Die Arbeiter-und-Bauern-Macht, eine Form der Diktatur des Proletariats. – Die weitere Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie [Reprint 2021 ed.] 9783112542125, 9783112542118

156 13 18MB

German Pages 64 [65] Year 1978

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die Arbeiter-und-Bauern-Macht, eine Form der Diktatur des Proletariats. – Die weitere Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie [Reprint 2021 ed.]
 9783112542125, 9783112542118

Citation preview

ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER Abteilung Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Räte Jahrgang 1977 • Nr. W1

Die Arbeiter-und-Bauern-Macht, eine Form der Diktatur des Proletariats. — Die weitere Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie.

A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L I N • 1977

DDR

Herausgegeben im Auftrage des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften der DDR von Vizepräsident Prof. Dr. Heinrich Scheel Verantwortlich für dieses Heft: Prof. Dr. Gerhard Schüßler Vorsitzender des Rates für staats- und rechtswissenschaftliche Forschung an der Akademie der Wissenschaften der DDR

Redaktionsschluß: 21. 9. 1976 Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1977 Lizenznummer: 202 • 100/276/77 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", 74 Altenburg Bestellnummer: 753 317 0 (2001/77/1/W) • L S V 0465 Printed in G D R DDR 6 , - M

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

5

Karl-Heinz Schöneburg Die gesetzmäßige Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie und Aufgaben der staats- und rechtswissenschaftlichen Forschung

7

Gerhard Schüßler Zu einigen Fragen der schöpferischen Anwendung der marxistisch-leninistischen Staatslehre

16

Michael Benjamin Der IX. Parteitag der SED und Probleme der staatlichen Leitung

24

Wolfgang Weichelt Hauptrichtungen der Forschungsarbeit: Qualifizierung der staatlichen Leitung und Entwicklung der sozialistischen Demokratie

32

Gerhard Haney Sozialistisches Recht und sozialistische Lebensweise

38

Eberhard Poppe / Rudolf Hieblinger Der IX. Parteitag der SED und einige Probleme der Staatsrechtswissenschaft

.

.

48

Theoretische und methodologische Fragen der Kritik der bürgerlichen Staats- und Rechtsideologie

53

Autorenverzeichnis

62

Karl-Heinz Röder

i*

3

Vorwort

In der vorliegenden Schrift werden erste Überlegungen vorgestellt, die in Auswertung des XXV. Parteitages der K P d S U und des IX. Parteitages der S E D für die weitere staats- und rechtswissenschaftliche Arbeit von grundlegender Bedeutung sind. Der Rat für staats- und rechtswissenschaftliche Forschung an der Akademie der Wissenschaft der D D R hat damit den Auftakt für eine kontinuierliche und auf allen Gebieten der staats- und rechtswissenschaftlichen Arbeit vorzunehmende Auswertung der richtungsweisenden Beschlüsse und Dokumente der Parteien gegeben und die Staats- und Rechtswissenschaft zur praktischen Verwirklichung der von der Partei gestellten Aufgaben verpflichtet. Einen zentralen Platz nahmen in der ersten Beratung des Rates Fragen der Erhöhung des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses, der Verstärkung des theoretischen Niveaus der wissenschaftlichen Arbeit und der Intensivierung der Praxiswirksamkeit wissenschaftlicher Forschungsergebnisse ein. Aus dieser Sicht wurden grundlegende Probleme der Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie, der Weiterentwicklung der staatlichen Leitung und deren Effektivität, der weiteren Verwirklichung der sozialistischen Grundrechte, der Rolle des sozialistischen Rechts bei der Herausbildung und Entwicklung der sozialistischen Lebensweise, der Kritik bürgerlicher Staats- und Rechtsideologie behandelt und Schwerpunkte der weiteren Arbeit in Forschung und Lehre aufgezeigt.

5

KARL-HEINZ

SCHÖNEBURG

Die gesetzmäßige Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie und Aufgaben der staats- und rechtswissenschaftlichen Forschung In den Dokumenten des XXV. Parteitages der K P d S U und des IX. Parteitages der S E D haben die Probleme der Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie ein großes Gewicht. Die folgenden Ausführungen gehen davon aus, d a ß die Aussagen der Parteitage bisherige staats- und rechtsvvissenschaftliche Arbeitsergebnisse über Probleme der sozialistischen Demokratie - vor allem die der Demokratiekonferenz von 1974 - und die in dieser Hinsicht im Zentralen Forschungsplan gestellten Aufgaben prinzipiell bestätigen, zugleich aber auch weiterführen und vertiefen. Die wissenschaftlichen Forschungsarbeiten über die gesetzmäßige Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie sind nunmehr in höherer Qualität fortzuführen. Das entspricht der ausdrücklichen Forderung Erich Honeckers auf dem IX. Parteitag der S E D , „die Forschungen zur Entwicklung unserer Staatsmacht und der sozialistischen Demokratie . . . weiterzuführen und zu vertiefen" 1 . Aus staatstheoretischer Sicht seien dazu die folgenden ersten Überlegungen zur Diskussion gestellt. 1. Für alle Probleme der gesetzmäßigen Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie bedarf es eindeutiger staatstheoretischer Ausgangspunkte hinsichtlich der Dialektik von Macht und Demokratie im Sozialismus. Dazu vermitteln Parteiprogramm der S E D , Bericht des Z K der S E D an den IX. Parteitag sowie die Parteitagsdiskussion wichtige Erkenntnisse und Anregungen. Erich Honecker betonte, d a ß die Arbeiterklasse ihre Macht fest in der Hand haben muß, wenn sie ihren historischen Auftrag erfüllen will, die sozialistische und kommunistische Gesellschaft zu errichten. „Auch um die Hauptaufgabe zum Wohle des ganzen Volkes erfüllen zu können, braucht sie die gesicherte Macht." 2 In diesem Zusammenhang erscheint es vor allem bedeutsam, d a ß die Dokumente des IX. Parteitages der S E D „Macht der Arbeiterklasse", „Herrschaft der Arbeiterklasse" und „Diktatur des Proletariats" als Kennzeichnung des Wesens des sozialistischen Staates, des Gesamtsystems der politischen Macht der Arbeiterklasse und ihrer Verwirklichung in der gegenwärtigen Etappe der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, auf dem Wege zum Kommunismus in der D D R benutzen. 3 Zum staatstheoretischen Verständnis der damit aufgeworfenen Frage ist zunächst daran 1

Bericht des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands an den IX. Parteitag der S E D , Berichterstatter: G e n o s s e Erich Honecker, Berlin 1 9 7 6 , S. 127

2

A . a. O . , S. 1 1 0

3

Vgl.

a.a.O.,

S. 1 1 1 ;

Programm

der

Sozialistischen

Einheitspartei

Deutschlands

Berlin

1976,

S. 4 0 ff.

7

zu erinnern, daß der Begriff der Diktatur des Proletariats in der marxistisch-leninistischen Staatstheorie in mehrfacher Bedeutung verwendet w i r d : erstens als Kennzeichnung des Klassenwesens der sozialistischen Staatsmacht für die gesamte Periode des Übergangs von der kapitalistischen zur kommunistischen Gesellschaft; 4 zweitens zur Charakteristik des Gesamtsystems der politischen Macht der Arbeiterklasse, an dessen Spitze die marxistisdie-leninistische Partei steht und in dem der sozialistische Staat als Hauptinstrument zur Verwirklichung der Interessen und Ziele der Arbeiterklasse wirkt. Dabei durchläuft der einheitliche sozialistische Staatstyp unterschiedliche Entwicklungsetappen. 5 Der sozialistische Staat ist in allen seinen Entwicklungsetappen notwendigerweise politisches Machtinstrument und Machtorganisation der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten, Klassenstaat der von ihrer marxistisch-leninistischen Partei geführten Arbeiterklasse. Das wird von den marxistisch-leninistischen Staatstheoretikern zu Recht hervorgehoben.« Der Begriff der Klassenherrschaft der Arbeiterklasse ist eine zentrale Kategorie der marxistisch-leninistischen Staatstheorie. Mit ihr wird das Klassenwesen jedes sozialistischen Staates umrissen. Sie charakterisiert den sozialistischen Staat in allen Etappen seiner Entwicklung. Es ist daher aus Gründen des internationalen ideologischen Klassenkampfes wie der Durchsetzung der historischen Aufgaben der Arbeiterklasse in der Innen- und Außenpolitik jedes sozialistischen Staates gegen jegliche Aufweichung des Herrschaftsbegriffs in der marxistisch-leninistischen Staatstheorie zu argumentieren. Marx, Engels und Lenin und in Übereinstimmung mit ihnen die Beschlüsse des IX. Parteitages der SED wie des XXV. Parteitages der KPdSU begreifen Macht und Herrschaft der Arbeiterklasse immer in einem doppelten Sinne, nämlich als Herrschaft über andere, feindliche Klassen und Schichten sowie als Beherrschung der gesellschaftlichen Entwicklung mit politisch-staatlichen Mitteln entsprechend den Interessen und Bedürfnissen der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten. Beide Seiten der Klassenherrschaft der Arbeiterklasse sind untrennbar miteinander verbunden. Es kennzeichnet gerade die gänzlich neue, im Wesen und in der historischen Mission der Arbeiterklasse begründete Qualität der politischen Macht und damit der Herrschaft der Arbeiterklasse, daß sie sich zu keiner Zeit der revolutionären Entwicklung in der Herrschaft über andere, feindliche Menschengruppen erschöpfen kann oder dies gar als Selbstzweck betrachtet. Vielmehr ist diese Seite staatlicher Herrschaft der Arbeiterklasse immer nur als notwendige Bedingung der bewußten, politisch-staatlich organisierten Beherrschung der gesellschaftlichen Entwicklung durch die von der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei geführten Werktätigen zu werten. In diesem Sinne wird der Begriff der Herrschaft der Arbeiterklasse sowohl im Kommunistischen Manifest erstmals von Marx und Engels verwendet als auch später von Lenin aufgegriffen und weiterentwickelt. 7 Jede Reduzierung des Begriffs der Klassenherrschaft In diesem Sinne verwenden Marx, Engels und Lenin den Begriff der Diktatur des Proletariats, Vgl. u . a . K . M a r x / F . Engels Werke, Bd. 19, Berlin 1 9 6 2 , S. 2 8 ; W . I . L e n i n , Werke, Bd. 25, Berlin 1 9 6 0 , S. 4 2 5 Vgl. dazu u . a . K.-H. Schöneburg in: Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften der D D R , Jahrgang 1 9 7 5 , Nr. W 2, Berlin 1 9 7 6 , S. 1 7 ff. B

Vgl. Marxistisch-leninistische allgemeine Theorie des Staates und des Rechts, Bd. 3, Berlin 1 9 7 5 , S. 71 ff.

