sommerzeit ungesund sein, obgleich der Gartenvegetation ungeniein günstig, daher ihre Gärten und edeln Agrumi berühmt, zumal da sie gute Bewässerung von ein paar Flüssen haben, welche sie in vielen Ca­ nälen durchziehen. Don der nördlichen Vorstadt, die auf Felshöhen erbaut liegt, kann man die Stadt selbst nur durch eine Felstreppe, die über ihre Stadtmauer führt, erreichen, welche durch Seldschuken erbaut sein soll und die Befestigung von der Seite bildet. Einige antike Daureste in der Stadt schreibt Corancez noch der Uebertragung and der alten Olbia zu; andere schönere Bauten der Periode der Seldschukenhcrrschaft, die Grundmauern des Bazars, die Stra­ ßenanlage, die zum Landthore führt, in dem man noch vier stehende Säulen in der Stadtmauer und den Nest eines Triumphbogens, den er mit dem zu Latakia in Syrien vergleicht, wahrnimmt, aber wie manches andere den Römern. Ein Arm des alten Catarractesflusses ergieße sich außerhalb der Stadtmauern jenseit der Gärten, die er bewässert, in den Hafen, ein zweiter Arm fließe mehr südwärts zum Meere. L. Burckhardt hatte iu deniselbcn Jahre bei seinem zu kurzen Aufenthalt in Satalia (19. Juni 1809)775), das er eben so wie Corancez schreibt, nur wenig beobachten können. Ohne' eine wirkliche Auf­ nahme der Stadt und ihre Umgebung wird noch manches über ihre Localität unverständlich bleiben; leider war die Zeit, in welcher Beaufort (int Jahre 1812) diesen Hafencrt besuchte7"), durch die damalige politische Crisis, bei dem Gouvernementsantritt des jungen Paschas Hadschi Mehemmed, nach dem Hinsterben seines BaterS, der in Rebellion gegen die Pforte gestanden hatte, zu ungünstig, um einen Plan der Stadt und Landschaft aufzuneh­ men, wie er sie von Phaselis, Halicarnassus, Cnidus, von Side und anderen so lehrreich mitgetheilt hat, da durch sie erst die 775) J. L. Burckhardt, Trav. in Nubia. Lond. 1819. p. XII. 7h) Capl. Beaufort, Karamania 1. c. p. 118—138.

647

Adalia in heutiger Zeit. Localität selbst verständlich werden

kann.

Der alte Pascha von

Adalia war kurz vorher gestorben, als Beauforts Fregatte im Hafen vor Anker ging; noch ehe dessen Tod veröffentlicht worden, hatte der Sohn selbständig die Gewalt ergriffen, und ohne die Zu­ stimmung der Hohen Pforte abzuwarten, ihr ein Geschenk von 500 Beuteln (12,500 Pfd. Sterl.) zugesandt, um als Pascha von drei Roßschweifen alö Nachfolger des Verstorbenen anerkannt zu werden. Täglich erwartete man Bescheid von Constantinopel; der Zustand war peinlich, denn eben so gut wie Bestätigung konnte der Kapudschy-baschy mit der seidenen Schnur zum Erdrosseln, oder ein neuer verkappter Pascha von Constantinopel mit dem Dolche den Usurpator überfallen, der deswegen keinen Besuch auf dem Schiffe wagte, weil ihm die Ankunft einer mit der Hohen Pforte befreun­ deten Kriegsfregatte Verdacht erregte, der nun auch auf die Mann­ schaft überging, von der er unter der Maske der Freundschaft, nach der Türken Art, einen heimlichen Ueberfall fürchten konnte. Selbst die herkömmliche Visite des CapitänS in feinem Serail wurde nur mit Mißttauen angenommen, und an eine genauere Besichtigung der Stadt, der Monumente und ihrer Festungswerke war unter solchen Umständen eines treulosen Gouvernements nicht zu denken.

Man

erkannte nur die schöne Lage der Stadt??), deren Straßen sich um den Hafen hinter einander wie die Sitze eines Amphitheaters er­ heben;

die oberste Höhe der Stadt durch Wall und Graben mit

Doppelmauern und quadratischen Thürmen,

die etwa 50 Schritt

auseinander stehen, umgeben, ließ man unbesucht. Man bemertte nur am Landthore noch die auch schon von Corancez gesehenen vier außerhalb stehenden colossalen Säulen, aber noch 14 andere innerhalb des Prachtthores der Mauer stehen gebliebene mit corinthifchen Capitalen (doch konnte Texier, der 1836 sie aufsuchte, sie nicht mehr vorfinden)?^), und die auf dem Gebälke der ehemaligen Fronte deS Triumphbogens liegenden Quadern mit Jnfcriptionen, die aber verkehrt lagen, daher sich mit dem Fernrohr aus denselben nur der Name HadrianuS entziffern ließ, dem zu Ehren er errichtet sein mochte; denn die Architectur war im Styl seiner Zeit vollen­ deter Art.

Ein anderes Thor mit einem quadratischen Thurm zeigte

dagegm über dem Eingänge ein paar Ritterwappen aus dem Mittel­ alter, mit einem Löwen int Felde und einem Schachbrett, und zwi-

”) View of llie City of Adaion b. Beaufort p. 126. Voy. 1. c. T. III. p. 20V.

7Ä) Cb. Texier,

648

Klein-Afien.

§. 32.

scheu beiden eine kurze Inschrift, was Paul LucaS für die Wap­ penschilde Gottfried von Bouillons gehalten hatte. Die übrigen Merkwürdigkeiten, die etwa sonst die Stadt enthalten mochte, unter­ ließ man aufzusuchen, um keinen Allarm bei der angstvollen Bevöl­ kerung zu erregen. Ein Spaziergang durch die Gärten umher zeigte ihre herrliche Vegetation und die Obsthaine mit edeln Früchten beladm, die Kornfelder mit dem fruchtbarsten Boden bedeckt und von vielen natürlichen Canälen und Flußarmen durchkreuzt, welche zwar vielen Kalktuff an den Uferseiten ablagern, der aber den Boden be­ fruchtet, bei Ueberschwemmungen auch wieder fortgeschlemmt wird, wo dann die Wasser zu Kornmühlen geleitet oder zum Meere gehend über Klippen zu dessen Tiefe hinabstürzen. Der Hafen ist von zwei Steinmoleu eingeschlossen, die jedoch zum Theil verfallen, an deren Enden einst Thürme zur Sicherung der Einfahrt standen, wol wo er durch die Kette gesperrt war. Vom Schiff aus, auf das man sich zurückzog, sah man über die Kuppeln der Moscheen fünf hohe Minarets hervorragen, von denen eines durch Cannelirungen von der Basis bis in die Spitze verziert schien. Der Bazar war mit Zeugen, Geschirr, englischen und deutschen Manufacturwaaren gut besetzt, die aber meist nur auf Landwegen durch Karawanen von Smyrna hierher geführt werden; denn directer Seeverkehr durch Fremdhandel hatte erst seit kurzem Eingang ge­ funden. Der große Mangel an Korn, zumal Weizen in den briti­ schen Garnisonen am mittelländischen Meere, durch mehrere mißrathene Ernten wie in Sicilien und anderwärts gesteigert, hatte die griechischen Schiffer von Psara und Hydra vermocht, an den Küsten Pamphyliens den Ueberfluß von Weizen für baare Dollars aufzufaitfen, die sie beim Verkauf reichlich wieder ersetzt erhielten. Bis dahin war der Export von Korn aus allen türkischen Provinzen bei Strafe der Confiscation verpönt und verboten, um so reichlicher fand durch Bestechung der Aghas, die davon großen Gewinn zogen, die Ausfuhr statt; denn in guten Jahren hat das fruchtbare Pamphylien bei einiger Ermunterung zum Ackerbau doch großen Ueber­ fluß an Getreide. So ward im Lande Verkehr und Industrie in kurzem erweckt zu neuem Leben und Wohlstände, und schon 1812 sah man von allen Seiten Karawanen von Kameelen, Pferden und Eseln den griechischen und englischen Maltheserschiffen dm Korn­ reichthum des Landes in dem Hafen von Adalia zuführen. Die Zahl der Bewohner der Stadt schätzte Beaufort nur auf 8000, davon ein Dritttheil Griechen, die aber nur türkisch sprachen; die

Adalia'S hydrographische Zustände.

649

Liturgie ihrer Papas war noch griechisch; einzelne Gesänge nur ins türkische übertragen, daS Liturgische aber dm Priestem selbst wie der Gemeinde ganz unverständlich. So zeigte eS sich an dm meistm Küstenorlen KleinasimS, die der Capitän besuchte, wie die Sclavm die Sprache ihrer Gebieter angenommen und die Muttersprache der« gessrn hatte»; nur im westlichen Seehafen zu Scala Nova bei EphesuS fand er den Fall umgekehrt, wo nur wenig Türkm »och geläufig ihr türkisch sprachen, der Agha und selbst seine Janitscharen unter sich nur griechisch und nicht einmal mit dem türkischen Dol­ metscher in türkischer Sprache verkehren konnten. Zur Frühlingszeit fand Capt. Beaufort im Hafen eine sehr angenehme Seestation durch die lieblich alternirenden Land» und Seebrisen» die mit abwechselnder wachsender Stärke an der West­ küste landwärts hinaufwehm, in der Nacht aber als kühle Land­ winde aus den TauruSthälern zum Meere zurückfließen, und so auch die reizende Lage der Stadt und ihre Umgebungen noch ange­ nehmer machen. Auch hat der Hafen den Bortheil aus seinem Grunde hervortretender süßer Quellen sehr reinen Wassers, welches hier im Salzwasier geschöpft den Bewohnern der Stadt zum Triukwasirr dient, da das Wasser ihrer Dudmflüsie wegen der vielen in ihnen aufgelösten Kalktheile untrinkbar ist. Die vielen ein­ zelnen kleinen Flüßchen und Stromesarme, die zwischm der Stadt und dem großen CestruS oder A k S u zum Meere als Bewäsimlngen der Gärten und Felder oder als Mühlbäche zum Meere stießen, müssen, sagt Beaufort, wenn sie einst vereinigt zum Meere «iltm, einen sehr bedeutenden Strom gebildet haben. Dieß ist mehr als wahrscheinlich durch die Bestätigung der Angabe deS PtolemäuS, der zu seiner Zeit den CatarracteS im Osten von Attalia bis MagyduS angiebt. Alle diese Wasser, die jetzt so genannten vertheilten Stromläuse des Duden Sn, sind mit so starker Kalkauflösung geschwängert, daß sie nicht nur für Menschen, sondern auch für Bieh ungenießbar sind, und viele der Mühlm mit Stalactiten überziehen und große Kalttuffmassen an den Uferrändern niederschlagen. Die große breite Plaine, die sich in Ost von Adalia ausdehnt, endet gegen das Meeresufer in steilabstürzenden oft über 100 Fuß hohen Klippen. Diese überhängeu den MeereSrand nicht etwa, weil die Mcereswoge die untern Theil« losgespült hat, sondern weil der Oberrand wie eine aufge­ schwollene Lippe über die senkrechte Wand herabhängt und auS lauter parallel unter sich übereinander aufgeschichteten Lagen besteht.

650

Kleln-Afien.

§. 32.

die immer durch neuen Zufluß der tuffhaltigen Waffer überschüttet werden. Diese Accumulation, hält Beaufort dafür, hat wol seit Jahrhunderten den Flußlauf gehemmt, der eben hier einst den CatarracteS bildete, aber durch die Schuttanhäufungen in seinem Bette und die dadurch veränderten Gefälle sich in viele Arme und Canäle vertheilte. So setzt daS Ufer 2 Stunden weiter ostwärts fort bis Laara, der alten MagyduS. Die große pamphylifche Travertin-Ebene wird auf diese Weise, sagt Forbeö, durch die vielen auö ihren Höhlen unter den Taurusabhängen südwärts hervortretenden, mit kohlensauren Kalktheilen geschwängerten Flnßläufen fortwährend erhöht; und bauen sich diese auch, ihren Betten zur Seite, fortwährend neue Schranken auf, so durchbrechen sie dieselben auch wieder und bahnen sich immer wieder neuen Lauf; daher eö schwer ist, die alten mit den neueren Zuständen zu vergleichen, die sich oft schon in einem halben Jahrhundert sehr verändert zeigen Dazu kommt, daß auch zuweilen andere Deposita, wie Sand oder Mergelsandsteinschichten, sich zwischen diesen Tuffschichten unterlagern, wodurch die Küsten­ linien für den Schiffer sehr veränderte Formen und Ansichten gewinnen können, die ihren Anlandungen nicht selten durch die fort­ gehenden Wechsel Gefahr bringen. Der begonnene Aufschwung von Adalia's Verkehr zu Beau­ forts Zeit scheint keine Fortdauer gewonnen zu haben, wenigstens fand Texier8"), der den Hafenort 1836 besuchte, ihn so mittellos und leer an Schiffen, daß das französische Schiff, die Mesange, sich daselbst Nicht einmal mit Mehl, Gries oder Fleisch verproviantiren konnte, auch nur schlechtes Oel trotz der schönsten Olivenbäume ge­ liefert wurde, und auch später, 1842, bei Spratt und Forbes Besuch, war der Verkehr so unbedeutend, daß noch kein europäischer Consul, kein Agent für ein europäisches Handelshaus dort ange­ siedelt war, der erst in der Person eines Mr. Purdie später er­ folgte, als die Dampfschiffahrt von Smyrna nach Rhodos und von da jeden Monat zweimal nach Adalia eingerichtet todt81). Durch den früheren Druck hatten die Griechen in Adalia ihre Sprache eingebüßt und sprachen nur noch türkisch, durch die grie­ chische Revolution aber erwachte bei ihnen ihre Nationalität von 17t) Spratt and Forbes, Trav. 1. c. T. II. p. 187. *°) Cli. Texier, Voy. I. c. T. III. p. 210. 8I) Spratt and Forbes, Travels 1. c. T. I. p. *211—216.

651

AdaliaS romantische Lage.

neuem, die Befreiung ihres Vaterlandes vom Türkenjoch ließ sie die griechische Sprache durch griechische Lehrer wieder in ihre Schu­ len einführen, sie bauten sich drei neue Kirchen, und als Schönborn 1842 tu Adalia war, sprach der jüngere Theil der dortigen Gene­ ration schon allgemein die griechische Sprache ihrer Heimat«?).

Ch. Fellows^) Hai in der schönen Frühlingszeit (MitteApril 1838) die Stadt Adalia am lieblichsten beschrieben, da er ihre Um­ gebung in vollem Blumenschmucke fand. Die kleine reinliche Stadt am Abhange einer Anhöhe von 60 bis 80 Fuß gegen das Meer gelegen, das hier keinen Strand hat, sondern sich an überhängenden Felsen bricht, die ganz deutlich aus Tropfstein sich aufbauten, hat in ihrer Umgebung eine wilde Bluinenflora, wie man sie in Europa die Anagallis cocrulea, 61a(lioltis communis, Salvia hormium, Fumaria capreolata, Muscari comosuin und botryoides, Ornithogalum umbcllatum, Scilla ma­ ritima, Astragalen, Pyrethra, hohe blühende Stauden der CistuSrosen, viele JriSarten, Styrax officin. und viele Orchideen,

nur in den Treibhäusern vorfindet:

Lilienarten, Zwiebelgewächse, Orangen, Feigenbäume und die Weinreben schmücken überall den Boden; von Palmen sieht man aber nur wenige Stämme. Zuckerrohr ist hier ein all­ gemeines Gemüse. Aber die Cultur des Bedens geht kaum eine Stunde in der Umgebung über die Grenze der Stadt hinaus, der weitere Raum ist noch unergiebig. Ueberall findet man antike Mauerreste zwischen den modernen Mauerwerken eingeklemmt.

Im

Hofe des von ihm bewohnten Quartieres waren 18 Holzpfeiler, die ein Dach trugen, und jeder hatte zur Basis ein umgekehrtes corinthischeS Capital von Marmor. Die schöne, ja reizende Lage der Stadt auf den Stufen ihrer Marmorberge am Hafen hinauf vergleicht Fellows mit der von La Spezzia am Gebirge von Carara.

Die silbergrauen für daS Auge sehr angenehmen Felsen

haben zerrisiene pittoreske Formen. Zu Spratt und Forbes Zeiten waren nur einige asiatische Griechen im Besitz

von Monopolen reiche Leute geworden.

Zahl der Einwohner schätzte Spratt auf 13,000, Griechen,

die 7 Kirchen halten,

gegen 10 Moscheen.

Die

davon 3000 In diesen

und anderen Bauten sah man manchen schönen Ueberrest alter Ar­ chitektur, auch auf den Grabstätten viele Marmore, aber insgesammt

*0 Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. 1842. Mscr. Bl. 56. ") Ch. FcllowS, Ausflug in Kleinasien a. o. O. S. 92—95.

652

Klein-Asien.

§. 32.

nur aus einer römischen Periode. Die Mauern der Stadt und ihre Befestigungen sind nur niedern, und geben eine angenchme Promenade für das Volk, von der man eine sehr schöne Aussicht genießt; den Fremden wurde der Zugang in das Innere der Derschanzung nur durch eine besondere Gunst gestattet, und so konnten sie die 14 dort aufgefundenen Inschriften copiren, von denen aber keine einzige den Namen der Stadt selbst enthielt. Der sehr treuen Beschreibung Beauforts von der Natur des Bodens im Osten der Stadt und den dortigen Flußläufen bis zum Ak Su stimmt Spratt, als der geologischen Beschaffenheit des Landes entsprechend, vollkommen bei und bemerkt, daß nach einigen hundert Jahren der Lauf der Flußbetten des Duden eben so abweichend von der gegenwärtigen Stromentwicklung sein werde, wie der heutige Lauf des Duden von dem des antiken Catarractes-Laufes zur Zeit Strabo'S undPtolemäus geworden, da selbst der Unterschied von 40 Jahren zwischen BeaufortS Zeit und Spratt und ForbeS Besuch schon sehr merklich sei. Die so mächtige Kalktuff­ niederschläge bildende Gewalt der heißen Quellen wie am berühmten B am buk Kalessi (dem Baumwollenschloß zu HiyapoliS) im Westen, wie die der Bildung der Riff st ein kette bei Eregli (Cibyra) im Osten Kleinasiens (s. oben S.257), wiederholt sich hier auch im Süden Pamphyliens in einem sehr weitläusigen Reviere in den kalten Wassern der unter dem Namen der Duden und in dem durch so viele Katabothren entwickelten räthselhaften Stromgebiete, das auch, wie wir früher sahen, sich über die oberen Flußläufe des Cestruö und Eurymedon bis zu dem isaurischen Seebecken ausbreitet. Zum Abschied von Adalia ward der heutige Umfang seines Paschalhks angegeben^), das die ganze Küste Lhciens westwärts bis zum Xanthus-Flusse mit umfaßt, ganz WestPamphylien begreift und nordwestlich bis zu den Iailas von Al­ maty und Zstenez (in N.W. von Termessus) hinaufreicht und unter dem Namen Sandschak Tekeh begriffen wird, westwärts an die Statthalterschaft oder den S and sch ak Mentesche, nordwärtS an Hamid grenzend. Seine 9 Distrikte heißen nach des englischen Consuls I. Purdie Mittheilung: 1. Adalia mit 65 Dörfern; 2. Almaty mit 44 D.; 3. Gagea mit 28 D.; 4. Künik mit 18 D.; 5. Phineta mit 13 D.; 6. Avova mit 16 D.; ™) Spralt and Korbes I. c. II. p. 220.

Adalta im Jahre 1843.

653

7. Budschak mit24D.; 8. Kyzyl Khair mit HD.; S. Serik (das oben oft erwähnte Serk, das alte Selge) mit 36 Dörfern. In Summa mit 260 Dörfern und 100,000 Einwohnern, von denen 6000 bis 8000 zu den Iürüken gerechnet mürben. Ein ehrenvolleDenkmal für da- bester fortgeschrittene Verwaltungssystem de- zwei Jahr zuvor (1840) gestorbenen Paschas Nedfchib von Adalia, de- Freundes der Europäer, der Fellows im Ä. 1838 so wohl­ wollend aufnahm, gaben die Wegeverbesserungen, die er für seine Statthalterschaft begonnen hatte. Es waren drei breite Fahrstraßen zur Hauptstadt, die aber nur eine Länge von wenigen Stunden (3 bi- 5 Miles) erreichten, als er starb, aber weiter in- Innere fortgeführt werden sollten, wo alle Fahrstraßen fehlen. AuS der jüngsten Schilderung von Adalia durch Gr. PourtaleS85) Besuch, Mitte October 1843, erfahren wir, daß der Ver­ kehr dieser Stadt mit Aegypten noch immer fortbestand, und die Ausfuhr von Holz und Pferden für Alexandria manchen griechischen Handelsmann im Orte ansehnlich bereichert hatte; es waren eben wieder zwei ägyptische Schiffe angekommen, um diese Waaren zu laden. Dieser fortgesetzte Verkehr hatte schon so viel Einfluß ausgeübt, daß das Volk Adalia's ein mehr arabisches als türkische- Ansehen ge­ wonnen hatte, und war auch nicht ohne Einfluß auf die Bildung der Physiognomien und den roheren accentuirteren Sprachgebrauch der ägyptischen Fellahs am Orte geblieben. Die Stadt wurde in ihren Straßen vom gefüllten Fluffe durchzogen, dessen Wasser aber wegen seiner vielen aufgelösten Kalktheile nicht trinkbar war, und auch den Schmutz auS den elenden Türkenhäusern nicht verbannt hatte. Die Häuser der Griechen waren am besten aufgeführt und in einem derselben, bei dem Millionair Hadschi StavroS, einem Agenten Mehemed Ali's, wurde der Fremde vom Agha mit Gewalt einquartiert, waS einer späteren versöhnlichen Ausgleichung nicht hinderlich war. Der Anblick der Ebene von Adalia war in ihren dreifachen Stufenabsätzen gegen die Meeresseite mit dem höchsten Luxus der Vegetation und dem schönsten Himmel, der in seinem reinsten Azur und seiner Durchsichtigkeit noch die Schönheit des italischen und griechischen Himmels überbot, ein einzig prachtvoller. Der Sonnenuntergang über den lyrischen pittoresken Bergformen mit den wundervollsten Färbungen von Landhöhen und Meeresflächen und die Uebergänge in die klarste Mondscheinnacht waren von ent» "') Gr. A. PourtaleS, Journal 1843. Mscr. 8.-14. Oct.

654

Klein-Asien.

§. 32.

zückender Wirkung. Die Massen der Myrten, LentiScnS, Lor­ beeren, welche überall den wilden Boden bedecken, von der schönsten Fülle und Frische, zwischen ihnen starren nur die empörten Klippen hervor, welche durch die fließenden kalktusfhaltigen Ströme gebildet sind, die hier ihre Niederschläge in den verschiedensten Formen als Klippen, Tafeln, Röhrengestcin wie versteinerte Schwämme fallen ließen, und oft die seltsamsten Bildungen hervorriefen. Dieser Bo­ den ist auf der Westseite der Stadt ohne alle Dorfschaften und menschenleer, und wo etwa mit eine Cisterne eine Gruppe von Men­ schen und Kameclen gelagert sich zeigt, machen diese in der Einsam­ keit und der pathetischen Ruhe zwischen den versteinerten seltsamen Formen, zumal am Abend oder in der Mondscheinnacht, den Ein­ druck von festgewachsenen Statuen. Daö klippige Gestein, das sie umgiebt, erinnert an die fantastischen Formen der Tufsbildungen von Hierapolis.. Erst eine Stunde vor der Stadt fangen die vielen kleinen Gärten mit ihrer Obstfülle von Citronen und Orangen an, die auch die mehrsten Häuser der Stadt selbst in reizende Schalten verhüllen, in denen dichteste Platanen, Aprikosen, Feigen, Cactus, Ricinus und prodigiofe Rebengewinde sich empor­ heben, und die Schilfgruppcn deö Zuckerrohrs bis 20 Fuß hoch emporwachsen. Eben war der türkische Groß-Admiral Halil Pascha, deffen Observationöflotte vor Makri ankerte, mit einem Dampsboot zur Lustfahrt an der Küste von Adalia eingelaufen, und hatte daö Land eine gute halbe Stunde in S.W. der Stadt betreten, wo er sich dem Vergnügen des Scheibenschießens überließ. Ihm eine Visite zu machen wurde die Stelle aufgesucht, und hier stürzte ein Berg­ strom in einer Cascade von 150 Fuß Uferhöhe vom FelSrand hinab in daö Meer, die früheren Reisenden unbekannt geblieben war; also auch hier ein CatarracteS. Die Gegend war höchst pittoresk durch den vegetativen Schmuck der umstehenden Bäume und durch die Gruppen der BootSmannschasten und der militärischen Escorte, die, hier gelagert, Theil an den Vergnügungen ihres Ge­ bieters nahm. Erst nach einer Woche Rast in Adalia wurde die Reise weiter gegen Ost fortgesetzt. Der neuesten Zeit endlich gehört der erste ausführliche Bericht eines Einheimischen, deS Griechen Daniel vgl u^bv), an, der eine ausführliche archäologisch-historische, TZ. *1a:Sb) lleQirjyrjOtg tlg 7rjv Isaijq vXi'av xaict 16 1850 vno virjXoyXov ZdjuzXtiüs. ISoiifKintincvcl 1855. 190 E. 16", worüber

bonsul MordtmannS Bericht in PetermannS Mittheilungen 1857, S. 434 zu vergleichen.

Die Regio« der Katabothren.

655

statistische und commtrcicDe Schilderung seiner Vaterstadt, zugleich mit dem Bericht über eine archäologische Reise zu den Trümmer­ stätten von Perge, Aspendos, Side u. a. gegeben hat, — ein Merkchen, dessen Inhalt für unsere Darstellung der genannten Oertlichkeiten zur Ergänzung und Berichtigung der Angaben der europäischen Reisenden zu benutzen wir uns leider haben versagen müssen, da eS aller aufgewandten Mühe ungeachtet bei der Unregelmäßigkeit büch­ händlerischer Verbindung mit dem Oriente bis jetzt nicht in unsere Hände gelangt ist. DeS russischen CultusministerS v. Norow Reise in Kleinasien beginnt mit einer Landung und kurzem Aufenthalt in Attalia (1847) und geht von da zu Lande nach Laodicaea und HierapoliS u. w.*). Erläuterun.g 4. Der Dudenfluß (Catarracteö) und die Region der Katabothren oder der verschwindenden Flüsse (Duden) auf der Grenze von Pisidien, Lycien und Pamphylien, »lach Schönborn u. A. Durch alle diese Beobachtungen an der pamphylischen Seeküste mit ihren Erscheinungen war der Ursprung des dritten HauptfluffeS, des CatarracteS der Alten oder des jetzigen Duden der Türken, und seiner Entstehung wie seines eigenthümlichen Strom­ laufes »och keineswegs ermittelt; diese Ermittelung wird vorzüglich Schönborn in der Mittheilung seines Programms wie feines Nachlasses verdankt, dem wir hier folgen dürfen. Doch zuvor haben wir noch Ch. TexierS Nachricht von seinem Wege von Adalia im I. 1836 bis Murtana nach Perge zu folge»87), in welcher eine Schilderung der Bodennatur uns ganz in jene eigenthümliche untere Stufenlandschaft des Dudenflusses versetzt, den er ebenfalls für den CatarracteS der Alten hält. Aus den Gärte» der Ostseite von Adalia, denen die Canäle und Wasierläufe deS Duden eine dauernde jugendliche Frische geben, in denen Alles gedeiht, was man nur pflanzen will, Wein, Pfir­ siche, Tabak, die herrlichen Olivcnpflanzungen, Orangen, Citronen und alle europäischen Gewächse, tritt man nach einer kleinen Stunde heraus in ein ganz anderes Gebiet eigenartiger Wildniß, in dem die Sumpf- und Morastgebiete vorherrschen. Der Fluß kommt ans dem TanruSgebirge, auS der Nähe des Egerdir herab 97) Cb. Texier, Descr. de l’Asie Mineure. Tom. III. p. 210. *) A. No­ row, Reise zu den Sieben Kirchen in rnff. Spr. St. Petersburg 1847.

656

Klein-Asien.

§. 32.

in die Ebene (s. oben S. 480), wo er ohne Bettvertiefuvg sich in verschiedene Richtungen vertheilt und eine Menge von Armm bildet, die ihr Uferland sehr häufig überschwemmen und dann oft die Breite mehrerer Stunden einnehmen. Diese Strecken werden zu Morästen, in denen Nymphäen, Schilfe aller Art und die verschiedensten Wasserpflanzen aufschießen, und, bei den seichten Stromläufen leicht in FLulniß übergehend, die 9uft in fiebererzeugende Malaria ver­ wandeln. Anfänglich gerieth man in einen Schlammmorast von nur geringer Ausdehnung, aus ihm trat man in eine weite Fläche, wo einiger Anbau war; bald aber folgte ein Wald von Schilfrohr und Ir iS arten (Gladiolus, gelber Schwertel), der den Reiter hoch überragte und den Blick auf den Horizont verdeckte. Ein erhöhter Pflasterweg führte zwar hindurch, den aber reißende Strömungen nach und nach zerstört hatten, ohne reparirt worden zu sein, so daß die Wasser oft den Pferden bis an den Gurt reichten. Dieser Pslasterweg, höchstens 9 bis 12 Fuß breit, mit 9 bis 12 Fuß liefen Morastwasiern zur Seite, war nicht die sicherste Straße. Nach l'/r Stunden dieses Weges erreichte man erst das Hauptbette des Flusses, über den eine Brücke von 5 Bogen hinüberführte. Sein Wasser war ungemein klar und so durchsichtig, daß man bis 15 Fuß tief den Boden erkannte, aber seine User waren unbeschreitbar; kein Mensch war an seinen Ufern, kein Kahn auf seinem tiefen Wasser zu sehen, aber Tausende von Vögeln gaukelten in größter Sicher­ heit vor Jägern auf ihm umher, zumal wilde Enten, Corm orane, Taucher, weiße Pelicane, Krickenten und viele an­ dere. Doch war dies nicht das einzige vom Dudenwasser bedeckte Terrain; nach Uebersteigung einer kleinen Anhöhe kam man jenseit derselben zu einenr andern, sehr tief eingebetteten, aber 21 Fuß breiten, etwas weniger klaren Strome, der wol auch ein Arm desselben sein mochte, da wenigstens kein anderer Flußname als der eines Duden bis zum Cestrus bekannt ist. Jenseit desselben trat man in eine ganz unangebaute klippige Ebene auö Kalksteinbreccien ein, deren Ansehen von der westlichern Adaliaebene durch ihr madreporenartigeS kalkhaltiges Gestein sehr abweicht, welches aber auch ein Niederschlag der Dudenwasser zu sein scheint, daS von hier an die Küste bedeutend erhöht hat. Diese Schichten der Tu ff kalke oder Kalktu ff*788) fangen schon an dem Süd fuße der Tauruskelten an und bedecken viele '") Hausmann, Handbuch der Mineralogie. 2. Ausg. Dd. II. 1847. S. 1270.

DK.

Region der Katabothren und Dudenflüffe. 657

Quadratmeilm große Flächm PamphylienS als feste Travertin» platte», oder wie auch auderwärtS als röhrichte schwammartig geformte Ueberzüge von Pflanzm, Schilfm und anderen Ge» wächsen oder Baumstämmen, sie nehmen die Röhrengestalt au, weil Blätter, Zweige, Schilfstengel, Riedgräser oder Moose, die fie rindenförmig mit ihren Kalktufflagen überziehen, im Innern derselben verwesen, oder sie gewinnen auch stalaktitische Forme» und tauen sich so in Felsenmaffen zu verschiedenen Höhen und Ge­ stalten auf, die an der ganzen Küste entlang eine mittlere Höhe von 30 bis 40 Fuß, an einzelnen Stellen über 100 und mehr Fuß ein­ nehmen. Ihre ganze Höhe zeugt an den Steilabfällen überall sehr deutlich die Succession horizontaler Schichten, die sich seit so vielen Jahrhunderten wellig übereinander ablagerten. Eine» der kleinen Flußarme sah Texier in einer artigen Catarracte sich über den felsigen Küstensaum hinab zum Meere stürzen; die Mündung des großen Hauptstromes sah er so wenig wie andere der bisherigen Reisenden; eS wäre nicht unmöglich, daß er auch heute noch eine große Catarracte bildete, da der Zugang zum Meere von der Land­ seite sehr schwierig ist; doch auch den Führern war rin« große Mündung unbekannt. Unzähliger Nachfragen hierüber ungeachtet konnte Texier bei seinem dortigen Aufenthalte keinen einzigen Men­ schen finden, der ihm hierüber hätte Aufschluß geben können. Bon dieser letztgenannten erhöhten Kalktnff- oder Travertinterraffe, die an ähnliche Bildungen bei Rom zu Tivoli oder bei Canstadt im Neckarthale erinnert, wird die tiefer gelegene Ebene in östlicher Einsmkung gegen Murtana und Perge am CestruS durch daS vielzweigige Dudengebiet abgeschieden. Schönborn (im I. 1841) eilte noch vor dem Anfang der Winterregen^), am 7. November, von Adalia weg zum CestruS und Eurymedon, dort schon früher begonnene Forschungen fort» zusetzen, und lernte die Küstenstrecke bis dahin in ihre« Eigen­ thümlichkeiten kennen. Schon waren die Nuß bäume in den Gärten ostwärts Adalia'S entblättert, aber die Agrumi und die Rebe« hatten noch ihr dichtes Laub; mit den ersten Regcngüffen waren die Knollenund Zwiebelgewächse, zumal die AsphodeluS, üppig und verjüngt emporgeschosten. Er kam auch hinter dm Gartmgebieten zu vielm Mühlwerken, denen durch die Gärten die meisten Waffer durch unterirdische Leitungen auS den Armm des Duden zugeführt •’) EchLnboruS Tagebuch. Nacht. Mfcr. 1841. Bl. 34 ff. Sittn Stthmte XIX. Tt

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Klein-Asien.

§. 32.

schienen, eben so wie auch die vielen Bache und Fontänen der Stadt Adalia gleichem Entstehen ihr Dasein verdanken.

Wo auf den

Anhöhen diese künstliche Bewässerung fehlte, da zeigte sich sogleich auch größere Dürftigkeit in dem Baumwuchs. Hinter den Gärten und dm Wasserleitungen stieß der Wanderer auf viele ausgedörrte Erdwälle, welche ebenfalls Gärten umgaben, die aber häufig auf ihren Höhm mit einem Schilfrohr oder Sandrohr bewaldet waren. Dann erst ging eö über eine baumlose Ebene, einige Stunden weit gegen O.N.O., bis man wieder ein drei Schritt breites und bis 4 Fuß tiefes Wasser von Schilf und Sumpf umgeben zu durch­ schreiten hatte,

waS eine Annäherung zu einem großen Duden-

fluffe bezeichnete,

den man nach der vierten Marschstunde von

Adalia aus zu überschreiten hatte. Als man auf elendem Stein­ damme zwischen Schilf und Sumpf zu demselben heräntrat, hatte er sein Bette, in dem er rasch dahinströmte, weit übertreten. Er war so tief, daß man seinen Grund, obwol sein Wasser sehr klar war, nicht sehen konnte.

Große Entenschaaren bedeckten ihn und die

vielen umgebenden Sümpfe,

zwischen

denen man große Wiesen­

strecken durchreiten mußte, auf denen daS Wasser mehrere Fuß tief stehen geblieben, während andere benachbarte Felder ganz öde lagm, auf denen viele Dohlen und kleinere Vögel umherfchwärmtm.

Mit

der fünften Stunde des Wegemarsches hörten die Wasser auf wie zuvor vorherrschend zu sein, der Boden wurde ganz felsig und trocketr, aber doch wieder bewachsen mit wilden Olivenstämmen, Olean­ der und Myrtenwald, bis man zu der langen Brücke über den Karasu, den Zufluß zum CestruS, gelangte, von dem schon oben die Rede war, da man dort schon die Nähe von Perge er­ reicht hatte. Auch Graf A. Pourtales^)

giebt ein anschauliches Bild

von den wechselnden hydrographischen imb vegetativen Verhältnissen diese- seltsamen Küstenstriche-, da er ihn zwei Jahre später (1843) al- Schönborn, aber einen Monat früher (am 14. October) in der Jahreszeit durchwanderte, und durch seinen Bericht noch mehr heimisch auf jenem Gebiete Pamphyliens macht. Ein Pflasterweg au- alter Zeit, aber von vielen Wasserströmen durchrissen und nie­ mals reparirt, führte ihn auf scheußlichen Reitwegen mitten durch die prachtvollen Gärten von Adalia gegen den Osten hin. Die Wasser flössen dort alle auf durch sich selbst erhöhtem Bette von

190)

Graf A. Pourtaleö, Journal a. at O. Mscr. Bl. 24 ff.

Die Travertin-Tuffebene im Osten Adalta'S. 659 Travertintuff und schlängelten sich romantisch durch die Citronen- und Orangenwälder, von anderen Bäumen und Gesträuch durchflochten und durchrankt von Rebenstämmen, colossaler als der Reisende sie jemals in Italien gesehen. Doch ist dieses Gartenland, dieses wahre Eden, nur wenig besorgt und gepflegt; denn die Aprikosen, die Orangenbäume und alle anderen haben nur ein halbwildes Aus­ sehen und sind nicht selten von Buschdickicht und zumal Schilf­ gruppen hoch überwuchert. Auch haben die schönsten dieser Gärten in ihren Aeckern nur den geringen Werth von 150 bis 200 Piaster, und geben die Bäume einen diesem geringem Preise entsprechenden Ertrag. Die Zuckerrohrwälder in diesen Gärten werde» von Menschen und Vieh weidlich zerstört, das Obst wird weder frisch noch gedörrt exportirt, weil die Willkür der Zölle, die gefordert werden, exorbitant sind, daher läßt man die Hälfte der Früchte auf den Bäumen verfaulen oder giebt sie den Vögeln des Himmels preis. Die große Ebene, in deren Mitte Adalia liegt, könnte bei ihrer reichlichen Bewäsierung und großen Fruchtbarkeit die größte Stadt der Welt ernähren; schon die Olivenbäume, die sie überall überwuchern, bei denen eS aber Niemand einfällt, sie durch Pfropfen zu veredeln, um auch die tresflichsten Oliven von ihnen zu erzielen, würden in ihrem Ertrag allein schon Millionen abwerfen. Tritt man weiter ostwärts nach einigen Stunden Wegs aus diesen para­ diesischen Gärten hinaus, so zeigen sich pittoreske, aber rohe Mühlen­ anlagen an Stromläufe», dann folgen große Mais- und Sefamfelder, auch Schilfwälder und hohe Grasstrecken, zwischen denen man auch Ochsen, Büffel, Kameele auf die Weide gehen sieht. Die Flüsse haben aber die Erddecke und den Fruchtschlamm der Ober­ fläche oft entführt, weil man keine Sorge dafür trägt, dieselbm für den Boden zurückzuhalten; dagegen ist er überall mit Sümpfe», vielen Nemuphars und anderen Wafferpflanzen bedeckt, zwischen kennt sich Schaaren von Wasierhühnern sehr wohl befinden. Auch die Jagd fehlt in diesem Lande der Trägheit und nirgends sind daher die Schaaren der Vögel so dreist wie hier, wo man sie am Wege schon mit der Flinte erschlagen konnte. Die vielen, aber zer­ störten Pflasterwege und Brückenreste, alle in Zerstörung, zeige», daß hier früher ein Land der Cultur auf diesem Boden der Ver­ wüstung bestand. Erst jenseit nur noch bestehender Brücken hörte die Waffernoth auf, aber der Tuffboden bleibt, nur ist er hier trocken und dürr, voll Höhlen und Löcher, die das Durchkomme» gefährlich machen. Viele Baumstämme, mit in den Tuff eingelagert, TtS

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sind verfault, wie viele Pflanzen und andere-, waS mit in diese petrificirten Niederschläge eingewickelt wurde seit Jahrtausenden, wo­ von nur hie und da noch die Versumpfungm übrig geblieben sind. Erst mit den nächsten Hügelreihen gegen Murtana und Perge hin ändert sich der Boden, wo die entwässernden Thäler de- CestruS und Eurymedon hindurchziehen. Wenn nun über die vielfachen und gewiß oft sehr wechselnden Zustände und Vertheilungen des unteren Laufes der Dudenflüsse in Obigem verschiedentliche Auskunft, wenn auch noch kein hinrei­ chend klarer Aufschluß zu finden sein mag, und wiederholte Beob­ achtung wünschenswerth bleibt, so fehlte es doch zuvor noch fast an aller Erforschung darüber, woher denn diese vielen Gewässer ihren Ursprung nehmen, worüber wir durch Schönborns Kreuz- und Querzüge durch das obere Gebiet der Dudenflüffe doch einige Auf­ schlüsse erhalten habenwodurch so manche irrige Hypothesen oder Vermuthungen bei Paul Lucas, Leake, Arundell und anderen, denen die Autopsie fehlte, in den Hintergrund treten mußten, und selbst die Volksansicht der so leichtgläubigen dortigen Anwohner manche Berichtigung erhalten konnte. Er ist der einzige, der sich die Untersuchung dieses Gegenstandes sehr angelegen sein ließ, da auch durch P. v. Tschichatscheff^) hierüber kein Aufschluß gegeben wurde. Abgesehen von der Region der hervortretenden und wieder unter der Erde verschwindenden Quellen und Flüsse um die oberen Gebiete des Cestrus und Eurymedon, wo wir über das Vorhandensein der Duden am Gödeh Gjöl, zu Gjök bunar und der Pambuk Owassy über die Katabothrennatur des nördlichen und östlichen PisidienS und Pamphyliens durch Schön born so lehrreiche Aufschlüsse erhielten, wiederholen sich diese Erscheinungen auch in dm südwestlichen Gebieten derselben Landschaften auf den Grenzrändern von Pamphylien, Pisidien und Lycien, wo wir den Ursprung de- oberen Laufe- des adalischen DudenfluffeS zu suchen haben, die, nicht wie jene, dem Cestrus oder Eurymedon ihre Wasser zusenden, sondern direct der Küste der Catarracten am AdaliaGolfe theils überirdisch theils unterirdisch zufließen lassen. Zu ihrer Erforschung war die Untersuchung des ganzen BergrandeS, der die pamphylifche Ebene vom Zuge der Solymer-Berge an 7M) Schönborn, Programm a. a. O. S. 4 ff. Asie Mineure. T. I. p. 272.

•’) P. de Tchihatcbeff,

Der Kranz der Randberge und seine Pässe. 661 in SBtft und in Nord als Fortsetzung deS TauruS bis zum mittleren Laufe de- CestruS am Kefke Dagh (f. oben S. 583) umkränzt und die tiefe Ebene von der umgebenden Plateaulandschaft scheidet, nothwendig, worüber un- ebenfalls Schönborn Aufschluß giebt. Bei der früheren Unkenntniß des CestruSlaufeS hielt man den Duden von Adalia für eine Verzweigung des Akfu gegen S.W., was durch Schönborn widerlegt wurde, der völligen Mangel von Zuflüssen und Abflüssen im mittleren Laufe des Aksu durch Bewanderung des Milyas»Plateau« nachwies (f. oben S. 536). Im Nordost des dritten lycisch-pamphylischen GebirgSpaffeS auf der Straße von Gülik Chan und Jstenaz, auf der Grenze von Pisidien und Pamphylien, nördlich von TermeffuS, deffen Lage schon oben beiläufig berührt wurde (f. oben S. 625), beginnt daS nördlichere Hochland oder Plateauland, welches durch einen Kranz der Randberge von der südlichern Küstenebene Pamphylien« förmlich abgeschieden wird. Sie bilden einen ziemlich zusammenhängenden von W. nach O. streichenden Bergrücken, der steil gegen die vorliegende südliche Ebene abfällt und nur wenige Dörfer auf seinem Südabfalle trägt, wo einst die Städte Ter» messn« am Westeingange lagen, an zwei nördlicheren Eingängen aber CretopoliS und Milyas in der Nähe von nur ein paar bekannt gewordenen heutigen Paßeingängen vom Hoch» zum Tieflande, die nur in geringer Entfernung von einander liegen, innerhalb, d. i. an der Westseite deS Aksu (CestruS) Thales. Den westlichsten dieser, den Paß von Padam Aghatsch, haben wir genauer lennen lernen; der östlichste, der von dem heutigen Milli auf dem West» rücken deS Kefke Dagh in der Nähe von Karajüz und Dschamltz herabführt, ist nur wenig gekannt, da bei seinem Begehen stch Schönborn in eine Wildniß verirrte. Er scheint auch heutzutage von keiner Bedeutung zu sein. Der westlichere dieser Pässe ist e», der von den früheren Reisenden, wie schon von Paul LucaS, Ge» neral Koehler u. A., besucht wurde und wegen seiner Ruinen und seines antiken Pflasters von jeher die Aufmerksamkeit auf sich zog. So heillos und vernachlässigt der Zustand dieser Straße, die von dem nördlichen Buldur südwärts herabführt, auch fein mag, so wird sie als antike Hauptstraße auch heute noch immer benutzt, aber über diese sind vordem manche Irrthümer^) verbreitet, die erst **) Paul Lucas, Voy. 1. c. p. 241; Leake, Journ. 1. c. p. 134.

662

Klein-Asien.

§. 32.

von Schöllborn berichtigt werde» konnten, wie die Angabe vom Ursprung des Duden, der früher mit dem Hochlande in Ver­ bindung gebracht wurde, wohin er gar nicht gehört, da er nur ein Strom der Küstenterrasse ist. Ostwärts von diesen Pässen, bemerkt Schöuborn, finden sich bis zum CestruS (Ak-Su), dem hier der schon oben genannte Kefke Dagh bei seinem Eintritt in die Ebene eine Grenze setzt, keine gangbaren Wege vor, die als große Straßen auszuzeichnen wären. An den Waldgehängen des CestruS fehlt eS zwar keineswegs an Wegen, aber wegen des wiederholten Auf- und AbsteigenS an demselben werden sie, sobald daS Ziel der Reise, die nördlichere Hochebene (etwa bei Aghlasan oder SagalassuS) erreicht ist, nicht benutzt, sondern man zieht dann ent­ weder gegen Ost die Eingänge durch das obere Cestrusthal, um nach SagalassuS oder ISbarta zu kommen, vor, oder die westliche Poststraße der Couriere über Padam Aghatsch, zumal da dir Verbindung von der Hochebene auS gegen das CestruSthal hin fast keinen Naturhinderniffen unterliegt. So sei es sicher, bemerkt Schönborn, auch in den antiken Zeiten gewesen. Noch jetzt lassen sich die antiken Wagengeleise nicht nur in diese, durch die Ruinen bezeichneten Hauptpässe hin verfolgen, sondern auch auf der Fortsetzung ihrer Straße in der Ebene werden sie noch stellenweis sicht­ bar. Nach der Iürüken Versicherung gehet dieselbe Straße von Padam Aghatsch einerseits nach Murtana (Perge) gegen S.O., und läßt sich andererseits gegen S.W. bis nach TermessuS ver­ folgen, wie die Bewohner des Gülik ChaneS sie wollten gefunden haben. Wäre dieß der Fall, so würde man geneigt sein können, bei Padam Aghatsch etwa die alte Jsionda zu suchen, weil eS La«» einleuchten möchte, warum die Bewohner von TermessuS »ach dem Besitze dieser Stadt vornehmlich strebten, da sie die große Hauptstraße beherrschte. Die Quellen des Dudenflusses fand nun Schönborn bei diesem westlichen von Nord herabführenden großen Eingangs­ passe vom Hochlande in die pamphylische Ebene, nämlich südlich von Padam Aghatsch in der Küstenebene selbst, am Rand« deBergkraazeS, wo sie ein höchst eigenthümliches und imposantes Schau­ spiel darboten. Aber er mußte zu verschiedenen Malen dieselbe Ge­ gend besuche», um zu einer Uebersicht der eigenthümlichen Lokalitäten z» gelange». DaS erste Mal kam er von West her aus dem Thale des IstenazflusfeS über die Hochebene, auf der Güfilgair liegt, und von da zum Orte Padam Aghatsch (d. h. Mandelbaum),

Die Quellen des DudenfluffeS.

663

ein Dörfchen mit weiß angestrichenen Häusern und rothm Ziegel­ dächern, mit einem ungewöhnlich europäischen Ansehen, wo er (am 2. November 1841) sein Nacktquartier naljm79*). Der bis dahin unbekannt gebliebene Ort, in der Volkssprache abgekürzt Paja­ matsch (auf SprattS Karte sogar in Pya rnagazee und von FellowS in Beermarjy entstellt) hatte meist Griechen zu Bewoh­ nern, bei benen griechische Kaufleute aus Buldur mit ihren Waare» eine Niederlage hielten. Nach ihrer Angabe sollte dieser Paß vom östlichen Milli 3 Stunden fern liegen. Karabunarkjöi, an der Ostseite des Kestel-SeeS gegen Norden an der Hauptstraße nach Buldur, sollte 3 Stunden fern und von da Susuz nur eine halbe Stunde nördlicher gelegen sein, JSbarta aber, 'von Padam Aghatsch 12 Stunden fern gegen N. Dadurch konnte man sich in der Lage dieses zuvor kaum genannten Ortes orientiren; die wichtigste An­ gabe für die Auffindung der Dudenquelle war aber, daß sie 3 Stunden fern gegen Süden liegen sollte, und nur eine Stunde weiter Bidschiklü, wo sich aus einem späteren Besuche des fol­ genden IahreS (am 4. April 1842)95) das Wiederverschwindeu deS Duden unter die Erde ergab. Im Dorfe Padam Aghatsch fanden sich nur wenige antike Reste; an der Dschamie nur ein paar PiedestalS zu Untersätzen für Holzfäulen; aber zahlreicher wurden die Quadern gegm W.N.W., wo vier Gräberstätten liegen, und 20 Minuten vom Dorfe kam man zu den ersten Hügeln voll loser Felsenblöcke mit Dorn­ gebüsch überwuchert. Dahinter erhebt sich ein höherer Bergrücken, der seinen breiten Abhang dem Dorfe zukehrt. An ihm zieht sich vom hohen Kamm eine steile Einsenkung, die den ganzm Berg hinabgeht, mit Steilabfällen zu beiden Seiten. Dieses sehr schmale Thal durchschneidet in der Richtung gegen Adalia den ganzm Berg bis zur Ebene am Südrande des TauruSkranzeS. Gegen Almaty hin, d. i. gegm S.W., sah man höhere Bergspitzen hervor­ ragen. Bo» hier aus folgte nun eine Reihe von antiken Ueberresten der verschicdenstm Art, durch deren Mitte die antike Hauptstraße abwärts zur pamphylischen Ebene führte. Diese Ueberreste werden weiter unten ihre genauere Beschreibung finden, da sie einer BerschanzungSlinie des MilyaS-PlateauS an­ gehören. Hier nur, daß sich noch Reste von umschließenden Mauern ’») 91. Schönborn. Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1841. Bl. 32-34. ’*) Schönbvrn, ebendas. 1842. BI. 76.

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Klein-Afien.

§. 32.

aus sehr regulären Quadern aufgeführt, Treppenfluchten, Triumph­ bogen, große Bauwerke und viele Grabstätten erhalten Haien, welche die antike Straße begleiteten, deren Pflasterwege durch die Zeit und die Beruachlässigung so abscheulich geworden, daß sie nur sehr langsam und vorsichtig beschritten werden können, um ohne Gefahr für beladene Saumthiere ihr Ende zu erreichen. Die Quadern und großen Platten haben sich alle verschoben, so daß jeder Schritt des PackpferdeS auSgleiten muß und die Thiere oft stürzen; wozu noch die tiefen Wagengeleise kommen, die zeigen, daß hier auch eine sehr alte, stark mit Rädern befahrene Hauptstraße einst im Gange war. Erst am SüdauSgange dieser Passage, wo ein Lager der Iürüken stand-und ein Gewitter den Weilermarsch unterbrach, wurde die Nacht zugebracht. Der ganze Bergabhang ist sehr lang, wenn auch gar nicht besonders, etwa in Allem an 500 Fuß hoch, aber allgemach doch zur Seite oft mit 20 Fuß hohen polygonalen Mauersteinen unterbaut und eingefaßt, zum Behuf der Sicherung der einstigen Kunststraße, die oft mit 2 Fuß langen Quadern ge­ pflastert war. DaS Ganze schien nicht sowol die Lage einer antiken Stadt zu bezeichnen, von der sich keine Ueberreste umher vorfanden, sondern vielmehr eine Verschanzung zum Schutz des Hochlandes gegen Ueberfälle von der Seite der Ebene her (f. unten). Am Morgen deö nächstfolgenden Tages (den 4. November) schritt man schon frühzeitig weiter gegen Süden in die vorliegende pamphylische Ebene ein, die aber genauer genommen keine voll­ ständige Ebene, sondern eine Reihe von Stufenabsätzen (Schönboru giebt ihrer vier an)706) bildet, die in verschiedenen abnehwenden Niveaus gegen die Meeresfläche zu sehr steil, wenn auch nicht hoch abfallen, von denen aber die östliche Hälfte, welche den Tauruöbergen noch zunächst liegt, gegen den Aksu durch mehrere breite und tiefe in die Ebene eingeschnittene Thäler durchfurcht ist, die gegen Osten hinziehen und auch die Wasser dahinwärtlenken. Der nächste Boden, den man durchzog, wie der Kalkstein, der ihm zum Grunde liegt, hatte eine ganz rothe Farbe und war nicht mit Wald, sondern mit dichtem Gebüsch meist von Dornpflanzen überwachsen. Der Kalkstein bildete lange Tafeln und Flä­ chen oder Bänder, die wie zusammengedreht aussahen und dabei wie von Wurmlöchern durch und durch zerfressen erschienen, weil darin eingeschloffene Pflanzen, Aeste und andere Gegenstände eingewickelt A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1842. Dl. 57.

Ursprung des Dudenflusse-.

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gewesen, die dann wieder herausgewittert oder sonst verkümmert waren. DaS Gestein war ein im fügen Wasser gebildeter ÄalN tuff. Nach 3 Stunden Marsch erreichte man einen verfallen« Chan, kam dann um 8 Uhr durch ein Wäldchen über sehr wellige Uueb«heiten, und 1V, Stunden später zu einem starken Abstürze de- BodenS. Am Rande dieser Abstufung breitete fich eine große Fläche vor dem Auge auS, in der man kein einziges Dorf, nur w«ige Iürükenzelte sah, die neben einigen Gräberstätten er­ richtet warm. Aber in der Fläche erblickte man plötzlich ein« Strom, der sich zwischen Sümpfen und Wiesen hindurch­ schlängelte, au deren femstem Horizonte der Spiegel des Meerehervorglänzte, vor dem im hellsten Sounmschein die Spitz« der Minarets von Adalia herüberleuchteten. Noch mußte man mehr­ mals bedeutend das Stufenland bergab steigen, und zum letzten Male bei einem verfallenen Gebäude, wo man überrascht sich vor einer bis 70 Fuß tiefen Schlucht mit überhängenden Felswän­ den stehen sah, etwa 100 Schritt lang und nicht viel weniger breit, wo im Boden dieses gewaltigen Loches ein starker Strom hindurch­ zog. Am Nordwestende dieser Schlucht brach er auS einer groß« Höhle hervor, und mit Tosen und Brausen stürzte er am ent­ gegengesetzten Ende wieder in die Erde hinab, wo ihn üppige Bäume und Gestrauchdickicht so umgaben, daß man ihn nicht weiter mit dem Auge verfolgen konnte. In der Tiefe sah man Weiber im Strom ihre Wäsche halten, ein Zeichen, daß die Schlucht zu­ gänglich sein mußte, waS man aber jetzt nicht näher untersuchen konnte. Daß eS das Duden der Adalier sein sollte, wurde erst später erfahren, d«n diesmal wurde der Weg von da in einig« Stund« bis Adalia fortgesetzt, wo Schönborn um Mittag eintraf97). Den Lauf dieser Strömung konnte man nicht weiter ver­ folgen. Die Höhe der Lage von Pa dam Aghatsch schätzt« Schönboru auf 2400 Fuß üb. d. M., die Lage der höheren Hochebene von Istrnaz auf 3000 Fuß, den unteren Abfall am Paßwege zur Ebme beim Jürükenlager auf 1000 Fuß und die Abstufung von da zum MeereSrande, auf dem die Stadt Adalia liegt, auf 100 Fuß üb. d. M., also auf 900 Fuß. Diese kurze Strecke eines unterirdischen Duden war nun zwar gesehen, aber weder sein Ursprung, noch sein Fortlauf ist näher bekannt geworden, und die Vorstellung, als sei diese- Wasser ein subtrr’") A. Schöaboru, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1841. Bl. 33.

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Klein-Asien.

§. 32.

restrer Ausfluß der Dudenwasser auS dem oberen CestruSg«biete (aus dem Gjökbunar und Gödeh Gjöl oder dem Egcrdir von N.O.) oder auS dem Kestel-See von N.W. (unter dem Pla­ teau von MilyaS hin) bis dahin nur eine allgemeine Ansicht dcS Volks, der nur allein Arundell entgegen getreten, aber in ander« Irrthümer verfallen war. Erst als Schonborn im nächsten Jahr (1842) jene Hoch­ ebene von MilyaS und daS dicht anstoßende steile Stromthal dcS CestruS (Aksu) kennen lernte, überzeugte er sich von dem Irrthum dieser Conjectur der früheren Reisenden, eines P. LucaS und Koehler, welche die Master dieses Aksn unterirdisch mit dem adalischen Duden in Verbindung setzten und daselbst von Ruinen sprachen, die sic dort vorgefunden. Schönborn ging auf dem westlichen hohen Bergrande am Cestrns von Milli (dem alten Mi­ lyaS) südwärts 2 Stunden entlang fort bis Kyzylseki, einem Jürükendorf, wo er mir eine Dschamie und einige Ackerfelder sah, aber keine Ruine aus antiker Zeit, so wenig wie in N.W. von Milli, zu Ütschkjöi, daS General Koehler genannt hatte, wo eben so wenig von subterrestren Mastern etwas bekannt war. Schön­ born stieg von diesen Höhen, wo am 2. April mit beginnendem Frühling die Pulsatillen von allen Färbungen, Aöphodilen, Daphne­ gesträuche in voller Blüthenpracht standen, den einzigen steilen Fels­ pfad zum CestruSufcr hinab, wo ihn der Kefke Dagh (f. oben S. 661), der als Eckstein diesen Strom gegen Ost ablenken macht, ihn an seiner Westseite zu überklettern nöthigte, wenn er in di« pamphylische Ebene eintreten wollte, weil sein Waldrücken dieser Seite noch durch einen Höhenrücken mit dem Abfall des TauruSrandeS gegen Süd zusammenhängt. Als er auch diesen, wahrschein­ lich durch den östlichen Paß> hinabgestiegen war, der weniger be­ gangen, ohne Hauptstraße zu sein, auch keine antiken Baureste wie die westlichere Passage zeigte, und sich auch kein Duden sehen ließ, überzeugte er sich um so mehr von dem völligen Nichtzusammen« hange der CestruSgewässer mit dem Phänomen der west­ licheren Dudenflüsse. I» einem, tiefen Thaleinschnitte zeigte ein Türke dem einsamen Wanderer in der Ferne eine Art Burg (ein Kal eh), die zu besuchen aber keine Zeit war; denn am Fuße deS BergpaffeS und am Saum der Ebene angekommen, verirrte man sich in einer wahren Wildniß, die ohne Weg und ohne Men­ schen nur von Biehstegen vielfach durchkreuzt wurde, bis man zuletzt am Nordrande des Thales weiter westwärts froh fein mußte, wieder

Ursprung deS DudcnflusseS.

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ein Dorf Karais (Karajüz?) und eine Stunde später Tschamly (d. i. Fichtenort) zu erreichen, wo man übernachten konnte. Das Dorf lag an 1500 Fuß hoch üb. d. M., und über ihm ragten noch Felsen empor; der Ahorn war, am 3. Tage deS April, schon belaubt und di« Granatenbäume schlugen eben aus, die Felder waren mit Blu­ men übersäet. Von hier gegen West lag nun der westliche Paß ganz nahe, wo in 1'/, Stunden Padam Aghatsch wieder erreicht wurde, wo aber Regengüsse den ganzen Tag zu verweilen nöthigtenAm folgenden Tage sollte Adalia erreicht werden, die Führer versicherten, sie wollten ihren Weg über die Quelle des Duden nehmen; noch hatte Schönborn keinen Glauben daran, doch folgte er ihnen abwärts durch die große Pflasterstraße mit den Trümmer­ resten, die er schon im Herbste gesehen, und fand nach % Stunden Weges, an ihrem Ausgange, am Wege einige antike und auch mo­ derne Cisternen, aber außer einigen Mauern doch keine Spur von eigentlicher Verschanzung einer Stadt. Jedoch bald zeigte sich bei weiterem Fortschritt, daß eine künstliche Befestigung des Weges un­ nütz gewesen sein würde, da diese Straße durch Steilabhänge und Zickzackwege an einer fast senkrechten Kalksteinwand an sich gesichert genug war, und selbst gegen jeden Angriff unzugänglich gemacht werden konnte, wenn er von Süden her kam. Nun erst überzeugte sich Schönborn davon, daß diese seltsame Straße in ihrer ursprünglichen Anlage eine antike sein müsse, obwol in den Banresten derselben bestimmte Beweise fehlten, so wie auch weiterhin auf der Fortsetzung der Straße nach der Ebene zu, wo nur daS tief eingeschnittene Geleiö der Wagenspur am stärksten für ein sehr hohes Alter sprach, so zerstört auch daS Pflaster war. Nachdem man hier eine halbe Stunde lang, von 10 bis 11 Uhr, am 500 Fuß hinabgestiegen war und die Ebene erreicht hatte, die von 600 bis 800 Fuß hohen Steilrändern umgeben blieb, ging der Weg gegen Adalia zu gerade aus, aber stufenweis immer abwärts. Noch zeigte sich kein Fluß, wenn schon das trockenliegende Bette eines zu­ weilen fließenden Baches, dem aber jetzt die Schneeschmelzen der Berge, die ihn damit zu andern Zeiten versehe» sollen, wie die Nebenthäler, fast gänzlich fehlten, und auch von Schluchten war «och nichts zu sehen. Daö Thal, in dem man hinritt, war im Ganzen mg und wurde erst gegen 1 Uhr sichtbar breiter, wo man »ach einem Absteigen von etwa 150 Fnß am Ende dieser Thalsenkung an der Quelle des Duden fein sollte. Noch sah aber der Rei­ sende von ihm nichts, und erst als er keine Viertelstunde gegen West

V,

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Klein-Afien.

§. 32.

am Räude der Berge hingezogen war, sah er sich wirklich au der seltsamen Quelle eines FluffeS, die Kyrk Gjöz, d. i. die40 Augen, genannt.

Zwischen größeren und kleineren Felsenstücken, die hier am

Fuße der Bergwand übereinander gehäuft waren; mit einer üppigen Vegetation von Feigenbäumen, Oleandern, Eichen und anderen Gewächsen überwuchert, strömte und schoß da- Wasier wie auS einer Menge Röhren und Löchern hervor. Das Gestein dar­ über war fester Fels

ohne sichtbare Spalten oder Zerklüftungen.

Das Hervorbrechen der Wasier war wie am Gjökbunar,

dort

aber nur auf einen kleinen Raum beschränkt, hier aber auf eine sehr große Strecke ausgedehnt. Mehrere hundert Schritt entlang konnte es Schönborn am Fuße der Bergwand verfolgen, weiterhin vor­ zudringen hinderten Gebüsch,

Wasier und Felsen.

Ziemlich weit

gegen W. hin sah man aber das Wasier an den Bergen sich hin­ ziehen, und da es gegen S.O. hin seinen Abfluß hatte, so dürfte

man wol mit Sicherheit annehmen, daß es auch dort an den Berg­ wänden noch hervorbrach. Am Fuße derselben bildete eS einen klei­ nen länglichen See mit breiten Sumpfrändern, die mit Weiden, Rohr und Sumpfpflanzen bewachsen warm. Die Strömung in der Mitte de- See- war reißend, dennoch war das Wasier so tief (3—8 Fuß), daß man in Kähnen auf ihm herumfahren konnte. Die starke Sttömung wurde dem Reismden besonder- sichtbar, als er über da- Wasier seiner Breite nach ging.

Es führte nämlich in

dieser Richtung ein mehrere 100 Schritt langer Steindamm hindurch, der in der Mitte abbricht und dort einer langen Brücke Platz macht. Diese besteht au- vielen niederen Bogen, unter ihnm fließt da- Wasier von N.W. her hindurch, und bei drei ihrer Bogm war die Sttömung reißend. Wasier- gar

Da aber ein großer Theil de-

nicht zur Brücke gelangt,

sondern von dm Bergen

direct her, schon vor der Brücke abfließt, so muß die hier hervorbrechmde Wasiermasie überhaupt sehr bedeutmd sein. Wahrscheinlich wird sie nicht zu allm Jahreszeiten gleich groß werdm. So seltsam wie das Hervorbrechen, eben so absonderlich ist der weitere Verlauf dieses FluffeS. Nur eine halbe Stunde lang läßt er sich zunächst weiterhin gegen S.O. verfolgm; dann stürzt er sich bei Bidschüklü wieder plötzlich in Höhlm hinein und verschwindet wieder auf eine große Strecke hin ganz und gar. wo er sich hernach wieder zeigt,

Zu dem Orte,

gelangte Schönborn erst später.

Dießmal konnte er ihm nicht weiter nachgehen, gelangte auch nicht einmal zu dem nahm Eski Chan,

welcher nicht- besondere- dar-

Ursprung des DudenfluffeS.

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biet« sollt« und weg«« Wasseranfllllung jetzt uicht einmal zugäagig war. Auf jeden Fall war nun schon festgestellt, daß der Duden in keiner Berbindung mit dem CestruS steh«, daß die früherm An­ deutungen feine- oberen Laufes in Büchern und auf Sette» nur in Folge MißverstLndniffeS auf Irrthümern beruhten, und daß der Du­ den Adalia'S lediglich der Süstenebene, nicht dem Hoch­ gebirge angehöre, wenn er auch feine Wasser aus ihm fubterrestrifch erhalte» möge, worüber jedoch nicht- ermittelt ist, wenn e- auch sehr wahrscheinlich sein mag. Ob aber der zuerst gesehene AuSbruch der Wasser, wo die Waschweiber ihre. Wäsche hattm, mit diesem AuSbruch bei B idschiklü in irgend einem Zusammenhang stand, war noch nicht ermittelt, kam aber nun erst durch die letzte Expedition Schön born- zur Aufklärung. Dmn e- gelang, wmn schon später, erst Ende Mai 1842, bei der Rückkehr von Adalia gegm West auf dem Wege nach Almaty auch noch ein« dritten und zwar den untersten AuSbruch deS adalischen DudeuflusseS^b) kennen zu lernen, von wo aus der seltsame Strom nun wirklich seinen überirdischen Stromlauf zum Meere nimmt, und wahrscheinlich in der von Graf PourtaleS gesehenen 150 Fuß hohen Catarracte sich zum Meere hinabstürzt und ver­ muthlich auch vermittelst anderer Verzweigungen durch die Gärten von Adalia ostwärts zu deren Bewässerung vertheilt ist. Am 23. Mai verließ Schönborn bei trübem Wetter die Stadt Ada­ lia, und ritt 2 Stunden, sagt er, gegen N.N.O. zum letzten Her­ vorbrechen deS Dudeu, das in der Süstenebene am Rande der nächst« Terrasse über der Stadt geschieht. Hier strömt der Fluß in einer gegm 40 Schritt breit«, 20 bis 30 Fuß tief« Schlucht ruhig au- Höhlen hervor, wird bald darauf bis auf 10 Schritt eingeengt und fließt dann in einem engen Felsbett« zwifchm Platanm, deren Gipfel nur eben über die Fläche der Ebme hervorrag«, etwa 1 bis 1% Stunden fort. Alsdann ist er bei der nie­ drigsten Stufe der Ebene angelangt und fließt, von Sümpf« umgeben, dem Meere zu. In die Schlucht führen von beidm Seit« her Wege hinab, auch befind« sich zwei runde Oeffuungen durch dm Fels gettieb« zur Seite, die mit der unterm Schlucht commu» nicirm; einige Thürpfosten liegen daneben. Bon hier ritt Schön­ born nun zu der auf der erst« Reise (am 4. November 1841) nach Adalia in der Ebene angetroffenen Einsmkung des Boden-, "') A. Schöubor», Tagebuch. Nachlaß. Mfer. 1842. Bl. 93.

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eine Stunde weit, wo er früher die Wäscherinnen gefunden hatte. Hier brach der Duden (denn daö war wirklich schon der damals gesehene starke Strom, worüber er erst jetzt klar wurde) unter jenen überhängenden Felswänden ungestüm aus mehreren kleine» Höhlun­ gen hervor, und stürzte einige hundert Schritt später wieder in größere hinein; bei der letzteren war der Fels sehr von Höhlungen durchzogen. Der Fluß nahm fast die ganze Breite (gegen 40 bis 50 Schritt) der 70 bis 90 Fuß tiefen Schlucht ein, und Beroniken, Feigen und andere Sträucher standen ihm zur Seite. Eine durch den Felsen hindurchführende Treppe hatte einst einen unterirdischen Zugang in die Einsenkung gewährt, die jetzt weniger gangbar zu sei» schien. Doch hatten offenbar die Wäscherinnen durch ihn ihren Zugang genommen. Außerdem lagen in der Tiefe große Blöcke von einem Gebäude, daS einst dort gestanden hat, doch konnte sein Um­ fang nicht groß gewesen sein. Auf der Fläche nebenbei sah man noch Neste von einigen Mauern; der größte Theil derselben scheint aber in einem oberen stehenden Gebäude, daS bereits wieder in Rui­ nen zerfällt, neuerdings erbaut zu sein. Die zuvor so hypothetisch und verwirrt gewesene Vorstellung vom Laufe deS Duden hat hiernach durch unseren Landsmann ihre lehrreiche Aufklärung erhalten, aber die Darstellung desselben auf der Landkarte ist darum doch noch nicht zur Klarheit gediehe« und bis jetzt bei den verschiedenen Autoren noch sehr von einander ab­ weichend. Zur Orientirung dieses Laufes mit den Umgebungen ist auch noch SchönbornS Fortsetzung seines Marsches vom Strom westwärts beachtenSwerth. Von hier, sagt er, ritt er weiter zu der Gräber stadt in West von Adalia. In einiger Entfernung von der nach Almaty führenden Straße fand er eine große Menge von Sarkophagen in Reihen, wie die am Wege selbst befind­ lichen, aufgestellt. Die Deckel sind flach, haben hohe Antefixa und sind sehr sauber und zierlich gearbeitet, andere sind plump und roh in ihrer Form; einige sehr lang, andere von sehr großer Dimension. Die griechischen Inschriften derselben sind meist nicht mehr lesbar. An den schmalen Seiten deS einen Sarkophages befanden sich Kränze, die von geflügelten Genien in den Ecken gehalten werden; in tot Mitte über dm Kränzen ist ein Medusenhaupt. An nieten bet Sarkophage sind Schilde und mitunter Speere zur Verzierung. WaS außer den Sarkophagen von Ruinen noch hier ist, weiset nur auf Gräber, nicht auf Wohngebäude hin, und eben so verhält es sich mit den Resten, die sich noch an der heutigen Straß« »ach Almaty

Unterer Lauf des Dudenflusse-.

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weiterhin gegen S.W. ziehen, welche nur noch mehr zerstört sind. Auch viele Ziegelfragmente finden sich hier vor, aber von keiner vorzüglichern Art. Alle sonstigen Steinhaufen, die sich noch vor­ finden, gehören theils entschieden zu Grabgebäuden (von einem stehen noch die Thürpfosten), theils bestehen sie aus so schlechten Steinen, daß an große Gebäude dabei nicht zu denken ist. Eine den Weg durchschneidende Mauer ist aus Rollsteinen mit Cement aufgeführt. Antik dagegen ist eine incrustirte Wasserleitung, eine kleine Brücke, Theile von dünnen Säulen, korinthischen Capitälen und eine in den Felsen gehauene Cisterne, so daß hier doch auch Spuren einer an­ tiken Stadt vorkommen, deren bestimmtere Lage aber von Schönborn vergebens gesucht ward. Die Grabmonumente sind aber eben hier in der Ebene zusammengedrängt, bemerkt Schönborn, weil sich hier einst die große Straße getheilt, und die eine gegen S.O. von hier nach Adalia, die andere nach Padam Aghatsch gegen N.O. sich gewendet hat. Die Stellung der Sarcophage und die Richtung der Gräberreihen weiset darauf auf das bestimmteste hin. Neben einem Chane befinden sich hier Mauern aus sehr großen Quadern, die aber mit Kalk aufgeführt und in den oberen Theilen mit kleinen Ziegeln erbaut sind, ein Werk, das wol auS antiken Quadern besteht, die aber ihre Zusammenfügung in späterer Zeit erhalten haben, die sicher nicht über die Genuesenzeit hinaus­ geht. Großartig ist der Chan, er bildet ein Quadrat und um­ schließt einen großen Hof, der ringsum von schönen doppelten Bogengängen, die aus großen Quadern aufgeführt sind, umschlossen ist. Das große Portal ist in saracenischem Styl, eben so schön wie die in der Burg zu Adalia bestehenden Architectnren, er­ richtet. Sollte der Ort, nach diesen zurückgebliebenen Denkmalen zu urtheilen, sich späterhin doch noch als eine antike Stadt auswei­ sen, schließt Schönborn seine Beobachtung an Ort und Stelle, so kann doch dabei auf keinen Fall an die Lage von Olbia, das man dahin hat verlegen wollen, gedacht werden. Denn Olbia war ein fuya tQvtia und lag auf der Grenze zweier Landschaften. Beides paßt aber auf die hiesigen Localitäten gar nicht: denn diese Ruinen liegen auf einer offenen Ebene, und eS ist nichts vor­ handen, was den Ort zu einem festen hätte machen können. Nach der Besichtigung dieser Ruinen eilte Schönborn am 24. Mai zum Gülik Chan im Gebirgspaß von Termeffus auf der Straße nach Almaty, wo wir ihm später wieder begegnen werden. So vollständig wie Schönborn hat keiner der Vorgänger die

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Klein-Afien.

§. 32.

früher so räthselhaft gehaltenen Phänomene diese- Dudeuflussebeobachtet; die Wifsmschast ist ihm für seine ernsten und mühevollen Forschungen den wärmsten Dank schuldig. Schon Corancez^) hatte zwar im Jahre 1809 von Adalia au- 4 Stunden in N.W. zuerst die große Stätte der Necropole mit ihren vielen Grab­ denkmalen auf seinem Heimwege gegen Westen flüchtig berührt, die ihn durch dm weiten Umfang von einer Quadratlieue, die fle nach seiner Schätzung einnehmen sollte, in Verwunderung setzte, und sie nach ganz unbegründeter Hypothese für eine durch Erdb^m zer­ rüttete Stadt gehalten. Er hatte auch am Nordende der Necropole den untersten Au-bruch des Dudenflusses kennen lernm und gab die Höhlen, auS denen er hervorbricht, und eine Felsentreppe von 34 Stufen an, auf denen man zu ihm herabsteige; sein weiterer Ursprung wie Verlauf blieb ihm aber unbekannt, da-er nur gegen West zum Randgebirge eilte, dessen Paß er über den Gülik Chan eiligst weiter verfolgte. Auch hielt er diese Ruinen ganz irrig für die Lage der einstigen Stadt Jsionda. General Koehler hatte schon früher auf dem Rückwege von Adalia gegen den Norden (19. März 1800) *") in 7 Stunden Ferne dm von ihm genannten Ort Bijikli (Bidschiklü) erreicht, wo er übernachtete, aber nur von Felsblöcken und Wafferlöchern spricht und nichts weiter von dieser Einöde sagt, als daß er ant folgenden %a$t 2 Stunden weiter nordwärts von da den Bergabfall des Taurus gegen die Ebene er­ reichte, und hier die Pflasterstraße mit den vielm Sarcophagen, Jnscriptionen und Mauerschanzen in dem Bergpasie hinaufstieg zum Hochlande, wo er in der Nähe von ein paar Dörfchen, deren eine- er Karabunar kjöi (Schwarzquellmdorf) nennt, in einem Konak, das eine Meierei des Mütesselim von Adalia war, übernach­ tete. Er lemte also den oberen Ursprung de- Duden nicht kennen; eben so wenig wie Fellows*) auf seinem ersten AuSfluge nach Lycien (1836), der denselben Weg, den Koehler hinaufstieg, herab­ kam, und von Budschak an der Ostseite des Kestel-SeeS süd­ wärts noch 5 Meilen Weges die Poststalion Padam Aghatfch zwar erreichte, die er aber wie so viele seiner Ortsnamen in dafast unkenntliche Beermargy verdrehte. Die Identität geht mit 79S) Corancez, Itineraire d'unc Partie peu connue de l’Asie Mineure. Paris. 1816. p. 391 eq. eo°) Col. M. Leake, Journal of a Tour in Asia Minor 8. 1824. p. 133—135. *) CH. Fellows, Tagebuch

auf einem AuSfluge nach Kleinasien. Ueberf. von Zenker. Leipzig 1843. Erst wenn man den Haupttheil, die ältesten und festesten derselben im Rücken hat, fällt das Gebirge sehr steil ab gegen Süd. Der Kunstweg ist hier an manchen Stellen bis 20 Fuß hoch an den Seiten ausgemauert, oder durch Mauern von polygonaler Construction gesichert. Der Weg selbst ist gepflastert auS 2 Fuß langen Quadern, die keine regulären Vierecke haben, öfter durch Heine Steine ersetzt sind, aber so tiefe Wagengeleise zeigen, daß auch sie zum an­ tiken Anbau gehörten, obwol manches in dem Getäfel zerstört ist und leicht von einigen ungemein schlechten, viel späteren Restaura­ tionen unterschieden wird. Die Befestigungswerke beginnen vom Norden her mit einem Thore, das 'einst den ganzen Weg absperrte; es folgen am Wege zur Linken mehrere große und kleinere Sarcophage, die auf gleiche Art wie die der Stadt ornamentirt sind, dann ziehen Mauern am Wege hin und zur Seite ein Gebäude, wahrscheinlich einst ein WachthauS, links hinter Mauern große Wohngebäude, die dicht an steilen Abhängen noch durch Mauer­ werk geschützt sind. Zur rechten Seite deS WegeS zieht sich eine viel tiefere Schlucht hin, als er selbst liegt, und hinter ihr steigen die Berge erst sehr steil empor; nur ein einziger, aber sehr schön erbauter Thurm aus großen Quadern steht hier, offenbar zum Schutz, das Ansteigen deS Feindes, durch die Schlucht zu hindern; sonst fehlen hier alle anderen Verschanzungen; das ganze endet aber mit einem Thore, von dem sich jedoch nur wenig erhalten hat. Außerhalb desselben steht noch zur linken Seite ein ansehnliches Gebäude auS Bruchsteinen, das wol einer späteren byzantinischen Zeit angehört, auch liegen rechter Hand am Wege noch einige sehr massive, mit­ unter sehr schön gearbeitete Sarcophage, von denen ein paar Infcriptionen833) copirt wurden. Auf dem Deckel eines dieser Gräber liegt ein in Stein gehauener 4 Fuß hoher Löwe, dessen 833) Corp. loser. Graec. Pars III. Nr. 4366. fol. 181.

Cretopolis und Cltm-x; die zwei Paffe.

713

auch Paul LucaS und Fellows erwghnt haben. Dann folgen wieder mehrere große Mauern, ein bis 50 Fuß lange- große- casernenartigeS Gebäude mit zwei Thürmen in einem Thore; dann 100 Schritt weiter abwärts ähnliche Bauten wie Caseruen oder Chane. Darauf ist der Weg wieder durch eine Mauer gesperrt, die sich nach einem Thurme hinzieht, der aus Bruchsteinen, wol au- der Byzantiner Zeit, herrührt. Mehrere 100 Schritt weit folgen wieder zur linken Seite Reste einer Mauer, die an den Außenseiten sorg­ fältig au- Quadern aufgeführt war, dann Reihen von Sarcophagen, deren Deckel dachziegelartig mit Stäbchen überzogen sind, dann wieder Reste eines Gebäudes, 60 Schritt lang, mit großem Hofraum, der, schon ganz in der Fläche gelegen, das Ende des Paffes gegen die Hochebene bildet. Kein Wunder, daß diese lange Reihe von einzelnen Bauwerken der verschiedensten Art bei den flüchtig Hindurchreisenden die Vorstellung von einer dort liegenden Stadt erweckte, von der Schönborn jedoch bei genauerer Inspection keine entschiedenen Reste vorfand, obwol der Paß, der zu einer solchen geführt haben wird, von hoher Bedeutung gewesen sein muß. Inscriptionen wie Münzen haben bisher noch keinen Anhalt dazu gegeben, dieser Localität ihre bestimmte antike Benen­ nung zu ermitteln, die hypothetisch mit den verschiedensten Ramm von den Neuern belegt wurde. Aber aus den historischen Be­ legen der classischen Autoren"), die Schonborn beibrachte, hat sich die Stadt entschieden als Cretopolis ergeben, wie der zweite Paß als^der Climax, den PolybiuS (V. 72) erwähnt. Als die Selgier über den Marsch de- GarsyeriS (f. oben S. 512,587) mit seinem Heere durch MyliaS gegen Cretopolis Nach­ richt erhielten, besetzten sie sogleich die Engpässe deS Climax mit ihrer Hauptmacht und machten alle Zugänge dahin unwegsam. Diese beiden Nachbarpässe sind aber die einzigen Zugänge auch heute noch, die nach der Hochebene führen, auf welcher GarsyeriS nur zum Scheine bei Cretopolis sein Lager aufschlug, um die Selgier zu überlisten, die auch heimgingen, wodurch nun ihre im Paffe zurückgelaffene Besatzung bald besiegt und der Weg nach Perge zu der ersten und einzigen Stadt von da, wie dieß auch noch die Tabul. Peuting. anzeigt (Cormassa XII. Perge), für den Feind geöffnet war; denn auch heute geht noch die einzige gangbare Straße von ihm direct in die pamphylische Ebene bis nach u)

Schcnbern a. a. O. S. 20—26.

714

Klein-Affen.

8 32

*

Perge, in dieser selbigen Richtung wie damals. Als aber die Selgior es späterhin von neuem versuchtm, dennoch diesen Paß am Climar zu überrumpeln, wurden sie zurückgeworfen und geriethen in Noth; die Stadt CretopoliS, die im Schutze hinter dem Pasie lag, konnte von ihnen nicht bedroht werden. Auch DiodorS An­ gabe (XVm. 44 u. 45) von AntigovuS Zügen gegen AlcetaS und AttaluS zeigt, daß er auf dem Hin- wie auf dem Rückwege nach und von TermeffuS nur über den Paß von Padam Aghatfch kommen konnte, wenn er nicht dm größen Umweg über Ifionda durch die ganze MilyaS nehmm wollte. Hieraus ergiebt sich aber auch ebm so entschieden, daß in Alexander M. Rückweg auS Perge nach SagalassuS über TermeffuS bei Arrian (de Exped. AL I. 27) nicht die große westwärts ain Eingänge nach Lycien zu liegende TermefsuS der ®cl^mtx(T(QfirjaabgtueiLwy bei Steph. Byz.) gmannt sein kann, die von ihm schon zuvor zerstört war, obgleich, außer Strabo'S kurzm Worten (Sirabo XIV. 666), nicht- Specielle- über ihre Zerstörung bei dm Altm gesagt ist, sondern die sehr stark befestigte CretopoliS, derm Paß er sich nur bahnte, ohne die Stadt selbst zu belagem, dagegen von ihr eiligst nach SagalaffuS zu derm Er­ oberung fortschreitet (Arrian I. 28). Bon Perge auS ist auch heute noch der einzige Marschweg für ein Heer nach SagalassuS nur im Durchgänge de- PaffeS von CretopoliS möglich, eine Stadt, die auch den Ramm einer „TermeffuS der Kleinen,, im Ge­ gensatz jmer großen TermeffuS hatte, wie Steph. Byz. (s. v. TtQfutjoodg Ihcidiag Xtyoituytj juixga) sagt, weil sie eine (So» lonie von jener großen Termessu- war. Die charakteristische Ortsbeschreibung bei Arrian stimmt mit der von CretopoliS gmau überein. Ein Umweg Alexander- über die große Solymer-Stadt TermeffuS, upt nach SagalassuS zu kommm, wohin der di recte Weg für ein Heer oder eine Karawane nur über CretopoliS gehen kann, würde ganz unstatthaft und für ihn auch unnütz gewesen sein, da er jmen Ort nach Strab o (XIV. 666) schon erobert hatte. Für jetzt wollte Alexander sich nur dm Rückweg auS Pamphylim zum nördlichen Pifidien über dm Paß von CretopoliS fteimachm, die Berjagung der Bormacht vom Hauptwege war ihm also hinreichmd; dm befteundeten Selgiern, die ihn begleiteten, die von jeher Feinde der Termesster gewesm (Arrian I. 28), überließ er da- übrige. An der Eroberung von CretopoliS war ihm nichts gelegen, sie würde feinen übrigen wei-

CretopoliS, Termessus parva.

