Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht [1 ed.] 9783428472246, 9783428072248

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Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht [1 ed.]
 9783428472246, 9783428072248

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FRIEDRICH KLEIN-BLENKERS

Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht

Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 40

Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrecht

Von

Friedrich Klein-Blenkers

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Klein-Blenkers, Friedrich: Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrecht / von Friedrich Klein-Blenkers. Berlin : Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum Steuerrecht ; Bel. 40) Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07224-3 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-07224-3

Meinen Eltern

Vorwort Von einem "subjektiven (Tatbestands-)Merkmal" spricht man, wenn der Eintritt einer Rechtsfolge nicht allein von objektiven Gegebenheiten, sondern daneben von bestimmten individuellen Vorstellungen einzelner Personen abhängt. "Subjektive Merkmale" finden sich in zahlreichen Vorschriften des Steuerrechts. Gleichwohl ist ihre Normierung insbesondere aus praktischen Erwägungen problematisch. Die vorliegende Arbeit faßt, anknüpfend an aktuelle Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur, die Bedeutung "subjektiver Merkmale" im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht ins Auge. Untersucht wird, ob und, wenn ja, welche Normen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts "subjektive Merkmale" enthalten, welchen Inhalt diese haben und wie sich ihr Vorliegen in der Praxis nachweisen läßt, sowie ob es aus systematischen wie praktischen Erwägungen sinnvoll erscheint, im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht zukünftig auf "subjektive Merkmale" zu verzichten und stattdessen nur noch auf objektive Kriterien abzustellen. Die Arbeit ist im Sommersemester 1990 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen worden. Sie wurde angeregt und betreut von Herrn Prof. Dr. Jens Peter Meincke, dem ich für zahlreiche weiterführende Anregungen und hilfreiche Hinweise nachdrücklich danken möchte. Herrn Prof. Dr. Jens Peter Meincke und Herrn Prof. Dr. Joachim Lang, der freundlicherweise die Aufgabe der Zweitbegutachtung übernahm, bin ich zugleich für die Aufnahme der Arbeit in die "Schriften zum Steuerrecht" verbunden. Der Bischöflichen Studienstiftung Cusanuswerk danke ich für eine großzügige und vielseitige Förderung. Mein besonderer Dank gilt schließlich meinen Eltern, die mir die Möglichkeit der Promotion geboten und mich in diesem Vorhaben fortwährend unterstützt haben. Das Manuskript wurde Anfang des Jahres 1990 abgeschlossen. Spätere Veröffentlichungen konnten noch vereinzelt nachgetragen werden. Köln, im Juni 1991

Friedrich Klein-Blenkers

Inhaltsverzeichnis A. Einführung ......................................................................

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung ................................

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I. Die Entwicklung der Diskussion ......................................... 1. Vorfragen .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Gesetzesgeschichte ............................................ b) Die sich stellenden Fragen ........................................ c) Die in der Praxis relevanten Fälle ................................ 2. Die Entwicklung in der Rechtsprechung ............................. a) Die Rechtsprechung von RG und RFH ........................... b) Die frühe Rechtsprechung des BFH .............................. c) Änderungen in der Rechtsprechung des BFH .................... d) Ergebnis ............................................................ 3. Die Behandlung des subjektiven Merkmals im Schrifttum ......... a) Die herrschende Ansicht ........................................... b) Die Thesen Schulze-Osterlohs .................................... c) Die Thesen Kirchhofs .............................................

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11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ................................ 1. Der Wortlaut von § 7 Abs. I Nr. 1 ErbStG .......................... 2. Der Bedeutungszusammenhang des Gesetzes ........................ 3. Regelungsabsicht. Zwecke und Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers ........................................................... 4. Ergebnis der Auslegung ...............................................

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III. Steuersystematische Überlegungen ....................................... 1. Die einzelnen Erklärungen für die Existenz von Schenkungsteuer a) Die Rechtfertigung des historischen Gesetzgebers für die Erhebung von Erbschaft- und Schenkungsteuer .................. b) Heute nicht mehr vertretene Theorien ............................ c) Aktuelle Theorien.................................................. d) Ergebnis ............................................................ 2. Die Ausgestaltung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ..................... a) Argumente für eine rein objektive Fassung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG .............................................................. b) Argumente für eine Beibehaltung subjektiver Merkmale........ 3. Ergebnis....................... .........................................

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Inhaltsverzeichnis 4. Blick über die Grenze ................................................. a) Österreich ........................................................... b) Schweiz................ ... ........................................... ba) Maßgeblichkeit des zivilrechtlichen Schenkungsbegriffs ... bb) Die ,,zürcher Gruppe" ........................................ bc) Die "Berner Gruppe" ......................................... bd) Ergebnis ....................................................... IV. Die subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im einzelnen ................................................................... 1. Der genaue Inhalt der "subjektiven Komponente" in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ................................................................. a) Maßgeblichkeit der der Zuwendung zugrundeliegenden Vereinbarungen ............................................................ b) Der "Wille zur Freigebigkeit" ..................................... ba) "Bereicherungswille" und/oder "Wille zur Unentgeltlichkeit" bb) Der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ................. bc) Keine Berücksichtigung der "Motive" der Beteiligten...... bd) Die Beteiligten der freigebigen Zuwendung, bei denen das subjektive Merkmal gegeben sein muß ...................... c) Zusammenfassung der Ergebnisse ................................ 2. Die einzelnen Fälle.............. ....................................... 3. Überlegungen de-lege-ferenda: Soll die "freigebige Zuwendung" durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ersetzt werden? ............................................... a) Der Verzicht auf das Erfordernis der ,,Einigung" ................ b) Inhaltliche Abweichungen..... .................................... c) Überlegungen de-lege-ferenda ..................................... d) Ergebnis ............................................................ V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale im Besteuerungsverfahren .. 1. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Lösung des Problems ....... a) Theorien, die das subjektive Merkmal einschränken ............ b) Beweiserleichterungen ............................................. c) Zusammenfassung .................................................. 2. Vergleichbare Problemlagen im Zivil- und Steuerrecht............. a) Bürgerlich rechtliche Vorschriften, die ein subjektives Merkmal enthalten ............................................................ aa) Der Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ........................................................ ab) Vorschriften, welche der "Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts" nahestehen .................................... (1) Vorschriften, die Ausgleichsansprüche Dritter normieren (2) Vorschriften, die die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis einschränken .................................... b) Steuerrechtliche Vorschriften, die ein subjektives Merkmal enthalten ............................................................... ba) Die ,,Einkünfteerzielungsabsicht" im Einkommensteuerrecht bb) Der "unentgeltliche Erwerb" in § 17 EStG ..................

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Inhaltsverzeichnis bc) Die Bilanzierung von in Abbruchsabsicht erworbenen Gebäuden ......................................................... bd) Wohnbenutzung im Sinne von § 8 Nr. 5 Hamb.GrEStG ... be) Die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs.3 S.2 KStG ........................................................... c) Zusammenfassung.................................................. 3. Lösungsversuch ........................................................ a) Grundlagen ........... ..... ......................................... b) Die einzelnen Fälle ................................................ 4. Ergebnis................................................................ VI. Sonderfall: Freigebige Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug ........................................................ 1. Fälle mit Bezug zum Familienrecht .................................. a) Zuwendungen zwischen Ehegatten ................................ aa) Inhaltliche Abweichungen.................... ..... ........... ab) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ....................................................... b) Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.... ............................................ ba) Inhaltliche Abweichungen... ................................. bb) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ....................................................... c) Zuwendungen unter Verwandten .................................. ca) Inhaltliche Abweichungen .................................... cb) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ....................................................... d) Ergebnis ............................................................ 2. Fälle mit wirtschaftsrechtlichem Bezug.............. ................ a) Inhaltliche Abweichungen ......................................... b) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ............................................................ c) Ergebnis ............................................................ 3. Zuwendungen an Arbeiter und Angestellte .......................... a) Inhaltliche Abweichungen ....................... ,................. b) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ............................................................ c) Ergebnis ............................................................ 4. Stiftungsleistungen ..................................................... a) Der Begriff der Stiftung ........................................... b) Schenkungsteuerpflichtigkeit von Zuwendungen an durch den Stiftungsgeschäft begünstigte Personen ........................... c) Ergebnis ............................................................ VII. Zusammenfassung .........................................................

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c.

Inhaltsverzeichnis Sonstige Schenkungsteuertatbestände, bei denen das Vorliegen eines subjektiven Merkmals relevant werden kann ................................... I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG .................................................. 1. Die schenkungsteuerliche Beurteilung der "Vereinbarung von Güter-

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gemeinschaft" nach altem Recht ...................................... 2. Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG ............ 3. Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur zu § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ................................................................. 4. Voraussetzungen einer auf § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG gestützten Besteuerung ............................................................ 5. Ergebnis................................................ ................

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11. § 7 Abs. 5,6 und 7 ErbStG .............................................. 1. § 7 Abs. 5 ErbStG ..................................................... a) Die schenkungsteuerliche Behandlung von "Buchwertklauseln" nach altem Recht ................................................... b) Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 5 ErbStG ... ........... c) Stellungnahmen zu § 7 Abs. 5 ErbStG ........................... d) Voraussetzungen einer auf § 7 Abs. 5 ErbStG gestützten Besteuerung ....................................... .......................... e) Ergebnis ............................................................ 2. § 7 Abs. 6 ErbStG ..................................................... a) Rechtsprechung und Literatur zum Rechtszustand vor dem 1. Januar 1974 ...................................................... b) Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 6 ErbStG .............. c) Stellungnahmen zu § 7 Abs. 6 ErbStG ........................... d) Voraussetzungen einer Besteuerung der zuvor behandelten vier Fallgruppen ......................................................... e) Ergebnis ............................................................ 3. § 7 Abs. 7 ErbStG ........... ........................................... a) Die steuerrechtliche Behandlung von ,,Abfindungsklauseln" nach altem Recht......................................................... b) Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 7 ErbStG .............. c) Stellungnahmen zu § 7 Abs. 7 ErbStG ........................... d) Voraussetzungen einer auf § 7 Abs. 7 ErbStG gestützten Besteuerung ................................. ........ ........................ e) Ergebnis ............................................................

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111. Zusammenfassung .........................................................

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D. Die Bedeutung subjektiver Merkmale für die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG .................................................. 1. Der Erwerb durch Erbvertrag.........................................

a) Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur ............... aa) Die Entwicklung der Rechtsprechung ....................... ab) Die Entwicklung in der Literatur ............................

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Inhaltsverzeichnis

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b) Auslegung der gesetzlichen Vorschriften ......................... c) Die einzelnen Voraussetzungen einer Besteuerung des Erwerbs durch Erbvertrag ............................. : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erbebnis ............................................................ 2. Erwerb durch Vennächtnis ............................................ 3. Erbeinsetzung durch Testament .......................................

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11. Die Schenkung auf den Todesfall ........................................ 1. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG ......................................... a) Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur ............... aa) Die Entwicklung in der Rechtsprechung .................... ab) Ansichten in der Literatur .................................... b) Die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 1 ErbStG im einzelnen .......................................... c) Ergebnis ............................................................ 2. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ......................................... a) Die steuerrechtliche Behandlung der vorliegenden Fälle nach altem Recht ......................................................... b) Die Gesetzesgeschichte ............................................ c) Stellungnahmen zu § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 2 ErbStG ................ d) Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 2 ErbStG ......... e) Ergebnis ............................................................

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III. Vertrag zugunsten Dritter................................................. 239 1. Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur ................... 239 2. Die einzelnen Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ........................................................... 240 IV. Zusammenfassung .........................................................

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E. Zusammenfassung der Ergebnisse ...........................................

243

Literaturverzeichnis ................................................................

247

Abkürzungsverzeichnis Abs. AcP a. E. AktG

= Absatz

Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) am Ende Aktiengesetz ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Anfechtungsgesetz (Gesetz betreffend die Anfechtung von AnfG Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens) Anm. = Anmerkung = Abgabenordnung AO Art. = Artikel BadWürttNotZ = Mitteilungen aus der Praxis. Zeitschrift für das Notariat in BadenWürttemberg BayBS = Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts BayLVerf = Bayerische Landesverfassung = Betriebsberater (Zeitschrift) BB Bd. = Band = besondere(s) bes. BeurkG = Beurkundungsgesetz BewG = Bewertungsgesetz = Bundesfinanzhof BFH BFHE = Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs = Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BundesfiBFH/NV nanzhofs BGB = Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. = Bundesgesetzblatt BGH = Bundesgerichtshof BGHZ = Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen = Beispiel Bsp. BStBl. = Bundessteuerblatt BT = Bundestag BVerfG = Bundesverfassungsgericht BVerfGE = Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts = Bundesverfassungsgerichtsgesetz BVerfGG BVerwG = Bundesverwaltungsgericht = beziehungsweise bzw. = Der Betrieb (Zeitschrift) DB = = = = =

AbkÜfzungsverzeichnis ders. DM DNotZ DStR DStZ DVR DWW EFG ErbStG EStG EStR etc. f., ff. FamRZ F.A.Z. FG FGO FinArch Fn. FR GewStDV GmbH GmbHG GmbHR GrEStG GWB hamb. HFR HGB HRR Hrsg. Inf i. V. m. JA JbFSt JR

JuS JW JZ KG

KO

KÖSDI KStG Ls.

= derselbe = Deutsche Mark = Deutsche Notar-Zeitschrift = Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

= Deutsche Steuerzeitung

= Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau = Deutsche Wohnungswirtschaft (Zeitschrift) = Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) = Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz = Einkommensteuergesetz = Einkommensteuer-Richtlinien = et cetera (und so weiter) = (fort)folgend(e) = Zeitschrift für das gesamte Familienrecht = Frankfurter Allgemeine Zeitung = Finanzgericht = Finanzgerichtsordnung = Finanzarchiv (Zeitschrift) = Fußnote = Finanz-Rundschau (Zeitschrift) = Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung = Gesellschaft mit beschränkter Haftung = Gesetz betreffend die GmbH = GmbH-Rundschau (Zeitschrift) = Grunderwerbsteuergesetz = Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen = hamburgisch = Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) = Handelsgesetzbuch = Höchstrichterliche Rechtsprechung (Zeitschrift) = Herausgeber = Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) = in Verbindung mit = Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) = Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht = Juristische Rundschau (Zeitschrift) = Juristische Schulung (Zeitschrift) = Juristische Wochenschrift = Juristenzeitung = Kammergericht = Konkursordnung = Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) = Körperschaftsteuergesetz = Leitsatz

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Abkürzungsverzeichnis

= Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht = Monatsschrift für Deutsches Recht = Münchener Kommentar zum BGB = mit weiteren Nachweisen = niedersächsisch = Neue Juristische Wochenschrift = Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht = Nummer(n) Nr(n). = nicht veröffentlicht nv = Neue Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift) NWB = österreichisches Erbschaftssteuergesetz öErbStG OHG = Offene Handelsgesellschaft OLG = Oberlandesgericht = (schweizerisches) Obligationenrecht OR = Preußische Gesetzessammlung PrGS = Reichsbewertungsgesetz RBewG = Reichsfinanzhof RFH = Sammlung der Entscheidungen des Reichsfmanzhofs RFHE RG = Reichsgericht RGBI. = Reichsgesetzblatt = Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, herausgegeben von RGRK Mitgliedern des BGH RGZ = Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RM = Reichsmark = Der Rechtspfleger (Zeitschrift) RPfl RStBI. = Reichssteuerblatt Seite S. scilicet (nämlich) sc. Steuerberater-Jahrbuch StbJb StbKongreßRep = Steuerberat~rkongreß-Report SteuerStud = Steuer und Studium (Zeitschrift) StuW = Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) StZBl = Steuer- und Zollblatt u. = und u. s. f. = und so fort = Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich VAHRG vgl. = vergleiche = Vergleichsordnung VgIO = volume (Band) Vol. WM = Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) WRV = Weimarer Reichverfassung = zum Beispiel z. B. = Schweizerisches Zivilgesetzbuch ZGB

LZ MDR MK m.w.N. nds. NJW NJW-RR

Abkürzungsverzeichnis Ziff. ZPO ZRP ZZP

2 Klein-Blenkers

= Ziffer = Zivilprozeßordnung

Zeitschrift für Rechtspolitik = Zeitschrift für den Zivilprozeß

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A. Einführung Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vom 17. April 1974 1 fällt bei Vorliegen einer "freigebigen Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird," Schenkungsteuer an. Der Steuertatbestand ist also erfüllt, wenn der Bedachte durch eine Zuwendung (objektiv) "bereichert" wird und diese Zuwendung zugleich "freigebig" erfolgt. Die ganz überwiegende Ansicht in Rechtsprechung 2 und Literatur 3 sieht in dem Erfordernis der "Freigebigkeit" ein sogenanntes "subjektives (Tatbestands-)Merkmal". Von einem "subjektiven TatbestandsMerkmal" spricht man, wenn der Eintritt einer Rechtsfolge nicht allein von objektiven Gegebenheiten, sondern auch von bestimmten individuellen V orstellungen der jeweils ins Auge gefaßten Personen abhängig ist. Für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG soll nach Rechtsprechung bzw. Literatur erforderlich sein, daß der Zuwendende mit einem "Willen zur Freigebigkeit", einem "Bereicherungswillen" , einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" und / oder mit einem "Willen zur schenkweisen Zuwendung" handelt. "Subjektive Merkmale" finden sich nicht nur in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sondern an zahlreichen Stellen des Steuerrechts. So ist z. B. nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG Voraussetzung für den Anfall von Einkommensteuer, daß der Gewerbetreibende mit der "Absicht, Gewinn zu erzielen," handelt. Gleichwohl ist ihre Normierung in doppelter Hinsicht problematisch. Zum einen kann die Verwendung "subjektiver Merkmale" in Steuertatbeständen dazu führen, daß objektiv gleichwertige Sachverhalte allein wegen unterschiedlicher Vorstellungen der beteiligten Personen unterschiedlich besteuert werden. Überträgt z. B. Adern B ein Bild, dessen Verkehrswert DM 100.000,beträgt, für DM 20.000,-, weil er sich (a) über den tatsächlichen Wert irrt bzw. (b) dem A etwas Gutes tun will, so fällt nach herrschender Ansicht allein in Fall (b), nicht aber in Fall (a) Schenkungsteuer an. Denn in Fall (b) soll der erforderliche "Wille zur Freigebigkeit" gegeben sein, welcher in Fall (a) fehle. Das wirtschaftliche Ergebnis ist jedoch in beiden Fällen das gleiche: B erhält ein Bild, das DM 100.000,- wert ist, für DM 20.000,-, ohne daß er sich die Bereicherung

1 2

3 2*

BGBL 1974 I S. 933; im folgenden: ErbStG. Vgl. unten: B. I. 2. Vgl. unten: B. I. 3.

A. Einführung

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in Höhe von DM 80.000,- in irgendeiner Weise verdient hätte. Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung erscheint unsachgerecht. Zum anderen birgt die Normierung subjektiver Tatbestandsmerkmale die Gefahr, daß der Steuerpflichtige versuchen wird, durch gezielte (ihm günstige) Behauptungen die Steuerpflicht zu umgehen: Trägt A in Fall (b) wahrheitswidrig vor, er habe geglaubt, B gegenüber zur Überlassung zu diesem Preis verpflichtet zu sein oder er habe sich über den wahren Wert des Bildes geirrt, so kann dies, obwohl der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Wirklichkeit erfüllt ist, dazu führen, daß die Steuer nicht erhoben wird. Denn beide Gründe schließen, ihre Richtigkeit unterstellt, nach allgemeiner Ansicht den "Willen zur Freigebigkeit" aus. Der Finanzbehörde aber wird es in solchen Fällen häufig nicht gelingen, den tatsächlichen Willen festzustellen. Diese Schwierigkeiten lassen die Normierung subjektiver Tatbestandsmerkmale im Steuerrecht fraglich erscheinen. Sinnvoller könnte es sein, allein auf objektive Gegebenheiten abzustellen. Besonders prägnant formuliert hat diesen Gedanken in jüngster Zeit Kirchhof4: ,,Nicht der subjektive Wille für oder gegen das Haben von Vennögen, schon gar nicht für oder gegen die Steuer, bestimmt die Belastbarkeit des Steuerpflichtigen, sondern allein seine objektive wirtschaftliche Ausgangslage ... Der Steuergesetzgeber hat daher in seine Tatbestände ausschließlich objektive Elemente aufzunehmen." Auf der anderen Seite haben sich etwa Schulze-OsterlohS, Meincke 6 sowie Petzoldt 7 in ausführlichen Stellungnahmen für eine Beibehaltung des subjektiven Merkmals im Tatbestand der freigebigen Zuwendung ausgesprochen. Unklar äußert sich der BFH in einer Entscheidung vom 10. September 1986 8 : "Wenngleich die freigebige Zuwendung neben dem Willen zur Freigebigkeit zwar objektiv eine Bereicherung des Beschenkten voraussetzt, so setzt sie einen auf die Bereicherung gerichteten Willen des Zuwendenden dagegen nicht voraus." Zuvor hatte der BFH jahrelang das Vorliegen eines "Bereicherungswillens" gefordert. Die hier vorgelegte Arbeit stellt die zahlreichen Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur, gerade auch aus jüngster Zeit, unter systematischen Gesichtspunkten zusammen und versucht, vor diesem Hintergrund die Frage nach Existenz und Bedeutung "subjektiver Tatbestandsmerkmale" im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht zu beantworten: Untersucht wird, ob und, wenn ja, warum die einzelnen Normen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes "sub-

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8

NJW 1987, S. 3217 (3222 f.).

StuW 1977, S. 122.

In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37 ff. In Festgabe für Felix, S. 331.

BFH BStB!. II 1987, S. 80 (81).

A. Einführung

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jektive Merkmale" enthalten, welchen Inhalt sie haben und wie sich ihr Vorliegen in der Praxis zuverlässig nachweisen läßt. Dabei soll zuerst (B.) der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelte Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" ins Auge gefaßt werden. Denn § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist die zentrale Nonn des Schenkungsteuerrechts, und die einzelnen Fragen des subjektiven Merkmals werden im Rahmen dieser Vorschrift von Rechtsprechung und Literatur besonders eindringlich diskutiert. Im Anschluß an § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG werden die übrigen Tatbestände des Schenkungsteuerrechts, bei denen das Vorliegen eines "subjektiven Merkmals" in Betracht kommt, untersucht (c,). Es sind dies der Tatbestand der "Vereinbarung von Gütergemeinschaft" (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) sowie die in § 7 Abs. 5 - 7 ErbStG behandelten gesellschaftsvertraglichen Klauseln. Den Abschluß bildet ein Blick auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1-4 ErbStG geregelten Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts (D.). Die Frage, ob die vom Gesetzgeber de-Iege-Iata getroffene Regelung sinnvoll ist oder ob sich de-Iege-ferenda aus systematischen bzw. praktischen Aspekten Änderungen aufdrängen, wird dabei stets im Auge behalten.

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung I. Die Entwicklung der Diskussion In diesem einführenden Kapitel werden die Standpunkte von Rechtsprechung und Literatur zur Frage des subjektiven Merkmals in § 7 Abs. 1 NT. 1 ErbStG referiert. Zunächst sollen jedoch einige Vorfragen geklärt werden.

1. Vorfragen

a) Die Gesetzesgeschichte Da die in Betracht kommenden Vorschriften seit dem Jahre 1906 erhebliche Änderungen erfahren haben, ist zum besseren Verständnis, insbesondere der Rechtsprechung, eine kurze Gesetzesgeschichte vorangestellt 1. aa) Vor dem Jahre 1906 war die Erhebung von Erbschaftsteuer und/ oder Schenkungsteuer den Ländern zugewiesen 2 • ab) Das erste reichseinheitliche Erbschaftsteuergesetz aus dem Jahre 1906 3 regelte in erster Linie (§§ 1- 54 ErbStG 1906) den Anfall von Erbschaftsteuer. Die Schenkungsteuer war im Anschluß daran in den § 55 ErbStG 1906 (= Steuergegenstand) und § 56 ErbStG 1906 (= Erhebung und Verwaltung) geregelt. Es hieß in § 55 ErbStG 1906:

1 Allgemein zur Geschichte von Erbschaft- und Schenkungsteuer: Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Ducksache 6/3418, S. 44 f.; Kipp, ErbStG, S. 9 ff.; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 9; ders., StuW 1978, S. 352. 2 Zum Rechtszustand in den Ländern vor dem Jahre 1906 und zur Höhe der Einnahmen der Länder aus Erbschaft- und Schenkungsteuer: Begründung zum ErbStG 1906, Verhandlungen des Reichstages, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück NT. 10, Anlage 5, S. 1053 f., Anlage 5 b, S. 1069 ff., Anlage 5 c, S. 1077 ff.; Bericht der VI. Kommission zum ErbStG 1906, Verhandlungen des Reichstages, Bd.223 (1905/06), Anlage 360, S. 3986 f. In nicht allen Ländern war neben der Erbschaftsteuer gleichzeitig eine Schenkungsteuer normiert, was zu Umgehungen der Erbschaftsteuer führen konnte. Lesenswert ist in dieser Hinsicht eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1882 (RGZ Bd. 6, S. 181, 186): In dem ihr zugrunde liegenden Fall hatte die Erblasserin zu Lebzeiten ihr ganzes Vermögen verteilt, um auf diese Weise die Erbschaftsteuer zu umgehen. Das Reichsgericht hat dies gebilligt, da in dem einschlägigen hessischen ErbStG eine Schenkungsteuer nicht normiert war. 3 RGBl. 1906, S. 654.

I. Die Entwicklung der Diskussion

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Schenkungen unter Lebenden § 55

(1) Schenkungen unter Lebenden unterliegen der gleichen Steuer wie der Erwerb von Todes wegen mit der Maßgabe, daß an Stelle der Verhältnisse des Erblassers und des Erwerbers die Verhältnisse des Schenkers und des Beschenkten berücksichtigt werden. (2) ... 4

Auf die §§ 55, 56 ErbStG 1906 folgten Vorschriften über den Rechtsweg sowie Übergangsvorschriften 5 • ac) Das "Erbschaftsteuergesetz" 1919 6 war nicht mehr nach Erbschaft-und Schenkungsteuer, sondern nach Tatbestand und Rechtsfolge unterteilt: Der I. Teil (= "Steuerpflicht") enthielt die Tatbestände von Nachlaß- 7, Erbanfall- und Schenkungsteuer. An ihn schloß sich ein für alle drei Steuerarten gleichermaßen geltender 11. Teil (= "Veranlagung und Erhebung der Steuern") an. Die Schenkungsteuer hatte damit ihre Stellung als Anhängsel am Ende des Gesetzes verloren und war formal neben Nachlaß- und Erbanfallsteuer getreten. Zugleich wurde neben dem Tatbestand der "Schenkung unter Lebenden" der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" in das Gesetz aufgenommen: § 40

(1) Schenkungen unter Lebenden unterliegen der gleichen Besteuerung wie der Erwerb von Todes wegen. Schenkungen stehen gleich freigebige Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden mit dessen Willen bereichert wird ... (2) ... 8

ad) Im "Erbschaftsteuergesetz" 1922 9 wurde die Schenkungsteuer dann bereits in § 1 ErbStG 1922 formal gleichberechtigt neben der Erbschaftsteuer erwähnt. Außerdem wurde der Tatbestand der "Schenkung unter Lebenden" durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922) ersetzt und im Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" (§ 3 Abs. 1 Nr.2 ErbStG 1922) entfiel der in § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 noch enthaltene Tatbestandsteil "mit dessen Willen bereichert wird":

4 § 55 Abs. 2 u. 3 ErbStG 1906 stellen Ergänzungen zu dem in § 55 Abs. 1 ErbStG 1906 geregelten Grundtatbestand dar. 5 Änderungsgesetze der Jahre 1909 (RGBl. 1909, S.743) und 1913 (RGBl. 1913, S. 521) brachten, was die Schenkungsteuer betrifft, keine Änderung. 6 RGBl. 1919, S. 1543. 7 Der Regelfall der Erbschaftsteuer ist seit dem Jahre 1906 die Erbanfallsteuer; eine Nachlaßsteuer war nur im ErbStG 1919 (1919 bis 1922) gesetzlich normiert. 8 § 40 Abs. 1 S. 3-5, Abs. 2 und 3 ErbStG 1919 enthalten Ergänzungen zu den in § 40 Abs. 1 S. 1 und 2 ErbStG 1919 geregelten Grundtatbeständen. 9 RGBl. I 1922, S. 695.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

§l (1) Der Erbschaftsteuer unterliegen: 1. der Erwerb von Todes wegen; 2. Schenkungen unter Lebenden; 3. Zweckzuwendungen. (2) ...

§3

(1) Als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes gilt: 1. jede Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts; 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird; 3.... 10 (2) ...

Die Systematik des ErbStG 1922 entsprach bereits weitgehend der heutigen Gesetzesfassung. Der ins Auge gefaßte Wortlaut blieb bis zum 31. Dezember 1973 unverändert 11 • ae) Neuerungen bringt dann erst die Steuerreform des Jahres 1974 12 : Die Gleichstellung der Erbschaft- und der Schenkungsteuer manifestiert sich nunmehr auch im neuen Titel: ,,Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz" 13. Der Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" wird ersatzlos gestrichen; statt dessen rückt die "freigebige Zuwendung" an die erste Stelle der Tatbestände des nunmehr die Schenkungen unter Lebenden regelnden § 7 ErbStG 1974:

§l

(1) Der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) unterliegen 1. der Erwerb von Todes wegen, 2. die Schenkungen unter Lebenden, 3. 4. (2) ... 10 Grundlegend ist § 3 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 ErbStG 1922; die Tatbestände in § 3 Abs. 1 Nr. 3 - 9 haben lediglich Ergänzungscharakter, um alle vom Gesetzgeber intendierten Fälle lückenlos zu erfassen. 11 Zu zwischenzeitlichen Änderungen an anderen Stellen des ErbStG: RGBl. I 1925, S.320; 1931, S. 346; 1934, S. 1056; StZBl. 1946, S. 25; 1948, S. 123 (130); BGBl. I 1951, S. 759 (764); 1952, S. 20; 1953, S. 687; 1954, S. 373 (391); 1957, S. 848 (857); 1959, S. 187; 1969, S. 105 (135); 1970, S. 1856 (1859). 12 BGBl. 1974 I S. 933. Vgl. hierzu insbesondere die Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 44 ff., 59 ff. sowie das Gutachten der Steuerreforrnkommission, S. 615 ff., 655 ff. 13 Statt: ,,Erbschaftsteuergesetz". Eine materiell rechtliche Neuregelung ist mit der Änderung der Gesetzesüberschrift nicht verbunden. Die neue Überschrift soll vielmehr (BT-Drucksache 6/3418, S. 59) "die Erfassung der seit jeher zu den steuerpflichtigen Tatbeständen des Erbschaftsteuergesetzes gehörenden Schenkungen unter Lebenden sichtbar zum Ausdruck bringen."

I. Die Entwicklung der Diskussion

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§7

(I) Als Schenkungen unter Lebenden gelten: 1. jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird; 2.... 14 Dies entspricht der heutigen Rechtslage 15. af) Die Entwicklung des Gesetzeswortlauts läßt sich also wie folgt zusammenfassen: Die Tatbestände der Schenkungsteuer verlassen im Laufe der Zeit ihren Platz am Ende des Gesetzes und treten formal gleichberechtigt neben die Tatbestände der Erbschaftsteuer, was seit dem Jahre 1974 auch in der Überschrift "Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz" zum Ausdruck kommt. Hauptanwendungsfall der Schenkungsteuer ist zunächst der Tatbestand der "Schenkung unter Lebenden", welcher im Jahre 1922 durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ersetzt wird. Seit dem Jahre 1919 steht neben diesen Tatbeständen der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung". Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 1974 verdrängt die "freigebige Zu wendung" dann den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" völlig.

Neben die Grundtatbestände der Schenkung und der freigebigen Zuwendung treten im Laufe der Zeit vermehrt spezielle Einzelvorschriften 16. Ihre Aufgabe ist es, bestimmte, von den Grundtatbeständen nicht eindeutig erfaßte, Rechtsgeschäfte der Schenkungsteuer zu unterwerfen, um so alle vom Gesetzgeber intendierten Fälle zu erfassen.

b) Die sich stellenden Fragen Die Problematik des subjektiven Merkmals bei der Schenkungsteuer ist seit dem Jahre 1906 in Rechtsprechung und Literatur wiederholt behandelt worden. Gleichwohl bereitet es gewisse Schwierigkeiten, ein Bild vom Stand der Diskussion zu erhalten, weil sich die einzelnen Gerichtsentscheidungen und Literaturstimmen der Fragestellung mit sehr unterschiedlicher Intensität zuwenden und weil häufig nur Einzelaspekte der Gesamtproblematik beleuchtet werden. Schließlich ist die Terminologie, die verwendet wird, uneinheitlich. Rechtsprechung und Literatur werden daher unter Zugrundelegung des folgenden Schemas gesichtet: -

Geprüft wird zunächst, ob die ins Auge gefaßte Entscheidung oder Literaturmeinung vom Vorliegen eines subjektiven Merkmals ausgeht und warum.

14 § 7 Abs. I Nr. 2 - 10, Abs. 5 -7 ErbStG stellen Ergänzungen zum Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar, um alle vom Gesetzgeber intendierten Fälle zu erfassen. 15 Die zwischenzeitlich erfolgten Änderungen des ErbStG 1974 sind für die vorliegende Frage ohne Relevanz: BGBL I 1976, S. 3341 (3350); 1980, S. 1537 (1542); 1983, S. 1583 (1585); 1985, S. 2436 (2457). 16 So etwa: § 3 Abs. 1 Nr. 3 -9 ErbStG 1922; § 7 Abs. I Nr. 2 - 10, Abs. 5 -7 ErbStG 1974.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung Ist dies der Fall, ist zu ennitteln, welcher Tenninus zur (fonnellen) Bezeichnung des subjektiven Merkmals gewählt wird.

-

In Anschluß daran wird untersucht, bei welchem der Beteiligten das subjektive Merkmal vorliegen muß.

-

In einem vierten Schritt wird nach dem (materiellen) Inhalt des subjektiven Merkmals gefragt, d. h. danach, welchen Willen der Betroffene gehabt haben muß: "Wille zur Freigebigkeit", "Wille zur Unentgeltlichkeit" etc.

-

Schließlich stellt sich die Frage, wie das Vorliegen des subjektiven Merkmals im Besteuerungs- bzw. Gerichtsverfahren zuverlässig nachgewiesen werden kann. Zu klären ist, ob der wirkliche Wille 17, der durchschnittliche Wille 18 oder eine objektive Kenntnis der Tatumstände 19 erforderlich sein soll und welcher verfahrensrechtlichen Methode sich Rechtsprechung und Literatur zum Nachweis dieses Willens bedienen. c) Die in der Praxis relevanten Fälle

Soweit Rechtsprechung und Literatur sich mit der Frage des subjektiven Merkmals auseinandersetzen, wird dessen genauer Inhalt nur selten definiert. Das Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen des subjektiven Merkmals wird vielmehr meist an Hand einzelner Fälle exemplifiziert: (1) A schenkt dem B DM 3.000,-.

(2) A verkauft dem B einen Bauplatz, der, wie beide wissen, DM 6.000,- wert ist, für DM 3.000,-.20

(3) A ist, da er sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Notlage befindet, gezwungen, einen bestimmten Gegenstand unter Wert zu verkaufen. 21 (4) Ladeninhaber A will sein Sortiment verändern. Um die Restbestände des alten Sortiments schnell loszuwerden, verkauft er sie weit unter Wert. 17 Wirklicher Wille ist der Wille, der bei den konkreten Parteien im Zeitpunkt des Abschlusses des ins Auge gefaßten Rechtsgeschäfts tatsächlich vorlag. 18 Durchschnittlicher Wille ist der Wille, der sich herauskristallisiert, wenn man sich eine unendliche Vielzahl von Personen vor Augen führt und fragt, welchen Willen diese bei gegebener Kenntnis der objektiven Tatumstände vernünftigerweise gebildet hätten. Der durchschnittliche Wille ist vom wirklichen Wissen und Wollen der jeweils ins Auge gefaßten Parteien gelöst. Er hat fiktiven Charakter. 19 Stellt man auf die objektive Kenntnis der Tatumstände ab (sogenannte "objektivierende Betrachtungsweise"), wird zunächst gefragt, was konkret die (subjektiven) Kenntnisse und die Wertvorstellungen der Parteien waren. Hieraus wird (objektiv) nach den Maßstäben des Verkehrsüblichen auf den jeweiligen Willen geschlossen. 20 BFH BStBl. II 1987, S. 80 (81); 1982, S. 714 (715); 1982, S. 83 (84); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 50 ff.; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107 f., 109; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.63 c; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 17 ff.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 100 ff.; Troll, GmbHR 1984, S. 205 (206 f.). 21 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (332 f.); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (126).

I. Die Entwicklung der Diskussion

27

(5) Um Kunden in seinen Laden zu locken, verkauft A einen bestimmten Gegenstand weit unter Wert. 22 (6) Versicherungsgesellschaft A übergibt der Gemeinde G eine Feuerspritze zu einem geringen Preis, um den eigenen Schaden bei Ausbruch eines Brandes möglichst gering zu halten. 23 (7) A und B schließen Lebensversicherungsverträge mit der Maßgabe ab, daß die

Versicherungssumme des Erstversterbenden dem Überlebenden zufließen soll. 24

(8) Ein anhängiges gerichtliches Verfahren wird im Vergleichswege abgeschlossen. 25 (9) A leistet auf eine Verbindlichkeit, die zwar besteht, jedoch gerichtlich nicht durchsetzbar ist. 26 (10) A ist an einem bestimmten Gegenstand besonders interessiert. Um ihn sich zu sichern, ist er bereit, einen weit über dem Marktpreis liegenden Preis zu bezahlen. 27 (11) A erbringt an B eine Leistung, um diesen so zu einer Gegenleistung zu veranlassen, auf die er einen Anspruch nicht hat. 28 (12) A und B wissen, daß die Leistungen des zwischen ihnen geschlossenen Austauschvertrages nicht völlig gleichwertig sind. Gleichwohl gehen sie für ihre Zwecke von einer Gleichwertigkeit aus. 29 (13) A erbringt eine Leistung, da er mit ihr eine sittliche Pflicht oder eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht erfüllen will. 30 (14) A nimmt fehlerhaft an, daß die von ihm hingegebene Leistung einen wesentlich niedrigeren Wert hat, als dies in Wirklichkeit der Fall ist (z.B. unerkanntes berühmtes Gemälde). 31

Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107. RFHE Bd. 9, S. 9 (12); RFH RStBl. 1942, S. 803 (804); Mirre, StuW 1922, S. 206 (207). 24 RFH, Jahresbericht 1923, S. 194; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 76. 25 RFH RStBl. 1938, S.5 (mit ausführlicher Begründung); BFH BStBl. III 1952, S.45 (46); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Moench, ErbStG, § 7 Anrn. 57; Troll, ErbStG, § 7 Anrn. 42; ders., DStR 1984, S. 11 (15). 26 BFH BStBl. III 1957, S.449 (450); Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, §7 Anrn. 39; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 57; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 58. 27 RFH StuW 1923, S. 406; BFH BStBl. III 1953, S. 308 (309); Finger, ErbStG, § 3 Anrn.2 a; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (126); Troll, ErbStG, § 7 Anrn. 43. 28 RFH DStZ 1926, S. 237; StuW 1929, S. 450; BFH BStBl. III 1953, S. 308 (310); 1967, S.490 (492); Finger, ErbStG, § 3 Anrn.2 a; Mößlang, NWB Fach 10, S.479 (480); Troll, ErbStG, § 7 Anrn.44. 29 RFH StuW 1923, S.406; Kipp, ErbStG, § 3 Anrn. 107; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anrn. 9; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 2, 42. 30 RFHE Bd. 15, S.72 (78); RStBl. 1934, S.923 (924); 1931, S.675; BFH HFR 1964, S.397 (398); BStBl. III 1957, S.449 (451); 1955, S. 231; FG des Saarlandes, EFG 1974, S. 207; Dietsch, S. 469 (472 ff.); Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11; Kapp, ErbStG, § 7 Anrn. 19; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anrn. 39; Moench, ErbStG, § 7 Anrn.57; Mößlang, NWB Fach 10, S.479 (480); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anrn. 10; Ruppe , S. 35 (48); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 59; Taucher, S. 927 (935); Troll, ErbStG, § 7 Anrn.42. 31 RFH DVR 1928, S. 173; RStBl. 1934, S. 923 (924); BFH BStBl. III 1953, S. 308 (310); Finger, ErbStG, § 3 Anm. 2 a; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 76; Meincke in Meincke/ Michel, ErbStG, § 7 Anrn. 38; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 22,56. 22

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

(15) A will auf eine bestehende Verbindlichkeit leisten. Diese ist jedoch, was A nicht weiß, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht entstanden oder bereits wieder untergegangen. 32 (16) A leistet, um eine tatsächlich bestehende und durchsetzbare Verbindlichkeit zu erfüllen. 33 (17) Eheleute bauen auf einem ihnen jeweils zur Hälfte gehörigen Grundstück ein Haus. Die erforderlichen Geld-, Zins- und Tilgungsleistungen werden in erster Linie von dem allein berufstätigen Ehegatten erbracht. 34 (18) Ein Ehegatte erwirbt Wertpapiere zur gemeinsamen Alterssicherung der Ehepartner, wobei gemeinsame Verfügungsbefugnis vereinbart wird. 35 (19) Eheleute A lassen sich scheiden. Vor Scheidungsausspruch "schenkt" Herr A Frau A ein Einfamilienhaus. Auf diese Weise sollen die zwischen den Eheleuten bestehenden Unterhaltsansprüche (teilweise) abgegolten werden. Im Scheidungsurteil wird diese Vereinbarung nicht erwähnt. 36 (20) Ehegatten vereinbaren Gütergemeinschaft, wobei ein Ehegatte ein wesentlich größeres Vermögen als der andere einbringt. 37 (21) Der Inhaber eines Rittergutes stirbt. Er hinterläßt eine Ehefrau und vier Kinder, von denen der älteste Sohn das Gut, die Frau und die anderen drei Kinder einen gewissen Geldbetrag sowie eine lebenslange Rente aus dem Gut erhalten sollen. Die Frau und die drei jüngeren Kinder verzichten zugunsten des ältesten Sohnes auf einen Teil ihres Erbrechts. Da andere Vermögensgegenstände nicht vorhanden sind, wäre der älteste Sohn andernfalls gezwungen, das Gut zur Befriedigung aller Erbschaftsansprüche zu verkaufen. 38 (22) A erbt von seinem Vater ein Gut. Seine Mutter überträgt ihm eine Hypothek in Höhe von DM 270.000,-, damit er seine fünf Geschwister ausbezahlen kann und nicht gezwungen ist, das ererbte Familiengut zu veräußern. 39 (23) Eltern verzichten ohne Gegenleistung auf ein ihnen zustehendes Recht auf Nutznießung am Vermögen ihres Kindes. 40 32 RFHE Bd. 15, S. 72 (78); StuW 1929, S. 991; BFH BStBl. III 1952, S.45 (46); 1957, S. 449 (450); 11 1968, S. 239 (243); DVR 1986, S. 6; DVR 1986, S. 6 (7); BStBl. 11 1989, S. 1034 (1036); Kipp, ErbStG, § 3 Anm.76; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 10; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 56; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42. 33 BFH BStBl. III 1966, S. 279 (280); DVR 1986, S. 6; BStBl. 11 1989, S. 1034 (1036). 34 BGHNJW 1989, S. 1986; NJW-RR 1988, S. 962; BGHZBd. 87, S. 145; 82, S. 227; BGH FamRZ 1982, S. 910; 1982, S. 778; BFH BStBl. 11 1985, S. 159; 1980, S. 402. 35 BGH NJW 1989, S. 1986; NJW-RR 1988, S. 962; NJW 1972, S. 580. 36 BFH BStBl. 11 1968, S. 239; 1971, S. 184; 1972, S. 43. 37 BGH DB 1975, S. 1643; BFH BStBl. III 1966, S. 521; HFR 1964, S. 397; BStBl. III 1964, S.202; DVR 1953, S. 107; RFH RStBl. 1942, S.580; 1931, S. 675; RFHE Bd. 27, S. 324; 9, S. 9; 5, S. 72. Vgl. auch: FG Stuttgart, EFG 1970, S. 24. Baier, DStZ/ Ausgabe A 1974, S. 195 (197 f.); Finger, ErbStG, § 3 Anm.3 e, 19; Gutachten der Steuerrefonnkommission, S. 677 f.; Kapp, StbJb 1972/73, S. 405 (415); Kapp I Ebeling, S. 116; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 157; Klunzinger, DStR 1972, S. 683 (685); Michel, Inf 1974, S. 155 (159). 38 RFH RStBl. 1934, S. 41; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41. 39 RFH RStBl. 1935, S. 206; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41.

I. Die Entwicklung der Diskussion

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(24) Ein Gesellschafter einer in Zahlungsschwierigkeiten geratenen GmbH wendet dieser, um einen Konkurs zu vermeiden, zahlreiche Gegenstände ZU. 41 (25) A erhält eine Beteiligung an einer OHG ohne unmittelbare finanzielle Gegenleistung. Im Gegenzug verpflichtet er sich, seine volle Arbeitsleistung in den Dienst des Unternehmens zu stellen, das Verlustrisiko zu tragen sowie die persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 HGB zu übernehmen. 42 (26) Großhändler A ist nicht in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu befriedigen. Er wendet sich daher an einen seiner Gläubiger, der ihm Schulden in Höhe von DM 19.000,- erläßt sowie weitere Schulden des A bei anderen Gläubigem in Höhe von insgesamt DM 20.000,- übernimmt. 43 (27) A und B leben in Gütertrennung. Bist vermögenslos. A hat sein Vermögen während der Ehe unter Mitarbeit der B erzielt. Um B an den gemeinsam erarbeiteten Früchten zu beteiligen, wendet A sein halbes Vermögen der B zu. (28) A und B leben in Gütertrennung. Bist vermögenslos. A hat sein Vermögen während der Ehe unter Mitarbeit der B erzielt. Um B an den gemeinsam erarbeiteten Früchten zu beteiligen, vereinbaren A und B Gütergemeinschaft. Auf diese Beispiele wird im folgenden Bezug genommen 44 •

2. Die Entwicklung in der Rechtsprechung Im folgenden wird zunächst über die Rechtsprechung von RG und RFH45 (a) berichtet, im Anschluß daran über die frühe Rechtsprechung des BFH, welche die Linie des RFH im Großen und Ganzen fortführte (b). Beginnend mit einer Entscheidung vom 3. November 1976 46 erfuhr die Rechtsprechung des BFH einschneidende Änderungen. Diese sollen in einem abschließenden Schritt referiert werden (c). Erörtert wird die Rechtsprechung zum Begriff der "freigebigen Zuwendung" und zum Begriff der "Schenkung".

a) Die Rechtsprechung von RG und RFH RG und RFH lehnten sich in ihrer Rechtsprechung zunächst stark an die in § 516 Abs. 1 BGB gegebene Definition der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen 40 RFH RStBl. 1935, S. 1060. 41 RFH RStBl. 1928, S. 101. Ähnlich: RFH RStBl. 1933, S. 1087. 42 BGH BB 1965, S. 472; 1959, S. 574; FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133. Ähnlich: HFR 1964, S. 120; RFH RStBl. 1941, S. 854; 1943, S. 93. 43 RFH RStBl. 1942, S. 803; 1937, S. 1152. 44 Vgl. unten: B.1.2.ad), bd); B.I.3.ad); B.lV.1.ba), bb); B.lV.2.; B.V.3.b); B.VI.1.ca); B.VI.2.aa); C.1.4.c). 45 Vgl.: Gesetz über die Errichtung eines Reichsfinanzhofes vom 26. Juli 1918: RGBl. I 1918, S. 959. 46 BStBl. 11 1977, S. 159.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Rechts an, bevor sie insbesondere zur freigebigen Zuwendung spezifische Argumentationen entwickelten. Große Bedeutung erlangte insoweit ein Gutachten des RFH aus dem Jahre 1931 zum Schenkung- und Erbschaftsteuerrecht, in dem sich der RFH mit der Frage des subjektiven Merkmals im Rahmen der freigebigen Zuwendung ausführlich auseinandersetzte 47 • aa) RG und RFH sind in ihren Entscheidungen zur Schenkungsteuer stets davon ausgegangen, daß die Tatbestände der Schenkung und der freigebigen Zuwendung ein subjektives Merkmal enthalten. Für den Tatbestand der Schenkung 48 lag diesen Entscheidungen die folgende Argumentation zugrunde: Obwohl der in § 55 Abs. 1 ErbStG 1906 bzw. § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919 normierte Begriff der "Schenkung unter Lebenden" nicht ausdrücklich auf die in § 516 Abs. 1 BGB gegebene Definition der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts rekurrierte, bestand Einigkeit dahingehend, daß die "Schenkung unter Lebenden" mit der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts identisch sei 49 • Da sich aber das RG bereits vor Erlaß des ersten reichseiriheitlichen Erbschaftsteuergesetzes dezidiert dahingehend geäußert hatte, daß die Schenkung im Sinne des § 516 Abs. 1 BGB neben objektiven auch ein subjektives Tatbestandsmerkmal (= "Einigung über die Unentgeltlichkeit") enthalte 50, führte das RG diese Unterscheidung auch für die Schenkung unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes fort 51 • Diese RechtspreRFHE Bd. 29, S. 137 (146 ff.) = RStBl. 1931, S. 559 (= Ls.). § 55 Abs. 1 ErbStG 1906; § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919; § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922. 49 Zu § 55 Abs. 1 ErbStG 1906: RGZ Bd. 70, S. 15 (16); 71, S. 140 (141); 94, S. 322; RFHE Bd. 1, S. 16 (17); 7, S. 192 (194). Zu § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919: RFHE Bd. 9, S. 9 (10); RFH StuW 1922, S. 988. Zwar hat der RFH in einer Entscheidung im 5. Band der amtlichen Sammlung (S. 72, 73) ausgeführt: "Die Beschwerde geht also fehl in der Annahme, daß der Schenkungsbegriff des Erbschaftsteuergesetzes derselbe sei wie der des Bürgerlichen Gesetzbuches ..." Mit dieser Äußerung wollte der RFH jedoch nur zum Ausdruck bringen, daß nach Aufnahme des Tatbestandes der freigebigen Zuwendung in § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 der allgemeine Schenkungsbegriff des Erbschaftsteuergesetzes weiter reiche als der des Bürgerlichen Gesetzbuches. Daß es sich bei dem Tatbestand der "Schenkung" im Sinne von § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919 weiterhin um eine Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts handeln sollte, wollte der RFH nicht in Zweifel ziehen. Anders war die Rechtslage z. B. für den Begriff der "Schenkung" im Sinne des Stempelrechts; diese sollte nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mit der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts identisch sein, vgl.: RGZ Bd. 70, S. 15 (16). 50 RGZ Bd. 62, S. 273 (275). Das Reichsgericht hatte ausgeführt: "Während bei dem Begriffsmerkmal der Bereicherung es sich um eine Beurteilung der Zuwendung unter objektiven Gesichtspunkten handelt, kommt es im Punkte der Einigung über die Unentgeltlichkeit darauf an, welche Bedeutung die Beteiligten der Zuwendung von ihrem subjektiven Standpunkt aus beilegen wollten. An einer hinreichenden Begründung dieser in § 516 Abs. 1 BGB enthaltenen Unterscheidung sowie an der Berücksichtigung dessen, daß das Gesetz hier dem einen Tatbestandserfordemisse das andere hinzufügt, hat es der Berufungsrichter fehlen lassen." 51 RGZ Bd. 70, S. 15 (16); 71, S. 140 (141); 94, S. 322. 47 48

I. Die Entwicklung der Diskussion

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chung übernahm der RFH52, der in seiner ersten Entscheidung zu dieser Frage ausführte 53: ,,Dagegen hat die Vorinstanz außer acht gelassen, daß es zur Annahme einer Schenkung nicht genügt, daß die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, sondern daß eine Einigung der Parteien darüber vorliegen muß, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolge. Sie hat übersehen, daß es im Punkte der Einigung über die Unentgeltlichkeit darauf ankommt, welche Bedeutung die Beteiligten der Zuwendung von ihrem subjektiven Standpunkt aus beilegen wollten." Seit dem Jahre 1922 erklärte § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922 ausdrücklich die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" für schenkung steuerpflichtig, so daß sich das subjektive Tatbestandsmerkmal nunmehr direkt aus der in § 516 Abs. 1 BGB geforderten "Einigung über die Unentgeltlichkeit" ableiten ließ 54. Auch für den erstmals in § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 enthaltenen Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" ging der RFH von Anfang an vom Vorliegen eines subjektiven Tatbestandsmerkmals aus 55. Für das ErbStG 1919 ergab sich das Vorliegen eines subjektiven Tatbestandsmerkmals unmittelbar aus dem Wortlaut von § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 ("mit dessen Willen bereichert wird"). Nachdem dieser Tatbestandsteil in § 3 Abs. 1 Nr.2 ErbStG 1922 weggefallen war, leitete der RFH56 die Existenz des subjektiven Merkmals zunächst aus dem Tatbestandsmerkmal "freigebig" ab. In seinem ausführlichen Gutachten zu Fragen des Erbschaftsteuer- und Schenkung steuerrechts vom 21. März 1931 wies der RFH darüberhinaus darauf hin, daß ein Wegfall des subjektiven Merkmals zu Ungereimtheiten innerhalb der steuerlichen Systematik führen würde 57: "Man kann auf dieses subjektive Merkmal auch nicht verzichten, da sonst jede objektive Bereicherung auf Grund eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden eine Schenkungsteuerpflicht zur Folge hätte ... . . . in diesem Fall würde die Erhebung der Grunderwerbsteuer aus einem höheren Betrag als dem Betrag des Veräußerungspreises - vgl. §§ 11, 12 GrEStG - ihre Bedeutung verlieren." ab) Die zur Bezeichnung des jeweiligen subjektiven Merkmals bei Schenkung und freigebiger Zuwendung gewählten Termini waren wechselnd.

52 Zu § 55 Abs. 1 ErbStG 1906: RFHE Bd. 1, S. 16 (18); 7, S. 192 (194). Zu § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919: RFHE Bd. 9, S. 9 (10). 53 RFHE Bd. 1 S. 16 (18). 54 RFHE Bd. 15, S. 72 (78); 20, S. 98 (100); 29, S. 137 (145). 55 RFHE Bd.5, S. 72 (73); 9, S.9 (12); 15, S.57 (59); 15, S.72 (78); 18, S.294 (296); 20, S. 98 (100); 29, S. 137 (146, 148); DStZ 1926, S. 237; DVR 1928, S. 173; RStBI. 1942, S. 803 (804). 56 RFHE Bd. 15, S. 72 (78); 18, S. 294 (295). 57 RFHE Bd. 29, S. 137 (148).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Für die Schenkung knüpften RG58 und RFH59 zunächst an die in § 516 Abs. 1 BGB gegebene Definition an. Erforderlich war eine ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit"; Unentgeltlichkeit bedeutete: Wissen und Wollen vom Fehlen einer Gegenleistung. Erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahre 1926 60 wechselte der RFH, ohne jedoch hierfür eine Begründung zu geben, die Terminologie und sprach im Zusammenhang mit der Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1923 nicht mehr von einer Einigung über die Unentgeltlichkeit, sondern von "Bereicherungswille" . Bei der Bezeichnung "Bereicherungswille" blieb es dann, von dem ausführlichen Gutachten des Jahres 1931 61 abgesehen, in späteren Entscheidungen 62. Bei der freigebigen Zuwendung vollzog sich ebenfalls ein Begriffswandel. Nachdem der RFH das subjektive Merkmal zunächst 63 als "Vorteilsabsicht" bezeichnet hatte, sprach er später 64 auch hier von "Bereicherungswille". Eine Begründung dafür, warum sich der Terminus "Bereicherungswille" durchsetzt, wurde nicht gegeben. Wahrscheinlich ist, daß der RFH den Begriff des Bereicherungswillens dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 ("mit dessen Willen bereichert wird") entnommen hat 65 . Praktische Auswirkungen brachte der Wechsel der Terminologie nicht mit sich. ac) War eine "Einigung über die Unentgeltlichkeit" erforderlich, mußte das subjektive Merkmal bei beiden Beteiligten vorliegen. Soweit von einer "Vorteilsabsicht" oder einem "Bereicherungswillen" die Rede war, sollte dieses subjektive Merkmal allein auf seiten des Zuwendenden vorliegen müssen 66 • ad) Was den Inhalt des subjektiven Merkmals betrifft, so war nach RG67 wie RFH68 eine "Bereicherungsabsicht" (= "animus donandi")69 nicht erforderlich. 58 RGZ Bd. 70, S. 15 (16); 71, S. 140 (142); 94, S. 322. 59 RFHE Bd. 1, s. 16 (18); 7, S. 192 (194); 15, S. 72 (78). 60

RFHE Bd. 20, S. 98 (100).

61 RFHE Bd. 29, S. 137 (145). 62 RStBl. 1935, S. 1061 (1062); 1942, S. 803 (804); 1943, S. 93 (94). 63 StuW 1923, S. 406; RFHE Bd. 9, S. 9 (12); 12, S. 57 (59); 18, S. 294 (295). Vorher

hatte der RFH (RFHE Bd. 5, S. 72,73) vom "Bewußtsein des anderen Vertragsteils, daß er freiwillig handelt und daß seiner Leistung keine entsprechende Leistung des bereicherten Vertragsteils gegenübersteht" gesprochen, diese Formulierung jedoch später nicht mehr aufgegriffen. 64 RFHE Bd.20, S. 98 (100); 29, S. 137 (148); RStBl. 1942, S.580; 1942, S. 802 (803). Vgl. auch schon: RFHE Bd. 15, S. 72 (74). 65 So für die freigebige Zuwendung ausdrücklich in: RFHE Bd. 29, S. 137 (149). 66 RFHE Bd. 5, S. 72 (73); StuW 1923, S. 406; RFHE Bd. 15, S. 72 (78); 20, S. 98 (100); StuW 1929, S. 450; RFHE Bd. 29, S. 137 (148); RStBl. 1934, S. 923 (924). In § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 ergibt sich dies aus dem Wortlaut: " ... auf Kosten des Zuwendenden mit dessen (!) Willen bereichert wird." 67 RGZ Bd. 70, S. 15 (17); 94, S. 322. 68 RFHE Bd.9, S. 9 (12); RFH StuW 1922, S.987; RStBl. 1935, S. 1061 (1062); 1942, S. 803 (804).

I. Die Entwicklung der Diskussion

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Eine steuerpflichtige Schenkung konnte nach der Rechtsprechung also auch dann gegeben sein, wenn der Zuwendende den Vorteil des Bedachten wollte, darüberhinaus jedoch weitere, insbesondere eigene, Zwecke verfolgte. Eine positive Definition des subjektiven Merkmals bei Schenkung und freigebiger Zuwendung findet sich selten 70. Ob es gegeben ist, wurde vielmehr meist kasuistisch an Hand des jeweils zu entscheidenden Sachverhalts erörtert. So sollte das subjektive Merkmal in den folgenden Fällen nicht gegeben sein 71: (7) A und B schließen Lebensversicherungsverträge mit der Maßgabe ab, daß die Versicherungssumme des Erstversterbenden dem Überlebenden zufließen soll. 72 (8) Ein anhängiges gerichtliches Verfahren wird im Vergleichswege abgeschlossen. 73 (10) A ist an einem bestimmten Gegenstand besonders interessiert. Um ihn sich zu sichern, ist er bereit, einen weit über dem Marktpreis liegenden Preis für diesen Gegenstand zu bezahlen 74. (11) A erbringt an B eine Leistung, um diesen so zu einer Gegenleistung zu veranlassen, auf die er einen Anspruch nicht hat. 75 (12) A und B wissen, daß die Leistungen des zwischen ihnen geschlossenen Austauschvertrages nicht völlig gleichwertig sind. Gleichwohl gehen sie für ihre Zwecke von einer Gleichwertigkeit aus. 76 (14) A nimmt fehlerhaft an, daß die von ihm hingegebene Leistung einen wesentlich niedrigeren Wert hat als dies in Wirklichkeit der Fall ist (z.B. unerkanntes berühmtes Gemälde). 77 (15) A will auf eine bestehende Verbindlichkeit leisten. Diese ist jedoch, was A nicht weiß, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht entstanden oder bereits wieder untergegangen. 78 Demgegenüber bejahte die Rechtsprechung bei den folgenden Sachverhaltsgestaltungen das Vorliegen des subjektiven Merkmals: 69 Von "Bereicherungsabsicht" spricht man, wenn die Bereicherung des Bedachten das Motiv der Schenkung ist. 70 Als Voraussetzung für das subjektive Merkmal klang lediglich ab und zu an, daß der Zuwendung nach den Vorstellungen der Beteiligten bzw. des Zuwendenden eine (vollwertige) Gegenleistung nicht gegenüberstehen (RFH StuW 1923, S.406; 1923, S. 988; DStZ 1926, S. 237; RFHE Bd. 18, S. 294, 295; DVR 1928, S. 173; RStBI. 1934, S. 923,924), sowie daß die Zuwendung nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit (RFHE Bd. 15, S. 72, 78; RStBI. 1934, S. 923, 924; 1938, S. 5) erfolgen durfte. 71 Zu den einzelnen Fällen vgl. bereits oben: B.L1.c). 72 RFH, Jahresbericht 1923, S. 194. 73 RFH RStBl. 1938, S. 5 (mit ausführlicher Begründung). 74 RFH StuW 1923, S. 406. 75 RFH DStZ 1926, S. 237; StuW 1929, S.450. 76 RFH StuW 1923, S. 406. 77 RFH DVR 1928, S. 173; RStBI. 1934, S. 923 (924). 78 RFHE Bd. 15, S. 72 (78); StuW 1929, S. 991: Der Inanspruchgenommene, ein USAmerikaner, glaubte hier, seiner deutschen Verlobten gegenüber nach Auflösung des Verlöbnisses zu einer lebenslangen Versorgung verpflichtet zu sein, wie dies dem USamerikanischen Recht entsprach.

3 Klein-Blenkers

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

(6) Versicherungsgesellschaft A übergibt der Gemeinde G eine Feuerspritze zu einem geringen Preis, um den eigenen Schaden bei Ausbruch eines Brandes gering zu halten. 79 (13) A erbringt eine Leistung, da er mit ihr eine sittliche Pflicht oder eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht erfüllen will. 80 ae) Die Verwendung eines subjektiven Merkmals bedeutete jedoch, wie der ausdrücklich betonte, nicht, daß sich der einzelne mit beliebigen Behauptungen der Steuerpflicht entziehen konnte. Vielmehr war das Vorliegen des subjektiven Merkmals in jedem einzelnen Fall genau zu prüfen. In den Fällen (7), (8), (10), (11) und (12) sollte entscheidend sein, ob die ausgetauschten Leistungen nach dem "Bewußtsein" der Beteiligten einen von ihnen bereicherten und ob diese Bereicherung auch "gewollt" war 82 :

RFH81

"Ein Bereicherungswille ist vielmehr bereits gegeben, wenn die Beteiligten sich bewußt sind, daß der die Zuwendung enthaltende Rechtsvorgang den Bedachten bereichert und diese Folge gewollt ist." und 83 : "Für die Frage, ob eine freigebige Zuwendung vorliegt, kommt es jedoch auf die subjektive Wertschätzung des Verkäufers an. Wer, selbst mit dem Bewußtsein, ein objektiv wertvolleres Gut gegen ein geringwertigeres hingibt, wendet der Gegenpartei nichts zu, wenn das eingetauschte Gut für ihn aus irgendeinem Grunde einen dem hingegebenen gleichen Wert hat." In den Beispielsfallen (14) und (15) sollte es ankommen auf das "Bewußtsein" der Beteiligten vom Wert der einzelnen Leistungen 84: "Schon der Gedanke an einen hohen Wert der Gegenleistung, selbst wenn er irrig sein sollte, genügt, um eine subjektive Bereicherung auszuschließen." bzw. vom Vorliegen einer rechtlichen Verpflichtung 85: ,,Entscheidend ist vielmehr das ernsthafte Wissen und Einschätzen und der darauf beruhende ernsthafte Glaube des Zuwendenden .... Insofern ist also nicht schlechthin die objektive Sachlage - ... - entscheidend, sondern insofern und in diesem Sinne ist der Glaube und die Absicht des Leistenden oder Erfüllenden entscheidend. Eine freigebige Zuwendung liegt daher nicht vor, soweit der Zuwendende ernsthaft glaubt, zu der Zuwendung rechtlich verpflichtet zu sein."

RFHE Bd. 9, S. 9 (12); RFH RStBI. 1942, S. 803 (804). RFHE Bd. 15, S. 72 (78); RStBI. 1934, S. 923 (924); 1931, S. 675. 81 RFHE Bd. 7, S. 192 (194); RStBI. 1934, S. 923 (924). 82 RStBI. 1935, S. 1061 (1062). Ebenso: RStBI. 1938, S. 803 (804). 83 StuW 1923, S. 406 f. Ebenso: RFHE Bd. 1, S. 16 (18); 7, S. 192 (194); DStZ 1926, S. 237; RFHE Bd. 18, S. 294 (296); 20, S. 98 (102); DVR 1928, S. 173; RFHE Bd. 29, S. 137 (145 f.); RStBI. 1943, S. 93 (94). 84 DVR 1928, S. 173. Ebenso: RFH DStZ 1926, S. 237. 85 RFH RStBI. 1934, S. 923 (924). Ebenso: RFH StuW 1929, S. 991 f. 79

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I. Die Entwicklung der Diskussion

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Diese Zitate zeigen zweierlei: Zum einen enthält das subjektive Merkmal nach Ansicht des RFH zwei Elemente - "Bewußtsein" und "Wille" der Beteiligten 86 • Zum anderen stellte der RFH auf das "wirkliche Bewußtsein", den "wirklichen Willen" der Beteiligten und nicht etwa auf ein an der Verkehrs auffassung orientiertes "durchschnittliches Bewußtsein" oder auf die "objektive Kenntnis der Tatumstände" ab 87 • Die Existenz eines groben Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung konnte auf das Vorliegen des das subjektive Merkmal begründenden Bewußtseins bzw. Willens hindeuten, reichte jedoch alleine genommen für einen Nachweis nicht aus 88 : "Keineswegs ist jedes zweiseitige Rechtsgeschäft, bei dem Leistung und Gegenleistung im Mißverhältnis zueinander stehen, als Schenkung anzusehen .... Ein Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung kann als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer solchen Willensübereinstimmung der Parteien vermutet werden, diese aber nicht ersetzen.... Auch mag ein erhebliches Abweichen von allgemein im Verkehr üblichen Bewertungsmaßstäben dann im Einzelfall den tatsächlichen Schluß zulassen, daß gar kein Austausch von gleichbewerteten Leistungen, sondern eine unentgeltliche Zuwendung nach dem wahren Willen der Parteien beabsichtigt war, wenn für die Abweichung ein sie auch nur subjektiv rechtfertigender Grund nicht dargetan wird. Aber die für die konkrete Bewertung von Leistung und Gegenleistung von den Parteien geltend gemachten Gründe müssen nach der objektiven und der subjektiven Seite gewürdigt und in den Entscheidungsgründen muß dargelegt werden, daß und warum die Behauptung der Parteien, daß sie oder wenigstens eine von ihnen von dem Vorliegen eines entgeltlichen Leistungsaustausches ausgegangen sei, widerlegt ist." Kam es nach einer genauen Untersuchung des Sachverhalts zum Fall der Beweislosigkeit, traf die Beweislast nach Ansicht des RFH die Steuerbehärde 89 •

b) Die frühe Rechtsprechung des BFH Die Rechtsprechung des BFH folgte zunächst im großen und ganzen der Linie von RG und RFH: ba) Daß Schenkung und freigebige Zuwendung ein subjektives Merkmal enthalten, wurde vom BFH zunächst ohne weiteres übemommen 9o • 86 In den "IrrtumsfaIlen" (14) und (15) ist der Wille nicht erwähnt, da es allein auf die Kenntnis, das Bewußtsein der Beteiligten ankommt. 87 Zur Abgrenzung dieser drei Begriffe vgl. oben: B.I.1.b). 88 RFHE Bd.7, S. 192 (194). Ebenso: StuW 1923, S. 406 f.; DStZ 1926, S.237; RFHE Bd. 18,294 (296); 20, S. 98 (102); DVR 1928, S. 173; RStBl. 1934, S. 923 (924); 1943, S. 93 (94). 89 RFHE Bd. 7, S. 192 (194); DStZ 1926, S. 237; RFHE Bd. 20, S. 98 (102). 90 Insbesondere unter Berufung auf das bereits erwähnte Gutachten des RFH vom 21. Mai 1931 (RFHE Bd. 29, S. 137): BFH BStBl. III 1953, S. 199 (200); 1953, S. 308 (309); 1957, S. 449 (450); 1964, S. 202 (203).

3*

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

bb) Zur Bezeichnung des subjektiven Merkmals bediente sich der BFH, abweichend vom RFH, der in seiner späteren Rechtsprechung durchgehend von "Bereicherungswille" sprach, einer wechselnden Terminologie. Für das subjektive Merkmal im Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts"91 gebrauchte er neben dem vom RFH übernommenen Begriff des "Bereicherungswillens"92 die Bezeichnungen "Einigung über die Unentgeltlichkeit"93 und "Wille zur Unentgeltlichkeit"94. Die meisten vom BFH getroffenen Entscheidungen betrafen jedoch den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung"95. Das subjektive Merkmal im Tatbestand der freigebigen Zuwendung wurde dabei im Regelfall als "Bereicherungswille" 96 bezeichnet. Vereinzelt sprachen Entscheidungen auch von einem "Willen zur Unentgeltlichkeit"97. bc) Vorliegen mußte das subjektive Merkmal, soweit keine "Einigung" erforderlich war, auf seiten des Zuwendenden 98 . bd) Allein in einer Entscheidung vom 4. April 1967 gab der BFH (versteckt) eine Defintion des subjektiven Merkmals 99: ,,Eine ... unentgeltliche Zuwendung kann grundsätzlich aber nur dann in Betracht kommen, wenn die überhöhte Gewinnbeteiligung nicht der Erfüllung von im Gesellschaftsvertrag eingegangenen Verpflichtungen dient oder den Charakter einer Gegenleistung für Verpflichtungen anderer Art trägt." Ansonsten wurde auch hier die Frage des subjektiven Merkmals allein an Hand der jeweiligen Sachverhaltsgestaltungen diskutiert; abgelehnt wurde das Vorliegen des subjektiven Merkmals dabei in folgenden Fällen 100: (8) Ein anhängiges gerichtliches Verfahren wird im Vergleichswege abgeschlossen. 101 (9) A leistet auf eine Verbindlichkeit, die zwar besteht, gerichtlich jedoch nicht durchsetzbar ist. 102 91 § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922 bzw. 1959. 92 BStBl. III 1959, S. 155; II 1969, S. 173. 93 BStBl. III 1953, S. 308 (309); 1961, S. 234. 94 BStBl. III 1953, S. 199 (201). 95 § 3 Abs. I Nr.2 ErbStG 1922 bzw. 1959. Zum Verhältnis von Schenkung und freigebiger Zuwendung führte der BFH (BStBl. III 1957, S.449. Ebenso: BStBl. III 1953, S. 308) bereits früh aus: "Die Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ist ein Unterfall der freigebigen Zuwendung des § 3 Abs. 1 Nr.2 ErbStG. Es braucht daher nur untersucht zu werden, ob eine freigebige Zuwendung im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes vorliegt. Wird dies verneint, so ist auch eine Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts nicht gegeben" 96 DVR 1953, S. 107; BStBl. III 1953, S.308; 1957, S.449; 1961, S.234; 1964, S. 202; II 1969, S. 173. 97 BStBl. III 1953, S. 199 (201). 98 BFH BStBl. III 1953, S. 308 (309); 1957, S. 449 (450); 1959, S. 417. 99 BStBl. III 1967, S. 490 (491). 100 Zu den einzelnen Fällen vgl. bereits·oben: B.Ll.c). 101 BFH BStBl. III 1952, S. 45 (46). 102 BFH BStBl. III 1957, S. 449 (450).

I. Die Entwicklung der Diskussion

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(10) A ist an einem bestimmten Gegenstand besonders interessiert. Um ihn sich zu sichern, ist er bereit, einen weit über dem Marktpreis liegenden Preis zu bezahlen. 103 (11) A erbringt an B eine Leistung, um diesen so zu einer Gegenleistung zu veranlassen, auf die er einen Anspruch nicht hat. 104 (14) A nimmt fehlerhaft an, daß die von ihm hingegebene Leistung einen wesentlich niedrigeren Wert hat als dies in Wirklichkeit der Fall ist (z. B. unerkanntes berühmtes Gemälde). 105 (15) A will auf eine bestehende Verbindlichkeit leisten. Diese ist jedoch, was A nicht weiß, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht entstanden oder bereits wieder untergegangen. 106 (16) A leistet, um eine tatsächlich bestehende und durchsetzbare Verbindlichkeit zu erfüllen. 107 Demgegenüber wurde eine Schenkungsteuerpflicht bejaht: (13) A erbringt eine Leistung, da er mit ihr eine sittliche Pflicht oder eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht erfüllen will. 108 be) Auch nach BFH bedeutete die Aufnahme des subjektiven Merkmals nicht, daß die Parteien das Rechtsgeschäft nach Belieben bezeichnen und so die Steuerpflicht umgehen konnten; entscheidend sein sollte vielmehr, ob nach dem tatsächlichen Inhalt des Rechtsgeschäfts das erforderliche subjektive Merkmal gegeben war 109. Die Finanzbehörde hatte dabei auch hier in jedem Einzelfall zu prüfen, ob sich die Beteiligten der eintretenden Bereicherung "bewußt" waren und ob diese Bereicherung auch "gewollt" war llO : "Danach ist ... festzustellen, daß ... (sc. das Rechtsgeschäft) objektiv zu einer Bereicherung des Ehemannes führte, und daß subjektiv beide Ehegatten sich der Bereicherung bewußt waren und sie auch herbeiführen wollten." Wie in der Rechtsprechung des RFH kam es dabei auf den "wirklichen Willen" und nicht auf einen "durchschnittlichen Willen" oder die "objektive Kenntnis der Tatumstände" an lll: "Wer ein objektiv wertvolleres Wirtschaftsgut gegen ein geringwertigeres hingibt, wendet der Gegenpartei nichts zu, wenn das eingetauschte Wirtschaftsgut für ihn aus irgendeinem Grunde einen dem hingegebenen gleichen Wert hat ( ... ). Schon der Gedanke an einen hohen Wert der Gegenleistung, selbst wenn er irrig sein sollte, genügt, um den Bereicherungswillen auszuschließen ( ... ). Ebenso fehlt es BFH BStBI. III 1953, S. 308 (309). BFH BStBI. III 1953, S. 308 (310); 1967, S. 490 (492). 105 BFH BStBI. III 1953, S. 308 (310). 106 BStBI. III 1952, S. 45 (46) ; 1957, S. 449 (450); II 1968, S. 239 (243). 107 BFH BStBl. III 1966, S. 279 (280). 108 BFH HFR 1964, S. 397 (398); BStBI. III 1957, S. 449 (451); 1955, S. 231. Vgl. auch: FG des Saarlandes, EFG 1974, S. 207. 109 BFH BStBI. III 1964, S. 74 (76); 1953, S. 97 (98). 110 DVR 1953, S. 107 (109). Ebenso: BFH BStBl. III 1959, S. 155 (157). 111 BStBl. III 1953, S. 308. 103

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

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am Bereicherungswillen und damit an einer Schenkung, wenn ein Käufer, getäuscht durch den Verkäufer, den Kaufgegenstand viel zu hoch bewertet und deshalb entsprechend überbezahlt." Auffällig ist, daß sich der BFH zum Nachweis dieses Willens verfahrenstechnischer Hilfsmittel selten 112 bediente. Während der RFH häufig z. B. ein grobes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung zur Erleichterung des Beweises mitherangezogen oder seine Entscheidungen nach der Verteilung der Beweislast getroffen hatte, ist ein solches Vorgehen in der frühen Rechtsprechung des BFH kaum anzutreffen. Der BFH geht vielmehr sorgfältig auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles ein 113.

Kam es gleichwohl zum Falle des "non-liquet", traf die Beweislast die Finanzbehörde 114. c) Änderungen in der Rechtsprechung des BFH

Beginnend mit einer Entscheidung vom 3. November 1976 115 vollziehen sich Änderungen in der Rechtsprechung des BFH, welche ihren vorläufigen Abschluß in dem Urteil des BFH vom 10. September 1986 116 gefunden haben. ca) Der BFH geht weiter davon aus, daß "Schenkung" (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959) und "freigebige Zuwendung" (§ 3 Abs. 1 NT. 2 ErbStG 1959 bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974) ein subjektives Merkmal enthalten 117. cb) Es ändert sich jedoch die verwendete Terminologie. Im Rahmen der Schenkung wird nunmehr wieder der in § 516 Abs. 1 BGB enthaltene Terminus "Einigung über die Unentge1tlichkeit" gebraucht 118. Für die freigebige Zuwendung soll ein "Wille zur Freigebigkeit" 119, ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" 120 oder ein "Bewußtsein der Unentgeltlichkeit" 121 erforderlich sein; einen "BereicheSo ausnahmsweise in der Entscheidung: BFH BStBl. m 1959, S. 155 (157). DVR 1953, S. 107 (108); BStBl. m 1953, S.308 (309 f.); 1964, S.74 (75 f.); 1967, S. 490 (491 f.). 114 BFH BStBl. m 1964, S. 202 (203). 115 BStBl. 11 1977, S. 159. 116 BStBl. 11 1987, S. 80. 117 BStBl. II 1977, S. 159 (160); 1979, S. 631 (632); 1980, S. 402 (403); 1982, S. 83 (84); 1982, S. 714 (715); 1985, S. 159; 1985, S. 382 (383); DVR 1986, S. 6; DVR 1986, S.6 (7); BStBl. II 1987, S. 80 (81) - zu diesen Entscheidungen vgl. die folgenden Ausführungen. 118 BStBl. II 1977, S. 159 (160); 1979, S. 631; 1980, S. 402 (403); 1982, S. 83 (84); 1985, S. 159. 119 BStBl. II 1979, S. 631 (632); 1980, S. 402 (403); 1982, S. 83 (84); 1987, S. 80 (81); 1989, S. 1034 (1036). 120 BStBl. II 1979, S. 631 (632); 1982, S. 83 (84); 1982, S. 714 (715) gleichzeitig spricht der BFH hier jedoch von einem "Willen zur freigebigen Bereicherung"; FG Münster, EFG 1983, S. 71; FG Hamburg, EFG 1990, S. 639. 121 DVR 1986, S. 6; DVR 1986, S. 6 (7). 112 113

I. Die Entwicklung der Diskussion

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rungswillen" sollen Schenkung und freigebige Zuwendung entgegen der früheren Rechtsprechung von RFH und BFH ausdrücklich nicht voraussetzen 122. Dieser Wandel vollzieht sich ohne jede Begründung 123, ist daher schwer einzuordnen: Sicher ist es nicht Ziel des BFH, die subjektive Komponente in den Tatbeständen der Schenkung bzw. der freigebigen Zuwendung zu eliminieren 124. Denn im gleichen Atemzug, in dem der BFH den "Bereicherungswillen" ablehnt, fordert er einen "Willen zur Freigebigkeit" 125. Auch hätte eine solch grundlegende Änderung einer ausführlichen Erklärung bedurft. Denkbar wäre, daß der BFH auf diese Weise einen inhaltlichen Unterschied zwischen den Begriffen "Wille zur Unentgeltlichkeit" einerseits und "Bereicherungswille" andererseits zum Ausdruck bringen will. Wahrscheinlicher aber ist, daß sich der BFH mit seiner neuen Rechtsprechung wieder mehr dem Begriff der "freigebigen Zuwendung" bzw. der in § 516 Abs. 1 BGB gegebenen Defmition der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts ("Einigung über die Unentgeltlichkeit") annähern will. Mit "Bereicherungswille", welcher nicht Tatbestandsvoraussetzung sein soll, wäre dann die "Bereicherungsabsicht" (= "animus donandi") gemeint, welche bereits nach der früheren Rechtsprechung nicht Tatbestandsvoraussetzung der Schenkungsteuer war. cc) Vorliegen muß das subjektive Merkmal im Tatbestand der freigebigen Zuwendung auf seiten des Zuwendenden 126. Es dürfte keine Abweichung von diesem Grundsatz darstellen, wenn der BFH in seiner Entscheidung vom 10. September 1986 davon spricht, daß 127 "der Wille zur Freigebigkeit ... auf Grund der dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempf!mger bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen bestimmt" wird. Der BFH will mit dieser Stelle wohl nur zum Ausdruck bringen, daß der Wille des Zuwendenden unter Berücksichtigung des Empfangerhorizontes zu ermitteln ist. cd) Inhaltlich gibt der BFH erstmals eine klare Defmition für das subjektive Merkmal. Danach soll der "Wille zur Freigebigkeit" bzw. der "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben sein, wenn 128 BStBl. 11 1980, S. 402 (403); 1987, S. 80 (81). Ihn allein auf die Neufassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vom 17. April 1974 zurückzuführen, ist nicht möglich, da die Mehrzahl der genannten Entscheidungen (BFH BStBl. 11 1977, S. 159; 1979, S. 631; 1980, S. 402; 1982, S. 714; 1985, S. 159; DVR 1986, S. 6) zum alten Rechtszustand vor dem 1. Januar 1974 erging. 124 Ebenso: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38 a. E.; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (340 f.). 125 BStBl. 11 1980, S.402 (403); 1987, S. 80 (81). 126 BStBl. 11 1979, S. 631 (632); 1982, S. 83 (84); 1982, S. 714 (715). 127 BStBl. 11 1987, S. 80 (81) Hervorhebung stammt vom Verfasser. 128 BStBl. 11 1979, S. 631. Ebenso: BStBl. n 1982, S. 714 (715). 122

123

40

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung "die Zuwendung weder in rechtlichem Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem gesellschaftlichen Zweck) steht, noch zur Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit (sei es auch einer Naturalobligation) erfolgt."

Dies stimmt im Ergebnis mit den früheren am Einzelfall orientierten Ausführungen der Rechtsprechung überein. Eine "Bereicherungsabsicht" (= "animus donandi") soll auch weiterhin nicht erforderlich sein 129. ce) Auffällige Neuerungen finden sich, was den Nachweis des subjektiven Merkmals betrifft: Zum einen spricht der BFH nicht mehr von "Bewußtsein" und "Wille" des Zuwendenden in Bezug auf die Bereicherung, sondern nur noch vom "Bewußtsein" bzw. der "Kenntnis" 130 des Zuwendenden. Zum anderen geht der BFH seit dem Jahre 1976 nicht mehr so ausführlich wie zuvor auf die Umstände des Einzelfalles ein 131. Er bedient sich stattdessen verfahrensrechtlicher Hilfsmittel, was im Regelfall zu Lasten des Steuerpflichtigen geht. Als Hilfsmittel kommen in Betracht sogenannte "tatsächliche Vermutungen" 132 oder das Abstellen auf die "Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen" 133. Grundlegend ist insoweit der folgende Satz 134: "Der Wille zur Freigebigkeit ist dabei auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen bestimmbar (vgl. Schulze-Osterloh Steuer und Wirtschaft 1977 S. 122, 135 - StuW 1977, 122, 135)." Da diese Abweichungen ebensowenig begründet werden wie der zur gleichen Zeit sich vollziehende Wandel in der Terminologie, fallt es schwer, die neue Linie des BFH genau einzuordnen: Nach dem vom BFH zitierten Aufsatz Schulze-Osterlohs 135 ist dem subjektiven Merkmal nicht der "wirkliche Wille" des Zuwendenden zugrunde zu legen, sondern die "objektive Kenntnis der Tatumstände" , welche durch eine generalisie129 BFH BStBI. II 1977, S. 159 (160). Wohl auch: BFH BStBI. II 1980, S. 402 (403) sowie 1987, S. 80 (81) - wenngleich der BFH hier von ,,Bereicherungswille" spricht. Vgl. zu diesen beiden Entscheidungen bereits die vorigen Ausführungen. 130 BStBI. II 1977, S. 159 (160); 1982, S. 83 (84); DVR 1986, S. 6; DVR 1986, S. 6 (7); BStBI. II 1987, S. 80 (81). 13l Dies ist freilich nur eine Tendenz. Anders etwa die Entscheidung des BFH vom 28. November 1984: BStBI. II 1985, S. 159 ff. Vgl. auch: FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133 (134). 132 BFH BStBl. II 1977, S. 159 (161); 1980, S. 402 (403) vgl. zu diesen Entscheidungen allerdings: BFH BStBI. II 1985, S. 159 (160) sowie 1980, S. 607 (608). 133 BStBI. II 1979, S. 631 (632); 1980, S. 402 (402); 1982, S. 83 (83); 1982, S. 714 (715); 1985, S. 159 (160); 1987, S. 80 (81). 134 BStBI. II 1979, S. 631 (632). Diese Formulierung wiederholt sich, freilich ohne den Hinweis auf den Aufsatz Schulze-Osterlohs, in zahlreichen späteren Entscheidungen: BStBI. II 1980, S. 402 (402); 1982, S. 83 (83); 1982, S. 714 (715); 1985, S. 159 (160); 1987, S. 80 (81). 135 StuW 1977, S. 122. Zu Schulze-Osterloh ausführlich unten: B.I.3.b); B.V.l.ac); B.V.3.bb).

I. Die Entwicklung der Diskussion

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rende Beurteilung des Sachverhalts nach den Maßstäben der durchschnittlichen Verkehrsauffassung ermittelt wird. Hierbei soll es sich nicht um eine Beweiserleichterung, sondern um die allein zutreffende Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handeln. Für einen Wechsel vom "wirklichen Willen" zur "objektiven Kenntnis der Tatumstände" könnte auch sprechen, daß der BFH nur noch vom "Bewußtsein" und nicht mehr von "Bewußtsein" und "Wille" des Zuwendenden spricht. Gegen eine solch grundsätzliche Trendwende vom "wirklichen Willen" hin zu einer "objektivierenden Betrachtungsweise" sprechen freilich die folgenden Argumente: Erstens ist der BFH in zwei Entscheidungen seit dem Jahre 1977 erneut, wie in seiner ursprünglichen Rechtsprechung, auf die Umstände des konkreten Einzelfalles eingegangen 136 bzw. hat Einwendungen zugelassen, die die durchschnittliche Verkehrsauffassung widerlegen 137. Zweitens führt der BFH in einer Entscheidung vom 8. Juli 1982 aus 138: "Der Wille zur Freigebigkeit des Zuwendenden kann gegebenenfalls auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen ermittelt werden. . .. " Das Abstellen auf die Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen ist demnach für den BFH - anders als für Schulze-Osterloh 139 - nur eine von mehreren Möglichkeiten, das Vorliegen des subjektiven Merkmals festzustellen. Drittens handelt es sich nach Schulze-Osterloh 140 bei der objektivierenden Beurteilung nicht um eine widerlegbare Vermutung; für den BFH 141 aber sind die auf Grund der durchschnittlichen Verkehrs auffassung gewonnenen Anhaltspunkte für das Vorliegen des subjektiven Merkmals im Einzelfall widerlegbar. Und schließlich viertens hätte eine so einschneidende Änderung der Rechtsprechung einer ausführlichen Begründung bedurft. Der BFH gibt jedoch keinerlei Erklärung. Wahrscheinlicher ist daher, daß es sich bei der Bezugnahme des BFH auf die "Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen" um eine "Beweiserleichterung" 142 für die Finanzbehörde beim Nachweis des subjektiven Merkmals handelt: Die Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen sollen unter bestimmten Umständen eine "tatsächliche Vermutung" 143 für das Vorliegen des subjektiven Merkmals auf seiten des Zuwendenden begründen. Eine solche "tatSächliche Vermutung" soll etwa gegeben sein bei einem auffällig großen Mißverhältnis zwischen den BStBl. 11 1985, S. 159; 1987, S. 80. Vgl. auch: FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133. BStBl. 11 1987, S. 80 (81); 1977, S. 159 (160 f.). 138 BStBl. 11 1982, S. 714 (715) Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 139 StuW 1977, S. 122 (132). 140 StuW 1977, S. 122 (132). 141 BStBl. 11 1980, S. 402 (403). Wohl auch: BStBl. 11 1987, S. 80 (81). 142 Zum Begriff der "Beweiserleichterung" ausführlich unten: B.V.l.b). 143 BFH BStBl. 11 1977, S. 159 (161); 1980, S. 402 (403) vgl. zu dieser Entscheidung allerdings: BFH BStBl. 11 1985, S. 159 (169) sowie 1980, S. 607 (608). 136 137

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

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bei verständiger Würdigung zugrunde zu legenden Werten von Leistung und Gegenleistung l44 , bei der Veräußerung eines Grundstücks zum Einheitswert 145 oder bei einer Geld- oder Sachzuwendung zwischen nahen Verwandten 146. Der potentielle Steuerschuldner kann die tatsächliche Vermutung im Einzelfall durch konkreten Vortrag widerlegen 147. Hierzu reicht eine Erschütterung der tatsächlichen Vermutung aus l48 : "Stehen bei einer Vermögensübertragung Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Mißverhältnis und liegt es nach den Umständen des Falles nahe, anzunehmen, den Vertragsschließenden sei dieses Mißverhältnis bekannt gewesen, so muß derjenige, der behauptet, daß zumindest dem Zuwendenden das Mißverhältnis nicht bekannt gewesen sei, dies durch konkreten Vortrag untermauern." Unklar bleibt, warum der BFH nicht mehr wie früher von "Bewußtsein" und "Wille" und stattdessen nur noch vom "Bewußtsein" der Beteiligten spricht. Dies könnte auf eine Verschiebung des subjektiven Merkmals vom "Willen" zum "Wissen" und damit auf eine gewisse ,,Entsubjektivierung" hindeuten. Da die Ausführungen des BFH jedoch auch hier unklar sind, ist dies nicht zwingend. Zur Verteilung der Beweislast führte der BFH in einer Entscheidung vom 5. März 1980 aus 149: ,,oarüberhinaus beruht das Urteil des FG auf einer Verkennung der objektiven Beweislast. Es trifft zu, daß die Finanzbehörde im Regelfall die Beweislast dafür trifft, daß der Tatbestand erfüllt ist, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft. Diese Feststellungslast geht jedoch nicht über den objektiven Tatbestand hinaus; sprechen die Tatsachen und Umstände für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung, so trifft den Steuerpflichtigen, der sich auf den inneren Vorbehalt, z. B. auf das Vorliegen eines verdeckten Treuhandverhältnisses beruft, insoweit die objektive Beweislast... Nachdem der RFH 150 früher von einer objektiven Beweislast der Finanzbehörde ausgegangen war, läge auch hierin eine Änderung der Rechtsprechung. Das angeführte Zitat ist jedoch nicht verallgemeinerungsfahig. Denn in einer späteren Entscheidung hat der BFH 151 dieses Urteil in einem anderen Punkt ausdrücklich korrigiert. In einer Entscheidung vom 10. September 1986 152 geht der BFH anscheinend wieder von einer objektiven Beweislast der Finanzbehörde aus. Und BStBl. 11 1977, S. 159; 1982, S. 83 (84); 1985, S. 159 (160). BStBl. 11 1982, S. 83 (84). 146 BStBl. 11 1982, S.402. Die Beweiskraft dieser tatsächlichen Vermutung wurde jedoch später eingeschränkt (BFH BStBl. 11 1980, S. 607, 608) und schließlich aufgegeben (BFH BStBl. 11 1985, S. 159, 160). 147 BStBl. 11 1977, S. 159 (160); 1980, S. 402 (404); 1987, S. 80 (81). 148 BStBl. 11 1987, S. 80 (81). 149 BStBl. 11 1980, S. 402 (404). 150 RFHE Bd. 7, S. 192 (194); DStZ 1926, S. 237; RFHE Bd. 20, S. 98 (102). 151 BStBl. 11 1985, S. 159 (160). 152 BStBl. 11 1987, S. 80 (81). 144 145

I. Die Entwicklung der Diskussion

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in einer jüngst am 5. April 1989 ergangenen Entscheidung 152. nimmt der BFH zwar wieder auf das Urteil vom 5. März 1980 Bezug. Auch diese Entscheidung ist jedoch wegen der besonderen Konstellation (angebliche Rückübertragungspflicht der bedachten Klägerin) und der weiteren Formulierungen: "Der objektive Geschehensablauf spricht daher für eine freiwillige Zuwendung des Herm X an die Klägerin." nicht eindeutig. cf) Zusammenfassend läßt sich sagen, daß auch die neue Rechtsprechung des BFH für den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" von der Existenz eines subjektiven Merkmals ausgeht. Dabei wird in einer Entscheidung aus dem Jahre 1979 das subjektive Merkmal erstmals genau definiert; es sei gegeben, wenn 153 "die Zuwendung weder in rechtlichem Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem gesellschaftlichen Zweck) steht, noch zur Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit (sei es auch einer Naturalobligation) erfolgt." Der Nachweis des subjektiven Merkmals soll den Finanzbehörden mit Hilfe der "Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen" erleichtert werden. Im einzelnen bleibt jedoch vieles unklar i54 • d) Ergebnis

Für die Tatbestände der "Schenkung" wie der "freigebigen Zuwendung" ging und geht die Rechtsprechung stets vom Vorliegen eines subjektiven Merkmals aus, welches bei der "Schenkung" bei beiden Beteiligten, bei der "freigebigen Zuwendung" dagegen nur auf seiten des Zuwendenden gegeben sein muß. Dies gilt auch für das jüngste Urteil des BFH vom 10. September 1986 155 , auch wenn der BFH in diesem Urteil ausführt, ein "Bereicherungswille" sei nicht Tatbestandsmerkmal der freigebigen Zuwendung. Die formale Bezeichnung des subjektiven Merkmals wechselt: "Einigung über die Unentgeltlichkeit"; "Vorteilsabsicht"; "Bereicherungswille"; "Wille zur Unentgeltlichkeit"; "Wille zur Freigebigkeit". Ein parallel verlaufender inhaltlicher Wandel ist nicht ersichtlich. Die zu entscheidenden Sachverhalte werden zunächst weniger an Hand einer bestimmten Definition des subjektiven Merkmals als vielmehr von Fall zu Fall entschieden. Im Jahre 1979 gibt der BFH erstmals eine genaue Defmition des subjektiven Merkmals; es soll vorliegen, wenn 156 "die Zuwendung weder in rechtlichem Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem gesellschaftlichen Zweck) steht, noch zur Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit (sei es auch einer Naturalobligation) erfolgt." BFH / NV 1990, S. 234. BStBl. 11 1979, S. 631. Ebenso: BStBl. 11 1982, S. 714 (715). 154 Ebenfalls kritisch: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38, 42 f.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 58; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (340 ff.). 155 BStBl. 11 1987, S. 80 (81). 152. 153

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Neben diesem subjektiven Merkmal ist eine "Bereicherungs absicht" (= "animus donandi") nach einhelliger Rechtsprechung nicht Tatbestandsvoraussetzung. In verfahrensrechtlicher Hinsicht gingen RG, RFH und zunächst auch BFH vom "wirklichen Willen" aus und versuchten, (tatsächliches) Wissen und (tatsächlichen) Willen der Beteiligten an Hand der konkret gegebenen Umstände möglichst genau zu eruieren. Seit dem Jahre 1979 157 zieht der BFH demgegenüber für den Nachweis des subjektiven Merkmals verstärkt die "Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen" heran. Hierin ist jedoch keine "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" , sondern wahrscheinlich eine "Beweiserleichterung" für die Finanzbehörde zu sehen, die durch die Beteiligten "erschüttert" werden kann. Im einzelnen bleibt vieles unklar.

