Die blütenlesende Muse
 9783823365525, 3823365525

Table of contents :
Inhalt
Vorbemerkung
Einleitung
Erster Teil - ÜBERLEGUNGEN ZUR TEXTUALITÄTDES ANTIKEN EPIGRAMMS
I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch
1.1 Das Epigramm als Einzeltext und Teil eines Buchganzen
1.2 Martial und das Buch
I 2. Von Byzanz nach Alexandria: Auf der Suchenach den verlorenen Büchern
2.1 Kephalas, die Anthologia Palatina und die Anthologia Planudea
2.2 Antike Anthologien I: Meleager
2.3 Antike Anthologien II: Philipp, Agathias und Diogenian
2.4 Monoauktoriale libelli
2.5 Weitere epigrammatische Textverbünde
I 3. Von der steinernen zur blütenlesenden Muse:Die Verbuchlichung des Epigramms
3.1 Die Genese des Buchepigramms
3.2 Die Transformation des Epigramms im Lichte einer analogenGattungsmetamorphose
I 4. Vom Accidental Reader zum wandernden Leser
4.1 Die Wegmetaphorik außerhalb des Epigramms
4.2 Der Accidental Reader und die Poetik des Steinepigramms
4.3 Der wandernde Leser
Zweiter TeilANALYSEAUSGEWÄHLTER EPIGRAMMKORPORA
II 1. Bunte Steine: Der Poseidipp-Papyrus
1.1 Der Poseidipp-Papyrus als materielles Artefakt
1.2 Rolling Stones – Steinerne Rolle: Die Eröffnungssequenz
II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos
2.1 Die Implikationen der Kranzmetaphorik
2.2 Meleager und Heliodora: Ein fragmentierter Liebesroman?
II 3. Lieben im Paradigma: Stratons Knabenmuse
3.1 Die condition pédérastique und ihre Folgen
3.2 Der Beginn der Knabenmuse
3.3 Polyseme Kränze à la Straton
3.4 Die Kunst der Knabenliebe
3.5 Ein besonderer Fall von Bibliophilie
3.6 Straton und Rufin – ein epigrammatischer Agon?
II 4. Horto carmina digna, non libello: Das CorpusPriapeorum
4.1 Die Hortopoetik der Priapeen
4.2 Das Arrangement der Carmina Priapea
4.3 Quilibet huc licebit intret: Eine metapoetische Einladung?
4.4 Sense of an ending
Testimonia für griechische Epigrammsammlungen
Bibliographie
Indizes
Index locorum

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CLASSICA MONACENSIA

Die blütenlesende Muse Poetik und Textualität antiker Epigrammsammlungen von Regina Höschele

Die blütenlesende Muse Poetik und Textualität antiker Epigrammsammlungen

CLASSICA MONACENSIA Münchener Studien zur Klassischen Philologie Herausgegeben von Niklas Holzberg und Martin Hose Band 37 · 2010

Regina Höschele

Die blütenlesende Muse Poetik und Textualität antiker Epigrammsammlungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2010 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.narr.de E-Mail: [email protected] Druck und Bindung: Laupp + Göbel, Nehren Printed in Germany ISSN 0941-4274 ISBN 978-3-8233-6552-5

Niklas Holzberg   

Inhalt VORBEMERKUNG ......................................................................................... IX EINLEITUNG.......................................................................................................1 I. ÜBERLEGUNGEN ZUR TEXTUALITÄT DES ANTIKEN EPIGRAMMS I 1. ANTIKE EPIGRAMME UND IHR SITZ IM BUCH ............................8 1.1 DAS EPIGRAMM ALS EINZELTEXT UND TEIL EINES BUCHGANZEN ...........10 1.1.1 Durchbrechung der maximalen Geschlossenheit ...........................10 1.1.2 Textualität antiker Gedichtbücher ...................................................13 1.1.3 Symposialdichtung oder Buchpoesie? .............................................27 1.2 MARTIAL UND DAS BUCH ...........................................................................38 1.2.1 Sed librum scribere difficile est .......................................................38 1.2.2 Exkurs: Plinius und der römische Literaturbetrieb........................46 1.2.3 Vom Buch zum Büchlein ...................................................................52 1.2.4 Texts to go: Martials Xenia und Apophoreta ..................................62 1.2.5 Die Martialische Frage ....................................................................65 I 2. VON BYZANZ NACH ALEXANDRIA: AUF DER SUCHE NACH DEN VERLORENEN BÜCHERN...........................................................69 2.1 KEPHALAS, DIE ANTHOLOGIA PALATINA UND DIE ANTHOLOGIA PLANUDEA ..................................................................................................69 2.2 ANTIKE ANTHOLOGIEN I: MELEAGER .......................................................72 2.2.1 Der Kranz in der Anthologia Palatina ............................................72 2.2.2 Der Kranz auf Papyrus?...................................................................74 2.3 ANTIKE ANTHOLOGIEN II: PHILIPP, AGATHIAS UND DIOGENIAN ............76 2.4 MONOAUKTORIALE LIBELLI .......................................................................80 2.5 WEITERE EPIGRAMMATISCHE TEXTVERBÜNDE .........................................83 I 3. VON DER STEINERNEN ZUR BLÜTENLESENDEN MUSE: DIE VERBUCHLICHUNG DES EPIGRAMMS ..........................................86 3.1 DIE G ENESE DES BUCHEPIGRAMMS ...........................................................89 3.2 DIE TRANSFORMATION DES EPIGRAMMS IM LICHTE EINER ANALOGEN GATTUNGSMETAMORPHOSE ......................................................................93 I 4. VOM ACCIDENTAL READER ZUM WANDERNDEN LESER.....100 4.1 DIE WEGMETAPHORIK AUßERHALB DES EPIGRAMMS .............................101 4.2 DER ACCIDENTAL READER UND DIE POETIK DES STEINEPIGRAMMS .......111 4.3 DER WANDERNDE LESER ..........................................................................122 4.3.1 Die Funktionalisierung der Wandermetapher bei Martial ..........123 4.3.2 Eine Reise durch griechische Epigrammbücher...........................130

viii II. ANALYSE AUSGEWÄHLTER EPIGRAMMKORPORA II 1. BUNTE STEINE: DER POSEIDIPP-PAPYRUS...............................148 1.1 DER POSEIDIPP-PAPYRUS ALS MATERIELLES A RTEFAKT ........................151 1.2 ROLLING STONES – STEINERNE ROLLE: D IE ERÖFFNUNGSSEQUENZ ......156 1.2.1 Die Struktur der   ..................................................................156 1.2.2 Die Poetik der bunten Steine..........................................................162 II 2. KRANZ UND KRANZESKRÄNZE: DER STEPHANOS................171 2.1 DIE I MPLIKATIONEN DER K RANZMETAPHORIK .......................................172 2.1.1 Verschlungen und verschnörkelt: Das Koronis-Gedicht..............172 2.1.2 Von der Knabenkorona zur Verkränzung des Dichters................176 2.1.3 Mélange à la Meleager...................................................................184 2.1.4 Kranz-Polysemien ...........................................................................187 2.2 MELEAGER UND H ELIODORA: EIN FRAGMENTIERTER LIEBESROMAN? .194 2.2.1 Kranz der Erinnerung: Der Beginn der Eröffnungssequenz........197 2.2.2 Heliodora als des Kranzes Kranz: Eröffnungssequenz Teil II.....208 2.2.3 Von grausamen Nägeln, Bienen und nächtlichen Umzügen ........215 2.2.4 Ballspiel und Liebestod: Das Ende des Zyklus .............................223 2.2.5 Tränen bis unter die Erde: An Heliodoras Grab (AP 7.476).......226 II 3. LIEBEN IM PARADIGMA: STRATONS KNABENMUSE ............230 3.1 DIE CONDITION PÉDÉRASTIQUE UND IHRE FOLGEN ..................................235 3.2  : DER BEGINN DER KNABENMUSE.......................241 3.3 POLYSEME K RÄNZE À LA STRATON .........................................................246 3.4 DIE K UNST DER KNABENLIEBE ................................................................250 3.5 EIN BESONDERER FALL VON BIBLIOPHILIE ..............................................259 3.6 STRATON UND RUFIN – EIN EPIGRAMMATISCHER AGON? ......................266 II 4. HORTO CARMINA DIGNA, NON LIBELLO: DAS CORPUS PRIAPEORUM ..........................................................................................272 4.1 DIE H ORTOPOETIK DER PRIAPEEN ...........................................................273 4.2 DAS ARRANGEMENT DER CARMINA PRIAPEA .........................................282 4.3 QUILIBET HUC LICEBIT INTRET: EINE METAPOETISCHE EINLADUNG?....288 4.4 SENSE OF AN ENDING ................................................................................295 TESTIMONIA FÜR GRIECHISCHE EPIGRAMMSAMMLUNGEN 308 BIBLIOGRAPHIE...........................................................................................323 INDIZES ............................................................................................................358

Vorbemerkung Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um die revidierte, um Indizes erweiterte und bezüglich der Forschungsliteratur soweit wie möglich auf den neuesten Stand gebrachte Fassung der gleichnamigen Untersuchung, die ich im Wintersemester 2006/2007 als Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München eingereicht habe. Einige Kapitel wurden mittlerweile in Aufsatzform publiziert, erscheinen hier jedoch zum Teil modifiziert und in den größeren Kontext integriert: Kap. I 4 basiert auf meinem Beitrag „The Traveling Reader: Journeys through Ancient Epigram Books“ in TAPA 137 (2007), Kap. II 2.2 auf „Meleager and Heliodora: A Love Story in Bits and Pieces?“ in I. Nilsson (ed.): Plotting with Eros (Kopenhagen 2009) und Kap. II 4.4 auf „Priape mis en abyme ou comment clore le recueil“ in F. Biville et. al. (edd.): „Les vers du plus nuls des poètes“ (Lyon 2008). Die Arbeit wurde im Rahmen des vom Elitenetzwerk Bayern geförderten Internationalen Doktorandenkollegs „Textualität in der Vormoderne“ unter der Betreuung von Professor Oliver Primavesi verfasst, dem ich an dieser Stelle für wertvolle Hinweise danken möchte. Darüber hinaus sei Claudia Wiener für die Übernahme des Korreferats, ihre Bereitschaft, im Juli 2006 gemeinsam ein Kolloquium zum antiken Epigramm zu organisieren, und ihre unschätzbare moralische Unterstützung herzlich gedankt. Dem IDK „Textualität in der Vormoderne“ sowie der Elisabeth-J.-Saal Stiftung gilt mein Dank für die Gewährung großzügiger Druckkostenzuschüsse, Amelie Sareika, der Lektorin des Gunter Narr Verlags, für ihre Hilfe bei der Drucklegung. Für fachliche Diskussionen, freundliche Kritik, das Zurverfügungstellen noch unveröffentlichter Manuskripte und bereitwilliges Korrekturlesen bin ich zahlreichen Freunden und Kollegen zu großem Dank verpflichtet. Neben meinen Mitkollegiaten möchte hier vor allem Marco Fantuzzi, Lucia Floridi, Roy Gibson, Kathryn Gutzwiller, David Konstan, Emmanuel Plantade, Évelyne Prioux, Irmgard MännleinRobert, Rhea Silvia Remus, Alexander Sens, David Sider und Isabella Wiegand danken. Besonderer Dank gebührt Caroline Hähnel und Margot Neger, welche die Endfassung des Buches gründlich durchsahen und mir bei der Fehlersuche unermüdlich halfen (  

 !!). Herzlich danken möchte ich darüber hinaus Peter Bing, der das fertige Manuskript in seiner Gänze las und die Arbeit durch seine Beobachtungen ungemein bereicherte.

x Die Blütenlesende Muse hat mich von der Alten in die Neue Welt begleitet. Meinen Kollegen in Toronto sei für ihr ausgesprochen freundliches Willkommen in Kanada und ihre Unterstützung bei Fertigstellung dieses Projekts vielfach gedankt. Ein herzliches Dankeschön auch an meine Familie und Freunde zu beiden Seiten des Atlantiks, die mir trotz der großen Entfernung nahegeblieben sind bzw. das fremde Land ein wenig zur Heimat gemacht haben. Widmen möchte ich das Buch Niklas Holzberg, ohne den diese Studie nicht denkbar wäre. Denn er war es, der zuerst meine Begeisterung für die griechische Sprache weckte, mich in die wunderbare Welt des antiken Epigramms einführte und mir über alle Fährnisse hinweg stets mit Rat und Tat zur Seite stand.

Toronto, im November 2009

Regina Höschele

Häufig verwendete Abkürzungen A-B AP APl B-G CEG CIL CLE FGE G-P GV IG L-P LSJ M-S Pf PMG SH T ThLL

Austin-Bastianini (vgl. Austin & Bastinini 2002) Antholologia Palatina Anthologia Planudea Bastianini-Gallazzi (vgl. Bastianini & Gallazzi 2001) Carmina epigraphica graeca (vgl. Hansen 1983-1989) Corpus inscriptionum latinarum Carmina latina epigraphica (vgl. Buecheler 1895-1926) Further Greek epigrams (vgl. Page 1981) Gow-Page (vgl. Gow & Page 1965 und 1968) Griechische Vers-Inschriften (vgl. Peek 1955) Inscriptiones Graecae E. Lobel und D. Page. Poetarum Lesbiorum Fragmenta, Oxford 1955. H.G. Liddell, R. Scott, H.S. Jones. Greek-English Lexicon, Oxford. Merkelbach-Stauber (vgl. Merkelbach & Stauber 1998-2002) R. Pfeiffer. Callimachus. 2 Bde., Oxford 1949-53. D.L. Page. Poetae Melici Graeci, Oxford 1962. H. Lloyd-Jones und P. Parson. Supplementum Hellenisticum, Berlin 1983. Testimonia (vgl. Appendix) Thesaurus Linguae Latinae

Einleitung

Du vereinigest alles, du dichtest und malest mit Blumen, Florens Kinder sind dir Farben und Worte zugleich. Goethe, Der neue Pausias und sein Blumenmädchen

Wie Plinius der Ältere berichtet, liebte der Maler Pausias von Sikyon ein Mädchen namens Glykera, die Erfinderin der Kranzbinderei: Angeregt durch die Kunst Glykeras, trat Pausias mit der Angebeteten in einen Wettstreit und fing seinerseits damit an, Blumen zu malen. Schließlich schuf er ein Bild, das die Geliebte mit einem Kranz zeigte – ein Gemälde, dem man den Titel #$%&!  bzw. #$%!&' verlieh und das zu besonderer Berühmtheit gelangen sollte (NH 35.125). Eine solch enge Symbiose von Kunst und Kranzflechten, wie sie sich in dieser Anekdote widerspiegelt, ist – ganz im Sinne des Diktums ut pictura poiesis – auch im Bereich der Literatur anzutreffen, namentlich in der Gattung Epigramm: Die wohl bedeutendste Anthologie der Antike, die Meleager von Gadara um 100 v.Chr. zusammenstellte, trug den Titel Stephanos und präsentierte ihren Herausgeber als jemanden, der die Gedichte früherer Autoren mit den eigenen zu einem Kranz verband. Und in der Tat hätte Meleager die Beschaffenheit seines Werkes, in dem einzelne Epigramme zu einem komplexen Geflecht vereint sind, kaum treffender beschreiben können. In Anlehnung an das von Meleager gewählte Bild lässt sich die Muse des Epigramms in doppeltem Sinne als „blüten-lesend“ charakterisieren: Zum einen, weil das Sammeln von Gedichten durch den Autor oder einen Editor aufs Engste mit der Kreation epigrammatischer Textverbünde gekoppelt ist; zum anderen, weil die im Medium des Buches erfolgende Lektüre der Epigramme eine Grundvoraussetzung für die adäquate Rezeption der sich im Hellenismus neu etablierenden Literaturform darstellt. Dass beide Arten des Lesens wesentliche Elemente epigrammatischer Textualität sind, ist jedenfalls die These, von welcher die vorliegende Studie ihren Ausgang nimmt und die sie weiter zu untermauern sucht. Das Epigramm wurde von klassischen Philologen bis vor kurzem eher stiefmütterlich behandelt, und wer sich mit ihm befasste, las die Gedichte zumeist als isolierte Entitäten, ohne dem Kontext, in den sie eingebettet sind bzw. waren, weitere Beachtung zu schenken – ein Verfahren, das auch bei der Auseinandersetzung mit antiken Ge-

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Einleitung

dichtbüchern anderer Gattungsprovenienz lange Zeit gängige Methode war. Die betreffenden Sammlungen sind jedoch normalerweise keine bloßen Konglomerate aus separat zu rezipierenden Texten, sondern erweisen sich bei näherem Hinsehen als kunstvoll strukturiert und für eine lineare Lektüre konzipiert. Zwar ist ein Großteil der griechischen Epigramme nur über Anthologien bzw. Anthologien von Anthologien auf uns gekommen, aber Kathryn Gutzwillers bahnbrechende Monographie „Poetic Garlands: Hellenistic Epigrams in Context“ aus dem Jahre 1998 hat überzeugend vorgeführt, dass das Medium Buch bereits im Hellenismus bei der Produktion und Rezeption von Epigrammen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte. Einige Jahre nach Erscheinen ihrer Arbeit wurde der Mailänder Poseidipp-Papyrus publiziert (Bastianini & Gallazzi, 2001), der umfangreiche Partien eines Gedichtbuches aus dem 3. Jh. v.Chr. enthält und uns somit gestattet, die Interaktion griechischer Epigramme innerhalb eines eventuell auktorialen Arrangements zu untersuchen. Außerdem liegen insbesondere zum Œuvre des römischen Epigrammatikers Martial mittlerweile mehrere Untersuchungen vor, die sich der Bedeutung des Buchkontextes für das semantische Potential der Gedichte bewusst sind und diesen in die Interpretation miteinbeziehen. Ausgehend von den jüngst gewonnenen Erkenntnissen zur Funktionsweise antiker Poesiebücher möchte ich mich im Folgenden mit epigrammatischen Textverbünden näher auseinandersetzen und weiterführende Reflexionen zu diesem textuellen Phänomen anstellen. Zwar wurden diverse Epigramme sowohl von gräzistischer als auch von latinistischer Seite aus bereits hinsichtlich ihrer Integration in literarische Kontexte untersucht, aber bislang existiert keine Arbeit, die beide Erscheinungsformen des antiken Epigramms, die griechische wie die römische, unter diesem Aspekt gemeinsam in den Blick nehmen würde. Die Anfertigung einer solchen Studie erschien mir unter anderem deshalb als lohnend, weil das Medium Buch in der Gattungsgeschichte vom Hellenismus bis in die Kaiserzeit eine herausragende Rolle spielte und sich über die sprachlich-kulturelle Grenze hinaus Kontinuitäten abzeichnen, die für ein umfassenderes Verständnis des Genres von höchstem Interesse sind. Denn nicht nur ist das lateinische Epigramm dem hellenistischen in vielfacher Weise verpflichtet, sondern die römischen libelli gestatten uns auch gewisse Rückschlüsse auf die Textualität und Poetik griechischer Epigrammbücher, die leider nur bruchstückhaft erhalten sind. Die Untersuchung ist in zwei Teile gegliedert (einen eher theoretisch und einen eher praktisch ausgerichteten), die einander wechselsei-

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tig bespiegeln sollten: Der erste Teil befasst sich allgemein mit der Situiertheit epigrammatischer Dichtung sowie den Implikationen, die der Übergang jener ursprünglich inschriftlichen Gattung vom Stein ins Buch hatte. Im Anschluss daran wird eine Reihe von Epigrammkorpora ausschnittsweise analysiert und es wird dargelegt, nach welchem poetischen Konzept die zur Interpretation ausgewählten Arrangements geschaffen sind und welche Dynamiken sich beim Lesevorgang jeweils entfalten. Hierbei werde ich insbesondere auf die Beteiligung des Lesers an der Sinnkonstituierung und auf mögliche Modi der Rezeption eingehen (meine Arbeit ist zwar keiner bestimmten Theorie verpflichtet, verdankt aber der Wirkungsästhetik wichtige Denkanstöße). Zugleich wird zu fragen sein, wie wir die Rolle des Autors bei der Kreation der jeweiligen Bücher zu bewerten haben: Gerade mit Blick auf hellenistische Epigramme ist zu klären, welchen Grad an Komponiertheit wir für die betreffenden Sammlungen voraussetzen dürfen. Angesichts des nahezu unüberschaubaren Textmaterials kann und will diese Arbeit keine erschöpfende Darstellung zum Genre des antiken Epigramms bieten, sondern anhand von Beispielen textualitätsspezifische Merkmale des Mediums Epigrammbuch betrachten. Dass man Epigramme tatsächlich für Bücher komponierte, mag auf den ersten Blick seltsam anmuten. Zunächst einmal erweisen sich epigrammatische Textverbünde, zumindest im Bereich der griechischen Literatur, mehrfach als instabil, da sich Rezipienten wiederholt dazu verleiten ließen, einzelne Texte zu exzerpieren und durch deren Kombination eigene Anthologien zu fertigen (die beständige De- und Rekontextualisierung der Gedichte kann mithin als Charakteristikum des Genres gelten). Zudem drängt sich die Frage auf, welcher Leser daran Interesse haben könnte, einen epigrammatischen libellus in seiner Gesamtheit zu rezipieren. Es ist dies eine Frage, die sich nicht nur uns als modernen Interpreten stellt – ganz im Gegenteil: Martial geht ausführlich auf die Probleme ein, die mit der Kreation von Epigrammbüchern verbunden sind. Immer wieder betont der römische Autor, er laufe aufgrund der Vielzahl seiner Gedichte Gefahr, den Leser zu langweilen, und lädt den Rezipienten selbstironisch dazu ein, seine Lektüre so kurz zu gestalten, wie er möchte. Die Implikationen von Martials „AntibuchPoetik“, die man in ihrer Seriosität schon deshalb anzweifeln darf, weil er ein Buch nach dem anderen produzierte, nehme ich im Rahmen meines ersten Kapitels, das sich allgemein mit der Interaktion von Einzeltext und Buchganzem befasst (I 1), in Augenschein. Kapitel I 2 legt, die Erkenntnisse früherer Gelehrter zusammenfassend, dar, welche Rückschlüsse die Papyrusfunde und byzantinischen

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Einleitung

Anthologien auf die Erscheinungsformen und möglichen Funktionsweisen griechischer Epigrammsammlungen zulassen und inwiefern wir noch Aussagen über das Arrangement der drei wichtigsten Anthologien (Meleagers und Philipps Stephanos sowie Agathias’ Kyklos) treffen können. In einem nächsten Schritt setze ich mich mit der Genese des sich aus inschriftlicher Dichtung entwickelnden Buchepigramms auseinander und führe die durch den Medienwechsel in Gang gesetzten Dynamiken vor. Etwa zeitgleich zur Entstehung des Buchepigramms lässt sich die Verwandlung von lyrischer, ursprünglich an einen oral-performativen Kontext gebundener Dichtung in Buchpoesie beobachten, die zahlreiche Parallelen zur Transformation des Epigramms aufweist. Vor dem Hintergrund jener analogen Gattungsmetamorphose werden die Konsequenzen, welche die „Verbuchlichung“ des Epigramms hatte, zunächst allgemein erörtert (I 3), bevor wir uns einem bestimmten Aspekt dieses Prozesses näher zuwenden: der Metamorphose des in Inschriften adressierten Wanderers in einen „wandernden“ Leser (I 4). Gezeigt wird hier, wie eine in der Antike gängige Metapher, die das Verfassen oder Rezipieren von Dichtung mit einer Fahrt gleichsetzte, im Kontext von Epigrammsammlungen dahingehend funktionalisiert werden konnte, dass sie Assoziationen mit der Rezeptionssituation epigraphischer Texte weckte: Die auf einer Papyrusrolle versammelten Epigramme lassen sich, so meine These, zumindest teilweise in einem fiktiven Raum verorten, den der Rezipient bei seiner Lektüre gleichsam durchquert. Ein Blick auf die Poetik von Steinepigrammen im Allgemeinen, wie sie sich in einigen ausgesprochen selbstreflexiven Inschriften widerspiegelt, sollte darüber hinaus die Ähnlichkeiten und Differenzen zwischen der Musa lapidaria und der blütenlesenden Muse ersichtlich machen. Der zweite Teil der Arbeit ist je zwei hellenistischen und kaiserzeitlichen Epigrammkorpora gewidmet: dem Mailänder Poseidipp-Papyrus, Meleagers Stephanos, Stratons Knabenmuse und den Carmina Priapea. Im Falle des Papyrus, der bei unseren Überlegungen schon deswegen nicht fehlen darf, weil er das früheste uns kenntliche Epigrammbuch überhaupt enthält, unterziehe ich nach einigen generellen Bemerkungen zur materiellen Beschaffenheit der Buchrolle und zur Funktion der paratextuellen Elemente exempli gratia die erste Sektion einer detaillierteren Untersuchung (II 1). Dabei wird zunächst erörtert, ob und inwiefern die Anordnung der darin versammelten, gemeinhin als  ( bezeichneten Epigramme (1-20 A-B) auf eine auktoriale Komposition hindeuten; im Anschluss daran führe ich vor, wie sich die Gedichte über Stei-

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ne als eine Art poetologischen Manifests lesen lassen und raffiniert mit dem ursprünglichen Medium epigrammatischer Dichtung spielen. Von Poseidipps Steinpanoptikum geht es in Kapitel II 2 weiter zu Meleagers Blütenlese: In der Anthologia Palatina sind mehrere längere Ausschnitte aus dem Kranz erkennbar, die uns einen Eindruck von der Subtilität seiner Komposition vermitteln und davon, wie es dem Autor gelang, durch Kombination eigener und fremder Texte eine Sammlung zu kreieren, die in vielerlei Hinsicht einzigartig ist. Nach einer Analyse der Kranzmetaphorik sollen die Wechselwirkungen zwischen Meleagers eigenen Epigrammen und denjenigen anderer Dichter anhand eines im Buch der *'$ ( enthaltenen Zyklus illustriert werden, der uns eine Liebesgeschichte in fragmentierter Form präsentiert und dessen Protagonistin Heliodora als Emblem für Meleagers Dichtung fungiert. Während zu Poseidipp und Meleager bereits mehrere wichtige Studien existieren, hat sich bisher kaum jemand mit Stratons +, ./ qua Epigrammbuch auseinandergesetzt, was umso verwunderlicher ist, als im 12. Buch der AP umfangreiche Partien jener Sammlung tradiert sind, die das vom Autor selbst geschaffene Arrangement widerspiegeln dürften. Die ausschließlich von der Liebe zu Knaben handelnden Epigramme konstituieren, wie das ihnen gewidmete Kapitel (II 3) demonstriert, ein Universum, das auf der vollständigen Paradigmatisierung päderastischer Leidenschaft basiert. Als konstitutiv für die Poetik der Sammlung erweist sich zudem, dass Straton durch seine Gedichte den impliziten – ebenfalls in der Rolle eines Päderasten erscheinenden – Leser zu eigenen erotischen Phantasien einlädt. Das letzte Kapitel (II 4) beschäftigt sich mit einem römischen libellus, dem Corpus Priapeorum, das von vielen Forschern bis heute als mehr oder minder willkürlich angeordnete Anthologie betrachtet wird. Dagegen möchte ich in Anknüpfung an einige jüngere Arbeiten darlegen, dass die Carmina Priapea ein mit Bedacht strukturiertes, von einem einzigen Autor angefertigtes Werk sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der Poetik der Epigramme zu, die als niveaulose „Gartenpoesie“ präsentiert werden und sich doch bei aller Obszönität als höchst gelehrt und anspielungsreich entpuppen. Darüber hinaus soll eine detaillierte Interpretation der Schlusssequenz deutlich machen, wie der Dichter gezielt einen „Sense of an ending“ erzeugt und Schritt für Schritt die Welt des ithyphallischen Gartengottes dekonstruiert. Gewiss gibt es sowohl im griechischen wie auch im römischen Bereich weitere Epigrammsammlungen, die eine Untersuchung sub specie libri verdienten (insbesondere das Werk des satirischen Dichters Lukil-

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lios wartet z.B. noch auf eine derartige Analyse), doch im Rahmen dieser Arbeit habe ich mich zunächst einmal auf einige Korpora beschränkt, deren Struktur entweder noch im Original erhalten ist oder doch in größerem Umfang rekonstruiert werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Epigramme, die eine Auswertung unter dem Aspekt des Buches gestatten, bald ebenfalls einer entsprechenden Analyse unterzogen werden.

Erster Teil ÜBERLEGUNGEN ZUR TEXTUALITÄT DES ANTIKEN EPIGRAMMS

I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch

M. de Racan alla voir un jour Mademoiselle de Gournay, qui lui fit voir des Epigrammes qu’elle avoit faites, & lui en demanda son sentiment. M. de Racan lui dit qu’il n’y avoit rien de bon, & et qu’elles n’avoient pas de pointe. Mademoiselle de Gournay lui dit, qu’il ne falloit pas prendre garde à cela, que c’étoient des Epigrammes à la Grecque. Ils allérent ensuite dîner ensemble chez M. de Lorme Médecin des eaux de Bourbon. M. de Lorme leur aïant fait servir un potage qui n’étoit pas fort bon, Mademoiselle de Gournay se tourna du côté de M. de Racan, & lui dit: Monsieur, voilà une méchante soupe. Mademoiselle, repartit Monsieur de Racan, c’est une soupe à la grecque. Cela se répandit tellement qu’on ne parloit en plusieurs endroits que de soupe à la grecque pour dire, un méchant potage: & pour marquer un méchant Cuisinier, on disoit: Il fait de la soupe à la grecque.1

Griechische Epigramme sind uns in großer Zahl durch die Anthologia Palatina überliefert, und wer alle rund 3700 Gedichte jener Sammlung gelesen hat, weiß, dass die polemische Charakterisierung des Epigramms à la grecque als „rien de bon“ nicht jeglicher Grundlage entbehrt – zumindest dann, wenn man von diesen Texten Unterhaltung im Sinne eines M. de Racan erwartet. Die Auffassung, dass Epigramme eine witzige Pointe enthalten müssten, steht in engem Zusammenhang mit den oft normativen Poetiken der frühen Neuzeit.2 Den meisten Theoretikern und Dichtern jener Epoche diente das satirisch-skoptische Œuvre des römischen Epigrammatikers Martial als Modell, welches bis heute das Bild der Gattung entscheidend prägt. Zwar fühlte sich nicht jeder in demselben Maße von Martial angezogen – der venezianische Humanist Andrea Navagero (1483-1529) etwa soll dessen Poesie so verabscheut haben, dass er alljährlich eine Ausgabe in feierlichem Ritual verbrannte.3 Doch galt Martials Gedichtaufbau nicht zuletzt Lessing als beispielhaft, der sich in seinen „Zerstreuten Anmerkungen über das Epigramm“ aus dem Jahre 1771 mit dem Genre befasste. Das Wesen des Epigramms lässt sich freilich nicht ohne weiteres bestimmen oder gar auf die von Lessing konstatierte Zweiteilung in 1 2

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Gilles Ménage, zitiert nach Buisset (2003), 21. Zu neuzeitlichen Epigrammtheorien vgl. Lausberg (1982), 78-87; Hess (1989), 3058; Adler (1998) und Buisset (2003), 15-27. So berichten A. Bauderon de Sénecé und Paolo Giovio; vgl. Buisset (2003), 35.

I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch

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„Erwartung“ und „Aufschluss“ reduzieren.4 Selbst wenn wir die Geschichte der Gattung nicht von den Anfängen bis in die Moderne verfolgen, sondern uns auf die epigrammatische Dichtung des Altertums beschränken, ist das Genre nur äußerst schwer zu definieren. Denn schon für die Antike gilt, dass sich, ausgehend von inschriftlichen Ursprüngen, schier unzählige Typen und Subgenera entwickelten. Obgleich Epigramme im damaligen Literaturbetrieb offensichtlich eine wichtige Rolle spielten, ist uns keine explizite Gattungstheorie überliefert.5 Zwar wissen wir, dass der hellenistische Autor Neoptolemos von Parion ein Werk &0 *&($' verfasste,6 aber inhaltlich ist diese Abhandlung nicht mehr greifbar,7 und in den großen Poetiken der Antike ist das Epigramm nicht thematisiert. Der Mangel an derartigen Traktaten wird allerdings dadurch ausgeglichen, dass, wie Peter Hess es formulierte, „kaum eine literarische Gattung […] je so laut über sich nachgedacht [hat] wie das Epigramm“.8 Dies trifft auch und gerade auf griechisch-römische Epigramme zu, deren Autoren sich nicht selten programmatisch über ihre Dichtung äußern.9 In solchen Aussagen spiegelt sich eine implizite Theorie wider, die für unser Verständnis des Gattungsdiskurses ohnehin von größerer Bedeutung sein dürfte als es explizite Erörterungen wären. Denn die „generic self-awareness“ antiker Dichter ist, wie Farrell (2003) betont, oft weitaus subtiler und ausgeklügelter als die von zeitgenössischen Philosophen und Philologen stammenden Beobachtungen. Zur Erfassung epigrammatischer Textualität werden wir uns also im Laufe der vorliegenden Untersuchung kontinuierlich mit der textimmanenten Poetik antiker Epigramme und Epigrammsammlungen auseinanderzusetzen haben.

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So wie der Anblick eines Denkmals in uns eine gewisse Spannung weckt, die sich bei Lektüre der erklärenden Aufschrift löst, wird nach Lessing die im ersten Teil eines Epigramms erregte Neugierde durch dessen pointierten Schluss befriedigt. Zu Lessings Epigrammtheorie vgl. Citroni (1969) und Lausberg (1982), 84-6. Zu verstreuten Resten antiker Epigrammtheorie vgl. Lausberg (1982), 31-7. F 7 in Mette (1980). Vgl. Lausberg (1982), 34. Dasselbe gilt für den Traktat De urbanitate des Domitius Marsus. Laut Ramage (1959), 254 und (1973), 106 diente die Schrift dazu, das Epigramm als eigenständige Literaturform in Rom zu etablieren; skeptisch demgegenüber zeigen sich Mariotti (1963), 590 Anm. 6 und 610 Anm. 78 sowie Lausberg (1982), 34. Hess (1989), 1. Vgl. Lausberg (1982), 37-63.

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I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch

1.1 Das Epigramm als Einzeltext und Teil eines Buchganzen Betrachten wir das antike Epigramm unter textualitätsspezifischen Gesichtspunkten, so geht es nicht lediglich darum, die Wesensmerkmale des einzelnen Gedichts herauszuarbeiten, sondern auch um die Frage, wie man sich Epigramme als Komponenten eines größeren Textverbundes zu denken hat, sind sie in der Regel doch nicht isoliert, sondern innerhalb von Gedichtbüchern oder Anthologien überliefert. Im Folgenden werde ich zuerst einige Überlegungen zur Funktionsweise des Epigramms als Einzeltext und Teil eines Buchganzen anstellen und in einem nächsten Schritt die Textualität von Epigrammsammlungen vor dem Hintergrund von Gedichtbüchern anderer Gattungszugehörigkeit näher beleuchten (unter Gedichtbüchern seien auktoriale Sammlungen verstanden, die über einen hohen Grad an Komponiertheit verfügen 10). Ausgehend von den Erkenntnissen, welche die jüngere Forschung im Umgang mit jenen Kompositionen gewonnen hat, sollte es möglich sein, Rückschlüsse auf die bei der Lektüre von Epigrammbüchern in Gang gesetzten Dynamiken zu ziehen und zugleich potentielle Unterschiede in der textuellen Beschaffenheit epigrammatischer und nichtepigrammatischer Arrangements aufzuzeigen.

1.1.1 Durchbrechung der maximalen Geschlossenheit Bei aller Heterogenität bezüglich des Inhalts – das thematische Spektrum umfasst u.a. Totenklagen, Weihgaben, Rätsel, Liebes- und Spottgedichte sowie Beschreibungen von Kunstwerken – gilt für sämtliche Epigramme, dass es sich um Texte mit einem Höchstgrad an Geschlossenheit handelt – ein Phänomen, das Barbara Herrnstein Smith als „maximal closure“ bezeichnet hat.11 Gemeint ist hiermit, dass ein Gedicht so stringent strukturiert und so effektvoll abgeschlossen ist, dass eine Fortsetzung nach dem letzten Vers quasi unmöglich erscheint bzw. die poetische Wirkung erheblich verringern würde.12 Besonders geschlos-

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Es sind uns auch Bücher bzw. Nachrichten von verlorenen Gedichtausgaben überliefert, die nicht auf die Verfasser zurückgehen. Das gilt z.B. für die von den Alexandrinern besorgten Editionen frühgriechischer Lyriker (vgl. Pfeiffer 1978). Man sollte allerdings bedenken, dass deren Anordnung in der Rezeption mitunter Praktiken der Buchkomposition beeinflusste; vgl. Barchiesi (2005), 339-41. Herrnstein Smith (1968), 197. Vgl. Herrnstein Smith (1968), 197: „In such a poem, every element would be designed to set up or secure the conclusiveness of its conclusion.“

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sen wirken dabei die in eine Pointe endenden Epigramme, zumal dann, wenn eine solche durch das letzte Wort geliefert wird.13 Die In-sich-Geschlossenheit epigrammatischer Texte legt an sich nahe, diese einzeln und für sich genommen zu rezipieren. Freilich stellen viele Epigramme gerade aufgrund ihrer Knappheit besondere Anforderungen an den Leser, der dazu eingeladen oder sogar gezwungen wird, bestimmte Leerstellen im Iserschen Sinne14 selbstständig aufzufüllen (Peter Bing hat hierfür den Begriff „Ergänzungsspiel“ geprägt15). Die Tatsache, dass der Rezipient sich in hohem Maße an der Sinnkonstituierung zu beteiligen hat, konterkariert in gewisser Weise den sich zunächst ergebenden Eindruck von größtmöglicher Geschlossenheit. Zwar gilt für jede Art von Text, dass der Leser sich mit diversen blancs konfrontiert sieht und durch deren Auffüllen zur Sinnstiftung beiträgt, aber Epigramme erfordern eben infolge ihrer Kürze und den dadurch bedingten Aussparungen eine außergewöhnlich intensive Mitarbeit des Rezipienten. Dieser muss die in wenigen Worten skizzierte Situation blitzschnell erfassen und den Kontext, in dem das Epigramm bzw. die darin getätigte Aussage zu denken ist, eigenhändig (re-)konstruieren.16 Epigramme sind insofern autark, als wir aufgrund der gegebenen Informationen im Stande sein sollten, die betreffenden Gedichte zu verstehen; dies gestaltet sich jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich leicht bzw. schwer. Denn oftmals setzen antike Epigramme beim Leser die Kenntnis einer langen literarischen Tradition bzw. bestimmter Prätexte voraus. Durch archi- und hypotextuelle Elemente ergeben sich für das einzelne Gedicht neue Sinndimensionen, die eine weitere Öffnung des Textes bewirken. So ist unter der Oberfläche von Epigrammen häufig palimpsestartig der Text eines anderen Gedichts zu erkennen,17 vor allem, wenn wir es mit Variationen bereits behandelter Sujets zu tun haben.18 Freilich ist auch eine sich auf den bloßen Wortlaut beschränkende Lektüre prinzipiell möglich (und angesichts der Tatsache, dass 13

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Laurens (1989), 56 sieht in der „forme fermée“ sogar ein Kriterium, mithilfe dessen man Epigramme von Kurzelegien unterscheiden könne. Zum Verhältnis von Epigramm und Elegie vgl. auch Gentili (1968). Vgl. z.B. Iser (1975), 234-41. Leerstellen erzeugen einen Auslegungsspielraum und sind durch den Text selbst nicht zu beseitigen. Sie können – je nach Vorwissen des Rezipienten – unterschiedlich aufgefüllt werden, so dass sich bei einem second reading oftmals ein ganz anderer Eindruck ergibt als bei der Erstlektüre. Vgl. Bing (1995). Vgl. Hess (1989), 17. Zur Palimpsesthaftigkeit literarischer Texte vgl. Genette (1982). Zum Phänomen der variatio vgl. Ludwig (1968), Tarán (1979), Laurens (1989), 89-96, Gutzwiller (1998a), 238-57.

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uns nur ein geringer Teil potentieller Prätexte überliefert ist, können wir oftmals auch gar nicht weiter gehen). Neben Leerstellen und intertextuellen Bezügen gibt es noch ein drittes Moment, das den vordergründigen Eindruck von Geschlossenheit unterläuft: Da die meisten Epigramme nicht mehr als zwei, vier oder sechs Verse umfassen, verwundert es nicht, dass sie primär innerhalb von Sammlungen überliefert sind – die Überdauerungschancen so kurzer Texte wären bei separater Tradierung äußerst gering –, und eben der Sammlungskontext wirkt sich, wie ich behaupten möchte, in vielen Fällen auf die Bedeutung der einzelnen Textbausteine aus. Mit dieser These stelle ich mich in direkte Opposition zu Hess, der versuchte, zu einer „allgemeingültigen historisch-deskriptiven Gattungsdefinition zu gelangen“19 und dabei Kotextisolierung zu einem gattungskonstituierenden Element erklärte. Unter „Kotexten“ versteht er „das linguistische, textuelle Umfeld“ und meint, dass „kein innerer Zusammenhang zwischen aufeinanderfolgenden Epigrammtexten, kein kotextueller Zusammenhang von Epigrammreihen“ bestehe;20 einzig Zyklen zieht er als Ausnahme in Erwägung. Von einer solchen Isolierung sollte man allerdings nur dann sprechen, wenn Epigramme willkürlich in einer Anthologie vereint sind, in welcher der Leser aufs Geratewohl blättert und mal hier, mal da ein Gedicht zur Lektüre auswählt. Doch eben dies trifft auf viele griechisch-römische Epigrammsammlungen und ihre ursprüngliche Rezeption vermutlich nicht zu. Welche Textverbünde tradiert sind und welche Testimonien auf die Existenz verlorener Epigrammbücher hinweisen, wird weiter unten erläutert (Kap. I 2). Vorweg sei gesagt, dass es durchaus Kompilationen ohne jeglichen künstlerischen Anspruch gab; daneben existierten aber auch genuin literarische Sammlungen, deren Epigramme in vielfacher Weise zueinander in Bezug traten. Nützlich ist in diesem Zusammenhang Argentieris Differenzierung dreier Sammlungstypen (1998). Als Sylloge bezeichnet er eine bloße Kompilation von Epigrammen eines oder mehrerer Autoren. Davon grenzt er zwei Formen kunstvoller Textverbünde ab: Auf der einen Seite steht der libellus, bei dem es sich um ein Arrangement von Gedichten eines einzelnen Autors handelt, auf der anderen Seite die Anthologie (eine multiauktoriale Epigrammsammlung im Stil des Melea-

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Hess (1989), 3. Hess (1989), 8. Das Kriterium der kotextuellen Isolation ist der Aphorismusforschung entnommen; vgl. Fricke (1984), (1992) und (1997).

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ger-Kranzes 21). Die textualitätsspezifischen Unterschiede der drei Medien bringt Argentieri wie folgt auf den Punkt: „la silloge, in cui si compila senza creare; il libellus, in cui si crea senza compilare; l’anthologia, in cui si compila per creare.“22 Verglichen mit anderen Gedichtbüchern (zumal aus römischer Zeit) verfügen epigrammatische Textverbünde zwar über eine weitaus geringere Stabilität – gerade die kontinuierliche Auflösung von Arrangements und beständige Kreation neuer kotextueller Zusammenhänge wird sich als Charakteristikum des Genres erweisen –, allerdings kann in ihnen zumindest temporär Kohärenz erzeugt werden. Im Falle griechischer Epigramme stehen wir freilich vor dem Problem, dass diese uns zum größten Teil nur durch Anthologien tradiert sind; aber es finden sich in der Anthologia Palatina noch immer Spuren der ursprünglichen libelli bzw. multiauktorialen Sammlungen (vgl. Kap. I 2), die Rückschlüsse auf deren Funktionsweise zulassen. Bevor wir uns jedoch epigrammatischen Sammlungen per se zuwenden, sei als Erstes ein Blick auf antike Gedichtbücher im Allgemeinen geworfen.

1.1.2 Textualität antiker Gedichtbücher Die Textualität von Gedichtbüchern unterscheidet sich fraglos fundamental von derjenigen fortlaufender Erzählungen, wie sie uns etwa der moderne Roman oder das antike Epos bieten: Das Textganze setzt sich hier aus einer Vielzahl von Bausteinen zusammen, die ein autonomes Einzelleben führen und zugleich mit umgebenden Gedichten interagieren. Zudem kann die Linearität des Arrangements von Seiten des Lesers jederzeit durchbrochen werden, ohne dass dieser mit größeren Verständnisschwierigkeiten konfrontiert sein dürfte, was bei einer traditionellen Narration nicht ohne weiteres funktioniert. Wie wir sehen werden, ist die solchen Kompositionen inhärente Spannung zwischen Buch und Einzelgedicht im Falle von Epigrammsammlungen besonders stark; denn gerade die Kürze und Geschlossenheit, wo nicht Pointiertheit, von Epigrammen scheint einer Kohärenz des Ensembles prima facie entgegenzuwirken. 21

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Ich benutze den Begriff „Multiauktorialität“ nicht in dem Sinne, dass mehrere Autoren an der Zusammenstellung des Arrangements beteiligt waren, sondern mit Blick darauf, dass der Textverbund Epigramme mehrerer Autoren enthält. Argentieri (1998), 2. Da der Terminus „Anthologie“ bereits fest im üblichen Sprachgebrauch etabliert ist, werde ich ihn allerdings nicht ausschließlich in jener engen Bedeutung verwenden.

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Jüngere Untersuchungen vermochten überzeugend darzulegen, dass antike Poesiebücher in der Regel für eine lineare Lektüre konzipiert waren und dass die Einbettung der einzelnen Texte in die Sammlung sowie Querverbindungen zu anderen darin befindlichen Gedichten sich erheblich auf deren Sinnpotential auswirkt. Was buchinterne Verweismechanismen betrifft, lassen sich generell zwei Arten von Sequenzialität unterscheiden: Zum einen können thematisch verwandte, mitunter quer über das Buch verteilte Texte Zyklen bilden und damit innerhalb der Sammlung eine mikrotextuelle Einheit konstituieren.23 Zum anderen ist möglich, dass juxtaponierte Gedichte zueinander in Bezug treten, wobei gerade der Übergang von einem Gedicht zum nächsten oftmals überraschende Effekte mit sich bringt.24 Darüber hinaus können sich auf paradigmatischer wie syntagmatischer Achse verschiedene Dynamiken entfalten25: Während ein Dichten im Paradigma, das auf dem wiederholten Durchspielen bestimmter Motive beruht, eine eindeutige Strukturierung unmöglich macht (die Texte erscheinen letzten Endes untereinander austauschbar), schafft eine syntagmatische Diskursverflechtung lineare Kohärenz. Dieses Wechselspiel sei kurz anhand der römischen Liebeselegie veranschaulicht: Zur paradigmatischen Ebene gehören hier die drei immer wieder evozierten gattungsspezifischen Topoi servitium amoris, militia amoris und foedus aeternum – in Anbetracht jener Komponenten wäre es prinzipiell egal, in welcher Reihenfolge man die Gedichte liest, da der poeta-amator stets aufs Neue sein Leiden an der Liebe beklagt, seine uneingeschränkte Dienstbereitschaft beteuert und seiner Hoffnung auf einen ewigen Bund mit der Geliebten trotz aller Rückschläge Ausdruck verleiht. Zugleich sind die Bücher von Tibull, Properz und Ovid aber so angelegt, dass man sie als „fragmentierte Liebesromane“ rezipieren kann: Die aufeinander folgenden Elegien präsentieren uns verschiedene Szenen der jeweiligen histoire d’amour; auch wenn es sich keineswegs um stringente Erzählungen handelt und einzelne Elemente durchaus

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Zu dem Begriff „Zyklus“ vgl. S. 195. Zu Sequenzen bei Horaz vgl. Barchiesi (1997b). Zum Phänomen der Juxtaposition bei Martial vgl. jetzt Fitzgerald (2007). Die Begriffe sind der strukturalistischen, aus Saussures Linguistik entsprungenen Literaturkritik entnommen. Paradigmatisch aufeinander bezogene Zeichen sind untereinander austauschbar (= vertikale Ebene), in syntagmatischer Relation zueinander stehende Zeichen bilden eine semantisch zusammenhängende Einheit (= horizontale Ebene); vgl. Happ (1985). Zu paradigmatischen und syntagmatischen Effekten in der Briefsammlung des Plinius vgl. Marchesi (2008), 16-27.

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miteinander vertauschbar sind, ergibt sich durch die Gedichtsequenz eine Form von narratio.26 Dass wir in einer Sammlung, die ein Autor von seinen eigenen Gedichten anlegt, mit einer Semantisierung des Buchkontextes rechnen dürfen, wird unmittelbar einleuchten. Klassische Philologen machten sich jedoch erst während der letzten Jahrzehnte bewusst, welch maßgebende Rolle das Buchganze für die Interpretation der einzelnen Bestandteile spielt.27 Mit dem Phänomen des Gedichtbuches hatten sich zwar bereits Kroll und Port in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts auseinandergesetzt,28 aber es sollte noch längere Zeit dauern, bis die Signifikanz dieses Phänomens, insbesondere die Implikationen einer linearen Lektüre, umfassend erkannt wurden. So waren einzelne Gelehrte immer wieder darum bemüht, die Texte in der Reihenfolge ihrer (mutmaßlichen) Entstehungszeit zu deuten – ein Verfahren, das von ausgeprägt historistischem Denken zeugt und die poetische Konzeption von Gedichtsammlungen völlig außer Acht lässt. Einen Meilenstein innerhalb der Forschung markiert der 1980 veröffentlichte Arethusa-Band (13.1), der mehrere Beiträge zum Thema „augusteische Gedichtbücher“ vereint. Zwar hatte sich schon in früheren Arbeiten ein allmählicher Paradigmenwechsel bemerkbar gemacht; 29 da aber hier erstmals ein ganzer Zeitschriftenfaszikel dem Medium „Gedichtbuch“ gewidmet ist, sei dieser stellvertretend für all jene Untersuchungen genannt, in denen sich die neue Betrachtungsweise widerspiegelt. Van Sickle beschreibt in seinem Artikel z.B., wie sich die pragmatischen Gegebenheiten der Buchrolle auf das Leseverhalten auswirkten, und führt anhand der Eklogen vor, wie ein römisches Gedichtbuch sich als von vornherein intendierte Einheit erweisen kann: The evidence of multiple and interwoven patterns and progressive variation suggests that each eclogue must have been worked out and rewritten in relation to the others. No one was finished till all were done. The parts, finally, were subordinate to the whole.30

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Vgl. z.B. Holzbergs (2001), 39-40 Beobachtungen zur Monobiblos des Properz; zu Elegie und Narratologie jetzt auch Liveley & Salzman-Mitchell (2008). Zum Phänomen „Gedichtbuch“ vgl. jetzt auch Wulfram (2008), 137-52. Vgl. Kroll (1924) und Port (1926). Strukturuntersuchungen sind an sich nichts Neues. Im Falle von Horaz waren Forscher z.B. schon früh darum bemüht, die Anordnungsprinzipien der Oden zu ermitteln; ihr Vorgehen wirkt aber oft zu mechanisch; vgl. Santirocco (1986), 3-5. Van Sickle (1980), 30. Vgl. auch Van Sickle (2004).

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Der Frage nach der historischen Entwicklung des antiken Gedichtbuchs widmet sich Nita Krevans in ihrer (unveröffentlichten) Dissertation „The Poet as Editor“ (1984). Sie sieht dessen Genese durch verschiedene Faktoren begünstigt, die in Zusammenhang mit der alexandrinischen Gelehrtentätigkeit stehen.31 Vor allem die von hellenistischen Philologen vorgenommene Konservierung und Edition früherer Texte war wohl für die Entstehung auktorialer Gedichtbücher von Bedeutung. Denn nicht zuletzt die intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit bereits vorhandener Literatur führte zur Herausbildung einer neuen Konzeption von Dichtung, die nunmehr unweigerlich an das Medium Schrift gebunden war – und nicht mehr an einen spezifischen Aufführungskontext.32 Es sollte zudem nicht überraschen, wenn jemand, der sich z.B. um die Herausgabe von Lyrikern bemühte oder deren Lieder in bereits existierenden Editionen antraf, seine eigenen Gedichte von vornherein für einen Buchkontext verfasste bzw. zunächst anderweitig verwendetes Material in einen solchen integrierte.33 Ja, gerade die alexandrinische Sammlerfreude, die ständige Konfrontation mit der Frage, wie die zusammengetragene Textmasse am besten zu klassifizieren und anzuordnen sei, dürfte in dem Moment, wo sich Dichtergelehrte an die Edition eigener Texte machten, dazu beigetragen haben, dass sie ein ausgeklügeltes Arrangement anstrebten. Das eher mechanische Archivieren älterer Texte inspirierte somit eine neue Form poetischer creatio, deren Ziel es war, einzelne literarische Erzeugnisse zu einem Gesamtkunstwerk zusammenzuführen.34 Gegen Überlegungen dieser Art gab Santirocco zu bedenken, man dürfe den Einfluss der alexandrinischen Philologie auf die Dichtung nicht überschätzen, da die jeweiligen Anordnungskriterien grundverschieden seien.35 Während Philologen bei ihrer Kategorisierung primär Gleiches zu Gleichem gesellten, spiele bei der Strukturierung von Poesiebüchern das Prinzip der metrischen und inhaltlichen variatio eine herausragende Rolle. Das trifft zwar zumindest bedingt zu, aber gleichwohl scheint mir die Genese des Gedichtbuchs eng mit der ptolemäischen Gelehrtenkultur verknüpft. Dass z.B. im Mailänder Posei31 32 33

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Vgl. Krevans (1984), 3-5. Zur alexandrinischen Philologie vgl. Pfeiffer (1978). Vgl. Bing (1988). Der Gedanke, dass die Ausgaben der Lyriker als Vorbild für ähnliche Bücher gedient haben könnten, findet sich bereits bei Kroll (1924), 225. Als Beispiele für hellenistische Gedichtbücher sind u.a. Kallimachos’ Hymnen (vgl. Haslam 1993 und Fuhrer & Hunter 2001) und Jamben (vgl. Acosta-Hughes 2002) zu nennen. Santirocco (1986), 7 und 11.