7

Vgl. W . I . L e n i n , Werke, Bd. 25, a . a . O . , S. 4 1 6 ff.; Bd. 27, Berlin i 9 6 0 , S. 1 4 1 ; Bd. 29, Berlin 1 9 6 1 , S. 3 7 7

8

der Arbeiterklasse lediglich auf Herrschaft über andere Klassen und Schichten grenzt sich ungenügend von jenem Herrschaftsbegriff ab, wie er in bürgerlich-imperialistischen, vor allem positivistischen Staatsauffassungen anzutreffen ist und letztlich nur die staatliche Herrschaft von Ausbeuterklassen reflektiert. In diesem Zusammenhang erscheint eine weitere Überlegung angebracht. D i e Dokumente des I X . Parteitages der S E D wie des X X V . Parteitages der K P d S U gehen durchgängig von der Einheit, von der Dialektik von Nationalem und Internationalem in der Politik der Arbeiterklasse aus. Das hat für das Wesen des sozialistischen Staates als Klassenherrschaft der Arbeiterklasse in allen seinen Entwicklungsetappen grundsätzliche Bedeutung. Nicht zuletzt diese: Der allmähliche Übergang zum Kommunismus vollzieht sich innerhalb der sozialistischen Gemeinschaft im harten Klassenkampf mit dem Imperialismus. Daraus müssen notwendigerweise Rückwirkungen auf Wesen, Funktion und historische Entwicklung des sozialistischen Staates abgeleitet werden. D e r sozialistische Staat als politische Macht und Herrschaft der Arbeiterklasse hat aufgrund dieses Klassenkampfes mit dem Imperialismus im Weltmaßstab immer - auch dann, wenn im Innern des einzelnen sozialistischen Staates keine feindlichen Klassen und Schichten mehr existieren und auch ihre Überreste beseitigt sind - antiimperialistische Klassenaufgaben zu erfüllen. Unter den Bedingungen des Kampfes zwischen den beiden Weltsystemen wäre es undialektisch, wollte man zwischen den inneren und äußeren Entwicklungsbedingungen und Aufgaben eines sozialistischen Staates eine Scheidewand errichten. Beide durchdringen einander in vielfältiger Weise. Deshalb ist auch das Wesen des sozialistischen Staates als Herrschaft der Arbeiterklasse nicht innen- und außenpolitisch aufspaltbar. Das Wesen des sozialistischen Staates als Klassenmacht der Arbeiterklasse betrifft deshalb stets die Totalität der historischen Mission der Arbeiterklasse. Es ist ein Grunderfordernis der materialistischen Dialektik, das Ganze der gesellschaftlichen Bedingtheit und des gesellschaftlichen Wirkens des sozialistischen Staates zu sehen. Leider werden in der staatstheoretischen Arbeit noch immer Begriffe und Kategorien einseitig aus der Analyse der inneren Entwicklungsbedingungen der einzelnen sozialistischen Gesellschaften abgeleitet. Diese Sicht des Wesens der politischen Macht der Arbeiterklasse ist zu beachten, wenn die Beschlüsse des I X . Parteitages der S E D auf der Grundlage der Lehren von Marx, Engels und Lenin die sozialistische Demokratie als Wesen, Inhalt und Form der Macht der Arbeiterklasse begreifen. Sozialistische Demokratie ist niemals etwas, was der staatlichen Macht der Arbeiterklasse hinzuzufügen ist, sondern sie ist deren Wesensmerkmal, deren Inhalt und zugleich deren Form. Das betonten Marx und Engels schon im Kommunistischen Manifest, wo sie die Errichtung des sozialistischen Staates mit den Worten „Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, Erkämpfung der Demokratie" 8 umschrieben. Die notwendige Einheit von staatlicher Macht der Arbeiterklasse und sozialistischer Demokratie ergibt sich aus dem Wesen der Arbeiterklasse, die keine Sonderinteressen gegenüber der Gesellschaft hat, deren Grundinteressen mit denen der anderen Werktätigen übereinstimmen. Festigung, Stärkung des sozialistischen Staates und Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie sind deshalb zwei Seiten eines einheitlichen Prozesses. Beide sind wiederum kein Selbstzweck, sondern dienen der immer besseren Befriedigung der ständig wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Werktätigen, der Entwicklung ihrer sozialistischen Persönlichkeit, ihrer bewußten Kollektivität. 8

K . Marx / F . Engels, W e r k e , B d . 4 , Berlin 1 9 5 9 , S. 4 8 1

9

Die notwendige Einheit von Macht der Arbeiterklasse und sozialistischer Demokratie herauszuarbeiten ist ein Grunderfordernis der Stärkung und Entwicklung der politischen Macht der Arbeiterklasse sowie des effektiven internationalen ideologischen Klassenkampfes. Hier ist zunächst daran zu erinnern, wie es Genosse Erich Honecker auf dem IX. Parteitag betonte, „daß Leitungsfragen Fragen der Ausübung der Macht der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten sind", nämlich nicht im Sinne einer bürokratischen Perfektionierung des Staats- und Wirtschaftsapparats, sondern davon ausgehend, „daß Leitung, Planung und ökonomische Stimulierung eine untrennbare Einheit mit der Initiative der Arbeiterklasse, der Genossenschaftsbauern und aller anderen Werktätigen bilden müssen". 9 D e n n : „Die demokratische Teilnahme der Werktätigen an der Leitung und Planung ist eine wichtige Bedingung für die Ausarbeitung und Verwirklichung anspruchsvoller realer Pläne." 10 Die Einheit von Macht und Demokratie im Sozialismus ist eine zentrale Thematik in der ideologischen Auseinandersetzung mit imperialistischen und revisionistischen Angriffen auf die politische Macht der Arbeiterklasse. Es kommt darauf an, von der historischen Mission der Arbeiterklasse aus, die notwendige Einheit von Macht der Arbeiterklasse und sozialistischer Demokratie theoretisch überzeugend zu begreifen. Es ist zugleich erforderlich, die Realität der sozialistischen Demokratie in den sozialistischen Staaten in der ideologischen internationalen Auseinandersetzung mit größerer Effektivität zur Wirkung zu bringen. 2. Die zentrale Aussage der Dokumente des IX. Parteitages der S E D zur sozialistischen Demokratie ist im Parteiprogramm der S E D fixiert: „Die Hauptrichtung, in der sich die sozialistische Staatsmacht entwickelt, ist die weitere Entfaltung und Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie. Die in vielfältigen Formen erfolgende Mitwirkung der Bürger an der Leitung des Staates und der Wirtschaft wird immer mehr zum bestimmenden Merkmal des Lebens im Sozialismus." 11 In seiner Rede auf dem Parteitag hatte Erich Honecker festgestellt: „Die Stärke der sozialistischen Demokratie ist es, daß sie alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durchdringt und in immer weiterem Umfange die Aktivität, die Sachkenntnis, die Schöpferkraft der Menschen für die Gesellschaft fruchtbar macht. Das reicht von den gewerkschaftlichen Organen in den Betrieben bis zu den Ausschüssen der Nationalen Front in den Wohngebieten, von den Aktivs bei den ständigen Kommissionen der örtlichen Volksvertretungen bis zu den Elternbeiräten in den Schulen." 12 An diesen Feststellungen erscheint zunächst bedeutsam, daß die Macht der Arbeiterklasse über das gesamte System der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft verwirklicht wird, an dessen Spitze die marxistisch-leninistische Partei als führende K r a f t steht und in dem der sozialistische Staat als Hauptinstrument fungiert. Das hat Konsequenzen für den Begriff der sozialistischen Demokratie, für alle Forschungsarbeiten über gesetzmäßige Entwicklungen der sozialistischen Demokratie. D a es sich bei der sozialistischen Demokratie um Form und Inhalt der Macht der Arbeiterklasse handelt, ist sie zwar immer mit dem Staat der Arbeiterklasse als dem Hauptinstrument der Klasse und ihrer Partei untrennbar verbunden, aber sie ist nicht mit ihm identisch. W i r d einerseits die sozialistische Demokratie theoretisch und praktisch aus ihrer Ver0 10 11 12