3. Die Behandlung des subjektiven Merkmals im Schrifttum Im überwiegenden Schrifttum wird zu den einzelnen hier behandelten Fragen eine im Großen und Ganzen einheitliche Linie vertreten. Diese soll zunächst dargestellt werden (a). Im Anschluß daran werden die abweichenden Thesen von Schulze-Osterloh (b) und Kirchhof (c) erörtert. a) Die herrschende Ansicht aa) Die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur geht davon aus, daß § 7 Abs.l Nr. 1 ErbStG ein subjektives Merkmal enthält 158. Hergeleitet wird die Existenz des subjektiven Tatbestandsmerkmals bei der freigebigen Zuwendung: -

aus dem Begriff der "Freigebigkeit" 159;

-

aus der engen Verbindung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zum Recht der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts (§ 516 BGB) 160;

BStBl. II 1979, S. 631. Ebenso: BStBI. II 1982, S. 714 (715). BFH BStBI. II 1979, S. 631. 158 Crezelius, S. 123; ders., SteuerStud 1984, S. 76 (79); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 16; Knobbe-Keuk in Festschrift für Wemer F1ume, Bd.2, S. 149 (161); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 10, 37; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 52; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 2, 8; ders. in Festgabe für Felix, S.331 (340 ff.); ders., StbKongreßRep 1980, S.213 (214); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (123); Troll, ErbStG, § 7 Anm. 2. Das gleiche galt für die Tatbestände der "Schenkung" und der "freigebigen Zuwendung" vor dem 1. Januar 1974; vgl. etwa: Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 8; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 55. Zur Rechtslage in Österreich und in der Schweiz vgl. unten: B.III.4. 159 Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 8; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37; Schulze-Osterloh, StuW.1977, S. 122 (123); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 55. 160 Moench, ErbStG, § 7 Anm. 52; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (123); Crezelius, S. 123; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 2. 156 157

I. Die Entwicklung der Diskussion

-

aus der Gesetzesgeschichte 161 sowie

-

aus Sinn und Zweck der Schenkungsteuer l62 •

45

Bisweilen wird die Existenz des subjektiven Merkmals auch ohne Begründung unterstellt 163. ab) Vorliegen muß das subjektive Merkmal nach überwiegender Ansicht allein auf seiten des Zuwendenden 164. Demgegenüber ist Troll 165 der Ansicht, daß das subjektive Merkmal im Regelfall bei beiden Beteiligten vorliegen muß: Nach Troll spricht hierfür die Nähe der "freigebigen Zuwendung" zur "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" sowie die Tatsache, daß allein durch diese Auslegung Ungereimtheiten vermieden werden könnten. Troll steht mit dieser Ansicht allein. ac) Die zur Bezeichnung des subjektiven Merkmals der freigebigen Zuwendung gewählten Termini sind vielfältig: -

Wille zur Freigebigkeit 166;

-

Bereicherungswille 167;

-

Wille zur Unentgeltlichkeit 168 sowie

-

Bewußtsein der Unentgeltlichkeit l69 •

Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (123). Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (123). 163 Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 2, 8. 164 Crezelius, S. 127; ders., SteuerStud 1984, S. 76 (79); Haas, Österreichische Juristische Blätter 1955, S. 8 (11); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 10,37; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 2, 3, 52; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (336,340 ff.); ders., NWB Fach 10, S. 605 (607); ders., StbKongreßRep 1980, S. 213 (214); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (124); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm.23. 165 ErbStG, § 7 Anm. 2, 4, 42. Die noch weitergehende Forderung, es sei bei der freigebigen Zuwendung wie bei der Schenkung gemäß § 516 Abs. 1 BGB eine Einigung über die Unentgeltlichkeit erforderlich, die Troll noch in der ersten Auflage seiner Kommentierung vertreten hatte (dort: § 7 Anm. 4), vertritt auch er heute nicht mehr. 166 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37, 38; Moench, ErbStG, Überschrift zu Anm. 52; Petzoldt, NWB Fach 10, S. 605 (607); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 56. 167 Haas, Österreichische Juristische Blätter 1955, S. 8 (11); Hülsheger, S. 86; Kapp, ErbStG, § 7 Anm.2, 16, 44; Knobbe-Keuk in Festschrift für Wemer Flume, Band 2, S. 149 (161); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 463; Michel, DVR 1965, S.49 (50); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm.2, 8; ders., StbKongreßRep 1980, S.213 (214) - vgl. jedoch später klarstellend: ders. in Festgabe für Felix, S.331 (340 ff.); Schild, S.55; Tipke, Steuerrecht, S.375; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 41. 168 Crezelius, S. 127; ders., SteuerStud 1984, S. 76 (79); Jung, S. 36 - 38; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 52; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (124, 125); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (318). 169 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63. 161

162

46

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Es handelt sich hierbei jedoch nicht um streng voneinander geschiedene juristische Begriffe. Die Bezeichnungen werden vielmehr meist ohne Begründung eingeführt und kreuz und quer verwendet, so daß man sich bisweilen in die "babylonische Sprachverwirrung zurückversetzt" 170 fühlt. Beispielsweise verwendet Moench l71 in einem einzigen Absatz seiner Kommentierung drei der oben genannten Termini gleichzeitig, um das subjektive Merkmal des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu umschreiben. Soweit ersichtlich, bringen einzig Schulze-Osterloh 172 , Meincke l73 sowie im Anschluß an Meincke neuerdings Petzoldt 174 eine exakte Herleitung der verschiedenen Begriffe: Nach Schulze-Osterloh 175 sind die Begriffe "Bereicherungswille" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" scharf zu trennen. Während "Bereicherungswille" sich auf den Erfolg des Rechtsgeschäfts beziehe, bezeichne der Begriff der "Unentgeltlichkeit" dessen Struktur. Diese Unterscheidung sei nicht rein akademischer Natur, sondern erlange in bestimmten Fällen praktische Relevanz, so z. B. bei Austauschgeschäften im Verlauf verschiedener Handelsstufen. Meincke 176 definiert "Freigebigkeit" als "ein Geben, das ohne Verpflichtung zur Leistung und frei von einer Gegenleistung erfolgt und das dem Empfanger nach dem Inhalt des Geschäfts (weitergehende äußere Motivationen bleiben unberücksichtigt) die mit der Gabe verbundene Bereicherung frei von sonstigen Bestimmungen allein ,um der Bereicherung willen' ( ... ) verschafft." Den Willen zur Freigebigkeit untergliedert er dabei in drei Elemente, die kumulativ gegeben sein müssen, da jedem Element eine bestimmte Aufgabe zukomme: -

Wille zur Bereicherung;

-

Wille zur Unentgeltlichkeit sowie

-

Wille zur schenkweisen Zuwendung.

"Bereicherungswille" 177 sei der Wille des Zuwendenden, den Bedachten "durch Zuwendung wirtschaftlicher Vorteile zu begünstigen." Er sei erforderlich, um bei einer freigebigen Zuwendung, bei der verschiedene Personen als Empfanger Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (340). ErbStG, § 7 Anm. 52. Ebenso unklar etwa: Troll, ErbStG, § 7 Anm. 41. Kollhosser (in MK zum BGB, § 516 Anm. 62) spricht einerseits vom "Bewußtsein der Unentgeltlichkeit" und andererseits von "Bereicherungswille". 172 StuW 1977, S. 122 (124). 173 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37 ff. Zustimmend: Moench, ErbStG, § 7 Anm.58. 174 In Festgabe für Felix, S. 331 (340 ff.). 175 StuW 1977, S. 122 (124 f.). 176 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37. 177 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38. 170

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I. Die Entwicklung der Diskussion

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in Betracht kämen, den Empfänger zu bestimmen; auch gebe es ohne "Bereicherungswille" keine "gemischte Schenkung". Um den "Willen zur Unentgeltlichkeit" 178 zu haben, müsse der Zuwendende davon ausgehen, daß der Zuwendung keine Gegenleistung gegenüberstehe, bzw. daß sie nicht in vollem Umfang von Gegenleistungen aufgewogen werde. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" fehle, wenn der Zuwendende zur Erfüllung einer (auch nur vermeintlichen) Rechtspflicht oder zur Beseitigung einer rechtlichen Ungewißheit handle. Der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" 179 schließlich nehme die Fälle von einer Schenkungsteuerpflicht aus, bei denen es um die Regelung arbeits-, familien- oder gesellschaftsrechtlicher Beziehungen gehe. ad) Was den Inhalt des subjektiven Merkmals betrifft, besteht Einigkeit dahingehend, daß bei der Feststellung des subjektiven Merkmals die Motive der Beteiligten außer Betracht zu bleiben haben - eine "Bereicherungsabsicht" (= "animus donandi") soll nicht erforderlich sein 180. Das subjektive Merkmal wird also nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Geber mit seiner Zuwendung egoistische (Fem-)Ziele, wie langfristige geschäftliche Vorteile oder ideelle Ziele verfolgt. Meincke 181 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß auch das Danaergeschenk Geschenk bleibt: "Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes." 182 Diese Auffassung ist identisch mit der ganz überwiegenden Meinung zur Feststellung des subjektiven Merkmals bei der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gemäß § 516 Abs. 1 BGß. Auch dort soll es auf die Motive des Schenkers nicht ankommen 183. Ansonsten wird eine inhaltliche Definition des subjektiven Merkmals, wie auch in der Rechtsprechung, nur selten gegeben. Die ausführlichste Erklärung des subjektiven Merkmals gibt Schulze-Osterloh 184, der jedoch in entscheidenden In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.39. In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.48. 180 Crezelius, S. 127; Kapp, ErbStG, § 7 Anm.41; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm.37, 38; Mirre, StuW 1922, S.206 (207); Moench, ErbStG, § 7 Anm.57; Mößlang, NWB Fach 10, S.479 (480); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 12 (m. w. N.); ders. in Festgabe für Felix, S. 331 (343); ders., StbKongreßRep 1980, S. 213 (214); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (126); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 20,56. 181 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.38. 178

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182 Vergil, Aeneis, 2. Buch, Zeile 49 Hervorhebung stammt vom Verfasser: "Was es auch sei, ich fürchte die Danaer, selbst wenn sie schenken." Unausgesprochen geht der Autor davon aus, daß das Vorliegen einer Schenkung durch (listige) Hintergedanken nicht ausgeschlossen wird. 183 Vgl. hierzu: Protokolle, Bd. 11., S. 25; RGZ Bd. 120, S. 253 (255); 70, S. 15 (17). Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 10. Anders war die Situation vor Inkrafttreten des BGB. Die überwiegende Meinung forderte damals für die Schenkung eine uneigennützige Motivation: Burckhardt, SchenkUflg, S. 128 (135); Liebisch S. 58. Anderer Ansicht: Kipp in Windscheid / Kipp, § 365 Fn. 4. Weitere Nachweise hierzu bei Crezelius, S. 123 f. 184 StuW 1977, S. 122 (124 f.). Schulze-Osterloh führt aus: "Dabei liegt Unentgeltlichkeit nach der im Zivilrecht und im Steuerrecht einhelligen Meinung vor, wenn der Leistung des Zuwendenden keine mit dieser synallagmatisch,

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Punkten von der herrschenden Literatur-Ansicht abweicht 185. Auf die Ausführungen M einckes 186 wurde bereits hingewiesen. Wertet man die übrigen LiteraturStimmen aus, ist das subjektive Merkmal gegeben, wenn nach dem Willen und den Vorstellungen des Zuwendenden eine Leistung erbracht wird, der keine oder keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht 187 und mit der nicht eine bereits bestehende Verbindlichkeit erfüllt werden soll 188. Auch in der Literatur findet sich eine umfangreiche Kasuistik l89 • So soll bei den folgenden Sachverhaltsgestaltungen das subjektive Merkmal nicht gegeben sein 190: (3) A ist, da er sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindet, gezwungen, einen bestimmten Gegenstand unter Wert zu verkaufen. 191 (5) Um Kunden in seinen Laden zu locken, verkauft A einen bestimmten Artikel weit unter Wert. 192 (6) Versicherungsgesellschaft A übergibt der Gemeinde G eine Feuerspritze zu einem geringen Preis, um den eigenen Schaden bei Ausbruch eines Brandes möglichst gering zu halten. 193 (7) A und B schließen Lebensversicherungsverträge mit der Maßgabe ab, daß die Versicherungssumme des Erstversterbenden dem Überlebenden zufließen soll. 194 (8) Ein anhängiges gerichtliches Verfahren wird im Vergleichswege abgeschlossen. 195 (9) A leistet auf eine Verbindlichkeit, die zwar besteht, jedoch gerichtlich nicht durchsetzbar ist. 196 kausal oder konditional verknüpfte Gegenleistung gegenübersteht, wenn mit der Leistung nicht die Erfüllung einer nicht unentgeltlich begründeten Verbindlichkeit verbunden ist und wenn die Leistung auch nicht auf einem anderen die Unentgeltlichkeit ausschließenden Rechtsverhältnis, insbesondere einem Gesellschaftsverhältnis, beruht." 185 Vgl. unten: B.1.3.b); B.V.l.ac); B.V.3.bb). 186 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37 ff. Zustimmend: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 58; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (341 ff.). Vgl. oben: B.I.3.ac). 187 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 14; Meincke in Meincke / Michel, § 7 Anm. 37; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 8; Troll, ErbStG, § 7 Anm.42. 188 Finger, ErbStG, § 3 Anm. 2 e; Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 15; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 36; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479 (480); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 58; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42. 189 Vgl. etwa die zahlreichen Beispiele bei: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38 ff.; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 9 ff.; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 41 ff. 190 Zu den einzelnen Fällen vgl. auch oben: B.I.l.c). 191 Petzoldt in Festgabe für Felix, S.331 (332 f.); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (126). Zur abweichenden Behandlung dieser Fälle im österreichischen Recht vgl. unten: B.IIIA.a). 192 Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107. 193 Mirre, StuW 1922, S. 206 (207). 194 Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 76. 195 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 57; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42; ders., DStR 1984, S. 11 (15).

I. Die Entwicklung der Diskussion

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(10) A ist an einem bestimmten Gegenstand besonders interessiert. Um ihn sich zu sichern, ist er bereit, einen weit über dem Marktpreis liegenden Preis für diesen Gegenstand zu bezahlen. 197 (11) A erbringt an B eine Leistung, um diesen so zu einer Gegenleistung zu veranlassen, auf die er einen Anspruch nicht hat. 198 (12) A und B wissen, daß die Leistungen des zwischen ihnen geschlossenen Austauschvertrages nicht völlig gleichwertig sind. Gleichwohl gehen sie für ihre Zwecke von einer Gleichwertigkeit aus. 199 (14) A nimmt fehlerhaft an, daß die von ihm hingegebene Leistung einen wesentlich niedrigeren Wert hat, als dies in Wirklichkeit der Fall ist (z. B.: unerkanntes berühmtes Gemälde). 200 (15) A will auf eine bestehende Verbindlichkeit leisten. Diese ist jedoch, was A nicht weiß, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht entstanden oder bereits wieder untergegangen. 201 Umstritten ist in der Literatur der folgende Fall: (13) A erbringt eine Leistung, da er mit ihr eine sittliche Pflicht oder eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht erfüllen will. 202 ae) Die Verwendung eines subjektiven Merkmals im Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bedeutet nach einhelliger Meinung 203 nicht, daß die Beteiligten die Entstehung der Steuerpflicht beliebig umgehen können; eine bestimmte Bezeichnung 204 bzw. rechtliche Qualifikation 205 des Rechtsgeschäfts durch die Beteiligten

196 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 57; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 58. 197 Finger, ErbStG, § 3 Anm. 2 a; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (126); Troll, ErbStG, § 7 Anm. 43. 198 Finger, ErbStG, § 3 Anm.2 a; Mößlang, NWB Fach 10, S.479 (480); Troll, ErbStG, § 7 Anm.44. 199 Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anrn. 9; Troll, ErbStG, § 7 Anrn. 2, 42. 200 Finger, ErbStG, § 3 Anm. 2 a; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 76; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 22,56. 201 Für den Fall des Irrtums in tatsächlicher Hinsicht: Kipp, ErbStG, § 3 Anm.76; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 10; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 56; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42. Für den Fall des Irrtums in rechtlicher Hinsicht: Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42. 202 Das Vorliegen des subjektiven Merkmals bejahend und damit für eine Steuerpflicht: Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 19; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 57; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479 (480); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 10; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42. Anderer Ansicht und damit gegen eine Steuerpflicht: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Stölzle, ErbStG, § 3 Anrn. 59. Zur parallelen Diskussion in Österreich und in der Schweiz vgl. unten: B.IIIA. 203 Finger, ErbStG, § 3 Anm.2 e; Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 41; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 76; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 43; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 9; ders. in Festgabe für Felix, S. 331 (343) - "Ätsch-Prinzip"; ders., StbKongreßRep 1980, S. 213 (214, 216).

4 Klein-Blenkers

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

allein ist nicht ausreichend, um das Vorliegen des subjektiven Merkmals zu verneinen. Entscheidend soll vielmehr der Wille des Zuwendenden sein, den dieser bei Abschluß des Rechtsgeschäfts tatsächlich gebildet hatte 206. Um diesen Willen zu ermitteln, haben Finanzbehörde bzw. Gericht den Vortrag der Beteiligten sowie alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles ins Auge zu fassen 207, wobei den individuellen Überlegungen der Beteiligten ein gewisser Spielraum zur Verfügung stehen so1l208. Reichen die Behauptungen der Parteien und die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles nicht aus, um das Vorliegen des subjektiven Merkmals zu verneinen oder zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen, wird häufig hilfsweise auf die "allgemeine Lebenserfahrung" oder die "Maßstäbe des allgemein Verkehrsüblichen" zurückgegriffen 209: Es wird gefragt, wie sich ein Dritter in einer entsprechenden Situation verhalten hätte, um hieraus Schlüsse auf den wirklichen Willen der Beteiligten zu ziehen. Liegt etwa bei einem Austauschgeschäft ein grobes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung vor, so soll dies für einen "Willen zur Freigebigkeit" sprechen 210. Auf der anderen Seite soll z. B. bei Vorgängen des Geschäftsverkehrs davon auszugehen sein, daß Geschäftsleute sich nichts zu schenken pflegen, sondern im Regelfall danach trachten, zumindest einen gleichwertigen Vorteil zu erhalten 211 . Die materiell-rechtliche bzw. verfahrensrechtliche Bedeutung dieser sogenannten "Beweiserleichterungen" oder ,,(tatsächlichen) Vermutungen" wird jedoch nur selten klar herausgestellt. Sie werden vielmehr häufig unter Rückgriff 204 Finger, ErbStG, § 3 Anm. 2 e; Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 42; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.43; Troll, ErbStG, § 7 Anm.4, 36; Willemer, DB 1985, S. 1254 (1255). 205 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 43. 206 So mit besonderem Nachdruck: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 42 f. Im Anschluß an Meincke: Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 16.1, 46.1; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63 a. Vgl. auch: Finger, ErbStG, § 3 Anm.3 a; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 76; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 9; ders. in Festgabe für Felix, S. 331 (342); Schild, S. 58; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 56 ff.; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 43. Offen: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 53 ff.; ders., DStR 1985, S. 592 (596). 207 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 16.1, 45; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.42; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 18; ders., StbKongreßRep 1980, S.213 (214); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 60; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42, 43. Petzoldt fordert dabei in seinem jüngst erschienen Aufsatz (in Festgabe für Felix, S. 331, 344) eine besondere "Mitwirkungspflicht" der Betroffenen. 208 Felix (FR 1963, S. 492; ders., DStR 1970, S. 7) will bei dem Verhältnis der Werte von Leistung und Gegenleistung eine Differenz bis zu 25% zulassen; Troll, ErbStG, § 7 Anm.43. 209 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 16 - jedoch einschränkend: ders., ErbStG, § 7 Anm. 45; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63a; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 18; ders. in Festgabe für Felix, S. 331 (342 f.); ders., StbKongreßRep. 1980, S. 213 (215). 210 Petzoldt, StbKongreßRep 1980, S. 213 (216); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 60; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 43. 211 Troll, ErbStG, § 7 Anm. 45.

I. Die Entwicklung der Diskussion

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auf einzelne höchstrichterliche Entscheidungen eingeführt und ohne weiteres übernommen. Eine Ausnahme stellen die Ausführungen von Stölzle 212, M eincke 213 sowie Kollhosser 214 dar, die sich an den allgemeinen Regeln des Beweisrechts orientieren. Läßt sich nicht mit Sicherheit nachweisen, ob das subjektive Merkmal gegeben ist oder nicht, trifft die Beweislast nach herrschender Ansicht die Finanzbehörde 2l5 • In besonderen Fällen wird, um Finanzbehörde und Gericht die Arbeit zu erleichtern, eine Umkehr der Beweislast zugelassen 216.

ErbStG, § 3 Anm. 15 f. In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 42 ff. 214 In MK zum BGB, § 516 Anm. 63 a - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Kollhosser äußert sich zur verfahrensrechtlichen Frage besonders deutlich: ,,Festzustellen ist der individuelle Bereicherungswille. Im Rahmen der Beweiswürdigung können und müssen aber natürlich Sätze der Lebenserfahrung mit herangezogen werden. Im Einzelfall kann für den Bereicherungswillen auch nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung sprechen, so vornehmlich bei Verträgen ... Soweit die tatsächliche Vermutung zur richterlichen Überzeugung reicht, obliegt dem Veranlagten der Gegenbeweis, nicht jedoch der Beweis des Gegenteils (keine Beweislastumkehr). " 215 Finger, ErbStG, § 3 Anm. 2 a; Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 45; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63 a; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 43; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479 (482); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 15, 16; Troll, ErbStG, § 7 Anm.4l. 216 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 16.1, 46. Ebenso, jedoch zurückhaltend: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 43. Nicht ganz klar wird der Standpunkt von Petzoldt: ErbStG, § 7 Anm. 18 - die Beweislast trifft die Finanzbehörde. ders., NWB Fach 10, S. 605 (607) - teilweise Beweislastumkehr. ders., in Festgabe für Felix, S. 331 (342),,Nimmt man die drei zuvor als Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung geforderten Begriffe kritisch unter die Lupe und vergleicht sie miteinander, so kommt man zu dem Ergebnis, daß im Regelfall das Merkmal des Willens zur Unentgeltlichkeit die anderen beiden Merkmale bereits beinhaltet. Wer unentgeltlich hingibt, der will normalerweise den Empfänger bereichern und will auch schenkweise zuwenden. Grundsätzlich läßt sich daher aus der Feststellung des Willens zur Unentgeltlichkeit auch auf das Vorliegen des Bereicherungswillens und des Willens zur schenkweisen Zuwendung schließen, so daß es des gesonderten Nachweises der beiden letztgenannten Merkmale nicht bedarf. Dennoch sind sie nicht ganz entbehrlich ... Die Anwendung der Merkmale ,Bereicherungswille' und ,Wille zur schenkweisen Zuwendung' hat ... mit umgekehrten Vorzeichen zu erfolgen, und zwar dergestalt, daß das Nichtvorliegen eines dieser Merkmale zur Verneinung einer freigebigen Zuwendung führt. Wer sich aber auf das Nichtvorliegen beruft, hat hierfür einen konkreten Vortrag zu erbringen." Hier kann die Statuierung "erhöhter Mitwirkungspflichten" der an der Zuwendung Beteiligten, ein "Anscheinsbeweis" oder eine "Beweislastumkehr" gemeint sein (zu diesen Begriffen vgl. unten: B.V.l.b). Am wahrscheinlichsten erscheint, daß Petzoldt für das zweite und dritte subjektive Tatbestandsmerkmal, nämlich den "Bereicherungswillen" und den "Willen zur schenkweisen Zuwendung" von einer Beweislastumkehr ausgehen will. 212 213

4*

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

b) Die Thesen Schulze-Osterlohs 217 In einem Aufsatz des Jahres 1977 hat sich Schulze-Osterloh 218 eingehend mit den Fragen des subjektiven Merkmals in den Tatbeständen des ErbStG befaßt. Dabei folgt Schulze-Osterloh 2l9 zunächst im Großen und Ganzen der herrschenden Literatur, was Vorliegen sowie Inhalt des subjektiven Merkmals betrifft. Entscheidende Unterschiede ergeben sich bei der Frage, wie das Vorliegen des subjektiven Merkmals im Einzelfall festzustellen ist 220 • Schulze-Osterloh tritt hier für eine "objektivierende Betrachtungsweise" 221 ein. Seine Kernthese lautet 222 : "Subjektive Besteuerungsmerkmale werden grundsätzlich in der Weise interpretiert, daß sie durch generalisierende Wertungen ohne Rücksicht auf die individuellen Vorstellungen der Parteien ausgefüllt werden können.... Hiernach ist für die subjektiven Elemente der freigebigen Zuwendung der durchschnittlichen Verkehrsauffassung zu entnehmen, ob einer Leistung eine andere überhaupt als entgeltliche gegenübersteht oder ob die Leistung in einer die Unentgeltlichkeit ausschließenden Weise auf einem besonderen Rechtsverhältnis beruht und ferner, ob die Bewertung von Leistung und Gegenleistung nach wirtschaftlichen Grundsätzen angemessen und üblich ist." Im Gegensatz zur herrschenden Literaturansicht sind für Schulze-Osterloh also nicht die individuellen Vorstellungen der Beteiligten, sondern die durchschnittliche Verkehrs auffassung entscheidend. Schulze-Osterloh begründet das Sich-Lösen von den individuellen Vorstellungen der Beteiligten damit, daß die jeweiligen Motive des Steuerschuldners im Besteuerungsverfahren nicht zuverlässig ermittelt 223, und daß bei einem Abstellen auf die tatsächlichen Vorstellungen des Zuwendenden die Grundsätze der Gleichmäßigkeit und der Praktikabilität der Besteuerung verletzt werden können 224 • Systematisch soll es sich bei dieser Objektivierung nicht um eine Maßnahme des Verfahrensrechts, sondern um das Ergebnis einer zutreffenden Gesetzesauslegung handeln 225:

217 Vgl. zu den Thesen Schulze-Osterlohs auch oben: B.I.2.ce) sowie unten: B.V.l.ac); B.V.3.bb). 218 StuW 1977, S. 122 ff. 219 StuW 1977, S. 122-125. 220 StuW 1977, S. 122 (125 ff.). 221 StuW 1977, S. 122 (127,131). Ebenso: ders., JbFSt 1978179, S. 245 (279) sowie JbFSt 1984/85, S. 267 (279) - zum subjektiven Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht im Einkommensteuerrecht. Schulze-Osterloh verwendet die Begriffe "objektivierende Betrachtungsweise" und "generalisierende Wertung" (StuW 1977, S. 122, 127, 131) synonym. 222 StuW 1977, S. 122 (131 f.). 223 StuW 1977, S. 122 (126). 224 StuW 1977, S. 122 (126, 131); ders., JbFSt 1978179, S. 245 (279). 225 StuW 1977, S. 122 (133).

I. Die Entwicklung der Diskussion

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"Damit erweist sich diese Interpretation als ein Beispiel dafür, daß die Typisierung im Steuerrecht - richtig verstanden - nicht die Feststellung eines fingierten Sachverhalts ist, für die es an einer Rechtsgrundlage fehlen würde, sondern das Ergebnis einer Gesetzesauslegung, deren Zulässigkeit nach den allgemeinen methodischen Grundsätzen zu beurteilen ist." Freilich relativiert Schulze-Osterloh seine These mehrfach 226 .

Mößlang 227 , Tipke 228 und Lang 229 haben sich den Thesen Schulze-Osterlohs von der objektivierenden Betrachtungsweise angeschlossen. Auch der BFH230 hat sich auf Schulze-Osterloh berufen, wobei jedoch nicht klar wird, ob er tatsächlich der "objektivierenden Betrachtungsweise" folgen will 231 • Die Mehrzahl der Literatur-Stimmen steht der von Schulze-Osterloh geforderten "Objektivierung" aber kritisch gegenüber 232 . c) Die Thesen Kirchhofs Weiter als Schulze-Osterloh geht Kirchhof233 mit seiner These von der generellen Abschaffung aller subjektiven Merkmale im Steuerrecht 234 : "Steuerrecht belastet den Pflichtigen wegen seiner wirtschaftlichen Kraft, erfaßt deshalb einen objektiven Sachverhalt, nicht auch - wie etwa das Zivil- und Strafrecht - subjektive Vorgänge des Wollens und Beabsichtigens. Nicht der subjektive Wille für oder gegen den Erwerb oder das Haben von Vermögen, schon gar nicht für oder gegen die Steuer bestimmt die Belastbarkeit des Steuerpflichtigen, sondern allein seine objektive wirtschaftliche Ausgangslage. . .. "

226 Er macht es zur Voraussetzung der Objektivierung, daß der Zuwendende die dem Fall zugrunde liegenden Umstände kennt (StuW 1977, S. 122, 126, 132); außerdem berücksichtigt er den tatsächlichen Willen des Zuwendenden in Bezug auf die Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung (StuW 1977, S. 122, 126) sowie besondere, vom Verkehrswert abweichende Wertvorstellungen einzelner Beteiligter (StuW 1977, S. 122, 126, 132, 134 f.). Vgl. dazu im einzelnen unten: B.V.3.bb). 227 NWB Fach 10, S. 479 (481). 228 Steuerrecht, S. 375. 229 In Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 463. 230 BStBl. 11 1979, S. 631 (632). Vgl. auch: FG München, EFG 1983, S. 71 (72). 231 Vgl. dazu bereits oben: B.I.2.ce). 232 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 46.1; Kollhosser in MK zum BGB, §.516 Anm.63 a; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm.43. Vgl. auch: Petzoldt (in Festgabe für Felix, S. 331, 343 f.), der die Anwendung objektiver Kriterien befürwortet, sich aber gegen eine "völlige Verobjektivierung" des subjektiven Merkmals wendet. Offen: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 53 ff., 102; ders., DStR 1985, S. 592 (596). 233 Gutachten F zum Deutschen Juristentag 1988, S.28; ders. NJW 1987, S. 3217 (3222 f.); ders. in Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 119,661. Ähnlich: Kruse, StuW 1982, S. 345 (349 f.) 234 NJW 1987, S. 3217 (3222 f.) - Kirchhof entwickelt seine Thesen zwar an Hand des Einkommensteuerrechts, sie dürften jedoch allgemeingültig zu verstehen sein.

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

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Kirchhof begründet seine These, wie Schulze-Osterloh, mit den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit und Praktikabilität der Besteuerung und führt darüberhinaus die Schutzbedürftgkeit des einzelnen vor einer zu weitgehenden Erforschung seines Privatbereichs an 235. Während sich Schulze-Osterloh 236 jedoch für die grundsätzliche Beibehaltung des subjektiven Merkmals im Tatbestand der freigebigen Zuwendung ausspricht, fordert Kirchhof de-Iege-ferenda die Abschaffung aller subjektiven Merkmale im Steuerrecht 237 • "Der Steuergesetzgeber hat daher in seine Tatbestände ausschließlich objektive Elemente aufzunehmen." Die Ausführungen Kirchhofs sind nicht unwidersprochen geblieben 238 •

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Um die Frage beantworten zu können, ob § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ein subjektives Merkmal enthält und, wenn ja, welchen Inhalt dieses hat, ist die Vorschrift auszulegen 1. Auszugehen ist dabei wie bei jeder Auslegung vom Wortsinn, der Bedeutung des Ausdrucks im allgemeinen Sprachgebrauch 2. In einem zweiten Schritt ist der Bedeutungszusammenhang des Gesetzes ins Auge zu fassen 3. Denn nur bei einer Betrachtung des Ganzen fügen sich die einzelnen Teile zu einer Regelung zusammen. Schließlich vermag auch ein Blick auf die Regelungsabsicht und die Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers Hinweise für die Auslegung einer Norm zu geben 4. Diese drei 5 Auslegungsmethoden sind nicht alternativ oder voneinander isoliert anzuwenden; vielmehr ergibt oft ihre Zusammenschau erst die zutreffende Deutung der untersuchten Norm 6 • 1. Der Wortlaut von § 7 Abs.l Nr.l ErbStG

Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortsinn; er eröffnet dem Auslegenden die möglichen Bedeutungsalternativen; zugleich bestimmt er die Grenze, jenseits NJW 1987, S. 3217 (3223). StuW 1977, S. 122 (123 f.). Vgl. oben: B.I.3.b). 237 NJW 1987, S. 3217 (3223). 238 Meincke, DB 1988, S. 1869 f. 1 Allgemein zur Auslegung von Gesetzen: Larenz, Methodenlehre, S. 298 ff. Zu der im folgenden gewählten Reihenfolge auch: BFH BStBI. II 1988, S. 220 (223). 2 Larenz, Methodenlehre, S. 305 ff. 3 Larenz, Methodenlehre, S. 310 ff. 4 Larenz, Methodenlehre, S. 313 ff. 235

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5 Die vierte Methode der Auslegung, die sogenannte "objektiv-teleologische Auslegung" (Larenz, Methodenlehre, S. 319 ff.), wird aus Aufbaugründen erst unten behandelt: B.III. 6 Larenz, Methodenlehre, S. 305, 328 ff.

11. Auslegung von § 7 Abs. I Nr. 1 ErbStG

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derer eine Deutung des Gesetzes unvertretbar ist 7 • Denn da es dem Gesetzgeber vorbehalten ist, den Kreis der steuerbaren Tatbestände zu bestimmen, ist es dem Richter verwehrt, eine steuerbegründende Norm neu zu schaffen oder auszuweiten 8 • Der Begriff der "freigebigen Zuwendung" könnte auf die Existenz eines subjektiven Merkmals in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG hinweisen: a) Im allgemeinen Sprachgebrauch wird freigebig mit "gerne" bzw. "bereitwillig" gleichgesetzt 9 • Freigebig, gerne oder bereitwillig aber bezeichnen nicht ein rein objektives Geschehen. Sie charakterisieren vielmehr eine innere Einstellung und nehmen so Bezug auf Gedanken und Vorstellungen, die sich im Inneren eines Beteiligten abspielen. Hierin könnte ein subjektives Merkmal liegen. Dies müßte auf seiten des Zuwendenden vorliegen, da allein er bereitwillig bzw. gerne geben kann. b) In der geltenden Rechtssprache 10 findet der Begriff der "freigebigen Zuwendung" allein in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Verwendung. Es handelt sich um eine schenkungsteuerspezifische Begriffsschöpfung. Vergleichend herangezogen werden kann der juristische Terminus der "Freigebigkeit", der in den folgenden Vorschriften des geltenden Rechts enthalten ist: §§ 63Nr. 4; 226 Abs. 2Nr. 3 KO; §§ 29Nr. 4; 83 Abs. 1 VgIOIl. Die überwiegende Meinung setzt den in diesen Vorschriften verwendeten Begriff der "Freigebigkeit" mit dem Begriff der "Unentgeltlichkeit" gleich und geht vom Vorliegen eines subjektiven Merkmals aus 12: Unentgeltlich sei eine Leistung dann, wenn ihr eine Gegenleistung nicht gegenüberstehe und sie auch nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolge 13: Ob dies der Fall sei, könne allein an Hand der 7 Larenz, Methodenlehre, S. 308. Über die Schwierigkeit, diese Grenze im Einzelfall festzulegen: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 8. 8 BVerfGE Bd. 13, S. 318 (328); BVerfG NJW 1985, S. 1891; BFH BStBI. 11 1969, S. 550 (552); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 8; ders., StuW 1981, S.219. Einschränkend in neuerer Zeit: BVerfGE Bd. 69, S. 188 (203); Franke, StuW 1984, S. 32 (39). 9 Vgl.: Duden, Das Bedeutungswörterbuch, "gerne", "bereitwillig". 10 Zum Verhältnis von Rechtssprache und allgemeinem Sprachgebrauch: Larenz, Methodenlehre, S. 306. 11 Dabei sind die beiden Vorschriften der Konkursordnung älter (§ 63Nr. 4 KO wurde bei der Konkursordnungs-Novelle im Jahre 1898, RGBI. 1898, S. 612, unverändert aus § 56 Nr. 4 der Konkursordnung für das Deutsche Reich vom 10. Februar 1877, RGBI. 1877, S. 351, übernommen. § 226 wurde im Ralunen der Novelle neu in das Gesetz eingefügt und ist seitdem in seinem Absatz 2 Nr. 3 unverändert), die beiden Vorschriften der Vergleichsordnung jünger (die §§ 29 und 83 VgIO wurden bei der Neuregelung des Vergleichsverfahrens im Jahre 1935, RGBI. 1935 I S. 321, in das Gesetz aufgenommen) als die Verwendung des Begriffs der Freigebigkeit im Schenkungsteuerrecht. 12 Zu § 63 Nr. 4 KO: RG JW 1903, S. 202; LZ 1908, S.606; Lent in Jaeger, KO, § 63 Anm. 6; Kilger, KO, § 63 Anm. 5; Uhlenbruck in Kuhn / Uhlenbruck, KO, § 63 Anm. 8. Zu § 29 Nr.4 VgIO: Kilger in Böhle-Stamschräder / Kilger, VgIO, § 29 Anm.5. 13 Vgl. die Beispiele bei: Kilger, KO, § 63 Anm. 5; Lent in Jaeger, KO, § 63 Anm. 6.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

subjektiven Vorstellungen der Beteiligten beurteilt werden 14. Diese subjektive Komponente wird als "Absicht, freigebig zu sein" 15, als "Wille zur Unentgeltlichkeit" 16 oder als "Schenkungswille" 17 bezeichnet, welcher auf seiten des Zuwendenden vorliegen müsse. Gleiches gilt für den Terminus der "freiwilligen Zuwendung", welcher in § 12 Nr. 2 EStG enthalten ist. Eine "freiwillige Zuwendung" soll nach Rechtsprechung l8 und Literatur l9 vorliegen, wenn der Leistung eine Gegenleistung nicht gegenübersteht. Überträgt man dies auf den Begriff der "freigebigen Zuwendung" in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, so wäre Voraussetzung der Besteuerung, daß der Leistung des Zuwendenden nach dessen Willen eine Gegenleistung nicht gegenübersteht und daß durch die Leistung auch keine bestehende Verbindlichkeit erfüllt werden soll. Von einer eindeutigen Rechtssprache kann jedoch nicht die Rede sein. Denn die Begriffe Freigebigkeit und freiwillige Zuwendung werden im geltenden Recht nur sehr selten verwendet 20 • 2. Der Bedeutungszusammenhang des Gesetzes

Da ein Gesetz unter anderem aus unvollständigen, einschränkenden bzw. verweisenden Rechtssätzen besteht, erschließt sich der Sinn der einzelnen Norm häufig erst bei einer Betrachtung des gesamten Regelungsgefüges 21 • a) § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG lautet: ,,Als (sc. schenkungsteuerpflichtige) Schenkung unter Lebenden gilt jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird." 14 In diesem Sinne äußert sich auch das Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1908 (RG LZ 1908, S. 606): "Durchgreifend ist in dieser Beziehung die Feststellung, daß es an der subjektiven Voraussetzung einer Freigebigkeit gefehlt hat: Der jetzige Gemeinschuldner hat, als er das Zahlungsversprechen einging, nicht mit der Absicht gehandelt, freigebig zu sein, sondern mit der Absicht, eine ihm obliegende Verpflichtung zu erfüllen (§§ 1040 ff. I, 11 ALR)." Ebenso: RGZ Bd. 62, S. 38 (44 f.). 15 RG LZ 1908, S. 606. Vgl. auch: RGZ Bd. 62, S. 38 (44 f.). 16 Kilger, KO, § 63 Anm. 5. 17 Lent in Jaeger, KO, § 63 Anm. 6. 18 BVerfG BStBl. 11 1970, S. 652 (656); BFH BStBl. 11 1975, S. 529 (530); III 1957, S. 207 f. 19 Drenseck in Schmidt, EStG, § 12 Anm. 11 a; Lang, J., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 49. 20 Auch können identische Begriffe in unterschiedlichen Gesetzen verschiedene Bedeutungen haben (Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 47). 21 Larenz, Methodenlehre, S. 310.

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

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Der "Bedachte" muß also durch die ,,zuwendung" auf "Kosten des Zuwendenden" objektiv "bereichert" werden. Das daneben in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG enthaltene Tatbestandsmerkmal "freigebig" muß eine über das Vorliegen einer solchen objektiven Bereicherung hinausgehende weitere Voraussetzung enthalten - andernfalls entweder das Tatbestandsmerkmal "bereichert wird" oder das Tatbestandsmerkmal "freigebig" überflüssig wäre. Denkbar erscheint insoweit allein, daß sich freigebig auf die subjektiven Vorstellungen des Zuwendenden, warum er die Zuwendung vornimmt, die Motivation des Zuwendenden, bezieht. Eine einleuchtende andere Deutungsmöglichkeit ist nicht ersichtlich. b) Die freigebige Zuwendung ist mit dem Begriff der "Schenkung" eng verbunden: Gemäß den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2; 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt sie als "Schenkung unter Lebenden", welche der "Schenkungsteuer" unterfällt. Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung des ErbStG vom geltenden Zivilrecht 22 ausgegangen und hat bei der Schaffung der einzelnen Tatbestände zahlreiche Termini aus dem BGB übernommen: Erwerb durch ErbanfalF3, Pflichtteilsanspruch 24, Gütergemeinschaft 25 , Zugewinngemeinschaft 26 Vor-und N acherbschaft 27 etc. Es ist daher an zahlreichen Stellen auf die enge Verzahnung von Erbschaft- und Schenkung steuerrecht einerseits und Bürgerlichem Recht andererseits hingewiesen worden 28 . Crezelius 29 spricht insoweit von einem "Prinzip der Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Erbschaftsteuerrecht". Dies wie auch die allgemeine Regel, daß zwischen einzelnen Gesetzesbestimmungen prinzipiell sachliche Übereinstimmung bestehen soll 30, lassen es naheliegend erscheinen, bei der Auslegung der freigebigen Zuwendung die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" vergleichend heranzuziehen: Bei der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" geht die ganz überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, daß der Tatbestand neben objektiven auch ein subjektives Merkmal enthält. Dieses wird, anknüpfend an die in § 516 Abs. 1 BGB gegebene Definition, als ,,Einigung über die Unentgeltlichkeit" 31 bezeichneP2. Erforderlich sei insoweit ein Vertrag 33 der Parteien, 22 Das BGB trat am 1. Januar 1900 in Kraft (RGBl. 1896, S. 604) und ist somit älter als das erste reichseinheitliche ErbStG aus dem Jahre 1906. 23 § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG / § 1922 BGB. 24 § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG / §§ 2147 ff. BGB. 25 § 6 Abs. 1 ErbStG / §§ 1483 ff. BGB. 26 § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG / § 1363 BGB. 27 § 6 ErbStG / §§ 2100 ff. BGB. 28 Vgl. etwa: BFH BStBl. 111987, S. 175 (176); FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133 f.; Crezelius, S. 36 ff.; Meincke in Meincke / Michel, Einführung Anm. 7 ; Moench, ErbStG, Einführung, Anm. 56 ff. 29 S. 36 ff. 30 Larenz, Methodenlehre, S. 310. 31 BGH NJW 1981, S. 1956; WM 1967, S. 1131 (1133); NJW 1961, S. 604 (605); BGHZ Bd. 5, S. 302 (305); RGZ Bd. 125, S. 380 (383); 105, S. 246 (248); RG JW 1930

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

nach dessen Inhalt die Zuwendung unentgeltlich sei, d. h. der Zuwendung dürfe nach der (subjektiven) Parteivereinbarung kein Gegenwert gegenüberstehen 34. Auf eine Bereicherungsabsicht (= "animus donandi") soll es nicht ankommen 35 • Eine genaue Definition gibt Kollhosser 36 : "Unentgeltlichkeit der Zuwendung liegt vor, wenn sie nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts nicht mit einer Gegenleistung verknüpft ist und auch sonst nicht zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist." Vor diesem Hintergrund wird das Vorliegen einer Schenkung in den folgenden Fällen abgelehnt: (9) A leistet auf eine Verbindlichkeit, die zwar besteht, jedoch gerichtlich nicht durchsetzbar ist. 37 (11) A erbringt an B eine Leistung, um diesen so zu einer Gegenleistung zu veranlassen, auf die er einen Anspruch nicht hat. 38 (12) A und B wissen, daß die Leistungen des zwischen ihnen geschlossenen Austauschvertrages nicht völlig gleichwertig sind. Gleichwohl gehen sie für ihre Zwecke von einer Gleichwertigkeit aus. 39 Nr. 969; JW 1917, S. 848 (849); Brox, Besonderes Schuldrecht, Anm. 140; Fikentscher, Schuldrecht, S. 491; Kegel, JZ 1952, S. 657; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 9; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I; Mezger in RGRK, § 516 Anm. 8; Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm. 5; Putzo in Palandt, BGB, § 516 Anm. 1 a, 4, 5; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 13, 16. 32 Bezeichnet wird das subjektive Merkmal auch als: "Bewußtsein der Unentgeltlichkeit" (RG JW 1908, S. 854, 855; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 13), als "Wille, daß die Zuwendung unentgeltlich ist" (BGH NJW 1961, S. 604,605; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 16) oder als ,,Absicht zur Unentgeltlichkeit" (Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 488). Und nach einer Entscheidung des RFH aus dem Jahre 1913 (JW 1913, S.854, 855) soll ein "Wille zu schenken" nicht erforderlich sein. Inhaltliche Unterscheidungen gehen mit diesen unterschiedlichen Bezeichnungen nicht einher. Von einem ,,Bereicherungswillen" ist in Rechtsprechung und Literatur zu § 516 Abs. 1 BGB, soweit ersichtlich, an keiner Stelle die Rede. 33 Motive, Band 2, S. 288 f. - der Beschenkte soll sich die Bereicherung nicht gegen seinen Willen aufdrängen lassen müssen; BGH WM 1971, S. 1338 (1341); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 9; Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm. 5. Putzo in Palandt, BGB, § 516 Anm. 5. 34 Brox, Besonderes Schuldrecht, Anm. 140. Vgl. auch: BGH NJW 1983, S.759; WM 1971, S.1338 (1341); 1967, S. 1131 (1133); RGZ Bd. 125, S.380 (383); 105, S.246 (248); 62, S.38 (44 f.); Fikentscher, Schuldrecht, S. 491; Hülsheger, S. 86 f.; Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S.488; Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm. 12; Putzo in Palandt, BGB, § 516 Anm. 4 a. 35 Protokolle, Band 11, S. 25; RGZ Bd. 120, S. 253 (255 f.); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 10; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I; Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 489. Zur Schwierigkeit der Abgrenzung: Kegel, JZ 1952, S. 657 f. 36 In MK zum BGB, § 516 Anm. 13. Ebenso: Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 13. Ausführlich zum Begriff der "Unentgeltlichkeit": B.IV.l.ba). 37 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 13; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I. 38 BGH NJW 1982, S. 436; WM 1967, S. 1131 (1133); Brox, Besonderes Schuldrecht, Anm.140.

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

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(14) A nimmt fehlerhaft an, daß die von ihm hingegebene Leistung einen wesentlich niedrigeren Wert hat, als dies in Wirklichkeit der Fall ist (z. B. unerkanntes berühmtes Gemälde). 40 (15) A will auf eine bestehende Verbindlichkeit leisten. Diese ist jedoch, was A nicht weiß, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht entstanden oder bereits wieder untergegangen. 41 (16) A leistet, um eine tatsächlich bestehende und durchsetzbare Verbindlichkeit zu erfüllen. 42

Umstritten ist der folgende Fall: (13) A erbringt eine Leistung, da er mit ihr eine sittliche Pflicht oder eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht erfüllen will 43 •

Ist die Schenkung aber der Oberbegriff der in § 7 Abs. 1 Nr. 1-10, Abs. 5 - 7 ErbStG geregelten Tatbestände, so könnte die freigebige Zuwendung als ihr Hauptanwendungsfall ein entsprechendes subjektives Merkmal enthalten. Dieser Schluß ist jedoch nicht zwingend: Erstens hat der Gesetzgeber bei der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 auf den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zugunsten des Tatbestandes der "freigebigen Zuwendung" verzichtet 44 und sich so von der in § 516 Abs. 1 BGB enthaltenen Definition entfernt. Zweitens ist die freigebige Zuwendung nicht mit der Schenkung unter Lebenden identisch, sondern sie "gilt" als Schenkung unter Lebenden; "gilt" aber bringt zum Ausdruck, daß durch § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch Sachverhalte erfaßt werden sollen, die nicht alle Voraussetzungen einer "Schenkung" erfüllen. Drittens ist der Grundsatz, daß gleich oder ähnlich lautende gesetzliche Normen identisch auszulegen sind, nicht zwingend. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber bewußt oder unbewußt in einem bestimmten Zusammenhang von 39 BGH NJW 1961, S.604 (605); RGZ Bd. 105, S.246 (248); Mezger in RGRK, BGB, § 516 Anm. 10. 40 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 13. 41 RGZ Bd. 125, S. 380 (383); 105, S. 246 (249); BVerwG WM 1964, S. 1177 (1178); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 13; Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 488, 490; Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm. 12; Pufzo in Palandt, BGB, § 516 Anm. 5; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 13. 42 RGZ Bd. 105, S. 246 (248); Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 489. 43 Gegen das Vorliegen einer Schenkung: RG JW 1913, S. 854 (855); HRR 1928 Nr. 1407; 1930 Nr. 969; Kegel, JZ 1952, S. 657 (658). Von einer Schenkung gehen aus: RGZ Bd. 125, S. 380 (383); 120, S. 253 (255 f.); BVerwG WM 1964, S. 1177 (1178); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 13; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I; Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 489; Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm. 25; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 16; Weyers in Esser /Weyers, S. 113. Bei der Leistung auf Grund einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht handelt es sich nach dieser Ansicht um ein für das subjektive Merkmal unbeachtliches Motiv; auch entspreche allein die Einordnung solcher Zuwendungen als Schenkung dem Willen des Gesetzgebers. Differenzierend: Migsch, AcP 173, S.46 (50 ff., 68 ff.). 44 Vgl. hierzu: B.I.1.ae); B.II.3.d).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

einer an einer anderen Stelle gegebenen Definition abweicht 45 • Und viertens ist der "Grundsatz der Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Erbschaftsteuerrecht" nicht unumstritten: Die sogenannte "wirtschaftliche Betrachtungsweise" will weniger arn gewählten Ausdruck haften, als vielmehr der wirtschaftlichen Bedeutung der Steuergesetze gerecht werden 46; vor diesem Hintergrund wäre es durchaus möglich, daß der Gesetzgeber die "Schenkung unter Lebenden" anders versteht als die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts". c) Schließlich ist Grundlage einer jeden freigebigen Zuwendung ein Rechtsgeschäft zwischen (mindestens) zwei Beteiligten - dem Zuwendenden und dem Bedachten. Ein solches Rechtsgeschäft ist nicht denkbar, ohne daß auf seiten mindestens eines der Beteiligten eine Willenserklärung vorliegt. Auch hieraus ließe sich die Existenz eines subjektiven Merkmals schließen.

3. Regelungsabsicht, Zwecke und Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers Nach Klärung von Wortlaut und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes soll nunmehr nach dem Willen des Gesetzgebers gefragt werden. Dessen Wertentscheidungen sind und bleiben für den Auslegenden verbindlich 47. Unter dem "Willen des Gesetzgebers" versteht man zunächst die konkreten Vorstellungen der das Gesetz beschließenden Personen 48. Feststellen lassen sich insoweit in erster Linie die generellen Zwecke, die Grundentscheidungen, die der Gesetzge45 Larenz, Methodenlehre, S. 307, 312. So kann z. B. die "Genehmigung" des Vormundschaftsgerichts zu Geschäften des Vonnunds gemäß den §§ 1821, 1822 BGB nicht nur, wie man nach der in § 184 Abs. 1 BGB gegebenen Defmition vennuten sollte, nachträglich gegeben werden. Sie kann auch vorher erteilt werden (Damrau in Soergel, BGB, § 1828 Anm. 11; Diederichsen in Palandt, BGB, § 1828 Anm. 2 b; Schwab in MK zum BGB, § 1828 Anm. 11) Der Sprachgebrauch der §§ 1821 f. BGB entspricht also nicht dem Sprachgebrauch in §§ 183 f. BGB. 46 Der BFH (BStBl. III 1960, S.348, 349; 11 1983, S. 179, 180; vgl. auch: BFH BStBl. 11 1987, S.175, 176. Ebenso in der Literatur: Crezelius, S. 30ff.) steht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise kritisch gegenüber. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt (BStBl. 11 1984, S. 608,612): "Steuergesetze, die die Steuerpflicht an gewisse wirtschaftliche Lebenssachverhalte knüpfen, müssen der Vielfalt der wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten Rechnung tragen können ( ... ). So werden Erbschaft- und Schenkungsteuer von dem Vennögen erhoben, das bei dem Tod einer natürlichen Person oder bei einer Schenkung auf einen Dritten übergeht ( ... ) ... Der Gesetzgeber, der den wirtschaftlichen Vorgang des Substanzübergangs besteuern will, kann aber grundsätzlich nicht daran gehindert sein, dieses Anliegen durchzusetzen und entsprechende Regelungen zu treffen." 47 BFH BStBl. 11 1988, S. 220 (223); Larenz, Methodenlehre, S. 313. 48 Diese zu ennitteln, ist jedoch aus zwei Gründen nicht möglich: Zum einen ist der tatsächliche innere Wille nur schwer festzustellen, besonders aber werden sich die das Gesetz im Parlament beschließenden Personen über die spezielle Ausgestaltung der einzelnen gesetzlichen Vorschrift nur im Ausnahmefall Gedanken machen.

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

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ber beim Erlaß der Norm verfolgt. In einem ersten Schritt ist daher zu fragen, ob sich aus der "Tendenz"49 des Gesetzes eine Antwort auf die gestellte Frage entnehmen läßt. Die gesetzgeberischen Grundentscheidungen sind dabei in erster Linie den Parlamentsberichten zu entnehmen 50. Führt dies zu keinem konkreten Ergebnis, können hilfsweise die Normvorstellungen der an der Beratung und Abfassung des Gesetzestextes beteiligten Personen herangezogen werden. Diese Personen bilden zwar nicht den Willen des Gesetzgebers, gleichwohl kann davon ausgegangen werden, daß sie bei ihrer Arbeit bemüht waren, der intendierten Tendenz des Gesetzes besonders nahe zu kommen 51 . Ihre Normvorstellungen werden in den Entwürfen, Beratungsprotokollen und Begründungen zum Gesetz zu finden sein 52. Wie bereits gesehen, ist § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG das Ergebnis einer langen Entwicklung. Um die Festlegungen des Gesetzgebers des Jahres 1974 verstehen zu können, sollen nachstehend die einzelnen gesetzgeberischen Stellungnahmen seit dem Jahre 1906 referiert werden: a) Der Gesetzgeber des Jahres 1906 nahm die Schenkungsteuer in das Gesetz auf, um auf diese Weise Umgehungen der Erbschaftsteuer durch unentgeltliche Verfügungen des Erblassers zu Lebzeiten zu verhindern 53. Was die Ausgestaltung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Tatbestände im einzelnen betraf, sollten diese eng an dem kurze Zeit zuvor in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuch ausgerichtet werden 54: ,,Nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich erscheint es daher durchführbar und berechtigt, die Vorschriften, nach denen die Erbschaftsteuer innerhalb des Reiches zu erheben ist, auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts inhaltlich zu regeln." Auf diese Weise sollte der zersplitterte Rechtszustand innerhalb des Reiches beseitigt und eine Einheitlichkeit der Rechtsordnung erreicht werden 55. Vor dieLarenz, Methodenlehre, S. 314. Larenz, Methodenlehre, S. 316. 51 Larenz, Methodenlehre, S. 317. 52 Larenz, Methodenlehre, S. 317,319. 53 Vgl.: Begründung zum kaiserlichen Gesetzentwurf vom 28. November 1905, Verhandlungen des Reichtags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 946, 1054, 1060; Bericht der VI. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 223 (1905/06), Aktenstück Nr. 360, S. 3987. Zum Umgehungsgedanken vgl. bereits oben: B. I. 1. aa) - Fn. 2. 54 Begründung zum kaiserlichen Gesetzentwurf vom 28. November 1905, Verhandlungen des Reichtags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 946 sowie S. 1061. 55 Begründung zum kaiserlichen Gesetzentwurf vom 28. November 1905, Verhandlungen des Reichtags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 946, 1055; Bericht der VI. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, Bd.223 (1905/06), Aktenstück Nr. 360, S. 3986. So wurde etwa vor dem Jahre 1906 der Begriff der steuerpflichtigen "Schenkung" in den einzelnen Ländern unterschiedlich gefaßt. In manchen Ländern entsprach der Tatbestand der "Schenkung" der in § 516 Abs. 1 BGB enthaltenen Definition, in anderen wurden Rechtsgeschäfte nur dann als schenkungsteuerpflichtig angesehen, wenn 49

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

sem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, daß die "Schenkung unter Lebenden" im Sinne des § 55 Abs. 1 ErbStG 1906 der in § 516 Abs. 1 BGB gegebenen Definition entsprechen sollte; die Materialien nehmen dann auch mehrfach auf die §§ 516 ff. BGB Bezug 56 . Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte demnach für die Schenkung unter Lebenden in subjektiver Hinsicht eine "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" erforderlich sein. Was die Frage des Nachweises des subjektiven Merkmals betrifft, so sagen die Materialien zum ErbStG 1906 hierüber nichts aus. Ein kaiserlicher Änderungsentwurf zum ErbStG 1906 aus dem Jahre 1909 schlug jedoch vor, die Schenkungen unter Lebenden zugunsten einer neu einzuführenden "Nachlaßsteuer" zukünftig von einer Besteuerung freizuhalten, um ein übermäßiges "lästiges Eindringen in die innersten Familienbeziehungen"57 seitens der Finanzbehörden zu vermeiden. Wenn dieser Entwurf auch im Reichstag abgelehnt wurde, so zeigt er doch, daß der Gesetzgeber ursprünglich davon ausgegangen war, daß das Vorliegen des subjektiven Merkmals unter genauer Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles nachzuweisen sei. b) Im Zuge der ersten Erzbergersehen Finanz- und Steuerreform erging am 10. September 1919 das ErbStG 1919 58 . In dessen § 40 Abs. 1 trat neben die "Schenkung unter Lebenden" (§ 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919) der Begriff der "freigebigen Zuwendung" (§ 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919). Zur "Schenkung unter Lebenden" wird in der Begründung zum Gesetzentwurf nunmehr ausdrücklich klargestellt, daß sich ihr Inhalt aus der in § 516 Abs. 1 BGB gegebenen Defmition ergibt 59. Zur Normierung der "freigebigen Zuwendung" in § 40 Abs. 1 S. 2 BGB war es wie folgt gekommen: Im Entwurf zum ErbStG 1919 war von einer freigebigen Zuwendung zunächst nicht die Rede gewesen. Es hatte dort vielmehr geheißen 60 : "Schenkungen und sonstige ohne entsprechende Gegenleistung erhaltene Zuwendungen unter Lebenden (Vermögensübergaben) unterliegen der gleichen Besteuerung wie der Erwerb von Todes wegen."

sie subjektiv auf eine Vorwegnahme der Erbfolge abzielten; zu diesen und anderen Unterscheidungen vg!.: Bericht der VI. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, Bd.223 (1905/06), Aktenstück Nr. 360, S. 3986 f. 56 Begründung zum kaiserlichen Gesetzentwurf vom 28 . November 1905, Verhandlungen des Reichtags, Bd.220 (1905/06), Aktenstück Nr.lO, S. 1061; Bericht der VI. Kommission, Verhandlungen des Reichstags, Bd.223 (1905/06), Aktenstück Nr. 360, S. 3988, 4001. 57 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 248 (1909), Anlage Nr. 947, S. 14, 18. 58 RGB!. 1919, S. 1543. 59 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376, S. 42. 60 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser.

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

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Nach der Begründung zum Entwurf für das ErbStG 1919 61 sollte die Aufnahme der "sonstigen Zuwendungen" neben den "Schenkungen unter Lebenden" es ermöglichen, auch sogenannte "verkappte Schenkungen" zu erfassen; unter "verkappten Schenkungen" verstand der Gesetzgeber in erster Linie solche Rechtsgeschäfte, bei denen absichtlich ein unangemessen niedriger Erwerbspreis vereinbart wurde. Den "sonstigen ohne entsprechende Gegenleistung erhaltenen Zuwendungen" sollte somit die Aufgabe zukommen, Sachverhalte, die sich nicht unter die Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts subsumieren ließen, gleichwohl der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Dies wird bestätigt durch Ausführungen, die der Gesetzgeber bereits früher zu einer identischen Formulierung in § 3 Abs. 1 Nr.3 des Entwurfes zum Kriegssteuergesetz 1916 gemacht hatte 62 : "Während unter ,Schenkung' die Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts zu verstehen sei, sollten unter dem zweiten Begriff, der ein wirtschaftlicher sei, im weitesten Sinne alle Vermögensübergaben unter Lebenden verstanden werden." Die im Entwurf gewählte Formulierung wurde dann jedoch bei den sich anschließenden Ausschußberatungen zum Gesetz 63 wegen ihrer Unbestimmtheit bemängelt: Zwar würde eine Besteuerung der "Schenkungen im Sinne des Bürgerlichen Rechts" allein Umgehungen des ErbStG Tür und Tor öffnen. Andererseits sei es jedoch bei der in § 37 Abs. 1 S. 1 des Entwurfes gewählten Formulierung nicht ausgeschlossen, daß auch ein Warenverkauf, der mit dem Ziel, neue Kundschaft zu werben, unter dem wirklichen Wert erfolge, als ,,zuwendung ohne entsprechende Gegenleistung" angesehen und besteuert werde; dies, obwohl eine "Absicht zu schenken"64 in keiner Weise vorgelegen habe. Vertreter der Regierung betonten daraufhin, daß "eine Zuwendung nur dann schenkungsteuerpflichtig werde, wenn sie schenkungsähnlichen Charakter habe." 65 Um eine Formulierung zu finden, die dieser Intention gerecht werde, wurde die Frage an einen Unterausschuß überwiesen. Dieser wählte die Fassung, die später in das ErbStG 1919 aufgenommen wurde 66 :

61 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376, S. 42. Vgl. auch: Bericht des 10. Ausschusses, Verhandlungen des Reichstags, Bd.338 (1919), Anlage 941, S. 904. 62 Bericht der Kommission für den Reichshaushalt über den Entwurf eines Kriegsgewinnsteuergesetzes, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 318 (1915/16), Anlage Nr. 320, S.542. 63 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 338 (1919), Anlage 941, S. 904. 64 Bericht 10. Ausschußes, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 338 (1919), Anlage 941, S. 904. 65 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 338 (1919), Anlage 941, S. 904. 66 RGBI. 1919, S. 1543 Hervorhebungen stammen vom Verfasser.

64

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung § 40

(1) Schenkungen unter Lebenden unterliegen der gleichen Besteuerung wie der Erwerb von Todes wegen. Schenkungen stehen gleich freigebige Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden mit dessen Willen bereichert wird .... (2) ...

Hieraus läßt sich ableiten: Ziel des Gesetzgebers war es, mit dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" bestimmte Sachverhalte der Schenkungsteuer zu unterwerfen, die der in § 516 Abs. 1 BGB gegebenen Definition nach damaliger Vorstellung nicht unterfielen. Zugleich sollte die freigebige Zuwendung jedoch nicht jede Bereicherung erfassen. Sie sollte sich vielmehr weiterhin an der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts orientieren, was durch die Aufnahme eines subjektiven Merkmals (= "Absicht zu schenken") zum Ausdruck kommen sollte. Fraglich bleibt, warum der Gesetzgeber neben dem Begriff der freigebigen Zuwendung das Tatbestandsmerkmal "mit dessen Willen bereichert wird" in § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 aufgenommen hat. Verschiedene Erklärungsmöglichkeiten bieten sich an: Entweder wollte der Gesetzgeber das Erfordernis des bereits im Begriff der freigebigen Zuwendung enthaltenen subjektiven Merkmals noch einmal besonders betonen 67 - gegen diese Deutung spricht, daß es bei der engen Anlehnung der freigebigen Zuwendung an die Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts näher gelegen hätte, von einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" zu sprechen. Oder den beiden Tatbestandsteilen kommen nach Ansicht des Gesetzgebers unterschiedliche Aufgaben zu - das Tatbestandsmerkmal der freigebigen Zuwendung könnte die Abgrenzung des § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 gegenüber der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts, das Tatbestandsmerkmal "mit dessen Willen bereichert wird" das Erfordernis eines subjektiven Merkmals zum Ausdruck bringen sollen 68. Auch hier hätte es aus den oben genannten Gründen näher gelegen, von einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" zu sprechen. Gegen diese Deutung spricht außerdem, daß der Begriff der Freigebigkeit selbst bereits im Jahre 1919 nach herrschender Ansicht ein subjektives Merkmal, den Willen zur Unentgeltlichkeit, enthielt 69. Denkbar wäre schließlich drittens, daß der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 zwei subjektive Merkmale fordern wollte, welche kumulativ gegeben sein sollten - einen "Willen zur Unentgeltlichkeit", welcher in dem der Schenkung angelehnten Begriff der freigebigen Zuwendung enthalten ist und einen "Bereicherungswillen". Dem läßt sich entgegenhalten, daß eine solche Bestimmung des subjektiven Merkmals 67 Dem Tatbestands-Teil "mit dessen Willen bereichert wird" käme insoweit deklaratorischer Charakter zu. 68 Dem Tatbestands-Teil "mit dessen Willen bereichert wird" käme insoweit konstitutiver Charakter zu. 69 Vgl. oben: B. I. 2. aa).

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

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einer besonderen Erklärung bedurft hätte, in den Gesetzgebungsmaterialien von einem ,,Bereicherungswillen" aber an keiner Stelle die Rede ist. Auch wurde der Tatbestands-Teil "mit dessen Willen bereichert wird" bereits im Jahre 1922 ebenfalls kommentarlos - wieder aus dem Gesetz gestrichen 70. Eine eindeutige Klärung der Frage, was der Gesetzgeber mit der Aufnahme der Formulierung "mit dessen Willen bereichert wird" in § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 bezwecken wollte, scheint daher heute nicht mehr möglich. Ob das subjektive Merkmal im Einzelfall vorliegt, "muß nach Lage des einzelnen Falles geprüft und entschieden werden."71 c) Da das ErbStG 1919 in grundsätzlichen wie in Detail-Fragen keine langfristig zufriedenstelIenden Regelungen bot, beschloß der Reichstag im Jahre 1922 ein neues Erbschaftsteuergesetz 72 • Was die hier behandelte Frage betrifft, wurde in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922 durch den Gesetzeswortlaut ausdrücklich klargestellt, daß unter "Schenkung" eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu verstehen ist. Dies entsprach der bereits zu § 55 Abs. 1 ErbStG 1906 und § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919 gefundenen Deutung 73 • Erforderlich sollte in subjektiver Hinsicht eine "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" sein. Der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" war nunmehr in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1922 geregelt, wobei der Tatbestandsteil "mit dessen Willen bereichert wird" ersatzlos gestrichen wurde. Eine Erklärung für diese Änderung erfolgt nicht. Während andere Punkte, z. B. der neu eingeführte Begriff der "Zweckzuwendung", ausführlich diskutiert wurden 74, ist über den Tatbestand der freigebigen Zuwendung weder in den stenographischen Berichten der Reichstagssitzungen 75 noch in den Änderungsanträgen 76 noch in den Ausschußberichten 77 eine 70 Die Rechtsprechung freilich übernahm die Formulierung des § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919: Bis zum Jahre 1976 bezeichnete sie das subjektive Merkmal der freigebigen Zuwendung als "Bereicherungswille" - vgl. oben: B.I.2.ab), bb). 71 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376, S. 42. 72 RGBl. 1 1922, S. 695. Dieses zeichnete sich gegenüber seinen Vorgängern durch die folgenden wesentlichen Neuerungen aus: Fortfall der Nachlaßsteuer; neue Klasseneinteilung; Begünstigung der Ehegatten; tarifliche Änderungen; Zusammenfassung der Steuerbefreiungen; Änderungen der Wertermittlungs-Vorschriften. Außerdem war der Aufbau des Gesetzes grundlegend geändert worden. 73 Der Gesetzgeber geht auf diese Änderung gar nicht erst weiter ein: Verhandlungen des Reichstags, Bd.355 (1920/24), S. 7859 ff.; Bd.356 (1920/24), S. 8621 ff., S. 8632 ff. sowie S. 8658 f.; Bd. 374 (1920/1924), Anlage Nr. 4767, S. 5273 und Anlage Nr. 4856, S. 5335. 74 Bericht des 11. Ausschusses, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 374 (1920/24), Anlage Nr. 4856, S. 5340. 75 Verhandlungen des Reichstags, Bd.355 (1920/24), S. 7859 ff.; Bd.356 (1920/ 24), S. 8621 ff., S. 8632 ff. sowie S. 8658 f. 76 Verhandlungen des Reichstags, Bd.374 (1920/1924), Anlage Nr.4479, S.4903 und Anlage Nr. 4480, S. 4908. 77 Verhandlungen des Reichstags, Bd.374 (1920/1924), Anlage Nr.4767, S.5273 und Anlage Nr. 4856, S. 5335. 5 Klein-Blenkers

66

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Bemerkung zu finden. Hieraus läßt sich schließen, daß der Gesetzgeber den Tatbestand der freigebigen Zuwendung wohl inhaltlich unverändert aus § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 übernehmen wollte; die bereits zu § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 angesprochenen Zweifelsfragen betreffend das subjektive Merkmal bleiben insoweit auch hier offen. d) Relevante Änderungen brachte dann erst wieder 78 die große Erbschaftsteuerreform von 1974 79 • Sie verfolgte zwei Ziele: Zum einen wollte sie mehr Steuergerechtigkeit schaffen. Dies sollte durch kleine und mittlere Erbschaften geringer belastende Freibeträge und Steuersätze, durch stärker am Verkehrswert orientierte Einheitswerte und schließlich durch die Beseitigung bestehender Steuerumgehungsmöglichkeiten erreicht werden. Zum anderen sollte eine Vereinfachung des Steuerrechts erreicht werden. Die bereits in § 3 ErbStG 1922 geregelten steuerpflichtigen "Schenkungen unter Lebenden" wurden nunmehr in § 7 ErbStG 1974 normiert, wobei der Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen wurde. In § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 wurde als Haupt78 Das ErbStG 1925 (RGBl. I 1925, S. 320) unterschied sich vom ErbStG 1922 in erster Linie in Fragen der Bewertung, des Gattenerwerbs sowie des Steuertarifs. Was die Schenkung im S~~ des Bürgerlichen Rechts sowie die freigebige Zuwendung betrifft, sind inhaltliche Anderungen nicht ersichtlich (Vgl.: Begründung zum Gesetzentwurf, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 400, 1924/28, Anlage Nr. 798, S. 11 ff.; Bericht des 6. Ausschusses, Verhandlungen des Reichstages, Bd.403, 1924/28, Anlage Nr. 1236, S. 10 ff.; Stenographische Berichte, Verhandlungen des Reichstages, Bd. 387, 1924/28, S. 3794 ff. u. 4205 f.) Der Gesetzeswortlaut von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922 blieb unverändert. Auch die im Zeitraum zwischen 1925 und 1959 erlassenen weiteren Änderungsgesetze (RGBl. I 1931, S.346; 1934, S. 1056; StZBl. 1946, S.25; 1928, S. 123, 130; BGBl. I 1951, S. 759,764; 1952, S. 20; 1953, S. 687; 1954, S. 373, 391; 1957, S. 848, 857) brachten keine Änderungen. Gleiches gilt für die Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes im Jahre 1959 (BGBl. I 1959, S. 187). Mit ihr wollte der Gesetzgeber das bestehende Erbschaftsteuerrecht an das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 sowie an die inzwischen erfolgte Neuregelung des ehelichen Güterstandes (Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand) anpassen. Außerdem wurde der Wortlaut des Gesetzes mit neuer Paragraphenfolge bekannt gemacht. Für eine inhaltliche Änderung des § 3 Abs. 1 Nr. 1,2 ErbStG 1925 geben die Materialien (Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucksache 3/598, S. 10 ff.; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucksache 31795; Stenographische Berichte, 3. Wahlperiode, S.2872 und S. 3356 f.) keinen Anhaltspunkt. § 3 Abs. 1 Nr. 1,2 ErbStG 1925 blieb im Wortlaut unverändert. Dies gilt auch für die weiteren bis zum 31. 12. 1973 erlassenen Änderungsgesetze zum ErbStG (BGBl. I 1969, S. 105, 135; 1970, S. 1856, 1859). 79 BGBl. I 1974, S.933. Zu ihren Zielen: Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuereformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 1,44, 48, 59 (da es nicht gelang, das Gesetz in der 6. Wahlperiode zu verabschieden, wurde der Entwurf nebst Begründung in die 7. Wahlperiode übernommen: BT-Drucksache 7178, S.45); BT-Drucksache 7/ 78, S. 1; Ausschußberichte, BT-Drucksache 7/1329, S. 1 und BT- Drucksache 7/1333, S. 1 f.; Stenographische Berichte, 7. Wahlperiode, S. 800, 804, 4113 -4129. Vgl. auch: Gutachten Direkte Steuern, S. 72 ff.; Gutachten der Steuerreformkommission, S. 659 ff.; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, Einführung Anm. 11; Troll, ErbStG, Einführung Anm.4.

11. Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

67

anwendungsfall der Schenkungsteuer der bereits in § 3 Abs. I Nr. 2 ErbStG 1922 enthaltene Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" normiert. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt 80 : "Hier sind gegenüber der entsprechenden Vorschrift des § 3 ErbStG folgende Änderungen zu verzeichnen: In Absatz 1 sind zunächst in Nummer 1 die Schenkungen im Sinne des Bürgerlichen Rechts und die ,anderen' freigebigen Zuwendungen unter Lebenden zusammengefaßt worden. Dies erscheint zweckmäßig, weil die freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, die Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts bereits einschließt. Demzufolge wird in der Praxis - das gilt auch für die Steuergerichte - nicht geprüft, ob eine freigebige Zuwendung, bei der Bereicherungswille des Zuwendenden und objektive Bereicherung des Bedachten genügen, auch die strengeren Voraussetzungen für die Annahme einer Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts (Einigung über die Unentgeltlichkeit) erfüllt, da dies für die Steuerpflicht ohne Bedeutung ist." Hieraus ergibt sich: der Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" wurde aus Vereinfachungsgründen aus dem Gesetz gestrichen - was die subjektive Seite betrifft, sollte es in Zukunft im Rahmen der freigebigen Zuwendung nur noch auf die Person des Zuwendenden ankommen, nicht mehr auf eine Einigung zwischen Zuwendendem und Bedachtem. Im übrigen aber sollte die freigebige Zuwendung an der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts orientiert bleiben; insbesondere sollte weiterhin ein subjektives Merkmal erforderlich sein. Dies ergibt sich auch aus der folgenden allgemeinen Aussage, die im Rahmen der Begründung von § 7 Abs. 1 NT. 4 ErbStG 1974 erfolgte 8l : "Das Erbschaftsteuergesetz will jede objektive Bereicherung erfassen, die jemand einer anderen Person zu Lasten seines eigenen Vermögens in der Absicht gewährt, diese andere Person zu bereichern." Um das subjektive Merkmal zu bezeichnen, greift der Gesetzgeber die Formulierung des § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 - welche von der Rechtsprechung über das ErbStG 1919 hinaus fortgeführt worden war - wieder auf und spricht von ,,Bereicherungswille" bzw. "Bereicherungsabsicht". Eine inhaltliche Begründung wird auch hier nicht gegeben. Vielmehr sind Zweifel angebracht, ob die Auswahl der Begriffe "Bereicherungswille" bzw. "Bereicherungsabsicht" sorgfältig getroffen wurde: Zum einen soll nach dem Willen des Gesetzgebers jede Schenkung im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB zugleich eine freigebige Zuwendung sein. Bezeichnen "Bereicherungswille" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" aber unterschiedliche subjektive Sachverhalte und geht man weiter davon aus, daß für die Schenkung nach überwiegender Meinung 82 allein eine Einigung über die Unentgeltlichkeit, nicht aber ein Bereicherungswille erforderlich ist, so wären 80 8l

82

5*

BT-Drucksache 6/3418, S. 64. BT-Drucksache 6/3418, S. 64. Vgl. oben: B.II.2.b).

68

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Schenkungen denkbar, die nicht als freigebige Zuwendungen angesehen werden könnten: Es wären dies jene Fälle, in denen der Schenker zwar einen Willen zur Unentgeltlichkeit, nicht aber einen Bereicherungswillen hat. Zum anderen sieht der Gesetzgeber die Vereinfachung des neuen Rechtszustandes darin, daß das subjektive Merkmal auf seiten des Zuwendenden vorliegen müsse, eine Einigung über die Unentgeltlichkeit also nicht mehr nachzuweisen sei. Hiernach aber wäre es folgerichtig, bei dem einseitigen subjektiven Merkmal nicht von einem "Bereicherungswillen", sondern von einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" zu spreehen 83. Zur Frage, wie das subjektive Merkmal in der Praxis festzustellen ist, fällt in der Gesetzesbegründung nur eine kurze Bemerkung: Zu § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 wird angeführt, daß die von der Rechtsprechung nach bisher geltendem Recht geforderte Unterscheidung der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft aus güter- oder erbrechtlichen Gründen die Praxis überfordere und insoweit für diesen Sachverhalt eine einfachere gesetzliche Regelung erforderlich sei 84 • Hieraus ergibt sich, daß im Regelfall das jeweilige subjektive Merkmal von Fall zu Fall konkret nachzuweisen ist. 4. Ergebnis der Auslegung § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG enihält eines oder mehrere "subjektive Tatbestandsmerkmale": Um Umgehungen der Erbschaftsteuer zu vermeiden und zugleich eine Vereinheitlichung der Rechtsordnung zu erreichen, nahm der Gesetzgeber des Jahres 1906 den Tatbestand der "Schenkung" in das ErbStG auf. Hier war das Vorliegen eines subjektiven Tatbestandsmerkmals ("Einigung über die Unentgeltlichkeit") eindeutig. Seit der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 hat der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" abgelöst; der Gesetzgeber wollte so eine Vereinfachung der Besteuerung sowie eine vollständigere Erfassung des Steuerobjektes erreichen. Auch der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" enthält ein subjektives Tatbestandsmerkmal. Der Wille des Gesetzgebers ist insoweit eindeutig und manifestiert sich in Wortlaut und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes.

Über den Inhalt des subjektiven Merkmals läßt sich eine eindeutige Aussage nicht treffen: § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919 besagte, daß der Bedachte durch die freigebige Zuwendung mit Willen des Zuwendenden bereichert werden muß. 83 Die im Rahmen von § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919 diskutierte Möglichkeit, daß der Gesetzgeber "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Bereicherungswille" parallel fordert, scheint hier ausgeschlossen (BT- Drucksache 6/3418, S. 64): "Demzufolge wird in der Praxis - das gilt auch für die Steuergerichte - nicht geprüft, ob eine freigebige Zuwendung, bei der Bereicherungswille des Zuwendenden und objektive Bereicherung des Bedachten genügen ..." 84 BT-Drucksache 6/3418, S. 64.

III. Steuersystematische Überlegungen

69

Dies kann auf das Erfordernis entweder eines Willens zur Unentgeltlichkeit oder eines Bereicherungswillens wie auch auf das Erfordernis eines Willens zur Unentgeltlichkeit und eines Bereicherungswillens hindeuten. Die Gesetzesbegründung zum ErbStG 1974 spricht davon, daß "Bereicherungswille" des Zuwendenden genüge, ohne jedoch für die Wahl dieses Terminus eine Begründung :z:u geben oder seinen Inhalt genauer zu beschreiben. Eine vergleichende Untersuchung des Begriffes der "Freigebigkeit" in anderen gesetzlichen Vorschriften sowie die Tatsache, daß sich die freigebige Zuwendung eng an die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" anlehnt, könnte für einen "Willen zur Unentgeltlichkeit" sprechen. Auch dies ist jedoch nicht zwingend. Bei der Frage, wie das subjektive Merkmal im Einzelfall nachzuweisen ist, führen Wortlaut und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes nicht weiter. In den Gesetzgebungsmaterialien finden sich nur sehr wenige Anhaltspunkte. Nach diesen sind die konkreten Vorstellungen der Beteiligten in jedem einzelnen Fall zu eruieren.

III. Steuersystematische Überlegungen Ins Auge gefaßt werden soll in diesem Kapitel der objektive Sinn und Zweck von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn über die ausdrücklich zur Sprache gebrachten und im Gesetz niedergelegten Zwecke und Normvorstellungen hinaus wird der Gesetzgeber stets um zweierlei bemüht sein: Zum einen will er objektive Zwecke des Rechts, wie z. B. Friedenssicherung, gerechte Streitentscheidung, Ausgewogenheit einer Regelung oder Rechtsgüterschutz verwirklichen. Zum anderen wird er eine möglichst "sachgemäße" Regelung treffen wollen 1. Indem man fragt, was objektiver Sinn und Zweck der ins Auge gefaßten Norm ist und wie diese Ziele am besten erreicht werden können, lassen sich unter Umständen Hinweise für die Auslegung der Norm erlangen. Voraussetzung ist dabei nicht, daß sich der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm dieser Ziele ausdrücklich bewußt war. Es genügt, daß die Vorstellungen im Regelfall unreflektiert vorhanden sind. Larenz nennt diese Auslegungsmethode daher die "objektiv-teleologische"2. Ihre Grenze kann die objektiv-teleologische Auslegung freilich dort finden, wo der klare Wortlaut des Gesetzes, der Bedeutungszusammenhang oder ein bewußtes Sich-hinweg-Setzen des historischen Gesetzgebers über die systematischen Vorgaben de-Iege-Iata auf ein anderes Ergebnis verweisen 3 • Jedoch auch in diesen 1 Larenz, Methodenlehre, S. 319 f. Von "Sachgemäßheit" spricht man dann, wenn die Regelung der Eigenart und der Struktur des zugrunde liegenden Sachbereichs so weit wie möglich entspricht. 2 Methodenlehre, S. 319 f. Speziell für das Gebiet des Steuerrechts: BFH BStBl. II 1987, S. 175 (177); Kirchhof, StuW 1985, S. 319 (326 f.); Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 102, 105 ff.; Tipke, Steuerrecht, S. 22, 62. 3 Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 105 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 320, 328 ff.

70

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Fällen ist die Untersuchung von Sinn und Zweck der ins Auge gefaßten Vorschrift nicht nutzlos. Aus ihr können sich vielmehr wertvolle Hinweise für de-Iegeferenda vorzunehmende Änderungen des Gesetzes ergeben. Im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist daher in einem ersten Schritt (1.) zu fragen, was Sinn und Zweck der Erhebung von Schenkungsteuer ist. Ist die steuersystematische Zielsetzung geklärt, ist in einem zweiten Schritt (2.) zu prüfen, ob es vor diesem Hintergrund folgerichtig ist, ein subjektives Merkmal in den Steuertatbestand aufzunehmen. Abgerundet werden diese steuersystematischen Überlegungen durch einen vergleichenden Blick auf die in Österreich und der Schweiz geltenden Regelungen (4.). 1. Die einzelnen Erklärungen für die Existenz von Schenkungsteuer

Steuersystematische Erklärungen für die Existenz von Erbschaftsteuer gibt es viele. Rechtfertigungsversuche für die Schenkungsteuer führen demgegenüber ein stiefmütterliches Dasein. Im folgenden sollen daher neben den wenigen Theorien zur Schenkungsteuer auch die Theorien zur Erbschaftsteuer und ihre analoge Anwendbarkeit auf die Schenkungsteuer erörtert werden.

a) Die Rechtfertigung des historischen Gesetzgebers für die Erhebung von Erbschaft- und Schenkungsteuer Die wachsenden Aufgaben des Reiches in militärischer, finanzwirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Hinsicht hatten zu Beginn des Jahrhunderts die Entstehung eines erheblichen Fehlbetrages im Reichshaushalt zur Folge 4 • Da es nicht möglich war, diesen Fehlbetrag durch eine weitere Abgabenerhöhung für Gegenstände des Massenverbrauchs zu decken, entschlossen sich die verbündeten Landesregierungen, die Regelung des Erbschaftsteuerwesens einheitlich auf das Reich zu übertragen und diesem den Ertrag in wesentlichem Umfang zukommen zu lassen. In Anschluß an die insbesondere in Großbritannien und Frankreich gemachten Erfahrungen 5 ging man davon aus, daß Erbschaftund Schenkungsteuer imstande seien, erhebliche und zwar stetig wachsende Erträge zu erzielen und so, ohne für den Betroffenen sonderlich drückend zu wirken, zur Sanierung der Staatsfinanzen beizutragen 6• In der amtlichen Begründung zum ErbStG 1906 ist insoweit ausgeführt 7 : 4 Vgl.: Begründung des Gesetzentwurfes zum ErbStG 1906, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 940 ff., 1053. 5 Vgl.: Begründung des Gesetzentwurfes zum ErbStG. 1906, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 946, 1053; Bericht der VI. Kommission zum ErbStG 1906, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 223 (1905/06), Anlage 360, S. 3972. 6 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 1053 f.; Stenographische Berichte, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 214 (1905/06), S. 120. Tatsächlich erbrachten Erbschaft- und Schenkungsteuer kurz vor dem 1. Weltkrieg 1,5%

III. Steuersystematische Überlegungen

71

,,Die Frage der grundsätzlichen Berechtigung der Erhebung einer Abgabe vom Nachlasse (Besteuerung eines unverdienten Vermögenszuwachses, Entgelt für gewährten Rechtsschutz u. s. f.) braucht hier nicht näher erörtert zu werden; jedenfalls ist die Steuer vom fmanzwirtschaftlichen Standpunkt aus ebenso gerechtfertigt wie jede andere Abgabe vom Güterumsatz und fast sämtliche größere Staaten haben sie ihren Zwecken, zum Teil in weitgehender Weise, dienstbar gemacht."