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dipp-Papyrus die Epigramme – ganz in philologischer Manier – nach bestimmten mit Überschriften versehenen Kategorien eingeteilt sind, mag zunächst überraschend anmuten, schließt aber ein kunstvolles Arrangement a priori nicht aus. Denn gerade die Verquickung „technischer“ und „poetischer“ Elemente kann als typisch für hellenistische Dichtung gelten, etwa dann, wenn Autoren wie Arat und Nikander prosaische Sachverhalte in Form von Lehrgedichten präsentieren. Während es dort der Inhalt ist, der in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Art der Darstellung steht, ist es hier die Kombination von mechanischem Anordnen und zugleich ästhetischer Gestaltung, die dem Werk besonderen Reiz verleiht. Darüber hinaus mögen die Ausgaben von archaischen Autoren wie Archilochos und Hipponax, deren Texte sich auf Grund ihrer metrisch-thematischen Vielfalt einer strikten editorischen Klassifikation widersetzten, als Vorbild gedient haben für das im Hellenismus so beliebte Prinzip der Polymetrie und Variation.36 Wie dieser kurze Blick auf die Forschungsgeschichte gezeigt haben dürfte, fand im literaturwissenschaftlichen Umgang mit antiken Poesiebüchern ein Paradigmenwechsel statt. In den Neuphilologien kann man einen ungefähr zeitgleichen methodischen Wandel konstatieren. Neil Fraistat publizierte 1985 eine Untersuchung mit dem Titel „The Poem and the Book: Interpreting Collections of Romantic Poetry“. Er plädiert dafür, den im modernen Englisch nur selten verwendeten Begriff contexture37 zur Beschreibung der komplexen Textualität von Gedichtbüchern heranzuziehen. In seiner Einleitung zu dem Sammelband „Poems in Their Place: The Intertextuality and Order of Poetic Collections“ (1986a) erläutert Fraistat die Implikationen des Terminus wie folgt: Perhaps no single word adequately conveys the special qualities of the poetic collection as an organized book: the contextuality provided for each poem by the larger frame within which it is placed, the intertextuality among poems so placed, and the resultant texture of resonance and meanings. I have recently proposed, however, that the word “contexture” be used for such a purpose because of its utility in suggesting all

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Diese Beobachtung verdanke ich Marco Fantuzzi. Beide Autoren erfreuten sich wohl zumal als Verfasser von Kleindichtung bei hellenistischen Dichtern großer Beliebtheit; vgl. etwa Rosen (2007) zu Archilochos und Hipponax im Epigramm. Der v.a. im 17. Jh. gebräuchliche Begriff bezeichnet dem OED zufolge eine „interwoven structure“ sowie, im engeren Sinne, „the construction or composition of a writing as consisting of connected and coherent members“.

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I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch three of these qualities without being restricted to any one. A contexture might thus be seen as the “poem” that is the book itself.38

Die Kontextur eines Gedichtbuchs erschließt sich freilich nicht auf den ersten Blick. Zunächst begegnet der Rezipient einem Gedicht nach dem anderen und kann, je weiter er bei seiner Lektüre voranschreitet, umso mehr Beziehungen zwischen den einzelnen Texten wahrnehmen. Solche intratextuellen Verknüpfungen dringen dem Leser insbesondere bei einem second reading ins Bewusstsein und verändern damit seinen Eindruck von dem Gelesenen. In den Worten Wolfgang Isers: Bei einer Zweitlektüre ist man mit ungleich größerer Information über den Text ausgestattet, vor allem dann, wenn der zeitliche Abstand relativ kurz ist. Diese zusätzliche Information bildet die Voraussetzung dafür, daß nun die unformulierten Beziehungen zwischen den einzelnen Textsituationen sowie die dadurch gewährten Zuordnungsmöglichkeiten anders, vielleicht sogar intensiver genutzt werden können.39

Isers Bemerkungen sind zwar vor allem mit Blick auf narrative Texte formuliert, aber sie treffen m.E. auch und gerade auf Gedichtbücher zu. So wie in einer fortgehenden Erzählung gewisse Handlungen und Motive aufeinander verweisen und sich im Rückblick einzelne Szenen als foreshadowing späterer Ereignisse entpuppen können, klingen in einer Sammlung oftmals Motive, die an bestimmten Stellen eine wichtige Rolle spielen, schon in früheren Gedichten an oder werden kurz vor Ende des Buches nochmals evoziert. Im Unterschied zu narrativen Texten, deren Segmente ihre „jeweilige Bestimmung nicht in sich selber tragen, sondern diese erst in Beziehung zu anderen Segmenten gewinnen“,40 bestehen Gedichtbücher, wie gesagt, aus Textbausteinen, die für sich genommen autark sind. Das semantische Potential der separaten Elemente wird in dem Moment modifiziert, wo sie zueinander in Bezug treten. Wir können das Gedichtbuch per se als Makrotext charakterisieren, da es einerseits eine Vielzahl an autonom rezipierbaren Mikrotexten enthält und andererseits als – trotz seiner Heterogenität – einheitliches Ganzes funktioniert. Der Prozess, durch den der Leser im Rückblick das Zusammenspiel der individuellen Textbausteine wahrnimmt, entspricht dem, was Barbara

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Fraistat (1986b), 3. Iser (1975), 235-6. Iser (41994), 302.

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Herrnstein Smith als retrospective patterning bezeichnet und folgendermaßen definiert hat: … connections and similarities are illuminated, and the reader perceives that seemingly gratuitous or random events, details, and juxtapositions have been selected in accord with certain principles.41

Derartige Verknüpfungen bemerkt ein Leser freilich nur dann, wenn er sich auf das retrospective patterning einlässt und aktiv darum bemüht ist, die jeweiligen Organisationsprinzipien zu erkennen. Seine Beteiligung an der Sinnkonstituierung ist in diesem Fall besonders stark: Auch wenn einheitsstiftende Elemente bereits in einer Sammlung angelegt sind, liegt es doch am Rezipienten, diese aufzudecken und Beziehungen zwischen Texten herzustellen, die, solange sie ungesehen bzw. ignoriert bleiben, ihre Wirkung nicht entfalten können. Man mag einwenden, dass, wer Verbindungen zwischen Gedichten ausmachen wolle, solche – ganz unabhängig von der Intention des Autors – auch finden werde. Und tatsächlich lässt sich kaum leugnen, dass selbst in einer willkürlich zusammengestellten Gedichtauswahl Motivwiederholungen und Wortverknüpfungen wahrnehmbar sein können. 42 Dem ist jedoch Folgendes zu entgegnen: Auch wenn nicht alle Verbindungen zwischen Gedichten innerhalb eines Buches neue Sinnebenen eröffnen – eine verbale concatenatio43 kann zunächst einmal auch einen rein formalen Effekt haben –, sollten sich in einer wohlkomponierten Sammlung doch Verweisungszusammenhänge beobachten lassen, die sich durch ihre Subtilität und Dichte erheblich von zufällig entstehenden „Bezügen“ und „Anordnungsmustern“ unterscheiden. Die Art und Weise, wie wir ein Gedichtbuch rezipieren, hängt in vielerlei Hinsicht von den Prämissen ab, unter denen die Lektüre erfolgt. Wer meint, Gedichte seien als autonome Einheiten zu rezipieren, der mag die einzelnen Texte in ihrer Isoliertheit durchaus zu würdigen verstehen;44 ihm entgeht dabei aber eine Dimension, die für ein umfassendes Verständnis des jeweiligen Œuvres unentbehrlich erscheint.45

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Herrnstein Smith (1968), 119. Zu dem Problem s. auch Fraistat (1986b), 8-9. Zu dem Begriff vgl. Claes (2002). Fraenkel (1957), 207-9 betrachtet z.B. horazische Oden als „self-contained units“. Vgl. Fraistat (1986b), 8: „Because reading is a process of patterning, to read an individual poem in isolation or outside of its original volume is not only to lose the large retroactive sweep of the book as a whole – with its attendant dynamics and

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Nun brauchen wir freilich keineswegs zu postulieren, dass ein Dichter seine Texte allein mit Blick auf ihre Publikation innerhalb eines Gedichtbuches verfasst haben muss. Es ist nämlich durchaus denkbar, dass etwa Horaz, als er seine Odenbücher komponierte, auf zu verschiedenen Zeiten geschriebene Gedichte zurückgriff und diese an den neu entstehenden Buchkontext anpasste.46 Ob ein Autor beim Abfassen einzelner Texte bereits den Plan für ein späteres Buch im Kopf hatte oder nicht, die Gedichte beginnen in dem Moment zu interagieren, wo sie ihren Platz innerhalb der Sammlung gefunden haben.47 Ähnliches dürfte im Übrigen auch dann gelten, wenn mehrere Versionen eines Werkes existieren, weil der Autor dieses zu verschiedenen Zeiten umstrukturiert bzw. erweitert hat. So wissen wir z.B., dass Petrarca sein Canzoniere neun Mal umarbeitete. Auch wenn sich damit die Kontextur jenes Gedichtbuchs im Ganzen als offen und instabil erweist, ist doch anzunehmen, dass sich in jeder vom Autor sanktionierten Version die jeweilige Einbettung der Texte in das Buch auf deren Sinnpotential auswirkt.48 Ob wir bereits für die Antike mit vergleichbaren Mehrfachauflagen rechnen können, ist eine schwierige Frage, auf welche ich in diesem Rahmen nicht näher eingehen kann.49 Doch werden wir im Falle von Epigrammsammlungen u.a. zu überlegen haben, ob Dichter wie Poseidipp ihre Texte nicht möglicherweise in verschiedene Bücher integrierten. Das Ovids Amores vorangestellte Epigramm mag als Beleg dafür dienen, dass eine auktoriale Veränderung der Kontextur zumindest theoretisch denkbar ist und ein Gedichtbuch auch dann als Einheit rezi-

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significance – but also to risk losing the meanings within the poem itself that are foregrounded or activated by the context of the book.“ Vgl. Barchiesi (1997a), 102-3, Anm. 26. Hutchinson (2002b) geht sogar davon aus, dass die ersten drei Odenbücher separat publiziert wurden. Vgl. Barchiesi (2005), 338. Laut Port (1926), 281-2 ist stets zu prüfen, ob Gedichte schon vor ihrer Zusammenstellung zu einem Buch vorhanden waren oder erst im Hinblick auf den libellus geschaffen wurden. Theoretisch mag das zwar von Interesse sein, aber da wir keine Kenntnisse über die konkreten Produktionsbedingungen haben, erweist sich die Frage letztlich als müßig. Zu den Fassungen des Canzoniere vgl. Santagata (1992). Zu antiken Zweitauflagen vgl. Emonds (1941). Cameron (1995), 114-8 zeigt sich gegenüber der Idee von Mehrfachauflagen i.A. skeptisch (er bestreitet v.a., dass Kallimachos den Aitien im Alter einen neuen Prolog voranstellte). Nach Cameron sind Ovids Amores „the only certain case of a revised ancient poetry book“ (115). Martials Epigramm 10.2 wird gemeinhin als Beleg für eine Neuausgabe des liber decimus gewertet; deren Existenz zweifelt Holzberg (2002b), 143-51 jedoch an.

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pierbar erscheint, wenn die einzelnen Texte nicht für exakt diese Komposition verfasst sein sollten50: Qui modo Nasonis fueramus quinque libelli, tres sumus; hoc illi praetulit auctor opus. ut iam nulla tibi nos sit legisse voluptas, at levior demptis poena duobus erit.51

Die vier Verse liest man gewöhnlich als Hinweis auf eine Zweitauflage. Ovid könnte hier allerdings auch einfach fingieren, er habe sein Œuvre zu Gunsten des Lesers gekürzt, um somit der kallimacheischen Forderung nach brevitas auf ironische Weise gerecht zu werden.52 Das Motiv, dass eine zu große Menge an Gedichten dem Leser lästig sein könnte, taucht auch bei Martial auf und ist, wie wir sehen werden, gerade für die Poetik von Epigrammsammlungen von besonderem Interesse. Ob Ovid nun tatsächlich fünf Bücher geschrieben hat und ob diese Version veröffentlicht wurde oder nicht, ist für meine Überlegungen kaum von Belang. Ovid präsentiert seinen Eingriff jedenfalls humorvoll als eher spontan (modo, 1) und nicht sonderlich subtil (demptis duobus, 4). Auch wenn man die Aussage, zwei Bücher seien entfernt worden, wörtlich so verstehen kann, als habe er einfach zwei komplette Bücher getilgt, scheint mir eher impliziert zu sein, dass Ovid hier und da Gedichte eliminierte bzw. kürzte, bis das übrig gebliebene Textmaterial auf drei libri verteilt werden konnte. So gesehen, hätten wir es also mit einer durch den Dichter selbst vorgenommenen und explizit sanktionierten Transformation der Kontextur zu tun, deren Resultat drei nach wie vor durchkomponierte Gedichtbücher waren. Dass antike Autoren auf ein subtiles Arrangement Wert legten, mag fernerhin eine Stelle aus Ovids Verbannungsbriefen e negativo belegen (P. 3.9.51-6)53: Der Elegiker hebt dort – es handelt sich um das letzte Gedicht des dritten Epistulae ex Ponto-Buches – gerade die (angebliche) Kunstlosigkeit und Willkür der Gedichtanordnung hervor, um so 50 51

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Zur linearen Lektüre der Amores vgl. Holzberg (2001) und Bretzigheimer (2001). „Die wir gerade noch fünf Bücher Nasos gewesen, sind drei; dieses Werk zog der Autor jenem vor. Mag es dir auch jetzt kein Vergnügen bereiten, uns zu lesen, so wird die Pein doch nach Wegnahme zweier leichter sein.“ Vgl. Barchiesi (1988), 101-3; Holzberg (1997), 13-5 und Bretzigheimer (2001), 91-4. Der letzte Vers könnte auf das Diktum     ! (fr. 465 Pf) anspielen; in welchem Sinn Kallimachos den Ausdruck gebrauchte, ist allerdings unklar. Birt (1882), 482-4 etwa erwog, Kallimachos klage hier über unhandliche Buchrollen; ähnlich Wilamowitz (1924) I, 212 und Asper (1997), 142-5. Zu der Passage vgl. jetzt auch Wulfram (2008), 240-2.

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seine Verzweiflung angesichts der Verbannung herauszustreichen. Während er anderswo sogar behauptet, die lateinische Sprache verlernt zu haben (Trist. 5.12.57), will Ovid uns hier glauben machen, seine – inhaltlich repetitiven – Episteln hätten einzig einen pragmatischen Zweck, nämlich das Mitleid des jeweiligen Adressaten zu erregen und ihn zu veranlassen, für seine Begnadigung bzw. eine Minderung des Strafmaßes einzutreten. In diesem Zusammenhang formuliert er den folgenden Gedanken: nec liber ut fieret, sed uti sua cuique daretur littera, propositum curaque nostra fuit. postmodo collectas utcumque sine ordine iunxi: hoc opus electum ne mihi forte putes. da veniam scriptis, quorum non gloria nobis causa, sed utilitas officiumque fuit.54

Der Elegiker definiert die Sammlung seiner Briefe als Nicht- bzw. Antibuch und nennt als dessen Hauptmerkmale die Autonomie der einzelnen Episteln sowie die erst im Nachhinein willkürlich zustande gekommene Textanordnung. Daraus darf man folgern, dass ein Gedichtbuch, das seinem Verfasser wahre gloria einbringt, sich nicht in solch pragmatischer Situiertheit erschöpft und vor allem über ein kunstvolles Arrangement verfügt. Bezüglich Ovids Exildichtung gilt es freilich zu bedenken, dass der Autor sich in seiner Rolle als Verbannter bewusst als jemand stilisiert, der seine Fähigkeit zu dichten zunehmend verliert und dessen Stimme am Ort des Exils ungehört verhallt.55 Mehrere Studien konnten zeigen, dass die Exilbriefe durchaus nicht wahllos organisiert sind;56 somit dürfte auch die vorliegende Äußerung vor dem Hintergrund von Ovids selbstinszenierter Dekonstruktion des eigenen poetischen Talents zu verstehen sein. Die hier implizierte Opposition zwischen liber und Anti-liber lässt jedoch Rückschlüsse darauf zu, was ein Gedichtbuch als solches auszeichnet. Ovid ist im Übrigen nicht der einzige, der gezielt Kunstlosigkeit und Unstrukturiertheit vortäuscht – 54

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„Nicht dass ein Buch entstünde, sondern dass einem jeden sein Brief zukäme, das war meine Absicht und meine Sorge. Später hab ich dann die Briefe gesammelt und sie irgendwie, ohne Ordnung, verbunden: dass du mir ja nicht denkst, dieses Werk sei von mir gewählt. Verzeih dem Geschriebenen, dessen Anlass für mich nicht der Ruhm war, sondern die Nützlichkeit und Pflicht.“ Zu den negativen Einflüssen, die das Exil auf Ovids Dichtkunst angeblich hat vgl. Nagle (1980), 109-66; zu P. 3.9 Block (1982) und Helzle (1988). Vgl. z.B. Froesch (1968), Evans (1972) und (1983), Irigoin (1980), Wulfram (2008), 231-59.

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diese Art von Okkasionalitätsfiktion spielt gerade in Martials Dichtung eine entscheidende Rolle.57 Selbst wenn man dem Rezipienten eine starke Beteiligung an der Herstellung von intratextuellen Bezügen einräumt, ist die Frage, ob wir es mit einer auktorialen Buchkomposition zu tun haben oder ob Textauswahl und Anordnung von einem späteren Redaktor stammen, von Relevanz. Leider können wir nicht immer mit Sicherheit sagen, ob ein antikes Gedichtbuch zur ersten oder zweiten Kategorie gehört. So ist z.B. im Falle Catulls bis heute umstritten, ob dieser die 116 carmina in der uns überlieferten Form zu einem oder mehreren Büchern vereint hat, ober ob ein vom Autor verschiedener Herausgeber tätig war.58 In jüngerer Zeit trat vor allem Niklas Holzberg dafür ein, dass Catulls Œuvre drei libelli umfasst (c. 1-60, 61-64 und 65-116), die als Einheit komponiert und für eine lineare Lektüre konzipiert sind.59 Seine Ansicht basiert auf einer gründlichen Strukturanalyse, deren Ergebnisse die Subtilität des poetischen Arrangements vor Augen führen und somit als ein Indiz dafür gewertet werden können, dass der Autor die Gedichte selbst anordnete. Eine solche Überlegung ist insofern schlüssig, als es einem Redaktor, auch wenn dieser auf eine raffinierte Zusammenstellung der Texte Wert legt, um vieles schwerer fallen dürfte, fremdes Material in entsprechender Weise zu verwerten, als einem Autor, der seine Gedichte aufeinander abstimmen kann und zumindest Teile der Sammlung mit Blick auf das Buchganze verfasst haben mag.60 Wir werden zwar noch sehen, dass etwa Meleager, der Epigramme seiner literarischen Vorgänger mit eigenen Gedichten zu einer Anthologie kombinierte, als ein Meister des Arrangements gelten kann, aber der Stephanos stellt nicht zuletzt deshalb einen Sonderfall dar, weil Meleager die Wesenszüge eines Editors mit denen eines poeta in sich vereint. Gerade was das Arrangement des Corpus Catullianum betrifft, herrscht denkbar große Uneinigkeit: Während Holzberg um die Aufde57

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In ähnlicher Weise bemerkt Plinius in einem Schreiben an Septicius, er habe auf dessen Bitte hin seine Briefe gesammelt und diese so, wie sie ihm gerade in die Hände gefallen seien, angeordnet (1.1). Seine Episteln sind jedoch durchaus kunstvoll arrangiert, und gerade die Hervorhebung des okkasionellen Charakters kann als Signal dafür gewertet werden, dass wir es mit einem literarischen Œuvre zu tun haben; vgl. Ludolph (1997), 56-9 und 99-106, Barchiesi (2005), 330-2, Marchesi (2008) und Gibson (im Druck) zu Buch 6. Zur Forschungslage Beck (1996), 9-40; Skinner (2003), xxii-xxviii und (2007). Holzberg (2002a). Grundlegend zur Dreiteilung Wiseman (1969) und (1985). Im Cod. Oxoniensis finden sich sogar Spuren der Abtrennung von drei Büchern; vgl. Ullman (1973), 93ff. Auch Claes (2002), 14-7 geht von drei libelli aus. Ähnlich Kloss (2003), 470-1 und 474 zu den Carmina Priapea.

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ckung einer bewussten Strukturierung bemüht ist,61 schenkten andere diesem Aspekt kaum Beachtung oder gingen wie selbstverständlich davon aus, dass sich keinerlei Anzeichen auktorialer Anordnung finden ließen.62 Man sieht hieran, wie sehr die Prämissen, unter denen wir ein Werk lesen, unsere Wahrnehmung konditionieren. Der Grad an Strukturiertheit lässt sich nun einmal nicht objektiv messen, und so kommt es, dass derselbe Textbefund völlig unterschiedlich bewertet werden kann. Besonders drastisch zeigt sich dies am Beispiel des Corpus Priapeorum, das von vielen Gelehrten als mehr oder minder willkürlich zusammengestellte Anthologie angesehen wird, obgleich die Anordnung der Gedichte und die sich im Laufe der Sammlung vollziehende Transformation des Protagonisten Priap deutlich auf eine bewusste Komposition durch einen einzelnen Autor hindeuten – so zumindest die (auch von mir geteilte) Ansicht einiger Forscher (vgl. Kap. II 4). Wenn nun Catull im Proöm erklärt, er wolle seinen novus libellus, der gerade erst mit Bimsstein geglättet worden sei, Nepos dedizieren, ist dies ein Beleg dafür, dass der Neoteriker mindestens ein Buch seiner carmina veröffentlicht hat. Warum sollten wir also die überlieferten Gedichte nicht zuallererst unter der Voraussetzung lesen, dass wir es mit eben jenem libellus (bzw. mehreren solcher libelli) zu tun haben?63 Zugleich ist freilich Barchiesis – in Anlehnung an Hutchinson (2003) formulierte – Erwägung bedenkenswert, dass Catulls Werk verschiedenen Prozessen von Selektion und Umstrukturierung zum Opfer gefallen sein könnte und wir möglicherweise nur eines von mehreren, konkurrierenden Catullbüchern besitzen 64: The thought that we might have not just Catullus’ book or the editor’s final cut but just one, or three or four, out of many competitive books of Catullus, each with some smart points in arrangement but none definitive, is frustrating, yet more realistic perhaps than idealizations of 1-116

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Zur intratextuellen Verknüpfung der Gedichte (mit besonderem Blick auf die zentrale Funktion von c. 66) vgl. auch Höschele (im Druck c). Vgl. z.B. Schmidt (1914), 278, demzufolge Catulls Sammlung „ein wüstes Chaos“ darstellt, und Wheeler (1934). Nach Hubbard (1983) umfasste der hier genannte libellus einzig die Gedichte 114; Stroh (1990) denkt an ein aus c. 1-26 bestehendes Diptychon; Beck (1996) betrachtet 14b-26 als einen zweiten libellus, der in Antwort auf die Kritik des Furius und Aurelius entstanden sei. Vgl. zu der Frage nun auch Hubbard (2005). Er geht jedoch davon aus, dass die Partie 65-116 in jedem Fall ein auktoriales Arrangement repräsentiert (vgl. auch Hubbard 2005, 269-75).

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as the perfect book of Roman lyric, complete with symmetries and definitive architecture.65

Es kann in der Tat nicht darum gehen, von antiken Gedichtbüchern eine gleichsam geometrisch exakte Architektonik zu erwarten oder zu fordern, dass jeder Text ausschließlich an der Stelle, wo wir ihn heute lesen, sinnvoll in das Buch integriert ist. Man sollte bei der Analyse keinesfalls die Gedichte in ein abstraktes Schema zu pressen versuchen,66 zumal in einer Sammlung auch anti-strukturelle Kräfte am Werk sein können – etwa dann, wenn ein Dichter wie Horaz Okkasionalität fingieren und dem Leser einen Eindruck von der performativen Autonomie der einzelnen carmina vermitteln möchte. 67 Folgt man Paul Allen Miller, so ist gerade dem Œuvre Catulls die Möglichkeit einer „multidirektionalen“ Lektüre eingeschrieben. Er vertritt die Ansicht, dass Lyrik im modernen Sinne bzw. ein lyrisches Bewusstsein erst durch Aufkommen der Buchpoesie denkbar wird.68 Nach Miller bestehen zwischen Gedichten „multiple, complex dialogical relations“ (1994: 56), wobei die durch eine lineare Lektüre generierten Beziehungen nur eine mögliche Form der Relation darstellen: Da die Buchsammlung ein second reading gestattet, wird das Arrangement der Texte insofern unterminiert, als dem Leser offensteht, über das gesamte Korpus verteilte Gedichte miteinander in Verbindung zu bringen. Ja, die Gedichte scheinen dafür gedacht, „in terms of one another“ (1994: 74) gelesen zu werden, was heißt, dass die Deutung jedes einzelnen Textes vor dem Hintergrund des durch den Rest der Texte ge65 66

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Barchiesi (2005), 338. So schon Port (1926), 280: „Wir dürfen kein Schema und kein Prinzip von außen herantragen und den Versuch machen, diesem möglichst alle Gedichte unterzuordnen, sondern müssen das einzelne Gedichtbuch unbefangen betrachten und die Gedichte, soweit unsere Kenntnisse dazu ausreichen, mit dem Auge des antiken Lesers in ihrer überlieferten Ordnung lesen, ihre formalen und inhaltlichen Beziehungen und Zusammenhänge beobachten, die Gründe für die Stellung des einzelnen Gedichts im Buchganzen und in seiner nächsten Umgebung zu ergründen suchen und uns dann fragen, welcher Plan für die Komposition des ganzen Buchs leitend war.“ Als Beispiel für eine allzu schematische Analyse mag Dettmer (1997) dienen, die im Corpus Catullianum Ringstrukturen nachzuweisen sucht; vgl. Holzbergs Kritik (2000). Vgl. Barchiesi (1997a), 102 Anm. 26 und (2005), 321. Miller (1994), 1-2: „For only the collection, with its inherent potential for building up complex relational structures of reading and rereading, possesses the necessary flexibility in the temporal patterns of its reception to project the image of a self which is not merely a character in a presumed narrative, but rather the source of all possible narrative projections that would seek to account for a given set of texts.“

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schaffenen Paradigmas stattfinden sollte.69 Damit verliert für Miller die Frage, ob die Organisation der Gedichte so und nicht anders auf Catull zurückgeht, an Brisanz, da für seine Konzeption des Lyrischen vor allem das Gesamtensemble als ein Raum für mögliche Interaktionen von Signifikanz ist. Der Gedanke, dass sich innerhalb eines Textverbundes nicht nur bei einer sequentiellen Lektüre, sondern auch bei anderen Arten des Lesens weitere Sinndimensionen eröffnen, verdient hervorgehoben zu werden. Auch wenn die Gedichte meiner Ansicht nach primär mit Blick auf eine sukzessive Rezeption angeordnet sind und die Materialität der Buchrolle zunächst einmal ein lineares Sicht-Fortbewegen von einem Gedicht zum nächsten bedingt, lädt das Medium Buch durchaus dazu ein, den syntagmatischen Elementen zum Trotz individuelle Lesestrategien zu entwickeln. Schließlich kann der Rezipient allen möglichen Verbindungen zwischen einzelnen Gedichten nachgehen und sich bei einer Zweitlektüre frei im fiktiven Raum des Textes bewegen. In jedem Fall sollten wir uns der vielfachen Dynamiken bewusst sein, die innerhalb eines poetischen Textverbundes simultan zum Tragen kommen können. Im Folgenden möchte ich v.a. die Spannung zwischen Einzeltext und Buchganzem sowie die innere Dynamik, die aus der Integration der Gedichte in einen literarischen Kontext resultiert, herausarbeiten. Dass im Falle der verlorenen griechischen Epigrammsammlungen eine Suche nach dem perfect book von vornherein ausgeschlossen ist, liegt auf der Hand; doch selbst wenn wir die betreffenden libelli hätten, ginge es kaum darum, abstrakte Strukturanalysen durchzuführen. Eine Berücksichtigung des Buches als eines wesentlichen Bestandteils epigrammatischer Textualität sollte sich darin widerspiegeln, dass man die Gedichte nicht grundsätzlich isoliert liest und als rein autonome Einheiten betrachtet. Damit will nicht gesagt sein, dass jedes im Laufe der Jahrhunderte entstandene Epigramm (ausschließlich) in einem derartigen Kontext erschien. Es ist vielmehr damit zu rechnen, dass Epigramme, die sich aufgrund ihrer Kürze für Rezitationen und Improvisationen besonders gut eignen, sehr wohl ihren Platz in nicht-literarischen Settings wie dem Symposion hatten, zu dessen Unterhaltungsprogramm traditionellerweise der Vortrag erotischer Kleindichtung gehörte (lyrische Lieder und Kurzelegien sind dem Epigramm in vielerlei Hinsicht verwandt) – doch dazu im folgenden Kapitel mehr.

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Miller (1994), 74: „all the other poems become paradigms for interpreting the poem that happens to be under the reader’s gaze at that particular moment.“

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1.1.3 Symposialdichtung oder Buchpoesie? Dass uns – mit Ausnahme des Poseidipp-Papyrus – keine griechischen libelli im Original erhalten sind, mag die nachstehenden Überlegungen auf den ersten Blick müßig erscheinen lassen. Wie Kathryn Gutzwiller in ihrer Monographie „Poetic Garlands“ (1998) darlegte, ist jedoch wahrscheinlich, dass bereits hellenistische Epigrammatiker ihre Texte in Büchern herausgaben und dabei auf eine kunstvolle Komposition Wert legten. Dagegen trat zwar Cameron, in Anlehnung an Reitzenstein,70 vehement dafür ein, dass Epigramme jener Zeit primär für bzw. in einem symposialen Kontext entstanden und nur um der Konservierung willen in Bücher Eingang fanden; aber diese Ansicht verkennt ein wichtiges Element epigrammatischer Textualität.71 Reitzenstein hatte mit seiner These, dass es sich bei hellenistischen Epigrammen um Gelagepoesie handelt, insofern einen Fortschritt erzielt, als man vor ihm viele in der AP überlieferte Texte als authentische Inschriften angesehen hatte und er durch Hervorhebung des symposialen Kontextes deren fiktionalem Charakter in besserer Weise Rechnung trug.72 Ob man ein Gedicht als Steinepigramm liest oder als Text, der Inschriftlichkeit nur vortäuscht, ist hermeneutisch von erheblicher Bedeutung.73 Reitzensteins Verdienst liegt eben darin, jene zweite Lesart konsequent verfochten zu haben. Doch die Fiktivität hellenistischer Epigramme ist keineswegs an die Institution „Symposion“ gebunden. Auch wenn Epigramme zweifelsohne in solchem Rahmen vorgetragen wurden, ist sehr fraglich, inwiefern man mit Cameron das Genre als „the new sympotic poetry of the age“ (1995: 76) bezeichnen

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Reitzenstein (1893), 87-192. Vgl. Cameron (1995), 76-103. Camerons Situierung des Epigramms in einen symposialen Kontext ist Teil seines Versuchs, die Vorstellung des hellenistischen Zeitalters als eines bookish age zu destruieren: Das Medium Buch spielt seines Dafürhaltens eine weitaus geringere Rolle als gemeinhin angenommen; in erster Linie sei Dichtung weiterhin im Rahmen von Symposien oder Festen rezitiert worden; vgl. Cameron (1995), 24-103. Damit tritt er v.a. in Opposition zu Bing (1988); gegen Cameron (1995) vgl. wiederum Bing (2000). Wilamowitz (1924) I, 120-2 zeigt sich demgegenüber skeptisch: „Ich will […] von vornherein erklären, daß ich die Angaben der Epigramme so lange für wahr halte, bis sich herausstellt, daß der Dichter Personen erfindet oder entlehnt“ (121). Zur Loslösung der Epigramme von ihren lapidaren Ursprüngen und der Fiktion von Inschriftlichkeit vgl. Gutzwiller (1998a), 47-114 und Meyer (2005), 96-126; siehe zudem Kap. I 3 und 4.

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und ihm z.B. darin zustimmen darf, dass Gedichte, die klare Parallelen aufweisen, auf demselben Trinkgelage entstanden sein müssen.74 Camerons Aussage „there is no ancient literary form of which it can be said with less plausibility that it was written for the book“ (1995: 76-7) basiert u.a. auf der Beobachtung, dass Papyrusrollen im Durchschnitt 700-1000 Verse umfassten, während Epigramme normalerweise nicht mehr als zwei bis sechs Zeilen lang waren.75 Und tatsächlich mag die Vorstellung eines aus vielen separaten Einzelgedichten bestehenden Buches zunächst seltsam anmuten. Von welchem Interesse kann es für den Leser sein, Dutzende solcher Minitexte quasi am laufenden Band zu rezipieren? Wir sind gewohnt, ausgewählte Gedichte z.B. innerhalb einer Anthologie zu lesen und auch dabei mitunter selektiv vorzugehen – ein Leseverhalten, das sich fundamental von demjenigen unterscheidet, das mit einer linearen Lektüre epigrammatischer libelli verbunden wäre. Freilich wurden auch in der Antike Epigramme aus ihrem ursprünglichen Kontext gelöst (vgl. Kap. I 2), was zeigt, dass schon damals einige Leser das Bedürfnis verspürten, diese außerhalb des originalen Verbunds zu rezipieren bzw. in neue Arrangements zu integrieren. Welche Implikationen jene Mobilität für das jeweilige Sinnpotential der Einzeltexte hat, wird weiter unten zu erörtern sein. Doch auch wenn sich Epigramm und Buchganzes nicht als untrennbar miteinander verquickt erweisen, ist keineswegs davon auszugehen, dass das Buch generell eine rein sekundäre Erscheinung war. In seiner Untersuchung zu skoptischen Epigrammen der Kaiserzeit übertrug Gideon Nisbet Camerons These auf jenes Subgenre. Ihm zufolge hat das Symposion als primäres Setting von Spottepigrammen zu gelten, die der Unterhaltung auf Dinnerparties dienten und nur in diesem Rahmen ihr volles Potential entfalten könnten.76 Zwar seien die Gedichte auch in Büchern gesammelt worden – deren Existenz muss 74

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Vgl. Reitzenstein (1893), 96 und Cameron (1995), 82-3. Dagegen Bing (2000), 146: „There is a basic unlikelihood that the poets in question always happened to attend the same parties, and it is hard to believe that (without prior warning that such and such a theme would be on the evening’s program) they were able to produce extempore even preliminary versions of many of their finest epigrams.“ Als zweites Argument gegen die Buchhypothese führt Cameron (1995), 77 an, dass viele Epigramme einen bestimmten (sozialen, literarischen oder historischen) Kontext voraussetzten. Wenn die Gedichte außerhalb jenes Kontextes wirklich unverständlich sein sollten, ist allerdings zu fragen, warum sie überhaupt gesammelt und überliefert wurden. Vgl. Nisbet (2003), 34: „These poems are jokes; they live in the telling, and invite response in kind. The symposium is the obvious site for this to happen, and the themes and tone of skoptic epigram are well shaped to fit in.“

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man schon allein deswegen anerkennen, weil uns das Proöm zu Lukillios’ zweitem libellus erhalten ist (s. S. 242f.) –, aber dabei handele es sich lediglich um Gebrauchsliteratur: „These are not ‘literary’ books, to be read at a sitting. Instead these books are designed for use – use at symposia, where antidotes to seriousness are in demand, and where the skoptic poets had found the perfect gap in the market.“77 Worauf Nisbets Überzeugung, das Buch per se spiele keine Rolle, basiert, ist schwer ersichtlich, vor allem wenn man bedenkt, dass Martial, den er zum bloßen Nachahmer der „wirklich witzigen“ Griechen degradiert, kunstvolle libelli komponierte.78 Dass auf Symposien u.a. Epigramme zum Besten gegeben wurden (ob memoriert oder aus dem Stegreif erdacht), ist kaum von der Hand zu weisen, aber das von Nisbet imaginierte Szenario wirkt insgesamt unwahrscheinlich. Wenn wir schon mit Sicherheit sagen können, dass auch ein Lukillios seine Epigramme publizierte, warum sollten wir dann das semantische Potential des Buches einfach verneinen und dieses zum bloßen Gebrauchstext deklarieren?79 Aufgrund ihrer Kürze eignen sich Epigramme freilich dazu, etwa bei einem symposialen Agon 80 extemporiert zu werden, doch die potentielle Verortung innerhalb eines solchen Kontextes lässt sich durchaus mit der These vereinbaren, dass viele der überlieferten Epigramme für das Medium Buch intendiert waren. Zwei direkte Zeugnisse für die 77 78

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Nisbet (2003), 35. Nisbet sieht Martials Innovation gerade darin, dass er nach dem Modell römischer Gedichtbücher epigrammatische libelli schuf. Eine Antwort darauf, warum die Griechen dies noch nicht getan haben sollen, bleibt er schuldig. Vgl. die Kritik von Holzberg (2004a), Lorenz (2004b) und Gutzwiller (2005c). Reste einer zu praktischem Gebrauch bestimmten Gedichtauswahl hat uns eventuell ein in Elephantine entdeckter Papyrus bewahrt, der sich im Grab eines griechischen Soldaten befand (P.Berol. 270 = BKT 5.2.56-63 = Lyr. Alex. adesp. 18-21). Auf drei daktylo-epitritische Skolia folgt dort eine zehn Verse umfassende Elegie (resp. ein Epigramm?), die Anweisungen für das Verhalten beim Symposion gibt. Wie die Herausgeber Wilamowitz und Schubart (1907) vorschlugen, hatte der Söldner die Sammlung wahrscheinlich bei sich, um seine Lieblingsgedichte auf diversen Trinkgelagen rezitieren zu können. Der Papyrus ist bei Casagrande et al. (1983) und Ferrari (1988) neu ediert. Unter den bei Pack (1965), 1567-1622 verzeichneten Anthologien mit Exzerpten tragischer, lyrischer oder epigrammatischer Dichtung mögen sich weitere derartige Sammlungen befinden. Aus älterer Zeit stammt die bei Athenaios (15.694) überlieferte Sammlung von 1$$ 2  !. Einen öffentlichen Epigramm-Agon in Larisa bezeugt eine thessalische Inschrift (IG IX 2, 531.48f.), derzufolge Amometos, Sohn des Philoxenides, *&($ den Sieg davongetragen hat. Der Agon war Teil eines 172 v.Chr. stattfindenden Festes zu Ehren der bei den Thermopylen Gefallenen; vgl. Petrovic (2009), 205-8.

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Improvisationskunst griechischer Epigrammatiker bietet uns Cicero. In De Oratore (3.194) erfahren wir, dass Q. Lutatius Catulus den Dichter Antipater von Sidon, aus dessen Feder zahlreiche in der AP tradierte Epigramme stammen,81 als Meister der Stegreifrezitation kennengelernt hatte: … solitus est versus hexametros aliosque variis modis atque numeris fundere ex tempore tantumque hominis ingeniosi ac memoris valuit exercitatio, ut, cum se mente ac voluntate coniecisset in versum, verba sequerentur.82 Zwar ist hier nicht explizit von Epigrammen die Rede, aber unter den Versen „in vielfachen Metren und Rhythmen“, die Antipater ohne weiteres „hervorzusprudeln“ verstand, befanden sich vermutlich auch Gedichte jenes Genres. Von seinem eigenen Zeitgenossen Licinius Archias aus Antiochia weiß Cicero zu berichten (Arch. 8.18): quotiens ego hunc vidi, cum litteram scripsisset nullam, magnum numerum optimorum versuum de eis ipsis rebus, quae tum agerentur, dicere ex tempore, quotiens revocatum eandem rem dicere commutatis verbis atque sententiis!83 Der Passus liest sich geradewegs als Beschreibung epigrammatischer Variationskunst, und es ist nicht auszuschließen, dass es sich bei Ciceros Klienten um eben den Archias handelt, der mehrere Epigramme Antipaters imitiert hat.84 Mit Berufung auf Cicero nennt auch Quintilian die beiden als Meister poetischer Improvisation und fügt hinzu: „auch zu unserer Zeit gibt es viele, die das getan haben und es immer noch tun“ (inst. 10.7.19). Kallistratos (2. Jh. v.Chr.) berichtete in seinen Symmeikta, wie Simonides während eines Gastmahls verärgert darüber, dass man ihm keinen Schnee zur Kühlung in sein Getränk mischte, ein diesbezügli81 82

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Zu Antipater s. Gutzwiller (1998a), 236-76, Argentieri (2003) und Penzel (2006). „[Wenn aber der berühmte Antipater von Sidon…] pflegte, Hexameter und andere Versarten in vielerlei Maßen und Rhythmen aus dem Stegreif hervorzusprudeln und wenn die Übung bei einem Menschen mit Begabung und gutem Gedächtnis so viel vermochte, dass ihm, wenn er sich nur willentlich auf die Komposition von Versen konzentrierte, die Worte wie von alleine zuströmten…“ „Wie oft habe ich diesen, ohne dass er sich etwas notiert hätte, eine große Anzahl hervorragender Verse über die gerade diskutierten Themen aus dem Stegreif vortragen gehört, wie oft habe ich gesehen, dass er, zur Wiederholung aufgefordert, dasselbe Thema noch einmal mit anderen Worten und Ausdrücken vortrug!“ Vgl. Gutzwiller (1998a), 232. In der AP finden sich jedoch Texte von mindestens fünf verschiedenen Dichtern desselben Namens, so dass die Identifikation spekulativ bleiben muss. Hardie (1983), 82, der einen Überblick über die Testimonien für antike Stegreifrezitationen bietet (76-85), meint, Cicero spreche hier von langen Gedichten. Die Angabe magnum numerum optimorum versuum bezieht sich jedoch nicht zwangsläufig auf Texte mit einer Vielzahl an Versen, sondern kann auch allgemein auf die Menge der improvisierten Epigramme verweisen.

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ches Epigramm improvisierte: &, … *& (Athen. 3.125c). Auch wenn es sich hierbei um Rückprojizierung hellenistischer Vorstellungen handeln dürfte, insofern in archaisch-klassischer Zeit nichtinschriftliche Gedichte kaum als Epigramme aufgefasst wurden, ist die Anekdote bemerkenswert.85 Besondere Beachtung verdient in unserem Zusammenhang zudem ein Gedicht des Lukillios. Dessen Sprecher beklagt sich über einen Gastgeber, der ihn mit seinen Epigrammen regelrecht „überschwemmt“ (AP 11.137): 45  &0 $!, 7!,',

0 $  ( 8!$ 9; $  ?  $2 / $@ & A , ’ B&C & / D = ,’ *$0 $ / E  (, F = $ %  (.86

Der narrateur muss während jener Dinnerparty nicht nur ein ungenießbares Essen und einen noch viel ungenießbareren Wein über sich ergehen lassen, sondern zu allem Überfluss hat sich Heliodor auch noch in den Kopf gesetzt, seine Gäste durch die Rezitation von Epigrammen zu unterhalten. Angesichts des servierten Rindfleisches und der darauf folgenden „Flutwelle“ à la Helio-dor fühlt sich Lukillios in die Rolle eines von Odysseus’ Gefährten versetzt, die infolge ihres törichten Verzehrs der Helios-Rinder in einem Seesturm ums Leben kamen. Ein solcher Tod wäre ihm jedoch weitaus lieber als jener EpigrammKataklysmos87: ’ B&C & / D (5). Mit denselben Worten hatte Eurylochos, als sie auf Trinakria zu verhungern drohten, den Rest der Mannschaft beschworen, die heiligen Rinder zu schlach-

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Zur Begriffsgeschichte vgl. Puelma (1996) und (1997). „Du hast mir ein rohes Stück Rindfleisch vorgesetzt, Heliodoros, und mir drei Becher mit Wein angemixt, der noch roher ist, und dann überschwemmst du mich sogleich mit Epigrammen. Wenn ich aber frevelnd ein Trinakria-Rind verspeist habe, dann möchte ich lieber einmal gegen eine Woge den Mund aufsperren. Wenn es aber weit ist bis zum Meer, dann heb’ mich hoch und wirf mich in einen Brunnen.“ Zum Gebrauch des Plusquamperfekts bei ?  vgl. Burnikel (1980), 101 Anm. 221. Die Aussage 9; $ . Plat. R. 5.473c spricht zudem von einer Woge des Gelächters: = 0  '$ $ $@ I& / * @ 0 ,CJ $ .

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ten: ’ B&C & / K & 5 L / M ,N2 $ *K * >O *>P (Od. 12.350-1).88 Im Kontext unseres Gedichts impliziert das Verb ', welches sich in der Odyssee auf den Vorgang des Ertrinkens bezieht, wohl zugleich, dass Heliodors Epigrammvortrag unweigerlich Gähnen bei seiner Zuhörerschaft hervorruft. So gesehen, möchte Lukillios lieber im Meer ertrinkend seinen Mund aufsperren als gähnend den poetischen Ergüssen seines Gastgebers zu lauschen. Den begrenzten Möglichkeiten Heliodors entsprechend, der kaum einen Seesturm epischen Ausmaßes heraufbeschwören kann, würde sich Lukillios für seinen Abgang sogar mit dem Brunnen vor dem Haus begnügen. Ironisch ist außerdem, dass sich für ihn nicht einmal der Verzehr des fatalen Essens lohnt: Während Odysseus’ Gefährten zumindest sechs Tage lang die „besten von Helios’ Rindern“ (QCR … ,5$’ S @ *!'$ $, Od. 12.397-8) genossen, hat Lukillios nur rohes Fleisch vor sich und kann dieses nicht einmal mit einem ordentlichen Schluck Wein hinunterspülen. Dass der Dichter uns in seinem Text einen epigrammverrückten Entertainer präsentiert, ist bemerkenswert. Schließlich darf die hier geschilderte Farce bei aller Übertreibung doch als literarischer Reflex einer symposialen Praxis gewertet werden. Deshalb haben wir uns das Gastmahl jedoch keineswegs als einziges oder primäres Setting jener Art von Dichtung vorzustellen.89 Das soeben besprochene Epigramm mag durchaus die Gäste einer Dinnerparty selbstironisch unterhalten haben, doch es ist sehr wahrscheinlich, dass es daneben einen festen Sitz in einem von Lukillios’ Büchern hatte, wo es zusammen mit anderen Gedichten zur Konstitution eines satirischen Panoptikums, einer von lächerlichen Charakteren bevölkerten Welt, beitrug. Auch wenn wir davon ausgehen, dass das Medium Buch von großer Bedeutung für die Funktionsweise eines Großteils epigrammatischer Dichtung war, lässt sich diese Erkenntnis nicht ohne weiteres auf unsere Interpretation spezifischer Epigramme anwenden. Das Fehlen der ursprünglichen libelli, deren Existenz wir allzu häufig nur postulieren, aber nicht einwandfrei belegen können, stellt in dem Moment ein 88

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„Lieber möchte ich einmal gegen eine Woge den Mund aufsperren und mein Leben dabei verlieren als lange dahinzusiechen auf einsamer Insel.“ Zu Epigrammen Martials, die vorgeben, auf Symposien rezitiert worden zu sein, bemerkt Nauta (2002), 101: „we are not allowed to conclude that these poems were really spoken at a symposium. But neither are we allowed to conclude that they were not“ (101). Zum Symposion als möglicher Rahmen für die Rezeption von Martials Büchern vgl. Nauta (2002), 139-40.

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hermeneutisches Problem dar, wo wir Position und Interaktion der Gedichte in die Exegese miteinbeziehen wollen. Nun schlug Gutzwiller für den Umgang mit griechischen Buchepigrammen vor, man solle die Texte so lesen, als ob wir ihren Platz innerhalb des auktorialen libellus kennen würden.90 Ihr geht es dabei keineswegs um eine Rekonstruktion der verlorenen Sammlungen, sondern um eine Reflexion möglicher Beziehungen einzelner Gedichte untereinander und ihrer Relation zum Buchganzen. Gutzwiller tritt z.B. mit überzeugenden Argumenten dafür ein, dass programmatisch-metapoetische Epigramme höchstwahrscheinlich am Anfang oder Ende eines libellus standen.91 Neben der intratextuellen Vernetzung der Gedichte kann auch die Konstruktion einer spezifischen Dichter-persona dem Buch Kohärenz verleihen. So betont Gutzwiller die einheitsstiftende Wirkung der jeweiligen persona und hebt hervor, dass zwischen den vielfältigen Stimmen, die in den Texten ertönen, der Autor wahrnehmbar ist bzw. eine gewisse Distanz zwischen seiner Rolle als fiktionalisiertes Sprecher-Ich und als poetacreator besteht (ein Gedanke, der in Stratons Epilog sogar explizit formuliert wird, s. S. 238): … the reader may perceive a certain distance between the voice of the poet speaking within the epigrams and the seemingly less involved, more controlled persona of the poet who orders the collection and thus the experiences revealed within it.92

Zur Dynamik, die durch eine lineare Lektüre der Gedichte in Gang gesetzt wird, lässt sich hinsichtlich griechischer Epigramme meist wenig sagen, da sie von Meleager und Philipp aus dem literarischen Kontext, für den sie (vermutlich) konzipiert waren, herausgenommen wurden. In der AP sind allerdings, wie bereits angedeutet, noch immer Spuren auktorialer Anordnung zu finden. So kann man z.B. im Falle Rufins, wie ich an anderer Stelle dargelegt habe, wahrscheinlich machen, dass er seine Epigramme in einem kunstvoll komponierten libellus 90 91

92

Vgl. Gutzwiller (1998a), 7. Vgl. ihre Überlegungen zu den Sphragisgedichten von Asklepiades (123; 148-9), Kallimachos (212), Hedylos (179), Leonidas (107-12), Meleager (298), Nossis (75-9, 82, 85-6, 303) und Poseidipp (154). Nossis 11 G-P (AP 7.718) hatten bereits Reitzenstein (1893), 139 und Wilamowitz (1913), 298-9 bzw. (1924) I, 135 als Epilog zu einer Sammlung angesehen. Dass hellenistische Epigramme in Büchern ediert wurden, ist also nicht unbedingt eine neue Vorstellung; die Textualität solcher libelli fand jedoch lange Zeit nur wenig Beachtung. Gutzwiller (1998a), 12.

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edierte. Denn die Juxtaposition einzelner Gedichte erweist sich als so subtil, dass sie auf den Autor selbst zurückgehen dürfte.93 Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Gedichttrias 14/16/17 P94: Die ersten zwei Epigramme (AP 5.41 und 43), die nur durch ein weiteres Rufin-Gedicht voneinander getrennt sind, handeln von einer Frau, die nackt auf die Straße geworfen wurde, nachdem ihr Partner sie in flagranti mit einem Liebhaber entdeckt hatte. Das unmittelbar folgende Epigramm (AP 5.44), das eine Warnung vor zwei Hafenhetären beinhaltet, hat oberflächlich nichts mit den beiden anderen zu tun. Im letzten Distichon findet sich jedoch eine deutliche Anspielung auf ein Asklepiades-Gedicht (40 G-P = AP 5.161), wo ebenfalls von Hafenhetären die Rede ist: Diese sollen drei Männer nackt auf die Straße geworfen haben. Hierdurch ergibt sich eine motivische Verknüpfung zwischen den drei Gedichten, die m.E. nicht auf reinen Zufall zurückzuführen ist. Voraussetzung dafür, dass wir die Verbindung wahrnehmen, ist nicht zuletzt die Juxtaposition der Texte; denn wäre das dritte Gedicht in weiter Entfernung von den beiden anderen positioniert, würde ein solcher Rückbezug kaum nahegelegt. Daher meine ich, dass die Epigramme nicht nur in der AP in nächster Nähe zueinander angesiedelt waren, sondern auch in der (zu postulierenden) Originalausgabe. Jener Nexus gestattet uns zwar nur einen sehr partiellen Blick auf die ursprüngliche Sammlung, aber die Verknüpfung darf als Beleg für deren Existenz herangezogen werden, insofern sich kaum ein anderes Medium denken lässt, in dem eine solche Interaktion rezipierbar wäre. Darüber hinaus bestätigt der Mailänder Papyrus mit großer Wahrscheinlichkeit, dass bereits Epigrammatiker des 3. Jh.s v.Chr. Bücher ihrer Gedichte herausgaben, und erlaubt uns, das Funktionieren eines solchen libellus anhand eines Arrangements von mehr als 100 Texten zu analysieren. Zwar bestreiten noch immer einige Gelehrte, dass alle Epigramme von Poseidipp stammen, und unter denjenigen, die ihn als den alleinigen Verfasser ansehen, schreibt nicht jeder die Anordnung der Gedichte dem Autor zu, aber es spricht vieles dafür, dass wir es tatsächlich mit einer Komposition Poseidipps zu tun haben. Was mich zu dieser Vermutung veranlasst und welche Gegenargumente es dabei zu entkräften gilt, wird in einem späteren Kapitel erörtert (II 1). An 93

94

Im ersten Drittel von AP 5 sind 37 Rufin-Gedichte tradiert, die weder in Meleagers noch in Philipps Kranz enthalten waren. Die Datierung galt lange Zeit als unsicher, aber man kann Rufin mit guten Argumenten in die 2. Hälfte des 1. Jh. n.Chr. setzen. Zur Überlieferung und Datierung vgl. Höschele (2006a), 32-61. Vgl. Höschele (2006a), 119-24.