715

teren Kriegszug nur zu sehr aufgehalten haben; er ging daher von da vielmehr direct auf SagalassuS los, bot einzigen Feind, bcn er noch auf dem Durchmärsche durch Nord-Pisidien zu fürcht« hatte (f. oben ., der Normalrichtung aller andern dortigen Küstenflüsse entgegen, bis Selefke hin die Südhälfte der TracheotiS mit der ImbaroS-Kette, die dem cyprifchen Olymposzuge völlig parallel läuft, wirklich von der Nord­ masse abspaltet. Wäre das Calycadnusthal um ein geringes tiefer eingestürzt, so würde hier, gleich dem cyprischen, ein zweiter MeereSeanal von O. nach W., die Jmbaroskette zu einem zwei1m maritimen Inselzuge einer langen ImbarosInsel gleich Cypern umgestaltet habm. Indem wir nun aber jenseit des tief einschneidmden und flachen pamphylischen GolfeS von Adalia zur zweiten Masse, zu der deS lycifchen Vorsprunges gelangen, könnte man um die­ selbe Frage in Beziehung auf sie wiederholen. Hier zeigt sich am Südwestmde der lycischen Gebirgsgruppe vom Cragus und AnticraguS eine wie völlig abgesprengt vorliegende Masse, die große Insel Rhodos mit gleichfalls gegen Nordost gerichtetem Normal­ zuge chrer ganzen Gestaltung, als wäre auch sie dereinst dem lycischen Contiuente ursprünglich als Glied angehörig gewesen, während nun erst von ihr auS westwärts die merkwürdige Zersplitterung in daS ägäische Tausend-Jnsel-Vorland der Westküste KleinasienS und deS Lgäischeu Meeres seinen Anfang nimmt. Irgend ein großartiges Phänomen in primitiven Zeiten der Erdgestaltung, da- wir noch nicht zu deutm wissen, geht offenbar auS diesen so characteristischen und ganz verschiedmartigen Gestadegestaltungen her­ vor, worüber einmal fortgesetzte geognostische Beobachtungen vielleicht Aufschluß zu gebm im Stande sein werden. Der große Unter­ schied, welcher aber hier in dieser von der cilicischen verschiedmen Gestaltung hervortritt, ist, daß in der lycischen Masse kein abschneidendes tiefes Querthal, wie das des CalycadnuS in der TracheotiS, und keine ihm gleichlaufende südlichere parallele hohe ImbaroSkette von West nach Ost als gesondertes Küstmglied vorliegt. Der Zusammenhang des KüstenrandeS mit den nördlichern Glie­ dern de- westlichm TauruSmdeS und den zugehörigen Plateaumaffen war hier in Lycien compacter als dort, und die sich absondernden

DaS lyrische Vorland.

719

mehr gegliedert», einzeln von einander divergirmd» Tauru-kettrn nahm» statt der westlich» wie in Cilicien, hier vorherrschmd eine mehr südwärt» geneigte Normalrichtung an, wie die Haupt­ kett» de» Solymer-Gebirge» mit dem Climax (Tachtaly Dagh) geg» Süd, de» Massicytu» (Ak Dagh) gegm ©JD., die de* Cragu» und Anticragu» geg» Süd, die de» Salbacn» (falsch Albauo» bei Ptolemäu» V. 2) 8M), jetzt Boz Dagh, mehr gegm S.W. in der fortgesetzt» Richtung de» rhodischm Ge­ birgsrückens; und ebenso weich» auch die untergeordnet» Bergket­ ten in ihr» Richtung» von dm normal» noch weiter westlichem in Border-Kleinasim mehr oder weniger ab. Hier konnte also keine der cypriotischen oder dem Imbaro» ähnliche Abscheidung einer gan­ zen Masse de» Vorsprung» so leicht stattfinden. Die Gliederung ging, wie auch die Thalrichtungen mit dm hauptsächlichst» Küstmstrom läufm, wie Limyra», Arycandu», Xanthu» und Indu» e» im allgemeinen zeigen, al» von Nord nach Süd vor fich, bi» diese in dem nächstfolgmdm groß» nordwestlich» Stromsystrme de» Mäander und seiner nördlichem Parallele zu einer völlig veränderten Wendung zum ägäisch» Meere geg» West» er­ folg» mußte (s. Kleinasim Th. I. S. 41). Eine nur sehr untergeordnete, der Größe nach wmigstm» unbe­ deutend« Ausnahme macht hiervon der einzige Andriacu», der analog dem cilicifchen Calycadnu», aber nur auf sehr kurze Strecke j»en anderen Stromläufm entgegengesetzt, schon der Meeresküste ganz nahe, von West geg» Ost fließt, und unterhalb Mhra jom Meere mündet. Sein Tiefthal schneidet daher nur eine sehr kurze und auch sehr schmale Küstenstrecke, nur eine klein« Insel von dem lyrischen Binnmlande ab, die jedoch von der LanthuSebene bi» zur Mündung de» Arycandafluffe» von etwa 16 bi» 18 Stund» Ausdehnung in der Länge, den nicht unberühmtm Ortschaft» P Hel lu», Antiphellu», Cyaneae, Syra, Andriace und Myra zur Anlage bim» konnte. Dagegen ist da» lyrische Vorland dem rilicischm Vorlande, die man beide peninsularisch n»n» kann, darin analog, daß die drei Seit» ihrer irregulär» Rectangelgestaltung geg» O., S. und SB. vom Meere umspült werde», die vierte aber, nämlich die Nordseite, die ausgedehntere, von etwa 2 Längengraden von O. 83S) Cf. Hierocl. Syoecd. cd. Wessel, p. 688—689, not. s. v. 'Hqaxltfas 'Alßaxovog u. Ptolem. ed. Wilberg, fol. 320.

720

Klein-Asien.

§. 33.

nach W., bei beiden sich unmittelbar an daS große centrale Hochland von Kleinasien anlagert, von dem ihre Maffen als die südwärts fortgesetzten Gliederungen der laurischen Randge­ birge erscheinen. Diese Gliederungen stehen im cilicischen hohen Gebirgslande noch directer in unmittelbarer Verbindung mit den noch unter sich mehr im Zusammenhang bleibenden, vorherrschend von O. nach W. fortstreichenden Tauruskelten. Im lyrischen Vorlande aber, daS sich eben da vom taurischen Gebirgssystem abzweigt, wo dieses seinen Character aus der bisherigen normalen ostwestlichen parallelen Streichungslinie ändert und mit dem Cadmussystem eine Divergenz gegen N.W. annimmt (s. Klein­ asien Th. I. S. 41), schieben die immer mehr sich abzweigenden lyeischen Kettenglieder südwärts vor und verwandeln sich so durch mehrere, zwischen dieselben gelagerte Hochebenen in mehr und mehr von den großen gesonderte, für sich bestehende kleinere nordlycische Plateausysteme, deren sich wol 5 bis 6 ver­ schiedenartige Stufenhöhen nachweisen lassen, welche nur durch untergeordnete Höhen, aber von sehr verschiedenen Richtungen, von einander geschieden sind, in ihren Mitten aber kleinere Binnenseen mit Katabothren und Dudenbildungen, selbst wol mit wechselnden Wafferständen zeigen. Wollte man sie zugleich für sich als hydro­ graphische meist selbständige, wenn schon beschränktere Beckenbildungeu deS lycischen Plateaulandes ansehen, so könnte man sie binnenländische Einsturzbassins nennen, falls man auf die Art ihrer Entstehung nach einer gestimmten Plateauanschwellung Rücksicht neh­ men wollte, im Gegensatz der Längeneinstürze oder Spaltenrichtungen der Tiefthäler. Die Zone dieser verschiedenen lycischen Plateausysteme wird gegen Ost vom Meere ab- und eingeschloffen durch die süd­ wärts streichende Küstenkette der Solymer-Gebirge, die bis zu 8000 Fuß emporsteigt, gegen Norden aber von dem schon mehr ge­ gen N.W. sich wendenden Zuge der Taurusketten, die vom DipoiraS, DauraS, Sagalassus bergan, von den CestruSquellen im Süden des Egherdir ausgehen und nordwärts als Kestel Dagh daS Nordbassin deS MilyaS-PlateauS (s. oben S. 697) im Ke­ rn er Dagh mit mehr südwestlicher Richtung bis zum 6000 Fuß hohen Rahat Dagh begrenzen, dem nordostwärts die Quellen des Gebren Tfchai bei Themisonium (Tefenü) zum Buldur-See entfließen (s. oben S. 879), deffen Thalgebiet aber schon zum pisidischen Hochlande gerechnet zu werden pflegt. Vom Rahat Dagh

721

Die lytischen Plateausysteme.

nimmt aber die Nordbegrenzung der lyrischen Plateauebene eine noch entschiedenere, durch Hochgebirge begrenzte Nordwestrichtung an bis zu dem Systeme des CadmuS (Baba Dagh) und zur lycischen Grenze der Daedala-Ketten (Strabo XIV. 664), welche die Wasserscheide zwischen dem Mäandersysteme und dem lyrischen Flußsysteme des InduS oder Axon (Doloman Tschai), also zwischen dem ägäischen und cyprischen Meere bilden. DaS Stromthal dieses InduSflusseS bezeichnet aber in feinern oberen Kaufe die Westgrenze der lycischen Plateausysteme, die hier in der Karajuk Owassy an der Nordwestecke der alten Cibyratis ihr Ende erreichen. Die Hauptwasser dieser lycischen Plateaugruppen zie­ hen sich von dieser N.W.-Ecke gegen S.O. bis Almaly zum Awlan-See, und von diesem wieder gegen N.O. bis Istenaz und am gleichnamigen Strome (dem ColobatuS oder TauruS, f. oben S. 681) entlang wieder jenseit des Kestel-SeeS nordwärts bis zum Südfuße des SagalassuSgebirges hinaus. Es sind dieß die Gebiete, welche den Alten unter den Namen der CibyratiS in N.W., der Cabalia in der Mitte und von Almaly wieder nordwestwärts bis zum Kestel-See, wie wir schon oben sahen, zur weiten Landschaft Milyas gehörten. Die speciellen Nachweise dieser historisch-politischen Local­ bezeichnungen in ihren Beziehungen zu den natürlichen Bodenverhält­ nissen, über welche uns aus dem Alterthum nur sehr unzusammen­ hängende fragmentarische Andeutungen zugekommen, konnten erst die jüngsten Jahrzehnden durch Forschungen einiger ausgezeichneten Beob­ achter der dortigen bis dahin völlig im Dunkel gebliebenen Naturverhältniffe wie der monumentalen Denkmale und ihrer Inscriptionen ermittelt werden. Bei unserm ersten Gesammtüberblick mag eS zur Unterscheidung verschiedener Gruppen vorläufig hinreichen, nur summarisch an­ zugeben, daß dieser Zone der lycischen, dem Umfange nach kleineren, hie und da gegeneinander sich abstufenden Plateausy­ steme, welche erst später ihre genauere Auseinandersetzung finden können, nach den angestellten Messungen und Schätzungen^) fol­ gende Erhebungen über dem Meere angehören: 1. Die nördliche Plateauebene der MilyaS, jene nordwärts gegen daS südliche Pisidien eingesenkte Landschaft, liegt 8H) Nach Spralt, $ctVe$, Tschichatschess u. A. Ritter Erdkunde XIX.

Zz

722

Klein-Afien.

§. 33.

bei Istenaz 3700 bis 3500 Fuß üb. d. M.; sie senkt sich im Bassin des Kestel-Sees nicht tiefer als bis 2680 F. hinab, an die Basis der Sagalasiusberge; sie ist die ausgedehnteste dieser Hochebenm. 2. Der südliche Theil dieser der Milyas angehörigen Pla­ teauebene um Elmaly liegt noch 4000 Fuß üb. d. M. 3. Die mittlere, zu der alten Cabalia gehörige Hoch­ ebene bei Gjaur-Kalessi, wo die Ruinen der alten Balbura, Oenoanda u. a. (Plin. V. 28), einst zur Tetrapol iS gehörig, liegen, 4500 Fuß üb. d. M. 4. Die nördlicher von da um den jetzt Sürt Gjöl, früher Caralitis genannten See gelegene Hochebene der alten Cabalia liegt 4700 Fuß üb. d. 5. Die nordwestlicher der alten Cibyratis ungehörige Ebene um die heutige Gül-Hissar und den oberen Lauf des IndusflusseS der Alten, mit den wieder entdeckten Ruinen von Cibyra, an 3500 Fuß üb. d. 2K. 6. DaS noch nördlicher gelegene N.W.-Ende der cibyratischen Hochebene, die Karajuk Owassy der Türken, bis an den Südfuß des EadmuSsvstemS, jetzt Baba Dagh, von wo der Ge­ birgspaß über daS Hochgebirge nordwärts zum Mäandersystem nach Denizlü aus Lycien hinausführt, 3000 Fuß üb. d. M. Diese Uebersicht kann einen Gesarnnstüberblick über die bis dahin völlig unbekannt gebliebene Gesannnterhebung des lycischen PlateaulandeS gewähren, das vorherrschend von Hochebenen einge­ nommen wird. Ganz verschieden hiervon ist das südlichere lycische Gebirgsland. Auf der Ostseite des TanthuSthales erhebt sich daS colossalste GebirgSsystem von ganz Lycien, der „weiße Berg«, Ak Dagh der heutigen Bewohner (wahrscheinlich der Cragus der Alten)der bis zu 10,000 Fuß mit seinen Schneegipfeln und wildesten Felsrücken sich weit gegen Nordwest wie gegen Süd oft vorzüglich in diagonaler Richtung erstreckt und mannigfaltig verzweigt. Gegm N.W. setzt dieses Massengebirge noch über die Haupt­ quellen des Xanthus bis zum obern Laufe des CalbisstromS zum Salbacus- und Eadmus-Gebirge fort; gegen S.O. erreicht es erst nordwärts des Arycandus, an dessen Mündungslande bei Phi,4°) Spratt and Forbes, Travels in Lycia 1. c. T. 1. p. 4, 77, 158 etc. A. Schönborn, On the tvue Situation of Cragus, Anticragus and Massicytus Mounts of Asia Minor, f. in E. Falconcrs Museum of classical Antiquities. 18si2? Vol. II. p. 161—170.

DaS große Scheidegebtrge, Cragus, MafsicytuS. 723 neka, alle andern Gebirge überragend, sein Ende, obwol es m dieser Ausdehnung mit verschiedenen Namen bezeichnet wird. So bildet diese- von N.W. nach S.O. in diagonaler Richtung weit fortstrei­ chende und zusammenhängende Hochgebirge, für da- un- kein anderer antiker Gefammtname bekannt geworden, da- Hauptsystem delycischen Lande- im engeren Sinne des Worte- und schei­ det im Diagohalzuge vom Cap Phineca in S.O. gegen N.W. bizum Cadmussystem ganz Lheien in seine zwei großen Naturabtheilu^gen, in das nordöstliche mehr einförmige hohe Plateaulanv (dessen aufgesetzte'Ketten nach Schönborn- Unter­ suchung bei den Alten den Gesammtnamen MafsicytuS geführt zu haben scheinen) und in da- südwestliche Gebirg-land, welchezumal durch dieses alpine Hochgebirge erst seinen großartigen, erha­ benen und höchst romantischen Naturcharacter erhalten hat. Denn jenes System gliedert sich südwärts durch mannigfach au-laufende Riesenketten, die bis zum Meere in viele hohe Borgebirge vor­ springen, zwischen deren Verzweigungen eben so viele tief eingeschnit­ tene Thalspalten einstürzen, welche mit ihren insgesammt südwärts abströmenden Flußläufen und Einsenkungen die bewäffertsten, frucht­ barsten, climatisch begünstigsten Thalweitnngen zu Ansiedlungen von Culturvölkern gewähren konnten. Durch dieselbe diagonale alpine Hochgebirgskette mit ihren langdauernden Schneegipfeln wird zugleich das hydrographische System Lyciens im engeren Sinne bedingt. Nur wenige kleinere Gewässer sind eS, die von dieser GebirgSlinie nordwärts zu den Plateauflächen ablaufen, wo sie bald ihr Ende erreichen und meist in den Einsenkungen der kleinen Seebecken aufgesammelt stehen bleiben, verdunsten, theilweise verschwin­ den, und sehr abwechselnden Zuständen, Anschwellungen, wie Abnahme bis zu Sümpfen und Morästen, unterworfen sind, oder wo auch fichtbarlich ihre Wasser in Katabothren verschwinden. Es sind nur Pla­ teauströme. Dagegen entquellen und entstürzen alle Hauptflüsse und reichen Gewässer des lycischen Landes nur erst den Südabhängen jener Gebirgsdiagonale, wie Indus, Lanthus, Andriacus, Arycandus, Limyrus, und nur wenige Nebenzweige sind es, die hie unb da im oberen Laufe nach Durchbrüchen einzelner Kettenglieder von der Nordseite der Massicytusgehänge noch als überirdische Adern den Südläufen zu Gute kommen; dagegen läßt der Volks­ glaube manche verschwindende Adern als Duden an ihrem Südfuße bervcrtveten, wie aus dem Evlan- oder Awlan-See die subterrestren

Zz2

724

Klein-Afien.

§. 33.

Quellen des LimyruS und Gjök Su zu beiden Seiten des AlaghyrflusseS am bekanntesten geworden sind. An den Südenden haben sich die Mündungen dieser südwärtdeS MassicytuS wild herabfallenden Stromgebiete meist zu grö­ ßeren Thallandschasten ausgeweitet mtb ihren Stromspaltungen brei­ tere, fruchtbare Deltaebenen vorgeschoben, so daß die ganze Südküste LhcienS theils durch die vielen bis zum Meere hoch und steil auSlaufenden Borgebirge, Bergrücken und aufstarrenden Klippen, theils durch die vielen dazwischen gelagerten kleineren fruchtbaren Deltaboden und Thalöffnungen, deren größte als Ebene von Limyra, Myra, kanthus u. a. bekannt sind, eine ungemein mannigfaltige Bildung erhalten hat, welche mit vielen kleineren Jnselchen, engeren Buchten und weiteren Bayen wie Hasenstellen, unter denen die vom Phineca, Andriace, Assar, Antiphellus, Vathy, PhönicuS und der Golf von Macri die berühmtesten, zu einer der pittoreskesten und romantischsten Gestadelandschaften werden mußte, welcher die Architecturen und Kunstdenkmale ihrer einst über­ reichen und kunstsinnigen wie kunstgeübten Bevölkerungen einen der interessantesten Standpunkte für das Studium antiker, noch ziemlich räthsechaft gebliebener Eulturperioden wenig zuvor bekannt gewor­ dener Völkerzustände und Völtergeschlechter darbieten und noch höhere auch historische Reize verleihen. Qbwol, wie auch im benachbarten Phamphylien, selbst in dem bei den Alten stets barbarisch genannten Pisidien doch im­ mer der Einfluß griechischer und römischer Civilisation auf ihre Be­ völkerungen unverkennbar gewesen, und ihre zurückgelassenen Denk­ male und Architecturen ein nicht gewöhnliches Interesse für die Characteristik ihrer einstigen Bewohner zu erwecken geeignet waren, so hat dieser Einfluß sich doch auch aus bem Plateau- wie in dem GebirgSlande durch ganz Lycien mehr oder weniger bewährt. Aber hier treten in letzterem noch andere besondere Interessen hervor, welche dw Nachforschungen in Lycien einen besonderen Reiz verleihen, der sich in den Eigenthümlichkeiten der speciell-lycischen Architectur, in ihrem Kunst styl, in ihren Grabdenkmalen, Sculpturen, Inscriptionen und in ihrer besonderen Sprache und Schrift ausspricht. Wenn Strabo, wie wir früher sahen, in dem nörd­ lichen Plateaulande Lyciens, zumal in Milyas, in der CibyratiS der TetrapoliS, und der dort vierfach gebräuchlichen Redeweisen der Pisidier, Solymer, Griechen und Lydier gedenkt (Strabo XIII. 631), so hat er dabei der Lycier im engeren

DaS eigentliche Lycien der Tramelae.

725

Sinne gar nicht einmal erwähnt, deren ganz besondere Sprache doch seit jüngster Zeit monumental entdeckt ist. Ihre Denkmale kommen aber auch keineswegs so gleichartig durch daS sogenannte lyrische Ländergebiet vor; entweder fehlen sie hie und da völlig, oder kommen doch kaum einmal in dem nordöstlichen Plateaulande vor, wo von jenen vier Völkersprachen die Rede war, sondern fast ausschließlich nur an der Südseite des MafsieytuS-SystemS, wo man demnach daS eigentliche Gebiet der Lycier im engeren Sinne, der Tramelae im unteren, der Tloer von TloS im mittleren kanIhuSthale zu suchen haben toirb841). Gebirgsland, Bodennatur und Bölkerverhältniß bil­ den hier, nach bisher gemachten Entdeckungen und Beobachtungen, innerhalb des gewöhnlich zu Lycien gerechneten Vorlandes doch ent­ schiedene Gegensätze, auf deren Eigenthümlichkeiten einer der ersten Durchwanderer dieses neu aufgefundenen Ländergebietes am Ende seiner zweiten Reise nach Lycien, nämlich Charles Fellows, beim Abschiede und Rückblick auf dasselbe aufmerksam geworden, sich in wenigen Worten darüber aussprach, die wir hier als vorläufigen Umriß der später im besonderen weiter zu beachtenden Erscheinungen voranstellen. Nach den dort aufgefundenen Architecturresten, sagt FellowS*?), sei er geneigt zu urtheilen, daß zwischen den alten Lyciern und den Griechen eine vollständige Unterscheidung stattfand, wie in Sculptur und Sprache, obwol die näheren Daten für daS lycische Volkselement uns leider verloren gegangen sind. WaS uns aber zur geographischen Unterscheidung besonders lehrreich wird, ist, daß auch die Natur des Landes darin übereinstimmt und eine strenge Demarcationslinie zeigt, die bis dahin unbeachtet ge­ blieben war. Auf der hohen Plateauzone, sagt FellowS, sei keine Spur der Lycier (im engeren Sinne) aufgefunden worden, keine an der Ostseite des lycischen Promontoriums nördlicher als bis Arycanda; auch fand er wenigstens keine Spur nordostwärtS des XanthuSthales und der großen GebirgSdiagonale des MafsicytuS; auch nicht nordwestwärtS des Golfs von Macri, der von der Kette der Daedala-Berge (Sttabo XIV. 651, 664), welche dort die Grenze von Lycien gegen daS Land der Carier und der

••*) Preller, Griech. Mythol. 11. S. 54—03. Ch. Fellows, An Account of Disco veries in Lycia being a Journal kept during a Second Excursion in Asia Minor. 1840. Lond. 8. 1841. p. 250.

726

8 33.

Klein-Asien.

Peräa der Rhodier bildeten, umgeben ist, die bis an das Ostufer des CalbiS sich ausdehnen. Eben so beschränkte sich in den Monumenten daS alte lycische Element derselben Völkergruppe im engeren Sinne gegen Oft, und drang nicht in die Solymer-Ketten, oder bis zum östlichen MeereSgestade Lyciens vor. Zn den Städten an der Ostküste oder ostwärts Limyra und Arycanda,

sagt Fellows,

fanden sich

keine echt-lycischen FelSgräber, keiner ihrer eigenthümlich gewölbten Sarcophage, keine ihrer cyclepenartigen Mauern, keines ihrer eigen­ thümlichen Schriftzeichen

auf

den vielen Znscriptionen der Monu­

mente, wie doch in Südwest der alpinen massicytischen Schneege­ birgskette, vor. Die schlecht gezeichnete Jnscriptionstafel auf einem Felsen, welche beim Abmarsche von Elmaly auf der dortigen Hoch­ ebene sich zeigte, fand Fellows der Arbeit alter Lycier unwürdig, und, nach ihrer Schrift zu urtheilen, mir von Milyern herrührend, welche einst die Herren dieser Hochebene waren. Jene von Elmaly aus gegen N.W. durch die hohe Plateaulandschaft nach Balbura zu in die Cibyratis sich fortziehenden und dahinwärts zu übersteigenden Gebirgszüge, die aber nicht weit nordwärts reichen, sondern zwi­ schen Elmaly und Jstenaz schon zu Ende gehend), schienen Fellows die Grenzscheide zu sein,

welche einst die beschränktere Landschaft

Milyaö im Osten von der Cibyratis

im Westen

scheiden mochte,

eine Conjectur, die ihm, da sonst keine genaueren Grenzbestimmun­ gen zwischen der östlichen und westlichen Seite der lycischen Plateaulandschaften bekannt geworden, die Angabe bei Strabo an einer Stelle zu stützen schien, der mit Bestimmtheit sagte, daß man aus dem TanthuSthale von Tlos nordwärts über daS Gebirge nach der Cibyratis gehe, also unstreitig die östlichere MilyaS unberührt liegen lasse (Strabo XIV. 665).

Dieß schien sich durch ein von

Fellows zuerst aufgefundenes Monument") mit einer Inschrift zu bestätigen, die aber bei wiederholtem Besuche desselben von Eski Hissar aus als irrig befunden tourte45). Leider läßt uns die noch nicht entzifferte einheimische Schrift der eigentlichen Lycier, in Beziehung auf ihre Angaben,

gänzlich

im Stich; die historischen Ueberlieferungen über den ganzen Umfang der lycisch genannten Landschaften wie ihrer Bevölkerungen sind zu fragmentarisch, als daß sich daraus schon vieles mit Sicherheit her-

en) Spratt and Forbes, Trav. I. c. T. I. p. 278. 44) Ch. Fellows, Acc. 1. c. p. 233. 4S) Spratt and Forbes 1. c. 1. p. 284.

Die alten Lycier und die Gräco-Lycier.

727

leiten ließe; dock können wir zur weiteren topographischen Orientirung auf diesem so lehrreichen Gebiete zu manchen Unterscheidungen vorläufig die von Fellows gebrauchten Bmeunungen beibehalten, der die rein erhaltenen Denkmale im lycifchen Style mit den lycifchen Inschriften, der Gebirgslandschaft im Südwest des Massicytus-GebirgssystemS, den alten Lyciern zuschreibt^), da­ gegen die mit griechischen und anderen Stämmen mehr gemischten Landesbewohner auf dem Plateausysteme Lyciens und beten Denkmale, zur Unterscheidung von jenen, die der Gräco-Lycier nennt, weitste in Sprache, Schrift, Mythologie und sonstiger darauf sich kundthuender Lebensweise mehr als jene in S.W. zeigen, daß unter sie das griechische Culturwesen mehr Eingang ge­ nommen hatte als unter jenen. Ohne uns hier in die noch so dunkel gebliebene Forschung der Geschichte Lyciens und seiner Bevölkerungen, zu der kaum erst durch die Denkmale, deren das Land noch so viele verborgen gebliebene in seinem Schooße herbergt, die Bahn gebrochen worden, zu verliefen, ist eS unsere Aufgabe, zuvor erst noch im Lande selbst und seinen Naturverhältnissen, so weit diese bekannt werden konnten-, einheimisch zu werden. Bei den vielen historischen Bezie­ hungen, die uns aber auf dieser Wanderung und Beschauung so vieler Oertlichkeiten, Namen, Sculpturen, Gräber und Inschriften entgegentreten, über deren verschiedentlich mögliche Deutung die An­ sichten der Forscher noch sehr schwankend bleiben mußten, so lange nicht die einheimischen Inschristen selbst entziffert sein werden, wird eS wenigstens zur einstweiligen Orientirung in diesem historischen Irrgarten Bedürfniß sein, für die früheren Völkerverhältniffe, berat characteristisch verschiedenen Grabstätten wir auf jedem Schritte im Lande, bei jeder Stadt begegnen, wie sie uns aus dem Alterthume überliefert wurden, mit einigen Bemerkungen auf einige maßgebende Hauptpunkte hinzuweisen. Nach HerodotS Angabe sotten die Lycier aus Kreta, das damals von Barbaren bewohnt war, erst nach Kleinasien gekommen sein; ihr eigentlicher Name, den sie sich selbst gaben, sei Termilen (Herod. I. 173. TepuiXut), auch Trennten, wie sie von ihren Nachbaren genannt wurden, sowie ihr Land Tremile (Tpm&ri fj stv/.iu (xaXtTio ovjwg, sagt Steph. Byz. nach HecataeuS u. 8.). Ihr Name Lykien und Lykier wird auch von Strabo 4t) Cb. Fellows, Account uf Discov. 1. c. p. 351.

728

Klein-Nfien.

§33.

und Anderen von einem eingewanderten Fürsten Lykus abgeleitet; er scheint aber vielmehr auf sie von dem Gotte des Landes, dem

Avxtiog (d. i. Apollo der Sonnengott, von

d. i. lux? Licht), übergegangen zu sein, denn der Bogenschützendienst des Apollo Xvxeiog war durch das ganze Land verbreitet. Der Haupt­ sitz seines Cultus, fein berühmtestes Heiligthum, von dem viele andere84?) ausgegangen, war zu Patara an der Mündung des XanthusflusseS, wo sein Tempel in der Mitte eines heiligen Haines stand, in dem gezähmte Löwen gehalten wurden; hier war sein Orakelort,

wo er den Winter hindurch zu verweilen pflegte48),

daher er dort in Lycien als Landesgott für einheimisch gelten mußte. Aus Kreta stammend, sagt Herodot, womit jedoch Strabo nicht ganz einverstanden zu sein scheint (Strabo XIV. 667), seien daher ihre Sitten auch kretisch, aber mit denen ihrer Nachbarn, der Karer, gemischt gewesen. Wenn sich die Herodotische Herleitung auch bezweifeln läßt, so bleibt die bei ihnen als Thatsache ange­ gebene Sitte (die man sich aus einer Mythe des Bellerophon zu erklären suchte)4^), daß sie sich nach dem Namen der Mutter und nicht nach dem des Vaters nannten,

und ihre Ahnen nach

ihrer Mutter Müttern zählten, doch richtig: denn unzählige ihrer Gräberinschriften, die man wieder aufgefunden, beweisen dieß. Auch der Stand, sagt Herodot ebendaselbst, richte sich bei den Lyciern nach der Mutter; denn der Sohn eines Knechtes und einer freien Frau galt für wohlgeboren und frei, der Sohn eines Vornehmen dagegen und einer Sclavin sei unedel und knechtisch. Sehr intereffant ist diese Eigenthümlichkeit, die noch bis auf Alexan­ ders Zeit Aufschluß über dessen Einsetzung der Ada in die per­ sische Satrapie als Königin von Carien giebt, welche er nach dem Tode ihres Gemahls als Herrscherin der großen Satrapie be­ stätigte; denn, sagt Arrian, den dortigen Einfluß der Frauen bei den einheimischen Völkern Kleinasiens anerkennend, es sei seit der Semiramis in Asien der Gebrauch gewesen, daß auch die Frauen der Könige die Herrschaft beibehielten (Arrian. de Exp. I. 24).

Die Lycier trugen Hüte mit Federn verziert, Zie­

genfelle um die Schultern, Panzer und Beinschienen.

Ihre Angriffs-

M1) A. Schönborn, Ueber das Wesen Apollons und die Verbreitung sei­ nes Dienstes. Verl. 1834. S. 35 ff. 4H) Mar Dunker, Geschichte des Alterthums. 2. Aust. Bd. I. 1855. S. 260 ff. 49) Fellows. Account 1. c. i>. 137.

Das verruchte Geschlecht ver Solymer.

729

waffeu waren Dolche, sichelförmige Schwerter und Bogen von hartem Holze.

Als bester Bogenschütze unter den trojanischen Hülfsvölkern

wurde von Homer der Lycier Pandaros gerühmt.

Jene Waffen

und Trachten wiederholen sich auf ihren Sculpturen, und oft find ihre Helden auch in langen Gewändern auf Gräbern und auf ihren Monumenten abgebildet, in Kaftanen und.Halbstiefeln, wie sie noch

heute ^0)

von den lyrischen Bauern getragen werden. Dem Homer ist die Herodotische Angabe von dem Herkommen der Lycier aus

Kreta unbekannt,

aber nach seinen Gesängen herrscht ein aus dem

PeloponnefuS abstammendes Fürstengeschlecht in Lycien. Die ersten griechischen Colonisten siedelten sich im Thale des Sirbes, d. i. deS -kanthus, an und unterjochten die alten Bewohner, die eine den Phö­ niziern ähnliche Sprache redeten, welche dadurch in das östliche Lycien verdrängt wurden. sind so bestimmt durch

Beide Abtheilungen des Halbinsellandeö

den Massicytus getrennt,

Ketten im Ost heißt es, daß

und von andern

erst noch zwei Generationen vor dem

trojanischen Kriege es gelungen war, die ganze Halbinsel zu unter­ jochen.

Die Gebirgsbewohner

letzten Widerstand

der Solymer-Kette leisteten dm

und hier zeichnete sich Bellerophon, der einm

Sohn im Kampfe gegen sie verlor, siegreich.

besonders aus;

er war zuletzt

Die Solymer fanden darnach nur noch in Milyas eine

Zeitlang und dann in Pisidien einen Schutz.

Ein Enkel des Si-

syphus auS Ephyre (Korinth), sagt die Legende, nach Lycien ge­ sandt, ward dort Bellerophon nach Elleros, den er aus des lycischen Königs Amisodarus Befehl tödtete, genannt (d. i. Tödter des Elleros, des Lindwurms der späteren Zeit).

Dieser soll der feuer­

speiende Drache, die Chimäre sein, welche auf lycischen Monummten eben so abgebildet ist, wie das Ungethüm in der IliaS geschildert wird (VI. 180 ff.).

Vorn Löwe,

eine Bergziege (ATttcup«),

hinten Schlange,

schreckliches

Feuer

in der Mitte

in dicken Flammen

speiend; das glühend Verzehrende, giftig Mörderische, unbändig Wilde rohester Naturgewalten der Urzeit in Kleinasien bezeichnend, wo bis heute die Chimäre am lycischen Olymp ihre Flamme auswirft. Auch das

verruchte Geschlecht

der Solymer,

wie es

Homer nennt, der ältesten Urbewohner Lyciens, deren Andenken im Solymer-Gebirge sich erhalten hat,

wo die gefräßige Chimäre viele

Menschen verschlang (fortwährende Erdbrände der Katakekaumene,

5°) L. Roß, @.51.

Kleinasien

und

Deutschland,

Reisebricfe.

Halle 1850.

730

Klein-Afien.

§. 33.

s. Kleinasien Th. I. S. 43, 46; Pli». H. N. II. sagt: Flagrat in Phaselide Mona Chimaera, et quidem immortali diebus ac noctibus flamma), wurde von jenem Heldm Bellerophon siegreich be* kämpft und zurückgedrängt aus dem westlichen Lycierlande, wo früher die Milyer wohnten, die man auch Solymer nannte (Herod. 1.173). Schon Col. geate851) hatte auf die Stelle im Dichter ChoeriluS (Euseb. Praep. ev. IX. 9) aufmerksam gemacht, nach welchem die Solymer, die »eine phönicische Sprache redeten» (yXtoaouv f.tiv yotviGoav uno otouutiov uyitvTtc;) und ein stau* nenSwürdigeS Volk (yivoq &aviiuoTov t'dtofrui) waren, die Solymer-Berge noch bewohnten bis an die Ufer eines großen Sees, dm er ant wahrscheinlichsten dem Egerdir vergleicht, daher sie bis zu den Pisidiern hinübergedrängt waren. Zum Lohn seiner Großthaten giebt der Lycierkönig dem Helden Bellerophon, deffen göttlichen Ursprung er anerkannt hat, seine Tochter zur Gemahlin, durch deren Nachfolge die Helden Sarpedon und GlaucoS, durch Zeus erzeugt, die Anführer der Lycier vor Troja werden, mit denen der Ruhm ihrer Sage sich auch bei Hel­ lenen verbreiten konnte. Zunächst wol, weil unter den jonischen Ansiedlem und Städtegründern an der Westküste Kleinasiens, nach Troja'S Fall, bei Griechen und Kariern auch lyrische Fürstmgeschlechter zur Herrschaft gelangten (Herod. I. 47). Bellerophon, der Heros in Lycien, dessen Spur dort alö einheimisch nicht fehlt, der, wie einst der phönicische Melkart, in der hellenischen Mythe als Herakles zu Großthatm ausgeschickt wird, ist wol wie San von bei Lydiern der alte einheimische LandeSgott, der die wilden Naturkräfte überwältigt und darum nur mit dem hellenischen Namen, wie PerseuS und andere orientalische Göttergestalten, einst mit in dm hellenischen Mythenkreis52) der griechischen Götter und Heroen hineingezogen. DaS Thal des TanthuSflusses zieht vor allen anderen im Lande die Aufmerksamkeit auf sich, weil darin zu HerodotS Zeit die Lycier, wie er selbst sagt, die Herren waren; daS Land aber, darin jetzo die Lycier innewohnen, fügt er hinzu, hieß einst MilyaS und die Milyer hießm dazumal Solymer. TimogeneS^) nannte beide als Verschwägerte, indem er sogar die MilyaS als Schwe* 85 *) Col. Leake, Remarks zu lloskyn, in R. G. Journ. es London 1. c. XII. p. 165, Not. ") L. Preller, Oriech. Mythol. Tb. II. S. 61 ff. vl) Timogenis Alexandrini Fragni. in Carol. Müllen Fragn). Historie. Graccor. ed. Paris. Vol. III. 1849. p. 322.

Die Lycier und ihre Altvorderen.

731

stet und Gattin des Solymus angiebt. So lange Sarpedon König über die Lycier war, wurdm sie auch Termiten von ihren Nachbaren genannt, dann aber nach einen: andern hellenischen Ein­ wanderer, PandionS Sohne, dem LykoS, Lykier(StraboXIV.667). Bon diesen Lykeiosdienern wurden diese Milyer auS dem Xanthusthale nord- und nordostwärts auf daS lycische Hochland über die Massicytusketten hinaus verdrängt, innerhalb dieser sind aber die Spuren von Namen ältester Sitze der termilischen Lycier bis heute zurückgeblieben. So hat sich selbst, nach SchonboruS Bemerkung, im Norden des kanthusthaleS, im Orte Dirmil, der antike Name der Termiten, wenn schon in abgeschwächter Form, erhalten, den daselbst in der Nähe von Balbura zuerst HoSkynS und ForbeS^) entdeckten, der später auch von Spratt wieder be­ sucht wurde, eines der merkwürdigsten Zeugnisse der Bivacität ein­ heimischer Ortsnamen, die auch Jahrtausende hindurch sich zu erhal­ ten wissen. Kaum möchte es zu kühn erscheinm, eine gewisse Obentificirung55) der heutigen Bevölkerung selbst mit jenmAlt­ vordern zu vermuthen, die in den oberen Gebirgswinkeln deS TanthuS einem ausgezeichneten Beobachter und Forscher im Orient so vieles Ansprechende darbot. Fehlt es doch dort eben so wenig wie bei Patara, Minara, TloS, XanthuS und anderen Orten an ein­ heimischen Benennungen altlycischer Völkersitze, die seit den homeri­ schen Zeiten hier festgewurzelt geblieben und bis heute mit ihrm vielen Denkmalen bekannt sind, da TloS und Tros identisch den­ selben Namen der befreundeten Troer (Trojaner) bezeichnet, wie die lycischen Tloes den idäischen Tg weg entsprechen, die heutige Minara der Pinara der Alten, wie d§r N-me deS Flusses Tan1huö und Lycia dem Lande geblieben, und so viele andere Namen, Darstellungen, Grabstätten und Architekturen die Uebereinstimmung mit jenen früheren Zuständen bestätigen. Die aus dem Tanthusthale auf das Plateauland verdrängten Milyer hatten der dortigen Landschaft MilyaS ihren Namen zu­ geführt, der zu PolybiuS Zeit dort in Gebrauch geblieben war, und der sich nach ihm noch bis in die Nähe des oberen CestruS, bis nach Cretopolis ausdehnte (Polyb. V. 72). Einst warm aber die Solymer auch die Herren von diesem hohen Plateaulande, auS ") Hoskyns Narrative of a Survey of Part of the Southern Coast of Asia Minor etc. in Roy. Geogr. Journ. of the Lond. Asiat. Soc. Vol. XII. 1842. p. 155; Spratt and Forbes, Trav. I. p. 265. 5S) L. Roß,

Kleinasien und Deutschland.

732

Klein-Afie«.

§. 33.

dem sie offenbar erst zurückgedrängt sein müssen, da nach Herodot in ältester Zeit dort Milyer auch Solymer geheißen hatten, und Strabo sagt, die Solymer sollen in Cabalia gewohnt haben (Strabo XIII. 630; XIV. 667). Zur Bestätigung führt er an, daß der Grabhügel am Vorgebirge von Termessus zu seiner Zeit noch »,der Solymus" heiße; die Termessier wurden selbst Solymer genannt; bei ihnen liege der Graben oder die Schanze des Bellerophon und der Grabhügel seines Sohnes Isander, der in dem Kampfe gegen die Solymer seinen Tod gefunden, wodurch die Ver­ drängung der Solymer aus MilyaS bezeichnet ist, worüber auch oben schon Leake's Note angezeigt wurde. Die Cibyraten, welche Nachkommen der Lydier waren, sollen aber die Cabalier ver­ drängt habm, die also wol ähnliches Schicksal mit den Solymer« zu theilen hatten und zu den Milyern hinüber gedrängt wurden; nur der Landschaft blieb der Name Cabalia zwischen Milyas und Cibyratis übrig, ohne daß ihres politischen Einflusses erwähnt wird. Schon der alte Sofort856) leitet den "Namen von dem phönicischen Gebal, d. i. das Gebirge oder Bergland, ab, da eben dort der höchste centrale Massicytus sich in das Land verzweigt, das einst der phönicische Volksstamm der Solymer bewohnt habe. Die dortige Oberherrschaft riß die Dynastie von Cibyra an sich, dessen Tyrann zur Römerzeit, Moagetes genannt, beim Durchmärsche römischer Legionen durch Consul Cn. ManliuS gegen die Galater, nach Livius (XXXVIII. 14), gebändigt wurde. Als aber später dieselbe Tyrannis zur Zeit der Mithridätischen Stiege unter einem nachfol­ genden Moagetes durch Murena gestürzt wurde, wie Strabo (XIII. 631) sagt, erhob sich unter ihren Lyciarchen erst die frei­ sinnige cibyratische Bundesverfassung (Strabo XIII. 631; XIV. 665). ES war die Tetrapolis mit ihren 23 Städten, unter denen Cibyra, Bubo, Balbura und Oenoanda als die ange­ sehensten sich auszeichneten, die von Strabo ihrer weisen Gesetze wegen so hoch gerühmt wird, und aller sie umgebenden Wirren des Raub- und Piratenwesens, wie der pisidischen Kriegshändel unge^ achtet, sich bis zur späteren Römerzeit in Ansehen erhalten konnte. Das östliche Küstengebirge von Termessus südwärts über den Climax des Alexander M. hinaus bis Phaselis, ist also zuletzt l5*) Sam. Bochart, Chanaan, de coloniis Phocnicum. üb. 1. cap. VI. Opp. omn. in so], p. 363; Vivien de St. Martin, Asie Min. 1. c. T. III. p. 523.

Die Solymer ttt TermeffuS.

733

noch der Sitz der aus den westlichen Landschastm nach und nach verdrängten Solymer, der Urbevölkerung LycienS geblieben. Aber PhaseliS, am Südende der Gebirgskette, welche da- Andenken ihrer ältesten Bewohner im ebenfalls phönicischen Ramm Solyma, als ihr letztes Asyl, beibehalten hatte, ward als von den Solymern selbst geschieden betrachtet. Dmn Strabo sagt, daß PhaseliS zwar eine lyrische Stadt sei, aber zu keiner lyrischen Gemein­ schaft oder BundeSgenossmschaft gehöre, sondern für sich bestehe (Strabo XIV. 667), also eine eigene Stadt bilde und auf dem Uebergange nach Pamphylien liege. TermessuS, die berühmte Grenzfeste, war, nach Strabo, zwar von Solymern bewohnt, dennoch aber nennt er sie (XIV. 666) eine pisidifche Stadt, die den Grenzpaß gegen Milyas beherrsche. DaS alte schon in der IliaS als ein verruchtes, den Lyciern feindselig genannte Volk der Solymer war also nach den heißesten Schlachten und Käm­ pfen als Herrschervolk verdrängt und hatte nur noch in den kriege­ rischen Telmessiern, im Anhang an die Pisidier, sicherhalten, die vorherrschend immer „das barbarische Volk" heißen. Der Name Solymer scheint ebenfalls so viel als Bergbe­ wohner zu bezeichnen und vom Namen des Gebirges erst abgeleitet zu sein, da nach Kieperts Bemerkung Sullam im hebräisch-phönicischen eine Treppe bedeutet,

so daß die griechische Bezeichnung

KXt'/uag für den Ostabfall dieses BerglandeS zum Meere nur eine Neberfetzung des einheimischen Namens wäre.

Wenn auch nicht

selten einheimische Völker von civilisirteren Nachbaren erst ihre Be­ nennungen in deren Sprache erhalten haben, möchte eS doch nicht wahrscheinlich sein, daß westliche Griechen sie schon in der homerischen Zeit als feindseliges Volk (IliaS VI. 180) mit einem so phönieisch bedeutenden Namen bezeichnet haben würden, wenn sie nicht wirklich einem semitischen Stamme angehört hätten. Daß dieß letztere der Fall war, hat indeß schon Movers^) dargethan; auch kann nach alle dem, was uns auS den östlichern Südküsten Kleinasiens, von Coelesyrien über Cilicien bis zu den Isauriern (Ieschüri, s. obm S. 422, 423) in obigem bekannt geworden, ein solches Vorkommen am lycischen Ostgestade nicht überraschend sein. Sie redeten nach Choerilus die phönizische Sprache, die Gegend ihrer Niederlasiung hieß Phönicien, ihr Cultus war phö-

iT) F. (5. Morerö. die Phönizier. Th. I. S. 15; Mar Dunker a. a. O.

1. S. 262.

734

Klein-Afien.

§ 33.

nicisch; nach Plularch verehrten sie vorzugsweise den Saturn (KronoS), der seit den alten Zeiten seiner Herrschaft von allen Küstet des mittelländischen Meeres, wo Phönicier angesiedelt gewesen und ihn verehrt hatten, sich allerdings wegbegeben haben sollte; wo­ hin aber, wußten die Lycier, bei Plutarch, ihm selbst nicht zusagen. Dmn frühzeitig verschwanden ja die Solymer auS dem Westen, theils aufgerieben durch die hartnäckigsten der mit den Hellenen ge­ gen sie verbündeten Lycier, theils wol auch durch Vermischung mit den Nachbaren, den Mildern, Pisidiern, Telmissiern. Nicht als friedliche HandelScolonien, wie andere sidonische Ansiedlungen zu denken, sagt Movers, sondern als ein einst mächtiger kriegerischer Stamm sind sie geschildert, dessen ostasiatischer Göttercult eben so wie sie selbst und ihr Barbarismus allgemach dem widerstrebenden hellenischen Cultus und ihrer fortschreitenden Civilisation, wie ihre Obergewalt zurückweichen und endlich verschwinden mußte, ein Schick­ sal, daS sie, wie ihre pontischen StammeSgenosien im Norden Klein­ asien-, in Folge der verrotteten Wurzeln ihres gemeinsamen Stamm­ baumes und ihrer politischen Versunkenheit im syrischen Oriente endlich wol treffen mußte (vergl. Kleinasien Th. I. S. 683, 755, 774—779 u. a. O.). Den ersten lieferen Einblick in die Natur diese- zuvor fast gänzlich von ftüheren Beobachtern vernachlässigten und unbesucht ge­ bliebenen lycischen Ländergebietes thut Col. M. Leake zu Anfang des Jahrhunderts auf seiner Rückreise von Adalia an der Südküste LycienS vorüber nach Rhodos, die er aber nur zu Schiffe machen konnte und durch Krankheit abgehalten wurde, mehr als nur einzelne ffüftenpmifte058) zu besuchen; dagegen lenkte er durch seine klassischen und kritischen Erläuterungen und Forschungen, die er zu den Berichten der Rückreise seines früheren Reisegefährten, General KoehlerS^), von Adalia gegen Norden bis Cotyaeum hinzufügte, ganz besonders die Aufmerksamkeit auf da- noch int völligen Dunkel bei den Geographen liegende centrale Lycien, so wie durch seinen Commentar zu Beauforts indeß (1811 und 1812)60) stattgehabtem Survey von Karamania, auch auf die Südküste LycienS, ver­ glichen mit dem von Äriarte herausgegebenen Stadiasmus Maris magni6l), eines anonymen, aber dort wohlbewanderten Autors, durch Col. M. Leake, Journal of a Tour in Asia Minor eil. 1824. p. 127 ") eben*, p. 129—143 n. 144—170. *°) Fr. Beau­ fort, Karamania I. r. p. 2—117. 61) edend. p. 171—218.

—129.

Neuere Entdeckung Lyciens.

735

btffett PeripluS manche Berichtigung über jene maritime Seite verbreitet wurde, wobei die treffliche Karte Beaufort- nicht wenig zur Erläuterung beitrug. Ungeachtet der verdienstlichen Arbeiten früherer Geographen, wie eine- CellariuS, d'Anville, Männert, I. A. Sramet62), welcher letztere vollständiger und gründlicher als alle feine Vorgän­ ger da- Kapitel von Lycien bearbeitet hat, und Vivien St. Mar­ tin S^) geistvollen, nur zu compendiarifchen Behandlung desselben Ge­ genstandes, waren der bis dahin erforschten Thatsachen doch, zumal über daS innere lyrische Gebirgs- und Plateauland, noch zu wenige, um zu einiger Einsicht über die Plastik oder die gestimmte Oberflächengestaltung Lyciens, im Verhältniß zu den angrenzenden inneren Gebieten Vorderasiens zu gelangen, woraus erst die ganze Natur eines Ländertheils, feiner Geschichte, seiner Bevölkerungen, seiner geistigen und physikalischen Erscheinungen für Natur- und Menschenleben hervorzutreten und bei Betrachtung dieses Ganzen die Seele des Beschauers erst zu der Gedankenwelt ihre- Schöpfers und Meisters emporzuheben vermag, die am Ende doch nur als letztes Ziel einer jeden Erkenntniß ihren einzigen wahren Werth giebt. Früher war die Südküste Lyciens kaum von einem Natur­ forscher beachtet, wie von Sibthorp (1787)64) auf seiner Rückfahrt von Cypern, oder von einem Antiquar, wie seit der Räumung Aegyptens von den Neufranken durch Dr. Clarke im I. 1801 °5), der aber nur Telmessus bis Phineca berührte. Seit Beaufort- im Auftrage der britischen Admiralität aus­ geführten meisterhaften Küstenaufnahme, dm theilweise auch der Ar­ chitekt Cockerell begleitete, und über manche der Küstenorte wichtige Aufklärungen gab 66), konnte erst mit dem genannten Jahre die ge­ nauere Untersuchung des Gestadelandes beginnen. CorancezS Wanderung durch die Milyas am Istenazfluffe aufwärts im 1.1812, eröffnete zuerst den Blick in daS nördliche Plateauland der MilyaS und gab Beiträge als Commentar zu Consul Cn. ManliuS Routier durch Nordlycien, dem schon ?eafe67) als dem einzigen älteren 'J. A. Gramer, Asia Minor. 1832. II. p. 241—272. ") Vivien de St. Martin, Asie Mineure etc. I. c. 1846. T. III. p. 522—530. °*4)* R. * Walpole, Travels in Various Countr. of the East. Lond. 1820. 4. p. 27 sq. *‘s) Clarke, Trav. in Var. Countr. ed. 4. Lond. 1816. Yul. II. p. 230—238 u. III. p. 315 sq. t'b) Cockerell, Letter in R. Walpole s Trav. in Var. Countr. I. c. p. 524—533. 6:) Col. M. Leake, Journ. in Asia Minor I. c. p. 147—154.

736

Klein-Afien.

§. 33.

Augenzeugen daselbst, einige Aufmerksamkeit gewidmet hatte. CH. FellowS so überaus glücklicher Durchflug im Jahre 1838868) an den Ost- und Südküsten Lyciens, auf dem Rückwege aber durch das ganze bis dahin noch unbesucht gebliebene Thal deS LanthuS, er­ öffnete zuerst den reichen Schauplatz der inneren lycischen Land­ schaften. Dieß veranlaßte ihn, im Jahre 1840 zu einer zweiten umsichtigeren Reise auch in die östlichen Thäler des ArycanduS und durch daS ganze nördliche lycische Plateauland, durch die MilyaS und Cibyratis bis zum Golf von Macri, die man nun erst in ihrem Zusammenhange kennen lernte. Auch Tezier streifte im Z. 1836 an der Südküste Lyciens von Marmarice und Macri bis Myra an einigen Hauptpunkten Lyciens vorüber, worüber er nebst einer Kartenskizze Bericht erstattet fyat69). Indeß hatten auch, in Folge der AdmiralitätSaufnahmen der Westküste Kleinasiens, R. Hoskyn?") und Forbes, ohne etwas von Fellows Reise zu wiffen, in den Jahren 1840 und 1841 mehrere Ausflüge an die S.W.-Küsten von Lycien in die Umgebung deS Golfs von Macri zumal, aber auch das lanthusthal auf­ wärts in die Hochthäler der MassicytuSkette mit Landesaufnahmen gemacht, zu denen Col. Leake lehrreiche Commentare gab, die beide in dem Journal der Londoner geogr. Gesellschaft veröffentlicht wur­ den. Unmittelbar darauf erfolgten dis antiquarischen Erwerbungen der lycischen Sculpturen, Tempelreste, Stelen, Obelis­ ken, Sarcophage und Marmorinscriptionen, welche, mit Ausgrabungen verbunden, durch das königliche Schiff tlie Beacun dem britischen Museum^) unter des Capitän Graves Commando zugeführt werden sollten, wobei CH. Fellows der Leiter der Unter­ nehmung, Lieutnant Spratt^) der als Assistant Survevor com*") Ch. Fellows, Journal written during an Excursion in Asia Minor 1838. Lond. 1839; dessen An Account of Discoveries in Lycia 1840. 8. Hebers, von Dr. P. Tb. Zenker, ein Ausflug nach Kleinasien und Entdeckungen in Lyuen. von Eh. Fellows. Leipzig 1843; s. Rccens. von Raoul Röchelte, Journ. de Suv. 1842. p. 366—377 u. 385—406. 61) Ch. Texier, Descr. de l’Asie Mineure. Paris 1849. T. III. p. 180 —209, mit vielen Kupsertafeln. '") R. Hoskyn, Master of H. M. S. Beacon, Narrative of a Survey of Part of the South Coast ol Asia Minor and a Tour in the Interior of Lycia accomp. by a Map. 1840—41, in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. of Lond. 8. XII. 1843. p. 143—161, u. Notes v. Leake p. 162—169. *') Ch. Fellows, The Xanthian Marbles, their Acquisition and Transmission to England. Lond. 8. 1842, with a Map of Xanthus. Lieut. Spratt and Pr. Ed. Forbes, Travels in Lycia, Milyas and the Cibyratis in Com­ pany with the late Rev. E. T. Daniell. Lond. 4. 1847. Vol. I. u. II.

Neuere Entdeckung Speien- durch Spratt u. Forbes. 737 menbhrenbe Geschäftsführer, nar Dagh (Schwarzquellenberg), tragen als selbständige Glieder ihre besonderen Namen, und eben so gegen den Nord hin der Gird Dagh, Seideler, Sekia, Jasyr, Baindir bis zum Rahat Dagh. Dieses vorderste Glied der Centralgruppe, der Ak Dagh, ge­ gen die östliche Almaly- und Awlan-Ebene scheint eine absolute Höhe von 9000 Fuß zu erreichen, obwcl seine Gipfel doch nur eine sichtbare Höhe von 5000 bis 6000 Fuß über der 3000 bis 4000 Fuß hohen Plateaustufe zeigen, und eben so liegen die nördlichern Gliederungen, wie Seideler-, Sekia-, Mundan-Dagh und andere, nur etwa 2000 —3000 und auch niedriger über die hohen Plateauflächen sich scheinbar erhebenden Bergrücken, doch auf bedeutendere absolute Höhen von 6000 bis 7000 Fuß. Sie bilden daher wie gegen den Osten, so auch gegen den Westen ihre Wasserscheiden, wie denn die von ihnen ausgehenden Quellen deS Tanthus wie deS Indus- (Gerenis-) systemS mit allen ihren untergeordneten Zu­ flüssen dem Westen wie dem Süden zueilen. Dieser Ak Dagh, sagt Schönbcrn'''''), ist unter den Ge­ birgen, welche das Xanthusthal ostwärts im mittleren Theile seines Stromlaufes begrenzen, das höchste, wie an Masse selbst dem ,Tf) Schenbern, Programm a. fl,

S. 20-21.

Die Gebirgspässe de- centralen Maffensystems. 823 Tachtaly Dagh (Solyma Mons), oder dem bis dahin für daS co­ lossalste der in Lycien gehaltenen Bergsysteme noch weit überlegen. Selbst der nördliche Querpaß über seine niedrigeren Glieder der Sekia-Passage steigt noch 6000 Fuß üb. d. M. empor und seine Gipfel liegen auch da noch 2000 Fuß höher über der Paßenge. Seine höchste» JailaS können nur wenige Wochen hindurch besucht werde». Spratts Messung seiner höchsten Gipfel von 10,000 Fuß üb. d. M. scheinen daher wol Bertrauen zu verdienen. Von den Anwohnern seiner Westseite, in der Mitte des tiefen TanthuSthaleS zu TloS, wurde zwar behauptet, daß nur ein einziger sehr beschwerlicher Gebirgs- und Saumpfad int Sommer aus ihrem Thale über das Hochgebirge gegen Ost zur Almaly-Ebene hinüber­ führe, und dieß mag über die höchsten den größten Theil deS Jahres mit Schnee bedeckten Höhen auch wol der Fall sein und dadurch die Communication deS Westens mit dem Osten sehr erschwert sein. Auch mögen andere Passagen nicht weniger Schwierigkeiten darbieten, wie Schönborn auS eigener Erfahrung bemerkte, daß die über die Nordenden deS Ak Dagh vorüberführenden Pässe vorherrschend daS Phänomen der Felsspalten und Felslöcher mit versinkenden Wassern (den Duden) darbieten, die daselbst vorherrschen sollen, be­ schwerlich sind, wie denn z. B. am Sekia-Passe auf großer Höhe ein alpiner Gebirgssee ohne sichtbaren Abfluß sich zeige, der auch auf Spratts Karte eingetragen (in S.O. von Oenoanda), aber namenlos geblieben sei. Doch giebt eS mehrere Gebirgspässe und Gebirgspassagen durch daS Massengebirge des CraguS, von denen bisher, ganz feit kurzem erst, nur einige der wichügsten von Europäern begangen wurden, durch welche daS Gebirge selbst erst in einzelnen seiner Theile zu unserer Kenntniß gekommen ist. Denn zuvor war eS in seinem inneren Zusammenhange völlig unbekannt geblieben und ist auch jetzt noch in vielen seiner Theile eine Terra incognita. Der Name selbst ist noch problematisch, da er nur aus antiker Zeit herüberstammt, keinem der Eingeborenen bekannt ist und von britischen Reisenden nur als ein antiquarischer in Brauch gekommen, welche den Namen Ak Dagh, der nur bei Schönborn von der Ostseite her, wo die Schneerücken massenhaft hervortreten, in Gebrauch ist, gar nicht einmal kennen. In vier Hauptrichtungen lassen sich bis jetzt die Haupt­ passagen über das centrale CraguS-System nach den Routiers der Reisenden in der letzten Reihe der Jahre verfolgen, durch welche, seit noch keinen zwei Jahrzehnden erst, die Verbindung

824

Klein-Afien.

§. 34.

der hohm westlichen CibyratiS wie des tiefen LanthusthaleS mit der Almaly- und Awlau-Stufe der östlichen CibyratiS bekannt werd« konnte, da alle vier die gangbarsten waren, durch welche die westlicheren fontSrmerat Landschaften mit ihrer reichsten östlichen Kornkammer, dieser mildesten, bebautesten und bevölkertsten Pla­ teaustufe von Almaly, in den belebtesten Verkehr getreten. Von der Südwest- und Westseite von Almaly und Awlan oder der ^Um­ gebung von Armudly, zumal von dessen viel besuchtem Bazar und dem nahe daran gelegenen Tschiftlik Aivasili (S.Basilius), am Vereine beider Hauptarme des Ak Tschai und der Lage der antiken Choma an der großen Verkehrsstraße des lyeifchen KornlandeS, gehm alle vier uns bisher bekannt gewordmen Quer­ passagen von O. gegen W. nach unseren Reiseberichten auS. Sie bilden, wie die.große nördliche Heerstraße aus Pamphylien nach Lydien durch das hohe nordlycische Plateauland vom TermessuS-Paß über Istenaz, Tefenü oder Gülhiffar, Chorzum (Cibyra) und Karajykbazar,

so durch daS mittlere Ly eien die

Hauptverkehrslinien zwischen dem Osten und Westen bis nach Carien. Alle vier GebirgSpassagen gehen, wie gesagt, von der Umgegend von Armudly aus. 1. Die eine von da am directesten gegen West gerade auS durch die Mitte deS alpinen Hochgebirges des Cragus zum Gerisburnu bei Kind schilar, im tiefen mittlern LanthuSthale im Nordm von TloS.

Sie ist die mittlere Alpenstraße.

2. Eine andere geht nördlich in großen den Ak Dagh umkreisenden Umwegen über den Girdef-See und fällt bei Seideler Zailassy mit der Oenoanda-Straße an den oberen Quellflüsien des lanthus zu Urludscha zusammen, von wo sich über Sekia hin bis zum Surt Gjöl (CaralitiS) und Gülhiffar noch mehrere Straßenzüge verzweigen. Mit Schönborn, der diese Straße in ihren unbekannteren Theilen verfolgt hat, nennen wir sie die Sekia-Passage oder den Nordpaß. 3. und 4.

Die beiden andern Paffagen gehen an dem Süd­

ende deS Centralstocks des MassicytuS vorüber, auch von Armudly auS;

die eine,

am südlichen Quellarm deS Ak Tschai aufwärts

gegen S.W. über Kasch Zailassy^) nach Arla im Süden von TloS in das untere Lanthusthal; die andere ebenfalls den­ selben Quellarm deS Ak Tschai aufwärts bis zu seiner Quelle, aber

*71) A. Schönborn, Programm a. a. O. S. 19.

Der mittlere hohe Alpenpaß über den Ak Dagh. 825 dann

südlich von Kasch Iailaffy noch weiter gegen S.W. durch

da- obere Thal des Iailany Tschai, und dann auf weniger be­ suchtem Wege gegm den Golf von Kalama ki (PhoenicuS) über gut» naS

westwärts zum Mündungslande des kanthu-

Küstengebiet von Patara.

in da-

Dieser ist der südlichste maritime

Querpaß von allen; jener ist der Kasch Iailassypaß und liegt etwas nördlicher von ihm.

Alle vier Pässe münden

in den sehr

verschieden liegenden merkwürdigen Hauptpunkten von Oenoanda, TloS, Arsa und Patara, gehen aber alle von der einen Mün­ dung deS Ak Tschai an der Westseite deö Awlan Gjöl auS. 1.

Der mittlere hohe Alpenpaß über den Ak Dagh

zwischen Armudly und dem Gerisburnu Tschai bei Kindschilar

im

kanthusthale

(nach HoskynS, ForbeS 1841

und Schönborn 1842). Diesen Weg gingen zum ersten Male HoskynS und ForbeS in drei Tagemärschew,

vom 23. bis 25. October

im Jahr 1841,

und im nächsten Jahre am 26. April u. f. auch Schönborn.

Ob-

wol beide auf etwas von einander abweichenden Pfaden, sind doch die verschiedenen Wanderer derselben Hauptrichtung in ihrem Marsche gefolgt und haben unS dadurch den ersten Blick in die Mitte des Hochgebirges gewährt.

Schön born bemerkte^), daß hier an

keine eigentliche enge Felsschlucht,

an

kein Auseinandertreten der

Berge zu denken sei, auch kein Fluß aus der Hochebene etwa in seiner Thalkluft

durch das Gebirge hindurchführe,

waS denn auch durch

HoskynS Bericht bestätigt wird, der dicht an der Ostseite der Pas­ sage im Ak Dagh' zum Ak Tschai nach Aivasili noch einen Hoch­ rücken, den er zu 9000 Fuß absoluter Höhe schätzte,

zu überstei­

gen hatte. HoSkynS^) kam mit ForbeS von Makri,

der Ankerstelle

ihres Schiffes, am Abend des 22. OctoberS nach 7 Stunden WegS int LanthuSthale

in dem Winterdorfe Kindschilar (Koungelar

nach seiner Schreibart) an, wohin die Bewohner von ihren Sommer­ stationen der

Iailas

noch nicht zurückgekehrt

Marschtage (den 23. October)

stiegen

waren.

Am ersten

sie an einem Zuflüsse

des

XauthuS, den sie nicht mit Namen nennen (es ist der Gerisburnu Tschai nach Schönborn) über Sandsteinformationen empor, die sich vom hohen Ak Dagh gegen West abwärts bis in die Nähe

7‘) Schönborn, Programm a. a. O. S. IV. :9) Hoskyns, Narrali\e of aSurvey, in Journ. Geogr. Soc. Lond. 18 V2. Vol. XII. p. 151—161.

Klein-Asien.

82«

§. 34.

2 Stunden aufwärts von Kindschilar hin verbreiten. Auf der ersten erstiegenen Höhe des SandsteiugebirgeS ward schon im GebirgSlande eine sehr romantisch gelegene Ruinenstadt erreicht, die einst ein bedeutender Posten gewesen, der am GeriSburnu den Eingang in daS TanthuSthal von Osten her beherrschte. In der Nähe fand man einige lyrische Sarcophage und FelSgräber; über einem der letzteren ist ein Löwe in einer Felsnische eingehauen. Der von einer Stadtmauer umschlossene Raum war jedoch nur von mäßigem Umfange, Lot in seinen Trünlmern nur geringes Interesse, und In­ schriften, die sie näher hätten bezeichnen können, fand man nicht. Col. Sedfe0*1) hielt dafür, daß diese Ruinen wol die Lage der an­ tiken Stadt MassicytuS bezeichnen könnten, die nach Münzen*") als zur lyrischen Conföderation gehörig bekannt ist und auch ihre eigene Münzstätte hatte, wenn uns auch sonst nichts von ihr bei den Autoren überliefert ist. Südwärts davon liegt daS Dorf Kajy, wo Ruinen sein sollten, die aber von HoskynS nicht besucht wurden. Erst später hat Schönborn dieses Kajy^) berührt, wo er bei Regen und Ungewitier die Nacht im Freien campiren mußte, und keine Ruinen sah, und nur in der Nähe von einem Castell spricht, waS wahrscheinlich identisch mit der von HoskynS bemerkten Paßfeste, der vermeintlichen MassicytuS, sein mag. Genauere Forschun­ gen fehlen; der Name deö Berges MassicytuS wird von Strabo nicht erwähnt, bei Plinius (V. 28: Mons Massicytes) wird er genannt, bei Ptolemäus wird er als Küstengebirge aufgeführt und noch einmal mit den ihm anliegenden lyrischen 6 Städten, von SagalassuS über Corydalla bis Myra und Limyra hin genannt, aber einer Ortschaft dieses Namens wird nicht erwähnt. Von diesem Bergcastell am Westeingange oder vielmehr der jetzigen Nuinenstadt, setzte HoSkyns seinen Gebirgspfad weiter an der Steilseite von Felsen fort, die durch einen Einsturz, der sich vor drei Jahren er­ eignet hatte, in ein großes Chaos verwandelt war. Erst mit Son­ nenuntergang hatte man dies durchsetzt und stieg in einer Schlucht zu einer Mühle hinab, bei welcher man die Zelte aufschlug. Am zweiten Tage (den 24. October) erstieg man von der Mühle bergan eine andere Ruine, nur klein von Umfang, ein Berg9*°) Col. Lcake, Hemarks 1. c. zu lloskyns in Jourii. 1. c. XII. p. 166. **) Waddington, Revue mnnismat. Annec 1853. p. 86—89; J. A. Gramer, Asia Mio. 1. c. 11. p. 256. **) Schöubern, Tagebuch. Nachlaß.

1842. Mstr. Bl. 81.

Der mittlere hohe Alpenpaß über den Ak Dagh.

827

fort mit starker Mauer zu beiden Seiten, auf den andern Seiten durch

Felsabstürze

völlig unzugänglich;

ihr gegenüber auf

dem

Berge lagen einige Sarcophage. Weiterhin wurde einer der höchsten Bergpiks de- Centralgebirges überstiegen, der dem Naturhistoriker ForbeS reiche Ausbeute für feine Sammlungen gab, und zugleich zur Orientirung und Aufnahme seiner Karte sehr dienlich war. Nicht weniger als 9000 Fuß hoch wurde er erstiegen und gab die lehrreichste und herrlichste Aussicht, fowol gegen West bis hin zur Bay von Macri auf das Meer, wie nach Ost auf die IailaS und bis in die Ebene von Almaty. Der höchste Gipfel des CraguS (von ihnen für MassicytuS gehalten) lag den Rei­ senden südwärts ganz nahe, stieg aber noch 1000 Fuß höher auf, also bis zu 10,000 Fuß empor. Noch hingen die Schneefelder herab in feine Tiefthäler, obwol er so viele Sommermonate hindurch schon dem heißesten Sonnenstrahl ausgesetzt gewesen war. Am dritten Tage (25. October) wurde vom Nachtlager aus in 2 Stunden der höchste Gipfel deö Passes über den Ak Dagh erreicht, von dem man nun bald zud östlichen Ebene hinab­ zusteigen begann. Am Wege lagen Sarcophage aus Couglomeratgeftein, die ein sehr hohe- Alter verriethen, und umher viele behauene Steinblöcke, wahrscheinlich die Reste einer GebirgSfeste am Ostausgange des Passes.

Hier begegnete man mehrern Karawanen,

die mit ihren Lastthieren auf dem Wege von Almaty nach Makri ihren Geschäften nachgingen.

Sie brauchten bis Makri 2'/. Tage­

märsche, und für den Transport jeder Oke Waare, meist Weizen, wurden 10 Para bezahlt. Dieß ist jedoch nur der Sommerweg, der im Winter durch die Schneemassen ganz geschloffen bleibt;

daun

muffe man den südlichen Umweg über Künik (oder Günik) bei Lanthus nehmen.

Dieser, von Hoskyns zurückgelegte Gebirgsweg, die

Sommerstraße, rühmt er wegen der romantischen Schönheit und vergleicht sie mit den hohen Alpenpäffen HelpetienS von 7000 Fuß. Am vierten Tage (26. October) wurde erst um 3 Uhr Nach­ mittags die Ebene erreicht, und daS Zelt zu Tfchiftlik Aivafil aufgeschlagen. den.

Die Höhe des Passes war genauer ermittelt wor­

Tie Höhe dieser Ebene konnte nur nach jener geschätzt werden,

HoStyns hielt

sie für nicht niedriger als 5000 Fuß engl, und

setzte von da seine Wanderung nach Almaty fort. Schönborn legte im Frühling 1842 s3) dieselbe GebirgSpaffage,

,3) 91. Lchcnlwrn, Tagebuch. Nachlaß. Mfcr. 1842. Bl. 82 ff.

828

Klein-Afierr.

§. 34.

nur mit weniger wol meist etwas nördlicher Abweichung zurück. Er kam an der Ostseite deS kanthusthaleS von S. nach N., am westlichen Fuße des Ak Dagh zu den Vorbergen hinaufsteigend, imb hatte den ost­ wärts zum LanthuS fließenden Mangyr Tschai, der 20 Schritt breit, durchschritten, als er nach 2 Stunden von da feine Nacht in Saraikjöi zubrachte, das in S.O. von TloS schon 3000 Fuß üb. d. M. liegt und eine prachtvolle Aussicht über daS TanthuSthal bis zum gegenüberliegenden westliche Gebirge (dem AnlicraguS) ge­ währte.

Der Ort war von Wein umrankt und von Myrtengebüsch

umgeben. Am

folgenden Tage (den 21. April) wurde der Nordweg

bergauf und bergab zum Xanthusthale fortgesetzt, und in nahe an 2 Stunden der Ort Baghlasch erreicht, in der Hoffnung, hier einen Weg gegen Ost nach Almaty zu finden, der aber nicht vorhandm war; er mußte also noch weiter gegen N. bis Jaka fort­ schreiten, wo Steinbrücken, große Steindämme und gepflasterte Weg­ reste von TloS

zu den Bergen hinaufsteigen,

die nur Ueberreste

einer antiken Verkehrsstraße über das Hochgebirge sein konnten. Der großen Hitze und der westwärts vom hohen Cragus herüberziehmdm Gewitterstürme ungeachtet wurde die Wanderung gegen Norden über Duwar und Kajy fortgesetzt bis an daS GerisburnuThal, wo bei einer kleinen Bergfeste in Ruinen unter Gewitterstürmen die Nacht zugebracht wurde, denn Dörfer fand man keine umher. In der Nähe sah man einige Sarcophage, aber keine andern Baureste. Den nächsten Tag

stieg man durch Wälder von Kiefern,

Lärchen und Tannen mit horizontal ausgebreiteten Aesten das Sttomthal des GeriSburnu bergan, daS von hohen Bergwänden eingefaßt war. Gegen Mittag fand man in ihnen einige Felfenkammern, auch Sarcophage, aber keine anderen Spuren antiker Reste. Nach Regen und Hagelschauern, die herabstürzten, erreichte man die Stelle, wo der Fluß ans vier Bächen seinen Zusammenlauf erhielt, seine bisherige enge Thalschlucht sich allmählig zu einem muldenför­ migen höheren Thale erweitert, das so voll Schneemaffen und ab­ strömender Schneewasier war, daß man nur langsam fortkommen tonnte. Die Waffer flössen aber nicht oberirdisch ab, sondern stürzten stch zur Seite der Thalwand in Felslöcher; die Wände des Thales warm so klippig, daß sie ohne alle Bewaldung gebliebm und kahl waren. Das HypsoMter gab für diese Stelle 6000 Fuß üb. d. M. an, die ganz nackten Felshöhen

stiegen noch 1000 Fuß hoher auf,

Der mittlere hohe Alpenpaß über den Ak Dagh. 839 iinb die größten von da aus sichtbaren Gipfel de- Ak Dagh er« reichtm sicher die Hohe von 8000 Fuß, dieselben welche Spratt bizu 11,000 Fuß angegeben hatte, was Schönbo ru nicht für zu hoch hielt. In der letzten Aprilwoche hing der Schnee noch bi- in Re­ gion der Waldbäume etwa in 5000 Fuß Hohe üb. d. M. hinab. Auf der Paßculmination erblickte man die Berge im Süden der Almalh-Ebene wir dm Susuz Dagh (d. i. der wasierlosr Berg); sie selbst lag dicht vor den Füßen in großer Tiefe; daß sie nur, was früher bezweifelt war, durch den Ak Dagh vom Ion» thuSthal getrennt werde, zeigte sich hier ganz klar, sowie daß ein Durchbruch der Gewäffer von ihr gegen W. hin nicht stattfinde, dagegen aber daß die dem Norden der Ebene vorliegmdm Berg' ketten auf da- engste mit dem Ak Dagh zufammenhängm (daher wir sie oben feine nördlichen Gliederungen nennen konntm) und daß der Ak Dagh das höchste lyrische Gebirgesei und seine größte Länge von Nord nach Süden habe. Da- Absteigen begann gleich nach 1 Uhr, und schon nach einer halben Stunde traf man den vom Sekia-Passe, d. i. von N. herabkommendm Fluß, der sich mit dem anderen zur rechten Seite befindlichen vereinigte. Der Weg führte nun immer an diesem vereinigten Strome (dem Ak Tschai) entlang, der oft durchsetzt werden mußte, anfänglich leicht, da er wmig tief war; doch hatte er Kraft genug gehabt, an mehrerm ©leitet große Bäume mit sich fortzureißen. Nach 2 ©tunten, um 3 Uhr, war der eigmtlich steile Theil des Bergabhange- vorüber; man verließ nun da- indeß tief gewordene Bette de- Flusies, dm die Türken Ak Tschai nannten, zur rechten Hand und überstieg gegen Nord nach Almaty zu durch einen Thujawald erntn Hü­ gel, wo ein lyrischer Sarcophag stand und ein Fragment einer ton» nelirtm Säule lag. Nach späteren Beobachtungm am Sekia-Passe mußte Schönborn"»*) annehmm, daß an diesem Abhänge einst eine antike Straße hinabgeführt hat, und daß an ihr bei genauerer Untersuchung sich noch manche andere Reste von Grabmälem auf­ finden lassen. Für dießmal wurde gegen 5 Uhr im Tschiftlik Aivasil (v. i. St. Basilius, etwa 3400 Fuß üb. d. M.) an der Nordseite der Ebene, wo der volle Frühling eingekehrt war, daNachtlager genommen, während auf der verlaffmm Paßhöhe die Eichm ebm erst auszuschlagm begonnen hatten. Bon hier nahm Schöuborn in dm folgmdm Tagen seinen Weg über den Sekia"') A. Schönboru, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1842. Bl 83b.

830

Klein-Asien.

§. 34.

Paß gegen Norden nach Oenoanda, wohin wir ihn weiter unten begleiten werden. Zuvor aber untersuchte er die Ruinen an der Südseite des Ak Tschai dem Tschiftlik gegenüber, wohin der Weg durch sehr schone Saaten und den im Frühjahr sehr angeschwollenen Strom führte. Die Ruinen eines Castells lagen ant untersten Ab­ hange de- Gebirges, wo treffen westliche Hälfte eine alte Necropole einnimmt. Die große Menge von hier liegenden Sarcophagen ist zur Hälfte allerdings zerschlagen; obwol mit Inschriften an denselben, fand Schönborn doch keine mehr lesbar. Ihre Form ist die lycische, ihr Aussehen roh, einige sind auf Quadern erhöhet. Auf dem einen Deckel ist ein Löwe dargestellt, auf einem anderen eine fast vollständige Figur and dem Steine herausgearbeitet, auf einem dritten eine liegende Figur. Die Grabgebäude sind alle zerstört. Die Mauern des Castells bestehen meist aus großen Steinen, zu­ weilen polygonaler Structur, zum Theil aus kleinen Steinen, aber auch aus Säulenstücken aufgebaut. Gegen die Ebene zu hatte das Castell doppelte Mauern und einige Thürme in denselben aus co­ lossalen Steinen errichtet. Im Innern des Castells liegen gewaltige Haufen von Bruchsteinen aus den zertrümmerten ehemaligen Wohn­ häusern, die keine Spur von edler Architektur zeigen. Dieß war vielleicht die alte Choma (Ptol. V. 3), die Ptolemäus mit Nysa in der Milhas aufführt; sie war auf jeden Fall eine wichtige Verschanzung gegen die feindliche östliche Solvma zur Sicherung der inneren Gebirgslandschaften. Erläuterung 6. Die beiden südlichen Querpässe durch den centralen GebirgS stock des CraguS von Armudlh; der Kasch Jailassy Paß nach Arsa und der südlichste maritime Paß über den Iailanv Tschai nach Kalamaki, Furnas und Patara, beide zum unteren TanthuSthale.

1. Der Kasch Jailassy-Paß nach Arsa (nach Spratt und ForbeS, am 19. Mai 1842). Dieses ist der von Spratt und ForbeS^) sogenannte süd­ liche Paß, den sie selbst zum Rückweg von Armudly (d. i. Bir­ nenort) nach Arsa wählten, weil er der kürzeste und in 11 Stunden

Die südlichen Querpässe über da- CraguSsystem. 831 zurückzulegen war und über noch von Anderen nie besuchte Sege führte. Am 19. Mai brach man von Armudly auf, und dem Laufe de» südwestlichen Ak Tschai-Arme- (vielleicht Adesa bei PliniuS, dem wir, zum Unterschiede deSAkTschai oder kanthuS-Armebei Oenoanda, diesen antiken Namen hinzufügen) 3 Stunden laug folgend, hatte man da- Ende dieser mit weichen, mit maritimen Erd­ formationen bedeckten Thal ebene erreicht. Sie setzt zwar noch weiter gegen S.W. fort, wo sie Kassaba-Ebeue genannt wurde, durch deren Schlucht ein noch südlicherer Weg führte, den wir weiter unten als den südlichsten Querpaß zu verfolgen haben. Aber ehe man in diese Kassaba-Schlucht eintritt, wendet sich dieser dritte Querpaß bei dem Achury Jailassy (d.i. Stallalpen) der Karte (bei Forbes), die im Text auch Kassaba Jailassy genannt werden, plötzlich mehr gegen West und steigt in vielen Windun­ gen durch die Wälder empor, welche den südlichen CraguS be­ decken. Zwischen den größten Waldhöhen, die hier bis zu 6800 Kuß sich emporheben, treten auch waldleere Flecken auf, deren grüne offene Stellen durch den reichsten Blumenflor verschönert werden, unter denen vorzüglich schöne buntfarbige Tulpen und da- BethlehemSternblümchen gerühmt wurden. In dem dichtesten Theile dieser Waldungen traf man einen großen braunen Bären an, der alsbald in das Dunkel derselben sich zurückzog. Nach 6 Stunden Wegevon Armudly, da- Ak Tschai-Thal aufwärts gegen S.W., hatte man die Kulmination des Paffes bei 6800 Fuß erreicht; nun aber waren erst noch zwei tiefe Felsschluchten zu passiren, ehe da- lauthuSchal sich erblicken ließ; aber die Quelle eines linken ZustuffeS zum XanthuSfluß, die des Manghyr Tschai, die nun gegen West fließt, war erreicht. An dieser Stelle sind auf SprattS Karte Hütten (hüte) eingezeichnet; wir vermuthen die Hütten der soge­ nannten Kasch Jailassy (d. i. Augenbrauen-Alpe, wenn der Name richtig ist) bei Schönborn. Dieser Paßweg, sagt derselbe, werde nicht im Winter versperrt, wie der zuvorgenannte mittlere hohe Al­ penpaß. Dieser Kasch-Paß sei das ganze Jahr gangbar, da der Schnee selbst im Winter sich nur in einigen Schluchten zu großen Masten anhäuft und nie lange für den Wanderer hemmend ist, wa- wol vorzüglich, bei seiner doch.bedeutenden Höbe, den wärmeren gegen die Sonnenseite gerichteten Südgehängen des Ak Dagh (CraguS) zuzuschreiben sein mag, und auch dem Umstande, daß dieser Theil deS Kasck Jailasty - BergeS schon von dem cen-

832

Kletn-Afien.

§. 34.

traten Theile des Hochgebirges mehr inselartig gegen Süd ab­ gesondert liegt. Au diesem Kasch Iailassy-Passe befindet sich auch der Knoten der Wasserscheidehöhe nach dreierlei Richtungen hin, denen die Flußläufe am südlichsten Vorsprunge des Ak Dagh folgen: nach N.O., S.O. und S.W. Diese dreierlei auseinander gehendm Flußrichtungen sind für die Zergliederung des Tieflandes nach der Küste zu eben so characteristisch am Südrande des Centralstocks, wie die dreierlei verschiedentlich entspringenden, aber zu einer und derselben Thaltiefe des XanthuS zusammenlaufenden TanthuS-Quellarme am Nordrande desselben GebirgSstockeS; sie sind durch ihre Goncentration für die compacte Maste deS PlateaulandeS characteristisch und völlig mit jenen contrastirend. Diese drei am Südrande sind der Manghyr, Ak Tschai (Adesa) und der Iailany Tschai. Der Manghyr Tschai (Manger beiSpratt), zum Strom­ systeme deS Xanthus gehörig, der gegen S.W. fließt, aber von seinen Quellhöhen im oberen Laufe an sich bald in tiefe steilschüsstge Felsschluchten stürzt, die ganz unzugänglich sind, bevor er indaS große TanthuSthal und feine Ebenen eintritt, was südwärts von Arsa geschieht: daher der Wanderer seinem Laufe nicht folgen kann, sondern nordwärts von seiner Felsschlucht gegen Arsa sich wen­ den muß906). Dann ist eS der Ak Tschai (Adesa), der bis zum Awlan-See gegenN.O. fließt, an welchem man vom Tschiftlik Aivasali bis zu seiner S.W.-Seite aufwärts gestiegen war. Zwischen jenen bei­ den entspinnt sich aber von derselben dort aufsteigenden Berg höhe Kasch Iailassy noch ein dritter Flußlauf, der Iailany Tschai, der gegen S.O. fließt. Er zieht zwischen Walvbergen zu den Bergzügen hin, welche die Ebene von Almaty und Awlan gegen Süd begrenzen. Anfänglich gegen Ost zufließend, wendet er sich bald gegen S.O. und bricht in West von Ir naS (Arneae), von wo aus Ost ihm der IrnaS Tschai auS seinen Engschluchten bei den Ruinen von Dere Aghyzy, und der Kastaba-Strom von West her zueilt, durch den Südrand deS Hochlandes und seiner Borketten hindurch. Noch viele andere Küstenflüffe in seinem Hauptbette ver­ einend, ergießt er sich selbst unter dem Namen Demirdere Tschai (d. i. Eisenthalfluß; Dembra Tschai bei Spratt) ostwärts des An,86) S. Spratts Karte.

Südlichster Querpaß von Annudly.