Diese Argumentation durchzieht die Gesetzgebungsverfahren bis zum Jahre 1925 8 ; insbesondere beim ErbStG 1919 spielte sie wegen der aus dem Ersten Weltkrieg resultierenden enormen Verschuldung des Deutschen Reiches eine große Rolle 9 • Erbschaft- und Schenkungsteuer wurden also bei ihrer Einführung im Jahre 1906 erhoben, weil sie als besonders ergiebig und leicht anzapfbar eingeschätzt wurden und weil man davon ausging, daß der zu erwartende Steuerwiderstand gering sein werde. Nach Tipke 10 fehlt einer solch "fiskalischen Argumentation" das "moralische Minimum" - jegliches Gewicht karm ihr jedoch wohl nicht abgesprochen werden. Entscheidend gegen die "fiskalische Argumentation" spricht gleichwohl, daß sich vor ihrem Hintergrund beliebige Sachverhalte besteuern lassen - die fiskalische Argumentation ist nicht in der Lage, einzelne Sachverhaltskonstellationen sinnvoll gegeneinander abzugrenzen, fördert damit ,,Beliebigkeit und Regellosigkeit" 11 der Besteuerung und karm so zu Steuerungerechtigkeiten führen. Damit aber entspricht die fiskalische Argumentation - pur angewandt - nicht den Anforderungen, die heute an die innere Rechtfertigung für eine Steuer gestellt werden 12.

des Gesamtsteueraufkommens. Die wirtschaftliche Bedeutung sank dann jedoch auf heute ca. 0,35% des Gesamtsteueraufkommens von Bund, Ländern und Gemeinden. Vgl. hierzu Frank, S. 139 ff.; Lang,]. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 157,170; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, Einführung Anm. 13; Timm, FinArch 1984, S. 553 (574). 7 Verhandlungen des Reichstags, Bd. 220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S. 946. 8 Zum ErbStG 1909: Entwurf zum ErbStG 1909, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 248 (1909), Anlage Nr. 997, S. 11,14. Zum ErbStG 1922: Stenographische Berichte, Verhandlungen des Reichstags,Bd. 355 (1920/24), S. 7860; Bd. 356 (1920/24), S. 8622. Zum ErbStG 1925: Stenographische Berichte, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 387 (1924/28), S. 3795. 9 Entwurf eines ErbStG 1919, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr.376, S.21; Bericht des 10. Ausschusses zum ErbStG 1919, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 338 (1919), Anlage Nr. 941, S. 895 ff. 10 Steuerrecht, S.371. Im Anschluß daran: Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S.458. 11 Balke, S. 108. 12 Balke, S. 107 f.; Boehmer in Staudinger, BGB, Einleitung zum Erbrecht, § 1 Anm. 1, 2; § 7 Anm. 21; Breitenbach, S. 35; Lang, J. in Tipke / Lang, S. 24 ff., 159, 458; Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 490); Tipke, Steuerrecht, S. 24 ff. Bereits im letzten Jahrhundert v. Scheel, S. 31. Anderer Ansicht wohl: Lenski, ErbStG, S. 2; Schäffle, S. 422.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung b) Heute nicht mehr vertretene Theorien

Hier sollen zwei Rechtfertigungsansätze zur Erbschaftsteuer dargestellt werden, die heute zwar nicht mehr vertreten werden, jedoch eine bedeutende Rolle spielten auf dem Höhepunkt der Diskussion um die Berechtigung von Erbschaftund Schenkungsteuer in der zweiten Hälfte des 19. und dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts. ba) Die "Theorie vom Miterbrecht des Staates" 13 wurde in Deutschland wohl erstmals von v. Scheel 14 vertreten. Grundlegend für diese Theorie war ein sich vollziehender Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse 15. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war der Familienverband Keimzelle und Garant aller gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen. Natürliche Produktionseinheit war die Großfamilie. Sie versorgte die zahlreichen von ihr abhängigen Verwandten. Der Familienverband konnte diese Aufgabe jedoch nur erfüllen, weil das vom Staat garantierte Erbrecht den Übergang des Familienvermögens von Generation zu Generation sicherstellte. Im Laufe des 19. Jahrhunderts lockerte sich auf Grund der zunehmenden Individualisierung und Beweglichkeit des einzelnen der Zusammenhang innerhalb der Großfamilie. Aufgaben, die ursprünglich vom Familienverband erfüllt worden waren 16, wurden zunehmend vom Staat übernommen 17. Hieraus schloß v. Scheel 18 : Wenn es Zweck des Erbrechts sei, das Wohlergehen des einzelnen durch eine angemessene Verteilung des Kapitals sicherzustellen, so müsse nunmehr auch der Staat, der diese Aufgabe zunehmend erfülle, einen Anteil am privaten Erbrecht erhalten. In den Überlegungen zum ErbStG 1906 klingt die "Theorie vom Miterbrecht des Staates" nicht an. Sie könnte jedoch in Art. 154 WRV 19 Niederschlag gefunden haben: 13 Vertreter im 19. Jahrhundert: Bluntschli, S. 253 ff.; Frantz, S. 89 f.; v. Scheel, S. 30 ff.; Wagner, Finanzwissenschaft, § 482. Ähnlich: Bamberger, S. 20 ff.; Umpjenbach, S. 46 ff. 14 S. 30 ff. V. Scheel knüpft unter Umständen an an Bluntschli in Bluntschli-Brater, Deutsches Staatswörterbuch, Bd.3, "Erbrecht" (S. 413 ff.). Ob bereits der englische Utilitarist Mill (Principles of political economy, Vol. 11, S. 368 ff.) als Vertreter der "Theorie vom Miterbrecht des Staates" eingeordnet werden kann, ist fraglich. Denn dieser spricht sich zwar für eine Beteiligung des Staates am Nachlaß aus, begründet dies jedoch in erster Linie mit dem Erfordernis einer gerechten Vermögensumverteilung. 15 Vgl. hierzu: Frantz, S. 85 ff.; Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, "Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 796 ff.); v. Scheel, S. 30 ff. 16 Gemeint sind hier z. B. die Zur-Verfügung-Stellung einer Wirtschaftsordnung (v. Scheel, S. 46) oder die Unterstützung und Alimentierung Hilfsbedürftiger. 17 Wagner (Grundlagen der Volkswirthschaft, §§ 171 ff.) führt insoweit aus: "Während die Familienbeziehungen sich täglich immer mehr lösen, vervielfältigen sich dagegen die Beziehungen des Bürgers zu Staat und Gemeinde; man genoß früher Ansehen und Schutz als Mitglied einer mächtigen Familie, jetzt als Bürger eines mächtigen Staates." 18 S. 40,47. 19 RGBl. 1919, S. 1383.

III. Steuersystematische Überlegungen

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Art. 154 (1) Das Erbrecht wird nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts gewährleistet. (2) Der Anteil des Staates am Erbgut bestimmt sich nach den Gesetzen.

Kommentierungen zu den Erbschaftsteuergesetzen 20 und zu Art. 154 Abs. 2 WRV21 haben die "Theorie vom Miterbrecht des Staates" aufgegriffen. Die Zahl der Stimmen, die sich heute gegen die "Theorie vom Miterbrecht des Staates" aussprechen, ist groß22. Vorschnell erscheint es, allein aus der fehlenden dinglichen Beteiligung des Staates am Nachlaß nach geltendem Recht 23 auf die Unanwendbarkt?it der "Theorie vom Miterbrecht des Staates" zu schließen. Denn folgt man dem ihr zugrunde liegenden Grundgedanken, Sinn und Zweck des Erbrechts sei es, "die Verwendung der Kapitalien in der volkswirtschaftlich zweckmäßigsten und wirksamsten Weise zu sichem,"24 ist es gleichgültig, ob der Staat sich seines Anteils in Form einer Miterbschaft oder durch die Erhebung von Erbschaftsteuern vergewissert 25. Nicht mehr haltbar scheint demgegenüber der Grundgedanke dieser Theorie: Art. 14 Abs. 1 S. I GG gewährleistet das Erbrecht als Individualgrundrecht wie auch als Rechtsinstitut 26 . Auf diese Weise soll dem einzelnen ein Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich gesichert werden, der ihm eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglicht 27. Dieses Verständnis von Erbrecht als einem Individualgrundrecht unterscheidet sich grundlegend von der der "Theorie vom Miterbrecht des Staates" zugrunde liegenden Auffassung, nach der es Aufgabe der Erbschaftsteuer ist, vorhandenes Kapital möglichst sinnvoll einzusetzen 28. Die "Theorie vom

20 Kipp, ErbStG, Einleitung, S. 5; Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 803). 21 Boehmer in Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Art. 154, S. 278 ff. 22 Crezelius, S. 23; Fischer, StuW 1978, S. 345 (348 f.); Frank, S. 124 ff.; Gutachten Direkte Steuern, S. 59 f.; Naarmann, S. 240 .. Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, "Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 491); Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, "Erbschaftsteuer" (S. 275). Und bereits im letzten Jahrhundert: Schäffle, S. 419 f. 23 Ausnahme: § 1936 BGB. 24 v. Scheel, S.47 f . 25 So auch ausdrücklich die Vertreter von der "Theorie vom Miterbrecht des Staates": Boehmer in Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Art. 154, S. 279; Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, "Erbschaftund Schenkungsteuern" (S. 803); v. Scheel, S. 53 f. 26 Maunz in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Anm. 239; Schmidt-Bleibtreu in Schmidt-Bleibtreu / Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14 Anm. 5. 27 So zur Garantie des Eigentums: BVerfGE Bd. 24, S. 367 (389); 31, S. 229 (239); 50, S. 290 (339). Zur engen Verbindung von Eigentum und Erbrecht: Maunz in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Anm. 239; Tipke, ZRP 1971, S. 158 (161).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Miterbrecht des Staates" ist daher abzulehnen. Eine analoge Übertragung dieser Ansicht auf die Schenkungsteuer scheidet aus. bb) Die "cost-of-service-theory" leitet die Berechtigung der Erbschaftsteuer daraus her, daß der Staat dem Erblasser im Todesfall bestimmte Vorteile und Leistungen zur Verfügung stelle, wie z. B. die Gewährleistung des Erbrechts oder den Schutz der Grabstätte. Während die ursprünglichen Vertreter dieser Theorie eine "Gebühr" forderten und diese auf ein bis zwei Prozent der Erbmasse begrenzen wollten 29 , wurde sie später auch zur Begründung einer (wesentlich höheren) Erbschaftbesteuerung herangezogen 30. Die "cost-of-service-theory" wird heute ganz überwiegend abgelehnt 31 • Denkbar ist, daß der Staat für bestimmte Leistungen, die er in Zusammenhang mit einem Todesfall erbringt, Entgelte fordert. Hierauf kann jedoch nicht das geltende System der Besteuerung von Erbschaften gestützt werden. Denn gemäß § 3 Abs. 1 AO sind Steuern "Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen Die oben genannte Auffassung geht jedoch von bestimmten staatlichen Gegenleistungen aus. Sie kann damit die Grundlage für die Erhebung einer Gebühr, nicht aber für die Erhebung einer Steuer sein 32 • Die "cost-of-service-theory" ist daher ebenfalls abzulehnen. Auf die Schenkungsteuer ist sie nicht übertragbar.

28 Hinzu kommt, daß sich die geltende Differenzierung der Erbschaftsteuer nach Verwandtschaftsgrad sowie Höhe des Nachlasses (§§ 15; 19 ErbStG) mit der "Theorie vom Miterbrecht des Staates" nicht in Einklang bringen läßt. Nach dieser müßte dem Staat vielmehr von jedem Nachlaß ein gleichbleibender Prozentsatz zufallen. So auch: Crezelius, S. 23; RUschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, ,,Erbschaftsteuer" (S. 275). Freilich spricht dieses Argument nicht zwingend gegen die "Theorie vom Miterbrecht des Staates". Würde letztere nicht aus den genannten grundsätzlichen Überlegungen abgelehnt, könnte es vielmehr unter Umständen erforderlich sein, das geltende Recht zu ändern. 29 Grundlegend in Deutschland: Rau, §§ 237, 405. 30 Frantz, S. 85. So wohl auch: v. Scheel, S. 44 f. 31 Boehmer in Staudinger, BGB, Einleitung zum Erbrecht, § 6 Anm.5; Crezelius, S. 24; Frantz, S. 121; Hessler, S. 181; Jaeggy, S. 6 f.; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 458; Naarmann, S. 241; Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 491); Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, "Erbschaftsteuer" (S. 275); Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, ,,Erbschaftsteuer" (S. 802); Tipke, Steuerrecht, S. 371. 32 Hinzu kommt, daß der absolut anfallende Erbschaftsteuerbetrag je nach Höhe der Erbschaft sehr unterschiedlich sein wird. Es ist nicht anzunehmen, daß die vom Staat für die einzelnen Nachlässe erbrachten Leistungen in entsprechender Weise differieren. Gleiches gilt für die Differenzierungen des Erbschaftsteuersatzes nach dem Verwandtschaftsgrad. Schließlich müßte die zu erhebende Gebühr in erster Linie den Nachlaß und nicht, wie im geltenden Recht, die Erben treffen.

III. Steuersystematische Überlegungen

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c) Aktuelle Theorien

ca) Erbschaft- und Schenkungsteuer werden vielfach als "Verkehrsteuern" angesehen 33 • Geht man weiter davon aus, daß es Sinn und Zweck von Verkehrsteuern ist, dem Staat Finanzmittel zur Verfügung zu stellen und daß es dem Gesetzgeber freisteht, Verkehrsteuern zu erheben 34, so ergäbe sich hieraus eine Rechtfertigung für eine Besteuerung sowohl von Erbschaften wie von Schenkungen 35. Bereits der Ausgangspunkt dieser Theorie, Erbschaft- und Schenkungsteuer seien Verkehrsteuern 36 , ist fraglich: Die QualifIkation von Erbschaft- und Schenkungsteuer als Verkehrsteuer wird teilweise unter Hinweis auf Art. 106 Abs. 2 Nr. 2,4 GG, teilweise mit dem Argument, eine Verkehrsteuer setze ein zweiseitiges Rechtsgeschäft voraus, bestritten 3? Jedoch selbst, wenn man vom Vorliegen einer Verkehrsteuer ausginge, stellt die oben dargelegte Argumentation keine innere Begründung für die Existenz von Erbschaft- oder Schenkungsteuer dar. Denn sie rechtfertigt die Erhebung der Steuer allein auf Grund ihrer (technischen) Einordnung als Verkehrsteuer. Auf diese Weise lassen sich Akte des Rechtsverkehrs beliebig besteuern oder auch nicht besteuern. Eine Differenzierung nach Sinn und Zweck der Besteuerung gerade eines bestimmten Rechtsvorgangs ist nicht möglich. Es liegt eine verfeinerte Abwandlung der "fIskalischen Argumentation" 38 vor. Auch die "Verkehrsteuer-Theorie" ist daher für Erbschaft- wie Schenkungsteuer abzulehnen 39. cb) Nach anderer Ansicht 40 ist es Aufgabe der Erbschaftbesteuerung, unbefriedigende Ergebnisse der Einkommen- und Vermögensbesteuerung zu korrigieren. 33 BFH BStBl. 11 1983, S. 179 (180); Hessler, S. 183 ; Kapp, ErbStG, § 9 Anm. 10; Kipp, ErbStG, Einleitung, S.7; Vocke, Die Abgaben, die Auflagen und die Steuer,

S. 618 ff. Von einem Mischcharakter der Erbschaftsteuer, bei der Elemente von Verkehrsteuer und Besitzsteuer zusammentreffen, gehen aus: Leisner, S. 32 f.; Lenski, ErbStG, S. 3; Pohlmann, ErbStG, S. 14; Troll, ErbStG, Einführung Anm. 1. 34 BFH BStBl. 11 1973, S. 94 (96). Vgl. auch den Hinweis bei: BFH BStBl. 11 1973, S. 329 (349). 35 So etwa: Vocke, Die Abgaben, Auflagen und die Steuern, S. 618 ff.; ders. später zurückhaltend in: Grundsätze der Finanzwissenschaft, S. 356 (360). 36 Zum Begriff der Verkehrsteuer BVerfGE Bd. 16, S. 64 (73); Lang, J. in Tipke/ Lang, Steuerrecht, S. 172 f. 3? BFH BStBl. 11 1973, S. 325 (349); 1984, S. 27 (28); BT-Drucksache 6/3418, S. 46; Crezelius, S. 24; Tipke, Steuerrecht, S. 77. Kritisch: Jahresbericht 1983 über den Bundesfmanzhof, StuW 1984, S. 112 (123); Balke, S. 108. 38 Vgl. oben: B.III.l.a). 39 Ebenso: Balke, S. 107 f.; Tipke, Steuergerechtigkeit, S. 104 f. 40 Sowohl die drei hier behandelten Theorien, wie auch die im folgenden unter Buchstabe ce) behandelte Theorie gehen im weiteren Sinne von einer Ergänzungsfunktion der Erbschaftsteuer gegenüber der Einkommensteuer aus. Gleichwohl sind die Ansätze deutlich zu unterscheiden: Die hier behandelten Theorien wollen (vermeintliche) Fehler der Einkommensbesteuerung beseitigen. Demgegenüber geht die unter Buchstabe ce) behandelte Theorie davon aus, daß Erbschaft- und Schenkungsteuer gleichberechtigt neben die Einkommensbesteuerung treten.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Vertreten werden drei Varianten, die "Kontrolltheorie", die "Nachholtheorie" und die "Ergänzungstheorie" . Nach der "Kontrolltheorie"41 (auch: "black-tax-theory") soll die Erbschaftsteuer Vermögen, welches der Erblasser zu Lebzeiten rechtswidrig der Einkommenbzw. der Vermögensbesteuerung entzogen hat, nachträglich besteuern und hierdurch zugleich gegenüber potentiellen Steuerhinterziehern abschreckend wirken. - Richtig ist, daß Nachlässe vielfach defraudiertes Einkommen enthalten. Es gibt jedoch keinen Erfahrungssatz, daß jeder Nachlaß zu beispielsweise 15 % aus hinterzogenem Vermögen besteht. Das geltende Erbschaftsteuerrecht aber unterwirft alle Erbschaftsfälle unterschiedslos der Besteuerung - unabhängig davon, ob der Erblasser zu Lebzeiten seiner Steuerpflicht stets nachgekommen ist oder nicht 42. Die "Kontrolltheorie" ist daher abzulehnen 43. Auch für die Schenkungsteuer kommt sie nicht in Betracht. Die ,,Nachholtheorie" besagt, daß die Erbschaftsteuer Steuervergünstigungen rückgängig machen soll, welche dem Erblasser zu Lebzeiten rechtmäßig zugeflossen sind. - Ob Steuervergünstigungen nur bis zum Tod des jeweils Begünstigten gewährt werden sollen, ergibt sich aus ihrer Zielsetzung im Einzelfall. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie im Todesfall generell zurückzugewähren sind. Im Übrigen gilt auch für die "Nachholtheorie": Das geltende Erbschaftsteuerrecht trifft jeden Nachlaß ohne Unterscheidung danach, ob ihm vorher Steuervergünstigungen zugute gekommen sind oder nicht 44 • Die "Nachholtheorie" ist daher für die Erbschaftsteuer abzulehnen 45. Auch zur Begründung der Schenkungsteuer kommt sie nicht in Betracht. Die Anhänger der "Ergänzungstheorie"46 (auch: "lump-sum-theory") schließlich gehen davon aus, daß die regulären Einkommen- und Vermögensteuern den 41 Schäffle, S. 422 f.; Schmölders, Allgemeine Steuerlehre, S. 223. Vgl. auch: Begründung zum Gesetzentwurf 1919, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376, S. 22. 42 Ergänzend ist anzuführen, daß es vor dem Hintergrund der "Kontrolltheorie" näher gelegen hätte, anstatt einer Erbanfall- eine Nachlaßsteuer zu normieren, und daß sich außerdem die geltende Differenzierung der Steuersätze nach Höhe des Erbanfalls und Verwandtschaftsgrad mit der "Kontrolltheorie" nicht erklären läßt. 43 Ebenso: Breitenbach, S. 27; Fischer, StuW 1978, S. 345 (347); Naarmann, S. 242; Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 490); Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, ,,Erbschaftsteuer" (S. 275); Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, ,,Erbschaftsteuer" (S. 803); Tipke, Steuerrecht, S. 372; Vocke, Abgaben, Auflagen und die Steuer, S. 585 f. Kritisch: Frank, S. 102; Hessler, S. 184; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 50Fn. 85, S. 460. 44 Auch läßt sich die geltende Differenzierung der Steuerhöhe nach Größe des Erbanfalls und Verwandtschaftsgrad vor dem Hintergrund der ,,Nachholtheorie" nicht erklären. 45 Ebenso: Breitenbach, S. 27f.; Fischer, StuW 1978, S. 345 (347); Naarmann, S. 241; Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 490). Kritisch: Hessler, S. 184; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 50 - Fn. 85, S. 460. 46 Schäffle, S. 420. Nicht eindeutig: v. der Nahmer, S. 59.

IH. Steuersystematische Überlegungen

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Erblasser zu Lebzeiten nicht hinreichend belasten und daß die Erbschaftsteuer die insoweit notwendige Ergänzung darstelle. - Hiergegen ist jedoch einzuwenden, daß sich das Ziel einer lückenlosen Besteuerung durch eine entsprechende Änderung der Einkommen- und Vermögensbesteuerung besser erreichen ließe. Zu denken wäre an eine Erhöhung der Steuersätze oder an eine Erweiterung der Tatbestände 47 • Die "Ergänzungstheorie" ist daher für die Erbschaftsteuer abzulehnen 48 • Auch für die Schenkungsteuer kommt sie nicht in Betracht. cc) Eine der wenigen Theorien, die sich um eine Rechtfertigung speziell der Schenkungsteuer bemühen, ist die sogenannte "Umgehungstheorie". Nach ihr soll die Besteuerung von Schenkungen verhindern, daß die Erbschaftsteuer durch unentgeltliche Verfügungen seitens des Erblassers zu Lebzeiten umgangen wird. Die "Umgehungstheorie" wurde bereits in die Überlegungen bei der Normierung des ErbStG 1906 miteinbezogen 49 • Auch in Rechtsprechung 50 und Schrifttum 51 ist sie auf große Resonanz gestoßen. Die Gefahr einer Umgehung der Erbschaftsteuer bei einer Nichtbesteuerung von Schenkungen ergibt sich anschaulich aus der bereits zitierten Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1882 52 • Sie ist unumstritten. Manche der in § 7 ErbStG geregelten Tatbestände, wie z. B. § 7 Abs. 1 Nr.5 oder 6 ErbStG, lassen sich dann auch ohne weiteres aus dem Umgehungsgedanken herleiten. Diese Rechtsgeschäfte dürften regelmäßig in Hinblick auf den Todesfall erfolgen und Wirkungen des Erbfalls vorwegnehmen. Ihre Nichtbesteuerung würde eine problemlose Umgehung der Erbschaftsteuer ermöglichen. Jedoch nicht alle der in § 7 ErbStG geregelten Tatbestände lassen sich mit der "Umgehungstheorie" begründen. So ist schwerlich vorstellbar, daß jede freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Hintergedan47 Auch widerspricht der "Ergänzungstheorie" die geltende Staffelung des Steuersatzes und die Berücksichtigung der Verwandtschaftsverhältnisse. 48 Ebenso: Breitenbach, S. 28 f.; Gutachten Direkte Steuern, S. 60; Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, "Erbschaftsteuer" (S. 275); Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, "Erbschaftsteuer" (S. 799 f.). 49 Verhandlungen des Reichstags, Bd.220 (1905/06), Aktenstück Nr. 10, S.946, 1054, 1060. Zum ErbStG 1974: Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuereformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 60. 50 BVerfG BStBI. H1983, S. 779 (783); BFH / NV 1986, S. 96 (98). Vgl. auch: BFH BStBI. III 1953, S. 199 (201). 51 Balke, StuW 1987, S. 371; Crezelius, S. 26; Gutachten der Steuerreformkommission, S. 655; Kapp, ErbStG, Einleitung Anm. 6; Kisker, S. 133; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Lang, E., S. 41; Littmann in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, "Schenkungsteuer" (S. 117); Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuer" (S. 500); Petzoldt, ErbStG, Einführung Anm. 4; Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, "Erbschaftsteuer" (S. 273); Schmölders, Allgemeine Steuerlehre, S. 222; ders. in F.A.Z. vom 20. Juli 1988 (Nr. 166), S. 12; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (124); Troll, ErbStG, Einführung Anm. 1; Willemer, DB 1985, S. 1254 (1256). 52 RGZ Bd. 6, S. 181 (186). Vgl. oben: B.I.1.aa) Fn. 2.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

ken erfolgt, Erbschaftsteuer zu u~gehen. Und auch die Entstehungsgeschichte von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG53 widerspricht der "Umgehungstheorie": § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG regelt die Schenkungsteuerpflicht bei einer Vereinbarung von Gütergemeinschaft. Vor dem Jahre 1974 wurden diese Fälle unter die Tatbestände der "Schenkung" bzw. der "freigebigen Zuwendung" gefaßt. Die Rechtsprechung 54 bejahte eine Schenkungsteuerpflicht dann, wenn die Eheleute mit der Vereinbarung der Gütergemeinschaft primär erbrechtliche Wirkungen herbeiführen wollten. Wollten sie dagegen in erster Linie güterrechtliche Wirkungen erzielen, wurde die Schenkungsteuerpflicht verneint. Diese Rechtsprechung folgte dem Umgehungsgedanken - eine Steuerpflicht sollte nur dann entstehen, wenn durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft der Erbfall vorweggenommen werden sollte. Der Gesetzgeber des Jahres 1974 gab diese von der Rechtsprechung getroffene und auf der "Umgehungstheorie" beruhende Differenzierung ausdrücklich auf5 5: ,,Abgesehen davon, daß diese Rechtsprechung die Praxis überfordert, ist die Beschränkung der Besteuerung auf solche Fälle auch sachlich nicht gerechtfertigt. Es ist vielmehr folgerichtig, diese Bereicherung ... ausnahmslos zur Schenkungsteuer heranzuziehen." Die "Umgehungstheorie" vermag demnach einige, nicht aber alle der in § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG aufgeführten Tatbestände zu erklären. Kritisch anzumerken ist außerdem, daß die "Umgehungstheorie" keine selbständige innere Rechtfertigung für die Existenz von Schenkungsteuer bietet. Denn die "Umgehungstheorie" verweist zur Begründung der Schenkungsteuer lediglich auf das Erfordernis einer lückenlosen Erfassung aller von der Erbschaftsteuer intendierten Fälle. Inhaltlich gerechtfertigt ist die Schenkungsteuer, folgt man der "Umgehungstheorie", danach erst dann, wenn die Erhebung von Erbschaftsteuer sich als steuersystematisch sinnvoll erweist. Hierüber aber sagt die "Umgehungstheorie" nichts aus. cd) Nach der sogenannten "Umverteilungstheorie"56 ist es Aufgabe von Steuern, eine gleichmäßigere Verteilung des Wohlstandes zwischen den Bürgern eines Staates zu ermöglichen: Eine gleichmäßige Verteilung des Vermögens entspreche den Geboten von Fairness und Gerechtigkeit. Nur so ließe es sich erreichen, daß der Erfolg des einzelnen tatsächlich auf seiner Tüchtigkeit und nicht auf ererbtem Vermögen beruhe. Und schließlich seien erhebliche Vermögensakkumulationen bei einzelnen Personen gefährlich. 53 Zu § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vgl. ausführlich unten: B.lV.l.bb) sowie c.I. 54 RFH RStBl. 1931, S. 675; 1945, S. 580; BFH BStBl. III 1964, S. 202 (203); HFR 1964, S. 397; BStBl. III 1966, S. 521 (522). 55 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuereformgesetzes, BT-Drucksache 6/ 3418, S. 64 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 56 Als Überblick über die Geschichte der "Umverteilungstheorie": Frank, S. 103 ff.; Kisker, S. 16 ff.

III. Steuersystematische Überlegungen

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Für die erforderliche "Vermögensredistribution" besonders geeignet ist nach dieser Ansicht die Erbschaftsteuer, da der Erbfall in gewissen Zeitabständen den für den Vermögensvergleich erforderlichen Überblick über das Vermögen einer Einzelperson biete und die Erbschaftsteuer wie kaum eine andere Maßnahme in der Lage sei, große Vermögen zu zerschlagen und Vermögenskonzentrationen entgegenzuwirken. Die "Umverteilungstheorie" wurde insbesondere zur Begründung der hohen englischen Erbschaftsteuersätze herangezogen 57. In Deutschland hat sie in Art. 123 Abs. 3 S. 1 BayLVerf58 ausdrücklichen Niederschlag gefunden: Die Erbschaftsteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern. In den Gesetzgebungsmaterialien zu den einzelnen Erbschaftsteuergesetzen taucht der Umverteilungsgedanke immer wieder auf5 9 • In der Begründung zum ErbStG 1974 wird die Erbschaftsteuer als ,,retardierendes Moment zur Vermögensakkumulation"60 bezeichnet; weiter heißt es 61 : "Bei der Abwägung, welche Steuersätze und Freibeträge bei den einzelnen Steuern wirksam werden sollen, ... ist besonderer Wert darauf gelegt worden, eine gleichmäßige und gerechte, an den Grundsätzen des sozialen Rechtsstaats ausgerichtete Besteuerung sicherzustellen und die Vermögensbildung in den breiten Schichten durch die Schonung kleinerer und mittlerer Vermögen zu fördern." In der Literatur haben sich der "Umverteilungstheorie" zahlreiche Stimmen angeschlossen 62. Dabei hat in jüngster Zeit insbesondere Lang 63 den redistributo57

Als frühen englischen Vertreter vgl.: Mill, Principles of Political Economy, Vol.

11., S. 368 ff.

58 BayBS I S. 3. Wegen der Erbschaftsteuergesetzgebung des Bundes bleibt für diese Vorschrift jedoch kein Anwendungsbereich. 59 Bericht der VI. Kommission zum ErbStG 1906, Verhandlungen des Reichstags, Bd.223 (1905/06), Anlage Nr.360, S.3973; Stenographische Berichte zum ErbStG 1922, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 355 (1920/24), S. 7860 sowie Bd. 356 (1920/ 24), S. 8622; Begründung zum ErbStG 1925, Verhandlungen des Reichstags, Bd.400 (1924/28), Anlage Nr. 798, S. 14; Stenographische Berichte zum ErbStG 1925, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 387 (1924/28), S. 3795. Hierzu auch: Hennicke, Die Rolle der Erbschaftsteuer in der Steuerpolitik der großen politischen Parteien. 60 BT-Drucksache 6/3418, S. 49. 61 BT-Drucksache 6/3418, S. 50. 62 Zustimmend (in zeitlicher Reihenfolge): v. Scheel, S.50; Bluntschli, S. 252 ff.; Frantz, S. 85 ff. - die drei genannten Vertreter fordern jedoch in erster Linie keine Erbschaftsteuer, sondern ein Miterbrecht des Staates; Boehmer in Staudinger, BGB, Einleitung zum Erbrecht, § 7 Anm. 21; Kisker, S. 189; v. der Nahmer, S. 58 f.; Lang, E., S.42; Gutachten der Steuerreformkommission, S. 659 f.; Rawls, S. 277; Timm, FinArch 1984, S. 553 (575 f.). Allgemein zur Umverteilungstheorie: Tipke, Steuerrecht, S. 41 ff.; Walz, S. 164. 63 In Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 169 f., 459; ders., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 51. Anlaß für diese Neubestimmung waren unter Umständen die beiden folgenden Entscheidungen: BVerfG BStBI. II 1984, S. 608 (613) - nach dieser Entscheidung will der Gesetzgeber "den wirtschaftlichen Vorgang des Substanzübergangs besteuern"; BFH BStBl. II 1987, S. 175 (177) - "Einkommensteuer und Schenkungsteuer liegen auf verschiedenen Ebenen und sind grundSätzlich nicht ,saldierfähig'."

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

rischen Charakter von Erbschaft- und Schenkungsteuer besonders hervorgehoben: Nachdem die Vorauflage des von Tipke begründeten und nunmehr in 12. Auflage von Lang fortgeführten steuerrechtlichen Grundrisses Erbschaft- und Schenkungsteuer noch eine ,,Einkommensteuer-Ergänzungsfunktion" zugesprochen hatte 64 , definiert Lang Erbschaft- und Schenkungsteuer nunmehr als "Steuern auf den Vermögenstransfer"65. Als solche sollen sie zwar wie die Besteuerung von Einkommen grundlegend auf dem Leistungsfahigkeitsprinzip 66 beruhen. Da der Staat mit ihnen jedoch, anders als bei der Einkommensteuer, nicht Bruttosozialprodukt, sondern bereits produziertes Einkommen besteuere, gewinne der Umverteilungsgedanke neben dem Leistungsfahigkeitsprinzip "hauptsächliches" Gewicht. Erst die Umverteilungszielrichtung des Gesetzgebers rechtfertige mögliche Mehrfachbelastungen durch Einkommensteuer auf der einen und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer auf der anderen Seite 67. Gegner 68 der "Umverteilungstheorie" wenden ein, sie mindere den Leistungsanreiz, bestrafe die Bildung von Vermögen und führe zu Liquiditätsschwierigkeiten beim Inanspruchgenommenen. Was das geltende Erbschaftsteuerrecht betrifft, wäre es darüberhinaus vor dem Hintergrund des Umverteilungsgedankens sinnvoller gewesen, keine Erbanfall-, sondern eine Nachlaßsteuer zu normieren. Denn die unerwünschte Vermögenskonzentration liege beim Erblasser, nicht beim Erben vor. Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG) verpflichtet den Staat, soziale Gegensätze im Rahmen des Möglichen auszugleichen, dem einzelnen gleiche Chancen zu eröffnen sowie die wirtschaftlich Schwachen zu schonen und zu schützen 69 . Hierin ist der Auftrag an den Gesetzgeber zu sehen, die künftige Vermögensverteilung zu beeinflußen. Gleichwohl sind praktische wie systematische Zweifel angebracht, ob sich Erbschaft- und Schenkungsteuer vor dem Hintergrund des Umverteilungsgedankens rechtfertigen lassen 70: Denn Tipke, Steuerrecht, S. 371. Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 157. Steuern auf den Vermögenstransfer sollen außerdem gegeben sein bei einer Besteuerung von Unterhaltsleistungen: Lang, J., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 51 f. 66 Vgl. dazu ausführlich unten: B.III.1.ce). 67 Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 460; ders., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 51 m. w. N. in Fn. 88, S. 260 ff. Als weitere Nachteile kommen in Betracht: Illiquidität oder Fehlbewertung des Vermögens. 68 Breitenbach, S. 33 f.; Fischer, StuW 1978, S. 345 (347) .. Leisner, S. 22 f.; Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, "Erbschaftsteuer" (S.276); Schäffle, S. 420. Kritisch: Gutachten Direkte Steuern, S. 60; v. Hayek, S. 107 f.; Hessler, S. 183; Kirchhof, NJW 1987, S. 3217 (3219) .. Naarmann, S.246 .. Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, "Erbschaft- und Schenkung steuern" (S. 491, 493 f., 507 f.). 69 Herzog in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 20 Anm. VIII 35 ff.; Klein in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 Anm.200; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 49 ff.; Tipke, Steuerrecht, S. 41 ff. 64

65

III. Steuersystematische Überlegungen

81

Erbschaft- und Schenkungsteuer können für sich genommen eine Umverteilung praktisch nicht bewirken. Sie können lediglich die hierfür erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stellen. Dabei ist nicht sicher, ob es in der Praxis möglich ist, diese Finanzmittel der Zielgruppe tatsächlich zugute kommen zu lassen 71. Denn die Gefahr, daß der Staat die gewonnenen Mittel letztlich doch zur allgemeinen Aufgabenbewältigung verwendet, ist grOß72. In systematischer Hinsicht vermag es die "Umverteilungstheorie" nicht, eindeutige Aussagen über Auswahl und Ausgestaltung von Steuertatbeständen zu treffen: Vor dem Hintergrund der "Umverteilungstheorie" läßt sich jeder Sachverhalt besteuern, in dem zum Ausdruck kommt, daß der Steuerpflichtige ein gewisses Vermögen erhält bzw. innehat: Einkommen, Unterhaltsleistungen, Vermögen, Einfuhren, Haustierhaltung, Ferienreisen etc. Eine Antwort auf die Frage, ob der Gesetzgeber alle genannten Sachverhalte oder nur einige von ihnen zu besteuern hat, gibt die "Umverteilungstheorie" jedoch nicht. Da die Beispiels-Sachverhalte an unterschiedliche Maßgrößen, das Einkommen, den Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit, das Vermögen bzw. den Konsum 73, anknüpfen, kann es zu willkürlichen Mehrfachbesteuerungen kommen - der Umverteilungsgedanke würde jede Entscheidung des Gesetzgebers rechtfertigen. Deutlich wird dies in den häufig eintretenden Fällen der Mehrfachbesteuerung mit Einkommensteuer einerseits und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer andererseits: Zu ihnen kommt es (erstens) immer dann, wenn der Erbe bzw. Beschenkte Vermögen zugewendet bekommt, welches auf seiten des Erblassers bzw. Schenkers bereits zuvor einer Einkommenbesteuerung unterworfen worden ist. Diese Mehrfachbesteuerung mag vom Gesetzgeber gewollt sein 74, gleichwohl wird nicht deutlich, wie die "Umverteilungstheorie" sie begründen will 75 • Dies gilt umso mehr, als Erbschaft-und Schenkungsteuer auch in der Steuerhöhe keine Rücksicht darauf nehmen, ob der Erwerb bereits früher einer Einkommenbesteuerung unterworfen wurde oder nicht. Eine andere Art der Doppelbesteuerung liegt (zweitens) vor 76 , wenn der Erbe bzw. Beschenkte Vermö70 Nicht möglich scheint es, die "Umverteilungstheorie" allein deshalb abzulehnen, weil in ihr ein Verstoß gegen die in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geregelte Garantie von Eigentum und Erbrecht liege (so andeutungsweise: Fischer, StuW 1978, S. 345, 348). Denn Art. 14 GG hindert nicht generell die Erhebung von Erbschaft- und Schenkungsteuer, sondern setzt lediglich ihrer Höhe Grenzen: BVerfGE Bd. 14, S. 221 (241); BVerfG BStBl. 11 1983, S. 779 (784); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 5. 71 Zu dieser Problematik: Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, "Erbschaft- und Schenkung steuern" (S. 507 f.). 72 Zu weiteren praktischen Zweifeln vgl. bereits die vorstehenden Ausführungen. 73 Zu diesen "Maßgrößen" vgl.: Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 160 ff. 74 So etwa: Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 260ff., 460. 75 Soweit die doppelte Besteuerung erfolgt, um den bereicherten Erben bzw. Beschenkten besonders zu belasten, entspricht dies dem im folgenden (ce) behandelten "Leistungsfähigkeitsprinzip" . 76 Zu weiteren Fällen der Doppelbesteuerung vgl.: Crezelius, BB 1979, S. 1342; Klotz, DStZ 1974, S.347; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 2 f.; Moench, ErbStG, Einführung Anm. 32 ff.; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 95 ff., § 7 Anm. 68 ff.

6 Klein-Blenkers

82

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

gensposten erwirbt, die erst später realisiert werden - wäre der Erblasser bzw. Schenker verpflichtet gewesen, diese Vennögensposten zu versteuern 77, trifft die gleiche Verpflichtung seinen Rechtsnachfolger (§ 24 Nr. 2 EStG). Die "Umverteilungstheorie" vennag nicht zu erklären, warum solche Vennögenszuflüsse, welche später vom Staat im Rahmen der Einkommensteuererhebung zurückgefordert werden, dem ErbStG unterfallen sollen 78. Auch die "Umverteilungstheorie" vennag daher die Existenz von Erbschaftund Schenkungsteuer nicht zu rechtfertigen 79. ce) Nach einem großen Teil von Rechtsprechung 80 und Literatur 81 schließlich sollen Erbschaft- und Schenkungsteuer auf dem "Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" (auch: "Bereicherungsprinzip" oder "ability-to-pay-principle") 82 beruhen. Das Leistungsfähigkeitsprinzip83 besagt, daß sich die Besteuerung des einzelnen an seiner Fähigkeit, Steuern zu zahlen, zu orientieren hat; das Leistungsfähigkeitsprinzip weist damit gewisse Parallelen zur "Umverteilungstheorie" auf. 77 Hierher gehören etwa Honorarforderungen eines Freiberuflers, der seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ennittelt oder Veräußerungsgewinne im Sinne von §§ 14, 16, 17 oder 18 Abs. 3 EStG. 78 § 35 EStG, der ohnedies nur für Erwerbe von Todes wegen und nicht für Schenkungen unter Lebenden gilt, vennag die Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer nur teilweise auszuschließen: Crezelius, BB 1979, S. 1342 (1343); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 3; Moench, ErbStG, Einführung Anm.37. 79 Schneider, D., (StuW 1979, S. 38,42 f.) will die "Umverteilungstheorie" in Fragen der Steuerhöhe zur Anwendung kommen lassen. Nach den hier geäußerten grundsätzlichen Bedenken scheint dies jedoch fraglich. Davon abgesehen werden entsprechende Aussagen weniger von steuerjuristischen Überlegungen als vielmehr vom jeweiligen politischen Standpunkt des Betrachters abhängen: Lang, J., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S.49; ders., StuW 1983, S. 269 (270). 80 BVerfG BStBI. 11 1976, S. 311 (315); 1984, S. 608 (612); BFH BStBl. 11 1971, S. 269(270); 1973,S. 329(345,349); 1984,S. 27 (28); FG Berlin,EFG 1984,S. 406(407). 81 Costede in Festgabe für Felix, S. 17 ff.; Crezelius, S. 27 f.; ders., BB 1979, S. 1342 (1345); Gutachten der Steuerreformkommission, S.659; Gutachten Direkte Steuern, S. 59, 72; Keuk, DB 1973, S. 634; Lang, E., S. 42; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 1 Anm. 5 ; Naarmann, S. 245; Oberhauser in Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 491 ff.); Petzoldt, BB 1975, S. 35 (39); ders. StbKongreßRep 1980, S. 213 (220); Schanz in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, ,,Erbschaftsteuer" (S. 795 f.); Schneider, D., StuW 1979, S. 38 ff.; Timm, FinArch 1984, S. 553 (575); Wagner, Grundsätze der Finanzwissenschaft, § 482. Für eine differenzierte Sicht, die die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und den Umverteilungsgedanken berücksichtigt: Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 169, 459 (vgl. auch die Vorauflage, in der noch in erster Linie auf das Leistungsfähigkeitsprinzip abgestellt wurde: Tipke, Steuerrecht, S. 372); ders., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S.51. Kritisch: Breitenbach, S. 29 ff.; Büchner in Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Auflage, ,,Erbschaft- und Schenkungsteuern" (S. 541 f.); Frank, S. 97. Anderer Ansicht: Fischer, StuW 1978, S. 345 (346); Ritschl in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, ,,Erbschaftsteuer" (S. 275). 82 Im folgenden: Leistungsfähigkeitsprinzip. 83 Zur Geschichte des Leistungsfähigkeitsprinzips im allgemeinen: Birk, S. 6 ff.

III. Steuersystematische Überlegungen

83

Die Begründungen des Leistungsfahigkeitsprinzips als allgemeinverbindlichem Grundsatz jeder Besteuerung sind unterschiedlich: Das Bundesverfassungsgericht 84 beruft sich auf Art. 3 Abs. 1 GG. Birk 85 leitet das Leistungsfähigkeitsprinzip aus dem verfassungsrechtlichen Werte system ab. Nach Tipke ist es ,,müßig, über die Berechtigung dieses Prinzips ein endloses ,wissenschaftliches Palaver' zu führen."86 Er führt aus 87 : "Den Gerechtigkeitsvorstellungen der Gegenwart entspricht das Leistungsflihigkeitsprinzip - ein Ausfluß der Fähigkeitsregel - offenbar am besten. Obwohl es nicht zwingend ableitbar ist, leuchtet es der großen Mehrheit heute offenbar als sachgerecht ein . . . Da das Leistungsflihigkeitsprinzip eine sachgerechte Regel ist, muß der Rechtsanwender es akzeptieren. Reflexionen darüber, ob es eine ,noch sachgerechtere' Regel gäbe, gehören in den Bereich der Steuerrechtsphilosophie" sowie 88 : ,,Als ethisches Axiom ist es (sc. das Leistungsflihigkeitsprinzip) wissenschaftlich nicht deduzierbar. Es ist aber eine auf Evolution beruhende Regel, die inzwischen tief verwurzelt ist und einer in der ganzen Welt verbreiteten Überzeugung entspricht." Die überwiegende Literatur befürwortet das Leistungsfahigkeitsprinzip 89. Ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat das Leistungsfahigkeitsprinzip in Art. 134 WRV90 und Art. 123 Abs. 1 BayLVerf91 • Die Gegner 92 des Leistungsfähigkeitsprinzips wenden ein, das Leistungsfahigkeitsprinzip sei ein:: Pseudobegründung, führe zu einer Selbstverstärkung der Herrschaft und sei in der Praxis nicht durchführbar. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 3. November 1982 93 ausgeführt hat:

84 BStBl. 11 1982, S.717 (725 f.). Kritisch gegenüber einer Herleitung aus Art. 3 Abs. 1 GG: Walz, S. 101 ff., 155. Weitere zahlreiche Nachweise zur Rechtsprechung des BVerfG bei: Kirchhof in Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 277 - Fn. 98. 85 S. 50 f., 59 ff.; 264. 86 StuW 1976, S. 293 (305). 87 Steuergerechtigkeit, S. 57, 59. 88 Steuerrecht, S. 59 f. 89 Birk, S. 59 ff.; Kirchhof in Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 275 ff.; Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 19 f., 27 ff., 159 ff. - jeweils m. w. N. Tipke, Steuerrecht, S. 59 f.; ders., Steuergerechtigkeit, S. 57, 59; ders., StuW 1976, S 293 (305); ders., Die Situation des Steuerrechts im Jubiläumsjahr 1988, S. 865 (877 f.). 90 RGBl. 1919, S. 1383. Zur Bedeutung vgl.: Bühler in Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Art. 134, S. 313,316 f. 91 BayBS I S. 3. Vgl. hierzu: Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern: Handkommentar, Art. 123 Anm. 1 ff. 92 Etwa: Kruse, S. 71 (77 ff.); Leisner, StuW 1983, S. 97 ff. Weitere Nachweise bei: Lang, J., StuW 1983, S. 103 (104 f. - Fn. 18-20). 93 BStBl. 11 1982, S. 717 (725).

6*

84

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung "Ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet ist, diese Ungleichheit zu mildem oder zu beseitigen, ist am Maßstab des aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmenden Gebots der Steuergerechtigkeit zu prüfen, an das der Gesetzgeber gebunden ist. . .. Es ist ein grundsätzliches Gebot der Steuergerechtigkeit, daß die Besteuerung nach der (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit ausgerichtet wird. Dies gilt insbesondere für die Einkommensteuer (BVerfGE 43, 108, 120 m. w. N.). Denn das modeme Einkommensteuerrecht ist auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin angelegt."

soll seine prinzipielle Gültigkeit auch hier nicht in Frage gestellt werden. Zwar ist die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, auch die "tragenden Gründe" einer Entscheidung 94 unterfielen der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG95, nicht unumstritten 96, in jedem Fall wird man ihnen jedoch erhöhte Beachtung zu schenken haben 97 . Hinzu kommt, daß die Gegner des Leistungsfähigkeitsprinzips kein überzeugenderes Prinzip an seine Stelle zu setzen vennögen. Für die hier behandelte Frage besteht der Vorteil des Leistungsfähigkeitsprinzips gegenüber der "Umverteilungstheorie" darin, daß das Leistungsfähigkeitsprinzip in der Lage ist, einzelne in Betracht kommende Steuerobjekte sinnvoll gegeneinander abzugrenzen 98 : Zu unterscheiden ist zunächst zwischen der Sollund der Ist-Leistungsfähigkeit. Im Rahmen einer Besteuerung der "Soll-Leistungsfähigkeit" gilt als Steuerobjekt das, was der einzelne bei Einsatz der ihm gegebenen Fähigkeiten (finanzielle Mittel; geistige Fähigkeiten etc.) hypothetisch zu leisten in der Lage wäre. Mangels einer zuverlässigen Ennittlungsmethode ist eine Besteuerung nach der Soll-L,eistungsfähigkeit jedoch problematisch 99 . Es ist daher im Regelfall von der "Ist-Leistungsfähigkeit" des Betroffenen auszugehen, das heißt von seiner tatsächlich vorhandenen Fähigkeit, Geldleistungen 94 Bei den Ausführungen zum Leistungsfähigkeitsprinzip handelt es sich um Aussagen, die für das Urteil vom 3. November 1982 grundlegend waren. Dies kommt auch in den Leitsätzen der Entscheidung zum Ausdruck. 95 BVerfGE Bd. 1, S. 14 (36 f.); 40, S. 88 (93): "Aber auch in den anderen Fällen entfalten die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG eine über den Einzelfall hinausgehende Wirkung insofern, als die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den Gerichten in allen künftigen Fällen berücksichtigt werden müssen (... ). § 31 BVerfGG erkennt den verfassungsgerichtlichen Entscheidungen Bindungswirkung insoweit zu, wie die Funktion des Bundesverfassungsgerichts als maßgeblicher Interpret und Hüter der Verfassung dies erfordert. Die Bindungswirkung beschränkt sich auf die Teile der Entscheidungsgründe, welche die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen." 96 Vgl.: Schlaich, S. 204 ff.; Stern, Staatsrecht, Band II, S. 1037 ff. 97 Nach Lang,J. (StuW 1983, S. 103,104) macht die Entscheidung das Leistungsfähigkeitspostulat für den Gesetzgeber "entsprechend verbindlich". Stern (Staatsrecht, Band II, S. 1038) spricht von "Beachtlichkeit". Vgl. auch: Kriele, ZRP 1975, S. 73 (74). 98 Schneider, D., StuW 1979, S. 38 ff.; Tipke, Steuerrecht, S. 61. 99 Tipke, Steuerrecht, S. 62. An die Soll-Leistungsfähigkeit knüpfen gleichwohl an: Vermögensteuer, Gewerbekapitalsteuer sowie Grundsteuer.

III. Steuersystematische Überlegungen

85

erbringen zu können 100. "Ist-Leistungsnihigkeit" kann an den sogenannten "Maßgrößen" 101 abgelesen werden: Einkommen, Vermögen und Konsum. Steuerungerechtigkeiten, insbesondere Mehrfachbesteuerungen, lassen sich vermeiden, wenn diese drei Anknüpfungspunkte nicht wahllos nebeneinander verwendet, sondern vom Gesetzgeber streng getrennt gehalten werden. Das Leistungsfähigkeitsprinzip vermag daher die möglichen Steuerobjekte, anders als die "Umverteilungstheorie", differenzierter zueinander in Verhältnis zu setzen. Erbschaft- und Schenkungsteuer erfassen den Vermögenszuwachs auf seiten des Erben bzw. Bedachten (Maßgröße ,,Einkommen") und könnten somit auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip beruhen. Für diese Herleitung von Erbschaftund Schenkungsteuer spricht auch, daß sie, anders als die meisten anderen Ansätze, zu erklären vermag, warum nach geltendem Recht nicht der Nachlaß, sondern der Erbanfall besteuert wird - der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zeigt sich auf seiten des Erben bzw. Bedachten. Die Herleitung aus dem ,,Leistungsfähigkeitsprinzip" wird bestätigt durch die Zwecke und Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers 102. Dieser hat sich zur Begründung der einzelnen Erbschaftsteuergesetze seit dem Jahre 1906 immer wieder auf das Leistungsfähigkeitsprinzip berufen 103; so ist in der Begründung zum ErbStG 1974 ausgeführt 104: "Die auf den Vermögensanfall des einzelnen ausgerichtete Besteuerung bedeutet im Grundsatz, daß hier der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, die der Erwerber erfährt, Ziel und Rechtfertigung der Besteuerung ist . . . Grundziel der Erbschaftsteuer ist also weiterhin die Erfassung der Bereicherung, die jemand von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erfährt." Im folgenden soll daher davon ausgegangen werden, daß Erbschaft- wie Schenkungsteuer auf dem "Leistungsfähigkeitsprinzip" beruhen. Für das Verhältnis von Erbschaft- und Schenkungsteuer zueinander bedeutet dies, daß sie nicht, wie es die zahlreichen Anhänger der "Umgehungstheorie" annehmen, in einem Stufenverhältnis, sondern gleichberechtigt nebeneinander stehen. Erbschaft- wie Schenkungsteuer haben gleichermaßen das Ziel, die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Bedachten zu besteuern 105. 100

Birk, S. 167.

Zum Begriff der "Maßgröße" vgl.: Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 160 ff. Vgl. oben: B.II.3. 103 Begründung zum Nachlaßsteuergesetz 1909, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 248 (1909), Anlage Nr. 997, S. 13; Begründung zum ErbStG 1919, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376, S. 22. 104 BT-Drucksache 6/3418, S. 59. Vgl. auch: BT-Drucksache 6/3418, S. 46, 49 und 101

102

64.

105

führt:

In Hinblick hierauf hat Meincke (in Meincke / Michel, ErbStG, § 1 Anm. 6) ausge-

"Heute kann man daher mit demselben Recht die Erbschaftsteuer als Instrument zur Vermeidung einer Umgehung der Schenkungsteuer bezeichnen, mit dem sich die Schenkungsteuer als Instrument zur Vermeidung einer Umgehung der Erbschaftsteuer einstufen läßt."

86

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

d) Ergebnis Nachdem das ErbStG 1906 in erster Linie auf "fiskalischen" Überlegungen beruhte, finden Erbschaftsteuer wie Schenkungsteuer ihre Rechtsfertigung heute in erster Linie im ,,Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit". Sie stehen insoweit gleichberechtigt nebeneinander. Für die Schenkungsteuer spielt daneben die "Umgehungstheorie" eine gewisse Rolle. 2. Die Ausgestaltung des § 7 Abs.l Nr.l ErbStG

Fraglich ist, ob es vor dem oben dargestellten steuersystematischen Hintergrund folgerichtig ist, in den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ein subjektives Merkmal aufzunehmen.

a) Argumente für eine rein objektive Fassung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Für eine rein objektive Fassung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sprechen die beiden folgenden Überlegungen: aa) Ziel der Schenkungsteuer ist es, die durch bestimmte Erwerbe gesteigerte wirtschaftliche Ist-Leistungsfähigkeit beim Bedachten zu erfassen. Ob die Leistungsfähigkeit im Einzelfall gesteigert ist, ist durch einen Wertevergleich zu ermitteln: Die Höhe des Vermögens des Bedachten vor Durchführung des Rechtsgeschäfts ist mit der Höhe seines Vermögens nach Durchführung des Rechtsgeschäfts zu vergleichen. Um eventuelle Wertveränderungen festzustellen, sind die objektiven Gegebenheiten ins Auge zu fassen. Aus ihnen ergibt sich der erworbene Überschuß. Ob der Überschuß gewollt war, ist ohne Bedeutung für die Frage, ob die Leistungsfähigkeit gesteigert ist. Auf das Vorliegen bestimmter subjektiver Merkmale dürfte es daher im Tatbestand der freigebigen Zuwendung nicht ankommen. Ausdrücklich formuliert hat diesen Gedanken in jüngster Zeit Kirchhof, er führt aus 106: "Steuerrecht belastet den PfIichtigen wegen seiner wirtschaftlichen Kraft, erfaßt deshalb einen objektiven Sachverhalt ... Nicht der subjektive Wille für oder gegen den Erwerb oder das Haben von Vermögen, schon gar nicht für oder gegen die Steuer bestimmt die Belastbarkeit des Steuerpflichtigen, sondern allein seine objektive wirtschaftliche Ausgangslage. ... Der Steuergesetzgeber hat daher in seine Tatbestände ausschließlich objektive Elemente aufzunehmen." ab) Nach der "Umgehungstheorie" ist es auch Aufgabe der in § 7 ErbStG normierten Tatbestände, die Umgehung der Erbschaftsteuer durch unentgeltliche Verfügungen des Erblassers zu Lebzeiten zu verhindern. Nach überwiegender 106 NJW 1987, S. 3217 (3222 f.). Ähnlich: Kruse, StuW 1982, S. 345 (349 f.). Vgl. zu Kirchhof ausführlich oben: B.I.3.c).

fil. Steuersystematische Überlegungen

87

Meinung \07 enthalten die in § 3 ErbStG normierten Tatbestände der Erbschaftsteuer grundsätzlich kein subjektives Tatbestandsmerkmal. Ist es aber Aufgabe mancher Schenkungsteuer-Tatbestände, Umgehungen der Erbschaftsteuer zu verhindern, so ist es naheliegend, auch bei den Schenkungsteuertatbeständen auf das Vorliegen eines subjektiven Merkmals zu verzichten.

b) Argumente tür eine Beibehaltung subjektiver Merkmale Gleichwohl darf der Schluß, die Tatbestände der Schenkungsteuer dürften ein subjektives Merkmal nicht enthalten, nicht voreilig gezogen werden. Die im folgenden aufgeführten Gesichtspunkte könnten vielmehr für die Beibehaltung des subjektiven Merkmals in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sprechen: ba) Um festzustellen, ob im Rahmen einer Zuwendung die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Bedachten gesteigert wurde, sind die ausgetauschten Leistungen zu vergleichen. Zu diesem Zweck wäre es grundsätzlich erforderlich, die Vermögensverhältnisse beim Bedachten vor und nach jeder Zuwendung zu vergleichen. Eine solche Gesamtbetrachtung ist jedoch praktisch nicht durchführbar. Statt dessen können die zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen ins Auge gefaßt werden. Aus ihnen ergibt sich unmittelbar, welche Leistungen sich gegenüberstehen - ob eine Gegenleistung und, wenn ja, welche vom Bedachten zu erbringen ist, ob eine Forderung des Bedachten gegen den Zuwendenden erlöschen soll oder welche Umstände sonst die Bereicherung des Bedachten mindern können. Der objektive Wert der danach vom Bedachten zu erbringenden vermögenswerten Gegenleistungen ist vom objektiven Wert der Zuwendung abzuziehen. Auf diese Weise ergibt sich die objektive Bereicherung des Bedachten. Erforderlich ist es also, die zwischen den Beteiligten vereinbarte vertragliche Grundlage ins Auge zu fassen. Ohne sie ist eine Feststellung der objektiv eingetretenen Bereicherung nicht möglich. Hierin kommt eine subjektive Komponente zum Ausdruck. Es handelt sich jedoch nicht um ein subjektives Merkmal im engeren Sinne, wie es in den Begriffen "Wille zur Unentgeltlichkeit", "Wille zur Freigebigkeit" oder "Bereicherungswille" gegeben ist. bb) Fraglich ist, was geschieht, wenn man es ausreichen läßt, auf die zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen abzustellen: In diesem Fall genügte allein das Vorliegen einer Bereicherung auf seiten des Bedachten, um den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu erfüllen; die Vorschrift würde dann lauten: "Der Schenkungsteuer unterfällt jedes Rechtsgeschäft, durch das eine Partei auf Kosten der anderen Partei bereichert wird." \07 RFHE Bd. 29, S. 137 (149 ff.) = RStBl. 1931, S.559 (= Ls.); BFH BStBl. 1lI 1961, S. 391 (392 f.); 1963, S. 112 (113). Vgl. ausführlich unten: D.I. Etwas anderes soll ausnahmsweise gelten für den in § 3 Abs. I Nr. 4 ErbStG geregelten Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter; vgl. unten: D.llI.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Die Finanzbehörde hätte hier bei jedem zwischen zwei Parteien geschlossenen Rechtsgeschäft zu prüfen, ob zwischen Leistung (= Zuwendung) und Gegenleistung ein objektives Mißverhältnis gegeben ist. Fraglich ist bereits, ob es für jedes Rechtsgeschäft möglich ist, die Höhe von Leistung und Gegenleistung genau festzulegen. Deutlich wird dies bei Gegenständen, die keinen Marktwert besitzen oder die auf Grund einer außergewöhnlichen wirtschaftlichen oder persönlichen Situation für einen der Beteiligten einen besonderen, vom Marktwert abweichenden Wert haben. Hoffnungslos überfordert aber wäre die Finanzbehörde, wenn man es ihr zur Aufgabe machte, jedes zwischen Parteien geschlossene Rechtsgeschäft auf eine Bereicherung für einen der Beteiligten hin zu untersuchen. Dies erforderte einen gegenüber dem bisherigen Rechtszustand immens gesteigerten Verwaltungsaufwand. Auch müßte die Finanzbehörde weit mehr als nach bisherigem Recht in das Wirtschafts- und Privatleben des einzelnen eindringen. Könnte aber wegen dieser praktischen Schwierigkeiten die Besteuerung nur noch lückenhaft erfolgen, so läge hierin ein Verstoß gegen den "Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung" 108. Daneben wären auch solche Zuwendungen in voller Höhe zu versteuern, bei denen die Gegenleistung des Bedachten nicht aus dessen Vermögen stammt und infolgedessen nicht zu berücksichtigen ist. Auf diese Weise unterfieie z. B. das Entgelt für erbrachte Arbeits- oder Dienstleistungen in voller Höhe der Schenkungsteuer. Der Tatbestand hätte sich völlig vom Begriff der "Schenkung" gelöst - von einer Schenkungsteuer könnte nicht mehr die Rede sein. bc) Die zuletzt genannte Überlegung zeigt bereits deutlich, daß die oben genannte Fassung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zugleich tiefgreifende Auswirkungen auf das Verhältnis von Einkommensteuer und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer haben würde: Auch die Einkommensbesteuerung beruht nach herrschender Meinung auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip 109. Die Vorgänger des heutigen Einkommensteuergesetzes, das Preußische Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 110 sowie das erste Reichseinkommensteuergesetz vom 29. März 1920 111 , hatten versucht, durch Anknüpfung an jeweils eine der damals vertretenen Einkommenstheorien - die "Quellentheorie" 112 bzw. die ,,Reinvermögenzugangstheorie" 1\3 - erzieltes EinTipke, Steuerrecht, S. 155. BVerfG BStB!. 11 1982, S. 717 (725) - m. w. N. In der Literatur etwa: Costede in Festgabe für Felix, S. 17 ff.; Kirchhof in Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 1 ff.; Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 193 ff.; Tipke, Steuerrecht, S. 161; . 110 PrGS 1891, S.175. 111 RGB!. I 1920, S. 359. 112 Nach der Quellentheorie (Fuisting, S. 110) ist Einkommen "die Gesammtheit der Sachgüter, welche in einer bestimmten Periode (Jahr) dem Einzelnen als Erträge dauernder Quellen der Gütererzeugung zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse ... zur Verfügung stehen." Erfaßt werden durch die Quellentheorie also nur solche Vennögenszuflüsse, die regelmäßig erfolgen. 108

109

111. Steuersystematische Überlegungen

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kommen möglichst umfassend zu besteuern. Da jedoch Quellentheorie wie Reinvermögenzugangstheorie inhaltlichen Bedenken unterlagen 114 und ihre Umsetzung in ein für die Praxis handhabbares Gesetz Schwierigkeiten bereitete, verzichtete der Gesetzgeber später darauf, "Einkommen" durch Anknüpfung an eine allgemeingültige Definition umfänglich steuerlich zu erfassen. Er beschränkt sich vielmehr seit dem Reichseinkommensteuergesetz vom 10. August 1925 115 auf die Besteuerung sogenannter "Einkunftsarten" 116. In ihnen werden die "Einkommen" beschreibenden Sachverhalte kasuistisch und enumerativ aufgezählt. Die Besteuerung von Einkommen sollte durch diese "technische" Beschränkung praktikabel gemacht werden 117. Steuerbares Einkommen im Sinne des geltenden Einkommensteuerrechts sind daher ausschließlich 118 solche Vermögenszuflüsse, die unter eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1- 7 EStG normierten Einkunftsarten subsumiert werden können. Würde § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede bei einem Rechtsgeschäft eintretende objektive Bereicherung einer Besteuerung unterwerfen, käme es zu zahlreichen Überschneidungen von Einkommensteuer und Schenkungsteuer: Denn die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit würde zunächst über die sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG erfaßt. Zugleich würde aber jedes geschlossene Rechtsgeschäft nochmals daraufhin überprüft, ob Leistung und Gegenleistung in einem Mißverhältnis stehen, um auch hier die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu besteuern. Auf diese Weise ergäben sich einerseits zahlrei113 Nach der Reinvermögenzugangstheorie (Schanz, FinArch 1896, S. 1, 23. Vgl. auch: ders. in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, "Erbrecht", S. 795) ist Einkommen der "Reinvermögenszuwachs eines bestimmten Zeitabschnitts inklusive der Nutzungen und geldwerten Leistungen Dritter." Ob es sich um dauernde oder einmalige Vermögenszuwächse handelt, ist demnach gleichgültig - erfaßt werden gleichermaßen jeder Reinertrag, die Zuwendungen Dritter sowie die Nutzung von Vermögen. 114 Gegen die "Quellentheorie" spricht, daß nach ihr einmalige Vermögenszuflüsse nicht steuerbar sind und daß sie die erforderliche Trennung des Einkommensbegriffs zwischen Entstehungsseite und Verwendungsseite nicht vornimmt. Gegen die "Reinvermögenzugangstheorie" wird vorgebracht, ihr Einkommensbegriff entspreche nicht den allgemein geläufigen Vorstellungen von Einkommen, sie sei in Reinform nicht praktikabel sowie sie nehme bei der Definition des Einkommens nicht die erforderliche Trennung nach Entstehungs- und Verwendungsseite vor. Vgl. etwa: Biergans / Stockinger, FR 1982, S. 1 (2 ff.); Kirchhojin Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 313 ff., 321 ff.; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 166 ff., 193 ff.; Tipke, Steuerrecht, S. 167 f. 115 RGBl. I 1925, S. 189. 116 Bzw.: ,,Einkommensarten" gemäß § 6 Reichseinkommensteuergesetz 1925. 117 Begründung zum Reichseinkommensteuergesetz vom 16. Oktober 1934 in RStBl. 1935, S.33 (34 f.). Zur Geschichte der Einkommenbesteuerung vgl.: Biergans / Stokkinger, FR 1982, S. 1 (2 ff.); Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 166 ff., 193 ff. jeweils m. w. N. 118 Kirchhojin Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 18; Glanegger in Schmidt, EStG, § 2 Anm. 6. Allgemein zum Verbot der Analogie im Steuerrecht: BVerfGE 13, S. 318 (328); BVerfG NJW 1985, S. 1891; BFH BStBl. 11 1969, S. 550 (552).

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

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che Fälle der Doppelbesteuerung. Zum anderen würden plötzlich Sachverhalte (private Veräußerungsgewinne; Lotteriegewinne) von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfaßt, auf deren Besteuerung das Einkommensteuergesetz bewußt verzichtet hat 119. Das Abstellen allein auf das Vorliegen einer objektiven Bereicherung in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG würde also die zwischen Einkommensteuerrecht und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerrecht bestehende Abgrenzung der Steuerobjekte zueinander (Besteuerung der sieben Einkunftsarten einerseits, Besteuerung von Erbschaften und freigebigen Zuwendungen andererseits) nicht nur partiell, sondern grundlegend verändern 120. Die vom Gesetzgeber aus praktischen Gesichtspunkten vorgenommene Beschränkung der Erfassung von Einkommen auf bestimmte ,,Einkunftsarten" wäre hinfällig 121. bd) Zur Lösung dieser unter (bb) und (bc) genannten praktischen wie systematischen Schwierigkeiten bietet sich das sogenannte "Praktikabilitätsprinzip" 122 an. Ihm liegt der Gedanke zugrunde, daß ein besonders raffiniert ausgeklügeltes System, das alle ins Auge gefaßten Sachverhalte vollständig erfaßt, die Praxis vor unlösbare Probleme stellen kann. Sein Ziel ist es, Überkompliziertheiten und damit verbundene praktische Undurchführbarkeiten von Steuergesetzen zu verhindern 123. Neumark definiert wie folgt l24 : "Gemäß dem Grundsatz der Wohlfeilheit der Besteuerung sind die Zusammensetzung eines Steuersystems und die technische Ausgestaltung seiner Elemente so vorzunehmen, daß die mit der Veranlagung, Erhebung und Kontrolle verbundenen Aufwendungen sei es der Finanzbehörde, sei es des Steuerpflichtigen insgesamt nicht das Mindestmaß überschreiten, das sich bei gebührender Beachtung der übergeordneten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ziele der Besteuerung als erforderlich erweist." Folge des Praktikabilitätsprinzips ist eine Durchbrechung des der Steuer zugrunde liegenden ,,reinen Prinzips" zugunsten einer Schematisierung oder Typisierung der ins Auge gefaßten Sachverhalte. Ein gutes Beispiel für die Anwendung des Praktikabilitätsprinzips ist das geltende Einkommensteuerrecht: Wie gesehen, hatte man im 19. Jahrhundert zunächst mit Hilfe der "Quellentheorie" und der "Reinvermögenzugangstheorie" versucht, Einkommen umfassend zu begreifen.

Glanneger in Schmidt, EStG, § 2 Anm. 6. Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei den Fragen der Bemessungsgrundlage (§ 2 Abs. 2-5 EStG / §§ 10-13 ErbStG) sowie des Steuersatzes (§§ 32 ff. EStG / § 19 ErbStG), welche sich in den beiden Gesetzen ebenfalls grundlegend unterscheiden. 121 Im Ergebnis ebenso: RFHE Bd. 29, S. 137 (148); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (124). 122 Arndt, S. 7 ff., 41 ff., 52 ff.; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S.33, 176; Neumark, S. 368 ff.; Tipke, Steuerrecht, S. 65; Walz, S. 170 ff. Zur "Typisierung" in der Verwaltung: Isensee, S. 55 ff., 125 ff. 123 Vg1.: Stenographische Berichte des Bundestages, 7. Wahlperiode, S. 804. 124 S.372. 119

120

III. Steuersystematische Überlegungen

91

Da dies auf rechtliche, systematische und besonders technische Schwierigkeiten stieß, ging der Gesetzgeber dazu über, allein die jeweils im Gesetz genannten Einkunftsarten zu besteuern. Zwar hatte und hat dies zur Folge, daß z. B. private Veräußerungsgewinne, private Wertzuwächse oder Nutzungen, Lotteriegewinne wie auch Erbschaften und Schenkungen der Besteuerung nach geltendem Recht nicht unterfallen, obwohl sich in all diesen Rechtsvorgängen gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit manifestiert. Aus Gründen der Praktikabilität nimmt man gleichwohl diese systematischen Ungereimtheiten in Kauf 125 • Da es nicht möglich ist, sämtliche denkbaren Fälle, in denen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person gesteigert wird, durch eine allgemeingültige Definition zu erfassen, wird versucht, einzelne in der Praxis handhabbare Sachverhalts-Gruppen, in denen sich gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit äußert, zu bilden und tatbestandlich zu erfassen. Hierher gehören z. B. die im Einkommensteuerrecht geregelten sogenannten "sieben Einkunftsarten". Als weiterer Tatbestand, bei dem sich typischerweise gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit äußert, kommt die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" (§ 516 Abs. 1 BGB) in Betracht: Der Beschenkte erfährt einerseits objektiv einen Zuwachs seiner Ist-Leistungsfähigkeit. Andererseits unterfallen nicht alle Fälle gesteigerter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit § 516 Abs. 1 BGB, sondern nur solche, bei denen "beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt". Überschneidungen der in (bb) , (bc) genannten Art von Einkommensteuer und Schenkungsteuer sind auf diese Weise weitgehend ausgeschlossen, da der Zuwachs auf Grund einer Schenkung im Regelfall nicht der Einkommensteuer unterfällt 126. Für das Verhältnis von Einkommensteuer und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer bedeutet dies, daß sich die beiden Steuerarten ergänzen 127 - beide haben das gleiche Ziel, die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Bedachten zu erfassen 128. Wenn beide Steuern gleichwohl in zwei Gesetzen abweichend 125 Freilich erlaubt das Praktikabilitätsprinzip nicht beliebige Eingriffe in das der jeweiligen Steuer zugrunde liegende Prinzip (BVerfG BStBl. 11 1984, S.608, 612; Kirchhof, StuW 1985, S. 319, 321; Tipke, Steuergerechtigkeit, S. 59 f.; Walz, S. 176). Die Durchbrechung des Prinzips muß vielmehr durch vernünftige Erwägungen begründet sein. Die durch sie erreichten Vorteile müssen die Nachteile der Durchbrechung auffangen. 126 Begründung zum EStG vom 16. Oktober 1934, RStBl. 1935, S. 33 (35) unter Hinweis auf § 6 Abs. 3 EStG 1925 (RGBl. I 1925, S. 189); Glanneger in Schmidt, EStG, § 2 Anm. 6; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 50. Eine Ausnahme ist etwa gegeben bei freigebigen Zuwendungen in das Betriebsvermögen von Gewerbetreibenden. Hier ist grundsätzlich neben der Schenkungsteuer Einkommensteuer zu entrichten; vgl. hierzu: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 2. 127 Dieser Ergänzungsgedanke ist von den oben (B.III.l.cb) behandelten Ergänzungsfunktionen zu unterscheiden. 128 Schanz (FinArch 1896, S. 1,24 ff.) hat Schenkungen insoweit als "Spezialeinkommen" bezeichnet. Ebenso: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 2.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

voneinander geregelt sind, so kann dies verschiedene Gründe haben 129: Schenkungen fallen im Gegensatz zu den sieben Einkunftsarten nur unregelmäßig an, so daß eine Anwendung der Progressions sätze der Einkommensteuer unpassend wäre. Auch handelt es sich bei Schenkungen nicht um erwirtschaftete Vermögenszuflüsse 130. be) Für ein subjektives Merkmal könnte schließlich sprechen, daß Erbschaftund Schenkungsteuer nach einer in der Literatur 131 vertretenen Meinung besonders die "unverdiente" bzw. ,,mühelose" Steigerung der Leistungsfähigkeit erfassen sollen. Die Attribute "unverdient" und "mühelos" gehen nämlich über das rein Objektive hinaus. Sie enthalten subjektive Bezüge. Das Vorliegen des subjektiven Merkmals allein auf diese Weise zu begründen, scheint jedoch nicht überzeugend: Zum einen ist fraglich, ob es zulässig ist, Einkünfte nach unterschiedlicher sittlicher Qualität (verdient / unverdient) zu differenzieren 132. Für das Leistungsfähigkeitsprinzip kommt es auf die objektive Steigerung der Leistungsfähigkeit, nicht aber darauf an, wie diese erfolgte. Zum anderen stellt die Differenzierung der einzelnen Erwerbe nach ihrer Berechtigung die Praxis vor schwerwiegende Probleme. Eine zuverlässige Feststellung von Verdientheit oder Mühelosigkeit des einzelnen Erwerbs ist kaum möglich. 3. Ergebnis

Erbschaft- wie Schenkungsteuer haben die Aufgabe, bestimmte Steigerungen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu erfassen. Sie stehen gleichberechtigt nebeneinander. Um festzustellen, ob der Erbe bzw. Bedachte objektiv bereichert ist, ist es unverzichtbar, auf die zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen zurückzugreifen. Erst aus ihnen ergibt sich, welche geldwerten Leistungen von jeder Seite zu erbringen waren und ob insoweit eine objektive Bereicherung vorliegt. Für den Bereich der Schenkungsteuer ist daneben eine weitere besondere "subjektive Komponente" erforderlich, welche sich aus einem oder mehreren subjektiven Tatbestandsmerkmalen zusammensetzen kann 133. Diese besondere subjektive Komponente erfüllt zwei wichtige Funktionen: Zum einen gibt sie Nach BFH (BStBl. II 1987, S. 175, 177) liegen "Erbschaft- und Einkommensteuer ... auf verschiedenen Ebenen und sind grundsätzlich nicht ,saldierfähig' ". 130 Vgl.: Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 169 f., 459 f.; ders., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 50 f. 131 Kisker, S. 5; Schäffle, S. 420; Schanz, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, ,,Erbschaftsteuer", S. 795, 804. 132 Ebenso: Fischer, StuW 1978, S. 345 (346 f.); Schneider,D., StuW 1979, S. 38 (40). 133 Zur Ausgestaltung dieser subjektiven Komponente im einzelnen: B.lV. 129

III. Steuersystematische Überlegungen

93

dem Tatbestand Gestalt, indem sie ihn gegenüber der unübersehbaren Vielzahl denkbarer Sachverhalte, in denen sich gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit äußert, abgrenzt und macht ihn so für die Finanzbehörden praktikabel. Zum anderen verhindert die subjektive Komponente, daß die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung in Einkommensteuer einerseits und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer andererseits aufgehoben wird. Bemerkenswert ist, daß Kirchhof134 die von ihm postulierte Abschaffung "subjektiver Merkmale" im Steuerrecht mit systematischen Argumenten sowie damit begründet, daß auf diese Weise den Finanzbehörden die Arbeit erleichtert und die Privatsphäre des einzelnen geschont werde. Die oben angestellten Überlegungen zeigen jedoch, daß mit der Abschaffung des subjektiven Merkmals im Bereich der Schenkungsteuer genau das Gegenteil erreicht wird. 4. Blick über die Grenze

Auch in Österreich und der Schweiz enthält der jeweilige zentrale Tatbestand der Schenkungsteuer eine besondere subjektive Komponente. Lediglich in einzelnen Punkten lassen sich gewisse Abweichungen feststellen: a) Österreich

Das österreichische Steuerrecht gleicht in weiten Bereichen dem deutschen Steuerrecht 135. Dies gilt auch für das österreichische "Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz" vom 30. Juni 1955 136• Es geht zurück auf das deutsche Erbschaftsteuergesetz vom 22. August 1925 137 • aa) Die beiden Hauptanwendungsfälle der Schenkungsteuer sind in § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 öErbStG geregelt:

§l (1) Der Steuer nach diesem Bundesgesetz unterliegen 1. Der Erwerb von Todes wegen, 2. Schenkungen unter Lebenden, 3. Zweckzuwendungen. (2) ...

NJW 1987, S. 3217 (3222 f.). Ausführlich zu Kirchhof oben: B.I.3.c). Mit der Besetzung Österreichs im Jahre 1938 wurde das bis dahin geltende österreichische Steuerrecht durch das formelle und materielle Steuerrecht des Deutschen Reiches abgelöst. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb dieses überwiegend in Geltung. Zur Geschichte des österreichischen Steuerrechts: Doralt / Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, Band I, S. 3 ff. 136 Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, 1955, Nr. 141. Novelliert durch Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, 1968, Nr. 15. Im folgenden: öErbStG. Zur Geschichte des öErbStG: Dorazil, ErbStG, S. 1 ff. 137 RGBl. I 1925, S. 320. Vgl. oben: B.I.1.ad); B.II.3.c). 134 135

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung §3

(1) Als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes gelten 1. jede Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts 138; 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird; 3.... 139

Der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" ist damit fast wortgleich mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. ab) Rechtsprechung und Literatur zu § 3 Abs. 1 Nr.2 öErbStG entsprechen denn auch weitgehend der deutschen Rechtsprechung und Literatur zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG: Nach überwiegender Ansicht ist für die Tatbestände der "Schenkung" bzw. der "freigebigen Zuwendung" des öErbStG ein besonderes "subjektives Merkmal" erforderlich 140. Dieses wird als "Bereicherungswille" 141, als "Wille, unentgeltlich etwas zuzuwenden" 142 oder als ,,Einigung über die unentgeltliche Hingabe" 143 bezeichnet. Eine genaue Definition des subjektiven Merkmals wird jedoch nur selten gegeben. Statt dessen existiert eine umfangreiche Kasuistik 144. So soll der "Bereicherungswille" fehlen, wenn die Zuwendung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt 145, selbst wenn diese in Wirklichkeit nicht besteht 146 oder nicht erzwingbar ist 147. Dies alles entspricht der in Deutschland herrschenden Ansicht. Gleichwohl lassen sich zwei Unterschiede feststellen: Erfolgt die Zuwendung zur Erfüllung einer sittlich-moralischen Verpflichtung, lehnt die wohl überwiegende Ansicht in Österreich, anders als die herrschende Meinung in der Bundesrepublik l48 , (unter gewissen Voraussetzungen) eine Steuerpflicht ab 149: 138 Gemeint ist das Bürgerliche Recht Österreichs. § 938 des österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs lautet insoweit: Ein Vertrag, wodurch eine Sache jemandem unentgeltlich übertragen wird, heißt eine Schenkung. 139 In § 3 Abs. 1 Nr. 3-8, Abs. 2-5 öErbStG sind ergänzende Vorschriften zu § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 öErbStG enthalten. 140 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11, IV - mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; Haas, ÖsterreichischeJuristische Blätter 1955, S. 8 (10 f.); Kamper, S. 533 (547); Ruppe, S. 47 f. Vgl. auch: Taucher, S. 927 (934 f.). 141 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 1,11, IV; Haas, Österreichische Juristische Blätter 1955, S.8 (11); Ruppe, S. 47. 142 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11, IV. 143 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. IV. 144 Vgl. die zahlreichen Beispiele bei: Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11 - IV. 145 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11; Kamper, S. 533 (547); Ruppe, S. 47 f. 146 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm.II, IV; Kamper, S. 533(547) unter Hinweis auf eine Entscheidung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. September 1983 (Beilage zur Österreichischen Steuerzeitung, 1984, S. 222); Ruppe, S. 48 - Fn. 25 a; 147 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11. 148 Vgl. die Ausführungen zu Fall (13): B.IV.2.e).

III. Steuersystematische Überlegungen

95

"Solchen Zuwendungen fehlt vielfach das Merkmal des Bereicherungswillens ( ... ), weil auch der Zuwendende aus dem zwingenden Gefühl der Erfüllung einer Pflicht heraus handelt und nicht schenken ( ... ) will. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn der sittliche Druck auf den Zuwendenden so stark ist, daß er glaubt, sich der Zuwendung nicht entziehen zu können." Andererseits scheinen die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten in der österreichischen Literatur nicht so weitgehend berücksichtigt zu sein wie im deutschen Recht: Verkauft z. B. jemand eine Sache weit unter Wert, weil er sich in einer wirtschaftlichen Notlage befindet 150, wird eine (teilweise) Steuerpflicht bejaht 151. Daß der Verkauf aus einem wirtschaftlichen Zwang heraus erfolge, sei ein für die Besteuerung unbeachtliches ,,Motiv".

b) Schweiz

In der Schweiz ist das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht ausschließlich kantonales Recht, da dem Bund eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz nicht zusteht 152. Fast alle Kantone haben von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht 153. In den meisten Kantonen steht neben der Erbschaft- die Schenkungsteuer l54 • Was die Schenkungsteuer - und hier insbesondere die Frage des subjektiven Merkmals - betrifft, lassen sich nach Styger 155 die einzelnen kantonalen Vorschriften in drei Gruppen einteilen:

149 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Mai 1952 (Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs, Teil F, Nr. 589). Ebenso: Ruppe, S. 48 - unter Hinweis auf eine Entscheidung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Februar 1965 (Beilage zur Österreichischen Steuerzeitung, 1965, S. 96); Taucher, S. 927 (935). 150 Vgl. die Ausführungen zu Fall (3): B.I.1.c); B.IV.l.ba) (2); B.IV.2.b). 151 Dorazil, ErbStG, § 3 Anm. 11 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 1959 (AZ 62/59). 152 Dietsch, S. 469 (472 f.); Höhn, S. 347 f. Zum "Problem einer Bundeserbschaftssteuer in der Schweiz": Boulenaz, S. 142 ff.; Schneider, Ph., S. 2 ff .. 153 Allein die Kantone Schwyz und Obwalden erheben weder Erbschaft-, noch Schenkungsteuer. Eine Übersicht über Ausgestaltung und Bedeutung der Erbschaft- und Schenkungsteuer in den übrigen Kantonen bietet: Boulenaz, S. 46 ff. Zum Wortlaut: Monteil, S. 199 ff. Zu den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen: Jaeggy, S. 41 ff.; Huber, S. 1 ff., 245 ff.; Monteil, S. 6 ff., 43 ff.; Styger, S. XV f. 154 Ausnahmen bilden die Kantone Luzem und Solothurn Sie erheben Erb-. schaft-, aber keine Schenkungsteuer: Höhn, S. 347; Lustenberger, S. 30. m S. 58 ff., 64 ff. Zustimmend: Dietsch, S.469 (472 f.); Höhn, S. 350 f. Kritisch: Böckli, S. 339 f.

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

96

ba) Maßgeblichkeit des zivilrechtlichen Schenkungsbegriffs (1) Die Kantone Freiburg, Schaffhausen, Tessin, Waadt, Neuchatel sowie Genf haben sich nach Styger 156 den obligationenrechtlichen Schenkungsbegriff zu eigen gemacht l57 • Art. 239 OR lautet:

Art. 239 (1) Als Schenkung gilt jede Zuwendung unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen anderen ohne entsprechende Gegenleistung bereichert ( ... ). (2)

Wer auf ein Recht verzichtet, bevor er es erworben hat, oder eine Erbschaft ausschlägt ( ... ), hat keine Schenkung gemacht.

(3) Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht wird nicht als Schenkung behandelt.

(2) Voraussetzung einer solchen "Schenkung" gemäß Art. 239 Abs. 1 OR ist nach überwiegender Ansicht 158 das Vorliegen einer subjektiven Komponente. Diese wird als "Konsens über die Unentgeltlichkeit" 159, "Bereicherungswille" 160, "Schenkungswille" 161, "Absicht zur unentgeltlichen Zuwendung" 162 oder als "Schenkungsabsicht" 163 bezeichnet. Sie soll fehlen bei "normalen" Austauschgeschäften, bei Leistungen zur Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit oder auch dann, wenn sich die Parteien über den Wert der ausgetauschten Leistungen irren 164. Auf die "Motive" der Vertragsparteien soll es demgegenüber nicht ankommen 165. Dies entspricht im Großen und Ganzen dem deutschen Recht. Demgegenüber hat die konsequente Anknüpfung an Art. 239 OR zur Folge, daß gemäß Art. 239 Abs. 3 OR Zuwendungen, die zur Erfüllung einer sittlichen Pflicht erfolgen, - anders als nach der herrschenden Meinung zum deutschen Recht 166 - grundsätzlich nicht steuerpflichtig sind 167. S. 59 ff., 65 - Fn. 31. Schweizerisches Obligationenrecht vom 18. Dezember 1936. Das "Schweizerische Obligationenrecht" regelt Vertrags-, Handels- sowie Wertpapierrecht für den Bereich der gesamten Schweiz. Das Personen-, Familien-, Erb- sowie das Sachenrecht sind im "Schweizerischen Zivilgesetzbuch" vom 10. Dezember 1907 geregelt. 158 Böckli, S. 339; Dietsch, S. 469 (472); Guhl, S. 354; Lustenberger, S. 39; Styger, S.61. 159 Böckli, S. 339; Styger, S. 61. 160 Styger, S. 61. 161 Styger, S. 61. 162 Dietsch, S. 469 (472). 163 Lustenberger, S. 39; Guhl, S. 354. 164 Styger, S. 61. 165 Dietsch, S. 469 (472); Styger, S. 61. 166 Vgl. zu Fall (13): B.lV.2.e). 167 Art. 239 Abs. 3 OR steht damit im Gegensatz zum deutschen Bürgerlichen Recht: Denn ein Umkehrschluß aus den §§ 534; 1425 Abs. 2; 1641, S. 2; 1804; 2113 Abs. 2; 2205, S.3; 2230 BGB zeigt, daß das deutsche Recht Zuwendungen auf Grund einer sittlichen Pflicht oder auf Grund einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht grundsätzlich als "Schenkungen" einordnet. Praktische Relevanz erlangt der Gegensatz im 156

157

III. Steuersystematische Überlegungen

97

bb) Die ,,zürcher Gruppe" Zur "Zürcher Gruppe" gehören nach Styger 168 außer Zürich die Kantone Zug, Basel und Thurgau. (1) § 5 a Abs. 1 des inzwischen aufgehobenen alten zürcherischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungsssteuer vom 26. April 1936 lautete:

Der Schenkungssteuer unterliegen Zuwendungen unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen anderen ohne entsprechende Gegenleistung bereichert. Dieser Tatbestand war zwar weitgehend identisch mit dem Schenkungsbegriff in Art. 239 Abs. 1 OR. Abweichungen waren gleichwohl möglich, da die Kantone gemäß Art. 6 Abs. 1 ZGB 169 in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen nicht an das Bundeszivilrecht gebunden sind. Die Entwicklung der Rechtsprechung zu § 5 a Abs. 1 des alten zürcherischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungsssteuer vom 26. April 1936 hat jüngst Dietsch 170 ausführlich dargelegt. Sie geht hin zu einer stärkeren Betonung subjektiver Komponenten: Die Oberrekurskommission ging zunächst vom Schenkungsbegriff des Art. 239 OR aus - mit der Folge, daß sittlich-moralische Zuwendungen ohne weiteres von der Steuerpflicht ausgeschlossen waren. Seit einer Grundsatzentscheidung vom 17. März 1952 171 prüft die Oberrekurskommission demgegenüber im Rahmen von § 5 a Abs. 1 des alten zürcherischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungsssteuer vom 26. April 1936 jeweils "Unentgeltlichkeit" bzw. "Wille zur unentgeltlichen Zuwendung" genau. Hierunter sollen auch sittlich-moralische Zuwendungen fallen, wenn der Empfänger nicht durch eigene Leistung einen sittlichen Anspruch erworben hat. Das Verwaltungsgericht 172 demgegenüber stellte für die Besteuerung zunächst allein auf objektive Umstände ab. Auf eine "Willenseinigung der Parteien über die unentgeltliche Bereicherung" sollte es nicht ankommen - es sei dem Steuerrecht allgemein eigentümlich, daß es subjektiven Umständen wenig oder kaum Gewicht beilege. Von dieser objektiven Linie ist das Verwaltungsgericht mit einer unveröffentlichten Entscheidung vom 16. Dezember 1983 173 abgerückt. Nach seiner neuen Rechtsprechung soll Voraussetzung für eine Steuerpflicht das Vorliegen eines "Schenkungswillens" sein, der freilich bei "augenfälliger Unentgeltlichkeit" (widerlegbar) vermutet werde. Nur so ließen sich unhaltbare Ergebnisse vermeiden. Zivilrecht freilich kaum, da der deutsche Gesetzgeber mit den §§ 534; 1425 Abs.2; 1641, S. 2; 1804; 2113 Abs. 2; 2205, S. 3; 2230 BGB zahlreiche Vorschriften geschaffen hat, welche die Rechtsfolgen der "Schenkung" für sittlich-moralische Zuwendungen ausschließen. 168 S. 65 f. 169 Schweizerische Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907. Vgl. bereits: Fn. 157. 170 S.469 (477 ff.) mit zahlreichen Nachweisen. 171 Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung 1953, S. 459. 172 Nachweise bei: Dietsch. S. 469 (479 f. Fn. 32-35). 173 Zitiert bei: Dietsch, S.469 (470 Fn. 2, 480 f.). 7 Klein-Blenkers

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

In der Literatur gingen Schneider 174 und Huber 175 davon aus, daß § 5 a Abs. 1 des alten zürcherischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungsssteuer vom 26. April1936undArt. 239 OR sich decken 176. Nach Monteil 177 undStyger l78 zeigte die Nichtübernahme des Art. 239 Abs. 3 OR in § 5 a Abs. 1 des alten zürcherischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungsssteuer vom 26. April 1936 außerdem, daß sittlich-moralische Zuwendungen steuerpflichtig sein sollten.