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dieser Stelle sei jedoch bereits exemplarisch eine Gedichtverknüpfung erwähnt, die dem bei Rufin zu beobachtenden Konnex auf verblüffende Weise ähnelt. Denn auch hier ergibt sich eine Beziehung zwischen zwei Gedichten indirekt über das Abrufen eines Prätextes. Im zweiten Epigramm der ,$& ( beschreibt Poseidipp ein von Hekataios geschaffenes Standbild des Dichters Philitas, das sich durch besonderen Realismus und extreme Präzision auszeichnet und somit eine der wesentlichen Qualitäten des als   (63.5 A-B) charakterisierten Dichters widerspiegelt.95 Nun finden sich in dem Gedicht deutliche Anklänge an ein Asklepiades-Epigramm (APl 120 = 43 G-P), in welchem dieser die Alexander-Statue des Lysipp preist: 2 $   T[N ]$(C$ $N &]U5, NNU L [E'] !· 9,>U]$ ,’ E , TU' & $ V, EW5]U, & ( U *K X '· (Pos. 63.5-8 A-B) 96 A! 1C(,5 0 T &(C$ %2 Y&&· $’ X,0   E ,. 9,/$ ,’ E  X (  *  '· „Z \&’ *0 $, ^/, ; ,’ _5& E.“ (Askl. 43 G-P) 97

Sens bemerkt hierzu: „By reapplying Asclepiades’ description of him to a notably more humble man, Posidippus cuts the haughty Alexander of Lysippus’ statue and Asclepiades’ poem down to size“98 – ein Verfahren, das dem generellen Prozedere hellenistischer Dichter entspricht. 95

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Zur Analogie zwischen Statue und Dichter vgl. Sens (2005), 209ff. und Prioux (2007), 51-73. „Aber den auf höchste Sorgfalt bedachten Alten hat er mit all seiner Kunstfertigkeit nachgebildet, die gerade Richtschnur der Wahrheit [haltend]. Einem, der [zu sprechen im Begriff ist], gleicht der alte Mann, mit solchem Charakter ist er geschmückt, [lebendig], auch wenn er aus Bronze ist.“ „Den Wagemut des Alexander und seine ganze Gestalt hat nachgebildet Lysippos. Welche Gewalt diese Bronze doch hat! Wie er zu Zeus blickt, gleicht der bronzene Mann einem, der im Begriff ist zu sagen: „Ich unterwerfe mir die Erde, Zeus, du aber behalte den Olymp!“ Unabhängig davon, ob die Ergänzung 9,>]$ in 63.7 A-B korrekt ist, haben wir es mit einer deutlichen Parallele zu tun, da in beiden Fällen ein Partizip im Dativ zu Beginn eines Verses mit der Partikel , und dem Verb E  gekoppelt ist. Sens (2005), 214-5. Er plädiert überzeugend für die Autorschaft des Asklepiades (daneben nennt die AP auch Archelaos als potentiellen Verfasser).

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Was er in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass das übernächste Epigramm (65 A-B = 18 G-P) von Lysipps AlexanderStandbild handelt, also gerade die Statue thematisiert, die Poseidipp in 63 A-B mittels seiner intertextuellen Bezugnahme evoziert. Somit werden wir in dem Gedicht über die Philitas-Statue indirekt auf das Motiv des fast unmittelbar folgenden Epigramms vorbereitet.99 Dürfen wir nun derartige Verknüpfungen als Hinweis auf eine auktoriale Komposition werten, oder müssen wir trotz ersichtlich bewussten Arrangements mit einem Redaktor rechnen? Wirkt die Vernetzung der Epigramme besonders dicht, tendiere ich prinzipiell dazu, hinter der Komposition den Autor vermuten. Zwar scheint aus rezeptionsästhetischer Perspektive unerheblich, auf wen die Anordnung zurückgeht, aber das Medium Buch ist m.E. als ein bereits für den Schaffensprozess konstitutives Element anzusehen. Nicht jeder intratextuelle Bezug muss geplant gewesen sein, aber ebensowenig sollten wir eine potentielle Interaktion der Texte als zufällig oder rein sekundär abtun. Eine Lektüre von Epigrammen innerhalb ihres ursprünglichen Kontextes ist uns für die griechische Literatur leider weitgehend versagt: Zumeist müssen wir uns hier auf Reflexionen darüber beschränken, wie griechische Epigrammbücher funktioniert haben könnten. Eben solche Überlegungen möchte ich im Laufe dieser Untersuchung anstellen; auf einen gewissen Grad an Spekulation kann dabei nicht verzichtet werden, aber der Versuch einer derartigen Rekontextualisierung wird sich hoffentlich als lohnend erweisen. Akzeptieren wir die These, dass bereits hellenistische Dichter ihre Epigramme in monoauktorialen Sammlungen herausgaben, stellt sich freilich immer noch die Frage, von welchem Interesse die Lektüre eines solchen Werkes sein kann. Dass es ermüdend wirken mag, einen epigrammatischen libellus zu lesen, lässt sich kaum leugnen. Es ist dies nicht nur eine Erfahrung, die wir als moderne Rezipienten machen können, sondern ein Problem, das von einem der berühmtesten antiken Epigrammatiker mehrfach reflektiert wird: Martial gibt immer wieder zu bedenken, seine libri seien langweilig. Da dieser sich mehr als jeder andere antike Autor zum Phänomen „Epigrammbuch“ äußert und uns aus seiner Hand immerhin zwölf libri epigrammaton sowie drei weitere 99

Auch Prioux (2008a), 221 macht auf die Verbindung zwischen 63 und 65 A-B aufmerksam. Die Juxtaposition der beiden Gedichte/Statuen reflektiert in gewisser Weise die Ästhetik Poseidipps, der wie andere hellenistische Dichter eine Vorliebe für Feinheit und Raffinesse hatte, dabei jedoch nicht ausschließlich kleinen Formen den Vorzug gab; vgl. Prioux (2007) und (2008a).

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Bücher erhalten sind, werde ich im folgenden Abschnitt seine programmatisch-poetologischen Äußerungen untersuchen und daraus, soweit möglich, Folgerungen für die Textualität antiker Epigrammbücher im Allgemeinen ziehen. Die Rezeptionsbedingungen und der Literaturbetrieb im Hellenismus und im frühkaiserzeitlichen Rom sind zweifelsohne verschieden; dennoch lassen sich in der Konzeption und Poetik der jeweiligen libelli klare Parallelen beobachten. Zwischen der Geschlossenheit von Epigrammen und ihrer Integration in den Kontext eines Buches herrscht, wie gesehen, eine gewisse Spannung. Auch dem Streben nach Kürze, das zwar nicht von Anfang an gattungsbestimmend war, aber im Laufe der Zeit immer größere Bedeutung gewann,100 widerspricht letztlich die Kombination separater Texte zu einem größeren Ganzen. Diesen Gedanken hat Lessing in einem seiner Sinngedichte treffend auf den Punkt gebracht: Weiß uns der Leser auch für unsre Kürze Dank? Wohl kaum. Denn Kürze ward durch Vielheit leider! lang.101

Jene Vielheit besteht nun aber im Falle antiker Epigrammbücher gerade nicht aus einer bloßen Aneinanderreihung isoliert zu rezipierender Texte, was bei linearer Lektüre tatsächlich Langeweile erzeugen würde. Selbst für Gedichte, die auf den ersten Blick wenig ansprechend wirken mögen (auch dies zieht Martial ausdrücklich in Betracht), kann die Einbettung in einen literarischen Kontext gänzlich neue Sinndimensionen eröffnen. Somit dürften auch Texte, die man vielleicht als Epigramme à la grecque zu charakterisieren geneigt ist, zur Unterhaltung des Lesers beitragen.

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Vgl. Lausberg (1982), 29-76. Eine programmatische Reflexion über den idealen Umfang eines Epigramms findet sich erst bei Parmenion, einem Autor des PhilippKranzes: %N0 &5$N *&($ 9 $2 . / ` (11.1-2 G-P = AP 9.342.1-2); vgl. Lausberg (1982), 37-41. Dass brevitas zu einem Charakteristikum der Gattung wurde, liegt nicht zuletzt an Meleager, der bevorzugt kurze Gedichte in seine Anthologie aufnahm. Philipp, für den L$ bereits unweigerlich mit dem Epigramm verbunden ist (AP 4.2.6), will dessen Kranz in dieser Hinsicht offenbar noch übertreffen; vgl. Sider (2004), 39-40. Zum Phänomen des epigramma longum vgl. die Beiträge in Morelli (ed.) (2008). Gotthold Ephraim Lessing, Sinngedichte 143: „Die Sinngedichte über sich selbst“.

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1.2 Martial und das Buch Im Folgenden wird untersucht, wie Martial seine Rolle als Epigrammatiker durch kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen Buch definiert; seine diesbezüglichen Äußerungen sind insofern bemerkenswert, als sie wiederholt die Vor- und Nachteile epigrammatischer libelli thematisieren. Eben darin, dass Martial das Medium seiner Dichtung abwechselnd anpreist und degradiert, manifestiert sich eine Poetik, die in der Tradition griechisch-römischer Kleinpoesie steht, mit Blick auf selbstironische Momente allerdings über das, was wir in anderen Genres vorfinden, weit hinausgeht.

1.2.1 Sed librum scribere difficile est Zu Beginn sei ein Text genannt, in dem Martial deutlich zu erkennen gibt, dass er die (keineswegs witzlosen) Epigramme eines gewissen Sabellus nicht zu bewundern vermag, weil es leicht sei, „ein paar hübsche Distichen zu schreiben“; die wahre Herausforderung jedoch liege in der Komposition eines ganzen Buches (7.85): Quod non insulse scribis tetrasticha quaedam, disticha quod belle pauca, Sabelle, facis, laudo nec admiror. facile est epigrammata belle scribere, sed librum scribere difficile est.102

Zwar wird die Leistung des Adressaten zunächst gepriesen, aber bereits die Charakterisierung von dessen Vier- und Zweizeilern als non insulse (1) bzw. belle (2) verfasst, zeugt von nur mäßiger Begeisterung seitens des Sprechers. Martial stellt jenen Gedichten einen eigenen Vierzeiler gegenüber, in dem er bewusst Spannung kreiert und an dessen Ende er eine witzige Pointe setzt: Das erste Distichon ist der Beobachtung gewidmet, Sabellus schreibe einige hübsche Epigramme; zu Beginn der zweiten Hälfte erfahren wir, dass Martial diese Tätigkeit lobenswert findet, um gleich darauf zu hören, sie sei seiner Bewunderung nicht wert. Der Grund für diese Einschränkung wird in den nächsten anderthalb Zeilen angegeben, wo Martial chiastisch dem als facile bezeichne102

„Dass du nicht ohne Witz einige Vierzeiler schreibst, dass du hübsch ein paar Zweizeiler machst, Sabellus, lobe ich, bewundere es aber nicht. Leicht ist es, hübsch Epigramme zu schreiben, aber ein Buch zu schreiben, ist schwer.“ Vgl. zu dem Gedicht Lausberg (1982), 53.

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ten epigrammata belle scribere das diffizile librum scribere, also sein eigenes Tun, entgegenhält. Auf das Wortspiel, das sich aus der Juxtaposition von belle (2, 3) und Sabelle (2) ergibt,103 folgt die klanglich auffällige Opposition von facile (3) und difficile (4). Hervorzuheben ist nun gerade die explizite Gegenüberstellung von liber und epigrammata, also von Buch und Einzelgedichten. Warum, mag man fragen, ist das librum scribere so viel schwerer als das Verfassen individueller Epigramme? Mehrere Antworten sind denkbar. Zunächst einmal wird zur Fertigung eines Buches eine weitaus größere Anzahl an Gedichten benötigt als Sabellus zu liefern im Stande wäre. Außerdem ergibt sich das Problem, dass nicht alle Epigramme zwangsläufig von derselben Qualität sind, man somit geistreiche Erzeugnisse mit weniger gelungenen kombinieren muss. Es ist schlecht möglich, durchgehend herausragende Texte zu verfassen; ja, vielleicht wäre eine solche Glanzleistung sogar kontraproduktiv, da Leser, die eine brillante Pointe nach der anderen zu rezipieren hätten, die Pointen als solche kaum mehr zu schätzen wüssten und sich nicht länger über spezielle Höhepunkte freuen könnten. Somit hat der Autor eines Epigrammbuchs durchaus mit Kritik zu rechnen, während sich jemand wie Sabellus nicht in demselben Maße der Gefahr aussetzt, als geistlos gerügt zu werden. Darüber hinaus steht der Buchautor vor der schwierigen Frage, wie er seine Texte am besten anordnen sollte, um durch geschickte variatio der potentiellen Langeweile entgegenzuwirken. Es ist gewiss kein Zufall, dass Martial dieses Epigramm auf ein Gedicht folgen lässt, das seinem liber ein längeres Fortleben prophezeit als dem Werk des Apelles (7.84.7-8).104 Bereits durch die Juxtaposition der beiden Texte wird die Überlegenheit des Mediums Buch suggeriert: Die Verse des Sabellus haben kaum Aussichten auf solchen Erfolg. Der Gedanke, dass in einem Epigrammbuch Gutes mit Mittelmäßigem und Schlechtem gepaart sei, findet sich bei Martial mehrmals. So bemerkt der Dichter kurz nach Beginn seines ersten libellus (1.16): Sunt bona, sunt quaedam mediocria, sunt mala plura quae legis hic: aliter non fit, Avite, liber.105

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Ähnlich Mart. 12.39. casibus hic nullis, nullis delebilis annis / vivet, Apelleum cum morietur opus. „Manches ist gut, einiges ist mittelmäßig, das Meiste ist schlecht von dem, was du hier liest: Anders, Avitus, kommt kein Buch zustande“.

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Dass mit bona, mediocria und mala Gedichte gemeint sind, wird erst durch den Pentameter klar. Prinzipiell könnte man nach Lektüre des Hexameters auch eine gnomische Aussage über die Wechselfälle des Lebens erwarten, da das Trikolon – mit seinen jeweils anaphorisch durch sunt eingeleiteten Gliedern – sehr sentenzenhaft klingt. Zudem hatte Martial im vorangehenden Epigramm (1.15) über die raren, flüchtigen Freuden und die drohenden Sorgen des Daseins sinniert;106 vor diesem Hintergrund erscheint jene Mischung von Gut und Übel in einen größeren Zusammenhang eingebettet.107 Festzuhalten ist in jedem Fall, dass nach Martials Doktrin ein liber auch (wenn nicht vor allem) schlechte Texte enthält. Natürlich mag uns der Dichter durch seine Aussage primär zum Widerspruch reizen wollen. Gerade die Herabsetzung des eigenen Œuvres ist ein integraler Bestandteil der Poetik Martials, dessen rhetorische Strategie immer wieder darauf abzielt, die Epigramme am untersten Ende der Gattungshierarchie zu positionieren und sie, obwohl ihm die kunstvolle Komposition seiner libelli offenkundig am Herzen liegt, als ephemere, an spezifische Gelegenheiten gebundene Erzeugnisse zu präsentieren;108 von der Okkasionalitätsfiktion, die in einem geradezu paradoxalen Verhältnis zu Martials Anspruch auf literarischen Ruhm steht, wird später noch zu sprechen sein. In nächster Nähe zu dem eingangs zitierten Gedicht (7.85) finden sich zwei Epigramme, in denen Martial – in Reaktion auf kritische Äußerungen – einen bonus bzw. malus liber definiert; es ist anzunehmen, dass er hier bewusst einen negativen reader response inszeniert, um so Gelegenheit zu haben, sein poetisches Credo effektvoll kundzutun.109 In 106

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109

Vgl. expectant curaeque catenatique labores / gaudia non remanent, sed fugitiva volant (1.15.7-8). In 1.18 greift Martial einen Gastgeber an, der guten Wein mit schlechtem vermischt. Wie Fitzgerald (2007), 90 bemerkt: „As far as mixing is concerned, poems are not like wines: to mix them, it seems, is always to their advantage.“ Vgl. Roman (2001), 113: „Martial’s denigration of his own oeuvre, however, goes beyond consciousness of epigram’s status as a low genre. The epigrammatist not only registers his genre’s formal rank, he develops fully articulated fictional scenarios depicting the nature of his writing and its role in society. According to the most salient and pervasive fiction characterizing Martial’s work, epigram is an ephemeral form of literature embedded in specific, social contexts, and dedicated to immediate uses.“ Zur selbstironischen Herabsetzung des eigenen Werkes vgl. zudem Banta (1998), 87-102 und Lorenz (2002), 88-9. Vgl. Sullivan (1991), 57: „Martial must have had his enemies like any successful poet, but it would be perfectly consistent with the rules of ancient composition, and indeed oratory, to set up men of straw as a way of articulating one’s poetic

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7.81 lässt Martial einen gewissen Lausus konstatieren, in dem gesamten Buch befänden sich 30 schlechte Gedichte, und kontert, es sei ein gutes Buch, wenn es ebenso viele gute Epigramme enthalte: „Triginta toto mala sunt epigrammata libro.“ si totidem bona sunt, Lause, bonus liber est.

Vielleicht ist „Lausus“ als sprechender Name zu verstehen, insofern dessen Träger Martial mit seiner Bemerkung, wenngleich unabsichtlich, Lob (laus) zollt bzw. ihm ermöglicht, eine als Kritik intendierte Feststellung in ein solches zu verwandeln. Ungewollt preist jedenfalls ein weiterer Kritiker Martial, indem er verbreitet, dessen Buch umfasse qualitativ höchst unterschiedliche Texte (7.90): Iactat inaequalem Matho me fecisse libellum: si verum est, laudat carmina nostra Matho. aequales scribit libros Calvinus et Umber: aequalis liber est, Cretice, qui malus est.110

Inaequalitas wird hier, entgegen Mathos Dafürhalten, als positives Kriterium gewertet.111 Die Charakterisierung von Calvinus’ und Umbers Büchern als aequales impliziert einerseits, dass die beiden gleichmäßig schlechte Gedichte produzieren. Andererseits ist Martial so pragmatisch, die Unmöglichkeit eines rundum herausragenden Buches einzugestehen, und macht aus dem scheinbaren Mangel eine Tugend.112 Die Art und Weise, wie er die von ihm zu entkräftende Kritik inszeniert, ist subtil: Martial lässt – in der fiktiven Welt seiner Epigramme – jemanden schlecht über seinen libellus reden (damit suggerierend, sein Werk errege öffentliche Aufmerksamkeit) und interpretiert das negative Urteil, im Gespräch mit einem Dritten, als Lobpreis. Man kann sich gut vorstellen, wie der Adressat Creticus den Dichter auf jene Kritik ansprach und vielleicht erwartete, dieser würde die ihm vorgeworfene inaequalitas abstreiten. Martials Reaktion ist jedoch um vieles gewitz-

110

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credo and anticipating possible objections to one’s poetic practice.“ Ähnlich Asper (1997), 146-7 zu den Telchinen des Kallimachos. „Matho verbreitet, ich hätte ein ungleichmäßiges Buch gemacht. Wenn das wahr ist, so lobt Matho meine Gedichte. Gleichmäßige Bücher schreiben Calvinus und Umber. Gleichmäßig ist das Buch, Creticus, das schlecht ist.“ Zu aequalitas als einem ästhetischen Prinzip vgl. Galán Vioque (2002), ad loc. Es ist freilich auch daran zu denken, dass in Martials Büchern varietas und variatio eine besondere Rolle spielen und man sie schon allein deshalb nicht als aequales bezeichnen kann; so Scherf (2001), 16.

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ter und steht im Einklang mit seiner sonstigen Strategie, die eigene Überlegenheit durch seine (angebliche) Inferiorität zu begründen. Ironisch erscheint im Rückblick, dass Martial einen bonus liber als Buch definierte, das eine gleichmäßig hohe Anzahl an schlechten und guten Gedichten enthalte (7.81) – offenkundig empfand er dies nicht als aequalitas in negativem Sinne. Selbstverständlich sollten wir den Epigrammatiker nicht dahingehend beim Worte nehmen, dass er tatsächlich meine, seine Erzeugnisse seien genuin schlecht. Abgesehen davon, dass solche Äußerungen prinzipiell der persona des Dichters zuzuschreiben sind, die das eigene Werk nicht nur herabsetzt, sondern auch über die Maßen preist,113 wirkt die wiederholte Abqualifizierung der poetischen Leistung primär komisch. Wenn Martial am Ende des ersten libellus bemerkt „Wem es nicht reicht, 100 Epigramme gelesen zu haben, der bekommt, Caedicianus, vom Schlechten nie genug“ (1.118),114 so stellt dies einen besonders effektvollen Abschluss dar: Das letzte Wort des Buches lautet paradoxerweise mali und unterminiert humorvoll den in 1.1 artikulierten Anspruch auf literarischen Erfolg sowie allgegenwärtige Berühmtheit. Gnilka (2005) hat zwar bestritten, dass Martial seine eigene Kunst als schlecht charakterisieren wolle, und trat dafür ein, malus immer dann im Sinne von „bösartig/gemein“ zu verstehen, wenn es im Zusammenhang mit dessen Œuvre verwendet wird.115 Das Adjektiv würde damit auf die skoptische Natur der Gedichte hinweisen, die mit ihren Opfern nicht gerade glimpflich umzugehen pflegen. Doch auch wenn diese Bedeutung mitschwingen mag, dürfen wir die andere Lesart nicht einfach ignorieren, zumal Martial in 7.90 mit demselben Wort die Werke eines Umber oder Calvinus als schlecht abqualifiziert.116 Die Vorstellung, mit 100 Epigrammen sei das Maß des Zumutbaren schon so gut wie überschritten, gründet nicht (oder nicht nur) darauf, dass sich unter den zu lesenden Gedichten auch qualitativ Fragwürdiges befinden könnte. Es ist wohl vor allem das Prinzip der brevitas, gegen das Martial nicht verstoßen möchte. So führt er uns etwa in 2.1 die 113

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Vgl. etwa Martials Behauptung, sein Werk werde weltweit (1.1.2, 5.13.3-4, 6.64.815/25-6, 7.17.10, 8.61.3, 10.9.3-4) bzw. in den entlegensten Provinzen (1.61.12, 7.84.3-4, 7.88.2, 9.84.5-6, 11.3.3-5, 12.2.1) gelesen. Cui legisse satis non est epigrammata centum, / nil illi satis est, Caediciane, mali. Vgl. Gnilka (2005). Zu malus = „bösartig“ vgl. 2 praef., 3.80.2, 4.17.3, 5.18.6, 5.37.15, 6.49.7, 6.62.3, 6.70.9, 7.34.2, 7.96.4, 9.101.13, 10.33.6, 12 praef., 14.1.11. Vgl. Banta (1998), 88ff. In dieser Bedeutung erscheint malus auch bei Horaz: si mala condiderit in quem quis carmina (serm. 2.1.82). Zur Mehrdeutigkeit von malus vgl. Ronconi (1968).

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Vorzüge eines kurzen libellus vor Augen, indem er sich persönlich an das Buch wendet 117 und erklärt, warum er sich dagegen entschied, in ihm 300 Gedichte unterzubringen: Ter centena quidem poteras epigrammata ferre, sed quis te ferret perlegeretque, liber? at nunc succincti quae sint bona disce libelli. hoc primum est, brevior quod mihi charta perit; deinde, quod haec una peragit librarius hora, nec tantum nugis serviet ille meis; tertia res haec est, quod si cui forte legeris, sis licet usque malus, non odiosus eris. te conviva leget mixto quincunce, sed ante incipiat positus quam tepuisse calix. esse tibi tanta cautus brevitate videris? ei mihi, quam multis sic quoque longus eris!118

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Die ersten beiden Argumente (weniger Papierverbrauch und kürzere Kopierzeit) sind kaum ernst zu nehmen. Der dritte Vorzug hingegen (ein kurzes Buch zieht sich, auch wenn es durchwegs malus ist, nicht den Hass des Lesers zu) ist nicht einfach als irrelevant abzutun. Freilich entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Martials nachdrückliches Plädoyer für dichterische brevitas ausgerechnet in einem exzeptionell langen Epigramm (von 12 Versen) formuliert ist. Zudem spielt der Dichter hier wohl mit den zwei Bedeutungen des Adjektivs malus und lässt den Leser im Unklaren darüber, ob ihm das Buch aufgrund seiner mangelnden Qualität oder seiner Bösartigkeit verhasst werden könnte. Die Selbstdegradierung Martials kulminiert in der Bemerkung, der libellus mag sogar in seinem vorliegenden Zustand noch vielen zu lang scheinen. Der Epigrammatiker ist nicht der einzige, der mit Blick auf den Rezipienten auf zu große Quantität verzichten will – schon bei

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Zur Apostrophe des Buches in der Antike vgl. Besslich (1974), Citroni (1986) und Wissig-Baving (1991). „300 Epigramme könntest du gewiss tragen, aber wer könnte dich dann ertragen und zu Ende lesen, mein Buch? Doch nun vernimm, was die Vorzüge eines hochgeschürzten Buches sind. Erstens geht mir so weniger Papier verloren. Zweitens wird der Kopist in einer Stunde damit fertig und muss meinen Nichtigkeiten nicht so lange dienen. Drittens wirst du, solltest du zufällig von jemandem gelesen werden, auch wenn du durch und durch schlecht/bösartig bist, keinen Hass erregen. Dich wird der Gast, wenn man fünf Unzen Wein gemischt hat, lesen, aber noch bevor der ihm vorgesetzte Becher lauwarm zu werden beginnt. Scheinst du dir nun bei solcher Kürze sicher? Weh mir, wie vielen wirst du auch so zu lang sein!“

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Pindar findet sich z.B. mehrfach das Gebot zur $N,119 und Horaz erklärt in Satire 1.10.9 est brevitate opus. Die Art und Weise, wie Martial den fastidium-Topos120 für seine „Poetik der Langeweile“ funktionalisiert, ist aber einzigartig. Dass dem Konzept epigrammatischer brevitas die Zusammenführung der Gedichte zu einem Buch an sich widerspricht, wurde bereits erwähnt. „Kürze ward durch Vielheit leider lang“ – das weiß nicht nur Lessing, sondern auch Martial zu beklagen. So mutmaßt er, die Verfasser von Zweizeilern wollten durch brevitas gefallen: disticha qui scribit, puto, vult brevitate placere.121 Doch: quid prodest brevitas, dic mihi, si liber est?122 All seine Zweifel am Sinn von Epigrammbüchern hielten Martial freilich nicht davon ab, für eben dieses Medium zu optieren. Die Art und Weise, wie sich das Buch selbst negiert und zugleich durch seine bloße Existenz sämtliche Bedenken Lügen straft, steht ganz im Zeichen von Martials Poetik: Er setzt alles daran, die eigene Gattung als nichtig abzutun, und sieht deren wahren Wert doch gerade in ihrem Unwert begründet. Ein derartiger Umgang mit dem Genre findet seine Entsprechung in Martials Taktik, zwar beständig das Medium seiner Dichtung in Frage zu stellen, seine Superiorität aber implizit immer wieder stark zu machen. Der Gedanke, dass die Lektüre eines Buches weniger ansprechend sein mag als die Rezeption einzelner Epigramme, ist in einem weiteren Gedicht (2.6) wie folgt formuliert: I nunc, edere me iube libellos. lectis vix tibi paginis duabus spectas eschatocollion, Severe, et longas trahis oscitationes. haec sunt, quae relegente me solebas rapta exscribere, sed Vitellianis, haec sunt, singula quae sinu ferebas per convivia cuncta, per theatra, 119 120 121 122

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Vgl. Asper (1997), 135ff. Vgl. zu dem Begriff Curtius (111993), 95 und 480-1. Zu distichon = Zweizeiler vgl. Schöffel (2002), ad loc. „Was nützt Kürze, sag mir, wenn es um ein Buch geht?“ (8.29.2). Schöffel (2002), 276-80 liest das Gedicht als Apologie für die Komposition längerer Epigramme, derer es zur Füllung eines Buches bedürfe. Da 8.29 auf einen Text von 22 Versen folgt (8.28), könnte Martial hier Kritik an jener Praxis vorwegnehmen. Lausberg (1982), 51-2 betont hingegen (m.E. zu Recht), die Kürze von Zweizeilern werde erst im Kontrast zu längeren Gedichten deutlich und ein nur aus Monodistichen bestehendes Buch wäre durch Gleichförmigkeit langweilig.

I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch haec sunt aut meliora si qua nescis. quid prodest mihi tam macer libellus, nullo crassior ut sit umbilico, si totus tibi triduo legatur? numquam deliciae supiniores. lassus tam cito deficis viator, et cum currere debeas Bovillas, interiungere quaeris ad Camenas? i nunc, edere me iube libellos.123

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10

15

Der Epigrammatiker imaginiert hier, wie Severus ihn dazu drängt, seine Gedichte in Büchern herauszugeben. Martial weist das Anliegen entrüstet von sich, da er weiß, dass jener bei der Lektüre eines solchen libellus vor Langeweile schier einschliefe und Tage dazu bräuchte, ein noch so dünnes Gedichtbuch zu lesen. Das Epigramm hat freilich in erster Linie zum Ziel, den Adressaten ob seiner mangelnden Konzentrationsfähigkeit und fehlenden Ausdauer zu verspotten; er wird gleichsam als Anti-Leser präsentiert. Bemerkenswert ist jedoch, dass Martial der als mühsam charakterisierten Lektüre eines epigrammatischen libellus die Rezeption einzelner Gedichte (singula, 7) entgegenhält, die bei Severus offensichtlich wahre Begeisterungsstürme auslösten. Nicht nur genoss er deren Vortrag, sondern er schrieb sie auch begierig ab – wohl um sie bei anderer Gelegenheit selbst rezitieren zu können.124 Aber in dem Moment, wo die Epigramme in den Kontext eines Buches übergehen, vermögen sie ihn allem Anschein nach nicht mehr zu faszinieren. Martial führt uns hier ironisch die Opposition von libelli und singula epigrammata vor Augen, wobei er implizit die Frage in den Raum 123

124

„Ach, geh doch, dränge mich nur, meine Büchlein herauszugeben. Wenn du mit Mühe gerade einmal zwei Seiten gelesen hast, hältst du, Severus, schon nach der letzten Seite Ausschau und gähnst ausgiebig. Dabei sind das die Gedichte, die du mir, sooft ich sie laut vorlas, zu entreißen und abzuschreiben pflegtest, und zwar auf zierlichen Schreibtäfelchen; sie sind es, die du stets einzeln im Gewandbausch mitnahmst auf alle Gastmähler, ins Theater; sie sind es oder noch bessere, wenn du einige noch nicht kennen solltest. Was nützt mir ein Buch, so dürr, dass es nicht dicker ist als ein Buchrollenknauf, wenn du drei Tage brauchst, um es zu lesen? Niemals war ein Mann von Geschmack lahmer. Machst du auch als Wanderer so schnell schlapp und suchst du, wenn du nach Bovillae eilen musst, schon bei den Camenen Rast? Ach, geh doch, dränge mich nur, meine Büchlein herauszugeben.“ Zu relegere (5) und deliciae supiniores (13) vgl. Williams (2004), ad loc. Parker (2009), 198 Anm. 42 meint, Severus nehme Martials Gedichte auf Gastmähler und ins Theater mit, weil er deren Lektüre der dort gebotenen Unterhaltung vorziehe; ich glaube jedoch mit Nauta (2002), 92-3, dass hier durchaus an eine Rezitation der Epigramme gedacht ist.

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I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch

stellt, ob seine Bücher tatsächlich einschläfernd wirken – die Antwort, die sich der Epigrammatiker von seinen Lesern erwartet, liegt auf der Hand. Schließlich dürfte der antike Rezipient, der bei Lektüre des Textes ungefähr zwei Kolumnen hinter sich hatte,125 anders als Severus noch nicht zu gähnen begonnen haben.

1.2.2 Exkurs: Plinius und der römische Literaturbetrieb In Zusammenhang mit Epigramm 2.6 ist ein Brief des Plinius (2.10) von Interesse, in welchem dieser Octavius dazu anhält, seine Bücher endlich herauszugeben. Da Plinius sich dort und anderswo mehrfach zu Fragen der Buchkomposition und -publikation äußert, sei an dieser Stelle ein kurzer Exkurs zu dessen Episteln eingelegt. Bemerkenswert ist zunächst einmal das Bild, welches Plinius zur Beschreibung des Umstandes wählt, dass einzelne Verse bereits wider den Willen des Autors im Umlauf seien (2.10.2-4): enotuerunt quidam tui versus et invito te claustra sua refregerunt. hos nisi retrahis in corpus, quandoque ut errones aliquem, cuius dicantur, invenient. habe ante oculos mortalitatem, a qua adserere te hoc uno monimento potes; nam cetera fragilia et caduca non minus quam ipsi homines occidunt desinuntque.126

Von den vorab bekannt gewordenen Gedichten heißt es, sie hätten ihre Schranken durchsprengt. Die Metapher impliziert, dass die einzeln zirkulierenden Texte aus dem Verbund, zu dem sie eigentlich gehören, gelöst wurden. Wenn nun Plinius fordert, Octavius solle die Verse in das Korpus zurückholen, erscheint eben jene Sammlung als der Rahmen, in welchem die Gedichte primär zu rezipieren sind. Gewiss, die Reintegration der Verse in den Buchkontext hat auch einen rein pragmatischen Grund: die Autorschaft des Octavius zu sichern.127 Zugleich 125 126

127

Vgl. Williams (2004), 40. „Einige deiner Verse sind schon bekannt geworden und haben wider deinen Willen ihre Schranken durchbrochen. Wenn du diese nicht in deine Sammlung zurückholst, werden sie irgendwann wie entlaufene Sklaven jemanden finden, dessen Eigentum sie genannt werden. Halte dir die Sterblichkeit vor Augen, von der du dich einzig durch dieses Denkmal befreien kannst; denn alles Übrige stirbt und vergeht, zerbrechlich und hinfällig wie es ist, ebenso wie die Menschen selbst.“ Auch Martial setzt sich wiederholt mit Leuten auseinander, die seine Epigramme als die eigenen ausgeben; vgl. Spahlinger (2004) und Fitzgerald (2007), 1-7. Zur Metapher von Sklave und Herr vgl. Mart. 1.52 mit Fitzgerald (2007), 95-6.

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wird die Sammlung aber als dasjenige Medium präsentiert, das einzig – einem Denkmal gleich (hoc uno monimento) – literarischen Ruhm sichern könne.128 Octavius scheint eine (posthume?) Veröffentlichung durch seine Freunde in Betracht zu ziehen (2.10.5), doch Plinius hat seine Zweifel an deren Zuverlässigkeit: opto equidem amicos tibi tam fideles, tam eruditos, tam laboriosos, ut tantum curae intentionisque suscipere et possint et velint; sed dispice, ne sit parum providum sperare ex aliis, quod tibi ipse non praestes!129

Was genau die Freunde zu tun hätten, bleibt unklar, aber die Veröffentlichung der Bücher wird eindeutig als etwas dargestellt, das Bildung und Arbeitsaufwand erfordert. Plinius’ Insistieren darauf, dass der Autor sich selbst am nächsten stehe und die Verantwortung für sein Werk nicht an andere übergeben solle, legt nahe, dass es am besten ist, wenn Gedichte durch ihren eigenen Verfasser ediert werden. Das Plädoyer schließt Plinius mit der Bitte, Octavius möge seine Verse zumindest rezitieren,130 um sich an der Begeisterung der Zuhörerschaft erfreuen zu können und so Lust auf eine Publikation zu bekommen (2.10.6-7) – auch hier erscheint das Buch also letztlich als das eigentlich anzustrebende Medium für Dichtung. Nun machte sich Plinius nicht nur Gedanken über die poetischen Erzeugnisse anderer, sondern auch über seine eigenen Gedichte.131 In 4.14 übersendet er seine Elfsilbler an Paternus und entschuldigt sich mit

128 129

130

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Zur Metapher des monumentum vgl. Hor c. 3.30.1 und Mart. 10.2.11-2. „Ich wünsche dir freilich so treue, so gebildete, so eifrige Freunde, dass sie soviel Sorgfalt und Anstrengung auf sich nehmen können und wollen; aber überlege, ob es nicht zu unvorsichtig ist, von anderen zu erhoffen, was du dir selbst nicht gewährst!“ Zu Rezitation in Rom vgl. Quinn (1983), Starr (1991), Binder (1995) und Dupont (1997). Parker (2009) zweifelt die vielfach vertretene These, dass lateinische Dichtung primär im Rahmen von recitationes rezipiert wurde, an und argumentiert überzeugend, das Buch habe als eigentliches Medium zu gelten. Zu Plinius als Dichter vgl. Prete (1948), 14-31, Gamberini (1983), 82-121, Hershkowitz (1995), Roller (1998), Auhagen (2003) und Marchesi (2008), 53-69. Er hat mindestens zwei Gedichtbücher komponiert (Hendekasyllabi und ein polymetrisches Werk); zu einem möglichen dritten Buch vgl. Gamberini (1983), 90-1. Kostproben seiner Verse bieten uns epist. 7.4.6 und 7.9.10; zudem ist in der Anthologia Latina ein Epigramm unter Plinius’ Namen tradiert (710 Riese).

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Verweis auf Catulls c. 16 für die Laszivität einiger Texte.132 In unserem Zusammenhang ist vor allem von Interesse, wie Plinius die Tatsache begründet, dass er seinem Adressaten nicht nur einzelne, sondern alle Gedichte hat zukommen lassen (4.14.6): ego quanti faciam iudicium tuum, vel ex hoc potes aestimare, quod malui omnia a te pensitari quam electa laudari. et sane quae sunt commodissima desinunt videri, cum paria esse coeperunt. praeterea sapiens subtilisque lector debet non diversis conferre diversa, sed singula expendere nec deterius alio putare, quod est in suo genere perfectum.133

Paternus soll die Hendekasyllabi134 in ihrer Gesamtheit lesen; denn die wahre Leistung eines Dichters könne man nur daran messen, ob es ihm gelingt, Texte in solcher Vielfalt zu verfassen, dass deren Ensemble nicht eintönig wirkt. Man fühlt sich an Martials Credo facile est epigrammata belle / scribere, sed librum scribere difficile est (7.85.3-4) erinnert. Die Schwierigkeit bei der Komposition eines Buches besteht nun einmal genau darin, nicht durch ständige Wiederholung von Gleichem Langeweile zu produzieren. Auch hier geht Plinius nicht explizit auf die Frage nach dem poetischen Arrangement ein, aber bereits die Tatsache, dass er seinem Freund lieber sämtliche Hendekasyllabi als einige ausgewählte Gedichte zur Lektüre übersendet, weist auf die Bedeutung hin, die das Korpus in seiner Gesamtheit für ihn besitzt. Auf eine Rezeption aller Gedichte legte Plinius auch wert, als er eines seiner Bücher Freunden vortrug. Dass die darin enthaltenen Verse sich dafür eignen, später auf Gastmählern zum Besten gegeben zu werden, geht aus der Bemerkung hervor, sie sollten „sich schon jetzt einmal daran gewöhnen, von untätigen Leuten und bei Tisch gehört zu werden“.135 An sich könnte man ausgehend hiervon den Eindruck gewinnen, die zur allgemeinen Unterhaltung bestimmten Gedichte seien 132

133

134

135

Zu Catull in 4.14 vgl. Marchesi (2008), 71-8. Ähnlich apologetisch äußert Plinius sich in 5.3, wo er auf Kritik reagiert, indem er große Männer der Vergangenheit anführt, die sowohl politisch als auch dichterisch tätig gewesen seien. „Wie hoch ich dein Urteil einschätze, kannst du schon daran erkennen, dass ich lieber möchte, du begutachtest alles, als dass du nur einzelne Stücke lobst. Und wahrlich, selbst die gelungensten Gedichte hören auf, als solche zu erscheinen, wenn sie beginnen, einander zu gleichen. Außerdem darf ein kluger und feinfühliger Leser nicht Verschiedenartiges vergleichen, sondern sollte alles einzeln abwägen und nicht für schlechter als anderes halten, was in seiner Art perfekt ist.“ Als Titel hatte Plinius auch Epigramme, Idyllen, Eklogen oder Poematia in Erwägung gezogen (4.14.9). utque iam nunc adsuescerent et ab otiosis et in triclinio audiri (8.21.2).

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primär für derlei Vorträge gedacht. Allerdings sprechen die nachfolgenden Äußerungen des Plinius dafür, dass sich ihre Funktion keinesfalls darin erschöpfte (8.21.4-5): liber fuit et opusculis varius et metris. ita solemus, qui ingenio parum fidimus, satietatis periculum fugere. recitavi biduo: hoc adsensus audientium exegit; et tamen, ut alii transeunt quaedam imputantque, quod transeant, sic ego nihil praetereo atque etiam non praeterire me dico. lego enim omnia, ut omnia emendem, quod contingere non potest electa recitantibus. at illud modestius et fortasse reverentius; sed hoc simplicius et amantius. amat enim, qui se sic amari putat, ut taedium non pertimescat.136

Plinius gibt, ebenso wie Martial, zu bedenken, dass ein Buch Langeweile erzeugen kann. Dem versucht er durch inhaltliche und metrische variatio entgegenzuwirken. Natürlich mag die Rezitation sämtlicher Gedichte ganz einfach dadurch begründet sein, dass der Autor für alle Texte Verbesserungsvorschläge erhalten möchte. Doch wenn Plinius von dem gesamten Ensemble spricht und auf das Problem des potentiellen Überdrusses (satietas, taedium) eingeht, so hat er zweifelsohne auch das Buch an sich im Blick. Der liber ist mittlerweile erschienen, und Plinius insinuiert, sein Adressat sei ganz begierig danach.137 Er bemerkt, dieser werde darin manches, was er schon kenne, in veränderter Form vorfinden (8.21.6): leges, sed retractatum, quae causa recitandi fuit; et tamen non nulla iam ex eo nosti. haec vel emendata postea vel, quod interdum longiore

136

137

„Das Buch bestand aus kleinen Stücken in verschiedenen Metren. So pflege ich, der ich zu wenig Vertrauen habe in mein Talent, der Gefahr der Langeweile zu entfliehen. Ich habe an zwei Tagen vorgetragen: so forderte es der Beifall meiner Zuhörer. Andere übergehen zwar manches und rechnen es sich positiv an, dass sie es übergehen, doch ich übergehe nichts und sage auch, dass ich nichts übergehe. Denn ich lese alles vor, so dass ich alles verbessern kann, was denjenigen nicht möglich ist, die nur Ausgewähltes rezitieren. Doch jenes ist bescheidener und vielleicht rücksichtsvoller. Aber meines ist aufrichtiger und herzlicher. Denn nur der liebt, der so geliebt zu werden glaubt, dass er den Überdruss nicht fürchtet.“ Non dubito cupere te pro cetera mei caritate quam maturissime legere hunc adhuc musteum librum (8.21.6).

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I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch mora solet, deteriora facta quasi nova rursus et rescripta cognosces. nam plerisque mutatis ea quoque mutata videntur, quae manent.138

Die Reaktion der Zuhörer inspirierte Plinius offensichtlich dazu, Verbesserungen an dem Buch vorzunehmen.139 Was bezüglich der Textualität von Gedichtbüchern vor allem hervorgehoben zu werden verdient, ist die Beobachtung, dass an sich unverändert gebliebene Elemente in dem Moment transformiert erscheinen, wo „das Meiste“ verändert ist. Gewiss, die Äußerung mag sich primär auf einzelne Texte beziehen, die zu quasi neuen Gedichten werden, wenn man sie partiell umschreibt. Allerdings scheint es mir auch eine legitime Folgerung zu sein, dass Verse dann wie neu wirken, wenn der sie umgebende Kontext ein anderer ist. Ich möchte nicht behaupten, dass Plinius hieran dachte, aber seine doch sehr allgemein gehaltene Feststellung, derzufolge Gleichbleibendes durch Transformation anderer Elemente selbst verändert erscheint, lässt sich zumindest theoretisch mit der Auswirkung einer veränderten Kontextur in Verbindung bringen. Die Plinius-Briefe gestatten uns einen mehr oder minder direkten Einblick in den römischen Literaturbetrieb – auch wenn Martials Epigramme ebenfalls zeitgenössische Gegebenheiten widerspiegeln, ist nicht immer klar zu entscheiden, was als authentisch gelten kann (oder in der Fiktion reale Umstände nachzeichnet) und was wir einer bloßen Pose der Sprecher-persona zuzuschreiben haben. In jedem Fall erscheint es mir bedeutsam, dass Plinius mehrfach das Buch als das zu erstrebende Medium charakterisiert und besonderen Wert auf die Möglichkeit einer kompletten Rezeption aller dazugehörigen Texte legt.140 Einzelne Gedichte mögen schon vorab zirkulieren, aber sie gilt es entweder in das Korpus zurückzuholen (2.10) oder im Kontext des fertigen Buches neu zu lesen (8.21). Die wahre Meisterschaft eines Autors er138

139

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„Du wirst es lesen, aber schon überarbeitet, was ja der Anlass für meine Rezitation war; und doch kennst du schon einiges daraus. Dies wirst du entweder im Nachhinein verbessert oder, wie es bisweilen bei längerer Verzögerung geschieht, verschlechtert gleichsam wieder als etwas Neues und neu Geschriebenes kennenlernen. Denn wenn das meiste verändert ist, erscheint auch das verändert, was gleich bleibt.“ In 5.3.7ff. erklärt Plinius ebenfalls, er rezitiere seine Gedichte u.a. etwaiger Verbesserungsvorschläge wegen. Wer bei dem Vortrag anwesend war und später das Buch lese, werde sehen, dass er einiges verändert (commutasse) oder weggelassen (praeterisse) habe (5.3.10). Wie Gibson (im Druck) bemerkt, dürften Plinius’ epistolare Reflexionen über Poesiebücher implizit darauf verweisen, dass das Medium Buch für seine Briefe eine ähnlich wichtige Rolle spielt.

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kenne man daran, ob es ihm gelingt, wirklich vielfältige Gedichte zu produzieren und nicht nur Gleiches an Gleiches zu reihen (4.14). Zum Abschluss sei noch diejenige Epistel betrachtet, in der Plinius erklärt, wie es zur Abfassung der Hendekasyllabi kam (7.4).141 Nachdem er seine ersten Versuche in der Dichtkunst geschildert hat,142 beschreibt er dasjenige Erlebnis, das ihn dazu inspirierte, nach längerer Pause wieder mit dem Dichten anzufangen: Plinius hörte, als er sich auf seinem Landgut vorlesen ließ, ein erotisches Epigramm Ciceros (7.4.3). Daraufhin zog er sich zur Mittagsruhe zurück, konnte aber ähnlich wie Catull in c. 50 – die beiden Szenen weisen deutliche Parallelen auf143 – keinen Schlaf finden. Plötzlich wurde ihm klar, dass selbst die größten Redner zur Zerstreuung Gedichte geschrieben und auch in dieser Beschäftigung Ruhm gesucht hätten, woraufhin er sogleich ein Gedicht über jenes Inspirationserlebnis verfasste und sich wieder der Komposition von Versen verschrieb. Plinius versuchte sich im Folgenden an Elegien, las den Freunden nach Rückkehr in die Stadt von seinen Erzeugnissen vor und dichtete weiterhin in verschiedenen Metren, insbesondere wenn er auf Reisen war (7.4.7-8). Schließlich entschied er sich – und auf diese Aussage kommt es mir an –, die Hendekasyllabi getrennt in einem Band herauszugeben: postremo placuit exemplo multorum unum separatim hendecasyllaborum volumen absolvere (7.4.8). In diesem Fall haben wir uns die Komposition eines Gedichtbuchs also tatsächlich so vorzustellen, dass der Verfasser bereits vorhandenes Material auswählte und den libellus nicht von Anfang an als solchen geplant hatte. Gewiss, Plinius’ wiederholte Beteuerung, er habe die Gedichte nur nebenbei „im Reisewagen, im Bad oder während des Essens“144 verfasst, hat etwas extrem Stilisiertes an sich, und die Schilderung seines literarischen Ruhmes, der so weit reiche, dass selbst Griechen „aus Liebe zu diesem libellus“ Latein lernten und die Lieder „bald zur Kithara, bald zur Lyra ertönen ließen“,145 ist stark hyperbolisch. Aber es gibt m.E. keinen Grund, den Wahrheitsgehalt jener Bemerkung anzuzweifeln, derzufolge Plinius seine hendekasyllabischen Gedichte zu einem bestimmten Zeitpunkt von den anderen trennte, um sie in einem separaten Buch zu veröffentlichen. Über 141 142

143 144 145

Zu dem Brief vgl. jetzt Marchesi (2008), 78-88. Als Vierzehnjähriger verfasste Plinius eine Tragödie, nach Absolvierung seines Militärdienstes Elegien, später wagte er sich auch an Hexameterdichtung (7.4.2-3). Vgl. Hershkowitz (1995), 173. in vehiculo, in balineo, inter cenam (4.14.2); vgl. ac maxime in itinere (7.4.8). legitur, describitur, cantatur etiam, et a Graecis quoque, quos Latine huius libelli amor docuit, nunc cithara, nunc lyra personatur (7.4.10).

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das Arrangement jenes liber können wir leider nichts mehr sagen. Es steht jedoch zu vermuten, dass Plinius durchaus Wert auf einen gewissen Grad an Komponiertheit legte.