10

Bericht. . a. a. O., S. 83 f. A. a. O., S. 84 Programm . . ., a. a. O., S. 41 Bericht. . ., a. a. O., S. 113

bindung zum sozialistischen Staat herausgelöst, dann landet man unweigerlich beim Syndikalismus oder bei revisionistischen Selbstverwaltungsauffassungen. 13 Wird andererseits die sozialistische Demokratie auf den sozialistischen Staat (im Sinne der Gesamtheit staatlicher Organe) reduziert, so kann ihre ganze Mannigfaltigkeit und Differenziertheit und damit die Realität der Macht der Werktätigen nicht erfaßt werden. Es war schon immer für Lenin ein kennzeichnendes Merkmal sozialistischer Demokratie, „vollständig, allgemein, uneingeschränkt" zu sein.1'1 Nun hat allerdings Lenin auch vermerkt, daß sozialistische Demokratie ein staatlicher Begriff ist. Das erscheint auf den ersten Blick als Widerspruch zu dem eben Gesagten. Es ist aber nur dann ein Widerspruch, wenn nicht gesehen wird, wie Lenin das Wesen des sozialistischen Staates selbst erfaßt, nämlich als zunehmende Aufhebung der Trennung von Staat und Gesellschaft, als zunehmende Vergesellschaftung des Staates. Es ist ein außerordentlich wichtiger Punkt, daß Lenin den sozialistischen Staat vom bürgerlichen Staat gerade dadurch scharf abgrenzt und ihn - unter Berufung auf Engels - als einen Staat „nicht mehr im eigentlichen Sinne des Wortes" apostrophiert. 1 '' Dieses Wesen des sozialistischen Staates wird übrigens auch an anderen Bestandteilen der marxistischleninistischen Staatstheorie sichtbar, so etwa in Lenins Sowjettheorie, in der die Sowjets als Einheit von oberster Machtorganisation und umfassendster Massenorganisation bestimmt werden. Der gleiche Gedanke liegt dem Marxschen Begriff von den sozialistischen Volksvertretungen als „arbeitenden' Körperschaften" zugrunde, den er in Auswertung der Pariser Kommune fixierte. 3. Es ist für die staats- und rechtswissenschaftliche Forschungsarbeit zu Fragen der sozialistischen Demokratie, ihrer weiteren Vervollkommnung wichtig, mit dem IX. Parteitag der SED die sozialistische Demokratie als System zu erfassen. So wie die Einordnung des sozialistischen Staates in die politische Organisation der sozialistischen Gesellschaft - wie sie das neue Parteiprogramm der SED vornimmt - unseren Blick auf Gegenstand und Dimension der staatswissenschaftlichen Arbeit schärft, vertieft und erweitert, genauso verhält es sich mit dem Erfordernis, die sozialistische Demokratie als System zu erfassen und in dieser Sicht zum Ausgangspunkt und zur Grundlage der Forschungen zu machen. Zugespitzt könnte so formuliert werden: Nur indem mit dem IX. Parteitag der SED der sozialistische Staat in seinen Beziehungen innerhalb der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft gesehen wird, nur indem man die sozialistische Demokratie in ihrer Einheit von staatlichen und nichtstaatlichen gesellschaftlichen Formen erfaßt, wird der prinzipiell neuen Qualität der staatlichen Macht der Arbeiterklasse und der sozialistischen Demokratie Genüge getan, die durch zunehmende Überwindung der Trennung von Staat und Gesellschaft charakterisiert sind. Deshalb entspricht die verstärkte Hinwendung zum Gesamtsystem der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft und zum System der sozialistischen Demokratie letztlich dem Wesen des sozialistischen Staates und Rechts. Zur Begründung dieser Position sei noch ein Argument hinzugefügt. Das zunehmende Gewicht, das bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft der Komplexität der gesellschaftlichen Beziehungen zukommt, erfordert für die Entwicklung des In diesem Zusammenhang sei beispielsweise auf die Materialien des X . und des XI. Parteitages der K P d S U im M ä r z 1 9 2 1 und im A p r i l 1 9 2 2 v e r w i e s e n , die noch immer wenig staatstheoretisch ausgewertet w o r d e n sind. ''' Vgl. W . I. Lenin, Marxismus und Staat, Berlin 1 9 6 0 , S. 8 9 Vgl. W . I. Lenin, W e r k e , Bd. 2 5 , a. a. O., S. 4 5 3 f.

11

staatlich-politischen Überbaus, dem System der politischen Macht und der sozialistischen Demokratie wachsende Aufmerksamkeit zu widmen. Die staats- und rechtswissenschaftliche Forschung steht deshalb vor der Aufgabe, dieses System der sozialistischen Demokratie in seinen Elementen und Beziehungen weiter konkret zu erarbeiten. Dabei ist es ganz sicherlich notwendig, sich auf Schwerpunkte zu konzentrieren. Sie betreffen zum Beispiel die Beziehungen zwischen marxistisch-leninistischer Partei, sozialistischem Staat und gesellschaftlichen Organisationen, die Beziehungen zwischen dem F D G B als einem wichtigen Fundament der Macht der Arbeiterklasse und dem sozialistischen Staat; zwischen Nationaler Front und sozialistischem Staat sowie innerhalb des sozialistischen Staates die Beziehungen zwischen Volksvertretungen und Staatsapparat. Was aber vor allem wichtig erscheint: Keine Organisationsform, kein Element der sozialistischen Demokratie ist in seiner Bedeutung für die Ausübung der staatlichen Macht durch die Werktätigen außerhalb dieser Systembeziehungen erfaßbar, die die sozialistische Demokratie insgesamt kennzeichnen. D a s wichtige Problem zum Beispiel, inwieweit die bewußte Teilnahme der Werktätigen an der Machtausübung quantitativ und qualitativ erhöht werden muß, ist nur im Rahmen und mit Sicht auf das Gesamtsystem der sozialistischen Demokratie erforschbar. Die Verwirklichung der Führungsrolle der Arbeiterklasse, ihres Bündnisses mit den anderen Werktätigen und die Weiterentwicklung der sozialen Homogenität in unserer Gesellschaft vollziehen sich immer über das Gesamtsystem der sozialistischen Demokratie. Dabei ist allerdings nie außer acht zu lassen, daß sozialistische Demokratie politischstaatliche Machtausübung ist. Deshalb können Formen gesellschaftlicher Aktivität nur dann als Formen sozialistischer Demokratie qualifiziert werden, wenn über sie die Werktätigen tatsächlich Macht ausüben, das heißt sich bewußt und effektiv am staatlichen Entscheidungsprozeß in allen seinen Stadien beteiligen. In diesem Zusammenhang sei noch auf eine andere Problematik verwiesen. Die richtige Charakteristik der zentralen staatlichen Leitung als eine notwendige Voraussetzung und ein notwendiger Bestandteil einheitlichen demokratischen Handelns der von der Arbeiterklasse geführten Werktätigen setzt deren Einordnung in das Gesamtsystem der sozialistischen Demokratie voraus; denn dieses System ist entsprechend den Prinzipien des demokratischen Zentralismus organisiert. E s ist - wenn man so will - auf Demokratie gegründeter Zentralismus und auf Zentralisierung gegründete Demokratie. 4. Die nach der Diskussion des Entwurfs im Parteiprogramm der S E D vorgenommenen Ergänzungen in dem Teil, der sich mit der politischen Organisation der Gesellschaft befaßt, sowie vor allem auch die Dokumente des X X V . Parteitages der K P d S U lenken die Aufmerksamkeit auf die außerordentliche Bedeutung, die sozialistische Grundrechte und Grundpflichten als Form der Verwirklichung sozialistischer Demokratie und damit der Volkssouveränität haben. Daraus ergeben sich für alle staats- und rechtswissenschaftlichen Disziplinen, insbesondere aber auch für die Staatstheorie, wichtige Forschungsaufgaben. Der IX. Parteitag der S E D verweist erneut darauf, daß Verwirklichung sozialistischer Grundrechte und Grundpflichten eine wichtige politische Form sozialistischer Persönlichkeitsentwicklung und damit der Entwicklung der Klassen und Schichten in der sozialistischen Gesellschaft, ihrer Bewußtseinsformen und Verhaltensweisen darstellt. In diesem Zusammenhang bedarf auch das Problem des Verhältnisses von sozialistischen zu bürgerlich-aemokratischen bzw. revolutionär-demokratischen Grundrechten der weiteren Beachtung. Zu dieser Frage wurde bislang sehr zu Recht die prinzipiell neue 12

Qualität sozialistischer Grundrechte und damit ihr Gegensatz zu bürgerlich-demokratischen Grundrechten hervorgehoben. Es erscheint an der Zeit, zugleich nachzuweisen, inwiefern in den sozialistischen Grundrechten und Grundpflichten die vor allem von der Arbeiterklasse im Klassenkampf der Bourgeoisie abgerungenen demokratischen Rechte und Freiheiten ihre allseitige dialektische Aufhebung erfahren. Die Geschichte der Grundrechte in der DDR von 1945 bis zur Gegenwart beweist, wie demokratische Rechte und Freiheiten ausgenutzt, qualitativ weitergeführt und damit auf eine prinzipiell höhere Stufe der Entwicklung gehoben worden sind. 5. Die Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie - das ist eine der Grunderkenntnisse Lenins - steht im engsten Zusammenhang mit der Entfaltung der sozialistischen Produktivkräfte, der Produktionsverhältnisse, der Weiterentwicklung der sozialen Beziehungen, des geistigen Lebens und der Herausbildung einer sozialistischen Lebensweise. Sozialistische Demokratie ist auch insofern niemals Selbstzweck. Daraus sind konzeptionelle Anforderungen an die uns im Zentralen Forschungsplan der Gesellschaftswissenschaften gestellte Aufgabe abzuleiten, die Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Demokratieentwicklung bei der weiteren Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft und beim Übergang zum Kommunismus aufzuspüren. Beim Studium der Parteitagsmaterialien fällt ins Auge, daß der vorausschauenden Tätigkeit, über den nächsten Fünfjahrplan hinaus, von der marxistisch-leninistischen Partei der Arbeiterklasse außerordentliche Bedeutung beigemessen wird. 10 Es ist interessant, zu wissen, daß in der UdSSR entsprechend den Beschlüssen des XXV. Parteitages der KPdSU von den Naturund Gesellschaftswissenschaftlern an verschiedenartigsten Programmen der gesellschaftlichen Entwicklung bis 1990 gearbeitet wird. Daraus sollte die Schlußfolgerung abgeleitet werden, die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der sozialistischen Demokratie in unmittelbarer Verbindung mit den ökonomischen, sozialen, geistigen und wissenschaftlich-technischen Veränderungen zu erforschen, die sich bei uns perspektivisch vollziehen. Und diese Forschungsergebnisse sollten zu einer Art Programm der sozialistischen Demokratieentwicklung verdichtet werden, in dem zugleich die historischen Erfahrungen der KPdSU und der anderen sozialistischen Staaten verarbeitet werden. Dabei wäre die komplizierte Frage zu beantworten, mit welchen Entwicklungen die Demokratisierung vor allem im Zusammenhang erforscht werden muß. Die Dokumente des IX. Parteitages heben in dieser Hinsicht vor allem die Entwicklung der Produktionsverhältnisse, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, der sozialen Beziehungen, des geistigen Lebens, der sozialistischen Lebensweise sowie des sozialistische^ Weltsystems hervor. 6. Die Dokumente des IX. Parteitages der SED kennzeichnen die Stärkung der sozialistischen Staatsmacht als eine zentrale politische Aufgabe der Arbeiterklasse. Unsere staats- und rechtswissenschaftliche Forschungsarbeit sollte stets die Komplexität dieser Aufgabenstellung begreifen und ausarbeiten. Es geht um die allseitige Stärkung des sozialistischen Staates. In diesem Zusammenhang kann sicherlich nicht oft genug auf den Hinweis Lenins verwiesen werden, daß es die Bewußtheit der Massen ist, die den sozialistischen Staat stark macht. Gerade hierin liegt der fundamentale Gegensatz des sozialistischen Staates zu jedem Ausbeuterstaat begründet. Deshalb hat der IX. Parteitag als eine Grundposition betont, daß die Bewußtheit der Massen sich über das Gesamtsystem der sozialistischen Demokratie realisiert. Zugleich jedoch heißt Stärkung des sozialistischen Staates auch stets zuverlässiger Schutz, disziplinierte und organisierte Sicherung l(i