(2) § 4 Abs. 1 des neuen kantonalzürcherischen Gesetzes über die Erbschaftsund Schenkungssteuer vom 28. September 1986 lautet: Der Schenkungsteuer unterliegen Zuwendungen unter Lebenden. mit denen der Empfänger aus dem Vermögen eines anderen ohne entsprechende Gegenleistung bereichert wird. Die Ähnlichkeit zur Vorgängervorschrift ist groß. Die jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts, welche das Vorliegen eines "Schenkungswillens" fordert, könnte insoweit auch für die neue Rechtslage Geltung erlangen. Dietsch 179 fordert für eine Besteuerung gemäß § 4 Abs. 1 die folgenden vier Tatbestandsmerkmale: ,,zuwendung", ,,Bereicherung", "Unentgeltlichkeit" sowie einen "Schenkungswillen". Der "Schenkungswille" soll verhindern, daß das Schenkungselement der Bereicherung zur bloßen Leerformel wird. bc) Die "Berner Gruppe" Zur sogenannten "Berner Gruppe" gehören nach Styger l80 außer Bern die Kantone Uri und St. Gallen 181. Art. 3 des bernischen Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes lautet:

Art. 3 (1) Als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes gilt jede freiwillige und unentgeltliche Zuwendung von Geld, Sachen oder Rechten irgend welcher Art ... (2) ...

(3) Die Gründe und Absichten. aus welchen die Schenkung erfolgte, üben auf die Steuerpflicht keinen Einfluß aus ... 174

Schneider, Ph., S. 141 ff., 147, 149.

S. 139. Für Ph. Schneider (S. 147, 149) war dabei in § 5 a Abs. 1 das Tatbestandsmerkmal der •.Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" insbesondere im Fall der "gemischten Schenkung" unerläßlich. Ebenso: Böckli, S. 340. 177 S.41, 145, 155 ff. 178 S. 65 f. 179 S.469 (483 ff.). Vgl. auch: Böckli, S. 340. 180 S. 62 f., 67. 181 Nach Monteil (S. 155) gehören hierher auch die Kantone Appenzell und Graubünden. 175

176

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

99

Damit liegt eine von Art. 239 OR weitgehend gelöste Definition vor. Über die Tatbestandsmerkmale "freiwillig" und "unentgeltlich" betont sie die subjektive Komponente besonders. Auf die "Motive" der Beteiligten soll es nach Absatz 3 jedoch nicht ankommen: Einigkeit besteht dahingehend, daß Absatz 3 der Vorschrift den Art. 239 Abs. 3 OR für unanwendbar erklären und sittlich-moralische Verpflichtungen so der Steuer unterwerfen will 182. bd) Ergebnis Festhalten läßt sich: Die Erhebung von Erbschaft- und Schenkungsteuem ist in der Schweiz den einzelnen Kantonen überlassen. Soweit diese eine Schenkungsteuer normiert haben, ist eine besondere subjektive Komponente Tatbestandsvoraussetzung. Diese wird u. a. als "Schenkungs wille" , "Bereicherungswille" oder als ,,Einigsein über die Unentgeltlichkeit" bezeichnet. Auf die "Motive" der Beteiligten soll es im Regelfall nicht ankommen. Gemäß Art. 239 Abs. 3 OR gilt die Erfüllung einer sittlichen Pflicht obligationenrechtlich nicht als "Schenkung". Ob sittlich-moralische Zuwendungen der Schenkungsteuer unterfallen, entscheidet sich danach, wie weit die einzelnen kantonalen Gesetze sich von der obligationenrechtlichen Definition gelöst haben.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs.l Nr.l ErbStG im einzelnen Die bisherige Untersuchung hat ergeben, daß der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelte Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" de-Iege-Iata eine besondere subjektive Komponente enthält, und daß es de-Iege-ferenda nicht sinnvoll wäre, diese abzuschaffen. Diese subjektive Komponente kann sich aus einem oder mehreren subjektiven Tatbestandsmerkmalen zusammensetzen. Klare Aussagen betreffend ihren Inhalt finden sich jedoch weder in Rechtsprechung und Literatur I, noch sind sie aus einer Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu gewinnen. Die Frage nach dem Inhalt der "subjektiven Komponente" soll daher als erstes geklärt werden (1.). Im Anschluß daran werden die in Rechtsprechung und Literatur immer wiederkehrenden praktischen Fälle an Hand der gefundenen Definition gelöst (2.). Schließlich soll gefragt werden, ob es sinnvoll war, daß der Gesetzgeber durch die Aufnahme des schenkungsteuerspezifischen Begriffs der "freigebigen Zuwendung" von der in § 516 Abs. 1 BGB gegebenen Defmition der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" abgewichen ist (3.). 182 Monteil, S. 55 - mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 4; Styger, S. 67 mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 40. 1 Eine Ausnahme stellen insoweit die Ausführungen von Schulze-Osterloh (StuW 1977, S. 122, 124) bzw. Meincke (in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37 ff.) dar, vgl. oben: B.I.3.ac),ad).

7"

100

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

1. Der genaue Inhalt der "subjektiven Komponente" in § 7 Abs. 1 Nr.l ErbStG

a) Maßgeblichkeit der der Zuwendung zugrunde liegenden Vereinbarungen Bei "Schenkung" wie "freigebiger Zuwendung" handelt es sich um Rechtsgeschäfte. Es ist daher naheliegend und zugleich unerläßlich, zunächst die rechtsgeschäftliche Grundlage der Zuwendung ins Auge zu fassen. Aus den rechtsgeschäftlichen Erklärungen des oder der Beteiligten ergibt sich, ob und, wenn ja, welche Leistungen beiderseits erbracht werden sollen, ob mit der Zuwendung auf eine Verbindlichkeit geleistet wird oder was sonst hinter der Zuwendung steht. Die Frage, ob objektiv eine "Bereicherung" gegeben ist, läßt sich nur auf diese Weise beantworten 2 • b) Der" Wille zur Freigebigkeit" Die daneben im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderliche besondere "subjektive Komponente" könnte man anknüpfend an die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gegebene gesetzliche Definition als "Wille zur Freigebigkeit" bezeichnen. Die Bezeichnung allein sagt freilich über den konkreten Inhalt nicht viel aus. In den Gesetzgebungsmaterialien sowie in Rechtsprechung und Literatur ist demgegenüber meist von einem "Bereicherungswillen" und / oder einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" die Rede. Diese beiden Termini sollen daher zunächst untersucht werden (ba). Im Anschluß daran wird der These Meinckes 3 nachgegangen, Sachverhalte mit familienrechtlichem, aber auch Sachverhalte mit arbeits- oder gesellschaftsrechtlichem Bezug machten neben "Bereicherungswille" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" einen "Willen zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich (bb). Schließlich wird geprüft, ob die "Motive" der Beteiligten für die Frage der Besteuerung eine Rolle spielen (bc) und bei welchem der Beteiligten das subjektive Merkmal vorliegen muß (bd). ba) "Bereicherungswille" und / oder "Wille zur Unentgeltlichkeit" Das subjektive Merkmal in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wird meist als "Bereicherungswille" und / oder als "Wille zur Unentgeltlichkeit" bezeichnet. (1) Erforderlich ist es zunächst, den Inhalt dieser beiden Begriffe zu klären: "Bereicherungswille" beinhaltet "Bereicherung". Unter einer (objektiven) Bereicherung versteht man eine Vermögensmehrung, welche auf Grund wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen ist 4 • Vor diesem Hintergrund bieten sich 2

Vgl. bereits die Ausführungen oben: B.III.2.b).

In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37 ff. Im Anschluß an Meincke: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 58; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (341 ff.). 4 Brox, Besonderes Schuldrecht, Anm. 139; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 6; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband I, § 47 I; Leh3

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

101

drei Möglichkeiten zur Erklärung des Begriffs des "Bereicherungswillens" an. Erstens: "Bereicherungswille" meint, daß der Zuwendende weiß, daß er das Vermögen des Bedachten vermehrt und nimmt dies in Kauf. Zweitens: Der Zuwendende weiß nicht nur um die Bereicherung des Bedachten und nimmt sie in Kauf; durch die Zuwendung will er die Bereicherung vielmehr gerade erreichen. Drittens: Die Bereicherung des Bedachten ist "letztliches Ziel", "Motiv" der Zuwendung. Diese dritte Deutungsmöglichkeit soll zunächst vernachlässigt werden, da Rechtsprechung und Literatur insoweit meist von "Bereicherungsabsicht" (= "animus donandi") sprechen, welche nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein sollS. Es bleiben daher die an erster und zweiter Stelle genannten Alternativen. Dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" liegt der zivilrechtliche Begriff der "Unentgeltlichkeit" zugrunde. Eine ausführliche Definition der "Unentgeltlichkeit" gibt Kollhosser 6 : "Unentgeltlichkeit der Zuwendung liegt vor, wenn sie nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts nicht mit einer Gegenleistung verknüpft ist und auch sonst nicht zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist." Diese Definition entspricht der überwiegenden Meinung 7 , wobei jedoch unterschiedlich beurteilt wird, ob es sich bei dem Begriff der "Unentgeltlichkeit" um ein subjektives oder ein objektives Tatbestandsmerkmal handelt: Die eine Meinung sieht "unentgeltlich" als objektives Tatbestandsmerkmal an; nach ihr ist für den Tatbestand des § 516 Abs. 1 BGB objektiv eine "unentgeltliche Zuwendung" und subjektiv eine ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" erforderlich 8. Die Gegenmeinung sieht in dem Begriff "unentgeltlich" ein subjektives Merkmal; Voraussetzung für § 516 Abs. 1 BGB sei objektiv eine "bereichernde Zuwendung" und subjektiv eine "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit"9. Angesichts der oben wiedergegebenen und überwiegend anerkannten Definition von "Unentgeltlichkeit", welche die jeweiligen individuellen Vormann in Enneccerus / Lehmann, S. 487. Ermittelt wird die Bereicherung durch einen

Vergleich der Vermögenslage vor der Leistung mit der Vermögenslage nach der Leistung. 5 Die "Bereicherungsabsicht" wird unten gesondert behandelt: B.lV.1.bc). 6 In MK zum BGB, § 516 Anm. 13. Zum Begriff der "Unentgeltlichkeit" vgl. auch oben: B.ll.1.; B.ll.2.b). 7 BGH NJW 1982, S. 436; WM 1971, S. 1338 (1341); 1967, S. 1131; RGZ Bd. 125, S. 380 (383); 105, S. 246 (248); Fikentscher, Schuldrecht, § 73 I; Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm. 12; Putzo in Palandt, BGB, § 516 Anm.4 a; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 13. Wohl auch: Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 488; Weyers in Esser / Weyers, S. 113. 8 Morhard, NJW 1987, S. 1734 (1739); Mühl in Soergel, BGB, § 516 Anm.12; Weyers in Esser / Weyers, S. 113. Wohl auch: Kegel, JZ 1952, S. 657. 9 Brox, Besonderes Schuldrecht, Anm. 140; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.6, 13; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband I, § 47 I; Mezger in RGRK, § 516 Anm. 5, 8 f.; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm.5, 13. Wohl auch: Lehmann in Enneccerus/Lehmann, S. 488; Putzo in Palandt, BGB, § 516 Anm. 1 a, 3; Seiler in Erman, BGB, § 516 Anm. 1.

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

102

stellungen der Beteiligten ("nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts") berücksichtigt, scheint es näherliegend, im Begriff der "Unentgeltlichkeit" ein subjektives Tatbestandsmerkmal zu sehen. Gleichwohl soll, um Unklarheiten zu vermeiden, für den Begriffs des "Willens zur Unentgeltlichkeit" die subjektive Komponente noch· einmal besonders betont werden: Das Tatbestandsmerkmal "Wille zur Unentgeltlichkeit"liegt vor, wenn ein Beteiligter es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gemacht hat, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht in voller Höhe zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Damit ergeben sich für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG folgende Möglichkeiten: 10

1. Objektiver Tatbestand: 2. subjektiver Tatbestand a: Wissen um die Ber./U.: b: Wille der Ber./U.: c: Ber. /U. ist Zuw.-Motiv:

bereichernde Zuw.

unentgeltliche Zuw.

Bereicherungswille (1. Alternative) Bereicherungswille (2. Alternative)

Wille zur Unentgeltlichkeit

Bereicherungswille (3. Alternative = "Bereicherungsabsicht" 11)

(2) Untersucht werden soll zunächst die erste Alternative des "Bereicherungswillens". Gefragt wird, ob das "Wissen" des Zuwendenden von der Bereicherung bzw. Unentgeltlichkeit für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ausreicht oder ob es daneben auch auf den "Willen" des Zuwendenden ankommt: Zwar werden sich Wissen und Wille häufig decken; weiß der Zuwendende um die bereichernde Wirkung seines Handeins, so wird diese im Regelfall auch gewollt sein. Gleichwohl handelt es sich nicht ausschließlich um ein theoretisches Problem, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen: (3) A ist, da er sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Notlage befmdet, gezwungen, einen bestimmten Gegenstand unter Wert zu verkaufen. 12 (4) Ladeninhaber A will sein Sortiment verändern. Um die Restbestände des alten Sortiments schnell loszuwerden, verkauft er sie weit unter Wert. 13 10 Ber. = Bereicherung; U. = Unentgeltlichkeit; Zuw. = Zuwendung. Auf das Tatbestandsmerkmal des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" wird später eingegangen: B.IV.1.bb). 11 Zum Tatbestandsmerkmal der "Bereicherungsabsicht" vgl.: B.IV.1.bc). 12 Zu Fall (3) auch: B.I.1.c).; B.IV.2.b).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

103

In beiden Fällen "weiß" A, daß seine Käufer objektiv bereichert werden und nimmt dies in Kauf. Ein direkter "Wille" des A, welcher sich auf die Bereicherung bzw. die Unentgeltlichkeit bezieht, ist demgegenüber zu verneinen. Denn die Bereicherung der Käufer ist nicht Ziel seines Handelns. A veräußert die Gegenstände vielmehr unter Preis, da es ihm in seiner konkreten Situation nicht gelingt, den Marktpreis zu erzielen. Je nachdem, ob man auf das "Wissen" oder auf den "Willen" abstellt, kommt man also zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der Unterschied besteht darin, daß im Rahmen des "Willens", anders als bei alleiniger Zugrundelegung des "Wissens", die konkreten Vorstellungen (z.B.: neues Sortiment) bzw. die persönliche Situation (z.B.: Notlage) der Beteiligten weitergehende Berücksichtigung finden. Geht man allein vom "Wissen" der Beteiligten aus, unterfallen, wie die Fälle (3) und (4) beispielhaft zeigen, all jene Austauschgeschäfte des Geschäfts- und Privatlebens der Steuer, bei denen der Zuwendende um die Bereicherung seines Gegenübers weiß, diese jedoch, aus welchen Gründen auch immer, in Kauf nimmt. Dies aber würde, wie gesehen, zu einer erheblichen Mehrbelastung der Finanzbehörden führen, die in Zukunft sämtliche Austauschgeschäfte, bei denen ein Geschäftspartner objektiv bereichert wird, daraufhin zu überprüfen hätten, ob der Zuwendende um die Bereicherung seines Gegenübers weiß. Auch würde es zu systematischen Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber der Einkommensteuer kommen 14. Stellt man demgegenüber auf den "Willen" ab, unterfallen ,,Austauschgeschäfte" der Steuer grundsätzlich nicht; die beiden oben genannten Schwierigkeiten werden vermieden.

Die erste Alternative des ,,Bereicherungswillens" ist daher nicht ausreichend, um die Aufgaben, welche dem "subjektiven Merkmal" in § 7 Abs. I Nr. I ErbStG zukommen, zu erfüllen. Entscheidend ist nicht das "Wissen", sondern der "Wille" der Beteiligten - wobei zu klären bleibt, ob es auf den "Willen zur Unentgeltlichkeit" oder auf die zweite Alternative des "Bereicherungswillens" ankommt: (3) Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist gegeben, wenn einer der Beteiligten es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts macht, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Geht man von dieser Definition aus, unterfallen Austauschgeschäfte wie die Fälle (3) und (4) nicht der Besteuerung, da sich bei ihnen nach der rechtsgeschäftlichen Vorstellung der Beteiligten Leistung und Gegenleistung regelmäßig gleichwertig gegenüberstehen - die Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung ist nicht "gewollt". Indem der "Wille zur Unentgeltlichkeit" so in weiterem Umfang als die erste Alternative des "Bereicherungswillens" auf die persönlichen Vorstellungen der Beteiligten abstellt, ist er geeignet, die Aufgaben, die dem subjektiven Merkmal in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zukommen, zu erfüllen: Er 13

14

Zu Fall (4) auch: B.I.l.c).; B.lV.2.b). Vgl. oben: B.III.2.bb), bc).

104

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

grenzt die der Steuer unterfallenden Sachverhalte praktikabel ein und übernimmt zugleich eine Abgrenzungsfunktion gegenüber der Einkommensteuer. Das subjektive Merkmal in § 7 Abs. I Nr. 1 ErbStG ließe sich somit als "Wille zur Unentgeltlichkeit" bezeichnen. Dabei ist die zuvor behandelte erste Alternative des "Bereicherungs willens" im "Willen zur Unentgeltlichkeit" stets mitenthalten. Denn haben die Beteiligten es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gemacht, daß der Zuwendung eine (vollwertige) Gegenleistung nicht gegenübersteht, und daß sie auch sonst nicht zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist (= "Wille zur Unentgeltlichkeit"), so beinhaltet dies zugleich, daß die Beteiligten um die Bereicherung des Bedachten wissen. (4) Fraglich ist, ob für bestimmte Sachverhaltsgestaltungen neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" zusätzlich die zweite Alternative des "Bereicherungswillens" Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist 15. "Bereicherungswille" im Sinne der zweiten Alternative bedeutet, daß die Beteiligten die Bereicherung durch die Zuwendung gerade ermöglichen wollen. Diskutiert wird die Erforderlichkeit der zweiten Alternative des Bereicherungswillens an drei Stellen: Nach Meincke 16 kann es ohne Kenntnis der bereichernden Wirkung des Geschäfts keine "gemischte Schenkung" 17 geben, weshalb der "Bereicherungswille" notwendiger Bestandteil des subjektiven Merkmals sei. Von einer "gemischten Schenkung" spricht man, wenn sich in einem Vertrag der eine Partner zu einer Leistung verpflichtet, die nur zu einem Teil durch eine Gegenleistung des anderen vergütet wird, im übrigen aber unentgeltlich sein solp8. Ist die von A erbrachte Leistung teilbar, so liegen jeweils ein Kaufvertrag und eine Schenkung vor, die nur äußerlich zusammengefaßt sind. Die Prüfung der Schenkung erfolgt hier nach den allgemeinen Grundsätzen. Die juristische Einordnung der Fälle, in denen die Leistung wie im folgenden Fall (2) A verkauft dem B einen Bauplatz, der, wie beide wissen, DM 6.000,- wert ist, für DM 3.000,-.19

15 So: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37 ff. Im Anschluß an Meincke: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 58; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (341 ff.).

Vgl. bereits oben: B.I.3.ac),ad). 16 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38 - unter Hinweis auf: BFH BStBl. 11 1977, S. 159. 17 Zur "gemischten Schenkung" vgl. auch: B.lV.2.a); B.IV.3.ba). 18 Zur "gemischten Schenkung": Brox, Besonderes Schuldrecht Anm. 139; Kipp, ErbStG, § 3 Anm.107 ff.; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 26 ff.; Larenz, Schuldrecht, Besonderer Teil, Halbband I, § 47 I; ders ., Schuldrecht, Band 2, § 62 11 c; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG § 7 Anm. 17 ff.; Pruskowski, S. 144 ff.; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 21 ff. 19 Zu Fall (2) auch: B.I.l.c); B.lV.2.a).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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unteilbar ist, ist demgegenüber umstritten: Die Vertreter der sogenannten ,,Einheitstheorie"20 gehen vom Vorliegen eines einheitlichen Rechtsgeschäfts aus, welches entweder insgesamt entgeltlich oder insgesamt unentgeltlich sein soll. Die Vertreter der "Trennungstheorie"21 wollen das Rechtsgeschäft demgegenüber in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufspalten. Der BGH22 hält sich nicht streng an eine der vertretenen Theorien, sondern entscheidet von Fall zu Fall, ob der entgeltliche oder der unentgeltliche Charakter des Geschäftes überwiegt. Praktische Relevanz gewinnt der Theorienstreit im Zivilrecht bei der Frage, nach welchen Regeln die "gemischte Schenkung" zu behandeln ist. Denn die Anwendbarkeit der vom Gesetzgeber geregelten Institute des "Kaufs" bzw. der "Schenkung" auf das gesamte (unteilbare) Rechtsgeschäft bleibt unbefriedigend, da das Rechtsgeschäft nur zu einem Teil dem Kauf, zum anderen Teil jedoch einer Schenkung entspricht. In dieser zivilrechtlichen Problemstellung liegt indes zugleich die Hauptbedeutung des Theorienstreits 23 . Im Rahmen des Steuerrechts bestehen - anders als im Zivilrecht - keine Bedenken, eine gemischte Zuwendung, welche einen unteilbaren Gegenstand zum Inhalt hat, rechnerisch aufzuspalten und ihren unentgeltlichen Teil der Besteuerung zu unterwerfen 24 • Allein entscheidend ist, ob die Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung erfüllt sind - objektive "Bereicherung" des Bedachten und "Wille zur Unentgeltlichkeit". Ein weiteres subjektives Merkmal scheint insoweit für den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht erforderlich. Wenn derBFH demgegenüber für eine Besteuerung von gemischten Schenkungen fordert, daß "die Vertragsparteien sich dessen (sc. der Bereicherung) bewußt waren"25, so liegt 20 Für das Zivilrecht: Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 108; v. Tuhr, S. 77 f. Weitere Nachweise bei: Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 27; Larenz, Schuldrecht, Band 2, § 62 II c. Für das Schenkungsteuerrecht: BFH HFR 1965, S.269 (279); Kapp, BB 1980, S. 1738 f. 21 Für das Zivilrecht: RGZ Bd. 148, S. 236 (240 f.); Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 23. Weitere Nachweise bei: Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 28 ff. Für das Schenkung steuerrecht: BFH BStBl. II 1989, S. 524 (526); 1982, S. 714 (715); 1982, S. 82 (83 f.). 22 NJW 1959, S. 1363 (1364); 1972, S. 247 (248). 23 Im Schenkungsteuerrecht zeigt sich seine Relevanz bei der Bestimmung des Zuwendungsobjekts (= Rechtsfolgenseite). Vgl. die Hinweise auf die Entwicklung der Rechtsprechung sowie das Beispiel bei: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 18 f. 24 So geht denn auch die einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG davon aus, daß der unentgeltliche Teil der "gemischten Schenkung" schenkungsteuerpflichtig ist: Nach der "Einheitstheorie" liegt eine gemischte, nach der "Trennungstheorie" eine ungemischte freigebige Zuwendung vor: BFH BStBl. II 1989, S. 524 (526); 1987, S. 80 (81); 1982, S. 714 (715); 1982, S. 83 (84). Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 50 ff.; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107 f., 109; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.63 c; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 17 ff.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 100 ff; Troll, GmbHR 1984, S. 205 (206 f.). Vgl. auch: Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur schenkungsteuerlichen Behandlung von gemischten Schenkungen sowie von Schenkungen unter einer Auflage vom 10. Februar 1983, BStBl. I 1983, S. 238 f. 25 BStBl. II 1977, S. 159 (161).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

hierin kein Widerspruch. Das vom BFH angesprochene "Bewußtsein" der Bereicherung entspricht der bereits behandelten ersten Alternative des ,,Bereicherungswillens". Diese aber ist im "Willen zur Unentgeltlichkeit" stets enthalten 26 . Zweitens könnte die zweite Alternative des "Bereicherungswillens" neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" erforderlich sein, um bei verschiedenen in Betracht kommenden Empfängern die Person des Bedachten zu ermitteln 27. Deutlich wird dies in einer Entscheidung des RFH vom 29. Oktober 1937 28 : Ein Vater hatte der geschiedenen Ehefrau seines Sohnes RM 43.725 überlassen, um ihr eine eigene Existenzgründung zu ermöglichen und seinen Sohn von seinen Unterhaltspflichten ihr gegenüber zu befreien. Finanzamt und Finanzgericht hatten darin einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang gegenüber der geschiedenen Ehefrau des Sohnes gesehen und diese zur Steuer herangezogen. Der RFH entschied anders; er ging davon aus, daß die Person des Empfängers nach dem in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 ErbStG 1925 vorgeschriebenen subjektiven Merkmal zu ermitteln sei 29: "Ob unter diesen Umständen der Gläubiger oder der Schuldner als Beschenkter zu behandeln ist, muß nach den Verhältnissen des Einzelfalles entschieden werden. Es kommt darauf an, ob der Zweck der Schuldentilgung in dem Willen des Dritten zur Fürsorge für den Schuldner oder für den Gläubiger zu fmden ist." Außerhalb des Schenkungsteuerrechts fmden sich ähnlich gelagerte Fälle: So wird es bei einer Leistungskondiktion in einem Dreipersonenverhältnis bisweilen Schwierigkeiten bereiten, Leistenden und Leistungsempfänger zu bestimmen. Der BGH30 und ein Teil der Literatur 3! gehen bei der Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger von dem Willen und den Vereinbarungen der Beteiligten aus; so hat der BGH im Jahre 1975 ausgeführt 32: ,,Nach der Rechtsprechung des BGH verbietet sich bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, jede schematische Lösung.... Wer bereicherungsrechtlich als Leistender und wer als Leistungsempfanger anzusehen ist, hängt wesentlich davon ab, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gebrachten Willen verfolgt haben. Denn unter einer Leistung in bereicherungsrechtlichem Sinne ist eine zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (vgl.: BGHZ 58, 184, 188 ... )."

26 Vgl. die vorstehenden Ausführungen. 27 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 38 - unter Hinweis auf: RFH RStBl. 1937, S. 1303; BFH BStBl. 11 1978, S. 440. 28 RStBl. 1937, S. 1303. 29 RStBl. 1937, S. 1303 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Vgl. zu einem ähnlichen Fall: BFH BStBl. 11 1978, S. 440. 30 BGH NJW 1977, S. 38 (40). 3! Mühl in Soergel, BGB, § 812 Anm. 58 ff.; Thomas in Palandt, BGB, § 812 Anm. 5 B c, cc. Einschränkend: Lieb in MK zum BGB, § 812 Anm. 30 ff. 32 NJW 1977, S. 38 (40).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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Obwohl der BGH auf diese Weise die Vorstellungen der Beteiligten ins Spiel bringt, fordert er für die Feststellung des Leistungsempfängers kein besonderes "subjektives Merkmal"; entscheidend sind vielmehr die "vertraglichen Vereinbarungen" bzw. ,,rechtsgeschäftlichen Überlegungen" der Parteien 33. Dies läßt sich verallgemeinern: Wer Empfänger einer Zuwendung ist, ergibt sich aus den der Zuwendung zugrundeliegenden rechtgeschäftlichen Überlegungen 34. Daneben ist ein besonderes "subjektives Merkmal" zur Feststellung nicht erforderlich. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" muß insoweit nicht durch die zweite Alternative des "Bereicherungswillens" ergänzt werden. Drittens könnte die Abgrenzung der "freigebigen Zuwendung" gegenüber dem ,,Auftrag" (§§ 662 ff. BGB) das Vorliegen der zweiten Alternative "Bereicherungswillens" neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" erforderlich machen. Denn obwohl es sich beim Auftrag um ein "unentgeltliches" Rechtsgeschäft handelt, lehnt die Literatur 35 die Anwendbarkeit der §§ 516 ff. BGB aus drei Gründen ab: Das BGB habe beide Rechtsinstitute bewußt systematisch getrennt geregelt; die Schenkung erfasse, wie sich aus ihrem engen Zusammenhang mit Kauf und Tausch sowie aus den §§ 517, 522 f. BGB ergebe, nur die Übertragung von Vermögens substanz, während der Beauftragte im Regelfall Arbeitsleistungen erbringe; und schließlich ließen sich viele Rechtsfolgen der Schenkung, wie z. B. die §§ 518 Abs. 1; 521 BGB, nur schwer auf den Auftrag anwenden. Fraglich ist, ob diese Argumente auf das Schenkungsteuerrecht übertragbar sind 36: Die für den Bereich des Bürgerlichen Rechts angeführten systematischen Bedenken lassen sich auf das ErbStG nicht übertragen. Denn mit der Aufnahme der "freigebigen Zuwendung" in das ErbStG verfolgte der Gesetzgeber gerade das Ziel, auch solche Sachverhalte der Schenkungsteuer zu unterwerfen, welche der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" nicht unterfallen 37 • Selbst wenn man daher unterstellt, daß die §§ 516 ff. BGB auf den ,,Auftrag" nicht anwendbar sind, kann dieser sehr wohl § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterfallen. Ebenfalls auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht übertragbar ist das an dritter Stelle genannte Argument. Denn die Schenkung steuerpflicht des Auftraggebers bringt keine für diesen untragbare Rechtsfolge mit sich; es kann ihm ohne weiteres zugemutet 33 Dem steht nicht entgegen, daß die § § 812 ff. BGB vom Fehlen einer Rechtsgrundlage ausgehen. Die Vorstellungen der Beteiligten haben auch dann Bestand, wenn das Rechtsgeschäft selbst unter Umständen unwirksam ist. 34 Zum Zusammenhang zwischen rechtsgeschäftlichen Überlegungen und objektiver "Bereicherung" vgl. bereits oben: B.Ill.2.b). 35 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I; Lehmann in Enneccerus/Lehmann, S. 681; Seiler in MK zum BGB, § 662 Anm. 32; Thomas in Palandt, BGB, § 662 Anm. 2 b; Weyers in Esser / Weyers, S. 113. Differenzierend nach dem Geschäftszweck: Mühl in Soergel, BGB, Vor § 516 Anm. 4. Für die Bejahung einer Schenkung in besonderen Fällen: Motive, Band 2, S. 528. 36 In der steuerrechtlichen Rechtsprechung und Literatur wurde diese Frage bisher soweit ersichtlich noch nicht diskutiert. 37 Vgl. oben: B.II.3.b).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

werden, für den unentgeltlichen Teil der Auftragsausführung Schenkungsteuer zu entrichten. Fraglich bleibt die Anwendbarkeit des "Vermögenssubstanzarguments": Auch im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist objektive Tatbestandsvoraussetzung, daß der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, d. h. die Zuwendung muß "aus dem Vermögen" des Gebers stammen 38 • Bei den Leistungen, die ein Beauftragter erbringt, wird es sich meist um Arbeitsleistungen handeln; diese aber stammen nicht "aus seinem Vermögen" - eine Schenkungsteuerpflicht ist nicht gegeben. In Fällen, in denen ein Auftraggeber dagegen etwas "aus dem Vermögen" des Beauftragten übertragen bekommt, scheint eine Bejahung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG durchaus möglich, soweit auch die subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gegeben sind. Weiß der Beauftragte, daß der Leistung, die er (aus seinem Vermögen) erbringt, keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht bzw. daß sie nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt und will er dies, so ist eine Schenkungsteuerpflicht zu bejahen. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist also auch im Falle eines ,,Auftrags" ausreichend. Keine der drei behandelten Sachverhaltsgestaltungen macht demnach neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" die zweite Alternative des "Bereicherungswillens" erforderlich 39. (5) Festhalten läßt sich: Erforderlich und ausreichend für das subjektive Merkmal in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist grundsätzlich der sogenannte "Wille zur Unentgeltlichkeit"4O. Dieser ist gegeben, wenn einer der Beteiligten es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts macht, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist.

Im "Willen zur Unentgeltlichkeit" ist die erste Alternative des "Bereicherungswillens" stets enthalten. Der zweiten Alternative des "Bereicherungswillens" kommt neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" keine eigenständige Bedeutung zu. Auf die Frage, ob in bestimmten Ausnahmefällen neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich ist, soll im folgenden eingegangen werden.

38 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 11; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 4 f.; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 6. 39 Ebenfalls gegen die Aufnahme eines "Bereicherungs willens" neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" spricht, daß in Rechtsprechung und Literatur zur "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" von einem "Bereicherungswillen" an keiner Stelle die Rede ist (Vgl. vorne: B.l1.2.b) - Fn. 32). Auch nähert sich die "freigebige Zuwendung" - fordert man allein das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" - der in § 516 Abs. 1 BGB gegebenen Definition der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" (,,Einigung über die Unentgeltlichkeit") weitgehend an. 40 So auch: Crezelius, S. 127; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (124).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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bb) Der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Nach einer von Meincke 41 entwickelten Theorie ist in Sachverhalten mit familienrechtlichem, aber auch in Sachverhalten mit arbeits- oder gesellschaftsrechtlichem Bezug Voraussetzung einer Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, daß neben den ohnehin erforderlichen subjektiven Komponenten zusätzlich ein besonderer "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" soll vorliegen, wenn die Zuwendung "um der Bereicherung willen"42 erfolgt. Diese Theorie soll hier 43 an Hand der sogenannten "unbenannten Zuwendungen" überprüft werden. Von einer "unbenannten Zuwendung"44 spricht man, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögensgegenstand zuwendet, ohne daß die Ehepartner eine Abrede über den Charakter der Zuwendung treffen. Typisch sind die folgenden, von der Rechtsprechung entschiedenen Sachverhaltsgestaltungen: (17) Eheleute bauen auf einem ihnen jeweils zur Hälfte gehörigen Grundstück ein Haus. Die erforderlichen Geld-, Zins- und Tilgungsleistungen werden in erster Linie von einem, meist dem allein berufstätigen, Ehegatten erbracht. 45 (18) Ein Ehegatte erwirbt Wertpapiere zur gemeinsamen Alterssicherung der Ehepartner, wobei gemeinsame Verfügungsbefugnis vereinbart wird. 46 (19) Eheleute A lassen sich scheiden. Vor Scheidungsausspruch "schenkt" Herr A Frau A ein Einfamilienhaus. Auf diese Weise sollen die zwischen den Eheleuten bestehenden Unterhaltsansprüche (teilweise) abgegolten werden. 47 Im vorliegenden Zusammenhang zu beachten ist auch Fall (20):

(20) Ehegatten vereinbaren Gütergemeinschaft, wobei ein Ehegatte ein wesentlich größeres Vermögen als der andere einbringt. 48

41 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37,40 f. Im Anschluß an Meincke: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 58; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (341 ff.). Vgl. bereits oben: B.1.3.ac). 42 Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 37,40. Vgl. auch: Kipp in Windscheid / Kipp, § 365 Fn. 4. 43 Zu weiteren Sachverhaltsgestaltungen, in denen der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Bedeutung erlangen kann, vgl. unten: B.VI. 44 Der Ausdruck wird erstmals von Lieb verwendet (S. 124 f.). Rechtsprechung (vgl. etwa: BGHZ Bd. 82, S. 227, 230) und Literatur haben ihn übernommen. 45 BGH NJW 1989, S. 1986; NJW-RR 1988, S. 962; BGHZ Bd. 87, S. 145; 82, S. 227; BGH FamRZ 1982, S. 910; 1982, S. 778; BFH 1985, S. 159; BStBI. 11 1980, S. 402. 46 BGH NJW 1989, S. 1986; NJW-RR 1988, S. 962; NJW 1972, S. 580. 47 BFH BStBl. 11 1968, S. 239 (241); 1971, S. 184 (185); 1972, S. 43. 48 BGH DB 1975, S. 1643; BFH BStBl. III 1966, S. 521; 1964, S. 202; HFR 1964, S.397; DVR 1953, S. 107; RFH RStBl. 1942, S.580; 1931, S.675; RFHE Bd. 27, S. 324; 9, S. 9; 5, S. 72; FG Stuttgart, EFG 1970, S. 24.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Bevor eine Beantwortung der Frage versucht wird, ob in diesen Fällen neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Voraussetzung der Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist 49 , sollen zunächst die zivilrechtliche sowie die steuerrechtliche Rechtsprechung und Literatur zur "unbenannten Zuwendung" untersucht werden. (1) Mit der Frage, ob in den Fällen (17) und (18) die Voraussetzungen der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" erfüllt sind, hat sich der BGH in zahlreichen Entscheidungen auseinandergesetzt 50 - dem Ehegatten, der die entsprechenden Leistungen erbracht hatte, ging es dabei meist darum, diese gestützt auf § 530 BGB51 - zurückzufordern. Dabei ist ein Wandel in der Rechtsprechung des BGH festzustellen: In seinen frühen Entscheidungen prüfte der BGH52 jeweils genau, ob die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB gegeben waren. Gingen die Parteien davon aus, der nicht leistende Ehepartner habe in gleicher Weise wie der leistende Ehegatte durch seine Mitarbeit im ehelichen Haushalt oder im gemeinsamen Geschäft zur Vermögensbildung beigetragen, so sollte es an der erforderlichen "Einigung über die Unentgeltlichkeit" fehlen. In einer Entscheidung des BGH vom 26. November 1981 heißt es dazu 53:

,,Eine Schenkung liegt nur vor, wenn der erwartete Vermögenswert aus dem Vermögen des Zuwendenden kommt, und sich beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt .... Die Schaffung einer Familienheimstätte erfordert das gedeihliche Zusammenwirken beider Ehegatten nach besten Kräften. Der Gesetzgeber achtet die Hausarbeit der Frau grundSätzlich der auf den Gelderwerb gerichteten Tätigkeit des Mannes gleich .... In dem Erwerb eines Familienwohnheims zu hälftigem Miteigentum wird daher regelmäßig die Anerkennung eines gleichwertigen Beitrags beider Ehepartner liegen. Hatten die Parteien diesen Beitrag jedes von ihnen als Rechtsgrund des genannten Erwerbs im Auge, so schließt das die Annahme aus, sie hätten eine Schenkung gewollt ( ... )." In der selben Entscheidung bahnte sich jedoch bereits ein Wandel in der Rechtsprechung an. Der BGH 54 prüfte in der Folgezeit nicht mehr in erster Linie die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB, sondern stellte statt dessen auf den ,,zweck" der Zuwendung ab: Ist es Aufgabe der ins Auge gefaßten Zuwendung, in irgendeiner Weise der "Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft" zu dienen, so ist nach Ansicht des BGH eine sogenann-

49 S. 125 ff. 50 BGHZ Bd. 87, S. 145; FamRZ 1982, S. 910; 1982, S. 778; BGHZ Bd. 82, S. 227; NJW 1972, S. 580. Vgl. auch - ohne Bezug auf die §§ 516 ff. BGB: BGH NJW 1974, S. 1554; 1966, S. 542. 51 Als Rückforderungsansprüche kommen neben § 530 BGB die §§ 1360 b; 1374 Abs. 2; 1380 BGB in Betracht. 52 NJW 1972, S. 580; BGHZ Bd. 82, S. 227 (231)-zu einem Fall der Gütertrennung. 53 BGHZ Bd. 82, S. 227 (231). 54 BGH NJW 1989, S. 1986; NJW-RR 1988, S. 962; BGHZ Bd. 87, S. 227; FamRZ 1982, S. 778; BGHZ Bd. 87, S. 145. Ebenso: OLG Harnm, FamRZ 1988, S. 620.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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te "ehebedingte" oder "unbenannte" Zuwendung gegeben, was die Bejahung einer "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" regelmäßig 55 ausschließe 56: "Wesentliches Merkmal einer unbenannten Zuwendung ist regelmäßig nur, daß die Leistungen des einen Ehegatten an den anderen nicht auf einem bestimmten schuldrechtlichen Grund (z.B. Gesellschaft, Darlehen, Schenkung, Auftrag oder ähnlichem) beruhen, sondern der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu dienen bestimmt sind." Dieser neuen eher schematisierenden Betrachtungsweise des BGH liegt wohl der Gedanke zugrunde, daß es bei der Auflösung einer Ehe des Rückgriffs auf die §§ 516 ff. BGB grundsätzlich nicht bedarf: Im Falle des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft sollen die §§ 1371 ff. BGB ausreichend sein 57, im Falle der Gütertrennung sollen die Regeln über den "Wegfall der Geschäftsgrundlage" zur Anwendung kommen 58. Ob der BGH in der "unbenannten Zuwendung" ein entgeltliches oder ein unentgeltliches Rechtsgeschäft 59 sieht, ist unklar; einerseits 60 bezeichnet er die unbenannte Zuwendung ausdrücklich als "entgeltlich", andererseits 61 geht er davon aus, daß unbenannte Zuwendungen auch "unentgeltlich" sein können. Ein Teil der zivilrechtlichen Literatur 62 hat sich der neueren Rechtsprechung des BGH angeschlossen und faßt bei der Frage, ob eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gegeben ist, vorrangig den ,,zweck"63 der Zuwendung ins Auge. Ebenso vor ging bereits im Jahre 1970 Lieb 64 : 55 In Ausnahmefällen, insbesondere bei ausdrücklicher Bezeichnung der Zuwendung als "Schenkung", bleibt eine Schenkung jedoch möglich: BGH NJW-RR 1986, S. 1202; FamRZ 1985, S. 352; BGHZBd. 87, S. 145 (146). 56 BGH NJW 1989, S. 1986 (1987). 57 Ausnahmen sind jedoch möglich: BGH NJW 1987, S. 2814 (2815); BGHZ Bd. 82, S.227 (236 f.). 58 BGH NJW 1989, S. 1986 (1987); NJW-RR 1988, S. 962 (964); 1988, S. 965 (966); FamRZ 1982, S. 910; 59 Die Frage, ob es sich bei unbenannten Zuwendungen um unentgeltliche Rechtsgeschäfte handelt, erlangt, wie die §§ 2325 BGB; 3 Abs. 1 Nr.4 AnfG; 32 Nr.2 KO beispielhaft zeigen, Bedeutung, sobald durch sie Rechte Dritter betroffen sind (V gl. hierzu: Morhard, NJW 1987, S. 1734 ff.; Sandweg, NJW 1989, S. 1965 ff.). Aber auch im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kann sie zum Tragen kommen: Denn folgt man der Ansicht, unbenannte Zuwendungen seien unentgeltlich, so ist wahrscheinlich, daß ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" bei ihnen regelmäßig vorliegt. 60 BGHZ Bd. 87,S. 145 (147); NJW 1972, S. 580. Vgl. auch: BGHNJW 1966, S. 542. 61 BGHZ Bd. 82, S. 227 (237) - Hervorhebung stammt vom Verfasser: "Sie (sc. die Anwendung von § 242 BGB) kann nicht dazu führen, daß jede unentgeltliche Zuwendung unter Ehegatten nach einer Scheidung rückgängig gemacht werden kann." 62 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 49 f.; Putzo in Palandt, BGB, § 516 Anm.4 b, bb; Sandweg, NJW 1989, S. 1965 (1966 ff.). 63 Sandweg sieht in der auf den Fortbestand der Ehe gerichteten "Motivation" des Zuwendenden das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen "unbenannter Zuwendung" und "Schenkung". Sei eine "Schenkung" danach nicht gegeben, könne die in

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung "Der Tatbestand der Schenkung setzt ... eine bewußte Trennung zwischen den Vermögenssphären von Schenker und Beschenktem voraus. Oerade daran fehlt es aber bei Ehegatten. ... Ihr Bewußtsein wird daher auch kaum von der jeweils korrekten, säuberlichen Trennung der beiden Vermögenssphären geprägt, als vielmehr von der (Orund-)Vorstellung, daß es angesichts des Ehebundes gar nicht so sehr darauf ankomme, welchem der Ehegatten bestimmte Vermögenswerte denn nun zugeordnet sind ... Positiv läßt sich die Rechtslage in bezug auf die hier untersuchten ,unbenannten' Zuwendungsfälle daher dahingehend bezeichnen, daß hier keine der Einordnung ins Schuldrecht fähigen Rechtsgeschäfte vorliegen, sondern daß es sich um spezielle, familienrechtliche, causa-lose Ausgestaltungen der ehelichen Lebensgemeinschaft handelt ..."

Weitergehend jedoch als der BGH und die sich dem BGH anschließende Literatur lehnt Lieb 65 das Vorliegen einer Schenkung bei Zuwendungen zwischen Ehegatten ohne Ausnahme ab. Bei Scheitern der Ehe sollen statt dessen stets die Regeln des jeweiligen Güterstandes oder die Grundsätze über den "Wegfall der Geschäftsgrundlage" zur Anwendung kommen 66 • Soweit sich die Literatur der Rechtsprechung des BGH anschließt, wird in der "unbenannten Zuwendung" teilweise ein "entgeltliches"67, teilweise ein "unentgeltliches"68 Rechtsgeschäft gesehen. Teilweise wird auch nach dem jeweils zugrundeliegenden Sachverhalt 69 oder nach der ins Auge gefaßten Anspruchsgrundlage 70 differenziert. Dabei wird die "Entgeltlichkeit" wie folgt begründet: Im Falle des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft sei von einem "vorweggenommenen Zugewinnausgleich" auszugehen 71; und im Falle des Güterstandes der Gütertrennung sei eine die Entgeltlichkeit der Zuwendung begründende Gegenleistung des bedachten Ehegatten darin zu sehen, daß dieser den Haushalt geführt, im Geschäft mitgearbeitet, die eheliche Lebensgemeinschaft mitverwaltet oder sonstige Beiträge "ideeller Natur" erbracht habe 72.

familienrechtlichen Überlegungen wurzelnde Motivationslage die causa der Zuwendung bilden: NJW 1989, S. 1965 (1966 ff., 1974). 64 S. 123. Ebenso: Migsch, AcP 173, S. 46 (55). 65 S. 123 ff. Ebenso: Migsch, AcP 173, S. 46 (55 f.). 66 Lieb, S. 124 f. 67 Henrich, FamRZ 1975, S. 533 (536 f.); Morhard, NJW 1987, S. 1734; Putzo in Palandt, BOB, § 516 Anm.4 b, bb; Schwab, Familienrecht, Anm.246. Wohl auch: Hülsheger, S. 91 ff.; Kollhosser in MK zum BOB, § 516 Anm. 49 f. 68 Lieb, S. 124. Wohl auch: Holzhauer, JuS 1983, S. 830 (831 f.). 69 Holzhauer, JuS 1983, S. 830 (831 f., 833). 70 Sandweg, NJW 1989, S. 1965 (1966, 1969 ff.). 71 Henrich, FamRZ 1975, S. 533 (536 f.) - mit der Folge, daß § 1374 Abs. 2 BOB unter Umständen analog anzuwenden ist; Hülsheger, S. 92 f. 72 Kollhosser in MK zum BOB, § 516 Anm. 49; Schwab, Familienrecht, Anm. 246. Vgl. auch: Holzhauer, JuS 1983, S. 830 (832); Johannsen, WM 1978, S. 654 (656 ff.).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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Die Gegenmeinung in der zivilrechtlichen Literatur 73 steht der Rechtsprechung des BGH kritisch gegenüber. Sie bemängelt, daß der BGH von der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB abweicht und statt dessen auf den "Anlaß" oder "Zweck" der Zuwendung ausweicht14 : "Das Fehlen einer gleichwertigen Gegenleistung und die Einigung der Parteien hierüber macht das Wesen der Schenkung aus. Die neue Rechtsprechung des BGH zu den ehebedingten Zuwendungen droht diesen bislang nicht ernsthaft angefochtenen Begriff der Unentgeltlichkeit zu verwässern. Die bloße Tatsache der Eheschließung ist für den BGH regelmäßig Grund genug, um Unentgeltlichkeit zu verneinen und zwar auch dann, wenn eine Gegenleistung im schuldrechtlichen Sinne fehlt oder ungleichwertig ist und wenn sich die Parteien über diesen Unterschied sehr wohl im klaren waren. . .. Zuwendungen unter Ehegatten sind als Schenkungen einzuordnen, wenn die Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB vorliegen: keine Verknüpfung mit einer Gegenleistung und Einigkeit über die Unentgeltlichkeit. Sie sind nach den gleichen Kriterien zu beurteilen wie andere Zuwendungen auch, so wie ja auch für andere Schuldverträge zwischen Ehepartnern (Miete, Kauf etc.) keine Besonderheiten gelten." Seutemann 75 kritisiert darüberhinaus, eine "Sonderstellung von Gemeinschaftsverhältnissen" störe das vom Gesetzgeber geschaffene Leistungsgleichgewicht, setze klassische Strukturen des Schenkungsrechts außer Kraft, führe, da sich Gemeinschaftsverhältnisse nicht genau bestimmen ließen, zu einer unsicheren Grenzziehung und böte schließlich bei Eingehung bzw. Auflösung des Gemeinschaftsverhältnisses keine Lösung. Entscheidend für die Frage, ob eine Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts vorliegt, soll nach dieser Literaturansicht allein sein, ob im einzelnen Fall eine "Einigung über die Unentgeltlichkeit" gegeben ist16 • Dies aber soll sich nach den allgemein für die Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts geltenden Grundsätzen richten.

Festhalten läßt sich: Ob Zuwendungen zwischen Ehegatten dem § 516 Abs. 1 BGB unterfallen, beurteilen Rechtsprechung und Literatur teilweise nach den in § 516 Abs. 1 BGB normierten Voraussetzungen und teilweise allgemein nach dem "Zweck", den die Zuwendung erfüllt. Unabhängig von dieser Unterscheidung gehen beide Ansichten vom Vorliegen einer "unbenannten Zuwendung" aus, wenn die Zuwendung erfolgt, um den anderen Ehegatten im weitesten Sinne "an den gemeinsam erarbeiteten Früchten des ehelichen Lebens zu beteiligen". Diese dem § 516 Abs. 1 BGB nicht unterfallende "unbenannte Zuwendung" wird teilweise als "entgeltlich", teilweise als "unentgeltlich" bezeichnet. 73 Kühne, JR 1982, S. 237 f.; Seutemann, FamRZ 1983, S. 990 ff.; ders., Der Widerruf von Schenkungen unter Ehegatten, S. 31 ff. Wohl auch: Gernhuber, Familienrecht, S. 211; Mezger in RGRK, § 516 Anm. 8. 74 Seutemann, FamRZ 1983, S. 990 (991). 75 Der Widerruf von Schenkungen unter Ehegatten, S. 31 ff. 76 Kühne, JR 1982, S. 237 f.; Seutemann, FamRZ 1983, S.990 (991). Wohl auch: Gernhuber, Familienrecht, S. 211; Mezger in RGRK, § 516 Anm. 8.

8 Klein-Blenkers

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

(2) Mit der Frage, ob Zuwendungen zwischen Eheleuten schenkungsteuerpflichtig sind, haben sich RFH, BFH und Finanzgerichte wiederholt befaßt. Die entschiedenen Fälle lassen sich in drei Gruppen einteilen. In den Fällen der ,ersten Gruppe wendet ein Ehegatte dem anderen, wie in den Fällen (17) und (18), eine Leistung ohne unmittelbare Gegenleistung zu 77 • Der BFH prüft hier, ob die einzelnen Voraussetzungen der freigebigen Zuwendung erfüllt sind. Hat der bedachte Ehepartner (Gegen-)Ansprüche gesellschaftsvertraglicher, arbeitsrechtlicher oder sonstiger Art in Höhe der Zuwendung, scheitert die Steuerpflicht bereits am (objektiven) Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" 78. Ist ein rechtlich relevanter Gegenanspruch nicht gegeben, geht der Zuwendende aber subjektiv von Gegenleistungen bzw. Gegenansprüchen des bedachten Ehegatten aus 79 , fehlt das erforderliche "subjektive Merkmal". Entscheidend sind für den BFH die konkreten Vorstellungen der Beteiligten 80. Kommt er zu dem Ergebnis, daß die objektiven und/ oder subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht erfüllt sind, liegt eine nicht schenkungsteuerpflichtige, "nicht unentgeltliche"81 Zuwendung vor. Ebenso verfährt der BFH in den Fällen der zweiten Gruppe: Sie enthält jene Fälle, in denen ein Ehepartner dem anderen, wie in Fall (19), bei oder nach Ehescheidung Leistungen zur Sicherung seiner gesetzlichen Unterhaltsansprüche gewährt 82. Auch hier prüft der BFH, ob ein rechtlich relevanter (Gegen-)Anspruch auf seiten des bedachten Ehepartners besteht 83 oder ob es Ziel des Zuwendenden war, (vermeintliche) Gegenleistungen oder Gegenansprüche des anderen Ehepartners durch die Zuwendung auszugleichen 84 . Ist dies der Fall, liegt eine nicht schenkungsteuerpflichtige, ,,nicht unentgeltliche" 85 Zuwen77 BStBl. II 1985, S. 159; 1980, S. 402; m 1957, S. 449. Vgl. auch: FG Münster EFG 1987, S. 129; FG Baden-Württemberg EFG 1988, S. 185. 78 BFH HFR 1964, S. 397 (398) - zu einem Fall der Vereinbarung von Gütergemeinschaft. 79 Dies ist etwa der Fall, wenn der zuwendende Ehegatte seine Leistung als Ausgleich für die Mitarbeit des nicht (voll) berufstätigen Ehepartners im familiären Haushalt oder Geschäft erbringt: BFH BStBl. II 1985, S. 159 f.; m 1957, S. 449. Vgl. auch: FG BadenWürttemberg, EFG 1988, S. 185 (186); FG Münster EFG 1987, S. 129. 80 Die teilweise vorkommenden "Vermutungen" (BFH BStBl. 11 1980, S. 402,403) stellen verfahrensrechtliche Erleichterungen dar (vgl. unten: B. V.l.bd) Daß die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen genau zu prüfen sind, wird durch sie nicht in Frage gestellt. 81 BFH BStBl. 11 1985, S. 159. Vgl. auch: FG Baden-Württemberg, EFG 1988, S. 185 (186). 82 BStBl. II 1968, S. 239 (241); 1971, S. 184 (185); 1972, S. 43. 83 In diesem Fall fehlt es bereits am objektiven Tatbestandsmerkmal der Bereicherung. 84 In diesen Fällen ist das "subjektive Merkmal" nicht gegeben. 85 BFHBStBl.11 1972, S. 43 f.; 1971,S. 185-derBFHscheintdavonauszugehen,daß eine Zuwendung nicht nur entweder "entgeltlich" oder "unentgeltlich" sein kann, sondern daß es daneben eine weitere Möglichkeit gibt: " ... fehlt es an der für die Schenkung (... ) erforderlichen Unentgeltlichkeit bzw. an der (... ) Freigebigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Es handelt sich in solchen Fällen ... nicht so sehr um ,entgeltliche' oder ,freigebige' Verfügungen, sondern um letzte und endgültige ... Regelungen der ehemaligen ehelichen Lebensgemeinschaft."

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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dung vor. Sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dagegen erfüllt, unterfällt die Zuwendung der Schenkungsteuer. In der dritten Gruppe sind jene Fälle zusarnmengefaßt, in denen Eheleute, wie in Fall (20), zu Beginn oder während der Ehe Gütergemeinschaft vereinbaren: Auf die Frage, wie diese Fälle seit dem 1. Januar 1974 zu lösen sind, wird unten im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG besonders eingegangen. Vor der Aufnahme von § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG in das Gesetz konnten Fälle der "Vereinbarung von Gütergemeinschaft" schenkungsteuerlich dem Tatbestand der "Schenkung"86 bzw. dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung"87 unterfallen. Nachdem der RFH88 auch hier zunächst in jedem einzelnen Fall die tatbestandlichen Voraussetzungen von ,,schenkung" bzw. "freigebiger Zuwendung" geprüft hatte, ging er später 89 - ähnlich der neueren Rechtsprechung des BGH zur "unbenannten Zuwendung" 90 - dazu über, allgemein nach dem ,,zweck" der Vereinbarung der Gütergemeinschaft zu fragen 91: "Gleichwohl sind sie keine freigebigen Zuwendungen im Sinn des Steuerrechts, weil ihr eigentlicher Zweck nicht auf die Übertragung von Verrnögenswerten, sondern lediglich auf die rechtliche Ordnung der ehelichen Lebensgemeinschaft gerichtet ist und deshalb der Bereicherungswille fehlt." Dem ist der BFH gefolgt 92 : "Der Ehevertrag hat einen - grundsätzlich von der Schenkung verschiedenen eigenen Rechtsgrund in dem vertraglich zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien, ihre güterrechtlichen Beziehungen in bestimmter Weise zu gestalten ( ... ). Die Gütergemeinschaft verfolgt den Zweck, die Ehegatten entsprechend der sich für sie aus dem inneren Wesen der Ehe ergebenden Lebensgemeinschaft auch wirtschaftlich einander möglichst nahe zu bringen; ... Ein steuerpflichtiger Vorgang (sc. ist) erst dann gegeben, wenn die Gütergemeinschaft nicht die güterrechtliche Ordnung der ehelichen Lebensgemeinschaft bezweckt, sondern aus anderen Gründen, insb. um (quasi) erbrechtlicher Folgen willen geschlossen worden ist ( ... )." Im Schrifttum wird die Schenkungsteuerpflichtigkeit "unbenannter Zuwendungen", obwohl fast alle Autoren auf die neuere zivilrechtliche Rechtsprechung des BGH Bezug nehmen, sehr unterschiedlich beurteilt: Nach Felix 93, der als 86 § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919. Irnerstenreichseinheitlichen ErbStG von 1906 (RGBl. 1906, S. 654) waren Zuwendungen zwischen Ehegatten gemäß § 11 Nr.4 d von der Steuer freigestellt. 87 § 3 Abs. 1 Nr.2 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919. 88 RFHE Bd. 5, S. 72 (73 f.). Wohl auch noch: RFHE Bd. 9, S. 9 (12 f.). 89 RStBl. 1942, S. 580; 1931, S. 675. Wohl auch schon: RFHE Bd. 27, S. 324 (330 f.). 90 Vgl. oben: B.IV.l.bb)(1). 91 RStBl. 1942, S. 580 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 92 BFH BStBl. III 1966, S. 521 (522) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Ebenso: BFH BStBl. 11 1964, S. 202; DVR 1953, S. 107. Eine Ausnahme stellt unter Umständen die Entscheidung des BFH vom 6. Mai 1964 (HFR 1964, S. 397) dar; hier wird auf die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen abgestellt. 8*

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

erster auf das Problem der "unbenannten Zuwendung" im Steuerrecht hingewiesen hat, handelt es sich bei Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten stets um nicht steuerpflichtige "unbenannte Zuwendungen"; denn Zuwendungen unter Ehegatten seien Ausfluß der ehelichen Lebensgemeinschaft und ließen sich als solche einem bestimmten Typus von Rechtsgeschäften, also auch "Schenkung" oder "freigebiger Zuwendung", nicht unterwerfen 94. Willemer 95 differenziert nach dem jeweiligen Güterstaf!.d der Ehegatten: Bei Zuwendungen im Rahmen einer Zugewinngemeinschaft soll eine Schenkungsteuerpflicht prinzipiell ausscheiden, da die der jeweiligen Zuwendung zugrundeliegende "spezifisch familienrechtliche causa" die "freigebige Zuwendung" verdränge; ein Ausgleich der Interessen beider Ehepartner erfolge gemäß den §§ 1372 ff. BGB bei Auseinandersetzung der Zugewinngemeinschaft. Im Falle von Gütertrennung soll eine Besteuerung demgegenüber möglich sein, soweit die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, insbesondere das für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderliche subjektive Merkmal, gegeben sind. Meincke 96 prüft bei Zuwendungen zwischen Ehegatten, unabhängig davon, in welchem Güterstand diese leben, die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; sind sie erfüllt, bejaht er eine Schenkungsteuerpflicht. Wegen der "diesen Geschäften inhärenten unentgeltlichen Vermögensmehrung"97 soll jedoch neben den ohnehin erforderlichen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen als weiteres subjektives Merkmal ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Tatbestandsvoraussetzung sein - dem Geber müsse es darauf ankommen, die Bereicherung dem Empfänger "um der Bereicherung willen" zu verschaffen 98. Moench 99 hat sich Meincke angeschlossen. Eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung liegt nach Moench nur dann vor, wenn sie nicht "zur Regelung familienrechtlicher Beziehungen", sondern "um der Bereicherung willen" 100 vorgenommen wird 101. Im Gegensatz zu Meincke 102 sieht Moench 103 in der (nicht steuer93 KÖSDI 1983, S.5147 (5150). Teilweise zustimmend: Petzoldt. ErbStG, § 7 Anm.24. 94 Eine Ausnahme soll dann gelten, wenn die E~epartner die Zuwendung ausdrücklich als (juristische) Schenkung bezeichnen: Felix. KOSDI 1983, S. 5147 (5150). 95 DB 1985, S. 1254 ff. 96 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40 f. Im Anschluß an Meincke: Moench. ErbStG, § 7 Anrn. 77 ff., 80 ff.; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (341 f.). 97 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40. 98 Freilich soll auf diese Weise nicht die "Bereicherungsabsicht" (= "animus donandi") zu neuem Leben erweckt werden. Die "Motive" des Zuwendenden sollen auch hier außer Betracht bleiben: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40. 99 ErbStG, § 7 Anm. 77 ff. 100 Moench. ErbStG, § 7 Anm. 77. Nach Moench fehlt dieses subjektive Merkmal, wenn die Zuwendung als Ausgleich für geleistete Mitarbeit oder zur gemeinsamen Beteiligung beider Ehegatten an den Früchten des ehelichen Lebens erfolgt. 101 Nach Moench (ErbStG, § 7 Anm. 83) soll dies unter Hinweis auf § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG unabhängig davon gelten, ob die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder in einern anderen Güterstand leben.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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pflichtigen) "unbenannten Zuwendung" allerdings kein "unentgeltliches", sondern ein "entgeltliches" Rechtsgeschäft. Kapp 104 und Petzoldt 105 fassen weniger die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ins Auge, sondern stellen, wie die neuere Rechtsprechung des BGH zur "unbenannten Zuwendung", auf den ,,zweck" der Zuwendung ab. Morhard lO6 schließlich scheint die Frage, ob Zuwendungen zwischen Ehegatten schenkungsteuerpflichtig sind, allein nach den objektiven Verhältnissen beurteilen zu wollen 107: "Bei der Schenkung beurteilt sich die Unentgeltlichkeit stets zusätzlich auch nach der objektiven Sachlage. Eine objektiv unentgeltliche Leistung kann deshalb nicht durch Partei willen zu einer unentgeltlichen gemacht werden .... Es handelt sich bei der Frage der ,Entgeltlichkeit' um einen objektiven Umstand, der der Dispositionsbefugnis der Vertragsteile entzogen ist." Festhalten läßt sich: Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur können Zuwendungen zwischen Ehegatten grundsätzlich der Schenkungsteuer unterfallen. Dabei prüft der BFH bei (normalen) Zuwendungen, ob die einzelnen Voraussetzungen des jeweiligen Steuertatbestandes erfüllt sind. Bei der "Vereinbarung von Gütergemeinschaft" stellt er dagegen - ähnlich der neueren Rechtsprechung des BGH zur "unbenannten Zuwendung" - allgemein auf den ,,zweck" der Zuwendung ab. Die Literatur bietet kein einheitliches Bild. Die Meinungen reichen von einer rein objektiven Beurteilung über eine Prüfung der einzelnen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bis hin zu einer völligen Verneinung eines schenkungsteuerpflichtigen Sachverhalts. Auch in der Frage, ob unbenannte Zuwendungen "entgeltlich" oder "unentgeltlich" sind, gehen die Meinungen auseinander. (3) Daß Zuwendungen zwischen Ehegatten grundsätzlich der Schenkungsteuer unterfallen können, hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestätigt 108: "Das Erbschaftsteuergesetz will jede objektive Bereicherung erfassen, die jemand einer anderen Person in der Absicht gewährt, diese andere Person zu bereichern. Daher sind nach geltendem Recht auch die Schenkungen zwischen Ehegatten steuerpflichtig. " Zur Beantwortung der Frage, ob für die Besteuerung von Zuwendungen zwischen Ehegatten neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" ein weiteres subjektives Tatbestandsmerkmal erforderlich ist, sollen die in Betracht kommenden Fälle In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40. ErbStG, § 7 Anm. 81. 104 ErbStG, § 7 Anm. 403 ff., 419.l. 105 ErbStG, § 7 Anm. 20 ff., 24 ff.; ders., NWB Fach 10, S. 605 (608 ff.). 106 NJW 1987, S. 1734 ff. Zu der Ansicht, welche im Begriff der "Unentgeltlichkeit" ein objektives Tatbestandsmerkmal sieht, vgl. oben: B.lV.l.ba)(1). Kritisch gegenüber Morhard: Sandweg, NJW 1989, S. 1965 f. 107 NJW 1987, S. 1734 (1739). 108 Begründung des Entwurfs eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 64. 102 103

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

zunächst an Hand der bisher für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG festgestellten Tatbestandsmerkmale geprüft werden: Hat der durch die Zuwendung bedachte Ehegatte rechtlich relevante Gegenansprüche, die auf die Zuwendung verrechnet werden, fehlt es bereits an dem für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen objektiven Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung". Solche Ansprüche können sich unter anderem aus Dienst-, Arbeits_ I09 oder Gesellschaftsvertrag llO ergeben bzw. auf § 812 Abs. 1 S.2 BGB III (Zweckverfehlung) oder § 1353 Abs. 1 S.2 BGB 112 beruhen. Auch sonstige auf Vereinbarungen der Parteien beruhende Ansprüche sowie Unterhaltsansprüche des bedachten Ehegatten sind denkbar. Sind, was allerdings in der Mehrzahl der Fälle gegeben sein wird, rechtlich relevante Gegenansprüche nicht vorhanden, gehen die Beteiligten aber subjektiv davon aus, der Leistung des zuwendenden Ehegatten stünden entsprechende Gegenleistungen oder Gegenansprüche seines Ehepartners gegenüber, so fehlt es an dem für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen "Willen zur Unentgeltlichkeit". Solche (vermeintlichen) Gegenleistungen oder Gegenansprüche werden häufig, insbesondere wenn die Ehe bereits eine gewisse Zeit bestanden hat, aus folgenden Überlegungen resultieren: Mitarbeit des bedachten Ehepartners im ehelichen Haushalt oder Geschäftsbetrieb; Verzicht des bedachten Ehepartners auf die Wahrnehmung bestimmter Ansprüche oder Interessen; der allgemeine Gedanke, den Ehepartner an den gemeinsam erarbeiteten Früchten des ehelichen Lebens zu beteiligen 113. Ob die Gegenleistungen in Geld veranschlagt werden können 114 oder rechtlich durchsetzbar sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung 115.

109 BVerfGE Bd. 13, S. 290 (302) m. w. N.; BGH FamRZ 1974, S. 89 (90); BFH HFR 1964, S.397 (398); RFH RStBI. 1931, S.675; Diederichsen in Palandt, BGB, § 1356 Anm.4 c; Gernhuber, Familienrecht, § 20 III 4; Schwab, Familienrecht, Anm.107ff. 110 BGH FamRZ 1975, S.36 (36 f.); 1961, S. 301 (302); BFH HFR 1964, S.397 (398); Diederichsen in Palandt, BGB, § 1356 Anm. 4 d; Gernhuber, Familienrecht, § 20 III 3, 5, 6; Schwab, Familienrecht, Anm. 110. 111 Schwab, Familienrecht, Anm. 109. 112 BFH HFR 1964, S. 397 (398); Schwab, Familienrecht, Anm. 109. 113 Zahlreiche andere Gründe sind denkbar. 114 Zwar verbietet es § 7 Abs. 3 ErbStG, Gegenleistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, zu berücksichtigen; diese Vorschrift erstreckt sich jedoch nur auf das objektive Tatbestandsmerkmal der ,,Bereicherung". Im Rahmen des "Willens zur Unentgeltlichkeit" kann demgegenüber jede Art von Gegenleistung in Ansatz gebracht werden, da hier nicht die wirkliche rechtliche oder tatsächliche Lage, sondern die individuellen Vorstellungen der Beteiligten entscheidend sind: BFH BStBl. TI 1968, S. 239 (240 f.); 1971, S. 184 (185); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 49 f.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 173; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 147 f. Vgl. auch: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 59. Allgemein kritisch zu § 7 Abs. 3 ErbStG: Crezelius, S. 133 f.; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 59. 115 Entscheidend können insoweit freilich nicht beliebige Behauptungen, sondern allein die tatsächlichen und ernsthaften Vorstellungen des Zuwendenden sein.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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In allen genannten Fällen ist die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG von vorneherein ausgeschlossen - es fehlt am Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" bzw. am "Willen zur Unentgeltlichkeit". Problematisch erscheinen jene Fälle, bei denen die Zuwendung nicht während oder am Ende, sondern bereits zu Beginn der Ehe erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt wird ein rechtlich relevanter Gegenanspruch des bedachten Ehepartners im Regelfall noch nicht bestehen und auch subjektiv wird die Zuwendung nur selten als ,,Entgelt" für (zukünftige) Gegenleistungen oder Gegenansprüche gedacht sein. ,,Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" werden hier häufig vorliegen. Gleiches galt nach altem Recht 116, wenn Eheleute zu Beginn ihrer Ehe Gütergemeinschaft vereinbarten und ein Ehegatte das wesentlich größere Vermögen einbrachte. Auch hier konnte, ging der das größere Vermögen einbringende Ehegatte nicht vom Vorliegen einer entsprechenden Gegenleistung oder Verpflichtung aus, neben dem Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben sein. Obwohl ,,Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" somit in beiden Fällen vorliegen können, erscheint eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht angebracht, wenn es Ziel der Zuwendung bzw. der Vereinbarung der Gütergemeinschaft ist, die eheliche Lebensgemeinschaft auszugestalten. Denn zum einen dient die Zuwendung in diesem Fall nicht der Bereicherung des anderen Ehegatten, sondern dem gemeinschaftlichen Lebenskreis - sie kommt beiden Ehegatten zugute, was eine Besteuerung aus Bereicherungsgesichtspunkten fraglich machen kann. Zum anderen unterscheiden sich beide Fälle grundlegend vom typischen Fall der freigebigen Zuwendung, in dem es dem Zuwendenden darum geht, seinem Gegenüber etwas Gutes zu tun. Will man diese Fälle von der Besteuerung freistellen, bietet es sich an, dem Vorschlag Meinckes 117 folgend, neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" einen "Willen zur schenkweisen Zuwendung" zu fordern: Dieser "Wille zur schenkweisen Zuwendung" kann nur bejaht werden, wenn die Zuwendung "um der Bereicherung willen" vorgenommen wird. Er fehlt, wenn die Zuwendung zwar "unentgeltlich" ist, gleichwohl aber zur Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt. Diese Überlegung kommt auch in der Rechtsprechung an einigen Stellen zum Ausdruck 118 "Steuerpflichtig ist ein derartiger Vorgang, da er mehrere Wirkungen erzeugt, nur dann, wenn die Eheleute den Vertrag deshalb geschlossen haben, um den einen Ehegatten zu bereichern."

116 Zu der seit dem 1. Januar 1974 geltenden Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vgl. unten: c.1. 117 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40 f. Im Anschluß an Meincke: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 58; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (341 ff.). 118 BFH BStBl. II 1964, S. 202 (203). Vgl. auch: BGHZ Bd. 59, S. 132 (138 f.); 82, S.227 (231); RFHE Bd. 5, S. 72 (74).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Erforderlich wird diese zusätzliche Prüfung des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" dadurch, daß zwischen Ehegatten, anders als bei ,,nonnalen" Rechtsgeschäften, dauerhafte Beziehungen vielfältiger Art bestehen, die durch das Tatbestandsmerkmal des "Willens zur Unentgeltlichkeit" nicht hinreichend erfaßt werden. Von der "Bereicherungs absicht (= "animus donandi") 119 unterscheidet sich der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" dadurch, daß er nicht auf eventuelle "Motive" oder "Fernziele", sondern auf den konkret mit der Zuwendung verbundenen "Willen" der Beteiligten abstellt: Entscheidend ist, ob die Zuwendung im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft oder zur Bereicherung des anderen Ehegatten erfolgt. Gleichwohl wird es bisweilen zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen 120. Um ein prinzipielles Verschwimmen der Grenze zwischen "Wille" und "Motiv" zu venneiden, soll jedoch nochmals betont werden, daß dem Erfordernis eines "Willens zur schenkweisen Zuwendung" im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Ausnahmecharakter zukommt: Sein Nachweis ist erstens nur im Rahmen bestimmter Rechtsverhältnisse, etwa bei Zuwendungen zwischen Ehegatten 121, erforderlich. Vor einer Prüfung des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" ist zweitens stets zu untersuchen, ob eine Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht bereits mangels "Bereicherung" bzw. "Wille zur Unentgeltlichkeit" ausgeschlossen ist. (4) Festhalten läßt sich: Bei Zuwendungen zwischen Ehegatten ist ausnahmsweise neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" als weiteres subjektives Merkmal ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Voraussetzung für die Besteuerung; er ist gegeben, wenn die Zuwendung "um der Bereicherung willen" erfolgt. Auf diese Weise werden bestimmte unentgeltliche Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten von der Besteuerung ausgenommen. Zur Prüfung des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" kommt es nur, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit", zuvor nachgewiesen wurden. bc) Keine Berücksichtigung der "Motive" der Beteiligten Nach der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung 122 und Literatur I23 ist für den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eine "Bereicherungsabsicht" Zur ,,Bereicherungsabsicht" vgl. ausführlich unten: B.IV.l.bc). Zu ähnlichen Abgrenzungsschwierigkeiten: Kegel, JZ 1952, S. 657 f. 121 Zu weiteren Fällen vgl. unten: B.VL 122 BFH BStBl. 11 1977, S. 159 (169); RFH RStBl. 1942, S. 803 (804); 1935, S. 1061 (1062); StuW 1922, S. 987; RFHE Bd. 9, S. 9 (12). Wohl auch: BFH BStBl. 11 1980, S.402 (403); 1987, S. 80 (81) - wenngleich der BFH hier von "Bereicherungswille" spricht; vgl. oben: B.L2.cb). Für den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts": RGZ Bd. 120, S. 253 (255 f.). 119

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IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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(= "animus donandi") nicht erforderlich - neben dem jeweiligen "subjektiven Merkmal" soll es auf die dahinter stehenden "Motive" der Beteiligten nicht ankommen. Diese Sicht entspricht der Aufgabe, welche dem subjektiven Merkmal im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zukommt. Um den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG praktikabel zu gestalten und ihn gegenüber anderen Fällen gesteigerter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit abzugrenzen, ist es ausreichend, wenn der Betroffene mit einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" und - in bestimmten Fällen - mit einem "Willen zur schenkweisen Zuwendung" handelt. Daneben auf die "Motive" der Beteiligten zurückzugreifen, ist nicht erforderlich und würde für die Finanzbehörden nur unnötige Mehrarbeit mit sich bringen. Freilich werden sich gewisse Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Motiv" bisweilen nicht vermeiden lassen.

bd) Die Beteiligten der freigebigen Zuwendung, bei denen das subjektive Merkmal gegeben sein muß Nach den Gesetzgebungsmaterialien 124 und der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung 125 und Literatur 126 ist für die freigebige Zuwendung - anders als bei der Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts - eine "Einigung über die Unentgeltlichkeit" nicht erforderlich. Es soll vielmehr ausreichend sein, wenn das subjektive Merkmal allein "auf seiten des Zuwendenden" gegeben ist. Durch den Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal der "Einigung" sollte den Finanzbehörden die Arbeit erleichtert werden 127.

123 Crezelius, S. 127; Kapp, ErbStG, § 7 Anm.41; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm.37, 38; Mirre, StuW 1922, S.206 (207); Moench, ErbStG, § 7 Anm. 57; Mößlang, NWB Fach 10, S.479 (480); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 12 m. w. N.; ders. in Festgabe für Felix, S. 331 (343); ders., StbKongreßRep 1980, S. 213 (214); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (126); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm.20, 56. Für den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts": Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 10; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I; Lehmann in Enneccerus / Lehmann, S. 489. 124 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 64. Vgl. auch oben: B.II.3. 125 BFH BStBl. 11 1982, S. 714 (715); 1982, S. 83 (84); 1979, S. 631 (632); III 1959, S.417; 1957, S. 449 (450); 1953, S. 308 (309); RFH RStBl. 1934, S. 923 (924); RFHE Bd.29, S. 137 (148); StuW 1929, S.450; RFHE Bd.20, S.98 (100); 15, S.72 (78); StuW 1923, S. 406; RFHE Bd. 5, S. 72 (73). 126 Crezelius, S. 127; ders., SteuerStud 1984, S. 76 (79); Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.63; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm.lO, 37; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 2, 3, 52; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479; Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (336, 340 ff.); ders., NWB Fach 10, S. 605 (607); ders., StbKongreßRep 1980, S.213 (214); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (124); Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 23. Anderer Ansicht: Troll, ErbStG, § 7 Anm. 2, 4, 42. 127 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 64.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Auf die dem subjektiven Merkmal zukommende Abgrenzungsfunktion hat diese ModifIkation keinen Einfluß. Fraglich ist jedoch, bei welchem Beteiligten das subjektive Merkmal vorliegen muß. Diese Frage ist nicht nur theoretischer Natur. Wie der folgende Fall zeigt, kommt ihr auch eine gewisse praktische Relevanz zu: Bsp.: V verkauft dem K ein Bild weit unter Wert, weil er, nicht aber der K, sich über die Person des Malers irrt. Verlangt man das subjektive Merkmal auf der Seite des V, so ist ein steuerpflichtiger Tatbestand nicht gegeben, da V ein Geschäft abzuschließen glaubte, bei dem sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüberstehen. Anders ist das Ergebnis, wenn man auf K abstellt, da dieser weiß, daß Leistung und Gegenleistung in einem Mißverhältnis stehen. Je nachdem, auf welcher Seite das subjektive Merkmal verlangt wird, kommt man also zu einer Verneinung oder zu einer Bejahung der Steuer. Die Zuordnung des subjektiven Merkmals zur Seite des Zuwendenden, wie sie die herrschende Meinung zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vornimmt, ist nicht selbstverständlich: Zwar geht die Literatur auch bei dem in § 63 NT. 4 KO 128 bzw. § 29 Nr. 4 VgI0129 normierten Tatbestandsmerkmal der "Freigebigkeit" 130 davon aus, daß der "Wille zur Unentgeltlichkeit" auf seiten des Zuwendenden gegeben sein müsse. Ob im Rahmen von § 816 Abs. 1 S. 2 BGB eine Verfügung als "unentgeltlich" anzusehen ist, beurteilen Rechtsprechung 131 und Literatur \32 demgegenüber nicht vom Standpunkt des Verfügenden, sondern vom Standpunkt des Erwerbers aus \33. Begründet wird diese unterschiedliche Zuordnung des subjektiven Merkmals damit, daß der Begriff der "Unentgeltlichkeit" nicht allgemeingültig verstanden werden könne, sondern je nach Zusammenhang, in dem er stehe, zu interpretieren sei 134. So sei zum Beispiel nach der vom Gesetzgeber zu § 816 Abs. 1 S. 1 BGB getroffenen Entscheidung das Interesse des gutgläubigen Erwerbers an einer unentgeltlich erlangten vorteilhaften Rechtsposition nicht als schutzwürdig anzusehen. Ob der Erwerber schutzwürdig sei, lasse sich aber eher aus seiner Sicht als aus der Sicht des Verfügenden beurteilen, so daß das 128 Kilger, KO, § 63 Anm. 5; Lent in Jäger, KO, § 63 Anm. 6. Nicht eindeutig: Uhlenbruck in Kuhn / Uhlenbruck, KO, § 63 Anm. 8. 129 Kilger in Böhle-Stamschräder / Kilger, VgIO, § 30 Anm. 5.

130 Vgl. zu diesen Vorschriften bereits ausführlich oben: B.II.l.b). 131 BGH JZ 1954, S. 360. 132 Lorenz in Staudinger, BGB, § 816 Anm. 28; Mühl in Soergel, BGB, § 816 Anm. 39; Thomas in Palandt, BGB, § 816 Anm.3 b. Differenzierend: Lieb in MK zum BGB, § 816 Anm. 48. Undeutlich: Westermann in Erman, BGB, § 816 Anm. 12. \33 Gleiches könnte für die Begriffe der "Unentgeltlichkeit" in § 822 (andeutungsweise: Thomas in Palandt, BGB, § 822 Anm. 2 e) und § 988 BGB (andeutungsweise: Grunsky in Staudinger, BGB, § 988 Anm. 3; Medicus in MK zum BGB, § 988 Anm. 5) gelten; die einschlägigen Kommentierungen sind jedoch insoweit nicht eindeutig. 134 Kilger, KO, § 32 Anm. 2; Mühl in Soergel, vor § 516 Anm. 3 und § 816 Anm. 39.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

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subjektive Merkmal auf seiten des Erwerbers angenommen werden müsse. Entscheidend für die Zuordnung ist also, was durch die Aufnahme des subjektiven Merkmals in den Tatbestand bezweckt werden soll. Im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG soll die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Bedachten erfaßt werden. Ob eine solche Steigerung vorliegt, wird sich eher aus der Sicht des Bedachten als aus der des Zuwendenden beurteilen lassen. Auf der anderen Seite erfaßt die Schenkungsteuer jedoch aus praktischen wie systematischen Gründen nur jene Fälle gesteigerter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, welche schenkungsähnlich sind. Für die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ist aber nach allgemeinem Sprachgebrauch in erster Linie erforderlich, daß das subjektive Merkmal auf seiten des Zuwendenden vorliegt. So war es vor Kodifizierung des BGB ausreichend für eine Schenkung, wenn die Zuwendung in "Bereicherungsabsicht" erfolgte 135. Aus diesem Grund erscheint es auch im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sinnvoll, das subjektive Merkmal auf seiten des Zuwendenden zu fordern. c) Zusammenfassung der Ergebnisse

Grundlegend für eine Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr.l ErbStG sind die ,,rechtsgeschäftlichen Überlegungen" der Beteiligten. Aus ihnen ergibt sich, ob das Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" gegeben ist und wer bei mehreren in Betracht kommenden Personen als Empfänger der Zuwendung anzusehen ist. Als besondere "subjektive Komponente" ist daneben ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" erforderlich; er ist gegeben, wenn der Zuwendende es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts macht, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" muß auf seiten des Zuwendenden vorliegen. Daneben ist ein weiteres subjektives Tatbestandsmerkmal ("Bereicherungswille") grundsätzlich nicht erforderlich. Bei Zuwendungen zwischen Ehegatten 136 ist, liegen ,,Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" vor, ausnahmsweise weiter zu prüfen, ob der zuwendende Ehegatte mit einem "Willen zur schenkweisen Zuwendung" handelt. Auf diese 135 Wenn die Definition der Schenkung in § 516 Abs. 1 BGB demgegenüber eine "Einigung über die Unentgeltlichkeit" fordert, so hängt dies weniger damit zusammen, daß das subjektive Merkmal nun auch auf seiten des Zuwendungsempfangers vorliegen muß, als vielmehr damit, daß der Gesetzgeber es ähnlich wie in den Fällen der §§ 333, 397 BGB, als unstatthaft ansah, dem Beschenkten die Bereicherung wider seinen Willen als Geschenk aufzudrängen und den Tatbestand der Schenkung daher als Vertrag ausgestaltete: Motive, Band 2, S. 286,288; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 9. 136 Zu weiteren Fällen, in denen der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Tatbestandsvoraussetzung ist, vgl.: B.V!.

124

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Weise werden bestimmte unentgeltliche Zuwendungen zwischen Ehegatten von der Besteuerung ausgenommen. Auf eine "Bereicherungsabsicht" kommt es im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht an. 2. Die einzelnen Fälle Nachdem der Inhalt des im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen subjektiven Merkmals geklärt ist, sollen nunmehr die in Rechtsprechung und Literatur immer wieder vorkommenden Fälle 137, geordnet nach einzelnen Sachverhaltsgruppen, geprüft werden: a) Die erste Gruppe erfaßt Fälle, in denen der Zuwendende dem Bedachten etwas Gutes tun will. (1) A schenkt dem B DM 3.000,-. (2) A verkauft dem B einen Bauplatz, der, wie beide wissen, DM 6.000,- wert ist, für DM 3.000,-. Bei Fall (1) handelt es sich um den typischen Fall der freigebigen Zuwendung. B wird bereichert und A handelt mit einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" er weiß, daß seiner Leistung nach der zwischen ihm und B geschlossenen rechts geschäftlichen Vereinbarung eine Gegenleistung nicht gegenübersteht sowie daß sie nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt und will dies. Fall (2) behandelt den Sonderfall der "gemischten Schenkung" bzw. der "gemischten freigebigen Zuwendung" 138: A verpflichtet sich zu einer Leistung, die nur zu einem Teil durch eine Gegenleistung des B vergütet wird, zum anderen Teil aber unentgeltlich sein soll. Es wurde bereits dargelegt, daß der im Rahmen der "gemischten Schenkung" bestehende Theorienstreit zwischen "Einheitstheorie" auf der einen und "Trennungstheorie" auf der anderen Seite für die Frage, ob der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist, ohne Bedeutung ist. Entscheidend ist allein, ob für den Teil des Rechtsgeschäfts, dem eine Gegenleistung nicht gegenübersteht, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt sind. Dies ist vorliegend der Fall. B ist in Höhe von DM 3.000,- bereichert und A handelt mit einem "Willen zur Unentgeltlichkeit". Er weiß, daß seiner Leistung eine vollwertige Gegenleistung 139 nicht gegenübersteht bzw. daß sie nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt und will dies. So geht denn auch die einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, daß bei Sachverhalten der vorliegenden Art eine schenkung steuerpflichtige (gemischte) freigebige Zuwendung gegeben ist 140. Vgl. die Übersicht: B.l.l.c). Zur "gemischten Schenkung" vgl. bereits oben: B.IV.l.ba)(4) sowie unten: B.IV.3.ba). 139 Auszugehen ist in Fall (2) vom Verkehrswert, nicht etwa vom Einheitswert des Grundstücks: RFHE Bd. 29, S. 137 (145 f.); BFH HFR 1965, S. 269 (272). 137 138

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

125

b) Die zweite Gruppe erfaßt die bereits erwähnten "Austauschgeschäfte": (3) A ist, da er sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Notlage befindet, gezwungen, einen bestimmten Gegenstand unter Wert zu verkaufen. (4) Ladeninhaber A will sein Sortiment verändern. Um die Restbestände des alten Sortiments schnell loszuwerden, verkauft er sie weit unter Wert. (5) Um Kunden in seinen Laden zu locken, verkauft A einen bestimmten Gegenstand weit unter Wert. (6) Versicherungsgesellschaft A übergibt der Gemeinde G ein Löschfahrzeug zu einem geringen Preis, um den eigenen Schaden bei Ausbruch eines Brandes möglichst gering zu halten. In allen vier Fällen werden die Vertragspartner von A bereichert und A handelt mit "Bereicherungswille" (1. Alternative); d.h. A weiß um die Bereicherung, die er bewirkt und nimmt sie in Kauf. Aus den oben dargelegten Gründen ist jedoch das Vorliegen dieses "Bereicherungswillens" allein für eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht ausreichend. Erforderlich ist daneben ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" - A muß es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gemacht haben, daß seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung nicht gegenübersteht. Ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist in den Fällen (3), (4) und (5) aber nicht gegeben. In den Fällen (3) und (4) ist A nicht in der Lage, den Marktpreis zu erzielen. In seiner Situation stehen sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüber. Die Wertdifferenz ist nicht gewollter Inhalt des Rechtsgeschäfts. Es handelt sich vielmehr um Austauschgeschäfte des täglichen Lebens. In Fall (5) könnte A zwar den Marktpreis fordern. Andererseits erhofft er sich durch das Sonderangebot den sofortigen Abschluß weiterer Kaufverträge mit entsprechendem Gewinn, so daß auch in Fall (5) nach den Vorstellungen des A Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind und die Wertdifferenz nicht gewollter Inhalt des Rechtsgeschäfts ist. Die Beantwortung von Fall (6) gestaltet sich schwieriger. Einerseits ergeben sich Parallelen zu Fall (5): Auch hier könnte A den Marktpreis erzielen; auch hier erhofft A eine zukünftige (weitere) Gegenleistung, welche darin besteht, daß evtl. Brandschäden gering gehalten werden. Beides spricht gegen einen "Willen zur Unentgeltlichkeit". Andererseits ist der Eintritt der erhofften Gegenleistung in Fall (6) jedoch unsicherer als in Fall (5): Handelt es sich bei der Hoffnung auf Schadensminderung im Brandfall daher um ein im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unbeachtliches "Motiv", ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" und damit eine Steuerpflicht zu bejahen. 140 Nach der ,,Einheitstheorie" liegt eine gemischte, nach der "Trennungstheorie" eine ungemischte freigebige Zuwendung vor: BFH BStBl. II 1989, S. 524 (526); 1987, S. 80 (81); 1982, S. 714 (715); 1982, S. 83 (84); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 50 ff.; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107 f., 109; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.63 c; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 17 ff.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 100 ff.; Troll, GmbHR 1984, S. 205 (206 f.). Vgl. auch: Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur schenkungsteuerlichen Behandlung von gemischten Schenkungen sowie von Schenkungen unter einer Auflage vom 10. Februar 1983, BStBl. I 1983, S. 238 f.

126

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Entscheidend scheint, daß A Vor- und Nachteile des Verkaufs der Feuerspritze zu einem billigeren Preis genau kalkulieren wird. Die Versicherung wird den Verkauf nur vornehmen, wenn ihr die Wahrscheinlichkeit eines insgesamt für sie positiven Geschäftes groß erscheint. Damit aber existiert aus ihrer Sicht eine vollwertige Gegenleistung. Eine Steuerpflicht entfällt. Etwas anderes könnte gelten, wenn die Hoffnung auf Schadensminderung nur ein positiver Nebeneffekt der verbilligten Hingabe wäre und im übrigen andere, uneigennützige Überlegungen auf seiten der A im Spiel wären. In diesem Fall wäre ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" wohl zu bejahen. Der Fall zeigt erneut, daß die Grenze zwischen "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Motiv" nicht immer scharf gezogen werden kann. c) Die 3. Gruppe beinhaltet die sogenannten ,,Risikogeschäfte": (7) A und B schließen Lebensversicherungsverträge mit der Maßgabe ab, daß die Versicherungssumme des Erstversterbenden dem Überlebenden zufließen soll. Hier stehen sich nach den Vorstellungen von A und B Leistung (= Prämienzahlung) und Gegenleistung (= Chance, die Lebensversicherungssummme des Gegenübers zu erhalten) gleichwertig gegenüber. Ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt nicht vor. d) Die 4. Gruppe läßt sich unter der Überschrift "Beseitigung unsicherer Rechtsgeschäfte" zusammenfassen: (8) Ein anhängiges gerichtliches Verfahren wird im Vergleichs wege abgeschlossen.

(9) A leistet auf eine Verbindlichkeit, die zwar besteht, jedoch gerichtlich nicht durch-

setzbar ist.