1.2.3 Vom Buch zum Büchlein Was soll man tun, wenn ein Gedichtbuch trotz aller variatio einfach zu lang erscheint? Martial hat eine simple Antwort parat (10.1): Si nimius videor seraque coronide longus esse liber, legito pauca: libellus ero. terque quaterque mihi finitur carmine parvo pagina: fac tibi me quam cupis ipse brevem.146

Er lädt den lector augenzwinkernd dazu ein, nur wenige Epigramme zu lesen: So würde aus dem liber ganz schnell ein libellus.147 Die mit fac tibi (4) einsetzende Aufforderung, der Rezipient möge selbst über die Länge des liber entscheiden, macht aus jenem einen genuin aktiven Leser. Martial gibt gleichsam die Kontrolle über sein Werk an den lector weiter und ermächtigt ihn zu einem Verfahren, das keineswegs im Einklang mit seinem Interesse als Autor stehen dürfte; ironisch ist überdies, dass wir zu einer selektiven Lektüre kaum die Erlaubnis des Buches benötigen. Die Opposition zwischen liber und libellus wird u.a. durch die Positionierung der Adjektive longus und brevis am Schluss des ersten bzw. letzten Verses hervorgehoben.148 Dass bereits im Einleitungsgedicht eines Buches der Blick auf dessen Ende bzw. das Ende einzelner Seiten (coronide 1, finitur 3) gelenkt wird, suggeriert, dass der Leser gleich zu Beginn wünscht, es wäre schon vorbei. Die Aufforderung legito pauca (3) initiiert dabei letzlich die Fragmentierung des Buches, die Zerlegung eines trotz seiner Heterogenität kohärenten Ganzen 149 – ein Vorgehen, das sich, wie wir sehen werden, in noch stärkerer Weise in den Xenia und Apophoreta beobachten lässt. 146

147 148 149

„Wenn ich dir als Buch zu umfangreich und – mit meinem erst spät kommenden Schlussschnörkel – zu lang erscheine, lies nur weniges: Ich werde ein Büchlein sein. Drei oder vier Mal endet bei mir die Seite mit einem kurzen Gedicht: Mach mich für dich so kurz, wie du selbst willst.“ Ansonsten benutzt Martial libellus und liber synonym; vgl. Ruiz (1980), 149. Vgl. Rimell (2008), 67. Vgl. Roman (2001), 137: „Such a motif, although clearly facetious, is based on the premise that the Epigrams provide a repertory of entertainment pieces, not an integral fabric of poetic meaning.“

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Einem Rezipienten, der sich zumindest den Anschein gibt, als habe er einen liber Martials vollständig gelesen, begegnen wir im vorletzten Epigramm des elften Buches (11.107): Explicitum nobis usque ad sua cornua librum et quasi perlectum, Septiciane, refers. omnia legisti. credo, scio, gaudeo, verum est. perlegi libros sic ego quinque tuos.150

Das Partizip explicitum (1)151 und die Bezugnahme auf die Hörner der Buchrolle (ad sua cornua, 1)152 fungieren ebenso wie die Feststellung omnia legisti (3) als Schlusssignale. Doch während jene Beobachtung auf den Leser, der bei Epigramm 107 angelangt ist, durchaus zutreffen mag, wird Septicianus als jemand entlarvt, der allein durch den äußeren Zustand der Buchrolle den Eindruck zu erwecken versucht, er habe alles gelesen. Dass Martial eben dies in Zweifel zieht, wird bereits durch die übertriebene, vierfache Beteuerung, er schenke ihm Glauben (credo, scio, gaudeo, verum est), deutlich. Im letzten Vers insinuiert der Epigrammatiker schließlich, er habe die fünf Bücher des Septicianus ebenso (wenig) gelesen, und gesteht damit indirekt, dass er eine Lektüre auf dieselbe Weise lediglich vorgetäuscht hat. Jenem Pseudo-Leser wird im folgenden Gedicht ein Rezipient gegenübergestellt, der – ausnahmsweise – unersättlich erscheint (11.108): Quamvis tam longo possis satur esse libello, lector, adhuc a me disticha pauca petis. sed Lupus usuram puerique diaria poscunt. lector, solve. taces dissimulasque? vale.153

Während in mehreren Epigrammen der Überdruss des Rezipienten thematisiert wird, zeigt sich hier der Dichter des Lesers überdrüssig. Zunächst mag man denken, der lector verlange deshalb weitere Disti150

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„Aufgerollt bis zu den Hörnern und ganz so, als habest du es durchgelesen, Septicianus, bringst du mir das Buch zurück. Alles hast du gelesen. Ich glaub’s, ich weiß es, ich freue mich, es ist wahr. So habe auch ich deine fünf Bücher gelesen.“ Der Gebrauch von explicere in Bezug auf eine Buchrolle ist ungewöhnlich, da das Wort eher zu einem Kodex passen würde; vgl. jedoch Fowler (1995), 48. Zu cornua vgl. S. 127. „Obgleich du von einem so langen Büchlein satt sein könntest, Leser, forderst du noch immer ein paar Distichen von mir. Aber Lupus verlangt nach seinen Zinsen und die Sklaven nach ihrer Tagesration. Leser, zahle! Du schweigst und stellst dich taub? Leb wohl.“

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chen, weil sie von solch herausragender Qualität seien, dass der libellus für ihn gar nicht lang genug sein kann. Allerdings wird in den letzten beiden Versen klar, dass die Forderung einen rein materiellen Grund hat: Der Angesprochene möchte sich um die Bezahlung des Buches drücken, indem er dessen Vollendung immer weiter hinausschiebt.154 Es überschneiden sich in dem Epigramm somit zwei Ebenen: Einerseits hält der (externe) Rezipient das fertige Buch in Händen; andererseits wird fingiert, dass die Komposition des libellus noch nicht abgeschlossen ist und dem Dichter sein Lohn noch vorenthalten werden kann. Bemerkenswert ist die augenscheinliche Parallelisierung des nach weiteren Epigrammen verlangenden Lesers und derjenigen Leute, denen Martial Geld bzw. Versorgung schuldet: Dem Verb petis am Ende von Vers 2 entspricht am Ende von Vers 3 poscunt, wobei der Metapher des „am Buche Sattseins“ die konkrete Forderung der pueri nach ihrer Tagesration gegenübersteht. Die Kommunikation zwischen Autor und Leser funktioniert hier offenkundig nicht, da dieser sich angesichts von Martials Bitte um Bezahlung taub stellt: So wie Martial Lupus und den Sklaven für einen geleisteten Service Geld bzw. Brot schuldet, so ist ihm der Leser für die im Buch gebotene Unterhaltung Geld schuldig; gleichwohl dreht der lector die Situation perfide um und tut so, als schulde Martial ihm weitere Gedichte. Jene bewusste Täuschung des Dichters (dissimulas, 4) erinnert an das vorhergehende Epigramm, wo Septicianus eine Lektüre des Buches nur simuliert hatte. In dem seltenen Fall, da Martial einen nach weiteren Gedichten begierigen Leser imaginiert, ist dessen Begierde amüsanterweise nur Mittel zum Zweck. Obgleich er immer wieder den Sinn seiner Epigrammbücher in Zweifel zieht, hat Martial – neben dem Liber Spectaculorum, den Xenia und Apophoreta – ganze zwölf Bücher Epigramme komponiert. Es wird demnach keineswegs verwundern, dass er nicht nur die große Menge von Gedichten innerhalb eines libellus problematisiert, sondern auch die hohe Anzahl seiner libelli. So konstatiert Martial in 4.29: Opstat, care Pudens, nostris sua turba libellis lectoremque frequens lassat et implet opus. rara iuvant: primis sic maior gratia pomis, hibernae pretium sic meruere rosae; sic spoliatricem commendat fastus amicam, ianua nec iuvenem semper aperta tenet. saepius in libro numeratur Persius uno 154

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Zu Martials libelli als käuflichen Objekten vgl. Roman (2001), 126-9.

I 1. Antike Epigramme und ihr Sitz im Buch quam levis in tota Marsus Amazonide. tu quoque de nostris releges quemcumque libellis, esse puta solum: sic tibi pluris erit.155

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Martials Beobachtung, rare Dinge und selten gewährte Freuden übten einen größeren Reiz auf uns aus als das im Überfluss Vorhandene (3), ist leicht nachvollziehbar. Die zur Illustration angeführten Beispiele (38) werden von zwei Distichen umrahmt, in denen der Autor über seine Bücher spricht (das letzte Wort des Hexameters ist jeweils libellis, 1/9). Während er zu Beginn konstatiert, dass deren Schar ihrem Erfolg nur schade, hält er am Ende den Adressaten dazu an, sich bei der Lektüre eines libellus einfach vorzustellen, es sei der einzige.156 Das Motiv der „Langeweile durch Vielheit“ ist hier also gleichsam vom Mikrokosmos der Einzeltexte auf den Makrokosmos der Bücher übertragen, wobei Martials Anweisung, jeden libellus so zu rezipieren, als existierten die anderen nicht, ebensowenig der Textualität seines Œuvres gerecht werden dürfte wie die Aufforderung legito pauca (10.1.2) dem Potential eines Epigrammbuches. Denn es ist anzunehmen, dass Martial nicht nur die einzelnen libelli sorgfältig komponierte, sondern sein Hauptwerk insgesamt als „Dodekalog“ konzipierte.157 Auch wenn ich in diesem Rahmen nicht weiter auf die Makrostruktur des Œuvres eingehen kann, möchte ich zu bedenken geben, dass die textuelle Relation zwischen den separaten libelli und dem Dodekalog derjenigen zwischen den einzelnen Epigrammen und dem sie enthaltenden libellus ähnelt: So wie diese innerhalb des Buchkontextes selbst dann interagieren können, wenn sie unabhängig voneinander entstanden sind, ist es durchaus mög-

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„Es steht, lieber Pudens, meinen Büchern ihre Menge im Wege; viele Werke ermüden den Leser und übersättigen ihn. Das Seltene erfreut: So finden die ersten Früchte größeren Gefallen, so haben Winterrosen besonderen Wert. So empfiehlt ihre Sprödheit die Freundin, die dich ausplündert, und eine stets offene Tür hält keinen jungen Mann fest. Höher wird Persius mit seinem einen Buch eingeschätzt als der leichte Marsus mit seinem ganzen Amazonen-Epos. Auch du, wenn du eines unserer Büchlein aufs Neue liest, halte es für das einzige: So wird es dir mehr wert sein.“ Rimell (2008), 115 bemerkt: „ ...4.29 also confuses and jumbles ‘one’ and ‘many’, singular and plural. In the punchline above, one book seems ‘more’ (than one) when read by a reader pretending it is Martial’s only volume, while lines 3-4 give examples not of rare single things, but of rare multiples“. Vgl. Holzberg (2002b), 135-52 und (2004b).

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lich, den Verbund der zwölf Bücher als Einheit zu lesen, ohne dass wir fordern müssten, Martial habe eine solche von Anfang an intendiert.158 Hatte der Epigrammatiker schon in 4.29 bemerkt, dass die turba seiner libelli zu groß sei, erweist sich dieses Problem in Buch 8 als noch weitaus virulenter. Nun möchte Martial endgültig Schluss machen und bittet die Muse, mit ihrem „Spiel“159 aufzuhören (8.3): „Quinque satis fuerant, nam sex septemve libelli est nimium. quid adhuc ludere, Musa, iuvat? sit pudor et finis! iam plus nihil addere nobis fama potest: teritur noster ubique liber; et cum rupta situ Messalae saxa iacebunt altaque cum Licini marmora pulvis erunt, me tamen ora legent et secum plurimus hospes ad patrias sedes carmina nostra feret.“ finieram, cum sic respondit nona sororum, cui coma et unguento sordida vestis erat: „Tune potes dulcis, ingrate, relinquere nugas? dic mihi, quid melius desidiosus ages? an iuvat ad tragicos soccum transferre cothurnos aspera vel paribus bella tonare modis, praelegat ut tumidus rauca te voce magister oderit et grandis virgo bonusque puer? scribant ista graves nimium nimiumque severi, quos media miseros nocte lucerna videt. at tu Romano lepidos sale tinge libellos: agnoscat mores vita legatque suos. angusta cantare licet videaris avena, dum tua multorum vincat avena tubas.“160

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Man geht gemeinhin davon aus, dass ab 85 n.Chr. in etwa jährlich ein Buch erschien; zur Chronologie vgl. Friedlaender (1886) I, 50-67. Zu ludere vgl. Schöffel (2002), ad loc. „‘Fünf wären genug gewesen, denn sechs oder sieben Bücher, das ist zu viel. Was freut es dich, Muse, dein Spiel weiter zu treiben? Scham soll herrschen – und Schluss sein! Schon kann der Ruhm mir nichts Weiteres mehr einbringen: Mein Buch wird überall abgegriffen; und wenn der Grabstein Messallas zerborsten darniederliegen wird und der hoch aufragende Marmor des Licinus zu Staub geworden ist, werden mich dagegen die Münder lesen und Scharen von Fremden werden meine Gedichte zu ihren väterlichen Wohnsitzen tragen.’ Ich hatte geendet, als die neunte der Schwestern, deren Haar und Gewand von Salböl troffen, mir so antwortete: ‘Kannst du, Undankbarer, einfach so die süßen Nichtigkeiten hinter dir lassen? Sag mir, was wirst du Faulpelz Besseres tun? Gefällt es dir etwa, deinen Komödienschuh zum Tragödienstiefel umzuwandeln oder in gleichmäßigen Metren

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Der Dialog zwischen Martial und seiner Muse erinnert an eine recusatio-Szene, wie sie seit Kallimachos’ Aitien-Prolog immer wieder von Kleindichtern imaginiert wurde.161 Allerdings beabsichtigt der Epigrammatiker hier gar keinen Aufstieg zu einem höheren Genre; ja, wir haben es vielmehr mit einer Art invertierten Musenanrufs zu tun, da er die Gottheit nicht um Beistand für sein Vorhaben bittet, sondern um die Erlaubnis, aufhören zu dürfen.162 Ein besonderer Witz könnte nun darin liegen, dass die Muse sein Anliegen nicht nur willentlich missdeutet,163 sondern mit ihrer Antwort auch noch die berühmte Rede des Anchises aus dem sechsten Buch der Aeneis evoziert, in welcher dieser den Römern ihren Herrschaftsauftrag erteilt (Aen. 6.847-53): Andere sollen eherne und marmorne Bilder schaffen, Prozesse führen und den Himmel erforschen – tu regere imperio populos, Romane, memento (851). In der Anweisung at tu Romano lepidos sale tinge libellos (8.3.19) steht das Personalpronomen tu ebenso wie bei Vergil betont am Anfang (es wird lediglich durch die Adversativpartikel at verstärkt) und ist wie dort mit einem Imperativ und einer Form des Adjektivs Romanus gekoppelt. Hinzu kommt, dass den Aufforderungen jeweils eine Priamel vorausgeht, wobei Martials scribant ista graves nimium nimiumque severi (17) an Vergils describent radio (850) erinnert. In beiden Fällen belehrt eine autoritäre Figur den Adressaten über seine zukünftigen Künste: hae tibi erunt artes (Aen. 6.852). Amüsant erscheint, dass die Opposition, die Anchises zwischen dem gebildeten, aber verweichlichten Volk der Griechen und den kriegerisch-dominanten Römern zeichnet, hier gewissermaßen auf den Kopf gestellt ist: Martial soll nicht aspera bella tonare (8.3.14), sondern auf heitere Art und Weise (ähnlich den griechischen Bildhauern?) das Leben so wiedergeben, wie es

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raue Kriege ertönen zu lassen, auf dass dich ein aufgeblasener Lehrer mit heiserer Stimme vorliest und große Mädchen wie gute Jungen dich hassen? Schreiben sollen derlei Gedichte allzu ernste und allzu strenge Herrschaften, denen, erbärmlich wie sie sind, mitten in der Nacht die Lampe zusieht. Doch du würze deine zierlichen Büchlein mit römischem Salz: Das Leben soll in ihnen seine Sitten erkennen und von ihnen lesen. Du magst auf schmalem Rohr zu spielen scheinen, wenn nur dein Rohr die Posaunen vieler übertönt.’“ Zur recusatio bei Kallimachos und den Römern vgl. Wimmel (1960). Vgl. etwa Muth (1976), 205 und Fowler (1995), 35. Anders Lorenz (2002), 172-6. Ihm zufolge plant Martial insofern einen Gattungswechsel, als er, wie in der Prosaepistel angekündigt, den liber octavus als panegyrisches Kaiserbuch konzipiert habe und somit von der für ihn typischen lascivitas Abstand nehmen (13-4) wolle, was jedoch nicht zum ingenium Martials passe. Zu false closure in dem Gedicht vgl. Höschele (im Druck b). Vgl. Schöffel (2002), 97-8.

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ist (19-20).164 Der Auftrag, den er von der Gottheit erhält, bezieht sich also genau auf den Tätigkeitsbereich, den Anchises den Hellenen zuweist. Freilich würde Martials Name den Epigrammatiker, wenn nomen gleich omen wäre, eher für die „Martial Arts“ auszeichnen – immerhin vermag er mit den „Waffen“ eines Kleindichters die Kriegsposaunen anderer Autoren zu besiegen (21-2). In dem poetischen Credo der Muse artikuliert Martial sein eigenes Selbstverständnis als Epigrammatiker. Von besonderem Interesse ist nun gerade sein Widerstreben gegen das Abfassen weiterer Bücher. Zwar wird hier nicht die potentielle Langeweile des Lesers problematisiert, aber implizit schwingt diese Vorstellung durchaus mit, wenn Martial resignierend behauptet, fünf Bücher seien bereits genug gewesen. So wie Severus bei der Lektüre von nur zwei Kolumnen ein baldiges Ende herbeisehnt (2.6), negiert Martial nach nur zwei Gedichten den Sinn des in Angriff genommenen Unterfangens, wiewohl er zugleich unterstreicht, dass sein Ruhm längst unermesslich sei.165 Er wird durch Intervention der Muse, die seine flehentliche Bitte nicht erhört, gewissermaßen zum Epigrammatiker malgré lui. Über die Bezeichnung der Göttin als nona sororum (9) ist viel gerätselt worden.166 Was meines Wissens bisher nicht bedacht wurde, ist Folgendes: Das Wort nonus befindet sich nicht nur selbstreferentiell im neunten Vers, sondern Martial wehrt sich, nachdem er von fünf, sechs und sieben libelli gesprochen hat, gegen die Abfassung eines achten Buches. Hinzu kommt, dass der Dichter in 8.2 berichtet, wie eine Statue des Janus Quadrifrons Domitian bei seiner triumphalen Rückkehr aus dem Sarmatischen Krieg erblickte. Um die Größe und Erhabenheit des Kaisers adäquat in sich aufzunehmen, waren diesem nicht einmal seine vier Gesichter genug: tot voltus sibi non satis putavit / optavitque ocu-

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Die Vorstellung, dass Martial das Leben authentisch abbilde, könnte den Beginn der vergilischen Priamel evozieren: excudent alii spirantia mollius aera / … vivos ducent de marmore vultus (847-8). Die Aussage, Martials Buch werde überall abgegriffen (teritur, 4), belegt zwar die Popularität seines Werks, lenkt aber zugleich den Blick auf die Materialität des Mediums, dessen Vergänglichkeit im Gegensatz steht zu der Unsterblichkeit der Dichtung; vgl. Rimell (2008), 58. Zur Fragilität materieller Texte bei Catull und anderen römischen Dichtern vgl. Farrell (2009). Vgl. Schöffel (2002), ad loc. Möglicherweise ist Thalia, die Muse der Kleindichtung, gemeint (vgl. Verg. Ecl. 6.2); Schöffel schlägt vor, nona im Sinne von ultima zu verstehen und in der Charakterisierung Thalias als „letzte der Schwestern“ einen Bescheidenheitstopos zu sehen.

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los habere plures (8.2.4-5).167 Bei linearer Lektüre klingt der Beginn von 8.3 wie eine freche Antwort auf Janus’ Unersättlichkeit: quinque satis fuerant („fünf [Gesichter] wären genug gewesen“). Erst am Ende der Zeile wird klar, dass Martial nun von Büchern spricht (nam sex septemve libelli). In jedem Fall kommt die Erwähnung der Ordinale 9 angesichts dieser Zahlenreihe alles andere als unerwartet – auf das vorliegende Buch wird noch mehr als ein weiteres folgen, so dass die neunte Muse gleichsam nicht nur die Komposition des octavus liber, sondern auch des nonus liber sicherstellt.168 Mit der Anzahl seiner Bücher scherzt Martial noch in zwei weiteren Gedichten: Am Ende von Buch 2 lässt er den Leser nach dem vorangegangenen Buch fragen 169 und verrät ihm, wie er den vorliegenden liber ganz schnell in den ersten verwandeln könne (2.93): „Primus ubi est,“ inquis, „cum sit liber iste secundus?“ quid faciam si plus ille pudoris habet? tu tamen hunc fieri si mavis, Regule, primum, unum de titulo tollere iota potes.170

Das empfohlene Vorgehen ähnelt dem in 10.1 suggerierten Verfahren: So wie dort der Leser dazu angehalten ist, das Buch nach eigenem Gutdünken zu kürzen, kann Regulus hier einfach durch Wegnahme eines Striches aus II I machen. Buch 1 ist also, wie Hinds kürzlich vorgeschlagen hat, gewissermaßen apud secundum zu haben – bemerkenswerterweise kann der erste liber, wie wir zu seinem Beginn erfahren, tatsächlich bei einem Freigelassenen namens Secundus käuflich erworben werden (vgl. 1.2.7).171 Wenn Martial in den zwei vorhergehenden Epigrammen den Kaiser um die Gewährung des ius trium liberorum 167

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„Er dachte, so viele Gesichter seien ihm nicht genug, und er wünschte, mehr Augen zu haben.“ Man mag hier daran denken, dass z.B. Herodots Werk in 9 Bücher eingeteilt wurde (zuerst bei Diodor 11.37.6 bezeugt), die man nach den Musen benannte. Wann genau die Musen mit den Büchern assoziiert wurden, ist freilich unklar (spätestens zu Lukians Zeiten muss dies jedoch gängige Praxis gewesen sein, vgl. Herod. 1). Es wurde vielfach diskutiert, warum Regulus das erste Buch nicht kennt; vgl. den Forschungsüberblick bei Williams (2004), 281-2. Citronis Lösung (1975, xivxviii) klingt am überzeugendsten: Das erste Buch war insofern bescheiden (pudoris, 2), als es sich nicht liber I nannte; denn dies würde implizieren, dass noch weitere Bücher folgen. „‘Wo ist das erste Buch,’ fragst du, ‘wenn dies das zweite sein soll?’ Ja, was soll ich tun, wenn jenes bescheidener ist? Doch wenn du, Regulus, lieber willst, dass dies das erste wird, kannst du einfach aus seinem Titel einen Strich entfernen.“ Vgl. Hinds (2007), 136.

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angeht (2.91) und dieses prompt erhält (2.92), mag er zudem Assoziationen mit einem ius trium librorum, einem fiktiven „Dreibücherrecht“, wecken.172 Hinds Lesart könnte darin Bestätigung finden, dass Domitian als lector von Martials Büchern eingeführt wird (2.91.3-4),173 und das ius in 2.92 als Entlohnung für Martials Dichtung charakterisiert ist174 – die für etwaige Vergünstigungen benötigten liberi werden also gleichsam durch libri substituiert.175 Zudem ist die Vorstellung des Autors als Vaters seiner Bücher spätestens seit Platons Phaidros eine gängige Metapher und auch in Martials Dichtung präsent.176 Das Wortspiel funktioniert freilich nur dann, wenn sich die Gedichte tatsächlich kurz vor Beginn des dritten Buches befinden, und schon allein deshalb erweist sich Martials „Aus 2 mach 1“-Verfahren als ironisch. Schließlich sei auf 4.82 verwiesen, wo Martial Rufus darum bittet, Venuleius die Lektüre seiner libelli ans Herz zu legen. Dieser solle die Bücher in seiner Freizeit lesen, idealerweise in trunkenem Zustand (36) – die Situierung der Dichtung in einen symposialen Kontext entspricht ganz ihrem freizügigen Charakter, der sich nicht zuletzt in ihrer Definition als „Saturnalienliteratur“ widerspiegelt.177 In unserem Zusammenhang verdient v.a. das letzte Distichon Beachtung (4.82.7-8): si nimis est legisse duos, tibi charta plicetur altera: divisum sic breve fiet opus.178

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Vgl. Hinds (2007), 135-6. si festinatis totiens tibi lecta libellis / detinuere oculos carmina nostra tuos. Natorum mihi ius trium roganti / Musarum pretium dedit mearum / solus qui poterat. valebis, uxor. / non debet domini perire munus. Domitian erscheint hier, wie Lorenz (2002), 121 zeigt, in den fiktiven Kosmos Martials integriert. Der Witz des Epigramms besteht freilich primär darin, dass Martial deshalb keine uxor möchte, da sie ihm drei Kinder gebären könnte und somit das besondere Privileg zunichte machen würde. Vgl. z.B. Plat. Phdr. 275e: &N ,a 0 9 * , P ,N0 $/ &$ 0 ,D$ N/; zum „père du logos“ vgl. Derrida (1972), 93104. S. zudem Ov. Trist. 1.1.107 (das nach Rom geschickte Buch auf Besuch bei seinen „Brüdern“), 1.7.20 (viscera nostra), 3.1.65-6 (quaerebam fratres, exceptis scilicet illis / quos suus optaret non genuisse pater). Wohl in Anlehnung an Ovid bemerkt Martial zu seinem aus Spanien nach Rom gesandten liber: cuius habet fratres tot domus alta Remi (12.3.6). Zum saturnalischen Charakter von Martials Dichtung vgl. Citroni (1989) und Rimell (2008), 140-80; zu dem ausgesprochen saturnalischen Buch 11 Holzberg (2002b), 148-50 und Lorenz (2002), 210-19. „Wenn es zuviel ist, zwei zu lesen, falte/rolle das eine Buch ganz zusammen: auf diese Weise geteilt, wird es ein kurzes Werk.“

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Wiederum ersetzt eine Manipulation des Mediums 179 die eigentliche Lektüre (so wie Septicianus in 11.107 den Papyrus einmal durchrollt und damit vortäuscht, alles gelesen zu haben). Und wiederum wird so getan, als könne der Leser sich das Werk beliebig kurz machen (vgl. 10.1). Angesichts der Tatsache, dass Venuleius die Gedichte bei reichlichem Alkoholgenuss rezipieren soll, mag es zudem komisch erscheinen, dass er dazu angehalten wird, ein Buch-Paar zu halbieren, führt doch Wein gewöhnlich eher dazu, dass man Dinge doppelt sieht.180 Was die besprochenen Epigramme miteinander verbindet, ist das in immer neuen Variationen auftretende Motiv, Martials Gedichte oder seine Bücher seien zu lang bzw. zu zahlreich. Der Epigrammatiker präsentiert uns mehrfach Leser, die mit der Menge des Gebotenen Probleme haben bzw. an seiner Qualität Zweifel äußern. In dem einen Fall, wo uns ein nach mehr Texten verlangender lector begegnet (11.108), erscheint dessen Begeisterung dadurch unterminiert, dass sie mit einer Zahlungsverweigerung gleichgesetzt wird. Die Antibuch-Poetik Martials ist eng mit dem Gedanken verbunden, dass die Epigramme sich gerade durch ihre (angebliche) Inferiorität auszeichnen. Auch die Aussage, die libelli seien größtenteils nur sorglos und hastig angefertigt,181 ist vor dem Hintergrund jener bewussten Selbstdegradierung zu lesen und darf als Fiktion betrachtet werden. Ganz ähnlich verfährt, wie zu zeigen sein wird, der Priapeendichter, wenn er seine Sammlung als eine willkürliche Kollektion von Wandkritzeleien imaginiert (Kap. II 4). Wohl keine Aussage bringt Martials Abwertungsstrategie besser auf den Punkt, als die am Anfang der Xenien an potentielle Kritiker gerichtete Bemerkung: non potes in nugas dicere plura meas / ipse ego quam dixi.182 Wie Martial sein eigenes Werk gleich zu Beginn selbstironisch degradiert, sei im folgenden Abschnitt erörtert.

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Vgl. Friedlaender (1886), ad loc.: „Falte, d.h. rolle (ebenso Senec. Epp. 95, 2) das eine Buch ganz zusammen, um es ungelesen zu lassen; ebenso Birt S. 19. Der Sinn ist convolvatur tibi liber alter, vel convolutus maneat.“ Zur Bedeutung von plicetur (7) vgl. S. 53 Anm. 151. Vgl. Eur. Ba. 918-9: 0 - XZ  , a b5 , @, / ,2 ,a c> 0 &! Q&$($, Ov. Ars 3.764: nec, quae sunt singula, bina vide und Straton AP 12.199.3-4: 8  E$ ,,N %!, 0 ,0 ' / &(  &( durchzugehen? Ich muss mich auf jeden Fall ausruhen, da ich vom Land komme.“

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wecken, zumal die Rezipienten jeweils in der Rolle von Wanderern bzw. Spaziergängern erscheinen.20 Bemerkenswert ist des Weiteren, dass in der antiken Mnemotechnik einzelne Punkte einer Rede mit Orten gleichgesetzt werden, die es beim Vortrag nacheinander abzugehen gilt.21 Als &@$ \$> dieser Kunst galt Simonides, der sich, einer berühmten (wenngleich erst bei Cicero belegten) Anekdote zufolge mit dem Problem konfrontiert sah, nach dem Einsturz eines Festsaals die Leichen der unkenntlich gewordenen Bankettteilnehmer zu identifizieren, was ihm gelang, weil er sich genau an deren Sitzordnung erinnerte.22 Bei der (angeblich hiervon ausgehend entwickelten) Mnemotechnik wird im Kopf des Redners ein Raum kreiert, dessen Elemente mit den einzelnen Stationen des Vortrags identisch sind.23 Das sukzessive Abschreiten jenes Raumes 24 ähnelt m.E. in vielerlei Hinsicht der metaphorischen Reise, die den als Wanderer vorgestellten Leser durch ein Buch führt. Mit Blick auf dichterische Texte ist als Erstes festzuhalten, dass das mehrmals in der Odyssee erscheinende Wort für Gesang, mN (Od. 8.73, 8.481, 22.347), dem Wort für Pfad, `, das seinerseits in Bezug auf Gesang verwendet werden kann, auffallend ähnlich sieht.25 Selbst wenn das exakte etymologische Verhältnis der beiden Wörter zueinander unklar ist, legt ihre Ähnlichkeit eine Verbindung zwischen Weg und Gesang nahe, wie sie griechischem Denken offensichtlich zueigen ist.26 20

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In der Antike war Gehen häufig mit intellektueller Aktivität verbunden (insbesondere im Peripatos). Zur Bewegung von Körper und Geist in der von Römern gepflegten ambulatio vgl. O’Sullivan (2006). Zur Mnemotechnik vgl. Blum (1969), Yates (1972), 1-49 und den Boer (1986). Vgl. Cic. de orat. 2.86 und Quint. inst. 11.2.11-6. Vgl. Cic. de orat. 2.86, Quint. inst. 11.2.17ff. und ad Her. 3.28-40. Auch wenn die Mnemotechnik erst bei römischen Autoren ausführlich beschrieben wird, war sie vermutlich schon früher in Gebrauch; griechische Autoren beschäftigen sich jedenfalls intensiv mit der Erinnerungskunst, vgl. Blum (1969), 38-128. Vgl. Quint. inst. 11.2.18 in ea quidquid notabile est, animo diligenter adfigunt, ut sine cunctatione ac mora partes eius possit percurrere; (23) namque in iis quae didicerunt locis ponunt res illas […] deinde relegentes inveniunt, ubi posuerunt. Vgl. h. Merc. 451 (` ,R), Pi. O. 9.47 (*&' … ` ) und Call. Iov. 78 (N … m5). Vgl. Becker (1937), 69: „Wenn also die Vorstellung des Gehens im Liede belegt ist und andererseits das Lied hier mit dem anklingenden Wort ` bezeichnet wird, so besteht zum mindesten große Wahrscheinlichkeit dafür, daß mN mit ` verwandt ist und ursprünglich auch eine Wegvorstellung in sich enthält.“ Nach Frisk (1970), 363 ist eine Verwandtschaft der beiden Wörter denkbar. Zu mN und ` vgl. zuletzt Giannisi (2006), 65-73.

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Die Wegmetapher an sich wird von Dichtern zu unterschiedlichsten Zwecken verwendet. Wenn z.B. Pindar in der vierten Pythischen Ode erklärt, er bevorzuge anstelle des langen Weges eine ihm bekannte Abkürzung (247-8), markiert er durch das Bild eine Veränderung in der Erzählgeschwindigkeit: Nachdem er die Fahrt der Argonauten und Jasons Bewältigung des feuerschnaubenden Stieres relativ ausführlich beschrieben hat, ist die Darstellung von Jasons Drachenkampf derart gerafft, dass lediglich der Tod des Ungeheuers in einem einzigen Vers konstatiert wird (249). So wie hier dient das poetologische Bild öfters dazu, „das Lied zu strukturieren, indem signifikante Stationen dieses ‘Wegs’ benannt werden.“27 Die kinetische Metapher lässt sich demnach als (a) Anfangs-, (b) Übergangs- oder (c) Abbruchsformel einsetzen.28 Ein besonders komplexes Beispiel für den metaphorischen Gebrauch einer Wagenfahrt bietet Pindars sechste Olympische Ode (O. 6.22-8): w $, 2  0 $2 * $D %D $@ @ &C *C5N K A! *$). Bezeichnend ist zudem Ciceros Schilderung von seiner Suche nach dem Grab des Archimedes (Tusc. Disp. 5.23). Wie Bing (2002a), 60 bemerkt, spiegelt sich in der Anekdote „the utter inattention of the Greeks to their monuments“ wider. Zur Appellstruktur der Epigramme und dem Einsatz fiktiver Sprecherrollen vgl. Meyer (2005), 53-88. Svenbro (1993), 44-63 legt dar, wie Inschriften sich der Stimme des (laut) Lesenden bemächtigten. „Ich gebe allen Menschen, die fragen, welcher der Männer mich aufgestellt hat, dieselbe Antwort: Antiphanes hat mich als Zehnten geweiht.“ Zu oggetti parlanti im Allgemeinen vgl. Burzachechi (1962) und Tueller (2008), 16-27.

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gewissermaßen eingelegt ist. Der Dativ &Z !& und das Relativpronomen T$ zeigen an, dass sich das Epigramm an jeden beliebigen Vorübergehenden richtet und somit ein unspezifiziertes Publikum voraussetzt. Indem es eine Frage von Seiten des Lesers imaginiert, zwingt das Gedicht diesen dazu, ein Interesse für den Dedikator zu bekunden, das er von sich aus gar nicht empfunden haben mag. Vor allem hervorzuheben ist die Formulierung &Z m \& , da sie selbstreflexiv auf die Unveränderlichkeit der eingemeißelten Worte verweist.56 Angesichts der Umstände, unter denen in der Antike Texte tradiert wurden, ließ es sich kaum vermeiden, dass diese im Laufe der Überlieferung Änderungen erfuhren; im Gegensatz dazu ist der Wortlaut dieses Epigramms bis auf den heutigen Tag derselbe geblieben. Grundsätzlich dienen Grab- oder Weihinschriften dazu, die Erinnerung an den Toten bzw. Dedikator wach zu halten57 – sie sind dafür konzipiert, auch von zukünftigen Generationen gelesen zu werden, und übermitteln Botschaften im Namen von Personen, die in der Rezeptionssituation als solcher, also bei der jeweiligen Aktualisierung des Geschriebenen durch einen Leser, nicht anwesend sein können.58 Schriftlichkeit ist in jedem Fall ein konstitutiver Bestandteil epigraphischer Dichtung; gleichwohl bilden Epigramme häufig eine orale Kommunikationssituation nach, indem sie etwa Dialoge zwischen Wanderer und Totem oder Wanderer und Monument inszenieren.59 Die beiden Konzepte „Mündlichkeit“ und „Schriftlichkeit“ sind auf originelle Weise in einem koischen Epitaph (2./1. Jh. v.Chr., 1729 GV) miteinander verquickt, das zwar keinen derartigen Dialog präsentiert, aber – seiner selbst bewusst – mit der Medialität des Steines spielt. Zugleich bietet es ein faszinierendes Beispiel für die Überschneidung von materieller und literarischer Kultur im Bereich inschriftlicher Dichtung, indem es an einen poetologischen Diskurs des Hellenismus anknüpft:

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Vgl. Svenbro (1993), 28. Zur Rolle von  vgl. Svenbro (1993), 8-25. Zum „Denkmal als Garant des Nachruhms“ in lateinischen Inschriften vgl. Häusle (1980). Day (1989), (1994), (2000) und (2007) meint, durch Lektüre der inschriftlichen Verse werde das (mündlich vollzogene) Ritual der Bestattung bzw. Dedikation reaktiviert. Svenbro (1993), 26-43 führt die „Egozentrik“ sprechender Objekte darauf zurück, dass der Autor sich als potentieller Sprecher selbst eliminiert: „No one could lay greater claim than the object itself to the Hierheit of the written speech-act. Soon the writer would no longer be there; he became the third person by virtue of the fact that he wrote.“ Vgl. die „Dialog-Gedichte“ 1831-1887 GV und Tueller (2008), 42-3; zu „writtenness“ und „spokenness“ im Epigramm Tueller (2008), 141-54.

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Der exzeptionelle Charakter des Epigramms ist bereits daran kenntlich, dass es mit einer Referenz auf die Odyssee einsetzt.61 So wie Homer den Schweinehirten Eumaios pries, soll dieser Stein des treuen Dieners Inachos gedenken. Während die moderne Philologie Homers Epen einer mündlichen Tradition zurechnet, werden sie hier als schriftliche Kompositionen vorgeführt – es ist von Griffeln (%,) und Kolumnen (,) die Rede (dagegen evoziert freilich E  die Vorstellung eines mündlichen Vortrags). Die Rolle des Barden hat nunmehr der Stein übernommen, der vom „verständigen Sinne“ des Inachos singen wird – ebenso wie einst die Muse Homers vom Zorn des Achilles sang: Die Formulierung R$  (3) spielt unverkennbar auf den Beginn der Ilias an (R ,, (). Zugleich mag die Junktur !% R$ das in Verbindung mit Odysseus häufig gebrauchte Epitheton &N$ abrufen.62 Durch die Klangähnlichkeit von R und R$ tritt somit an die Stelle des im Zentrum der Ilias stehenden achilleischen Zornes die Besonnenheit eines Charakters, der seiner sozialen Position und Loyalität (%[,&]$ ”) nach

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„Einstmals kündete der Griffel Homers auf güldenen Seiten von Eumaios’ Treue gegenüber seinem Herrn, doch deinen verständigen Sinn, Inachos, wird, auch wenn du im Hades bist, der Stein besingen, mit Buchstaben sprechend, die das Gedächtnis auf ewig bewahren. Und es wird dich zum Hause der Frommen führen Philiskos, der dir edle Geschenke darbringt im Leben wie im Tode – dich und deine Frau Kleio, die den Knaben ebenso ehrte wie du und an deren Brüsten er als Kind flüssige Nahrung sog. Ach, unentrinnbarer Hades, was für einen großen Nutzen hattest du schon daran, den berühmten Sohn der Kleumachis davonzutragen?“ Zu Anspielungen auf die Odyssee in Inschriften vgl. Bing (2009b). Es findet sich 85 Mal in der Odyssee und 25 Mal in der Ilias. Bing (2009b), 158 erwägt: „the phrase !%  R$ suggests a possible contrast with &N$ Odysseus. For Inachos has only one R$ and that is a very prudent one.“

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dem Schweinehirten Eumaios ähnelt, aber zugleich Assoziationen mit dem Haupthelden der Odyssee weckt.63 Insgesamt präsentiert sich der Autor des Epigramms (möglicherweise ist der in Vers 5 genannte Philiskos mit diesem identisch) nicht nur als Homer ebenbürtig, sondern schreibt die Werke jenes Dichters – im Gegensatz zu seinem eigenen Text – eindeutig der Vergangenheit zu ([&]0 … E , 1-2): Die Seiten, auf denen Homers Epen stehen, mögen golden sein, doch die Zukunft gehört, folgen wir unserem Epigramm, dem Stein (, 3). In jedem Fall garantiert dieser dem Toten posthumen Ruhm, da er ihn 0 = 1, (3) preisen wird. Dieselbe Formulierung findet sich – in derselben metrischen Position – auch im 16. Idyll Theokrits, wo der Sprecher bemerkt, einzig Sänger könnten ein Gedenken nach dem Tode sichern und verdienten deshalb besonderen Lohn (29-33)64: .(' ,a ($ $ ™; \&%>$, †% 0 = 1,  5 *  P, N,’  - N *&0 W5/ 1$ ‚ $  J $$5' E, D - * &$' &N  $> '.65

Der Autor der Inschrift spielt vermutlich direkt auf das Idyll an, was man darin bestätigt sehen mag, dass Theokrit als Beispiel für einen solchen Musenpriester Homer anführt und in diesem Zusammenhang neben Odysseus auch Eumaios nennt, der ohne den ionischen Sänger längst vergessen wäre: *(N ,’ Ž \% Š (16.54-5). Die Theokrit-Stelle wiederum scheint auf eine Szene der Odyssee Bezug zu nehmen, in der die Junktur 0 = 1, ebenfalls an einem Versanfang erscheint und durch †% eingeleitet ist.66 Nachdem der Heros den Schatten seiner Mutter vergeblich zu umarmen versucht hat, beklagt er sein Scheitern dort wie folgt (Od. 11.210-2): 63

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Während Odysseus am Ende seines Nostos in das eigene Haus zurückkehrt (vgl. $R ˆ,5R &% T, ,!, Od. 1.83, 14.424, 20.239, 20.329, 21.204), wird Inachos in das Haus der Frommen (& 9' ,!, 5), also in die Unterwelt, geführt. Auf die Parallele hat bereits Reitzenstein (1893), 220-1 verwiesen. „Vor allem aber ehrt er [der kluge Reiche] die heiligen Priester der Musen, auf dass er, auch wenn ihn bereits der Hades birgt, noch rühmlich genannt wird und nicht ruhmlos am Ufer des kalten Acheron trauert, so wie jemand, dessen Hände innen von der Hacke voll Schwielen sind, seine dürftige, von den Vätern ererbte Armut beweint.“ Dieser Versanfang findet sich nur Theoc. Id. 16.30 und Hom. Od. 11.211.

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I 4. Vom Accidental Reader zum wandernden Leser R$ *>, $  ’ 9  Q @$, †% 0 = 1, % &0 D !$ %$' 5D $$&? !;67

Während Theokrits Idyll als inhaltliches Vorbild für den in der Inschrift formulierten Gedanken fungierte, stellt die via Fenster-Intertextualität evozierte Szene einen versteckten Bezug auf die Odyssee her, der neben die explizite Homer-Referenz und das Wortspiel R$  tritt.68 Bemerkenswert ist vor allem, dass Theokrit reiche Leute dazu anhält, Sänger gebührend zu entlohnen, damit sie nicht, vergessen wie ein armer Mann, ihr Los im Hades beklagen müssen. Nun handelt es sich bei Inachos gewiss nicht um einen jener reichen Gönner; vielmehr könnte er gerade in der Rolle des von Schwielen Gekennzeichneten erscheinen, der im Tode Armut und Vergessensein beweint – wäre da nicht Philiskos. Anstatt, wie von Theokrit erhofft, als Sänger Gaben für sein Tun zu empfangen (16.24), spendet er seinem treu ergebenen Diener Geschenke (5-6) und verewigt durch sein Gedicht eine Figur, wie sie im Kontext des Idylls als Paradigma des  N angeführt wird. Letztlich kommt freilich dem Stifter des Denkmals mindestens ebenso viel  zu wie dem Gepriesenen, insofern die Inschrift seine Zuneigung gegenüber dem Diener und dessen Frau sowie seine bewundernswerte Generosität verewigt. Zudem erscheint Philiskos gleichsam in der Rolle eines W5&&!, da er mit der Aufgabe betraut ist, Inachos und Kleio in der Unterwelt zu den Häusern der Seligen zu führen. Auch wenn die einleitende Referenz auf Homer, wie Bing bemerkt,69 nur eine rudimentäre Kenntnis des Epos voraussetzt, ergibt sich für das Gedicht insgesamt ein ausgeklügeltes Netz an intertextuellen Bezügen: Der Einfluss hellenistischer Literaturpraxis ist unverkennbar. Darüber hinaus verfügt das Epigramm über einen hohen Grad an Selbstreflexivität, indem es auf sein eigenes Medium und seine Inschriftlichkeit verweist: N$ ( / &$N (4). In der Vorstellung eines durch Buchstaben sprechenden Steines sind die Konzepte von „Mündlichkeit“ und „Schriftlichkeit“ miteinander verwoben. Indem der Verfasser den zwar goldenen, doch der Vergangen67

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„Meine Mutter, warum wartest du nicht auf mich, wenn ich dich zu ergreifen begehre, auf dass wir auch im Hades einander umarmen und uns beide an grimmer Trauer erfreuen?“ Das Verhältnis von Odysseus und seiner Mutter spiegelt sich im Verhältnis des Philiskos zu Inachos und dessen Gattin wider, an deren Brüsten er als Säugling genährt wurde (7-8). Bing (2009b), 158.

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heit zugehörigen Seiten Homers seinen ewig währenden (N$) Stein gegenübersetzt ( – ,), tritt er zu dem Epiker in Konkurrenz und verfolgt damit eine Strategie, wie sie für Kleindichter als typisch gelten kann. Ja, ich meine, dass Philiskos eine epigraphische Variante der poetologischen Debatte um die Vorzüge von Klein- vs. Großdichtung bietet, wie sie von Autoren des Hellenismus geführt wurde, und dabei die Überlegenheit seines eigenen Mediums insinuiert. Ein vergleichbar hohes literarisches Niveau lässt sich in einem Epitaph aus Alexandria beobachten (2. Jh. v.Chr.), bei dem es sich im wahrsten Sinne des Wortes um einen alexandrinischen Text par excellence handelt. Anstatt, wie sonst üblich, jeden beliebigen Vorübergehenden zum Innehalten aufzufordern, konstruiert sich das Epigramm gleichsam ein elitäres Publikum (GV 1312 = Bernand 34): = 0 5 ! F, | X, ,$ $>,, |

0 & m' | %$ N!, 2 ; .5 [($] | $’ X,D$, | m 0 9,> „R’ 1N“ F& „D’“ =&K ,0 [,  ]9$ | E $!,. $  ,a &' | $ (1-2).75 Doch was ist mit den gelehrten Hirtendichtern, wie wir sie etwa aus dem Corpus Theocriteum kennen? Im Kontext hellenistischer Literatur erscheint es m.E. denkbar, dass unser Epitaph eine ironische Umkehrung eben dieses Motivs bietet. Theokrits Vision von dichtenden Hirten, die trotz der Einfachheit ihrer Lebensumstände gelehrte und raffinierte Verse zu komponieren vermögen, wird durch das hier gezeichnete Bild unterminiert: Anstatt das hellenistische Ideal von Gelehrsamkeit zu repräsentieren, fungieren die Hirten als Paradigma für Unwissenheit und Ignoranz. In gewisser Weise wird somit eine von Dichtern geschaffene und verklärte Hirtenwelt durch eine realistisch-pragmatische Sicht der Dinge dekonstruiert. Zugleich suggeriert der Text, dass jeder, der an ihm, ohne innezuhalten, vorbeigeht, zur verachteten Kategorie analpha-

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Zur Lese- und Schreibfähigkeit in der Antike vgl. Harris (1989); weitere Literaturhinweise bei Werner (2009), 347. Merle Langdon entdeckte in Attika sogar Graffiti aus dem 6. Jh. v.Chr., die vermutlich von dortigen Hirten stammen (die Inschriften sind bislang unpubliziert). Anders Sens (2006), 147, demzufolge die Apostrophe am Anfang impliziert, dass die angeredeten Hirten des Lesens kundig seien. „Ich bin der Buchstaben nicht kundig, werde aber ihre Form beschreiben und ihre klaren Erkennungszeichen“ (es folgen 11 Verse, in denen die Buchstaben c # Š › # verbal nachgezeichnet werden); der Passus ist in Agathons Telephos imitiert (Athen. 10.454d = Snell TGF 4).

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betischer 5 ! gehören müsse.76 Die Opposition zwischen Hirten und Musen lässt darüber hinaus an die Weihe des ersten griechischen Hirtendichters denken 77: Während Hesiod auf dem Helikon seine Schafe weidete, erschienen ihm die Musen und beschimpften erst einmal sämtliche & als F5, ( ’ *, $ ` (Th. 26). Wenn Aline nun Schäfer als ihrer Botschaft unwürdig erachtet, mag sie dabei dem berühmten Diktum der Musen folgen. Natürlich impliziert die Charakterisierung des Wanderers als eines „in den Mühen der Musen Genährten“ mehr als nur die Fähigkeit zu lesen.78 Vielleicht spielt das Epigramm gerade mit dem alexandrinischen Konzept von Gelehrsamkeit, indem es ironisch die Nichtinitiierten zurückweist und zugleich über die Implikationen wahrer Kultiviertheit nachdenkt. Wiewohl sich der Leser mit einer wenig anspruchsvollen Aufgabe konfrontiert sieht, muss er seine Raffinesse dadurch unter Beweis stellen, dass er jenes vielschichtige Spiel durchschaut und das Epigramm als Ganzes zu würdigen versteht. Aline lädt den Rezipienten in jedem Fall dazu ein, sich in ihrer Beschreibung eines gelehrten Lesers wiederzuerkennen und das Identifikationsangebot anzunehmen. Es verfügen bei weitem nicht alle Inschriften über einen so hohen Grad an Selbstreflexivität wie die soeben besprochenen. Doch die Wesensmerkmale des Mediums Stein, die in einigen der angeführten Texte explizit hervorgehoben wurden, gelten auch für die große Masse der übrigen carmina epigraphica. Dadurch, dass Alines Epitaph eine potentielle Rezipientengruppe von vornherein ausschließt, unterscheidet es sich erheblich von gewöhnlichen Inschriften. Welch ein wichtiges Wesensmerkmal epigraphischer Texte gerade der Appell an den Leser darstellt, dürfte deutlich geworden sein. Die Fixiertheit von Inschriften an einen bestimmten Ort hat u.a. zur Folge, dass sie auf zufällig vorüberkommende Rezipienten angewiesen sind. Wie die Standbilder zu

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77 78

Die Bezeichnung 5 ! wurde in Ägypten auch in Bezug auf einen Volksstamm verwendet, der in Sümpfen wohnte und aufgrund seiner Raubzüge gefürchtet war (vg. Hel. Eth. 2.17 und Ach. Tat. 4.12). Das Wort ruft also in jedem Fall Assoziationen mit Unkultiviertheit ab. Den Hinweis hierauf verdanke ich Stefan Merkle. In ähnlicher Weise lehnt die Erle in Philitas 10 (p. 92 Powell = 12 Sbardella = 25 Spanoudakis) Kontakt mit unkultivierten Landbewohnern (?$N, 1) ab und wünscht sich stattdessen, von einem Gelehrten gefällt zu werden: ’ *&' =,K ! 0 &2 > / ' &$' ` *&$( (3-4); zu einer metapoetischen Deutung des Gedichts vgl. Bing (1986).

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Beginn von Pindars fünfter Nemeischer Ode79 sind sie dazu verbannt, stets am selben Ort zu verweilen; Buchepigramme hingegen können aufgrund der Mobilität von Papyrusrollen – ebenso wie die Lieder Pindars – um die Welt reisen.80 Mit Loslösung der Epigramme von ihrem ursprünglichen Setting änderte sich auch der Modus ihrer Rezeption. Doch das Streben epigraphischer Texte nach der Aufmerksamkeit zumeist indifferenter Leser lebt, wie ich im Folgenden argumentieren möchte, auf transformierte Weise innerhalb des Buchkontextes weiter. 4.3 Der wandernde Leser Zwar handelt es sich bei dem Rezipienten von Buchepigrammen nicht um einen accidental reader, d.h. er hat sich – im Gegensatz zu einem solchen – bewusst dazu entschieden, die betreffenden Texte zu lesen, aber dennoch ist nicht garantiert, dass er jedem Gedicht die gleiche Aufmerksamkeit widmet oder die Lektüre des gesamten Buches bis zu dessen Ende fortsetzt. Wie schwierig es ist, angesichts einer Vielzahl von kurzen Epigrammen den Leser bei Laune zu halten, hat Martial ausführlich thematisiert (s.o.). Natürlich stehen auch die Verfasser anderer Texte vor der Aufgabe, den Rezipienten so zu fesseln, dass er seine Lektüre nicht aus Langeweile abbricht, und eben dieses Problem wird auch von antiken Autoren reflektiert.81 Doch im Falle von Gedichtbüchern, die eine hohe Anzahl an Einzeltexten enthalten, ist die Gefahr der Ablenkung bzw. des Konzentrationsverlusts ungleich größer als bei einer kontinuierlichen Erzählung, da das Ganze in viele kleine Bausteine zerfällt und eine Lektüre, die in „Mini-Etappen“ vor sich geht, leicht dazu verleitet, Einzelnes zu überspringen.82

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Pind. N. 5.1-2: v9 ,$&! =’, I$’ *$ *(  &P), GV 1310.1 (>  @, ,$, &).

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ten Gedichte übernehmen hier also gewissermaßen die Funktion des am Wegrand gelegenen Monuments – aus dem realen &,$N/viator ist der Leser einer Gedichtsammlung geworden. In der Macht des Lesers liegt es, die Rezeption, wann immer er will, zu verweigern – genauso wie ein Wanderer an einem Monument ganz einfach, ohne anzuhalten, vorübergehen kann. Besonders anschaulich lässt sich diese Analogie an einem Epigramm Martials (11.106) illustrieren: Vibi Maxime, si vacas havere, hoc tantum lege: namque et occupatus et non es nimium laboriosus. transis hos quoque quattuor? sapisti.100

Martial trifft auf Vibius Maximus und möchte ihm ein paar Verse zum Lesen geben. Dieser jedoch zeigt nicht das geringste Interesse, wofür der Dichter ihn selbstironisch preist. Bemerkenswert ist, dass Martial den Adressaten nicht nur dadurch in der Rolle eines &,$N präsentiert, dass er ihn an seinem Gedicht „vorübergehen“ (transis, 4) lässt, sondern auch, indem er durch das Grußmotiv (1) einen weit verbreiteten Topos epigraphischer Dichtung evoziert. Denn viele Inschriften fordern den Leser eben dazu auf, dem Toten einen Gruß zu entrichten.101 Der Witz des Epigramms besteht freilich gerade darin, dass das Versagen der Appellstruktur innerhalb des appellierenden Textes selbst thematisiert ist – und der Angesprochene als Rezipient des ihm gewidmeten Gedichts von vornherein ausgeschlossen wird. Martial inszeniert hier das Scheitern eines nach Rezeption strebenden Textes, und dies mithilfe von Motiven, die einen Bezug zu epigraphischer Dichtung herstellen. Amüsanterweise enthält das Epigramm an sich keinerlei message: Die ersten drei Verse werden von dem Appell an Vibius eingenommen, der letzte Vers impliziert, dass dieser umsonst war.

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„Vibius Maximus, wenn du Zeit hast, einen Gruß zu entbieten, so lies nur dies. Denn du bist beschäftigt und nicht allzu begierig auf Mühen. Du übergehst auch diese vier ? Wie klug!“ Vgl. GV 1342-1352. In römischen Inschriften findet sich die auch von Martial verwendete Form have, vgl. z.B. CLE 1330.1-2 (terris quicumque viator transieris et dixeris [h]ui[c] tumulo / ‘Avito, [h]ave …), CLE 92 (have dulce nobeis nome[n, 1, have casta coniunx…, 8, have mi Diodore…, 9, have pupa blanda …, 11).