Vgl. z. B. Bericht. . ., a. a. O., S. 87

13

der Errungenschaften des sozialistischen Staates. Und schließlich vollzieht sich die allseitige Stärkung des sozialistischen Staates der D D R nicht zuletzt dadurch, daß unser sozialistischer Staat seine gesamte Politik entsprechend den Prinzipien des proletarischen Internationalismus gestaltet. Der sozialistische Staat der D D R ist für immer und unwiderruflich brüderlich mit dem Sowjetstaat verbunden. E r ist untrennbarer Bestandteil der sozialistischen Staatengemeinschaft. Die Arbeiterklasse der D D R begreift sich als Teil der international verbundenen Arbeiterklasse. Daraus ist abzuleiten, daß der sozialistische Staat der D D R internationalistische Wesenszüge und Aufgaben erfüllen muß. J e stärker die sozialistische Staatengemeinschaft ist, um so gefestigter wird auch die Macht der Arbeiterklasse, die sozialistische Demokratie in der D D R sein. J e zuverlässiger die Arbeiterklasse in der D D R 'die entwickelte sozialistische Gesellschaft gestaltet, um so mehr wird die sozialistische Staatengemeinschaft gefestigt werden. E s besteht demnach eine enge Wechselwirkung zwischen Festigkeit und Stärke der sozialistischen Gemeinschaft und der souveränen Machtentfaltung der Werktätigen in jedem einzelnen sozialistischen Staat. Daraus ist ein ganzes Programm von Forschungsaufgaben für alle staats- und rechtswissenschaftlichen Disziplinen abzuleiten, unter anderem auch im Hinblick auf die Formen der sozialistischen Demokratie. 1 ' Nach wie vor gilt jene Grundaussage Lenins, daß der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus eine außerordentliche Mannigfaltigkeit der Formen der Demokratie bei gleichzeitiger Einheitlichkeit des Wesens hervorbringen wird und hervorbringen muß. D a s wird auch durch die Entwicklung der sozialistischen Demokratie in den der sozialistischen Gemeinschaft angehörenden sozialistischen Staaten bestätigt. Zugleich jedoch vollziehen sich wichtige Prozesse der Annäherung bestimmter Formen sozialistischer Demokratie zwischen den sozialistischen Staaten. Die einheitlichen Grundprinzipien, nach denen das Gesamtsystem der sozialistischen Demokratie gestaltet wird, setzen sich stärker durch. Diese Prozesse erfordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Ihre Erforschung beinhaltet insbesondere, die reichen Erfahrungen des Sowjetstaates und der anderen sozialistischen Bruderländer in bezug auf die Entwicklung der sozialistischen Demokratie zu verallgemeinern. 7. Wenn entsprechend den Beschlüssen des IX. Parteitages der S E D fundamentale wissenschaftliche Probleme des sozialistischen Staates und Rechts von uns zu bearbeiten sind und die Forschungen zur Entwicklung unseres Staates und der sozialistischen Demokratie weitergeführt und vertieft werden sollen, wenn zuverlässige Aussagen über die Gesetzmäßigkeiten der Demokratieentwicklung bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft gewonnen werden sollen, so ist es unbedingt erforderlich, daß die Methodologie der staats- und rechtswissenschaftlichen Arbeit verbessert wird. E s geht darum, die materialistische Dialektik in ihrer Anwendung auf die Erforschung von Staat, Recht und Demokratie weiter wissenschaftlich zu bearbeiten. Auf einige in diesem Zusammenhang zur Debatte stehenden Kategorien der materialistischen Dialektik ist bereits implizit eingegangen worden, so auf die Dialektik von Internationalem und Nationalem, auf die Dialektik von Inhalt und Form, von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem. Diese Forderung nach Vertiefung unserer Erkenntnisse über die materialistische Dialektik und ihre Anwendung in der Staats- und Rechtswissenschaft hat im übrigen auch eine staats- und rechtspraktische Seite: Sie umschließt die Aufgabe, sozialistischen Staats17

Vgl. dazu W. Seiffert, in: Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften der D D R , 1975, N r . W 6, S. 17

14

ff.



funktionären das methodologische Rüstzeug zu vermitteln, wie im Sozialismus staatliche Leitung als Ausdruck sozialistischer Demokratie machbar ist und realisiert werden muß. Somit kommt es darauf an, in der staats- und rechtswissenschaftlichen Arbeit sich nicht darauf zu beschränken, die neue Qualität der sozialistischen Demokratie nachzuweisen, sondern zugleich zu erarbeiten, wie sozialistische Demokratie in der Realität der staatlichen Leitung, in allen Stadien des staatlichen Entscheidungsprozesses, auf allen Ebenen und Bereichen staatlicher Tätigkeit verwirklicht werden muß.

15

GERHARD SCHÜSSLER

Zu einigen Fragen der schöpferischen Anwendung der marxistisch-leninistischen Staatslehre In der Rede des Leiters der Delegation der K P d S U M. A. Suslow auf dem IX. Parteitag der S E D w u r d e hervorgehoben, d a ß das Beispiel des realen Sozialismus unter den gegenwärtigen Bedingungen besondere Bedeutung gewinnt. E r bezog sich dabei auf Lenin, der darauf hingewiesen hat, d a ß die Arbeiterklasse nach dem Sieg ihren Haupteinfluß auf die Weltentwicklung durch die K r a f t ihres Beispiels, durch reale E r f o l g e bei der Gestaltung des neuen Lebens ausüben wird. M. A. Suslow unterstrich, d a ß diese von Lenin getroffenen Aussagen heute um so richtiger sind, weil das Beispiel des Sozialismus sich aus den reichsten und mannigfaltigsten E r f a h r u n g e n der großen Familie der sozialistischen Staaten zusammensetzt. Hierzu gehören, wie der Leiter der K P d S U sowie auch andere Vertreter der Bruderparteien der sozialistischen L ä n d e r und der kommunistischen und Arbeiterparteien aus aller Welt, betonten die hervorragenden Errungenschaften im ökonomischen und gesellschaftspolitischen Leben der D D R . Untrennbarer Bestandteil dieser Errungenschaften in unserem L a n d e sind die Staats- und Rechtsordnung und das unter Führung der S E D geschaffene System des sozialistischen Demokratismus. D a s verpflichtet unsere wissenschaftliche Arbeit weiter zu intensivieren, um die neuen und heranreifenden A u f g a b e n der Entwicklung von Staat und Recht und der Vervollkommnung der sozialistischen D e m o kratie erarbeiten zu helfen, Varianten und Lösungswege hierfür im engen Zusammenwirken mit den Partei- und Staatsorganen auszuarbeiten und unseren Beitrag in der ideologischen Offensive zur Propagierung und Vorbereitung der schöpferischen marxistischleninistischen Staats- und Rechtslehre allseitig zu verstärken. D i e zu bearbeitenden Probleme sind außerordentlich vielfältig. Sie betreffen alle Disziplinen unserer Wissenschaft. G e w i ß wird und m u ß unser wissenschaftliches Wirken dazu beitragen, die Feststellung des Parteiprogramms, d a ß unser Staat eine Form der D i k t a t u r des Proletariats ist, von den verschiedensten Gesichtspunkten wissenschaftlich zu beleuchten und die bisherigen theoretischen Aussagen hierzu im bedeutenden M a ß e zu vertiefen und zu bereichern. E i n e der wichtigsten Seiten dieser Problematik ist die Verstärkung der wissenschaftlichen Analyse und der theoretischen Aussagen über den schöpferischen Charakter der Politik der S E D in der Staatsfrage, d. h. der A n w e n d u n g der Lehre von der D i k t a t u r des Proletariats unter der Führung der S E D in unserem Lande. Hierbei ist d a v o n auszugehen, d a ß das Wesen der schöpferischen A n w e n d u n g und Verwirklichung der marxistisch-leninistischen Staatslehre in der Fähigkeit der Partei ihren Ausdruck findet, die allgemeingültige Gesetzmäßigkeit der Errichtung und des Ausbaus der D i k t a t u r des Proletariats unter den konkreten Bedingungen und mit den diesen Bedingungen entsprechenden K a m p f f o r m e n zu verwirklichen. E s ist sowohl notwendig, die von der S E D bewiesene Konsequenz in der Frage der D i k t a t u r des Proletariats nachzuweisen als auch