883

drakigolf- (Audriake) unterhalb Dembre, dem alten Myra, in da» Meer. Boa diesem Äitotm der dreifachen Wasserscheide nach drei radiirendm Richtungen hin wurde erst nach eia paar Stunden am Abend bei Sonnenuntergang der Blick auf den XanthuSstrom gewonnen; von reizender Alpenflora umgebe», lag das herrliche LanchuSthal im gau» zm Reichchum seine- Sommerkleides und de- AbendsonnenglanzeS vor dem trunkmm Blicke da. Erst spät mit dem Dunkel (wol nach 5 Stundm Wege- von Kasch Iailassy aus) konnten die {Ruinen von Arsa erreicht werden, da die ganze Wegstrecke auf 11 Stundm Wegberechnet ward, die an einem Tage, den 19. Mai 1842, zurückgelegt werden konnte. Utfa87), nur ein Dorf von 20 Steinhäusern, lieblich ans einer Terrasse über dem Tanthu-thale gelegen, hat eine mit einer antik« Festung gekrönte Vorhöhe, die zwar nur au- los« zerfallmm Mauern, aber behaumrn Steinen besteht, von der sich auf der oberst« Spitze noch ein hellenischer Thurm stehend erhalten hat, der zwischm anderen Resten von Maliern und Säulenstückm au- gut« Quadern besteht. Auch Fel-gräber mit verloschenen lyrischen Inschriften zeig«, daß alte Urbevölkerung bi- hierher angesiedelt war. Die hier mit APSAAES2N O AHM02 bezeichnete Inschrift zeigt, daß da- heutige Dorf den antik« Namen der Stadt Jahrtausende hin­ durch bewahrt hat, doch ist die antike Stadt von allen Autoren un­ genannt gebliebm, ein Ort, der doch als ein Hauptpaß durch da- Hochgebirge, welcher das ganze Jahr hindurch gangbar blieb, nicht ohne Bedeutung gewesm sein dürfte. 2. Der südlichste maritime Querpaß von Armudly über den Ak» und Iailany-Tschai nach FurnaS; nach Schön­ born, Mitte Februar 1842. Dieser führt aus der östlich« cibyratischen Kornkammer ebmfallS von Tschiftlik Aivasili am Ak Tschai (Adesa) auf­ wärt- gegen S.W. bi- zu deflen Südquelle, dann aber »och südlicher al- der Kasch Iailassy-Paß direct gegen Süd über da- obere Thal deS Iailany Tschai eine kurze Strecke fortschreitmd, auf wmig besuchten Weg« südwärts gegen den Golf von Kalamaki (PhoenimS), daun über FurnaS westwärts zum Mündung-lande deLanthu» und in sein unteres-Thalgebiet nach Patara88). Der Iailany Tschai weicht von diesem Passe, bis zu welchem Spratt tT) Spratt and Fortes, Trat. I. c. Vol. II. p. 291.

Programm a. a. O. S. 20. Ritt« Erdkunde XIX.

**) Schöuboru, Ggg

834

Kleln-Aflen.

Z.34.

(f. oBtit S. 832) vordrang, südostwärtS ab; es kann dies« Paffage, welch«die südlichste ist und am niedrigsten um daS große centrale GebirgSsystem de» Ak Dagh herumführt, daS ganze Jahr hin­ durch begangen werden, wenn die anderen Pässe insgesammt unpracticabel durch die böse Jahreszeit geworden sein sollten. Nur ein kleines kurzes Küstenflüßchen zieht an seinem Südende an der letzten niedern maritime« Hochebene von Bazyrgian ostwärt» zum Meere vorüber, ehe FurnaS auf der Küstenstraße zum unteren UanthuS-Delta erreicht wird. Dieser Gebirgspaß ist seinem öst­ lichen Zugänge nach auS dem Awlan-Plateaulande derselbe am Ak Tschai westwärts wie bei dem vorigen bis zur Quellhöhe de» WafferscheiderückenS und die kurze Strecke de» Jailany entlang. Bon seinem westlichen AuSgange wird erst unten im -kanthuSDelta die Rede fein können, wo FurnaS, die Residenz de» dortigen Agha, so wie auch Bazyrgian-kjöi von Spratt und ForbeS besucht wurde, die nur im allgemeinen erfuhren, daß man von hier über diese südlichste Querpafsage zu allen Zeiten des Jahre» durch die Bazyrgian Jailaffy in 24 Stunden Zeit nach Almaly gelangen könne, aber den Weg nicht zurücklegten. Erst durch Schönborn, der auch diesen Weg als unermüdetster Wanderer begangen hat, sind wir von einem Augenzeugen über ihn genauer belehrt wordm, da er auf ihm von FurnaS bis Almaly in der Mitte des Fe­ bruar 1842 vordrang. Am 15. Februarm) verließ er FurnaS, wo schon der Frühling in seiner vollen Pracht eingezogen war und überall die ASphodelen, die Daphnegebüsche und andere Blume» den Boden schmückten. Den noch ununtersuchtm Reisepfad mußte er sich erst erforschen, der südlich vom Ak Dagh, aber im Nord der Berg­ reihe hinführt, welche die Ebene von Bazyrgjankjöi (d. i. Rauf« mannSdorf) im Norden des Kara Dagh begrenzt und sich dann allmählig gegen N.O. der südwestlichen Spitze der Almaly-Ebene zuwendet. Da der ganze Weg durch Gegenden führt, die im Winter nicht bewohnt werden, so wollte man an diesem Tage noch zum höchsten Dorfe diefseit des Passes gehen, da» eigentliche Uebersteigen aber ans dm folgmden Tag ersparen. Man schritt daher zunächst in dem großen FumaSthale gegen Ost noch in der üppigsten Vege­ tations-Umgebung des Südens allmählig hinan, die tief« Schlucht zur Seite liegm lastend. Nach erster Stunde wurde die Höh« der '*’) A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mfer. 1842. Bl. 63—66.

Die Straße von Furna- über das Arycandathal. 835 Borberge erreicht, die da- Thal gegen Osten schließ«, wo ein neueThal, dem man 2 Stunden lang folgte, steil bergan bi- zu einer kahl« Felswand erreicht ward. An der Stelle die durch Quell« reich bewässert wurde, standen eine Menge von Dorrathshäufera, und eine Stund« höher hinauf noch andere jetzt unbewohnte, in deren einem man Schutz für die erste Nacht fand. Daß dieser zu­ rückgelegte Weg auch den Alten bekannt gewesm, bewiesen mehrere Gräber, die an ihm lagen, auch große Quadern, die sich eiuzeln vor­ fand« und auf eine Stadt deuteten, nach der sich Schönborn jetzt vergtblich umsah, aber später erfuhr, daß eine solche doch wirklich ganz nahe am Wege läge. Doch hab« wir keine nähere Nachricht über dieselbe erhalten. Die Stelle der Nachcherberge lag nur auf der halb« Höhe, die zu übersteigen war, um am folgenden Tage bi- zu einer mmschlichm Wohnung gelangen zu können; daher mußte man schon in der Nacht zum Weitermarsche aufbrechm, der durch große Oede und mit Schnee bedeckte Wildniß führte. Unter großer Kälte wurde in der nächsten Stunde da- obere Ende de- Thales an einer senkrecht« Felswand erreicht, wo viele Grabhöhlen, auch Sarkophage am Wege stand«, und nahe dabei zeigt« sich die Ruinen der antiken Stadt, der diese und die früher gesehen« Gräber an der Wegstraße angehört«. Eine Unzahl von Felskamme« zeigten sich in bedeutender Höhe, von wo man auS einem Paffe hervortrat und in einer Tiefe von 500 Fuß zur rechten Seite da- nördliche Theil der Bazyrgjan» Ebene lieg« sah. Nun erst stieg man über morastige Stellen und dann sehr steil bergan zu der Stelle, wo der obere Manghhr Tschai, der auS der vorig« Querroute bekannt ist, die höhere Berggegend des Ak Dagh verläßt. Gegm Ost erblickte man die Berge neb« dem Wege, welche den Nordrand der Bazyrgjan und de- Kara Dagh (oder Katran Dagh?) bild«, die sich ostwärts d« Bergreih« anschließen, die zwischen der Bazyrgjan» und der Kassaba-Ebene liege« und über dieser bis zum Arycandathale zichen. Noch immer war der Weg nicht in die dauernde Schnee­ höhe hinaufgestieg«, die aber nur 150 bis 200 Fuß höher lag. Weiter ostwärts gegen den Kara Dagh (oder Karabunar Dagh) fortschreitmd wurde der Blick auf den Ak Dagh zur linken Seite freier, wo er mit einem hohen mächtigen Felsmstock endete. Deffm Hauptmaste imponirte noch durch ihre steil aufsteigende Höhe, war ater ganz waldleer und in Schnee gehüllt, der auch in die tiefer« zur rechten Seite liegenden milderen Thäler herabzog. An dieser Ggg2

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Stelle, die nach 3 Stunden Weges vom Nachtlager erreicht und eine Iaila genannt wurde, stieß mau auf einm Chan-Schup­ pen, der aber ganz leer stand. Wilde Schweine in großen Schaarm bevölkern diese sehr sumpfige Passage, in der man die Süd« und Ostseite (in der Nähe der Kasch Iailassy, s. oben S. 832), das Südeade des Ak Dagh umgehend, sich nun von Süd mehr gegen Norden wenden muß. Auf höchst beschwerlichen, durch den oberen Iailanh Tschai morastigen und theils von Schueemasien bedeckten, mitunter wieder waldigen, aber keineswegs mehr sehr hochalpinen Wegen auf und ab kam man bis zur Verbindung dieser Iaila, derm Stelle auf SprattS Karte mit dem Namen Ahoory Iaila (Achur, d. i. Stallalpe) bezeichnet ist, mit der Kette des Karabunar Dagh, wo der obengenannte Knoten der dreifachen Was­ serscheide sich erhebt. Denn hier flössen zwei Hauptbäche, der Iailany Tschai, dem man zuletzt gegen Ost gefolgt war, und der Auerlik Tschai (wol Achurlyk, vom Norden kommend) zu dem einm Iailany gegm Süd zusammm, der hier sich zwischm Waldber« gm in dm Kassaba-Kessel, nach Aussage der Einheimischm, ver­ liere« sollte, in der That aber mit dem IrnaS Tschai (s. ob. S. 832) vereint zum Meer abfließt. Nach manchem mühselige» Marsch« an niedrigen Bergabhängm hin, die von zahllosen Gebirgsbäche» durchschnittm, doch meist auf Brücken zu überschreitm waren und in dem Hauptthale des Ak Tschai sich vereinen, erreichte man deffen ver­ einigtes Flußbett und gelangte am Abend, erst nach Uebersetzung von noch vier sich zur Ebene ergießenden Zuflüflm, zum Eingang derselbm am Tschiftlik Aivasili, dem bekannten Ausgangspunkte der Ostebene am Awlan-See, in der Nähe der alten Ruine» von Choma und Armudly. Nach dieser mühsamen Erforschung der drei bis dahin gänzlich unbekannt gebliebenen Verbindungswege der östlichen cibyratifchm Kornkammer von Awlan und Almaly durch ba< CraguSfystem mit dem tiefen LanthuSthale des südlichen lycischm Küstenlandes, blieb noch die genauere Vermittelung derselben durch die Nordwege von Awlan und Almaly mit der nördlichen cibyratischen TetrapoliS übrig, welche bis dahin nur fragmmtarisch begangen waren.

Nordweg von Awlai» Ü-er Oenoanda.

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Erläuterung 7. Die Nordwege vom Awlan-See oder der südlichen tiefern Stufe der Cibyratis über Oenoanda und weiter am Surt Gjöl zur oberen Stufe des nordwestlichen cibyratischen Plateaulande-. Nach zwei verschiedenen Expeditionen SchönbornS, im Februar und dann im April 1842.

Ein direct« Weg von Armudly durch den Ak Dagh nach Oenoanda war zwar vorhanden, aber noch von niemand erforscht, und auch in d« Mitte deS Februars durch Schneemassen un» zugänglich geblieben, als Schönborn sich am 17. Februar nach ihm «kündigte. Auch waren die Ruinen ein« benachbart nordöstlich liegenden Ortschaft Bnlandschyk mit ihren Sarcophagen und anderm Resten so tief mit Schnee bedeckt, daß sie keine näh«e Beleh­ rung darboten. Dagegm hob man die Ueb«reste am Sekia-Passe (nach Oenoanda zu) so sehr h«vor, daß sich derselbe Reisende ent­ schloß, dm Weg dahin zu v«suchen, da er um den ganzm Ostab­ hang des Ak Dagh über noch unbekannte Gegendm führte, die genauer kennen zu lernen für die schon «kannte CommunicationSlinie zwischen O.undW. von Bedeutung und vervollständigend zu sein schien. D« Weg wurde dah« am Mittag deS 17. Februar^") durch die südliche Ebm« von Almaty Üb« einen noch unbesuchtm Be« gräbnißplatz bei Aktschai kjöi (Weißflußdors), wo ein Bazar gehaltm wird und antike Quadern um einen Bach, von. BLumm umpflanzt, wie alte Gräb« liegen, gmommm, und der damals sehr wafferreiche Chodscha Tschai (d. i. Hauptfluß) ob«halb seines Sturze- in die Grotte westwärts von Almalh übersetzt, d« von dem hohen schneneichm Ak Dagh einm Haupttheil seines WaffervolumS zugeführt «hält, ehe « in feine Sumpfebene eintritt. Derselbe «hebt sich -hier nicht sowol in einzelnen Rücken, als vielmehr in gro­ ßer Maste hoch empor, fällt sehr steil gegm die Ebme ab und scheint auf seinem Rücken eine große Fläche zu bilden, aus der wird« viele einzelne Rückm, Kuppen und besond«S Felsfpitzm sich «heben. Bäume fehlen diesem Abhänge ganz, aber gute Weide soll sich im Somm« an ihm vorfinden; in den heißestm Monatm schicken '">) Schönborn« Tagebuch. Nacht. Mscr. 1842. Bl. SS ff.

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§. 34.

die Anwohner daher ihr Vieh auf die höchsten FlLchm deffelben, während der Schnee in ganz vereinzelten Schluchtm hinabreicht. Die Berge im Süden der Almaly-Ebene haben, im Gegensatz zum Ak Dagh, gar keine scharfen Formen (von der Hochebene aus gesehen), sie zeigen nur eine Masie bewaldeter runder Kuppen, die sich hier der Ebene als einförmiger Gürtel vorlagern. Am höchsten scheinm sie gerade im Norden von Irnas zu sein; gegen West hin werden sie um vieles niedriger. Sie erheben sich scheinbar nur 600 bis 1000 Fuß über die Ebene. Höher als sie, wol gegen 1500 Fuß hoch, zeigen sich die Berge an der Nordseite der Almaly-Ebene, auch fallen sie steiler gegen dieselbe ab und haben schroffere Formen als die im Süden; sie stehen hinsichtlich ihrer Bewaldung zwischm den südlichen und westlichen Bergen in der Mitte. Sie reichm, gleich einer zusammenhängenden Mauer, doch nicht bis zur Stadt Almaly im Westen heran, sondern brechen von ihr an westwärts ab und erst ein dahinter liegender zweiter Bergrücken scheint ein Berbindeglied mit dem nördlichern Almaly Dagh abzugeben. Dieser ragt in drei Kuppen, die fast ganz kahl sind, über der Stadt hervor und trug auf diesen noch Schnee. Da Schönborn hier in Almaly erfuhr, daß der höhere Gebirgsweg über den Sekia-Paß nach Oenoanda noch durch Schnee unzugänglich sei, mußte er sich ent­ schließen für jetzt, noch Mitte Februar, einen mehr östlichen Um­ weg außerhalb der höheren Berge über die niederen Bergflächen zu den höheren Plateaustufen über Baindyr, Tschobanza, Kossatsch nach dem Surt Gjöl und Gülhissar in die nörd­ liche CibyratiS, der auch noch nicht überall von Schnee befreit lag, zu folgen, dagegen den Uebergang Liber den alpinen Weg über den Sekia-Paß in eine spätere günstigere Jahreszeit zu verschieben, wohin wir ihn auch ein paar Monate später, im April deffelben Jahres, am hohen Westrande der Almaly-Ebene begleiten werden. Der nördliche Umweg, dem wir zunächst folgen, führt uuS auch überall durch neue, früher meist unbekannt oder unbeachtet gebliebene OrtSverhältnisse auf dem Grenzgebiete beider Abtheilun­ gen der cibyratischen niederen und höheren Plateaustufe vorüber. Am 18. Februar, erst gegen Abend, wurde die Stadt Almaly verlassen und etwas über 2 Stunden gegen N. das Dorf Baindyr immer aufwärts steigend erreicht; hinter demselben folgtm böse, tiefe und flachere Regenschluchten, die durchsetzt werden mußten, bis zum ärmlichen Hirtendorfe Tschobanza, das dem Kamme des nörd-

Nordweg von Aivlan üier Tschtkinowa.

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licheru Bergrückens nicht mehr fern lag, der mit einem Schneewetter drohte «nd daher hier zur Nachtherberge zwang, so elend auch da» Qaartier auf einer absoluten Höhe von 4500 Fuß üb. d. M. aus­ fiel. Im Ost des Dorfes erhob sich rin ifolirter Berg mit darau stoßmdem Hügel, auf dem ein Castell liegen sollte; nordwärts de» Dorfe- sollten auf dm IailaS Säulen, Inschriften und Skulp­ turen liegen, die aber jetzt mit Schnee überdeckt seien. Schön» boru sah darin eine Andeutung auf die Ruine» von Kossatsch (Lagos?), die er auf feiner Apriltour später zu entdecken Gelegmheit fand. Am 19. Februar wurde bei dichtem Nebel und drohenden Schneewolkeu, die jedm Umblick hinderten, der Weg bergan über dm Kamm de» Bergrückens fortgesetzt, auf dem keine Paßeinsmkung zu fiudm war. Imseit hatte man die kahlen Berge nur wenig hinabzusteigm gegm N.N.O., aber furchtbare Schneegestöber. Ueber harte weglose Schneefelder ging eS 3 Stunden lang in Verirrung» bi» man sich zu der Mandra Tatvlu (bei Schönborn; wol Mandra, eine Viehstallnng, Daud Oghlu genannt, nach Kie­ pert) durcharbeitete. Noch 4 Stunden dauerte das Unwetter fort, da» die ganze Ebene, die sich von hier, zum Erstaunm der Reisenden, in ihrer Unabsehbarkeit wie die Ebene von Almaly ausdehnte, mit einem Schneefelde überzog. Der Stall mit einer Anzahl Dro­ medare gab die Nacht den einzigen Schutz gegm dm kalten Sturm­ wind. Auch hier wurden von den Hirten in der Feme von einer Stunde die Trümmer einer Stadt genannt, die, wie sich später er­ gab, dieselbe Kossatsch (KoS-aghatsch?) war. Obwol am 20. Februar dieselbe Kälte mit dem graum Him­ mel anhielt und zur Einhüllung in die Mäntel nöthigte, setzte man doch dm Ritt gegen N-N.W. über eine sehr feuchte Ebene fort bi» zu einem einzelnen in der Ebene stehenden Hause, da- zu dem Dorfe Kap lu lasch kjöi (d. i. Thorsteindorf) gehörte. Hier erinnerte ein antike» Portal, daS jetzt zum Eingänge eines Stalle- biente, und in der Nähe auf einer Gräberstätte die antikm Baureste an eine früher bessere Zeit. Nur 20 Minuten darauf gegen N.W. erreichte man zu Mahmudlar wieder eine Gräberstätte mit vielen Säulenresten und Quadem, die auf eine antike Stadt hindeuteten, und nur eine Stunde weiter, im jetzt menschenleeren Dorfe Tschikinvwa, kehrten gleiche Ueberreste wieder. An eine Untersuchung dieser Ueberreste war bei dem Schneewetter gar nicht zu dmken, und man mußte nur auf den Fortschritt bedacht sein, denn hier galt es

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§. 34.

noch durch große Sumpfebenen fortzukommen. Sie tratet« sich bald zu einem bedeutend« See gegm N.W. aus, der viel größer als der früher gefeh«e von Gülhiffar war. Seine Ränder stieg« nur sauft an und bildeten auf ihr« sanften Erhöhung« neue Ebene». Aber bald wurden die link« Ufer zur Südseite höher und felsig, und auf ihnen führte der Weg an ihm vorüber. Nur an der N.O.- und Nordseite dieses Sees stieg« die Gipfel des Rahat Dagh auf; ohne Spitzen, aber steil abfallend gegen den See, den men schon früher von Hassan Pascha au» auf dem Wege von Tefenü erblickt hatte. Es ist der uns schon au» der nordcibyratifchm Querstraße her durch Corancez, Spratt und Fortes bekannte Surt Gjöl (Caralitis der Alte»), der vom Dörfchm Surt an seiner Südseite dm Namen führt und nach Spratt» Messung 4700 Fuß üb. d. M. erhob« liegt (f. ob« S. 802). Auf SprattS Karte wird der Ort Sogood oder Soo-ood, d. i. Su'ud (richtiger Sögüd, d. i. Weidmtaum, «ach Kiepert) g«annt und eben so der See nach dem anliegend« Orte. Schönborn traf an dessen Südseite wenigstens einige Baum­ gärte» und wilde Birnbäume, antike Reste nur wenige auf dortiger türkischer Gräberstätte an. Die Cbme des SeeS, sagt derselbe, war von N. nach S. wenigstens 1 Stunde breit, und % Stunden west­ wärts vom Dorfe Surt kjöi erreichte man das Ende der Ebene, in der er liegt, welche von Kossatsch und der Mandra Daud Oghlu ihren Anfang nimmt, Nach einigem Aufsteigm weiter zu einem welligen Terrain über Hügel und Anhöhen hin hatte man ebenfalls wieder eine Ebene vor sich mit dem Dorfe Baindyr. Die Anhöhm, Hügel und Felsen von der Surt-Ebene an bis dahin hatte« aus bunten Kalken, die scharfgelb, braunroth, schwarz, olivengrün aussahen, bestanden und zeigten einen starken Glanz (?). Die andere Ebene war nicht breit, zog sich dagegen eine Stunde weit mtlang einem Bache hin gegen N.W. und war ganz söhlig. Sie wurde von einem Flusie, der von links (von West) her kam und nach Gülhiffar fließ« sollte, ihrer Länge nach durchzog«; ihre Ränder waren nur unbedeutende Hügel. Ihrem westlich« Ende nahe lag Baindhr gegen 3500 Fuß üb. d. M., wo die Nacht zu­ gebracht wurde. Am folgenden Morgm (dm 21. Februar) war die Gegend mit Schnee, Eis und Reif bedeckt, und auch von da süd­ wärts sollte der Sekia-Paß durch Schneemassen noch immer unzugänglich sei». Seine Ruin« konnten also auch diesmal nicht erforscht werd«, und Schönborn, der nun schon in da»

Zweite Expedition üb. d. Sekia-Pässe n. Oenoanda. 841 Thalgebiet de« Gereni- Tschai (InduS und Colobatu«) eingetreten war, eilte weiter gegen Smyrna hin. Erfolgreicher war in günstigerer Jahreszeit SchSnbornS^') zweite Expedition zur Aufsuchung alter Stüdtereste an der Ost­ seite der Ak Dagh-Abfälle gegen die östliche tiefere AlmalyStufe der CibyratiS über die Sekia-Päffe, über Sekia Owa und bis Oenoanda. Bom Tfchiftlik Aivafili beiArmudly begann Schönborn feinen zweiten BerfuchSmarfch über den Sekia-Paß des Ak Dagh nach Oenoanda, am Morgen de« 23. April 1842. Er trennte sich erst vom Ak-Tschaifluß da, wo der von Nord aus dem Ak Dagh herabkommende Bergstrom, den er den Sekia Ak Tschai nennt, in denselben mündet. In dessen Thale gegen Nord eine Strecke aufwärtssteigend verließ man ihn jedoch bald rechts. Er hat auf dem höheren Theile de- Ak Dagh ein ganz flache- Bette, wie sein linker Nebenfluß und wird auch durch keinen erheblichen Thaleinschnitt am Abhange bezeichnet. Um 1 Uhr kam Schönborn am oberm Rande de- Abhänge- an und trat nun in ein kleine- söhlige- Thal ein, da- nur einige Schritt breit war und sumpfigen Boden hatte. Gegen Ost öffnete e« sich zu einem Abhange hin. Die andere Seite, zumal gegm West, dmn e- war sehr kurz, waren von hohm, zum Theil senkrechtm Wändm eingeschloffen. An der Felswand zur Linken aber, die dem früher besuchten Geri-burun-Paffe zunächst lag, drang da- Waffer au» finget», arm- und kopfgroßen Oeffnungen zum Theil sehr stark sprudelnd heran-; ohne Zweifel da» im höher liegmden Paffe versinkmde. Langsam zog Schönborn durch da- Thal in Bogen gegen N.N.W. hin, stieg dann an dem nördlichen Abhange deffelbm hinan und erblickte vom oberen Rande au- plötzlich gegm N. und N.N.O. hin eine ansehnliche Hochebene mit einem vorliegenden See. Die Ebene mochte von O. nach W. eine Stunde lang, von N. nach S. % Stunden breit fein. Der See darin zieht sich lang von O. nach W. an der nördlichen Seite der Ebene hin, ist an der östlichm Seite eine Viertelstunde breit und war, so weit man sehen konnte, ohne Abfluß über der Erde, also ein geschlossener Binnensee in einer fast baumlosen, von allen Seiten bergumgrenzten hohen Ein­ senkung. Bom Südrande her stieg man in sie hinab, mußte dabei große Streifen Schnees passiren und konnte nun zugleich bemerkm. "') A. Schöaboru, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1842. Bl. 83 b ff.

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daß auch die Berge au der Nordseite der Almaly-Ebene (die erst von hier auS sichtbar wurden) noch auf mehrere 100 Fuß hoch mit Schnee bedeckt waren. DaS Hinabsteigen zum See betrug ein paar hundert Fuß, der See liegt wol etwas über 5000 Fuß hoch. Au seiner Süd- und Westseite '/« Stunde hingehend, mußte man zwei sehr wasierreiche, dem See in der Seeebene vom linken Bergabhange zuströmende Flüsie durchschreiten; der erste kam aus sehr hoch gele­ genem Schneethale, der-andere schien auS einem Sumpfboden abzu­ fließen. Die Ruinen, welche neben dem Wege in einzelnen Unter­ brechungen eine weite Strecke hin fortsetzten, forderten die ganze Auf­ merksamkeit. Die Türken nannten sie Gürdef. Die Masse der­ selben ist nur an wenigen Stellen groß, aber interessant sind fie durch ihre Lage wie durch manche abnorme Formen, die sich unter ihnen vorfinden. Ein Theil der mächtigen Sarcophage zeigt, daß sie dem ho­ hen Alterthum angehören müssen, doch sind wol einzelne Theile derselben eben so gewiß auS späteren Jahrhunderten. Auf dem einm Sarcophag, der Antefixa und kleine Balkmköpfe hat, be­ findet sich ein großer Löwe in liegender Stellung als ganze Figur, nicht als Relief; an der schmalen Seite des Deckels ist ein Vogel und ein Schild. Auf der unterm Hälfte eines zweiten ist ein ganzes Relief, in der Mitte eine Frau mit dem Kinde, zur linken der Mann, der mit der Linken die auf der Schulter ruhende Keule hält; rechts der Frau ist eine steif gehaltene Figur, die sich nicht mehr erkennen läßt. Der Deckel des SarcophagS ist wieder mit einem großen prachtvollen Löwen decorirt, der in liegender Stellung, aber von jenem darin abweicht, daß seine zwei Tatzen auf der einen, die zwei andern auf der anderen Seite des Deckels rühm. Ein dritter Löwe, aber von sehr roher Arbeit mit steifer Hals­ krause und wie mit einer Perrücke abgebildet, die nach hinten in Falten hinabfällt, liegt in der Nähe; die Füße sind plump, aber eine lange griechische Inschrift dabei, die nicht lesbar. Die Verzierungen des am Sekia-Paffe liegenden SarcophageS sind zu ungünstig gestellt, um sie zu erkennm, an den Vorderseiten sind sehr flach gehaltene Palmetten. Ein vierter trägt ebmfallS einen gro­ ßen Löwen mit steifer Mähne, hat Füße und eine unleserliche In­ schrift, daneben ein antikes Gefäß und ein paar Schilde. Ueber dem Schilde ist ein Mann. dargestellt, der dm linken Arm emporhält, mit der Rechten ein Kind faßt; rechts ist eine Frau,'welche die Rechte segnend über einem Kinde hält, selbst verschleiert und im gefalteten

Die Skulpturen u. Ruinen v. Gürdef an d. Gräberstr. 843

Gewände abgebildet ist. Ueber dem Schilde ist ein Storni auf ho­ hem Lager in liegeuder Stellung, zu feinen Füßen eine Frau. Hinter einer Thür, die da- Gemach abzuschließm scheint, find noch ein Mann und eine Frau, aber kaum erkennbar. Außer diesen Sarkophagen, die in dieser Einsamkeit mehrere rührende, gefühlvolle Familimscenen darstellen, ftnben sich auch starke und dünnere cannelirte Säulenstücke vor, Basamente und einige Capitäler. An mehreren der Säulenstücke finden sich Reliefs, zwei Brustbilder mit einer Art Tannenzapfen (?), darüber an einem anderen dergleichen Kränze aufgehängt sind. Einige der Sänlenstücke haben bi- 2 Fuß im Durchmesser. Auch Quadern liegen umher ; Stücke von Tranfgesimsen, Quadern mit Rosettm und wunderlich« Schnörkeln in den sehr flach gehaltenen Cassetten. Dann liegen auch noch Haufen von Steinen, Bruchsteinen und Qua­ dern an vielen Stellen zerstreut; die noch stehenden Mauerreste zeigen nur Gebäude von geringem Umfange. Sie liegen dem Westrande der Ebene ziemlich nahe, während die meisten der anderen Trümmer weiter in der Ebene selbst sich vorfinden. Besonders auf« fallend war eine Art Säulen, deren unterer Theil dünn ist und auf dem ein anderer weit dickerer gerundeter aufsitzt. Der dickere Theil war mit Reliefs geschmückt; ein Mann, zu dessen Seite zwei Kinder stehen, ein anderes Relief mit zwei großen Brustbildern, ei» drittes mit zwei auf erhöhtem Lager befindlichen Person«, zu deren Sinsen eine dritte Person in gefaltetem Gewände und neben ihr ein Stuhl -steht. Da- meiste dieser Monumente rührt entschieden von Grabstätten her, die sich offenbar längs einer antiken Straße hingezogm haben, welche über die Ebene von einem Paffe bi- zum anbetn geführt hat. Ob auch eine Stadt hier stand (etwa Nvaa de- PtolemäuS, V. 3), blieb dem Entdecker, dem noch kein anderer Reisender hierher nachgefolgt ist, zweifelhaft. Auch bei Steph. Bhz. ist unter den 10 Nysa-Städten, die er aufzählt, wo in allen an einem und demselben Tage, wol nach der Priestersage eines DionysoS-CultuS, die Weinrebe in Blüthe treten und auch die Traube reifen sollte, diese Nysa in Lycien nicht mit genannt. Das Absonderliche der Darstellungen, die einen gefühlvollen Sinn für Familienleben und Verstorbene in einem so einsamen GebirgSgaue verrathen, verdiente wol genauerer Erforschungen, ob sich in dem Centralgebirge noch ihnen verwandte Vorkommniffe zeigen. Dann würde sich auch wol näherer Aufschluß über die später von Schönborn in Beziehung auf CraguS und AnticraguS ent-

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wickelte Berichtigung ergeben, nach welcher er dm Ak Dagh für dm wahrm Berg CraguS der Alten auf der Ostseite deS San* thuS hielt, und die merkwürdigm Ruinm zu Gürdrf für die bis dahin noch unbekannt gebliebene Lage der antiken Stadt Cragus^). Bom Gürdef-See, deffm Durchgang Schönborn dm Sekia-Paß nennt (nicht zu verwechseln mit einer andern Sekiapasfage oder Sekia Owa im Norden von Seideler), stieg man bald in die vorliegende Ebme hinab, die man um halb 5 Uhr erreichte, von wo die nächste Anhöhe wieder in 10 Minuten zu einer noch höheren Schlucht erstiegen wurde, in der man bald zur Seite einen Fluß sich hinabstürzen hörte und auch bald ihn erblickte. Eine kurze Strecke ihm folgend, verließ man ihn bald und stieg wieder einen Abhang zur Seite hinauf, von dem man nun viele Bergschluchtm ansichtig wurde, die, so weit man sie an der Nordseile deS Ak Dagh mit dem Auge verfolgen konnte, alle mit gewaltigen Schneemaffm erfüllt waren. In den lockeren Schneefeldern sank man zu tief ein, um über sie wegzugehen. Man suchte also zur Seite über Fels­ rücken oder durch Domdickichte, auch wol über Schneelehnen hinab­ zugleiten, was mit Auf- und Absteigen so mühsam und angreifend war, daß man zuletzt nur noch, da alles Schuhwerk sich aufgelöst hatte, baarfuß die letzte Schneefläche hinabschurrte, als eben die Nacht einbrach. Um ein Obdach zu finden, mußte man noch in finsterer Nacht, einm Berg hinabsteigen, an deffen Fuß ein rascher schäumen­ der Fluß durch die Schlucht stürzte, durch den man mit Hülfe von Kienfackeln zu reiten hatte, nm auf der andem Uferseite ein Obdach in einer einzelnen Sommerhütte zn finden, die zu dem Dorfe Sei­ deler gehörte. Ohne den türkischen Führer Ali, der auS dieser Gegend gebürtig war und jeden Weg und Steg kannte, wäre dieser kühne Fortschritt unmöglich gewesen. Am folgenden Tage, 24. April, stieg man in einer halben Stunde zum Dorfe Seideler hinab (s. oben S. 809). Man rechnete von hier bis Almalh'6 Stunden, bis Dirmil gegen N. 6‘/, Stunden, bis Dran (Ören) gegen S.W. über Oenoanda im TanthuSthale 6 bis 6 Stunden. In der Nähe auf einem der in dem letzten Abenddunkel vorüber gezogenen Hügel, erzählte man, liege ein Castell, das Schönborn aber nicht bemerkt hatte. Die Ermat*”) A. Schönborn, On the true Situation of Cragus, Anticragus and the Massicytus Mounts of Asia Minor, in Museum of Classical Antiquities, Quarter ly Joum. of Ane. Art. Lond. 1852. Vol. II. P. II. p. 161—166.

Die fruchtbare wo-lbewäfferte Sekta Owassy. 845 tneg der letzten Tour gestattete es nicht, daffelbe anfzusuchm, zumal da eS nach Aussage nur auS Deine« Steinen erbaute Mauern habe, im Inner» mit Bäumm bewachsen und nur mit Steinhaus« bedeckt sei« sollte, ohne antike Mauerreste, deren dort keine bemerkt waren. Am 25. April ritt Schönborn von Seideler in 1 Stunde läng» de« Ak DaghS am Rande der Sekia-Ebene hinab bis zu einer Gräberstätte, auf der viele Quadem und viele flache cannelirte SLuleutrommeln lagen, und 1 Stunde weiter zu Iürükenzelten, am Fuße des HügelrückenS, auf welchem die Trümmer der antikm Stadt Oenoanda liegen (f. oben S. 810). Dieser Rücken tritt vom AkDagh aus in die Sekia-Ebene vor, ist mit Wald über­ wachsen und fällt gegen O. und W. steil ab; kleine Erhöhungen machen ihn sehr unebm und auf diesem Boden liegen die zahlreichen Trümmer der alten Cibyraten-Stadt, deren größerer Theil aber auS einer späteren byzantinischen Zeit Herzurühren schien. Da» un­ günstige Wetter und der ununterbrochene Regen gestattete indeß für jetzt leider keine genauere Untersuchung derselben und Schönborn verwandte seine Zeit nur auf die Copie einiger Inschriften^), auch verließ er noch gegen Abend die Ruinenstadt-, zu der wir weiter unten nach Anleitung der von Spratt entworfenen Planausnahme^) derselben zurückkehren werden und für jetzt uns nur mit der ihr an­ gewiesenen Oertlichkeit der Lage begnügen müssen. Die Nacht auf den 25. April wurde in einem einzeln«, nur eine halbe Stunde fern stehenden Hause, das nur zum Schutz gegm da» Unwetter in der Ebene Sekia Owassy bim« konnte, in welcher auch Seideler wie Urludscha dicht bei dm Ruin« liegt, zugebracht. Diese fruchtbare, wohlbewässerte Sekia Owassy, bemerkt Schönborn, ist keineswegs so regelmäßig gestaltet und so durchaus von Berg« umgrmzt, wie dies bei der Almaly-Ebene der Fall ist. Im Süden liegt ihr die gewaltige Masse des Ak Dagh vor, die noch tief abwärts mit Schnee bedeckt war. Auch im West wird diese Ebene (Owa) zum Theil durch den Kartal Dagh (d.i. Adlerberg) begrenzt, der auf allen höher» Gipfeln noch Schnee trug und aus zwei von N. nach S. gehmdm abwechselnd hohm Rücken besteht. Aber zwischen ihm und dem Ak Dagh hat der östliche LanthuS freien Abfluß gegen das Gebirge nach S.W. hin, und man sieht gegen, das tiefere lanthuSthal hi» nur unbedeutmde Hügel») Corp. Io,er. Graec. T. III. 1. Nr. 4380. p. 193. ") Spratt and Forbe», Trat. I. c. I. p. 273: Ooloojah tbe ancient Oenoanda, Plate.

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Klein-Afien.

§. 34.

reihe« als Grenze der Ebene liegen. Oestlich vom Kartal Dagh liegt der Ebene im Nord zunächst zwar anch ei» Gebirge, der Ändschebel, daS aber (wie schon der Name: schmaler oder dünner Sattel bedeutmd, nach Kiepert, ergiebt) den bisher ge­ nannten in Höhe und Formen sehr untergeordnet ist; von schroffen und zackigen Umristen ist bei ihm keine Spur mehr, und seine Ab­ hänge fallen ganz flach ab. Die Ebene wird auch durch dieses Gebirge keineswegs durch.weg im Norden begrenzt; sie zieht sich vielmehr ihm in Ost am LanthuS noch weiter gegen den Norden hin, wird dort wol schmaler, aber scheint noch eine geraume Sttecke hin fortzugehen und ein Abschluß derselben durch ein Gebirge fehlt da ganz. Nach SchLnbornS damaligem Standpunkte, aber nach obiger Angabe eines Durchmarsches SprattS von Seideler nach Eskihissar wurde doch noch die Plateauhöhe von Müden an 7000 Fuß überstiegen und dessen Karte giebt nordöstlicher sogar noch eine Bergkuppe von 9000 Fuß Höhe (9500 Fuß engl, bei Khzhldscha Dagh?) an. Eben dasselbe findet weiter gegen O. hin bis zu den Bergketten im Norden von Almaly statt. An letztere- lehnen sich zwar mannigfache Bergzüge an, die sich weithin ausbreiten, aber alle sinken von ihrer Höhe bald herunter, und e» ist ein welliges, von Höhenrückm vielfach durchzogenes Hochland, was sich in jener Richtung (als nördliche- Plateau der Cibyratiö) anschließt. Der östliche LanthuS (den Schönborn nur so im Gegensatze dewestlichen QuellflusteS nennt, der sich im W. de- Kartal Dagh bildet), der die Sekia-Ebene durchfließt, entsteht, so viel sich von hier auübersehen ließ, auS zwei Flüssen, deren einer vom Sekiapaffe kommt, während der andere von Nord her die Ebene durchfließt. Beide Flüsse waren jetzt durch die Schneeschmelze ungemein wasserreich. Erläuterung 8. Fortsetzung der Wanderung Schönborns an der N.W.-Seite der großen Almalh-Stufe von der Sekia Owaffy und Oenoanda nordwärts bis Balbura, Dirmil und von da ostwärts über Iazhr und Koffatsch zum Surt Gjöl (vom 25. bis 28. April 1842)*»).

Am 25. April. An diesem Tage stieg man gegen Nord zwi­ schen Feldern und Wald den Indschebel hinan, kreuzte einen Bach ***) A. Schönbor». Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1842. Bl. 85.

Lage von Balbura und Dtrmil.

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und fern nach fast 3 Stunden Weges, an 1200 bis 1500 Fuß auf­ steigend, zu derHöhe de- Sekia-Passe». Noch immer logen auf dm flachen Höhen zur Seite des etwa 700 Fuß vertieft liegmdm Paffe» große Schneestreifm; hie und da schlug« einzelne Eich« kaum erst au», währmd andere höher hinauf (wahrscheinlich eine andere Specie») schon ihr Laub hatt«. Auf der einen Seite war der Cragu» in S.W. dem Blicke mtschwundm, als auf der an» der« Seite gegen N.N.W. das mächtige Haupt de» Chona» Dagh sich emporhob. Durch ein Thal hinab und über meh­ rere Schneeberge hinweg gestiegm stand man, noch eine halbe Stunde später, an den Borhöhen.de» Kartal Dagh bei Bal­ bura, jetzt Gjaur Kalessi (Christenschloß) gmannt. Au» mger Thalschlucht daneben floß ein wasserreicher Bach hervor, der im Bogen gegen O. und S. hi« dem lanthus zufloß. Balbura liegt an der Ostseile de» Kartal Dagh und die Bewohner der alten Stadt genoffen die Aussicht auf die durch viele waldige niedere Rück« ausgezeichnete Hügellandschaft, die sich von hier aus allmählig gegm dm Almaty Dagh zu erhebt. Unmittelbar vor der Stadt fällt eine Fläch« sanft gegen Osten ab und diese ist an der Nord- und Süd­ seite durch Hügelreihen eingefaßt. Der Hügel unmittelbar hinter der Stadt ist so steil, daß er an den meisten Stellen, zumal von Ost her nicht zu ersteigen ist und scheint wol die Stelle der Acrepoli» zu bezeichn«, worüber aber Schönborn nicht zur Entscheidung tonnn« konnte. Da auch hier ihm nur kurze Zeit zur Beobachtung vergönnt war und diese noch durch heftige Regengüsse für genauere Forschung zu hinderlich blieb, so begnüg« wir un» auch hier für jetzt mit der von ihm angegebenen Situation, da wir weiter unten noch einmal mit d« Briten und der Hülfe ihrer gmaueren Auf­ nahme^) zu d« cibyratisch« Hauptstädten zurückkehren werd«. Die Entfemungm von Balbura nach Almaty gaben die Türken auf 10 Stund« an; die nach Sekia über die Berge de» Indschebel 3'/, Stund«, aber durch die Ebme, wo die Berge umgangen wer­ den, 4 bis 5 Stunden; die nach Dirmil nur 1 Stunde, wohin Schönborn noch von Balbura am Abend den Regengüffm eines stürmischen Ungewitter» zu entfliehen suchte. 26. April. Von Dirmil, da» noch nordwärts von Bal­ bura liegt, wurde am Mittag aufgebrochen, um nun gegen Ost zum **) Spratt and Forbes, Trav. I. c. Vol. I. p. 267: Katar» Itae aneient Baiboura, Plate.

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Klein-Afien.

$. 34,

Surt Gjöl die zur winterlichen Schueezeit im Februar unerforscht gebliebenm Oertlichkeiteu aufzusuchm. Ausdrücklich bemerkt Schön» born, daß sich auf dieser Tour bestätigte, waS er von der EekiaEbene au» schon geahnt hatte, er passirte vom Kartal Dagh au nur Hochebene und Hügelland; ein hohes schroffes Gebirge gegen Nord war bis zum Rahat und Kernet Dagh nicht vorhanden; an den Almaty Dagh schloffen sich zwar einige höhere Rücke» an, aber theils blieb« sie dem Wanderer fern, theils war keiner von großer Ausdehnung. — Hiernach scheint SprattS Karte, mit Rücksicht auf welche vielleicht diese Aeußerung gegeben sein mag, doch wol einiger Berichtigung zu bedürfen, die auch dahinwärt« hohe Gebirgszüge angiebt. Von Dirmil aus stieg man zwischm Thujen und Kiefern gegen Ost den Kartal Dagh stark bergan und Erreichte nach drei Viertelstunden eine wellige kahle Iaila, wo daS GraS kaum erst zu sproffen anfing; selbst Schnee lag noch auf den Flächen in kleinen Strichen. Nach gleichem Abstande von da stieg man wieder etwa« bergab und durchsetzte während 2 Stunden mehrere Bäche in einem sehr unebenem Terrain. Dann folgte wieder 1 Stunde lang baum­ lose Ebene, an deren Nordrande sich ein schmaler, eine halbe Stunde langer See (Hazeer Gol, d. i. Iazyr gjöl auf SprattS Karte) zeigte, dessen Südspitze sich bis in die Nähe des Top DaghS zu ziehen schien. Dieser Bergrücken und der neben ihm befindliche Kyzyldscha Dagh (d.i. röthlicherBerg) sind näm­ lich jene schon erwähnten Bergrücken, die allein unter den nordwärts an den Almaty Dagh sich anlehnenden von ansehnlicher Höhe sind. Beide sammt dem hohen Thale zwischen ihnen waren noch großen Theils mit Schnee bedeckt. Die erste Viertelstunde ging man am nordwestlichen Ende dieser Ebene hindurch; eine zweite verging im Ersteig« ihrer begrmzendm Hügelkette, und eine halbe Stunde, zu ihr« weit steileren Windungen von der anderen Seite hinabzustei­ gen, bi« man das Dorf Iazyr am Rande der Ebme erreichte, wo man die Nacht zubrachte.. Die eben überstiegme Hügelkette bot ein sehr belehrendes klares Beispiel über den eigmthümlich« Abfluß der Gewässer in jener Hochebene. Von dem Hügelrande der zweiten tieferm Iazyr-Ebene strömt ein ansehnlicher Bach auS dem Fels« heraus, der offmbar ein unterirdischer Abfluß deS hinter dem Höhenrück« etwa« höher liegend« Iazyr Gjöl ist. Verschwindet der See im Som­ mer, dann versiegt auch zugleich die Quelle dieses Baches. Ueber

Der Iazyr Gjöl, die Baindyr-Ebene.

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derselben sieht man im Felsen ein kleines Relief, da- eine Fron im DoppAgewande darstM, das steif gefaltet bi» zu den Füßm hinabreicht; zwei Reiter find ihr zur Seite und zwar ihr zugekehrt. Die Pferde find übermäßig lang und sehr unförmlich gebildet. Die Gesichter und der obere Theil der menschlichen Figur« sind schr tut« kennüich, die griechische Unterschrift unter der Skulptur nicht mehr lesbar. Zwei Stunden von Iazyr soll eine Schloßruine (Kaleh) und 3 Stund« fern auf den JailaS sollen Bilder und In­ schriften sei«. Münzen werden hier häufig gefunden, doch waren diesmal keine dort aufzutreiben. Außer einem glatten Säuleufchaste fand sich nichts antikes im Dorfe vor. Die flache Mulde, an der das Dorf liegt, ist gegen S.O. eine Stunde lang, dagegen nur halb so breit in entgegengesetztem Richtung; sie wird von Keinen Hügelrücken durchzogen. Am 27. April. Eine halbe Stunde lang mußte man die Ebene, in der das Dorf Iazyr liegt, durchreiten, ehe man an ihr« Nordrand kam, wo man, der Felswand schon ganz Nahe, plötzlich einen sehr stark fließenden Bach sah, der ganz dicht dabei eine Mühle trieb; kein Thal, auS dem er hervortreten konnte, war zu sehen. Nach wenigen Schritten von der Mühle strömte er aber gleich den Duden aus dem Iazyr Gjöl, auch plötzlich auS dem FelSabhange heraus zwischen losen Felsblöcken, über dm« festes Gestein lag. Woher er kommt, blieb unbekannt, aber ans derIazyrEbeue fließt er durch ein Keines Thal gegen W. und N.W. ab in die Baindyr-Ebene und aus dieser in die Gülhissar-Ebeue, und ist sonach einer der eitlen Quellflüsse deS Dolaman Tschai, wenn auch nicht der entfernteste, wie sich bald zeigte. Zunächst stieg man am Rande einer ttockenm Schlucht aus der Ebene aufwärts und fand an der steilen Felswand in der Nähe des Bachdurchbruchs wieder ein Basrelief, das dem deS vorhergehenden Tages unter gleich« Umgebungen auch sehr ähnlich war: eine Frau in langem Gewände, die den über das Borderhaupt geworfenen Schleier vorn mit der Rechten zufammmfaßte und in ihrer herabgefenK« Link« etwas zu halten schien. Zu ihren zwei Seiten befand« sich auch die zwei ihr zugekehrten Reiter; deren jeder mit der ein« ausge­ streckt« Hand die Zügel, mit der anderen nach hinten zu ausge­ streckt« Hand,aber ein Schwert aufrecht hält. Außerdem befand sich in einer dreieckigen Fläche darüber ein großer Kopf. Ueber dem Relief war an der einen Seite eine sehr verwitterte Inskription, an der anderen Seite ein Krieger, der mit einer Hand ein« Schild Ritter Erdkunde XIX. Hhh

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Klein-Afie«.

§. 84.

vorstreckte, mit der anderen einen Spieß hält, der in der Erde steckte. Die Sculptur war roh, die Pferde aber doch weniger unförmlich gestaltet als im vorigen Bilde. Verehrung der befruchtenden Quellen unter der symbolischen Gestaltung verhüllter, eigenthümlich gewandeier Frauenbilder und zu vertheidigende kriegerische An­ sprüche an Ortsbesitz und Segensspende, die aus den strömenden Wasieru für die sonst verödenden Ebenm hervorging, scheinm wol die Motive zur Errichtung dieser so eigenthümlichen Denkmale gewesen zu sein. Noch einem andern hydrographischen Verhältnisse war man hier ganz nahe; denn nachdem man den flachm Rücken, zu dem man sehr bald gelangte, überstiegm hatte, stand man nach 8 bis 10 Minuten Weges an deffen entgegengesetzter Seite an dem Abhange über dem Surt Gjöl (CaralitiS). Schönborn suchte nach Katabothren oder Löchern, durchweiche desien Wasier einstürzen konnten, und fand am Fuße des Abhanges auch bald eine große viereckige Oeffnung, die an einer Stelle mit Mauern versehen war, wo der Fels steil an dem See hervortrat. Obwol jetzt das Niveau des SeeS zu niedrig war, um hineinzuflie­ ßen, so sah man doch deutlich, daß bei höherem Stande die- der Fall sein mußte, oder daß vielleicht auch nur die Mündung der Oeffnung, wie es am wahrscheinlichsten schien, temporär durch An­ schlämmung erhöht war, um zum Abfluffe zu dienen. Diese Oeff­ nung schien freilich nicht groß genug, um dem an der andern Seite de- Rande- stark ausströmenden Bache fein volles Waffervolumen zu geben, aber Schönborn zweifelte nicht an dem Vorhandensein noch anderer Abzug-löcher derselbm Art am südlichen FelSrande de- See-, der nur durch Wasier und Sumpfstellen die Aufsuchung derselbm hinderte. Für die unterirdische Verbindung de- See- mit dem Bache sprachen aber noch viereckige Vertiefungen, welche auf dem flachen Felsenrücken, der den See vom Bache trennt, sich vorfinden. Sie haben genau die Richtung in der Direction gegm den Bachdurchbruch, und wiederholen sich in bestimmten Räumen; es sind künstlich angelegte Stollen, die zur Tiefe de- subterrestren Canal- zur Förderung seine- WafferablaufS getrieben warm. Sie sind im Felsbodm, aber gegenwärtig nur unansehnlich, weil sie mit Erde und Schutt verstopft sind. Also eine menschliche Kunstaulage antiker Zeit zur Regulirung großer SeebasstnS und Vermittlung ihres Ablaufs, wie wir sie ganz in ähnlicher Weise, nur wol noch großartiger, im Becken des CopaiS-SeeS in Böotien, zu unserer Verwunderung in den dortigen

Die Katabothren am CaralitiS-See.

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berühmt« Katabothren gesehen haben. Ob ihre architectouische Anlage von den hiesig« einheimischen cibyratischm Bewohne« einst den Naturverhältnissen ihres so eigenthümlich hydro­ graphisch construirten Bod«S selbständig abgelauscht wurde oder von fernher durch Hydrotechniker auS dem Orient, aus Persi«, Affyriw oder Syrien (s. Palmyra in Allgem. Erdk. Th. XVII. 2. S. 1534) wie in Böotien eingeführt wurde, überlasten wir ander« Forschung«; auf jeden Fall war die Einrichtung wol schon sehr alt, da nach LiviuS Berichte der römische Consul Cn. MauliuS von Cibyra und Sinda über den CaulareS gehmd, schon an der Südseite des Carali tis-Sees mit seinen Legionen vorüberziehen konnte (LiviuS XXVIII. 15: praeter Caralitin paludem agmen ductum, ad Mandropolin manserunt). Denn an der Nord feite deS SeeS hindert gänzlich der steil aufsteigende felsige Fuß des Rahat Dagh den Vorüberzug eines KriegsheereS; er konnte nur an der Südseite des PaluS vorüber marfchiren, wo also die Eb«m um den See schon damals wasserfrei und gangbar gewefm fein müsim, wie dies schon Schönborn in seiner Abhandlung^) über den Marsch des Consul MauliuS nachweiset. Nachdem dieser südliche Seerand deS CaralitiS g«au unter­ sucht war, verfolgte Schönborn den Rand derselben Surt-Ebme gegen S.S.O., von wo ein Bach ihm in einem einfachen Bette eutgegmströmte. Er bog dann aus der Ebene rechts in eine Schlucht hinein, die gegen Süd« etwas über der bisherigen Ebme hinauf zu einer Jaila führte, die noch ganz dürre im Winterkleide lag. Nach einer Stunde Weges von ihr erreichte er an der schon früher ge­ nannten Mandra (Daud Oghlu, die ihm am 19. Februar Schutz gegm Schneewetter geboten hatte) und am einzelstehmden Hause Kaplutasch (s. oben S. 839) vorüber, nach 3A Stunden von da die wirklichen Ruinen einer Stadt bei Kossatsch, deren zer­ streute Trümmer in der Umgebung schon während der Februarreise auf sie hingedeutet hatten. Dieses Kossatsch liegt am Rande der Almaty-Kette zu und zwar am Fuße eines steilen, damals (am 27. April) noch mit Schnee bedeckten BergeS. Das antike Thor im Hirtenhause der Mandra in der Ebene ist groß und prächtig, aber andere antike Reste und namentlich Fundamente fehlen in der Nachbarschaft. Dieß weiset ***) Schönborn, der Marsch des Eons. ManliuS durch die VibyratiS nach Pamphylien, s. Nach!. Mscr. Bl. 99—104.

Hhh2

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Klein-Afien.

§. 34.

schon darauf hin, daß die erhaltenen Reste einem Grabgebäude angeh'örtm. Die Pfosten deS Thore- sind ungeheure Sleinblöcke, sie haben die drei an Thüren gewöhnlichen Streifen; an ihrem oberen Ende sind Balkenköpfe zu steigenden Wellen auSgehauen. Der Hauptbestandtheil der zum Theil noch stehenden Mauern ist Quaderbau in Polygonalconstruction. Zwischen hier und Kossatsch befandm sich auf einer Gräberstätte längliche Quadern, Säulen1rommein, glatt und flach cannelirt, Fundamente fehlten. In Kossatsch fand Schönborn nur einen Sarcophag, der sehr zer­ trümmert war, an der steilen Felswand hinter dem Dorfe dagegen viele Reliefsculpturen, weder von gleichen Dimensionen, noch in gleicher Höhe an den Felsen fortlaufend, oft von Inschriften be­ gleitet, die kaum noch als griechische erkennbar geblieben. Sie sind offenbar auch Grabmonumente und stehen paarweise beisammen, meist in zwei durch Leisten von einander getrennten Flächen. Eine kurze Anzeige eines Dutzend aufeinander folgender Reihen der Abbildungen der Reliefs, die genauer in den Beschrei­ bungen des Entdeckers nachzusehen sind, aber erst abzubilden wären, um mit fcem Styl ihrer Arbeit genauer vertraut werden zu können, mag hier hinreichen, auf sie für künftige Wanderer die Auf­ merksamkeit zu lenken, denn alle bisherigen sind außer unserm deut­ schen Freunde spurlos an ihnen vorüber gegangen. Auf dem ersten Relief ist ein Kranz, auf dem zweiten eine undeutliche Figur, auf dem dritten ein Mann in kurzem Gewände mit runder (Pelz?) Mütze; eine Frau in langem Gewände mit kurzem schwerfälligen (Fell oder Pelz?) Mantel, der bis zu den Knien reicht, auf dem Kopf mit einer hohen Mütze. Daneben, in besonderem Felde, ein keiner Mann im Laufe begriffen, der hinter sich blickt, aber mit der einen Hand nach vorn weist und mit der andern Hand daS flatternde Gewand auf der Brust zusammenhält; beim vierten eine Tafel mit kleinen Rosen über einer Inscription; beim fünften ein Kranz mit Inscription; beim sechsten zwei Frauen und ein Mann unkenntlich; daneben eine Frau in jener Tracht mit der Hand auf die Brust ge­ legt. Neben ihr steht ein Mann, der die Rechte auf die Schulter der Frau legt, in der linken Hand ein Schild oder Thierfell hat und bis zum Knie gewandet ist; beim siebenten in einem anderen Felde sind Stierköpfe durch Kränze verbunden; beim achten in zwei anderen Feldern sind Oelzweige und ein Kopf; beim neunten eine auf dem Bette liegende Frau, deren Haupt nur wenig aufge­ richtet ist, neben ihr eine männliche Figur mit flatterndem Gewände;

Die Sculpturengruppe zu Maudropolis am Lyfis. 853 die Hand hält ein laufendes Pferd; beim zehnte» in einem abge­ sonderten vertieften Felde sitzt eine Frau auf einem ThronoS, ihr zur Seite eine knieende Dienerin, die ihr eine Art Korb (?) zureicht. Noch andere ähnliche oder verwandte Reliefs folge» än der Felswand, doch so, daß einzelne Personm derselbm auf Postamenten stehen, in anbeten Thiere wie Kuh, Pfau, Adler vorkommen, einige in volle Hochreliefs übergehen, so daß in keinem einzigen derselben sich ein« große Kunst ausspricht. Desto höherem Alter mögen sie vielleicht angehören. In der Ebene Kos sät sch sah man noch bei einem sogenann» ten Castell (Kaleh) am Wege drei Sarcophage, auf derm Deckeln Löwen in ganzer Figur liegen und zwar so, daß der ein« Fuß durch ein Band angeschlosien ist. Einer dem Castell am nächsten liegende hat höchst plumpe Beine, perrückenähnliche Mähne, in seiner Nähe sind an den Felsen auch noch Reliefs im Styl derer zu Kossatsch. DaS sogenannte Kaleh nimmt einen niedrigen, ziemlich flache« Hügel ein, ist zwar von ansehnlichem Umfang, aber von elender Beschaffenheit aus kleinem Gemäuer und nur einseitig ver­ schanzt. Die Reliefs stehen wol mit diesem Fort in Beziehung, und eben so scheinen auch die zu Kossatsch auf einen dort vorhan­ denen Ort hinzudeuten; vielleicht da wo das jetzige Dorf liegt oder auch höher am Berge hinauf, wohin Schönborn wegen deS SchneeS nicht gelangen konnte. Im Dorfe liegen viele Ziegeln und Frag­ mente, Quadern, Bruchsteine, bald einzeln, bald haufenweise überein­ ander, die Mauern selbst zeigen sich nur sehr vereinzelt. Die sehr stürmische und kalte Witterung war zu ungünstig, um vollständige Resultate in dieser Jahreszeit an einem Orte zu gewinnen, der nahe an 5000 Fuß üb. d. M. liegen mußte. Ein von den Bergen hinter dem Dorfe herabstürzender Bach durchströmt die Surt-Ebene und gelangt, so weit ihn die Sümpfe nicht auszehren, zum Ostende deS Surt Gjöl. Er ist demnach die fernste Quelle des Dolaman Tfchai, da der Surt-Se« durch den Baindyr Tfchai in den Indus oder Gerenis Tfchai abfließt. Nach der Marschroute'**') scheint dieser fernste Zufluß der LysiS zu sein, und die Ruine zu Kassotsch die Lage der antikm Lagos zu bezeichnen. Die Mandra scheint den Namen der Maudropolis in der Marschroute deS Consul CnejuS ManliuS bewahrt zu haben, der ihr als einer Station für Hirtm und Bieh*’*) J. A. Gramer, Asia Minor 1. c. 11. p. 289.

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Klew-Afien.

Z 35.

zucht auf so ausgedehnten Weideboden wie die hiesigen ganz an­ passend erscheint, wie es die antike griechische Bedeutung Stallung, Biehhürde), da heut zu Tage hier keine Griechen, sondern nur Türken, denen diese Bedeutung fremd ist, wohnen, auch mit sich bringt. In der nächsten von den Einwohnern aus Furcht beim Anmarsche des Consuls verlassenen Stadt Lagos finden die Römer viele Vorräthe, und am folgenden Tage rücken sie von der Quelle des Lysis zum ColobatuS (f. oben S. 789) vor (Livius XXXVIII. 15: postero die est praeter Caralitin paludem aginen ductum, ad Mandropolin manserunt, inde progredientibus ad Lagon proximam urbem metu incolae fugerunt. Vacuum hominibus et refertum reruni omnium copia oppidum diripuerunt, inde ab Lysis fluminis fönte postero die ad Cobulatum (Colobaton) nmnem progressi). Die Fülle der

Borräthe, die in Lagos gefunden wurde, weiset auf den Besitz weiter fruchtbarer Ebenen hin, und es kann kein Zweifel sein, daß die Quelle des Lysis den von Bergen hinter dem heutigen Rui­ nendorfe herabströmenden starken Bach bezeichnet, der gegen West siießt, bei der man also nun vorüber kam, ohne dessen Laufe zu folgen, da nur der zweite Fluß, der Jstenaz Tschai, der gegen Osten abzieht, genannt wird. Da Schönborns Tagereise von hier weiter nordwärts zur Berghohe des Rahat Dagh aus der Ebene herausführt, wo wir an unserm jetzigen Ziele, dem Caralitis-See, angelangt sind, ver­ lassen wir ihn, um zu der hohen Stufenlandschaft der westlichen Cibyratis überzugehen.

§• 35.

Siebenunddreißigstes Capitel. DaS Hochland der Cibyratis gegen N.W. und der Nord­ lauf des Gerenis Tschai bis zur Karajyk Owassy und dem Chonas Dagh.

Uebersicht. Die hohe nordwestliche Stufenlandschaft der Cibyratis wird im Süden von den nördlichen Vorgebirgen und Borhöhen des Cragus- und Massicytussystems begrenzt, in dessen Dorthäleru die vier

Das nordwestliche hohe Stufenland der Cibyratis. 855 cibyratischen Hauptstädte liegen, doch mit dem Unterschiede, daß die zwei südlichern wie Oenoanda und Balbura dem kanthuS©l)(lernt angehören, das sich auch in jenen Vorthälern entwickelt, aber den Durchbruch gegen den Süden nimmt, während die beiden nördlichern, Bubon und Cibyra, an dem Stromsysteme des GerenisflusseS liegen, der seinen oberen Lauf gegen Norden richtet, obgleich er dort, nachdem er eine bedeutende Strecke dahinwärtS geflossen ist, von der hohen Gebirgsmauer deS CadmuSgebirgeS gegen den Süden fast im spitzen Winkel zurückgeworfen nun rückläufig wird und ebenfalls wie der Tanthus, nur weiter in Westen, seinen Durchbruch durch die Gebirgskette Lyciens gewinnend, in die carischen Grenzen übergeht und so sich zum Meere ergießt. Den Stromgebieten nach zerfällt diese Cibyratis also in zwei Absen­ kungen, in die der TanthuSthäler in ihrem oberen Laufe und in die Nebenthäler des GereniS Tschai (JnduS). Jene nehmen am Nordende deS Alpenstocks die Gebirgsthäler deS Mass ich tu SsystemeS noch theilweise ein und verlassen nach kurzem oberen Laufe sehr bald das Hochland; die oberen Thäler des Indussystems aber entspringen auch dem Nordrand desselben Systems, obwol mehr gegen die nordwestliche Seite, und durchströmen mit ihren zahlreichen Zuflüssen fast die ganze nördliche Cibyratis bis zu ihrer äußersten Nordgreuze am Südfuße des CadmussystemS und wenden sich dann erst plötzlich gegen Süd. Sie nehmen bei weitem den größeren Raum des Hochlandes in Anspruch, ehe sie sich in die südlichen Thalgründe hinabsenken, und so weit ihr Nordlauf geht, so weit bleibt auch ihrem Stromgebiete vorherrschend der Charakter der hohen Plateauebene und die Monotonie der Oberflächengestal­ tung, welche die ganze Cibyratis auszeichnet vor der Mannigfaltig­ keit der Oberflächengestaltung des lyrischen Tieflandes oder der Küstengebiete. Diese so eigenthümliche Natur des großen ciby­ ratischen Stromsystems macht daher zunächst die Orientirung in seinem oberen Laufe nothwendig, daS erst vor wenig Jahren in seinen vielen Verzweigungen entdeckt und in seinem wahren Zusammenhange mit seinem mittleren und unteren Laufe er­ forscht werden konnte.

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Klein-Afien

§. 35.

Erläuterung 1. Da- Plateaugebiet des oberen Stromsystems de- Gereni» oder Dolaman Tschai nach seinen drei großen Quellströmen: Baiodyr (kysi-, Cälauris), Iazyr Gjöl Tschai zum Gülhissar und Pir­ na- Tschai (Indus), mit dem Pirnas-Paß und den Ruinen von Bubon bei Ebedschik.

Biele Quellströme sind eS, die diesem Flußsysteme noch auf der cibyratischen Plateauhöhe seine Waffer zuführen, und so weit diese gegen Norden bis zur Karajyk-Ebene am Südfuße de- Cadmu-gebirgeS dem nördlichen Normalzuge folgen, nennen wir sie den oberen Lauf des großen Stromsystems, der vorherr­ schend bei den Anwohnern heutzutage GereniS Tschai genannt wird, aber auch mehrere andere Namen führt. Im Alterthum un­ terschied man aber zwei Hauptarme in demselben, davon der westliche, der auSS.W. herbeikommt, Indus genannt wurde, der östliche, der von S.O. kommt, Caularis bei LiviuS heißt. Beide fließen, so weit auch ihre Quellen von W. nach O. ausein­ ander liegen, doch nahe nördlich des kleinen Sees Gülhissar Gjöl in der Mitte der Hochebene und im Osten der Ruinen der alten Cibyra zu dem einen Haupstrome zusammen, der nun erst den Namen GereniS erhält. Früherhin waren die Ursprünge dieser Hauptströme unbekannt, sie mußten erst entdeckt werten und dieß konnte nur durch sehr verschieden«!« Wanderungen geschehen, auS denen zu gleicher Zeit erst die Bodenbeschaffenheiten und die Ortskenntniß deS größten Theiles dieser CibyratiS hervorging. Die un« bekannt gewordenen (denn gewiß noch manche obere Zuflüsie sind uns unbekannt geblie­ ben) sind von O. nach W. fortschreitend: 1. der LycuS mit dem Baindyr Tschai (Caularis), in welchen sich von Ost herderKirkbunar ergießt; 2. der Iazyr Gjöl-Fluß zum Gülhisiar; 3. der IndnS-Arm von S.W. her, der im oberen Lauf bei dem Quell­ orte PirnaS Tschai heißt, von der rechten Seite dm Karyn» dscha Tschai (d. i. Ameisenfluß) bei Bubon aufnimmt, dann weiter abwärt» den Dirmil Tschai von Dirmil her, dann an dem West­ ufer de» Kyzylhisfar-Sees vorüber dessen Ausfluß aufnimmt, ander Ostseite von Chorzum (Cibyra) vorüber sich nahe unterhalb mit dem östlichen Baindyr Tschai vereinigt und nun mit ein paar

Das Stromsystem d. GereniS od. Dolaman Tschai. 857 rechten Zuflüffen (Tschamkjöi Tschai und Durdurkar) bei Eriza in die Karajyk-Ebene eintritt, wo er den von Nord vom CadmuSgebirge herabkommenden Karajyk Tschai (EhooS der Alten) in sich aufnimmt und nun plötzlich gegen Süd gewendet, im langen mittleren und unteren Laufe, im mittleren Laufe als GereniS Tschai, im unteren Laufe nur als Dolaman Tschai, dem carischen Meere zueilt. Verfolgen wir nun in der angegebenen aufeinanderfolgenden Reihe die Adern dieses Systems und seiner Zwischenlagerungen. 1. Der Baindyr Tschai und sein Gebiet. Wir haben ihn schon in obigem als einen durch die Kunst der Katabothrm ver­ mittelten Ausfluß aus dem Caralitis-See oder Surt Gjöl kennen lernen; da aber der LycuS vom Koflatschberge herabkommend sich von Ost her in denselben See ergießt, so ist dieser, wie Schön­ born bemerkt, eigentlich die wahre und zwar die entfernteste Quelle des BaindyrsystemS. Gegen N.O. seiner Quelle ist daS An­ steigen der Surt-Ebene, der er entfließt, gegen Hasian Pascha und die Quelle deS Istenaz hin so allmählig, daß eS Schönborn nicht einmal ein Bergansteigen nennen will; doch liegen auf der Scheidehöhe IailaS und Trümmer antiker Ansiedlung. Der Rahat Dagh mit seinen bis 6000 Fuß hohen Rücken, die am 28. April noch mit Schnee bedeckt waren, bietet dem Baindyr und seinem See reiche Wafferfülle dar; auch gegen die Westseite hin sendet er den wasserreichen Bergstrom von Kyrkbunar (d. i. 40 Quellen) dem Baindyr Tschai zu, der in seinem nördlichen Verlaufe von dem Orte Baindyr aus auch Tschandyr Tschai genannt wird und die Baindyr-Ebene weithin gegen N.W. bewässert. Den Kyrkbunar steigt man nordwärts zum Aghlan Dagh aufwärts, wo fortlaufende Grabreste eine große nordwärts gehende Landstraße bezeichnen, wie deren mehrere zumal in der nördlichen CibyratiS die früher starke Bevölkerung durch solche Gräberstraßen beur­ kunden. 2. Den Iazyr Gjöl-Fluß zum Gülhissar haben wir auch seinem Ursprünge nach als einen Dudenfluß der Hochebene, der aber von dem kleinen Iazyr Gjöl-See genährt wird, durch Schönborn kennen lernen. Die große Ebene Gülhissar mit dem kleinen gleichnamigen See, die zuerst von Corancez (1812)luuu) Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 80. Itin. 1. c. p. 428.

,00°) Corancez,

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Klem-Afie».

$♦ S5.

durchzogen wurde, liegt ostwärts der alten Eibhra ziemlich in der Mitte der beiden extremen Ausdehnungen der Plateauebene gegen 91.88. zur Karajyk Owassy und gegen SD. zu« Awlan-See. Der Heine Gülhissar-See, nach dem sie genannt wird, der seinen Umfang wechselt und öfter nur in verschiedene Sumpfreviere sich zu verkleinern scheint, ergießt nur ein geringes Flüßchen als kurzen Ablauf gegen N.W. zu dem vereinten Hauptarme des GereniS Tschai nahe der Nordwestspitze dieses kleinen SeeS, wo auch die beiden Hauptarme zusammenfallen. AlS Corancez von N.O. über Tefenü und die dottigen Gebirgswege zwischen Rahat Dagh und Aghlan Dagh gegen S.W. hinabkam zu dieser Ebene, durchzog er sie 5 Stunden weit, ehe er dm Baindyr Tschai erreichte und mehrere Teiche fand, die er durchreiten mußte, um in den dortigm Marktort, dmBazarChan (Bazar kjöi), einzutreten. Ter Ort Güthissar selbst, bemerkt er, fei unbedeutend, liege am Fuß der Berge, an seiner Südseite breitetm sich aber damals Moräste aus. Doch sah man daselbst drei Moschem und einen großen Platz, der zur Marktversammlung vieler Ortschaften der Umgebung diente. Daher auch sein Name auf die weite Ebme selbst übergegangm ist; dmn er liegt auf der großen Hauptstraße der Couriere von Smyrna und dem Mäander, sei eS über DavaS (Tabae) oder Denizlü, und der Karajyk Owassy, die von N.W. kommt und über die kornreiche Ebme am oberen InduSflufse nach Almaly oder nach Adalia führt. Der Ort ist daher zu einem bequem zugängigen Mar kt platze für alle Einhei­ mischen wie alle Reisendm als Kreuzstraße geeignet. Doch scheint er nur in gewissen Terminm zu großen Versammlungen zu bienen, da bisher noch keiner der Reisenden mit einer dortigen größeren Masse zusammmtraf. Die Distanzm giebt Corancez gegen N.O. nach Tefenü zu 10 Stunden, gegm N.W. nach Denizlü und DavaS gegen W. auf 6 Wegestunden an. Fellows *) nannte dm Ort Bazar kjöi, d. i. Marktdorf, und einen mehr südlichm Ort Olobunar (d. i. große Quelle) und die ganze Ebene, welche drei Meilm weit reichte, Gülhissar Owassy (d.i. Rosmschloß-Ebme, wmn eS nicht Gjölhissar, d. i. Seeschloß, heißen soll), Mitte Mai reich mit Komfluren bedeckt. Gegen Ende Februar fand Schönborn den See mit so Dielen Sümpfm umgebm, daß man nur zwischm tiefen Sumpflöchern auf ’) Fellows, Account uf Lycia 1. c. p. 257.

Die Gülhissar-Ebene und ihre Ruinen; Sind«. 859

schlechten Dammwege» den Ort umgehen mußte, um gegen die West­ seite hin nach Cibyra zu mehrere Brückenübergänge zu erreichen, aus denen man mit größerer Sicherheit dm Weg nach Norden fortsetzm konnte. Als er im nächsten Frühjahr (am 25. März 1842)?) den Ort zum zweiten Male besuchte, trat er von Südm her, von Dirmil kommend, über eine Iaila und ein paar TschiftlikS in die Gülhissar-Ebene ein, an einem kleinen Bergrücken vorüber, auf dem er zur rechten Hand daS Dorf Assarardi liegm ließ, unter­ halb welchem der Iazyr Gjöl-Fluß in den See einfließt. Auf einem Steindanime ritt er an der Ostseite deS SeeS bei dem Orte Ulubunar nahe bei einer Meierei (Tfchiftlik) vorüber, wo dicke Mauern aus Bruchsteinen, einstige Grundmauem, die mit Quader« bekleidet gewesen, standen und Säulenreste umherlagen. Auf der Erhebung hatte einst «in Castell seine» Platz gehabt, obgleich der Berg noch keine Viertelstunde lang war, aber gegen den See als kahler Fels ganz steil abfiel. Auf seiner Hohe fand Schönborn keine-Stadtreste, aber viele Begräbnißorte und Cisternen. Cibyratische Münzen sollen hier sehr häufig gesundm werden, aber meist im Handel z» den Griechen gehen, die vorzüglich zn Makri daraus bedeutenden Gewinn ziehen. Die anwohnenden Türken hatten eben im See einen großen Fisch von 2 Fuß Länge gefangen, den sie Sazan Balyk nannten; aber Kähne oder auch nur kleine Boote hatten sie keine. Nur eine Stunde vom See gegen Nordm entfernt über die Orte Böjük(groß) nnd Kütschük (klein) Güdschik am Nordufer des Tschandyr Tschai, wie hier der Baindyr Tschai ge­ nannt wird, fanden sich wieder Mauern mit ansehnlichm antike» Quadern, die ihnen eingemauert waren. Gegen die ganze Nordseit« der Gülhissar-Ebene ließen sich solche alte Neste viele ©hinten weit umher verfolgen, zumal aber Gräberstätten in Gruppen, sehr viele in langen Reihen geordnet, welche antiken Gräberstraßen angehörten, und dabei nicht selten große Haufen von Marmorstücken, die von einem Hauptortc verschleppt sein müssen, auch viele Gewölbkammern, Sarcophagendeckel mit Jnsriptionen, von tenen auch einige cvpirt wurden, während die größere Zahl in Sümpfen liegmd, nicht gelesen werden konnte. Bei Güdschik schim der Mittelpunkt der verschleppten Marmore gewesm zu sein, wo also doch wol eine antike Stadt zu suchen war, am wahr­ scheinlichsten die hier im Feldzuge deS Consul Cnej. ManliuS •) A. Sdj'vntan, Tagebuch. Nachlaß. 1842. Bl. 73.

860

Kletn-Afien.

Z. 35.

gmannte Sinda (Livius XXXVIII. 15: a Cibyra per agros Sindensium exercitus ductus, transgressusque Caularem aranem, poauit castra. Postero die est praeter Caralitin paludem agmen ductum etc.), welche eben auf der großen Heerstraße genau in der angegebenen Position der genannten Orte zu liegen kommt. Die ungünstige Jahreszeit unter fortwährendem Sturm und Regengüssen hinderte vielleicht nur an einer vollständigem Untersuchung und Auf­ findung; denn Spratt und ForbeS, die Sinda zwar nicht lamm lernten, überzeugten sich doch von dem Dasein einer Stadtrnine zu Gülhissaa:, die Schonborn nicht ermitteln konnte. Schon Fellows erwähnte, in N.O. vom dasigen Castelle auf der Ostseite des dortigen FlußlaufeS, deS Baindyr Tfchai, in einer Strecke von 4 Stunden Weges, eines ganz veränderten Bodens durch ein vulcanisches Gestein, dem er auch den veränderten Flußlauf zuschreibt, der sich hier von der Westrichtung mehr der Nordrichtung gegen Durdurkar zuwende. DaS vulcanifche Gestein hebt sich in ganz nackten Felsen starr und baumlos empor, umgeben von zerrisienem Puddinggestein, dann mit Sandsteinen umgeben, die kaum Buschwerk tragen. Dann aber beginnt bald wieder der vom Baindyr Tschai bewäsierte und fruchtbare Korn­ boden der Hochebene, wo die Berge fehlen, nur Erdmauern, Bewässerungsgräben, Dörfer mit platten Dächern und Zieh­ brunnen zwischen den Kornfeldern sich zeigen, zu deren Bearbeitung nur der einfachste Pflug, Harke oder Walze und die Dreschmaschine nach altorientalischer Art dienen müssen. Nur gegen Durdurkar hin beginnt wieder Ansteigen zu Städtetrümmern, die man in der Ebene weniger antrifft. Auch Forbes^), der an der Ostseite des Gülhisiar-Sees auf der Felserhebung von Ulubunar, die er eine Insel nannte, zu welcher er die Dammerhöhung für eine antike Hochstraße hielt, eine Stadtlage angiebt, die er für die antike Alimne (die Cibyratenstadt bei LiviuS XXXVIII. 14 zur Zeit des Conful CnejuS ManliuS) hielt, hat ebendaselbstpie kleine isolirte plutonische Erhebungs­ masse im N.O, des SeeS als Serpentinstein-Gruppe in seine geologische Karte eingetragen, die Fellows bei seinem flüchtigen Vorüberrille daselbst so absonderlich von allen anderen Formen der Umgebung aufgefallen war. Dieses Plateau der mittlern Ciby-

J) Spratt and Korbes, Trav. 1. c. 1. p. 254.

Der Pirnas Tschai.

861

rati-, bemerkt Schönborn*), erscheine von höher« Punkt« an­ gesehen, zwar al- Ebme, aber schon südwärts von Gülhiffar tret«, näher betrachtet, bald Unebenheiten hervor, die an der Nordseite deBaindhr-Fluffe» meist abgesonderte wmig geneigte Eben« von ver­ schiedenem Niveau sind, an dessen Süduferseite aber schon mehr in ein hüglige- Terrain übergeh«. Zu beiden Seit« erheben fich aber auch Berge, und zwar an der N.O.-Seite am höchst« von ihn«, der Aghlan Dagh. 3. Der Pirnas Tschai. Äm West« des Gülhiffar« Sees und seines AuSfluffe» strömt der dritte Haupt«Quellarm, der Indus »Arm, ganz nahe an ihm von S.W. geg«N.O. vor­ über, an desim linker Uferseite die Ruinen der alten Cibyra liegen. Besteigt man die erste hinter ihr liegende Höhe, welche d« West­ rand der großen Plateauebene bildet*), so hat man in einer nur relativ« Anhöhe von 2000 Fuß über dem Niveau de» InduSstromlaufeS doch schon eine absolute Erhebung von 6000 Fuß üb. d. M. erreicht, so wie einen Ueberblick über die nächste, wie über die nördlichere angrenzende Karajyk-Ebene gewonnen, an der« Nordende da» Cadmusgebirge CarienS (jetzt Baba Dagh gwannt) sich viel höher erhebt. Am 7. Mai war eS, als ForbeS die Anhöhe bei ChorzuM betrat, noch ganz mit Schneemaffen überdeckt; auf der Anhöhe aber blühten neb« auch da noch thellweife geblieben« Schneefeldern die ersten Frühlingsgewächse schon auf; die Anemone Apennina, mehrere Art« Viola, Squillaeen, Fritillarien und andere wurden eingesammelt. Auf einem kleinen See tummelten sich viele Ent«schaarm umher, wahrscheinlich von den nur ihm eigmthümlichen Mollusken sich näh­ rend, die zwischen der von der Lymnaea stagnalis grün bewachsenen Wasserfläche ihr kurzes Leb« fristeten. In der Ebene der Ciby« rati« warm auf dem fruchtbaren Mergelboden die Saaten der Kornfelder viel weiter vorgerückt als in «der kurz zuvor erst verlassmm Ebene um Istenaz, obgleich die in beiden Hochflächen in gleicher Höhe gemessenen Ackerflächen, wo sie am niedrigst« waren, doch bei 3500 Fuß üb. d. M. hoch lagen. Gegm S. und S.W. des G ü l hiffar-SeeS eröffnet sich das zwischen hohen Bergen der nörd­ lichen Borberge deS MafsicytuS-GebirgSstock» eingeschloffene Hochthal, de« dritten westlicken QuellarmS des InduSfystemS, das Thal 4) Schöuborn, Programm a. a. O. S. 14. Trat. I. p. 262.

*) Spratt and Forbes,

Klein-Asien.

863

des InduS oder PirnaS Tschai, N.O. durchströmt wird.

Z. 35.

das von ihm vou born a. a. O. Bl. 97. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 72, 22. «. 23. gebt. 1842.

Boz Dagh am Westrande der Karajyk-Ebene. 873 führte in V/2 Stunden von der Brücke zu einer Gräberstätte, die mit Quadern und dicken nur roh gearbeiteten Säulentrommeln be­ deckt war, an dem Dorfe Hadschi Pajäm vorüber, wo bei kurzer Rast eine Inscription eopirt wurde, die mit den eine halbe Stunde fernen Quadern und Grabstätten zur Seite des Weges bei dem Dorfe^ Gündsche den Beweis gab, daß auch diese Weststraße einst stark begangen und belebt war. Von wo diese Trümmer hierher ge­ kommen, wußte niemand zu sagen; die Leute wußten nur von großen Trümmerorten, die bei Durdurkar im Osten und im Westen am Davas-Passe liegen sollten.

Nach

Stunden Fortschreitens

gegen N.N.W. an der Westseite der Ebene, wo Weizenfelder ange­ baut waren uub viele weiße Crocus schon in Blüthe standen, wurde das große Dorf Kyzylhiss ar unter Schneewind und eisigem Hagel­ schauer erreicht, das dicht am Fuße der westlichen Randberge des Kyzylhissar Dagh, aber nur wenig über das Nordende der KarajykEbene erhaben liegt und in Nord vom hohen Chonos Dagh überragt wird. Hier wurde die Nacht zugebracht. Man zeigte das Fell eines wilden Thieres, das man Eschek, d. i. Esel, nannte, und für sehr selten und kostbar hielt; es sollte auf dem Baba Dagh wie auf dem Pirnas Dagh gefunden werden. Schön­ born, der es bei einem Lederhänder sich zeigen ließ, der Hunderte von Tschakalfellen hatte, hielt es für ein Luchsfell. Die Hochgebirge umher waren mit dicken Schneefeldern zugedeckt,

ihre Randberge

waren aber frei von Schnee, aber die Kammhöhe des Kyzylhissar Dagh und auch des Domabeli (richtiger Dunum-beli nach Kie­ pert, d. h. Nebelrücken), über welchen der Davas-Paß nach Ca­ rlen und Davas (Tabae) hinüberführt, war noch mit Schnee bedeckt. Dieser Westrand der großen Karajyk-Ebene steigt nur sehr allmählig zu der cari schen Grenz kette im Boz Dagh zum Davas-Passe am Dumän-beli empor, fällt aber desto steiler gegen den Westen zur carischen Seite hinab, wo wir sie weiter unten näher kennen lernen werden. Ebene,

Am Ostrande der Karajyk-

gegen ihr nördliches Ende,

aus welchem zwei Ge­

birgspässe, der östliche Jataghan-Paß über den Iataghan Dagh

nach Colossae

und Hierapolis,

der

westliche von

Tschukur zwischen Chonos Dagh und Tschukur Dagh gegen N.W. nach Denizlü und Laodicaea zum Mäander, dem heu­ tigen Menderez, führt, lernen wir durch Schönborns wiederholte Wanderung noch ein paar früher unbekannter gebliebene Localitäten derselben kennen. ES sind vom schon genannten Böjük Aghlan

874

Klein-Afien.