In Fall (8) werden sich nach den Vorstellungen der Parteien Leistung und Gegenleistung im Regelfall gleichwertig gegenüberstehen. Denn der Vergleich setzt ein gegenseitiges Nachgeben voraus (§ 779 BGB). Beide Parteien haben die Vorstellung, aufeinander zuzugehen, also in gleichem Maße zu geben wie zu empfangen, was einen "Willen zur Unentgeltlichkeit" ausschließt. Gleiches gilt für Fall (9). Gedacht ist hier 141 in erster Linie an die Befriedigung verjährter Forderungen. Leistet der Zuwendende zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit, fehlt es ohne weiteres am "Willen zur Unentgeltlichkeit". Denn daß diese gesetzlich nicht durchsetzbar sind, schließt ihre Erfüllbarkeit nicht aus 142.

e) Die Fälle der 5. Gruppe ähneln den bereits behandelten "Austauschgeschäften": (10) A ist an einem bestimmten Gegenstand besonders interessiert. Um ihn sich zu sichern, ist er bereit, einen weit über dem Marktpreis liegenden Preis zu bezahlen. 141 In Betracht kommen weiter die Zahlung von Ehemäklerlohn (§ 656 BGB): Schwerdtner in MK zum BGB, § 656 Anm. 17 f., sowie Leistungen auf Grund Spiel und Wette (§ 762 BGB): Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband

1,§471. 142

V. Feldmann in MK zum BGB, § 222 Anm. 1; Heinrichs in Palandt, BGB, § 222

Anm.2 a.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

127

(11) A erbringt an B eine Leistung, um diesen so zu einer Gegenleistung zu veranlassen, auf die er einen Anspruch nicht hat. (12) A und B wissen, daß die Leistungen des zwischen ihnen geschlossenen Austauschvertrages nicht völlig gleichwertig sind. Gleichwohl gehen sie für ihre Zwecke von einer Gleichwertigkeit aus. (13) A erbringt eine Leistung, da er mit ihr eine sittliche Pflicht oder eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht erfüllen will. Stärker als die ,,Austauschgeschäfte", die sich vor einem für Dritte nachvollziehbaren Hintergrund des allgemeinen Geschäftslebens abspielten, beruhen diese Sachverhaltsgestaltungen auf besonderen subjektiven Vorstellungen der Beteiligten. Gleichwohl ist auch in den Fällen (10) - (12) das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" abzulehnen: In Fall (10) sieht A aus seiner subjektiven Situation heraus Leistung und Gegenleistung als gleichwertig an. Gleiches gilt für Fall (11). Der Gegenwert, welchen A erhält, liegt in der Chance auf die Gegenleistung. Auch in Fall (12) scheint es sinnvoll, das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" zu verneinen. Denn A und B haben die objektiv zwischen den Leistungen bestehende Differenz nicht bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gemacht. Für sie stehen sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüber. Fall (12) zeigt, ebenso wie Fall (6), daß es bisweilen Schwierigkeiten bereiten kann, die Grenze zwischen "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Motiv" zu bestimmen. Darüberhinaus wird an Hand der Fälle (11) und (12) deutlich, daß die Möglichkeiten der Beteiligten, die Steuerpflicht durch beliebige Behauptungen zu umgehen, wachsen, je stärker der einzelne Fall von subjektiven Vorstellungen geprägt ist. Die Frage, auf welche Weise es möglich ist, die tatsächlichen Vorstellungen der Beteiligten zuverlässig zu ermitteln, wird im folgenden V. Kapitel gesondert behandelt 143. Besondere Schwierigkeiten bereitet Fall (13) - Grund für die Zuwendung ist hier eine "im Sittlichen wurzelnde Pflicht" oder "eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht" 144. Da der Leistung des A weder eine rechtlich relevante Gegenleistung, noch eine rechtlich relevante Verpflichtung gegenübersteht, bejahen die herrschende Rechtsprechung 145 und Literatur l46 das Vorliegen des "Willens zur Unentgeltlichkeit" und damit eine Schenkungsteuerpflicht. Ergänzend wird angeführt, die Leistung auf eine sittliche Verpflichtung zeige gerade, daß die Zuwendung als "unentgeltlich" gewollt sei. Bei sittlichen Verpflichtungen bzw. RückVgl. unten: B.V. ,,Auf den Anstand zu nehmende Rücksicht" bedeutet, daß der Zuwendende ohne diese Zuwendung in den sozialen Kreisen, in denen er verkehrt, weniger anerkannt und geachtet wäre: Kollhosser in MK zum BGB, § 534 Anm. 7. 145 RFHE Bd. 15, S. 72 (78); RFH RStBI. 1934, S. 923 (924); BFH BStBI. III 1955, S.231; 1957, S. 449 (451); HFR 1964, S. 397 (398). 146 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 19; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 57; Mößlang, NWB Fach 10, S. 479 (480); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 10; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 42. Anderer Ansicht: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 39; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm. 59. 143

144

128

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

sichten handle es sich um ein im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unbeachtliches "Motiv". Dies entspricht der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung l47 und Literatur l48 zum Zivilrecht, nach der es sich bei "Pflicht-" und "Anstandsschenkungen" um "Schenkungen im Sinne des Bürgerlichen Rechts" handelt: Die sittliche Pflicht bzw. die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht stelle ein unbeachtliches "Motiv" dar, welches bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB gegeben sind, außer Betracht zu bleiben habe. Ein Umkehrschluß aus den §§ 534; 1425 Abs. 2; 1641, S. 2; 1804; 2113 Abs. 2 S. 2; 2205, S. 3; 2230 BGB gäbe darüberhinaus die bewußte Entscheidung des Gesetzgebers zu erkennen, daß es sich bei Pflicht- und Anstandsschenkungen um Schenkungen im Sinne des § 516 Abs 1 BGB handle l49 • Legt man dem subjektiven Merkmal in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG tatsächlich die subjektiven Vorstellungen des Zuwendenden zugrunde, ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" in den vorliegenden Fällen nicht gegeben. Denn der Zuwendende will eine Verbindlichkeit erfüllen. Daß es sich nicht um eine rechtlich relevante Verbindlichkeit handelt, ist nach der oben gegebenen Definition des "Willens zur Unentgeltlichkeit" ohne Bedeutung - es kommt allein darauf an, daß der Zuwendende ernsthaft glaubt, zur Zuwendung verpflichtet zu sein. Zuwendungen, welche auf einer sittlichen Pflicht oder auf einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht beruhen, dürften demnach entgegen der herrschenden Meinung nicht mit Schenkungsteuer belegt werden. Für diese Ansicht sprechen auch die folgenden sechs Argumente: Eine Besteuerung würde (erstens) dem allgemeinen Rechtsbewußtsein nicht entsprechen. Es wäre nicht einleuchtend, wenn der Staat Handeln unter einer moralischen Verpflichtung zum Anlaß für eine Besteuerung nähme. Dies gilt umso mehr, als (zweitens) nach einhelliger Meinung eine Steuerpflicht in jenen Fällen, in denen der Zuwendende das Vorliegen einer Verpflichtung irrtümlich annimmt 150, ebenfalls nicht gegeben ist. Auch die §§ 534; 1425 Abs. 2; 1641, S. 2; 1804; 2113 Abs.2 S. 2; 2205, S. 3; 2230 BGB stehen (drittens) der Annahme nicht entgegen, daß es bei Pflicht- und Anstandszuwendungen am subjektiven Merkmal und damit an einer Steuerpflicht fehlt. Zwar ist das Schenkungsteuer- und Erbschaftsteuerrecht eng am Bürgerlichen Recht orientiert. Gleichwohl können Definitionen des Bürgerlichen Rechts 147 RGZ Bd. 125, S. 380 (383); 120, S.253 (255 f.); BVerwG WM 1964, S. 1177 (1178). Vgl. bereits oben: B.II.2.b) - Fn. 43. 148 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 13; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband I, § 47 I; Lehmann in Enneccerus/Lehmann, S. 489; Mühl in Sörgel, BGB, § 516 Anm. 25; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 16; Weyers in Esser / Weyers, S. 113. Differenzierend: Migsch, AcP 173, S. 46 (50 ff.; 68 ff.). 149 Die zivilrechtliche Gegenansicht wendet ein, PfIicht- und Anstandsschenkungen seien nach allgemeinem Verständnis keine Schenkungen; auch sei der Schutz, den § 518 BGB dem Schenker gewähre, unangebracht, wenn dieser mit seinem Versprechen eine sittliche Pflicht erfülle: RG JW 1913, S. 854 (855); HRR 1928 Nr. 1407; 1930 Nr. 969; Kegel, JZ 1952, S. 657 (658). 150 Vgl. die folgenden Ausführungen zu Fall (15).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

129

nicht ohne weiteres übernommen werden. Denn der Gesetzgeber wollte durch die Aufnahme des Terminus der "freigebigen Zuwendung" in das ErbStG inhaltliche Abweichungen zwischen den schenkungsteuerpflichtigen Tatbeständen und der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gerade ermöglichen. Eine Besteuerung von sittlich-moralischen Zuwendungen würde auch (viertens) Sinn und Zweck der §§ 534; 1425 Abs. 2; 1641, S. 2; 1804; 2113 Abs. 2 S. 2; 2205, S. 3; 2230 BGB widersprechen. Ihr Ziel ist es, den Begünstigten einer Pflichtund Anstandsschenkung besser zu stellen als den "normalen" Beschenkten. Der Gesetzgeber sieht denjenigen, der eine Zuwendung auf Grund eines sittlichen Anspruchs oder auf Grund einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht erhält, als in besonderer Weise schutzwürdig an. Verstünde man Pflicht- und Anstandsschenkungen auf Grund dieser Vorschriften als schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendungen, würde das Gegenteil erreicht. Der Bedachte würde nicht besser gestellt, sondern belastet, indem man ihm Schenkungsteuer auferlegt. So ist denn auch (fünftens) die im deutschen Bürgerlichen Recht getroffene Regelung nicht zwingend: Auch das schweizerische Obligationenrecht will den durch eine sittlich-moralische Zuwendung Begünstigten schützen. Hier hat der Gesetzgeber jedoch in Art. 239 Abs. 3 OR einen technisch anderen Weg gewählt, indem er sittlich- moralische Zuwendungen von vorneherein nicht als "Schenkungen" ansieht. An diesem Schenkungsbegriff orientierte kantonale Steuergesetze kommen bei sittlich-moralischen Zuwendungen ohne weiteres zu einer Steuerfreiheit I51 • Gegen die Besteuerung von Pflicht- und Anstandsschenkungen spricht schließlich (sechstens), daß der im ersten reichseinheitlichen Erbschafsteuergesetz enthaltene § 56 Abs.2 ErbStG 1906 152 später ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen wurde. § 56 Abs. 2 ErbStG 1906 lautete: "Eine Befreiung von der Steuer tritt ... dann ein, wenn durch die Schenkung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird." Gemäß § 55 Abs. 1 ErbStG 1906 waren schenkungsteuerpflichtig alle "Schenkungen im Sinne des Bürgerlichen Rechts", so daß die Befreiungsvorschrift des § 56 Abs. 2 ErbStG 1906 von ihrer Zielrichtung her die Position des durch eine Pflicht- oder Anstandsschenkung Bedachten verbessern wollte, was den §§ 534; 1425 Abs. 2; 1641, S. 2; 1804; 2113 Abs. 2 S. 2; 2205, S. 3; 2230 BGB entsprach. Die Bindung der Schenkungsteuer an die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" entfiel mit der Einführung des Tatbestandes der "freigebigen Zuwendung" im Jahre 1919. Sollten aber im Rahmen der "freigebigen Zuwendung" Pflicht- und Anstandsschenkungen der Steuerpflicht nicht mehr unterfallen, ist es folgerichtig, daß der Gesetzgeber zugleich die Befreiungsvorschrift des § 56 Abs. 2 ErbStG 1906 aus dem Gesetz gestrichen hat.

151 152

Vgl. oben: B.III.4.b). RStBl. 1906, S. 657.

9 Klein·Blenkers

130

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Festhalten läßt sich: Die in Fall (13) angesprochenen ,,Pflicht- und Anstandszuwendungen" dürfen der Schenkungsteuer nicht unterfallen 153. Dies ergibt sich aus der Definition des "Willens zur Unentgeltlichkeit" sowie aus der Tatsache, daß der Gesetzgeber den Bedachten einer Pflicht- oder Anstandszuwendung im Regelfall besser stellt, als den "normalen" Bedachten. Freilich gilt dies nur für solche Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ernsthaft an das Vorliegen einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht glaubt. Nimmt er die Zuwendung aus Gründen der Nächstenliebe vor l54, sind die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt. f) In der 6. Gruppe zusammengefaßt sind die sogenannten "Irrtumsralle".

(14) A nimmt fehlerhaft an, daß die von ihm hingegebene Leistung einen wesentlich niedrigeren Wert hat als dies in Wirklichkeit der Fall ist (z.B. unerkanntes berühmtes Gemälde). (15) A will auf eine bestehende Verbindlichkeit leisten, diese ist jedoch, was A nicht weiß, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht entstanden oder bereits wieder untergegangen. Da der Zuwendende hier an das Vorliegen einer vollwertigen Gegenleistung bzw. an die Existenz einer rechtlichen Verpflichtung glaubt, fehlt es in beiden Fällen am "Willen zur Unentgeltlichkeit". Hier zeigt sich, daß die Aufnahme des subjektiven Merkmals in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG es auch bewirken kann, daß gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfahigkeit, wie sie in den Fällen (14) und (15) vorliegt, von der Steuer gerade nicht erfaßt wird. Dieser Widerspruch Schenkung- und Erbschafsteuer sollen gerade die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfahigkeit beim Bedachten erfassen - ist jedoch nach der wichtigen Funktion, die dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zukommt, in Kauf zu nehmen. g) Im Fall (16) leistet A, um eine tatsächlich bestehende und durchsetzbare Verbindlichkeit zu erfüllen. Hier fehlt es bereits am Tatbestandsmerkmal der Bereicherung, da mit der Zuwendung eine tatsächlich bestehende Verbindlichkeit erfüllt wird. Daneben ist auch ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" nicht gegeben. Denn A will auf eine tatsächlich bestehende Verbindlichkeit leisten.

153 Ebenso: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 39; Stölzle, ErbStG, § 3 Anm.59. 154 Vgl. hierzu: Kegel, JZ 1952, S.657 (658); Kollhosser in MK zum BGB, § 534 Anm.6.

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

131

3. Überlegungen de-Iege-ferenda: Soll die "freigebige Zuwendung" durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ersetzt werden?

Bei der "freigebigen Zuwendung" handelt es sich um einen speziell schenkungsteuerrechtlichen Terminus, der allein im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Verwendung findet. Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, daß die Verwendung des Begriffs der "freigebigen Zuwendung" mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet ist: Nicht nur die zur Beschreibung der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen verwendete Terminologie ist unklar, es ergeben sich, wie die Fälle sittlich-moralischer Zuwendungen zeigen, auch inhaltliche Zweifelsfragen. Historisch hat sich die "freigebige Zuwendung" aus der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" entwickelt; beide Vorschriften weisen auch heute noch zahlreiche Parallelen auf. Da Voraussetzungen und Anwendungsbereich der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" besser geklärt sind, als dies bei der "freigebigen Zuwendung" der Fall ist und weil es zugleich einen begrüßenswerten Schritt zur Vereinheitlichung der Rechtsordnung darstellen würde, soll in diesem Abschnitt gefragt werden, ob die sich im Schenkungsteuerrecht vollziehende Entwicklung von der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" hin zur "freigebigen Zuwendung" zwingend war oder ob es nicht vielmehr möglich ist, die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" wieder an die Stelle der "freigebigen Zuwendung" treten zu lassen (c). Zu diesem Zweck ist zu fragen, ob es Unterschiede zwischen dem Begriff der "freigebigen Zuwendung" und dem Begriff der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gibt und, wenn ja, worin diese bestehen. In Betracht kommen sowohl praktisch relevante (a), als auch inhaltliche Abweichungen (b):

a) Der Verzicht auf das Erfordernis der "Einigung" Nach Ansicht des historischen Gesetzgebers 155 sollte den Finanzbehörden durch die Aufnahme des Tatbestandes der "freigebigen Zuwendung" unter anderem die Arbeit erleichtert werden; das subjektive Merkmal sollte nicht mehr bei beiden Beteiligten (= ,,Einigung"), sondern nur noch auf seiten des Zuwendenden nachgewiesen werden müssen. Ob der Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal der "Einigung" jedoch tatsächlich einen ins Gewicht fallenden Vorteil darstellt, ist fraglich: Denn den Nachweis der Einigung erleichtern bereits nach bürgerlichem Recht die §§ 151; 516 Abs.2 BGB. Auch wird in der Entgegennahme des zugewendeten Gegenstandes regelmäßig eine stillschweigende Annahmeerklärung zu sehen sein 156. Hinzu kommt, daß die Schwierigkeit für die Finanzbehörden 155 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 64. Vgl. hierzu auch oben: B.II.3.d). 156 RGZ Bd. 111, S. 151 (153).

9*

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

132

meist darin besteht, das subjektive Merkmal auf seiten des Zuwendenden, nicht auf seiten des Bedachten, nachzuweisen; dies aber bleibt ihr auch im Rahmen der freigebigen Zuwendung nicht erspart. Die Rechtsprechung hat daher auch nur in wenigen Fällen 157 eine Entscheidung auf die in dem Verzicht auf die Einigung liegende Erleichterung gestützt; häufig 158 wird vielmehr von vomeherein ins Auge gefaßt, von welchen Vorstellungen beide Seiten ausgegangen sind. Die praktischen Vorteile, die in dem Verzicht auf den Nachweis der "Einigung" liegen, sind daher gering 159.

b) Inhaltliche Abweichungen Inhaltliche Abweichungen können sich in zweifacher Hinsicht ergeben: Entweder die "freigebige Zuwendung" unterwirft gewisse Sachverhalte der Steuer, die sich unter die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" nicht subsumieren lassen (ba- bd). Oder aber sie nimmt bestimmte Fälle, die als "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gelten, von der Besteuerung aus (be). ba) Der Gesetzgeber des Jahres 1919 begründete die Aufnahme der "freigebigen Zuwendung" in das Gesetz damit, daß auf diese Weise auch sogenannte "verkappte Schenkungen" von der Schenkungsteuer erfaßt würden 160: "Sie (sc. die neue Fassung des Gesetzes) soll es ermöglichen, auch Fälle von verkappten Schenkungen, wie sie insbesondere durch Vereinbarung eines unangemessen niedrigen Erwerbspreises vorkommen, zu versteuern. Dahin gehören insbesondere Vermögensübergaben, sei es von einzelnen Gegenständen, sei es von ganzen Vermögen, wie z.B. die Gutsüberlassungsverträge zwischen Angehörigen einer Familie, wobei in der Regel zwischen dem Übergeber (Altenteiler) und Übernehmer ein Preis vereinbart wird, der hinter dem wirklichen Wert erheblich zurückbleibt." Die "verkappte Schenkung" entspricht nach dieser Definition unserer heutigen "gemischten Schenkung" 161. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Vertreter der ,,Einheitstheorie" 162 ein solches Rechtsgeschäft als entweder insgesamt entgeltlich 163 oder als insgeBFH BStBl. III 1957, S. 449 (450); 1982, S. 83 (84). Vgl. etwa: BFH BStBl. 1I 1985, S. 159 (160); 1977, S. 159 (160); HFR 1964, S.397 (398); BStBl. III 1959, S. 155 (157). 159 Kritisch ebenfalls: Crezelius, S. 128; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63 - Fn. 155; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 10. 160 Begründung zum ErbStG 1919, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 335 (1919), Anlage Nr. 376, S. 42. Ebenso: Bericht des 10. Ausschusses zum ErbStG 1919, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 338 (1919), Anlage Nr. 941, S. 904. Vgl. auch die Ausführungen oben: B.1I.3.b). 161 Zur "gemischten Schenkung" vgl. ausführlich oben: B.IV.1.ba)(4); B.lV.2a). 162 Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 108; v. Tuhr, S. 77 f. Weitere Nachweise bei: Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 27. 163 In diesem Fall ist das Vorliegen einer "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" ausgeschlossen. 157 158

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

133

samt unentgeltlich 164 ansehen. Legte man dem Tatbestand des § 7 Abs. I Nr. 1 ErbStG die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zugrunde, wäre es, folgt man der "Einheitstheorie", allein im zweiten Fall möglich, Schenkungsteuer zu erheben. Ein zwingendes Erfordernis, die "freigebige Zuwendung" in den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aufzunehmen, um "gemischte Schenkungen" zu besteuern, ergibt sich hieraus jedoch nicht. Denn zum einen ist die ,,Einheitstheorie" nicht unumstritten. Die Vertreter der "Trennungstheorie" 165 gehen davon aus, daß in Höhe des unentgeltlichen Teils der "gemischten Schenkung" eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gegeben ist und der BGHI66 entscheidet von Fall zu Fall, ob die in den §§ 516 ff. BGB geregelten Rechtsfolgen auf die "gemischte Schenkung" zur Anwendung kommen sollen oder nicht. Zum anderen liegt die Hauptbedeutung des Theorienstreits bei der Frage, ob die Rechtsfolgen der §§ 516 ff. BGB auf die "gemischte Schenkung" zur Anwendung kommen oder nicht, da der Gesetzgeber diese Frage nicht bedacht hat. Was die Rechtsfolge der Schenkungsteuerpflicht betrifft, unterliegt es aber keinen Bedenken, im unentgeltlichen Teil der "gemischten Schenkung" eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu sehen 167. So subsumierte denn auch die Rechtsprechung des RFH 168 zu § 55 Abs. 1 ErbStG 1906 - der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" wurde erst im Jahre 1919 in das Gesetz aufgenommen - die "gemischte Schenkung" ohne weiteres unter den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts"; ebenso die neuere Rechtsprechung des BFH169. Für den Bereich der "gemischten Schenkung" scheint es daher nicht erforderlich, anstatt der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" die "freigebige Zuwendung" in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu normieren. bb) "Ausstattungen", die Eltern ihren Kindern gewähren, gelten im Bürgerlichen Recht nach der Maßgabe des § 1624 BGB nicht als "Schenkungen". Im Schenkungsteuerrecht gestaltet sich die Rechtlage wie folgt: Der Gesetzgeber ging seit dem Jahre 1919 davon aus, daß Ausstattungen dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" unterfallen. Da er ihre Besteuerung jedoch für unangemessen hielt, wurden Ausstattungen, die der Lebensstellung der Beteiligten angemessen waren, gemäß § 3 Abs. 5 ErbStG 1922 170 von der Steuer ausgenommen. Diese steuerbefreiende Vorschrift blieb bis zum 31. Dezember 1973 unverändert. 164 In diesem Fall sollen die Rechtsfolgen der §§ 516 ff. BGB auf das gesamte Rechtsgeschäft Anwendung finden. 165 RGZ Bd. 148, S. 236 (240 f.); Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 23. Weitere Nachweise bei Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 28 ff. 166 NJW 1959, S. 1363 (1364); 1972, S. 247 (248). 167 So auch: Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 107 f., 109. 168 RFHE Bd. 7, S. 192 (194). 169 BStBl. 11 1980, S. 260 (261). 170 RGBl. I 1922, S. 695.

134

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Erst im Rahmen der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 wurde sie aus dem Gesetz gestrichen, da sie neben den erhöhten Freibeträgen des ErbStG 1974 nicht mehr berechtigt erschien und nach Ansicht des Gesetzgebers die vermögenderen Schichten bevorzugte 171. "Ausstattungen" unterfallen daher zwar dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" 172, nicht aber der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts"; ein Unterschied ist gegeben. bc) Zu weiteren Abweichungen kann es bei bestimmten unentgeltlichen Rechtsgeschäften kommen 173. Die "unentgeltliche Bestellung einer Dienstbarkeit" fällt unter den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" 174. Auch im Zivilrecht gilt die unentgeltliche Bestellung einer Dienstbarkeit nach herrschender Ansicht 175 als "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts". Eine Mindermeinung 176 verneint jedoch das Vorliegen einer Schenkung: Die Einräumung eines Nutzungsrechts sei keine Veräußerung; die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" aber setze eine solche Veräußerung voraus. Folgt man dieser Mindermeinung, so wird die unentgeltliche Bestellung einer Dienstbarkeit durch den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung", nicht aber durch die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" erfaßt. Die "unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Sachen" bezeichnet das BGB als ,,Leihe"(§§ 598 ff. BGB). Das gemeine Recht 177 sah in jeder unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung zugleich eine Schenkung, falls der Leistende eine geldwerte Nutzung des Gegenstandes unterließ. Dem hatte sich der BGH zunächst angeschlossen; so qualifizierte er etwa die langfristige unentgeltliche Gebrauchsüberlassung als Schenkung 178. Später hat der BGH 179 diese Rechtsprechung aufgegeben und sich der Annahme einer "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gegenüber ablehnend geäußert 180: "In der bloßen vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache liegt in der Regel keine das Vennögen mindernde Zuwendung, die für eine Schenkung gemäß 171 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerrefonngesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S. 65. 172 Lang,]. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 463; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 8. 173 Vgl. auch die Aufzählung bei: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 8. 174 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 8. 175 BGH NJW 1969, S. 1850 (1852); Bassenge in Palandt, BGB, § 1018 Anm. 9 b; Ingenstau in Ingenstau / Ingenstau, Erbbaurecht, § 11 Anm.37. 176 Pruskowski, S. 102 f. 177 Kipp in Windscheid / Kipp, § 365 Fn. 6. 178 NJW 1970, S. 941 (942); WM 1970, S. 1247 (1248). 179 BGHZ Bd. 82, S. 354 ff. - mit zahlreichen weiteren Nachweisen zum Streitstand (S. 355 f.). Zustimmend: Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Putzo in Palandt, BGB, § 548 Anm. 2 b. Vgl. auch: Meincke, DWW 1982, S. 70 ff. 180 BGHZ Bd. 82, S. 354 (356 f.).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

135

§ 516 Abs. 1 BGB erforderlich wäre ( ... ), denn in diesem Fall verbleibt die Sache im Eigentum und mithin im Vermögen des Leistenden. Auch der Besitz als vermögenswertes Recht wird dann nicht endgültig, sondern nur vorübergehend aus der Hand gegeben. Allein das Merkmal der Unentgeltlichkeit macht die Zuwendung noch nicht zur Schenkung."

Daß eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor, schenkungsteuerpflichtig sein kann, ist demgegenüber unbestritten 181. Bei der "zinslosen 182 Darlehensüberlassung" ist eine ähnliche Situation gegeben. Während die eine Ansicht in der zinslosen Darlehensgewährung zugleich eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" sieht 183, verdrängen nach der Gegenmeinung 184 die §§ 607 ff. BGB die §§ 516 ff. BGB: Bei der Darlehenshingabe werde die gegenwärtige Vermögenssubstanz nicht auf Dauer gemindert, was aber Voraussetzung für das Vorliegen einer Schenkung sei; auch reiche das Unterlassen einer Verdienstmöglichkeit allein für den Tatbestand der Schenkung nicht aus (vgl. § 517 BGB). Gegen die Einordnung der zinslosen Darlehenshingabe als "freigebige Zuwendung" hat die herrschende Meinung 185 demgegenüber keine Bedenken. Festhalten läßt sich, daß es bei der unentgeltlichen Bestellung einer Dienstbarkeit, bei der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Sachen sowie bei der zinslosen Darlehensüberlassung, je nachdem, welcher Theorie man folgt, möglich ist, zur Bejahung einer "freigebigen Zuwendung" bei gleichzeitiger Vemeinung einer "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu kommen. bd) Liegt bei einer Zuwendung, die den Bedachten bereichert, der "Wille zur Unentgeltlichkeit" allein beim Zuwendenden vor, fehlt es also an einer Einigung zwischen den Beteiligten, ist zwar eine "freigebige Zuwendung", nicht aber eine "Schenkung" im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB gegeben. Damit fehlt es an einer causa für die Zuwendung; die Zuwendung erfolgt rechtsgrundlos. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung könnte insoweit die Aufgabe haben, solche rechtsgrundlosen Bereicherungen der Besteuerung zu unterwerfen. Es wurde jedoch bereits darauf hingewiesen, daß im Regelfall von einer Einigung der Parteien ausgegangen werden kann. Darüberhinausgehende bewußte Umge181 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.63; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 8; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 15. 182 Die zinslose Darlehensüberlassung ist gemäß den §§ 607, 608 BGB der Regelfall der Darlehenshingabe. 183 BFH BStBl. 11 1979, S. 631 (632); Kipp, ErbStG, § 3 Anm.22. 184 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 3,63. 185 RFH StuW 1932 Nr. 1032; RStBI. 1943, S. 419 (420); FG Düsseldorf EFG 1978, S. 336 (337); Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 463; Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 8. Anderer Ansicht: Crezelius BB 1979, S. 1594 f.; ders., BB 1978, S. 621 ff. Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 397; Oswald, DVR 1978, S. 180 (181 f.).

136

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

hungen erfaßt § 41 Abs. 1 AO. Die Aufnahme der "freigebigen Zuwendung" in das ErbStG allein für diese Sachverhaltsgestaltungen erscheint daher nicht sinnvoll. be) Im Rahmen der Buchstaben (ba) - (bd) wurde die Möglichkeit erörtert, daß Rechtsgeschäfte zwar dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung", nicht aber dem Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" unterfallen. Bei Zuwendungen, welche auf einer sittlichen Pflicht oder auf einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht beruhen, ist die Situation umgekehrt: Sie gelten nach der Entscheidung des Gesetzgebers als "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts", unterfallen jedoch nicht der "freigebigen Zuwendung", da der erforderliche "Wille zur Unentgeltlichkeit" fehlt 186. Auch hier ist daher ein Unterschied gegeben. c) Überlegungen de-lege-ferenda Die vorstehende Übersicht hat ergeben, daß die Aufnahme des Tatbestandes der "freigebigen Zuwendung" in das ErbStG praktische Erleichterungen für die Finanzbehörden nicht mit sich bringt und daß sich auch bei der Beurteilung "gemischter Schenkungen" sowie bei der Frage, ob eine "rechtsgrundlose" Zuwendung vorliegt, keine gegenüber dem Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" abweichende Beurteilung ergibt. Insoweit wäre es ausreichend, in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu normieren. Andererseits können, je nachdem, welcher Theorie man sich anschließt, folgende Rechtsgeschäfte dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung", nicht aber der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" unterfallen: Ausstattungen, die unentgeltliche Bestellung von Dienstbarkeiten, die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Sachen sowie die zinslose Gewährung von Darlehen. Umgekehrt gelten sittlich-moralische Zuwendungen zwar als "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts"; gleichwohl unterfallen sie nicht dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung". Jedoch auch in diesen Fällen scheint es nicht von Vorteil, mit dem Begriff der "freigebigen Zuwendung" zu operieren. Dies zeigt sich besonders deutlich bei den Pflicht- und Anstandsschenkungen: Ob sie der Steuerpflicht unterfallen, ist trotz Aufnahme des Tatbestandes der "freigebigen Zuwendung" in das ErbStG heftig umstritten. Verneint man eine Schenkung steuerpflicht, kommt es zu systematischen Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber dem Bürgerlichen Recht, da der Gesetzgeber des BGB Pflicht- und Anstandsschenkungen als Schenkungen im Sinne der §§ 516 ff. BGB angesehen hat. Bejaht man die Erhebung von Schenkungsteuer, ergeben sich Widersprüche mit dem ebenfalls im BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken, daß der auf Grund eines sittlichen 186

Vgl. hierzu ausführlich oben: B.lV.2.e).

IV. Die subjektiven Voraussetzungen im einzelnen

137

Anspruchs Bedachte schutzbedürftiger ist als der ,,normale" Beschenkte. Zwar sprechen die besseren Argumente dafür, das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung und damit eine Schenkungsteuerpflicht zu verneinen. Klarer wäre es jedoch, in § 7 Abs. I Nr. I ErbStG den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" aufzunehmen, die der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" nach der gesetzlichen Konzeption des BGB unterfallenden "Pflicht- und Anstandsschenkungen" aber durch eine entsprechende Erweiterung des § 13 ErbStG ausdrücklich von der Steuer auszunehmen. Gleiches gilt für Ausstattungen, die unentgeltliche Bestellung von Dienstbarkeiten, die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Sachen sowie für die zinslose Gewährung von Darlehen. Auch hier vermag die "freigebige Zuwendung" nicht für Klarheit zu sorgen, vielmehr ist teilweise umstritten, ob diese Rechtsgeschäfte der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" bzw. der "freigebigen Zuwendung" unterfallen. Um diese Zweifelsfragen für die Zukunft zu vermeiden, wäre es die beste Lösung, wenn der Gesetzgeber jene Rechtsgeschäfte, welche er der Steuer unterwerfen will, ausdrücklich in den Katalog der § 7 Abs. I Nr. 210 ErbStG aufnehmen würde. d) Ergebnis

Der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" gibt nicht nur zu terminologischen Unklarheiten Anlaß, vielmehr vermag er es auch nicht, der Praxis eindeutig aufzuzeigen, ob und, wenn ja, in welchen Punkten sich die Besteuerung von der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" lösen soll. Es scheint daher sinnvoll, den Begriff der "freigebigen Zuwendung" in § 7 Abs. I Nr. I ErbStG durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu ersetzen 187. Dieser ist klarer abgegrenzt als die "freigebige Zuwendung". Zugleich würde seine Aufnahme einen begrüßenswerten Schritt zur Vereinheitlichung der Rechtsordnung darstellen. Die bisher bereits problematischen Fälle der "Ausstattung", der "unentgeltlichen Bestellung von Dienstbarkeiten", der "unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Sachen" sowie der "zinslosen Überlassung von Darlehen" wären, soweit der Gesetzgeber sie besteuern will, in den Katalog der § 7 Abs. I Nr. 2-10 ErbStG aufzunehmen. Die ,'pflicht-" und "Anstandsschenkungen" könnte der Gesetzgeber im Rahmen von § 13 ErbStG ausdrücklich von einer Besteuerung ausnehmen.

187 Ebenfalls kritisch gegenüber dem Begriff der "freigebigen Zuwendung": Crezelius, S. 128 ff.; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 8 ff. Vgl. auch: Haas in Österreichische Juristische Blätter 1959, S. 8 (10).

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

138

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale im Besteuerungsverfahren Es bleibt die Frage, wie die im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen subjektiven Merkmale im Einzelfall nachzuweisen sind. Dies ist nicht einfach. Denn indem die Entstehung des Steueranspruchs vom Nachweis bestimmter persönlicher Vorstellungen beim Zuwendenden abhängt und Gedanken Dritter sich von Außenstehenden nie mit letzter Gewißheit feststellen lassen, werden die Beteiligten häufig versuchen, die Finanzbehörde über die wahren Vorstellungen des Zuwendenden zu täuschen, um so der Steuerpflicht zu entgehen 1. Eine einheitliche Lösung dieses Problems findet sich weder in der Rechtsprechung, noch in der Literatur zu § 7 Abs. I Nr. I ErbStG. Bevor eine Lösung vorgeschlagen wird (3.), sollen zunächst die in Rechtsprechung und Literatur vertretenen sowie die darüberhinaus denkbaren Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt (1.) und außerdem Parallelfälle aus dem Bürgerlichen Recht sowie dem Steuerrecht, in denen der Nachweis des "subjektiven Merkmals" problematisch ist, vergleichend herangezogen werden (2.).

1. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Lösung des Problems

In Rechtsprechung und Literatur gibt es zahlreiche unterschiedliche Vorschläge zur Lösung der Nachweis-Frage 2. Die frühe Rechtsprechung ging nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts vor und versuchte, die tatsächlichen Vorstellungen der Beteiligten durch eine ausführliche Untersuchung des Sachverhalts zu ergründen. Nach anderer Ansicht soll den Finanzbehörden ihre Arbeit durch -

Beweisanzeichen

-

Beweiserleichterungen

-

Mitwirkungspflichten der Beteiligten

-

Vermutungen

-

die Möglichkeit einer Beweislastumkehr

-

Fiktionen

-

eine materiell typisierende Betrachtung oder durch

-

eine Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale

erleichtert werden. Diese Begriffe bilden, so wie sie in Rechtsprechung und Literatur verwendet werden, jedoch kein in sich geschlossenes System. Allgemein 1

Allgemein zur Schwierigkeit des Nachweises subjektiver Merkmale im Steuerrecht:

2

Vgl. oben: B.1.2.ae), be), ce); B.I.3.ae).

Isensee, StuW 1973, S. 199 (200); Kirchhof, NJW 1987, S.3217 (3222 f.); Moench, ErbStG, § 7 Anm. 53; Tipke, StuW 1979, S. 193 (206 f.).

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

139

anerkannte Definitionen fehlen, was zur Folge hat, daß sich bei der Lektüre der einzelnen Ansätze bisweilen Überschneidungen, Unklarheiten oder Widersprüche finden: So beruft sich etwa der BFH3 für die Frage, wie das subjektive Merkmal des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nachzuweisen sei, in neuerer Zeit ausdrücklich auf den bereits zitierten Aufsatz von Schulze-Osterloh 4 • Gleichzeitig 5 spricht er jedoch vom Vorliegen einer "tatsächlichen Vermutung"; Schulze-Osterloh 6 aber sieht in der von ihm vorgeschlagenen "objektivierenden Betrachtungsweise" gerade keine widerlegbare Vermutung. Wegen dieser Unsicherheiten ist jeweils genau zu prüfen, was die einzelne ins Auge gefaßte Stelle sagen will. Unterscheiden lassen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten des Ansatzes: Die eine will den subjektiven Charakter des subjektiven Merkmals einschränken (a). Die andere geht weiterhin vom tatsächlichen individuellen Willen der Beteiligten aus, bedient sich aber technischer Mittel (sogenannte "Beweiserleichterungen"), um den Nachweis zu erleichtern (b).

a) Theorien, die das subjektive Merkmal einschränken aa) Eine völlige Abschaffung des subjektiven Merkmals im Tatbestand der freigebigen Zuwendung ist - entgegen KirchhoF - aus praktischen wie systematischen Gründen nicht möglich 8 • ab) Gleiches muß für eine "funktionale Betrachtungsweise"9 gelten. Nach ihr kommt es nicht auf den zivilrechtlichen Inhalt des Vertrages, sondern auf seine "Funktion" an. Entscheidend wäre danach in den vorliegenden Fällen, ob der Vertrag nach seinem Inhalt geeignet ist, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Beteiligten zu steigern. Folgte man dieser These, so müßten die Finanzbehörden ebenfalls bei jedem Rechtsgeschäft entsprechende Prüfungen vornehmen. Dies aber würde im Ergebnis auf eine Abschaffung des subjektiven Merkmals hinauslaufen und ist, wie gesehen, nicht möglich. ac) Auch die These Schulze-Osterlohs lO von der "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" entfernt sich zugunsten einer objektiven Betrachtung weitgehend vom wirklichen Willen des Zuwendenden. Für Schulze-Osterloh sind 3 BFH BStBl. 11 1979, S. 631 (632). Im Anschluß daran: BFH BStBl. 11 1982, S. 83 (84); 1982, S. 714 (715); 1985, S. 159 (160); 1987, S. 80 (81). Vgl. bereits oben: B.I.2.ce). 4 StuW 1977, S. 122 ff. S BFH BStBl. 11 1980, S. 402 (403). 6 StuW 1977, S. 122 (132 f.). 7 NJW 1987, S. 3217 (3222 f.). Vgl. auch: Kruse, StuW 1982, S. 345 (349 f.). 8 Vgl. oben: B.III.2.b. 9 Vgl.: v. Gamm, NJW 1988, S. 1245 (1246) - zur funktionalen Betrachtungsweise

in § 1 GWB.

10 StuW 1977, S. 122 (131 ff.). Zu Schulze-Osterloh vgl. auch oben: B.I.3.b) sowie unten: B.V.3.bb).

140

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

nicht die individuellen Vorstellungen der Beteiligten entscheidend, sondern es ist die "durchschnittliche Verkehrsauffassung" zu berücksichtigen. Unter "durchschnittlicher Verkehrsauffassung" ist zu verstehen die "gerichtsbekannte Anschauung, die urteilsfähige und unvoreingenommene Bürger von einer Sache haben oder gewinnen, wenn sie mit ihr befaßt werden." 11 Da es sich bei dieser Objektivierung nicht um eine verfahrensrechtliche "Beweiserleichterung", sondern um die nach Schulze-Osterloh allein zutreffende Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handelt, ist eine Widerlegung der an Hand der durchschnittlichen Verkehrsauffassung gewonnenen Ergebnisse durch den Nachweis abweichender individueller Vorstellungen bei der ins Auge gefaßten Person grundsätzlich nicht möglich 12. b) Beweiserleichterungen

Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens ist ein Tatbestandsmerkmal grundsätzlich erst dann als bewiesen anzusehen, wenn die Überzeugung des Richters von der Wahrheit der zu beweisenden Behauptung begründet ist (§§ 96 Abs. 1 S. 1 FGO; 286 Abs. 1 ZPO): "Der Richter darf und muß sich . . . in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen." 13 Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung wird demnach nicht vorausgesetzt, andererseits darf sich der Richter jedoch auch nicht mit der bloßen Wahrscheinlichkeit begnügen. Die danach erforderliche Überzeugung des Richters herbeizuführen, wird sich häufig schwierig gestalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Richter von Vorgängen überzeugt werden soll, die sich im Inneren von Personen abgespielt haben. Um dem Richter seine Arbeit zu erleichtern, werden folgende "Beweiserleichterungen" diskutiert: ba) Denkbar, um den Nachweis des subjektiven Merkmals in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu erleichtern, wäre die Zulassung einer "Fiktion": Im Rahmen einer "Fiktion" 14 wird eine Tatsache auf Grund bestimmter tatsächlicher oder rechtlicher Umstände als unwiderleglich bestehend vermutet. Fiktionen finden sich in erster Linie als "gesetzliche Fiktionen" 15, so z. B. in den BFH BStBl. 11 1979, S. 255 (256). Zu verschiedenen Einschränkungen seiner Theorien durch Schulze-Osterloh selbst, vgl. unten: B.V.3.bb). 13 BGHZ 53, S. 245 (256): Fall Anastasia. 14 Im Steuerrecht werden die folgenden Termini synonym zum Begriff der ,,Fiktion" gebraucht: "materiell typisierende Betrachtungsweise" (Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122, 132; Isensee, Die typisierende Verwaltung, S. 16; ders., StuW 1973, S. 199), ,,kategorische Typisierung" (Isensee, StuW 1973, S. 199, 200) und "unwiderlegbare gesetzliche Vermutung" (Tipke in Tipke / Kruse, AO, § 96 FGO Anm. 19). 11

12

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

141

§§ 892, 893, 1138, 1155 BGB; §§ 29,267,551, 755 ZPO; § 108 KO. Sie sind jedoch auch als "tatsächliche Fiktionen" denkbar. So hat der BFH 16 für die Frage, ob ein zwölfbändiges Lexikon einer Lehrerin gemäß den §§ 9; 12 EStG lohnsteuermindemd abgesetzt werden kann, mangels objektiv nachprüfbarer Abgrenzungsmerkmale nicht auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt, sondern allein auf das "Typische", welches sich aus der allgemeinen Lebensanschauung ergebe. Entscheidend sind nicht die konkreten Vorstellungen der einzelnen Beteiligten, sondern die durchschnittlichen Vorstellungen des Normalmenschen. Der konkrete Fall wird zum üblichen Fall weitergebildet. Isensee beschreibt diese Vorgehensweise dahingehend, daß 17

"der Gesetzesanwender bewußt davon absieht, das Differenzierungspotential der Norm auszuschöpfen, um den Gesetzesvollzug zu vereinfachen." Im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bedeutete dies, daß über die Frage, ob das subjektive Merkmal gegeben ist, nicht die individuellen Vorstellungen der Beteiligten entscheiden, sondern daß die "durchschnittliche Verkehrsauffassung" 18 entscheidend ist. Die Parallelen zu Schulze-Osterlohs "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" sind offensichtlich. Hier wie dort wird die subjektive Komponente stark in den Hintergrund gedrängt. Während die "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" jedoch das Ergebnis der allein zutreffenden Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein SOllI9, handelt es sich bei der "Fiktion" um eine Methode, die im verfahrensrechtlichen Bereich anzusiedeln ist. bb) Teilweise wird für den Nachweis des subjektiven Merkmals in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eine "Beweislastumkehr" 20 gefordert 21. 15 § 155 FGO LV.m. § 292 S. 1 ZPO. Vg!. auch: BGH NJW 1965, S. 584; Tipke in Tipke/Kruse, AO, § 96 FGO Anm. 19. 16 BFH BStB!. III 1957, S. 328 f. Dazu: Isensee, StuW 1973, S. 199. 17 Die typisierende Verwaltung, S. 17. 18 Der BFH (BStB!. 11 1979, S. 255, 256) versteht unter "durchschnittlicher Verkehrsauffassung" die "gerichtsbekannte Anschauung, die urteilsfähige und unvoreingenommene Bürger von einer Sache haben oder gewinnen, wenn sie mit ihr befaßt werden." 19 Schulze-Osterloh StuW 1977, S. 122 (133). 20 /sensee (StuW 1973, S. 199,200) verwendet den Terminus "hypothetische Kategorisierung" synonym. 21 BFH BStB!. 11 1980, S.402 (404) in einem späteren Urteil hat sich der BFH jedoch kritisch mit dieser Entscheidung auseinandergesetzt: BFH BStB!. 11 1985, S. 159; in der Entscheidung BFH / NV 1990, S. 234 wird nicht deutlich, ob der BFH grundsätzlich von einer objektiven Beweislast des Steuerpflichtigen ausgeht - die weiteren Formulierungen ("Der objektive Geschehensablauf spricht daher für eine freiwillige Zuwendung des Herrn X an die Klägerin") sowie die besondere Konstellation (angebliche Rückübertragungspflicht der bedachten Klägerin) könnten gegen eine Verallgemeinerung dieser Entscheidung sprechen. Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 46. Wohl auch: Petzoldt in Festgabe für Felix, S. 331 (342) - vg!. oben: B.I.3.ae) - Fn. 216. Zurückhaltend: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 43.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Von einer "Beweislastumkehr" spricht man, wenn das Risiko der Nichterweislichkeit einer bestimmten Tatsache von einer Partei auf die andere übertragen wird. Gesetzlich festgelegte Fälle einer Beweislastumkehr sind etwa die §§ 153, 178, 179 Abs. 2,282,2336 Abs. 3 BGB; § 161 AO. Daneben kommt eine Beweislastumkehr nach Rechtsprechung und Literatur zum Beispiel in Betracht bei vorangegangener Beweisvereitelung 22 oder einer groben Verletzung von Berufspflichten 23. Auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angewendet bedeutet dies: Die Finanzbehörden und Finanzgerichte haben die für die jeweilige Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, also auch das Vorliegen des subjektiven Merkmals im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, von Amts wegen zu ermitteln (§§ 88 Abs. 1 S. 1 AO; 76 Abs. 1 S. 1 FGO). Kommt es gleichwohl zum Fall der Beweislosigkeit (= "non-liquet"), trifft die objektive Beweislast 24 grundsätzlich die Steuerbehörde, da es sich bei dem subjektiven Merkmal um ein steuerbegründendes Merkmal handelt 25 • Dies hätte zur Folge, daß das subjektive Merkmal als nicht gegeben anzusehen und der Steuertatbestand nicht erfüllt wäre. Eine Umverteilung der Beweislast würde bewirken, daß das Risiko der Nicht-Erweislichkeit den Steuerpflichtigen träfe; das Vorliegen des subjektiven Merkmals und damit der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wären zu bejahen. bc) Denkbar im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wäre auch die Zulassung eines "Anscheinsbeweises" (sogenannter "prima-facie-Beweis").

22 BGH NJW 1972, S. 1131 f. Peters, ZZP Bd. 82, S. 200 ff. -mo w. N. Die Literatur sieht demgegenüber in der Umkehr der Beweislast häufig eine zu harte Sanktion: Schwab in Rosenberg / Schwab, ZPO, S. 721. 23 BGHZ Bd. 85, S. 212 (216 ff.); 72, S. 132 (136 ff.) - jeweils m. w. N. 24 Synomyme sind die Begriffe ,,Feststellungslast" und ,,materielle Beweislast"; lsensee (StuW 1973, S. 199,200) spricht von "hypothetischer Typisierung". Die "objektive" Beweislast ist zu unterscheiden von der "subjektiven" Beweislast (= "Beweisführungslast" oder "formelle Beweislast"). Die Verteilung der subjektiven Beweislast gibt Auskunft darüber, wen die Pflicht, den Streitstoff vorzubringen, also Behauptungen aufzustellen oder Beweise anzutreten, trifft; vgl.: Arens, ZPO, Anrn. 276; Schwab in Rosenberg / Schwab, ZPO, S. 715. Eine subjektive Beweislast gibt es im Grundsatz nur in Verfahren mit Verhandlungsmaxime, d.h. in Verfahren, in denen die Sichtung des Streit- und Beweisstoffes den Parteien übertragen ist. Da im finanzgerichtlichen Verfahren die Erforschung des Sachverhaltes Aufgabe des Gerichtes ist, gibt es hier im Grundsatz keine subjektive Beweislast; vgl.: Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 668. Kritisch: Martens, StuW 1981, S. 322 (329). Offen gelassen: BFH BStBl. II 1971, S. 220 (224). 25 Es gilt der allgemeine Grundsatz, daß jede Partei die objektive Beweislast für die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm trägt; vgl.: Arens, ZPO, Rdn. 277; Schwab in Rosenberg / Schwab, ZPO, S. 717. Für das Besteuerungsverfahren bedeutet dies, daß für steuerbegründende und steuererhöhende Tatsachen die Finanzbehörden, für steuerbefreiende oder steuermindemde Tatsachen den Steuerpflichtigen die objektive Beweislast trifft; vgl.: BFH BStBl. II 1969, S. 550 (552); 1971, S. 220 (224); 1975, S. 119 (120); Lang, J. in Tipke / Lang Steuerrecht, S. 668; Tipke in Tipke / Kruse, AO, § 96 FGO Anm. 17; von Groll in Gräber, FGO, § 96 Anrn. 22 ff.

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

143

Von einem Anscheinsbeweis 26 spricht man, wenn im Rahmen von fonnelhaften Geschehensabläufen von einer bestimmten erwieseneon Ursache auf einen typischen Erfolg oder von einem bestimmten erwiesenen Erfolg auf eine typische Ursache geschlossen wird 27 . Der Gegner kann den Anscheinsbeweis erschüttern, indem er entweder die zugrunde liegenden Tatsachen in Frage stellt oder aber konkrete Tatsachen behauptet und nötigenfalls beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs oder einer anderen Ursache ergibt (sogenannter "Gegenbeweis"28). Der Anscheinsbeweis greift grundsätzlich nur zugunsten der beweisbelasteten Partei ein 29. Der BFH geht für den Nachweis subjektiver Merkmale bisweilen von der Figur des Anscheinsbeweises aus 30• Was den Nachweis des subjektiven Merkmals betrifft, so ließe sich ein Anscheinsbeweis bei bestimmten Fallkonstellationen, z. B. bei einem groben Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung, als geführt ansehen. Dem Bedachten stünde es im Rahmen des Gegenbeweises zu, das Vorliegen einer erheblichen Wertdifferenz zu entkräften oder die Möglichkeit eines untypischen Sachverhalts darzutun 31.

26 Zu trennen ist der Anscheinsbeweis vom sogenannten Indizienbeweis (= mittelbarer Beweis). Beim Indizienbeweis schließt der Richter aus nicht unmittelbar zum Tatbestand gehörenden Tatsachen auf Grund einer allgemeinen Erfahrung oder besonderer Sachkunde auf das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals. Der Indizienbeweis ist nicht Beweiserleichterung, sondern voller Beweis; vgl.: Arens, ZPO, Anm. 262; Tipke in Tipke / Kruse, AO, § 96 FGO Anm. 11. 27 Arens, ZPO, Anm. 279 ff.; Schwab in Rosenberg / Schwab, ZPO, S. 692 ff.; Tipke in Tipke / Kruse, AO, § 96 FGO, Anm. 11. 28 Während es zur Führung des Gegenbeweises ausreicht, die dem Anscheinsbeweis zugrunde liegenden Überlegungen zu erschüttern, muß im Falle der "Beweislastumkehr" der "Beweis des Gegenteils" erbracht werden; d. h. die nun beweisbelastete Partei muß das jeweilige Tatbestandsmerkmal zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen; vgl.: Arens, ZPO, Anm. 261,281. 29 Unklar insoweit: BFH BStBl. 11 1969, S. 173. 30 BStBl. 11 1969, S. 173 zu § 3 Abs. 1 Nr. I, 2 ErbStG 1959 sowie § 3 Nr.2 GrEStG - allerdings liegt in diesem Fall eine gegenüber § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG umgekehrte Interessenlage vor. Im Rahmen von § 3 Nr.2 GrEStG wäre es für den Steuerschuldner günstig, wenn er eine Schenkung nachweisen könnte; beweisbelastet ist daher hier der Steuerschuldner; BStBl. 11 1978, S. 620 (626) - zur Abbruchsabsicht im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 4, Abs.4 S. 3 EStG 1969; BStBl. 11 1984, S. 751 (767) zum Tatbestandsmerkmal der Gewinnerzielungsabsicht im Einkommensteuergesetz. 31 Zu klären bliebe jedoch die generelle Frage, ob sich subjektive Merkmale überhaupt mit Hilfe des Anscheinsbeweises nachweisen lassen. Denn die Vorstellungen einzelner Personen laufen individuell und gerade nicht formelhaft bzw. "gleichsam mechanisch" (BVerwG NJW 1980, S.252) ab. Für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises auf subjektive Merkmale: BFH BStBl. 11 1984, S. 751 (767); 1980, S. 69 (71); 1978, S. 620 (626); 1969, S. 173. Ablehnend: BGHZ Bd.31, S.351 (357); BVerwG NJW 1980, S.252; Schwab in Rosenberg/Schwab, ZPO, S.694, 696. Offen: BGH MDR 1981, S. 738; JZ 1978, S. 111 (112). Kritisch: Arens, ZPO, Rdn. 279.

144

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

bd) Häufig wird im Zusammenhang mit dem Nachweis des für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen subjektiven Merkmals von sogenannten "tatsächlichen Vermutungen" gesprochen 32. Eine "gesetzliche Vermutung" ist in § 892 ZPO geregelt. Sie wirkt wie eine Beweislasturnkehr 33 . Beim Begriff der "tatsächlichen Vermutung" handelt es sich dagegen um eine andere Bezeichnung für die Figur des ,,Anscheinsbeweises" . So führt etwa der BFH, nachdem er aus dem zu entscheidenden Sachverhalt eine "tatSächliche Vermutung" abgeleitet hat, aus 34 : "Es fehlte jeder Parteivortrag, aus welchen konkreten Gründen die Vertragspartner der Auffassung gewesen seien oder hätten sein können, daß der übertragene Gesellschaftsanteil unter Berücksichtigung des vorbehaltenen Nießbrauchs keinen Wert gehabt habe." Dieses Zitat deutet nicht auf einen "Beweis des Gegenteils", sondern auf einen "Gegenbeweis" hin. Eine über die Figur des Anscheinsbeweises hinausgehende Bedeutung kommt dem Begriff der "tatsächliche Vermutung" offenbar nicht zu. be) Bisweilen spricht der BFH 35 von "Beweisanzeichen" oder auch "objektiven Beweisanzeichen" .

Gemeint sein dürfte, daß auf subjektive Tatbestandsmerkmale regelmäßig nur auf Grund objektiv nachweisbarer äußerer Umstände (= "Indizien") geschlossen werden kann. "Beweisanzeichen" wären demnach der Beweiswürdigung zugrunde zu legendes objektives Tatsachenmaterial. bf) Auch von einer Statuierung von "Mitwirkungspflichten des Steuerschuldners"36 wird gesprochen: Die Aufklärung des Sachverhalts trifft im steuerlichen Verfahren prinzipiell die Finanzbehörde bzw. das Gericht(§§ 88 Abs. 1 S. 1 AO; 76 Abs. 1 S. 1 FGO). Eine subjektive Beweislast des Steuerpflichtigen ist grundsätzlich 37 nicht gege32 BFH BStBl. II 1977, S. 159 (161); 1980, S.402 (403); Kollhasser in MK zum BGB, § 516 Anm. 63 a; Meier, DVR 1986, S. 146 (147); Troll, ErbStG, § 7 Anm. 43; ders., GmbHR 1984, S.205 (207). Vg!. auch allgemein: Tipke in Tipke/Kruse, AO, § 96 FGO Anm. 12. 33 Vgl. hierzu: Stephan in Zöller, ZPO, § 292 Anm. 1; Schwab in Rosenberg / Schwab, ZPO, S. 716. 34 BStB!. 11 1977, S. 159 (161). Vg!. auch: BFH BStB!. 11 1987, S. 80 (81); 1980, S. 402 (403). Zum Zivilrecht etwa: BGH WM 1989, S. 963 (964); BGHZ Bd. 59, S. 132 (136). 35 BStB!. 11 1987, S. 774 (776); 1986, S. 289 (291); 1984, S. 751 (767); 1977, S. 250 (251). 36 BFH BStB!. II 1985, S. 380 (382); 1977, S. 159 (161 f.). Vg!. auch: BFH BStB!. 11 1975, S. 120 (121); 1980, S. 339 (340). In beiden Fällen handelte es sich jedoch um für den Steuerschuldner günstige Normen; ähnlich: BFH BStB!. 11 1977, S. 320 (324); Isensee, StuW 1979, S. 199 (201) 37 Mitwirkungspflichten des Steuerschuldners sind in gewissem Umfang normiert in § 76 Abs. 1 S. 2, 3 FGO sowie in den §§ 90, 238 ff. AO.

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

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ben. Da jedoch häufig allein der jeweilige Betroffene zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen kann, wäre es ein denkbarer Weg, den Steuerschuldner zu kooperativer Mitwirkung bei der Erforschung des Sachverhaltes zu verpflichten. Verletzte der Steuerpflichtige diese Mitwirkungspflichten, könnte sich dies für ihn im Rahmen der Beweiswürdigung ungünstig auswirken. c) Zusammenfassung

Folgt man den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts, ist es Aufgabe der Finanzbehörde, den ins Auge gefaßten Sachverhalt ausführlich zu ergründen und die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, also auch das Vorliegen der erforderlichen "subjektiven Merkmale", zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Um der Finanzbehörde ihre schwierige Aufgabe zu erleichtern, bieten sich verschiedene Methoden an: Diese verschieben teilweise (Mitwirkungspflicht; Beweislastumkehr) die Last der Nachforschung auf den Steuerpflichtigen, teilweise (Anscheinsbeweis; Fiktion; Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale) lassen sie - unterschiedlich weitgehendden konkret gegebenen Sachverhalt außer acht und stellen stattdessen auf den durchschnittlichen Normalfall ab.

2. Vergleichbare Problemlagen im Zivil- und Steuerrecht

Bevor eine Wertung der einzelnen Vorschläge versucht wird (3.), sollen jedoch zunächst vergleichbare Problemlagen im Bürgerlichen Recht (a) und im Steuerrecht (b) ins Auge gefaßt werden. Aus der Art und Weise, wie das Vorliegen eines "subjektiven Merkmals" dort nachgewiesen wird, lassen sich unter Umständen Hinweise für die Behandlung des subjektiven Merkmals in § 7 Abs. I Nr. I ErbStG entnehmen. Schließlich bietet sich diese Untersuchung auch deswegen an, weil Schulze-Osterloh 38 die von ihm postulierte "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" damit begründet, daß "subjektive Besteuerungsmerkmale . . . grundsätzlich in dieser Weise interpretiert" werden.

a) Bürgerlich rechtliche Vorschriften, die ein subjektives Merkmal enthalten Untersucht werden soll zunächst die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" (aa); diese enthält nach einhelliger Ansicht ein subjektives Merkmal, die "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" 39. Im Anschluß daran (ab) 38 StuW 1977, S.122 (131). Zu Schulze-Osterloh vgl. auch: B.I.3.b); B.V.1.ac); B.V.3.bb). 39 Vgl. oben: B.ll.2.b.

10 Klein-Blenkers

146

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

werden jene Normen des BGB, die sich entweder ausdrücklich auf die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" beziehen oder die ihr über die Begriffe der "unentgeltlichen Verfügung", der "unentgeltlichen Zuwendung" oder des "unentgeltlich Erlangten" verbunden sind, ins Auge gefaßt. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Die erste Gruppe enthält jene Vorschriften, die bei der Vornahme eines unentgeltlichen Rechtsgeschäfts AusgleichsanspTÜche Dritter begründen, die zweite Gruppe enthält solche Vorschriften, welche in diesem Fall die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis einschränken. aa) Der Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" Für die Frage, ob eine "Einigung über die Unentgeltlichkeit" vorliegt, wird hier weitgehend auf die jeweilige Einschätzung der Parteien abgestellt 4O ; kraft der den Parteien gewährten Privatautonomie steht es ihnen prinzipiell frei, Leistung und Gegenleistung nach ihren persönlichen Vorstellungen in Verhältnis zu setzen (sogenanntes ,,Prinzip der subjektiven Äquivalenz"41). Dieses weitreichende Abstellen auf die jeweiligen Vorstellungen ist unproblematisch, solange die Parteien bei der Abwicklung des Rechtsgeschäfts Einigkeit bewahren 42 . Probleme ergeben sich, sobald es zwischen den Parteien zum Streit kommt 43 . Die Rechtsprechung 44 entscheidet die Frage, ob das für die Schenkung erforderliche subjektive Merkmal in diesen Fällen gegeben ist, nach den "Grundsätzen der freien Beweiswürdigung" (§ 286 ZPO). Danach sind alle von den Parteien für bzw. gegen das Vorliegen einer Schenkung vorgebrachten Umstände in Betracht zu ziehen. Auf dieser Grundlage hat der Richter nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden, ob eine Einigung über die Unentgeltlichkeit als erwiesen anzusehen ist. 40 BGH WM 1971, S. 1338 (1341). Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm.23; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Halbband 1, § 47 I; Müht in Soergel, BGB, § 516 Anm. 12; Reuss in Staudinger, BGB, § 516 Anm. 16; Vollkommer in Jauernig, BGB, § 516 Anm. 2 d, e. Demgegenüber mißverständlich: Putzo in Palandt, BGB,

§ 516 Anm. 4,5.

41 Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 23; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Allgemeiner Teil, § 15 I. 42 Folgerichtig geht Kollhosser (in MK zum BGB, § 516 Anm. 24) auch ohne Einhaltung der notariellen Form von einem gültigen Rechtsgeschäft aus, da der objektiv Mehrleistende der Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB nicht bedürfe: Die Erwägungen, die zur Gleichstellung von Leistung und Gegenleistung führten, böten hinreichenden Überlegungsschutz; im übrigen ließe sich das Rechtsgeschäft gemäß § 119 Abs. 2 BGB anfechten. 43 Dieser kann entstehen, wenn bei einem mündlich oder handschriftlich geschlossenen Vertrag eine Partei sich ihrer Verpflichtung unter Hinweis auf die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB zu entziehen versucht: RGZ Bd. 125, S. 380 ff.; BGH WM 1967, S. 1131 ff. oder wenn der objektiv Mehrleistende das Zugewandte gestützt auf § 528 BGB oder § 530 BGB zurückfordert: RGZ Bd. 163, S. 257 ff. 44 RGZ Bd. 125, S. 380 (384); 163, S. 257 (259 f.); BGH WM 1967, S. 1131 (1133); 1971, S. 1338 (1341).

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

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ab) Vorschriften, welche der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" nahestehen Die §§ 2325, 2287 Abs. 1, 1375 Abs. 2 Nr. 1,816 Abs. 1 S. 2, 822, 988 BGB bzw. die §§ 1425 Abs. 1 S. 1, 1641, 1804,2113 Abs. 2, 2205 S. 3 BGB sind der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" eng verbunden. Anders als in den zuvor behandelten Fällen sind hier jedoch nicht nur die das Rechtsgeschäft schließenden Parteien betroffen, sondern gleichzeitig außenstehende Dritte: (1) Vorschriften, die Ausgleichsansprüche Dritter normieren

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Hat der Erblasser einem Dritten zu Lebzeiten eine Schenkung gemacht, kann dem Pflichtteilsberechtigten nach Maßgabe des § 2325 BGB ein sogenannter "Pflichtteilsergänzungsanspruch" zustehen. Aufgabe von § 2325 BGB ist es, zu verhindern, daß der Erblasser seine Familienangehörigen schon zu Lebzeiten durch unentgeltliche Verfügungen um ihren Pflichtteil bringt45. Was den Nachweis des subjektiven Merkmals betrifft, hatte sich der BGH46 zunächst auf den - auch zu den §§ 518, 528, 530 BGB vertretenen Standpunkt gestellt, daß nach dem Wortlaut des § 2325 BGB es den Vertragspartnern grundsätzlich freistehe, Leistung und Gegenleistung frei zu bewerten. Was im Einzelfall beabsichtigt gewesen sei, sei genau zu eruieren. Diese Rechtsprechung änderte sich im Jahre 1972 47 : "Ist bei einem Vertrag ... ein auffallend grobes Mißverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung festzustellen, dann erfordert es nach Ansicht des Senats der Schutzzweck des § 2325 BGB, im Einklang mit der Lebenseifahrung, zunächst davon auszugehen, daß dies auch die Vertragsparteien erkannt haben, und daß sie sich in Wahrheit über die unentgeltliche Zuwendung derjenigen Bereicherung einig waren, die sich bei einer verständigen und nach den Umständen vertretbaren Bewertung der beiderseitigen Leistungen ergeben hätte. Würde man dem Pflichtteilsberechtigten diese Beweiserleichterung (im Sinne einer tatsächlichen Vermutung) nicht gewähren, so würde das zu einer der Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufenden Beschränkung seiner Rechte führen. Er wäre dann vielfach nicht imstande, den Beweis für die gewollte teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts zu erbringen.... Erst nach einer Bewertung von Leistung und Gegenleistung auf sachlicher Grundlage kann eine Gegenüberstellung im Ganzen zeigen, ob bei einer vertretbar großzügigen Beurteilung mit Blick auf das Eltem-Kind-Verhältnis der Vertragsparteien noch ein insgesamt entgeltlicher Vertrag bejaht werden kann, oder ob ein grobes Mißverhältnis zwi-

45 BGH NJW 1961, S. 604 (605). Edenhofer in Palandt, BGB, § 2325 Anm. 1; Frank in MK zum BGB, § 2325 Anm. 1. 46 NJW 1961, S. 604 (605). 47 BGHZ Bd. 59, S. 132 (135 f., 138 f.) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Im Anschluß an diese Entscheidung: BGH WM 1989, S. 963 (964); BGHZ Bd. 89, S. 24 (32); 88, S. 102 (111); 82, S. 275 (281); NJW 1981, S. 1956; FamRZ 1981, S. 765 (766). 10*

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung sehen den ausgetauschten Leistungen offensichtlich ist, das die Vermutung einer gewollt schenkweisen Zuwendung der überschüssigen Bereicherung begründet. Sie müßte gegebenfalls von der Beklagten entkräftet werden, wenn ihre Verteidigung Erfolg haben soll." Entscheidend sind also die tatsächlichen Vorstellungen der Vertragsparteien. Dem außenstehenden Dritten, der die internen Vorgänge nur schwer beurteilen kann und der Gefahr läuft, daß die Parteien die Leistungen "frisieren", soll jedoch eine "Beweiserleichterung" im Sinne einer "tatsächlichen Vermutung" zugute kommen. Diese ist gegeben bei einem groben Mißverhältnis 48 der ausgetauschten Leistungen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu "entkräften". Diese Ausführungen, denen sich auch die Literatur 49 angeschlossen hat, lassen darauf schließen, daß der BGH bei einem groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen "Anscheinsbeweis" zulassen will. Zu seiner Widerlegung reicht ein "Gegenbeweis" aus; ein "Beweis des Gegenteils" ist nicht erforderlich. § 2287 Abs. 1 BGB statuiert unter bestimmten Voraussetzungen Ausgleichsansprüche des Vertragserben, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen gemacht hat.

Die Entwicklung verlief hier parallel zu der Entwicklung in § 2325 BGB: Zunächst versuchte der BGH, die konkreten subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien ausführlich zu ermitteln. Im Jahre 1972 ging er dazu über, eine "Beweiserleichtertmg (im Sinne einer tatsächlichen Vermutung)"50 zugunsten des Anspruchsinhabers zuzulassen; dem hat sich die Literatur 51 angeschlossen. Wie bereits gesehen, entspricht diese "tatsächliche Vermutung" einem "Anscheinsbeweis" . 48 Zu den Anforderungen an ein solch grobes Mißverhältnis: BGHZ Bd. 82, S. 275 (281). Beweispflichtig für das Vorliegen eines groben Mißverhältnisses ist der Pflichtteilsberechtige: BGH NJW 1981, S. 2458 (2459). 49 Edenhojer in Palandt, BGB, § 2325 Anm. 2 b; Dieckmann in Soergel, BGB, § 2325 Anm. 6; Frank in MK zum BGB, § 2325 Anm. 12. Kritisch, jedoch letztlich zustimmend: Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 24. Offen: Schlüter in Erman, BGB, § 2325 Anm.l. 50 BGHZBd. 59, S. 132 ff. Im Anschluß hieran: BGHWM 1973, S. 680 (681); BGHZ Bd. 82, S. 275 (280); NJW-RR 1986, S. 1135. Einen Sonderfall stellt die Entscheidung BGH FamRZ 1981, S. 429 (431) dar. Es heißt dort: "Der mangelnde Schenkungs wille steht der Annahme einer Schenkung allerdings dann nicht entgegen, wenn der den Vertragsparteien bekannte Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung so groß ist, daß der ,Entgeltlichkeits'-Wille der Parteien nicht völlig willkürlich ist und in der Bewertung jeder sachlichen Grundlage entbehrt." Diese Passage bezieht sich wahrscheinlich nur auf gezielte Umgehungen des § 2287 Abs. 1 BGB. In ihr könnte jedoch auch eine "Objektivierung" der Schenkung oder eine ,,Fiktion" gesehen werden. 51 Edenhojer in Palandt, BGB, § 2287 Anm.2 a; Wolf in Soergel, BGB, § 2287 Anm.4. Kritisch, jedoch letztlich zustimmend: Kollhosser in MK zum BGB, § 516 Anm. 24. Allein auf § 516 BGB weisen hin: Hense in Erman, § 2287 Anm. 1; Kanzleiter in Staudinger, BGB, § 2287 Anm. 3; Musielak in MK zum BGB, § 2287 Anm. 3.

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

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Gemäß § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB sind gewisse unentgeltliche Zuwendungen, die ein Ehegatte nach Eintritt des gesetzlichen Güterstandes getätigt hat, bei der Berechnung des zugewinnrechtlichen Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen. Zweck des § 1375 Abs.2 Nr. 1 BGB ist es, eine Vereitelung von Zugewinnausgleichsansprüchen durch unentgeltliche Zuwendungen zu verhindern 52. Hier ist das Bild uneinheitlich: Thiele 53 verweist auf die oben dargestellte Rechtsprechung zu den §§ 2287, 2325 BGB. Gernhuber 54 geht von den Begriffen der "objektiven" bzw. "subjektiven Äquivalenz" aus: Der Gedanke der subjektiven (an den Ansichten und Absichten der Parteien orientierten) Äquivalenz entspreche § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB mehr, da er auch in den im gesetzlichen Güterrecht geltenden Grundsätzen der Verwaltungsfreiheit (§ 1364 BGB) und des Schutzes vor illoyalen Vermögensverwendungen (§ 1375 Abs.2 BGB) zum Ausdruck komme. Das Denken in objektiven ökonomischen Äquivalenzen sei demgegenüber zwar naheliegend, sobald Drittinteressen betroffen wären. Häufig sei es jedoch nicht operationabel, da die richterliche Diskretion nicht dazu berufen sei, die Parteien über die Frage, was unentgeltlich sei, kleinlich zu belehren. Die übrigen Kommentierungen 55 zu § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzen sich mit der Frage nicht näher auseinander, sondern verweisen auf ihre jeweiligen Ausführungen zu § 516 BGB.

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Nach den §§ 816 Abs. 1 S. 2; 822 BGB ist derjenige, der eine Sache unentgeltlich erlangt hat, unter bestimmten Voraussetzungen zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtet. Beide Vorschriften gehen davon aus, daß der unberechtigt unentgeltliche, wenn auch gutgläubige, Erwerber dem Bereicherungsgläubiger gegenüber weniger schutzwürdig ist 56. Lieb s7 zieht die Rechtsprechung des BGH zu § 2325 BGB heran. Nach Mühl 58 hat die Bestimmung des Begriffs der Unentgeltlichkeit in den §§ 816 Abs. 1

S. 2; 822 BGB demgegenüber ,,rein objektiv" zu erfolgen. Die übrigen Kommentierungen verweisen auf § 516 BGB 59 oder gehen auf die Frage nicht ein 60.

52 Diederichsen in Palandt, BGB, § 1375 Anm. 3; Thiele in Staudinger, BGB, § 1375 Anm.14. 53 In Staudinger, BGB, § 1375 Anm. 18. 54 In MK zum BGB, § 1375 Anm. 16. 55 Diederichsen in Palandt, BGB, § 1375 Anm. 3 a; Lange in Soerge1, BGB, § 1375 Anm.14. 56 Lieb in MK zum BGB, § 816 Anm. 46 sowie § 822 Anm. 1; Thomas in Pa1andt, BGB, § 816 Anm. 3 asowie § 822 Anm. 1. 57 In MK zum BGB, § 816 Anm. 48 ff. 58 In Soergel, BGB, vor § 516 Anm. 3 sowie § 822 Anm. 2. Undeutlich demgegenüber: Ders. in Soergel, BGB, § 816 Anm. 39. Mühl steht mit dieser rein objektiven Bestimmung des Begriffs der "Unentge1tlichkeit" allein. So hat der BGH (BGHZ Bd. 57, S. 84,90) ausdrücklich ausgesprochen, daß der Begriff der "Unentge1tlichkeit" ein subjektives Merkmal enthält. 59 Thomas in Palandt, BGB, § 816 Anm. 3 b sowie § 822 Anm. 3 e; Lorenz in Staudinger, BGB, § 822 Anm. 8.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Nach § 988 BGB ist der unberechtigte unentgeltliche Besitzer dem Eigentümer zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet, welche er vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht. Auch § 988 BGB ist Ausfluß des Gedankens, daß der unrechtmäßige unentgeltliche Besitzer nur geringen Schutz verdient 61 • Die Frage, wie das subjektive Tatbestandsmerkmal der Unentgeltlichkeit nachzuweisen ist, wird hier, soweit ersichtlich, nicht diskutiert 62 • Lediglich Mühl 63 setzt sich für eine ,,rein objektive Bestimmung des Begriffs der Unentgeltlichkeit" ein.

(2) Vorschriften, die die Vetwaltungsund Verfügungsbefugnis einschränken

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Nach § 1425 Abs. 1 S. 1 BGB kann der im Rahmen einer Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) verwaltungsberechtigte Ehegatte Schenkungen aus dem Gesamtgut nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten vornehmen. Grund für diese Regelung ist, daß Schenkungen im Regelfall außerhalb der ordnungsgemäßen Verwaltung erfolgen und daher nur dann vorgenommen werden sollen, wenn es den Interessen beider Ehegatten entspricht 64 • Zur Frage, wann eine Schenkung im Sinne von § 1425 Abs. 1 S. 1 BGB anzunehmen ist, verweisen die einzelnen Kommentierungen 65 auf § 516 Abs. 1 BGB. § 1641 BGB verbietet Eltern, in Vertretung des Kindes Schenkungen aus dessen Vermögen zu machen. § 1641 BGB ist, wie auch die folgenden §§ 1804; 2113 Abs.2; 2205 S.3 BGB, Ausfluß des allgemeinen Verbots, fremdnützig und rechenschaftspflichtig verwaltetes Vermögen durch unentgeltliche Rechtsgeschäfte zu schmälern. In Rechtsprechung und Literatur zu § 1641 wird allein auf § 516 Abs. 1 BGB verwiesen 66 •

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Gemäß § 1804 BGB sind Schenkungen, welche der Vormund namens des Mündels aus dessen Vermögen macht, nichtig. Auch hier gilt das bereits zu § 1425 Abs. 1 S. 1 und § 1641 BGB Gesagte 67.

60 Schlechtriem in Jauernig, BGB, § 816 Anm. 6 a, bb; § 822 Anm. 2 c; Lorenz in Staudinger, BGB, § 816 Anm. 28. 61 Bassenge in Palandt, BGB, § 988 Anm. 1; Medicus in MK zum BGB, § 988 Anm. l. 62 Bassenge in Palandt, BGB, § 988 Anm.2 b; Jauernig in Jauernig, BGB, § 988 Anm.2 b; Medicus in MK zum BGB, § 988 Anm. 5. 63 In Soergel, BGB, vor § 516 Anm. 3. Mühl steht mit dieser rein objektiven Bestimmung des Begriffs der "Unentgeltlichkeit" allein. So hat der BGH (BGHZ Bd. 57, S. 84, 90) ausdrücklich ausgesprochen, daß der Begriff der "Unentgeltlichkeit" ein subjektives Merkmal enthält. 64 Motive, Band 4, S. 356 f. 65 Diederichsen in Palandt, BGB, § 1425 Anm. 2; Gaul in Soergel, § 1425 Anm.2, 3; Kanzleiter in MK zum BGB, § 1425 Anm. 2, 3. 66 KG JW 1937, S. 2597. Diederichsen in Palandt, BGB, § 1641 Anm. 1; Hinz in MK zum BGB, § 1641 Anm. 5; Strätz in Soergel, BGB, § 1641 Anm.2. 67 Damrau in Soergel, BGB, § 1804 Anm. 1; Diederichsen in Palandt, BGB, § 1804 Anm. 1; Schwab in MK zum BGB, § 1804 Anm. 3,4.

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale -

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Nach § 2113 Abs.2 BGB sind unentgeltliche Verfügungen eines Vorerben unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam. Aufgabe von § 2113 BGB ist es, den Nacherben vor einer Verkümmerung seiner Rechte durch Verminderung der Erbmasse zu schützen. Nach gefestigter Rechtsprechung 68, der sich die Literatur 69 angeschlossen hat, "liegt eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 2113 Abs. 2 BGB vor, wenn der Vorerbe - objektiv - ohne gleichwertige Gegenleistung Opfer aus der Erbmasse bringt und - subjektiv - entweder weiß, daß dem Opfer keine gleichwertige Gegenleistung an die Erbmasse gegenübersteht, oder doch bei ordnungsgemäßer Verwaltung der Masse unter Berücksichtigung seiner Pflicht, die Erbschaft an den Nacherben herauszugeben, das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen." Entscheidend sind also weniger die konkreten Vorstellungen der Beteiligten, als vielmehr die allgemeine Erkennbarkeit der Unentgeltlichkeit für den durchschnittlichen Betrachter (= "hätte erkennen müssen"). Hierin liegt entweder eine "Objektivierung des subjektiven Besteuerungsmerkmals"?O oder eine "Fiktion"?l.

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Nach § 2205 S.3 BGB ist der Testamentsvollstrecker zu unentgeltlichen Verfügungen über den Nachlaß nicht berechtigt. Auf diese Weise soll eine Aushöhlung des Nachlasses verhindert werden. Nach gefestigter Rechtsprechung 72, der sich die Literatur?3 angeschlossen hat, reicht

68 BGH NJW 1984, S. 366 (367) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Ebenso: FamRZ 1971, S. 643 (645); NJW 1963, S. 1613 (1614); BGHZ Bd. 7, S. 274 (278 f.); 5, S. 173 (182); RGZ Bd. 125, S. 242 (245); 81, S. 364 (366). 69 Edenhojer in Palandt, BGB, § 2113 Anm. 2 a; Grunsky in MK zum BGB, § 2113 Anm. 22; Harder in Soergel, BGB, § 2113 Anm. 12; Müht in Soergel, BGB, vor § 516 Anm. 3; Stürner in Jauemig, BGB, § 2113 Anm. 2 a. Ausführlich: SpeIlenberg, FamRZ 1974, S. 350 ff. Coing (in Kipp / Coing, Erbrecht, § 49 - Fn. 38) sieht unentgeltlich als einen allgemeinen und objektiven Begriff an, bei dem subjektive Erwägungen des einzelnen überhaupt keine Rolle spielen können. Behrends rekurriert zwar einerseits auf die zitierte Rechtsprechung (in Staudinger, BGB, § 2113 Anm.62), andererseits (in Staudinger, BGB, § 2113 Anm.67) spricht er jedoch davon, daß das Vorliegen eines groben Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung eine tatsächliche Vermutung dafür begründet, daß sich die Parteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig wissen, was für einen Anscheinsbeweis spricht. ?O SO ausdrücklich: OLG Hamm RPfl. 1971, S. 147 (148); Harder in Soergel, BGB, § 2113 Anm. 12. Behrends (in Staudinger, BGB, § 2113 Anm. 63) spricht demgegenüber von einer "Subjektivierung" der Unentgeltlichkeit. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar. ?l Gegen die Annahme einer Fiktion könnte sprechen, daß den subjektiven Vorstellungen der Parteien ein gewisser Freiraum eingeräumt wird: BGHZ Bd. 5, S. 173 (183). Behrends in Staudinger, BGB, § 2113 Anm.68, 76; Harder in Soergel, BGB, § 2113 Anm.13. 72 BGHZ Bd. 57, S. 84 (90) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Vgl. auch: BGH WM 1970, S. 1422 (1423); NJW 1963, S. 1613 (1614) - teilweise wird auf die Rechtsprechung zu § 2113 Abs. 2 BGB verwiesen.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

"allein das Fehlen einer objektiv gleichwertigen Gegenleistung ( ... ) nicht aus, um den Begriff der Unentgeltlichkeit im Sinne des § 2205 S. 3 BGB auszufüllen. Es muß ein subjektives Merkmal hinzukommen. Unentgeltlich verfügt der Testamentsvollstrecker nämlich nur dann, wenn er entweder weiß, daß dem Opfer keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht, oder doch bei ordnungsgemäßer Verwaltung der Masse unter Berücksichtigung seiner künftigen Pflicht, die Erbschaft an den Erben ( ... ) herauszugeben, das Fehlen oder die Unentgeltlichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen." Der BGH betont somit ausdrücklich, daß der Begriff der "Unentgeltlichkeit" ein subjektives Merkmal enthält 74 • Dieses wird jedoch wie bei § 2113 Abs. 2 BGB "objektiviert" bzw. "fingiert". b) Steuerrechtliche Vorschriften, die ein subjektives Merkmal enthalten ba) Die "Einkünfteerzielungsabsicht" im Einkommensteuerrecht Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung 75 und Literatur 76 ist ungeschriebene 77 Tatbestandsvoraussetzung eines jeden Einkommensteuertatbestandes, daß der potentielle Steuerschuldner mit "Einkünfteerzielungsabsicht", das heißt mit dem Streben nach Gewinn (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) oder Einnahmeüberschuß (§ 2 Abs. 2 NT. 2 EStG), handelt. Zur Frage, wie die Steuerbehörde, trifft sie die Beweislast78 , bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (§§ 15 Abs.2 S. 1; Abs. 3 EStG) die Gewinnerzielungsab73 Brandner in MK zum BGB, § 2205 Anm. 63; Damrau in Soergel, BGB, § 2205 Anm. 62 f.; Edenhofer in Palandt, BGB, § 2205 Anm. 4 a; Mühl in Soergel, BGB, vor § 516 Anm. 3. Eine andere Ansicht vertritt Kuchinke (in Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 29 VI 2 b): Er stellt neben der Schutzwürdigkeit des Erben auf die Schutzwürdigkeit des Verfügungs-Gegenübers ab. Unentgeltlichkeit soll nur dann gegeben sein, wenn dieser die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers erkennen konnte; ausdrücklich gegen Kuchinke: BGR NJW 1963, S. 1613 (1614). 74 Der BGR widerspricht damit ausdrücklich Mühl (in Soergel, BGB, § 516 Anm. 3; § 822 Anm. 2), der den Begriff der "Unentgeltlichkeit" rein objektiv versteht. 75 BFH BStBl. 11 1987, S. 774 (776); 1986, S. 289 (290); 1985, S. 424 (425); 1984, S. 751 (764 ff.). 76 Glanegger in Schmidt, EStG, § 2 Anm. 10 a; Schmidt in Schmidt, EStG, § 15 Anm. 8; Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 219 f. Kritisch: Kirchhof (in Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Anm. A 119 ff.; ders. NJW 1987, S.3217, 3222 f.), der sich gegen subjektive Merkmale im Steuerrecht und allein für die Prüfung der objektiven ,,zielgerichtetheit" der Erwerbstatbestände ausspricht. 77 Eine Ausnahme bildet § 15 Abs.2 S. 1 EStG, in dem ausdrücklich von einer ,,Absicht, Gewinn zu erzielen" die Rede ist. 78 Bei der Untersuchung der Frage, wie die Praxis dieses subjektive Merkmal behandelt, ist stets im Auge zu behalten, daß die Beweislast für die Einkünfteerzielungsabsicht wechseln kann. Sie trifft die Steuerbehörde, wenn diese erzielte Einkünfte einer Besteuerung unterwerfen, den Steuerpflichtigen, wenn er Verluste als negative Einkünfte berücksichtigt wissen will.

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

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sicht des Steuerpflichtigen nachweisen kann, hat sich der BFH im Jahre 1984 wie folgt geäußert 79 : ,,Absicht zur Gewinnerzielung im Sinne des § 1 Abs. 1 GewStDV ist eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur an Hand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann ( ... ). Aus objektiven Umständen muß auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) liefern können, der vom Steuerpflichtigen entkräftet werden kann ( ... ). In diesem Fall bleibt es bei der objektiven Beweislast des Finanzamtes ( ... )." Und für den umgekehrten Fall, in dem die objektive Beweislast den Steuerpflichtigen traf, hat der BFH ausgeführt 80 : "Bei einem Großhandelsunternehmen, wie es hier zu beurteilen ist, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Dieser Anscheinsbeweis kann vom Finanzamt entkräftet werden. Er entfällt bereits dann, wenn das Finanzamt die ernsthafte Möglichkeit darlegt, daß im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Motive des Steuerpflichtigen für die Fortführung des Unternehmens bestimmend waren ( ... )."

Der BFH geht demnach davon aus, daß es sich bei der Gewinnerzielungsabsicht um ein subjektives Merkmal handelt, dessen Vorliegen sich nach den tatsächlichen Vorstellungen der Beteiligten entscheidet. Um diese festzustellen, sind die äußeren Gegebenheiten ins Auge zu fassen 81. Dem jeweils Beweisbelasteten wird seine Aufgabe durch die Zulassung eines ,,Anscheinsbeweises" erleichtert 82 • Den gleichen Standpunkt vertritt der BFH zum Tatbestandsmerkmal der "Einkünfteerzielungsabsicht" bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 83 bzw. der "Gewinnerzielungsabsicht" bei Einkünften aus selbständiger Arbeit 84 • 79 BStBl. 11 1984, S. 751 (767). Vgl. hierzu: Kirchhof, FR 1985, S. 197 (204). Im Anschluß an diese Entscheidung: BFH BStBl. 11 1986, S. 289 ff.; Nds. FG EFG 1987, S. 301 ff. Vorher bereits ähnlich: BFH BStBl. 11 1977, S. 250 (251). 80 BStBl. 11 1986, S. 289 (291). 81 Die Literatur folgt dieser Sicht: Groh, OB 1984, S. 2424 (2426); Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 219 f. - er spricht von "objektivierender Beurteilung"; Schmidt in Schmidt, EStG, § 15 Anm. 8 a. 82 Soweit Schulze-Osterloh (FR 1985, S. 197, 204) vorträgt, die Praxis des BFH sei von der "objektivierenden Betrachtungsweise" geprägt, ist dem wohl nicht zuzustimmen. 83 BStBl. 11 1987, S. 668 (669); 1987, S.774 (776) zu dieser Entscheidung ist anzumerken: Der Kläger wollte negative Einkünfte im Rahmen eines Mietkaufmodells geltend machen. Ihn traf insoweit die objektive Beweislast für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht. Der BFH geht jedoch von einem Anscheinsbeweis zugunsten der Finanzbehörde gegen den Kläger aus. Dies ist ungewöhnlich, weil ein Anscheinsbeweis regelmäßig nur auf seiten des Beweisbelasteten eingreift. 84 BStBl. 11 1985, S. 424 (425 f.); 1985, S. 515 (516 f.).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung bb) Der "unentgeltliche Erwerb" in § 17 EStG

Bei der Realisierung von Wertsteigerungen (= Veräußerungsgewinne) im Privatvermögen ist im Regelfall ein einkommensteuerpflichtiger Tatbestand nicht gegeben. Dieser Grundsatz des deutschen Einkommensteuerrechts wird nur durch die §§ 22 Nr. 3, 23 EStG sowie durch § 17 EStG durchbrochen. § 17 EStG greift ein, wenn zum Privatvermögen gehörige Anteile an einer Kapitalgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen veräußert werden. Der Fall, daß der Veräußerer den veräußerten Gegenstand "unentgeltlich" erworben hat, ist dabei gesondert in § 17 Abs. 1 S. 4 EStG sowie in § 17 Abs. 2 S. 2 EStG geregelt. Bei der Untersuchung der Frage, ob "Unentgeltlichkeit" gegeben ist, wird vom BFH auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten nicht eingegangen 85. Kruse 86 hat insoweit ausgeführt: "Daß Schenkungen und gemischte Schenkungen verschleiert werden können, ist jedenfalls theoretisch - im Zivilrecht kein Problem ( ... ), im Steuerrecht noch viel weniger, weil es für die Frage, ob es sich um ein unentgeltliches Geschäft handelt, nur auf die objektiven Kriterien ankommt ... Da § 17 EStG keine subjektiven Voraussetzungen kennt, kommt es auch hier nur auf das Verhältnis zwischen Verkehrswert und tatsächlich erbrachter Leistung an. Die persönlichen Vorstellungen der Beteiligten ... spielen für das Steuerrecht keine Rolle." Dies erinnert an die Thesen Kirchhofs 8? von der Abschaffung subjektiver Merkmale im Steuerrecht. bc) Die Bilanzierung von in Abbruchsabsicht erworbenen Gebäuden Wird im Rahmen einer einkommensteuerpflichtigen Tätigkeit Grund und Boden erworben, der mit einem Gebäude bebaut ist, so ist das Gebäude im Regelfall als selbständiges Wirtschaftsgut in Höhe der anteiligen Anschaffungskosten zu aktivieren; wird das Gebäude später abgebrochen, können die Anschaffungskosten als außergewöhnliche Abnutzung (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 EStG) abgesetzt und die Abbruchskosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten deklariert werden. Anders bilanziert der BFH88 dann, wenn das Gebäude bereits in Abbruchsabsicht erworben wurde: Wird nach dem Abriß an Stelle des abgerissenen Gebäudes ein neues Gebäude oder ein anderes Wirtschaftgut hergestellt, werden der Wert des alten Gebäudes und die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten gezogen. Wird ein neues Gebäude oder ein anderes Wirtschafts gut nicht hergestellt, werden Gebäudewert und Abbruchkosten den Anschaffungskosten von Grund und Boden zugeschlagen 89. 85 86 8? 88

BStBl. II 1981, S. 11 (12 ff.). Kritisch hierzu: Troll, GmbHR 1984, S. 205 (207). StuW 1982, S. 345 (349 f.) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Vgl. oben: B.I.3.c); B.V.l.aa). BStBl. II 1980, S. 69 (70); 1979, S. 299 (300); 1978, S. 620 (624 f.).