16

ihre revolutionäre Fähigkeit, jene Wege und Formen ausfindig zu machen, mit denen die Diktatur des Proletariats unter unseren konkreten Bedingungen verwirklicht wird. Es ist sowohl die prinzipienfeste Grundhaltung zur Diktatur des Proletariats als auch die außerordentliche Elastizität bei der Entwicklung und des Nutzens aller möglichen revolutionären Formen, die durch das Leben eine ständige Bereicherung erfahren, die die Politik der Partei in der Staatsfrage als eine revolutionäre marxistisch-leninistische Politik auszeichnen. Das betrifft den Inhalt der Politik in bezug auf die Veränderung der Machtverhältnisse in Vorbereitung und Durchführung der Revolution ebenso wie die staatsschöpferische Tätigkeit der S E D als regierende Partei. Lenin hat der Frage des schöpferischen Herangehens an die Probleme der politischen Macht bekanntlich große Aufmerksamkeit gewidmet. E r betonte, d a ß die „. . . grundlegenden Prinzipien des Kommunismus (Sowjetmacht und Diktatur des Proletariats) . . . im einzelnen richtig modifiziert. . ." und unter den konkreten Methoden jedes Landes angewandt werden müssen. 1 In seiner Arbeit „Über eine Karikatur auf den Marxismus" sagte Lenin voraus, d a ß alle Nationen unausbleiblich zum Sozialismus gelangen, „aber keine auf genau die gleiche Art und Weise, jede wird zu dieser oder jener Form der Demokratie, zu dieser oder jener Abart der Diktatur des Proletariats, zu diesem oder jenem Tempo der sozialistischen Umgestaltung der verschiedenen Seiten des gesellschaftlichen Lebens etwas Eigenes beitragen". 2 Diese Voraussagen Lenins haben sich in der Entwicklung des Staatswesens in den sozialistischen Ländern vielfach bestätigt und finden auch ihren Niederschlag in der Entstehung und Entwicklung unseres Staates. Es ist in vielfacher Richtung von höchster wissenschaftlicher und politischer Bedeutung, in die Dialektik von Inhalt und Formen, wie sie sich praktisch in der geschichtlichen Entwicklung und in unserer heutigen Realität vollziehen, einzudringen, die Wechselbeziehungen von Inhalt und Formen der Staatsentwicklung noch tiefer zu erfassen und die gewaltige schöpferische Arbeit wissenschaftlich zu erschließen und in der Forschung und Lehre fruchtbar zu machen, die von der marxistisch-leninistischen Partei in bezug auf die Schaffung und Entwicklung der Staats- und Rechtsordnung geleistet wurde und die vom IX. Parteitag der S E D konsequent weitergeführt wird. In unserer geschichtlichen Entwicklung sowie auch in der Gegenwart stoßen wir auf die vielfältigen Formen und Methoden, mit denen und in denen sich die allgemeingültige Gesetzmäßigkeit der Diktatur des Proletariats unter unseren konkreten Bedingungen realisiert. Hierzu gehören - der einheitliche revolutionäre Prozeß der antifaschistisch-demokratischen und sozialistischen Revolution, seine spezifischen Formen und das Tempo seiner Entwicklung; - die Entwicklung der antifaschistisch-demokratischen Machtorgane, die Formen der schrittweisen Zerschlagung des alten Machtapparates und der Ausbau der Organe der revolutionär demokratischen Diktatur zu Organen der Diktatur des Proletariats ; - die unter unseren Bedingungen objektiv notwendigen und möglichen Formen der Anwendung von Gewalt mittels der staatlichen Organe, die Rolle der revolutionären Gesetzlichkeit und die Methoden des Klassenkampfes mittels des Staates und des Rechts; - der Charakter und das Wesen sowie die Formen der Wahlen; - die Existenz mehrerer Parteien unter den Bedingungen der Diktatur des Proletariats ;

2

1

W . I. Lenin, W e r k e , Bd. 31, Berlin 1959, S. 79

2

W . I. Lenin, W e r k e , Bd. 23, Berlin 1957, S. 64 Schüßler

17

- die Rolle solcher Organisationsformen wie der Nationalen Front und des demokratischen Blocks im System der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft; - die Methoden der sozialistischen Agrarpolitik in schöpferischer Anwendung des Leninschen Genossenschaftsplanes und die Formen der allmählichen Umwandlung mittlerer und kleinerer kapitalistischer Betriebe mittels staatlicher Einwirkung und rechtlicher Formen und - die Formen der Leitung und Planung der Volkswirtschaft. Alle diese Formen sind Ausdruck der Anwendung des Marxismus-Leninismus auf die konkreten Bedingungen unserer Entwicklung, wobei diese Bedingungen in ihrer Gesamtheit von der Existenz der Sowjetmacht, des Vorhandenseins der grundlegenden Erfahrungen der KPdSU beim Aufbau der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung und der allseitigen Unterstützung der DDR durch die Sowjetunion geprägt sind. Bei der wissenschaftlichen Analyse und theoretischen Durchdringung dieser Formen, des Eindringens in die historischen Möglichkeiten und Bedingungen, unter denen sie zur Anwendung gelangen konnten, darf man folglich keinen Moment außer acht lassen, daß die Existenz, die Macht und die überragende Autorität der Sowjetunion in der Welt auf die Bedingungen der inneren revolutionären Entwicklung einen tiefgreifenden Einfluß ausübte und auch in der Gegenwart bewirkt. Das betrifft z. B. die Möglichkeiten einer relativ friedlichen Entwicklung der revolutionären Umgestaltung, die im bedeutenden Maße dadurch möglich war, weil durch die Sowjetunion eine imperialistischmilitärische Aggression zur Niederschlagung der antifaschistisch-demokratischen und sozialistischen revolutionären Umwälzung verhindert wurde. Diese relativ friedliche Entwicklung der revolutionären Umwälzung ermöglichen es wiederum, daß Formen zur Anwendung kommen konnten, die sich von denen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und dem nachfolgenden Aufbau des Sowjetstaates unterscheiden. Wir müssen diesen Aspekten besondere Aufmerksamkeit widmen, weil die Gegner des Marxismus-Leninismus mit Vorliebe den untrennbaren Zusammenhang zwischen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und der revolutionären Entwicklung in den anderen sozialistischen Staaten zu leugnen versuchen und Gegensätze zwischen dem Sowjetsystem und den volksdemokratischen Staaten konstruieren. In Wirklichkeit verhält es sich so, daß die Vielfältigkeit der Wege zur Errichtung der politischen Macht der Arbeiterklasse real mit der Oktoberrevolution und der Errichtung des mächtigsten und einflußreichsten sozialistischen Landes der Welt, der Sowjetunion, eröffnet wurden. Das bedeutet in keiner Weise eine Abwertung der schöpferischen Arbeit der marxistisch-leninistischen Parteien in den heutigen Ländern der Volksdemokratie. Im Gegenteil, die Nutzung der Ergebnisse der Oktoberrevolution, sowohl der Erfahrungen der KPdSU als auch der durch die Sowjetmacht veränderten internationalen Bedingungen zugunsten des Sozialismus zur Ausfindigmachung aller Möglichkeiten und deren Ausschöpfung zur Errichtung der politischen Macht ist die folgerichtige Entfaltung eines objektiven Entwicklungsprozesses, dessen revolutionärer Inhalt der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus ist. Für die Feinde des Sozialismus gehört die Verschiedenartigkeit der Formen der Diktatur des Proletariats und der Demokratie zu einem Hauptfeld, auf dem sie viele und sich verschärfende Versuche unternehmen, um den revolutionären Inhalt des Marxismus-Leninismus zu entschärfen und ihn für die herrschende Ausbeuterklasse hoffähig zu machen. Dies um so mehr, als unter den heutigen Bedingungen der Verschärfung der allgemeinen Krise und der gewaltigen Erschütterungen der kapitalistischen Welt sich die Klassenauseinandersetzungen verstärken und

18

die revolutionären Parteien in den imperialistischen Ländern nach Wegen und Kampfformen suchen, um antimonopolistische demokratische Verhältnisse herzustellen, den Weg zur proletarischen Revolution ausfindig zu machen und die Machtverhältnisse grundsätzlich zugunsten der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten zu ändern und schließlich die Diktatur des Proletariats zu errichten. Die Ideologen des Imperialismus und die Opportunisten verschiedener Schattierungen versuchen, gerade den Zugang zur Macht zu verschleiern und in den Fragen der Formen des revolutionären Kampfes und der Errichtung der Diktatur des Proletariats möglichst große Verwirrung zu stiften. Sie bedienen sich dabei Argumenten, die nichts mit der Realität des Verlaufs der sozialistischen Revolution, des Aufbaus des Sozialismus und der gegenwärtigen Staats- und Rechtsordnung in den sozialistischen Ländern gemein haben. Alle ihre Argumente laufen darauf hinaus, den verschiedenartigsten Methoden des Herankommens an die Macht und der Ausübung der Macht ihres revolutionären Inhaltes zu berauben. Bereits Lenin hat sich bekanntlich damit beschäftigt, diese Versuche entschieden zurückzuweisen. In der Auseinandersetzung mit den von Kautsky verfochtenen Auffassungen über die allgemeinen gleichen Wahlen, über die allgemeine Demokratie sowie mit dessen falscher Interpretation der marxistischen Idee zur Frage der Regierungsform und der Diktatur des Proletariats betonte Lenin, daß die Formen der Wahlen, die Form der Demokratie eine Sache sind, eine ganz andere Sache ist jedoch, so unterstrich er, der Klasseninhalt der betreffenden Institution. Er wies Kautsky scharf zurück, der versuchte, an die Sowjets und andere demokratische Institutionen der Diktatur des Proletariats die Elle der bürgerlichen Demokratie anzulegen und die wahrhafte Sowjetdemokratie zu entstellen. 3 Die Gegner der Diktatur des Proletariats führen heute ihre Angriffe gegen die Diktatur des Proletariats sowohl frontal mit groben antisowjetischen und antikommunistischen Entstellungen ihres Inhalts als auch über Umwege einer sogenannten Kritik an den Formen des sozialistischen Staatswesens. Ihr Grundanliegen ist dabei kein anderes als das von Kautsky. So werden von den Gegnern des Sozialismus Behauptungen aufgestellt, daß die Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion lediglich eine spezifisch russische Regierungsform sei. Sie leugnen vor allem deren allgemeingültige Prinzipien, die sich gerade in der Sowjetunion als die tragenden erwiesen haben, die für alle revolutionären Parteien, die zum Sozialismus gelangen wollen, maßgebend sind. Der Trotzkist I. Deutscher stellt die absurde Behauptung auf, daß die Formen des Sozialismus, bezogen auf den Sowjetstaat, eher geschmiedet wurden als die ökonomische und J