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4.3.2 Eine Reise durch griechische Epigrammbücher Die besprochenen Martial-Gedichte haben gezeigt, wie der Leser als Wanderer und das Buch als zu durchquerender (bzw. im Falle der Theater-Metapher als zu betretender) Raum imaginiert werden konnten. Wie die Wegmetaphorik bereits in hellenistischen libelli funktionalisiert wurde, möchte ich im Folgenden illustrieren. Im Bereich lateinischer Epigrammatik spielt das Bild zudem im Corpus Priapeorum eine herausragende Rolle, insofern die Gedichte dort als Graffiti auf den Mauern eines Tempels charakterisiert sind, zu dessen Besichtigung der Leser eingeladen ist (dazu mehr in Kap. II 4). Auf metapoetischer Ebene kann der Leser im imaginären Raum des Buches ganz allgemein als X,$N gedacht werden – unabhängig vom Inhalt der Gedichte, denen er auf seinem Weg durch den libellus begegnet. Handelt es sich bei den Epigrammen jedoch um fiktive Grabinschriften, so entfaltet das poetologische Bild eine weitaus größere Wirkung, da der Rezipient nicht nur abstrakt als Wanderer erscheint, sondern konkret als solcher angeredet wird.102 Die literarischen Epitaphien zugrunde liegende Kommunikationssituation ist im Prinzip mit derjenigen inschriftlicher Dichtung identisch – freilich mit dem einen, gleichwohl fundamentalen Unterschied, dass das Monument nicht an einem Wegrand zu finden ist, sondern nur in der Phantasie von Autor und Rezipient existiert. Ein Gedichtpaar des Dioskurides (Ende 3. Jh. v.Chr.) bietet ein besonders gutes Beispiel für dieses Phänomen: Nicht nur lassen beide Epigramme den Leser in die Rolle eines &,$N schlüpfen, sondern sie interagieren in einer Weise, die nur im Kontext eines Buches möglich erscheint: Durch die Bezugnahme des einen auf das andere Gedicht wird innerhalb des libellus ein Raum kreiert, der vom Leser zu durchschreiten ist. Der Sprecher des ersten Epigramms (AP 7.37 = 22 G-P) ist ein auf dem Grab des Sophokles stehender Satyr: A T,’ E$’, œ'&, #% , ‹ &2 .5@ ™- &N ™  E

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Hunter (1992), 116 sieht z.B. in dem Adressaten von AP 7.465 einen metaphorischen Wanderer: „The ‘traveller’ whom the poet addresses is in fact a reader on a poetic journey; the act of travelling, of walking past tombstones, is the act of reading.“ Ähnlich Bing (1988), 63 zu einem Epitaph Antipaters v. Sidon auf Anakreon (AP 7.26 = 14 G-P): „the reader of this poem remains a passerby only figuratively. For he encounters Anacreon’s epitaph as he makes his way through the scroll.“ Allerdings gehen beide dem Konzept des wandernden Lesers nicht weiter nach.

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 * &N „, ,, N;“ – Šm$ 0 1$!N =&D %, 9 Ž ‡($, m$ 0 S $ %!$ 2 F .103

Das Gedicht reflektiert die Entwicklung der Tragödie aus dem Satyrspiel, wobei Sophokles als derjenige präsentiert wird, der das Drama, ausgehend von seinen primitiven Ursprüngen, zu einer ausgefeilten Kunstform umwandelte.104 Diese Evolution ist durch den Aufstieg des Satyrs aus bäuerlichem Ambiente zu Glanz und Gloria versinnbildlicht. Sein Tanz kam jedoch mit dem Tod des Sophokles zum Stillstand – die Bewegungslosigkeit der Statue emblematisiert die Macht des Todes, der allem Lebendigen ein Ende setzt und im Falle des Sophokles die Produktion weiterer Dramen unmöglich machte. Aber nicht nur der Satyr nimmt an der Trauer um den Verstorbenen teil, sondern auch die Maske, die er in seiner Hand hält: Ihre Charakterisierung als  („mit geschorenem Haar“) verweist darauf, dass sie eine(n) Trauernde(n) repräsentiert. Darüber hinaus führen die zwei erwähnten Stücke, Elektra und Antigone, ihre Protagonistinnen am Grab eines Angehörigen bzw. bei dessen heimlicher Bestattung vor;105 deren Leid wird hier mit Blick auf den Tod ihres „Schöpfers“ evoziert. Das Epigramm ist Teil einer Gruppe fiktiver Epitaphien auf berühmte Dramatiker.106 Eine besonders enge Verbindung geht es mit AP 103

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„Dies ist, o Wanderer, das Grab des Sophokles, den ich Heiliger von den Musen als heiliges Pfand anvertraut bekam. Er hat mich, als ich in Phleios noch über harte Stachelnuss schritt (alternativ: die rohe Dreschmaschine bediente, vgl. Gow-Page ad loc.), zu goldener Gestalt hin gewandelt und in Purpur gekleidet. Wo er nun tot ist, habe ich hier meinem Fuß, der zum Tanz wie geschaffen war, Einhalt geboten. ‘Glücklicher, der du so einen schönen Platz erhalten hast. Die Maske mit geschorenem Haar – aus welchem Stück stammt sie?’ Ob dir nun beliebt, Antigone zu sagen oder Elektra, du irrst dich nicht. Beide sind Meisterwerke.“ Als Erfinder des Satyrspiels galt in der Antike der aus Phleios stammende Pratinas; vgl. Pickard-Cambridge (1962), 92-7. In Soph. El. 450ff. sagt Elektra sogar, sie wolle Agamemnon von dem wenigen noch verbleibenden Haar eine Locke spenden. AP 7.410 = 20 G-P (Thespis), 7.411 = 21 G-P (Aischylos), 7.707 = 23 G-P (Sositheos), 7.708 = 24 G-P (Machon). Laut Gutzwiller (1998a), 260 handelt es sich um eine Serie von Gedichten „which were evidently published together as a chronological sequence.“ Zu Epigrammen auf Dichter vgl. Gabathuler (1937).

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7.707 (= 23 G-P) ein, das einen klaren Rückbezug zu dem SophoklesEpitaph herstellt und ohne dieses nicht ganz verständlich wäre107: džK #'5 '  5, T * F$ F &’ 9' b$' #% R, # $ X &5. * %!N 2 ‚- FC ', 0 2 , #$'

ža $ * D $ V V,N V = >N &$,’ Ÿ,

0 &( =?N $ F ', .P  5!, &! $’ 9,- Q ! (N ,  ' $& ¡ 0 $N0 $r % ,O %$, #'5.108

Mit den einsetzenden Worten ( žK) und dem Verweis auf das in der Stadt befindliche Grabmal des Sophokles ruft der Satyr das vorherige Epigramm in Erinnerung. Neben dieser expliziten Referenz finden sich mehrere strukturelle und motivische Parallelen, die belegen, dass die beiden Texte als Paar konzipiert sind: Während Sophokles das Drama erneuerte, belebte Sositheos die alte Form des Satyrspiels wieder. Jener soll den Satyr, der in Phleios noch (E$, 3) in primitivsten Verhältnissen sein Dasein fristete, aus der Heimat weggeführt und zu einem luxuriösen Lebensstil gebracht haben; im Gegensatz dazu gemahnte Sositheos den bereits (V,N, 5) unter den neuen Bräuchen aufgewachsenen Skirtos an die alte &$. Dessen Bruder hörte angesichts von Sophokles’ Tod zu tanzen auf (&5 &!,, 6); er selbst behauptet, damit begonnen zu haben, sich in „männlichem Rhythmus“ zu bewegen (=?N $ F …  5!, 7-8). Und während jener die (geschorene) Maske einer trauernden Tragödienfigur in Händen hält, erfreut sich dieser an von Hand geschnittenen Thyrsus-Stäben. Es werden in den beiden Gedichten also nicht nur archaisches und modernes Drama einander gegenübergestellt, sondern auch zwei völlig unter107 108

Vgl. Bing (1988), 39-40 und Gutzwiller (1998a), 259-60. „Auch ich, der Rotbart Skirtos, wache über einen Toten, über Sositheos, so wie einer meiner Brüder in der Stadt über Sophokles wacht. Er nämlich trug den Efeukranz, ein Mann würdig – bei den Chören – der phliasischen Satyrn. Und mir, der ich schon in den neuen Bräuchen genährt war, brachte er durch Rückkehr zur archaischen Praxis wieder die Heimat in den Sinn. Wieder hab ich den männlichen Rhythmus für die dorische Muse in Bewegung gesetzt und, zu wuchtigem Klange gezogen, gefiel mir der Schlag der von Hand frisch geschnittenen Thyrsos-Stäbe, dank Sositheos’ gefahrliebendem Sinne.“ Bei Übersetzung des dritten Distichons stütze ich mich auf Gow-Pages Erläuterungen.

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schiedliche Stimmungen heraufbeschworen. Der deutliche Kontrast zwischen dem von Kummer geprägten Epigramm auf Sophokles und dem letztlich fröhlich anmutenden Epitaph für Sositheos mag mit dem Charakter der jeweiligen Dichtung zu tun haben. In unserem Zusammenhang ist nun vor allem Folgendes bemerkenswert: Skirtos’ Bezugnahme auf das Grab in der Stadt insinuiert, dass der Adressat dieses bereits gesehen hat. Der Leser erscheint also in der Rolle eines Wanderers, der sich von Athen (hierauf bezieht sich * F$) fortbewegt und am Straßenrand auf das Epitaph des Sositheos stößt. Die dabei zurückgelegte Entfernung entspricht in metaphorischer Hinsicht dem Weg, der den Leser innerhalb des Buches von dem einen zum anderen Gedicht geführt hat. Wahrscheinlich folgten die Epigramme unmittelbar aufeinander und waren somit als Gedichtpaar gekennzeichnet,109 aber m.E. ist zumindest denkbar, dass andere Texte dazwischen gestanden haben. In diesem Fall würde die Distanz zwischen den beiden Monumenten, die einzig in einer literarischen Landschaft existieren,110 gleichsam durch die medial-räumliche Separation der Gedichte auf der Buchrolle gespiegelt. Sollten die beiden Gedichte innerhalb des libellus mit den anderen Dichter-Epitaphien des Dioskurides kombiniert gewesen sein, was durchaus nahe liegt, so hätte dieser eine Art fiktiver Nekropole geschaffen, durch die wir als Leser gewissermaßen spazieren gehen (auch wenn die Monumente selbst sich gerade nicht als direkt benachbart ausgeben). Während Dioskurides mit seinen Grabepigrammen berühmte Dichter ehrt, findet sich im Œuvre des Kallimachos ein Epitaph, das der Autor auf sich selbst verfasst hat (35 Pf = 30 G-P = AP 7.415): $$(,' &2 R % &!, ¡ a ,- =,!$, ¡ ,’ mO  5(.111

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Vgl. Bing (1988), 40: „Their sequential connection – žK, “I too” (v. 1) – is that between neighboring texts on the page.“ Gerade durch den Beginn des zweiten Epigramms ( ž K) evoziert Dioskurides die Konventionen von Inschriftengruppen, deren Epigramme oft explizit miteinander verknüpft sind. Zugleich negieren freilich die Texte selbst, dass die beiden Gräber nebeneinander stehen. Dass es sich nicht um das originale Epitaph des Sophokles handeln kann, wird schon allein durch die Angabe, dieses befände sich „in der Stadt“, deutlich: Der Vita zufolge war der Dramatiker zusammen mit seinen Vorfahren in Dekeleia beerdigt. Auch war auf seinem Grab kein Satyr zu sehen, sondern eine Sirene (vgl. Paus. 1.21.1) oder eine Schwalbe; vgl. Gow-Page ad loc. und Bing (1988), 40. „Du gehst am Grabmal des Battiaden vorüber, der sich gut auf den Gesang verstand und beim Wein mit den Freunden trefflich zu lachen wusste.“

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So wie Kallimachos hier nur sein Patronymikon, nicht aber seinen Namen nennt, verschweigt er in einem anderen Text den Namen seines toten Vaters (21 Pf = 29 G-P = AP 7.525): ¢$ * &2 R % &!,, d(5  m d5N5 &D,( $ 0 $N. =,N ,’ F%'  X  $ &$, T&' VC, X ,’ V   N. 9  ./ (, T5 m, †$ &D, - Co, &; 9 &$ %5.112

Bereits Wilamowitz bemerkte, dass die beiden Epigramme für eine gemeinsame Lektüre konzipiert sind: Der Name der Verstorbenen ist nur im jeweils anderen Gedicht zu lesen, was bedeutet, dass die zwei Texte in erster Linie durch ihr Zusammenspiel verständlich werden, auch wenn sich nicht mehr sagen lässt, in welcher Reihenfolge der Rezipient den Epigrammen ursprünglich begegnete.113 In jedem Fall könnte ihre Juxtaposition, die für einen libellus des Kallimachos anzunehmen ist, die Vorstellung einer Familiengruft evoziert haben.114 Wiederum tritt der Leser als Wanderer in Erscheinung, der zwei (zumindest indirekt aufeinander verweisende) Gräber passiert115 – und dies wahrscheinlich an prominenter Stelle innerhalb des libellus. Die Vermutung liegt nämlich nahe, dass die beiden Texte am Ende des Epigrammbuches standen und dort als Sphragis dienten.116 In gewisser 112

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„Der du an meinem Grab vorübergehst, wisse, dass ich Sohn und Vater des Kallimachos von Kyrene bin. Du dürftest beide kennen. Der eine führte einst die Waffen der Heimat, der andere sang Lieder, die stärker waren als der Neid. Kein Wunder. Denn wen die Musen mit freundlichem Auge als Kind angeblickt haben, den behalten sie auch im Greisenalter als Freund bei.“ Das Schlussdistichon, bei dem es sich um ein (leicht modifiziertes) Selbstzitat handelt (vgl. Aitien fr. 1.37-8 Pf), ist in seiner Authentizität umstritten. Zu dem Problem vgl. Livrea (1992); Gutzwiller (1998a), 212-3 spricht sich stark für die Echtheit der beiden Verse aus. Vgl. Wilamowitz (1913), 299 und (1924) I, 175 Anm. 2. Zudem Gabathuler (1937), 54-6, Bing (1995), 126ff., Gutzwiller (1998a), 212-3, Kirstein (2002), 11721, Scodel (2003), 257-62, Fantuzzi & Hunter (2004), 297-9, Meyer (2005), 1768. Gegen die „mutual supplementation theory“ Cameron (1995), 78-9. Bing (1995), 127-8 zieht zum Vergleich CEG 512 heran, wo der Tote explizit darauf verweist, dass er neben dem Grab seiner Mutter ruht ($(% *&0 ,C(, R$, | D, 3-4). Während der Betrachter hier die Namen der Verstorbenen den Gräbern selbst entnehmen kann, bieten die kallimacheischen Epitaphien diese Informationen nur im jeweiligen companion piece. Durch die vorher nicht attestierte Wendung &2 R % &!,() ergibt sich eine enge Verbindung zwischen den Epigrammen; vgl. Bing (1995), 128. Vgl. Gabathuler (1937), 56.

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Weise könnte das Buch selbst als R des Kallimachos fungieren, insofern es sich um ein monumentum aere perennius im horazischen Sinne handelt.117 Zu dem am Schluss von Gedichtbüchern häufig spürbaren „Sense of an ending“ würde es gut passen, wenn sich der Autor durch Deklaration des eigenen Todes verabschiedete und das Ende der Sammlung mit zwei aufeinander bezogenen Epitaphien markierte. Hatte er sich zu Beginn der Aitien gegen die Missgunst der Telchinen zur Wehr setzen müssen (E$  N L , fr. 1.17 Pf), kann er nun durch den Mund seines toten Vaters stolz verkünden, dass sein Gesang mächtiger war als jener Neid (AP 7.525.4).118 Ein Selbstepitaph oder zumindest einen mit epigraphischen Konventionen spielenden Text hatte wahrscheinlich auch die frühhellenistische Dichterin Nossis aus dem epizephyrischen Lokroi119 an das Ende eines epigrammatischen libellus gesetzt (AP 7.718 = 11 G-P)120: w CD’, = $  &D &$0  .$5>, $Z #&%/ $' F *5! =&D ‚ . % $>J $ Y!  $ $ m ,’ T$  $ £, m. 121

Die an den Adressaten gerichtete Bitte, er möge andernorts eine bestimmte Nachricht übermitteln, erinnert an die berühmte ThermopylenInschrift (w CD’, , AP 7.249 = Herod. 7.228).122 Bemerkenswert ist, dass der Leser im wohl letzten Gedicht des Buches gewissermaßen auf eine Reise in die literarische Vergangenheit geschickt 117 118

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Zu Hor. c. 3.30 und der epigrammatischen Tradition vgl. Höschele (2009a). Gutzwiller (1998a), 212 plädiert dafür, dass das Epigramm am Ende einer Gesamtausgabe stand und durch seine Bezugnahme auf den Aitien-Prolog eine Verbindung zum ersten Buch des kallimacheischen Œuvres herstellte. Die zwei in AP 7.415 genannten Aktivitäten verweisen wahrscheinlich auf Kallimachos’ längere Gedichte (,>: Hekale, Hymnen, Aitien) und auf seine eher spielerischen Epigramme (¡ ,’ mO  5(); so schon Reitzenstein (1893), 87. Zur Datierung von Nossis vgl. Gutzwiller (1998a), 74-5. So schon Reitzenstein (1893), 139 und Wilamowitz (1913), 298-9 und (1924) I, 135. Vgl. auch Gutzwiller (1998a), 85-6. „Oh Fremder, wenn du in das schönchorige Mitylene fährst, um die Blüte von Sapphos Grazien zu entleihen, verkündige, dass eine Frau aus Lokris jemanden gebar, der den Musen und ihr lieb war. Im Wissen, dass mein Name Nossis ist, zieh weiter!“ Das zweite Distichon ist textkritisch sehr umstritten, vgl. Cazzaniga (1970). Gallavotti (1971) hat die Lesart der Handschriften Y!  gegen die Konjektur Bruncks Y 0 Z überzeugend verteidigt. Ähnlich GV 947 und 1353. Zum Motiv der Nachrichtenüberbringung im literarischen Epigramm vgl. Tarán (1979), 132-49; zum Nossis-Gedicht 145-8.

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wird: Nachdem er die Sammlung von Nossis’ Epigrammen durchquert hat (in denen, wie gleich noch zu zeigen ist, wiederholt die Vorstellung eines Tempelrundgangs evoziert wird), soll er in der Heimat Sapphos vom Ruhm der Epigrammatikerin künden. Der als  charakterisierte Zielort Mitylene ist eng mit den Liedern der lesbischen Lyrikerin assoziiert, weshalb man die Reise des CD auch als poetologisches Bild für seine Lektüre des sapphischen Œuvres deuten kann.123 Das Werk der Nossis führt den Rezipienten also unmittelbar zu den literarischen Wurzeln der lokrischen Dichterin zurück.124 Insgesamt sind uns von Nossis elf Epigramme erhalten, unter denen sich acht (fiktive) Weihinschriften befinden.125 In einem der Gedichte präsentiert sich die Sprecherin als eine Art Tempelführerin, da sie ihre Gefährtinnen dazu auffordert, sich zu dem Ort zu begeben, an dem Polyarchis ein Standbild der Aphrodite hat errichten lassen, und dieses näher zu betrachten (AP 9.332 = 4 G-P): fD &$0  =,? $Z 1%,$ $ $ ‚ 5o ,,! $. €$!  +50 *&5 ( &2

$R &’ = 5 ?$ Ÿ.126

Zu jener Statue gesellen sich mehrere Porträts junger Frauen (6-9 G-P = AP 9.605, 9.604, 6.353, 6.354), die man, wie Gutzwiller bemerkt hat, als Bestandteile einer fiktiven Pinakothek auffassen kann – Nossis spricht also in der Rolle einer Frau „who guides us, as it were, on a tour of an art gallery.“127 Der Leser wird dabei der Gruppe der weiblichen

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Gutzwiller (1998a), 86 meint, bei dem (um Inspiration suchenden) Leser handele es sich um einen künftigen Dichter (bzw. eine Dichterin); Nossis wolle das Erbe Sapphos in Anspruch nehmen und sich selbst als „intermediary“ zwischen dem großen Vorbild und einer neuen Dichtergeneration präsentieren. In AP 5.170 (= 1 G-P), das wohl als Proöm fungierte, stellt Nossis bereits einen direkten Bezug zu Sappho her, vgl. Gutzwiller (1998a), 75-9. Zu den Epigrammen vgl. Gutzwiller (1998a), 74-88 und Skinner (1989), (1991a+b); jetzt auch Männlein-Robert (2007a), 43-53. „Lasst uns zum Tempel gehen und das Standbild der Aphrodite sehen, wie kunstvoll es mit Gold verziert ist. Aufgestellt hat es Polyarchis, im Genuss des Besitzes, den sie durch ihren eigenen wunderschönen Körper erworben hat.“ Gutzwiller (1998a), 83. Männlein-Robert (2007 a), 52-3 begreift Nossis als „Exegetin“ der vorgestellten Kunstwerke. Zu Nossis und dem „discours sur les collections“ vgl. Prioux (2008a), 151-8.

I 4. Vom Accidental Reader zum wandernden Leser

137

Besucherinnen zugerechnet und durchschreitet zusammen mit Nossis die in einem Tempelbezirk zu imaginierende Galerie.128 In ähnlicher Weise mögen wir uns die in der =$ (-Sektion des Poseidipp-Papyrus enthaltenen Epigramme (95-101 A-B), die zum größten Teil gelungene Heilungen thematisieren, als Inschriften an den Wänden eines Äskulap-Tempels angebracht denken – in den Worten Bings: „the section offers readers the impression, as they turn from poem to poem, of strolling through a shrine of Asclepius. It allows them to play the part of imaginary pilgrim…“129 Die ,$& ( wiederum (62-70 A-B), in denen eine Reihe von Bronzestatuen beschrieben ist, evozieren einen Raum, in dem die Werke berühmter Künstler ausgestellt sind.130 Im Einklang mit den ästhetischen Prinzipien des Hellenismus wird dabei vor allem der Stil von Alexanders Hofbildhauer Lysipp131 gepriesen (ihm allein stand es zu, den Monarchen bildhauerisch abzubilden, vgl. Plin. NH 7.125), und zu Beginn der Sektion beschwört der Sprecher folgende Szene herauf (62 A-B): [>]UU $(,’ E, &55U ,a UU@, w , 4.56), Nikaia empfängt den Edelstein im Austausch für einen „zarten Kuss“ (‡&/ %>$, 5.3), und Nikonoes Kette wird in beiden Fällen als an ihrer Brust liegend und mit dem Strahlen ihrer Haut rivalisierend charakterisiert ( $2 $ , 6.5-6; *&0 $o 5(& 5 o '$0 2 %(N, 7.5-6).49 44

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49

Kuttner (2005), 148-9. Für eine Identifizierung mit Arsinoë II. spräche, dass die Königin in 36.6 A-B auf dieselbe Weise adressiert wird (ansonsten wird nur das personifizierte Thessalien als &!$ angeredet, 71.4; vgl. Gutzwiller 2005b: 299). Zur Dominanz des Weiblichen vgl. Bing (2002b), 7, Hutchinson (2002a), 2, Bernsdorff (2002), 38 und Stephens (2004b), 68ff. Vgl. Bing (2005), 140. Als Parallele hierfür ließen sich die Symmeikta Epigrammata (T 4) anführen, die mit einem Epithalamium für Arsinoë einsetzten. Mandene ist der Name zweier persischer Königinnen (der Mutter Kyros’ des Großen und der Schwester des Xerxes); eine Assoziation mit dem persischen Herrscherhaus würde gut in den Kontext der Sektion passen, da mehrfach von Persien (4.5, 5.2, 11.2, 13.3) und zweimal von Dareios (4.2, 8.3) die Rede ist; vgl. Gutzwiller (2005b), 300 Anm. 39 sowie Prioux (2008a), 168 Anm. 51. Laut Gutzwiller (2003), 46 sind in 6 und 7 A-B verschiedene Objekte beschrieben.

II 1. Bunte Steine: Der Poseidipp-Papyrus

159

Der Übergang zu der folgenden Gedichttriade (8-10 A-B), in der an die Stelle jener „femininen“ Kleinode „maskuline“ Gegenstände treten (ein Karneol mit dem Bild des Dareios und seines Wagens, Polykrates’ Siegelring, als dessen Symbol Anakreons Lyra fungiert,50 und ein zylinderförmiger Stein, der offenbar im Besitz eines arabischen Königs war), ist ausgesprochen effektvoll gestaltet. Denn sollten wir als Leser eine Fortsetzung der Serie über die „weiblichen“ Schmuckstücke erwarten, so wird gleich zu Beginn von 8 A-B erklärt, dass weder der Hals noch der Finger einer Frau je den hier beschriebenen Karneol trug: $’ 9- *%!N $ (, $ 5 @ ,( $5 (8.1). 51 Bedenkt man zudem, dass, wie wir aus Theophrast erfahren (Lap. 5.30), bei dem (, eine weibliche (R5) von einer männlichen (F) Variante zu unterscheiden ist, so erscheint die Wahl eben dieses Steines alles andere als zufällig.52 Poseidipp könnte nämlich, basierend auf jenem Fachwissen, den Karneol, dessen zwei Erscheinungsformen mit den beiden Geschlechtern assoziiert sind, ganz bewusst zur Scharnierstelle zwischen den zwei Sequenzen gemacht haben.53 Wenn es nun heißt, der Edelstein besiege mit seinen Strahlen die Rubine Indiens ($ F  z,, 5), darf man folgern, dass wir es mit einem weiblichen Karneol zu tun haben; denn dieser ist laut Theophrast im Gegensatz zu der als ($ charakterisierten männlichen Spezies *5!$.54 Somit erweist sich das Material des Artefakts als feminin, während sein Sujet maskuliner Natur ist (die dargestellte Szene zeigt Dareios vermutlich im Kampf mit Alexander), was die transitorische Funktion des Gedichts unterstreicht.55 Darüber hinaus sind die im Vergleich zu den übrigen Gemmen exzeptionellen Ausmaße des Steins – er ist ca. 22 cm lang und hat einen

50

51 52 53

54

55

Gegen Luppe (2002a), der statt %] handelt. Vgl. Austin in A-B, Lapini (2003), 42-4 sowie Gutzwiller (2005b), 291. Vgl. Bernsdorff (2002), 13-4 und Petrain (2005), 332-40. Diese Beobachtung verdanke ich Peter Bing.

162

II 1. Bunte Steine: Der Poseidipp-Papyrus

Bereits dieser kurze Überblick sollte einen ersten Eindruck von der Subtilität des Arrangements vermittelt haben: Die Sektion besteht aus mehreren Epigrammserien, die zum Teil Kontrastpaare bilden (so z.B. 4-7 A-B vs. 8-10 A-B oder 1-15 vs. 16-20 A-B) und deren Komponenten (auch über die Grenzen der einzelnen Gruppen hinaus) durch zahlreiche motivische und verbale Querverbindungen miteinander vernetzt sind.65 Auf selbstreflexive Weise spielt der Dichter immer wieder mit der Lesererwartung, wenn er betont, wovon nicht die Rede sein wird: 8 A-B behandelt kein „weibliches“ Schmuckstück, 11 A-B führt keinen glänzenden Juwel vor, und der Stein aus 15 A-B stammt nicht aus einem Fluss, wie es etwa die Steine in 1, 7 oder 10 A-B tun. Insbesondere diese expliziten Abgrenzungen von den ansonsten vorherrschenden Mustern weisen m.E. darauf hin, dass zumindest einige der Epigramme gezielt für eine Positionierung innerhalb des Buchkontextes komponiert wurden. Natürlich lässt sich nicht ausschließen, dass der Autor oder ein von diesem unabhängiger Herausgeber ganz einfach existierende Gedichte raffiniert ausgewählt und angeordnet hat; gleichwohl scheint mir die Komplexität des Textgeflechts die Vermutung zu bestätigen, dass hier ein poeta-editor am Werk war.

Symposion Weibliche Schmuckstücke Könige

Muscheln

Tiere

65

(1) ?

(2) Rhyton

(3) Phiale (Rubin?)

(6) Niko(5) Nikaias (7) Nikonoes noes Kette Kleinod Kette (Beryll?) (Saphir) (8) Dareios + (9) Polykrates’ (10) König der Wagen Ring Araber (Karneol)

(4) Mandenes Armreif

(11) Aglaia

(13) Löwe

(12) nicht spezifizierte Gravur (14) Pegasos (Jaspis)

(15) Schlangenstein (Wagen)

Um nur einige verbale Konnektoren zu nennen: z,! (1.1) ~ z,.[ (2.4); ,[5 (3.4) ~ E,[ $’ (5.4); ,@ (4.6) ~ ,@ (5.4) ~ ,'N$! (6.4); $N (4.3) ~ $!$ (5.1); $2 $ (6.5) ~ *&0 $@u (7.5);  (6.6) ~ %(N (7.6) ~ % ] (8.5), %'$[] (8.6); ž (13.4) ~ ž! (14.1), ž (14.4), ='u (14.6) ~ ž (16.6); &!5 (15.6) ~ &( (17.6).

II 1. Bunte Steine: Der Poseidipp-Papyrus

163

außergewöhnliche Steine

(16) Bergkristall

(17) „Magnetstein“

große Steine

(18) Bankett

(19) Felsblock, (20) Land des Ptolemaios

Struktur der  

1.2.2 Die Poetik der bunten Steine Als Knabe trug ich außer Ruten, Gesträuchen und Blüten, die mich ergötzten, auch noch andere Dinge nach Hause, die mich fast noch mehr freuten, weil sie nicht so schnell Farbe und Bestand verloren wie die Pflanzen, nämlich allerlei Steine und Erddinge. […] Wenn ich Zeit hatte, legte ich meine Schätze in eine Reihe, betrachtete sie und hatte mein Vergnügen an ihnen. Besonders hatte die Verwunderung kein Ende, wenn es auf einem Steine so geheimnisvoll glänzte und leuchtete und äugelte, daß man es gar nicht ergründen konnte, woher denn das wohl käme. […] Dieser Sammlergeist nun ist noch immer nicht von mir gewichen. Nicht nur trage ich noch heutzutage buchstäblich Steine in der Tasche nach Hause, um sie zu zeichnen oder zu malen und ihre Abbilder dann weiter zu verwenden, sondern ich lege ja auch hier eine Sammlung von allerlei Spielereien und Kram für die Jugend an, an dem sie eine Freude haben, und den sie sich zur Betrachtung zurecht reden möge. […] Weil es unermeßlich viele Steine gibt, so kann ich gar nicht voraussagen, wie groß diese Sammlung werden wird. Adalbert Stifter, Bunte Steine

So wie in der Einleitung zu Adalbert Stifters 1853 publizierten Erzählungen Steine als Objekte erscheinen, die uns in kindliches Staunen zu versetzen vermögen, und das in der Kindheit unternommene Sammeln jener bunten Steine die Kreation einer Textsammlung präfiguriert, deren Geschichten die Namen Granit, Kalkstein, Turmalin, Bergkrystall, Katzensilber und Bergmilch tragen, führt uns Poseidipp in den  q eine Reihe von Juwelen vor, die aufgrund ihrer Miniaturform und ihrer kunstvollen Gestaltung bestens dazu geeignet sind, die Epigramme als solche zu emblematisieren. Auf die Möglichkeit, die Sektion als ein poetologisches Manifest zu lesen, haben bereits mehrere Forscher hin-

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II 1. Bunte Steine: Der Poseidipp-Papyrus

gewiesen,66 doch lassen sich m.E. weitere metapoetisch auslegbare Elemente konstatieren, die eine nähere Analyse verdienen. Während sich Stifter im Einklang mit dem in seiner Vorrede postulierten „sanften Gesetz“ an einfachen Dingen erfreut und Steine so, wie man sie in der Natur vorfindet, um ihres bunten Schimmers willen bewundert, präsentiert uns Poseidipp primär ein Panoptikum an Gemmen und meisterhaft verarbeiteten Steinen, die als Wunderwerk menschlicher $N gelten können (wie Prioux bemerkt, findet sich genau in der Mitte der Sektion, 12.1 A-B, die Formulierung \& $N67). Da es sich bei Steinen um das ursprüngliche Medium epigrammatischer Dichtung handelt, liegt es nahe, in jener zu Beginn des Papyrus an unseren Augen vorüberziehenden Steinparade einen selbstreflexiven Verweis auf das Genre zu sehen. So bemerkt etwa Schur: „The Lithika are essentially presented as inscriptions about inscriptions, when inscription is understood broadly in terms of carving, engraving, and marking.“68 Im Gegensatz zu den monumentalen Trägern von Inschriften, die sich durch ihre Fixiertheit an einen bestimmten Ort auszeichnen, werden die hier thematisierten Steine immer wieder in einem Moment der Bewegung präsentiert. Am eindrucksvollsten ist 7 A-B, das den Weg eines Steines von den arabischen Bergen zum Strand des Meeres und von dort an die Brust Nikonoes nachzeichnet. Jener Stein vollzieht dabei eine Reise, die Peter Bing treffend als „journey from physical source to cultural application“ (2005: 125) charakterisiert: Von seinem natürlichen Ursprungsort wandert er in die Hände eines Künstlers und kommt sodann in veredelter Form zu seiner zukünftigen Besitzerin.69 In 3 A-B erfahren wir von einem funkelnden Rubin, der „den wässrigen Glanz des Auges“ an sich reißt: FC] 9( (8.6), 9(Nu, ¨$ $( / *2 , ’ %P, ,@ ’ Š9&,P. / F& („Ich bin die Koronis, der Buchstaben Hüter. Das Rohr schrieb mich, die rechte Hand und das Knie. Wenn du mich an irgendwen verleihst, setze jemand anderen an meine Stelle. Solltest du mich aber beschmieren, dann werde ich dich bei Euripides verleumden. Halt dich ja fern!“); vgl. Wifstrand (1933). PMG 187.3: 0  ,5 $%(5 m' $ ', . Vgl. Bing (1988), 34. Möglicherweise spielt Meleager, der ebenfalls das Wort ¡ (7) gebraucht, auf den Stesichoros-Vers an.

174

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

ruft, per Wortspiel auf den Titel der Sammlung. Der Stephanos wird also selbstreferentiell von einer Art „Mini-Kranz“ abgeschlossen. Doch damit nicht genug: Das erste und letzte Distichon sind ringkompositorisch aufeinander bezogen (in beiden Verspaaren geht es um die Koronis, und das Partizip %D in 8 greift das zu Beginn des Gedichts stehende Wort &$ auf); zudem umrahmen sie vier Verse, in denen Meleagers – soeben vollendetes – Projekt beschrieben wird. Mit Bing (1988: 34) lässt sich sagen: „the first and last distichs do not just frame, they set a wreath around Meleager’s work. And, by a playful twist which rounds out the agonistic image, the wreath crowns the wreath ($% v.6), which Meleager has just completed.“ Bei näherer Betrachtung erweist sich der Text freilich als noch komplexer. Wie bereits erwähnt, ist das Gedicht über verbale Konnektoren mit dem Proöm verbunden: \$Z (4) ~ \$Z (AP 4.1.2), * $ . (5) ~ F5 . (AP 4.1.3), N$ (5) ~  5 (AP 4.1.4),  D (5) ~  D (AP 4.1.3).8 Da sich die Rückbezüge auf den Prolog genau in dem Teil des Epilogs finden, der von den zwei Koronis-Distichen gerahmt bzw. „umkränzt“ wird, ergeben sich zwei ineinander verschränkte Ringe: einer, der auf makrotextueller Ebene Anfang und Schluss der Anthologie verknüpft, und einer, der auf mikrotextueller Ebene um gerade jenen Punkt gelegt ist, an dem sich der große Ring schließt. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass die *'$ k – sie sind das hinsichtlich Meleagers Poetik wohl wichtigste Buch – ebenfalls über einen ringkompositorischen Aufbau verfügten. Zu diesem Ergebnis führte zumindest Gutzwillers Strukturanalyse, laut derer die Organisation der Epigramme wie folgt aussah 9: 5.134-49, 12.49-51 12.52-53 12.54-97, 12.37-44, 9.15-16 5.150-91, 12.45-48, 12.98-160 5.192-208, 12.161 5.209-10, 12.162-65 5.211-15, 12.166-68

8

9

Eröffnungssequenz Übergang Knaben Gemischte Sequenz Frauen Übergang Schlusssequenz

A B C D C B A

Vers 5 ist mit AP 4.1.3 sogar metrisch identisch (* $ ., N$ ,a  D ~ F5 a .   0 $5> &,' F Â' W5&($N $%. * a 2  b,; $&C !,', * ,’ 1 N&(,N, $ 5 ; 5 !. 0 - 7( $ *&& , ‚ &’  (N 0  !,, =(N ,’ I $ E '. 5R ,a ! ! , c>', 5RW, * ,’ E’ Q&5 ' v9(,N. ‡ !N ,a .5Ÿ , a E *N, ™$; $R @ &,&$. L$N >' ™2 A, à $ 5!&5 F E &,' d&, %!.14

Aufgrund seiner offenbar programmatischen Natur hat man das Epigramm lange Zeit als Einleitungsgedicht zu einer separaten Sammlung von &, ( gedeutet 15 bzw. als Binnenproöm, das den päderotischen 14

15

„Blüten von Knaben, voller Früchte, hat Eros für dich, Kypris, mit eigener Hand gepflückt und zum herzbetörenden Kranze gefügt. Er flocht hinein die süße Lilie Diodoros, flocht Asklepiades hinein, die liebliche Levkoje. Da wob er Herakleitos hinzu, die Rose, von ihren Dornen , setzend. Dion aber erstrahlte wie die Blüte des Weines. Er fügte Theron hinein, den goldgelockten, als Krokos und gab Uliades bei, den Thymianzweig. Und er pflückte den zartgelockten Myiskos, das immerblühende Ölreis, den lieblichen Zweig, der den Sieger bekränzt. Ach, glückseligste der Inseln, heiliges Tyros, das den nach Myrrhe duftenden Knabenhain der Kypris beherbergt.“ So zuerst Reiske (1754); entschieden dagegen Radinger (1895), 110-2 und Wifstrand (1926), 72-5. Während Reiske an eine Anthologie von Epigrammen mehrerer Autoren dachte, meinten andere Gelehrte, die Sammlung habe ausschließlich &, ( Meleagers enthalten.

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

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Teil des Stephanos eingeleitet habe.16 Für die Existenz einer separaten Edition gibt es jedoch keinerlei Belege, und die zweite Hypothese ist schon allein deshalb auszuschließen, weil man mittlerweile weiß, dass hetero- und homosexuelle Epigramme im Kranz keineswegs voneinander getrennt waren (s. S. 73). Über die ursprüngliche Position des Gedichts können wir mithin nur spekulieren.17 Es zeigen sich aber klare Parallelen zum Proöm der Anthologie: Während dort Meleager Dichter zu einem Kranz flicht, fertigt Eros hier einen Kranz aus Knaben; zudem sind die zwei Texte durch das jeweils im ersten Vers stehende Adjektiv &( & verbal miteinander verbunden. In Anbetracht des Einleitungsgedichts liegt es durchaus nahe, AP 12.256 metapoetisch zu lesen und in dem aus Knaben geflochtenen $% die Gruppe der &, ( symbolisiert zu sehen. Um eine derartige Funktion ausüben zu können, muss das Epigramm jedoch nicht eine eigene Sammlung bzw. ein separates Buch eröffnet haben. Werden im Proöm die Verfasser der Texte mit Blumen gleichgesetzt, sind es hier die von Meleager besungenen Geliebten, also die Protagonisten seiner päderastischen Dichtung.18 Die Herausstellung des zuletzt genannten *?, dem als einzigem ein ganzes Distichon gewidmet ist,19 dürfte dabei kein Zufall sein, da Myiskos, wie Heliodora, innerhalb von Meleagers Œuvre eine besondere Bedeutung zukommt.20 Daran, dass das Bild des Kranzes sowohl in Bezug auf Dichter als auch in Bezug auf *? gebraucht wird – auf die Verwendung in heterosexuellem Kontext werde ich weiter unten näher eingehen –, zeigt sich, wie Erotik und Poetik bei Meleager miteinander verschmolzen sind. Und in der Tat: Selbst die Psyche des Dichters (gemeint ist hier wie auch sonst seine Sprecher-persona) erweist sich als Geflecht, insofern der Epigrammatiker angesichts seiner Sehnsucht nach hellund dunkelhäutigen Knaben den eigenen Namen davon ableitet, dass 16 17

18 19 20

So etwa Jacobs (1798), XLII-XLIII und 15. Das Epigramm ist zusammen mit dem Koronis-Gedicht (AP 12.257) am Ende einer langen Stratonsequenz positioniert (AP 12.234-55), wurde also aus seinem ursprünglichen Kontext gelöst. Laut Gutzwiller (1998a), 286 und 299-300 könnte das Gedicht in der Eröffnungssequenz der *'$ ( gestanden haben; es würde allerdings auch gut in die Gruppe derjenigen Epigramme passen (AP 12.88-95), die von der gleichzeitigen Leidenschaft für mehrere Geliebte handeln. Bis auf Asklepiades erscheinen alle Knaben in den erhaltenen Gedichten. Gegen Dübners Konjektur 1$5 (10) vgl. Gow-Page (1965), ad loc. Er wird unter den *? am häufigsten genannt (99-109 G-P). In AP 12.59 (= 100 G-P) beteuert der Dichter, Myiskos überstrahle die anderen Knaben aus Tyros wie eine Sonne die Sterne, und in AP 12.94 (= 76 G-P) versichert Meleager, dass er einzig um Myiskos’ willen Eifersucht empfinde.

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

die Eroten sein Wesen aus Schwarz () und Weiß (5 ! = !) wöben (AP 12.165 = 98 G-P)21: Y5 - d!5, X ,’ $ $/, 5 #?&, ™ ,0 d&, %!, $ (  &,' ¨&$ &! ™ 2 Â'$ &C * 5 / %  0 .22

Der Infinitiv Futur &C (4) mag, fassen wir die Eroten als Subjekt des AcI auf, seltsam anmuten, weshalb G-P Jacobs Konjektur &C übernehmen und den Vers wie folgt lesen: &C  5 / %  0 .23 Andere Gelehrte verstehen dagegen das Pronomen  als Subjekt, betrachten demnach Meleager, nicht die Eroten, als Kranzflechter.24 Beide Deutungen scheinen prinzipiell möglich, doch spricht für erstgenannte Interpretation der in antiker Literaturkritik gebräuchliche Topos talis oratio, qualis vita.25 Meleager spielt hier m.E. mit eben der Vorstellung, dass das von einem Autor gewählte Sujet mit seinem Wesen korrespondiert, indem er sich, den kranzflechtenden Dichter, als jemanden präsentiert, dessen eigenes Ich aus distinkten, aber miteinander verwobenen Elementen zusammengesetzt ist.26 Doch damit nicht genug. Das Wort &! (3), das Meleagers erotische Sehnsucht beschreibt, bedeutet nämlich nicht nur „Verlangen“, sondern kann auch zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Kranz verwendet werden (Athen. 15.679c-d).27 Von Theophrast (HP 6.8.3) erfahren wir, dass die Blume jenes Namens, aus welcher der Kranz gefertigt wird, in zwei Varianten vorkommt, dunkel wie Hyazinthen oder blass-weiß. Mit Gutzwiller lässt sich demnach feststellen: 21

22

23

24 25 26

27

Zu dem Wortspiel vgl. Gow-Page (1965), ad loc., Dorsey (1967), 360, Clack (1992), 90-1, Guidorizzi (1992), 128 Anm. 95, Aubreton et al. (1994), 124 Anm. 6. Ähnlich EM 576.30: .·  ( &$’  F. Gutzwiller (1997), 194 Anm. 49 weist darauf hin, dass  der Name eines schwarzweißen Vogels ist (Perlhuhn), der aus der Metamorphose von Meleagers Schwestern hervorging (vgl. Athen. 14.655d-e). „Blütenweiß ist Kleobulos, dunkelhäutig ihm gegenüber Sopolis, die zwei Blumenträger der Kypris. Aus diesem Grund verfolgt mich die Sehnsucht nach Knaben: Sagen doch die Eroten, sie wöben mein Ich aus Weiß und aus Schwarz.“ Jacobs (1794), 12 liest * 5 / &C %  0 ; vgl. auch Jacobs (1798), 51: Dicunt enim, Amores me ex candido et nigro contexuisse. Vgl. Guidorizzi (1992), Aubreton et al. (1994), Gutzwiller (1997), 194 Anm. 48. Zu dem Topos vgl. Möller (2004). Gutzwillers Einwand „Meleager is a weaver of garlands, not a garland himself“ (1997: 194 Anm. 48) verkennt gerade diese potentielle Analogie. Vgl. Pedzopoulos (1931), 172-3, Dorsey (1967), 358-9, Gutzwiller (1997), 195.

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

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A garland called &! made from the flowers called &! would, one assumes, consist of blossoms both light and dark. Meleager’s &! is not only, then, his desire for boys, whether light or dark, but also the variegated garland he is compelled by his own name to weave from them – meaning of course the epigrammatic poetry he writes about them.28

Lesen wir den letzten Vers in dem oben vorgeschlagenen Sinne, dann entpuppt sich Meleager selbst als personifizierter &!-Kranz. Die enge Verquickung von Erotik und Poetik spiegelt sich zudem darin wider, dass Meleager nicht nur als *$> mit den Farben Weiß und Schwarz verbunden erscheint, sondern auch als Dichter: Im Proöm bezeichnet er seine eigenen Epigramme als 5 !, „weiße Veilchen“ (AP 4.1.56).29 In dem Begriff steckt, auf den ersten Blick ersichtlich, das Farbadjektiv 5 ! (man beachte, dass der Dichter sich zur volksetymologischen Herleitung seines Namens nicht, wie eigentlich nahe läge, des Wortes ! bedient, sondern dessen auch in 5 ! enthaltenen Synonyms). Vor dem Hintergrund des onomastischen Wortspiels können wir, wie ich meine, allerdings noch etwas weitergehen und in der von Meleager als Symbol für seine Dichtung gewählten Blume indirekt beide Elemente, Hell und Dunkel, miteinander vereint sehen. Folgt man dem Namen der Levkoje, so unterscheidet sich diese vor allem in ihrer Farbe vom gewöhnlichen Veilchen (m), das gemeinhin als  beschrieben wird.30 So bemerkt etwa Theokrit, dass Veilchen und Hyazinthe, wiewohl schwarz, besonders gerne für Kränze verwendet würden (Id. 10.28-9, vgl. auch AP 4.1.21):

0 $ m  *$0 0 ‡ &$2 \(  ’ E& * $D $%( $2 &Z$ $.31

Ist m nicht durch ein entsprechendes Adjektiv modifiziert, dann verweist es fast ausnahmslos auf das dunkle Veilchen.32 Man könnte somit 28 29

30

31

Gutzwiller (1997), 195. Zur Symbolträchtigkeit der Levkoje vgl. Gutzwiller (in Vorbereitung). Bemerkenswert ist, dass die Levkoje als früh blühende Blume (&?, AP 4.1.56; vgl. Thphr. HP 6.8.6) mit der Vorstellung von Neuheit und Frische assoziiert ist und somit Meleagers Gedichte als den !% (AP 4.1.55) angehörend auszeichnet. Laut Thphr. HP 6.6.3 tritt das schwarze Veilchen nur in einer Variante auf, während die Levkoje in verschiedenen Farben vorkommt; Unterschiede in der Form werden in 6.6.7 kurz abgehandelt. „Auch das Veilchen ist schwarz und die Hyazinthe mit ihren beschriebenen Blätern, und doch nehmen sie, wie man sagt, in Kränzen die erste Stelle ein.“

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

sagen, dass ein 5 !+ die weiße (5 !) Variante des normalerweise als schwarz empfundenen Veilchens (m) darstellt. Die Levkoje würde demnach, ebenso wie Meleager, den Kontrast von Schwarz und Weiß bzw. Hell und Dunkel in ihrem Namen tragen, wodurch sich eine umso engere Verbindung zwischen Dichter und Dichtung ergäbe. Darüber hinaus erscheint Meleager in zwei intratextuell aufeinander bezogenen Epigrammen gleichsam in einen Kranz verwandelt. Zunächst einmal befestigt er in AP 5.191 (= 73 G-P) an der Tür der Geliebten $%, die an seiner Statt um Erhörung flehen sollen33: $ 0 b %'  %5 #>N

0 £;C 0 ?' & L(, Å(  $- %('$ E$’ * $ >' F5& O &!’ &,5N; V $’ E  $; *&0 & ( ,( 5 * ,>' $; ™ $ $%(5, ¶ $!,’ *&(W „d&, 0 ., X $N @ ?', $R  / $(,’ * .“34

Das Motiv als solches ist, wie auch die Paraklausithyron-Situation, konventionell,35 doch dürfte es im Kontext des Stephanos von besonderer Signifikanz sein, dass Meleager hier ausgerechnet Kränze mit einem Epigramm beschriftet,36 sind doch die Blüten des Kranzes nichts anderes als Epigramme. Auch evoziert die Charakterisierung Meleagers als 32 33 34

35

36

Als einzige Ausnahme nennen LSJ Thphr. HP 6.8.1. Vgl. Tarán (1979), 92-8 und Cox (1988), 115. „O Sterne und Selene, die du dein strahlendes Licht auf der Liebe Freunde wirfst, o Nacht und kleines Instrument, du, Begleiter auf meinem Komos, werde ich wohl sie, die Zügellose, noch wach im Bette sehen und ihrer Lampe vieles klagend? Oder hat sie einen Gefährten bei sich? Dann will ich an ihrer Tür als Bittflehende die Kränze anbringen, die ich mit meinen Tränen vertrocknen ließ. Und dies eine werde ich darauf schreiben: ‘Kypris, Meleager, eingeweiht in deine nächtlichen Umzüge, hat dies für dich als Beute der Liebe aufgehängt.’“ G-P scheiden in v. 5 die Lesart ( aus (Page konjizierte (); das Oxymoron eines aufgrund von Tränen vertrocknenden Kranzes ist Meleager jedoch durchaus zuzutrauen; vgl. Giangrande (1968a), 57-8, Tarán (1979), 95, Cox (1988), 115 Anm. 3 und Gutzwiller (1997), 192. In v. 4 übernehme ich Jacobs Konjektur &,5N (ähnlich Huschke: & N). Zu Kränzen an der Tür des oder der Geliebten vgl. Askl. AP 5.145 = 12 G-P (s. S. 212f.), Athen. 15.670d, Catul. 63.66, Lucr. 4.1177-8, Ov. Met. 14.708-10, Plut. M. 455b, Theoc. 2.153, Tib. 1.2.14. Zum Paraklausithyron im hellenistischen Epigramm vgl. Tarán (1979), 52-114, in der griechischen und lateinischen Literatur Pattoni (2004); zum exclusus amator in römischer Dichtung Copley (1956). Copley (1956), 4 meint irrtümlich, Meleager schreibe die Verse auf die Tür.

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

181

eines $N das Ende des Proöms, wo die Muse den Stephanos ihren Freunden, den Eingeweihten, dedizierte (AP 4.1.57). Über verbale und motivische Querbezüge ist das Gedicht mit einem weiteren Text Meleagers verbunden (AP 12.23 = 99 G-P)37: SN &! *? &$ $D ,5'

? ž' &(  *(

 ’ *&0 D X &$ Â' &, .5Ÿ , $R *&(W „# /’ & #'%N.“38

Diesmal ist es nicht der Dichter, der $% an der Tür des geliebten Mädchens oder Knabens anbringt, sondern Eros, der ihn selbst, Meleager, am Eingang zum Haus des Myiskos befestigt (wir erinnern uns, dass der Liebesgott in AP 12.256 einen Kranz aus Knaben flicht und somit als $%N&!  einer Tätigkeit nachgeht, die anderswo dem Dichter zugeschrieben wird). Während die „realen“ Kränze als „Beute der Liebe“ beschrieben sind (AP 5.191.8), rühmt sich Eros, Meleager der Sophrosyne (= Vernunft) entrissen zu haben, und bringt triumphierend seine  / dar.39 Wo dieser stolz seinen Sieg vorführt, gesteht Meleager seine Niederlage ein, indem er sich vorstellt, wie er resignierend Kränze an der Tür der Angebeteten zurücklassen wird; das Lachen, mit dem Meleager, bevor er Eros zum Opfer fiel, nächtliche Umzüge verzweifelt Liebender bedachte (12.23.2 *(), steht im Gegensatz zu den Tränen, mit denen er in AP 5.191 selbst Kränze benetzt (( ,( 5 $%(5, 5-6). Wiederum ist in das Epigramm ein weiteres Epigramm eingefügt, das wir uns diesmal in Meleagers Körper eingeschrieben zu denken haben. Die Parallelen zwischen AP 12.23 und 5.191 legen nahe, dass Meleager sich hier mit einem Kranz identifiziert bzw. an die Stelle eines solchen tritt. Zum Vergleich sei eine Passage aus Ovids Metamorphosen herangezogen; im 14. Buch schildert Vertumnus, wie sich der unglücklich verliebte Iphis an der Tür der vergebens hofierten Anaxarete erhängte (14.733-7):

37

38

39

Vgl. Tarán (1979), 98-9. ,5' (1) ~ %' (5.191.1), ? (2) ~

?' (5.191.2), *&0 & (3) ~ *&0 & (5.191.5), *&(W (4) ~ *&(W (5.191.7),  /’ (4) ~  / (5.191.8). „Es hat mich erwischt, der ich früher die Serenaden unglücklich Liebender gar oft verlachte. Und der geflügelte Eros hat mich, Myiskos, an deiner Tür mit folgender Inschrift angebracht: Beute vom nüchternen Sinn.“ Zur Kombination erotisch-dedikatorischer Motive vgl. Tarán (1979), 96-7. 100-1.