§. 35.

am Aghlan Dagh^) nordwestwärts über Durdurkar und östlich am Karajyk Bazar vorüberziehende wenig besuchte Thäler, die sich meist von dem nördlichen Grenzgebirgszuge gegen Phrygien südwärts zur Karajyk Owassy abwärts ziehen

und mehrere nordwärts

gehende Ausgänge derselben gestalten mögen, die im Alterthum Ver­ bindungswege darboten und bebaut waren, aber jetzt meist unbesucht geblieben sind. So kam man in der Nähe von Bojük Aghlan an einer alten Gräberstraße vorüber, an welcher man noch einige 30 bis 40 Grabstätten wahrnahm, die vermuthen ließen, daß einst eine Hauptstraße aus Carlen von West her durch die bevölkerten Fluren der Cibyraten, vielleicht nach Phrygien, hindurchzog.

Auch

wol Säulen und Pfeiler und andere Trümmerstücke zeigten sich dabei, aber der völlige Mangel fortlaufender Mauern sprach dage­ gen, daß hier etwa

eine Stadt zu suchen sei.

Unfern von da floß

eine große Fiumare vom Berge herab, die nicht perennirend zu sein schien; aber nur eine Viertelstunde weiter ein von N.O. herabkom­ mender reißender Bergstrom, der Tschamkjöi Tschal (d. i. Fichten­ dorf-Fluß), in dessen hundert Fuß tief eingerissener Thalseite in ziemlicher Höhe ein Grabhöhle sich zeigte. Am Nordwestabhange des Aghlan Dagh, erfuhr Schönborn durch Hörensagen, sollte ein Castell, Kölmen genannt, liegen, bei dem es viele Inschriften geben sollte.

Noch war es nicht besucht worden.

Nördlich daran liegt Jazyr, ziemlich am Rande der Ebene, und noch nördlicher Durdurkar, von den schönsten Gärten und Wei­ zenfeldern umgeben, wo so viele antike Ueberreste umher lagen, daß man hier die Lage einer antiken Stadt in der Nähe vermuthen mußte (vielleicht Sinda? s. oben S. 790), die in dieser Gegend, durch welche auch Spuren einer antiken Straße gegen N. und O. zogen, noch erst aufzufinden bleiben würde.

Bei

genauerer Forschung nach diesen

Trümmern fand sich auf einem and} die deutliche Inschrift mit dem Wort KJBYPATAS,, waö wenigstens auf die Vermuthung führen konnte, daß man hier noch auf cibyratischem Gebiete sich be­ fand, zu einer Zeit als die Lage von Cibyra dem Wanderer noch unbestimmt geblieben war. Karajyk-Berge vorüber, an ihrer Ostseite begrenzt,

Noch weiter nordwärts von hier, am der hier die sumpfige Karajyk Owaffy zeigten sich bei

Derekjöi^)

an einer

2*) A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 7.2, 26. Marz 1842. 27) Ebend. Bl. 71.

Die Nordpässe der Karajyk Owaffy.

875

Engschkucht einige antikeQuadern und Sarcophage (am 21. März 1842), wohin die Lage von Eriza fallen muß, der erste Ort des Cibyratenlandes, zu dem En. Manlius vom Choos-Strome (aus dem Karajyk Bazar südwärts zum Indus einfließend) herabkam, den er schnell überrumpelte und dann zum Castell Thabusium vor­ rückte, das, wie Livius angiebt, über dem Indus sicherhob (Livius XXXVIII. 14: Tertio die (von Tabae, dem heutigen Davas) inde ad Chaum amnem perventum: inde profecti Erizam urbem primo rnipetn ceperunt. Ad Thabusion castellum imminens flumini Indo ▼entum est etc.). Es mußte dieses unfern von Eriza (jetzt Dere-

kjöi) am Südende der Karajyk-Owa und der südlich damit zusamnrenhäugenden Derekjöi-Berge liegen, an welchem die südliche Zurückbiegung des Indusstromes ihren Anfang nimmt. Weiter nordwärts von Derekjöi und dem Karajyk Bazar, auf der uordwestwärts zum Jatag Han gehenden Gebirgspassage, von deren Höhen mehrere Gebirgsströme mit ihren Bergwassern in der Karajyk Owassy den dortigen Tiefboden zeitweise zu einem Sumpf- und Seeboden überschwemmen und schwer zugänglich machen, liegen noch mehrere unbedeutende Orte am Wege, ehe dieser bei Jataghon den Fuß des Hochpasses selbst erreicht. Sie heißen Tschorum, ein elendes Dörfchen, in dessen Sümpfen Schönborn keine antiken Ueberreste finden konnte, wie überhaupt auf dem ganzen bis zum Bergfuße reichenden Straßenzuge. Bon Tschorum übersetzt man euren jener Bergströme, den Kara Tschai (Schwarzfluß), der der ganzen Landschaft den 9?amm giebt, und erreicht westwärts von ihn: den Ort Awschar, welcher dem südlichsten Ende des Kajahissar Daghs vorliegt. Dieser Dagh streicht gegen Norden zum Jataghan Dagh fort, mit dem er in der Hauptkette zusammen­ stößt. Bon einem Bergstädtchen Kajahissar, das nördlicher von Awschar an seinem Abhange liegt, hat er seinen Namen, den Schönborn von den schwarzen Nadelholzwäldern ableitet, die einen Theil seiner Schluchten bedecken, obwol gegenwärtig der Wald nur sparsam hervortreten soll gegen frühere Zeit. Von Awschar wendet sich der Weg über Guidschak (richtiger Kjöidschük, d. i. Dörfchen) mit 500 Häusern nach Jataghan, der (Station mit 200 Häusern am Fuße des gleichnamigen Bergpasses, an dem noch von diesem Orte eine halbe Stunde weiter auswärts Weinberge mit gutem Ertrage sich erhoben, bis sie den meist baumlosen Thälern und nackten Höhen der Alpen wei­ den Platz machen. Von Jataghan läßt sich auch die zweite

876

Alein-Afiea.

§. 35.

GebirgSpassage über Tschukur gegm N.W. über dmChouaS Dagh bequem erreichen. Die östliche Passage von Iataghan und Kajahissar (d. i. Felsmschloß) soll nach Schönboru ein sehr bequemer Ge­ birgspaß in allmählig ansteigenden und wenige« nur geringeren, wenn schon steilm Absätzen als Gebirgsstraße nach Phrygien hinaus führen. Zwar hängen sie auch mit der nördlich« Kette d«S Chona» Dagh in fern« östlich« Fortsetzung« zusammen, da sie aber gegm Ost doch wmiger dicht zusammenhängen als gegm West, so sind auch die südlichern Theile der Randberge im Osten der großen Karajhk-Ebene bei Derekjöi (wo Eriza) von den nördlichem ganz getrmnt, wodurch ein Seitenpaß sich öffnet, der durch die Aus­ buchtung der Ebene bei Jumurtasch und Durdurkar mit der Gräberstraße vorüberführt, gegen N.O. nach dm Nein« Sem von Kajadibi, Nawlo und Buldur. Dieß ist ein Weg, an dem wol Arundell^) schon im Jahr 1834 am Chonas Dagh nach Dmizlü vorüberstreiste und der noch-weiter südlich von Durdurkar über die Durdurkar Äailassy nach Tefenü (Themisonium) und Pistdi« fast ohn« alles Ansteigm auf bloßem Rück« des Hochlandes au» der MilyaS «ach Pisidien begangm zu werden scheint. Dagegm ist der zweite westlichere Gebirgspaß von Tschukur über den hohen ChonaS Dagh viel beschwerlicher, aber auch directer, um über Denizlü zum Mäander und von da durch Phrygien oder Lydien sowol nach Ephesus als nach Stambul zu gelang«. Dieser Weg ist daher an dem Westende der hohen TauruSkette doch der besuchteste; er ist die gewöhnlichste Reich-straße der Tataren, der amtlichen Couriere der tür­ kischen Botschafter zwischen Adalia und Smyrna. Zu Corancez Zeit (1809)M) war si« für gewöhnliche Reisende noch nicht wrgbar geworden, da sie im Baba Dagh, wie heutzutage da» große System de» CadmuSgebirgeS heißt, durch die wildesten Raubhorden und Mörder für zu gefahrvoll gehalten wurde, daher er noch von der Karajyk Owaffy die sogenannte Denizlü-Route verließ und der westlichern DavaS-Route zum Mäander folgte. CH. Fellows*") scheint zwar dieser Route, aber doch-nicht auf der eigmtlichm Hauptstraße, sondern einig« östlich« Nebenwegen **) F. V. J. Arundeil, Discoverics in Asia Minor. 1834. Vol. II. p. 97. ") Corancez, Hin. !. c. p. 429. 30) Ch. Fellows, Account 1. c. p. 259-267.

Karajyk Bazar.

877

wenigst«- anfänglich gefolgt zu sein; seine Nammgebung« der (Station« sind so entstellt, und sei» Bericht von seiner Heimkehr so flüchtig beschrieb«, daß e» schwierig erscheint, sich vollständig darüber zu orimtir«; do verdient seine Angabe nicht ganz unbeachtet zu bleib«. Fellows kam von der Ostseite von Durdurkar» da­ rr ein Rumennest nennt, da- zu ersteig« ihn jedoch di« große Tage-hitze abhielt. Am folg«dm Tage, den 20. Mai, überstieg er dm ganz« Tag (gegen West) beschwerliche Gebirge über 5000 Fuß hoch, aber mit prachtvoll« Ueberblickm der weit« Eben« geg« S.W. bi- zu dm Daedalabergen, di« dort nördlich von Makri über der Küste hervorragen und geg« Süd bi- zu dm zackigen Schneegipfeln, auf denen die LanthuS» und InduSquellen «tspringm. Jenseit d«S Dorfe- Gumawfchar hatte man am frühest« Morgm ei« Dorf dm Iumurtasch (Voomahooda bei Fellow-, ob etwa richtiger Jumurta, d. i. Ei, oder Iaghmur-tasch, d. i. Regenstein? will Kiepert nicht mtscheidm) vorüber erreicht, daS «nter einer wildest« Klippe erbaut, von hochfliegenden Adlern umkreist wurde, die hier ihre Nester in dm oberm FelSgrottm beschützt«, wo auch daS Geschrei von rothen Enten (?) und am Fuße da- Ge­ flatter der Rebhühnerschaaren die Aufmerksamkeit auf sich zog. Bald sah er Ackerlmte, die auf den Flur« mit ihr« Ochs« dm Pflug, oder statt der Domsträuche, wie oft anderwärt», eine Art Harke über die Felder zog«, wol weil ebm hier kein Domgebüsch oder Wald die nackt« Flächen bewächst und da- Holz sehr rar ist, da höchst«- nur hie und da ein wilder Bimbaum aufwächst. Rach all« Richtung« hin sah man am früh« Morgm Züge von Landl«t«, meist auf ihr« Saumesel», die weite Ebme in bunt« Klei­ de« zum Marttorte Karajykbazar (Carreeuke bei Fellow-) durchzieh«, wo ein bunter Schuh-, Teppich- und Kleidermarkt von Tausend« wohlgeputztm Volke- au- der weil« Umgebung be­ sucht und Vieh zu sehr wohlfeil« Preis« zu hab« war, zumal fitine Kühe, Kälber und treffliche Pferde, letztere da- Stück für 250 Piaster (2% Pfd. Sterl. an Werth). Al- Taxe fordert« hier da- Gouvememmt 7 Prozent vom Ertrag der Emt«. Einige Grie­ chen warm hier, um den Handel mit Blutigeln au- den benachbarten Sümpfen zu betteiben, ein sehr einttägliche- Gewerbe, da­ hier erst seit ein paar Jahren in Gang gekommm war; durch das­ selbe sind die Sümpfe in Kleinasien auch dem Sultan durch die abzugebmde Pacht derselb« ganz einttäglich gewordm, die hier allein von dem lyrischen Distrikt auf 15,000 Pfd. Sterl. (?)

878

Klein-Asien.

§. 35.

angegeben wurde. Viele Schiffe werden aus den lyrischen Häfen alljährlich mit Blutigeln nach Europa und Amerika übergeschifft und von den Unterhändlern zur Pflege und Ventilation der­ selben in dem Schiffsräume begleitet. Der Bazar zu Karajyk verbreitete sich weit in die Umgebung nach allen Seiten, wo man außer ein paar tausend Kameeleu auch zahlreiche Pferde, Rinder und Kleinvieh zwischen den Marktbuden auf den grünen Wiesen umher weiden sah, ein sehr be­ lebter Anblick, der erst ernt Nachmittage, als der Herold den Schluß des Marktes verkündete, und alles Volk in die umliegenden Dorfschaften, die mitunter ziemlich fern lagen, heimzog, zu Ende kam. In den Häusern des Marktortes waren manche alte Fragmente ein­ gemauert, von denen ein paar Änscriptionen^) mitgetheilt wur­ den; doch schien alles aus späterer Zeit zu stammen. Den Boden der umliegenden Ebene fand Fellows an der Oberfläche sandig und unfruchtbarer als zuvor; unter dem Hufschlage der Pferde dröhnte er ganz hohl herauf wie vulcanischer Boden, und wirklich zeigte ein tiefer durch die Ebene gezogener Graben, daß dieses Plateauland hier gleich den Emporschwellungen des anliegenden hohen centralen Boden Phrygiens von einem Gemenge von Bimssteinsand wie aus anderen vulcanischen Aschen und Staubmassen mit porösen Kalktufflagern überdeckt war, welche hier der Vegetation überall so hinderlich sind. Erst weiter nordwärts dieses Bodens von 2700 Fuß Par. absoluter Höhe nach Kyzylhissar (2900 Fuß Par.) und noch weiter nord­ wärts nach Tschukur (3317 Fuß nach P. v. Tschichatscheff) hin wird er mit dem höher und höhern Ansteigen wieder fruchtbar und giebt reichen Ertrag. Vom Fuße des von hier bei Tschukur aufsteigenden Gebirgspasses wurde nach 10 Stunden Weges durch die Gebirgsthäler zwischen Chonas Dagh in O. und Tschukur Dagh (den gesonderten Gruppen des Cadmussystems, welche von Schönborn unterschieden wurden) von Fellows die Stadt Denizlü am Nordfuße erreicht. Einen Ersatz für diese unbefriedigende Schilderung der Gebirgspassage, bis zu welcher Spratt und Forbes nicht einmal vorge­ drungen sind, giebt rms Schönborn, der zu zwei verschiedenen Malen (im Jahre 1841, 18. bis 20. Oktober und 18. bis 20. Mai 1842)32) denselben Chonas Dagh von der nördlichen Denizlü31) Ch. Fellows, Account 1. c. p. 264. 32) A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1841. Bl. 12—17 und Bl. 71—72.

Gebirgspaß von Dem'zlü über den Cadmus. 879 Ebene

aus

zur Karajyk Owassy

hin überstiegen hat.

Da es

Schönborns Absicht war, von Denizlü, das auf dem Wege von Hierapolis (Pambuk Kalessi) und Laodicaea in Süden des Lycos in Phrygien liegt, von letzterer Stadt, die bei Eskihissar am Asoposflusse nur eine gute Stunde entfernt ist, über den großen Quer­ wall des Cadmussystems nach Davas (Tabae) in Carien ein­ zudringen, um von da auf der Heerstraße des Consul Cn. Manlius in die Cibyratis vorzurücken,

so schlug sein griechischer Führer

Kyriako ihm den directesten Weg nach Davas vor, der überden westlichsten Theil des Cadmus, über den Baba Dagh der heu­ tigen Bewohner geführt haben würde, wo zugleich auch Ruinen auf der Berghohe zur Untersuchung liegen sollten (die später als eine Kirchenruine auf deut Davas-Passe sich zeigten).

Aber

da dieser

Weg ungemein beschwerlich und auch wegen der dort stark abgehal­ tenen Eberjagd durch räuberische Jagdgenossen sehr unsicher sein sollte, so zog unser Landsmann die Hauptstraße über den Chonas Dagh und Tschukur nach der Karajyk Owassy vor. Nach längerem Aufenthalte

am 17. Oktober

zu

Denizlü

begann Schönborn seinen Abmarsch, obwol spät, da das Bisiren seines Passes bei dem Muhassil in der Stadt und die Besichtigung einiger aus dem benachbarten Laodicaea hierher verschleppten Mar­ more noch einige Stunden in Anspruch nahm. Zumal in der Aja Sophia fand er viele Prachtquadern mit den schönsten Reliefs und Säulenresten eingemauert, und in den Werkstätten der Gerber waren überall Sareophage zu ihren Wassertrögen verbraucht.

Erst

nach 1 Uhr verließ er die Thore der Stadt und zog nun VA Stun­ den entlang durch ihre Gärten, wie durch ihre schon abgeernteten Reis- und Baumwollenfelder, die reichliche Bewässerung zeig­ ten, dem hohen Chonas Dagh

gegen Osten entgegen.

Ueberall

waren viele Conglomeratblöcke über die Wege zerstreut, welche von den rebenumschlungenen Bäumen verschönert wurden, bis man die erste tiefere Seitenkluft mit einem Bache erreichte,

der aus einem

flachen Kalk- und Lehmhügel hervorbrach, an dem man zur Linken vorüberzog. Noch hatte man zwischen Gartengehegen drei Viertel­ stunden fern den hohen Chonas Dagh vor sich liegen, dessen tief eingeschnittene Paßlücke nun erst sichtbar wurde.

Diese scheidet

den westwärts des Chonas Dagh liegenden Baba Dagh von ihm ab, an dem sich wieder verschiedene andere Gruppen betheiligen. Die nächste dem Paß in West anliegende wird der Tschukur Dagh genannt; seine höchste Spitze liegt erst an seinem Westende, wo sein

880

Klein-Afien.

Z 35.

Kamm etwas abfällt, daun aber in -einer daranstoßende» FelSmafse, Zeitü« Iailassh (d. i. Olivm-Alpm) genannt, fich drei mächtige Kuppen erheben, von denen die mittlere die höchste ist; an ihrer Seite sollte die oben genannte direkte Straße nach DawaS in Ge» riot hinziehen. Noch weiter westwärts reihet sich ihm genau der Fundük Dagh (Haselnußberg) an, auf dem Ruinen einer alten Kirche liegen sollten; dann erst folgt noch der Gartschh Dagh, nordwärts der lllu (d. i. große) Gartschh Dagh, und nun erst springt gegen daS Südwestende die höchste Spitze, das krumme Horn des ganzen Zuge--hervor, da- insbesondere der Baba Dagh genannt wird. Alle- zusammen bildet jedoch nur eine gewaltige GebirgSmasse, welcher Längenthäler zu fehlen scheinen, die nur durch Querthäler unterschieden wird, derm obere Gebirgsrücken von mehr oder weniger abschüssigen IailaS eingenommen werden. Mehrere Kämme, die hintereinander hinziehen, mit Längeuthälern dazwischen, treten erst im westlichern Drittheile deS Baba Dagh selbst auf, und die von da au» zum Mäander hinzieheqde Fort­ setzung de» Gebirges, nämlich der mehr nördlich streichende Ulu Gartschh Dagh, ist wieder ein hoher GebirgSkamm, der dahinwärtaber zugleich auch wieder an Höhe abnimmt. Die westliche Höhe des Baba Dagh giebt die Bolotowfche Karte zu 5693 F. P. an, womit aber nicht der höchste CulminationSpunkt bezeichnet ist, der wol noch ein paar tausend Fuß höher aufsteigt. Nach ihm liegt Denizlü am Nordfuß im Thale nur noch 1261 Fuß Par. üb. d. M., daS Dorf Tschukur-kjöi aber über 2000 Fuß höher, näm­ lich 3317 Fuß Par. üb. d. M. Der russische Beobachter^) giebt die Richtung deS ganzen Sy­ stem» von 17 Stunden Länge im Mittel von O. nach W. streichend an, und zerlegt es in drei Abtheilungen von O. nach W., die er HonaS (d.i. ChonaS) Dagh, Zeitün Dagh (d.i. Olivenberg) und Baba Dagh (d.i. Baterberg), dm Cadmu» derAltm» nennt, und bemerkt, daß dem erstm und zweitm Theile sich gegen Süd da» ca rische östliche Grenzgebirge, der Boz Dagh (graue Berg) an­ schließe, die nordwestliche Höhe de« Baba Dagh aber bi» Arpa» Kalessi in die Südgegmd des Mäander reiche. Durch die Schlucht de- kleinen Gmpsinar (ist wol der Gjökbunar, d.i. blaue Quelle, bei. Schönborn gemeint) gehe die Berbindungsstraße zwischen Dmizlü und der Karajhk-Ebene; irrig aber meint er, die- sei die S3) P. de Tchihatcheff, Asie Mineure. Vol. I. p. 461.

Gebirgspaß von Denizlü Hber den CadmuS. 881 einzige, welche vom Mäanderthale »ach dem von allen Seiten durch Berge verbollwerkten Lycien führe. Auch die Länge des sogenannten Zeilün Dagh, der am 16. Mai an seinem Westabhange noch mit Schnee bedeckt war, hat auf der Karte eine nordwestliche Lage vom ChonaS Dagh erhalten, während er dem Texte nach (I. p. 262) doch in S.O. von Tfchukur liegen soll, daher wir die übrigen hierher gehörigen Angaben als noch unzuverlässig zu künftiger Berichtigung »erlassen, und da wir auch in Wrontschenko'S Abschnitt vom Baba Dagh") keine befriedigend« Belehrung in den allgemeine« namenlosen und anch charakterlosen Bergbeschreibungen finden, die »och jeder wissenschaftliche« Anordnung entbehren, so folgen wir für daS gegenwärtige specielle Bedürfniß nur der Wegbeschreibung SchönbornS: denn auch geologischen Aufschluß über dies ganze System haben wir noch keinen weder von Hamilton oder ForbeS, noch von v. Tschichatscheff erhalten. An der oben genannten Paßlücke deö Tschukur Dagh wird nun erst über einige Vorhöhen daS Gebirge des ChonaS Dagh aufwärts betreten; zwischen stachligem Eichen- und Dornbuschwerk und schönem Nadelholzwald erreicht man ein gnteS Tsckiftlik, Tetke genannt, daS zur Linken liegen bleibt. Dann steigt man int Hohlwege zwischen Kalkwänden hinan, die sich durch viele Höhlun­ gen auszeichnen, in denen sich bei der Hitze d«S Tages viele Geckos (Lacerta gecco, oder Stellio) tut Kühlen zusammenfanden. Auf größerer Höhe überschritt man einen starken GebirgSfluß, den Tschutur Tschai, der 8 Schritt Breite unv 1 Fuß Tiefe hatte, von der Höh« deS PasieS herabkam, nnd in feinem Westlaufe in unzählige Canäle vertheilt, die Gartengelände von Denizlü befruchtet und dem CadmuSflnsse, gleichnamig dem Berge, bei Strabo entspricht, der nordwärts in de« LycuS abfließt (Strabo Xll. 578). Nun mußte man in einem Dutzend sehr steiler Windungen in einem Hohl­ wege zwischen Conglomeraten, wie man sie auch zuvor tiefer hinab gefunken, zu bedeutender Höhe emporsteigen. Prachtvoll war von der nun erstiegenen Bergstufe der Rückblick in die reiche Ebene von Denizlü, welche sich von dieser Höhe auö doch auch mit ihrer Umgebung gegen die nördlichere . Seite durch Hügel als Ebene abge­ sperrt zeigte. Zur linken Seite blickte man hinab in die tiefe Schlucht, v. Wrontschenko, Klein-Asien, in den Schriften de« Krieg»-topogra­ phischen Depot». h»rän«geqeb»n von Gen.-Licutn. Schubert. St. Pe­ tersburg 1838. 4. Th. III. S. 20 ff. Ritter Erdkunde XIX. Kkt

**)

förituSlftcik

882

$♦ 35.

in welcher der obere Arm deS Tschukur Tschai noch zwischm üppigm Bäumm und Sträuchern dahin floß.

Die Fortsetzung der Straße

war ziemlich breit, der Boden bald ockergelb, bald röthlich; Laubholz blieb ihr zur Seite und erst später traf man wieder Nadelholz. Bald darauf nöthigte eine den

Weg

von rechter Seite

her

schneidende Thaleinsenkung auf sehr schlechten Wegen etwas bergab zu steigen;

zuvor zeigten sich ©puren einer einstigen Wasserleitung,

von der hier noch große irdene Trichter (V/t Fuß im Durch­ messer) sich erhalten hatten. Die flache Einsenkung, durch ein sehr frisches Grün ausgezeichnet, wurde auf einer Brücke von zwei Stein­ bogen, über einem 12 Schritt breiten Bache angebracht, überschritten, der dem Tschukurtschai zufloß.

Dieser Bach sprang einige 100 Schritt

fern vom Wege rechter Hand

aus

einer kahlen Felswand mit

großer Heftigkeit aus vielen Felsspalten hervor, und bildete sogleich einen kleinen von Schilf und Klee umwachsenen Teich, dessen Wasser bei großer Tageshitze doch nur eine Temperatur von 17—18" Cels. hatte.

Sehr heftige Windstöße von Süden

die Hitze

etwas ab.

Während

kommend

kühlten jetzt

man nun weiter einen zur rechten

Hand steilen, mit vielen Felsstücken besäten Abhang allmahlig hinauf stieg, blieb zur Linken die bis gegen 100 Fuß tiefe Schlucht deS Tschukur Tschai, über welchen der FelSrand des Chonas Dagh sich aber durchweg schroff und nackt zu entsetzlicher Höhe aufthürmte; nur sein unterer Fuß war hie und da bebuscht. südwärts

der

Kyzylhissar

Dagh

Gegen 4 Uhr wurde

(das Nordende deS (arischen

Grenzgebirges Boz Dagh) mit seinen zwei Kuppen sichtbar; hatte also

keine den Blick

man

dahin hemmende Paßculmination mehr

vor sich. DaS Paßthal, in daS man nun zienllich eben hineinritt, war eine halbe Stunde breit und nach kurzem Durchritt, um 4/4 Uhr, wurde eine Schlucht durchsetzt, menden Tschukur Tschai

die durch den von rechts her kom­

gebildet wurde.

Der Fluß selbst wurde

auf einer Brücke übersetzt und schon um 5 Uhr langte man im Dorfe Tschukur (d. i. Grube) an.

Es liegt auf einer kleinen Vergebene,

die durch daS Aufhören der im Passe zur rechten Seite befindlichen Felswand entsteht;

eine breite Einsenknng

zieht sich von hier

auS an der Südseite deS Baba Dagh (oder der Zeitün Iailaffy) zwischen ihm und

dem nördlichsten Rücken des Kyzylhissar Dagh

gegm den Nordrand der DawaS-Ebene hin.

Sie steigt zwar auf

eine bedeutende Strecke noch an, doch nur sehr allmählig. die Rücken des Kyzylhissar Dagh im Ost aufhören,

Da wo

führt dagegen

Der tiefe Querspalt de- Tschukurflusses.

883

zwischen ihm und dem ChonaS Dagh der Paß zur noch tieferm Karajyk-Ebene hinab.

Der nahe ChonaS Dagh selbst machte von hier auS den großartigste« Eindruck, da die ganze hohe, kahle, steile Felswand, die von N. gegen S. vom Rande der Denizlü-Ebene bis zum Rande der Karajyk-Ebene sich hinzieht, vor Augen lag. Nur die Schlucht an seinem Fuße fehlte noch, da der Tschukur Tschai nicht auf einer CulminationShöhe seines PaffeS, sondern an der Südseite des GebirgSsystems entspringt und den großen Erdspalt, der de» Cho­ naS- vom Tschukur-Dagh (in O. und W.) scheidet, von Süden nach Nordm quer durchsetzt, waS nur durch die große Höhe von Tfchukur, 3317 Fuß Par. üb. d. M. über Denizlü (1261 Fuß Par.) möglich ist, wodurch der Tschukur Tschai zwischen beiden Orten »och ein Gefälle von 2000 Fuß im Erdspalt selbst beibehalten muß. Seine eigentliche Quelle ist noch nicht bei dem Dorfe Tschukur, son­ dern er kommt erst von jener aus der Dawas-Ebene hingehenden Einsenkung herabwärts, und in dieser Richtung hin sollten seine Quellen Gjökbunar (weicher gesprochen Gjökmunar oder Diokbunar früherer Reisenden) erst aus einer Ferne von 2 Stunden Herkommen, von wo der Name auch auf den ganzen Fluß übertragm ist. Dieser Tschukur-Paß weicht also darin von fast allm an­ dern Gebirgspässen der Hochgebirge ab, daß er keine Wasser­ scheidehöhe als Culminationspunkt, sondern den Charakter eines tiefe» Einschnitts durch den Felsschlund de« gewaltigen Hochge­ birges zeigt, der von einem und denifelben Wafferlauf von der Süd- zur Nordseite durchzogen wird. Ob ein so seltenes Vorkom­ men seinen Grund in den fürchterlichen Erdbebenerschütte­ rungen der Umgebung von Laodicaea, den vielen dadurch gebildeten Höhlungen des Bodens und damit der verschwindende Lauf des Lycus, in den der Tschukur Tschai (CadmuSfluß) sich «gießt, feine Erklärung finden mag, worauf schon Strabo auf­ merksam machte (Strabo XII. 578), bleibt wol künftigen genaueren Localforschungm vorbehalten. DaS Dorf Tschukur fand Schönborn nicht «bm reizend, aber geziert war eS durch die prachtvollsten Nußbäunie und den Anbau der Fluren umher, wo Tabak und Mais üppig gediehen; die Frauen gingen hier ohne Schleier.

In der Nacht brachen gewaltige

Gewitter, Blitze und Donnerschläge und furchtbare Stürme los, denen Regenströme folgten, die alles überflutheten und vieles zerstörten. Von Tschukur verfolgte Schönborn gegen S.W. den

Kkk2

884

Klein-Afien.

§. 35.

Lauf des gleichnamigen FluffeS und hatte 4 Stunden anzusteigen bis zur Höhe von Kyzyldscha buluk, die schon auf jenseitigem Abfall der Wasserscheide in Garten liegt; aber schon auf der Hälfte des Weges dahin etwa erreichte er die Quelle des Tschukur bei dem elenden Dörfchen Tekke, wo nur ein paar Höhlen zu Komkammern benutzt wurden und einige 7 Fuß lange Quadern von einer großen Grabkammer zu sehen waren, nahe dem Sarowa Tschiftlik, etwa 700 Fuß im Aufsteigen betragend. Seine Schätzung der Höhenverhältnisie, welche den obigen Messungen ziemlich nahe kommt, war: wenn Denizlü an 1000 Fuß üb. d. M. liege, so würde Karajyk Bazar sicher über 2000 Fuß liegen, die Höhe von Tschukur etwa 2800 Fuß betragen und demnach die Wasser­ scheide gegen die Dawasebene etwa in einer Höhe von 3500 Fuß sich befinden. Schönborn ging die nächsten £atqe35) zwar durch die Einsen­ kung von Kyzyldscha buluk nach Carien hinüber, um dort nach Alterthümern sich umzuschauen, aber er kehrte bald auf dem Tschukurweg zum Karajyk Bazar zurück. Am Südfuße der südlichsten Ausläufer des ChonaS Dagh senkt sich der Boden in terrassenartigen Stufen zu derselben hinab über sehr steinige Ebenen, in denen man diese Rollkiesel in großen Haufen zusammengelesen, um die dazwi­ schen liegenden Räume zu Ackerfeldern zu benutzen, dazwischen hier nur noch einzeln stehende wilde Birnbäume wachsen. Ziehbrunnen mit sehr langen eisernen Ketten erinnerten an daS früherhin so be­ rühmte Gewerbe der cibyratischen Eisenarbeiter (s. oben S. 799), aber keine Ueberreste antiker Ortschaften waren hier zu erspähen; auch keine modernen türkischen Dörfer fand man hier, da sich diese fast überall nur außerhalb der Ebenen, dicht an und auf den Randerhöhungen derselben aufgebaut haben. Der Boden war durch die Hitze des vorübergegangenen Sommers nach allen Richtungen hin in tiefere Spalten geborsten und noch (am 20. Oktober) an keine neue Bestellung der jetzt meist gelben und dürren Felder gedacht, auch noch kein Frost eingetreten. Der Winter ist hier nur schwach durch EiS und Schnee bertreten, der in dieser Ebene höchstens nur ein paar Tage liegen bleibt, während er doch in Denizlü die Ebene öfter 8 Tage lang bedeckt, die Höhen des ChonaS Dagh aber ein halbes Jahr lang überdeckt. Die unabsehbaren Saatfelder müssen aber zur Frühlings- und Sommerzeit der Gegend ein uuge3S) Schönboru, Tagebuch. Nachlaß. Mfcr. 1841. Bl. 16 ff.

Der Bazar Chan am Karajyk Tschai. mein

erfreuliche- Ansehen geben.

Erst

885

am Nachmittag um halb

4 Uhr trat der Reisende in die vollkommene Ebene ein, die sich von W. nach O. über 2% bis 3 Stunden weit gleichmäßig ausdehnt. Die Richtung zu ihr war ostwärts dem steil abfallendm Karajyk Dagh entgegm.

Um 5 Uhr blieben einige kleine Gebäude (Tschift-

likS) von grünen Bäumen umhüllt rechts ab am Wege liegen; eine Viertelstunde später fanden sich auf einer Gräberstätte viele Qua­ dern,

so wie bald auch

auf einer zweiten, aber architectonische

Ornamente fehlten gänzlich.

Die letzte Stunde ritt man über eine

große reichlich mit Binsen bewachsene Wiese hin, und vor dem Orte überschritt man einen ansehnlichen Bach, Karajyk Tschai (ChaoS oder ChauS bei LiviuS, XXXVIII. 14 nach Cn. ManliuS Feld­ zug); um 5Uhr hatte man Karajyk Bazar erreicht, den Ort, der auch Bazar Chan oder schlechtweg Bazar heißt. Seiner Bauart nach ist er eine kleine Landstadt, doch sind die Häuser nicht bester als auf den Dörfern, nur ein Minaret, das erste seit Denizlü, zeigte den Ort schon von fern an.

Da am nächsten

Tage Markt sein sollte, so waren die OdaS (Gaststuben) schon voll von Gästen und man mußte in einem offenen Schuppen die Nacht zubringen, wo eS an Abwehr von Eseln und wilden Hunden nicht fehlte.

An der Dschamie, die keineswegs schön erbaut ist, fanden

sich zwei eingemauerte Inschriften,

eine dritte sehr lange mußte

uncopirt bleiben, da sie, zu hoch eingemauert, unleserlich war. Marmore, wie Säulenstücke waren auch noch zu sehen;

Andere

und an einem Stücke Laubgewinde

im übrigen Dorfe

nichts beachtenSwer-

theS, nur schien die Dschamie selbst auf der erhöhten, länglich vier­ eckigen Terrasse

eines ehemaligen Gebäudes

erst

errichtet zu fein.

Münzen waren nicht aufzutreiben und Cibyra, daS damals noch nicht aufgefunden, aber für diesen Ort in Anspruch genommen war, so viel ergab sich wol,

konnte

hier nicht gesucht werden,

da alle

großartigen Ruinen fehlten, obwol die Situation in der Mitte der sehr fruchtbaren Ebene für eine Hauptstadt der Cibyratis nicht un­ passend zu sein schien.

Die

östlichen Berge des

Karajyk Dagh

liegen noch eine gute Stunde fern, fallen aber so furchtbar steil gegen die Ebene ab, daß ein Ersteigen ihrer Wände von der Stadtseite her unmöglich wäre,

zumal da längs derselben auch die herabgestürzten

Trümmermassen wahre Hügelreihen bilden.

Die östlichen Fortsetzun­

gen deS ChonaS Dagh heißen hier Karaghatsch und bilden mehrere Hügelreihen gegen den Tschutur-Paß vortretend. Kajahissar Dagh

(gegen N.O.)

befindliche

Die südlich deS

Einsenkung

giebt eine

886

Alein-Afien
Stunden bis Medet, und gleich an der dortigen Gräberstätte zeigte sich ein vollständiges antiquarisches Museum; nirgends wie hier, sagt Schönborn, habe er eine solche Fülle antiker Reste beisammen gesehen. Antike Quadern, gewaltig dicke uncannelirte Säulen aus Kalkstein, andere gestreifte kleinere Marmorsäulen, verschiedene Gesimsstücke, coloffale Bausteine, alles die- stand dicht gedrängt beisammen. In der Mauer um den Grä50) Waddington in Revue numismat, Annee 1851. p. 240.

Heraclea am Salbacus.

901

berhof ist ein schöne- Gesim- mit dem Mäander - Ornament, ein Stück Kranz mit einem Widderkopf nnd manches andere Relief ein» gefügt. Auch der Marmor derselben ist von a«-gez«ichneter Schön» heit. Bon alten Bauwerken ist aber nur wenig übrig, vorzüglich aber der Rest eine- antiken Tempel-, der an zwei Seiten mit wohl­ erhaltenen Mauern mit der Dschamie an der Gräberstätte in Ber» bindung gebracht ist. Auch eine Necropole am Felsenabhang in der Nähe steht voll Sarcophage, wo auch Felsenkammern, die etwa­ verschieden von denen in Sebastopoli- sind, aber in den Ornament« von Schild und Spieß mit jenen übereinstimmen; an einem der Sarcophage sind drei Brustbilder in Relief, über den« ei» Kranz im Halbkreise sich hinwindet. Inschriften fand Schönbora keine, ermittelte Münzen waren römischen oder tabenischen Gepräge-; viele antike Quadern waren in die Häuser de- Dorfe- verbaut. Au» der Reihenfolge der carischen Städte, wie sie Hierocl. Synecd. oft auch bei andern Provinzen in ihrer topographischen Ordnung aufführt, ergiebt sich schon der Lage nach (Hier. Synecd. ed. Wessel, p. 688: „Aphrodisia- bei Geira, Heraclea Sal» böte, Tabae (DavaS), Apollonia, Sebastopoli- bei Khzhl» dfcha«), daß sie die Heraclea am Salbacu- fein wird, da jene insgesammt in der Richtung der Sttaße liegen, die nach Iasound Eriza in der Cibyrati- führten. AphrodifiaS heißt aber auf ihrm Inskriptionen der Monumente aud) Apollonia ad Salbacum (AnoXXtoVHtTwy Twr uno 2a}.{idxtj$)sl), wodurch die entstellte Ptolemäischc Schreibart Albaco- oder Albano- in Salbaco» berichtigt, wie auch durch Suida- bestätigt ist. Die im Sttaßenzuge folgende Tabae ist durch viele Inscrip» tione« an der Stelle der heutigen Davas bekannt. Weiter wird di« Heraclea Salbace (HPAIC4E1A AABAK0N02, bei Ptvlem. V. 2 auch irrig Heraclea ad Albanum) noch näher zum Boz Dagh, an dessen westlichem Aufstiege dann erst Sebasto­ poli« genannt. In ihren Ruinen ist zu Medet die antike Heraclea pros Salbaco von Schönborn wieder aufgefunden; beide Städte sind auch mit ihrem Beinamen Salbaco durch die Legende ihrer Münzen bestätigt51). Biele der dortigen Städte in Carien wie in Lycien haben häufig doppelte Namen, die ihnen Sl) Corp. Inscr. Graec. ed. Bocckli 1834. Vul. II. 310. Nr. 2761, nebst Commentar. '■') W. II. Waddington, Revue numismat. Anode 1851. I. c. p. 242 und Anode 1833. p. 172.

902

Alein-Afie«.

§. 36.

zu verschieden« Zeiten beigelegt wurden. Bon dm Rum« von Medet, bi- wohin einzelne niedere Berzweigungm des SalbaeoS (Boz Dagh) reich«, verfolgte Schönborn auf einem Steinwege, dem sumpfige ungangbar scheinmd« Stell« der (Stete zur Seite lieg«, den Weg über Soulmaz (d. h. nicht friermd) und dann mehr südwestwärtS zwischen mehrerm eigenthümlichen Bergfchurrm hin, welche der Umgegmd eigmthümlich sind, über eine Brücke zu den weitläufig« Gräberstätten von DavaS. Dieser Ort liegt auf dem südlichsten Ende einer sanft aufstrigmdm Fläche, die zuletzt in senkrechten Wänden gegm Süd und auf beiden Seiten der Stadt in O. und W. wol bi- 200 Fuß hoch ganz steil abfällt. Die Stadt ist von bedeutender Größe, hat sehr enge Straßen und liegt auf dem höchsten Theile der Fläche mit mehreren Dschamim, einem Verkaufs» platz voll Buden vieler Handwerker. Prächtig ist von ihrer hohm Lage der Blick auf dm Boz Dagh gegen Ost und südwärts auf die unendliche Reihe feiner Verzweigungen in hintereinander aufsteigmden Rücken, die aber alle gegen West, wo sich auch der Dava» Dagh vorüberzieht, immer niedriger werden und von zahllos« Thälern durchschnitten einen merkwürdigen Einblick in das seltsame Gewirrc der welligen Erhöhungen der carischen Landschaften darbieten, aus dm« nirgends mehr ein höherer Berg hervorragt. Bei guter Beleuchtung soll man gegen S.W. den Spiegel de- Meeres erblick« können, aber nicht dahinwärt- gegen ©iltet51) geht die Senkung der DavaSthäler mit ihren Bachläufen, sondern gegen W. und N.W. durch daS Ienidere (HarpasuS) und noch südlicher bei Mughla sich entspinnmden Tschinar- (MarsyaS) Thal mit demFlustezum Systeme des westwärts strömenden Minderes (Mäander) gehörig, mit welchem als dem südlichsten jener Parallelströme Westasiens (Anatoliens) auch die dritte Abtheilung der hydro­ graphischen und orographischen Gliederung derselben Halbinsel ihren Anfang nimmt, die wir durch die gleichlaufenden Längenaxen der Parallelkettcn und Parallelthäler von Ost gegen West bezeichnet haken (Kleinasien Th. I. S. 41). Wir kehren daher von hier, nachdem wir nur die westliche Verbindungsstraße der cibyratischen Landschaften nach Carim und dem fernen Borderasien, die zuvor unbekannter geblieben und nur einmal von Corancez^) über DavaS durchzog« waren. ") Schändern, Programm a. a. O. S. 12. p. 429—431.

'*) Corincez, Hin. I. c.

Der mittlere Lauf de- GereniS Tfchai.

903

dem aber noch viele- zwischenliegende entging, waS «»- durch die vorherigen Wanderungen unser« Land-mann- näher beleuchtet tourbe“), gegen Ostm zur Verfolgung de- tiefen Stromlaufe- de- Dolamau Tschai zurück, deffen westliche Schranke uu- nun theil« weift schon näher bekannt geworden. Schonborn aber verfolgt« voa Davas, wo er nur wenige Reste der antikm Tabae, deren Fragmente weit umher verschleppt wurden, doch auch einige In» scriptionen, Fundamente, Grotten und andere Bestätigung der Identität derselben Lokalität alter und neuer Zeit in hinreichen­ dem Äkaaße vorfand, seine Wanderung gegen Nordwest zum Mäander und nach Smyrna. Doch finden wir denselben uner­ müdlichen Wanderer schon früher, im Herbste de- vorherigen Jahre-, wieder am südlichen Laufe de- Dolaman Tschai in Thätig­ keit, zu dessen Thale wir jetzt erst weiter einschreite« können.

Erläuterung 2. Der mittlere Lauf de- GereniS oder Dolaman Tschai von der Karajhk Owassh südwärts bis zum Einfluß des Gürlik Tschai und dessen Quellströme auf der großen cibhratischen PlateauQuerstraße von PirnaS bis zur Wildniß von Gürlik kjöi.

Von dem Karajyk Bazar legte Schönboatn (am 20. Ok­ tober 1841) H) in einer halben Tagereise seine» Weg zum nördlich« Eingänge in das Dolaman Tschai-Thal bi» Tscharyklar zurück, von wo er nun seine Entdeckungsreise den ganze» Stromlauf entlang, in dem ihm noch kein anderer Reisender vorangegangen war, bi« zu der Mündung de- Strome«, de« Indu« der Alten, zurücklegte. In Tscharyklar fand er nach etwa 5 bis 6 Stunden Wege- sein erste- Nachtquartier. Er überschritt nah« dem Markt­ orte, von dem er um 1 Uhr abritt, einen Bach, der dem Karajykflusse, welcher auch Aligöz von ihm genannt wird, zufließt. Dann zog er über binsenreiche Wiesm und schwarze Moorflächen, die durch die Sommerhitze ganz ausgedörrt von tiefen und großen Erdsprüugeu aufgespalten durchsetzt wurden, wo an vielen Stellen sich zeigte, daß selbst da- Gras bis aus die Wurzeln von der Sonnen") Schbubora, Programm a. a. O. S. 12—15. “) A. Gchöaboro, Tagebuch. Nach!. Rscr. 1841. 20.-29. Oktober, Bl. 18-24.

904

Klein-Afien.

§. 36.

Hitze durchbrannt war. Der Ritt ging gegen S.S.W., etwa in der Längenrichtung der Ebene, die eine Ausdehnung von 3 Stunden einnimmt, wurde der Sumpfboden des Aligöz durchsetzt, indem man sich mehr *en sandigen Höhen und dem östlichen Abhange de- großen HauptflusieS, des GereniS Tschai, näherte, wo derselbe an seiner Südwendung eine Breite von 12 Schritt einnimmt. An seiner Westseite stieg die östliche Borhöhe im Süden des DavaS-PasseS schon ziemlich schroff und hoch, aber ganz kahl empor. Ueber dem Orte Tscharyklar stiegen zwei seiner Kuppen majestätisch, wahre Wolkenträger, die Wetterpropheten genannt, empor; um nach dem Dorfe an dem Ostufer des Stromes zu gelangen, hatte man die erste Brücke zu ihm überschreiten müssen, die elementarisch genug gebaut war, denn sie bestand nur aus einigen Balken, die man mit einer Menge von Baumästen quer überlegt hatte. Die Dörfer, welche man bis dahin getroffen, waren noch alle von ihren Bewohnern verlassen. Zweiter Tagemarsch (21. Oktober). Mit dem südlichen und westlichen Fortschritt im Dolaman Tschai-Thäte nahm von Tscharyklar die Cultur desselben, so wie man sich mehr und mehr von der cibyratischeu Fruchtebene entfernte, auch mehr und mehr ab; nur einzelne für sie so characteristische wilde Birnbäume drangen noch in daS immer enger werdende Thal ein; bald begleiteten ihn Weidenbäume und schöne Platanenreihen und zur Seite blieben noch Felder mit Tabak und Mais bebaut; höher auf zeigten sich hoch­ stämmiges Nadelholz und Iuniperus-Arten; nur wenig Seitenbäche traten zum Strome. Nach den ersten zwei Stunden des Marsches traf man bei dem Dorfe Kelektfchikjöi eine Grabstätte mit einigen Marmoren, eine Stunde später zu Aktschakjöi (etwa in gleichem Breitenparallel mit den Ruinen von Cibyra am östlichen PirnaS, wol in einer guten Tagereise Ferne gelegen), ein, trauriges Dörfchen mit kleiner Biehheerde und wenig Menschen; um 11 Uhr eine schlechte Knüppelbrücke, die zum Westufer deS hier GereniS Tschai genannten Stromes hinüberführt, der schon sehr breit, ungemein rasch und völlig unfnrthbar geworden war. Auf der rechten Ufer­ höhe liegt noch das Dorf Göldschük eine Stunde fern von Aktscha­ kjöi. Der Reitweg ging aber an den Thalabhängen zwischen Busch­ werk hin bis zu einer zweiten Knüppelbrücke, bei der man in großer Hitze des Thales, bei 51/, Stunden Ferne von Tscharyklar, ganz ermattet einen Halt machte, nahe bei Iekentö. Bon hier sollte gegen Osten zum Pirnas-Thale hinüber der Ort Mekir Bazar

Mittler Lauf des Gerenis Tschai; ©Mts kjöi. 905 5 Stunden fern liegen, und gegen S.S.O. da- Dorf Tachtalhkjöi (Bretterdorf) am gleichnamigen Bergstrome, dem vom Mekir Bazar gegen West der Gerenis Tschai zufließt. Je weiter südwärtvon da, desto schroffer wurden die Abhänge deS Thales, desto mehr schienen die Seitenberge an. Höhe zuzunehmen, aber nur scheinbar, weil die Thaleinschnitte tiefer wurden; erst südlicher werden sie wirk­ lich hoher. Die anfängliche größere Zahl der Uferdörfer nimmt mehr und mehr ab und hört endlich fast ganz auf, weil dann die Uferwände de- Boz Dagh ganz weglos werden und auch der Mangel an Brückenverbindung, wo der ©front undurchsetzbar wird, jeden Berkehr hindert. Da- Thal vereinsamt ganz und wird zur wahren Einöde^). Um 3 Uhr eine halbe Stunde südwärts Jekentö hatte man an der Westseite des Stroms das Südende des hohen kahlen Berg­ rücken- de- Boz Dagh erreicht; da keine größeren Seitenthäler zu der engen Thalkluft hinzutraten, die wie ausgestorben war, ohne Stege, ohne Brücken, und ohne alles Futter für die Pferde, so mußte man die Thalschlucht verlassen und den Algy Dagh, der sich an seiner Ostseite erhob, auf meist sehr beschwerlichem bröckligen Kalksteiugeröll übersteigen, von dessen Rücken man dann gegen Süd ein kreideweiße- Gebirge mit Kiefern bewachsen vor sich liegen sah, zu dem man aber steil hinabritt, weil in ihm ein großer Zufluß von O. gegen W. vorüberfloß, an dem einzelne Häuser in frischen grünen Stellen sich zeigten. Der Weg hinab führte zwar über ganz nackte Felsen sehr steil, deren Kalkstein wie zu Mehlstaub verwittert leicht in Wolkm zerstiebte; auf Zickzackwegen doch glücklich unten angelangt, befand man sich im Thale des Gürlik Tschai, eineFlusse-, der 15 Schritt Breite und 2 Fuß Tiefe hatte, über dessen Südufer der hohe Beschkazi Dagh emporragt, an deffm West­ gehänge hin der Gürlik Tschai gegen West in den Gerenis Tschai abströmt. Ein Dorf Gürlik kjöi, aus großen roh übereinander aufge­ türmten Baumstämmen oder Blockhäusern bestehend, liegt im Thale am gleichnamigen Strom, in dem ein anderer Zufluß von der rech­ ten Uferseite einmündet, an welchem jenes obengenannte Dorf Tachtaly kjöi am gleichnamigen Strome liegen soll. Hier ein Unterkommen zu finden war sehr schwierig, das ganze Dorf war in wildem Aufruhr mit einer Jagd gegen einen wahrscheinlich tollen Hund ,7) Schönborn, Programm a. a. C. S. 15—17.

906

Klein-Afien.

§.36

begriffe«, den sie zu Faß und zu Pferde verfolgt«, der ihnen aber doch in dm Wald entgangm fein sollte; sie schlossen ihre Haus­ thüren gegen die Fremdlinge ab und mieden sie förmlich. Nur nach langem Umhertreiben gelang eS Schönborn, am äußerst« Ostmde veS Dorfes beim Ortsobersien, Wekil, ein Unterkommm zu find«, der aber sein Schweig« gegen sie kaum unterbrach. Doch erfuhr« sie, daß der Ort 8 Stunden von Tscharhklar, 8 Stunden von Gjödsche kjöi entfernt und Dolaman kjöi noch 4 Stunden weiter liege, wo der Dolaman in daS Meer fließe (offmbar ein Irr­ thum). Der Gürlik Tfchai fließe gegen W. in den GereniS ein, erhalte aber feine Wasserfülle von Ost her durch dm Denek Tfchai, der sich mildem Gürlik Tschai vereint zum GermiS ergieße. Von diesem nun vereinten Zustrome an verlor der weitere Verlauf deS GermiS Tschai diesen Namen und wurde durch die nun folgende große Wildniß seines Thalgebietes mit dem Namen Gürlik Tfchai, dem feines Zuflusses, belegt. Da es in diesem ungastlichen Bergdorfe kaum möglich war, sich Brot zur Fortsetzung der Reise durch die ganz ungebahnten Wildniffe umher zu verschaffen, wo weder Mmschenwohnungen oder Ort­ schaften, noch Wegweiser zu finden warm, so suchte sich der griechische Diener SchönbornS nur in soweit zu orientiren, um den weitern Weg gegen Süd zur Mündung des großen Stromes fortsetzen zu können. Gern hätte Schönborn nähere Erkundigung über den Ursprung und Zufluß deS Gürlik» und Denek-Tschai zu erhaltm gewünscht, da sie von der Nähe der PirnaSquelle am West­ gehänge des MafsicytuSfystemS und westwärts des PirnaS-PaffeS (f. oben S. 864) herkommen mußten, worüber bisher völlige Unwis­ senheit herrschte; aber von dem schweigsamm und unwissmden Wekil war nichts zu erforschen. Daher entschloß sich SchLnborn, auf feiner letzten Rückreise von Makri nach Smyrna, direct gegen Nord über die westliche Fortsetzung des Ak Dagh (MassicytuS) west­ wärts des PirnaS-Passeü sich über daS Quellgebiet des OstzufluffeS zum mittleren Dolaman Tschai zu begeben und nun am Gürlik Tfchai noch zu orientiren, der hier die wichtigste Quer­ straße in der südlichen CibyratiS, welche einst wol eine vielbegangme gewefm fein mag, obwol sie heute eine fast verödete ist, von Bnbon über PirnaS zum Dolaman Tfchai-Thale und nach Gatten hin vermitteln konnte. Wir schalten diese Episode über dm Querpaß hier nur ein, um dann weiter unten sogleich den Thalweg im untern Dolaman Tfchai zu verfolgm.

Der Ostzufluß d. Gürlik Tschai z. Dolaman Tschai. 907 Anmerkung. Der Zufluß des Gürlik Tschai, Ostzufluß zum Dolaman Tschai, und das Gebiet seiner Quellströme in der westlichen Gliederung des MassicytussystemS 58). Die Quelle des Pirnas Tschai und die Lage von Buben am PirnaS ist uns aus obigem bekannt. Der Pirnas entspringt auf dem Pirnas Jailassy am Nordabhange des hohen Garkyn Dagh, der als Uebergang vom Ak Dagh zu den westlichen Gliederungen des Massicytussystems genannt wurde. Auf Spratts Karte hat der hier bis zu 8000 Fuß hohe Berg den Namen Mastag Dagh. Drei hohe GebirgSgruppcn setzen die mächtige Quermauer, welche der Cra guS von O. nach W. im 8500 Fuß hohen Kartal Dagh bildet und das nördliche vom süd­ lichen Ly eien scheidet, von den oberen Lanthus-und Pirnas-Thälern gegen Westen fort; sie heißen Karanfil Dagh (Nclkenberg), Tschal Dagh (7220 Fuß hoch nach Spratts Messung) und die westlichste Güzil Bel Dagh, welche in der Rahe von Ak Kjöprü zum Ostnfer des unteren Dolaman Tschai reicht. Au dem Nordabhange, zumal dieser mittleren Gruppe, entspringen an den Nordgchängen des Tschal Dagh die Quellarme (Kirkbunar genannt) des Gürlik Tschai. Um sic auszusuchen, nahm Schönborn von Makri Abschied und stieg direct gegen Nord über die südlichen Gliederungen und Dorberge dieser Querketten zum Kesselthale von Üzümlü, und dann weiter nordwärts über Bcikjöi über mehrere dort aufsteigende Gebirgsterrassen fort, über welche verschiedene Passagen gegen R., W. und O. hinüberfuhren. Zum Theil über bewaldete Berge, zum Theil nur über mit Gestrüpp bewachsene Hochflächen, stieg man höher ans und ein vorzüglich besuchter Gebirgsweg ist hier durch eine beträchtliche Einsenkung über Ulukjöi, vielleicht der auf der Bolotowschen Karte nur als 935 Fuß gemessene Paß (?) von Garkyn Jailassy, der nach Pir­ nas hinabführt. Diesen nahm aber Schönborn nicht, sondern wählte einen mehr westlichen Weg, um zu den Nebenflüssen des Dolaman Tschai zu gelangen und eine Uebersicht der unbekannteren Gebirgsseite zu erhalten, (yr stieg zu einer ansehnlichen Bergcbene hinan, die sich bis an den Fuß de- hohen und steilen Tschal Dagh (Nestberg) hinzieht. Hier fanden sich in der ersten Viertelstunde des Aussteigens zwei lyrische Sarcophage, die ans quadratischen Unterlagen erhöht gestellt waren, mit Schilden, Delphinen und Helmen ornamentirt; bald darauf zeigten sich auch Gewölbe, Maucrrcste mit großen Quadern, Postamenten, cannelirten Säulen, ein Altar mit Thierkopf und Laubgewinde nebst größeren Gebäuden, also die Ruinen einer kleinen Stadt. 58) A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1842. 21. bis 23. Juni, Bl. 97 ff.

908

Klein-Afien

§. 36

Der folgende zweite Marschtag (22. Junij führte durch eine Ebene, durch welche ein Bergstrom, der Nif Tschai, vom Tschal Dagh gegen S.W. zum Golf von Makri abfließt.

An seinem Quellbache gegen N.O.

aufsteigend zur Höhe des Wasserscheiderückens am Tschal Dagh wurde sein Gegenstrom, der Kirkbunar, der gegen N.W. fließt, und bald darauf ein zweiter nordfließender Bcrgstrom, der Karanfil Tschai, erreicht, der nach kurzem Lauf mit jenem zusammenfließt, wo von mehr westlicher Seite ein dritter Bergstrom von G üzil Beli herabkommend, Karabail Tschai heißt. noch

Alle drei vereint, am Dorfe Karabail vorüberziehend, mehre Bergwasser auf,

strömen

nordwärts

nehmen

am Dorfe Denekkjöi

vorüber, wo sie von der Oftfeite den Dcnek Tschai aufnehmen, der wie­ derum

den

vom östlich

sich erhebenden Pirnas Dagh

herabkommenden

Bergstrom aufnimmt, an welchem der Bergort Bozb elen liegt. sammtzug dieser vereinigten Bergströme ist es, nek Tschai sich in den Gürlik Tschai

Der Ge-

der unter dem Namen De-

und mit diesem bedeutenden

Zuflusse durch die Kreidebcrge-Wildniß in den Dolaman Tschai unterhalb

des

gleichnamigen Holzdorfes ergießt,

wo Schönborn früher

übernachtet hatte. Bon Karabail ostwärts zum Pirnas Dagh führte der Weg schon im Norden des Hochgebirgsrückens

auf der Plateauhöhe nur durch blos

wellige Hochebene hin, welche keine 100 Fuß hohe Anhöhen zu übersteigen zeigte.

Zwar waren in der Mitte des Juni die dortigen Dorfschaften leer

von Menschen, da diese mit ihren Hecrden auf den höheren Jailas in der Sommerfrische campirtcn, dennoch hatte man hier die hohe Querstraße aufgefunden, welche von Bubon der Cibyratenstadt über die Plateauebene von Pirnas Jailassy,

Bozbelen,

Gürlik kjöi und von da,

Denekkjöi' zu der Passage des

wie sich bald zeigen wird, über

man Tschai bei Ak Kjöprü zum

carischen Gestade

den Dola­ (am Kjöigez-

See) nach Caunus (jetzt Dalian) und an die Handelsküste derRhodier nach Peraea führte; eine directe Verbindungsstraße, welche für die centrale Cibyratis und ihren Verkehr mit ihren Nachbarhäfen einst von großer Bedeutung sein mußte.

Da vom Dorfe Bozbelen gegen

den Norden zu keine Berghohe wahrgenommen werden konnte,

so führte

auch dorthin über den obengenannten Mekirbazar dieselbe sehr bequeme Verbindungsstraße nordwäris volis

nach Cibyra,

und

nach der Hauptstadt der Tetra-

gegen N.O.

ohne

alle Hemmung durch die

weite hohe Plateauebene über Gülhissar bis nach Tcfenü(Themisonium)

und

Mekir Dagh,

nach P h r y g i e n.

Weder der PirnaS Dagh noch der

die nach jener Richtung genannt werden, sind hohe weg-

hemmende Berge; sie gehören nur zu den niedern den Plateauboden characterifirenden

geringen

Höhenrücken.

graphischcn Gesammtverhältnissen

geht

Erst aus diesen oro-

die große Bedeutung der

cibyratischcn Kornkammern und ihrer Eisenhüttenwerke für die

Der untere Lauf de- Dolaman Tschai.

909

Nachbarländer hervor, denen ne Produkte zuführen konnte,

die diesen

in so reichem Maaße

versagt waren.

Am 23. Juni

besuchte nach dieser

interessanten Ermittelung Schönborn noch einmal die Ruinen von Bu­ bo u und Eibyra und eilte vvn da in seine Heimat. ihm am Gürlik Tschai

Wir kehren aber zu

und unteren Laufe des Dolaman Tschai zurück,

t»i> wir ihn im Herbst zuvor am 21. Oktober verlassen hatten.

Erläuterung

3.

Der untere Lauf des Dolaman Tschai,

von Gürlik kjöi an

mit den westlichen Seitenwegen zum Kjöigez-See und dessen Au-fluß durch den Dolaman Tschai zum Meere;

der CalbiS-

Fluß und die Ruinen der antiken Hafenstadt CaunuS

(Kavvog). Abmarsch vom Dorfe Gürlik kjöi (am 22.Oktober). Erst nachdem man sich mit Brot auf einige Tage versehen hatte, daS man auf der nachfolgenden Marschroute nicht vorzufinden erwarten durfte, wurde der untere Lauf des gegen West zum Dolaman-Thale vorüberströmenden Gürlikstromes zur Südseite hin überschritten und die nächsten steilen klippigen Berghohen hinaufgestiegen, wo kein Wafferlauf sich zeigte, aber die Wege den gayzen folgenden Tage­ marsch durch Hie harten und eckigen Klippen der morschen und zer­ trümmerten Kalkstein- und Kreideberge und durch die Schurren für die Pferde im höchsten Grade beschwerlich wurden. Unterhalb des Einsturzes deS Gürlik Tschai zum Gerenis Tschai ist dessen Engthal nur noch eine unzugängliche verengte Felsspalte, in welcher der Lauf des Stromes nicht mehr beobachtet werden konnte. Durch sie ist jeder Berkehr gehemmt und die schroffen östlich ansteigenbett Uferberge, deren wildes Gestein man übersteigen mußte, waren eine Folge der tiefen Einsenkungen von Flußspalten und des ZudrangeS deS von Osten her kommenden mächtigen GebirgSwalleS. Der Wald begann im großen Nebenthale in der Tiefe mit Platanen, auf den Höhen mit Pinusarten, wodurch eine freie Umsicht fast immer gehemmt wurde, wie auch durch eine wol 800 Fuß hohe aus nacktem Fels schroff aufsteigende Kalksteinmauer, die daS Thal der Ostseile begrenzte und nur stellenweise Durchbrüche von Regenrissen und Klüften zeigte. Nach den 3 ersten Wegestunden traf man beim Hinabsteigen von einer Hohe, um 12 Uhr, einen

910

Klein-Asien.

$.36.

ctenbcn Schuppen, Chan genannt, im Walde an, hinter dem daSteinbette eine- jetzt kecken liegenden Gießbache- die Gewalt seiner Zerstörungen in der winterlich« Regenzeit durch die großen Steinblöcke beobacht« ließ, die er in seinem Bette mit herabgewälzt hatte. Dann wurde wieder eine Berghöhe erstiegen, die ein« Blick gegm Ost auf da- obere Quelland de- Gürlik Tschai gestattete. In eini­ gen Dorfhütten wartete man hier die drückende Mittag-Hitze bihalb 4 Uhr ab, al« Gewitterwolken emporstiegen. An noch ein paar elmden Schuppen vorüber, Chan- an einer einst besuchter« BerkehrSstraße, die durch diese jetzt völlig menschenleere Wildniß hindurch­ führte, erreichte man gegen Abend um 6 Uhr in größerer Tiefe am Fuße des Berge- wieder ein Dörfchm von Wies« umgeb« und in ein« Myrtenwald, da- Zeich« de- TiefbodmS, gehüllt, wo wieder Mais und Feigenbäume da- Auge erquickt«. Um sich indeß von der rohen türkischen Bevölkerung nicht al- ungläubige Griechen verstoßen zu lasten, band sich SchönbornS Führer, der die Ungastlichkeit fürchtete, ein weiße- Tuch al- Turban um den Kopf, sich einem Moslem« gleich zu stell«, und erreichte so auch seinen Zweck, mißbrauchte aber in seinem Uebermuthe da- Wohlwollm der erheuchelten Glaubensverwandten, deren Gab« er nur schlecht erwiederte. Eine Erkundigung über die Umgebung« war daher nicht möglich. 23. Oktober. Nur schneller Fortschritt auS dem Orte, der ungenannt blieb, auf der großen Südstraße war rathsam, in die sich nun einige kurze Seitenbäche, Fiumar«, einmündeten, deren Schluchten durch die südliche Vegetation verschönert wurden, wie durch Ole­ ander, Lorbeergebüsche, Myrten und Granaten, die hier dichte Hecken bildeten. Hier endlich begegnete dem Reismd« einmal ein Zug lebendiger Wes«, eine Kameelkarawane mit ihren Führe«, die dem Mekir Basar gegm N.O. auf der Plateauhöhr mtgegmzogm. Nun wendete sich die Straße mehr gegen West zum Skome de- Dolaman Tschai, der die letzte Zeit hinter dm Berghöhen westwärts verborg« geblieben war, so daß sein Lauf auf der Karte eine Skecke lang nur hypothetisch durch punctirte Lini« eingekagm werden konnte. Hier traf man im Süden de- Uferdorfes Gürlik d« Skom so stark angeschwollm, wie dm Mäander bei Denizlü, dabei sehr tief und von reißmdem Laufe. Bald wurde hier die Prachtbrücke von 3 Steinbogen, 50 Fuß über den Spiegel deStromeS sich hinwölbmd, erreicht, die zum Theil au- Quader», ander« Theil- an- Bruchsteinen erbaut ist, aber sehr steil empor-

Unterer Lauf des Dolaman Tschai.

911

steigt. Der untere Grundbau der Brücke schien antik zu sein; sie hatte eine Länge von 10 Schritt und war 5 bis 6 Schritt breit. Sie ist wol die einzige Brücke dieser Art über den Dolaman Tschai, über dessen unteren Lauf bis zum Meere keine zweite be­ kannt ist. An der unniittelbaren Meeresküste geht überhaupt bei der Ungleichheit des Bodens und den Aus- und Einbiegungen des Ge­ stades keine große Landstraße aus Carien nach Lycien hin­ über, da hier die maritime Vorüberfahrt sich mehr zu einer Communieationslinie eignet. Zwar hat die Tabul. Peuting. Segm. IX. F. eine solche von Larimna nach Patara und Phaselis angegeben, die aber keine geradlinige sein konnte. Die Ak Kjöprü bleibt also ein antikes Zeugniß zur Vervollständigung dessen, was schon oben über die hohe Querstraße von Bubon und Pirnas durch die südliche Cibyratis nach Carien und der Peraea der Rhodier beige­ bracht ist (s. oben S. 908), die auch nach Cibhra führen konnte über Mekir Basar. Schönborn verfolgte nun, die Ak Kjöprü überschreitend, welche nur allein an dieser local dazu geeigneten Stelle stattfinden konnte, seinen weiteren Weg gegen S.W.; denn weiter aufwärts wird die enge Kluft des großen Stroms nndurchgehbar und weiter abwärts wird der häufig feine Umgebungen unter Sumpf und Ueberschwemmung setzende Strom zu breit, auch zu verzweigt, um überbrückbar zu werden. Bon hier an führte die Straße, welche an verschiedenen Stellen untermauert war, gegen West, während der Fluß seinen Lauf gegen Süd wieder unter dem Namen Dolaman Tschai fortsetzte, denn über der Brücke an ihrer Westseite liegen die Dola­ man Jailassy. Nur eine Viertelstunde in West der Brücke wurde ein rauschender westwärts herkommender Zustrom zum Hauptstrome, der Adschi Tschai (Bitterfluß), durchsetzt, der die wilden Geschiebe der Westgehänge des Boz Dagh bis hierher herabwälzt. Dann ging eS durch eine Thalmulde und 2 Stunden durch einen Kiefernwald, den viele Fußstege durchzogen, über deren Richtungen keine Menschen­ seele Auskunft zu geben sich vorfand. Auch Myrten, Oleander und zahllose Asphodelen wucherten umher in der Küstenebene, von deren Anhöhen man gegen Süd den ersten Anblick des Meeres um 6 Uhr gegen Abend in der Ferne erhielt und 7 Uhr mit der Nacht am Ufer des Kjöigez-Binnensees anlangte. Das gleichnamige Dorf Kjöigez, so wol am richtigsten nach L. Roß^) geschrieben, ") Kleinasien und Deutschland. S. 81; Kiepert, Mem. S. 77, Not.

912

Klein-Afien.

§. 36.

ist ein elender Ort, der, obwol dicht am See, keine Aulandestelle, keine Schiffe und keine Spur eines höheren Alterthums zeigte. Zwar stcht der See in keiner Berbindung mit dem heutigen Laufe des Dolaman Tfchai, obgleich eine solche in älterm Zellen nicht unmöglich gewesen wäre, da der geringe Zwischenraum zwischm dem unteren Stromlaufe ziemlich eben zu sein scheint, und großm Theils von Sümpfen und stehenden Waffern in UeberschwemmuugSzeitm eingenommen wird**'); aber feine Nähe an der Westseite der Dolaman-Mündung, die schon Pococke in dm Ufersee ableitet, mit der berühmten Stadt CaunuS an seinem AuSfluffe, gehört doch gewissermaßen mit zu dem Mündungslande der Gewässer deS großen Strom syst emS, mit dem beide sehr oft verwechselt oder identiftcirt worden sind. Erst durch HoskynS (1840)61) und Schönborn sind die hiesigm OrtSverhältniffe, die über die Lage der historisch so berühm­ ten antiken CaunuS und daS Land der Caunier auf der Südost­ grenze von Carien einiges Licht verbreiten, mehr als zuvor bekannt geworden: durch ersteren von der See-, durch letzteren mehr von der Landseite. Der kleine See, an deffen Nordostende der Ort Kjöigez liegt, nach dem auch der See genannt wird, von dem un­ kein antiker Name bekannt geworden, zieht sich in einer Länge von 5—6 Stunden weit von N. nach S. bis zum Orte Dalian (d. i. Fischbehälter), wo er seinen Ausfluß, Dalian Tschai gmannt, zum Meere beginnt; er ist etwa nur halb so breit wie lang und hat nach GraveS Sondirungen mit seinen brakigen Wassern nur eine Tiefe von höchstens 70 bis 80 Fuß. Durch den eine Stunde langen Ausfluß-steht er mit dem Meere in Verbindung, daS bei Südwin­ den seine Seewasser in den See hineintreibt und mit ihm die See­ fische, die dann den Anwohnern durch Fischfang Gewerbe und Nah­ rung geben. Das Oertchen Kjöigez (Keudjez-liman bei v. Tsch.) dicht am See ist von Gärten umgeben, hat eine Dschamie, bei der Säulenstücke liegen und wo sich auch die Trümmer einer verfallenen Kirche erhalten haben. Nach Fellows soll früher ein einhei­ mischer erblicher Landesfürst, ein Dere Bey, zu Kjöigez geherrscht haben, der dort einen Pallast bewohnte, der jetzt in Ruinen versank, sammt der daran stoßenden Caserne, in der seine Ianitscharen einst 60) S. Capt. (SJravcö Karte. 1848. 6‘) Hoskyns, Narrative of a Survey etc. in Jouni. of tbe Koy. Geogr. Soc. ot Lund. 1843. Vol. XII. p. 142—144 u. Leake, Heniarks ebtnd. p. 1G2 sq.

Unterer Lauf de- Dolaman Tschai.

913

haustm und das Land in Schrecke» setzten, durch willkürliche Er­ pressung und Raub es unzugänglich machten. Seit der Janitscharen» Vertilgung ist auch dir Macht des Dere Bey gebrochen, der einst seine 10 Krieg-fahrzeuge auf Raub ausschicken konnte, dessen Nach­ kommen aber vollkommen die Herrschaft des Sultan- fürchte» mußten. Die Bewohner der umliegenden Berge sollen Tschingane, d. i. Zigeuner, sein, von einem schönen Menschenschläge, die starke Pferdezucht treiben. (Segen N. und N.W. de- See» liegt eine schmale Ebene vor, gegen S. eine ausgedehntere Hügelebene, gegen N.O. erhebt sich der hohe Boz Dagh, gegen N.W. jenseit der Ebene die Hochfläche, auf welcher Mughla liegt, über welche hin­ weg in 12 Stunden ein Umweg nach DawaS führen soll, wohin von hier au- kein directer Weg bekannt war. Drei unbedeutendere Flüßchen: der Juwalla Tschai (falsch Iuwalaki bei HoSkyn») von O., der Irnama« Tschai von N. und noch ein dritter, der Kjöigez bei der Stadt, der 10 Schritt breit ist, führen ihre Wasser dem Ufersee zu. Der Juwalla fällt in drei Armen in einer Breite von nur 3, 6 und 14 Schritt von Osten her in den See, dessen Uferseite, durch welche der Landweg nach Süden gegen da- Meer führt, mit vielen Sümpfen und Sumpflöchern bedeckt ist, in welche die Pferde öfter bi- zum Leibe einsinken und der Reiter große Ge­ fahr läuft. Das Flüßchen hat nur geringe Tiefe von 1 Fuß, aber ungemein raschen Lauf. Die Vegetation in dieser wasserrei­ chen, heißen Ebene ist von einer ganz überraschenden Ueppigkeit und demgemäß ihre Thierbelebung. Fellows^) hatte schon im Jahre 1838 auf seinem Wege von TelmeffuS über Dolaman auch Kjöigez erreicht, von wo er nach Mughla seinen Weg weiter fortsetzte (24. April). Er war schon von der höchst malerischen Natur dieser carischen Landschaft überrascht worden. Biele Meilen hatte er durch die Ebene zurückgelegt, zwischen denm einzelne Felsspitzen mit Fichtenwäldern gekrönt hervorragten, hinter benot man gegen Süd öfter einen Blick in die Meeresbucht gewann. Die Vegetation war sehr üppig, zwischen Cyclamen und Iris wucherte wilder Lavendel, spanischer Flieder, weißer Cistu- voll Blüthen in 6—6 Fuß hohen Büschen, wilder Salbei (Salvia aethiop.) und 10Fuß hohes Heidekraut in dicken Stäm­ men; alle Felsen zeigten scharlachrothe Moo-bekleidung. Viele Bienen bauten ihre Nester auf den Bäumen und sammelten ") Fellows, Ausflug a. a. O. S. 124—125. Stil« Erdkunde XIX.

Mmm

914

Klein-Asien.

§. 36.

trefflichen Honig ein, aber an ihren Feinden, den schörrgefiwerten Bienenfreffern (Merops) fehlte es auch nicht; zumal viele Elstern, Dohlenarien, blaue Häher und Mandelkrähen, auch Singdrosseln und viele Nachtigallen belebten die reizeudschöne Land­ schaft, auch zeigte sich hier das gemeine braune Rebhuhn. Im Kj'öigez-See sah er eine große Menge Seekrabben. Bei seinem zweiten Durchmarsch von Mughla über Kjöigez durch Carien zum Dolaman-Flusse (1840 Ende März)^), erklärt er diese in Europa unbekannte Gegend für die schönste Landschaft der Erde, wo er auch die Menschen als wohlbekleidet, mit guten Ma­ nieren und im Gnitarrenfpiel wie in antiken bacchanalischen Tänzen elegant, geübt, schildert, den unbebauten Boden aber vegetationsreich an Ulmen, Platanen, Pfirsichbäumen, von Weinreben um­ schlungen, mit Oleander, Myrten und Granatbäumen geziert, welche die Ufer des Flusses entlang wachsen, und die Ebene voll Kameele, Büffel, Pferde; auch sah er zwischen den Schnepfen und Strandläufern viele große Schildkröten umherkriechen. Obwol im Spätherbst (am 24. Oktober),, wo schon viele Bäume entlaubt waren, die Platanen schon zur Hälfte gelbe welke Blätter trugen, standen, als Schönborn hindurchkam; die Granatbüsche noch in ihrem vollem Grün, eben so Myrten imt> Erlengebüsch, und treibende Grasung mit Fülle von Blumen schmückte den Boden. An allen Bäumen bis zu ihren 60 Fuß hohen Wipfeln nnd breiten Kronen schlängelten sich die mächtigen Weinreben oft in 1 bis 2 Fuß dicken gewundenen Nebenstöcken empor, und hingen mit ihrem mäch­ tigem Rebengehänge wie dichte Lauben oder Rebensäulen von 30 bis 40 Fuß Durchmesser die Bäume umklammernd wieder bis zur Erde herab oder bis zu den uml-erstehenden Büschen, und überzogen auch diese mit ihrem grünen Laub und Netzgeflechte, in das sich viele andere Ranken oft bis zum Undurchdringlichen verwickelten. So zogen sie öfter in 30 bis 50 Fuß dicken grünen Säulen von dem Busch und von Baum zu Baum hin. Nach der ersten Wegstunde vom AuSgange trat man, durch einige türkische Wegweiser zurecht gewiesen, auS der Sumpfregion hinaus auf freieren Boden, und nach der zweiten Stunde war man gegen das Südende des SeeS an seinem Ausfluß zum Meere vorgerückt, dessen Spiegel man von einem Hügel sich gegen Süden hinabwinden sah; in der dritten Stunde wurde Dali an mit seinen Hütten und einigen Steinhäusern

Die alte Stadt Caunus; Dalian.

915

erreicht, die meist von Grieche» bewohnt tomeben, die hier als Han­ delsleute, als Schiffer und Fischer ihr Gewerbe treiben, das ziemlich regsam zu sein schien. Ein griechischer Arzt war hier als Sanitätsbeamter gegen die Pest angestellt, aber eine Quarantaine fehlte. In vier sehr großen Windungen findet der Emissär an- dem See seinen Lauf zum Meere, die Fahrt auf ihm dauert aber zwei volle Stunden, obwol die directe Linie kaum drei Viertelstunden vom Meere aus betragen mag. Der kurze Fluß ist tief und trägt Reine griechische Schiffe (Karavine) bi- Dalian; weiter stromauf geht die Schiffahrt aber nicht, doch nur wegen des Wehrs, das den Fluß bei Dalian durchsetzt, welches wegen des Fischfanges erbaut ist. Vor­ springende FelSmassen können an der Mündung des Flusses die Schiffe gegen Südstürme schützen und der Flotte der alten Caunier einen sichern Hafenort bieten, di« durch eine bedeutende Seemacht einst einen Namen in der Geschichte hatten. Die Reste der altm Stadt CaunuS aufzusuchen, mußte man auf daS Westufer der Stro­ meswindung hinübersetzen. Sogleich kam man daselbst an mehrere Heroa und an 8 FelSgräber, die mit jonischen Säulen und Capitälern mit Giebeln, Zahneinschnitten und anderem geziert warm, vor­ über; auch lagen die Trümmer einzelner Säulen umher. DaS weiße Gestein hatte durch herabfließende Wasser eine ockergelbe Farbe er­ halten. Andere Gräber waren bloße Felsenkammern mit viereckiger Thüröffnung und andere waren bereits herabgestürzt. In einiger Ferne fand sich eine zweite Gruppe von Heroen, unter denen große Grabhöhlen zur Aufnahme ganzer Familien sich fanden, alle in Fels gehauen, und viele der Grabstätten mit Sitzbänken für die Leid­ tragenden versehen. Auch die Thüren der Grabstätten waren aulebendigem Felsen gehauen, alles war zertrümmert und erbrochm. In größerer Nähe der antiken Stadt zeigten sich noch viele an­ dere, doch fast nur einfache Felskammern an den Felswänden umher. Die Stadtruine, die zwar Schönborn keine Jnscriptionen darbot (doch hatte HoSkynS schon früher eine solche von der Seeseite her entdeckt, welche den Namen CaunoS enthielt), von der sich auch keine Münzen vorfanden, deren Lage aber an sich schon entschiedm die alte CaunoS zu erkennen gab, liegt etwa eine Viertelstunde entfernt von der modernen Dalian. Eine Fläche steigt hier sanft gegen Süd bis gegen 50 Fuß hoch auf und fällt dann etwas stark gegen die Meerseite ab, auf welcher die Stadtreste liegen, die von dem Sandyr Dagh genannten Berge in W. begrenzt wird, in O. durch einen abgesonderten ihr von 9t. nach S. ziehenden Höhen« M mm2

916

Klein-Afien.

§. 36.

rücken. Nach der Landseite hin war sie durch eine Mauer, die von Berg zu Berg reichte, und durch einen Graben gesichert. DaS größte Gebäude nach dem Theater war an der Fronte und der Ecke auS großen Quadern ohne Ornamente aufgeführt, und zeigte noch Ge­ mächer und offene Fenster nach der Meerseite zu, war aber nach der Landseite später zugemauert und mit älteren architektonischen Resten gestickt; wahrscheinlich in der späteren Zeit, da eine christliche Kirche neben ihm erbaut wurde, von der noch ein Kreuz über der Thür und gewölbte Gänge im Schiss ihre Bestimmung bezeichnen. Andere Bautrümmer liegen umher und zur Linken hat sich ein gro­ ßer Theil des Theaters mit 32 Sitzreihen erhalten, von denen der Blick der Zuschauer auf daS Meer fiel. Die Ausdehnung des halb­ mondförmigen Hafens läßt sich jetzt noch mit Sicherheit angeben, obwol er dem größten Theile nach heutzutage nur noch ein Sumpf ist, der mit dem Meere fast in keiner Verbindung steht; aber der Abfall zu ihm hin ist ganz regelmäßig geblieben. Er erscheint nur von kleinem Umfange; das ihm ostwärts liegende Waffer konnte einst auch wol zu seiner Erweiterung gehören, für antike Flotten dienen, die nicht größerer Räume bei der gewöhnlichen Kleinheit ihrer Schiffe bedurften. Dieses östlichere Waffer ist durch eine Sumpfstrecke von kaum 10 Minuten Breite von ihm entfernt und steht mit dem Dalian Tschai in Verbindung. Die sichere Rhede, die Strabo nennt, lag wol im Schutz der Felsen an der Mündung. Gegen die See zu war die Stadt durch Mauern, die zu beiden Seiten bis an die Berge reichen, geschützt und selbst, wie es schien, an einzelnen Stellen besonders vertheidigt. Eine geräumige Höhle liegt im Berge vor der Stadt gegen Ost. Wo aber einst der antike Weg zu dieser Stadt auf die Höhe führte, war nicht zu ermitteln, daS jetzige Em­ porsteigen war sehr beschwerlich, da der Felsabhang an vielen Stellen so steil war, daß man ohne Anhalt an den Gesträuchen die Stadt­ höhe nicht hätte erklimmen können. Auch die ganze Oberfläche des Bergrückens war so mit Dorngesträuchen und stachligen Gewächsen überwuchert, daß sich nicht überall durchdringen ließ und nur ein Theil deS Castells durchkrochen werden konnte, wo nur große Haufen von Steinen und Trümmern, aber keine Gebäude mehr zu sehen waren. Aber Mauern, öfter im Zickzack laufend, umziehen noch den ganzen Castellhügel und sind durch Ueberbauten, Borsprünge und hohe Zinnen unersteiglich gemacht. Man gab zwei Castelle an, welche der Stadt vorliegen sollten; obgleich nur das eine von Schönborn wahrgenommen wurde, so hielt er dafür, daß auch wol das zweite

Caunus an der Kjöigez-Bai.

917

noch bestehen und wieder aufgefunden werden könne, denn für ihn war die Hitze des TageS zu ermattend und die Zeit zu kurz, um alles vollständig zu erforschen, da ihm von 4 Uhr an noch ein Abendmarsch ostwärts bis zum Dolaman Tschai bevorstand. Bon der Seeseite her umschiffte HoSkyns^) auS der be­ nachbarten Bai Karadscha aghatsch Simon (PanormuS der Caunier) das Vorgebirge Kyzylburun, und fuhr mit seinem Ru­ derboote (am 15. Dezbr. 1840) in die anliegende Bai von Kjöigez ein, die in ihrem nordwestlichen Winkel eine kleine Bucht hat, wo die im Winter ankernden Küstenfahrzeuge ihre Ladungen einzunehmen pflegen. Dicht am Ufer, in der Mitte der genannten Bai, sah man ein Jnselchen liegen, und nahe dabei die Mündung eines, FlusieS, bei dessen Einfahrt zur linken Seite man alsbald die Mauern einer bedeutenden Stadt erblickte, die inan auch schon vom Meere-mit ihren FelSgräbern hatte unterscheiden können; sie stiegen vom Hasen­ ort auf, zogen über die Berghohe und endeten an einer senkrechten Klippe, die über dem Fluß hängt. Am andern Uferrande waren die Grabstätten in der Rahe des Meeres im gewöhnlichen hellenischen Style errichtet, aber gegen die Gipfel des Stadtberges waren sie in der ältesten cyclopischen Form (wol gleich den alten lycischen Gräbern) auSgehauen. Gleich die erste dort glücklich von HoSkynS gefundene Inscription mit einem Beschluß deS Volks und SenateS der Caunier (f. Nr. I. p. 158 und Leake p. 162) bestätigte die Identität dieser antiken Stadtlage mit den von Schönborn von der Landseite besuchten Resten.