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

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Zur Frage, wie die Abbruchsabsicht in der Praxis nachzuweisen ist, führt der BFH aus 90 : "Die Frage, ob ein Gebäude schon in der Absicht, es abzubrechen, angeschafft worden ist, kann wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur an Hand äußerlich erkennbarer Merkmale beurteilt werden .... Wird das Gebäude während dieses (sc. dreijährigen) Zeitraums abgebrochen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Erwerb in Abbruchsabsicht geschehen ist. Der Steuerpflichtige kann diesen Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) durch den Gegenbeweis entkräften (z. B. daß es zu dem Abbruch erst auf Grund eines ungewöhnlichen - nicht typischen - Geschehensablaufs gekommen ist)."

Die Rechtsprechung geht also auch hier - ebenso wie bei dem Tatbestandsmerkmal der Einkünfteerzielungsabsicht des Einkommensteuerrechts - von der Figur des "Anscheinsbeweises" aus. bd) Wohnbenutzung im Sinne von § 8 Nr. 5 Hamb.GrEStG Gemäß § 8 Nr.5 des Hamb. GrEStG 1966 91 konnte eine Wohnung grunderwerbsteuerfrei erworben werden, wenn sie beim Erwerb zum Bewohnen durch den Eigentümer oder seine Angehörigen bestimmt war. Der BFH ging in einer Entscheidung zu dieser Vorschrift davon aus, daß es auf die konkrete Absicht des Erwerbers im Einzelfall ankommt. Zum Verfahren führt der BFH aus 92 : "Den Kläger trifft hier eine erhöhte prozessuale Mitwirkungspflicht; denn nur er kann über seine Absichten bei Erwerb der Wohnung Auskunft geben. Er wird daher insbesondere überzeugend darlegen müssen, inwiefern eine Vermietung der Wohnung Nr. 13 nicht in Frage kam und er gezwungen war, diesen zusätzlichen Wohnraum selbst zu übernehmen, obwohl er ihn beim Erwerb für seine eigenen W ohnbedürfnisse nicht für erforderlich gehalten hatte."

Hier wird eine "erhöhte prozessuale Mitwirkungspflicht" des Steuerpflichtigen statuiert.

89 Die Rechtsprechung des BFH ist aus systematischen Gründen (Jacobs, StbKongreßRep 1979, S. 153 ff.; Karrenbauer, BB 1985, S. 2288 ff.; Körner, BB 1984, S. 1205 ff.) sowie wegen praktischer Schwierigkeiten (Tiedtke, S. 276 f.) auf Ablehnung gestoßen. 90 BStB!. 11 1978, S. 620 (625 f.) Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Die objektive Beweislast lag in diesem Fall bei der Steuerbehörde. Ebenso: BFH BStB!. 11 1980, S. 69 (70 f.); 1979, S. 299 (300). 91 Inzwischen aufgehoben durch § 25 Abs. 5 Nr. 1 GrEStG. 92 BStB!. 1980, S. 339 (340) Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Obwohl es sich beim Tatbestand der Steuerbefreiung um eine für den Steuerpflichtigen günstige Tatsache handelt, lag die Beweislast im vorliegenden Fall ausnahmsweise bei der Finanzbehörde - wohl weil zunächst ein die Steuerbefreiung anerkennender Bescheid ergangen war.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

be) Die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG Gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG dürfen verdeckte Gewinnausschüttungen das der Körperschaftsteuer unterfallende Einkommen nicht mindern. Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, entscheidet sich danach, ob für die Ausschüttung in erster Linie spezifisch gesellschaftsbezogene oder solche Erwägungen maßgebend waren, die auch beliebigen Dritten gegenüber hätten Bestand haben können. Zur Beantwortung der Frage, welcher dieser beiden Fälle gegeben ist, stellte der BFH93 zunächst auf die konkreten Vorstellungen der jeweiligen Parteien ab. Im Jahre 1967 änderte er jedoch seine Rechtsprechung und berücksichtigt seitdem nicht mehr die konkreten Beweggründe, sondern will eine verdeckte Gewinnausschüttung dann annehmen, wenn 94: "ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer (§§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG 1965; 43 Abs. 1 GmbHG) einer Person, die nicht Gesellschafter ist, den Vorteil nicht gewährt hätte."

Die ursprünglich an den individuellen Vorstellungen der Beteiligten ausgerichtete Beurteilung ist hier durch eine an den Maßstäben der §§ 93 Abs. 1 AktG; 43 Abs. 1 GmbHG; 347 Abs. 1 HGB orientierte "objektivierende Betrachtung" ersetzt worden 95. Dabei soll jedoch den einzelnen Geschäftsleuten ein "gewisser Spielraum kaufmännischen Errnessens"96 eingeräumt sein. c) Zusammenfassung

Festhalten läßt sich, daß die Frage, wie das Vorliegen eines subjektiven Merkmals in der Praxis nachzuweisen ist, auch in anderen Bereichen des Rechts nicht eindeutig geklärt ist - alle unter B.V.1. besprochenen Methoden sind vertreten. 93 BStB!. III 1966, S.97 (99 f.); 1962, S.255 (256); 1965, S.99 (101) - in der zuletzt genannten Entscheidung führte der BFH aus: ,,Die besondere Schwierigkeit der Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen liegt darin begründet, daß die entscheidenden Beweggründe, die zu den Besteuerungstatbeständen im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaften und ihren beherrschenden Gesellschaftern führen, der Außenwelt weitgehend verschlossen bleiben . . . . Umso höhere Anforderungen müssen im Interesse einer gerechten Besteuerung an die sorgfältige tatsächliche und rechtliche Prüfung des wirtschaftlichen Vorgangs gestellt werden." Im Anschluß hieran prüft er die gegebenen wirtschaftlichen, aber auch die konkreten individuellen Vorstellungen der Gesellschafter genau. 94 BStB!. 11 1967, S.626 (627). Im Anschluß daran: BStB!. 11 1982, S.631 (632); 1981, S.492; 1981, S. 260 (262); 1977, S. 467 (470); 1975, S. 366 (367); 1973, S. 322 (323); III 1967, S.498; 1967, S.626 (627). Im Jahre 1973 stellt der BFH (BStB!. 11 1973, S. 322, 323) noch einmal ausdrücklich klar, daß nicht die "Sorgfalt des Geschäftsführers im Streitfall, sondern die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Maßstab liefert." 95 Zustimmend: Felix / Streck, KStG, § 8 Anm.65; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (129). 96 BFH BStB!. 11 1981, S. 492; 1973, S. 322 (323).

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

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Bei einigen der besprochenen Nonnen läßt sich eine eindeutig herrschende Meinung herauskristallisieren, welche sich meist an eine entsprechende höchstrichterliche Entscheidung anlehnt. Wo solche Entscheidungen fehlen, ist das Meinungsbild diffus oder die Frage, wie das subjektive Merkmal nachzuweisen ist, wird gar nicht erst problematisiert. Eine für alle Vorschriften anerkannte Linie läßt sich - entgegen Schulze-Osterloh 97 - nicht feststellen.

3. Lösungsversuch

a) Grundlagen Die Aufnahme eines subjektiven Merkmals in den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist einerseits wie gesehen aus praktischen wie systematischen Gründen unerläßlich. Da die Entstehung der Steuerpflicht andererseits nicht von (beliebigen) Behauptungen des jeweils Betroffenen abhängen kann, sind seine Vorstellungen zu eruieren. Diese sind für Dritte nicht unmittelbar wahrnehmbar, da sie sich im Inneren der Person abspielen. Nach den "allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts" hat der Betrachter, will er die Vorstellungen der Betroffenen ennitteln, deren Behauptungen und daneben die "äußerlich erkennbaren Umstände" 98 ins Auge zu fassen; Behauptungen und Indizien zusammen bilden die Grundlage seiner Schlußfolgerungen. Freilich wird sich eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob das subjektive Merkmal gegeben ist, nicht in jedem Fall finden lassen: Erstens wird der Nachweis des subjektiven Merkmals an Hand objektiver Kriterien umso schwieriger, je mehr individuelle Wertungen in den einzelnen Fall miteinfließen und ihn so dem Durchschnittsfall entfremden. Zweitens sind die Möglichkeiten der Finanzbehörden begrenzt. Sie können und dürfen nicht beliebig weit in den einzelnen Fall und damit in die Privatsphäre des einzelnen eindringen. Kommt sie aus diesen Gründen zu keinem Ergebnis, hätte die Finanzbehörde prinzipiell eine Beweislastentscheidung zu treffen, die, da es sich bei dem subjektiven Merkmal um ein steuerbegründendes Tatbestandsmerkmal handelt, zu ihren Lasten ausfiele. Hieraus folgt: Je schwerer äußere Umstände festzustellen sind bzw. je weiter die "subjektive Färbung" eines Falles reicht, desto eher wird der Nachweis einer Steuerpflicht mißlingen. Da es jedoch nach dem "Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung" 99 wie nach dem "verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip" 100 StuW 1977, S. 122 (131). Synonym verwendet werden die Begriffe "Indizien", "Beweisanzeichen", "objektive Beweisanzeichen" sowie "objektive Anhaltspunkte". 99 Zu diesem Grundsatz: BFHE Bd. 65, S.246 (249); Isensee, StuW 1979, S. 199 (202); Lang, J. in Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 39. 100 Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 39. 97

98

158

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Ziel der Finanzbehörden sein muß, alle Sachverhalte, die von einem Steuertatbestand erfaßt werden, zu besteuern, ist nach einer wie auch immer gearteten "Typisierung" 101 zu suchen, welche eine möglichst vollständige Erfassung der Fälle, in denen das subjektive Merkmal gegeben ist, ermöglicht. In Betracht kommen alle unter B. V.1. aufgezählten Methoden, die voIJ. einer "Objektivierung" des subjektiven Merkmals bis zur "Statuierung von Mitwirkungspflichten" reichen. Jedoch auch der Typisierung sind Grenzen gesetzt: Zum einen ist das subjektive Merkmal aus praktischen wie systematischen Gründen im Tatbestand unerläßlich. Es darf also durch Typisierung nicht völlig egalisiert werden. Zum anderen verbietet es der "Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung" 102, Sachverhalte zu besteuern, die nicht gesetzlich normiert sind; die Typisierung darf nicht dazu führen, daß Sachverhalte, in denen das subjektive Merkmal nicht gegeben ist, besteuert werden. Eine Abwägung der einzelnen Aspekte muß ergeben, inwieweit auf den tatsächlichen Willen abzustellen ist bzw. inwieweit eine Typisierung zu erfolgen hat 103. Eine für alle in Betracht kommenden Sachverhaltsgestaltungen gleichermaßen gültige Lösung läßt sich dabei nicht finden. Vielmehr ist von Fall zu Fall zu entscheiden. b) Die einzelnen Fälle

ba) Bei den Fällen (3) - (9) der 2.,3. und 4. Fallgruppe lO4 sowie bei Fall (16) handelt es sich um Sachverhalte, die zwar subjektiv geprägt, jedoch an Hand von Indizien weitgehend nachprüfbar sind: Den Fällen (3) - (5) liegen bestimmte wirtschaftliche Überlegungen zugrunde, die kaufmännisch nachvollziehbar sind. Auch ist leicht zu klären, ob Versicherungen auf Gegenseitigkeit abgeschlossen sind - Fall (7). Gleiches gilt für die Fälle (8), (9) und (16); ob eine Vergleichssituation vorliegt, ob eine entsprechende Verbindlichkeit gegeben ist oder ob auf eine Verbindlichkeit geleistet wird, die nicht mehr durchsetzbar ist, ist weniger eine Frage subjektiver Wertvorstellungen als objektiver Gegebenheiten. Die Finanzbehörde wird hier die jeweiligen objektiven Gegebenheiten ohne großen Aufwand feststellen können. Ob die Parteien den Willen zur Unentgeltlichkeit hatten oder nicht, läßt sich an Hand der gegebenen Fakten (Notlage, Vergleich, korrespondierende Lebensversicherungsverträge) verifizieren. Täuscht der Steuerpflichtige wahrheitswidrig eine dieser Situationen vor, so ist dies mit Hilfe der objektiven Kriterien widerlegbar. In den Fällen (3) - (9), (16) 101 Vgl. zur Typisierung: lsensee, StuW 1979, S. 199.; ders., Die typisierende Verwaltung, S. 15 ff. 102 Lang, J. in Tipke / Lang, Steuerrecht, S. 34 ff. 103 lsensee (StuW 1979, S. 199,202) sieht den Versuch, die einzelnen Interessen zum AusgleiCh zu bringen, als aussichtslos an. 104 Vgl. oben: B.Ll.c); B.IV.2.

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

159

ist es daher ausreichend, die "allgemeinen Grundsätze des Beweisrechts" zur Anwendung zu bringen: Die subjektive und objektive Beweislast trifft die Steuerbehörde; der potentielle Steuerschuldner muß jedoch über die in seinem Bereich liegenden Umstände ausführlich Auskunft erteilen. Die Mitwirkungspflicht des Steuerschuldners ergibt sich aus dem Gesetz 105; ihre Verletzung ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Eine darüberhinausgehende Statuierung von Mitwirkungspflichten scheint nicht erforderlich. bb) Weiter auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten ein gehen die Fälle (10) - (13) der 5. Gruppe 106. Ob der Zuwendende an einer Gegenleistung besonders interessiert ist, sich eine bestimmte Gegenleistung erhofft, ob die Parteien die ausgetauschten Leistungen entgegen dem Marktwert als gleichwertig ansehen oder ob der Zuwendende zur Erfüllung einer sittlichen Pflicht oder auf Grund einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht leistet, läßt sich nicht ohne weiteres an Hand objektiver Gegebenheiten verifizieren. Die Gefahr einer Steuerumgehung wächst. Eine Beweiserleichterung scheint daher angebracht: Die von Schulze-Osterloh 107 vorgeschlagene "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" scheint aus drei Gründen problematisch: Erstens hat sich gezeigt, daß der Ausgangspunkt Schulze-Osterlohs , die objektivierende Betrachtungsweise sei für subjektive Merkmale generell üblich, nicht zutreffend ist 108. Zweitens relativiert Schulze-Osterloh selbst die von ihm aufgestellte These mehrfach, was die praktischen Vorteile, die sie mit sich bringt, einschränkt: Voraussetzung der Objektivierung soll sein, daß der Zuwendende die zugrunde liegenden Umstände kennt lO9 • Außerdem berücksichtigt er den tatsächlichen Willen des Zuwendenden in Bezug auf die Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung 110 sowie besondere vom Verkehrswert abweichende Wertvorstellungen einzelner Beteiligter 111. Insbesondere die zuletzt genannte Einschränkung läßt fraglich § 76 Abs. 1 S. 2-4 FGO; §§ 90 Abs. 2; 93 Abs. 3 S. 2; 97 Abs. 1,3; 99; 100 AO. Vgl. oben: B.I.1.c); B.IV.2. 107 StuW 1977, S. 122 (131). Vgl. ausführlich oben: B.I.3.b); B.V.1.ac). 108 Vgl. oben: B.V.2. 109 StuW 1977, S. 122 (126, 132). Schulze-Osterloh führt aus: "Diese Schlußfolgerung beruht jeweils nicht auf der Annahme einer widerlegbaren Vermutung; vielmehr wird die individuelle Beurteilung des Vorgangs durch den Zuwendenden durch eine generalisierende Beurteilung nach den Maßstäben der durchschnittlichen Verkehrsauffassung ersetzt. Darin liegen aber auch die Grenzen dieser objektivierenden Betrachtung. Sie erstreckt sich nicht auf die der Beurteilung unterliegenden Umstände selbst. Es können vielmehr nur solche Umstände berücksichtigt werden, die der Zuwendende im Zeitpunkt der Zuwendung kennt." 110 StuW 1977, S. 122 (126). 111 StuW 1977, S. 122 (126, 132, 134 f.). Schulze-Osterloh führt aus (StuW 1977, S. 122, 135): "Allerdings können bestimmte Umstände ein Abweichen von dieser Grundlage rechtfertigen. Diese können einmal darin bestehen, daß der Zuwendende ein besonders dringendes Bedürfnis hat, die Gegenstände zu erlangen und daher bereit ist, eine entsprechend höhere Leistung zu erbringen." 105

106

160

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

erscheinen, ob die Methode Schulze-Osterlohs tatsächlich eine einfachere Feststellung des subjektiven Merkmals ermöglicht. Denn hier geht auch SchulzeOsterloh auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten ein. Wo die Grenze liegt, wo also die Berücksichtigung der subjektiven Vorstellungen endet und die Objektivierung beginnt, wird nicht ganz klar. Das gleiche gilt für die "wertbildenden Faktoren", die dem Zuwendenden bekannt sein müssen. Schulze-Osterloh führt insoweit aus 112: "Im Einzelfall kann allerdings die Abgrenzung zwischen wertbildenden Faktoren, für die es auf die Kenntnisse des Zuwendenden ankommt, und der Bewertung selbst, für die die durchschnittliche Verkehrsauffassung maßgebend ist, schwierig sein. Da beide Bereiche ineinander übergehen, lassen sich eindeutige Regeln dafür nicht entwickeln. " Hinzu kommt schließlich drittens, daß Schulze-Osterloh seine Forderung nach einer Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale in einem späteren Aufsatz aus dem Jahre 1985 113 abgeändert haben könnte: In einer Entscheidung vom 25. Juni 1984 114 hatte sich der BFH im Rahmen der Frage wie das subjektive Tatbestandsmerkmal der "Gewinnerzielungsabsicht" im Einkommensteuerrecht nachzuweisen sei, für die Zulassung eines Anscheinsbeweises zugunsten der Finanzbehörde ausgesprochen; diesen konnte der Steuerpflichtige jedoch durch konkreten Vortrag entkräften. Unter Bezug hierauf führt Schulze-Osterloh aus 115: "Sicherlich ist für die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht nicht das Urteil eines Außenstehenden maßgebend und schon gar nicht eine Beurteilung, die sich auf bessere spätere Erkenntnis stützt. Die hiernach maßgebenden Absichten des Steuerpflichtigen, die seine Tätigkeit bestimmen, lassen sich als innere Tatsachen aber nicht unmittelbar feststellen, sondern nur aus objektivierbaren Umständen nachvollziehen. Dafür ist eine in die Zukunft weisende Analyse der Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den erzielbaren Totalgewinn erforderlich, wobei wesentlich auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist." Demgegenüber hatte es in dem grundlegenden Aufsatz des Jahres 1977 noch geheißen 116: " ... vielmehr wird die individuelle Beurteilung des Vorgangs durch den Zuwendenden durch eine generalisierende Beurteilung nach den Maßstäben der durchschnittlichen Verkehrsauffassung ersetzt." Ob Schulze-Osterloh mit seinem Aufsatz aus dem Jahre 1985 eine weitergehende Berücksichtigung der individuellen Vorstellungen der Beteiligten zulassen will, wird nicht ganz klar.

112 113

114 115 116

StuW 1977, S. 122 (132). FR 1985, S. 197 ff. BStBl. II 1984, S. 751 (767). FR 1985, S. 197 (204) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. StuW 1977, S. 122 (131 f.).

V. Der Nachweis der subjektiven Merkmale

161

Die Tatsache, daß sich der Ausgangspunkt Schulze-Osterlohs , subjektive Merkmale unterlägen stets einer "objektivierenden Betrachtung", nicht nachweisen ließ sowie die genannten Unklarheiten bei der praktischen Anwend4ng lassen es insgesamt nicht angebracht erscheinen, der These Schulze-Osterlohs von der "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" zu folgen. Ebenfalls problematisch ist die Zulassung einer "Beweislastumkehr": Da es sich bei der Steuererhebung um eine den einzelnen belastende Verwaltungstätigkeit handelt, ist es Finanzbehörde wie Richtern verwehrt, eine steuerbegründende Norm zu schaffen oder auszuweiten 117. Die Zulassung einer Beweislasturnkehr kann eine solche Ausweitung darstellen, da auch bei Nicht-Erweislichkeit der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen eine Steuerpflicht angenommen wird. Ist daher eine weniger einschneidende Methode verfügbar, ist diese anzuwenden: Ausreichend ist es, in den Fällen (10) - (13), einen "Anscheinsbeweis" zuzulassen 118: Besteht zwischen Leistung und Gegenleistung ein Mißverhältnis, welches über ein geringes Maß deutlich hinausgeht 119, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, daß das subjektive Merkmal gegeben ist - der Anscheinsbeweis ist geführt. Nach F elix 120 sollte die Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung mindestens 25% betragen 121. Freilich läßt sich die Grenze nicht absolut ziehen. Die Umstände des Einzelfalles sind jeweils zu beachten, wobei die 25 %-Grenze einen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines groben Mißverhältnisses darstellt 122. Die Höhe der ausgetauschten Leistungen ist nach dem Markt- bzw. dem Verkehrswert zu bestimmen. Der Steuerpflichtige kann den Anscheinsbeweis durch einen "Gegenbeweis" erschüttern. Dieser ist als geführt 117 BVerfGE Bd. 13, S. 318 (328); BVerfG NJW 1985, S. 1891; BFH BStBI. II 1969, S. 550 (552); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 8; ders., StuW 1981, S. 219. Einschränkend in neuerer Zeit: BVerfGE Bd. 69, S. 188 (203); Franke, StuW 1984, S. 32 (39). Ob der BFH mit seiner Entscheidung vom 5.4.1989 (BFH / NV 1990, S. 234) eine grundsätzliche Beweislastumkehr statuieren will, ist sowohl auf Grund der weiteren Entscheidungsgründe ("Der objektive Gesehenensablauf spricht daher für eine freiwillige Zuwendung des Herm X an die Klägerin") wie auch auf Grund der Besonderheiten des Sachverhalts (angebliche Rückübertragungspflicht der bedachten Klägerin) fraglich. 118 Ebenso: BFH BStBI. II 1969, S. 173. So wohl auch: BFH BStBI. II 1987, S. 80 (81); 1980, S., 402 (403); 1977, S. 159 (161). 119 Vgl. hierzu: BGHZ Bd. 82, S. 275 (281). 120 DStR 1970, S. 7; FR 1963, S. 492. 121 Troll geht in Anknüpfung an Abschnitt 123 Abs.2 EStR 1981 von mindestens 50 % aus: GmbHR 1984, S. 205 (207). Ebenso: Kruse StuW 1982, S. 345 (349). Soll die Arbeit der Finanzbehärden durch den Anscheinsbeweis erleichtert werden, scheinen die 50 % jedoch zu hoch gegriffen. 122 Ein Wille zur Unentgeltlichkeit kann auch gegeben sein, wenn die Differenz weniger als 25 % beträgt. Der Finanzbehärde kommt dann jedoch nicht die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute. Bei einer zu geringen Differenz sollte es allerdings vermieden werden, die Parteien kleinlich über das zu belehren, was sie gewollt haben.

11 Klein-Blenkers

162

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

anzusehen, wenn der Steuerpflichtige der Finanzbehörde glaubhaft 123 darlegt, daß er an der Gegenleistung besonders interessiert war, daß er auf eine Gegenleistung hoffte, warum er die einzelnen Leistungen ausnahmsweise als gleichwertig ansah oder daß er auf Grund einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht leisten wollte. Gelingt der Gegenbeweis, ist die Beweissituation wieder offen und die Finanzbehörde hat das Vorliegen des subjektiven Merkmals zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Teilweise l24 wird es abgelehnt, subjektive Vorstellungen unter Zur-Hilfenahme eines Anscheinsbeweises nachzuweisen, da subjektive Vorstellungen nicht "gleichsam mechanisch" ablaufen. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Denn eine Beweiserleichterung der hier beschriebenen Art ist für die Praxis hilfreich, gegen ihre Anwendung gibt es keine sachlichen Bedenken. Möglich wäre es allerdings, die hier verwandte Methode als "tatsächliche Vermutung" zu bezeichnen, um sie so formal vom ,,Anscheinsbeweis" abzugrenzen 125. Eine solche rein technische Unterscheidung erscheint jedoch nicht sinnvoll. bc) Auch die Fälle (14) und (15) der 6. Gruppe sind stark subjektiv gefärbt. Bei ihnen ist daher ebenfalls, liegt eine erhebliche Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung vor, von einem "Beweis des ersten Anscheins" für das V orliegen des subjektiven Merkmals auszugehen. Dem potentiellen Steuerschuldner bleibt in diesem Fall die Möglichkeit, seinen Irrtum über die tatsächlichen Wertverhältnisse oder seinen Glauben an das Vorliegen einer Verbindlichkeit an Hand objektiv nachweisbarer Kriterien glaubhaft zu machen und den Anscheinsbeweis so zu erschüttern. Gelingt ihm dies, trifft die Finanzbehörde wieder die volle subjektive und objektive Beweislast. 4. Ergebnis

Die subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" sind nicht unmittelbar nachweisbar, da sie auf Vorgängen im Innern einer Person beruhen. Der Nachweis gestaltet sich umso schwieriger, je stärker der Sachverhalt subjektiv geprägt ist. Eine allgemein anerkannte Vorgehensweise zum Nachweis subjektiver Tatbestandsmerkmale gibt es nicht. Die verschiedenen im Zivil- und im Steuerrecht vertretenen Ansichten reichen von einer Anwendung der "allgemeinen Grundsätze der Beweiswürdigung" bis hin zu einer "rein objektiven Betrachtung". Einig123 Eine Glaubhaftmachung reicht aus. Eine Beweisführung zur vollen Überzeugung der Finanzbehörde (Beweis des Gegenteils) ist nicht erforderlich. 124 BGHZ Bd. 31, S. 351 (357); BVerwG NJW 1980, S. 252; Schwab in Rosenberg / Schwab, ZPO, S. 694,696. Vgl. auch oben: B.V.1.bc) - Fn. 31. 125 Walter (Freie Beweiswürdigung, S. 127,210) leitet so den Begriff dertatsächlichen Vermutung her und spricht von einem "de-facto-Anscheinsbeweis".

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

163

keit besteht allein darin, daß es nicht im Belieben der Parteien stehen kann, ob der Tatbestand erfüllt ist. Im Steuerrecht ist es einerseits Aufgabe der Finanzbehörden, den einzelnen Fall so weit wie möglich zu erforschen. Andererseits darf die Normierung subjektiver Tatbestandsmerkmale nicht dazu führen, daß die Finanzbehörden überlastet werden und so ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Auch darf die Finanzbehörde nicht zu weitgehend in die Privatsphäre des einzelnen eindringen. Ein Patentrezept, welches diese gegenläufigen Interessen vollständig zum Ausgleich bringt, existiert nicht. Sinnvoll scheint eine nach Fallgruppen differenzierte Lösung: In den Fällen (3) - (9) sowie in Fall (16) ist es ausreichend, wenn die Finanzbehörde den gegebenen objektiven Sachverhalt erforscht und vor seinem Hintergrund nach den "allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts" das Vorliegen des subjektiven Merkmals prüft. In den Fällen (10) - (15) kommt demgegenüber das subjektive Element stärker zur Geltung. Hier muß der Finanzbehörde die Möglichkeit eines "Anscheinsbeweises" eröffnet werden, wenn zwischen den Verkehrswerten von Leistung und Gegenleistung ein grobes Mißverhältnis besteht. Diesen "Anscheinsbeweis" kann der Steuerpflichtige durch glaubhaften Vortrag erschüttern. Die Statuierung einer "Beweislastumkehr" ist demgegenüber nicht erforderlich. In allen Fällen ist der potentielle Steuerschuldner zur Mitwirkung an der Sachverhaltserforschung gemäß §§ 76 Abs. 1 S. 2, 3 FGO; 90 Abs. 2; 93 Abs. 3 S. 2; 97 Abs. 1, Abs. 3; 99; 100 AO verpflichtet. Kommt es gleichwohl zum Fall des "non-liquet", trifft die objektive Beweislast die Finanzbehörde.

VI. Sonderfall: Freigebige Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug In den Kapiteln 1.- V. ging es um die Frage, wann allgemein der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist. Dabei hat sich im Rahmen der Untersuchung der Steuerpflichtigkeit von ,,zuwendungen zwischen Ehegatten" 1 gezeigt, daß es bei bestimmten Rechtsverhältnissen nicht sinnvoll ist, allein die für den ,,Normalfall" der freigebigen Zuwendung entwickelten Grundsätze anzuwenden. Diese sind vielmehr zu ergänzen: So ist es für die Besteuerung von Zuwendungen zwischen Ehegatten inhaltlich angebracht, neben "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" zusätzlich einen "Willen zur schenkweisen Zuwendung" zu fordern.

Daran anknüpfend sollen im folgenden weitere Sachverhalte des Familienrechts (1.) sowie Sachverhalte aus dem Wirtschaftsrecht (2.) daraufhin untersucht werden, ob auch bei ihnen Ausnahmen von der Regel gemacht werden müssen. 1

11*

Vgl. oben: B.lV.l.bb).

164

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

In Betracht kommen Abweichungen bezüglich des Inhalts des subje.ktiven Merkmals, aber auch Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen. Zuwendungen aus dem Gebiet des Arbeitsrechts (3.) sollen ebenfalls ins Auge gefaßt werden; diese sind den wirtschaftsrechtlichen Zuwendungen zwar eng verbunden, stellen aber gleichwohl eine eigene Gruppe dar. Zum Schluß (4.) wird ein Blick auf die sogenannten "Stiftungsleistungen" geworfen. 1. Fälle mit Bezug zum Familienrecht

Die in Frage kommenden Fälle lassen sich in drei Sachverhaltsgruppen gliedern: Zuwendungen zwischen Ehegatten (a), Zuwendungen im Zusammenhang mit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (b) sowie Zuwendungen zwischen Verwandten (c).

a) Zuwendungen zwischen Ehegatten aa) Inhaltliche Abweichungen (1) Rechtsprechung und Literatur zu der Frage, ob es sich bei Zuwendungen zwischen Ehegatten um "Schenkungen im Sinne des Bürgerlichen Rechts" handelt, ob sie "entgeltlich" oder "unentgeltlich" sind sowie ob Zuwendungen zwischen Ehegatten § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterfallen, wurden bereits ausführlic:h dargelegt 2 • (2) Dabei zeigte sich, daß eine Besteuerung von Zuwendungen zwischen Ehegatten häufig bereits am Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" oder am fehlenden "Willen zur Unentgeltlichkeit" scheitert. Sind beide Voraussetzungen gegeben, scheint es sinnvoll, darüberhinaus zu prüfen, ob auch ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Dies beruht darauf, daß sich Ehegatten über Leistung und Gegenleistung häufig keine Gedanken machen sowie darauf, daß es auf Grund der vielfältigen Rechtsbeziehungen zwischen Ehegatten biswei1en Zuwendungen geben kann, die zwar "unentgeltlich" sind, gleichwohl aber einer Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht unterfallen sollten.

ab) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen (1) Um die Frage beantworten zu können, ob bei Zuwendungen zwischen Ehegatten das für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderliche subjektive Merkmal gegeben ist, ging die finanzgerichtliche Rechtsprechung zunächst auf die Einzelheiten eines jeden Falles genau ein 3 • Dies änderte sich in einer Entscheidung des BFH aus dem Jahre 1980 4 :

Vgl. hierzu und zum folgenden: B.lV.1.bb). BFH BStBl. 11 1968, S. 239 (240); III 1964, S. 202 (203); 1957, S. 449 (451). Vgl. auch: FG Baden-Württemberg, EFG 1988, S. 185 (186). 4 BStBl. 11 1980, S. 402. Der BFH knüpft an eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1971 an: WM 1971, S. 1338 (1341). 2

3

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

165

"Der Wille zur Unentgeltlichkeit (sc. im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) wird auf Grund der dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen bestimmt ( ... ). Wenn auch keine Rechtsvermutung besteht, daß Zuwendungen unter nahen Verwandten Schenkungen darstellen (Ausnahmen: § 685 Abs. 2; § 1620 BGB), so besteht doch bei Geld- und Sachzuwendungen zwischen Eheleuten - ... - eine tatsächliche Vermutung für eine Schenkung ( ... )." Nach dieser Entscheidung sollte demnach das im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderliche subjektive Merkmal nicht mehr im einzelnen eruiert, sondern grundsätzlich als gegeben angesehen werden 5. Jedoch auch hierbei blieb es nicht. Bereits drei Monate später schränkte der BFH diese Rechtsprechung wieder ein 6 , um schließlich im Jahre 1985 zu seiner alten Rechtsprechung zurückzukehren 7: "Soweit ausdrückliche Vereinbarungen ... fehlen, wie dies unter Ehegatten häufig der Fall ist, muß den Umständen des Einzelfalles entnommen werden, ob die Leistung unentgeltlich ist. Dabei geht die Rechtsprechung der Zivilgerichte davon aus, daß jeder der Ehegatten in angemessener Weise an den Früchten des ehelichen Zusammenlebens zu beteiligen ist ( ... ). Übersteigt die Zuwendung eine Grenze, über die hinaus sie nicht mehr als Ausgleich für geleistete Mitarbeit oder als angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenlebens aufgefaßt werden kann ( ... ), so kann in der Regel eine unentgeltliche Zuwendung anzunehmen sein ..." Entscheidend sind also, wie bei der Rechtsprechung vor dem Jahre 1980, die Umstände des Einzelfalles. Im Zweifelsfall soll eine Schenkung steuerpflicht nicht gegeben sein 8; und nur in den Fällen, in denen die Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung außerordentlich hoch ist, kann vom Vorliegen einer freigebigen Zuwendung ausgegangen werden. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung folgt damit der neueren Rechtsprechung des BGR, welche bei Zuwendungen zwischen Ehegatten den Nachweis der Voraussetzungen einer "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" nur in Ausnahmefällen gelingen läßt 9 : ,,zuwendungen unter Ehegatten sind in der Regel keine Schenkungen im Sinne der §§ 516 ff. BGB." Zur Einordnung von "tatsächlichen Vermutungen", vgl. oben: B.V.l.bd). BStBl. 11 1980, S. 607 (608). 7 BStBl. 11 1985, S. 159 f. Vgl. auch: BFH BStBl. 11 1985, S.592 (593) zum GrEStG; FG Münster, EFG 1987, S. 129; FG Baden-Württemberg, EFG 1988, S. 185 (186). 8 Das FG Baden-Württemberg (EFG 1988, S. 185, 186) spricht von einer "Vermutung" für die ehebedingte Zuwendung und damit gegen das subjektive Merkmal. 9 BGHZ Bd. 87, S. 145 (146). Ebenso: BGHZ Bd. 82, S. 227 (231). Zur Behandlung der Frage, wann Zuwendungen zwischen Ehegatten inhaltlich als "Schenkungen im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gelten, vgl. bereits oben: B.IV.l.bb). 5 6

166

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Ein Teil der steuerrechtlichen Literatur geht mit der Rechtsprechung davon aus, daß bei Zuwendungen zwischen Ehegatten die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Regelfall nicht erfüllt sind 10. Der andere Teil will die einzelnen Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in jedem Fall genau prüfen 11. Die Beweislast trifft in diesem Fall nach den allgemeinen Grundsätzen die Steuerbehörde. Petzoldt l2 schließlich will die Beweislast wohl auf beide Seiten verteilen: Die Beweislast für den "Willen zur Unentgeltlichkeit" soll die Steuerbehörde, die Beweislast für das Vorliegen des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" den potentiellen Steuerschuldner treffen. (2) Auch bei Zuwendungen zwischen Ehegatten ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Steuerbehörde das Vorliegen aller steuerbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelfall genau nachzuweisen hat. Sie hat zu prüfen, ob eine objektive "Bereicherung" gegeben ist, ob der zuwendende Ehegatte bei der Zuwendung (nicht) vom Vorliegen einer Gegenleistung oder einer rechtlichen Verpflichtung ausgegangen ist sowie ob er die Zuwendung "um der Bereicherung willen" vorgenommen hat. Dabei ist die Finanzbehörde nicht völlig auf sich gestellt, vielmehr sind die Beteiligten gemäß den §§ 90 Abs. 2; 93 Abs. 3 S. 2; 97 Abs. 1, Abs. 3; 99; 100 AO; 76 Abs. 1 S. 2 FGO zur Mitwirkung verpflichtet. Gelingt dieser Nachweis nicht, kann die Steuer nicht erhoben werden.

Im Regelfall werden die Eheleute vortragen, warum die Voraussetzungen des

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht gegeben sind. Sie werden einwenden, dem bedach-

ten Ehegatten habe ein entsprechender Gegenanspruch aus Gesellschaftsvertrag zugestanden, Ziel der Zuwendung sei es gewesen, den anderen Ehegatten an den Früchten des gemeinsam erarbeiteten Vermögens angemessen zu beteiligen etc. Die Finanzbehörde hat diesen Vortrag an Hand der objektiv gegebenen Kriterien ("Beweisanzeichen") \3 zu überprüfen. Hierfür sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten, der beiderseitige Beitrag zum Familienunterhalt, die individuellen Interessen der Ehegatten, schriftlich getroffene Vereinbarungen, die Bezeichnung der Vertragsurkunde u. s. f. ins Auge zu fassen. Für den Fall, daß die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, kann eine vergleichsweise Berechnung des im Zeitpunkt der Zuwendung fiktiv bestehenden Zugewinnausgleichsanspruchs hilfreich sein 14. Stellt sich dabei heraus, daß die Zuwendung über das hinausgeht, was Eheleute sich gewöhnlich im Rahmen des täglichen Lebens zuwenden und erweisen sich die Erklärungen der Eheleute, 10 Felix, KÖSDI 1983, S. 5147 (5148 ff., 5150); Kapp, ErbStG, § 7 Anrn.403.1; Petzoldt, NWB Fach 10, S. 605 (608). 11 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anrn.41; Moench, ErbStG, § 7 Anrn. 77 ff. Vgl. außerdem: Meincke, DStR 1986, S. 135 (141); ders., StbKongreßRep 1978, S. 389 (415) ,. Sandweg, BadWürttNotZ 1985, S. 34 (36). 12 In Festgabe für Felix, S. 331 (342). Vgl. zu Petzoldt ausführlich oben: B.I.3.ae)

- Fn. 216. \3 Vgl. oben: B.V.l.be). 14 So der Vorschlag von Moench : ErbStG, § 7 Anm. 84.

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

167

warum eine freigebige Zuwendung nicht gegeben ist, bei genauerem Nachforschen als unhaltbar, so scheint es angebracht, der Finanzbehörde eine Beweiserleichterung zugute kommen zu lassen: In diesen Fällen ist ein "Anscheinsbeweis" betreffend die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als geführt anzusehen. Den Eheleuten steht es frei, diesen durch weiteren Vortrag zu erschüttern.

b) Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird es, ebenso wie zwischen Eheleuten, häufig zu Zuwendungen kommen, ohne daß eine ausdrückliche Abrede über den Charakter der Zuwendung getroffen wird. ba) Inhaltliche Abweichungen (1) Mehrere Entscheidungen des BFH 15 haben sich bereits mit der Frage, wie nichteheliche Lebensgemeinschaften steuerrechtlich zu behandeln sind, befaßt. Zur hier zu untersuchenden Frage, wann Zuwendungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft inhaltlich § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterfallen, liegt eine Entscheidung allerdings noch nicht vor. Das gleiche Bild bietet sich in der Literatur. Allein Meincke 16 führt aus, daß bei der Besteuerung von Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" zusätzlich ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben sein müsse. Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 3. Januar 1984 die Voraussetzungen der Besteuerung wie folgt umschrieben 17: "Die Leistungen der Parteien einer solchen (sc. nichtehelichen) Lebensgemeinschaft sind unter diesen Umständen nur dann von Bedeutung, wenn sie sich nicht ausgleichen, sondern - ein Partner durch die überhöhte Leistung des anderen Partners objektiv auf dessen Kosten bereichert wird (indem er z. B. die Mehrleistung des anderen Partners zur eigenen Vermögensbildung verwendet) und - der andere Partner mit seiner überhöhten Leistung diese Bereicherung ermöglichen will." Diese Formulierung kommt dem "Willen zur schenkweisen Zuwendung" (= Bereicherung um der Bereicherung willen) sehr nahe. (2) Die inhaltlichen Voraussetzungen der Besteuerung von Zuwendungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft müssen die gleichen 15

16 17

BStBl. 11 1980, S. 692; III 1963, S. 437.

In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.41.

IV C 3 - S 3806 -

14/83: DB 1984, S. 327.

168

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

sein wie bei Zuwendungen zwischen Ehegatten. Zunächst sind die allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu prüfen: Die Steuerpflicht scheidet bereits aus, wenn die Zuwendung zur Erfüllung eines rechtlithen Anspruchs erfolgt oder wenn der zuwendende Partner ernsthaft davon ausgeht, daß seiner Leistung eine Gegenleistung oder ein entsprechender Anspruch des anderen Partners gegenübersteht. Im ersten Fall fehlt es am Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung", im zweiten Fall am "Willen zur Unentgeltlichkeit". Es liegteine "entgeltliche" Zuwendung vor. Dies wird häufig der Fall sein. Jedoch auch, wenn "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" vorliegen, kann es sinnvoll sein, manche Sachverhalte der Besteuerung nicht zu unterwerfen. So ist denkbar, daß der Zuwendende die Gegenleistungen seines Partners zwar geringer einschätzt, diesen aber gleichwohl an dem gemeinsam erarbeiteten Vermögen gleichmäßig beteiligen will. Ob hier ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben ist, ist fraglich 18. Eine Besteuerung scheint freilich nicht angemessen, da die Zuwendung im Zusammenhang mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und nicht "um der Bereicherung willen" erfolgt. Auch im Rahmen von Zuwendungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist daher neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" zusätzlich ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dies beruht darauf, daß im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anders als im "Normalfall" vielfältige Beziehungen zwischen den Partnern bestehen, welche eine nochmalige besondere Prüfung des subjektiven Merkmals erforderlich machen sowie darauf, daß sich die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft über die Einordnung der Zuwendung oft keine Gedanken machen werden 19. bb) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen (1) Der BFH hat sich mit der Frage, wie bei Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nachzuweisen sind, bisher noch nicht auseinandergesetzt. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1980 zu § 33 a Abs. 1 EStG hat der BFH jedoch zum Ausdruck gebracht, daß sich die Leistungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Regelfall gleichwertig gegenüberstehen was eine S.chenkungsteuerpflicht ausschließen würde 20 :

"Beim Bestehen einer derartigen eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit gemeinsamer Haushaltsführung ist jedoch, ähnlich wie bei Unterhaltsleistungen unter Ehegatten, regelmäßig davon auszugehen, daß dem finanziellen Beitrag des einen Partners Zum vergleichbaren Fall (12), oben: B.I.l.c); B.IV.2.e). Zur entsprechenden Argumentation bei Zuwendungen zwischen Ehegatten, vgl. oben: B.lV.l.bb); B.VI.l.a). 20 BStBl. 11 1980, S. 693 (695). Vgl. auch: BFH BStBl. III 1963, S. 437 f. 18

19

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

169

im Rahmen der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ein entsprechender Beitrag des anderen, kein Einkommen erzielenden und nicht berufstätigen Partners im Bereich der Haushaltsführung gegenübersteht. ... Unabhängig davon, ob im Einzelfall aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen eine Verpflichtung zur Leistung bestand ... wäre es ... lebensfremd, die finanziellen Beiträge des Einkommen erzielenden Partners zu der gemeinsamen Haushaltsführung isoliert zu betrachten." Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH, der ebenfalls davon ausgeht, daß Leistungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft prinzipiell zur Förderung der Gemeinschaft und somit ersatzlos erbracht werden 21: "Denn das OLG hat hierbei ganz außer acht gelassen, daß es Vorgänge aus dem Bereich einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu beurteilen hatte und in einer solchen Gemeinschaft rechtlich-verbindliche Geschäfte in aller Regel gerade nicht gewollt, sondern die Ausnahme sind. Vereinbaren die Partner nichts besonderes, so ist daher grundSätzlich davon auszugehen, daß persönliche und wirtschaftliche Leistungen, die im Interesse der Gemeinschaft liegen, nicht gegeneinander aufoder untereinander abgerechnet, sondern ersatzlos von demjenigen erbracht werden sollen, der hierzu gerade in der Lage ist."

Im Anschluß an diese Rechtsprechung ist ein Teil der steuerrechtlichen Literatur der Auffassung, daß im Falle von Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein schenkungsteuerrechtlich relevanter Tatbestand im Regelfall nicht gegeben ist 22 • K app 23 fordert demgegenüber, die Verhältnisse des Einzelfalles genau zu prüfen. Er folgt damit dem bereits erwähnten Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 3. Januar 1984, in dem es heißt 24 : "Ob und inwieweit Leistungen im Rahmen einer eheähnlich geführten Lebensgemeinschaft Schenkungen sind, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden. Hierzu allgemeine Richtlinien zu erlassen, erscheint nicht möglich."

(2) Die Frage, wie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im einzelnen nachzuweisen sind, kann hier nicht anders beantwortet werden als bei Zuwendungen unter Ehegatten. Die Finanzbehörde hat genau zu prüfen, ob die Zuwendung zur Erfüllung eines rechtlichen Anspruchs 25, erfolgt, ob der zuwenDB 1983, S. 2568. Vgl. auch: BGHZ Bd. 77, S. 55 (58 f.); BGH DB 1981, S. 1563. Moench, ErbStG, § 7 Anm. 85; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 26; Troll, BB 1981, S.661. 23 ErbStG, § 7 Anm.403.8. 24 IV C 3 S 3806 -14/83: DB 1984, S. 327. 25 Dieser Anspruch kann z.B. gesellschafts- oder arbeitsrechtlicher Natur sein. So hat der BGH (NJW 1986, S. 51 f.) bei einer gemeinsamen Erstellung von zwei Dreifamilienhäusern gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche gemäß den §§ 730 ff. BGB (analog) zwischen den Partnern bejaht. Ebenso: BGH NJW 1983, S. 2375 f.; NJW 1982, S. 2863 f. Vgl. auch: Diederichsen, NJW 1983, S. 1017 ff.; Roemer, BB 1986, S. 1522 ff. 21

22

170

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

dende Partner bei der Zuwendung (nicht) vom Vorliegen einer Gegenleistung oder einer rechtlichen Verpflichtung ausgegangen ist sowie ob er die Zuwendung "um der Bereicherung willen" vorgenommen hat. Dabei sind die Beteiligten gemäß den §§ 90 Abs.2; 93 Abs.3 S.2; 97 Abs. 1, Abs. 3; 99; 100 AO; 76 Abs. 1 S.2 FGO zur Mitwirkung verpflichtet. Gelingt dieser Nachweis nicht, kann die Steuer nicht erhoben werden. Jedoch auch hier scheint eine Beweiserleichterung für bestimmte Fälle angebracht: Geht die Zuwendung über das hinaus, was Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sich gewöhnlich gegenseitig zuwenden und erweisen sich gleichzeitig die Aussagen der Beteiligten, warum eine freigebige Zuwendung nicht gegeben ist, bei genauerem Nachforschen als unhaltbar, so ist ein ,,Anscheinsbeweis" betreffend die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als geführt anzusehen. Den Beteiligten steht es frei, den Anscheinsbeweis durch weiteren Vortrag zu erschüttern 26 • c) Zuwendungen unter Verwandten

ca) Inhaltliche Abweichungen (1) Die Rechtsprechung hat sich in mehreren Fällen mit der Schenkungsteuerpflichtigkeit von Zuwendungen zwischen Verwandten befaßt 27: In den Jahren 1933 und 1934 hatte der RFH die Schenkungsteuerpflichtigkeit von ,,zuwendungen unter Verwandten zur Erhaltung des Familienbesitzes" zu beurteilen: (21) Der Inhaber eines Rittergutes stirbt. Er hinterläßt eine Ehefrau und vier Kinder, von denen der älteste Sohn das Gut, die Frau und die anderen drei Kinder einen gewissen Geldbetrag sowie eine lebenslange Rente aus dem Gut erhalten sollen. Die Frau und die drei Kinder verzichten zugunsten des ältesten Sohnes auf einen Teil ihres Erbrechts. Da andere Vermögensgegenstände nicht vorhanden sind, wäre der älteste Sohn andernfalls gezwungen gewesen, das Gut zur Befriedigung aller Erbschaftsansprüche zu verkaufen. 28 (22) A erbt von seinem Vater ein Gut. Seine Mutter überträgt ihm eine Hypothek in Höhe von RM 270.000,-, damit er seine fünf Geschwister ausbezahlen kann und nicht gezwungen ist, das ererbte Familiengut zu veräußern. 29 In beiden Fällen verneinte der RFH eine Schenkungsteuerpflicht, da nach seiner Ansicht das subjektive Merkmal des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1925 nicht gegeben war 30. Eine Entscheidung des RFH vom 16. Mai 1935 hat sich mit ,,zuwendungen im Eltern- /Kind-Verhältnis" befaßt 31: 26 Zum entsprechenden Vorgehen bei Zuwendungen zwischen Ehegatten: B.lV.1.bb); B.VI.1.a). 27 RFH RStBl. 1935, S. 1060; 1935, S. 206; 1934, S. 41. 28 RFH RStBl. 1934, S. 41. 29 RFH RStBl. 1935, S. 206.

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

171

(23) Eltern verzichten ohne Gegenleistung auf ein ihnen zustehendes Recht auf Nutznießung am Vermögen ihres Kindes. Der RFH entschied, daß in einem solchen Verzicht regelmäßig kein schenkungsteuerpflichtiger Tatbestand zu sehen sei. Denn die Eltern seien sich dessen bewußt, daß ihr Recht allein auf der besonderen familienrechtlichen Situation beruhe und handelten somit bei dem Verzicht in der Regel ohne das für § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1925 erforderliche subjektive MerkmaP2. Die Literatur stimmt diesen Entscheidungen durchweg zu: Nach Meincke 33 ist bei ,,zuwendungen zur Erhaltung des Familienbesitzes" zwar häufig ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben; da sie aber meist nicht "um der Bereicherung willen" erfolgten, seien sie in der Regel nicht schenkung steuerpflichtig. Diese Fälle zeigten, ebenso wie die Fälle von ,,zuwendungen zwischen Ehegatten", daß bei Zuwendungen mit familienrechtlichem Bezug neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist. Ähnlich entscheidet die Literatur bei ,,zuwendungen im Eltern-/Kind-Verhältnis"34. Auch hier soll die Schenkungsteuerpflicht - anknüpfend an die Rechtsprechung des RFH 35 - häufig am fehlenden subjektiven Merkmal scheitern. Meincke 36 schließlich befaßt sich noch mit den Fällen des "Verzichts auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Grund von Körper- oder Sachschäden": Sind unter Verwandten Schadensersatzansprüche auf Grund von Körper- oder Sachschäden entstanden, die jedoch nicht geltend gemacht werden, so fehle es trotz der gegebenen objektiven Bereicherung an dem für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen subjektiven Merkmal. (2) Auch bei Zuwendungen unter Verwandten ist neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Voraussetzung für 30 So ist in der Entscheidung vom 29. November 1934 ausgeführt (RStBl. 1935, S. 206, 207): " ... (sc. kann) subjektiv eine Bereicherungsabsicht zu einer freigebigen Zuwendung dann nicht angenommen werden, wenn die Miterben und die an dem Nachlaß Beteiligten in ihrem eigenen Interesse die Sanierung eines Familienbesitzes im Auge haben und zu diesem Zweck untereinander Zuwendungen und Verzichte auf Nachlaßgegenstände vorgenommen haben." 31 RStBl. 1935, S. 1060 f. 32 Einige andere Entscheidungen, die den Unterhalt zwischen Eltern und Kindern betreffen, setzen sich eher am Rande mit der Frage des subjektiven Merkmals auseinander: RFH RStBl. 1935, S. 904; BFH DVR 1963, S. 165 ff.; RFH VI A 87/22 - diese Entscheidung ist nicht veröffentlicht, vgl. jedoch die Ausführungen bei: Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 174 - Kipp steht dieser Entscheidung kritisch gegenüber. 33 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41. 34 Carle / Lagemann, DStR 1976, S. 369 (370 f.); Michel, DStR 1977, S., 88 (89 f.); Moench, ErbStG, § 7 Anm. 87; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 95; Troll, ErbStG, § 7 Anm.34. 35 Vgl. etwa: Carle / Lagemann, DStR 1976, S. 369 (370 f.). 36 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41.

172

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dies zeigt sich besonders deutlich in den Fällen der ,,zuwendungen unter Verwandten zur Erhaltung von Familienbesitz": Sowohl in Fall (21), wie auch in Fall (22), scheint eine Schenkungsteuerpflicht nicht angebracht, da von einer "Schenkung" wohl nicht die Rede sein kann. Während aber in Fall (21) eine Gegenleistung bzw. ein Glaube an eine solche darin gesehen werden kann, daß die verzichtenden Familienangehörigen bei einer Veräußerung des Gutes ihrer ebenfalls ererbten Rentenansprüche aus dem Gut verlustig gingen, ist ein solcher die "Bereicherung" bzw. den "Willen zur Unentgeltlichkeit" ausschließender Faktor in Fall (22) nicht ersichtlich; "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" auf seiten der zuwendenden Mutter dürften zu bejahen sein. Erforderlich ist daher für die Besteuerung neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung". Es ist zu fragen, ob die Mutter die Zuwendung auch "um der Bereicherung willen" vornimmt - was in Fall (22) nicht der Fall ist. Die Aufnahme des zusätzlichen Tatbestandsmerkmals "Wille zur schenkweisen Zuwendung" wird dadurch erforderlich, daß zwischen Familienangehörigen Beziehungen vielfältiger Art bestehen, die der "Wille zur Unentgeltlichkeit" allein nicht hinreichend zu berücksichtigen vermag. Das gleiche gilt bei ,,zuwendungen im Eltern-/Kind-Verhältnis": Steht den Leistungen der Eltern ein Anspruch des Kindes, z. B. auf Gewährung von Unterhalt 37 , gegenüber, fehlt es bereits objektiv an einer "Bereicherung". Ist das Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" gegeben, ist zu fragen, ob die Eltern mit einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" gehandelt haben. Dieser entfällt, wenn nach den Vorstellungen der Eltern eine entsprechende Gegenleistung des Kindes oder eine Verpflichtung zur Leistung vorliegt; hier wird insbesondere der Glaube an eine sittliche 38 Verpflichtung häufig zu bejahen sein. Aber auch, wenn "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben sind, ist fraglich, ob der jeweilige Sachverhalt der Steuerpflicht unterfallen soll. So scheint es z. B. nicht sinnvoll, jene Fälle zu besteuern, in denen die Eltern bestimmte Leistungen trotz Fehlens einer Unterhaltspflicht wie selbstverständlich auf Grund der gegebenen familiären Situation erbringen. Eine solch selbstverständliche Leistung dürfte etwa bei - auch größeren - alltäglichen Zuwendungen gegeben sein 39 • In diesen Fällen mag zwar ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben sein, es fehlt aber am "Willen zur schenkweisen Zuwendung" - die Zuwendung erfolgt nicht "um der Bereicherung willen". Auch bei Leistungen im Eltern-/Kind-Verhältnis machen es daher die besonderen zwischen den Beteiligten bestehenden Beziehungen erforderlich, das Vorliegen des in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG enthaltenen 37

Das BGB regelt die Unterhaltsansprüche des (nichtehelichen) Kindes in den

§§ 1601 ff.; 1615 a ff. BGB.

Vgl. die Ausführungen zu Fall (13), oben: B.I.l.c); B.lV.2.e). Die Begleichung von Steuern und Verwaltungskosten für das Vennögen des Kindes könnte demgegenüber eher "um der Bereicherung willen" erfolgen. Entscheidend bleibt freilich der Einzelfall. 38 39

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

173

subjektiven Merkmals durch das Tatbestandsmerkmal des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" noch einmal einer besonderen Prüfung zu unterziehen. Ebenso verhält es sich schließlich, wenn Verwandte untereinander auf die "Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Sach- oder Körperschäden" verzichten. Auch hier ist zunächst zu prüfen, ob "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben sind. Ist dies der Fall, ist darüberhinaus zu fragen, ob auch ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Denn es erscheint nicht angebracht, einen Verzicht zu besteuern, der erfolgt, um den familiären Frieden nicht zu gefährden 4O • cb) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen Was den Nachweis der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. I Nr. I ErbStG betrifft, gilt bei Zuwendungen zwischen Verwandten das gleiche wie bei Zuwendungen zwischen Ehegatten bzw. bei Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft: Einen Grundsatz, daß bei Zuwendungen zwischen Verwandten der Tatbestand des § 7 Abs. I Nr. I ErbStG stets bzw. nie erfüllt ist, gibt es nicht. Die Finanzbehörden haben vielmehr das Vorliegen von "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" in jedem Einzelfall unter Mithilfe der Beteiligten 41 genau nachzuweisen. Ist die Zuwendung außergewöhnlich hoch und erweisen sich die Behauptungen der Beteiligten, warum eine freigebige Zuwendung nicht vorliege, als falsch, ist jedoch ein "Anscheinsbeweis" betreffend die Voraussetzungen des § 7 Abs. I Nr. I ErbStG als geführt anzusehen. Es obliegt in diesem Fall den Beteiligten, den erforderlichen "Gegenbeweis" zu erbringen. d) Ergebnis Bei Zuwendungen mit familienrechtlichem Bezug ist, liegen "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" vor, weiter zu prüfen, ob auch ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Durch das zusätzliche Tatbestandsmerkmal des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" werden bestimmte unentgeltliche Zuwendungen ausnahmsweise von der Besteuerung ausgenommen. Ob "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben sind, hat die Finanzbehörde in jedem Einzelfall genau zu prüfen. Ist die Zuwendung außergewöhnlich hoch und erweisen sich die 40 In all diesen Fällen wird erneut (vgl. bereits oben: Fall 6, B.lV.2.b) sowie Fall 12, B.lV.2.e) deutlich, daß in bestimmten Fallgestaltungen die Grenze zwischen "Wille zur Unentgeltlichkeit" bzw. "Wille zur schenkweisen Zuwendung" auf der einen und "Bereicherungsabsicht" auf der anderen Seite bisweilen nur schwer zu ziehen ist. 41 §§ 90 Abs. 2; 93 Abs. 3 S. 2; 97 Abs. 1, Abs. 3; 99; 100 AO; 76 Abs. 1 S. 2 FGO.

174

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Behauptungen der Parteien, warum eine "freigebige Zuwendung" nicht vorliege, als fraglich, kommt der Finanzbehörde jedoch die Beweiserleichterung des "Anscheins beweises" zugute. 2. Fälle mit wirtschaftsrechtlichem Bezug Zuwendungen auf dem Gebiet des Geschäftslebens werden in Rechtsprechung und Literatur nur selten als schenkungsteuerpflichtig angesehen. Die in Frage kommenden Sachverhalte lassen sich grob in drei Gruppen einteilen: ,,zuwendungen an Arbeiter und Angestellte" - diese werden erst später (3.) behandelt, ,,zuwendungen im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses" sowie "sonstige Zuwendungen" .

a) Inhaltliche Abweichungen aa) Die Rechtsprechung hat sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ,,zuwendungen im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses" der Schenkungsteuer unterfallen, mehrfach auseinandergesetzt 42 ; dabei scheiterte die Steuerpflicht häufig am Vorliegen des für den Steuertatbestand erforderlichen subjektiven Merkmals: (24) Ein Gesellschafter einer in Zahlungsschwierigkeiten geratenen GmbH wendet die-

ser, um einen Konkurs zu vermeiden, zahlreiche Gegenstände ohne unmittelbare Gegenleistung zu. 43 (25) A erhält eine Beteiligung an einer OHG ohne unmittelbare finanzielle Gegenleistung. Im Gegenzug verpflichtet er sich, seine volle Arbeitsleistung in den Dienst des Unternehmens zu stellen, das Verlustrisiko zu tragen sowie die persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 HGB zu übernehmen. 44 In Fall (24) lehnte der RFH eine Steuerpflichtigkeit der seiner Ansicht nach "unentgeltlichen"45 Zuwendungen an die konkursbedrohte GmbH ab, da es an dem für § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1925 erforderlichen subjektiven Merkmal fehlte 46: 42 BFH BStBl. 11 1969, S. 653; HFR 1964, S. 120; RStBl. 1943, S. 93; 1933, S. 1087; 1929, S. 159; 1928, S. 101; Vgl. auch: RFH RStBl. 1941, S. 854; FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133. 43 RFH RStBl. 1928, S. 101. Ähnlich: RFH RStBl. 1933, S. 1087 - ein Gesellschafter einer mit Verlust betriebenen OHG verzichtet auf die ihm gesellschaftsvertraglieh zuste-

hende Verzinsung seines KapitaJanteils. 44 FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133. Ähnlich: BFH HFR 1964, S. 120; RFH RStBl. 1941, S. 854; RFH RStBl. 1943, S. 93 - ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft erhielt, um es enger an die Gesellschaft zu binden, Aktien in Höhe von RM 20.000,ohne unmittelbare Gegenleistung. Zur Frage, ob zivilrechtlich eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" gegeben ist: BGH BB 1965, S. 472; 1959, S. 574. 45 RStBl. 1928, S. 101. 46 RStBl. 1928, S. 101. Ebenso: RFH RStBl. 1933, S. 1087 (1088).

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

175

"Im vorliegenden Fall erhält der Zuwendende allerdings keine Gegenleistung. Er handelt aber nur seines Vorteils wegen, und der Gedanke, eine Freigebigkeit zu erweisen, liegt ihm völlig fern. D~shalb ist nach der Auffassung der Beteiligten die Zuwendung keine Schenkung, sondern eine gesellschaftliche Leistung ( ... ). Es würde eine der Verkehrsauffassung durchaus widerstreitende Beurteilung sein, wenn man derartige Zuwendungen als steuerpflichtige Schenkungen behandeln wollte."

Gleiches gilt für Fall (25); das FG Düsseldorf hat zu der seiner Ansicht nach "unentgeltlichen"47 Übertragung des OHG-Anteils ausgeführt 48 : "Die unentgeltliche Übertragung einer Beteiligung an einer OHG ... ist regelmäßig schon deshalb keine Schenkung im Sinne des bürgerlich-rechtlichen Schenkungsrechts und damit folgerichtig auch des sich anlehnenden Schenkungsteuerrechts, weil trotz der Unentgeltlichkeit der Übertragung der Beteiligung seitens des Erwerbers seine volle Kraft im Dienst des Gesellschaftsunternehmens einzusetzen, das Verlustrisiko zu tragen und schließlich die unbeschränkte persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 HGB zu übernehmen ist." Objektive und subjektive Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seien vor diesem Hintergrund "besonders vorsichtig" zu prüfen. Mit "sonstigen Zuwendungen" auf dem Gebiet des Geschäftslebens hat sich die Rechtsprechung ebenfalls befaßt 49 : (26) Großhändler A ist nicht in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu befriedigen. Er wendet sich daher an einen seiner Gläubiger, der ihm Schulden in Höhe von RM 19.000,- erläßt sowie weitere Schulden des A bei anderen Gläubigern in Höhe von insgesamt RM 20.000,- übernimmt. 50 Der RFH hat das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1925 bejaht, dann jedoch ausgeführt 51 : ,,Aber auch bei grundSätzlicher Wahrung dieses Rechtsgrundsatzes ist die Frage, ob auch Sanierungszuwendungen - ... - in den Rahmen dieser Betrachtung hineingehören, zu verneinen. Wirtschaftlich und steuerpolitisch kann die Belastung von Sanierungen mit einer derartig hohen Steuer - ... - nicht als im Sinne des Gesetzes gelegen erscheinen." 47 EFG 1983, S. 133. 48 EFG 1983, S. 133 f. Ebenso: RFH RStBl. 1943, S. 93 (94) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser: "Es handelt sich um einen geschäftlichen Vorgang im kaufmännischen Rechtsverkehr. Kaufleute pflegen sich bei solchen Vorgängen nichts zu schenken, sondern trachten danach, für ihre Leistung eine mindestens gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Es müssen schon besondere Umstände vorliegen, die einem Kaufmann Anlaß geben könnten, seinem Geschäftspartner freigebig etwas zuzuwenden." In einer Entscheidung vom 10. Juli 1941 sah der RFH (RStBl. 1941, S. 854) demgegenüber jenen Betrag als geschenkt an, den der Bedachte bei Auflösung der Gesellschaft im Zuwendungszeitpunkt Theoretisch erhalten hätte - Geschäftsführeraufgaben und Haftungsrisiko würden durch die Gewinnbeteiligung abgedeckt. Vgl. auch: BFH HFR 1964, S. 120. 49 RFH RStBI. 1942, S. 803 - mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung. 50 RFH RStBI. 1942, S. 803. Vgl. auch: RFH RStBl. 1937, S. 1152. 51 RFH RStBI. 1942, S. 803 (805).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

Auch die Literatur geht davon aus, daß "Zuwendungen im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses" 52 oder "sonstige Zuwendungen auf dem Gebiet des Geschäftslebens"53 prinzipiell schenkungsteuerpflichtig sein können. Wie die Rechtsprechung steht sie jedoch einer Bejahung in der Praxis eher zurückhaltend gegenüber. So sollen etwa bei einer Gewährung von Werbegeschenken 54 oder bei Zuwendungen aus Sanierungsgriinden 55 die Voraussetzungen der Besteuerung regelmäßig nicht gegeben sein. Während dabei die eine Ansicht die Steuerpflichtigkeit der einzelnen Sachverhalte an Hand der allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG prüft 56, ist nach Meincke 57 bei Zuwendungen auf dem Gebiet des Wirtschaftslebens neben "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" zusätzliche Voraussetzung der Besteuerung - die Zuwendung muß "um der Bereicherung willen" erfolgen. ab) Daß Zuwendungen auf dem Gebiet des Wirtschaftslebens grundsätzlich der Schenkungsteuer unterfallen können, ist unbestritten und manifestiert sich z. B. in § 7 Abs.5 ErbStG. Dabei ist zunächst zu fragen, ob die "normalen Voraussetzungen"58 des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" - gegeben sind. An einer "Bereicherung" fehlt es, wenn der Zuwendung eine gleichwertige Gegenleistung 59 gegenübersteht oder wenn die Zuwendung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt nicht vor, wenn der Zuwendende Leistung und Gegenleistung für gleichwertig hält 60 oder vom Vorliegen einer entsprechenden rechtlichen oder sittlichen 61 Verpflichtung ausgeht. In all diesen Fällen liegen "entgeltliche" Zuwendungen vor, welche der Steuerpflicht nicht unterfallen. 52 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 451 ff. - mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung; Maier, DVR 1987, S. 50 f.;Meier, DVR 1986, S. 146 (147); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 35, 40 f.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 64 ff.; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 45; ders., DStR 1984, S. 11 (15). 53 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.41; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 64 f. 54 Moench, ErbStG, § 7 Anm. 65. 55 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 451 ff.; Langel, StbJb 1977/78, S. 321 (356 ff.); Moench, ErbStG, § 7 Anm. 67. 56 Maier, DVR 1987, S. 50 f.; Meier, DVR 1986, S. 146 (147). 57 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.41. Im Anschluß an Meincke: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 64 ff. 58 Vgl. oben: B.lV. 59 Diese kann etwa in der Übernahme des Verlust- und Haftungsrisikos durch einen in eine OHG eintretenden Gesellschafter bestehen - vgl.: FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133 (134); Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 35. 60 Dies ist bei dem Gläubiger der Fall, der dem konkursbedrohten Schuldner Geld zuwendet, weil er sich von der genesenen Firma eine vollständige Begleichung seiner Schulden verspricht - vgl. die ähnlichen Fälle (5) und (6): B.L1.c); B.lV.2.b). Ebenso bei den Gesellschaftern, die den Geschäftsführer durch die Zuwendung eines Gesellschaftsanteils an die Firma zu binden hoffen - zur Höhe der (vermeintlichen) Gegenleistung vgl. die Ausführungen des FG Düsseldorf, EFG 1983, S. 133 (134).

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

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Darüberhinaus erscheint es auch im Wirtschaftsrecht nicht sinnvoll, alle "unentgeltlichen" Zuwendungen unterschiedslos der Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu unterwerfen. Dies zeigt sich in erster Linie 62 in den Fällen der "Sanierungszuwendungen": Die Gläubiger, die ihren Schuldnern zusätzliches Geld zuschießen oder die Gesellschafter, welche ihren in Schwierigkeiten geratenen Gesellschaften Zuwendungen machen, werden nicht immer davon ausgehen, diese Investitionen langfristig zurück zu erhalten. Häufig werden die Zuwendungen auch andere Gründe haben - Fairneß gegenüber dem Geschäftspartner, der Wunsch einen guten geschäftlichen Ruf zu erhalten bzw. zu erwerben etc. Hier wird ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" häufiger zu bejahen sein 63 • Gleichwohl ist es nicht angebracht, solche Zuwendungen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu besteuern. Sie beruhen nicht auf persönlichen Überlegungen, sondern spielen sich allein auf dem Gebiet des Geschäftslebens ab; sie haben mit einer "Schenkung" nichts zu tun. Auch bei ihnen ist daher zusätzlich zu prüfen, ob die Zuwendung "um der Bereicherung willen" erfolgt - erforderlich für die Besteuerung ist neben "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung". Das Erfordernis dieses zusätzlichen subjektiven Merkmals beruht darauf, daß im Wirtschaftsleben zahlreiche unterschiedliche Aspekte eine Rolle spielen, die durch das subjektive Merkmal des "Willens zur Unentgeltlichkeit" allein nicht hinreichend erfaßt werden.

b) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ba) Die finanzgerichtliche Rechtsprechung stellt an den Nachweis der Schenkungsteuerpflichtigkeit von "Zuwendungen im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses" oder von "sonstigen Zuwendungen auf dem Gebiet des Geschäftslebens" grundsätzlich hohe Anforderungen, da "Kaufleute sich gewöhnlich nichts zu schenken pflegen"64. So hat der RFH im Jahre 1942 ausgeführt 65 : ,,Eine Schenkung in diesem Sinne läßt sich nicht feststellen. Bei der Entscheidung dieser Frage kann von einer objektiven Beurteilung der beiderseitigen Leistungen abgesehen werden. Auch wenn sich dabei ein Mißverhältnis zugunsten des Beschwerdeführers ergeben sollte, läßt sich jedenfalls das Vorliegen des subjektiven Merkmals des Bereicherungswillens nicht bejahen. Es handelt sich um einen geschäftlichen Vorgang im kaufmännischen Rechtsverkehr. Kaufleute pflegen sich 61 Hierher kann der Glaube des Inhabers gehören, zu einer Beteiligung des langjährigen Geschäftsführers an der Firma verpflichtet zu sein. Zur Schenkungsteuerpflichtigkeit von Zuwendungen, die auf einer sittlichen Verpflichtung oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht beruhen, vgl. Fall (13): B.Ll.c); B.lV.2.e). 62 Ebenfalls hierher gehören können die Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft ihrem Geschäftsführer, um ihn zu binden, eine entsprechende Beteiligung gewährt - so etwa: RFH RStBl. 1943, S. 93. 63 Ähnlich bereits Fall (6): B.Ll.c); B.lV.2.b). 64 RFH RStBl. 1943, S. 93. Vgl. auch: BFH BStBl. III 1959, S.320 (322); 1959, S. 268; RFH RStBl. 1935, S. 730. 65 RStBl. 1943, S. 93 (94).

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung bei solchen Vorgängen nichts zu schenken, sondern trachten danach, für ihre Leistung eine mindestens gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Es müssen schon besondere Umstände vorliegen, die einem Kaufmann Anlaß geben könnten, seinem Geschäftspartner freigebig etwas zuzuwenden"

Ähnlich äußert sich der BGH66: ,,Es ist davon auszugehen, daß die Aufnahme eines Gesellschafters in eine bestehende Handelsgesellschaft keine Schenkung im Sinne der §§ 516 ff. BGB darstellt." Dieser schematischen Betrachtung folgt die überwiegende Literatur 67 • Meier formuliert wie folgt 68: ,,Ausgehend jedoch von der Erkenntnis, daß im Geschäftsleben nichts geschenkt, sondern stets ein Gewinn angestrebt wird ... , dürfte hier fast eine Vermutung für das Gegenteil, nämlich die Entgeltlichkeit einer Vermögensübertragung bestehen." In einer bereits zitierten Entscheidung aus neuerer Zeit hat sich das FG Düsseldorf dem prinzipiell angeschlossen 69 , dann jedoch betont, daß letztlich die Umstände des Einzelfalles entscheidend sind 70: " ... vertritt der Senat den Standpunkt, daß der Schenkungscharakter bei Übertragung einer OHG-Beteiligung ... nicht stets zu verneinen, sondern je nach Einzelfall das Tätigwerden sowie die Übernahme des Verlust- und Haftungsrisikos durch den Gesellschafter gebührend zu würdigen sind." bb) Eine Schematisierung dahingehend, daß Zuwendungen mit wirtschaftsrechtlichem Bezug der Schenkungsteuer "grundsätzlich" nicht unterfallen, scheint nicht angebracht, da die objektive Beweislast für die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ohnehin die Finanzbehörde trifft. Der Nachweis der für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen hat vielmehr ebenso zu erfolgen wie bei Zuwendungen auf dem Gebiet des Familienrechts: In erster Linie entscheidend sind, wie auch das FG Düsseldorf ausgeführt hat 71 , die "Umstände des Einzelfalles". Die Finanzbehörde hat genau zu prüfen, ob "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben sind 72 • Gelingt der Nachweis nicht, entsteht keine Steuerpflicht. 66 BB 1959, S. 574 f. Vgl. auch: BB 1965, S. 472. Brunk, BB 1973, S. 190 (191); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 451 ff.; Maier, DVR 1987, S. 50 f.; Meier, DVR 1986, S. 146 (147); Moench, ErbStG, § 7 Anm. 64; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 45; ders., DStR 1984, S. 11 (15). Kritisch: Mayer-Wegelin / Timmer, BB 1974, S. 546. Vgl. auch: Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40 f. 68 DVR 1986, S. 146 (147). 69 EFG 1983, S. 133: "Die unentgeltliche Übertragung einer Beteiligung an einer OHG ... ist regelmäßig schon deshalb keine Schenkung ... " 70 EFG 1983, S. 133 f. Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 71 EFG 1983, S. 133 (134). 72 Dabei sind die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet: §§ 90 Abs. 2; 93 Abs.3 S. 2; 97 Abs. 1, Abs. 3; 99; 100 AO; 76 Abs. 1 S.2 FGO. 67

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

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Ist die Zuwendung außergewöhnlich hoch und erweisen sich die Behauptungen der Beteiligten, warum ein schenkungsteuerpflichtiger Sachverhalt nicht gegeben sei, bei genauerem Nachforschen als falsch, kommt der Finanzbehörde die Beweiserleichterung des ,,Anscheinsbeweises" betreffend die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zugute. In diesen Fällen obliegt es den Beteiligten, durch weiteren Vortrag den "Gegenbeweis" zu führen. c) Ergebnis

Auch bei Zuwendungen mit wirtschaftsrechtlichem Bezug ist, liegen "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" vor, weiter zu prüfen, ob zusätzlich ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Auf diese Weise werden bestimmte unentgeltliche Zuwendungen ausnahmsweise von der Besteuerung ausgenommen. Ob die einzelnen Tatbestandsmerkmale gegeben sind, hat die Finanzbehörde in jedem Einzelfall genau zu prüfen. Dabei kann ihr unter bestimmten Voraussetzungen die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute kommen. 3. Zuwendungen an Arbeiter und Angestellte Zuwendungen an Arbeiter und Angestellte gehören zwar grundsätzlich zu den zuvor behandelten ,,zuwendungen mit wirtschaftsrechtlichem Bezug". Gleichwohl sollen sie an dieser Stelle gesondert behandelt werden. Denn anders als in den zuvor behandelten Fällen, bei denen es um die Frage: Besteuerung - ja oder nein - ging, ist hier vorrangig die Zuordnung - Einkommensteuer oder Schenkungsteuer - problematisch. Diskutiert wird in erster Linie die Schenkungsteuerpflichtigkeit von "Gelegenheitsgeschenken" sowie von "Ruhe-" bzw. "Witwengehältem" .

a) Inhaltliche Abweichungen aa) Mit der Frage, wie "Gelegenheitsgeschenke" im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses steuerrechtlich zu beurteilen sind, hat sich die Rechtsprechung mehrfach auseinandergesetzt 73 : In dem einer Entscheidung des RFH aus dem Jahre 1940 zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Landwirt seiner scheidenden Gutssekretärin (monatliches Gehalt: RM 70,-) eine "Heiratsbeihilfe" in Höhe von RM 10.000,- zugewandt. Zur grundsätzlichen Schenkungsteuerpflicht 74 dieser Zuwendung führte der RFH aus 75: 73 BFH BStBI. 11 1985, S.641; HFR 1984, S.284; BStBI. 11 1977, S. 181; 1967, S.375; 1967, S. 34; RFH RStBl. 1940, S. 965. 74 Die Annahme einer schenkung steuerpflichtigen Zuwendung war für die Bedachte ungünstiger als die Annahme von Arbeitslohn, da Heiratsbeihilfen zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 6 Ziff. 11 Lohnsteuerdurchführungsverordnung vom 29. November 1934 (RStBl. 1934, S. 1489) von der Lohnsteuer freigestellt waren.

12*

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung "Solche Zahlungen (sc. zur Anerkennung langjähriger gewissenhafter Dienste) sind ebenso wie nachträgliche freiwillige Gehaltserhöhungen keine Schenkungen, wenn nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß es sich um eine Entlohnung geleisteter Arbeit und nicht um eine Belohnung, also um eine lediglich als Ausdruck der Dankbarkeit gemachte Zuwendung handelt. Unter diesen Voraussetzungen fehlt für die Annahme einer Schenkung das Merkmal der Freigebigkeit."

um in Anschluß daran die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Steuertatbestandes genau zu prüfen. Dabei kam der RFH in dem konkreten Fall zu dem Ergebnis, daß eine teils "entgeltliche", teils "unentgeltliche" - und insoweit schenkungsteuerpflichtige - Zuwendung vorlag. Die übrigen Entscheidungen behandeln die Frage, ob bestimmte "Gelegenheitsgeschenke" gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Lohnsteuer unterfallen. Dabei sollten die Voraussetzungen einer - der Lohnsteuer nicht unterfallenden - "Schenkung" nach der bis zum Jahre 1985 geltenden Rechtsprechung nur dann erfüllt sein, wenn ein "besonderer persönlicher Anlaß" für die Zuwendung vorlag. Als "besonderen persönlichen Anlaß" sah der BFH all jene Fälle an, in denen der Wunsch des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer eine persönliche Aufmerksamkeit zu erweisen oder ihn zu ehren, im Vordergrund stand, wie z. B. beim 65. Geburtstag des Arbeitnehmers, bei dem dieser zugleich aus dem Betrieb ausscheidet 76 , bei Jubiläumsgeschenken 77 sowie bei Heirats- und Geburtshilfen 78 . In den übrigen Fällen 79 sollte regelmäßig keine Schenkung, sondern Arbeitslohn gegeben sein. Im Jahre 1985 hat der BFH80 die Unterscheidung nach dem ,,konkreten Anlaß" der Zuwendung aufgegeben und stattdessen allgemein darauf abgestellt, ob die Zuwendung "durch das Dienstverhältnis veraniaßt" ist. Eine Schenkung läge nicht vor, wenn 81 "der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zuwendungsempflinger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird ( ... ), und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten

Sinne als Gegenleistung für das Zurverjügungstellen der individuellen Arbeistkraft des Arbeitnehmers erweist ( ... )."

Auf diese Weise schematisiert der BFH die Frage, ob eine Schenkung vorliegt, noch weitergehend. Die Schenkungsteuerpflichtigkeit von "Ruhe-" bzw. "Witwengehältern" behandelt eine Entscheidung des RFH aus dem Jahre 1943; nach ihr soll entschei75 RStBl. 1940, S. 965. Zur Abgrenzung zwischen ,,Entlohnung" und "Belohnung" (sog. ,,renumeratorische Schenkung") vgl. auch: BGH DB 1982, S. 802; OLG München, NJW 1983, S. 759; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 60. 76 BFH BStBl. 11 1977, S. 181 (183). 77 BFH BStBl. II 1977, S. 181 (182); 1980, S. 705 (706). 78 BFH BStBl. II 1977, S. 181 (182). 79 Zuwendungen aus Anlaß des Geburtstags des Arbeitnehmers (BFH BStBl. II 1977, S. 181, 182; 1967, S. 375) oder des Arbeitgebers (BFH BStBl. II 1980, S. 705). 80 BStBl. II 1985, S. 641. 81 BStBl. 1985, S. 641 (643) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser.

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

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dend sein, ob der Zuwendung des Arbeitgebers eine entsprechende Gegenleistung bzw. Verpflichtung gegenübersteht 82 : "Die Zahlung eines Entgelts für Arbeit bedeutet aber die Gegenleistung für einen dem Zahlenden zugeflossenen Vermögensvorteil und kann, da das Tatbestandsmerkmal der Freigebigkeit fehlt, keine Schenkung sein. Diese Beurteilung setzt nur voraus, daß die Höhe des Witwengelds in angemessenem Verhältnis zum Wert der dem Arbeitgeber geleisteten Dienste steht." Ist dies nicht der Fall, liegt eine "unentgeltliche"83 und damit schenkungsteuerpflichtige Zuwendung vor 84 . Auch die überwiegende Literatur unterscheidet zwischen (entgeltlichen) Entlohnungen, welche der Lohnsteuer und (unentgeltlichen) Belohnungen, welche der Schenkungsteuer unterfallen sollen 85, wobei die genauen tatbestandlichen Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jedoch nur selten klar herausgestellt werden 86. Allein M eincke 87 fordert für eine Besteuerung von Zuwendungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts neben "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" als weiteres Tatbestandsmerkmal den "Willen zur schenkweisen Zuwendung" - die Zuwendung müsse "um der Bereicherung willen" erfolgen. ab) Sollen Zuwendungen an Arbeiter und Angestellte der Schenkungsteuer unterworfen werden, sind in einem ersten Schritt die "normalen Voraussetzungen" des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" zu prüfen: An einer objektiven Bereicherung fehlt es, wenn der Bedachte aus Arbeits- oder Dienstvertrag einen rechtlichen Anspruch auf die Zuwendung hat. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber Leistung und Gegenleistung ernsthaft für gleichwertig hält 88, wenn er vom Vorliegen einer 82 RStBl. 1944, S.205 (206). Vgl. auch: FG Berlin, EFG 1984, S.406; FG des Saarlandes, EFG 1974, S. 207. 83 RStBI. 1944, S. 205 (206). 84 Vgl. hierzu: FG Berlin, EFG 1984, S. 406: "Der das gesamte Erbschaftsteuerrecht beherrschende . . . Bereicherungsgedanke besagt, daß ein Vermögensanfall nur insoweit der Erbschaftsteuer unterliegt, als der Vermögensveränderung keine Verbindlichkeiten oder Aufwendungen des Erben zugrunde liegen. Zu Aufwendungen des Erwerbers ... können auch Arbeits- oder Dienstleistungen gehören ... Da der Erbschaftsteuer insoweit der unentgeltliche Zufluß von Vermögenswerten zugrunde liegt ... " 85 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 473 ff.; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 69; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 40. Vgl. auch: Kapp, DStR 1987, S. 80. 86 Eine nicht schenkungsteuerpflichtige Zuwendung soll gegeben sein, wenn sie sich als "Ausfluß des Arbeitsverhältnisses" darstellt (Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 168; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 69; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 40), wenn eine ,,rechtliche Verknüpfung" der beiderseitigen Leistungen vorliegt (Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 168) oder im Falle von ,,Jubiläumszuwendungen" (Moench, ErbStG, § 7 Anm. 69). 87 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 40 f. 88 So etwa in den Entscheidungen: RFH RStBI. 1944, S. 205; 1940, S. 965.

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B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

entsprechenden rechtlichen 89 bzw. sittlichen 90 Verpflichtung ausgeht oder aber, wenn mit der Zuwendung (streitige) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis endgültig erledigt werden sollen 91. In all diesen Fällen liegt eine "entgeltliche" Zuwendung vor, welche § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht unterflillt 92 • Auf der anderen Seite scheint es nicht angebracht, alle Fälle "unentgeltlicher" Zuwendungen an Arbeiter bzw. Angestellte ohne weiteres der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Dies gilt etwa für Jubiläumsgeschenke oder für bestimmte Abfindungen, die bei Beendigung eines Arbeitsvertrages erbracht werden. Selbst wenn man hier die Voraussetzungen des "Willens zur Unentgeltlichkeit" bejahen würde, wird man nur in den seltensten Fällen von einer "Schenkung" sprechen können. Denn die Zuwendungen haben keinen persönlichen Bezug - erfolgen vielmehr im Rahmen der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses. Erforderlich für eine Besteuerung von Zuwendungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ist daher neben "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" das Vorliegen eines "Willens zur schenkweisen Zuwendung" - der Arbeitgeber muß die Zuwendung "um der Bereicherung willen" und nicht im Rahmen der allgemeinen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses vornehmen. Das Erfordernis dieses zusätzlichen Tatbestandsmerkmals "Wille zur schenkweisen Zuwendung" beruht auch hier darauf, daß bei einem Arbeitsverhältnis Beziehungen vielfältiger Art bestehen, die durch den "Willen zur Unentgeltlichkeit" allein nicht hinreichend erfaßt werden.

b) Abweichungen, die den Nachweis des subjektiven Merkmals betreffen ba) Ein Teil der Rechtsprechung 93, welche sich mit der Schenkungsteuer- bzw. Lohnsteuerpflichtigkeit von Zuwendungen an Arbeiter bzw. Angestellte befaßt, prüft die Umstände des jeweils gegebenen Einzelfalles genau. Der andere Tei1 94 und die überwiegende Literatur 95 gehen von dem Grundsatz aus, daß Zuwendungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses "im Regelfall" keine Schenkungen darstellen.

Vgl.: FG des Saarlandes, EFG 1974, S. 207. Vgl. insoweit die Ausführungen zu Fall (13): B.I.1.c); B.lV.2.e). 91 Vgl. insoweit Fall (8): B.I.1.c); B.IV.2.d). 92 In Betracht kommt allerdings eine Besteuerung gern. § 19 Abs.l NT. 1 EStG, welche, zumindest bei Zuwendungen zwischen nahen Verwandten, im Regelfall zu einem ungünstigeren Ergebnis führen dürfte. Vgl.: FG des Saarlandes, EFG 1974, S. 207; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 40. 93 BFH BStBI. 11 1985, S.641; RFH RStBI. 1944, S.205; 1940, S.965; FG des Saarlandes, EFG 1974, S. 207. 94 BFH BStBI. 11 1977, S. 181. 95 Brunk, BB 1973, S. 190 (191); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 473; Moench, ErbStG, § 7 Anm.69; Troll, ErbStG, § 7 Anm.40. Vgl. auch: Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm.41. 89

90

VI. Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug

183

bb) Eine Schematisierung dahingehend, daß bei Zuwendungen an Arbeiter und Angestellte eine Schenkungsteuerpflicht im Regelfall nicht gegeben sei, scheint nicht erforderlich, da die objektive Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ohnehin die Finanzbehörde trifft. Es gelten vielmehr die bereits zu den Zuwendungen im Wirtschaftsleben aufgestellten Grundsätze: Voraussetzung für eine Besteuerung ist, daß die Finanzbehörde das Vorliegen von "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" in jedem Einzelfall genau nachweist 96. Gelingt der Nachweis nicht, entsteht keine Steuerpflicht. Ist die Zuwendung außergewöhnlich hoch und erweisen sich die Behauptungen der Beteiligten, warum ein schenkungsteuerpflichtiger Sachverhalt nicht gegeben sei, bei genauerem Nachforschen als falsch, kommt der Finanzbehörde die Beweiserleichterung des "Anscheinsbeweises" betreffend die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zugute. In diesen Fällen obliegt es den Beteiligten, durch weiteren Vortrag den "Gegenbeweis" zu führen. c) Ergebnis

Auch bei Zuwendungen an Arbeiter und Angestellte ist, liegen "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" vor, weiter zu prüfen, ob zusätzlich ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Auf diese Weise werden bestimmte unentgeltliche Zuwendungen ausnahmsweise von der Besteuerung ausgenommen. Ob die einzelnen Tatbestandsmerkmale gegeben sind, hat die Finanzbehörde in jedem Einzelfall genau zu prüfen. Dabei kann ihr unter bestimmten Voraussetzungen die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute kommen. 4. Stiftungsleistungen

Abschließend soll auf die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Besteuerung von sogenannten "Stiftungsleistungen" eingegangen werden: a) Der Begriff der Stiftung

Unter einer "Stiftung"97 versteht man einen selbständigen Rechtsträger, der zur Verwirklichung bestimmter Sonderzwecke geschaffen ist und nicht in einem Personenverband besteht 98 . Stiftungen können im (Vermögens-)Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet werden (sogenannte "Familienstiftun96 Dabei sind die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet: §§ 90 Abs. 2; 93 Abs.3 S. 2; 97 Abs. 1, Abs. 3; 99; 100 AO; 76 Abs. 1 S.2 FGO. 97 §§ 80 ff. BGB. 98 Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, § 11; Reuter in MK zum BGB, § 80 Anm. 7 - m.w.N. in Fn. 30.