182

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos Dixit et ad postes ornatos saepe coronis umentes oculos et pallida bracchia tollens, cum foribus laquei religaret vincula summis, „haec tibi serta placent, crudelis et impia?“ dixit inseruitque caput ...40

Hier wird der Körper des am Türpfosten Erhängten als alternative Form der – normalerweise dort anzutreffenden – Kränze (serta) imaginiert. Möglicherweise fühlte Ovid sich zu dieser Idee sogar durch Meleager angeregt (zugleich mag ihm Ps-Theocr. Id. 23 als Vorlage gedient haben, wo sich ein verzweifelt Liebender auf dieselbe Weise das Leben nimmt).41 In jedem Fall dürfte bereits das Bild des an einer Tür fixierten Dichters Assoziationen mit Kränzen wecken, und gerade die Verknüpfung mit AP 5.191 suggeriert eine Identifikation Meleagers mit einem solchen $%. Die Position des Gedichtes innerhalb des Kranzes lässt sich leider nicht mehr bestimmen, da es zu Beginn von AP 12 in einer nichtmeleagrischen Sequenz erscheint. Anders steht es mit AP 5.191, das, folgen wir Gutzwiller, gegen Ende des in der Mitte der *'$ ( befindlichen Abschnittes zu lesen war, in dem Meleager sowohl Knabenals auch Frauenliebe thematisierte – wenn es nicht sogar jenen Teil abschloss.42 Als conclusio würde es sich insbesondere deshalb anbieten, weil Meleager hier seinen eigenen Namen nennt; auch beginnt die Serie rein heterosexueller Gedichte unmittelbar im Anschluss an diesen Text mit AP 5.192. Gutzwiller spekuliert darüber hinaus nicht unplausibel, dass AP 12.23 womöglich in der Nähe von AP 12.99 stand (beide Texte beginnen mit žN und handeln von unvermutet auftretender Leidenschaft). Trifft ihre Hypothese zu, dann gehörte das Gedicht derjenigen Sequenz an, die u.a. die Macht plötzlich hereinbrechender Liebe aufzeigte und wahrscheinlich den zentralen Abschnitt der *'$ (

40

41 42

„Sprach’s, hob die feuchten Augen sowie die bleichen Arme zu den Türpfosten, die oftmals von Kränzen geschmückt gewesen, und, nachdem er die Schlinge ganz oben an der Tür befestigt hatte, sprach er: ‘Gefallen dir wohl diese Gebinde, Grausame und Frevelhafte?’ und steckte sein Haupt hinein…“ Zu Parallelen zwischen Ovids Geschichte und Id. 23 vgl. Copley (1956), 138-9. Laut Gutzwiller (1998a), 296-7 bildeten AP 5.188-91 und 12.156-60 eine größtenteils dem Motiv „sea of love“ gewidmete Untergruppe. Eine Verbindung zwischen den Gedichtreihen in AP 5 und 12 legt auch P.Oxy. 3324 (T 15) nahe, wo 12.157 auf 5.190 folgt. Wie Gutzwiller bemerkt, wird zudem das Motiv der Rache für erlittenes Leid aus 5.188 ($) in 12.160 ($D) wiederaufgegriffen.

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

eröffnete.43 Dies wiederum würde bedeuten, dass die verbal verknüpften Gedichte AP 12.23 und 5.191 den Mittelteil des Buches rahmten. Die programmatische Natur der Epigramme, die sich in Meleagers „Verkränzung“ widerspiegelt, ist jedenfalls kaum verkennbar. Erotik und Poetik erscheinen auch in AP 12.95 (= 77 G-P) eng miteinander verklammert, wo Meleager folgende Szene imaginiert: Šm  +! $5,  , „ $ 5!&5 +K 0 (5 ! ($,  2 E !,', X ,a 5 ; $ Æ, '!, ' ,’ = !5 d ($N, = ,a ' $!,’ *$ * 0 $'  , v9(,N ,’ 9$ & 5, ,N ,’ b,; %N ', c>' ,a >,  ,’ Š9,>5 $$ \& ,. = (  $(, $&2 &! !, w ( , € $ &,' Ç'~ - &(,. 44

5

10

Der Dichter malt seinem Adressaten diverse erotische Genüsse aus, die ihm zuteil werden könnten, falls die Pothoi, Peitho und die Chariten ihm gewogen seien. Die drei mittleren Verspaare – sie sind von zwei Distichen gerahmt, die jeweils mit = einsetzen – führen die Knaben in verschiedenen Stellungen bzw. bei verschiedenen Tätigkeiten vor, wobei das im Zentrum befindliche Distichon (5-6) am explizitesten sexuelle Handlungen beschreibt. Zwar präsentiert Meleager die Knabenkorona hier gerade nicht als Kranz, sondern als „römische Schüssel“ (10), doch zu Beginn beschreibt er die Grazien ausdrücklich als ! (2). Gegenstand ihrer Sammeltätigkeit sind freilich nicht Gedichte, sondern schöne Jünglinge, aber gerade dadurch wird die Analogie zwischen poetischer Kreation und erotischem Begehren ein weiteres Mal spürbar. Zudem handelt es sich bei der Ç'~ - &( wohl um 43

44

Die Gruppe umfasst laut Gutzwiller (1998a: 291-2) AP 12.45-8 ( pfeilschießende und würfelspielende Eroten) und 12.98-101 ( der Dichter unterliegt trotz seiner Bemühungen um die Musen dem Liebesverlangen). „Wenn dich die Pothoi lieben, Philokles, und die nach Myrrhe duftende Peitho sowie die aus Schönheit Blüten lesenden Grazien, dann magst du Diodor im Arme halten, der süße Dorotheos möge dir gegenüber singen, Kallikrates liege dir am Knie, und Dion möge dir den treffsicheren Bogen in der Hand wärmend spannen, Uliades ziehe ihm die Haut ab, es gebe dir einen süßen Kuss Philon, Theron möge mit dir plaudern, und die Brust des Eudemos magst du unter dem Mantel drücken. Wenn nun der Gott dir all diese Genüsse vergönnt, Glückseliger, welch eine köstliche römische Schüssel an Knaben wirst du da bereiten!“

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nichts anderes als eine satura lanx, also um jene mit vielerlei Früchten gefüllte Schüssel, die der Satura des Ennius, einer Sammlung vermischter Gedichte, ihren Namen verliehen haben dürfte.45 2.1.3 Mélange à la Meleager Die Zusammenführung distinkter Elemente zu einem trotz aller Heterogenität einheitlichen Ganzen kann mithin für Meleager, den Schöpfer des Kranzes wie den liebenden Dichter, als Charakteristikum gelten. Bezeichnend ist vor diesem Hintergrund, wie er sein gesamtes schriftstellerisches Werk in mehreren Selbstepitaphien als eine Art Kombination bzw. Gemisch beschreibt.46 So erklärt Meleager etwa in AP 7.419 (= 4 G-P), er habe den „süßweinenden Eros und die Musen mit den heiteren Grazien vereint“ (3-4): Š9 ($' ., X $ 5 , 5 Â'$

0 . ™D 5$ (.

Und AP 7.421 (= 5 G-P), in dem ein rätselhaftes Grabrelief gedeutet wird (der mit Flügeln, Speer und Eberhaut ausgestattete mythische Held Meleager dient als Emblem für den gleichnamigen Dichter), endet mit folgendem Gruß an den Toten (13-4): D 0 * %, *&0 0 ./ Â'$

0 ($ % =  b!.47

Zudem sei auf das anonym überlieferte Epigramm AP 7.416 hingewiesen, das – ob von Meleager oder einem anderen Dichter stammend – denselben Grundgedanken präsentiert: Š9 ($' . E', C, $ ; Â'$

0 . q’ b,5!5 ($.48

45 46

47

48

Zur Bedeutung der Ç'~ - &( vgl. Gutzwiller (im Druck b). Zu den Selbstepitaphien vgl. Lausberg (1982), 273-5, Gutzwiller (1998b) und Männlein-Robert (2007b). „Sei gegrüßt auch im Tode, der du des Eros Muse mit den Grazien zu einem einzigen poetischen Talent vereintest.“ Ich folge der Lesart von Page (1975), Â'$, anstelle des überlieferten Dativs; vgl. auch Gutzwiller (1998b), 86 Anm. 14. „Ich berge des Eukrates Sohn, Meleager, Fremder, der mit Eros und den Musen die süßsprechenden Grazien mischte.“

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Nun wissen wir aus Athenaios (4.157b), dass Meleager eine Sammlung menippeischer Satiren mit dem Titel ($ verfasst hat.49 Wenn es also heißt, er habe Eros und die Musen mit den Grazien vermengt, stehen Erstere offenkundig für seine Liebesdichtung, während die Chariten auf die in Nachfolge des Menippos von Gadara geschriebenen Prosimetra zu beziehen sind. Wie Gutzwiller überzeugend argumentiert, evozieren die Grazien gerade im letzten Epigramm der Serie (AP 7.421) darüber hinaus die stilistische Qualität (, die insbesondere Meleagers poetisches Œuvre prägt.50 Die Zusammenführung von Musen und Grazien wird in den einzelnen Epigrammen verschiedentlich zum Ausdruck gebracht, wobei zum Teil Wendungen, die an anderer Stelle des Korpus vorkommen, aufgegriffen bzw. vorweggenommen werden (je nachdem, wie die Epitaphien in Relation zu den anderen Texten positioniert waren). So findet sich z.B. parallel zu dem Gedanken % =  b! (AP 7.421.14) im Epilog die Formulierung ž = ¨ ! (AP 12.257.3), und das Verb ‡!$$ wird in AP 12.256.1 mit Bezug auf Eros verwendet ( >). Außerdem spielt, wie wir sehen werden, das Ineinandermischen von Flüssigkeiten, wie es durch ( heraufbeschworen wird (AP 7.416.2), zu Beginn der *'$ ( eine wichtige Rolle. Bei näherem Hinsehen erweist sich die Verquickung heterogener Elemente auch für Meleagers nicht-epigrammatisches Œuvre als kennzeichnend. Ist doch eines der wichtigsten Prinzipien der menippeischen Satire das des &5,, d.h. die Kombination von komischen und ernsten Elementen. Als Emblem für die Doppelnatur jenes Werkes, die sich auch in seiner prosimetrischen Struktur widerspiegelt, dient der zweischneidige Speer, das F%N  , der Artemis, den der Heros Meleager auf dem Grabrelief (AP 7.421.9) in Händen hält. Zugleich jedoch lässt sich das Symbol, wie der Sprecher betont, auf das aus zwei verschiedenen Versmaßen bestehende Distichon, das $ *'$(%, seiner Liebespoesie beziehen (9-10): Y$Ë ,’ F%N  E  E $ '$

0 &5,2  &5 $ *'$(%.51

49 50 51

Vgl. auch AP 7.417.4 und 418.6 (.&& … (). Vgl. Gutzwiller (1998b), 87 und AP 7.419 mit Gutzwiller (1998b), 84-5. „Du hältst die zweischneidige Gabe der Leto-Tochter als Symbol für das Lachen und den Ernst wie auch für das Versmaß der Liebesdichtung in Händen.“

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Insofern der doppelschneidige Speer sowohl die Doppelnatur des Epigramms als auch diejenige der Satire emblematisiert, verfügt er selbst über eine doppelte Natur, ist also gewissermaßen in Bezug auf seine Referenzialität F%N .52 Meleager blendet, wie sich gezeigt haben dürfte, immer wieder Bilder ineinander, und seine Symbole oszillieren beständig zwischen verschiedenen Bezugspunkten. Das Bild des Kranzes, das die textuelle Beschaffenheit der Anthologie illustriert, findet seine Entsprechung in der auf vielerlei Weise zum Ausdruck gebrachten Idee, dass sowohl das Konzept von Meleagers Gesamtœuvre als auch das der einzelnen Werke auf der Vermengung verschiedener Elemente basiert. Bemerkenswert ist zudem, wie Meleager sich selbst als eine Mischung aus Syrer und Hellene präsentiert und hervorhebt, dass letztlich alle Sterblichen, egal woher, dieselbe Welt bewohnten (AP 7.417.5-6): = ,a #, $ $ /; , C, &$, ! , ¶ $; &($ E$ $ (. 53

Auch das Kosmopolitentum, zu dem sich der Autor hier bekennt, spiegelt in gewisser Weise das Programm seiner Dichtung wider.54 Bedenkt man zudem, dass sich der Name von Meleagers Vater, Eukrates (AP 7.416.2, 417.3, 418.5), von dem Adjektiv  $ („gut gemischt“) ableiten lässt, so darf man sagen, dass ihm die Vorliebe für Mischungen gleichsam im Blute liegt. In der Tat passt der Name so hervorragend zum poetischen Konzept der Sammlung, dass man versucht sein könnte, an seiner Historizität zu zweifeln. Wenn nun Meleager sein Werk als eine Kombination von Musen und Grazien charakterisiert, ist er durchaus nicht der Erste, der an einen solchen Bund dachte – bei Euripides heißt es (HF 674-5)55: 9 & $2 ($ $D . 5 $, b,$ 5N) und 47.11-2 (*&$W$ ,a !N / F~ […] $N); vgl. LSJ IV. Zudem erklärt Eustathios ad Il. 1.470: ¢$ $ $; $R *&$W &$D $ *&D &R 9$; 0  $%(N, T *$ 5, &N@ ,ND („$ $; $R *&$W &$D bedeutet, dass sie diese randvoll machten und bis zur $%(N, d.h. bis zum Rand, füllten.“) coronant autem est ‘implent usque ad marginem’, aut quia antiqui coronabant pocula et sic libabant („coronant heißt entweder ‘sie füllen bis zum Rand’, oder es bezieht sich darauf, dass die Alten die Becher zu bekränzen pflegten und so Weihgüsse darbrachten“).

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*'$ ( entfaltet wird, partizipieren. Bereits hieran lässt sich die wichtige Rolle, die Heliodora innerhalb der Sammlung zukommt, erahnen.

2.2.2 Heliodora als des Kranzes Kranz: Eröffnungssequenz Teil II AP 5.137 schließt den ersten Teil der Eröffnungssequenz ab; und auch im nächsten Abschnitt, der dem Thema „Gesang“ gewidmet ist,128 steht Heliodora am Ende der Epigrammserie. Während Zenophila in AP 5.139 und 140 (= 29, 30 G-P) für ihre musikalische Begabung gepriesen wird, zeichnet sie sich durch ihr Redetalent (bzw. besonders süßes Liebesgeflüster129) aus (AP 5.141 = 44 G-P): £0 $ Â'$, ' $ &’  7,? %  M $Z Y$Ñ,' (.130

Nachdem Meleager in den ersten beiden Texten dazu angesetzt hat, den süßen Namen der Geliebten zu trinken, möchte er nun ihre Stimme vernehmen; Heliodora wird also zunächst mit dem Geschmacks-, dann mit dem Hörsinn in Verbindung gebracht. Im folgenden Epigramm, das im dritten Teil der Eröffnungssequenz zu lesen ist, visualisiert der Dichter Heliodora als strahlende Trägerin eines Kranzes (AP 5.143 = 45 G-P): “ $% &0 $0 $ 7,?, 9$- ,’ * (& $/ $%(5 $%.131

Heliodoras Kranz wird hier nicht etwa aufgrund der allen Blumen inhärenten Vergänglichkeit als welk dargestellt, sondern weil er seiner Besitzerin an Schönheit nachsteht und in Anbetracht Heliodoras seinen eigenen Glanz einbüßt.132 Das Bild des Leuchtens, das mit dem des Erlöschens ($) kontrastiert, mag durch den Namen der Geliebten motiviert sein, der sie eng mit der Sonne („) assoziiert.

128 129

130

131

132

Zur verbalen concatenatio der Gedichte Gutzwiller (1997), 178-9. Dorsey (1967), 256 weist auf den doppelten Sinn von &’  hin: „her voice resounding in my ear“ und „her voice (whispering) at my ear“. „Wahrlich, bei Eros, ich möchte lieber Heliodoras Stimme an meinem Ohr vernehmen als die Kithara des Leto-Sohnes.“ Zur Struktur Lausberg (1982), 318-9. „Der Kranz um Heliodoras Haupt welkt dahin, sie aber strahlt hervor als des Kranzes Kranz.“ Vgl. Gutzwiller (1997), 180 und Gow-Page (1965), ad loc.

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Unterstützen lässt sich diese Lesart durch ein weiteres Epigramm Meleagers, in dem es von Myiskos heißt (AP 12.59 = 100 G-P): , 0 $ Â'$, $% A 2 .5Ñ  E * (W $ ž.133

Die Analogie zwischen den beiden wichtigsten Geliebten Meleagers ist bemerkenswert: Auf der einen Seite überstrahlt Myiskos als Sonne alle übrigen Knaben,134 auf der anderen strahlt Heliodora, der „Sonne Geschenk“, als Kranz aus einem Kranz hervor – er bringt Sterne (E), sie Blumen zum Erlöschen ($). Zugleich erweist sich AP 5.143 als Variation des unmittelbar vorausgehenden anonymen Textes, dessen Sprecher über die Relation zwischen dem Knaben Dionysios und seinem $% wie folgt reflektiert (AP 5.142 = 23 G-P): A,  !, X $% 55 M  !, 9$ $/ $%(5; , ', &$ X $%.135

Es ist bezeichnend für Meleagers Poetik, dass er aus der Formulierung  !, $/ $%(5 (Dionysios kann aufgrund seiner Schönheit als Rose des Kranzes gelten) die noch stärker rhetorisierte Wendung $/ 133

134

135

„Zarte Knaben, bei Eros, nährt Tyros. Aber Myiskos hat, als strahlende Sonne aufleuchtend, die Sterne zum Erlöschen gebracht.“ AP 12.59 ist eine Variation zu Rhianos AP 12.58 (= 2 G-P), wo es heißt, Empedokles überstrahle Troizens Knaben wie eine Rose die anderen Blumen ($! ,’ f&, R %?$ T * F / F =D  EW  !,, 3-4). Garrison (1979), 89 hebt hervor, dass Myiskos mit der Sonne identifiziert, nicht lediglich mit ihr verglichen wird; ebenso Cox (1988), 60. „Wer : Ist der Kranz des Dionysios’ Rose, oder ist er selbst des Kranzes Rose? Ich glaube, der Kranz unterliegt.“ Paton übersetzt in Anlehnung an Dübner: „Which is it? is the garland the rose of Dionysius, or is he the garland’s rose? I think the garland is less lovely“. Ähnlich Gutzwiller (1997), 180. Dagegen Waltz (1928), gefolgt von Cox (1988), 118: „Qui le cède, la rose dont est faite la couronne à Denys ou, rose qu’il est, Denys à la couronne? A mon avis, la vaincue, c’est la couronne“. Giangrande (1979) meint, der Anonymus spiele mit einer Doppeldeutigkeit von $%, da das Wort auch den podex eines Knaben bezeichnen könne. Er interpungiert anders (A –  !, X $% 55 M  !,  9$; / $/ $%(5, , ', &$ X $%) und paraphrasiert das Epigramm wie folgt: „Who (is a rose)? Is Dionysius’ podex (liter. garland) a rose, or is Dionysius himself a rose? I think that the garland (X $%, line 2) is inferior to the podex (&$ $/ $%(5)“. Seine Interpretation ist allerdings nicht schlüssig, da sie im ersten Vers den podex und Dionysios einander gegenüberstellt, im zweiten Vers hingegen den podex und den Kranz des Knaben.

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$%(5 $% gemacht hat. Denn damit sind wir sozusagen in der dritten „Kranz-Schicht“ angekommen: Nicht nur lesen wir in einer Anthologie mit dem Titel Kranz über einen Kranz, sondern uns wird als Kranz jenes Kranzes ein weiterer Kranz vorgeführt – bei dem es sich um nichts anderes handelt als eben um Heliodora. Auf metapoetischer Ebene könnte die Charakterisierung der Geliebten als $/ $%(5 $% auf die Integration des ihr gewidmeten Zyklus in den makrotextuellen Kranz verweisen – die Aussage, Heliodora strahle aus dem Kranz hervor, dürfte dabei implizieren, dass dieser Teil des Œuvres Anspruch auf besonderen Ruhm hat. In AP 5.147 (= 46 G-P) kündigt der Dichter schließlich an, aus verschiedenen Blumen einen Kranz für Heliodora flechten zu wollen: +C' 5 !, &C' ,’ ‡&- B $ ( , &C' 0 $2 @$ , &C' 0 !  b,, *&&C' ,’ \(  &%5N, &C' 0 %$  !,, ‚ Ž *&0 $(% 5$5 7,? 9&!  $N r $%.136

Das Flechten des Kranzes (man beachte die sechsfache Anapher [*&-] &C'!) repliziert auf mikrotextueller Ebene die im Prolog (4.1) beschriebene Tätigkeit des poeta-editor. Bedeutsamerweise wird die Reihe der miteinander zu verwebenden Blumen durch die Levkoje eröffnet, also gerade durch jene Pflanze, die im Proöm Meleagers eigene Dichtung symbolisiert. Es ist mithin davon auszugehen, dass dem hier imaginierten Kranz ein metapoetisches Potential innewohnt, zumal sich ein solches auch im Falle des $% aus AP 5.136 wahrnehmen ließ.137 Während Meleager sich dort selbst einen Kranz auf den Kopf setzen wollte, fertigt er nun einen zu Ehren seiner Geliebten an. Das letzte Distichon, in dem er sich ausmalt, wie Blüten auf Heliodoras Haupt niederregnen, evoziert die Vorstellung einer Antho- bzw. Phyllobolie, wie man sie typischerweise für Sieger von Wettkämpfen veran136

137

„Ich werde Levkojen flechten, werde flechten zugleich mit Myrten Narzissen, werde flechten auch die lachenden Lilien, werde flechten lieblichen Krokus zum Kranz. Hineinflechten werde ich purpurne Hyazinthen, werde flechten der Liebe Freundin, die Rose, hinzu, auf dass der Kranz an den Schläfen Heliodoras, deren Locken nach Myrrhe duften, Blüten regnen lasse auf den schönflechtigen Scheitel.“ Zu dem Gedicht vgl. Cox (1988), 122-4 und Gutzwiller (1997), 185-6. Könnte es sein, dass wir auch bei den anderen Blumenarten die im Prolog genannten Dichter assoziieren sollen? In diesem Sinne mag Meleagers Gedicht implizieren, dass er Heliodora eine Sammlung eigener und fremder Gedichte aneignet.

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staltete.138 Und in der Tat ging ja auch Heliodora soeben als Siegerin aus einer Art Agon hervor (AP 5.143). Die Blüten, mit denen sie geehrt wird, mögen für die Gedichte stehen, die Meleager auf die Geliebte verfasste und zu einem Zyklus vereinte.139 Man kann sagen, dass jener „Sub-Kranz“ per mise en abyme in den Stephanos eingelegt ist und im Kleinen die Struktur des als Kranz konzipierten Makrotextes widerspiegelt: Heliodora und der Kranz verschmelzen gleichsam ineinander, sie ist in der Tat $/ $%(5 $%.140 Die als „Freundin der Liebe“ charakterisierte Rose (%$  !,, 4) verweist auf AP 5.136.5, wo wir derselben Junktur begegneten ( !, %$). In einem weiteren Epigramm (AP 5.144 = 31 GP) der Kranz-Serie wird die mit einer Rose gleichgesetzte Zenophila als %$ bezeichnet, wobei freilich das Attribut eine etwas andere Nuance hat (es ist dort wohl eher im Sinne von „den Liebenden lieb, von Liebhabern begehrt“ zu verstehen): Ó,N 5 ! (, ( ,a % ( , ( ,’ 9%$ . V,N ,’ ‡ %$, * F I F, ^N% +/ ‡,; $N  !,. @, $ ($ ! E& %,2 Z$; ‡ 2 &D ' ‡,5&!' $%('. 141

Nachdem im vorhergehenden Text Heliodora den Sieg über ihren Kranz davongetragen hat, ist es nun Zenophila, die sämtlichen Blumen überlegen scheint. Indem Meleager Zenophila selbst zur Rose macht, greift er den Hauptgedanken aus AP 5.142 auf und kreiert so einen effektvollen Rahmen für das Programmgedicht AP 5.143, wobei AP 5.144 wiederum eng mit AP 5.147 verknüpft ist: Das dreimalige ( (1-2) findet seine Entsprechung im fünfmaligen &C' (1-4), die drei zu Beginn von AP 5.144 genannten Blumenarten (5 !, ( , D) kehren in AP 5.147 jeweils an derselben Versstelle 138 139 140 141

Vgl. Blech (1982), 112-3. Cox (1988), 123: „At the same time, the poem sprinkles Heliodora with song.“ Cox (1988), 124: „the hair and the flowers dissolve into a single object of beauty.“ „Schon blüht die Levkoje, schon blüht die regenliebende Narzisse, und es blühen die bergdurchstreifenden Lilien. Schon ist die von Liebenden geliebte, süße Rose der Peitho, Zenophila, prangende Blume unter Blumen, erblüht. Ihr Wiesen, was lacht ihr erfolglos so strahlend im Schmuck eurer Locken? Das Kind ist doch süß duftenden Kränzen überlegen.“ Zu Deutungen von 9%$ (2) vgl. Whigham & Jay (1975), ad loc., Burzacchini (1986), 578 und Giangrande (1998), 66; zum Epigramm Cox (1988), 119-21 und Gutzwiller (1997), 181-2.

212

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wieder. Hinzu kommt, dass im Schlussdistichon von AP 5.144 die Wiesen ob ihrer eigenen Haarpracht ( ! ist hier auf die Pflanzen zu beziehen, vgl. LSJ II) lachen, während in den letzten beiden Versen von AP 5.147 Heliodoras Haar mit Blumen geschmückt wird. Die kunstvolle Komposition der Eröffnungssequenz erweist sich nicht zuletzt an der Integration eines von Asklepiades stammenden Gedichts, das perfekt in die vorliegende Reihe passt und über motivische Konnexe sowohl zu vorausgehenden als auch zu nachfolgenden Epigrammen Meleagers verfügt (AP 5.145 = 12 G-P): 9$/ , $%, &2 ,  $D, $0 $, - &&$@ % $!, Ô ,  $C ( ($ 2 †$’ *?$') ’ T$ =N 9$ m,N$ N, $(C’ \&a %R * \$!, ‚ Ž * 5 b C>  !N $2 &Nu ,( 5.142

Zunächst fällt der Gegensatz zwischen dem Lachen der Wiesen im vorherigen Gedicht (Z$, AP 5.144.5) und dem Weinen des Sprechers (,  $C, 3; $2 ,( 5, 6) auf.143 Während in AP 5.136 die Rose Tränen vergoss, dienen die $% hier als Medium für die Tränen des Liebenden und werden darum gebeten, ihre Blätter nicht vorschnell abzuschütteln. Wo Meleagers Kranz mit Myrrhe besprengt ist ($ , 3), sind die Kränze des Asklepiades mit Tränen benetzt (,  $C, 3) – das entsprechende Partizip bzw. Verb findet sich jeweils direkt vor der weiblichen Zäsur des dritten Verses.144 Der Schauer, der auf das Haar des Knaben niedergehen soll, antizipiert die in AP 5.147 prophezeite Anthobolie zu Ehren Heliodoras. Darüber hinaus kehrt die Junktur $2 ,( 5 (6) in AP 12.68 (und nur dort) wieder, wo Meleager sich wünscht, dass Charidamos seine Tränen als &$ &,@ in Empfang nehmen mö142

143

144

„Hier bleibt, meine Kränze, an den Flügeln dieser Tür aufgehängt und schüttelt nicht vorschnell eure Blätter, die ich euch mit Tränen benetzte (leicht nämlich regnet es aus den Augen Liebender). Aber wenn die Tür aufgeht und ihr ihn erblickt, dann lasst meinen Regen auf sein Haar tropfen, auf dass sein blondes Gelock meine Tränen trinke.“ Das päderotische Gedicht wurde vom Redaktor versehentlich in Buch 5 aufgenommen; der Korrektor wollte diesen Fehler wohl beheben, indem er 9$! (4) zu 9$> und !N (6) zu !N emendierte. Gutzwiller (1997), 182 sieht „the confounding of nature’s phenomena with human emotion“ als wichtigste Parallele zu dem Zenophila-Epigramm. Von einem mit Tränen getränkten Kranz ist auch in dem anonymen Gedicht AP 12.116.2 die Rede: $ $%, $ *D ,( 5 5!.

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ge. Auf die intratextuellen Bezüge zwischen jenem Epigramm und den ersten Heliodora-Gedichten wurde bereits verwiesen – der von Asklepiades verfasste Text fügt sich ohne weiteres in das dichte Netz von Querverbindungen ein. Wir haben hier also ein hervorragendes Beispiel für Meleagers editorische Technik vor uns: Er versteht es, fremdes Material so in seine Komposition zu integrieren, dass es zu einem festen Bestandteil derselben wird und mit anderen darin enthaltenen Texten zu interagieren beginnt. Wie die besprochenen Gedichte zeigen, lässt Meleager zu Beginn der *'$ ( eine regelrechte Kranzparade an unseren Augen vorüberziehen. Mehrere jener $% sind dabei bereits in Auflösung begriffen – ein Prozess, der dem poetischen Programm Meleagers diametral entgegengesetzt ist, wenn man einmal davon absieht, dass er selbst existierende Sammlungen auflöste, um bestimmte Gedichte in seinen Kranz einflechten zu können. Die programmatische Bedeutung Heliodoras ist anhand der einleitenden Epigramme leicht ersichtlich; eine narrative Entwicklung kann man in dieser Partie jedoch nicht erkennen: Erst einmal werden uns die Vorzüge der Geliebten präsentiert. Dies geschieht auch im vorletzten Gedicht der Eröffnungssequenz (AP 5.148 = 47 G-P), das Heliodoras Redekunst preist:  &$’ *  $2  7,?  ( 9$2 $2 ($ (.145

Motivisch greift das Gedicht AP 5.141 auf, wo Meleager versichert, er wolle lieber Heliodoras Stimme als Phoibos’ Leier vernehmen. Die Prophezeiung ihres Ruhmes lässt sich als Voraussage des literarischen Erfolges lesen, der den Heliodora-Epigrammen bevorsteht.146 Möglicherweise soll die Aussage, Heliodora werde die Chariten an Charme übertreffen, zudem implizieren, dass Meleagers epigrammatisches Œuvre, als dessen Emblem Heliodora gelten kann, seinem satirischen Werk (das den Titel ($ trug) überlegen ist.147 An sich variiert Meleager hier ein Gedicht des Kallimachos (AP 5.146 = 15 G-P = 51 Pf), das eine Statue der Berenike zur vierten Grazie erklärt (der Text war, falls an dieser Stelle nichts verloren ging, nur

145

146 147

„Ich glaube, dass die süßsprechende Heliodora einst im Geplauder die Grazien selbst an Grazie übertreffen wird.“ Vgl. G-P ad loc. und Gutzwiller (1997), 187; aliter Burzacchini (1986), 579. Vgl. Gutzwiller (1998a), 286 und Männlein-Robert (2007), 246.

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

durch ein Epigramm von AP 5.148 getrennt).148 Doch im Kontext seiner Dichtung nimmt das Motiv „Frau vs. Grazie“ eine programmatische Bedeutung an, vor allem wenn man bedenkt, wie Heliodora in der Eröffnungssequenz als Symbol für die *'$ ( stilisiert wird.149 AP 5.148 weist zudem auf das nächste Heliodora-Epigramm voraus, wo die Junktur $2  7,? an derselben metrischen Position wiederkehrt (AP 5.155 = 48 G-P): f$ *R ,N $-  7,? W5- $R W5R E& 9$ Â'.150

Der Ausdruck W5- $R W5R (2) ruft sowohl die Juxtaposition von $2 ($ ( (AP 5.148.2) als auch die Formulierung $/ $%(5 $% (AP 5.143.2) in Erinnerung. Allerdings ist zu betonen, dass das Epigramm wohl weitaus mehr als fünf Gedichte von AP 5.149 entfernt stand, weil dazwischen ein längerer Abschnitt rein päderotischer Epigramme eingefügt war. Die Wiederholung einer ganzen Hexameterhälfte erzeugt jedoch eine starke Verbindung zwischen AP 5.148 und 155 und markierte damit eventuell die Wiederaufnahme des Zyklus in der nächsten Sektion. In jedem Fall dürfte die Aussage, Eros habe Heliodora in Meleagers Herzen geformt (E&), den Fiktionalitätscharakter der Figur unterstreichen: So wie Heliodora hier als ein Geschöpf des Liebesgottes erscheint, ist sie letztlich ein Konstrukt des Dichters, dessen Schaffenskraft ein Analogon zu Eros’ demiurgischer Tätigkeit bildet.151 Eine solche Parallelisierung von Meleager und Eros war bereits in AP 12.256 zu beobachten, wo der Gott als kranz-

148

149

150

151

A ™ ($ &$0 2  $D $0  / F$ &$&(N

”$  $D. / 9' * &Z $ @, $ , %N £C, 0 $ ?' & &!$ £C m $ \& P N 7,? (&$ \&&($P '$0 !,

(' a , X ,’ * !& * N  &$0 ' ,$ f,5'.168 Þ £C, w %(5& *0 &! 7,?

0  @ T ' $ , 5R, Å  $R *2 W,  $ %N N!5 W5¥ (&$’ *0 J; Å( ’ E  $ $2 ,( 5,  † W5&($N $ %/ %D; M  F E',  &; >&$, , $/$’ *,P, mN ,’ – &,'  %C.169

Mittlerweile ist Meleager also misstrauisch geworden und verleiht ersten Zweifeln an Heliodora Ausdruck. Doch dafür, dass ein anderer Mann bei ihr weilt, gibt es an sich keine konkreten Anhaltspunkte: Die Vorstellung mag ganz einfach dem furchtsam-eifersüchtigen Herzen des Liebenden entsprungen sein. Und in der Tat imaginiert der Dichter nur rein hypothetisch, wie die Geliebte ihr Bett mit jemandem teilt.

168

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kommen. Ach, dasselbe erleidend, möge sie vor dir klagen, während sie vor meiner Türe steht.“ „Um dies eine nur, Allmutter der Götter, bitte ich dich, liebe Nacht, ja, ich bitte dich, Gefährtin auf nächtlichen Umzügen, edle Nacht: Wenn jemand sich, warm unter Heliodoras Decke hingeworfen, an ihrem schlafbetrügenden Leib erwärmt, dann soll einschlafen die Lampe, er aber liege hingeschleudert in ihrem Schoß – ein zweiter Endymion.“ „O Nacht, o mein gern schlafloses Verlangen nach Heliodora und Qualen ihrer falschen Eide, die ihr an Tränen euch erfreut! Bewahrt sie noch einen Rest ihrer Liebe zu mir, und hat sie noch einen Kuss als warme Erinnerung in ihrem kalten Lager? Hat Tränen sie zu Bettgenossen und küsst sie ein Traumbild von mir, ein seelenbetrügendes, es umarmend an ihrer Brust? Oder ist da eine neue Liebe, ein neues Liebesspiel? Auf das, Lampe, sollst du nicht blicken, sondern Wächter sei über die, welche ich dir anvertraute.“ In v. 2 folge ich der Konjektur Gutzwillers (in Vorbereitung), die statt des überlieferten L@ (bzw. †') T ' liest.

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

Dass Meleager die von ihr ausgehende Wärme gleich zwei Mal hervorhebt ((&$, !, AP 5.165.4), könnte suggerieren, dass er selbst in der kalten Nacht umherschweift, zumal die beiden Epigramme Teil der Komos-Sequenz sind und die Göttin als ?' & (AP 5.165.2) angerufen wird. In jedem Fall dürfte die Kälte, die Meleager vermutlich verspürt, Reflex seiner Einsamkeit sein. Analog hierzu fragt er im nächsten Gedicht, ob Heliodora in ihrem kalten Lager (W5¥ *0 J, 4 170), also allein im Bett liegend, noch die Erinnerung an einen warmen Kuss wahre (%N N!5 (&$’, 34). Das Wort N!5 (wieder zu Beginn des vierten Verses) verweist auf das erste Heliodora-Epigramm, wo der Dichter das Andenken an die abwesende Geliebte durch einen Kranz wach zu halten suchte. In gewisser Weise erscheinen Meleager und Heliodora hier in vertauschten Rollen, da nun sie diejenige ist, die sich erinnert bzw. erinnern soll. Zu dem an die £C adressierten Gedichtpaar bieten zwei an den Morgenstern (†) gerichtete Epigramme (AP 5.172 = 27 G-P und 5.173 = 28 G-P) eine genaue Entsprechung: _, $ , ,5$, $; &0 D$ *&$N, F$ % N/ '$0 O; m &( $W $ ,! Î& mN, w 5 ; %@ (' = *a & !$$. V,N 2 0 &! *&’ 1 >N  ” $ 9 ,> * &,N.171 _, $ /, ,5$, ,; &0 ! QP F *&0 N/ (&’ \& ,; ’ T$ $2  ,2 !& E, 8 ; *&$N, ‚ (' *&’ *0 %@ *&  .172

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Unabhängig davon, ob die Konjektur *0 J korrekt ist, wird hier etwas Kaltes dem warmen Kuss bzw. der warmen Erinnerung gegenübergestellt. „Morgenstern, was trittst du, Feind der Liebe, so schnell mir ans Bett, wo ich eben erst am Körper meiner geliebten Demo mich erwärme? Oh, kehrtest du doch um und kämest rasch als Abendstern zurück, der du, ach, dein süßes Licht so äußerst bitter wider mich schleuderst! Früher, als Zeus bei Alkmene weilte, hast du dich doch schon einmal in umgekehrter Richtung bewegt. Du kennst dich doch aus mit dem Rückwärtslauf!“ „Morgenstern, was drehst du dich nun, Feind der Liebe, so träge um das Himmelsgewölbe, wo sich ein anderer unter Demos Decke wärmt? Doch als ich die Schlanke in meinen Armen hielt, da kamst du rasch herbei und warfst dein schadenfrohes Licht auf mich.“

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

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In AP 5.172 befindet sich Meleager in den Armen einer Frau, wobei die Wendung '$0 O (2) '$0 ! aus AP 5.165.4 aufgreift.173 Und so wie dort im letzten Distichon Endymion als mythisches Exempel für einen in Tiefschlaf Versunkenen angeführt ist, wird hier – ebenfalls im letzten Verspaar – auf Alkmene und Zeus verwiesen, die aus einer Nacht zwei machten und dabei gewiss nicht schliefen. Das zweite Gedicht wiederholt seinerseits die Junktur \& P (&$ (AP 5.165.3-4) in modifizierter Form ((&’ \& ,) und bietet eine amüsante Variation zum ersten Tagelied: Nun, da Demo einen anderen Mann bei sich hat, kommt der Morgenstern nicht schnell genug, während er, als Meleager bei ihr weilte, kaum abwarten konnte, sein Licht auf ihn zu werfen. Die Vorstellung des auf den Liebenden geschleuderten Lichtes (AP 5.172.4 und 173.4) variiert den Wunsch Meleagers, Heliodora und ihr vermeintlicher Bettgenosse mögen nach Erlöschen der Lampe in Dunkelheit gehüllt sein. Im nächsten Heliodora-Epigramm, das in einer Sequenz des 12. Buches zu lesen ist (AP 12.147 = 55 G-P), finden wir den Liebenden in einer verzweifelten Lage wieder: &$ $ †$! *Z F `† $ $! $Z 0 & Â'$ (N; B&$ $( &  $ $& 7,? D &( $' *$ *@, ,N.174

Jemand oder etwas wurde geraubt – wie wir aus den folgenden Versen erfahren, ist es die Geliebte, wozu passt, dass auch das vorhergehende Epigramm implizit einen solchen erotischen Verlust zum Thema hat.175 Selbst wenn sich der Wortlaut des ersten Distichons nicht genau rekonstruieren lässt,176 können wir dem Text doch dies entnehmen: Meleager rüstet sich angesichts von Heliodoras Abwesenheit aufgeregt zum Kampf und will sich gerade dazu aufmachen, die entschwundene Geliebte (von wem auch immer) zurückzuerobern, als er Heliodoras Schritte vernimmt. Der Text enthält keine Angaben darüber, in welcher 173

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175 176

Dieselbe Junktur findet sich zudem in AP 5.151.6 ('$0 !), dort jedoch in Bezug auf Mücken, die sich an Zenophilas Haut erfreuen. „Geraubt! Wer wäre so wild, den Kampf zu wagen? Wer wäre so groß, gegen Eros Krieg zu führen? Zünde die Fackeln an, schnell! Und doch – Schritte! Heliodora. Kehr wieder zurück in meine Brust, o Herz!“ Rhianos bittet Eros um Rache für den Raub eines mühsam gefangenen Rehs. Claes (1978), 61-3 liest B&$ $ $! *( F 9¥ und übersetzt: „Un kidnapping! Qui est si brutal de faire une attaque dans mon lit?“

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

Situation Meleager spricht, aber wir können uns z.B. vorstellen, dass die beiden gemeinsam eine Nacht verbringen und Heliodora einfach kurz das Schlafzimmer verlassen hat.177 In jedem Fall mag Meleagers panische Reaktion ebenso grundlos sein wie die Eifersuchtsanfälle der beiden vorigen Gedichte. Seiner Leidenschaft scheint der Dichter auch in AP 5.214, das der gleich näher zu betrachtenden Schlusssequenz angehört, hilflos ausgeliefert zu sein. Zwischen den beiden Epigrammen wird Heliodora noch ein weiteres Mal erwähnt (AP 5.198 = 24 GP), allerdings nur im Zusammenhang mit anderen Amouren. Meleager versichert bei Heliodoras Sandale und den Attributen weiterer Frauen, dass alle Pfeile aus Eros’ Köcher in ihm steckten: v9 &!  A/, 9 (, 7,?, 9 $ 5!$ N5 &!5, 9 $5% ,N ?&, 1$ , 9 $; $D ' $%(5, 9 $ 0 %$N &$!$ L$;

&$, Â' * *0 &($ ( *$ N.178

Das Epigramm fügt sich mit seiner Aufzählung der von Meleager begehrten Frauen bruchlos in denjenigen Teil der *'$ (, der heterosexueller Liebe gewidmet ist (AP 5.192-208, 12.161).179 Eine besondere Funktion innerhalb der histoire d’amour kommt ihm freilich nicht zu. Rekapitulieren wir noch einmal: Nachdem der Dichter in einer Reihe von Texten, die größtenteils in der Eröffnungssequenz erscheinen, die Geliebte uneingeschränkt idealisiert hat, finden sich im Mittelteil des Buches mehrere Epigramme, in denen sich sukzessive abzeichnet, dass Meleager in seinem Innersten Schmerz empfindet – bis hin zu offenen Eifersuchtsbekundungen, die gleichwohl unbegründet sein mögen. Der Zyklus wird daraufhin, wie ich meine, mit den Epigrammen AP 5.214 und 215 abgeschlossen, die den Liebenden in immer verzweifelterer Lage vorführen.

177 178

179

Die Situation hat zuerst Graefe (1811) erläutert; vgl. auch Dorsey (1967), 277. „Nein, bei der Locke Timos, bei der Sandale Heliodoras, bei der duftbesprengten Tür Demarions, beim zarten Lächeln der rinderäugigen Antikleia, bei den frischblühenden Kränzen Dorotheas, keine geflügelten Pfeile birgt dein hohler Köcher mehr, Eros – denn in mir stecken alle Geschosse!“ Vgl. Gutzwiller (1998a), 297-8.

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

223

2.2.4 Ballspiel und Liebestod: Das Ende des Zyklus Nachdem Meleagers Herz in AP 12.147 seine Brust verlassen hat, dient es in AP 5.214 (= 53 G-P) Eros und Heliodora als Ball180: #%$2 $ Â'$ $%' 0 ,’, 7,?, ( $2 * *0 & ,. ’ F 5& $ ,C +! = ,’ & /   W, 9 m' $2 &($ ‰.181

Das Partizip & (2) beschreibt das Klopfen des Herzens und evoziert zugleich die Vorstellung eines auf und abhüpfenden Balles. Meleager führt sich selbst als Trainer des Eros ein (%$2 $ Â'$ $%', 1)182 und spricht in der Rolle des Schiedsrichters, der keine Verstöße gegen die Spielregeln duldet (9 m' $2 &($ ‰, 4).183 Allerdings lässt sich das Ende auch in dem Sinne verstehen, dass Meleager eine Zurückweisung von Seiten Heliodoras nicht ertrüge und daran zerbräche. Das Bild eines als Spielball malträtierten Herzens suggeriert, dass der Sprecher dem Willen der Geliebten ausgeliefert ist, und die scheinbare Drohung entpuppt sich als hilfloser Aufschrei eines Ohnmächtigen. Die aus jenen Zeilen sprechende Verzweiflung steht im Einklang mit dem „Sense of an ending“,184 der sich im nächsten Gedicht unmissverständlich abzeichnet. Es handelt sich um das letzte Epigramm des in AP 5 befindlichen Meleager-Blockes und somit vermutlich um eines der Schlussgedichte der *'$ (, wenn nicht überhaupt um deren conclusio (AP 5.215 = 54 G-P): Y’, Â', $ F5& *0 &! 7,?

 =,0 / *2 ™ $. 0 2 ,- $2 2 $!C, $2 - ,,, ( F, 0 ,’ *&’ *0 &$2 $ N,

180 181

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184

Zum Motiv vgl. Anakreon 302.1-2 P. „Ich bilde Eros zum Ballspieler aus. Er aber wirft dir, Heliodora, das in mir auf und ab hüpfende Herz zu. Komm schon, empfange das Verlangen (Pothos) als Spielgefährten! Wenn du mich aber von dir wirfst, werde ich jenen Frevel, der wider alle Regeln geht, nicht ertragen!“ Man beachte, dass Eros hier, wie auch in AP 5.178 = 38 G-P, als der zu Trainierende erscheint, während in AP 5.157 er es ist, der den Nagel Heliodoras trainiert. Die Lesart m' ist gegen Gow-Page, die m konjizieren, beizubehalten; vgl. Dorsey (1967), 269 und Ghiselli (1984-85). Zu dem Phänomen vgl. Kap. II 4.4.

224

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos =   $, W' %'/$’ *&0 $O ($’, „Â'$ T, CD, %“.185

Wir hören Meleager verzweifelt um Erlösung von seiner Leidenschaft bitten; er schiebt die Schuld für seinen bevorstehenden Tod Eros zu und droht, dessen % auf seinem Grabstein publik zu machen.186 Das Epigramm ist über verbale und motivische Konnektoren mit anderen Gedichten verknüpft. So greift z.B. F5& &! (1) die Wendung %(5& *0 &! aus AP 5.166.1 auf. Und das Bild des alle Pfeile auf Meleager verschießenden Eros (3-4) erinnert an dessen Behauptung, alle Pfeile des Liebesgottes steckten in ihm (AP 5.198). Während dort Meleagers Begehren auf viele Frauen gerichtet war, gilt sein Verlangen hier einzig Heliodora. Die Muse, die als Bittflehende zu Eros geschickt wird, steht zunächst einmal für das vorliegende Gedicht. Darüber hinaus lässt sich der Ausdruck, wie Gutzwiller feststellte, auf das gesamte Buch beziehen, das mit AP 5.215 wahrscheinlich zu seinem Abschluss kam.187 Nahe gelegt wird eine solche Deutung nicht zuletzt durch den Bezug auf AP 5.191, wo Meleager bittflehende Kränze ($; ™ $ $%(5, 6) an die Tür einer nicht weiter identifizierten Geliebten hängt und auf ihnen eine an Kypris gerichtete Weihinschrift anbringt. Dieser Akt nämlich kann auf metapoetischer Ebene als Dedikation eines Teils der Sammlung an Aphrodite gelesen werden (s. S. 180ff.). Es fällt auf, dass beide Texte sich an markanter Position befinden: AP 5.191 am Ende des zentralen Abschnitts, AP 5.215 am Ende der *'$ (. Außerdem verweisen die eingelegten Epigramme jeweils selbstreflexiv auf die epigraphischen Ursprünge der Gattung, wobei die Fiktion von Inschriftlichkeit das eine Mal dadurch gebrochen erscheint, dass Meleager die Worte auf die Blätter eines Kranzes schreibt, das andere Mal dadurch, dass der Grabstein nur in seiner Phantasie existiert. 185

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„Ich bitte dich, Eros, bring meine Sehnsucht nach Heliodora, die mir den Schlaf raubt, zum Erlöschen und erhöre das bittflehende Gebet meiner Muse. Wahrlich, bei deinem Bogen, der keinen anderen zu treffen gelernt hat und immer nur über mich seine geflügelten Geschosse ausschüttet, magst du mich auch töten, ich werde auf dem Grabstein Buchstaben hinterlassen, die da sagen: ‘Sieh, Fremder, des Eros Blutrünstigkeit.’“ Das Epigramm erscheint in P außerdem nach AP 12.19 (dort endet der erste Hexameter auf 7,?5, was wohl daher rührt, dass ein Abschreiber das Gedicht dem päderotischen Kontext anpassen wollte). In V. 5 folge ich mit Gow-Page der Lesart von Pb (Pa bietet: W' %'- &~$). Vgl. Theoc. 23.46-7: (W 0 $!, (, $ D $ (' / $/$ Â' E $. Vgl. Gutzwiller (1998a), 299.

II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

225

Sollte AP 5.215 als conclusio des Buches fungiert haben, dann war der Schluss des Heliodora-Zyklus mit dem Ende der *'$ ( identisch.188 Dies macht, ebenso wie die Prominenz von HeliodoraEpigrammen in der Eröffnungssequenz, sehr wahrscheinlich, dass jener Geliebten eine programmatische Rolle zukam. Ouvré führte die Sonderstellung Heliodoras auf biographische Umstände zurück: „C’est auprès d’Héliodora que Méléagre a trouvé ses meilleures inspirations. Dans ses vers comme dans sa vie, il donna pour cortège à sa maîtresse préférée tout un essaim de beautés faciles.“189 Auch wenn Dichtung und Leben wohl nicht derart miteinander korrespondierten, haben Ouvrés Beobachtungen zu Heliodoras spezieller Bedeutung durchaus Gültigkeit. Schließlich ist sie, als literarisches Konstrukt, in der Tat Inspirationsgottheit und steht emblematisch für Meleagers Dichtung. Zwar mögen wir den Zyklus nicht in seiner Gesamtheit vor uns haben, aber die tradierten Epigramme zeichnen bei linearer Lektüre zweifelsohne eine Liebeshandlung nach: Meleager bewegt sich von einer idealisierten Vision Heliodoras zu bittersüßen Erfahrungen, schmerzhafter Sehnsucht, Melancholie und Einsamkeit bis hin zu Verzweiflung und Furcht um sein eigenes Leben. Ypsilanti schreibt die zwei zuletzt besprochenen Gedichte einem früheren Stadium der Beziehung zu und sieht in ihnen einen Hinweis darauf, dass die Gefühle des Dichters zunehmend intensiver würden.190 Da der antike Rezipient die Texte jedoch höchstwahrscheinlich in der hier präsentierten Reihenfolge antraf, ist eine derartige Umstellung kaum zulässig, zumal die in AP 5.215 enthaltenen Schlusssignale sehr deutlich auf das Ende verweisen. Abschließend sei noch kurz das außerhalb meleagrischer Sequenzen stehende Gedicht AP 5.24 (= 41 G-P) betrachtet; dieses ist zwar in P und Pl Philodem zugeschrieben, wird aber von den meisten Editoren, beginnend mit Jacobs, zum Œuvre Meleagers gerechnet: à5>  & % &! 7,?, ,( 5 0 5 $; &0 *&$N. %N0 , 2 %5D    b 2 ,- 9$- 0 & 0 &5 %D.191

188 189 190 191

Zur Schlusssequenz vgl. Gutzwiller (1998a), 298-9. Ouvré (1894), 51. Ypsilanti (2005), 87. „Meine Seele mahnt mich, das Verlangen nach Heliodora zu fliehen, da sie meine früheren Tränen und Eifersuchtsanfälle kennt. So spricht sie wohl, aber die Kraft zur Flucht fehlt mir. Ja, frech ist sie, die da mahnt und trotz ihrer Mahnung liebt.“

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II 2. Kranz und Kranzeskränze: Der Stephanos

Sollte Meleager tatsächlich der Verfasser sein, so erwiese er sich ein weiteres Mal als unfähig, seiner Sehnsucht nach Heliodora Widerstand zu leisten, obgleich er sich der Gefahren bewusst ist. Das hier gezeichnete Bild stimmt durchaus mit demjenigen überein, das uns die anderen Heliodora-Epigramme bieten: Der Sprecher kann von seiner Geliebten nicht lassen, egal wie verhängnisvoll seine Passion ist. Nun ist allerdings darauf hinzuweisen, dass angesichts der 1987 publizierten Inzipitliste P.Oxy. LIV 3724 (T 2) die Verfasserschaft Philodems als so gut wie gesichert gelten kann. Denn neben den Anfangsworten dieses Epigramms (col. IV 17) sind dort die Inzipits von mindestens 24 weiteren Philodem-Gedichten verzeichnet (unter den Texten finden sich außerdem nur zwei Asklepiades-Gedichte), weshalb man annehmen darf, dass die Zuschreibung von P und Pl korrekt ist.192 Philodem spielt aber zweifelsohne auf den Heliodora-Zyklus Meleagers an, indem er den Namen der Geliebten allusiv am Ende des ersten Verses nennt. Zudem lässt sich die Behauptung, seine Seele kenne die Tränen und Eifersuchtsanfälle von früher her, als selbstreflexiver Verweis auf Philodems Lektüre der Meleager-Gedichte verstehen: In diesem Sinne sind es nicht die eigenen schmerzhaften Erfahrungen, sondern die seines Vorgängers ($; &0!), die ihn eines Besseren belehren sollten. 2.2.5 Tränen bis unter die Erde: An Heliodoras Grab (AP 7.476) Allen Todesversionen zum Trotz stirbt nicht der Dichter, sondern Heliodora, an deren Grab stehend Meleager in AP 7.476 (= 56 G-P) trauert. ( 5(  0  ,2 !, 7,?, ,'/, $Z W = 1,, ,( 5 ,5,( 5$ &5 $O ,’ *&0 $O &,' Z &!', Z %%. = $2 2 = $2 %  0 * % . =( @ *  $- [$@ P] #$($' $/ #,/ +, - ./ & 5W(N, Ã 9$ &. Es lässt sich somit eine Art motivischer Inversion beobachten, die eine klare Verbindung zwischen den beiden Gedichten erzeugt. AP 12.220 und 12.221 sind ihrerseits durch das Motiv vom Raube Ganymeds miteinander verknüpft 10: v90 $ &/ W ,,,  !5 +N/, ’ T$ $ &N $/  ž%(. &($$' ?&5 E $ E X , &?' 0 >N &0 ,5N. `$(  ,,(&$  =$!, ‹ §5>,N „&’ X 2 &?' 0 ! *$’ L,N.11

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„Nun bist du Frühling, bald schon Sommer. Was wirst du dann, Kyris? Bedenke wohl, einst wirst auch du zu den Stoppeln gehören.“ „Nun stehst du aufrecht, Verfluchter, und bist straff, wo nichts da ist. Als aber gestern was da war, da hast du überhaupt keinen Schnaufer getan.“ Zu dem Epigramm vgl. Obermayer (1998), 300. Hierauf weist bereits Floridi (2007), 312 hin.