Die Entdeckung deS Theaters

(mit 34 Sitzreihen), zur Hälfte ans dem Fels der AcropoliS gehauen, sowie die Reste von Tempeln, einem Bade, einem Aquäduct, einer christlichen Kirche und anderem bestätigte die von der Landseite ge­ machten späteren Beobachtungen. Im Süden des alten HafenS breitete sich jener Sumpf aus, eine gute halbe Stunde vom Meer, und an der Nordseite der Berghohe lagen die mit Buschwerk über­ wucherten Trümmer der Stadt auö dem Mittelalter, welche Schönbcrn zuerst durchschreiten mußte; der Fuß der Acropole wurde an ihrer Nordseite vom Strome bespült, die Felsgräber waren im Style derer zu Makri, ohne Sarcophage, die wenigstens HoSkynS bei ihnen nicht wahrnahm.

Das Dorf, bis wohin die

Schisse aufwärts fahren, um dort Weizen, Sesam und MaiS einzuladen, nennt HoSkynS irrig Palyani (statt Dalian). Am ") Hoskyni, Narrative 1. c. p. 143 sq.

918

Klein-Afien.

Z. 36.

Hafen wurden Fische gefangen, eingesalzen und Caviar (boturga) bereitet, waS nach RhoduS ausgeführt wird. Am Kjöigez-See fand HoSkhnS keine antiken Ueberreste, besuchte aber den dortigm Agha, der in einem ziemlich großen, aber verfallenen Pallaste wohnte, vor diesem Wohnsitz liegt ein von Griechen bewohntes Jnfelchen und zwei dergleichen noch weiter westwärts im See, desien brakischeS Wasier eine Breite von 2' , und eine Länge von 6 engl. MileS hat und nach Sundirungen doch eine Tiefe von 18 bis 78 Fuß engl, zeigte. Caunus gehört zu den häufig in der Geschichte erwähnten bedeutenderm Orten der Südküste Kleinasiens, weil sie der Insel Rhodos, die in so viele politische Welthändel verwickelt war, ge­ genüber gelegen, eine so bequem zugängliche und sichere Hafenstation war. Strabo (XIV. 651) bezeichnet ihre Lage von Calynda (nicht Xcx'Ai^y«, sondern wie bei Ptolem. V. 3 KdXwtia) aus für einen gegen West Schiffenden, daß dann Caunus folge und in der Nähe der tiefe Strom CalbiS (Kuvvog, xui noia/nog 71X17alov Kdlßig ßu&vg x. t. X.) mit einer Einfahrt und dazwischen PisiliS. Auch der StadiaSmuS giebt die Mündung des CalbiS als schiffbar an, und in Ptolemäns Karte steht der Fluß westlich von der Stadt CaunuS, so daß kein Zweifel sein kann, daß der tiefe Abfluß deS SeeS nicht der selbst an der Mündung flache und kein Boot einlaffende Dolaman Tschai, der sonst seiner Stroment­ wicklung nach als der bedeutendere erscheint, und doch von den Geo­ graphen außer PliniuS merkwürdiger Weise ganz übergangen wird, unter dem Namen CalbiS gemeint fei65). Diesen hielt Leake66) für eine bloße MetathesiS für CabaliS, das Land, aus dem der Strom herkommt; es ist aber, wie Schönborn und Kiepert richtig bemerkt haben, nichts als ein noch im heutigen semitischen Orient als Flnßname ziemlich häufiges Wort, das Hund bedeutet (hebr. Keleb, syr. Kalbo, arab. Kelb, z. B. der bekannte Nähr el Kelb bei Beirut, der von den Griechen mit ganz ähnlicher Bezeich­ nung slixog, „Wolf" genannt wurde). CaunuS, sagt Strabo, habe ein Seearsenal (vtwQta) und Hafen (Xi/ti-x), der geschloffen werden könne; über demselben, also auf *') Die berichtigte Zeichnung s. auf: Ora Asiae Minoris a Cibyra ad Miletum secundum Sladiasm. Maris M. b. C. Mullerus, Tabulae G. Gr. Min. Paris 1853. lab. XXV; vorzüglich nach Eapt. Tb. GraveS Aus^nahme 1848: Admirality Map. Nr. 1886. froin Karaghatch to Makry. 6 einige Stadien für den Rückzug de- Meeres oder das angeschwemmte Land hinzuzurechnen sein, wie dieß fast an allen Mündungen der Flüsse nothwendig sei. Wirklich scheint Ch. Fellows'^) wol die Ruinen der alten Calynda, nach 4 Stunden Weges vom Uebergang über den Dolaman Tschai, auf dem Wege nach Makri ge­ funden zu haben, obgleich sein Weg nicht genau genug beschrieben ist, um die Localität bei dem Dorfe, das er Binajah kj'öi nennt (Jnedsche bei Schönborn), bestimmen zu kennen. Eine gute halbe Stunde umher fand er viele Grabstätten in den Felsen ausgehauen und auch am Wege, eine gleich einem Tempelchen schön ornamentirt, und andere lycische Gräber gleich wie in Telmissus; es halte Triglyphen und zwei Schilde als Ornamente. Leider wurde keine Zeichnung davon genommen, aber in fast allen folgenden Klippen am Wege fanden sich ähnliche Gräber. An dieser Stelle veränderte sich die geologische Structur des Bodens, da hier auf der einen Seite graue Marmorketten in orangerother und gelber Färbung, mit üppiger Vegetation bedeckt, hinzogen, geschieden durck ein Thal von einer Schieferformation, dahinter die grauen In­ seln von Makri im blauen Meer sichtbar wurden. Zn den toitbesten Felsschluckten zeigten sich die mehrsten Gräber imb die Reste ") Leake l. c. XII. p. 163 in Remarks zu Hoskxns. Acvount of Discov. l. e. p. 103—103.

:6) V.h. Fellows,

Nnn 2

932

Klein-Asien.

§. 36.

einer antiken Stadt. Es waren uralte, colossale rohe Quadern als cyclopische Mauern aufgehäuft, denen nur steint Steine oben aufgelegt waren, während viele der Felsvorsprünge zu Gräbern im lycischeu Style auSgehauen waren, wie sie Fellows auf tab. p. 104 in vier verschiedene Formen als characteristifch für daS Land dargestellt hat. Er schloß daraus wol mit Recht, daß er auf der Grenze von Earien und Lycien angekommen fei, jene Stelle an den calyndifchen Bergen, bis zu der einst die Carier die fremden Götter aus den Lüften durch das Schlagen ihrer Speere gewaltsam vertrieben, daher hier wol die alte Calynda liegen mußte. Ist dies wirklich Calynda, so liegt sie nicht fern vom Meere auf einer Berghöhe und wird also wol auch ihre Hafen­ stadt am Meere gehabt haben; denn es hatte diese Calynda zu lerzeS Zelt einen König DamafithymoS, der selbst auf seinem Schiffe das Commando gegen die hellenische Flotte führte, aber mit ihm und seiner ganzen Mannschaft zu Grunde ging (Herod. VIII. 87). Groß wird die Stadt ihrem Umfange nach nicht gewesen sein. L. Roß sah dieselben Ruinen und sagt, das Tempelgrab habe 10 Fuß hohe Säulen mit dem Gesims und zwei Schilde alOrnament; was Fellows für Calynda nach Herodot hielt, hatte HoSkynS für Daedala angesehen?7). Leake schienen PisiliS wie Chydae, identisch mit Clydae, nur maritime Anlandungen für Calynda gewesen zu sein. Crya (CryassuS bei Plutarch und Steph. Byz.) sei westlicher gelegen, eS wundere ihn nicht, daß man in der modernen Stadt Rhodos eine Inscription mit CryassuS und Chalce (die noch-heute sogenannte Insel Chalki) gefunden habe, da beide Ortschaften einst Eigenthum der Rhodier gewesen (d. Inscription s. bei Leake)^). Der StadiaSmuS Mar. M. setzt Clydae zwischen Pedalium und Crya an. Daedala setze Hoskyns an seine richtige Stelle, da sie nach Plinius und Steph. Byz. den Inselchen gegenüber liege, von denen drei zu CryassuS gehörten und zwei zu Daedala; die Cochlia (Koyh'u) des StadiaSmuS entspreche wahrscheinlich der Koyhovau (d. i. Muschel-Insel oder Bank?), welche Steph. Byz. als eine Insel von Lycien nennt79). DaS Cap Artemisium, sagt Hoskyns^) in der Fortsetzung 7') L. Roß a. a. C. S. 78. :*) M. Leake, Journal os a Tour in Asia Minor I. c. London 1824. 8. p. 22 4, Nut. a. '") Leake in Remark9 zu Hoskyns I. c. p. 103. *’") Hoskyns, Narrative of a Survey etc. I. .

Hoskyns Küstenfahrt an Daedala vorüber. 933 feiner Küstenbeschreibung, ist ein rauhe- und kühne- Vorgebirge, da­ fast eine Insel, nur durch eine neuere Mauer auf dem schmalen IsthmuS vom Festland abgetrennt ist; seine Küsten sind sehr zer­ rissen, mit mehreren kleinen Häfm, die aber alle zu tief zum Ankern sind, ausgenommen der kleine Hafen Käppi, Ein enger, aber sicherer Canal trennt die Insel Nero Nisi (d. i. Wasserinsel) von dem nordöstlichsten Borsprunge de- Prom. Artemifium. Dieser zu­ nächst liegt gegen Nord die Insel Tersane (d. i. Arsenal), die nur durch einen langen und engen Meere-canal von jener geschieden ist. Diese kleine Tersane ist doch sehr fruchtbar, nährt viel Vieh, hat Ueberfluß an Rebhühnern, und da sie dem Festlande ganz nahe liegt, wird sie auch von vielen Schakals und andern wilden Thieren besucht. Sie steigt steil und rauh von allen Seiten empor, hat aber auf ihrer Höhe eine zwar kleine, aber sehr fruchtbare Ebene, welche den vortrefflichsten Tabak trägt. An der Nordostseite der Insel ist ein kleiner Hafen mit Griechendorf, da- von Trümmern au- dem Mittelalter umgeben ist. Diese beiden Inselchen sind wahr­ scheinlich die alten Carhsi- und Alina, welche die alten Geo­ graphen zu Crya rechneten. In einer kleinen Bai des Festlande» im Norden der Insel Ter sän a liegen an der Seite eine- steilen Abhänge- einige Fels­ gräber und Ueberreste einer hellenischen Feste, welche wahrschein­ lich die Crya der Alten ist; auf einem lycischen Grabe daselbst wurde eine Inschrift in lycischen Characteren copirt (s. Nr. 2 l>. 158 b. Hoskyns). Im Norden von Tersana folgen mehrere Inselchen und Felsen, die bei den Griechen Stavro Nisia, d. i. die Kreuz-Inseln, heißen; die im Norden derselben heißt Hagia Kyriaki (heiliger Sonntag). Alle diese bestehen aus Serpentin­ gestein, einem Plutonischen Gestein, das an vielen jener vorsprin­ genden und zerrisienen Vorgebirge und Inselgruppen am Südrande LycienS nicht selten ist (wie am Ostrande deS Cap Chelidonium, f. oben S. 744 ff.). Sie geben den Ziegenheerden gutes Futter; der von ihnen eingeschloffene Raum heißt Golf Scopea, trefflich geschützt, aber zu tief, um daselbst ankern zu können. Jede Bai, jede Insel, jeder Bach an diesem Golf zeigt Ruinen aus dem Mit­ telalter, ein Beweis früher starker Bevölkerung; jetzt ist fast alles menschenleer. Im nördlichen Winkel des Golfs liegt ein Coujek Limani, sagt HoSkyns, es ist daS Dorf Güdschek bei Schönborn. Den darauf östlich folgenden Inedschi Tschai bei dem gleichnamigen Dorfe hielt HoSkynS für daS alte NinuS

934

Klein-Aflen.

§.

37.

(Iniji nach englischer Schreibart), dessen kleines Thalgebiet ihm als sehr gut angebaut und höchst pittoresk erschien, während er auf der Westseite des Thales auf die Anhöhe die Lage der antiken Stadt Daedala^) mit großer Wahrscheinlichkeit verlegt, wo zahlreiche Grüfte im lyrischen Gräberstyl in die Felsen gehauen sind, von denen einige vortrefflich gearbeitet waren; auch eine Acropole zeigte sich auf einem isolirten Felshügel, auf dem wenigstens die Ruinen von Brunnen und einer großen Cisterne noch sichtbar waren; aber Inscriptionen fand man keine. Doch hatte man hier ent­ schieden den Boden der alten Lycier betreten, wie dieß die Grabstätten bezeugen. Bon hier an streicht die Küste mehr gegen Südost; die Serpentinsteinketten enden gegen Süd in mäch­ tigen FelSabstürzen; im Winter stürzen sich von ihnen viele Berg­ ströme, unter denen der GlaucuS^) mit gutem Wasier, der dem ganzen Golf den Namen giebt, der bedeutendste ist, von den daedalischen Bergen herabkommend und die hydrographische Grenze von Cari en und Ly eien bezeichnend, zum Meere, an wel­ chem hier noch einige kleine Gestadeinselchen wie Avivkea, Kyzyl Ada (rotheInsel) und andere genannt werden, deren Klippen vielen Taubenschaaren zu Wohnsitzen, und deren Grasungen zu Weide­ plätzen für die Ziegenheerden dienen. Ein Strom auf dem Fest­ tande giebt gutes Trinkwasser, und zwischen den Klippen bis Makri hin sind gute sichere Ankerstellen. Tie größte Höhe der Dädaladerge wurde von Capt. Graves trigonometrisch gemessen zu 3470 und 3230 Fuß engl. (3255 und 3029 Fuß Par.) üb. d. M. §• 37. Neununddreißigstes Capitel. DaS vom hohen Plateauboden abfallende vielgegliederte GebirgSland LycienS im engeren Sinne gegen den Sü­ den und das Gestadeland zwischen dem Golf von Makri und der Bai von Phineka. Uebersicht.

Nachdem wir nun das östliche, das nördliche und daS westliche Lycien in seinem weiten Umkreise mit seinen sehr ver*') Hvskyns, Marrat. 1. c. p. 146,

"0 V. Roß a. a. £.

Die Mitte des eigentlichen Lyciens.

935

schiedenartigen Landesformen nicht ohne mühsame Anstrengungen, aber, wie wir hoffen dürfen, auch nicht ohne Erfolg für die Wissen­ schaft durchwandert haben, kehren wir zu der Mitte des eigent­ lichen LycienS im engeren Sinne, nämlich zu seinen in dem Schooße jener äußeren, unS nun bekannter gewordenen Umsäumun­ gen gelegenen inneren Gebieten zurück, die sich von dem cen­ tralen Gebirgsstock des MassicytuS-Systems und seiner östlichen wie westlichen auslaufenden Verzweigungen gegen den Süden nun nicht mehr als einförmiges Plateauland, sondern in seinen hundertfältig gebrochenen und zertheilten Gliederungen anfäng­ lich noch als hohes Gebirgsland, dann aber als vielgegliedertes GebirgS- und Tiefland zur Südküste Kleinasiens hinabsenken. In vielen mehr oder weniger gesond^ten Ketten und Gruppen von Ber­ gen, Bergschluchten und Thalgründen, flachen Mulden und beschränk­ teren Ebenen laufen sie aus bis zum Meeresgestade, wo sie zwischen dem Golf von Makri in Westen und der Bai von Phineka am chelidonischen Vorgebirge

in Osten

eine nicht weniger

eigenthümliche, zusammengehörige, an Naturschönheiten wie an Denk­ malen der Kunst und einstigen Civilisation ihrer Bewohner höchst reichhaltige große Gestadelandschaft bilden, die wir nun noch zu durchwandern haben, um den specifisch hier noch mehr als dort in seinen Eigenheiten ausgeprägten lyrischen Character von Land und Volk, Natur und Geschichte dieser ganz kürzlich erst entschleierten Provinz des so mannigfaltig entwickelten kleinasia­ tischen Halbinsellandes genauer, als dies zuvor möglich gewesen, ken­ nen zu lernen. Wir wanderten in dieses lycische Gebiet ein von den pamphylischen und pisidischen Grenzen und Engpässen in N.O., wir über­ stiegen seinen östlichen Gebirgswall in den Solymer-Küstenketten, wir durchzogen die weiten, aber hohen Plateauflächen in ihren östlichen und nördlichen Milhas-, Cabalia- und cibyratischen Hochebenen, bald auf weiten Heerstraßen, bald auf engen klippigen Ziegenpfaden, und stiegen von diesen mit dem einzigen großen Stromshsteme Lyciens, dem Indus- oder Dolamanstrome, der alle Formen des Landes als Communication hemmender Strom durch­ ziehen muß, in seinen öfter undurchgehbaren Engschluchten bis in die (arischen Tiefen an den Westgrenzen Lyciens hinab zu seinem Delta­ boden, welcher wieder den westlichen einzig bequemeren Eingang zum Golf von Makri darbietet. Hier in der Mitte des südlichen lyci­ schen Tieflandes angelangt, haben wir die beiden großen natürlichen

936

Klein-Asien.

tz. 37.

Hauptabtheilnngen, in welche sich die LandeSnatur zerlegt, insbeson­ dere inS Auge zu fassen. Einmal die Bahn des zweitgrößten Stromsystems, des LanthnSlaufS mit seinen Quellarmen, GebirgSdurchbrüchen und Thalschluchten bis zu seinem untern Erguß zum Meere in seinem Deltaboden in der West Hälfte SüdlycienS. Zweitens in der Ost Hälfte derselben Gestadelandschast die Läufe der kürzeren Berg- und Küstenflüsse in ihren Abstür­ zen und kurzen Vorstufen vom Centralgebirge, dem Ak Dagh, wie vom Südrande der Awlan.Plateauhöhen. Dann aber ist mit Capt. Beaufort auf dem vielbewegten Mee­ resspiegel an der Südküste selbst vorüberzuschiffen, dessen Aufnahme von der See feite wieder eine andere Ansicht des Gestadebildes und seiner Belebung darbietet, als die Küstenwanderung von der (onli­ ne nta len Landseite. Diese ganze der MassicytuS-Quermauer und dem Ak Dagh südwärts vorliegende Gestadelandschaft deS alten Lycien im engeren Sinne, den Naturverhältnissen nach so gänzlich ver­ schieden vom cibyratischen Plateaulande, läßt sich in ihren characteristischen Naturformen, in ihren Aufnahmen gesicherten Küstengestaltung, in ihrer Kunstentwicklung der Monu­ mente, in ihren altlycischen Sprachresten und einheimi­ schen Sitten genauer und monumentaler als analoge Verhältnisse dort im nördlichen Theile verfolgen, seitdem die Forschung auf diesem südlichen Gebiete einheimisch zu werden begann, während jenes nördlichere mehr nur flüchtig durchstreift werden konnte und weniger specifisch Lyrisches als mehr dem pamphylisch-pisidischen und phrygischen Nachbargebiete Analoges der Betrachtung in seinen sparsamern Monumenten darbot. Zwar sind unS auch für die ältesten Zustände dieses südlichen Theiles und seiner Urbevölkerungen nur sehr fragmentarische und unsichere Daten überliefert, auö d.enen unS fast nur wenige Fingerzeige zu Vermuthungen und Wahrscheinlichkeiten übrig geblieben sind, die schon Col. Leake^) einmal zusammenzustellen versuchte, die aber doch schon dort längs der Gestadezone die grö­ ßere Mannigfaltigkeit der Völkerentwicklung, welche jedesmal dm zugänglichen Küstenlandschaften an allen Enden der Erde eigenthümlich zu sein pflegt, int Gegensatz mehr abgeschlossener BinCol. M. Leake, Hemarks on tbe Inscriptions discovcved in Asia Minor, in H. Walpole, Trav. etc. Lond. 1820. 4. p. 529—532.

Die Mitte des eigentlichen Lyciens.

937

nevgebiete jui&crßeljen giebt. Denn bort begegneten sich sehr frühzeitig Phönicier, Assyrier, Aegypter mit den einheimischen Bevölkerungen, den persischen Beherrschern und den ältesten hel­ lenischen Colonisationen seit und vor den trojanischen Zeilen von HalicarnassuS an bis nach Cilicien. Durch die späteren griechischen Colonien der Creter, Dorier, Ionier und anderer Westvölker, über welche zumal Herodot Nach­ richten enthält, und dann noch durch die Römer seit der Verdrän­ gung der Herrschergewall syrischer und ptolemäischer Eroberer wie der politischen rhodischen Uebergriffe an den Südküsten wäh­ rend einer längeren Dauer friedlicher Besitznahme wurde über man­ chen Punct dieses südlichen Küstenlandes Aufschluß gegeben durch die gelegentlichen Berichte ihrer klassischen Autoren, die jedoch, wie z. B. LivinS (XXXIII. 20) selbst sagt, zu viel mit ihren eigenen Angelegenheiten zu thun hatten, als daß sie auch noch über die ihnen fremderen, wie diejenigen dieser anatolischen Südküste, hättm ge­ nauere Berichte geben sollen. Dennoch ist bei der Quellenarmuth durch klassische Autoren über hiesige OrtSverhältnisie durch im Lande selbst hinterlassene zahlreiche Architekturen, Kunstdenkmale, Grabstätten, Inscriptionen und Münzreste ein nicht ge­ ringer Vorrath von Documenten geblieben, um auch nach so vielen Verheerungen und Verwirrungen der 'Nachfolger in den Mittelalterlichen byzantinischen, saracenisch-moslemischen und türkischen Zeitm sich auf demselben Boden für Vergangenheit und Gegenwart einiger­ maßen orientiren zu lernen. Hierzu kommen seit Capt. Fr. Beau­ forts (1811—12) und Ch. TexierS (1836) Borüberschiffungm der Botaniker Sibthorp (1787), Dr. Clarke (1801) und der Artist Cocquerel (1812), denen freilich wie auch L. Roß (1844) nur Blicke auf einzelne Punkte der Küste vergönnt waren. Aber bald gelangen unserem gelehrten Freunde CH. FellowS in den Jahren 1838 und 1840 zweimal wiederholte für Geographie, Kunst und Geschichte höchst wichtige Entdeckungsreisen in dieser süd­ lichen Landschaft LycienS, die auf eine so überaus reiche dort noch zu gewinnende Ernte an Kunstdenkmalen die allgemeinere Aufmerk­ samkeit der Zeitgenossen lenkte, durch deren gleichzeitige oder unmit­ telbar nachfolgende Arbeiten ein noch umfangreicheres Gebiet seinem früheren Dunkel enthoben werden konnte. Daß diese Entschleierung außer anderen Beiträgen von I. Brook (1837), Capt. GraveS Brocke (1838), HoSkynS und ForbeS (1840—41), P. v. Tschichatscheff (1816), Spratt, E. ForbeS und Daniell (1842),

938

Klein-Asien.

8. 37.

auch vorzüglich durch SchönbornS zweimal wiederholte ErforfchnugSreifen (1841—42 und 1851) und theilweise Begleitung seines Gefährten Prof. Loew geschah, ist schon aus obigen Angaben her­ vorgegangen. WaS den vereinigten Kräften der britischen Ingenieure, Naturforscher, Antiquare und ihren reichen Unterstützungen an Hülfs­ mitteln zu Gute kam und gelingen konnte, mußte bei den kärgsten Mitteln dem deutschen einsamen, ater unermüdeten und scharfsichtigen Wanderer überlassen bleiben, der bald auch in Folge seiner großen Anstrengungen als Opfer unterlegen ist. Aus diesen zum Theil noch unveröffentlichten Materialien kennten felgende Paragraphen im Texte nebst Kartenconstructienen hervorgehen. Wir folgen nun, wie in unserer gestimmten DarstellungSweise, so auch hier den Lineamenten, welche die Naturplastik den menschlichen Verhältnissen vorgeschrieben haben, weil wir in ihnen durch alle Labyrinthe hindurch nicht nur die sicherste, sondern auch für den unendlichen Reichthum von Mannigfaltigkeiten in der Natur- und Menschengeschichte, die politischen oder logischen Abthei­ lungen weit überragende, möglichst lehrreiche und erschöpfendste Wegweisung deS Wesentlichen für allgemeine Betrachtung und specielle Orientirung zu finden Pflegen.

Erläuterung 1. Die Malri-Bai, Sinus GlaucuS; TelmissuS mit ihren Um­ gebungen im Norden und Süden, auf der Westseite des Xanthussystems. Uebersicht. Wie in der Ostseite deS südlichen LycienS die weiten und breiten monotonen Plateaulandschaften von Almaty und Awlan, die mit nur kurzem Randabfall sich fast bis an die Meeresküste erstrecken, als die überwiegende Naturform in der Naturplastik dieses KüstmlandeS erscheinen, durch welche alles übrige dem Wesen nach seine Hauptbedingungen der Naturverhältnisse und deS BölkerlebenS erhalten mußte, eben so zeigt sich in der andern Hälfte der West­ seite derselben ein vollständiger Gegensatz in der Naturplastik durch daS tief nach dem Süden von der größten colossalen Höhe herein­ brechende Tiefthal des LanthuSstrornS mit seinen felsigen Schluchten und seinen engbeschränkten Thalgebieten, in welche die

Gegensatz im Osten und Westen.

939

der Nachbarketten und Zuströme von beiden ©eiten sich gliedern und zu ihm hinab sich senken, wodurch auch hier ein ganz entgegen­ gesetztes Leben und eine völlig von jener verschiedene vielfacher sich berührende, ineinandergreifende und gegenseitig sich anregende Bölkerentwicklung bedingt werden mußte.

Wenn auS jenen über­

wiegenden monotonen Agriculturbegünstignngen eine Korn­ kammer und ein größerer moderner Handels- und Gewerbverkehr hervorging, welche an den Westen ihren Ertrag und Gewinn abfließen ließen, so konnte in dieser mehr alpinen, aber nach Süden hin durch paradiesische climatische und günstige Begetationsverhältuisse, wie durch pittoreske Schönheiten und einen zum Theil befahrbaren Strom zwischen unzähligen sich über ihm erhe­ benden Naturvesten mit vorliegenden Häfen, Buchtm, peninsularen und insularen Gliederungen, bevorzugteren Westhälfte dagegen ein tapferes Hirtenvolk im Hochgebirge, ein ritterliches für seine unter sich gesonderten freien Verfassungen und Eidgenossenschaften im mil­ deren Tieflande der Thalsenkungen kämpfendes Geschlecht zu höherer geistiger Entwicklung in Städtegründungen, Kunst, Wissenschaft und Seeverkehr emporarbeiten, zu einer bewundernswürdigen Regsamkeit, geistiger Anmuth, Wohlstand und sehr starker, ungemein in der Grä­ berfülle nachweisbaren Bevölkerung, einer in Civilisation nicht wenig vorgeschrittenen gesammten Volksmenge, die unstreitig durch den nahm Seeverkehr und die günstige maritime Verbindung nach außen mit den Nachbarvölkern des Orients, int Gegensatz jener mehr in sich abgeschlossenen, nicht wenig gehoben werden konnte.

Die Geschichte

weiß nur sehr wenig davon zu erzählen, desto größere Berwundenmg erregen überall die längst in die Wildnisse zurückgesunkenen zahllosen Trümmer ihrer früheren der Nachwelt unbekannt gebliebenm Blüthe­ periode. Neben diesem Gegensatz der Naturplastik und ihrer Einwirkungen tritt aber auch zwischen dem Ost- und dem Westende wieder eine bemerkenSwerthe Analogie der Verhältnisse hervor.

Es sind die zu

beiden Seiten deS großen lyrischen halbinselförmigen Vorsprunges gegen Süden, im Oft wie im West am tiefsten einschneidenden, halb­ mondförmigen großen Baien oder Golfe, der von Adalia und der von Makri,

denen beide gegen Süd ein hohes Meridian­

gebirge bis zu den äußersten Südspitzen als Küstenkette sich vorlagert; im Ost von Termessus an daS Solyma-Gebirge bis zum Chelidonia-Cap mit der Chimaera,

und im Westen süd­

wärts von Makri, dem alten TelmesiuS, die Ketten deS CraguS

940

Klein Asien.

$. 37.

und Anticragus bis zum heiligen Vorgebirge, dem Hieron acron, an der Westseite der Mündung des LanthuS. Eine so glück­ liche und milde Naturbegabung durch civilisationsfähigere zugäng­ lichere Küstengelände, welche Lycien vor der minder vortheilhasten und rauheren cilicischen Halbinselbildung erhalten hatte, trug durch ihre maritimen Eingangspforten mit trefflichen Hafenbildungen und ge­ sicherten Ankerstalionen gewiß nicht wenig bei zu der höheren Stufe der Ausbildung, welche die Bewohner LycienS vor den roher gebliebenen Ciliciern auszeichnet, die fast nur einem assyrisch-phönicischen Anfluge von außen ihren sparsamer entwickelten Fortschritt von nur ein paar Städtebildungen verdankten, während die lycische Westseite, das ganze Land mit seinem Volke bis zu den innersten Thalwinkeln und Berggipfeln, von einer allgemeineren Entwicklung einer höheren Civilisationsstufe die Ueberreste und Denkmale auf­ weiset. Ehe wir daher zum XanthuSthale fortschreiten, haben wir die Verhältnisse der Westbegrenzung des lycischen Halbinsellandes in dem Golf von Makri und seiner Naturumgebung zu beachten.

Erläuterung 2. Der Golf von Makri mit dem Hafenort Makri, der Stadt Levissi und den Ruinen der alten TelmessuS. Der Golf von Makri, Glaucus Sinus der Alten, ist die größte und tiefste Einbucht Südlyciens, wie der östliche Golf von Phineka die längste, aber flachere Eintiefung in das südlichste, das Gestadeland, bildet; sie ist dadurch vor dem größeren Golf von Adalia bevorzugt, daß ihr die reichbegabte größere Insel Rhodos als Gegengestade vorliegt, wodurch die Gestadeländer in ihren ein­ fachen Lineamenten immer Verdoppelungen ihrer Natur- und Bölkerverhältnisse zu erhalten pflegen, wie dies hier in erhöhtem gegenseitigem Maaße der Fall war. Der Golf von Makri, Sinus GlaucuS (Strabo XIV. 651: xoXnoq tvXifttvog l'Xuvzog zuXovutvocf ein Golf mit gutem Hafen), hat seinen antiken Namen von dem Glaucusflusse, der sich von Norden her von den daedalischen Bergen zu ihm herabgießt und ein gutes Wasser hat; der moderne Name der heutigen Griechen und Türken ist erst von einem kleinen Inselchen Makri oder Palaea (Alt-) Makri (Insel Cavalieri der fränkischen

Der Golf von Makri.

941

Schiffer) auf den ganzm großen Golf übertragen, welche gleich einer lieblichen Isola bella im italischen Seebecken, hier aber ganz mit Häusern, Portico-, Capellen und anderen Ruinen, vielleicht einer Genuesenstadt aus dem Mittelalter, bedeckt. Vor dem Eingänge zur heutigen kleinen Makri-Bai führt sie am Sudostende deS MakriGolfS, an welchem das gleichnamige Dörfchen Makri, gewöhnlich Scala, türkisch Iskele, d. i. Landungsplatz, genannt, auf den Trümmern der antiken Telmessus erbaut ist. Zu beiden Seiten der Palaea Makri sind Durchfahrten zur inneren Hafenbai; die südlichste Durchfahrt ist aber die bessere. Die Ostufer der Hafenbai, die ein für sich kleines, von dem großen Golf abgeschlossenes Wasser­ becken bildet, ist zwar niedrig und sumpfig, aber gegen alle Winde gut geschützt und daher eine sichere Ankerstation "). Die Scala oder Schiffslände mit dem Dorfe, ein elender Haufen von Hütten, liegt am Südufer nahe einem Sumpfe, daher sehr ungesund, ist aber von den interessantesten Ruinen deö Alterthums umgeben; im Som­ mer aber meist wegen der Malaria verlassen. Die erste Erwähnung der an dieser Bai gelegenen überau­ merkwürdigen Ruinen von TelmissuS mit Zeichnungen der bedeu­ tendsten Monumente finden wir in dem Werke des Grafen Choiseul-Gouffier, französischen Botschafters in Constantinopel, der sie schon im Jahre 1776 besucht hatte; gleichwohl war im Anfange deS 19. Jahrhunderts, während der englischen Expedi­ tion gegen die Franzosen im Nilthale, diese Makri-Bai noch kaum den Europäern bekannt und für sie schwer zugänglich; denn als Sir Sidney Smiths) mit seiner Flotte hier einlief, um für seine Bedürfnisse Wasser zu schöpfen und Brennholz zu la­ den, wurde er noch von den wilden räuberischen Bewohnern der nahen Gebirge so überfallen und befehdet, daß er sich nach der Insel Cypern wenden mußte, und während der kurzen Station daselbst hatte er auf seinem Schiffe, Tigre, in kürzester Zeit von der Sumpf­ lust an hundert Kranke. Die Bai ist fast ring- umschlossen von hohen Bergen, gleich einem tiefen Kessel, in welchem die Circulation **) Hoskyns, Narrative I. c. XII. 1841. p. 145—46 nebst Karle: Part of Caria and Lycia by B. Hoskyns, Master of H. M. 8. Beacon 1841; s. die Admiralitätskarte: Asia Minor, South Coast from Karaghatcli to Macry by Capt. Thom. Graves, H. M. S. Beacon. London 1848. Nr. 1886; Topographische Ski^e: Gulf of Macri b. Dr. Clarke, Trav. Lond. 4. Ed. 8. 1817. Vol. III. p. 277—328. ") Dr. Clarke, Travels. Lond. 4. T. II. p. 230 sq. edit. 4. 1817. 8. T. III. p. 289.

942

Klein-Afieri.

§. 37.

der Lüfte gehemmt ist, so daß im Sommer große Schwüle, zumal bei warmen Westwinden entsteht, welche durch eiskalte Winde, die von den umgebenden hohen Schneegebirgen bei Regengüßen sich plötz­ lich herabstürzen, erkaltet und mit ton cisartig abgeschreckten Lüften und den umgebenden Sümpfen sehr bösartige Fieber erzeugt. Auch die südlichen hohen Cragusgipfel senden öfter plötzlich sehr heftige Stürme, die verderblich werden können, und sehr häufig wechselnde kalte und warme Luftschichten beim Herabsteigen von der Höhe in den Kessel des engen Makrigolfs sind bekannte dort nachtheilige Zustände der Atmosphäre. Für den von der Insel Rhodos heran­ kommenden Schisser, der die Makribai schon auf halbem Wege mit ihrer Waldumgebung und dem schneehohen silberschimmernden Gebirgskranze umgeben sieht, bietet sie einen der reizendsten und groß­ artigsten Anblicke dar, obwol die ganze Südküste Lyciens durch ihre erhobene Gestaltung mit ihren dauernden Schneebergen, die wie gewaltige Colofie nach dem Innern in vielfach zerrisienen und dro­ henden Mafien sich emporthürmen, und durch den Contrast der sub­ tropischen, üppig grünen Bekleidung gegen daS Gestade mit seinen Klippen, Buchten, Burgen und Monumenten eine mit andern MeereSgestaden fast unvergleichbare Herrlichkeit an Reizen und erhabenen Schönheiten darbietet, so daß selbst die berühmtesten hellenischen Ge­ stade Laconiens oder Meffeniens mit dem TaygetoS oder der Höhe von Jthome vor ihr zurückstehen^). Kommt man auS dem Xanthusthale von der östlichen Landseite nach Makri, so hat man von Tlos aus, das 8 Stunden Weges von Makri entfernt ist, auf der Westseite des Stromes A k Tschai (d. i. der Westarm des Xanthuö) ein Thonschiefergebirge von röthlichem Gestein mit Gruppen von grünen Fichten Wäldchen zu übersteigen, welches von Nord nach Süd zwischen dem Fuß des nördlichen Taurusabhanges südwärts bis zum Fuß des spitzen Cragusgebirges fortzieht, beide in Verbindung setzt ^) und so die natürliche Grenzmarke zwischen dem Stromthale und der Makri-Ebene bildet, die sich von dem Westsnße des Gebirgszuges noch 3 Stunden weit bis zur inneren Bai von Makri ausbreitet. Schon vor dem Orte kommt man durch einen sunlpsigen Bach (Chardschi bei Graves) und im Orte selbst quillt an zahllosen Stellen, nur wenige Schritte vom Strande, Waffer unter den» Fuße der Seifen hervor. Bon diesen Sümpfen (griechisch meint *6) 2. 9fri'B a.

A.

C. S. Vt, G‘.\ 77 «. a. C.

) (ibeufr. S. 7l.

Der Golf von Makri.

943

L. Roß htn Name» der Stadt (TtXfttjaaoe oder TtXfuaa6(, Herod. I. 78, Steph. Byz., Plin. H. N. V. 28: Lyciam finit Telmessus, nach Pomp. Mela I. 15) ableiten zu dürfen. Der sum­ pfige Bach entspringt im Osten und ist von den meisten Reisenden, weil er den Ort durchfließt, Glaucus genannt; auch scheint er von Pliuius (amnis Glaucus deferens Telmessum, H. N. V. 29) be­ stätigt zu werden, doch wiederholt dies Pomp. Mela nicht. Aber richtiger wird wol der GlaucuS in dem Flusse, der in 3'/, Stun­ den Ferne vom Norden aus dem Daedalaberge herabkommt und gutes Wasser für den Schiffer hat, zu suchen sein; dieser ist klar, reißend im engen tiefen mit Platanen, Oleander und gewalti­ gen Reben umsäumten Bette, ein nicht unbedeutender Strom, der im Winter zu einer sechsfachen Höhe anschwillt, weshalb auch eine Holzbrücke über ihn weggeführt ist. Vom Seeufer zieht sich die Ebene von Makri gegen 9£. und O. in das Innere, wo sie von den Bergen begrenzt wird, jenseit welchen gegen Nord die Ruinen von Cadyanda liegen. Einige dieser Berge sind grau und dicht bewaldet, dieß sind Kalksteinberge; die sich roth zeigenden, welche auch nur sparsame Bäume tragen, bestehen au- Serpentingeftein88). Ueber diesen Bergen schließen die 8 bis 10,000Fuß hohen majestätischen Gipfel deS Taurus-Hochgebirges, d. i. der MassicytuL, den Blick; ihre Gehänge sind dicht bewaldet. Gegen Süd­ west steigt die Plateauhöhe von Levissi auf, mit einem Kegelberg in S.O. von etwa 2000 Fuß (1923 Fuß Par., nach Graves 2050 Fuß engl.) Höhe, gegen bett Süden aber steigt die vielgipflige Kü­ stenkette deS schönbewachsenen Cragus empor. DaS heutige Dorf, Makri genannt, in die Mitte des Sumpfe­ gebaut, hat nur etwa 50 pittoreske, aber ärmliche Hütten und Häu­ ser, mit einer weißen Moschee, die im Sommer ganz leer stehen, denn dann ist der Ort fast unbewohnbar; denn so lange der Sumpf nicht abgeleitet sein wird, bleibt daS Clima höchst verderblich. Im Winter herrscht hier ein deliciöses sehr gesundes Clima in der schön­ sten Scenerie der Umgebung, daher auch der Ort dann stark bevöl­ kert und sehr belebt ist durch Handel und die sehr gesicherte Schiff­ fahrt. Der Hafen ist daher nicht wenig besucht in der günstigen Zahreszeit und dient der türkischen Flotte unter ihren Admiralen zur Station bei Expeditionen an der Südküste Anadoli'S (f. oben bei Adalia, S. 654). Doch kann der Handel von Makri, bei der **)

Spratt and Forbes, Trat. I. c. I. p.

944

Klein-Asten

S. 37.

großen Entvölkerung aller seiner Umgebungen, nur von geringer Bedeutung sein. Er beschränkt sich auf wenige Exporte, wie Holz und Getreide, welches letztere er aber meist erst aus der östliche« cibyratifchen Kornkammer von Awlan zugeführt erhält (f. oben S. 827), und auf geringe Einfuhr von Mamifactur- und Colonialwaaren. Die Händler sind nur Griechen^), sie halten sich Magazine von Galläpfeln, von Eicheln »nd haben starke Vorräthe von Brennholz, mit dem der stärkste Handel zur Ausfuhr betrie­ ben wird. Die häufigen Besuch« der europäischen Reisenden in Makri haben manche Ansiedler von Rhodos und anderen Orten feit kurzem dahin gezogen. Im Jahr 1841 brachte die Expedition des Capt. GraveS und Fellows, mit einer zahlreichen Mannschaft von Matrosen und Arbeitern, welche die vielen Marmore von Xaiv IhuS für daS britische Museum entführten, viel Leben an diesen Ort; nachdem sie die gute gesunde Jahreszeit des Winters von 1841—42 dazu benutzt hatten, segelte die reichbeladene Flotte schon am 3. März wieder von Makri ab, wo die Begleiter Spratt, Forbeö und Daniel! zurückblieben, ihre Forschungen im Lande fortzusetzen. Im Sommer^'), schon Mitte Juni, verlassen alle Bewohner den Ort, und nur der Zollpächter, ein Bäcker und ein Kaffeewirth bleiben im Fieberclima zurück; die andern beziehen die Som­ merdörfer oder die IailaS. Für einen deutschen Ansiedler würde der Winteraufenthalt in Makri gesund und lieblich, auf der kühlen Berghöhe von TloS der reizendste Sommersitz sein. Die einheimi­ schen sparsamen Bewohner des Ortes und der Umgebung sind etwas regsamer geworden, als sie eS früher waren, aber doch träge und roh geblieben. Dagegen sind eS Auswärtige, wie die Bewohner der Insel Rhodos und von Kastelloryzo, welche hier die industriellen und commerciellen Geschäfte an der ganzen südwestlichen Küste von Kleinasien betreiben, in die sie sich der LandeSnatur gemäß getheilt haben. Der Grenzpunkt, wo sie sich in ihrer Thätigkeit begeg­ nen, ist feit alten Zeiten der Golf des GlaucuS zu Makri. Zn die östlicher gelegenen Häfen dieses alten TelmissuS bis zum Golf von Adalia (Attaleia) kommen die Schiffer, Handwerker, Müller und andere Gewerbtreibmde von der gewerbreichen Insel Kastellorhzo. An die Südküste von Carlen aber von TelmesioS bis PhhSkoS, dem jetzigen MarmaraS, kommen sie von Rhodos theils aus den •*) 6h. Fellows, AnSftug a. a.

Ü.

S. 122.

iinb Drutschlaii!' a. a. O. em Ofifuße derselben Steilhöhe zieht sich eine Reihe geebneter Terrassen in Pla­ teaustufen, eine über der andern gegen die Acropolis aufsteigend, empor, darauf alle Hauptgebäude und viele Wohnhäuser in Trüm­ mern liegen. Ihr einst blühender Zustand mußte der Fronte der Stadt gegen Ost einen Prachtanblick gewähren. Denn noch sind viele Reste von Tempeln wahrnehmbar, die vielfach verziert sind, obwol manche auch dazwischen in einem barbarischen Styl aus späterer Zeit, wie auch zwischen ihnen mehrere Reste von Kirchen aus spä­ teren Jahrhunderten stehen geblieben. An den Piedestals dieser Terrassen finden sich die Inschriften, von denen gleich eine der ersten den Namen BAABOYPEYI (nach von Forbes berichtigter zwei­ ter Copie)"9) enthalt und die Lage der alten Balbura bestätigt. Von der Acropolis hat sich nur wenig erhalten; auf dem höchsten Gipfel gegen die Westseite liegt ein kreisrunder hohler Stein mit einem Kreuz auf der concaven Seite, an einem Baue, den man für eine kirchliche Capelle halten konnte. Am Südabhange findet sich hier ein sehr kleines Amphitheater, das nach Süden schaut, mit 102 Fuß im Durchmesser, von dessen 16 Sitzreihen fast keine Sitze mehr erhalten sind. Nach Spratt gehörte eS zu den klein­ sten Gebäuden dieser Art in Lycien, hat aber manche abson­ derliche Einrichtung, wie einen FelSthron in der Mitte und Rinnen zum Ablaufen deS RegenwasserS, daS auf diesen Höhen nicht selten in gewaltigen Regenschauern herabgießen mochte. Siech liegt ein zweites Theater, von 150Fuß im Durchmesser und sorgfältiger gebaut, mehr außerhalb der Stadtruine im Thale neben reichen Quellen, wo vielleicht eher Bäder zu vermuthen gewesen waren. Dabei ist auch ein Kirchenrest stehen geblieben, da Balbura wie Oenoanda als EpiScopalstädte in der lycischen Eparchie (Hierocl. Synecd. ed. Wessel, p. 685) nebeneinander genannt wer­ den. Der Grundriß der Stadt zeigt innerhalb und außerhalb der­ selben die Lage vieler umher zerstreuter Sarcophage und anderer Grabmäler, deren viele solche liegende Löwensculpturen haben, Spralt and Forbes 1. c. 1. p. 268, Not.

Oenoanda am oberen LanthuS.

991

die oft nur roh ausgeführt, aber wie andere Ornamente von Ro­ setten, Guirlanden, Widderköpfen, mit Schild, Speer, Lanze u. s. w. den übrigen Denkmalen der CibyratiS im Character und Styl ent­ sprechen.

Von hier wurde eine kurze Excursion zu einem etwa- östlicher gelegenen sehr kleinen See, dem Jazyr Gjöl (s. oben S. 849), gemacht, der in der Richtung gegen den benachbarten Surt Gjöl liegt, aber nur wenige Reste zeigte; er ist unS schon genauer durch Schönborn bekannt. DaS zugehörige Steinhaus, erfuhr man, werde, wie auch Dirmil (Tremeely auf SprattS Karte) daS ganze Jahr hindurch bewohnt. Die Stadt-Balbura, zu der man zurück­ kehrte, ist unter den in Lycien bisher bekannt gewordenen die am höchsten gelegene Stadt, da sie nach SprattS Meffung 4422 F. P. (4500 Fuß engl.) über dem Meere erbaut ist und die Acropole noch 300 Fuß über der Stadtebene sich erhebt. Ein hier zwar unstreitig vorherrschender kalter Winter, aber zugleich in gesundester Lage ein schöner Sommeraufenthalt in einer fruchtbaren reichbewäsierten Verg­ ebene aus dem Wege von Oenoanda zur großen Cibyra mußte wol daö feinige zur Hebung einer der Hauptstädte der cibyratischen Tetrarchie beitragen, welche hier zu einer solchen kriegerischen Macht herangewachsen war, daß Consul En. ManliuS, seiner Habgier ungeachtet, wol nicht ohne Absicht ihr auszuweichen am gerathensten finden mochte. Die Stadt zeigt noch die Ruinen von 5 Tempeln, und auf einem der Piedestale, deren viele hier wie in den meisten lycifchen Städten Statuen trugen, das zu Ehren eines jungen Ath­ leten von Balbura errichtet wurde, den Namen eines AureliuS TroiluS^), des SohueS der angesehenen Familie TroiluS, deren auch in andern Monumenten Erwähnung geschieht. Sch'önborn hat von Katara zwei Jnscriptionen, HoSkynS fünf mitgetheilt. 2.

Oenoanda bei Urludscha am Ak Tschai, dem obe­

ren Laufe de- XanthuS.

Von Balbura liegen die 6'/, Stunden Weges direct gegen Grünsteinkelten dringt man durch genannt, in dem noch der Rest 500 Fuß tieferes Thal hinab, an über, neben denen auch mehrere

Ruinen der alten Oenoanda Süden; in felstgen Schluchten der einen Engpaß, Katara Boghaz einer antiken Straße, in ein mehreren bewohnten Dörfern vor­ Sommerfrischen oder JailaS mit

60) Col. M. Leake, Note zu HoskytiS, Narrat. 1. c. XII. in Remarks p. 167. Inscr. Nr. 7—11. p. 160—161.

992

Klein-Asien.

§. 38.

ihrm Weidenhöhen über dem LanthuSthale, daS hier von Ost gegen West vorüberzieht, sich erheben. Durch die Mitte dieses Thales, daS anfänglich von Süd gegen Nord aus der Gegend des Gürdef Dagh sich nach Seideler Jailassy (s. oben S. 844) und Duwar Jailassy hinzieht, fließt der nun schon vereinigte Strom gegen West unter dem Namen Ak Tschai zum Dorfe Urludscha hin. Am Nordufer deS Flusses liegt ein verfallener Konak (AghaResidenz), Sekia, den Spratt und ForbeS von Balbura aus am Abend des 12. Mai erreichten, und zur östlichen Seite, eine Viertelstunde fern, eine antike Ruine, wahrscheinlich von einem Tempel ließen und in einem einzelnstehenden Fels auch ein antikes Grab, daS aber ohne Inscription war. Nur eine halbe Stunde südwärts von da, wenn man den gegen West vorbeifließenden At Tschai (oberer Xanthus) auf einer hohen Steinbrücke übersetzt hat, erreicht man auf einer antiken Pflasterstraße, die von der Westseite zu einem Berge hinaufführt, die Ruinen von Deneanba161) bei dem Dorfe Urludscha. Sie zeigt sich auf einem gegen Nord weit vorspringenden Felsberge in 3753 Fuß Höhe (oder 3878 Fuß nach der Bolotowschen Karte), der gegen Süden mit verengterem, aber hohen felsigen Isthmus sich an die Nordkette der MassicytuSgruppe anreihet; nordwärts aber als breitere hohe Plattform vorliegt, auf welcher die Stadt selbst erbaut wurde. Sie war daher fast auf allen Seiten durch Felsabstürze inselartig gesichert. Nur südwärts hängt ihre Höhe mit dem nahen Bergrücken so zusammen, daß sie blos über diesen hinweg von der Westseite aus dem Thäte aufwärts auf einer Pflasterstraße zu ersteigen ist. Diese führt an vielen Sarcophagen und auch an einer kleinen Gruppe schlecht ausgehaltener Felsengräber vorüber, die, wie andere ihnen ähnliche zu Telmessus, auS späterer Zeit stammen, darunter auch viele nur roh behauene bloße FelStafeln mit verschiedenen Sculpturen sich befinden, unter denen man auch ein paar offene Hände bemerken konnte, die irgend eine symbolische Bedeutung haben mochten. Auch ruhende Löwen zeigten sich auf einigen der Sargdeckel auögehauen, die mit dem ge­ wöhnlichen Schild und Schwert an ihren Enden ornamentirt waren. Nur ein Theil der Stadtverschanzung hat sich in einer Quermauer am Südende der zugänglichern gesummten plateauartigen Erhebung, die ganz mit Ruinen überdeckt ist, erhalten. Sie durchsetzt die Höhe 16*) Spratt and Korbes, Trav. Vol. I. p. 272—278; und tabul. Ooloojali the ancient Oenoanda by L. Spratt, ein Grundriß.

Oenoanda am oberen LanthuS.

993

de- Isthmus querüber in einer Höhe von 25 Fuß, und schützte vollkommen den Zugang zur Stadt von der Südseite her. der Stadtmauer au- Kalksteinblöcken,

Dieser Theil

theil- in Horizontalschichten,

theil- in polygonalem cyclopenartigem Styl erbaut, ineinandergefügt und von meisterhafter Arbeit.

ist sehr genau

Sie hat oben einen

Ueberbau mit Vorsprüngen, und von Strecke zu Strecke quadratische Thürme mit

engen Thüreingängen,

Einer der Thürme hatte

Fenstern und Schießscharten.

noch eine Höhe von 30 Fuß;

seine nach

außen gehende Thüre war nur 2 Fuß breit; nach der Stadtseite zu steht ein gewölbter Eingang und Fenster, die Inscriptionstafeln über dem Eingänge waren zu zerstört, um noch entziffert werden zu kön­ nen.

Zur Seite

diese-

Thore- steht die Ruine

eine- Mauso­

leum-, deffen Sockel rundum eine große Inscription enthält, gleich dem Monument zu Rhodiopolis; zu ihrer Copie fehlte die Zeit. Im nördlichen höheren Theile der Stadt, der ganz mit Ruinen bedeckt ist, standen die öffentlichen Gebäude; da- Ganze ist aber so dicht mit Cedernwaldung überwachsen, daß man eine Uebersicht über den Stadtplan nur erhallen konnte, wenn man den Gipfel eine- der Cedernbäume erklettert hatte.

In der Mitte

bildete die geebnete

Fläche mit umherlaufenden Piedestals den Prachtplatz der Agora; btt Fußgestelle, früher mit Statuen, hatten alle ihre Inscriptiouen, und auf einer derselben fand sich der Name der Stadt ^):

OJNOANAEUN TI0AJ2. Auf einer anderen Inschrift

der Name Publiu- Stheniu- Fronto,

eine- Mannes au- Oenoanda

OIXOANJEYZ dem von seiner Familie, aber zu Ehren der Geburt-stadt, die- Denk­ mal errichtet war,

so daß kein Zweifel über die hiesige Lage der

einstigen vierten Hauptstadt de- cibyratifchen Bundesstaate- statt­ finden kann.

Auf

Verwünschungen

einem

der Grabmale

waren die

gegen die Frevler zu lesen,

gewöhnlichen

welche da- Grabmal

etwa dereinst entweihen sollten, die zu einer Geldstrafe an die Stadt­ kasse zu zahlen verurtheilt wurden. Auch Schönborn copirte verschiedene Inschriften zu Oeno­ anda,

unter denen eine von nicht weniger al- 20 Zeilen^);

Zugang war durch den Wald, der den

ihr

ganzen Bergrücken über-

*2) Col. M. Leake, Note zu Hoskvns in R. R. G. Soc. XII. 1. c. p. 166. ") Corp. Inscr. Graec. Vol. III. P. XXIV. fol. 193; Schönborn, Ta­ gebuch. Nachlaß. Mftr. Bl. 84. Ritter Erdkunde XIX.

9t 11

994

Klein-Asien.

§. 38.

wucherte, sehr erschwert, und nur die sehr großen Sarcophage ließen sich einigermaßen herausfinden; doch bemerkte er, daß der Felsen­ gräber Zahl noch großer sei als die der Sarcophage, die man leichter an den aufgelagerten Löwenfiguren erspähen konnte; die po­ lygonale Construction deS Mauerwerls ging nach ihm hier häufig in Quaderbau über. Die Wohnhäuser der Stadt waren meistens sehr klein, viele der Ornamente, zumal auch Säulen nur roh, nur theilweis cannelirt, andere sehr dick, sogar auch ovale waren dar­ unter, und viele der eingestürzten Häuser schienen ihm aus späterer byzantinischer Zeit zu sein, denn als Episcopalstadt in der Eparchie LycienS (Hierocl. Synecd. p. 685) beschickte Oenoanda auch die Concilien in Constantinopel und Nicaea, im Jahre 340. Einige prachtvolle Gebäudereste mit den schönsten Ornamentirungen haben sich um die Agora bis heute erhalten, und überall liegen Fragmente schöner Sculpturen lind Säulenreste, corinthische, dorische und ionische Capitäle umher. Die Fronte eines der Gebäude hatte noch schöne ionische Pilaster. Bei dem ersten Besuche der Ruinen konnten Hoskyns und sein Begleiter Forbes kein Theater auf­ finden. Da aber in keiner einzigen bedeutenderen Stadt Kleinasiens ein solcher Luxusbau zu fehlen pflegt, so suchte Forbes bei seinem zweiten Besuche daselbst mit L. Spratt sorgfältigst darnach, und sie fanden ein solches auch wirklich nach mühsamer Durchforschung in einer Felsenvertiefung, wo es von Bäumen und Buschwerk ganz überwachsen war. Es hatte 144 Fuß Durchmesser, 15 Sitzreihen, das Proscenium hatte sich noch vollkommen erhalten, die Sitzreihen halten sehr gelitten und waren zum Theil tief hinabgeschurrt; der Blick der Zuschauer ging gegen Süden zun: erhabenen Hochgebirge des Massicytus. Ueber ihm am Nordende der Stadt erhebt sich die einst befestigte Acropolis, auf der man nur noch große in Felsen gehauene Wafierbecken sieht; sie scheint von geringerm Umfange ge­ wesen zu sein, da die ganze Stadt zu einer unzugänglichen Acropole dienen konnte. Von ihrer Höhe bietet sich dem Auge ein ungemein schöner Blick über die umgebenden Jailas oder Alpen­ gelände dar, und abwärts gegen West in die Eingänge des tie­ fern Xanthusthaleö, in seine felsigen und dunkeln Waldschluchten, durch die sich der Wasserstrom hinabstürzen muß, um in das lieb­ lichere Tiefthal zu gelangen. Zu diesem führt eine Brücke (Dey's Brücke bei Spratt) über den XanthuS, zu welchem ein Weg unter der Südseite der Stadt­ ruine vorübergeht, auf dem man aber nicht weiter abwärts dem

Die Oenoanda- und Pirnas-Pässe.

995

Durchbruch des Xanthusflusses durch seine FelSklttfte bis zu dessen Austritte aus denselben bei Ören und Araxa folgen kann. Dieser gewiß höchst wilde schwer zugängliche Stromdurchbruch ist nod) von keinem Reisenden begangen. Der gangbare Gebirgsweg über den Paß des Hochgebirges weicht vom Strombette gegen Süden ab und läßt dieses zur rechten Hand liegen, uni aus dem Plateaulande von Oenoanda und Urludscha in das Tiefthal einzutreten. ES mußte dieser Paß auf der Ostseite des Tanthusdurchbruchs durch die Mitte des MassicytuS der Stadt Oenoanda, wie der Pirnaz-Paß den Bewohnern von Bubon (f. oben S. 867) auf der Westseite des Xanthusdurchbruchs durch die einzigen gangbaren Gebirgspässe aus dem cibhratischen Hochlande in das Tiefland des lyrischen XanthusthaleS als natürlichen Beherr­ schern beider Naturformen und ihrer Paßeingänge zu bei­ den Seiten des Hauptstroms ein großes politisches Uebergewicht geben, und unstreitig verdankten beide Städte dieser Lage ihre erste Erbauung und größere Bedeutung. Diese nahe beisammen von O. nach W. liegenden Oenoanda- und Pirnas-Pässe sind nach Norden zu oder nach oben zwar durch 8000 Fuß hohe Gebirgswände geschieden, nach unten zu gegen Süd aber bei Ören und dem alten Araxa im Tiefthale gegenseitig leicht erreichbar. Noch bleibt diese ganze wildeste Umgebung des Durchbruchs wegen ihrer strategi­ schen Wichtigkeit, da sie im Winter durch Schneemassen undurchgehbar, in der guten Jahreszeit die einzige bequem eCommunicdtion zwischen der Kornkammer der Cibyratis und der cibyratischen Tetrapolis mit den reichsten Xanthusthälern der lycischen großen Liga darbot, und auch durch Gebirgspassage mit dem Osten und Westen in Paniphylien und Carlen die nächste Verbindung darbot und in politischer Hinsicht zu allen Zeiten von der größten Wichtigkeit sein mußte, noch näher zu erforschen übrig. Es sollte, nach Aussage der Landeseinwohner, zwar dort noch eine antike Gebirgsstadt mit Ruinen zwischen Oenoanda und Araxa sich vorfinden, die vielleicht näheren localen Aufschluß über diese Gegend hätte herbeiführen können; aber da kein Wegweiser in dieser Gegend zu finden war, so mußten Spratt und Forbes ihren Wunsch, dort weiter vordringen zu können, aufgeben, und ihre Hypothese, dort im Westen die von ihnen vermuthete Choma vorzufinden, hat sich nicht bestätigt^»). •**) Waddinglon, Revue numismat. Anode 1853. p. 92.

Rrr2

996

Klein-Asien

§. 38.

Erläuterung 2. Der mittlere Lauf deö Xanthus oder Ak Tschai; die Mittel­ stufe von Ören (Araxa) und der großen Hauptquelle am Süd­ fuße der Massicytus-Felswand, an den warmen Schwefelquellen und Duwar vorüber zu den Ruinen der antiken TloS. Noch hat kein Reisender das Thal des XanthuS in seinem Durchbruche durch das Centralgebirge abwärts Oenoanda bis in daS untere Thalgebiet, wo er unmittelbar oberhalb Ören (Araxa der Alten) in das mittlere Tiefthal eintritt, verfolgen können; eS scheint eine so wildfelsige Engkluft zu sein, daß kein gebahnter Weg hindurchführt. Nur P. v. T schichat sch eff hat es vielleicht durchschritten, da er unterhalb Oenoanda, das nach seiner Karte 3878 Fuß und die Gegend am Sekia-Paß zu 3900 Fuß üb. d. M. liegt, den lanthus unmittelbar in eine tiefe Engkluft von nur 923 Fuß Par. nach der Bolotowschen Karte eintreten läßt. Fellows und Schönborn sind die einzigen Reisenden, die auS dem obern Plateaulande von Oenoanda zu dieser Tiefe direct herabgestiegen sind, aber nicht durch das LanthuSthal, sondern über den Oenoanda-Paß, der südlicher liegt, bis nach Ören oder Araxa. Beider Nachrichten sind aber nur flüchtig und unbe­ friedigend. Nur daß beide auch zuvor schon auS dem untern TanthuSthale nordwärts bis zu demselben Ören in der Nähe von Üzümlü vorgedrungen waren, kommt dem Verständniß dieses wilden Durchbruches von der Südseite her zu Hülfe. Für künf­ tige Reisende dürfte die Natur dieser Wildniß, welche Sch'önborn mit den furchtbar schönen Engklüften des PaffeS von Finstermünz auf der Grenze von Graubündten und Tyrol ver­ gleicht, ein intereffanteö Studium abgeben. Fellows^) hatte auf dem Wege von Almaty eine bedeu­ tende Strecke bis zu dem Seideler Iailafsy zurückgelegt, ohne an dem Ak Tschai die Nähe der Ruinen von Oenoanda ent­ deckt, oder daS Dorf Urludscha in deren Nähe gesehen zu haben, wenigstens nennt er es nicht; denn dort spricht er nur von ebner andern Jaita, bei der man ihm sagte, daß sich daselbst viele Ruinen (wahrscheinlich die von Oenoanda) befänden, aber zu sehen bekam er **) Ch. Fellows, Account of Üiscov. I. c. p. 235.

Mittler Lauf de-

LanthuS.

997

sie nicht, obgleich er das Thal (4 bis 5 Stunden lang) durchzog, in dem er nur Fragmente von Sarcophagen und PiedestalS vorfand, aber keine Stadtruine; offenbar weil er sie nicht auf solcher Höhe vermuthete. Er schreibt die ihm hier genannte Iailaffy nach seiner verderbten Art CarachewfatherS yeeilassyoe), e-ist offen­ bar die von HoSkynS daselbst genannte Karatscham(d. i. Schwarzfichte), welche die Türken mit dem Namen Urludscha belegten. Wir lernen daraus nur entschieden, daß Fellows Weitermarsch ihn auf demselben Oenoanda-Passe südwärts durch den MafstcytuS führte, dm Spratt und ForbeS in obigem so be­ stimmt angaben, aber ihn nicht weiter verfolgen sonntet, da sie keinm^Führer fanden. Fellows sagt nur sehr unbestimmt, daß er von da am Strome eine Strecke gegen West noch einige 100 Fuß tief zu einer Ebene abstieg, in welcher der Strom (AkTschai?) durch mchrere Zuflüsse bedeutend geworden. Nach 6 Stundm Weges durch diese- sehr hochliegmde, aber gut bebaute GebirgSland wandte er sich gegm S.W. und durchsetzte eine Kette von Waldbergen, die wie eine Barriere sich (wol am Abfalle des Plateaurandes?) vorüberzogen. An dieser Stelle, wo man die Hochebene verließ, sah man bedeutmde Reste alter Baumaterialien zerstreut umherliegen, auch mehrere ornamentirte Sarcophage auf den Grabstätten der dortigm Iürükm, aber zusammenhängendes Mauerwerk alter Stadtreste konnte man nicht ermitteln. Nach 3 Stunden Weges machte Fellows Rast im Walde, auf dem hohen Rücken eines KettenzugeS, aber etwas abwärts gelangte man zu einem Absturz, der wieder zum Thale des lanthuS führte (dem man bisher gegen Süd über die Berghöhen auSgewichm war). Der XanthuS hatte seinen mehr nordwärts liegenden Lauf verfolgt und stürzte nun ans einer steilen Schlucht zum Tieffchlunde hinter dem Rücken von Ören hervor, wo Fel­ lows schon auS früherer Aussage anführte, daß dem TanthuS hier die größere Wassermasse zufließe. Er gesteht, daß eS ihm unbegreiflich gewesen, wie eine so gewaltige Waffermasse einen Durch­ bruch durch die mit ewigen Schneemassen bedeckte, scheinbar undurch­ brochene GebirgSbarriere habe finden können, doch begnügt er sich damit, die Ursache in der ganz eigenthümlichen Structur des GebirgSbaueS mit den Stufenterrassen des Plateaulandes zu finden, ohne jedoch die wahren Verhältnisse näher zu untersuchen. Er hatte M) Fellows, Account 1. c. p. 235—37; Hoskyns, Narrat. 1. c. XII. p. 155.

998

§♦ 38.

Klein-Asien.

nur nach Ruinen gesucht, die nach vieler Aussage am Fuße deS Massicytus liegen sollten; er hatte keine gefunden und war nun der irrigen Meinung geworden, daß die schon früher in Ören (Hoorahu) von ihm bemerkten Ueberreste der alten Stadt des Massicytus angehören möchten. Zwei Münzen, die er in der Nähe fand, stimm­ ten in Form, Emblemen und Reversen ganz mit den übrigen auS dem TanthuSthale überein, die jede nur mit den Initialbuchstaben ihrer Münzstätte bezeichnet sind.

Dieß nebst der aufgefundenen

Infeription und die relative Bedeutung der Ruinen ließ ihn wähnen, daß daselbst die Lage der antiken Bundesstadt der lyrischen Eidgenossenschaft Massicytus wiedergefunden sei, die man so lange vergeblich gesucht und an deren Existenz man gezweifelt hatte. Sie schien danach auch den gleichnamigen Namen des Gebirges auf den Centralstock des lyrischen GebirgSsystems zu fixiren, und wo könnte der Name

einer ältesten Uransiedlung antiker

Tremilen besser seiner Meinung nach stattfinden, als an dem wich­ tigsten Gebirgspaß (Mesukkoth, Paßengen), der auf directestem Wege hinaufführte nach Dirmil (s.oben S. 662), welcher das Tiefland mit dem Hochlande in Verbindung setzte und diesen Haupt­ eingang beherrschte. An der von Fellows erreichten Stelle, die nur weniges ober­ halb der ersten Brücke über den Tanthus sich befand, von der man nach Tlos fortschreitet, wurde das Zelt errichtet neben einem Fels, aus dem zwei natürliche Quellen hervorsprangen und wo schon in Brand stehende Bäume hinreichendes Brennholz für die Nacht lie­ ferten. Alles türkische Gemäuer von verfallenen Hütten bestand aus Resten

antiker Sareophage mit Inschriften (s. die Copie

einer 13 zeitigen griechischen Inscription, p. 238).

Das

Interesse

dieser Stelle ward am folgenden Morgen (10. Mai) noch durch das Vorüberziehen vieler Iürükenfamilien mit Weibern, Kin­ dern, Knechten und Heerden und ihren Geräthschaften in alterthümlicher höchst pittoresker Tracht und Art ihrer Pilgerkarawane nach den kühler liegenden Iailas erhöht, der wol an 20 zahlreiche Familien folgten, eine höchst lebendige Scenerie.

Während zweier

Tage waren in diesem alljährlich wiederkehrenden echt patriarcha­ lischen und urväterlichen Herkommen gebräuchlicher FrühUngskarawanen dieses schönen Hirtenvolks unter der Zahl vieler Jugend wenigstens wol an 20 Männer vorübergezogen, die alle jeder über 100 Jahr alt waren und doch noch voll Gesundheit, voll Thätigkeit und des Gebrauchs ihrer Glieder und Kräfte sich erfreuten.

Mittler Lauf des XanthuS.

999

Die Mäßigkeit und Einfachheit wie die Naturgemäßheit ihrer Le­ bensweise läßt sie hier ein so hohes Alter erreichen, und die Sitte, daß der Vater im hohen Alter dem verehelichten Sohne und seiner Familie die Heerden sammt deren Sorgen übergiebt, gestaltet ihm, die nöthige Ruhe in den vorgeschrittenen Jahren zu genießen, da die erste Pflicht des Sohnes in diesem lycischen Orient die für den greisen Vater nöthige Sicherung der Ruhe und Verehrung die vornehmste ist, die nie verletzt wird. Schönborns Tagebuch, das den Durchmarsch (am 30. und 31. Mai 1842)J67) von Oenoanda nach Tlos durch diesen Gebirgswall und wahrscheinlich durch denselben Oenoanda-Paß leider unter wilden Gewittern und fortdauernden Regenströmen in kürzesten Worten erzählt, ist in Beziehung auf dortige topographische Verhältnisse leider an dieser Stelle ungewöhnlich dürftig und unbefriedigend zu nennen und dieß kann nur eine Folge der Ungunst des Wetters und der persönlichen Abschwächung des sonst so aufmerk­ samen Wanderers durch häufig zu große Anstrengungen gewesen sein. Am Abend des 29. Mai kam er von der Almaly-Ebene erst spät in der Nacht und ganz durchnäßt durch die Gewitterschauer bei den Jürüken in Oenoanda (Urludscha) an. Am 30. Mai war schon vom Morgen an eine drückende Hitze. Diese warme feuchte Luft schien von dem südlichen Xanthusthäte her einzubrechen; sie veranlaßte wol int Zusammenstoß mit den kalten Luftströmungen der Berge schon von 9'/, Uhr an heftige Gewitter, diese hielten mit geringen Unterbrechungen bis zum Abende an, als er noch glücklicher Weise zu einigen Tschistlikhäusern über dem Dorfe Gerisburnu gelangte. Die Straße ging von Oenoanda auö eine Stunde lang in einem großen Bogen in der Setia-Ebene hin und trat dann, ohne eben merklich abzusteigen, in eine von mehreren Hügelreihen durch­ zogene Gegend. Am Ende der zweiten Wegstunde befand ich mich, sagt er, an einer schlechten Mauer, welche die Ebene durch­ schneidet, und die einst zu militärischen Zwecken muß gedient haben. Der weitere Weg ging an den Gehängen deS Ak Dagh fast durchaus in einem Nadelholzwalde hin und man stieg dabei in einzelnen Unterbrechungen stark hinab. Den 31. Mai ging man bis Tlos, 1'4 Stunden vom Manghyr Tschai; die Gewitter tobten fortwährend auf und an den Bergen; in einzelnen Pausen siel auch Regen. Auch Schön born ist daher 167) A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 97 a. u. b.

1000

Aletn-Asten.

§.

38.

auf der kurzen nur eintägigen Diagonalroute des OenoandaPaffeS die Durchbruchskluft des großen LanthuSstromeS vom Hoch- zum Tieflande unbekannt geblieben. Die Zugänge von der Südseite zu derselben Gegmd von Ören am Südfuße des MafsicytuS, zu welchem der Oenoanda-Paß führt, warm schon früher von Fellows und Schönborn auf ihren Wegen um Nachfuchung der Ruinm von Kadyanda bei Üzümlü (Hoozumlee bei Fellows) berührt worden, von wo sie beide weiter ostwärts zum mittlern LanthuSthale fortschritten (s. oben S. 956), wodurch noch eine Annäherung an jenen mysteriösen Thalwinkel stattfand. Fellows^) ritt von Üzümlü und Kadyanda'S schönen Ruinen am 9. April über waldige Berghöhen an 6 ©tunten weit, immer gegen S.O., bis er das Dorf Ören erreichte. Etwa an­ derthalb Stunden, ehe er den großen rechten Zufluß, der von N.W. her von Derekjöi zum Hauptstrome des LanthuS fließt, dem er feine schlammigen, gelbfärbenden Wasser zuführt, durchsetzm tonnte, traf er in seiner fruchtbaren Thalebene, die den Namen Sazarkee (?) führm soll, am Wege ein Grab in Felö gehauen mit lycischer Inschrift. Dieser Zufluß soll, nach Fellows, dem großm Strome die durch den Namen La nt hu S (d. i. der gelbe) auSgedrückte Farbe geben. An seinem Ufer durch einen buschigm Morast von einer Viertelstunde Breite hindurchgeritten, erreichte man einen FelS, der sich 15 bis 20 Fuß über die Ebene erhob, von dem noch eine Viertelstunde fern daS Torf Ören liegen muß. Dieser FelS war auf allen Seiten zu Grabkammern auSgehauen, bereu Architecturstyl von dem der früher in Kadyanda gesehenen verschieden war. Mehrere derselben wurden von FellowS abgezeichnet, auch ein paar Lettern einer griechischen Inschrift copirt, welche hier „daS Grab eines OrthagoraS" bezeichnen. In einer andern griechi­ schen Inschrift, deS DecreteS von der Weihung zu Ehren eines wohlverdienten Mannes, scheinen ihm in der verstümmelten Inschrift die Buchstaben MAChl.... vorzukommen, welche eS ihm wahrfcheinlich machten, daß derselbe ein Bürger von MafsicytuS gewesen sei, dessen Localität als Bundesstadt LycienS bisher völlig unbekannt geblieben war und nach Leake'S Conjectur etwa- südöst­ licher an dem Paßeingange deS GeriSburnu in dem kleinen GebirgSfort zu suchen wäre. Aber der spätere Fund vollständigerer In­ scriptionen durch DaniellS"*) hat gezeigt, daß Fellows Conjectur '**) Fellows, Account of Discov. 1. c. p. 123. I. c. XII. p. 158.

•*) Hoskyns, Narrative

Mittlerer LantsmSlauf bei Ären.

1001

irrig war, daß Ören vielmehr die Lage der antiken Araxa be­ zeichnet und nicht die von MasflcytuS7"). Ehe man in da- Dorf Ören (Eurene bei v. Tfchichatscheff) rintritt71), erreicht man eine andere antike Gräberstätte, deren FelSmafse aber so ungünstig war, daß man nur Hunderte von zerbröckel­ ten Sarcophagestücken in Haufen beisammen liegen sah; sie waren von besonders niedriger Form und enthielten zwar griechische Schrift, die aber ganz unleserlich geworden war. Die Lage der antiken Stadt ward dagegen auf einer höheren Grundlage über der LanthuSkette gesunden; sie dominirte eine enge Felsschlucht, durch welche sich ein klarer, sehr breiter und reißender Bergstrom gegen S.W. herabstürzt und dm XanthuS bildet und sogleich sich in den geringm schlammigm Fluß ergießt, der von N.W. auS dem fernm Ge­ biete von Derekjöi herabkommt. Nur wenig Ueberreste sind von der antiken Stadt übrig, meist nur eine Mauer, in dem rustic genann­ ten Styl mit abgerundeten Buckeln, einige Grundmauern von anderen Gebäudm, zerbrochene Säulenstücke, Piedestals und Reste von Omamenten. Einige Inscriptionen wurden von FellowS mitgetheilt, von dmen eine auf einer Grabsäule eingeschrieben war. In dem Hofraume eines Gebäudes fand man ein sehr schönes Pfla­ ster auS verschiedenen eleganten Mustern vielfarbiger Marmorarten, ein kleiner Raum, römischer Mosaik sehr ähnlich, vielleicht warm eS Bäder. Man konnte nur wenig Münzen erhallen, da die An­ wohner die Silber- und Goldmünzen zurückbehalten zum Kopfputz der Frauen. Die Nachfrage nach Kupfermünzen schien ihnen thöricht, born noch hatten sie keinen Europäer gesehm. Zwar sagten die Bewohner von Ören, eS lägen viele Ruinm um den Ort her, da aber keine von einiger Bedmtung sich vorfanden, so schimen dort nur namenlose GrenzfortS zu beiden Seiten des XanthuS gestanden zu haben, zum Schutz der GebirgSeingänge; denn Ören direct gegenüber, auf der Ostseite des Stroms, fanden sich ähnliche Ueberreste. Fellows Excursion hatte ihm indeß zu der Ueberzeu­ gung verholfen, daß hier das untere Thal des XanthuS sein Nordmde erreicht habe und sich weiter gegen Norden keine große Ruinmstadt vorfinde. 70) Corp. loser. Graec. T. III. 1844. p. 135. Nr. 4233 sagt Franz: Fel­ lows die mentionem lleri Massicyti arbitratur. Vix vere. Aber Daniel!Jnscription wird Nr. 4231 nur angezeigt, nicht mitgetheilt. 71) Fellows, Account 1. c. p. 124 sq.

1002

Kletn-Afien.

§. 38.

Von Ören setzte Fellow-'?*) feine Wanderung an der Ost­ seite des Stroms etwa 10 Stunden weiter nach Südm fort biDuwar, bei dem er die Ruinen der antiken TloS auffand. Er durchritt erst auf der Westseite des kanthuS den kleinen rechtm Zufluß mit seinen gelben Wassern, der sich hier bei dem Dorfe Satala (richtiger Seideler) kjöi, das nur 6 Stunden östlich von Makri entfernt ist, in mehrere Zweige vertheilt und zum Xanthu- einfließt. Eine halbe Stunde weiter abwärts wurde der Hauptstrom auf einer schön gebauten Brücke von 5 Bogen auf die Ostseite überschritten, die nun schon über den viel mächtiger gewordenen Hauptstrom hinttberführte. Bon da überschreitet man im sehr erweiterten Thale bald einen andern östlichen Zufluß (GeriSburnu Tfchai, s. oben S. 626), der den Hauptstrom bedeutend vergrößert, und trifft an seinem Südufer auf da- Dorf Kündschi­ lar (Koongelar bei Fellows). Nur eine kleine Stunde von Duwar, an einem vorspringenden Fels, schoß ein ganz klarer, von weißlich­ grünem Niederschlage an seinen Usern begleiteter heiß dampfender Strom mit Schwefelgeruch am Wege hervor, der dem Volke zu Bädern diente; die Gegend ist von anmuthiger und großer Schönheit, die bald von der pittoresken Lage der Trümmerstadt TloS und ihrer bewohnten AcropoliS noch um viele- verherrlicht wird. Am Fuß derselben stehen nur wenige Häuser und die Residenz deAgha de- DistricteS, der den mittleren Sttomlauf de-LanthuS einnimmt. Aber die Gegend von dieser Seite ist in antiquari­ scher Hinsicht durch die große Mengeder wichtigsten Inscrip­ tion en^) beachten-werth, welche hier (einige 20 bis 30 Jnfcript.) die Lage der antiken TloS beurkunden. Auch Schöuboru und Spratt und Forbes haben über dieselbe Thalstrecke neue Beob­ achtungen anstellen können. Schönborn") hatte Üzümlü (Cadyanda) an einem Mittag verlassen, um den Ort Derekjöi (richtiger Direk kjöi, denn er erklärt Säulendorf), da- in einem nordwärt- liegenden sehr wal­ digen Thale liegen sollte, zu erreichen, dessen felsigen Boden von Conglomeratgestein ein tiefeinschneidender Bach gegen ©.£). durchzieht, der sich aber bald unter Geschieben seine- Bette- zu ver­ lieren schien. Sich westwärts haltend zwischen einsamen Waldwilviir)

Fellows, Account I. c. p. 131. 1S) Corp. Inscr. Graec. T. III. 1844. p. 136—142. Nr. 4235—4232. 74) A. Dchönborn, Tage­ buch. Nachlaß. Mscr. 1841. Bl. 26 ff.

Mittler Lauf des Xanchus.

1003

niffen, wo man keinem Menschen begegnete, verlor man sich immer tiefer in die sumpfigen Thäler und Schluchten, die hier durch den riesigen Kartal Dagh (d. i. Adlerberg) gegen Norden mit sei­ nen schauerlichen Steilwänden begrenzt wurden, die ihn, wie schon früher bemerkt wurde, an die grausigen Grenzgebirge von Graubündten und Tyrol erinnerten (s. oben S. 865), in deren Engpaß man vom Finster münz hineinschaut. Hier traten die reißenden Wasser des Bergstroms, Ak Tschai genannt, heraus, dessen Bette an 10 Minuten breit, die Wasser jetzt nur 2 Fuß tief waren. Die von ihm gewälzten Rollsteine waren kreideweiß, eben so der Boden und die von seinem Wasser berührten Bäume ebenfalls, so wie auch die Farbe des Wassers, daher vielleicht der Name Weißwaffer (Ak Tschai). Durch die Bewohner einer einsamen Mühle wurde man zurechtgewiesen, um Derekjöi am Eingänge des PirnaspasseS zu erreichen, von dem schon früher die Rede gewesen. Nicht von Säulen sollte das Dorf seinen Namen haben, denn diese fehlten gänzlich, sondern von seiner Lage zwischen zwei Engklüften, aus denen Bergstr'öme hervorrauschten. Durch diesen Weg wurde Schönborn diesmal vom nördlichen XanthnSthale bei Ören abgelenkt, da er­ den Hochpaß nach Bubon erstieg; dagegen war Hoskyns^) bei seinem ersten AuSfluge von Üzümlü zum XanthuSthale fortgeschritten und hatte eS bei Seideler (auf dem westlichen Ufer gelegen) erreicht, daS noch oberhalb des GerisburnuzufluffeS liegt, wo er bei Piati die gute Steinbrücke von 5 Bogen zum Ostufer des XanthuS überschritt. Bei einem zweiten AuSfluge, wo HoSkynS Ören, welches er daS erste Mal zur linken Hand hatte liegen lassen, er­ reichte, lernte er durch Da niells, wie schon oben bemerkt wurde, die dortigen Znscriptionen kennen, welche beweisen, daß nicht Massicytus, sondern Araxa an der Stelle der heutigen Ören lag. Nur eine halbe Stunde von Ören (Orahn bei Hoskyns) sah er ferner, daß am Fuße des ungeheuren Absturzes der dort genannte Masta Dagh (darin vielleicht noch ein Anklang an den alten Na­ men Massicytus sich erhallen haben mochte?) die große Quelle^) plötzlich auS der Erde hervortritt, die sogleich als ein großer Strom abfließt, an derselben Stelle, wo mit diesem der eigentliche von der hohen Iaila herabkommende Ak Tschai oder wie man ihn hier

:s) Hoskyns, Narrative 1. c. XII. p. 149. 158, 166. 76) Hoskyns, Narrative 1. c. XII. p. 158; aus Spratt- Karte ist diese Quelle be­ zeichnet.

1004

Klein-Asien.

$. 38.

nannte, der Iaila Tschai, durch eine Kluft vereinigt. Derselbe soll in der trockenen Jahreszeit wenig bedeutend sein, wie er sich auch oben bei Urludscha und Oenoanda zeigte, während er in der Regenzeit gewaltig angeschwollen und strömend wird. Die bei den Eingeborenen aber vorzugsweise sogenannte „große Quelle" des Xanthus behält daS ganze Jahr hindurch ihre gleiche Wassersülle; sie ist klar von Wasser, der mit ihr vereinte Strom erhält erst von der Tertiärschicht des Bodens, den er durchläuft, seine gelbe Farbe. Die Quermauer auf dem linken Xanthusufer, welche auch Schönborn bemerkt hatte, sollte nach Aussage wirklich eine Grenzmauer zwischen zwei Völkern gewe­ sen sein. Zur näheren Untersuchung dieser Mauer begab sich HoSlynS nach der Nif Iaila, weil man angab, daß sich dort Ruinen fin­ den sollten; sie bestanden nur aus einigen alten Mauern und Sarcophagen, aber von Bedeutung waren diese nicht, indeß lag der Schnee noch so tief im Gebirge, daß die Untersuchungen nicht weit reichen konnten; die Fährten der Leoparden und Schakale waren auf den Schneefeldern sehr zahlreich; die wmigen GebirgSanwohner warm gastfreundlich gegen ihre Landsleute, von dm Fremdlingen erwartetm sie aber eine Entschädigung. Die oben genannte Stein­ brücke von 5 Bogen, welche bei dem Dorfe Piati über dm X) Cb. Fellows, Account 1. c. p. 166. 4") D. Sbarpe, Comment. 1. c. 1>. Fellows, Acc. p. 440.

Xarithus unter Griechen und Römem.

1053

dagegm griechisches und römisches allgemeine« Eingang fand. Doch sagt HeraclideS Pontic. (de Politicis Lyc.), daß sie mehr durch

Gebräuche

wurden"). kanthuS

oder

Herkommen als durch Gesetze

regiert

Diese spätere Periode der lyrischen Geschichte, in welcher erst unter römischem Protectorat

von neuem einige Be­

deutung gewann, geht auS seinen Münzen hervor, die eS unter den Kaisern

Claudius,

AntoninuS,

Gordian bis Aurelian, prägt

hat.

Seit

TiberiuS

Städte durch Erdbeben 80 n. Chr. Geb.)

CommoduS,

SeveruS,

ConstantinuS und IulianuS ge­ Zeiten

zerrüttet;

wurden

viele

kleinasiatische

unter Kaiser Bespasian (gegen

scheinen nach Fellows die meisten römischen

größeren modernen Bautm in der Start XanthuS errichtet zu sein, deren Material aber gegenwärtig zerstreut umherliegt. folgenden

Jahrhunderten

ward

XanthuS

(Hierocl. Synecd. ed. Wessel, p. 684).

eine

In den drei

christliche

sians scheinen zu andern Zwecken verwendet worden zu sein. Sitze deS Theaters

wurden

Stadt

Viele der Bauten VefpaDie

in die Stadtmauern und Bastionen

eingefügt und zum ersten Male mit Mörtel festgekittet.