V g l . W . I. Lenin, W e r k e , Bd. 2 8 , Berlin 1 9 5 9 , S. 2 4 0 ff. Lenin polemisierte mit dem kleinbürgerlichen Standpunkt K a u t s k y s bezüglich der Frage der direkten o d e r indirekten W a h l e n und legte dar, d a ß sich die Entscheidung darüber, ob direkte o d e r indirekte W a h l e n a n g e w e n d e t

werden,

aus den konkreten Bedingungen des K l a s s e n k a m p f e s und den konkret zu lösenden A u f g a b e n der R e v o l u t i o n ableitet. D e r „ K e r n der Sache", begründete Lenin, besteht im „Klassencharakter

des

Staatsapparates, der Staatsmaschine" (Vgl. W . I. Lenin, a. a. O . S. 2 4 5 ) . In seinem Brief an die A r b e i t e r E u r o p a s und A m e r i k a s schrieb Lenin „sich aber heute auf

den

bürgerlichen Parlamentarismus, auf die bürgerliche D e m o k r a t i e beschränken, sie als „ D e m o k r a t i e " überhaupt bescheinigen, ihren bürgerlichen

Charakter vertuschen

und vergessen,

daß

das

allge-

meine W a h l r e c h t , solange das Eigentum der Kapitalisten erhalten bleibt, ein W e r k z e u g des bürgerlichen Staates ist - das heißt, das Proletariat schändlich v e r r a t e n , auf die Seite des K l a s s 4 n f e i n d e s , der Bourgeoisie, übergehen, heißt V e r r ä t e r und Renegat sein". ( W . I. Lenin, W e r k e , B d . 2 8 , a. a. O., S. 4 4 4 ) 2

19

kulturelle Substanz des Sozialismus entstand. 4 Mit der Schaffung dieses Inhalts, so meint Deutscher, hätten sich die Formen des Inhaltes verzerrt und wären degeneriert. Eine der beliebtesten Methoden der Antikommunisten ist die Reduzierung der Diktatur des Proletariats auf die Formen der Gewaltanwendung, wobei die schärfsten Formen der Gewaltanwendung, die bewaffnete Unterdrückung und der direkte bewaffnete Kampf besonders aufgebauscht und als Wesenszug der Diktatur des Proletariats hingestellt werden. Gleichzeitig damit wird die große schöpferische Rolle der sozialistischen Staatsmacht geleugnet. Hierbei werden die Realitäten unserer sozialistischen Staatlichkeit wie auch die der sozialistischen Länder ignoriert, daß nämlich der sozialistische Staat in der Gegenwart hinsichtlich seiner Leitungs- und Planungsfunktion und seiner ökonomischen, sozialen und geistig-kulturellen Rolle eine gewaltige Tätigkeit entfaltet und sein schöpferischer Einfluß auf die Entwicklung der Produktivkräfte und die Gestaltung der Lebensweise der Menschen, die Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse riesige Ausmaße nimmt. Es gehört ferner zu den Methoden der Entstellung der marxistischleninistischen Staatsauffassung, einzelnen Formen der Staats- und Rechtsordnung eines Landes denen anderer sozialistischer Länder entgegenzustellen, Widersprüche zu diesen Formen zu konstruieren, ihre spezifischen Besonderheiten aufzubauschen und ihnen einen nationalistischen Anstrich zu verleihen. Die Feinde des realen Sozialismus bemühen sich mit größter Intensität, uns für die „Verbesserung" der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung die Einführung bürgerlicher demokratischer Formen zu suggerieren. Dies betrifft besonders die Einführung von Oppositionsparteien, die Übernahme bürgerlich-parlamentarischer Spielregeln, die Entwicklung einer bürgerlichen Gewaltenteilung, die Duldung des politischen Pluralismus im Staatssystem und andere Formen der bürgerlichen Demokratie. Das ganze läuft darauf hinaus, über die Einführung dieser oder jener Form der bürgerlichen Demokratie den Klassencharakter der sozialistischen Staatsmacht allmählich aufzuweichen und anstelle der Diktatur des Proletariats einen politisch labilen Zustand herbeizuführen, der antisozialistischen Kräften freien Raum für konterrevolutionäre Tätigkeit bietet. Gerade diese Methoden haben, wie bekannt ist, bei den konterrevolutionären Ereignissen in der CSSR eine wesentliche Rolle gespielt. Obwohl sie hierbei ein Fiasko erlitten haben, setzen imperialistische Ideologen nach wie vor auf diese Karte der ideologischen Diversion, insbesondere auf dem Gebiet des Staates. Es geht den imperialistischen Ideologen und opportunistischen Kräften darum, den prinzipiellen Unterschied der Formen der sozialistischen Staatlichkeit und derer der bürgerlichen Demokratie zu verwischen und so den revolutionären Gehalt der Diktatur des Proletariats zu beseitigen.0 Um so mehr ist es erforderlich, daß wir den wissenschaftlichen Gehalt und die ideologische Überzeugungskraft in unseren Arbeiten zum revolutionären Charkter der bei uns angewandten Formen der Staats- und Rechtsordnung '' Vgl. I.Deutscher, The Unfinished Revolution, Russia 1 9 1 7 - 1 9 6 7 , London, N . Y. Toronto, 1967, p. 38, zitiert nach Krassin, J. in: D i e Dialektik des revolutionären Prozesses, APN-Verlag Moskau 1973, S. 48. •' Der USA-Ideologe Z. Brzezinski hat bereits vor einigen Jahren das Rezept dazu verkündet. Ihm schwebte eine „Assoziation von Ost und West" vor, die „ijiit einer fortschreitenden Umwandlung der östlichen Regimes in so etwas wie eine Sozialdemokratie einhergeht. Alles was darunter liegt, muß unumgänglich instabil und unbefriedigend sein". (Newsweek ( N e w York) vom 4. 1. 1971) Von der USA-Regierung forderte er: „Anstatt darauf zu wahren, daß die kommunistische Gesell-

20

und der sozialistischen Demokratie verstärken, zumal der unter der Führung der SED beschrittene Weg bei der Verwirklichung der Diktatur des Proletariats in vielerlei Richtung aktuelle Erfahrungen und Lehren vermittelt, die auch für den Befreiungskampf der Arbeiterklasse in den heute noch kapitalistischen Ländern von Wert sein können. Es geht dabei sowohl um die weitere staats- und rechtswissenschaftliche Ausleuchtung des revolutionären Charakters der Anfänge unserer Staatsentwicklung als auch der tieferen Durchdringung der heute wirkenden Institutionen der Machtausübung, der Demokratie und der Gesetzlichkeit bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Hierbei handelt es sich um Analysen der verschiedenartigsten Formen, ihres Inhalts, der Möglichkeit ihrer Anwendung, ihrer Wirkungsweise im Zusammenspiel mit anderen Formen sowie auch um die theoretische Durchleuchtung bedeutender Prozesse. Es sei mir gestattet, auf einige Beispiele einzugehen. Eine große Rolle im Bereich der Staatsideen und der ideologischen Auseinandersetzung nehmen die Wahlen ein. Prinzipiell haben die Klassiker des Marxismus-Leninismus hierzu ihre Auffassungen dargelegt. Nach wie vor und gerade heute erst recht haben die Aussagen über die Wahlen von Marx, Engels und Lenin in den kapitalistischen Ländern volle Gültigkeit. 0 Es ist für den ideologischen Auseinandersetzungsprozeß und die Beispielwirkung des realen Sozialismus vor allem notwendig, die Wahlen unter sozialistischen Bedingungen als ein höherer Typ der sozialistischen Demokratie und als die wirkliche Verkörperung wahrhafter politischer Freiheiten der Werktätigen zu charakterisieren. Bereits die ersten Wahlen 1946 fanden bekanntlich unter anderen Bedingungen statt, als dies in den heutigen kapitalistischen Ländern der Fall ist. Ihnen gingen wesent/ liehe Veränderungen der politischen, ökonomischen Machtverhältnisse zugunsten der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten voraus. Sie standen nicht am Anfang des revolutionären Prozesses, sondern wurden im Verlaufe des revolutionären Prozesses, als die geeigneten Bedingungen geschaffen wurden und als Bestandteil dieses Prozesses durchgeführt. So wurden im Herbst 1945 bereits die ersten Schritte zur Veränderung der Eigentumsverhältnisse getan. Unter anderem faßte z. B. die Landesverwaltung Sachsen am 17. September 1945 den Beschluß, den gesamten sächsischen Kohlenbergbau der Landesverwaltung zu unterstellen; und am 29. Oktober 1945 beschloß sie, den Kriegsverbrecher und Monopolherren Flick entschädigungslos zu enteignen sowie seine Betriebe und Vermögenswerte zum Eigentum des Landes Sachsen zu erklären. Auch in den anderen Länschaft zusammenbricht, sollten die Vereinigten Staaten künftig e v o l u t i o n ä r e Ä n d e r u n g e n in einzelnen kommunistischen