II 3. Lieben im Paradigma: Stratons Knabenmuse

233

#$D & = ,D, & &D, ,, N,a N $  b,$' =! 5 ' %, ,’ ™(C / W?5 $'uá - ^; >P $/$ 5!.12

Im ersten Text führt Straton die Bestrafung des Prometheus darauf zurück, dass der Titan, als er den Menschen aus Lehm formte, diesem Haare beigab – da infolgedessen auch Ganymed nicht vom Bartwuchs verschont geblieben sei, habe Zeus den Adler, der einst den trojanischen Knaben entführte, damit beauftragt, Prometheus zu zerfleischen. Im folgenden Epigramm richtet sich der Sprecher an eben jenen Vogel, als er sich gerade mit Ganymed auf dem Weg in den Himmel befindet. Neben dem Motiv des Raubes evozieren beide Texte die Vorstellung göttlichen Zornes (angesichts des Bartwuches in 12.220 und angesichts einer potentiellen Verletzung Ganymeds in 12.221; man beachte die verbale concatenatio: L,N, 12.220.6 – >P, 12.221.6). Darüber hinaus wird dem Adler in dem einen Fall angetragen, den Übeltäter zu zerfleischen (,,(&$, 12.220.5), während er im anderen davor gewarnt wird, dem Knaben mit seinen Krallen auch nur ein Haar zu krümmen (, ,’ ™(C /, 12.221.5). Die zwei evozierten Szenen (die Torturen des Prometheus und der Raub Ganymeds) sind zudem in der bildenden Kunst äußerst beliebte Gegenstände.13 So wie der Adler in AP 12.221 dem entführten Ganymed nichts zuleide tun soll, wird im nächsten Gedicht (AP 12.222) ein Ringlehrer, der einen Knaben ernsthaft in die Mangel nimmt, um vor dem hereinkommenden Herrn seine erotischen Avancen zu vertuschen, dazu angehalten, diesen nicht zu erdrosseln: „&/ &P 0 ,a &$ E / 5(. Das Bild Anakreons als eines älteren, weinseligen und verliebten Dichters fand in den Anakreonteen seinen literarischen Niederschlag, vgl. Rosenmeyer (1992), 50. Zu Anakreons päderastischen Neigungen vgl. [Simon.] AP 7.24.6: &

' $- %!&, 5; ders. AP 7.25.3-4: ‹ $' &$ N, &$ ,’ f?$' / $ 5 ; * &,' € b!$; Antipater von Sidon AP 7.29.5: ž' 2 Â'$ E%5  &!; ders. AP 7.30.1-2: ... X A> *(,   / ‰, ž &,'  &$- *,P.“ 8/ &%( $%(5, 0 m ,’ &K *$%(' , D *&5C(.65

Die Frage nach dem Preis für den Kranz des Knaben lässt sich in zweifachem Sinne verstehen, da das Wort $%(N in medizinischen Schriften als terminus technicus zur Bezeichnung des Sphinkter verwendet wurde (vgl. Pollux 2.211: ™ a % $R ™ ,a $%(N

/). 66 Der hier mittels eines Double entendre vorgebrachte Gedanke, dass der Sprecher am liebsten den Verkäufer selbst erwürbe, ist in einem Epigramm des Dionysios Sophistes explizit formuliert (AP 5.81). Dort ergeht an ein Rosenmädchen die Frage, ob sie sich selbst, die Blumen oder beides zum Kauf anbiete.67 Zudem hat Rufin in AP 5.36 (= 12 P) wahrscheinlich dem Verb 5$%!' einen obszönen Nebensinn untergelegt: Als drei Mädchen dem Dichter ihre Vagina zur Begutachtung vorführen, beschließt er in Anbetracht der verheerenden Folgen des Parisurteils alle gleichzeitig zu „bekränzen“.68 Bei linearer Lektüre mag es gerade in Anbetracht des vorangehenden Straton-Gedichts (AP 12.7) nahe liegen, $%(N sensu obsceno zu interpretieren, da der Sprecher uns dort eine anatomische Lektion in Sachen % $> erteilt (Stratons Raisonnement zufolge verfügen Frauen über keinen Schließmuskel). Und sollte der Leser sich des eroti65

66

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68

„Ich sah einen Knaben Efeublüten zu einem Kranz zusammenflechten, wie ich kürzlich an einer Kranzbinderei vorbeikam. Und nicht unverletzt ging ich vorüber. Da stellte ich mich hin und sage leise zu ihm: ‘Für wieviel verkaufst du mir deinen Kranz?’ Röter noch als seine Rosen wurde er, senkte sein Haupt und sprach: ‘Geh weit fort von hier, damit dich der Vater nicht sieht.’ Ich kaufte zum Schein Kränze und, sowie ich nach Hause gekommen war, bekränzte ich die Götterbilder und bat darum, jenen zu erhalten.“ Zu der von Colin Austin vorgeschlagenen Lesart 5& /$ (1) anstelle des in P tradierten *&& /$ vgl. Floridi (2007), ad loc; weitere Konjekturvorschläge bei Helmbold (1941), Clarke (1995) und Magnelli (1998), 201-2. Im Goldenen Esel schildert Lucius, wie er in den Genuss des corollarium (!) puerile der Photis kam (3.20). Zu $%(N in der Bedeutung von corona glandis vgl. Antyll. ap. Orib. 50.3.6 und Ruf. Sat. Gon. 5; LSJ I 3c. Ähnlich Giangrande (1979) zu AP 5.142, doch vgl. dagegen S. 209 Anm. 135. 7 $2  !,,  ,! E (, 2 $ &'D; / 5$- M $2  !, ža 5%!$; $2 $D ($ 9; 5$%(5 (AP 5.36.10). Vgl. Floridi (2007), ad AP 12.8.4 und Höschele (2006a), 111.

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II 3. Lieben im Paradigma: Stratons Knabenmuse

schen Innuendos nicht sogleich bewusst sein, so zeigt in jedem Fall die Reaktion des tief errötenden Knaben, dass dieser die Rede des *$> sehr wohl zu dechiffrieren weiß. Womöglich ist freilich auch dessen Reaktion – zumindest für einen suspicious reader – ambivalent. Das Partizip $ W (5), welches das schamhafte Senken seines Blickes beschreibt, kann nämlich auch „sich bücken“ bedeuten, also auf eine Bewegung verweisen, die den Knaben gleich in die erwünschte Position brächte.69 Der *$> beschränkt sich jedenfalls nach seiner Avance darauf, zum Schein einige Kränze zu kaufen, benutzt diese zum Schmücken von Götterbildern und bittet die  darum, ihm den Knaben doch noch zuteil werden zu lassen. Dass nun ausgerechnet in einem Gedicht, das am Ende der Einleitungssequenz steht (hierzu gleich mehr70), Kränze eine so große Rolle spielen ($%N&! , 2; $%, 4; $%(5, 7; *$%(', 8), dürfte kein Zufall sein. Denn nachdem sich Straton bereits in seinem zweiten Epigramm ein poetologisches Bild Meleagers zueigen gemacht hat, mag diese geballte Ladung an Kränzen Assoziationen mit eben der Metapher wecken, die dem poetischen Konzept des Stephanos zugrunde liegt (vgl. Kap. II 2.1).71 Bezeichnend ist nun aber gerade, dass der Verfasser der Knabenmuse mittels seiner polysemen Kränze eine rein erotisch-obszöne, nicht jedoch metaliterarische Aussage trifft. Wie gesehen, sind im Stephanos Poetik und Erotik eng miteinander verknüpft, was sich u.a. daran zeigt, dass Meleager dem im Proöm beschriebenen, aus Dichtern geflochtenen Kranz einen aus &D, bestehenden $% zur Seite stellt (AP 12.256). Straton wiederum scheint jenen aus Knaben geflochtenen $% mittels epigrammatischer variatio bewusst durch einen kranzflechtenden Knaben substituiert zu haben. Bei Meleager begegnen wir Kränzen in den verschiedensten Formen und Funktionen – er flicht Kränze aus Dichtern, lässt Eros einen Kranz aus Geliebten zusammen69

70 71

In der Alten Komödie wird &$ häufig im Sinne von „to bend forward for penetration (whether vaginal or anal) from behind“ gebraucht, vgl. Henderson (1991), 179; &$ ist „the natural position of the homosexual pathic“ und Kinäden konnten als 5&$($ bezeichnet werden; vgl. ders. (1991), 180. Zu einem möglichen Double entendre in Lys. 17 (b a 2 b@ &0 $ F,’ * &$) vgl. Henderson (1987), ad loc. Das Adverb , scheint ausschließlich in obszönen Kontexten verwendet worden zu sein; Martial bemerkt in 11.43.5: incurvabat Hylan posito Tirynthius arcu. Obermayer (1998), 170 lässt die Einleitungssequenz bereits mit AP 12.7 enden. Zu Stratons Rezeption von Meleager-Epigrammen vgl. Gutzwiller in Floridi (2007), XI-XII.

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stellen, fertigt einen Kranz für seine Geliebte Heliodora, erklärt Heliodora zum Kranz des Kranzes und präsentiert sich selbst als eine Art Kranz. Dieser Reihe an möglichen „Kranzkonstellationen“ fügt Straton m.E. durch sein Gedicht auf einen &D $%N&!  eine weitere Dimension hinzu, indem er den Zweck des Bildes darauf reduziert, als Vehikel für ein obszönes Double entendre zu dienen. Sein Knabe ist nicht selbst Kranz, sondern verfügt über eine (anatomisch genau lokalisierbare) $%(N, die Straton zu penetrieren begehrt. Der Knabe warnt den Päderasten jedoch wohlweislich vor seinem &$> (6); die Figur des Vaters taucht in AP 12.189 ein weiteres Mal in Zusammenhang mit einem Kranz auf: A  $$%('  !, T; = a *$>, Å (  = ,’ X &$>, †$ 9$ E. 72

Der Sprecher sieht einen kranztragenden Knaben und preist den *$>, der ihn auf solche Weise mit Rosen schmücken durfte, glücklich. Zugleich insinuiert er mittels eines &,! N$, dass der &$>, sollte er für die Bekränzung verantwortlich sein, dies nicht etwa aus väterlicher Liebe, sondern aus inzestuös-erotischem Verlangen getan habe. Die $%(' erscheint somit nicht als ein dem Ausdruck von Zuneigung dienender Akt, sondern als eine erotisch konnotierte Handlung, was angesichts des Dialogs zwischen Sprecher-Ich und kranzflechtendem Knaben in AP 12.8 nicht weiter verwundern dürfte. Während der Vater dort als über die Integrität des Sohnes wachende Figur erscheint (in jener Rolle tritt er auch in AP 12.253 auf, wo Straton darüber klagt, dass der von ihm begehrte Knabe während eines Symposions ungünstig neben dem Vater lag 73), wird ihm hier nachgesagt, er habe gegenüber seinem Sohn dieselben Absichten wie andere *$. In vergleichbarer Weise suggeriert Straton mehrmals ein sexuelles Verhältnis zwischen Knaben und Personen, die ihre Stellung als Pädagogen geschickt auszunutzen wissen.74 Doch seine Schilderung 72

73

74

„Wer hat dich ganz mit Rosen bekränzt? War’s dein Liebhaber, ach, wie ist er glücklich! War’s aber der Vater, so hat auch er Augen im Kopf.“ Vgl. 3-4: ’, = - &5r &  $ &$  ', / 9 Ž ,>  ($N `, 5 ! („Aber wenn er nicht zur Unzeit an der Seite des Vaters gelegen wäre, dann hätte er mich nicht umsonst betrunken gesehen.“) In dem obskuren Epigramm AP 12.187 mokiert sich Straton über einen Musiklehrer und seine Unterrichtsmethoden; vgl. Maxwell-Stuart (1972), 232, Clarke (1978), 433-7, Floridi (2007), ad loc. In AP 12.219 wundert der Dichter sich darüber, dass Lehrer für ihre Tätigkeit, die ihnen so engen Kontakt mit Knaben ge-

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jener Verhältnisse ist keineswegs mit einer moralischen Verurteilung verbunden: In der Welt der +, - ./ steht die Leidenschaft für Knaben nun einmal an der Tagesordnung, und jeder kann ihr verfallen. 3.4 Die Kunst der Knabenliebe In die Rolle des Lehrers begibt sich Straton selbst in mehreren Epigrammen, die zum Ziel haben, den Leser in der Kunst der Knabenliebe zu unterweisen. Das Wesen und die Regeln der Päderastie werden in dem libellus als Ganzem diskursiv entfaltet, insofern man die darin geschilderten Episoden aus dem Leben eines *$> als Lektionen in Sachen Knabenliebe begreifen kann. Darüber hinaus vernehmen wir immer wieder direkt die Stimme eines erotodidaktischen Lehrmeisters, der uns durch Vermittlung päderastischen Grundwissens an einer Art Crash-Kurs in seinem Spezialgebiet teilnehmen lässt. Die Omnipräsenz didaktischer Elemente innerhalb des Buches ist ein wesentliches Merkmal der Sammlung, auf das bereits die im Proöm gegebene Charakterisierung des Dichters als eines zweiten Arat hindeutet.75 Am Beginn des Lehrprogramms steht eine Unterweisung in erotischer Terminologie (AP 12.3)76: A@ &,', !,', $2 &$’ = $ &&$ >$, 0 $$' (’ *&'5. $- E$ a 2 F $  - (5 L!  D.77

Dass sich Straton hier an einen konkreten Adressaten wendet, entspricht den Gattungskonventionen antiker Lehrdichtung, in der traditio-

75

76 77

statte, Geld verlangten; vergleichen lässt sich Automedon AP 12.34, wo ein Sportlehrer als glücklichster aller Menschen gepriesen wird. Das oben besprochene Epigramm AP 12.222 präsentiert einen Ringlehrer in Aktion. Vgl. Floridi (2001), 94: „La erotodidaxis, lungi dall’essere la cornice occasionale di un solo epigramma, può essere intesa come il filo rosso che percorre buona parte della +, - ./.“ Vgl. zu dem Gedicht insbes. Floridi (2001), 88-92. „Beim Beiwerk der Knaben, Diodoros, lassen sich drei Erscheinungsformen unterscheiden – so lerne denn ihre Namen. Ist die Spitze noch unberührt, bezeichne sie als Lalu, als Kokko, wenn sie gerade anzuschwellen beginnt. Regt sie sich schon in Richtung der Hand, so sprich von der Eidechse. Was jedoch die vollkommene Form betrifft, so weißt du selbst, wie sie zu heißen hat.“

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nellerweise ein spezifischer Schüler als textinterner Adressat fungierte (zu nennen wären z.B. Hesiods Bruder Perses, Empedokles’ Pausanias oder Lukrezens Memmius). Der Name Diodoros ist wohl nicht zufällig gewählt, da dieser als „Geschenk des Zeus“ hervorragend in den Kontext einer Sammlung passt, deren Verfasser sich das Diktum *  ? auf die Fahne geschrieben hat (der Name scheint mir auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei Diodoros um einen puer, nicht um einen gleichaltrigen Freund Stratons handelt). Ebenso bezeichnend ist es für die Poetik des Buches, dass das erste Gedicht nach dem Prolog mit einer Bezugnahme auf die im Universum der Knabenmuse wichtigste Personengruppe einsetzt: $@ &,' (1). Die von Straton vorgestellten Termini sind sowohl in ihrer rein linguistischen Bedeutung als auch in ihrer Referenzialität umstritten. Lassen wir einmal die Frage nach der genauen Semantik von (5 und

!

' beiseite,78 so gilt vor allem zu klären, ob sich die drei bzw. vier Stufen auf verschiedene Wachstumsphasen eines Knaben oder auf verschiedene Zustände der mentula vor und bei der Masturbation beziehen.79 Während das Bild eines Penis, der zunächst unberührt (F $, 3) ist, dann allmählich anschwillt (%5Z F$ $N, 4) und sich schließlich in Richtung einer Hand (derjenigen des *$> oder des Knaben?) bewegt, durchaus Assoziationen mit dem Vorgang der masturbatio wecken kann, spricht die überraschend erfolgende, enigmatische Erwähnung eines vierten Stadiums wohl eher für erstere Hypothese.80 Denn wie hätten wir uns im Zusammenhang mit jener sexuellen Handlung die „vollkommenere“ Form des Gliedes ($$N, 6) auszumalen? (Der nach dem Samenerguss erschlaffte Penis würde diese Bezeichnung schließlich kaum verdienen). Sollte Straton jedoch an die mit zunehmender Reife des heranwachsenden Knaben für den Liebenden immer begehrenswertere mentula denken, so ließe sich

78

79

80

Vgl. zusammenfassend Floridi (2001), 88 Anm. 29. Friedrich (1935) bringt (5 z.B. mit dem hethitischen Wort lalu in Verbindung, während Clarke (1994), 469 darin einen Genitiv von lal (asiatisch für lambda) sieht. Zu !

' („Hoden“) vgl. Proctor (1919), der ?&N konjiziert, Maxwell-Stuart (1972), 231 Anm. 1 und Clarke (1994), 469. Unproblematisch ist hingegen der Begriff , der auch in AP 12.207.1 und 12.242.1 in Bezug auf die mentula eines Knaben verwendet wird. Zur „Masturbations-These“ vgl. Licht (1928), 202-3, Maxwell-Stuart (1972), 223 Anm. 1, Clarke (1994), 467-8 und González Rincón (1996), 142-6; Steinbichler (1998), 108-10 hält beides für denkbar. Vgl. Floridi (2001), 89.

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die letzte Stufe problemlos auf den am Ende jener Entwicklung stehenden Zustand von Perfektion beziehen.81 Der Übergang von dem zunächst vorherrschenden unpersönlichlehrhaften Tonfall82 zu der vertraulichen Bemerkung, Diodoros wüsste schon, wie das letzte Stadium zu benennen sei, erfolgt gänzlich unerwartet. Die Tatsache, dass der puer jenen Begriff kennt, in diesem Fall also keinerlei Belehrung bedarf (`, kontrastiert mit den vorangegangenen Imperativen), lässt vermuten, dass Straton hier auf ein ihm und dem geliebten Knaben eigenes, in praktischer Unterweisung erworbenes Intimwissen rekurriert.83 Dem Leser erschließt sich der Sinn der Andeutung nicht, eben weil er als textexterner Rezipient nicht an der persönlichen Instruktion durch das Sprecher-Ich teilhaben kann. Die These, dass die drei (bzw. vier) >$ auf verschiedene Wachstumsphasen verweisen, lässt sich auch durch das nächste Gedicht stützen, das explizit die einzelnen, qualitativ immer höherwertigen Altersstufen von Knaben thematisiert (AP 12.4): 1 r ,', $5 *&$& E$ ,a $$5 8 $ , $N &5; &!$ 8 $2 ,0 Q&$2 ' 5 ?$ F f?$', $&!$ , X $$N &$(, ! *C& , $ ,a @ E$ Q,!$ ,a

0 , $ ). Auch könnte die weiter oben konstatierte Unbestimmtheit des klimaktisch am Ende stehenden D D (6) kalkuliert sein, gestattet doch eben diese Vagheit es dem Leser, das gedanklich durchgespielte Geschehen nach individuellen Präferenzen zu gestalten. In diesem Zusammenhang erweist sich auch der Wechsel von der ersten Person Singular (%', 1) zur ersten Person Plural in \&a b@ (7) als signifikant; vielleicht darf man darin nämlich eine zusätzliche Einladung an den Leser erkennen, sich in das sprechende Ich zu versetzen: So wie der Knabe unspezifiziert bleibt, verweist jenes „Wir“, das nicht nur metri causa gewählt sein dürfte, auf die impliziten Leser Stratons, die zusammen mit ihm die Gemeinschaft der *$ bilden. Dazu passt, dass die Poetik der Knabenmuse gerade auf der Austauschbarkeit der Knaben und der Generalisierbarkeit päderastischen Verlangens gründet. Wenn sich nun der männliche Leser angesichts von Stratons Worten zu eigenen masturbatorischen Phantasien angeregt fühlt, kommt der Buchrolle des Epigramms nicht nur in Bezug auf den Sprecher, sondern auch auf den Rezipienten eine stimulierende Funktion zu. Diese wiederum könnte paradigmatisch auf die erregende Wirkung verweisen, die von Stratons Buch im Ganzen ausgeht. Sexuelle Stimulation durch Dichtung scheint für die Poetik der +, - / insgesamt ebenso konstitutiv zu sein, wie sie es für

122

Laut Puglia (1997), 77-8 verweisen die Handlungen auf das Zurückrollen des Papyrus nach erfolgter Lektüre. Eine solche Lesart würde jedoch nichts daran ändern, dass der Umgang mit dem Buch als erotischer Akt stilisiert ist.

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das Œuvre Catulls und Martials ist, die es sich explizit zum Ziel setzen, ihre Rezipienten zu erregen.123 So erklärt etwa Catull (c. 16.7-11): qui tum denique habent salem ac leporem, si sunt molliculi ac parum pudici, et quod pruriat incitare possunt, non dico pueris, sed his pilosis qui duros nequeunt movere lumbos.124

In seiner Verteidigung gegenüber Furius und Aurelius, die ihm Unmännlichkeit vorwerfen (dabei handelt es sich wohl um einen inszenierten reader response), beteuert Catull einerseits, dass seine eigene Person mit seinem Sprecher-Ich nicht identisch sei (5), und erklärt andererseits, die Verse hätten nur dann Witz und Reiz (salem ac leporem), wenn sie selbst ältere, schon unbeweglich gewordene Männer noch aufzugeilen verstünden. Wohl in Anlehnung hieran stellt Martial fest: lex haec carminibus data est iocosis, / ne possint, nisi pruriant, iuvare (1.35.10-1)125 – die Verse könnten, ebenso wie Männer ihre Gattinnen, nicht ohne mentula erfreuen (3-5); Martials Büchlein sollten demnach keinesfalls kastriert werden, da nichts schlimmer sei als ein zum Eunuchen gemachter Priap (nec castrare velis meos libellos / Gallo turpius est nihil Priapo, 14-5). Während Straton mit der phallischen Gestalt der Buchrolle spielt, personifiziert Martial seine libelli, indem er sie als über einen Phallos verfügend präsentiert.126 In ihrer eigenen Geilheit, d.h. durch entsprechend laszive Inhalte, vermögen sie auch den Rezipienten zu stimulieren, wenn nicht gar zu befriedigen. „Das Lesen der obszönen Epigramme steht somit“, wie Sven Lorenz es formuliert, „auf einer Stufe mit einem sexuellen Akt.“127 Obermayer spricht in diesem Zusammenhang treffend von „Er-lesen statt Er-leben, oder: Lust am Text und Lust durch den Text.“128 Die Wirkung, die eine Lektüre der 123

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Zur Rolle der sexuellen Stimulation bei Catull vgl. Holzberg (2002a), passim; zu Martial vgl. Hallett (1996) und Williams (2002). „Diese [Verslein] haben erst dann Witz und Reiz, wenn sie weichlich und zu wenig keusch sind und die Geilheit anzustacheln verstehen, ich meine nicht bei Knaben, sondern bei den Behaarten, die ihre steifen Lenden nicht mehr bewegen können.“ „Diese Regel gilt für scherzhafte Gedichte, dass sie, wenn sie nicht geil sind, keinen Spaß machen können.“ In ähnlicher Weise charakterisiert Panormita seine 1425 erschienene Gedichtsammlung Hermaphroditus als über cunnus und mentula verfügend. Vgl. Lorenz (2002), 26-7; so auch Hallett (1996), 323-4. Obermayer (1998), 20.

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erotisch-obszönen Epigramme auf Männer und selbst Frauen hat, beschreibt Martial in 11.16 wie folgt (5-8): o quotiens rigida pulsabis pallia vena, sis gravior Curio Fabricioque licet! tu quoque nequitias nostri lususque libelli uda, puella, leges, sis Patavina licet.129

Straton dürfte im Gegensatz zu dem römischen Dichter an der Reaktion einer weiblichen Leserschaft kaum interessiert sein, aber eine stimulierende Wirkung à la Catull und Martial ist offensichtlich auch seinem Buch inhärent, und AP 12.208 exemplifiziert eben diesen Effekt auf faszinierende Weise, indem es eine Buchrolle zum Ausgangspunkt sexueller Phantasien macht. Die sich in dem Gedicht widerspiegelnde Masturbationsästhetik liegt der Sammlung als ganzer zugrunde: Der implizite Leser, der fortwährend Zeuge päderastischen Begehrens wird und in der Rolle eines Voyeurs erscheint, ist generell dazu eingeladen, sich seinen eigenen erotischen Träumereien hinzugeben. Die an das Buch ergehende Aufforderung, des Öfteren „in unserem Interesse“ zu dem Knaben zu sprechen (&5 !$! $ (, 8), mag ihrerseits auf die Wiederholbarkeit der Erfahrung verweisen und indizieren, dass der Leser immer wieder neu in solcherlei Phantasien wird schwelgen können (daneben scheint Straton mit dem Gedanken zu spielen, dass das Buch, wie in Platons Phaidros dargelegt, stets dasselbe sagt). Die Art und Weise, wie hier eine Buchrolle als objet d’amour und zugleich als Emblem für die stimulierende Wirkung des Textes funktionalisiert wird, steht in diametralem Gegensatz zu einer von Marcus Argentarius (1. Jh. v./1.Jh. n. Chr.) beschriebenen Szene (AP 9.161)130: 7!,5 &$a  *D \& 0 Q'· +N *C&N `, *&N·  ,a  W *&0 R , $/$’ *!N· „Â $  &, w  7,;“131

129

130 131

„Oh, wie oft wirst du mit steifem Schwanz an deinen Mantel stoßen, magst du auch ernster als Curius und Fabricius sein! Auch du wirst die Scherze und Spielereien meines Büchleins feucht, o Mädchen, lesen, magst du auch aus Padua stammen.“ Zu dem Gedicht vgl. Gagné & Höschele (2009). „Als ich einmal Hesiods Buch in meinen Händen rollte, sah ich, wie plötzlich Pyrrha hereinkam. Da schleuderte ich das Buch mit der Hand auf die Erde und rief aus: ‘Was bereitest du mir Mühen, alter Hesiod?’“

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Der Sprecher schildert, wie er bei der Lektüre Hesiods von Pyrrha unterbrochen wurde und, durch den Anblick der Geliebten inspiriert, das Buch zu Boden warf. Sein dabei getätigter Ausruf ist insofern doppeldeutig, als die gebräuchliche Wendung E & („Mühen bereiten“) auf den Titel der hesiodeischen Werke und Tage anspielt. Argentarius entledigt sich der Erga offenkundig deshalb, weil er die Hände für folgende Aktivitäten frei haben möchte – und weil, wie wir ergänzen dürfen, der alte Moralapostel Hesiod (w  7,, 4) ihn nicht in die richtige Stimmung versetzen würde. Während dort der Klassiker einem real stattfindenden Liebesspiel zu weichen hat, scheint es ein implizites Ziel von Stratons Sammlung zu sein, den Sexualakt als solchen durch das Heraufbeschwören erotischer Phantasien zu einem gewissen Grad zu ersetzen. 3.6 Straton und Rufin – ein epigrammatischer Agon? Die Epigramme in Stratons libellus konstituieren ein in seiner Form einzigartiges päderotisches Universum. Zwar enthält auch das so genannte zweite Buch des Corpus Theognideum ausschließlich päderotische Gedichte, aber die Zusammenstellung jener Kurzelegien zu einem separaten Textverbund geht, wie man gemeinhin annimmt, nicht auf den Dichter selbst, sondern auf einen byzantinischen Redaktor zurück.132 Was das Genre Epigramm betrifft, sind uns – wenn man einmal von Martials Xenia, Apophoreta und seinem Liber de spectaculis sowie dem Corpus Priapeorum absieht – keinerlei vergleichbaren monothematischen libelli überliefert. Doch möglicherweise zirkulierte eben zu der Zeit, als Straton seine Knabenmuse verfasste, ein Epigrammbuch, dessen Fokus auf heterosexuellen *'$ ( lag und das unseren Dichter dazu inspiriert haben könnte, ein „homosexuelles Pendant“ zu kreieren. Ich meine die wohl im 1. Jh. n.Chr. entstandene Sammlung des Epigrammatikers Rufin, von der sich im fünften Buch der Anthologie beträchtliche Spuren finden. Sollte es, wie ich an anderer Stelle zu zeigen versucht habe, zutreffen, dass jener Autor, der sich selbst in einem programmatischen Gedicht als „verrückt nach Frauen“ (N5>, AP 5.19.2 = 6.2 Page) charakterisiert und der Knabenliebe dabei eine klare Absage erteilt,133 ein Epigrammbuch geschaffen hat, in dem wir konti132

133

Zur Textgeschichte des zweiten Buches vgl. Vetta (1980), XI-XXVII. Um ein rein päderotisches Werk handelte es sich auch bei Phanokles’ Gedicht Â'$ M d, das einen Katalog homoerotischer Liebesgeschichten bot. Vgl. Höschele (2006a), 94-100.

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nuierlich die Stimme einer heterosexuell orientierten Sprecher-persona vernehmen, so erscheint die Musa Puerilis tatsächlich als eine Art konzeptuelles Gegenstück. Dass Straton Rufins Dichtung kannte, geht daraus hervor, dass er in mehreren seiner Texte Epigramme desselben variiert. Zwar vertraten mehrere Forscher (nicht zuletzt der Kommentator Denys Page134) die Ansicht, dass Rufin erst im 4. Jh. n.Chr. oder sogar noch später lebte,135 aber mittlerweile darf als so gut wie sicher gelten, dass er zeitlich weitaus früher anzusetzen ist und dass in den Fällen, wo eindeutige Parallelen zwischen den Gedichten der beiden Autoren zu konstatieren sind, Straton der Imitierende war und nicht umgekehrt.136 Dabei scheint der Verfasser der +, - ./ das intertextuelle Spiel mit rufinianischen Vorlagen zumindest teilweise zur Artikulation seiner eigenen, päderastischen Weltsicht funktionalisiert zu haben. Besonders gut lässt sich dies anhand der Epigramme AP 5.35 (= 11 Page) und AP 12.207 beobachten. Rufin berichtet in seinem Gedicht davon, wie drei Mädchen ihm ihre &5 zur Begutachtung vorführten und schließt mit der Bemerkung, Paris hätte diese Hintern für weitaus schöner als diejenigen der drei Göttinnen befunden 137: +52 9$ E  $@, €$ 2 9$0 ,æC 5- $&- ç'.

æ  ’ b a $D %; 7.327a: d * f&(; 15.669c: * &0 $2 d(5 f&($ ? '; D.L. 1.79, 2.111; Choerob. in Hephaest. p. 226.12 Consbr.; Caes. Bass. GL 6.255.10; Vita Dionis. Perieg. in cod. Par. Gr. 2772; Steph. Byz. s. N: d * f&( Attestierte Kommentare: Hedylos (Et. Gen. B s. 5$(N), Archibios (Suda s. 1) Mnasalkes: Athen. 4.163a-b: I %N .( N X # ' * f&( Nikainetos: Athen. 15.673b: £ $ X *&& * $D f&( Phalaikos: Athen. 10.440d: (  ,’ * $D f&( Philitas: Stob. Flor. 4 p. 401, 5 p. 1125 W.-H. Poseidipp: Athen. 10.412d: ‚ +,&&! %N * *&(, 10.414d: +,&& ,’ * f&(; 10.415b: ‚ ,ND +,&& * f&(; Schol. A ad Il. 11.101 (T 3) Rhianos: Athen. 11.499d: Ç X *&& * f&( Vgl. A RGENTIERI 1998, 6f.; GUTZWILLER 1998a, 16-20.

Reste des Meleager-Kranzes oder davon unabhängige Anthologien? (T 12) P.Freib. 4 (= SH 973) Datierung: 1. Jh. v.Chr.

Appendix: Testimonia

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Inhalt: Reste von 6 anathematischen und ekphrastischen Epigrammen, von denen folgende identifiziert werden konnten: ein Gedicht auf Homer, das auch auf einem Ostrakon gefunden wurde (BKT v p. 78f.); Theodoridas AP 11.743 (auf die 12 bronzenen Kühe des Phradmon); Poseidipp AG 16.119 (= 65 A-B, auf die Alexanderstatue des Lysipp). Außerdem wurden die Reste des ersten Epigramms (eventuell auf Homer) mit AG 16.293 in Verbindung gebracht. Autorlemmata sind nicht zu erkennen, aber zwischen den einzelnen Epigrammen ist Raum für entsprechende Angaben. Editio princeps: W. Aly (1914) WIFSTRAND 1926, 30-3 weist nach, dass es sich nicht um einen Teil des Meleager-Kranzes handelt (der Papyrus beinhaltet entweder ein Exzerpt des Kranzes oder eine von diesem unabhängige Anthologie). CAMERON 1993, 12 findet es problematisch, hierin einen Beleg für vor-meleagrische Anthologien zu sehen, da sich nicht ausschließen lässt, dass die Sammlung von Meleager beeinflusst ist. Eine genaue Beschreibung des Papyrus findet sich in ARGENTIERI 1998, 15, der erwägt, dass wir es mit einem Exzerpt aus dem Stephanos oder einer unabhängigen, eventuell älteren Anthologie zu tun haben könnten. S. auch GOW-PAGE HE xix Anm. 4; GUTZWILLER 1998, 34; FERRARI 2004, 5. (T 13) P.Tebt. 3 (= SH 988) Datierung: 1. Jh. v.Chr. Inhalt: Reste einer Epigrammsammlung: ein Gedicht auf Phaethons Tod; Alkaios von Messene AP 9.588 = 17 G-P (auf die Bronzestatue eines berühmten Athleten); ein wahrscheinlich von Poseidipp stammendes Epigramm auf einen Schriftsteller (24 G-P); ein wohl von Asklepiades verfasstes Gedicht auf einen feigen, von seiner eigenen Mutter getöteten Spartaner (47 G-P). Vor den letzten beiden Gedichten sind jeweils Spuren eines Autorlemmas zu erkennen (–&&5 bzw. -,5). Editio princeps: B.P. Grenfell, A.S. Hunt, J.G. Smyly (1902). REITZENSTEIN 1907, coll. 72-3 schließt aus, dass die Epigrammreihe aus Meleagers Kranz stammt, da er zwischen den Gedichten keine Beziehungen zu erkennen vermag; GUTZWILLER 1998a, 34 sieht (mit Vorbehalt) alle Epigramme als epideiktisch an, was FERRARI 2004, 6 ablehnt; ARGENTIERI 1998, 14 zufolge lässt sich nicht sagen, ob wir es mit einem Auszug aus Meleager oder einer vom Stephanos unabhängigen Anthologie zu tun haben; GUTZWILLER erwägt zudem, dass es sich um eine private Sammlung handeln könnte. Vgl. auch G OW-PAGE HE II, 151; CAMERON 1993, 12.

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Appendix: Testimonia

(T 14) P.Oxy 662 Datierung: Augusteische Zeit Inhalt: 7 Epigramme mit Autorlemmata (recto: Pindarfragment). 1. Leonidas AP 7.163 = 70 G-P (Epitaph für die im Kindbett gestorbene Prexo), 2. Antipater von Sidon AP 7.164 = 21 G-P (Variation des Leonidas-Gedichts), 3. weitere Variation (Amyntas), 4. Epigramm auf die Zerstörung Spartas durch Philopoemen (Amyntas), 5. Weihgaben des Glenis (Leonidas), 6. Variation von 5 (Antipater), 7. erstes Wort eines unbekannten Leonidas-Epigramms. Editio princeps: B.P. GRENFELL, A.S. HUNT (1904), Neuedition: MILNE P.Lond.Lit. 61 Da die Epigramme des Leonidas und Antipater auf den Tod der Prexo in der AP in derselben Reihenfolge nebeneinander stehen, meint REITZENSTEIN 1907, 73f., der Papyrus habe einen Ausschnitt des Meleager-Kranzes konserviert. Dagegen versucht WIFSTRAND 1926, 33-9 nachzuweisen, dass es sich um eine davon unabhängige Anthologie handle. Denn hätten wir es tatsächlich mit einem Teil des Stephanos zu tun, so wäre etwa zu erwarten, dass sich auch AP 7.723, das Vorbild für Amyntas’ Philopoemen-Gedicht (ep. 4) auf dem Papyrus befinden müsste (Original und Nachahmung sind bei Meleager gewöhnlich juxtaponiert). Außerdem würden diese beiden Texte zu einer Gruppe von Gedichten gehören, die im Stephanos sehr wahrscheinlich auf die Dichterepigramme folgten und den Epitaphien für im Kindsbett gestorbene Frauen vorangingen; hier ist das Philopoemen-Gedicht jedoch nach den beiden PrexoEpigrammen angeordnet. WIFSTRAND folgert: „Stammen die Ep. aus Meleagros, so ist sowohl der Zusammenhang als auch die Reihenfolge gebrochen, und dann ist nichts von Mel. übrig“ (36). Er hält es für möglich, dass Amyntas der Urheber jener Anthologie war und bei Anordnung der Gedichte nach ähnlichen Prinzipien verfuhr wie Meleager. ARGENTIERI 1998, 15-6 greift WIFSTRANDS These auf und nennt Amyntas den „primo antologista greco“ (ausgehend von ep. 4, das von der Zerstörung Spartas im Jahre 188 v.Chr. handelt, und der Tatsache, dass Amyntas ein Epigramm des Antipater, gest. um 146 v.Chr., imitierte, datiert er den Autor in die 2. H. des 2. Jh.s v.Chr.). CAMERON 1993, 11f. hingegen hält den Papyrus für einen Ausschnitt aus Meleagers Anthologie; da der Korrektor zu AP 6.114 Amyntas als Verfasser angibt (anstelle von Simmias), sei dieser Autor, entgegen WIFSTRANDS Bemerkung, durchaus im Stephanos vertreten gewesen. Ausgehend von jenem Weihgedicht sieht CAMERON in Amyntas einen Zeitgenossen Philipps V. von Makedonien (221-179 v.Chr.); daher könnten Gedichte Antipaters von Sidon, der etwas älter als Meleager sei, unmöglich in einer Anthologie des Amyntas gestanden haben. Vgl. dagegen ARGENTIERI 1998, 15 Anm. 79: Im Lemma zu AP 6.114 stand ( $o 7 D &2 &&5 $/ 9$/ („Weihgabe an Herkules durch Philipp von demselben [Dichter = Simmias Grammaticus]“). Der Korrektor habe die Angabe $/ 9$/ in $/ 1$5 („Sohn

Appendix: Testimonia

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des Amyntas“) verwandelt, da er Philipp V., dessen Vater Demetrios hieß, mit Philipp II. verwechselt habe. Da nunmehr eine Autorangabe fehlte, habe er kurzerhand &&5 c ' ergänzt (bei dieser These bleibt allerdings unklar, weshalb derselbe Korrektor, als er den Namen Philipp las, diesen einmal mit einem früheren Monarchen, ein andermal mit einem späteren Dichter identifizierte). GUTZWILLER 1998, 34-5 wendet sich gegen CAMERONS Datierung von Amyntas (sie hält es für möglich, dass er Antipater von Sidon nachgeahmt hat) und betont, dass sich die beiden Weihepigramme (ep. 5 und 6) keineswegs zusammen mit Epitaphien in einem Abschnitt des Stephanos befunden haben dürften; ihr zufolge könnte die Anthologie zeitgleich mit der Meleagers oder sogar ein wenig früher entstanden sein. Vgl. auch PAGE FGE, 5ff.; CAMERON 1993, 28. (T 15) P.Oxy. 3324 Datierung: Augusteische Zeit. Inhalt: unidentifiziertes Epigramm, 4 Meleager-Gedichte (AP 9.16, 5.190, 12.157, 5.152). Editio princeps: COLES (1980). WIFSTRAND 1926, 21 brachte bereits AP 5.189-91 mit 12.156-60 in Verbindung und wies auf die Motivähnlichkeit von 5.190 und 12.157 hin. Bestätigung findet seine Beobachtung durch die Juxtaposition der beiden Gedichte auf dem vorliegenden Papyrus. Allerdings handelt es sich kaum um ein direktes Fragment des Kranzes, da, wie auch im Falle von T 16, bestimmte Epigramme fehlen (u.a. das companion piece zu AP 5.152: AP 5.151). CAMERON 1993, 27 macht darauf aufmerksam, dass AP 9.16 ein Gedicht von 5.152 entfernt steht, während in T 16 AP 9.15 durch zwei Gedichte von 5.152 getrennt sei – AP 9.15 und 9.16 sind also zwei Epigramme, die an sich nicht zur Kategorie der *&, $ ( gehören und ursprünglich wohl unter den *'$ ( in der Nähe von AP 5.152 zu finden waren. 9.16 weist keine Parallelen zu den nachfolgenden Gedichten auf, scheint aber mit AP 12.106, das in T 16 auf 9.15 folgt, verbunden (in 9.16 geht es um das von dreifachem Begehren durchbohrte Herz Meleagers, in 12.106 um seine eine und einzige Liebe, Myiskos). CAMERON folgert, dass es sich bei dem Papyrus um ein Exzerpt aus Meleagers Stephanos handelt. GUTZWILLER 1998, 31-3 betont die hier stattfindende Alternation zwischen „multiple“ und „single loves“ und die Verbalverbindungen zwischen 5.190 und 12.157. Da AP 5.190 nicht auf 5.152 folgt, sondern diesem vorausgeht, können wir es laut GUTZWILLER 1998, 283 nicht mit einer „sequential selection“ aus dem Kranz zu tun haben. Sie erwägt, dass es sich um den Ausschnitt einer monoauktorialen Sammlung von Meleagers Liebesgedichten handeln könnte, bei deren Zusammenstellung der Dichter ähnlichen Anordnungsprinzipien folgte wie später bei Fertigung des Stephanos. Vgl. auch A RGENTIERI 1998, 16-7.

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(T 16) P.Berol 10571 (= BKT V 1.75f.) Datierung: 1. Jh. n.Chr. Inhalt: Epigramme aus dem Kranz des Meleager: 12.76, 77, 78, 9.15, 12.106, 5.152, 12.19. Vor 5.152 findet sich die Angabe $/ 9$/ (scil. .(5) und vor 9.15 ],[&$. Editio princeps: SCHUBART, WILAMOWITZ (1907). WIFSTRAND 1926, 10-3 identifiziert das 4. Epigramm mit AP 9.15 und erkennt in dem Fragment am Ende des Papyrus Spuren von AP 12.19. Zudem weist er nach, dass es sich lediglich um ein Exzerpt aus dem Kranz des Meleager handeln kann (und nicht um direktes Fragment), da der Papyrus angesichts seiner geringen Höhe (4-5 cm) ca. 20 Meter lang sein müsste, um auch nur die erhaltenen erotischen Epigrammen in sich aufzunehmen; ein solches Format ist jedoch buchtechnisch nicht möglich. (WILAMOWITZ bemerkt zu der Buchrolle: „Wir lernen ein Format kennen, geeignet für ein Poesiebuch, das eine elegante Dame rasch in dem Busen verbergen konnte“). Außerdem fehlen auf dem Papyrus Gedichte, die, wie die Anordnung der AP nahe legt, sehr wahrscheinlich neben den dort tradierten Epigrammen standen (AP 5.151 vor 5.152, AP 12.79 zwischen 12.78 und 9.15; wie CAMERON 1993, 27 betont, spielen 12.78 und 9.15 je mit der Vorstellung, das Herz eines Liebenden könne andere Gegenstände bzw. Personen entzünden). Anhand der Tatsache, dass hier ein Zenophila-Gedicht auf die päderotischen Texte folgt, lässt sich jedoch belegen, dass homo- und heterosexuelle Epigramme im Stephanos nicht voneinander getrennt waren (die Aufspaltung in zwei Bücher nahm erst Kephalas vor). Vgl. auch GOW 1958, 15-6; CAMERON 1993, 11, 27, 43; ARGENTIERI 1998, 16; GUTZWILLER 1998, 35, 282-3.

Weitere Epigrammsammlungen bzw. Exzerpte (T 17) P.Berol 9812 (= BKT V 1.77f. = SH 974) Datierung: 3. Jh.v.Chr. Inhalt: 3 Epigramme, von denen das erste mit Dionysios AP 6.3 (Weihgabe an Herakles) identifiziert werden konnte. Ep. 2 beinhaltet einen Dialog zwischen Wanderer und Weihgegenstand, ep. 3 handelt von Apelles Aphrodite Anadyomene. Die Gedichte folgen (ohne Autorangaben) unmittelbar aufeinander. Editio princeps: WILAMOWITZ (1907); Neuedition: GRONEWALD (1973). Nach WILAMOWITZ handelt es sich um ein langes Gedicht (ihm folgt PACK n. 1765); dagegen konnte GRONEWALD wahrscheinlich machen, dass wir es mir drei kurzen Epigrammen zu tun haben.

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(T 18) Le livre d’écolier (P.Cair. inv. 65445 = SH 978-9 = FGE anon. 151 a + b) Datierung: Ende 3. Jh. v.Chr. Inhalt: 2 anonyme, ansonsten unbekannte Epigramme; ep. 1 auf einen Brunnen, der mit einer Statue von Arsinoë II. oder III. dekoriert ist, ep. 2 Weihung eines Homer-Tempels durch Ptolemaios IV. Philopator (221-205 v.Chr.); war wohl als Schreibübung gedacht. Editio princeps: O. GUÉRAUD, P. JOUGUET (1938): Un livre d’écolier du III siècle av. J.-C., Kairo. Vgl. auch A RGENTIERI 1998, 10 Anm. 55; GUTZWILLER 1998, 22. (T 19) P.Louvre 7172 (P.Firmin-Didot = 11+12 G-P = 115+116 A-B) Datierung: 2. Jh. v.Chr. Inhalt: Passagen aus Aischylos, Euripides und Menander; 2 PoseidippEpigramme (Überschrift: +],{}{,}&&5 *&{}($), ep. 1 auf den Pharos-Turm (11 G-P), ep. 2 auf den Tempel der Arsinoë-Aphrodite Zephyritis (12 G-P). Schreiber: zwei makedonische Brüder (Ptolemaios und Apollonios), die in Memphis lebten (der ältere, Ptolemaios, war ($ im Serapeion von Memphis). Editio princeps: M. Henri W EIL (1879): Un papyrus inédit de la bibliothèque de M. Ambroise Firmin-Didot, Paris. U. WILCKEN (1927): Urkunden der Ptolemäerzeit, Berlin-Leipzig I: 105-16. THOMPSON 1987 hat v.a. den persönlichen Charakter der Anthologie herausgearbeitet; zu den Brüdern vgl. LEWIS 1986, 69-87. Vgl. FRASER 1972 I, 568f.; CHAMOUX 1975 (zu 11 G-P); CAMERON 1993, 7; ARGENTIERI 1998, 11; BING 1998, 22-9 (zu 11 G-P); GUTZWILLER 1998, 22. (T 20) P.Petr. F 134 Datierung: 3. Jh. v.Chr. Inhalt: 3 Hendekasyllabi symposiastischen Inhalts, gefolgt von F. Editio princeps: A. WOUTERS (1977): „Two Inedited Literary Petrie Papyri“, AncSoc 8: 209-21. Laut WOUTERS gehören die Verse zu einem anakreontischen Gedicht; ARGENTIERI 1998, 12 hält es für möglich, dass es sich um ein Epigramm handelt.

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Appendix: Testimonia

(T 21) P.Harris 56 (= SH 981) Datierung: Mitte 2. Jh. v.Chr. Inhalt: ansonsten unbekanntes Epigramm auf Apelles, gefolgt von F. Editio princeps: J.E. POWELL (1924). Vgl. ROBERTS 1950; WEBSTER 1951; BARIGAZZI 1952; CAMERON 1993, 8f.; ARGENTIERI 1998, 15; GUTZWILLER 1998, 30. (T 22) P.Petrie inv. O(2) (= SH 986) Datierung: ca. 100 v.Chr. Inhalt: 2 ansonsten unbekannte Grabepigramme; Überschrift des ersten: F *&, des zweiten: = $. Editio princeps: TURNER (1950). Der Zusatz *& zu F weist möglicherweise darauf hin, dass es sich um eine Sammlung mit Gedichten unterschiedlicher Gattungsprovenienz handelt; die Überschrift könnte aber auch indizieren, dass ein Epigramm (desselben Autors) zu demselben Thema folgt. Vgl. CAMERON 1993, 8; ARGENTIERI 1998, 14; GUTZWILLER 1998, 30-1.

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Indizes Detailliert behandelte Themen/Passagen sind durch Fettdruck markiert.