Eine weit­

läufigere Stadt wurde mit Quaderblöcken und PiedestalS auS frü­ herer griechischer Zeit

zu Ehren der Sieger

in

den

römischen

Spielen zu Bauten verwendet, aber neu bemeißelte oder behauene Steine auS dieser Periode sah CH. FellowS keine;

wol aber eine

unzählige Menge von Säulen und Thürpfosten verschiedenster Di­ mensionen

verwendete

man geschmacklos zur Aufrichtung einer und

derselben christlichen Kirche, die wieder zerfallen ist.

Mehr in Re­

spect haben sich die modernen Grabmäler auS dieser Zeit erhalten, die noch stehen geblieben und in ihrer Nähe.

sind

in verschiedenen Theilen

der Stadt

Diese Periode der architecturalen Um­

wandelung der Stadt

dauerte durch

die christliche Periode der

ersten Jahrhunderte bis in das fünfte Säculum, als Xan thu-durch seine christlichen Schulen hatte.

einen gewissen Ruhm

sich erworben

Damals scheint, nach einer Stelle in ProcluS vom Jahr

412 n. Chr. Geb.,

daS Mausoleum des HarpaguS von ihm

noch gesehen worden zu sein; noch standen, sagt er, die Säulen auf ihrem Fußgestelle, und auch dessen Basreliefs an der Ostbasis scheint ProcluS

noch beschrieben zu haben.

Damals waren viele kleine

4|) Cavedoni, Observat. sur les anciennes monnaies de la Lycie. Pa­ ris 1845; W. Koner a. a. O. S. 110; Cb. Fellows, Jod. Tropby Monum. p. 13.

1054

Klein-Affen.

§. 38.

Häuser am Fuße M Mausoleums von Christen bewohnt, in ihre Häuser warm Theile der alten Cella verbaut, aber der Tempelbau ragte noch über ihnen hervor; auS dieser Periode mag auch die Ruine deS großm MonasteriumS auf der Spitze der AcropoliS herstammm, da- im Quadrat erbaut, 70 Schritt lange hohe Mauern zeigt, deren Zellm zwar eingestürzt, aber doch nach Spratt noch erkennbar finb242). In der darauf folgmden Periode der Erd­ beben, welche einen großen Theil KleinasimS verheertm, wurde mit viel« andern Städten auch kanthuS zertrümmert. Die steinen Häuser wurden mit den Trümmern des großen Denkmals umher­ geworfen und blieben seitdem in ihren Ruinm unberührt, bis sie im Jahre 1838 durch Fellows der Vergesienheit entrissen und voll­ ständig auö ihrem Schutte ausgegraben werden konnten. Alles spricht dafür, daß eine plötzliche Convulsion von großer Gewalt hier aus einmal die Zertrümmerung des ganzen Denkmales bewirkt hat, weil die Bronzeklammern noch in den Marmortafeln stecken ge­ blieben, mit benen die Friesstücke an dm Mauerwänden befestigt gewefm; daß aber bei dmfelben die Sculpturen sich so trefflich erhieltm, nur die Köpfe aller Statum und vieler der Ornamente verstümmelt wurden, währmd das übrige sich so gut erhaltm konnte, ist vielmehr der damaligen vorhergegangenen Bilderstürmerei der Secte der Iconoklasten zuzuschreibm, welche sich damit be­ gnügte, die Köpfe der heidnischen Bildnerei abzuschlagm, wie man denn im I. 1846 aus einem Brunnen zu Smyrna bei einem zerstörten Kunstwerke 30 Köpfe von Statuen hervorholte, während die Glieder der Statum, denen man sie abgehauen, wohl erhalten geblieben waren"). In dm gegenwärtigen Zustand der an Kunstschätzen verarmten und ihre- antiken Glanzes entblößten Stadt TanthuS trat unser deutscher Beobachter L. Roß im Juni 1844 bei seiner flüchtigen Wanderung") ein, den wir als einen trefflichen Beobachter noch zu begleiten habm. Spratt und ForbeS") hattm den Ort schon verlasien mit den Worten, daß er seinen größten Schmuck verloren, deffen lange vergrabme Herrlichkeitm seiner Blüthmperiode zwar zu Tage gekommen, daß sie aber noch in 70 bis 80 mächtigen Kisten vor ihrer Wohnung auf ihrer Plattform verpackt lägen, um die antike ••*) Spratt and Forbes, Trat. I. p. 50. °) Ch. Fellows, Jon. Tropb. Mon. 1. c. p. 25. 44) L. Roß, Kleinasien und Deutschland. Halle 1850 a. a. O. 4Ä) Spratt and Forbes, Trav. I. p. 45.

LarichuS unter Griechen und Römern.

1055

Grüß« der wildest« Landschaft in die Muse« an der Themse über» zuschiffen. L. Roß kam von S.O. von Furna- her durch eine von viel« Gräb« durchschnittme Ebene etwa eine Stunde fern von der Mündung de- ZkanthuSflnsse» in deffm Deltabode«, wo stch zur linken Seite gegm den Stromlauf hoch aufgetürmte Sand­ dünen dem Auge zeigten. Nach 1'/, Stunden erreichte er da» Dörfchen Künüki, das au» wenigen zerstr«tm Häusern zwischm Bäumen am südlich« Fuße de» seifig« Stadthügels von lanthu» liegt, von dem man schon au» ziemlicher Ferne an dessen Abhänge» die hohe« lyrischen Grabmäler, die in denselbm eingehaum sind, erkenn« konnte. Da» Dorf bot statt eine» Gasthause- (der Musasir - odä der Türken) nur da» Brettergerüst eines Kiosk» zum Nachtlager unter dem Schalt« von Platon« dar. Link» von den Hütten führte eine alte Straße, der« Pflaster von d« Engländem währmd ihre» langen Winteraufmthalte» daselbst bloßgelegt wurde, durch ein« Triumphbogen hinauf nach dem Theater, deffm Sitze zwar zum Theil noch erhalt«, aber dicht mit Buschwerk über­ wachsen waren. Die mtführt« lyrisch« Stelm fehlten hier, der« Stelle nur noch vorhanden gebliebm. Da» Theater lehnt stch mit der Rückseite an ein« gegm Ost« steil abfallmdm Fel«. Hügel geg« d« Fluß hin. Auf diesem zeigt« sich noch einige an­ tike Fundamente, und um den Rand steh« bedeutmd« Reste au» dem Mittelalter, die einst zur Befestigung der Stelle gehört«. An dm S.» und O.-S«itm der unteren Acropoli» hab« die Engländer vorzüglich ihre Ausgrabung« gemacht. Nördlich vom Theater ist ein Fel-Hügel, noch viel höher und von größerer Ausdehnung, über deffm hintern nördlich« Rand sich die Stadtmauer hinzieht, er selbst scheint, ein Klostergebäude, da» dort in Ruine« steh« gebliebm, auSgenomm«, unbewohnt zu sein. Biele Grabmäler lieg« noch außerhalb der Stadtmauer, sowol Felskamme« wie lyrische Sar­ kophage, die auf dem Hyposorion oder dem untern Sargkasten steh« und mit Relief» geziert sind; ein» derselben zeigt zwei Löw«, die ein« Stier zerfleischen. Vom Nordostende der Stadt läuft über die nächst« Hügel eine Gräberstraße fort, an der zu beidmSeitm griechisch-römische Sarcophage mit tempeldachförmigen Deckeln sich aneinander reihen; sie sind ohne Ornamente, die meist« hatt« aber Inschriften; nur auf einem der Sarcophagmdeckel liegt ein in Stein auSgchaumer Löwe. Kehrt man von der AcropoliS, dieselbe rechter Hand laffmd, gegen Süden am Lagerplatze der englischen Arbeiterschaar zum

1056

Klein-Asien.

§. 38.

Dorfe Äüttült zurück, so kommt man durch ein halb verschüttetePortal ans die alt« Agora, deren großgepflasterter Bodm von dm Engländern aufgedeckt ist; die Trümmer an ihn scheinen wol die einstigm Gewölbe >md Buden der Verkäufer gewesm zu feie. Andere noch aufrechtstehende Gebäude giebt eS in XanthuS nicht. Alle Ar» chitrav«, Friese, Gesimse und andere Reste liegen in großer Menge zerstrmt umher, ihre Ornamente sind aber alle nur in einem mittet« mäßigen Styl aus späterer Zeit. Bon dm Werkm der früherm Periode einer eigenthümlichm nationalen Bauart, bemerkt L. Roß, scheinm nur die hohen Grabmonumente die sich widerholendm Zerstörungen der Stadt durch Perser und Römer überdauert zu haben. Da- -tanthu- aber auch im früheren Mittelalter sehr stark bewohnt gewesen, bezeugm außer dm späteren Befestigungen auch mehrere Ruinm byzantinischer Kirchen als Episcopalsitz. Die Ebene unterhalb der Stadt bis zu dm Scagliahöhm, welche Pa» tara'S Ruinen in S.O. dem Auge verbergen, sind alluvial, und scheinen seit alter Zeit bedeutmd angewachsm zu sein, da in diesem Deltaboden dortige Fel-gräber der ältesten Zeit fast bis an ihre obersten Enden von dem jüngeren Anwachs der Schichtm bedeckt sind. Tuffo oder Travertino hat diese Erhöhungen ge­ bildet, während dicht bei der Stadt ein großes Gonglomerat« gesteiu in horizontalen Lagern sich niedergeschlagen hat und die Bedeckungen der Mergelschichten viele characteristische Süßwas­ serfossile enthaltm. Die Felswände um LanthuS bestehen aber alle au- der Scaglia oder dem Apenninkalkstein von gelblicher Gremefarb«, die schon im Januar mit dem vollen Flor von Blu­ men, zumal Anemonen geschmückt warm, die ans diesem säst alle blau und purpurfarben, auf den Mergellagem überall nur roth gefärbt sich zeigten. An der Südseite der alten Stadt in der Ebme sieht man »och Ueberreste ehemaliger schöner Fruchtgärten und Weinrebm, Feigen», Granat», Pfirsich- und andere Obstbäume, dar­ unter die heuttge Bevölkerung zerstrmt in Steinhäuschen oder in Zweighütten wohnt; es sind nur einige zwanzig elmde türkische Familim, die sehr gedrückt sind und außer dem herkömmlichen Zehntm ihre- Ertrages noch an 10,000 Piaster (an 600 preußische Thaler) Abgabe zahlm müffe», die ihnen als Abschätzung auS einem frühern Zustande der Wohlhabenheit deS Ortes auferlegt ist. Da dies kaum ,4e) Spratt and Forle», Trat. 1. c. 1. p. 27.

TanthuS

in der Gegenwart.

1057

zu erschwingen und seit der Einführung der Couscription die mehrsten jungen Leute, auS Furcht vor ihr, nach andern Gegenden ent­ flieh«, so muß der Ort immer tiefer sinken, ein Schicksal der fort» schreitenden Verdünnung der Bevölkerung, welche den größeru Theil Kleinasiens immer tiefer ins Verderben sinken macht (f. oben bei Levissi, S. 954).

Griechische Christen, die früher hier angesie­

delt waren, haben alle in den legten Revolutionen das Land verlassen, sie hatten wahrscheinlich die Obstanlagen und Gärten gepflanzt, da kein Türke Bäume zu pflanzen pflegt. Der Citronen bäum allein schon, der hier seine reichlichen Früchte zu tragen pflegt, würde zu Wohlstand führen; einer der Bauern, auf dessen Grundstück stch noch zwei Cittonenbäume erhalten halten, versicherte, daß ihm 200 Stück derselben reichlicher« Ertrag geben würden als sein Acker und sein Biehstand, aber es siel ihm nicht ein, dieselben anzupflanzen, und als man ihm rieth, dieß doch zu thun, hielt er sich für beleidigt, daß man ihm nur zumuthen könne, Bäume zu pflanzen, wo sein Allah sie nicht von selbst wachsen lasse. daher weit entfernt,

Dieser türkische Bauer ist

eine Energie und Kraftthätigkeit wie die des

antiken Lyciers oder Termiten zu besitzen, und doch zeigt die heutige Bevölkerung dieses Landes im allgemeinen so viel Analogie mit den Sitten und Gebräuchen in Baustyl,

Landwirthschaft"),

Kleidung und anderem der alten Lycier, daß der kritische Beobachter keinen Anstand nahm, sie doch noch selbst für die Nachkommen dieser Altvordern zu halten^). Alte Xanthier können eS freilich wol nicht fein, da diese dreimal in verschiedenen Perioden sich selbst (zum letzten Male im I. 41 vor Chr.) gewaltsamer Weise mit Weibern und Kindern bis auf wenige Ueberreste ausrotteten. Für die Fortdauer altlycischer Bevölkerung spricht vor allem ihre Bauart der kleinen hölzernen Getreidescheuern in dem­ selben Styl wie die antiken Felsenkammern und Sarcophage, obwol sie selbst sich mit elenden Zweighütten begnügen. Diese Scheuern sind klein, aber nett gebaut aus Brettern

und Balken,

wie jene

Steinkammern mit gleichen verkröpften Balkenköpfen, geränderten Thürchen und Fensterladen, ja noch mit Untersatz von Felsstücken, um die Feuchte von dem Korn abzuhalten.

Sie sind keine Er­

findung eine- anderen Volks, sondern entsprechen vollkommen dem ältesten Herkommen in Technik, wie sie auch die alten Lycier

4') Ch. Fellows, Account l. c. der Ackerpflug mit dem Ochsengespann in Lycien. p. 174. 4S) V. Reß a. a. O. S. 50 ff. R.tter Erdkunde XIX.

X ££

1058

Klein-Aflen.

§. 38.

als &fjaavgol für ihr Getreide und ihr Liebstes, die Todten, in Gebrauch hatten. Die türkischen späteren Ansiedler können diese Constrnction nur nachgeahmt haben, die sich aber westwärts TelmeffuS und Daedala in Carien nicht mehr vorfindet und nur dem lyrischen Boden angehört. Der lyrische Ackerbauer wie der Hirte trägt nicht wie sein nördlicher Nachbar, der Lydier und der Gatter, die kurzen wenigfal­ tigen Hosm und die kurze Jacke, sondern eine für sein bebuschtes und mit Dorngestrüpp überwachsenes Felsenland weit freiere, aber un­ bequemere Tracht: lange bis an die Knöchel herabgleitende, faltige Beinkleider, darüber als Hauptkleid einen lange« bis aus die Füße reichenden Kaftan anS gestreiftem Wollenzeuge, den er beim Gehen und Arbeiten mit den Zipfeln aufgeschürzt in den Gürtel steckt, eine lange der medischen KandyS ähnliche Tracht, die auch die Lyrier auf den alten Denkmalen tragen. Auch die Tracht der Frauen in Pinara erinnerte Ch. Fellows sehr häufig an die Tracht und daS Goftüm antiker Statuen, die ihm zur Vergleichung an demselben Orte vorlagen^). Hierzu kommt die characteristische Fußbeklei­ dung. Die Nachbaren der Lycier, die Dorier auf RhoduS wie auf allen Insel» von Greta bis KasvS, KarpathoS, KoS bis Gypern, tragen bei der Feldarbeit den alten cretischen Kothurn, starke bis ans Knie reichende, an den Waden enganschließende Stiefel auS ungeschwärztem Leder; selbst türkische Bauern, die unter den Doriern wohnm, haben diese Siesel angenommen, und gewiß wäre sie die beste Fußbekleidung gegen die lyrischen Dornen. Statt der­ selben tragen die Lycier, sagt L. Roß, auch den alten Halbstiefel deS Perseus und Bellerophon mit den langen spitzigen Leder­ schuppen zum Anziehen am Oberleder und an der Ferse, so daß der Fuß eines hiesigen Hirten wirklich etwas Glassifches hat. Auch Fellows hat die antiken ©anbaten abgebildet, welche noch die heutigen lyrischen Führer tragen, welche vollkommen denen auf den alten lyrischen Sculpturen entsprechen^"). Solche Tenacität der Ge­ bräuche läßt bei so zahllosen Wechseln, welche die Bevölkerung der schwerzugänglichen lyrischen Wildniffe seit ein paar Jahrtausenden betroffen hat, wirklich auf etwas mehr als eine bloße Accomodation des Hinzugetretenen an das Vorgefundene zurückschließen, aber hier fehlt unS, um weiter zu forschen, der Beistand der Geschichte.

1059

LycienS Südküste.

Daß die vielen eigenthümlichen Namen der Völker Kleinasien-, wie Myfier, Bithynier, Kappadoken, Phrygier, Lydier, Carier, Pisidier, Cilicier, Lykaoner, Lycier, au- dem Lande verdrängt wurden, ist noch kein Beweis, bemerkt L. Roß, daß auch die Völker daraus verschwanden; denn dieselben Völker­ stämme bleiben, wenn sie auch leicht ihre Namen wechseln, wie sich die- in Griechenland wie im alten Germanien wol nachweisen ließe. Um aber den Beweis dafür zu führen, daß die heutigen Kleinasiaten der Hauptmasse nach noch Abkömmlinge der Urbe­ völkerung, die heutigen Lycier noch Nachkömmlinge der alten Tremilen und Troer seien, dazu könnte nur die Sprachver­ wandtschaft^) führen, in deren Erforschung kaum der erste An­ fang gemacht ist, und eins der wichtigsten Docnmente hierzu würden die lyrischen Jnscriptionen sein, die aber noch völlig unentziffert im Dunkel geblieben sind.

§. 39. Ein und vierzigste- Capitel. Die Küstenansicht de- südlichen Gestadelandes Lycien von der Meeresseite vom Xanthns bis zur Bai von Phineka und dem chelidonischen Vorgebirge, und die Stadt Patara an der Mündung des XanthuSflusses. Uebersicht. ES bleibt uns von Lyciens Boden noch die Betrachtung der südlichsten Gestadelandschaft übdig, die sich am südabfallenden Küstenrande des Gebirgslandes mit ihren Küstenflüssen, Vorgebirgen, ZnsÄn und dem Strandgebiete zwischen dem Thäte des TanthusflusseS und der Bai von Phineka bis zu dem chelido­ nischen Vorgebirge (Hieron), der äußersten Südspitze delyeischen Vorlandes in gerader Richtung von Westen nach Osten hinzieht. Wir werden diesen sehr interessanten Küstenstrich, der vor Fr. Beaufort (1811 und 1812) völlig unbekannt geblieben war, 5I) L. Roß a. a. O. S. 52—56; ders. über dir Ethnographie der Klein­ asiaten. Anmerkungen S. 64—70.

S«2

Klein-Asien.

1060

§. 39.

zuerst mit diesem trefflichen CapitLn, dem späteren Admiral, beschiff«, um daS Gestade von der Seeseite kennen zu lern«, von dem derselbe die erste treffliche Küstenaufnahme als Meister zu Stande gebracht hat, da er sich aber sehr streng an seine nautische Aufgabe hielt und

also

keine Exkursionen in das

dann die ihm nachfolgenden Reisenden Texier,

Binnenland

zu Lande

machte,

begleiten,

wie

FellowS, Schönborn, Spratt und ForbeS, welche

sich nur nach Beauforts Küstenaufnahme erst orientiren lernten.

auf dem Festlande

Doch besuch« wir zuvor erst die nächste Nach­

barstadt von lanthus, nur wenig von ihr entfernt an der Mündung deS kanthuSstromS gelegen. Der nächste Ort, den man von XanthuS aus gegen Süd am Meeresstrande erreicht,

sind Patara's Ruinen in voller Ebene,

etwa in 2 Stunden Ferne liegend, an deren Ostseite Furnas untersten östlichsten Winkel

im

deS LanthusthaleS als Station auf der

Oststraße schon auf trockenem Boden liegt, wo die Vorhöhen sich zu den Gebirgshöhen zu erheben beginnen, während zwischen ihm und Palara der ganze Deltaboden nur mit großen Versumpfungen be­ deckt, einem Schilfmeere gleicht,

aus dessen Mitte hie und da nur

niedrige inselartige Erhöhungen hervorragen und Reste von Stein-dämmen, etwa antike Wege durch diese Verödung zu dem einstigen Hafenorte Patara bezeichnen. Einen solchen Pflasterweg-^) mit der Brücke von einem Gewölbbogen, den ein schwarzer tiefer Strem nach dem Meere durchzog,

betrat Spratt

auf seinem Wege von

kanthus nach FurnaS, der erst an diesem erhöhten Orte endete. Von der ersten Erhebung bei ihm

führt ein Aquädukt,

der einst

Patara die süßen Wasser zuführte, jetzt aber zerstört ist; er setzt alS kunstreicher cyclopischer Bau auch noch weiter nach dem Dorfe Kalamaki fort

und ist ein Beweis hvdrotechnischen Kunstsinne- der

Alt«.

genannte Sumpf

Der

ist das Gebiet der Blutigel"),

welche, hier eingefangen, in neuer Zeit für Ausländer einen wichtigen Handelsartikel

abgeben.

Als

L. Roß

Sumpfe Weiber und Mädchen umher,

vorüberging,

nuteten* im

um an den nackten Beinen

die sich ansaugenden Mollusken zu fangen,

und ihre Frage an die

Vorüberziehenden war, ob sie BötXXaötg (d. i. Blutigelhäudler) oder

MtXioQÖoi (englische Mylords, d. i. müssige Reisende) seien,

da andere Zwecke für Reisende in diesen Einöden unbekannt sind (vgl. oben S. 877).

"*) Spratt and Korbes, Trav. I. p. 50; Huskyns, Narrat. I. c. XII. p. 151. ") L. Rcß. Kleinasien a. a. O. S. 45.

LycienS Südküste, Patara.

1061

Schon CH. Fellows hatte (im Jahre 1838, am 19. April), von FuruaS kommend, die benachbartm Ruinm dieser einst be­ rühmten Hafenstadt von Patara5^) besucht, die jetzt namenlos am Strande in Einöde liegen. Eine Viertelstunde vor ihrer Acropole fand er die Ebene voll Grabstätten und unzählige Inschristen auS früherer griechischer Zeit; beim Aufsteigen durch ein kleines, wol von einem einstigen See gebildetes Thal fand er eine Ruinenmaffe mehrerer Heiner Tempel mit Jnseriptionen auf Sockeln von drei Statuen, auf denen der Name Pa Lara die antike Localität bestä­ tigte. Unter den Ruinenhaufen waren auch Reste großer Kirchen, die auS dem Baumaterial früherer Tempelreste aufgebaut waren; ein Zeichen, daß auch hier einst das Christenthum wie durch so viele Theile von Kleinasien eine stühzeilig starke Verbreitung unter der zahlreichen Landesbevölkerung gewonnen hatte, wo jetzt Menschen­ öde und Heideuthum vorherrschend sind. Schon ein paar Jahr vor ihm (im April 1836) hatte legier55) die Ruinen von Patara besucht und sehr weitläufig, unter sich aber in wenig Verbindung stehend gefunden; ein Theil der alten Mauern war vom Meer überflosien, so daß sie einen größten Theil des Jahres in tiefen Morästen zwischen Schilf und Binsen liegm, wäh­ rend die höher gelegenen trockenen Theile mit Disteln überwuchert sind, die viele- unzugänglich machen. Die Stadt lag in einer brei­ ten Thalebene, die von N. nach S. zieht, an deren Mündung eine kleine Anhöhe sie in zwei Arme theilt, in deren einem der antike Hafen in N.O. der Anhöhe sich eine gute halbe Stunde ins Innere des Landes zieht; hier mögen die KriegSarsenale gestanden haben, welche einst den syrischen Königen oder dm griechischm Feldherrm zu ihrer Flottenstation dienten. ES scheint legier nicht unmöglich, daß in frühesten Zeilen ein Arm deS lanthuSflusieS sich in diesen Hafm ergoß, aber mit seiner Schlammmaße erst gefüllt habe, zumal da hier Westwinde vorherrschen, welche die Sandbarrm am Ein­ gänge deS Hafens fortwährend, auch heute noch, erhöhen und vergrößem. Gegenwärtig fehlt der Gegend jedes stische zufließmde Wasier. Die Moskitos der Sümpfe und daS Geheul der Schakale gehören auch heute noch den seltenen Besuchern zu graulicher Plage in dieser von Menschen gänzlich entblößten Einöde. Nur hie und 54) Eh. FellcwS, Ausflug a. a. O. S. 112. ") Ch. Texier, Descr. de l’Asie Mineure. Paris 1849. Vol. III. p. 193—197. Planche» Nr. 174—190: Theater, Tempel, Gräber und das Stadtthor von Patara darstellend.

1062

§.

Klein-Asien.

39.

da sind auch die Moräste mit einigen Terebinthenwäldchen (?), überall aber alle Trümmerreste mit Disteln und Dorngebüsch überwachsen. Nur int Norden der Nuinenstadt breiten sich einige Viehweiden für einzelnes Vieh der Iürüken auS, die aber auch nur sehr temporär hier verweilen können, da die faulen Wasser der Moräste böse In­ sekten und andere Thiere nähren und pestilenzialische Dünste aus­ hauchen, die Fieber und Krankheiten aller Art erzeugen und in der Sommerzeit alles Leben verscheuchen. Das Theater auf einem Hügel, das auch hier nicht fehlt, hat Fellows besucht; es schaut gegen die Meeresfläche, aber die Sand­ massen, welche der reißende Xanthus herabgeschwemmt hat, die von den Stoßwinden des nahen CragusgebirgeS zu bedeutenden Dämmen erhöht sind, haben sich seit den Jahrtausenden über die Mauern des Theaters erhoben, die Arena überschüttet und nach kurzer Zeit wird alles im Sande begraben sein.

Die Stadt war von bedeutendem

Umfange, aber kein Gebäude aus früherer Zeit hat sich in ihr erhal­ ten.

Der Tanthus strömt an ihrer Nordseite vorüber, früher in

eine schöne Bucht, heutzutage durch einen Sandpfuhl, den hier der silberhelle Fluß durchzieht; die versumpfte Gegend des alten Hafens ist mit Palmbaumgruppen umgeben und

mit dichtem Dorngebüsch

bewachsen. Bei einem zweiten Besuche (21. April 1840) war der Sumpf­ boden von Patara abgetrockneter, kleinen Tempel besuchen konnte,

so daß Fellows einen schönen der in der Mitte der Ruinen­

stadt sich mit seinem trefflichen Portale erhalten hat, das von der schönsten griechischen Architektur im corinthischen Styl in den besten Proportionen von 24 Fuß Höhe und voll schöner Ornamente sich erhalten hat.

Im Proscenium fanden sich noch griechische Inschrif­

ten, aber nach lycischeu suchte derselbe vergeblich.

Auch in einem

Wäldchen ostwärts der Stadt sah er ein einziges lycisches domar­ tiges Grabmal mit kleinen Reliefs von Mann, Weib und Kind, von wenigen Zoll Höhe, aber nur mit einer griechischen Inschrift, in der von zwei Männern aus Patara die Rede ist, denen es gesetzt war.

Fellows erhielt hier von einem Bauer einige 30 Münzen,

der versicherte, daß er beim Umpflügen seines Ackers öfter über 100 Münzen mit nach Hause bringe. Sie waren meist von roher Arbeit, doch auf einer derselben ein Bild des Bellerophon, ganz dem auf dem Grabe zu Tlos gefundenen ähnlich.

Die ältesten hier

gefundenen Kupfermünzen sind ungemein klein, die römischen und byzantinischen sind größer. Diese alten Münzen von Patara haben

1063

Lyciens Südküste, Patara.

alle daS Triquetrum mit den lycischen Anfangsbuchstaben der Stadt, auf dem Revers den lycischen Löwen in verschiedenen Stellungen und auf einer der feinsten Silbermünzen war nur das Fell des Löwenhauptes eingeprägt. Der Apollocultus kommt auf allen vor. Schon Strabo hatte gleich nach

Tanthus auch Patara

unter den großen und an Tempeln reichen Städten genannt, die einen Hafen habe und von Patarus gegründet sei; Ptolemäus Philadelphus habe sie vergrößert und verschönert und nach seiner Gemahlin Arsinoö der Lycier genannt, aber sie habe ihren an­ tiken Namen beibehalten (Strabo XIV. 666). Patarus soll der Sohn des Apollo und der Lycia, Tochter des Xanthus, sein (Steph. Byz. 8. v.). lycischen

Patara ist der berühmteste älteste Orakelort des Apollo

(Patara,

vielleicht

in semitischer Sprache

Deuterort, d. i. Orakel)^), der nur mit dem Heiligthume zu Delos und Delphi wie Didyma wetteiferte, und in Patara hatte dieser oberste lycische Landesgott während der Winterzeit seinen regelmäßigen Aufenthalt. Schon Capt. Beaufort^') hatte im Jahre 1811 die Ruinen von Patara im Ost der Xanthusmündung besucht und viele Spu­ ren seiner früheren Größe dort kennen lernen. Das Theater, sagt er, ist in der Nordseite eines kleinen Hügels ausgehauen, in etwas mehr als einem Halbkreis, dessen Diameter an der Außenseite 200 Fuß mißt. Es enthält 34 Marmorsitze, von denen nur wenige aus ihrer Lage gerückt sind, auch zeichnet sich das Ganze durch die vortrefflichste Erhaltung aus und würde sich sehr gut zu architectonischen Studien eignen.

Am östlichen Eingänge ist eine lange und

guterhaltene Inschrift, die das Theater einen Bau des Q. Velius Titianus zu Ehren seiner Tochter Velia Procla nennt, der im vierten Consulatsjahre des Kaisers Antoninus Pius ausgeführt ist. Ein kleiner runder Tempel steht an der Seite desselben Hügels, und unfern von ihm ist eine tiefe kreisrunde Höhle Art,

von seltener

zu welcher eine Flucht von Felstreppen bis in ihren Grund

hinabführt, aus dessen Mitte eine quadratische vierseitige Säule hoch hervorragt, auf der eine Statue gestanden zu haben scheint;

wahr-

,5S) A. Schönborn, über das Wesen Apollons und die Verbreitung sei­ nes Dienstes. Berlin 1854. 8. S. 25, 58; Preller, Griech. Mnlhol. I. S. 100 — 177. ST) Capt. Fr. Beaufort, Karamania. 1818. 8. x. 2—7 sq.; der Plan des Theaters vcn Patara nach (SccfcrcH, bei Col. Leakc, Jo um. Asia Minor 1. c. p. 321.

1064

Klein-Afien.

§. 39.

scheinlich die deS OrakelgotteS, wenn hier, wie eS wahrscheinlich, der Sitz deS berühmten Orakels gewesen, wo Priester in dm Höhlungen ihre Geheimorte gehabt haben mögen. Durch ein Erdbeben schimm, nach ©prattfl258) Bemerkung, die Quadern der Säule und der ganzen Localität erst zerstört zu sein. Die Stadtmauern umgeben einen großen Raum, sie lasim sich leicht verfolgen bis zum Castell, das den Hafen einst beherrschte, da mehrere Thürme derselben noch stehen geblieben. Am äußersten Nordende, dem Theater gegenüber, steht noch einS der Stadtthore, ein sehr eleganter Bau mit drei Portalen (s. die Zeichnung bei Seaufort59) p. 1 mit der Inschrift, welche sagt, daß eS vom Volk zu Ehren der Metropole der lycischen Patareer erbaut sei), und sechs andere Inschristen, die aber nicht mehr lesbar warm. An der Außenseite der Stadtmauern liegen unzählige Sarcophage, alle eröffnet und zerstört, aber meist mit Inschriften, ein Beweis der starken einstigen Bevölkerung der Handelsstadt Patara. In einer Tempelruine fand sich auf den Inschriften viermal der Name ZenS und die Hand von einer cclosialen Statue, deren Finger, fast einen Fuß lang, auf eine große Statue und einen Tempel, der dem Zeus geheiligt war, zurückschließen ließen. Biele Inschrif­ ten, griechische und lateinische, wurden copirt. Der Hafen, dm Strabo und LiviuS (XXXVII. 17) nennen, ist gegenwärtig zwar noch gut zu erkennen, aber ganz in einen Sumpf verwandelt, der von jeder Verbindung mit dem Meere abgeschnitten erscheint; ganz anders noch zu Zeiten des Apostels Paulus, der, nachdem er seine Sendung mehrere Jahre hindurch in Kleinasien beendigt und von seinen dortigen Gemeinden rührenden Abschied genommen hatte, da ihm die Gefahren der nächsten Zukunft in Jerusalem schon vor Augen standen, denen er, alö Märtyrer für Christus den Herrn zu fallen, aber im Geiste gerüstet war, von KoS und Rhodos nach dem großen Hafenorte Patara ging, wo er auch sogleich ein Schiff zur Fahrt an Cypern vorüber nach TyruS in Phönicim bereit fand, von wo er sogleich weiter nach PtolemaiS in Palästina zu seinen Brüdern zurücksegelte (Apostelgesch. 21,1). Die großen noch stehenden Kirchenbauten in Patara wie in XanthuS und so vielem andern Städten LycienS und der Nachbarprovinzen beweisen hinrei­ chend, daß er mit Recht seinen Glaubensbrüdern in Jerusalem davon 3a*) Spratt and Korbes, Trav. Yol. I. p. 31. PI. 190: Porte de la Yille de Patara.

19) Auch bei Teiler I. c.

LycienS Südküste, Patara.

1065

reden konnte: "was Großes Gott damals gethan hätte un­ ter den Heiden durch sein Amt" (ebendas, v. 19). Zu HierocleS Zeit war Patara eine EpiScopalstadt LycienS, obwol auch die nahe LanthuS und viele andre Nachbarstädte ihre christ­ lichen Gemeinden besaßen (Hierocl. Synecd. ed. Wessel, p. 684). Der Sand hat nicht nur den Hafen seitdem zwischen dm Ruinen der Stadt und dem TanthuSflusse hoch aufgefüllt, sondern lange Da mm ketten in parallelen Zügen mit Zwischmthälern sind durch die vorherrschmden Westwinde steil anfgethürmt und ihr leichter Flugsand ist auf dieser schiefen Fläche fortwährend in sichtbarer Bewegung durch die fortgehende Windströmung. Patara, wo Dr. H. Barth noch eine neue Jnscription copirt hat^), steht jetzt bis auf ein paar Hirtm, die dort ihr Bieh weidm, ganz men­ schenleer, die Malaria zerstört daS Mmfchenleben, aber eine schöne Gruppe von Palmbäumen verherrlicht die Gegend. Nach Spratt und ForbeS Beobachtungen^) sollen die Plutonischen Emporhebungen der Küste, die wie zu CaunuS, Makri und an der ganzen Südküste LycienS die größten orographifcheu Veränderungen hervorgebracht, auch hier sehr sichtbar sein und vorzüglich die außerordentlich hohe Sandaecumulatiou deS XanthuSdeltaS mit bedingt haben. In den Sandflächm in Patara fanden sich unzählige Ablagerungen von Muscheln, wie Donax, Maetra, Iantina, noch lebend, und die schöne Meerqualle (Porpita mediterranes) mit ihren ultramarinen Saugfängen. Nur einzelne Gruppen von Tschinganen, 3igeunern (Gypsies), trifft man hier unter Baumgruppen und hinter Gebüschm, die von da auch auf der Westseite des lanthuS gegen den EraguS hin in ganzen Dörferschaften ihr Leben fristen, und zumal bei Hochzeiten und anderen Festen die Musikanten machen^). *”) Im Rheinischen Museum. Bd. 7. 1850. S. 254. *’) Spratt and Korbes, Trav. I. p. 31 u. 32. * ) Ch. Fellows, Account of Disc. p. 150 sq.; Spratt and Korbes, Trav. I. p. 27.

1066

Klein-Nfien.

§. 39.

Erläuterung 1. DaS Gestadeland des südlichen Lyciens, westliche Abtheilung, von Patara an der Mündung deS TanthuSflusseS bis zum Golf von Sevedo und AntiphelluS und dem Acroterion des StadiaSmuS M. M., dem Dagh Burnu der Türken. Rach Capitän Fr. Beauforts Borüberschiffung und Küstenaufnahme im Jahre 1811 und 1812. AlS L. Col. Leake im Jahre 1800 feine berühmte Reife durch Kleinasien mit General Koehler und Prof. Carlyle quer durch die Halbinsel von Constantinopel nach Cilicien und Cypern zurück­ legte, war ganz Lycien noch eine Terra incognita, und erst alS er nach Beauforts nautischer Aufnahme der Südküste^) seine für daS klassische Alterthum so wichtige Karte von Kleinasien^) zur Erläuterung seiner Journale herausgab, konnte der Küstenumriß in seiner wahren Gestalt angedeutet werden, aber daS Binnenland GüdlycienS blieb noch ganz leer, eS trat erst durch spätere For­ schung in seinen Natur- und Ortsverhältnissen und in seiner großenMannigfaltigkeit hervor, die nun erst auS den vereinten Borarbeiten^) eines Texier, Fellows, HoSkynS, Spratt, ForbeS und vorzüglich aber A. SchbnbornS orographifchen unermüdeten Wanderungen durch klassische Studien und kritische Forschungen sich zu einem ersten kartographischen Entwürfe wird gestalten lassen durch H. Kieperts vieljährige Arbeit, welche der ersten feiner Karte von Kleinasien 1844 folgen wird. In der gründlichen und meister­ haften Aufnahme des KüstencontourS durch Beanfort, dem noch kein anderer Seecapitän gefolgt ist, stimmen alle späteren Wanderer überein; es ist eine der wichtigsten Entdeckungen, die, wie wir schon einmal in der ersten Recension des Meisterwerks gesagt ha-

16J) Fr. Beaufort, Karamania. London 1818. 8. Brief Dcscription of the South Coast of Asia Minor. See. Ed. nebst Karte. South Coast of Asia Minor. M) Essay of a Map of Asia Minor Ancient and Modern 18*22, in Lenke, Journal of Tour in Asia Minor. Lond. 1824. 8. "j Hoskyns, Part of Caria and Lycia 1841; Fellows, Southern pari of Asia Minor 1840 und Lycia by Ch. Fellows 1841; Lieutn. Spratt B. N., Map of Lycia, Milyas and the Cibyratis 1842.

Lyciens Südküste, Kalamaki.

1067

ben66), der Wegweiser für alle nachfolgenden geworden, die dort zu Anfange unseres Jahrhunderts auf dem klassischen Boden der Weltgeschichte gemacht werden konnten, und sie hat durch die Anrei­ hungen nachfolgender Landreiserouten reichliche Früchte getragen. Wir begleiten den edlen Admiral als Seecapitän, den wir in dankbarem Andenken unsern Gönner und Freund nennen durften, der uns in unsern wissenschaftlichen Bestrebungen fortwährend bis zu seinem Ende zu unterstützen bereit war, hier auf seiner Küstenfahrt längs dem Südgestade Lyciens, nach seinem Tagebuche. Ostwärts von der Ruinen st adt Patara, nur in einer Stunde Ferne jenseit eines Vorgebirges, erweitert sich die Küste zu einer großen Bai von düsterm melancholischen Eindruck, die zu große Meerestiefe zeigt, als daß sich in ihr ein Ankergrund für ein See­ schiff finden ließe. Nur ihre engen Uferspalten zwischen Felsklippen können kleinen Fahrzeugen einen Ankergrund und Schutz gegen Stürme gewähren, wie denn eine griechische Polacca hier bei Beau­ forts Vorübersegeln in einer solchen Felöbucht Korn für Malta einlud. Diese Bai wird jetzt Kalamaki genannt und ent­ spricht Livius Benennung des Hafens Phoenicus (Tit. Liv. XXXVII. 16)67), denn derselbe sagt, daß die römische Flotte unter Cnej. Livius Commando, welcher von Rhodos zur Bestürmung gegen Patara schiffte, dort durch die Winde tut Hafen zu landen gehindert, durch die Meeresbewegung abgetrieben wurde und in dem nur 2 Meilen entfernten Hafen Phoenicus Schutz gegen die MeereSgewalt fand, obwol dieselbe von hohen Felsspitzen um­ geben war. Im innersten nördlichsten Winkel dieser Kalamaki-Bai an der Westseite liegt der Hafenort Kalamaki, von welchem die Bai den Namen trägt, an der Nordostseite aber Bazyrgjankjöi, welche beide von Beaufort nicht berührt wurden, da er an der Außenseite der Bai, wo die Insel BeloS (Tenagoru) dem Eingänge derselben vorliegt, vorüberschisftc. Bon der Bucht Phoenicus kam Beaufort entfernt von der Küste zu der laugen klippigen, dem Ufer in einigem Abstande vorliegenden Insel Kastelloryzo, an deren Ostende die Stadt und der Hafenort Kastelloryzo gelegen. Der Hafen ist klein und nett, KaufmannSschifse können bis auf 100 Schritt vor den **) Getlingische Gelehrte Anzeigen. Nr. 52. 1. April 1819. S. 513 —517. 6:) Col. M. Leake, Journ, thr. Asia Minor 1824. 1. c.

1068

Klein-Asien.

§. 39.

Häusern vor Anker gehen, und auf der Gegenseite so dicht an daS Ufer kommen, daß man durch Ueberlegung von Planken dasselbe beteten kann. Zwei alte Castelle dominiren die Stadt und den Hafen, sie wurden in einem der früheren russischen Kriege erobert und so zerstört, daß die oberste Klippe des höchsten Forts zwar noch einige Schlünde seiner Kanonenläufe zeigt, die aber nichts zu schützen haben; daher auch die Türken jeden Besuch des Castells verweigern, um ihre Schwäche nicht zu verrathen. Auf einer noch höheren, an 800 Fuß hohen Felsklippe liegt noch ein drittes Castell, das an sich uneinnehmbar sein mußte, aber auch in Trümmern liegt. Seiner Bauconstruction nach scheint es der Architektur des Mittelalters anzugehören, da die rhodischen Malteserritter im Jahre 1440 im Besitz dieser Insel und wahrscheinlich seine Erbauer waren. Tie Insel selbst ist ganz unangebaut, sie kann gar nichts produciren und Fleisch, Korn, Obst, Gemüse muß sie vom gegenüberliegenden Continente beziehen, daS zwar nach der Seeseite zu ganz nackt erschien, aber nach Beauforts Erkundigung in seinem Binnenlande gut angebaute Thäler besitzt, wie dieß durch Landreisende bestätigt wird. Auf der Insel sich zu verproviantiren ist daher für ein Schiff sehr zeitraubend; doch kämm Kälber, Trauben, Wassermelonen, PumpkinS (Cucurbita pepo) und brinjoes (Solanum melongena, Eierpflanze) zu wohlfeilen Preisen auf daS Schiff. Aber Wasser ist an dieser Küste sparsam, von Patara bis Myra oder von der Mündung des LanthuS bis zur Mündung des Andrakiflusses (Andrice). Bei Myra zieht eine steile Gebirgswand dicht über dem Meere emporsteigend, fast ohne alle Unterbrechung, die kein Stromthal durch­ setzen kann, von der nur Regenbäche zum Meere während der Win­ terzeit herabstürzen, die aber gleich nach der Regenzeit, von April bis November, austrocknen und die Küstenanwohner zur Einsamm­ lung in Giftenten und Wasserbecken nöthigen, um nicht zu verschmachtm. Schisser tonnen in dieser Zeit nur schwerlich Wasser erhalten. Die Stadt auf der Insel, gleichfalls Kastelloryzo genannt, fand Beaufort nur von Griechm bewohnt, die unter einem tür­ kischen Agha stehen, der auf ein Jahr sein Gebiet vom Bey zu Rhodos, unter dessen Commando er steht, abpachtet. Da der Ort durch Holzhandel in bedeutendem Verkehr mit Syrien und Alexan­ drien steht, denen er sein Brenn- und Bauholz liefert, so findet man hier leicht Piloten als Wegweiser für weitere Ueberfahrten. Bom Makrigolf in West bis zu dieser Insel besteht die ganze Küste

Lyckeris Südknste, Kastelloryzo.

1069

au- dem bekannten Apenninkalksteiu, der hier ein sehr weißes Ansehen hat; zwischen seinen Schichten treten aber rothe, ocherhaltige Schichten in schmalen Streifen hervor, deren Verwitterung die wei­ ßen Kalksteinwände oft roth und rothgelb färbt, daher mau sich den Ramm der Insel Castellorosso erklären kann, da sie im Mittel­ alter von Malteser Rittern besetzt, wirklich Castell ro«208) heißt, auf der Karte des Contes Hotomannus Fredutius de Ancona vom I. 1497 ater noch unter ihrem locotenente Castell rugio genannt wird. AuS jenen Zeiten sind so häufig durch italienische und andere europäische Schiffer viele verstümmelte Namen dortiger Gestade in Gebrauch gekommen. Dieser Hafen der Insel, welche die größte der dortigen Inseln ist, heißt bei Livius Me gifte (Tit. Liv. XXXVII. 22, 24, 45) und kommt häufig in den dortigen See­ kriegen mit den Rhodiern vor; Megista nennt sie PliniuS (H. N. V. 35), obwol an einer verschobenen Stelle, und sagt, ihre Bewohner seien untergegangen; auch PtolemäuS (V. 3) nennt sie Wlkyiaxri vfjaog; Strabo (XIV. 666) hat sie wol auch mit dem Namen Me gifte belegt, obwol die schwankende Lesart bei ihm auch auf Cisthene bezogen werden kann. Da Beaufort nicht alle Jnselchen namhaft machte, zwischen denen er von Patara aus bis Megiste (d. i. die größte unter den kleinern, heute Meis) vorüberschifite, diese aber zum Theil schon von den Alten genannt wurden, zumal in be8 Anonymi Stadiasraus Ma­ ris Magni Aufzählung, so fügen wir hinzu, daß vor dem Eingänge deS Kalamaki-GolfS (PhoenicuS) zwei Inselchen (Xcnagorae lusulae bei Anon. Nr. 245)^ liegen, davon die eine größere in S.W. jetzt Bolo heißt; die kleinere gegen R.O. aber Ochendra. Sie liegen nach demselben Autor (Nr. 246) nur 60 Stadien (3 Stun­ den) fern in S.O. von Patara. Von diesen Inseln deS lenagoraS (Evagora"') bei Plin. ed. Sillig. V. XXXI. 131, mit dem Zusatz VIII, als wären es 8 Inseln, oder M. P. als hätten sie 8000 Schritt Umfang, ist in II. nach Müllers Conjectur zu berich­ tigen, da es nur 2 Inseln sind) gegen S.O. bis Megiste liegen

2be) Auf der Carlo Catalanica 1375 b. Buchon, Notice. 4. Paris 1839; f. die Mfir. Karte in der Bibl. zu Wolfenbüttel. 6*) Anon. Stadiasm. M. M. ed. C. Mullerus, in Geogr. Graec. Min. Paris 1855. p. 493; Col. M. Leake, Journal Asia Minor 1. c. p. 184. 7“) Plin. Sec. Natur. Hist. ed. Sillig. 1. p. 388.

1070

Klein-Afien.

§. 39.

noch die kleinen Jnselchen Furniki, Prasonisi, HagioS Gior» gios, welche auch PliniuS und der Stadiasmus (Nr. 244) mit dem Namen Rhoge bezeichnet: als 80 Stadien (2 Meilen) fern gelegen von den Xenagoras-Jnseln. Auch Steph. Byz. hat diese Rhoge als lyrische Insel aufgeführt, die jetzt den Namen St. Georgs trägt. Bon ihr gegen S.O. liegt Me gifte (nach Nr. 244 des Stad.) 50 Stadien fern. Schon im April 1840 hatte CH. Fellows, vom Lande aus 5 bis 6 Milien fern, diese Insel besuchter), und giebt daselbst eine bedeutende Stadt von 600 bis 800 Häusern an, die alle quadratisch gebaut, nach vorn mit 2 bis 3 Fenstern und einem Thor versehen und an der Steilseite eines Berges emporgebaut sind, in deren Mitte aber auf dem kegelförmigen Berggipfel ein altes Castell das Ganze krönt. Von dem einsamen menschenarmen Festlande hierher über­ schiffend, sagt er, sei es ihm vorgekommen, als sei er in eine ganz andere Welt versetzt, in eine gewerbtreibende moderne Handelswelt. Die Kaffeehäuser waren voll von Hunderten von Griechen und überall wurde Wein verzapft, die Hundeschaaren fehl­ ten, aber ihre Stelle nahmen die vielen umherlaufenden Schweine und Ferkel ein; denn hier wohnten unter einer völligen griechischen Bevölkerung nur etwa 5 Türken; die Griechen zeigten sich als ein sehr rühriges Handelsvolk, bauten Häuser, zimmerten Schiffe und gingen als Kaufleute, Schiffer, Piloten ihren Geschäften nack. Kastelloryzo ist nämlich die Metropole des Handels für die ganze Südwestküste von Kleinasien; auch alle Münzen und andere Schätze, von den Bauern auf dem Continente entdeckt, werden hier­ zu Markte gebracht und von den Griechen weiter geführt. Wie Beaufort fand auch Fellows hier auf der ganz öden Insel Wasiermangel und die Weiber fortwährend mit Tragen von Wasserkrügen von den Berghöhen herab beschäftigt. Sie hängen sehr an dem Schmuck, den sie als Ohrringe, Halsgeschmeide, Spangen, Münzen oder sonst von ihren Vorfahren ererbten, und ver­ kaufen ihn um keinen Preis an den Fremdling, so sammelt sich ihr Putz nicht selten zu einem Werth von mehr als 100 Pfd. Sterl. an, und zumal eigenthümlich zeigten sich die 3 Silberfibnlae^), die sie auf ihrer Brust untereinander gereihet zu tragen pflegen. Auf der Anhöhe über der modernen Stadt fanden sich in einzelnen 27‘) Ch. Fellows, Account I. c. lab. p. 188. bei Fellows, p. 190.

•*) S. die Zeichnung

Lyckens Südküste, Kastelloryzo.

1071

zerstreuten cyclopischen Mauerresten die wmigen Ruinen der antiken Stadt Megiste vor. Spratt und ForbeS haben diese Insel nicht besucht. Schönborn nur sehr flüchtig, von welcher Fellow» in Zeit von einer Stunde bei scharfem Winde auf seinem Segelboote gegen Norden den Hafen von Antifil o (Antiphellos) auf dem Fest­ lande erreichte, und also die Angabe des StadiasmuS M. M. (Nr. 243) bestätigte, daß Megiste von Antiphellus nur 50Stadien entfernt liege. In jüngster Zeit hat der berühmte Antiquar L. Roß dies« Insel auf seiner Fahrt von Rhodos nach Myra besucht und lehr­ reiche Auskunft über sie gegeben^). Die 70 Seemeilen Ferne von Rhodos Hafen wurden bei scharfem Westwind, am 30. Mai, schnell zurückgelegt und das Boot im Hafen von Castelloryzo vor Anker gelegt. Der Name KaoTtM&QvZpv kam bei Schiffern für den von Iohannesrittern gegebenen Namen Castello roffo in Gebrauch für die Insel, auf deren Vorgebirge sie daS Schloß erbauten, welches den Hafen schirmt, davon noch einige Thürme und Mauern sich erhalten haben. Es war der östlichste Punkt ihres Ritterstaates, zu dem Rhodos, Chalke, Syme, TeloS, NisyroS, KoS, KalymnoS und LeroS gehörten. So klein die Insel auch war, kaum 2 bis 3 Stunden, so war sie doch die größte unter den Klip­ pen der lyrischen Küste, und erhielt dadurch bei den Alten den Na­ men Megiste. Auf einem FelSgipfel gegen S.W. der heutigen Stadt, wo die Trümmer der alten Stadt liegen, zeigt eine Inschrift, daß hier Apollon unter dem Namen Megisteus verehrt ward. Die Acropole derselben ist sehr klein an Umfang, aber ihre Mauer­ reste sind auö großen regelmäßigen Quadern aufgeführt, darüber und dazwischen die Reste von Mauern aus dem Mittelalter die Lücken einnehmen. Das verfallene Nitterschloß bietet nichts SehenSwürdiges. In einer neuerbauten Capelle steht unter dem Altar ein kleines Piedestal mit Weihung, und auf dieser ist die Inschrift zweier Priester (Epistaten) mit dem schon genannten Namen deS Apollo MegisteuS^). Ein Felsgrab an dem nördlichen Abhange deS FelShügelS hat außer einem hübschen jonischen Portal mit 2 Pilastern innen eine flache Decke und drei Steinbänke als Todtenbetten au» dem lebende» Felsen gehauen. Weiter unten an dem -in» Meer vor­ springenden Fuße des Felsberges ist über dem Wasserspiegel an der ") L. Roß. Kleinasien a. a. O. S. 5—8 und 23—24. Hellenica. 4. Halle. I. 1. S. 66

’*) L. Roß,

1072

Klein-Asien.

§. 39.

Felswand ein verwittertes Basrelief und eine Inschrift neben einigen Nischen, welche man aber durch die starke Meeresströmung bisher zu lesen verhindert wurde. Von der Altarinschrift der neuerbauten Capelle, gegen S.O. des felsigen Höhenzuges fortgehend, sah Roß an mehreren Stellen alte Quadern,

Fundamente und weiter östlich ein unbewohntes Kloster.

Beim Herabsteigen nach der Stadt kam er über einige große Grab­ mäler.

An der Ostseile der heutigen Stadt, unter dem Schloß­

berge, liegt eine sehr ansehnliche neuerbaute Kirche,

welche von

dem Wohlstände des Ortes Zeugniß giebt. Sie zeigt zwölf große monolithe Granitsäulen, welche die Castelloryzoten aus Pa­ lara und mit kleineren cannelirten Säulen in der Vorhalle (rag\hs€), welche sie aus Myra mit großer Mühe herbeigeholt haben, eine Verschleppung der Alterthümer, welche dort oft vor sich geht und die Beurtheilung der Bauten erschwert. Die Scheidewand vor dem Allerheiligsten (das sogenannte Templum) ist aus weißem und schwarzem Marmor von Tenos erbaut, die Kreuzgewölbe der Kirche sind Spitzbogen.

Der ganze Bau hat ohne die sehr bedeutenden

freiwilligen Beisteuern und unentgeltlichen Handdienste, die wenig­ stens auf die gleiche Summe angeschlagen werden können, 300,000 Piaster (20,000 preuß. Thaler) gekostet; für die kleine Gemeinde ein großer Aufwand, der ihr zu aller Ehre gereicht.

Die Insel

steht in kirchlicher Beziehung unter dem Bischof von Pisidien, der in Attalia seinen Sitz hat. Das heutige Städtchen, schlecht gebaut und schmutzig, liegt am Hafen; es soll gegen 1000 Häuser und 5000 Einwohner haben, die dem jetzigen Pascha von Rhodos (abgesehen von der Zolleinnahme) gegen 80,000 Piaster (etwa 5000 preuß. Thaler) Steuern zahlen. Nur ein Fünftheil sind Türken, die übrigen Griechen. Alle trieben Schiffahrt und Handel, denn die Erzeugnisse ihrer Klippen würden kaum einige Hundert ernähren können.

Jährlich senden sie

gegen 80 Barken auf die Schwammfischerei aus, zumal an die Küste von Cilicien und Syrien; außerdem haben sie noch etwa 50 größere Schisse und viele kleine Fahrzeuge zum Küstenhandel. Ihr Hauptgeschäft ist der Holzhandel; von den Küsten Cariens und Lyciens führen sie Bau- und Brennholz nach den Häfen Syriens, Cyperns und Aegyptens und nehmen dafür Ge­ treide oder von Cypern Wein für das Bedürfniß ihrer eigenen Insel oder anderer Orte im östlichen Theile des Mittelmeeres ein. Die Mundart der Griechen auf Megiste, sagt L. Roß, ist zu-

1073

Lyciens Südküste, Kastelloryzo.

nächst dem Dialekte der Rhodier und der Cyprier verwandt, scheint aber viel Eigenthümliches zu haben; so spricht man hier z. B. nyijutt) nicht ftvijua. Eine große Mondfinsternis;, die sich in der Nacht vom 31. Mai ereignete, gab einen Blick in die noch grobe Unwissenheit und den Aberglauben dieser Insulaner.

Niemand war darauf vor­

bereitet, sagt L. Roß, denn wer kümmert sich in der Levante, wo die Sonne unausbleiblich alle Tage von selbst aufgeht, um daS Thun der Himmelskörper. Die Kalender auö Venedig, die ihnen von da zukommen, führen dergleichen nicht an, weil dieß leicht Gefahr brin­ gen könnte.

Schon hatten sich Türken wie Griechen bei Mondschein

zum Schlafen ruhig niedergelegt, alö nach einigen Stunden ein wahrer Höllenlärm von Schüssen, Geschrei, Getrommel und frommen Gesängen sich über den Schrecken der Verdunkelung erhob. Im allge­ meinen Gejammer ries das Volk: der Mond hat sich verstrickt, der Mond ist verloren gegangen! Griechen und Türken feuer­ ten aus scharf geladenen Flinten

alles Ernstes gegen den verfin­

sterten Mond, um die Dämonen, den Teufel und die bösen Genien, die sich seiner bemächtigt halten, zu erlegen oder fortzuscheuchen. Männer, Weiber und Kinder zogen unter dem Vortritt der Priester singend und betend in die Capelle, um den Beistand der Panagia und aller Heiligen für die heidnische Selene zu erflehen.

Noch

andere versprachen sich mehr Wirkung davon, wenn sie aus Leibes­ kräften auf eiserne und kupferne Kochgeschirre loshämmerten.

Den

vereinigten Arbeiten der verschiedenen Glaubensgenossen in dieser Noth gelang es,

den armen Mond glücklich zu erlösen,

beruhigt legte man sich wieder schlafen. gleiches von Thraciern

und nun

Schon Hetodot hatte ein

(Herod. IV. 94)

und Plutarch von

Römern (im Leben des Aemil. Paul. 17) ausgesagt. Auch die Chinesen vertreiben auf dieselbe Weise den Drachen aus dem Monde, der ihn verfinstert. Tiefe Megiste, in welcher der heutige Name MeiS wol wiederzuerkennen ist, die aus dem Mittelalter den verstümmelten Namen Kastelloryzo bis heute führt, fährt Capt. Beaufort^) in seiner Küsten auf nah me fort, begrenzt die Westseite eines von kleinen Jnselchen erfüllten Archipels und eines von steilen Felsktippen umsäumten Golfs, das an seiner Nordostseite durch zwei

tiefe Hafen ausgezeichnet ist,

welche an der Ostseite Porto

2"s) Iteausort, Karamania I. c. >>. 12—10.

Wütet Erdkunde XIX.

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1074

Klein-Afien.

§. 39.

Sevedo, an der Nordseite Porto Vathy heißen. Es wird dieser namenlose Golf (wir bezeichnen ihn durch Sevedo-Archipel) ostwärts durch das am weitesten von Lycien gegen Süd vorsprin­ gende Vorgebirge, das Acroterion £AxQMTrtQiov fceö Stadiasums M. M. Nr. 242, dem daS Jnselchen gegen Westen vor­ liegt) gegen Ost geschlossen, welches den türkischen Namen Dagh Burnu (d. i. Bergnase) zu führen scheint; doch ist es bei Beaufort und fast allen Neuern unbenannt und unbeachtet geblieben, obwol es in der nautischen Physiognomie der Küste eine nicht unwichtige Stelle bezeichnet. Nur Spratt hat dieses Vorgebirge an einer Stelle im Süden von Sevedo cttDäfynt275). Sevedo (Sebeda), sagt Beaufort, ist in jeder Hinsicht ein guter Hafen, von dem eine Landzunge westwärts ausläuft, die einen natürlichen Molo mit gehörigen Tiefenstationen für Linienschiffe bildet. In den Kallsteinklippen am Ufer entlang sah man Grab­ stätten und Felsenkamrnern nach lycischer Balkenconstruction einge­ hauen, die einst mit Steinthüren verschlossen waren. Viele zersprengte Sarcophage liegen zwischen den Klippen umher, wo man aber keine Arckitecturreste vorfand und nur auf dem Gipfel eines benach­ barten Berges eine quadratische Säule oder Pfeiler sah ohne In­ scription. Die Necropole zeigte wol, daß hier eine antike An­ siedlung gewesen, die sonst bei den älteren Autoren unbekannt geblieben und nur von Steph. Byz. (s. v. JStßtöu) als Hafenort Lyciens aufgeführt ist. Auch neuerlich ist diese Gegend wenig besucht worden, doch geben Spratt und ForbeS7^), die ihn im I. 1842 von Andiphilo, dem Sevedo in S.O. liegt, besuchten, einige Auskunft. Am Hafen liegt eine kleine Feste auf einer Klippe, welche schön gebaute Mauern zeigte, im Rusticstyl, und eine Area von etwa 300 Schritt mit einem zur Hälfte cyclopisch gebauten Thurme einschloß; doch hinderte daS dichte Gebüsch die genauere Untersuchung der Ruinen. Indeß zeigten sich doch alte lycische In­ schriften, zumal ein Sarcophag außerhalb der Mauer mit einer langen am Bergabhange gelegenen Inschrift, welche Daniell copirte, auf der zum ersten Male der Name Phellus gefunden wurde: da der Eigner des Grabes ein Mann aus PhelluS (?) genannt war. Deshalb hielt man den Ort selbst anfänglich für PhelluS, dessen Hafenort AntiphelluS der Insel Megiste nach antiker An­ gabe gegenüber liegen sollte. Später aber, da die wahre Lage von 27r’) Spratt and Forbes, Trav. I. p. 80.

:,i) Ebend. p. 80—81.

Lyciens Südküste, Antiphellus Ruinen.

1075

Phellus und ihrem Hafenorte entdeckt wurde, überzeugte man sich, daß hier die Localität von Acroterium (Nr. 242: und uxQunrjqIov tig J AvTi(ftMoy im StadiaSm. p. 493) ZU suchen sei, daS hohe südlichste Vorgebirge, daS hier dem Hafen von Sevedo wirklich vorliegt, wenn schon die im StadiaSmuS angegebene Ent­ fernung von 50 Stadien vom nördlichen AntiphelluS nur halb so groß gefunden wurde; aber da zwischen diesem Acroterium und dem folgenden Aperlae kein anderer Ort zwischen liegt (s. Nr. 241 int Stad.), so ist diese Lage dennoch wohlgesichert. Der zweite nördlichere Hafen Porto Bathy, an dessen Süd­ seite im innersten Winkel der Bai der antike Hafenort AntiphelluS liegt, der noch den Namen Andiphilo beibehalten, ist viel häufiger besucht, da er in stetem Schiffsverkehr mit Kastelloryzo steht. Zwar sind eS nur wmige Hütten mit CaffeeS, die hier von Griechen be­ sucht werden, aber Monumente bestätigen seine antike Lage. Eine lange kli)>pige Landzunge streckt sich westwärts und zeigt nordwärts von ihr eine lange sehr schmale, aber tiefe MeereSeinfahrt, welche im innersten Winkel Bathy heißt, aber viel zu unbequem ist, um zu einer Ankerstation für größere Schiffe zu dienen; von ihrer großen Tiefe (io ßufrv) hat sie unstreitig ihren Namen. An der Südseite dieser Landzunge, im innersten Winkel der Bai, liegt ein anderer besuchterer Hafen in kreisrunder Gestalt, der antike Hafen von Antiphellus^), um welchen und auf der Anhöhe der Landzunge selbst die Denkmale deS Alterthums zerstreut liegen, die man hier auf­ fand. Auf dem nur etwa 600 Schritt schmalen niedrigen JsthmuS von diesem südlichen Hafen nach der ganz nahen nordwestlichen Ha­ fenbucht Vathy, wo aber keine Trümmer von Häuserbauten, son­ dern nur FelSgräber und Sarcophage liegen, sind einige an­ gebaute Gelände, Gärten und Grundmauern sichtbar geblieben. Es konnte an dieser innersten Bucht von Vathy die Lage deS ältesten HafenS von Phellus vermuthet werden, da unmittelbar von ihm gegm Nord auf Zickzackwegen aufwärts über die Felshöhen zu­ nächst auf der oberen Plateauhöhe die Ruinenstadt der antiken PhelluS durch Spratt und L. Roß aufgefunden wurde (bei dem Dorfe Tfchukurkjöi). Strabo setzt diese PhelluS daher ganz richtig in daS Binnenland; der nächste Hafenplatz von PhelluS wird im Stadiasmus nicht genannt; da er ganz übergangen wird, ' ) Spratt and Forbcs, Trav. 1. p. 68—73; dessen Plan von AntiphelluS: Antephilu tbe ancient Antiphellus Ly L. Spratt lt. IN. ebendas.

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1076

Klein-Asien.

§.39.

so ist zu vermuthen, daß er, den auch Strabo nicht anführt, da am Porto Vathy auch keine Baureste sich vorfinden, niemals eigentlich bewohnt gewesen ist. Dagegen hat der südlichere mehr auf­ blühende Hafen von AntiphelluS, desien geöffnete Lage gegen die Bai auch viel bequemer für die Schiffahrt mit Kastelloryzo war als jener Engspalt deö Porto Vathy, den Hafenverkehr von jenem abforbit*t und ist in modernen Zeiten der einzig besuchte ge­ blieben. Aber auch in alter Zeit muß er schon frühzeitig besucht ge­ wesen sein, wie seine Ruinen beweisen. Schon Beaufort sah am felsigen Südabhange der Landzunge, welche Antifilo vom nördlichen Porto Bathy trennt, bedeutende Reste ehemaliger Bauten; dar­ unter auf halber Höhe auch ein Thea.ter mit 26 Sitzreihen im Halbrund gut erhalten, zwar viel roher gebaut als das vollendete Muster zu Patara, jeroch mit der Prachtaussicht der Zuschauer gegen den Insularhügel des vorliegenden Golfs und das weite Meer. Nahebei war ein Bau, den Beaufort für einen Tempel hielt, desien Mosaikgetäfel ans schwarzem und weißem Marmor wie rothen Backsteinstücken sich gut erhalten hatte. Auch sah man viele kreisrunde Löcher in der Erde, die schön mit Stucco ausgekleidet, entweder Cisternen für Wasser oder Granaren gewesen zu sein schienen, die bis auf ihre eingestürzte Decke sich wohl erhalten hatten. Das westliche Ufer des HafenS zeigte eine künstliche Ausmauerung von einer Biertelstunde Länge, die längs der Bai eine Terrasse stützte, auf welcher ein Theil der Stadt erbaut war und welche den Zugang zum Theater und zu anderen Ueberresten vermittelte. Auch ließen sich andere Spuren der Stadt, zumal entlang einem antiken Molo verfolgen, wo viele Sarcophage, einfache wie ornamentirte, umherlagen, welche meist mit Inschriften versehen waren, deren einige, mit archaistischen (lycischen) Schriftzeichen versehen, ccpirt wurden. Einige der Sarcophage waren hohe Bauten mit zwei Kammern übereinander, doppelte SoroS, deren einer für die Leiche bestimmt zu sein schien, der andere für die Todtenopfer. Schon Capt. Beau­ fort vermuthete, daß hier die Lage des antiken Hafenorts AntiphelluS zu suchen sein müsse (bei Strabo XIV. 666, der aller­ dings Phellus ganz richtig, aber AntiphelluS irrthümlich^) in das Binnenland setzt und mit der Chimaera fälschlich zusammen nennt: iu de jueooyuiu /jaQiu OelXog, xui sivriyeMog, xal 378) Col. Leake, Journal Ihr. Asia Minor 1. c. p. 185.

LycienS Südküste, Antiphellus Ruinen.

1077

fl XlfiaiQa). Denn Antiphellus Ruinm liegen dicht am Meere,

wie sich auS SprattS schönem Plane ergiebt, ihre zugehörige Ca­ pitale PhelluS aber nordwärts des Porto Vathy und deS Zickzackweges im Binnenlande auf der Plateauhöhe, für welche der innerste Winkel des Golfs Vathy einst nur etwa als nächste Scala dienen konnte. Auch CH. Texier hat mit seiner Fregatte, die im Hafen Sevedo vor Anker ging, die antike Antiphellus besucht, neben welcher er die heutige Andifilo nur einen Douanenposten nennt, wo ein Agha ein Steinmagazin, in welchem Kalk aufbewahrt wurde, be­ wohnte, einige Posten die daselbst vorhandenen Borräthe von Bau­ holz und Brettern bewachten und ein Caffee sich befand mit etwa 5 bis 6 Familien, durch die man Milch, Eier, Hühner und Vieh zum Proviant für das Schiff erhandeln konnte. Er entwarf einen Grund­ riß der antiken Stadt, welcher der späteren Aufnahme SprattS entspricht, aber den Umfang der antiken Stadt noch etwas an ihrer Nordseite vervollständigt und an ihrem Nordostende die Lage der antiken AcropoliS bezeichnet, an deren Südabhang das Theater liegt, am Südostfuß aber die alte Agora mit ihren Bauresten sich anschließt und an deren Südspitze die große christliche Kirche, die auch Spratt erwähnt, welche Texier eine Basilica nennt. Auf der Agora fand er viele Säulen von früheren Porticos und Piedestalen, die Statuen zu tragen bestimmt waren. Auch die vielen Gewölbe in dem Erdboden, die schon Beaufort angab, fand er noch in größerer Zahl bestätigt und hält sie für die im Orient so gebräuch­ lichen Silos oder Kornmagazine, deren große Anzahl nicht blos auf eine einstige starke Bevölkerung zurückschließen lasse, sondern vielmehr auf einen wichtigen Getreidehandel, den die Stadt ge­ führt haben müsse. Denn auch ein großer Theil des BodenS der antiken Stadt und seiner Felsen ist mit diesen cisternenartigen Silos unterminirt. Der Berg, auf dem dieselbe erbaut wurde, ist derselbe Jurakalkstein, der wie auf der Insel Kastelloryzo in parallelen Schichten gleich Mauerwänden bis zu dem System des AnticraguS fortstreicht. Auf der Höhe der Esplanade der AcropoliS ist nur wenig von alten Resten übrig; gegen Westen stürzt dieselbe steil in den Hafen von Vathy hinab; alle dortige Felswände sind von lycischen Gräberkammern durchbrochen, viele mit Inschriften versehen, unter denen auch eine in lateinischer Sprache. Von den Monumenten hat Texier viele Abbildungen gegeben^). In den 19) Cb. Texier, Descript. de l’Asie Mineure 1. c. Vol. III. p. 199—201*

1078

Klein-Asien.

§.39

übrigen Bemerkungen stimmt Texier mit den Beobachtungen seiner Nachfolger überein, und hat auch aus Pl. 204 einen schiefstehenden Grabmonolithen abgebildet, der mit seiner schiefstehenden Felsbank beweist, daß seitdem ein Einsinken derselben stattgefunden. Bom Hafen Sevedo, dessen Grabmäler ganz im Styl derer zu AntiphelluS, und der einen guten geschlossenen Ankergrund für die Fre­ gatte darbot, machte Texier einen kurzen Ausflug zu Lande in das innere lycische Gebirgsland, wo er auch zunächst die Lage der antiken PhelluS noch vor Spratt und Fellows Besuch entdeckte, von wo er aber in ein paar Tagen nach Sevedo zurückkehrte. Spratt stieg von dem nordwestlicher gelegenen Dörfchen ISne auf demselben zuvor genannten Zickzackwege zum Hasen Bathy und dem ganz nahe daran liegenden Antisilo hinab, wo er nur erst acht bewohnte Häuser am 'Nordrande einer wildschönen Bai vorfand, die häufig mit Castelloryzo im Seeverkehr standen. Steile Hoch­ gebirge steigen zu beiden Seiten des kleinen Rundhafens mit luxu­ riösem Unterholze bekleidet empor, der ein für Ankergrund zu tiefes Wasserbecken einschließt, das ganz die dunkelblaue Farbe des Oceans hat und daher für große Schiffe untauglich, nur kleinen Uferbooten und Handelsschiffen Sicherung bieten kann, da seine West­ seite durch eine kleine Inselgruppe und einem Molo, der noch überall über dem Wasser hervorragt, geschützt erscheint. Die Ufermauern zu beiden Seiten des Hafens hat der Plan verzeichnet, so wie in seiner Nähe das schöngelegene Theater und einige Reste christlicher Kirchen, denn AntiphelluS war Episcopalstadt in der lycifchen Eparchie, die wie Phellos ihren eignen Bischof hatte (llierocl. Synecd. eck. Wessel, p. 684). Spratt zählte an der steilen Fels­ wand zur Nordseite des HafenS nur 12 Felskammern, von denen mehrere lycische, also sehr alte Inschriften zeigten, eine auch eine lycische und lateinische Inschrist, die aber unvollständig ist und daher leider schwierig zu lesen war (weder der griechische Name Antiphellus noch der lycische Name Habessus, wie der Ort nach Plin. V. 28 in älteren Zeiten geheißen hatte, konnte darauf entziffert werden) 2*'). DaS sehr schöne Felsgrab im Holzbaustyl mit dem domartigen Gewölbe, auf dem diese bilingue Inscription sich befindet, hat Spratt abgebildet^). Ueber 100 Sarcophage und Planchcs 191—192: Plan de la Yillc Antiphellus; und Pl. 193 —204: Monumente und Ansichten von AntivhelluS. 2|n) Spratt and -Forbes, Trav. Vol. II. p. 232—238: Nr. 3 biJinguel Inscription at Antiphellus. 81) Ädentas. Vol. 1 p. 72.

Lyciens Südküste, Antiphellus Ruinen.

1079

zählte man, meist an der Ostseite des Hafens, die aber ihren In­ schriften nach einer späteren Zeit angehörten, und nur ein einziger darunter mit einer sehr langen lycischen Inschrift war, der Alters Periode nach, den zwölf Felskammern gleichzustellen. Sie wurde von Ch. Fellows theilweife, dann vollständig von Spratt copirt. Schon Fellows hatte Inschristen copirt und schöne Sculpturen an den Monumenten vorgefunden, von denen er nur bedauerte, daß sie sehr oft durch Felsspalten entstellt waren; von einem der schönen Felsgräber copirte er auch ein Ornament, auf welchem zu beiden Seiten eines Tragbalkens sich zwei schöne Abbilder der Sphinx gegenüber sitzen, die aber die östliche oder orientalische Sphinx8?) vorstellen, ganz verschieden von der, welche auö den ägyptischen Sculpturen bekannt

ist.

Er erlebte während seines zweitägigen

Aufenthaltes zu Antiphellus, Ende April, die furchtbarsten Hagel­ stürme mit den wildesten Gewittern, Donnern und Blitzen, welche auf die grandioseste,

in

nördlicheren Breiten nie

vorkommenden

Weise den ganzen Archipel und das Meer wie in Flammen setzten. In den Hütten zu Antifilo beobachtete Fellows unter den Teppi­ chen und Matten, mit welchen ihr Boden belegt war, viele Scorpione von 5 Zoll Länge, mit 3 Zoll langem Schwanz und Klauen. Schönborn verweilte,

am 23. December 18428J), nur zu kurze

Zeit in Antifilo, um dort neue Beobachtungen zu machen; er setzte von da seinen Landweg nach XanthuS fort. Auch L. Rost hat am 4. Juni 1844 von dem hohen Plateau der Hauptstadt Phellus aus,

von 4 Uhr an bis gegen Sonnen­

untergang immer steil hinabsteigend zur Meeresküste, den alten Ha­ fenort der Mutterstadt besucht8*), sich zu entwickeln schien.

der im steigenden Wohlstände

Die Aussicht von den hohen Kalksteinber­

gen über Vorgebirge, Klippeninseln und daö Meer war prachtvoll. Die jetzige Antiphellus, von den modernen Griechen in 'Avu'(f tXog, einen Gegenfreund (nämlich der KasteUoryzoten) verdreht, liegt mit ihrem Dutzend Häusern am Hafen, meist von Einwohnern aus Kastelloryzo erbaut, zur Ostseite der antiken Stadt, von der sie nur durch ein paar sumpfige Quellen geschieden ist.

Diese rüh­

rigen Insulaner standen jetzt im täglichen Verkehr mit ihrem Hafen An di Philo, handelten Schlachtvieh ein, Butter, Getreide, Bau- und

*•) CU. Fellows, Account I. c. p. 185 —187, tabula p. 187, und Au-flug bei Zenker tab. 6. ") VI. Schändern, Ta§el). Nachlaß. Mscr. 1812. Bl. 61. *') ?. Rep, Kleinasien a. a. £\ S. 37—41.

1080

§. 39.

Klein-Asien.

Brennholz von den türkischen Bewohnern des Festlandes; auch führ­ ten sie ihnen allerlei Waaren zu, wie Eisen, Leder, Baum­ wollenzeuge, Kaffeebohnev. In früheren Jahren, als nur noch wenige Hütten hier standen, schliefen die Castellorhzoten in ihren Barken oder in den Grabkammern oder in Strohhütten; jetzt bauten sie sich Steinhäuser. Die steigende Wohlfahrt dieser Insulaner brachte den Steinsärgen zuAndiphiloVerderben, da sie zumHäuierbau verwendet wurden. In 10 Jahren, meint L. Roß, würde kaum noch ein Rest von den zu seiner Zeit noch vorhandenen etwa 150 riesigen Steinsärgen übrig sein. Deshalb sei es kein VandaliSmuö, wenn die Europäer die schönen Denkmale nach Europa in die Museen entführten mit den großen lycischen Inschriften, die sonst in kurzem in den Kalkofen wandern müßten. es überall im Orient her.

So barbarisch gehe

Er hörte aber die neuen Ansiedler zu

Andiphilo über ungesunde Luft klagen; sie kehren deshalb schon int Mai auf ihre Insel zurück und kommen erst im October wieder; leicht wäre eS, dem kleinen Sumpf einen Ablauf zu geben oder die neue Niederlassung an die äußerste Spitze der größeren westlichen Bucht Savado (so schreibt Roß) zu verlegen, wo die Luft ge­ sunder ist und der Ankerplatz für die Schisse auch sicherer.

Oestlich

von den neuen Häusern stehen noch einige 40 Sarcophage, die mei­ sten auö Kalkstein, nur wenige aus Eonglomerat gehauen; einige haben an den Giebelenden Kränze oder flache Pilaster, halb erhaben; viele haben Inschriften, die aber unleserlich geworden.

Hier stand

auch noch, hart am Wege nach Kassaba, der sehr schöne Sarcophag mit dem Untersatze (ivrorro'n/or) aus weißem Marmor mit der langen lycischen Inschrist, abformung

an der noch die Reste der GypS-

durch die Briten sichtbar geblieben.

Nördlich von der

alten Stadt am Bergabhange sind auch noch einige Felsengräber, an deren Eingängen zu jeder Seite ein flaches Relief sich mit mehreren Figuren und Farbenresten zeigt, und etwas weiterhin an derselben Wand ist die Fa^ade jener Grabkammer mit dem Spihbogendach, auf dessen Gebälk die lycische Insckrift sich befindet, welcher eine spätere lateinische einer Claudia beigefügt ist. ein im Winkel der Stadt gegen den Hafen zu

L. Roß beschreibt gelegenes großes,

quadratisch größtentheils pelygonisch aufgeführtes Gebäude, das mit seiner Borderseite nach S.O.

gegen daö Meer gerichtet ist.

Es

hatte eine Verhalle mit zwei gekuppelten flach cannelirten dorischen Halbsäulen in antis und in der Vorderwand 4 Thüren: zwei höhere gewölbte, die nur durch einen schmalen Pfosten geschieden sind in

Lyciens Südküste, Antiphellus Ruinen. der Mitte, Thür; schüttet.

1081

und zu jeder Seite eine niedrigere wagerecht überdeckte

aber diese Thürwand war bis zur Hälfte ihrer Höhe ver­ Roß

vergleicht es in der Anlage mit dem Stadthause

(ßovltvxrtQiov) zu Stratonicea in Carien, und sagt, es müßte daher, wie dieses, ein öffentliches für städtische Verwaltung (ein Ar­ cheion, Prytaneion, oder etwas ähnliches) bestimmtes Gebäude ge­ wesen;

eS fei dasselbe, welches Beaufort für einen Tempel mit

dem Mosaikgetäfel hielt, welches aber bei Roß Besichtigung schon nicht mehr vorhanden war.

Das schönste Denkmal sah derselbe auf

der Höhe des HiigelS, eine große aus dem Fels frei herausgearbei­ tete, freistehende monolithe Grab kämm er dorischer Ordnung. Wo der natürliche Fels nicht ausreichte, waren die Capitelle der Pilaster an vier Ecken und mehrere Gesimstheile auS andern Stücken ersetzt. Im Innern waren drei Todtenbetten,

von denen das hintere zer­

trümmert ist. Ter vordere Rand hatte hübsche Verzierungen mit Palmetten und Rosetten; über dem dritten ist an der Hinterwand ein Fries von 26 kleinen tanzenden Figuren. Leider ist aber Alledurch die Feuer der Hirten, welche hier den Winter hausen, beschä­ digt und von Rauch geschwärzt. Einige Schritte unterhalb dieser dorischen Grabkammer ist ein Felsengrab mit bilinguer Inschrift, welche Roß copirt fyat285). In einer sehr schönen griechischen In­ schrift kommt der Name der Göttin Leto (der Mutter des Apollo und der Artemis) vor, welcher der Schutz deS Grabes anheim ge­ geben war, wobei dieser Name, nach deS Copisten Bemerkung, nicht wieder auf der beistehcnden lycifchen Inschrift vorkommt, deshalb vorauszusetzen sein möchte, daß diese Schutzgöttin deS Landes doch auch noch einen anderen Namen als den von Sharpe supponirten (s. eben) gehabt haben müsse.

Erläuterung 2. Das Gestadeland

des

südlichen LycienS;

östliche Abtheilung,

von dem südlichsten Vorgebirge deS Dagh Burnu (Acroterion) bis zur Phineka-Bai und

dem Cap Chelidonia.

Nach Fr.

Beauforts Vorüberschiffung und Küstenaufnahme im Jahre 1811, 12 u. A. Ostwärts Kastelloryzo und deS ihm ganz nahen Acroterion,

"') V. Neß a. a. O. Somena auf 80Sta­ dien (4 Stunden) ansetzt.

3) L. Reß. Kleinasien a. a. O. S. 2 4—27, 9id. 4) Geogr. Graec. Min. 1. c. auf der Karte lab. XXV. Ora Asiae Minoris. 5) Col. Leake, Joiyn. Asia Min. I.c. p. 188. fi) Spratt und Forbes, Trav. I. p. 137.

3aj2

1092

Klein-Afien.

§. 39.

L. Roß nannte die Ruinenstätte zu Kakava Aperlae, führte aber die Benennung Someua, die überhaupt nur selten vorkommt, nicht an. ES war ihm nicht wenig überraschend, hier eine alte lyrische Stadt vor sich zu sehen, welche durch die Gruppen der domgewölbten, mit Spitzbogen versehenen Sarcophage, welche in­ nerhalb wie außerhalb der Stadt beisammen standen, ausgezeichnet war, so wie durch die gedrängte Menge der aus dem Felsen ge­ hauenen Grabeskammern int Balkenstyl, die in der Rahe lyrischer Städte in den Felswänden niemals fehlen^'). Die Ruinen der antiken Stadt ziehen sich vom Strande am FelSabhange hinauf, die in Felsen gehauenen Fundamente und Treppensluchten so wie Ueber» teste antiker sehr schöner pelygenisch erbauter Häuser, an die sich die Hütten der Türken anlehnen, fesseln die Aufmerksatnkeit und dazwi­ schen, selbst mitten in der alten Stadt, erheben sich die hohen Domgräber, deren einige aber auch wie bei Telmessus sogar int Meere stehen, als sicherer Beweis, daß stich auch hier die Küste ge senkt hat. An der Höhe unter dem Castell, das mit seinen Kanonen­ schlünden, die noch Beaufort sah, nicht mehr in Schrecken setzt, fand Roß die Reste eines Tempels oder vielmehr einer Stoa mit colossaler Buchstabeninfchrift auf dem Architrav (... HNJS I'O---d. i. T7fy aiouv), die ihre Bestimmung anzuzeigen schien; die klei­ nen cannelirten dorischen Säulen, welche sie einst schmückten, lagen am Boden umher. Im Innern des Castells fand Roß das kleinste antike Theater, das er je gesehen; es war ganz in Felsen gehauen, hatte nur 8 Sitzreihen mit 3 Stiegen in der Mitte und an beiden Enden, der ganze Durchmesser des Halbrundes betrug nur gegen 50 Fuß. Ueber diesem zwergartigen Theater sah man an der Felswand zwei hübsche lycische FelSkammern int Holzbalkenstyl der Gräberstätten eingehauen. Andere sehr schone FelSkammern lie­ gen im West der Acre pol iS an einer Bergwand, und unter dieser steht noch ein großer Sarcophag mit langer griechischer Inschrift, die Roß copirte. Auf dem Hügelrückeu östlich der Stadt stehen noch etliche und zwanzig ntächtige Sarcophage, alle schon geöffnet, davon einige aus dem lebenden Felsen gehauen sind, die meisten aber sind aufgebaut: ein Untersatz mit einigen Stufen, darauf der Sar­ cophag und darüber der schwere Deckel. Die griechischen Inschrif­ ten sind auf dem Kalkstein von der salzigen Seeluft bis zum un30?) L. Roß, Kleinasien a. a,

S. 24—27.

Lyciens Südküste, Aperlae Ruinen. leserlichen zerfressen.

1093

Lyrische Inschriften fanden sich hier keine

vor; die Richtung der Särge war theils von S. nach N. mit der Inschrift auf der Ostseite, theils von O. nach W. mit der In­ schrift auf der Südseite.