184

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

gen")99. Die Mehrzahl der Stiftungen wurde und wird jedoch errichtet, um gemeinnützige Aufgaben, vor denen der Markt versagt, durch private Initiative zu lösen 100. b) Schenkungsteuerpflichtigkeit von Zuwendungen an durch das Stiftungsgeschäft begünstigte Personen

ba) Daß Leistungen einer Stiftung an durch das Stiftungsgeschäft begünstigte Personen (sogenannte "Destinatäre" oder "Stiftlinge") der Schenkungsteuer nicht unterfallen, ergab sich früher aus § 3 Nr. 2 ErbStG 1906 101 bzw. aus § 20 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG 1922 102 : Indem diese Vorschriften bestimmte Bezüge von Familiengesellschaften ausdrücklich für steuerpflichtig erklärten, konnte im Umkehrschluß auf eine grundsätzliche Steuerfreiheit der Bezüge geschlossen werden. Auch nachdem diese Vorschriften entfallen sind, geht die überwiegende Meinung davon aus, daß eine Steuerpflicht in diesen Fällen nicht entsteht 103. Die Begründungen sind unterschiedlich: Nach Troll 104 und Reuter 105 fehlt es am subjektiven Merkmal, weil die Stiftung ihre Leistungen nicht "freiwillig" erbringt, sondern durch Satzung entsprechend verpflichtet ist. Meincke lO6 bejaht einen "Willen zur Unentgeltlichkeit". Schenkungsteuer falle jedoch nicht an, da es an dem neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" erforderlichen "Willen zur schenkweisen Zuwendung" fehle. bb) Steuerfrei sind Zuwendungen der Stiftung an Destinatäre nicht bereits deshalb, weil es grundsätzlich am "Willen zur Unentgeltlichkeit" fehlt; dieser wird vielmehr regelmäßig gegeben sein: Der Destinatär wird der Stiftung gegenüber regelmäßig keine Gegenleistungen erbringen. Daß die Stiftung auf Grund ihrer Satzung zur Leistung verpflichtet ist, schließt den "Willen zur Unentgeltlichkeit" ebenfalls nicht aus, da es für seine Feststellung allein auf das Verhältnis Stiftung / Dritter ankommt - in diesem Verhältnis aber wird es in der Praxis meist an einem Anspruch fehlen. Gleichwohl scheint es fraglich, ob Leistungen, die von einer Stiftung zu sozialen Zwecken erbracht werden, der Schenkungsteuer unterworfen werden sollen. Gegen eine Besteuerung könnte auch § 10 Abs. 7 ErbStG sprechen: 99 Vgl.: § 1 Abs. 1 Nr. 4; § 9 Abs. 1 Nr. 4; § 10 Abs. 7 ErbStG. Hierzu: Meincke in Meincke/ Michel, ErbStG, § 1 Anm. 9 ff.; ders., StuW 1982, S. 169 ff.; Meyer zuHörste, BB 1974, S. 1633 f. 100 Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, § 11; Reuter in MK zum BGB, § 80 Anm. 1 ff. 101 RGBl. 1906, S. 654. 102 RGBl. 1919, S. 1543. 103 RFH StuW 1922, Nr. 640; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm.41; Reuter in MK zum BGB, § 80 Anm. 45; Troll, ErbStG § 7 Anm. 55. 104 ErbStG § 7 Anm. 55. 105 In MK zum BGB, § 80 Anm. 45. 106 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41 unter Hinweis auf Liebisch, S. 89.

VII. Zusammenfassung

185

In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sind Leistungen an die nach der Stiftungsurkunde oder nach der Vereinssatzung Berechtigten nicht abzugsfähig.

In dem Abzugsverbot könnte ein Äquivalent zur grundsätzlichen Steuerfreiheit von Zuwendungen an Destinatäre gesehen werden 107. Will man aus diesen Gründen Stiftungsleistungen nicht besteuern, ist es auch hier erforderlich, neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" einen "Willen zur schenkweisen Zuwendung" zu fordern. An ihm fehlt es dann, wenn die Stiftung Leistungen zur Erfüllung des Stiftungszwecks erbringt 108. c) Ergebnis

Wie die zuvor behandelten Fälle von Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug zeigt auch das Beispiel der "Stiftungsleistungen", daß das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" in bestimmten Rechtsverhältnissen für eine Bejahung der "freigebigen Zuwendung" nicht ausreichend ist. Erforderlich ist bei diesen Rechtsverhältnissen außerdem der Nachweis eines "Willens zur schenkweisen Zuwendung".

VII. Zusammenfassung Bei dem in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelten Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" handelt es sich um die zentrale Norm des Schenkungsteuerrechts. Wie den übrigen Tatbeständen von Erbschaft- und Schenkungsteuer auch kommt dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" die Aufgabe zu, bestimmte Steigerungen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu erfassen. Die Vorstellungen der Beteiligten finden dabei an verschiedenen Stellen Berücksichtigung. Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist zunächst, daß der durch die Zuwendung Bedachte objektiv "bereichert" ist. Um dies festzustellen, muß auf die zwischen den Beteiligten getroffenen Absprachen zurückgegriffen werden - ein Vergleich der nach diesen Absprachen von jeder Seite zu erbringenden geldwerten Leistungen zeigt, ob objektiv eine Bereicherung des Bedachten gegeben ist. Daneben ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" auf seiten des Zuwendenden Tatbestandsvoraussetzung. Dieser ist gegeben, wenn der Zuwendende es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts macht, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Obwohl sich die Frage, ob eine Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorliegt, theoretisch allein an Hand objektiver Kriterien beurteilen läßt, ist das 107 108

Vgl.: M eincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41. Ebenso: Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 41.

186

B. Der Tatbestand der freigebigen Zuwendung

subjektive Tatbestandsmerkmal des "Willens zur Unentgeltlichkeit" im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unerläßlich: Zum einen gibt es dem Tatbestand Gestalt, indem es ihn gegenüber der unübersehbaren Vielzahl denkbarer Sachverhalte, in denen sich gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit äußert, abgrenzt und macht ihn so für die Finanzbehörden praktikabel. Zum anderen verhindert der "Wille zur Unentgeltlichkeit", daß die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung in Einkommensteuer einerseits und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer andererseits aufgehoben wird. Das Vorliegen eines weiteren subjektiven Tatbestandsmerkmals ("Bereicherungswille", "Bereicherungsabsicht") ist grundsätzlich nicht erforderlich. Bisweilen wird es, insbesondere bei stark subjektiv geprägten Sachverhalten, Schwierigkeiten bereiten, die Grenze zwischen "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Bereicherungsabsicht" genau zu bestimmen. Bei Zuwendungen mit familien- bzw. wirtschaftsrechtlichem Bezug sowie bei sogenannten "Stiftungsleistungen" ist jedoch, liegen "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" vor, darüberhinaus zu prüfen, ob auch ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist - die Zuwendung muß "um der Bereicherung willen" erfolgen. Die Prüfung dieses zusätzlichen subjektiven Tatbestandsmerkmals ist hier ausnahmsweise erforderlich, um bestimmte unentgeltliche Zuwendungen von der Besteuerung auszunehmen. Für den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" gilt folgendes: Entscheidend ist der tatsächliche individuelle Wille des Zuwendenden. Obwohl dieser für Dritte nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, wird es im Regelfall ausreichend sein, wenn die Finanzbehörde den gegebenen Sachverhalt erforscht und vor diesem Hintergrund nach den "allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts" das Vorliegen von "Wille zur Unentgeltlichkeit" und, soweit erforderlich, "Wille zur schenkweisen Zuwendung" prüft. Der potentielle Steuerschuldner ist dabei gemäß § 76 Abs. 1 S. 2, 3 FGO; § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 S.2, § 97 Abs. 1, Abs. 3, § 99, § 100 AO zur Mitwirkung verpflichtet. Ist der Sachverhalt stark subjektiv geprägt, kommt der Finanzbehörde unter bestimmten Voraussetzungen die Beweiserleichterung des "Anscheinsbeweises" zugute. Kommt es zum Fall des "non-liquet", trifft die Beweislast die Finanzbehörde. Daneben sind eine "Beweislasturnkehr" oder eine "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" nicht erforderlich. De-Iege-ferenda wäre es sinnvoll, den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu ersetzen. Dieser ist klarer abgegrenzt als die "freigebige Zuwendung". Zugleich würde seine Aufnahme einen begrüßenswerten Schritt zur Vereinheitlichung der Rechtsordnung darstellen. Jene Sachverhalte, bei denen bereits heute unklar ist, ob sie dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" unterfallen, könnten in § 7 Abs. 1 Nr. 2 - 10 ErbStG bzw. in § 13 ErbStG ausdrücklich geregelt werden.

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände, bei denen das Vorliegen eines subjektiven Merkmals relevant werden kann Nachdem bisher mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die zentrale Norm des Schenkungsteuerrechts im Mittelpunkt stand, sollen im folgenden weitere Tatbestände des Schenkungsteuerrechts (§ 7 Abs. 1 Nr.4; Abs. 5-7 ErbStG) auf Vorliegen und Bedeutung eines subjektiven Merkmals hin untersucht werden.

I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG Vereinbaren Ehegatten durch Ehevertrag Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB)I, so werden die jedem Ehegatten gehörenden Vermögensgegenstände gemeinsames Vermögen 2; dieses "Gesamtgut" steht den Ehegatten je zur Hälfte zu. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, der im Rahmen der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 in das Gesetz aufgenommen wurde, unterwirft die Bereicherung, die ein Ehegatte bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft (§ 1415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfahrt, der Schenkungsteuer. Was die genauen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr.4 .ErbStG sind, ob § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG insbesondere ein subjektives Tatbestandsmerkmal enthält, ist umstritten (3.). Bevor eine Lösung dieser Frage versucht wird (4.), soll zunächst die schenkungsteuerliche Beurteilung der "Vereinbarung von Gütergemeinschaft" nach altem Recht referiert (1.) sowie ein Blick auf die Entstehungsgeschichte von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG geworfen werden (2.). 1. Die schenkungsteuerliche Beurteilung der "Vereinbarung von Gütergemeinschaft" nach altem Recht

Gemäß § 11 Nr. 4 d ErbStG 1906 3 war der "Ehegattenerwerb" zunächst grundsätzlich von Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit gewesen. Nachdem diese I Zur abnehmenden Bedeutung der Gütergemeinschaft in der Praxis: Berger, DVR 1986, S. 34; Knur in Festschrift für Barz, S. 475 (483 ff.); ders., DNotZ 1974, S. 710

(715). 2 § 1416 BGB. Ausnahme: §§ 1417; 1418 BGB. 3

RGBl. 1906, S. 654.

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C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Vorschrift aber im Jahre 1919 ersatzlos gestrichen worden war, konnte die durch eine Vereinbarung von Gütergemeinschaft eintretende Bereicherung grundsätzlich unter den Tatbestand der "Schenkung"4 bzw. der "freigebigen Zuwendung"5 subsumiert werden. a) Der Reichsfinanzminister wies die Steuerbehörden daraufhin in einem nicht veröffentlichten Erlaß vom 9. September 1920 6 an, bei der Vereinbarung von Gütergemeinschaft stets von einem schenkungsteuerpflichtigen Tatbestand auszugehen. b) Dem folgte die Rechtsprechung nicht 7 : In seinen frühen Entscheidungen prüfte der RFH jeweils genau, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen von "Schenkung" bzw. "freigebiger Zuwendung" im Einzelfall erfüllt waren 8. Später ging die höchstrichterliche Rechtsprechung - ähnlich wie die neuere Rechtsprechung des BGH zur "unbenannten Zuwendung" 9 - dazu über, die Schenkungsteuerpflichtigkeit der beim bedachten Ehegatten eintretenden Bereicherung vom ,,zweck" der Vereinbarung der Gütergemeinschaft abhängig zu machen 10. Entscheidend sollte sein, ob die Ehegatten mit der Vereinbarung der Gütergemeinschaft ihre "güterrechtlichen" oder ihre "erbrechtlichen Verhältnisse" regeln wollten - im ersten Fall sollte für die Annahme eines schenkungsteuerpflichtigen Tatbestandes kein Raum sein, im zweiten Fall sollten die Voraussetzungen demgegenüber erfüllt sein 11: "Wie der erkennende Senat bereits ... ausgesprochen hat, kann in der Vereinbarung der allgemeinen Gütergemeinschaft nur in Sonderfällen eine steuerbare Schenkung ... oder eine andere steuerbare freigebige Zuwendung unter Lebenden ... gesehen werden ... Der Ehevertrag hat einen - grundsätzlich von der Schenkung verschiedenen eigenen Rechtsgrund in dem vertraglich zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien, ihre güterrechtlichen Beziehungen in bestimmter Weise zu gestalten ( ... ). Die Gütergemeinschaft verfolgt den Zweck, die Ehegatten entsprechend der sich für sie aus dem inneren Wesen der Ehe ergebenden Lebensgemeinschaft auch wirtschaftlich § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919; § 3 Abs.l Nr.l ErbStG 1922. 5 § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919; § 3 Abs.l Nr.2 ErbStG 1922. 6 Nr. III a 2946 Mi zitiert nach: Fürnrohr, DStZ 1920, S. 170 f. 7 Vgl. bereits oben: B.lV.l.bb)(2). 8 RFHE Bd. 5, S. 72 (73 f.); 9, S. 9 (12 f.). Dabei ging der RFH davon aus, daß bei der Vereinbarung von Gütergemeinschaft im Regelfall (das subjektive Merkmal ausschließende) altruistische Vorstellungen der Ehegatten im Vordergrund stehen werden (RFHE Bd. 5, S. 72, 74): ,,Im allgemeinen werden für die Einführung allgemeiner Gütergemeinschaft allerdings andere Erwägungen als der Wille der Bereicherung des anderen Ehegatten bestimmend sein." 9 Vgl. oben: B.IV.l.bb)(l). 10 BFH BStBl. III 1966, S.521 (522); 1964, S.202; DVR 1953, S. 107; RFH RStB1.l942, S. 580; 1931, S. 675. Wohl auch schon: RFHE Bd. 27, S. 324 (330 f.). Vgl. auch: FG Stuttgart, EFG 1970, S. 24. 11 BFH BStBl. 1966, S. 521 (522) Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 4

I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

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einander möglichst nahe zu bringen; die durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft bewirkte Vermögensverschiebung bildet auf dieser Grundlage nicht den eigentlichen Vertragsgegenstand, sondern nur eine beabsichtigte Folge der vereinbarten Rechtsgrundsätze .... Vielmehr ist ein schenkungsteuerlicher Vorgang erst dann gegeben, wenn die Gütergemeinschaft nicht die güterrechtliche Ordnung der ehelichen Lebensgemeinschaft bezweckt, sondern um anderer Gründe, insbesondere um (quasi) erbrechtlicher Folgen willen geschlossen worden ist ( ... )."

Dabei sollte die Vereinbarung der Gütergemeinschaft bei oder kurz nach der Eheschließung 12 sowie der Wunsch des zuwendenden Ehegatten, durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft die Kreditlinie des Unternehmens zu erhöhen, dem bedachten Ehepartner auf diese Weise Möglichkeiten der Mitentscheidung einzuräumen 13 oder ihn für geleistete Mitarbeit zu entschädigen 14, für eine "güterrechtliche" Zielsetzung und damit gegen eine Schenkungsteuerpflicht sprechen. War dagegen der baldige Tod eines Ehegatten zu erwarten, sprach dies für eine (steuerpflichtige) "erbrechtliche" Regelung 15. Insgesamt tendierten RFH und BFH eher zu einer Verneinung der Schenkung steuerpflicht. c) Die Literatur stand dieser Rechtsprechung auf Grund inhaltlicher wie praktischer Bedenken überwiegend kritisch gegenüber l6 • Teilweise wurde das Vorliegen eines schenkungsteuerpflichtigen Tatbestandes bei Vereinbarung von Gütergemeinschaft generell abgelehnt 17. 2. Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG

Um dieser Kritik zu begegnen und zugleich praktische Schwierigkeiten, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergaben, zu beseitigen, wurde im Rahmen der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG in das Gesetz eingefügt. Der Begründung dieser Vorschrift räumte der Gesetzgeber einen relativ breiten Raum ein 18: "Das Erbschaftsteuergesetz will jede objektive Bereicherung erfassen, die jemand einer anderen Person zu Lasten seines eigenen Vermögens in der Absicht gewährt, BFH BStBl. III 1964, S. 202 (204); DVR 1953, S. 107. BFH BStBl. III 1964, S. 202 (204). 14 HFR 1964, S. 397 (398). 15 RFH RStBl. 1931, S. 675; BFH BStBl.III 1964, S. 202 (204). 16 Baier, DStZ/ Ausgabe A 1974, S. 195 (197 f.); Kapp, StbJb 1972/73, S. 405 (415); Michel, Inf 1974, S. 155 (159). Zustimmend, wenn auch kritisch: Gutachten der Steuerreformkommission, S. 677 f.; Klunzinger, DStR 1972, S. 683 (685). Teilweise zustimmend: Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 157. Zustimmend: Kapp / Ebeling, S. 116. 17 Finger, ErbStG, § 3 Anm. 3 e, 19. Vgl. auch die Literaturhinweise bei: Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 157. 18 BT-Drucksache 6/3418, S. 64 Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 12

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C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

diese andere Person zu bereichern. Daher sind nach geltendem Recht auch die Schenkungen zwischen Ehegatten steuerpflichtig. Vereinbaren Ehegatten mit unterschiedlich hohem Vermögen Gütergemeinschaft, so erfährt derjenige Ehegatte, der kein Vermögen oder das geringere Vermögen besitzt, auf Kosten des Ehegatten objektiv eine Bereicherung, denn er ist nun zur Hälfte an dem neuen Gesamtvermögen beteiligt. Diese Bereicherung ist von dem anderen Ehegatten auch gewollt, da er andernfalls nicht bereit gewesen wäre, mit seinem Ehegatten eine Vereinbarung über diesen Güterstand zu treffen. Nach der Rechtsprechung kann die Bereicherung zur Zeit nur der Besteuerung unterworfen werden, wenn offensichtlich mit der Vereinbarung der Gütergemeinschaft in erster Linie nicht güterrechtliche, sondern erbrechtliehe Wirkungen herbeigeführt werden sollen (BFH-Urteile vom 29. Januar 1964, BStBl. III S. 202 und vom 25. Mai 1966, BStBl. III 521). Abgesehen davon, daß diese Rechtsprechung die Praxis überfordert, ist die Beschränkung der Besteuerung auf diese Fälle auch sachlich nicht gerechtfertigt. Es ist vielmehr folgerichtig, diese Bereicherung - wie jede andere Bereicherung unter Ehegatten - ausnahmslos zur Schenkungsteuer heranzuziehen. Der hohe Ehegattenfreibetrag von 250.000 DM (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1) stellt im übrigen sicher, daß nur bei größeren Vermögensunterschieden, nämlich bei solchen von mehr als 500.000 DM, die dann zur Hälfte dem anderen Ehegatten zugute kommen, eine Schenkungsteuer zur Erhebung gelangt."

Der Versuch des Gesetzgebers, auf diese Weise für Klarheit zu sorgen, war jedoch wenig erfolgreich. 3. Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur zu § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG a) In der Literatur wurde und wird die vorn Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG getroffene Regelung vielfach kritisiert 19: Die Vorschrift berücksichtige nicht, daß der weniger Vermögen in die Gütergemeinschaft einbringende Ehegatte nicht um vollwertiges, sondern lediglich um gesamthänderisch gebundenes Vermögen bereichert werde 20; bei Scheidung sowie im Todesfall bestünde die Gefahr, daß der ursprünglich vermögendere Ehegatte Steuern zahlen müsse, obwohl er lediglich sein altes Vermögen zurückerhielte 21 ; bei "Schenkung" und "Vereinbarung von Gütergemeinschaft" handle es sich um nach Interessenlage und Konzeption grundsätzlich unterschiedliche Rechtsinstitute, welche nicht gleichgesetzt 19 V gl. etwa: Berger, DVR 1986, S. 34 ff.; Crezelius, S. 174 f.; Gutachten der Steuerreforrnkommission, S. 677 f., Klunzinger, DStR 1972, S.683 (685); Knobbe-Keuk in: Festschrift für Bosch, S. 503 (510); Knur in Festschrift für Barz, S. 475 (480); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 47; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 154; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 117; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (136); Sigloch, BB 1975, S. 1250 (1251). 20 Berger, DVR 1986, S. 34 (35); Klunzinger, DStR 1972, S. 683 (685). Vgl. auch: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 50. 21 Berger, DVR 1986, S. 34 (37); Meincke, DStR 1977, S. 363 (366).

I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

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werden dürften 22; § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG verstoße gt>;gen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG23 etc. b) Daneben ist umstritten, was die einzelnen Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sind. Ein Teil der Literatur 24 geht davon aus, daß neben den (objektiven) Tatbestandsmerkmalen "Bereicherung" und "Vereinbarung der Gütergemeinschaft" das Vorliegen eines' "subjektiven Tatbestandmerkmals" Voraussetzung für eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG ist: Beinert 25 und Tro1l 26 wollen weiterhin die Rechtsprechung des BFH zum Rechtszustand vor dem 1. Januar 1974 zur Anwendung kommen lassen und die Steuerpflicht davon abhängig machen, ob die Ehegatten mit der Vereinbarung der Gütergemeinschaft in erster Linie güter- oder erbrechtliche Ziele verfolgt haben. Meincke 27 sieht diese Differenzierung als durch die Neufassung des Gesetzes überholt an. Gleichwohl sei Voraussetzung für die Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG ein "Wille zur Freigebigkeit", wie er auch in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG enthalten sei. Dieser sei nicht gegeben, wenn die Vereinbarung der Gütergemeinschaft erfolge, um den weniger vermögenden Partner am gemeinsam erarbeiteten Vermögen angemessen zu beteiligen oder um ihn für einen mit der Eheschließung verbundenen Verlust von Unterhalts- und VersorgungsanspTÜchen aus einer aufgelösten ersten Ehe zu entschädigen. Schulze-Osterloh 28 schließlich fordert einen "Willen zur Unentgeltlichkeit", der auf Grund "objektivierender Betrachtungsweise" zu ermitteln sei. Denn für die Frage der Schenkungsteuerpflicht könne es nicht allein auf den Zeitpunkt ankommen, in dem Gütergemeinschaft vereinbart wird; Augenmerk müsse auch auf die danach zu erwartende Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse gerichtet werden. So wäre es durchaus möglich, daß der weniger einbringende Ehegatte größere Vermögenszuwächse zu erwarten hätte, die dann auch dem anderen Ehegatten zugute kämen. In diesen Fällen aber wäre eine Besteuerung nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht angebracht 29 : " ... ist es zulässig und geboten, auch bei § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG den Willen zur Unentgeltlichkeit auf Grund der zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen der Gütergemeinschaft zu prüfen. Läßt sich also feststellen, daß nach der Verkehrsauffassung der zuwendende Ehegatte mit späteren Vorteilen der Gütergemeinschaft rechnete, so ist insoweit der Steuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht erfüllt."

22 Berger, DVR 1986, S. 34 (35); Crezelius, S. 170 ff. 23

Berger, DVR 1986, S. 34 (36); Crezelius, S. 175.

24 Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (192 f.); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7

Anm. 51; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 50; Willemer, DB 1985, S. 1254 (1257). 25 StbJb 1974/75, S. 189 (192 f.). 26 ErbStG, § 7 Anm. 50. 27 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 51. 28 StuW 1977, S. 122 (135). Zu Schulze-Osterloh auch: B.I.3.b); B.V.3.bb). 29 StuW 1977, S. 122 (137).

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C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Nach der Gegenmeinung 30 enthält § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG kein subjektives Tatbestandsmerkmal. Begründet wird dies mit dem Wortlaut des Gesetzes, den Äußerungen des Gesetzgebers, der Tatsache, daß auch bei einem Verzicht auf den Nachweis eines subjektiven Merkmals die Zahl der steuerpflichtigen Sachverhalte wegen des in § 16 ErbStG geregelten Freibetrages gering bleibe sowie damit, daß die Bereicherung generell gewollt sei, weil die Ehegatten den Ehevertrag sonst nicht abgeschlossen hätten. Die Finanzverwaltungen der Länder haben sich mit ihren gleichlautenden Erlassen vom 20. Dezember 1974 31 bzw. 10. März 1976 32 der zuletzt genannten Literaturauffassung angeschlossen. Sie gehen davon aus, daß zur Bejahung des § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG der Nachweis einer auf Grund einer Vereinbarung von Gütergemeinschaft bewirkten Bereicherung ausreiche 33 : ,,Nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt als Schenkung die Bereicherung, die ein Ehegatte bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft erfahrt. Vom Gesetz wird unterstellt, daß die Bereicherung des weniger vermögenden Ehegatten stets gewollt ist ... " Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG liegt, soweit ersichtlich, noch nicht vor. Jedoch hat der BGH in einer Entscheidung vom 10. Juli 1975, also nach Inkrafttreten des ErbStG 1974, zur zivilrechtlichen Rechtslage ausgeführt 34 : "Wie in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt ist, enthält die Vereinbarung einer Gütergemeinschaft - anders als eine Schenkung - nicht einfach eine Bereicherung des minderbegüterten Ehegatten aus dem Vermögen des anderen Teils, sondern sie begründet ein familienrechtliches Verhältnis, das in einer besonderen Weise zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf dem Gebiete der Vermögensverhältnisse bestimmt ist und die Vermögensbeziehungen der Ehegatten umfassend und auf Dauer gestaltet. Daraus ergibt sich, daß der Abschluß eines solchen Ehevertrages auch bei großer Verschiedenheit der beiderseitigen Vermögensverhältnisse im allgemeinen nicht als Schenkung anzusehen ist." Zivilrechtlieh soll also weiterhin nicht jede Vereinbarung von Gütergemeinschaft ohne weiteres eine "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" sein.

30 Berger, DVR 1986, S. 34; Crezelius, S. 169 f.; Felix, KÖSDI 1981, S. 4282 (4283); ders. StbKongreßRep 1974, S.363 (378); Kapp, ErbStG, § 7 Anrn. 106 ff.; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 115 f. Wohl auch: Michel, Inf 1974, S. 155 (159); Moench, ErbStG, § 7 Anrn. 155. 31 BStBl. I 1975, S. 42. 32 BStBl. I 1976, S. 145. 33 BStBI. I 1976, S. 145 (146). 34 DB 1975, S. 1643 (1646) Hervorhebungen stammen vom Verfasser.

I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

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4. Voraussetzungen einer auf § 7 Abs.l Nr.4 ErbStG gestützten Besteuerung a) Wortlaut und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes ergeben keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ein subjektives Tatbestandsmerkmal enthält. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG im Falle der Vereinbarung von Gütergemeinschaft das Vorliegen einer objektiven "Bereicherung" für die Erhebung von Schenkungsteuer ausreichend. Andererseits gilt der in der Vorschrift beschriebene Sachverhalt als "Schenkung unter Lebenden". Für die "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" aber ist nach einhelliger Ansicht eine "Einigung des Parteien über die Unentgeltlichkeit" Tatbestandsvoraussetzung 35 . Und auch für § 7 Abs. 1 Nr.l ErbStG, neben dem § 7 Abs.l Nr.4 ErbStG steht, sind "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Wille zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich. Beides könnte auf das Vorliegen eines oder mehrerer subjektiver Merkmale auch in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hindeuten. Hiergegen wiederum läßt sich einwenden, daß der in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG beschriebene Sachverhalt nur als Schenkung "gilt" und daß z. B. auch bei § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG nach einhelliger Ansicht ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" nicht erforderlich ist. b) Auch die Äußerungen des Gesetzgebers bleiben unklar: Die Gesetzesbegründung macht allein deutlich, daß es auf die von der Rechtsprechung getroffene Unterscheidung in "güterrechtliche" oder "erbrechtliehe Wirkungen" der Vereinbarung der Gütergemeinschaft im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht mehr ankommen solp6: "Abgesehen davon, daß diese Rechtsprechung die Praxis überfordert, ist die Beschränkung der Besteuerung auf diese Fälle (sc. mit erbrechtlicher Wirkung) auch sachlich nicht gerechtfertigt." Im übrigen bleibt unklar, ob und, wenn ja, welche subjektiven Komponenten § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG enthält: So soll die Vorschrift einerseits 3? "jede objektive Bereicherung erfassen, die jemand einer anderen Person ... in der Absicht gewährt, diese andere Person zu bereichern." Dies deutet auf die Existenz eines subjektiven Tatbestandsmerkmals ("Bereicherungsabsicht") in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hin. Andererseits scheinen diese subjektiven Komponenten nach Ansicht des Gesetzgebers von vomeherein stets gegeben zu sein 38: 35 36 3? 38

Vgl. oben: B.II.2.b). BT-Drucksache 6/3418, S. 64. BT-Drucksache 6/3418, S. 64 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. BT-Drucksache 6/3418, S. 64.

13 Klein-Blenkers

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C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände "Diese Bereicherung ist von dem anderen Ehegatten auch gewollt, da er andernfalls nicht bereit gewesen wäre, mit seinem Ehegatten eine Vereinbarung über diesen Güterstand zu treffen."

Undeutlich ist auch die folgende Aussage 39 : ,,Es ist vielmehr folgerichtig, diese (sc. durch die Vereinbarung von Gütergemeinschaft eintretende) Bereicherung - wie jede andere Bereicherung unter Ehegatten - ausnahmslos zur Schenkungsteuer heranzuziehen." Stellt man auf den (freilich in Parenthese gesetzten) Satzteil "wie jede andere Bereicherung unter Ehegatten" ab, könnten für § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG die gleichen subjektiven Voraussetzungen erforderlich sein wie für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, nämlich "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Wille zur schenkweisen Zuwendung". Mißt man "ausnahmslos" dagegen entscheidende Bedeutung zu, ist jede durch die Vereinbarung von Gütergemeinschaft eintretende Bereicherung zu besteuern; dies aber bezeichnet Meincke 40 angesichts der neueren Rechtsprechung des BGH betreffend Zuwendungen zwischen Ehegatten 41 als "erstaunlich antiquiert" . c) Da somit weder Wortlaut und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, noch die Äußerungen des historischen Gesetzgebers eine Antwort auf die Frage geben, ob und, wenn ja, welche subjektiven Merkmale § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG enthält, kommt es entscheidend auf den "steuersystematischen Zusammenhang" an, in dem die Vorschrift steht: Aufgabe der in § 7 Abs. 1 NT. 1-10 ErbStG geregelten Tatbestände ist es, gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf seiten des Bedachten zu erfassen 42 • § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG besteuert die im Falle einer Vereinbarung von Gütergemeinschaft bei einem Ehegatten eintretende ,,Bereicherung" . Um festzustellen, ob durch die Vereinbarung von Gütergemeinschaft ein Ehegatte objektiv "bereichert" wurde, sind die von beiden Seiten erbrachten Vermögenswerte einander mit ihren Verkehrswerten gegenüberzustellen. Dabei kann sich eine "Bereicherung" des das geringere Vermögen einbringenden Ehegatten bis zur Höhe der Hälfte der Wertdifferenz ergeben 43. Gemindert und sogar ausgeschlossen werden kann diese "Bereicherung" jedoch durch eventuelle Aus39 40

BT-Drucksache 6/3418, S. 64.

In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 47.

Vgl. oben: B.IV.l.bb)(I). Vgl. oben: B.rn.l.ce). 43 Vgl. hierzu: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 49. Fraglich ist, ob allein die Gegenüberstellung der Verkehrswerte entscheidend ist (so wohl: Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/3418, S.64; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 157; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 119; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 50) oder ob die Tatsache, daß das Vermögen nicht mehr frei verfügbar, sondern im Gesamtgut gebunden und mit der Haftung für Gesamtgutsverbindlichkeiten belastet ist, mitzubefÜcksichtigen ist (so: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 50; ders., DStR 1977, S. 363, 366 f.). 41

42

I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

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gleichsansprüche, welche dem das geringere Vennögen einbringenden Ehegatten gegen den anderen zustehen 44 • Solche Rechtsansprüche werden insbesondere dann vorliegen, wenn die Ehe bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft bereits eine gewisse Zeit bestanden hat: Haben die Ehegatten zuvor im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) gelebt, kommt ein Ausgleichsanspruch gemäß § 1378 Abs. 1 BGB in Betracht 45 . Aber auch andere Ansprüche aus Dienst- oder Arbeitsvertrag 46, aus Gesellschaftsvertrag 47, aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB48 (Zweckverfehlung) oder aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB49 sowie Ansprüche, die auf einer zwischen den Ehegatten getroffenen ausdrücklichen Abmachungen beruhen, sind denkbar. Ob sie tatsächlich bestehen, ist, unabhängig von den Behauptungen der Ehepartner, injedem einzelnen Fall genau zu eruieren; Rechtsprechung und Literatur nehmen dabei einen eher restriktiven Standpunkt ein. Liegt gleichwohl ein Anspruch des das geringere Vennögen in die Gütergemeinschaft einbringenden Ehegatten gegen den anderen vor, fehlt es schon objektiv an einer "Bereicherung"50, eine Steuerpflicht entsteht nicht. Obwohl somit eine rein objektive Fassung des § 7 Abs. I Nr. 4 ErbStG dem Ziel der Schenkungsteuer, die Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit beim Bedachten zu erfassen, relativ nahekommt, erscheint die Anerkennung eines subjektiven Tatbestandsmerkmals in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gleichwohl aus drei Gründen unerläßlich: Erstens werden häufig, auch wenn die Ehegatten das jedem von ihnen zustehende Vennögen gemeinsam erarbeitet haben, rechtlich verbindliche Ausgleichsansprüche nicht festzustellen sein. Dies kann auf dem Fehlen ausdrücklicher Abreden oder darauf beruhen, daß Rechtsprechung und Literatur der Bejahung eines Ausgleichsanspruchs eher zurückhaltend gegenüberstehen. Berücksichtigt man, daß der das geringere Vennögen in die Gütergemeinschaft einbringende Ehegatte sich den ihm nun zufließenden Vennögenszuwachs erarbeitet hat, er ihm also letztlich berechtigt zukommt, ist nicht einsichtig, warum die Steuer in diesen Fällen anfallen SOll51. Ein ähnlicher Fall ist gegeben, 44 Stehen dem Ehegatten, der das größere Vermögen in die Gütergemeinschaft eingebracht hat, Ausgleichsansprüche zu, so erhöhen diese die Bereicherung. 45 Vgl. hierzu: Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 109; Knobbe-Keuk in Festschrift für Bosch, S. 503 (510). Kritisch zur Möglichkeit, den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen: Knur in Festschrift für Barz, S. 475 (481). 46 BVerfGE Bd. 13, S. 290 (302) - m. w. N.; BGH FamRZ 1974, S. 89 (90); BFH HFR 1964, S.397 (398); RFH RStBl. 1931, S.675; Diederichsen in Palandt, BGB, § 1356 Anm. 4 c; Gernhuber, Familienrecht, § 20 III 4; Schwab, Familienrecht, Anm. 107 ff. 47 BGH FamRZ 1975, S. 35 (36 f.); 1961, S. 301 (302); BFH HFR 1964, S. 397 (398); Diederichsen in Palandt, BGB, § 1356 Anm. 4 d; Gernhuber, Farnilienrecht, § 20 III 3, 5,6; Schwab, Familienrecht, Anm. 110. 48 Schwab, Familienrecht, Anm. 109. 49 BFH HFR 1964, S. 397 (398); Schwab, Familienrecht, Anm. 109. 50 BFH HFR 1964, S. 397 (398); RFH RStBl. 1931, S. 675; Knobbe-Keuk in Festschrift für Bosch, S. 503 (510). 51 BFH HFR 1964, S. 397 (398); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 51.

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c. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

wenn der das geringere Vermögen einbringende Ehegatte mit der Eheschließung Unterhalts- und Versorgungsansprüche aus einer aufgelösten ersten Ehe verliert. Auch hier kann es, obwohl das objektive Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" zu bejahen ist, letztlich an einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit fehlen 52. Diesen Schwierigkeiten läßt sich nur begegnen, wenn man die Vorstellungen der Ehegatten, die zur Vereinbarung der Gütergemeinschaft geführt haben, im Rahmen der Besteuerung berücksichtigt: War Ziel der Ehepartner, den das geringere Vermögen einbringenden Ehegatten durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft für geleistete Mitarbeit oder für durch die Eheschließung verlorene Unterhalts- und Versorgungs ansprüche zu entschädigen, fallt die Steuer trotz Vorliegens des objektiven Tatbestandsmerkmals der "Bereicherung" nicht an. Nur indem man die Vorstellungen der Eheleute berücksichtigt, lassen sich auch (zweitens) Ungereimtheiten im Verhältnis von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zueinander vermeiden, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen: (27) A und B leben in Gütertrennung. Bist vennögenslos. A hat sein Vennögen während der Ehe unter Mitarbeit der B erzielt. Um B an den gemeinsam erarbeiteten Früchten zu beteiligen, wendet A sein halbes Vennögen der B zu. (28) A und B leben in Gütertrennung. Bist vennögenslos. A hat sein Vennögen während der Ehe unter Mitarbeit der B erzielt. Um B an den gemeinsam erarbeiteten Früchten zu beteiligen, vereinbaren A und B Gütergemeinschaft. In Fall (27) sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. I Nr. I ErbStG nicht erfüllt, da es auf seiten des A an dem für diese Vorschrift erforderlichen "Willen zur Unentgeltlichkeit" fehlt 53. In Fall (28) fiele dagegen, forderte man für § 7 Abs. I Nr. 4 ErbStG allein das Vorliegen einer "Bereicherung", Schenkungsteuer an. Ein sachlicher Grund für eine solch unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle ist nicht ersichtlich, was dafür spricht, auch im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG einen "Willen zur Unentgeltlichkeit" zu fordem 54 • Schließlich ist eine rein objektive Fassung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (drittens) nicht in der Lage, künftige Veränderungen im Vermögen eines Ehegatten angemessen zu berücksichtigen: Ist zu erwarten, daß der Ehegatte, der bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft das geringere Vermögen einbringt, in absehbarer Zeit ein größeres Vermögen z. B. durch Arbeit oder Erbschaft erwerben wird, scheint eine Besteuerung der ihm zunächst durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft zukommenden Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht angebracht. Denn da sein in Kürze zu erwartender Vermögenserwerb ebenfalls in das Gesamtgut einfließen wird, ist er durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft letztlich nicht oder nur um einen entsprechend geringeren Betrag berei52

53 54

Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 51.

Vgl. oben: B.lV.1.bb)(3).

In § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kann auf den "Willen zur Unentgeltlichkeit" nicht

verzichtet werden, vgl. oben: B.III.2.b).

I. § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

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chert 55 • Unbefriedigende Ergebnisse lassen sich auch hier velTIleiden, wenn man die Vorstellungen der Ehegatten mitberücksichtigt: Gehen diese davon aus, die von ihnen in absehbarer Zeit in die Gütergemeinschaft eingebrachten Leistungen seien gleichwertig, kann eine Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht erfolgen. Die genannten drei Gründe machen die Prüfung eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" auch im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erforderlich. Er ist gegeben, wenn 56 der das größere Vermögen in die Gütergemeinschaft einbringende Ehegatte es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gemacht hat, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Die Prüfung des "Willens zur Unentgeltlichkeit" in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG führt in allen genannten Fällen zu zufriedenstelIenden Ergebnissen: Die Absicht der Ehegatten, einen Ausgleich für geleistete Mitarbeit oder für den Verlust von Unterhalts- oder Versorgungsansprüchen zu schaffen, wird, gehen die Ehepartner subjektiv vom Vorliegen einer entsprechenden Verbindlichkeit aus, über das Merkmal "Tilgung einer Verbindlichkeit", sonst über das Merkmal der "Gegenleistung" berücksichtigt. Gleiches gilt für eventuelle, in Zukunft zu erwartende VelTIlögensentwicklungen bei einem Ehegatten. Auch zu Ungereimtheiten im Verhältnis von § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kommt es, wie gesehen, nicht, wenn man im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG einen "Willen zur Unentgeltlichkeit" fordert. Ob der "Wille zur Unentgeltlichkeit" gegeben ist, ist den Umständen des Einzelfalles zu entnehmen. Dabei trifft, da es sich beim"Willen zur U nentgeltlichkeit" um ein steuerbegründendes Tatbestandsmerkmal handelt, die objektive Beweislast grundsätzlich die Finanzbehörde. Differieren die von beiden Seiten eingebrachten VelTIlögensmassen stark und erweist sich der Vortrag der Ehepartner, warum ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft gleichwohl nicht vorgelegen habe, bei genauerem Nachprüfen als falsch, ist jedoch zugunsten der Finanzbehörde von einem ,,Anscheinsbeweis" betreffend den "Willen zur Unentgeltlichkeit" auszugehen. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist demgegenüber nicht Voraussetzung für die Besteuerung. Im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist das Vorliegen eines "Willens zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich, um gewisse Zuwendungen, die zwar unentgeltlich sind, gleichwohl aber wegen ihres spezifisch familienrechtlichen Bezugs nicht steuerwürdig erscheinen, von der 55 Berger, DVR 1986, S.34 (35); Crezelius, S. 173; Meincke DStR 1977, S.363 (366 f.); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (136). Vgl. auch: Fürnrohr, DStZ 1920, S. 170 (171). 56 Vgl. oben: B.IV.1.ba).

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C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Steuer auszunehmen 57. Im vorliegenden Fall hat sich der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich gegen die von der Rechtsprechung entwickelte Unterscheidung in "familienrechtliche" bzw. "erbrechtliche Wirkungen" der Vereinbarung von Gütergemeinschaft und damit für eine Besteuerung auch von Sachverhalten mit speziell familienrechtlichem Bezug ausgesprochen. Die Frage, ob im zu beurteilenden Sachverhalt ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist, darf daher in § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG nicht gestellt werden 58. 5. Ergebnis

Festhalten läßt sich: Voraussetzung für eine Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist zunächst das Vorliegen einer "Bereicherung". Um diese festzustellen, sind die von beiden Seiten in die Gütergemeinschaft eingebrachten Vermögenswerte zu vergleichen. Bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft bestehende Ansprüche der Eheleute gegeneinander sind zu verrechnen. Ob § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG neben dem objektiven Tatbestandsmerkmal der ,,Bereicherung" ein subjektives Tatbestandsmerkmal enthält, läßt sich weder dem Wortlaut und dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, noch der Gesetzesbegründung eindeutig entnehmen. Entscheidend ist daher der steuersystematische Zusammenhang, in dem § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steht: Danach ist für eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG neben dem objektiven Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" unerläßlich. Nur auf diese Weise lassen sich ungerechte Einzelergebnisse sowie Ungereimtheiten im Verhältnis von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zueinander vermeiden. Auf die von der Rechtsprechung zum alten Recht getroffene Unterscheidung in "erbrechtliche" bzw. "güterrechtliche Zuwendungen" soll es demgegenüber nach dem Willen des Gesetzgebers in Zukunft nicht mehr ankommen. Das Vorliegen eines "Willens zur schenkweisen Zuwendung" ist daher nicht erforderlich. Beweispflichtig für das Vorliegen von "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist die Finanzbehörde. Differieren die von beiden Seiten eingebrachten Vermögensmassen stark und erweist sich der Vortrag der Ehepartner, warum ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft gleichwohl nicht vorgelegen habe, als falsch, ist jedoch zugunsten der Finanzbehörde von einem "Anscheinsbeweis" betreffend den "Willen zur Unentgeltlichkeit" auszugehen.

Vgl. oben: B.VI.1.a). Ebenso: Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 51. Dieser Unterschied in den tatbestandlichen Voraussetzungen rechtfertigt auch die gesonderte Normierung von § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG neben § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. 57 58

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

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11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG Die Absätze 5 bis 7 des § 7 ErbStG wurden, ebenso wie § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, im Rahmen der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 neu in das Gesetz aufgenommen. Sie regeln die schenkungsteuerrechtliche Behandlung von Bereicherungen, die auf Grund bestimmter gesellschaftsvertraglicher Klauseln eintreten: 1. § 7 Abs. 5 ErbStG Daß die Zuwendung eines Gesellschaftsanteils an einer Personengesellschaft, läßt sie sich unter einen der in § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG genannten Tatbestände subsumieren, schenkungsteuerpflichtig ist, ist unbestritten 1. Bei der Prüfung der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen ist dabei grundsätzlich vom Verkehrswert der Beteiligung auszugehen 2. § 7 Abs. 5 ErbStG behandelt jene Fälle, in denen der Wert der zugewendeten Beteiligung dadurch eingeschränkt ist, daß der Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft und / oder im Falle seines vorherigen Ausscheidens nicht den Substanzwert seines Anteils, sondern allein den Buchwert erhalten soll, sogenannte "Buchwertklausel"3. § 7 Abs. 5 ErbStG lautet:

Ist Gegenstand der Schenkung eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, in deren Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, daß der neue Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft oder im Fall eines vorherigen Ausscheidens nur den Buchwert seines Kapitalanteils erhält, so werden diese Bestimmungen bei der Feststellung der Bereicherung nicht berücksichtigt. Soweit die Bereicherung den Buchwert des Kapitalanteils übersteigt, gilt sie als auflösend bedingt erworben. Die Beschränkung auf den Buchwert soll also bei der Festsetzung der Steuerpflicht zunächst keine Berücksichtigung finden. Zugrunde zu legen ist auch hier der volle Verkehrswert des geschenkten Anteils, wobei jedoch § 7 Abs. 5 S. 2 1 BFH BStBl. III 1963, S. 442; 1962, S. 502; 1959, S. 155; RFH RStBl. 1941, S. 854; 1939, S. 272; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 211; Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 35; Model, ErbStG, § 3 Anm. 20; Schulz, S. 221 (222 ff.); Schulze zur Wiesche, DStZ 1987, S. 339 ff.; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 11. Vgl. bereits oben: B.VI.2. 2 BFH BStBl. III 1959, S. 155; RFH RStBl. 1941, S. 854; 1939, S. 272; Schulz, S. 221 (222 ff.); Schulze zur Wiesche, DStZ 1987, S. 339 ff. 3 Ziel solcher Klauseln ist es im Regelfall, das Risiko bei Aufnahme eines neuen Gesellschafters zu begrenzen, eine mögliche Abf"mdung zu erleichtern oder die Gesellschaft vor zu weitgehendem Kapitalentzug zu schützen. Bei Familiengesellschaften wird es häufig darum gehen, den neuen Gesellschafter (Kinder, Nichten, Neffen etc.) voll am Gewinn zu beteiligen. Zur zivilrechtlichen Zulässigkeit von Abfindungsklauseln: BGR NJW 1979, S. 104; Schulz, S. 239 f.; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 180 - m. w. N. Zur Bedeutung von Abfindungsklauseln in der Praxis: Sudhoff (NJW 1975, S. 1673, 1676 f.) einerseits und Petzoldt (ErbStG, § 7 Anm. 182) bzw. Kapp (ErbStG, § 7 Anm. 176 - m. w. N.) andererseits.

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C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 1 ErbStG, § 5 Abs. 2 BewG unter gewissen Voraussetzungen eine spätere Rückgängigmachung der (zu hohen) Besteuerung ermöglicht. Was die genauen Voraussetzungen einer Besteuerung gemäß § 7 Abs. 5 ErbStG sind, ob § 7 Abs. 5 ErbStG insbesondere ein subjektives Merkmal enthält, ist unklar (c). Bevor eine Beantwortung dieser Frage versucht wird (d), sollen Rechtsprechung und Literatur zur schenkungsteuerlichen Behandlung von Buchwertklauseln vor dem Jahre 1974 (a) sowie die Gesetzesgeschichte (b) referiert werden:

a) Die schenkungsteuerliche Behandlung von "Buchwertklauseln " nach altem Recht Vor dem Jahre 1974 faßten Rechtsprechung 4 und Literatur 5 die schenkweise Beteiligung an einer Personengesellschaft unter den Tatbestand "Schenkung"6 bzw. den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung"7. Voraussetzung war, daß die im Rahmen dieser Tatbestände erforderlichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen im einzelnen Fall vorlagen. Neben dem Buchwert der Beteiligung wurden dabei die stillen Reserven stets mitberücksichtigt 8 • aa) War die geschenkte Beteiligung mit einer "Buchwertklausel" ausgestattet, unterschied die Rechtsprechung 9 wie folgt: Bezog sich die Klausel nur auf das freiwillige Ausscheiden des beschenkten Gesellschafters, nicht aber auf die Auflösung der Gesellschaft, legte sie der Besteuerung den Verkehrswert des geschenkten Anteils zugrunde. Galt die Buchwertklausel dagegen bei Ausscheiden und bei Auflösung gleichermaßen, ging die Rechtsprechung vom Buchwert des geschenkten Gesellschaftsanteils aus 10. Dem lag die Überlegung zugrunde, daß der neue Gesellschafter im zuletzt genannten Fall an den stillen Reserven der Gesellschaft regelmäßig keinen Anteil hat, während im zuerst genannten Fall zu erwarten ist, daß ihm die stillen Reserven über kurz oder lang zufließen. Diese Unter4 BFH BStBl. III 1963, S. 442; 1962, S. 502; 1959, S. 155; RFH RStBl. 1941, S. 854; 1939, S. 272. 5 Kapp / Ebeling, ErbStG, S. 108; Kipp, ErbStG, § 3 Anm. 211; Model, ErbStG, § 3 Anm.20. Vgl. auch: Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 35. 6 § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919; § 55 Abs. 1 ErbStG 1906. 7 § 3 Abs. 1 Nr.2 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919. 8 RFH RStBl. 1941, S. 854; 1939, S. 272; Kapp / Ebeling, S. 108. Konstruktiv ging die Rechtsprechung von zwei Schenkungen aus - einer Schenkung des Kapitalanteils und einer Schenkung des aus stillen Reserven bzw. offenen Rücklagen bestehenden Mehrwertes: BFH BStBl. III 1959, S. 155 (156); RFH RStBl. 1941, S. 854. 9 BFH BStBl. III 1959, S. 155; 1952, S. 176; RFH RStBl 1940, S. 953. Vgl. auch: RFHE Bd. 24, S. 142 (144). 10 Der daneben denkbare Fall, daß die Buchwertklausel zwar bei Auflösung der Gesellschaft, nicht aber bei freiwilligem Ausscheiden gilt, dürfte in der Praxis kaum vorkommen.

II. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

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scheidung betraf in erster Linie die Frage, ob objektiv eine "Bereicherung" vorliegt. Sie wirkte sich jedoch auch auf das für "Schenkung" wie "freigebige Zuwendung" erforderliche subjektive Merkmal aus: Galt die Klausel nicht für den Fall der Auflösung, wurde das subjektive Merkmal im Falle offen ausgewiesener Rücklagen im Regelfall vermutet!!: ,,Auch die subjektiven Voraussetzungen der Bereicherung haben die Vorinstanzen zutreffend bejaht. Der zur Annahme einer Schenkung notwendige Bereicherungswille ist erfüllt, wenn sich die Beteiligten bewußt sind, daß der Rechtsvorgang den Bedachten bereichert und diese Folge gewollt ist. Bei der Zusammensetzung des Mehrwertes, der zum weitaus größten Teil aus offen ausgewiesenen Rücklagen besteht, kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Zuwendung bewußt gemacht worden ist. Es besteht bei dem nahen Verwandtschaftsverhältnis auch kein Anlaß, an dem Willen der Schenker zu zweifeln, die stillen Reserven dem Bedachten zukommen zu lassen." Erwähnt werden muß daneben eine neuere Entscheidung des BFH aus dem Jahre 1971 zum Bewertungsrecht!2: "Diese Rechtsauffassung (sc. welche eine Zurechnung nach Liquidationsanteilen ablehnt und stattdessen auf die Vermögensanteile abstellt) ist darin begründet, daß bei einer fortbestehenden Personengesellschaft eine gedachte Vermögensaufteilung auf die Gesellschafter, die einer von der Gewinn- und Verlustverteilung abweichenden Regelung für den Liquidationsfall folgt, den Beteiligungsverhältnissen am Feststellungszeitpunkt nicht gerecht würde. Denn sie würde dazu führen, daß trotz des Fortbestehens der Gesellschaft ... die Zurechnung des Vermögens von Abwicklungserwägungen beeinflußt würde. Bei Fortbestehen der Gesellschaft hat jedoch die Gewinn- und Verlustbeteiligung die vorrangige Bedeutung ... Soweit in früheren Entscheidungen ... (BStBl. III 1959, S. 155) eine andere Auffassung vertreten worden ist, hält der Senat daran nicht mehr fest." Nach dieser Entscheidung haben Buchwertklauseln im Rahmen einer Besteuerung zunächst in jedem Fall außer Betracht zu bleiben, was auf eine Änderung der Rechtsprechung hindeuten könnte. Eine Entscheidung explizit zur schenkungsteuerrechtlichen Fragestellung ist seitdem jedoch nicht ergangen. ab) Die vom BFH zum Schenkungsteuerrecht getroffene Differenzierung je nach Ausgestaltung der Buchwertklausel fand Eingang in die Verwaltungspraxis 13. Und auch die überwiegende Literatur folgte ihr!4.

11 BStBI. III 1959, S. 155 (157). Vgl. auch: RFH RStBI. 1941, S. 854 (855). !2 BFH BStBI. II 1971, S.678 (680). Vgl. auch: BFH BStBl. 11 1982, S.2 (5 f.). Sowie: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 65; Schulz, S. 221 (236 f.). 13 Erlaß der Oberfmanzdirektion Koblenz vom 28. September 1955 - S 3810, BB 1955, S. 954. !4 Gutachten der Steuerreforrnkommission, S. 676 f.; Kapp, StbJb 1972/73, S.403 (412 ff.); Kapp / Ebeling, S. 108 f.; Megow, ErbStG, § 3 Anm. II. 10; Model, ErbStG, § 3 Anm. 26. Kritisch: Michel, DVR 1972, S. 65 f.

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

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b) Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 5 ErbStG Da die von der Rechtsprechung entwickelte Differenzierung die Gefahr in sich barg, daß die offenen Rücklagen und stillen Reserven im Wege der laufenden Gewinnausschüttung steuerfrei auf den Bedachten übertragen wurden 15, wurde im Jahre 1974 die Vorschrift des § 7 Abs. 5 ErbStG in das Gesetz aufgenommen. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu 16: "Die gegenüber dem geltenden Recht neuen Vorschriften der Absätze 5 und 6 dienen dem Zweck, ungerechtfertigte Steuervorteile durch die in ihnen dargelegten gesellschaftsvertraglichen Regelungen auszuschließen ... Die neuen Vorschriften wollen lediglich au schließen, daß a) die offenen und 1oder stillen Reserven auf einem steuerlich nicht erfaßbaren Umweg auf den Beschenkten übertragen werden. Dies kann zur Zeit dadurch erreicht werden, daß der Beschenkte zunächst nicht oder nur bedingt an den Reserven beteiligt wird, daß diese dann jedoch in den der Zuwendung folgenden Jahren nach und nach aufgelöst werden mit der Folge, daß sie dem Beschenkten über seine Gewinnbeteiligung anteilsmäßig zufließen; b) ... "

Entgegen der von der Rechtsprechung getroffenen Differenzierung sollten die offenen und stillen Reserven nach dem Willen des Gesetzgebers zukünftig also auch dann der Besteuerung unterfallen, wenn der Bedachte nach Gesellschaftsvertrag im Falle der Auflösung der Gesellschaft nur den Buchwert erhalten sollte. Dies stellt, auch wenn die den Buchwert der Beteiligung übersteigende Besteuerung gemäß § 7 Abs.5 S.2 ErbStG auflösend bedingt ist, eine Verschärfung gegenüber dem bis zum Jahre 1974 geltenden Recht dar l7 • c) Stellungnahmen zu § 7 Abs. 5 ErbStG

ca) Die vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 5 ErbStG getroffene Regelung 18 wird überwiegend kritisiert: Die Vorschrift sei systematisch falsch plaziert 19; eine unterschiedslose Besteuerung der stillen Reserven und offenen Rücklagen auch 15 Zur Möglichkeit, die Steuer zu umgehen, indem man die stillen Reserven auflöst und sie dem beschenkten Gesellschafter als Gewinn zuweist, vgl: v. Braunschweig, BB 1974, S. 1357 ff.; Moench, StbJb 1982/83, S. 375 (392); Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (138). Vgl. auch: Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Amn. 67. 16 BT-Drucksache 6/3418, S. 65. 17 Vgl.jedoch auch die oben referierte Entscheidung des BFH vom 2. Juli 1971: BFH BStBl. n 1971, S. 678. 18 v. Braunschweig, BB 1974, S. 1357; Gutachten der Steuerreforrnkommission, S. 676 f.; Kapp, StbJb 1972/73, S. 403 (413 f.); ders., ErbStG, § 7 Amn. 183; Knobbe / Keuk, StbJb 1978/79, S.413 (423 ff.); Meincke in Meincke 1Michel, ErbStG, § 7 Anm. 61. Zustimmend demgegenüber: Michel, DVR 1972, S. 65 f.; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (138). Rechtsprechung zu § 7 Abs. 5 ErbStG liegt soweit ersichtlich noch nicht vor. 19 Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 61.

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

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für den Fall, daß der neue Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft nur den Buchwert erhält, verstoße gegen den Bereicherungsgrundsatz 20 etc. cb) Auf die Frage, was die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 7 Abs. 5 ErbStG sind, insbesondere ob für die Besteuerung der offenen Rücklagen und stillen Reserven das Vorliegen eines subjektiven Merkmals erforderlich ist, geht die überwiegende Zahl der Literaturstimmen nicht ein. Meist wird allein betont, daß der Gesellschaftsanteil stets in voller Höhe, also inclusive der offenen und stillen Reserven, als erworben gilt 21 • Eine Ausnahme stellen die Ausführungen von Beinert 22 , M eincke 23 und Schulze-Osterloh 24 dar, die sich zu Systematik und Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 ErbStG wie folgt äußern: Schulze-Osterloh 25 sieht in § 7 Abs. 5 ErbStG einen eigenständigen Tatbestand zur steuerlichen Erfassung der stillen Reserven bei schenkweiser Zuwendung eines Gesellschaftsanteils. Wie bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seien ,,Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" erforderlich. Diese würden jedoch vom Gesetz hinsichtlich der stillen Reserven unterstellt. Nach Meincke 26 setzt die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 5.ErbStG das Vorliegen einer "Schenkung" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG voraus. Da von den in § 7 Abs. 1 Nr. 110 ErbStG genannten Tatbeständen meist § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht käme, sei auch für § 7 Abs. 5 ErbStG im Regelfall das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" erforderlich. Seien diese Voraussetzungen gegeben, regle § 7 Abs. 5 ErbStG lediglich die Bereicherungshöhe und gehöre so eigentlich in den Zusammenhang der §§ 10 ff. ErbStG. Nach Beinert 27 soll § 7 Abs. 5 ErbStG nur dann zur Anwendung kommen, wenn der durch die Buchwertklausel beschränkte Gesellschaftsanteil "unentgeltlich" übertragen, nicht aber, wenn er in Höhe des Buchwertes "entgeltlich" erworben wurde. d) Voraussetzungen einer auf § 7 Abs. 5 ErbStG gestützten Besteuerung

Bei der Frage, was die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 7 Abs. 5 ErbStG sind, sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden. 20 Gutachten der Steuerreformkommission, S. 676 f.; Kapp, StbJb 1972/73, S.403 (413 f.); ders. , ErbStG, § 7 Anm. 183. 21 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 176 ff.; Knobbe-Keuk, StbJb 1978/79, S.413 (424 f.); Lang, J. in Tipke 1Lang, Steuerrecht, S. 464; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 195; ders. , StbJb 1982/83, S. 375 (391 ff.); Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 184. 22 StbJb 1974/75, S. 189 (212). 23 In Meincke 1Michel, ErbStG, § 7 Anm. 61 f. 24 StuW 1977, S. 122 (138). 25 StuW 1977, S. 122 (138). 26 In Meincke/Michel, ErbStG, § 7 Anm. 61 f. Im Anschluß an Meincke: Schutz, S. 221 (237). 27 StbJb 1974/75, S. 189 (212). Kritisch gegenüber Beinert: Knobbe-Keuk, StbJb 1978/79, S. 413 (424 f.); Moench, ErbStG, § 7 Anm. 203.

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c.

Sonstige Schenkungsteuertatbestände

da) Vom Gesetzgeber in erster Linie ins Auge gefaßt waren jene Fälle, in denen ein Gesellschaftsanteil ohne Entgelt oder zu einem geringeren Entgelt als dem Buchwert übertragen wird. Voraussetzung für eine Besteuerung ist hier dem Wortlaut des § 7 Abs.5 ErbStG zufolge das Vorliegen einer "Schenkung". Von den in § 7 Abs. 1 Nr. 110 ErbStG genannten Tatbeständen wird dabei der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" am ehesten in Betracht kommen: Im Rahmen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist zu prüfen, ob ausgehend vom Buchwert der Beteiligung die Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" erfüllt sind 28. Ist dies der Fall, bestimmt § 7 Abs.5 ErbStG, daß, unabhängig von eventuellen Buchwertklauseln, der Besteuerung auch die offenen und stillen Reserven, welche auf die Beteiligung entfallen, zugrunde zu legen sind. Die Bedeutung des § 7 Abs. 5 ErbStG beschränkt sich in diesem Fall auf die Wertermittlung 29 • db) Schwieriger ist die Lösung jener Fälle, in denen der neue Gesellschafter ein Entgelt entrichtet, welches dem Buchwert seiner Beteiligung entspricht oder doch recht nahekommt. Folgt man der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden allgemeinen Zielsetzung des Gesetzgebers, die in der Vereinbarung von Buchwertklauseln liegende Gefahr einer Umgehung der Schenkungsteuer weitgehend zu vermeiden und die beim neuen Gesellschafter eintretende Bereicherung zu erfassen, wäre es naheliegend, die Bereicherung, welche dem neuen Gesellschafter durch den Erwerb der Beteiligung in Form von offenen und / oder stillen Reserven zufließt, ohne weiteres der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Es ist jedoch sehr fraglich, ob der Gesetzgeber eine solche, rein objektive Interpretation des § 7 Abs. 5 ErbStG tatsächlich gewollt hat, da er die vorliegende Fallkonstellation offensichtlich nicht bedacht hat. Diese Deutung steht denn auch in Widerspruch zum Wortlaut des § 7 Abs. 5 ErbStG, welcher das Vorliegen einer "Schenkung" voraussetzt. Danach ist auch in· den vorliegenden Fällen zu prüfen, ob für die Differenz zwischen geleistetem Entgelt und Verkehrswert der Beteiligung die Voraussetzungen eines der in § 7 Abs. 1 Nr. 1- 10 ErbStG genannten Tatbestände erfüllt sind. Für den, meist in Betracht kommenden, Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" ist zu fragen, ob der neue Gesellschafter objektiv "bereichert" ist und ob der Zuwendende mit einem "Willen zur Unentgeltlichkeit" und einem "Willen zur schenkweisen Zuwendung" gehandelt hat. Die Tatsache, daß der neue Gesell28 "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" und, da es sich um eine Zuwendung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts handelt, "Wille zur schenkweisen Zuwendung"; vgl. oben: B.VI.2. 29 So auch: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 61. Im Anschluß an Meincke: Schutz, S.221 (237). Im Ergebnis ebenso: Schulze-Osterloh (StuW 1977, S. 122, 138), der in Hinblick auf die offenen Rücklagen bzw. stillen Reserven von einer (fingierten) eigenständigen steuerpflichtigen Schenkung ausgeht.

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

205

schafter auf Grund der Buchwertklausel bei Auflösung der Gesellschaft allein den Buchwert seines Anteils erhalten soll, hat bei dieser Prüfung nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers außer Betracht zu bleiben. Liegen die Voraussetzungen einer "Schenkung" vor, sind der Besteuerung die offenen und/ oder stillen Reserven in voller Höhe zugrunde zu legen 30. e) Ergebnis

Wird die mit einer Buchwertklausel verbundene Beteiligung an einer Personengesellschaft ohne - oder gegen ein den Buchwert unterschreitendes - Entgelt "geschenkt" (§ 7 Abs. 1 Nr. 1- 10 ErbStG), regelt § 7 Abs. 5 ErbStG die Art und Weise der steuerlichen Wertermittlung: Offene Rücklagen und / oder stille Reserven sind unabhängig von der Ausgestaltung der Buchwertklausel in voller Höhe mitzuberücksichtigen. Erreicht das vorn neuen Gesellschafter erbrachte Entgelt (annähernd) den Buchwert der Beteiligung, ist zu prüfen, ob die Zuwendung der Differenz zwischen geleistetem Entgelt und Verkehrswert der Beteiligung die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" oder eines anderen der in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG genannten Tatbestände erfüllt. Dabei hat die Tatsache, daß eine Buchwertklausel vereinbart wurde, nach der vorn Gesetzgeber in § 7 Abs. 5 ErbStG getroffenen Entscheidung subjektiv wie objektiv außer Betracht zu bleiben. § 7 Abs. 5 ErbStG wirkt sich hier auf den Tatbestand und auf die Wertermittlung aus. 2. § 7 Abs. 6 ErbStG

§ 7 Abs. 6 ErbStG regelt die schenkungsteuerliehe Behandlung von Fällen, in denen ein Gesellschaftsanteil mit einern für seinen Inhaber besonders günstigen Gewinnverteilungsschlüssel 31 ausgestattet wird. § 7 Abs. 6 ErbStG lautet:

"Wird eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die insbesondere der Kapitaleinlage, der Arbeits- oder der sonstigen Leistung des Gesellschafters für die Gesellschaft nicht entspricht oder die einem fremden Dritten üblicherweise nicht eingeräumt würde, so gilt das Übermaß an Gewinnbeteiligung als selbständige Schenkung, die mit dem Kapitalwert anzusetzen ist." Die Ausstattung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer übermäßigen Gewinnbeteiligung soll demnach als "selbständige Schenkung" gelten. 30 Hier wirkt sich § 7 Abs. 5 ErbStG also sowohl auf den Tatbestand, wie auch auf die Wertermittlung aus. Gegen eine Anwendung des § 7 Abs.5 ErbStG auf Fälle der vorliegenden Art: Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (212). 31 Vgl. hierzu: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 70.

206

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Was die genauen Voraussetzungen einer auf § 7 Abs.6 ErbStG gestützten Besteuerung sind, ob insbesondere das Vorliegen eines subjektiven Merkmals erforderlich ist, ist umstritten (c). Bevor eine Beantwortung dieser Frage versucht wird (d), sollen zunächst Rechtsprechung und Literatur zum Rechtszustand vor dem Jahre 1974 untersucht (a) sowie die Gesetzesgeschichte dargestellt werden (b).

a) Rechtsprechung und Literatur zum Rechtszustand vor dem 1. Januar 1974 aa) Die Rechtsprechung des RFH32 zur Ausstattung von Gesellschaftsanteilen mit einem günstigen Gewinnverteilungsschlüssel ähnelte der heutigen Gesetzeslage. Wurde bei Zuwendung eines Gesellschaftsanteils dieser zugleich mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung versehen, sah der RFH hierin zwei getrennte schenkungsteuerliche Vorgänge, wobei er für jeden dieser Vorgänge gesondert das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von "Schenkung"33 bzw. "freigebiger Zuwendung"34 prüfte. Waren, was in der Mehrzahl der entschiedenen Fälle gegeben ist 35, die Voraussetzungen von "Schenkung" bzw. "freigebiger Zuwendung" in Hinblick aufbeide Vorgänge erfüllt, sah der RFH den Gesellschaftsanteil unter Zugrundelegung des tatsächlichen Geschäftswertes als geschenkt an. Daneben erblickte er in der gleichzeitigen Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung ein selbständiges schenkungsteuerpflichtiges Rechtsgeschäft 36. Durch die Aufteilung des Vorgangs in zwei Rechtsgeschäfte sollte erstens verhindert werden, daß durch eine alleinige Besteuerung der geschenkten Beteiligung Schenkungsteuer umgangen wird. Zweitens sollte die getrennte Besteuerung der Tatsache Rechnung tragen, daß nur die erhöhte Gewinnbeteiligung geschenkt war, der der erhöhten Gewinnbeteiligung entsprechende Gesellschaftsanteil aber weiterhin in den Händen der anderen Gesellschafter verblieb. Allein im Jahre 1940 hatte der RFH37 über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Vater einen Gesellschaftsanteil entgeltlich auf den Sohn übertragen und dem Sohn gleichzeitig - insoweit ohne unmittelbare finanzielle Gegenleistung eine erhöhte Gewinnbeteiligung eingeräumt hatte. Der RFH prüfte hier an Hand von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1925, ob in Hinblick auf die erhöhte Gewinnbeteiligung eine "freigebige Zuwendung" gegeben ist: Er kam zu dem Ergebnis, daß 32 RStBI. 1942, S. 1093; 1941, S. 70; 1935, S. 1155. 33 § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919; § 55 Abs. 1 ErbStG

1906. 34 § 3 Abs. 1 Nr.2 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S.2 ErbStG 1919.

35 RStBI. 1942, S. 1093; 1935, S. 1155. 36 Die Gewinnbeteiligung war dabei in bestimmter Weise (§ 16 Abs. 2 RBewG) zu kapitalisieren. Vgl. die Ausführungen in: RFH RStBl. 1942, S. 1093. 37 RStBI. 1941, S. 71 (72).

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

207

insoweit weder "Bereicherung", noch "Bereicherungswille" vorlagen, was eine Besteuerung ausschloß. Denn die vom Sohn zu erbringende Mitarbeit entsprach nach Ansicht des BFH der erhöhten Gewinnbeteiligung 38 . Der BFH39 hatte allein solche Fälle zu entscheiden, in denen bereits die Zuwendung des Gesellschaftsanteils selbst die Voraussetzungen von "Schenkung" bzw. "freigebiger Zuwendung" erfüllte. Dabei nahm er die Rechtsprechung des RFH nicht auf, sondern ging, ohne hierfür eine Begründung zu geben, davon aus, daß es sich bei der Zuwendung eines Gesellschaftsanteils, der zugleich mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet wird, um einen einheitlichen rechtsgeschäftlichen Vorgang handle. Die gleichzeitige unentgeltliche Einräumung eines erhöhten Gewinnanteils sei ein 40: "werterhöhender Umstand bei der unentgeltlichen Einräumung eines Kapitalanteils."

Die Wertermittlung des mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestatteten Gesellschaftsanteils erfolgte zunächst mit Hilfe eines Zuschlags gemäß § 14 Abs.l BewG a. F.41. Später 42 ging der BFH dazu über, den Wert durch ein Ineinandergreifen von Substanzwert und Ertragsaussichten zu ermitteln 43. ab) Die Literatur stand der neuen Rechtsprechung des BFH wegen praktischer Schwierigkeiten, die sie mit sich brachte, kritisch gegenüber 44 • b) Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 6 ErbStG

Diese praktischen Schwierigkeiten wollte der Gesetzgeber des Jahres 1974 durch die Aufnahme des § 7 Abs. 6 ErbStG in das Gesetz beseitigen. In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt 45 : "Die gegenüber dem geltenden Recht neuen Vorschriften der Absätze 5 und 6 dienen dem Zweck, ungerechtfertigte Steuervorteile durch die in ihnen dargelegten gesellschaftsvertraglichen Regelungen auszuschließen ... Die neuen Vorschriften wollen lediglich ausschließen, daß 38 RStBl. 1941, S. 71 (72): ,,In der heutigen Wirtschaft steht nicht das Kapital, sondern die persönliche Leistung im Vordergrund." 39 BStBl. 11 1969, S. 653 (655 f.); III 1962, S. 323 (325). Vgl. auch: BFH BStBl. 11 1973, S. 14 (15). 40 BStBl. III 1962, S. 323 (325) Hervorhebungen starnrnen vom Verfasser. 41 BStBl. III 1962, S. 323 (325). 42 BStBl. 11 1969, S. 653 ff. 43 Der Wert des Gesellschaftsanteils sollte auf der Grundlage des Substanzwerts ermittelt werden. Daneben sollten die Ertragsaussichten nach Maßgabe des gemeinen Wertes im Sinne des § 9 BewG in Ansatz gebracht werden. 44 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 186; Kapp I Ebeling, ErbStG, S. 111 f.; Müller, DStR 1974, S. 363 (371). 45 BT-Drucksache 6/3418, S. 65.

c. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

208 a)

b) dem Beschenkten über eine erhöhte Gewinnbeteiligung eine zusätzliche Neubildung von Vermögen zu Lasten des Schenkers ermöglicht wird, ohne daß dieser in der erhöhten Gewinnbeteiligung liegende Vermögensvorteil steuerlich angemessen erfaßt werden kann. . .. . . . Die hierzu nach der Rechtsprechung anzuwendende Bewertungsmethode ist kompliziert und wegen ihrer Abhängigkeit von den genauen Werten der einzelnen Gesellschaftsrechte nur schwer zu praktizieren. Die vorgesehene Regelung ermöglicht und gewährleistet demgegenüber eine genaue und damit gerechte Erfassung der in der weiteren Vermögensbildungsmöglichkeit liegenden zusätzlichen Bereicherung." c) Stellungnahmen zu § 7 Abs. 6 ErbStG

ca) Die vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 6 ErbStG getroffene Regelung wird vielfach kritisiert 46: Die Vorschrift trage zur Vereinfachung der Besteuerung nicht bei, sei unklar gefaßt, ordne sich nicht in die schenkungsteuerliche Systematik ein etc. cb) Wann bei Einräumung einer erhöhten Gewinnbeteiligung die Voraussetzungen einer Besteuerung erfüllt sind, ob insbesondere das Vorliegen eines subjektiven Merkmals erforderlich ist, wird nicht klar. Dies beruht darauf, daß sowohl Anwendungsbereich, als auch systematische Bedeutung von § 7 Abs. 6 ErbStG umstritten sind. § 7 Abs. 6 ErbStG wird als "lex specialis" gegenüber § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG47, als ,,zerlegungsvorschrift"48 oder als "Wertermittlungsvorschrift" 49 bezeichnet. Nach Schulze-Osterloh 50 kommt § 7 Abs. 6 ErbStG die Aufgabe zu, den Nachweis bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu erleichtern. Die Auswirkungen dieser unterschiedlichen Ansichten lassen sich am besten an Hand der vier in diesem Zusammenhang diskutierten Grundfälle 51 darstellen: Erfüllt die Übertragung eines Gesellschaftsanteils die Voraussetzungen eines der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 - 10 ErbStG genannten Tatbestände, wobei meist der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" in Betracht kommen wird, und wird der Gesellschaftsanteil zugleich ohne weitere Gegenleistung mit einer überhöhten 46 Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (215); v. Braunschweig, BB 1974, S. 1357 ff.; Crezelius, BB 1980, S. 1481 ff.; Kapp, ErbStG § 7 Anm. 187; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 69. Vgl. auch: Schulze zur Wiesche, DStZ 1987, S. 339 (343). Rechtsprechung zu § 7 Abs. 6 ErbStG liegt soweit ersichtlich noch nicht vor. 47 Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (217 f.); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (336). 48 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f. 49 Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 227; Troll, ErbStG, § 7 Anm. 66 a.E. 50 StuW 1977, S. 122 (138 f.). 51 Vgl. zu dieser Einteilung: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 211; Schild, S. 106; SchulzeOsterloh, StuW 1977, S. 122 (138).

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

209

Gewinnbeteiligung ausgestattet, ist das Übermaß an Gewinnbeteiligung nach einhelliger Ansicht 52 gemäß § 7 Abs. 6 ErbStG als selbständiger schenkungsteuerpflichtiger Sachverhalt mit dem Kapitalwert zu besteuern. Dabei geht M eincke 53 davon aus, daß § 7 Abs. 6 ErbStG einen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG insgesamt schenkungsteuerpflichtigen Vorgang in zwei schenkungsteuerpflichtige Vorgänge "zerlegt". Nach Schulze-Osterloh 54 kommt § 7 Abs.6 ErbStG daneben die Aufgabe zu, der Finanzbehörde den Nachweis der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG betreffend die Zuwendung des erhöhten Gewinnanteils zu erleichtern. Nach Tillmann 55 sind Grundlage für eine Besteuerung der Übertragung eines Gesellschaftsanteils die in § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG genannten Tatbestände. Grundlage für eine Besteuerung der Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung dagegen soll § 7 Abs. 6 ErbStG selbst sein. Erfüllt die Übertragung eines Gesellschaftsanteils die Voraussetzungen des Tatbestandes der "freigebigen Zuwendung"56 und ist der Gesellschaftsanteil aber bereits zuvor mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet, soll nach einem Teil der Literatur 57 § 7 Abs. 6 ErbStG ebenfalls zur Anwendung kommen. Nach Meincke 58 "zerlegt" auch hier § 7 Abs. 6 ErbStG einen einheitlichen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG schenkungsteuerpflichtigen Vorgang in zwei selbständige "Schenkungen". Angeführt wird auch der Zweck der Vorschrift sowie die Tatsache, daß gegenüber den zuerst besprochenen Fällen ein Unterschied nicht bestehe. Die Gegenansicht in der Literatur 59 will § 7 Abs. 6 ErbStG nicht zur Anwendung kommen lassen. Nach Tillmann 60 handelt es sich bei § 7 Abs.6 ErbStG um einen "Ausnahmetatbestand" gegenüber § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, der eng auszulegen sei. Der vorliegende Fall aber werde vom Wortlaut der Vorschrift ("wird" ausgestattet) nicht gedeckt. Ob und, wenn ja, wie diese Gegenansicht den vorliegenden Sachverhalt der Schenkungsteuer unterwerfen will, wird nicht klar. Tillmann 61 will ihn wohl einheitlich unter die § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG subsumieren. 52 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72; Schild, S. 106; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (138 f.); Tillmann, StbKongreßRep, S. 309 (336 f.). 53 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f. So wohl auch: Schulze zur Wiesche, DStZ 1987, S. 339 (343). 54 StuW 1977, S. 122 (138 f.). 55 StbKongreßRep 1975, S. 309 (336 f.). 56 Ausreichend ist auch das Vorliegen eines der anderen in § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG genannten Tatbestände. 57 Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 190.9; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 211; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 227; Schulz, S. 221 (231); Troll, § 7 Anm. 66. Offen: Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (138 f.). Kritisch: Crezelius, BB 1980, S. 1481 (1482). 58 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f. 59 Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (217); v. Braunschweig, BB 1974, S. 1357 (1358 f.); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (336). 60 StbKongreßRep 1975, S. 309 (336). 61 StbKongreßRep 1975, S. 309 (336).

14 Klein-Blenkers

210

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Erwirbt jemand einen Gesellschaftsanteil gegen Entgelt und wird ihm aus diesem Anlaß - insoweit ohne unmittelbare Gegenleistung - eine erhöhte Gewinnbeteiligung eingeräumt, geht Beinert 62 , anknüpfend an den Wortlaut des § 7 Abs.6 ErbStG, ohne weiteres von einer Schenkungsteuerpflicht betreffend die erhöhte Gewinnbeteiligung aus. Die überwiegende Ansicht 63 in der Literatur will § 7 Abs. 6 ErbStG demgegenüber nicht anwenden und stattdessen die allgemeinen Voraussetzungen der § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG prüfen. Denn nach Meincke 64 setzt die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 6 ErbStG das Vorliegen einer "Schenkung" voraus, gegenüber der die Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung ein "selbständiges" Rechtsgeschäft sein kann. Tillmann 65 will auch hier den "Ausnahmetatbestand" des § 7 Abs. 6 ErbStG eng auslegen 66. Ähnlich ist die Situation schließlich, wenn einem Altgesellschafter durch Änderung des Gesellschaftsvertrages ein erhöhter Gewinnanteil zugewiesen bzw. ein bereits bestehender erhöhter Gewinnanteil durch Gesellschaftsvertrag weiter erhöht wird. Die Anwendung des § 7 Abs. 6 ErbStG wird hier teilweise 67 mit den bereits zuvor erwähnten Argumenten abgelehnt, teilweise 68 wird eine auf § 7 Abs.6 ErbStG gestützte Besteuerung ohne weitere Voraussetzungen bejaht. d) Voraussetzungen einer Besteuerung der zuvor behandelten vier Fallgruppen

da) Sieht man den Satz des Gesetzgebers 69: "Die neuen Vorschriften wollen lediglich ausschließen, ... daß dieser in der erhöhten Gewinnbeteiligung liegende Vermögensvorteil (sc. nicht) steuerlich angemessen erfaßt werden kann." als entscheidenden Grund für die Schaffung des § 7 Abs. 6 ErbStG an und berücksichtigt man außerdem, daß Erbschaft- wie Schenkungsteuer auf dem "Bereicherungsgedanken" beruhen, wäre es folgerichtig, alle vier zuvor behandelten Grundfälle ohne weiteres gemäß § 7 Abs. 6 ErbStG zu besteuern. Denn in Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (217). Wohl auch: Moench, ErbStG, § 7 Anm. 211. Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72; Schild, S. 107; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (138); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (337 f.). 64 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f. 65 StbKongreßRep 1975, S. 309 (337 f.). 66 Außerdem angeführt wird der Wortlaut der Vorschrift sowie die Gesetzesgeschichte. 67 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f.; Schild, S. 107; SchulzeOsterloh, StuW 1977, S. 122 (138 f.); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (337 f.). 68 Beinert, StbJb 1974/75, S. 189 (217); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 190.9; Moench, ErbStG, § 7 Anm. 211; Schulz, S. 221 (231); Troll, ErbStG, § 7 Anm. 66. Vgl. auch aus der Verwaltung: ,,Ergebnis aus der Besprechung der Erbschaftsteuerreferenten der obersten Finanzbehörden der Länder" vom 6. Juni 1977 (DB 1977, S. 1437) sowie ,,Erlaß des niedersächsischen Finanzministers" vom 12. August 1977 (DB 1977, S. 1824). 69 BT-Drucksache 6/3418, S. 65. 62 63

H. § 7 Abs. 5,6 und 7 ErbStG

211

keinem der vier genannten Fälle erbringt der Bedachte eine Gegenleistung für die ihm zugewandte Gewinnbeteiligung - in allen vier Fällen ist er um die erhöhte Gewinnbeteiligung objektiv bereichert. db) Andererseits ist, wie gesehen, bei den in engem Zusammenhang mit § 7 Abs. 6 ErbStG stehenden Tatbeständen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und § 7 Abs. 5 ErbStG das Vorliegen eines besonderen subjektiven Merkmals Voraussetzung der Besteuerung. Daß der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 7 Abs. 6 ErbStG von dieser Linie abweichen und in § 7 Abs. 6 ErbStG allein das Vorliegen einer Bereicherung zur Voraussetzung der Besteuerung machen wollte, erscheint unwahrscheinlich. Es ging ihm vielmehr allein darum, die als zu kompliziert empfundene einheitliche Bewertungsmethode des BFH70 durch eine einfachere und gerechtere zu ersetzen. Die Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung sollte als "selbständige Schenkung" angesehen werden. Für die vorne behandelten Grundfälle bedeutet dies: Wird ein Gesellschaftsanteil in gemäß § 7 Abs. 1-10 Nr. 1 ErbStG71 schenkungsteuerpflichtiger Weise zugewendet und dabei zusätzlich mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet (erster Grundfali), "zerlegt" - wie Meincke 72 sagt - § 7 Abs. 6 ErbStG den Sachverhalt für die Besteuerung in zwei Schenkungen. Die Zuwendung des Gesellschaftsanteils ist nach den allgemeinen Voraussetzungen, die Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung mit dem Kapitalwert zu besteuern. Gleiches gilt, wenn ein in schenkungsteuerrechtlich relevanter Weise übertragener Gesellschaftsanteil bereits mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet ist (zweiter Grundfall). Zwar "wird" der Gesellschaftsanteil hier nicht neu mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet, sondern "ist" es bereits. Gleichwohl schreibt § 7 Abs. 6 ErbStG auch hier, wie im ersten Grundfall, eine ,,zerlegung" vor: Zum einen wird aus der Gesetzesfassung nicht deutlich, auf welchen Zeitpunkt "wird ... ausgestattet" abstellt. Zum anderen hat der BFH, dessen Rechtsprechung der Gesetzgeber korrigieren wollte, bis zum Jahre 1974 allein solche Fälle entschieden, in denen die Zuwendung des Gesellschaftsanteils und eine Neuausstattung mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung zusammenfielen. Es ist daher denkbar, daß der Gesetzgeber die vorliegenden Sachverhaltsgestaltungen nicht bedacht hat. In diesem Fall aber wäre § 7 Abs. 6 ErbStG entsprechend anwendbar. Denn wirtschaftlich ist es gleichgültig, ob die erhöhte Gewinnbeteiligung bereits besteht oder erst bei Zuwendung eingeräumt wird - die beim neuen Gesellschafter eintretende Bereicherung ist die gleiche. 70 BFH BStBI. 11 1969, S. 653; m 1962, S. 323. Vgl. oben: C.II.2.a). 71 Ist § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG einschlägig, sind in Hinblick auf den Gesellschaftsanteil

,,Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich. Denkbar ist auch eine "gemischte Schenkung" des Gesellschaftsanteils. 72 In Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f. 14*

212

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Auf den dritten und vierten Grundfall ist § 7 Abs. 6 ErbStG demgegenüber nicht anwendbar: Erfolgt die Zuwendung des Gesellschaftsanteils entgeltlich, kann allenfalls in der Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung ein schenkungsteuerpflichtiger Tatbestand liegen. In diesem Fall aber besteht für eine ,,zerlegung" in zwei selbständige "Schenkungen" kein Anlaß. Für die erhöhte Gewinnbeteiligung ist vielmehr nach den allgemeinen Voraussetzungen zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines der in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG genannten Tatbestände, meist wird dies der Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" sein, vorliegen. Gleiches gilt, wenn einem Altgesellschafter durch Änderung des Gesellschaftsvertrages ein erhöhter Gewinnanteil zugewiesen bzw. ein bereits bestehender erhöhter Gewinnanteil durch Gesellschaftsvertrag weiter erhöht wird. Auch hier ist eine "Zerlegung" nicht erforderlich, die Zuwendung der (weiteren) erhöhten Gewinnbeteiligung ist an Hand von § 7 Abs. 1 Nr. 1- 10 ErbStG allgemein auf ihre Schenkungsteuerpflichtigkeit hin zu überprüfen. Für diese Auslegung spricht auch der Wortlaut des § 7 Abs. 6 ErbStG, da eine "Schenkung", neben der die Erhöhung der Gewinnbeteiligung "selbständig" sein könnte, in diesen Fällen nicht gegeben ist 73. e) Ergebnis Erfüllt die Übertragung einer Gesellschaftsbeteiligung die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" oder eines anderen der in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG genannten Tatbestände und wird die Gesellschaftsbeteiligung dabei zugleich mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet oder ist sie es bereits, so zerlegt § 7 Abs. 6 ErbStG diese einheitliche Schenkung in zwei Schenkungen. Die Zuwendung des Gesellschaftsanteils ist nach den allgemeinen Voraussetzungen, die Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung mit dem Kapitalwert zu besteuern. Wird der Gesellschaftsanteil selbst entgeltlich übertragen oder wird einem Altgesellschafter durch Änderung des Gesellschaftsvertrages ein erhöhter Gewinnanteil zugewiesen bzw. ein bereits bestehender erhöhter Gewinnanteil weiter erhöht, richtet sich die Steuerpflichtigkeit der Einräumung der erhöhten Gewinnbeteiligung nach den allgemeinen Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" oder eines der anderen der in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG genannten Tatbestände. § 7 Abs. 6 ErbStG ist de-Iege-Iata nicht einschlägig. 3. § 7 Abs. 7 ErbStG

Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft zu Lebzeiten führt im Regelfall zur Auflösung der Gesellschaft 74 • Abweichend hiervon 73

So auch: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 72 f.

H. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

213

kann im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, daß die Gesellschaft bei Ausscheiden eines Gesellschafters zu Lebzeiten fortbestehen und der Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters den anderen Gesellschaftern oder der Gesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung anwachsen soll (sogenannte ,,Abfindungsklausel") 75. § 7 Abs. 7 ErbStG 76 bestimmt für diesen Fall: Als Schenkung gilt auch der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt.

Soweit der gemäß § 12 ErbStG zu errechnende Wert des Gesellschaftsanteils den Abfindungsanspruch übersteigt 77 , "gilt" die Bereicherung der Gesellschaft bzw. der anderen Gesellschafter demnach als "Schenkung". Dabei erfaßt § 7 Abs. 7 ErbStG im Gegensatz zu § 7 Abs. 5 und 6 ErbStG nicht die Bereicherung eines neuen Gesellschafters, sondern die Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter bzw. der Gesellschaft. Ob Voraussetzung für eine Besteuerung gemäß § 7 Abs. 7 ErbStG das Vorliegen eines subjektiven Merkmals ist, ist umstritten (c). Bevor eine Beantwortung dieser Frage versucht wird (d), soll jedoch zunächst über die schenkungsteuerliche Behandlung von "Abfindungsklauseln" nach altem Recht (a) sowie über die Entstehung von § 7 Abs. 7 ErbStG (b) berichtet werden.

a) Die steuerrechtliche Behandlung von "Abjindungsklauseln" nach altem Recht aa) Vor dem Jahre 1974 unterwarf die Rechtsprechung 78 Fälle der vorliegenden Art dem Tatbestand der "Schenkung"79 bzw. der "freigebigen Zuwendung"80, wenn die insoweit erforderlichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen gegeben waren. 74

Vgl.: § 723 BGB; § 138 HGB.

75 Zur zivilrechtlichen Zulässigkeit von Abfindungsklauseln: BGH DB 1985, S. 167; NJW 1973, S. 651 f.; Petzoldt, ErbStG, § 7 Anm. 97. 76 Der Parallelfall der Anwachsung bei Tod eines Gesellschafters ist in § 3 Abs. 1

Nr. 2 S. 2 ErbStG geregelt. Vgl. unten: D.H.2. 77 Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Abfindungsanspruch im Interesse der Erhaltung des Unternehmens auf den Buchwert des Gesellschaftsanteils beschränkt ist. 78 BFH BStBl. III 1953, S. 199; RFH RStBl. 1939, S.495; 1935, S. 1061; RFHE Bd. 24, S. 142; FG Hamburg, EFG 1981, S. 187. Die Rechtsprechung hatte hauptsächlich über Fälle des Ausscheidens durch Tod eines Gesellschafters zu entscheiden. Meist sah sie hierin nicht einen erbschaftsteuerrechtlich-, sondern einen schenkungsteuerrechtlich relevanten Vorgang. 79 § 3 Abs. 1 NT. 1 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S. 1 ErbStG 1919; § 55 Abs. 1 ErbStG 1906. 80 § 3 Abs. 1 NT. 2 ErbStG 1922; § 40 Abs. 1 S. 2 ErbStG 1919.

214

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Dabei wurde das Vorliegen des für "Schenkung" wie "freigebige Zuwendung" erforderlichen subjektiven Merkmals regelmäßig 81 dann abgelehnt, wenn die den Abfmdungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters beschränkende Abfindungsklausel unterschiedslos für das Ausscheiden jedes Gesellschafters galt (sogenannte "Wagnisrechtsprechung") 82: Das in der Ungewißheit, welcher Gesellschafter zuerst ausscheide, liegende Wagnis schließe das subjektive Merkmal aus 83. Dies gelte insbesondere dann, wenn zwischen den Gesellschaftern verwandtschaftliche Beziehungen nicht beständen, mutmaßlich also auch keine Erbfolge eintreten könnte. Daneben sei es häufig Sinn der Klausel, die anderen Gesellschafter zu einer konkreten Gegenleistung, nämlich der Fortführung der Gesellschaft zu veranlassen, was der Annahme des subjektiven Merkmals ebenfalls entgegenstehe. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sollte dann gelten, wenn die den Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafter beschränkende Abfindungsklausel zwar für alle Gesellschafter gleichermaßen galt, gleichwohl aber das Ausscheiden eines bestimmten Gesellschafters von Anfang an mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten war 84. Hier bejahte die Rechtsprechung das Vorliegen einer "Schenkung" bzw. einer "freigebigen Zuwendung", falls auch die übrigen Voraussetzungen gegeben waren. ab) Die überwiegende Literatur schloß sich dieser Rechtsprechung an 85.

b) Die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 7 ErbStG Der Gesetzgeber war bei der Schaffung des § 7 Abs. 7 ErbStG der Ansicht, daß die "Wagnisrechtsprechung" des BFH die Praxis überfordert. Zugleich sollte die bei den verbleibenden Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft auf Grund einer Abfindungsklausel eintretende Anwachsung beim Tode eines Gesellschafters nicht mehr den "Schenkungen unter Lebenden", sondern der "Schenkung auf den Todesfall" unterfallen 86: 81 Mehr Gewicht auf die Besonderheiten des Einzelfalles legt eine Entscheidung des RFH aus dem Jahre 1938: RStBl. 1939, S. 495 f. 82 BFH BStBl. 11 1953, S. 199 (201); RFH RStBl. 1935, S. 1061 ff.; RFHE Bd. 24, S. 142 (144 f.). Vgl. auch die kritische Stellungnahme des FG Hamburg: EFG 1981, S. 187 (188). 83 Zum "Wagnisgedanken" vgl. bereits die Ausführungen zu Fall (7): B.I.l.c); B.IV.2.c). 84 RStBl. 1935, S. 1061 (1062 f.); FG Hamburg, EFG 1981, S. 187 (188). Vgl. auch: BFH BStBl. III 1953, S. 199 (201). 85 Kapp / Ebeling, ErbStG, S. 112; Megow, ErbStG, § 3 Anm. 11. 10; Model, ErbStG, § 3 Anm. 26. Vgl. auch: Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (139 f.)-mit zahlreichen Nachweisen zur zivilrechtlichen Einordnung von ,,Abfindungsklauseln" in: Fn. 180-184. 86 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/ 3418, S. 62 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser.