L ä n d e t n und im sowjetischen Bereich als G a n z e s f ö r d e r n " (Z. Brzezinski,

A l t e r n a t i v e zur Teilung, K ö l n 1 9 6 6 , S. 1 5 5 ) ö

K . M a r x kennzeichnete als W e s e n der W a h l e n unter kapitalistischen Bedingungen „. . . einmal in drei o d e r sechs J a h r e n zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden K l a s s e das V o l k

im

P a r l a m e n t v o r - und zertreten s o l l . . ." ( K . M a r x , F. Engels, W e r k e , BÖ. 1 7 , Berlin 1 9 6 2 , S. 2 3 0 ) Lenin charakterisierte die W a h l e n als Bestandteil der imperialistischen

Regulierungsmaßnahmen:

O h n e W a h l e n geht es in unserem Zeitalter nicht; ohne die Massen kommt man nicht aus, die Massen a b e r können im Zeitalter des Buchdrucks und des Parlaments nicht geführt w e r d e n ohne ein weitverzweigtes, Gaunerei, spricht -

das

systematisch angewandtes, mit populären

solide ausgerüstetes System v o n

Modeschlagwörtern

jongliert,

den

Arbeitern

Schmeichelei, alles mögliche

Lüge, ver-

wenn diese nur R e f o r m e n und beliebige W o h l t a t e n verspricht, wenn diese nur auf den

revolutionären

Kampf

f ü r den Sturz der Bourgeoisie verzichten."

( W . I. Lenin, W e r k e , Bd. 2 3 ,

Berlin 1 9 5 7 , S. 1 1 4 f.) ' Vergleiche G . Schüßler, W . Weichelt, Arbeiterklasse, Partei, Staatsmacht, Berlin 1 9 7 6 , S. 1 6

i

21

dern und Provinzen wurden im Jahre 1945 Beschlüsse zur Einschränkung der Macht der Monopole und des Großgrundbesitzes gefaßt und durchgesetzt. Auf Initiative der KPD wurde die demokratische Bodenreform durchgeführt. Sie vollzog sich in einer breiten antifaschistisch-demokratischen Volksbewegung. Diese und andere revolutionäre Maßnahmen trugen dazu bei, daß die Wahlen 1946 unter den Verhältnissen einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung, d. h. des Ausschlusses der Möglichkeiten, die Wahlen durch die ehemals herrschenden reaktionären Kräfte entscheidend zu beeinflussen, durchgeführt wurden. Was die Wahlen unter den heutigen Bedingungen in der DDR anbetrifft, so ist vor allen Dingen notwendig, ihren wahrhaft demokratischen Charakter, garantiert durch die politische Macht der Arbeiterklasse, durch die Führung der marxistisch-leninistischen Partei und die sozialistischen Eigentumsverhältnisse umfassender herauszuarbeiten. Der demokratische Charakter in unserer sozialistischen Gesellschaft findet seinen Ausdruck in der wachsenden Einmütigkeit der sozialistischen Wählerschaft und diese Einmütigkeit hat ihre Grundlage in einer wachsenden Einsicht der Werktätigen in die gesellschaftlichen Zusammenhänge, im bewußten politischen Handeln der Menschen, im kameradschaftlichen Zusammenwirken aller Klassen und Schichten des werktätigen Volkes, in dem sich ständig erhöhenden geistig-kulturellen Niveau unter der einheitlichen Führung der marxistisch-leninistischen Partei. Nur auf dieser Basis vermögen die Wahlen, wie dies in unserer sozialistischen Gesellschaft der Fall ist, die tatsächliche Freiheit der politischen Entscheidung verkörpern. Oder nehmen wir die Nutzung bestimmter parlamentarischer Formen. Sie wurden von Beginn unserer Entwicklung an in den Dienst der revolutionären Umwälzung gestellt. Ihr Inhalt wurde von der wachsenden Führungsrolle der Arbeiterklasse und der Partei geprägt. Sie wurden genutzt, um die Interessen der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten Geltung zu schaffen, Gesetze zu beschließen und in Verbindung mit anderen Formen der Machtausübung, d. h. unter Nutzung der Organe des Staatsapparates und der politischen Massenaktivität, diese Gesetze im Klassenkampf zu verwirklichen. Eine äußerst wichtige Aufgabe besteht darin, umfassend das Wesen der Volksvertretungen herauszuarbeiten. In den letzten Jahren häufen sich die Arbeiten von Staatsrechtlern und Politologen aus westlichen Ländern, die den Charakter unserer Volksvertretungen entstellten, ihnen mangelhafte Demokratie unterschieben und davor warnen, daß die Volksvertretungen sich in ähnlicher Richtung entwickeln wie die Sowjets. Offensichtlich sind sich derartige Ideologen der Gefahr bewußt, die sich aus der beispielhaften Ausstrahlung einer solchen Machtinstitution des Volkes, wie sie die Volksvertretungen in der DDR darstellen, auf die revolutionäre Arbeiterbewegung ergeben. Nicht ein einziges bürgerliches Parlament hält dem Vergleich mit unseren Volksvertretungen stand, nicht ein einziges parlamentarisches System bürgerlicher Staaten vermag dem System der Volksvertretungen das Wasser zu reichen. Dies betrifft sowohl die soziale Zusammensetzung, die politische Einheit der Vertreter aller Parteien und Massenorganisationen in den Volksvertretungen, die Einheitlichkeit in der Beschlußfassung und Durchführung als auch die Machtkompetenzen, in denen sich die wahrhafte Volkssouveränität konzentriert. Tiefer denn je wird der grundlegende Widerspruch zwischen der sozialistischen Volksvertretung und dem bürgerlichen Parlament sichtbar, insbesondere angesichts der totalen Ohnmächtigkeit bürgerlicher Parlamente, die verheerenden Krisenerschütterungen der kapitalistischen Welt von heute zu bändigen und den spontan wirkenden Kräften des Monopolkapitals entgegenwirken. Welch ein grundlegender Unterschied zur Tätigkeit unserer Volkskammer sowie auch der obersten Organe in den anderen sozia22

listischen Ländern, die auf die planmäßige Entwicklung der Gesellschaft gerichtet ist, die das Wohl des Volkes zum Inhalt hat und die in Verwirklichung der Volkssouveränität oberste und unbeschränkte Machtaasübung verkörpert. Alle Institutionen der sozialistischen Staatsmacht sind den Formen der bürgerlichen Staatlichkeit und der bürgerlichen Demokratie entgegengesetzt, haben einen völlig anderen Klasseninhalt und verkörpern die sozialistische Demokratie. Daher ist unsere wissenschaftliche Arbeit darauf gerichtet, 1. noch tiefgründiger herauszuarbeiten, daß in all diesen Formen die allgemeingültigen Prinzipien der Leninschen Revolutionstheorie und der Diktatur des Proletariats verwirklicht wurden und werden, d. h. den Klassengehalt aller der bei uns angewandten Formen der Machtausübung der Demokratie und des Rechts überzeugend sichtbar zu machen und die ihnen innewohnenden politischen Zielstellungen zur Verwirklichung der Interessen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen noch umfassender aufzudecken; 2. daß es sich bei all diesen Formen um die Nutzung des historisch konkret möglichen vielfältigen Arsenals revolutionärer Kampfmethoden handelt, die den objektiven und subjektiven Möglichkeiten der innneren und äußeren Bedingungen und der Klassenverhältnisse entsprechen, die eine ständige Bereicherung durch die Initiative und Aktivität der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten erfahren und die in ihrer Einheit und in ihrer Wechselwirkung die allgemeingültigen Prinzipien der Diktatur des Proletariats realisieren. Jegliche Isolierung einzelner Formen voneinander, von ihrem Klasseninhalt und von den objektiven Bedingungen des Klassenkampfes führen zu fehlerhaften Auffassungen; 3. E s ist erforderlich, wissenschaftlich genauer herauszuarbeiten, daß einerseits die Vielfältigkeit der Formen sich durch die schöpferische Tätigkeit der Massen unter Führung der marxistisch-leninistischen Parteien verstärkt und andererseits die Tendenz einer ständigen Annäherung der Formen zwischen den sozialistischen Staaten wirkt. Entsprechend den objektiven übereinstimmenden gemeinsamen ökonomischen und politischen Grundlagen der sozialistischen Staaten und den objektiven Prozessen ihres Zusammenwirkens auf politischem, ökonomischem und geistig-kulturellem Gebiet vollziehen sich Prozesse der Annäherung der verschiedenartigsten Formen der Machtausübung, der Leitung und Planung und der Vervollkommnung der Demokratie.