Die mehrsten Ansichten von Aperlae

die aber

geblieben,

früher

unbeachtet

Jahrhundert L. Mayer gegeben.

hat schon vor einem halben

Tie Abbildungen betreffen 1. den

Haupteingang des Hafens zu Cacamo; ein Bad;

3. das Theater;

2. alte Getreideböden und

4. die Todtenstadt;

5. Sarcophage;

6. FelSgräber im Balkenstyl; 7. einen colossalen Sarcophag in Cacamo; 9. einen gleichen auS ionischem Marmor u. a. 8). In Kakava und der Umgebung, vorzüglich auf der gegenüber liegenden Insel Dolichiste, bemerkte L. Roß eine große Anzahl christlicher Trümmer

aus frühester

Zeit, ansehnliche Kirchen und

Wohnhäuser aus polygonalen Steinen mittler Größe durch Kalkmörtel verbunden, also schon späteren Jahrhunderten angehörig, aber doch sorgfältig und auch zierlich erbaut.

Und wirklich waren einst Aper­

lae, Phellus, Antiphellus, Sidyma, Patara, TanthuS, Tlos, Myra, Arnea und andere insgesammt christliche EpiScopalstädte

der

Eparchie

Lycien

(Hierocl. Synccd. ed.

Wessel, p. 682—685),

zu deren Zeit hier doch ein anderes Leben Jahrhunderte hindurch stattfinden mußte als heut zu Tage. Gegen­

wärtig

wohnen nur wenige Türken

in Kakava in Trägheit und

Unthätigkeit und Fanatismus unter ihren Oelgranaten und Palm­ bäumen, in jenen antiken Ruinen von polygonalen Häuschen, die sie sich nothdürftig wieder ausgeflickt haben;

die bedeutendste Kirche,

einst

der Panagia geweiht, liegt ein halbes Stündchen westwärts der Stadt in einer kleinen Bucht, wo Roß' Barke vor Anker lag; die Altarnische ist halb in den Felsen eingehauen, polygonisch erbaut.

zur andern Hälfte

Noch eine andere ansehnliche Kirche des Pro­

pheten Elias lag weiter östlich in einer anderen Bucht.

Erläuterung 3. Die Gruppe von Andriaca und Myra bis zum Ostende der Bai von Phineka. Im £(ien der Kakava genannten Gruppe der Aestuarien von Assar,

Aperlae,

Siguda,

Cacamo

und

der langgestreckten

") Ludwig tDtam, Ansichten vcn der Türkei, hauptsächlich von wenig bekannten Theilen in Kleinasien, mit 20 Kupsertaseln. Querfclio. Leipzig bei Baumgartner. 1812.

1094

Klein-Asien.

§♦ 39.

Dolichiste beginnt ein weniger seinen Formen und Klippen nach ausgezacktes Strandgebiet, das Beauforts bis zur Mündung des Flusses Andraki beschiffte, in dessen Nähe die Ruinen der bei­ den antiken Städte Andriace und Myra liegen und zwischen beiden am Strande das Kloster HagioS Nikolaos. An der Nordseite der Flußeinfahrt sah Beaufort die Ruinen von Häusern, Sarcophagen und Gräbern; auf der andern Seite die Ruine eines großen römischen Baues, dessen Fronte, aus behauenem Stein im einfachen Styl 200 Fuß lang und 20 Fuß hoch, fast vollständig erhalten mit einer lateinischen Inschrift versehen ist: HORREA IMP. CAESARIS DIVI TRAIANI PARTHICI F. DIYI NERVAE NEPOTIS TRAIANI ADRIANI AÜGUSTI COS. III. Also ein Kornmagazin, ein Beweis der einstigen fruchtreichen Kornebene von Myra und vielleicht des dort betriebenen großen Getreidehandels. Dieses Granarium besteht aus 7 Abtheilungen, jede mit einem Thor in Fronte; über dem mittleren Thore sind aber zwei Büsten, eine weibliche und eine männliche, nebst zwei in die Wand eingemauerten Marmortaseln, welche einem älteren Baue angehört zu haben scheinen. Die eine enthält eine lange griechische Inschrift, auf der anderen zeigt sich eine Frau mit Scepter und Krone auf dem Torus gelagert, neben ihr der gekrönte Mann ste­ hend, mit der Schaale in der rechten Hand und dabei einige emblematische Figuren, darunter eine griechische Inschrift, die wie die Figuren beide verstünunelt sind. Ueber diesenl Gebäude steht auf der Spitze einer Berghöhe eine kleine Tempelruine von sehr weißem Marmor. Der Blick von da herabwärts beherrscht das ganze, viel­ fach eingezackte Gestade der Kakava-Gruppe, deren Name bis hierher ausgedehnt wird, so wie die weite Ebene, welche Myra umgiebt, aber gegen Norden durch mächtig hohe dunkle Gebirge be­ grenzt tmrblu). Das elende Dorf Andraki von wenigen Hutten, daS an einem geringen Flußlauf, den man für eine westliche Seitenmündung des Andrakiflusses hielt, dicht am Meere liegt, bezeichnet wol die Stelle der antiken Andriaca (Andriaca civitas bei Plin. H. N. V. 28), die Plinius neben Myra nennt, dieselbe AvdQiüxq, welche Ptolemäus (V. 3) zwischen AntiphelluS und die Mündungen des J(19) Beaufort, Karamania. p. 27—31. Minor J. c. p. 283.

10) Col. M. Leake, Journ, Asia

LycienS Südküste, Myra.

1095

LimyrafluffeS stellt, aber den Andrakifluß gar nicht erwähnt. Daß Andriaca wirklich der Hafenort von Myra war, geht au- Apptand11) Angabe hervor, der sagt, daß Lentulus, des M. Brutus Capitan, als dieser selbst lanthus belagerte, zur Eintreibung an­ derer Contributionen im Aufträge des Senats nach dem östlichen Lycien beordert war und die im Hafenorte Andriace dem Flusse zur Sperrung vorgezogenen eisernen Ketten sprengte und dann die 20 Stadien, welche die große Stadt Myra (nach Strabo XIV. 666) weiter lag, aufwärts schiffte, um von ihr die Contribution zu erhe­ ben. Zn Andriace wird also wol auch der große Apostel Paulus einst als Gefangener, um in Rom vor Gericht deS Caesar­ gestellt zu werden, mit dem Adramyttischen Schiffe über CypruS kommend, gelandet sein, wenn schon die Apostelgeschichte als Lan­ dungsort nur Myra nennt, wo ein Alexandria-Schiff vor Anker lag, daS sogleich, es war Winterszeit, die Gefangenen nach ihrer Be­ stimmung weiter zu führen befehligt ward (Apostelgesch. XXVII. 5 u. 6). Hiernach kann er wol schwerlich die Zeit gehabt haben, in Myra zu predigen, deffen sich in spätern Jahrhunderten die dortigen Christen rühmten. Die böse Jahreszeit, die furchtbarsten Stürme und Gefahren aller Art machten die sogleich fortgesetzte weitere Fahrt zu einer grauenvollen, in der sich aber der feste Glaube an seine göttliche Sendung um so mehr burd) Gottvertrauen verherrlichen und dasselbe seinen mehreren hundert Leidensgefährten einflößen konnte, denen er mit Berheißuug des Lebens das letzte Brod brach und dann selbst noch im Schissbruch zu Melite (Malta), ohne ein Leben zu verlieren, aus den stürmenden Wegen des MeereS gerettet an daS Land stieg, um von da seine zweite Wallfahrt nach Rom zur Vollen­ dung seines großen Berufes für die Nachwelt zurückzulegen (Apostel­ gesch. XXVIII.). Myra war, nach Artemivor (Strabo XIV. 666) eine der 6 Hauptstädte Lyciens und im Synecd. deS Hierocl. tritt sie als eine christliche Stadt, welche zur Metropolis (eck. Wessel, p. 684) erhoben war, hervor. Als einer ihrer berühmtesten Episcopen wird Nicola öS genannt, der auch als Kirchenvater und später als Schutzpatron der Stadt und Heiliger weit und breit verehrt wird. Ch. legier12), der schon im Jahre 1836 im Mai dieses Kloster besuchte, wo er nur 4 Calogeri, elende schmutzige Mönche, und die große Kirche im Style der zu Dere Aghzy, nur H) Al. Appiani de Bell, civil. ed. H. Steph. 1670. Lib. IV. 28. p. 636. 1?) Ch. Texier, Descr. de l'Asie Mineure. Paris 1849. Yol. 111. p 206.

1096

Klein-Afien.

§. 39.

weniger großartig erbaut vorfand, giebt über den hier verehrten berühmten Sanctus einige nähere Nachrichten, die jedoch über seine wahre Person einigen Zweifel lasten, aber seine große Bedeutung in der Periode des Mittelalters für die Kirche bestätigen. Ein NikolaoS, der als Sanctus in der Kirche gilt, war im dritten Saeculum zu Patara in Lycien geboren und vom Priester NikolaoS in Myra unter Kaiser Diocletian zum Priester crdinirt. Ein anderer NikolaoS, ein jüngerer, da jener im Priesterverzeichniß von 420 zu­ rück bis 350 nicht vorkommt, auch nicht im chalcedonifchen Concil erwähnt wird, stammt aus dem 5. Jahrhundert, desten Verehrung im 6. Jahrhundert im Orient ganz allgemein wird. Dieser ist es, dem Kaiser Jnstinian im Quartier Blachernae zu Eonstantinopel eine neue bewunderte und stark besuchte Kirche baute (Pro­ cop. de Aedis. I. 6. 10). Dieser Cultus kam schon im 9. Jahr­ hundert nach Frankreich, ehe noch die Reliquien deS Heiligen nach Italien entführt wurden. Die legende erzählt die heimliche Ent­ führung seiner Reliquien durch italienische Kaufleute; desten Grab zu Myra, war sehr stark bewallfahrtet von Christen und Türken und brachte große Summen ein. Im 6. Jahrhundert unter Kaiser Nicephorus wurde Myra vom Khalif Harun erobert, der auch daS Grab zerstören wollte. Durch Bezeichnung eines falschen GrabeS, das er zerstörte, wurde das wahre angeblich erhalten und blieb noch 280 Jahre bewallfahrtet, bis es durch die Lateiner geleert und der Heilige der griechischen Kirche entwendet wurde. Daß der Khalif für sein Sacrilegium an dem heiligen NikolaoS durch einen Schifsbrnch seiner Flotte bestraft wurde, sagt Anastasius (er nennt ihn Aaron, in seiner Historia Eeclcs. ex Theophane. Bonn. ed. Theophanes. Vol. II. p. 268), 40 Bürger und Kaufleute von Bari in Apulia, die Handel mit Antiochia trieben, faßten beim Borüberschiffen von Myra den Entschluß, die Reliquie deö Heiligen zu entführen, und theilten in Antiochia ihr Project einigen Venetianern mit, die aber schon lange denselben Plan gehabt hatten. Deshalb beschleunigten die von Bari ihre Rückfahrt nach Myra, das ganz verödet war und im Kloster wie in der Kirche Sion da­ selbst 3 Geistliche als Wächter hatte, die auö Furcht vor den Türken sich weißmachen ließen, der Pabst wolle die Reliquien in Sicherheit gegen die Ungläubigen nach Italien bringen. Jeder der 3 Geist­ lichen nahm seine 100 Golkstücke in Empfang und so ließen sie in der Gruft des Heiligen den Marmorsarg mit Hämmern zertrüm­ mern, in dem man nur einen Haufen von Gebeinen, doch auch bin

LycienS Südküste, Myra.

1097

Schädel noch vorfand und ein duftendes Oel, mit dem die Plün­ derer am 20. April 1087 nach Bari davonschifsten. Das Oel that auch dort seine Wunder, eS wurde in verschiedene Klöster vertheilt und im Jahre 1100 ging der Bischof von Amiens dahin, eine Phiole deffelben für seine Kirche zu holen. Im 1.1660 brachte es eine große Pilgerschaft nach Worms in der Pfalz. In Bari wurdm seit dem Jahre 1089 große Nicolaosseste gefeiert, 1103 die Cathedrale dem Heiligen erbaut, und die Kirche durch den Herzog von Apulien, den ersten Normannenkonig in Sicilien, inaugurirt. Die Venetianer hatten sich von ihrem Project nicht abhalten lasten, sie kamen aber zu spät im Kloster an, wo sie den Oheim Sct. Nikolaos erbeuteten, besten Reliquien sie nach Venedig brachten, wo sie seitdem mit denen des Sct. Theodor verehrt wurden. Ateph. Byz. leitet den Namen der Stadt Myra von dem Namen des vorüberfließenden Flustes MyroS ab; auf eine schlechte griechische Etymologie anspielend nennt sie Constantin. Porph?") rrjy stvxuov nttkiv T))v /ivqItivqvv T€ xat TQigo'kßiov, d. i. die von Salbe duftende und dreimal hochbeglückte, weil in ihr der große NikolaoS, der Priester GotteS, die hervor­ quellende Salbe (/tt'p«) daheim sei. Auch Meletios sagt, die Bewohner von Myra halten ihre Stadt für besonders heilig, da sie dort einen Altar des Johannes zeigen, der Apostel Paulus, ihrer Legende nach, dort gepredigt habe und die Gebeine deS heiligen Nikolaos bei ihnen liegen sollen, worüber aber in der griechischen und lateinischen Kirche sehr verschiedene Ansichten vorhanden sind, da, wie schon Beaufort bemerkte und oben bemerkt ist, nach Muratori, Annali d’Italia VI. die Kirchen zu Venedig und zu Bari sich diesen Besitz der heiligen Reliquien frühzeitig streitig machten. Beauforts Zeit") erlaubte eS ihm nicht, die Monu­ mente der Stadt Myra genauer zu untersuchen, die zu seiner Zeit als Meisterwerke alter Kunst und als Schätze mit Inschriften nur erst von dem Architecten Cockerell (1812) genauer besehen waren, der auch eine Aufnahme des dortigen Theaters gemacht hatte, welche Leake publicirte"), und mit den anderen asiatischen Halbtheatern zu Side, TelmissuS, Miletus, Hierapolis, Laodicea und einigen anderen gleichartig, aber von den griechischen verschieden De Thematibus 1. XIV. ed. ßekk. Bonn. 1840. p. 37. M) Beaufort, Karamania 1. c. p. 30. ") Col. Leakc, Journ. Asia Minor 1. c. p. 320—329.

1098

Klein-Asien.

§. 39.

fand. Bei Gelegenheit der Zeichnungen, die Cockerell, der Euro­ päer, der solche Studien dort zuerst gewagt zu haben scheint, von einigen der dortigen Sculpturen und Reliefs machte, zeigte sich noch der wildeste und fanatische Character der dortigen Türken; denn einer der ihn begleitenden Männer rief wüthend aus: "wenn diese ungläubigen Hunde durch solche gotteslästerliche Götzenbilder ange­ zogen noch ferner hierher kommen sollten, so will ich ihnen bald ein Ende machen, denn wenn nur der Hund erst fort ist, will ich schon Alles zertrümmern". Beaufort begnügte sich nur mit der allge­ meinen Ansicht der Ebene von Myra, die er theilweise angebaut, auch einigen Handelsverkehr ihrer Bewohner dort vorfand und dar­ aus schloß, daß viele Haufen von Balken und Brettern zum Ein­ schiffen an dem Strande bereit lagen, worauf er seine Fahrt weiter gegen Ost nach Phineka fortsetzte. Da Myra schon im ziemlichen Abstande vom Meere liegt, wohin wir die späteren Beobachter, die ihre Denkmale genauer studirt haben, auf ihrer Landreise begleiten werden, bleiben wir für jetzt nur am Strande zu Andraki zurück, wo zwischen dem ehe maligen Hafenorte an dem Westarme und dem östlichen Flußarme bei Myra in der Mitte zwischen beiden int flachen Deltaboden das Kloster Sct. Nikolaos liegt. Zunächst ist Ze^icT310) im Jahre 1836 mit einer Schaluppe und einem Piloten von Aperlae im Hafen von Andraki gelandet, das 4 Stunden in Ost gelegen ist. Um dahin zu gelangen, schiffte man gegen N.N.O. bis zur Bai xlati (t. i. uiyi(tXnc), von wo aus der Hafen Andraki's durch einen quadratischen hellenischen Thurm erkannt wird. Ihm zur rechten Hand war die Einfahrt in einen Fluß, dem eine Barre an seiner Mündung vorliegt. Dieser Fluß selbst ist der antike Hafen von Andriace, gegenwärtig aber halb zugefüllt; mit einige Schwe­ felquellen, die in der Ferne einer halben Stunde ihm ihr kaltes und brakiges Wasser zu senden, erhalten noch die Dersumpfung des Hafenwassers. Texier sagt, cs sei ein Irrthum, dieses Hafenwasser für einen westlichen Arm des Flusses bei Myra zu hallen, der eine Viertelstunde in Ost von Myra vorüberziehe und den man Cassabasluß nenne (weil er von der Gebirgsstadt dieses Ramens herabströmt). Indeß wäre eS nach Appians Angabe von LentuluS Sprengung der Hafen kette von Andriace und Schiffahrt von da nach Myra wol möglich, daß er einst doch ein westlicher Sei31 *) Cli. Texier, Descr. de l’Asie Min. 1. c. 111. p. 203.

Lyciens Südküste, Myra.

1099

tcnarm des Hauptfluffes gewesen und seitdem nur durch Versandung des Deltabodens abgesperrt worden. Die Umgebungen des Hafens von Andraki sollen, nach Texier, mit Ruinen bedeckt sein, die alte Sura, der ein Apollo-Orakel angehörte, das jedoch nach Spratt 1'/, Stunden davon entfernt liegt. Vielleicht daß manches von da nach Andraki verschleppt wurde, denn identisch können die Stell«! nicht sein. Das Kornmagazin des HadrianuS, welches Beaufort beschrieb, sagt Texier, liege auf der Ostseile des Ha­ fens von Andraki, war aber zu seiner Zeit durch Moräste und Schilfwälder sehr schwer zugänglich. Längs dieser ganzen Küste bemerkt man, wie auch auf Dolichiste, viele Kornmagazine (Granarien und Silos), die wol zeigen, wie wichtig einst bei starker Bevölkerung hier der Getreidehandel gewesen sein müsse. Spratt und Forbes, die eine gastliche Aufnahme (1842, 20. SDlärj)17) im Kloster Sct. NikolaoS fanden, sagen, daß dasselbe im Viereck um eine kleine Kirche gebaut sei, darin seit wenigen Jahren wieder Reliquien des Heiligen niedergelegt seien, welcher als der erste EpiscopuS von Myra verehrt werde. Der einst kostbare Schatz und Ueberrest der früheren Reliquie sei während der letzteren Revolutionen durch eine russische Fregatte nach Sct. Petersburg entführt worden; dagegen habe der Kaiser Nico laus an dessen Stelle ein buntes Gemälde hergesandt, das nun für Schiffer und Pilger statt jener Reliquien zur Adorirung diene. Neben dem Kloster steht eine christliche Kirche von hohem Alter aus der Byzantiner Zeit. Seit ihrem Bau bemerkte man, daß die Ebene um einige Fuß gehoben sein müsse, da die Flur dieser Kirche, wie auch die kleine Nicolauökirche, 5 bis 6 Fuß unter dem jetzigen Niveau der Ebene liege. Der Papas trieb ein be­ deutendes Geschäft als Kornhändler, und ist Eigner von einem Dutzend Korn scheuern, die auf Steinpfeilern an der Außenseite des Klosters stehen und ihn zu einem reichen Manne im Lande ge­ macht haben. Roh und unwissend, aber verträglich mit den türki­ schen Bauern der Umgegend, pflegte er im gesellschaftlichen Kreise von diesen jeden Abend sein Pfeifchen zu schmauchen, und die Acci­ denzien und Sporteln von der Bepilgerung der Kirche schienen auch seine Kisten zu füllen. Kein griechischer Schiffer fährt hier vorüber, ohne dem Patron der Schisser, Sct. Nikolaos, sein Opfer zu bringen, um eine fernere sichere Seefahrt zu beten und dann ihrer 1 J Spratt and Korbes, Trav, Vol. 1. p. 127 -130.

1100

Klein-Asien.

§. 39.

gewiß zu sein. Am Abend wurde durch Hammerschläge an ein langes Breit zum Gottesdienst gerufen, da Glocken hier nicht erlrubt sind.

Die Gemeinde bestand nur auS 15 Männern, Weibern und

Kindern, mit denen man erst in der kleinen dunkeln Kirche einige Fuß tief hinabsteigen mußte, wo das Porträt des Russen-PatronS, des heiligen NikolaoS, in der Mitte auf einem rohen Mauerpseiler aufgestellt war, dem zur einen Seite die Wachskerzen angezündet wurden, während jeder Pilger zur andern Seite sein Opfer nieder­ legte

und nach vielen Kreuzigungen,

Prosternationen und anderen

Mummereien sich zur Kirchenceremonie begab, die der Papas mit der größten Schnelligkeit in Zeit einer Viertelstunde abfertigte, und ehe sie noch beendigt und der Segen gesprochen war, sein clericaleS Ornat schon abwarf und da er die britischen Zuschauer ohne Theil­ nahme an diesem widrigen Handwerksgeschäft stehen sah, fragen ließ, ob sie auch Christen wären? Aber auch solche schwache Lebenszeichen scheinen in einer spätern Jahreszeit, wo die Küste unwirthlichcr zu werden pflegt, völlig zu schwinden. L. 9?ov318) landete dort in heißer Jahreszeit, Anfang Juni, zwei Jahre später als Spratt, nachdem er von Aperlae das Cap Pyrgos (Pyrgo auf Col. Leake's Essay of a Map) in einer Mendscheinnacht umschifft hatte.

Wegen des starken Wel­

lenschlages war die Landung am stachen Strande schwierig,

vom

Winde schwankte und tanzte daö Schiffchen noch auf und ab.

Die

Ebene breitete sich noch drei Viertelstunden weit aus bis zum Kloster Set. Nikolaos, indem der einzige Mönch, der Papas, krank darniederlag. AuS der Bucht bei Andraki waren zu gleicher Zeit (es war Sonntag) eine Anzahl Kastellcryzoten, Taucher, die als Schwammfischer ihrer Expedition an den syrischen Küsten entgegen­ gingen, mit heraufgekommen, dem Schifserpatron Sct. Nicolaos ihre Opfer für eine gesegnete und sichere Fahrt darzubringen.

Nur

mit ihrer energischen Hülfe gelang eS, in der Strandeinöde am frü­ hesten Morgen einen türkischen Hirten,

der dort sein Kameel wei­

dete, zu bewegen, vom Strande das im Boot gelassene Gepäck auf seinem Lastthier nach Myra zu bringen. Spratt erschien daS Kloster als ein elendes Gehöfte, daS auf den Trümmern eines alten Klosters in der Mitte eines weiten viereckigen Hofraums er­ richtet war, in dessen Mitte eine kleine runde Capelle stand.

Einst

lief eine stattliche Ringmauer, die auch jetzt noch im Verfall besteht, 3'8) V. Roß, Kleinasien a. a. £. S. 11

LycienS Südküste, Myra.

1101

mit viereckigen Thürmen geschützt umher, und in jede der vier großen Seiten (von 300 Schritt Länge und 10 Fuß Hohe nach SprattS Angabe)^) führte in ihrer Mitte ein stattliches gewölbtes Thor hinein. dern,

Diese Umwallung war aus lauter mächtigen Marmorqua­ aus Architraven, Friesen, Capitälen jeder Ordnung und aus

andern einstigen Prachtbauten der Stadt Myra zusammengeflickt. Zu beiden Seiten des Thores an der Nordseite sah man noch ein Hautrelief mit Armaturen, Helmen, Beinschienen und Waffenstücken verziert,

die einem caesarischen Triumphbogen entnommen zu sein

schienen.

Alles gab Zeugniß davon, daß einst das Christenthum

hier reich und mächtig gewesen, als das Land blühend und dicht bevölkert war, zur Zeit als die neue Kirche sich auf den Trüm­ mern des gestürzten Heidenthums erhoben hatte. Auch die Ruine der alten Nicol au Skirche bezeugt dieß; ^ie liegt an der Nord­ seite des jetzigen Klösterchens und ist ein großer stattlicher Bau mit einem Haupt- und zwei Nebenschiffen, aus Ziegelstein aufgeführt, von sehr guter Bauart mit hübschen Marmorgesimsen.

Sie ist aber

zur Hälfte verfallen und durch Erhöhung deS Bodens ringsum so tief verschüttet,

daß man jetzt von außen zu ebener Erde auf die

Mittelgewölbe der Seitenschiffe tritt.

Arm und winzig nimmt sich

dagegen, wie von barbarischen Händen errichtet, das kleine in der Mitte deö Klosters stehende weißgetünchte Capellchen der Gegen­ wart aus.

Jene Kirche soll auch die Gebeine deS Sct. Nikolaos

umschließen, und einer der ihn begleitenden Schiffer, sagt Roß, äußerte aufrichtig seine Verwunderung, weshalb der große Kaiser von Rußland jetzt noch zögere, zumal da er selbst NikolaoS heiße, von diesen Gegenden Besitz zu nehmen, um die Reliquien seines Schutzheiligen wieder aufzusuchen.

Spratt hatte sich noch

eine

andere Legende erzählen lasten, daß derselbe sie schon geholt habe. An dieser Stätte, wo über einige

einst der heil. Nikolaos

dreißig Bischöfe gethront,

als Metropolit

haust jetzt ein einziger

unwistender und siecher Mönch von Kastelloryzo, und mehrere Tage­ reisen weit um ihn her leben auf dem Festlande keine andern Chri­ sten als drei oder vier Müller in einigen türkischen Dörfern, weil die türkischen Nomaden zu faul und zu unwistend sind, um ihr Getreide selbst zu mahlen, Nachdem das Gepäck mit dem Kameelhirren von der Barke angelangt war,

ging Roß zu den Ruinen

von Myra, die doch noch fast eine halbe Stunde nördlich vom ’) Spratt and Forbes, Trav. I. p. 133.

1102 Kloster,

Klein-Asien. ant

Fuße und am

§. 39.

Abhänge der Burgfelsen liegen.

Ein

Dutzend türkischer Bauerhäuschen steht hier in der Ebene, auS Steinen und Mörtel zusammengeklebt, deren Inhaber nebst dem Mönch die festen Bewohner dieser legend repräsentiren.

Im übri­

gen ist die weite und, wenn sie angebaut wäre, so gesegnete Ebene nur von nomadischen Hirten (Iürüken) bevölkert, die in nie­ drigen aus Baumzweigen geflocbtenen und mit einigen schwarzge­ räucherten wollenen Fetzen bedeckten Hütten von der Gestalt einer halben Melone hier die acht frischeren Monate des Jahreö zubrin­ gen. Die Höhe dieser Hütten ist eben nur hinlänglich, daß ein Mann mit untergeschlagenen Beinen darin aufrecht sitzen, und ihr Durchmesier groß genug, daß die ganze Familie zusammengekauert ant Boden darin schlafen kann. So groß ist die Trägheit und In­ dolenz dieser Türken, daß sie nicht einmal darauf bedacht sind, ihre Hütten auf einem erhöhten Erdaufwurfe aufzurichten, so daß sie in der Regenzeit, wenn die Rasendecken der Ebene sich in eine Art von Sumpf verwandeln, oft wochenlang bei Tag tmd Nacht buchstäblich im Schlamm liegen.

Daher ist bei solcher Lebensweise die Sterb­

lichkeit ungemein groß: nur noch einige Menschenalter in ähnlicher Rohheit verbracht und ihre Ra^e, die sich jetzt schon jährlich ver­ mindert, stirbt dann von selbst aus.

Vergebens habe die Regierung,

fügt Roß sarkastisch hinzu (denn er nehme die beste Absicht dabei an), vergebens habe sie der Divan durch gesteigerte Anforde­ rungen und Abgaben wie Eonscription zu größerer Thätig­ keit anzuspornen versucht, alles vergeblich. Sie verkaufen, um die Piaster zur Abgabe aufzutreiben, ihr weniges Getreide und behalten nicht hinreichend zu eigenem Bedarf, so daß sie dann vor der Ernte beim christlichen Müller borgen müßen.

Sie verkaufen ihren Tabak

und sehen sich dann genöthigt, die jungen Pflanzen vor der Reife zu entblättern, die Blätter an der Senne zu trocknen und als ein grünes nüchternes Pulver zu rauchen.

Doch ant 1. Juni waren

sie gegen ihr gewöhnliches Phlegma in außerordentlicher Bewegung; die große Hitze, die seit einigen Tagen eingetreten war, nötbigte sie zum Aufbruch in ihre Sennhütten oder Alpendörfer (Iailas) auf dem noch beschneiten TauruSrücken;

die Männer trabten

geschäftig auf ihren Kleppern (denn zum Gehen entschließt sich ein Türke schwer) durch die Ebene umher, um die Heerde zu sammeln oder Rücksprache mit den Nachbarn zu nehmen. Leider besuchte V. R oß die Westseite des Strandes

und der

westlichen Mündung des Andrakiflusses bei den gleichnamigen

Lyciens Südküste, Sura.

1103

Ruinen nicht^o), die er am antifen Hafenorle von Myra bedeu­ tend nennt, von deren großem Granarium Beaufort Nachricht gab. Aus Spratt ergiebt sich, daß in der Nähe auch Sura mit einem Heiligthum des Apollon lag, das jener noch nicht be­ achtet hatte. Auf Cot. M. Leake's Karte war int West von Andraki ein Ort Sura eingetragen; bei Nachfragen ©pratid21) darüber bei dem PapaS wußte dieser von keinem Namen dieser Art und von keinen Ruinen in jener Gegend; nur ein Palao Kastro (alteS Schloß) kenne er dort und Nemata (Quellen) und Grammata (Inschriften). Also wurde am 23. März diese Richtung der Küste bewandert. Unter Führung des zwölfjährigen Sohnes des PapaS erreichte man nach 20 Minuten das Dorf Karabadschak kjöi an der südwestlichsten Ecke der Ebene und hinter demselben führte eine felsige Schlucht nach Sura. Gm Eingänge dieser Ruinenstadt kam man an einem schr schönen rectangulären Bau vorüber, dessen Thürpfosten schön sculpirt und die Cornische mit Capitellen eines zusammengesetzten Styles verziert waren; ob ein Grab oder ein Tempelchen, war schwer zu entscheiden, doch schien es wegen seiner Nähe bei einer christlichen Kirche der letzteren anzugehören. Durch eine felsige Schlucht eine halbe Stunde emporsteigend, erreichte man, an 2 bis 3 im Dickicht versteckten Sarcophagen vorüber, die kleine Ebene von Sura, über die man ein Dutzend anderer zer­ streut umherliegen sah, und auf der man eine kleine Festung auf der gegenüberliegenden Höhe vorfand. Um gerade auf sie loS zu reiten, passirte man ein Iürükendorf und erreichte dann die Festung, die gerade 1' , Stunden fern vom Kloster liegt. Die Hochebene, auf der Sura steht, liegt 400 Fuß über dem Meere und ist durch eine niedere gegen W. streichende Bergreihe von der Bai von Andraki getrennt; ihr gegen Nord steigt eine steile Bergwand zu dem Plateau empor, auf welchem die drei Orte mit Namen Eyaneae liegen, welche Spratt besucht hat. Die Festung ist nur klein, kaum 80 Schritt lang, und scheint ein alter Bau der Griechen zu sein und die Höhe, die sie krönt, sich kaum 40 Fuß über die Plateauebene zu erheben. Diese Festungshöhe fällt an der Westseite ganz plötzlich zu einem sumpfigen Thale hinab, das am innern Winkel einer Meeres­ bucht liegt, die Vromo Limiona (stinkende Bucht) genannt wird. In dem Sumpfbodm schienen einige kleine Ruinen von Bauwerken 32") 1'. Rep, Kleinasien a. a. O. S. 28, Net. 6. Korbes, Trav. 1. p. 133—138.

') Spratt and

1104

Klein-Afien.

zu liegen.

Z. 39.

Dicht unter dem Südende der Feste fand man ein gro­

ßes und schönes Felsgrab mit einer lycischen Inschrift, und davor ein anderes Grab, daö vom Felsen abgespalten war, einen Sarcophag trug.

aber

Beide Theile hatten keine Inschrift, aber

nur wenige Schritte vor ihnen fanden sich 5 bis 6 FelStafeln, jede mit Inschristen, auf denen der Name Sura mehrmals vorkam. Auch wurde dieser Name wiederholt auf den Sarcophagen gefunden, welche

in der

Hochebene stehen.

Bei

genauerer Erforschung

des

Felsrandes an der Westseite der AcropoliS fand man mehrere bis 3 Fuß hohe viereckige Pilaster in den Fels eingehauen, der zu einem Piedestal, das eine Statue tragen sollte, bestimmt gewesen zu sein schien.

Das Piedestal war fast in seiner ganzen Länge voll In­

schriften,

die Buchstaben aber unleserlich geworden.

Daniells,

der ein paar Stunden auf die Entzifferung verwendete, die ihm nicht gelingen wollte, konnte nur die drei ersten Zeilen copiren, die ihm die Ansicht gaben, daß hier ein Decret zu Ehren der Anbetung des Apollo Betrachtung

gestanden.

Vielleicht würde bei anderer günstigerer

die Lesung möglicher

sein.

Sura

scheint nie stark

bewohnt, aber ein stark bepilgertes Heiligthum des Apollo gewesen zu sein,

wo

ein Fischorakel war (Steph. Byz. ~ovqu

fLiavitiov ylvxtug, der auch einen Uferort ~ovqio$ nennt).

Des

Orakels der Fische erwähnt Plinius, die auf dreimal wieder­ holten Ruf von Pfeifen sich zum Augurium einstellen und zum Ver­ gnügen der Zuschauer

das

ihnen vorgeworfene Fleisch erschnappen

(klm. H. N. XXXII. c. 2, 8

in

Sillig. Edit. V. 1851. p. 7 wo

Eurium in Surium berichtigt ist: Nam in Lycia Myris in fönte

Apollinis, quein Surium appellant, ter fistula vocati veniunt ad augurium; diriperc eos carnis abjectas laetum estconsultantibus etc., aber die verschobene Lage von Simena ist geblieben V. 28. §. 100). Dasselbe Manteion der Fische führt noch umständlicher Aelian

(de Natur. Animal. VIII. c. 5) an demselben Orte in Lycien an, den er aber -i'pp« schreibt

und

von ihm sagt,

daß

er zwischen

Myra und Phellus liege. Die Localität

von Sura

ist hiernach wol festgestellt,

aber

Spratts Conjectur, Sura mit Somena (Simena) zu identificeren, ganz unstatthaft, da Andriace von Somena nach dem Stadiasmus M. M. 80 Stadien, über 4 Stunden (Nr. 239)322) entfernt liegt, Sura aber nur V/2 Stunden, wenn schon die Lage von Somena

3*2) Stadiasmus M. M. b. Car. MuJierus I. c. I. p. 493, Not.

L-cien- Südküste, Andrak». auch

noch nicht genau ermittelt ist.

nach Andriace und Myra zurück,

Bon Sura kehrte Spratl von wo ein sehr beschwerlicher

Landweg über hohe Gebirge nach Phineka führt, und Spratt zurückgelegt haben. bei der Landreise die Rede sein.

1105

den Fellow-

Bon Myra kann erst weiter unten Auch Schönborn") hat von Set.

NikolaoS, wo am 15. Dezember ein Fest gefeiert wurde, daS von vielen Kastelloryzoten

bepilgert

war,

am 19.

Landweg weiter nach Westen fortgesetzt.

über Sura seinen

Er fand, daß von Myra

eine wahre Gräberstraße nach Sura führte, wo er nach Ersteigung eine-

Gebirg-abhange- den

Anfang

der

jetzigen

Sura

erreichte,

10 Minuten weiter hin auf einem Hügel auch dieselben Fel-tafeln, die Spratt erwähnt, mit zwei Inschristen, welche durch den Namen Sura die Lage des antiken Orte- feststellten.

Auf dem Hügel fand

er auch lange Quadern, zwar nur schlecht gebaute Mauern, dabei aber colossale Sarcophage,

auf hohen Steinuntersätzen stehend.

Die antiken Reste waren nur wenig zahlreich und auf einen flctura Raum beschränkt.

Im Westen de- Hügels

zeigte sich ein kleine-

von N. nach S. streichendes Thal, welche- wahrscheinlich im Hafen von Andraki endet, dann ein Teich und dabei ein alte- Gemäuer, da- die Türken ein Manastyr nannten, mit einem Thurm.

Die

Regengüsse hinderten da- Copiren der Inschriften und die genauere Untersuchung.

Nach dem Regen setzte man den Weg über die Fels­

wand fort, welche die Ebene Myra im Norden begrenzt und sich eine Stunde weit hoch über Sura emporthürmt, von wo ein pracht­ voller Ueberblick zum Meere nach Myra wie nach N.W. sich aus­ dehnt.

Tausende

aufgescheucht.

von

Rebhühnern

bei dem Orte Chürsi- (KirsiS) phage bemerkt;

wurden

auf diesem

Wege

Nach 20 Minuten Fortschritt auf der Höhe wurden eine Cisterne und einige Sareo-

ein flaches Thal auf einer Plateauhöhe sich gegen

West hinziehend führte zum Dörfchen Tfchakalbejad

(d. i. da­

doppelte Weiße), wo der Regen zum Nachtquartier zwang, und am folgenden Tage (20. Dezember 1841) wurde der Weg auf der Höhe bi- nach Gjöl-baghtfche fortgesetzt.

Beaufort schiffte von Andraki") aber am Ufer bequem ent­ lang um da- Cap Phineka, von wo erst in N.O. bei dem Orte Phineka sich die gleichbenannte große Bai bis nach Melanippe und Chelidonia ausbreitet. Zunächst tut Osten der Ebene von

7i) Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 58 ff. Karamania 1. c. p. 31. Ritter Erdkunde XIX.

Aaaa

") Beaufort,

1106

Kletn-Aflen.

§. 39.

Mhra sah er, daß sich ein großer See oder wol eine Uferlagune an ihrem Ostende ausbreite und an deffen Ostseite ein GebirgSzweig, vom Nordm herabkommend, südwärts in daS Cap Phineka vorspringe. Diesen See oder diese Lagune fand er zu seicht, um ihn mit seinem Boote zu beschissen, aber die heftige Ausströmung desselben durch seinen engen Einguß in das Meer ließ ihn vermu­ then, daß er durch irgend einen nicht unbedeutenden Strom seinen Zufluß erhallen mochte. Nahe dem Eingang liegen kleine Insel­ chen mit Ruinenresten und an seinem Ncrdnfer schienen große Ruinen zu liegen, vielleicht vermuthete er, daß dieß der LimyruS sein mochte, an dem Strabo die Stadt Limyra nenne, 20 Sta­ dien fern vom Meere. Dieser Ufersee ist vom Meere durch eine schmale Düne von Sand und Kiesel getrennt, deren Gestalt und Begrenzung offenbar durch den Gegenstoß der Strömungen von außerhalb und innerhalb des Landes bedingt ist. Die Strömung von innen häuft die Schuttmassen der Kiesel von der Landseite am Ufer auf und die Meeresströmung wirft die lockerenSandmasien wieder zurück und schüttet sie zu Dämmen empor, die zu soliden Steilwänden werden, ein interessanter fortwährender Kampf der Ele­ mente an dieser vielbewegten Südküste. An der Ostseite deö Cap Phineka liegt eine starke antike Feste, in der ein einsamer alter Mann wohnte, der gern zum Füh­ rer aufwärts in daS Thal zum Dorfe wurde, wo man Bieh für daS Schiff einkaufen und Holz und Master einladen konnte. Alter­ thümer sah man nicht, sie sollten in Menge, viele Säulen, Sculpturen, Inschriften, 4 Stunden fern zu finden sein, wo der Agha wohne, nach Aussage der Leute. Tie leichte Berproviantirung deS Schiffes machte diesen Ort zu einer erwünschten Ankerstalion. Die Schiffe lagen nicht sehr fern von zwei Flüsten, die treffliches Master liefern, der nächste wol der Phineka Su (LimyroS); sie waren mit kleinem Bau- und Brennholze an ihren Ufern bewachsen. Die Barre am Eingänge deS östlichernFlusteS war tief genug, um be­ ladene Boote einlaufen zu lasten. So weit diese Boote durch die sumpfige Fläche landein schiffen konnten, zeigte sich aller Baumwuchs in Abschwächung, während alle Berge umher mit dem herrlichen Schwarzwalde von PinuS bedeckt waren, welcher für die ganze Küste so characteristisch ist. Noch konnte damals die Lage von Li­ myra zweifelhaft für Beaufort bleiben, da das Binnenland noch unerforscht war. CH. FellowS schiffte zunächst, im I. 1838, von Ost her in

Lyciens Südküste, Phineka.

1107

den Hafen von Phineka ein324), wo sich ein Blick auf mäßig hohe, aber üppig belaubte Palmen darbot, von dem er erst nach einer halben Stunde durch Sumpfboden zu ein paar Häusern an einem schiffbaren Fluß gelangte, dem einzigen, wo ein Zollhaus stand, weil hier etwas Holzhandel in Betrieb war, da Holz den einzigen Reichthum des Landes auszumachen schien. Nur in der Ferne an den Bergabhängen gegen N.O. sah er die Ruinen der alten Limyra liegen und schiffte weiter gegen S.W. um das Vorgebirge (Phineka Burun). Obwol hier alles menschenleer war, da die Hirten meist landein gezogen nur sparsam sich zeigten, halten die feigen Schiffer so große Angst vor Corsaren und vor der Conscription, zu der man sie etwa aufgreifen möchte, daß sie nur schwer zum Weiterschisfen zu bringen waren. Bei den wenigen armen Hirten, die sich hier zeigten, fand Fellows doch eine gastliche Aufnahme. Ihre Weiber tragen jedoch goldene Armbänder, in den Turbanen be­ wahrten die Männer sich ein paar Schuß Schießpulver oder ein paar Prisen Schnupftabak und ihr weniges Geld auf.

Bei einem zweiten Besuche in Phineka, im Jahre 1840 im Aprils, wurde daS Vorhandensein der Palmen nur bestätigt und bemerkt, daß der Name des Ortes wol von ihrem Wüchse daselbst weit eher als von phönicischer Ansiedlung seinen Ursprung haben möge, da dieses Gewächs hier wie einheimisch am Meere entlang wachse. Schönborn eilte am 13. Dezember 1841 nur so schnell, als es die Sümpfe um Phineka gestatteten, um seinen Weg von da nach Mhra weiter fortzusetzen. Mehr Bericht giebt Spratt bei seinem Besuche vom Dorfe Phineka, wo er auf dem sehr beschwer­ lichen Landwege von Myra aus über 4000 Fuß hohe Gebirge und dann erst beim Hinabsteigen durch das wildeste Desilü am Boden desielben, wo man die Reste von drei hellenischen Wachtthürmen, welche den Eingangspaß zur Ebene vertheidigten, vorüber kam. Hier erreichte er die moderne Festung Phineka am Ufer in der Nordwestecke der gleichnamigen Bai. Unter ihrem Nordwalle hin ging cd in scharfer Wendung zur Ebene, dann auf einem Stein­ damme zur Seite eines tiefen Stroms, an desien Ufer die gelbe Iris in voller Blüthe (25. März) stand. Eine Viertelstunde weiter wurde erst das Dörfchen Phineka und die Weinschenke eines Grie­ chen erreicht, wo man Herberge fand. DaS Dorf hat nur 3 bis 3I4) Ch. FellewS, Ausflug a. a. Ü. S. 109. 25) Ch. Fellows, Account I. c. p. ‘203, 205; VI. Schvubcrn, Tagebuch. Nachlaß. Bl. 58.

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1108

Klein-Asien.

§. 39.

4 Steinhäuser, davon eins das Zollhaus ist, daS andere bewohnte ein reicher Grieche, Konstant!, ein Handelsmann mit Bieh, der Aecker besitzt, daS Caffee und die Bäckerei an einen Mann aus Al­ maty verpachtet hat, alles Zeichen der Aufnahme dieses Ortes, der nur von Holzschlägern und auö einem Dutzend schwarzer Zelthütten von Turkmanen bewohnt besteht. Der vorüberfließende Phineka Tschai, verschieden von dem etwas östlicher von Arykanda herab­ kommenden Arykandos, der noch auf allen früheren Karten von Gramer bis auf TexierS und BolotowS Karte ganz irrig ein­ getragen war, auf SprattS und Kieperts Karlen aber berichtigt wurde. Er fließt dicht an SprattS Herberge vorüber, war sehr schlammig, aber schiffbar für Boote und kann sogar bis zur Festung mit Schiffen befahren werden, die dort vor Anker gehen und sich mit Holz und Korn beladen, wodurch der Ort seit Beauforts Zeit sich sehr gehoben zu haben scheint. Spratt nennt ihn die wahre Skala, den AusladungSort und Haupthafen der bedeutenden Handelsstadt Almaty im Binnenlande (s. oben S. 816), von der er nur 12 bis 14 Stunden entfernt liegen soll. Im Winter ist er der einzige AusladungSort für desten LandeSproducte. Zu SprattS Zeit lag ein griechischer Schooner vor dem Castell und wartete aus Ladung; doch soll die Stellung unsicher sein. Früher, während des Verkehrs zwischen dem Sultan in Constantinopel und seinem Hafen in Alexandria, soll die Frequenz viel stärker gewesen und hier auf Befehl des Capitan Paschas eine Bäckerei für die Mannschaft der Admiralität eingerichtet gewesen sein. Jetzt wurde hier, nach Spratt, nur noch Mais- und Weizenbrod für die Griechen gebacken. Die Umgebung von Phineka und der öst­ lichen Nachbarschaft wird von vielen Tschinganis oder Zigeu­ nern bewohnt, denen man auf verschiedenen Reisen im Binnenlande begegnete. Die bedeutenderen Ortschaften Limyra, Armudly, Corydalla, Gagae, Rhodiapolis, Karditsch und andere liegen alle zu weit ab vom Meere, als daß sie bei einft Borüberfahrt die Aufmerksamkeit erregen konnten, nur erst auf Landreisen konnten sie genauer erforscht werden. Auch schiffte Beaufort von Phineka326) ohne Aufenthalt an der öde scheinenden Strandküste der großen Bai vorüber bis zum Chelidonia-Vorgebirge, nur kleine Gruppen von Anhöhen in einiger Ferne vom Meere erblickend, die ihm als sanftgerandete Gestalten wie Tumuli aussahen; die ,,e) Fr. Beaufort, Karamania 1^ c. p. 35 u. 36.

LycierrS Südküste, Gagae.

1109

Ebene konnte er jedoch nicht betreten, um dieß als Thatsache zu bestätigen. Eine Bucht an der Westseite deS Cap Chelidonia ist auf Beauforts Karte am Ostende des PhinekastrandeS nach einer Aufnahme etwas genauer Eingezeichnet und diese Zeichnung auf Spratts Karte wiederholt und dicht am Meere an ihrem gebir­ gigen Eingänge in N.W. die Lage von Atta sch, an ihrem ©üb» ende auf dem dortigen südlichen Vorsprung des Gebirgszuges deS Sacrum Promontorium (Chelidonia) aber die Lage von Melanippe eingetragen. Wahrscheinlich ist dieß die Bucht, an welcher Beaufort, durch frühere falsche Kartendarstellungen mit antiken Städteruinen getäuscht, dieselben aufsuchte und nichts als wilde Klip­ penmassen fand, die auch seine Schiffsleute aus der Ferne für Rui­ nen gehalten hatten, von denen er aber keine Spur vorfand. Indeß ist schon früher bei SchönbornS Uebersteigung der dortigen Ge­ birgskette von Olympus über Korydalla nach Hadschiwerler die Rede von derselben Gegend gewesen (s. oben S. 767), welche Spratt mit dem Namen Aktasch, d. i. weißer Fels, belegt, bei welcher die Ruinen der Stadt Gagae liegen, in denen er den Namen Gagae auf einer Inscription (rAr£221N)71) vorfand. Lyrische Inscriptionen fehlten hier, so wie lyrische Münzen. Die Ruinen lagen eine Viertelstunde innerhalb des sandigen UferS am Ostende der Ebene von Phineka. Ein Theil derselben lag in der Ebene, ein anderer auf der Uferhöhe, wo auch die Acropole sich zeigte. Zwischen ihr und dem Meere liegt die 30 Fuß hohe weiße Kalk stein terra sse, auf welcher Bauten auS dem Mittelalter ste­ hen, woher der moderne Name Aktasch rührt. Die Ruinen der Ebene sind bedeutend, aber alle römisch oder auS dem Mittel­ alter; auch ein paar christliche Kirchen haben sich erhallen, die aber jetzt mitten aus einem Sumpfdickicht sich erheben, sowie der Rest eines Aquädukts, der aus der Ferne einer halben Stunde vom Dorf Ienidschik herabkommt. Gagae, sagt Spratt, scheint eine obere und eine untere Acropole gehabt zu haben; aus der obern ist noch der Rest eines hellenischen Forts bemerkbar mit einem gro­ ßen Wasserbassin (tank) aber kein Theater, doch will Fellows^) ein kleines Theater bemerkt haben; vielleicht weil Gagae keine sehr große Bedeutung erreichte; doch wird sie schon von ScYlax CaJ1) Spratt and Forbes, Trav. Vol. I. p. 184; cf. Plate Corydalla and Gagae; Vol. II. p. 279 die Jnscr. *•) Cb. Fellows, Account of Discov. p. 211.

1110

Klein-Afien.

§. 39.

ryand. 100 (Fayala nihg) angeführt, und Ilicrocl. Synecd. nennt sie einen EpiScopalsitz (Gaga) in der Eparchie von Lycia (ed. Wessel, p. 683). Auch Steph. Byz. (s. ▼.) hat Gagae nicht unerwähnt gelaffen und die Angabe te6 DioScorideS hinzugefügt, daß man hier den Stein GagateS in einem Flusse findet, der aber, wie schon GalenuS bemerkte und auch heute sich zeigt, nicht exiftirt. ©pratt329) sah in der Umgebung von Gagae nur Ser­ pentine, Trappporphyre und Numulitentalkstein. Das Etymologicum magnum nennt den Ort eine rhodische Colonie und führt die Etymologien der Grammatiker über die Entstehung deS Namens an. Auch sollte sie PalaeapoliS heißen. Bon Gagae wollte Spratt an einem Nachmittage auch die Stelle der in Süden jenseit der Bucht gegenüberliegenden alten Melanippe (Menälippion bei Steph. Byz.), eine Hafenstation in Vycien, wo einst nach einer Stelle des QuintuS Calaber (III. 232) ein Heiligthum der Athene war, besuchen. Nach dem StadiaSm. M. M. (Nr. 234;30) liegt sie 30 Stadien (1'/. Stun­ den) fern vom Sacrum Promontorium (Ehelidcnia) und 60 Stadien (3 Stunden) fern von Gagae. Aber Spratt tonnte sie nicht erreichen, eine querlaufende MecreSfchlucht schnitt ihm den Weg ab; aber jenseit derselben erblickte er die Ruinen einer kleinen Feste nebst einigen andern Bauten, die er der Vage nach für die der Mela­ nippe halten tonnte. Spratt hat hier später, bei Ersteigung der Gebirgskette im Osten von Phineka das türkische Gebirgödorf giniMjci31) berührt, eS hatte einige Steinhäuser und treffliche Quellen; die östlichen Abhänge der Bergzüge waren gut bebaut, mit schönen Platanengruppcn bewachsen; die Iürüken halten ihre Zelte auf den größeren Höhen, wo Viehweiden waren, aufgeschlagen. Die dort gefundenen lycischen Gräber, wo einige Marmorsäulen, schienen nur von Gagae dahin verschleppt zu sein, auf jeden Fall waren eS die letzten, die bisher gegen Osten gefunden sind; sie bezeichneten die Ostgrenze der lycischen Grabstätten, und schon zu RhodiopoliS bei EorydalluS, sagt Spratt, fanden sich noch die einzigen Beispiele bedeutender Felsengräber, die im Osten des Alaghyr Tschai entdeckt wurden, davon p. 185 eine Abbildung gegeben ist. Hier unstreitig war die Grenze der Lycier 3)>) Spratt and Korbes, Trav. Vol 1. p. 187. 3") Stadiasm. M. M. b. C. Mullerus 1. c. p. 491. 3I) Spratt and Korbes, Trav. 1. c. I. p. 189.

LycienS Südrand, innere Seite.

1111

gegen die Solymer; von dem Dorfe Finik-kjöi stieg ma« einen lieblichen sehr malerischen Thalgrund hinab zum Ostgestade und zum Orte wie zur Bucht von Atrasan (Adratschan), das lieb­ lich zwischen frischen Bächen und Obsthainen gelegen ist.

§. 40. Zwei und vierzig st eS Capitel. DaS südliche Gestadeland LycienS von seiner continentalen Seite durch innere Land reisen von Fellow-, Schönborn, Spratt, ForbeS und L. Roß erforscht. Uebersicht.

BiS auf Beauforts Küstenaufnahme, auf der wir so eben den trefflichen Seecapitän begleitet haben, war daö ganze Binnen­ land deö südlichen LycienS eine Terra incognita geblieben und alS eine der wichtigsten geographisch-historischen, archäologisch- und culturgeschichtlichen Entdeckungen sind die letzten Iahrzehnde auf demselbm Boden anzusehen, die wir vorzugsweise einigen britischen und deut­ schen Forschern verdanken. CH. FellowS bahnte auch hier zuerst die Landwege, als er das Cap Chelidonia von O. her von Adalia zu Schiff doublirend, am 16. April 1838 zu Phineka ankerte und von da freilich nur im raschen Fluge zu Landes die Süd­ küste durchzog und dabei Kekoba, Antiphellus, Megiste, Patara und LanthuS berührte und über TelmessuS und Mughla heimkehrte. Die Anziehungskraft dieser Erdgegend war für ihn so groß, daß er schon int Jahre 1840”) zum zweiten Male von 3Eatt> thus aus die Landwege durch daS südliche Lycien von neuem ver­ folgte, und vom 22. April 1840 an über Patara, die Kalamaki-Bai (PhoenieuS), Antiphellus, Phellus, Kassaba, Myra, Phineka, Limyra und Gagae nach Finik-kjöi (Melanippe) und von da an die Ostküste Adratschan vorschritt, daS 3?) CH. FcllowS, Ausflug a. a. O. Uebevf. b. Zenkcr. (5.108—126. Ch. Fellows, Account of Disc. 1. c. p. 183—212.

1112

Klein-Afien.

Z. 10.

er am 2. Mai erreichte. DaS meiste war neue Entdeckung, Da­ von ihm berührt wurde, denn nur nach ein paar innerm LocalitLten, wie von Andiphilo über Kandyba, Kassaba, JrnaS und wieder zurück über Dere Aghzy, Tüssa nach AntiphelluS, hatte CH. Texier einen kurzen Ausflug (Mitte April des Jahres 1836)334) machen können, worüber er einige Auskunft gegeben hat. Im Dezember 1841 kam Schönborn3^) aus Pamphylien und Pisidien, am 14. Dez. über Phineka nach Myra, und rückte unter einigen wichtigen Entdeckungen zu Lande über Syra, Gjölbaghtsche, Gewre, Jau (Cyaneae), Tüssa, Soudschak, Bunarbaschi nach Bazyrgjankjöi und Furnas bis XanthuS vor, wo er Ende des Jahres ankam. Auf seiner zweiten Rückreise im I. 1842 kam er über Gagae und Limhra, drang tiefer landein über Aryeanda und Jazyr Iaila nach JrnaS (Arneae) vor, erreichte Kassaba, Gewre, Ören, Kekowa und Bazyrgjankjöi, wandte sich nach einem Blick in daS XanthuSthal aber wieder tief gegen den Norden in daS Centralgebirge, wo wir ihn schon weiter in die cibyratischen Regionen des PlateaulandeS begleitet ha­ ben. Die wichtigsten Forschungen und Aufnahmen zu Lande in diesem Binnenlande deS lyrischen Südgestades sind unstreitig durch S pra tt und Fo rbeS während der guten Jahreszeit des JahreS 1842 durchgeführt. Sie gingen Anfangs März von XanthuS, FurnaS und Bazyrgjankjöi (Kalamaki) aus, nach Saar et (Pyrrha), AntiphelluS und PhelluS, von da über Kassaba, Kendowa, IrneS, Trabala, Tüssa, Cyaneae, Myra und Phineka, von wo sie Limyra, Arycanda, RhodiapoliS, Corydalla und Gagae mit vielen Seitenezcursionen besuchten, und von da bis an die Westabhänge der Solymakette bis Gödene am oberen Limyrastrome am 10. April vordrangen3^). Mit manchen Seitenexcursionen wurden viele Aufnahmen von Lecalitäten, landschaftliche Ansichten, Abbildungen, Inschriften von Monumenten und geognostische wie andere naturhistorische Beobachtungen gewonnen, die vorzüglich im zweiten Theile ihres ReisebucheS niedergelegt sind und als wesentliche höchst schätzbare Beiträge zur Kenntniß deS Landes genannt werden müssen, wozu auch die nur flüchtig, aber gewiflenhaft construirte geognostische Karte dieses Ländertheiles gerechnet werden 33*) Cb. Texier, Descr. de l'Asie Mineure. Tom. 111. Paris 1849. p. 201 —204. ") A. Gchönborn, Tageb. Nachlaß. Mscr. Bl. 58—62 und Bl. 81 ff. JS) Spratt and Forbes, Trat. Vol. I. p. 50—183.

LyeienS Südrand, innere Seite.

1113

muß. Leider blieben damit, seitdem unsers geehrten Reisegefährten L. Roß lehrreiche Berichte im 1.1844 seiner theilweisen Bereisung der Südküste von Aperlae, Antiphellus, Myra, Kassaba, Candyba, PhelluS und Bazyrgjankjöi bis LanthuS nach­ gefolgt finb37), alle Originalbeobachtungen abgebrochen, da die Berichte von SprattS Gefährten, Mr. DaniellS, nicht veröffent­ licht wurden und uns sonst keine näheren Erforscher dieser Landstriche bekannt geworden sind. Wir muffen uns daher mit den allerdings noch lückenhaften Berichtm begnügen, welche in jenen Quellen nie­ dergelegt sind, die wir hier nur auf daS gewiffenhafteste geographisch aneinanderzureihen haben, um den wahren Gewinn für die Kenntniß des Landes und seiner Bewohner davon zu tragen. Da die inhalt­ reichsten dieser Wanderungen von W. nach O. in derselben Rich­ tung, wenn schon lückenhaft und mit mancherlei Abweichungen von einer geraden Linie, wie die Vorüberschiffung zurückgelegt wurden, so schließt sich auch unser nachfolgender Bericht in derselben Reihe, von FurnaS und dem Golf von Kalamaki ausgehend, wieder bi- nach Gagae und Finik-kjöi am Ostende der großen Phineka-Bai an.

Erläuterung

1.

Der Landweg von FurnaS zum innersten Golf PhoenicuS nach Kalamaki und Bazyrgjankjöi, dem Winterdorfe, und seinem Sommerdorfe, und von da über Sedeklü nach Saaret (Süret) zum alten Pyrrha. Entdeckung der Ruinen der alten Stadt PhelloS bei Bunarbafchi. Die erste Wanderung von Fellows auf der Küstenhöhe von AntiphelluS bis FurnaS und Patara setzte ihn bei flüchtigem Durchzuge nur in gerechtes Erstaunen über die vielen Denkmale, die ihm, wie er sagte, überall massenhaft3^) entgegentraten, und in den durchbrochenen Felswänden ihre schönen Ornamente, die Menge in Fels gehauener Gemächer mit ihren schön profilirten architectonischen Balkenverzierungen und künstlich versteckten Eingängen zeigten, die ihn noch nicht zur Untersuchung der Besonderheiten und ihrer Umgebungen kommen ließen. Die felsigen Wege auS weicherem 37) L. Roß, Kleinasien und Deutschland a. a. O. S. 8—46. ") CH. Fellow-, Ausflug a. a. O. S. 111.

1114

Klein-Afieu.

§. 40.

Kalkstein, die Ueberwucherung von Vegetation, die Ungunst der Jahreszeit hinderten ihn, wie die Eile seines Borüberzuges, au ge­ naueren Angaben, und er begnügte sich fast nur mit der gelegent­ lichen allgemeinern Bemerkung, daß die auf den größeren Höhen der Bergzüge vorkommenden Bauten und Denkmale ihm mehr aus Conglomeratgestein zusammengehäuft erschienen, als die in den unteren Regionen. Bei seinem zweiten Durchmärsche^) von Patara über Furnas erfahren wir schon, daß dieser Ort die Winterresidenz des ÄghaS des DistrictS Klinik sei und nicht wenig besucht werde, da er mancherlei Industriebestrebungen zeigt, wie viele Wassermühlen, Schmiedeessen, zumal für Hufbeschläge der Lastthiere, und Waaren­ lager, wie auch die nur 2 Stunden südlicher liegenden Orte Kalamaki (d. i. Schilfort im neugriechischen) und Bazyrgjankjöi (d. i. Kaufmannsdorf) als Hafenstationen an der alten Bai von Phoenicus, der jetzigen Kalamaki-Bai, häufig von Schiffern besucht werden. Sie sind von Schilf- und Palmwäldern umgeben, welche letzteren vielleicht die Benennung derselben eher veranlaßt haben mögen, als eine Ansiedlung der Phönicier, wie man dieß fast aus Steph. By;., der einen Phönix als Stifter von Phönice in der Nähe von Rhodos angiebt, etwa vermuthen kennte. Schon Eapt. Beau­ fort hatte die Identität der Bai Kalamaki mit dem alten PhoeuicuS Portus, den auch LiviuS (XXXVII. 16) nannte, auS der Naturschilderung vermuthet, da er von allen Seiten von Klippen umgeben und kaum eine Stunde von Patara entfernt ist40). Er liegt auf einem Felsvorsprunge und beherrscht mit seiner schönen Aussicht die ganze Bai; aber auf Kalkstein erbaut fehlen ihm die Quellen, daher man hier nur in tiefen Gruben Cisternenwasser erhält, wie fast an der ganzen Südküste CarienS. Die Bewohner fand Spratt hier viel umgänglicher als gewöhnlich und nicht fa­ natisch gesinnt wie an so vielen andern Stellen der Südküste; auch hier hat wol der Einfluß von Handel und Industrie die Zustände gemildert;*auch war hier eine Oda, d. i. ein Gasthaus, für Fremde. Nach Schönborn ist der Ort vorzüglich von Griechen bewohnt. Er ließ ihn in der Tiefe liegen, als er zur rechten Hand, d. i. nordwestlich von ihm, seinen Weg nach Furnas fortsetzend, an 33d) Ch. Fellows, Account of Disc. 1. c. p. 183. 4n) Spratt and Forbes, Trav. 1. c. I. p. 53; Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. 1842. Bl. 62 u. 81.

LycienS Südrand, Bazyrgjankjöi.

1115

einer steilen Felswand von 1000 Fuß Höhe die dortige Paßeiufenkung über den südlichsten Vorsprung deS Ak Dagh zu übersteigen hatte, wo er noch Reis traf (eS war am 25. Dezember 1841), aber in der Ebene zu FurnaS sich wieder an Trauben, Feigen und Granaten erquicken konnte.

Bei einem zweiten Besuche auf der

Rückkehr von AntiphelluS überstieg

er nun über Tschukurba auf

nördlicherm Wege die SommerjailaS von Bazyrgjaukjöi (am 19. April 1842), und dann weiter westwärts an einem Castell vorüber, das an der Seite eines antiken Wege- gelegen viel poly­ gonale Mauern und Grabstätten zeigte, ohne ihre Namen kennen zu lernen, von wo er sich diesmal nicht westwärts nach Furna-, sondern nordwärts zu dem Passe von Karabunar wandte, um durch den südlichsten Querpaß deS Hochgebirges Armudly den See von Awlan zu erreichen (s. oben S. 833). 2. Roß") erreichte den Ort von Sairet (Süret bei Schön­ born) her,

wo sich ihm eine weite Aussicht auf die Bucht von

Kalamaki und von da bis auf die vorliegenden Klippenlande deXenagoraS und das ferne Vorgebirge von Patara eröffnete, in noch weiterer Ferne aber der Gipfel des AnticraguS und die Insel Rho­ dos. Er nennt den Ort nur ein Winterdorf, da- schon von de« türkischen Bewohnern am 6. Juni verlassen war, die auf ihren IailaS hausten. Bon dem Kaufmannsdorfe auf der Höhe ist doch noch ein Stündchen hinab bis zur Scala im innersten Winkel der Phö­ nicierbucht, wo nur 2 bis 3 neuere Häuser stehen, bei einem tiefen Ankergrunde für große Schiffe doch auch einige Reste antiker polygonischer Mauern umher zerstreut liegen. Die merkwürdigen fla­ schenartig in Fels ausgehöhlten Cisternen (rpXuoxtvutg der Griechen nach Roß) liegen nur auf der Höhe; eS sind große runde sorgfältig ausgemauerte Becken, mit halbkugelförmiger Kuppel überwölbt, von der das abfließende Wasser sich in einer Rinne um den unteren Rand der Kuppel sammelt und durch viele kleine Löcher in die Cisterne geleitet wird.

An der Seite

führt eine Thür mit einigen

Stufen in daS Bassin, um bequem aus dem Waffer schöpfen zu können. Nach XanthuS rechnete man von hier 5 Sttmden Weges. Zwei Stunden Weges steiles Aufsteigen in Ost von dem Kauf­ mannsdorfe führten CH. Fellows") zu dem Dorfe Kedekleh

4|) L. Ncß, Kleinasien a. a. 0. S. 15. of Disc. 1. c. p. 184—185.

4?) Cb. Fellows, Account

1116

Klein-Asten.

§. 40

(Sedeklü bei Schönborn), das zwar malerisch auf großer Höhe gelegen, aber in seiner Vegetation bei rauhem Clima um einen gan­ zen Monat gegen die wärmere Ebene zurückgeblieben war; noch fast winterlich (24. April) sah man kaum aufsprossende Kornfelder, erst einige Stunden weiter ostwärts wurde das Dörfchen Saaret (rich­ tiger Süret, d. i. Bild) in einer engen Thalkluft, welche eine natür­ liche Grenzscheide zwischen dem Westen und Osten zu bilden schien, erreicht, auf deren wilden Gipfeln umher alles voll antiker Felsen­ gräber sich zeigte, voll cyclopischer Mauern einer alten Stadt, mit Ummauerung und Thoren und Inscriptionen eines SarcophageS, auS deren verwitterten Resten Fellows irrig schloß, daß hier die Lage der antiken Phellus sein möchte, welche jedoch viel weiter ostwärts erst durch Spratt genauer ermittelt wurde. Er zog von hier noch 4 Stunden weiter durch hohe und wilde Gebirgsketten, welche gegen Süd zum Meere abfallen, wo er grandiose, im euro­ päischen Clima ungewöhnliche gewaltige Gewitter mit furchtbarem Donner und weit über das Meer und die Inseln leuchtende Blitze mit eiskalten Hagelstürmen erlebte, die in großen Hagelstücken die Erde mehrere Zoll hoch bedeckten, bis er endlich nach AntiphelluS hinabsteigen konnte. Auch Spratt stieg (am 5. März 1842) denselben steilen Berg­ pfad im Norden von Bazyrgjankjöi empor, an ein paar Fortificationen aus dem Mittelalter vorüber^), bis er 2 Stunden weiter innerhalb von Ummauerungen ein paar kleine christliche Kirchen, nur Mauerwerk aus kleinen Steinen und Mörtel, nichts griechisches oder römisches vorfand, aber in einer dominirenden Lage. Unter denselben befanden sich die Sommerhütten der Küstenanwohner, die Bazyrgjan Jailassy, in einem fruchtbaren Bassin von einer Stunde Länge und einer Viertelstunde Breite, das aber von Schneewasser noch ganz angefüllt und noch unbewohnbar war. Die Lage dieseSommerdorfes ist von Wichtigkeit, da der einzige das ganze Jahr hindurch gangbare Gebirgsweg durch den hohen Ak Dagh auf dieser südlichsten Passage bis nach Almaly vorüberführt (f. oben S. 833), das von hier 24 Stunden Weges entfernt gerechnet wird. Zu dieser wie zu allen anderen Sommerfrischen des lyrischen GebirgSlandes ziehen die Bewohner auS ihren Winterdörfern nur in freudigen Festzügen hinan, die wichtigste Epoche ihres Jahreswech­ sels. Diese Iaila ist identisch mit dem von FellowS genannten 3”) Spratt and Forbes, Trav. 1. c. p. 57.

LycienS Südrand, Süret Ruinen.

1117

Kedekleh, wofür Schöuborn Südeklü oder Sedek Iailafsy schreibt"), in einer schönen Mulde 1200—1500Fuß über dem Meere gelegen, wo er am 25. Dezember 1841 von Andiphilo über Süret kommend übernachtete. Auch Spratt und ForbeS gelangten nach der ersten Berüh­ rung jener Iaila, wo sie sich getäuscht fanden, nicht- von vorge­ spiegelten antiken Monumenten vorzufinden, durch welche die Ge­ birgsstraße nach Almaty führt, bald zu einer wirklichen Ansiedlung von 20 Hütten, die sie Sedek nennen hörten, mit einer Moschee und einem Sarcophag von griechischer Arbeit, etwa 1000 Fuß über dem Meere. Von da wurden sie, durch Verirrung in den Wäldern und Bergen irre geführt, genöthigt, im Freien zu bivouakiren, und erst am andern Morgen gelang eS ihnen, auf großen Umwegen über daS Dörfchen ISne durch ein langes Thal daS Dörfchen Saaret (Süret bei Schön born), das sie schon Passirt hatten, zu errei­ chen"). Es besteht nur aus wenigen ärmlichen Hütten, die von dem Winterregen sehr zerstört waren; sie liegen zwischen den Quellen von zwei kleinen Flüßchen, deren eins zum Meere abfließt, das andere durch daS sehr lange, aber schmale Thal gegen N.O. zur Ebene von Kassaba zieht; auf der entgegmgesetzten Seite zeigten sich auf einer Anhöhe zerstörte Mauern, welche sie krönten. Hier kam man an dem Sarcophag vorüber, dessen Inschrift schon Fellows nicht hatte entziffern können, waS auch Daniel!S nicht gelang. Aber man fand hier Mauern, welche einer klemm Stadt angehören, deren Mauern eine felsige Kuppe von sehr un­ gleicher Oberfläche umgebm, mit mehrerm Felskammern, Sarcophagen und Resten roher cyclopischer Mauern, derm Thorwege noch auftecht stehen. Der größere Theil der Mauern ist im Styl ganz gleichartig, und umgeibt einen Raum, der an 150 Schritt lang und an 100 Schritt breit ist. Ein Sarcophag, der im oberm Theile der Ruinen steht, zeigte eine kurze, jedoch unlesbare Inschrift. Auch an der andern Nordseite der Stadtmauern gebm die Gräber keine schriftliche Auskunft. Am Eingang einer Schlucht steht aber ein Obelisk, in Gestalt dem beschriebenm mit der lyrischen Inschrift zu XanthuS ganz gleich, auf der Plattform eines gewölbtm Baues, der auS mächtigen Kalksteinquadern besteht. Das Dach ist platt von höchst simpler Construction, aus großen Plattm transversal "1 A. Schönborn. Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Dl. 62. and Forbes, Trav. \. c. p. 65—68, f. SprattS Karte.

4S) Spratt

1118

Klein-Asien.

§. 40.

aneinander gereiht. Beide gehören wol einer gleichzeitigen Errich­ tung an, aber keine Inschrift findet sich hier. Bei diesem völligen Mangel an bestimmten Daten schien die Localität am geeignetsten für die Stadt Pyrrha zu sein, welche PliniuS (H. N. V.c.XXVII. 100 ed. Sill.) zwischen Phellns und XanthuS angiebt, und deren Lage auch der von Süret entspricht. Das Thal ist von einer ma­ rinen Tertiärformation bedeckt, die von besonderem Interesse ist; der Obelisk sollte nach der Sage der Dorfleute einen reichen Goldschatz enthalten. Bon Isne (Jnesü bei Schönborn), zu dem man zu­ rückkehrte, wurde nun der Weg gegen S.O. am Port Bathy vorüber nach AntiphelluS, dem Hafenorte, angetreten, den wir nebst dem Orte schon auS obigem (s. oben S. 3076) kennen lernten. Doch hat L. Roß denselben noch genauer beschrieben, als er von AntiphelloS über Sairet (Süret) und die antike Felsstadt Pyrrha nach Bazyrgjankjöi seinen Rückweg nahm^). Bon AntiphelluS wollte er zum alten Hafen Phoenicus (Kalamaki) gehen, aber so steil waren die Küsten, daß kein Saumpfad am Meeresrande hinführt, um direct dahin zu kommen, was nur durch Umwege int Gebirgskunde geschehen kann. Um 3 Uhr am Nach­ mittage AntiphelluS verlassend, wurde die steile Bergwand über dem westlichen Orte hinaufgestiegen, von welcher die Aussicht auf die tiefe und schmale Bucht von Vathy hinabreichte. Nach 3 Stunden war die Höhe von 3000 Fuß üb. d. Meer erreicht, bei einem Berg­ kessel, in welchem der Reisende überrascht war das erste Vorkommen von wildem (wol verwildertem) Roggen wahrzunehmen, dem er späterhin auf den Bergen von Lycien und Garten oft wieder begeg­ nete und sich freute, dazwischen gemischt auch die schöne heimatlich bekannte blaue Kornblume zu sehen, die seitdem ersten Geburts­ lande deS Roggens dessen unzertrennliche Begleiterin gewesen zu sein scheint. Auch rother, weißer und blauer Klee wuchs hier überall wild, der letztere mit sehr hohem Stengel, so wie auch andere vater­ ländische Sträucher und Pflanzen in solcher Frische wie in Norddeutschland. Immer höher aufwärts wol bis zu 4000 Fuß wurden noch Spuren antiker Fahrstraßen sichtbar, während heutzutage auch in den Ebenen nicht einmal Karren in Gebrauch sind. Von der größten kalten Höhe hinab durch Eichen- und Fichtenwald gelangte man in ein von N. nach S. langgestrecktes Hochthal, darin Sairet 34S) L. Roß, Kleinasien a. a. O. S. 40—44.

Lyeiens Südrand, Pyrrha Ruinen.

1119

daS Sommerdorf von Hirten bewohnt, wo man unter hohen Bäu­ men vor einem leeren Biehstall das Bivouak nehmen mußte,

aber

treffliches Waffer, gute Milch und reine, obwol kalte Luft vorfand. Neben dem Dorfe waren einige Sarcophage und eine Viertelstunde in West desselben auf Felsgipfeln die Trümmer einer alten Ortschaft. In einer daranstoßenden Schlucht waren viele Gräber. Nach müh­ samer Ersteigung von zwei nahen Felsgipfeln auS riesigen wild übereinander geworfenen Kalksteingeschieben mit dornigem Gestrüpp überwachsen, ragten doch oben noch die Reste einer antiken Stadt hervor, mit Resten schöner polygonischer, theils anderer Mauerconstruction aus großen Blöcken, die 3 oder 4 jener felsigen Kuppen umfassen, die von Fellows irrig für PhelluS gehaltm waren, wol die von Spratt supponirte Pyrrha. Bon hier stieg Roß, noch weiter den Spuren einer alten Straße folgend, geleise

deren Wagen­

oft tief in den Fels eingeschnitten waren, allmählig höher

empor und traf nach einer halben Stunde Weges wieder auf eine griechische Niederlassung mit Felsgräbern und Sarcophagen. Die reiche und mannigfalttge Vegetation versetzte mit dm Eichen, Stein­ eichen, Wachholder, Fichten, Weidenarien, weißm und rothm Rosm und Brombeergesträuchen ganz nach Norddeutschland; dm fruchtbaren Boden bedeckten Kleearten, aber die Beeren fehlten, tocbtr Erd-, Heidel-, noch Himbeeren gab es hier, keine erquickliche Frucht, welche dem hiesigen Boden versagt sind, wie sie dm duftigm europäischen Wäldern zugetheilt wurden. Nach 4 Stundm Hinabsteigen- von da wurde daS lange und schmale Hochthal von Sedek (Sidek bei Roß) erreicht, daS mit dem von Sa tret und dem Flußthale des ZkanthuS fast parallel von N. nach S. streicht; doch ist es noch durch rinnt Südarm des Masstcytu- mit drei hervorragenden Hochgipfeln vom Lanthuöthale ge­ trennt. Bon diesem Sedei wurde in südlicher Richtung abwärteiner schönbewaldeten Schlucht läng- einem rauschenden Gebirgsbache eine erste Stunde und dann westlicher zur Seite eine zweite Stunde dem mittlern Abhange des Berges vom Hochlande herabfolgend daS Winterdorf Bazyrgjankjöi erreicht. Bon Andiphilo (AntiphelluS) aus, daS uns aus obigem genauer bekannt ist, wurde durch Texier") und Spratt die alte Stadt PhelluS wieder aufgefunden, die man ftüher an verschie4?) Ch. Texier, Descript. de l’Asie Mineure. Fol. Vol. III. Paris 1849. p. 201—203.

Kletn-Afien.

1120

benot Orten vergeblich aufgesucht

§. 40.

hatte.

Am 26. April erstieg

Texier mit Pferden von Sevedo die nächste gegen Nord von Port Bathy emporsteigende GebirgSwand, die auf ihrer Höhe einen weiten Ueberblick über Küste und Meer bis zum CraguS gewährt. Weiter­ hin ging es an drei Cisternen, an einem paar Häuserchen, genannt Agly (wol Akly, d. i. weißlich) und dann am Dorfe Tschukurba vorüber, eine Stunde weiter unter Nebel und Regen bis zu einem ChaoS von Mauern hin, aus deffen von den Felsen herabgerollten Blöcken die Ruinm alter cyclopischer (pelaSgischer) und griechischer Baureste hervortraten, die mit ihrer umgebenden Necropole von ihm als

die Reste von PhelluS

angesprochen

wurden.

Er trat mit

Staunen in ein Viereck, das ganz auS einem großen Felsen auSgehauen, weder Säulen noch Frentons zeigte, Gestalt,

ihm

als ein

daneben

war ein

großes Felsgrab

anderes Grab

von eigenthümlicher

in Balken styl erschien;

in Felsgestein,

und

ein drittes

etwas kleineres mit drei Kammern, alles ganz bizarre Architecturen nach Texier. bis

Ein grandioser Umblick ergab sich über die Necropole

zum CraguS

gegen Norden

in

die Wälder, Schneepiks

und

Wolken des Hochgebirges, in die darunter liegende wildeste Einsam­ keit, dicht bewachsen mit undurchdringlichem Dickicht bis zu einem von Felsen abgelösten zum Grabmal auSgehauenen Felsblock von 75 Cubikmetern, der durch Schnee- und herabstürzende Waffermaffen gegen den Absturz sich gesenkt hatte.

Die Gipfel deS Berges sind

harte Kreidelager, die polygonisch erbauten Steine sind von bedeu­ tender Größe; viele Grabkammern mit dem Spitzbogenstyl, wie die zu Makri, stehen noch oben,

aber eine ganze Schlucht ist mit den

herabgestürzten Trümmern derselben und mit Rankengewächsen dicht überzogen, und Baumwald wuchert aus den Spalten aller Denkmale hervor.

Gegen den Norden führt der Hinabweg in einer Stunde

nach Bunarbaschi (d. i. Quellhaupt), das im Walde versteckt der Sitz des Agha ist;

hier fallen die

steil unter 37° ab und

schiefrigen Kreidelager ziemlich

alterniren häufig mit grünen Thonlagern,

deren Auswaschungen wol die Ursache vieler Abstürze sein möchten, andere ruhen auf Nummulitenkalk, der in bedeutender Tiefe fortsetzt. Bon

Tschukurba bis Bunarbaschi waren l1/, Stunden

zu­

rückzulegen, wo viele Quellwasser zusammenlaufen, deren Arme am genannten Orte sich zu einem Hauptbache vereinen, der drei Viertel­ stunden in Ost von Bunarbaschi schon die Größe eines bedeutenden Flusse- erreicht hat und von da bis in die Mitte eine- weiten Tha­ les zum Orte Kassaba führt, in deffen Mitte ein großer Chan steht.

LpcienS Südrand, Phellus Ruinen.

1121

Spratt^) giebt über die von ihm für Phellu- gehaltenen Ruinen, die nach den Hauptdenkmalen zu urtheilen, mit beiten bei Texter übereinstimmen,

über welche aber nachfolgend L. Roß die

genauesten Berichte mittheilt, Folgendes.

Auch er stieg von Anti-

PhelluS (ant 12. März 1842) über die Steilhöhen des Port Vathy in Zickzackpfaden gegen N.O. empor und erreichte in der ersten Stunde das kleine Plateau auf dem Gipfel der Kette, von wo der Führer nach dem Feller Dagh bei Spratt (möglicher­ weise, wie Kiepert bemerkt, wirklich eine türkische Entstellung de­ alten Namen- mit untergeschobener

Bedeutung;

filier würde int

türkischen Elephanten bedeuten) führte, ein Name, auf den sich deReisenden Hoffnung gründete, hier die Ruinen der alten Phelluwiederzufinden.

Etwa- oberhalb de- Dörfchen-, da- diesen Namen

führte, stand ein kleiner Obelisk wie bei Saaret, ohne Inscription.

oben hohl, aber

An 300 bi- 400 Schritt den Berg höher auf

kam man an drei Sarcophagen vorüber; die Ruinen, die man hier fand, waren weder großartig, noch besonder- schön.

Im obersten

Theile sah man einige Säulen, die vielleicht einem Tempel ange­ hörten, hie und da zeigten sich cyclopische Mauerstücke, au- deren Lückenstücken im Mittelalter eine Fortification auf der Höhe erbaut gewesen schien, deren Trümmer umherlagen.

Doch auch Felskam­

mern zeigten sich zu beiden Seiten de- Berge-,

die besten an der

Westseite, ja ganz au- dem Fels herausgehauene freistehende hausähnliche Gräber int Holzbalkenstyl von überraschender Größe, aber ohne Inschriften,

die auch zu Saaret fehlten.

nannte man den Berg, auf dem Dagh.

Im Orte

die Ruinen lagen, Fel lei n-

Diese Tradition de- Namen-, die Angabe Strabo'S, der

AntiphelluS und Phellu- nebeneinander nannte und sie in daBinnenland versetzte, wo Phellu- nur int Norden seiner Hafen­ stadt gesucht werden kann, und ein bei dem nahen Awella (s. ob. S. 1074) südlich von Tschukurba entdeckter Sarcophag mit dem Namm eine- Manne-, der ein ) dagegen ging von Kassaba am frühen Morgen (4. Juni 1844) aus, um Phellus, das ibm die Griechen QhXXtt'y nannten, aufzusuchen, wo er auch gründlicher als seine Vorgänger diese Ruinenstadt erforschte. Er ritt von seinem Nachtlager gegen S.W. über die Ebene, die mit niedern Hügeln auö Sandstein und Thonschiefer bedeckt war, dann zu steileren Höhen mit Dornen be­ wachsen hinan; nach 2\, Stunden war der höchste Punkt erreicht, wo sich gegen S.W. eine Hochebene eröffnet, an deren Anfang einige Häuser bei einer reichen Quelle, Bunarbaschi,

unter schattigen

Platanen und ungeheuern wilden Weinranken liegen.

Von dort ritt

man noch eine halbe Stunde einen steilen und kahlen Kalkfels hinan, desien Gipfel daö alte Phellus einnahm. Es ist merkwürdig, daß Schönborn zweimal durch dieses Bunarbaschi kam, ohne daß ihm die geringste Anzeige von der Ruinenstadt der nahen Höhe $ufam51); freilich war es in der ungünstigsten Jahreszeit, im Dezember und

"") L. Roß, Kleinasien a. a. O. S. 22. 33—37 und 64. *') Scvenbcrn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 59, 00, 81.

Syriens Südravd,

PhelluS Ruinen.

Ü88

bei schlechtem Wetter im April, als er hindurch eilte, da von chm doch so viele andere verfallene Ortschaften aufgespürt worden. Doch ist eS sehr wahrscheinlich, daß ihm auf seinem fast nächtlichen Marsche vo» Bunarbaschi, als er in einer Biehhürde (Tarla) hatte bivouakiren müssen, am 23. Dezember in dem Castell, das er zwischen Felsen mit sehr alten Mauern auS polygonalen Blöcken au einem sehr kalten reisigen Wintertage die Lage der alten Phellus nicht entgangen ist, die er nur nicht genauer untersuchen konnte, um sie für die Phellus zu erklären; er nannte den daselbst liegenden Ort Ortakjöi. Die Höhe der Lage von Phellus schätzt Roß wenig­ stens auf 2000 üb. d. M.; man sah von hier die Insel Kastelloryzo wie eine Landkarte zu den Füßen liegen, gegen Ost die weite Aus­ sicht auf Kasiaba und die dahinterliegeuden Schneegipfel; auf der Nordseite das sterile Thal, das zum Gebirge hinaufsteigt, und gegen Süd am Fuße des StadtbergeS die kleine angebaute Hochebene mit dem Dorfe Tschukurbagh (d. i. tiefer Weinberg, oder wie Roß nach griechischer Art schreibt Tzukur-Bai, nach Schönborn eher Tschukur-eba, d.i. tiefes Dorf), welches ein Besitzthum des Führers war. Der ziemlich lange und schmale von West nach Ost gestreckte Rücken dieses hohen Gipfels ist mit den Ruinen von PhelluS ge­ krönt, der Weg dahin führt an dem südlichen Abhänge hinauf. Bon der polygonischen Ringmauer haben sich zumal längs der steilen Nordseite bedeutende Reste erhalten. Im Innern fand Roß Fun­ damente aus großen Quadern, zerstreut umherliegende glatte Säulen, mehrere große runde Piedestale ohne Inschriften und einige geräu­ mige Cisternen. Der ansehnlichste und mannigfaltigste Theil der Ruinen besteht aber auch hier wie in den meisten Orten LycienS in den Gräbern. Einzelne zertrümmerte FelSgräber und Sarcophage finden sich durch die ganze Stadt, und man sieht hier wie in Aperlae, Antiphellus, Lanthus, Tlos und anderen Orten, daß kein Gesetz und keine Sitte die Bestattung der Verstorbenen mitten unter den Wohnungen der Lebenden verbot. Am westlichen Ende der Stadt, aber noch innerhalb der Ringmauer, ist eine große quadratische Ver­ tiefung in den Felsen ausgehauen, ohne Zweifel ein Steinbruch, der da- Material zum Häuser- und Mauernbau lieferte, der aber zu­ gleich benutzt wurde, um in seinen Wänden Gräber anzulegen und einige stehen gelassene Felsmaffen in freistehende monolithe Grabkammern (y/pwu) umzugestalten. In der östlichen Wand dieses Steinbruchs sind zwei große Felsgräber ausgehauen; von zwei monolithen Gemächern in seiner Mitte ist das eine ganz zer$6662

1124

Klein-Afien.