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

215

.. Als Schenkung auf den Todesfall soll künftig auch der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder auf die Gesellschaft gelten. Entsprechend war bereits auf Grund der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu verfahren (vgl. Urteil vom 19.06. 1935, RStBl. S. 1061). Der Bundesfmanzhof hat diese Rechtsauffassung jedoch aufgegeben und entschieden, daß solche gesellschaftsvertraglichen Regelungen unter dem Gesichtspunkt der Schenkungen unter Lebenden zu würdigen seien (vgl. Urteil vom 15. Mai 1953, BStBl. III, S. 199). Abgesehen davon, daß diese Rechtsprechung die Finanzverwaltung wie auch die Steuerpflichtigen und ihre Berater überfordert, weil die mit einer solchen Regelung beabsichtigten Vermögensverschiebungen erst beim Tode eines Gesellschafters eintreten, und sich daher die Auswirkungen der Vereinbarung bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages nur schwer beurteilen lassen, erscheint sie auch im sachlichen Ergebnis unbefriedigend. Solche gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen wirken wie Schenkungsversprechen auf den Todesfall . .. " Für den Fall der Anwachsung bei Ausscheiden eines Gesellschafters zu Lebzeiten sollte weiterhin Schenkungsteuer anfallen 87 : ,,Absatz 7 (sc. von § 7 ErbStG) ist die Parallelvorschrift zu § 3 Abs. 1 Nr. 2. Sie ist erforderlich, weil solche gesellschaftsvertraglichen Regelungen außer für den Todesfall der Gesellschafter auch für den Fall ihres Ausscheidens zu Lebzeiten getroffen werden können." c) Stellungnahmen zu § 7 Abs. 7 ErbStG

ca) § 7 Abs.7 ErbStG wird vielfach kritisiert 88: Es wird eingewandt, die Vorschrift sei ungenau gefaßt, sie greife in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise in bestehende Verträge ein, widerspreche der dem Schenkungsteuerrecht zugrunde liegenden Systematik, verstoße gegen bürgerlich-rechtliche und bilanzrechtliche Vorschriften und führe in der Praxis besonders bei mittelständischen Unternehmen zu unbilligen Ergebnissen. cb) Was die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 7 Abs.7 ErbStG betrifft, ist vieles streitig 89. Die vorliegende Untersuchung soll auf die Frage beschränkt werden, ob § 7 Abs. 7 ErbStG für die Besteuerung neben den ausdrücklich genannten Tatbestandsvoraussetzungen außerdem den Nachweis eines subjektiven Merkmals fordert:

87 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/ 3418, S. 65 - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. 88 Vgl. etwa: Bopp, FamRZ 1975, S. 245 (249); v .. Braunschweig, BB 1974, S. 1357 (1359); Kqpp, ErbStG, § 7 Anm. 197 f.; Knur, DNotZ 1974, S. 710 (717 ff.). Eine ausführliche Ubersicht über die in der Literatur geäußerte Kritik findet sich bei: Kleinehr, S. 104 ff. 89 Vgl. etwa: Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 193.1; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 77 ff.

216

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

Dies wird von einem Teil der Literatur 90 sowie von der Verwaltung 91 verneint. Dabei wird ein subjektives Tatbestandsmerkmal teilweise als nicht gegeben, teilweise als unwiderruflich fingiert angesehen. Zur Begründung wird der Wortlaut der Vorschrift sowie die Tatsache, daß der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 7 ErbStG der "Wagnisrechtsprechung" des BFH habe die Grundlage entziehen wollen, angeführt. Fordere man für § 7 Abs. 7 ErbStG ein subjektives Merkmal, sei die Vorschrift darüberhinaus neben § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG überflüssig. Die Gegenansicht 92 vergleicht § 7 Abs. 7 ErbStG mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und kommt zu dem Ergebnis, daß auch bei § 7 Abs. 7 ErbStG ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" Tatbestandsvoraussetzung sei. Denn Ziel des Gesetzgebers sei es nicht gewesen, entgeltlich erlangte Bereicherungen für steuerpflichtig zu erklären - erfolge der Übergang der stillen Reserven etwa als Entgelt für das einseitige Ausscheiden oder sei er Teil einer als Vergleich geschlossenen Regelung, so soll nach dieser Ansicht ein steuerpflichtiger Vorgang nicht gegeben sein. Inhalt und Nachweis des subjektiven Merkmals werden dabei unterschiedlich beurteilt: Tro1l 93 will das Vorliegen des subjektiven Merkmals nach den allgemeinen Grundsätzen prüfen. Nach Meincke 94 hat bei der Untersuchung des "Willens zur Freigebigkeit" der von der Rechtsprechung ursprünglich vertretene "Wagnisgedanke" als Argument gegen die Steuerpflicht außer Betracht zu bleiben. Der gleichen Ansicht ist Schulze-Osterloh 95, der darüberhinaus für eine "Objektivierung des subjektiven Besteuerungsmerkmals" eintritt. Knur 96 schließlich sieht in § 7 Abs. 7 ErbStG einen gesetzlich geregelten Fall der Beweislastumkehr: Der Steuerpflichtige habe zu beweisen, daß der ausscheidende Gesellschafter nicht in "Bereicherungsabsicht" gehandelt habe. Der Auffassung Meinckes hat sich jüngst das FG Münster mit der, soweit ersichtlich, ersten zu § 7 Abs. 7 ErbStG ergangenen Entscheidung angeschlossen 97 : ,,zutreffend weisen Meincke / Michel ( ... ) darauf hin, daß die gesellschaftsvertragliehe Einbettung der Vennögensumschichtung ... kein Argument mehr gegen die Steuerpflicht sein sollte. Da der Gesetzgeber aber nicht eine entgeltlich erlangte 90 Bopp, FamRZ 1975, S.245 (249); v. Braunschweig, BB 1974, S. 1357 (1359); Kapp, ErbStG, § 7 Anm. 193; Kleinehr, S. 82 ff., 101; Peter / Peter, NWB Fach 10, S. 337 (341); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (324). 91 Vgl.: "Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder" vom 20. Dezember 1974 (BStBI. I 1975, S. 42,43 f.) und vom 10. März 1976 (BStBI. I 1976, S. 145, 147). 92 Knur, DNotZ 1974, S. 710 (720 f.); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 82 - im Anschluß an Meincke: FG Münster EFG 1990, S.321 (Revision ist eingelegt); § 3 Anm. 42 ff.; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (141); Troll, ErbStG, § 7 Anm. 67. 93 ErbStG, § 7 Anm. 67. 94 In Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm. 42 ff.; 7 Anm. 82. 95 StuW 1977, S.122 (140 f.). Zu Schulze-Osterloh vgl. auch oben: B.I.3.b); B.V.3.bb). 96 DNotZ 1974, S. 710 (718, 721). 97 EFG 1990, S. 321 Revision ist eingelegt.

11. § 7 Abs. 5, 6 und 7 ErbStG

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Bereicherung für steuerpflichtig erklären wollte, muß der Wille zur unentgeltlichen Zuwendung auch in diesem Zusammenhang überprüft werden ..."

d) Voraussetzungen einer auf § 7 Abs. 7 ErbStG gestützten Besteuerung Voraussetzung für eine Besteuerung gemäß § 7 Abs. 7 ErbStG ist zunächst das Vorliegen einer "Bereicherung". Um diese festzustellen, sind die im Gesellschaftsvertrag sowie bei Ausscheiden des Gesellschafters getroffenen Vereinbarungen genau ins Auge zu fassen. Zeigt sich dabei, daß der Gesellschafter neben dem Abfindungsanspruch weitere geldwerte Leistungen von den verbleibenen Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft erhält 98 , fehlt es bereits objektiv an einer "Bereicherung" . Fraglich ist, ob daneben das Vorliegen eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" Tatbestandsvoraussetzung ist. Der Wortlaut von § 7 Abs. 7 ErbStG spricht dagegen. Denn gemäß § 7 Abs. 7 ErbStG ist das Vorliegen einer objektiven Wertdifferenz zwischen Abfindungsanspruch und dem sich gemäß § 12 ErbStG ergebenden Wert des Gesellschaftsanteils für eine Besteuerung ausreichend - von einem subjektiven Merkmal ist nicht die Rede. Der enge Zusammenhang des § 7 Abs. 7 ErbStG mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sowie die Tatsache, daß der in § 7 Abs. 7 ErbStG geregelte Tatbestand als schenkungsteuerpflichtige "Schenkung" unter Lebenden "gilt" können für wie gegen das Vorliegen eines subjektiven Merkmals sprechen. Entscheidend scheint, daß der Gesetzgeber mit der Normierung des § 7 Abs. 7 ErbStG zwar der "Wagnisrechtsprechung", nicht aber der grundsätzlichen Anknüpfung der Besteuerung an "Schenkung" bzw. "freigebige Zuwendung" die Grundlage entziehen wollte. Dafür, daß der Gesetzgeber für die Zukunft auch "entgeltliche" Geschäfte der Schenkungsteuer unterwerfen wollte, ergeben sich keine Anhaltspunkte, es sollten vielmehr weiterhin nur solche Vorgänge besteuert werden, die grundsätzlich der "freigebigen Zuwendung" unterfallen. Für diese aber ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" erforderlich. Erklärt sich ein Gesellschafter mit einem Ausscheiden gegen geringes Entgelt einverstanden, weil er sich in einer wirtschaftlichen Notlage befindet 99, weil die geringe Abfindung Teil eines zwischen ihm und den verbleibenden Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft geschlossenen Vergleichs ist 100 oder weil er sich über die tatsächlichen Wertverhältnisse irrt lOl , fehlt es am "Willen zur Unentgeltlichkeit", eine Schenkungsteuerpflicht entsteht nicht. Dabei soll es jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers auf die von der Rechtsprechung zum alten Recht entwickelte "Wagnisrechtsprechung" nicht mehr ankommen - die Tatsache, daß die Abfindungs98 In Betracht kommen etwa Leistungen bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages oder der Erlaß von Schulden des Gesellschafters bei Ausscheiden. 99 Vgl. hierzu Fall (3), oben: B.I.l.c); B.lV.l.ba)(2); B.lV.2.b). 100 Vgl. hierzu Fall (8), oben: B.I.l.c); B.lV.2.d). 101 Vgl. hierzu Fall (14) oben: B.I.l.c); B.IV.2.f).

218

C. Sonstige Schenkungsteuertatbestände

klausel auf Gegenseitigkeit beruht, soll den "Willen zur Unentgeltlichkeit" nicht ausschließen. Damit hat sich der Gesetzgeber zugleich gegen eine Berücksichtigung all jener Überlegungen ausgesprochen, die der Befriedigung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks dienen. Sie sollen der Besteuerung nicht entgegenstehen. Dies aber bedeutet, daß ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" nicht Voraussetzung der Besteuerung ist 102. e) Ergebnis § 7 Abs. 7 ErbStG regelt die schenkungsteuerliche Behandlung jener Fälle, in denen der Abfindungsanspruch eines zu Lebzeiten aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafters hinter dem sich gemäß § 12 ErbStG ergebenden Wert des Gesellschaftsanteils zurückbleibt.

Erforderlich für eine Besteuerung sind "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit". Ob die verbleibenden Gesellschafter oder die Gesellschaft objektiv "bereichert" sind, ergibt sich aus einem Vergleich der vereinbarungsgemäß von beiden Seiten zu erbringenden Leistungen. Beweispflichtig für das Vorliegen des "Willens zur Unentgeltlichkeit" ist die Finanzbehörde. Die Tatsache, daß die Vereinbarung der Abfindungsklausel auf Gegenseitigkeit beruht ("Wagnisgedanke"), schließt dabei nach dem Willen des Gesetzgebers den "Willen zur Unentgeltlichkeit" nicht aus. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht erforderlich.

III. Zusammenfassung Auch im Rahmen der § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG, § 7 Abs. 5 ErbStG, § 7 Abs. 6 ErbStG und § 7 Abs. 7 ErbStG spielen subjektive Tatbestandsmerkmale eine Rolle: 1. Voraussetzung einer Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr.4 ErbStG ist zunächst das Vorliegen einer objektiven "Bereicherung". Erforderlich ist daneben ein "Wille zur Unentgeltlichkeit". Dieser ist gegeben, wenn der das größere Vermögen in die Gütergemeinschaft einbringende Ehegatte es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gemacht hat, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Beweispflichtig für das Vorliegen von "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist die Finanzbehörde. Differieren die von beiden Seiten eingebrachten Vermögensmassen stark und erweist sich der Vortrag der Parteien, warum ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft nicht vorgelegen habe, als falsch, ist jedoch zugunsten der Finanzbehörde von einem ,,Anscheinsbeweis" betreffend den "Willen zur Unentgeltlichkeit" auszugehen. 102 Ebenso: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 82; Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (140 f.).

111. Zusammenfassung

219

Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht Tatbestandsvoraussetzung. 2. § 7 Abs. 5 ErbStG, § 7 Abs. 6 ErbStG sowie § 7 Abs. 7 ErbStG regeln die schenkungsteuerliche Behandlung von Bereicherungen, die auf Grund bestimmter gesellschaftsvertraglicher Klauseln eintreten. § 7 Abs.5 ErbStG regelt die Art und Weise der Wertermittlung, wenn eine mit einer Buchwertklausel verbundene Beteiligung an einer Personengesellschaft ohne - oder gegen ein den Buchwert unterschreitendes - Entgelt im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG "geschenkt" wird: Offene Rücklagen und / oder stille Reserven sind unabhängig von der Ausgestaltung der Buchwertklausel in voller Höhe mitzuberücksichtigen. Erreicht das Entgelt den Buchwert der Beteiligung, ist zu prüfen, ob die Zuwendung der Differenz zwischen geleistetem Entgelt und Verkehrswert der Beteiligung die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" oder eines anderen der in § 7 Abs. 1 Nr.210 ErbStG genannten Tatbestände erfüllt. Dabei hat die Tatsache, daß eine Buchwertklausel vereinbart wurde, nach der vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 5 ErbStG getroffenen Entscheidung außer Betracht zu bleiben.

Aufgabe von § 7 Abs. 6 ErbStG ist es, eine einheitliche steuerpflichtige Schenkung in zwei Schenkungen zu zerlegen. § 7 Abs. 6 ErbStG kommt immer dann zur Anwendung, wenn ein Gesellschaftsanteil in schenkungsteuerrechtlich relevanter Weise (§ 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG) zugewendet und dabei zugleich mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet wird oder dies bereits ist: Die Zuwendung der erhöhten Gewinnbeteiligung gilt in diesem Fall als selbständige Schenkung. Wird der Gesellschaftsanteil dagegen entgeltlich übertragen, einem Altgesellschafter durch Änderung des Gesellschaftsvertrages eine erhöhte Gewinnbeteiligung eingeräumt oder wird eine bereits bestehende erhöhte Gewinnbeteiligung weiter erhöht, besteht für eine Zerlegung kein Anlaß, § 7 Abs. 6 ErbStG ist nicht einschlägig. Die Steuerpflicht richtet sich in diesem Fall nach den § 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG. Im Falle der "freigebigen Zuwendung" sind "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich. § 7 Abs. 7 ErbStG regelt die schenkung steuerliche Behandlung jener Fälle, in denen der Abfindungsanspruch eines zu Lebzeiten aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafters hinter dem sich gemäß § 12 ErbStG ergebenden Wert des Gesellschaftsanteils zurückbleibt. Erforderlich für eine Besteuerung sind "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit". Ob die verbleibenden Gesellschafter oder die Gesellschaft objektiv "bereichert" sind, ergibt sich aus einem Vergleich der vereinbarungsgemäß von beiden Seiten zu erbringenden Leistungen. Beweispflichtig für das Vorliegen des "Willens zur Unentgeltlichkeit" ist die Finanzbehörde. Die Tatsache, daß die Vereinbarung der Abfindungsklausel auf Gegenseitigkeit beruht ("Wagnisgedanke"), schließt dabei den "Willen zur Unentgeltlichkeit" nicht aus. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht erforderlich.

D. Die Bedeutung subjektiver Merkmale für die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts Die erbschaftsteuerpflichtigen Tatbestände sind in § 3 Abs. 1 Nr. 1- 4 ErbStG normiert: §3

(1) Als Erwerb von Todes wegen gilt 1. der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), auf Grund Erbersatzanspruchs (§§ 1934 a ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs), durch Vermächtnis (§§ 2147 ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs); 2. der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Als Schenkung auf den Todesfall gilt auch der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach § 12 ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt; 3. die sonstigen Erwerbe, auf die die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts Anwendung finden; 4. jeder Vermögensvorteil, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird. (2) ...

Bei einigen der hier genannten Tatbestände ist fraglich, ob eine subjektive Komponente Berücksichtigung findet: Vorliegend sollen zunächst die Tatbestände des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ins Auge gefaßt werden. Im Anschluß daran werden Vorliegen und Bedeutung subjektiver Merkmale im Tatbestand der "Schenkung auf den Todesfall" (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) sowie beim "Vertrag zugunsten Dritter" (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) untersucht.

I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Wichtigster Tatbestand des Erbschaftsteuerrechts ist der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelte "Erwerb durch Erbanfall"1. Ein Erwerb durch Erbanfall kann auf Grund gesetzlicher oder auf Grund gewillkürter Erbfolge eintreten. Die gesetz1 Zur Frage, welche Erwerbe hierher gehören: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG,

§ 3 Anm.9.

I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

221

liehe Erbfolge ist in den §§ 1924 ff. BGB geregelt. Für die gewillkürte Erbfolge kommen Testament (§§ 1937; 2064 ff. BGB) oder Erbvertrag (§§ 1941; 2274 ff. BGB) in Betracht. Vorliegen und Bedeutung subjektiver Komponenten beim Erbvertrag werden als erstes geprüft (1.1). Anschließend werden der ausdrücklich in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erwähnte Erwerb durch "Vermächtnis"2 (1.2) sowie der Erwerb auf Grund Testament (1.3) untersucht. 1. Der Erwerb durch Erbvertrag

Relevanz erlangt die Frage, ob im Rahmen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG subjektive Komponenten zu berücksichtigen sind, hier in den Fällen, in denen die Vertragspartner (vermeintliche) Gegenleistungen 3 des zukünftigen Vertragserben für die Erbeinsetzung vereinbart haben: Sind diese Gegenleistungen im Rahmen von § 3 Abs. 1 NT. 1 ErbStG zu berücksichtigen, können sie die Steuerpflicht mindern oder ausschließen. Sind die Vorstellungen und Vereinbarungen der Parteien demgegenüber ohne Bedeutung, ist das beim Erbfall erworbene Vermögen in voller Höhe zu versteuern. In Betracht kommt eine Berücksichtigung subjektiver Komponenten im Rahmen des Tatbestandes oder im Rahmen der Rechtsfolge.

a) Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur aa) Die Entwicklung der Rechtsprechung (1) Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist wechselhaft: In seinem bereits mehrfach zitierten ausführlichen Gutachten zu Fragen des Erbschaftsteuer- und Schenkung steuerrechts vom 25. Mai 1931 hat sich der RFH4 zunächst gegen eine Berücksichtigung jeglicher subjektiver Komponenten ausgesprochen 5: "Hat der Erblasser z. B. den Vertragsgegner zum Erben eingesetzt, während dieser die Verpflichtung übernommen hat, dem Erblasser eine lebenslängliche Rente oder Nutzung zu gewähren, so handelt es sich um zwei rechtlich selbständige Rechtsgeschäfte, auch wenn beide Verträge in derselben Urkunde errichtet sind. Die Erbeinsetzungen und die Leistungen des Erben stehen nicht in einem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, vielmehr hat die rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Erben für den Erbvertrag nur die Bedeutung des Besteuerungsgrundes ( ... )."

§§ 1939; 2147 ff. BGB. Einmalige oder laufende Geldzahlungen; Übernahme der Kosten für einen Altenheimpflegeplatz; Unterhaltsgewährung im Rahmen der Zugehörigkeit zum Haushalt des Erben; Pflegeleistungen etc. 4 RFHE Bd. 29, S. 137 = RStBl. 1931, S. 559 (= Ls.). 5 RFHE Bd. 29, S. 137 (150). 2

3

222

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

Der RFH begründete seinen Standpunkt damit, ~aß Gegenstand der Besteuerung nicht die Bereicherung durch Erbvertrag, sondern die Bereicherung durch Erbanfall sei und daß nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch stets ein Erbe, letztlich der Fiskus, vorhanden sei. "Bereicherung" und "Bereicherungswille" seien daher im Rahmen der Erbschaftsbesteuerung generell nicht erforderlich. Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, daß der auf Grund Erbvertrag anfallende Erwerb lange Zeit als prinzipiell "unentgeltlich" angesehen wurde 6 • Vor diesem Hintergrund blieb der Grundsatz, daß Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich nur den "unentgeltlichen Erwerb"7 erfassen sollten, gewahrt. Diese Rechtsprechung setzte sich bis zum Jahre 1983 fort 8. Noch im Jahre 1980 führte das Niedersächsische Finanzgericht aus 9 : "Wer sich zur Gewährung einer solchen Rente verpflichtet hat, erbringt seine Leistungen auf Grund dieses schuldrechtlichen Vertrages im Sinne des § 759 BGB und nicht auf Grund des Erbvertrages .... Die vom Kläger gezahlten Rentenbeträge stehen daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbes auf Grund Erbvertrags." Der Erbanfall auf Grund Erbvertrag sollte demnach unabhängig von hinter dem Erbvertrag stehenden Vereinbarungen in voller Höhe versteuert werden.

(2) Mit einer Entscheidung vom 13. Juli 1983 hat der BFHIO diesen harten Standpunkt, beeinflußt durch Urteile des BGHll und des FG Münster l2 sowie angeregt durch Kritik in der Literatur 13, aufgegeben. Zwar fordert der BFH auch weiterhin keinen "Willen zur Freigebigkeit" oder ein diesem vergleichbares 6 BayOLG HRR 1929 Nr. 390; Dittmann in Staudinger, BGB, Vor § 2274 Anm. 5, 10. Weitere Nachweise bei: Kapp, BB 1980, S. 845 (846) - Fn. 14. Die heute herrschende Meinung geht demgegenüber davon aus, daß Erbverträge auch "entgeltlich" sein können: BGHZ Bd. 36, S. 65 (70); Crezelius, S. 73 f. - m. w. N.; Lange / Kuchinke, Erbrecht, S. 564. 7 BFH BStBl. 11 1984, S. 37 (38); 1973, S. 329 (334). Vgl. auch: FG Berlin, EFG 1984, S. 406 (407) sowie neuerdings wieder: BFH BStBl. 11 1989, S. 524 (526). 8 RFH RStBl. 1935, S. 154 (155); 1937, S. 1302 f.; BFH BStBl. III 1963, S. 112 (113) - zur Vermögensteuer; Saarländisches Finanzgericht EFG 1983, S. 176 (179); Niedersächsisches Finanzgericht EFG 1980, S. 190 (191). 9 EFG 1980, S. 190 (191). 10 BStBl. 11 1984, S. 37. Im Anschluß daran: BFH BStBl. 11 1985, S. 137 (139); 1985, S. 59 (60). 11 BGHZ Bd. 36, S. 65 (70): ,,Ein Erbvertrag kann auch den Charakter eines entgeltlichen Geschäftes haben ( ... ). Schon ... haben überzeugend dargelegt, daß ein Erbvertrag meist mit einem Vertrag in Verbindung stehen kann, durch den der durch den Erbvertrag Begünstigte dem Erblasser Leistungen verspricht, die ein Entgelt für den Erbvertrag darstellen und durch die dem Erblasser wirtschaftliche Vorteile einmaliger, wiederkehrender oder laufender Art gewährt werden ( ... )." 12 EFG 1982, S. 356. 13 Vgl. etwa: Crezelius, S. 73 ff.; Kapp, BB 1980, S. 845 (846); Troll, ErbStG, § 3 Anm.19.

I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

223

subjektives Merkmal. Vereinbarungen, in denen Gegenleistungen für den Abschluß des Erbvertrages festgelegt sind, sollen jedoch künftig im Rahmen der Wertermittlung (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 und 3 ErbStG) Berücksichtigung finden 14: "Der Senat hält es für sowohl dem Wortlaut wie auch dem Sinnzusammenhang des § 10 ErbStG entsprechend, Aufwendungen, die als Gegenleistung für den Abschluß des Erbvertrages erbracht wurden, wie Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Wie mehrfach entschieden ( ... ), unterliegt nur die für den Erwerber unentgeltliche Bereicherung der Erbschaftsteuer. Dieser Grundsatz ist Maßstab bei der Auslegung des § 10 ErbStG." Nach BFH ist zu ermitteln, ob der Erbe, um den Abschluß des Erbvertrages zu erreichen, bestimmte Leistungen versprochen hat: In Betracht kommen Leistungen aufgrund eines "Kaufs" der Erbeinsetzung sowie Leistungen auf Grund Dienstvertrag, Darlehen oder Schenkung. Die Zuwendung von vertraglich nicht geregelten Dienstleistungen 15, ein allein mit moralischen Vorstellungen begründeter Anspruch 16 oder die Bereitschaft, die Scheidung einzureichen 17, sollen die zu versteuernde Bereicherung demgegenüber nicht mindern. Nicht im Rahmen der Wertermittlung, sondern im Rahmen des Tatbestandes könnten die dem Abschluß des Erbvertrages zugrundeliegenden Vereinbarungen in einer Entscheidung des BFH aus dem Jahre 1984 zum Tragen kommen 18: "Der Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959 setzt grundsätzlich nicht voraus, daß die Zuwendung ohne Gegenleistung geschieht und zumindest der Zuwendende sich dessen bewußt ist ( ... ). Zwar sind Fälle denkbar, die eine Ausnahme von diesem vorgenannten Grundsatz rechtfertigen. Hat der Zuwendungsempfanger bereits aus anderem Rechtsgrund Anspruch auf das Zugewandte, so entfällt die Berechtigung für die Erhebung einer Erbschaftsteuer ( ... ). Gleiches gilt, wenn dem Zuwendungsempfanger beim sogenannten Kaufrechtsvermächtnis die Möglichkeit eingeräumt wird, einen Gegenstand käuflich zu erwerben ( ... ). Beiden genannten Fällen ist schließlich noch derjenige vergleichbar, daß der Zuwendungsempfänger eine vertraglich vereinbarteErbeinsetzung mit Geldzahlungen an den Zuwendenden ,kauft' ( ... )." Diese Entscheidung ist nicht eindeutig; eher auf eine Berücksichtigung im Tatbestand hin weist eine Entscheidung des Finanzgerichts Berlin 19: "Danach ist das Vorliegen einer Bereicherung für jede Art von Erwerb, also auch bei Erwerben von Todes wegen, Tatbestandsmerkmal des Erbschaftsteueranspruchs ( ... )."

BStBl. 11 1984, S. 37 (38). BFH BStBl. 11 1985, S. 137 (138 f.). 16 BFH BStBl. 11 1984, S. 37 (39). 17 BFH BStBl. 11 1985, S. 59 (60). 18 BStBl. 11 1985, S. 59 (60) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Vgl. auch: FG Hamburg, EFG 1987, S. 625. 19 EFG 1984, S. 406 (407) Hervorhebung stammt vom Verfasser. 14

15

224

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

Ob eine "Bereicherung" gegeben ist, läßt sich aber allein an Hand der getroffenen Vereinbarungen errnitteln 20 • (3) Anzumerken ist schließlich zweierlei: Aus der Tatsache, daß es der BFH zum Ziel der Erbschaftsteuer erklärt, allein die "unentgeltliche Bereicherung" zu erfassen 21, ließe sich auf das Erfordernis eines "Willens zur Unentgeltlichkeit" für alle in § 3 ErbStG geregelten Tatbestände schließen. Dieser Schluß wird jedoch von der Rechtsprechung an keiner Stelle vollzogen. Auch könnte der BFH in einer bereits erwähnten Entscheidung aus dem Jahre 1984 den Grundsatz der Besteuerung allein "unentgeltlicher Bereicherungen" eingeschränkt haben 22: "Der Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959 setzt grundsätzlich nicht voraus, daß die Zuwendung ohne Gegenleistung geschieht und zumindest der Zuwendende sich dessen bewußt ist ( ... )." Der Tatbestand des § 3 Abs. I Nr. 1 ErbStG soll nach BFH auch dann nicht erfüllt sein, wenn ein bereits bestehender Anspruch zwischen Erblasser und Vertragserbe durch den Erbvertrag lediglich noch einmal bestätigt wird 23 • ab) Die Entwicklung in der Literatur Die Literatur folgte zunächst der frühen Rechtsprechung von RFH und BFH, welche die Berücksichtigung subjektiver Komponenten im Rahmen der vorliegenden Fälle grundsätzlich ablehnte 24 • Darauf, daß diese Ansicht zu nicht zu billigenden Ergebnissen führte, wies, noch vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, als erster Crezelius hin 2s : ,;Zwar sind auch nach bürgerlichem Recht Erbvertrag und lebzeitige Verpflichtung des Begünstigten formell selbständig, doch beruht diese Abstraktion der erbrechtlichen Verfügung von der schuldrechtlichen Gegenleistung auf Gründen - § 2302 BGB -, die im Zeitpunkt des Erbfalls keine Rolle mehr spielen. Die auch bürgerlichrechtlich anerkannte, materiell' durchaus vorhandene Gegenseitigkeit des Erbvertrages und der Gegenleistung des Vertragserben ist für die durch den Erbvertrag eingetretene Bereicherung zu beachten. Der Begünstigte kann daher die erbrachte Gegenleistung abziehen, nur hinsichtlich des darüberhinausgehenden Wertes ist er durch den Erbvertrag bereichert." Vgl. oben: B.III.2.b); B.lV.l.a) BStBl. n 1984, S. 37 (38); 1973, S. 329 (334); FG Berlin, EFG 1984, S. 406 (407). Dazu: Oswald, DVR 1984, S. 70. Vgl. bereits vorstehend Fn. 7. 22 BStBl. n 1985, S. 59 (60) -Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Vgl.jedoch neuerdings wieder: BFH BStBl. n 1989, S. 524 (526) sowie FG Hamburg, EFG 1987, S.625. 23 BFHBStBl. 11 1986, S. 609 (610); 1985, S. 137 (138); III 1965, S. 706. Vgl. hierzu: Kapp, DStR 1987, S. 80 f.; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm.7; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 37. 24 Kapp, StbJb 1960/61, S. 291 (296); Kapp / Ebeling, ErbStG, S. 86 f.; Michel, DStZ 1956, S. 67; Model, ErbStG, § 2 Anm. 5; Petzoldt, NWB Fach 10, S. 345 (356). 25 S.75. 20 21

I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

225

Dem hat sich die Literatur überwiegend angeschlossen 26 • Die hieraus gezogenen Schlußfolgerungen sind jedoch nicht einheitlich: Die wohl überwiegende Zahl der Autoren geht davon aus, daß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG "unentgeltliche" wie "entgeltliche" Erwerbe erfaßt, das Vorliegen einer "Bereicherung" sowie ein besonderes subjektives Merkmal also nicht Tatbestandsvoraussetzung ist. Diese Ansicht faßt die im Zusammenhang mit dem Erbvertrag getroffenen Vereinbarungen erst bei der Wertermittlung ins Auge und berücksichtigt nach diesen Vereinbarungen zu erbringende Gegenleistungen im Rahmen von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG27. Kapp 28, Oswald 29 und Fasselt 30 betonen demgegenüber, daß das Erbschaftsteuerrecht nur "unentgeltliche" Zuwendungen erfassen soll. Ob damit ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" Voraussetzung der Besteuerung sein soll und ob das Erfordernis der "Unentgeltlichkeit" im Rahmen des Tatbestandes oder im Rahmen der Wertermittlung Berücksichtigung finden soll, wird nicht ganz klar. F asselt 3 ! und Kapp 32 scheinen das Merkmal"Unentgeltlichkeit" im Rahmen des Tatbestandes prüfen zu wollen. b) Auslegung der gesetzlichen Vorschriften

ba) Folgt man dem Wortlaut des § 3 Abs. I Nr. 1 ErbStG, ist alleinige Tatbestandsvoraussetzung für die Erhebung von Erbschaftsteuer in den vorliegenden Fällen ein "Erbanfall" auf Grund Erbvertrag. Auf mit dem Erbfall in Zusammenhang stehenden Vorstellungen oder Vereinbarungen der Beteiligten wird nicht Bezug genommen. Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist eine Besteuerung der beim Erwerb eintretenden Bereicherung (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Nach § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG gilt als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls ... die nach den Absätzen 3 bis 9 abzugsfähigen Nachlaßverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 zu ermittelnden Wert abgezogen werden. 26 Fasselt, DB 1986, S. 1590 (1591); Kapp, ErbStG, § 3 Anm. 103 f., § 7 Anm. 403.2; § 10 Anm. 144; ders., BB 1980, S. 845 (846 f.); Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 1 Anm. 2, § 3 Anm. 7; § 5 Anm. 1; Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 10 Anm. 64; Moench, ErbStG, § 3 Anm. 24 ff.; § 10 Anm. 85 ff.; Petzoldt, ErbStG, § 3 Anm.42; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 19; § 10 Anm.37. Kritisch: Hellwig, DStR 1984, S.51 -

Hellwig kritisiert die sich aus dieser Ansicht ergebenden praktischen Schwierigkeiten. 27 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 1 Anm.2; § 3 Anm. 7; § 5 Anm. 1; ders. in: Schulze-Osterloh, Rechtsnachfolge im Steuerrecht, S. 19 (25); Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 10 Anm. 64; Moench, ErbStG, § 3 Anm. 24 ff.; § 10 Anm. 85 ff.; Petzoldt, ErbStG, § 3 Anm. 42; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 19; § 10 Anm. 37. Ob Crezelius (S. 73 ff.) die Gegenleistung im Tatbestand ("Bereicherungswille") oder erst im Rahmen der Wertermittlung berücksichtigen will, wird nicht klar. 28 BB 1980, S. 845 (846 f.); ders., ErbStG, § 7 Anm. 403.2. 29 DVR 1984, S. 70. 30 DB 1986, S. 1590 (1591). 3! DB 1986, S. 1590 (1591). 32 ErbStG, Einleitung Anm. 7. 15 Klein-Blenkers

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

226

Als Grundlage für einen Abzug eventuell erbrachter Gegenleistungen käme § 10 Abs. 5 Nr. I ErbStG in Betracht: Liegt den vom Erben erbrachten Leistungen an den Erblasser ein Darlehens-, Dienst- oder Arbeitsvertrag zugrunde, können ausdrücklich oder konkludent vereinbarte Vergütungen über § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG geltend gemacht werden. Die Ansprüche des Erben gelten in diesem Fall als Erblasserschulden, die entgegen der zivilrechtlichen Regelung gemäß § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen gelten. Ist eine Erblasserschuld im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nicht gegeben, kommt ein Abzug gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG in Betracht: Die Leistungen, die der Erbe erbracht hat, müßten in diesem Fall "unmittelbar im Zusammenhang ... mit der Erlangung des Erwerbs" entstanden sein. Betrachtet man jedoch die in § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG ausdrücklich aufgeführten Beispiele (Bestattung, Grabpflege etc.) sowie die Erwähnung der "Verwaltungskosten" in § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG, ist unwahrscheinlich, daß hierher auch die Kosten gehören, die aufgebracht werden, damit der Erbvertrag überhaupt geschlossen wird. Vereinbarungen und Vorstellungen der Parteien, die zum Abschluß des Erbvertrages geführt haben, können demnach nach dem Wortlaut des Gesetzes regelmäßig nicht berücksichtigt werden. Allein rechtlich relevante Ansprüche des Erben gegenüber dem Erblasser, z. B. aus Darlehens-, Dienst- oder sonstigen Verträgen, können gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG von dem zu versteuernden Erwerb abgezogen werden. bb) Berücksichtigt man den Gesetzeszusammenhang, so könnte § 5 Abs. 1 ErbStG sogar darauf hindeuten, daß vom Erben erbrachte Leistungen prinzipiell nicht berücksichtigt werden sollen 33: Erbt ein Ehepartner das Vermögen des anderen, so soll nach § 5 Abs. 1 ErbStG ein erbschaftsteuerlich relevanter Erwerb insoweit nicht vorliegen, als der überlebende Ehegatte im Falle der Scheidung einen Zugewinnausgleichsanpruch hätte geltend machen können. Dem Zugewinnausgleichsanpruch aber liegt der Gedanke zugrunde, den Ehegatten, der während der Ehezeit weniger Vermögen erworben hat, an dem gemeinsam erarbeiteten angemessen zu beteiligen. Wäre eine Berücksichtigung solcher Ansprüche ohnehin möglich, wäre § 5 Abs. 1 ErbStG nicht erforderlich gewesen. Andererseits scheint § 10 Abs. 1 ErbStG nur die tatsächlich eingetretene Bereicherung der Besteuerung unterwerfen zu wollen. Danach wären vereinbarungsgemäß erbrachte Gegenleistungen abzuziehen. bc) Der Gesetzgeber des Jahres 1974 ist auf die vorliegende Frage - soweit ersichtlich - nicht eingegangen. Er betont lediglich, daß Ziel und Rechtfertigung der Erbschaftsteuer der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auf seiten des Erwerbers sei 34. Soll aber durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Bereicherung, 33 34

Vgl. insoweit: Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 5 Anm. 1. Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/

3418, S. 59, 62, 64.

I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

227

die jemand von Todes wegen erfahrt, erfaßt werden, so scheint es angebracht, objektiv nachvollziehbare Gegenleistungen, die der Erbe, um die Erbschaft zu erhalten, erbracht hat, mitzuberücksichtigen. Denn insoweit ist eine Bereicherung letztlich nicht gegeben. c) Die einzelnen Voraussetzungen einer Besteuerung des Erwerbs durch Erbvertrag

ca) Erforderlich für eine Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist zunächst, daß der ins Auge gefaßte Erwerb seine Grundlage tatsächlich in einem Erbvertrag findet. Wird in einem als "Erbvertrag" bezeichneten Schriftstück ein bereits bestehender Rechtsanspruch lediglich noch einmal bestätigt, ist § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht einschlägig 35. cb) Standen dem Erben gegenüber dem Erblasser geldwerte Ansprüche vertraglicher oder sonstiger Art zu, so können diese im Rahmen von § 10 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 1 ErbStG die Besteuerung mindern. Dies wird jedoch nur selten der Fall sein. Denn wenn die Parteien bei Abschluß des Erbvertrages bestimmte Leistungen des zukünftigen Vertragserben vereinbart haben, werden diese Leistungen nur selten geldwerte Gegenansprüche des Leistenden zur Folge haben, da die "Bezahlung" im Abschluß des Erbvertrages besteht. cc) Gleichwohl dürfen Vereinbarungen, welche Leistung und Gegenleistung bei Abschluß eines Erbvertrages festlegen, nicht völlig außer Betracht bleiben: § 10 Abs. 1 ErbStG, die Gesetzesgeschichte wie auch die dem ErbStG zugrunde liegende Systematik zeigen, daß es Ziel der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG genannten Tatbestände ist, die durch einen Erwerb von Todes wegen eintretende "Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" (= "Bereicherung") zu besteuern. Die "Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit" kann jedoch nur zutreffend berechnet werden, wenn man jene geldwerten Leistungen, welche der Vertragserbe für seine Einsetzung objektiv erbracht hat, bereicherungsmindernd berücksichtigt. Denn nur insoweit ist der Vertragserbe letztlich bereichert. Welche Leistungen zu erbringen waren, läßt sich aber nur ermitteln, indem man die zwischen den Beteiligten getroffenen Absprachen ins Auge faßt 36 • Die objektive Bereicherung mindern können in Hinblick auf die Erbeinsetzung vereinbarungsgemäß erbrachte einmalige oder wiederkehrende Zahlungen, Dienst- oder Arbeitsleistungen, soweit sie in Geld veranschlagt werden können etc. Diesen Aspekt erst im Rahmen der Wertermittlung zum Tragen kommen zu lassen, scheint nicht angebracht, wenn es grundsätzliches Ziel der Erbschaftsteuer ist, gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfahigkeit zu erfassen. Die Bereicherung des Vertragserben mindernde Vereinbarungen der Parteien sind vielmehr 35 36

15*

So auch Rechtsprechung und Literatur, vgl. vorstehend Fn. 23. Vgl. oben: B.III.2.b); B.IV.l.a).

228

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

entgegen der herrschenden Meinung - bereits auf Tatbestandsebene zu berücksichtigen. Denn hat der Erbe eine Erbschaft in Höhe von DM 100.000,- erhalten, dafür zugleich jedoch DM 100.000,- aufgewendet, scheint es wenig sinnvoll, davon zu sprechen, daß der Steuertatbestand erfüllt ist. Daneben ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit", ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" oder ein vergleichbares subjektives Merkmal nicht Tatbestandsvoraussetzung: Für sein Vorliegen ergeben sich in Gesetz und Gesetzesgeschichte keine Anhaltspunkte. Auch ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" im Rahmen von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG weder aus praktischen noch aus systematischen Gründen erforderlich. Dies aber bedeutet, daß besondere subjektive Wertvorstellungen oder Irrtümer der Beteiligten für die Besteuerung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG keine Rolle spielen. Entscheidend ist allein das objektive Wertverhältnis, welches sich zwischen Erbanfall und den der nach den getroffenen Vereinbarungen vom Vertragserben erbrachten Leistungen ergibt. Zur Ermittlung der Leistungen, welche vom Vertragserben erbracht wurden, hat die Finanzbehörde den Sachverhalt von Amts wegen genau ins Auge zu fassen, wobei der Vertragserbe im eigenen Interesse die erforderlichen Angaben machen wird. Läßt sich der tatsächliche Sachverhalt nicht mit Sicherheit ermitteln, trifft die objektive Beweislast den Steuerpflichtigen. Denn im Gegensatz zur freigebigen Zuwendung, bei der die Finanzbehörde den "Willen zur Unentgeltlichkeit" und den "Willen zur schenkweisen Zuwendung" als steuerbegründende Tatbestandsmerkmale nachzuweisen hat, ist steuerbegründend im Rahmen von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG allein der ,,Erwerb durch Erbanfall". Bei den auf Grund angeblicher Vereinbarungen erbrachten Gegenleistungen des Vertragserben handelt es sich dagegen um steuermindernde Posten, für welche der potentielle Steuerschuldner grundsätzlich die objektive Beweislast trägt. d) Ergebnis

Die durch Erwerbe auf Grund Erbvertrag anfallende Bereicherung ist erbschaftsteuerpflichtig gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Gemindert oder ausgeschlossen werden kann das im Rahmen von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderliche Tatbestandsmerkmal der Bereicherung durch geldwerte Leistungen des Vertragserben, die dieser auf Grund einer mit dem Erblasser getroffenen Vereinbarung als Gegenleistung für die Erbeinsetzung erbracht hat. Ob solche vereinbarungsgemäß erbrachte Leistungen vorliegen, hat die Finanzbehörde von Amts wegen zu prüfen. Im Falle des ,.non-liquet" trifft die Beweislast den Steuerpflichtigen. Ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" bzw. ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" sind nicht erforderlich. Dies hat zur Folge, daß die individuellen subjektiven Vorstellungen der Beteiligten bei § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wesentlich geringeren Einfluß auf die Besteuerung haben, als dies im Rahmen von § 7 Abs. 1 NT. 1 ErbStG der Fall ist.

I. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

229

2. Erwerb durch Vermächtnis

Auch beim Erwerb durch Vennächtnis erlangt die Frage, ob subjektive Komponenten zu berücksichtigen sind, in den Fällen Relevanz, in denen Erblasser und Vennächtnisnehmer die Erbringung (venneintlicher) Gegenleistungen 37 als Äquivalent für die Zuwendung des Vennächtnisses vereinbart haben. Die Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage verlief in gleicher Weise wie beim Erbvertrag: Zunächst lehnte die Rechtsprechung den Abzug von Gegenleistungen kategorisch ab 38 , später wurde der Abzug von gewissen Leistungen zugelassen 39. Die herrschende Meinung in der Literatur 40 folgte dem. Die Rechtslage ist hier die gleiche wie beim Erwerb auf Grund Erbvertrag: Erforderlich für die Besteuerung ist gemäß § 3 Abs. I Nr. 1 ErbStG ein "Erwerb durch Erbanfall" - hier auf Grund Vennächtnis. Wird durch das Vennächtnis ein bereits bestehender Anspruch lediglich noch einmal bestätigt, fehlt es bereits am erforderlichen "Erwerb durch Erbanfall" . Für die Auslegung des Steuertatbestandes scheint auch hier entscheidend, daß es Ziel der Besteuerung der Erwerbe auf Grund Vennächtnis ist, die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Bedachten zu erfassen. Ob der Vennächtnisnehmer aber tatsächlich bereichert ist, läßt sich nur feststellen, wenn man die zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarungen ins Auge faßt. Erst aus ihnen ergibt sich, welche geldwerten Leistungen der Vennächtnisnehmer in Hinblick auf die Einsetzung als Vennächtnisnehmer erbracht hat. Diese werden im Rahmen des Tatbestandes berücksichtigt. Daneben ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit", ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" oder ein vergleichbares subjektives Merkmal für die Besteuerung nicht erforderlich. Ob von seiten des Vennächtnisnehmers bereicherungsmindemde Leistungen erbracht wurden, hat die Finanzbehörde von Amts wegen zu prüfen. Im Falle des "non-liquet" trifft die Beweislast den Vennächtnisnehmer. 3. Erbeinsetzung durch Testament

Die gleiche Problematik stellt sich schließlich bei einer Erbeinsetzung durch Testament. Sie wurde bisher - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur noch nicht behandelt 41 • 37 Einmalige oder laufende Geldzahlungen; Übernahme der Kosten für einen Altenheimpflegeplatz; Unterhaltsgewährung im Rahmen der Zugehörigkeit zum Haushalt des Vermächtnisnehmers; Pflegeleistungen etc. 38 RFHE Bd. 29, S. 137 (150 f.); BFH BStBl. III 1961, S. 391 (392 f.). 39 BFH BStBl. II 1985, S. 137 (138 f.). 40 Anmerkung HFR 1984, S.62 (63 f.); Moench, ErbStG, § 10 Anm.85; Petzoldt, ErbStG, § 10 Anm. 61 ff., 64; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 41, § 10 Anm. 37.

230

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

Die zu Erbvertrag und Vermächtnis gemachten Ausführungen sind übertragbar: Hat der Testamentserbe vereinbarungsgemäß bestimmte geldwerte Leistungen zur Erreichung der Erbeinsetzung erbracht, so können diese im Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereicherungsmindernd berücksichtigt werden 42 . Daneben sind weitere subjektive Komponenten nicht Voraussetzung für die Besteuerung.

11. Die Schenkung auf den Todesfall Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG 1 gilt als steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen auch der - in der Praxis seltene - Erwerb durch eine "Schenkung auf den Todesfall" gemäß § 2301 BGB2 (1.). Einen besonderen Fall der "Schenkung auf den Todesfall" regelt § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG (2).

1. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG

Ob und, wenn ja, welche subjektiven Komponenten im Rahmen von § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG erforderlich sind, ist umstritten:

a) Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur aa) Die Entwicklung in der Rechtsprechung (1) Die höchstrichterliche Rechtsprechung 3 trennt bei der Frage, ob ein steuerpflichtiger Sachverhalt im Sinne von § 3 Abs. 1 NT. 2 S. 1 ErbStG gegeben ist,

41 Lediglich andeutungsweise gehen auf die Frage ein: Anmerkung, HFR 1984, S. 62 (63 f.); Petzoldt, ErbStG, § 10 Anm. 64. 42 Petzoldt (ErbStG, § 10 Anm. 64) weist jedoch zu Recht darauf hin, daß der gewissenhafte Berater den gefestigten Weg des Erbvertrages wählen wird, solange der BFH den Abzug von Gegenleistungen bei Erbeinsetzungen durch Testament nicht grundsätzlich zugelassen hat. 1 Ebenso: § 2 Abs. I Nr.3 ErbStG 1922; § 20 Abs. I NT. 3 ErbStG 1919; § lAbs. 2 Nr. 1 ErbStG 1906. 2 § 2301 BGB lautet: (1) Auf ein Schenkungsversprechen, welches unter der Bedingung erteilt wird, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die Vorschriften über den Erwerb von Todes wegen Anwendung. Das gleiche gilt für ein schenkweise unter dieser Bedingung erteiltes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der in den §§ 780,781 bezeichneten Art. (2) Vollzieht der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes, so finden die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung. 3 Grundlegend ist das bereits mehrfach zitierte Gutachten des RFH vom 21. Mai 1931: RFHE Bd. 29, S. 137 (152 f.) = RStBl. 1931, S. 559 (= Ls.). Später: RFH RStBl. 1931, S. 1061 (1063); BFH BStBI. III 1961, S. 234 (235).

11. Die Schenkung auf den Todesfall

231

zunächst zwischen vollzogener und nicht vollzogener Schenkung: Ist die Schenkung bereits zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen worden, soll eine Besteuerung nach den für die "Schenkung unter Lebenden" geltenden Vorschriften erfolgen. Hat ein Vollzug nicht stattgefunden, ist § 3 Abs. 1 NT. 2 S. 1 ErbStG einschlägig. In diesem Fall sollten nach der Rechtsprechung des RFH "Bereicherung" und "Bereicherungswille" nicht Tatbestandsvoraussetzung der Besteuerung sein 4 : "In diesem Falle fmden nach § 2301 Abs. 1 BGB auf das Schenkungsversprechen die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung, und zwar die Vorschriften über den Erbvertrag ( ... ). Die nicht vollzogene Schenkung auf den Todesfall ist somit ihrem Wesen nach nichts anderes als eine Erbeinsetzung ( ... ) oder ein Vermächtnis ( ... ) durch Erbvertrag. Es wird daher für sie dasselbe zu gelten haben, was oben ... für die vertragsmäßige Erbeinsetzung und das vertragsmäßige Vermächtnis gesagt ist. Bereicherung und Bereicherungswille werden somit

nicht zu ihren Tatbestandsmerkmalen gehören."

Entscheidend für den RFH war danach die Parallele zu den "Erwerben auf Grund Erbvertrag". (2) Im Jahre 1983 wurde die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Erbvertrag korrigiert 5: Nach der neuen Rechtsprechung des BFH zum Erbvertrag finden bereicherungsmindernde Vereinbarungen der Erbvertragsparteien Berücksichtigung. (3) Zwar hat sich das Niedersächsische Finanzgericht in einer Entscheidung vom 8. Dezember 1988 erneut der alten Rechtsprechung angeschlossen 6: "Wie der BFH ... festgestellt hat, gehören Bereicherung und Bereicherungswille nicht zu den erbschaftsteuerlichen Tatbestandsmerkmalen einer Schenkung auf den Todesfall. ... Der Senat schließt sich jedoch der Rechtsprechung des RFH und des BFH an, weil diese Schenkungsart bereits auf Grund ihres Charakters (Bedingung des Überlebens des Beschenkten) dem Erwerb von Todes wegen näher steht als die Schenkung unter Lebenden gern. § 516 BGB. Dies wird im Gesetz dokumentiert durch die Einordnung der Schenkung auf den Todesfall unter die Erwerbe von Todes wegen im Wege der Fiktion (§ 3 Abs. 1 ErbStG: ,gilt'). Dabei handelt es sich bei einer derartigen Schenkung dem Wesen nach um die Zuwendung eines Vermächtnisses, für dessen Tatbestandsmerkmale ein Bereicherungswille nicht erforderlich ist." Jedoch haben sich, anschließend auch an die neue Rechtsprechung des BFH zum Erbvertrag, untergerichtliche Urteile in neuerer Zeit für eine Prüfung von "Bereicherung" und "Bereicherungswille" auch im Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 1 ErbStG ausgesprochen? So hat das FG Münster in einer späteren Entscheidung vom 14. Dezember 1989 ausgeführt 8 : RFHE Bd. 29, S. 137 (152 f.) - Hervorhebungen stammen vom Verfasser. Vgl. oben: D.I.1.aa)(2). 6 EFG 1989, S. 296 (297). ? FG München, EFG 1983, S. 71; FG Münster, zitiert in BFH BStBl. 11 1985, S. 59; FG Düsseldorf (IV 161/81), zitiert bei Moench, ErbStG, § 3 Anm. 93; FG Münster EFG 1990, S. 321. 4

5

232

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts "Mit Recht haben demgegenüber Meincke / Michel ( ... ) darauf hingewiesen, daß aus den Rechtsfolgen, die sich nach § 2301 BGB ergeben, nicht auf die Voraussetzungen zurückgeschlossen werden kann, unter denen der Tatbestand einer Schenkung auf den Todesfall verwirklicht ist. Der RFH verwechselt Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 2301 Abs. 1 BGB, wenn er unter Hinweis auf diese Vorschrift den Willen des Schenkers zur unentgeltlichen Zuwendung bei der Schenkung auf den Todesfall für unerheblich erklärt ... "

(4) In einer am 5.12.1990 9 ergangenen Entscheidung hat der BFH nunmehr die alte Linie aufgegeben und in Änderung der bisherigen Rechtsprechung festgestellt, daß der Tatbestand der Schenkung auf den Todesfall gern. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG voraussetzt, daß die Zuwendung zu einer Bereicherung führt und daß die Beteiligten sich über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind. ab) Ansichten in der Literatur Die Literatur differenziert: Was die von der Rechtsprechung getroffene Unterscheidung nach vollzogener bzw. nicht vollzogener Schenkung auf den Todesfall betrifft, sind die Ansichten geteilt 10. Davon abgesehen geht die ganz überwiegende Zahl der Literaturstimmen jedoch davon aus, daß entgegen der alten höchstrichterlichen Rechtsprechung "Bereicherung" sowie ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" Tatbestandsvoraussetzungen sind 11: Die alte höchstrichterliche Rechtsprechung habe insoweit tatbestandliche Voraussetzung und Rechtsfolge des § 2301 BGB verwechselt. Zwar schreibe § 2301 Abs. 1 S. 1 BGB die Anwendung der Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen vor, dies beziehe sich jedoch auf die Rechtsfolge von § 2301 BGß. Voraussetzung sei zunächst das Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall, welche Bereicherung und Einigung über die Unentgeltlichkeit voraussetze. Auch sei das Urteil des BFH vom 22. Februar 1961 12 inkonsequent, indem es sich einerseits die Ausführungen des RFH zu eigen mache, andererseits aber gleichwohl zur Einordnung der im entschiedenen Fall gegebenen (gemischten Kaufrechts-) Schenkung als Schenkung auf die Vorstellungen der Parteien zurückgreife. Stellungnahmen zum Urteil des BFH vom 5.12.1990 liegen, soweit ersichtlich, noch nicht vor. EFG 1990, S. 321. DStR Heft 9/91, S. VI. 10 Im Sinne der Rechtsprechung: Kipp, ErbStG, § 2 Anm. 74; Finger, ErbStG, § 2 Anm. 12; Langen, S. 312 ff. Für eine tatbestandliehe Erfassung aller Schenkungen auf den Todesfall durch § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG: Kegel, S. 10; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm. 37; Naarmann, S. 61 ff. 11 Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm. 38 a. Im Anschluß an Meincke: FG MünsterEFG 1990,S. 321. Kapp, ErbStG, § 3 Anm. 238; Kipp, ErbStG, § 2Anm. 72; Lange / Kuchinke, Erbrecht, S. 1056 Fn. 22; Langen, S. 317; Moench, ErbStG, § 3 Anm. 86, 93; Petzoldt, ErbStG, § 3 Anm. 96. Undeutlich: Troll, ErbStG, § 3 Anrn. 59. 12 BStBl. m 1961, S. 234 (235). 8

9

11. Die Schenkung auf den Todesfall

233

b) Die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG im einzelnen ba) Voraussetzung einer Besteuerung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG ist zunächst das Vorliegen einer objektiven "Bereicherung" \3. Insoweit kann auf das zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Gesagte 14 verwiesen werden: Ziel der in § 3 ErbStG geregelten Tatbestände ist es, die "gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfahigkeit" auf seiten des Begünstigten zu erfassen 15. Ob eine "Bereicherung" vorliegt, ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der im Zusammenhang mit der Schenkung auf den Todesfall erbrachten Leistungen. Welche Leistungen hierher gehören, läßt sich allein auf Grund der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen ermitteln. bb) Daneben scheint für den Tatbestand der "Schenkung auf den Todesfall" eine ,,Einigung über die Unentgeltlichkeit" aus zwei Gründen unerläßlich: Anzuführen ist (erstens) der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG: Die ganz herrschende Meinung im Zivilrecht geht anknüpfend an die in § 516 Abs. 1 BGB gegebene Definition davon aus, daß für eine "Schenkung" eine "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" erforderlich ist 16. Beim "Schenkungsverspreehen" in § 2301 BGB ist dies nicht anders 17. Dasselbe muß aber für § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG gelten, da Tatbestandsvoraussetzung der Besteuerung hier das Vorliegen einer "Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)" ist. Die alte höchstrichterliche Rechtsprechung, welche einen "Bereicherungswillen" für nicht erforderlich hielt, nahm dem Tatbestand (zweitens) die Kontur: Ist eine ,,Einigung über die Unentgeltlichkeit" nicht Tatbestandsvoraussetzung, werden sehr viele Rechtsgeschäfte, bei denen sich Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig gegenüberstehen, steuerpflichtig. Dies führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber der Einkommensteuer und zugleich zu einer ganz erheblichen Mehrbelastung der Finanzbehörden 18. Dies kann durch Anerkennung des Tatbestandsmerkmals ,,Einigung über die Unentgeltlichkeit" in § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 1 ErbStG verhindert werden. Die mit Urteil vom 5. 12. 1990 vom BFH vorgenommene Korrektur seiner Rechtsprechung ist daher zu begrüßen. So wohl auch das Niedersächsische Finanzgericht: EFG 1989, S. 296 (297). Vgl. oben: D.I.1.c). 15 Vgl. etwa: Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BTDrucksache 6/3418, S. 59, 62. 16 Vgl. oben: B.II.2.b). 17 Edenhofer in Palandt, BGB, § 2301 Anm.2; Langen, S.66; Lange I Kuchinke, Erbrecht, S. 533 f.; Musielak in MK zum BGB, § 2301 Anm. 8; Wolf in Sörgel, BGB, § 2301 Anrn.2. 18 Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu § 7 Abs. I Nr. 1 ErbStG: B.III.2.b). \3

14

234

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

bc) Bei Sachverhalten mit familien-, gesellschafts- oder arbeitsrechtlichem Bezug ist daneben zu prüfen, ob auch der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" bei den Beteiligten gegeben ist 19. bd) Die Höhe der "Bereicherung" sowie das Vorliegen der "Einigung über die Unentgeltlichkeit" und des "Willens zur schenkweisen Zuwendung" ist von der jeweiligen Finanzbehörde von Amts wegen zu ermitteln, wobei bisweilen die Beweiserleichterung des "Anscheinsbeweises" eingreifen kann. Kommt es zum Falle des "non-liquet", trifft sie die objektive Beweislast. Im einzelnen kann auf die zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gemachten Ausführungen verwiesen werden.

c) Ergebnis Objektive Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 1 ErbStG ist das Vorliegen einer "Bereicherung". Eine Gegenüberstellung der zwischen den Parteien vereinbarungsgemäß ausgetauschten geldwerten Leistungen zeigt, ob eine Bereicherung gegeben ist. Daneben ist in subjektiver Hinsicht eine "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" erforderlich. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG steht. Über das Tatbestandsmerkmal der "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" finden, wie bei der "freigebigen Zuwendung", die individuellen Rechts- und Wertvorstellungen der Beteiligten Berücksichtigung. Handelt es sich um Sachverhalte mit familien-, gesellschafts- und arbeitsrechtlichem Bezug, ist daneben der "Wille zur schenkweisen Zuwendung" bei den Beteiligten zu prüfen. Was den Nachweis der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen betrifft, gilt das zur freigebigen Zuwendung Gesagte entsprechend. 2. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ist die erbschaftsteuerliche Parallele zu dem bereits behandelten § 7 Abs. 7 ErbStG20: Der Tod eines Gesellschafters führt im Regelfall zur Auflösung der Gesellschaft 21 . Abweichend hiervon kann im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, daß die Gesellschaft bei Tod eines Gesellschafters fortbestehen und der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters den anderen Gesellschaftern oder der Gesellschaft, unter Umständen gegen Zahlung einer Abfindung an die Erben, anwachsen soll. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG bestimmt für diesen Fall: Als Schenkung auf den Todesfall gilt auch der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters

19 Zum "Willen zur schenkweisen Zuwendung" vgl. oben: B.lV.l.bb). 20 Vgl. oben: C.II.3. 21 Vgl.: § 727 Abs. 1 BGB; § 131 Nr.4 HGB.

Ir. Die Schenkung auf den Todesfall

235

bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach § 12 ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt. Soweit der gemäß § 12 ErbStG zu errechnende Wert des Gesellschaftsanteils den Abfindungsanspruch übersteigt, "gilt" die Bereicherung der Gesellschaft bzw. der anderen Gesellschafter demnach als "Schenkung auf den Todesfall". Ob Voraussetzung für eine Besteuerung gemäß § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 2 ErbStG das Vorliegen subjektiver Komponenten ist, ist umstritten (c). Bevor eine Beantwortung dieser Frage versucht wird (d), soll zunächst über die schenkungsteuerliche Behandlung von "Abfindungsklauseln" nach altem Recht (a) sowie über die Entstehung von § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG (b) berichtet werden.

a) Die steuerrechtliche Behandlung der vorliegenden Fälle nach altem Recht aa) Der RFH ordnete Fälle der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG beschriebenen Art zunächst als erbschaftsteuerpflichtige "Schenkung auf den Todesfall" 22 ein 23. Ob insoweit "Bereicherung" und "Bereicherungswille" Voraussetzung der Besteuerung waren, wird nicht ganz klar 24 • Später subsumierte die Rechtsprechung diese Fälle demgegenüber unter die Tatbestände der "Schenkung" bzw. der "freigebigen Zuwendung"25: "Durch den Gesellschaftsvertrag werden die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander notwendigerweise mit sofortiger Wirkung geregelt, so daß die Gesellschafter auch sofort in ihre sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsstellung eintreten. Jeder Gesellschafter ist also in Fällen der bezeichneten Art den jeweils vorhandenen Mitgesellschaftern gegenüber sofort und endgültig verpflichtet, ihnen den ihm zustehenden Anteil an den Reserven der Gesellschaft zu überlassen, wenn er als erster verstirbt. Dies bedeutet aber nichts anderes als eine betagte, das heißt eine unter Lebenden versprochene und mit dem Tode des erstversterbenden Gesellschafters ausgeführte Schenkung unter Lebenden." 22 § 1 Abs.2 Nr. 1 ErbStG 1906; § 20 Abs. 1 Nr.3 ErbStG 1919; § 2 Abs. 1 Nr.3 ErbStG 1922. 23 RStBI. 1935, S. 1061 (1063). 24 Der RFH (RStBl. 1935, S. 1061 f.) betont zunächst, daß der Anteilsübergang auf Gesellschaftsvertrag beruht und daß daher kein Erwerb kraft Erbrechts vorliege. Er prüft daher im Rahmen von Schenkung bzw. freigebiger Zuwendung das Vorliegen von objektiver Bereicherung und Bereicherungswille, was er bejaht. Am Ende der Entscheidung stellt er dann jedoch unvermittelt fest, daß eine Schenkung auf den Todesfall vorliege, für die Bereicherung und Bereicherungswille unter Hinweis auf RFHE Bd. 29, S. 137 (152 f.) nicht erforderlich seien. Wie diese einzelnen Teile der Entscheidung zusammenhängen und ob für die Schenkung auf den Todesfall ein subjektives Merkmal erforderlich ist, bleibt letztlich unklar. 25 BFH BStBI. 11 1953, S. 199 (200). Vgl. bereits vorher: RFH RStBI. 1939, S. 495 sowie FG Hamburg, EFG 1981, S. 187.

236

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

Bei der Bejahung der für diese Tatbestände erforderlichen "subjektiven Merkmale" agierte die Rechtsprechung sehr restriktiv (sogenannte "Wagnisrechtsprechung")26. ab) Die Literatur folgte dieser Rechtsprechung 27 . b) Die Gesetzesgeschichte Der Gesetzgeber wollte mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG die bei den verbleibenden Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft eintretende Anwachsung beim Tode eines Gesellschafters der "Schenkung unter Lebenden" entziehen und statt dessen der "Schenkung auf den Todesfall" unterwerfen. Zugleich sollte der "Wagnisrechtsprechung", welche seiner Ansicht nach die Praxis überforderte, der Boden entzogen werden 28: "Als Schenkung auf den Todesfall soll künftig auch der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder auf die Gesellschaft gelten. Entsprechend war bereits auf Grund der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu verfahren (vgl. Urteil vom 19.6.1935, RStBl. S. 1061). Der Bundesfinanzhof hat diese Rechtsauffassung jedoch aufgegeben und entschieden, daß solche gesellschaftsvertraglichen Regelungen unter dem Gesichtspunkt der Schenkungen unter Lebenden zu würdigen seien (vgl. Urteil vom 15. Mai 1953, BStBl. 1lI, S. 199). Abgesehen davon, daß diese Rechtsprechung die Finanzverwaltung wie auch die Steuerpflichtigen und ihre Berater überfordert, weil die mit einer solchen Regelung beabsichtigten Vermögensverschiebungen erst beim Tode eines Gesellschafters eintreten, und sich daher die Auswirkungen der Vereinbarung bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages nur schwer beurteilen lassen, erscheint sie auch im sachlichen Ergebnis unbefriedigend. Solche gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen wirken wie Schenkungsverprechen auf den Todesfall ... " c) Stellungnahmen zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ca) § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG wird, ebenso wie die Parallelvorschrift des § 7 Abs. 7 ErbStG, häufig kritisiert 29 . Insbesondere wird vorgetragen, § 3 Abs. 1 Nr.2 S.2 ErbStG verkenne die wirtschaftlichen Gegebenheiten - Buchwertklausein würden im Regelfall nicht aus Gründen der Steuerersparnis, sondern deshalb in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, um die Gesellschaft vor zu 26 Vgl. oben: C.II.3.a). 27 Kapp / Ebeling, ErbStG, S. 122; Model, ErbStG, § 3 Anm. 26. 28 Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BT-Drucksache 6/ 3418, S. 62. 29 v. Bockelberg, FR 1973, S. 487; Kapp, ErbStG, § 3 Anm. 244 ff.; Knur, DNotZ 1974, S. 710 (717); Schulze zur Wiesche, DStR 1974, S. 698 (700 f.); Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (313 ff.).

11. Die Schenkung auf den Todesfall

237

großem Liquiditätsverlust beim Tod eines Gesellschafters zu schützen. Auch sei § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG verfassungsrechtlich bedenklich. cb) Was die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG betrifft, ist vieles streitig 30. Vorliegend soll allein gefragt werden, ob Voraussetzung für das Entstehen der Steuerpflicht das Vorliegen subjektiver Komponenten ist. Im Gegensatz zur Parallelvorschrift des § 7 Abs. 7 ErbStG, wo diese Frage ausführlich diskutiert wird, sind entsprechende Stellungnahmen zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG selten. Soweit auf die Frage eingegangen wird, sind die Ergebnisse verschieden: Teilweise wird das Vorliegen subjektiver Komponenten grundsätzlich abgelehnt 31 • Teilweise wird für § 3 Abs. 1 Nr.2 S.2 ErbStG ein "Wille zur Freigebigkeit" gefordert 32: Nach Meincke 33 wollte der Gesetzgeber mit der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 ErbStG den Rahmen des Schenkung steuerrechts nicht verlassen, sondern allein die Feststellung der Bereicherung erleichtern. Ein "Wille zur unentgeltlichen Zuwendung" sei daher weiter konstitutiv erforderlich, wobei jedoch der von der Rechtsprechung entwikkelte "Wagnisgedanke" zukünftig ohne Bedeutung sei. Nach Knur 34 würde ein Verzicht auf ein subjektives Merkmal zu wirtschaftlich untragbaren Ergebnissen führen. Er will § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG daher als "Regelung mit umgekehrter Beweislast" verstehen. Der Auffassung Meinckes hat sich jüngst das FG Münster mit der, soweit ersichtlich, ersten zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ergangenen Entscheidung angeschlossen 35: "Der Senat ist mit Meincke / Michel ( ... ) der Auffassung, daß auch für die Besteuerung des Anteilsübergangs der Wille zur unentgeltlichen Zuwendung geprüft werden muß. Meincke / Michel ( ... ) haben überzeugend dargelegt, daß der Gesetzgeber mit dem ErbStG 1974 lediglich zu den Rechtsgrundsätzen des RFH zurückkehren wollte, nachdem der BFH ... im Gegensatz dazu entschieden hatte, die im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft getroffene Bestimmung, daß der Anteil des erstversterbenden Gesellschafters an den offenen und stillen Reserven der Gesellschaft auf die überlebenden Gesellschafter übergehe, könne nicht als Schenkung auf den Todesfall i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG a.F. angesehen werden. In diesem Urteil ist der BFH der gegenteiligen Ansicht des RFH entgegen getreten. Der Senat teilt die Auffassung von Meincke / Michel ( ... ), daß die Vorschrift lediglich zu 30 Vgl. etwa: Kapp, ErbStG, § 3 Anm. 252 f.; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm. 39 ff.; Petzoldt, ErbStG, § 3 Anm. 102 ff.

31 Schild, S.88; Tillmann, StbKongreßRep 1975, S. 309 (324). Vgl. auch: v. Bokkelberg, FR 1973, S. 487. 32 Knur, DNotZ 1974, S.309 (318 ff.); Meincke in Meincke/Michel, ErbStG, § 3 Anm. 42 ff. Wohl auch: Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122 (140 f.); Moench, ErbStG, § 3 Anm. 93; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 61. 33 In Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm. 42 ff im Anschluß an Meincke: FG Münster EFG 1990, S. 321. 34 DNotZ 1974, S. 710 (718 ff.). 35 EFG ·1990, S. 321 Hervorhebungen stammen vom Verfasser.

238

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts der Streitfrage aus dem Bereich des Schenkungsrechts Stellung nehmen wollte, ohne den Rahmen des Schenkungsrechts zu verlassen. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß als Gegenstand der Schenkung unter Lebenden nur die schwer abschätzbare Bereicherung gelten könne, die den anderen Gesellschaftern oder der Gesellschaft bei Abschluß des Gesellschafts- und Schenkungsvertrages als Chance eines zukünftigen Erwerbs zufalle, während als Gegenstand der Schenkung auf den Todesfall relativ einfach die Bereicherung zur ermitteln ist, die mit dem Tod auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft tatsächlich übergeht."

d) Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG da) Ziel des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ist es, die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf seiten des Bedachten zu erfassen. Dies ergibt sich aus der Gesetzesgeschichte sowie aus der dem ErbStG zugrundeliegenden Systematik. Welche Leistungen tatsächlich zwischen den Beteiligten ausgetauscht wurden und ob insoweit letztlich eine objektive Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter bzw. der Gesellschaft gegeben ist, ergibt sich aus den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abmachungen. db) Für ein darüberhinausgehendes subjektives Merkmal spricht der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ("Schenkung auf den Todesfall"). Entscheidend scheint daneben, daß der Gesetzgeber bei Normierung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG von der Einordnung der Sachverhalte als "Schenkung" bzw. "freigebige Zuwendung" nicht grundsätzlich abweichen, sondern lediglich ihre Einreihung unter die erbschaftsteuerpflichtige "Schenkung auf den Todesfall" erreichen wollte. Für "Schenkung" und "freigebige Zuwendung" aber ist und war ein besonderes subjektives Merkmal zweifelsfrei erforderlich. Dafür, daß der Gesetzgeber für die Zukunft hiervon abweichend jede objektiv eintretende Bereicherung erfassen wollte, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Erforderlich ist danach eine ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit". Indem der Gesetzgeber die "Wagnisrechtsprechung" des BFH als zu kompliziert und schwer durchführbar kritisierte, vermag die gegenseitige Vereinbarung von Abfindungsklauseln es nicht, den "Willen zur Unentgeltlichkeit" auszuschließen 36• Zugleich sollten gesellschaftsinterne Überlegungen, welche auf eine Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks abzielen, in Zukunft unberücksichtigt bleiben. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist also nicht erforderlich. Was den Nachweis von "Bereicherung" und ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" betrifft, kann auf das zur "freigebigen Zuwendung" Ausgeführte verwiesen werden.

36 Im Regelfall ist der "Wille zur Unentgeltlichkeit" bei einer gegenseitigen Eingehung von Wagnissen nicht gegeben; vgl. oben: Fall (8), B.I.l.c); B.lV.2.d).

III. Vertrag zugunsten Dritter

239

e) Ergebnis Voraussetzung einer Besteuerung gemäß § 3 Abs. I Nr.2 S.2 ErbStG ist zunächst das Vorliegen einer objektiven "Bereicherung" auf seiten der verbleibenden Gesellschafter bzw. der Gesellschaft. Welche geldwerten Leistungen von beiden Seiten erbracht wurden, ergibt sich aus den zwischen den Beteiligten getroffenen Abmachungen. Daneben ist Tatbestandsvoraussetzung das Vorliegen einer "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit". Dabei vermag jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers die Tatsache, daß die Vereinbarung der Abfindungsklausel auf Gegenseitigkeit beruht, die ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" nicht auszuschließen. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht erforderlich. Was den Nachweis von "Bereicherung" und "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" betrifft, gilt das zur "freigebigen Zuwendung" Gesagte entsprechend.

III. Vertrag zugunsten Dritter Der Erblasser kann zu Lebzeiten einen Vertrag dergestalt schließen, daß ein Dritter beim Tode des Erblassers aus dem Vertrag unmittelbar eine Leistung fordern kann (sogenannter "Vertrag zugunsten Dritter") 1. Gemäß § 3 Abs. I Nr. 4 ErbStG gilt der auf diese Weise seitens des Dritten erworbene "Vermögensvorteil" als "Erwerb von Todes wegen"2. Relevanz erlangt die Frage, ob im Rahmen einer Besteuerung nach § 3 Abs. I Nr. 4 ErbStG subjektive Komponenten zu berücksichtigen sind, in den Fällen, in denen die Vertragspartner (vermeintliche) Gegenleistungen des Dritten für die vertragliche Begünstigung vereinbart haben.

1. Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur a) Nach einhelliger Rechtsprechung sind "Bereicherung" und "Bereicherungswille" bzw. "Wille zur Unentgeltlichkeit" Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. I Nr. 4 ErbStG3. Dies hat zur Folge, daß (auch vermeintliche) Gegenleistun1 §§ 328 ff. BGB. Hauptanwendungsfälle in der Praxis sind der Anfall einer Lebensversicherungssumme oder eine Rente beim Tode des Erblassers sowie Gutsüberlassungsverträge mit der Auflage, Geschwister u. s. f. abzufinden. 2 Ebenso: § 2 Abs. 1 Nr.4 ErbStG 1922; § 20 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG 1919; § 3 Nr. 3 ErbStG 1906. 3 BFH DVR 1986, S. 137 (138); BStBl. III 1953, S. 247 (248); RFHE Bd. 29, S. 137 (153 f.); FG München, EFG 1983, S. 71.

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D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

gen im Rahmen der Besteuerung Berücksichtigung finden. Der RFH, der bei den anderen Tatbeständen des Erbschaftsteuerrechts das Vorliegen eines entsprechenden subjektiven Merkmals kategorisch ablehnte 4, begründete seine beim Vertrag zugunsten Dritter abweichende Stellungnahme mit dem folgenden Vergleich: Erfolge eine Leistung auf Grund Vertrag zugunsten Dritter zu Lebzeiten, seien im Rahmen von "Schenkung" bzw. "freigebiger Zuwendung" die Tatbestandsmerkmale der "Bereicherung" bzw. des "Bereicherungswillens" zu prüfen. Nichts anderes aber könne gelten, wenn der Dritte die Leistung erst mit dem Tode des Erblassers erwerbe. Folge des Erfordernisses eines "Bereicherungs willens" ist, daß ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang nach der Rechtsprechung dann nicht vorliegt, wenn die Leistung aus dem Vertrag zugunsten Dritter zur Begleichung einer Verbindlichkeits bzw. als Ausgleich für erbrachte Pflegeleistungen 6 erfolgt oder wenn im Falle einer auf den Dritten abgeschlossenen Lebensversicherung der Dritte die Prämien selbst erbringt 7 • b) Dem hat sich die Literatur 8 angeschlossen. Auch sie will die objektiven und subjektiven Gegebenheiten im Verhältnis zwischen Erblasser und Drittem (sogenanntes "Valutaverhältnis") berücksichtigen. So soll nach Meincke 9 das erforderliche subjektive Merkmal unter Umständen ausgeschlossen sein, wenn der Dritte im Erwerbsgeschäft des Erblassers mitgearbeitet oder Pflegeleistungen für den Erblasser oder dessen Angehörige erbracht hat. 2. Die einzelnen Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr.4 ErbStG

Auch § 3 Abs. 1 Nr.4 ErbStG beruht auf dem Leistungsfahigkeitsprinzip. Erforderlich ist daher eine "Bereicherung" auf seiten des Dritten. Um festzustellen, welche geldwerten Leistungen von jeder Seite erbracht wurden und ob die Leistungen des Erblassers aus dem Vertrag zugunsten Dritter überwiegen, ist auf die vertraglichen Abmachungen zwischen Erblasser und bedachtem Drittem zurückzugreifen. 4 Vgl. die Ausführungen zum Erwerb durch Erbvertrag, Vermächtnis, Testament oder Schenkung auf den Todesfall, oben: D.1., 11. s RFHE Bd. 29, S. 137 (153 f.); FG München, EFG 1983, S. 71. Unter Umständen auch: RFH RStBl. 1933, S. 338. 6 BFH DVR 1986, S. 137 (138) - welche Anforderungen hier genau zu stellen sind, sagt der BFH freilich nicht. 7 RFHE Bd. 29, S. 137 (154); FG Nürnberg, EFG 1967, S. 354 (355). 8 Kapp, ErbStG, § 3 Anm. 274 ff.; Kipp, ErbStG, § 2 Anm. 85; Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm.48; Model, ErbStG, § 2 Anm.14; Moench, ErbStG, § 3 Anm. 99 f.; Petzoldt, ErbStG, § 3 Anm. 138; Troll, ErbStG, § 3 Anm. 65. Wohl auch: Crezelius, S. 90 f. 9 In Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm.48.

IV. Zusammenfassung

241

Ob § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG darüberhinaus ein weiteres subjektives Merkmal enthält, läßt sich Wortlaut und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes nicht eindeutig entnehmen. Entscheidend scheint, daß der RFH in seinem ausführlichen Gutachten vom 21. März 1931 10 vom Erfordernis eines dem Tatbestand der "Schenkung" bzw. der "freigebigen Zuwendung" entsprechenden "Bereicherungswillens" in Fällen der vorliegenden Art ausgegangen ist. Der Gesetzgeber hat dem in den zahlreichen folgenden Gesetzesänderungen nicht widersprochen. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß nach dem Willen des Gesetzgebers ein der "freigebigen Zuwendung" vergleichbares subjektives Merkmal Tatbestandsvoraussetzung ist. In diesem Fall aber sind die selben Anforderungen zu stellen wie bei der "freigebigen Zuwendung". Erforderlich sind "Wille zur Unentgeltlichkeit" und "Wille zur schenkweisen Zuwendung". Was den Nachweis von "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" betrifft, kann auf die zur "freigebigen Zuwendung" gemachten Ausführungen verwiesen werden. IV. Zusammenfassung 1. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteuert unter anderem die auf Grund Erbvertrag, Vermächtnis sowie Testament anfallenden Erwerbe. Geldwerte Leistungen des Vertragserben, die dieser auf Grund einer mit dem Erblasser getroffenen Vereinbarung als Gegenleistung für die Erbeinsetzung erbracht hat, mindern jedoch die steuerpflichtige Bereicherung oder schließen sie aus. Ob solche geldwerten Leistungen des Erben vorliegen, hat die Finanzbehörde von Amts wegen zu erforschen. Im Falle des "non-liquet" trifft die Beweislast den Steuerpflichtigen. Daneben ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" oder ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" nicht Tatbestandsvoraussetzung. 2. Für den in § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG geregelten Fall der "Schenkung auf den Todesfall" ist objektiv das Vorliegen einer "Bereicherung" erforderlich. Ob eine Bereicherung vorliegt, ergibt sich aus einem Vergleich der von beiden Seiten vereinbarungsgemäß zu erbringenden geldwerten Leistungen. Subjektiv sind eine ,,Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" sowie ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" Tatbestandsvoraussetzung. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG, Parallelvorschrift zu § 7 Abs. 7 ErbStG, regelt den Fall, daß beim Tod eines Gesellschafters sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft gegen Zahlung einer "Abfindung" anwächst. Objektive Tatbestandsvoraussetzung ist hier das Vorliegen einer "Bereicherung" auf seiten der verbleibenden Gesellschafter bzw. der Gesellschaft. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus einem Vergleich der von beiden Seiten vereinbarungsgemäß erbrachten geldwerten Leistungen. In subjektiver Hinsicht ist eine 10

RFHE Bd. 29, S. 137 (157 f.) = RStBl. 1931, S. 559 (= Ls.).

16 Klein·B1enkers

242

D. Die Tatbestände des Erbschaftsteuerrechts

"Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" erforderlich. Dabei vermag die Tatsache, daß die Vereinbarung der Abfindungsklausel auf Gegenseitigkeit beruht, die "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" nicht auszuschließen. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht Tatbestandsvoraussetzung. Beweispflichtig für das Vorliegen der in § 3 Abs. I Nr.2 S. 1 ErbStG bzw. § 3 Abs. 1 Nr.2 S. 2 ErbStG normierten objektiven und subjektiven Vorausset-

zungen ist die Finanzbehörde. In bestimmten Fällen kommt ihr jedoch die Beweiserleichterung des "Anscheinsbeweises" zugute. 3. Für den in § 3 Abs. 1 Nr.4 ErbStG geregelten Erwerb auf Grund Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall sind "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich. Was Inhalt und Nachweis dieser Tatbestandsmerkmale betrifft, kann auf das zur "freigebigen Zuwendung" Gesagte verwiesen werden.

E. Zusammenfassung der Ergebnisse I. Aufgabe der im "Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz" vom 17. April 1974 normierten Tatbestände ist es, bestimmte Steigerungen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu erfassen. In vielen dieser Tatbestände finden sich subjektive Komponenten.

11. Zentrale Norm des Schenkungsteuerrechts ist der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelte Tatbestand der "freigebigen Zuwendung". Hier finden die individuellen Vorstellungen der Beteiligten in zwei- bzw. dreifacher Weise Berücksichtigung: Um festzustellen, ob das Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" erfüllt ist, sind zunächst die von jeder Seite vereinbarungsgemäß erbrachten geldwerten Leistungen miteinander zu vergleichen. Daneben ist ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" auf seiten des Zuwendenden erforderlich. Er ist gegeben, wenn der Zuwendende es bewußt und gewollt zum Inhalt des Rechtsgeschäfts macht, daß die Zuwendung (teilweise) nicht mit einer Gegenleistung verknüpft und auch sonst nicht (in voller Höhe) zur Tilgung einer Verbindlichkeit bestimmt ist. Obwohl sich die Frage, ob eine Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorliegt, theoretisch allein an Hand objektiver Kriterien beantworten läßt, ist das subjektive Tatbestandsmerkmal des "Willens zur Unentgeltlichkeit" im Rahmen von § 7 Abs. 1 NT. 1 ErbStG unerläßlich. Es gibt dem Tatbestand Gestalt und verhindert zugleich, daß die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung in Einkommensteuer einerseits und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer andererseits aufgehoben wird. Bei Zuwendungen mit familien- oder wirtschaftsrechtlichem Bezug sowie bei Stiftungsleistungen ist darüberhinaus zusätzlich zu prüfen, ob auch ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gegeben ist. Er liegt vor, wenn die Zuwendung "um der Bereicherung willen" erfolgt. Einen "Bereicherungswillen" oder eine "Bereicherungsabsicht" setzt die "freigebige Zuwendung" demgegenüber nicht voraus. Für den Nachweis von "Bereicherung", "Wille zur Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung" gilt folgendes: Entscheidend sind die tatsächlichen Vorstellungen der Beteiligten. Die Finanzbehörde hat diese 16*

244

E. Zusammenfassung der Ergebnisse nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu ermitteln. Dabei ist der potentielle Steuerschuldner gemäß § 76 Abs. I S. 2, 3 FGO; § 90 Abs. 2; § 93 Abs. 3 S. 2; § 97 Abs. 1, Abs. 3; § 99; § 100 AO zur Mitwirkung verpflichtet. In bestimmten Fällen kommt der Finanzbehörde die Beweiserleichterung des "Anscheinsbeweises" zugute. Kommt es zum Fall des "non-liquet" trifft die Beweislast die Finanzbehörde. Daneben ist eine "Beweislastumkehr" oder eine "Objektivierung subjektiver Besteuerungsmerkmale" nicht erforderlich. De-lege-ferenda wäre es sinnvoll, den Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" durch den Tatbestand der "Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechts" zu ersetzen. Jene Sachverhalte, bei denen bereits heute umstritten ist, ob sie dem Tatbestand der "freigebigen Zuwendung" unterfallen, könnten in diesem Fall in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG bzw. in § 13 ErbStG ausdrücklich geregelt werden.

III. Auch im Rahmen der § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, § 7 Abs. 5 ErbStG, § 7 Abs. 6 ErbStG und § 7 Abs. 7 ErbStG spielen subjektive Merkmale eine Rolle: Erforderlich für eine Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sind "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit". Dabei soll es jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers auf die von der Rechtsprechung zum alten Recht getroffene Unterscheidung in "erbrechtliche" bzw. "güterrechtliche Zuwendungen" nicht mehr ankommen. Beweispflichtig für "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist die Finanzbehörde, der jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Beweiserleichterung des "Anscheinsbeweises" zugute kommt. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht Tatbestandsvoraussetzung. § 7 Abs. 5 ErbStG schreibt eine bestimmte Art der Wertermittlung vor, wenn eine mit einer Buchwertklausel verbundene Beteiligung an einer Personengesellschaft ohne - oder gegen ein den Buchwert unterschreitendes - Entgelt im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr.l-1O ErbStG "geschenkt" wird. Erreicht das Entgelt dagegen den Buchwert der Beteiligung, richtet sich die Steuerpflichtigkeit der Zuwendung danach, ob in Hinblick auf die Differenz zwischen Verkehrswert der Beteiligung und geleistetem Entgelt die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" oder eines der anderen in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG normierten Tatbestände erfüllt sind. Die Tatsache, daß eine Buchwertklausel vereinbart wurde, hat dabei außer Betracht zu bleiben.

Aufgabe von § 7 Abs. 6 ErbStG ist es, eine einheitliche steuerpflichtige Schenkung in zwei Schenkungen zu zerlegen. § 7 Abs. 6 ErbStG kommt immer dann zur Anwendung, wenn ein Gesellschaftsanteil in schenkung-

E. Zusammenfassung der Ergebnisse

245

steuerrechtlich relevanter Weise (§ 7 Abs. 1 Nr. 1-10 ErbStG) zugewendet und dabei zugleich mit einer erhöhten Gewinnbeteiligung ausgestattet wird oder dies bereits ist. Wird der Gesellschaftsanteil dagegen entgeltlich übertragen, wird einem Altgesellschafter eine erhöhte Gewinnbeteiligung eingeräumt oder wird eine bereits bestehende erhöhte Gewinnbeteiligung weiter erhöht, richtet sich die Steuerpflichtigkeit nach den üblichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen der "freigebigen Zuwendung" oder eines der anderen in § 7 Abs. 1 Nr. 2-10 ErbStG normierten Tatbestände. Voraussetzung einer Besteuerung gemäß § 7 Abs. 7 ErbStG sind "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit". Ob die verbleibenden Gesellschafter oder die Gesellschaft objektiv "bereichert" sind, ergibt sich aus einem Vergleich der vereinbarungsgemäß von beiden Seiten zu erbringenden Leistungen. Beweispflichtig für das Vorliegen von "Bereicherung" und "Wille zur Unentgeltlichkeit" ist die Finanzbehörde. Die Tatsache, daß die Vereinbarung der Abfindungsklause1 auf Gegenseitigkeit beruht ("Wagnisgedanke"), schließt dabei den "Willen zur Unentgeltlichkeit" nicht aus. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht erforderlich. IV. Bei den Tatbeständen der Erbschaftsteuer ist die Situation unterschiedlich: § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteuert unter anderem Erwerbe auf Grund Erbvertrag, Vermächtnis sowie Testament. Gemindert oder ausgeschlossen werden kann das Tatbestandsmerkmal der Bereicherung durch geldwerte Leistungen des Vertragserben bzw. Vermächtnisnehmers, die dieser auf Grund einer mit dem Erblasser getroffenen Vereinbarung als Gegenleistung für die Erbbzw. Vermächtniseinsetzung erbracht hat. Ein "Wille zur Unentgeltlichkeit" oder ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" sind nicht Tatbestandsvoraussetzungen.

Erforderlich für den in § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG geregelten Fall der "Schenkung auf den Todesfall" sind "Bereicherung", "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" sowie "Wille zur schenkweisen Zuwendung". Was Inhalt und Nachweis dieser Tatbestandsmerkmale betrifft, gilt das zur "freigebigen Zuwendung" Gesagte entsprechend. Auch für eine Besteuerung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG werden "Bereicherung" sowie "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" vorausgesetzt. Dabei schließt jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers die Tatsache, daß die Vereinbarung der Abfindungsklausel auf Gegenseitigkeit beruht ("Wagnisgedanke"), die "Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit" nicht aus. Ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" ist nicht erforderlich.

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E. Zusammenfassung der Ergebnisse Für den in § 3 Abs. 1 Nr.4 ErbStG geregelten Erwerb auf Grund Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall schließlich sind neben dem objektiven Tatbestandsmerkmal der "Bereicherung" ein "Wille zur Unentgelt1ichkeit" sowie ein "Wille zur schenkweisen Zuwendung" erforderlich. Was Inhalt und Nachweis der Tatbestandsmerkmale betrifft, gilt das zur "freigebigen Zuwendung" Ausgeführte entsprechend.

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