Index rerum et nominum Abbruchsformel: 102, 103, 107 accidental reader: 112, 114, 122, 126, 288 Agathias: 4, 68, 69, 70, 78, 141-5, 231 Aischines: 90 Aischylos: 83, 131 n. 106, 321 Alexander d. Große: 35f., 137, 142 n. 48, 157, 159, 166 n. 73, 317 Alkaios: 192 Alphabetische Anordnung: 72, 77f., 79, 82, 92, 312 Amyntas: 75f., 318f. Anakreon: 92, 130 n. 102, 159, 190, 246 Anfangsformel: 107 Anthologia Palatina: 5, 8, 13, 6971 Anthologia Planudea: 71f. Antibuch-Poetik: 3, 22, 61, 64, 278 Antigonos Gonatas: 81 n. 59 Antimachos: 306 Antiochos II. v. Syrien: 150 n. 13 Antipater von Sidon: 30, 76, 130 n. 102, 318f. Antiphilos: 139-41 Anyte: 139, 311 Apelles: 39, 268 n. 141, 320, 322 Appellstruktur: 102, 114, 121, 129 Apollonios von Rhodos (s. auch ind. loc.): 316 Apostoles, Michael: 72 n. 16 Arat: 17, 81 n. 59, 241-3, 250, 278, 316

Arbinas: 90 n. 15 Archias von Antiochia: 30 Archibios: 80 Archilochos: 17, 92 n. 30 Archimedes: 114 n. 53 Argentieri, L.: 12f., 75 Aristarch: 81, 299f. Aristodemos: 90 n. 20 Aristophanes v. Byzanz: 91 n. 21, 99 Aristoteles (s. auch ind. loc.): 91 n. 21, 206f. — Peplos: 93 n. 33 Arsinoë II.: 81, 83, 158 n. 45+47, 311, 321 Arsinoë III.: 83, 321 Artemidoros Kapiton: 315 Artemidoros v. Perge: 276 n. 15 Asklepiades: 34, 35f., 82, 84, 149 n.10, 191f., 200, 212f., 217-9, 226, 308f., 310, 311 Aubreton, R.: 70 Augustus: 166 n. 74, 262 Ausonius: 315 Austin, C.: 165 Barchiesi, A.: 24f., 64 Barthes, R.: 103, 153 Bauderon de Sénecé, A.: 8 n. 3 Becker, O.: 105 Berenike I.: 150 n. 13 Berenike II.; 150 n. 13 Berenike, Tochter von Ptolemaios II.: 150 n. 13 Bing, P.: 11, 96, 98, 103, 113, 118,

359 137, 164, 165, 168, 173, 174, 175, 192 Boccaccio: 272 Bovillae: 126f. Brooks, P.: 104 Buchheit, V.: 272, 278, 283, 290 Buecheler, F.: 290 Bühler, K.: 95f. Cameron, A.: 27f., 66, 70, 73 Carmina Priapea: s. Corpus Priapeorum Cato: 124 Catull (s. auch ind. loc.): 23-6, 229 n. 197, 301 Catulus, Q. Lutatius: 30 Chairemon: 94 n. 38 Chares (Bildhauer): 138 n. 135 Cicero (s. auch ind. loc.): 51 Clodius: 127 n. 93 contexture s. Kontextur Corpus Priapeorum: 4, 5, 24, 61, 101, 130, 266, 272-307 — u. Catull: 274f. — u. Homer: 280-2, 304 — u. Horaz: 295f. — Hortopoetik: 273-82 — Impotenz: 287, 295-300, 303 — u. Martial: 277f. — metapoetische Elemente: 2802, 288-94, 299f., 303-6 — Metren: 283 — Proöm: 273-9 — sense of an ending: 5, 295-307 — Sphragis: 301 — u. Straton: 275-7 — Struktur: 282-7 — Verfasserschaft: 272f. Dareios: 158 n. 48, 159 De Bussi, G.: 273 Deixis a. Phantasma: 95f., 97, 279 demonstratio ad oculos: 95 Demosthenes: 90 Didymos: 81

Diogenian: 70, 79f. Diokles (Widmungsadressat des Stephanos): 188, 189, 203 Dioskurides: 130-3 Domitian: 58, 60, 62 n. 183, 124 n. 87, 277



-Topos: 260f. Einodia: 141 Empedokles: 251 Ennius: 184, 292 Epigramm-Agon, öffentl.: 29 n. 80 Ergänzungsspiel: 11, 96, 103 n. 12 Euripides (s. auch ind. loc.): 83, 321 Farrell, J.: 9 fastidium-Topos: 44 Floridi, L.: 238, 245, 256 Fowler, D.: 66, 67 Fowler, R.L.: 96 Fraistat, N.: 17 Gebrauchsliteratur: 29, 62, 89, 93, 168 Genette, G.: 278 Giovio, P.: 8 n. 3 Gnilka, C.: 42 Goethe, J.W. von: 296 Goldberg, C.: 283, 304 Gow-Page: 175, 178 Gregor von Kampsa: 70 Gronewald, M.: 82 Gutzwiller, K.: 2, 27, 33, 73, 74, 82, 92, 136, 139, 174, 178f., 182, 185, 191, 197, 199, 200, 202, 204, 224 Hadrian: 79, 315 Hedylos: 80, 82, 310, 311, 316 Hegesippos: 82 n. 64, 313 Hekataios: 35, 138 n. 135 Heliodora (Geliebte Meleagers): 5, 172, 177, 192, 194-29, 234, 249

360 Herodot (s. auch ind. loc.): 59 n. 168, 89 Herrnstein Smith, B.: 10, 18f. Hesiod (s. auch ind. loc.): 251, 254, 265f., 292 Hess, P.: 9, 12 hic-et-nunc-Deixis: 94 Hinds, S.: 59f. Hipponax: 17 Holzberg, N.: 23, 295 Homer (s. auch ind. loc.): 83, 1169 Horaz (s. auch ind. loc.): 20, 25, 98, 191 n. 77, 283 Hunter, R.: 153 Hutchinson, G.: 24 Inzipitliste: 83f., 154, 226, 308f. Ion v. Samos: 90 n. 15 Iser, W.: 11, 18 Isopsephie: 255 J (Lemmatist der AP): 69 n. 4, 72 Jacobs, F.: 178, 225 Johnson, W.: 155 Julian v. Ägypten: 78 Justin II.: 78 n. 44, 142 n. 146 Justinian: 78 n. 44, 142 n. 146 Kallimachos (s. auch ind. loc.): 41 n. 109, 57, 80, 88, 92, 96, 102f., 108f., 113, 133-5, 141, 200, 201-3, 204, 213, 253, 254, 303, 306, 316 Kallistratos: 30 Kenotaph: 87 Kephalas, Konstantinos: 69-71, 72, 73, 74, 76, 78, 79, 83, 230, 244, 314, 315, 320 Klearch: 193 Kloss, G.: 283f. Kolometrie: 99 Koloss von Rhodos: 160 Kontextur: 18, 20, 21, 50, 155 Koronis: 172-6, 294

Kotextisolierung: 12 Kresilas: 138 n. 135 Krevans, N.: 16, 152 Krinagoras: 77 Kroll, W.: 15 Kronios (Steinschneider): 157 n. 43, 165, 166 Kuttner, A.: 157f., 160f. Kyros: 158 n. 48 Laskaris, Johannes: 71 Lasserre, F.: 81 Leaf, W.: 227 Leerstelle: 11, 12, 96 Lelli, E.: 156, 165 Leonidas v. Tarent: 76, 87 n. 9, 311, 318 Leonides v. Alexandria: 79f., 255 n. 93 Lessing, G.E.: 8f., 37, 44 Liebeselegie, röm.: 14, 195, 299 Livre d’écolier (T 18): 83, 321 Lloyd-Jones, H.: 148 Lorenz, S.: 264 Lukillios: 5f., 29, 31f., 79, 86-8, 242f. Lukrez: 251 Lykurg: 94 n. 38 Lyrik: 4, 16, 25f., 88, 94, 96-9, 101-4, 187 Lysander: 90 n. 15 Lysias: 105 Lysipp: 35f., 137f. Macedonius Consul: 78 Machon: 131 n. 106 Maecenas: 166 n. 74 Mandene: 158 Marcus Argentarius: 77, 217, 265f. Marsus, Domitius: 9 n. 7 Martial (s. auch ind. loc.): 2, 3, 8, 21, 23, 29, 32 n. 89, 36f., 3846, 48, 49, 50, 52-68, 101, 122, 123-9, 130, 195, 238, 264f., 273, 301, 315f.

361 — Apophoreta: 52, 54, 62-5, 138 n. 137, 266 — Dodekalog: 55 — libellus-Theorie: 65-8 — Liber Spectaculorum: 54, 124, 266, 274 — Xenia: 52, 54, 61, 62-5, 266 — Wandermetapher: 123-9 Meineke, A.: 234 Meleager: 1, 4, 5, 12f., 23, 33, 37 n. 100, 68, 69, 70, 71, 72-6, 77, 78, 79 n. 51, 81, 85, 91, 92, 143, 169, 171-229, 230, 231, 234, 245, 246, 248, 255, 269, 284, 310, 314, 315, 316-20 — anathematika: 69 n. 4, 73, 200 n. 105, 229 n. 197 — Charites: 185f., 213 — epideiktika: 69 n. 4, 72, 73, 229 n. 197 — epitymbia: 69 n. 4, 72, 73, 228f. — erotika: 4, 69 n. 4, 72, 73, 74, 172, 174f., 177 n. 17, 182f., 185, 192, 194, 195, 198, 199, 200 n. 105, 203, 207, 208, 213, 214, 223, 224, 225, 228f., 239 n. 33 — Eukrates, Vater M.’s: 186 — Kranzmetaphorik: 172-94 — libellus, monoauktorialer: 75, 319 — Metapoetik: 198-206 — Namensableitung: 177-9 — paidika: 176f., 203 — Selbstepitaphien: 184-7, 246 Ménage, G.: 8 n. 1 Menander: 83, 321 Menippos v. Gadara: 185 Meyer, D.: 88, 90, 92 Miller, P.A.: 25f. mise en abyme: 169, 175, 211 Mnasalkes: 82, 313, 316 Mnemotechnik: 106 Myiskos (Geliebter Meleagers): 177, 181, 209, 215 n. 152, 234,

319 Myron: 138 n. 135 Navagero, A.: 8 Neoptolemos v. Parion: 9 Nepos: 24, 275 Nikainetos: 316 Nikander: 17 Nikarch: 82, 313 Nisbet, G.: 28f. Nossis: 135-7, 138, 141 Nünlist, R.: 101 Obbink, D.: 89, 154 Obermayer, H.P.: 195, 263 O’Connor, E.: 292   s. Vorübergehender oggetti parlanti: 114 n. 55 Okkasionsgebundenheit: 66, 94, 96, 98 Okkasionalitätsfiktion: 23, 25, 40, 67 Orphische Dichtung: 101 n. 4 Ouvré, H.: 194, 225 Ovid (s. auch ind. loc.): 14, 20-2, 110, 122 n. 81, 196, 273 Page, D.: 267 paignion: 240 Palladas: 69f. Panormita (= Antonio Beccadelli): 264 n. 126 Paradigma: 5, 14, 26, 156, 172, 194, 195, 215, 229, 234, 236, 239, 240, 268 Paraklausithyron: 180, 299 Paulus Silentiarius: 78 Pausias von Sikyon: 1 Peisistratos: 282 n. 37 Petrarca: 20, 215 Phalaikos: 316 Phanokles: 266 n. 132 Philipp V. v. Makedonien: 319 Philipp von Thessalonike: 4, 33, 34 n. 93, 37 n. 100, 68, 69, 70,

362 72, 76-8, 79 n. 51, 139, 143, 230, 231, 314, 315 Philitas (s. auch ind. loc.): 35f., 303 n. 125, 316 Philochoros: 90 Philodem: 77, 84, 166f., 225f., 308f. Pindar (s. auch ind. loc.): 44, 99, 100, 102f., 105, 107f. 120, 189 n. 69 Planudes, Maximos: 71f., 150 n. 11 Platon (s. auch index locorum): 60, 265 Plinius der Ältere (s. auch index locorum): 1, 63 n. 189, 159 n. 54 Plinius der Jüngere: 46-52 Polemon v. Ilion: 90 n. 20, 114 n. 53 Polyklet: 138 n. 135 Polykrates: 159 Port, W.: 15 Poseidipp (s. auch ind. loc.): 5, 802, 83, 148-70, 199, 204f., 316 — andriantopoiika: 137f., 152 n. 19+20, 160 — &  &  : 149 — hippika: 150 n. 13, 156 — iamatika: 137, 152 n. 20, 156 — lithika: 4f., 142 n. 148, 152 n. 20, 153, 155, 156-70 — Mailänder Papyrus: 2, 4f., 16f., 27, 34f., 80f., 85, 137f., 15070, 311 — Metapoetik: 163-70 — nauagika: 156 — oionoskopika: 152 n. 20, 153, 156 — Soros (= T 3): 81f., 244, 309-11 — Sphragis: 148f., 310 — Symmeikta Epigrammata: 81, 158 n. 47, 311f. — tropoi: 152 n. 17, 156 Pratinas: 131 n. 104, 312

Preger, T.: 91 Prioux, É.: 164 Properz (s. auch ind. loc.): 14 Ptolemaios II. Philadelphos: 81, 150 n. 13, 153, 161, 311 Ptolemaios III. Euergetes: 150 n. 13 Ptolemaios IV. Philopator: 83, 321 Pyrgoteles: 166 n. 73 Radinger, C.: 72f. reader response: 40, 264, 292 recitatio: 47, 48f. recusatio: 57, 142f., 242, 244f., 289, 292 Referenzsemantik: 94f. Reitzenstein, R.: 27, 77, 82, 93 Relapidarisierung: 87, 276, 279 retrospective patterning: 19, 161 Rhianos: 316 Richlin, A.: 294 Roman, griechischer: 215 Rösler, W.: 96f. Rufin: 33f., 35, 79, 188f., 266-71 Santirocco, M.: 16 Sappho: 99, 136 Saturnalien: 60, 62-4 Scaliger, J.J.: 282 Schur, D.: 164 scripta puella: 205 second reading s. Zweitlektüre Selbstwiderspruch, performativer: 112, 113, 120 Sens, A.: 35f. Sense of an ending: 5, 135, 223, 295-307 Sider, D.: 91 Simonides: 30f., 89, 91f., 106, 166, 188 Sokrates: 105 Sophokles: 130-3 Sositheos: 131 n. 106, 132f. Sphragis: 33 n. 91, 98 n. 58, 134, 141, 148, 238 n. 27, 301, 310

363 Stegreifrezitation: 30f. Stephens, S.: 154 Stifter, A.: 163 Straton: 4, 5, 33, 69, 83, 189, 23071, 275-7, 314-6 — Anti-Musen-Poetik: 245 — u. Arat: 241f., 250 — condition pédérastique: 235-41 — Datierung: 315f. — Erotodidaxis: 236, 250-59 — u. Kallimachos: 253f. — u. Lukillios: 242f. — Masturbationsästhetik: 265 — u. Meleager: 245, 246-50 — u. Ovid: 261f. — Proöm: 241-6 — u. Rufin: 266-71 — Titel der Sammlung: 244 Suda: 78, 80, 81 n. 59, 90, 144 n. 153 Süss, W.: 304 Sylloge Parisina: 231 n. 7 Symmachos v. Pellana: 90 n. 15 Symposion: 26, 27-32, 48, 60, 66, 97f., 157f., 168f., 190-2, 198, 201, 244f. Syntagma: 14, 26, 172, 194, 195, 229, 234, 269

Tromaras, L.: 195 Tzetzes: 150 n. 11

Theodoridas: 92, 317 Theodoros: 138 n. 135, 160 Theognis: 97f., 194 n. 84, 266 Theokrit (s. auch ind. loc.): 120 Theopomp: 91 n. 21 Thespis: 131 n. 106 Tibull: 14 Timaios: 91 n. 21, 114 n. 53 Timanthes: 165 Timon: 113 Trichophobie: 235

Xerxes: 158 n. 48

Übergangsformel: 105, 107 Van Sickle, J.: 15 variatio: 11, 16, 17, 30, 39, 41 n. 112, 49, 52, 61, 73, 75f., 78, 139, 172, 202, 203, 204, 209, 221, 236, 248, 267, 268, 269, 283, 284, 290, 309, 313 Verbuchlichung: 4, 98, 99 Vergil (s. auch ind. loc.): 254, 272f., 292 — Aeneis: 57f., 63 — Catalepton: 273 Vorübergehender (am Grab): 88, 100, 102, 111-5, 119-22, 123, 124, 128f., 130-6, 145f., 288 Wegmetaphorik: 100-12, 123-46 Weißhäupl, R.: 73 Wernicke, J.A.: 291 White, P.: 65-7 Wifstrand, A.: 73, 75, 199, 200 Wilamowitz, U.: 74, 134 Wordsworth, W.: 145 Wray, D.: 109

Ypsilanti, M.: 196, 225 Zenodot: 309f. Zenophila (Geliebte Meleagers): 208, 211, 214 n. 149, 216, 217, 234, 320 Zweitlektüre: 18, 25, 26, 153, 286

364 Index locorum Achilleus Tatios 2.35-8: 257 n. 101 4.12: 121 n. 76 Ad Herennium 3.28-40: 106 n. 23 Äsop-Roman 78.1: 113 n. 52 Aischines In Ctes. 190: 90 n. 17 Alkman 20 P: 187 n. 60 Anakreon 302.1f. P: 223 n. 180 323 P: 187 n. 60 Anthologia Latina 710 Riese: 47 n. 131 Anthologia Graeca 4.1: 143 n. 152, 171f., 174, 177, 179, 181, 188, 201, 210, 248 4.2: 37 n. 100, 76, 77, 143 n. 152 4.3: 78, 141-5 5.8: 198 n. 96 5.9: 269 n. 142, 270f. 5.12: 269 5.13: 236 n. 21 5.14: 269 n. 142 5.15: 269 n. 142 5.19: 257 n. 101, 266, 268 5.21: 269 5.22: 269 n. 142+147 5.23: 217 5.24: 196, 225f. 5.27: 269 n. 142 5.35: 267f. 5.36: 247, 269 5.40: 313 5.41: 34 5.43: 34 5.44: 34 5.47: 269 n. 142 5.48: 236 n. 21 5.61: 269 n. 142

5.62: 236 n. 21 5.66: 269 5.73: 269 5.74: 188f., 235 n. 20, 269 5.75: 269 n. 142 5.79: 235 n. 20 5.80: 235 n. 20 5.81: 247 5.83: 260 n. 113 5.84: 260 n. 113 5.85: 235 n. 20 5.87: 269 n. 142 5.92: 269 n. 142 5.94: 269 n. 142 5.103: 269 5.116: 257 n. 101 5.118: 77 5.119: 77 5.120: 77 5.129: 216 n. 156, 296 n. 89 5.134: 199, 201 5.135: 199, 202, 310 5.136: 188 n. 61, 192, 196, 197203, 204, 210, 211, 212, 215, 217, 220, 228 5.137: 196, 204-6, 208 5.139: 208 5.140: 208 5.141: 196, 208, 213 5.142: 209f., 211, 247 n. 66, 310 5.143: 194, 196, 208-10, 211, 214 5.144: 211f., 217 5.145: 180 n. 35, 212f., 308 5.146: 213f. 5.147: 196, 210f., 212, 217 5.148: 196, 213f. 5.149: 214 5.151: 216, 221 n. 173, 319, 320 5.152: 74f., 217, 319, 320 5.155: 196, 214, 215 5.157: 196, 215f., 218, 223 n. 182 5.161: 34

365 5.162: 217f. 5.163: 196, 216f., 218 5.164: 218f. 5.165: 196, 219-21, 227 5.166: 196, 219-21, 224, 227 5.168: 310 5.170: 136 n. 124 5.171: 260 n. 113 5.172: 220f. 5.173: 220f. 5.174: 260 n. 113, 261 n. 114 5.178: 215 n. 154, 223 n. 182 5.188: 182 n. 42 5.190: 74f., 182 n. 42, 319 5.191: 180-3, 224f. 5.192: 182 5.198: 196, 216 n. 157, 222, 224 5.200: 310 5.201: 310 5.205: 310 5.208: 257 n. 101 5.214: 196, 222, 223f. 5.215: 196, 222, 223-5, 229, 239 n. 33 5.258: 236 n. 21 5.277: 257 n. 101 5.278: 257 n. 101 5.282: 236 n. 21 6.3: 320 6.114: 318 6.199: 140f. 6.266: 82 n. 64, 313 6.313: 200 n. 105 6.328: 80 6.347: 96 6.353: 136 6.354: 136 7.11: 239 n. 31 7.21: 125 7.24: 246 n. 63 7.25: 246 n. 63 7.26: 130 n. 102 7.29: 246 n. 63 7.30: 246 n. 63 7.37: 130-3

7.145: 313 7.163: 76, 318 7.164: 76, 318 7.217: 236 n. 21 7.272-75: 87 n. 9 7.249: 135 7.313-20: 113 7.318: 113 7.410: 131 n. 106 7.411: 131 n. 106 7.415: 133-5 7.416: 184, 185, 186 7.417: 185 n. 49, 186 7.418: 185 n. 49, 186 7.419: 184, 185 n. 50, 245 7.421: 184, 185f. 7.465: 130 n. 102 7.476: 196, 226-8 7.488: 82 n. 64, 313 7.525: 134f. 7.669: 260 n. 113 7.707: 132-4 7.708: 131 n. 106 7.718: 135f. 7.723: 318 9.342: 37 n. 100 9.15: 74, 319, 320 9.16: 74f., 319 9.63: 306 n. 140 9.161: 265f. 9.313: 139 9.332: 136 9.356: 80 9.540: 128 n. 97 9.572: 79, 242f. 9.588: 317 9.604: 136 9.605: 136 10.17: 140f. 10.50: 243 n. 50 10.68: 257 n. 101, 258 n. 105 11.19: 231 n. 7 11.21: 231 n. 7 11.22: 231 n. 7 11.117: 231 n. 7, 315

366 11.137: 31f. 11.225: 231 n. 7, 315 11.312: 86-8 11.442: 282 n. 37 11.743: 317 12.1: 231, 241-4, 250, 253, 275f. 12.2: 231, 234 n. 15, 244-6, 2757 12.3: 234 n. 15+16, 250-2, 257, 278 n. 21 12.4: 234 n. 15, 252-4 12.5: 254f. 12.6: 255f. 12.7: 247, 248 n. 70, 256f., 268 12.8: 246-50 12.9: 234 n. 16 12.10: 235 n. 18 12.11: 240 12.16: 259 n. 107 12.17: 257 n. 101 12.19: 74, 224 n. 185, 320 12.21: 259 n. 107 12.23: 181-3 12.34: 250 n. 74 12.37: 241 n. 41 12.41: 257 n. 101 12.45-8: 183 n. 43 12.46: 84, 308 12.49: 199f., 202, 203, 204 n. 116, 207 12.50: 191f., 199, 200, 202 12.51: 200, 201-3 12.52: 260 n. 113 12.56: 214 n. 151 12.57: 214 n. 151 12.58: 209 n. 133 12.59: 177 n. 20, 209 12.64: 241 n. 41 12.65: 241 n. 41 12.66: 241 n. 41 12.67: 241 n. 41 12.68: 203 n. 112, 212 12.69: 240 n. 41 12.70: 240 n. 41 12.76: 74, 320

12.77: 74, 320 12.78: 74, 320 12.79: 320 12.86: 257 n. 101 12.87: 257 n. 101 12.94: 177 n. 20 12.95: 183f. 12.98-101: 183 n. 43 12.99: 182 12.101: 215 n. 152 12.103: 309 12.106: 74, 319, 320 12.115: 218 12.116: 212 n. 144, 218 12.117: 218 12.118: 218 n. 166 12.120: 218 n. 166 12.126: 215 n. 154 12.129: 239 n. 34 12.134: 192 12.135: 192 n. 80 12.142: 260 n. 113 12.146: 222 12.147: 196, 221f., 223, 228 12.157: 74f., 182 n. 42, 319 12.160: 182 n. 42 12.161: 222 12.165: 178f., 255 12.168: 204f. 12.175: 315 12.177: 234 n. 15 12.178: 234 n. 15+16, 235 n. 18 12.179: 234 n. 15+16 12.180: 234 n. 15 12.181: 245 n. 60 12.182: 234 n. 15 12.183: 234 n. 15 12.185: 234 n. 16 12.186: 235 n. 18, 259 n. 107 12.187: 234 n. 16, 249 n. 74 12.189: 234 n. 15, 249 12.190: 234 n. 15, 260 n. 113 12.191: 234 n. 15, 235 n. 18, 259 n. 107, 315 12.192: 256 n. 96, 268

367 12.194: 241 n. 41 12.197: 259 n. 107 12.198: 254f. 12.199: 61 n. 180 12.205: 234 n. 15 12.207: 251 n. 78, 267f. 12.208: 259-66 12.209: 215, 234 n. 15+16, 240 12.210: 231 n. 7, 315 12.211: 234 n. 15, 259 n. 107 12.212-6: 231f. 12.212: 234 n. 15 12.213: 234 n. 16 12.215: 234 n. 16, 235 n. 18, 259 n. 107 12.219: 249 n. 74 12.220: 232f., 235 n. 18, 241 n. 41 12.221: 232-4, 241 n. 41 12.222-8: 234 n. 15 12.222: 233f., 250 n. 74 12.224: 234 n. 16, 236-8 12.226: 234 n. 16, 269-71 12.228: 236 12.229: 235 n. 18 12.230: 241 n. 41 12.234: 189, 234 n. 15 12.235: 259 n. 107 12.236: 234 n. 15 12.238: 234 n. 15, 258 12.239: 315 12.240: 234 n. 15 12.242: 231 n. 7, 234 n. 15, 251 n. 78, 259 n. 107 12.243: 234 n. 15 12.244: 234 n. 15, 254 n. 89 12.245: 234 n. 15, 257-9 12.246: 234 n. 15 12.247: 234 n. 16 12.248: 234 n. 15 12.249: 216 n. 159, 217 n. 160 12.251: 234 n. 16, 259 n. 107 12.252: 234 n. 15 12.253: 234 n. 15, 249 12.254: 241 n. 41

12.255: 234 n. 16 12.256: 176f., 181, 185, 214f., 248 12.257: 172-6, 177 n. 17, 185, 188, 190 12.258: 231, 238-41, 254 15.35: 260 n. 113 16.120: 35f. 16.178: 268 n. 141 16.181: 268 n. 141 16.182: 268 n. 141 16.228: 139 16.293: 317 Antimachos fr. 90 Matthews: 254 n. 86 Antyllos ap. Orib. 50.3.6: 247 n. 66 Apollonios Dyskolos Synt. 1.90: 310 n. 1 Apollonios Rhodios 4.1775: 109 4.1783: 109 Appendix Vergiliana Priap. 1.3f.: 296 Apuleius Met. 1.4: 110 Met. 1.20: 109f. Met. 3.20: 247 n. 66 Arat Phaen. 1: 241 Phaen. 16: 242 Phaen. 783-7: 303 n. 126 Aristophanes fr. 351: 202 n. 108 Lys. 17: 248 n. 69 Lys. 759: 175 n. 11 Lys. 381: 202 n. 108 Ran. 52ff.: 94 n. 38 Aristoteles Met. 982b 8: 252 n. 82 Met. 1005a 2: 252 n. 82 Rhet. 1413b: 94 n. 38 Athenaios 3.125c: 31 4.157b: 185

368 7.237a: 80 n. 56 7.284c: 80 n. 56 10.436d: 90 n. 20 10.442e: 90 n. 20 10.454b: 120 10.454d: 120 n. 75 14.655d-e: 178 n. 21 15.669b: 80 15.669c-670d: 193 15.670b: 193 15.670d: 180 n. 35, 193 15.674b-c: 191 15.674f: 206f. 15.676c-d: 175 n. 12 15.679c-d: 178 15.694: 29 n. 79 Bacchylides 19.1-4: 107 n. 28 BKT V 1.75f. s. P.Berol. 10571 V 1.77f. s. P.Berol. 9812 V 2.56-63 s. P.Berol. 270 Caes. Bass. GL 6.255.10: 80 n. 56 Calpurnius Siculus 4.14f.: 305 Carmina Anacreontea 1.11-7 W: 190 20.3f. W: 205 n. 119 22 W: 260 n. 113 Catull c. 1: 274f., 282, 306 c. 14.23: 281 n. 34 c. 16: 48, 238 n. 29, 264 c. 50: 51 c. 63.66: 180 n. 35 c. 66: 24 n. 61 c. 105: 275 CEG 28: 112f. 108: 111f. 190: 96 n. 50 225: 96 n. 50 286: 114f. 512: 134 n. 114

819: 90 n. 15 888: 90 n. 15 889: 90 n. 15 Choerob. in Hephaest. p. 226.12 Consbr.: 80 n. 56 Cicero ad Att. 5.13.1: 127 n. 93 Arch. 8.18: 30 de orat. 2.86: 106 n. 22+23 de orat. 3.194: 30 Tusc. Disp. 5.23: 114 n. 53 CIL 4.1427: 293 n. 78 4.1904: 292 n. 75 4.1906: 292 n. 75 4.2461: 292 n. 75 4.2487: 292 n. 75 4.10241: 261 n. 113 CLE 92: 129 n. 101 123: 128 n. 99 127a: 128 n. 99 477: 128 n. 99 1007: 128 n. 99 1152: 128 n. 99 1330: 129 n. 101 1505: 290f. Cornutus ad Pers. 6.55: 127 n. 93 Corpus Priapeorum c. 1: 274-9, 283 n. 40, 284, 289f., 293 c. 2: 273-5, 276, 279, 281, 282, 283 n. 40, 284, 292 c. 3: 273 n. 6, 278, 306 c. 4: 279, 294 n. 83 c. 5: 279 c. 6: 284, 285, 287 n. 55 c. 7: 279, 285 c. 8: 279, 284 c. 9: 284, 289 n. 66, 290, 297 c. 10: 284, 287 n. 55, 304f. c. 11: 284 c. 12: 283 n. 40, 284, 300 n. 107 c. 13: 284 n. 40, 300 n. 109

369 c. 14: 288-91, 293, 300 n. 107 c. 16: 279 n. 27, 282 n. 36, 294 n. 83 c. 18: 284 c. 20: 284, 297 c. 21: 279 n. 27 c. 23: 284 c. 24: 300 n. 109 c. 25: 284, 294 n. 82 c. 26: 283 n. 40, 284 c. 27: 279 n. 27, 283 n. 40, 294 n. 83, 295 n. 87 c. 28: 284, 300 n. 109 c. 29: 284, 290, 292f. c. 30: 284 c. 33: 284 c. 34: 279 n. 27, 284, 294 n. 83 c. 35: 300 n. 109 c. 36: 284, 297 c. 37: 279 n. 27, 284, 294 n. 83 c. 39: 284, 297 c. 40: 279 n. 27, 284, 291, 294 c. 41: 291f., 294, 300 n. 107 c. 42: 279 n. 27, 285-7 c. 43: 284, 285-7, 287 n. 55, 294 n. 81 c. 45: 283 n. 40, 284 c. 46: 283 n. 40, 295 c. 47: 283 n. 40 c. 48: 284, 294 n. 82 c. 49: 284, 293f. c. 50: 279 n. 27, 284, 286, 294 n. 83 c. 51: 300 n. 109 c. 52: 284, 295 c. 53: 279 n. 27, 297 c. 54: 294 n. 81 c. 55: 284, 295, 297f. c. 56: 284, 287, 295 c. 60: 280-2 c. 61: 280-2, 283 n. 40, 292 n. 75 c. 62: 283 n. 40 c. 63: 283 n. 40, 284 c. 64: 300 n. 107+109 c. 65: 279 n. 27

c. 66: 284 c. 67: 300 n. 109 c. 68: 279-82, 284 c. 69: 284 c. 70: 284, 295, 300 n. 107 c. 73: 284, 287 n. 55, 295f. c. 74: 284, 294 n. 81, 297 c. 75: 297f. c. 76: 298f. c. 77: 288, 298, 299f. c. 78: 300f. c. 79: 284, 301, 303 c. 80: 284, 302-7 Culex 8: 289 n. 63 26ff.: 143 n. 151 Demosthenes De Cor. 289: 90 n. 17 Lept. 112: 90 n. 17 Diodorus Siculus 11.37.6: 59 n. 168 Diogenes Laertios 1.79: 80 n. 56, 316 5.61: 315 2.111: 80 n. 56, 316 EM 576.30: 178 n. 21 Empedokles B 35.1f.: 107 n. 28 Epigramme in Cougny 3.171: 231 n. 7 4.67: 231 n. 7 4.73: 231 n. 7 Euripides Ba. 625: 202 n. 108 Ba. 918f.: 61 n. 180 HF 674-7: 186f. Eustathios Il. 1.470: 207 n. 126 Od. 1761.25: 91 n. 21 FGE (wenn nicht in AP) Simonides 14: 91 n. 21 Simonides 41: 91 n. 21 Fouilles de Delphes III 3, 192: 149 n. 10

370 Galen 12.731f. Kühn: 315 G-P (wenn nicht in AP) Asklepiades 47: 317 Kallimachos 55: 239 n. 31 Mnasalkes 17: 313 Poseidipp 11: 321 Poseidipp 12: 321 Poseidipp 24: 317 GV 106.1: 112 n. 45 111.1: 87 n. 5 112.1: 87 n. 5 113.1: 87 n. 5 115.1: 87 n. 5 117.1: 112 n. 45 243.2: 112 n. 45 658: 228 n. 196 819: 168 n. 80 947: 135 n. 122 1046: 168 n. 80 1056: 168 n. 80 1302-29: 112 n. 43 1304: 128 n. 99 1310: 128 n. 99 1312: 119-22 1342-52: 129 n. 101 1353: 135 n. 122 1551: 228 n. 196 1616: 168 n. 80 1620: 113 n. 51 1681: 228 n. 196 1724: 168 n. 80 1729: 115-9 1831-87: 116 n. 59 1832.2: 112 n. 45 1881: 168 n. 80 1882: 168 n. 80 1989: 228 n. 196 Hadrian fr. 2: 238 n. 29 Heliodor Eth. 2.17: 121 n. 76 Herodot 5.59-61: 89

7.228: 89, 135 Hesiod Th. 1: 242 Th. 25: 243 Th. 26: 121 Th. 51: 243 Homer Il. 1.1: 116, 242 Il. 1.470: 206 n. 122 Il. 2.71: 237 Il. 5.801: 304 n. 129 Il. 8.232: 206 n. 123 Il. 9.61: 105 Il. 9.175: 206 n. 122 Il. 9.203: 199 n. 102 Il. 19.186: 105 Od. 1.1f.: 242, 257 Od. 1.83: 117 n. 63 Od. 1.148: 206 n. 122 Od. 2.431: 206 n. 123 Od. 3.339: 206 n. 122 Od. 8.73: 106 Od. 8.481: 106 Od. 11.210-2: 117f. Od. 12.350f.: 32 Od. 12.397f.: 32 Od. 14.424: 117 n. 63 Od. 20.239: 117 n. 63 Od. 20.329: 117 n. 63 Od. 21.204: 117 n. 63 Od. 21.271: 206 n. 122 Od. 22.347f.: 106, 240 h. Dion. 3ff.: 246 n. 61 h. Merc. 451: 106 n. 26 Horaz ars 361: 166 c. 1.20: 291 n. 70 c. 2.12: 143 n. 151, 291 n. 70 c. 3.4.80: 298 n. 102 c. 3.30: 47 n. 128, 135 n. 117, 190 n. 71 epist. 1.20: 125, 260 n. 110 epod. 8.15f.: 259 n. 110 epod. 14.8: 128 n. 97 serm. 1.5.104: 109

371 serm. 1.6: 291 n. 70 serm. 1.8.1-3 : 295f. serm. 1.10.9: 44 serm. 2.1.82: 42 n. 115 serm 2.2.3: 306 n. 141 serm. 2.5: 291 n. 70 IG IX 1 i, 17A: 149 IX 2, 531.48f.: 29 n. 80 XII 3.421, 422, 464, 1333-50: 276 n. 15 Juvenal 6.337f.: 260 n. 110 Kallimachos 1.5f. Pf: 254 1.9 Pf: 303 n. 125 1.17f. Pf: 135, 303 1.19f. Pf: 253 1.23f. Pf: 303 1.25-8 Pf: 108 1.37f. Pf: 134 n. 112 57.1f. Pf: 102f. 64 Pf.: 89f. n. 14 112.10 Pf: 109 389 Pf: 306 465 Pf: 21 n. 52, 303 Iov. 78: 106 n. 25 Kratinos 198 K-A: 31 n. 87 355 K-A: 254 n. 86 Longos 1.14.3: 260 n. 113 4.12.2: 258 n. 105 Lukian Amores 33ff.: 257 n. 101, 258 n. 103 Herod. 1: 59 n. 168 Lukrez 1.927-30: 190 4.1177f.: 180 n. 35 6.92-5: 108 n. 32 Lyrica Alexandrina adespota 18-21 Powell: 29 Anm. 79 19.1f. Powell: 205 n. 119, 206 n. 123

Macrobius Sat. 1.24.13: 306 n. 141 Sat. 2.14.12: 166 n. 74 Sat. 5.18: 202 n. 108 Maecenas fr. 2 Courtney: 166 n. 74 Martial Epigr. 31: 61 n. 181 1 praef.: 123f., 278 n. 21 1.1: 42, 124, 241 n. 43 1.2: 59, 124f., 126, 241 n. 43 1.3: 125f., 241 n. 43 1.4: 238, 241 n. 43, 277f., 301 1.5: 124 n. 87, 241 n. 43 1.6: 241 n. 43 1.15: 40 1.16: 39f. 1.18: 40 n. 107 1.25: 128 n. 98 1.35: 264, 298 n. 99 1.45: 254 n. 86 1.46: 195 n. 88 1.52: 46 n. 127 1.57: 294 n. 81 1.61: 42 n. 113 1.118: 42 2 praef.: 42 n. 115, 126 2.1: 42-4 2.6: 44-6, 58, 126f., 128 2.91: 60, 61 n. 181 2.92: 60 2.93: 59f. 3.24: 298 n. 99 3.65: 195 n. 88 3.75: 289 n. 65 3.80: 42 n. 115 4.7: 315 4.17: 42 n. 115 4.29: 54f., 56 4.49: 303 n. 128 4.52: 195 n. 88 4.82: 60f. 4.89: 127f. 5.11: 166 n. 74 5.13: 42 n. 113

372 5.18: 42 n. 115 5.37: 42 n. 115 5.46: 195 n. 88 5.83: 195 n. 88 6.34:195 n. 88 6.49: 42 n. 115 6.62: 42 n. 115 6.64: 42 n. 113 6.65: 128 n. 98 6.70: 42 n. 115 7.17: 42 n. 113 7.34: 42 n. 115 7.81: 41, 42 7.82: 300 n. 108 7.84: 39, 42 n. 113 7.85: 38f., 40, 48 7.88: 42 n. 113 7.90: 41f. 7.96: 42 n. 115 8.2: 58f. 8.3: 56-9, 289 n. 63 8.28: 44 n. 122 8.29: 44 8.40: 296 8.61: 42 n. 113 9.25: 315 9.27: 300 n. 108 9.37: 293 n. 78 9.50: 303 n. 128 9.57: 195 n. 88 9.84: 42 n. 113 9.101: 42 n. 115 10.1: 52, 55, 59, 61 10.2: 20 n. 49, 47 n. 128 10.9: 42 n. 113 10.33: 42 n. 115 10.42: 195 n. 88 10.59: 128 n. 98 11.3: 42 n. 113 11.6: 195 n. 88 11.15: 238 n. 29 11.16: 265 11.43: 248 n. 69, 257 n. 99 11.74: 298 n. 99 11.75: 300 n. 108

11.106: 66 n. 199, 128 n. 98, 129 11.107: 53, 54, 61, 127, 128 n. 97 11.108: 53f., 61 11.241: 313 12 praef.: 42 n. 115 12.2: 42 n. 113 12.3: 60 n. 176 12.39: 39 n. 103 12.75: 195 n. 88 12.96: 257 n. 99 13.1: 62 13.2: 61, 62 13.3: 62 n. 184, 63, 128 n. 98 13.14: 62 n. 183 14.1: 42 n. 115, 62 n. 184 14.2: 63 14.170: 62 n. 183 14.170-82: 138 n. 137 14.215: 300 n. 108 Maximus Tyrius Diss. 18.1: 258 n. 105 Moretum 62: 306 n. 144 Nonnos D. 15.258-63: 260 n. 113 D. 27.156: 207 n. 125 D. 47.11f.: 207 n. 125 Ovid Am. Ep.: 20f., 301 n. 115 Am. 1.1f.: 289 Am. 1.5.20: 257 n. 100 Am. 2.1.11-6: 143 n. 151 Am. 2.4.10: 254 Am. 2.4.39f.: 254 n. 90 Am. 2.15: 261 n. 113+114, 262 Am. 3.7: 296 n. 89, 302 n. 118 Ars 1.771f.: 108 n. 32 Ars 2.704: 244 Ars 3.57-82: 235 n. 20 Ars 3.764: 61 n. 180 Ars 3.338: 63 n. 191 Ars 3.414: 63 n. 191 Ars 3.809f.: 108 n. 32 Fasti 3.657f.: 127 n. 93 Fasti 3.661-74: 127 n. 93

373 Fasti 6.771: 298 n. 102 Met. 2.874f.: 127 n. 94 Met. 3.582-691: 246 Met. 9.731-4: 258 n. 103 Met. 10.150: 289 n. 63 Met. 14.708-10: 180 n. 35 Met. 14.733-7: 181f. P. 1.5.61: 305 P. 3.9.51-6 : 21f. Trist. 1.1.1: 261 Trist. 1.1.8: 127 n. 94 Trist. 1.1.15: 262 n. 118 Trist: 1.1.17-9: 262 n. 118 Trist. 1.1.57: 262 Trist. 1.1.97ff.: 262 n. 118 Trist. 1.1.107: 60 n. 176 Trist. 1.7.20: 60 n. 176 Trist. 2.353f.: 238 n. 29 Trist. 2.423: 289 n. 63 Trist. 3.1: 262 n. 118 Trist. 3.1.65f.: 60 n. 176 Trist. 5.12.57: 22 Pausanias 1.21.1: 133 n. 110 P.Berol. 270: 29 n. 79 9812 (= T 17): 320 10571 (= T 16): 74, 75, 150 n. 15, 153 n. 22, 319, 320 P.Cair.inv. 65445 (= T 18): 83, 321 Petron Sat. 99: 301 n. 114 P.Firmin-Didot (= T 19): 83, 321 P.Freib. 4 (= T 12): 74, 75, 316f. P.Harris 56 (= T 21): 322 Philitas 25 Spanoudakis: 121 n. 78 Philodem P.Herc. 1676: 166f. Philostratos Ep. 4: 189 n. 66

Pindar fr. 75.6f.: 187 n. 60 I. 8.66f.: 187 n. 60 N. 5.1-2: 122 O. 3.44f.: 107 n. 28 O. 6.3f.: 165 O. 6.22-8: 107f. O. 9.47: 106 n. 26 P. 4.247-8: 102f., 107 P. 4.249: 107 P.Köln 5.204 (= T 7): 82, 313 P.Louvre 7172 s. P.Firmin-Didot Platon Lg. 636a-c, 836c-e: 258 n. 105 Phdr. 227b: 105 Phdr. 228d: 260 n. 110 Phdr. 237a: 105 Phdr. 264c-d: 90 n. 18 Phdr. 264e : 105 Phdr. 275e : 60 n. 176 R. 5.473c: 31 n. 87 Symp. 183d8-e5: 237f. Tht. 143a: 105 Plinius der Ältere NH 7.125: 137 NH 21.1.2: 189 NH 21.13: 79 NH 35.125 : 1 NH 37.4.8: 166 n. 73 NH 37.17: 168 NH 37.25: 159 n. 53 Plinius der Jüngere 1.1: 23 n. 57 2.10: 46f., 50 4.14: 47f., 51 5.3: 48 n. 132, 50 n. 139 7.4: 47 n. 131, 51f. 7.9.10: 47 n. 131 8.21: 49f. P.Lit.Lond. 11: 173 n. 6 Plutarch M. 17a-18a, 346f: 166 M. 41e-f: 188

374 M. 455b: 180 n. 35 M. 990d-f: 258 n. 105 PMG 900: 260 n. 113 901: 260 n. 113 Polybios 12.11.2: 114 n. 53 Pollux 2.211: 247 Porphyrios fr. 409 Smith: 254 n. 86 Poseidipp 1 A-B: 156, 157, 164 n. 69 2 A-B: 157f., 165, 168 3 A-B: 157f., 164f., 168f. 4 A-B: 157, 158, 159 n. 55, 162, 165 n. 71, 169 5 A-B: 157, 158, 162, 165, 168 n. 79 6 A-B: 158f., 159 n. 55, 162, 165, 169 7 A-B: 158f., 159 n. 55, 162, 164, 165, 168, 169 8 A-B: 157, 158 n. 48, 159f., 162, 165 n. 71, 168 n. 79, 169 9 A-B: 157, 159, 162 10 A-B: 156 n. 39, 159, 162, 164 n. 69 11 A-B: 157, 158 n. 48, 159 n. 55, 160, 162, 164 n. 69, 165 n. 71, 168 n. 79, 169 12 A-B: 160, 164, 165, 168 n. 79, 169 13 A-B: 157, 158 n. 48, 159 n. 55, 160f., 165 n. 71, 168 n. 79 14 A-B: 159 n. 55, 160f., 165, 168 n. 79 15 A-B: 150, 159 n. 55, 160f., 162, 164 n. 69, 165, 168 n. 79 16 A-B: 159 n. 55, 161, 164 n. 69, 165 n. 71 17 A-B: 157, 159 n. 55, 161f. 18 A-B: 161, 168 19-20 A-B: 153, 156, 161 21 A-B: 153, 157

22 A-B: 153, 157 23 A-B: 153 24 A-B: 153 34 A-B: 153 34 A-B: 153 36 A-B: 158 n. 45 40 A-B: 154 62-70 A-B: 137 62 A-B: 137f. 63 A-B: 35f. 65 A-B: 36, 150, 312, 317 67 A-B: 160 68 A-B: 160 69 A-B: 154 70 A-B: 154 71 A-B: 158 n. 45 72 A-B: 154 73 A-B: 154 77 A-B: 154 78 A-B: 150 n. 13 79 A-B: 150 n. 13 80 A-B: 150 n. 13 81 A-B: 150 n. 13 82 A-B: 150 n. 13 86 A-B: 154 87 A-B: 150 n. 13 88 A-B: 150 n. 13 112 A-B: 154 115-6 A-B: 83, 150 n. 11 119-21 A-B: 150 n. 11 118 A-B: 148f., 276 n. 14 P.Oxy. 662 (= T 14): 74, 75f., 150 n. 15, 153 n. 22, 318f. 3324 (= T 15): 74f., 182 n. 42, 319 3724 (= T 2): 84, 226, 308f. 3725 (= T 8): 82, 153 n. 22, 313 P.Petrie II 49a (= T 4): 81, 158 n. 47, 311f. II 49b (= T 6): 82, 312 F 134 (= T 20): 321 inv. O(2) (= T 22): 322 Properz

375 1.1.1: 215 n. 151 1.9.9: 289 n. 63 1.19-22: 298 n. 102 2.1.17ff./39f.: 143 n. 151 2.15.51-4: 189 3.1.19f.: 190 n. 71 4.5.59ff.: 235 n. 20 P.Strassb. WG 2340: 151 n. 16 P.Tebt. 3 (= T 13): 74, 76, 150 n. 15, 153 n. 22, 317 P.Vindob. G 40611 (= T 1): 83f., 154, 308 Quintilian inst. 1.10.28: 306 n. 141 inst. 10.7.19: 30 inst. 11.2.11-6: 106 n. 22 inst. 11.2.17ff.: 106 n. 23, 106 n. 24 Rufus Medicus Sat. Gon. 5: 247 n. 66 Sappho 1 L-P: 236 n. 24 94.12f. L-P: 187 n. 60 130.2 L-P: 216 n. 158 Scholion A ad Il. 11.101: 81f., 309-11, 316 Seneca der Ältere Contr. 1.2.22: 273 n. 6 Seneca Ep. 2.2: 111 n. 42 Ep. 45.1: 111 n. 42 Servius ad Aen. 1.724: 207 Sophokles fr. 5: 202 n. 108 El. 450ff.: 131 n. 105 Stephanos Byz. s. : 80 n. 56 Stesichoros PMG 187.3: 173 TGF Agathon 4: 120 n. 75 Euripides 382: 120

Theognis 239-43: 98 1345-50: 241 n. 41 1367f.: 257 n. 101 Theokrit Id. 1.28: 186 n. 52 Id. 2.153: 180 n. 35 Id. 3.12-4: 260 n. 113 Id. 7.35f.: 109 Id. 10.28f.: 179 Id. 16.24: 118 Id. 16.29-33: 117f. Id. 16.54f.: 117 Id. 17.1: 241 Id. 23: 182, 224 n. 186 Theophrast HP 6.6.3: 179 n. 30 HP 6.6.7: 179 n. 30 HP 6.8.1: 180 n. 32 HP 6.8.3: 178 HP 6.8.6: 179 n. 29 Lap. 5.30: 159 Lap. 5.31: 159 n. 53 Lap. 6.33: 157 n. 41 Thukydides 6.54/59: 89 Tibull 1.1.69ff.: 235 n. 20 1.2.14: 180 n. 35 3.1.13: 127 n. 94 Valerius Maximus 2.10: 124 n. 85 Vergil Aen. 2.526ff.: 245 n. 57 Aen. 6.847-53: 57f. Ecl. 6.1ff.: 291 n. 70 Ecl. 6.2: 58 n. 166 Ecl. 6.4f.: 306 n. 139 G. 1.9: 202 n. 108 G. 2.541f.: 100, 102 G. 3.1ff.: 291 n. 70

Peter Grossardt

Achilleus, Coriolan und ihre Weggefährten Ein Plädoyer für eine Behandlung des Achilleus-Zorns aus Sicht der vergleichenden Epenforschung Classica Monacensia, Band 36 2009, XII, 159 Seiten, €[D] 39,90/SFr 67,00 ISBN 978-3-8233-6483-2

Das Buch versucht, die vor allem in der deutschsprachigen Homer-Philologie oft vertretene Position von der Einzigartigkeit des Achilleus-Zorns zu entkräften und damit zu einem realistischeren Bild von der Entstehung der Troja-Sage zu kommen, als es bisher gegeben werden konnte. Die Grundlage der Untersuchung sind daher mehrere, hier erstmals zusammengestellte Epen aus dem südslawischen, iranischen und indischen Bereich, die genau dieselbe Motivreihe mit Heldenzorn und Kampfboykott kennen, und einige traditionelle Erzählungen wie die frührömische Legende von Coriolan, die einen verwandten Heldentypus zeigen und daher vergleichbare Motive aufweisen. Das Ergebnis der Untersuchung ist, dass das Motiv vom Zorn des Achilleus eines von mehreren traditionellen Mustern war, die in je verschiedener Weise die Eroberung einer Stadt durch einen König und seinen wichtigsten Vasallen darstellten. Diese Helfermuster, die sich in anderen indogermanischen Traditionen in isolierter Form finden, wurden von der griechischen epischen Dichtung schon geraume Zeit vor Homer zur Sage vom Trojanischen Krieg zusammengezogen.

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Gregor von Nazianz

Über Vorsehung Περì Προνοίας Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Andreas Schwab Classica Monacensia, Band 35 2009, 142 Seiten, 2 Tabellen, €[D] 39,90/Sfr 67,00 ISBN 978-3-8233-6418-4

Gregor von Nazianz (um 329–390 n. Chr.) war einer der großen griechischen Kirchenväter der Alten Kirche, dem offiziell der Titel der Theologe verliehen wurde. In seinem dichterischen Werk verbinden sich poetische Form, philosophisches Denken und theologische Inhalte. Zu seinen theologischen Lehrgedichten zählt das Gedicht Über Vorsehung (Περì Προνοίας), das Andreas Schwab hier zum ersten Mal in einer deutschen Übersetzung zugänglich macht. Neben dem Abdruck des in Hexametern verfassten griechischen Textes und einer Einführung zu Gregors Leben und Werk steht ein philosophisch-theologischer Kommentar im Zentrum der Untersuchung.

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Helmut Löffler

Fehlentscheidungen bei Herodot Classica Monacensia, Band 34 2008, X, 242 Seiten, €[D] 58,00/SFr 98,00 ISBN 978-3-8233-6381-1

Der geschichtliche Prozess ist bestimmt von Entscheidungen. Diese Aussage bestätigt sich bereits in den Historien Herodots, des „Vaters der Geschichtsschreibung“. Das vorliegende Buch analysiert die Ursachen und Muster, die nach Herodots Beschreibung zu Misserfolg bei Entscheidungen führen. Löffler untersucht detailliert einzelne Entscheidungsprozesse und ordnet die Ergebnisse in den historischen Kontext ein. Dadurch trägt der Autor zum Verständnis der Entstehung der Demokratie im Athen des 5. Jahrhunder ts v. Chr. bei, die wesentlich von der engen Beteiligung des Bürgers an Entscheidungsprozessen bestimmt war. Löfflers Erkenntnisse belegen zudem, dass Fehlentscheidungen der Gegenwart – nicht nur auf politischer Ebene – Ursachen haben, die Herodot bereits vor rund 2.500 Jahren identifiziert hat.

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Gunther Martin (Hrsg.)

Dexipp von Athen Edition, Übersetzung und begleitende Studien Classica Monacensia Band 32 2006, XII, 287 Seiten € 58,00/SFR 98,00 ISBN 978-3-8233-6242-5

Dexipp von Athen war vermutlich der einflußreichste Historiker des späten 3. Jahrhunderts n. Chr. Dieses Buch bietet die erhaltenen Fragmente seiner Werke zusammen mit der ersten deutschen Übersetzung. Ein einführender Überblick zu Umfeld, Leben und Werk Dexipps ermöglicht die Einordnung seines schriftstellerischen Wirkens. Auf dieser Grundlage und ausgehend von der bisherigen Forschung erfolgt zum einen eine Neuinterpretation der Tendenz und des Geschichtsverständnisses des dexippeischen Werkes. Zum anderen wird seine Abhängigkeit von der klassischen – vor allem thukydideischen – Tradition analysiert. Aus dem Inhalt: Dexipps Umfeld • Dexipps Leben und Familie • Text- und Forschungsgeschichte • Text und Übersetzung • Dexipps Werke und die Zuweisung der Fragmente • Vorüberlegungen zur Methode der Interpretation • Analyse des Geschehens und Geschichtsauffassung • Gemeinsamkeiten mit und Unterschiede zu Thukydides

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Regina Höschele

Verrückt nach Frauen Der Epigrammatiker Rufin Classica Monacensia 31, 2006, XII, 156 Seiten,  48,–/SFR 82,50 ISBN 978-3-8233-6205-0

Erstmals ist die erotische Poesie des kaiserzeitlichen Epigrammatikers Rufin Gegenstand einer Monographie. Die Autorin legt den griechischen Text mit einer neuen Übersetzung vor, stellt Überlegungen zur Tradierung und Entstehungszeit der 37 durch die Anthologia Palatina erhaltenen Epigramme an und unterzieht mit Hilfe moderner literaturwissenschaftlicher Methoden rund die Hälfte des Korpus einer genauen Interpretation. Im Zentrum der Untersuchung stehen die epigrammatische Technik des Autors, die Konstruktion seiner Dichter-persona und sein Umgang mit Intertexten. Während bisherige Analysen lediglich die Erklärung einzelner Stellen bieten, werden die Epigramme hier unter der Prämisse rekontextualisiert, dass Rufin seine Gedichte selbst in einer kunstvoll komponierten Sammlung herausgab, von der sich in der Anthologie noch Spuren finden.

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