§. 40.

trümmert, daS andere aber vollständig nhaltm^"). ES ahmt, sagt Roß, ein viereckiges BalkenhauS mit flachem Dache nach, die Bor» derseite, di« eine in drei Felder getheilte Thür vorstellt, ist gegen S.W. gerichtet; den eigentlichen Eingang bildet ein beweglicher stei­ nerner Schieber, der daS untere mittlere Feld der Thür schließt. Im Innern ist rechts und links eine massive Steinbank als Todten» bett (xklvr,) für je einen Leichnam, an der Hinterwand aber ist eia vertiefter Sarg {nvaXog) mit einem colossalen sehr beschädigtm Medusenhaupte auf der Vorderseite sichtbar; alles aus dem lebmdm Felsen gehauen. DaS Kopfende ist im Sarcophag wie auf dm Todtmbetten durch ein um ein geringes erhöhtes Steinkiffen ange­ deutet ; alle drei Leichm liegen auf diese Weise mit der rechten Seite gegm die Wand, mit der linken gegen das Innere der Kammer. Dieselbe Anordnung hatte L. Roß auch in AntiphelloS und an an» deren Orten bemerkt. An der südlichen Wand deS Steinbruchs ist ein colossal« Stier in flachem Relief ausgehauen, 12 bis 15 Fuß lang, die unt«e Hälfte ist ganz verschüttet und dn Kopf ist weg­ gemeißelt wordm, weil später die Christen eine große Kirche in dm Steinbruch hineingebaut und an die Felsfläche angelehnt hatten, bettn innere Querwand, die daS Heiligthum von dem Hauptschiff (dem sogenanntm TemenoS der Griechen) scheidet, gerade an dm Kopf deS Stieres stieß. Eben so hatte ans der anderen Seite die zweite monolithe Grabkammer dieses Baues wegm zerstört w«dm muffen. Wahrscheinlich war hier die Hauptkirche des Ortes, btt nach der Geographie deS MeletioS (im 12. Jahrhundert) der Sitz eines Bischofs war, dn auch schon zur Zeit des HierocleS (Synecd. eck. Wessel, p. 684) vorhanden gewesen war, wo ein Bischof CollianuS zur Zeit des Basilius M. genannt ward. Am östlichen Ende der Stadt, theils innnhalb theils außnhalb d« Mauer, ist wieder eine große Gruppe von FelSgräbem und Sarcophagm, von baten die letzteren meist Inschriften hatten, von baten ab« nicht eine einzige zu lesen war, da die Zerstörung b« salzigm Dünste auf so großen Höhen einen sehr großen Einfluß auf die V«witterung deS Kalksteins ausübt. In den meistm d« Fels» gräb« ist der Boden ganz glatt, ohne besonders abgetheilte Todten« bette; auch sind die Kammern nur von gering« Größe. Bon Skulpturen fand sich außer jenem Stier und einem großen Sarco’*’) Dasselbe in der schönen Zeichnng bei Spratt a. a. O. I. p. 76, wel­ che« auch Terier erwähnt.

Süd-Lycien, Kaffaba Hochebene.

1125

Phage am südlichen Abhange mit wohlerhaltenen Relief- nicht- in dm Ruinen zu PhelluS").

Die Berge zunächst umher warm zu

jener Zeit waldleer und nur mit Gestrüpp bedeckt, wie alle Berge im Abstande von 2 bis 4 Stunden von der Küste.

Bon Bunar-

baschi

von

am

eilte Roß

Ursprünge de- Kaffaba Tschai am Fuße über die steinigen Kalkberge

gegm Süden

PhelluS

nach Anti-

phellu- hinab, da- er, mit dem prachtvollsten Anblicke von der WegeShöhe hinunter auf da- Meeresgestade und sein Vorland, von 4 Uhr Nachmittag- an uoch vor Sonnenuntergang in 1'/, Stunden erreichte.

Erläuterung 2. Da- System de- Küstenflusses Andriacu-, jetzt Kassaba oder Dermenü (Demirdere) Tschai, mit seinen Ruinenorten Candyba,

Arneae,

Umgebungen und

Trabala (?),

Cyaneae und

Myra. Wir haben oben bei Süret die Wasserscheide zweier Flüßchen kenum lernen, davon daS eine gegen S.W. zum Meere abfließt, daandere gegen N.O. zur Ebene von Kassaba zieht.

Hier also in

der Nähe der alten vermeintlichen Pyrrha und der BazyrgjanIaila liegt nicht sehr fern vom Meere auf dem hohen GebirgSlande eine der westlichsten Quellen des Flusse- von Kassaba in der Nähe von PhelluS zu Bunarbafchi, westlichen Quellarme desselben Strome-,

nämlich einer der süd­ der

von dort anfänglich

mehr gegen Nord, dann gegen Ost gewendet die weite schöne Hochebene de- oberen KaffabastromS durchzieht, die man von der Ruiumburg von PhelluS mit dem Auge bis

zum

Kassaba mit dem Blicke verfolgen kann.

Noch viele andere Quellm

größeren Hauptorte

und Bergströme sind eS, die zwischen diesen beiden hier nordwestlich­ sten und südlichsten Hauptarmen ostwärts zu demselben großen Strome ergießen, der sich bei Kassaba noch mit andern vom Norden herab, kommenden Strömen vereinigt, die alle ihre reichliche Wasserfülle zur Winterzeit den an dem hohen centralen Massicytussystem anprallenden Regengüssen der Süd- und Westwände verdanken, in der Früh­ lingszeit

aber

der

reichen

Schneeschmelze

seiner

weitläufigen

Schueeregionen auf den bis 8000 und 10,000 Fuß hochansteigenden

") L. Roß fl. fl. O. S. 64, Not. 3.

1126

Kletn-Afien.

§. 40.

GebirgSgipfeln. Zwischen den beiden genannten Quellannen bei Süret und Bunarbaschi passirte Schönborn die Orte Serede und Jnesü (dSne)354) auf einem inneren 1500 Fuß hohen Plateaulande zwischen Teichen und Feldern, deren Bäche ebenfalls gegen N.O. als Zwischenarme jener beiden den Kassabastrom anschwellen helfen (während auf SpratlS Karle irrig ISna auf dem Südabhang der Küstenkelte steht). Wir haben also hier daS obere Ouellgebiet deS größten der Küstenströme, der ganz nahe dem Meere am Rücken der Küstenkelte seinen Ursprung nimmt, aber mit nordöstlicher Richtung seinen Lauf gegen das Binnenland richtet, wozu ihm daS Streichen der Küstenkette in ihren Normalzügen gegen O.N.O. nöthigt, bis er nach einem Laufe von 5 bis 6 Stunden unterhalb Kassaba bei Dere Aghzy (d. i. Thalmünde) seinen Lauf plötzlich als Demirdere Tschai (zusammengezogen Dembre Tschai bei Spratt) gegen S.O. wendet, weil er hier einen engen Querdurchbruch durch die ge­ gliederte parallele Küstenkette findet, die ihm seinen Ausfluß über Myra (in 6 Stunden Ferne) als MyroS- oder Andriakoöfluß im Osten von Andrake (Andriace) gestatten. Ehe er diesen Durch­ bruch gewinnt, nimmt er jedoch in der Hochebene Kasiaba Owassy die Terrassenstufe am Südabfalle deS Karabunar Dagh mehrere große Zuflüfle, die ihm von den hohen Jailas des Ak Dagh von Norden her zufließen, wie den Iailany Tschai (viel­ leicht größer als der Hauptstrom von Kasch Iailafsy, s. ob. S. 835) und von N.O. den Jrnas Tschai auf, und bildet so den bedeu­ tendsten Küstenfluß Südlycienö, den wir nun nach seinem ganzen Stromgebiete, da wir über seine Lage im ganzen orientirt sind, noch in Folge der verschiedenen Kreuz- und Qnerronten, die dasselbe durch­ schnitten haben, von seinem oberen Laufe in der Kassaba Owassy, in seinem Durchbruche durch die Querkette und an seinem Mündungs­ orte zu Myra im Deltaboden zu durchwandern haben. 1. Oberer Lauf des Flusse- in der Hochebene von Kassaba bis zu seinem Durchbruch bei Dere Aghzy. Bon Antiphellus, eben so wie Fellows über Awela und Tschukurba auf mäßig steilen Wegen an der Ruine von Phelluö vorüber, be­ suchte Spratt33) Mitte März die große Ebene de- oberen Flußlaufe- bis Kassaba; sie war noch ziemlich unbesucht geblieben, '") Schcnborn, Tagebuch Nachlaß. Mscr. Bl. 61. ") Sprati and Forbes, Trav. Vol. 1. p. 83—-8; Ch. Fellows, Account 1. c. p. 191.

Kaffaba Hochebene.

1127

obwol sie sich in fruchtbarer Weile von W. gegen O. ausdehnt und ziemlich mit Ortschaften besetzt ist. Nach den ersten paar Stunden sanften AbsteigenS zur 66ene bis wieder zum Fuße gegenüberliegen» der nördlicher Berghohen hatte man nur Holzhauern (dürüten), Einwohnern des Dorfes Gendewa (Kendowa bei Schönborn) be­ gegnet, die mit ihren etwa hundert Maulthieren die Plankm IranSportiren, welche auS dem innern GebirgSlande zur Ausfuhr nach den Seehäfen zur Verschiffung gebracht werden. Die Weiber dieser Brettfchneider türkisch (Tachtadschy) waren dabei eben so betheiligt wie die Männer. Die Balken werden von den gefällten Bäumen in der Länge von nur 6 bis 8 Fuß gehauen und dann in zolldicke Bohlen zerlegt, die so am bequemsten zu tranSportiren sind. Bon AntiphellnS und Kastelloryzo werden sie meist nach Alexandrien übergeschifft. Ehe Kaffaba erreicht wurde, mußte man drei Flüffe, die von der linken herab dem Hauptstrome zufließen, durchschreiten; die Ebene war nur schlecht angebaut, aber den fruchtbaren Boden verkünden der treffliche Wiefenteppich und die schönste Flor der Anemonen und anderer FrühlingSblüthen, darunter vorzüglich schöne und seltene OrchiS- und OphryS-Arten. In der Nähe von Kaffaba stand am rechten Ufer eines GebirgSstromS, der an$ dem östlichen Fuße des MassicytnS hervorbricht, ein zweistöckiges geräumiges HauS mit einem Corridor auS Erdmauern und Holzgebälke errichtet, welches den Besitzer als einen wohlhabenden Türken, der ein Agha, verrieth, daS zur Aufnahme diente, da der Agha selbst auf der andern Seite des Stromes wohnte, neben einer Moschee mit Minaret. Am GebirgSstrom aufwärts standen die zerstreuten Wohnhäuser des Dorfes, von dem nur einige weiß übertüncht waren, die meisten niedere ge­ ringe einstöckige Häuser auS Luftbackstein und Lehm aufgeführt. Da­ hinter stiegen niedere Waldhöhen und dann höhere Borsprünge deö MafsicytuS empor, auö deffen Bergkluft dieser Zufluß des KaffabastuffoS hervorbricht. Nach Almaty ist diese namenlose Kassaba (denn eS ist daS allgemein türkische Wort zur Bezeichnung eines of­ fenen MarktstädtchenS, wo geschlachtet und Fleisch verkauft wird, ab­ geleitet vom türkischen Kassab, d. i. Fleischer) als Sitz eines Agha und Kadhi mit nur etwa 100 bewohnten Häusern der bedeutendste Ort im östlichen Lycien. Da bisher die ganze Landschaft eine Terra incognita gewesen, erkundigte man sich nach den umliegenden Ort­ schaften und erfuhr die Wanten Gendevar (Kendova), Ernas (Irnas bei Schönborn), Toosa (Tüssa bei Schönborn) und

1128

Klein-Asien.

§. 40.

Dembra (Trabala bei Fellows), und konnte an den mehrsten dieser Orte Alterthümer vermuthen. ES wurde von hier aus Gendowa, das man als auf einer Felshöhe in N.W. mit einer befe­ stigten Acropole vom Wohnhause aus erblicken konnte, am nächsten Tage, den 15. März, besucht^). Um 8 Uhr ritt man von Kaffaba ab, an einer Mühle eines Griechen außerhalb dieses Ortes vorüber, und erreichte nach einer Stunde Weges über Hügel von Thon und Kies den steilaufsteigenden Weg, der durch Mergelschichten führte, in denen man keine Fossile vorfand. Der steile Berg mit seinem Fels hinderte den Anblick des Dorfes Gendowa und seiner wenig ver­ sprechenden Berschanzung, da nur 3 bis 4 lyrische FelSgräber in losen Kalksteinblöcken, die von der Höhe herabgesckurrt waren, bis zu den Dcrfhütten wenig Interesse darboten. Indeß wurde der noch 80 bis 100 Fuß von allen Seiten steile Felsberg über dem Dorfe erstiegen, eine Klippe von Apenninkaltstein (Scaglia), welche die wei­ cheren Mergelschichten am Fuße durchdringt; sein oberster Gipfel hat nur eine Breite von 20, aber eine Länge von 150 Schritt. Seine Ummauerung, aus kleinen Steinen mit Mörtel errichtet, mit Thurm ist jetzt sehr zertrümmert, aber theilweise stehen darin noch Reste einer alten Acropole und sind Reste einer antiken Mauer. Nur wenig Bauten konnten aus dem kleinen Raum stehen, doch einer war eine christliche Kirche, wie ein Marmorfragment mit drei Kreuzen in niederem Relief darin eingehauen beweiset. Einige Zeichnungen wur­ den gemacht und die Umgebungen durchmustert, ein junger Türke zeigte die Ruinen von Tschukurba, die Ruinen von Tüsia auf einem Waldpik in der Richtung nach Myra; mit dem TeleScop konnte man größere Ruinen und Sarcophage erspähen. Beim Hinabsteigen von der Höhe an der Westseite der Acropole entdeckte man am Fuß derselben einige sehr schön auSgehauene Felskammern, aber ohne Inschrift, bis man auch an der Nordseite ein Grab mit einer sehr vollständigen lycischen Inschrift auffand. Obwol sie öfter von Stalactiten, die von oben herab sich angesetzt hatten, überzogen wa­ ren, befreite sie leicht ein geologischer Hammer, bis auf die deutliche Färbung roth und blau der Buchstaben, die sich unter dem Ueberzuge erhalten hatte. Noch zehn andere Felskammern fanden sich hier, von denen nur zwei lyrische und eine eine griechische In­ schrift enthielten; die letztere war die jüngste und zu unvollkommen, um ganz entziffert zu werden. Aber sie war doch von großer Wich3B6) Spratt and Forbes, Trat, Vol. 1. p. 90.

Kaffaba Hochebene.

1129

tigkeit, da nach Daniel!» Ermittelung zweimal der Name Ca«, dyba darauf vorkommt und der Name de» Walde» Oenium, viel­ leicht der Fichtenwald, welcher sich heute über dem Orte emporhebt (Plin. H. N. V. 28: Calynda, ubi laudatur Oenium nemus). Die Identität deS alten und noch heute erhaltenen Namens (der im tür­ kischen keine Etymologie hat) ist immerhin auffallend. Münzen, die man hier erhielt, hatten die Inschrift KANA und die Buchstaben MA auf dem Revers, waS man früher auf einen Ort MafstcytuS deutete, aber weil diese Buchstaben auf sehr weit zerstreuten Münzm vorkommen, nur für ein Bundeszeichen der Ortschaften um daHochgebirgSland des Mafsicytus. Die geologische Beschaffenheit der Gegend zeigte ein besonderes Interesse, da der Apenninkalkstein hier viel Fossile, zumal Corallenarten zeigte, und in den angelagerten Mergelschichien eine Menge trefflich erhaltener Fossile der Tertiärperiode, woraus sich ergab, daß das Kassaba-Thal in einer jüngeren Periode wol ein Meeresarm gewesen. Bon diesem Orte kehrte man nach Kassaba zurück. Auch L. 9to§57) wurde auf seine Frage in Kastelloryzo derselbe Ort als t« Kuydvßu oder nach vulgärer Aussprache Kentibe bezeichnet. Seine Freunde in der Hafenstadt versicherten ihm, der Ort sei vormals vorzugsweise von Christen bewohnt gewesen, daß ein großer Theil der Familien auf Kastelloryzo erst seit einigen Menschenaltern von dort nach der Insel übergesiedelt sei, und daß die Nachkommen dieser Candybitm noch bis vor 3 Jahren ihre Kopfsteuer und andere Schätzungen nach Candyba entrichten mußten. Erst feit 1841 haben sie mit der Ver­ waltung ein Abkommen getroffen, daß sie ihre Steuern jetzt auf der Insel zahlen dürfen. Kassaba^), obwol ein Hauptort in Lycien, sagt L. Roß, ist doch nur ein elende- zerstreute- Dorf, dem nur der Bazar und der Sitz de- Agha- fein Ansehen giebt. ES war ein geräumige- stei­ nerne- Haus mit einem viereckigen Burghof, die Wände voll Schmutz, aber da- Innere voll zierlicher eingepreßter Arabesken und Orna­ mente, ein Beweis einer einst höheren Civilisation der Türkm in Kunstbildung und Wohlstand, die immer mehr und mehr in Verfall kommt. Weder antike Monumente, noch antike Münzm waren hier zu finden; man brachte nur halbe und Viertel-Zwanziger, Silber­ münzen mit Kaiser Leopolds I. Gepräge, die auch in Rhodos, auf Kos und in Carim in Menge als ganz gemein vorkommen und !7) L. Roß, Kleinasien a. a. O. S. 21 u. 32.

’’) Tbeud. 6.19.

1130

Klein-Asien.

§. 40.

zum Kopfputz der Weiber und Kinder dienen, aber auch bei Türken im gemeinen Leben in Gebrauch sind.

Sie sind aus der Zeit der

siegreichen Osmanen, als diese noch bis

an die Thore von Wien

vordrangen und Beule mit in ihre Heimatsitze zurückbrachten und damit noch Schlösser, Moscheen, Brunnen, Brücken und Straßen bauten, die seit ihrer politischen Abschwächung wieder in sich selbst in Ruinen zerfallen.

Kentibe,

das

nannte, konnte er nicht aussuchen;

man dem

Reisenden

zwar

daß Ufer am Kaffabastrome war

im Anfang Juni dicht bebuscht und voll Singvögel, wie Singdros­ seln,

Nachtigallen,

Geflügel. fort.

aber auch Mandelkrähen,

Dohlen und anderes

Er setzte seinen Weg gegen West nach Bnnarbaschi

Am genauesten hat Schönborn die Lage des unteren Kas-

sabathales bis zum Durchbruch durch die Südketten beschrieben, im Orte selbst sich nicht besonders aufgehalten. von der höher gelegenen IrnaS tiefen Kassaba-Kessel nennt.

Er kam aus Nordost

herab in das Thal,

das er den

Bon 3rna$359) stieg er erst eine

Stunde stark hinab zu ihm, dann 1 % Stunden lang am Bette deS IrnaS Tschai gegen Süden und traf dort bei dem Dorfe Karadagh (Schwarzberg) einen ansehnlichen von S.O. kommenden Ne­ benfluß, worauf er nach Uebersteigung mehrerer Hügelrücken, welche die Ebene durchziehen, durch

welche der

gegen 2 Stunden bei der Schlucht ankam,

Hauptstrom der

Kassaba, hier Dermenü Su

(Vulgäraussprache statt Degirmenlü-Su,

d. i. Mühlenwasser)

ge­

nannt, gegen S.O. nach Myra die vorliegende Gebirgskette durch­ bricht,

wo er bei einem

griechischen Mütter Herberge nahm.

Um

das dort stehende Castell zu besehen, mußte man entsetzliche Steilwege betreten,

bis

man zur Höhe gelangte.

liegt auf einer Felshöhe

Dieser Castellberg

zwischen dem IrnaS

und Kassaba Tschai,

die sich gleich hinter demselben einigen und dann in die felsige Thal­ schlucht Dere-Aghzy (d. i. Thalmünde) eintretend als Dermenü Su die Schlucht und die Ebene von Myra durchfließen.

Der Berg

mit seinen senkrechten, fast nach der Schlucht zu überhängenden Fels­ abstürzen, an der anderen Seite dicht bewaldet, ist es auch auf seiner Höhe,

so daß das Castell

bleibt.

Die hie und da hervortretenden Mauerreste sind nur von

selbst dadurch

größtentheils verborgen

Bruchsteinen und Ziegelstücken, zwischen großen Quaderblöcken einge­ flickt,

daneben oft große Gifteuten,

Bebauung.

doch

ohne Spuren christlicher

Dennoch muß dieser Castellberg für Myra und dessen

359) Schönborn, Lageb. Nachlaß. Mscr. Bl. 81.

Kaffaba Hochebene.

1131

Ebene von der größten Wichtigkeit gewesen sein, da er der Schlüssel zu ihr von der Nordseite her war, und die Ost- wie die Westseite dahin durch sehr unwegsame Bergrücken hinreichend gesichert ist. Auch die in Norden dem Castell vorliegenden Bergrücken sind sehr steil und nur eine einzige bequeme Straße führt an diesen Felsen vorbei nach Myra hin. Antike Gräber an den Felsen in O. und W. des Castells zeigen auch deutlich die Frequenz deS Weges im Alterthum, zu denen auch viele der großen Quadermauern hinaufreichen. Doch auch für das byzantinische Zeitalter war dieser Punkt von Wichtigkeit, wie dies aus manchen ihrer Autoren hervor­ geht, aber auch die Ruinen von christlichen Kirchen in der Ebene an der Küste wie int inneren Kassabakessel beweisen dieß, wie eine un­ fern noch gegen Ost stehende Kirche, welche die bei weitem größte und auch die besterhaltenste ist, die Schön born in Kleinasien vor­ fand. Doch blieb ihm die Zeit ihrer Erbauung zweifelhaft, da sie mehr in einem italienischen als in einem byzantinischen Baustyl er­ richtet ist. Sie zeigte schöne große ganz gut erhaltene Gewölbe nebst Fenstern der Sacristei, und könnte nach mäßigen Reparaturen bald wieder benutzt werden. Das Castell mag im Mittelalter ein wich­ tiger Posten für Krieger und Mönche gewesen sein, zu einer Zeit, da Myra und das Grab Set. Nikolaos so viele Wallfahrer dahinzog. Eine bestimmte Benennung konnte Schönborn bei den Byzantinern für den Ort nicht ermitteln, den Fellows bei seinem flüchtigen Vorübergange für das alle Trabala^) hielt (richtiger TgavaXu, Steph. Byz. ed. Meinecke, p.631), den Fluß aber von den dortigen Türken Dembre oder vollständiger Demindere (wel­ ches eine weitere Corruption auS Degirmen, vulgär Dermen-Dere, d. i. Mühlthal, sein mußte, falls es nicht für Demir-Dere, d. i. Eisenthal, mißverstanden ist) nennen hörte. Die Vertiefung, in welcher Kassaba liegt, ist eine große Ebene, etwa V/, Stunden von N. nach S., aber 3 bis 4 Stunden von W. nach O. lang, die rings umher von hohen Bergen eingeschlossen ist, denn die einzige Schlucht, vermittelst deren sie mit der Myraebene in Verbindung steht, ist sammt deren furchtbaren Seitenabstnrzen von keiner Seite her aus einiger Ferne sichtbar. Jnr Nord der Ebene liegt der kuppenreiche Berggürtel, welcher die AlmalyEbene im Süden begrenzt; die Südseite dieser Berge ist aber we­ niger bewaldet als die Nordseite, ihr Abfall selbst ist anfangs sehr tn) Ch. Fellows, Account 1. c. p. 192—194.

1132

Klein-Afien.

§. 40.

schroff, und erst in der unteren Halste der Berge lehnm sich a, sie einige Abhänge oder ziehen auch als einzelne Rücken in die (Ebene hinein. Im Ost liegt der Ebene die von Awlan bi- Phiueka hinziehende Bergreihe vor, deren hoher Kamm aber nicht an der West-, sondern an der Ostseite über dem Arycandathale liegt. West­ wärts legen sich an ihn große Hochflächen an, die ganz allmählig gegm West hinabfallen, nur flache Kuppen und flache Vertiefungen haben, von liefen Thälern aber gar nicht durchschnitten sind. Glei­ che- Aussehen haben auch die Berge im Süden der Ebene, so weit ste im Osten de- Dermendere (Dermenü Su bei Schonborn) liegen; sie schließen sich vollständig an die östliche Bergparthie an und bilden auch Hochflächen, fallen aber gegen den Keffel weit steiler ab als die Berge in Osten. Im Westen begrenzen mächtige Berg­ reihen den Kessel, die Berge von Bunarbaschi und deren Fortsetzung in gegliederten scharfgeschnittenen Umrissen südwärts, die aber in ihren höchsten nördlichen massigeren Theilen sich an die Berge von Kasch Iaila anreihen. Die Südseite des KassabakeffelS und zwar in West de- Dermendere wird von Bergen gebildet, die an Höhe denen in Ost de- Flusses nicht nachstehen; sie sind hier wie eine Mauer vorgelagert, Gipfel und Kuppen fehlen ihnen ganz, aber auch Thäler und Einsenkungen an den Rändern eben so. Viele Ortschaften liegen in dieser allseitig eingeschlossenen Ebene, zumal an den Rändern hin, wie denn auch Kaffaba selbst wenigsten- dem Südrande benachbart ist. Die diese Ebene durchschneidenden Hügel­ reihen bilden mit ihrem Grün einen schönen Gegensatz gegm die lichteren Felder dazwischen und daran, und noch mehr wird derselbe gehoben durch die vielen Fiumaren, die als weiße Bänder die Ebene durchziehm und selbst wieder auf große Strecken hin mit grünen Buschreihen eingefaßt sind, dagegen der Kalküberzug der Geschiebe ihnen die weiße Farbe giebt. Schon CH. Texier hatte auf einem kurzm AuSfluge über PhelluS und Bunarbaschi auch Kassaba besucht, wo er (am 27. April 1836) einen großen Chan zur Herberge fönt)361). Er traf von da nach der ersten Stunde Weges gegen Ost denselben Kegelberg, welcher den Südausgang des Thales zu schließen schim, wo zwei Flüsse, der Kassaba und der Irnesi Tschai, im Winkel vereint sich durch ein Engthal kochend und tosent> hinabstürzen und als Demeridere Su (Dermendere Su) sich bei Dere Aghazi S6‘) Cb. Texier, Descr. de l’Asie Min. 1. c. III. fol. 203.

Kaffaba Hochebene.

1133

(richtig« D«e Aghzy, s. oben S. 1126) nach Myra, da- die Türke» Dembre ob« Demeri nennen. Auf dem Gipfel de- Äe» gelb«ge-, d« dies« letzt«en Namen führt,. zeigte die oben hervor­ ragende Festung»mau« runde und eckige Thürme, ab« ob eine Stadt darin lag, konnte auch Texier nicht ermitteln, aber die unfern von seinem Fuße im Thale liegende sehr schöne Kirche, die « eine by­ zantinische nennt, konnte n abzeichnen; sie war mit Bruchstein« und dazwischen gelag«tm Backstein« im römisch« Styl gebaut, im ömtetn ganz mit Marmor bekleidet; die Co«ische habe fich gut erhalt« und zur rechten und Unten Seite von ihr stehen zwei sehr beachten-werthe Baptisterien; auf sein« Karte hat Texier hi« ein Monasterium eingeschrieben, ©pratt63) suchte auch von Kassab a au-, wo « doch eine Schule von 70 Knaben unter 12 Jahr« vorgefunden hatte, in d« Ebene zum Kegelberge an der Engklust, den er zu 1000 Fuß Höhe schätzte, fortzuschreiten, obwol ihn die angeschwollen« Bergwasser zu mehr«en Umweg« nöthigt«, so daß « ihn «st nach anderthalb Stunden Wege- am Eingang d« tief« Engkluft de- Dembra (so schreibt Spratt) «reichen konnte. Die Festung mit ihr« Thürmen auf der Höhe schien ihm in gutem Stande zu sein. An dem «gen Pfade, d« zur Seite am Fuß der Feste zum Engpaß de- »«einigten tosend« Strome- führt, d« un­ terhalb der Vereinigung in ruhigem Zuge weit« strömt, warm in dm Fels« einige gut «haltme Gräberkammern au-gehaum, mit d«m Unt«suchung sich Mr. DaniellS beschäftigte, während Spratt zur Festung de- Kegelb«ge- emporstieg, von d« ein pracht­ voll« Blick sich üb« die Kaffaba Owafsy ausbreitete. Die Festung-w«ke fand er au- dem Mittelalt«, b«en Octogon-Thürme von außen so glatte Seiten «halt« hatten und gut gebaut warm, daß Fellows sie von untm für griechische» Mauerwerk hielt. Allerding» fand« sich inntthalb auch polygonale und griechische Mauerreste, chic au- älteren Zeiten herstammten, auch Eiste««, doch schim hier nur die A«opole ein« Stadt gelegen gewesen zu sein, von d« einige Ruinen am Fuße de- Kegelb«geS sich zeigten. Beim Hinabsteigm zeigte sich, daß diese auch ein« griechischen antik« nnd ein« christlich« mittelalterlich« Zeit angehört«. Jene bestand« au» Fel-kamm«n und Marmorresten, diese au- Grundmaue« und ein« großen Cathedrale byzantinisch« Architectur, die zu den schönst« **) Texier, Planche 205 1. c. p. 103.

*’) Spratt and Forbes, Trat, Vol. 1.

1184

Klein-Asie«.

§. 40.

uub besterhaltensten in ganz Lycien gehört, deren hohes Demgewölbe noch imposant sich erhebt, aber nur von Dohlen bewohnt wird, die mit Geräusch entflohen, als man in die Kirche eintrat und sie in ihrer Einsamkeit störte304). Dieses prachtvolle großartige Gebäude, dessen Grundriß mit einer Fa^ade von 400 Schritt, einem Hauptschiff mit zwei Seitenschiffen und zwei Baptisterien zu beiden Seiten aufge­ nommen wurde, machte einen tiefen Eindruck zwischen allen den elenden mittelalterlichen und modernen Neubauten von Kirchen und Moscheen der späteren Zeiten und erinnerte an die Bedeutung frü­ herer christlicher Zeiten. Da in der benachbarten Myra, die bei Hierocles (Synecd. cd. Wessel, p. 684) als Metropolis von Ly­ cien aufgeführt ist, kein Rest von einer großen Cathedrale gleich dieser sich vorfindet, das Evangelium dort aber seit der Landung de- Apostels Paulus in diesem ganzen lyrischen Küstengebiete leb­ hafte Theilnahme fand, so vermuthete Spra tt, daß der Metropolitansitz vielleicht hierher in die größere Sicherheit des Binnen­ landes vor den Piratenunruhen des Gestades in den felgenden Jahrhunderten verlegt sein mochte. Leider wurde auf keinem der von Daniells untersuchten Grabmonumente oder ihren Inschriften der Name der antiken Stadt aufgefunden, den Col. Leake für Trabala hielt, worüber uns aber alle anderen Nachrichten fehlen. Nach Kassaba gegen West in sein Quartier zurückgekehrt, wagte Spratt nicht weiter gegen Osten im Stromthale des IrnaS Tschai vorzudringen, weil damals eine Pestseuche dort ausgebrochen sein sollte und eine Quarantäne eingerichtet war, welche der Agha von Kassaba zu überschreiten nicht gestatten sonnte05). Schon früher war Texier^) von Kassaba mit einem guten Wegweiser gegen Norden bis Iruesi (Irnas bei Schönborn) vorgedrungen, das er unter Regengüssen zwischen von Blitzen zerschmetterten Fichtenwäl­ dern auf klippigen Wegen in 6 Stunden erreichte. Zuerst waren es Kalkconglomerate, die er durchwanderte, höher auf Marmor­ klippen und aus der größeren Höhe Kreidelager. Er fand auf der Höhe eine alte griechische Stadt mit Ummauerungen, in deren Intervallen noch reguläre Thürme standen, die Lücken aus dem Mittelalter restaurirt waren, und viele Monumente, die von Busch­ dickichten überwuchert, von ihm nicht näher erforscht werden konnten. Er nennt nur viele lycische Grabmäler mit Inschriften, die aber 364) IM. 104: Plan of the Cathedral near Kassaba. c:) Spratt and Forbcs 1. c. Vol. 1. p. 100. ") Ch. Tcxier 1. c. Vol. III. p. 20i.

JrnaS, Ruinen von Arneae.

1135

in harten Kreidestein eingeschuitteu bis zum unleserlich« verwittert waren, und eine sehr große Kirche, die auch hier die Verbreitung der christlichen Lehre bis in das innere gebirgige Lyeien be­ zeugte.

Diese Stadt hielt er mit einiger Wahrscheinlichkeit für die

Arneae bei Steph. Byz. {'/Igviuty nohg sivxtag fttxgu, s. v.). DaS Dorf, das noch den antiken Namen erkennen läßt, liegt gegen N.W. der Bergseite, dessen Sandsteingebirge von tiefen Bergströmen durchrissen ist;

die Bewohner des Dorfes hatten, am 28. April,

schon ihre Jailas bezogen. Schönborn mit seinem Gefährten Prof. Löw, der erst an Spratt über JrnaS (er schreibt Erneß)

genauere Nachricht mit­

theilen konnte,, ist der einzige Reisende, der von Arycanda kom­ mend von N.O. her über die scheidenden Berghohen (am 14. April 1842)67), dieselbe JrnaS ans seinem Marsche nach dem Castellberge von Kassaba besucht hat. Er stieg von Arycanda dm ersten Tag gegen West empor über die Jazyr Jaila, wo er bei einigen Hirten übernachtete, und am folgenden Tage (den 15. April) um halb 7 Uhr deS

Morgens

noch

ein

paar Stunden durch

Schluchten bergan bis zu einem furchtbaren Abgrunde,

tiefe

der sich in

einer Tiefe von 500 Fuß zur Seite eröffnete. Mau mußte ihn gegen N.W. umgehen; er gelangte hier nach einet halben Stunde zu zwei von den Bergen herabstürzendm Gießbächen, die sich tief unter dem eingeschlagenen Weg zu dem JrnaS Tschai vereinigm. Kurz darauf stieg man zu einem flachen Abhange, der an drei Seitm steil abfiel, in den Kasiabakeffel hinab.

Auf ihm lag zwischen wohl-

bewäfferten anmuthigen Gärten das Dorf JrnaS, und dicht dabei die antike Arneae, welche durch Inschriften ihre Bestätigung erhält.

Sie liegt südwärts vom heutigen Dorfe und ist durch die

sJiotur von allen Seiten gesichert: denn außer dem tiefen Abfall von drei Seiten liegt ihr gegen Nord ein Gewühl von Felsen und Fels­ blöcken vor, die das Herannahen äußerst erschweren. Die Sarcophage bei Arneae sind von lycischer Form. Die Stadtmauern, von denen ein großer Theil erhalten ist, bestehen auS ansehnlichen zum Theil mächtigen FetSstücken;

mehrere Thore mit den baran»

stoßenden Thürmen sind noch sehr wohl erkennbar, und auch in der Stadt bestehen noch Mauern von einzelnen Häusern. Wie in KeSme fand sich auch hier eine Felsenhöhlung mit senkrechten Wänden; hier

•7) Schönborn. Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 81; Spratt and Fortes, Trat. 1. c. Vol. I. p. 101.

1136

Klein-Afien.

Z. 40.

war sie oval und lang in der Nähe eine- ThoreS; Sculpturreste fehlten durchaus. In den Gärtm schlugen die Granatenbäume eben auS, dicke Weinreben, gewaltige Feigenbüsche und große Nußbäume zierten die Gärten, und die Vegetation war schon sehr üppig vorgeschritten. Von IrnaS führt ein Weg auch westwärts nach Almaty, anfänglich an der Südseite der Berge, die im Norden deS KaffabathaleS liegen, später aber wendet er sich nordwärts über sie hin zum Kasch Iailasiy und so zur großen Hochebene; direct gegen Norden wollte man dagegen nichts von Communication wißen. Bon IrnaS, daS auf diese Weise mit Sicherheit ermittelt war, setzte Schönborn seinen Marsch nach dem Kegelberge von Dere Aghzy und Kassaba fort. 2. Die gebirgige Südseite auf dem redeten Ufer deS oberen Kassaba-FlußlaufeS. Die PeriboloS zu Gjölbaghtsche und die drei Cyaneae nach Schönborn, Spratt und ForbeS. Ehe wir vom Durchbruch bei dem Dere Aghzy den Dermendere Tschai weiter abwärt- bis Myra in seinem unteren Laufe begleiten, bleibt unS in dem triangulären Ge­ bt rgSgebiete zwischen den Quellen bei Bunarbaschi und dem öst­ lichen unteren Laufe, wo wir die Lage von Sura schon kennen gelernt haben, und der Küsten kette noch ein Raum zur Erforschung übrig, der durch seine drei Cyaneen und andere antike Ruinenstädte in Westen von der Strommündung noch einer besonderen Beachtung verdient und besonders durch SchönbornS wie SprattS Entdeckungen von nicht geringem Jnteresie erscheint. Schönborn stieg auS dem Kasiabakesiel gegen S. und S.W. nicht auf der großen Sttaße, sondern östlich von derselben (am 20. April 1842) über die Berge, welche in großer Wildniß sich wegloS übereinander emporthürmen. Zunächst durchsetzte er den Kaffaba Tschai, ging dann hinter einer in die Ebene vortretenden FelSmasie in einem flachen Thale eine Stunde weit gegen West hinan, dann über zahllose FelSkämme mit Buschparthien durch wahre Wildnisse und Felsengewirre sich verirrend, ohne sich orientiren zu können, bis er nach vierstündiger vergeblicher Arbeit an vielen Stellen vorbei, wo große doch ungefährliche Schlangen sich sonnten, den Ort Gjölbaghtsche (d. i. Seegarten) erreichte; bis dahin kam man nur an ein paar ärmliche Hütten vorüber und erst bei dem genannten Orte wurden die Bergformen wieder geregelter, de- Anbaue- fähiger. Nur eine Viertelstunde weiter südwärts lag Gew re mit einigen Quadern und Säulenresten und weiter abwärts

LyeienS Südrand, Cyaneae Ruinen.

1137

zum Meere über Ören wurde in 2 ©hinten Kekova erreicht. Aber schon früher, im Winter 1841 (am 20. Dezember) hatte Schön« born schon einmal diese- Gjölbaghtsche, da- allerdings nicht schr weit vom Meere abliegt, erreicht und vor dem Orte 4 bi- 5 lyrische Sarcophage^) mit gewölbtem Deckel, Balkenköpfen und auf der Höhe fortlaufende kammartige Erhöhungen aufgefunden. Inschrift« fanden sich an ihnen nicht, dagegen war der eine mit einem Löwen, ein anderer an der schmalen Seite de- Deckel- mit einer weiblich« Figur in Relief verziert. Aber weit mehr als sie mußt« die antik« Reste überraschen, die damals von ihm im Ost« de- Dorfe- «t« deckt wurden und welche hier einer genauerm Erwähnung mit ten eigenen Worten^) des so anspruchslosen wie treu berichtenden Ent­ decker- werth sind, einmal wegen ihre- eigenthümlichen inner« Ge­ halte-, und dann weil sie noch von feinem andern Reisenden gesehen oder doch nicht erwähnt sind. Man steigt von dem Dorfe ganz allmählig einen nicht hohm Abhang hinan zu einer Art flachen Thäte-, südlich liegt ihm rin felsmreicher Rücken, nordwärts ein weit höherer steil gegm Süd ab« fallender Höhenzug vor, zwischen beiden ist eine kleine Thalebme. In ihr trifft man außer Quadern und andern Fragmmt« alte Gebäude, sowie viele Reste alter Gräber, die sich gegen Ost« hinzichm, daß man sie bald für die Necropole einer antiken Stadt halt« muß. Unter den Sarcophagm, die bald mehr bald weniger erhalt« sind, befinden sich mehrere mit Relief- geschmückt. Die untere Hälfte de- einen z. B. ist mit Kränzen, die durch Ochsenschädel verbünd« sind, geziert, über jedem halben Bogen, d« der Kranz bildet, ist eine Blume, an dem Deckel sind zwei große Medusenköpfe und zwischm dies« ein Thier, darüber Vögel oder Roste vor einem Wag« zu seh«, hinter welch« Halbfiguren sich befinden. Die Smlpturm sind freilich schon sehr zerstört und e- hält daher schwer, da- Einzelne genau zu bestimmen. An der andern Seite de- Deckels steh« nur an der Stelle, die oft von vortretenden Balkenköpfm eingmommm zu sein pflegt, Stierköpfe hervor. An der oberen kammartigm Er­ höhung de- Deckels ist ein großer Vogel (eine Ente?) dargestellt, einige Männer und an dem einen Ende ein Reiter; in der schmal« Seite de- Deckel- sind Delphine, und über diesen an der einen Seite eine Ma-ke, an der ändern Seite ein Silenu-köpf. “') A. Schönborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 81 u. 82. ") «benbas. Bl. 58, 59, 60. Ritter Erdkunde XIX.

Cccc

1138

Klein-Afien.

§. 40.

Vergebens sieht man sich indeß nach der Stadt in dem Thale und an den nächstgelegenen Abhängen um, Mauerreste

auf der Höhe und den

Nord vorliegenden Rückens;

endlich erblickt man wol die obersten Abhängen des gegen

sie lasten aber so aus der Ferne gese­

hen nicht viel Erhebliches vermuthen.

Mit Mühe steigt man am

östlichen Ende (denn weiter gegen W. hin ist der Abhang zu steil) gegen 150 Fuß hinan zu dem ganz schmalen Bergrücken, der gegen Nord zu noch weit steiler als gegen Süd abfällt und von daher gar leinen Zugang gestattet.

Die Aufmerksamkeit wird aber vor allem

auf weitläufige Reliefs hingezogen, die sich an einer Mauer befinden. Die Mauer bildet die eine Seite eines einem Sarcophage zugehö­ rigen Peribolus. kenntlich,

indem

sich

Die Stelle des SarcophageS ist vollständig der Boden der unteren Sarcophaghälste, auS

sehr schönem weißem Marmor bestehend, innerhalb des Bezirks er­ halten hat; alles andere ist von ihm verschwunden.

Der Peribo-

luS bildet ein Viereck, welcher die ganze Breite des oberen FelsrückenS

einnimmt, und

Schritt.

seine Länge und Breite beträgt 30 bis 25

Die Mauern bestehen aus großen Quadern,

oft von sehr

bedeutender Länge und eS liegen dieselben in zwei Schichten neben einander, die innern aneinander stehenden Theile sind nur ganz roh bearbeitet.

An den drei Seiten gegen N., S. und W. hin hat sich

die Mauer erhalten, gegen O. hin ist sie dagegen fast bis auf den Grund zerstört worden.

An der Westseite ruht zugleich die äußere

Seite der Mauer an der natürlichen Felswand. dem Grabbezirke

ist von Süd her gewesen,

Der Zugang zu

die Tl)ür

ist noch er­

halten, aber die Treppe, die hinaufgeführt haben muß, ist nicht mehr vorhanden.

An der Umfasiungsmauer ist er uneben, wo die Reliefs

in fortlaufenden Reihen

sich befinden, und zwar in zwei Rei­

hen übereinander an der südlichen Außenseite, aber in drei Reihm

an

der südlichen Innenseite; an der westlichen Innenseite in zwei Rechen (die äußere Westseite ist bis oben durch Felsen verdeckt), in

gleicher Weise an der nördlichen Innenseite.

Die Außenseite, die

über dem steilen Abgrunde schwebt, ist wol bildlos.

In Verlegen­

heit, sagt Schöuborn, sei er, was er über die Reliefs selbst fugen soll.

Ich würde es vermögen, wenn ich mich hätte entschließen

können, Notizen zu machen, statt mich an der Schönheit derselben und an dem Gegenstände, den sie bieten, zu erfreuen und sie zu be­ wundern. hatte,

War eS doch der trojanische Krieg, den ich vor mir

HomerS Schöpfung in bildlicher antiker Darstel­

lung, und ich gestehe, daß ich mich daran nicht satt sehen konnte.

Lyciens Südrand, C-aneae Ruinen.

1139

Wer hätte auch lange zweifeln können, was ihm vor Augen stehe. DaS Relief in der Ecke der Westseite zeigt den Achilles sitzend bei dem hochgeschnäbelten Schiffe, voll Erbitterung den Kopf mit der Hand unterstützend. Es folgt der Herold, der die Versammlung beruft, und die Krieger kommen, Schlachtsceuen reihen sich an, auf die Stadt selbst wirft sich der Kampf, au dem Thore wird gestritten, die Schaar der Greise sitzt über dem Thore und so zieht sich Bild an Bild hin, ein reiches Leben mit griechischer Sicherheit in den Grup­ pen, in den Bewegungen, in den Proportionen der einzelnen Gestal­ ten entworfen. So sehr auch die Oberfläche des Steins durch die Zeit mitgenommen ist, das Auge mag nicht von demselben lasten. Tritt man nahe an die einzelnen Reliefs heran, so ist die Zerstö­ rung freilich zuweilen so weit vorgeschritten, daß man kaum die Gestalt noch erkennt, und man ablassen muß, die Züge der Gesichter im einzelnen studiren zu wollen; denn das verwehrt die schadhafte Oberfläche, aber das Ganze macht einen so erhebenden Eindruck, wie ich ihn auf meiner ganzen Reise nicht wieder gehabt habe. Ich trage kein Bedenken, sagt Schönborn, es auszusprechen, daß diese Re­ liefs in gehöriger Höhe aufgestellt jedem Museum zu einer wahren Zierde gereichen würden, wie reich es auch sonst ausgestattet sein mag, und bin auch eben so fest überzeugt, daß jeder, der diese Mo­ numente nach Europa führt, einen bedeutenden Gewinn bei dem Verkauf haben würde. In der Darstellung des trojanischen Krieges ist übri­ gens der Kampf am Thore sichtlich als die Hauptsache des Ganzen dargestellt; nicht nur ist das Relief hier am tiefsten ausgearbeitet, sondern beide Reihen von Reliefs greifen hier auch ineinander ein. Im ganzen aber sind diese Reliefs wie alle andern auf lyrischen Gräbern erhaltenen nur wenig erhaben.

Außer dieser trojanischen

Scene sind aber auch noch andere Darstellungen hier erhalten, na­ mentlich ist dies an der Ncrdfeite der Fall, aber gerade diese Seite hat in Folge der Dünste von der See het, welche der Südwind zuführt, besonders gelitten. Auch die innere Südseite behandelt einen andern Gegenstand; aus den Gestalten, die hierauf Ruhebetten sitzend vorgefunden werden, möchte man fast auf eine Götterspei­ sung schließen. Ueber und neben der Thür ziehen einzelne Ge­ stalten mit ihrer steifen Haltung die Augen auf sich. Wie viel von dm Bildwerken der Ostseite erhalten sei, wage ich nicht zu bestim­ men, fast sollte man meinen, daß sie zum größten Theile sich noch vorfinden würden, sei es in den Mauern anderer Gebäude, sei es Ccc c 2

1140

Klein-Asien.

an oder in dem Abgrunde, der nordwärts daran sich Steinblöcke noch vorfinden.

§.40. stößt

au dem Ostseite dem Grabe

und

Zerstört worden ist diese

sichtlich um eines Castells willen, welches westlich von errichtet worden ist. Da der Angriff auf daffelbe nur von Ost her möglich war, so hat man hier dem Feinde eine Mauer, hinter der sie sich hätten bergen können, nicht lasten wollen, und auS gleichem Grunde sind auch einige Grabgebäude, die hier neben dem PeriboluS zusammengedrängt stehen, sehr beschädigt worden. Sie sind meistentheilS von der echt lycischen Grabform auS einem Felsen gehauen, wie sie auS den Ruinen über Ortakjöi (PhelluS?) her bekannt sind, und von gleich coloffalen Dimensionen wie jene. Außer­ dem stehen auch mehrere colossale Sarcophage hier. Einer derselben, dicht bei dem großen Grabmale, ist mit zwei Viergespannen decorirt. Im West deS Grabmals stoßen andere Gebäude an, und zwar sind die zunächst anliegenden sicher ein Theil der Festung gewesen.

AuS

welcher Zeit diese stammen ist nicht zweifelhaft, da sich an mehreren Gesimsen daS Kreuz in der Form des preußischen eisernen KreuzeS vorfindet, doch stammt das dazu verwendete schöne Material offenbar auS den älteren Zeiten her. Große Umbauten und Veränderungen scheinen hier jedenfalls stattgefunden zu haben. Neben schönen regel­ mäßigen Mauern finden sich andere Theile, die auS großen Poly­ gonen behauenen Steinen aufgeführt sind; in anderen sind eS Rhomben und Trapezen. Stellenweise findet man am Boden eine auS großen Bruchsteinen angefangene Mauer, der eine andere von kleinen Quadern oder Bruchsteinen aufgesetzt ist, und mitten unter diesen fehlen auch Ziegeln nicht. Mehrere Wände bestehen lediglich auS dem bloßen Felsen; große Cisternen zeigen sich überall. Zu alle dem kommt die grandiose Aussicht, die sich von hier auS über das offene Meer verbreitet; die ganze lycische Küste von den Chelidonien bis Andiphilo liegt mit allen ihren Felseninseln vor, und da der Standpunkt fast alle anderen in der Nachbarschaft an Höhe überragt, so ist auch die Aussicht über daS Festland nicht minder ausgebreitet und voll Abwechslung. Münzen hatte Schön­ born nickt auftreiben können, so wenig wie den Namen der Stadt in den Inschriften auffinden. Der einzige Ort, sagt Schönborn, von dem sicher ist, daß er in der hiesigen Gegend

gelegen haben

muß, ist Simena oder So me na, der als Küstenort genannt wird; möglich wäre es freilich, daß eine Scala an dem nahen Meere sich vorfände und beide Orte zusammengehört hätten (s. obm S. 1091).

Bei dem späteren Besuche, im April

Lykiens Südrand, Cyaneae Ruinen.

1141

de- folgenden Jahres, erfuhr Schönbor», daß zwei aus Aegyptm und Syrien kommende Engländer mit zahlreicher Begleitung hier gewesen und zwei große Quadersteine an der äußeren Seite der süd­ lichsten Mauer mit fortgenommen und zu Lande nach Srnyma tranSportirt bi- England mitgenommen hätten, aber durch unvor­ sichtiges Herabwerfen der großen Massen auch andere Theile des Reliefs beschädigt worden seien; an anderen Stellen ließen sich die Beschädigungen nur daraus erklären, daß mit Steinen darnach ge­ worfen worden. In der Vertiefung, in welcher das heutige Dörf­ chen liegt, fanden sich auch noch einige antike Mauern und Cisternen und selbst bei dem Dörfchen Gewre, über welches der Weg nach Kekoba hinabführt, lagen viele antike Quadern und roh bearbeitete Säulentrommeln, und noch eine halbe Stunde weiter abwärts ein großer Sarcophag mit langer Inschrift, welche aber der Regen zu copiren hinderte. Alle- dieß scheint die Wahrscheinlichkeit eines Hinabstiegs zu einer Scala nach Sioiena an dem Gestade von Kekoba wol zu bestätigen. In dessen Nähe lag noch ein viel co­ lossalerer mit einem Löwen verzierter Sarcophag. Die ganze Gegend muß einst, nach ihren Monumenten zu ur­ theilen, obgleich jetzt eine Wildniß, in der man sich nur zu leicht verirren kann, sehr stark bewohnt gewesen sein. Nur eine halbe Stunde Weges von Gjölbaghtsche, nach Uebersteigung einer an­ deren Anhöhe, wurde das Dorf Jag hu (Iaüu bei Schönborn, Harvoo bei Spratt, der das gutturale gh als r gehört) er­ reicht, daS ebenfalls unter dem Hochlande auf der ersten Stufe des Abfalles liegt. Erst nach dem Aufhören des heftigen RegmS wurden die dortigen Grabkammern mit ihren Steinthüren sichtbar und einige Gebäude mit vollständigen Gesimsen, die in dichtem Gebüsch versteckt liegen. Die Fläche über dem Abhange war sanft geneigt, und auf ihr befanden sich viele lyrische Sarcophag«, meh­ rere derselben auf hohen Unterlagen von Stein, andere auch mit Reliefs geziert. Auf einem war ein Viergespann und zwei Frauen­ gestalten. An die antike Necropole stößt die antike Stadt an, die sich nach einer Inschrift als Cyaneae ergab. Die Ruinen liegen in großen Massen dichtgedrängt auf- und übereinander von nicht geringer Bedeutung, doch scheint das meiste der römischen Zeit an­ zugehören, anderes den späteren Jahrhunderten, das sich eben nicht durch Geschmack auszeichnet. Zn der Stadt stehen nur die Mauern von wenigen Gebäuden, ein großer Theil der Stadtmauer ist aber, zumal an der Nordseite, erhalten, wo sie einen steilen Abfall umzieht.

1142

Klein-Asien

Auch ein weitläufiges Gebäude ist noch

§. 40, stehen gebliebm.

Dicke

Säulentrommeln liegen an verschiedenen Stellen unter den Ruinen zerstreut, aber alle von schlechter Arbeit und von schlechten Steinen, eben so wie die Mauern nur aus kleinen Quadern bestehen.

Da­

von dem Regen triefende Gebüsch gestattete mir eine unvollständige Untersuchung der Ruinen. Gegen N.O. nnd O. liegen sehr schwer zugängliche Hochrücken, ansehnlicher wurden die Berge gegen S.W.; da- Wetter gestattete feine freie Aussicht. In der Nachbarschaft gegen Norden sollte eS zu Tlissa auch Ruinen geben. Ueber viele FelSrücken und FelStreppen mit einzelnen Felsblöcken oft von wunderlichen Gestalten wurden einige ärmliche Hütten (Kütschük tscherler) und dann V; Stun­ den weiter in nordwestlicher Richtung die von Böjük Tscherler erreicht, von denen in einer halben Stunde auf einem mäs;ig hohen Felshügel die Burg 2iif)a3:u) erreicht wurde. Sie ist aus gewal­ tigen Quadern mit starken Mauern und Thürmen aufgeführt; die Quadern sind von äugen glatt behauen, von innen nur roh. Die Burg ist sehr zerstört, von keinem großen Umfange und giebt außer einigen Sarcophagen, die im Gebüsche verborgen liegen, keine reiche Ausbeute; dagegen zeigte der Anbau dieser niedern Vorstufe gegen die höher gelegene von Almaty eine viel mildere Lage, denn die Hochebene von Arycanda, von der man herabgekommen, war noch ganz mit Schnee bedeckt, während derselbe hier gänzlich ver­ schwunden war. Am folgenden Tage (den 22. Dezember) wurde der Weg auf den mehr südlich und westlich gelegenen höheren Vorstufen von Tüsia und Jaghn über Awschar nnd Soudschal fortgesetzt, wo auch noch lycische Sarcophage, Löwenköpfe und auch eine sehr wohl­ erhaltene christliche Kirche mit zwei Schissen und gewölbten Gängen zur Seite, aber von geringem Umfange, sich erhalten hatten, die ein Türke eine Kirche der Genuesen nannte, was dem Rei­ senden nicht unpassend zu sein schien. Rech manche andere Spuren älterer Bevölkerung, wozu außer Sarcophagen auch noch eine 10 Fuß hohe Stele gleich der zu Üzümlü gehörte (s. oben S. 959), die aber ohne Inschrift war, näherte man sich bald wieder auf den fortlaufenden Vorstufen deö Plateaulandes dem oberen Kaffabathale und der Gegend von Bunarbaschi,

von wo am 23. Dezember in

’’•) A. Schöaborn, Tagebuch. Nachlaß. Mscr. Bl. 60.

LycienS Südrand, Cyaneae Ruinen.

1143

strengster Winterzeit die schon bekanntm Wege nach Andiphilo trab Bazyrgjankjöi verfolgt wurden. Auch Spratt hat von Kassaba an drei Tagen (17., 18. und 19. März) verschiedene gesonderte archäologische Ausflüge zur Auffindung der Ruinen von Cyaneae gemacht, und diesen Ramm, nach DaniellS Vorgänge, einem ganzen GebirgSgaue gegeben, in welchem er die drei Hauptburgen mit ihren alterthümlichen Resten die erste, zweite und dritte Cyaneae genannt und so auch auf seiner Karte eingetragen hat; nämlich die westlichste bei dem Orte Tussa (Tüssa), die zweite bei Aarvoo (Jaghu) alfüblichste, und die dritte bei Gjauristun als die nördlichste der drei. Wie diese sich zu den von Schönborn beschriebenen verhallen, ist nur etwa bei den beiden ersten mit Wahrscheinlichkeit zu errathen, die dritte aber scheint Schönborn nicht besonder­ beachtet zu haben; dagegen ist Spratt die merkwürdigste Ruine von Gjolbaghtsche unbekannt geblieben. Genauer diese Localitäten nachzuweisen hat indeß seine Schwierigkeiten, da Sprall an den drei Tagen immer seinen Weg von der Kasiaba au- nahm und immer dahin zurückkehrte, Schönborn dagegen sich im Zusammen­ hang seiner Excursionen in demselben GebirgSgaue einige Mal be­ deutend verirrte und daher die Oertlichkeit auch nach ihm zu be­ stimmen ihre Schwierigkeit hat, welche jedoch nach seinen speciellen Daten auf Kieperts Karte mit größter Wahrscheinlichkeit nieder­ gelegt ist. Wir folgen daher hier nur den gesonderten Angaben Spratts und überlassen späteren Augenzeugen die genauere Orientirung in diesem so inhaltreichen Triangelgebiete, den wir vorläufig mit DaniellS und Spratt den Gau Cyaneae nennen dürfen. Alle anderen Beobachtungen fehlen über ihn, denn Texier hat nur aus der Ferne von Bunarbaschi auS der Richtung nach der hohen Tüffa (er schreibt Zeuffa)71) sich zeigen lasten. Der erste Tag (17. März)77) führte gegen Süd zu dem nächsten Gebirgsorte gegen S.O. über dem Kastabastrome nach 2 Stunden auf einen Steilpfad, den die Ruinen von Iaghu(Uarvoo) überragten, aber von diesen links ab zu anderen Ruinen 1 '/2 Stunden fern, welche der Führer Toosa (Tusta) nannte. An einer einsamen Hütte und an einigen Sarcophagen unter Buschwerk ging man vorüber, von denen einer eine lyrische Inschrift hatte. ‘) Texier 1. c. Vol. III. p. 202. p. 110.

75) Spratt and Forbes, Traf. Vol. I.

1144

Klein-Afien.

§. 40.

Nach Untersuchung mehrerer derselben erreichte man einen Sarcophag, der auf der Höhe des Felsrandes stand und auf dem die In­ schrift zeigte, daß dieses Grab einem Manne aus Cyaneae gehörte. Dieß schien die Lage der alten Stadt dieses NamenS zu bezeichnen, obgleich die Localität von derjenigen, auf welcher Cockerell im Jahr 1813 nur 2 Stunden fern vom Meere die Lage von Cyaneae gefunden zu haben glaubte, verschieden war, da Tüssa vom Meere 5 Stunden nördlich abliegt. Noch andere FelSgräber zeigten sich, eins in N.O. der Stadt, darauf Kämpfer mit Schilden abgebildet waren, dann trat man durch die Stadtmauern, im polygonalen und cyclopischen Styl roh. aufgeführt, in die Stadt selbst ein, die nur auS einer eonfusen Masse alter und neuer Baureste ohne Sculpturen, Inschriften und selbst ohne Säulen war; von ähnlicher Größe wie PhelluS und Kandyba, schien sie doch noch besser erhalten zu sein. Von da kehrte man nach Kassaba zurück. Am folgenden Tage (18. März)^) wurde der Kaflabastrom, wo der Saareifluß ihm zufällt, bei zwei Wassermühlen durchsetzt, und dann stieg man auf bösen Zickzackwegen zu der Plateauhöhe, auf welche man sich zwischen dem Kassabathale und der Meeresküste erhebt, die von niedrigen höchstens 200—300 Fuß hohen Bergketten durchzogen und von einigen Dorfschaften bewohnt und bebaut wird, oder auch blos von Hirten mit ihren Heerden besucht wird. Die erste dieser Plateauflächen nannte man T schell er, wo einige Turkmanen auf blumigen Auen ihre Hütten hatten. Erst nachdem noch ein paar dieser von Klippenreihen durchzogenen Hochflächen durch­ ritten waren, kam man an ein paar herabgestürzten Sarcophagen von der Nordseite von Iaghu (Aarvoo) an. Die Stadtmauern waren trefflich erhalten, sie konnten nur an eingestürzten Stellen durch­ schritten werden. Sie sind aus quadratischen Kalksteinblöcken in re­ gulären Lagen aufgeführt, dazwischen aber Restaurationen auS dem Mittelalter vorkommen. Sie schließen den steilabfallenden Fels der Höhe ein, von der man ein gut angebautes Thalgebiet überschaut, in dem das Dorf Iaghu am Fuße des Berges liegt. Die Ruinen innerhalb der Mauern sind zahlreich, aber auS zweifelhafter Zeit; andere entschieden aus dem Mittelalter und einige römisch. Noch konnte man die Richtung einiger Stufen unterscheiden, an denen die Thürpfosten aufrecht stehen geblieben waren. Auch die Reste von einigen öffentlichen Gebäuden, vvn Bädern u. a., wie auch Säulen, 373) Spratt and Forbes, Trav. 1. c. I. p. 111—118.

Syriens Südküste, Cyaneae Ruinen.

1145

Sculpturen und die Zeichen dorischer Bauwerke liegm überall ver­ mischt mit mittelalterlichem Gemäuer. Am Westthor der Stadt stand ein Sarcophag, der vielleicht eine römische Nachahmung eine- älteren lycischen Monument- (denn antike lycische fehlten hier) und eine schöne Quadriga zeigte?*). Än der Westseite in einer kleinen abgerückten Vertiefung steht ein kleine- Theater, fast in allen Sitzreihen vollkommen erhalten, aber das Proscenium mit Stein­ haufen und Gebüsch überdeckt; e- ist in griechischem Styl zum Theil au- dem Fels gehauen und hat 165 Fuß im Diameter, mit 22 Sitz­ reihen,

12 über und 10 sichtbare unter dem Diazoma.

Zwischen

ihm und der Stadt liegt eine flache Area, die zu öffentlichen Ver­ sammlungen dienen mochte;

ein vorüberziehender Weg bildet eine

Sarcophagenstraße; viele der Sarcophage stehen noch und haben die Ornamente des lycischen Schildes und der Löwenköpfe, aber scheinen nur jüngere Nachahmungen älterer Denkmale dieser Art zu sein.

Zur Seite deS Theaters stehen noch Sarcophage, die ihren

schlechten Ornamenten nach einer späteren Zeit angehören.

Eigent­

liche lycische Felskammern fehlen hier, obgleich der Fels dazu sehr geeignet war; nur einige längliche Nischen sah man, die mit einer Steintafel in Front geschloffen waren.

An der Ostseite der Stadt,

wo ein Weg zum Meere hinabführte, standen Sarcophage mit In­ schriften auf Tafeln.

Auch hier fand sich der Name Cyaneae

wieder auf mehreren Inschriften, so daß man diese Ruinen für die alte Stadt Cyaneae halten mußte, von der die andern Berg­ ruinen nur Dependenzen waren, die in dem Districte deS Namen­ liegen, nach Daniells Hypothese. Hier fand sich keine der antiken älterm lycischen Inschriften auf den Grabstätten, und PliniuS scheint der erste Autor zu sein, der Cyaneae unter den lycischen Städten genannt hat.

Nach ermüdender Excursion, auf der man

aber von einem Türken erfuhr, daß noch eine dritte Ruinenstadt, ein Ort der Ungläubigen (Gjauristanlyk), nur weiter im Norden liege, kehrte man nach Kaffaba zurück. Die dritte Excursion begann (19. März)^) an einem sehr schönen Morgen auf demselben Wege anfänglich wie die am gestrigen Tage, dann mehr gegen N.O. eine steilere Höhe hinan an einem kleinen Dörfchen Gelamon an einem paar Steinhäusern vorüber.

74) S. d. Zeichnung bei Spratt p. 114 und den Grundriß der Stadt ebendas, p. 116: Yarvoo the ancient Cyaneae. 75) Spratt and Forbes, Trav. II. p. 118—122.

1146

Klein-Asien.

§♦ 40.

Eine Viertelstunde weiter kam man an einer griechischen Ruine vor­ über, und dann an einer engen Schlucht, in der ein Dutzend Turkmanen ihre schwarzen Zelte aufgeschlagen hatten.

Unfern davon

lagen ein paar Sarcophage, auf denen Inschriften^), bie Daniells sogleich erforschte, und nicht wenig überraschend war es,

auch hier

den Namen Cyaneae (KYANEITS1N FEPOYZ1A) wieder zu finden; die Sarcophage sind auf beiden Seiten eines engen Paß­ weges eine Viertelstunde entlang Ebene in Verbindung steht. kamen

nicht

darauf vor.

300 bis 400 Fuß empor.

vertheilt,

der mit einer anderen

Andere Ortsnamen als der von Cyaneae Die Gipfel

zu den Seiten stiegen noch

Auf dem östlichsten lagen die Reste einer

alten hellenischen Feste, und darunter stand an einer Straße gegen Ost ein großes Gebäude aus dem Mittelaller.

Nur wenig andere

Baureste zeigten sich hier außer den vielen umher zerstreuten Grab­ stätten, die viel zu zahlreich für den kleinen Ort erschienen. Zu bei­ den Seiten des Passes standen einige 40 Sarcophage, alle aufge­ brochen, wahrscheinlich aus der folgenden christlichen Periode. gegen die Ostseite deö Paffes

fand

Aber

sich auch ein Sarcophag mit

einer lycischen und einer griechischen Inschrift.

Wenn daher

diese Localität mit der von Tüssa und Jaghu zur Zeit der Römer­ herrschast zu dem einen District von Cyaneae gehörte, so war dieser Ort doch

schon

weit früher von Lyciern

bewohnt

selbständig gewesen wie Kandyba und Phellus. wege nach Kassaba kleines Fort

kam

und eben so

Auf dem Rück­

man wieder über Gelamon, wo ein

gestanden zu haben scheint,

das in viereckiger Gestalt

aus guten Quaderblöcken erbaut war und int Innern einige Ge­ mächer zu Wohnungen zeigte. 3.

Der

Durchbruch

und

Unterlauf

des

Dermenü

(Demirdere) Tschai nach Myra und zum Meere.

CH. Fel­

lows und Spratt sind von Kassaba den Demindere Su durch die Felsenge

unterhalb dem Kegelberge bei Dere Aghzy

ab­

wärts bis Myra gewandert und haben diese Thalstrecke von 7 Stun­ den Weges gegen S.O. aus dem oberen Stufenlande in das untere Küstengebiet für eine der schönsten und pittoreskesten Gegen­ den der Erde,

erklärt die sie jemals gesehen,

wo die Reize der

Schweizerlandschaften sich mit denen von Italien und Griechenland beisammen finden,

wobei Clima

und Strombildung

in den herr-

376) S. die Insiriptionen aller drei Orte bei Spratt 1. c. Vol. II. p. 270-273.

Syriens Südrand, Andriakos Thal.

1147

lichsten Frühlingstagen des Monats April nicht wenig dazu bei­ trugen, alles zu verherrlichen^). Die gegen Süd sich fortwährend windende Engpforte des tiefen und rauschend durchbrechenden Stromes, der sich schäumend bald auf die eine, bald auf die andere Seite wirst und unzählige Male durchseht werden muß, scheint mit jedem Schritte vorwärts sich vor dem Wanderer von neuem zu schließen, und immer öffnen sich dann wieder neue Prospecte in die Thalkessel, die von kühnen grandiosen Kalksteinfelsen überragt werden, die sich in allen ihren Spalten und Schluchten mit der üppigsten Vegetation begrünen. Derselbe Blick in diesen Engkesseln dringt anfänglich kaum eine Viertelstunde weit vor, wo dann ein ganz an­ derer ihn wieder verdrängt, bis man zu einer Erweiterung des Thales vorschreitet, in welcher die Ufer des StronleS selbst von herrlichen Baumgruppen begleitet werden, und die Belebung der Heerden mit ihren musikalischen Hirten, die mit ihren Flöten und läuten daS Geräusch der Wasier zu übertönen suchen und den Wie­ derhall der Echos hervorlocken, sammt ihren malerischen Gruppen der kletternden Ziegen über die Klippen $u beiden Seiten des Stro­ mes die wechselndsten Reize darbietet. So ändert sich dann wieder daS Thal und verwandelt sich zu beiden Seiten in hohe schattige Waldgebirge, bis auch diese zurücktreten und die offene stuchtbare liebliche freie wohlangebaute Ebene von Myra sich bis zum MeereSgestade mit ihren Trümmerorten ein paar Stunden hin aus­ breitet. Die großen Anstrengungen des Weges und die Ermüdung für den Reiter und die Lastthiere, die wol an 80 Mal die 4 Fuß tiefen Windungen deS angeschwollenen reißenden Stromes durchsetzen mußten, da keine Fahrstraße oder bequemer Weg seine Ufer entlang führt und fast überall senkrechte Felswände ihn begleiten, wird durch die Reize der Landschaft^), durch die Wundergestalten der Felsen und Höhlen an den Seiten, durch die lieblichen Gras- und Blumen­ teppiche an den gehobenen Schutzstellen des Userrandeö, wo die schön­ sten Orchideen, Fritillarien und andere seltene Blüthen sich reichlich entfalten, doch noch überwunden und weiter abwärts ragen auf den Klippen und auS den dichten Waldungen auch Reste und Thürme von alten Burgen und Schlöffern hervor, welche ein immer neues Jntereffe erwecken. Als Spratt abwärts der größten Flußenge die Waldregion durchzog, war alles von Holzhauern belebt, die theils 71) Cb. Fellows, Account 1. c. p. 193—195. Trav. 1. c. Vol. I. p. 122.

’•) Spratt and Forbes,

1148

Klein-Afien.

§. 40.

mit dem Fällen der prächtigen Bäume beschäftigt waren, theils mit dem Holzflößen stromabwärts;

endlich bei dem Austritt auS der

dichten Waldregion, wo die erste Oeffnung des Thales sich zeigte, sah man die Ruinen einer christlichen Kirche oder vielleicht eineeinstigen Klosters, die jedoch nicht näher untersucht werden konnten, ein Beweis für die einzige Bedeutung der christlichen Metropole von Myra und ihres religiösen EinfluffeS bis tief hinein in daS Binnenland zur Cathedrale von Dere Aghzy.

Nach 4 Stunden

Weges von diesem obersten Engpaß traf Spratt zur linsen Seite einige hellenische Thurmreste und das erste Felsgrab auS antiker Zeit,

wo man zum letzten Male den Strom von der linken zur

rechten Uferseite durchsetzen mußte. Hier war das Thal schon zu einer guten Viertelstunde erweitert und der Fluß breiter, seichter und ruhigfließender geworden. Die Berge traten hier nun immer weiter auseinander, behielten aber doch ihre felsige pittoreske Steilseite. Am rechten Ufer tritt nun eine ganze Gruppe schöner FelSgräber auf, von wo sich die Meeresfläche erblicken läßt; die Felswand mit den Gräbern wendet sich hier im rechten Winkel zur rechten Seite, wo die alte Stadt Myr a erbaut ward, über welcher die Acropole ihre FelSkuppen krönt. Ohne Aufenthalt eilte Spratt von da noch eine halbe Stunde weiter, um an der Bai von Andraki im Kloster Sct. Nikolaos seine Herberge zu nehmen, wohin wir ihn schon früher begleitet haben, um von da erst am folgenden Tage (21. März) die Ruinen von Myra mit Muße zu besuchen. Schönborn hat diesen Weg aufwärts im Thale nicht zurück­ gelegt, da er den sehr angeschwollenen Strom (es war am 19. De­ zember) nur mit Gefahr unterhalb der Ruinenstadt durchsetzte und weiter seinen Weg über Sct. NikolaoS und Sura auf noch unbekanntem Gebirgswege bis Kekova verfolgte. L. Roß ist der einzige neuere Wanderer, der denselben Weg von Myra stromauf­ wärts im Thale gegen 9t.2ß. bis Kasiaba zurückgelegt hat, und in seiner Schilderung deffelben zur Bestätigung des oben gesagten die­ nen mag.

Mit 3 Pferden und 3 Kameelen zog er etwas tiefer im

Jahre als jener von Myra (Anfangs Juni 1844)379) 5 Stunden lang daS Stromthal hinauf;

anfangs ging es eine hübsche Strecke

am linken östlichen Ufer am Fuße der Felswand hin,

bald aber

wurde die Schlucht enger, die riesigen fast senkrechten Wände näher­ ten sich auf Flintenschußweite.

Man mußte den Fluß wol 40 Mal

3'9) L. Roß, Kleinasien a. a. O. S. 18—20.

LycienS Südravd, AndriakoS Thal.

1149

durchkreuzm (ein Kyrk-getschid, wie so häufig ähnliche Stellen von den Türken genannt werden, vgl. oben S. 537,578 u. a.) und ganze Strecken in ihm selbst, als dem einzigen Wege, fortreiten. Die sonst einsame Schlucht war in dieser Zeit ungemein belebt von vielen Hirten mit Weibern und Kindern auf Pferden, die mit Kameelen, Eseln, Rinder», Schaf- und Ziegenheerden hinauf in die kühlerm IailaS oder ihre Sennhütten zogen, und einzelne Männer mit be» ladenen Thieren kamen von den Höhen herab. Andere Männer flößten Bauholz auf dem Flusse, der in seinem wasserreichen Bette und in einigen schmalen Armen llar dahinströmte. Um die von allen Seiten überragenden hohen Felskuppen schwebten Geier und riesige Adler. Der schmale Uferrand zwischen Fels und Flußbett war meist mit Dickicht von Platanen, Fichten, Eichen, Myrten, Gra­ naten, wilden Weinreben und anderem Gebüsch bewachsen, darunter auch wilde Oelbäume, deren Veredlung den Türkm mehr eintragen würde als ihr ganzes Nomadenleben. Aber nirgends war eine menschliche Wohnung zu sehen, ein paar antike Wachtthürme ragten hie und da hervor; nur einzelne Felsgräber zeigtm sich und abwärts die Reste einer Wasserleitung längs dem westlichen Ufer, das einst eine Strecke lang angebaut war. Erst nach 4 starken Stunden von Myra aus fingen die FelSmauern an zur Seite sich etwa» zu verflachen, so daß man durch sie hie und da einen Blick auf die nördlichen noch schneebedeckten Gipfel des inneren Hochlandes gewann, und in 5 Stunden langsamen KameelschritteS erreichte Roß daS Rordmde der Schlucht. Der Felshügel am Ausgange derselben (Dere Aghzy), an dessen Fuß sich der östlichere Karadagh Tschai (ÄrnaS Tschai) mit dem westlichern Kassaba Tschai vereint, auf dessm Spitze die antiken und mittelalterlichen Ruinm hervorragen, hörte der Reisende mit dem Namen Tschischame (wol Mißverständ­ niß statt Tscheschme, d. i. Brunnen) nennen, und dieostwärtS liegmde Cathedrale mit dem noch bestehenden Kirchengewölbe wurde ihm als Heiligthum der Anargyri (byzantinische Bezeichnung der ohne Bezahlung heilenden Aerzte, der heiligen CoSmaS und DamianuS) genannt. Ob der ältere Name Trabala hier, den ihm Leake und Fellow- beigelegt, der richtige fei, blieb ihm zweifelhaft. Die Ruinen der Stadt Myra wurden nach Cockerell zuerst von Ch. Fellows^") erforscht, da Capt. Beaufort zwar die Lage der Stadt wieder entdeckt, aber wegen ihres größerm Ab80) Cb. Fellows, Account of Disc. 1. c. p. 196—204.

1150

Klein-After».

§. 40.

standeS vom Meere nicht besucht hatte. Sie ist eine Capitale Lyeiend und wird als selche auch scheu unter den 6 Hauptstädten bei Artemidorus und Strato (XIV. 665) mit aufgezählt, und letz­ terer bemerkt nur, daß sie auf einem hohen Berge eine Stunde (20 Stadien, waS nach Seafe der heutigen Distanz noch genau entsprechen fest)381) fern vom Meere liege; auch PliniuS ist schweigsam über sie und nennt nur zuerst ihren Hafenort Andriaca und dann erst die Stadt Myra (Plin. H. N. V. 27, 100). Nur in Brutus und LentuluS Expedition gegen die Kleinasiaten, denen sie Contributien auferlegten, wurde auch Myra, nachdem die Kette ihrer Hafenstadt, welche Appian als solche ausdrücklich nennt, gesprengt war, durch eine Summe an Gold und Silber, die sie zahlen mußte, hart mitgenommen (Appian. Alex, de Bell. Civil. IV. 636), woraus sich ihre Bedeutung ermessen läßt, wie auS einem andern Wahrzeichen, der Große des TheaterS, welches beweist, daß sie sehr völkerreich gewesen sein muß, da das Gr'ößenmaaß der Theater der alten Städte immer im Verhältniß zu ihrer Population zu stehen pflegt. Je schweigsamer die Geschichte über diese Stadt geblieben, desto redender sind ihre Tenkmale geblieben. Das Theater zu Myra hatte schon Cockerell zu den grö­ ßeren Kleinasiens gezählt8-); es hat einen äußeren Durchmesser von 360 Fuß, einen inneren der Area von 120 und eine von andern etwas abweichende Eonstructiou; es gehört zu den bestgebauten und gut erhaltenen, obwol die innere Area etwa mit 6 Fuß Schutt be­ deckt ist, auf der ein Weizenfeld über die unteren Stufen gebaut ward; die oberen Sitzreihen sind verschwunden. Der Felskam­ mern sind hier verhältuißmäßig gegen Telmesius und andere Orte nur wenige, zahlreichere Grabstätten mögen in Sarcophagen vorhanden gewesen sein, von denen aber viele verschwunden sind. Die jetzt noch sichtbaren Felsengräber können nicht für eine einzige Generation der volkreichen Stadt hinreichend gewesen sein, doch sind sie sehr gräumig und offenbar für ganze Geschlechter bestimmt gewesen. Einige haben kleine Kammern, die durch gegenseitige Ein­ gänge in Verbindung standen und sich durch ganz -besondere innere Einrichtungen auszeichneten. Die Außenseiten sind durch schöne Ornamentirungen und ganze Statuen bereichert, die auch in den benachbarten Felsen in Reliefs ausgehauen sind, im keuschen lyci"0 Col. M. Leake, Journal Asia Minor 1. c. p. 183. p. 183, 321, 328.

•0 Ebemdas.

L-cienS Südküste, Myra.

1151

schen Style und fast ohne Ausnahme.mit Inschriften in lyti­ schen Schriftzügen;

den Gräbern selbst fehlen die Inschriften.

DaS Frontispiz einer Grabkammer mit Pilaster an der Basis, mit Löwenköpfen und oben mit dem Relief eines Löwenkopfes hat Fel­ lows (p. 197) abgebildet; eS hatten sich daran die Spuren früherer Färbung erhalten.

Auch die Basreliefs im Innern mehrerer Fels­

kammern, die zu den am besten erhaltenen gehören, erinnerten durch ihre Malerei an etruskische Darstellung; selbst die Schriftzeichen sind noch abwechselnd roth und blau geblieben.

Von einer

sehr schönen Felskammer und ihren Reliefs im Innern, in rother und blauer Färbung,

hat Fellows drei Tafeln mit Abbildungm

von großer Schönheit gegeben, an denen auch Gruppen die Fels­ wände hinter derselben zieren; Inschriften fehlen. Ueber die Ebene von Myra, sagt Fellows, sind viele Ruinen umher zerstreut, aber der Untersuchung nicht zugängig, weil sie mit Kornfeldern über­ wuchert sind oder in Sümpfen liegen. Vom Theater aus über­ blickt man doch eine ziemliche Menge bis zu den höchsten Felsenspitzen emporsteigender Felsgräber^), die alle im altlycischen Bal­ kenstyl und manche mit Sculpturen und menschlichen Gruppen versehen sind.

Nach der sehr unsichern Angabe der Bewohner sollten

noch hoch hinauf über die Schneeberge viele Ruinen, vielleicht von einigen Forts, liegen, die aber nicht besucht wurden;

denn

Fellows setzte von Myra seine Wanderung am 29. April nach der noch 9 Stunden von hier entfernten Phineka fort. Spratt brachte den 21. März (1842)mit Besuch der Rui­ nen von Myra zu,

zunächst der reichen Gruppe der

genannten

FelSgräber mit ihren Ornamenten und Reliefs, von denen viele von großer Eleganz und Nettigkeit sind, und Beweis genug von dem Wohlstände, ja Reichthum der Bewohner von Myra wie von ihrem Kunstsinne geben;'sie sind fast alle in dem schen genannten lyrischen Holzbalkenstyl, der so pittoreske Gruppen unter ihnen darbietet und die weit schönere Effekte nach dem Urtheile eines menschlichen Augen­ zeugen für die Anschauung hervorbringen als selbst die zu Petra in Arabien berühmte Felsenstadt.

Vorzüglich suchte man nach neuen

Inschriften und fand wirklich noch mehrere griechische und lyrische auf, die früher noch nicht copirt waren. Besonders fiel das große Theater^) durch seine Lage so dicht unter der überhängenden

8S) S. Platte p. 200. 84) Spratt and Forbes, Trav. Vol. I. p. 130. 8S) S. d. Titelkupfer bei Spratt Vol. I.: Myra.

1152

Klein-Asien.

§. 40.

Necropole auf, wo der Sitz der Lebenden sich so dicht zu den Todten herandrängte. Im zum Theil noch stehenden Proscenium fand man die Seitenflügel desselben mit corinthischen Säulen aus dem schönsten polirten Porphyr geschmückt, von dem noch eine Säule aufrecht stand. Zur Besteigung der Acropolis, welche Strabo offenbar bei seiner Angabe von Myra im Auge halte, war man so glücklich einen antiken in Felsen eingehauenen Treppenweg mit Stufen auf­ zufinden, auf dem man die steile Höhe erreichen konnte. Zur Seite deS Weges traf man einige Nischen, die wol zur Aufnahme von Botivtafeln bestimmt waren.

Außer Mauern von kleinen Bruch­

steinen aufgeführt, zeigt die Höhe nichts antikes, nur der Ueberblick der Landschaft vom Hafen Andriace bis Phineka, die zum Theil angebaut schien, lohnte den Weg.

Beim Hinabsteigen kam man an

der Nordseite der Stadt bei den vielen und oft prächtigen Felsen­ kammern vorüber, die schon Fellows abgebildet, und welche mehr als die Mausoleen von Königen und Fürsten erschienen wie von einfachen Bürgern einer Stadt; doch ist ihr Styl von einer etwas späteren Zeit als jene von TelmessuS und weniger vollendet aus­ gearbeitet, die Sculpturen gut erhalten, die Farbe etwas verblichen, die Köpfe schienen alle Familienporträts zu sein, keine idealen Gestalten. Mehrere neue Inschriften wurden aufgefunden und copirt. In den übrigen zahlreichen Ruinen der Stadt Myra und ihrer Umgebung herrscht große Zertrümmerung, eS sind alte Bauten, Colonnen, PiedestalS und viele Marmore mit Inschriften,

aber so

durcheinander geworfen und oft von oben nach unten gekehrt, daß die zusammengehörigen Theile schwer aufzufinden sind. L. Roß^) besuchte Myra im Anfang Juni 1844, nachdem er über Andraki und dem Kloster Sct. Nikolaos am dortigen Ge­ stade gelandet war; mit einem erfahrenen türkischen Führer bestieg er sogleich die Ostseite deS BurgfelsenS, wo die große Gräbergruppe gegen den Fluß hin auf ihrer Steilhöhe wie ein Vorgebirge gegen die Ebene abfällt. Welch ein Anblick, ruft er hier überrascht aus, die mächtigen Felswände hunderte und mehr Fuß empor mit den zierlichsten in lebenden Steinen ausgehauenen Grabkammern geschmückt zu sehen, in überwältigender Pracht, die einen wie Tempelfa