23

MICHAEL BENJAMIN

Der IX. Parteitag der SED und Probleme der staatlichen Leitung Die staatliche Leitung - Machtausübung

der Arbeiterklasse

und ihrer

Verbündeten

Der IX. Parteitag der S E D hat die große Bedeutung unterstrichen, die der weiteren Vervollkommnung der staatlichen Leitung für die Erfüllung der von der Partei gestellten Aufgaben zukommt. „Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands setzt sich dafür ein, daß die staatliche Leitungstätigkeit entsprechend den wachsenden Aufgaben bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft weiter qualifiziert und ihre gesellschaftliche Wirksamkeit erhöht wird." 1 Die Partei, so betonte der Generalsekretär des Z K der SED, Erich Honecker, „ist stets davon ausgegangen, daß Leitungsfragen Fragen der Ausübung der Macht der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten sind, deren Ergebnisse in der Stärkung der ökonomischen Kraft der sozialistischen Gesellschaft zum Ausdruck kommen". 2 In der staatlichen Leitung verwirklicht sich das Wesen des sozialistischen Staates der D D R als Diktatur des Proletariats bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und prägt sich ihr schöpferischer, auf die Erfüllung der von der Partei der Arbeiterklasse gestellten Hauptaufgabe gerichteter Charakter immer stärker aus. W. I. Lenin hat bereits auf die objektiven Ursachen für die zunehmende Bedeutung der staatlichen Leitung hingewiesen: „Die ökonomische Grundlage dieser revolutionären Gewalt, Gewähr für ihre Lebensfähigkeit und deren Erfolg besteht darin, daß das Proletariat einen im Vergleich zum Kapitalismus höheren Typ der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit repräsentiert und verwirklicht. Das ist der Kern der Sache. Darin liegt die Quelle der Kraft und die Bürgschaft für den unausbleiblichen vollen Sieg des Kommunismus." 3 Staatliche Leitung kann also nur als Bestandteil der wissenschaftlichen Leitung der Gesellschaft durch die Arbeiterklasse und ihre marxistisch-leninistische Partei und als Ausdruck ihrer führenden Rolle begriffen werden. Die Diskussionsbeiträge der Delegierten des Parteitages legten einprägsam Zeugnis darüber ab, in welchem Maße bereits heute die Arbeiterklasse durch die höhere gesellschaftliche Organisation der Arbeit ihre führende Rolle durchsetzt und den konsequenten Kampf um ein höheres Niveau der Leitung zum Bestandteil ihrer Lebensweise macht. Die Erfahrungen K. H. Hübners vom Reifenwerk Fürstenwalde über die „Notizen zum Plan" 4 belegen das ebenso wie die Anstrengungen der S D A G Wismut bei der systematischen Entwicklung von Arbeiterkadern zu sozialistischen Leitern, über die T. Kausler 1 2

Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin 1976, S. 4 2 Bericht des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands an den IX. Parteitag der S E D , Berichterstatter: Genosse Erich Honecker, Berlin 1976, S. 83

3

W. I. Lenin, Werke, Bd. 29, Berlin 1962 S. 409

4

Vgl. N D vom 20. 5. 1976, S. 4

24

berichtete', oder die bisherigen Ergebnisse über die Schaffung der Agrar-Industrie-Vereinigungen, die den Inhalt des Diskussionsbeitrages von K. H. Säurich bildeten. 6 Mit der Erhöhung der Zahl der Abgeordneten und des Anteils an Arbeitern bei den letzten Wahlen hat die gesellschaftliche Effektivität der örtlichen Volksvertretungen zugenommen. Das findet seinen Ausdruck im zunehmend aktiveren Auftreten der Arbeitelabgeordneten in den Plenartagungen und Ständigen Kommissionen der Volksvertretungen, im Entstehen engerer Beziehungen zwischen den Volksvertretungen und den Betrieben als Konzentrationspunkten der Arbeiterklasse, in der wachsenden Einflußnahme der örtlichen Volksvertretungen auf die Sicherung der territorialen Faktoren der Produktion und der territorialen Rationalisierung. In der Arbeit der Funktionäre und Mitarbeiter des Staatsapparates gilt es, konsequent den Leninschen Stil der Staatsarbeit zu realisieren, der - wie L. I. Breshnew auf dem XXV. Parteitag der KPdSU hervorhob - Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit aller Partei-, Staats- und Wirtschaftsorgane ist.7 Ein Bestandteil Leninschen Arbeitsstils ist die ständige schöpferische Verwirklichung der Einheit von Kollektivität, Einzelleitung und persönlicher Verantwortung. „Unser weiteres Voranschreiten bringt es mit sich, daß die Verantwortung in der staatlichen Leitungstätigkeit beträchtlich wächst. Das betrifft die Arbeit des Ministerrates als kollektives Leitungsorgan, das betrifft aber auch die persönliche Verantwortung, die jeder Minister, jeder Generaldirektor, jeder Werkleiter trägt." 8 Für die kollektiven Leitungsorgane aller Ebenen erfordert das - entsprechend den Prinzipien des demokratischen Zentralismus die Hauptprobleme zu beraten, das wissenschaftliche Niveau der Beratungen wesentlich zu heben und die grundlegenden Entscheidungen für die komplexe Entwicklung zu treffen. Das verlangt ein höheres Niveau der Arbeitsplanung der Kollektive, die wissenschaftliche Fundierung der Beratungen, die genaue, problemorientierte und entscheidungsbezogene Information, die bewußte Überwindung jeglichen Ressortdenkens und zugleich die exakte Bestimmung der Verantwortung des einzelnen, hohe Disziplin bei der Lösung der übertragenen Aufgaben. Es ist eine wichtige politisch-ideologische Aufgabe der Staats- und Rechtswissenschaft, die auf dem XXV. Parteitag der KPdSU wie auch auf dem IX. Parteitag der SED übereinstimmend formulierten Ansprüche an den Arbeitsstil des Leiters als Grundlage der Anwendung des sozialistischen Rechts und der täglichen Leitungstätigkeit sichtbar zu machen.

Die weitere

Entfaltung

und Vervollkommnung

der sozialistischen

Demokratie

Die staatliche Leitung wird durch die Entfaltung und Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie bestimmt, durch vielfältige Formen der Mitarbeit der Bürger an der Leitung von Staat und Wirtschaft, durch ihre Bereitschaft, sich für die Lösung der staat5

Vgl. N D vom 2 1 . 5. 1 9 7 6 , S. 8

6

Vgl. N D vom 20. 5. 1 9 7 6 , S. 7

7

Vgl. X X V . Parteitag der K P d S U , Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees der K P d S U und die nächsten Aufgaben der Partei in der Innen- und Außenpolitik, Berichterstatter: L. I. Breshnew, Berlin 1 9 7 6 , S. 8 6 ; vgl. dazu auch M. Benjamin „Der X X V . Parteitag der K P d S U und Probleme der Vervollkommnung der staatlichen Leitung", Staat und Recht, 1 9 7 6 , S. 5 7 1 ff.

8

Bericht des Zentralkomitees der S E D . . . a. a. O., S. 87

25

liehen und gesellschaftlichen Aufgaben einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen. Damit wird - wie im Programm der SED unterstrichen wird - die Teilnahme an der Ausübung der staatlichen Leitung immer mehr zum Bestandteil sozialistischer Lebensweise und zum Ausdruck sozialistischer Moral. Für die staatliche Leitung erfordert das, in allen ihren Phasen - beginnend bereits bei der Vorbereitung von Beschlüssen und Maßnahmen - die Hinweise, Ideen, Vorschläge und auch Kritiken der Werktätigen zu nutzen, sie als Grundlage Her Entscheidungen zu betrachten. Zum anderen gilt es, die ständige demokratische Kontrolle durch die Werktätigen als wichtigen Bestandteil sozialistischer Leitung zu begreifen, allseitig durchzusetzen und in Verwirklichung der Gesetze hierfür die besten Organisationsformen zu finden. Hieraus ergibt sich auch ein wichtiger Aspekt für die Rationalisierung der Arbeit des Staatsapparates: Es gilt, für dessen Mitarbeiter, besonders aber für die leitenden Staatsfunktionäre, noch mehr Zeit zu gewinnen im Interesse der Arbeit mit den Bürgern, der unmittelbaren persönlichen Begegnung von Staatsfunktionären und Bürgern und der Aussprache mit ihnen. Dies entspricht auch der von L. I. Breshnew erhobenen Forderung, in der gesamten Arbeit zur Vervollkommnung der Leitung den Zeitfaktor in vollem Maße zu berücksichtigen. Natürlich geht es dabei nicht nur um die Quantität, sondern auch darum, diejenigen Formen zu finden, die zu einer noch inhaltsreicheren und für alle Beteiligten nutzbringenderen Zusammenarbeit von Staatsfunktionären und Bürgern führen. Für die Verwirklichung der sozialistischen Demokratie in der gegenwärtigen Etappe der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft haben die aufmerksame und unbürokratische Erledigung der persönlichen Anliegen, mit denen sich Bürger an die Organe ihres sozialistischen Staates wenden und das ständige Streben nach den effektivsten Formen und Methoden hierfür große Bedeutung. Oft sind die Kontakte, die Bürger wegen persönlicher Anliegen zu Staatsorganen herstellen, häufiger als die, die sich bei der organisierten Einbeziehung in die Lösung staatlicher Aufgaben herausbilden. Es gehört zum sozialistischen Arbeitsstil der Funktionäre und Mitarbeiter der Staatsorgane, daß sie die Bedürfnisse der Menschen, ihre Sorgen und Probleme genau kennen, gemeinsam mit ihnen nach Lösungswegen suchen und die Voraussetzungen für ihre effektive Mitarbeit schaffen.

Höhere Effektivität der Zusammenarbeit

der

Staatsorgane

Die Beschlüsse des IX. Parteitages der SED und des XXV. Parteitages der KPdSU verpflichten die staatliche Leitung, das rationellste, komplexe Zusammenwirken der Staatsorgane zu sichern, um die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft einheitlich, dynamisch und wissenschaftlich begründet zu leiten. Mit der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik als strategischer Grundlinie der ökonomischen Politik der Partei werden hohe Anforderungen an die Abgestimmtheit, Begründetheit und Langfristigkeit der staatlichen Leitung gestellt. „Die weitere Vervollkommnung der Planung muß davon ausgehen, daß die Wechselbeziehungen zwischen allen gesellschaftlichen Bereichen zunehmend enger werden." 9 Die Plandirektive verlangt, durch die aufeinander abgestimmte Planung der Produktion,